Die Rechtsfolgen einer Verletzung der Beteiligungstransparenzpflichten gem. §§ 21 ff. WpHG [1 ed.] 9783428536269, 9783428136261

Matthias Heusel untersucht in umfassender und zusammenhängender Form die Rechtsfolgen einer Verletzung der kapitalmarktr

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Die Rechtsfolgen einer Verletzung der Beteiligungstransparenzpflichten gem. §§ 21 ff. WpHG [1 ed.]
 9783428536269, 9783428136261

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Mathias Habersack, Peter O. Mülbert und Uwe H. Schneider

Band 189

Die Rechtsfolgen einer Verletzung der Beteiligungstransparenzpflichten gem. §§ 21 ff. WpHG

Von

Matthias Heusel

Duncker & Humblot · Berlin

MATTHIAS HEUSEL

Die Rechtsfolgen einer Verletzung der Beteiligungstransparenzpflichten gem. §§ 21 ff. WpHG

Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Mathias Habersack, Prof. Dr. Peter O. Mülbert und Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider

Band 189

Die Rechtsfolgen einer Verletzung der Beteiligungstransparenzpflichten gem. §§ 21 ff. WpHG Von

Matthias Heusel

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2011 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 21 Alle Rechte vorbehalten © 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-13626-1 (Print) ISBN 978-3-428-53626-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-83626-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Geleitwort Nicht zuletzt die Fälle Schaeffler/Continental und Porsche/VW haben den Vorschriften der §§ 21 ff. WpHG über die Beteiligungstransparenz größte Aufmerksamkeit beschert. Dabei stand – und steht – freilich der Tatbestand der in diesen Vorschriften geregelten Meldepflichten ganz im Vordergrund des Interesses. Lebhaft diskutiert wird namentlich, ob und, wann ja, unter welchen Voraussetzungen Swapgeschäfte und vergleichbare Instrumente im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG zu berücksichtigen sind. In diese Diskussion hat sich jüngst auch der deutsche Gesetzgeber eingeschaltet: Das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 5. April 2011 hat in das WpHG einen neuen § 25a WpHG eingefügt, der nunmehr Mitteilungspflichten beim Halten von weiteren Finanzinstrumenten und sonstigen Instrumenten regelt und namentlich auf Barausgleich gerichtete Geschäfte zu erfassen sucht. Demgegenüber sind die Rechtsfolgen einer Verletzung der Meldepflichten aus §§ 21 ff. WpHG bislang wenig geklärt. Zwar gibt es nicht wenige Beiträge zu dem in § 28 WpHG geregelten Rechtsverlust; diese behandeln jedoch typischerweise nur einzelne Aspekte dieser gravierenden Sanktion und verzichten zudem darauf, den Rechtsverlust in den Gesamtkontext der Rechtsfolgen unterbliebener Beteiligungsmeldungen einzustellen. Namentlich die Frage, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen §§ 21 ff. WpHG zu Schadensersatz verpflichtet, ist hingegen so gut wie unerörtert, sieht man von eher beiläufigen Äußerungen im Schrifttum ab. Entsprechendes gilt für die Frage der insiderrechtlichen Zulässigkeit von Aktienkäufen während der Meldesäumigkeit. Für die Praxis sind diese Fragen deshalb bedeutsam, weil sich die erheblichen Schwierigkeiten im praktischen Umgang mit dem Tatbestand der Meldepflichten nicht selten in Meldefehlern niederschlagen und in der Folge ein beträchtliches Sanktionenrisiko besteht. Vor diesem Hintergrund ist es sehr zu begrüßen, dass sich der Verfasser des wichtigen Themas der Rechtsfolgen einer Verletzung der §§ 21 ff. WpHG angenommen und damit eine empfindliche Lücke im Schrifttum zum WpHG geschlossen hat. Der Arbeit ist die verdiente Beachtung in Wissenschaft und Praxis zu wünschen. München, im Juli 2011

Prof. Dr. Mathias Habersack

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der EberhardKarls-Universität im Wintersemester 2010/2011 als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung konnten Gesetzgebung, Rechtsprechung und Schrifttum bis Ende April 2011 berücksichtigt werden. Herzlich danken möchte ich zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Mathias Habersack, der das Thema dieser Arbeit nicht nur angeregt und ihren Fortschritt stetig gefördert, sondern auch durch das äußerst rasch erstellte Erstgutachten die Beendigung des Promotionsverfahrens ermöglicht hat. Auch die ebenso lehrreiche wie angenehme Zeit an seinem Tübinger Lehrstuhl wird mir in bester Erinnerung bleiben. Herrn Prof. Dr. Walter G. Paefgen danke ich für die nicht minder zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Dank gilt ferner den Herausgebern der „Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen“ für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe. Schließlich sei dem „Arbeitskreis Wirtschaft und Recht“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft für das großzügige Promotionsstipendium und die Gewährung eines Druckkostenzuschusses mein Dank ausgesprochen. Für zahllose anregende Diskussionen und Gespräche möchte ich meinen (ehemaligen) Lehrstuhlkollegen Dr. Anton Ederle, Dr. Christoph Weber, Dr. Tobias Tröger LL.M. (Harvard) und Stephan Dangelmayer in freundschaftlicher Verbundenheit danken. Mesut Çekin und Aljoscha Schmidberger haben in kurzer Zeit die Last des Korrekturlesens bewältigt und mit kritischen Bemerkungen zur Verbesserung der Arbeit beigetragen. Zu danken habe ich auch Herrn Rechtsanwalt Dr. Marcus C. Funke LL.M. (Chicago), der sich die Zeit genommen hat, mir in vielen Gesprächen die praktische Sicht der Dinge zu vermitteln. Darüber hinaus haben mir eine Vielzahl von Freunden und Mitdoktoranden ihre Unterstützung zuteil werden lassen. Ohne dass sie alle genannt werden könnten, sei auch ihnen herzlich gedankt. Abschließend möchte ich diese Arbeit meinen Eltern und meiner Freundin widmen. Sie haben mich stets vorbehaltlos unterstützt. Ohne ihr Verständnis, ihren liebevollen Zuspruch und mitunter auch ihre antreibenden Worte wäre diese Arbeit nicht gelungen. Reutlingen, im April 2011

Matthias Heusel

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zielsetzung und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Stellung im kapitalmarktrechtlichen Informationssystem . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten . . . . . . . . . . . C. Die Umgehung von Meldepflichten als Rechtsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Sinn und Zweck der Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sanktionen als Instrumente zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz C. Dogmatische Grundstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Grundsatzkritik am Rechtsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtsfolge: Verlust der Rechte aus Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Mittelbare Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 5 Schadensersatzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schaden und Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 6 Sonstige Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 A. Erwerbs- und Veräußerungssperre gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG . . . . . . . . 270 B. Zinsanspruch analog § 38 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 § 7 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 A. Gesamtschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 B. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Rechtsfolgenregime im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zielsetzung und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Stellung im kapitalmarktrechtlichen Informationssystem . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten . . . . . . . . . . . I. Zweistufigkeit des Meldeverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stimmrechtsmitteilungspflichten des Meldepflichtigen . . . . . . . . . . . . . 1. Veränderung des Stimmrechtsanteils, § 21 WpHG . . . . . . . . . . . . . . a) Berechnung der Meldeschwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zurechnung von Stimmrechten, § 22 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mitteilungspflichtige Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Form und Frist der Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Halten von Finanzinstrumenten, § 25 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Halten sonstiger Finanzinstrumente, § 25a WpHG . . . . . . . . . . . . . . 4. Mittelherkunfts- und Strategiebericht, § 27a WpHG . . . . . . . . . . . . 5. Nachweis der mitgeteilten Beteiligung, § 27 WpHG . . . . . . . . . . . . III. Veröffentlichungspflichten des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Veröffentlichung der Stimmrechtsmitteilung, § 26 WpHG . . . . . . . 2. Veröffentlichung der Gesamtzahl der Stimmrechte, § 26a WpHG C. Die Umgehung von Meldepflichten als Rechtsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Sinn und Zweck der Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wille des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Funktionen- und Anlegerschutz als Leitziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktionenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anlegerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sanktionen als Instrumente zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz I. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Art. 15 der Transparenzrichtlinie I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 2. Art. 28 der Transparenzrichtlinie II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Transparenzsicherung durch privatrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . 1. Zweigleisigkeit der Pflichtdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prävention und Verhaltenssteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsverlust und weitere kapitalmarktspezif ische Sanktionen b) Informationshaftung im Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Seitenblick ins Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. § 27a WpHG – eine lex imperfecta? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Reichweite des gesetzgeberischen Sanktionenverzichts . . . . . . . . . . 2. Verbot des Insiderhandels und der Marktmanipulation . . . . . . . . . . 3. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Dogmatische Grundstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur der Meldepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stellung zwischen Privatrecht und Öffentlichem Recht . . . . . . . . . . 2. Rechtspflichten oder Obliegenheiten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abstrakte Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfüllungs- und Schadensersatzanspruch der Gesellschaft . . . . c) Auswirkungen auf mögliche Ansprüche von Anlegern . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kategorien der Meldepflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nichterfüllung und Schlechterfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gleichbehandlung auf Sanktionsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verschuldenserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kapitalmarktinformationshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Von der Stimmrechtssperre zum umfassenden Rechtsverlust . . . . . . . . II. Verlängerter Rechtsverlust nach dem Risikobegrenzungsgesetz . . . . . III. Diskussion um eine Stimmrechtssperre für Finanzinstrumente . . . . . . B. Grundsatzkritik am Rechtsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtssystematische Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestandliche Unsicherheiten der Meldepflichten . . . . . . . . . . . . . 2. Einbeziehung von Vermögensrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleich mit Directors’ Dealings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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III. Konsequenzen zu Lasten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsfolgenerstreckung bei Stimmrechtszurechnung . . . . . . . . . . . a) § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG – Halten für Rechnung des Meldepflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG – Tochterunternehmen . . . . . . . . . c) § 22 Abs. 2 WpHG – acting in concert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einbeziehung weiterer Zurechnungsfälle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . IV. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Nichterfüllung von Meldepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beschränkung auf § 21 Abs. 1, 1a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reichweite der Gleichstellung von Nicht- und Schlechterfüllung . . 3. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formale Mängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Berühren einer Meldeschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Höhe des Stimmrechtsanteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Datum der Schwellenberührung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Angabe zu Finanzinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Stimmrechtszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sorgfaltsmaßstab und Entlastungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatsachenirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Informationsorganisation als Compliance-Aufgabe . . . . . . . . . . b) Informationseinholung und Informationsverschaffung . . . . . . . . c) Wissenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsvergewisserungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertrauen auf Rechtsauskünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsauskünfte der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vertrauen auf Rechtsauskünfte von Rechtsanwälten . . . . . . (1) Meinungsstand und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Auswahl, Einweisung und Überwachung . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsauskünfte sonstiger Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verschuldenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organmitglieder und Unternehmensmitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . b) Unternehmensexterne Dritte, insbesondere Rechtsanwälte . . . . 5. Alternative und vorsorgliche Stimmrechtsmitteilungen . . . . . . . . . . 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109 109 110 110 114 115 116 119 120 120 120 121 124 124 124 125 127 127 128 129 130 130 131 132 134 137 139 139 141 141 144 144 146 149 150 151 151 153 155 156

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Inhaltsverzeichnis III. Vorsatzbegriff des § 28 S. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtsfolge: Verlust der Rechte aus Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betroffene Rechte aus Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Betroffene Anzahl an Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sanktionsfestigkeit der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mitverwaltungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Betreiben eines Squeeze-out-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erhebung von Nichtigkeits- und Anfechtungsklage . . . . . . . . . . 4. Vermögensrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bilanzgewinn und Abwicklungsüberschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechte bei Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . . . . bb) Kapitalerhöhung gegen Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bezugsrechte auf Finanzierungsinstrumente i. S. d. § 221 AktG d) Sonstige Vermögensrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zeitraum des Rechtsverlusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beendigung des Rechtsverlusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nachholung der Stimmrechtsmitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anteilsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere Beendigungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rückwirkendes Wiederaufleben der Rechte nach § 28 S. 2 WpHG 3. Der verlängerte Rechtsverlust gem. § 28 S. 3 WpHG . . . . . . . . . . . E. Mittelbare Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Berechnung von Präsenzen und Mehrheiten in der Hauptversammlung II. Bilanzielle Behandlung des Dividendenverlusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen unzulässiger Rechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen . . . . . . . . . . . . 2. Bestätigungsfähigkeit gem. § 244 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rückgewähr rechtswidrig ausgeschütteter Dividenden . . . . . . . . . .

157 157 158 160 160 160 160 161 162 162 163 164 164 166 166 167 170 172 173 173 173 174 174 176 177 177 179 182 182 183 185 185 187 190

§ 5 Schadensersatzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Haftung bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG im Gesamtsystem der Kapitalmarktinformationshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Spektrum der Primär- und Sekundärmarkthaftung . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung zur Emittentenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

192 193 193 194 195 197

Inhaltsverzeichnis

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3. Vergleichbare Haftungssituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis von Kapitalmarkthaftung und Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. §§ 37b, c WpHG analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kapitalmarktrechtliche Vertrauenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aktienrechtliche Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verletzung von Meldepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anmaßung mitgliedschaftlicher Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Deliktsrecht des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verletzung absoluter Rechte – § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verletzung eines Schutzgesetzes – § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . a) Anforderungen an die Schutzgesetzeigenschaft . . . . . . . . . . . . . . b) Schutzgesetzeigenschaft der §§ 21 ff. WpHG . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bestimmung des Schutzzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Tragbarkeit im haftungsrechtlichen Gesamtsystem . . . cc) § 27a WpHG im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere potentielle Schutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsverlust – § 28 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verbot der Marktmanipulation – § 20a WpHG . . . . . . . . . . cc) Unrichtige Darstellung – § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG . . . . . . . dd) Betrug und Kapitalanlagebetrug – §§ 263, 264a StGB . . . ee) Unlautere Handlungen – §§ 3, 5 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verschuldensmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung – § 826 BGB . . . . . . . . . . . . a) Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fehlerhafte Stimmrechtsmitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterlassene Stimmrechtsmitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anspruchsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anspruchsverpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Meldepflichtige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organmitglieder des meldepflichtigen Unternehmens . . . . . . . . . . .

199 200 201 202 202 203 204 206 206 208 209 209 210 211 213 213 215 215 219 223 224 225 225 226 228 229 230 230 232 232 233 234 236 238 240 241 242 242 244 244 246

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Inhaltsverzeichnis D. Schaden und Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interessenlage geschädigter Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt des Schadensersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand zur Ad-hoc-Publizitätshaftung . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme in Bezug auf Meldeverstöße . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umfang des Schadensersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schadensermittlung und Schadensberechnung . . . . . . . . . . . . . . . b) Ersatz des entgangenen Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Insbesondere Kontrollprämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haftungsbegründende Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Praktische Beweisprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Möglichkeiten für Beweiserleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anscheinsbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anlagestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fraud-on-the-Market-Theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Interpendenzen zwischen Schaden und Kausalität . . . . . . . . . . . 2. Haftungsausfüllende Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

246 246 247 248 248 250 255 255 255 257 258 259 259 259 260 261 261 263 265 268 269

§ 6 Sonstige Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Erwerbs- und Veräußerungssperre gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG . . . . . . . . I. Berühren von Meldeschwellen als Insiderinformation . . . . . . . . . . . . . . II. Verwenden einer Insiderinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Informationsweitergabe an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zinsanspruch analog § 38 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

270 270 271 273 276 277

§ 7 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gesamtschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schadensersatzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sonstige Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

279 279 281 281 282 284 285

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

Abkürzungsverzeichnis a. A. Abl. Abs. abw. AcP a. E. AEUV a. F. AG AktG allg. M. Anh. Anm. AnSVG AO Art. ARUG Aufl. AuslInvG Az. BaFin BB BeckRS Begr. BEHG BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BilMoG BKR BMJ BörsG BörsZ BRAO

andere Ansicht Amtsblatt Absatz abweichend Archiv der civilistischen Praxis (Zeitschrift) am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz allgemeine Meinung Anhang Anmerkung Anlegerschutzverbesserungsgesetz Abgabenordnung Artikel Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie Auflage Auslandsinvestmentgesetz Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater (Zeitschrift) Beck-Rechtsprechung Begründung; Begründer Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel (Schweiz) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Zeitschrift) Bundesministerium der Justiz Börsengesetz Börsenzeitung Bundesrechtsanwaltsordnung

18 BR-Drucks. BT-Drucks. Bus.Law BVerfG BVerfGE bzw. CCZ CESR DAI DAV DAX DB DCGK ders. d.h. dies. DiskE DJT DStR ebd. EBOR EuGH EWiR f./ff. FamFG FAZ FinDAG FMFG Fn. FS GbR GesRZ GG GK GmbH GmbHG GWB GWR Hdb. HGB h. L. h. M.

Abkürzungsverzeichnis Bundesrats-Drucksache Bundestags-Drucksache The Business Lawyer (Zeitschrift) Bundesverfassungsgericht Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Corporate Compliance Zeitschrift (Zeitschrift) Committee of European Securities Regulators Deutsches Aktieninstitut Deutscher Anwaltverein Deutscher Aktienindex Der Betrieb (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex derselbe das heißt dieselbe(n) Diskussionsentwurf Deutscher Juristentag Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) ebenda European Business Organization Law Review (Zeitschrift) Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) folgende Familienverfahrensgesetz Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Finanzmarktförderungsgesetz Fußnote Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts Der Gesellschafter (Zeitschrift) Grundgesetz Großkommentar Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung

Abkürzungsverzeichnis Hrsg. Hs. i. d. F. i. E. InvG i. S. d. i. S. v. i.V. m. J.Fin. JZ Kap. KapInHaG KapMuG KG KGaA KK KMG krit. KWG Lfg. LG lit. LMK Ls. MaKonV MiFiD MüHdb/AG MüKo m.w. N. NJW NJW-RR Nr. NStZ NZG OK OLG OWiG Q.J. Econ. RBG RegE RGZ

19

Herausgeber Halbsatz in der Fassung im Ergebnis Investmentgesetz im Sinne der/des im Sinne von in Verbindung mit The Journal of Finance (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kapitel Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Kölner Kommentar Kapitalmarktgesetze kritisch Kreditwesengesetz Lieferung Landgericht litera/ae Kommentierte BGH-Rechtsprechung, Lindenmaier-Möhring (Zeitschrift) Leitsatz Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts/AG Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) Online-Kommentar Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten The Quarterly Journal of Economics (Zeitschrift) Risikobegrenzungsgesetz Regierungsentwurf Entscheidungssammlung des Reichsgerichts in Zivilsachen

20 RIW RL Rn. Rspr. Sec. st. StGB TUG u. a. Urt. UWG v. VAG VerkProspG VG vgl. VwVfG VwVG WiKG WM WpAIV WPg WpHG WpPG WpÜG WuB WuW ZBB ZGR ZHR ZIP ZPO ZRP

Abkürzungsverzeichnis Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Richtlinie Randnummer Rechtsprechung Section ständig/e Strafgesetzbuch Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz und andere Urteil Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von; vom Versicherungsaufsichtsgesetz Verkaufsprospektgesetz Verwaltungsgericht vergleiche Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wertpapierhandelsgesetz Wertpapierprospektgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Wirtschafts- und Bankrecht (Zeitschrift) Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift) Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Zeitschrift) Zeitschrift für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift)

§ 1 Einleitung A. Anlass der Untersuchung Die Übernahme der Continental AG durch die Schaeffler-Gruppe im Sommer des Jahres 2008 ist nicht nur auf außerordentliche Resonanz in Tagespresse und Medien gestoßen, sie hat zugleich eine intensiv geführte juristische Debatte um den als „Anschleichen“ bezeichneten verdeckten Aufbau von Stimmrechtsbeteiligungen an börsennotierten Unternehmen ausgelöst.1 Zusätzlichen Auftrieb hat die Diskussion durch den ähnlich gelagerten Fall Porsche/VW erhalten, der nur kurze Zeit später an das Licht der Öffentlichkeit geraten ist.2 Das Anschleichmanöver wird häufig dadurch vollzogen, dass der Investor auf Barausgleich gerichtete Aktienderivate einsetzt, die ihm zwar nicht rechtlich, wohl aber faktisch den Zugriff auf die mit Stimmrechten unterlegten Aktien des Zielunternehmens sichern. Wie neben den aufgeführten Fällen auch zahlreiche weitere Beispiele des internationalen Kapitalmarktverkehrs zeigen,3 erfreut sich dieses Vorgehen bei der Vorbereitung von Unternehmensübernahmen ganz besonderer Beliebtheit.4 Juristisch betrifft es einen Grundpfeiler des kapitalmarktrechtlichen Informationssystems, nämlich die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz der §§ 21 ff. WpHG. Diese Vorschriften verpflichten den Inhaber wesentlicher Stimmrechtsanteile an einem börsennotierten Unternehmen, seine Stimmrechtsbeteiligung unverzüglich offenzulegen. Den Stein des Anstoßes der Debatte um das Anschleichen und den verdeckten Beteiligungsaufbau, auch „Hidden Ownership“ 5 ge1

Siehe die umfänglichen Nachweise bei Seibt, ZGR 2010, 795, 796. Ausführlich zum Sachverhalt Renn, Einsatz von Derivaten, S. 51 ff. 3 In der Schweiz hat der Einsatz von Optionsgeschäften zum Beteiligungsaufbau an Traditionsunternehmen wie Sulzer, Saurer, Unaxis oder OC Oerlikon für Aufsehen gesorgt, vgl. Eidgenössische Bankenkommission, Hedge-Fonds, S. 45. In den USA führte der Einsatz von Cash Settled Equity Swaps im Fall TCI/CSX zur Entscheidung des U.S. District Court of the Southern District of New York, SDNY 08 Civ. 2764 (LAK). Zu den Fällen Sulzer, Sauerer und TCI/CSX Renn, Einsatz von Derivaten, S. 259 ff., 291 f., 198 ff. Weitere Beispiele bei Baums/Sauter, ZHR 173 (2009), 454, 455 m. Fn. 2; Noack/Zetzsche, in: FS Schwark, S. 568, 568 ff. Anzumerken ist, dass in nahezu sämtlichen Anschleichfällen die Durchführung der Übernahme für den Investor massive Schwierigkeiten mit sich brachte, vgl. Zetzsche, EBOR 11 (2010), 231, 238. 4 Zur Rolle von Swaps bei Unternehmensübernahmen Renn, Einsatz von Derivaten, S. 47 ff.; Baums/Sauter, ZHR 173 (2009), 454, 459 ff. 5 Begriffsprägend Hu/Black, 79 S.Cal. L.Rev. (2006), 811, 812. Dient der verdeckte Beteiligungsausbau der Vorbereitung einer Übernahme spricht man auch von „creeping takeovers“. 2

22

§ 1 Einleitung

nannt, bildeten sog. Cash Settled Equity Swaps.6 Mit deren Hilfe hatte sich die Schaeffler-Gruppe im Vorfeld der Übernahme den Zugriff auf ein wesentliches Aktienpaket der Continental AG gesichert, ohne die Beteiligung offenzulegen.7 In der Folge wurde kontrovers diskutiert, ob Swaps mit Cash Settlement, mithin solche, die vertraglich eine Barausgleichspflicht vorsehen, dem Meldesystem der §§ 21 ff. WpHG unterfallen.8 Bejahendenfalls wäre Schaeffler zugleich eine Kontrollerlangung zu bescheinigen gewesen, welche separat zu veröffentlichen gewesen wäre (§ 35 Abs. 1 WpÜG) und die Abgabe eines übernahmerechtlichen Pflichtangebots (§ 35 Abs. 2 WpÜG) erfordert hätte. Die zur Prüfung des Falles angerufene BaFin hat jedenfalls eine Verletzung von Transparenzpflichten nicht festgestellt. Da die Swap-Kontrakte auf Barausgleich und nicht auf Aktienlieferung gerichtet waren, habe kein Rechtsanspruch auf Lieferung von Aktien bestanden.9 Dem ist mit Hinweis darauf widersprochen worden, dass Swaps rein faktisch in aller Regel durch Lieferung von Aktien erfüllt werden. Ob dieses Ergebnis durch eine weite Auslegung des Begriffs „Finanzinstrumente“ in § 25 WpHG,10 welche jedoch mit dem Wortlaut nur noch schwer zu vereinbaren ist, oder über die Zurechnungsnorm des § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG zu begründen ist,11 ist umstritten geblieben. Einig sind sich Gegner und Befürworter einer Meldepflicht nur darin, dass kein acting in concert zwischen Banken und Schaeffler vorlag.12 In der Befürchtung, dass das Vorgehen der Schaeffler-Gruppe angesichts der Haltung der BaFin Schule macht, wurden vermehrt Rufe nach dem Ge-

6 Zur Funktionsweise von Cash Settled Equity Swaps Schiessl, Konzern 2009, 291, 292 ff. 7 Schaeffler selbst hielt 2,97% an Aktien und 4,95% an Finanzinstrumenten, was vor Inkrafttreten von § 25 Abs. 1 S. 3 WpHG i. d. F. des RBG, wonach Aktien und Finanzinstrumente nun zusammengerechnet werden, keine Meldepflicht auslöste. Zudem hatte sich Schaeffler durch Swap-Geschäfte mit verschiedenen Banken den Zugriff auf weitere ca. 28% der Continental-Aktien gesichert. Ausführlich zum Sachverhalt Habersack, AG 2008, 817, 817 f. 8 Zum Meinungsstand Baums/Sauter, ZHR 173 (2009), 454, 463 ff. Mit dem durch das Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG) eingeführten § 25a WpHG erledigt sich diese Frage; vgl. hierzu unten § 2 B. II. 3., S. 42. 9 BaFin, Pressemitteilung v. 21.8.2008 – Continental; folgend Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1504; dies., NZG 2009, 401, 404; Noack/Zetzsche, in: FS Schwark, S. 570, 576; Meyer/Kiesewetter, WM 2009, 340, 345 f.; Cascante/Topf, AG 2009, 53, 62 ff.; Schiessl, Konzern 2009, 291, 296; de lege lata auch Baums/Sauter, ZHR 173 (2009), 454, 470; wohl auch Schwark, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. (2010), § 25 WpHG Rn. 4. 10 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 25 Rn. 37 ff.; ders./Brouwer, AG 2008, 557, 562 ff. 11 Habersack, AG 2008, 817, 818 f.; Weber/Meckbach, BB 2008, 2022, 2028; Schanz, DB 2008, 1899, 1902 ff.; Renn, Einsatz von Derivaten, S. 189 f. 12 Schiessl, Konzern 2009, 291, 296; Schanz, DB 2008, 1899, 1904.

A. Anlass der Untersuchung

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setzgeber laut.13 Der Gesetzgeber hat darauf mit dem Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG14) reagiert und eine spezielle Meldepflicht für auf Barausgleich gerichtete Finanzinstrumente geschaffen (§ 25a WpHG), welche den verdeckten Beteiligungsaufbau unterbinden soll. Die Vorschrift tritt am 1.2.2012 in Kraft.15 Im Zuge dieser auf den Tatbestand der §§ 21 ff. WpHG fokussierten Diskussion ist zugleich deutlich geworden, dass die rechtlichen Konsequenzen eines Verstoßes gegen diese Transparenzpflichten wenig geklärt sind – ein wissenschaftlich wie praktisch unbefriedigender Zustand. Zwar wird der Rechtsverlust nach § 28 WpHG als zentrale Sanktion in Kommentaren und, seit der Diskussion der Fälle Schaeffler/Continental und Porsche/VW, vermehrt in Fachaufsätzen gewürdigt. Gleichwohl ist der Umgang mit dieser Vorschrift von erheblichen Unsicherheiten geprägt, was angesichts der einschneidenden Rechtsfolgen dieser Sanktion äußerst bedenklich ist. Weitergehende Rechtsfolgen werden in der Literatur allenfalls am Rande erörtert. So ist bisweilen ungeklärt, ob geschädigte Anleger einen Schadensersatzanspruch, insbesondere unter dem Blickwinkel der Schutzgesetzverletzung nach § 823 Abs. 2 BGB, geltend machen können. Die Rechtsprechung hatte hierüber bislang nicht zu entscheiden; das Schrifttum nimmt sich diesen Fragen nur beiläufig an. Darüber hinaus könnte dem seine Meldepflicht verletzenden Investor der weitere Zukauf von Aktien durch das Insiderhandelsverbot nach § 14 Abs. 1 WpHG versagt sein. Auch kann über eine analoge Anwendung der Verzinsungspflicht nach § 38 WpÜG nachgedacht werden. Je für sich werfen diese Sanktionen schwierige und nicht nur im Detail umstrittene Rechtsfragen auf. Erst recht fehlen eine Gesamtschau und eine gegenseitige Abstimmung dieser Sanktionen, was auch daran liegt, dass sie in der einschlägigen Literatur bislang weitgehend losgelöst voneinander betrachtet werden. Die Relevanz der Thematik wird dadurch unterstrichen, dass die Verletzung von Stimmrechtsmitteilungspflichten in der Praxis kein Einzelfall ist. Denn im Umgang mit den §§ 21 ff. WpHG warten erhebliche Schwierigkeiten auf, was zu unbeabsichtigten Falschmeldungen führen kann – eine Gefahr, der sich insbesondere konzernierte Gesellschaften ausgesetzt sehen, da die korrekte Berechnung des konzernweit gehaltenen Stimmrechtsanteils erhebliche Probleme bereitet. Ein Investor muss daher rechtssicher die Konsequenzen eines Meldeverstoßes und deren Reichweite abschätzen können. Auch hierzu möchte diese Arbeit einen Beitrag leisten.

13 Hierzu Baums/Sautter, ZHR 173 (2009), 454, 487 ff.; Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 403 ff.; U. H. Schneider/Anzinger, ZIP 2009, 1, 8 f. 14 Verkündet am 7.4.2011, BGBl. I, S. 538. 15 Vgl. Art. 9 Abs. 2 Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz. Vgl. auch die Übergangsregelung in § 41 Abs. 4d WpHG.

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§ 1 Einleitung

B. Gegenstand der Untersuchung Untersuchungsgegenstand sind die Rechtsfolgen einer Verletzung der §§ 21 ff. WpHG. Wenn diese im Weiteren als Sanktionen bezeichnet werden, liegt dem nicht das enge strafrechtliche Verständnis zugrunde. Vielmehr ist jede rechtliche Maßnahme gemeint, die zumindest auch der Durchsetzung von Verhaltensgeboten dient, so dass auch die zivilrechtlichen Konsequenzen als Sanktionen zu verstehen sind.

I. Das Rechtsfolgenregime im Überblick Für Zuwiderhandlungen gegen das Pflichtenprogramm der §§ 21 ff. WpHG sieht das WpHG ein breites Spektrum an zivil-, straf- und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen zur Durchsetzung transparenter Beteiligungsstrukturen vor. So wird der BaFin die Kapitalmarktaufsicht überantwortet; § 4 WpHG stattet sie hierzu mit den erforderlichen verwaltungsrechtlichen Befugnissen aus. Die BaFin hat die Einhaltung der Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten durch die Marktteilnehmer zu überwachen und notfalls durchzusetzen, d.h. eine erforderliche Mitteilung vorzunehmen, eine unnötige oder grob falsche Mitteilung zu verhindern oder eine Korrekturmeldung abzugeben. Zur Tatsachenermittlung kann sie die Vorlage von Unterlagen verlangen sowie Personen laden und vernehmen (§ 4 Abs. 3 WpHG). Wird ein Verstoß festgestellt, liegt es in ihrem Ermessen, die erforderliche Stimmrechtsmitteilung oder -veröffentlichung nach Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes im Wege der Verwaltungsvollstreckung auf Kosten des Pflichtigen durchzusetzen (§ 17 S. 1 FinDAG i.V. m. §§ 9 ff. VwVG). Da dieses Verfahren zeitaufwändig ist, kann die BaFin alternativ im Wege der Selbstvornahme vorgehen (§ 4 Abs. 6 WpHG). In der Praxis wird der Meldepflichtige regelmäßig zunächst außerhalb des verwaltungsrechtlichen Verfahrens zur ordnungsgemäßen Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung aufgefordert, so dass weder Zwangsmaßnahmen noch Bußgelder verhängt werden.16 Zudem erlaubt die Generalklausel des § 4 Abs. 2 S. 1 WpHG der BaFin, Anordnungen und Verfügungen zu treffen, die zur Durchsetzung der Ge- und Verbote des WpHG erforderlich und geeignet sind. Eine durch meldewidrigen Beteiligungsaufbau vorbereitete Übernahme kann jedoch nicht im Wege der allgemeinen Missstandsaufsicht gem. § 4 Abs. 1 S. 3 WpÜG, der § 4 Abs. 1 S. 3 WpHG wörtlich entspricht, untersagt werden.17 Die h. M. geht hier von einer Sperrwirkung des insofern spezielleren § 15 WpÜG aus.18 16

Siehe FAZ v. 8.9.2010, S. 19. Zur Frage, ob die BaFin die Abgabe eines Pflichtangebots erzwingen kann Derst, Ansprüche von Aktionären, S. 35 ff. 18 Bosch/Meyer, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 15 Rn. 61; Giesberts, in: KK/WpÜG, § 4 Rn. 14; Seydel, in: ebd., § 15 Rn. 15; Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 15 Rn. 4; a. A. Habersack, AG 2008, 817, 819. 17

B. Gegenstand der Untersuchung

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Strafrechtlich wird der zumindest leichtfertige Verstoß mit einem von der BaFin zu verhängenden Bußgeld von bis zu 200.000 A geahndet (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 e)–h), Nr. 5 c), Abs. 4 WpHG). Das Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG erhöht diese Sanktion deutlich. Wurde zunächst eine Höchstgrenze von 500.000 A diskutiert,19 beträgt sie nun bis zu 1.000.000 A. Dies gilt jedoch nur bei Verletzung von Mitteilungspflichten, nicht für Veröffentlichungspflichten (vgl. § 39 Abs. 4 WpHG). Der bis zum Inkrafttreten am 1.2.2012 geltende Höchstrahmen wird angesichts der beim heimlichen Beteiligungsaufbau erzielbaren Vermögensvorteile – gedacht sei nur an Handelsgewinne und ersparte Übernahmeprämien – und im Vergleich mit den immensen kartellrechtlichen Bußgeldern20 als zu gering kritisiert. Die Erhöhung des Bußgeldes wird diese Zweifel kaum beseitigen.21 Zwar stärkt dieser Schritt die abschreckende Wirkung des Bußgeldes, doch wird sich derjenige, der sich heimlich an ein Unternehmen heranpirscht, von dieser Geldsumme nicht weiter beeindruckt zeigen. Vielmehr wird er, wie schon vor der Reform, das Bußgeld, so sein Meldeverstoß denn überhaupt entdeckt wird, als kalkuliertes Risiko hinnehmen.22 Auch weiß er, dass die von der BaFin verhängten Bußgelder bislang stets weit unterhalb der Grenze von 200.000 A verblieben.23 Ob die BaFin die neue Bußgeldhöchstgrenze ausschöpfen wird, darf bezweifelt werden. Für eine gewisse Linderung in diesem Zusammenhang sorgt die Vorschrift des § 17 Abs. 4 OWiG, die die h. M. in die Betrachtung mit einbezieht, um den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus dem Meldeverstoß erlangt, abzuschöpfen.24 Gegen ihre Anwendung wird teilweise eingewandt, dass der Vorteil nicht aus der Ordnungswidrigkeit, sondern aus dem Wertpapiergeschäft gezogen wird.25 Auch lässt sich anführen, dass § 17 Abs. 4 OWiG wegen des strafrechtlichen Analogieverbots einer ausdrücklichen Einbeziehung in § 39 WpHG bedarf, wie sie § 81 Abs. 5 GWB im Kartellrecht vorsieht. Zur Anwendung von § 17 Abs. 4 OWiG gelangt die BaFin schon gar nicht. Bußgeldsanktion und Kapitalmarktaufsicht allein können vor diesem Hintergrund die effektive Durchsetzung der §§ 21 ff. WpHG nicht ausreichend sicherstellen. Aus 19 Vgl. RegE Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG, BT-Drucks. 17/3628, S. 11. 20 Hierzu Dannecker/Biermann, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 81 Rn. 320 ff. 21 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 25 WpHG Rn. 16; ders., ZHR 175 (2011), 83, 85 f.; Brouwer, AG 2010, 404, 407; Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681, 687. 22 S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 494; Köndgen, in: FS Druey, S. 791, 802; krit. auch Veil, ZHR 175 (2011), 83, 86. 23 Die BaFin verhängte bisher Bußgelder von maximal 45.000 A, vgl. BaFin, Jahresbericht 2005, S. 170; Jahresbericht 2006, S. 179; Jahresbericht 2007, S. 188; Jahresbericht 2008, S. 169; Jahresbericht 2009, S. 193. 24 Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 39 Rn. 73; Waßmer, in: Fuchs, WphG, § 39 Rn. 83. 25 Für § 15a WpHG: Veil, ZGR 2005, 155, 168; Binninger, Gewinnabschöpfung, S. 106 f.

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§ 1 Einleitung

diesem Grund kommt – so viel sei vorweggenommen – dem Privatrecht insoweit eine ganz zentrale Rolle zu. Als zivilrechtliche Sanktion ist an erster Stelle der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG zu nennen. Der Aktionär, der seine Mitteilungspflichten nicht erfüllt, verliert Rechte aus Aktien, die ihm gehören oder ihm nach § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 WpHG zugerechnet werden, solange die Mitteilung nicht nachgeholt wird. Obgleich der Rechtsverlust als einzige zivilrechtliche Sanktion eines Meldeverstoßes ausdrücklich normiert wurde, schließt er weitere Rechtsfolgen nicht aus. Zwar führt eine Verletzung der §§ 21 ff. WpHG nicht zur Nichtigkeit des Transaktionsgeschäfts (§§ 134, 138 BGB), da es sich nicht um gesetzliche Verbote, sondern um Transparenzpflichten handelt.26 Allerdings könnte sich der seine Meldepflichten verletzende Aktionär gegenüber dem Emittenten und den Anlegern schadensersatzpflichtig machen. In Ermangelung einer spezialgesetzlichen Anspruchsgrundlage wird hierbei dem Deliktsrecht des BGB zentrale Bedeutung zukommen. Darüber hinaus ist an eine bis zur Nachholung und Veröffentlichung der unterblieben Mitteilung geltende insiderrechtliche Erwerbs- und Veräußerungssperre sowie eine Verzinsungspflicht analog § 38 WpÜG zu denken.

II. Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes Der Untersuchungsumfang dieser Arbeit beschränkt sich auf die privatrechtlichen Rechtsfolgen einer Verletzung der Beteiligungstransparenzpflichten gem. §§ 21 ff. WpHG. Das zieht sowohl in tatbestandlicher Hinsicht und als auch mit Blick auf die Sanktionsebene eine Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes nach sich. Was zunächst die Tatbestandsebene betrifft, steht die Verletzung der Stimmrechtsmitteilungspflichten nach §§ 21, 25, 25a, 27a WpHG durch den Meldepflichtigen im Zentrum. Die Verletzung der Veröffentlichungspflichten nach §§ 26, 26a WpHG durch den Emittenten wird aufgrund geringerer praktischer Relevanz nur am Rande behandelt. Vollkommen ausgeklammert werden Beteiligungstransparenzpflichten, die sich in anderen Vorschriften als den §§ 21 ff. WpHG finden.27 Das gilt insbesondere für die §§ 20 ff. AktG und § 35 Abs. 1 WpÜG. Die Ausgrenzung der aktienrechtlichen Beteiligungstransparenz nach den §§ 20 ff. AktG beruht auf der strikten Trennung kapitalmarktrechtlicher und aktienrechtlicher Beteiligungstransparenz (§§ 20 Abs. 8, 21 Abs. 5 AktG, 21 Abs. 2 WpHG). Während die §§ 21 ff. WpHG nur auf Emittenten anwendbar 26 Ebenso für § 15a WpHG: Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15a Rn. 198; Zimmer/Osterloh, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 15a WpHG Rn. 109; Osterloh, Directors’ Dealings, S. 202. 27 Zusammenstellung bei U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 60–96.

B. Gegenstand der Untersuchung

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sind, deren Aktien an einem organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG zugelassen sind, gelten die §§ 20 ff. AktG ausschließlich für den Freiverkehr (sog. Open Market).28 Die Ausgrenzung der Pflicht zur Offenlegung der Kontrollerlangung durch Erreichen einer Stimmrechtsbeteiligung in Höhe von 30% (§ 35 Abs. 1 WpÜG) ist vor dem Hintergrund des durch das Pflichtangebotsrecht bezweckten Minderheitenschutzes zu sehen.29 Da mit dem Kontrollwechsel tiefgreifende Änderungen der Unternehmensorganisation verbunden sind, statuiert § 35 Abs. 2 WpÜG zum Schutz der Minderheitsgesellschafter der Zielgesellschaft die Pflicht des Kontrollinhabers, ein Angebot auf Erwerb der Aktien der Minderheitsgesellschafter abzugeben. Wenn die Pflichtangebotsregel die Minderheitsaktionäre vor möglichen Folgen eines Kontrollwechsels schützt, so soll die vorgelagerte Veröffentlichung nach Abs. 1 die Minderheit über den Kontrollwechsel informieren und ihr damit die erforderliche Grundlage geben, um über den Austritt aus der Gesellschaft mittels Annahme des Pflichtangebots nachzudenken. Gewiss mögen auch Mitteilungen nach §§ 21 ff. WpHG eine bevorstehende Übernahme andeuten und damit in Kontakt mit dem Übernahmerecht stehen, doch stellen sie nicht den Schutz vor geänderten Beherrschungssituationen infolge der Kontrollübernahme in den Vordergrund, sondern die Information des Kapitalmarkts über die Veränderung von Stimmrechtsbeteiligungen. Dementsprechend hält das WpÜG für die Verletzung von § 35 Abs. 1 WpÜG ein eigenes Sanktionensystem bereit, das zwar mit § 59 WpÜG ebenfalls einen Rechtsverlust vorsieht, der § 28 WpHG weitgehend entspricht, größtenteils aber eigenen Regeln folgt, zumal es zusätzlich dem WpHG nicht bekannte Sanktionen enthält, etwa die Verzinsungspflicht nach § 38 WpÜG. Was die Rechtsfolgenebene betrifft, greift die Arbeit aus dem soeben überblicksartig dargestellten Sanktionsspektrum die privatrechtlichen Sanktionen heraus. Verwaltungs- und strafrechtliche Sanktionen, inklusive das Verbot der Marktmanipulation gem. § 20a WpHG,30 finden nur Berücksichtigung, soweit dies für zivilrechtliche Fragenkreise gewinnbringend ist. Die Beschränkung auf privatrechtliche Sanktionen erklärt sich daraus, dass dieser Bereich ein hohes Maß an rechtlichen Unsicherheiten und dementsprechend an Klärungsbedarf aufweist. Zudem werden diese Sanktionen, allen voran der Rechtsverlust, in der Praxis besonders stark wahrgenommen. Da diese Arbeit kein neuartiges Sanktionensystem erschaffen oder die Grundlage einer Reform liefern möchte, sondern sich auf die lex lata beschränkt, sind rechtspolitische Aspekte dabei nur am Rande von Bedeutung.

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Hierzu nur Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 bis 30 Rn. 36 f. Begr. RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 60; Schlitt/Ries, in: MüKo/AktG, § 35 WpÜG Rn. 6; Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 35 Rn. 1. 30 Zur Marktmanipulation im Zusammenhang mit der Verletzung von Meldepflichten Heinrich, Transparenzbestimmungen, S. 186 ff.; Assmann, ZGR 2002, 695, 721 ff. 29

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§ 1 Einleitung

C. Zielsetzung und Gang der Darstellung Es dürfte bereits deutlich geworden sein, dass ein in sich geschlossenes zivilrechtliches Sanktionensystem für Beteiligungstransparenzverstöße nicht besteht. Um dieses „Terra incognita“ 31 zu kartographieren, reicht es nicht, denkbare Rechtsfolgen zu sammeln, darzustellen und zu würdigen. Vielmehr bedarf es der Herstellung von Zusammenhängen, um ein vollständiges Bild der privatrechtlichen Sanktionen eines Meldeverstoßes zeichnen zu können. Als Dreh- und Angelpunkt dieses Sanktionensystems wird sich die effiziente Durchsetzung der Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten der §§ 21 ff. WpHG herauskristallisieren. Dabei wird neben dem Rechtsverlust das Haftungsrecht eine zentrale Rolle spielen. In einem ersten Teil werden die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten der §§ 21 ff. WpHG in einem verkürzten Überblick dargestellt (dazu § 2). Anschließend ist das Fundament für das zu entwickelnde Sanktionensystem zu legen (dazu § 3), indem strukturelle Gemeinsamkeiten und Kerngedanken der verschiedenen Einzelsanktionen herausgearbeitet werden. Es findet eine vorweggenommene Gesamtschau statt, welche zugleich mit der effektiven Durchsetzung von Beteiligungstransparenz die Zielsetzung des Sanktionensystems ausgibt. Darauf aufbauend können die in Betracht kommenden privatrechtlichen Sanktionen im Einzelnen in den Blick genommen werden, begonnen mit dem Rechtsverlust gem. § 28 WpHG (dazu § 4). Wie sich zeigen wird, handelt es sich um eine ausgesprochen scharfe Sanktion, die nicht leicht zu handhaben ist. Da entgegen einer Tendenz im Schrifttum, dem Rechtsverlust seine Schärfe zu belassen, ein zurückhaltender Einsatz dieser Sanktion befürwortet wird, könnten sich für die im Rahmen von § 28 WpHG sehr praxisrelevanten Detailfragen neue Lösungen ergeben. Anschließend ist zu fragen, inwieweit eine Verletzung von Meldepflichten Schadensersatzpflichten nach sich ziehen kann (dazu § 5) – eine Frage, die aus der breit geführten Diskussion um die kapitalmarktrechtliche Informationshaftung bislang ausgeklammert wurde. Mangels einer spezialgesetzlichen Anspruchsgrundlage wird ein Rückgriff auf das Deliktsrecht notwendig sein, was die Schwierigkeit mit sich bringt, komplexe kapitalmarktrechtliche Vorgänge in die Dogmatik des BGB einzupassen. Bevor abschließend Bilanz gezogen wird und die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst werden (dazu § 7), steht zu überprüfen, ob dem meldesäumigen Aktionär eine aus dem Insiderhandelsverbot resultierende Erwerbs- und Veräußerungssperre für die Zeit bis zur Veröffentlichung der unterbliebenen Mitteilung droht und ob eine analoge Anwendung der Verzinsungspflicht des § 38 WpÜG in Betracht kommt (dazu § 6).

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Aufsatztitel von Diregger, GesRZ 2010, 19.

§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz A. Stellung im kapitalmarktrechtlichen Informationssystem Regelmäßiger, fehlerfreier und umfassender Informationsfluss von der börsennotierten Gesellschaft hin zum Anlagepublikum ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren des Kapitalmarkts.1 Aufgrund dieses Befundes, der als juristische Binsenweisheit gelten darf, bilden Informationspflichten das Fundament des Kapitalmarktrechts. Auch wenn diese systematisch verstreut, zumal in verschiedenen Gesetzeswerken, verortet sind, konnten sie zu einem kohärenten Informationssystem geformt werden.2 Dessen Kernaufgabe ist es, das typische Informationsgefälle (sog. Informationsasymmetrie) zwischen den Emittenten und den Marktteilnehmern auszugleichen, um das Vertrauen der Anleger in den Markt zu stärken und ein informationsbedingtes Marktversagen zu verhindern.3 Dreh- und Angelpunkt ist die Verpflichtung derjenigen Marktakteure, die durch ihr Handeln und Wirtschaften kapitalmarktmarktrelevante Informationen erzeugen, diese offenzulegen, um sie dem Anlagepublikum zugänglich zu machen.4 Zu den tragenden Säulen dieses Informationssystems zählt die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz der §§ 21–30 WpHG,5 die auf die TransparenzRL I6 und, nach deren Aufhebung durch die Börsen-RL7, die Transparenz-RL II8 1

So schon v. Caemmerer, in: Barz, Publizitätsgespräch, S. 141, 157. Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 11.2; Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 753 f.; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 141; Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 111 sieht in der Systematisierung der Informationspflichten eine der bedeutendsten dogmatischen Errungenschaften der vergangenen Jahre. 3 Zum informationsbedingten Marktversagen grundlegend Akerlof, 84 Q.J. Econ. (1970), 488. Aus dem deutschen Schrifttum Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 121 ff.; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 55 f. 4 Assmann, Prospekthaftung, S. 281; Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 548; Kalss, Anlegerinteressen, S. 161 f.; Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 753 f. 5 Ähnlich Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: Vor §§ 21 ff. WpHG Rn. 4 – „wichtiger Baustein“. 6 Richtlinie 88/627/EWG des Rates v. 12.12.1988 über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen, Abl. Nr. L 348, S. 62. 7 Vgl. Art. 111 Abs. 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28.5.2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen (2001/34/ EG) (Börsen-RL), Abl. Nr. L 184, v. 6.7.2001, S. 1. 2

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

zurückgehen. Diese Vorschriften werden nicht nur national laufend ausgebaut und ausgeweitet9 – zuletzt durch das Risikobegrenzungsgesetz (RBG)10 und das Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG. Auch auf Gemeinschaftsebene wird die Transparenz-RL II derzeit auf den Prüfstand gestellt; die im Rahmen des seit Mai 2010 laufenden Konsultationsverfahrens11 eingegangenen Stellungnahmen wurden zwischenzeitlich zusammengefasst.12 Ob im Zuge dessen eine Vollharmonisierung erstrebenswert ist, ist umstritten.13 Verortet sind die §§ 21 ff. WpHG im 5. Abschnitt des WpHG. Ihr Anliegen besteht darin, die Kapitalmarktakteure mit Informationen über die Veränderung wesentlicher Stimmrechtsbeteiligungen an einem börsennotierten Emittenten von Aktien zu versorgen. Gewiss tangiert die Offenlegungspflicht das grundgesetzlich durch Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung14 des Meldepflichtigen. Im Rahmen einer Güterabwägung überwiegt jedoch das Informationsbedürfnis der Kapitalmarktöffentlichkeit,15 was die häufig zu lesende Aussage, das Aktien- und Kapitalmarktrecht kennen kein Recht auf Anonymität der Aktionäre,16 zum Ausdruck bringt. Kapitalmarktrechtssystematisch sind die Vorschriften Bestandteil der Sekundärmarktpublizität. Denn ausgehend vom zeitlichen Ablauf des Marktgeschehens, der als systembildendes Kriterium die Trennung zwischen Primär- und Sekundärmarkt markiert,17 liegt das Hauptanwendungsfeld der Meldepflichten im laufenden Handel mit bereits emittierten Aktien. Zwar besteht eine Meldepflicht auch bei 8 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.12.2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Information über Emittenten, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der RiLi 2001/34/EG, Abl. Nr. L 390, S. 38. 9 Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 403 sprechen in Anlehnung an das berühmte Wort Wolfgang Zöllners von der „Reform der Beteiligungstransparenz in Permanenz“. 10 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenden Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) v. 12.8.2009, BGBl. I, S. 1666. 11 Consultation on Modernisation of the Directive 2004/109/EC (transparency requirements for listed companies). 12 Feedback Statement – Summary of Responses to the Consultation on the Modernisation of the Transparency Directive (2004/109/EC). Zum aktuellen Stand des Verfahrens: ; zuletzt abgerufen am 22.4.2011. 13 Zum Für und Wider der Vollharmonisierung im Beteiligungstransparenzrecht: Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 1241, 1245 ff.; vgl. auch Assmann, in: FS U. H. Schneider, S. 37, 40 f. 14 Dazu di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Rn. 173 ff.; insbesondere Rn. 189 ff. 15 Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 3; Witt, Übernahmen, S. 1 ff.; Drinkuth, ZIP 2008, 676, 678. 16 Begr. RegE § 20 AktG bei Kropff, AktG, S. 38 f.; Arends, Offenlegung, S. 7; von Caemmerer, in: Barz, Publizitätsgespräch, S. 141, 181 f.; krit. einst Siebel, in: FS Heinsius, S. 771, 784. 17 Merkt, Unternehmenspublizität, S. 351.

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten

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der erstmaligen Platzierung der Aktien am Markt (vgl. § 21 Abs. 1a WpHG), doch knüpfen die §§ 21 ff. WpHG nicht ausschließlich an die Marktzulassung an. Die praktische Bedeutung dieser Vorschriften liegt vielmehr im Aktienhandel nach einer erfolgreichen Emission. Weiterhin ergehen Stimmrechtsmitteilungen und -veröffentlichungen nicht in festen zeitlichen Abständen, sondern werden durch das Erreichen, Über- oder Unterschreiten von Stimmrechtsanteilsquoten ausgelöst. Durch diese Ereignisabhängigkeit gehört die Beteiligungstransparenz ebenso wie die Ad-hoc-Publizität und die Transparenz von Directors’ Dealings der Anlasspublizität an, die sich in diesem Punkt von der Regelpublizität, welche in festen zeitlichen Abständen zu erfüllen ist, unterscheidet.18

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten der §§ 21 ff. WpHG werfen eine Vielzahl schwieriger Rechtsfragen auf. In der Praxis erweist sich deshalb die Erstellung einer der Kontrolle durch BaFin und Gerichte standhaltenden Stimmrechtsmitteilung als komplizierte Aufgabe. Da sich diese Arbeit der Sanktionsebene verschrieben hat, muss ein Überblick über diese Pflichten genügen.19

I. Zweistufigkeit des Meldeverfahrens Die Information des Anlagepublikums über die Veränderung wesentlicher Stimmrechtsbeteiligungen erfolgt in zwei Stufen. Diese Zweistufigkeit geben bereits die beiden Transparenz-RL vor, und sie findet sich auch bei der Meldepflicht von Directors’ Dealings.20 Zunächst hat der Meldepflichtige dem Emittenten und der BaFin die Veränderung seines Stimmrechtsanteils mitzuteilen. Anschließend veröffentlicht dieser die ihm zugegangene Mitteilung nach Maßgabe von § 26 WpHG, und zwar in der Form, wie er sie vom Meldepflichtigen erhalten hat.21 Zu inhaltlichen Änderungen ist der Emittent selbst dann nicht berechtigt, wenn die Mitteilung unvollständig ist. Allenfalls formelle Korrekturen sind 18 Zu den Kategorien Anlass- und Regelpublizität Brellochs, Publizität, S. 33 f.; Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel II, 4. Kap. Rn. 26. 19 Die Bestandsmitteilungspflicht nach § 41 Abs. 4a WpHG bleibt als dem TUG geschuldete Übergangsvorschrift außer Betracht. Hierzu OLG Düsseldorf AG 2010, 330. Diese Entscheidung zu Recht ablehnend Kocher/Widder, ZIP 2010, 1326; Verse, BKR 2010, 328. 20 Vgl. § 15a Abs. 1 und Abs. 4 WpHG. Hierzu Osterloh, Directors Dealings, S. 193. 21 Krit. wegen aus der Zweistufigkeit resultierender Verzögerung der Informationsübermittlung an den Markt Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 45; Falkenhagen, WM 1995, 1005, 1006.

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

gestattet.22 Die Rechtsstellung des Emittenten gleicht somit der eines Boten. Dieser zweite Schritt, die Veröffentlichung der erhaltenen Stimmrechtsmitteilung, ist für den Anleger von ausschlaggebender Bedeutung. Denn erst dadurch erfährt er von der Veränderung der Beteiligungsstruktur, es sei denn, er hat durch eigene Anstrengungen die Information erlangt. Den Zeitaufwand und die Kosten selbständiger Informationsgewinnung will ihm das Transparenzsystem aus Gründen der Wohlfahrtssteigerung aber gerade ersparen.23 Eine Ausnahme von der Zweistufigkeit sieht § 26 Abs. 1 S. 2 WpHG vor, wenn der Emittent durch den Handel mit eigenen Aktien die Meldeschwellen von 5% bzw. 10% erreicht, über- oder unterschreitet. Da eine Mitteilung des Emittenten an sich selbst sinnlos wäre, ist nur eine Veröffentlichung vorzunehmen.

II. Stimmrechtsmitteilungspflichten des Meldepflichtigen 1. Veränderung des Stimmrechtsanteils, § 21 WpHG Als Zentraltatbestand der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz fungiert § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG. Danach hat derjenige, der durch Erwerb, Veräußerung oder in sonstiger Weise 3%, 5%, 10%, 15%, 20%, 25%, 30%, 50% oder 75% der Stimmrechte eines börsennotierten Emittenten von Aktien, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, erreicht, überschreitet oder unterschreitet – kürzer, aber ungenauer: berührt – dem Emittenten und der BaFin eine entsprechende Mitteilung zu machen.24 Meldepflichtig ist jede Person oder Gesellschaft, die die Fähigkeit besitzt, Träger von Rechten und Pflichten zu sein.25 Neben natürlichen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts sind auch ausländische Investoren erfasst, und zwar unabhängig davon, ob ihr Wohn- oder Verwaltungssitz sich im In- oder Ausland befindet. Auch die rechtsfähige Außen-GbR ist meldepflichtig.26 Mangels Rechtsfähigkeit nicht meldepflichtig sind das Stimmrechtskonsortium, die Familie und der Konzern.27

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BaFin, Emittentenleitfaden, S. 171; Hirte, in: KK/WpHG, § 25 Rn. 29. Dem trägt die BaFin mit der Stimmrechtsdatenbank bei. Diese beweist allerdings nicht, dass Meldepflichten auch tatsächliche erfüllt wurden, vgl. LG Frankfurt/M. AG 2009, 421, 423. 24 Auf ihrer Website stellt die BaFin ein Musterformular für eine Mitteilung gem. § 21 Abs. 1 WpHG zur Verfügung, abrufbar unter ; zuletzt abgerufen am 22.4.2011. 25 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 52; U. H. Schneider, in: FS Brandner, S. 565, 567; Kümpel/Veil, WpHG, S. 153; Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 89 f.; ausführlich zum Kreis mitteilungspflichtiger Personen und Unternehmen Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 22 Anh. Rn. 4. 26 Zur Rechtsfähigkeit der Außen-GbR BGHZ 146, 341. 23

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten

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Eine Meldepflicht der Mitglieder dieser Gemeinschaften bzw. der einzelnen Konzerngesellschaften bleibt allerdings unberührt. Hierbei ist zudem zu beachten, dass eine gegenseitige Zurechnung der Stimmrechte stattfinden kann, so dass etwa bei Poolvereinbarungen jedes Poolmitglied die kraft Zurechnung berührte Schwelle zu melden hat, und zwar auch dann, wenn es nicht selbst, sondern nur durch Zurechnung Meldeschwellen berührt. a) Berechnung der Meldeschwellen Die prozentuale Stimmrechtsbeteiligung errechnet sich aus dem Verhältnis der vom Aktionär konkret gehaltenen und der ihm gem. § 22 WpHG zuzurechnenden Stimmrechte (Teilmenge = Zähler) zu der Gesamtzahl der im Umlauf befindlichen Stimmrechte (Gesamtmenge = Nenner). Letztere veröffentlicht der Emittent nach § 26a WpHG regelmäßig, um dem Meldepflichtigen die Berechnung der Anteilsquote zu erleichtern.28 Da ausschließlich auf die Stimmrechte abzuheben ist, kommt der Beteiligung am Grundkapital – anders als im Rahmen von § 20 AktG – keine Bedeutung zu.29 Weil Aktie und Stimmrecht jedoch durch § 12 Abs. 1 AktG miteinander verknüpft sind, wird die Zahl der Aktien regelmäßig der Zahl der Stimmrechte entsprechen. Bei der Berechnung sind sämtliche Stammaktien zu berücksichtigen. Vorzugsaktien werden nicht in die Berechnung einbezogen, es sei denn, das Stimmrecht lebt nach § 140 Abs. 2 oder § 141 Abs. 4 AktG wieder auf.30 Nicht in die Berechnung einzubeziehen sind Stimmrechte, für die § 23 WpHG eine Nichtberücksichtigung anordnet. Diese Ausnahme betrifft vornehmlich professionelle Wertpapierdienstleister, die weder eine dauerhafte oder strategische Anlage noch die Absicht der Ausübung der Stimmrechte verfolgen. Da sich ihr Handelsbestand an Aktien und Wertpapieren einem ständigen und schnellen Wechsel ausgesetzt sieht, würden ihre laufenden und sich schnell ändernden Stimmrechtsmitteilungen zu Irritationen am Markt führen. Dies zu unterbinden ist Aufgabe des § 23 WpHG.31 Problematisch ist, wie mit nicht ausübbaren Stimmrechten zu verfahren ist. Diese Frage betrifft zum einen eigene Aktien, aus welchen die Gesellschaft kein 27 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 21 WpHG Rn. 9; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 11; Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 90 f.; U. H. Schneider, AG 1997, 81, 85; abw. Koppensteiner, in: KK/AktG, Anh. § 22 §§ 21 ff. WpHG Rn. 33; Hüffer, AkG, § 20 Rn. 20. 28 Statt aller Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 14. 29 Krit. zu dieser Diskrepanz zwischen § 21 WpHG und § 20 AktG Happ, JZ 1994, 240, 245. 30 Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 85; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 21 WpHG Rn. 6; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 184 f.; Falkenhagen, WM 1995, 1005, 1008. 31 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 54; Begr. RegE TUG 16/2498, S. 35 f.; Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 114; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.397; krit. Burgard, Offenlegung, S. 189 f.

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

Stimmrecht herleiten kann (§ 71b AktG) und zum anderen Aktien, deren Stimmrechte wegen eines eingetretenen Rechtsverlusts (§§ 28 WpHG, 59 WpÜG oder auch § 67 Abs. 2 S. 2 AktG) nicht bestehen. Einig ist man sich, dass diese bei der Berechnung der Gesamtzahl, d.h. im Nenner, berücksichtigt werden, da insoweit eine dem Sinn und Zweck der Beteiligungstransparenz geschuldete abstrakte Betrachtung stattfindet.32 Auf die tatsächliche Ausübbarkeit der Stimmrechte kommt es daher nicht an. Das entspricht im Übrigen den Vorgaben in Art. 9 Abs. 1 der Transparenz-RL II und ist auch in § 17 Abs. 1 Nr. 5 WpAIV, wo der Inhalt einer Stimmrechtsmitteilung festgelegt wird, ausdrücklich niedergelegt. Was den Zähler angeht, ist zu differenzieren: Zunächst werden vom Rechtsverlust betroffene Stimmrechte im Zähler in Anschlag gebracht.33 Dies müsste an sich auch für eigene Aktien gelten, doch folgt aus § 26 Abs. 1 S. 2 WpHG ein Anderes. Demnach muss der Emittent in Bezug auf eigene Aktien das Berühren der Schwellen von 5% oder 10% lediglich veröffentlichen. Schließlich wäre eine Mitteilung des Emittenten, als demjenigen, der die Beteiligungsänderung generiert, an sich selbst sinnwidrig. Folgerichtig sind eigene Aktien bei der Berechnung der Stimmrechtsquote im Zähler nicht in Anschlag zu bringen.34 b) Zurechnung von Stimmrechten, § 22 WpHG Bei der Ermittlung der Teilmenge (Zähler) sind neben den vom Meldepflichtigen selbst gehaltenen Stimmrechten auch solche einzubeziehen, die ihm gem. § 22 WpHG zugerechnet werden. Die Vorschrift schafft in der Praxis aufgrund zahlreicher ungeklärter Auslegungsfragen erhebliche Rechtsunsicherheit, was wiederum die Gefahr von Berechnungsfehlern begründet. Die einzelnen Zurechnungstatbestände zählt § 22 Abs. 1 S. 1 WpHG in Nr. 1–6 abschließend auf. Sie zeichnen sich allesamt durch das Auseinanderfallen von formaler Eigentümerschaft und materieller Stimmrechtsmacht aus.35 Die Zurechnung soll dementsprechend ein Unterlaufen der Meldepflicht nach § 21 Abs. 1 WpHG durch Übertragung der Aktien auf Dritte verhindern, wenn und weil der Meldepflichtige aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen weiterhin Einfluss

32 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 59; Veil, in: Schmidt/ Lutter, AktG, Anh. § 22: § 21 WpHG Rn. 13; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 415; Nodoushani, WM 2008, 1671, 1674; Burgard, BB 1995, 2069, 2071; a. A. Sudmeyer, BB 2002, 685, 687. 33 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 128 f.; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 21 Rn. 27; Koppensteiner, in: KK/AktG, Anh. § 22 §§ 21 ff. WpHG Rn. 11; zweifelnd Sudmeyer, in: Kuthe/Rückert/Sickinger, Compliance-Hdb, 8. Kap. Rn. 19. 34 Krieger, in: MüHdb/AG, § 68 Rn. 147; Widder/Kocher, AG 2007, 13, 16; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 22 Anh. Rn. 30. 35 von Bülow, in: KK/WpHG, § 22 Rn. 3.

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten

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auf deren Ausübung nehmen kann.36 Tatsächlich muss es nicht zur Einflussnahme gekommen sein. Dieser Einfluss und damit die materielle Stimmrechtsmacht werden in den von § 22 Abs. 1 S. 1 WpHG aufgezählten Fällen gesetzlich vermutet. Eine Zurechnung ist zunächst vorgesehen für Stimmrechte, die einem Tochterunternehmen, welches in § 22 Abs. 3 WpHG legal definiert ist,37 des Meldepflichtigen (Nr. 1) gehören. Dasselbe gilt, wenn ein Dritter Stimmrechtsaktien für Rechnung des Meldepflichtigen hält (Nr. 2). Während Nr. 1 Konzerne betrifft, in denen das Mutterunternehmen die Ausübung der formal im Eigentum der Tochter stehenden Stimmrechte kraft seiner Herrschaftsmöglichkeit lenken kann, fallen unter Nr. 2 vor allem Treuhandkonstruktionen.38 Hier bestimmt der Treugeber die Art und Weise der Stimmrechtsausübung, da der die Aktien formal haltende Treuhänder ihm gegenüber typischerweise weisungsgebunden ist.39 Ob es tatsächlich zur Einflussnahme gekommen ist, ist unerheblich. Dies erklärt auch, dass die Auffassung des OLG München,40 der Treuhänder müsse sich Stimmrechtspositionen des Treugebers zurechnen lassen, nicht haltbar ist. Eine solche gegenverkehrte Anwendung von § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG findet weder im Wortlaut noch in der Ratio der Zurechnungsvorschrift Rückhalt.41 Denn die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Stimmrechtsausübung als Grundlage der Zurechnung steht ausschließlich dem Treugeber zu. Hauptanwendungsbereich dieses Zurechnungsgrundes sind Vermögensverwaltungsgesellschaften oder das „Parken“ von Aktienpaketen bei der Hausbank.42 Ferner führen zur Sicherheit an einen Dritten übertragene (Nr. 3) oder mit einem Nießbrauch zugunsten des Meldepflichtigen belastete Stimmrechte (Nr. 4) zur Stimmrechtszurechnung. Des Weiteren nennt § 22 WpHG die Möglichkeit, Stimmrechte durch Willenserklärung erwerben zu können (Nr. 5), wobei auf die dingliche Ebene abzustellen ist.43 Erfasst werden z. B. dingliche Optionen. Endlich sind dem Meldepflichti36 von Bülow, in: KK/WpHG, § 22 Rn. 3; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 17 Rn. 67; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.400; Widder/Kocher, ZIP 2010, 457, 457. 37 Die Definition wirft schwierige Auslegungsfragen auf, insbesondere durch die Inbezugnahme von § 290 HGB, der durch das BilMoG (Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts v. 25.5.2009, BGBl. I, S. 1102) reformiert wurde. Zu den Änderungen Kozikowski/Ritter, in: Beck’scher Bilanzkomm., § 290 Rn. 6 ff. 38 Weitere Fälle des § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG bei Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.407. 39 Eingehend hierzu Noack/Zetzsche, in: FS Schwark, S. 569, 575 ff. 40 OLG München AG 2009, 793, 794; folgend Bröcker, GWR 2009, 376. 41 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 22 WpHG Rn. 20; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 22 WpHG Rn. 8; ders./Dolff, AG 2010, 385, 389 ff.; Widder/Kocher, ZIP 2010, 457, 458 ff.; Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 934 ff.; unklar Ostermaier, EWiR 2010, 197, 198. 42 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 22 WpHG Rn. 5. 43 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 22 WpHG Rn. 62; Petersen, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 22 Anh. Rn. 50; Baums/Sauter, ZHR 173 (2009), 454, 467 f.; a. A. U. H. Schneider, AG 1997, 81, 83.

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

gen anvertraute oder kraft Bevollmächtigung zur Ausübung übertragene Stimmrechte (Nr. 6) in die Zurechnung einbezogen. Nach § 22 Abs. 2 WpHG findet eine wechselseitige Zurechnung von Stimmrechten derjenigen Aktionären statt, die ihr Verhalten in Bezug auf den Emittenten abstimmen (sog. acting in concert). Obwohl die praktische Bedeutung dieser Vorschrift kaum zu überschätzen ist, bleibt ihre Auslegung und Anwendung höchst umstritten.44 Die Probleme, der sich die Praxis zu stellen hat, wurden durch das RBG noch verschärft, da in den als Konkretisierung der Voraussetzungen des acting in concert gedachten § 22 Abs. 2 S. 2 WpHG eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe aufgenommen wurden („mit dem Ziel einer dauerhaften und erheblichen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung des Emittenten in sonstiger Weise zusammenwirken“).45 Das mit dieser Neuausrichtung verfolgte Ziel, die Auslegungs- und Nachweisprobleme bei einem acting in concert zu lösen, um Irritationen am Kapitalmarkt zu verhindern,46 wurde nicht erreicht. Der wesentliche Zweck des § 22 Abs. 2 WpHG besteht darin, Zurechnungslücken zu schließen, indem koordiniertes Abstimmungsverhalten von Aktionären erfasst wird.47 Jedem Beteiligten der Verhaltensabstimmung wird wechselseitig der Stimmrechtsanteil der anderen Beteiligten zugerechnet. Ausgenommen sind lediglich Verhaltensabstimmungen in Einzelfällen (§ 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 WpHG). Das ursprüngliche Vorhaben, diese Einzelfallausnahme mit dem RBG zu streichen, wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens aufgegeben. Das Vorliegen eines Einzelfalles bestimmt sich formal.48 Abzustellen ist danach auf die Häufigkeit des Abstimmungsverhaltens, so dass es nicht darauf ankommt, ob der Einzelbeschluss besonders bedeutsam ist. Eine die Zurechnung begründende Verhaltensabstimmung ist entweder aufgrund einer Vereinbarung (§ 22 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 WpHG) oder in sonstiger Weise (§ 22 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 WpHG) möglich. Typische Anwendungsfälle von Alt. 1 sind der Abschluss oder der Beitritt zu Stimmbindungs- und Poolvereinbarungen. Alt. 2 ist als Auffangtatbestand konzipiert und erfasst jede außervertragliche Koordination des Abstimmungsverhaltens, wobei ein über den bloßen Erwerb von Anteilen hinausgehendes gemeinsames Interesse verfolgt werden muss. Dieses Interesse besteht im Grundsatz darin, 44 Das gilt umso mehr für die Parallelregelung des § 30 Abs. 2 WpÜG. Aus der jüngeren Rechtsprechung etwa BGHZ 169, 98 – WMF; OLG Frankfurt/M. 2007, 592; zu § 22 Abs. 2 WpHG etwa OLG München AG 2009, 793, 793 f.; vgl. zur Kritik am OLG München Fn. 41. 45 Krit. auch Marsch-Barner, in: FS Riegger, S. 35, 36; Korff, AG 2008, 692, 693. 46 Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 11. 47 Statt aller Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.413 m.w. N. 48 H. M., vgl. BGHZ 169, 98 107 – WMF; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 22 Rn. 100; von Bülow, in: KK/WpHG, § 22 Rn. 170; ders./Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1799; Drinkuth, ZIP 2008, 676, 676; a. A. OLG München AG 2005, 839, 839 ff.; Fleischer, ZGR 2008, 185, 202 f.

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten

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zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen auf den Emittenten einzuwirken. Das erfordert einen kommunikativen Akt als gemeinsame Arbeitsgrundlage, etwa eine schriftliche oder mündliche Absprache.49 Der abgestimmte Erwerb von Aktien begründet daher noch keine (gegenseitige) Zurechnung zwischen den Aktienerwerbern.50 Ein solcher Parallelerwerb beweist nur ein gleichgerichtetes Interesse, aber nicht die erforderliche Verhaltenskoordination. Das wird dadurch untermauert, dass das ursprüngliche gesetzgeberische Vorhaben, den Parallelerwerb von Aktien in den Tatbestand des § 22 Abs. 2 WpHG aufzunehmen, nicht umgesetzt wurde.51 Vor Inkrafttreten des RBG war umstritten, ob die Verhaltensabstimmung sich ausschließlich auf die Ausübung von Stimmrechten in der Hauptversammlung bezieht oder auch Einflussnahmen außerhalb der Hauptversammlung erfasst sind. In der vielbeachteten WMF-Entscheidung hat der BGH die Parallelvorschrift des § 30 Abs. 2 WpÜG in ihrer vor Inkrafttreten des RBG gültigen Fassung auf die Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung beschränkt, was der zu diesem Zeitpunkt h. L. entsprach.52 Die abgestimmte Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden sollte daher kein acting concert begründen. Der Gesetzgeber hat nunmehr festgeschrieben, dass ein Zusammenwirken auch dann zurechnungsbegründend wirkt, wenn es „mit dem Ziel einer dauerhaften und erheblichen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung des Emittenten“ betrieben wird (§ 22 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 WpHG). Daher spricht viel dafür, nun auch Verhaltensabstimmungen außerhalb der Hauptversammlung einzubeziehen. 53 Ob damit aber auch die abgestimmte Wahl eines Aufsichtsratsvorsitzenden ein acting in concert darstellt, verharrt weiterhin einer abschließenden Klärung.54 Jedenfalls dürfte der Nachweis eines subjektiven Willens, dauerhaft und erheblich die unternehmerische Ausrichtung des Emittenten ändern zu wollen, schwer fallen. 49 von Bülow, in: KK/WpHG, § 22 Rn. 150; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 429; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 22 WpHG Rn. 27; Drinkuth, ZIP 2008, 676, 677. 50 Anders wird man für § 30 Abs. 2 WpÜG zu entscheiden haben (so wohl auch Weber/Meckbach, BB 2008, 2022, 2025), da die Erfassung des abgestimmten Beteiligungserwerbs hier aus Art. 5 Abs. 1 der Übernahme-RL folgt und gute Gründe gegen eine einheitliche Auslegung von § 22 Abs. 2 WpHG und § 30 Abs. 2 WpÜG sprechen (vgl. von Bülow, in: KK/WpHG, § 22 Rn. 13; König, BB 2008, 1910, 1912; dezidiert Drinkuth, ZIP 2008, 676, 676 ff.; a. A. Süßmann, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 13 Rn. 12). Gegen die Anwendung von § 30 Abs. 2 WpÜG auf den Parallelerwerb indessen Noack/Zetzsche, in: FS Schwark, S. 569, 573 f.; wohl auch Rulf, Zurechnungstatbestände, S. 183 f. 51 Vgl. Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/9821, S. 11. 52 BGHZ 169, 98, 105 – WMF mit Nachw. zur h. L. 53 Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 11; U. H. Schneider, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 22 Rn. 181 f.; Noack/Zetzsche, in: FS Schwark, S. 569, 576. 54 Verneinend von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1798; Korff, AG 2008, 692, 695; a. A. bei der Wahl mehrerer Aufsichtsräte Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 22 WpHG Rn. 37; weitergehend Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 22 WpHG Rn. 25.

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

Eine sog. Kettenzurechnung sieht § 22 Abs. 1 S. 2 WpHG für den Konzern vor. Durch Hintereinanderschaltung mehrerer Zurechnungstatbestände werden der Konzernmutter die Stimmrechtsanteile ihrer Tochtergesellschaften zugerechnet, die dieser wiederum gem. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2–6 WpHG zugerechnet wurden. Grund dessen ist, dass das Mutterunternehmen über die zwischengeschaltete Tochter Weisungen auch an das Enkelunternehmen weiterleiten kann.55 Für das abgestimmte Verhalten enthält § 22 Abs. 2 S. 2 WpHG eine entsprechende Regelung. Ob eine allgemeine, d.h. über die beiden gesetzlich angeordneten Fälle hinausgehende Kettenzurechnung stattzufinden hat, ist ungeklärt, kann hier aber nicht vertieft werden.56 Folge der Anwendung von § 22 WpHG sind doppelte oder gar mehrfache Mitteilungspflichten (sog. Grundsatz der Doppelmitteilung), da jede Person, die allein oder kraft Zurechnung eine Meldeschwelle berührt, eine Stimmrechtsmitteilung abzugeben hat.57 Die Zurechnung führt nicht dazu, dass Stimmrechte bei demjenigen, dessen Stimmrechte dem Anderen zugerechnet werden, abgezogen werden. Eine Absorption findet nicht statt.58 So sind der Treuhänder und der Treugeber, dem die Stimmrechte zugerechnet werden, separat meldepflichtig. Der Markt wird dadurch mehrfach über denselben Umstand informiert, wenn auch durch verschiedene Personen.59 Um Mehrfachmitteilungen zu vermeiden, statuiert § 24 WpHG für den Konzern eine Ausnahme, die auf Art. 6 der Transparenz-RL I zurückgeht.60 Da der Konzern selbst nicht rechts- und deshalb auch nicht meldefähig ist, erlaubt diese Vorschrift der Muttergesellschaft, die Meldepflichten einer oder mehrerer ihrer Tochterunternehmen, deren Stimmrechte ihr zugerechnet werden (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG), zu erfüllen. Die selbständig entstehende Meldepflicht der Tochter entfällt dadurch jedoch nicht. § 24 WpHG erlaubt nur, dass die Meldepflicht der Tochter erfüllt wird, so dass lediglich eine formelle Erleichterung des konzernweiten Meldeverfahrens eintritt. Befreiende Wirkung zugunsten der Tochter entfaltet nur eine ordnungsgemäße Mitteilung der Mutter. Abgesehen hiervon kann ein Dritter mit der Erfüllung der Mitteilungspflichten im Wege der Stellvertretung beauftragt werden.61 55

Begr. RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 53. Hierzu Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 22 WpHG Rn. 45; siehe auch Veil/Dolff, AG 2010, 385, 387 f. 57 Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 22 WpHG Rn. 3; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 419. Verwirrung am Markt durch die Vielzahl weitgehend inhaltsgleicher Mitteilungen befürchtend Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 22 WpHG Rn. 33. 58 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 22 Rn. 15. 59 Krit. daher Siebel, in: FS Heinsius, S. 771, 802; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 22 Rn. 33 f. 60 Eingehend Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 38 ff. 61 Hierzu statt vieler Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 137; zu weitgehend wohl Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 22 Anh. Rn. 65, der keine wirksame Bevollmächtigung fordert. 56

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten

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c) Mitteilungspflichtige Vorgänge Eine Meldeschwelle kann durch Erwerb, Veräußerung oder in sonstiger Weise erreicht, über- oder unterschritten werden. Der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts stellt noch keinen Erwerb i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG dar. Maßgeblich ist der dingliche Rechtsübergang,62 und zwar sowohl für den Erwerb als auch für die Veräußerung von Stimmrechtsaktien. Der Eigentumsübergang erfolgt mit der Einbuchung der Aktien in das Depot des Erwerbers. Bei vinkulierten Namensaktien tritt der Erwerb erst mit Zustimmung der Gesellschaft nach § 68 Abs. 2 AktG ein.63 Das Berühren einer Meldeschwelle „auf sonstige Weise“ ist als Auffangtatbestand konzipiert. Er erfasst etwa die Stimmrechtszurechnung gem. § 22 WpHG, Kapitalmaßnahmen (hauptsächlich eine Kapitalerhöhung, an der nicht alle Aktionäre teilnehmen) oder die Gesamtrechtsnachfolge.64 Im Falle der Stimmrechtszurechnung kann es zu der eigentümlichen Situation kommen, dass eine Meldepflicht ausgelöst wird, obwohl der Meldepflichtige, beispielsweise die Muttergesellschaft eines Konzerns, selbst keine Aktien besitzt.65 Die Meldepflicht gründet also allein auf der Zurechnung. Weiterhin kann allein durch Maßnahmen des Emittenten eine Mitteilungspflicht entstehen, ohne dass der Meldepflichtige selbst aktiv geworden ist (sog. passives Berühren von Meldeschwellen). Als Beispiele sind der Rückkauf oder die Einziehung eigener Aktien zu nennen. Auch Kapitalmaßnahmen, an denen der Meldepflichtige nicht teilnimmt, gehören hierher. Vorgänge, die keinen Einfluss auf die Stimmrechtsbeteiligung haben, wie z. B. Umfirmierung, Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) oder Sitzverlegung, lösen keine Meldepflicht aus.66 Auch die Nichtberücksichtigung von Stimmrechten nach § 23 WpHG ist seit dem TUG67 kein tauglicher Anknüpfungspunkt mehr für die Tatbestandsverwirklichung. Grund dessen ist, dass kein Befreiungsantrag mehr bei der BaFin gestellt werden braucht, sondern nach der neuen Konzeption eine Selbstbefreiung stattfindet.68

62 Ganz h. M., U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 73; Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 22 Anh. Rn. 8; Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 88. 63 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 20 a. E. 64 Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 124 ff. 65 Kümpel/Veil, WpHG, S. 158; Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 22 WpHG Rn. 2. 66 OLG Frankfurt/M. NZG 2010, 389, 389; OLG Düsseldorf AG 2009, 40, 41; 2010, 711, 712; BaFin, Emittentenleitfaden, S. 132; Hüffer, AktG, § 20 Rn. 20; für § 20 AktG: OLG Köln AG 2009, 671, 672; a. A. LG Köln AG 2008, 336, 338 f.; Heppe, WM 2002, 60, 70. Vgl. auch § 4 C. II. 3. b) aa), S. 141 ff. 67 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 5.1.2007, BGBl. I, S. 10. Hierzu Hutter/ Kaulamo, NJW 2007, 471, 473 ff.

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

d) Form und Frist der Mitteilung Vorgaben zur formalen Ausgestaltung der Stimmrechtsmitteilung finden sich in den §§ 17 ff. WpAIV. Die Mitteilung muss schriftlich oder per Telefax sowohl dem Emittenten als auch der BaFin zugehen. Mit der Mitteilung nur an einen der beiden Adressaten wird die Mitteilungspflicht nicht erfüllt, und zwar auch dann nicht, wenn der Empfänger um die Weiterleitung an den jeweils Anderen gebeten wird. Eine Stimmrechtsmitteilung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil Emittent oder BaFin auf andere Weise Kenntnis von der meldepflichtigen Tatsache erlangt haben.69 Was die Frist betrifft, muss die Mitteilung unverzüglich, spätestens innerhalb von vier Handelstagen abgegeben werden.70 Da „unverzüglich“ entsprechend der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“ meint, darf diese Frist nicht grundlos voll ausgeschöpft werden.71 Die Mitteilung muss aber auch nicht sofort ergehen, denn der Meldepflichtige darf zunächst rechtlichen Rat einholen, was bei komplizierten Beteiligungsstrukturen nahezu unverzichtbar ist. Die Frist beginnt nach § 21 Abs. 1 S. 3 WpHG mit dem Zeitpunkt, zu dem der Meldepflichtige vom Berühren der Schwelle Kenntnis hat oder haben musste, wobei die Kenntnis zwei Tage nach der Schwellenberührung vermutet wird (§ 21 Abs. 1 S. 4 WpHG). 2. Halten von Finanzinstrumenten, § 25 WpHG § 25 Abs. 1 WpHG dehnt die Stimmrechtsmitteilungspflichten auf Finanzinstrumente aus, die ihrem Inhaber das Recht verleihen, einseitig im Rahmen einer bindenden Vereinbarung mit Stimmrechten verbundene Aktien zu erwerben. Zweck dieser „Optionsmeldepflicht“ 72 ist die Information des Kapitalmarktes über die Berechtigung des Optionsinhabers, zukünftig Aktien erwerben und deren Stimmrechte ausüben zu können.73 Nach dem Wortlaut sind nur solche Finanzinstrumente erfasst, bei denen der Aktienerwerb nicht mehr von äußeren Umständen, sondern nur noch einseitig und ausschließlich vom Ermessen des Inhabers abhängt. Meldepflichtig sind daher Vereinbarungen über die Lieferung von Aktien, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Preis unmittelbar vom Börsenkurs der zugrundeliegenden Aktien abhängt, beispielsweise Termin68 Zur alten Rechtslage, wonach durch Stattgabe oder Widerruf der Befreiung eine Mitteilungspflicht ausgelöst werden konnte Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 89. 69 BGHZ 114, 203, 213; OLG Schleswig AG 2006, 120, 122; Hüffer, AktG, § 20 Rn. 22. 70 Der Begriff Handelstage wird in § 30 Abs. 1 WpHG definiert. Die BaFin stellt einen Kalender der Handelstage zur Verfügung unter ; zuletzt abgerufen am 22.4.2011. 71 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 21 WpHG Rn. 29; Buck-Heeb, CCZ 2009, 18, 22. 72 Noack/Zetzsche, in: FS Schwark, S. 569, 579. 73 Begr. RegE TUG, BT-Drucks. 16/2498, S. 37.

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten

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geschäfte und Kaufoptionen (sog. Call Optionen), nicht aber auf Barausgleich gerichtete Derivate, Cash Settled Equity Swaps im Besonderen.74 Die Eingangsmeldeschwelle setzt im Unterschied zu § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG erst bei 5% an.75 Seit dem RBG sind bei der Ermittlung, ob dieser Wert erreicht, über- oder unterschritten wurde, Stimmrechte aus Aktien und hypothetische Stimmrechte aus Finanzinstrumenten zusammenzurechnen, § 25 Abs. 1 S. 3 WpHG. In der Konsequenz wird die Eingangsmeldeschwelle früher erreicht, wovon sich der Gesetzgeber eine höhere Meldedichte verspricht.76 Der einst meldefreie Beteiligungsaufbau (sog. Stake Building) aus 2,99% Aktien und 4,99% Finanzinstrumenten ist nunmehr meldepflichtig, womit der meldefreie Rechtsraum nicht unerheblich beschränkt wird. Doppelmitteilungen nach § 21 WpHG und zusätzlich § 25 WpHG werden durch § 25 Abs. 1 S. 4 WpHG, wonach die Meldepflicht für Finanzinstrumente nur greift, wenn durch das Zusammenrechnen erneut eine Schwelle erreicht, überschritten oder unterschritten wird, vermieden. So erfordert der Erwerb von 4% an Aktien und 8% an Finanzinstrumenten eine Mitteilung nach § 21 WpHG und § 25 WpHG, da neben der 3%-Schwelle bezüglich der Aktien und 5% bezüglich der Finanzinstrumente erst durch Aggregation der zusätzliche Schwellenwerte von 10% überschritten wird. Das Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG dehnt den Anwendungsbereich des § 25 WpHG auf „sonstige Instrumente“ aus.77 Das sind Vereinbarungen, die ein Recht auf Erwerb von mit Stimmrechten verbundenen Aktien gewähren, aber nicht unter die Definition des Begriffs der Finanzinstrumente des § 2 Abs. 2 lit. b WpHG fallen. Als Hauptanwendungsfälle werden Repo-Geschäfte78 und Wertpapierdarlehen 79 genannt, welche die BaFin bislang als nicht meldepflichtig einstufte,80 so dass auch sie zum verdeckten Positionsaufbau eingesetzt werden konnten. 74 Sudmeyer, in: Kuthe/Rückert/Sickinger, Compliance-Hdb, 8. Kap. Rn. 79; Hutter/ Kaulamo, NJW 2007, 471, 474 f.; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 25 WpHG Rn. 4; Weber/Meckbach, BB 2008, 2022, 2024; für die Erfassung von Cash Settled Equity Swaps aber U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 25 Rn. 37 ff.; ders./Brouwer, AG 2008, 557, 562 ff. Nicht erfasst sind Verkaufsoptionen (sog. Put-Optionen), da sie dem Halter nicht das Recht gewähren, die Lieferung von Aktien zu verlangen. Auch Bezugsrechte auf Aktien oder Wandelschuldverschreibungen gehören nicht hierher, vgl. Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 25 Rn. 8. 75 Krit. insoweit U. H. Schneider/Brouwer, AG 2008, 557, 557 f. 76 Begr. RegE RBG, BT-Drucks 16/7438, S. 12. 77 Dazu Begr. RegE Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG, S. 26; Merkner/ Sustmann, NZG 2010, 681, 682 f. 78 Zum Repo-Geschäft (kurz für Repurchase Agreement) von Bülow, in: KK/WpHG, § 22 Rn. 80. 79 Zum Wertpapierdarlehen, das, rechtstechnisch verfehlt, auch als Wertpapierleihe bezeichnet wird Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 105 Rn. 33 f. 80 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 166; auch von Bülow, in: KK/WpHG, § 22 Rn. 79 ff., 83 ff.; Heinrich, Transparenzbestimmungen, S. 95 f.

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

3. Halten sonstiger Finanzinstrumente, § 25a WpHG Nachdem die viel diskutierten Anschleich-Fälle Lücken im Meldesystem der §§ 21 ff. WpHG offenbart haben und die Rufe nach dem Gesetzgeber lauter wurden,81 hat dieser zwischenzeitlich das Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG verabschiedet.82 Von zentraler Bedeutung ist der darin vorgesehene § 25a WpHG, der am 1.2.2012 in Kraft treten wird. Dieser regelt eine vollkommen neue Meldepflicht für auf Barausgleich gerichtete Finanzinstrumente und Geschäfte mit ähnlicher Wirkung, um besagte Lücken im Transparenzsystem zu schließen und dem „Anschleichen“ an börsennotierte Unternehmen Einhalt zu gebieten. Andere Jurisdiktionen haben bereits vergleichbare Regelungen eingeführt83 und auch CESR spricht sich für die Transparenz derartiger Finanzderivate aus.84 Ein europaweiter Regulierungsvorschlag liegt bislang allerdings nicht vor, so dass der deutsche Gesetzgeber insoweit keine Vorgaben zu beachten hatte. Meldepflichtig ist nach § 25a WpHG, wer unmittelbar oder mittelbar Finanzinstrumente oder sonstige Instrumente, die nicht schon unter § 25 WpHG fallen,85 hält, die es ihrem Inhaber ermöglichen, mit Stimmrechten verbundene Aktien zu erwerben. Ohne dass auf Einzelheiten dieser im Detail nicht unproblematischen Regelung eingegangen werden könnte,86 fällt schon beim ersten Lesen ihre generalklauselartige Formulierung auf 87 – eine Neuheit im technischen Recht der Beteiligungstransparenz. Damit soll das Katz-und-Maus-Spiel, das durch die Entwicklung von Umgehungsstrategien nach jeder Reform der §§ 21 ff. WpHG stets von Neuem eröffnet wurde, beendet werden.88 Rechtspolitisch ist die mit der Vorschrift bezweckte Verbesserung der Beteiligungstransparenz durchaus zu befürworten. Systematisch ist sie allerdings insofern bemerkenswert, als über § 25 WpHG hinaus nicht nur hypothetische, sondern schon quasi-hypo81 Vgl. den „Brandbrief“ einiger DAX-Vorstände nach Bekanntwerden des Falles Schaeffler/Continental, BörsZ v. 29.8.2008. Siehe auch Seibt, BörsZ v. 3.9.2008, S. 2; die rechtspolitische Diskussion zusammenfassend Baums/Sauter, ZHR 173 (2009), 454, 487 ff. Gegen eine Offenlegungspflicht ökonomischer Positionen Zetzsche, EBOR 11 (2010), 231, 236 ff. 82 BGBl. I, S. 358. 83 Zu ähnlichen Meldepflichten in der Schweiz, Großbritannien und Frankreich Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 850 f.; Zetzsche, EBOR 11 (2010), 231, 232 m. Fn. 1–3. 84 CESR, Consultation Paper, 09-1215b, January 2010. 85 Während „Finanzinstrumente“ in § 2 Abs. 2b WpHG legal definiert sind, werden „sonstige Instrumente“ negativ als diejenigen Vereinbarungen definiert, die den Erwerb von stimmberechtigten Aktien ermöglichen, ohne unter § 2 Abs. 2b WpHG zu fallen. 86 Hierzu Begr. RegE Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG, S. 26 ff.; Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 848 f.; Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681, 683 ff. 87 Dahingehend schon die Forderung von U. H. Schneider/Anzinger, ZIP 2009, 1, 10. 88 Ähnlich Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 853, die von einem „Rundumschutz“ sprechen; krit. insoweit Anzinger, WM 2011, 391, 395.

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten

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thetische Stimmrechtsbeteiligungen, die allein auf der Möglichkeit des Anteilserwerbs basieren, ohne dass es tatsächlich zum Erwerb kommen müsste, zu melden sind.89 Die Anknüpfung der Beteiligungstransparenz an den stimmrechtsbedingten Einfluss auf den Emittenten wird damit im Interesse eines wirksamen Schutzes vor dem heimlichen Positionsaufbau aufgeweicht. Den für die neue Meldepflicht zentralen Begriff des Ermöglichens erläutert § 25a Abs. 1 S. 2 WpHG durch zwei Regelbeispiele. Ein Ermöglichen liegt danach insbesondere vor, wenn die Gegenseite des Inhabers ihre Risiken aus diesen Instrumenten durch das Halten von Aktien ausschließen oder vermindern könnte (Nr. 1), oder wenn die Finanzinstrumente oder sonstigen Instrumente ein Recht zum Erwerb von stimmrechtsberechtigenden Aktien einräumen oder eine Erwerbspflicht in Bezug auf solche Aktien begründen (Nr. 2). Während als Anwendungsfall von Nr. 1 Hedging-Geschäfte genannt werden, erfasst Nr. 2 sämtliche Derivate, unabhängig davon, ob sie durch Lieferung von Aktien oder Barausgleich zu erfüllen sind, namentlich Differenzgeschäfte (Contracts for Difference), Swaps (insbesondere solche mit Cash Settlement) oder Call Optionen mit Cash Settlement.90 Bei Optionsgeschäften und vergleichbaren Kontrakten sei die Ausübung der Stimmrechte zu unterstellen (§ 25a Abs. 1 S. 3 WpHG). Die Eingangsmeldeschwelle liegt bei 5%.91 Damit soll eine der Transparenz abträgliche Häufung von Mitteilungen über kleine Beteiligungen vermieden werden. Aus demselben Grund war zunächst vorgesehen, dass quasi-hypothetische Stimmrechte nach § 25a DiskE-WpHG, reale Stimmrechte nach § 21 WpHG und hypothetische Stimmrechte nach § 25 WpHG nicht zusammengerechnet werden.92 Demgegenüber ist nunmehr explizit eine Zusammenrechnung vorgeschrieben (§ 25a Abs. 1 S. 7 WpHG). Der Gesetzgeber bewertet damit das Interesse an der Aufdeckung der gehaltenen Gesamtposition höher als die Gefahr der Verwirrung am Markt durch eine Vielzahl weitgehend aussageloser Mitteilungen.93 Für die Berechnung der Höhe des zu meldenden Anteils enthält § 25a Abs. 2 WpHG eine nicht leicht handhabbare Vorschrift, die in der Praxis noch für durchaus schwierige Fragen sorgen wird. Die Bereichsausnahme für Wertpapierdienstleister ist erhalten geblieben (§ 25a Abs. 3 WpHG). Ebenso gilt im Konzern die Erleichterung des § 24 WpHG.

89 Krit. auch Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681, 685; Teichmann/Epe, WM 2010, 1477, 1481; offener, aber ohne Bezug zu § 25a WpHG-E Seibt, ZGR 2010, 795, 829. 90 Begr. DiskE Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG, S. 39. 91 Hochsetzung auf 10% anregend Brandt, BKR 2010, 270, 273; für Absenken auf 3% DAI, NZG 2010, 778, 779; differenzierend Zetzsche, EBOR 11 (2010), 231, 251. 92 Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 849; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 25 WpHG Rn. 20; hingegen für eine Zusammenrechnung eintretend DAI, NZG 2010, 778, 778 f. 93 Begr. RegE Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG, S. 27.

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

4. Mittelherkunfts- und Strategiebericht, § 27a WpHG Nach § 27a Abs. 1 WpHG haben Inhaber von mindestens 10% der Stimmrechte die mit dem Stimmrechtserwerb verfolgten Ziele sowie die Herkunft der dabei eingesetzten Mittel mitzuteilen. Diese weitreichende Informationspflicht über Strategie und Mittelherkunft ist durch das RBG neu ins WpHG eingeführt worden.94 Dieser Mittelherkunfts- und Strategiebericht stellt eine Reaktion auf aktivistische Investoren dar.95 § 27a WpHG erinnert auch an eine frühe Forderung Wiedemanns, die freien Aktionäre müssten sofort unterrichtet werden, wenn sich mit Sicherheit abzeichnet, dass eine fremde Firma mehr als das bereits bestehende Paket erwerben möchte.96 Der generellen Zielsetzung des RBG entsprechend geht es darum, gesamtwirtschaftlich unerwünschte Aktivitäten von Finanzinvestoren zu erschweren, ohne zugleich wirtschaftlich sinnvolle Transaktionen zu beeinträchtigen.97 Eine gemeinschaftsrechtliche Veranlassung für diese Vorschrift existiert indes nicht; jedoch bestehen aus der Warte des Europarechts auch keine Bedenken (vgl. Art. 3 Abs. 1 der Transparenz-RL II). Tatbestandsauslösend wirkt das Erreichen der 10%-Schwelle, was anhand der dargebrachten Grundsätze der §§ 21, 22, 23 WpHG zu ermitteln ist. Da § 25 WpHG nicht in den Wortlaut einbezogen ist, sind Finanzinstrumente bei der Berechnung der 10%-Hürde nicht zu berücksichtigen.98 Im Übrigen stellt die Meldepflicht dispositives Recht dar, da sie in der Satzung des Emittenten ausgeschlossen werden kann (sog. Opting-out-Klausel, § 27a Abs. 3 WpHG). Einen entsprechenden Beschluss hat die Hauptversammlung mit satzungsändernder 94 Begründet wird die Einführung des § 27a WpHG mit Verweis auf Sec. 13 (d) Securities Exchange Act (USA) und Art. L233-6 Abs. 7 des Code de Commerce (Frankreich), die vergleichbare Offenlegungspflichten enthalten (Begr. RegE RBG, BTDrucks. 16/7438 S. 9). Rechtspolitisch ist die Vorschrift von zwei Seiten auf Widerspruch gestoßen. Ihre Gegner fürchten negative Auswirkungen auf die Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland, da die Pflicht, weitreichende Auskünfte über strategische Ziele der Beteiligung zu machen, Investoren abschrecke. Auch gehe der rechtsvergleichende Hinweis fehl, vgl. Fleischer, ZGR 2008, 185, 208 ff.; Möllers/Holzner, NZG 2008, 166, 169 ff. Die Befürworter fordern dagegen die Absenkung der tatbestandsauslösenden Schwelle auf 5%, U. H. Schneider, in: FS Nobbe, S. 741, 749; ders., in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 8. 95 Fleischer, ZGR 2008, 185, 187 ff.; auch Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 22 Anh. Rn. 24. Ausschlaggebend war insbesondere der Fall TCI/Deutsche Börse aus dem Jahr 2005. Dort hatten mehrere aktivistische Hedge Fonds unter Führung von The Children’s Investment Fund Management LLP (TCI) die Übernahme der London Stock Exchange PLC (LSE) durch die Deutsche Börse AG verhindert. Zudem wurden das Führungsgremium der Deutschen Börse AG zum Rücktritt gezwungen, dazu BörsZ v. 10.5.2005, S. 1. 96 Wiedemann, Minderheitenschutz, S. 62. 97 Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 1. 98 Greven/Fahrenholz, BB 2009, 1487, 1489; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 446; Korff, AG 2008, 692, 696; inzident Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 27a Rn. 3; a. A. Fleischer, AG 2008, 873, 876.

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten

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Mehrheit zu fassen. Darüber hinaus entfällt diese Mitteilungspflicht, wenn der Schwellenwert infolge eines öffentlichen Erwerbs- oder Übernahmeangebots erreicht oder überschritten wird (§ 27a Abs. 1 S. 5 WpHG). In diesem Fall liefert die vom Bieter gem. § 11 WpÜG zu veröffentlichende Angebotsunterlage, die weitaus detaillierter ist als der Mittelherkunfts- und Strategiebericht, die erforderlichen Informationen für den Anleger. Anders als noch im RegE vorgesehen, ist die Mitteilungspflicht von einem Verlangen des Emittenten unabhängig.99 Sie wird allein mit dem Erreichen oder Überschreiten des Stimmrechtsbesitzes i. H. v. 10% ausgelöst, und zwar auch bei nur kurzfristiger Schwellenberührung. Im Unterschied zu § 21 Abs. 1 WpHG wird die BaFin nicht als Adressatin der Mitteilung angeführt. Das Informationsverfahren ist wiederum zweistufig gestaltet, d.h. der Emittent hat die erhaltene Mitteilung zu veröffentlichen (§ 27a Abs. 2 WpHG). Im Falle der Nichterfüllung ist auch diese Tatsache zu veröffentlichen. Dieses sog. Shaming, auf das noch zurückzukommen sein wird, kann zu Reputationsverlusten beim Pflichtverletzer führen und soll ihn kraft seiner Prangerfunktion zur Pflichterfüllung anhalten.100 Der Inhalt der Mitteilung ist zweigeteilt: Neben der Mittelherkunft (Eigenoder Fremdkapital) ist das Investitionsziel zu benennen. Letzteres ist durch Beantwortung des abschließenden Fragenkatalogs in § 27a Abs. 1 S. 3 WpHG zu präzisieren. Anzuzeigen ist, ob strategische oder finanzielle Investitionsziele verfolgt werden (Nr. 1), die Absicht besteht, die Beteiligung weiter aufzustocken (Nr. 2), eine personelle Einflussnahme auf die Besetzung von Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsratsorganen angestrebt wird (Nr. 3), und, ob die Kapitalstruktur des Emittenten wesentlich verändert werden soll (Nr. 4).101 Hierfür stehen dem Meldepflichtigen 20 Handelstage seit Erreichen oder Überschreiten der 10%-Schwelle zur Verfügung.102 In Anbetracht dieser Pflichtangaben lässt sich § 27a WpHG auch als Vorfeldtatbestand für Übernahmen bezeichnen. Bei sämtlichen dieser Angaben handelt es sich um subjektive, mithin schwer verifizierbare Absichtsbekundungen. Die einmal angegebenen Ziele sind für den Aktionär nicht bindend.103 Er kann sie jederzeit ändern oder aufgeben, ist dann aber verpflichtet, die Beantwortung des Fragenkatalogs innerhalb von 20 Handelstagen zu aktualisieren (§ 27a Abs. 1 S. 2 WpHG). Inzident setzt die Aktualisierungspflicht voraus, dass der Anleger weiterhin zumindest 10% der Stimmrechte am Emittenten hält.

99

Anders noch Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438 S. 5. Hierzu auch § 3 B. II. 2., S. 62 und § 3 B. IV, S. 73. 101 Dazu jeweils Nordholtz, in: Heidel, Aktienrecht, § 27a WpHG Rn. 18 ff. 102 Für die Fristberechnung gilt § 30 Abs. 1 WpHG. Drastisch U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 26: „Die Frist ist völlig unangemessen. Im Kapitalmarkt ist Eile angesagt“. 103 von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1803; Fleischer, AG 2008, 873, 878. 100

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

5. Nachweis der mitgeteilten Beteiligung, § 27 WpHG Um eine der Stimmrechtsmitteilung nachgelagerte Pflicht handelt es sich beim Nachweis der mitgeteilten Beteiligung gem. § 27 WpHG.104 Die Vorschrift ist § 22 AktG nachempfunden. Der Nachweis ist auf Verlangen des Emittenten oder der BaFin zu erbringen, und zwar gegenüber jedem Adressaten selbständig. Dadurch soll der Emittent vor unzutreffenden Stimmrechtsmeldungen geschützt und Klarheit über vom Rechtsverlust nach § 28 WpHG betroffene Aktien vermittelt werden.105 Die Nachweispflicht entsteht ausweislich des Wortlauts des § 27 WpHG nur, wenn dem Emittenten und der BaFin eine Stimmrechtsmitteilung zugegangen ist. Haben sie auf andere Weise von der Beteiligungsveränderung erfahren, wird die Pflicht nicht ausgelöst.106 Nachweispflichtig ist derjenige, der die Stimmrechtsmitteilung abgegeben hat. Im Konzern ist das nach h. M. ausschließlich das Mutterunternehmen, wenn es die Meldepflicht der Tochtergesellschaften gem. § 24 WpHG erfüllt; eine kumulative Nachweispflicht der Tochter besteht nicht.107

III. Veröffentlichungspflichten des Emittenten 1. Veröffentlichung der Stimmrechtsmitteilung, § 26 WpHG Unmittelbar an die Stimmrechtsmitteilung des Meldepflichtigen knüpft die Pflicht des Emittenten an, die erhaltene Meldung nach § 26 WpHG zu veröffentlichen. Dasselbe gilt für den Mittelherkunfts- und Strategiebericht, wobei nachgerade entweder die erhaltenen Informationen oder die Tatsache, dass die Mitteilungspflicht nicht erfüllt wurde, zu veröffentlichen ist (§ 27a Abs. 2 WpHG). Erst dieser Akt stellt die zur Unterrichtung des Anlagepublikums erforderliche Informationsöffentlichkeit her.108 Zur Veröffentlichung ist die Mitteilung bestimmten Medien zuzuleiten, wobei ein Bündel unterschiedlicher Medienarten zu 104 Die gesetzliche Formulierung ist ungenau. Richtig müsste es „Nachweis des mitgeteilten Stimmrechtsanteils“ heißen, da §§ 21 ff. WpHG an den Stimmrechtsanteil anknüpfen Die Terminologie ist offenbar an § 22 AktG angelehnt, der dem Gesetzgeber als Vorbild für § 27 WpHG diente, vgl. Heinrich, Transparenzbestimmungen, S. 142; Hirte, in: FS Lutter, S. 1347, 1355. 105 Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 27 WpHG Rn. 1. 106 Hirte, in: KK/WpHG, § 27 Rn. 10; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 27 WpHG Rn. 2; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 27 WpHG Rn. 2; Arends, Offenlegung, S. 89. 107 Hirte, in: FS Lutter, S. 1347, 1355; Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 37; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 27 WpHG Rn. 2 m.w. N.; a. A. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27 Rn. 4; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 27 Rn. 4. 108 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 26 WpHG Rn. 1; Bott/Schleef, ZBB 1998, 330, 331.

B. Die Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten

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wählen ist. Detailreiche Regelungen hierzu enthält § 20 i.V. m. § 3a WpAIV.109 Die Veröffentlichungspflicht ist unverzüglich nach Zugang der Stimmrechtsmitteilung beim Emittenten zu erfüllen. Da insofern nur selten Rechtsunklarheiten bestehen werden, wird ein Zuwarten mit der Veröffentlichung infolge der Einholung von Rechtsrat kaum erforderlich sein. Formal ist die Veröffentlichung unter einer entsprechenden Überschrift als solche zu kennzeichnen. Wie die BaFin berichtet, stellt die Verwendung elektronischer Eingabemasken hierbei eine Fehlerquelle dar. Denn Mitteilungen nach § 21 WpHG werden manchmal unter der Überschrift „Veröffentlichung nach § 26 Abs. 1 WpHG“ abgegeben und Veröffentlichungen als „Stimmrechtsmitteilung nach § 21 Abs. 1 WpHG“ ausgewiesen.110 Eine vollständige Nichterfüllung oder unzutreffende Wiedergabe des Mitteilungsinhalts ist dagegen selten. 2. Veröffentlichung der Gesamtzahl der Stimmrechte, § 26a WpHG Die Gesellschaft hat gem. § 26a WpHG am Ende eines Kalendermonats, in dem es zu einer Zu- oder Abnahme von Stimmrechten gekommen ist, die Gesamtzahl der Stimmrechte zu veröffentlichen. Diese Angabe erleichtert dem Meldepflichtigen die Berechnung seines zu meldenden Stimmrechtsanteils. Wie aus § 17 Abs. 4 WpAIV hervorgeht, darf er sich auf deren Richtigkeit verlassen.111 Problematisch ist, dass die Veröffentlichung nach § 26a WpHG erst am Ende eines Kalendermonats stattfindet, der Meldepflichtige das Berühren einer Meldeschwelle jedoch unverzüglich, spätestens innerhalb von vier Handelstagen mitzuteilen hat. Daraus können fehlerhafte Stimmrechtsmitteilungen resultieren, wenn die Angabe nach § 26a WpHG nicht mehr aktuell ist. Die BaFin dämmt diese Gefahr durch eine restriktive Handhabung von § 17 Abs. 4 WpAIV ein.112 Der Meldepflichtige darf sich nach ihrer Auffassung auf die in der Veröffentlichung nach § 26a WpHG ausgewiesene Gesamtstimmrechtsanzahl verlassen. War ihm die Veränderung der Gesamtzahl aber bekannt oder hätte er sie kennen müssen, darf er die letzte Veröffentlichung mangels Aktualität nicht mehr der Berechnung des Stimmrechtsanteils zugrunde legen. Denn bei Kenntnis oder Kennenmüssen kann dem Aktionär zugemutet werden, die neue, aktuelle Gesamtzahl der Stimmrechte zu berücksichtigen.113 109 110 111

Hierzu etwa U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 26 Rn. 42 ff. BaFin, Emittentenleitfaden, S. 171. Begr. RegE TUG, BT-Drucks. 16/2498, S. 38; Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 471,

474. 112 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 129. Krit. S. H. Schneider, NZG 2009, 121, 123; Bedkowski, BB 2009, 394, 395; Schnabel/Korff, ZBB 2007, 179, 185. 113 De lege ferenda vorschlagend, dass die Veröffentlichung nach § 26a WpHG unverzüglich nach einer Veränderung der Gesamtzahl der Stimmrechte erfolgt Schnabel/ Korff, ZBB 2007, 179, 185; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 26a WpHG Rn. 3.

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

C. Die Umgehung von Meldepflichten als Rechtsproblem Auch wenn die Fälle Schaeffler/Continental und Porsche/VW ein Schlaglicht auf den heimlichen Aufbau von Aktienpaketen geworfen haben, handelt es sich nicht um ein neuartiges Rechtsproblem, dem sich das Recht der Beteiligungstransparenz zu stellen hat. Es trat schon im Rahmen der §§ 20 ff. AktG auf. So sah sich die Continental AG schon einmal einer feindlichen Übernahme ausgesetzt, als Anfang der 1990-er Jahre der Reifenhersteller Pirelli eine verdeckte Machtübernahme anstrebte.114 Die jüngeren Fälle sind jedoch deshalb brisant, weil gezielt Aktienderivate eingesetzt wurden, um „unter dem Radar der kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten hindurchzufliegen“ 115 und die BaFin diesen Weg gebilligt hat.116 Auch lassen andere Strategien die Umgehung der Stimmrechtstransparenz zu.117 Das Grundproblem wird im kasuistischen Aufbau des Melderechts erkannt, der zu Umgehungen einlade.118 Dass ein Investor interessiert ist, möglichst lange unerkannt zu bleiben, liegt auf der Hand. Denn das Bekanntwerden wesentlicher Beteiligungen lässt den Aktienkurs des Zielunternehmens ansteigen,119 was weitere Aktienzukäufe oder eine geplante Übernahme verteuert, wenn nicht sogar verhindert. Das gilt zumal die Aufdeckung des Beteiligungsaufbaus konkurrierende Übernahmeangebote sowie die Einleitung von Abwehrmaßnahmen durch die Zielgesellschaft befürchten lässt. Verdeckt der Investor den Beteiligungsaufbau, kann er die angestrebte Übernahme also günstiger und von diesen Risiken weitgehend unabhängig planen. Auch hat er den Überraschungseffekt auf seiner Seite, wenn er die Zielgesellschaft mit der Abgabe des Übernahmeangebots und der Offenbarung seiner Beteiligung quasi vor „vollendete Tatsachen“ stellt. Auf der anderen Seite darf nicht übersehen werden, dass die §§ 21 ff. WpHG einen wichtigen Beitrag zur Transparenz des Marktgeschehens liefern. Transparente Beteiligungsstrukturen haben wesentlichen Einfluss auf die Richtigkeit der Börsenpreisbildung und die Effizienz der Kapitalallokation. Sie sind Teil einer modernen Finanzmarktkul114 Hierzu LG Hannover WM 1992, 1239. Ebenso hat der heimliche Beteiligungsaufbau der Gebrüder Flick an der Feldmühle Nobel AG seinerzeit für Aufsehen gesorgt, siehe dazu Burgard, Offenlegung, S. 18 ff. mit weiteren Beispielen. 115 So plastisch Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1501. 116 BaFin, Pressemitteilung v. 21.8.2008 – Continental; der Auffassung der BaFin folgend Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1504; dies., NZG 2009, 401, 404; Schiessl, Konzern 2009, 291, 296; Cascante/Topf, AG 2009, 53, 62 ff.; de lege lata auch Baums/Satter, ZHR 173 (2009), 454, 470. 117 Siehe hierzu Cascante/Topf, AG 2009, 53, 53 ff.; Meyer/Kiesewetter, WM 2009, 340, 344 ff.; mögliche Strategien zusammenfassend Noack/Zetzsche, in: FS Schwark, 569, 570 ff. 118 U. H. Schneider/Anzinger, ZIP 2009, 1, 9; Anzinger, WM 2011, 391, 392; vgl. auch Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 935. 119 Empirische Belege bei Brav/Jiang/Thomas/Partnoy, ECGI Working Paper 139/ 2006, S. 26 ff.

C. Die Umgehung von Meldepflichten als Rechtsproblem

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tur.120 Ferner kann die Ungewissheit über eine mögliche Übernahme das Tagesgeschäft des potentiellen Übernahmeziels beeinträchtigen.121 Ferner wird Anlegern die Möglichkeit verwehrt, eine Kontroll- bzw. Übernahmeprämie zu realisieren.122 Da diese Prämien für den Investor durchaus beachtenswerte Mehrkosten bedeuten, möchte er sie natürlich einsparen, zumal das frühe Bekanntwerden einer Übernahme Trittbrettfahrer, die von besagten Prämienzahlungen partizipieren möchten, zum Aktienerwerb animiert. U. H. Schneider sieht im Einsatz moderner Finanzinstrumente eine Umgehung der §§ 21 ff. WpHG; Hegde Fonds und Private Equity Gesellschaften bescheinigt er einen regelrechten „Meldewiderstand“.123 Doch lasse sich die Umgehung der Meldepflichten nicht auf Grundlage von § 42 AO unterbinden, der festlegt, dass missbräuchliche Gestaltungen im Steuerrecht verboten sind und das Steuerrecht nicht zu umgehen vermögen. Dem ist vorbehaltslos zuzustimmen, denn diese Vorschrift lässt sich, obwohl ihr Grundgedanke, dass eine Gesetzesumgehung von Rechts wegen nicht hingenommen werden kann, über das Steuerrecht hinaus Geltung beansprucht, nicht auf die §§ 21 ff. WpHG übertragen. Es lässt sich schon nicht rechtssicher ermitteln, ab wann eine Umgehung von Meldepflichten vorliegt. So wurden Cash Settled Equity Swaps auch nicht ausnahmslos zum Anschleichen verwendet.124 Auch enthält das WpHG kein Verbot oder Unwerturteil über deren Einsatz.125 Der Rechtsmissbrauch ist somit kein subsumtionsfähiger Begriff. Zur Lösung der Umgehungsproblematik empfiehlt U. H. Schneider daher eine weite Auslegung der §§ 21 ff. WpHG im Sinne eines „Grundsatzes größtmöglicher Transparenz“.126 Ob das der richtige Ansatz ist, erscheint, da die wirtschaftlich sensible Beteiligungspublizität entgrenzt zu werden droht und Meldetatbestände abseits gesetzlicher Grundlage geschaffen werden, äußerst fragwürdig.127. Die zugleich geforderte prinzipienorientierte Gesetzgebung128 dürfte § 25a WpHG zumindest teilweise erfüllen.

120

U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 2. Becker, Deliktsrechtliche Sanktionen, S. 85 mit dem Beispiel Pirelli/Continental. 122 Witt, Übernahmen, S. 80; Seibt, ZGR 2010, 795, 820; Burgard, Offenlegung, S. 67 f. 123 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 44 ff.; ders., BörsZ v. 24.3.2009, S. 8; ders./Anzinger, ZIP 2009, 1, 1 ff.; relativierend Anzinger, WM 2011, 391, 393. 124 Vgl. Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 407. 125 Zur gesamtwirtschaftlichen Wichtigkeit dieser Finanzinstrumente Seibt, ZGR 2010, 795, 825 f. 126 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 48 und 36; auch OLG München AG 2009, 793, 794; ähnlich Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 7. 127 Zu Recht ablehnend Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 935; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 22 Rn. 4; Veil, ZHR 175 (2011), 83, 96; auch ders./ Dolff, AG 2010, 385, 390 f. 128 U. H. Schneider/Anzinger, ZIP 2009, 1, 9; Anzinger, WM 2011, 391, 395 ff. 121

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§ 2 Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz

Für den hier interessierenden Kontext ist festzuhalten, dass keine Sanktionen eingreifen, soweit die Meldepflichtigkeit einer Transaktion nicht eindeutig feststeht.129 Eine Sanktionierung von Verdachtsfällen oder der Umgehungsabsicht, ohne dass der Meldeverstoß eindeutig festgestellt wurde, kommt nicht in Frage. Die verwerfliche Gesinnung allein kann keinesfalls für das Eingreifen der in den nächsten Kapiteln zu durchleuchtenden Sanktionen genügen. Für den Fortgang dieser Untersuchung wird daher als Arbeitshypothese das Vorliegen eines Meldeverstoßes unterstellt. Die rechtspolitische Frage nach Mitteln und Wegen zur Verhinderung von Umgehungskonstruktionen soll außen vor bleiben.130

129

Vgl. auch Marsch-Barner, in: FS Riegger, S. 35, 42. Zur Debatte zwischen dem technischen („rule-based“) und dem prinzipienorientierten („principle-based“) Ansatz Anzinger, WM 2011, 391, 394 ff.; Baums/Sauter, ZHR 173 (2009), 454, 502. 130

§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems Bevor die im Einzelnen in Betracht zu ziehenden zivilrechtlichen Konsequenzen einer Verletzung der §§ 21 ff. WpHG – Rechtsverlust, Schadensersatzhaftung, insiderrechtliche Erwerbs- bzw. Veräußerungssperre und Verzinsungspflicht analog § 38 WpÜG – analysiert werden, sollen sie in einen größeren Zusammenhang gerückt werden. Dabei geht es nicht darum, Unterschiede der jeweiligen konkreten Zwecksetzung, tatbestandlichen Ausformung und rechtlichen Folge zu betonen, sondern konzeptionelle Gemeinsamkeiten zu erarbeiten. Auf diese Weise lassen sich Verknüpfungen der verstreut geregelten Einzelsanktionen herstellen, und ihr gemeinsamer Kern kann freigelegt werden, um so dem Sanktionensystem ein dogmatisches Grundgerüst zu verleihen. Darauf aufbauend können dann auch Rückschlüsse für die Beantwortung von Rechtsproblemen gezogen werden, welche die in den kommenden Kapiteln im Detail zu untersuchenden Sanktionen aufwerfen. Dieses Kapitel zieht demnach im Sinne eines „Allgemeinen Teils“ einige Grundsätze „vor die Klammer“. Als maßgebliche Bezugsgröße der Rechtsfolgenfrage ist zunächst der Regelungszweck der §§ 21 ff. WpHG darzustellen (unter A.). Danach ist darzulegen, dass die wesentliche Funktion der privatrechtlichen Sanktionsordnung in der wirkungsvollen Durchsetzung von Beteiligungstransparenz liegt (unter B.). Abschließend werden strukturelle Gemeinsamkeiten der einzelnen Rechtsfolgen erarbeitet, die dem Sanktionensystem dogmatisch Halt geben (unter C.).

A. Sinn und Zweck der Beteiligungstransparenz I. Wille des Gesetzgebers Kernaufgabe der §§ 21 ff. WpHG ist die Information des Anlagepublikums, das sich aus der Gesamtheit aktueller und potentieller Anleger zusammensetzt, über das Bestehen, Anwachsen und Abschmelzen wesentlicher Stimmrechtsanteile an börsennotierten Unternehme, mithin die Herstellung von Beteiligungstransparenz.1 Mit der Stimmrechtsbeteiligung sollen diejenigen Rechtspositionen offengelegt werden, die dem Inhaber über die Hauptversammlung die Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft ermöglichen. Grob gesprochen, geht es um die Aufdeckung von durch das Aktionärsstimmrecht vermittelte Einfluss1 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 52; vgl. auch U. H. Schneider, AG 1997, 81, 81.

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

bzw. Machtpositionen. Weiter lässt sich aus der Höhe der gehaltenen Beteiligungen im Gegenschluss der verbleibende Freibestand an handelbaren Aktien des Emittenten (sog. free float) ermitteln.2 Dies kann, wie der Fall Porsche/VW gezeigt hat, durchaus weitreichende Bedeutung erlangen. Zudem wird das Einflusspotential wesentlich beteiligter Aktionäre auf die Willensbildung der Gesellschaft in der Hauptversammlung erkennbar, so dass ihr Interesse an der Unternehmensleitung, der Geschäftsstrategie und den Gewinnerwartungen zu Tage tritt. Zugleich werden bestehende und sich bildende Konzernstrukturen sowie Sperrminoritäten und große Kapitalbewegungen aufgedeckt. All diese Umstände haben erheblichen Einfluss auf die Anlagedisposition, insbesondere von institutionellen Anlegern im In- und Ausland, und damit auf den Kursverlauf der Aktie.3 Zwar lässt die Information über die Veränderung der Stimmrechtsstruktur noch keine umfassende Beurteilung der Chancen und Risiken der Kapitalanlage zu, weshalb das Kapitalmarktrecht weitere Publizitäts- und Aufklärungspflichten vorschreibt. Zudem kann der Anleger, und wird dies regelmäßig auch müssen, eigenständig Informationen einholen. Allerdings lässt die Änderung der Beteiligungsstruktur auf die künftige Wertentwicklung der Aktien des Emittenten schließen. Gerade strategische Investoren richten ihre Investments deshalb an veränderten Beteiligungsstrukturen aus.4 Über diese im Wesentlichen den beiden Transparenz-RL entspringenden Zielsetzungen hinaus führt der deutsche Gesetzgeber weitere Zwecksetzungen an. So soll die Aufdeckung der Existenz von Großaktionären und des Volumens des free floats Informationsvorsprünge reduzieren und damit dem Missbrauch von Insiderinformationen vorbeugen.5 Zudem erhält der Emittent einen Überblick über die Aktionärsstruktur sowie die Beherrschungsverhältnisse innerhalb der Gesellschaft, welche mitunter für die Unternehmensleitung selbst nicht erkennbar sind – eine Zwecksetzung die aus den §§ 20 ff. AktG bekannt ist und schlicht in das WpHG übertragen wurde.6 Neuerdings betont der Gesetzgeber vermehrt übernahmerechtliche Aspekte, was vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass der offengelegte Beteiligungsaufbau eine bevorstehende Unternehmensübernahme andeuten kann.7 In gewisser Weise stellt die Beteiligungstransparenz damit eine Vor2 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 19; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 bis 30 Rn. 15; Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 24; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 275 ff.; Anzinger, WM 2011, 391, 392; Bott/ Schleef, ZBB 1998, 330, 331. 3 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 52. 4 So haben etwa, um ein möglichst aktuelles Beispiel aufzugreifen, seit Bekanntwerden der Absicht der ACS S.A., die HOCHTIEF AG zu übernehmen, strategische Investoren vermehrt HOCHTIEF-Aktien erworben, FAZ v. 13.10.2010, S. 12. 5 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 52; auch LG Köln AG 2008, 336, 339 – STRABAG I; Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 3; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 100; a. A. Sudmeyer, in: Kuthe/Rückert/Sickinger, Compliance-Hdb, Kap. 8 Rn. 4. 6 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 52.

A. Sinn und Zweck der Beteiligungstransparenz

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stufe des Übernahmerechts dar.8 In diesem Sinne soll die nicht europarechtlich veranlasste Einführung der 3%-Schwelle durch das TUG das unbemerkte Anschleichen an börsennotierte Gesellschaften erschweren.9 Auch § 25a WpHG versteht sich als Maßnahme gegen den heimlichen Beteiligungsaufbau, speziell durch die Verwendung von auf Barausgleich gerichteten Finanzinstrumenten, wie sie durch das Vorgehen der Schaeffler-Gruppe in die Schlagzeilen geraten sind.10 Einen anderen Ansatzpunkt wählt § 27a WpHG, der zwar Übernahmen nicht erschweren soll, aber die Offenlegung der Investitionsstrategie und der eingesetzten Mittel verlangt. Hierdurch werden Übernahmen weit früher angedeutet, als die §§ 21 ff. WpHG dies tun, so dass die Anlegerschaft und auch das Zielunternehmen frühzeitig in „Alarmbereitschaft“ versetzt werden. In dieselbe Richtung kann auch § 26 Abs. 1 S. 2 WpHG gelesen werden, denn die Veröffentlichung des Erwerbs eigener Aktien kann auf die Einleitung von Abwehrmaßnahmen gegen eine feindliche Übernahme hindeuten.11

II. Funktionen- und Anlegerschutz als Leitziele Der Gesetzgeber hat diese vielgestaltigen Einzelzwecke unter das gemeinsamen Dach gestellt, das die übergeordneten Ziele des Kapitalmarktrechts spannen: Anlegerschutz und Funktionenschutz.12 Beide Ziele verstehen sich nach der bekannten Metapher Hopts als „zwei Seiten derselben Medaille“, bei der man nicht die eine fördern kann, ohne zugleich die andere zu fördern.13 Grund dieser für das Kapitalmarktrecht wegweisenden Erkenntnis ist, dass individualschützende Rechtsmechanismen das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt stärken, ohne welches dieser wiederum nicht funktionieren kann. Umgekehrt profitiert der Anleger von einem funktionstüchtigen Markt als dem Ort seiner Geldanlage. Da Anleger- und Funktionenschutz und ihr Zusammenspiel mehrfach durchleuchtet wurden,14 soll hier ein auf die Belange der §§ 21 ff. WpHG reduzierter Überblick genügen. 7 Begr. RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 70; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 bis 30 Rn. 18; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.379. 8 Siehe auch Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 294 f. 9 Begr. RegE TUG, BT-Drucks. 16/2498, S. 28; vgl. auch Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 471, 474. 10 Begr. RegE Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG, S. 1 und 26; Teichmann/Epe, WM 2010, 1477, 1477 f.; Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 848. 11 Zum Erwerb eigener Aktien und weiteren Strategien bei der Abwehr feindlicher Übernahmen siehe nur Röh/Vogel, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, Vor §§ 33 ff. Rn. 66 ff. 12 Deutlich Begr RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33; erkennbar auch in Erwägungsgründen (1), (7) und (27) der Transparenz-RL II. 13 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 334 ff.; ders., ZHR 141 (1977), 389, 389 f. 14 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 333 ff.; Assmann, Prospekthaftung, S. 25 f.; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 14.141 ff.; Merkt, Unternehmens-

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

1. Funktionenschutz Eine herausragende Stellung im WpHG nimmt der Schutz der Funktionstüchtigkeit des Kapitalmarktes ein. Da Kapitalmärkte eine wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe erfüllen, indem sie der Deckung des Finanzbedarfs von Unternehmen und öffentlichen Haushalten sowie der privaten Altersvorsorge dienen, geht es um ein überindividuelles Regelungsziel. Der Funktionenschutz wird üblicherweise in die Aspekte institutionelle, operationale und allokative Funktionsfähigkeit unterteilt, die jeweils in enger Nachbarschaft zueinander stehen. Die institutionelle Funktionsfähigkeit knüpft an die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen an, welche der Kapitalmarkt zum Entstehen und Bestehen benötigt. Im Einzelnen geht es um ungehinderten Marktzugang für Emittenten und Kapitalanleger, standardisierte Anlageprodukte, sowie Marktbreite durch Vielfalt des Angebots und Markttiefe durch Erhöhung des Volumens des anlegten Kapitals. Unter operationaler Funktionsfähigkeit wird die Minimierung der Transaktionskosten verstanden, was die zu erwartende Rendite erhöht. Dies wiederum fördert die Attraktivität eines Kapitalmarktes für die Anleger. In diesem Sinne sollen Transparenzpflichten dem Anleger die Kosten der privaten Informationsbeschaffung ersparen. Schließlich bezeichnet die allokative Funktionsfähigkeit die Steuerungsfähigkeit des Kapitalmarktes. Anlagefähiges Kapital soll dorthin fließen, wo es am dringendsten benötigt wird und am erfolgversprechendsten eingesetzt werden kann. Diese Funktion bildet das Fundament der volkswirtschaftlichen Aufgabe des Kapitalmarkts, da eine Umschichtung von privatem Sparkapital in unternehmerisches Investitionskapital stattfindet. Eine Grundbedingung ist wiederum die Transparenz der Marktprozesse und der Marktpreisbildung, wofür kapitalmarktrechtliche Informationspflichten unabdingbar sind.15 In diesem Sinne nimmt die Beteiligungstransparenz zusammen mit weiteren Informationspflichten, etwa der Ad-hoc-Publizität oder der Finanzberichterstattung gem. §§ 37 v ff. WpHG, Einfluss auf die Bewertung der emittierten Aktien und sonstigen Wertpapiere. Denn der Anleger erhält diejenigen Informationen, anhand derer er den Sinn seines Investments laufend hinterfragen kann. Zudem, und dies ist ökonomisch gesicherte Erkenntnis, fließen sämtliche öffentlich zugänglichen Informationen unmittelbar nach ihrem Bekanntwerden in den Markt- und Börsenkurs ein. Der sich nach dem Sekundärmarktpreis bestimmende Wert der Aktien reagiert also unmittelbar auf Kapitalmarktinformationen, auch die veröffentlichten Beteiligungsmeldungen. Diese sog. halbstrenge Form der Efficient Capital Market Hypothesis genießt im kapitalmarktrechtlichen

publizität, S. 296 ff.; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 165 ff.; Bruski, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 104 Rn. 86 ff.; Brellochs, Publizität, S. 19 ff.; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 1.67 ff. 15 Fleischer, ZIP 2006, 451, 458; ders./Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1502.

A. Sinn und Zweck der Beteiligungstransparenz

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Schrifttum vorbehaltlose Anerkennung. Für das Nähere sei auf weiterführendes Schrifttum verwiesen.16 2. Anlegerschutz Das zweite zentrale Regelungsanliegen des WpHG ist der Anlegerschutz. Er weist einen „janusköpfigen Charakter“ 17 auf, da er in die Teilbereiche Kollektivschutz, d.h. Schutz der Gesamtheit aktueller und potentieller Anleger, und Individualschutz, d.h. Schutz des einzelnen Anlegers, aufgespalten wird.18 Der Kollektivschutz nimmt das Anlagepublikum in seiner Gesamtheit in den Blick. Lässt man einmal außer Acht, dass eine trennscharfe Abgrenzung von Funktionen- und Anlegerschutz aufgrund der von Hopt beschriebenen Wechselwirkung nicht möglich ist, kann der Kollektivschutz an der Schnittstelle beider Funktionsziele angesiedelt werden.19 Denn der Kollektivschutz widmet sich noch nicht der individuellen Anlageentscheidung eines Anlegers, sondern blickt auf die Anlegerschaft als Gesamtheit. Er ist aber auch nicht ausschließlich marktbezogen, da er sich auf die sich aus vielen Einzelanlegern zusammensetzende Anlegerschaft wendet. Neben dem Kollektivschutz enthalten die §§ 21 ff. WpHG ein individualschützendes Element. Denn die gelieferten Informationen ermöglichen jedem einzelnen Anleger die Chancen und Risiken seiner Kapitalanlage zu bewerten und so eine privat-autonome Entscheidung zu treffen. Nicht nur die Beteiligungstransparenz, sondern jede kapitalmarktrechtliche Informationspflicht ist deshalb immer auch individualbezogen.20 In ihrer kollektiven Dimension zielen diese Pflichten darauf ab, das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt zu stärken.21 Grund dessen ist, dass ein vernünf16 Grundlegend zur Efficient Capital Market Hypothesis Fama, J.Fin. 25 (1970), 383 ff. Aus dem deutschen juristischen Schrifttum Merkt, Unternehmenspublizität, S. 215 ff.; Sauer, Falschinformation, S. 127 ff.; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 123 ff.; Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel II, 4. Kap. Rn. 12 ff.; Weichert, Anlegerschaden, S. 98 ff., jeweils auch zur strengen und schwachen Variante der Efficient Capital Market Hypothesis. 17 Statt vieler Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 21 WpHG Rn. 21. 18 Assmann, in: GK/AktG, Einl. Rn. 374 ff.; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 12 ff. sprechen vom individual- und institutsbezogenem Anlegerschutz. Ein sachlicher Unterschied zu den gebräuchlichen und daher hier verwendeten Begriffen besteht nicht. 19 Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 415; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 172; abw. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. (2004), Rn. 8.419. 20 Merkt, Unternehmenspublizität, S. 308 f.; Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 772 f.; Hopt/Voigt, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9, 13; Assmann, Prospekthaftung, S. 24; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 11.2; wegweisend bereits Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 413 ff. 21 Vgl. Erwägungsgrund (1) der Transparenzrichtlinie; Begr RegE 2. FMFG, BTDrucks. 12/6679, S. 33; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 20; allgemein Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, 4. Kap. Rn. 27.

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

tiger Anleger nur dann am Markt investieren wird, wenn er von der Fairness, Integrität und Stabilität der Marktprozesse, insbesondere Markt- und Börsenpreisbildung, überzeugt ist.22 Das trifft ungeachtet der teilweise erheblichen Unterschiede zwischen einzelnen Anlegergruppen – gedacht sei nur an professionelle, risikobereite Investoren einerseits und unerfahrene, sicherheitsbedachte Sparer andererseits – auf jede Anlegerpersönlichkeit zu. Damit ist zugleich gesagt, dass das Anlagepublikum als angesprochenes Schutzobjekt kein homogenes Gebilde ist. Es gibt nicht „den“ Anleger.23 Dass die §§ 21 ff. WpHG, ebenso wie sämtliche kapitalmarktrechtliche Informationspflichten, dennoch das Anlagepublikum in seiner Gesamtheit informieren, liegt an der typischerweise asymmetrischen Verteilung kapitalmarktrelevanter Informationen.24 Solche Informationsasymmetrien treten nicht nur zwischen Emittent und Anleger auf, sondern auch innerhalb der nachgerade nicht homogenen Gemeinschaft der Anleger. So können institutionelle Anleger aufgrund größerer Erfahrung und Nachfragemacht einfacher die relevanten Informationen sammeln, auswerten und ihre Bedeutung auf die Markt- und Preisentwicklung abschätzen als Kleinanleger, die die veröffentlichten Information häufig gar nicht zur Kenntnis nehmen. Auch sind Kapitalmarktinformationen häufig kompliziert und für den einfachen Anleger nicht ohne weiteres verständlich.25 Hinzu kommt, dass besser informierte Anleger ihren Informationsvorsprung zu Lasten der übrigen Anleger ausnutzen können und dies, wären gesetzlich keine Grenzen gezogen, auch tun würden, denn „an der Börse ist Wissen Geld“ 26. So könnte der Meldepflichtige die erforderliche Mitteilung über das Überschreiten von Schwellenwerten unterlassen, um den beabsichtigten Beteiligungsaufbau weiterhin billig voranzutreiben und so finanzielle Vorteile zu Lasten Dritter erwirtschaften. Unabhängig hiervon ist die eigenständige Informationsgewinnung für den Anleger aber auch mit Kosten verbunden, die die Attraktivität der Kapitalanlage umso mehr mindern, je höher sie ausfallen.27 Letztlich führen Informationsasymmetrien aber unabhängig von der Frage der Transaktionskostenverteilung zu einem Vertrauensverlust der Marktteilnehmer, gefolgt von Marktabwanderungen und – schlimmstenfalls – informationellem Marktversagen.28 Dem kann rechtstechnisch auf zwei Weisen entgegengetre-

22

Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 771; eingehend Baums, ZHR 167 (2003), 139, 144. Zur Vielgestaltigkeit des Anlegerbegriffs Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 428. 24 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 548; Weichert, Anlegerschaden, S. 100; Binninger, Gewinnabschöpfung, S. 33 ff.; Assmann, in: GK/AktG, Einl. Rn. 374 ff. 25 Vgl. aber BGH NJW 1982, 2823, 2823 f., wonach ein „durchschnittlicher Anleger“ eine Bilanz lesen können soll; krit. Assmann, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 6 Rn. 83. 26 Wiedemann, Minderheitenschutz, S. 11; zur Rechtfertigung des Insiderhandelsverbots Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel II, 4. Kap. Rn. 40 f. 27 Hierzu Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 134 ff.; Assmann, Prospekthaftung, S. 280. 23

A. Sinn und Zweck der Beteiligungstransparenz

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ten werden: entweder durch die Pflicht zur Offenlegung der kapitalmarktrelevanten Information oder durch ein Verbot, die Information zu verwenden.29 Das WpHG setzt mit Ausnahme des Insiderhandelsverbots (§ 14 WpHG) auf Transparenz. Gesamtwirtschaftlich liegt ihr Vorteil darin, dass Wertpapiertransaktionen erlaubt bleiben. Ferner gleicht sie das beschrieben Informationsgefälle aus, so dass jeder Kapitalanleger die Chance erhält, die veröffentlichten Informationen seiner Anlageentscheidung zugrundezulegen. Als vertrauensbildende Maßnahme trägt (Beteiligungs-)Transparenz deshalb dem Funktionieren des Marktes zu.30 Freilich verbleiben insofern Unterschiede, als institutionelle Investoren zur Auswertung dieser Informationen befähigter sind als Kleinanleger, welche sich primär am Marktpreis orientieren und Informationen gar nicht oder verspätet wahrnehmen. Das ist aber nicht zu kritisieren. Denn ein Ausgleich sämtlicher Informationsvorsprünge im Sinne einer Gleichheit aller Anleger um jeden Preis ist nicht Sinn und Zweck der Informationspflichten. Beim Individualschutz wird der Fokus verengt und der einzelne Anleger in den Blick genommen. Neben der bereits angeführten Erkenntnis, dass die Gewährleistung einer informierten Anlageentscheidung eine individualschützende Komponente aufweist, steht die Einräumung subjektiver Rechtspositionen, allen voran von Schadensersatzansprüchen, im Zentrum des Individualanlegerschutzes. Zur Begründung dieser Komponente des Individualschutzes werden heute weniger sozialstaatlich-fürsorgliche Erwägungen oder der Verbraucherschutz herangezogen, als die Erkenntnis, dass der Individualschutz eine Grundbedingung funktionierender Märkte ist.31 Denn die Einräumung subjektiver Anlegerrechte stärkt das Vertrauen aller Anleger in den Kapitalmarkt, da diese ihr investiertes Vermögen geschützt wissen.32 Ein rational agierender Anleger, der um den unzureichenden Schutz seines Vermögens weiß, wird zögerlich oder gar nicht investieren oder bereits investiertes Vermögen zum Selbstschutz vom Markt abziehen. Wiederum droht Marktversagen, gerade in Bezug auf Risikokapital, welches nicht mehr oder nur unter unverhältnismäßigen Risikoaufschlägen bereit gestellt wird. Anlegerschutz ist danach ein Mittel, um den Schutz der Funktion des Kapitalmarktes 28 Assmann, ZBB 1989, 49, 59 f.; Hopt/Voigt, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9, 13; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 306; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 144. Zum informationellen Marktversagen grundlegend Akerlof, 84 Q.J. Econ. (1970), 488 mit dem vielzitierten Phänomen des „market for lemons“. Hierzu aus deutscher Sicht Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 121 ff.; auch Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 373 ff. 29 Wiedemann, Minderheitenschutz, S. 11. 30 Ebenso Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 14.154. 31 Grundlegend Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 51 f., 336 f.; Assmann, Prospekthaftung, S. 23 f. Zum Wechsel der Begründungsansätze Brellochs, Publizität, S. 16 ff.; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 314 ff.; siehe auch Assmann, ZBB 1989, 49, 52. 32 Hopt/Voigt, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9, 13; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 51 ff.; auch schon Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandels, S. 11.

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umzusetzen. Diese symbiotische Beziehung zwischen Individual- und Funktionenschutz schreibt die Formel „Marktschutz durch Marktteilnehmerschutz“ 33 einprägsam fest. Empirisch wird sie durch eine Studie unterstrichen, die belegt, dass die Börsenkapitalisierung eines Landes vom Vorhandensein und der Durchsetzung anlegerschützender Rechtsvorschriften abhängt.34 Ein umfängliches Individualschutzkonzept gibt es trotz der Grunderkenntnis ihres funktionenschützenden Effekts und durchaus erkennbarer Tendenzen zur Verstärkung des individuellen Anlegerschutzes bislang nicht. Eine haftungsrechtliche Generalklausel ist dem Kapitalmarktrecht fremd. Insbesondere ist der Versuch, durch das KapInHaG35 einen solchen Generaltatbestand für sekundärmarktrechtliche Informationspflichtverletzungen einzuführen, gescheitert. Den Anlegerschutz besorgen vielmehr spezialgesetzliche Haftungstatbestände,36 wobei die Sekundärmarkthaftung im Gegensatz zur Prospekthaftung am Primärmarkt nur fragmentarisch geregelt ist. Wo solche Spezialvorschriften fehlen, fällt die Aufgabe des haftungsrechtlichen Individualanlegerschutzes dem Deliktsrecht des BGB zu.37 Neben § 826 BGB ist § 823 Abs. 2 BGB von Bedeutung, sofern die verletzte Informationspflicht ein Schutzgesetz in diesem Sinne ist. Das wirft eine, wenn nicht die kapitalmarktrechtliche Grundsatzfrage auf: Dienen die kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten im Allgemeinen und die Beteiligungstransparenz im Besonderen allein dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Marktes oder zumindest auch dem Einzelanlegerschutz? Die Frage ist im Hinblick auf § 823 Abs. 2 BGB deshalb entscheidend, weil Schutzgesetze nach anerkannter Definition nur solche Rechtsnormen sind, die nicht lediglich der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt sind.38 Ein nur reflexartig bewirkter Individualschutz reicht nicht aus.39 Aufgrund ihrer Sprengwirkung erscheint es sinnvoll, die Frage zurückzustellen und in § 5 dieser Untersuchung, der die haftungsrechtlichen Folgen einer Verlet33 Merkt, Unternehmenspublizität, S. 314; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 184. 34 La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, J.Fin. 61 (2006), 1. 35 Siehe den Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG) des BMF, abgedruckt in NZG 2004, 1042. 36 Als spezialgesetzliche Haftungsgrundlagen sind zu nennen die Prospekthaftung am Primärmarkt gem. §§ 44 BörsG, 13, 13a VerkProspG, 127 InvG, die Angebotsunterlagenhaftung gem. § 12 WpÜG sowie die Haftung für Ad-hoc-Publizität gem. §§ 37b, c WpHG. 37 Siehe nur Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Einl. Rn. 19; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 44. 38 RGZ 128, 298, 300; BGHZ 12, 146, 148; 84, 312, 314; 106, 204, 206; Spickhoff, in: Soergel, BGB, § 823 Rn. 195; Schiemann, in: Erman, BGB, § 823 Rn. 157. 39 BGHZ 89, 383, 400 f.; 100, 13, 18; speziell für das Kapitalmarktrecht Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 14.175; Assmann, in: FS U. H. Schneider, S. 37, 48.

B. Sanktionen als Instrumente zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz

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zung der §§ 21 ff. WpHG betrifft, zu untersuchen.40 Die Zurückstellung ist auch aus einem weiteren Grund geboten: Bejaht man nämlich den Individualschutz und erkennt somit den Schutzgesetzcharakter der §§ 21 ff. WpHG an, muss der so geschaffene Schadensersatzanspruch weiterhin im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen.41 Das erfordert eine umfassende haftungsrechtliche Wertung, die unerlässlich ist, um die Grundentscheidung des BGB gegen eine Fahrlässigkeitshaftung für reine Vermögensschäden nicht durch eine allzu weite Auslegung von § 823 Abs. 2 BGB aus den Angeln zu heben.42 Wie der BGH in seinem Urteil zum Schutzgesetzcharakter des § 32a Abs. 2 Nr. 1 WpHG a. F. hervorgehoben hat, ist diese Wertung gerade bei Vorschriften des WpHG unerlässlich.43 Die Brisanz der Schutzgesetzfrage wird auch nicht dadurch entschärft, dass in jedem Fall § 826 BGB bei Meldeverstößen anwendbar ist, womit ein Mindestmaß an Anlegerschutz erreicht wird. Denn diese Vorschrift weist durch ihr Vorsatz- und Sittenwidrigkeitsverdikt hohe tatbestandliche Hürden auf, deren Nachweis nicht einfach zu führen ist. Eine Haftung über § 826 BGB ist daher nur selten zu realisieren.44

B. Sanktionen als Instrumente zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz I. Ausgangspunkt Allein die Statuierung von gesetzlichen Pflichten, das Erreichen, Über- und Unterschreiten von Meldeschwellen mitzuteilen, gewährleistet noch nicht, dass der Markt auch tatsächlich zeitnah und richtig über diese Tatsachen informiert wird. Erforderlich sind rechtliche Mechanismen, die die Befolgung dieser Pflichten sicherstellen. Jede Informationspflicht ist eben nur so gut, wie sie auch rechtlich durchsetzbar ist.45 Zweck der verschiedenen Einzelsanktionen im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG ist im Kern denn auch die Durchsetzung von Beteiligungstransparenz. Mittel zum Zweck ist die Steuerung menschlichen Verhaltens durch die Sanktionsandrohung. Denn ein rational handelnder Pflichtadressat wird sich der gesetzlich niedergelegten Erwartung entsprechend verhalten, da er daran interessiert ist, den Eintritt des angedrohten Nachteils zu vermeiden. Da der (Nicht-) Eintritt der Sanktionsfolge in seinen Händen liegt, wird auf indirektem Wege die 40

§ 5 B. V. 2., S. 210 ff. BGHZ 66, 388, 390; 125, 366, 374; 175, 276, 281; Wagner, in: MüKo/BGB, § 823 Rn. 351. 42 Wagner, MüKo/BGB, § 823 Rn. 351 a. E.; hierzu ausführlich § 5 B. V. 2. a), S. 211 ff. 43 BGHZ 175, 276, 281. 44 Ausführlich hierzu unter § 5 B. V. 3., S. 232 ff. 45 Hirte, in: Bankrechtstag 1995, S. 47, 84; Veil, ZBB 2006, 162, 167. 41

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Durchsetzung der vorgeschalteten Pflichten erreicht. Vor dem Hintergrund, dass Kapitalmarktrecht auch Informationsrecht ist,46 ist dieses Prinzip notwendig, um die Informationsversorgung des Marktes zu gewährleisten, mithin bereits das Entstehen von Informationsasymmetrien zu verhindern. Dem Aspekt der Prävention durch Verhaltenssteuerung kommt also herausragende Bedeutung zu. Die Erkenntnis, dass effektive Sanktionen unentbehrlich sind, um dem Recht zu seiner Durchsetzung zu verhelfen, ist freilich nicht neu.47 Sie hat auch im Kapitalmarktrecht ihre Berechtigung, da weder der Appell an die Selbstverantwortung der meldepflichtigen Unternehmen noch die Kräfte des Marktes die Einhaltung kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten hinreichend sicherstellen.48 Zwar mögen seriöse Kapitalmarktteilnehmer an einer ordnungsgemäßen Informationspolitik ein (wirtschaftliches) Eigeninteresse haben, so dass man den Marktkräften eine transparenzfördernde Wirkung nicht wird absprechen können. Jedoch wird ein rational agierender Investor sich für die Pflichtverletzung entscheiden, wenn sie ihm mehr Vor- als Nachteile bringt. So kann die Offenlegung eines Aktienpaketes der Enthüllung einer geplanten Übernahme gleichkommen, mit den bereits beschriebenen sowohl finanziell als auch strategisch negativen Folgen für den Investor. Dem Reiz, den Beteiligungsaufbau heimlich durchzuführen, ist deshalb auf der Sanktionsebene zu begegnen. Vorteils-Nachteils-Kalkulationen müssen von vornherein unterbunden werden. Dem dient das eingangs der Arbeit dargestellte Spektrum an straf-, verwaltungs- und zivilrechtlichen Sanktionen. Bevor die Stellung zivilrechtlicher Sanktionen in diesem Kontext untersucht werden kann, ist der europarechtliche Regelungsrahmen abzustecken, der nicht nur den nationalen Gesetzgeber bindet, sondern auch kraft des Gebots richtlinienkonformer Auslegung Bedeutung gewinnen kann.49

II. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Den gemeinschaftrechtlichen Ursprung der §§ 21 ff. WpHG bildet die Transparenz-RL I des Jahres 1988,50 die mit dem 2. FMFG51 ins deutsche Recht umgesetzt wurde. An ihre Stelle ist im Jahr 2004 die Transparenz-RL II getreten, 46

Fleischer, ZIP 2006, 451, 458; ders./Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1502. U. H. Schneider, in: FS Kümpel, S. 477, 477 – „rechtliche Binsenweisheit“; auch Noack/Zetzsche, in: FS Schwark, 569, 585 f.; ferner Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 1241, 1247. 48 Merkt, Unternehmenspublizität, S. 218 ff.; Köndgen, in: Fleischer/Zimmer, Effizienz, S. 100, 121; Teichmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 149, 151 f. 49 Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 137; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 409. 50 Zum Entstehungsprozess der Transparenz-RL I Rulf, Zurechnungstatbestände, S. 36 ff. 47

B. Sanktionen als Instrumente zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz

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deren Vorgaben das TUG ins deutsche Recht transformiert hat. Die TransparenzRL II wird derzeit im Konsultationsverfahren der Europäischen Kommission einer Prüfung unterzogen. Da die Rechtsfolgenebene nicht betroffen ist, braucht auf den aktuellen Stand des Verfahrens nicht näher eingegangen werden. Beide Richtlinien zielen ausweislich ihrer Erwägungsgründe darauf ab, ein Transparenz- und Informationsniveau zu schaffen, welches das Vertrauen der Anleger in die Wertpapiermärkte stärkt, die Kapitalallokation verbessert und somit die Funktionsfähigkeit der Märkte sichert. Die Anleger sollen in voller Kenntnis über Änderungen der Stimmrechtsverhältnisse und große Kapitalbewegungen ihre Anlageentscheidung treffen. Nicht zuletzt soll der Verflechtung der Wertpapiermärkte und der Stärkung des europäischen Binnenmarktes beigetragen werden. Neben durchaus präzisen Vorschriften über die Ausgestaltung der Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten verlangen beide Richtlinien zu deren Durchsetzung Sanktionen. Jedoch sind die diesbezüglichen Anforderungen nicht annähernd so detailliert, sondern stellen lediglich Rumpfregelungen auf. 1. Art. 15 der Transparenzrichtlinie I Ursprünglich verpflichtete Art. 15 der Transparenz-RL I die Mitgliedstaaten, „angemessene Sanktionen“ für den Fall vorzusehen, dass die Personen und Gesellschaften die aufgrund der Richtlinien erlassenen Stimmrechtsmitteilungspflichten nicht einhalten. Demnach bestand zwar die Pflicht, Rechtsfolgen für die Verletzung der Beteiligungstransparenzpflichten vorzusehen, doch waren Form und Mittel nicht vorgegeben, was Art. 288 Abs. 3 AEUV entspricht. Auch fehlte eine Definition oder Umschreibung des zentralen Begriffs der Angemessenheit.52 Zur Umsetzung von Art. 15 der Transparenz-RL I hat der deutsche Gesetzgeber den Rechtsverlust gem. § 28 WpHG geschaffen.53 Der europarechtliche Regelungsrahmen wurde damit nicht überschritten, da die Richtlinie keine konkreten Sanktionen vorgibt. Im Übrigen haben auch weitere Mitgliedstaaten dem Rechtsverlust vergleichbare Regelungen erlassen.54 Zusätzlich enthielt die 51 Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarkförderungsgesetz) v. 26.7.1994, BGBl. I, S. 1749. 52 Teichmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 149, 161, der von einer „Gummiklausel“ spricht. 53 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 56. 54 Das britische Recht kennt mit Sec. 210 (5), (5A) i.V. m. 454–457 Companies Act 1985 eine dem Rechtsverlust vergleichbare Regelung (vgl. Kremer/Oesterhaus, in: KK/ WpHG, § 28 Rn. 17). In Österreich sieht § 124 AktG vor, dass die Satzung der AG im Falle der Verletzung von Meldepflichten einen kompletten oder teilweisen Stimmrechtsverlust vorsehen kann (ausführlich zu dieser Vorschrift Zollner, GesRZ 2010, 146). Ein Stimmrechtsverlust existiert auch Italien und Frankreich (hierzu Veil, EBOR 11 (2010), 409, 418). Für die Schweiz hält § 20 Abs. 4 bis BEHG eine sog. Stimmrechtssuspendierungsklage bereit, d.h. der Stimmrechtsverlust bedarf gerichtlicher Anordnung.

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Transparenz-RL I erste Ansätze zur Schaffung einer Kapitalmarktaufsichtsbehörde, woraufhin das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BaWe) gegründet wurde. Dieses ist im Jahr 2002 zusammen mit dem Bundesamt für das Kreditwesen (BaKred) und dem Bundesamt für das Versicherungswesen (BAV) in der BaFin als Allfinanzaufsichtsbehörde aufgegangen. 2. Art. 28 der Transparenzrichtlinie II Seit Inkrafttreten der Transparenz-RL II enthält deren Art. 28 unter der Überschrift „Sanktionen“ auf zwei Absätze verteilt Vorgaben über die Rechtsfolgen einer Zuwiderhandlung gegen die nach der Richtlinie erlassenen Meldepflichten. Vorliegend von untergeordnetem Interesse ist dabei ihr Abs. 2, der verlangt, dass die gegen Beteiligungstransparenzverstöße ergriffenen Maßnahmen von der nationalen Aufsichtsbehörde, in Deutschland also die BaFin, veröffentlicht werden, soweit die Veröffentlichung der Stabilität des Finanzmarktes nicht abträglich ist. Diese anprangernde, als Shaming bezeichnete und in § 40b WpHG geregelte Maßnahme55 soll den Investor zur Pflichterfüllung anhalten, so dass negative Publizität gezielt als Regulierungsinstrument eingesetzt wird.56 Auch der nicht gemeinschaftsrechtlich vorgegebene § 27a Abs. 2 WpHG sieht ein solches Shaming vor. Der Präventiveffekt dieser Maßnahme darf als gering bezeichnet werden, da der Reputationsverlust angesichts der Schnelllebigkeit des Kapitalmarkts kurzweilig ist. Die Schaffung und Ausgestaltung der Rechtsfolgen werden weitgehend den Mitgliedstaaten anheimgestellt. Die Transparenz-RL gibt nur einen Mindeststandard vor. Ein Umsetzungsbefehl besteht einzig insoweit, als sicherzustellen ist, dass „gegen die verantwortlichen Personen geeignete Verwaltungsmaßnahmen ergriffen [. . .] werden können“ (Art. 28 Abs. 1 S. 1 der Transparenz-RL II). Konkretisierend verlangt Art. 24 der Transparenz-RL II, dass die zuständige Aufsichtsbehörde mit den erforderlichen verwaltungsrechtlichen Befugnissen ausgestattet wird. Die Einzelheiten obliegen dann wieder nationaler Regelungsautonomie. In Deutschland übt die BaFin als Aufsichtsbehörde nach der Generalklausel des § 4 WpHG die Missstandsaufsicht aus, was es ihr unter anderem erlaubt, die Beteiligungstransparenzgebote durchzusetzen. Abgesehen hiervon steht den Mitgliedstaaten frei, überhaupt zusätzliche straf- oder zivilrechtliche oder weitergehende verwaltungsrechtliche Sanktionen zu schaffen. Neben dem vollständigen Absehen hiervon ist genauso gut eine Kumulation, wie sie in Deutschland mit dem eingangs dieser Arbeit dargestellten Sanktionsspektrum besteht, möglich.

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§ 40b WpHG geht auf Art. 14 Abs. 4 der Marktmissbrauchs-RL zurück. Altenhain, in: KK/WpHG, § 40b Rn. 3; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 40b Rn. 3. 56

B. Sanktionen als Instrumente zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz

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Eine Pflicht, zivilrechtliche Sanktionen vorzuhalten, ist nicht vorgesehen.57 Daher konnte der unter Geltung von Art. 15 der Transparenz-RL I geschaffene Rechtsverlust nach Erlass der Transparenz-RL II in dieser Form beibehalten werden. Auch besteht keine Verpflichtung zur Einführung spezialgesetzlicher Schadensersatzansprüche für Meldeverstöße.58 Zwar finden sich dahingehende Anweisungen, doch beziehen sich diese nicht auf die Verletzung der Beteiligungstransparenzpflichten. Die Direktive in Art. 7 der Transparenz-RL II, Haftungsregeln für den Emittenten oder dessen Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane zu schaffen, bezieht sich auf die anlassunabhängige Finanzberichterstattung.59 Eine Pflicht zur Einführung von Schadensersatzpflichten für die Verletzung von Beteiligungstransparenzgeboten folgt daraus nicht, so dass die deutsche Rechtslage aus Sicht der Richtlinie insoweit nicht zu beanstanden ist. Den inhaltlichen Maßstab legt Art. 28 Abs. 1 S. 2 der Transparenz-RL II fest: „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass diese Maßnahmen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.“

Wortgleiche Formulierungen enthalten Art. 17 der Übernahme-RL60, Art. 51 Abs. 1 S. 2 der MiFiD-RL61 oder Art. 14 der Marktmissbrauchs-RL62. Obwohl sich diese Vorgabe mit dem Wort „Maßnahmen“ systematisch auf solche der Verwaltung i. S. d. Art. 28 Abs. 1 S. 1 der Transparenz-RL II bezieht, gilt sie über verwaltungsrechtliche Sanktionen hinaus, so dass sämtliche Sanktionen, die das nationale Gesetz in Umsetzung der Transparenz-RL vorhält, „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein müssen. Durch diese Lesart wird sichergestellt, dass sämtliche Sanktionen auf die Sicherstellung transparenter Beteiligungsstrukturen hinarbeiten und einen einheitlichen „Sanktionenstandard“ schaffen. Die genannten Vorgaben begrenzen die Gestaltungsfreiheit des nationalen Gesetzgebers bei der Richtlinienumsetzung „nach unten“ und „nach oben“. Die untere Grenze, d.h. die minimal von der Sanktion zu erfüllenden Anforderungen, markieren die Merkmale „wirksam“ und „abschreckend“. Nach oben, im Sinne einer Maximal57 Für Art. 14 der Marktmissbrauchs-RL Möllers, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 13 Rn. 3. 58 Veil, in: FS Hopt, S. 2641, 2643; ebenso zur Marktmissbrauchs-RL Möllers, JZ 2005, 75, 75; anders aber dann ders., in: FS Hopt, S. 2247, 2260 m. Fn. 70. 59 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1653. 60 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (2004/25/EG), Abl. Nr. L 142, v. 30.4.2004, S. 12. 61 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (2004/39/EG), Abl. Nr. L 145, v. 30.4.2004, S. 1. 62 Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28.1.2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), Abl. L 96, v. 12.4. 2003, S. 16.

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

bestrafung, muss die Sanktion „verhältnismäßig“ sein. Einer Definition dieser Rechtsbegriffe, deren Konkretisierung angesichts ihrer Wertungsoffenheit schwer fällt, enthält sich der Richtliniengeber. Immerhin weist der EuGH in einer Entscheidung zum wortgleichen Art. 14 der Marktmissbrauchs-RL darauf hin, dass die Definition dieser Begriffe Aufgabe des nationalen Rechts sei.63 Jedoch muss, so der EuGH, auch die national geprägte Auslegung im Einklang mit den Zielen der Richtlinie stehen. Aus der in Erwägungsgründen (1) und (2) besonders hervorgehobenen Bedeutung von Transparenz für die Gewinnung des Anlegervertrauens und für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts ist zu schließen, dass die Herstellung und Aufrechterhaltung transparenter Beteiligungsstrukturen als Hauptzweck fungiert. Die Sanktionsvorschriften müssen also eine effektive Durchsetzung von Beteiligungstransparenz gewährleisten. Das entspricht dem vorstehend entwickelten Gedanken über den Grundzweck der Sanktionsordnung. Nach alledem können die in Art. 28 Abs. 1 S. 2 der Transparenz-RL II gewählten Begriffe wie folgt konkretisiert werden: Wirksam ist eine Sanktion, wenn sie geeignet ist, die Einhaltung der §§ 21 ff. WpHG zu erzwingen. Dahinter steht das genannte Anliegen, bereits das Entstehen von Informationsasymmetrien soweit als möglich zu verhindern. Die Wirksamkeit steht damit in enger Nachbarschaft zur Abschreckung. Als abschreckend wird man eine Sanktion ansehen dürfen, wenn der Pflichtige den Eintritt der Sanktionsfolge fürchtet und deswegen zur Vornahme der gebotenen Handlung angehalten wird. Die Nachteile der Sanktion müssen die im Falle einer Pflichtverletzung zu erwartenden Vorteile deutlich übersteigen. Nur dann wird eine Vorteils-Nachteils-Kalkulation eindeutig für die Pflichterfüllung sprechen. Die Verhältnismäßigkeit verlangt, Ausmaß und Reichweite einer Rechtsnorm im Lichte des von ihr verfolgten Zwecks zu bestimmen.64 Obwohl der EuGH dieses Verständnis in Bezug auf die Grundfreiheiten entwickelt hat, lässt es sich insofern übertragen. Jede Sanktion hat dahingehend zu arbeiten, die Durchsetzung von Beteiligungstransparenz sicherzustellen. Da jede Sanktion für sich genommen verhältnismäßig sein muss, wird ein Sanktionensystem, das sich aus mehreren Einzelsanktionen zusammensetzt, grundsätzlich auch in seiner Gesamtheit verhältnismäßig sein.

III. Transparenzsicherung durch privatrechtliche Sanktionen Nachdem feststeht, dass Art. 28 der Transparenz-RL trotz der eröffneten Gestaltungsspielräume die effektive Durchsetzung von Beteiligungstransparenz verlangt, ist auf die aufgeworfene Frage nach Aufgabe und Stellung privatrechtlicher Sanktionen zur Erreichung dieses Zwecks zurückzukommen.

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EuGH AG 2010, 74, 78 – Spector Photo Group. EuGH Slg. 1979, 3727 Rn. 23 – Hauer; Slg. 1985, 2889 Rn. 20 – Man.

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1. Zweigleisigkeit der Pflichtdurchsetzung Herkömmlicherweise wird die Durchsetzung kapitalmarktrechtlicher Pflichten in Deutschland als behördliche Aufgabe verstanden. Der BaFin stehen deshalb weitreichende verwaltungsrechtliche Befugnisse zu, die es ihr ermöglichen, die Einhaltung der §§ 21 ff. WpHG zu überwachen und gegebenenfalls durchzusetzen. Da dem Meldepflichtigen seitens der BaFin allenfalls die Entdeckung des Rechtsbruchs verbunden mit der Durchsetzung einer Stimmrechtsmitteilung droht, bleibt die erreichte Verhaltenssteuerung gering. Die Bußgeldbewehrung (§ 39 Abs. 2 WpHG) kann diese Lücke nicht vollauf schließen. Das von der BaFin festzusetzende Bußgeld zehrt gerade bei großen Transaktionen nicht einmal im Ansatz die Vorteile eines Meldeverstoßes auf. Die abschreckende Wirkung des Bußgeldes ist daher, und zwar auch mit Blick auf Art. 28 Abs. 1 S. 2 der Transparenzrichtlinie II, fragwürdig, mag auch die Abschreckung einer Sanktion weniger von der objektiven Strafhöhe als von der Wahrscheinlichkeit der Entdeckung des Rechtsbruchs abhängen.65 Zudem können Ermittlungsprobleme auftreten. Das betrifft weniger fehlerhafte Stimmrechtsmitteilungen, da der BaFin immerhin eine Mitteilung zugeht und sie so Kenntnis von einem potentiell meldepflichtigen Sachverhalt erlangt, als vielmehr gänzlich unterlassene Mitteilungen. Trotz ihrer weitreichenden Ermittlungsbefugnisse dürfte der BaFin die Sachverhaltsaufklärung schwer fallen, da in diesem Fall jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass eine möglicherweise meldepflichtige Transaktion getätigt wurde, fehlt. Gerade Auslandssachverhalte werfen Ermittlungsprobleme auf. Trotz des behördlich geprägten Verständnisses der Durchsetzung kapitalmarktrechtlicher Pflichten kommt der BaFin hierbei keine Exklusivzuständigkeit zu. Das Sanktionensystem ist vielmehr zweigleisig ausgestaltet: Auf der einen Seite steht das Öffentliche Recht, das im weiteren Sinne das Aufsichts- und Strafrecht beherbergt, und auf der anderen Seite das Privatrecht. Obwohl nicht ausdiskutiert ist, ob die private oder die öffentlich-rechtliche Rechtsdurchsetzung eine ökonomisch effektivere Einhaltung materiell-rechtlicher Informationspflichten gewährleistet,66 dürfte anerkannt sein, dass eine Kombination beider Mechanismen der Rechtsdurchsetzung am wirkungsvollsten dient.67 Das steht auch dogmatisch auf sicherem Grund. Denn weil die §§ 21 ff. WpHG, wie das Kapitalmarktrecht im Allgemeinen, im Schnittfeld von Privatrecht und Öffentlichem Recht angesiedelt

65 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 15 mit Fn. 2 unter Verweis auf kriminalistische Forschungsergebnisse. 66 Hierzu Brellochs, Publizität, S. 177. 67 Prägnant Merkt, Unternehmenspublizität, S. 489 – „Es gibt mithin nicht das eine, optimale Mittel zur Effektuierung, sondern nur eine von Erscheinungsform zu Erscheinungsform unterschiedliche Mischung von Mitteln“; vgl. auch Brellochs, Publizität, S. 178 f.; Weichert, Anlegerschaden, S. 109.

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

sind,68 ist es konsequent, Sanktionsinstrumente beider Ordnungskategorien zur Absicherung dieser Pflichten einzusetzen. Daran anknüpfend begründet der Gesetzgeber die Einführung von § 28 WpHG damit, dass die Mittel des Verwaltungszwangs allein die Durchsetzung der Mitteilungspflichten nicht gewährleisten könnten, weshalb der Rechtsverlust als privatrechtliche Sanktion zur Absicherung notwendig sei.69 Folgerichtig tritt der Rechtsverlust unabhängig von einer behördlichen Anordnung ein. Umgekehrt sperrt er verwaltungs- und strafrechtliche Befugnisse der BaFin nicht,70 so dass Sanktionen sämtlicher Ordnungskategorien nebeneinander zum Einsatz kommen können. Auch zivilrechtsintern wirkt der Rechtsverlust nicht abschließend; namentlich Schadenersatzpflichten kommen daneben in Betracht.71 2. Prävention und Verhaltenssteuerung Ob, und wenn ja, inwieweit Prävention und Verhaltenssteuerung als Funktionsziele im Privatrecht anzuerkennen sind, wird im Schrifttum kontrovers diskutiert. Während feststeht, dass der richtige Ort der Regulierung primär eine Frage ökonomischer Effizienz ist und der Gesetzgeber deshalb und in Anbetracht der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative frei über die Verortung präventiv wirkender Sanktionen bestimmen kann, so dass diese sowohl straf-, zivil- als auch öffentlich-rechtlicher Natur sein können,72 entladen sich die dogmatischen Spannungen im Haftungs- und Schadensersatzrecht. Nach traditioneller Sichtweise dient dieses allein dem Schadensausgleich, Prävention sei allenfalls ein „erwünschter Nebeneffekt“.73 Eine jüngere, rechtsökonomische Gedanken aufnehmende Auffassung erkennt demgegenüber den Präventionsgedanken nicht nur als bestehend an, sondern rückt ihn sogar ins Zentrum des Haftungsrechts.74 Die Problematik um präventive Elemente im Privatrecht ist zu vielschichtig, als dass sie hier nachgezeichnet werden könnte. Für die Zwecke dieser Arbeit ist aber auch ausreichend, die Bedeutung von Prävention und Verhaltenssteuerung für die privatrechtlichen Sanktionen im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG darzulegen.

68 Hirte/Heinrichs, in: KK/WpHG, Einl. Rn. 107; Möllers, in: FS Hopt, S. 2247, 2259. 69 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 56. 70 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 51. 71 Für § 20 Abs. 7 AktG: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 64; Neinhaus, Sanktionen, S. 100. 72 Schäfer, NZG 2005, 985, 988. 73 Larenz, Schuldrecht I, § 27 I, S. 423; Lange/Schiemann, Schadensersatz, Einl. III 2, S. 11. 74 Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 64; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 451 ff.; Schäfer, AcP 202 (2002), 397, 399; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 24 f.

B. Sanktionen als Instrumente zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz

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a) Rechtsverlust und weitere kapitalmarktspezifische Sanktionen Als privatrechtlich wirkende Sanktion dient der Rechtsverlust nach § 28 WpHG ausweislich der Gesetzesmaterialien dem Zweck der Durchsetzung der Meldepflichten.75 Damit kann nur die Durchsetzung im Wege der Verhaltenssteuerung gemeint sein, da die Vorschrift keinen Erfüllungsanspruch des Emittenten oder der übrigen Anleger vorsieht. Der Meldepflichtige wird durch den drohenden Verlust seiner Aktienrechte in besonderem Maße zur Pflichterfüllung angehalten, was der Gesetzgeber deshalb als unerlässlich empfindet, weil „für den Meldepflichtigen nicht selten erhebliche wirtschaftliche Interessen von der Entscheidung über eine Meldung berührt werden“.76 Bildlich gesprochen schwebt der Rechtsverlust wie ein „Damoklesschwert“ 77 über dem Meldepflichtigen. Präventiv wirkt auch der Zinsanspruch nach § 38 WpÜG im Übernahmerecht,78 der den Bieter anhalten soll, seine Pflichten aus § 35 WpÜG zu erfüllen. Die weiter in Betracht zu ziehende insiderrechtliche Erwerbssperre bei Verletzung der Meldepflichten bewirkt allenfalls reflexartig die Durchsetzung der §§ 21 ff. WpHG. Denn das Insiderrecht dient primär der Sicherung der informationellen Chancengleichheit unter den Anlegern, nicht der Herstellung von Beteiligungstransparenz.79 Es gehört damit nicht zum engeren Kreis des auf die Durchsetzung der §§ 21 ff. WpHG zielenden Sanktionensystems. b) Informationshaftung im Kapitalmarktrecht Im Kapitalmarktrecht wurde schon früh auf die neben das Ausgleichsprinzip tretende (general-)präventive Wirkung von Schadensersatzpflichten hingewiesen.80 Heute findet sie sehr zu Recht besondere Betonung; das Haftungsrecht wird auch als Instrument der Rechtsdurchsetzung (sog. Enforcement) verstanden.81 Das mag auch daran liegen, dass sich das Kapitalmarktrecht als ver75

Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 56. Nachw. in voriger Fn. 77 Dieses Bild verwendet auch Zollner, GesRZ 2010, 146, 147. 78 Statt aller Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 38 Rn. 2. 79 Pawlik, in: KK/WpHG, § 14 Rn. 3; Mennicke, in: Fuchs, Vor § 12–§ 14 Rn. 137. 80 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandels, S. 44; auch Assmann, Prospekthaftung, S. 22 ff., 273 ff. 81 Neben den in voriger Fn. Genannten Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 6; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, c WpHG Rn. 5; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 25; ders./Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 1; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 480 f.; Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 95; Teichmann, in: ebd., S. 149, 152 f.; Brellochs, Publizität, S. 179; Kalss, Anlegerinteressen, S. 325 f.; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 250 f.; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 785; Baums, ZHR 167 (2003), 129, 145; Weichert, Anlegerschaden, S. 107 f.; Horn, in: FS Ulmer, S. 817, 822; Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 103; Schäfer, NZG 2005, 985, 987; Köndgen, in: FS Druey, S. 791, 803; Veil, in: FS Hopt, S. 2641, 2650; ders., EBOR 11 (2010), 409, 418; krit. aber Meyer, ZRP 2002, 532, 532. 76

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

gleichsweise junges Rechtsgebiet für rechtsökonomische Gedanken öffnet. Anders als im allgemeinen Haftungsrecht und bei der gesellschaftsrechtlichen Organhaftung liegt die Akzentuierung weniger auf der Schadensvorbeugung,82 als auf der Steuerung von Informationsverhalten. So hält Merkt die Drohung mit Haftungsfolgen als das „wirksamste und damit wichtigste“ Instrument „im Arsenal der unterschiedlichen Mittel zur Durchsetzung von Publizität“.83 Haftungsrecht wird damit auch als regulatives Marktschutzinstrument verstanden. Der Gesetzgeber hat diese Funktion nicht nur erkannt, sondern bewusst bei Erlass der Ad-hoc-Publizitätshaftung nach §§ 37b, c WpHG und im Übrigen auch im Rahmen des letztlich gescheiterten KapInHaG eingesetzt.84 Ebenso wie beim Rechtsverlust ist der Effekt ein ökonomisch-psychologischer: Da ein rational handelnder Kapitalmarktteilnehmer den Eintritt nachteiliger Konsequenzen – hier: die Schadensersatzpflicht – vermeiden möchte, wird er sich normgemäß verhalten, d.h. die an ihn adressierte Informationspflicht sorgsam erfüllen. Obwohl das Haftungsrecht ex-post ansetzt, schreckt das Risiko, bei Fehlverhalten in Anspruch genommen zu werden, vor Pflichtverstößen ab.85 Dieser verhaltenssteuernde Effekt ist im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG auch nicht deshalb obsolet, weil schon der Rechtsverlust präventiv wirkt. Im Gegenteil: Der Rechtsverlust verhilft lediglich der Meldepflicht nach § 21 Abs. 1, 1a WpHG zu seiner Durchsetzung. Was hingegen § 25, 25a WpHG angeht, läuft die Verhaltenssteuerung durch den Rechtsverlust leer, da diese Vorschriften nicht in den Tatbestand des § 28 WpHG einbezogen sind.86 Und selbst für § 21 WpHG ist eine zusätzlich Absicherung durch das Haftungsrecht zum Schutz der Marktfunktion sinnvoll. Das gilt umso mehr, als die Liquidation von individuellen Anlegerschäden nicht zum allein auf das Kollektiv der Anleger und den Funktionenschutz beschränkten Aufgabenbereich des § 28 WpHG gehört. Hinzu kommt, dass der geschädigte Anleger wegen der Aussicht, Ersatz für den erlittenen Schaden zu verlangen, motiviert wird, den Pflichtverstoß durch eigene Nachforschungen aufzudecken.87 Damit wird sein Eigeninteresse am Schadensausgleich zur Durchsetzung kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten nutzbar gemacht. Der Anleger wird in diesem Zusammenhang deshalb auch als „private attorney“ bezeichnet,88 was zugleich zum Ausdruck bringt, dass er 82

Siehe nur Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 2. Merkt, Unternehmenspublizität, S. 480. 84 Für §§ 37b, c WpHG: Begr. RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 62; für das KapInHaG: BMF, DiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1044. 85 Möllers/Leisch, in KK/WpHG, § 37b, c Rn. 4; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 6; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 785; allgemein Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 64. 86 Hierzu § 4 C. I. 1., S. 120 f. 87 Eingehend Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 250 f.; Weichert, Anlegerschaden, S. 108 f. 88 Köndgen, in: FS Druey, S. 791, 800; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 24. 83

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die durch die BaFin ausgeübte Kapitalmarktaufsicht als eine Art zusätzliche Kontrollinstanz ergänzt.89 Ob diese Ergänzung notwendig ist, weil die aufsichtsrechtliche Kapitalmarktrechtsdurchsetzung als defizitär empfunden wird,90 mag dahinstehen. Jedenfalls kann die BaFin angesichts des personellen und sachlichen Aufwands eine lückenlose Überprüfung der kaum überschaubaren Zahl tagtäglich abgewickelter Transaktionen auf ihre Melderelevanz nicht gewährleisten. In Unterlassungsfällen wird es ihr zudem schon an der erforderlichen Kenntnis um das melderelevante Geschehen fehlen. Sie braucht konkrete Anhaltspunkte, anhand derer sie Ermittlungen einleiten kann. Wie Staatsanwaltschaften neben eigenen Ermittlungen auf Anzeigen durch Privatpersonen, so ist auch die BaFin auf Hinweise von Marktteilnehmern auf Rechtsverstöße angewiesen, um ihrer Überwachungs- und Marktschutzaufgabe gerecht werden zu können.91 Da sich neben der BaFin auch der geschädigte Anleger kraft der in Aussicht stehenden Möglichkeit auf Schadensersatz zur Aufdeckung von Meldeverstößen berufen fühlt, erhöht sich aus Sicht des Meldepflichtigen die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung des Rechtsbruchs. Die disziplinierende Wirkung dieses Effekts unterstreicht der Umstand, dass eine einzelne Informationspflichtverletzung eine Vielzahl an Anlegern schädigen kann, also ein Streueffekt entsteht. Die Verhaltenssteuerung bezieht sich nicht nur auf den Meldepflichtigen, der von schädigenden Handlungen abgehalten wird (sog. primäre Steuerung), sondern stärkt zugleich das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt und baut Hemmungen beim Markteintritt ab (sog. sekundäre Steuerung).92 Dies lässt sich mithilfe einer vielbeachteten empirischen Studie unterstreichen, die zu dem Ergebnis kommt, dass das Niveau des kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutzes, welches sich maßgeblich am Vorhandensein von Schadensersatzansprüchen orientiert, in der Kapitalisierung von Wertpapiermärkten wiederspiegelt.93 Das dürfte daran liegen, dass Anleger, die um die Sicherung ihres Investitionsvermögens wissen, bereitwilliger und risikofreudiger investieren. Zwischen privatrechtlichen Rechtsschutzinstrumenten und der Börsenkapitalisierung besteht demnach ein enger Zusammenhang. Auch das spricht für den Einsatz des Haftungsrechts zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz. Zu beachten ist indes, dass eine zu streng gestaltete Haftung die Gefahr einer übermäßigen Abschreckung schafft.94 Denn 89

Möllers, AcP 208 (2008), 1, 22; Kalss, Anlegerinteressen, S. 323 f. Wagner, AcP 206 (2006), 352, 441; Binninger, Gewinnabschöpfung, S. 159 ff.. 91 Zur Wichtigkeit privater Hinweise für die Kapitalmarktüberwachung, vgl. BaFin, Jahresbericht 2006, S. 163; Jahresbericht 2007, S. 172; Jahresbericht 2008, S. 154; Jahresbericht 2009, S. 193. 92 Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 95; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 6. 93 La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, J.Fin. 61 (2006), 1. 94 Ausführlich Weichert, Anlegerschaden, S. 239 ff.; Sauer, Falschinformation, S. 338 ff. 90

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wenn die Haftungsgefahr das Handeln und die Informationspolitik des Meldepflichtigen diktiert, wird sein wirtschaftliches Agieren behindert. Im Extremfall könnte ein Investor vor dem Erwerb meldepflichtiger Beteiligungen abgeschreckt werden, was der gesetzgeberisch bezweckten Stärkung des Finanzplatzes Deutschland zuwider liefe.95 Andererseits entwickelt ein zu schwach gestaltetes Haftungsregime nicht die erforderliche Abschreckungswirkung. Dabei kommt es auch darauf an, dass der Schadensersatzanspruch nicht an derart hohe Anforderungen geknüpft ist, dass er im Ergebnis kaum durchsetzbar ist.96 Wenn das Bestehen des Anspruchs faktisch nicht zu beweisen ist, muss der Meldepflichtige eine Inanspruchnahme nicht fürchten, da ein Anleger das dann latente Risiko, vor Gericht zu unterliegen, nicht eingehen würde. Der Anreizwirkung der Haftung wäre der Boden entzogen. Andererseits darf dem Anleger nicht das Risiko seiner Kapitalanlage abgenommen oder das Entstehen von Erpressungspotentialen erreicht werden. Die Ausgestaltung der Haftung hat daher unter Berücksichtigung dieser nur angerissenen Einzelaspekte durch eine sorgsame Feinjustierung zu erfolgen. Dem nimmt sich § 5 dieser Untersuchung an. 3. Seitenblick ins Kartellrecht „Private Enforcement“ ist das Stichwort, unter dem die Durchsetzung wirtschaftsrechtlicher Verhaltensgebote mittels privater (Schadensersatz-)Ansprüche diskutiert wird. Da diese Diskussion im Kartellrecht ihren Ausgang genommen hat und das Kartellrecht ebenso wie das Kapitalmarktrecht im Schnittfeld von Privatrecht und Öffentlichem Recht angesiedelt ist, erscheint ein Seitenblick auf das dortige Private Enforcement lohnend. Unter Kartellrechtlern herrscht Einigkeit, dass das Bundeskartellamt und die Europäische Kommission als die zuständigen Kartellbehörden die effektive Durchsetzung der deutschen und europäischen Kartellverbote (§ 1 GWB, Art. 101, 102 AEUV) allein nicht gewährleisten können.97 Neben straf- und verwaltungsrechtlichen Sanktionen sind daher schlagkräftige zivilrechtliche Instrumente, von denen ein spürbarer Abschreckungseffekt ausgeht, unabdingbar. Im Unterschied zur Beteiligungstransparenz liegt der Schwerpunkt aber nicht auf passiven Sanktionen, also solchen, deren Rechtsfolge, wie im Kapitalmarktrecht beim Rechtsverlust gem. § 28 WpHG, kraft Gesetzes eintreten. Vielmehr erfordern die von § 33 GWB als Zentralvorschrift des kartellrechtlichen Privatrechtsschutzes sta95

Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33. Die prozessuale Seite der Durchsetzung von Haftungsansprüchen wird hier nicht beleuchtet. Zur Möglichkeit von Sammelklagen nach dem KapMuG Kruis, in: KK/ KapMuG, § 1 Rn. 71. Vor Inkrafttreten des KapMuG wurde eine kapitalmarktrechtliche Gruppenklage nach dem Vorbild US-amerikanischer class actions vorgeschlagen, vgl. Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 115 ff. 97 Siehe nur Emmerich, Kartellrecht, § 40 Rn. 1. 96

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tuierten Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche eine aktive Geltendmachung durch den von der wettbewerbsbeschränkenden Absprache Betroffenen.98 Diese Vorschrift soll für eine spürbare Abschreckung sorgen und damit die allseitige Beachtung der Wettbewerbsregelung zur Effektuierung des Wettbewerbsschutzes sicherstellen.99 Der Gedanke der Nutzbarmachung des Privatinteresses am Schadensausgleich zur Durchsetzung wirtschaftsrechtlicher Verhaltensgebote, mithin das Private Enforcement, ist somit in § 33 GWB fest verankert. Den rechtstatsächlichen Hintergrund bildet die Courage-Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2001,100 die einen umfassenden Zivilrechtsschutz gegen Kartellverstöße verlangt, mit der Folge, dass Kartellrechtsdurchsetzung auch als Aufgabe des Privatrechts angesehen wird. Auf diese wegweisende Entscheidung hat der Gesetzgeber im Rahmen der 7. GWB-Novelle101 reagiert und den Schadensersatzanspruch nach § 33 GWB, der bis dato kaum praktische Bedeutung erlangt hatte,102 reformiert. Das zuvor geltende Schutzgesetzprinzip des § 33 GWB, das demjenigen des § 823 Abs. 2 BGB entsprach,103 wurde durch das Erfordernis des Betroffenseins ersetzt, so dass von Wettbewerbsverstößen Betroffene auch dann Schadensersatzansprüche geltend machen können, wenn die Kartellabsprache nicht gegen sie gerichtet ist.104 Auf die einstige Kontroverse, ob die Kartellverbote allein dem überindividuellen Ziel des Schutzes des Wettbewerbs oder auch den individuellen Marktteilnehmern dienen, kommt es damit heute nicht mehr an. Damit hat der Gesetzgeber die vom EuGH betonte verhaltenssteuernde Wirkung privater Schadensersatzklagen, die, so der EuGH in der Courage-Entscheidung, wesentlich zur Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs in der Gemeinschaft beitragen und damit die Effektivität der Art. 101, 102 AEUV gewährleisten soll,105 in § 33 GWB implementiert. Das formulierte Ziel der 7. GWB-Novelle ist es dann auch, diese Vorschrift zu einem klägerfreundlichen Instrument auszubauen, um die Privatinitiative bei der Kartellrechtsdurchsetzung zu fördern. Das auf der Schadensersatzhaftung fußende kartellrechtliche Private Enforcement hat dadurch und durch weitere Maßnahmen, wie

98 Zur Differenzierung zwischen aktiven und passiven Sanktionen Möschel, WuW 2007, 483, 484. 99 Begr. RegE 7. GWB-Novelle, BT-Drucks. 15/3640, S. 35; Westermann, in: FS Westermann, S. 1605, 1606; Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 33 Rn. 7. 100 EuGH Slg. 2001, I-6297 – Courage; bestätigt durch EuGH Slg. 2006, I-6691 – Manfredi. 101 Siebtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen v. 7. Juli 2005, BGBl. I, 1954. 102 Emmerich, Kartellrecht, § 7 Rn. 10; Möschel, WuW 2007, 483, 484. 103 Zur Entwicklung des Schadensersatzanspruchs gem. § 33 GWB K. Schmidt, in: FS Schwark, S. 753, 763 ff.; Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 33 Rn. 11 ff. 104 Begr. RegE 7. GWB-Novelle, BT-Drucks. 15/3640, S. 35. 105 EuGH Slg. 2001, I-6297, 6323 – Courage m. Anm. Micklitz, EWiR 2001, 1141.

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den Ausschluss des Einwands der Schadensabwälzung (sog. passing-on-defense),106 eine spürbare Verschärfung erfahren.107 Private Schadensersatzansprüche sollen nach dem Willen der Europäischen Kommission zum Zwecke der privaten Kartellrechtsdurchsetzung durch Prävention sogar weiter ausgebaut werden.108 Der maßgebliche Unterschied zwischen Kartellrecht und Kapitalmarktrecht besteht demzufolge darin, dass dem kartellrechtlichen Private Enforcement mit § 33 GWB eine ernst zu nehmende Grundlage gegeben wurde, wohingegen die §§ 21 ff. WpHG haftungsrechtlich nicht speziell unterlegt sind. K. Schmidt weist deshalb – freilich auf die Wohlverhaltenspflichten der §§ 31 ff. WpHG bezogen – darauf hin, dass das Private Enforcement des WpHG hinter dem des Kartellrechts zurücksteht, „obwohl das individuelle Betroffensein getäuschter und dadurch geschädigter Anleger wesentlich mehr auf der Hand liegt als die Notwendigkeit kartellrechtlichen Individualschutzes“.109 Ungeachtet, inwieweit man diese These für zutreffend erachtet, hat jedenfalls das Private Enforcement, und insoweit ist K. Schmidt vorbehaltlos zuzustimmen, auch im Kapitalmarktrecht seine Berechtigung. Zweck ist dann der Ausgleich von Informationsasymmetrien zwischen den Marktteilnehmern.110 4. Folgerungen Durch das Zusammenspiel von Aufsichtsrecht, Bußgeldbewehrung, Rechtsverlust und Haftungsrecht wird eine wirkungsvolle Transparenzkontrolle geschaffen. Anbetracht dieser Sanktionen wird sich ein kapitalmarktaktives Unternehmen veranlasst sehen, durch unternehmensinterne Compliance-Maßnahmen die Einhaltung der §§ 21 ff. WpHG sicherzustellen.111 Da dem Anleger und der bestmöglichen Kapitalallokation am sinnvollsten dadurch geholfen ist, wenn schon das Entstehen von Informationsasymmetrien verhindert wird, sind Prävention und Verhaltenssteuerung für das Sanktionensystem von herausragender Bedeutung. Wenn diese Topoi vorliegend für die Schadensersatzhaftung besonders betont wurden, bedeutet das nicht, dass einem Vorrang vor dem Ausgleichsprinzip das Wort geredet würde. Wie Wagner nachgewiesen hat, steht die Präventionsfunk106

Dazu statt vieler Westermann, in: FS Westermann, S. 1605, 1618 ff. Emmerich, Kartellrecht, § 40 Rn. 6; Dreher, in: Krieger/Schneider, Managerhaftung, § 31 Rn. 80; krit. zur Stärkung des privaten Rechtsschutzes Möschel, WuW 2007, 483, 487 ff. 108 Europäische Kommission, Weißbuch Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts, KOM (2008) 165, v. 2.4.2008. 109 K. Schmidt, in: FS Schwark, 753, 768. 110 Andeutungsweise Assmann, ZBB 1989, 49, 61; Kalss, Anlegerinteressen, S. 327 f. 111 Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 99; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 186 ff.; Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandels, S. 44. Zu Compliance auch § 4 C. II. 2 a), S. 132 ff. 107

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tion weder in Widerspruch noch in Konkurrenz zum Ausgleichsgedanken.112 Zudem kann die Anerkennung von Prävention als Regelungsziel keine eigenständigen Schadensersatzansprüche begründen, vor allem, wenn ohnehin ein ersatzfähiger Schaden fehlt.113 Ebenso kann nicht der Umfang eines Schadensersatzanspruchs erhöht werden (Stichwort: punitive damages), auch wenn der Anreiz zur Normbefolgung mit der Höhe der drohenden Ersatzleistung steigt.114 Gleichwohl sind Prävention und Verhaltenssteuerung nicht bloß als kleinster gemeinsamer Nenner von Rechtsverlust und Schadensersatz als zentrale Sanktionen im Rahmen der Beteiligungstransparenz zu notieren. Vielmehr sind diese Zwecke bei der Herausbildung des Sanktionensystems zu berücksichtigen, zumal bei der Anwendung des Deliktsrechts im Kapitalmarktrecht dessen Wertungen zu berücksichtigen sind.115

IV. § 27a WpHG – eine lex imperfecta? Trotz der vorstehend herausgearbeiteten Notwendigkeit, materiell-rechtliche Informationspflichten mit Sanktionen zu unterfüttern, um ihre Beachtung durch die Normadressaten zu gewährleisten, möchte der Gesetzgeber die Pflicht zur Abgabe eines Mittelherkunfts- und Strategieberichts (§ 27a WpHG) nicht mit Sanktionen belegen.116 Weder wurde der Rechtsverlust für anwendbar erklärt noch hat eine Anpassung der Bußgeldvorschriften stattgefunden.117 Für eine analoge Anwendung beider Sanktionen fehlt es an einer unbewussten Regelungslücke; sie wäre auch nicht mit dem strafrechtlichen Analogieverbot vereinbar.118 1. Reichweite des gesetzgeberischen Sanktionenverzichts Sanktionslose Vorschriften bezeichnet man im Anschluss an Ulpian als leges imperfectae. Hierher wird auch § 27a WpHG gerückt: Er stelle einen Akt der Symbolgesetzgebung dar, weil er keine Sanktionen bereithalte, die seine Einhaltung absichern.119 Daher stehe zu befürchten, dass die angestrebte Verbesserung der Informationsversorgung des Marktes leer laufe.

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Wagner, AcP 206 (2006), 352, 451 ff. BGHZ 165, 203, 207. 114 Gegen die Anerkennung des Strafschadensersatzes BGHZ 118, 312, 338; Lange/ Schiemann, Schadensersatz, Einl. III 2d, S. 12 f.; Larenz, Schuldrecht I, § 27 I, S. 423. 115 Hierzu Wagner, in: FS Canaris, S. 473, 492 ff. 116 Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 13. 117 Eine Bußgeldsanktion im Gesetzgebungsverfahren hat angeregt Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2008, 60, 62. 118 Zum Strafcharakter des Rechtsverlusts sogleich, § 3 C. III. 2., S. 93 ff. 119 Fleischer, ZGR 2008, 185, 210; U. H. Schneider, in: FS Nobbe, S. 741, 754. 113

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Diese Aussage greift in ihrer Pauschalität zu kurz. Durchaus kann die Verletzung von § 27a WpHG Rechtsfolgen auslösen. Wenn der Gesetzgeber in der Regierungsbegründung zum RBG sagt, dass er von einer weitergehenden Sanktionierung absehe,120 sind damit lediglich unmittelbar, d.h. explizit an einen Verstoß gegen § 27a WpHG anknüpfende Sanktionen gemeint. Ein genereller Ausschluss sämtlicher Rechtsfolgen lässt sich den Materialien nicht entnehmen.121 Sie äußern sich lediglich darüber, dass der Rechtsverlust nicht auf § 27a WpHG ausgeweitet werden soll.122 Der Ausschluss derjenigen Vorschriften, welche die gute Ordnung am Kapitalmarkt gewährleisten sollen und deshalb nicht direkt dem Melderecht zugehörig sind, namentlich die Verbote des Insiderhandels und der Marktmanipulation (§§ 14, 20a WpHG), hätte einer ausdrücklichen Klarstellung bedurft. Auch ist die Haftung nach § 826 BGB als eine der Grundfesten unserer Rechtsordnung123 anwendbar. Zudem sieht § 27a Abs. 2 WpHG ein Shaming vor. Dieses stellt aufgrund der Prangerfunktion und weil negative Publizität Reputationsverlusten erzeugt eine Sanktion dar. Damit gibt der Gesetzgeber zu erkennen, dass der Verstoß gegen diese Vorschrift nicht gänzlich folgenlos bleiben soll. Dieser Interpretation lässt sich auch nicht entgegenhalten, der Sanktionsverzicht solle einen nicht über Gebühr belastend wirkenden „Anstoß zu einer verbesserten Kommunikationskultur“ geben.124 Die dahinterstehende Annahme, der Marktteilnehmer werde aus ökonomischen Gründen veranlasst, die von § 27a WpHG geforderten Informationen Preis zu geben, ist praxisfern.125 Mit einem Selbstvollzug ist schon deshalb nicht zu rechnen, weil § 27a WpHG die Offenlegung sensibler Umstände verlangt. Ein Investor würde dadurch seinen selbst erarbeiteten Informationsvorsprung verlieren.126 Insbesondere bei einer angestrebten Übernahme würden durch die Kundgabe der Investitionsstrategie Konkurrenzangebote von Wettbewerbern und Abwehrmaßnahmen der Zielgesellschaft provoziert. Das verteuert die Übernahme oder macht sie ganz unmöglich. Zu prüfen ist daher, ob die Nichterfüllung von § 27a WpHG als verbotenes Insidergeschäft oder als Marktmanipulation zu werten ist. Zwar gehört § 20a 120

Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 13. So auch Querfurth, WM 2008, 1957, 1960; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 30; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 27a WpHG Rn. 23; Fleischer, AG 2008, 873, 883; Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 325; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1804; a. A. Greven/Fahrenholz, BB 2009, 1487, 1493; auch Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 458, die lediglich für das Marktmanipulationsverbot eine Ausnahme zulässt. 122 Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 13. Der Bundesrat hatte eine Erstreckung des § 28 WpHG auf diese Fälle gefordert, BR-Drucks. 763/07, S. 5. 123 Vgl. BGHZ 160, 149, 154 – Infomatec II. 124 Aussage eines Vertreters des BMJ auf dem ZGR-Symposium 2008 „Unternehmensfinanzierung und -rechnungslegung“ am 18./19.1.2008 in Glashütten, zitiert nach Schmolke, ZGR 2008, 225 (228). 125 Hierzu bereits § 3 B. I., S. 59 f. 126 Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405. 121

B. Sanktionen als Instrumente zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz

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WpHG nicht zum primären Untersuchungsgegenstand, doch erscheint eine Erläuterung lohnenswert, um die in der Literatur postulierte Sanktionslosigkeit einer Verletzung von § 27a WpHG auf den Prüfstand zu stellen. Ob darüber hinaus Schadensersatzansprüche bestehen, wird unter § 5 dieser Untersuchung behandelt. 2. Verbot des Insiderhandels und der Marktmanipulation Erwirbt der Inhaber einer wesentlichen Beteiligung weiter Stimmrechte am Emittenten, ohne die entsprechende Absicht zuvor offenzulegen, könnte darin ein verbotenes Insidergeschäft gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG liegen. Das hängt davon ab, ob der Inhalt des Mittelherkunfts- und Strategieberichts eine Insiderinformation darstellt, welche in § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG legal definiert ist. Hierbei handelt es sich um eine konkrete Information, die mangels Abgabe der Mitteilung nach § 27a WpHG nicht vom Emittenten veröffentlicht werden konnte, so dass sie nicht öffentlich bekannt ist. Weiter dürfte diese Mitteilung erhebliches Kursbeeinflussungspotential entfalten, da weitreichende Informationen über die zukünftige Anlagestrategie, insbesondere die Absicht, eine Beteiligung weiter aufstocken zu wollen, erteilt werden. Zu berücksichtigen ist indessen, dass der BGH in der Entscheidung Sascha-Opel im Hinblick auf die strafrechtliche Behandlung des sog. Scalping127 für eine Insiderinformation einen Drittbezug fordert. Dieser sei bei inneren Tatsachen nicht gegeben. Überzeugend, und über das Scalping hinaus geltend, wird ausgeführt, dass es nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht, den Begriff der Information in der Weise zu verwenden, „dass eine Person sich über einen von ihr selbst gefassten Gedanken informiert“.128 In der Tat widerspricht es der Denklogik, sich selbst zu informieren.129 Obwohl die Entscheidung zur Vorschrift des § 13 Abs. 1 WpHG in ihrer vor dem AnSVG130 gültigen Fassung erging, der bis dahin von Insidertatsache sprach, ist sie auch nach dem AnSVG für die Auslegung des Begriffs Insiderinformation maßgeblich. Da die den §§ 12 ff. WpHG a. F. zugrundeliegende Insiderrichtline, welche im Jahre 2003 durch die Marktmissbrauchs-RL ersetzt wurde, von „Insiderinformation“ 127 Beim Scalping kauft der Täter ein Wertpapier zu einem günstigen Preis, um es, nachdem er gezielt Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an das Anlagepublikum ausgegeben hat, infolge des Kursanstiegs mit Gewinn zu verkaufen, Mock/Stoll/Eufinger, in: KK/WpHG, § 20a Anh. I – § 4 MaKonV Rn. 22; vgl. auch schon Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 486 f. 128 BGH NZG 2004, 91, 92 – Sascha Opel. 129 Dem BGH zustimmend daher die h. L., Pawlik, in: KK/WpHG, § 13 Rn. 13; Schwark/Kruse, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 14 Rn. 33; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 782; Lenenbach, EWiR 2004, 307, 308; Eichelberger, WuB I G 7. § 20a WpHG 2.04; krit. aber Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 10 und § 14 Rn. 49 unter Verweis auf EuGH AG 2007, 542 – Georgakis. 130 Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz) v. 28.10.2004, BGBl. I, S. 2630.

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sprach, musste die in § 13 Abs. 1 WpHG a. F. verwendete Formulierung richtlinienkonform interpretiert werden. Der BGH hat sich in seiner Argumentation dann auch maßgeblich auf die Marktmissbrauchs-RL gestützt, so dass letztlich § 13 WpHG in der nun geltenden Fassung präjudiziert wurde. Seine Ausführungen beanspruchen daher auch nach Ersetzung des Begriffs „Insidertatsache“ durch den der „Insiderinformation“ im Rahmen des AnSVG Geltung. Die nach § 27a Abs. 1 WpHG zu übermittelnden Informationen stellen, abgesehen vom Mittelherkunftsbericht, subjektive Absichten des Anlegers dar. Das belegt die Formulierung der Nr. 1–4, die durchweg auf subjektive, innere Entschlüsse abstellen.131 Da die mitzuteilenden Angaben des Strategieberichts vom Meldepflichtigen selbst generiert werden, handelt es sich um selbst geschaffenes Insiderwissen, also innere Tatsachen im Sinne der Sascha-Opel-Entscheidung. Mangels Drittbezug liegt danach eine Insiderinformation nicht vor, so dass auch die für einen Insiderverstoß vorgeschriebenen Sanktionen nicht zum Zuge kommen.132 Eine andere Beurteilung wird richtigerweise im Hinblick auf das straf- und bußgeldbewehrte Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG) getroffen. So kann das Unterlassen der Mitteilung nach § 27a WpHG zumindest im Einzelfall unter § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 WpHG, wonach es verboten ist, bewertungserhebliche Umstände entgegen bestehender Rechtsvorschriften zu verschweigen, fallen. Das gilt dann, wenn das Verschweigen der Informationen potentiell kursbeeinflussend ist.133 Denkbar ist zunächst, dass der Einsatz grob verfälschter Mittelherkunfts- und Strategieberichte zu manipulativen Zwecken als informationsgestützte Marktmanipulation gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG zu werten ist, da bewertungserhebliche Umstände unrichtig oder irreführend angegeben werden. Derartige Fälle wirken theoretisch und dürften im Gegensatz zum vollständigen Unterlassen die absolute Ausnahme bilden. Kursbeeinflussend wird weniger der Mittelherkunftsbericht als der Strategiebericht sein, da dieser mit Blick auf die offenzulegenden Investitionsziele durchaus tiefen Einblick in die mit dem Beteiligungsaufbau verfolgte Strategie gewährt und weit mehr noch als eine Mitteilung nach § 21 Abs. 1 WpHG eine bevorstehende Übernahme andeutet. Auch wenn lediglich Zielsetzungen, mithin subjektive Absichten, offenbart werden, werden diese Informationen häufig den Ausschlag für oder gegen den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren bilden, zumal wenn sie eine bevorstehende Übernahme anzeigen. Da es weiterhin für § 20a WpHG unerheblich ist, dass diese Angaben innere Tatsachen darstellen, wird der Tatbestand regelmäßig erfüllt sein. Gleichwohl dürfte in der Praxis häufig nicht mit einer Bestrafung einer 131

Vgl. Nr. 1 „dient“; Nr. 2 „zu erlangen beabsichtigt“; Nr. 3 und 4 „anstrebt“. I. Erg. ebenso Fleischer, AG 2008, 873, 883; U. H. Schneider, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 27a Rn. 30; a. A. wohl Querfurth, WM 2008, 1957, 1960. 133 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 27a WpHG Rn. 23; Fleischer, AG 2008, 873, 883; Querfurth, WM 2008, 1957, 1958 f.; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1804; zurückhaltend Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 325. 132

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so begründeten verbotenen Marktmanipulation durch Zuwiderhandlung gegen § 27a WpHG zu rechnen sein, denn der Nachweis des subjektiven Tatbestandes bereitet ganz erhebliche Beweisschwierigkeiten.134 Zum einen verlangen §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG als entsprechende straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen vorsätzliches bzw. leichtfertiges Handeln. Zum anderen enthält § 20a WpHG nach allgemeiner Ansicht darüber hinaus ein eigenständiges kapitalmarktrechtliches Vorsatzerfordernis, weil der Manipulation ein Wissens- und Wollenselement immanent ist.135 Sind diese subjektiven Tatbestandsmerkmale ohnehin schon schwer zu beweisen, so verschärft sich die Lage noch, weil die Angaben im Strategiebericht subjektive Absichtsbekundungen sind, deren Wahrheitsgehalt kaum verifizierbar ist.136 Hinzu kommt, dass ein Investor zu seiner Entlastung leicht anführen könnte, erst kürzlich seine Investitionsstrategie geändert zu haben, was er nun innerhalb der Frist von 20 Handelstagen anzeigen wolle. Steht jedoch vorsätzliches Handeln fest, wird sich der Meldepflichtige, der die qualifizierte Mitteilungspflicht verletzt hat, wegen verbotener Marktmanipulation verantworten müssen, soweit die von ihm zu machenden Angaben kursbeeinflussend gewesen wären. Das wird angesichts der Beweisschwierigkeiten die absolute Ausnahme bleiben. 3. Würdigung Da § 27a WpHG weitreichende Angaben über die Investitionsplanung verlangt und für seine Verletzung keine unmittelbaren Sanktionen vorgesehen sind, wird aus Sicht eines Investors häufig mehr gegen als für die Einhaltung dieser Pflicht sprechen. Legt er nämlich seine Investitionsziele offen, büßt er seinen selbst erarbeiteten Startvorteil ein, nicht zuletzt weil Kursanstiege und Abwehrmaßnahmen des Übernahmeziels zu erwarten sind.137 Auch wird die Suche unterbewerteter Unternehmen erschwert, wenn sofort Art und Umfang der beabsichtigten Investitionen an alle Marktteilnehmer, und damit letztlich Wettbewerber, mitzuteilen sind. Durch die Sanktionslosigkeit bleibt § 27a WpHG ein „zahnloser Tiger“; es werden bei einem Investor keine Hemmungen aufgebaut, sich gegen die Offenlegung dieser Ziele, um deren Geheimhaltung er bemüht sein wird, zu entscheiden. Das angeordnete Shaming ist wenig geeignet, einen Investor zur Pflichterfüllung anzuhalten, da der ohnehin kurzweilige Reputationsverlust die Vorteile der Geheimhaltung nicht aufwiegt. Das durchaus streng sanktionierte Marktmanipulationsverbot wird regelmäßig an Beweisproblemen scheitern. Ähnliches wird, so 134

Fleischer, AG 2008, 873, 877 f. Mock/Stoll/Eufinger, in: KK/WpHG, § 20a Rn. 212; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 73; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a Rn. 2. 136 Fleischer, AG 2008, 873, 877 f. 137 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119; empirische Belege bei Brav/Jiang/Thomas/ Partnoy, ECGI Working Paper 139/2006, S. 26 ff. 135

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

viel sei vorweggenommen, für eine möglicherweise in Betracht kommende Schadensersatzhaftung gelten.138 Denn die ohnehin im Kapitalmarkthaftungsrecht auftretenden Beweisschwierigkeiten werden wiederum verschärft, da die Unrichtigkeit der vom Meldepflichtigen gem. § 27a WpHG preisgegebenen Absichten kaum nachprüfbar ist. Die gängige Praxis, den Mitteilungsinhalt mit wenig aussagekräftigen Floskeln anzureichern, so dass es sich mehr oder minder nur noch um „kryptische Auskünfte“ 139 handelt, bestätigt dies. Dass die Anleger- und Emittenteninformation nach § 27a WpHG deshalb leer zu laufen droht, hat wohl auch den Gesetzgeber dazu bewegt, sich vorzubehalten, den Verzicht auf eine Sanktionierung nach Ablauf von zwei Jahren anhand der bis dahin gewonnenen praktischen Erfahrungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu revidieren.140 Das Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG bringt diese Änderungen noch nicht; die Erhöhung des Bußgeldrahmens auf bis zu 1.000.000 A betrifft ausschließlich §§ 21, 25, 25a WpHG, nicht aber § 27a WpHG.141 Auch wenn rechtspolitische Fragen nicht zum Gegenstand der Untersuchung zählen, sei gesagt, dass der Rechtsverlust angesichts des schwerwiegenden Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte und angesichts des Umstandes, dass § 27a WpHG schwerlich verifizierbare Absichtsbekundungen verlangt, eine äußerst fragwürdige Sanktion wäre, um dieser Vorschrift zu einer effektiven Durchsetzung zu verhelfen.142

V. Zwischenergebnis Sanktionen dienen der Durchsetzung der Melde- und Veröffentlichungspflichten zur Herstellung transparenter Beteiligungsstrukturen, wobei die präventivverhaltenssteuernde Wirkung im Vordergrund steht. Diese Funktion tritt beim Rechtsverlust deutlich hervor, ist aber auch für den vom Ausgleichsprinzip geprägten Schadensersatz, jedenfalls in seinem kapitalmarktrechtlichen Kontext, anerkannt. Rechtsverlust und Schadensersatz bilden damit die zentralen privatrechtlichen Säulen des auf diesen Zweck geeichten Sanktionensystems. Während § 28 WpHG vornehmlich über die angedrohte objektive Strafhöhe seine abschreckende Wirkung entfaltet, liefert der Schadensersatzanspruch einen Anreiz für geschädigte Anleger, Meldeverstöße aufzudecken, was zusätzlich disziplinieren wirkt. Dadurch lässt sich im Hinblick auf die Beteiligungstransparenz ein Private Enforcement erzielen, das in Ermangelung spezieller Haftungsvorschrif138 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 30; auch Querfurth, WM 2008, 1957, 1961; Fleischer, AG 2008, 873, 881. 139 Fleischer, AG 2008, 873, 877; Nordholtz, in: Heidel, Aktienrecht, § 27a WpHG Rn. 17. 140 Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 13. 141 Vgl. Art. 1 Nr. 11 a) aa), c) RegE Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG. 142 In diese Richtung auch Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2008, 61, 62.

C. Dogmatische Grundstrukturen

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ten über das Deliktsrecht zu kanalisieren ist. In Kombination mit der nicht zu unterschätzenden Höhe denkbarer Vermögensschäden dürfte das Haftungsrecht daher in besonderem Maße normdurchsetzend wirken.

C. Dogmatische Grundstrukturen Obwohl die einzelnen Sanktionen in Konzeption, tatbestandlichen Anforderungen und konkret angeordneter Rechtsfolge nicht unerheblich voneinander abweichen, lassen sich im ordnenden Zugriff einige übergreifende Strukturen erkennen, die ein dogmatisches Grundgerüst des privatrechtlichen Sanktionensystems bilden.

I. Rechtsnatur der Meldepflichten Anzusetzen hat die dogmatische Einordnung bei der Rechtsnatur der Meldepflichten. Dabei ist zwischen der Doppelnatur der Meldepflichten (unter 1.) und ihrer Einordnung als Rechtspflicht oder Obliegenheit (unter 2.) zu differenzieren. 1. Stellung zwischen Privatrecht und Öffentlichem Recht Mit der Zuordnung der §§ 21 ff. WpHG zum öffentlichen Wirtschaftsrecht143 ist nicht viel gewonnen, da dieses Gebiet, wie auch das gesamte Kapitalmarktrecht, eine Querschnittsmaterie144 verschiedener Rechtsteilgebiete bildet. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass die §§ 21 ff. WpHG im Schnittfeld von Privatrecht und Öffentlichem Recht angesiedelt sind. Während die Pflicht zur Abgabe der Stimmrechtsmitteilung gegenüber der BaFin als aufsichtsrechtliche Verpflichtung rein öffentlich-rechtlich determiniert ist, stellt sich die gegenüber der Gesellschaft zu erfüllende Pflicht als privatrechtlich und zugleich öffentlichrechtlich dar. Sie weist dadurch eine Doppelnatur auf.145 Dabei folgt die öffentlich-rechtliche Komponente in der Beziehung Meldepflichtiger-Gesellschaft weniger aus der Bußgeldbewehrung nach § 39 Abs. 2 WpHG,146 als aus § 4 Abs. 2 143

U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 13. Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1221 f.; vgl. auch Assmann, in: FS U. H. Schneider, S. 37, 38; ferner die Definition des Begriffs „Kapitalmarktrecht“ von Hopt, ZHR 141 (1977), 398, 413. 145 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 15; Bedkowski, BB 2009, 1482, 1483; Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 5; ders./Heinrich, ebd., Einl. Rn. 6; für §§ 31 ff. WpHG auch OLG Frankfurt BKR 2009, 388, 390. Rein öffentlich-rechtliche Einordnung befürwortend aber Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1222. Zwingendes Privatrecht annehmend Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Börsennotierte AG, § 17 Rn. 4. 146 Hierauf abstellend U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 15. 144

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

S. 1 WpHG, der die BaFin berechtigt, die Einhaltung der Meldepflichten gegebenenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen. Da nicht nur die Mitteilung an sie, die BaFin selbst, sondern auch an die Gesellschaft verwaltungsrechtlich erzwingbar ist,147 ist die Pflichtenbindung zwischen Meldepflichtigem und Emittent zugleich privatrechtlich und öffentlich-rechtlich. Es besteht also ein doppeltes Band. So erklärt sich dann auch, dass der Nachweis der Beteiligung (§ 27 WpHG) und der Mittelherkunfts- und Strategiebericht (§ 27a WpHG) trotz Fehlens eines Bußgeldes eine Doppelnatur aufweisen.148 Ausgehend hiervon stellt sich für die Rechtsfolgensystematik die Frage, ob Meldepflicht und Sanktion derselben Rechtsebene entspringen müssen. Angesprochen sind Fälle, in denen der Meldepflichtige zwar der Gesellschaft, nicht aber der BaFin die Veränderung seines Stimmrechtsanteils mitteilt. Fraglich ist dann, ob die Verletzung der öffentlich-rechtlichen Meldepflicht gegenüber der BaFin privatrechtlich sanktioniert werden kann. Relevanz kommt dem ausschließlich für den Rechtsverlust zu, da ein Anlegerschaden wegen der Nichterfüllung der Meldepflicht gegenüber der BaFin nicht vorstellbar ist. Entgegen dem OLG Schleswig149 und der h. L.150 verneint Mülbert die aufgeworfene Frage, indem er sich einer teleologischen Reduktion des Wortlauts des § 28 S. 1 WpHG bedient.151 Da § 28 WpHG nicht dem aufsichtsrechtlichen Zweck der Unterstützung der BaFin bei der Überwachung der Einhaltung der Meldepflichten diene, sei sein Wortlaut, der diese Fälle durchaus erfasst, teleologisch zu reduzieren. Dahinter scheint der Gedanke durch, dass der Emittent durch die Veröffentlichung der Mitteilung den wesentlichen Akt der Information des Anlagepublikums vollzieht, so dass der Zweck des Rechtsverlusts sich darauf beschränken kann, die Mitteilung an den Emittenten sicherzustellen. Dahingehend weisen auch andere Autoren, freilich ohne im Ergebnis den Weg Mülberts zu gehen, darauf hin, dass das Regelungskonzept des § 28 WpHG insoweit eigentümlich sei, als die Verletzung formeller kapitalmarktrechtlicher Pflichten eine gesellschaftsrechtliche Sanktionierung nach sich zieht.152 Diese Empfindung wird durch einen Blick auf § 20 Abs. 7 AktG noch bestärkt. Dort findet sich 147 In der Praxis wird die BaFin freilich die Mitteilung direkt veröffentlichen, um die schnellstmögliche Information des Marktes zu erreichen. 148 Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 5; Querfurth, WM 2008, 1957, 1958; a. A. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 16. 149 OLG Schleswig AG 2006, 120, 122. 150 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 13; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 28 WpHG Rn. 4; Süßmann, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 13 Rn. 29; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 248; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.447. 151 Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1226; folgend von Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 482. 152 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 4; Fleischer, ZIP 2006, 451, 457; drastischer Widder, NZG 2004, 275, 276 – „systemwidrig“.

C. Dogmatische Grundstrukturen

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zwar dasselbe Konzept, doch entstammen Pflicht und Sanktion hier derselben rechtstechnischen Ebene, nämlich dem Gesellschaftsrecht. Grund ist, dass § 20 AktG keine Meldung an eine Aufsichtsbehörde kennt. Man mag zugeben, dass der Wortlaut des § 28 S. 1 WpHG, der § 21 Abs. 1, 1a WpHG vollumfänglich, d.h. inklusive der Meldepflicht gegenüber der BaFin, in Bezug nimmt, einer teleologischen Reduktion zugänglich ist. Dennoch überzeugt die Auffassung Mülberts nicht. Er negiert den durchaus wichtigen Umstand, dass die Einbeziehung der BaFin in den Meldeprozess die Gewährleistung inhaltlich zutreffender Stimmrechtsmitteilungen bezweckt. Da sie die Richtigkeit der Mitteilung prüft, dient ihre Einbeziehung in den Meldeprozess „dem Schutz der guten Ordnung im Kapitalmarkt“.153 Sie soll im Interesse von Anleger- und Funktionenschutz die Versorgung des Kapitalmarktes mit zutreffenden Informationen sicherstellen, was die Vertraulichkeit der veröffentlichten Meldungen erhöht. Das gilt zumal vor dem Hintergrund, dass der Markt die veröffentlichten Informationen unverzüglich aufnimmt und in den Marktpreis einarbeitet.154 Die Überwachungsaufgabe der BaFin ist also kein Selbstzweck, sondern dient wiederum dem Kapitalmarkt und den Anlegern, welche auf die Informationen sollen vertrauen dürfen. Dadurch erklärt sich auch das als eigentümlich bezeichnete Regelungskonzept des § 28 WpHG, da nicht nur der Gesamtheit der Anleger, sondern auch den zum Anlagepublikum gehörenden Aktionären und der Gesellschaft selbst ein Überblick über die gegenwärtige Beteiligungsstruktur geliefert wird.155 Überdies zieht die Auffassung Mülberts ein Sanktionsdefizit nach sich, da selbst das vorsätzliche Unterlassen der Mitteilung an die BaFin ohne zivilrechtliche Konsequenzen bliebe. Das ist bedenklich, weil der Rechtsverlust im Vergleich zur Bußgeldsanktion den größeren Anreiz zur Erfüllung der Meldepflichten entfaltet, und zwar inklusive der Pflicht gegenüber der BaFin. Auch macht der Umstand, dass die Veröffentlichung der Stimmrechtsmitteilung durch die Gesellschaft den wesentlichen Akt auf dem Weg zu transparenten Beteiligungsstrukturen bildet, die Mitteilung gegenüber der BaFin nicht obsolet. Zwar hat der Emittent der BaFin die Veröffentlichung der Stimmrechtsmitteilung unter Angabe ihres Textes (vgl. §§ 26 Abs. 2 WpHG, 21, 3c WpAIV) mitzuteilen,156 womit die BaFin von der Stimmrechtsveränderung Kenntnis erlangt. Jedoch fordert die Struktur der §§ 21 Abs. 1, 26 Abs. 2 WpHG eine zweifache Unterrichtung der BaFin, und zwar über verschiedene Umstände und durch verschiedene Adressaten: einmal durch den Meldepflichtigen über die veränderte Stimmrechtsbeteiligung und anschließend durch den Emittenten über die Vornahme der Veröffentlichung. Folgerichtig be153

U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 2. Zur Efficient Capital Market Hypothesis vgl. die Nachweise unter § 3 A. II. 1, S. 54 m. Fn. 16. 155 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 2; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 4. 156 Zu den Einzelheiten Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 26 Rn. 23. 154

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trifft § 28 WpHG, seinem Wortlaut entsprechend, auch Meldefehler gegenüber der BaFin. 2. Rechtspflichten oder Obliegenheiten? Bisher wurden die §§ 21 ff. WpHG ihrer amtlichen Überschrift entsprechend als Pflichten bezeichnet, ohne zu klären, ob sie echte Rechtspflichten oder bloße Obliegenheiten darstellen. Der Unterschied besteht darin, dass Obliegenheiten Pflichten geringerer Intensität sind, da sie dem Berechtigten weder einen Erfüllungs- noch den Verletzungsschadensersatzanspruch gewähren.157 Die Befolgung der Obliegenheit liegt vielmehr im wohlverstandenen eigenen Interesse des mit ihr Belasteten, weil an die Verletzung typischerweise rechtliche Nachteile gebunden sind. a) Abstrakte Einordnung Für die Einordnung der Meldepflichten als Obliegenheiten158 wird ins Feld geführt, dass das WpHG an keiner Stelle diesbezügliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche regelt. Vielmehr müsse der Meldepflichtige die Stimmrechtsmitteilungspflichten ordnungsgemäß erfüllen, um sich seine Aktienrechte zu erhalten, denn andernfalls drohe ihm der Rechtsverlust (§ 28 WpHG). Da diese Umstände typische Obliegenheitsmerkmale sind, seien die §§ 21 ff. WpHG als Obliegenheiten zu qualifizieren. So sauber die Subsumtion unter die Definitionsmerkmale der Obliegenheit auch gelingt, stellt sich diese Argumentation doch als petitio principii dar. Denn das Bestehen von Erfüllungs- und Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft, die von der Obliegenheit begünstigt wird, hängt von der noch zu untersuchenden Schutzrichtung der §§ 21 ff. WpHG ab. Auch spricht nicht allein der angedrohte Rechtsverlust für das Vorliegen einer Obliegenheit. Das an den Rechtsverlust anknüpfende Erklärungsmodell weist vielmehr insofern eine offene Flanke auf, als §§ 25, 25a, 27a WpHG nicht in den Rechtsverlust einbezogen sind. Die Argumentation für eine Obliegenheit geht in dieser Hinsicht also fehl. Aber auch die von echten Leistungspflichten ausgehende Gegenauffassung159 sieht sich diesem Vorwurf ausgesetzt. Denn ihr 157

BGHZ 24, 378, 382; Kramer, in: MüKo/BGB, Einl. SchuldR Rn. 50. Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 41; Schwark, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 21 Rn. 22; Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1223; für § 20 AktG: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 30; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 7; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, Vor § 20 Rn. 23; Stern, Verletzung der §§ 20, 21 AktG, S. 53 f.; allgemein auch Baums, ZHR 167 (2003), 139, 143. 159 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 145; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 21 Rn. 60; Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 185; für § 20 AktG: Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 2; jetzt auch Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 11. 158

C. Dogmatische Grundstrukturen

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Argument, die Meldepflichten seien Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB und deshalb Leistungspflichten, ist ebenfalls eine petitio principii.160 Zudem ist der auf Pflichten hindeutende Wortlaut insofern kein eindeutiger Beweis. Das zeigt ein Seitenblick auf § 377 HGB, der bekanntlich trotz seines vermeintlich eindeutigen Wortlauts unstreitig eine Obliegenheit darstellt.161 Die von beiden Seiten vorgebrachten Argumente verdeutlichen, dass die abstrakte Einordnung der Meldepflichten als Leistungspflichten oder Obliegenheit mit der latenten Gefahr eines ergebnisorientierten Vorgehens verbunden ist. So wird die Rechtsnatur dann auch häufig dazu verwendet, um je nach Überzeugung, Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche zulassen oder ausschließen zu können.162 Der Zirkelschluss liegt dabei auf der Hand. Um ein begriffsjuristisches Vorgehen zu vermeiden, ist es überzeugender, anhand von Sinn und Zweck der §§ 21 ff. WpHG und dem gesetzgeberischen Willen zu ermitteln, ob der Gesellschaft Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche zustehen. Hieraus ergibt sich dann die passende Begrifflichkeit. b) Erfüllungs- und Schadensersatzanspruch der Gesellschaft Die Bedeutung der Frage nach Erfüllungsansprüchen der Gesellschaft liegt weniger in ihrer praktischen Relevanz als in ihrer Bedeutung für die Einordnung der Meldepflichten. Als praktische Anwendungsfälle werden immerhin Struktur- und Sanierungsmaßnahmen genannt, die angesichts ihrer Tragweite wirksame Hauptversammlungsbeschlüsse erfordern.163 Da unter Beteiligung meldesäumiger Aktionäre gefasste Beschlüsse anfechtbar sind und bei Klageerhebung nicht ins Handelsregister eingetragen werden,164 könnte ein Erfüllungsanspruch die damit einhergehenden finanziellen oder gar existenziellen Risiken eindämmen. Zudem könnte der Emittent Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB vom meldepflichtwidrig agierenden Aktionär, der für die Registersperre mit verantwortlich ist, verlangen.165 Ferner ist denkbar, dass der Emittent Klarheit über die aktuellen Beteiligungsverhältnisse haben möchte, etwa weil Gerüchte kursieren, ein Investor baue verdeckt Positionen auf. Diesen Unsicherheiten könnte mit einem Erfüllungsanspruch begegnet werden.

160

Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 7 m. Fn. 18. Siehe nur BGH NJW 1990, 1290, 1291 f. 162 Stellvertretend Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 30, der von Obliegenheiten ausgeht und deshalb Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB verneint. 163 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 21 Rn. 60. 164 Hierzu § 4 B. III. 2., S. 116 ff. 165 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 21 Rn. 60. 161

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

Die h. L. lehnt unter Gefolgschaft des OLG Stuttgart166 mit Recht einen Erfüllungsanspruch der Gesellschaft ab.167 Weder § 21 Abs. 1 WpHG als gesetzlicher Leistungsanspruch168 noch § 1004 BGB als quasinegatorischer Anspruch169 bieten eine taugliche Grundlage für ein Erfüllungsbegehren. Das folgt allerdings noch nicht daraus, dass § 4 Abs. 2 WpHG die Erzwingung unterlassener Mitteilungen der BaFin zuweist.170 Diese Vorschrift begründet keine behördliche Exklusivzuständigkeit. Auch entspräche es durchaus der Struktur des Kapitalmarktrechts, aufsichtsrechtliche und privatrechtliche Durchsetzung nebeneinander zur Anwendung zu bringen. Ausschlaggebend für das Nichtbestehen eines Erfüllungsanspruchs ist vielmehr, dass der zu seiner Begründung angeführte Verweis auf die Gesetzesmaterialien bei Lichte besehen nicht trägt. Dort ist zwar in der Tat zu lesen, die Stimmrechtstransparenz „ermöglicht auch der Aktiengesellschaft einen besseren Überblick über die Aktionärsstruktur und die Beherrschungsverhältnisse“.171 Doch lässt diese Formulierung bei genauem Hinsehen Zweifel aufkommen, ob ein echter Leistungsanspruch begründet oder nicht ein bloßer Nebeneffekt beschrieben wird. Wenn der Gesellschaft gerade einmal „auch“, d.h. nicht als Primärobjekt der melderechtlichen Zwecksetzung, ein solcher Überblick zudem nur „ermöglicht“ wird, ist letzteres naheliegender. Dieser Nebeneffekt ist gewiss erwünscht, denn andernfalls wäre nicht verständlich, warum die Stimmrechtsmitteilung den (Um-)Weg über den Emittenten an den Markt gehen muss. Doch kann ein Nebeneffekt die Gesellschaft nicht ermächtigen, die Stimmrechtsmitteilung vom Aktionär (gegebenenfalls gerichtlich) einzufordern. Das gibt die gesetzgeberische Intention nachgerade nicht her.172 Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Gesetzgeber sich bei der Schaffung der §§ 21 ff. WpHG am Vorbild der §§ 20 f. AktG orientiert hat, was dazu führte, dass die Zielsetzung jener Vorschriften schlicht übernommen wurde. Diese besteht darin, geplante und bestehende Konzernverbindungen aufzudecken und die selbst für die Unternehmensleitung nicht erkennbaren wahren Machtverhältnisse 166

OLG Stuttgart AG 2009, 124, 128. Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 41; Schwark, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 21 WpHG Rn. 22; Koppensteiner, in: KK/AktG, Anh. § 22 §§ 21 ff. WpHG Rn. 46; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 457; Witt, Übernahmen, S. 142. 168 Hierauf abstellend U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 145; Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 185. 169 Hierauf abstellend Burgard, Offenlegung, S. 54; einen Anspruch bejahend, aber die Anspruchsgrundlage offenlassend Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 21 Rn. 60. 170 So aber Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 41. 171 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 52. 172 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 21 WpHG Rn. 22; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 457. 167

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in der Gesellschaft erkennbar zu machen.173 Mit der Trennung der Anwendungsbereiche aktienrechtlicher und kapitalmarktrechtlicher Beteiligungstransparenz (§§ 20 Abs. 8, 21 Abs. 5 AktG) haben die Vorschriften der §§ 21 ff. WpHG aber ein streng kapitalmarktrechtliches Gepräge erhalten.174 Ihre Kernaufgabe ist die Information des Anlagepublikums. Umgekehrt sind kapitalmarktrechtliche Belange im Rahmen der §§ 20 f. AktG nicht zu berücksichtigen.175 Während diese konzernrechtlich wirken, wollen jene kapitalmarktrechtlich verstanden werden. Zwar vermögen auch die §§ 21 ff. WpHG trotz ihres Kapitalmarktbezugs Konzernbildungen aufzudecken, doch liegt ihr originäres Regelungsziel nicht im Schutz vor der sog. Konzerngefahr.176 Vielmehr zielen sie als Informationsnormen auf das Anlagepublikum am Kapitalmarkt ab, weshalb sie dem kapitalmarktrechtlichen Anleger- und Funktionenschutz zuzuordnen sind und ihrer gesellschaftsrechtlichen Komponente keine eigenständige Bedeutung zukommt.177 Bestätigung liefert § 35 WpÜG, bei welchem der Konzerneingangsschutz als Regelungsanliegen prima facie besonders naheliegend erscheint. Ganz überwiegend wird die Vorschrift jedoch als Ausprägung des kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutzes begriffen, ohne ihr einen konzernrechtlichen Schutzzweck zuzuschreiben.178 Dieser konzeptionell verschiedene Ansatz aktienrechtlicher und kapitalmarktrechtlicher Beteiligungstransparenz179 manifestiert sich dann auch in einer Reihe tatbestandlicher Unterschiede zwischen § 21 WpHG und § 20 AktG. So ist beispielsweise der personelle Anwendungsbereich von § 20 AktG auf Unternehmen im konzernrechtlichen Sinn beschränkt und weist kein dichtes Netz an Meldeschwellen auf, sondern knüpft allein an eine Kapitalbeteiligung von 25% an.180 Eine gesetzliche Sonderverbindung besteht auch nicht deshalb, weil man die Abgabe einer ordnungsgemäßen Mitteilung mit dem Gedanken der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht begründen möchte. Zum einen lassen sich aus der Treuepflicht keine über die §§ 21 ff. WpHG hinausgehenden Meldepflichten ableiten. 173

Begr. RegE § 20 AktG bei Kropff, AktG, S. 38; auch BGHZ 114, 203, 215. Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 762 ff.; Lebherz, Emittenten-Compliance, S. 35. 175 Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 3; Kümpel/Veil, WpHG, S. 153; relativierend Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel II, 4. Kap. Rn. 10. 176 Zum Begriff Bayer, in: MüKo/AktG, § 15 Rn. 7. 177 Zurückhaltender Starke, Beteiligungstransparenz, S. 95. 178 Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 35 Rn. 32 f.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, Vor § 311 Rn. 25; Derst, Ansprüche von Aktionären, S. 51 ff.; Paul, Konzern 2009, 80, 81; a. A. Baums/Hecker, in: Baums/ Thoma, WpÜG, Vor § 35 Rn. 106; Hasselbach, in: KK/WpÜG, § 35 Rn. 1. 179 Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 61; Nodoushani, WM 2008, 1671, 1671; Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 763; Kümpel/Veil, WpHG, S. 153; Lenenbach, WuB II A. § 20 AktG 1.06. 180 Weitere Unterschiede bei Koppensteiner, in: KK/AktG, Anh. § 22 §§ 21 ff. WpHG Rn. 8. 174

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Die Vorschriften sind abschließend; das ist trotz vernehmbarer Gegenstimmen181 anerkannt.182 Zum anderen würde man nur eine unnötige Doppelung der Verpflichtung zur Stimmrechtsmitteilung erreichen, wenn man die Mitteilungspflicht aus dem Gesetz und aus der Treuepflicht herleitet. Doch selbst wenn die Treuepflicht im Einzelfall die Erfüllung von §§ 21 ff. WpHG gebieten mag, so findet das so konstruierte Forderungsrecht nicht in den §§ 21 ff. WpHG, um deren rechtstechnische Einordnung es hier geht, sondern in der Treuepflicht seine rechtliche Grundlage. Im Übrigen kann der Emittent nicht mittelbar durch Einschaltung der BaFin die Durchsetzung der Meldepflichten bewirken. Da die BaFin nur im öffentlichen Interesse tätig wird (§ 4 Abs. 4 FinDAG), besteht weder ein subjektives öffentliches Recht auf ihr Einschreiten noch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber.183 Dem Emittent verbleibt, wie auch jedem Anleger, nur die informelle Bitte an den Behördenmitarbeiter, Maßnahmen gegen ein aus seiner Sicht meldewidriges Verhalten einzuleiten. Gegen das Bestehen eines Erfüllungsanspruchs streitet auch, dass der Bericht nach § 27a WpHG entgegen dem ursprünglichen Gesetzesentwurf nicht mehr „auf Verlangen“ des Emittenten zu erbringen ist, was als Leistungsanspruch zu interpretieren gewesen wäre. Dieses Merkmal wurde ersatzlos gestrichen.184 Daraus ist zu schließen, dass kein Erfüllungsanspruch bestehen soll.185 Kann der Emittent danach nicht die Abgabe der „qualifizierten“ Mitteilung nach § 27a WpHG verlangen, so gilt dies erst Recht für die einfache Stimmrechtsmitteilung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der Nachweispflicht des § 27 WpHG ableiten. Zwar steht dem Emittenten ein einklagbarer Anspruch auf den Nachweis der Beteiligung zu,186 doch begründet dies nicht zugleich einen Anspruch auf die Abgabe der Stimmrechtsmitteilung. Im Gegenteil: Die die Nachweispflicht entsteht erst, nachdem dem Emittenten eine Stimmrechtsmitteilung zugegangen ist.187 Da demzufolge keine schuldrechtliche Pflicht des Meldepflichtigen zur Abgabe der Stimmrechtsmitteilung besteht, ist folgerichtig auch nicht § 280 Abs. 1 BGB zu Gunsten des Emittenten anwendbar. Vorstehende Ausführungen haben zudem gezeigt, dass der Emittent nicht eigenständiges Schutzobjekt der Stimmrechtsmitteilungspflichten ist, womit §§ 21 ff. WpHG keine Schutzgesetze i. S. d.

181 Burgard, Offenlegung, S. 67 f.; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 21 Rn. 69; sympathisierend Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 10. 182 Ausführlich Tröger, Treupflicht, S. 308 ff.; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 163 ff.; ferner Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 63; Janert, BB 2004, 169, 172. 183 Seyfried, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 3.30. 184 Bericht des Finanzausschusses, RBG, BT-Drucks. 16/9821, S. 12. 185 A. A. Querfurth, WM 2008, 1957, 1961. 186 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 56; Hirte, in: FS Lutter, S. 1347, 1348. 187 Vgl. § 2 B. II. 5., S. 46.

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§ 823 Abs. 2 BGB zu seinen Gunsten sind. Ob diese Vorschriften hingegen Schutzgesetze zugunsten der Anleger sein können, ist damit noch nicht entschieden.188 Der Schutz des Emittenten stellt sich nach dem Gesagten nur reflexartig mit der Erfüllung der Mitteilungspflichten ein. Im Übrigen wird ein Vermögensschaden als Folge mangelhafter Beteiligungstransparenz auf seiner Seite, wiewohl derartige Fälle, wie eingangs aufgezeigt, durchaus vorstellbar sind, in der Praxis kaum anzutreffen sein.189 Der Schaden tritt grundsätzlich beim Anleger ein. Deshalb liegt auch kein Doppelschaden dergestalt vor, dass ein primär am Gesellschaftsvermögen eintretender Schaden anteilig auf den Wert der Beteiligung der einzelnen Anleger durchschlägt und daher bei diesen eine Vermögensschädigung auslöst.190 c) Auswirkungen auf mögliche Ansprüche von Anlegern Mangels Erfüllungs- und Schadensersatzansprüchen und mit Rücksicht auf den Rechtsverlust spricht danach mehr dafür, die Stimmrechtsmitteilungspflicht als Obliegenheiten zu qualifizieren.191 Unscharf ist der Begriff zwar, weil Obliegenheiten typischerweise an ein bestehendes (Primär-)Schuldverhältnis anknüpfen,192 welches hier fehlt. Jedoch beschreibt er das herausgearbeitete Verhältnis zwischen Gesellschaft und Meldepflichtigem besser als der Begriff der Pflicht. Diese Einordnung berührt die Rechtsstellung des Anlegers zunächst nicht. Dass er vom Meldepflichtigen nicht die Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung verlangen kann, ergibt sich nämlich schon daraus, dass nicht er, sondern die Gesellschaft Adressat der Mitteilung ist. Rechtstechnisch müsste man dem Anleger einen Anspruch gegen den Meldepflichtigen auf Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung an die Gesellschaft einräumen. Das ist denkbar praxisfern, da kein Anleger bereit sein wird, das Risiko eines Prozesses zur Informationsverschaffung „übers Eck“ zu tragen. Ob hingegen dem Anleger ein Anspruch gegen den Emittenten auf Veröffentlichung nach § 26 WpHG zusteht, richtet sich nach der noch zu untersuchenden Schutzrichtung dieser Vorschrift. Der Anspruch scheitert jedenfalls, wenn die Gesellschaft keine Mitteilung erhalten hat, und zwar auch dann, wenn sie auf andere Weise als durch Mitteilung Kenntnis von dem melde188

Diese Frage wird unter § 5 B. V. 2. b), S. 213 ff. untersucht. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 145. 190 Kalss, Anlegerinteressen, S. 385; Stern, Verletzung der §§ 20, 21 AktG, S. 92; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 145. 191 Der amtlichen Überschrift der §§ 21 ff. WpHG entsprechend wird im Laufe der Arbeit weiterhin von „Pflichten“ gesprochen. 192 Deshalb vergleichbare Bedenken bezüglich der Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB anmeldend, aber letztlich den Begriff Obliegenheit verwendend Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 VI 1c, S. 552. Zum Streit, ob Obliegenheiten nur im Rahmen bestehender Schuldverhältnisse vorstellbar sind Olzen, in: Staudinger, BGB, § 241 Rn. 122. 189

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pflichtigen Ereignis erlangt hat. Sie ist in diesem Fall zur Veröffentlichung nur berechtigt, nicht aber verpflichtet.193 Zudem scheidet in Ermangelung einer melderechtlichen Beziehung zum Meldepflichtigen ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB aus. Die Einordnung der Meldepflichten als Pflicht oder Obliegenheiten könnte, was nicht selten übersehen wird, für § 823 Abs. 2 BGB von Bedeutung sein. So meint Windbichler, dass die §§ 20 f. AktG, welche sie als Obliegenheiten einstuft, aus diesem Grund sich nicht als Schutzgesetze eigneten.194 Zugleich weist sie Koppensteiner darauf hin,195 es sei widersprüchlich, wenn er ebenfalls von Obliegenheiten ausgehe, den Vorschriften dann aber Schutzgesetzqualität beimesse.196 Es trifft zwar zu, dass die Mitteilungspflichten nicht als Schutzgesetze zugunsten der Gesellschaft zu sehen sind. Das folgt aber, wie eben gesehen, nicht aus ihrer Rechtsnatur, sondern aus Historie und Ratio. Fehl geht es aber, wenn Windbichler aus der Qualifikation der Meldepflichten als Obliegenheiten folgert, sie könnten per se auch keinen Schutz der Anleger bezwecken. Denn von der (internen) Meldebeziehung zwischen Meldepflichtigem und Gesellschaft ist das hier interessierende Verhältnis Meldepflichtiger-Anleger zu trennen. Da der Anleger in die Meldebeziehung nicht direkt einbezogen ist, ist nicht einzusehen, warum die Einstufung der Meldepflichten als Obliegenheiten, die ja nur die Beziehung Meldepflichtiger-Gesellschaft betrifft, sich zu seinen Lasten soll auswirken können. Ein solches Durchschlagen der Rechtsnatur auf den Rechtskreis des Anlegers lässt sich nicht rechtfertigen. Vielmehr sind die Beziehungen EmittentMeldepflichtiger und Emittent-Anleger, was die Schutzgesetzfrage betrifft, streng auseinanderzuhalten. Im Ergebnis kann die Rechtsnatur der §§ 21 ff. WpHG deren Schutzgesetzcharakter nicht beeinflussen. Rechtskonstruktiv bieten sich zur Begründung zwei Ansätze an:197 Zum einen könnte der Weg Koppensteiners eingeschlagen werden. Dieser charakterisiert un193 OLG Stuttgart AG 2009, 124, 128; Janert, BB 2004, 169, 170; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 26 Rn. 6; a. A. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 26 Rn. 14. 194 Windbichler, in: GK/AktG, § 20 Rn. 88. 195 Windbichler, ebd., Rn. 88 mit Fn. 242. 196 Koppensteiner, in: KK/AktG, 2. Aufl. (1988), § 20 Rn. 7, 59, wo § 20 AktG als Obliegenheit (Rn. 7) und sodann als Schutzgesetz qualifiziert wird (Rn. 59). In der Neuauflage gibt er diese Auffassung auf; dazu sogleich im Text. 197 Ein dritter Weg könnte aus der Doppelnatur der Meldepflichten folgen. Da die BaFin ermächtigt ist, die Mitteilung nicht nur an sich selbst, sondern auch an die Gesellschaft durchzusetzen, erweist sich diese öffentlich-rechtliche Bindung der Meldepflichten als echte Rechtspflicht. Damit lassen sich die Bedenken Windbichlers ausräumen. Dennoch scheitert dieser Weg am fehlenden Individualschutz. Da die BaFin ihre Aufgaben allein im öffentlichen Interesse wahrnimmt (§ 4 Abs. 4 FinDAG), besteht kein subjektives öffentliches Recht auf ihr Tätigwerden. Folglich wirkt die öffentlichrechtliche Komponente der Meldepflichten nicht individualschützend, so dass auch hieraus kein Erfüllungsanspruch hergeleitet werden kann.

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ter Aufgabe seiner bisherigen Auffassung die §§ 20 f. AktG nun als Rechtspflichten, mit denen dann aber kein Erfüllungsanspruch einhergehen soll.198 Die Schutzgesetzfrage bejaht er dann weiterhin. Dieser Weg erscheint, auch wenn die bisherige Zuordnung der §§ 21 ff. WpHG als Obliegenheiten, wiewohl unscharf, aufgegeben werden müsste, insofern gangbar, als dem Zivilrecht durchaus Rechtspflichten ohne Erfüllungsanspruch bekannt sind, etwa Rücksichtspflichten.199 Im Vordringen ist hingegen der Ansatz, die Schutzgesetzfrage unabhängig von der Rechtsnatur der Mitteilungspflichten zu beurteilen.200 Die Einstufung der §§ 21 ff. WpHG als Obliegenheit stört demnach ihre Eignung als Schutznormen nicht. Obwohl ein Entscheid zwischen diesen beiden Vorschlägen nicht zwingend ist, erscheint letztgenannter Weg methodenehrlicher, zumal die Schutzgesetzfrage frei von begrifflichen Vorprägungen entwickelt werden kann. Auch wird berücksichtigt, dass sich die Qualifikation der §§ 21 ff. WpHG als Obliegenheiten auf das Verhältnis Meldepflichtiger-Gesellschaft beschränkt und dementsprechend nicht auf das Verhältnis Meldepflichtiger-Anleger einwirkt. Man mag sich insoweit an die Relativität schuldrechtlicher Beziehungen erinnert fühlen, die freilich hier insofern nicht ganz passt, als die Mitteilungspflichten eher Obliegenheit darstellen. 3. Zwischenergebnis Festzuhalten ist nach alledem, dass der Gesellschaft weder ein Anspruch auf Erfüllung der Stimmrechtsmitteilungspflichten noch im Falle ihrer Verletzung ein Schadensersatzanspruch gegen den Meldepflichtigen zusteht. Er lässt sich weder auf § 280 BGB noch § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 21 ff. WpHG stützen. Auf die Meldebeziehung zwischen Meldepflichtigem und Emittent passt daher der Begriff der Obliegenheit. Rechtstechnisch hindert diese Qualifikation jedoch nicht, die Meldepflichten als Schutzgesetze zugunsten der Anleger einstufen zu können; lediglich der Emittent scheidet als Schutzobjekt aus. Die Frage des Schutzgesetzcharakters zugunsten der Anleger ist demzufolge noch in keiner Weise entschieden und bleibt einer von der Rechtsnatur unabhängigen Untersuchung vorbehalten. Ferner hat der Umstand, dass die Stimmrechtsmitteilungspflichten sich aus privat- und zugleich öffentlich-rechtlichen Komponenten zusammensetzen, nicht zur Folge, dass die Verletzung der Mitteilungspflicht nur gegenüber der BaFin nicht den Rechtsverlust auslösen würde. Um eine zutreffende Informationsversorgung des Kapitalmarktes zu garantieren, muss auch die Pflicht, die Stimm198 Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 11, 90 und Anh. § 22 §§ 21 ff. WpHG Rn. 46. 199 Hierzu Olzen, in: Staudinger, BGB, § 241 Rn. 153 ff. 200 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 7; Sester, in: Spindler/Stilz, AktG, 1. Aufl. (2007) Vor § 20 Rn. 31; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 64.

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rechtsmitteilung an die BaFin zu senden, mit Hilfe des Rechtsverlusts durchgesetzt werden.

II. Kategorien der Meldepflichtverletzung 1. Nichterfüllung und Schlechterfüllung Ausgehend von den Anforderungen an eine Stimmrechtsmitteilung ergibt sich ein denkbar weites Feld möglicher Verletzungshandlungen. Eine Systematisierung lässt sich mit Hilfe von § 39 Abs. 2 Nr. 2, 5 WpHG erreichen. Demnach handelt ordnungswidrig, wer eine Stimmrechtsmitteilung entgegen §§ 21 Abs. 1 S. 1, 2, Abs. 1a, 25 Abs. 1, 25a Abs. 1 WpHG „nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig“ macht.201 Für die Veröffentlichungspflichten des Emittenten wird diese Liste um deren nicht rechtzeitige Nachholung erweitert. Unterteilen lassen sich diese Verletzungshandlungen in die Kategorien Nichterfüllung und Schlechterfüllung. Dieselbe Grundkonzeption weisen auch die §§ 37b, c WpHG auf, die einen Schadensersatzanspruch für fehlende und fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen statuieren. Während bei einer Nichterfüllung die Meldung oder Veröffentlichung vollständig unterbleibt, wird bei einer Schlechterfüllung die Beteiligungstransaktion zwar gemeldet, allerdings nicht den Anforderungen der §§ 21 ff. WpHG entsprechend. Außer der in § 39 Abs. 2 Nr. 2, 5 a. E. zuerst genannten Verletzungshandlung („nicht“) unterfallen somit sämtliche Alternativen der Schlechterfüllung. Die genaue Subsumtion unter eine konkrete Variante der Schlechterfüllung ist freilich entbehrlich, da in jedem Fall eine Schlechterfüllung gegeben ist. Im Übrigen wäre die Abgrenzung kaum trennscharf durchführbar, liegen die Alternativen mitunter doch sehr nahe beieinander. So könnte eine Meldung eines Anlegers, er habe die 3%-Schwelle überschritten, obwohl er tatsächlich 8% der Stimmrechte hält und demnach auch die Schwelle von 5% überschritten hat, sowohl „nicht richtig“ als auch „nicht vollständig“ oder gar beides sein. 2. Gleichbehandlung auf Sanktionsebene Werden demnach Nichterfüllung und Schlechterfüllung bußgeldrechtlich gleich behandelt, fragt sich, ob dies ebenso für die zivilrechtlichen Sanktionen gilt. Schadensrechtlich sind Nichterfüllung und Schlechterfüllung unzweifelhaft in gleicher Weise relevant.202 Denn sowohl das Unterlassen als auch die fehlerhafte Abgabe einer Information können in eine das Vermögen des Anlegers schädigen201 202

Zu den Einzelheiten Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 39 Rn. 24 ff. Brellochs, Publizität, S. 199; inzident Veil, ZHR 167 (2003), 365, 369.

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de Kapitalanlageentscheidung münden. Eine rationale und fundierte Anlageentscheidung erfordert nicht nur die Kenntnis, dass sich überhaupt die Stimmrechtsstruktur verändert hat, sondern auch die Offenlegung der gesetzlich geforderten Details, namentlich der berührten Meldeschwellen. Zur Bestätigung lässt sich wiederum auf die Konzeption der §§ 37b, c WpHG verweisen. Schwieriger fällt die Beurteilung beim Rechtsverlust, da die Auslegung des in § 28 S. 1 WpHG enthaltenen Merkmals „nicht erfüllt“ umstritten ist. Die h. M. subsumiert hierunter sämtliche der in § 39 Abs. 2 Nr. 2 e) WpHG genannten Fälle, geht also von einer Gleichstellung aus.203 Ebenso wird für die Parallelnormen des § 59 WpÜG204 und § 20 Abs. 7 AktG205 entschieden. Dieser h. M. ist Hüffer entgegengetreten. Er möchte ausschließlich Fälle vollkommen unterlassener Mitteilungen als vom Wortlaut gedeckt ansehen.206 Allerdings entfernt sich seine Sichtweise nicht derart weit von der h. M. wie es auf den ersten Blick scheint. Denn er geht davon aus, dass die Abgabe einer inhaltlich falschen Meldung als Unterlassen der richtigen Mitteilung zu werten ist. Der nicht ordnungsgemäß erbrachten Stimmrechtsmitteilung kommt also keine „Erfüllungswirkung“ zu.207 In der Sache rückt Hüffer damit nahe an die h. M. heran, so dass die Ergebnisse sich häufig entsprechen werden. Allerdings bleibt der zutreffende dogmatische Ansatz erörterungsbedürftig. Auch können Abweichungen bestehen, da Hüffer sich auf inhaltliche Meldefehler beschränkt. Hüffer ist darin zuzustimmen, dass der Wortlaut des § 28 S. 1 WpHG, zumal im systematischen Zusammenhang mit dem explizit von einem Unterlassen sprechenden S. 2, gegen die Einbeziehung der Schlechterfüllung streitet. Auch ist die Regierungsbegründung zum 2. FMFG in diesem Punkt nicht eindeutig, da sie 203 OLG Düsseldorf AG 2006, 202, 205 – Edscha; OLG München AG 2009, 793, 795; LG Köln AG 2008, 336, 337 – STRABAG I; LG Hamburg AG 2002, 525, 526; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 12; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 5; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 27; Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 28 WpHG Rn. 3; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 12; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 5; Scholz, AG 2009, 313, 314; Heinrich, Transparenzbestimmungen, S. 146; ders./ Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 138; Fiedler, Mitteilungen über Beteiligungen, S. 127 f.; Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 96; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1333; ders./Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 834. 204 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 13; Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 15; Schlitt/Ries, in: MüKo/AktG, § 59 WpÜG Rn. 11; Santelmann, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 59 Rn. 10; Tschauner, in: Geibel/ Süßmann, WpÜG, § 59 Rn. 12; a. A. hinsichtlich § 59 WpÜG Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 59 WpÜG Rn. 5. 205 BGHZ 114, 203, 215; Windbichler, in: GK/AktG, § 20 Rn. 66; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 25; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 45; a. A. Weber-Rey, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 23 Rn. 118 mit Fn. 186. 206 Hüffer, AktG, § 20 Rn. 22. 207 Ehricke, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 59 Rn. 8.

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einerseits von den Rechtsfolgen einer „unterlassenen Mitteilung“ spricht, auf der anderen Seite aber die Erforderlichkeit der ordnungsgemäßen Erfüllung der Meldepflichten hervorhebt.208 Allerdings geht nunmehr § 28 S. 3 WpHG von einer Gleichwertigkeit von Nichterfüllung und Schlechterfüllung aus.209 Die dort vorgesehene zeitliche Ausdehnung des Rechtsverlusts greift nämlich nur, sofern die Höhe des Stimmrechtsanteils betroffen ist, d.h. wenn die Meldung unterlassen oder der Gesamtstimmrechtsanteil fehlerhaft angegeben wurde.210 Wenn nun Fehler bei der Angabe des Stimmrechtsanteils als Schlechterfüllung eine Verschärfung des Rechtsverlusts bewirken, so muss dies konsequenterweise schon für § 28 S. 1 WpHG gelten. Weiter spricht der Gesetzgeber in § 28 S. 3 WpHG von der „Verletzung der Mitteilungspflichten“, die nach allgemeinem Sprachgebrauch auch die Schlechterfüllung erfasst. Er erkennt damit an, dass nicht nur unterlassene, sondern auch fehlerhafte Mitteilungen den Informationszweck der §§ 21 ff. WpHG verfehlen können. Denn auch dann stehen dem Anleger nicht die Informationen zur Verfügung, die er zur Beurteilung seiner Anlageentscheidung benötigt. Zudem widerspräche eine Durchbrechung der Gleichwertigkeit dem in der Diskussion wenig bedachten Art. 28 Abs. 1 der Transparenz-RL II, der den Begriff „Verstöße“ verwendet, womit nach allgemeinem Sprachgebrauch wiederum nicht nur das Unterlassen, sondern auch die Schlechterfüllung erfasst wird. Zu beachten ist indes, dass die Gleichstellung von Nichterfüllung und Schlechterfüllung im Rahmen des § 28 WpHG weder einen Automatismus noch einen festen Grundsatz dergestalt begründet, dass jede Schlechterfüllung die Sanktion des Rechtsverlusts auslöst. Hierauf ist bei der Untersuchung des Rechtsverlusts zurückzukommen.211

III. Verschuldenserfordernis Schließlich ist interessant, ob Informationshaftung und Rechtsverlust als zentrale zivilrechtliche Sanktionen eines Meldeverstoßes verschuldensabhängig sind. Dabei geht es nicht darum, den konkreten Verschuldensgrad, sondern nur die Verschuldensabhängigkeit als dogmatische Gemeinsamkeit festzustellen. 1. Kapitalmarktinformationshaftung Abgesehen von § 13a VerkProspG212 weisen sämtliche Prospekthaftungsvorschriften des Primärmarkts (§§ 44 BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG) ein Ver208

Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 56 li. Sp. a. E. Ebenso Scholz, AG 2009, 313, 314. 210 Vocke, BB 2009, 1600, 1604; von Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 482. 211 § 4 C. I. 2., S. 121 ff. 212 Zur Verschuldensunabhängigkeit von § 13a VerkProspG statt vieler Habersack, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 73. 209

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schuldenserfordernis auf, das widerleglich vermutet wird. Auch die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne, die im Grundsatz nicht neben diesen Spezialtatbeständen anwendbar ist, ist verschuldensabhängig.213 Für den Sekundärmarkt stehen mit den §§ 37b, c WpHG für die fehlerhafte und die unterlassene Abgabe von Ad-hoc-Mitteilungen spezialgesetzliche Haftungstatbestände bereit. Auch sie knüpfen an das Verschulden des Emittenten an, das ihm analog § 31 BGB von den handelnden Organmitgliedern zugerechnet wird. Daneben erlaubt § 15 Abs. 6 S. 2 WpHG die Anwendung des Deliktsrechts, freilich mit Ausnahme von § 823 Abs. 2 BGB, da § 15 WpHG laut seinem Abs. 6 kein Schutzgesetz in diesem Sinne ist. Die in Betracht kommenden deliktsrechtlichen Tatbestände, namentlich § 826 BGB, sind ihrerseits wieder verschuldensabhängig. Die spezialgesetzliche und die deliktsrechtliche Kapitalmarkthaftung sind demnach durchweg verschuldensabhängig. Eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung ist dem Kapitalmarktrecht fremd. 2. Rechtsverlust Eine früher vereinzelt zu § 20 Abs. 7 AktG vertretene Auffassung trägt vor, der Wortlaut lasse kein Verschuldenserfordernis erkennen.214 Auch wenn diese Beobachtung durchaus richtig ist, hat sich der aus ihr gezogene Schluss, der Rechtsverlust sei verschuldensunabhängig, nicht durchgesetzt. Ganz herrschend ist heute, dass § 28 WpHG verschuldensabhängig ist, wobei der Meldepflichtige seine Schuldlosigkeit beweisen muss.215 Entsprechendes gilt für die Parallelbestimmungen in § 59 WpÜG216 und § 20 Abs. 7 AktG217. Ungeklärt ist freilich die einstweilen zurückzustellende Folgefrage, unter welchen Voraussetzungen Irrtümer des Meldepflichtigen entschuldigend wirken. Bevor hierauf im nächsten Kapitel eingegangen werden kann, fragt sich, woraus das Verschuldenserfordernis zu entnehmen ist. 213

Zum Ganzen Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1647. Heinsius, in: FS Fischer S. 215, 220; Quack, in: FS Semler, S. 581, 585. 215 KG AG 2009, 30, 38; OLG München AG 2009, 793, 795; LG Köln AG 2008, 336, 337 – STRABAG I; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 Rn. 6; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 20; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 30; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht; § 17 Rn. 124; Dehlinger/ Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 16; Segna, AG 2008, 311, 314 f.; Sudmeyer, BB 2002, 685, 691; Widder, NZG 2004, 275, 276; Fleischer, DB 2010, 1335, 1335; Verse, BKR 2010, 328, 330; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.447. 216 Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 17; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 44 f.; Schlitt/Ries, in: MüKo/AktG, § 59 WpÜG Rn. 17; Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 59 WpÜG Rn. 6; Siemers, Rechtsverlust nach § 59 WpÜG, S. 195; a. A. U. H. Schneider, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 59 Rn. 16. 217 Hüffer, AktG, § 20 Rn. 11; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 43; Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 20 Rn. 17; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 20 Rn. 37; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 254. 214

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

Die Verschuldensabhängigkeit wird häufig aus § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG abgeleitet, wonach die Mitteilung „unverzüglich“, d.h. „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) abzugeben ist.218 Da § 28 WpHG direkt an § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG und damit an das Merkmal der Unverzüglichkeit anknüpfe, sei ein subjektives Merkmal in den Tatbestand aufgenommen.219 Mit dieser Argumentation wird bei Lichte besehen jedoch nur begründet, dass für nicht rechtzeitig abgegebene Mitteilungen ein Verschulden zu berücksichtigen ist.220 Ob andere als auf einer Fristversäumnis beruhende Meldefehler ebenfalls verschuldensabhängig sind, bleibt offen. Schlüssiger erscheint es, aus § 28 S. 2, 3 WpHG, die mit Vorsatz und grober Fahrlässigkeit subjektive Elemente enthalten, im Gegenschluss ein allgemeines Verschuldenserfordernis zu begründen.221 Ausschlaggebend ist letztlich ein verfassungsrechtliches Argument. Das in Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. dem Rechtsstaatsprinzip verwurzelte Schuldprinzip verlangt, dass jede strafrechtliche Sanktion Vorwerfbarkeit auf Seiten des Täters voraussetzt.222 Die systematische Verortung einer Strafvorschrift ist dabei ohne Belang. Denn Strafe zeichnet sich nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht durch ihre Normierung in strafrechtlichen Vorschriften, sondern dadurch aus, dass sie auf Repression und Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt.223 Da sie sich nicht nur gegen kriminelles Verhalten richtet, sondern gegen jedes Unrecht, kann Strafe auch privatrechtlicher Natur und in privatrechtlichen Gesetzen geregelt sein. Als Beleg mag § 890 ZPO dienen.224 Auf die immer noch erbittert geführte Grundsatzdiskussion um pönale Elemente im Zivilrecht kommt es dabei nicht an.225 Auch § 28 WpHG gehört hierher, denn es findet ein umfassender Verlust mitgliedschaftlicher Rechte statt, was ein erheblicher Eingriff in die wirtschaftliche und rechtliche Stellung des Aktionärs im Verband bedeutet.226 Hinzu kommt, dass der Rechtsverlust bis zur Nachholung der gebotenen Mitteilung fortwirkt, was Mülbert als „Dauerdelikt“ bezeichnet.227 Diese 218 Die Legaldefinition des § 121 BGB gilt für das gesamte Privatrecht und Öffentliche Recht, vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 121 Rn. 3. Lebherz, Emittenten-Compliance, S. 199 tritt hingegen für eine autonome europarechtliche Auslegung der Unverzüglichkeit in § 21 WpHG ein, lässt jedoch offen, ob dies zu Abweichungen von den deutschen Grundsätzen führt. 219 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 7; Segna, AG 2008, 311, 315. 220 So offenbar S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 496. 221 Scholz, AG 2009, 313, 319; vorsichtiger Fleischer, DB 2009, 1335, 1335. 222 BVerfGE 20, 323, 331; 50, 205, 214; 80, 82, 87; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. 124; Freund, in: MüKo/StGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 216. 223 BVerfGE 20, 323, 331; 80, 244, 255; 84, 83, 87. 224 BVerfGE 58, 159, 162; 84, 83, 87; BGHZ 146, 318, 323. 225 Hierzu statt vieler Schäfer, AcP 202 (2002), 397. 226 Auch der Stimmrechtsverlust in der Schweiz gem. Art. 20 Abs. 4bis BEHG wird als Sanktion mit Strafcharakter angesehen, vgl. Nachw. bei Verse, BKR 2010, 328, 330 m. Fn. 20.

C. Dogmatische Grundstrukturen

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repressive Wirkung unterstreicht nunmehr § 28 S. 3 WpHG, der einen um sechs Monate seit der Nachholung der Mitteilung nachwirkenden Rechtsverlust vorsieht. Der Rechtsverlust ist demgemäß eine bestrafende Sanktion, die nicht nur der Prävention, sondern auch der repressiven Vergeltung begangener Meldeverstöße dient. Damit ist die Anwendung der vom BVerfG aufgestellten Grundsätze eröffnet.228 Folgerichtig muss der den Rechtsverlust bewirkende Verstoß gegen § 21 Abs. 1, 1a WpHG dem Meldepflichtigen individuell vorwerfbar sein. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber in den Materialen zum RBG nun klargestellt, dass § 28 WpHG ein Verschulden voraussetzt, was der Gegenansicht jede Grundlagen entzieht.229 Nichts anderes kann Art. 28 Abs. 1 der Transparenz-RL II entnommen werden.230 Selbst wenn man das anders sehen und, was kaum begründbar ist, europarechtlich ein Verschuldensprinzip für Sanktionen gegen Transparenzverstöße nicht für erforderlich halten wollte, ist zu beachten, dass die richtlinienkonforme Auslegung nicht zur Begründung oder Verschärfung nationaler strafrechtlicher Sanktionen führen darf.231 Innerhalb der h. M. fordern einige Autoren eine Ausnahme vom Verschuldenserfordernis für hauptversammlungsbezogene Rechte.232 Da das Verschulden vom Versammlungsleiter in der Hauptversammlung nicht nachgeprüft werden könne, sei im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität ein objektiver Maßstab anzulegen. Das OLG Schleswig scheint dem zuzuneigen.233 Diese Auffassung lässt sich mit einem Gegenschluss zu § 28 S. 2 WpHG stützen, der mit dem Vorsatz ein subjektives Element kennt. Vorgesehen ist dort nämlich nur eine Privilegierung vermögensrechtlicher, nicht aber hauptversammlungsbezogener Rechte, so dass der Aktionär bei letztgenannten Rechten nicht in den Genuss einer Exkulpationsmöglichkeit kommt. Damit besteht durchaus ein rechtlicher Ansatzpunkt für die Ausnahme hauptversammlungsbezogener Rechte.234 Überzeugend ist die statuierte Ausnahme dennoch nicht. Zwar ist unbestritten, dass der Versammlungsleiter die Teilnahme- und Stimmberechtigung der Aktionäre zu prüfen 227

Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1231. Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 7; Widder/Kocher, AG 2007, 13, 19; Weber-Rey, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 23 Rn. 133. 229 Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/9821, S. 12. 230 So auch Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 6 a. E. 231 EuGH Slg. 1987, I-3969 – Kolpinghuis; Slg. 1996, I-4705 – Arcaro; Slg. 2005, I3565 – Berlusconi; ferner EuGH Slg. 2005, I-5285 – Pupino. Schon an der Möglichkeit einer richtlinienkonformen Auslegung des § 28 WpHG zweifelnd Verse, BKR 2010, 328, 330. 232 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 7 a. E.; für § 20 Abs. 7 AktG folgend Koppensteiner, in: KK/AktG, Anh. § 20 Rn. 56; Krieger, in: MüHdb/AG, § 68 Rn. 132. 233 OLG Schleswig AG 2008, 129, 131. 234 Anders aber Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 17 Rn. 124. 228

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§ 3 Grundlagen des Sanktionensystems

hat.235 Auch ist ohne weiteres einzusehen, dass in der Hauptversammlung die Vorwerfbarkeit eines Meldeverstoßes nicht überprüfbar ist. Konsequenterweise müsste man aber schon früher ansetzen und prüfen, ob überhaupt eine Meldepflichtverletzung vorliegt. Das ist mit Blick auf die schwierigen Rechts- und Tatsachenfragen, die die §§ 21 ff. WpHG aufwerfen – man denke nur an die Ermittlung und Zurechnung der Stimmrechtsbeteiligung in einem verschachtelten Konzern – ebenso wenig vom Versammlungsleiter zu bewältigen. Darüber hinaus kann nicht erklärt werden, warum eine Ausnahme vom verfassungsrechtlich gebotenen Verschuldenserfordernis ausschließlich hauptversammlungsbezogene Rechte betreffen soll. Diese Ausnahme müsste ebenfalls verfassungsrechtlich bedingt sein, wofür aber ein Anknüpfungspunkt fehlt. Zudem wäre eine Zunahme der über § 28 WpHG eingeleiteten missbräuchlichen Anfechtungsklagen von Hauptversammlungsbeschlüssen zu rechnen. Das von genannter Auffassung für sich beanspruchte Argument der Praktikabilität ist damit entkräftet. Richtigerweise gilt das Verschuldenserfordernis somit für sämtliche, d.h. auch hauptversammlungsspezifische Mitverwaltungsrechte.

IV. Zwischenergebnis Dem Emittenten steht weder ein durchsetzbarer Anspruch auf Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung noch der Verletzungsschadensersatzanspruch zu, weswegen die §§ 21 ff. WpHG in diesem Verhältnis Obliegenheiten darstellen. Zwischen den Anlegern und dem Meldepflichtigen besteht hingegen keinerlei Rechtsbeziehung, was letztlich der Zweistufigkeit des Meldeverfahrens geschuldet ist. Zudem weist die Meldebeziehung zwischen Aktionär und Gesellschaft eine privatrechtlich-öffentlich-rechtliche Doppelnatur auf. Rein öffentlich-rechtlich geprägt ist dagegen das Verhältnis zur BaFin. Als zentrale Sanktionen zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz wurden Rechtsverlust und Schadensersatzhaftung ausgemacht, die nebeneinander anwendbar sind, da § 28 WpHG keine abschließende Regelung der privatrechtlichen Rechtsfolgen von Meldeverstößen enthält. Beide sind verschuldensabhängig und können durch Unterlassen oder fehlerhafte Abgabe von Stimmrechtsmitteilungen ausgelöst werden. Das Verschuldenserfordernis des Rechtsverlusts gilt auch für hauptversammlungsbezogene Rechte.

235 Mülbert, in: GK/AktG, Vor §§ 118–147 Rn. 100; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 129 Rn. 38.

§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG Der Rechtsverlust nach § 28 WpHG ist die einzige unmittelbar an einen Meldeverstoß gekoppelte zivilrechtliche Sanktion, die eine ausdrückliche gesetzliche Normierung erfahren hat. Für das Rechtsfolgensystem nimmt er daher eine zentrale Stellung ein. Für die Praxis ist er insbesondere sobald es um die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen geht, bedeutsam. Der Verlust von Mitgliedschaftsrechten bei Verletzung von Offenlegungspflichten in Bezug auf Gesellschaftsbeteiligungen ist im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht kein singuläres Phänomen. Er findet sich nahezu inhaltsgleich für Verstöße gegen Mitteilungspflichten des AktG (§ 20 Abs. 7 und § 67 Abs. 2 S. 2) sowie des WpÜG (§ 59).1 Es handelt sich daher um eine gesetzestypische Sanktion für Verstöße gegen Beteiligungstransparenzgebote. Zunächst ist die Entstehungsgeschichte des § 28 WpHG nachzuzeichnen, die die Tendenz des Gesetzgebers offenbart, diese ohnehin schneidige Sanktion beständig zu verschärfen und auszudehnen (unter A.). Anschließend soll eine Leitlinie zur Auslegung des § 28 WpHG bestimmt werden (unter B.), die es bei der Analyse der mitunter überaus streitig diskutierten Tatbestandsvoraussetzungen (unter C.) und der kaum geklärten Reichweite des von § 28 WpHG angeordneten Verlusts der Rechte aus Aktien (unter D.) zu beachten gilt. Abschließend ist auf mittelbare Konsequenzen eines eingetretenen Rechtsverlusts einzugehen (unter E.).

A. Historische Entwicklung I. Von der Stimmrechtssperre zum umfassenden Rechtsverlust Da die Mittel des Verwaltungszwanges nach Ansicht des Gesetzgebers nicht ausreichten, um die auf dem Kapitalmarkt notwendige Beteiligungstransparenz herzustellen, wurde in Umsetzung von Art. 15 der Transparenz-RL I der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG geschaffen.2 In seiner durch das 2. FMFG vom 26.7.1994 bestimmten Ursprungsfassung lautete die Vorschrift wie folgt: 1 Im Übrigen sehen §§ 2c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 KWG, 104 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG eine dem Rechtsverlust im weitesten Sinne vergleichbare Sanktion vor. Danach kann die BaFin bei entsprechendem Meldeverstoß die Stimmrechtsausübung und Verfügung über die Anteile untersagen. 2 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 56.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG „Stimmrechte aus Aktien, die einem Meldepflichtigen oder einem von ihm unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Unternehmen zustehen, dürfen für die Zeit, für welche die Mitteilungspflichten nach § 21 Abs. 1 nicht erfüllt werden, nicht ausgeübt werden.“

Auffällig ist, dass sich die Vorschrift auf die Stimmrechte beschränkte. Weitere Mitgliedschaftsrechte, insbesondere Vermögensrechte wie der Dividenden- und Liquidationserlösanspruch, blieben verschont, so dass eine reine Stimmrechtssuspendierung stattfand. Die rechtliche Stellung des sanktionsbefangenen Aktionärs war dadurch der eines stimmrechtslosen Vorzugsaktionärs vergleichbar. Die Beschränkung des Rechtsverlusts auf das Stimmrecht wurde schon seinerzeit mit Hinweis auf § 20 Abs. 7 AktG, der der Vorschrift des § 28 WpHG als normatives Vorbild stand und diese Rechte mit umfasste, bemängelt.3 Historischen Rückhalt gab den Kritikern der Umstand, dass § 20 Abs. 7 AktG selbst zunächst als Stimmrechtssperre konzipiert war, dann aber auf Betreiben des Wirtschaftsausschusses zu einem umfassenden Rechtsausübungsverbot ausgebaut wurde.4 Der für § 20 Abs. 7 AktG a. F.5 eindringlich diskutierten Frage, ob die Ausübungssperre lediglich das Ruhen der Rechte, verbunden mit der Möglichkeit des rückwirkenden Wiederauflebens bei Nachholung der Meldung, vorsah, oder ein endgültiger Rechtsverlust für die Vergangenheit angeordnet wurde, kam im Rahmen von § 28 a. F. WpHG keine Bedeutung zu.6 Zudem waren vom personellen Anwendungsbereich nur der Meldepflichtige und die von ihm kontrollierten Unternehmen erfasst, nicht aber Dritte i. S. d. § 22 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, die die Aktien für Rechnung des Meldepflichtigen halten. Die Kritik an der als zu schwach empfundenen Sperre der Stimmrechtsausübung und die mit den Meldepflichten in der Praxis gewonnene Erfahrungen haben den Gesetzgeber des 3. FMFG7 zur Neufassung des § 28 WpHG veranlasst.8 Betroffen waren drei Aspekte: Erstens wurde der Kreis der erfassten Aktien um solche erweitert, die einem Dritten gehören i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG gehören. Zweitens wurde die Endgültigkeit des Rechtsverlusts klargestellt, indem 3

Witt, Übernahmen, S. 266 ff. m.w. N. Begr. RegE § 20 AktG bei Kropff, AktG, S. 42. 5 Seit der Aktienrechtsreform im Jahr 1998 ist auch § 20 Abs. 7 AktG als umfassender Rechtsverlust konzipiert, dazu Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 43 f. 6 Selbst wenn man ein Ruhen annahm, verbunden mit der Möglichkeit eines rückwirkenden Wiederauflebens der Rechte, war das Stimmrecht endgültig verloren, da es nur in der Hauptversammlung ausgeübt werden konnte. Zu unterschiedlichen Ergebnissen könnte man nur in Bezug auf Vermögensrechte gelangen, die allerdings von § 28 WpHG a. F. nicht erfasst wurden. Die Frage war deshalb ausschließlich für § 20 Abs. 7 AktG relevant, denn dieser erstreckte sich auch auf Vermögensrechte. Zum damaligen Stand der Diskussion Gessler, BB 1980, 217. 7 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland v. 24.3.1998, BGBl. I, S. 529. 8 Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 95; zu den Änderungen auch U. H. Schneider, AG 1997, 81, 82 f. 4

A. Historische Entwicklung

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die Formulierung „dürfen [. . .] nicht ausgeübt werden“ gestrichen wurde. Endlich wurde drittens § 28 WpHG im Hinblick auf die betroffenen Rechte an § 20 Abs. 7 AktG angeglichen, indem die Beschränkung auf das Stimmrecht einem umfassenden Rechtsverlust weichen musste. Erfasst werden nunmehr sämtliche Mitverwaltungs- und Vermögensrechte. Um ausländische Investoren nicht abzuschrecken, wurde eine Ausnahme für den Anspruch auf den Bilanzgewinn (§ 58 Abs. 4 AktG) und den Abwicklungsüberschuss (§ 271 AktG) geschaffen, die nach § 28 S. 2 WpHG bei nicht vorsätzlichen Meldeverstößen mit der Nachholung der Mitteilung rückwirkend wieder aufleben. Beide Vermögensrechte werden aufgrund dieser Privilegierung nur in gravierenden Fällen erfasst.

II. Verlängerter Rechtsverlust nach dem Risikobegrenzungsgesetz Das (vorläufige) Ende der Reform des Rechtsverlusts markiert die Einführung des am 1.3.2009 in Kraft getretenen verlängerten Rechtsverlusts durch das RBG. Nach § 28 S. 3 WpHG wirkt der Rechtsverlust bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Meldeverstoß für eine Dauer sechs Monate, beginnend mit der Nachholung der Mitteilung, fort, sofern die Höhe des Stimmrechtsanteils betroffen ist.9 Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wurde in S. 4 eine Bagatellgrenze aufgenommen. Die zeitliche Ausdehnung des Rechtsverlusts stellt eine Reaktion auf den verdeckten Paketaufbau zwischen zwei Hauptversammlungen dar, der bisher nahezu sanktionslos möglich war.10 Denn der Rechtsverlust endete im Zeitpunkt der Erfüllung der Meldepflicht, so dass ein Investor, der die erforderliche Mitteilung erst kurz vor der anstehenden Hauptversammlung abgab, dem Rechtsverlust entging, und zwar selbst dann, wenn er die Mitteilungspflicht vorsätzlich verletzt hatte. Diese Aushebelung des Rechtsverlusts samt der bezweckten Verhaltenssteuerung unterbindet § 28 S. 3 WpHG nunmehr. Durch das sechsmonatige Fortwirken des Rechtsverlusts wird eine signifikante Verkürzung des Zeitraums, in dem ein unbemerktes Anschleichen möglich ist, erreicht. Obwohl der Gesetzeszweck des § 28 S. 3 WpHG legitim erscheint, steht eine Verschärfung der mit dem Rechtsverlust einhergehenden Belastungen Dritter zu befürchten. Betroffen ist insbesondere die Binnenorganisation des Emittenten, da ein weiterer Anstieg missbräuchlicher Anfechtungsklagen zu erwarten ist.11 Vor dem Hintergrund, dass die Mitteilungspflichten auch dem Emittenten dienen sollen, erscheint es 9 Zur Unanwendbarkeit von § 28 S. 3, 4 WpHG auf sog. Altfälle, d.h. auf vor Inkrafttreten dieser Norm erfolgten Meldeverstöße LG Berlin Urt. v. 11.3.2009 – Az. 100 O 17/07 (unveröffentlicht); Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 28 WpHG Rn. 14; a. A. Süßmann/Meder, WM 2009, 976, 978 f. 10 Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 13; siehe auch Schwark, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 3. 11 Hierzu eingehend sogleich, § 4 B. III. 2., S. 116 ff.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

fragwürdig, warum der Gesetzgeber sehenden Auges eine weitere Belastung und Schädigung von börsennotierten Unternehmen zulässt,12 zumal das Problem, Anfechtungsklagen über § 28 WpHG zu begründen, bekannt ist.13 Ob statt der Ausweitung von § 28 WpHG eine Verschärfung des Ordnungswidrigkeitenrechts vorzugswürdig gewesen wäre, kann hier nicht erörtert werden.14 Auffällig ist, dass die Parallelregelungen der §§ 59 WpÜG, 20 Abs. 7 AktG durch das RBG nicht entsprechend verschärft wurden.15 Da im Gesetzgebungsverfahren auf den Gleichklang dieser Vorschriften hingewiesen wurde,16 scheidet ein gesetzgeberisches Übersehen als Erklärung aus. Was zunächst § 59 WpHG angeht, ist denkbar, dass der Gesetzgeber eine Ausweitung nicht für angebracht hielt, da er die bisherige Rechtslage für zufriedenstellend hielt. Hierfür spricht, dass das Übernahmerecht neben dem Rechtsverlust die Verzinsungspflicht nach § 38 WpÜG als weitere privatrechtliche Sanktion vorsieht. Indes wird mit guten Gründen vorgebracht, dass das Sanktionenregime des WpÜG lückenhaft ist.17 Erklärbar wird das Absehen von einer Ausweitung des § 59 WpÜG allerdings, wenn man beachtet, dass beim heimlichen Aufbau von Kontrollbeteiligungen in aller Regel sowohl die Mitteilung nach § 21 Abs. 1 WpHG als auch die Veröffentlichung gem. § 35 Abs. 1 WpÜG unterlassen werden. Da § 28 WpHG neben § 59 WpÜG anwendbar ist,18 kommt dann auch § 28 S. 3 WpHG zum Einsatz, ohne dass dies extra in § 59 WpÜG niedergeschrieben werden musste. Somit kann zwar durch rechtzeitige Nachholung der Veröffentlichung der Kontrollerlangung und des sich anschließenden Pflichtangebots der Rechtsverlust nach § 59 WpHG beseitigt werden, doch wirkt der Rechtsverlust nach § 28 WpHG fort. Dass § 20 Abs. 7 AktG nicht entsprechend geändert wurde, mag daran liegen, dass bei nicht börsennotierten Gesellschaften die Problematik des heimlichen Stimmrechtsaufbaus zwischen zwei Hauptversammlungen weniger verbreitet ist, was auf dem Fehlen eines engmaschigen Netzes an Meldeschwellen beruhen dürfte.

12 Vgl. auch Baums, Stellungnahme zum Risikobegrenzungsgesetz vor dem Finanzausschuss, S. 2. 13 Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629, 1640. 14 Dafür Meyer/Kiesewetter, WM 2009, 340, 344; dagegen Segna, AG 2008, 311, 320. 15 Offenbar wurde im Gesetzgebungsverfahren eine Verschärfung noch nicht einmal diskutiert, vgl. Marsch-Barner, in: FS Riegger, S. 35, 35. 16 Siehe Nachw. in Fn. 12 dieses Abschnitts. 17 Habersack, AG 2008, 817, 819; Marsch-Barner, in: FS Riegger, S. 35, 35. 18 Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 59 Rn. 4; Santelmann, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 59 Rn. 2; vgl. auch KG AG 2009, 30, 37; LG Frankfurt/M. AG 2009, 421, 423.

A. Historische Entwicklung

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III. Diskussion um eine Stimmrechtssperre für Finanzinstrumente Im Zuge der Diskussion um das Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG wurde die Einführung einer Stimmrechtssuspendierung, wie sie einst § 28 WpHG a. F. vorsah, für Anschleichfälle vorgeschlagen.19 Diese sollte Aktien betreffen, die aufgrund nicht gemeldeter Finanzinstrumente i. S. v. §§ 25, 25a WpHG erworben werden. Die Sanktion kann also erst nach Ausübung der Finanzinstrumente eingreifen. Die Beschränkung auf das Stimmrecht würde, darin ist dem Vorschlag zuzustimmen, dem Ziel des § 25a WpHG gerecht, den unbemerkten Aufbau von Stimmrechtsblöcken zu unterbinden. Werden besagte Finanzinstrumente hingegen nur zu Anlagezwecken eingesetzt, sind die auf die Vermögenspartizipation beschränkten Interessen eines Investors nicht betroffen. Auch bereitet das wegen der Strafähnlichkeit des Stimmrechtsverlusts zu beachtende Bestimmtheitsgebot kein grundsätzliches Unbehagen.20 Zwar ist § 25a WpHG als Generaltatbestand formuliert, doch sorgen zwei Regelbeispiele für hinreichende Konkretisierung des Tatbestands. Der Gesetzgeber hat diesen Vorschlag sehr zu Recht nicht aufgenommen. Gegen eine solche Stimmrechtssuspendierung spricht schon, dass sie Wasser auf die Mühlen der Berufskläger, die ohnehin schon § 28 WpHG zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüsse ausnutzen,21 gießt. Ihnen würde ein zusätzlicher Anfechtungsgrund geliefert. Wenn Teichmann/Epe dem entgegnen, die unbefriedigende Rechtslage bei der Anfechtungsklage dürfe nicht herhalten, um der Implementierung der eigentlich passenden Sanktion zu widersprechen, billigen sie letztlich den bedenklichen Effekt, dass dem Emittenten und seinen Aktionären mehr geschadet als geholfen ist. Denn die Blockade von Hauptversammlungsbeschlüssen beeinträchtigt sowohl das Wirtschaften des Emittenten als auch den Kurs der von ihm ausgegebenen Wertpapiere, was dann auch die Anleger trifft. Das DAI schlägt deshalb eine „anfechtungssichere“ Gestaltung des Rechtsverlusts vor.22 Damit wäre zwar ein Einfallstor für Berufskläger geschlossen, doch lässt sich diese Beschränkung des aktienrechtlichen Minderheitenrechts, sich gegen rechtswidrige Hauptversammlungsbeschlüsse zu schützen,23 nicht mehr rechtfertigen.24 Eines der wichtigsten Kontrollrechte der Minderheit, zumal aus 19 DAI, NZG 2010, 778, 779; Brouwer, AG 2010, 404, 407; Teichmann/Epe, WM 2010, 1477, 1482; Seibt, ZGR 2010, 795, 833 f.; sympathisierend Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681, 687. 20 Richtig Brouwer, AG 2010, 404, 406; a. A. Teichmann/Epe, WM 2010, 1477, 1482. 21 Hierzu eingehend sogleich § 4 B. III. 2., S. 116 ff. 22 DAI, NZG 2010, 778, 779. 23 Zur dieser Funktion der Anfechtungsklage BGHZ 153, 32, 45; Hüffer, in: MüKo/ AktG, § 243 Rn. 6; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 3; Habersack/Stilz, ZGR 2010, 710, 712 f. 24 Casper, in: FS Hüffer, S. 111, 119 – „schießt über das Ziel hinaus“.

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der Mitgliedschaft entspringend,25 wäre über Gebühr eingeschränkt. Obgleich die Entscheidung des Gesetzgebers gegen die vorgeschlagene Stimmrechtssuspendierung richtig ist, hat er auch die Chance verpasst, eine schlagkräftige Sanktion gegen das Anschleichen einzuführen. Denkbar wäre der eine andere Richtung einschlagende, dem Zweck des Reformvorhabens aber nicht minder gerecht werdende Weg, die BaFin zur Untersagung eines Übernahmeangebots im Falle des meldewidrigen Beteiligungsaufbaus für eine gewisse Sperrfrist zu ermächtigen, gewesen.26 Das ist nach der h. M. bislang nicht möglich, da der insofern notwendige Rückgriff auf die Generalklausel des § 4 Abs. 1 S. 3 WpÜG am Vorrang des spezielleren § 15 WpÜG scheitert.27 Eine andere Überlegung geht dahin, die aus dem meldewidrigen Anschleichen erzielten Gewinne beim Meldepflichtigen abzuschöpfen.28 Dem Anschleichen wäre seine Attraktivität genommen. Welchem dieser beiden Wege der Vorzug gebührt, und wie gegebenenfalls die rechtstechnische Umsetzung zu erfolgen hätte, bedarf freilich weiterer Diskussion, die jedoch nicht mehr vom Aufgabeninhalt dieser Arbeit gedeckt ist.

B. Grundsatzkritik am Rechtsverlust § 28 WpHG zählt zu den umstrittensten Regelungen des WpHG; ihm schlägt von verschiedener Seite Kritik entgegen. Während U. H. Schneider die Sanktion nicht weit genug geht,29 spricht Opitz von der gravierendsten wirtschaftlichen Sanktion des deutschen Rechts,30 was auch das dem Rechtsverlust zugeschriebene Attribut „drakonisch“ 31 zum Ausdruck bringt. Diese sich diametral entgegenstehenden Haltungen setzten sich in einer Vielzahl von Grundsatz- und Detailproblemen fort. De lege ferenda wird daher erwogen, die Rechtsverlustregel abzuschaffen32 oder zumindest einer Generalrevision zu unterziehen.33 Im Fol25

Zur mitgliedschaftlichen Natur des Anfechtungsrechts Habersack, Mitgliedschaft, S. 226 ff. 26 Brouwer, AG 2010, 404, 407; Brandt, BKR 2010, 270, 275. 27 Assmann, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 4 Rn. 16; Bosch/Meyer, in: ebd., § 15 Rn. 61; Giesberts, in: KK/WpÜG, § 4 Rn. 14; Wackerbart/Wackerbart/Kreße, in: MüKo/AktG,§ 4 WpÜG Rn. 18; Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 15 Rn. 4; a. A. Habersack, AG 2008, 817, 819. 28 Veil, ZHR 175 (2011), 83, 99; für § 15a WpHG: ders., ZGR 2005, 155; vgl. allgemein die Monographie von Binninger, Gewinnabschöpfung, passim.; ferner Fleischer, Gutachten F. 64. DJT, S. 126. 29 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 8. 30 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 1. 31 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 2; Bedkowski/Widder, BB 2008, 245, 245; Scholz, AG 2009, 313, 315; ähnlich Kremer/Oesterhaus, in: KK/ WpHG, § 28 Rn. 5; vgl. auch Veil, ZHR 175 (2011), 83, 102 – „krakenhaft“. 32 Dahingehend Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 1; Dehlinger/ Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 2.

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genden sollen jedoch nicht rechtspolitische Vorschläge erörtert werden, zumal aufgrund der starken Präventionskraft des Rechtsverlusts seine Abschaffung nicht sinnvoll erscheint.34 Vielmehr soll es darum gehen, durch Analyse der dem Rechtsverlust immanenten Regelungsprobleme eine Leitlinie zur Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift zu gewinnen, um den herausgearbeiteten Problemen Herr werden zu können. Dabei wird sich zeigen, dass eine restriktive Interpretation des § 28 WpHG angezeigt ist.

I. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht 1. Gemeinschaftsrecht Da § 28 WpHG der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben dient, muss er den Anforderungen von Art. 28 der Transparenz-RL II entsprechen. Zwar musste der Rechtsverlust nicht in der Richtlinie als eine mögliche Sanktion für Meldeverstöße vorgesehen sein, so dass der deutsche Gesetzgeber insoweit den gemeinschaftsrechtlichen Rahmen wahrt, doch muss er den bereits herausgearbeiteten Anforderungen an eine wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktion entsprechen.35 Die Wirksamkeit wird § 28 WpHG häufig abgesprochen.36 Ein Investor, der heimlich an einer börsennotierten Gesellschaft ein Paket aufbaue, lasse sich vom Rechtsverlust nicht einschüchtern. Das mag zwar in einigen Fällen stimmen, doch bedeutet dies nicht, dass der Rechtsverlust generell ungeeignet ist, die Befolgung der Meldepflichten zu fördern. Vor allem ist seit Inkrafttreten des verlängerten Rechtsverlusts gem. § 28 S. 3 WpHG, auf den noch einzugehen ist, dem Aktionär die Ausübung seiner Stimmrechte für sechs Monate nach Erfüllung der Meldepflicht unmöglich. Damit wird ihm die Umsetzung strategischer Weichenstellungen für einen nicht unerheblichen Zeitraum versagt, was insbesondere bei einer geplanten Übernahme schmerzlich ist. Man wird dem Rechtsverlust daher nicht absprechen können, dass er eine zu Durchsetzung von Beteiligungstransparenz wirksame Sanktion ist.37 Auch an der abschreckenden Wirkung lässt sich seit Inkrafttreten von § 28 S. 3 WpHG kaum mehr zweifeln, da sich der Rechts33 Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 938; Kocher/Widder, ZIP 2010, 1326, 1329 f. mit dem Vorschlag, den Rechtsverlust von einer Anordnung der BaFin abhängig zu machen; ähnlich Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 7. 34 Diese Einschätzung teilend Veil, ZHR 175 (2011), 83, 83, 100, der eingehend prüft, ob der „Instrumentenmix“ zur Durchsetzung der §§ 21 ff. WpHG einer Neukonzeption bedarf. 35 Zu diesen Vorgaben des Art. 28 der Transparent-RL II § 3 B. II. 2. S. 62 ff. 36 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 6; U. H. Schneider, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 28 Rn. 7; ders., in: FS Kümpel, S. 477, 484 f. 37 So auch Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 2; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 252; ferner Zollner, GesRZ 2010, 146, 147.

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verlust nicht mehr durch Nachholung der Stimmrechtsmitteilung unmittelbar vor oder sogar in der Hauptversammlung vermeiden lässt. Man wird § 28 WpHG nun in der Tat als eine durchaus schneidige Sanktion zu bezeichnen haben. Dass es in jüngster Vergangenheit gleichwohl zu heimlichen Anschleichaktionen gekommen ist, vermag diesen Befund nicht zu ändern.38 Ausschlaggebend war weniger eine mangelnde Abschreckung als Lücken im kasuistisch angelegten Meldesystem, das zu Umgehungen einlud. Die Verhältnismäßigkeit setzt der Abschreckung Grenzen. Erforderlich ist, dass sich die Sanktionswirkung an dem von ihr verfolgten Zweck, mithin der Durchsetzung von Beteiligungstransparenz, messen lassen muss. Obschon des tiefen Eingriffs in die Mitgliedschaft des Aktionärs ist die Angemessenheit der Mittel-Zweck-Relation schon deshalb gewahrt, weil Richtliniengeber und deutscher Gesetzgeber der Beteiligungstransparenz einen hohen Stellenwert als dem Anleger- und Funktionenschutz dienendes Instrument beimessen.39 Es bedarf daher scharfer Sanktionen, die die Vorteile eines Meldeverstoßes übersteigen, damit die Folgen eines Rechtsbruchs nicht als kalkuliertes Risiko in Kauf genommen werden. 2. Verfassungsrecht Die dem Rechtsverlust kritisch gegenüberstehenden Autoren halten diese Sanktion mit Blick auf den grundgesetzlich verbürgten Eigentumsschutz nach Art. 14 GG für bedenklich, ohne indes eine verfassungsrechtliche Überprüfung durchzuführen.40 Der Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG erfasst alle vermögenswerten Rechte, die dem Einzelnen gegenüber jedermann wirkend zur privaten Nutzung und eigenen Verfügung zugeordnet sind.41 Eine solche Rechtsposition stellt auch das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum dar, wobei auch die Nutzung der Mitverwaltungs- und Vermögensrechte geschützt ist.42 Da diese Rechte dem Meldepflichtigen durch § 28 WpHG zeitweise abgesprochen werden, liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG vor. Dieser ist jedoch nicht als Enteignung zu qualifizieren, da das Anteilseigentum bestehen bleibt. Der Rechtsverlust legt vielmehr generell und abstrakt die Ausübbarkeit verbandsrechtlicher 38

A. A. U. H. Schneider/Anzinger, ZIP 2009, 1, 7. Hierzu § 3 A. I., S. 51 ff. 40 Unmittelbar nach Inkrafttreten von § 20 Abs. 7 AktG wurde vermutet, das BVerfG würde sich mit dieser Vorschrift auseinanderzusetzen haben, Schäfer, BB 1966, 1004, 1005. Das hat sich bislang weder für diese Vorschrift noch für die kapitalmarktrechtlichen Parallelregelungen bestätigt. 41 BVerfGE 1, 264, 278; 83, 201, 208 f.; 95, 64, 82; weiterführend Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 55 ff. 42 BVerfGE 14, 263, 276 ff. – Feldmühle; 25, 371, 407; 100, 289, 301 f.; Papier, in: Maunz/Dürig, GG. Art. 14 Rn. 195 m.w. N. 39

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Rechte fest und stellt damit eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar.43 Da auch sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen müssen, ist § 28 WpHG an seinem Regelungszweck, der Durchsetzung von Beteiligungstransparenz, zu messen. Diesem dient er, indem er den Meldepflichtigen zur Offenlegung wesentlicher Beteiligungen anhält. Dabei ist zu beachten, dass der Inhalt und Schranken bestimmende Gesetzgeber im Rahmen der Kapitalmarktregulierung wirtschaftslenkend tätig wird, weshalb ihm ein weiter Prognose- und Beurteilungsspielraum zusteht. Dieser ist nur eingeschränkt kontrollfähig.44 Es findet lediglich eine Evidenzkontrolle statt, die zu berücksichtigen hat, dass dem Eingriff in die Mitgliedschaft das öffentliche Interesse an transparenten Beteiligungs- und Machtverhältnissen an börsennotierten Unternehmen entgegensteht. Hierzu sind schlagkräftige Sanktionen mit präventiver Wirkung notwendig. Da die Mitgliedschaft, wie noch zu zeigen ist, erhalten bleibt, kann dem Gesetzgeber ein Überschreiten seines Gestaltungsspielraums nicht angelastet werden. Der Rechtsverlust stellt sich zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz als nicht offensichtlich ungeeignet dar. Das gilt auch für den verlängerten Rechtsverlust (§ 28 S. 3, 4 WpHG), da das hiermit verfolgte Anliegen, dem Anschleichen zwischen zwei Hauptversammlungen entgegenzuwirken, nachvollziehbar ist. Zudem begrenzt S. 4 die Verlängerung auf krasse Fälle. § 28 WpHG ist daher verfassungskonform.

II. Rechtssystematische Auffälligkeiten 1. Tatbestandliche Unsicherheiten der Meldepflichten Seitens der Beratungspraxis wird zu bedenken gegeben, dass § 28 WpHG die Gefahr in sich trägt, vergleichsweise geringwertige Pflichtverstöße mit der einschneidenden Sanktion des Rechtsverlusts zu bestrafen.45 In der Tat wird nicht nur der im Vordergrund des § 28 WpHG stehende bewusste Rechtsbruch geahndet, sondern es kann durchaus auch derjenige seine Rechte aus Aktien verlieren, der sich rechtstreu verhalten wollte, aber fahrlässig einen Meldeverstoß begeht. Diese Problematik ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die §§ 21 ff. WpHG eine äußerst komplexe Regelungsmaterie darstellen. Komplizierte und häufig ungeklärte Rechtsfragen werden dadurch in den Tatbestand des § 28 WpHG transportiert, mit der Folge, dass ein Meldeverstoß als Grundvoraussetzung des Rechtsverlusts nicht immer zweifelsfrei feststeht.46 Das gilt umso mehr, als die 43

I. Erg. auch S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 494. BVerfGE 50, 290, 332 ff. – Mitbestimmung; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 321. 45 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 1. 46 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 5a; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 3; König/Römer, NZG 2004, 944, 944; für § 20 AktG schon Schäfer, BB 1966, 1004, 1004; für Österreich Zollner, GesRZ 2010, 146, 151. 44

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auftretenden Rechtsfragen mitunter derart schwierig zu lösen sind, dass selbst mithilfe einer qualifizierten Rechtsberatung die melderechtliche Einordnung einer Transaktion nicht hinreichend sicher beurteilt werden kann. Insbesondere die Auslegung und Anwendung der Zurechnungsvorschrift des § 22 WpHG ist von ganz erheblichen rechtlichen Unsicherheiten geprägt.47 Diese Unsicherheiten werden durch jüngere Gerichtsentscheidungen, die sich in Widerspruch zu in der Verwaltungspraxis der BaFin und im Schrifttum anerkannten Rechtszuständen setzen, noch verschärft.48 Nicht zu Unrecht wird das Melderecht daher als kaum rechtssicher handhabbar beschrieben49 und der aufgezeigte Zustand angesichts der weitreichenden Folgen eines Rechtsverlusts als äußerst bedenklich kritisiert.50 Zu den rechtlichen Unsicherheiten, die für sich schon eine gewisse Fehleranfälligkeit implizieren, gesellen sich regelmäßig Probleme tatsächlicher Art, nämlich bei der Ermittlung des melderelevanten Sachverhaltes. Namentlich im Konzern, und dort insbesondere bei weit verzweigten Beteiligungsstrukturen, wie sie bei Beteiligungsgesellschaften oder Banken vorkommen, bestehen erhebliche Schwierigkeiten.51 Es gilt sämtliche Konzerngesellschaften aufzuspüren, die erforderlichen Informationen über von ihnen gehaltene Beteiligungen einzuholen und den so ermittelten Sachverhalt rechtlich zutreffend zu bewerten, um eine korrekte Stimmrechtsmitteilung abgeben zu können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die BaFin an eine Stimmrechtsmitteilung hohe Anforderungen stellt. Neben der Angabe der überschrittenen Meldeschwellen und des prozentualen Beteiligungswertes ist, über § 17 Abs. 1 WpAIV hinausgehend, die absolute Anzahl der gehaltenen Stimmrechte auszuweisen.52 Hinzu kommt, dass die Stimmrechtsmitteilung „unverzüglich“, also unter Zeitdruck abzugeben ist. Davon, dass der Rechtsverlust durch Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung leicht vermeidbar sei, 47 Widder/Kocher, ZIP 2010, 457, 460 – „Standardbeispiel für Irrtumsfälle“; vgl. auch den Fall des OLG München 2009, 793, wo 16 (!) Korrekturmeldungen abgegeben wurden. 48 Z. B. LG Köln AG 2008, 336 – STRABAG I, wo eine Umfirmierung als meldepflichtig angesehen wurde, und OLG München AG 2009, 793, wo § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG in gegenverkehrter Richtung, d.h. als Zurechnung vom Treugeber an den Treuhänder, angewandt wurde. Vgl. auch OLG Düsseldorf AG 2010, 330. 49 Kocher/Widder, ZIP 2010, 1326, 1329; Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 933. 50 Mahnend bereits Bernhardt, BB 1966, 678, 678. 51 Exemplarisch LG München II AG 2005, 52, 53: „Für die Kammer, die sich mit Aktienrecht immer wieder zu befassen hat, wie auch mit den Vorschriften des WpHG, war ein ganz ungewöhnlich hoher Zeitaufwand erforderlich, um überhaupt den Sachverhalt nachvollziehen zu können, geschweige denn die damit verbundenen zahlreichen und besonders schwierigen Rechtsfragen lösen zu können“. Unzutreffend daher die Prognose von Falkenhagen, WM 1995, 1005, 1009, die §§ 21 ff. WpHG würden die Praxis vor keine unüberwindbaren Schwierigkeiten stellen. 52 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 134.

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kann angesichts all dieser Komplikationen bei der Erarbeitung einer aufsichtskonformen Stimmrechtsmitteilung nicht die Rede sein.53 Angesichts dessen sind tatbestandliche Schwierigkeiten im Umgang mit den §§ 21 ff. WpHG bei der Anwendung von § 28 WpHG zu berücksichtigen. Insoweit bietet sich eine weniger restriktive Vorgehensweise bei der Berücksichtigung entschuldigender Rechtsirrtümer an, als die h. M. sie bislang vornimmt. Hierauf ist später noch ausführlich einzugehen. 2. Einbeziehung von Vermögensrechten Da sich der Rechtsverlust auf „Rechte aus Aktien“ erstreckt, sind im Grundsatz sämtliche Mitverwaltungs- und Vermögensrechte betroffen. Der Verlust von Mitverwaltungsrechten, insbesondere des Stimmrechts, leuchtet ein, da § 28 WpHG an § 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 1a WpHG anknüpft, die wiederum die Stimmrechtsbeteiligung als Bezugsgröße der Meldepflicht anführen. Nicht ohne weiteres einzusehen ist angesichts dessen, dass auch Vermögensrechte verlustig gehen. Ähnliche Bedenken scheinen auch dem BGH vorzuschweben, wenn er in der Entscheidung Wertpapierdarlehen ausführt, dass die §§ 22, 28 WpHG die Stimmrechte in den Vordergrund stellen.54 Den Hintergrund der Erstreckung auf Vermögensrechte bildet die Historie: Wie gesehen wurde § 28 WpHG durch das 3. FMFG in Angleichung an § 20 Abs. 7 AktG ausgeweitet. Jener war zunächst ebenfalls als reine Stimmrechtsausübungssperre konzipiert, wurde jedoch im Interesse möglichst effektiver Gewährleistung von Beteiligungstransparenz zu einem umfassenden Rechtsausübungsverbot ausgebaut.55 Der neben den Stimmrechtsverlust tretende Vermögensverlust stützt sich demnach auf die Stärkung der Präventivwirkung des § 28 WpHG zugunsten von Markt und Anlegern.56 Die Erklärung bleibt freilich insoweit dürftig, als meldepflichtige Aktionäre im Regelfall strategische Ziele verfolgen und deshalb mehr vom Stimmrechtsverlust als dem Verlust von Vermögenspositionen abgeschreckt werden. Systematisch stimmig ist demnach ausschließlich der Stimmrechtsverlust.57 Für den verlängerten Rechtsverlust gem. § 28 S. 3 WpHG wurde an diesen Gedanken angeknüpft. Zwar lässt der Wortlaut eine Beschränkung der erfassten Rechte nicht erkennen, doch möchte der Gesetzgeber ausschließlich Mitverwaltungsrechte, nicht dagegen Vermögensrechte erfasst wissen.58 Gestützt wird die These, dass der Verlust der Vermögensrechte nicht ohne systematische Brüche stattfindet, dadurch, dass 53

So aber für § 20 Abs. 7 AktG Tröger, Treupflicht, S. 329. BGHZ 180, 154, 169 – Wertpapierdarlehen. 55 Hierzu Begr. RegE § 20 AktG bei Kropff, AktG, S. 42. 56 Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1337 f. 57 Mit weiteren guten Gründen de lege ferenda für eine Beschränkung von § 28 WpHG auf den Stimmrechtsverlust Veil, ZHR 175 (2011), 83, 101 f. 58 Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 13; eingehend § 4 D. II. 3., S. 179 ff. 54

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die Mitgliedschaft, wie noch auszuführen ist, die absolute Grenze des Rechtsverlusts markiert. Ausgehend hiervon ist nicht verständlich, warum auch der Anspruch auf den Liquidationsüberschuss (§ 271 AktG) dem Rechtsverlust unterworfen wird, was dem Gegenschluss zu § 28 S. 2 WpHG aber entnommen werden muss.59 Durch Aberkennung dieses Anspruchs wird in den Vermögenswert der Mitgliedschaft eingegriffen. Das Unbehagen hiergegen dürfte sich aber in Grenzen halten,60 da die Liquidation börsennotierter Unternehmen ein Ausnahmefall ist. Der Rechtsanwender muss den Verlust von Dividende und Liquidationserlös freilich trotz systematischer Unstimmigkeiten als gesetzgeberische Entscheidung hinnehmen. 3. Vergleich mit Directors’ Dealings Dehlinger/Zimmermann halten die Sanktionierung von Beteiligungstransparenzverstößen einerseits und Zuwiderhandlungen gegen die Anzeigepflichten bei Directors’ Dealings andererseits für widersprüchlich.61 Da § 15a WpHG nicht mit dem Rechtsverlust belegt sei, würden meldepflichtige Organmitglieder sanktionsrechtlich besser gestellt, obwohl die Verletzung beider Pflichten in etwa gleichgewichtig sei. Es sei zu bezweifeln, dass das Sanktionensystem im Fall der Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 21 WpHG noch angemessen ist. Dieser Schluss könnte ebenso gut in entgegengesetzter Richtung gezogen werden, so dass der Rechtsverlust im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG nicht abzuschaffen, sondern für die Verletzung von § 15a WpHG einzuführen wäre. Ob das sinnvoll wäre, mag dahinstehen. Jedoch erscheint dieser Gedanke insofern naheliegend, als dargelegt wurde, dass die Verletzung von § 15a WpHG nicht wirksam sanktioniert wird.62 Wollte man also mit Dehlinger/Zimmermann eine Streichung von § 28 WpHG befürworten, wäre für § 21 WpHG ein vergleichbares Sanktionsdefizit erreicht. Das kann aufgrund der Bedeutung transparenter Beteiligungsstrukturen für den Anleger und den Kapitalmarkt nicht richtig sein. Indes fußt die unterschiedliche Sanktionierung beider Transparenzsysteme auf dem Umstand, dass Beteiligungserwerbe von Führungskräften regelmäßig nicht an die Schwellen der §§ 21 ff. WpHG heranreichen und folglich keinen wesentlichen Einfluss auf die Geschicke des Emittenten vermitteln. Sollte dies ausnahmsweise doch der Fall sein, kommen die §§ 21 ff. WpHG, und damit auch § 28 WpHG, 59 Krit. auch Hüffer, in: MüKo/AktG, § 271 Rn. 8; Noack/Zetzsche, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 59 WpÜG Rn. 18; Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 21; nur theoretische Probleme erkennend Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 69. 60 Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 79. 61 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 2. 62 Veil, ZGR 2005, 170 und 191. Der Stimmrechtsverlust in Österreich gem. § 124 des österreichischen AktG soll sich auch auf Verletzung der Offenlegungspflicht bei Director’s Dealings beziehen, Zollner, GesRZ 2010, 146, 148 f.

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neben § 15a WpHG zur Anwendung.63 Der Transparenz von Directors’ Dealings dient denn auch nicht der Information über Beteiligungsstrukturen, sondern insiderrechtlichen Zwecken. Es soll dem Anschein vorgebeugt werden, Organmitglieder und Führungskräfte nutzten bei Erwerb von Wertpapieren des eigenen Unternehmens kraft ihrer Tätigkeit erlangtes Sonderwissen aus.64 Der Markt soll über Wertpapiergeschäfte „eingeweihter“ Personen unterrichtet werden, die regelmäßig über Informationsvorsprünge über die Geschäftslage des Emittenten verfügen. Wertpapiergeschäfte der Führungsebene senden daher aus Sicht der übrigen Marktakteure ein Signal aus.65 Wenn es nun tatbestandlich nicht um die Aufdekkung von Einflusspotential geht, ist sanktionsrechtlich auch nicht der (zeitweise) Entzug dieses Einflusses angezeigt.

III. Konsequenzen zu Lasten Dritter Ein weiteres Problemfeld ergibt sich aus der „Streuwirkung“ des § 28 WpHG, da die Sanktionswirkung auch in die Rechtsstellung Dritter eingreift. Zum einen erstreckt sich die Vorschrift ex lege auf Aktien, die dem Meldepflichtigen gem. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 WpHG zugerechnet werden, zum anderen ist der Emittent mittelbar betroffen, wenn es zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen kommt. 1. Rechtsfolgenerstreckung bei Stimmrechtszurechnung Der Rechtsverlust erfasst nicht nur Aktien, die dem Meldepflichtigen gehören, sondern auch diejenigen, die ihm zugerechnet werden, weil sie von einem Tochterunternehmen (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG) oder einem Dritten für Rechnung des Meldepflichten (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG) gehalten werden. Neben dem Meldepflichtigen verlieren somit auch diese Drittpersonen und -unternehmen ihre Aktienrechte. Diese personelle Ausweitung des Rechtsverlusts ist nicht unproblematisch. Denn nach der gesetzlichen Konzeption hängt der Rechtsverlust des Dritten ausschließlich vom Meldeverstoß desjenigen ab, dem die Stimmrechte zugerechnet werden. Ob der Dritte selbst Meldepflichten verletzt hat oder mangels Schwellenberührung schon keiner Meldepflicht unterlag oder gem. § 23 WpHG von der Mitteilungspflicht befreit ist, ist unerheblich.66 Es ist auch keine 63 Heinrich, in: KK/WpHG, § 15a Rn. 6; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 147; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 31 f.; Fleischer, ZIP 2002, 1217, 1229. 64 Begr. RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 88. 65 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 12; Heinrich, in: KK/WpHG, § 15a Rn. 3; Fleischer, ZIP 2002, 1217, 1220; Osterloh, Director’s Dealings, S. 60 ff. 66 Riegger, in: FS Westermann, S. 1332; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 497; Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 58; auch Schlitt/Ries, in: MüKo/AktG, § 59 WpÜG Rn. 22.

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Zurechnung des Meldeverstoßes oder ein ihm anzulastender Schuldvorwurf notwendig, etwa weil der Dritte den Meldepflichtigen nicht zur Abgabe der Stimmrechtsmitteilung aufgefordert hat. Das hat zur Folge, dass der rechtskonform handelnde Dritte (Tochtergesellschaft bzw. Dritter, der die Aktien für Rechnung des Meldepflichtigen hält) Rechte aus in seinem Eigentum stehenden Aktien verliert, allein wenn und weil derjenige, dem diese Stimmrechte zugerechnet werden, seiner Mitteilungspflicht nicht nachkommt. Vor dem Hintergrund, dass der Rechtsverlust als strafähnliche Sanktion einen individuellen Schuldvorwurf erfordert, erscheint diese Rechtsfolgenerstreckung nicht unproblematisch. Inwieweit sie sachgerecht ist, wird im Folgenden überprüft. a) § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG – Halten für Rechnung des Meldepflichtigen Keine durchgreifenden Bedenken bestehen hinsichtlich der von einem Dritten für Rechnung des Meldepflichtigen gehaltene Stimmrechte (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG). Hierunter fallen Gestaltungen, bei denen der Meldepflichtige die wirtschaftlichen Chancen und Risiken der ihm zugerechneten Aktien trägt, da letztlich er die über die Ausübung der Aktienrechte bestimmt.67 So fungiert bei der praktisch bedeutsamen Treuhand der Treuhänder als formaler Eigentümer. In dieser Stellung trifft ihn das Schicksal der betroffenen Aktien grundsätzlich nicht, da er an diesen kein eigenes wirtschaftliches Interesse hat. Da der Treugeber sich vertraglich das Recht vorbehält, Weisungen über die Ausübung der Aktienrechte zu erteilen oder ihm zumindest faktisch diese Macht zusteht, sind bei wirtschaftlicher Betrachtung die Aktien ihm zugeordnet. Die Einbeziehung dieser Zurechnungsalternative in § 28 WpHG dient daher nicht der Sanktionierung des Treuhänders, sondern des Treugebers als dem wirtschaftlichen Eigentümer, der faktisch die Ausübung der Aktienrechte lenkt.68 Zweck des § 28 WpHG in dieser Zurechnungskonstellation ist daher die Verhinderung mittelbarer Rechtsausübungen. b) § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG – Tochterunternehmen Ungleich problematischer stellt sich die Lage im Konzern dar, und zwar sowohl betreffend den zweistufigen als auch den mehrstufigen Unterordnungskonzern. Nicht nur eine Tochtergesellschaft, deren Stimmrechte dem Mutterunternehmen zugerechnet werden, verliert ihre Aktienrechte, wenn die Mutter ihrer 67

Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 95. Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 95; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 497; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 29; für § 59 WpÜG: Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 28. 68

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Mitteilungspflicht nicht nachkommt.69 Vielmehr sind auch Enkel, Urenkel usw., mithin sämtliche Unternehmen, die der ihre Mitteilungspflicht verletzenden Gesellschaft nachgeordnet sind, in den Rechtsverlust einbezogen. Denn der Legaldefinition von „Tochterunternehmen“ in § 22 Abs. 3 WpHG unterfällt jedes unmittelbar oder mittelbar abhängige Unternehmen.70 Damit verlieren umso mehr Unternehmen ihre Rechte, je höher die meldewidrig agierende Gesellschaft im Konzern steht, was die konzernweite Reichweite des § 28 WpHG eindrucksvoll verdeutlicht.71 Umgekehrt wird der Rechtsverlust bei einer Untergesellschaft nur abgewendet, wenn neben ihr auch sämtliche übergeordnete Konzernstufen, denen die Beteiligung zugerechnet wird, ihre Mitteilungspflichten ordnungsgemäß erfüllen.72 Zur Begründung der konzernweiten Geltung von § 28 WpHG wird neben der Harmonisierung mit § 20 Abs. 7 AktG der zur Treuhand gefundene Sachgrund angeführt.73 In der Tat liegen die sich aus den Aktien ergebenden Chancen und Risiken regelmäßig bei der Gesellschaft, die auf die nachgeschalteten Tochtergesellschaften Einfluss ausüben kann – freilich bei vertraglicher und faktischer Konzernierung in unterschiedlicher Intensität. Wirtschaftlich betrachtet gleicht die Position der die Ausübung der Aktienrechte steuernden Muttergesellschaft deshalb der eines Eigentümers. Zugleich wird ein Umgehungsschutz geschaffen. Denn die konzernweite Erstreckung verhindert, dass die meldesäumige Mutter die im Konzern vorhandenen Aktienrechte kraft Einflussnahme zu ihrem Nutzen einsetzt. Um den vollständigen Gehalt der Problematik zu erschließen, muss jedoch bedacht werden, dass die Tochtergesellschaft den Rechtsverlust kaum abwehren kann. Zwar wird verschiedentlich ein Anspruch der Tochter gegen die Mutter auf Abgabe der Stimmrechtsmitteilung bejaht,74 doch wird ihr regelmäßig die Meldeverpflichtung der Mutter nicht bekannt sein. Auch lässt sich ein Informationsanspruch der untergeordneten Konzernstufe gegen die Muttergesellschaft über potentiell meldepflichtige Umstände juristisch kaum begründen. Die Tochter ist zur Erfüllung ihrer eigenen Mitteilungspflicht nicht auf Angaben über Ak-

69 OLG Stuttgart AG 2005, 125, 128; LG Köln AG 2008, 336, 337 – STRABAG I; Fiedler, Mitteilungen über Beteiligungen, S. 129; Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 58. 70 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 22 WpHG Rn. 37. 71 Burgard, Offenlegung, S. 57; Rasch, Konzernrecht, S. 69. 72 Der Rechtsverlust einer Enkelgesellschaft ist erst abgewendet, wenn sämtliche übergeordnete Stufen, denen die Stimmrechte gem. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG zugerechnet werden, ihre Mitteilungspflicht ebenfalls korrekt erfüllen. Handelt nur die Mutter pflichtwidrig, verlieren sowohl die Tochter- als auch die Enkelgesellschaft ihre Rechte aus Aktien. 73 Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 95. 74 S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 497; Emmerich, in: Emmerich/ Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 43; a. A. Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 36.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

tiengeschäfte der Konzernspitze angewiesen.75 Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre der Anspruch nicht derart zügig durchsetzbar, als dass die Mitteilung fristgemäß abgegeben werden könnte. Zudem kann die Tochter die Mitteilung nicht im Namen der Obergesellschaft abgeben, da § 24 WpHG insofern nicht analog anwendbar ist.76 Immerhin werden der Tochter Schadensersatzansprüche gegen die Mutter aus Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zugebilligt, wenn sie durch den Meldeverstoß der Mutter einen Schaden erleidet.77 Faktisch gesehen wird dieses Mittel wirkungslos bleiben, da kaum eine Tochter gegen die Konzernmutter gerichtlich Schadensersatzansprüche durchsetzt. Ferner erweist sich die Berechnung des entstandenen Schadens als problematisch, da sich insbesondere der Verlust von Mitverwaltungsrechten kaum als Vermögensschaden beziffern lassen dürfte. Der Effekt, dass sich die Pflichtverletzung der Mutter auch zu Lasten ihrer Tochter auswirkt, ist demnach durchaus zweifelhafter Natur.78 Während man es überwiegend mit diesem Hinweis bewenden lässt, hat Rasch einst für § 20 Abs. 7 AktG vorgeschlagen, ein Tochterunternehmen solle seine Rechte nur verlieren, wenn es selbst seine Mitteilungspflicht verletzt.79 Um diesem Vorschlag Geltung zu verleihen, müsste man den insofern eindeutigen Wortlaut80 des § 28 S. 1 WpHG teleologisch reduzieren. Das wird kaum möglich sein, da der konzernweite Rechtsverlust, wie dargestellt, im Grundsatz durchaus seine Berechtigung hat, zumal er Umgehungsmöglichkeiten vorbeugt. Indes ließe sich argumentieren, dass bereits aufgrund der Mitteilung der rechtskonform handelnden Tochter die erforderliche Transparenz hergestellt ist. Das wäre aber zu kurz gegriffen. Denn mangels Mitteilung der Mutter, in welcher auf die Zurechnung hinzuweisen ist, wird nicht offengelegt, dass die meldende Gesellschaft konzerniert ist. Diese Tatsache ist für die Anleger und den Emittenten aber durchaus bedeutsam. De lege ferenda könnte indes darüber nachgedacht werden, ein Verschuldenserfordernis auf Seiten der Untergesellschaft zu schaffen; der Dogmatik des Rechtsverlusts wäre dies, da diese Sanktion einen individuellen Schuldvorwurf verlangt, nicht fremd.81 75 Richtig U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 47; Dehlinger/ Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 28; a. A. aber Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 33. 76 S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 497. 77 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 36; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 497; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 256; für § 20 AktG: Windbichler, GK/AktG, § 20 Rn. 88 a. E. 78 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 23; Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 59; Rasch, Konzernrecht, S. 69 f.; Siebel, in: FS Heinsius, S. 771, 803; Veil, ZHR 175 (2011), 83, 103 f. 79 Rasch, Konzernrecht, S. 69 f. 80 Hierauf hinweisend Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 59. 81 Hierzu § 3 C. III. 2., S. 93 ff.

B. Grundsatzkritik am Rechtsverlust

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Auch wenn der konzernweite Rechtsverlust auf nachvollziehbarer Grundlage baut, erscheinen seine weitreichenden Folgen nicht durchweg sachgerecht. Den Ausgangspunkt der Überlegung bildet die Erkenntnis, dass die Erstreckung dieser Rechtsfolge auf die Zurechnungsfälle des § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 WpHG in der Verlagerung von Chancen und Risiken ihren Sachgrund findet. Hierzu kommt es typischerweise, wenn einem Unternehmen die Möglichkeit zusteht, beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen auszuüben. So ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass von einer 100%-igen Tochtergesellschaft gehaltene Aktien bei Verletzung von Meldepflichten durch die Mutter dem Rechtsverlust unterfallen. Problematisch ist aber, dass im Rahmen des § 28 S. 1 WpHG aufgrund der Inbezugnahme von § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG die Legaldefinition von „Tochterunternehmen“ in § 22 Abs. 3 WpHG gilt, welche im Interesse der Aufdeckung zwischengeschalteter Gesellschaften sehr weitreichend ist. Einbezogen sind nicht nur Unternehmen, auf die beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann, sondern auch solche, die § 290 HGB als Tochterunternehmen definiert.82 Diese Vorschrift wiederum begründet unter anderem bei mehrheitlicher Stimmrechtsbeteiligung eine Mutter-Tochter-Beziehung (§ 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB), da mit der Stimmrechtsmehrheit typischerweise die Möglichkeit beherrschender Einflussnahme einhergeht. Auf die tatsächliche Ausübung des Einflusses kommt es nicht an – ein Gedanke der sich auch in § 17 Abs. 2 AktG findet.83 Damit werden auch nicht 100%-ige Tochterunternehmen in den Anwendungsbereich des § 28 WpHG geführt, verbunden mit dem Problem, dass Verstöße des herrschenden Gesellschafters sich auch zu Lasten der Minderheitsgesellschafter auswirken.84 Hinzu kommt, dass die wohl h. L. auch Fälle erfasst wissen möchte, in denen eine Beherrschung aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht stattfindet, etwa wegen eines Entherrschungsvertrages.85 Da der Wortlaut keine Be82 Die bisherige zweigeteilte Struktur des § 290 HGB (hierzu Heinrich, Transparenzbestimmungen, S. 78 ff.), die neben dem sog. Control-Konzept des § 290 Abs. 2 a. F. auf die Ausübung einheitlicher Leitung i. S. d. § 18 AktG durch ein Mutterunternehmen abstellt (§ 290 Abs. 1 HGB), wurde durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) aufgegeben. § 290 Abs. 1 HGB verlangt nunmehr bloß die Möglichkeit beherrschender Einflussnahme, was dem Wortlaut des § 22 Abs. 3 WpHG entspricht. Anders als nach § 290 Abs. 1 HGB a. F. kommt es nicht mehr darauf an, ob eine Einflussnahme tatsächlich stattfand. Die Möglichkeit beherrschender Einflussnahme ist in den enumerativ aufgeführten Fällen in § 290 Abs. 2 HGB, die durch das BilMoG ausgeweitet und teilweise umgestaltet wurden, stets gegeben. Dem Verweis in § 22 Abs. 3 WpHG auf § 290 HGB kommt daher nur insoweit eigene Bedeutung zu, als die Regelbeispiele für das Vorliegen der Einflussnahmemöglichkeit nach § 290 Abs. 2 HGB zur Anwendung kommen. Zur Neukonzeption von § 290 HGB durch das BilMoG Kozikowski/Ritter, in: Beck’scher Bilanzkomm, § 290 Rn. 6 ff.; insbesondere mit Blick auf § 22 Abs. 1 Nr. 1 WpHG Rulf, Zurechnungstatbestände, S. 105 ff. 83 Hierzu Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 17 Rn. 8. 84 Krit. auch Zollner, GesRZ 2010, 146, 152. 85 von Bülow, in: KK/WpHG, § 22 Rn. 237; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 22 Rn. 32; Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 82.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

herrschungsmöglichkeit voraussetze und eine Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung im Unterschied zu § 17 Abs. 2 AktG nicht vorgesehen sei, müsse ausschließlich auf die formalrechtliche Inhaberschaft der Stimmrechte abgestellt werden. Auf deren tatsächliche Ausübbarkeit komme es nicht an. Für den Rechtsverlust hat dies zur Folge, dass Tochterunternehmen ihre Rechte aus Aktien verlieren, obwohl die Mutter die Ausübung dieser Rechte nicht beeinflussen kann. Mit dem Sachgrund der Erstreckung des § 28 WpHG auf Dritte steht das nicht in Einklang. Wenn die Mutter ihre Stimmrechtsmacht nicht ausüben kann, findet weder eine Verlagerung der Chancen und Risiken statt, noch besteht die Gefahr einer Umgehung des Rechtsverlusts. Entgegen der h. L. ist im Rahmen des § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB daher auf die materielle Ausübungsmöglichkeit der Stimmrechtsmacht abzuheben.86 Die Richtigkeit dieser Auslegung belegt § 290 Abs. 4 HGB, wonach es maßgeblich darauf ankommt, welche Stimmrechte die Mutter ausüben kann. Ist ausgeschlossen, dass die Mutter die Ausübung der Aktienrechte, welche von der Tochter am Emittenten gehalten werden, beeinflussen kann, kommt ihr selbst bei wirtschaftlicher Betrachtung keine dem Eigentümer vergleichbare Position zu. Der gefundene Sachgrund, der die Ausdehnung des § 28 WpHG rechtfertigt, liegt dann nicht vor. Der Meldeverstoß der Mutter führt folglich ausschließlich dann – aber auch immer dann – zum Rechtsverlust ihr nachgestellter, rechtskonform meldender Unternehmen, wenn der Mutter die Möglichkeit beherrschender Einflussnahme zusteht.87 Diese Möglichkeit wird bei Stimmrechtsmehrheit vermutet. Gelingt indes die Widerlegung dieser Vermutung, was anhand der zu § 17 Abs. 2 AktG entwickelten Grundsätze beurteilt werden kann,88 wirkt der Rechtsverlust nicht konzernweit. Das ist etwa bei Bestehen eines Entherrschungsvertrages denkbar. Auch könnte die Tochter vorbringen, dass sie mit ihrer Beteiligung am Emittenten eigene, nicht dem Konzerninteresse oder dem Interesse der Mutter unterworfene Zwecke verfolgt. Nicht ausreichend ist, dass die bestehende Möglichkeit beherrschenden Einflusses rein faktisch nicht ausgeübt wird.89 c) § 22 Abs. 2 WpHG – acting in concert Im Unterschied zu § 59 S. 1 WpÜG ist das acting in concert nicht in den Tatbestand des § 28 WpHG aufgenommen. Jedoch ergibt sich die Einbeziehung aus der Systematik der Meldetatbestände. Da § 22 Abs. 2 WpHG eine gegenseitige Stimmrechtszurechnung auslöst, ist jeder Beteiligte eigenständig meldepflichtig. 86

So auch Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 22 WpHG Rn. 14. Dahingehend nun auch Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 28 WpHG Rn. 8 a. E. 88 Zur Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 17 Rn. 35 ff.; Koppensteiner, in: KK/AktG, § 17 Rn. 100 ff. 89 Allg. M., vgl. Hüffer, AktG, § 17 Rn. 19; Fett, in: Bürgers/Körber, AktG, § 17 Rn. 28; Bayer, in: MüKo/AktG, § 17 Rn. 93; Krieger, in: MüHdb/AG, § 68 Rn. 55. 87

B. Grundsatzkritik am Rechtsverlust

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Folgerichtig verliert jeder Beteiligte seine Rechte aus Aktien, wenn er das Berühren einer Schwelle nicht meldet, und zwar auch dann, wenn die Schwelle erst kraft Zurechnung überschritten wurde. Das folgt unmittelbar aus § 28 S. 1 WpHG, ohne dass § 22 Abs. 2 WpHG dort genannt sein müsste.90 Weiter folgt für das acting in concert, dass ein Beteiligter, der seine Mitteilungspflicht erfüllt, nicht deshalb seine Rechte verliert, weil der Partner der Stimmrechtskoordination dies nicht tut.91 Andererseits verliert er aber seine Rechte, wenn er nicht meldet, was auch dann gelten soll, wenn die übrigen Beteiligten zutreffend gemeldet haben.92 Weber-Rey trägt hiergegen vor, dass die gesetzlich bezweckte Transparenz eingetreten sei, weshalb der Rechtsverlust nur noch der Bestrafung diene.93 Dem kann insoweit beigetreten werden, als dem Kapitalmarkt in der Tat sowohl die Tatsache, dass eine Verhaltensabstimmung stattgefunden hat als auch deren Teilnehmer nicht verborgen bleiben. Seinem Primärzweck, der Durchsetzung von Meldepflichten, kann § 28 WpHG demzufolge nicht mehr nachkommen. Gleichwohl ist eine einschränkende Auslegung nicht möglich. Da § 22 Abs. 2 WpHG eine gegenseitige Stimmrechtszurechnung anordnet, sind sämtliche Beteiligte mitteilungspflichtig, und zwar unabhängig voneinander. Die Mitteilung nur eines Meldepflichtigen wirkt nach der gesetzlichen Konzeption für die übrigen Beteiligten eines acting in concert nicht entlastend. Ausnahmen sind nur für den Konzern vorgesehen, sofern die Muttergesellschaft nach Maßgabe des § 24 WpHG verfährt. Zu kritisieren ist daher nicht der Umstand, dass diese Fälle zum Rechtsverlust führen, was sich aus dem Grundsatz der Doppelt- oder Mehrfachmitteilungen im Falle eines acting in concert ergibt. Kritikwürdig ist allenfalls die Konzeption wechselseitiger Zurechnung, die eine Vielzahl einzelner Stimmrechtsmitteilungen schafft, die im Kern dasselbe aussagen (Stichwort: information overload).94 d) Einbeziehung weiterer Zurechnungsfälle? Keine Erstreckung sieht der Wortlaut des § 28 WpHG für die weiteren Zurechnungsfälle des § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 3–6 WpHG vor. Dass hierdurch Umgehungsmöglichkeiten eröffnet werden, lässt sich anhand der Sicherungsübereignung (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG) aufzeigen: Obwohl das Stimmrecht dem Sicherungsnehmer als formalem Eigentümer der Aktien zugeordnet ist, nimmt der Si90

Vgl. auch das Beispiel von Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 833. OLG München AG 2009, 793, 794; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 56; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.448. 92 OLG München AG 2009, 793, 794; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 56. 93 Weber-Rey, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 23 Rn. 122. 94 Krit. daher Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 22 WpHG Rn. 33, 58 a. E.; auch Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 116 „nicht ein Maximum, sondern ein Optimum an Information“. 91

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

cherungsgeber regelmäßig auf die Stimmrechtsausübung Einfluss. Das eröffnet einem Investor die Möglichkeit, durch Sicherungsübereignung jeweils nicht meldepflichtiger Beteiligungen, heimlich ein Paket aufzubauen und trotz Unterlassen der kraft Zurechnung erforderlichen Meldung das Stimmrecht seinem Willen entsprechend durch den Sicherungsnehmer ausüben zu lassen. Auch wenn aufgrund dieses Beispiels im Schrifttum eine Ausdehnung des Rechtsverlusts auf weitere Fälle erwogen wird,95 lässt der Wortlaut dies nicht zu, so dass die Frage eine rechtspolitische bleibt. Dabei geben aber selbst die Befürworter der Ausdehnung mögliche Unbilligkeiten zu bedenken.96 Diese sprechen in der Tat gegen die Ausdehnungsbestrebungen, zumal nachgerade auch der rechtskonform Agierende seine Aktienrechte verlieren würde, ohne auf die Erfüllung der Mitteilungspflicht Einfluss nehmen zu können. Ferner ist eine Erstreckung des Rechtsverlusts auf Dritte nur angezeigt, wenn ein besonderes Näheverhältnis zwischen formalem und wirtschaftlichem Aktieninhaber besteht. Dieses ließe sich allenfalls bei der Sicherungsübereignung nach Nr. 3 bejahen, nicht aber für die Fälle nach Nr. 4– 6.97 Doch wäre mit der Ausweitung von § 28 WpHG ein weiterer Anstieg missbräuchlicher Anfechtungsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse, auf welche sogleich vertieft einzugehen ist, erreicht, so dass de lege ferenda mehr gegen als für eine Erstreckung auf bisher nicht erfasste Zurechnungsfälle spricht. 2. Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen Da § 28 WpHG nur die Verletzung von Stimmrechtsmitteilungspflichten, nicht aber der Veröffentlichungspflicht nach § 26 WpHG erfasst, gehört der Emittent nicht zum Adressatenkreis des Rechtsverlusts. Dennoch strahlt die Sanktion eine belastende Wirkung auf sein Ordnungsgefüge aus, was Spannungen zwischen der bezweckten Verhaltenssteuerung zur Sicherung der Informationsversorgung des Marktes und den Rechten Dritter, namentlich des Emittenten, offenbart. Negative Konsequenzen ergeben sich zunächst, wenn der Aktionär trotz Rechtsverlusts gesperrte Aktienrechte ausübt. Infolgedessen kann es zu fehlerhaften Gewinnausschüttungen kommen, welche langwierige Auseinandersetzungen über die Rückabwicklung nach sich ziehen können.98 Ungleich bedeutsamer ist das dem Rechtsverlust innewohnende Anfechtungspotential.99 95 Einbeziehung von Nr. 3, 4, 6 befürwortend Witt, Übernahmen, S. 267 ff.; für § 59 WpÜG: Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 29; sympathisierend Santelmann, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 59 Rn. 34. Ausschließlich Einbeziehung von Nr. 3 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 35; Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 59 Rn. 78. 96 Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 29. 97 I. Erg ebenso eine Ausweitung von § 59 WpÜG auf § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 4–6 WpÜG unter Anführung von Art. 14 GG ablehnend Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 59 Rn. 80. 98 Beispielsweise LG München I AG 2009, 171 – HVB/UniCredito.

B. Grundsatzkritik am Rechtsverlust

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In Anfechtungsprozessen wird regelmäßig vorgebracht, ein Hauptaktionär sei wegen Verletzung von Meldepflichten gem. § 28 WpHG nicht stimmberechtigt gewesen, weshalb dem Hauptversammlungsbeschluss die erforderliche Mehrheit fehle. Diese Rüge zählt zu einer der am häufigsten vorgebrachten Anfechtungsgründe.100 Die Streuwirkung des Rechtsverlusts zu Lasten des Emittenten kann daher nicht mehr als „Kollateralschaden“ abgetan werden, sondern stellt ein zu lösendes Problem dar, zumal hauptsächlich Strukturmaßnahmen, allen voran Squeeze-Out Beschlüsse und Kapitalmaßnahmen, betroffen sind.101 Das beruht darauf, dass derartige Strukturmaßnahmen, erst durch Eintragung ins Handelsregister wirksam werden. Diesen Akt setzt der Registerrichter bei anhängigen Verfahren aus (§ 381 FamFG). Es tritt eine Registersperre ein. Diese macht sich der Berufskläger, für den nicht die objektive Rechtmäßigkeitskontrolle des angefochtenen Beschlusses, sondern die Erlangung vermögenswerter Sondervorteile von primärem Interesse ist, zu Nutze, indem er sich den „Lästigkeitswert“ der Klage abkaufen lässt.102 Er verwendet somit das Anfechtungsrecht missbräuchlich.103 § 28 WpHG dient ihm dabei als „Hebel“, um das Anfechtungsrecht geltend zu machen.104 Der Umstand, dass der Kläger das Vorliegen eines Rechtsverlusts zu beweisen hat,105 gebietet dieser Praxis schon deshalb keinen Einhalt, weil der Registerrichter in Zweifelsfällen gehalten ist, die Eintragung auszusetzen. Derartige Zweifelsfälle treten gerade im von tatsächlichen und rechtlichen Unwägbarkeiten geprägten Recht der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz auf. Die Auswirkungen auf Seiten der AG können erheblich sein; man denke nur an unaufschiebbare Sanierungsmaßnahmen, die durch unerhebliche Meldeverstöße blockiert werden. Mit der Wichtigkeit des eintragungspflichtigen Beschlusses steigt für den Vorstand die Bereitschaft, einen Vergleich mit dem Berufskläger „zu erkaufen“, um finanzielle oder gar existentielle Risiken infolge der Registersperre von der AG abzuwenden.

99 Hierauf hinweisend schon Happ, JZ 1994, 240, 244; ferner Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 3; Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 934; Meyer/Kiesewetter, WM 2009, 340, 344; Flume, Konzern 2009, 385, 387; Scholz, AG 2009, 313, 313. 100 Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629, 1640. 101 Aus jüngster Zeit zum Squeeze-Out etwa BGHZ 180, 154, 168 – Wertpapierdarlehen; KG AG 2009, 30, 37 f.; OLG Düsseldorf AG 2009, 535, 536; zum Delisting OLG Stuttgart AG 2009, 124, 127. 102 Zur Strategie der Berufskläger allgemein Hess/Leser, in: FS U. H. Schneider, S. 519, 521 ff. 103 Zum Missbrauch des Anfechtungsrechts grundlegend BGHZ 107, 296, 308 ff. – Kochs Adler; siehe auch statt vieler K. Schmidt, in: GK/AktG, § 245 Rn. 47 ff.; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245 Rn. 38 ff.; jüngst Hess/Leser, in: FS U. H. Schneider, S. 519. 104 Scholz, AG 2009, 313, 313. 105 Zur Beweislastverteilung OLG Stuttgart AG 2009, 124, 127.

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Durch die so eröffnete funktionswidrige Verwendung des Beschlussmängelrechts motiviert, wird zunehmend eine restriktive Handhabung des § 28 WpHG befürwortet.106 Zu bedenken wird allerdings gegeben, dass Berufskläger zusätzlich Anfechtungspotentiale weiterer aktien- und kapitalmarktrechtlicher Vorschriften, allen voran die Verletzung von Frage- und Auskunftsrechten, in Stellung bringen.107 Rechtstechnisch sei es daher vorzugswürdig, missbräuchlichen Anfechtungsklagen auf der Ebene des Aktienrechts zu begegnen.108 Andererseits ist festzustellen, dass die bisher von Gesetzgeber sowie Rechtsprechung und Lehre ergriffenen Maßnahmen im Wesentlichen nicht die erhoffte Wirkung gezeigt haben.109 Insbesondere das Freigabeverfahren, das ohnehin nur bei bestimmten, wiewohl besonders anfechtungsanfälligen, Strukturbeschlüssen Hilfe verspricht,110 sowie die Rechtsfigur des Missbrauchs des Anfechtungsrechts,111 bieten keinen umfänglichen Schutz gegen das Gewerbe der Berufskläger. So reicht allein die Tatsache, dass eine als Berufskläger bekannte Person die Anfechtungsklage einreicht, nicht aus, um diese als unbegründet abzuweisen. Der Missbrauch des Anfechtungsrechts ist vielmehr stets nachzuweisen, was angesichts der durchaus hohen Anforderungen, die der BGH an diesen Nachweis stellt, häufig nicht gelingt.112 Ohnehin wird die Verletzung von Mitteilungspflichten als derart schwerwiegend betrachtet, dass ein Freigabeverfahren nicht in Betracht kommt.113 Bisher haben auch die mit dem UMAG114 sowie, wie man aus der Praxis vernimmt, dem ARUG115 durchgeführten Reformen nicht den gewünschten Erfolg gebracht.116 Das BMJ lässt jedenfalls überprüfen, inwieweit das ARUG den Missbrauch des Klagerechts eindämmen konnte.117 Räuberische Ak106 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 3; Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1220; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 1; Scholz, AG 2009, 313, 313. 107 Übersicht bei Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629, 1640. 108 Teichmann/Epe, WM 2010, 1477, 1482; dahingehend auch Fleischer, AG 2008, 873, 881; Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 325. 109 Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629, 1633 f.; Hüffer, AktG, § 245 Rn. 22; ferner Hess/Leser, in: FS U. H. Schneider, S. 519, 523 ff.; zu Inkonsistenzen im derzeitigen Beschlussmängelrecht Habersack/Stilz, ZGR 2010, 710, 715 ff. 110 Ein Freigabeverfahren ist vorgesehen bei Eingliederungs-, Squeeze-Out- und Umwandlungsbeschlüssen (§§ 319 Abs. 6, 327e Abs. 2 AktG, 16 Abs. 3 UmwG) sowie Beschlüssen über Kapitalmaßnahmen (§ 246a AktG). 111 Grundlegend BGHZ 107, 296, 308 ff. – Kochs Adler. 112 Flume, Konzern 2009, 385, 386; Happ, in: FS K. Schmidt, S. 545, 545. 113 OLG München AG 2005, 407. 114 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v. 22.9.2005, BGBl. I, S. 2802. 115 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I, 2497. 116 Krit. auch Habersack/Stilz, ZGR 2010, 710, 713 ff., 721 ff. 117 Ausgeschrieben ist ein rechtstatsächliches Forschungsvorhaben, mit der Frage: „Hat das ARUG die erhoffte Beschleunigung der Freigabeverfahren gebracht und insge-

B. Grundsatzkritik am Rechtsverlust

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tionäre werden wohl auch nicht dadurch abgeschreckt, dass sie für ihre Vorgehensweise haftbar gemacht werden können. Zwar hat der BGH kürzlich der Nanoinvest AG Schadensersatz gegen einen Berufskläger zugesprochen,118 doch wird die Chance auf Profit das Risiko, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, häufig überwiegen. Das Risiko ist vor allem deshalb gering, weil der Anspruch auf § 826 BGB beruht, der insofern hohe Hürden aufstellt. Ferner zeigen sich schon erste Tendenzen, § 826 BGB in diesem Zusammenhang teilweise einschränkend auszulegen.119 Auch könnte der verlängerte Rechtsverlust unberechtigten Anfechtungsklagen Vorschub leisten.120 Das gilt insbesondere, weil die Abgrenzung zwischen der – die Verlängerung auslösenden – grob fahrlässigen und der – unschädlichen – einfach fahrlässigen Nichterfüllung schwer fällt. Vor diesem Hintergrund spricht alles dafür, zusätzlich durch eine enge Auslegung auf der Ebene des § 28 WpHG anzusetzen. Nur so lässt sich die Hebelwirkung des Rechtsverlusts zur Beschlussanfechtung adäquat eindämmen.

IV. Schlussfolgerung Das Regelungsanliegen des § 28 WpHG, mitgliedschaftlich vermittelte Macht bei Verletzung deren formeller Offenlegung zu beschneiden, um die Durchsetzung der für den Kapitalmarkt unerlässlichen Transparenz zu erreichen, ist im Kern richtig. Hierfür bedarf es spürbarer Rechtsfolgen. Schwierigkeiten treten aber auf, weil auch Aktionäre betroffen sind, die zur Herstellung transparenter Beteiligungsstrukturen bereit sind und lediglich in (fahrlässiger) Verkennung rechtlicher oder tatsächlicher Umstände Meldepflichten übersehen oder fehlerhaft melden. Zudem werden Dritte teils unmittelbar (vgl. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 WpHG), teils mittelbar (missbräuchliche Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen) erfasst. Diese schon an sich sehr problematische Streuwirkung wird noch verstärkt, wenn man den Anwendungsbereich von § 28 WpHG mit einer weit verbreiteten Auffassung „zur präventiven Vermeidung von Nachlässigkeiten“ weit spannt.121 Das scharfe Schwert des Rechtsverlusts würde damit nicht nur auf geringfügige Meldeverstöße, denen ein Meldepflichtiger angesichts der Fehleranfälligkeit einer Stimmrechtsmitteilung durchaus schnell erliegen kann,

samt die Problematik der räuberischen Anfechtungsklagen entschärf?“, vgl. Bundesanzeiger v. 7.4.2011, Nr. 55, S. 1313. 118 BGH BB 2010, 2249 m. Anm. Peitsmeyer/Theusinger, EWiR 2010, 805; zu § 826 BGB als Instrument gegen Berufskläger auch Hess/Leser, in: FS U. H. Schneider, S. 519, 530 f. 119 OLG Hamburg NZG 2011, 232. 120 Meyer/Kiesewetter, WM 2009, 340, 344; Süßmann/Meder, WM 2009, 976, 979. 121 So aber Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 28 WpHG Rn. 3; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 28; Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 96; ferner Vocke, BB 2009, 1600, 1602.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

sondern auch auf Verdachtsfälle erstreckt. Das kann schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht überzeugen. Die Maßgabe bei der Anwendung von § 28 WpHG muss sein, Zurückhaltung zu üben.122 Denn im Fokus des § 28 WpHG steht der taktisch kalkulierte Meldeverstöße zum heimlichen Beteiligungsaufbau, den es in der Tat durch scharfe Sanktionen zu verhindern gilt. Derartige perfide Manöver sind jedoch nicht derart häufig wie es die Diskussion um die Fälle Schaeffler/Continental oder Porsche/VW, unterstellt man einmal das Vorliegen eines Meldeverstoßes, nahelegen mögen. Vielmehr lässt sich der Verwaltungspraxis der BaFin entnehmen, dass die Mehrzahl der Marktteilnehmer bemüht ist, das Pflichtenprogramm der §§ 21 ff. WpHG einzuhalten.123 Nach alledem ist eine einschränkende Handhabung des Rechtsverlusts geboten.

C. Tatbestandsvoraussetzungen I. Nichterfüllung von Meldepflichten 1. Beschränkung auf § 21 Abs. 1, 1a WpHG Zunächst setzt der Rechtsverlust ausweislich seines Wortlauts voraus, dass eine Mitteilungspflicht nach § 21 Abs. 1, 1a WpHG nicht erfüllt wurde. Er kann daher als gedachter Abs. 4 zu § 21 WpHG gelesen werden. Wegen des aufgrund seines Strafcharakters zu berücksichtigenden Analogieverbots kann er analog weder auf andere Meldepflichten erstreckt noch in dem Fall angewandt werden, wenn trotz tatsächlich nicht bestehender Mitteilungspflicht eine Stimmrechtsmitteilung abgegeben wird.124 Dass andere Mitteilungspflichten, insbesondere §§ 25, 25a und 27a WpHG nicht erfasst sind, erklärt sich wie folgt: Finanzinstrumente gewähren lediglich einen Anspruch auf Aktienerwerb; die Aktien stehen aber noch im Eigentum eines selbst meldepflichtigen Dritten. Der Inhaber der Finanzinstrumente hat also keine Aktienrechte inne, an denen der Rechtsverlust eintreten könnte.

122 Nicht zu folgen ist Heinsius, in: FS Fischer, S. 215, 226 – „§ 20 Abs. 7 AktG soll so scharf sein, wie nur irgend möglich“. 123 Im Berichtsjahr 2006 hat die BaFin bei 4.178 eingehenden Stimmrechtsmitteilungen 24 Verfahren eröffnet und 91 Bußgelder verhängt, BaFin, Jahresbericht 2006, S. 178 f. Im Berichtsjahr 2007 standen bei 9.135 Mitteilungen 29 Verfahren und 11 Bußgelder entgegen, BaFin, Jahresbericht 2007, S. 187 f. Im Berichtsjahr 2008 war ein Anstieg auf 228 Verfahrenseröffnungen bei 8.242 Mitteilungen zu verzeichnen, der auf Unsicherheiten infolge des RBG beruht. Das Berichtsjahr 2009 schloss mit 5.711 Mitteilungen, 342 Verfahren (wobei 251 Verfahren noch aus dem Vorjahr stammten) und 21 Bußgeldern. Sowohl absolut, als auch prozentual ist der Anteil an Ahndungen wegen Meldeverstößen folglich gering. 124 Unzutreffend daher Tautges, BB 2010, 1291, 1295. Zum Analogieverbot bezüglich § 28 WpHG Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 Rn. 1, 7; Sudmeyer, BB 2002, 685, 691.

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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Daher löst die Verletzung von §§ 25, 25a WpHG nicht den Rechtsverlust aus.125 Da auch das, verglichen mit den finanziellen Vorteilen, die eine verdeckte Übernahme bringen kann, gering bemessene Bußgeld keine hinreichende Abschreckung bietet, offenbart sich, dass schlagkräftige zivilrechtliche Durchsetzungsinstrumente in Bezug auf meldepflichtige Finanzinstrumente fehlen. Für § 27a WpHG hat der Gesetzgeber, wie bereits ausgeführt, ausdrücklich von einer Sanktionierung mit dem Rechtsverlust abgesehen. Ebenfalls nicht vom Tatbestand erfasst ist der Verstoß gegen die Veröffentlichungspflicht gem. § 26 WpHG durch den Emittenten.126 Ein Rechtsverlust des Emittenten wäre aber ohnehin nur bezüglich eigener Aktien denkbar. Allerdings gewähren eigene Aktien schon gem. § 71b AktG der Gesellschaft keine Rechte zu.127 Im Übrigen sind Verstöße gegen die Veröffentlichungspflicht in der Praxis nur selten zu beobachten, so dass kein Bedarf nach scharfen Sanktionen besteht. 2. Reichweite der Gleichstellung von Nicht- und Schlechterfüllung Wie bereits festgestellt, stellen im Grundsatz sowohl gänzlich unterlassene als auch fehlerhafte Stimmrechtsmitteilungen eine Nichterfüllung i. S. d. § 28 S. 1 WpHG dar.128 Wollte man dies zu einem allgemeingültigen Gleichstellungsgrundsatz erheben, würden selbst geringfügige Meldeverstöße, die keine Irritationen am Markt herbeiführen, mit dem Verlust von Mitgliedschaftsrechten sanktioniert. Der Konflikt mit dem Übermaßverbot, das Ausfluss des verfassungsrechtlich verbürgten Verhältnismäßigkeitsprinzips ist,129 liegt auf der Hand. Es wird daher nicht bezweifelt, dass nicht jede Schlechterfüllung den Rechtsverlust auslösen kann.130 Ungeklärt ist allerdings die Folgefrage, welche Fälle der Schlechterfüllung von der Rechtsfolge des § 28 S. 1 WpHG auszunehmen sind. Die h. M. behilft sich einer umfangreichen Kasuistik, die trotz weitgehend identischer Ergebnisse mitunter uneinheitlich ist. Exemplarisch sei die fehlerhafte Angabe des quotalen Stimmrechtsanteils genannt (sog. Herauf- und Herabmelden). Während manche diesen Fehler als zum Rechtsverlust führend ansehen,131 halten andere ihn jedenfalls dann für irrelevant, wenn die maßgebliche

125 Für § 25 WpHG: LG Berlin, Urt. v. 11.3.2009 – Az. 100 O 17/07 (unveröffentlicht); Korff, AG 2008, 692, 698; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22, § 25 WpHG Rn. 13; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 22 Rn. 104; für § 25a DiskEWpHG: Brandt, BKR 2010, 270, 275. 126 Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 22 Anh. Rn. 105. 127 Hüffer, AktG, § 71b Rn. 3; Merkt, in: GK/AktG, § 71b Rn. 14. 128 Hierzu § 3 C. II. 2., S. 90 ff. 129 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. 107 ff. 130 Statt aller U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 19. 131 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 29; U. H. Schneider, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 28 Rn. 19; Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 96.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

Meldeschwelle zutreffend angegeben wurde132. Die Auswirkungen der Divergenz sind erheblich. Das zeigt folgendes Beispiel: Die Muttergesellschaft eines verzweigten Konzerns, meldet für den Gesamtkonzern gem. § 24 WpHG frist- und formgerecht einen Stimmrechtsanteil von 5,35% aus eigenen und ihr zugerechneten Stimmrechten, hat dabei allerdings den Anteil eines Tochterunternehmens i. H. v. 2,10% übersehen. Da ihr dieser zuzurechnen ist (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG), erhöht sich der zu meldende Stimmrechtsbestand auf 7,45%. Obwohl die überschrittenen Schwellenwerte von 3% und 5% korrekt angegeben wurden, liegt ein inhaltlicher Meldefehler vor. Dieser zieht nach erstgenannter Ansicht einen konzernweiten Rechtsverlust nach sich. Nach der Gegenansicht ist § 28 WpHG hingegen nicht anwendbar; es droht allenfalls ein Bußgeld. Dieses Beispiel veranschaulicht, dass die Kasuistik nicht in jeder Hinsicht eine dem Gebot der Rechtssicherheit standhaltende Bewertung, welche Fälle der Schlechterfüllung vom Rechtsverlust auszunehmen sind, ermöglicht. Eine Fallgruppenbildung könnte angesichts der unüberschaubaren Vielfältigkeit denkbarer Mitteilungsfehler auch kaum abschließend sein.133 Notwendig sind daher allgemeine Maßstäbe. Den rechtstechnischen Ansatzpunkt hierfür bildet das auf vollständig unterlassene Meldungen gerichtete Blickfeld des § 28 WpHG. Das kommt nicht nur im Wortlaut von S. 1 zum Ausdruck, sondern insbesondere in S. 2, der die Privilegierung des Verlusts bestimmter Vermögensrechte ausdrücklich vom Unterlassen abhängig macht. Bei vollständigem Unterlassen erlangt die Kapitalmarktöffentlichkeit – abgesehen von eigenen Nachforschungen, die das Informationssystem der §§ 21 ff. WpHG dem Anleger gerade ersparen möchte – keine Kenntnis von der Veränderung der Stimmrechtsanteile am Emittenten. Dass auch fehlerhafte Mitteilungen einbezogen sind, beruht auf einer funktionsorientierten weiten Auslegung des Merkmals „nicht erfüllt“. Dahinter steht, dass auch inhaltliche Meldefehler ein Informationsdefizit auslösen können, das dem einer fehlenden Mitteilung entspricht.134 Soweit das der Fall ist, rechtfertigt die Ratio des § 28 S. 1 WpHG seine Anwendung. Umgekehrt ist der Verlust von Mitgliedschaftsrechten aber weder notwendig noch gerechtfertigt, wenn die Mitteilung trotz Fehlerhaftigkeit ihren Informationszweck erfüllt.135 Nicht überzeugen kann deshalb der von der h. M. verfolgte Ansatz, strenge Maßstäbe anzulegen, wenn es darum geht, Ausnahmen vom Rechtsverlust zuzulassen.136 In der Sache wird eine Baga-

132 Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1229; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 5; tendenziell auch Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 14. 133 Darauf zu Recht hinweisend Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 13. 134 Scholz, AG 2009, 313, 315; Heinrich/Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 138. 135 Hüffer, AktG, § 20 Rn. 22; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1333; wohl auch KG AG 2009, 30, 38; OLG Düsseldorf AG 2010, 711, 712; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.447 a. E.

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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tellgrenze geschaffen, die lediglich formale Mängel und geringfügige inhaltliche Ungenauigkeiten vom Rechtsverlust ausnimmt. Abgesehen von pauschalen Ausnahmen wäre jede Schlechterfüllung unter das Merkmal „nicht erfüllt“ zu subsumieren. Damit würde die Gleichstellung fehlender und fehlerhafter Mitteilungen zum normativen Grundsatz erhoben, der lediglich ex-post durch eng gefasste Bagatellausnahmen korrigiert wird. Ein solcher Grundsatz existiert jedoch nicht. Wortlaut und Systematik bringen vielmehr zum Ausdruck, dass das Augenmerk des Rechtsverlusts auf dem gänzlichen Unterlassen einer Mitteilung liegt. Diese Konzeption und die Ratio des § 28 WpHG erfordern eine Prüfung der Auswirkungen der Falschinformation auf den Kapitalmarkt, so dass die Kontrolle schon ex-ante, d.h. auf Tatbestandsebene, stattfindet. Entgegen der h. M. sind nicht die Ausnahmen der Gleichstellung, sondern bereits die Anwendung des § 28 WpHG auf die Schlechterfüllung restriktiv zu handhaben.137 Der Begriff der Nichterfüllung in § 28 WpHG wird damit schutzzweckorientiert ausgelegt.138 Die entscheidende Frage lautet mithin: Ist der konkrete Meldefehler geeignet, bei Anlagepublikum oder BaFin eine falsche Vorstellung über die Zusammensetzung des Aktionärskreises auszulösen? Bejahendenfalls führt die Schlechterfüllung zum Rechtsverlust, andernfalls nur zum Bußgeld. Die Mitteilung muss daher einen derartigen Grad an Fehlerhaftigkeit aufweisen, dass sie ihren Informationszweck nicht mehr erreicht. Das erfordert einen erheblichen Mitteilungsfehler, der ein nennenswertes Informationsdefizit am Kapitalmarkt zur Folge hat.139 Das wiederum ist anzunehmen, wenn die fehlerhafte Mitteilung zu einer Desinformation des Marktes oder der BaFin führt, die in ihrer Qualität einer unterlassenen Stimmrechtsmitteilung gleichsteht.140 Es müssen diejenigen Informationsasymmetrien auftreten, die die Beteiligungstransparenz verhindern möchte. Nur wenn bei wertender Betrachtung die Schlechterfüllung qualitativ der Nichterfüllung gleichsteht, kann davon gesprochen werden, dass die fehlerhafte Mitteilung die Pflicht aus § 21 Abs. 1, 1a WpHG „nicht erfüllt“. Mit dieser Formel wird ein Wertungsaspekt zugelassen, der dazu beiträgt, dass der Rechtsverlust seine Sanktionskraft ausschließlich dort entfaltet, wo der Schutzzweck des § 21 WpHG in relevanter Weise berührt ist. Der Rechtsverlust wird damit eng und un136 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 16 ff.; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 28; Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 28 WpHG Rn. 3; i. Erg. auch Vocke, BB 2009, 1600, 1604. 137 Ebenso Scholz, AG 2009, 313, 315; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 12. 138 So auch Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 13. 139 Scholz, AG 2009, 313, 315 f.; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 28 WpHG Rn. 4 a. E.; ders./Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 138; Süßmann, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 13 Rn. 29; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 22 Anh. Rn. 106; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1333; vgl. auch OLG Düsseldorf AG 2010, 711, 712 m. Anm. Selter, GWR 2010, 64. 140 Dahingehend auch Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 12.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

mittelbar an seinen Zweck, die von § 21 WpHG herzustellende Beteiligungstransparenz durchzusetzen, gekoppelt. Freilich dürfen die an die qualitative Gelichwertigkeit anzulegenden Maßstäbe nicht derart überspannt werden, dass im Ergebnis kaum je von der Gleichwertigkeit auszugehen ist. 3. Einzelfälle Trotz der Gebotenheit einer einzelfallabhängigen Bewertung des Meldefehlers sollen einige Fallgestaltungen exemplarisch untersucht werden, um die Reichweite der Gleichstellung von Nichterfüllung und Schlechterfüllung aufzuzeigen. Das Vorgehen orientiert sich an den Pflichtangaben gem. § 17 Abs. 1, 2 WpAIV. a) Formale Mängel Da formale Mängel weder beim Anlagepublikum noch bei der Gesellschaft oder der BaFin falsche Vorstellungen auslösen, sind sie nicht erheblich.141 Das erkennt auch die Ansicht an, die die Gleichstellung als Regel betrachtet, da diese Fälle die erwogene Bagatellgrenze nicht überschreiten.142 Hierher gehören etwa Schreibfehler143, die Verwendung einer falschen oder das Fehlen einer Überschrift (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 WpHG), oder die falsche Bezeichnung des Meldepflichtigen, solange ohne großen Aufwand sein richtiger Name ermittelt werden kann. Ebenfalls unschädlich ist die falsche oder unvollständige Angabe der Adresse des Meldepflichtigen (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 WpAIV)144 oder die Bezeichnung der Stimmrechtsmitteilung als „Veröffentlichung nach § 26 Abs. 1 WpHG“ aufgrund falscher Verwendung einer EDV-Eingabemaske.145 b) Berühren einer Meldeschwelle Kern der Stimmrechtsmitteilung ist die Angabe der erreichten, überschrittenen oder unterschrittenen Meldeschwellen (§ 17 Abs. 1 Nr. 4 WpAIV). Fehler in diesem Bereich werden grundsätzlich die Qualität einer unterlassenen Mitteilung 141 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 450; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, Anh. § 22/§ 28 WpHG Rn. 2; Weber-Rey, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 23 Rn. 118. 142 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 28; Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 28 WpHG Rn. 3; Vocke, BB 2009, 1600, 1604. 143 OLG Düsseldorf AG 2006, 202, 205 – Zurechnung nach „§ 23 Abs. 1 Nr. 1 WpHG“ statt „§ 22 Abs. 1 Nr. 1 WpHG“. 144 OLG Düsseldorf AG 2010, 711, 712; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 19; Heinrich/Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 138; Fiedler, Mitteilungen über Beteiligungen, S. 128. Entgegen Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 29 kommt es nicht darauf an, ob die Angabe die Kontaktaufnahme noch ermöglicht. 145 Vgl. BaFin, Emittentenleitfaden, S. 172.

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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aufweisen, da die vom Gesetz bezweckte Herstellung von Beteiligungstransparenz nicht erreicht wird. Dabei sind allerdings folgende Einschränkungen geboten: Zum einen lösen Falschmitteilungen, die auf der fehlerhaften Veröffentlichung der Gesamtzahl der Stimmrechte gem. § 26a WpHG beruhen, den Rechtsverlust nicht aus.146 Denn auf die Richtigkeit dieser Angabe darf sich der Meldepflichtige verlassen. Zum anderen ist es unbeachtlich, wenn die vor dem korrekt angegebenen Höchstwert liegenden Schwellenwerte nicht angeführt werden, obwohl die BaFin die Anzeige sämtlicher berührter Meldeschwellen fordert.147 Ein Investor, der wahrheitsgemäß das Erreichen der Schwelle von 10% mitteilt, verliert seine Aktionärsrechte nicht, weil die Meldung lediglich nicht zugleich auch das Überschreiten der Schwellen von 3% und 5% ausweist. Die Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft werden nur vom höchsten Schwellenwert widergespiegelt. Auch lösen Fehler bei der Differenzierung zwischen „Erreichen“ und „Überschreiten“ von Schwellen keinen Rechtsverlust aus.148 c) Höhe des Stimmrechtsanteils Die nach § 17 Abs. 1 Nr. 5 WpAIV auszuweisende Höhe des Stimmrechtsanteils ist besonders fehleranfällig. Auslöser sind komplexe Beteiligungsverhältnisse und rechtliche Unsicherheiten bei der Auslegung der §§ 21 ff. WpHG, hauptsächlich der Zurechnungsvorschrift des § 22 WpHG. Doch auch wenn diese Angabe unmittelbar die Aktionärsstruktur des Emittenten offenbart, stehen nicht sämtliche Fehler in diesem Bereich einer Nichterfüllung qualitativ gleich.149 So etwa bei Rundungsfehlern bei Nachkommastellen, da diese Abweichung in den Beteiligungsverhältnissen keinen nennenswerten Niederschlag findet.150 Problematisch ist, wie beim vorstehend erwähnten Herauf- und Herabmelden zu verfahren ist. In diesen Fällen wird zwar die berührte Meldeschwelle korrekt mitgeteilt, der unmittelbar oder kraft Zurechnung gehaltene quotale Stimmrechtsanteil jedoch zu hoch bzw. zu niedrig angegeben. Für geringfügige absolute und relative Abweichungen des gemeldeten vom tatsächlich gehaltenen Anteil konstatiert das KG Berlin eine unerhebliche Schlechterfüllung.151 Noch einen Schritt weiter geht Mülbert, indem er das Herauf- bzw. Herabmelden vollständig vom 146

U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 26a Rn. 11. BaFin, Emittentenleitfaden, S. 134. 148 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 5. 149 A. A. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 19. 150 Heinrich/Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 139; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 5; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 5; einschränkend Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 1; a. A. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 19. 151 KG AG 2009, 30, 38 – Angabe von „26,25%“ statt „25,46%“ bzw. „86,63%“ statt „88,27%“. 147

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

Rechtsverlust ausnimmt.152 Solange die betroffene Meldeschwelle korrekt angegeben werde, sei die Qualität einer Nichterfüllung noch nicht erreicht. Offen bleibt, wie sich die Auffassung Mülberts zu § 28 S. 4 WpHG verhält, wonach die Verlängerung des Rechtsverlusts eine Abweichung des angegebenen vom tatsächlichen Stimmrechtsanteil in Höhe von 10% voraussetzt. Heinrich/Kiesewetter entnehmen dieser Vorschrift die Wertung, fehlerhafte Angaben von 10% seien stets relevant.153 Dahinter steht offenbar der Gedanke, dass bei einigen weit auseinanderliegenden Schwellenwerten, namentlich 30%, 50% und 75%, allein deren Nennung kein hinreichendes Bild über die Beteiligungsverhältnisse liefert, weshalb der konkreten Beteiligungsquote Bedeutung zukommt. Bei Kleinbeteiligungen erweist sich dieses Kriterium aber als untauglich: Meldet ein Aktionär aufgrund eines Rechenfehlers einen Stimmrechtsanteil von 3,00%, der in Wahrheit 3,30% beträgt, müsste konsequenterweise bereits ein erheblicher Mitteilungsfehler bejaht werden, obwohl äußerst fraglich ist, ob eine dem Unterlassen vergleichbare Irritation am Kapitalmarkt gegeben ist. Rechtfertigen ließe sich die Ansicht von Heinrich/Kiesewetter allenfalls in Bezug auf die hohen Schwellen von 30%, 50% und 75%. Gewiss ist das 10%-Kriterium auch der Rechtssicherheit zuträglich. Normativ rechtfertigen lässt es sich aber nicht. Da beginnend ab dieser Grenze immer eine relevante Schlechterfüllung vorläge, würden letztlich neue Meldeschwellen geschaffen, die der Gesetzgeber nicht vorgesehen hat. Wenn dann auch noch deren Verletzung mit dem strafrechtlich wirkenden Rechtsverlust sanktioniert wird, treten Heinrich/Kiesewetter in gefährlichen Widerspruch zum strafrechtlichen Analogieverbot, das im Rahmen von § 28 WpHG unbedingte Beachtung einfordert.154 Entgegen Mülbert kann das Herauf- und Herabmelden dem Rechtsverlust aber auch nicht generell entzogen werden. Vielmehr zeigt § 28 S. 3, 4 WpHG, und insoweit ist Heinrich/Kiesewetter zuzustimmen, dass nicht nur Falschangaben der in § 21 Abs. 1 WpHG enumerativ aufgeführten Schwellenwerte, sondern grundsätzlich auch fehlerhafte Angaben des konkreten prozentualen Stimmrechtsanteils den Rechtsverlust auslösen können. Das erfordert nach der hier zugrundegelegten Konzeption aber, dass trotz korrekt ausgewiesener Meldeschwelle die fehlerhaft mitgeteilte konkrete Stimmrechtsbeteiligung zu einer dem Unterlassen vergleichbare Fehlinformation des Kapitalmarktes führt. Das wird freilich nur ausnahmsweise zu bejahen sein, da die gesetzgeberische Entscheidung, bei hohen Beteiligungsquoten kein dichtes Netz an Meldeschwellen einzuführen, zu beachten ist. Das gebietet auch der Wortlaut des § 28 S. 1 WpHG, der den Eintritt des Rechtsverlusts von einer Verletzung der Pflicht nach § 21 Abs. 1, 1a WpHG, mithin der Mitteilung des Berührens der dort niedergelegten Schwellenwerte abhängig macht.

152 153 154

Mülbert, FS K. Schmidt, 1219, 1229. Heinrich/Kiesewetter, Der Konzern 2009, 137, 139. Zum Strafcharakter des Rechtsverlusts § 3 C. III. 2., S. 93 ff.

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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Neben der prozentualen Beteiligungsquote verlangt die BaFin darüber hinaus die exakte Angabe der absoluten Anzahl der gehaltenen und zugerechneten Stimmrechte.155 Fehler in diesem Bereich lösen keinen Rechtsverlust aus. Grund dessen ist, dass sowohl § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG als auch § 17 Abs. 1 Nr. 5 WpAIV ausschließlich die Nennung der quotalen Beteiligung, nicht der exakten Stimmrechtszahl, verlangen.156 Die Angabe der absoluten Stimmrechtszahl birgt für die Praxis ein ungeheuerliches Fehlerpotential, so dass der Rechtsverlust unverhältnismäßig erscheint. Ohnehin verstößt die Verknüpfung einer gesetzlich nicht geforderten Angabe mit einer strafähnlichen Sanktion gegen das zu beachtende Analogieverbot. d) Datum der Schwellenberührung Die Angabe des Datums, an dem eine Meldeschwelle tangiert wurde (§ 17 Abs. 1 Nr. 6 WpAIV), ist für die Prüfung durch die BaFin, ob die Mitteilungspflicht unverzüglich erfüllt wurde, unerlässlich.157 Auch die Gesellschaft kann anhand des Datums nachvollziehen, ob und seit wann ein Aktionär seine Rechte verloren hat, so dass sanktionsbefangene Aktionäre in der Hauptversammlung auf die Nichtausübbarkeit ihres Stimmrechts hingewiesen werden können.158 Ferner sind die Anleger auf zeitnahe Information angewiesen. Wird nämlich eine Beteiligungstransaktion zu spät gemeldet, wird der Markt für den Zeitraum des Verstoßes über die Veränderung wesentlicher Stimmrechtsbeteiligungen im Unklaren gelassen.159 Fehler in diesem Bereich haben daher regelmäßig eine Desinformation am Kapitalmarkt zur Folge, die einer vollständig unterlassenen Meldung qualitativ entspricht. e) Angabe zu Finanzinstrumenten Nach § 17 Abs. 1 Nr. 7 WpAIV muss die Stimmrechtsmitteilung gem. § 21 Abs. 1 WpHG aufführen, ob und wie viele Stimmrechte durch Ausübung von Finanzinstrumenten i. S. d. § 25 Abs. 1 S. 1 WpHG erlangt wurden. Fehlerhafte An155

BaFin, Emittentenleitfaden, S. 134. LG München ZIP 2004, 167, 168; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 21 WpHG Rn. 14; Scholz, AG 2009, 313, 316; Sudmeyer, in: Kuthe/Rückert/Sickinger, Compliance-Hdb, 8. Kap. Rn. 91. 157 Da der Tag der Schwellenberührung zu den Pflichtangaben der Stimmrechtsmitteilung gehört, muss er nicht mehr auf Nachfragen der BaFin festgestellt werden. Vor dem 3. FMFG war diese Angabe in § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG nicht vorgesehen. Der diesbezügliche Verwaltungsaufwand der BaFin entfällt daher, vgl. Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 94. 158 Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 145. 159 Heinrich/Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 139; i. Erg. auch Gelhausen/Bandey, WPg 2000, 497, 498; a. A. Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1229. 156

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

gaben in Bezug auf Finanzinstrumente sind unschädlich, da § 25 WpHG nicht in § 28 WpHG aufgeführt ist. Selbst wenn es durch Aggregation von Stimmrechten und Finanzinstrumenten (vgl. § 25 Abs. 1 S. 3 WpHG) zu einer weiteren Schwellenberührung kommt und eine Mitteilung nach § 25 WpHG unterbleibt, findet kein Rechtsverlust statt. Allerdings ist mit Ausübung des in den Finanzinstrumenten enthaltenen Erwerbsrechts eine Mitteilung gem. § 21 Abs. 1 WpHG abzugeben, so dass wiederum deren Nichterfüllung oder Schlechterfüllung den Rechtsverlust auslösen kann. f) Stimmrechtszurechnung Bei der nach § 17 Abs. 2 WpAIV anzugebenden Stimmrechtszurechnung ist zwischen dem Umstand, dass der Meldepflichtige sich Stimmrechte zurechnen lassen muss („Ob“) und dem Zurechnungsgrund („Wie“) zu differenzieren. Was zunächst das „Ob“ betrifft, könnte die Nichtangabe, dass eine Stimmrechtszurechnung stattgefunden hat, einem Unterlassen qualitativ gleichstehen. Dagegen lässt sich vorbringen, dass die Zurechnung bekanntlich keine Absorption bei demjenigen auslöst, dessen Stimmrechte zugerechnet werden. Er bleibt neben demjenigen, dem die Stimmrechte zugerechnet werden, selbständig mitteilungspflichtig.160 Da sich der Anleger ein zutreffendes Bild über die Verteilung wesentlicher Stimmrechtsanteile machen kann, ist der Transparenzzweck der §§ 21 f. WpHG erreicht. Diese Argumentation weist indes eine offene Flanke auf, wenn der Investor mit Hilfe von Tochtergesellschaften und Dritten, die jeweils unterhalb der 3%-Schwelle verbleiben, ein großes Aktienpaket aufbaut.161 Er muss offenlegen, dass kraft Zurechnung eine Meldeschwelle „in sonstiger Weise“ (§ 21 Abs. 1 S. 1 WpHG) tangiert wurde, und zwar auch dann, wenn er selbst keine Aktien des Emittenten hält.162 Enthält die Meldung aber keinen Hinweis auf die Zurechnung, entsteht am Kapitalmarkt der Eindruck, der Investor halte die gemeldeten Anteile in eigener Person. Da sich die Verhältnisse jedoch aufgrund der Beteiligung von Tochtergesellschaften und Dritten (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 WpHG) vielschichtiger darstellen als die fehlerhafte Mitteilung erkennen lässt, wird beim Anleger ein unzutreffendes Bild über die Aktionärsstruktur des Emittenten erzeugt. So kann die Kenntnis darum, dass die Aktien bei Tochterunternehmen und Treuhändern lagern, dem Anleger Aufschluss über potentielle Beteiligungsstrategien des meldepflichtigen Investors geben. Zudem dient die gesonderte Ausweisung der Stimmrechtszurechnung dazu, Missverständnisse zu verhindern, die eintreten können, weil nach dem Grundsatz der Doppelmitteilung 160

Vgl. zum Grundsatz der doppelten Meldepflicht schon § 2 B. II. 1. b), S. 34 f. Obwohl der Anteil der jeweiligen Aktionäre sich unterhalb der 3 %-Schwelle bewegt und daher nicht meldepflichtig ist, werden sie dem meldepflichtigen Investor zugerechnet, vgl. Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 22 Rn. 7. 162 Siehe nur Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 53. 161

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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der direkte Aktionär und derjenige, dem die Stimmrechte zugerechnet wird, eine Stimmrechtsmitteilung abzugeben haben. Die Tatsache, dass eine Zurechnung stattgefunden hat, ist daher von wesentlicher Bedeutung, sodass deren Nichtausweisung regelmäßig als Nichterfüllung zu werten ist. Ein unvollständiges Bild über die Aktionärsstruktur entsteht folgerichtig auch dann, wenn bei der Aufzählung der Gesellschaften, deren Aktien zugerechnet werden, eine oder mehrere vergessen werden.163 Überwiegend wird neben dem „Ob“ der Zurechnung auch die Angabe des korrekten Zurechnungstatbestandes („Wie“) gefordert.164 Dahinter steht scheinbar die Überlegung, dass der Anleger regelmäßig interessiert ist zu erfahren, ob die zugerechneten Stimmrechte von einer Tochtergesellschaft (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG) des Meldepflichtigen oder von einem Dritten, für Rechnung des Meldepflichtigen (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG) gehalten werden. Allerdings ist diese Angabe nicht notwendig, um den Markt über das Bestehen, Anwachsen und Abschmelzen wesentlicher Stimmrechtsanteile zu informieren. Eine unterlassene oder falsche Angabe des Zurechnungsgrundes erreicht damit grundsätzlich nicht die Qualität einer vollkommen fehlenden Information des Anlagepublikums. 4. Zwischenergebnis Ob die Schlechterfüllung der Nichterfüllung gleich steht, bemisst sich nach alledem daran, ob die Schlechterfüllung in ihrer Auswirkung auf den Kapitalmarkt qualitativ als Nichterfüllung zu werten ist. Dies wird ex-ante geprüft. Ein Gleichstellungsgrundsatz dergestalt, dass grundsätzlich jede Schlechterfüllung den Rechtsverlust auslöst und nur bei offensichtlichem Korrekturbedarf ex-post Ausnahmen zuzulassen sind, besteht nicht. Enthält die Mitteilung folgende Angaben, die sich im Wesentlichen mit den Vorarbeiten Mülberts decken,165 wird regelmäßig der Rechtsverlust nicht eintreten: • der unmittelbar oder kraft Zurechnung erreichte, überschrittene oder unterschrittene Schwellenwert, wobei nur das „Ob“, nicht das „Wie“ der Zurechnung separat auszuweisen ist, • die konkrete Beteiligungsquote, da das Herauf- bzw. Herabmelden nicht in jedem Fall sanktionslos ist, • das Datum der Schwellenberührung. Dabei ist die Mitteilung stets an die BaFin und an die Gesellschaft zu richten. 163 Unzutreffend daher Scholz, AG 2009, 313, 317. Wie hier aber LG Hamburg AG 2002, 525, 526; folgend Hüffer, AktG, § 20 Rn. 22 a. E. 164 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 29; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 5; Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 96. 165 Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1229.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

II. Verschulden 1. Sorgfaltsmaßstab und Entlastungsmöglichkeiten Wie festgestellt, setzt § 28 S. 1 WpHG Verschulden voraus.166 Vorbehaltlich § 28 S. 2, 3 genügt fahrlässiges Handeln.167 Da das WpHG einen eigenständigen Fahrlässigkeitsbegriff nicht kennt, ist auf die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach § 276 Abs. 2 BGB zurückzugreifen. Der damit vorgegebene objektivabstrakte Sorgfaltsmaßstab lässt Differenzierungen anhand des betroffenen Verkehrs- und Personenkreises zu. Grund ist, dass in bestimmten Personenkreisen besondere Fachkenntnisse vorhanden sind, deren Einhaltung der Gegenüber auch erwarten darf (bereichsspezifischer Sorgfaltsmaßstab).168 Der Verweis auf die am Kapitalmarkt erforderliche Sorgfalt genügt nicht. Vielmehr ist auf einen typisierten Anleger abzuheben, der üblicherweise mit großen Aktienpaketen handelt. Von einem solchen Anlegertypus ist nämlich eine höhere Sorgfalt zu erwartet, als von einem nur über wenige Wertpapiere verfügenden Kleinanleger, der nie in den Bereich von Meldeschwellen vordringen wird. Im Grundsatz ist von einem Meldepflichtigen zu verlangen, dass er zum einen in sachlicher Hinsicht sicherstellt, vom Berühren von Meldeschwellen rechtzeitig Kenntnis zu erlangen und zum anderen in rechtlicher Hinsicht das Bestehen einer Meldepflicht anhand der §§ 21 ff. WpHG prüft. Die Bedeutung der sachlichen und rechtlichen Sorgfaltspflichten besteht darin, dass sie die Prüfung der (Un-)Vermeidbarkeit eines Tatbestands- oder Rechtsirrtums vorgeben. Denn der Fahrlässigkeitsvorwurf entfällt nur, falls der Irrtum unvermeidbar war, d.h. nicht seinerseits auf Fahrlässigkeit beruht.169 Dafür ist der Meldepflichtige darlegungs- und beweispflichtig.170 Er hat nachzuweisen, dass er das Bestehen einer Mitteilungspflicht weder kannte noch kennen musste, d.h. infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. § 122 Abs. 2 BGB). Damit ist der nachgerade auf kapitalmarkterfahrene Anleger zugeschnitte Sorgfaltsmaßstab in Bezug genommen. Es trifft daher zu, wenn die h. M. strenge Maßstäbe an die 166

§ 3 C. III. 2., S. 93 ff. Veil, ZHR 175 (2011), 83, 105 f. schlägt de lege ferenda vor, den Rechtsverlust nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit eingreifen zu lassen. 168 Palandt/Grüneberg, BGB, § 276 Rn. 17; H. P. Westermann, in: Erman, BGB, § 276 Rn. 11. 169 RGZ 88, 118, 120; Löwisch/Caspers, in: Staudinger, BGB, § 276 Rn. 56; Stadler, in: Jauernig, BGB, § 276 Rn. 30; Unberath, in: BeckOK, BGB, § 276 Rn. 30. 170 Statt aller Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 28 WpHG Rn. 6. Zu weitgehend der Vorschlag von Mülbert, FS K. Schmidt, S. 1219, 1238, der entsprechend der aus § 280 Abs. 1 S. 2 BGB bekannten Beweisanforderungen für ausreichend hält, wenn der Meldepflichtige die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Vermeidbarkeit des Irrtums vorträgt. Damit würde dem Rechtsverlust ein Großteil seiner Präventivkraft genommen. Im Übrigen hat auch im Rahmen von § 276 Abs. 2 BGB der Schädiger den Entlastungsbeweis zu erbringen, BGHZ 69, 128, 143. 167

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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Unvermeidbarkeit eines Irrtums im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG anlegt.171 Damit wird die im allgemeinen Zivilrecht entsprechend beschriebene Linie, die Unvermeidbarkeit eines Irrtums streng zu prüfen, auf den Rechtsverlust übertragen.172 Attestiert man bei der Anwendung dieser Maßstäbe allerdings nur der „typisierten alten Dame einer börsennotierten Familienaktiengesellschaft, bei der eine Mitteilungspflicht allein deshalb entsteht, weil sie ihr Bezugsrecht bei einer Kapitalerhöhung nicht ausübt und ihr Anteil daher unter eine Meldeschwelle sinkt“ einen unvermeidbaren Irrtum,173 wird die eigens begründete Verschuldensabhängigkeit des § 28 WpHG gleichsam „durch die Hintertür“ außer Kraft gesetzt. Mit dieser praxisfernen Lehrbuchfigur spielen vermeidbare Irrtümer im Ergebnis keine Rolle mehr. Trägt man indes den Schwierigkeiten im Umgang mit den §§ 21 ff. WpHG Rechnung, könnte der entschuldigende Irrtum einen weiteren Anwendungsbereich erhalten, als ihn die h. M. bislang anzuerkennen bereit ist. 2. Tatsachenirrtum Ein Tatsachenirrtum liegt vor, wenn dem Meldepflichtigen das Erreichen, Über- oder Unterschreiten von Meldeschwellen nicht bekannt ist. Der Verschuldensvorwurf entfällt nur, wenn der Aktionär den meldepflichtigen Sachverhalt auch nicht kennen musste, was auch aus § 21 Abs. 1 S. 3 WpHG folgt. So darf er sich der Berechnung der Schwellenwerte auf die Veröffentlichung der Gesamtzahl der Stimmrechte gem. § 26a WpHG verlassen.174 Fahrlässige Unkenntnis ist ihm aber schon dann zu bescheinigen, wenn er über keine oder keine geeigneten organisatorischen Vorkehrungen verfügt, die ihn über melderelevante Ereignisse in Kenntnis setzen. Das (potentiell) meldepflichtige Unternehmen treffen also bestimmte Organisationspflichten.175 Deren Kern bildet die Informationsorganisation, die gerade kapitalmarktaktiven Unternehmen abzuverlangen ist. 171 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 21; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 30; Vocke, BB 2009, 1600, 1602; Bayer, in: MüKo/ AktG, § 22 Anh. § 28 WpHG Rn. 6; für § 20 Abs. 7 AktG: KG AG 1990, 500, 501; LG Berlin AG 1998, 195, 197; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 43; offener dann aber bzgl. §§ 21 ff. WpHG ebd., Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 7. 172 Hierzu RGZ 119, 265, 268; BGHZ 89, 296, 303; BGH NJW 1994, 2754, 2755; 2007, 428, 429; Stadler, in: Jauernig, BGB, § 276 Rn. 30; Ernst, in: MüKo/BGB, § 276 Rn. 108. 173 Mit diesem Beispiel U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 66. 174 Begr. RegE TUG, BT-Drucks. 16/2498, S. 38; Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 471, 474; Klawitter, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 32 Rn. 114. 175 LG Köln AG 2008, 336, 337 – STRABAG I; U. H. Schneider, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 28 Rn. 65; ders., ZIP 2003, 645, 646; Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 175.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

a) Informationsorganisation als Compliance-Aufgabe Die Diskussion um unternehmerische Organisationspflichten wird unter dem Stichwort „Compliance“ geführt. Im Wesentlichen geht es um organisatorische Maßnahmen in Unternehmen, kraft derer die Einhaltung rechtlicher Vorschriften sichergestellt wird, um aus bewussten und unbewussten Rechtsverstößen folgende Konsequenzen zu verhindern.176 Das Unternehmen soll „sanktionslos“ gehalten werden. Da dieser Zustand nicht von selbst eintritt, sind innerbetriebliche organisatorische Maßnahmen zu treffen, die das rechtskonforme Verhalten sicherstellen.177 Compliance stellt daher eine rechtsgebietsübergreifende Aufgabe dar.178 Die Bedeutung von Compliance im Kapitalmarktrecht folgt aus der Vielzahl zu beachtender Rechtsvorschriften, die zudem ständigen Änderungen unterliegen.179 Auch wenn eine allgemeine Rechtspflicht, unternehmensinterne ComplianceStrukturen zu schaffen, nicht anzunehmen ist,180 sondern sich nur vereinzelte aus spezialgesetzlichen Vorschriften ergibt (vgl. etwa §§ 33 WpHG, 25a KWG)181 und der Vorstand verpflichtet ist, ein Früherkennungs- und Überwachungssystem einzurichten (§ 91 Abs. 2 AktG), kommen kapitalmarktaktive Unternehmen nicht umhin, Informationseinholung und -verarbeitung systematisch zu organisieren. Das gilt insbesondere für solche Unternehmen, die eine Vielzahl an Informationen sowohl produzieren als auch zu berücksichtigen haben. Kapitalmarkt-Compliance ist vor diesem Hintergrund zu einem guten Teil Informationsmanagement, d.h. Sammlung, Speicherung und Abrufung rechtserheblicher Informationen.182 Die Compliance-Abteilung agiert gegebenenfalls konzernweit, so dass das Mutterunternehmen ein konzernweites Meldesystem für eigene und von Töchtern gehaltene Beteiligungen einzurichten hat.183 Anknüpfungspunkt ist 176 Eisele, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 109 Rn. 1; Rothenhöfer, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 3.301; U. H. Schneider, ZIP 2003, 645, 646. 177 Lebherz, Emittenten-Compliance, S. 264. 178 Vgl. die Beispiele möglicher Anwendungsbereiche bei Fleischer, in: Fleischer, Vorstandsrecht, § 8 Rn. 44; Hauschka, in: Hauschka, Corporate Compliance, § 1 Rn. 25 ff. 179 Krit. Assmann, ZGR 2002, 697, 712 – „Disclosure-Dschungel“; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 22 WpHG Rn. 33; Möllers, in: FS Hopt, S. 2247, 2257, „information-overload“. 180 H. M., Hauschka, in: Hauschka, Corporate Compliance, § 1 Rn. 23; Kort, in: GK/ AktG, § 91 Rn. 65; Lebherz, Emittenten-Compliance, S. 418 ff.; Meyer/Paetzel, in: KK/WpHG, § 33 Rn. 39; Spindler, in: MüKo/AktG, § 91 Rn. 36; a. A. U. H. Schneider, ZIP 2003, 645, 648 f.; sympathisierend Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 478. 181 Zu weiteren gesetzlichen Compliance-Pflichten Lebherz, Emittenten-Compliance, S. 356 ff. 182 Eingehend Lebherz, Emittenten-Compliance, S. 274 m.w. N. 183 U. H. Schneider, in: FS Brandner, S. 565, 573; ders., AG 1997, 81, 83; S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 313 f.; Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 178; Fiedler, Mitteilungen über Beteiligungen, S. 104 f.; Buck-Heeb, in: Hauschka, Corporate

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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§ 24 WpHG. Denn wenn die Muttergesellschaft die Stimmrechtsmitteilung für ihre Töchter wahrnehmen kann, obliegt es ihr umgekehrt, die Einhaltung der Meldepflichten für die gesamte Unternehmensgruppe sicherzustellen. Auch wegen der konzernweiten Wirkung des Rechtsverlusts, die bereits beleuchtet wurde,184 besteht ein Interesse, Informationen über das Entstehen, Anwachsen und Abschmelzen von Beteiligungen für den Gesamtkonzern zentral zu organisieren. Damit lassen sich auch mögliche Schadensersatzansprüche von Tochtergesellschaft gegen die Mutter, die nach § 24 WpHG ihre konzernweite Meldepflicht nicht erfüllt, vermeiden. Die konkreten Anforderungen an die Compliance-Organisation hängen von verschiedenen Faktoren, wie Größe und Branche des Unternehmens, Anzahl der Mitarbeiter und Risikogeneigtheit der Geschäfte, ab. Pauschale Aussagen lassen sich kaum treffen.185 In aller Regel wird sich aber die Einrichtung eines computerbasierten Meldesystems anbieten, das konzernweit die Aktienbestände erfasst, zusammenrechnet und bei Berühren einer Meldeschwelle umgehend eine Warnung auswirft.186 Im Rahmen des § 28 S. 1 WpHG kann ein Informationssystem den Verschuldensvorwurf beseitigen, obwohl die Pflicht aus § 21 Abs. 1, 1a WpHG verletzt wurde.187 Allein das Bestehen eines Meldesystems vermag jedoch noch nicht entlastend zu wirken. Vielmehr ist auch darzulegen, dass dieses ordnungsgemäß gearbeitet hat. Ist das im konkreten Fall gegeben, gleichwohl aber eine Verletzung der §§ 21 ff. WpHG eingetreten, scheidet ein fahrlässiges Verhalten des Meldepflichtigen in der Regel aus, da er die im (Kapitalmarkt-)Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat.188 So konnte der Aktionär meldepflichtige Umstände nicht kennen, wenn trotz lückenloser (konzernweiter) Informationsorganisation das Erreichen von Meldeschwellen nicht aufgedeckt wurde. Besteht umgekehrt kein oder ein mangelhaftes Meldesystem, droht hierfür keine Sanktion. Zwar kann § 21 Abs. 1 S. 3 WpHG entnommen werden, dass ein Informationssystem einzurichten ist, das den Meldepflichtigen unverzüglich nach Berühren einer Meldeschwelle über diesen Umstand informiert. Denn hieraus lässt sich ableiten, dass die Mitteilungsfrist mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem bei ordnungsgemäßer Informationsorganisation Kenntnis von den meldepflichtigen Um-

Compliance, § 2 Rn. 18; Bürkle, in: ebd. § 8 Rn. 39; auf eine konzernweite Informationsorganisation hinwirkend auch Ziff. 4.1.3 DCGK i. d. F. v. 26.5.2010. 184 Vgl. § 4 B. III. 1. b), S. 110 ff. 185 Fleischer, in: Fleischer, Vorstandsrecht, § 8 Rn. 44; Spindler, in: MüKo/AktG, § 91 Rn. 36; Konkretisierungsversuche bei U. H. Schneider, ZIP 2003, 645, 64. 186 S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 313 f. mit Verweis auf einen Meldeverstoß des französischen Versicherungskonzerns AXA S.A., bei dem ein entsprechendes Meldesystem fehlte. 187 Buck-Heeb, CCZ 2009, 18, 24. 188 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 27; Buck-Heeb, CCZ 2009, 18, 24.

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ständen erlangt worden wäre.189 Allerdings handelt es sich hierbei nur um eine mittelbare Verpflichtung, die nicht selbständig neben die Mitteilungspflicht tritt, sondern gerade um derentwillen besteht. Anknüpfungspunkt des § 28 WpHG ist schließlich die Nichterfüllung von Meldepflichten, die freilich wiederum auf Mängel in der Informationsorganisation zurückzuführen sein kann. Rechtstechnisch handelt es sich bei dem Meldesystem daher um eine Obliegenheit.190 So ist auch denkbar, dass trotz fehlender oder fehlerhafter Informationsorganisation Transparenzpflichten (zufällig) ordnungsgemäß erfüllt werden. Gleichwohl stellt ein ordnungsgemäßes Compliance-System sicher, dass das Berühren von Meldeschwellen rechtzeitig erkannt und bekannt wird. Der nicht unerhebliche Dokumentationsaufwand dürfte daher durch die signifikante Senkung des Risikos einen Rechtsverlust zu erleiden, aufgewogen werden. b) Informationseinholung und Informationsverschaffung Am Anfang des Informationsverarbeitungsprozesses steht die vollständige Ermittlung des für die Schwellenberührung relevanten Sachverhalts.191 Dazu sind Informationen über relevante Vorgänge auf dem Kapitalmarkt einzuholen und auszuwerten. Am Ende dieses Prozesses kann idealerweise auf sicherer Tatsachengrundlage bewertet werden, ob eine Stimmrechtsmitteilung abzugeben ist oder nicht. Zunächst hat eine Überwachung sämtlicher Wertpapiertransaktionen stattzufinden (sog. Monitoring). Dabei sind eigene Geschäfte, etwa der Zu- und Verkauf von Aktien, die Beteiligung an einem Stimmrechtspool oder konzerninterne Umstrukturierungen zu erfassen. Zudem sind Ereignisse, die passiv eine Veränderung der Stimmrechtsanteile bewirken können, etwa eine Veränderung der Gesamtzahl der Stimmrechte infolge einer Kapitalerhöhung, einzubeziehen. Hierfür muss der Meldepflichtige öffentlich bekannt gemachte Informationen einholen und auswerten, allen voran die gem. § 26a WpHG veröffentlichte Gesamtzahl der Stimmrechte. Daneben sind etwa Handelsregistereintragungen und Kapitalmarktinformationen anderer am Emittenten beteiligter oder künftig beteiligter Unternehmen zu beachten. Schwierigkeiten ergeben sich in Bezug auf (noch) nicht öffentlich bekanntgemachte, die Stimmrechtsverteilung beeinflussende Umstände. So ist fraglich, ob sich der Meldepflichtige im Falle einer bedingten Kapitalerhöhung, die zu einer schrittweisen Erhöhung der Gesamtzahl der Stimmrechte (Nenner) führt, stets über den Fortgang der Kapitalerhöhung beim Emittenten zu erkundigen hat.192 Ihm würde damit ein kaum zu erfüllendes 189 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 143; Buck-Heeb, CCZ 2009, 18, 24; auch Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 176. 190 Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 175; Lebherz, Emittenten-Compliance, S. 79. 191 Monographisch zur Einrichtung von konzernweiten Informationssystemen S. H. Schneider, Informationspflichten und dort insbesondere S. 137 f. 192 Angelehnt an das Beispiel von Burgard, BB 1995, 2069, 2071.

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Maß an Sorgfalt abverlangt. Ferner würden noch nicht meldepflichtige Beteiligungen gegenüber der Gesellschaft offengelegt, was der gesetzlich festgelegten Abhängigkeit der Mitteilungspflicht vom Berühren einer Meldeschwelle widerspricht. Eine Pflicht, vorsorglich Erkundigungen einzuholen oder Nachforschungen anzustellen, kann daher nicht angenommen werden.193 Steht eine Stimmrechtszurechnung im Raum, muss der Meldepflichtige Informationen über die von Tochtergesellschaften und Dritten gehaltenen, und ihm daher gem. § 22 Abs. 1 WpHG zuzurechnenden Aktien einholen.194 Diese sog. Informationseinholungspflicht stellt freilich wiederum nur eine Obliegenheit dar. Für den Emittenten besteht eine solche Verpflichtung dagegen nicht. Sie lässt sich weder als Nebenpflicht zur Veröffentlichungspflicht begründen noch begründen die §§ 21 ff. WpHG einen Leistungsanspruch auf Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung.195 Erkundigungen über die Veränderung von Beteiligungsstrukturen hat vielmehr die BaFin einzuholen. Der Emittent ist ausschließlich verpflichtet, bei ihm eingehende Stimmrechtsmitteilungen zu veröffentlichen. Erfährt er auf anderem Wege vom Bestehen einer wesentlichen Beteiligung, etwa durch eigene Nachforschung, kann er diese Tatsache zwar veröffentlichen, ist dazu aber nicht verpflichtet.196 Auch besteht keine Pflicht des Emittenten, bei unvollständigen Stimmrechtsmitteilungen die notwendigen Informationen zur Ergänzung oder Richtigstellung einzuholen. § 26 WpHG verpflichtet ihn nur zur Veröffentlichung tatsächlich zugegangener Stimmrechtsmitteilungen, wobei er zur Vornahme inhaltlicher Änderungen nicht befugt ist. Der Emittent handelt bei der Veröffentlichung lediglich als Bote.197 Die Informationseinholungspflicht des Aktionärs stößt dort an ihre Grenzen, wo Tochterunternehmen und Dritte die erforderlichen Informationen nicht herausgeben wollen oder die eingereichten Unterlagen unvollständig sind. Überwinden lässt sich das Problem, wenn eine Rechtspflicht der beherrschten Unternehmen und Dritten zur Informationsweitergabe besteht (sog. Informationsverschaffungspflicht)198, der flankierend ein Auskunftsanspruch des Meldepflichtigen über den vom formalen Eigentümer gehaltenen Stimmrechtsanteil zur Seite 193

Zutreffend Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 182. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 143 und § 22 Rn. 23; ders., FS Brandner, S. 565, 573; Burgard, BB 1995, 2069, 2070; Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 55; a. A. von Bülow, in: KK/WpHG, § 22 Rn. 38. 195 Zur Einstufung der §§ 21 ff. WpHG als Obliegenheit vgl. § 3 C. I. 2., S. 82 ff. 196 OLG Stuttgart AG 2009, 124, 128; Janert, BB 2004, 169, 170; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 26 Rn. 6; a. A. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 26 Rn. 14. 197 § 2 B. I., S. 31 f. 198 Zum Begriff U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 22 Rn. 23; ders., FS Brandner, S. 565, 573 f.; Hildner, Kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz, S. 160. 194

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

steht.199 Andernfalls könnten diese durch Herausgabe oder Geheimhaltung der erforderlichen Auskünfte die Erfüllung der Mitteilungspflichten und damit mittelbar den Eintritt von Sanktionen steuern. Dass in § 4 Abs. 3 WpHG lediglich ein Auskunftsanspruch der BaFin vorgesehen ist, schließt einen solchen Anspruch des Meldepflichtigen nicht von vornherein aus.200 Vielmehr ist das Nebeneinander von privatrechtlichem und aufsichtsrechtlichem – mithin verwaltungsrechtlichem – Auskunftsanspruch Ausdruck der dem Kapitalmarktrecht eigenen Verschränkung von Privatrecht und Öffentlichem Recht. Da die Grundlage dieses Auskunftsanspruchs von U. H. Schneider umfangreich untersucht wurde,201 sollen folgende Feststellungen genügen. Im Konzern lässt sich ein Auskunftsrecht der Muttergesellschaft gegenüber ihren Tochterunternehmen auf eine analoge Anwendung des § 294 Abs. 3 S. 2 HGB stützen.202 Bei direkter Anwendung wären die im Hinblick auf eine Stimmrechtszurechnung erforderlichen Informationen nicht erfasst. Die damit korrelierende Informationsverschaffungspflicht der Tochter folgt analog § 294 Abs. 3 S. 1 HGB. Beides darf heute als geklärt bezeichnet werden. Gegenüber Dritten i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG dürfte beides regelmäßig aus der vertraglichen Grundlage, in den meisten Fällen ein Treuhandverhältnis, ableitbar sein. Informationen, die das Tochterunternehmen bzw. der Dritte selbst nicht hat oder aus rechtlichen Gründen nicht weitergeben darf, können auf diesem Wege freilich nicht heraus verlangt werden. Selbst unter diesen Vorzeichen kann dem Meldepflichtigen aber angesichts des Prozessrisikos nicht zugemutet werden, sein Auskunftsverlangen klageweise durchzusetzen. Darüber hinaus ist in derartigen Fällen, die sich durch eine hohe tatsächliche wie rechtliche Komplexität auszeichnen, keine schnelle, dem zeitnahen Informationsinteresse des Marktes gerecht werdende, gerichtliche Klärung zu erwarten. Kurzum: Fahrlässigkeit ist dem Meldepflichtigen nur anzulasten, wenn er die Informationen nicht nachdrücklich von der Tochtergesellschaft oder dem Dritten einfordert. Da eine gerichtliche Einforderung der Informationsverschaffung mit dem engen Zeitfenster des § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG in Konflikt gerät, muss der Meldepflichtige alles Nötige tun, um sich die erforderlichen Informationen zu verschaffen. Tochterunternehmen und Dritte, die Aktien für Rechnung des Meldepflichtigen halten, sind aufgrund 199 Neben den Nachweisen in Fn. 194 dieses Abschnitts etwa Fiedler, Mitteilungen über Beteiligungen, S. 113 ff.; Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 160 ff.; siehe auch S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 167. 200 So aber Windbichler, in: GK/AktG, § 20 Rn. 51; krit. auch Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 179. 201 U. H. Schneider, in: FS Brandner, S. 565, 572 ff.; ausführlich auch Hildner, Beteiligungstransparenz, S. 160 ff. 202 Neben Nachw. in voriger Fn. auch Lebherz, Emittenten-Compliance, S. 206; wohl auch Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 55, der den nicht existenten § 294 Abs. 1 S. 3 HGB nennt; i. Erg. ähnlich Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 179, der den Auskunftsanspruch aber aus § 308 Abs. 1 AktG und dem beherrschenden Einfluss ableitet.

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der übertragbaren Wertung des § 294 Abs. 3 HGB zu größtmöglicher Mitwirkung nicht nur gehalten, sondern verpflichtet. c) Wissenszurechnung Da melderelevante Transaktionen nahezu ausschließlich von großen Unternehmen getätigt werden, stellt sich die Frage der Wissenszurechnung. Die Wissenszurechnung ist eine typische Begleiterscheinung der Arbeitsteilung in Unternehmen, bei denen rechtserhebliches Wissen auf mehrere Personen und Verantwortlichkeitsstufen aufgespalten wird. Ihr Leitgedanke besteht in der Vorteils-/ Nachteilskorrelation, da jemand, der sein Unternehmen arbeitsteilig organisiert, neben den daraus erwachsenden Vorteilen auch die Nachteile tragen soll.203 Den rechtlichen Ansatz markiert § 21 Abs. 1 S. 2 WpHG, wonach die Meldefrist mit der Kenntnis, dass melderelevante Schwellenwerte berührt wurden, zu laufen beginnt. Es geht also darum, inwieweit das Wissen der Personen, die für das Unternehmen tätig werden, im Hinblick auf einen Tatsachenirrtum als Wissen des Unternehmens zu werten ist. Was zunächst rechtsgeschäftlich bevollmächtigte Vertreter und sog. Wissensvertreter betrifft, gründet die Zurechnung auf § 166 BGB bzw. auf dessen entsprechende Anwendung.204 Für Organvertreter ist dagegen nicht abschließend geklärt, ob die Zurechnung auf Grundlage von § 166 BGB oder § 31 BGB analog erfolgt.205 Unabhängig von der dogmatischen Einbettung ist jedoch anerkannt, dass nicht in jedem Fall das Wissen des Organmitglieds als Wissen der Gesellschaft zu behandeln ist. Vielmehr verlangt der BGH, nachdem er sich von der als absolute Wissenstheorie bezeichneten automatischen Wissenszurechnung verabschiedet hat, eine vom Einzelfall abhängige wertende Beurteilung.206 Dahinter steht der Verkehrsschutzgedanke, aus dem die Pflicht zur ordnungsgemäßen Organisation der unternehmensinternen Kommunikation folgt.207 Diese an die Verkehrspflicht aus der Beherrschung eines selbst eröffneten Verkehrsbereichs erinnernde Pflicht reiht sich insoweit in die vorgenannten Compliance-Überlegun203 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 21 Rn. 84; Buck, Wissen, S. 130 ff.; ferner BGHZ 132, 30, 38 f.; Taupitz, in: Karlsruher Forum, S. 16, 26 ff. 204 Buck, Wissen, S. 133; Palandt/Ellenberger, BGB, § 166 Rn. 6; Schilken in: Staudinger, BGB, § 166 Rn. 7; Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 43 Rn. 24. 205 Zum Streitstand Habersack, in: GK/AktG, § 78 Rn. 23. 206 BGHZ 109, 327, 331; 132, 30, 35 ff.; Palm, in Erman, BGB, § 166 Rn. 11; Schramm, in: MüKo/BGB, § 166 Rn. 20; für eine absolute Wissenszurechnung noch BGHZ 20, 149, 153; 41, 282, 287; zur Entwicklung ausführlich Buck, Wissen, S. 209 ff. 207 Grundlegend BGHZ 132, 30, 34; ferner BGHZ 140, 54, 61 f.; BGH NJW 2001, 2535, 2536; OLG Schleswig NJW-RR 2005, 1579, 1580; auch Taupitz, Karlsruher Forum, S. 16, 26 f.; Palandt/Ellenberger, § 166 Rn. 8; Schramm, in: MüKo/BGB, § 166 Rn. 20 und 28.

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gen ein, als ein Unternehmen durch eine entsprechende informationstechnische Binnenorganisation (Wissensorganisation) sicherzustellen hat, dass die intern zuständige Stelle rechtzeitig Kenntnis um melderelevante Umstände erlangt. Einbezogen ist nicht nur das rechtserhebliche Wissen von Organmitgliedern, sondern von sämtlichen Mitarbeitern des Unternehmens.208 Die Organstellung ist daher keine notwendige Bedingung der unternehmensinternen Wissenszurechnung. Die Ausgestaltung der Informationsorganisation kann, wie gesehen, mit Blick auf das konkrete Unternehmen variieren. Als Orientierungshilfe fungieren die berechtigten Erwartungen des Rechtsverkehrs an ein Unternehmen der betreffenden Art und Größe. Allgemeine Aussagen fallen deshalb wieder schwer. Von der so verstandenen Pflicht zur Informationsorganisation betroffen ist das in einem Unternehmen typischerweise aktenmäßig festgehaltene Wissen.209 Es muss also ein Anlass zur Wissensspeicherung bestanden haben, ohne dass es indessen auf die Speicherung im konkreten Fall ankommt. Bei einem Verstoß gegen diese unternehmensinterne Pflicht zur Wissensorganisation, die als Ausprägungen die Speicherung, Weiterleitung und Abfrage der relevanten Informationen umfasst,210 muss sich das meldepflichtige Unternehmen so behandeln lassen, als habe es über das Wissen über die meldepflichtige Tatsache verfügt. Unter diesen Voraussetzungen kann auch eine Wissenszusammenrechnung erfolgen, d.h. die Zusammenfassung von Teilkenntnissen verschiedener Abteilungen, Organe oder Mitarbeiter zu einem Wissensblock.211 Das ist vor allem für Großunternehmen von Bedeutung. Die Konzernverbundenheit als solche, soviel dürfte im Rahmen der wenig geklärten Frage der Wissenszurechnung im Unternehmensverbund geklärt sein, führt allerdings noch nicht zu einer automatischen Wissenszurechnung.212 Für die Stimmrechtsmitteilungspflichten bedeutet dies, dass ein Tatsachenirrtum mit der Begründung, man habe von der Änderung der Stimmrechtsbeteiligung nicht oder nicht rechtszeitig Kenntnis erlangt, kaum je entschuldigend wirken wird. Der Rechtsverkehr erwartet von einem kapitalmarktaktiven Unternehmen, dass schwellenrelevante Ereignisse beobachtet werden, dieses Wissen, wenn es darauf ankommt, abgefragt und an den für die Stimmrechtsmitteilungspflichten zuständigen Mitarbeiter weitergeleitet wird. Für Unternehmen, die täglich Wertpapiergeschäfte durchführen, bietet sich wiederum ein computerbasiertes Meldesystem an, in welches die relevanten Informationen eingespeist werden 208

Nur Buck-Heeb, in: Hauschka, Corporate Compliance, § 2 Rn. 10 ff. BGHZ 132, 30, 35; 135, 202, 205 f.; Schramm, in: MüKo/BGB, § 166 Rn. 24; Palm, in: Erman, BGB, § 166 Rn. 11; Palandt/Ellenberger, BGB, § 166 Rn. 8. 210 Zu diesen drei Ausprägungen der Wissensorganisation Schramm, in: MüKo/BGB, § 166 Rn. 24. 211 Dazu Schilken, in: Staudinger, BGB, § 166 Rn. 6; eingehend Buck, Wissen, S. 326 ff. 212 Habersack, in: GK/AktG, § 78 Rn. 27; Schilken, in: Staudinger, BGB, § 166 Rn. 32. 209

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und dann im Bedarfsfall abrufbar sind.213 Durch eine lückenlose Dokumentation wird das Risiko unerkannter Veränderungen von Stimmrechtsbeteiligungen signifikant verringert. 3. Rechtsirrtum Der Rechtsirrtum ist ein rechtsgebietsübergreifendes Problem, das von einer stimmigen Gesamtlösung aber noch entfernt ist. Bezüglich der Beteiligungstransparenz verhält es sich so, dass zwar der Sachverhalt zutreffend ermittelt wird, doch nimmt der Meldepflichtige eine fehlerhafte rechtliche Würdigung vor. Angesichts der schwierigen Rechtsfragen, welche die §§ 21 ff. WpHG aufwerfen, dürfte dies in der Praxis keine Seltenheit sein, was auch neuere gerichtskundig gewordene Fälle belegen.214 Der zivilrechtlichen Doktrin215 entsprechend stellt die ganz h. M. an einen unvermeidbaren Rechtsirrtum strenge Anforderungen.216 Nur ausnahmsweise sei der Meldepflichtige entschuldigt; regelmäßig sei der Irrtum unbeachtlich. Das erscheint wegen der zahlreichen Auslegungsfragen, welche die §§ 21, 22 WpHG aufwerfen, zu streng. Dem unvermeidbaren Rechtsirrtum ist, wie im folgenden zu untermauern ist, ein weiterer Anwendungsbereich zuzugestehen. a) Rechtsvergewisserungspflicht Auf die Unkenntnis der §§ 21 ff. WpHG kann sich der Meldepflichtige keinesfalls berufen, denn jedem Anleger obliegt die elementare Pflicht, sich über die am Kapitalmarkt geltenden Rechtsvorschriften zu informieren.217 Diese als „Rechtsvergewisserungspflicht“ 218 bezeichnete Obliegenheit trifft auch juristische Laien219 und ausländische Investoren220, obgleich ihnen Kenntnisse des 213

Lebherz, Emittenten-Compliance, S. 407. Vgl. etwa LG Köln AG 2008, 336 – STRABAG I; OLG München AG 2009, 793; OLG Düsseldorf AG 2009, 40; 2010, 330; 2010, 711; LG Krefeld AG 2008, 754. 215 BGHZ 89, 296, 303; NJW 1990, 1531, 1533; Palandt/Grüneberg, BGB, § 276 Rn. 22. 216 LG Köln BeckRS 2008, 17373 (insoweit nicht abgedruckt in AG 2008, 336) – STRABAG I; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 30; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 21; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 Rn. 6; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, Anh. § 22; § 28 WpHG Rn. 21; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 7; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 250; Vocke, BB 2009, 1600, 1602; für § 20 Abs. 7 AktG einen „besonders strengen Maßstab“ anlegend KG AG 1990, 500, 501; LG Berlin AG 1998, 195, 197; Koppensteiner, in: KK/ AktG, § 20 Rn. 54; ferner Emmerich, in: ders./Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 46. 217 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 30; Korff, AG 2008, 692, 698; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1335; von Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 483. 218 Fleischer, DB 2009, 1335, 1335. 219 Deutlich OLG Frankfurt/M. AG 2010, 296, 297. 220 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 66; Korff, AG 2008, 692, 698. 214

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deutschen (Kapitalmarkt-)Rechts regelmäßig fehlen. Gerade Ausländern ist abzuverlangen, sich über die zu beachtenden Pflichten zu informieren, zumal sie angesichts dessen, dass sich Beteiligungstransparenzpflichten in jeder entwickelten Kapitalmarktrechtsordnung finden, über das Bestehen derartiger Regeln vorgewarnt sein müssen.221 Erforderlichenfalls ist fachkundiger Rechtsrat einzuholen, worauf noch gesondert einzugehen ist. Darüber hinaus hat der Meldepflichtige in Auslegung und Anwendung der §§ 21 ff. WpHG sorgfältig zu prüfen, ob das betreffende Ereignis eine Meldepflicht auslöst. Wie ein Blick auf die allgemeine zivilrechtliche Diskussion zeigt, sind die Anforderungen an eine sorgfältige Rechtsprüfung im Rahmen von Rechtsirrtümern durch eine Fülle von Details geprägt.222 Vom Meldepflichtigen ist jedenfalls zu verlangen, dass er sich anhand von Rechtsprechung, Fachliteratur und der im Emittentenleitfaden und weiteren Veröffentlichungen kundgetanen Verwaltungspraxis der BaFin eine Rechtsauffassung zur konkreten Rechtsfrage bildet.223 Auch die Gesetzesmaterialien und, da die §§ 21 ff. WpHG angeglichenes Recht darstellen, die Vorgaben der Transparenz-RL II sind zu berücksichtigen. Entspricht die Auffassung des Meldepflichtigen der höchstrichterlichen oder, falls solche nicht existiert, der instanzgerichtlichen Rechtsprechung, darf er sich grundsätzlich hierauf verlassen.224 Dasselbe dürfte gelten, wenn er in Ermangelung einer Gerichtsentscheidung zur betreffenden Problematik der ganz h. L. folgt.225 Schwierig ist, wie zu verfahren ist, wenn ein Gericht eine in Lehre und Verwaltungspraxis anerkannte Rechtsauffassung, welcher der Meldepflichtige gefolgt ist, als unrichtig verwirft. War trotz sorgfältiger rechtlicher Würdigung mit der abweichenden Bewertung durch das Gericht unter keinen Umständen zu rechnen, da die Entscheidung evident unrichtig ist („ausbrechende Gerichtsentscheidung“), ist dem Meldepflichtigen für die Vergangenheit ein unvermeidbarer Rechtsirrtum zu bescheinigen, zumal wenn er sich auf eine vorige Auskunft der BaFin verlassen hat.226 Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Entschei221 Überblick über internationale Transparenzpflichten bei Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 30 ff. 222 Ernst, in: MüKo/BGB, § 286 Rn. 108 ff.; Hager, in: Erman, BGB, § 286 Rn. 63 ff. 223 Andeutungsweise auch Kocher/Widder, ZIP 2010, 1326, 1329. So genügt allein die Durchsicht eines Kommentars zur Gebührenordnung nicht, vgl. BGH NJW 1987, 2451, 2452. 224 Zum Schutz des Vertrauens in obergerichtliche Rechtsprechung BGH NJW 1974, 1903, 1905; 2008, 840, 842. 225 BGHZ 89, 296, 303; BGH NJW-RR 2007, 382, 383 a. E. 226 Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 938 anhand der Entscheidung OLG München AG 2009, 1386 (Stimmrechtszurechnung gem. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG vom Treugeber zum Treuhänder). Ebenfalls hierher gehörend, da in der rechtlichen Würdigung evident unrichtig LG Köln AG 2008, 336 (Meldepflicht bei Umfirmierung); OLG Düsseldorf AG 2010, 330 (zur Bestandsmitteilungspflicht nach § 41 Abs. 4a WpHG); zu diesen Entscheidungen auch Veil, ZHR 175 (2011) 83, 91 ff.

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dung weder der h. L. noch der Verwaltungspraxis der BaFin entspricht und im Gesetz keinen Halt findet. Für die Zukunft muss die Entscheidung aber beachtet werden, wobei es nur höchst ausnahmsweise in Betracht kommen dürfte, ihr nicht zu folgen,227 etwa wenn der gerichtlichen Entscheidung eine sachliche Begründung komplett fehlt.228 Verfügt der Meldepflichtige nicht selbst über die erforderliche juristische Sachkunde oder verbleiben Zweifel bei der Auslegung und Anwendung der §§ 21 ff. WpHG, hat er fachkundigen Rechtsrat einzuholen.229 Dem Meldepflichtigen ist damit verwehrt, sich auf eine unübersichtliche Rechtslage oder das Verkennen eigener Beurteilungskompetenz zu berufen.230 b) Vertrauen auf Rechtsauskünfte Diese Verpflichtung hat die Folgefrage aufkommen lassen, inwieweit sich der Meldepflichtige auf den eingeholten Rechtsrat verlassen darf, so dass ein Rechtsirrtum auch dann unvermeidbar ist, wenn sich die Auskunft im Nachhinein als unrichtig herausstellt. Zu differenzieren ist dabei zwischen den Auskunftsinstanzen BaFin und Rechtsanwalt, wobei es – von Beweisfragen abgesehen231 – nicht darauf ankommt, ob die Auskunft (fern-)mündlich oder schriftlich erteilt wurde.232 Gerade im Kapitalmarktrecht wäre es fatal, das Bedürfnis nach schnell erteiltem Rechtsrat durch Formdogmen zu übergehen. Während die Vertrauenswürdigkeit von BaFin-Auskünften schon im Ausgangspunkt umstritten ist, besteht bei Rechtsanwälten insoweit zwar Einigkeit, doch sind die an die Qualifikation des Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen wenig geklärt. Zu beginnen ist mit Rechtsauskünften der BaFin, da hierzu erste Gerichtsentscheidungen vorliegen. aa) Rechtsauskünfte der BaFin Die BaFin empfiehlt in ihrem Emittentenleitfaden ausdrücklich, melderechtliche Zweifelsfragen mit ihr abzustimmen233 Hierzu ist sie in der Praxis auch 227

Weniger streng wohl Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 938. Hierzu BVerfG NJW 2003, 501, 502. 229 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 30; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 7; Fleischer, DB 2009, 1335, 1335; Verse, BKR 2010, 328, 330; auch OLG Frankfurt AG 2010, 296, 297. Für die Organhaftung etwa BGH NJW 2007, 2118, 2119; OLG Stuttgart NZG 2010, 141, 143. In allgemeinem Kontext auch BGH NJW 2008, 428, 429. 230 Grundmann, in: MüKo/BGB, § 276 Rn. 73; Binder, AG 2008, 274, 283 f. 231 Hierzu OLG München AG 2009, 793, 794, wo nicht substantiiert vorgetragen wurde, welche Auskunft die BaFin erteilt hat. 232 Fleischer, in: FS Hüffer, S. 187, 196 f.; ders., NZG 2010, 121, 124 f. 233 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 135. 228

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gerne bereit. Stimmrechtsmitteilungen werden häufig, regelmäßig telefonisch, mit ihr abgestimmt. Dies wirft die Frage auf, ob, und wenn ja, inwieweit sich ein Meldepflichtiger auf bei der BaFin eingeholten Rechtsrat verlassen darf. In seinem vielbeachteten STRABAG I-Urteil gelangt das LG Köln zu der Auffassung, ein Meldepflichtiger dürfe sich nicht auf Rechtsauskünfte der BaFin verlassen.234 Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Anteilseigner, der unter seiner alten Firma seine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft ordnungsgemäß gemeldet hatte, nach einer Umfirmierung keine (erneute) Mitteilung abgegeben. Hierbei hatte er sich auf die Auskunft der BaFin, die Umfirmierung sei nicht meldepflichtig, verlassen.235 Dem entgegen konstatierte das LG Köln im Anschluss an Heppe236 einen Meldeverstoß, da die Umfirmierung eine Schwellenberührung „in sonstiger Weise“ darstelle. Dieser Verstoß sei auch schuldhaft geschehen, da das Vertrauen auf eine Rechtsauskunft der BaFin keinen unvermeidbaren Rechtsirrtum begründe. Denn die von der BaFin geäußerte Rechtsauffassung könne die Zivilgerichte nicht binden. Der Meldepflichtige hätte sich um weiteren Rechtsrat bemühen oder eine Alternativmitteilung erwägen müssen. Auch das OLG München meint, dass sich der Meldepflichtige bei komplexen Gesamtumständen einer Transaktion nicht darauf verlassen dürfe, die Rechtsauffassung der BaFin sei die allein denkbare, sondern sei gehalten, fachkundigen Rechtsrat einzuholen.237 Auch wenn diese strenge Position durchaus ihre Anhänger hat,238 ist sie sehr zu Recht überwiegend auf Ablehnung gestoßen.239 Zwar ist richtig, dass der Richter nur dem Gesetz unterworfen ist, womit die behördliche Rechtsauffassung ihn nicht bindet, folgt dies doch aus Art. 97 Abs. 1 GG. Jedoch kommt es für die Vermeidbarkeit eines Rechtsirrtums ausschließlich darauf an, ob dieser vom Meldepflichtigen zu vertreten war. Dogmatisch ist es daher unzutreffend, die Vermeidbarkeit des Irrtums von der Verbindlichkeit der Auskunft abhängig zu ma234 LG Köln BeckRS 2008, 17373 (insoweit nicht abgedruckt in AG 2008, 336) – STRABAG I. 235 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 23; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 7; explizit gegen das LG Köln auch OLG Köln AG 2009, 671, 672; OLG Düsseldorf AG 2009, 40, 41; 2010, 711, 712; LG Krefeld AG 2008, 754 755; auch BaFin, Emittentenleitfaden, S. 132; für § 20 AktG: BGH AG 2009, 671, 672. 236 Heppe, WM 2002, 60, 70. 237 OLG München AG 2009, 793, 795. 238 U. H. Schneider, in: FS Schütze, S. 757, 762; Süßmann, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 13 Rn. 16; Tschauner, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 59 Rn. 21. 239 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 7; Segna, AG 2008, 311, 315; Scholz, AG 2009, 313, 321; Bedkowski, BB 2009, 1482, 1483 f.; von Bülow/ Petersen, NZG 2009, 481, 483; Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 937; Widder/ Kocher, ZIP 2010, 457, 460; Ostermaier, EWiR 2010, 197, 198; ferner Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 825; siehe auch Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 45 a. E.

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chen. Dem Meldepflichtigen kann aber auch nicht vorgeworfen werden, die Auffassung der BaFin nicht durch Einholung weiteren Rechtsrats verifiziert zu haben.240 Dass auf diese Weise Auskünften der BaFin die Vertrauenswürdigkeit abgesprochen wird, kollidiert noch nicht mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.241 Denn angesichts der von den §§ 21 ff. WpHG aufgeworfenen Rechtsprobleme, die häufig „so komplex sind, dass es die richtige Antwort nicht gibt“ 242, kommt auch der Auffassung der BaFin keine letztgültige Richtigkeitsgewähr zu. Entscheidend ist vielmehr, wie Fleischer aufgezeigt hat, ihre Fachund Sachkunde im Umgang mit den §§ 21 ff. WpHG sowie ihre Unabhängigkeit, da sie nicht als Interessenvertreter einer Partei auftritt.243 Zur Untermauerung dieses Ergebnisses verweist Fleischer darauf, dass beim strafrechtlichen Verbotsirrtum (§§ 17 StGB, 11 Abs. 2 OWiG) die Verlässlichkeit von Behördenauskünften anerkannt ist.244 Angesichts des Strafcharakters des § 28 WpHG ist damit gewiss eine rechtsgebietsübergreifende Parallele aufgezeigt, doch macht sie eine autonom kapitalmarktrechtliche Begründung nicht entbehrlich. Nach § 4 Abs. 2 WpHG obliegt der BaFin die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des WpHG. In Bezug auf die Beteiligungstransparenz wird sie darüber hinaus zur Aufstellung von Richtlinien ermächtigt (§ 29 WpHG). Wenn der Gesetzgeber demzufolge die BaFin zur Auslegung und Durchsetzung der Beteiligungstransparenzgebote besonders geeignet hält, so kann es nicht angehen, dem Meldepflichtigen den Schutz seines Vertrauens in die Behördenauskunft zu versagen. Ihm kann nicht abverlangt werden, das Melderecht besser zu beherrschen als die zur Durchsetzung der Meldepflichten berufene Aufsichtsbehörde.245 Das gilt umso mehr, als die BaFin eine umfangreiche Verwaltungspraxis im Umgang mit den §§ 21 ff. WpHG herausgebildet hat. Dabei garantiert die interne Organisationsstruktur, dass sich speziell ausgebildetes Personal mit den täglich eingehenden Stimmrechtsmitteilungen befasst.246 Auch würde gerade derjenige bestraft, der sich intensiv um eine aufsichtskonforme Lösung bemüht hat, indem er sich, wiewohl gesetzlich nicht gefordert, bei der BaFin kundig gemacht hat. Der Meldepflichtige ist daher in seinem Vertrauen auf Auskünfte der BaFin zu schützen. Der Vertrauensschutz endet nicht erst, wenn die Auskunft evident

240 Dahingehend aber LG Köln BeckRS 2008, 17373 (insoweit nicht abgedruckt in AG 2008, 336) – STRABAG I; OLG München AG 2009, 793, 794; Tschauner, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 59 Rn. 21. 241 So aber Vocke, BB 2009, 1600, 1602. 242 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 9a. 243 Fleischer, DB 2009, 1335, 1337; ders./Bedkowski, DStR 2010, 933, 937. 244 BGH NStZ 2000, 364, 365; BayObLGSt 1964, 158, 161; Vogel, in: LK/StGB, § 17 Rn. 83; Rengier, in: KarlsruherKomm/OWiG, § 11 Rn. 68. 245 Fleischer, DB 2009, 1335, 1335; ders./Bedkowski, DStR 2010, 933, 937; Stengel, WuB I G 6. § 21 WpHG 1.10. 246 Vgl. das Organigramm der BaFin, BaFin, Jahresbericht 2009, S. 261 und 264.

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unrichtig ist,247 sondern bereits dann, wenn sie für einen vertypisierten Kapitalmarktteilnehmer erkennbar fehlerhaft ist.248 Dafür müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, etwa eine entgegenstehende Rechtsprechung, es sei denn, es handelt sich um eine ausbrechende Gerichtsentscheidung in obigem Sinne. Die Einholung weiteren fachkundigen Rats ist auch dann geboten, wenn die BaFin die Verlässlichkeit ihrer Auskunft selbst ausschließt, etwa weil sie die Auskunft unter Vorbehalt erteilt.249 Steht danach die Verlässlichkeit individuell-einzelfallbezogener Auskünfte fest, bleibt zu klären, ob dies auch für generelle Rechtsauskünfte der BaFin gilt. Solche enthält vornehmlich der Emittentenleitfaden, der für die Beratungspraxis zum unverzichtbaren Nachschlagewerk bei der Ausarbeitung aufsichtskonformer Lösungen geworden ist. Er enthält Erläuterungen zu den Kernparagraphen des WpHG. Nach seinem Selbstverständnis handelt es sich nicht um eine Kommentierung,250 sondern um eine abstrakt-generelle Zusammenfassung der Verwaltungspraxis der BaFin. Auch die Befolgung des Emittentenleitfadens hat grundsätzlich die Unvermeidbarkeit eines Rechtsirrtums zur Folge.251 Zwar besitzt er als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift252 keine Außenwirkung, sondern kann allenfalls eine Selbstbindung der BaFin bewirken,253 doch steht dieser Umstand dem Vertrauensschutz nicht entgegen. Der Emittentenleitfaden hält schriftlich fest, was die BaFin zu bestimmten Sachverhalten in individuellen Auskünften raten würde, womit vorstehende Argumentation entsprechend gilt. Dasselbe gilt für sonstige Veröffentlichungen der BaFin zur Auslegung der §§ 21 ff. WpHG, insbesondere Broschüren, Merkblätter und Rundschreiben. bb) Vertrauen auf Rechtsauskünfte von Rechtsanwälten (1) Meinungsstand und Stellungnahme Während im Ausgangspunkt Einigkeit besteht, dass anwaltliche Auskünfte entschuldigend wirken können, besteht Streit über die an den Rechtsanwalt zu stellenden Anforderungen. Vereinzelt wird keinerlei fachliche Qualifikation verlangt.254 Da die anwaltlichen Berufsregeln eine Pflicht zur Mandatsablehnung bei 247

So aber wohl Santelmann, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 59 Rn. 11. Ähnlich Fleischer, DB 2009, 1335, 1337; Verse, BKR 2010, 328, 330 f. 249 Fleischer, DB 2009, 1335, 1337; für § 11 OWiG: Rengier, in: KarlsruherKomm/ OWiG, § 11 Rn. 68a. 250 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 23. 251 Bedkowski, BB 2009, 1482, 1483; dies., BB 2009, 395, 400; Heinrich/Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 140; Scholz, AG 2009, 313, 321. 252 BGH NZG 2008, 300, 303; Bedkowski, BB 2009, 1482, 1483. 253 Siehe nur BVerwG NJW 1970, 675, 676. 254 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 18; Scholz, AG 2009, 313, 320 f. 248

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fehlender Fachkenntnis vorsehen,255 dürfe sich der Meldepflichtige auf den Rechtsrat eines jeden Rechtsanwalts verlassen, ohne dass dieser im Kapitalmarkt- oder Gesellschaftsrecht tätig sein müsse. Die h. L. verlangt hingegen, dass ein „im Kapitalmarktrecht erfahrener Rechtsanwalt“ mandatiert wird.256 Fehlerhafte Auskünfte von Anwälten ohne diese Qualifikation und Erfahrung sollen die Vermeidbarkeit des Rechtsirrtums nach sich ziehen. Vermittelnd wird schließlich ein „im Wirtschaftsrecht tätiger Rechtsanwalt“ für ausreichend erachtet.257 Was genau der offene Begriff Wirtschaftsrechts umfasst, wird offengelassen. Zu widersprechen ist zunächst der auf die Pflicht zur Mandatsablehnung abstellenden Auffassung, die offenbar von dem vorliegend durchaus geteilten Bemühen um eine enge Auslegung von § 28 WpHG geleitet ist. Sie beschneidet allerdings die Präventivwirkung des Rechtsverlusts zu stark, da sich der Meldepflichtige durch jeden noch so unqualifizierten Rechtsrat schützen könnte. Auch wird sie dem Bedürfnis des Meldepflichtigen nach rechtlicher Klärung seiner Rechtsfrage nicht gerecht. Denn infolge einer Mandatsablehnung steht er wieder am Anfang der Suche nach Rechtsrat, was in Spannung zu der zu wahrenden Unverzüglichkeit der Mitteilungsabgabe tritt und dadurch die Gefahr einer Sanktionierung noch erhöht. Da es somit nicht reicht, irgendeinen Rechtsanwalt im Vertrauen auf seine Anwaltszulassung aufzusuchen,258 ist den beiden übrigen Auffassungen insoweit beizupflichten, als sie qualitative Anforderungen an die Beratung stellen. Zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Erfüllung von Meldepflichten, und damit zum Schutz von Anlegern und Kapitalmarkt, reicht es aber nicht aus, die Sorgfalt des Meldepflichtigen auf die Auswahl eines bestimmten Rechtsanwalts mit kapitalmarktrechtlicher oder wirtschaftsrechtlicher Fachkunde und Erfahrung zu beschränken. Zusätzlich sind dem Meldepflichtigen vielmehr die zutreffende Sachverhaltsdarstellung und eine abschließende Plausibilitätskontrolle abzuverlangen. Der Pflichtenkreis des Meldepflichtigen endet nicht „an der Tür“ des Rechtsanwalts, sondern setzt seine weitere Mitwirkung voraus. 255 Nr. 3.1.3 CCBE (Berufsregeln der Rechtsanwälte der Europäischen Gemeinschaft i. d. F. v. 28.11.1998) lautet: „Der Rechtsanwalt hat ein Mandat abzulehnen, wenn er weiß oder wissen muss, dass es ihm an den erforderlichen Kenntnissen fehlt, es sei denn, er arbeitet mit einem Rechtsanwalt zusammen, der diese Kenntnisse besitzt“. 256 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 67; ders., in: FS Schütze, S. 757, 765; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1335; S. H. Schneider, NZG 2009, 121, 125; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1805; Vocke, BB 2009, 1600, 1602; Süßmann/Meder, WM 2009, 976, 978; für § 59 WpÜG: Schlitt/Ries, in: MüKo/AktG, § 59 WpÜG Rn. 59. 257 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 7; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 28 WpHG Rn. 6; ders./Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 140; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 22 Anh. Rn. 108; wohl auch von Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 483; unklar Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 43 – „qualifizierter Rechtsrat“. 258 Für die Organhaftung OLG Stuttgart NZG 2010, 141, 144, das spezifische Sachkunde des Berufsträgers verlangt, vgl. auch Binder, AG 2008, 274, 285 f.

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Überzeugend ist der von Fleischer vorgestellte Ansatz, der konkrete Anforderungen an den Vertrauensschutz stellt, nämlich (i) die sorgfältige Auswahl einer fachlich und persönlich geeigneten Auskunftsperson, (ii) die zutreffende und vollständige Schilderung des Sachverhalts und (iii) eine abschließenden Plausibilitätskontrolle der eingeholten Auskunft.259 Seien diese Voraussetzungen gewahrt, dürfe der Meldepflichtige sich auf den erteilten Rechtsrat verlassen. Fleischer stützt sich dabei maßgeblich auf ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2007, das dem Vorstand zugestand, sich zur Beurteilung der Überschuldung seiner AG auf ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers zu stützen, und dessen Leitsatz 2 sich wie folgt liest:260 „Ein organschaftlicher Vertreter einer Gesellschaft verletzt seine Insolvenzantragspflicht nicht schuldhaft, wenn er bei fehlender eigener Sachkunde zur Klärung des Bestehens der Insolvenzreife den Rat eines unabhängigen, fachlich qualifizierten Berufsträgers einholt, diesen über sämtliche für die Beurteilung erheblichen Umstände ordnungsgemäß informiert und nach eigener Plausibilitätskontrolle der ihm daraufhin erteilten Antwort folgt und von der Stellung eines Insolvenzantrags absieht.“

Der Vorteil dieser Auffassung besteht darin, dass er eine einzelfallabhängige Betrachtung zulässt. Ob auch das Endergebnis Fleischers, nach diesen Voraussetzungen sei ein im Wirtschaftsrecht tätiger Rechtsanwalt zu kontaktieren, zustimmungswürdig ist, ist sogleich zu erörtern. Abgesehen hiervon hat der weitergehende Gedanke Fleischers, diese Kriterien „vorsichtig verallgemeinernd“ zu einem „Vertrauensgrundsatz im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht“ auszubauen, einiges für sich.261 Jedenfalls lassen sich die genannten Kriterien auf den Rechtsverlust übertragen, auch wenn die Rechtsprechung sie bislang nur für die Organhaftung herangezogen hat.262 Denn in beiden Fällen geht es um dieselbe Frage, nämlich ob es bereits als fahrlässig zu werten ist, der anwaltlichen Auskunft entsprechend zu handeln. (2) Auswahl, Einweisung und Überwachung Reduziert man die vorgenannten Voraussetzungen auf die Stichworte „Auswahl“, „Sachverhaltsdarstellung“ und „Plausibilitätskontrolle“, ist die Nähe zu § 831 Abs. 1 S. 2 BGB deutlich erkennbar. Der dort verankerte Gedanke, dass sich die Sorgfaltspflicht des Geschäftsherrn bei der Einschaltung eines Verrichtungsgehilfen auf dessen sorgfältige Auswahl, Überwachung und Einweisung beschränkt, gilt auch für den Meldepflichtigen, der zur Erfüllung von Mitteilungs259 Fleischer, DB 2009, 1335, 1338, ders., ZIP 2009, 1397; ders., in: FS Hüffer, S. 187; ders., NZG 2009, 121; ders., NZG 2010, 121, 122 ff. 260 BGH NJW 2007, 2118, 2118. Ähnlich auch OLG Stuttgart NZG 2010, 141, 143 f. 261 Siehe die Nachweise Fn. 259 dieses Abschnitts. 262 BGH NJW 2007, 2118, 212; OLG Stuttgart NZG 2010, 141, 143.

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pflichten anwaltlichen Rat einholt.263 Dieses Prinzip, das mit § 831 Abs. 1 S. 2 BGB eine gesetzliche Normierung erfahren hat, lässt sich letztlich als Ausfluss der Verkehrspflichten verstehen und ist damit fest in der zivilrechtlichen Dogmatik verwurzelt.264 Mithin liefert diese Vorschrift die dogmatische Einbettung der von Fleischer erarbeiteten Sorgfaltsanforderungen bei der Einholung von Rechtsauskünften von Rechtsanwälten. Dabei hat wiederum Fleischer zur Konkretisierung der Anforderungen an Auswahl, Sachverhaltsdarstellung und Plausibilitätskontrolle erste Pflöcke eingeschlagen.265 Was zunächst die sorgfältige Auswahl betrifft, ist ein persönlich und fachlich geeigneter Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Pflicht zur sorgfältigen Auswahl betrifft dabei nicht nur den Zeitpunkt der erstmaligen Mandatierung, sondern ist, gerade bei langfristigen Mandaten, fortdauernd zu überprüfen.266 Die persönliche Eignung hängt maßgeblich von der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts ab, an der es etwa bei Vorliegen eines Interessenkonflikts fehlt.267 Problematischer als die persönliche Eignung wird regelmäßig die erforderliche fachliche Qualifikation sein. Im Ausgangspunkt dürfte Einigkeit darin bestehen, dass formale Titel, wie der eines Fachanwalts im Handels- und Gesellschaftsrecht bzw. Bank- und Kapitalmarktrecht, keine zwingende Voraussetzung sind.268 Zwar helfen diese Titel dem Meldepflichtigen bei der Suche nach verlässlichem Rechtsrat, doch wäre der Kreis der zu konsultierenden Anwälte über Gebühr eingeschränkt, zumal die genannten Fachanwaltstitel im Anwaltsbereich im Allgemeinen und in großen Wirtschaftssozietäten, die über eine hohe Expertise im Kapitalmarktrecht verfügen, im Besonderen wenig verbreitet sind.269 Nachdem sich der Meldepflichtige jedenfalls auf dermaßen ausgewiesene Spezialisten verlassen darf, fragt sich, welche Mindestanforderungen an die fachliche Qualifikation zu stellen sind. Den Ausgangspunkt müssen hierbei die getroffenen Feststellungen bilden, dass zum einen die §§ 21 ff. WpHG komplexe Rechtsfragen aufwerfen und zum anderen strenge Maßstäbe an die Unvermeidbarkeit des Rechtsirrtums anzulegen sind. Wenn demgemäß die Anforderungen an die Fachkunde des Anwalts also nicht zu niedrig gesetzt werden dürfen, können entgegen Fleischer Kenntnisse im ohnehin kaum zu umgrenzenden Feld des Wirtschaftsrechts nicht ausreichen. 263 Heinrich/Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 140; S. H. Schneider, NZG 2009, 121, 125; von Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 483. 264 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 79 III 1a, S. 475; Schiemann, in: Erman, BGB, § 831 Rn. 2; weiterführend Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, S. 286 ff. 265 Nachw. in Fn. 259. 266 Allgemein hierzu Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, S. 288 f. 267 Weitere Beispiele bei Fleischer, FS Hüffer, S. 187, 192. 268 Binder, AG 2008, 274, 286; folgend Fleischer, DB 2009, 1335, 1338. 269 Siehe Statistik der Bundesrechtsanwaltskammer vom 1.1.2008, abrufbar unter ; zuletzt abgerufen am 22.4.2011.

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Vielmehr sind besondere Kenntnisse und Erfahrungen im Kapitalmarktrecht von Nöten, denn § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG setzt dem Meldepflichtigen eine kurze Frist, in der der betreffende Sachverhalt zu ermitteln, rechtlich zu bewerten und schließlich als eine korrekte Stimmrechtsmitteilung auszudrücken ist. Hierfür bedarf es nicht nur fachlicher Kunde, sondern auch einer gewissen Übung im praktischen Umgang mit dem Melderecht.270 Da der Meldepflichtige häufig kaum beurteilen kann, ob der konsultierte Anwalt diese durchaus hohen fachlichen Anforderungen erfüllt, reicht es aus, wenn der typisierte Anleger von deren Vorliegen ausgehen durfte. Damit gilt auch bei der Auswahl des Rechtsberaters der dargelegte bereichsspezifische Sorgfaltsmaßstab.271 Die Auswahl eines in diesem Sinne persönlich und fachlich durch gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Kenntnisse geeigneten Rechtsanwalts ist dem Meldepflichtigen auch zumutbar, zumal derartige Rechtsanwälte und Kanzleien in den Kreisen von Investoren, die häufig melderelevante Transaktionen tätigen, bekannt sind. Gerade (Investment-) Banken arbeiten eng mit Rechtsanwälten zusammen. Die Pflicht zur Sachverhaltsdarstellung umfasst die vollständige und wahrheitsgemäße Offenlegung des zu beurteilenden Sachverhalts. Dazu ist dem Anwalt Einblick in sämtliche zur Ermittlung und rechtlichen Bewertung der Meldepflichtigkeit relevanten Unterlagen zu gewähren. Eine Zurückhaltung bewertungsrelevanter Informationen ist bereits aus Eigeninteresse des Meldepflichtigen an besagtem Vertrauensschutz und der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht (§ 43a Abs. 2 BRAO) nicht angezeigt. Darüber hinaus ist der Anwalt unverzüglich über Veränderungen der Sachlage, wie weitere Zu- oder Verkäufe von Aktien, zu unterrichten, so dass er seinen Rat gegebenenfalls anpassen kann. Demzufolge genießt der Meldepflichtige keinen Schutz, wenn er den Anwalt schuldhaft fehlerhaft oder unvollständig informiert hat.272 Hat der Meldepflichtige dagegen Umstände mangels Sachverstand, mithin schuldlos, als unwichtig eingestuft, soll der Vertrauensschutz nach Fleischer, der in diesem Zusammenhang von „innocent omissions“ spricht, nicht entfallen.273 Dem darf man mit Blick auf die Komplexität melderechtlicher Vorgänge mit der Einschränkung zustimmen, dass der Meldepflichtige nicht in jedem Fall schuldlos handelt, wenn der Rechtsanwalt es versäumt, durch Fragen den Sachverhalt zu ermitteln. Denn der Anwalt ist nur dann zur weiteren Sachverhaltsaufklärung verpflichtet, wenn die Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit für ihn erkennbar war.274 Gerade wenn ihm trans270

Vgl. Fleischer/Bedkowski, DStR 2010. 933, 934; Bröcker, GWR 2010, 376, 376. Das dürfte dem von Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1404 f. angelegten objektiv-subjektiven Sorgfaltsmaßstab entsprechen. Rein subjektiv noch Fleischer, DB 2009, 1335, 1338. 272 Exemplarisch OLG Stuttgart NZG 2010, 141, 144. 273 Fleischer, DB 2009, 1335, 1338; ders., ZIP 2009, 1397, 1403. 274 BGH NJW 1982, 437, 438; 1997, 2168, 2169; 2006, 501, 503; Binder, AG 2008, 274, 286. 271

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aktionserfahrene Mitarbeiter kapitalmarktaktiver Unternehmen gegenübersitzen, darf er von der Vollständigkeit der Schilderung ausgehen. Schließlich darf der erteilte Ratschlag nicht unbesehen übernommen werden, sondern ist einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen. Hier kann nur das verlangt werden, was einem juristischen Laien möglich und zumutbar ist, da dem rechtsuchenden Meldepflichtigen profunde Rechtskenntnisse fehlen und er gerade aus diesem Grund einen Rechtsanwalt aufsucht.275 Eine nochmalige anwaltliche Überprüfung wird nicht erforderlich, aber auch praktisch kaum je durchführbar sein, da die enge Frist des § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG die eingehende Begutachtung durch mehrere Rechtsanwälte nicht zulässt. Die Plausibilitätskontrolle verlangt zunächst die Prüfung, ob dem Gutachten der zutreffende Sachverhalt zugrunde liegt. Damit wird eine Rückknüpfung an die Sachverhaltsdarstellung erreicht. Anschließend ist der Rechtsrat auf evidente Unrichtigkeiten oder Unstimmigkeiten zu prüfen. Mehr als eine Evidenzkontrolle, in die eigene Geschäftserfahrungen einfließen sollen, kann nicht verlangt werden.276 Auch sind Auskünfte, die offensichtlich eine Gesetzesumgehung nahelegen nicht verlässlich. Anders wird man entscheiden dürfen, wenn sich eine Meldepflicht wegen einer nicht eindeutigen Rechtslage mit guten Gründen verneinen lässt. Zu erwägen ist in absoluten Zweifelsfällen aber eine vorsorgliche Stimmrechtsmitteilung, worauf der Rechtsanwalt auch hinzuweisen hat.277 Dies wäre auch im Fall Schaeffler/Continental angezeigt gewesen, doch war hier ein heimliches Vorgehen gewollt. cc) Rechtsauskünfte sonstiger Dritter Überträgt man diese Grundsätze auf sonstige Dritte, die weder in ihrer Stellung als Mitarbeiter der BaFin noch als Rechtsanwälte auftreten, so scheiden zunächst Auskünfte von Investmentbankern, Wirtschaftsprüfern oder Steuerberatern, die nicht zugleich Rechtsanwälte sind, aus dem Kreis des Vertrauensschutzes aus.278 Mangels eines abgeschlossenen Jurastudiums fehlt ihnen trotz ihrer Transaktionserfahrung die unabdingbare juristische Sachkunde. Auch Informationen eines Rechtsreferendars entlasten nicht, da ihm die Erfahrung im Umgang mit dem Kapitalmarktrecht fehlt.279 Die in einer Rechtsabteilung des melde-

275 BGH NJW 2007, 2118, 2119, Ls. 2; folgend Altmeppen, NJW 2008, 2121, 2121; vertiefend Fleischer, in: FS Hüffer, S. 187, 194 f. 276 Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1404; ders., FS Hüffer, S. 187, 195. 277 Zu vorsorglichen Mitteilungen sogleich, § 4 C. II. 5., S. 155 f. 278 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 67. 279 Ähnlich Binder, AG 2008, 274, 285 f.; Vogel, in: LK/StGB, § 17 Rn. 81; a. A. aber Fleischer, in: FS Hüffer, S. 187, 190. Anders ist zu urteilen, wenn der Referendar Vorarbeiten für einen Rechtsanwalt tätigt, die dieser dann gegenüber dem Mandanten weitergibt. Hier ist es letztlich der Rechtsanwalt, der die Auskunft gegenüber dem Mandanten erteilt.

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pflichtigen Unternehmens beschäftigten Hausjuristen oder Syndikusanwälte haben die erforderliche rechtliche Sachkunde und Erfahrung, wenn sie regelmäßig kapitalmarktrechtliche Fragen prüfen, was bei Banken und Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Regel sein dürfte.280 An der Objektivität des Hausjuristen ist nur bei konkreten Anhaltspunkten für Interessenskonflikte zu zweifeln.281 Allein der Umstand, dass er für „sein“ Unternehmen tätig wird, ist nicht ausreichend, zumal auch der extern berufene Rechtsanwalt als Interessenvertreter seines Mandanten auftritt. Es gibt auch keinen nachvollziehbaren Grund, Unternehmen, die eine Rechtsabteilung zur Sicherstellung kapitalmarktkonformen Verhaltens vorhalten, dafür auch noch zu benachteiligen. Die Verlässlichkeit professoraler Gutachten wird insoweit bezweifelt, als das Ergebnis oder zumindest die Stoßrichtung in der Regel vom Auftraggeber vorgegeben sei, so dass eine Interessenverflechtung naheliege.282 Das mag im Einzelfall zutreffen, begründet aber keinen Generalverdacht. Ausschlaggebend für die Ablehnung des Vertrauensschutzes ist vielmehr, dass dem Beauftragten, auch wenn er über wissenschaftliche Reputation im Kapitalmarktrecht verfügt, regelmäßig die praktische Erfahrung im Umgang mit dem Melderecht, insbesondere bei den aus tatsächlichen Gründen schwierigen Zurechnungs- und Ermittlungsfragen, fehlt. Die Ergebnisse des Rechtsgutachtens können zwar wichtige Anhaltspunkte für die materielle Rechtslage geben, sind aber mit den praktischen Erfahrungen eines Rechtsanwalts abzugleichen. Ohnehin wird der Gutachtenauftrag nicht die Erstellung der Meldung beinhalten. c) Zwischenergebnis Bei der Zulassung eines vermeidbaren Rechtsirrtums, der dann entschuldigend wirkt, ist eine strenge Prüfung angezeigt. So entlastet weder fehlende noch fehlerhafte Kenntnis der Rechtslage; eine Ausnahme ist allenfalls bei dem als „ausbrechende Gerichtsentscheidung“ bezeichneten Fall zu erwägen, wenn das Judikat sich unvorhersehbar und nicht nachvollziehbar von der h. M. entfernt. Bei zukünftigen Transaktionen ist diese Entscheidung aber zu berücksichtigen. In jedem Fall ist zu empfehlen, Zweifelsfragen mit der BaFin abzuklären, deren Auskünfte nach richtiger Meinung entlastend wirken. Fehlerhafte Auskünfte von Rechtsanwälten begründen hingegen nur dann einen vermeidbaren Rechtsirrtum, wenn (i) ein fachlich und persönlich zuverlässiger Rechtsanwalt beauftragt wurde, dem (ii) der zu beurteilende Sachverhalt vollständig und wahrheitsgetreu 280 Der Vertrauensschutz versagt, wenn Juristen einer in verschiedene Aufgabenbereiche gespaltenen Rechtsabteilung nicht mit kapitalmarktrechtlichen Fragen betraut sind. 281 Fleischer, in: FS Hüffer, S. 187, 192 f. m.w. N.; Binder, AG 2008, 274, 284; vorsichtiger für § 17 StGB: Vogel, in: LK/StGB, § 17 Rn. 87. 282 Vogel, in: LK/StGB, § 17 Rn. 87.

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offengelegt wurde und (iii) eine abschließende Plausibilitätskontrolle stattgefunden hat, wie sie von einem juristischen Laien erwartet werden darf. Das diese Voraussetzungen umspannende dogmatische Prinzip ergibt sich aus § 831 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach mit der Einschaltung eines Dritten die Pflicht entsteht, diesen sorgfältige auszuwählen, zu überwachen und anzuleiten. So gewendet gilt der dogmatische Gedanke dieser Vorschrift auch für Auskünfte der BaFin.283 Dort bereitet die Beurteilung des Vertrauensschutzes allerdings aufgrund der ihr eigenen Sachkunde weniger Schwierigkeiten, weshalb eine Prüfung anhand der folgerichtig ebenfalls anwendbaren genannten drei Voraussetzungen unterbleiben konnte. 4. Verschuldenszurechnung Wird der Dritte überdies für den Meldepflichtigen bei der Erfüllung seiner Mitteilungspflichten aus §§ 21 ff. WpHG tätig, stellt sich die Frage, ob sich der Meldepflichtige das Verhalten des Dritten zurechnen lassen muss. Die Frage tritt insbesondere auf, wenn als Kapitalgesellschaften organisierte Unternehmen, insbesondere Banken, Versicherungen und andere Wertpapierdienstleistungsunternehmen, in meldepflichtigem Umfang Aktien oder Finanzinstrumenten erwerben. Dann ist die Gesellschaft selbst Adressatin des § 21 Abs. 1 WpHG.284 Da sie aber selbst nicht handlungsfähig ist, muss sie sich zur Erfüllung der Meldepflicht natürlicher Personen bedienen, deren Verschulden ihr zurechenbar sein könnte. Da das WpHG für die Verschuldenszurechnung keine Sonderregeln bereit hält, ist die Antwort in den allgemeinen Prinzipien der Verschuldenszurechnung zu suchen. a) Organmitglieder und Unternehmensmitarbeiter Zunächst ist der meldepflichtigen Gesellschaft das Verschulden der die Mitteilungspflichten erfüllenden Organmitglieder zuzurechnen. Hier gilt § 31 BGB analog, der über seinen auf Vereine begrenzten Wortlaut hinaus auf sämtliche rechtsfähige Kapital- und Personengesellschaften angewandt wird.285 Auch spricht nichts dagegen, § 31 BGB als Verschuldenszurechnung beim Rechtsverlust einzusetzen, obwohl die Vorschrift für Schadensersatzansprüche konzipiert ist,286 so dass streng methodisch eine doppelte Analogie vorliegt. Der Anwen-

283 Richtig S. H. Schneider, NZG 2009, 121, 124 f.; v. Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 482. 284 Zur Meldepflichtigkeit von Gesellschaften Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 131 ff.; Sudmeyer, in: Kuthe/Rückert/Sickinger, Compliance-Hdb, 8. Kap. Rn. 13. 285 Eingehend Reuter, in: MüKo/BGB, § 31 Rn. 11 ff. 286 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 10; für § 20 Abs. 7 AktG: Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 84; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 20 Rn. 37.

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dungsbereich des § 31 BGB (analog) wird noch in zwei weitere Richtungen ausgedehnt: Erstens gelten sog. Organisationsmängel als Zurechnungsgrund, d.h. Mängel, die darauf beruhen, dass für zentrale Aufgaben kein verfassungsmäßiger Vertreter zur selbständigen Entscheidung bestellt wurde. Andernfalls wird die unterbliebene Bestellung fingiert.287 Auch die Erfüllung kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten gehört wegen ihrer Bedeutung für die Anlegerschaft und den Kapitalmarkt zur zentralen Leitungsaufgabe des Unternehmensvorstands.288 Folgerichtig ist ein Verschulden auch dann zurechenbar, wenn die Erfüllung der Mitteilungspflichten an einen Angestellten delegiert wurde, der kein verfassungsmäßiger Vertreter ist. § 166 BGB muss insofern nicht bemüht werden.289 Ohnehin trägt die Vorschrift in vorliegendem Zusammenhang nicht. Zwar ist sie auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen analog anzuwenden,290 womit sich ihr Anwendungsbereich auf Stimmrechtsmitteilungen erstreckt.291 Allerdings führt der bevollmächtigte Mitarbeiter bei der Erstellung der Mitteilung lediglich die durch das Handeln des Meldepflichtigen generierten Daten zusammen, so dass er keine eigene Erklärung abgibt.292 Zweitens erfasst § 31 BGB (analog) über Vorstand, Vorstandsmitglieder und verfassungsmäßige Vertreter hinaus auch sog. Haftungsvertreter. Das sind Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind.293 Damit werden insbesondere leitende Angestellte erfasst, welche das Unternehmen nach außen repräsentieren. Im unternehmensinternen Bereich findet folglich über § 31 BGB (analog) eine umfassende Zurechnung des Verschuldens des tatsächlich Handelnden statt. Ein Sonderproblem kann im Konzern auftreten. Dort stellt sich die Frage, ob sich eine Muttergesellschaft, die keine Kenntnis davon hat, dass ihre Tochtergesellschaft Meldeschwellen berührt hat, das vorsätzliche oder fahrlässige Unterlassen der Tochter zurechnen lassen muss. Fest steht zunächst, dass die Mutter selbst in diesem Fall ihre Meldepflichten verletzt hat, da sie sich die Stimmrechte der Tochter gem. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG zurechnen lassen muss und eine Absorption bei der Tochter nicht stattfindet. Die Mutter gibt folglich eine falsche

287 BGHZ 24, 200, 213; 49, 19, 21; BGH NJW 1980, 2810, 2811; Palandt/Heinrichs, BGB, § 31 Rn. 7; Jauernig, in: Jauernig, BGB, § 31 Rn. 4. 288 Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1652; dies., in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 395. 289 Hierauf aber abstellend Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG, Rn. 26. 290 Statt vieler Schilken, in: Staudinger, BGB, § 166 Rn. 10. 291 Zur Qualifikation von Stimmrechtsmitteilungen als Wissenserklärungen Scholz, AG 2009, 313, 318; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 8. 292 Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1236; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 835. 293 BGHZ 49, 19, 21; 101, 215, 218; ausführlich Weick, in: Staudinger, BGB, § 31 Rn. 24 ff.

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Mitteilung ab. Dies geschieht in der Regel aber nicht schuldhaft, da die Konzernierung allein noch keine Verschuldenszurechnung auslöst.294 Möglich ist aber, dass unter den Voraussetzungen des § 166 BGB eine Zurechnung stattfinden kann.295 Unabhängig davon trifft die Mutter, wie gesehen, eine Informationsverschaffungspflicht, so dass auch deren schuldhafte Verletzung zum Rechtsverlust bei der Mutter führen kann.296 b) Unternehmensexterne Dritte, insbesondere Rechtsanwälte Fraglich ist weiter, wie zu verfahren ist, wenn unternehmensexterne Dritte, die von § 31 BGB (analog) nicht erfasst werden, namentlich Rechtsanwälte und professionelle Informationsdienstleister, mit der Erstellung und Abgabe von Stimmrechtsmitteilungen betraut werden.297 Fest steht, dass mit der Bevollmächtigung des Dritten der an die Gesellschaft gerichtete Verschuldensvorwurf nicht entfällt. Andernfalls wäre der Umgehung von § 28 WpHG Tür und Tor geöffnet. Auch ist nicht relevant, ob sich das die Bevollmächtigung aussprechende Organmitglied das Verschulden des Rechtsanwalts zurechnen lassen muss.298 Entscheidend ist allein die Verschuldenszurechnung an die Gesellschaft. Keinen gangbaren Weg liefert § 166 BGB, obwohl diese Vorschrift nachgerade auf Wissenserklärungen Anwendung findet.299 Denn mit ihrer Heranziehung wäre das fragwürdige Ergebnis erreicht, dass es für die Zurechnung darauf ankommt, ob der Anwalt nur beratend tätig wird oder die Mitteilung auch formuliert und für den Aktionär in dessen Namen abgibt. Der Meldepflichtige könnte somit durch entsprechende Beauftragung des Rechtsanwalts die Reichweite der Verschuldenszurechnung steuern. Das kann nicht gewollt sein. Auch kommt dem Rechtsanwalt ebenso wie nachgerade dem Angestellten eines Unternehmens nur die Stellung eines Boten zu, da er keine eigene Willenserklärung abgibt. Offenbar vor dem Hintergrund, dass die Rechtsprechung den Rechtsanwalt verschiedentlich als Erfüllungsgehilfe seines Mandanten eingestuft hat,300 führt 294 Für § 20 Abs. 7 AktG: Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 84; Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 55; für § 59 WpÜG: Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 80. 295 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 80. 296 Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 84; Gelhausen/Bandey, WPg 2000, 397, 501. 297 Zur Zulässigkeit der Beauftragung Dritter mit der Erfüllung von Meldepflichten Hirte, in: KK/WpHG, § 21 Rn. 137. 298 Im Rahmen der Organhaftung nach § 93 AktG scheidet eine Zurechnung des Verschuldens bei Pflichtendelegation auf Angestellte aus, vgl. nur Hüffer, AktG, § 93 Rn. 14. 299 Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1236; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 835 f.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 55. 300 BGHZ 58, 207, 215; BGH NJW 1994, 2822, 2824; OLG Karlsruhe NJW 2005, 515, 516.

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Mülbert eine Verschuldenszurechnung nach § 278 BGB ins Feld.301 Nach dieser Vorschrift hat der Schuldner für ein Verschulden derjenigen Personen, derer er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, wie für eigenes Verschulden einzustehen. Dem Einwand, dass die §§ 21 ff. WpHG nach hiesiger Auffassung Obliegenheiten darstellen, hält Mülbert entgegen, dass § 278 BGB auch auf Obliegenheiten Anwendung finde, wie § 254 Abs. 2 S. 2 BGB beweise. An der Tragfähigkeit dieses Arguments kommen freilich insofern Zweifel auf, als die Anwendung von § 278 BGB auf Obliegenheiten kein allgemeiner Grundsatz ist.302 Auch aus einem weiteren Grund weckt Mülberts Auffassung Bedenken. Denn sie führt zu einer vollumfänglichen Einstandspflicht des Meldepflichtigen für das Verschulden des zur Erfüllung von Mitteilungspflichten eingeschalteten Rechtsanwalts. Wenn der Meldepflichtige sich das Verschulden des berufenen Anwalts stets zurechnen lassen muss, wäre das gerade gefundene Ergebnis bezüglich der Sorgfaltsanforderungen bei der Auswahl von Rechtsanwälten konterkariert. Denn der Meldepflichtige hätte unabhängig von der Qualifikation des Anwalts stets für dessen Fehler einzustehen. Mögliche Regressansprüche gegen den Rechtsanwalt können den eingetretenen Rechtsverlust nicht adäquat ausgleichen, zumal der Verlust von Mitverwaltungsrechten schadensrechtlich kaum zu beziffern sein dürfte. Vor allem aber steht die Heranziehung von § 278 BGB mit dem Verschuldensprinzip des § 28 WpHG nicht in Einklang.303 Die Qualität des Rechtsverlusts als strafrechtliche Sanktion verlangt einen individuellen Verschuldensvorwurf, nachgerade etwa bei Auswahl oder Überwachung der Handlungsperson.304 Die unbedingte Verschuldenszurechnung des § 278 BGB führt jedoch einen Zustand herbei, als hätte der Meldepflichtige selbst die Pflichtverletzung begangen,305 so dass es auf einen ihm anzulastenden Verschuldensvorwurf letztlich nicht mehr ankäme. Die damit einhergehende Durchbrechung des Verschuldensprinzips lässt sich zwar in schuldvertraglichen Beziehungen rechtfertigen, weil zwischen Schuldner und Gläubiger ein gesteigertes Näheverhältnis besteht, aus den genannten Gründen aber nicht beim Rechtsverlust. Desweiteren liegt nach der hier vertretenen Auffassung kein Schuldverhältnis zwischen Meldepflichtigem und Emittent vor. Als rechtssystematische Notiz mag noch angeführt werden, dass § 278 BGB im Deliktsrecht nicht gilt.306 Es ist daher überzeugen301 Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1237; folgend Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 55. 302 Insbesondere für versicherungsrechtliche Obliegenheiten gilt § 278 nicht, vgl. Löwisch/Caspers, in: Staudinger, BGB, § 278 Rn. 46 m.w. N. 303 Fleischer, DB 2009, 1335, 1340; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 836; wohl auch Heinrich/Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 140. 304 Fleischer, DB 2009, 1335, 1340; für das Strafrecht treffend Freund, in: MüKo/ StGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 215 – „Ohne (. . .) Schuld ist eine Bestrafung offensichtlich verfehlt“. 305 H. P. Westermann, in: Erman, BGB, § 278 Rn. 1. 306 Siehe nur RGZ 160, 310, 314.

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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der, mit den Kategorien des § 831 Abs. 1 S. 2 BGB und dem dort verankerten Gedanken, dass sich die Sorgfalt bei der Einschaltung eines Dritten auf dessen Auswahl, Einweisung und Überwachung bezieht, zu arbeiten.307 Diese Anforderungen liefern auch für die Verschuldenszurechnung, wiewohl § 831 BGB keine Zurechnungsvorschrift ist, greifbare Kriterien, die der besonderen Struktur des § 28 WpHG gerecht werden. 5. Alternative und vorsorgliche Stimmrechtsmitteilungen Problematisch ist, wie der Meldepflichtige den Rechtsverlust vermeiden kann, wenn der eingeholte Rechtsrat nicht eindeutig ausfällt. In Betracht kommen zwei Möglichkeiten: Erstens könnte er eine alternative Mitteilung erwägen. Sie enthält allerdings einen inneren Widerspruch. Einerseits besagt sie, der Meldepflichtige habe möglicherweise eine Schwelle überschritten, andererseits, er habe sie möglicherweise nicht überschritten. Die alternative Mitteilung verfehlt daher den normativen Zweck der Beteiligungstransparenz.308 Sie kann sich sogar als Marktmanipulation darstellen. Zudem trifft in jedem Fall der Rechtsverlust, da eine beider Alternativen nicht richtig ist. Diese Lösung ist weder aus Sicht des Marktes noch des Meldepflichtigen akzeptabel. Zweitens kann eine vorsorgliche Stimmrechtsmitteilung erwogen werden, wie sie der BGH in einem Urteil zu § 20 AktG vorgeschlagen hat.309 Der Senat führt aus, dass es geboten sein könne, „eine Beteiligung vorsorglich mitzuteilen, wenn die Rechtslage zweifelhaft und es deshalb ungewiss ist, ob eine Mitteilungspflicht besteht“. Zustimmung liefern einige Instanzgerichte310 und das Schrifttum.311 Diesem breiten Konsens zum Trotz möchte die BaFin vorsorgliche Stimmrechtsmitteilungen nicht gestatten.312 Mit dieser Verlautbarung hat sie nicht nur für Rechtsunsicherheit gesorgt, sondern ist sehr zu Recht dafür kriti307 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 26; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht, § 28 WpHG Rn. 6; ders./Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 140; S. H. Schneider, NZG 2009, 121, 125; von Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 483. 308 U. H. Schneider, in: FS Schütze, S. 757, 762; ders., in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 140; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 21 WpHG Rn. 4. 309 BGHZ 114, 203, 217. 310 LG Köln BeckRS 2007, 17373 (insoweit nicht abgedruckt in AG 2008, 336) – STRABAG I; vorsichtiger VG Frankfurt BKR 2007, 40, 42; zu § 20 AktG: LG Berlin AG 1998, 195, 197. 311 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 140; Bayer, in: MüKo/ AktG, § 22 Anh. § 28 WpHG Rn. 6; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 21 WpHG Rn. 30; Segna, AG 2008, 311, 315; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 240 f.; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 25; für § 15a WpHG Sethe, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 15a WpHG Rn. 97. 312 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 135.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

siert worden.313 Zwar können vorsorgliche Meldungen Verwirrung am Kapitalmarkt stiften, was dem Transparenzzweck der §§ 21 ff. WpHG abträglich ist. Das gilt umso mehr, wenn eine vorsorgliche Mitteilung später zurückgezogen werden muss. Doch lässt sich dieses Problem bewältigen, indem die Mitteilung mit einem Hinweis auf die Unklarheit der Sach- oder Rechtslage versehen und als „vorsorglich“ betitelt wird.314 Schwerer wiegt der Einwand, dass der Markt über Sachverhalte informiert wird, die möglicherweise keiner Offenlegung bedurften. Das beeinträchtigt die wirtschaftlichen Interessen des Investors.315 Letztlich obliegt die Entscheidung aber dem Investor: Entweder nimmt er dieses Risiko in Kauf und meldet oder er unterlässt die Mitteilung und muss eine Sanktionierung mit Rechtsverlust und Bußgeld fürchten, soweit BaFin und Gerichte den Sachverhalt später als meldepflichtig deklarieren. Er hat für sich und die konkrete Transaktion also eine Risikoabwägung zu treffen. In jedem Fall ist ihm zu raten Zweifel über das Bestehen einer Mitteilungspflicht mit der BaFin abzustimmen.316 Verlässt er sich auf deren Auskunft, unterliegt er nachgerade einem unvermeidbaren Rechtsirrtum. 6. Zwischenergebnis Während ein Tatsachenirrtum nur in seltenen Ausnahmefällen entlastend wirkt, ist für den Rechtsirrtum zu konstatieren, dass den Meldepflichtigen zwar eine Pflicht zur Vergewisserung über die melderechtliche Lage und zur gewissenhaften Anwendung der §§ 21 ff. WpHG trifft. Ist er dem allerdings nachgekommen, indem er einen im Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht erfahrener Rechtsanwalt ausgewählt, diesen über die Sachlage informiert und den Rechtsrat einer auf Plausibilität gerichteten Ergebniskontrolle unterzogen hat, darf er sich hierauf verlassen. Ein solcher Vertrauensschutz besteht auch für Auskünfte der BaFin. Bei verbleibenden Zweifeln, etwa wenn der eingeholte Rechtsrat nicht eindeutig ausfällt, hat der Meldepflichtige die Abgabe einer vorsorglichen Stimmrechtsmitteilung in Erwägung zu ziehen.

313

Bedkowski, BB 2009, 394, 395 f.; Fleischer, DB 2009, 1335, 1339. Ähnlich U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 140; Kremer/ Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 29, die empfehlen den strittigen Sachverhalt kurz wiederzugeben. Da im Formular der BaFin Sachverhaltsbeschreibungen nicht vorgesehen sind, fragt sich ob die BaFin solche akzeptieren würde, und ob der Emittent sie gem. § 26 Abs. 1 WpHG veröffentlichen dürfte. 315 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119. 316 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 135. 314

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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III. Vorsatzbegriff des § 28 S. 2 WpHG Ein über die ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung des Verschuldens hinausgehendes subjektives Merkmal wird in § 28 S. 2, 3 WpHG mit dem Vorsatz eingeführt. Während § 28 S. 2 WpHG besagt, dass die Ansprüche auf den Bilanzgewinn und den Abwicklungsüberschuss nur bei vorsätzlichem Unterlassen der Mitteilung entfallen, sieht § 28 S. 3 WpHG bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Mitteilungspflichten eine Verlängerung des Rechtsverlusts vor, soweit die Höhe des Stimmrechtsanteils betroffen ist. 1. Meinungsstand Mangels Erläuterung des Vorsatzbegriffs ist umstritten, ob eine kapitalmarktrechtliche oder eine zivilrechtliche Deutung den Vorzug verdient. Da im Rahmen von S. 3 bereits grobe Fahrlässigkeit ausreicht, ist dieser Streitpunkt für S. 2 ungleich bedeutsamer. Gleich welche Sichtweise man zugrundelegt, setzt eine vorsätzliche Pflichtverletzung voraus, dass der Aktionär die seine Mitteilungspflicht begründenden Tatumstände kannte oder deren Vorliegen zumindest billigend in Kauf nahm.317 Das richtige Verständnis des Vorsatzbegriffs entscheidet aber weithin über die sachliche Reichweite des Privilegs für (zunächst) verlorene Vermögensrechte. Wohl überwiegend wird ein autonom kapitalmarktrechtlicher Vorsatzbegriff vertreten, der zwischen dem des Strafrechts und des Zivilrechts eingepasst wird.318 Im Gegensatz zum zivilrechtlichen Vorsatzbegriff sei das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit kein Bestandteil des Vorsatzes. Jedoch wirke ein unvermeidbarer Rechtsirrtum über das Bestehen einer Mitteilungspflicht vorsatzausschließend. Infolgedessen kommt die Ausnahme für den Anspruch auf den Bilanzgewinn und den Liquidationsüberschuss (§ 28 S. 2 WpHG) bei fahrlässigen, weil vermeidbaren, Irrtümern nicht zur Anwendung. Es bleibt beim Verlust sämtlicher Mitgliedschaftsrechte nach S. 1. Der Aktionär, der seine Meldepflicht nicht kennt, kann sich daher diese Vermögensrechte nur erhalten, wenn der Rechtsirrtum unvermeidbar war. In der Sache entspricht diese Sichtweise dem strafrechtlichen Vorsatzbegriff, was Schwark als Vertreter dieser Ansicht auch eingesteht.319 Die im Vordringen befindliche Gegenansicht vertritt einen zivilrecht317 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 56; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1336. 318 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 66; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 19; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 499 f.; Weber-Rey, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 23 Rn. 130; Krieger, in: MüHdb/AG, § 68 Rn. 137; für § 59 WpÜG: Hommelhoff/ Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 40; Schlitt/Ries, in: MüKo/AktG, § 59 WpÜG Rn. 57. 319 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 19.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

lichen Vorsatzbegriff.320 Da nach bürgerlich-rechtlicher Dogmatik das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit vom Vorsatz umfasst sein muss, könne sich der Meldepflichtige bei grob fahrlässigem Rechtsirrtum auf die Privilegierung des § 28 S. 2 WpHG berufen. Erst bedingter Vorsatz schließt den Anspruch auf die Dividende und den Liquidationserlös endgültig aus. 2. Stellungnahme Zu folgen ist dem zivilrechtlichen Vorsatzbegriff. Nur auf dieser Grundlage lassen sich, wie sich nachfolgend zeigen wird, konsistente Lösungen erzielen. Zunächst zwingt die Herleitung des Verschuldenserfordernisses aus der Strafähnlichkeit des § 28 WpHG nicht zur Anlegung strafrechtlicher Maßstäbe auch im Rahmen des Vorsatzes, zumal der Rechtsverlust gesellschaftsrechtlich wirkt.321 Ebenso bedingt seine Stellung im WpHG keine kapitalmarktrechtliche Deutung.322 Das Kapitalmarktrecht tritt nicht als eigenständiges Rechtsgebiet auf, sondern bildet eine Gemengelage aus zivil-, straf- und öffentlich-rechtlichen Strukturen.323 So sind auch kapitalmarktrechtliche Haftungsvorschriften, etwa §§ 37b, c WpHG, anhand zivilrechtlicher Grundsätze zu beurteilen. Ebenso öffnen sich aufsichtsrechtliche Regelungen zivilrechtlicher Interpretation.324 Indes begibt sich der kapitalmarktrechtliche Ansatz in Widerspruch zur hier befürworteten Sicht, wonach ein unvermeidbarer Rechtsirrtum bereits das Verschulden im Rahmen des § 28 S. 1 WpHG entfallen lässt. Wenn durch einen unvermeidbaren, d.h. nicht einmal fahrlässigen Rechtsirrtum schon kein Rechtsverlust eintritt, bleibt für das Privileg des S. 2 nur dann ein sinnvoller Anwendungsbereich, wenn man hierunter den vermeidbaren, d.h. fahrlässigen Rechtsirrtum fasst.325 Andernfalls hätte der Meldepflichtige keine Möglichkeit, sich die Ansprüche auf Dividende und auf Liquidationserlös zu erhalten, so dass das Privileg funktionslos wäre. Abgesehen hiervon erscheint der kapitalmarktrechtliche Vorsatzbegriff zu streng, da er selbst demjenigen Meldepflichtigen, der aufgrund einer rechtlich 320 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 42 a. E.; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 80; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1337; Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1233 ff.; Fleischer, DB 2009, 1335, 1341; Heinrich/ Kiesewetter, Konzern 2009, 137, 140; Scholz, AG 2009, 313, 320; für § 59 WpÜG: Hecker, in: Baums/Thoma, § 59 Rn. 125; jetzt auch Noack/Zetzsche, in: Schwark, KMRK, § 59 WpÜG Rn. 31. 321 Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1233 unter Hinweis auf BVerfGE 84, 82, 87 f., wo es für zulässig erachtet wird, die ebenfalls strafähnliche Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen gem. § 890 ZPO anhand zivilrechtlicher Kategorien zu messen. 322 Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1233 – „petitio principii leerformelhaften Zuschnitts“. 323 Vgl. die Nachw. in Fn. 144 unter § 3. 324 Dazu Assmann, in: FS U. H. Schneider, S. 37, 37 ff. 325 Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1337; Fleischer, DB 2009, 1335, 1341.

C. Tatbestandsvoraussetzungen

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oder tatsächlich unklaren Meldelage seine Mitteilungspflicht verkennt, nur in Ausnahmefällen den endgültigen Verlust seines Anspruchs auf den Bilanzgewinn und den Liquidationserlös erspart. Das widerspricht dem Umstand, dass der Gesetzgeber mit dem Vorsatzerfordernis zum Ausdruck bringt, dass der endgültige Rechtsverlust einen erhöhten Grad an Vorwerfbarkeit erfordert.326 Bestätigung liefert die Verlängerung des Rechtsverlusts bei vorsätzlicher Nichterfüllung von Mitteilungspflichten gem. S. 3, der ein gesetzgeberisch mit einem Unrechtsvorwurf belegtes Verhalten verhindern möchte, nämlich das Anschleichen zwischen zwei Hauptversammlungen. In einer systematischen Gesamtschau ist dem die Wertung zu entnehmen, dass der endgültige Entzug des Dividenden- und Liquidationserlösanspruchs nur gerechtfertigt ist, wenn ein Meldeverstoß billigend in Kauf genommen wird, d.h. ein kalkulierter Rechtsbruch vorliegt. Für ein zivilrechtliches Verständnis spricht ferner auch, dass jener S. 3 die Wendung „grob fahrlässige Verletzung der Mitteilungspflichten“ enthält. Damit hat der Gesetzgeber einen Terminus zivilrechtlicher Verschuldensdogmatik gewählt, der dem Strafrecht nicht in dieser Form, sondern als Leichtfertigkeit bekannt ist. Durch die Zugrundelegung des zivilrechtlichen Vorsatzbegriffs wird endlich eine einheitliche Auslegung der Rechtsverlusttatbestände (§§ 28 WpHG, 59 WpÜG, 20 Abs. 7 AktG) erreicht. Das sorgt für die im Sanktionsbereich gebotene Rechtssicherheit. Denn der Vorsatzbegriff in S. 2 des aktienrechtlichen Rechtsverlusts nach § 20 Abs. 7 AktG kann aufgrund der strikten Trennung zur kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz (§ 20 Abs. 8 AktG) nur zivilrechtlich verstanden werden.327 Auf dem Boden des zivilrechtlichen Vorsatzbegriffs bleibt der Anspruch auf den Bilanzgewinn und den Liquidationsüberschuss dem Aktionär nach § 28 S. 2 WpHG selbst bei grob fahrlässigem Rechtsirrtum erhalten. Erst bedingter Vorsatz gereicht zu seinem Nachteil. Die durchaus schwierige Abgrenzung zwischen (noch) unschädlicher grober Fahrlässigkeit und (schon) schädlichem bedingten Vorsatz ist anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles vorzunehmen.328 Entbehrlich ist sie freilich im Rahmen des S. 3, wo bereits grobe Fahrlässigkeit ausreichend ist. Aufgrund dieser unterschiedlichen subjektiven Anforderungen können die in S. 2 genannten Rechte trotz verlängerter Stimmrechtssperre erhalten bleiben, wenn der Meldepflichtige, etwa aufgrund eindeutiger Rechtsanwaltsauskunft, einer Vermeidungsstrategie folgt, bei der er mangels anderweitiger Kenntnis glauben durfte, im erlaubten Bereich zu handeln.329 Ferner wird die Einrichtung eines funktionierenden (konzernweiten) Meldesystems regelmäßig 326

Überzeugend Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1337. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 55; Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1233. 328 Allgemein hierzu Löwisch/Caspers, in: Staudinger, BGB, § 276 Rn. 23. 329 Fleischer, DB 2009, 1335, 1341; a. A. Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 59 Rn. 124. 327

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

zur Widerlegung vorsätzlichen Handelns gereichen. Weiter kann sich der Meldepflichtige auch dann exkulpieren, wenn er darlegen kann, dass der Meldeverstoß auch bei Vorliegen eines Meldesystems eingetreten wäre.330 Dieser Beweis ist in der Praxis wohl kaum zu führen. Vorsatz wird man aber annehmen müssen, wenn der Aktionär zunächst fahrlässig das Bestehen einer Mitteilungspflicht nicht erkennt und nach Erfassung der Sach- und Rechtslage die gebotene Mitteilung nicht nachholt. Auch die bloße Hoffnung, legal zu agieren, schützt ihn nicht. 3. Zwischenergebnis Das Vorsatzerfordernis in § 28 S. 2, 3 WpHG ist trotz des Strafcharakters des Rechtsverlusts zivilrechtlich zu verstehen. Das kapitalmarktrechtliche Verständnis geht zu weit, da es die Privilegierung des Dividenden- und Liquidationserlösanspruchs derart weit einschränkt, dass ihr nahezu kein eigenständiger Anwendungsbereich mehr verbleibt. Bei grob fahrlässigen Meldefehlern kann sich der Investor demzufolge durch Nachholung der Mitteilung die genannten Vermögensrechte erhalten. Zu einer Verlängerung des Rechtsverlusts kann es gleichwohl kommen, da § 28 S. 3 WpHG nicht erst an Vorsatz, sondern schon an grobe Fahrlässigkeit anknüpft.

D. Rechtsfolge: Verlust der Rechte aus Aktien Bei Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen ordnet § 28 S. 1 WpHG für die Zeit, in der die Stimmrechtsmitteilungspflichten nicht erfüllt werden, den Verlust der Rechte aus Aktien an, die dem Meldepflichtigen gehören oder gem. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 WpHG zugerechnet werden. Nachdem der erfasste Personenkreis bereits ermittelt wurde,331 bleibt die Reichweite des Rechtsverlusts auszuloten. Maßgeblich ist das Verständnis der Wendung „Rechte aus Aktien“.

I. Betroffene Rechte aus Aktien 1. Betroffene Anzahl an Aktien Zunächst stellt sich die Frage nach der sachumfänglichen Reichweite, also welche Anzahl von Aktien dem Rechtsverlust unterfallen. Diese legt § 28 S. 1 WpHG dadurch fest, dass er den Plural „Aktien“ verwendet. Betroffen sind daher sämtliche Aktien, die der Meldepflichtige selbst oder kraft Zurechnung gem. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 WpHG am Emittenten hält und nicht nur diejenigen, deren Erwerb zum Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten einer Melde330 331

Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 81. § 4 B. III. 1., S. 109 ff.

D. Rechtsfolge: Verlust der Rechte aus Aktien

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schwelle geführt haben.332 Wird also zwar das Überschreiten der 3%-Schwelle, nicht aber der 5%-Schwelle gemeldet, erfasst der Rechtsverlust nicht nur den die 3%-Schwelle übersteigenden Anteil, sondern die gesamte Beteiligung. Denn das Unterlassen der Mitteilung, dass die Schwelle von 5% berührt wurde, stellt eine Nichterfüllung der Meldepflicht im Gesamten dar. Diese schrankenlose Erfassung sämtlicher Aktien ist auch deshalb richtig, weil andernfalls § 28 WpHG beim Unterschreiten von Schwellenwerten nicht zur Anwendung käme, was nicht mit dem umfassenden Verweis auf § 21 Abs. 1, 1a WpHG, wonach auch das Schwellenunterschreiten zu melden ist, in Einklang steht. Im Übrigen soll der Rechtsverlust nicht lediglich die Ausübung nicht gemeldeter Aktien sperren. Diese Konzeption war zunächst für § 20 Abs. 7 AktG befürwortet, aber im weiteren Gesetzgebungsverfahren aus berechtigten Zweifeln an der Wirksamkeit des Rechtsverlusts gestrichen worden.333 2. Sanktionsfestigkeit der Mitgliedschaft Hieran schließt sich die Frage an, welche Rechte aus Aktien im Einzelnen unter § 28 WpHG fallen. Da die gesetzliche Formulierung keine nähere Spezifikation enthält, ist von einem umfassenden Verlust auszugehen, der sich im Grundsatz auf sämtliche aus den Aktien erwachsenden Mitverwaltungs- und Vermögensrechte erstreckt. Die Aktie verbleibt als inhaltsleere Hülle, so dass der Aktionär, grob gesprochen, wie ein außenstehender Dritter gestellt ist. Allerdings ist der Rechtsverlust nicht grenzenlos. Das belegt wiederum der Wortlaut. Da es sich um Rechte aus Aktien und nicht an Aktien handeln muss, dürfen die Mitgliedschaft und das Aktieneigentum als solche nicht betroffen sein.334 Denn die Mitgliedschaft ist kein Recht aus der Aktie, sondern sie ist untrennbar an die Aktie gekoppelt und in ihr verbrieft. Ein (entschädigungsloser) Entzug der Mitgliedschaft wäre auch verfassungsrechtlich unter dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsgebots nicht haltbar. Dem meldesäumigen Aktionär bleibt seine Stimmrechtsbeteiligung, mithin seine Stellung als Gesellschafter, erhalten. Auch bleiben die gesellschaftsrechtlichen Treuebindungen gegenüber der Gesellschaft und zwischen den Aktionären bestehen.335 Zudem können die Aktien weiterhin veräußert und belastet, insbesondere verpfändet, werden. Für die Identifizierung 332 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG § 28 Rn. 26; Veil, in: Schmidt/ Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 10; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 832; für § 20 AktG schon Begr. RegE § 20 AktG bei Kropff, AktG, S. 42; Quack, in: FS Semler, S. 581, 583. 333 Begr. RegE § 20 AktG bei Kropff, AktG, S. 42; Schäfer, BB 1966, 1004, 1005. 334 Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 95; ferner Schwark, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 15; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 24; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 830; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.453. 335 BGH NZG 2009, 827, 828; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 47.

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der betroffenen Mitverwaltungs- und Vermögensrechte folgt hieraus die Maxime, dass der Verlust von Aktienrechten nur so weit geht, als nicht die Mitgliedschaft in ihrer Substanz betroffen ist. 3. Mitverwaltungsrechte Zu den betroffenen Mitverwaltungsrechten gehören alle hauptversammlungsbezogenen Rechte, wie die Befugnis zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung (§ 122 AktG) oder zur Ergänzung der Tagesordnung.336 Auch das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung (§ 118 AktG) ist betroffen, sofern nicht der Meldefehler in den Grenzen des § 28 S. 3, 4 WpHG bis zu Beginn der Hauptversammlung noch behoben werden kann. Dem sanktionsbefangenen Aktionär darf dann auch der Zutritt zum Versammlungssaal versagt werden.337 Stellt sich nach der Hauptversammlung der schuldhafte Meldeverstoß heraus, konnte er seine Teilnahmerechte, insbesondere seine Rede-, Auskunftsund Antragsrechte sowie das Stimmrecht nicht wirksam ausüben. Dem kann auch nicht durch Stimmrechtsvollmachten begegnet werden, da sich der Rechtsverlust andernfalls denkbar einfach aushebeln ließe.338 Der Stimmrechtsverlust ist gerade bei strategischen Beteiligungen schmerzhaft, da die Einflussnahme auf die Unternehmenspolitik des Emittenten versagt wird. Ferner gehen eine Vielzahl von Einzel- und Minderheitsrechten verloren, beispielsweise das Recht, eine Ergänzung der Tagesordnung zu verlangen (§ 122 AktG).339 Unberührt bleiben hingegen Organstellungen, die aufgrund einer meldepflichtigen Beteiligung zustande kamen, wie die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat, denn diese Rechtsstellung wird nicht aus Aktien erlangt.340 a) Betreiben eines Squeeze-out-Verfahrens Schwierigkeiten wirft der Rechtsverlust bezüglich des Rechts, das aktienrechtliche Squeeze-out-Verfahren gem. § 327a Abs. 1 AktG einzuleiten. Danach kann der Inhaber von 95% des Grundkapitals den Ausschluss von Minderheitsaktionären betreiben. Da ausschließlich auf die Beteiligung am Grundkapital abgestellt wird, welche § 28 WpHG nicht antastet, könnte man an der Sanktionsbefangenheit dieses Rechts zweifeln. Bei genauem Hinsehen sind solche Zweifel aber unbegründet. Zunächst spricht die Parallelregelung des übernahmerechtlichen 336 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 33; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 494 f. 337 KG AG 2009, 30, 38; für § 20 Abs. 7 AktG: Quack, in: FS Semler, S. 581, 588; für § 59 WpÜG: Marsch-Barner, in: FS Riegger, S. 35, 42. 338 Das übersieht Derst, Ansprüche von Aktionären, S. 38. 339 Aufzählung bei Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 31. 340 Für § 20 Abs. 7 AktG: Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 78; Heinsius, FS Fischer, S. 215, 223; Neinhaus, Sanktionen, S. 66.

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Squeeze-out nach § 39a Abs. 1 S. 1 WpÜG von der Beteiligung am stimmberechtigten Grundkapital. Zwar können hieraus noch keine eindeutigen Schlüsse gezogen werden, da übernahme- und aktienrechtlicher Squeeze-out sich in verschiedener Hinsicht unterscheiden.341 Dennoch weist dieser Aspekt in die richtige Richtung. Denn am Anfang eines jeden Ausschlussverfahrens steht ein entsprechendes Verlangen (§ 327a Abs. 1 S. 1 AktG) bzw. ein Antrag (§ 39a Abs. 1 S. 1 WpÜG), mithin ein auf den Ausschluss der Minderheitsaktionäre gerichteter korporativer Willensakt des Hauptaktionärs. Hierbei handelt es sich um ein durch Aktien vermitteltes Recht, das konsequenterweise § 28 WpHG unterfällt. Auf die im Rahmen des § 327a AktG ungeklärte Frage, ob die Beteiligungshöhe von 95% allein im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegen muss (sog. einfache Stichtagslösung) oder zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und des Einberufungsverlangens (sog. doppelte Stichtagslösung), kommt es nicht an.342 Das wird zwar auf dem Boden der einfachen Stichtagslösung anders gesehen, weshalb das Nichtbestehen von Rechten im Zeitpunkt der Stellung des Einberufungsverlangens die Einleitung des Squeeze-out Verfahrens nicht soll hindern können.343 Jedoch betrifft der Rechtsverlust bereits die Antragsstellung. Dem sanktionsbefangenen Aktionär ist daher schon versagt, den Antrag als zwingende Voraussetzung des Verfahrens zu stellen. Infolgedessen ist der Vorstand nicht verpflichtet, eine Hauptversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung über den Ausschluss von Minderheitsaktionären einzuberufen.344 Geschieht dies trotzdem, ist die Einberufung wirksam und nicht anfechtbar, da das Verlangen zwar Voraussetzung des nachfolgenden Hauptversammlungsbeschlusses ist, nicht aber die Wirksamkeit der Einberufung betrifft. Die Anfechtbarkeit des entsprechenden Beschlusses, die aus der Ausübung von Stimmrechten durch den Hauptaktionär trotz Rechtsverlust beruht, bleibt freilich unberührt.345 b) Erhebung von Nichtigkeits- und Anfechtungsklage Was zunächst die Befugnis, die Nichtigkeitsklage zu erheben, angeht, kommt es nicht auf den Rechtsverlust an.346 Denn diese Klage kann nicht nur von 341

Vgl. Schüppen/Tretter, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, Vor § 39a Rn. 18. Herrschend ist die doppelte Stichtagslösung, vgl. OLG Düsseldorf AG 2004, 207, 210; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 327a Rn. 18; Austmann, in: MüHdb/AG, § 74 Rn. 26; a. A. Grunewald, in: MüKo/AktG, § 327a Rn. 10. 343 König/Römer, NZG 2004, 944, 947; Siemers, Rechtsverlust nach § 59 WpÜG, S. 218. 344 LG Mannheim AG 2005, 780, 781; König/Römer, NZG 2004, 944, 946; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 495; für § 20 Abs. 7 AktG: OLG Köln Konzern 2004, 30, 32. 345 König/Römer, NZG 2004, 944, 947. 346 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 30; Vocke, BB 2009, 1600, 1603; a. A. U. H. Schneider, in: FS Kümpel, S. 477, 480; offenlassend OLG München AG 2009, 793, 795. 342

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stimmberechtigten Aktionären, sondern von jedermann, also auch dem vom Rechtsverlust Betroffenen, geltend gemacht werden.347 Sein Feststellungs- und Rechtsschutzbedürfnis folgt bereits aus der Eigenschaft als Aktionär, die, wie gesehen, vom Rechtsverlust nicht berührt wird. Anders wurde bislang die Anfechtungsbefugnis des Aktionärs gem. § 245 AktG behandelt, die nach einhelliger Ansicht uneingeschränkt betroffen sein sollte.348 Bewegung in diesen Bereich hat ein Beschluss des BGH zu § 20 Abs. 7 AktG gebracht, der die Anfechtung einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts zum Gegenstand hatte (§§ 255 Abs. 2, 243 Abs. 2 AktG).349 Danach lasse der Rechtsverlust zwar die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 1 und Nr. 2 AktG entfallen, nicht aber die nach Nr. 3. Aktionäre, die ihre Aktien schon vor der Hauptversammlung erworben haben, blieben anfechtungsberechtigt, vorausgesetzt die nach § 20 AktG erforderliche Mitteilung sei vor Ablauf der Anfechtungsfrist erfolgt. Hinsichtlich § 245 Nr. 1 und 2 AktG entspricht die Sichtweise des BGH der bisher herrschenden Auffassung zu § 28 WpHG. Beide Befugnisse sind versammlungsbezogen und stehen als solche dem vom Rechtsverlust betroffenen Aktionär nicht zu, da ihm die Teilnahme an der Hauptversammlung versagt ist. Selbstverständlich kann er sich auch nicht am Anfechtungsverfahren Dritter im Wege des Beitritts beteiligen.350 Überzeugend ist aber auch, die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 3 AktG nicht entfallen zu lassen, wenn die erforderliche Stimmrechtsmitteilung vor Ablauf der Anfechtungsfrist des § 246 AktG nachgeholt wird. An dieser Stelle wird die Anfechtungsbefugnis ausschließlich vom Aktieneigentum, mithin der Eigenschaft als Aktionär, abhängig gemacht, welche der Rechtsverlust, wie gesehen, nicht berührt. In der Kommentarliteratur zu § 59 WpÜG war diese Auslegung schon bislang herrschend;351 sie lässt sich ohne weiteres auf § 28 WpHG übertragen. 4. Vermögensrechte a) Bilanzgewinn und Abwicklungsüberschuss Die Identifizierung der vom Rechtsverlust erfassten Vermögensrechte hat bei § 28 S. 2 WpHG anzusetzen. Dieser Regelung ist im Gegenschluss zu entnehmen, dass zumindest der Anspruch auf den Bilanzgewinn gem. § 58 Abs. 4 AktG und der Anspruch auf den Abwicklungsüberschuss (Liquidationserlös) 347 Hüffer, AktG, § 249 Rn. 4; Zöllner, in: KK/AktG, § 249 Rn. 10; a. A. K. Schmidt, in: GK/AktG, § 249 Rn. 12. 348 OLG Schleswig AG 2006, 120, 122; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 28; für § 20 Abs. 7 AktG: OLG Dresden AG 2005, 247, 250. 349 BGH NZG 2009, 827, 828; vgl. auch OLG Schleswig AG 2008, 129 (Vorinstanz). 350 OLG Schleswig AG 2006, 120, 122. 351 Statt vieler Ehricke, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 59 Rn. 16; Tschauner, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 59 Rn. 43.

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gem. § 271 AktG infolge eines Meldefehlers verloren gehen. Der zu § 20 Abs. 7 AktG a. F. geführte Streit um die Einbeziehung letztgenannten Anspruchs ist mit Einfügung des jeweiligen S. 2 in § 20 Abs. 7 AktG und § 28 WpHG beendet worden.352 Zwar lebt das seinerzeit gegen die Erfassung vorgebrachte Argument, dass der Liquidationserlös an die Stelle der Substanz der Mitgliedschaft trete und den gesamten Vermögenswert der Mitgliedschaft repräsentiere, in den bereits geäußerten systematischen Bedenken gegen die Ausdehnung des Rechtsverlusts auf Vermögensrechte im Allgemeinen und den Liquidationserlös im Besonderen fort. Doch muss diese gesetzgeberische Entscheidung de lege lata hingenommen werden.353 Dass es wenig stringent ist, vor dem Hintergrund des Stimmrechtsbezugs der §§ 21 ff. WpHG auch Vermögensrechte dem Rechtsverlust zu unterwerfen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Da die Liquidation einer börsennotierten Gesellschaft ein Ausnahmefall ist, kommt dem zugleich eintretenden Verlust des Anspruchs auf den Bilanzgewinn als wichtigstes Vermögensrecht des Aktionärs höhere Bedeutung zu. Dieser Anspruch ist ein selbständiges Forderungsrecht des Aktionärs, das erst mit dem Gewinnverwendungsbeschluss gem. § 174 AktG entsteht. Maßgeblich für den Rechtsverlust ist daher der Zeitpunkt der Fassung dieses Beschlusses durch die Hauptversammlung.354 Folglich ist der Aktionär, der seine Mitteilungspflicht bis dahin, d.h. notfalls noch in der Hauptversammlung unmittelbar vor Beginn der Abstimmung, korrekt erfüllt, in voller Höhe dividendenberechtigt. Eine quotale Kürzung findet nicht statt. Für den Anspruch auf den Liquidationserlös gilt Vergleichbares. Da der Zeitpunkt der Aufstellung der Schlussbilanz durch den Vorstand zusammen mit dem Verteilungsplan355 den Aktionären regelmäßig nicht bekannt sein wird, bietet es sich an, auf den Auflösungsbeschlusses gem. § 262 AktG abzuheben. Der Anspruch bleibt somit bestehen, falls die Mitteilung rechtzeitig bis zur Beschlussfassung nachgeholt wird.356 Doch selbst wenn der Aktionär seine Mitteilungspflicht nicht erfüllt hat, kann er dem Verlust des Dividenden- und Liquidationserlösanspruchs nach Maßgabe des § 28 S. 2 WpHG entgehen. Beide Rechte ruhen lediglich bis zur Nachholung. Für den Liquidationserlös bedeutet dies streng genommen, dass die AG den Anteil des Aktionärs am Liquidationserlös bis zur Nachholung der Mitteilung und dem damit einhergehenden Wiederaufleben der Aktienrechte zurückzuhalten hätte. Die Beendigung der AG durch Löschung im Handelsregister (§ 273 Abs. 1 AktG) würde hierdurch verzögert. Man wird daher dem Verkehrsinteresse

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Zum damaligen Streitstand Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 67. A. A. Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 19, der aus verfassungsrechtlichen Gründen den Anspruch auf den Liquidationserlös für nicht erfasst hält. 354 Statt aller Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 41. 355 Für § 20 Abs. 7 AktG hierauf abstellend Windbichler, in: GK/AktG, § 20 Rn. 83. 356 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 66; für § 20 Abs. 7 AktG: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 59; Krieger, in: MüHdb/AG, § 68 Rn. 139 f. 353

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an der Herbeiführung der Beendigung den Vorrang geben dürfen und es den Abwicklern gestatten, den verbleibenden Liquidationserlös unter den nicht vom Rechtsverlust betroffenen Aktionären zu verteilen.357 Das ist auch wertungsmäßig korrekt, da es der Aktionär selbst in der Hand hat, sich diesen Anspruch durch zeitnahe Nachholung der Mitteilung zu sichern. Allerdings wird man von den Abwicklern verlangen dürfen, in angemessenem, die Herbeiführung der Beendigung nicht behinderndem zeitlichen Umfang, dem säumigen Meldepflichtigen Zeit zur Nachholung zu gewähren. Wie der Dividendenverlust bilanziell zu behandeln ist, wird an späterer Stelle erörtert. b) Rechte bei Kapitalerhöhung Fraglich ist, ob Rechte, respektive Bezugsrechte, auf junge Aktien und Finanzinstrumente vom Rechtsverlust erfasst werden. Wird, wie in der Praxis häufig, der Kapitalerhöhungsbeschluss angefochten, ist die Frage erst dann von Bedeutung, wenn die Kapitalerhöhung nach der Klärung des Rechtsstreits vom Registerrichter eingetragen wird. Erst dann dürfen die Aktien ausgegeben werden. aa) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln In der Literatur besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass Rechte auf junge Aktien bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht am Rechtsverlust teilnehmen.358 Diese Auffassung wird von der Regelung des § 212 S. 1 AktG getragen, der zu entnehmen ist, dass bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln die neu entstehenden Aktien nicht auf der Grundlage eines Bezugsrechts ausgegeben werden. Vielmehr entstehen sie kraft Gesetzes in der Person des Aktionärs, da insoweit eine Umwandlung der Bilanzposition „Gewinnrücklage“ und/oder „Kapitalrücklage“ in Aktien stattfindet. Dieser bilanzielle Prozess strukturiert somit die bisherige Mitgliedschaft der Aktionäre neu. Hiergegen wird unter Hinweis auf § 28 S. 2 WpHG eingewandt, das Gesetz kenne kein generelles Verbot, in die Beteiligung selbst einzugreifen. Da der Liquidationserlös zu den sanktionsbefangenen Rechten gehört, müsse auch das Recht auf Zuteilung von Aktien bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erfasst 357

Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG § 28 Rn. 67. Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 70 f.; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 30; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 28 Rn. 13; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 Rn. 18; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 495; Vocke, BB 2009, 1600, 1604; Heinrich, Transparenzbestimmungen, S. 149 f. für § 20 Abs. 7 AktG: Hüffer, AktG, § 20 Rn. 16; Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 72; Quack, in: FS Semler, S. 581, 591; Krieger, in: MüHdb/AG, § 68 Rn. 135; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 40; für § 59 WpÜG: Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 70 ff.; Santelmann, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 59 Rn. 27; Hommelhof/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 22. 358

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sein.359 Diese Auslegung verkennt nicht nur die Regelung des § 212 S. 1 AktG, sie widerspricht auch den Gesetzesmaterialien, die ausdrücklich das Recht auf Zuteilung von Aktien aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vom Rechtsverlust ausnehmen.360 Durch die Einbeziehung des Anspruchs auf den Liquidationserlös sollten keinesfalls Eingriffe in die Substanz der Mitgliedschaft generell erlaubt werden, zumal die Erstreckung des § 28 WpHG hierauf nach obiger Feststellung atypisch ist. Auch das Interesse an einer effektiven Durchsetzung der Meldepflichten rechtfertigt die Einbeziehung nicht.361 Ferner liegt § 215 Abs. 1 AktG der Gedanke zugrunde, dass Aktien, deren Rechte nicht ausübbar sind (etwa eigene Aktien) an einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln teilnehmen. Nichts anderes kann für sanktionsbefangene Aktien gelten. Rechte auf junge Aktien aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nehmen daher am Rechtsverlust nicht teil. bb) Kapitalerhöhung gegen Einlagen Für die Kapitalerhöhung gegen Einlagen entscheiden h. L.362 und BGH363 konträr. Hieraus entstehende Bezugsrechte sollen dem Rechtsverlust unterfallen, so dass der Meldepflichtige weder unmittelbar noch mittelbar über eine Bank sein Bezugsrecht ausüben kann. Argumentiert wird mit der Regierungsbegründung zum 3. FMFG, die Folgendes besagt:364 „In die Sanktion einbezogen sind [. . .] das Bezugsrecht bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen, nicht dagegen das Bezugsrecht bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln.“ 359 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 41; für § 20 Abs. 7 AktG: Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 67; Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 20 Rn. 15; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 63; Schäfer, BB 1966, 1004, 1006; für § 59 WpÜG: Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 59 Rn. 33; Ehricke, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 59 Rn. 18; Siemers, Rechtsverlust nach § 59 WpÜG, S. 222. 360 Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 95 a. E. 361 So aber Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 63; für Verlust der Rechte aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln wohl auch Lenenbach, Kapitalmarkrecht, Rn. 13.453. 362 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 15; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 59; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 48; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 495; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 831; Vocke, BB 2009, 1600, 1603; Weber-Rey, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 23 Rn. 127; für § 20 Abs. 7 AktG: Hüffer, AktG, § 20 Rn. 16; Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 65; Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 61; Windbichler, in: GK/AktG, § 20 Rn. 72; Schäfer, BB 1966, 1004, 1006; für § 59 WpÜG: Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 20; Tschauner, in: Geibel/ Süßmann, WpÜG, § 59 Rn. 29; zweifelnd, i. Erg. aber ebenso Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 59 WpÜG Rn. 24. 363 BGHZ 114, 203, 207 und 208 (zu § 20 Abs. 7 AktG). 364 Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 95 a. E.

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Nachvollziehbar erscheint diese Differenzierung zwischen beiden Formen der Kapitalerhöhung vor dem Hintergrund, dass bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen die Aktionäre der Gesellschaft frisches Kapital zuführen. Bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln wird hingegen vorhandenes Gesellschaftsvermögen durch bilanzielle Umbuchung in Grundkapital umgewandelt, so dass bereits vorhandenes Kapital lediglich umgewidmet wird.365 Dieser h. M. hält Krieger die Ratio des gesetzlichen Bezugsrechts entgegen.366 Das Bezugsrecht soll den Aktionär vor einer Verwässerung seiner Beteiligung schützen, und zwar sowohl im Hinblick auf seine Mitverwaltungs- als auch Vermögensteilhabe.367 Wiedemann spricht plastisch von einem „Mitgliedschaftserhaltungsrecht“.368 Wird dieses entzogen, gleich ob durch Beschluss der Hauptversammlung oder kraft Gesetzes, bedeutet dies einen Eingriff in die Substanz der Mitgliedschaft. Der Bezugsrechtsausschluss führt daher auf lange Sicht zu einem „Ausschluss auf Raten“.369 Verdeutlichung mag das Bild eines Kreises schaffen, der die Mitgliedschaft des Aktionärs darstellt, und dessen Durchmesser sich durch den Entzug des Bezugsrechts verringert. Mit der Ausübung des Bezugsrechts hingegen lässt sich der ursprüngliche Durchmesser beibehalten. Demnach besteht ein Spannungsverhältnis zur Sanktionsfestigkeit der Mitgliedschaft, was auch die Vertreter der h. M. nicht leugnen. Hüffer möchte es dahingehend auflösen, dass der Rechtsverlust auf den konkreten Bezugsanspruch beschränkt wird, der vom mitgliedschaftlichen und damit sanktionsfesten Bezugsrecht zu unterscheiden sei.370 Das ist zwar dogmatisch stimmig, weil die Unterscheidung Ausfluss der Rechtsnatur des Bezugsrechts ist,371 hilft aber über Kriegers Einwand nicht hinweg. Da der Aktionär keinen Anspruch auf Bezug junger Aktien hat, verwässert seine Beteiligung am Grundkapital, was gleichermaßen für Vermögens- und Mitverwaltungsrechte gilt. Im Ergebnis wird der Durchmesser des Kreises also kleiner. Gewiss trifft es zu, wenn Hüffer weiter argumentiert, die Mitgliedschaft bleibe auch bei Verlust des Bezugsrechts erhalten. Dies ist allerdings nicht der entscheidende Aspekt. Die Sanktionsfestigkeit der Mitgliedschaft bedeutet nicht, dass nur ihr kompletter Entzug verboten wäre, sondern versagt jeden Eingriff. Daher ist auch, anders als Kremer/Oesterhaus meinen, ohne Belang, ob der Verwässerungseffekt, den das Entfallen des Bezugsrechts aus einer 365

Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 207 Rn. 2. Krieger, in: MüHdb/AG, § 68 Rn. 140. 367 BGHZ 71, 40, 45 – Kali & Salz; Wiedemann, in: GK/AktG, § 186 Rn. 13; Hüffer, AktG, § 186 Rn. 2; ausführlich Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 7 ff. 368 Wiedemann, in: GK/AktG, § 186 Rn. 56. 369 Lutter, in: KK/AktG, § 186 Rn. 7; Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 31; vgl. auch Habersack, Mitgliedschaft, S. 261. 370 Hüffer, in: FS Boujong, S. 277, 289. 371 Zur Trennung zwischen konkretem Bezugsanspruch und mitgliedschaftlichem Bezugsrecht Lutter, in: KK/AktG, § 186 Rn. 10; Peifer, in: MüKo/AktG, § 186 Rn. 20. 366

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Kapitalerhöhung gegen Einlagen auslöst, qualitativ der Verwässerung entspricht, die bei hypothetischer Erfassung der Bezugsrechte aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln eintreten würde.372 Abgesehen davon, dass die Annahme einer qualitativ unterschiedlichen Eingriffsintensität für beide Kapitalmaßnahmen fragwürdig ist, lässt sich nicht negieren, dass die Substanz der Mitgliedschaft angegriffen wird. Dabei kommt es nicht darauf an, wie weit in das „Sperrgebiet“ Mitgliedschaft vorgedrungen wurde. Maßgeblich ist allein, dass die Mitgliedschaft berührt ist. Hieran lässt sich beim Entzug des Bezugsrechts nicht zweifeln, haftet es doch untrennbar der Mitgliedschaft an.373 Freilich entspräche die unterschiedliche Behandlung beider Kapitalmaßnahmen dem gesetzgeberischen Willen, doch hätte dieser im Wortlaut des § 28 WpHG Niederschlag finden müssen. Bestätigung liefert § 28 S. 2 WpHG, der den Verlust des Liquidationserlösanspruchs als atypischen Eingriff in die Substanz der Mitgliedschaft gesetzlich eindeutig festschreibt. Für Bezugsrechte fehlt eine solche Grundlage. Bei Lichte betrachtet muss dem Gesetzgeber deshalb Widersprüchlichkeit vorgeworfen werden, wenn er bezüglich der Erfassung von Vermögensrechten die Mitgliedschaft als absolute Grenze nennt, im folgenden Satz der Gesetzesbegründung aber Bezugsrechte aus einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen unter § 28 WpHG subsumieren möchte, ohne den Wortlaut eindeutig in diese Richtung auszugestalten. Die besseren Argumente sprechen demnach für die Auffassung Kriegers. Die Kapitalerhöhung gegen Einlagen ist ebenso vom Rechtsverlust auszunehmen wie die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Die damit erreichte Gleichbehandlung beider Fälle schafft Rechtssicherheit im ohnehin von Zweifelsfragen geprägten § 28 WpHG. Das gilt umso mehr, als rechtlich wie praktisch äußerst schwer handhabbare Folgeprobleme entfallen, der sich die h. M. stellen muss. Sie muss zum einen die Frage beantworten, was mit den Aktien zu geschehen hat, die der vom Bezug ausgeschlossene Aktionär nicht beziehen darf,374 und zum anderen, ob, und wenn ja, wie die Rückabwicklung zu Unrecht an einen sanktionsbefangenen Aktionär ausgegebener Aktien vorzunehmen ist.375 Nach der hier vertretenen 372 So aber Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 59 mit Hinweis auf Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 7 ff., wo die vorgebrachte These aber keine Stütze findet. 373 Wiedemann, in: GK/AktG, § 186 Rn. 56; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rn. 7. 374 Ein Teil der Literatur geht davon aus, dass sich das Bezugsrecht der übrigen Aktionäre automatisch quotal erhöht (U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 36; für § 20 Abs. 7 AktG: Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 70). Die h. M. billigt dagegen dem Vorstand das Recht zu, die nicht bezogenen Aktien unter Beachtung der Bindungen zugunsten des Gesellschaftsvermögens zu verwerten (Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 44; für § 20 Abs. 7 AktG: Hüffer, in: FS Boujong, S. 277, 294; Quack, in: FS Semler, S. 581, 590). Der BGH hat die Frage für § 20 Abs. 7 AktG offen gelassen (BGHZ 114, 203, 208). 375 Dieselbe Frage tritt bei der Rückgewähr zu Unrecht ausgezahlter Dividenden auf, unterscheidet sich in ihrer Beantwortung allerdings. Im Hinblick auf fehlerhaft bezogene junge Aktien gehen einige Autoren davon aus, dass der Gesellschaft ein Rückge-

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Auffassung stellen sich diese Folgefragen schon gar nicht. Zugleich entspricht die Herausnahme von Bezugsrechten aus § 28 WpHG der vorliegend zugrundegelegten Leitlinie, wonach an die ohnehin systematisch eigenwillige Erfassung von Vermögensrechten strenge Maßstäbe anzulegen sind. Zu beachten ist indessen, dass sich der Rechtsverlust an den Aktien, die durch die Bezugsrechtsausübung erlangt wurden, fortsetzt. Ein Aktionär, der sein Bezugsrecht ausübt, verliert danach die vorstehend ermittelten, vom Rechtsverlust betroffenen Mitverwaltungs- und Vermögensrechte, die ihm an sich aus diesen jungen Aktien zustehen. Der Rechtsverlust entfaltet insoweit eine Fortsetzungswirkung, die gleichermaßen für die Kapitalerhöhung gegen Einlagen und aus Gesellschaftsmitteln gilt. Diese Fortsetzungswirkung besteht solange, bis der Rechtsverlust durch Nachholung der Mitteilung beendet wird. Dann leben sowohl die Rechte der alten als auch der jungen Aktien ex-nunc wieder auf. c) Bezugsrechte auf Finanzierungsinstrumente i. S. d. § 221 AktG Die Problematik setzt sich fort, wenn der Emittent sich zu Finanzierungszwecken der Kapitalia des § 221 AktG bedient. Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 221 Abs. 4 AktG steht den Aktionären auf die begebenen Wandelschuldverschreibungen (d.h. Wandel- und Optionsanleihen),376 Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte ein Bezugsrecht zu. Diese hybriden Finanzierungsinstrumente377 sind rein schuldrechtlicher Natur, begründen also noch keine Mitgliedschaft am Emittenten;378 noch nicht einmal entsteht eine diesbezügliche Anwartschaft.379 Ihrem Inhaber stehen deshalb keinerlei Mitverwaltungsrechte in der AG zu. Seine Rechtsstellung ist auf die vermögensmäßige Partizipation beschränkt. Nachdem die h. M. bereits Bezugsrechte aus einer Kapitalerhöhung währanspruch aus § 62 Abs. 1 AktG zusteht, der Zug-um-Zug gegen Rückgewähr der erbrachten Einlage zu erfüllen ist (U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 36; Siemers, Rechtsverlust nach § 59 WpÜG, S. 223; § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB anwendend Neinhaus, Sanktionen, S. 173 f.). Vereinzelt wird die Verwertung der Aktien durch die Gesellschaft analog §§ 214 Abs. 3, 226 Abs. 3 AktG zugelassen (Heinsius in: FS Fischer, S. 215, 234). Die h. M. nimmt an, dass der Aktionär die unrechtmäßig bezogenen Aktien behalten darf, aber den Vermögenswert der Aktien an die Gesellschaft gem. § 62 Abs. 1 AktG herauszugeben hat (vgl. Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 48 m.w. N.). 376 Nach § 221 Abs. 1 AktG können Wandelschuldverschreibungen entweder ein Umtauschrecht oder ein Bezugsrecht auf Aktien gewähren. In erstgenanntem Fall werden sie als Wandelanleihe (convertible bond), im zweitgenannten als Optionsanleihe (bond with warrant) bezeichnet, vgl. Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 10 Rn. 1 ff. 377 Der Begriff folgt daraus, dass sie Eigen- und Fremdkapital verknüpfen, vgl. Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, Börsennotierte AG, § 51 Rn. 1. 378 BGHZ 119, 305, 309 ff.; Habersack, in: MüKo/AktG, § 221 Rn. 2; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 7; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 19 ff. 379 Habersack, in: MüKo/AktG, § 221 Rn. 2 und Rn. 28.

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gegen Einlagen unter § 28 WpHG subsumiert, überträgt sie dieses Ergebnis schlichtweg auf diese Finanzierungsinstrumente.380 In Anbetracht der hier vertretenen Ansicht ist die Frage, ob der Rechtsverlust das Bezugsrecht auf hybride Finanzierungstitel erfasst, neu aufzuwerfen. Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst der Zweck des § 221 Abs. 4 AktG in den Blick zu nehmen. Mit dem Bezugsrecht soll der Aktionär wiederum vor einer Verwässerung seiner Mitgliedschaftsrechte geschützt werden. Zu dieser kommt es, da besagte Finanzierungsinstrumente ihrem Inhaber Rechte vermitteln, welche die Mitgliedschaft des Aktionärs tangieren.381 Besonders deutlich wird dies bei Wandelschuldverschreibungen, da deren Inhaber mit Ausübung des Wandlungsrechts Mitglied in der AG wird.382 Zum Schutz vor dem dann eintretenden Verwässerungseffekt gewährt § 221 Abs. 4 AktG den Aktionären das Recht, vorrangig solche Wandelschuldverschreibungen zu beziehen, um sich so das Bezugsrecht auf Aktien zu erhalten. Gegen die Erfassung dieses Bezugsrechts von § 28 WpHG lässt sich nun anführen, dass dem meldesäumigen Aktionär damit zugleich das Recht abgesprochen wird, sich das Recht auf den Erwerb junger Aktien zu sichern. Üben andere Inhaber von Wandelanleihen ihr Wandlungsrecht aus, kommt es zur Verwässerung der Mitgliedschaft.383 Man könnte daher gewillt sein, die Erwägungen zur Kapitalerhöhung gegen Einlagen zu übertragen. Allerdings besteht ein gewichtiger Unterschied: Während das Bezugsrechte auf Aktien unmittelbar der Erhaltung der Mitgliedschaft dient, ist bei der Emission von hybriden Finanzierungsinstrumenten eine Stufe zwischengeschaltet. Denn § 221 Abs. 4 AktG sichert dem Aktionär lediglich mittelbar das Recht auf die Bezugsaktien; unmittelbar werden ihm nur Bezugsrechte auf besagte Finanzierungsinstrumente zugeteilt.384 Da diese bis zur Wandlung keinerlei mitgliedschaftliche Struktur aufweisen,385 liegt in der Versagung, das Bezugsrecht auf Finanzierungsinstrumente wahrzunehmen, kein direkter Eingriff in die Mitgliedschaft. Er ist zwar insofern mittelbar, als der meldesäumige Aktionär zu-

380 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 63; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 17; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 822, 831, für § 20 Abs. 7 AktG: Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 67; Windbichler, in: GK/AktG, § 20 Rn. 81. 381 Hüffer, AktG, § 221 Rn. 1; Lutter, in: KK/AktG, § 221 Rn. 3; Merkt, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 221 Rn. 8; Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 1. 382 Genau genommen wird der Inhaber mit Ausübung des Wandlungsrechts noch nicht Aktionär, sondern erwirbt zunächst einen Anspruch auf Zuteilung von Aktien und damit auf Verschaffung der Mitgliedschaft, vgl. Habersack, in: MüKo/AktG, § 221 Rn. 213. 383 Lutter, in: KK/AktG, § 221 Rn. 44; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 38; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, Börsennotierte AG, § 51 Rn. 47. 384 Siehe Habersack, in: MüKo/AktG, § 221 Rn. 162. 385 Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 7; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 19 f.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

gleich das Recht auf ein künftiges Aktienbezugsrecht verliert, doch geht es zu weit, aus diesem Grund ihm ein Bezugsrecht auf die Kapitalia nach § 221 AktG einzuräumen. Bestätigung liefert folgende Kontrollüberlegung: Dürfte der vom Rechtsverlust betroffene Aktionär Finanzierungsinstrumente beziehen, stünde ihm die daraus erwachsende Vermögensbeteiligung zu, und zwar auch dann, wenn der Rechtsverlust noch andauert, etwa weil die erforderliche Mitteilung noch nicht nachgeholt wurde oder weil die Verlängerung nach § 28 S. 3 WpHG eingetreten ist. Dies lässt sich auch nicht dadurch korrigieren, dass man § 28 WpHG auf diese Vermögensrechte anwendet, denn sie erwachsen nicht aus Aktien, sondern aus besagten Finanzierungsinstrumenten. Eine Analogie kommt wegen des Strafcharakters des Rechtsverlusts nicht in Betracht. d) Sonstige Vermögensrechte Die herrschende Meinung nimmt konzern- und umwandlungsrechtliche Ausgleichs-, Umtausch- und Abfindungsansprüche sowie das Einziehungsentgelt nach § 237 AktG und den Rückzahlungsanspruch bei einer Kapitalherabsetzung aus § 225 AktG vom Rechtsverlust aus.386 Dem kann im Grundsatz gefolgt werden, denn diese Ansprüche stellen eine Verlängerung der Mitgliedschaft dar, so dass es sich nicht um „Rechte aus Aktien“ handelt. Nichts anderes gilt für den Abfindungsanspruch nach § 305 AktG. Grund dessen ist, dass der BGH in der Jenoptik-Entscheidung diesen Anspruch nicht als in der Aktie verkörpertes Mitgliedschaftsrecht, sondern als schuldrechtlichen Anspruch, der in der Person des Aktionärs entsteht, einordnet.387 Unter Beachtung dieser dogmatischen Einordnung handelt es sich also nicht um ein Recht aus Aktien, so dass der Anspruch aus § 305 AktG infolge eines Meldeverstoßes nicht verlustig geht. Zu widersprechen ist der h. M. allerdings in Bezug auf den Ausgleichsanspruch nach § 304 AktG, der dem Rechtsverlust unterfällt. Grund dessen ist, dass dieser Anspruch die Stelle des einstigen Dividendenanspruchs einnimmt.388 Das ergibt sich aus Abs. 1 S. 2 der Regelung, wonach den außenstehenden Aktionären als Ausgleich ein jährlicher Gewinnanteil zusteht.

386 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG § 28 Rn. 72; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 31; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 20 ff.; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 832; für § 59 WpÜG: Schlitt, in: MüKo/ AktG, § 59 Rn. 36; Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 59 WpÜG Rn. 29; Siemers, Rechtsverlust nach § 59 WpÜG, S. 224; a. A. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 39; Weber-Rey, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 23 Rn. 127; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, Anh. § 22/§ 28 WpHG Rn. 3. 387 BGH AG 2006, 543, 544 f. – Jenoptik. 388 BGHZ 156, 57, 61; 166, 195, 197; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 304 Rn. 4.

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e) Fazit Weder Rechte auf Aktien aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln noch Bezugsrechte aus einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen unterfallen dem Rechtsverlust. Während ersteres daraus folgt, dass lediglich eine Umwandlung von Bilanzposten stattfindet, ist für letzteres ausschlaggebend, dass das Bezugsrecht ein „Mitgliedschaftserhaltungsrecht“ des Aktionärs ist. Anders zu urteilen ist hingegen für Bezugsrechte auf die in § 221 Abs. 1 AktG aufgeführten hybriden Finanzierungsinstrumente, die dem Rechtsverlust unterfallen. Insoweit ist der h. M., zwar nicht der von ihr gelieferten Begründung, wohl aber im Ergebnis, zuzustimmen. Konzern- und umwandlungsrechtliche Ausgleichs-, Umtauschund Abfindungsansprüche unterfallen mit Ausnahme des Anspruchs nach § 304 AktG im Grundsatz nicht dem Rechtsverlust. 5. Zwischenergebnis Durch den Rechtsverlust verlieren der Meldepflichtige, seine Tochterunternehmen und Dritte, die die Stimmrechte für Rechnung des Meldepflichtigen halten, sämtliche Mitverwaltungs- und Vermögensrechte. Es entstehen „rechtlose Aktien“.389 Die Grenze ist jedoch immer dann zu ziehen, wenn die Substanz der Mitgliedschaft berührt ist. Dem Rechtsverlust unterfallen daher weder Ausgleichs-, Umtausch- und Abfindungsansprüche noch das Recht auf Zuteilung junger Aktien aus einer Kapitalerhöhung mit Gesellschaftsmitteln noch – und insoweit ist der h. M. entschieden zu widersprechen – Bezugsrechte aus einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen.

II. Zeitraum des Rechtsverlusts Nach § 28 S. 1 WpHG besteht der Rechtsverlust „für die Zeit, für welche die Mitteilungspflichten nach § 21 Abs. 1 oder Abs. 1a nicht erfüllt werden“, also beginnend mit der schuldhaften Nichterfüllung und endend mit der Nachholung der gebotenen Mitteilung. Der Grundsatz, dass mit der Nachholung die Rechte ex-nunc dem Aktionär wieder zur Verfügung stehen, wird in S. 2 zu Gunsten und in S. 3 zu Lasten des Meldepflichtigen durchbrochen. Bevor hierauf eingegangen wird, sind zunächst Möglichkeiten zur Beendigung eines eingetretenen Rechtsverlusts auszuloten.

389

S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 492, 494.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

1. Beendigung des Rechtsverlusts a) Nachholung der Stimmrechtsmitteilung Mit Nachholung der Mitteilung endet der Rechtsverlust ex nunc, da der rechtswidrige Zustand für die Zukunft beseitigt ist. Dabei leben die sanktionsbefangenen Aktien – vorbehaltlich § 28 S. 2 WpHG – nicht rückwirkend, sondern exnunc wieder auf.390 Insofern wirkt § 28 WpHG endgültig, was daraus folgt, dass der Verlust der Rechte und nicht bloß ihr Ruhen im Sinne einer Ausübungssperre angeordnet ist. Nachgeholt werden kann die erforderliche Stimmrechtsmitteilung auch noch während der Hauptversammlung, freilich nur vor der Beschlussfassung.391 Denn zum einen enthält § 28 WpHG für die Nachholung keine Vorgaben und zum anderen sind die Mitteilungspflichten angesichts der Bedeutung transparenter Beteiligungsstrukturen jederzeit erfüllbar. Dass der Meldepflichtige durch den Rechtsverlust auch sein Teilnahmerecht in der Hauptversammlung einbüßt, steht dem nicht entgegen. Denn die Nachholung einer Stimmrechtsmitteilung geschieht nicht in Wahrnehmung von Aktienrechten, sondern es handelt sich um die Erfüllung einer Pflicht gem. § 21 Abs. 1 WpHG. Weiterhin ist nicht entscheidend, ob die Mitteilung freiwillig oder durch unmittelbaren Zwang seitens der BaFin nachgeholt wird.392 Ebenso endet der Rechtsverlust, wenn die BaFin im Wege der Ersatzvornahme eine Stimmrechtsmitteilung vornimmt; diese braucht nicht gesondert vom Meldepflichtigen vorgenommen werden. Beide Male ist die Stimmrechtsbeteiligung offengelegt und damit der Transparenzzweck der §§ 21 ff. WpHG erfüllt. Zur ex-nunc-Beendigung führt darüber hinaus das spätere Berühren einer neuen Meldeschwelle, wenn dies ordnungsgemäß mitgeteilt wird. Probleme treten auf, wenn mehrere Mitteilungen unterlassen wurden, etwa bei zeitlich gestrecktem Aufbau eines Aktienpaketes mit Überschreiten verschiedener Schwellen. Bei formaler Betrachtung wären sämtliche unterbliebenen Meldungen nachzuholen, wofür auch die Notwendigkeit der korrekten Datumsangabe in einer Stimmrechtsmitteilung spricht.393 Schlimmstenfalls könnte ein ewiger Rechtsverlust eintreten, da einzelne Mitteilungen nicht mehr nachholbar sind, beispielsweise wenn aufgrund mangelhafter Informationsorganisation die einzelnen Daten der Schwellenberührungen nicht mehr festgestellt werden können. 390 OLG Hamm AG 2009, 876, 880. Die Beendigung des Rechtsverlusts kann auch auf äußeren Umständen beruhen, etwa wenn die Zulassung der Aktien zum Handel an einem organisierten Markt endet oder die Gesellschaft liquidiert wurde. 391 S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 496; Happ, in: FS K. Schmidt, S. 545, 550 f. 392 Sudmeyer, BB 2002, 685, 692; ders., in: Kuthe/Rückert/Sickinger, ComplianceHdb, 8. Kap. Rn. 144. 393 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 41; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1339.

D. Rechtsfolge: Verlust der Rechte aus Aktien

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Auch von einem solchen Extremfall abgesehen, ist lediglich die Nachholung der zeitlich letzten Mitteilung geboten.394 Dahinter stehen weniger pragmatische Erwägungen, wie der kaum zu bewältigende administrative Aufwand bei der Überprüfung lang zurückliegender Transaktionen und die mit der Nachholung sämtlicher unterlassener Mitteilungen eintretende Informationsflut am Markt, als der Umstand, dass die letzte korrekte Mitteilung zur Offenlegung der aktuellen Beteiligungsverhältnisse ausreicht. Da sich mit ihr die bezweckte Transparenz einstellt, ist mit Blick auf den Zweck des § 28 WpHG, der nicht darin besteht, nicht mehr aktuelle Stimmrechtsveränderungen nachzuzeichnen, die Fortwirkung der Sanktion nicht angezeigt. Zu fragen bleibt, ob ein Wiederaufleben der Rechte ausschließlich bei aktiver Nachholung der Stimmrechtsmitteilung möglich ist. Hieran könnte man zweifeln, wenn eine zunächst abgegebene Mitteilung die Beteiligungsverhältnisse wieder richtig darstellt, weil trotz zwischenzeitlich nicht gemeldetem Über- oder Unterschreiten von Schwellenwerten durch eine nachfolgende Veränderung des Stimmrechtsanteils die Schwellen in umgekehrter Richtung über- oder unterschritten wurden. Wird etwa zunächst das Halten von 9% der Stimmrechte korrekt gemeldet, nicht aber das anschließende Überschreiten der Schwelle von 10%, könnte in dem Umstand, dass die Nichtausübung von Bezugsrechten aus einer Kapitalerhöhung den Anteil wieder unter 10% hat fallen lassen, eine faktische Nachholung der Mitteilung liegen.395 Schließlich stimmen rechtliche und tatsächliche Meldelage wieder überein. Im Wortlaut, welcher die Erfüllung der Mitteilungspflichten verlangt, findet dies allerdings keine Stütze. Auch nach bürgerlich-rechtlichem Verständnis setzt die Erfüllung ein aktives Element voraus, nämlich das Bewirken der Leistung. Richtigerweise kommt daher eine Nachholung ohne Mitteilung zur Beendigung des Rechtsverlusts nicht in Betracht.396 Vielmehr ist eine neue Stimmrechtsmitteilung erforderlich. Das folgt auch daraus, dass ein kurzfristiges Über- oder Unterschreiten von Schwellenwerten meldepflichtig ist.397 Bezogen auf obiges Beispiel ist das Unterschreiten der 10%-Schwelle unabhängig davon mitteilungspflichtig, ob das vorherige Überschreiten dieser Schwelle offengelegt wurde oder nicht, § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG.

394 H. M., Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 73; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 496; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1804. 395 So Schnabel/Korff, ZBB 2007, 179, 184; für § 20 Abs. 7 AktG: Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 50. 396 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 20; Schwark, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 19; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 27; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 497; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1339; a. A. Schnabel/Korff, ZBB 2007, 179, 184; für § 59 WpÜG: OLG Frankfurt/M. AG 2004, 36, 37 – Pixelpark. 397 Siehe nur BaFin, Emittentenleitfaden, S. 132 und 166.

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b) Anteilsübertragung Da der Rechtsverlust keine Veräußerungssperre bewirkt,398 sondern nur bestehende Rechte, die aus den Aktien erwachsen, sperrt, kommt als weitere Möglichkeit zur Beendigung eines Rechtsverlusts die Übertragung der sanktionsbefangenen Anteile in Betracht. Eine Beendigung des Rechtsverlusts tritt jedoch nur ein, wenn davon auszugehen ist, dass sich der Rechtsverlust nicht beim Rechtsnachfolger fortsetzt. Diese Frage stellt sich nicht nur bei der rechtsgeschäftlichen Veräußerung, sondern auch dann, wenn Aktien kraft Gesamtrechtsnachfolge (z. B. Erbschaft oder Verschmelzung) übergehen. Die Sprengkraft der Frage ist freilich gering. Denn der Rechtsnachfolger ist regelmäßig selbst mitteilungspflichtig. Abgesehen hiervon ist der Rechtsverlust nicht akzessorisch an die Aktienbeteiligung gebunden, sondern knüpft an die Pflichtverletzung des Meldepflichtigen an.399 Der Rechtsverlust ist daher personenbezogen, so dass den Aktien, die der Meldepflichtige überträgt, kein „Makel“ derart anhaftet, dass sich der Rechtsverlust bei demjenigen, der die Aktien übernimmt, fortsetzt.400 Im Übrigen kann dem Rechtsnachfolger die Pflichtverletzung des Rechtsvorgängers nicht vorgeworfen werden, zumal es dem personenbezogenen Verschuldenserfordernis widerspräche, eine Strafe ohne weiteres auf den Rechtsnachfolger zu übertragen. Demgemäß kann der Erwerber die vormals sanktionsbefangenen Aktienrechte zwar nicht rückwirkend, aber ex-nunc wieder ausüben. Ein Unterschied zwischen Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge besteht insoweit nicht.401 Anders zu urteilen ist freilich, wenn der Aktienerwerber Tochterunternehmen oder Treuhänder des Meldepflichtigen ist, da § 28 S. 1 WpHG hierfür ex lege eine Erstreckung des Rechtsverlusts vorsieht.402 Durch konzerninterne Verlagerung von Aktien kann der Rechtsverlust daher nicht umgangen werden. Eine Ausnahme ist unter dem Gedanken des Rechtsmissbrauchs ferner geboten, wenn „unter dem Schleier“ formaler Anteilsübertragung der Rechtsverlust ausgehebelt werden soll.403 398 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 58; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 84; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 21. Allerdings kann aus dem Insiderrecht ein Veräußerungsverbot erwachsen, hierzu § 6 A., S. 270 ff. 399 Weber-Rey, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 23 Rn. 133. 400 BGHZ 180, 154, 168 – Wertpapierdarlehen; ebenso OLG Stuttgart AG 2005, 125, 127; LG Düsseldorf ZIP 2010, 1129, 1131; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 70. 401 Wie hier Widder, NZG 2004, 275, 276; a. A. Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG, Rn. 36a. 402 Hierzu OLG Hamm AG 2009, 876, 880, wo Aktien an ein Tochterunternehmen des Meldepflichtigen veräußert wurden, womit ein konzernweiter Rechtsverlust eingetreten ist. 403 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 84, die das „Reinwaschen“ von Aktien durch Wertpapierleihgeschäfte anführen; ausführlich Siemers, Rechtsverlust nach § 59 WpÜG, S. 267 ff.

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c) Weitere Beendigungsmöglichkeiten Überdies endet der Rechtsverlust, wenn der Meldepflichtige seine Beteiligung vollständig aufgibt, da keine Aktien mehr vorhanden sind, deren Rechte verlustig gehen könnten.404 Daraus folgt zugleich, dass der Rechtsverlust nicht wieder auflebt, wenn später erneut eine meldepflichtige Beteiligung aufgebaut wird. Die ursprüngliche Mitteilungspflicht ist durch den Beteiligungsabbau „auf Null“ erloschen und damit nicht mehr tauglicher Anknüpfungspunkt eines Rechtsverlusts. Dieser setzt sich somit nicht an den neu erworbenen Aktien fort, zumal der spätere (Neu-)Erwerb nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 WpHG wiederum eigenständig zu melden ist. Eine andere Betrachtung ist geboten, wenn der Erwerber der „infizierten“ Aktien ein Tochterunternehmen oder Treuhänder des Meldepflichtigen ist, da § 28 S. 1 WpHG insofern die bekannte Rechtsfolgenerstreckung vorsieht. Die Sanktion geht ebenso ins Leere, wenn eine Beteiligung gemeldet wird, die tatsächlich gar nicht besteht. Hier war schon keine Mitteilungspflicht gegeben. Wird indessen das Unterschreiten der 3%-Schwelle nicht gemeldet, erfasst der Rechtsverlust die dem Aktionär verbleibende Kleinstbeteiligung.405 Das entspricht dem Wortlaut des § 28 WpHG und dient zudem der Durchsetzung von Transparenz beim Abbau von Beteiligungen. 2. Rückwirkendes Wiederaufleben der Rechte nach § 28 S. 2 WpHG Die Endgültigkeit des Rechtsverlusts wird durch § 28 S. 2 WpHG für den Anspruch auf den Bilanzgewinn und den Liquidationserlös ausnahmsweise durchbrochen. Diese Rechte sind insofern privilegiert, als sie rückwirkend (ex-tunc) wieder aufleben, wenn die Mitteilung nicht vorsätzlich unterlassen wurde und nachgeholt worden ist. Die Privilegierung dieser für den Aktionär bedeutsamen Vermögensrechte resultiert aus dem verfassungsrechtlichen Übermaßverbot.406 Der Gesetzgeber trägt damit auf der einen Seite zur Linderung der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten im Umgang mit den §§ 21 ff. WpHG bei. Auf der anderen Seite nimmt er den Aktionär, der sich auf dieses Privileg berufen möchte, in die Pflicht, indem S. 2 eine Beweislastumkehr anordnet. Natürlich ist auch diese Vorschrift nicht frei von Kritik geblieben. Diese wird aus zwei Stoßrichtungen angebracht, die ihrerseits charakteristisch für die gespaltene Auffassung über die Sinnhaftigkeit des Rechtsverlusts an sich stehen. Auf der einen Seite fürchtet U. H. Schneider eine Verwässerung des Sanktionensystems, da „Schlupflochakrobaten“ Tür und Tor geöffnet würden.407 Angebracht 404 OLG Düsseldorf AG 2010, 711, 713; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 5; Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1238. 405 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 5, 39. 406 Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 96. 407 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 60.

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sei eine Absenkung der Schwelle auf grobe Fahrlässigkeit. Auf der anderen Seite stehen Stimmen, denen die Beschränkung des Privilegs auf den Anspruch auf den Bilanzgewinn und den Liquidationsüberschuss zu restriktiv ist. Es sei nicht einzusehen, warum Bezugsrechte aus einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen nicht gleichsinnig privilegiert würden.408 Dieser Hinweis geht selbstverständlich insofern ins Leere, als Bezugsrechte aus einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen nach der hier vertretenen Auffassung schon nicht vom Rechtsverlust erfasst werden.409 Der Wortlaut des § 28 S. 2 WpHG legt nahe, dass ein Wiederaufleben des Dividenden- und Liquidationserlösanspruchs ausschließlich bei unterlassener Stimmrechtsmitteilung möglich ist. Jedoch wäre es wenig sachgerecht, für § 28 S. 1 WpHG eine Gleichstellung von Nichterfüllung und Schlechterfüllung zu postulieren und diese nicht konsequent auf § 28 S. 2 WpHG zu erstrecken. Die Regelung ist daher auch bei fehlerhaften Stimmrechtsmitteilungen anwendbar. Im Hinblick auf den geforderten Vorsatz gilt, wie bereits erörtert, der zivilrechtliche Vorsatzbegriff. Das bedeutet, dass die privilegierten Rechte selbst dann bei Nachholung wieder aufleben, wenn der Aktionär grob fahrlässig seine Meldepflicht verkannt hat und aufgrund dessen eine Mitteilung unterblieben ist. Die Abgrenzung zum (schädlichen) Eventualvorsatz kann erhebliche Probleme aufwerfen; stets sind jedoch sämtliche Umstände des konkreten Einzelfalles zu würdigen. Zu seiner Entlastung kann der Aktionär Umstände vorbringen, die einen Tatbestands- und/oder Rechtsirrtum begründen, wobei der an ihn zu richtende Sorgfaltsmaßstab bis auf den Grad grober Fahrlässigkeit abzusenken ist. Entschuldigend wirkenden Irrtümern kommt also ein größerer Anwendungsbereich als im Rahmen von § 28 S. 1 WpHG zu. In der Praxis erlangt § 28 S. 2 WpHG insbesondere in Zurechnungsfällen, die von einer hohen Komplexität gekennzeichnet sind, Bedeutung. Speziell im Konzern gilt hierbei, dass sich die Muttergesellschaft eine vorsätzliche Nichterfüllung von Meldepflichten durch ihre Tochter nicht zurechnen lassen braucht, mithin der Anspruch auf den Bilanzgewinn und den Liquidationserlös erhalten bleibt, wenn sie selbst keine Kenntnis über das Bestehen der zurechnungsbedingten Meldepflicht hatte. Schließlich vermag die Konzernierung als solche keine Zurechnung zu begründen.410 Allerdings kann die vorsätzliche Verletzung der Informationseinholungspflicht zum endgültigen Verlust privilegierter Vermögensrechte der Konzernmutter führen.411 Im umgekehrten Fall, also bei vorsätzlicher Meldepflichtverletzung der Mutter, stellt sich diese Problematik nicht, da sich der Rechtsverlust kraft § 28 S. 1 WpHG auf ihre Töchter erstreckt. 408 Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 42; Schlitt/Ries, in: MüKo/AktG, § 59 WpÜG Rn. 56 mit Fn. 144. 409 § 4 D. I 4. b) bb), S. 167 ff. 410 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 82. 411 Gelhausen/Bandey, WPg 2000, 497, 501; für § 20 Abs. 7 AktG: Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 84; krit. Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 81.

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3. Der verlängerte Rechtsverlust gem. § 28 S. 3 WpHG Seit Inkrafttreten des RBG führt die Nachholung der Stimmrechtsmitteilung nicht mehr unumstößlich zur sofortigen Beendigung des Rechtsverlusts. Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Mitteilungspflichten kann sich der Rechtsverlust um sechs Monate verlängern, sofern die Höhe des Stimmrechtsanteils betroffen ist (§ 28 S. 3 WpHG).412 Zur Umsetzung der Zielsetzung, das unbemerkte Anschleichen zwischen zwei Hauptversammlungen zu unterbinden, hält der Gesetzgeber den Verlust von Mitverwaltungsrechten, insbesondere des Stimmrechts, für ausreichend. Vermögensrechte, namentlich der Dividendenanspruch, werden in den Gesetzesmaterialien von der verschärften Sanktion ausdrücklich ausgenommen.413 Da diese Beschränkung im Wortlaut nicht hinreichend deutlich wird, wollen einige Autoren auch Vermögensrechte einbeziehen.414 Dem ist zu widersprechend. Die Historie belegt, dass der Wortlaut zu weit geraten ist. Der Gesetzgeber hat dem Rechtsanwender damit einen eindeutigen Auslegungsauftrag gegeben:415 Vermögensrechte sind vom verlängerten Rechtsverlust auszunehmen.416 Auch hatte der Gesetzgeber gerade strategische Anleger im Visier, die Anschleichmanöver dazu nutzen, um die Zielgesellschaft mit der plötzlich offenbar gewordenen Stimmrechtsmacht und einem Übernahmeangebot zu überraschen. Das unbemerkte Einstreichen einer höheren Dividende steht beim heimlichen Beteiligungsaufbau nicht im Vordergrund. In jedem Fall kommt § 28 S. 3 WpHG nur zum Tragen, wenn innerhalb des verlängerten Verlustzeitraums auch tatsächlich eine Hauptversammlung abgehalten wird. Im Übrigen lässt sich auch nicht begründen, dass der verlängerte Rechtsverlust sich nur auf die Aktien beziehen soll, die zum Überschreiten der nicht gemeldeten Schwelle führten.417 Wenn schon § 28 S. 1 WpHG sämtliche Aktien des Meldepflichtigen erfasst, so gilt dies erst Recht für die zeitliche Ausdehnung des Rechtsverlusts. Die gegenüber dem ungeschriebenen Verschuldenskriterium in § 28 S. 1 WpHG erhöhte subjektive Schwelle des S. 3 ist zum einen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geschuldet; zum anderen will der Gesetzgeber nur das gezielte 412

Aus der Rechtsprechung erstmals LG Berlin Urt. v. 11.3.2009 – Az. 100 O 17/07,

juris. 413 Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 13; Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses zum RBG, BT-Drucks. 16/9778, S. 3. 414 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 27 f.; Schulenburg, NZG 2009, 1246, 1247. 415 Zur Korrektur des Wortlauts durch historische Auslegung Säcker, in: MüKo/BGB, Einl. Rn. 130. 416 von Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 484; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1805; i. Erg. auch Meder/Süßmann, WM 2009, 976, 977; Chachulski, BKR 2010, 281, 282. 417 So aber Nodoushani, WM 2008, 1671, 1674.

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Ausnutzen der dargetanen Sanktionslücke unterbinden. Wiederum gilt der zivilrechtliche Vorsatzbegriff.418 Mit der Aufnahme grober Fahrlässigkeit wird eine ebenso entscheidungserhebliche wie schwer handhabbare Abgrenzungsfrage zwischen (schädlicher) grob fahrlässiger und (unschädlicher) einfach fahrlässiger Falschmeldung geschaffen. Grob fahrlässig handelt nach gebräuchlicher Definition, wer die verkehrsübliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, mithin einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht das beachtet, was jedem hätte einleuchten müssen.419 Neben dem objektiven Sorgfaltsverstoß sind dabei individuelle Umstände in der Person des Handelnden zu berücksichtigen. Auch wenn man dabei um eine Einzelfallbetrachtung nicht umhin kommt, lässt sich sagen, dass grobe Fahrlässigkeit ausscheidet, wenn ein funktionierendes Meldesystem als Teil kapitalmarktrechtlicher Compliance besteht, das den Aktionär ausnahmsweise nicht über melderelevante Ereignisse informiert hat.420 Grobe Fahrlässigkeit liegt aber zumindest dann vor, wenn die erforderliche rechtliche Prüfung der Meldebedürftigkeit der Transaktion unterblieben ist. Weitere Einzelheiten können hier nicht vertieft werden. Der Rechtsverlust wirkt nur fort, sofern die Höhe des Stimmrechtsanteils betroffen ist, § 28 S. 3 WpHG. Dieses Merkmal bezieht sich auf den nach § 17 Abs. 1 Nr. 5 WpAIV in der Stimmrechtsmitteilung auszuweisenden prozentualen Stimmrechtsanteil, den der Meldepflichtige am Emittenten hält. Vorbehaltlich des dem Meldepflichtigen von § 28 S. 4 WpHG zugestandenden Toleranzbereichs von 10 Prozent, auf den sogleich zurückzukommen ist, ist die Höhe des Stimmrechtsanteils betroffen, wenn eine Mitteilung vollständig unterblieben ist oder der Gesamtstimmrechtsanteil gar nicht oder fehlerhaft angegeben wurde.421 Damit sind auch Fälle erfasst, in denen eine Mitteilung nur gegenüber einem der Adressaten (Emittent oder BaFin) ergeht. Die weiteren von § 17 Abs. 1, 2 WpAIV geforderten Angaben betreffen nicht die Höhe des Stimmrechtsanteils.422 Das gilt insbesondere für die von der BaFin verlangte Angabe der absoluten Stimmrechtsbeteiligung, da diese nicht den (prozentual auszuweisenden) Stimmrechtsanteil darstellt, sondern Grundlage seiner Berechnung ist. Fehlerhafte Angaben über zugerechnete Anteile fallen ebenfalls nicht unter § 28 S. 3 WpHG, es sei denn, sie berühren wiederum den Gesamtstimmrechtsanteil. 423 Das Berühren einer neuen, dann zutreffend gemeldeten Meldeschwelle, nachdem die vormals erforderliche Mitteilung unterlassen wurde, ist trotz gegentei418

Hierzu § 4 C. III. 2., S. 158 ff. Palandt/Grüneberg, BGB, § 277 Rn. 5. 420 von Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 483; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1805; Korff, AG 2008, 692, 698; Süßmann/Meder, WM 2009, 976, 978. 421 von Bülow/Petersen, NZG 2009, 481, 483; Vocke, BB 2009, 1600, 1604. 422 A. A. offenbar U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 27e. 423 Heinrich/Kiesewetter, Konzern, 137, 144; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 27e. 419

D. Rechtsfolge: Verlust der Rechte aus Aktien

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liger Stimmen424 von § 28 S. 3 WpHG erfasst.425 Meldet ein Anleger also das Erreichen der 5%-Schwelle nicht, berührt kurz darauf aber eine weitere Schwelle, was dann korrekt mitgeteilt wird, bleibt es trotzdem beim verlängerten Rechtsverlust. Andernfalls könnte der tatsächlich gehaltene Stimmrechtsanteil so lange verschleiert werden, bis der beabsichtigte Beteiligungserwerb abgeschlossen ist, ohne die Sanktion des § 28 S. 3 WpHG fürchten zu müssen. Dies wäre mit dem Zweck der Vorschrift, das heimliche Anschleichen zu unterbinden, nicht vereinbar; die Sanktion liefe leer. Anders als im Rahmen von § 28 S. 1 WpHG verdrängt die neue Mitteilungspflicht vor diesem Hintergrund die alte (nicht oder fehlerhaft erfüllten) Meldepflicht nicht, sie wird nur suspendiert. Damit kann der verlängerte Rechtsverlust weiterhin an den alten Meldeverstoß anknüpfen.426 Nach § 28 S. 4 WpHG greift der verlängerte Rechtsverlust nicht ein, wenn (i) die Abweichung bei der Höhe der in der vorangegangenen unrichtigen Mitteilung angegebenen Stimmrechte weniger als „10 Prozent“ des tatsächlichen Stimmrechtsanteils beträgt und (ii) keine Mitteilung über das Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten einer der in § 21 Abs. 1 WpHG genannten Schwellen unterlassen wird. Diese Ausnahme für Bagatellfälle wurde erst kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens aufgenommen.427 Ebenso wie für die hohen subjektiven Anforderungen des § 28 S. 3 WpHG war auch hierfür der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der treibende Grund. Zugleich spiegelt die Bagatellausnahme die gesetzgeberische Intention wider, den verdeckten Beteiligungsaufbau unter kalkulierter Inkaufnahme von Rechtsbrüchen, und nicht den zu rechtskonformem Verhalten gewillten Aktionär schärfer zu bestrafen. Nicht anwendbar ist diese Norm bei Unterlassensfällen, da es schon an einer „vorangegangenen Mitteilung“ fehlt.428 Entsprechendes gilt für Mitteilungen, die den Stimmrechtsanteil überhaupt nicht ausweisen. Denn eine fehlende Angabe kann nicht „unrichtig“ sein. Aufgrund des vorbehaltlosen Wortlauts greift die Bagatellausnahme aber selbst bei vorsätzlichen Meldeverstößen, vorausgesetzt der vorangehend gemeldete Stimmrechtsanteil ist nicht  10% höher oder niedriger als der tatsächliche Anteil und die tangierten Meldeschwellen wurden zutreffend angegeben. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Dabei bezieht sich die Toleranzgrenze von 10% auf „Prozent“ und nicht „Prozentpunkte“ der tatsächlichen Beteiligung.429 Andernfalls käme aufgrund der weiter vorausgesetzten korrekten 424 425

Schulenburg, NZG 2009, 1246, 1252; Süßmann/Meder, WM 2009, 976, 979. Ebenso Mülbert, in: FS K. Schmidt, S. 1219, 1240; Chachulski, BKR 2010, 281,

282 f. 426

So auch Chachulski, BKR 2010, 281, 282 f. Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/9821, S. 12. 428 Korff, AG 2008, 692, 697; a. A. Schulenburg, NZG 2009, 1246, 1248 f. 429 A. A. offenbar U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 27k mit dem Beispiel eines Meldepflichtigen, der 7% an Stimmrechten hält, aber nur 3% meldet. Hierin soll eine Abweichung von weniger als 10% liegen. Legt man richtigerweise den Prozentwert zugrunde, darf die Abweichung maximal 0,7 Prozentpunkte betragen, 427

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

Angabe der berührten Meldeschwelle die Bagatellausnahme nur im Bereich der Meldeschwellen ab 30% in Betracht, da im darunterliegenden Bereich die einzelnen Meldeschwellen um weniger als 10 Prozentpunkte auseinanderliegen. Folgerichtig verlängert sich der Rechtsverlust wegen § 28 S. 4 WpHG nicht, wenn das Überschreiten der 20%-Schwelle zutreffend gemeldet wird, der gehaltene Stimmrechtsanteil aber grob fahrlässig oder vorsätzlich mit 21% statt tatsächlich 23% angegeben wird. Die geduldete Toleranz beträgt hier 2,3 Prozentpunkte.

E. Mittelbare Konsequenzen Der Verlust vorstehender Mitverwaltungs- und Vermögensrechte zieht eine Reihe mittelbarer Konsequenzen nach sich, die es im Folgenden zu begutachten gilt.430

I. Berechnung von Präsenzen und Mehrheiten in der Hauptversammlung Bei der Berechnung des in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals sowie von Stimm- und Kapitalmehrheiten werden sanktionsbefangene Aktien nicht berücksichtigt.431 Daraus abgegebene Stimmen sind nichtig; insofern stellt § 28 WpHG ein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB dar. Wollte man beides anders sehen, würde den rechtlosen Aktien weiterhin Gewicht zukommen. Problematisch ist jedoch, dass die Nichtberücksichtigung dieser Aktien in der Konsequenz zu einer Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse in der Hauptversammlung führen kann. Damit wird in die verbandsinterne Willensbildung eingegriffen. Auch besteht für den kraft Rechtsverlust ausgeschlossenen Aktionär die Gefahr, dass Beschlüsse zu seinen Lasten getroffen werden, beispielsweise ein Beschluss, dem Aktionär Nebenpflichten i. S. d. § 180 Abs. 1 AktG aufzuerlegen.432 Dieses Risiko ist deshalb nicht zu vernachlässigen, weil dieser Beschluss, wiewohl er der Zustimmung des Betroffenen bedarf, ohne dieselbe wirksam

womit eine Abweichung von über „10 Prozent“ gegeben ist; wie hier Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 466 a. E.; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 22 Anh. Rn. 118. Auf die Missverständlichkeit von § 28 S. 4 WpHG hinweisend Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 22 Anh. Rn. 35. 430 Zu weiteren nicht rechtsverlustspezifischen Konsequenzen S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 498 f. Zum Sonderproblem, ob sich durch die Herbeiführung des Rechtsverlusts Konzernrechnungslegungspflichten vermeiden lassen Kozikowski/ Ritter, in: Beck’scher Bilanzkomm, § 290 Rn. 48 a. E. 431 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG § 28 Rn. 48; Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 45; für § 20 Abs. 7 AktG: Schäfer, BB 1966, 1004, 1005. 432 Zum Begriff der Nebenpflichten Zöllner, in: KK/AktG, § 180 Rn. 3.

E. Mittelbare Konsequenzen

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wird.433 Eine Lösung bietet der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG).434 Im Einzelfall mag auch der auf § 242 BGB gestützte Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens geltend gemacht werden.

II. Bilanzielle Behandlung des Dividendenverlusts Ganz erhebliche Schwierigkeiten bereiten die Konsequenzen des Verlusts des Dividendenanspruchs. Neben dem sogleich aufzugreifenden Problem der Rückgewähr unzulässiger Dividendenzahlungen fragt sich, wie bilanziell mit noch nicht ausgeschütteten Dividenden zu verfahren ist, die einem sanktionsbefangenen Aktionär zustehen würden. Hintergrund dieser Problematik ist letztlich das Privileg des § 28 S. 2 WpHG, wonach der Dividendenanspruch rückwirkend wieder aufleben kann. Ihre praktische Bedeutung zeigt sich darin, dass schon eine geringe Stimmrechtsbeteiligung einen Dividendenanspruch in Millionenhöhe auslösen kann.435 Inzwischen hat sich ein schwer überschaubares Spektrum an Konstellationen und Ansichten entwickelt, die nachfolgend anhand des Grades an Sicherheit über das Vorliegen des Rechtsverlusts geordnet und ausgewertet werden sollen. Steht der Rechtsverlust im Zeitpunkt der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses endgültig fest, ist es gerechtfertigt, den betroffenen Aktionär bei der Dividendenausschüttung nicht zu berücksichtigen. Es steht dann der Hauptversammlung frei, den entsprechenden Teilbetrag zur (quotalen) Erhöhung der Dividende der übrigen Aktionäre zu verwenden.436 Der Anwendungsbereich dieser Fallgruppe ist allerdings gering, weil der vorsätzliche Meldeverstoß zweifelsfrei feststehen muss, damit eine Mitteilungsnachholung i. S. d. § 28 S. 2 WpHG ausscheidet. Dies ist beispielsweise denkbar, wenn schon vor der Hauptversammlung ein endgültiger Rechtsverlust durch rechtkräftiges Urteil festgestellt wurde oder der Aktionär seinen vorsätzlichen Meldeverstoß anerkannt hat. Kommt hingegen eine Nachholung noch in Betracht, ruht der Dividendenanspruch nur vorübergehend. In diesem Fall ist eine Verbuchung als sonstige Verbindlichkeit vorzunehmen, da der Anspruch mit der Nachholung der Mitteilung rückwirkend zur Entstehung gelangt (vgl. § 28 S. 2 WpHG).437 Dies gilt ebenso, wenn noch nicht 433 Heinsius, in: FS Fischer, S. 215, 223; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 20 Rn. 46; vgl. auch Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 59 Rn. 117 mit weiteren Beispielen. 434 Tschauner, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 59 Rn. 58. 435 Siehe Riegger, in: FS Westermann, 1331, 1343. 436 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 54; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 45; Gelhausen/Bandey, WPg 2000, 497, 501 f. 437 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 57; für § 20 Abs. 7 AktG: Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 42; Krieger, in: MüHdb/AG, § 68 Rn. 131; Müller, AG 1996, 396, 397; für § 59 WpÜG: Santelmann, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 59

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

abschließend geklärt ist, ob eine vorsätzliche Nichterfüllung vorliegt oder gar überhaupt Meldepflichten verletzt wurden, da entweder ein Wiederaufleben des Dividendenanspruchs nicht ausgeschlossen werden kann oder das Dividendenbezugsrecht schon nicht betroffen ist. Schwieriger zu bewerten ist der Fall, dass die Endgültigkeit des Rechtsverlusts erst nach der Beschlussfassung feststeht, die Dividende jedoch noch nicht ausgezahlt wurde. Einigkeit besteht insofern, als die Gesellschaft den Dividendenanspruch des betroffenen Aktionärs bis zur Klärung der Rechtslage nicht zu befriedigen braucht, da er zur Rückgewähr verpflichtet wäre, sobald der vorsätzliche Meldeverstoß feststeht.438 Zur weiteren Lösung erscheinen zwei Wege gangbar. Einerseits könnte der nicht abrufbare Dividendenanteil zur (automatischen) Erhöhung der Dividende der übrigen Aktionäre eingesetzt werden.439 Andererseits könnte eine Verbuchung als sonstiger Ertrag erfolgen.440 Dem hat sich das LG München I angeschlossen.441 Diese Lösung ist insofern nicht unproblematisch, als der säumige Aktionär, der vor der Fassung des nächsten Gewinnverwendungsbeschlusses die Mitteilung nachholt, im nächsten Jahr doch noch an seinem („verlorenen“) Vorjahresgewinnanteil partizipiert.442 Aus seiner Sicht könnte man von windfall profits sprechen. Doch auch die erstgenannte Meinung weckt Bedenken. Zwar ist es richtig, dass der Bilanzgewinn gem. § 58 Abs. 4 AktG den Aktionären und nicht der Gesellschaft zusteht, doch stößt eine nachträgliche automatische Erhöhung des Dividendenanspruchs auf kaum überwindbare praktische Hürden. Unabhängig von Praktikabilitätserwägungen ist es aber auch aus Rechtsgründen überzeugender, den Dividendenanspruch als sonstigen Betrag zu verbuchen. Mit dem Inhalt des Gewinnverwendungsbeschlusses lässt sich jedoch nur schwer argumentieren. Denn dieser wird von beiden Seiten zur Rn. 26 a. E.; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 62; a. A. Gelhausen/Bandey, WPg 2000, 497, 501 f. 438 Siemers, Rechtsverlust nach § 59 WpÜG, S. 220 unter Hinweis auf eine unzulässige Rechtsausübung i. S. d. § 242 BGB; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 45 nehmen dagegen ein vorläufiges Leistungsverweigerungsrecht an. Im Ergebnis besteht kein Unterschied. 439 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 34; Opitz, in: Schäfer/ Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 42; S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 498; für § 20 Abs. 7 AktG noch Koppensteiner, in: KK/AktG, 2. Aufl. 1988, § 20 Rn. 77 (anders nun ders., in: KK/AktG, § 20 Rn. 77: Dotierung gem. § 249 Abs. 1 S. 1 AktG als ungewisse Verbindlichkeit); für § 59 WpÜG: Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 50; Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 59 Rn. 98; Siemers, Rechtsverlust nach § 59 WpÜG, S. 221. 440 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 55; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1341 ff.; zu § 20 Abs. 7 AktG: Hüffer, in: FS Boujong, S. 277, 291; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 56; Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 20 Rn. 14; Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 72; zu § 59 WpÜG: Schlitt, in: MüKo/ AktG, § 59 WpÜG Rn. 43. 441 LG München I, AG 2009, 171, 172 – HVB/UniCredito (für § 59 WpÜG). 442 Hierauf hinweisend Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 42.

E. Mittelbare Konsequenzen

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Stützung ihrer Ansicht reklamiert. Während die Vertreter einer automatischen Dividendenerhöhung davon ausgehen, dass die Angabe der Dividende pro Aktie nur deklaratorischer Teil des Beschlusses sei, sieht die Gegenansicht diese Angabe zumindest neben dem Gesamtausschüttungsbetrag als konstitutiven Bestandteil. In der Sache wird der Streit damit auf das Verständnis des § 174 Abs. 2 Nr. 2 AktG verlagert, der den notwendigen Inhalt des Gewinnverwendungsbeschlusses nicht eindeutig zum Ausdruck bringt.443 Die griffigere Argumentationsgrundlage bietet der Zweck des § 28 WpHG. Zur Durchsetzung von Meldepflichten ist eine Mehrung der Rechte anderer Aktionäre weder erforderlich noch dienlich. Das Verhalten des Meldepflichtigen wird nur durch die Sanktionierung seiner Person gesteuert. Zwar ist nicht zu bestreiten, dass der Rechtsverlust beim Meldepflichtigen Vorteile der übrigen Aktionäre nach sich ziehen kann, etwa durch Erhöhung ihrer Stimmrechtsmacht. Diese sind jedoch nicht normativ bezweckt, sondern es handelt sich um reflexartig eintretende Nebeneffekte.444 Als einen eben solchen Reflexvorteil ist auch die nach der hier befürworteten Auffassung sich für den Aktionär ergebende Möglichkeit zu begreifen, wieder an der verlorenen Vorjahresdividende zu partizipieren.

III. Folgen unzulässiger Rechtsausübung Indem § 28 WpHG für die Verletzung der Meldepflicht nach § 21 Abs. 1, 1a WpHG den Verlust von Rechten aus Aktien vorschreibt, enthält er zugleich das Verbot, nicht bestehende Rechte auch nicht auszuüben. Geschieht dies dennoch, fragt sich, zu welchen Konsequenzen die unzulässige Rechtsausübung führt.445 1. Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen Während die verbotswidrige Teilnahme an der Hauptversammlung folgenlos bleibt,446 liegt in der Ausübung des Stimmrechts entgegen § 28 WpHG eine Gesetzesverletzung. Zwar begründet diese nicht die Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses (§ 241 Nr. 3 Alt. 3 AktG), da dieser nicht „durch seinen Inhalt“ gegen Vorschriften, die dem Schutz des öffentlichen Interesses – in diesem Fall dem Funktionieren des Kapitalmarktes – dienen, verstößt.447 Jedoch ist der Be443 Hierzu Hüffer, in: FS Boujong, S. 277, 291; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1341 f.; Kropff, in: MüKo/AktG, § 174 Rn. 22. 444 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 56; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1343 f. 445 Zur Frage, ob die Ausübung von vom Rechtsverlust betroffener Aktienrechte eine Schadensersatzpflicht auslöst § 5 B. IV. 2., S. 208 f. und § 5 V. 2. c) aa), S. 225 f. 446 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 44. 447 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 49; Burgard, Offenlegung, S. 59; Hüffer, in: FS Boujong, S. 277, 295.

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

schluss anfechtbar (§ 243 Abs. 1 AktG), wenn die unzulässig abgegebenen Stimmen mitgezählt wurden und dadurch kausal das Ergebnis beeinflusst haben.448 Ob dies auch für einen „stimmlos“ gefassten Beschluss gilt, bei dem sämtliche Aktionäre vom Stimmverbot des § 28 WpHG betroffen sind, erscheint fraglich. Die Frage betrifft namentlich börsennotierte Familiengesellschaften, die über einen kleinen Kreis an Aktionären verfügen; bei börsennotierten Unternehmen mit großem Streubesitz und einer Vielzahl an Aktionären wird sie bedeutungslos sein. Einig ist man sich, dass keine Nichtigkeit vorliegt. Die Stimmlosigkeit ist weder in der abschließenden Aufzählung der Nichtigkeitsgründe in § 241 AktG genannt noch lässt sich eine Einbeziehung aus Wertungsgründen vornehmen. Von diesem Konsens abgesehen, besteht über die weitere Behandlung Streit. Semler/Aust gehen von einem wirkungslosen Scheinbeschluss aus.449 Der stimmlose Beschluss weise im Vergleich zum fehlerhaften Beschluss ein erhöhtes Maß an Fehlerhaftigkeit auf, weswegen er rechtlich nicht beachtlich sei. Diese Auffassung erzeugt ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Da Meldefehler häufig nicht sofort erkannt werden, könnten Hauptversammlungsbeschlüsse sich nach Jahren als unwirksam herausstellen. Die Rückabwicklung dieser Beschlüsse wäre praktisch kaum zu bewältigen, man denke nur an die Rückgängigmachung von Kapitalmaßnahmen. Gegen Semler/Aust spricht zudem, dass kraft Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter und dessen Niederschrift in der Form des § 130 Abs. 2 AktG ein Beschluss rechtlich existent ist. Es ist zwar richtig, dass der Versammlungsleiter verbotswidrig abgegebene Stimmen nicht berücksichtigen darf. Allerdings führt ein solcher Fehler nur zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit.450 Auch wertungsmäßig unterscheidet sich der Fall des auf § 28 WpHG beruhenden Abstimmungsfehlers von den Extremfällen eines Nichtbeschlusses.451 Zu halten ist daher mit der h. M.452 der sich der BGH jedenfalls für § 20 Abs. 7 AktG angeschlossen hat,453 wonach der stimmlose Beschluss lediglich anfechtbar ist.

448 OLG Stuttgart NZG 2005, 432, 437; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 39; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 49; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 252; für § 20 Abs. 7 AktG: BGHZ 167, 204, 213; LG Düsseldorf ZIP 2010, 1129, 1131; Hüffer, in: FS Boujong, S. 277, 295; Schäfer, BB 1966, 1004, 1005; a. A. Gessler, BB 1980, 217, 219. 449 Semler/Asmus, NZG 2004, 881, 886 ff. 450 Allg. M., Kubis, in: MüKo/AktG, § 119 Rn. 149. 451 Casper, in: FS Hüffer, S. 111, 116; Theusinger/Klein, EWiR 2005, 369, 370. 452 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 49; Casper, in: FS Hüffer, S. 111, 118. 453 BGHZ 167, 204, 214; ferner OLG Dresden AG 2005, 247, 249 f.; Wand/Tillmann, AG 2005, 227, 230; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 30; krit. Lenenbach, WuB II A. § 20 AktG 1.06.

E. Mittelbare Konsequenzen

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2. Bestätigungsfähigkeit gem. § 244 AktG Wurden verbotswidrig Stimmrechte ausgeübt, wird die Gesellschaft erwägen, die gefassten Hauptversammlungsbeschlüsse durch einen Bestätigungsbeschluss gem. § 244 AktG zu heilen, soweit der Beschluss nicht durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt wird (§ 241 Nr. 5 AktG). Diese Vorschrift gibt der Hauptversammlung die Möglichkeit, im Interesse von Gesellschaft, Rechtsverkehr und Rechtssicherheit, die Ungewissheit über die im Anfechtungsprozess bezweifelte Gültigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses mit Wirkung für die Zukunft auszuräumen.454 Die Unsicherheit rührt daher, dass anfechtbare Hauptversammlungsbeschlüsse bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist nur „schwebend wirksam“ sind.455 Der Bestätigungsbeschluss ist daher ein ebenso probates wie für den Geschäftsfortgang der AG wichtiges und in der Praxis häufig verwendetes Instrument. Zwei divergierende Urteile des LG Köln haben ein Schlaglicht auf die sich anschließende Folgefrage geworfen, ob Hauptversammlungsbeschlüsse, die unter der Mitwirkung eines vom Stimmrechtsverlust betroffenen (Groß-)Aktionärs zustande gekommen sind, bestätigungsfähig sind.456 Zunächst hatte die 2. Kammer für Handelssachen im bereits erwähnten STRABAG-Urteil, das Anfechtungsklagegen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse der STRABAG AG des Jahres 2006 zum Gegenstand hatte, die aufgeworfene Frage verneint.457 Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LG Mannheim458 wird angeführt, dass der beim meldepflichtigen Aktionär eingetretene Rechtsverlust aufgrund seines materiellen Gehalts derart schwer wiege, dass eine Bestätigung gem. § 244 AktG nicht in Betracht komme. Da der Rechtsverlust nach § 28 WpHG fortwirke und keinen nur formellen, bestätigungsfähigen Fehler mehr darstelle, sei eine rückwirkende Heilung ausgeschlossen. Auch in der Literatur wird diese Auffassung verbreitet vertreten.459 Den konträren Standpunkt hat die 11. Handelskammer des LG Köln ein halbes Jahr später eingenommen, wobei erneut eine Anfechtungsklage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse der STRABAG AG, diesmal des Jahres 2007, zu 454

Statt vieler Begr. RegE § 244 AktG bei Kropff, AktG, S. 331. K. Schmidt, in: GK/AktG, § 241 Rn. 24; Hüffer, in: MüKo/AktG, § 241 Rn. 15. 456 Auf die streitige Frage nach den Auswirkungen des Bestätigungsbeschlusses auf eine mit der Anfechtungsklage verbundene positive Beschlussfeststellungsklage kann hier nicht eingegangen werden. Hierzu BGH AG 2006, 158, 158 f. – Webac; Habersack/Schürnbrand, in: FS Hadding, S. 391, 399 ff.; Mimberg, in: FS Hüffer, S. 663, 673 ff. 457 LG Köln BeckRS 2007, 17373 (insoweit nicht abgedruckt in AG 2008, 336) – STRABAG I. 458 LG Mannheim AG 2005, 780, 781. 459 Bozenhardt, in: FS Mailänder, S. 301, 308 f.; Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Börsennotierte AG, § 17 Rn. 58; Mimberg, in: FS Hüffer, S. 664, 676 ff.; wohl auch Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 17. 455

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

prüfen war.460 Da der Stimmrechtsverlust nicht den Beschlussinhalt, sondern die Feststellung des Abstimmungsergebnisses berühre, sei lediglich das formelle Zustandekommen betroffen. Daher stehe einer Heilung gem. § 244 AktG nichts im Wege, soweit die unterlassene oder fehlerhafte Mitteilung zwischenzeitlich nachgeholt wurde. Die Zusammenschau beider Entscheidungen legt den Kern der Problematik offen: Leidet ein unter Nichtbeachtung des Stimmverbots gem. § 28 WpHG zustande gekommener Hauptversammlungsbeschluss lediglich an einem Verfahrensfehler oder bereits an einem Inhaltsfehler? Da inhaltliche Fehler nicht bestätigt werden können, kommt die Heilung des Beschlusses ausschließlich bei Verfahrensfehlern in Betracht.461 Keinesfalls einer Bestätigung zugänglich sind nichtige Hauptversammlungsbeschlüsse.462 Allerdings sind Hauptversammlungsbeschlüsse, die unter Beteiligung eines sanktionsbefangenen Aktionärs zustande kamen, nur anfechtbar. Was den Kreis heilbarer Beschlussmängel anlangt, hat der BGH in der wegweisenden Webac-Entscheidung folgende Beschreibung geliefert:463 „Ein [. . .] heilbarer Verfahrensfehler liegt u. a. vor, wenn das Abstimmungsergebnis hinsichtlich des Erstbeschlusses – infolge von Zählfehlern, Mitzählung von unter Verletzung des Stimmverbots abgegebenen Stimmen oder ähnlichen Irrtümern – fehlerhaft festgestellt worden ist.“

Obwohl das Urteil zu § 142 Abs. 1 S. 2 AktG erging, unterfällt dieser Aufzählung, die ohnehin nicht abschließend ist, nach richtiger Auffassung auch der Rechtsverlust.464 Denn aus dem Rechtsverlust resultiert ebenfalls ein Stimmverbot, so dass auf dennoch ausgeübten Stimmrechten beruhende Beschlussfehler als Verfahrensfehler zu qualifizieren sind. Hierfür spricht auch, dass ein Hauptversammlungsbeschluss mit dem Inhalt als zustande gekommen gilt, wie ihn der Versammlungsleiter protokolliert. Dieser formelle Akt fixiert den Beschluss auch dann, wenn er dem Beschlussergebnis nicht entspricht.465 Ebenso liegt im Falle des § 28 WpHG eine Fehlbewertung von Stimmverboten vor, die nicht den Inhalt des Beschlusses, sondern nur das vom Versammlungsleiter festgestellte Abstim460

LG Köln AG 2009, 593, 595 – STRABAG II. OLG Dresden AG 2001, 489, 491; K. Schmidt, in: GK/AktG, § 244 Rn. 6; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 244 Rn. 2; Habersack/Schürnbrand, in: FS Hadding, S. 391, 394; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 244 Rn. 11. 462 Bozenhardt, in: FS Mailänder, S. 301, 305 f. 463 BGH AG 2006, 158, Ls. 2 – Webac; anders noch die Vorinstanzen OLG München AG 2003, 645 und LG München I DB 2003, 1268. 464 OLG Stuttgart NZG 2004, 822, 823; 2005, 432, 437; LG Köln AG 2009, 593, 595 – STRABAG II; Hüffer, AktG, § 244 Rn. 2; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 243 Rn. 122; Flume, Konzern 2009, 385, 389; Happ, in: FS Schmidt, S. 545, 560 ff.; Segna, AG 2008, 311, 316 ff.; ferner Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 453. 465 BGHZ 14, 25, 36 f.; 104, 66, 69; OLG Stuttgart NZG 2005, 432, 437; Hüffer, in: MüKo/AktG, § 243 Rn. 41; ders., AktG, § 130 Rn. 22. 461

E. Mittelbare Konsequenzen

189

mungsergebnis betrifft. Dass nicht stimmberechtigte Aktionäre sich an der Beschlussfassung beteiligen, ändert den Abstimmungsgegenstand und damit den Inhalt des Beschlusses nicht. Folge ist die Anfechtbarkeit des Beschlusses wegen eines Verfahrensfehlers. Wird eine Anfechtungsklage erhoben, besteht zwar die Möglichkeit, dass der dementsprechend formell fehlerhafte Hauptversammlungsbeschluss durch ein rechtsgestaltendes Urteil für nichtig erklärt wird (§ 241 Nr. 5 AktG). Allerdings bleibt er bis zum Eintritt der Rechtskraft wirksam und kann konsequenterweise bestätigt werden. Dass der Stimmrechtsverlust nicht durch Nachholung der Mitteilung rückwirkend zu beseitigen ist, hindert die Bestätigungsfähigkeit des Beschlusses, und insofern ist der 2. Kammer des LG Köln zu widersprechen, nicht.466 Ob die von ihr in Bezug genommene Entscheidung des LG Mannheim tatsächlich übertragbar ist, ist daher nicht von Belang.467 Gewiss trifft es zu, dass durch Nachholung der Mitteilung das Stimmrecht nicht rückwirkend, sondern für die Zukunft wieder auflebt. Damit ist der (vormals) sanktionsbefangene Aktionär wieder stimmberechtigt, und zwar auch bei der Fassung des Bestätigungsbeschlusses i. S. d. § 244 AktG. Denn der Bestätigungsbeschluss stellt einen neuen, eigenständigen Hauptversammlungsbeschluss dar. Die Bestätigung muss inhaltlich dem Ausgangsbeschluss entsprechen, da andernfalls eine Ersetzung vorliegt. Ist das der Fall, führt der Bestätigungsbeschluss nach allgemeiner Auffassung zur materiell-rechtlichen Heilung und damit zur Beseitigung der mangelbedingten Anfechtbarkeit.468 Die Heilung wirkt dabei nur für die Zukunft, d.h. der vom Verfahrensfehler begründete Rechtszustand wird nicht rückwirkend beseitigt,469 was in Anbetracht von § 244 S. 2 AktG auch kaum begründbar wäre. Vielmehr kann der Bestätigungsbeschluss, „den Verfahrensfehler zwar nicht ungeschehen machen, allerdings gibt er den Aktionären die Möglichkeit zu erklären, dass sie trotz des Fehlers am Inhalt des Beschlusses festhalten wollen und deshalb der Anfechtungsgrund nicht mehr geltend gemacht werden soll“ 470. Auch im Falle des § 28 WpHG wird der Stimmrechtsausschluss demzufolge nicht für den Zeitraum, der vor der Nachholung der Stimmrechtsmitteilung liegt, beseitigt.471 Eine Rückwirkung findet eben nicht statt. Dieses Ergebnis ist jüngst von Mimberg als nicht mit der Ratio des Rechtsverlusts vereinbar abgelehnt worden.472 Der Bestätigungsbeschluss stünde seinem 466

So auch Mimberg, in: FS Hüffer, 663, 677. Krit. mit beachtlichen Argumenten Segna, AG 2008, 311, 316 f. 468 BGHZ 157, 206, 211; OLG Düsseldorf, NZG 2003, 975, 978; Hüffer, AktG, § 244 Rn. 5; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 244 Rn. 15; Singhof, WuB II A. § 244 AktG 1.04. 469 BGHZ 157, 206, 211; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 244 Rn. 6; K. Schmidt, in: GK/AktG, § 244 Rn. 16; Würthwein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 241 Rn. 5. 470 BGH AG 2006, 158, 158 – Webac. 471 Ebenso Happ, in: FS K. Schmidt, S. 545, 561; Segna, AG 2008, 311, 317. 472 Mimberg, in: FS Hüffer, S. 663, 676 ff. 467

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§ 4 Der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG

Inhalt nach nicht mit dem Strafzweck des § 28 WpHG in Einklang, weshalb ein Bestätigungsbeschluss ausscheide. Bei Lichte besehen wird damit jedoch ein Inhaltsmangel des Ausgangsbeschlusses angenommen, der, und in dieser Schlussfolgerung ist Mimberg zuzustimmen, nicht bestätigungsfähig ist. Jedoch begründet der Stimmrechtsverlust wie dargelegt keinen Inhaltsfehler. Auch überzeugt es bei wertender Betrachtung nicht, einen Bestätigungsbeschluss abzulehnen, geht doch die Sanktionswirkung des Rechtsverlusts damit nahezu vollkommen zu Lasten der Gesellschaft. Die ohnehin zweifelhafte Streuwirkung dieser Sanktion würde noch verstärkt, da Klagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse eine noch weiterreichende Durchschlagskraft erhielten.473 Ferner besteht für eine Sanktionierung kein Anlass mehr, wenn kraft Nachholung der Meldung der Transparenzzweck der §§ 21 ff. WpHG erfüllt wurde. 3. Rückgewähr rechtswidrig ausgeschütteter Dividenden Wurde trotz endgültigen Rechtsverlusts die Dividende an einen Aktionär ausgeschüttet, kann die Gesellschaft diese zurückfordern, § 62 Abs. 1 AktG.474 Denn die Auszahlung einer Dividende an einen wegen § 28 WpHG nicht dividendenberechtigten Aktionär stellt eine nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG verbotene Einlagenrückgewähr dar, da diese Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus jede Auszahlung an Aktionäre verbietet, die nicht aus dem Bilanzgewinn erfolgt oder gesetzlich zugelassen ist.475 Obwohl § 28 WpHG nicht dem Aktienrecht angehört, liegt dementsprechend ein Verstoß gegen Vorschriften des AktG, nämlich gegen § 57 Abs. 1 AktG, vor, wie es § 62 Abs. 1 AktG verlangt. Die Leistungskondiktion braucht daher nicht bemüht zu werden.476 Sie stünde ohnehin wegen § 814 BGB, der den Rückforderungsanspruch ausschließt, wenn die Dividendenausschüttung bewusst entgegen § 28 WpHG vorgenommen wird, und der Möglichkeit des Entreicherungseinwands (§ 818 Abs. 3 BGB) mit dem strengen aktienrechtlichen Kapitalerhaltungssystem in Widerspruch.477 Der damit zugleich anwendbare § 62 Abs. 1 S. 2 AktG kann in Konzernkonstellationen zu Problemen führen. Erfüllt das Mutterunternehmen seine Meldepflichten nicht, verliert auch das Tochterunternehmen seine Rechte aus Aktien, 473

Hierzu bereits § 4 B. III. 2., S. 116 ff. LG München I BeckRS 2009, 01663 (insoweit nicht abgedruckt in AG 2009, 171) – HVB/UniCredito; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 35; Riegger, in: FS Westermann, S. 1331, 1340; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 453; Vocke, BB 2009, 1600, 1603. 475 Ganz h. M.: RGZ 107, 161, 168; BGHZ 90, 381, 386 f.; BGH AG 2008, 120, 121; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 3; Bayer, in: MüKo/AktG, § 57 Rn. 7; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 57 Rn. 5; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 9. 476 § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB heranziehend aber S. H. Schneider/U. H. Schneider, ZIP 2006, 493, 498; Neinhaus, Sanktionen, S. 168 f. 477 Vgl. Henze, in: GK/AktG, § 57 Rn. 224 und § 62 Rn. 8. 474

E. Mittelbare Konsequenzen

191

die es am Emittenten hält, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Tochter keiner Meldepflicht unterlag oder aber rechtskonform gehandelt hat. Dies wurde bereits dargelegt.478 Bezieht sie nun in Unkenntnis des bei ihr eingetretenen Rechtsverlusts die auf ihre Anteile entfallende Dividende, bereitet die Rückabwicklung Schwierigkeiten. Ein Rückgewähranspruch des Emittenten gegen das Tochterunternehmen geht aufgrund dessen Unkenntnis gem. § 62 Abs. 1 S. 2 AktG ins Leere. Gegen die Muttergesellschaft besteht ein solcher Anspruch aber nur, wenn diese sich die Auszahlung der Dividende ihrer Tochter zurechnen lassen muss, d.h. bei wirtschaftlicher Betrachtung die Dividendenausschüttung an die Mutter geleistet wurde. Unproblematisch sind hierbei lediglich Fälle, in denen die Mutter Alleingesellschafterin der Tochter als Dividendenempfängerin ist, da hier wirtschaftliche Identität gegeben ist. Im Übrigen sind die Voraussetzungen und Grenzen dieser Zurechnung wenig geklärt.479 Da es sich mehr um ein Problem der Kapitalerhaltung als des Rechtsverlusts handelt, kann es hier nicht vertieft werden.

478 479

§ 4 B. III. 1. b), S. 110 ff. Vgl. hierzu Lutter, in: KK/AktG, § 57 Rn. 46.

§ 5 Schadensersatzhaftung Während die Skandalfälle des Neuen Markts eine umfassende juristische Aufarbeitung in Rechtsprechung und Wissenschaft erfahren haben,1 ist es zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG – soweit ersichtlich – bislang nicht gekommen. Das Schrifttum schenkt dieser Problematik, abgesehen von der durchaus ausführlichen Diskussion des Schutzgesetzcharakters dieser Vorschriften, nur am Rande Beachtung, obwohl die Fälle Schaeffler/Continental und Porsche/VW durchaus Anlass zu einer vertieften Erörterung gegeben haben.2 Diese Lücke gilt es nicht nur aus wissenschaftlichem Interesse zu schließen, auch aus Sicht der Beratungspraxis ist es von Wichtigkeit, Haftungsgefahren einerseits und Haftungspotentiale andererseits einschätzen zu können. Zudem ist das Haftungsrecht neben dem Rechtsverlust als Mittel der Durchsetzung und Sicherung von Beteiligungstransparenz eine wesentliche Säule des Sanktionensystems. Um zunächst die Grundlagen zu legen, sind die Eigenheiten der Haftung für die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG darzulegen (unter A.). In einem zweiten Schritt ist zu ermitteln, auf welche Anspruchsgrundlage geschädigte Anleger ihr Schadensersatzbegehren stützen können (unter B.). Danach wird der Kreis der Anspruchsberechtigten und -verpflichteten ermittelt (unter C.). Im Anschluss sind die sich typischerweise im Rahmen der Kapitalmarktinformationshaftung stellenden Fragen, zum einen nach dem Inhalt des Schadensersatzanspruchs und zum anderen nach der Kausalität, zu klären (unter D.).

1 Die rechtstatsächlichen Hintergründe zusammenfassend Henze, in: FS Schwark, S. 425, 425. 2 Der niederländische Hedge Fonds Exchange Investors N.V., der die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Continental AG und die Schaeffler KG angekündigt hat (Ad-hoc-Mitteilung v. 10.11.2008, abrufbar unter , abgerufen am 16.10.2010), hat dies bisher offenbar nicht getan. In den USA machen einige Investmentfonds gegen die Porsche Automobil Holding SE sowie einige ihrer ehemalige Vorstandsmitglieder im Zusammenhang mit der Übernahme der Volkswagen AG Schadensersatzansprüche geltend. Durch die Kurssprünge der Volkswagen-Aktie im Oktober 2008 hätten sie über eine Milliarde Dollar verloren. Auch in Deutschland werden entsprechende Klagen vorbereitet, vgl. BörsZ v. 26.1.2010, S. 9. In beiden Fällen stützen sich die Geschädigten offenbar nicht auf die Verletzung von Stimmrechtsmitteilungspflichten, sondern erheben Vorwürfe der Marktmanipulation und des Insiderhandels. Die Klagen in den USA stützen sich somit auf Sec. 10 (b) des Securities Exchange Acts von 1934.

A. Grundlegung

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A. Grundlegung I. Problemaufriss Bei einer Zuwiderhandlung gegen die Beteiligungstransparenzgebote der §§ 21 ff. WpHG kann es dazu kommen, dass Anleger, die unter der fehlerhaft oder gar nicht mitgeteilten Beteiligungsstruktur Aktien des Emittenten gekauft oder verkauft haben, einen Schaden erleiden. Als schadensstiftende Ereignisse kommt entweder die Verletzung der Melde- oder der Veröffentlichungspflichten in Betracht. Aufgrund höherer praktischer Relevanz wird die Haftung des Meldepflichtigen wegen Meldeverstößen vorliegend im Vordergrund stehen. Die Haftung des Emittenten wegen unterlassener oder fehlerhafter Veröffentlichung gem. §§ 26, 26a, 27a Abs. 2 WpHG findet nur am Rande Beachtung, da diese Fälle selten sind. Zu vernachlässigen sind auch Schadensersatzansprüche des Emittenten gegen den Meldepflichtigen, zumal ein auf mangelnde Beteiligungstransparenz zurückgehender Vermögensschaden des Emittenten kaum vorstellbar ist.3 Der Schaden tritt in aller Regel bei den Anlegern ein. Hauptsächlich wird sich dieses Kapitel daher Ersatzansprüchen von Anlegern gegen einen seine Mitteilungspflichten verletzenden Meldepflichtigen widmen. Trotz der Vielfalt denkbarer Fallgestaltungen einer Verletzung der §§ 21 ff. WpHG lassen sich mit ordnender Hand drei Grundfälle trennen.4 Erstens ist der Fall zu nennen, dass Altanleger infolge des Meldeverstoßes ihre Wertpapiere „zu billig“ verkaufen. Das wird hauptsächlich auf den heimlichen Beteiligungsaufbau zutreffen, bei dem der Investor bewusst seine Meldepflichten nicht erfüllt und den Anlegern die Partizipation an Kursanstiegen verwehrt, weil der Investor seine wahren Absichten verbirgt.5 Auch kommen Anleger nicht in den Genuss einer Kontrollprämie, die üblicherweise als Aufschlag auf den Sekundärmarktpreis der Aktien für die mit der Kontrollstellung einhergehenden Vorteile gezahlt wird. Ebenso kann ein Paketaufschlag, der beim außerbörslichen Erwerb großer Aktienpakete anfällt, geringer ausfallen. Denkbar sind ferner Fälle der Schlechterfüllung, in denen vor Bekanntwerden der Unrichtigkeit der Mitteilung, etwa weil sie fälschlicherweise den Ausstieg eines Großaktionärs ankündigt, Wertpapiere „zu billig“ veräußert werden. Zweitens sind Anleger aufzuführen, die während der Desinformationsphase Wertpapiere des Emittenten „zu teuer“ erwerben. Beispielhaft sei die manipulativ eingesetzte Falschmitteilung genannt, die etwa das Überschreiten übernahmerelevanter Schwellen anzeigt. Dadurch will der Meldepflichtige den Kurs künstlich „pushen“, um Aktien, die er selbst am Emittenten hält, unter dem in die Höhe getriebenen Kurs zu verkaufen. Die übrigen 3

Siehe bereits § 3 C. I. 2. b), 83 ff. Vgl. Fleischer, BB 2002, 1869, 1869. 5 Der Kurs der Continental-Aktie ist nach Bekanntwerden der Übernahmepläne Schaefflers innerhalb weniger Tage um fast 20 A gestiegen. 4

194

§ 5 Schadensersatzhaftung

Anleger erwerben die Wertpapiere dann „zu teuer“. In der Praxis kommen wegen der Schwierigkeiten bei der Abgabe einer korrekten Stimmrechtsmitteilung durchaus Meldefehler vor, die haftungsrelevant sein können. Gleichwohl wirken solche Manipulationsfälle eher konstruiert und werden theoretischer Natur bleiben. Drittens und letztens sind Anleger zu nennen, die sich infolge der Nichtoder Falschmitteilung zum Halten ihrer Wertpapiere entschieden haben und in der Folge einen Schaden erleiden. Dann stellt sich die Frage, ob sie überhaupt aktivlegitimiert sind. Vor diesem grob umrissenen Hintergrund ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein Anleger Ausgleich informationsbedingter Schäden verlangen kann. Es geht also um einen Ausschnitt aus dem Bereich der Kapitalmarktinformationshaftung. Da sowohl ein haftungsrechtlicher General- als auch ein auf die §§ 21 ff. WpHG bezogener Spezialtatbestand fehlen, wird dem Deliktsrecht der §§ 823 ff. BGB eine tragende Rolle zukommen. Damit einher geht das Problem, die gewachsene Dogmatik des BGB auf das moderne Kapitalmarktrecht abzustimmen. Die Anonymität der Kapitalmärkte und der Umstand, dass eine einzige Informationspflichtverletzung, ähnlich dem kartellrechtlichen Streuschaden, die Schädigung einer Vielzahl von Anlegern nach sich ziehen kann, stellen das auf den individuellen Schadensausgleich fokussierte Deliktsrecht vor neue Herausforderungen.6

II. Die Haftung bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG im Gesamtsystem der Kapitalmarktinformationshaftung Zu nahezu jeder Form der Haftung für Falschinformationen des Kapitalmarkts, insbesondere zu falschen Ad-hoc-Mitteilungen, findet sich eine ausgereifte Diskussion. Die Haftung bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG wird in der Literatur hingegen allenfalls am Rande beleuchtet; Rechtsprechung existiert nicht. Der Diskussionsstand muss daher als wenig entwickelt bezeichnet werden.7 Um die auftretenden Rechtsfragen zu klären, lassen sich womöglich für andere Haftungsformen erprobte Lösungsansätze fruchtbar machen. Um zu ermitteln, ob solche Anlehnungen möglich sind und, wenn ja, welcher Haftungstypus gewinnbringende Vergleichsmöglichkeiten bietet, ist der hier interessierende Haftungsfall zunächst in das Gesamtspektrum der Kapitalmarktinformationshaftung einzuordnen.

6 Veil, ZBB 2006, 162, 166 empfindet die §§ 823 ff. BGB daher im Kapitalmarktrecht als „zu holzschnittartig“. 7 So auch Veil, ZHR 175 (2011), 83, 89.

A. Grundlegung

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1. Das Spektrum der Primär- und Sekundärmarkthaftung Für den Primärmarkt sehen die §§ 44 f. BörsG, 13 f. VerkProspG, 127 InvG Prospekthaftungstatbestände vor. Am Regelungsvorbild der Prospekthaftung als der ältesten Form der Kapitalmarkthaftung8 haben sich die später normierten spezialgesetzlichen Haftungsgrundlagen – auch die sekundärmarktrechtlichen – orientiert.9 Der Einfluss der Prospekthaftung auf die Haftung bei Meldeverstößen wird jedoch gering sein, da hierfür kein spezialgesetzlicher Haftungstatbestand existiert, der dem Leitbild der Prospekthaftung entspricht. Zudem besteht insofern ein konstruktiver Unterschied, als das Prospektrecht der Förderung des Absatzes neu emittierter Wertpapiere dient, während die §§ 21 ff. WpHG als Teil der Sekundärmarktpublizität die laufende Unterrichtung des Anlagepublikums sicherstellen wollen.10 Näher liegt es daher, Querverbindungen zur Sekundärmarkthaftung herzustellen, zumal diese, wie sogleich deutlich werden wird, mittlerweile über eine eigenständige Dogmatik verfügt. Die Sekundärmarkthaftung lässt sich der Sekundärmarktpublizität entsprechend in die Untergruppen „Adhoc-Publizität“, „Regelpublizität“ und „sonstige Kapitalmarktinformation“ aufteilen.11 Da die §§ 21 ff. WpHG nicht der Regelpublizität angehören und eigenständig neben der Ad-hoc-Publizität stehen, unterfallen sie der letztgenannten Gruppe. Diese beherbergt als Auffanggruppe sämtliche Informationspflichten, die weder Ad-hoc- noch Regelpublizität darstellen. Die Haftung für fehlerhafte Sekundärmarktinformationen ist mit der Haftung für unterlassene und unwahre Ad-hoc Mitteilungen gem. §§ 37b, c WpHG, die als Reaktion auf die Fälle des Neuen Marktes durch das 4. FMFG eingeführt wurden, nur fragmentarisch geregelt. Der mit dem DiskE zum KapInHaG des Jahres 200412 eingeleitete, an die Vorarbeiten des 64. Deutschen Juristentages 200213 und der Regierungskommission Corporate Governance14 anknüpfende Versuch, eine haftungsrechtliche Generalklausel für fehlerhafte Information des Sekundärmarktes zu schaffen, ist noch im selben Jahr gescheitert. Obschon die Schließung der Schutzlücken auf dem Sekundärmarkt dringlich angemahnt 8

Zur Historie der Prospekthaftung ausführlich Assmann, Prospekthaftung, S. 39 ff. Köndgen, in: Fleischer/Zimmer, Effizienz, S. 100, 131; zu den Unterschieden zwischen Primär- und Sekundärmarkthaftung Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel II, 4. Kap. Rn. 44. 10 Baums, ZHR 167 (2003), 139, 149 f.; Köndgen, in: FS Druey, S. 791, 804 ff. 11 Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, Inhaltsübersicht vor § 33. Anders Fleischer, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 5, der „freiwillige Kapitalmarktinformationen“ separiert. 12 §§ 37 a, b WpHG-E, abgedruckt in NZG 2004, 1042. Überblick über die vorgesehenen Regeln bei Möllers, JZ 2005, 75, 79 ff. 13 Beschlüsse des 64. DJT, 2002, Abt. Wirtschaftsrecht, 1. Block unter e), abgedruckt in NJW 2002, 2073, 2082. 14 Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, Rn. 186; siehe dort insbesondere § 79 BörsG-E. 9

196

§ 5 Schadensersatzhaftung

wurde,15 war der Entwurf politisch nicht konsensfähig. Ohnehin hätte die Anwendung der geplanten Vorschriften auf Verstöße gegen Mitteilungspflichten Schwierigkeiten aufgeworfen, da lediglich der Emittent, nicht aber der emittentenfremde Meldepflichtige als Haftungssubjekt ausgegeben wurde. Diese Frage hat sich mit dem Scheitern des KapInHaG erledigt. In Ermangelung eines haftungsrechtlichen Generaltatbestandes hat sich das Deliktsrecht des BGB für die spezialgesetzlich nicht haftungsbewehrten Informationspflichten des WpHG zur zentralen Größe entwickelt. Auch die Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Publizität hat ihre Prägung durch das Deliktsrecht erlangt. Namentlich § 826 BGB, der auch in anderen Bereichen des Kapitalmarkt- und auch des Gesellschaftsrechts zur Korrektur unerwünschter Haftungsfreiräume Einsatz findet,16 hat sich zur zentralen Größe entwickelt. Den Weg hierher hat der BGH mit seinen Urteilen in Sachen Infomatec, ComROAD und EM.TV geebnet. Obwohl die §§ 37b, c WpHG an praktischer Bedeutung gewinnen,17 hat § 826 BGB nicht an Relevanz eingebüßt. In den Gesetzesmaterialien wird die Vorschrift expressis verbis als eine der nach Maßgabe von § 15 Abs. 6 S. 2 WpHG weiter anwendbaren Haftungstatbestände genannt, so dass sie nicht von den auf den ersten Blick spezielleren §§ 37b, c WpHG verdrängt wird.18 Die Bedeutung der Sittenwidrigkeitshaftung liegt darin, dass sie neben der Inanspruchnahme des Emittenten auch den Zugriff auf dessen Organmitglieder ermöglicht. § 826 BGB erzeugt somit eine Organaußenhaftung direkt gegenüber den Anlegern. Wie der Fall EM.TV beispielhaft illustriert, ist das in der Insolvenz des Emittenten von maßgeblicher Bedeutung, da seine Inanspruchnahme dann keinen Sinn macht. Die geschädigten Anleger waren daher interessiert, gegen die hinter dem Emittenten EM.TV stehenden verantwortlichen Organmitglieder vorzugehen. Das ermöglichen die §§ 37b, c WpHG aber weder direkt noch analog.19 Auch durch Heranziehung der Teilnehmerhaftung gem. § 830 Abs. 2 BGB lässt sich die präferierte Organaußenhaftung nicht erreichen. Das gilt schon deshalb, weil nicht die Organmitglieder, sondern der Emittent der Informationspflicht unterliegt.20 Die Organe sind nur unternehmensintern zur Pflichterfüllung 15 Statt vieler Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 141; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 192; auch Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 56; zurückhaltender Veil, ZHR 167 (2003), 367, 400. 16 Überblick zur Anwendung im Kapitalmarktrecht bei Wagner, in: MüKo/BGB, § 826 Rn. 68 ff.; Zusammenstellung der Anwendung im Gesellschaftsrecht bei Förster, AcP 209 (2009), 399. 17 Siehe OLG Schleswig WM 2005, 696; OLG Stuttgart NZG 2009, 624; weitere Nachweise bei Veil, EBOR 11 (2010), 409, 418 m. Fn. 49. 18 Bericht des Finanzausschusses zum 2. FMFG, BT-Drucks. 12/7918, S. 102. 19 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 350; Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Börsennotierte AG, § 14 Rn. 54; Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 79. 20 Neben den in voriger Fn. Genannten Casper, in: KK/KapMuG, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 83; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37b, c WpHG

A. Grundlegung

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berufen. Auf die umstrittene Frage, ob die §§ 37b, c WpHG deliktsrechtliche Ansprüche oder einen besonderen Fall der Vertrauenshaftung darstellen, kommt es nicht an.21 Weiterhin dient § 15 Abs. 1 WpHG, wie seinem Abs. 6 zu entnehmen ist, ausschließlich dem Funktionenschutz und ist daher kein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB, so dass auch auf dieser Grundlage eine Organaußenhaftung ausscheidet. Den Anlegern verbleibt deshalb nur § 826 BGB, verbunden mit seinen tatbestandlichen Hürden und den ohnehin bestehenden Beweisproblemen in kapitalmarktrechtlichen Haftungsprozessen. Angesichts der Schwierigkeiten die Haftung nach § 826 BGB durchzusetzen, ist am Konzept der §§ 37b, c WpHG Kritik dahingehend laut geworden, dass sie das „falsche“ Haftungssubjekt fokussierten.22 Da der Emittent in den Fällen des Neuen Marktes zahlungsunfähig war, war seine Inanspruchnahme sinnlos. Zum Schutz der Anleger vor dem Ausfall ihrer Forderungen sei daher eine (kumulative) Organaußenhaftung einzuführen. Nach dem Scheitern des KapInHaG steht diese Forderung nicht mehr im Fokus der Diskussion; insgesamt ist die Diskussion um eine Reform der Kapitalmarktinformationshaftung ruhiger geworden, obwohl weiterhin Reformbedarf besteht.23 Mit der Einführung einer dahingehenden Regelung ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Unabhängig hiervon steht bei der Verletzung von Meldepflichten die Zahlungsunfähigkeit des Meldepflichtigen als Haftungssubjekt nicht in derselben Weise zu befürchten, wie in den Fällen des Neuen Marktes. Das gilt auch im Hinblick auf das für diese Skandale mit ursächliche Last-Period-Phänomen, wonach in der Krise eines Unternehmens verstärkt Falschinformationen veröffentlicht werden, in der Hoffnung, „in letzter Minute“ noch eine Wende herbeizuführen.24 Das Instrument der Beteiligungstransparenz eignet sich sowohl hierfür als auch zur Kurspflege, um eigene Interessen bedienen zu können, weit weniger als die Ad-hoc-Publizität. Im Zentrum dieses Kapitels steht deshalb weniger die Haftung der Organe einer meldepflichtigen Gesellschaft gegenüber den Anlegern als die Haftung des Meldepflichtigen, dem gegebenenfalls das Organhandeln gem. § 31 BGB (analog) zuzurechnen ist. 2. Abgrenzung zur Emittentenhaftung Der Begriff „Emittentenhaftung“ fasst unabhängig von der konkreten Anspruchsgrundlage Fälle zusammen, in denen der Emittent wegen der FehlinforRn. 133; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 397; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 119 f.; a. A. Schwark, EWiR 2001, 1049, 1050. 21 Zum Streitstand Benzinger, Haftungsansprüche, S. 164 ff. 22 Wagner, in: MüKo/BGB, § 826 Rn. 68; Horn, in: FS Ulmer, S. 817, 826 ff.; vgl. auch Fleischer, ZRP 2002, 532, 532. 23 Die Diskussion zusammenfassend Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 69 ff. 24 Zum Last-Period-Phänomen Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 102.

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§ 5 Schadensersatzhaftung

mation des Kapitalmarktes haftet. Neben den §§ 37b, c WpHG gehört auch das Deliktsrecht hierher, soweit damit eine Haftung des Emittenten erreicht wird. Da der überwiegende Teil der primär- und sekundärmarktrechtlichen Informationspflichten vom Emittenten zu erfüllen ist, ist die Emittentenhaftung der Normalfall im Kapitalmarktrecht. Was die Haftung bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG anlangt, ist zwischen Stimmrechtsmitteilungs- und Veröffentlichungspflichten zu differenzieren. Letztere sind an den Emittenten gerichtet, so dass dieser für einen entsprechenden Verstoß haftet. Damit liegt eine Emittentenhaftung vor. Die Stimmrechtsmitteilungspflichten hingegen richten sich an den Meldepflichtigen. Folgerichtig hat der Meldepflichtige auch für deren Verletzung einzustehen. Haftungssubjekt ist daher ein meldepflichtiger Anleger als emittentenfremder Dritter,25 der mit Blick auf Zurechnungsfälle nicht einmal Aktionär des Emittenten sein muss. Aus der Tatsache, dass der Emittent durch die Veröffentlichung der erhaltenen Stimmrechtsmitteilung den wesentlichen Schritt zur Herstellung der Kapitalmarktöffentlichkeit unternimmt, kann nicht geschlossen werden, er hafte auch für fehlerhafte Stimmrechtsmitteilungen. Das Fehlverhalten des Meldepflichtigen ist ihm nicht zurechenbar. Zudem kommt eine Emittentenhaftung von vornherein nicht in Betracht, wenn der Meldepflichtige gar keine Mitteilung abgegeben hat. Denn der Emittent ist nicht verpflichtet, Nachforschungen über die Veränderung von Stimmrechtsbeteiligungen anzustellen.26 Die Struktur der Haftung bei Verletzung von Meldepflichten weicht demzufolge von den typischen Fällen der Kapitalmarktinformationshaftung ab. Dahinter steht die Zwischenschaltung des Emittenten als Informationsmittler, was zu einer Dreipersonenkonstellation führt. Die schädigende Handlung geht nicht, wie in den besagten Fällen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen, vom Emittenten aus, sondern von einem emittentenfremden Dritten, nämlich dem Meldepflichtigen. Wegen dessen Pflichtverletzung veröffentlicht der Emittent in der Folge keine bzw. eine fehlerhafte Meldung, woraufhin der Anleger infolge von Kursverlusten einen Vermögensschaden erleidet.27 Im Fall des Anschleichens beispielsweise, werden mit dem Unterlassen der erforderlichen Stimmrechtsmitteilungen diejenigen Kursreaktionen ausgeschaltet, die üblicherweise bei Bekanntwerden dieser Tatsachen eintreten, um den Preis der Übernahme gering zu halten. Anleger, die ihre Aktien verkaufen, erhalten also einen geringeren Erlös, als sie bei zutreffender Informationslage erzielt hätten.

25 Ebenfalls kein Fall der Emittentenhaftung ist die Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlagen gem. § 12 WpÜG, hierzu Assmann, ZGR 2002, 697, 717 ff. 26 Vgl. § 4 C. II. 2. b), S. 134. 27 Die Nichterfüllung der zugleich bestehende Mitteilungspflicht gegenüber der BaFin spielt keine Rolle, da ein Schaden eines Anlegers allein aufgrund einer gegenüber der BaFin unterlassenen oder fehlerhaften Stimmrechtsmitteilung nicht denkbar ist.

A. Grundlegung

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3. Vergleichbare Haftungssituationen Einen tauglichen Vergleichsmaßstab könnte die Offenlegungspflicht von Directors’ Dealings bilden, da § 15a WpHG strukturell den §§ 21 ff. WpHG nahesteht. Insbesondere zwingt das ebenfalls zweistufig ausgestaltete Informationsverfahren wiederum zur Differenzierung zwischen der Haftung des Meldepflichtigen als emittentenfremder Dritter – für § 15a WpHG des Organmitglieds – und der des Emittenten. Trotz dessen lohnt sich ein Vergleich nicht. Da Schadensersatzansprüche bei Verletzung von § 15a WpHG nicht weniger knapp erörtert werden als bezüglich der §§ 21 ff. WpHG,28 wäre kein nennenswerter Erkenntnisgewinn zu verzeichnen. Die Feststellung von Veil aus dem Jahr 2005, die haftungsrechtliche Diskussion zu § 15a WpHG sei wenig ausgereift,29 gilt auch weiterhin. Berücksichtigt man, dass mangels spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlage das Deliktsrecht des BGB für Schadenersatzansprüche bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG eine tragende Rolle einnehmen wird, und Rechtsprechung und Lehre anhand der Fälle Infomatec, ComROAD und EM.TV der deliktsrechtlichen Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen feste Konturen verliehen haben, so dass sich eine kapitalmarktrechtliche Dogmatik des Deliktsrechts herausgebildet hat, kommt eine Heranziehung dieser Grundsätze in Betracht. Das gilt allerdings nur insoweit, als diese Grundsätze die Eigenheiten der Beteiligungstransparenz achten. So hat sich gezeigt, dass die hier zu erörternden Konstellationen der Meldepflichtverletzung nicht der Emittentenhaftung unterfallen. Weiterhin können sich mit Blick auf den Gestaltungsspielraum, den Ad-hoc-Mitteilungen eröffnen, Abweichungen ergeben. Zweck der Ad-hoc-Publizität ist es, den Kapitalmarkt über sämtliche kursrelevante Tatsachen zu informieren, die den Emittenten unmittelbar betreffen. Dies können Informationen über die Finanz- und Vermögenssituation ebenso sein wie Nachrichten über bedeutende Geschäftsabschlüsse, selbst Pläne und beabsichtigte Vorhaben des Emittenten, soweit sie kursrelevant sind.30 Einige am Neuen Markt notierte Unternehmen haben seinerzeit diesen Gestaltungsspielraum dahingehend genutzt, dass sie Ad-hoc-Mitteilungen durch reißerische Wortwahl als Werbemaßnahme und zur Kurspflege einsetzten.31 Zudem haben Vorstandsmitglieder, die zugleich Aktien ihres Unternehmens hielten, versucht, sich auf diese Weise zu bereichern. Eine werbende Funktion kann der Adhoc-Publizität daher nicht abgesprochen werden, auch wenn diese Funktion im Vergleich zum Börsenprospekt ein geringeres Ausmaß annehmen mag.32 Das 28 Exemplarisch Osterloh, Director’s Dealings, S. 202 f.; Benzinger, Haftungsansprüche, S. 325 ff. 29 Veil, ZGR 2005, 155, 164. 30 Vgl. zu weiteren Beispielen BaFin, Emittentenleitfaden, S. 56 f. 31 Beispielhaft die bei Braun/Rotter, BKR 2003, 918, 918 ff. abgedruckten Ad-hocMitteilungen; hierzu auch Möllers, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 3 Rn. 12 ff. 32 Langenbucher, in: FS K. Schmidt, S. 1051, 1061 f.

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Transparenzsystem der §§ 21 ff. WpHG hat dagegen ausschließlich das Berühren von Meldeschwellen zum Gegenstand, gegebenenfalls ergänzt um den Mittelherkunfts- und Strategiebericht (§ 27a WpHG). Dabei werden Inhalt und Form einer Stimmrechtsmitteilung durch § 17 WpAIV genau vorgeschrieben. Zudem greift die Praxis zur Einreichung einer Stimmrechtsmitteilung regelmäßig auf das von der BaFin erstellte Standardformular zurück, das keinen Raum für inhaltliche Ausschmückungen bietet. Vielmehr sind die wesentlichen Angaben durch Ankreuzen oder Einfüllen von Zahlenwerten vorzunehmen. Inhaltliche Ausschmückungen durch reißerische Formulierungen sind nicht möglich. Zwar können Stimmrechtsmitteilungen gleichwohl manipulativ eingesetzt werden, etwa durch die Nennung grob falscher Stimmrechtsanteile, doch eignen sie sich weit weniger zu Werbezwecken als Ad-hoc-Mitteilungen. Das liegt auch daran, dass Stimmrechtsmitteilungen nicht den eigenen Kurs des Meldepflichtigen, soweit dieser ebenfalls börsennotiert ist, betreffen, sondern den des Emittenten. Ein unmittelbares Einwirken auf den eigenen Kurses durch falsche Anteilsmeldungen ist daher nicht möglich. Ungeachtet dessen ist die Nichterfüllung von Stimmrechtsmitteilungspflichten von weit größerer praktischer Bedeutung. Da damit die Geheimhaltung des Beteiligungsaufbaus bezweckt wird, ist gerade das Gegenteil eines Werbeeffekts gewollt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass § 15 WpHG anders als die §§ 21 ff. WpHG bereits das Merkmal der Kursrelevanz in sich trägt. Die Mitteilung einer Anteilsveränderung muss nicht unbedingt kursrelevant sein, auch wenn sie es tatsächlich häufig sein wird. 4. Zwischenergebnis Nach alledem kann der vom BGH in der genannten Entscheidungsserie geebnete „Weg zu einer Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen“ 33 nicht als allgemeingültig bezeichnet werden.34 Er ist dies zwar hinsichtlich der Haftung des Emittenten für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, und mag es auch für weitere Fälle der Emittentenhaftung sein, doch verbietet sich eine unbesehene Übertragung auf die Haftung des emittentenfremden Meldepflichtigen für die Verletzung von Stimmrechtsmitteilungspflichten. Allerdings hat der BGH gewissermaßen ein „Sonderdeliktsrecht“ des Kapitalmarkts geschaffen. Es kann daher ein vorsichtiger, die Sachgesetzlichkeit der §§ 21 ff. WpHG beachtender Rückgriff auf die deliktische Ad-hoc-Publizitätshaftung erfolgen. So lassen sich wesentliche Erkenntnisse, die Rechtsprechung und Lehre in diesem Bereich entwickelt haben, für den hier interessierenden Fall fruchtbar machen.

33

So der Titel des Aufsatzes von Möllers, JZ 2005, 75. So aber Unzicker, WM 2007, 1596, 1597; tendenziell auch Möllers, JZ 2005, 75, 75; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1805. 34

A. Grundlegung

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III. Verhältnis von Kapitalmarkthaftung und Kapitalerhaltung Ein seit über 100 Jahren diskutiertes Problem besteht im Spannungsverhältnis der Kapitalmarktinformationshaftung zur aktienrechtlichen Kapitalerhaltung.35 Das Problem besteht darin, dass jede vom Emittenten an einen Aktionär in seiner Stellung als geschädigter Anleger geleistete Schadensersatzzahlung das Gesellschaftsvermögen verringert und damit in Widerspruch zu den Interessen von Gläubigern und anderen Aktionären tritt. Festzumachen ist die Problematik am Verbot der Einlagenrückgewähr gem. § 57 Abs. 1 AktG. Eng hiermit verbunden ist die Anschlussfrage, ob eine Rückabwicklung des Wertpapiererwerbs, sollte sie Inhalt des Schadensersatzanspruchs sein,36 mit dem Verbot des Rückerwerbs eigener Aktien gem. §§ 71 ff. AktG in Einklang steht. Im Rahmen der Beteiligungstransparenz gem. §§ 21 ff. WpHG tritt diese Spannungslage jedenfalls dann auf, wenn der Emittent wegen Missachtung der von ihm zu erfüllenden Veröffentlichungspflichten in Anspruch genommen wird. In diesem Fall ist der Emittent verpflichtet, Schadensersatz an den Anleger-Aktionär zu leisten. Bei der Verletzung von Stimmrechtsmitteilungspflichten hingegen ist der Meldepflichtige als emittentenfremder Dritter Haftungssubjekt. Schadensersatzzahlungen des Meldepflichtigen an geschädigte Anleger werden aber nur selten in Widerspruch zu den Vorgaben der §§ 57, 71 AktG treten, nämlich nur dann, wenn der Meldepflichtige zum einen als AG organisiert ist und zum anderen der Anleger auch an dieser AG eine Beteiligung hält, d.h. zusätzlich zur Beteiligung am betreffenden Emittenten.37 Ist der Anleger nicht zugleich Aktionär der meldepflichtigen AG, können an ihn gerichtete Schadensersatzleistungen nicht in Konflikt zu den Kapitalerhaltungsregeln treten, da die §§ 57, 71 AktG grundsätzlich nur Zahlungen an Aktionäre erfassen. Auszahlungen an Dritte gehören nur hierher, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Aktionär zuzurechnen sind.38 Da es – auch mit Blick auf verzweigt investierende Kapitalanlagegesellschaften – selten vorkommen dürfte, dass ein Anleger zugleich auch Aktionär derjenigen meldepflichtigen AG ist, die ihre Mitteilungspflichten verletzt, erscheint eine eindringliche Erörterung des Verhältnisses von Kapitalmarkthaftung und Kapitalerhaltung entbehrlich. Es handelt sich um ein Problem der Emittentenhaftung, das lediglich bei der hier nicht im Zentrum stehenden Verlet35 Erstmals für die Börsenprospekthaftung RGZ 54, 128; zur Entwicklung der Rechtsprechung Bayer, in: MüKo/AktG, § 57 Rn. 19; siehe auch Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 93 ff. 36 Dazu § 5 D. I. 2., S. 248 ff. 37 Vorstellbar ist der Konflikt auch, wenn der Anleger an einer KGaA oder einer GmbH, dann freilich mit § 30 GmbHG als die Spannung auslösende Vorschrift, beteiligt ist. 38 Dazu eingehend BGH AG 2008, 120, 121; Bayer, in: MüKo/AktG, § 57 Rn. 54 ff.

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zung der Veröffentlichungspflichten gegeben ist. Gesagt sei immerhin, dass die h. M. der Kapitalmarkthaftung Vorrang vor dem aktienrechtlichen Kapitalschutz der §§ 57, 71 AktG einräumt.39 Auch ist kein Verstoß gegen das Gebot der Aktionärsgleichbehandlung (§ 53a AktG) gegeben.40

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung Da das WpHG weder über eine haftungsrechtliche Generalklausel noch einen Spezialtatbestand für die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG verfügt, ist in anderen Regelungsgefügen nach einer tauglichen Anspruchsgrundlage zu suchen.

I. §§ 37b, c WpHG analog Veil möchte auf Meldeverstöße das Haftungsregime der §§ 37b, c WpHG analog anwenden.41 Den Anstoß hierfür haben womöglich Mülbert/Steup geliefert, die für fehlerhafte Regelpublizität eine Haftung des Emittenten analog §§ 37b, c WpHG begründen.42 Auch wenn diese Anlehnung eine Mutmaßung bleibt, haftet eine meldepflichtige AG, die zugleich selbst Emittentin von Finanzinstrumenten ist, jedenfalls dann gem. §§ 37b, c WpHG, wenn das Berühren der Meldeschwelle zugleich eine nach § 15 Abs. 1 WpHG zu veröffentlichende Insiderinformation ist und diese Veröffentlichung unterblieben oder unrichtig ist.43 Dies ist der originäre Anwendungsbereich der §§ 37b, c WpHG. Grundvoraussetzung ist aber die Kursrelevanz des Erreichens, Über- oder Unterschreitens der Meldeschwelle. Dasselbe gilt, wenn das Vorhaben, ein Übernahmeangebot abzugeben, als grundsätzlich kursrelevante Tatsache nicht per Ad-hoc-Mitteilung öffentlich gemacht wird.44

39 BGH NJW 2005, 2450, 2452 – EM.TV; Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 37 ff.; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1810 f.; Brellochs, Publizität, S. 245; Hutter/ Stürwald, NJW 2005, 2428, 2431; Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 23 ff.; stellvertretend für die Kritiker Henze, in: FS Schwark, S. 425, 426 ff. 40 BGH NZG 2008, 382, 383 – ComROAD VI; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 7; a. A. Horn, in: FS Ulmer, S. 817, 827. 41 Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 8. 42 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1651 f.; dies., in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 249. 43 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 4; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 154. 44 Zur Ad-hoc-Publizität bei Übernahmeangeboten Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 73 ff.; ders., ZGR 2002, 697, 711 ff. Die Entscheidung, ein Übernahmeangebots abzugeben, unterfällt hingegen ausschließlich § 10 WpÜG, der § 15 WpHG verdrängt (vgl. § 10 Abs. 6 WpÜG).

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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Was die Veil vorschwebende Situation, nämlich die Haftung des Meldepflichtigen für eine Verletzung der §§ 21 ff. WpHG unabhängig von der Qualität der Anteilsveränderung als Insiderinformation, anbelangt, ist ein Analogieschluss insofern plausibel, als die Vorschriften der §§ 37b, c WpHG unter der allgemeinen Überschrift „Haftung für falsche und unterlassene Kapitalmarktinformationen“ firmieren. Zudem weisen Ad-hoc- und Beteiligungspublizität darin einen gemeinsamen Kern auf, dass sie jeweils für eine informierte Anlageentscheidung sorgen und die Bildung informationseffizienter Marktpreise fördern sollen.45 Abgesehen davon, dass diese Übereinstimmung sehr generell ist, dienen beide Informationspflichten verschiedenen Zwecken, was an der Tragfähigkeit des Analogieschlusses zweifeln lässt. Während § 15 WpHG Insiderhandlungen vorbeugt, informieren die §§ 21 ff. WpHG über Stimmrechtsbeteiligungen an börsennotierten Unternehmen. Unabhängig hiervon, begibt sich Veil in Widerspruch zur Entstehungsgeschichte der §§ 37b, c WpHG. Nach den Gesetzesmaterialien ist der Anwendungsbereich dieser Tatbestände auf die Ad-hoc-Publizität begrenzt.46 Dass bezüglich anderer Transparenzpflichten eine Regelungslücke besteht, war dem Gesetzgeber also bewusst. Als Beleg dient auch das letztlich gescheiterte Bemühen, diese Lücke mit dem KapInHaG zu schließen. Die gegebene Regelungslücke ist daher nicht planwidrig,47 so dass die von Veil vorgeschlagene Analogie scheitert. Dass dieses Ergebnis unbefriedigend erscheinen mag, berechtigt nicht dazu, die methodischen Grenzen der Analogiebildung zu überschreiten.48

II. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen wurde weiter erwogen, die höchstrichterlich entwickelte bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinn49 heranzuziehen,50 die auf das typisierte Anlegervertrauen in die von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben aufbaut. Auch für Meldeverstöße erscheint dies nicht von vornherein ausgeschlossen.

45 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1634, 1651; dies., in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 249. 46 Begr. RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 93. 47 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 30; für die Regelpublizität die Planwidrigkeit der Regelungslücke verneinend freilich Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1634, 1651; dies., in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 249. 48 Richtig Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 30. 49 Zur Abgrenzung zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne, die wegen unmittelbarer Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens auf §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB gründet Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb, § 45 Rn. 32. 50 Braun/Rotter, BKR 2003, 918, 918 ff.

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Da Stimmrechtsmitteilungen nicht direkt dem Anleger zugehen, sondern den „Umweg“ über den Emittenten nehmen, ließe sich eine Prospekthaftung allenfalls für Veröffentlichungen gem. §§ 26, 26a, 27a Abs. 2 WpHG erwägen. Gleichwohl ist dieser Weg im Ergebnis nicht gangbar. Das folgt noch nicht aus dem Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung, welche den Rückgriff auf die Grundsätze der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung sperrt,51 denn die genannten Veröffentlichungen stellen keine Börsen- oder Verkaufsprospekte i. S. d. §§ 44 BörsG, 13, 13a VerkProspG, 127 InvG dar, so dass diese Regelungen nicht, auch nicht analog, anwendbar sind. Entscheidend gegen die Heranziehung der genannten Grundsätze spricht aber, dass Stimmrechtsanteilsveröffentlichungen nicht den bürgerlich-rechtlichen Prospektbegriff erfüllen. Dieser setzt eine schriftliche, marktbezogene Darstellung voraus, die eine umfängliche Beschreibung sämtlicher zur Beurteilung der Anlage erheblichen Umstände enthält oder jedenfalls einen dahingehenden Anspruch erheben möchte.52 Wenn schon Adhoc-Mitteilungen keine umfassende Beschreibung der Anlage liefern und demgemäß die Anforderungen des Prospektbegriffs nicht erfüllen,53 so gilt für Veröffentlichungen nach § 26 WpHG, deren Informationsgehalt sich auf Veränderung von Stimmrechtsbeteiligungen beschränkt, nichts anderes. Im Unterschied zu § 15 WpHG, der sämtliche denkbare Ereignisse mit Kursrelevanz erfasst, kann dementsprechend nur eine bestimmte Sorte an Informationen geliefert werden. Selbst der weitergehende Angaben enthaltende Mittelherkunfts- und Strategiebericht nach § 27a WpHG liefert nur einen auf die Stimmrechtsstruktur bezogenen Ausschnitt der anlageerheblichen Informationen. Es handelt sich somit um eine mit einem Prospekt nicht vergleichbare Einzelinformation, auf welche die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung keine Anwendung findet.54

III. Kapitalmarktrechtliche Vertrauenshaftung Da vertragliche oder quasi-vertragliche Beziehungen zwischen Anleger und Meldepflichtigem nicht bestehen, sondern der Geschädigte dem Informationspflichtigen als Dritter gegenübersteht, wurde ein vertragsähnlicher Schutz der Sekundärmarktanleger konstruiert. Zu nennen ist zum einen das von Kalss ins Feld

51 Begr. 3. FMFG, RegE BT-Drucks. 13/8933, S. 81; OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1997, 749, 750 f.; Hamann, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 47 BörsG Rn. 8. 52 Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 390; Rützel, AG 2003, 69, 71; zu den umstrittenen Einzelheiten Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 106 f. 53 BGHZ 160, 134, 138 – Infomatec; Casper, in: KK/KapMuG, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 81; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 443; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 108 ff.; Fleischer, DB 2004, 2031, 2031; a. A. Braun/Rotter, BKR 2003, 918, 924 ff.; Bergdolt, in: Heidel, Aktienrecht, KapitalanlageR Teil 2 Rn. 71 ff. 54 Ebenso Krämer, in: Krieger/Schneider, Managerhaftung, § 28 Rn. 70.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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geführte Konzept eines „kapitalmarktrechtlichen Sonderrechtsverhältnisses“, dessen Verletzung eine Haftung nach vertraglichen Grundsätzen rechtfertigen soll.55 Zum anderen hat Ehricke eine vorvertragliche Haftung gem. §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 2 BGB bejaht,56 die auch Kersting in seinem Werk zur Dritthaftung prüft, letztlich aber ablehnt.57 Dogmatisch stellen beide Konzepte vertragsähnliche Haftungsinstrumente dar. Dahinter steht der Umstand, dass der Aktienkauf am Sekundärmarkt nicht direkt vom Emittenten, sondern typischerweise unter Einschaltung von Wertpapierdienstleistern erfolgt, welche neben der Beratung auch das Aktiengeschäft für den Anleger abwickeln. Ein Vertragsverhältnis besteht damit nur zwischen Wertpapierdienstleister und Anleger; der Meldepflichtige und der Emittent stehen abseits dieser Vertragsbeziehung. Beide Haftungsmodelle bauen daher, insoweit übereinstimmend, auf einem Vertrauenstatbestand auf, da der Anleger dem Emittenten, dessen Aktien er zu erwerben gedenkt, ein gesteigertes Vertrauen in die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm herausgegebenen Informationen entgegenbringe. Ungeachtet der durchgreifenden rechtlichen Kritik, die diese Haftungsmodelle zu Recht erfahren haben,58 lassen sie sich jedenfalls für die hier interessierenden Fälle nicht fruchtbar machen. Denn der Anleger bringt dem Meldepflichtigen keinerlei Vertrauen entgegen, womit der tragende Haftungsgrund nicht vorliegt. Deckt der Meldepflichtige seine Stimmrechtsbeteiligung nicht auf oder hält er die Anteile nicht selbst, sondern über Dritte, insbesondere Tochterunternehmen oder Treuhänder, kennt der Anleger ihn nicht einmal, so dass schon kein Vertrauen erzeugt wird. Man müsste schon das abstrakte Vertrauen des Anlegers, jederzeit zutreffend über Veränderungen von Stimmrechtsbeteiligungen informiert zu sein, schützen. Das ginge zu weit. Dass der Anleger im Vertrauen auf die publizierte Informationslage handelt und dieses Vertrauen auch schützenswert ist, dürfte zwar feststehen,59 doch rechtfertigt dies keine Vertrauenshaftung. Denn ein solcher haftungsrechtlicher Schutz entspricht nicht der Konzeption der Vertrauenshaftung, wie sie in § 311 Abs. 3 BGB niedergelegt ist.60 In Ermangelung (irgend-)eines Kontakts zwischen Anleger und Meldepflichtigem fehlt die Inanspruchnahme von Vertrauen als Fundament der Vertrauenshaftung. Im Übrigen ordnet die h. M. auch die §§ 37b, c WpHG nicht der Vertrauens-, sondern 55

Kalss, Anlegerinteressen, S. 326 f. Ehricke, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 187, 268. 57 Kersting, Dritthaftung, S. 517 ff. 58 Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 113 ff.; Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 387 f. 59 Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 936; Schwark, in: FS Hadding, 1117, 1131; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 386 ff.; Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 772; Krause, ZGR 2002, 799, 811. 60 Hierzu Kersting, Dritthaftung, S. 208 ff. und 508 ff.; auch Faust, AcP 210 (2010), 555, 562 ff. 56

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der Deliktshaftung zu.61 Selbst eine Haftung des Emittenten für Veröffentlichungsfehler lässt sich nicht erreichen, denn der Emittent leitet die erhaltene Stimmrechtsmitteilung lediglich weiter. Das Anlegervertrauen bezieht sich demzufolge allenfalls auf die Korrektheit des Veröffentlichungsvorgangs, nicht aber auf die inhaltliche Richtigkeit der veröffentlichten Stimmrechtsmitteilung. Das gilt umso mehr, als nach hier vertretener Ansicht der Emittent nicht verpflichtet ist, die Richtigkeit der in der Stimmrechtsmitteilung mitgeteilten Angaben zu überprüfen.

IV. Aktienrechtliche Treuepflicht Der den Transparenzpflichten zuwider handelnde Meldepflichtige könnte sich wegen Verletzung der aktienrechtlichen Treuepflicht schadensersatzpflichtig machen. Dabei geht es nicht um die bereits verneinte Frage, ob die Treuepflicht weitere, neben die §§ 21 ff. WpHG tretende („übergesetzliche“) Meldepflichten begründet. Zu prüfen ist vielmehr, ob die Missachtung dieser Regelungen als Treuepflichtverletzung Schadensersatzansprüche auslöst. Ein zugleich eintretender Rechtsverlust steht dem jedenfalls nicht entgegen, da § 28 WpHG die aktienrechtliche Treuebindung weder zwischen Gesellschaft und Aktionär noch unter den Aktionären beeinträchtigt.62 1. Verletzung von Meldepflichten Aktienrechtlich betrachtet können Verstöße gegen die aus der Mitgliedschaft resultierende Treuepflicht Schadensersatzansprüche der Gesellschaft und der Mitaktionäre auslösen.63 Der Meldeverstoß für sich ist indessen noch nicht per se treuwidrig. Er ist es erst dann, wenn er den Inhalt der Treuepflicht verletzt, so dass formal betrachtet ein und dieselbe Handlung zwei Pflichtverletzungen begründet: den Meldeverstoß und den Treuepflichtverstoß. Die Treuepflicht verpflichtet jeden Aktionär zu angemessener Rücksichtnahme in gesellschaftlichen Belangen auf die Interessen der Gesellschaft und die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitaktionäre.64 Die Treuebindung besteht also sowohl gegenüber

61 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 23; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 35 f., jew. m.w. N.; für Vertrauenshaftung aber Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 8 f.; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 393. 62 BGH NZG 2009, 827, 828; siehe auch schon § 4 D. I. 2., S. 161. 63 Allg. M., vgl. BGHZ 129, 136, 162 ff. – Girmes; Bungeroth, in: MüKo/AktG, Vor § 53a Rn. 43; Hüffer, AktG, § 53a Rn. 21; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, Börsennotierte AG, § 36 Rn. 42. 64 BGHZ 103, 184, 194 – Linotype; 129, 136, 143 – Girmes; 142, 167, 170 – Hilgers.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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dem Verband als auch zwischen den Aktionären.65 Nach gängiger Auffassung verletzt ein Meldeverstoß diesen Kerninhalt der Treuepflicht, wenn damit Sondervorteile zu Lasten des Emittenten bzw. der Mitaktionäre erstrebt werden oder der Meldeverstoß die Funktionsfähigkeit des Emittenten insgesamt beeinträchtigt.66 Ebenfalls hierher gehört der bereits unter anderen Vorzeichen erörterte Fall des konzernweiten Rechtsverlusts, wenn eine rechtskonform meldende Tochtergesellschaft ihre Aktienrechte verliert, wenn und weil die Mutter ihrer zurechnungsbedingten Meldepflicht nicht nachgekommen ist.67 Starke kritisiert daran, dass ein Meldeverstoß keinesfalls eine Treuepflichtverletzung darstellen könne, da die §§ 21 ff. WpHG die aktienrechtliche Treuepflicht verdrängen.68 Zwar wirkt es in der Tat sehr formalisiert, die Pflicht zur Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung parallel aus dem Gesetz und der Treuepflicht abzuleiten.69 Die Bedenken verstärken sich noch, wenn das Interesse der Anleger an der ordnungsgemäßen Mitteilung auf der Erlangung einer Kontrollprämie basiert, da die Treuepflicht nicht der Wahrung außergesellschaftlicher (Vermögens-)Interessen dient.70 Dennoch ist Starke zu widersprechen. Es kommt nicht darauf an, ob die ordnungsgemäße Abgabe der erforderlichen Stimmrechtsmitteilung auch zum Inhalt der Treuepflicht zählt. Der richtige Ansatz ist nämlich, dass der Meldeverstoß als haftungsrechtlich relevantes Verhalten treuwidrig sein muss. Doch selbst unter dieser Maßgabe verbleiben nicht unerhebliche Haftungslücken. Erstens ist dieses Haftungsmodell auf Extremfälle zugeschnitten, denn der Meldeverstoß für sich wird wohl nie die Funktionsfähigkeit des Emittenten insgesamt stören. Zudem setzt das Erstreben von Sondervorteilen71 voraus, dass der Aktionär zielgerichtet den Emittenten bzw. seine Mitaktionäre zu schädigen beabsichtigt. Das dürfte nur selten zu beweisen sein.72 Zweitens unterliegen grundsätzlich nur Aktionäre, die mitteilungspflichtig sind, einer Treuebindung gegenüber der AG.73 Dritte, die nicht mitgliedschaftlich mit der AG verbunden sind, unterliegen weder einer Treuebindung noch verhilft die Treuepflicht 65 Zur Entwicklung der Treuepflicht in der Rechtsprechung Fleischer, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 53a Rn. 48 ff. 66 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 87; für § 20 AktG ähnlich Windbichler, in: GK/AktG, § 20 Rn. 88; Stern, Verletzung der §§ 20, 21 AktG, S. 109 f.; noch weitergehend U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 83. 67 Hierzu § 4 B. III. 1. b), S. 110 ff. 68 Starke, Beteiligungstransparenz, S. 256. 69 Krit. auch Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 53. 70 BGH NJW 1992, 3167, 3171 – IBH/Scheich Kamel; Henze/Notz, in: GK/AktG, Anh. § 53a Rn. 25; Bungeroth, in: MüKo/AktG, Vor § 53a Rn. 32. 71 Zur Definition des Begriffs „Sondervorteile“ in § 243 Abs. 2 AktG BGHZ 138, 71, 80 f. 72 I. Erg. ebenso Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 53. 73 Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 51; Bungeroth, in: MüKo/AktG, § 53a Rn. 22.

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ihnen zur Durchsetzung eigener Interessen.74 Das bedeutet zweierlei: Zum einen kann ein Schadensersatzanspruch wegen Treuepflichtverletzung ausschließlich Aktionären zustehen; zum anderen können sich auch nur Aktionäre auf dieser Grundlage schadensersatzpflichtig machen. Folgerichtig sind Inhaber von Finanzinstrumenten i. S. d. § 25 WpHG, die ihr Erwerbsrecht noch nicht ausgeübt haben, weder geschützt noch haftbar.75 Auch im Falle des § 22 WpHG können Schutzlücken auftreten, wenn derjenige, dem die Stimmrechte der Dritten zugerechnet werden, nicht selbst Aktien hält. Dann unterliegt er schließlich keiner Treuebindung gegenüber dem Emittenten und den Aktionären. 2. Anmaßung mitgliedschaftlicher Rechte Ein Verstoß gegen die Treuepflicht könnte ferner darin liegen, dass ein Aktionär Rechte aus Aktien ausübt, die gem. § 28 WpHG nicht bestehen.76 Man spricht von der Anmaßung mitgliedschaftlicher Rechte.77 Dem von § 28 WpHG angeordneten Verlust von Aktienrechten wohnt zugleich die ungeschriebene Verpflichtung inne, vom Rechtsverlust betroffene Aktienrechte für den betreffenden Zeitraum nicht auszuüben.78 Konstruktiv liegt es aber wiederum so, dass allein der Verstoß gegen dieses Rechtsanmaßungsverbot noch keine schadensersatzpflichte Treuepflichtverletzung ist. Nachgerade ist vielmehr als zweiter Prüfungsschritt erforderlich, dass der Pflichtverstoß zugleich eine schuldhafte Verletzung der aktienrechtlichen Treuepflicht darstellt. Ein Automatismus dergestalt, dass die Rechtsanmaßung stets treuwidrig ist, besteht nicht.79 In der Regel wird aber ein Treuepflichtverstoß zu bejahen sein, so dass sich der den Rechtsverlust missachtende Aktionär gegenüber der Gesellschaft und seinen Mitaktionären schadensersatzpflichtig macht, soweit diese hieraus einen Vermögensschaden erleiden. Der Aktionär stellt schließlich eigennützig sein Interesse an der Ausübung gesperrter Rechte über die Interessen der Gesellschaft und seiner Mitaktionäre.

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Henze/Notz, in: GK/AktG, Anh. 53a Rn. 28. Ob sich aus einer vormitgliedschaftlichen Treuepflicht ein anderes ergibt, erscheint fraglich. Die h. L. lehnt die Erstreckung der Treuepflicht auf den vormitgliedschaftlichen Bereich jedenfalls ab, Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 53 m.w. N., auch zur Gegenansicht. 76 So wohl auch Windbichler, in: GK/AktG, § 20 Rn. 89; Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 59 Rn. 91, die von „Schadensersatz aus Gesellschaftsrecht“ sprechen. 77 Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 88. 78 Starke, Beteiligungstransparenz, S. 257; Stern, Verletzung der §§ 20, 21 AktG, S. 49. 79 Starke, Beteiligungstransparenz, S. 257 mit Fn. 1287; für § 59 WpÜG: Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 59 Rn. 49; Ehricke, in: Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, WpÜG, § 59 Rn. 36. 75

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Im Übrigen kann die Anmaßung mitgliedschaftlicher Rechte eine Haftung der Organmitglieder des Emittenten bewirken, denn diese sind aufgrund ihrer Geschäftsführungs- bzw. Überwachungsaufgabe (§§ 93 Abs. 1, 116 AktG) verpflichtet, die Ausübung sanktionsbefangener Rechte zu verhindern.80 So macht sich der Vorstand gem. § 93 Abs. 3 Nr. 2 AktG schadenersatzpflichtig, wenn eine Dividende an sanktionsbefangene Aktionäre ausgeschüttet wird, die die Gesellschaft nicht gem. § 62 AktG zurückerlangen kann. Schuldhaft handelt das Organmitglied allerdings nur, wenn es den Rechtsverlust kannte oder kennen musste. Eine allgemeine Nachforschungspflicht besteht nicht. Nur bei konkreten Anhaltspunkten, die Anlass zu Zweifeln an der Berechtigung des Aktionärs zur Ausübung von Aktienrechten geben, sind entsprechende Informationen einzuholen.81

V. Deliktsrecht des BGB Nachdem sich obige Anspruchsgrundlagen als unanwendbar oder unzureichend erwiesen haben, findet der angeklungene Befund, das Deliktsrecht werde für die Haftung bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG herausragende Bedeutung erlangen, Bestätigung. Die Lösung ist in den „drei kleinen Generalklauseln“ 82 des Deliktsrechts, der Haftung für Verletzung absoluter Rechte (§ 823 Abs. 1 BGB), bei Zuwiderhandlung gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB) und für vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB), zu suchen. 1. Verletzung absoluter Rechte – § 823 Abs. 1 BGB Wie gesehen ist der auf dem Meldeverstoß beruhende Schaden des Anlegers ein reiner Vermögensschaden. Das Vermögen als solches genießt jedoch keinen absoluten Schutz, weshalb es kein „sonstiges Recht“ i. S. dieser Vorschrift ist. Auch ist das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb83 nicht beeinträchtigt. Selbst wenn der Anleger seine Wertpapiergeschäfte in Form eines Gewerbebetriebes abwickelt, ist der Meldeverstoß nicht betriebsbezogen.84

80 OLG Stuttgart AG 2009, 124, 128; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 89; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 72a. 81 OLG Stuttgart AG 2009, 124, 128; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 89; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 270; für § 20 Abs. 7 AktG: Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 87; Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 84; strenger noch Quack, in: FS Semler, S. 581, 586. 82 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 75 I 3a, S. 355. 83 Grundlegend RGZ 58, 24, 29 f. – Jutefaser. 84 Stern, Verletzung der §§ 20, 21 AktG, S. 146; Neinhaus, Sanktionen, S. 95 f. und 144.

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Auch die Mitgliedschaft ist nicht in anspruchsbegründender Weise verletzt.85 Geschützt wären ohnehin nur die Anleger, die im Zeitpunkt der Informationspflichtverletzung eine mitgliedschaftliche Stellung inne haben.86 Zwar wirkt der deliktsrechtliche Schutz der Mitgliedschaft nicht nur gegen Eingriffe durch verbandsexterne Dritte, sondern auch gegenüber verbandsinternen Handlungen von Mitgesellschaftern.87 Die Verletzung von Meldepflichten durch den meldepflichtigen Aktionär wäre somit durchaus erfasst. Allerdings genießt nur der Zuweisungsgehalt der Mitgliedschaft als Kernbestand verbandsrechtlicher Teilhaberechte absoluten Schutz. Der kursbeeinflussende Meldeverstoß, sei es als Nichtoder Schlechterfüllung, berührt lediglich die vermögensmäßige Werthaltigkeit des Aktienanteils; der Kern der Mitgliedschaft wird nicht berührt.88 Dass das Informationsrecht des Aktionärs mitunter dem deliktsrechtlichen Schutz der Mitgliedschaft zugeführt wird,89 steht dem nicht entgegen. Diese Ansicht ist auf binnenorganisatorische Informationen bezogen, die nicht den Anlageinteressen, sondern der Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Mitwirkungsrechte über die Hauptversammlung dienen. 2. Verletzung eines Schutzgesetzes – § 823 Abs. 2 BGB Im Hinblick auf die Schutzgesetzhaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB stellt sich die Frage, ob die Stimmrechtsmitteilungspflichten der §§ 21 ff. WpHG Schutzgesetze in diesem Sinne sind. Nachdem feststeht, dass der Schutz des Emittenten nur reflexartig eintritt,90 bleibt zu klären, ob sie Schutzgesetze zugunsten der Anleger sind. Festgestellt wurde im Verlauf der Untersuchung nur, dass die Einordnung der Stimmrechtsmitteilungspflichten als Obliegenheiten diese Frage nicht tangiert.91 Es geht also nun darum, den Kernpunkt der Schutzgesetzproblematik aufzugreifen, der sich anhand zweier Grundhaltungen zum Regelungsziel der §§ 21 ff. WpHG festmachen lässt: Entweder wird ihr Schutzzweck auf die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes begrenzt oder der Schutz individueller Interessen als hinzutretendes Regelungsziel anerkannt.92 Gleichsinnig, beide Grundposi85 Zur Mitgliedschaft als „sonstiges Recht“ i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB siehe nur BGHZ 110, 323, 327 – Schärenkreuzer; ausführlich Habersack, Mitgliedschaft, S. 117 ff. 86 Kort, AG 2005, 21, 23. 87 BGHZ 110, 323, 327 f. – Schärenkreuzer; Palandt/Sprau, BGB, § 823 Rn. 21; Habersack, Mitgliedschaft, S. 171 ff.; krit. Wagner, in: MüKo/BGB, § 823 Rn. 171. 88 OLG Stuttgart ZIP 2006, 511, 515; OLG München AG 2003, 106, 107. 89 Habersack, Mitgliedschaft, S. 343 f., der zugleich konstatiert, dass einer entsprechenden Haftung keine nennenswerte Bedeutung zukommt. 90 Hierzu § 3 C. I. 2. b), S. 83 ff. 91 § 3 C. I. 2. c), S. 87 ff. 92 Fleischer, in: Fleischer, Vorstandsrecht, § 14 Rn. 21 kritisiert freilich, dass eine „feinnervige Schutzgesetzdogmatik, die über die vereinfachende Gegenüberstellung von

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tionen aber nicht unwesentlich verkürzend, formuliert der BGH, kapitalmarktrechtliche Verhaltenspflichten kämen nur als Schutzgesetz in Betracht, „soweit sie nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind, sondern ihnen auch Anleger schützende Funktion zukommt“.93 Weitet man den Blick, zeigt sich, dass anhand dieser beiden Fundamentalpositionen zu nahezu jeder kapitalmarktrechtlichen Informationspflicht eine vergleichbare Debatte geführt wird. Die Problematik ist folglich eine normübergreifende. Sie beruht auf der Janusköpfigkeit des Anlegerschutzes, der in die Elemente Individual- und Kollektivschutz zerfällt bzw. auf der Problematik der zivilrechtlichen Behandlung kapitalmarktrechtlicher, mithin aufsichtsrechtlicher, Rechtspflichten.94 a) Anforderungen an die Schutzgesetzeigenschaft Da § 823 Abs. 2 BGB den Ersatz reiner Vermögensschäden ermöglicht, ist die Anwendung dieser Norm mit der Gefahr verbunden, die zentrale Wertung des BGB gegen eine allgemeine deliktsrechtliche Fahrlässigkeitshaftung für reine Vermögensschäden zu unterlaufen.95 Es besteht daher Einigkeit, dass dieser Haftung in angemessener Weise Grenzen zu setzen sind.96 Wie, und an welcher Stelle, die Grenzziehung zu erfolgen hat, ist jedoch wenig geklärt. Da hier nicht der Ort ist, um Grundsatzfragen aus der insgesamt wenig präzisen Dogmatik des § 823 Abs. 2 BGB aufzugreifen, muss es ausreichen, den Schutzgesetzcharakter der §§ 21 ff. WpHG anhand weitgehend anerkannter Kriterien zu bestimmen. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Rechtsnorm, die ein Ge- oder Verbot aufstellt, ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB, wenn „sie – sei es auch neben dem Schutz der Allgemeinheit – gerade dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts oder eines bestimmten Rechtsinteresses zu schützen“.97 Dabei muss sich der Individualschutz zwar nicht als das alleinige Regelungsanliegen präsentieren, er darf sich aber auch nicht nur als Rechtsreflex infolge der Erfüllung der angeordneten Pflicht einstellen. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist vielmehr, dass er als eine unter mehreren gesetzgeberischen Zwecksetzungen auszumachen ist, so Funktionen- und Individualschutz hinausgeht“ bislang fehlt. Ebenso Ekkenga, ZIP 2004, 781, 783 ff., der meint, die Schutzgesetzdebatte sei „in eine Sackgasse geraten“. 93 BGHZ 170, 226, 232; 175, 276, 280; BGH ZIP 2010, 1433, 1436 – Phoenix. 94 Insbesondere auf letzteren Konflikt abstellend Assmann, in: FS U. H. Schneider, S. 37, 47 ff. 95 Zu dieser Grundkonzeption des BGB nur Hager, in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. B192. 96 Hager, in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. G4; Knöpfle, NJW 1967, 697, 699; Kötz/ Wagner, Deliktsrecht, Rn. 227. 97 St. Rspr., etwa BGHZ 12, 146, 148; 40, 306, 306; 106, 204, 206; 160, 134, 139 – Infomatec I.

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dass der Individualschutz im Aufgabenbereich der Norm liegt.98 Daher genügt es einerseits nicht, wenn lediglich dem Allgemeininteresse gedient ist. Andererseits kommt aber selbst einer Norm, die auch oder sogar primär dem Allgemeinschutz dienen will, Schutzgesetzcharakter zu, wenn sie daneben zumindest auch den Schutz des Einzelnen oder eines abgrenzbaren Personenkreises bezweckt.99 Inwieweit das der Fall ist, hängt nicht von der tatsächlichen Wirkung der Norm ab, vielmehr ist auf Inhalt und Zweck des Gesetzes, die ganz maßgeblich vom Willen des Gesetzgebers abhängen, abzustellen.100 Lässt dieser nicht erkennen, ob der Schutz von Individualinteressen intendiert war, ist in einem weiteren Schritt der objektive Inhalt und Zweck der Vorschrift durch Auslegung zu ermitteln. Konnte der Individualschutz auf die eine oder andere Weise festgestellt werden, ist weiterhin unter wertender Betrachtung zu prüfen, ob der mit der Anerkennung des Schutzgesetzcharakters geschaffene Schadensersatzanspruch sinnvoll, d.h. „im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems“ tragbar erscheint.101 Mit dieser Wendung möchte der BGH einer Ausuferung der Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB im Bereich der im Grundsatz nicht erstattungsfähigen Vermögensschäden entgegenwirken. Denn der durch die Annahme eines Schutzgesetzes geschaffene Schadensersatzanspruch darf im zivilrechtlichen Haftungssystem nicht widersprüchlich oder systemwidrig wirken. Dabei soll zu berücksichtigen sein, ob die schützenswerten Interessen des Geschädigten anderweitig ausreichend abgesichert sind; bejahendenfalls liege keine Schutznorm vor.102 Diese sog. „Subsidiaritätsthese“ schimmert auch hinter der Formel durch, die Norm müsse die Befugnis des Vermögensträgers erkennen lassen, ihren Geltungsanspruch mit Hilfe eines Schadensersatzanspruches selbst durchzusetzen.103 Da potentielle Schutzgesetze grundsätzlich als Verhaltensgebote formuliert sind, wird ihnen dies nur schwer zu entnehmen sein. Teilweise wird der Kreis möglicher Schutzgesetze noch enger gezogen, indem die Schutzgesetzeigenschaft an die Strafbewehrung gekoppelt wird.104 Indes müssen die Gründe für die Bestrafung einer Verhaltensweise nicht denen des Individualschutzes entsprechen, insbesondere sind Strafbewehrung und Schutzgesetzcharakter nicht gleichzusetzen. So ist etwa die Ur-

98 BGHZ 66, 388, 389 f.; 100, 13, 14 f.; BGH NJW 2005, 2923, 2924; BGH ZIP 2010, 1433, 1435 – Phoenix; auch Wagner, in: MüKo/BGB, § 823 Rn. 347. 99 BGHZ 29, 344, 350; 40, 306, 306; 122, 1, 3 f.; BGH ZIP 2010, 1433, 1435 – Phoenix; Hager, in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. G19; Spickhoff, in: Soergel, BGB, § 823 Rn. 195. 100 BGHZ 40, 306, 306; 160, 134, 139 – Infomatec I; BGH NJW 1992, 241, 242. 101 BGHZ 66, 388, 390; 100, 13, 18 f.; 175, 276, 281; Palandt/Sprau, BGB, § 823 Rn. 57. 102 BGH NJW 1980, 1792, 1793; BGHZ 84, 312, 317; krit. Spickhoff, in: Soergel, BGB, § 823 Rn. 199; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 77 II. 3b), S. 435 f. 103 BGHZ 40, 306, 307; 100, 13, 19; 116, 7, 13. 104 Canaris, in: FS Larenz, S. 32, 47 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 77 II 4c, S. 438.

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kundenfälschung nach § 267 StGB kein Schutzgesetz.105 Die These von der Strafabhängigkeit hat deshalb von der h. M. keine Zustimmung erfahren.106 Ebenso wenig überzeugt es, wenn ein Vergleich der potentiell über § 823 Abs. 2 BGB zu erfassende Haftungsfälle mit den von § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgütern bzw. dem von § 826 BGB sanktionierten Verhalten vorgenommen wird.107 Dadurch werden rechtlich selbständige Anspruchsgrundlagen vermischt, was den Blick auf die zu prüfende Schutzgesetzeigenschaft verstellt. b) Schutzgesetzeigenschaft der §§ 21 ff. WpHG aa) Meinungsstand Damit ist zur eingangs aufgeworfenen Frage zurückzukehren, ob die Stimmrechtsmitteilungspflichten der §§ 21 ff. WpHG lediglich dem Funktionieren des Kapitalmarktes oder daneben auch dem einzelnen Anleger dienen wollen, so dass sie Schutzgesetze i. S.d § 823 Abs. 2 BGB sind. Dieses Grundproblem, auf das schon vor Inkrafttreten dieser Vorschriften hingewiesen wurde,108 hat in der Literatur eine äußerst kontroverse Diskussion erfahren. Diese hat ein weitgehend starres Meinungsbild aus zwei nahezu gleichstarken Lagern an Befürwortern109 und Gegnern110 hervorgebracht. Der kennzeichnende Unterschied beider Auffassungen liegt in ihrer funktionalen Sicht auf die Dinge: Während die von einem aufsichtsrechtlichen Kapitalmarktrechtsverständnis herkommenden Gegner der Schutzgesetzeigenschaft die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes als alleiniges Schutzgut ausweisen, entnehmen ihre Befürworter aus dem Normgefüge der 105

BGHZ 100, 13, 15 f. Schiemann, in: Erman, BGB, § 823 Rn. 158; Spickhoff, in: Soergel, BGB, § 823 Rn. 199. 107 So aber BGHZ 175, 275, 282; BGH ZIP 2010, 1433, 1437 – Phoenix; auch Canaris, in: 2. FS Larenz, S. 27, 48. 108 Happ, JZ 1994, 240, 243. 109 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 79; ders., AG 1997, 81, 81; Bayer, in: MüKo/AktG, § 22 Anh. § 21 WpHG Rn. 2; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 86; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 267; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 285 f.; Koppensteiner, in: KK/AktG, Anh. § 22, §§ 21 ff. WpHG Rn. 5, 46; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 456; Heinrich, Transparenzbestimmungen, S. 65; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 264; Becker, Deliktsrechtliche Sanktionen, S. 180; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 936 f.; auch Renn, Einsatz von Derivaten, S. 178 f. 110 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 21 WpHG Rn. 21; Opitz, in: Schäfer/ Hamann, KMG, § 21 WpHG Rn. 42 und § 28 Rn. 60; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 bis 30 Rn. 22; Hüffer, AktG, § 20 Rn. 23; Veil, in: Schmidt/ Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 Rn. 8; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 22 Anh. Rn. 16; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.381; Sudmeyer, BB 2002, 685, 691; Nolte, in: Bürgers/Körber, AktG, Anh. § 22/§ 28 Rn. 5; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 841 f.; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 17 Rn. 182; Fleischer, DB 2009, 1335, 1340. 106

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§§ 21 ff. WpHG, dass auch ein Individualschutz bezweckt ist. Die Gegner geben zwar zu, dass die Beteiligungstransparenz dem Anleger zugutekomme, doch sei dies nur ein Reflex des auf das Anlagepublikum in seiner Gesamtheit zielenden Schutzanliegens. Dem halten die Befürworter entgegen, dass sich der Kapitalmarkt aus der Gesamtheit aller Anleger zusammensetze. Funktionenschutz sei daher kein Selbstzweck, sondern diene jedem Einzelanleger. Da sich der Markt aus der Vielzahl an Einzelanlegern zusammensetzt, sei Individualschutz notwendig, um den Kapitalmarkt funktionsfähig zu halten. Es verhalte sich daher so, dass Institutionen- und Funktionenschutz der „Reflex“ des Individualschutzes sei, nicht umgekehrt.111 Um ihr jeweiliges Verständnis mit Rechtsargumenten zu unterfüttern, versuchen beide Auffassungen zunächst § 15 Abs. 6 WpHG für ihre Zwecke einzusetzen. In ihrer ursprünglichen Fassung stellte diese „handstreichartig“ 112 im Gesetzgebungsverfahren zum 2. FMFG eingefügte Regelung ausdrücklich klar, dass die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität des § 15 WpHG kein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB ist.113 Damit sollte deklaratorisch festgeschrieben werden, dass § 15 WpHG nur die Funktionsfähigkeit des Marktes schützt. Die Kritik an diesem als „stilwidrig“ 114 empfundenen gesetzlichen Ausschluss von Schadensersatzansprüchen hat das 4. FMFG nur insoweit berücksichtigt, als es mit den §§ 37b, c WpHG spezielle Schadensersatzansprüche bei Verstoß gegen § 15 WpHG geschaffen hat. Der Ausschluss der Schutzgesetzeigenschaft wurde aber beibehalten. § 15 Abs. 6 WpHG bringt dies nunmehr dadurch zum Ausdruck, dass der Emittent „nur unter den Voraussetzungen der §§ 37b und c WpHG“ Schadensersatz zu leisten hat.115 Nach wie vor ist Schutzgut des § 15 WpHG allein die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, nicht hingegen Individualinteressen.116 Vor diesem Hintergrund führen die Gegner der Schutzgesetzeignung der §§ 21 ff. WpHG als argumentum a maiore ad minus Folgendes an: Wenn der Gesetzgeber für die Ad-hoc-Publizität als diejenige kapitalmarktrechtliche Informationspflicht, bei welcher der Zweck des Individualschutzes augenscheinlich am

111

Köndgen, in: FS Druey, S. 791, 799; folgend Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063,

1065. 112

So Gehrt, Ad-hoc-Publizität, S. 195. Bericht des Finanzausschusses, 2. FMFG, BT-Drucks. 12/7918, S. 102. 114 So Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 159, 161; krit. auch Hirte, in: Bankrechtstag, S. 47, 88. 115 Eine Änderung der Rechtslage fand freilich insofern statt, als nach Einführung der anlegerschützenden §§ 37b, c WpHG der Ausschluss des Individualschutzes durch § 15 Abs. 6 WpHG nunmehr konstitutiv wirkt, Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, c WpHG Rn. 107. 116 BGHZ 160, 134, 138 f. – Infomatec I; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 307; Möllers/Leisch, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 15 Rn. 1; Versteegen, in: KK/WpHG § 15 Rn. 12, 167; auch BVerfG NJW 2003, 501, 502; a. A. aber Gehrt, Ad-hoc-Publizität, S. 200 ff. 113

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nächsten liegt, den Individualschutz ausdrücklich ausschließt, so muss dies erst recht für die §§ 21 ff. WpHG gelten, so dass sie ebenfalls nur der Informationsversorgung des Kapitalmarktes und Korrektheit der Preisbildung dienen könnten. Damit wird die Beteiligungstransparenz in gewisser Weise als Unterfall der Adhoc-Publizität, welche dann den Grundfall der Sekundärmarktpublizität bildet, begriffen. Dem halten die Befürworter des Schutzgesetzcharakters einen Umkehrschluss dergestalt entgegen, dass aus dem Fehlen einer dem § 15 Abs. 6 WpHG entsprechenden Regelung im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG deren individualschützende Wirkung zu folgern sei. Wollte der Gesetzgeber auch diese als nicht individualschützend verstanden wissen, so die Argumentation, hätte er eine vergleichbare Vorschrift in den 5. Abschnitt des WpHG aufgenommen. Der BGH hat indessen jüngst erkennen lassen, dass § 15 Abs. 6 WpHG nicht auf andere Vorschriften des WpHG übertragbar ist.117 Damit sind beide Begründungsansätze hinfällig. Darüber hinaus verweisen die Verfechter des Individualschutzes auf die Parallelregelungen in §§ 20 f. AktG, die von der h. M. als Schutzgesetze anerkannt werden.118 Für §§ 21 ff. WpHG könne nichts anderes gelten, zumal dem Gesetzgeber die Parallelität beider Normkomplexe bewusst war. Überzeugend ist dieses Argument bei näherem Hinsehen nicht. Denn die Schutzgesetzeigenschaft der §§ 20 f. AktG rührt aus ihrer konzernrechtlichen Schutzrichtung her.119 Die §§ 21 ff. WpHG sind dagegen kapitalmarktrechtlich auszulegen, was eine autonome Beurteilung verlangt. bb) Stellungnahme Da diese Argumentationsansätze auf eine Pattsituation in der Schutzgesetzdebatte hinführen, erscheint eine Rückbesinnung auf die dargelegten Voraussetzungen der Schutzgesetzeigenschaft angezeigt. Erforderlich ist danach eine zweistufige Prüfung, bei der zunächst zu fragen ist, ob die §§ 21 ff. WpHG dem Individualschutz dienen und, wenn ja, ob eine Schadensersatzhaftung sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint. (1) Bestimmung des Schutzzwecks Als marktbezogenes Gesetz ist das WpHG zunächst dem Funktionenschutz verpflichtet. Die Informationen der §§ 21 ff. WpHG sind an das gesamte Anla117

BGH ZIP 2010, 1433, 1436 – Phoenix. Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 85; Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 90; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 261; Burgard, Offenlegung, S. 54; Heinsius, in: FS Fischer, S. 215, 235; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 20 Rn. 59; a. A. Windbichler, in: GK/AktG, § 20 Rn. 88. 119 Kritisch in dieser Hinsicht auch Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 17 Rn. 183. 118

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gepublikum gerichtet und sollen das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt stärken, von welchem wiederum dessen effizientes Funktionieren abhängt. Da indes auch primär funktionenschützende Vorschriften als Schutzgesetze in Betracht kommen,120 ist die Schutzgesetzfrage mit dieser Feststellung noch nicht beantwortet. Ebenfalls keine Antwort liefert die in der Rechtsprechung erkennbare Tendenz, der Anerkennung kapitalmarktrechtlicher Schutzgesetze reserviert gegenüberzustehen. Zwar enthalten die Urteile des BGH vom 19.2.2008121 und vom 22.6.2010122, in welchen die Schutzgesetzeigenschaft von § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG a. F. bzw. § 34a WpHG verneint wurde, allgemeingültige Aussagen zur Schutznormlehre im Kapitalmarktrecht, doch ist der Schutzgesetzcharakter für jede Vorschrift separat zu untersuchen.123 Zudem weisen die Wohlverhaltensregeln der §§ 31 ff. WpHG die Besonderheit auf, dass der Kunde in einer (vor-) vertraglichen Beziehung zum Wertpapierdienstleistungsunternehmen steht, so dass der Anleger hieraus Schadensersatz verlangen kann.124 Es besteht daher kein Bedarf an einer zusätzlichen Deliktshaftung von Vertretern des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Für die §§ 21 ff. WpHG trifft diese Einschätzung, die im Übrigen nicht nur begrüßt wurde,125 nicht zu, da der Anleger in keiner Sonderverbindung zum Meldepflichtigen bzw. zum Emittenten steht. Die Ermittlung der Schutzrichtung der §§ 21 ff. WpHG hat bei ihrem durch den Gesetzgeber bestimmten Sinn und Zweck anzusetzen. Das entspricht dem Vorgehen des BGH, der bei der Prüfung der Schutzgesetzeigenschaft kapitalmarktrechtlicher Normen maßgeblich auf die Entstehungsgeschichte rekurriert.126 In den Gesetzesmaterialien nimmt der Anlegerschutz neben dem Funktionenschutz einen hohen Stellenwert ein.127 Viel gewonnen ist mit dieser Feststellung freilich nicht, da jede kapitalmarktrechtliche Vorschrift nicht zuletzt aufgrund der Wechselwirkung von Anleger- und Funktionenschutz in gewisser Weise auch dem Anleger dient.128 Das gilt in besonderem Maße für Informa120 Treffend OLG Celle ZIP 2002, 2168, 2172, wonach § 2 AuslInvG dem Individualschutz dienen soll, und zwar „ungeachtet des Umstandes, dass Kapitalmarktregelungen auch oder vorrangig im Interesse der Allgemeinheit erlassen werden, damit das öffentliche Vertrauen in die Kapitalmärkte und die Fähigkeit der Märkte zur Kapitalallokation nicht beeinträchtigt werden“. 121 BGHZ 175, 276, 280 ff.; offenlassend noch BGHZ 142, 345, 356; 163, 311, 321. 122 BGH ZIP 2010, 1433, 1435 ff. – Phoenix. 123 BGH ZIP 2010, 1433, 1436 – Phoenix; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 160. 124 Hierzu Möllers, in: KK/WpHG, § 31 Rn. 317 f. 125 Krit. gegenüber dem BGH Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 31 bis 37a Rn. 77 ff. 126 BGHZ 160, 134, 139 – Infomatec I; 175, 276, 280 ff.; BGH ZIP 2010, 1433, 1435 – Phoenix. 127 Deutlich Begr. RegE 2. FMFG BT-Drucks. 12/6679, S. 35 und S. 52; siehe aber auch Begr. RegE TUG, BT-Drucks. 16/2498, S. 26; Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/ 7438, S. 12. 128 Das Individualschutzkriterium deshalb für funktionslos erachtend Canaris, in: 2. FS Larenz, S. 27, 47; auch Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 122.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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tionspflichten, die, wie Merkt nachgewiesen hat, immer auch individualschützend wirken.129 Die Schutzgesetzfrage kann sich daher nicht in der Feststellung des Individualschutzes als Normzweck erschöpfen. Erforderlich ist vielmehr das darüber hinausgehende Erfordernis, dass gerade der Schutz der Vermögensinteressen des Einzelanlegers bezweckt wird. Zum erforderlichen Individualschutz tritt damit ein weiterer Filter bei der Zulassung von Schutzgesetzen.130 Nur unter dieser Maßgabe lässt sich die mit der Schutzgesetzeigenschaft geschaffene Haftung des Meldepflichtigen für Vermögensschäden falsch oder gar nicht informierter Anleger rechtfertigen. Wenig aussagekräftig in dieser Hinsicht ist die Transparenz-RL II. Ihr kann nicht die Aufforderung entnommen werden, diese Vorschriften im Wege richtlinienkonformer Auslegung als Schutzgesetze einstufen zu müssen,131 da zum einen Art. 28 der Transparenz-RL II die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, Haftungsansprüche für Meldeverstöße vorzuhalten,132 und zum anderen der nicht näher spezifizierte Hinweis auf den Anlegerschutz133 in seiner Allgemeinheit nicht ausreicht, um einen Vermögensschutz jedes einzelnen Anlegers anzunehmen. Immerhin deutet Erwägungsgrund (18), der unter anderem besagt, dass der Anleger in Kenntnis der Beteiligungssituation seine Anlageentscheidung treffen können soll, einen transaktionsbezogenen Anlegerschutz an. Diesen Gedanken nimmt der deutsche Gesetzgeber auf:134 „Die Zusammensetzung des Aktionärskreises und die Veränderung maßgeblicher Aktienbeteiligungen sind wichtige Kriterien für die Anlagedisposition der Investoren, insbesondere der institutionellen Anleger im In- und Ausland, und haben erheblichen Einfluss auf die Kursentwicklung der Aktie.“

Auch wenn die Schutzgesetzfrage nicht ausdrücklich angesprochen wird, stellt dieser Satz doch einen direkten Bezug zu den mit der Kauf- und Verkaufsentscheidung umgesetzten Vermögensinteressen des Anlegers her, zumal der Bezug zur Kursentwicklung der Aktie hergestellt wird. Hätte der Gesetzgeber die Aufgabe des Anlegerschutzes auf den Schutz der Marktfunktionen begrenzt wissen wollen, so dass der Individualschutz nur als Rechtsreflex zu verstehen gewesen wäre, hätte er die Bedeutung der Beteiligungstransparenz ausschließlich mit Erwägungen der Vertrauensbildung und der Preisintegrität begründet.135 Die Be129

Merkt, Unternehmenspublizität, S. 306 ff. Brellochs, Publizität, S. 210; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 122. 131 Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 bis 30 Rn. 22; Veil, ZBB 2006, 162, 169; a. A. wohl Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 937. Für die Insider-RL BGHZ 160, 134, 140 – Infomatec I; BVerfG NJW 2003, 501, 503. 132 § 3 B. II. 2., S. 62 ff. 133 Siehe Erwägungsgründe (1), (5), (7); ferner Erwägungsgrund (1) der Transparenz-RL I. 134 Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 52. 135 Starke, Beteiligungstransparenz, S. 262. 130

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hauptung, die Gesetzesmaterialien äußerten sich nicht zum Individualschutz,136 ist somit unzutreffend. Dem Individualschutz stehen auch nicht Wortlaut und Systematik der §§ 21 ff. WpHG entgegen. Zwar wird der Anleger im Wortlaut der Stimmrechtsmitteilungspflichten der §§ 21 Abs. 1, 25 Abs. 1 WpHG nicht erwähnt, da er nicht deren Adressat ist. Vielmehr erreicht ihn Stimmrechtsmitteilung erst durch die Veröffentlichung des Emittenten (§ 26 WpHG). Es wäre aber zu kurz gegriffen, aus dieser Zweistufigkeit des Meldesystems zu folgern, dass der Schutz der Anleger nur reflexartig eintritt.137 Damit würde nämlich übersehen, dass der Emittent lediglich zur Weiterleitung der erhaltenen Mitteilung an die Anleger berufen ist, ohne zu inhaltlichen Änderungen berechtigt zu sein. Materiell betrachtet ist es danach die Stimmrechtsmitteilung, die der Anleger seiner Anlageentscheidung zugrunde legt. Im Übrigen beeinflusst auch § 4 Abs. 4 FinDAG, wonach die BaFin lediglich im öffentlichen Interesse tätig wird, nicht die Schutzrichtung der Verhaltenspflichten des WpHG im Allgemeinen und der §§ 21 ff. WpHG im Besonderen.138 Diese Bestimmung schließt lediglich die Staatshaftung für unzureichendes Aufsichtshandeln der BaFin aus.139 Dass diese Aufgeschlossenheit gegenüber dem Individualschutz richtig ist wird unterstrichen, wenn man den Schutz der Anleger durch Schadensersatzansprüche funktional-verhaltenssteuernd begreift. Ausschlaggebend hierfür sind die unter § 3 dieser Arbeit vorgestellten Gedanken.140 Wie gesehen dient das Haftungsrecht neben der Kompensation von Anlegerschäden der Steuerung des Informationsverhaltens der Marktteilnehmer. Im Mittelpunkt der Kapitalmarktinformationshaftung steht damit weniger die Schadenswiedergutmachung als die schadensvorbeugende Durchsetzung der Meldepflichten durch die disziplinierende Einwirkung auf den Meldepflichtigen.141 Dahinter steht der auf ökonomischen Erwägungen beruhende Umstand, dass die Haftungsdrohung ein ordnungsgemäßes Informationsverhalten fördert, was für die korrekte Preisbildung und die (allokative) Funktion des Kapitalmarktes unerlässlich ist. Da der Individualschutz auf diese Weise das Vertrauen der Anleger in den Markt stärkt, ihnen die Kosten eigenständiger Informationsermittlung erspart und die Beurteilung der Kapitalanlage erleichtert, weist er zugleich eine funktionenschützende Komponente auf. Man mag sogar noch einen Schritt weiter gehen und mit Köndgen im Individualschutz das Mittel zur Erreichung des Zwecks der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes sehen.142 Ungeachtet, ob diese Aussage zutrifft, spricht je136

Becker, Deliktsrechtliche Sanktionen, S. 89; auch Brellochs, Publizität, S. 209. So aber wohl für § 15a WpHG: Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 15a Rn. 203. 138 Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 158; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 262. 139 BGHZ 162, 49, 59. Zur Vereinbarkeit von § 4 Abs. 4 FinDAG mit dem Gemeinschaftsrecht: EuGH NJW 2004, 3479, 3480. 140 § 3 A. II. 2., S. 55 ff. und § 3 B. III. 2.–4. S. 66 ff. 141 Ekkenga, ZIP 2004, 781, 785; siehe auch Schiemann, in: Erman, BGB, § 826 Rn. 38. 137

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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denfalls nichts dagegen, die Präventivfunktion der Haftung, die im Kapitalmarktrecht breite Anerkennung genießt,143 bei der Auslegung des Deliktsrechts zu berücksichtigen.144 Dabei ist im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen, dass es die vorhandenen Transparenzpflichten effektiv durchzusetzen gilt. Zudem zählt die Gewährleistung einer informierten Anlageentscheidung anerkanntermaßen zum individuellen Anlegerschutz,145 so dass die Schadensersatzhaftung eine Fortsetzung dieses informationsbasierten Individualschutzes darstellt. Überdies wäre es widersprüchlich, wenn die Beteiligungstransparenz auf der einen Seite dem Anleger als Grundlage seiner Anlageentscheidung dienen und sein Vertrauen in den Kapitalmarkt stärken soll, ihm aber auf der anderen Seite der Schutz vor nachteiligen Vermögensdispositionen, die er auf der Grundlage fehlender oder fehlerhafter Information tätigt, versagt wird.146 (2) Tragbarkeit im haftungsrechtlichen Gesamtsystem Weiterhin muss die Schadensersatzhaftung im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems sinnvoll und tragbar erscheinen. Das ist anhand einer umfassenden Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die §§ 21 ff. WpHG gestellt sind, zu beurteilen. Geprüft wird, ob der bezweckte Anlegerschutz effektiv nur durch eine deliktische Haftung zu verwirklichen ist.147 Das WpHG hält mit der Kapitalmarktaufsicht, der Bußgeldbewehrung und dem Rechtsverlust durchaus geeignete Instrumente zur Durchsetzung der Meldepflichten bereit. Diese Maßnahmen dienen primär der Allgemeinheit und damit dem kapitalmarktrechtlichen Funktionenschutz, obwohl sie insofern den Einzelanleger schützen, als die Durchsetzung von Beteiligungstransparenz eine informierte Anlageentscheidung garantieren soll. In die Schutzgesetzdogmatik übersetzt, tritt der insoweit bewirkte Individualanlegerschutz nur reflexartig ein.148 Sehr zu Recht stellt Ekkenga daher fest, dass öffentlich-rechtliche Kontroll- und Sanktionsinstrumente kein derartiges Maß an Anlegerschutz schaffen, dass das Haftungsrecht im Sinne der Subsidiaritätsthese verdrängt würde.149 Untermauert 142

Köndgen, in: FS Dreuy, S. 791, 799; vgl. auch Krause, ZGR 2002, 799, 811. Nachw. in Fn. 81 unter § 3. 144 Ekkenga, ZIP 2004, 781, 784; Brellochs, Publizität, S. 210; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 483; Langenbucher, in: FS K. Schmidt, S. 1053, 1060; zur Berücksichtigung der Wertungen desjenigen Rechtsgebiet, auf welches das Deliktsrecht angewandt wird, konkret in Bezug auf das Gesellschaftsrecht Wagner, in: FS Canaris, S. 473, 493 f. 145 § 3 A. II. 2., S. 55 f. 146 Für § 15 WpHG: Gehrt, Ad-hoc-Publizität, S. 201; Hirte, Bankrechtstag 1995, 47, 88. 147 BGH ZIP 2010, 1433, 1436 – Phoenix. 148 So auch Baums, ZHR 167 (2003), 139, 145. 149 Ekkenga, ZIP 2004, 781, 786. 143

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§ 5 Schadensersatzhaftung

wird dies durch das Phoenix-Urteil des BGH. Dort wird die Verneinung der Schutzgesetzeigenschaft von § 34a WpHG nicht nur auf das Bestehen aufsichtsund ordnungswidrigkeitenrechtlicher Sanktionen gestützt, sondern zusätzlich darauf, dass der Anlegerschutz durch vertragliche Schadensersatzansprüche bei Zuwiderhandlung gegen § 34a WpHG ausreichend abgesichert ist.150 Das Eingreifen der Subsidiaritätsthese hängt danach auch von der schadensrechtlichen Absicherung des Anlegers ab. Zwar können einem Anleger Schadenersatzansprüche aus § 826 BGB zustehen, doch weist diese Vorschrift hohe tatbestandliche Anforderungen auf. Auch wenn die von Teilen der Literatur erkannte Tendenz des BGH, die Anforderungen an eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nicht zu überspannen,151 durchaus zutreffend beobachtet ist, bleibt § 826 BGB auf Ausnahmefälle beschränkt.152 Ferner lässt sich nicht einwenden, dass dem Anleger regelmäßig Ansprüche gegen den eingeschalteten Finanzintermediär zustehen. Finanzintermediäre sind bei der Kapitalanlage professionell beratende Institutionen, die nach der Analyse kapitalmarktrelevanter Informationen Anlageempfehlungen aussprechen, etwa Ratingagenturen oder (Investment-)Banken.153 Sie können also nur die Informationen verarbeiten, wie sie publiziert werden, so dass es ausgeschlossen ist, sie für Meldeverstöße heranzuziehen. Der Meldeverstoß kann dem Intermediär nicht zugerechnet werden. Mit der Einstufung der §§ 21 ff. WpHG als Schutzgesetze lassen sich private Schadensersatzansprüche im Sinne von Private Enforcement zur (indirekten) Einwirkung auf den Meldepflichtigen instrumentalisieren. Das ist nicht nur notwendig, um den bezweckten Individualschutz effektiv durchzusetzen, sondern auch insoweit folgerichtig, als die Information über die Veränderung von Stimmrechtsanteilen gerade der individuellen Entscheidungsfindung des Anlegers dient. Zugleich wird in funktionalem Sinne die Durchsetzung von Beteiligungstransparenz verbessert. Gerade dort, wo es darum geht, von einer Vielzahl potentiell Geschädigter eine Schädigung abzuwenden, es also nicht primär um den individuellen Verlustausgleich, sondern um Prävention geht, ist der Einsatz des Haftungsrechts legitim. Im Kartellrecht genießt dies, wie gesehen, breite Anerkennung. Das Kapitalmarktrecht ist hier ganz ähnlich gestrickt. Gegen den Einsatz von § 823 Abs. 2 BGB als Marktschutzinstrument wendet Krämer ein, es bestehe kein gesteigertes Präventionsbedürfnis, da mit dem Rechtsverlust eine scharfe Sanktion 150

BGH ZIP 2010, 1433, 1436 a. E. – Phoenix; tendenziell schon BGHZ 142, 345,

356. 151 Einschätzung von Wagner, in: MüKo/BGB, § 826 Rn. 73; wohl auch Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 42. 152 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 31; Krause, ZGR 2002, 799, 825; Binninger, Gewinnabschöpfung, S. 121; Casper, Konzern 2006, 32, 33; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 53; Förster, AcP 209 (2009), 399, 412; auch schon Wiedemann, Minderheitenschutz, S. 53. 153 Baums, ZHR 167 (2003), 139, 180; Langenbucher, in: FS K. Schmidt, S. 1053, 1054.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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bereitstehe.154 Das überzeugt nicht. Zwar wirkt der Rechtsverlust in der Tat in hohem Maße präventiv und fordert die Beachtung der Meldepflichten ein, doch gilt dies nur für die Meldepflicht nach § 21 Abs. 1, Abs. 1a WpHG. Die Mitteilungspflichten der §§ 25, 25a WpHG und der sogleich noch separat in den Blick zu nehmende § 27a WpHG sind nicht in den Tatbestand des § 28 WpHG einbezogen.155 Doch auch was § 21 Abs. 1, Abs. 1a WpHG angeht, lässt sich durch die Haftung eine signifikante Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit erzielen, da der Schadensersatzansprüche geltend machende Anleger als private attorney auftritt. Auch ist die Steuerungswirkung von § 826 BGB insofern zu schwach, als ein Meldepflichtiger damit rechnen kann, dass der Anleger die hohen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfolgreich nachweisen können wird. Wenn ein Investor mit dieser Haftung nicht rechnen muss, werden etwaige Vorteile eines Meldeverstoßes nicht kompensiert. Daher ist das Eingreifen von § 823 Abs. 2 BGB ein – aus Sicht von Individual- und Funktionenschutz – ebenso notwendiger wie sinnvoller Bestandteil des Sanktionensystems zur Durchsetzung von Beteiligungstransparenz. Nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass die Entscheidung des BGB gegen einen allgemeinen deliktsrechtlichen Vermögensschutz nicht durch eine zu weitgehende Annahme von Schutzgesetzen unterlaufen werden darf.156 Im Kapitalmarktrecht wird mit Blick auf den unüberschaubaren Kreis potentiell ersatzberechtigter Anleger auf die Gefahr einer Ausuferung des Haftungssystems hingewiesen.157 Wollte man indes aus diesem Grund die Schutzgesetzqualität der §§ 21 ff. WpHG verneinen, wäre gleichsam „das Pferd von hinten aufgezäumt“, da vom Ergebnis kommend argumentiert wird. Bestätigung liefern das Produkthaftungs- und das Kartellrecht, wo die Problematik, dass eine einzelne Pflichtverletzung die Schädigung einer Vielzahl an Personen auslöst (sog. Massenschaden), in vergleichbarer Weise bestehen. Hier ist die Rechtsordnung aber bereit, diesen Umstand hinzunehmen. Das gilt insbesondere im Produkthaftungsrecht, wo auch das allgemeine Deliktsrecht zur Anwendung kommt. Unabhängig davon, ob sich der tragende Gedanke der Produkthaftung, dass derjenige, der einen Gefahrenbereich eröffnet, für diesen verantwortlich ist,158 auf Sekundärmarktinformationspflichten übertragbar ist, ist jedenfalls kein Grund ersichtlich, warum bei der Sekundärmarkt-, nicht aber bei der Produkthaftung die drohende Vielzahl an Anspruchsberechtigten ein Absehen von einer Schadensersatzpflicht des Schädigers rechtfertigen soll.159 Abgesehen hiervon folgt aus der Einstufung einer an das

154 155 156 157 158 159

Krämer, in: Krieger/Schneider, Managerhaftung, § 28 Rn. 71. § 4 C. I. 1., S. 120 f. Siehe nur Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 227 a. E. Querfurth, WM 2008, 1957, 1961; Becker, Deliktsrechtliche Sanktionen, S. 14. Dazu statt vieler Oechsler, in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. F2. Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 127.

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§ 5 Schadensersatzhaftung

Anlagepublikum in seiner Gesamtheit adressierten Informationspflicht als Schutzgesetz nicht, dass auch sämtliche Anleger tatsächlich anspruchsberechtigt sind. Auf diesen Personenkreis der tatsächlich Berechtigten kommt es aber an, wenn man ein mögliches Ausufern der Haftung beurteilen möchte. Indes deckt sich der Kreis der tatsächlich Anspruchsberechtigten nicht mit dem der potentiell Anspruchsberechtigten, da der Anleger den Anspruch zu beweisen hat. Im Übrigen wurde mit dem KapMuG ein Instrument geschaffen, mit dem Massenverfahren zu bewältigen sind.160 Auch die Gefahr missbräuchlicher Schadensersatzklagen, auf die mit Blick auf negative Erfahrungen in den USA mit der sog. class action hingewiesen wird,161 spricht nicht gegen eine deliktische Haftung des Meldepflichtigen.162 Denn das US-Prozessrecht ist viel klägerfreundlicher ausgestaltet als das deutsche Recht. So hat zum Beispiel im Unterschied zur Kostentragungsregel des § 91 ZPO jede Partei unabhängig vom Verfahrensausgang ihre Kosten zu tragen (sog. American Rule).163 Weiterhin bewirkt die Schadensersatzklage keine Registersperre. Zwar können diese Klagen dennoch rechtsmissbräuchlich zur Verfolgung eigener Zwecke instrumentalisiert werden, doch entfalten sie kein derartiges Erpressungspotential, wie die aktienrechtliche Anfechtungsklage.164 Die Haftungssanktion weist dadurch einen Vorzug gegenüber dem Rechtsverlust auf, den sich Berufskläger gerne zunutze machen.165 Nicht durchgreifend ist ferner die Befürchtung, die Informationshaftung könne die Existenz des Haftungssubjekts gefährden, weshalb eine Haftung auszuschließen sei. Unkalkulierbare Schadenssummen können durch jedwedes wirtschaftliches Tätigwerden ausgelöst werden; ein Paradebeispiel bildet wiederum das Produkthaftungsrecht. Warum gerade die Haftung am Kapitalmarkt wegen dieser Gefahr gesperrt werden soll, ist nicht schlüssig.166 Endlich wird mit der Anerkennung der §§ 21 ff. WpHG als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB kein allgemeiner Vermögensschutz geschaffen, der dem Anleger das spezifische Risiko des Wertpapiergeschäfts abnimmt und so quasi zu einer Versicherung gegen Kursverluste mutiert. Das gilt schon deshalb, weil nicht jede Anteilsveränderung kursrelevant ist. Die Kursrelevanz gehört schließlich, im Unterschied zu § 15 WpHG, nicht 160 Zur Anwendbarkeit des KapMuG auf die Haftung für Verletzung der §§ 21 ff. WpHG Kruis, in: KK/KapMuG, § 1 Rn. 71. 161 Querfurth, WM 2008, 1957, 1961; in allgemeinem Kontext auch Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 107; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 178; Meyer, ZRP 2002, 532, 532. 162 Brellochs, Publizität, S. 213 ff.; Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 127; Fleischer, ZRP 2002, 532, 532; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 32 f.; Schäfer, NZG 2005, 985, 988; Klöhn, RIW 2005, 728, 734. 163 Hierzu und zu weiteren Merkmalen der class action Hess, in: KK/KapMuG, Einl. Rn. 32 ff.; Klöhn, RIW 2005, 728, 731; auch Möllers, AcP 208 (2008), 1, 31 ff. 164 Hirte, in: Bankrechtstag 1995, S. 47, 89; Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 111. 165 Hierzu § 4 B. III. 2., S. 116 ff. 166 Hopt, ZHR 195 (1995), 139, 161; Brellochs, Publizität, S. 216 f.; Gehrt, Ad-hocPublizität, S. 206 f.; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 257 f.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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zum Tatbestand des § 21 WpHG. Zudem hat der Anleger darzulegen und zu beweisen, dass eine erforderliche Stimmrechtsmitteilung unterlassen wurde bzw. fehlerhaft war und, dass dieser Meldeverstoß für den erlittenen Vermögensschaden kausal war. Nach alledem kommt den §§ 21 ff. WpHG Schutzgesetzcharakter i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB zu. cc) § 27a WpHG im Besonderen Was den Mittelherkunfts- und Strategiebericht (§ 27a WpHG) angeht, steht zunächst fest, dass der gesetzgeberisch gewollte Sanktionenverzicht einer Schadensersatzhaftung nach § 823 Abs. 2 BGB nicht entgegensteht.167 Den Vorwurf zirkulären Vorgehens müsste man sich indes gefallen lassen, wollte man die Schutzgesetzeigenschaft im Rückgriff auf die gerade zu den §§ 21 ff. WpHG vertretene Auffassung, quasi im Wege eines Erst-Recht-Schlusses, begründen. Nach Ansicht des Gesetzgebers dient § 27a WpHG der Information des Emittenten und der Anleger. Indem der Emittent der Öffentlichkeit die erhaltene Information weiterleite, werde dem Kapitalmarkt ermöglicht, hierauf zu reagieren.168 Dies spricht eher für eine funktionsorientierte Sichtweise, die den Schutz des Einzelanlegers nur reflexartig anerkennt. Lehnt man aufgrund dessen mit der h. L. den Schutzgesetzcharakter von § 27a WpHG ab,169 wäre eine Zersplitterung der Schutzgesetzlandschaft beteiligungstransparenzrechtlicher Vorschriften erreicht. Auch wenn man diese systematischen Bedenken nicht teilen möchte, müssen selbst die Gegner der Schutzgesetzeigenschaft von § 27a WpHG zugeben, dass diese Informationspflicht leerzulaufen droht, da ihre Verletzung weder mit dem Rechtsverlust noch einem Bußgeld geahndet wird.170 Dem lässt sich adäquat mit Hilfe des Deliktsrechts entgegensteuern, das jedenfalls in Gestalt des § 826 BGB anwendbar ist. Berücksichtigt man indes das Zusammenspiel von Individual- und Funktionenschutz und legt obige funktional-verhaltenssteuernde Sichtweise an, lässt sich zusätzlich ein individualschützender Zweck von § 27a WpHG begründen.171 Da die gelieferten Informationen Einblick in die Investitionspläne des Meldepflichtigen gewähren, dürften sie die Anlageentscheidung sogar noch mehr beeinflussen als die bloße Information über das Berühren von 167

§ 3 B. IV. 1., S. 73 f. Begr. RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 13. 169 Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 27a WpHG Rn. 15; Veil, in: Schmidt/ Lutter, AktG, Anh. § 22: § 27a WpHG Rn. 24; Querfurth, WM 2008, 1957, 1961; Fleischer, AG 2008, 873, 882; v. Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1804 die alle freilich ihrerseits auch die Schutzgesetzeigenschaft von §§ 21 ff. WpHG verneinen; offenlassend Möllers/Holzner, NZG 2008, 166, 170. 170 Fleischer, ZGR 2008, 185, 210; ders., AG 2008, 873, 883; Querfurth, WM 2008, 1957, 1960. 171 Ähnlich Renn, Einsatz von Derivaten, S. 179; i. Erg. ebenso, aber mit einem konzeptionell anderen Ansatz Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 295; ohne Begründung U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 27a Rn. 30. 168

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§ 5 Schadensersatzhaftung

Meldeschwellen, zumal dem Anleger eine Übernahme angedeutet wird, von deren kurssteigender Wirkung er profitieren möchte. Hiergegen spricht auch nicht das Argument Fleischers, dass § 27a WpHG aufgrund seiner Abdingbarkeit (§ 27a Abs. 3 WpHG), wenn überhaupt nur dem Schutz des Emittenten, keinesfalls aber dem des Anlegers dienen könne.172 Zwar ist ihm darin vorbehaltlos zuzustimmen, dass eine Haftung ausscheidet, wenn die Mitteilungspflicht abbedungen wurde. Fand eine Abbedingung aber nicht statt, ist selbstverständlich, dass die Pflicht sorgfältig zu erfüllen und in der Konsequenz für die Pflichtverletzung zu haften ist. Gleichsinnig wird vereinzelt eine Haftung für Entsprechenserklärungen für möglich gehalten, wenn das Unternehmen angibt, dass es den DCGK befolgen wird.173 Dass die h. M. die Schutzgesetzeigenschaft von § 161 AktG verneint, beruht denn auch nicht darauf, dass die Vorgaben des DCGK in diesem Sinne disponibel sind, sondern darauf, dass der Schutz der Anleger nur reflexhaft eintritt.174 Die Bedeutung der Einstufung von § 27a WpHG als Schutzgesetz dürfte sich freilich in Grenzen halten. Da die mitzuteilenden Absichtsbekundungen des Inhabers einer wesentlichen Beteiligung kaum einer Richtigkeitsüberprüfung zugänglich sind, dürfte sich ein Haftungsanspruch beweisrechtlich als kaum durchsetzbar erweisen.175 dd) Zwischenergebnis Festzuhalten ist, dass die §§ 21, 25, 27a WpHG und auch der neue § 25a WpHG Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Anleger sind. Dasselbe gilt für die Veröffentlichungspflicht des Emittenten gem. § 26 WpHG.176 Die Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland droht dadurch nicht, wie die Gegner des Schutzgesetzcharakters offenbar fürchten, beschädigt zu werden. Im Gegenteil: Nicht die Zulassung, sondern die Ablehnung individualschützender Schadensersatzansprüche stört das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt,177 mit der Folge, dass seine vom nationalen und europäischen Normgeber als höchstes Schutzgut ausgewiesene Funktionstüchtigkeit beeinträchtigt wird. Denn kapitalmarktrechtlicher Individualschutz und der Marktkapitalisierung stehen in unmittelbarem Zusammenhang; hierauf wurde im Laufe dieser Arbeit unter Bezugnahme der entsprechenden empirischen Studie bereits hingewiesen.178 Vor 172

Fleischer, AG 2008, 873, 882; siehe auch Querfurth, WM 2008, 1957, 1961. Ehricke, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 190, 310 f. 174 Semler, in: MüKo/AktG, § 161 Rn. 210; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 14.216 jew. m.w. N., a. A. Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 1.143. 175 Fleischer, ZGR 2008, 185, 210; Möllers/Holzner, NZG 2008, 166, 170. 176 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 26 Rn. 70; Hirte, in: KK/ WpHG, § 25 Rn. 82; a. A. Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 26 WpHG Rn. 23. 177 Deutlich Möllers, AcP 208 (2008), 1, 25. 178 La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, J. Fin. 61 (2006), 1. 173

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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diesem Hintergrund fungiert § 823 Abs. 2 BGB als „Vehikel des Private Enforcement“ 179 der Beteiligungstransparenz. c) Weitere potentielle Schutzgesetze aa) Rechtsverlust – § 28 WpHG Die Schutzgesetzeigenschaft des Rechtsverlusts lehnt Hüffer mit dem Argument ab, § 28 WpHG sei selbst eine Sanktionsvorschrift, so dass eine daneben tretende zivilrechtliche Haftung die „Sanktion der Sanktion“ bedeute.180 Diese Argumentation erweist sich als nicht tragfähig.181 Denn strafrechtliche Vorschriften kommen durchaus als Schutzgesetze in Betracht, so dass sich gerade dieser Effekt einstellt.182 Auch erscheint es nicht als übermäßige Härte, wovon Hüffer offenbar ausgeht, denjenigen, der zum Schaden der Gesellschaft oder der Mitaktionäre gesperrte Mitgliedschaftsrechte ausübt, mit einer Schadensersatzpflicht zu belegen. Wertungsmäßig ist es daher gut vertretbar, Aktionäre und Gesellschaft vor der unberechtigten Rechtsausübung durch den meldesäumigen Aktionär deliktsrechtlich zu schützen. Auch die gesellschaftsrechtliche Wirkung des Rechtsverlusts mag hierauf hindeuten.183 Das gilt zumal § 28 WpHG neben der Sanktionsdrohung die ungeschriebene Verhaltenspflicht enthält, vom Rechtsverlust erfasste Herrschafts- und Vermögensrechte nicht auszuüben. Es wäre weiterhin nicht inkonsistent, die Gesellschaft als Schutzobjekt des § 28 WpHG zu behandeln, obwohl sie nach hiesiger Auffassung nicht in den Schutzbereich der Primärpflichten der §§ 21 ff. WpHG gehört. Der Schutzbereich des § 28 WpHG bezieht sich nämlich nur auf die Gefahren einer unberechtigten Rechtsausübung, die sich eben auf Seiten der Gesellschaft verwirklichen können. Auch wenn demzufolge viel dafür spricht, § 28 WpHG als individualschützend zu begreifen, stellt die Vorschrift, entgegen vereinzelter Stimmen,184 kein Schutzgesetz dar, so dass Hüffer im Ergebnis zugestimmt werden kann.185 Grund ist 179 K. Schmidt, in: FS Schwark, S. 753, 769; zur Durchsetzung von Verhaltensanforderungen über § 823 Abs. 2 BGB auch Hager, in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. G3. 180 Hüffer, AktG, § 20 Rn. 23 a. E.; gleichsinnig Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 28 WpHG Rn. 20; Riegger/Wasmann, in: FS Hüffer, S. 823, 842. 181 Ohne nähere Begründung Stern, Verletzung der §§ 20, 21 AktG, S. 114. 182 So ist der Betrug nach § 263 StGB zweifellos ein Schutzgesetz, vgl. nur BGHZ 57, 137, 138. 183 Starke, Beteiligungstransparenz, S. 265. 184 Für § 20 Abs. 7 AktG: Bayer, in: MüKo/AktG, § 20 Rn. 85; Koppensteiner, in: KK/AktG, § 20 Rn. 90; Witt, Übernahmen, S. 193. 185 Neben den in Fn. 180 dieses Abschnitts Genannten Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 60; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 54; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 265 f.; für § 59 WpÜG: Bert, in: Heidel, Aktienrecht, § 59 WpÜG Rn. 4.

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jedoch nicht, dass andernfalls eine „Sanktion der Sanktion“ drohte, sondern dass die Rechte der Gesellschaft und der Mitaktionäre bereits anderweitig ausreichend geschützt sind. Ein zusätzlicher haftungsrechtlicher Schutz vor unberechtigten Rechtsausübungen ist deshalb nicht notwendig.186 So sind Hauptversammlungsbeschlüsse, die unter der Beteiligung eines vom Rechtsverlust betroffenen Aktionärs gefasst werden, anfechtbar; unberechtigt ausgeschüttete Dividenden hat der meldesäumige Aktionär gem. § 62 AktG zurückzugewähren.187 Zudem stellt die unberechtigte Rechtsausübung in Form der Anmaßung mitgliedschaftlicher Rechte, wie gezeigt, eine zur Schadensersatzpflicht führende Treuepflichtverletzung in Form der Anmaßung mitgliedschaftlicher Rechte dar. Sollten Gesellschaft und Aktionäre hieraus einen Vermögensschaden erleiden, sind sie demnach haftungsrechtlich abgesichert. Dass somit ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB ausscheidet, mag letztlich als Ausfluss der Subsidiaritätsthese des BGH gesehen werden. bb) Verbot der Marktmanipulation – § 20a WpHG Nach Lage des Einzelfalles kann der Verstoß gegen die §§ 21 ff. WpHG eine verbotene Marktmanipulation gem. § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG darstellen, entweder in Form der informationsgestützten Marktmanipulation durch Abgabe unrichtiger oder irreführender Angaben über bewertungserhebliche Umstände (Alt. 1) oder durch das Verschweigen solcher Umstände (Alt. 2).188 Ob § 20a WpHG Schutzgesetzcharakter zukommt, ist umstritten. Für die Vorgängervorschrift des § 88 BörsG a. F., seinerzeit noch als „Kursmanipulation“ firmierend, hat die h. L. unter Bestätigung seitens des BVerfG189 dies mit dem Argument verneint, dass die Richtigkeit der Markt- und Börsenpreisbildung, und damit die Funktionsfähigkeit des Marktes, alleiniger Gesetzeszweck sei.190 In der Tat hatte der Gesetzgeber diesen Willen deutlich kundgetan.191 Die bis dahin vereinzelt gebliebene Gegenansicht192 hat jedoch Auftrieb erhalten, nachdem § 88 BörsG a. F. durch § 20a WpHG ersetzt wurde. Grund dessen ist, dass das 4. FMFG, mit dem zur Umsetzung der Marktmissbrauchs-RL der Wechsel von der Kurs- zur Marktmanipulation vollzogen wurde, die Stärkung des Anlegerschutzes als Re-

186

I. Erg. auch Starke, Beteiligungstransparenz, S. 266. Dazu auch § 4 E. III. 3., S. 190 f. 188 Zur Anwendung von § 20a WpHG auf Meldepflichtverletzungen Assmann, ZGR 2002, 697, 723; Heinrich, Transparenzpflichten, S. 187 f.; BaFin, Emittentenleitfaden, S. 106 f. 189 BVerfG NJW 2003, 501, 502 f. 190 BGHZ 160, 134, 139 – Infomatec I; Fleischer, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 14; Krause, ZGR 2002, 799, 816 f.; Kort, AG 2005, 21, 23. 191 Begr. RegE 2. WiKG, BT-Drucks. 10/318, S. 45. 192 Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; LG Augsburg ZIP 2001, 1881, 1883. 187

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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formziel benennt. § 20a WpHG wird seither vermehrt als Schutzgesetz eingestuft.193 Für diese Auffassung lässt sich zusätzlich die Nähe der Marktmanipulation zu den Delikten der §§ 263, 264a StGB, deren Charakter als Schutzgesetze unbestritten ist,194 anführen. Trotz dessen kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe mit dem 4. FMFG den Schutzzweck des Marktmanipulationsverbots ändern wollen. Weder lässt der pauschale Hinweis auf das Ziel des Anlegerschutzes, zumal ohne Bezug zum Vermögensschutz, noch lässt die Einzelbegründung zu § 20a WpHG den Schutzgesetzcharakter erkennen. Vielmehr sprechen die Materialien dafür, dass der bezweckte Schutz der Preisintegrität nur reflexartig den Anleger betrifft. Hätte er seine zu § 88 BörsG a. F. geäußerte Sichtweise aufgeben wollen, hätte dies einer hinreichend deutlichen Klarstellung bedurft.195 Es ist daher vorzugswürdig, von einem „droit constant“ 196 auszugehen und mit der h. L. die Schutzgesetzqualität von § 20a WpHG zu verneinen.197 Der BGH hatte diese Frage bisher nicht zu entscheiden. Eine Übertragung seiner restriktiven Linie auf § 20a WpHG dürfte aber nahe liegen, da der BGH den Schutzgesetzcharakter von § 88 BörsG a. F. einst wegen des gesetzgeberischen Willens verneinte; einige Instanzgerichte haben diesen Schritt schon vollzogen.198 Sieht man demnach den maßgeblichen Grund der Verneinung der Schutzgesetzeigenschaft im Willen des Gesetzgebers,199 stellt es keinen Widerspruch dar, die Transparenzpflichten der §§ 21 ff. WpHG als Schutzgesetze einzustufen, nicht aber die generalklauselartig an die Verletzung von Transparenzpflichten anknüpfende Marktmanipulation gem. § 20a Abs. 1 S. Nr. 1 WpHG. Da die Marktmanipulation Preisverzerrungen unterbinden soll, erfasst ihr Schutzauftrag den Anleger nur reflexartig. Dass die-

193 Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; Dühn, Schadensersatzsatzhaftung, S. 187 ff.; Mock/Stoll/Eufinger, in: KK/WpHG, § 20a Rn. 425 ff.; Altenhain, in: ebd., § 38 Rn. 38; i. Erg. auch Ekkenga, ZIP 2004, 781, 785; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 330. 194 Statt aller Palandt/Sprau, BGB, § 823 Rn. 69. 195 Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 121 erklärt die fehlende Stellungnahme des Reformgesetzgebers zur Zielrichtung von § 20a WpHG zur „Unterlassungssünde“. 196 Fleischer, DB 2004, 2031, 2033. 197 Fleischer, in: Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 154; Kümpel/Veil, WpHG, S. 137; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a Rn. 31; Sethe, in: ebd., §§ 37b, 37c Rn. 105; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 14.178; Fischer zu Cramburg/Royé, in: Heidel, Aktienrecht, § 20a WpHG Rn. 19; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 13.463; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 257; Sauer, Falschinformation, S. 44 f.; Spindler, WM 2004, 2089, 2091. 198 OLG Frankfurt/M. AG 2007, 749, 753; LG Berlin, WM 2008, 1470, 1471. Der Fall Porsche/VW könnte, soweit er die Gerichte beschäftigen wird, zur Klärung dieser Frage beitragen, vgl. auch Krämer, in: Krieger/Schneider, Managerhaftung, § 28 Rn. 53 a. E. 199 Ebenso Ehricke, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 275.

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ser Rechtszustand rechtpolitisch unbefriedigend anmutet,200 zumal ausländische Rechtsordnungen nahezu selbstverständlich für Börsenmanipulationen Schadensersatzpflichten vorsehen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Immerhin dürfte die Marktmanipulation häufig über § 826 BGB zu einer Haftung führen. cc) Unrichtige Darstellung – § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Dass § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, der die unrichtige Wiedergabe und Verschleierung von Verhältnissen der Gesellschaft, einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen, in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand unter Strafe stellt, ein Schutzgesetz ist, wird nicht bestritten.201 Dennoch lässt sich eine Haftung nicht begründen. Denn „Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand“ müssen einen Gesamteindruck über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglichen, mithin den Eindruck der Vollständigkeit erwecken.202 Das mag zwar ausnahmsweise auf Ad-hoc-Mitteilungen, die den Quartals- oder Halbjahresbericht veröffentlichen, zutreffen,203 keinesfalls aber auf Meldungen gem. §§ 21 ff. WpHG. Da sich deren Informationsgehalt auf das Berühren von Meldeschwellen beschränkt, wird kein Gesamtbild über die Vermögenssituation der Gesellschaft gezeichnet. Vielmehr handelt es sich um eine Einzeltatsache, die nach einhelliger Auffassung nicht dem Anwendungsbereich des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG unterfällt.204 Das gilt auch für Meldungen nach § 27a WpHG, die zwar über die Anteilsveränderung hinausgehende Angaben enthalten, dennoch aber nicht den Eindruck der Vollständigkeit erwecken. Ohnehin lässt der Umstand, dass Meldeschwellen berührt wurden, kaum auf den Vermögensstand der meldepflichtigen Gesellschaft schließen, sondern allenfalls darauf, dass der Emittent für Investoren attraktiv ist. Im Übrigen betrifft § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG den vorliegenden Kontext nur dann, wenn der Meldepflichtige als AG bzw. KGaA organisiert ist, so dass eine befriedigende haftungsrechtliche Bewältigung fehlerhafter Stimmrechtsmitteilungen gerade nicht in Aussicht steht.

200 Schäfer, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 20a WpHG Rn. 89; Hopt/Voigt, in: Hopt/ Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9, 48 f.; siehe auch Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 121 mit Hinweis auf Art. 9(e) Securities Exchange Act. 201 BGHZ 149, 10, 20 f. – Bremer Vulkan; BGHZ 160, 134, 137 f. – Infomatec I; BGH NJW 2005, 2450, 2451 – EM.TV; Schaal, in: MüKo/AktG, § 400 Rn. 3. 202 H. M. BGHZ 160, 134, 137 f. – Infomatec I; Otto, in: GK/AktG, § 400 Rn. 32; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 113; Rützel, AG 2003, 69, 73. 203 BGH NJW 2005, 445, 447 f. – EM.TV; Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, § 37b, c Rn. 448; Unzicker, WM 2007, 1596, 1598; krit. Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 161. 204 Neben den in Fn. 202 dieses Abschnitts Genannten Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 37b, 37c Rn. 113; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 214; a. A. Hefendehl, in: Spindler/Stilz, AktG, § 400 Rn. 65, der sämtliche Ad-hoc-Mitteilungen erfasst wissen möchte.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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Dieser Befund erhärtet sich dadurch, dass die Vorschrift das gänzliche Fehlen einer gebotenen Mitteilung, insbesondere bei der Geheimhaltung des Beteiligungsaufbaus, nicht erfasst.205 dd) Betrug und Kapitalanlagebetrug – §§ 263, 264a StGB Auch wenn die Straftatbestände des Betrugs (§ 263 StGB) und des Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB) Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB sind,206 scheidet eine Schadensersatzhaftung wegen deren Verletzung aus. Was zunächst § 264a StGB angeht, so ist das dort verwendete Merkmal „Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand“ nicht erfüllt. Denn ebenso wie beim insoweit wortgleichen § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG muss der Eindruck der Vollständigkeit erweckt werden.207 Das trifft nachgerade auf Meldungen nach §§ 21 ff. WpHG nicht zu. Wenn desweiteren schon Ad-hoc Mitteilungen weder dem Vertrieb von Wertpapieren (§ 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB) noch einer Kapitalsammelmaßnahme (§ 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB) dienen,208 so gilt dies erst Recht für Stimmrechtsmitteilungen, die einen weit weniger werbenden Charakter aufweisen. Der Betrug gem. § 263 StGB scheitert am Merkmal der Stoffgleichheit.209 Mit dem Unterlassen einer Mitteilung will der Meldepflichtige Kursbewegungen, die den Beteiligungsaufbau verteuern würden, unterbinden. Dieser Vorteil in Form der Ersparung von Nachteilen realisiert sich aber erst, wenn der Meldepflichtige in der Folge weitere Stimmrechte erwirbt. Der Vermögensschaden des Anlegers und der Vermögensvorteil des Meldepflichtigen beruhen daher nicht auf derselben irrtumsbedingten Vermögensverfügung, so dass der Vorteil nicht die Kehrseite des Nachteils bildet.210 Entsprechendes gilt für manipulative Mitteilungen, die den Börsenkurs in die Höhe treiben, denn der Meldepflichtige muss seine Aktien erst noch veräußern, damit sich der Vermögensvorteil einstellt.

205 Krause, ZGR 2002, 799, 819; Rützel, AG 2003, 69, 73; Sauer, Falschinformation, S. 47; a. A. Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 184. 206 BGHZ 160, 134, 141 f. – Infomatec I; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 215; Brellochs, Publizität, S. 113. 207 Wohlers, in: MüKo/StGB, § 264a Rn. 52 f.; Tiedemann, in: LK/StGB, § 264a Rn. 39; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 112; Horn, in: FS Ulmer, S. 817, 819. 208 BGHZ 160, 134, 142 – Infomatec I; Fleischer, in: Fleischer, Vorstandsrecht, § 14 Rn. 27; Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 461; Brellochs, Publizität, S. 114. 209 Für Ad-hoc-Mitteilungen: BGHZ 160, 134, 142 – Infomatec I; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 109; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 216. 210 BGHSt 6, 115, 116; 34, 379, 391; BGH NStZ 2003, 264, 264.

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ee) Unlautere Handlungen – §§ 3, 5 UWG Eine Heranziehung des Lauterkeitsrechts in Gestalt von §§ 3, 5 UWG zur Begründung der Haftung des Meldepflichtigen ist abzulehnen. Stimmrechtsmitteilungen dienen nicht der Förderung des Absatzes von Aktien und Wertpapieren. Sie sind deshalb keine „Werbung“ i. S. d. § 5 Abs. 1 UWG.211 Gerade beim heimlichen Beteiligungsaufbau wird ersichtlich keine Verkaufsförderung beabsichtigt. Abgesehen hiervon verneint die h. M. die Schutzgesetzeigenschaft der §§ 3, 5 UWG.212 d) Verschuldensmaßstab Nachdem feststeht, dass eine Haftung des Meldepflichtigen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 21 ff. WpHG in Betracht kommt, stellt sich die Verschuldensfrage. Der erforderliche Verschuldensgrad ist zunächst dem Schutzgesetz zu entnehmen. Trifft dieses allerdings keine Aussage, bestimmt § 823 Abs. 2 S. 2 BGB, dass die Haftung dennoch verschuldensabhängig ist, wobei einfache Fahrlässigkeit ausreicht.213 Man mag nun streiten, ob sich das in §§ 21 Abs. 1 S. 1, 25 Abs. 1 S. 1, 25a Abs. 1 S. 1 WpHG enthaltene Merkmal „unverzüglich“ nur auf die Fristgemäßheit der Mitteilung bezieht – was naheliegend erscheint – oder einen allgemeinen Fahrlässigkeitsmaßstab für Meldeverstöße vorgibt. Hierauf kommt es nicht an, da auch bei erstgenannter Sicht die Verschuldensabhängigkeit der Haftung jedenfalls aus § 823 Abs. 2 S. 2 BGB folgt. Deshalb setzt auch die Haftung für Verstöße gegen § 27a WpHG, der keine Unverzüglichkeit fordert, Verschulden voraus. Bezogen auf das Marktmanipulationsverbot hat Fleischer Widersprüche im haftungsrechtlichen Gesamtsystem zu bedenken gegeben, die drohten, wenn § 20a WpHG als Schutzgesetz eingeordnet wird. Denn dann würde über § 823 Abs. 2 BGB für leichte Fahrlässigkeit gehaftet, wohingegen die §§ 37b, c WpHG für Ad-hoc-Mitteilungen grobe Fahrlässigkeit verlangen.214 Ob er damit tatsächlich ein weiteres Argument gegen die die Schutzgesetzqualität von § 20a WpHG liefert, erscheint zweifelhaft, da § 20a WpHG ja auf seiner Seite ein eigenes Vorsatzerfordernis verlangt,215 welches dann auch für die Haftung § 823 Abs. 2 Geltung beansprucht. Letztlich entscheidend ist aber, dass Fleischers Gedanke die 211 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 68; Klöhn, ZHR 172 (2008), 388, 412 ff.; a. A. OLG Hamburg, ZIP 2006, 1921; Diefenhardt, WuB I G 6. § 15 WpHG 1.07. 212 OLG München NJW 2003, 144, 147 – Infomatec; Möllers/Leisch, in: KK/ WpHG, §§ 37b, c Rn. 465; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 113. 213 Hager, in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. G37. 214 Fleischer, DB 2004, 2031, 2032; ders., in: Fleischer, Vorstandsrecht, § 14 Rn. 24. 215 Siehe nur Fleischer, in: Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 73.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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Frage aufwirft, ob die Haftung für die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG an leichte Fahrlässigkeit anknüpfen kann, oder, um Widersprüche im Haftungssystem zu vermeiden, erst bei grob fahrlässigen Meldeverstößen einsetzen darf. Für letzteres spricht, dass – mit Ausnahme von § 13a VerkProspG – sämtliche spezialgesetzliche Informationshaftungstatbestände, grobe Fahrlässigkeit erfordern.216 Ebenso wäre die Informationshaftung nach dem KapInHaG konzipiert gewesen. Der Maßstab „grobe Fahrlässigkeit“ stellt somit nicht nur eine rechtssystematische Auffälligkeit, sondern einen allgemeinen Rechtsgedanken der Kapitalmarktinformationshaftung dar.217 Das erkennen selbst diejenigen Stimmen an, die in rechtspolitischer Hinsicht für eine Absenkung des Verschuldensmaßstabes auf einfache Fahrlässigkeit eintreten.218 Um eine Diskrepanz zur spezialgesetzlichen Haftung zu vermeiden, wird in der Literatur erwogen, die subjektiven Haftungsvoraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB entsprechend anzupassen, soweit kapitalmarktrechtliche Schutzgesetze in Rede stehen.219 Für die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne wird dieser Schritt bereits vollzogen. Soweit sie neben der vorrangigen spezialgesetzlichen Prospekthaftung zum Zuge kommt, wird der Verschuldensmaßstab des § 45 Abs. 1 BörsG übertragen.220 Ob dieser Weg für sämtliche Informationspflichten des Sekundärmarktes erstrebenswert ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls für die Haftung im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG verdient das Erfordernis grober Fahrlässigkeit uneingeschränkte Zustimmung. Zum einen ist es nachgerade systemkohärent, die erhöhten Verschuldensvoraussetzungen der Spezialtatbestände heranzuziehen. Zum anderen lässt sich so der stets präsenten Gefahr, für einen Meldefehler, der angesichts der mannigfaltigen Rechts- und Tatsachenprobleme im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG jederzeit unterlaufen kann, angemessen Rechnung tragen.221 Das gilt zumal Stimmrechtsmitteilungen „unverzüglich“, regelmäßig 216 Namentlich die Prospekthaftung (§§ 44 f. BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG), die Haftung für Ad-hoc-Mitteilungen (§§ 37b, c WpHG) und die Haftung für die Angebotsunterlage und die Finanzierungsbestätigung (§§ 12 und 13 WpÜG). 217 Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 461 ff.; Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 125; Kersting, Dritthaftung, S. 516; Möllers, in: KK/WpÜG, § 12 Rn. 102; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 366; Klöhn, ZHR 172 (2008), 388, 414. 218 Brellochs, Publizität, S. 258 ff.; Hopt/Voigt, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9, 86 und 127 f. 219 Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 460 ff.; Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 125; Kersting, Dritthaftung, S. 529; Köndgen, in: Fleischer/Zimmer, Effizienz, S. 100, 134; Becker, Deliktsrechtliche Sanktionen, S. 170; a. A. Hopt/Voigt, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9 127 f.; Ehricke, in: ebd., S. 187, 292; wohl auch Derst, Ansprüche von Aktionären, S. 127. 220 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1648; Schwark, in: FS Hadding, S. 1117, 1129. 221 Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 104; Köndgen, in: Fleischer/Zimmer, Effizienz, S. 100, 134; ders., in: FS Druey, S. 791, 807 ff.; zu Unrecht krit. Veil, ZHR 167 (2003), 365, 374.

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also unter Zeitdruck abzugeben sind. Durch diesen Ansatz führt die Bejahung der Schutzgesetzeigenschaft im Übrigen gerade nicht dazu, dass ein deliktischer Vermögensschutz für einfache Fahrlässigkeit geschaffen wird. Die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB für Meldeverstöße fügt sich mit dieser Maßgabe dann auch ohne weiteres in das das haftungsrechtliche Gesamtsystem ein. Rechtstechnisch wird demnach der Rechtsgedanke, dass kapitalmarktrechtliche Eigenheiten einen erhöhten Verschuldensgrad verlangen, im Wege der Auslegung in das Verschuldensmerkmal des § 823 Abs. 2 BGB implementiert. Eine Grenzziehung, wann eine Pflichtverletzung schon und wann nicht mehr grob fahrlässig ist, kann hier nicht stattfinden. Dies kann nur unter Würdigung sämtlicher Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls geschehen. Selbstverständlich begründen die zum Rechtsverlust erörterten Fälle unvermeidbarer Irrtümer keine grobe Fahrlässigkeit.222 Wenn sie schon einfache Fahrlässigkeit beseitigen, so gilt dies erst Recht für die höhere Stufe der groben Fahrlässigkeit. So wird bei einer funktionierenden Compliance-Organisation die Haftung in aller Regel ausscheiden. Sichtwortartig lässt sich von „Haftungsvermeidung durch Informationsorganisation“ sprechen. Auch ist wiederum die Abgabe einer vorsorglichen Stimmrechtsmitteilung für den Meldepflichtigen zu erwägen. Der Großteil der sich in der Praxis ereignenden Meldefehler scheidet damit aus dem Haftungsrecht aus, da diese in der Regel auf der fahrlässigen Verkennung rechtlicher oder tatsächlicher Umstände im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG beruhen. e) Zwischenergebnis Die Meldepflichten der §§ 21, 25, 25a WpHG und § 27a WpHG stellen Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB dar. Der Meldepflichtige haftet deshalb im Grundsatz für unterlassene und falsche Stimmrechtsmitteilungen. Andere Vorschriften, namentlich §§ 28, 20a WpHG, kommen nicht als Schutzgesetze zur Begründung einer Haftung in Betracht. Mithilfe der §§ 400 AktG, 263, 264a StGB, die zwar Schutzgesetze sind, lässt sich aus diversen Gründen keine Haftung erreichen. Um Diskrepanzen im haftungsrechtlichen Gesamtsystem des Kapitalmarktes zu vermeiden, ist der Verschuldensmaßstab auf grobe Fahrlässigkeit festzusetzen. Die Darlegungs- und Beweislast für einen grob fahrlässigen Meldefehler trägt der klagende Anleger. 3. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung – § 826 BGB Zu einer zentralen Größe der sekundärmarktrechtlichen Informationshaftung hat sich die Haftung für vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB entwickelt. Wegweisend sind die Entscheidungen Infomatec und EM.TV, in wel222

§ 4 C. II. 2, 3., S. 131 ff., 139 ff.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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chen der BGH § 826 BGB behutsam ein kapitalmarktrechtliches Gepräge verliehen hat. Resümierend fasst Fleischer diese Entwicklung dahingehend zusammen, der BGH habe auf § 826 BGB aufbauend ein „eigenständiges Gebäude der Informationshaftung“ errichtet.223 Zu beachten ist jedoch, dass diese Entscheidungen zur Haftung des Emittenten für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen ergingen. Insoweit, und möglicherweise auch für weitere Fälle der Emittentenhaftung, mögen die vom BGH entwickelten Grundsätze verallgemeinerungsfähig sein. Was jedoch die Haftung des Meldepflichtigen für Verstöße gegen Beteiligungstransparenzpflichten angeht, steht die Übertragung dieser Grundsätze unter dem Vorbehalt der Sachgesetzlichkeiten der §§ 21 ff. WpHG. a) Sittenwidrigkeit Nach tradiertem Verständnis setzt sittenwidriges Verhalten einen Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden voraus.224 Zur Konkretisierung dieser nur bedingt subsumtionstauglichen „Leerformel“ 225 haben Rechtsprechung und Lehre Fallgruppen entwickelt. Um das Sittenwidrigkeitsverdikt im Kapitalmarktrecht handhabbar zu machen, ordnen Möllers/Leisch die Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation den Fallgruppen der „bewusst unrichtigen Auskunft“ 226 bzw. der „leichtfertigen Fehlinformation Dritter“ 227 zu.228 Dennoch ist nicht zu verkennen, dass der BGH eigene, den Besonderheiten des Kapitalmarktrechts Rechnung tragende Erwägungen anstellt. Das ist durchaus folgerichtig, da bei Kapitalmarktinformationen eine Nähe- oder Vertrauensbeziehung zwischen den Informationsparteien, wie sie für die von Möllers/Leisch als Vergleichsmaßstab herangezogenen Fallgruppen typisch ist, nicht besteht.229 Auch versperren die genannten Fallgruppen den Blick auf die Besonderheiten des Kapitalmarktrechts. Diese Besonderheiten sind jedoch gerade im Rahmen der Sittenwidrigkeit zu berücksichtigen, da dieses Merkmal nicht „aus sich selbst heraus“ ausgelegt werden kann, sondern sich an den Wertungen des Rechtsgebiets, auf das § 826 BGB konkret angewandt wird, zu orientieren hat.230 In seiner kapitalmarktrechtlichen Anwendung muss § 826 BGB, insbesondere sein wertungsoffenes Sittenwidrigkeitsverdikt, daher auch die Wertungen und 223

Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1805. St. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124. 225 Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 826 Rn. 3; Wagner, in: MüKo/BGB, § 826 Rn. 9 a. E. 226 Hierzu BGH NJW 1979, 1599, 1599 f. 227 Hierzu BGH NJW 1992, 3167, 3174. 228 Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1652 ff.; dies., in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 405 ff.; auch Sauer, Falschinformation, S. 51 f.; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 53. 229 Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 135 f.; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 32 f.; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 939. 230 Wagner, in: FS Canaris, S. 473, 493 f. 224

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Spezifika des Kapitalmarktrechts berücksichtigen.231 Man wird daher behaupten dürfen, der BGH habe eine eigenständige Fallgruppe der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarkinformation ins Leben gerufen.232 Was den an die Sittenwidrigkeit anzulegenden Maßstab angeht, besteht Einigkeit, dass der Gesetzesverstoß in Form der Informationspflichtverletzung für sich genommen noch nicht sittenwidrig ist.233 Hinzukommen muss eine besondere Verwerflichkeit, die dem verfolgten Zweck, dem eingesetzten Mittel oder der Zweck-Mittel-Relation zu entnehmen ist.234 Dabei ist wiederum zwischen Schlechterfüllung durch fehlerhafte Mitteilungen und Nichterfüllung durch Unterlassen zu differenzieren. aa) Fehlerhafte Stimmrechtsmitteilungen Zur Begründung der Verwerflichkeit führt der BGH in der Entscheidungstrias Infomatec aus, dass die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilung gegen die Mindestanforderungen im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt verstoße, was dann die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens indiziere.235 Mit dieser Indizwirkung beschreitet der erkennende II. Zivilsenat insofern Neuland, als bislang zwar anerkannt ist, dass von der Sittenwidrigkeit in der Regel auf den Vorsatz geschlossen werden kann,236 er nun aber in umgekehrter Richtung die Sittenwidrigkeit aus der Vorsätzlichkeit des Verhaltens ableitet. Dieses Vorgehen mutet eigentümlich an, denn bei strikter Befolgung wäre eine vorsätzlich falsche Ad-hocMitteilung immer sittenwidrig, es sei denn, der Beklagte kann dies widerlegen. Dem der Haftungsbegrenzung dienenden Merkmal der Sittenwidrigkeit verbliebe kaum mehr ein eigenständiger Anwendungsbereich, so dass die Grenzen zwischen § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB verwischt werden.237 Das ist dogmatisch bedenklich, zumal wenn der BGH einerseits der Anerkennung kapitalmarktrechtlicher Schutzgesetze kritisch gegenübersteht, andererseits aber auf der Ebene der Sittenwidrigkeit, und wie sogleich zu zeigen ist, auch beim Vorsatz 231

Unrichtig daher Engelhardt, BKR 2006, 443, 447. Ohne Begründung Veil, in: FS Hopt, S. 2641, 2650 f.; ders., EBOR 11 (2010), 409, 418. 233 Siehe nur BGHZ 160, 149, 157 – Infomatec II. 234 Hierzu Hönn, in: Soergel, BGB, § 826 Rn. 37; siehe auch Möllers, WM 2003, 2393, 2394 f. 235 BGHZ 160, 134, 139 – Infomatec I; wortgleich, aber insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 160, 149 – Infomatec II; BGH NJW 2004, 2971 – Infomatec III. 236 BGHZ 129, 136, 177; BGH NJW 2008, 2245, 2246; Palandt/Sprau, BGB, § 826 Rn. 10. 237 Zu Recht krit. auch Spindler, WM 2004, 2089, 2092; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 67; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 785; offener Bachmann, in: Bachmann/ Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 133 f. 232

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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eine Aufweichung des Tatbestandes des § 826 BGB betreibt, um Haftungsansprüche zulassen zu können. Berücksichtigt man indessen, dass das Gericht nicht bei dieser Indizwirkung stehen bleibt, kann man diese Bedenken zwar nicht unberücksichtigt lassen, muss sie aber auch nicht übergewichten. Denn in die Verwerflichkeitsprüfung ist mit eingeflossen, dass die Vorstände der Infomatec AG aus eigennützigen Motiven handelten, da das im Wege der Falschmitteilung bewerkstelligte „Pushen“ des Kurses auch den Wert ihrer Beteiligung, den sie an der AG hielten, steigerte. Zudem war den Beklagten „offensichtlich jedes Mittel recht, um in den potentiellen Anlegern positive Vorstellungen über den Wert des Unternehmens hervorzurufen“.238 Damit kommen zum Verstoß gegen die Pflicht nach § 15 WpHG gewichtige Umstände hinzu, die die besondere Verwerflichkeit begründen. Nichtsdestotrotz wäre eine Klarstellung des BGH, dass der Vorsatz demzufolge lediglich ein zusätzliches Element zur Begründung der Sittenwidrigkeit ist und diese nicht allein durch die Feststellung des Vorsatzes indiziert wird, wünschenswert gewesen. Während der Fall des intendierten Eigennutzes deshalb als geklärt gilt, bleibt umstritten, ob der Eigennutz lediglich hinreichende oder auch notwendige Voraussetzung der besonderen Verwerflichkeit ist. Die h. L. bejaht ersteres, so dass auch uneigennützige Falschmitteilungen sittenwidrig sein können.239 Das dürfte mit dem BGH konform gehen, der den Eigennutz mehr zur Untermauerung der Verwerflichkeit, die ja bereits aufgrund der missbräuchlichen Verwendung des Mittels der Ad-hoc-Publizität vorlag, denn als eigenständiges Merkmal anführt. Die Verfolgung eigener Zwecke, so der BGH, müsse weder das vorrangige Ziel noch das Endziel sein. Uneigennützige Motive dürften – mehr noch als im Anwendungsbereich von § 15 WpHG – bei der Verletzung der §§ 21 ff. WpHG nur selten eine Rolle spielen. Sollte ausnahmsweise doch ein solcher Fall zu bewerten sein,240 begründet allein die Vorsätzlichkeit des Verhaltens aufgrund der angemeldeten Bedenken nicht die Sittenwidrigkeit. Es müssen weitere Umstände hinzukommen.241 Man könnte insofern eine grob unrichtige Stimmrechtsmitteilung fordern, doch zieht dies eine Vielzahl an Folgefragen nach sich: Ist eine bestimmte prozentuale Abweichung zwischen angegebener und tatsächlich vorhandener Stimmrechtsbeteiligung notwendig, und, wenn ja, welcher Wert markiert die haftungsauslösende Schwelle? Ist das Herauf- und Herabmelden sittenwid-

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BGHZ 160, 149, 158 – Infomatec II. Fleischer, DB 2004, 2031, 2033 f.; Sethe, in: Assmann/Schneider, §§ 37b, 37c Rn. 118; Maier-Reimer/Paschos, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 169; Oechsler, in: Staudinger, BGB, § 826 Rn. 348b; a. A. Rützel, AG 2003, 69, 73; Spindler, WM 2004, 1089, 2092. 240 Denkbar ist etwa, dass ein Investor den Erwerb einer größeren als der tatsächlich erworbenen Beteiligung meldet, um die Finanzierungsmöglichkeiten des Emittenten zu verbessern. 241 Zutreffend Casper, Konzern 2006, 32, 33 f. 239

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rig? Ist das Auslassen eines Unternehmens aus einer Zurechnungskette sittenwidrig? Da sich diese Liste endlos fortsetzen ließe und die Beantwortung stets ungewiss wäre, ist einer einzelfallabhängigen Prüfung der Vorzug vor der Festlegung von Einzelkriterien, bei deren Vorliegen das Pendel in die eine oder die andere Richtung ausschlägt, zu gewähren. Dabei ist immer das Gesamtbild des fraglichen Verhaltens zu würdigen. Als Orientierungshilfe für die seltenen Fälle der Falschmitteilung kann gelten, dass ein vorsätzlicher zweckwidriger Missbrauch des Informationsinstruments der §§ 21 ff. WpHG grundsätzlich sittenwidrig ist.242 Andernfalls wäre häufig schon der bloße Rechtsverstoß sittenwidrig, was den Tatbestand des § 826 BGB entgrenzt.243 Folgt man weiterhin der h. L., die den Eigennutz nicht als konstitutiven Bestandteil der Sittenwidrigkeit betrachtet, ist die so festzustellende Sittenwidrigkeit vom verfolgten Zweck unabhängig. Dient der vorsätzliche Meldeverstoß hingegen nachweislich eigennützigen Zwecken, bereitet die Feststellung der Sittenwidrigkeit weniger Probleme. Der intendierte Eigennutz dürfte bei der Abgabe bewusst falscher Mitteilungen auch die Regel sein, dient dieses Verhalten doch der Beeinflussung des Börsenkurses, um durch Verkauf zu einem zu hohen oder durch Zukauf zu einem zu niedrigen Preis ungerechtfertigte Handelsgewinne zu erzielen. Die Falschmitteilung wird somit zur persönlichen Bereicherung eingesetzt. Jedoch wirken solche Fälle manipulativ eingesetzter Stimmrechtsmitteilungen eher konstruiert. So wird ein Meldepflichtiger nicht einen weit geringeren Stimmrechtsanteil als den tatsächlich gehaltenen melden, um sich „ein bisschen“ rechtstreu zu verhalten. Vielmehr wird er die erforderliche Mitteilung vollständig unterlassen. Vorstellbar sind immerhin Fälle, in denen erreichte Meldeschwellen und prozentuale Beteiligungen grob falsch angegeben werden. Ähnlich lag die Stimmrechtsmitteilung des USamerikanischen Finanzinvestors Invesco, man halte 10,42% der Stimmrechte an der MAN SE, was in der Tagespresse als Einstieg eines neuen Großaktionärs betitelt wurde.244 Tatsächlich hielt Invesco nur 1,042%. Da diese Falschmitteilung auf einem bloßen Rechenfehler („Versehen“) beruhte, war sie trotz ihrer groben Unrichtigkeit nicht vorsätzlich, so dass eine Haftung gem. § 826 BGB ausschied. bb) Unterlassene Stimmrechtsmitteilungen Nicht zu beurteilen hatte der BGH die Sittenwidrigkeit gänzlich unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen. Im Rahmen der Beteiligungstransparenz ist diese Form des Pflichtverstoßes besonders bedeutsam, da beim Anschleichen grundsätzlich eine vorsätzliche Nichterfüllung von Meldepflichten vorliegt. 242 Ähnlich Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 34; ebenfalls auf den Missbrauchsgedanken abstellend Förster, AcP 209 (2009), 399, 414. 243 Siehe auch Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 65 f. 244 FAZ v. 2.10.2009, S. 15; zum Sachverhalt auch Tautges, BB 2010, 1291, 1291.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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Für die Ad-hoc-Publizität wird in der Literatur vertreten, ein Unterlassen könne nicht sittenwidrig sein.245 Die vorgetragenen Begründungen überzeugen allerdings nicht. Zunächst ist Rützel entgegenzutreten, der meint, an der Sittenwidrigkeit fehle es, weil im Falle des Unterlassens keine „vertrauensheischende“ Mitteilung vorliege.246 Er übersieht, dass § 826 BGB nach allgemeiner Zivilrechtsdogmatik auch durch Unterlassen verwirklicht werden kann. Dabei kommt es nicht auf den Aspekt des Vertrauensschutzes an, sondern darauf, ob das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht.247 Maier-Reimer/Paschos greifen daher an diesem Punkt an. Ihrer Auffassung zufolge fehlt es an einer durch die guten Sitten gebotenen Handlungspflicht. Die sittliche Handlungspflicht folge insbesondere nicht, und darin ist ihnen zuzustimmen, aus der gesetzlichen Informationspflicht, vorliegend mithin aus §§ 21 ff. WpHG, denn andernfalls würde der Gesetzesverstoß zur Haftungsgrundlage, was nachgerade für § 826 BGB nicht ausreicht.248 Zu widersprechen ist Maier-Reimer/Paschos aber in ihrer weiteren These, das Unterlassen falle auch dann nicht unter § 826 BGB, wenn es der Verfolgung eigener Zwecke diene. Denn in diesem Fall erschöpft sich das vorwerfbare Verhalten nicht in der bloßen Missachtung einer gesetzlichen Rechtspflicht. Vielmehr kommt ein Umstand hinzu, der das „schädigende Verhalten wegen seines Zwecks [. . .] oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als ,anständig‘ Geltenden verwerflich macht“.249 Damit begründet die eigennützige Gesinnung quasi in ihrer Kehrseite das sittliche Verhaltensgebot. Nicht ausreichen kann aber uneigennütziges Verhalten250 sowie der vorsätzliche Verstoß bei offensichtlicher Mitteilungsbedürftigkeit der Beteiligungstransaktion251. Unter der Voraussetzung des intendierten Eigennutzes spricht jedoch nichts dagegen, das rechtswidrige Unterlassen als sittenwidrig zu bewerten.252 Das gilt gerade, wenn das Unterlassen dem Anschleichen an ein Übernahmeziel, mithin einem eigennützigen Zweck, dient, zumal jüngere Gesetzesmaterialien verstärkt die Verwerflichkeit dieses Vorgehens zum Ausdruck bringen.253 245 Rützel, AG 2003, 69, 73; Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 174 f.; wohl auch Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 939 m. Fn. 96. 246 Rützel, AG 2003, 69, 73. 247 BGH NJW 2001, 3702, 3702 f.; Palandt/Sprau, BGB, § 826 Rn. 7. 248 A. A. für § 15 WpHG wohl Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 37. 249 BGH NJW 2001, 3702, 3702 f. 250 So aber Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 118a a. E. 251 So aber Möllers, WM 2003, 2292, 2295; ders., JZ 2005, 75, 76; ders./Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 422. 252 H. M. Fleischer, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 22; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 140 f.; Krause, ZGR 2002, 799, 824 f.; Horn, in: FS Ulmer, S. 817, 820. 253 RegE, DiskE Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG, S. 1; vgl. auch RegE RBG, BT-Drucks. 16/7438, S. 8 f. sowie RegE TUG, BT-Drucks. 16/2498, S. 28.

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b) Vorsatz Subjektiv muss der Meldepflichtige zwar nicht im Bewusstsein der Sittenwidrigkeit, wohl aber in Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände gehandelt haben.254 Zudem ist Schädigungsvorsatz erforderlich, für den dolus eventualis genügt, so dass die Schädigung der Anleger weder Ziel noch Motiv sein muss.255 Der Handelnde muss auch nicht im Einzelnen den Kausalverlauf oder die Zahl der möglicherweise geschädigten Personen vorhersehen; ausreichend, aber auch notwendig ist, dass er „die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken konnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und billigend in Kauf genommen hat“.256 Dieser Schädigungsvorsatz ist zwar getrennt von der subjektiven Seite der Sittenwidrigkeit festzustellen, wird aber regelmäßig aus der Sittenwidrigkeit des Verhaltens hergeleitet.257 Kritische Stimmen halten das für problematisch, da die Falschinformation durchaus auf anderen Motiven als dem der Anlegerschädigung beruhen könne.258 In der Tat dürfte beim heimlichen Beteiligungsaufbau weniger die Schädigung der Anleger, als die Verbilligung weiterer Transaktionen im Vordergrund stehen. Bei Lichte betrachtet wird damit aber die Schädigung des Anlegers inzident in Kauf genommen, so dass bedingter Vorsatz bejaht werden kann. Weiter machen Maier-Reimer/Paschos auf einen in der Tat nicht zu vernachlässigenden strukturellen Unterschied aufmerksam: Da die Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG das Merkmal der Kursrelevanz in sich trägt, geht mit der Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung das Bewusstsein der Kursbeeinflussung einher. Die Veränderung von Stimmrechtsanteilen ist hingegen unabhängig von der Kursrelevanz offenzulegen, so dass nicht einfach auf das Kursbeeinflussungsbewusstsein zu schließen, sondern dieses positiv nachzuweisen sei.259 Das geht im Ergebnis zu weit. Anders als Meier-Reimer/Paschos meinen stellt die Herleitung des Vorsatzes aus der kapitalmarktrechtlich interpretierten Sittenwidrigkeit keine Beweislastumkehr dar. Vielmehr wird dem Richter als Hilfestellung bei seiner Rechtsfindung gewährt zu prüfen, ob die Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände den Schluss auf den Schädigungsvorsatz zu254 Allg. M., BGHZ 8, 387, 393; BGH NJW 1962, 1099, 1100; Palandt/Sprau, BGB, § 826 Rn. 8; Schiemann, in: Erman, BGB, § 826 Rn. 11; Hönn, in: Soergel, BGB, § 826 Rn. 52. 255 Statt aller Wagner, in: MüKo/BGB, § 826 Rn. 23 m.w. N. 256 BGHZ 160, 149, 156 – Infomatec II; vgl. auch OLG Hamm NJW 1974, 2091, 2092. 257 BGHZ 10, 228, 233; 62, 54, 56; BGH WM 1975, 559, 560; Palandt/Sprau, BGB, § 826 Rn. 10; Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 826 Rn. 9; Sester, ZGR 2006, 1, 24. 258 Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 53; Rützel, AG 2003, 69, 77; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 784. 259 Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 242 für die Finanzberichterstattung.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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lassen.260 Denn der Handelnde bringt grundsätzlich seinen Schädigungswillen nicht offen zum Ausdruck, so dass mit dem objektiv erkennbaren Verhalten und Erfahrungssätzen zu arbeiten ist. Zu einem solchen Erfahrungssatz treten MaierReimer/Paschos in Widerspruch. Denn einem Meldepflichtigen ist grundsätzlich bewusst, dass der Markt auf die Veränderung von Stimmrechtsstrukturen bei einem Emittenten reagiert, was insbesondere bei Schwellenberührungen ab 10% der Fall sein dürfte. Derartige Erfahrungssätze finden bei der Feststellung des Schädigungsvorsatzes aber durchaus Berücksichtigung.261 Dementsprechend begründet auch der BGH für die Ad-hoc-Publizitätshaftung den Vorsatz weniger mit der in § 15 Abs. 1 WpHG verankerten Kursrelevanz, als mit der allgemeinen Lebenserfahrung, nach welcher davon auszugehen ist, „dass die Beklagten [. . .] über die Auswirkungen ihrer unrichtigen Ad-hoc-Information auf den Aktienmarkt Bescheid wussten“.262 Gerade das meldewidrige Anschleichen hat diese Kursbeeinflussung zum Ziel. Wird etwa das Erreichen der 25%-Schwelle nicht gemeldet, ist dem Meldepflichtigen klar, dass weniger Kaufaufträge von Anlegern, die an der Kurssteigerung und an Kontrollprämien teilhaben wollen, eingehen, als üblicherweise im Vorfeld einer Übernahme zu erwarten sind. Er weiß, dass die Anleger ihre Anlageentscheidung auf falscher Tatsachengrundlage treffen, womit er ihren Schaden zumindest für möglich hält, was für bedingten Vorsatz ausreicht. Der Anleger muss aber, und insoweit ist Maier-Reimer/Paschos zu folgen, objektive Umstände vortragen, die den Schluss auf den Schädigungsvorsatz wahrscheinlich erscheinen lassen. Dies scheint zwar nicht unmöglich, wird aber nicht ohne weiteres gelingen. Die Schwierigkeit liegt dabei weniger im Nachweis der Vorsätzlichkeit des Meldeverstoßes als im Vorsatz bezüglich der Schädigung der Anleger. Ein positiver Beweis durch den Anleger ist hingegen nicht zu fordern. Da die Rechtsprechung zur Expertenhaftung unter Inkaufnahme dogmatischer Brüche263 leichtfertiges Verhalten als vorsätzlich bewertet,264 fragt sich, ob dies auch bei Meldeverstößen in Betracht kommt. Da in den bekannten Entscheidungen vorsätzliche Ad-hoc-Publizitätsverstöße gegeben waren, musste der BGH dies bisher nicht in Erwägung ziehen.265 Die h. L. lehnt eine solche Absenkung des Vorsatzerfordernisses im Kapitalmarktrecht mit Recht ab.266 Denn das Kenn260

Wagner, in: FS Canaris, S. 473, 492; ferner Möllers, WM 2003, 2393, 2397. BGH NJW 1987, 1758, 1758; Palandt/Sprau, BGB, § 826 Rn. 11 a. E. 262 BGHZ 160, 149, 156 – Infomatec II. 263 Krit. daher Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 78 III 1c, S. 454 f. 264 BGH NJW 1991, 634, 636; 1992, 2080, 2083; auch Kersting, Dritthaftung, S. 73 ff. m.w. N. 265 Siehe aber LG Augsburg NJW-RR 2001, 1705, 1706 – Infomatec. Das LG nahm – in der Sache unzutreffend – Leichtfertigkeit an, die dann dem Vorsatz gleichgestellt wurde. 266 Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1806; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 41; Casper, in: KK/KapMuG, §§ 37b, 37c Rn. 74; Dühn, Schadensersatzhaftung, 261

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zeichen der Haftung von Experten, insbesondere Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Gutachter, für leichtfertige Falschinformation Dritter ist das besondere Vertrauen, das der Auskunftsnehmer mangels eigener Fachkenntnis dem Experten entgegenbringt.267 Eine solche Vertrauensstellung kommt dem Meldepflichtigen angesichts der Anonymität des Kapitalmarktes nicht zu, auch wenn der Anleger auf die gelieferte Information vertraut, die er in seine Anlageentscheidung mit einfließen lässt. Die Fallgestaltungen, um welche es den Befürwortern der Haftung für leichtfertige Falschinformationen des Kapitalmarktes geht, nämlich Erklärungen, die „ins Blaue hinein“ abgegeben oder in diesem Sinne unterlassen werden, sind jedoch auch nach der hier vertretenen Auffassung erfasst. Denn in diesen Fällen ist dem Meldepflichtigen nicht mehr nur grob fahrlässiges, sondern (bedingt) vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen, da er sich nicht über die Auswirkungen seines Informationsverhaltens auf die Anleger sorgt und damit deren mögliche Schädigung für zumindest möglich hält und billigend in Kauf nimmt.268 c) Zwischenergebnis Auch wenn man, ungeachtet der angesprochenen dogmatischen Bedenken, die Anforderungen an den Tatbestand des § 826 BGB nicht überspannt, sondern dem Ersatzinteresse des Anlegers „so gut es geht“ 269 entgegenkommt, wird die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG nur äußerst selten als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu werten sein. Die Vorschrift ist, wie nicht zuletzt die Fälle des Neuen Marktes, die derart krass waren, dass Sittenwidrigkeit und Vorsatz zweifellos vorlagen, belegen, auf Ausnahmesituationen im Kapitalmarktrecht zugeschnitten.270 Fälle, in denen der Meldepflichtige trotz des Wissens um seine Mitteilungspflicht die Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung unterlässt, um den Kurs der Aktien des Zielunternehmens niedrig zu halten, können zwar unter § 826 BGB fallen, dürften aber selten sein. So ist das viel diskutierte Anschleichen seltener zu beobachten, als es die Debatte um die Fälle Continental/Schaeffler S. 117; a. A. Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 131; Sester, ZGR 2006, 1, 15 ff.; Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 417. 267 Dazu Oechsler, in: Staudinger, BGB, § 826 Rn. 207 ff.; zu weiteren Anspruchsgrundlagen im Rahmen der Expertenhaftung Kersting, Dritthaftung, S. 20 ff. 268 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 41 a. E.; Sethe, in: Assmann/ Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 118a; Möllers/Leisch, in: Möllers/Rotter, Ad-hocPublizität, § 15 Rn. 15. 269 Wagner, in: MüKo/BGB, § 826 Rn. 73; ders., ZGR 2008, 495, 503. 270 Auf die begrenzte Reichweite von § 826 BGB hinweisend Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 31; Binninger, Gewinnhaftung, S. 121; Krause, ZGR 2002, 799, 825; a. A. wohl Veil, in: FS Hopt, S. 2641, 2651. Zu restriktiv Benzinger, Haftungsansprüche, S. 330 a. E., die § 826 BGB bei Verstößen gegen § 15a WpHG für nahezu unanwendbar erklärt.

B. Rechtsgrundlagen der Anspruchsbegründung

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und Porsche/VW nahelegt.271 Insbesondere muss ein Meldeverstoß stets eindeutig festgestellt werden, was nach der Auffassung der BaFin und der wohl h. L. in diesen Fällen nicht gegeben ist. Fälle fehlerhafter Stimmrechtsmitteilungen, die zu manipulativen Zwecken eingesetzt werden, um selbst gehaltene Aktien unter dem auf diese Weise künstlich erhöhten Kurs gewinnbringend zu verkaufen, wirken eher konstruiert. Ihnen dürfte keine nennenswerte Bedeutung zukommen. Insgesamt sind vorsätzliche sittenwidrige Meldeverstöße nicht der kapitalmarktrechtliche Regelfall.272 4. Fazit Mit der Schutzgesetzhaftung lässt sich durch Ausgleich individuell erlittener Schäden ein Vermögensschutz der Anleger erreichen, den die Bußgeldsanktion und der Rechtsverlust nur reflexiv berücksichtigen, indem sie den Meldepflichtigen zur Einhaltung seiner Meldepflichten anhalten. Ist es jedoch zum Schadensfall gekommen, leistet § 826 BGB nur selten Hilfe, da ein Meldeverstoß nachgerade kaum je den Tatbestand einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung erfüllen wird. Auch erscheint es sachnäher und methodengerechter, eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB zuzulassen, statt die durchaus strengen Voraussetzungen des § 826 BGB aufzuweichen, um die gewünschte Haftung erzielen zu können.273 Zugleich stellt eine schlagkräftige Schutzgesetzhaftung im Sinne des Private Enforcement ein effektives und neben die übrigen Sanktionen tretendes Mittel zur Durchsetzung der §§ 21 ff. WpHG dar. Das dient dazu, das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer zu gewinnen und zu sichern, die Integrität der Preisbildung zu fördern und letztlich die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes zu schützen. Begreift man die Schutzgesetzfrage somit auch funktional, darf abschließend ein Satz aus der Feder K. Schmidts zitiert werden:274 „Die Abgrenzung und Anwendung des § 823 Abs. 2 BGB ist eine Frage de lege lata geübter Rechtspolitik: Soll, so lautet die Frage, den durch wirtschaftsrechtliche Normen Geschützten die Befugnis zuerkannt werden, die Einhaltung der in Frage stehenden Normen zu sichern und sich durch individuelle Klagen gegen Normverstöße zur Wehr zu setzen?“

271

Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 846, 852. Entgegen Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 64 ist der Meldeverstoß nicht regelmäßig vorsätzlich. Den Regelfall bildet der fahrlässige Meldeverstoß, für den weder nach § 826 BGB noch nach dem hier vorgestellten Haftungskonzept nach § 823 Abs. 2 BGB gehaftet wird. 273 Auch Schiemann, in: Erman, BGB, § 826 Rn. 34; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 70. 274 K. Schmidt, in: FS Schwark, S. 753, 768; ebenfalls die Notwendigkeit rechtspolitischer Erwägungen im Rahmen der Schutzgesetzfrage feststellend Assmann, in: FS U. H. Schneider, S. 37, 46. 272

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§ 5 Schadensersatzhaftung

Nach den Ergebnissen dieses und der vorstehenden Kapitel ist die Frage mit einem klaren „Ja“ zu beantworten.

C. Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete I. Anspruchsberechtigte Anspruchsberechtigt ist der durch den Meldeverstoß Geschädigte. Das sind zuvörderst die Anleger, die selbstverständlich nicht selbst in meldepflichtigem Umfang am Emittenten beteiligt sein müssen, um aktivlegitimiert zu sein. Auch Kleinstanleger können daher Anspruchsinhaber sein; theoretisch muss nur eine Aktie gehalten werden. Je nach Anspruchsgrundlage muss hinzukommen, dass der Geschädigte in den Schutzbereich der §§ 21 ff. WpHG fällt (§ 823 Abs. 2 BGB)275 bzw. dass das Verhalten des Schädigers ihm gegenüber als vorsätzlich und sittenwidrig zu qualifizieren ist, was erfordert, dass der Schaden vom Schutzbereich der verletzten Sittenpflicht276 gedeckt ist (§ 826 BGB). Nachdem festgestellt wurde, dass der Emittent nicht in den Schutzbereich der Meldepflichten fällt, ist er grundsätzlich nicht anspruchsberechtigt.277 Ausnahmen können im Fall einer den Emittenten schädigenden Anmaßung mitgliedschaftlicher Rechte bestehen, wobei der Schadensersatzanspruch dann der aktienrechtlichen Treuepflicht zu entnehmen ist.278 Um einem Ausufern des Kreises der anspruchsberechtigten Anleger vorzubeugen, sehen die spezialgesetzlichen Kapitalmarkthaftungstatbestände ein sog. Transaktionserfordernis vor.279 Danach sind nur diejenigen Anleger aktivlegitimiert, die im Zeitraum der Desinformationsphase mit dem betreffenden Finanzinstrument auch gehandelt haben. Als Vorbild gilt die Birnbaum-Rule des USamerikanischen Kapitalmarktrechts, wonach bei täuschungsbedingtem Verzicht auf eine Transaktion kein Schadensersatzanspruch zu gewähren ist.280 Bezogen 275 276

OLG Hamm NJW 1974, 2091, 2092; Palandt/Sprau, BGB, § 823 Rn. 73. Vgl. Schiemann, in: Erman, BGB, § 826 Rn. 16; Förster, AcP 209 (2009), 399,

424. 277

Hierzu § 3 C. I. 2. b), S. 83. § 5 B. IV. 2., S. 208 f. 279 Rechtspolitisch Kritik übend Baums, ZHR 167 (2003), 139, 177; Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 107; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; vgl. auch § 79 Abs. 4 BörsG-E (abgedruckt bei Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, Rn. 186), der auf ein Transaktionserfordernis für Altanleger verzichtet. Zusammenfassend Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 341 f.; speziell zum Transaktionserfordernis bei §§ 37b, c WpHG: Zimmer/Grotheer, in: Schwark, KMRK, §§ 37b, c WpHG Rn. 64 ff. 280 Grundlegend Birnbaum v. Newport Steel Corp., 193 F.2d 461 (2nd Cir. 1952), certiorari denied, 343 U.S. 956; hierzu Hopt/Voigt, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9, 111 f.; siehe auch Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 421 U.S. 723 (1975) rehearing denied, 343 U.S. 884. 278

C. Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete

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auf § 826 BGB spricht sich der BGH indessen in einem obiter dictum im Urteil EM.TV jedenfalls in Bezug auf ihre Anteile haltende Altanleger gegen ein Transaktionserfordernis aus. Auch Altanleger, die „durch die unerlaubte Handlung [. . .] nachweisbar von dem zu einem bestimmten Zeitpunkt fest beabsichtigten Verkauf der Aktien Abstand genommen haben“ seien anspruchsberechtigt, wobei sie „selbstverständlich nicht den Erwerbspreis als Schadensersatz beanspruchen könnten, sondern den hypothetischen Verkaufspreis zum Kurs an dem ursprünglich geplanten Verkaufstermin“.281 Die Literatur erstreckt diese Aussage auf (potentielle) Neuanleger, die aufgrund einer fehlerhaften Information den geplanten Aktienerwerb nicht vorgenommen haben.282 Der Anspruch steht aber unter der Bedingung, dass die Maßgeblichkeit der Falschinformation für die Halteentscheidung nachgewiesen wird, was nicht leicht fallen wird. Die Gegenansicht tritt demgegenüber für ein allgemeines Transaktionserfordernis ein.283 Vermittelnd wird eine Differenzierung zwischen Alt- und Neuanlegern vorgeschlagen.284 Lediglich der Altanleger, der die Absicht zum Verkauf der gehaltenen Aktien anhand konkreter Umstände, z. B. der Rücknahme eines Verkaufsauftrags infolge der Falschmeldung, beweisen könne, sei aktivlegitimiert, nicht aber der untätig gebliebene Neuanleger, auch wenn er seine Erwerbsabsicht entsprechend nachweisen könne. Ungeachtet welcher Auffassung man sich anschließt, scheidet das Absehen von einer Transaktion wegen einer unterlassenen Stimmrechtsmitteilung in jedem Fall aus. Ein Anleger kann nicht mit der Behauptung Schadensersatz verlangen, wäre der Aufbau der Beteiligung aufgedeckt worden, hätte er Aktien erworben und so vom Kursanstieg profitiert. Nach der h. M. müsste er nachweisen, dass eine unterlassene Information ihn vom geplanten Aktienerwerb hat absehen lassen. Das ist faktisch unmöglich. Die Gegenansicht lässt den Anspruch hingegen schon mangels Vorliegen einer Transaktion scheitern. Die Auffassungen gelangen daher zum selben Ergebnis. Bedeutung kommt der Frage demnach ausschließlich für Alt- und Neuanleger, die aufgrund einer inhaltlich fehlerhaften Information vom Verkauf bzw. Kauf der Aktien Abstand genommen haben, zu. Für die Haftung bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG wird sich die praktische Relevanz in Grenzen halten. Im Unter281 BGH NJW 2005, 2450, 2453 – EM.TV; zustimmend OLG Stuttgart AG 2006, 383, 385; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1808; Casper, in: KK/KapMuG, §§ 37b, c WpHG Rn. 69; Mülbert, WuB I G 6 § 15 WpHG 1.06. 282 Fleischer, in: Fleischer, Vorstandsrecht, § 14 Rn. 41; Möllers/Leisch, in: KK/ WpHG, §§ 37b, c Rn. 433; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 55. 283 Hopt/Voigt, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9, 112 f.; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 342 ff.; Kowalewski/Hellgardt, DB 2005, 1839, 1840; wohl auch Kalss, Anlegerinteressen, S. 330 f. 284 Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 136; Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 181 f.

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§ 5 Schadensersatzhaftung

schied zur Ad-hoc-Publizität wirkt der Fall, dass grob fahrlässig oder vorsätzlich, und damit nach dem hiesigen Haftungskonzept haftungsträchtige, fehlerhafte Stimmrechtsmitteilungen abgegeben werden, um die Anlegerschaft zum Kauf oder Verkauf von Aktien zu animieren, konstruiert. Der Regelfall sind leicht fahrlässige Meldefehler. Denkbar ist zwar, dass ein Altaktionär aufgrund einer falschen („positiven“) Beteiligungsmitteilung, etwa weil scheinbar eine wesentliche Beteiligung aufgebaut wird, sich zum Halten seiner Anteile entschließt. Als Beispiel mag einmal mehr der Fall Invesco/MAN herhalten, wenngleich der dortige Meldefehler nur fahrlässig, mithin nicht haftungsauslösend, war. Umgekehrt kann ein Aktionär infolge einer „negativen“ Mitteilung, etwa weil der Beteiligungsabbau eines wichtigen Großaktionärs suggeriert wird, vom Verkauf seiner Aktien absehen. Allerdings sind solche Fälle – soweit ersichtlich – nicht bekannt geworden. Für den Fall, dass derartige Konstellationen doch einmal anzutreffen sein sollten, darf sich diese Arbeit auf die Aussage beschränken, dass viel für die zwischen Alt- und Neuanlegern differenzierende Lösung spricht. Sie berücksichtigt, dass die durch die Falschmitteilung bedingte Halteentscheidung des Altanlegers das angelegte Bestandsvermögen beeinträchtigt, zieht dem Vermögensschutz aber dort eine angemessene Grenze, wo es um die bloße Möglichkeit geht, Gewinnchancen zu nutzen. Zu einer unerwünschten Flut missbräuchlicher Schadensersatzklagen dürfte es nicht kommen.285 Selbst die bekannten AnschleichFälle haben keine Klagen wegen der Verschleierung des Beteiligungsaufbaus nach sich gezogen. Außerdem besteht mit dem KapMuG ein Instrument, um Massenverfahren zu bewältigen.

II. Anspruchsverpflichtete 1. Der Meldepflichtige Anspruchsgegner bei der Verletzung der Stimmrechtsmitteilungspflichten ist der Meldepflichtige. Auf seine rechtliche Organisationsstruktur kommt es dabei nicht an, so dass auch eine Privatperson, die das Berühren von Meldeschwellen nicht oder fehlerhaft meldet, hierfür haftbar gemacht werden kann. Am Kapitalmarkt agieren freilich hauptsächlich als Kapitalgesellschaften organisierte und damit auf das Handeln natürlicher Personen angewiesene Unternehmen. Damit stellt sich wiederum die Frage der Verschuldenszurechnung. Dabei lassen sich die zu § 28 WpHG gefundenen Ergebnisse übertragen.286 Der Gesellschaft wird 285 Ebenso für die Ad-hoc-Publizitätshaftung, wo die Gefahr missbräuchlicher Klagen größer sein dürfte als im Rahmen der Beteiligungstransparenz Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1808; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 32 f.; Unzicker, WM 2007, 1596, 1598; Brellochs, Publizität, S. 213 ff.; unentschlossen noch Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 107. 286 § 4 C. II. 4., S. 151 ff.

C. Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete

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zum einen das Verschulden ihrer verfassungsmäßigen Vertreter gem. § 31 BGB analog zugerechnet, zum anderen ist § 31 BGB analog bei der Delegation der Erfüllung der Stimmrechtsmitteilungspflichten auf der Führungsebene nachgeordnete Mitarbeiter anwendbar, da die Gesellschaft für ein Organisationsverschulden einzustehen hat.287 Im unternehmensinternen Bereich findet folglich eine umfassende Verschuldenszurechnung statt. Der Anwendung von § 31 BGB (analog) steht nicht entgegen, dass die Gesellschaft als Inhaberin der Stimmrechte die Mitteilungspflichten der §§ 21 ff. WpHG selbst zu erfüllen hat. Denn wenn § 31 BGB eine „zum Schadensersatz verpflichtende Handlung“ des Vorstands verlangt, so bedeutet dies nicht, dass die deliktische Haftung der Gesellschaft stets eine „logisch vorrangige Eigenhaftung“ ihrer Organe voraussetzt.288 Der Zweck des § 31 BGB erschöpft sich nicht darin, die Gesellschaft nur haften zu lassen, wenn und weil deren Organe sich haftpflichtig gemacht haben. Ob man das aus der Organtheorie herleitet, wonach die juristische Person selbst deliktsfähig ist und ihr das Handeln ihrer verfassungsmäßigen Vertreter als eigenes Handeln zugerechnet wird,289 oder indem man der juristischen Person eigene Verkehrspflichten zuordnet,290 kann dabei dahinstehen.291 Was unternehmensexterne Personen angeht, derer sich der Meldepflichtige zur Erfüllung der Stimmrechtsmitteilungspflichten bedient, z. B. Informationsdienstleister und Rechtsanwälte, soweit diese die Stimmrechtsmitteilung für den Meldepflichtigen erstellen und abgeben, richtet sich die Haftung der Gesellschaft nach § 831 BGB. Keine Anwendung findet § 278 BGB, da die Haftung deliktsrechtlicher Natur ist. Im Konzern haften Mutter- und Tochtergesellschaften gesamtschuldnerisch (§ 421 S. 1 BGB), wenn die Mutter beim Vorgehen nach § 24 WpHG eine Pflichtverletzung begeht. Daraus, dass allein die Mutter nach außen tätig wurde, darf nicht der Fehlschluss gezogen werden, sie hafte auch als Primärverpflichtete, so dass es an der für die Gesamtschuld erforderlichen Gleichstufigkeit fehlen würde.292 Denn § 24 WpHG verschiebt nur die Wahrnehmungszuständigkeit der Meldepflichterfüllung, lässt aber die Meldepflicht der Tochtergesellschaft(en) unberührt.293

287

Ausführlich Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, § 37b, c Rn. 396. BGHZ 125, 366, 375; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 116 f.; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 396; Krause, ZGR 2002, 799, 802; Reuter, in: MüKo/BGB, § 31 Rn. 31. 289 Zur Organtheorie nur Weick, in: Staudinger, BGB, § 31 Rn. 2. 290 Kleindiek, Deliktshafung, S. 204, 238 ff., 479. 291 So auch Krause, ZGR 2002, 799, 802. 292 Zur Gleichstufigkeit als Voraussetzung der Gesamtschuld BGHZ 106, 313, 319; Bydlinski, in: MüKo/BGB, § 421 Rn. 12 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 37 I, S. 632 ff. 293 § 2 B. II. 1. b), S. 38. 288

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§ 5 Schadensersatzhaftung

2. Organmitglieder des meldepflichtigen Unternehmens Eine weitere Folgefrage im Bereich meldepflichtiger Kapitalgesellschaften besteht darin, ob der geschädigte Anleger neben der Gesellschaft deren für die unterlassene oder fehlerhafte Information verantwortlichen Organmitglieder (kumulativ) in Anspruch nehmen kann. Um die dahingehenden rechtspolitischen Forderungen ist es, seitdem die Klagewellen wegen falscher Ad-hoc-Mitteilungen zu Zeiten des Neuen Marktes abgenommen haben, ruhiger geworden.294 Nachdem dann auch das KapInHaG gescheitert ist, scheint der Gesetzgeber sich derzeit nicht mehr mit diesem Thema zu befassen. De lege lata ist die Inanspruchnahme von Organmitgliedern für fehlerhafte Stimmrechtsmitteilungen auf Grundlage von § 826 und § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 21 ff. WpHG möglich. Nicht statthaft ist nach allgemeiner Auffassung hingegen ein Vorgehen über § 830 Abs. 2 BGB.295

D. Schaden und Kausalität Zu den schwierigsten und in Praxis und Wissenschaft am eindringlichsten diskutierten Fragen der Kapitalmarkthaftung gehören die des Schadens und der Kausalität. Zu beidem ist viel geschrieben worden, so dass die Diskussion in hochdifferenzierte Verästelungen vorgedrungen ist. Als Beleg mögen Arbeiten von Geibel, Barth und Weichert, die sich ausschließlich diesen Aspekten widmen, dienen.296 Mit Blick auf das Ziel der Untersuchung, das in der Systematisierung der für die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG geltenden Sanktionen besteht, kann es im Folgenden weniger um eine Feinjustierung, als darum gehen, die Haftungssanktion als Instrument zur Durchsetzung der Beteiligungstransparenz unter dem Blickwinkel der Schwierigkeiten, die diese Tatbestandsmerkmale aufwerfen, zu würdigen.

I. Schaden Hat der Anleger in casu einen Schaden erlitten, richtet sich der Inhalt seines Ersatzanspruchs mangels vorrangiger Spezialregelungen nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB. Dabei ist unstreitig, dass nicht das positive Interesse ersetzt wird, der Anleger also nicht verlangen kann, so gestellt zu werden,

294 Die rechtspolitische Diskussion um eine kumulative Organaußenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen zusammenfassend Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37 b, c Rn. 75 ff. 295 Nachw. in Fn. 20 dieses Abschnitts. 296 Geibel, Kapitalanlegerschaden; Barth, Schadensberechnung; Weichert, Anlegerschaden.

D. Schaden und Kausalität

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als wäre die fehlerhafte Information inhaltlich zutreffend.297 Ersatzfähig ist lediglich das negative Interesse. Danach wird der Zustand wieder hergestellt, der bestünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. So anerkannt diese Beschränkung auf das negative Interesse ist, so umstritten ist die Folgefrage, wie der konkrete Inhalt dieses negativen Interesses zu bestimmen ist. In Betracht kommen zwei Möglichkeiten, die im weiteren Verlauf noch genauer zu definieren sind: der Transaktionsschaden und der Kursdifferenzschaden. Während für Beteiligungstransparenzverstöße bislang – soweit ersichtlich – nicht erörtert wird, welcher dieser beiden Schadensarten ersatzfähig ist,298 hat sich zur Haftung für Ad-hoc-Mitteilungen eine kontroverse Diskussion entwickelt. Bevor der dortige Meinungsstand dargestellt und die Übertragbarkeit auf den Fall eines Meldeverstoßes erörtert werden kann, sind die typischen Interessen geschädigter Anleger aufzuzeigen. 1. Interessenlage geschädigter Anleger Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der Schädiger im Wege der Naturalrestitution den Zustand wieder herzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestünde. Folglich ist der Anleger so zu stellen, als hätte der Meldepflichtige seine Stimmrechtsmitteilungspflicht richtig, vollständig und unverzüglich erfüllt. Da der Emittent dann eine zutreffende Mitteilung veröffentlicht hätte, wäre auch der Anleger zutreffend informiert worden. Es muss also hypothetisch ermittelt werden, wie der Anleger sich in dieser Situation verhalten hätte. Zunächst ist an Anleger zu denken, die bei zutreffender Information vom Kauf bzw. Verkauf der Aktien abgesehen hätten. Sie sind deshalb an der Rückabwicklung der Transaktion interessiert.299 Insoweit lässt sich als Fallbeispiel anführen, dass der Anleger nach einer fehlerhaften („positiven“) Stimmrechtsmitteilung (z. B. wenn das fehlerhaft mitgeteilte Überschreiten mehrerer Schwellenwerte den Einstieg eines Großaktionärs suggeriert, wie im Fall Invesco/MAN) Aktien erworben hat, die er bei zutreffender Beteiligungsmeldung nicht erworben hätte. Da sich der Anleger von diesem Umstand eine Steigerung des Marktkurses erhofft, kauft er Aktien des Emittenten. Er wird dann Erstattung des bezahlten Erwerbspreises gegen Rückübertragung der erworbenen Aktien verlangen. Während diese Form der Informationspflichtverletzung den Standardfall der Ad-hoc-Publizitätshaftung darstellt, dürften sie, wie gesagt, für die Beteiligungstransparenz 297 Assmann, in: FS Lange, S. 345, 354; Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 50 f.; Weichert, Anlegerschaden, S. 81; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 148 f. 298 Eine Ausnahme bildet Stern, Verletzung der §§ 20, 21 AktG, S. 74 ff. Ohne Begründung vom Kursdifferenzschaden ausgehend Renn, Einsatz von Derivaten, S. 179; für Ersatz des Transaktionsschadens Neinhaus, Sanktionen, S. 107. 299 Zu den folgenden beiden Beispielen auch Langenbucher, in: FS K. Schmidt, S. 1051, 1061.

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§ 5 Schadensersatzhaftung

keine große Rolle spielen. Häufiger wird das Unterlassen einer Stimmrechtsmitteilung sein, da der Meldepflichtige aus strategischen und finanziellen Gründen interessiert ist, den Beteiligungsaufbau geheim zu halten.300 Da der Anleger sich in Unkenntnis des Beteiligungsaufbaus und der Übernahmeanbahnung von seinen Aktien getrennt hat, fordert er, dass der Meldepflichtige ihm dieselbe Anzahl an veräußerten Aktien gegen Rückgewähr des erlangten Veräußerungserlöses wieder beschafft, gleichgültig ob aus eigenen Beständen oder durch Erwerb am Markt. Vorstellbar ist auch, dass der Anleger am Wertpapiergeschäft festgehalten hätte, aber zu einem anderen Kurs, nämlich zu demjenigen, der sich unter der wahren Sachlage gebildet hätte. Entsprechend der geschilderten Beispiele lässt sich anführen, dass der Anleger entweder die Aktien infolge einer falschen, kurssteigenden Mitteilung „zu teuer“ erworben oder infolge eines, die zu erwartende Kurssteigerung unterbindenden Unterlassens „zu billig“ verkauft hat. Er ist dann nicht an der Rückabwicklung einer Transaktion interessiert, sondern am finanziellen Ausgleich des erlittenen Vermögensschadens, der im Differenzbetrag zwischen dem gezahlten bzw. erhaltenen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei zutreffender Beteiligungsmitteilung hypothetisch gebildet hätte, liegt. Schließlich könnte der Anleger von einer zunächst geplanten Kaufs- oder Verkaufsentscheidung wegen eines Meldefehlers wieder Abstand nehmen. Er begehrt dann die Durchführung der ursprünglich geplanten Transaktion. Nach der hier vertretenen Auffassung ist allerdings nur der untätig gebliebene Altanleger, nicht hingegen der Neuanleger aktivlegitimiert. Ohnehin kommt diesen Fällen für die Haftung im Zusammenhang mit den §§ 21 ff. WpHG keine nennenswerte Bedeutung zu. 2. Inhalt des Schadensersatzanspruchs a) Meinungsstand zur Ad-hoc-Publizitätshaftung Im Anwendungsbereich von § 826 BGB billigen Rechtsprechung301 und h. L.302 dem geschädigten Anleger ein Wahlrecht zwischen dem Kursdifferenzschaden und dem Transaktionsschaden zu. Ersterer ist als reiner Vermögensschaden zu qualifizieren. Er wird durch den Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlich gezahlten Erwerbspreis und dem Preis, der sich bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Ad-hoc-Mitteilungspflicht gebildet hätte, markiert. Diesen Schaden 300

Siehe hierzu § 2 C., S. 48 ff. BGHZ 160, 149, 153 – Infomatec II; BGH NJW 2004, 2668, 2669 – Infomatec III; mehrfach bestätigt in den ComROAD-Entscheidungen. 302 Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 304 ff.; Sethe, in: Assmann/ Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 126 ff.; Krämer, in: Krieger/Schneider, Managerhaftung, § 28 Rn. 61; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1808; Schäfer, NZG 2005, 985, 990; Brellochs, Publizität, S. 278; Sauer, ZBB 2005, 24, 31; Henze, in: FS Schwark, S. 425, 437 f. 301

D. Schaden und Kausalität

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erleidet der Anleger unabhängig davon, ob er auf die Falschinformation vertraut hat oder nicht. Er stellt sich allein dadurch ein, dass sich zwischen Kauf und Verkauf der Wertpapiere der Kurs negativ verändert hat, also weil Aktien „zu teuer“ gekauft oder „zu billig“ verkauft wurden. Der Transaktionsschaden – inhaltlich gleichbedeutend auch als Vertragsabschlussschaden bezeichnet303 – entsteht aus der Bindung an den ungewollten, weil irrtumsbedingten Kauf oder Verkauf der Aktien. Es handelt sich um einen immateriellen Schade, da die persönliche Dispositionsfreiheit beeinträchtigt wird. Der Schadensersatz wird durch Rückabwicklung des Wertpapiergeschäfts vollzogen. Je nach Situation wird dem Anleger entweder der Erwerbspreis Zug-um-Zug gegen Rückgewähr der erworbenen Wertpapiere erstattet oder ihm die Anzahl an Wertpapieren, die er irrtumsbedingt veräußert hat, Zug-um-Zug gegen Rückgewähr des Veräußerungserlöses verschafft. In den bekannten Fällen zur Ad-hoc-Publizitätshaftung wurde freilich nur ersteres von den Anlegern gewünscht. Auch wenn der Transaktionsschaden regelmäßig mit einem Vermögensschaden zusammenfällt, hängt sein Bestehen nicht davon ab, ob der ungewollte Vertragsschluss zu finanziellen Einbußen führt. In diesem Zusammenhang sei im Übrigen klargestellt, dass es terminologisch ungenau ist, mit dem schadensersatzrechtlichen Begriff der Naturalrestitution die Rückabwicklung der Transaktion als Gegenpol zum Kursdifferenzschaden zu beschreiben.304 Denn auch der Ersatz in Geld kann eine Form der Naturalrestitution sein (vgl. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB).305 Genauer ist es daher, vom Transaktionsschaden als Gegenstück zum Kursdifferenzschaden zu sprechen. Der BGH begründet das Wahlrecht des Anlegers damit, dass § 826 BGB den Schaden nicht näher spezifiziert. Schaden sei daher „nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung“.306 Bei zwischenzeitlicher Veräußerung gelte der Differenzbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und dem ursprünglichen Erwerbspreis als Schaden. Noch einen Schritt weiter geht Bachmann, der dieses Wahlrecht nicht auf § 826 BGB beschränkt, sondern auf sämtliche deliktsrechtliche Ansprüche, insbesondere § 823 Abs. 2 BGB ausdehnt.307 Die Gegenansicht beschränkt den ersatzfähigen Schaden auf die Kursdifferenz.308 Dafür wird vorgebracht, dass die Rückabwicklung nicht möglich sei, 303 Zur wenig einheitlichen Terminologie siehe Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 106. 304 So aber Fleischer, BB 2002, 1869, 1870; auch Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 346; richtig daher Kowalewski/Hellgardt, DB 2005, 1839, 1840. 305 Hierzu Oetker, in: MüKo/BGB, § 249 Rn. 340. 306 BGHZ 160, 149, 153 – Infomatec I. 307 Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 136. 308 Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Casper, Konzern 2006, 32, 35; Reichert/ Weller, ZRP 2002, 49, 55; Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428, 2430; Wagner, ZGR

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weil der Anleger die Aktien nicht vom Emittenten erwerbe. Die Verpflichtung des Emittenten zum Rückerwerb der Aktien geschädigter Anleger verstoße vielmehr gegen § 71 AktG, da eine Ausnahme vom Verbot des Rückerwerbs eigener Aktien zur Begleichung von Schadensersatzpflichten nicht vorgesehen ist. Auch müsse ein Gleichlauf mit den §§ 37b, c WpHG hergestellt werden. Zwar beschränkt sich deren Formulierung darauf, dass der „durch die Unterlassung entstandene Schaden“ (§ 37b Abs. 1 WpHG) bzw. der Schaden „der dadurch entsteht, dass der Dritte auf die Insiderinformation vertraut“ ersetzt wird. Doch subsumiert die ganz h. M. hierunter lediglich den Kursdifferenzschaden.309 Anders als im Rahmen der Börsenprospekthaftung gem. § 44 BörsG sei die Rückabwicklung der Transaktion nicht als Inhalt des Ersatzanspruchs vorgesehen.310 Zudem sei es unbillig, dass der Anleger im Wege der Rückabwicklung der Transaktion von allgemeinen Kursrisiken befreit werde. Zur dogmatischen Untermauerung verweist diese Ansicht teils auf kapitalmarktrechtliche Besonderheiten, teils auf § 251 Abs. 1 BGB. b) Stellungnahme in Bezug auf Meldeverstöße Was den Schadensinhalt bei der Verletzung der Beteiligungstransparenzgebote betrifft, ist die Beschränkung auf den Kursdifferenzschaden vorzugswürdig.311 Gewiss sprechen für die h. M. gute Gründe. Sie berücksichtigt konsequent die dargestellte Interessenlage, indem sie dem Anleger die Wahl der Art und Weise der Schadensabwicklung überlässt. Auch geht der Einwand des § 71 AktG gegen die Möglichkeit der Rückabwicklung des Wertpapierkaufs bei der Haftung des Meldepflichtigen ins Leere. Selbst wenn dieser als AG organisiert ist und damit unter § 71 AktG fällt, sind die zu erwerbenden Aktien nicht eigene Aktien des Meldepflichtigen, sondern solche des Emittenten. Die Problematik des Verstoßes gegen das Verbot des Rückerwerbs eigener Aktien stellt sich schon gar nicht, womit ein weiterer Unterschied zur Emittentenhaftung markiert ist. Ferner ist die Rückabwicklung der Transaktion nicht unmöglich. Zwar hat der Anleger die Ak2008, 495, 507 ff.; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 493 ff.; wohl auch Rützel, AG 2003, 69, 76. 309 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 77; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, 37c Rn. 86 ff.; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 199; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 335; Engelhardt, BKR 2006, 443, 446; a. A. Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 246 ff.; dies., in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rn. 107 ff.; auch Weichert, Anlegerschaden, S. 284 ff. 310 Zum Inhalt des Anspruchs nach § 44 BörsG Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 44 BörsG Rn. 65; Habersack, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 45. 311 Bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG i. Erg. ebenso Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22: § 28 WpHG Rn. 29, allerdings gem. §§ 37b, c WpHG analog.

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tien nicht vom Meldepflichtigen, sondern von einem Dritten, regelmäßig einer Bank, erworben, doch scheitert daran nicht die Rückabwicklung.312 Sinn und Zweck der Naturalrestitution ist nämlich die Wiederherstellung der Güterlage des Geschädigten, nicht aber die des Schädigers.313 Die Rückabwicklung der Transaktion tritt auch nicht mit dem Zweck der §§ 21 ff. WpHG, den unbemerkten Beteiligungsaufbau zu verhindern, in Widerspruch. Betrachtet man zunächst den – praktisch seltenen – Fall einer zur Kurssteigerung eingesetzten Falschmitteilung, so geht es dem Meldepflichtigen darum, Aktien, die er selbst am Emittenten hält, unter dem so in die Höhe getriebenen Kurs zu verkaufen; am Aufbau einer Beteiligung ist er gar nicht interessiert. Ebenso wenig bestehen im bedeutsameren Fall der unterlassenen Mitteilung Bedenken. Denn in diesem Fall hat der Meldepflichtige dem Anleger Aktien des Emittenten zu verschaffen, an dem er unbemerkt eine Beteiligung aufbauen wollte. Damit wird die meldewidrige Beteiligung beim Meldepflichtigen teilweise wieder abgebaut. Dennoch sieht sich die h. M. durchgreifenden Bedenken ausgesetzt. Gegen sie spricht zunächst, dass die hohen Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB, auf die verwiesen wird, um den Ersatz des Transaktionsschadens zu rechtfertigen, diese Rechtfertigung nicht liefern. Die h. M. selbst weicht den Tatbestand auf, indem sie die Sittenwidrigkeit aus der wissentlichen Falschinformation des Kapitalmarktes entnimmt und grobe Fahrlässigkeit dem Vorsatz gleichstellt.314 In der Konsequenz rückt die Haftung nach § 826 BGB nahe an die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB heran, was die Grenze zwischen diesen Vorschriften jedenfalls im Rahmen der Kapitalmarkthaftung verwischt.315 Gleichsinnig fürchtet Casper einen Gleichlauf mit der Haftung nach §§ 37b, c WpHG, wenn die Sittenwidrigkeit zu schnell bejaht wird.316 Bachmann geht deshalb davon aus, dass die Möglichkeit der Rückabwicklung des Wertpapiergeschäfts nicht davon abhängt, ob § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB als Anspruchsgrundlage herangezogen wird.317 Auch wenn ihm in seinem Ergebnis, die Rückabwicklung des Wertpapiergeschäfts sei die Rechtsfolge des Schadensersatzanspruchs, nicht zugestimmt werden kann, so zeigen seine Ausführungen doch überzeugend auf, dass sich der 312 So aber Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, c Rn. 52; ders./Dühn, BKR 2002, 1063, 1068; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 152 ff.; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55. 313 Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 221; Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 430; Möllers, JZ 2005, 75, 77; Spindler, WM 2004, 2089, 2093; Fleischer, ZIP 2005,1805, 1808. 314 Siehe § 5 B. V. 3., S. 232 ff. 315 Krit. dazu Ekkenga, ZIP 2004, 781, 783; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 64 ff., v. a. S. 67; offener Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 133 f. 316 Casper, Konzern 2006, 32, 33; ders., in: KK/KapMuG, §§ 37b, c WpHG Rn. 71. 317 Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 136; wohl auch Brellochs, Publizität, S. 278.

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Inhalt des Schadensersatzanspruchs nicht aus den (vermeintlich) hohen Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB herleiten lässt. Zwar möchte diese Regelung den Vorsatztäter „deprivilegieren“ 318, doch folgt daraus nur, dass entgegen der Grundkonzeption des Deliktsrechts ein reiner Vermögensschaden ersetzt wird. Wie der Schadensersatz durchzuführen ist, also, ob durch Rückabwicklung der Transaktion oder Geldersatz, bestimmt sich in Ermangelung spezieller Regelungen, wie sie die Prospekthaftung zulässt,319 allein nach den §§ 249 ff. BGB. Diese Regelungen differenzieren jedoch weder nach der einschlägigen Anspruchsgrundlage noch nach dem vorwerfbaren Verschuldensgrad.320 Noch nicht einmal heben sie darauf ab, ob der Anspruch vertraglich oder deliktisch begründet ist.321 Man könnte sich nun auf den Standpunkt stellen, der Transaktionsschaden sei zu ersetzen, weil die Naturalrestitution nach den §§ 249 ff. BGB den gesetzlichen Grundsatz bildet. Das greift jedoch zu kurz. Zu beachten ist nämlich, dass der Wert der Aktie, wie auch sonstiger am Kapitalmarkt gehandelter Wertpapiere, sich durch die Abhängigkeit vom Börsenkurs stetig verändert.322 Kursreaktionen sind auf viele verschiedene Faktoren zurückzuführen, etwa neue Informationen über den Emittenten oder ein aktuelles „Börsenklima“. Das Kursrisiko übernimmt der Anleger mit dem Erwerb der Aktie. Bietet man ihm nun die Erstattung des einst aufgebrachten Erwerbspreises an, wird nicht nur sein Vermögensschaden ersetzt. Vielmehr nimmt an ihm zugleich das Kursrisiko ab. Er wäre quasi gegen ungünstige Marktentwicklungen versichert.323 Umgekehrt würde der Anleger im bedeutsamen Fall des Unterlassens einer Stimmrechtsmitteilung von günstigen Marktentwicklungen profitieren, wenn er die Anzahl der veräußerten Aktien zurückerhält. Das käme einem „Recht auf Gewinn“ gleich. Zugleich würden dem Schädiger nicht mehr kalkulierbare Kosten beim Schadensausgleich auferlegt, etwa wenn er am Markt zu einem (extrem) hohen Preis Aktien erwerben muss, um den Schaden des Anlegers liquidieren zu können. Die Anspruchshöhe wäre nicht allein vom Meldeverstoß, sondern von Marktentwicklungen abhängig. Nicht zu Unrecht wird die Gefahr einer Übermaßhaftung angemahnt.324 Als Beispiel mag das Anschleichen an ein Übernahmeziel dienen. Der Aktien318

Oetker, in: Staudinger, BGB, § 826 Rn. 15; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1057. Zu den Einzelheiten i. R. d. § 44 BörsG Assmann, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 6 Rn. 245 ff. Vergleichbares gilt für die §§ 13, 13a VerkProspG, 127 InvG und auch für die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung, vgl. BGHZ 115, 213, 220. 320 Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 351 f.; Wagner, ZGR 2008, 495, 519, siehe auch ders., AcP 206 (2006), 352, 456 f. 321 Ebert, in: Erman, BGB, Vor §§ 249–253 Rn. 2; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 656. 322 Kalss, Anlegerinteressen, S. 330; Fleischer, Gutachten F 64. DJT, S. 29. 323 Fleischer, BB 2002, 1869, 1872; Casper, Konzern 2006, 32, 35. 324 Sauer, ZBB 2005, 24, 32; Wagner, ZGR 2008, 495, 512; Barth, Schadensberechnung, S. 259; a. A. Möllers, AcP 208 (2008), 1, 28. 319

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kurs des Zielunternehmens steigt nicht nur, sobald die meldewidrig aufgebaute Beteiligung und damit die Übernahmeabsicht des Meldepflichtigen publik werden, sondern auch wegen der Euphorie der Marktteilnehmer, die sich typischerweise im Vorfeld einer Übernahme einstellt. Unterstellt man einmal einen Meldeverstoß und bürdet Porsche eine Pflicht zur Verschaffung von VW-Aktien auf, liefert auch der Fall Porsche/VW ein eindrucksvolles Beispiel dafür, welche gravierenden Auswirkungen der Zuspruch des Transaktionsschadens auf den Rechtsverletzer haben kann.325 Die Rückabwicklung der Transaktion verschiebt demzufolge das vom Anleger zu tragende Kursrisikos auf den Schädiger, d.h. den Meldepflichtigen.326 Das widerspricht nicht nur dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot,327 sondern ist auch wertungsmäßig nicht tragbar. Das geben sogar die Anhänger des Transaktionsschadens zu, wenn sie das allgemeine Marktrisiko im Wege der Vorteilsausgleichung schadensmindernd berücksichtigen.328 Zwar mag es wirtschaftlich keinen Unterschied machen, ob man das Marktrisiko vom (Transaktions-) Schaden abzieht oder, wie beim Kursdifferenzschaden, erst gar nicht in die Berechnung einbezieht.329 Allerdings wird das Marktrisiko faktisch doch wieder in die Sphäre des Schädigers geschoben, da diese Ansicht ihm die Beweislast hinsichtlich abzugsfähiger Marktrisiken zuteilt. Der Kursdifferenzschaden indes klammert das Marktrisiko aus, da er sich aus der Differenz zwischen dem Kurs, zu dem der Anleger die Transaktion einst vornahm, und dem Kurs, der bei wahrer Information bestanden hätte, errechnet. Damit wird zugleich berücksichtigt, dass es nicht Aufgabe der §§ 21 ff. WpHG ist, dem Anleger die Risiken der Kapitalanlage abzunehmen oder Gewinnchancen zu sichern.330 Zwar soll ihm als Ausfluss des Individualschutzes eine informierte, die Chancen und Risiken der Kapitalanlage überblickende Anlageentscheidung ermöglicht werden, doch garantiert ihm das keine bestimmten Kursentwicklungen. Kernaufgabe der Beteiligungstransparenz ist vielmehr, das Vertrauen des Anlegers zu schützen, dass er wahrheitsgemäß über die aktuelle Beteiligungsstruktur beim Emittenten infor325 Der immense Kurssprung der VW-Aktie im Oktober 2008 war nicht nur dem Umstand geschuldet, dass Porsche plötzlich bekannt gab, seine Beteiligung auf 42,6% aufgestockt zu haben und zusätzlich 31,5% vermittels Optionsgeschäften zu halten, sondern ging auch auf Leerverkäufe zurück, die in erheblichem Umfang mit VW-Aktien getätigt wurden. Da dies insgesamt eine Beteiligung von 74,1% bedeutete und das Land Niedersachsen weitere 20% hielt, kam es am Markt zu einem Short Squeeze, da nur noch wenige Anteile im Freihandel verfügbar waren, mit denen Leerverkäufer ihre offenen Positionen decken konnten. Zum Ganzen BörsZ v. 20.10.2008, S. 1. 326 Fleischer, BB 2002, 1869, 1871; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Hutter/ Stürwald, NJW 2005, 2428, 2430; Wagner, ZGR 2008, 495, 513. 327 Dazu BGHZ 118, 312, 338 ff.; Oechsler, in: MüKo/BGB, § 249 Rn. 20. 328 Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 289; Benzinger, Haftungsansprüche, S. 191; Weichert, Anlegerschaden, S. 172 ff. 329 Wagner, ZGR 2008, 495, 519. 330 Zum Zweck der §§ 21 ff. WpHG § 3 A. I., S. 51 ff.

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miert, mithin auf dem „Stand der Dinge“, ist. Ferner folgt aus dem Umstand, dass die Prospekthaftung die Rückabwicklung der Transaktion zulässt nicht, dass dies auch bei Sekundärmarktschäden gilt.331 Dort liegt die Sache anders, weil der Prospekt die alleinige und umfassende Informationsgrundlage für den Anleger bildet, während die Beteiligungstransparenz nur einen Ausschnitt all der Informationen liefert, die in seine Anlageentscheidung einfließen.332 Das gilt umso mehr, als Finanzintermediäre sämtliche dieser Informationen in ihrer gegenüber dem Anleger ausgesprochenen Anlageempfehlung zusammenführen. Rechtsvergleichend sei noch angemerkt, dass im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht, dem international eine Vorbildrolle zukommt, im Rahmen von Sec. 10 (b) Securities Exchange Act die Gerichte dem am Sekundärmarkt geschädigten Anleger nur den Kursdifferenzschaden (out-of-pocket-damage) zusprechen.333 Als dogmatische Stütze dafür, dass nur der Differenzschaden ersatzfähig ist, wird vorgetragen, dass es dem Anleger nur am Schutz seines Vermögens, nicht aber an seiner individuellen Dispositionsfreiheit gelegen sei.334 Obwohl Aktien in der Tat vorwiegend aus finanziellen, und weniger aus mitgliedschaftlichen Zecken erworben werden, erscheint es zweifelhaft, den Schutzzweck der Beteiligungstransparenz auf die Effizienz der Preisbildung zu beschränken.335 Denn die Kenntnis der Beteiligungsverhältnisse soll dem Anleger die Entscheidungsfindung bei der Kapitalanlage erleichtern, so dass auch die Dispositionsfreiheit betroffen ist.336 Auch der BGH weist die Integrität der Willensentschließung als Schutzgut der Informationshaftung am Sekundärmarkt aus.337 Zielführender als die Begründung des ersatzfähigen Schadens mit Schutzzweckerwägungen dürfte sein, auf der Ebene der §§ 249 ff. BGB anzusetzen. Öffnet man die schadensersatzrechtlichen Kategorien den dargebrachten normativen Wertungen des Kapi331 Vgl. insbesondere § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG („Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises“); dazu Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 64 ff. 332 Siehe auch die Gegenüberstellung von Gemeinsamkeiten und Unterscheiden der Primär- und Sekundärmarkthaftung bei Fleischer, BB 2002, 1869, 1872. 333 Affiliated Ute Citizens v. United States, 406 U.S. 128, 155 (1972); Randall v. Loftsgaarden, 478 U.S. 647, 661 (1986); auch Dura Pharmaceuticals Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336, 344 (2005); zum Ganzen Barth, Schadensberechnung, S. 123 ff. 334 Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 147; ders./Voigt, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9, 128 ff.; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635; Wagner, ZGR 2008, 495, 510 ff. 335 Für die Ad-hoc-Publizität mag diese Sichtweise zutreffen, da § 15 Abs. 6 WpHG ihr das individualschützende Moment versagt, vgl. Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 147; Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 15 WpHG Rn. 9; Teichmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 149, 156; Engelhardt, BKR 2006, 443, 447; a. A. Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 262; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 389. 336 Hierzu § 3 A. I., S. 51 ff. 337 BGH AG 2008, 252, 253 – ComROAD VI.

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talmarktrechts,338 insbesondere der Vermeidung der Risikoabwälzung, lässt sich die Beschränkung des Schadensersatzes auf die Kursdifferenz gut begründen. Damit wird im Rahmen der Informationshaftung nicht die Naturalrestitution an sich in Frage gestellt, sondern ihr werden dort Grenzen gezogen, wo sie zu kapitalmarktrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Ergebnissen führt.339 Dahinstehen mag dann die Folgefrage, ob dies durch eine Begrenzung der Naturalrestitution auf Geldersatz oder durch Anwendung von § 251 Abs. 1 BGB erreicht wird.340 c) Zwischenergebnis Ersetzt wird ausschließlich der Kursdifferenzschaden. Das gilt sowohl für die Haftung des Meldepflichtigen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 21 ff. WpHG als auch nach § 826 BGB. Seine Präventivwirkung verliert der Schadensersatz dadurch nicht,341 da die zu ersetzende Kursdifferenz empfindliche Schadenssummen entstehen lassen kann, von denen eine hinreichende Abschreckung vor Meldeverstößen ausgeht. Ausnahmen vom Grundsatz des Kursdifferenzschadens bestehen lediglich, wenn der Anleger die Aktien direkt vom Meldepflichtigen erworben hat, so dass ein Kaufvertrag zwischen Anleger und Meldepflichtigem rückabgewickelt wird. Dieser Fall ist allerdings so selten, dass er vorstehend vernachlässigt werden konnte. 3. Umfang des Schadensersatzanspruchs a) Schadensermittlung und Schadensberechnung Folgt man diesem Ansatz, stellt sich unausweichlich die Frage nach der Schadensermittlung und -berechnung. Um den Vermögensschaden festzustellen und seiner Höhe nach beziffern zu können, muss der Differenzhypothese entsprechend der Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlichen Kaufs- bzw. Verkaufspreis der Aktien und dem hypothetischen Kaufs- bzw. Verkaufspreis, der sich bei zutreffender Information eingestellt hätte, bestimmt werden.342 Da nicht absehbar sei, wie sich der Kurs einer Aktie oder eines Wertpapiers entwickelt hätte, wurde der Kursdifferenzschaden vereinzelt für nicht berechen338 Zur Berücksichtigungsfähigkeit kapitalmarktrechtlicher Wertungen im Schadensersatzrecht Assmann, in: FS Lange, S. 345, 350; Langenbucher, in: FS Schmidt, S. 1053, 1060. 339 Überzeugend Wagner, ZGR 2008, 495, 515. 340 Offenlassend auch Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 82, 114. 341 Den Transaktionsschaden aber mit Präventivaspekten rechtfertigend Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1808; Spindler, AcP 208 (2008), 283, 339. 342 Eine Schadenspauschalierung vorschlagend Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 198 ff.; vgl. auch DiskE KapInHaG, NZG 2004, 1041; krit. Sauer, ZBB 2005, 24, 32 f.

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bar erklärt.343 Nachdem die Finanztheorie344 Wege gefunden hat, den um die Falschinformation bereinigten bzw. den um die unterlassene Information ergänzten (hypothetischen) Kurs zu bestimmen, darf diese These als widerlegt gelten. Zumindest lassen sich stets Anhaltspunkte finden, um eine Schadensschätzung (§ 287 ZPO) durchzuführen.345 Zur Schadensberechnung ist zunächst der hypothetische Kurs zu bestimmen. Als Hilfsgröße wird der sich nach Bekanntwerden der wahren Sachlage einstellende Kurs herangezogen.346 Dahinter steht wieder die Efficient Capital Market Hypothesis, der zufolge neue publik gewordene Informationen umgehend in den Kurs einfließen, so dass man auf den Tag nach ihrem Bekanntwerden abstellen darf.347 Probleme, auf die hier nur verwiesen werden kann, treten auf, wenn die wahre Sachlage nicht sofort bekannt, sondern „Stück für Stück“ in den Börsenkurs eingearbeitet wird, da die wahre Tragweite des Falles sich nach und nach aufklärt.348, 349 Ausgehend hiervon wird in einem zweiten Schritt im Wege „rückwärtiger Induktion“ 350 der Kurswert bestimmt, der sich am Tag des Aktienerwerbs bzw. -verkaufs wahrheitsgemäß eingestellt hätte. Um diese Berechnung vornehmen zu können, wird das in den USA seit Jahren erprobte Capital Asset Pricing Model351 herangezogen.352 Die so ermittelte Kursdifferenz ist schließlich um allgemeine Markteinflüsse zu bereinigen.353 Heraus343 OLG München NZG 2002, 1110, 1111 – EM.TV; auch Neinhaus, Sanktionen, S. 108; krit. zur rechtssicheren Ermittlung des Kursdifferenzschadens auch Henze, in: FS Schwark, S. 425, 435 f. 344 Vgl. hierzu die umfänglichen Nachw. bei Sauer, ZBB 2005, 24, 34 in Fn. 75. 345 BGH NJW 2005, 2450, 2453 – EM.TV; Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 341; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG, Rn. 92; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 179; Buck-Heeb/Diekmann, AG 2008, 681, 690. 346 Fleischer, BB 2002, 1869, 1872; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 79; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 505; wohl auch BGH NJW 2005, 2450, 2453 – EM.TV. 347 Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 206; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 79; zur Efficient Capital Market Hypothesis siehe die Nachweise unter § 3 A. II. 1., S. 54. 348 Vertiefend Weichert, Anlegerschaden, S. 210 ff.; Barth, Schadensberechnung, S. 238 f. 349 Als Beispiel mag der Fall ComROAD dienen, in dem zunächst Gerüchte über Bilanzfälschungen kursierten, bevor öffentliche Stellen, unter anderem die Staatsanwaltschaft, Ermittlungen aufnahmen. Auf jede neue Information gab der Kurs ein Stück nach. 350 Fleischer, BB 2002, 1869 1873. 351 Grob gesprochen wird durch das Capital Asset Pricing Model die Renditeerwartung einer einzelnen Kapitalanlage dadurch ermittelt, dass sie in den Gesamtkontext eines größeren Marktportfolios gesetzt wird. Aus dem deutschen juristischen Schrifttum hierzu Sauer, Falschinformation, S. 376 ff. 352 Fleischer, BB 2002, 1869, 1873; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 79 ; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 163 ff.; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG, Rn. 93. 353 Fleischer, BB 2002, 1869, 1873; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 92; Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428, 2431; auch Henze, in: FS Schwark, S. 425, 435.

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zunehmen sind neben Kurseinflüssen anderer Informationen als der verschwiegenen oder falschen Beteiligungssituation auch Überreaktionen des Marktes, die eintreten können, wenn die wahre Information, und damit auch die Pflichtverletzung, bekannt werden.354 Am Ende darf nur die Kursdifferenz stehen, die auf die Nicht- oder Schlechterfüllung der veröffentlichten Stimmrechtsmitteilung zurückgeht. Der Anlegerschaden lässt sich demzufolge – grob gesprochen – dadurch errechnen, dass der ermittelte korrekte Wert ihrer Aktien vom tatsächlich gezahlten bzw. erlösten Transaktionswert abgezogen wird.355 In der Praxis wird all dies ein finanzmathematisches bzw. -ökonomisches Sachverständigengutachten erfordern.356 b) Ersatz des entgangenen Gewinns Überdies könnte der Anleger anführen, dass er bei zutreffender Kenntnis um die Beteiligungssituation nicht Aktien des Emittenten erworben, sondern eine andere, gewinnbringende Kapitalanlage getätigt hätte.357 Auch dieser entgangene Gewinn ist ihm nach den §§ 249 Abs. 1, 252 S. 1 BGB358 grundsätzlich zu ersetzen. Dabei werden aber hohe Beweisanforderungen gestellt, um nachträgliche Spekulationen und die Abwälzung von Marktrisiken auf den Schädiger zu verhindern.359 Die Beweiserleichterung des § 252 S. 2 BGB kommt nicht voll zum Zug.360 Es reicht nicht, dass der Anleger Umstände vorträgt, die den Gewinneintritt als wahrscheinlich erscheinen lassen. Vielmehr muss er nachweisen, dass ihm zwei oder mehrere Anlageprodukte zur Auswahl standen und er sich aufgrund der Falschinformation für die betroffenen Wertpapiere entschieden hat. Der entgangene Gewinn aus einer alternativen Kapitalanlage wird bei Beteiligungstransparenzverstößen freilich nur selten praktische Bedeutung erlangen. Der genannte Beweis wird regelmäßig nicht erfolgreich zu führen sein.361 Das gilt insbesondere, weil hauptsächlich institutionelle Investoren mit strategischen Anlagezielen Mitteilungen über veränderte Beteiligungsstrukturen berücksichtigen. Geht es ihnen demnach weniger um finanzielle Interessen, als darum, ge354

Zu diesem „Skandalschaden“ Kalss, Anlegerinteressen, S. 330 m. Fn. 574. Berechnungsbeispiele bei Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 167 f. 356 Möllers, NZG 2008, 413, 414; Mülbert, WuB I G 6. § 15 WpHG 1.06; a. A. Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197, 200. 357 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 80; für andere Fehlinformationen: Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 159; Assmann, in: FS Lange, S. 345, 361. 358 § 252 S. 1 BGB hat insofern nur klarstellende Funktion, vgl. BGH NJW 1987, 50, 52. 359 BGH NJW 2002, 2553, 2554; Schiemann, in: Staudinger, BGB, § 252 Rn. 56; Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 273 ff.; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 159. 360 Zur Funktion des § 252 S. 2 BGB als Beweiserleichterung statt aller Palandt/Grüneberg, BGB, § 252 Rn. 4. 361 So auch U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 80. 355

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rade am konkreten Emittenten eine Beteiligung aufzubauen, werden sie nicht über eine alternative Kapitalanlage nachgedacht haben. Aber auch Anleger mit finanziellen Interessen wird der Beweis schwer fallen. Denn sie legen ihrer Anlageentscheidung häufig die Empfehlung eines Finanzintermediärs, etwa einer Bank, zugrunde. Dieser wiederum wertet zur Erstellung der Empfehlung eine Vielzahl an Kapitalmarktinformationen aus, so dass der entgangene Gewinn nur schwer ausschließlich auf die fehlerhafte Stimmrechtsmitteilung rückführbar ist. Vielmehr beruht er auf einem vom Intermediär ausgewerteten Informationsbündel. c) Insbesondere Kontrollprämie Bleibt zu prüfen, ob auch Kontrollprämien zum ersatzfähigen Schaden in Form des entgangenen Gewinns zu rechnen sind. Diese Prämie wird als Aufschlag auf den Sekundärmarktkurs der Aktien für die Vorteile der erworbenen Kontrollstellung gezahlt.362 Aus denselben Gründen wird beim außerbörslichen Verkauf großer Aktienpakete dem Verkäufer ein sog. Paketaufschlag gewährt. Hält nun ein Investor entgegen den §§ 21 ff. WpHG seinen Beteiligungsaufbau geheim, werden die Anleger in Unkenntnis dieses Umstandes keine oder zumindest einen geringeren Zuschlag einfordern, als sie es bei zutreffender Offenlegung der Anteilssituation getan hätten, da sie den sog. inneren Wert seiner Beteiligung nicht erkennen.363 Dies gilt auch, wenn nach den Maßgaben des § 27a WpHG aufzudeckende Umstände, insbesondere die Verfolgung strategischer Ziele und das Ziel zum weiteren Beteiligungsaufbau, nicht mitgeteilt werden. Auf den ersten Blick mag man in der Kontrollprämie eine bloße Gewinnchance sehen, die nicht i. S. d. § 252 S. 2 BGB mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Bestätigung könnte § 305 AktG liefern, wo die h. M. Paketzuschläge bei der Berechnung des Abfindungsanspruchs der außenstehenden Aktionäre im Vertragskonzern nicht berücksichtigt.364 Indes ist diese Regelung mehr von konzernrechtlichen Erwägungen als von Zwecken des kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutzes geprägt. Unabhängig hiervon ist zu bedenken, dass der Sinn von Kontrollprämien und Paketzuschlägen darin besteht, den Anleger durch einen finanziellen Anreiz zum Verkauf seiner Beteiligung gerade an die Person des Kontrollerwerbers, und nicht an einen beliebigen Marktteilnehmer, zu bewegen. Denn Aktionäre, die um die Kontrollambitionen des Investors wissen, werden ihre Aktien nur für einen über dem Sekundärmarktkurs liegenden Preis an 362

Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 305 Rn. 49. Burgard, Offenlegung, S. 67; dazu auch Oechsler, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel II, Kap. 4 Rn. 62 f.; Wiedemann, Minderheitenschutz, S. 64. 364 OLG Düsseldorf AG 2003, 329, 331 – Siemens/SNI; Hüffer, AktG, § 305 Rn. 21; Stephan, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 305 Rn. 111; siehe auch BVerfGE 100, 289, 306; a. A. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 305 Rn. 49 f. 363

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den Investor veräußern. Umgekehrt sinkt die Bereitschaft des Investors zur Prämienzahlung ganz erheblich, sobald er die Kontrolle erst einmal erlangt hat.365 Teilt ein Investor nun das Überschreiten von Meldeschwellen nicht mit, bleibt den Anlegern der Aufbau der Kontrollstellung verborgen, so dass sie ihre Aktien auch ohne die Geltendmachung von Kursaufschlägen an den Meldepflichtigen verkaufen werden. Kontrollprämien und Paketaufschläge stellen deshalb nicht nur vage Gewinnchancen dar, sondern Zusatzzahlungen für den Mehrwert, der den vom Investor begehrten Aktien innewohnt.366 Demzufolge sind diese Prämien grundsätzlich als entgangener Gewinn ersatzfähig.367 Rechtssystematisch spricht hierfür auch, dass das Verbot übernahmerechtlicher Teilangebote gem. § 32 WpÜG bezweckt, allen Minderheitsaktionären die Teilhabe an der Übernahmeprämie zu ermöglichen.368 Problematisch wird freilich die Beweisführung sein.

II. Kausalität 1. Haftungsbegründende Kausalität a) Praktische Beweisprobleme Die „Achillesferse“ 369 der Kapitalmarktinformationshaftung ist die Kausalität, konkret die haftungsbegründende Kausalität, verstanden als Ursächlichkeit der Informationspflichtverletzung für die Anlageentscheidung. Hintergrund ist ein Beweisproblem. Der Geschädigte trägt nach allgemeinen Grundsätzen für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität die Darlegungsund Beweislast. Dabei besteht insofern ein Unterschied, als letztere der Schadensschätzung nach § 287 ZPO zugänglich ist, während erstere dem strengeren Beweismaßstab des § 286 ZPO unterfällt.370 Dies nimmt der BGH durchaus ernst. Die mit den Entscheidungen Infomatec, EM.TV und ComROAD herausgebildeten Anforderungen an die haftungsbegründende Kausalität sind derart hoch, dass sie in nahezu keinem Fall erfolgreich nachzuweisen waren.371 Deckungsgleich wird dieser Befund zumindest auch für die bislang nicht gerichtskundig

365

Fuchs, in: Fleischer, Vorstandsrecht, § 22 Rn. 67. Wiedemann, Minderheitenschutz, S. 64; siehe auch Rasch, Konzernrecht, S. 77. 367 I. Erg. auch Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 511. 368 Schlitt, in: MüKo/AktG, § 32 WpÜG Rn. 2 m.w. N. 369 Schäfer, NZG 2005, 985, 986; vgl. auch Bachmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen, S. 93, 134 – „Nadelöhr“. 370 BGHZ 4, 192, 196; BGH NJW 1987, 705, 705 f.; 2008, 2647, 2647; Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 158 ff.; ferner Möllers/Leisch, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 15 Rn. 55 ff. 371 Nachw. bei Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 55. 366

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gewordene Haftung für die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG gelten.372 Insbesondere im Fall unterlassener Meldungen scheint eine schlüssige Beweisführung schon denklogisch unmöglich. Wie soll man auf eine unterlassene Information vertrauen können? Wie soll bewiesen werden, dass eine Transaktion durch die Unkenntnis der aktuellen Beteiligungsstruktur motiviert war? Hinzu kommt, dass ein Anleger auch weder die Mittel noch die Informationen und Nachfragemacht hat, um einen heimlichen Beteiligungsaufbau zu enthüllen.373 Das Beweisproblem wird noch dadurch verschärft, dass typischerweise Finanzintermediäre in den Transaktionsprozess eingeschaltet werden.374 Diese nehmen mittelbar Einfluss auf die Anlageentscheidung, da sie dem Anleger konkrete Anlageempfehlung aussprechen. Sie übernehmen mithin für den Anleger die Aufgabe der Informationssammlung und -auswertung. Damit nimmt der Intermediär zumindest mittelbar Einfluss auf die Transaktionsentscheidung des Anlegers. Mitunter registriert der Anleger häufig die zahlreichen und nicht immer leicht verständlichen Stimmrechtsmitteilungen nicht einmal, was der Kausalitätsbeweis aber gerade verlangt. Ohnehin sind die Motive einer individuellen Anlageentscheidung schwer dem Beweis zugänglich, da sie sich als innere Tatsachen der objektiven Wahrnehmung entziehen.375 b) Möglichkeiten für Beweiserleichterungen Praktische Schwierigkeiten für sich sind noch kein Grund, um mit haftungsrechtlichen Prinzipien zu brechen und auf den Beweis der Kausalkette zu verzichten.376 Allerdings leidet nicht nur der Anlegerschutz, sondern die Haftungssanktion verliert auch ihre (präventive) Schlagkraft, wenn der Schadensersatzanspruch im Ergebnis nicht durchsetzbar ist. Das gilt zumal die Bereitschaft von Anlegern, den Anspruch (gerichtlich) geltend zu machen, umso mehr sinkt, je geringer die Durchsetzungswahrscheinlichkeit ist. Die Haftung bliebe ein „stumpfes Schwert“. Der BGH verlangt bekanntlich dennoch, dass der Anleger den Nachweis der Ursächlichkeit der Falschinformation für seine Anlageentscheidung erbringt. Darauf, ob der Anleger, dem der BGH entgegen hiesiger Auffassung ein Wahlrecht zubilligt, den Transaktions- oder den Kursdifferenzschaden ersetzt verlangt, soll es, wie die ComROAD II-Entscheidung betont, nicht ankommen.377 Die ablehnende Haltung des BGH gegenüber Beweiserleichterungen ist deshalb auch dann von Bedeutung, wenn man mit der hier vertretenen Auffas372 Ähnliche Einschätzung bei Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 21 bis 30 Rn. 21 mit Fn. 64. 373 Wiedemann, Minderheitenschutz, S. 64. 374 Eingehend hierzu Langenbucher, in: FS K. Schmidt, S. 1053. 375 BGHZ 160, 134, 144 – Infomatec I; BGH NJW 2008, 76, 78 – ComROAD IV. 376 Überzeugend Langenbucher, in: FS K. Schmidt, S. 1053, 1054. 377 BGH AG 2007, 324, 325 – ComROAD II.

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sung bei einer Verletzung der §§ 21 ff. WpHG nur den Kursdifferenzschaden ersetzt. Die Erwägungen, die der BGH anführt, sind bekannt und sollen deshalb nur kurz skizziert und auf ihre Anwendung im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG abgefragt werden. aa) Anscheinsbeweis Dass der Anscheinsbeweis dem Anleger nicht zur Verfügung steht, dürfte unbestritten sein.378 Die Anlageentscheidung ist ein „durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils spekulative Elemente, beeinflusst, sinnlich nicht wahrnehmbarer individueller Willensentschluss“.379 Ein typischer Geschehensablauf, wie ihn der Anscheinsbeweis erfordert,380 liegt nicht vor. Denn gerade bei der Kapitalanlage sind Verhaltensanomalien keine Seltenheit. Bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG gilt nichts anderes. bb) Anlagestimmung Die als Anlagestimmung bezeichnete Beweiserleichterung, die rechtstechnisch ebenfalls eine Form des Anscheinsbeweises ist,381 wurde zur Börsenprospekthaftung entwickelt.382 Sie begründet die Vermutung, dass der die Anlagestimmung auslösende Prospekt für den Kaufentschluss des Anlegers (haftungsbegründend) kausal war. Dabei ist unerheblich, „ob der Anleger den Bericht gelesen oder gekannt hat. Ausschlaggebend ist, dass der Bericht die Einschätzung eines Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt und damit eine Anlagestimmung erzeugt“.383 Man geht also davon aus, dass die Angaben im Emissionsprospekt zumindest mittelbar über Finanzintermediäre, Presseberichte und Beratung in die Anlageentscheidung einfließen. Die Übertragbarkeit dieser Rechtsfigur auf die Ad-hocPublizitätshaftung wird zwar nicht generell, aber für den Regelfall verneint.384 Ausschlaggebend ist weniger, dass die zeitlichen Grenzen der Anlagestimmung nur bedingt in justiziablen Maßstäben festgelegt werden können,385 als ein kon378 BGHZ 160, 134, 144 – Infomatec I; BGH NJW 2008, 76, 78 – ComROAD IV; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1807; Möllers, JZ 2005, 75, 77; Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 683 a. E. 379 BGHZ 160, 134, 144 – Infomatec I. 380 Näher BGHZ 100, 21, 216; BGH NJW 2001, 1140, 1141. 381 Spindler, AcP 208 (2008), 282, 338; Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 684. 382 RGZ 80, 196, 204; BGHZ 139, 225, 233 f. – Elsflether Werft; BGH NJW 1982, 2823, 2826. 383 BGHZ 139, 225, 233 – Elsflether Werft. 384 BGHZ 160, 134, 146 – Infomatec I; zustimmend Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, c Rn. 44; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1052; Kort, AG 2005, 21, 26; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 381; a. A. OLG München NZG 2005, 679, 680; Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1658. 385 Zu diesem Problem etwa Fleischer, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 28; ders., DB 2004, 2031, 2034.

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zeptioneller Unterschied zwischen Prospekt- und Ad-hoc-Publizität. Während der Prospekt umfassend über die anlagerelevanten Umstände des vom Emittenten angebotenen Wertpapiers informiert, beschränken sich Ad-hoc-Mitteilungen auf neue, kursrelevante Umstände.386 Ihr Informationsgehalt ist daher ein „Minus“ gegenüber dem des Prospekts. Aus diesem Grund ist auch die Beweislastumkehr des § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG, die im Übrigen trotz gewisser konzeptioneller Unterschiede auf die Figur der Anlagestimmung zurückgeht,387 nicht analog anwendbar.388 Der BGH lässt allerdings eine auf Extremfälle zugeschnittene Ausnahme zu, da sich im Einzelfall – je nach Tragweite der Information – aus positiven Signalen einer Ad-hoc-Mitteilung eine Anlagestimmung entwickeln könne.389 Das erfordere eine markttechnische Analyse durch ein Sachverständigengutachten. Eine generalisierende Betrachtung verbiete sich in jedem Fall. Verkürzt gesprochen wird man der Rechtsprechung entnehmen können, dass eine Anlagestimmung umso näher liegt, je mehr die Information als Werbemittel verwendet wird und damit dem Prospekt ähnelt.390 Was die Haftung für die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG betrifft, dürfte eine Übertragung dieser Grundsätze ausscheiden. Zunächst kann das Unterlassen einer Stimmrechtsmitteilung schon denklogisch keine Anlagestimmung auslösen.391 Der bedeutsamste Fall des Meldeverstoßes wird also nicht erfasst. Vorstellbar, wiewohl eher theoretischer Natur, ist aber, dass eine manipulative Stimmrechtsmitteilung, die das Überschreiten der Kontrollschwelle mitteilt, eine Vielzahl an Kaufaufträgen der Aktie des Emittenten nach sich zieht, da Anleger an Kursansteigen und etwaigen Kontrollprämien teilhaben wollen. Doch selbst dann wird eine Anlagestimmung kaum einmal gegeben sein. Die Anlagestimmung setzt einen Geschehensablauf voraus, der nach allgemeiner Lebenserfahrung eine bestimmte Folge auslöst.392 Die Anlageentscheidung ist aber durch eine Vielzahl rationaler und irrationaler Umstände geprägt, gerade im Vorfeld von Übernahmen. Im Übrigen hat der BGH auch bei krass unrichtiger Kapitalmarktinformation keine Anlagestimmung festgestellt.393 Auch werden Kleinanle-

386

Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 684; Schwark, in: FS Hadding, S. 1117,

1121. 387

Vgl. Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76. BGHZ 160, 134, 145 – Infomatec I; Spindler, WM 2004, 2089, 2042; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1053 f.; ausführlich Brellochs, Publizität, S. 284 f. 389 BGHZ 160, 134, 145 – Infomatec I; BGH NJW 2004, 2668, 2671 – EM.TV; krit. Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 684. 390 Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1807; ders., DB 2004, 2031, 2034. 391 Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 207 m.w. N. 392 Näher BGHZ 100, 21, 216; BGH NJW 2001, 1140, 1141. 393 BGH AG 2007, 169, 169 – ComROAD III; AG 2007, 623, 624 – ComROAD V; AG 2008, 252, 253 – ComROAD VI; vgl. auch Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, 388

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ger nur selten unmittelbar auf die Anteilsänderung reagieren, so dass man nur für bestimmte Investorengruppen eine Anlagestimmung annehmen könnte. Ohnehin lässt sich der Zeitraum, in dem der Markt durch eine Anlagestimmung beeinflusst ist, nicht rechtssicher bestimmen. cc) Fraud-on-the-Market-Theory Die Fraud-on-the-Market-Theory ist im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht seit der bahnbrechenden Entscheidung Basic vs. Levinson394 fest verankert.395 Danach muss der Anleger nicht beweisen, dass die Falschinformation für seinen Kaufentschluss ursächlich war. Hinreichend, aber auch notwendig, ist der Beweis, dass die Falschinformation den Börsenkurs beeinflusst hat. Die haftungsbegründende Kausalität wird dann widerleglich vermutet. Die Vermutung fußt auf der Efficient Capital Market Hypothesis in ihrer halbstrengen Variante.396 Unterstellt man die Richtigkeit dieser Theorie, ist davon auszugehen, dass jede öffentlich verfügbare Information mit ihrem Bekanntwerden in den Kurs des Wertpapiers einfließt, also direkt eingepreist wird. Das gilt auch für Falschinformationen, so dass fehlerhafte Kurswerte entstehen. Dasselbe gilt für unterlassene Informationen, da diese bei pflichtgemäßer Bekanntgabe umgehend in den Kurs eingearbeitet worden wären. Das Vertrauen des Anlegers auf diesen Mechanismus, der garantiert, dass der Börsenkurs die tatsächliche und aktuelle Informationslage widerspiegelt, wird demnach enttäuscht.397 Ob er die Falschinformation wahrgenommen hat, ist unerheblich. Die Fraud-on-the-Market-Theory verschiebt somit den Bezugspunkt des Kausalitätsbeweises vom Vertrauen auf die Information hin zum Vertrauen auf die Richtigkeit der Marktpreisbildung.398 Eine gewisse Einschränkung hat die Entscheidung Broudo vs. Dura Pharmaceuticals mit sich gebracht.399 Da diese nach deutschem Verständnis indes die haftungsausfüllende Kausalität betrifft, soll sie erst später aufgegriffen werden.

§§ 37b, 37c Rn. 120; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, 37c Rn. 118; a. A. für frei erfundene Mitteilungen OLG München AG 2005, 586, 587. 394 Basic Inc. vs. Levinson, 485 U.S. 224, 247 (1988). Hierzu Barth, Schadensberechnung, S. 95 f.; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 94 ff. 395 Zur fraud-on-the-market-theory ausführlich Fox, Bus.Law 60 (2005), 507, 519 ff.; Sauer, Falschinformation, S. 123 ff.; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 94 ff. 396 Vgl. hierzu die Nachw. unter § 3 A. II. 1., S. 54. 397 Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 885; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 106. 398 Vgl. Basic Inc. vs. Levinson, 485 U.S. 224, 247 (1988): „An investor who buys or sells stock at the price set by the market does so in reliance on the integrity of that price.“ 399 Broudo vs. Dura Pharmaceuticals, 544 U.S. 339 (2005). Hierzu Fox, Bus.Law 60 (2005), 507; Klöhn, RIW 2005, 728; Barth, Schadensberechnung, S. 109 f.

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§ 5 Schadensersatzhaftung

In seiner ComROAD-Rechtsprechung hat der BGH den Versuchen im Schrifttum,400 die Fraud-on-the-Market-Theory in das Informationshaftungsrecht am Sekundärmarkt zu implementieren, eine Absage erteilt.401 Diese Kausalitätsvermutung würde zu einer „uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung“ führen.402 In der Tat wird dem Schädiger der durchaus statthafte Gegenbeweis, dass die Kursbewegung nicht auf die betreffende Falschinformation zurückzuführen ist, nur schwer gelingen.403 Unter den weiteren Vorzeichen, dass der BGH dem Anleger die Rückabwicklung der Kapitalanlage eröffnet, würde die Kausalitätsvermutung de facto eine Erfolgshaftung schaffen. Da nach der hier vertretenen Ansicht allein der Kursdifferenzschaden im Falle eines Meldeverstoßes ersatzfähig ist, ist von größerer Bedeutung, dass der BGH diese Grundsätze nicht auf den Transaktionsschaden beschränkt.404 Hierzu führt die ComROAD II-Entscheidung aus:405 „Das Erfordernis eines Nachweises des Anlegers, dass die unrichtige Ad-hoc-Mitteilung ursächlich für seinen Kaufentschluss war, hängt nicht etwa von der gewählten Schadensart ab, sondern gilt für die im Rahmen des § 826 BGB als Rechtsfolge in Betracht kommende Form des Schadensersatzes gem. § 249 BGB – Naturalrestitution und Differenzschaden – in gleicher Weise.“

Macht man dahinter das Bemühen um eine Haftungseingrenzung aus, wird dies zum einen auch für die Haftung des Meldepflichtigen für die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG, und zum anderen über § 826 BGB hinaus406 auch für Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 21 ff. WpHG gelten. Der Anleger dürfte sich nicht auf den Nachweis der Kausalität zwischen Meldeverstoß und Kursschwankung beschränken (sog. Preiskausalität). Obwohl nur der Kursdifferenzschaden ersetzt wird, müsste er beweisen, dass der Meldeverstoß für die Anlageentscheidung ursächlich war (sog. Transaktions- oder Abschlusskausalität).407 Hier soll die Parteivernehmung kraft Amtes nach § 448 ZPO helfen.408 400

Fleischer, DB 2004, 2031, 2034; Sauer, Falschinformation, S. 121 ff.; Findeisen/ Backhaus, WM 2007, 100, 106 f.; vgl. auch Baums, ZHR 167 (2003), 139, 180 ff. 401 BGH AG 2007, 169, 169 – ComROAD III; AG 2007, 620, 621 – ComROAD IV; AG 2007, 623, 624 – ComROAD V. 402 Vgl. die Nachw. in voriger Fn. 403 Vgl. die Einschätzung von Spindler, WM 2004, 2089, 2093. 404 BGH AG 2007, 324, 325 – ComROAD II; folgend Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428, 2430; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 117; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 220; wohl auch S. H. Schneider, WuB I G 6. § 15 WpHG 2.07. 405 BGH AG 2007, 324, 325 – ComROAD II. 406 A. A. offenbar Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 520 m. Fn. 13. 407 Zu den Begriffen „Preiskausalität“ und „Transaktionskausalität“ auch Möllers/ Leisch, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rn. 125; Barth, Schadensberechnung, S. 153 ff. Im Übrigen trennt auch das US-amerikanische Kapitalmarkthaftungsrecht entsprechend zwischen „transaction causation“ und „loss causation“, vgl. Fox, Bus.Law 60 (2005), 507, 514 f.

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c) Interpendenzen zwischen Schaden und Kausalität Hat sich die Sicht des BGH, dass der Anscheinsbeweis nicht und die Anlagestimmung wenigstens im Grundsatz nicht in Betracht kommt, auch für die Haftung bei Verletzung der §§ 21 ff. WpHG als zutreffend erwiesen, ist die von ihm befürwortete Notwendigkeit der Transaktionskausalität auch für den Kursdifferenzschaden erörterungsbedürftig. Denn er setzt sich damit über die h. L. hinweg, welche die Kausalitätsanforderungen vom Inhalt des Schadensersatzanspruchs abhängig macht. Während diese h. L. für den Transaktionsschaden den Nachweis der entsprechenden Transaktionskausalität, mithin die Ursächlichkeit der Falschmitteilung für die Transaktionsentscheidung, fordert, soll für den Kursdifferenzschaden die Preiskausalität, mithin die Ursächlichkeit der Informationspflichtverletzung für den Kursausschlag, genügen.409 Jedenfalls was den Kursdifferenzschaden angeht, überzeugt diese Auffassung weiterhin. Das Bemühen des BGH um eine Haftungseingrenzung verdient durchaus Zuspruch. Auch wenn die Haftung ein sinnvolles Werkzeug zur Durchsetzung von Informationspflichten ist, wäre ein Haftungsautomatismus kontraproduktiv. Nicht überzeugend ist allerdings der vom BGH zur Umsetzung dieses Bestrebens eingeschlagene Weg. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass das hier entworfene Haftungsmodell bereits durch den Ausschluss der Ersetzbarkeit des Transaktionsschadens einer Haftungsausuferung entgegenwirkt. Das verhindert die auch von den Vertretern des Transaktionsschadens für bedenklich gehaltene Verlagerung von Marktrisiken.410 Da der BGH dies anders sieht, muss er strenge Kausalitätsanforderungen stellen. Es verwundert daher nicht, dass das Festhalten des BGH am Kausalitätsbeweis für die Geltendmachung des Transaktionsschadens auf breite Zustimmung in der Literatur gestoßen ist.411 Denn wenn die individuelle Dispositionsfreiheit das insofern geschützte Rechtsgut ist, so muss konsequenterweise Ursächlichkeit zwischen fehlerhafter Kapitalmarktinformation und Anlageentscheidung gegeben sein. Da bei Beteiligungstransparenzverstößen jedoch nur der Kursdifferenzschaden ersetzt wird, macht der Anleger geltend, und kann auch nur geltend machen, dass er die Aktien zu einem ungünstigen Preis erworben

408 BGHZ 160, 134, 147 – Infomatec I; BGH NJW 2005, 2450, 2453 – EM.TV; 2008, 76, 79 – ComROAD IV; vertiefend Fleischer, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 30. 409 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 121 ff.; Hopt/Voigt, in: Hopt/Voigt, Kapitalmarktinformationshaftung, S. 9, 134; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 90; Schäfer, NZG 2005, 985, 990 f.; Casper, Konzern 2006, 32, 33. Engelhardt, BKR 2006, 443, 448; Möllers/ Leisch, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 15 Rn. 75; Sauer, Falschinformation, S. 304 ff.; Kowalewski/Hellgardt, DB 2005, 1839, 1840. 410 § 5 D. II. 2., S. 268 f. 411 Unzicker, WM 2007, 1596, 1599; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1052 f.; BuckHeeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 684; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 520.

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§ 5 Schadensersatzhaftung

bzw. veräußert hat, weil der Marktpreis sich infolge der Verletzung der §§ 21 ff. WpHG falsch gebildet hat.412 Ob die Beteiligungstransparenz daneben auch die individuelle Dispositionsfreiheit schützt, wofür gute Gründe sprechen,413 ist insofern unerheblich. Abzustellen ist allein auf das durch § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 21 ff. WpHG und § 826 BGB geschützte Vermögen. Dieses Rechtsgut wird allerdings allein durch die Kursbeeinflussung infolge des Unterlassens oder der Abgabe einer inhaltlich fehlerhaften Stimmrechtsmitteilung beeinträchtigt. Die h. L. hält daher auch nach ComROAD daran fest, dass für den Kursdifferenzschaden die Preiskausalität genügt.414 Das trägt im Übrigen dem Umstand Rechnung, dass viele Anleger sich bei der Anlageentscheidung primär an Marktkurs und Anlageempfehlungen orientieren, ohne die verlautbarten Kapitalmarktinformationen zu beachten. Es ist nicht einzusehen, warum diese Anleger beweisrechtlich schlechter stehen sollen, zumal die Anlageempfehlung des Finanzintermediärs auch auf der Mitteilung beruht.415 Außerdem ist seltenst nur eine einzige Kapitalmarktinformation für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren verantwortlich. Anlageentscheidungen und Anlageempfehlungen beruhen grundsätzlich vielmehr auf einem Bündel an Informationen. Ebenso wie in den bekannten Fällen falscher Ad-hoc-Mitteilungen könnten geschädigte Anleger den Ursachenzusammenhang zwischen Meldefehler und Transaktionsentschluss nicht plausibel darlegen und beweisen. Im relevanten Fall des Unterlassens einer Stimmrechtsmitteilung ist dies schon denklogisch ausgeschlossen. Die Haftung samt ihr Private Enforcement liefen leer, da ein Anspruch im Ergebnis nicht durchsetzbar wäre. Eine Erleichterung des Kausalitätsbeweises ist auch nicht unbillig. Zum einen haftet der Schädiger nur für den Kursdifferenzschaden, mithin den Schaden, der auf den schuldhaften Meldeverstoß zurückzuführen ist.416 Zum anderen kann er die Haftung abwehren, indem er seinen Meldepflichten nachkommt. Das ist nicht zu viel verlangt, da fahrlässige Meldefehler angesichts der Schwierigkeiten, welche die §§ 21 ff. WpHG bereithalten,417 nicht zur Haftung führen.418 Der Meldepflich412 Möllers, NZG 2008, 413, 415; Wagner, ZGR 2008, 495, 529; vgl. auch Kowalewski/Hellgardt, DB 2005, 1839, 1840. 413 Siehe § 3 A. I., S. 51 ff. und auch § 5 D. I. 2. b), S. 250 ff., insbesondere S. 245. 414 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 47; Casper, in: KK/KapMuG, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 49 ff.; Möllers, NZG 2008, 413, 415; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1054; Wagner, ZGR 2008, 495, 530; Klöhn, LMK 2007, 240021; i. Erg. auch Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 173; krit. aber Buck-Heeb/Dieckmann, AG 2008, 681, 685. 415 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, c Rn. 121; Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1056; Sauer, ZBB 2005, 24, 26; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 107. 416 § 5 D. I. 2. b), S. 250 ff. 417 Die zum Rechtsverlust diesbezüglichen Gedanken (vgl. § 4 B. II. 1., S. 105 ff.) gelten für die Haftung entsprechend. Die Berücksichtigung tatbestandlicher Unsicherheiten fällt im Rahmen der Haftung freilich insofern leichter, als erst grob fahrlässige Meldefehler haftungsrelevant sind. 418 Vgl. § 5 B. V. 2. d), S. 230 ff.

D. Schaden und Kausalität

267

tige hat nur sicherzustellen, dass ihm weder grobe Fahrlässigkeit noch Vorsatz vorzuwerfen ist. Demnach ist der Fraud-on-the-Market-Theory zu folgen. Was im Weiteren die Anforderungen an den Nachweis der Preiskausalität angeht, trägt der Anleger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Fehlinformation für den schädigenden Kursausschlag kausal war.419 Im Falle des Unterlassens ist nachzuweisen, dass die hinzugedachte Information den Kurs beeinflusst hätte. Wenn dem Anleger über diese geringe Hürde noch durch die Zubilligung des Beweises des ersten Anscheins hinweggeholfen wird,420 so geht das zu weit. Zwar trifft es zu, dass nach der Efficient Capital Market Hypothesis von der umgehenden Informationsverarbeitung ausgegangen werden kann, doch hat der Geschädigte gleichwohl konkrete Umstände vorzutragen, die die kursbeeinflussende Wirkung des Meldeverstoßes belegen; bloße Behauptungen reichen nicht.421 Das ist durchaus von Belang, da meldepflichtige Stimmrechtsanteilsänderungen nicht zwingend kursrelevant sein müssen, da den §§ 21 ff. WpHG anders als § 15 WpHG dieses Tatbestandsmerkmal fehlt. Als objektiv wahrnehmbare Tatsache wird die Kursbeeinträchtigung, anders als der subjektive Kaufentschluss, ohne weiteres durch einen Sachverständigen feststellbar sein.422 Man wird zudem davon ausgehen dürfen, dass die Kursrelevanz umso näher liegt, je höher die Meldeschwelle, die erreicht, über- oder unterschritten wurde, ist. So ist etwa bekannt, dass der Kurs steigt, je näher der Investor der Kontrollschwelle kommt.423 Bei all dem ist auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung, nicht auf den der Abgabe der Stimmrechtsmitteilung, abzustellen, da nur gesichert ist, dass veröffentlichte Informationen in den Kurs eingepreist werden. Dem haftenden Meldepflichtigen steht der Gegenbeweis zu, indem er etwa aufzeigt, dass die für den Anlegerschaden verantwortliche Kursänderung auf anderen Umständen als der Nicht- bzw. Schlechterfüllung der Mitteilungspflichten nach §§ 21 ff. WpHG beruht. Das Vertrauen auf die Preisintegrität ist auch dann widerlegt, wenn der Meldepflichtige nachweist, dass der Anleger die Aktien in jedem Fall erworben hätte.424

419

Langenbucher, in: FS K. Schmidt, S. 1053, 1055; Möllers, NZG 2008, 413, 415. So Möllers/Leisch, in: KK/WpHG, §§ 37b, c Rn. 360; offenlassend Hutter/Stürwald NJW 2005, 2428, 2431. 421 Ähnlich Möllers, NZG 2008, 413, 415; weniger streng Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1056. 422 Ebenso Fuchs, in: Fuchs, Vor §§ 37b, 37c Rn. 47; Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 126; Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 165; Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1656. 423 Hierzu Brav/Jiang/Thomas/Partnoy, ECGI Working Paper 139/2006, S. 26 ff. 424 Zu dieser und weiteren Möglichkeiten des Gegenbeweises Langenbucher, in: FS K. Schmidt, 1053, 1055; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 106. 420

268

§ 5 Schadensersatzhaftung

2. Haftungsausfüllende Kausalität Mit der Zulassung von Erleichterungen bei der haftungsbegründenden Kausalität verbleibt die haftungsausfüllende Kausalität als haftungsbeschränkendes Element.425 Diese bezieht sich auf den Kausalzusammenhang zwischen Rechtsgutsverletzung und Schaden. Bei der Beweisführung kommt dem Geschädigten die Erleichterung des § 287 ZPO zugute.426 Wie erwähnt, hat die Dura-Entscheidung des U.S. Supreme Court die Fraud-on-the-Market-Theory durch nach deutschem Recht dieser Kausalitätsstufe zuzuordnenden Erwägungen eingeschränkt.427 Danach hat der Anleger zu beweisen, dass die Kursreaktion allein auf diese Pflichtverletzung zurückzuführen ist und deshalb bei ihm zu einem Vermögensschaden geführt hat. Auch wenn bezweifelt wurde, ob diese Grundsätze hierzulande ihre Berechtigung haben,428 ist der Kerngedanke, dass nicht jede negative Beeinflussung des Marktkurses trotz des Schutzes des Vertrauens in die Integrität der Preisbildung zu Schadensersatzansprüchen führen darf, richtig.429 Um nicht doch eine Versicherung gegen Marktrisiken zu schaffen, muss sichergestellt sein, dass die Kursreaktion allein auf dem betreffenden Meldeverstoß beruht. Anderweitige Kursreaktionen sind also auszunehmen, was, wie im Rahmen der Berechnung des Kursdifferenzschadens festgestellt, durchaus möglich ist. Darüber hinaus ist der Vermögensschaden konkret zu beziffern. Für beides wird regelmäßig ein finanzökonomisches Gutachten erforderlich sein. Als Teilaspekt der haftungsausfüllenden Kausalität ist noch darauf hinzuweisen, dass weder ein Mitverschulden des geschädigten Anlegers gem. § 254 Abs. 1 BGB, etwa weil er die Anlage trotz erkennbarer Kursrückgänge nicht veräußert hat, noch eine Anspruchskürzung gem. § 254 Abs. 2 BGB in Betracht kommen.430 Da nur der Kursdifferenzschaden ersetzt wird, kommt es auch nicht darauf an, ob der Anleger die Finanzinstrumente noch hält oder schon veräußert hat.431

425

Vgl. auch Klöhn, LMK 2007, 240021. BGH NJW 2008, 2647, 2647; Oetker, in: MüKo/BGB, § 249 Rn. 100. 427 Broudo vs. Dura Pharmaceuticals, 544 U.S. 339 (2005). 428 Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1810. 429 I. Erg. auch Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, S. 530; Klöhn, LMK 2007, 240021; ders., RIW 2005, 728, 733. 430 Allg. M. Fleischer, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 37; ders., DB 2004, 2031, 2035; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 128; Rützel, AG 2003, 69, 78; eingehend Weichert, Anlegerschaden, S. 162 ff.; offenlassend BGHZ 160, 149, 159 – Infomatec II. 431 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 56 a. E. 426

D. Schaden und Kausalität

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3. Zwischenergebnis Nachdem ausschließlich der Kursdifferenzschaden ersetzt wird, kann der geschädigte Anleger lediglich eine Verletzung seines Vermögens geltend machen. Schadensrechtlich kommt es insofern nicht darauf an, ob die §§ 21 ff. WpHG auch seine Dispositionsfreiheit schützen. Folgerichtig hat der Anleger aber auch lediglich die Ursächlichkeit der Verletzung der §§ 21 ff. WpHG durch den Meldepflichtigen für die schadensauslösende Kursreaktion nachzuweisen (haftungsbegründende Kausalität). Dabei kommt ihm die Efficient Capital Market Hypothesis zugute, so dass im Ergebnis die Fraud-on-the-Market-Theory den richtigen Weg für die Beweisführung vorgibt. Ob der Anleger die Falschinformation zur Kenntnis genommen hat, ist irrelevant. Andernfalls würde für das Unterlassen einer Stimmrechtsmitteilung im Ergebnis nicht gehaftet. Allerdings hat er konkrete Umstände für die Ursächlichkeit des Meldeverstoßes für den Kursausschlag vorzutragen. Dabei dürfte insbesondere der Nachweis, dass der Meldepflichtige den Anforderungen der §§ 21 ff. WpHG zuwider eine meldepflichtige Transaktion nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig gemeldet hat, nicht immer einfach fallen. Auf der Ebene der haftungsausfüllenden Kausalität hat der Anleger darzulegen und zu beweisen, dass die betreffende Meldepflichtverletzung für die Kursreaktion und damit für seinen Vermögensschaden ursächlich war.

§ 6 Sonstige Rechtsfolgen Nachdem mit Rechtsverlust und Haftungsrecht die zentralen privatrechtlichen Rechtsfolgen einer Verletzung der §§ 21 ff. WpHG untersucht wurden, fragt sich abschließend, inwiefern darüber hinaus eine aus dem Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG resultierende Erwerbs- oder Veräußerungssperre sowie eine analoge Anwendung der Zinsregelung des § 38 WpÜG in Betracht kommen. Wie bereits festgestellt, wirken diese Sanktionen bei der Durchsetzung von Beteiligungstransparenz nur unterstützend, da andere Zwecke in ihrem Mittelpunkt stehen.1

A. Erwerbs- und Veräußerungssperre gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG Eine Erwerbs- und Veräußerungssperre scheint zunächst fernliegend, da eine solche im 5. Abschnitt des WpHG nicht geregelt ist und auch § 28 WpHG kein Verbot enthält, nach Verletzung von Mitteilungspflichten weitere Stimmrechte zu erwerben oder zu veräußern.2 Jedoch könnte dem Meldepflichtigen, der das Erreichen, Über- oder Unterschreiten von Meldeschwellen nicht mitteilt, auf Grundlage des Insiderhandelsverbots nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG das Vorantreiben seiner Erwerbs- oder Veräußerungsabsichten bis zur Nachholung der erforderlichen Stimmrechtsmitteilung bzw. ihrer Veröffentlichung untersagt sein. Dass diese Sanktion im Rahmen der Beteiligungstransparenz in Betracht zu ziehen ist, deuten schon die Gesetzesmaterialien an, da die §§ 21 ff. WpHG auch dem Missbrauch von Insiderinformationen entgegenwirken sollen. Darüber hinaus ist das Insiderrecht neben der Beteiligungstransparenz anwendbar,3 da beide Normkomplexe unterschiedliche normative Ziele verfolgen: einerseits die Wahrung der Chancengleichheit der Marktteilnehmer,4 andererseits die Offenlegung von Stimmrechtsstrukturen.

1

§ 3 B. III. 2. a), S. 67 f. § 4 D. II. 1. b), S. 176. 3 Schneider, AG 1997, 81, 86; Starke, Beteiligungstransparenz, S. 107; Fiedler, Mitteilungen über Beteiligungen, S. 59 ff.; Veil, ZBB 2006, 162, 169; a. A. Gehrt, Ad-hocPublizität, S. 140. 4 Zum Zweck des Insiderhandelsverbots statt vieler Pawlik, in: KK/WpHG, § 14 Rn. 3. 2

A. Erwerbs- und Veräußerungssperre gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG

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I. Berühren von Meldeschwellen als Insiderinformation Zentrales Merkmal des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG ist das Vorliegen einer Insiderinformation. Als solche kommen bei Beteiligungstransaktionen verschiedene Anknüpfungspunkte in Betracht, da ein sog. mehrstufiger Entscheidungsprozess vorliegt, der sich in mehrere Verfahrensstufen aufteilt und auf jeder Entscheidungsstufe scheitern kann.5 Die Frage nach dem Vorliegen einer hinreichend konkreten Insiderinformation stellt sich daher für jeden Teilentscheidungsvorgang von Neuem, d.h. für jede Vorstufe bis zur Vollendung. Vorliegend sind nicht sämtliche dieser Stufen von Interesse, sondern es gilt die Frage zu erörtern, ob dem Aktionär, der das Berühren von Schwellenwerten nicht mitgeteilt hat, bis zur Nachholung der Stimmrechtsmitteilung der Zu- oder Verkauf weiterer Anteile gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG untersagt ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Geschäft über die Börse oder außerbörslich abgewickelt wird, da das WpHG im Allgemeinen und das Insider- und Melderecht im Besonderen für beide Varianten gilt.6 Ferner gilt das Insiderhandelsverbot – im Unterschied zu den Stimmrechtsmitteilungspflichten – bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts.7 Dass die Verwirklichung von Meldeschwellen als Insiderinformation i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG zu werten sein kann, dürfte außer Streit stehen.8 Schließlich erlangt das Anlagepublikum von der Veränderung der Stimmrechtsstruktur keine Kenntnis, wenn dem Emittenten keine Stimmrechtsmitteilung zugeht, die er veröffentlichen kann. Anders als im Rahmen des § 27a WpHG stellt das Berühren von Meldeschwellen auch keine innere Tatsache dar, da es sich um einen objektiven, tatsächlich eingetretenen Umstand handelt. Die Verletzung der Pflicht zur Abgabe des Mittelherkunfts- und Strategieberichts ist insiderrechtlich daher nicht von Bedeutung. Die Problematik besteht vielmehr darin festzustellen, in welchen Fällen – konkret: bei welchen Meldeschwellen – man vom Vorliegen einer Insiderinformation auszugehen hat. Diese Ermittlung ist notwendig, da die Vorschriften der §§ 21 ff. WpHG anders als die Insiderinformation nach § 13 Abs. 1 WpHG das Merkmal der Kursrelevanz nicht tatbestandlich voraussetzen.9 Schwierigkeiten wirft dabei die Eignung der Information über veränderte Beteili5 Zu mehrstufigen Entscheidungsprozessen beim Beteiligungserwerb Cascante/Topf, AG 2009, 53, 55; allgemein zu mehrstufigen Entscheidungsprozessen Geibel/Schäfer, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 15 Rn. 61 ff.; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 102 ff. 6 Vgl. § 1 Abs. 1 WpHG; ferner Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 11; Caspari, ZGR 1994, 530, 542. 7 OLG Karlsruhe AG 2004, 512, 513; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 12; Schwark/Kruse, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 14 WpHG, Rn. 10. 8 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 46; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 80. 9 Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 242.

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§ 6 Sonstige Rechtsfolgen

gungsstrukturen zur erheblichen Kursbeeinflussung auf. Eine abstrakte Beurteilung in Bezug auf den Zu- oder Verkauf wesentlicher Beteiligungen fällt schwer, da die Kurserheblichkeit einer Information durch eine auf den Zeitpunkt des Insidergeschäfts bezogene, die Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Prognose aus Sicht des verständigen Anlegers bestimmt wird.10 Zudem ist schon für das Insiderrecht nicht abschließend geklärt, ab welcher prozentualen Veränderung des Börsenkurses die Erheblichkeitsschwelle überschritten ist und dementsprechend eine kursrelevante Information vorliegt.11 Zwar schreibt die BaFin dem Erwerb und der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen Preisbeeinflussungspotential zu, doch weist sie zugleich darauf hin, dass es sich hierbei nur um eine Orientierungshilfe handelt, die eine Prüfung anhand der Umstände des Einzelfalles nicht entbehrlich macht.12 Das Berühren von Meldeschwellen muss daher nicht zwangsläufig als Insiderinformation zu qualifizieren sein.13 Es kommt daher auf den konkreten Fall an, ob die Stimmrechtstransaktion Kursbeeinflussungspotential entfaltet. Im Grundsatz wird man sagen können, dass Stimmrechtstransaktionen, die sich unterhalb der 10%-Schwelle bewegen, keine besondere Signalwirkung für die Anlageentscheidung eines Kapitalmarktteilnehmers aussenden. Ausnahmen sind denkbar, etwa wenn ein Wettbewerber des Emittenten an diesem eine Beteiligung erwirbt. Bei Stimmrechtsbeteiligung von über 10% wird hingegen grundsätzlich eine Insiderinformation vorliegen, da hiermit das Entstehen aktienrechtlicher Minderheitenrechte verbunden ist.14 Auch werden Anleger, die über eine Stimmbeteiligung in dieser Höhe verfügen, in der Wirtschaftspresse als Großaktionäre bezeichnet.15 Denn in Anbetracht der typischerweise eher geringen Hauptversammlungspräsenz kann auch schon ein Aktionär mit dieser Beteiligung weitreichenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Gesellschaft ausüben. Keiner weiteren Erklärung bedarf es vor diesem Hintergrund, dass bei Beteiligungen ab 25% die Kursrelevanz grundsätzlich gegeben ist.16 Ausnahmen sind wohl kaum denkbar, zumal eine solche Beteiligung eine immense Signalwirkung an den Markt aussendet und der Meldepflichtige dann über eine Sperrminorität ver10 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 54; Pawlik, in: KK/WpHG, § 15 Rn. 42; Fischer zu Cramburg/Royé, in: Heidel, Aktienrecht, § 13 WpHG Rn. 4. 11 Die vorgeschlagenen Werte bezüglich der Kursabweichung variieren zwischen 2% und 10%, wobei teilweise auch für Aktien und sonstige Wertpapiere verschiedene Änderungsquoten befürwortet werden. Zum Meinungsstand Schäfer, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 13 WpHG Rn. 54. 12 BaFin, Emittentenleitfaden, S. 55 a. E. und 56. 13 Cascante/Topf, AG 2009, 53, 57; Vaupel/Uhl, WM 2003, 2126, 2129; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 300; i. Erg. auch Versteegen, in: KK/WpHG, § 15 Rn. 93. 14 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 75; Cascante/Topf, AG 2009, 53, 57. 15 Siehe etwa im Fall Invesco/MAN, vgl. FAZ v. 2.10.2009, S. 15. 16 Hierzu Vaupel/Uhl, WM 2003, 2126, 2129 f.

A. Erwerbs- und Veräußerungssperre gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG

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fügt. Selbstverständlich kommt auch dem Erreichen der Kontrollschwelle von 30% Kursrelevanz zu. Das Erreichen oder Überschreiten dieser Schwelle ist nicht nur nach § 21 WpHG meldepflichtig, sondern zusätzlich nach § 35 Abs. 1 WpÜG. Zudem ist die Abgabe eines übernahmerechtlichen Pflichtangebots an diesen Schwellenwert geknüpft. Insbesondere angesichts dieses übernahmerechtlichen Kontexts ist mit Erreichen der 30%-Schwelle stets ein Ansteigen des Börsenkurses des Zielunternehmens zu beobachten.17 Zwar trifft es zu, dass die Ermittlung der Kursrelevanz keine Tatsachen-, sondern Rechtsfrage ist und daher empirische Studien, welche Kursreaktionen bestimmter Ereignisse messen, nicht geeignet sind, die Erheblichkeit abschließend zu beurteilen.18 Allerdings liefern sie ein greifbares Indiz, welches in die Betrachtung einzubeziehen ist. Zudem wird eine bevorstehende Übernahme bei der Anlageentscheidung eines verständigen Anlegers Berücksichtigung finden. Beim Berühren höherer Meldeschwellen ist das dann auch selbstverständlich, zumal sie weitreichenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft vermitteln.

II. Verwenden einer Insiderinformation Hauptsächlich praxisnahe Stimmen lehnen ein Verbot zum Erwerb bzw. Verkauf von Aktien des betreffenden Emittenten, solange die erforderliche Stimmrechtsmitteilung nicht abgegeben wurde, ab.19 Der Zuerwerb bzw. die fortgesetzte Veräußerung erfolgten in Umsetzung einer eigen gefassten Entscheidung, so dass ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 S. 1 WpHG mangels kausaler Verwendung der Insiderinformation nicht vorliege. Dem wird entgegengehalten, dass der Aktionär, der trotz Meldeverstoß eine Stimmrechtstransaktion tätigt, durchaus sein Insiderwissen um die Schwellenberührung ausnutze.20 Denn er wolle von einem günstigeren Kurs profitieren, als demjenigen, der bestünde, wenn der Kapitalmarktöffentlichkeit der von ihm gehaltene Anteil bekannt wäre. Zur Lösung dieses Streits ist zunächst beim Merkmal „Verwendung einer Insiderinformation“, das im Rahmen des AnSVG in § 14 Abs. 1 WpHG eingefügt wurde, anzusetzen. Der Gesetzgeber sah sich zu diesem Schritt bewogen, da die bis dato geltende Voraussetzung des Ausnutzens aufgrund ihrer subjektiven Prä17 18

Empirische Befunde bei Brav/Jiang/Thomas/Partnoy, J. Fin. 63 (2008), 1729 ff. Mennicke/Jakovou, in: Fuchs, WpHG, § 13 Rn. 148; Hopt, ZHR 159 (1995), 135,

154. 19 Opitz, in: Schäfer/Hamann, KMG, § 28 WpHG Rn. 59; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 85; Vaupel/Uhl, WM 2003, 2126, 2130; Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 51; siehe auch Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 59 Rn. 84. 20 Caspari, ZGR 1994, 530, 543; zur Megede, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, 2. Aufl. (1997), § 14 Rn. 44; Heinrich, Transparenzbestimmungen, S. 162; Witt, Übernahmen, S. 273; Bott/Schleef, ZBB 1998, 320, 322; i. Erg. auch U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 28 Rn. 75; ders., AG, 1997, 81, 86.

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§ 6 Sonstige Rechtsfolgen

gung für erhebliche Beweisschwierigkeiten sorgte. Im Übrigen war die Änderung europarechtlich bedingt, da der vormals in der Insider-RL21 enthaltene Begriff des Ausnutzens in der Marktmissbrauchs-RL22, welche wiederum die Insider-RL abgelöst hat, durch den der „Nutzung“ ersetzt wurde.23 Nach der nun gültigen Formulierung kommt es nicht mehr darauf an, dass der Insider die Erlangung wirtschaftlicher Vorteile beabsichtigt, d.h. bewusst zweckgerichtet handelt. Vielmehr muss die Kenntnis der Insiderinformation für das Handeln des Insiders kausal geworden sein.24 Notwendig ist insofern ein „aktives Gebrauchmachen“ von der Information, wobei ausreichend ist, wenn die Kenntnis in die Handlung mit einfließt.25 Sollte im Einzelfall unklar sein, ob der pflichtsäumige Meldepflichtige sein Insiderwissen aktiv gebraucht hat, wird man nach der Spector-Entscheidung des EuGH, wonach die Kenntnis einer Insiderinformation regelmäßig deren vorsätzliche Nutzung i. S. v. Art. 2 Abs. 1 der Marktmissbrauchs-RL impliziert,26 die Verwendung zu vermuten haben. Ob auch die Kausalität zwischen Kenntnis und Verwenden der Information vermutet wird, lässt die Entscheidung nicht erkennen.27 Doch dürfte ohnehin in aller Regel die Kenntnis der Insiderinformation in die Entscheidung zum weiteren Zukauf von Wertpapieren eingeflossen sein. Der Meldepflichtige handelt ja gerade im Bewusstsein, dass andere Anleger die geänderte Beteiligungssituation nicht kennen. Zu beachten ist allerdings, dass die Umsetzung des Planes, eine Beteiligung aufzubauen, in Erwägungsgrund (30) der Marktmissbrauchs-RL vom Insiderhandelsverbot ausgenommen wird. Folgerichtig macht auch der EuGH von der Nutzungsvermutung eine Ausnahme, da die Ratio der Richtlinie nicht berührt ist.28 Ferner ist die Kenntnis um den Plan des Beteiligungsaufbaus deshalb nicht für den Zukauf der Anteile kausal, da der Investor in Ausführung des vorher gefass21 Richtlinie 89/592/EWG des Rates v. 13.11.1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte, Abl. Nr. L 334 v. 18/11/1898, S. 30. 22 Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28.1.2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), Abl. L 96, v. 12.4. 2003, S. 16. 23 Hierzu Cahn, Konzern 2005, 5, 8 f.; zusammenfassend Flick/Lorenz, RIW 2010, 381, 382 f. 24 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 25 m.w. N.; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 149; Cahn, Konzern 2005, 5, 9; auch Begr. RegE AnSVG, BTDrucks. 15/3174, S. 34. 25 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 25; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 52 ff.; Schwark/Kruse, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 14 WpHG Rn. 16. 26 EuGH AG 2010, 74, 76 – Spector Photo Group m. krit. Anm. Heusel, BKR 2010, 77; dazu auch Rothenhöfer, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 3.532; Bedkowski/Widder, GWR 2010, 35; Forst, EWiR 2010, 129; Flick/Lorenz, RIW 2010, 381. 27 Dag. Heusel, BKR 2010, 77, 78; Opitz, BKR 2010, 71, 73 f.; Schwark/Kruse, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 14 WpHG, Rn. 16a; Schulz, ZIP 2010, 609, 611. 28 Vgl. vorige Fn.

A. Erwerbs- und Veräußerungssperre gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG

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ten Planes zum sukzessiven Beteiligungsaufbau und nicht unter Verwendung dieser Insiderinformation handelt.29 Der Aufbau der Beteiligung erfolgt dann nicht unter Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot. Um mit Hopt zu sprechen:30 „Wer weiß, dass er demnächst ein größeres Paket von Aktien erwerben oder ein Übernahmeangebot abgeben und damit voraussichtlich den Kurs der Papiere beeinflussen wird, kann nicht an ebendieser Transaktion gehindert sein.“

Der Ansicht, die bei Meldeverstößen den weiteren Kauf und Verkauf von Aktien für zulässig erklärt, ist insoweit beizupflichten, als nachgerade keine Verwendung des Entschlusses zum sukzessiven Beteiligungsaufbau vorliegt. In dieser Hinsicht unterliegt der Meldepflichtige nicht dem Verbot des § 14 WpHG. Der richtige Ansatzpunkt ist allerdings ein anderer: Abzuheben ist nämlich nicht auf die Absicht zur Aufstockung der Beteiligung bzw. den Plan, ein Übernahmeangebot abzugeben,31 sondern auf das Erreichen, Über- oder Unterschreiten von Schwellenwerten. Dieser Umstand stellt die maßgebliche Insiderinformation dar, die verwendet wird.32 Denn der Meldepflichtige, der trotz Verletzung der §§ 21 ff. WpHG anonym weitere Beteiligungen erwirbt, verfolgt das Ziel, die Verteuerung weiterer Zukäufe zu vermeiden, die sich mit der zu erwartenden Kursreaktion in der Folge der Veröffentlichung der geänderten Beteiligungsstruktur einstellen würde. Der Unterschied zum Umsetzen eigener Erwerbsabsichten manifestiert sich demnach darin, dass die Erwerbs- oder Verkaufsabsichten unter Missachtung der §§ 21 ff. WpHG erfolgen, die ein einheitliches Transparenzniveau im Hinblick auf Beteiligungsstrukturen schaffen möchten. Unterbleibt eine Stimmrechtsmitteilung oder ist diese inhaltlich derart fehlerhaft, dass sie einer Nichterfüllung gleichsteht, stellt sich die Fortführung der Erwerbsabsicht als Verletzung der vom Insiderrecht geschützten Chancengleichheit der Anleger dar. Der Vorteil, den der Investor sich mit diesem Verhalten verschafft, liegt nachgerade in der Ausschaltung von Kursreaktionen. Unter Wertungsgesichtspunkten liegt damit ein qualitativer Unterschied zur Durchführung des Beteiligungs- oder Übernahmeplans vor, der das Eingreifen des Insiderhandelsverbots rechtfertigt.33 Erst die Veröffentlichung der erforderlichen Stimmrechtsmitteilung führt zum Entfallen des Verbots, da erst dieser Akt die gesetzgeberisch intendierte Informationsöffentlichkeit herstellt. Freilich ist das Insiderhandelsverbot nur betroffen, wenn der Meldeverstoß für den Erwerb weiterer Stimmrechtsan29 Hierzu schon Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 47; ferner Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 73; Cahn, Konzern 2005, 5, 9; Cascante/Topf, AG 2009, 53, 54 m.w. N. 30 Hopt, in: Bankrechtstag 1995, S. 3, 23 f. 31 So aber Dehlinger/Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 28 Rn. 51; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpHG, § 28 Rn. 85. 32 Richtig Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 46; U. H. Schneider, in: ebd., § 28 Rn. 75; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 81; Lösler, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 2 Rn. 44; Caspari, ZGR 1994, 530, 542 f. 33 Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 14 Rn. 81.

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§ 6 Sonstige Rechtsfolgen

teile mit ursächlich geworden ist, d.h. dem Meldepflichtigen dieser Umstand bekannt war oder bekannt gewesen sein musste. Nur dann kann allgemeiner Auffassung zufolge von einer Verwendung i. S. d. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG gesprochen werden.

III. Informationsweitergabe an Dritte Regelmäßig bedient sich der Investor beim Aufbau der Beteiligungsposition der Hilfe unternehmensexterner Dritter, wie (Investment-)Banken oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die er in seine Planung einweiht. Insiderrechtlich wirft dies eine Reihe schwieriger Fragen auf, da die Planung einer Übernahme kraft ihrer Kursrelevanz eine Insiderinformation darstellen kann.34 Betroffen sind verschiedene Aspekte, insbesondere das Weitergabeverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, wenn der Investor den Dritten über seinen Plan unterrichtet, nach dem Beteiligungsaufbau eine Übernahme anzustreben,35 die insiderrechtliche Zulässigkeit einer Due-Dilligence-Prüfung36 sowie die Frage, ob der Dritte als „Verbündeter“ des Investors Aktien der potentiellen Zielgesellschaft erwerben darf, wenn die Anteile zu einem späteren Zeitpunkt an den Investor veräußert werden sollen.37 Diese vornehmlich insiderrechtlichen Probleme können hier nicht vertieft werden.

34

Statt vieler Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 138. Die Weitergabe der Information, eine Beteiligung aufbauen zu wollen, fällt nur dann unter das insiderrechtliche Weitergabeverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, wenn dies unbefugt geschieht. Der Investor handelt allerdings nicht unbefugt, wenn der Dritte die Information benötigt, um eine vom Investor übertragene Aufgabe, etwa die Beratung bei einer Beteiligungstransaktion, erfüllen zu können, siehe BaFin, Emittentenleitfaden, S. 41; Pawlik, in: KK/WpHG, § 14 Rn. 54. 36 Mittlerweile ist anerkannt, dass Insiderinformationen, die der Investor im Rahmen einer Due-Dilligence Prüfung erlangt, unschädlich sind. Denn wenn er seinen ursprünglichen Erwerbsplan fortführt, war die Information für die Durchführung des Entschlusses nicht kausal. Sieht er dagegen vom Beteiligungserwerb ab, weil die Due-Dilligence Risiken aufgedeckt hat, liegt zwar eine kausale Verknüpfung von Information und Unterlassen des Erwerbs vor, doch erfasst § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG das Unterlassen nicht. Zu den Einzelheiten Hopt, in: Bankrechtstag 1995, S. 3, 25; Cahn, Konzern 2005, 5, 10; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 15 Rn. 59. 37 Der Dritte erwirbt die Anteile entweder für Rechnung des Meldepflichtigen oder in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, verbunden mit der Abrede, sie zu einem späteren Zeitpunkt an den Meldepflichtigen zu veräußern (sog. Warehousing). Da die Übernahmeplanung eine Insiderinformation darstellen kann, stellt sich die Frage, inwieweit ein solches Vorgehen insiderrechtlich zulässig ist, vgl. hierzu Assmann, ZGR 2002, 697, 703; Vaupel/Uhl, WM 2003, 2126, 2127. Zur Frage, ob für den Dritten ein Erwerbsverbot aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG erwächst Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 147; Schwark/Kruse, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 14 WpHG Rn. 57 f. 35

B. Zinsanspruch analog § 38 WpÜG

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B. Zinsanspruch analog § 38 WpÜG Als weitere privatrechtliche Rechtsfolge lässt sich über eine Verzinsungspflicht des meldesäumigen Aktionärs gem. § 38 WpÜG analog nachdenken. Für den Fall, dass der Bieter seiner Veröffentlichungs- oder Angebotspflicht nach § 35 Abs. 1 oder 2 WpÜG nicht nachkommt, steht den Aktionären der Zielgesellschaft für die Dauer des Pflichtverstoßes ein Anspruch auf Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins (§ 247 BGB) zu. Die mit diesem Zinsanspruch einhergehende finanzielle Belastung, die zu einer erheblichen Verteuerung des Pflichtangebots führen kann, soll dem Bieter einen das Sanktionensystem der §§ 59, 60 WpÜG ergänzenden Anreiz liefern, seine Pflichten aus § 35 WpÜG pünktlich zu erfüllen. Damit steht wiederum der Präventivgedanke im Vordergrund.38 Möglicherweise lässt sich dieser Durchsetzungsmechanismus auf die §§ 21 ff. WpHG durch analoge Anwendung übertragen. Eine Übertragung scheitert noch nicht deshalb, weil die dogmatische Einordnung der Verzinsungspflicht des § 38 WpÜG nicht befriedigend geklärt ist. Es ist umstritten, ob § 38 WpÜG den Zielaktionären einen echten Anspruch auf Verzinsung der ihm im Rahmen des Pflichtangebots geschuldeten Gegenleistung gegen den Kontrollinhaber gewährt oder ob die Vorschrift nicht nur eine unselbständige Nebenforderung zu dieser Gegenleistung statuiert. Während die wohl überwiegende Meinung unter Verweis auf die amtliche Überschrift der Vorschrift von erstgenannter Alternative, ausgeht, der Vorschrift also Anspruchsqualität zuerkennt,39 bringt die Gegenauffassung vor, § 38 WpÜG könne lediglich als unselbständige Nebenforderung der in der Angebotsunterlage auszuweisenden Gegenleistung, welche die Hauptforderung bildet, angesehen werden. § 38 WpÜG stelle daher keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, die der Aktionär selbständig durchsetzen kann.40 Der BGH konnte in seiner WMF-Entscheidung die konzeptionelle Einordnung der Verzinsungspflicht offen lassen, scheint aber der Auffassung, die einen aus § 38 WpÜG folgenden Anspruch verneint, zuzuneigen.41 Auf diese streitige Frage kommt es indes gar nicht an. Eine Analogie 38 Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 38 Rn. 1; Meyer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 38 Rn. 1; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 38 Rn. 2; vgl. auch Begr. RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 61; ferner Siemers, Rechtsverlust nach § 59 WpÜG, S. 183 f. 39 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 38 Rn. 1; Hecker, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 38 Rn. 10; Kremer/Oesterhaus, in: KK/WpÜG, § 38 Rn. 1; Sohbi, in: Heidel, Aktienrecht, § 59 WpÜG Rn. 1; Derst, Ansprüche von Aktionären, S. 88 ff.; Drinkuth, in: Marsch-Barner/Schäfer, Börsennotierte AG, § 60 Rn. 69; wohl auch OLG München AG 2005, 482, 483. 40 Hommelhoff/Witt, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 38 Rn. 4; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 38 Rn. 4; Marsch-Barner, in: FS Riegger, S. 35, 40; Simon, NZG 2005, 541, 543 f. 41 BGHZ 169, 98, 103 – WMF.

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§ 6 Sonstige Rechtsfolgen

scheidet nämlich schon deshalb aus, weil § 38 WpÜG als Berechnungsgrundlage eine verzinsbare Leistungspflicht benötigt. Nach dem Gesetzestext bezieht sich die Pflicht zur Zinszahlung auf die im Pflichtangebot auszuweisende Gegenleistung i. S. d. § 31 WpÜG i.V. m. §§ 3 WpÜG-AngVO.42 Die §§ 21 ff. WpHG enthalten keine vom Meldepflichtigen an die Anleger zu erbringende Vermögensleistung, die als Bezugspunkt einer Verzinsungspflicht in Betracht käme. Sie sind reines Informationsrecht. Insoweit wird man § 38 WpÜG als nicht analogiefähige Sondervorschrift des Übernahmerechts anzusehen haben, die dem Schutz von Minderheitsaktionären bei Wechsel der Kontrollstellung geschuldet ist.

42 Hierzu Assmann, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 38 Rn. 8; Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 38 Rn. 11.

§ 7 Schluss A. Gesamtschau Unternimmt man abschließend den Versuch, ein Gesamtbild der zivilrechtlichen Rechtsfolgen einer Verletzung der §§ 21 ff. WpHG zu zeichnen, so bildet die Durchsetzung der von Gesetzgeber und Richtliniengeber intendierten Beteiligungstransparenz den tragenden Gedanken. Dahinter steht der unbestrittene, aber im Recht der Beteiligungstransparenz bislang wenig bedachte, einem Axiom gleichende Umstand, dass private Enforcement-Mechanismen unerlässlich sind, um die Marktteilnehmer zur Einhaltung ihrer Meldepflichten zu bewegen. Die an einen Meldeverstoß geknüpften Sanktionen im Allgemeinen sowie die privatrechtlichen Sanktionen im Besonderen stehen damit nicht lose nebeneinander, sondern verfügen über eine innere Verbindung. Diese Verbindung erklärt auch, dass die insiderrechtliche Erwerbs- und Veräußerungssperre nicht zum engeren Sanktionensystem gehört, sondern in dieser Hinsicht nur unterstützend wirkt. Das privatrechtliche Sanktionensystem setzt sich demgemäß aus den tragenden Säulen „Rechtsverlust“ und „Schadensersatzhaftung“ zusammen. Beide halten kraft ihrer präventiven Wirkung den Meldepflichtigen dazu an, seine Stimmrechtsmitteilungspflichten zu erfüllen, damit schon das Entstehen von Informationsasymmetrien unterbunden wird. Diese Verhaltenssteuerung ist notwendig, da die Kapitalmarktaufsicht sowie das (geringe) Bußgeld noch nicht in ausreichendem Maße vor Meldeverstößen, namentlich in Form des Unterlassens, abschrecken, zumal die BaFin bei der Verhängung von Sanktionen offenbar zögerlich agiert.1 Durch das gesamte Spektrum an Sanktionen kann der Reiz, unerkannt eine Beteiligung aufzubauen, um hieraus finanzielle und strategische Vorteile zu ziehen, unterbunden werden. Als durchaus schlagkräftig hat sich der Rechtsverlust gem. § 28 WpHG erwiesen.2 Ausweislich seines Wortlauts beschränkt sich seine Schlagkraft allerdings auf die Meldepflicht des § 21 Abs. 1, 1a WpHG. Diesbezüglich entfaltet der drohende Verlust sämtlicher Mitgliedschaftsrechte zwar einen besonders gewichtigen Anreiz zu sorgsamem Meldeverhalten. Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass schon geringwertige, zumal auf einfacher Fahrlässigkeit beruhende Meldefehler diese ausgesprochen harte Sanktion auslösen. Lassen sich daraus folgende Unbilligkeiten noch auf der Ebene des Verschuldens, insbesondere durch den Schutz 1 2

FAZ v. 8.9.2010, S. 19. Dies konstatiert auch Veil, in: FS Hopt, S. 2641, 2654.

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§ 7 Schluss

des Vertrauens auf Rechtsrat, korrigieren, bleibt der Umstand besonders kritikwürdig, dass die Sanktion zu Lasten Dritter geht. Zum einen hat sich die konzernweite Wirkung des Rechtsverlusts nicht in jedem Fall als gerechtfertigt herausgestellt. Zum anderen wird mittelbar auch der Emittent belastet, da § 28 WpHG ein beliebtes Instrument bei der Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen darstellt. Vornehmlich auf diese Aspekte stützt sich die befürwortete restriktive Auslegung des § 28 WpHG, soweit Wortlaut und Ratio es zulassen. Im Gegenzug ist der Individualanlegerschutz durch im Endergebnis für den Anleger auch durchsetzbare Schadensersatzansprüche gegen den seine Stimmrechtsmitteilungspflichten verletzenden Investor, zu stärken. Da die §§ 21 ff. WpHG Schutzgesetze sind, kann die Haftung neben § 826 BGB auch auf § 823 Abs. 2 BGB gestützt werden. Dass in der Folge der Verschuldensmaßstab des § 823 Abs. 2 BGB auf den Maßstab grober Fahrlässigkeit heraufzusetzen ist, liegt in der Komplexität des Melderechts begründet, der auch im Rahmen der Haftung angemessen Rechnung zu tragen ist. Ersatzfähig ist in jedem Fall nur der Kursdifferenzschaden. Hieraus lässt sich zugleich ableiten, dass der Anleger nicht die Ursächlichkeit des Meldeverstoßes für seinen Transaktionsentschluss zu beweisen hat – ein Beweis der namentlich im Falle des Unterlassens schon denklogisch nicht zu führen ist. Vielmehr hat er, neben dem Schadensnachweis, im Sinne der Fraud-on-the-Market-Theory den Kausalzusammenhang des Meldeverstoßes für schädigenden den Kursausschlag darzulegen, was die Beweisführung nicht unerheblich vereinfacht. Diese Thesen sind freilich kein Selbstzweck. Sie kommen der Grundidee des hier entworfenen Sanktionensystems zugute, eine effiziente Durchsetzung von Beteiligungstransparenz zu erreichen. Denn auch die Gefahr, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, übt einen disziplinierenden Effekt auf die Investoren aus und erscheint besonders geeignet, den Reiz, unerkannt eine Beteiligung im Vorfeld einer Übernahme aufzubauen, zu unterbinden. Dahinter steht im Kern der Gedanke des Private Enforcement. Insbesondere werden die Meldepflichten der §§ 25, 25a 27a WpHG durchgesetzt, was deshalb dringlich ist, weil ihre Verletzung nicht ausreichend sanktioniert ist. Weder greift der Rechtsverlust noch entfaltet das Bußgeld eine ausreichende Präventivwirkung. Mit diesen Maßgaben – der engen Handhabung des Rechtsverlusts auf der einen und der Stärkung des Individualanlegerschutzes auf der anderen Seite – lässt sich das privatrechtliche Sanktionensystem als ein konsistentes Konzept verstehen. Während die eine Maßnahme Unbilligkeiten durch überschießende Sanktionierung ausgleicht, gleicht die andere Anlegerschutz- und Anreizdefizite aus. Nimmt man die eingangs dieser Arbeit dargestellten verwaltungs- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Maßnahmen hinzu, lässt sich eine effektive Durchsetzung des Melderechts erreichen.

B. Zusammenfassung der Ergebnisse

281

B. Zusammenfassung der Ergebnisse I. Grundlagen 1.

Die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz gem. §§ 21 ff. WpHG dient der Offenlegung der Veränderung bedeutender Stimmrechtsbeteiligungen an börsennotierten Gesellschaften. Damit sind sie letztlich den Leitzielen des Kapitalmarktrechts, Anleger- und Funktionenschutz, unterstellt.

2.

Die Transparenz-RL II gewährt den Mitgliedstaaten für die Einführung und Ausgestaltung von Sanktionen für Verstöße gegen die Beteiligungstransparenzgebote einen weiten Gestaltungsspielraum. Das gilt insbesondere für zivilrechtliche Sanktionen und Rechtsfolgen, welche die Richtlinie für die Beteiligungstransparenz nicht vorschreibt. Die geschaffenen Sanktionen müssen dann aber „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein.

3.

Das WpHG hat diesen Freiraum durch ein Bündel aus straf-, verwaltungsund privatrechtlichen Rechtsfolgen ausgefüllt. Deren gemeinsame Kernaufgabe besteht in der Durchsetzung der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten der §§ 21 ff. WpHG. Den zentralen Pfeiler bilden Rechtsverlust und Schadensersatzhaftung. Mit deren Hilfe lässt sich ein Private Enforcement im Recht der Beteiligungstransparenz implementieren, welches im Kartellrecht bereits fest verankert, im Kapitalmarktrecht im Allgemeinen und im Rahmen der Beteiligungstransparenz im Besonderen bislang nur von untergeordneter Bedeutung ist. Der Durchsetzungsmechanismus liegt in der präventiv-verhaltenssteuernde Wirkung dieser Sanktionen. Während der Rechtsverlust vornehmlich über seine Sanktionskraft wirkt, erhöht die daneben anwendbare Schadensersatzhaftung die Gefahr einer Entdeckung des Rechtsbruchs auf Seiten des Meldepflichtigen.

4.

Die Verletzung der Pflicht zur Abgabe des Mittelherkunfts- und Strategieberichts nach § 27a WpHG ist nicht sanktionslos; die Vorschrift ist keine lex imperfecta. Zwar kommen weder der Rechtsverlust noch ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot in Betracht, und auch eine Marktmanipulation wird schwer zu beweisen sein. Jedoch ordnet § 27a Abs. 2 WpHG ein Shaming an, welches zu Reputationsverlusten führen kann. Zudem macht sich der Meldepflichtige für die Verletzung dieser Pflicht schadensersatzpflichtig, wobei die Beweisführung schwer fallen wird, da die nach § 27a WpHG mitzuteilenden Informationen subjektive, nicht äußerlich wahrnehmbare Absichtsbekundungen darstellen.

5.

Weder der Emittent noch der Anleger hat einen Anspruch gegen den Meldepflichtigen auf Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung. Eine Durchsetzung kann lediglich die BaFin vornehmen. Dahinter steht im Wesentlichen der Umstand, dass die §§ 21 ff. WpHG – anders als die aktienrechtlichen Paral-

282

§ 7 Schluss

lelregelungen der §§ 20 ff. AktG – streng kapitalmarktrechtlich auszulegen sind. Konzernrechtliche Schutzerwägungen sind für die Auslegung nicht bedeutsam. Wenn auch rechtstechnisch nicht exakt passend, kommt die Rechtsnatur der Stimmrechtsmitteilungspflichten der einer Obliegenheit am nächsten. Aus dieser Einordnung folgt nicht, dass diese Pflichten per se keine Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB sein könnten. 6.

Dogmatisch weisen Rechtsverlust und Schadensersatzhaftung insofern Übereinstimmungen auf, als im Grundsatz sowohl die Nicht- als auch die Schlechterfüllung der §§ 21 ff. WpHG die jeweilige Sanktion auslöst. Zudem sind beide Sanktionen verschuldensabhängig, wobei, was den Rechtsverlust angeht, keine Ausnahme für hauptversammlungsbezogene Rechte besteht.

II. Rechtsverlust 7.

Der Rechtsverlust ist restriktiv auszulegen. Auf diese Weise kann den mannigfaltigen rechtlichen und tatsächlichen Unsicherheiten im Umgang mit den §§ 21, 22 WpHG Rechnung getragen werden. Zudem wird die Problematik, dass § 28 WpHG als „Hebel“ zur missbräuchlichen Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen verwendet wird, eingedämmt. Der Grundsatz restriktiver Auslegung gilt insbesondere für den Verlust von Vermögensrechten, da diese Rechtsfolge des § 28 WpHG systematisch nicht in das auf die Stimmrechtsbeteiligung bezogene Recht der Beteiligungstransparenz passt.

8.

Die konzernweite Wirkung des Rechtsverlusts stellt sich als problematische Sanktion zu Lasten Dritter dar. Dieser nicht immer billige Effekt lässt sich dadurch eindämmen, indem der Konzernrechtsverlust auf Fälle beschränkt wird, in denen der Muttergesellschaft die Möglichkeit zusteht, auf Ausübung der bei der Tochter befindlichen Stimmrechte Einfluss zu nehmen. Diese Möglichkeit wird entsprechend § 17 AktG widerleglich vermutet.

9.

Geeignet den Rechtsverlust auszulösen, ist allein ein Verstoß gegen § 21 Abs. 1, 1a WpHG. Andere Meldepflichten sind nicht im Tatbestand aufgenommen und lassen sich auch nicht im Wege der Analogie aufnehmen. Dem Risiko, den Rechtsverlusts in Kauf nehmen zu müssen, kann durch eine vorsorgliche Stimmrechtsmitteilung vorgebeugt werden.

10. Obwohl sowohl die Nicht- als auch die Schlechterfüllung des § 21 Abs. 1, 1a WpHG geeignet sind, den Rechtsverlust auszulösen, bilden beide Formen der Pflichtverletzung keinen Gleichstellungsgrundsatz, der ex-post lediglich durch die Herausnahme formaler Mängel und geringfügiger inhaltlicher Ungenauigkeiten korrigiert wird. Vielmehr ist bereits ex-ante anhand der Frage zu prüfen, ob die betreffende Schlechterfüllung derart schwer wiegt, dass sie bei wertender Betrachtung eine Desinformation der Kapitalmarktteilnehmer

B. Zusammenfassung der Ergebnisse

283

oder der BaFin auslöst, die einer Nichterfüllung gleichkommt. Nur unter dieser einzelfallabhängigen Maßgabe führt auch die Schlechterfüllung zum Rechtsverlust. 11. Tatsachenirrtümer werden im Rahmen von § 28 WpHG nur selten entschuldigend wirken, da ein kapitalmarktaktives Unternehmen gehalten ist, eine Compliance-Organisation vorzuhalten, die laufend und umfassend über melderelevante Ereignisse informiert. Auch findet unternehmensintern eine Wissenszurechnung statt. Ein größerer Anwendungsbereich kommt dem Rechtsirrtum zu, der den Meldeverstoß entschuldigt, wenn sich der Meldepflichtige auf den Rechtsrat der BaFin verlassen hat. Dasselbe gilt für Auskünfte eines Rechtsanwalts, soweit – dem Gedanken des § 831 Abs. 1 S. 2 BGB folgend – dieser sorgfältig ausgewählt und in den zu beurteilenden Sachverhalt eingewiesen wurde sowie der erteilte Rechtsrat einer abschließenden Plausibilitätskontrolle unterzogen wurde. Erforderlich ist die Auswahl eines Anwalts, mit Kenntnissen und Erfahrungen im Kapitalmarktrecht. Wird der Rechtsanwalt über die Erteilung von Rechtsrat hinaus mit der Erstellung und Abgabe der Stimmrechtsmitteilung betraut, hat sich der Meldepflichtige dessen Verschulden zurechnen zu lassen. Hierbei gelten wiederum die Maßstäbe des § 831 Abs. 1 S. 2 BGB, nicht jedoch die des § 278 BGB. 12. Im Rahmen des § 28 S. 2, 3 WpHG gilt der zivilrechtliche Vorsatzbegriff. Der Anspruch auf die Dividende und den Liquidationserlös entfällt daher noch nicht bei grob fahrlässigen Meldeverstößen. 13. Infolge des Rechtsverlusts verliert der meldesäumige Aktionär im Grundsatz sämtliche Mitverwaltungs- und Vermögensrechte aus seinen Aktien. Die Mitgliedschaft ist aber sanktionsfest und bildet die absolute Grenze des Umfangs des Rechtsverlusts. Der Rechtsverlust endet vorbehaltlich einer Verlängerung nach Maßgabe von § 28 S. 3, 4 WpHG mit der Nachholung der Stimmrechtsmitteilung oder durch Anteilsübertragung. Er setzt sich nicht beim Rechtsnachfolger fort. 14. Zu den erfassten Mitverwaltungsrechten gehört vor allem das Stimmrecht. Infolgedessen sind Hauptversammlungsbeschlüsse, an denen ein wegen § 28 WpHG nicht stimmberechtigter Aktionär mitgewirkt hat, anfechtbar. Dies ist ein Einfallstor für die Erhebung missbräuchlicher Anfechtungsklagen. Der fehlerhafte Beschluss ist jedoch der Heilung nach § 244 AktG zugänglich. 15. Zu den erfassten Vermögensrechten gehören der Anspruch auf den Liquidationserlös und der Dividendenanspruch. Zu Unrecht an den sanktionsbefangenen Aktionär ausgeschüttete Dividenden sind gem. § 62 AktG zurückzugewähren. Wurde die Dividende noch nicht ausgeschüttet, kommt es für ihre bilanzielle Behandlung darauf an, ob der Aktionär die Dividende noch durch Nachholung der Mitteilung entsperren kann (§ 28 S. 2 WpHG) oder ob der Rechtsverlust mit Sicherheit endgültig eingetreten ist.

284

§ 7 Schluss

16. Rechte auf junge Aktien aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gehen ebenso wenig verloren, wie Bezugsrechte aus einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen. Andernfalls kann sich der sanktionsbefangene Aktionär nicht vor einer Verwässerung seiner Rechte schützen, was den Kern seiner Mitgliedschaft angreift. Ein anderes gilt für Bezugsrechte auf Finanzierungsinstrumente i. S. d. § 221 AktG.

III. Schadensersatzhaftung 17. Das Fehlen einer speziellen Anspruchsgrundlage für die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG macht eine Lösung über das Deliktsrecht des BGB notwendig. Die vom BGH zur deliktischen Kapitalmarktinformationshaftung herausgebildeten Konturen lassen sich unter der Maßgabe vorsichtig übertragen, dass die Sachgesetzlichkeiten der §§ 21 ff. WpHG Beachtung finden. Insbesondere stellt die Haftung des Meldepflichtigen keinen Fall der Emittentenhaftung dar. Zudem geht es bei der Verletzung von Meldepflichten nicht um das zwar denkbare, aber praktisch wohl nicht anzutreffende manipulative Einwirken auf den Börsenkurs durch bewusst falsche Stimmrechtsmitteilungen. Den Hauptanwendungsfall bildet vielmehr das Unterlassen einer erforderlichen Mitteilung zum verdeckten Beteiligungsaufbau. 18. Der Meldepflichtige haftet weder gem. §§ 37b, c WpHG analog noch nach den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung oder wegen der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens. In Ausnahmefällen kommt eine Haftung aus Verletzung der aktienrechtlichen Treuepflicht in Betracht, namentlich bei der Anmaßung mitgliedschaftlicher Rechte, d.h. der Ausübung von nach § 28 WpHG verlorener Rechte. 19. Die Stimmrechtsmitteilungspflichten der §§ 21, 25, 25a WpHG und auch der Mittelherkunfts- und Strategiebericht nach § 27a WpHG sind Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB, nicht hingegen § 28 WpHG. Diese Schutzgesetzhaftung setzt aber zumindest einen grob fahrlässigen Meldeverstoß voraus. Der deliktsrechtliche Verschuldensmaßstab wird damit spezifisch kapitalmarktrechtlich angepasst. 20. Die Geltendmachung des Anspruchs aus § 826 BGB wird zumeist an den hohen Tatbestandsvoraussetzungen scheitern. Er ist auf Extremfälle zugeschnitten. Zwar wird die vorsätzliche Abgabe falscher Mitteilungen zur Kursbeeinflussung regelmäßig sittenwidrig sein, doch werden diese Fällen im Rahmen der §§ 21 ff. WpHG keine nennenswerte Bedeutung erlangen. Anders ist dies jedoch wenn erforderliche Stimmrechtsmitteilungen aus eigennütziger Motivation unterlassen werden, so dass das Anschleichen im Einzelfall nach § 826 BGB haftungsbewehrt sein kann.

B. Zusammenfassung der Ergebnisse

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21. Anspruchsberechtigt ist der durch den Meldeverstoß geschädigte Anleger. Ob ein Transaktionserfordernis besteht, spielt nur eine untergeordnete Rolle, da das Unterlassen einer Stimmrechtsmitteilung den Hauptanwendungsfall der Haftung für die Verletzung der §§ 21 ff. WpHG bildet. Der Anspruch scheitert dann entweder am Fehlen der Transaktion oder daran, dass der Beweis, die Unkenntnis um den Beteiligungsaufbau habe den Ausschlag für die Entscheidung zum Halten der Wertpapiere gegeben, faktisch nicht zu führen ist. 22. Ersatzfähig ist ausschließlich der Kursdifferenzschaden. Eine Rückabwicklung der Wertpapiertransaktion im Wege der Naturalrestitution findet nicht statt. Andernfalls droht eine nicht hinnehmbare Verlagerung allgemeiner Marktrisiken auf den haftenden Meldepflichtigen. Der Kursdifferenzschaden ist auch berechenbar. Als entgangener Gewinn kann, sofern der entsprechende Nachweis erbracht wird, eine Kontrollprämie, die dem Anleger durch die Geheimhaltung des Beteiligungsaufbaus verwehrt wurde, ersatzfähig sein. 23. Auf der Ebene der haftungsbegründenden Kausalität hat der Anleger lediglich die sog. Preiskausalität nachzuweisen, d.h. die Ursächlichkeit des Meldeverstoßes für den schädigenden Kursausschlag. Dabei weist die Fraud-onthe-Market-Theory den richtigen Weg, eingeschränkt um die Maßgabe, dass der Anleger konkrete Umstände für diesen Ursachenzusammenhang vorzubringen hat. Dem haftenden Meldepflichtigen steht der Gegenbeweis zu. Im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität hat der Anleger nicht nur seinen Vermögensschaden konkret zu beziffern, sondern auch vorzubringen, dass die Kursreaktion ausschließlich auf den betreffenden Meldeverstoß zurückzuführen ist und deshalb bei ihm zum Schaden geführt hat.

IV. Sonstige Sanktionen 24. Soweit das Erreichen, Über- oder Unterschreiten von Meldeschwellen eine Insiderinformation darstellt und unter Nichterfüllung der Meldepflichten nach §§ 21 ff. WpHG weiterhin Wertpapiere erworben oder veräußert werden, liegt hierin ein verbotenes Insidergeschäft. Das gilt jedoch nicht für die Verletzung von § 27a WpHG, da diese Offenlegungspflicht innere Tatsachen betrifft. 25. Eine analoge Anwendung der Verzinsungspflicht des § 38 WpÜG auf Verstöße gegen §§ 21 ff. WpHG lässt sich nicht begründen.

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Sachwortverzeichnis Analogieverbot 73, 120 Anlasspublizität 31 Anlegerschutz 53, 55 ff., 85, 215 ff. Anlegerschutz- und FunktionsverbesserungsG 23, 25, 30, 41 ff., 78, 101 f. Anschleichen 21 f., 42, 48 ff., 53, 99 ff., 179, 236 f. Anspruch auf Zinsen siehe Zinsanspruch AnSVG 75 f., 273 f. Beteiligungstransparenz 21, 26, 29 f., 42 f., 48, 51, 55 ff., 62 ff., 85 f., 103 ff., 123 ff., 139, 143, 159, 193, 197 ff., 201, 214, 217 ff., 219 ff., 236, 247 ff., 253 f., 270, 279 f. – aktienrechtliche 26 f., 84 f. – Durchsetzung 59 f., 64 f., 67 ff., 103 f., 220 f., 280 – kapitalmarktrechtliche 21 ff., 29 ff., 84 f. – Zweck 51 ff., 55 ff., 215 ff. – Zweistufigkeit des Meldeverfahrens 31 f., 96, 218 Bußgeld 25, 65, 78, 79 f. Cash Settled Equity Swaps 22, 41, 49 Compliance 132 ff., 180, 232 Directors’ Dealings 31, 108 f., 199 Dividende siehe Rechtsverlust Efficient Capital Market Hypothesis 54 f., 256, 263, 267 Emittentenhaftung 197 f., 201, 233, 250 Emittentenleitfaden 140 f., 144 Entgangener Gewinn siehe Schadensersatz Entsprechenserklärung 224 Erwerbssperre 26, 270 ff., 279

Finanzinstrument 21 ff., 40 f., 42 f., 101 f., 127 f. Finanzintermediär 220, 260 Fraud-on-the-Market-Theory siehe Kausalität Funktionenschutz 53 ff., 216 ff. Hauptversammlungsbeschluss – Anfechtung 116 ff., 185 f. – Berechnung von Präsenzen und Mehrheiten bei Rechtsverlust 182 f. – Berufskläger 101, 117 ff., 222 – Bestätigung 187 ff. – Nichtigkeit 185 f. – Stimmlosigkeit 186 Informationseinholungspflicht 134 ff., 178 Informationsorganisation 131 ff., 138, 232 Informationsverschaffungspflicht 135 ff., 153 Insiderhandelsverbot 75 f., 270 ff. Insiderinformation 52, 75 f., 202 f., 250, 271 ff. – Berühren von Meldeschwellen 271 ff. – Mitteilung nach § 27a WpHG 75 f. – Scalping 75 – Verwenden 273 ff. KapInHaG 58, 68, 195 f., 231 Kapitalerhaltung 201 f. Kapitalerhöhung 39, 134, 166 ff., 178 – aus Gesellschaftsmitteln 166 f. – Bezugsrecht 167 ff., 170 ff., 178 – gegen Einlagen 167 ff.

Sachwortverzeichnis – hybride Finanzierungsinstrumente 170 ff. Kapitalmarktaufsicht 24 f., 69, 279 Kapitalmarktinformationshaftung 92, 194, 197, 218, 231, 279 Kartellrecht 25, 70 ff. Kausalität 246, 259 ff., 274 – Anlagestimmung 261 ff. – Anscheinsbeweis 261 – Fraud-on-the-Market-Theory 263 f. – haftungsausfüllende 268 – haftungsbegründende 259 ff. – Preiskausalität 264, 265 ff. – Transaktionskausalität 264, 265 ff. Kontrollprämie 193, 258 f. Kursdifferenzschaden 247 ff., 250 ff., 260 ff., 265 ff., 280 Liquidationserlös siehe Rechtsverlust Marktmanipulation 76 f., 155, 226 ff. Marktmissbrauchs-RL 63, 75 f., 226, 274 Meldepflicht siehe Stimmrechtsmitteilungspflicht Meldepflichtverletzung 90, 121, 124 ff., 178, 200 – Einzelfälle 124 ff. – Gleichbehandlung von Nicht- und Schlechterfüllung 90 ff., 121 ff., 178 – Herauf- und Herabmelden 121, 125 ff. – Nichterfüllung 90 ff., 193 f., 236 f. – Schlechterfüllung 90 ff., 193 f., 234 ff. Mitgliedschaft 105, 161 f., 168 ff., 210 Mittelherkunfts- und Strategiebericht siehe Stimmrechtsmitteilungspflicht Mitverwaltungsrechte 96, 107, 112, 154, 162, 179, 283 Naturalrestitution 247 f., 248 ff. Nichterfüllung siehe Meldepflichtverletzung

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Obliegenheit 82 ff., 87 ff., 134 Private Enforcement 70 ff., 220 ff., 241 Prospekthaftung 93, 195, 203 f., 231 – bürgerlich-rechtliche 93, 203 f., 231 Rechtsanwalt 144 ff., 153 ff. Rechtsirrtum 139 ff., 157 ff. – ausbrechende Gerichtsentscheidung 140 – Rechtsvergewisserungspflicht 139 ff. – Vertrauen auf Rechtsrat siehe Rechtsrat Rechtsrat 141 ff., 155, 280 – Anforderungen an Vertrauensschutz 146 ff. – BaFin 141 ff. – Drittperson 149 f. – Rechtsanwalt 144 ff. – Vertrauensschutz 141 ff. Rechtsverlust 23, 34, 61, 66 f., 73, 80 f., 91 f., 97 ff., 208, 220 f., 225 f., 279 ff. – Anmaßung mitgliedschaftlicher Rechte 208 f. – Anteilsübertragung 176 f. – Beendigungsmöglichkeiten 174 ff. – bei Stimmrechtszurechnung 109 ff. – Dividende 98, 164 ff., 177 f., 183 ff., 190 f. – Historie 97 ff. – im Konzern 110 ff. – Liquidationserlös 98, 108, 164 ff., 177 f. – Mitgliedschaft 104 f., 161 f., 165, 168 ff. – Mitverwaltungsrechte siehe dort – Nichterfüllung/Schlechterfüllung siehe Meldepflichtverletzung – Rechtsirrtum siehe dort – Schutzgesetzeigenschaft siehe Schutzgesetz – Streuwirkung 109, 190 – Tatsachenirrtum siehe dort – Verfassungsmäßigkeit 104 f.

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Sachwortverzeichnis

– verlängerter 99 f., 179 ff. – Vermögensrechte siehe dort – Verschulden siehe dort – Vorsatzbegriff 157 ff. – Wiederaufleben von Rechten 177 f. Regelpublizität 31, 195, 202 RisikobegrenzungsG 30, 36, 44, 99 f. Sanktion – Begriff 24 – Bußgeld siehe dort – lex imperfecta 73 – Prävention und Verhaltenssteuerung 60, 66 ff., 279 f. – Zweck 59 f. Sanktionensystem 28, 51, 72 f., 279 f. Schadensersatz – Anspruchsinhalt 248 ff. – Berechnung 255 ff. – Entgangener Gewinn 257 ff. – Kontrollprämien 258 f. – Kursdifferenzschaden siehe dort – Kursrisiko 252 ff. – Transaktionsschaden siehe dort Schlechterfüllung siehe Meldepflichtverletzung Schutzgesetz 58 f., 83, 86 f., 87 ff., 197, 210 ff., 213 ff., 225 ff., 230 ff., 280 – § 20a WpHG 226 ff. – §§ 21 ff. WpHG 213 ff. – § 27a WpHG 223 f. – § 28 WpHG 225 f. – § 400 AktG 228 f. – §§ 263, 264a StGB 229 f. – Begriff 211 ff. Shaming 45, 62, 74 Sittenwidrigkeit 59, 233 ff., 251, 284 Squeeze-out 162 f. Stimmrechtsmitteilung – alternative 155 – Doppelmitteilung 38 f., 128 f. – Fehleranfälligkeit 23, 34, 105 ff., 125, 231

– Nachholung 165 f., 174 f., 183 ff. – vorsorgliche 155 f. Stimmrechtsmitteilungspflicht – Berechnung von Meldeschwellen 33 f. – Doppelnatur 79 f. – Erfüllungsanspruch 83 ff. – Form 40, 200 – Frist 40, 231 f. – gem. § 21 WpHG 32 ff. – gem. § 25 WpHG 40 f. – gem. § 25a WpHG 42 f. – gem. § 27a WpHG 44 f., 73 ff. – Nachweis gem. § 27 WpHG 46 – Rechtsnatur 79 ff., 82 ff. – Schutzgesetzeigenschaft 213 ff. – Stimmrechtszurechnung siehe dort – Umfirmierung 39, 142 – Umgehung 48 ff. – Verletzung siehe Meldepflichtverletzung Stimmrechtszurechnung 34 ff.; 109 ff.; 128 f. – acting in concert 36 f., 114 f. – Doppelmitteilung 38 f., 128 f. – Kettenzurechnung 38 – Rechtsverlust 109 ff., 114 f., 128 f. Tatsachenirrtum 131 ff. Tochterunternehmen 35, 111 ff., 128 f., 136, 176 Transaktionserfordernis 242 f. Transaktionsschaden 247 f., 248 ff., 265 ff. Transparenz-RL I 29, 60 ff. Transparenz-RL II 29 f., 60 ff., 103 f., 217 Treuepflicht 85, 206 ff. Treuhand 35, 110, 111 Übernahme-RL 37, 63 Veräußerungssperre siehe Erwerbssperre Vermögensrechte 98, 107 f., 157, 161, 164 ff., 172 f.

Sachwortverzeichnis Veröffentlichungspflicht 26, 31 f., 46 f., 116, 193 – Gesamtzahl der Stimmrechte gem. § 26a WpHG 47 – Stimmrechtsmitteilung gem. § 26 WpHG 46 f. Verschulden 92 ff., 130 ff., 230 ff. – Kapitalmarkthaftung 92 f., 230 ff. – Rechtsverlust 93 ff., 130 ff. – Verschuldenszurechnung siehe dort Verschuldenszurechnung 151 ff., 244 f. Vertrauenshaftung 197, 204 ff.

Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung 196, 220, 232 ff. Vorsatz 59, 77, 157 ff., 178, 230 f., 238 ff. – § 826 BGB 59, 238 ff. – Marktmanipulation 77, 230 f. – Vorsatzbegriff in § 28 S. 2 WpHG siehe Rechtsverlust Wissenszurechnung 137 ff. Zinsanspruch 277 f.

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