Die Zukunft Israels bei Lukas: Biblisch-Frühjüdische Zukunftsvorstellungen Im Lukanischen Doppelwerk Im Vergleich Zu Röm 9-11 3110287765, 9783110287769

Im theologischen Diskurs um die Heilshoffnung der nicht an den Messias Jesus glaubenden Juden gelten die paulinischen Au

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Die Zukunft Israels bei Lukas: Biblisch-Frühjüdische Zukunftsvorstellungen Im Lukanischen Doppelwerk Im Vergleich Zu Röm 9-11
 3110287765, 9783110287769

Table of contents :
Hinführung
1. Fragestellung und Interesse
2. Aufbau der Untersuchung
1. Hinweise zu Methodik und Forschungsstand
1.1 Ausgangspunkt: Synopse Paulus – Lukas
1.2 Methodische Hinweise
1.2.1 Lk: Narrative Theologie und Unterscheidung von Textdimensionen
1.2.2 Paulus: Situationsgebundene Briefe und biographischer Index
1.3 Positionierung in der Forschungslandschaft
1.3.1 Die Zukunft Israels in lukanischer Sicht
1.3.2 Die Zukunft Israels in der Sicht des Paulus
1.3.3 Zum Verhältnis von lukanischer und paulinischer Konzeption
2. Biblisch-frühjüdische Grundkonzepte zur Zukunft Israels
2.1 Die „Zukunft Israels“ – Terminologische Klärungen
2.1.1 „Zukunft“
2.1.2 „Israel“
2.1.2.1 Die Erwählung Israels als „Volk JHWHs“
2.1.2.2 Der „Bund“ JHWHs mit Israel
2.1.3 Theologische Konzepte zur „Zukunft Israels“
2.2 Israels Zukunft in der deuteronomistischen Theologie
2.2.1 Zum Terminus „Deuteronomismus“
2.2.2 Grundzüge der deuteronomistischen Theologie
2.2.3 Das dtr Leitmotiv vom „Zorn“ Gottes
2.2.4 Der dtr Topos vom „gewaltsamen Geschick der Propheten“
2.2.5 Das Entwicklungspotential der deuteronomistischen Theologie
2.3 Israels Zukunft in der priester(schrift)lichen Theologie
2.3.1 Zum Terminus „Priesterschrift“
2.3.2 Grundzüge der priester(schrift)lichen Theologie
2.3.3 Das priester(schrift)liche Motiv vom „ewigen Bund“
2.3.4 Verknüpfung priester(schrift)licher Theologie mit dem dtr Denken..
2.4 Zukunftskonzepte in frühjüdischer Zeit
2.4.1 Frühjüdisch-apokalyptische Texte
2.4.2 Eine exemplarische Schrift: Die „Testamente der 12 Patriarchen“
2.4.2.1 Das Geschichtsbild und die Zukunftsansagen in den TestXII
2.4.2.2 Verhältnis zu den biblischen Zukunftskonzepten
2.4.3 Weitere Akzente und Motive aus frühjüdischen Texten
2.5 Ertrag
2.6 Zur Rezeption biblisch-frühjüdischer Erwartungen im NT
3. Israels Zukunft im lukanischen Doppelwerk
3.1 Hinführung
3.1.1 Zur Diskussion um den Verfasser
3.1.2 Orientierung in Lk-Apg
3.1.2.1 Der Zusammenhang beider Bücher
3.1.2.2 Zum Aufbau des Doppelwerks
3.1.3 Zur Auswahl der zu untersuchenden Texte
3.2 Lk 13,31-35: Das Geschick Jesu und die Jerusalem-Weissagung
3.2.1 Der Text
3.2.2 Einordnung in den Kontext
3.2.2.1 Der dritte Hauptteil des Evangeliums als „Reisebericht“
3.2.2.2 Lk 13,31-35 als Zentrum des dritten Hauptteils
3.2.3 Zur Struktur des Textes
3.2.4 Die Warnung vor Herodes und die Reaktion Jesu (V. 31-33)
3.2.5 Das prophetische Wort Jesu über Jerusalem (V. 34f.)
3.2.5.1 Zur Gliederung des Wortes
3.2.5.2 Das Drohwort über die Preisgabe des Hauses (V. 35)
3.2.5.3 Die Weissagung über das begrenzte „Nicht-Sehen“ des Volkes
3.2.5.4 Synoptischer Vergleich mit Mt 23,37-39
3.2.6 Ertrag
3.3 Lk 19,28-48: Der Einzug Jesu in die Stadt Jerusalem
3.3.1 Der Text
3.3.2 Einordnung in den Kontext
3.3.3 Zur Struktur des Textes
3.3.4 Der Lobruf der Jünger (V. 37f.)
3.3.5 Das Wort Jesu über Jerusalem bei seinem Einzug (V. 40-44)
3.3.6 Ertrag
3.4 Lk 21,20-24: Die Weissagung Jesu über die Zerstörung Jerusalems
3.4.1 Der Text
3.4.2 Einordnung in den Kontext
3.4.2.1 Zu Gliederung und Charakter der Endzeitrede
3.4.2.2 Die Adressaten der Rede
3.4.3 Zur Struktur des Textes
3.4.4 Die „Tage der Vergeltung“ und der „Zorn Gottes“ (V. 22f.)
3.4.5 Die „Zeiten der Heiden“ (V. 24)
3.4.6 Ertrag
3.5 Apg 1,6-8: Das letzte Wort des Auferstandenen
3.5.1 Der Text
3.5.2 Einordnung in den Kontext
3.5.3 Zur Struktur des Textes
3.5.4 Die Antwort Jesu auf die Frage der Jünger (V. 8)
3.5.5 Die „Himmelfahrt“ Jesu (V. 9-12)
3.5.6 Die Lokalisierung der Szene auf dem Ölberg (V. 12)
3.5.7 Ertrag
3.6 Apg 3,19-21: Das Petruswort von der „Apokatastasis“
3.6.1 Der Text
3.6.2 Einordnung in den Kontext
3.6.3 Zur Struktur des Textes
3.6.4 Der Umkehrruf (V. 19)
3.6.5 Die Rezeption apokalyptischer Motivik (V. 20f.)
3.6.6 Ertrag
3.7 Apg 13,44-47: Das Pauluswort von der Hinwendung zu den Heiden
3.7.1 Der Text
3.7.2 Einordnung in den Kontext
3.7.3 Zur Struktur des Textes
3.7.4 Die ablehnende Reaktion der Juden (V. 45)
3.7.5 Die Wendung zu den Heiden (V. 46)
3.7.6 Ertrag
3.8 Apg 15,13-21: Die Jakobusrede auf dem Apostelkonvent
3.8.1 Der Text
3.8.2 Einordnung in den Kontext
3.8.2.1 Zur lit. Gestaltung der Erzählung vom Apostelkonvent
3.8.2.2 Zur Bedeutung des Apostelkonvents bei Lukas
3.8.3 Zur Struktur des Textes
3.8.4 Die Anrede Συμεών (V. 14)
3.8.5 Der ἐξ ἐθνῶν λαός (V. 14)
3.8.6 Das Amoszitat (V. 16-18)
3.8.7 Die Wiedererrichtung der verfallenen Hütte Davids (V. 16)
3.8.8 Die „Jakobusklauseln“ (V. 20)
3.8.9 Ertrag
3.9 Thematische Untersuchungen zur lukanischen Sicht der Zukunft Israels
3.9.1 Die Bedeutung des Volkes für Lukas
3.9.1.1 Zum lukanischen Gebrauch von λαός
3.9.1.2 Das Volk in der lukanischen Passionserzählung
3.9.1.3 Die Pharisäer bei Lukas
3.9.1.4 Ertrag
3.9.2 Umkehr und Sündenvergebung bei Lukas
3.9.2.1 Zum lukanischen Gebrauch von μετάνοια und ἄϕεσις
3.9.2.2 Beispiele lukanischer „Umkehrtheologie“
3.9.2.3 Ertrag
3.9.3 Die Bedeutung Jerusalems und des Tempels für Lukas
3.9.3.1 Jerusalem im lukanischen Doppelwerk
3.9.3.2 Der Tempel im lukanischen Doppelwerk
3.9.3.3 Stephanus und die Tempelkritik
3.9.3.4 Ertrag
3.9.4 Die Wiederherstellung Israels bei Lukas
3.9.4.1 Die Vorgeschichten Lk 1-2
3.9.4.2 Simeon und Hanna (Lk 2,22-39)
3.9.4.3 Die Wiederherstellung Israels im Verlauf des Evangeliums
3.9.4.4 Der Beginn der Wiederherstellung Israels an Pfingsten
3.9.4.5 Ertrag
3.10 Apg 28,16-31: Der Abschluss der lukanischen Konzeption
3.10.1 Der Text
3.10.2 Einordnung in den Kontext
3.10.3 Zur Struktur des Textes
3.10.4 Die Auslegung der Verse als Abschluss des Doppelwerks
3.10.5 Das Jesaja-Zitat in Apg 28,26f
3.10.6 Ertrag
3.11 Ergebnisse der Analyse lukanischer Texte
3.11.1 Ambivalenz: Divergierende Israel-Texte bei Lukas
3.11.2 Offenheit: Die Abweisung eindeutig negativer Aussagen
3.11.3 Harmonisierung: Integration verschiedener Richtungen
3.11.4 Kontinuität und Kongruenz
3.11.5 Biblische Vorgaben: Rezeption deuteronomistischer Elemente
3.11.6 Lukas als Gottesfürchtiger
4. Grundzüge des pln Zukunftskonzepts für Israel im Römerbrief
4.1 Hinführung
4.1.1 Paulus als Jude
4.1.1.1 Die Einsichten der „New Perspective on Paul“
4.1.1.2 Paulus und das Gesetz
4.1.1.3 Paulus und die Heilige Schrift Israels
4.1.2 Die Bedeutung der Lebenswende des Apostels
4.2 Die Zukunft Israels nach Röm 9-11
4.2.1 Zur Entstehungssituation des Römerbriefs
4.2.2 Zur literarischen Struktur des Briefes
4.2.3 Zur Kohärenz und Struktur von Röm 9-11
4.2.4 Röm 11,25-32: Das Mysterium von der Rettung ganz Israels
4.2.4.1 Zur Struktur von Röm 11
4.2.4.2 Zur Gliederung des Textes
4.2.4.3 Zum Terminus μυστήριον (V. 25)
4.2.4.4 Zum Bezug von καì οὕτως (V. 26)
4.2.4.5 Zur Bedeutung von πᾶς Ἰσραήλ (V. 26
4.2.4.6 Die „Rettung“ Israels (V. 26f.)
4.2.4.7 Der „Bund“ mit Israel (V. 27)
4.2.4.8 Der zweite Teil (V. 28-32)
4.3 Ertrag
5. Zusammenschau und Schlussbetrachtung
5.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Lukas und Paulus
5.1.1 Die Bedeutung von jüdischen Christen innerhalb der Kirche
5.1.2 Unterschiedliche Rezeption biblischer Gestalten
5.1.2.1 Zur Rezeption von Abraham und Mose bei Paulus
5.1.2.2 Zur Rezeption von Abraham und Mose bei Lukas
5.1.3 Der „Kanon von der Rechtfertigung“ bei Lukas und Paulus
5.1.4 Die Bedeutung Jerusalems
5.1.5 Der Jude Paulus
5.1.6 Zusammenfassende Reflexion
5.2 Ausblick
5.2.1 Perspektiven im Kontext der Diskussion um die „Judenmission“
5.2.2 Perspektiven im Blick auf das Konzilsdokument „Nostra Aetate“
5.2.3 Weitere Perspektiven
Literaturverzeichnis
1. Quellen
1.1 Bibelausgaben
1.2 Frühjüdisches Schrifttum
1.3 Frühchristliches Schrifttum
2. Hilfsmittel
3. Sekundärliteratur
3.1 Kommentare zu biblischen Schriften
3.2 Weitere Sekundärliteratur
Stellenregister
Autorenregister

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Christoph Schaefer Die Zukunft Israels bei Lukas

Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche

Herausgegeben von

James D. G. Dunn · Carl R. Holladay Hermann Lichtenberger · Jens Schröter Gregory E. Sterling · Michael Wolter

Band 190

De Gruyter

Christoph Schaefer

Die Zukunft Israels bei Lukas Biblisch-frühjüdische Zukunftsvorstellungen im lukanischen Doppelwerk im Vergleich zu Röm 9-11

De Gruyter

ISBN 978-3-11-028776-9 e-ISBN 978-3-11-028901-5 ISSN 0171-6441 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. 쑔 2012 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ⬁ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwortȱ ȱ ȱ DieȱvorliegendeȱArbeitȱwurdeȱimȱSommersemesterȱ2011ȱanȱderȱKathoȬ lischȬTheologischenȱ Fakultätȱ derȱ EberhardȬKarlsȬUniversitätȱ Tübingenȱ alsȱDissertationȱangenommenȱundȱfürȱdieȱVeröffentlichungȱgeringfügigȱ überarbeitet.ȱ Vieleȱ unterschiedlicheȱ Mitwirkendeȱ habenȱ Anteilȱ daran,ȱ dassȱichȱmeinȱPromotionsprojektȱdurchführenȱundȱzuȱeinemȱerfolgreiȬ chenȱAbschlussȱbringenȱkonnte.ȱIhnenȱmöchteȱichȱmeinenȱaufrichtigenȱ Dankȱaussprechen.ȱ Dieserȱ giltȱ zuallererstȱ Herrnȱ Prof.ȱ Dr.ȱ Michaelȱ Theobald,ȱ derȱ dieȱ ArbeitȱvonȱAnfangȱanȱäußerstȱwohlwollendȱundȱmitȱvielenȱhilfreichenȱ Hinweisenȱ begleitetȱ hat.ȱ Ichȱ schätzeȱ michȱ glücklich,ȱ alsȱ seinȱ Assistentȱ auchȱ nochȱ weiterhinȱ vonȱ ihmȱ lernenȱ undȱ inȱ freundlicherȱ Atmosphäreȱ anȱseinemȱLehrstuhlȱarbeitenȱzuȱkönnen.ȱHerrnȱProf.ȱDr.ȱWalterȱGroßȱ dankeȱichȱfürȱdieȱErstellungȱdesȱZweitgutachtensȱundȱseineȱwertvollenȱ Anmerkungen.ȱ Ausȱ derȱ Tübingerȱ EvangelischȬTheologischenȱ SchwesȬ terfakultätȱ habeȱ ichȱ vorȱ allemȱ demȱ inzwischenȱ verstorbenenȱ Prof.ȱ Dr.ȱ Martinȱ Hengelȱ zuȱ danken,ȱ beiȱ demȱ ichȱ inȱ seinenȱ letztenȱ LebensȬȱ undȱ Schaffensjahrenȱ alsȱ wissenschaftlicheȱ Hilfskraftȱ arbeitenȱ konnteȱ (undȱ derȱesȱsichȱnichtȱnehmenȱließ,ȱregesȱInteresseȱanȱderȱArbeitȱdesȱjungenȱ katholischenȱNachwuchsexegetenȱzuȱzeigen),ȱsowieȱFrauȱProf.ȱDr.ȱAnȬ naȱ Mariaȱ Schwemerȱ fürȱ mancheȱ Erkundungȱ imȱ historischenȱ Umfeldȱ desȱNeuenȱTestaments.ȱEinȱbesondererȱDankȱgiltȱauchȱHerrnȱProf.ȱDr.ȱ WilfriedȱEiseleȱ(Münster)ȱundȱHerrnȱProf.ȱDr.ȱHansȬUlrichȱWeidemannȱ (Siegen),ȱdieȱmichȱalsȱKollegenȱimȱOberseminarȱimmerȱwiederȱermutigtȱ undȱsichȱüberȱdieȱJahreȱalsȱwichtigeȱWeggefährtenȱerwiesenȱhaben.ȱ DieȱStudienstiftungȱdesȱdeutschenȱVolkesȱhatȱmichȱnichtȱnurȱwähȬ rendȱ meinesȱ Studiums,ȱ sondernȱ auchȱ alsȱ Doktorandȱ inȱ erheblichemȱ Umfangȱ gefördert;ȱ ihreȱ finanzielleȱ undȱ ideelleȱ Unterstützungȱ hatȱ weȬ sentlichȱdazuȱ beigetragen,ȱ dasȱ WagnisȱeinesȱPromotionsprojektsȱüberȬ hauptȱaufzunehmen.ȱIchȱbinȱsehrȱdankbarȱdafür.ȱ Vieleȱ Freunde,ȱ Verwandte,ȱ Bekannte,ȱ Kommilitonenȱundȱ Kollegenȱ habenȱinȱdenȱvergangenenȱJahrenȱAnteilȱanȱderȱEntstehungȱderȱDisserȬ tationȱ genommen,ȱ seiȱ esȱ eherȱ allgemeinȱ interessiert,ȱ spezifischȱ theoloȬ gischȱnachfragendȱoderȱauchȱmentalȱaufbauend.ȱIhnenȱallenȱistȱfürȱihreȱ Unterstützungȱzuȱdanken;ȱbesondersȱdankbarȱnennenȱmöchteȱichȱmeiȬ neȱ Eltern,ȱ dieȱ auchȱ Änderungenȱ inȱ derȱ Lebensplanungȱ immerȱ vorbeȬ

VIȱ

Vorwortȱ

haltlosȱunterstütztȱhaben,ȱsowieȱmeineȱFrauȱPatricia,ȱdieȱ–ȱnachdemȱwirȱ unsȱ inȱ derȱ erstenȱ Wocheȱ meinesȱ Promotionsstudiumsȱ inȱ Tübingenȱ erstmalsȱ kennengelerntȱ habenȱ –ȱ wieȱ keinȱ andererȱ dieȱ Entstehungȱ derȱ Dissertationȱbegleitetȱhat.ȱ BeiȱderȱErstellungȱdesȱBuchmanuskriptsȱhatȱvorȱallemȱHerrȱSimonȱ Menthȱ dankenswerterweiseȱ dieȱ Mühenȱ desȱ Korrekturlesensȱ aufȱ sichȱ genommen;ȱauchȱunsererȱLehrstuhlsekretärinȱFrauȱWaltraudȱGlockȱseiȱ fürȱdieȱsteteȱHilfsbereitschaftȱinȱvielfacherȱHinsichtȱherzlichȱgedankt.ȱȱ Denȱ Herausgebernȱ derȱ „Beihefteȱ zurȱ Zeitschriftȱ fürȱ dieȱ NeutestaȬ mentlicheȱWissenschaft“,ȱinsbesondereȱHerrnȱProf.ȱDr.ȱHermannȱLichȬ tenbergerȱundȱHerrnȱProf.ȱDr.ȱMichaelȱWolter,ȱdankeȱich,ȱdassȱsieȱmeiȬ neȱ Dissertationȱ begutachtet,ȱ inȱ dieȱ Reiheȱ aufgenommenȱ undȱ wichtigeȱ RückmeldungenȱfürȱdieȱVeröffentlichungȱgegebenȱhaben.ȱImȱVerlagȱDeȱ Gruyterȱ hatȱ namentlichȱ Frauȱ Sabinaȱ Dabrowskiȱ dieȱ Erstellungȱ derȱ Druckvorlageȱkompetent,ȱgeduldigȱundȱfreundlichȱbegleitet,ȱwofürȱihrȱ einȱherzlicherȱDankȱgebührt.ȱȱ Einȱ eigenesȱ Wortȱ desȱ Dankesȱ seiȱ schließlichȱ anȱ denȱ Vorstandȱ derȱ Tübingerȱ KatholischȬTheologischenȱ Fakultätȱ gerichtet,ȱ derȱ dieȱ Arbeitȱ fürȱ denȱ Dr.ȱ Leopoldȱ LucasȬNachwuchswissenschaftlerȬPreisȱ vorgeȬ schlagenȱ hat,ȱ undȱ anȱ dieȱ Vertreterȱ derȱ EvangelischȬTheologischenȱ FaȬ kultätȱ bzw.ȱ derȱ Universitätȱ Tübingenȱ sowieȱ insbesondereȱ Herrnȱ Dr.ȱ Frankȱ Lucasȱ (London)ȱ fürȱ dieȱ Verleihungȱ desȱ Preisesȱ imȱ Maiȱ 2012.ȱ Esȱ berührtȱ michȱ sehr,ȱ dassȱ meineȱ Dissertation,ȱ dieȱ inȱ exegetischerȱ PerȬ spektiveȱ dieȱ engeȱ Beziehungȱ zwischenȱ Christentumȱ undȱ Judentumȱ herausstellt,ȱdurchȱdieseȱanȱdenȱRabbinerȱDr.ȱLeopoldȱLucasȱerinnernȬ deȱWürdigungȱnochmalsȱeinenȱganzȱbesonderenȱAkzentȱerhält.ȱ Esȱ trifftȱ sich,ȱ dassȱ ichȱ diesesȱ Vorwortȱ amȱ Gedenktagȱ desȱ Ignatiusȱ vonȱLoyola,ȱGründerȱderȱGesellschaftȱJesu,ȱfertigstelle.ȱSoȱschließtȱsichȱ einȱKreisȱzuȱmeinenȱStudienjahrenȱanȱderȱPhilosophischȬTheologischenȱ HochschuleȱSanktȱGeorgenȱinȱFrankfurtȱamȱMain.ȱDieȱJesuiten,ȱdieȱdortȱ lebenȱ undȱ lehren,ȱ sindȱ dafürȱ verantwortlich,ȱ dassȱ ichȱ inȱ Studiumȱ undȱ Alltagȱ dieȱ Stärkenȱ christlicherȱ Theologieȱ kennenȱ undȱ schätzenȱ gelerntȱ habe.ȱSoȱgiltȱmeinȱletztesȱDankeswortȱihnen.ȱ ȱ Tübingen,ȱdenȱ31.07.2012ȱ ȱ ȱ ChristophȱSchaeferȱ ȱ ȱ ȱ

Inhaltsverzeichnisȱ ȱ ȱ Hinführungȱ......................................................................................................ȱ1ȱ 1.ȱFragestellungȱundȱInteresseȱ....................................................................................ȱ1ȱ 2.ȱAufbauȱderȱUntersuchungȱ......................................................................................ȱ8ȱ

ȱ 1.ȱHinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ......................................ȱ11ȱ 1.1ȱAusgangspunkt:ȱSynopseȱPaulusȱ–ȱLukas.........................................................ȱ11ȱ 1.2ȱMethodischeȱHinweise.........................................................................................ȱ16ȱ 1.2.1ȱLk:ȱNarrativeȱTheologieȱundȱUnterscheidungȱvonȱTextdimensionenȱ 18ȱ 1.2.2ȱPaulus:ȱSituationsgebundeneȱBriefeȱundȱbiographischerȱIndexȱ..........ȱ22ȱ 1.3ȱPositionierungȱinȱderȱForschungslandschaftȱ....................................................ȱ24ȱ 1.3.1ȱDieȱZukunftȱIsraelsȱinȱlukanischerȱSichtȱ.................................................ȱ24ȱ 1.3.2ȱDieȱZukunftȱIsraelsȱinȱderȱSichtȱdesȱPaulusȱ............................................ȱ26ȱ 1.3.3ȱZumȱVerhältnisȱvonȱlukanischerȱundȱpaulinischerȱKonzeptionȱ..........ȱ27ȱ

ȱ 2.ȱBiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ................ȱ33ȱ 2.1ȱDieȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ–ȱTerminologischeȱKlärungenȱ......................................ȱ35ȱ 2.1.1ȱ„Zukunft“ȱ....................................................................................................ȱ35ȱ 2.1.2ȱ„Israel“ȱ.........................................................................................................ȱ37ȱ 2.1.2.1ȱDieȱErwählungȱIsraelsȱalsȱ„VolkȱJHWHs“ȱ...........................................ȱ38ȱ 2.1.2.2ȱDerȱ„Bund“ȱJHWHsȱmitȱIsraelȱ..............................................................ȱ39ȱ 2.1.3ȱTheologischeȱKonzepteȱzurȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ.......................................ȱ42ȱ 2.2ȱIsraelsȱZukunftȱinȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ...................................ȱ47ȱ 2.2.1ȱZumȱTerminusȱ„Deuteronomismus“ȱ......................................................ȱ47ȱ

VIIIȱ

Inhaltsverzeichnisȱ

2.2.2ȱGrundzügeȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ...................................ȱ48ȱ 2.2.3ȱDasȱdtrȱLeitmotivȱvomȱ„Zorn“ȱGottesȱ.....................................................ȱ49ȱ 2.2.4ȱDerȱdtrȱToposȱvomȱ„gewaltsamenȱGeschickȱderȱPropheten“ȱ..............ȱ54ȱ 2.2.5ȱDasȱEntwicklungspotentialȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ........ȱ59ȱ 2.3ȱIsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ..................................ȱ60ȱ 2.3.1ȱZumȱTerminusȱ„Priesterschrift“ȱ...............................................................ȱ60ȱ 2.3.2ȱGrundzügeȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ..................................ȱ61ȱ 2.3.3ȱDasȱpriester(schrift)licheȱMotivȱvomȱ„ewigenȱBund“ȱ...........................ȱ63ȱ 2.3.4ȱVerknüpfungȱpriester(schrift)licherȱTheologieȱmitȱdemȱdtrȱDenkenȱ..ȱ69ȱ 2.4ȱZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeit............................................................ȱ76ȱ 2.4.1ȱFrühjüdischȬapokalyptischeȱTexteȱ...........................................................ȱ76ȱ 2.4.2ȱEineȱexemplarischeȱSchrift:ȱDieȱ„Testamenteȱderȱ12ȱPatriarchen“ȱ......ȱ80ȱ 2.4.2.1ȱDasȱGeschichtsbildȱundȱdieȱZukunftsansagenȱinȱdenȱTestXIIȱ..........ȱ84ȱ 2.4.2.2ȱVerhältnisȱzuȱdenȱbiblischenȱZukunftskonzeptenȱ..............................ȱ93ȱ 2.4.3ȱWeitereȱAkzenteȱundȱMotiveȱausȱfrühjüdischenȱTextenȱ......................ȱ95ȱ 2.5ȱErtragȱ......................................................................................................................ȱ99ȱ 2.6ȱZurȱRezeptionȱbiblischȬfrühjüdischerȱErwartungenȱimȱNTȱ..........................ȱ101ȱ

ȱ 3.ȱIsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ......................................ȱ105ȱ 3.1ȱHinführungȱ..........................................................................................................ȱ105ȱ 3.1.1ȱZurȱDiskussionȱumȱdenȱVerfasserȱ.........................................................ȱ106ȱ 3.1.2ȱOrientierungȱinȱLkȬApgȱ...........................................................................ȱ109ȱ 3.1.2.1ȱDerȱZusammenhangȱbeiderȱBücherȱ....................................................ȱ109ȱ 3.1.2.2ȱZumȱAufbauȱdesȱDoppelwerksȱ...........................................................ȱ111ȱ 3.1.3ȱZurȱAuswahlȱderȱzuȱuntersuchendenȱTexteȱ.........................................ȱ115ȱ 3.2ȱLkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ.................ȱ117ȱ 3.2.1ȱDerȱTextȱ.....................................................................................................ȱ118ȱ 3.2.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ....................................................................ȱ120ȱ 3.2.2.1ȱDerȱdritteȱHauptteilȱdesȱEvangeliumsȱalsȱ„Reisebericht“ȱ................ȱ120ȱ 3.2.2.2ȱLkȱ13,31–35ȱalsȱZentrumȱdesȱdrittenȱHauptteilsȱ...............................ȱ130ȱ

ȱ

Inhaltsverzeichnisȱ

IXȱ

3.2.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ...........................................................................ȱ133ȱ 3.2.4ȱDieȱWarnungȱvorȱHerodesȱundȱdieȱReaktionȱJesuȱ(V.ȱ31–33)ȱ............ȱ135ȱ 3.2.5ȱDasȱprophetischeȱWortȱJesuȱüberȱJerusalemȱ(V.ȱ34f.)ȱ..........................ȱ137ȱ 3.2.5.1ȱZurȱGliederungȱdesȱWortesȱ.................................................................ȱ138ȱ 3.2.5.2ȱDasȱDrohwortȱüberȱdieȱPreisgabeȱdesȱHausesȱ(V.ȱ35)ȱ......................ȱ140ȱ 3.2.5.3ȱDieȱWeissagungȱüberȱdasȱbegrenzteȱ„NichtȬSehen“ȱdesȱVolkesȱ....ȱ143ȱ 3.2.5.4ȱSynoptischerȱVergleichȱmitȱMtȱ23,37–39ȱ............................................ȱ146ȱ 3.2.6ȱErtragȱ.........................................................................................................ȱ150ȱ 3.3ȱLkȱ19,28–48:ȱDerȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱJerusalemȱ.....................................ȱ151ȱ 3.3.1ȱDerȱTextȱ.....................................................................................................ȱ152ȱ 3.3.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ....................................................................ȱ154ȱ 3.3.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ...........................................................................ȱ155ȱ 3.3.4ȱDerȱLobrufȱderȱJüngerȱ(V.ȱ37f.)ȱ...............................................................ȱ156ȱ 3.3.5ȱDasȱWortȱJesuȱüberȱJerusalemȱbeiȱseinemȱEinzugȱ(V.ȱ40–44)ȱ.............ȱ161ȱ 3.3.6ȱErtragȱ.........................................................................................................ȱ164ȱ 3.4ȱLkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ............ȱ165ȱ 3.4.1ȱDerȱTextȱ.....................................................................................................ȱ165ȱ 3.4.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ....................................................................ȱ167ȱ 3.4.2.1ȱZuȱGliederungȱundȱCharakterȱderȱEndzeitredeȱ................................ȱ168ȱ 3.4.2.2ȱDieȱAdressatenȱderȱRedeȱ......................................................................ȱ172ȱ 3.4.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ...........................................................................ȱ175ȱ 3.4.4ȱDieȱ„TageȱderȱVergeltung“ȱundȱderȱ„ZornȱGottes“ȱ(V.ȱ22f.)ȱ..............ȱ177ȱ 3.4.5ȱDieȱ„ZeitenȱderȱHeiden“ȱ(V.ȱ24)ȱ.............................................................ȱ179ȱ 3.4.6ȱErtragȱ.........................................................................................................ȱ183ȱ 3.5ȱApgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ............................................ȱ185ȱ 3.5.1ȱDerȱTextȱ.....................................................................................................ȱ185ȱ 3.5.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ....................................................................ȱ186ȱ 3.5.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ...........................................................................ȱ191ȱ 3.5.4ȱDieȱAntwortȱJesuȱaufȱdieȱFrageȱderȱJüngerȱ(V.ȱ8)ȱ................................ȱ191ȱ 3.5.5ȱDieȱ„Himmelfahrt“ȱJesuȱ(V.ȱ9–12)ȱ..........................................................ȱ195ȱ



Inhaltsverzeichnisȱ

3.5.6ȱDieȱLokalisierungȱderȱSzeneȱaufȱdemȱÖlbergȱ(V.ȱ12)ȱ..........................ȱ198ȱ 3.5.7ȱErtragȱ.........................................................................................................ȱ204ȱ 3.6ȱApgȱ3,19–21:ȱDasȱPetruswortȱvonȱderȱ„Apokatastasis“ȱ................................ȱ206ȱ 3.6.1ȱDerȱTextȱ.....................................................................................................ȱ207ȱ 3.6.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ....................................................................ȱ208ȱ 3.6.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ...........................................................................ȱ212ȱ 3.6.4ȱDerȱUmkehrrufȱ(V.ȱ19)ȱ.............................................................................ȱ212ȱ 3.6.5ȱDieȱRezeptionȱapokalyptischerȱMotivikȱ(V.ȱ20f.)ȱ.................................ȱ215ȱ 3.6.6ȱErtragȱ.........................................................................................................ȱ218ȱ 3.7ȱApgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱ........ȱ219ȱ 3.7.1ȱDerȱTextȱ.....................................................................................................ȱ219ȱ 3.7.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ....................................................................ȱ220ȱ 3.7.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ...........................................................................ȱ223ȱ 3.7.4ȱDieȱablehnendeȱReaktionȱderȱJudenȱ(V.ȱ45)ȱ..........................................ȱ223ȱ 3.7.5ȱDieȱWendungȱzuȱdenȱHeidenȱ(V.ȱ46)ȱ.....................................................ȱ228ȱ 3.7.6ȱErtragȱ.........................................................................................................ȱ233ȱ 3.8ȱApgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ............................ȱ234ȱ 3.8.1ȱDerȱTextȱ.....................................................................................................ȱ234ȱ 3.8.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ....................................................................ȱ236ȱ 3.8.2.1ȱZurȱlit.ȱGestaltungȱderȱErzählungȱvomȱApostelkonventȱ.................ȱ237ȱ 3.8.2.2ȱZurȱBedeutungȱdesȱApostelkonventsȱbeiȱLukasȱ...............................ȱ239ȱ 3.8.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ...........................................................................ȱ241ȱ 3.8.4ȱDieȱAnredeȱ̕ΙΐΉЏΑȱ(V.ȱ14)ȱ....................................................................ȱ242ȱ 3.8.5ȱDerȱπΒȱπΌΑЗΑȱΏ΅ϱΖȱ(V.ȱ14)ȱ......................................................................ȱ246ȱ 3.8.6ȱDasȱAmoszitatȱ(V.ȱ16–18)ȱ........................................................................ȱ247ȱ 3.8.7ȱDieȱWiedererrichtungȱderȱverfallenenȱHütteȱDavidsȱ(V.ȱ16)..............ȱ252ȱ 3.8.8ȱDieȱ„Jakobusklauseln“ȱ(V.ȱ20)ȱ................................................................ȱ256ȱ 3.8.9ȱErtragȱ.........................................................................................................ȱ261ȱ ȱ

ȱ

Inhaltsverzeichnisȱ

XIȱ

3.9ȱThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ.ȱ263ȱ 3.9.1ȱDieȱBedeutungȱdesȱVolkesȱfürȱLukasȱ....................................................ȱ264ȱ 3.9.1.1ȱZumȱlukanischenȱGebrauchȱvonȱΏ΅ϱΖȱ...............................................ȱ264ȱ 3.9.1.2ȱDasȱVolkȱinȱderȱlukanischenȱPassionserzählungȱ..............................ȱ268ȱ 3.9.1.3ȱDieȱPharisäerȱbeiȱLukasȱ........................................................................ȱ275ȱ 3.9.1.4ȱErtragȱ......................................................................................................ȱ276ȱ 3.9.2ȱUmkehrȱundȱSündenvergebungȱbeiȱLukasȱ...........................................ȱ278ȱ 3.9.2.1ȱZumȱlukanischenȱGebrauchȱvonȱΐΉΘΣΑΓ΍΅ȱundȱΩΚΉΗ΍Ζȱ.................ȱ278ȱ 3.9.2.2ȱBeispieleȱlukanischerȱ„Umkehrtheologie“ȱ.........................................ȱ281ȱ 3.9.2.3ȱErtragȱ......................................................................................................ȱ289ȱ 3.9.3ȱDieȱBedeutungȱJerusalemsȱundȱdesȱTempelsȱfürȱLukasȱ.....................ȱ291ȱ 3.9.3.1ȱJerusalemȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ.............................................ȱ292ȱ 3.9.3.2ȱDerȱTempelȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ..........................................ȱ296ȱ 3.9.3.3ȱStephanusȱundȱdieȱTempelkritikȱ.........................................................ȱ299ȱ 3.9.3.4ȱErtragȱ......................................................................................................ȱ305ȱ 3.9.4ȱDieȱWiederherstellungȱIsraelsȱbeiȱLukasȱ..............................................ȱ306ȱ 3.9.4.1ȱDieȱVorgeschichtenȱLkȱ1–2ȱ...................................................................ȱ307ȱ 3.9.4.2ȱSimeonȱundȱHannaȱ(Lkȱ2,22–39)ȱ.........................................................ȱ316ȱ 3.9.4.3ȱDieȱWiederherstellungȱIsraelsȱimȱVerlaufȱdesȱEvangeliumsȱ...........ȱ330ȱ 3.9.4.4ȱDerȱBeginnȱderȱWiederherstellungȱIsraelsȱanȱPfingstenȱ..................ȱ336ȱ 3.9.4.5ȱErtragȱ......................................................................................................ȱ340ȱ 3.10ȱApgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ........................ȱ342ȱ 3.10.1ȱDerȱTextȱ...................................................................................................ȱ343ȱ 3.10.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ..................................................................ȱ345ȱ 3.10.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ.........................................................................ȱ345ȱ 3.10.4ȱDieȱAuslegungȱderȱVerseȱalsȱAbschlussȱdesȱDoppelwerksȱ..............ȱ349ȱ 3.10.5ȱDasȱJesajaȬZitatȱinȱApgȱ28,26f.ȱȱ.............................................................ȱ359ȱ 3.10.6ȱErtragȱ.......................................................................................................ȱ362ȱ 3.11ȱErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ....................................................ȱ365ȱ 3.11.1ȱAmbivalenz:ȱDivergierendeȱIsraelȬTexteȱbeiȱLukas...........................ȱ365ȱ 3.11.2ȱOffenheit:ȱDieȱAbweisungȱeindeutigȱnegativerȱAussagenȱ...............ȱ368ȱ 3.11.3ȱHarmonisierung:ȱIntegrationȱverschiedenerȱRichtungenȱ.................ȱ370ȱ 3.11.4ȱKontinuitätȱundȱKongruenzȱ.................................................................ȱ372ȱ

XIIȱ

Inhaltsverzeichnisȱ

3.11.5ȱBiblischeȱVorgaben:ȱRezeptionȱdeuteronomistischerȱElementeȱ.......ȱ375ȱ 3.11.6ȱLukasȱalsȱGottesfürchtigerȱ....................................................................ȱ379ȱ

ȱ 4.ȱGrundzügeȱdesȱplnȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ.....ȱ385ȱ 4.1ȱHinführungȱ..........................................................................................................ȱ385ȱ 4.1.1ȱPaulusȱalsȱJudeȱ..........................................................................................ȱ386ȱ 4.1.1.1ȱDieȱEinsichtenȱderȱ„NewȱPerspectiveȱonȱPaul“ȱ................................ȱ387ȱ 4.1.1.2ȱPaulusȱundȱdasȱGesetzȱ..........................................................................ȱ390ȱ 4.1.1.3ȱPaulusȱundȱdieȱHeiligeȱSchriftȱIsraelsȱ................................................ȱ392ȱ 4.1.2ȱDieȱBedeutungȱderȱLebenswendeȱdesȱApostelsȱ...................................ȱ393ȱ 4.2ȱDieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ.................................................................ȱ394ȱ 4.2.1ȱZurȱEntstehungssituationȱdesȱRömerbriefsȱ..........................................ȱ395ȱ 4.2.2ȱZurȱliterarischenȱStrukturȱdesȱBriefesȱ....................................................ȱ396ȱ 4.2.3ȱZurȱKohärenzȱundȱStrukturȱvonȱRömȱ9–11ȱ..........................................ȱ397ȱ 4.2.4ȱRömȱ11,25–32:ȱDasȱMysteriumȱvonȱderȱRettungȱganzȱIsraelsȱ............ȱ404ȱ 4.2.4.1ȱZurȱStrukturȱvonȱRömȱ11ȱ.....................................................................ȱ404ȱ 4.2.4.2ȱZurȱGliederungȱdesȱTextesȱ...................................................................ȱ406ȱ 4.2.4.3ȱZumȱTerminusȱΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱ(V.ȱ25)ȱ......................................................ȱ408ȱ 4.2.4.4ȱZumȱBezugȱvonȱΎ΅ϠȱΓЂΘΝΖȱ(V.ȱ26)ȱ......................................................ȱ409ȱ 4.2.4.5ȱZurȱBedeutungȱvonȱΔκΖȱ͑ΗΕ΅φΏȱ(V.ȱ26)ȱ............................................ȱ414ȱ 4.2.4.6ȱDieȱ„Rettung“ȱIsraelsȱ(V.ȱ26f.)ȱ.............................................................ȱ418ȱ 4.2.4.7ȱDerȱ„Bund“ȱmitȱIsraelȱ(V.ȱ27)...............................................................ȱ421ȱ 4.2.4.8ȱDerȱzweiteȱTeilȱ(V.ȱ28–32)ȱ....................................................................ȱ422ȱ 4.3ȱErtragȱ....................................................................................................................ȱ423ȱ

ȱ 5.ȱZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ..........................................ȱ427ȱ 5.1ȱGemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ.............ȱ427ȱ 5.1.1ȱDieȱBedeutungȱvonȱjüdischenȱChristenȱinnerhalbȱderȱKirche............ȱ429ȱ 5.1.2ȱUnterschiedlicheȱRezeptionȱbiblischerȱGestaltenȱ.................................ȱ430ȱ 5.1.2.1ȱZurȱRezeptionȱvonȱAbrahamȱundȱMoseȱbeiȱPaulusȱ.........................ȱ430ȱ 5.1.2.2ȱZurȱRezeptionȱvonȱAbrahamȱundȱMoseȱbeiȱLukasȱ...........................ȱ434ȱ 5.1.3ȱDerȱ„KanonȱvonȱderȱRechtfertigung“ȱbeiȱLukasȱundȱPaulusȱ.............ȱ437ȱ

ȱ

Inhaltsverzeichnisȱ

XIIIȱ

5.1.4ȱDieȱBedeutungȱJerusalemsȱ......................................................................ȱ439ȱ 5.1.5ȱDerȱJudeȱPaulusȱ........................................................................................ȱ440ȱ 5.1.6ȱZusammenfassendeȱReflexionȱ................................................................ȱ441ȱ 5.2ȱAusblickȱ...............................................................................................................ȱ448ȱ 5.2.1ȱPerspektivenȱimȱKontextȱderȱDiskussionȱumȱdieȱ„Judenmission“ȱ....ȱ448ȱ 5.2.2ȱPerspektivenȱimȱBlickȱaufȱdasȱKonzilsdokumentȱ„NostraȱAetate“ȱ...ȱ450ȱ 5.2.3ȱWeitereȱPerspektivenȱ...............................................................................ȱ452ȱ

ȱ Literaturverzeichnisȱ....................................................................................ȱ456ȱ 1.ȱQuellenȱ...........................................................................................................ȱ456ȱ 1.1ȱBibelausgabenȱ..............................................................................................ȱ456ȱ 1.2ȱFrühjüdischesȱSchrifttumȱ...........................................................................ȱ456ȱ 1.3ȱFrühchristlichesȱSchrifttumȱ........................................................................ȱ457ȱ ȱ 2.ȱHilfsmittelȱ......................................................................................................ȱ458ȱ ȱ 3.ȱSekundärliteraturȱ..........................................................................................ȱ460ȱ 3.1ȱKommentareȱzuȱbiblischenȱSchriftenȱ........................................................ȱ460ȱ 3.2ȱWeitereȱSekundärliteraturȱ..........................................................................ȱ462ȱ

ȱ Stellenregisterȱ..............................................................................................ȱ488ȱ Autorenregisterȱ...........................................................................................ȱ507ȱ ȱ ȱ

Hinführungȱ 1.ȱ FragestellungȱundȱInteresseȱ Imȱ Verlaufȱ derȱ vergangenenȱ Jahrzehnteȱ habenȱ sichȱ inȱ derȱ neutestaȬ mentlichenȱWissenschaftȱbeiȱderȱVerhältnisbestimmungȱzwischenȱdemȱ Judentumȱdesȱ1.ȱJahrhundertsȱundȱdemȱsichȱparallelȱdazuȱentwickelnȬ denȱ frühestenȱ Christentumȱ vieleȱ neue,ȱ gelegentlichȱ dieȱ früherenȱ AnȬ schauungenȱgeradezuȱumkehrendeȱAnsichtenȱentwickelt.ȱImȱZugeȱderȱ AnerkennungȱdesȱgenuinȱjüdischenȱCharaktersȱdesȱfrühestenȱChristenȬ tumsȱ–ȱnichtȱnurȱvorȱderȱZerstörungȱJerusalemsȱimȱJahrȱ70ȱn.ȱChr.,ȱsonȬ dernȱauchȱnochȱdarüberȱhinausȱbisȱmindestensȱinsȱ2.ȱJahrhundertȱhinȬ einȱ –ȱ erscheintȱ auchȱ dieȱ Exegeseȱ desȱ Neuenȱ Testamentsȱ inȱ einemȱ entsprechendȱ neuenȱ Licht.ȱ Soȱ sindȱ dieȱ heuteȱ verbreitetenȱ Lehrbücherȱ vonȱderȱAuffassungȱgeprägt,ȱdassȱ„dieȱSchriftenȱdesȱNeuenȱTestamentsȱ […]ȱ sichȱ alsȱ Teilȱ derȱ nachkanonischenȱ religiösenȱ Literaturȱ desȱ JudenȬ tums“1ȱ verstehenȱ bzw.ȱ dieȱ Redeȱ vonȱ „Christentum“ȱ undȱ „Judentum“ȱ alsȱ zweiȱ voneinanderȱ abgegrenztenȱ Größenȱ „fürȱ dieȱ Zeitȱ desȱ NTȱ anaȬ chronistischȱseinȱ[dürfte]“2.ȱȱ Immerȱ wiederȱ wirdȱ daraufȱ hingewiesen,ȱ dassȱ dieȱ SchriftensammȬ lungȱdesȱNeuenȱTestamentsȱ„ganzȱausȱjüdischemȱMilieuȱhervorgeganȬ genȱist“3.ȱDiesȱzeigtȱsichȱbereitsȱimȱerstenȱKapitelȱdesȱMatthäusevangeȬ liums,ȱdasȱdenȱneutestamentlichenȱKanonȱeröffnet.ȱMitȱdenȱHinweisenȱ aufȱ Abrahamȱ undȱ Davidȱ inȱ derȱ Überschriftȱ Mtȱ 1,1ȱ undȱ mitȱ demȱ StammbaumȱJesuȱ(Mtȱ1,2–17),ȱderȱnichtȱnurȱgleichȱinȱV.ȱ2ȱaufȱdieȱPatriȬ archenȱundȱdieȱzwölfȱStammväterȱIsraelsȱverweist,ȱsondernȱwohlȱauchȱ schonȱ dieȱ messianischeȱ Sammlungȱ desȱ Gottesvolkesȱ andeutet,4ȱ stelltȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱȱ

2ȱȱ 3ȱȱ 4ȱȱ

Berger,ȱTheologiegeschichte,ȱ18;ȱvgl.ȱauchȱ17:ȱ„AltesȱTestamentȱundȱJudentumȱsindȱ inȱ soȱ hohemȱ Maßeȱ generellesȱ Fundamentȱ frühchristlicherȱ Theologien,ȱ daßȱ dieȱ AnȬ nahmeȱ anȱ Wahrscheinlichkeitȱ gewinnt,ȱ alleȱ neutestamentlichenȱ Autorenȱ seienȱ JuȬ denchristen.“ȱDieseȱAnnahmeȱistȱzuȱdifferenzieren,ȱwieȱunsereȱUntersuchungȱzeigenȱ wird.ȱ Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ28.ȱ Hengel,ȱSchrifttum,ȱ241.ȱ Vgl.ȱ dazuȱ Sand,ȱ Mt,ȱ 43:ȱ „Dieȱ Interpretationȱ ‚undȱ seineȱ Brüder‘ȱ verweistȱ aufȱ dieȱ 12ȱ StämmeȱIsraels,ȱdieȱimȱmessianischenȱZeitalterȱwiederȱvereinigtȱwerdenȱsollen“ȱ(vgl.ȱ auchȱ44f.);ȱKonradt,ȱIsrael,ȱ26.ȱ



Hinführungȱ

dieseȱ Eröffnungȱ sichȱ selbstȱ undȱ allesȱ Folgendeȱ ganzȱ inȱ dieȱ jüdischeȱ Geschichteȱ undȱ Weltsichtȱ ein.5ȱ Dieȱ jüdischeȱ Matrixȱderȱ anderenȱ EvanȬ gelienȱwurdeȱinzwischenȱebensoȱaufgewiesen6ȱwieȱdiejenigeȱderȱSchrifȬ tenȱ desȱ ehemaligenȱ Pharisäersȱ Paulus.7ȱ Schließlichȱ speistȱ sichȱ dieȱ JoȬ hannesoffenbarung,ȱ dasȱ letzteȱ Buchȱ desȱ neutestamentlichenȱ Kanons,ȱ nichtȱnurȱinȱ„Spracheȱundȱ[…]ȱBildweltȱausȱdemȱbreitenȱStromȱderȱatlȱ undȱ frühjüdischenȱ Tradition“8ȱ sondernȱ endetȱ auchȱ mitȱ demȱ Bildȱ desȱ himmlischenȱ Jerusalems,ȱ aufȱ dessenȱ Torenȱ dieȱ Namenȱ derȱ zwölfȱ StämmeȱIsraelsȱgeschriebenȱsindȱ(Offbȱ21,12).ȱ NebenȱdieseȱdurchgehendeȱRezeptionȱjüdischerȱVorstellungenȱtrittȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ freilichȱ eineȱ ebensoȱ stetigeȱ Gegenbewegung.ȱ Soȱ fälltȱimȱMatthäusevangeliumȱdieȱDistanzȱundȱPolemikȱJesuȱgegenüberȱ jüdischenȱ Gruppierungenȱ wieȱ denȱ Pharisäernȱ aufȱ (bes.ȱ Mtȱ 23),ȱ dieȱ inȱ unterschiedlicherȱIntensitätȱundȱFormȱauchȱinȱdenȱanderenȱEvangelienȱ zuȱ bemerkenȱ istȱ undȱ sichȱ imȱ Viertenȱ Evangeliumȱ zuȱ einemȱ auffallenȬ denȱ Konfliktȱ mitȱ „denȱ Juden“ȱ überhauptȱ auswächst.9ȱ Auchȱ Paulusȱ spartȱ nichtȱ mitȱ Polemikȱ gegenȱ „dieȱ Juden“ȱ (vgl.ȱ nurȱ 1ȱ Thessȱ 2,14–16);ȱ undȱ inȱ derȱ Johannesoffenbarungȱ wendenȱ sichȱ dieȱ Gemeindebriefeȱ zuȱ BeginnȱgegenȱAktivitätenȱderȱ„SynagogeȱdesȱSatans“ȱ(Offbȱ2,9;ȱ3,9).ȱImȱ Schlusskapitelȱ tretenȱ schließlichȱ nebenȱdieȱ Stämmeȱ Israels,ȱ dieȱ aufȱ dieȱ ToreȱdesȱhimmlischenȱJerusalemsȱgeschriebenȱsind,ȱdieȱ„zwölfȱApostelȱ desȱ Lammes“,ȱ derenȱ Namenȱ dieȱ Grundsteineȱ derȱ Mauer,ȱ inȱ dieȱ dieȱ Toreȱeingelassenȱsind,ȱzierenȱ(Offbȱ21,14).ȱ Soȱ hinterlässtȱ bereitsȱ dieserȱ ersteȱ Blickȱ aufȱ dasȱ neutestamentlicheȱ Schriftencorpusȱ einenȱ ambivalentenȱ Eindruck.ȱ Deutlichȱ ist,ȱ dassȱ sichȱ dasȱ Neueȱ Testamentȱ anȱ einerȱ Verhältnisbestimmungȱ zwischenȱ derȱ christlichenȱ πΎΎΏ΋Ηϟ΅ȱ undȱ ihrerȱ jüdischenȱ Verwurzelungȱ bzw.ȱ derȱ Größeȱ „Israel“ȱ alsȱ solcher10ȱ abarbeitet.ȱ Eineȱ prägendeȱ Erfahrungȱ derȱ erstenȱZeitȱdesȱfrühestenȱChristentums,ȱaufȱdieȱwohlȱalleȱderȱzumeistȱinȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 5ȱȱ

Vgl.ȱ zurȱ Auslegungȱ desȱ Stammbaumsȱ Konradt,ȱ Israel,ȱ 26–29;ȱ Gnilka,ȱ Mtȱ I,ȱ 4–14;ȱ außerdemȱzurȱIsraelthematikȱbeiȱMtȱFiedler,ȱIsrael,ȱ49–73.ȱ 6ȱȱ Vgl.ȱFrankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ296–315.ȱZuȱMkȱvgl.ȱu.ȱa.ȱDahm,ȱIsrael;ȱKampling,ȱ Israel;ȱzuȱJohȱvgl.ȱz.ȱB.ȱdieȱAufsätzeȱbeiȱLabahnȱ(Hg.),ȱIsrael;ȱFrey/Schnelle,ȱKontexte,ȱ 81–320;ȱzuȱLkȱvgl.ȱdieȱvielenȱimȱVerlaufȱderȱArbeitȱgenanntenȱStudien.ȱ 7ȱȱ Philȱ 3,5:ȱ ̴ΆΕ΅ϧΓΖȱ πΒȱ ̴ΆΕ΅ϟΝΑ,ȱ Ύ΅ΘΤȱ ΑϱΐΓΑȱ ̘΅Ε΍Η΅ϧΓΖ.ȱ Vgl.ȱ dazuȱ z.ȱ B.ȱ Schnelle,ȱ Paulus,ȱ49–56;ȱFrey,ȱJudentum,ȱ16–35.ȱ 8ȱȱ Schreiber,ȱOffenbarung,ȱ563.ȱ 9ȱȱ Dieȱ tendenziellȱ abgrenzendȱ gemeinteȱ Redeȱ vonȱ „denȱ Juden“ȱ trittȱ inȱ denȱ synoptiȬ schenȱ Evangeliumȱ nochȱ ganzȱ zurückȱ (fastȱ alleȱ Vorkommenȱ vonȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱ beziehenȱ sichȱaufȱdenȱTitelȱ„KönigȱderȱJuden“;ȱsonstȱnurȱnochȱMtȱ28,15;ȱMkȱ7,3;ȱLkȱ7,3;ȱ23,51).ȱ Zuȱ„denȱJuden“ȱimȱJohannesevangeliumȱvgl.ȱFrey,ȱBild;ȱTheobald,ȱJohȱI,ȱ152–154.ȱ 10ȱȱ Zurȱ nichtȱ unproblematischenȱ Frageȱ derȱ Extensionȱ desȱ Begriffsȱ „Israel“ȱ vgl.ȱ dieȱ HinweiseȱamȱEndeȱdesȱAbschnitts.ȱȱ

ȱ

1.ȱ FragestellungȱundȱInteresseȱ



derȱzweitenȱHälfteȱdesȱ1.ȱJahrhundertsȱverfasstenȱkanonisiertenȱSchrifȬ tenȱdesȱNeuenȱTestamentsȱzurückweisen,ȱistȱdieȱebenfallsȱambivalenteȱ ReaktionȱdesȱjüdischenȱVolkesȱaufȱdieȱChristusverkündigung.ȱObwohlȱ JesusȱundȱseineȱJüngerȱbzw.ȱdieȱApostelȱallesamtȱJudenȱwarenȱundȱdieȱ BotschaftȱJesuȱ–ȱtrotzȱwichtigerȱAnsätzeȱzurȱspäterenȱuniversalenȱAusȬ richtung11ȱ –ȱ anȱ Israelȱ gerichtetȱ war,12ȱ ließenȱ sichȱ inȱ derȱ Folgezeitȱ nurȱ vergleichsweiseȱ wenigeȱ Judenȱ imȱ Landȱ Israelȱ undȱ derȱ Diasporaȱ zumȱ Bekenntnisȱ anȱ Jesusȱ vonȱ Nazarethȱ alsȱ demȱ verheißenenȱ Messiasȱ samȬ meln,ȱ währendȱ nichtjüdischeȱ Sympathisanten,ȱ Gottesfürchtigeȱ undȱ andereȱ Menschenȱ ausȱ demȱ Umkreisȱ derȱ Synagogenȱ undȱ darüberȱ hinȬ ausȱ fürȱ dasȱ Evangeliumȱ gewonnenȱ werdenȱ konnten.13ȱ Dieȱ Aufnahmeȱ vonȱ Nichtjudenȱ inȱ christlicheȱ Gemeindenȱ riefȱ wiederumȱ Protestȱ beiȱ vielenȱjüdischenȱChristusanhängernȱhervor,ȱdieȱderȱAuffassungȱwaren,ȱ dassȱ jeder,ȱ derȱ Jesusȱ alsȱ Messiasȱ bzw.ȱ Christusȱ bekenne,ȱ zuvorȱ durchȱ Beschneidungȱ einȱ Judeȱ werdenȱ müsse;ȱ auchȱ nachdemȱ sichȱ dieȱ beȬ schneidungsfreieȱHeidenmissionȱdurchgesetztȱhatte,ȱbliebȱdasȱVerhältȬ nisȱvonȱJudenȬȱundȱHeidenchristenȱangespannt.ȱȱ Dasȱ auffallendeȱ Nebeneinanderȱ vonȱ tieferȱ Verwurzelungȱ derȱ neuȬ testamentlichenȱSchriftenȱimȱantikenȱJudentumȱundȱgleichzeitigerȱDisȬ tanzierungȱvonȱdenȱnichtmessianischenȱJudenȱlässtȱsichȱerklären,ȱwennȱ manȱ berücksichtigt,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ jüdischeȱ Gruppeȱ derȱ „Messiasleute“ȱ inȱ einemȱ komplexenȱ Prozessȱ bereitsȱ imȱ 1.ȱ Jahrhundertȱ vonȱ anderenȱ jüdischenȱ Richtungenȱ entfernte,ȱ dieȱ sichȱ wiederumȱ nachȱ 70ȱ n.ȱ Chr.ȱ auchȱinȱAbgrenzungȱvonȱdenȱChristenȱnachȱundȱnachȱzumȱrelativȱeinȬ heitlichenȱrabbinischenȱJudentumȱformten.14ȱBeideȱGrößenȱerhobenȱdenȱ Anspruch,ȱdieȱGeschichteȱIsraelsȱmitȱseinemȱGottȱinȱauthentischerȱWeiȬ seȱfortzuführen.ȱImȱ2.ȱJahrhundertȱn.ȱChr.ȱfindenȱwirȱdaherȱZeugnisse,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 11ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLogienȱwieȱMtȱ8,10f.ȱsowieȱTheißen/Merz,ȱJesus,ȱ246.ȱ 12ȱȱ ZurȱstrengenȱVerortungȱderȱBotschaftȱJesuȱimȱzeitgenössischenȱJudentumȱvgl.ȱetwaȱ Hengel/Schwemer,ȱJesus,ȱbes.ȱ343–548.ȱ 13ȱȱ Vgl.ȱdazuȱHarnack,ȱMission,ȱ39–79.ȱ 14ȱȱ Diesesȱ Themenfeld,ȱ oftȱ alsȱ „Partingȱ ofȱ theȱ Ways“ȱ bezeichnet,ȱ istȱ durchȱ zahlreicheȱ neuereȱForschungenȱundȱeineȱlebendigeȱDiskussionȱcharakterisiert.ȱInzwischenȱwirdȱ immerȱdeutlicherȱsichtbar,ȱdassȱ„dasȱModellȱderȱeinenȱSchwesterreligionȱ(„ChristenȬ tum“),ȱdieȱausȱderȱanderenȱhervorgehtȱundȱsichȱfastȱgleichzeitigȱvonȱihrȱablöst,ȱumȱ einenȱ eigenen,ȱ unabhängigenȱ Wegȱ zuȱ wählen,ȱ währendȱ dieȱ andereȱ („Judentum“),ȱ bemerkenswertȱ unbeeindrucktȱ vonȱ diesemȱ epochalenȱ Ereignis,ȱ unbeirrtȱ ihrenȱ Kursȱ weitersteuert“ȱ(Schäfer,ȱJesus,ȱ4),ȱinȱdieȱIrreȱführt.ȱDieȱInteraktionȱbeiderȱGrößenȱistȱ bisȱinsȱ3.ȱJh.ȱweitausȱgrößerȱalsȱfrüherȱangenommen,ȱwenngleichȱstarkeȱUngleichzeiȬ tigkeitenȱinȱderȱEntwicklungȱzuȱberücksichtigenȱsind.ȱDiesȱallesȱhatȱAuswirkungenȱ aufȱ dieȱ Auslegungȱ ntl.ȱ Texte,ȱ wieȱ auchȱ unsereȱ Studieȱ immerȱ wiederȱ zeigenȱ wird.ȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱWander,ȱTrennungsprozesseȱ(fürȱdieȱerstenȱJahrzehnte)ȱundȱdieȱverȬ schiedenenȱBeiträgeȱinȱBecker/Reedȱ(Hg.),ȱWays.ȱ



Hinführungȱ

inȱ denenȱ dieȱ christlicheȱ Kircheȱ –ȱ inzwischenȱ zuȱ größtenȱ Teilenȱ ausȱ Nichtjudenȱ bestehendȱ –ȱ alsȱ dasȱ „wahreȱ Israel“ȱ gesehenȱ wird,ȱ dasȱ alsȱ „Volkȱ desȱ Erbes“ȱ (Barnȱ 14,4:ȱ Ώ΅ϲΖȱ ΎΏ΋ΕΓΑΓΐϟ΅Ζ)ȱ göttlichesȱ Heilȱ erȬ fährt,ȱwährendȱdenȱJudenȱdieserȱHeilszustandȱabgesprochenȱwird.15ȱ Seitȱ derȱ Mitteȱ desȱ 20.ȱ Jahrhunderts,ȱ nachȱ denȱ schrecklichenȱ ErfahȬ rungenȱ derȱ vorangegangenenȱ großenȱ Kriegeȱ undȱ derȱ weitgehendenȱ Vernichtungȱ derȱ europäischenȱ Juden,ȱ wurdeȱ inȱ derȱ westlichenȱ Weltȱ überȱ dasȱ Zueinanderȱ vonȱ Judenȱ undȱ Christenȱ inȱ ganzȱ neuerȱ Weiseȱ nachgedacht.ȱInȱderȱsystematischenȱTheologieȱwieȱinȱdenȱBibelwissenȬ schaftenȱentstandenȱaufȱchristlicherȱSeiteȱzahlreicheȱfruchtbareȱAufbrüȬ che,ȱsoȱdassȱvonȱeinerȱneuenȱchristlichenȱ„IsraelȬTheologie“ȱnachȱdemȱ ZweitenȱWeltkriegȱgesprochenȱwerdenȱkann.16ȱWieȱfürȱdieȱAlteȱKircheȱ spieltȱauchȱinȱdieserȱzeitgenössischenȱIsraelȬTheologieȱdasȱZeugnisȱderȱ Schriftenȱ desȱ Altenȱ undȱ Neuenȱ Testamentsȱ eineȱ zentraleȱ Rolle,ȱ wennȬ gleichȱ dieseȱ nunȱ inȱ andererȱ Weiseȱ zurȱ Spracheȱ kommen.ȱ Ausgehendȱ vonȱ denȱ zahlreichenȱ Studien,ȱ inȱ denenȱ nachȱ derȱ Methodikȱ derȱ histoȬ rischȬkritischenȱ Exegeseȱ dieȱ jeȱ eigenenȱ Intentionen,ȱ Hintergründeȱ undȱ Ansichtenȱ derȱ einzelnenȱ biblischenȱ Autorenȱ herausgearbeitetȱ undȱ wechselseitigȱ profiliertȱ wurden,ȱ sindȱ hinsichtlichȱ derȱ IsraelȬThematikȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ entscheidendeȱ Neuansätzeȱ entstanden,ȱ dieȱ schließlichȱauchȱwichtigeȱGrundsatztexteȱderȱKirchenȱgeprägtȱhaben.17ȱ Soȱgiltȱesȱinzwischenȱklarȱalsȱ„theologischȱfalschȱundȱpraktischȱgefährȬ lich“,ȱ wennȱ eineȱ „Bestimmungȱ desȱ Verhältnissesȱ vonȱ Judentumȱ undȱ Kircheȱ […]ȱ dieȱ bleibendeȱ religiöseȱ Bedeutungȱ desȱ Judentumsȱ nichtȱ ausdrücklichȱfesthält“18.ȱWährendȱdieseȱneueȱSichtȱzweifellosȱauchȱvonȱ denȱErfahrungenȱdesȱ20.ȱJahrhundertsȱgeprägtȱist,ȱstelltȱsichȱfürȱwissenȬ schaftlicheȱ Schriftauslegungȱ dieȱ Aufgabe,ȱ dieȱ biblischenȱ Texteȱ daraufȬ hinȱzuȱuntersuchen,ȱwelcheȱAussagenȱsieȱselbstȱmachenȱundȱwieȱsieȱinȱ ihremȱ geschichtlichenȱ Entstehungskontextȱ zuȱ verstehenȱ sind.ȱ Diesȱ giltȱ umsoȱ mehr,ȱ alsȱ dieȱ Rezeptionsgeschichteȱ neutestamentlicherȱ IsraelȬ TexteȱoffenbarȱinȱverschiedeneȱRichtungenȱweist.ȱ DieserȱAufgabeȱistȱauchȱdieȱvorliegendeȱUntersuchungȱverpflichtet.ȱ Sieȱ trittȱ inȱ dieȱ lebhafteȱ undȱ vermutlichȱ niemalsȱ abzuschließendeȱ DisȬ kussionȱ umȱ dieȱ Verhältnisbestimmungȱ vonȱ Israelȱ undȱ Kircheȱ inȱ denȱ Schriftenȱ desȱ Neuenȱ Testamentsȱ ein,ȱ indemȱ sieȱ nochȱ einmalȱ dieȱ Frageȱ nachȱderȱZukunftȱIsraelsȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱinȱAuseinanderȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 15ȱȱ Vgl.ȱweiterȱz.ȱB.ȱJustin,ȱDialȱ27,4ȱu.ȱö.;ȱzumȱGanzenȱvgl.ȱauchȱFrankemölle,ȱFrühjuȬ dentum,ȱ337–359.ȱ 16ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ z.ȱ B.ȱ Mußner,ȱ Traktatȱ (Neuauflage),ȱ 11–18:ȱ „Auschwitzȱ alsȱ Impulsȱ zumȱ Umdenken“.ȱ 17ȱȱ Vgl.ȱdazuȱMußner,ȱTraktatȱ(Neuauflage),ȱ14f.ȱ(bes.ȱAnm.ȱ5ȱundȱ6).ȱ 18ȱȱ Wiedenhofer,ȱEkklesiologie,ȱ118.ȱ

ȱ

1.ȱ FragestellungȱundȱInteresseȱ



setzungȱmitȱderȱpaulinischenȱKonzeptionȱdesȱRömerbriefsȱstellt.ȱDieseȱ konkreteȱ Herangehensweiseȱ erwächstȱ ausȱ derȱ Beobachtung,ȱ dassȱ dieȱ verschiedenenȱtheologischenȱDisziplinen,ȱdieȱsichȱgegenwärtigȱumȱeineȱ angemesseneȱVerhältnisbestimmungȱzwischenȱdenȱchristlichenȱKirchenȱ undȱdemȱJudentumȱmühen,ȱdazuȱalsȱzentraleȱAusgangsbasisȱbiblischerȱ IsraeltheologieȱvonȱchristlicherȱSeiteȱprimärȱdieȱKonzeptionȱdesȱPaulusȱ imȱ Römerbriefȱ (Kap.ȱ 9–11)ȱ heranziehen.19ȱ Einȱ Grundȱ dafürȱ istȱ der,ȱ dassȱ dieȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱderȱnichtȱanȱdenȱMessiasȱJesusȱglaubendenȱ Judenȱ Paulusȱ besondersȱumtriebȱ undȱ erȱ inȱRömȱ9–11ȱ daraufȱ eineȱ umȬ fassendeȱAntwortȱzuȱgebenȱversuchte.20ȱWährendȱsichȱseinȱEntwurfȱzurȱ ZukunftȱIsraelsȱeinerseitsȱfürȱdenȱheutigenȱDialogȱmitȱderȱSynagogeȱalsȱ anschlussfähigȱ erweist,ȱ wächstȱ aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ derȱ Eindruck,ȱ dassȱerȱimȱNeuenȱTestamentȱselbstȱziemlichȱisoliertȱdasteht.21ȱDadurchȱ werdenȱ bibeltheologischeȱ Fragenȱ aufgeworfen,ȱ wieȱ z.ȱ B.ȱ die,ȱ obȱ dasȱ ZeugnisȱdesȱPaulusȱdasȱSchweigenȱandererȱneutestamentlicherȱZeugenȱ anȱdieserȱStelleȱsachlichȱaufwiegenȱkönne.22ȱ Wieȱesȱumȱdiesesȱ„Schweigen“ȱtatsächlichȱbestelltȱist,ȱsollȱdaherȱinȱ derȱ vorliegendenȱ Studieȱ anhandȱ desȱ lukanischenȱ Doppelwerks,ȱ einesȱ wichtigenȱ Zeugenȱ ausȱ spätererȱ Zeit,ȱ derȱ kaumȱ wenigerȱ alsȱ Paulusȱ imȱ Römerbriefȱ umȱ dasȱ Themaȱ „Israel“ȱ gerungenȱ hat,ȱ untersuchtȱ werden.ȱ Bezüglichȱ derȱ Intentionȱ desȱ Doppelwerksȱ hatȱ dieȱ neuereȱ Forschungȱ herausgearbeitet,ȱ dassȱ dessenȱ Theologieȱ zuȱ einemȱ ganzȱ erstaunlichenȱ MaßȱaufȱjüdischerȱTraditionȱfußtȱundȱ„dasȱVerhältnisȱzuȱIsraelȱ[…]ȱalsȱ dasȱ zentraleȱ Themaȱ lukanischerȱ Theologieȱ [erscheint]“23.ȱ Derȱ Autorȱ –ȱ traditionellȱ„Lukas“ȱgenanntȱ–ȱsuchtȱdieȱFrageȱzuȱbeantworten,ȱwieȱesȱ dazuȱ kommenȱ konnte,ȱ dassȱ schonȱ wenigeȱ Jahrzehnteȱ nachȱ denȱ EreigȬ nissenȱ umȱ Jesusȱ vonȱ Nazarethȱ Synagogeȱ undȱ Kircheȱ alsȱ zweiȱ voneinȬ anderȱ unterschiedeneȱ Größenȱ existieren,ȱ obgleichȱ dieȱ Kircheȱ genuinȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 19ȱȱ Kap.ȱ11ȱkommtȱdabeiȱeinȱgewisserȱVorrangȱzu,ȱvgl.ȱz.ȱB.ȱdieȱErklärungȱdesȱZweitenȱ VatikanischenȱKonzilsȱüberȱdasȱVerhältnisȱderȱKircheȱzuȱdenȱnichtchristlichenȱReliȬ gionenȱ „Nostraȱ Aetate“,ȱ Art.ȱ 4:ȱ Verweiseȱ aufȱ Römȱ 11,17–24.28f.ȱ undȱ schließlichȱ 11,11–32ȱ(nachȱDenzinger/Hünermann,ȱKompendium39,ȱNr.ȱ4198);ȱvgl.ȱweiterȱdasȱZiȬ tatȱ Römȱ 11,18bȱ alsȱ vorangestelltesȱ Mottoȱ desȱ Synodalbeschlussesȱ „Zurȱ Erneuerungȱ desȱ Verhältnissesȱ vonȱ Christenȱ undȱ Juden“ȱ derȱ Rheinischenȱ Landeskircheȱ vomȱ 11.01.1980ȱ(vgl.ȱdazuȱKlappert/Starckȱ[Hg.],ȱUmkehr,ȱ264).ȱ 20ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱMitȱverbundenenȱAugen,ȱ391f.ȱ 21ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱMitȱverbundenenȱAugen;ȱerȱregtȱan,ȱ„wichtigeȱBauelementeȱderȱ pln.ȱ Konzeptionȱ auchȱ inȱ anderenȱ neutestamentlichenȱ Schriften“ȱ zuȱ entdecken,ȱ „soȱ dassȱ derȱ Römerbriefȱ angesichtsȱ derȱ traditionsgeschichtlichenȱ Verzweigungȱ desȱ ThemasȱimȱNeuenȱTestamentȱgarȱnichtȱsoȱisoliertȱdastünde“ȱ(392).ȱ 22ȱȱ Auchȱ überȱ dieȱ Auslegungȱ vonȱ Römȱ 11ȱ herrschtȱ keineswegsȱ Einigkeit;ȱ vgl.ȱ dazuȱ untenȱKap.ȱ4.ȱ 23ȱȱ Schnelle,ȱEinleitung,ȱ301.ȱ



Hinführungȱ

jüdischeȱVerheißungenȱerfülltȱsiehtȱundȱdaherȱohneȱBezugȱzuȱIsraelȱihrȱ Fundamentȱ zuȱ verlierenȱ scheint.ȱ Könnenȱ dieȱ jüdischenȱ Verheißungenȱ fürȱ eineȱ solcheȱ Kircheȱ überhauptȱ gelten?ȱ Indemȱ dasȱ Doppelwerkȱ erȬ zählt,ȱwieȱesȱzuȱdieserȱTrennungȱkam,ȱwillȱesȱerklären,ȱinwiefernȱdieseȱ Frageȱbejahtȱwerdenȱkann;ȱdamitȱeinherȱgehenȱentsprechendȱzahlreicheȱ Aussagenȱ zumȱ Stellenwertȱ undȱ zurȱ Zukunftsperspektiveȱ Israelsȱ ausȱ derȱSichtȱeinesȱurchristlichenȱAutors.ȱ Dieȱ überfließendeȱ Mengeȱ anȱ Studien,ȱ Monographienȱ undȱ AufsätȬ zenȱ zurȱ umrissenenȱ Fragestellungȱ zeigtȱ an,ȱ dassȱ überȱ dieȱ Auslegungȱ derȱ entsprechendenȱ lukanischenȱ Texteȱ keineswegsȱ Einigkeitȱ herrscht.ȱ InsbesondereȱgehenȱdieȱMeinungenȱdarüberȱauseinander,ȱobȱderȱAutorȱ amȱ Endeȱ derȱ Apostelgeschichteȱ einȱ vonȱ Gottȱ fürȱ immerȱ verworfenesȱ Israelȱzeichnet,ȱoderȱobȱerȱanȱderȱHeilsperspektiveȱdiesesȱVolkesȱtrotzȱ dessenȱgegenwärtigerȱAblehnungȱdesȱEvangeliumsȱfesthält.24ȱDieȱVerȬ knüpfungenȱzuȱRömȱ9–11ȱwerdenȱdabeiȱdurchausȱimmerȱwiederȱgeseȬ hen,ȱjedochȱunterschiedlichȱeingeschätztȱundȱkaumȱsystematischȱunterȬ sucht.25ȱ InȱdieserȱunübersichtlichenȱSituationȱmöchteȱdieȱvorliegendeȱArbeitȱ einenȱneuenȱAkzentȱsetzen,ȱindemȱsieȱzunächstȱaufȱdieȱParallelenȱinȱderȱ Behandlungȱ derȱ IsraelȬThematikȱ beiȱ beidenȱ Autorenȱ aufmerksamȱ macht,ȱ umȱ dannȱ inȱ einemȱ eigenenȱ Schrittȱ alttestamentlichȬbiblischeȱ VorgabenȱbezüglichȱderȱHeilshoffnungȱIsraelsȱvorzustellen,ȱdieȱPaulusȱ wieȱLukasȱvorausliegen.ȱDaȱdieȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱinȱdenȱ Schriftenȱ desȱ Altenȱ Testamentsȱ undȱ bereitsȱ inȱ derȱ Toraȱ thematisiertȱ wird,ȱistȱkeineȱderȱbeidenȱneutestamentlichenȱKonzeptionenȱohneȱeineȱ entsprechendeȱBerücksichtigungȱihresȱbiblischenȱErbesȱangemessenȱzuȱ verstehen.ȱAufȱdiesemȱFundamentȱwirdȱdannȱeineȱAnalyseȱderȱlukaniȬ schenȱ Sichtȱ aufȱ denȱ Statusȱ Israelsȱ bzw.ȱ dessenȱ Zukunftȱ denȱ Hauptteilȱ derȱUntersuchungȱbilden.ȱDieseȱwirdȱinȱeinemȱweiterenȱSchrittȱimȱBlickȱ aufȱdieȱeingangsȱbenanntenȱParallelenȱmitȱdenȱpaulinischenȱAussagenȱ imȱRömerbriefȱinsȱGesprächȱgebracht,ȱsoȱdassȱamȱEndeȱeineȱLösungȱderȱ Frageȱsteht,ȱdieȱinȱfolgenderȱTheseȱformuliertȱwerdenȱkann:ȱ ȱ FürȱLukasȱwieȱPaulusȱstelltȱdieȱFrageȱnachȱdemȱStatusȱundȱderȱZukunftȱIsraȬ elsȱalsȱdesȱerwähltenȱGottesvolkesȱeinȱwichtigesȱThemaȱdar.ȱDabeiȱhaltenȱbeideȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 24ȱȱ Vgl.ȱ zurȱ erstenȱ Positionȱ z.ȱ B.ȱ Jervell,ȱ Apg,ȱ 628;ȱ tendenziellȱ auchȱ Pesch,ȱ Apgȱ II,ȱ 310;ȱ Schneider,ȱApgȱII,ȱ418;ȱzurȱzweitenȱtendierenȱzuletztȱzahlreicheȱStudien,ȱvgl.ȱFrankeȬ mölle,ȱFrühjudentum,ȱ309;ȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ42ȱ(vgl.ȱAnm.ȱ15ȱmitȱweiterenȱBeispieȬ len)ȱ ;ȱ tendenziellȱ auchȱ bereitsȱ z.ȱ B.ȱ Bovon,ȱ Schönȱ hatȱ derȱ heiligeȱ Geist,ȱ 230:ȱ „Lukasȱ hatȱunsȱ[…]ȱnichtȱverboten,ȱdieȱWorteȱΎ΅ϠȱϢΣΗΓΐ΅΍ȱ΅ЁΘΓϾΖȱ[…]ȱpositivȱalsȱAusdruckȱ einerȱletztenȱHoffnungȱfürȱIsraelȱaufzufassen“.ȱ 25ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱHinweiseȱuntenȱinȱKap.ȱ1.3.3.ȱ

ȱ

1.ȱ FragestellungȱundȱInteresseȱ



–ȱinȱbiblischerȱTraditionȱ–ȱanȱeinerȱeschatologischenȱHoffnungȱfürȱIsraelȱfest,ȱ rezipierenȱ dabeiȱ jedochȱ Elementeȱ (alttestamentlichȬ)biblischerȱ Theologieȱ inȱ jeȱ spezifischerȱWeise.ȱ DabeiȱspieltȱfürȱLukasȱeineȱheilsgeschichtlicheȱSicht,ȱdieȱvorȱallemȱinȱderȱ Traditionȱ deuteronomistischerȱ Geschichtserzählungenȱ steht,ȱ eineȱ wesentlicheȱ Rolle,ȱinsofernȱdieseȱimmerȱschonȱmitȱdemȱUngehorsamȱIsraelsȱsowieȱmitȱZornȱ undȱStrafeȱGottesȱrechnen,ȱstetsȱaberȱauchȱdenȱRufȱzurȱUmkehrȱenthält,ȱwelȬ cherȱdieȱheilvolleȱZuwendungȱGottesȱwiederȱermöglicht.ȱPaulusȱhingegenȱzeigtȱ inȱRömȱ11ȱbezüglichȱderȱZukunftȱIsraelsȱeineȱSicht,ȱdieȱsichȱanȱderȱsog.ȱ„GnaȬ dentheologie“ȱ priester(schrift)licherȱ Traditionȱ orientiert,ȱ insofernȱ sieȱ dieȱ beȬ dingungslosȱ gegebenenȱ Verheißungenȱ Gottesȱ hervorhebt,ȱ derȱ inȱ seinerȱ AllȬ machtȱ dieȱ gegenwärtigeȱ Verstockungȱ wieȱ auchȱ dieȱ eschatologischeȱ Annahmeȱ Israelsȱverantwortet.ȱ ȱ Anȱ dieseȱ Grundtheseȱ schließenȱ sichȱ weitereȱ Aspekteȱ an,ȱ dieȱ imȱ RahȬ menȱderȱUntersuchungȱnochȱnäherȱzuȱentfaltenȱsind.ȱSoȱlassenȱsichȱdieȱ unterschiedlichenȱZugängeȱbeiderȱAutorenȱundȱihreȱStellungȱzumȱjüdiȬ schenȱ Gesetzȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ ihrerȱ biographischenȱ Situationenȱ (Lukasȱ alsȱ Gottesfürchtiger26ȱ bzw.ȱ Paulusȱ alsȱ ehemaligerȱ Pharisäer)ȱ sinnvollȱverorten.ȱDieȱRezeptionȱbiblischerȱTraditionenȱkorreliertȱdabeiȱ mitȱ ihrenȱ jeweiligenȱ Biographien.ȱ Fürȱ Paulusȱ wirdȱ manȱ dasȱ DamaskuserlebnisȱalsȱAntitheseȱzuȱseinerȱVergangenheitȱalsȱPharisäerȱ undȱ„EifererȱfürȱdieȱTraditionenȱderȱVäter“ȱ(vgl.ȱGalȱ1,15)ȱinȱRechnungȱ stellen,27ȱwährendȱsichȱfürȱLukasȱdieȱAkzente,ȱdieȱihnȱinȱdieȱNäheȱderȱ deuteronomistischenȱ Geschichtstheologieȱ rücken,ȱ mitȱ seinenȱ eigenenȱ Erfahrungenȱ alsȱ Gottesfürchtigerȱ verknüpfenȱ lassen.28ȱ Beideȱ Konzepteȱ stehenȱundȱfallenȱzudemȱmitȱderȱlebendigenȱExistenzȱvonȱJudenchrisȬ tenȱbzw.ȱGliedernȱIsraelsȱinȱderȱKirche,ȱwenngleichȱsichȱauchȱhierȱverȬ schiedeneȱAkzenteȱzeigenȱlassen.29ȱTrotzȱbemerkenswerterȱParallelenȱinȱ denȱ Werkenȱ derȱ beidenȱ Autorenȱ sindȱ dieȱ Ansätzeȱ undȱ rezipiertenȱ Überlieferungenȱvoneinanderȱunterscheidbar,ȱsoȱdassȱsieȱeinȱjeȱeigenesȱ „Konzept“ȱzumȱThemaȱvorlegen.ȱ EigenerȱReflexionȱbedarfȱanȱdieserȱStelleȱdieȱbereitsȱimȱTitelȱderȱUnȬ tersuchungȱundȱaufȱdenȱerstenȱSeitenȱmehrfachȱwieȱselbstverständlichȱ vorgenommeneȱVerwendungȱdesȱ„Israel“ȬBegriffs.ȱImȱKontextȱchristliȬ cherȱTheologieȱmeintȱ„Israel“ȱinȱallerȱRegelȱ„dasȱJudentumȱinȱAbgrenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 26ȱȱ 27ȱȱ 28ȱȱ 29ȱȱ

ZurȱBegründungȱvgl.ȱuntenȱKap.ȱ3.11.6.ȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ4.1.2.ȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.11.6.ȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ5.1.1.ȱ



Hinführungȱ

zungȱ vomȱ Christentum“30,ȱ freilichȱ unterȱ besondererȱ Betonungȱ dessenȱ theologischerȱIdentitätȱalsȱVolkȱJHWHs,ȱdesȱ„GottesȱIsraels“ȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱ Psȱ 41,14;ȱ 72,18;ȱ 106,48).ȱ Eineȱ solcheȱ institutionellȱ wieȱ theologischȱ klarȱ festzustellendeȱ Abgrenzungȱ istȱ fürȱ dieȱ neutestamentlichenȱ Schriftenȱ jedochȱ anachronistisch.ȱ Sieȱ setzenȱ dieseȱ Scheidungȱ geradeȱ nochȱ nichtȱ voraus,ȱ sondernȱ führenȱ mittenȱ inȱ dasȱ Ringenȱ umȱ einȱ angemessenesȱ Verhältnisȱ beiderȱ Größen,ȱ dieȱ sichȱ zuȱ nichtȱ unwesentlichenȱ Teilenȱ überschneiden,ȱ hinein.ȱ Unterȱ „Israel“ȱ istȱ daherȱ imȱ Folgendenȱ grundȬ sätzlichȱdieȱreligiösȱdefinierteȱGruppeȱdesȱ„VolkesȱJHWHs“ȱzuȱversteȬ hen,ȱ ohneȱ dassȱ damitȱ bereitsȱ eineȱ klareȱ Abgrenzungȱ zurȱ christlichenȱ Ekklesia,ȱ dieȱ inȱ neutestamentlicherȱ Zeitȱ ausȱ Gliedernȱ Israelsȱ wieȱ ausȱ Heidenȱbesteht,ȱgezogenȱwäre.ȱ Esȱ istȱ grundsätzlichȱ festzuhalten,ȱ dassȱ auchȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ dieȱExtensionȱdesȱIsraelȬBegriffsȱschwankt:31ȱBeimȱBlickȱinȱdieȱVerganȬ genheitȱistȱinȱderȱRegelȱeinfachȱanȱdasȱVolkȱderȱJudenȱgedachtȱ(vgl.ȱz.ȱ B.ȱ Apgȱ 7,23.37);ȱ wennȱ Gegenwartȱ oderȱ Zukunftȱ thematisiertȱ werden,ȱ kannȱentwederȱdasȱnichtchristlicheȱJudentumȱgemeintȱseinȱ(wieȱinȱRömȱ 9–11)ȱoderȱdiesemȱderȱEhrennameȱ„Israel“ȱauchȱabgesprochenȱwerdenȱ (soȱwohlȱimȱJohannesȬEvangelium).ȱGeradeȱfürȱPaulusȱundȱLukasȱistȱesȱ vonȱBedeutung,ȱdassȱTeileȱIsraelsȱzurȱGruppeȱderȱanȱdenȱMessiasȱJesusȱ Glaubendenȱ hinzugehören.ȱ Dassȱ Paulusȱ auchȱ vonȱ „Israel“ȱ sprechenȱ kann,ȱ wennȱ erȱ ausdrücklichȱ nurȱ dasȱ nichtchristlicheȱ Judentumȱ meintȱ (z.B.ȱRömȱ9,31;ȱ10,19.21),ȱzeigtȱbereitsȱan,ȱdassȱdieseȱGruppeȱihrenȱEhȬ rentitelȱ inȱ seinenȱ Augenȱ keineswegsȱ verlorenȱ hat.ȱ Fürȱ Lukasȱ bedeutetȱ derȱNameȱ„Israel“ȱdieȱauchȱdiachroneȱIdentitätȱ(vgl.ȱnurȱLkȱ1,16.54.80;ȱ 4,25.27)ȱdesȱGottesvolkes,ȱdieȱsubstantiellȱinȱderȱchristlichenȱGemeindeȱ ausȱ Judenȱ undȱ Heidenȱ lebendigȱ seinȱ muss,ȱ primärȱ jedochȱ demȱ jüdiȬ schenȱ Volkȱ eigenȱ ist.ȱ Gleichwohlȱ istȱ fürȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ eineȱ klareȱ definitorischeȱ Abgrenzungȱ schwierigȱ –ȱ „Israel“ȱ bezeichnetȱ hierȱ m.ȱ E.ȱ primärȱ eineȱ gewissermaßenȱ „theologische“ȱ Größe,ȱ dieȱ alleȱ Judenȱverbindet,ȱsowohlȱchristlicheȱwieȱnichtchristliche.ȱ

2.ȱ AufbauȱderȱUntersuchungȱ DerȱschonȱangedeuteteȱWegȱderȱUntersuchungȱlässtȱsichȱfolgendermaȬ ßenȱentfalten:ȱȱ Einȱ einleitendesȱ Kapitelȱ stelltȱ denȱ Ausgangspunkt,ȱ dieȱ BeobachȬ tungȱ vonȱ parallelenȱ Elementenȱ zwischenȱ Paulusȱ undȱ Lukasȱ inȱ Bezugȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 30ȱȱ Wolter,ȱPaulus,ȱ412.ȱ 31ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱTheobald,ȱArt.ȱ„Israel.ȱNeuesȱTestament“,ȱ648–651.ȱ

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2.ȱ AufbauȱderȱUntersuchungȱ



aufȱdieȱjeweiligeȱSichtȱderȱZukunftȱIsraels,ȱanhandȱeinerȱSynopseȱnäherȱ vorȱ(1.1).ȱNachȱHinweisenȱzurȱMethodikȱ(1.2)ȱordnetȱderȱsichȱanschlieȬ ßendeȱBlickȱinȱdieȱForschungslandschaftȱdieȱvorliegendeȱUntersuchungȱ inȱdieȱwissenschaftlicheȱDiskussionȱdesȱThemasȱeinȱ(1.3).ȱȱ DasȱzweiteȱKapitelȱbeschäftigtȱsichȱmitȱalttestamentlichenȱundȱfrühȬ jüdischenȱ Konzeptenȱ zurȱ Zukunftȱ Israels.ȱ Dieseȱ sindȱ deswegenȱ vonȱ besondererȱ Bedeutung,ȱ weilȱ dieȱ zuȱ behandelndeȱ Fragestellungȱ nichtȱ erstȱinȱdenȱSchriftenȱdesȱNeuenȱTestamentsȱbeginnt,ȱsondernȱeineȱlänȬ gereȱ Vorgeschichteȱ hatȱ (2.1).ȱ Aufgrundȱ derȱ beschriebenenȱ VerwurzeȬ lungȱneutestamentlicherȱTheologieȱinȱderȱbiblischȬjüdischenȱGedankenȬ weltȱ lassenȱ sichȱ dieȱ Ansätzeȱ vonȱ Paulusȱ undȱ Lukasȱ ohneȱ diesenȱ ArȬ beitsschrittȱnichtȱangemessenȱverstehen.ȱDaȱbeideȱAutorenȱinsbesondeȬ reȱ Anliegenȱ derȱ deuteronomistischenȱ (2.2)ȱ undȱ derȱ priester(schrift)liȬ chenȱTheologieȱ(2.3)ȱrezipieren,ȱwerdenȱdieȱGrundlinienȱdieserȱbeidenȱ Strömungenȱzunächstȱ inȱihremȱ historischenȱ Kontextȱ dargestellt,ȱbevorȱ einȱweitererȱAbschnittȱaufȱdasȱFortlebenȱihrerȱjeweiligenȱIntentionenȱimȱ frühjüdischenȱSchrifttumȱbisȱinȱdieȱZeitȱdesȱNeuenȱTestamentsȱeingeht,ȱ dasȱ amȱ Beispielȱ derȱ „Testamenteȱ derȱ Zwölfȱ Patriarchen“ȱ vorgestelltȱ wirdȱ(2.4).ȱ Dasȱ umfangreichsteȱ dritteȱ Kapitelȱ istȱ denȱ lukanischenȱ Schriftenȱ gewidmet.32ȱ Nachȱ einleitendenȱ Bemerkungenȱ (3.1),ȱ dieȱ vorȱ allemȱ aufȱ dieȱ Strukturȱ desȱ Doppelwerksȱ eingehenȱ undȱ soȱ dieȱ Textauswahlȱ beȬ gründen,ȱwerdenȱdieȱentsprechendenȱPerikopen,ȱwelcheȱinȱspezifischerȱ WeiseȱderȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱzuzuordnenȱsind,ȱanalysiertȱ (3.2ȱbisȱ3.8).ȱDieȱBehandlungȱeinzelnerȱThemen,ȱdieȱsichȱaufgrundȱderȱ Analysenȱalsȱbedeutsamȱerwiesenȱhaben,ȱdientȱeinerȱweiterenȱProfilieȬ rungȱ desȱ zuȱ erarbeitendenȱ lukanischenȱ Konzeptsȱ (3.9),ȱ dasȱ schließlichȱ fürȱdieȱAuslegungȱderȱumstrittenenȱSchlussszeneȱderȱApostelgeschichȬ teȱfruchtbarȱgemachtȱwirdȱ(3.10).ȱEinȱzusammenfassenderȱTeilȱschließtȱ dasȱKapitelȱabȱ(3.11).ȱ ImȱknappȱgehaltenenȱviertenȱKapitelȱwerdenȱGrundzügeȱdesȱpauȬ linischenȱ Zukunftskonzeptsȱ fürȱ Israelȱ vorgestellt,ȱ indemȱ nachȱ einerȱ Einleitung,ȱ dieȱ aufȱ denȱ eigenenȱ Charakterȱ derȱ Schriftenȱ desȱ Paulusȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 32ȱȱ DieȱVorordnungȱderȱnachȱ70ȱverfasstenȱlukanischenȱSchriftenȱvorȱdieȱälterenȱBriefeȱ desȱ Paulusȱ magȱ zunächstȱ verwundern.ȱ Dieseȱ Entscheidungȱ erklärtȱ sichȱ jedochȱ ausȱ derȱLogikȱderȱUntersuchung,ȱinsofernȱsieȱprimärȱanȱlukanischerȱTheologieȱundȱihrerȱ BeziehungȱzuȱdenȱinȱKap.ȱ2ȱdargestelltenȱbiblischenȱVorgabenȱinteressiertȱist.ȱInȱeiȬ nemȱweiterenȱSchrittȱwirdȱdieseȱdurchȱdenȱDialogȱmitȱderȱinȱKap.ȱ4ȱerörtertenȱpauȬ linischenȱKonzeption,ȱwieȱsieȱsichȱinȱRömȱ11ȱniedergeschlagenȱhat,ȱnochȱdeutlicher.ȱ DasȱVorgehenȱwirdȱdadurchȱerleichtert,ȱdassȱvermutlichȱkeineȱtraditionsgeschichtliȬ chenȱbzw.ȱliterarischenȱAbhängigkeitenȱdesȱDoppelwerksȱzumȱRömerbriefȱbestehenȱ (vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ1.1).ȱ

10ȱ

Hinführungȱ

eingehtȱ undȱ denȱ spezifischenȱ Zugangȱ zuȱ ihnenȱ begründetȱ (4.1),ȱ seineȱ BeschäftigungȱmitȱderȱIsraelfrageȱimȱRömerbriefȱ–ȱinsbesondereȱinȱRömȱ 11,25–32ȱ–ȱdiskutiertȱwirdȱ(4.2).ȱEineȱZusammenfassungȱ(4.3)ȱleitetȱzumȱ abschließendenȱKapitelȱüber.ȱ Dasȱ Schlusskapitelȱ dientȱ dazu,ȱ denȱ paulinischenȱ Ansatzȱ mitȱ demȱ erhobenenȱ lukanischenȱ Konzeptȱ insȱ Gesprächȱ zuȱ bringen;ȱ esȱ werdenȱ Gemeinsamkeitenȱ undȱ Unterschiedeȱformuliert,ȱ dieȱ eineȱ VerhältnisbeȬ stimmungȱ derȱ Ansätzeȱ beiderȱ Autorenȱ ermöglichenȱ undȱ damitȱ dasȱ AnliegenȱderȱArbeitȱabschließendȱaufȱdenȱPunktȱbringenȱ(5.1).ȱInȱeinemȱ kurzenȱ Ausblickȱ werdenȱ einigeȱ Überlegungenȱ zurȱ Relevanzȱ desȱ ErarȬ beitetenȱfürȱdieȱheutigeȱDiskussionȱüberȱdasȱVerhältnisȱderȱbeidenȱReȬ ligionenȱJudentumȱundȱChristentumȱvorgestelltȱ(5.2).ȱ ȱ ȱ ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ 1.1ȱ Ausgangspunkt:ȱSynopseȱPaulusȱ–ȱLukasȱ Derȱ theologischeȱ Diskursȱ umȱ denȱ Statusȱ Israelsȱ wirdȱ aufȱ christlicherȱ Seiteȱ vorȱ allemȱ anhandȱ derȱ paulinischenȱ Aussagenȱ zumȱ Themaȱ (bes.ȱ Römȱ 9–11)ȱ geführt,ȱ obwohlȱ dieȱ Frageȱ nachȱ demȱ Verhältnisȱ vonȱ Israelȱ undȱ Kircheȱ seitȱ längeremȱ alsȱ zentralesȱ Themaȱ auchȱ desȱ lukanischenȱ Doppelwerksȱerkanntȱist.1ȱDieseȱFokussierungȱverwundertȱumsoȱmehr,ȱ alsȱbereitsȱeinȱflüchtigerȱBlickȱinȱdieȱneutestamentlichenȱTexteȱerweist,ȱ dassȱ mehrereȱ Elementeȱ ausȱ Römȱ 9–11ȱ auchȱ imȱ Lukasevangeliumȱ undȱ vorȱ allemȱ derȱ Apostelgeschichteȱ zuȱ findenȱ sind,ȱ undȱ zwarȱ ebenfallsȱ dort,ȱ woȱ dieȱ Texteȱ aufȱ dieȱ lukanischeȱ Sichtȱ Israelsȱ hinȱ transparent2ȱ werden.ȱ Dabeiȱ handeltȱ esȱ sichȱ jedochȱ nichtȱ zwingendȱ umȱ literarischeȱ Abhängigkeiten,ȱsoȱdassȱdieȱVermutungȱberechtigtȱwäre,ȱLukasȱhabeȱdenȱ Römerbriefȱ alsȱ Quellenschriftȱ fürȱ seinȱ Werkȱ benutzt3;ȱ vielmehrȱ liegenȱ dieȱ Parallelenȱ aufȱ derȱ motivischenȱ Ebene,ȱ alsoȱ dort,ȱ woȱ „Worte,ȱ MetaȬ phern,ȱBilder,ȱHandlungsmuster,ȱVorstellungen,ȱThemen,ȱdieȱeineȱvorȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱȱ

2ȱȱ

3ȱȱ

Deutlichȱwurdeȱdiesȱjüngstȱwiederȱz.ȱB.ȱinȱderȱDiskussionȱumȱdieȱimȱJahrȱ2008ȱvonȱ PapstȱBenediktȱXVI.ȱerneuerteȱKarfreitagsbitteȱ„ProȱIudaeis“ȱfürȱdenȱsog.ȱ„außerorȬ dentlichenȱ Ritus“ȱ derȱ röm.Ȭkath.ȱ Liturgie.ȱ Dieȱ Bitteȱ nimmtȱ ausdrücklichȱ aufȱ dasȱ Mysteriumȱ derȱ Rettungȱ „ganzȱ Israels“ȱ (Römȱ 11,25f.)ȱ sowieȱ aufȱ dasȱ Gebetȱ „fürȱ alleȱ Menschen“ȱ(1ȱTimȱ2,4)ȱBezug,ȱrezipiertȱalsoȱselbstȱprimärȱ(deuteroȬ)paulinischeȱTheȬ ologieȱ(vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱPaulusȬRezeption,ȱ507–541).ȱAuchȱdieȱsichȱanschließenȬ denȱDiskussionenȱrekurriertenȱentsprechendȱvorȱallemȱaufȱPaulus;ȱvgl.ȱdazuȱbesonȬ dersȱdieȱAufsätzeȱinȱFrankemölleȱ(Hg.),ȱHeil;ȱK.ȱLehmannȱkommtȱinȱseinemȱBeitragȱ aufȱ Römȱ 9–11ȱ alsȱ „Schlüsseltextȱ desȱ christlichȬjüdischenȱ Gesprächs“ȱ (Lehmann,ȱ JuȬ denmission,ȱ 163)ȱ zuȱ sprechenȱ undȱ erwähntȱ dieȱ Kapitelȱ auchȱ inȱ seinenȱ abschließenȬ denȱPunktenȱ(vgl.ȱ166f.,ȱPunktȱ7ȱundȱ8),ȱgehtȱjedochȱnichtȱaufȱdieȱlukanischenȱSchrifȬ tenȱein.ȱ Dieseȱ vorsichtigeȱ Formulierungȱ weistȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ beiȱ derȱ Auslegungȱ lukaniȬ scherȱTexteȱandersȱvorzugehenȱistȱalsȱbeiȱdenȱ Briefenȱ desȱ Paulus.ȱWährendȱPaulusȱ unmittelbarȱ zuȱ Einzelthemenȱ Stellungȱ nimmtȱ –ȱ imȱ Fallȱ vonȱ Römȱ 9–11ȱ ebenȱ zumȱ ThemenbereichȱderȱZukunftȱIsraelsȱ–ȱmüssenȱdieȱAnsichtenȱdesȱLukasȱausȱerzählenȬ denȱTextenȱindirektȱerhobenȱwerden;ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ1.2.ȱ DieseȱAuffassungȱistȱselten,ȱvgl.ȱaberȱz.ȱB.ȱPlümacher,ȱRom,ȱ154–158,ȱderȱfürȱLukasȱ vonȱeinerȱKenntnisȱdesȱRömerbriefsȱausgehtȱundȱdiesȱmitȱÜbereinstimmungenȱzwiȬ schenȱApgȱ28ȱundȱRömȱ9–11ȱbegründet.ȱ

12ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

gegebene,ȱ geprägte,ȱ spezielleȱ (theologische)ȱ Bedeutungȱ haben“4,ȱ aufȬ tauchen.ȱ Dieȱ Parallelenȱ lassenȱ soȱ eherȱ daraufȱ schließen,ȱ dassȱ hierȱ leȬ bendigeȱ Überlieferungenȱ vorliegen,ȱ dieȱ sichȱ beiȱ Paulusȱ undȱ Lukasȱ jeȬ weilsȱ schriftlichȱ niedergeschlagenȱ haben.ȱ Solcheȱ gemeinsamenȱ TradiȬ tionenȱ beiderȱ Autorenȱ sindȱ schonȱ inȱ anderenȱ Kontextenȱ aufgewiesenȱ worden,ȱ etwaȱ beiȱ derȱ lukanischȬpaulinischenȱ AbendmahlsüberliefeȬ rungȱ(Lkȱ22,19f.;ȱ1ȱKorȱ11,23b–25)ȱoderȱimȱZusammenhangȱmitȱderȱnurȱ beiȱLukasȱundȱPaulusȱerwähntenȱProtophanieȱdesȱAuferstandenenȱvorȱ Petrusȱ(Lkȱ24,34;ȱ1ȱKorȱ15,5).5ȱ Dieȱ nachfolgendeȱ Synopseȱ stelltȱ verschiedeneȱ Motiveȱ zusammen,ȱ dieȱsowohlȱLukasȱalsȱauchȱPaulusȱfürȱeineȱBearbeitungȱderȱIsraelthemaȬ tikȱ heranziehen.ȱ Dabeiȱ werdenȱ denȱ entsprechendenȱ Textpassagenȱ ausȱ demȱRömerbriefȱjeweilsȱlukanischeȱParallelenȱzugeordnet.ȱ ȱ Römerbriefȱ

LukanischesȱDoppelwerkȱ

Römȱ1,16:ȱ ΓЁȱ·ΤΕȱπΔ΅΍ΗΛϾΑΓΐ΅΍ȱΘϲȱ ΉЁ΅··νΏ΍ΓΑ,ȱȱ ΈϾΑ΅ΐ΍Ζȱ·ΤΕȱΌΉΓІȱπΗΘ΍Αȱȱ ΉϢΖȱΗΝΘ΋Εϟ΅ΑȱΔ΅ΑΘϠȱΘХȱΔ΍ΗΘΉϾΓΑΘ΍,ȱȱ ȱ ȱ ͑ΓΙΈ΅ϟУȱΘΉȱΔΕЗΘΓΑ6ȱΎ΅Ϡȱ̸ΏΏ΋Α΍.ȱ ȱ [vgl.ȱRömȱ11,27]ȱ ȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ [vgl.ȱApgȱ13,47]ȱ ȱ Apgȱ3,26:ȱ ЀΐϧΑȱΔΕЗΘΓΑȱΦΑ΅ΗΘφΗ΅ΖȱϳȱΌΉϲΖȱΘϲΑȱΔ΅ϧΈ΅ȱ ΅ЁΘΓІȱΦΔνΗΘΉ΍ΏΉΑȱ΅ЁΘϲΑȱΉЁΏΓ·ΓІΑΘ΅ȱЀΐκΖȱȱ πΑȱΘХȱΦΔΓΗΘΕνΚΉ΍ΑȱρΎ΅ΗΘΓΑȱΦΔϲȱΘЗΑȱ ΔΓΑ΋Ε΍ЗΑȱЀΐЗΑ.ȱ ȱ Apgȱ13,44–47:ȱ (44)ȱΘХȱΈξȱπΕΛΓΐνΑУȱΗ΅ΆΆΣΘУȱΗΛΉΈϲΑȱΔκΗ΅ȱψȱ ΔϱΏ΍ΖȱΗΙΑφΛΌ΋ȱΦΎΓІΗ΅΍ȱΘϲΑȱΏϱ·ΓΑȱΘΓІȱ ΎΙΕϟΓΙ.ȱȱ (45)ȱϢΈϱΑΘΉΖȱΈξȱΓϡȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱΘΓϿΖȱϷΛΏΓΙΖȱ πΔΏφΗΌ΋Η΅ΑȱΊφΏΓΙȱΎ΅ϠȱΦΑΘνΏΉ·ΓΑȱΘΓϧΖȱЀΔϲȱ ̓΅ϾΏΓΙȱΏ΅ΏΓΙΐνΑΓ΍ΖȱΆΏ΅ΗΚ΋ΐΓІΑΘΉΖ.ȱȱ ȱ ȱ ȱ ȱ [vgl.ȱApgȱ13,47]ȱ [vgl.ȱApgȱ13,45]ȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ Römȱ10,19:ȱ […]ȱπ·АȱΔ΅Ε΅Ί΋ΏЏΗΝȱЀΐκΖȱȱ πΔвȱΓЁΎȱσΌΑΉ΍,ȱπΔвȱσΌΑΉ΍ȱΦΗΙΑνΘУȱ Δ΅ΕΓΕ·΍ЗȱЀΐκΖ.ȱ ȱ Römȱ11,11:ȱ […]ȱΦΏΏΤȱΘХȱ΅ЁΘЗΑȱΔ΅Ε΅ΔΘЏΐ΅Θ΍ȱψȱ ΗΝΘ΋Εϟ΅ȱΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍ΑȱΉϢΖȱΘϲȱ Δ΅Ε΅Ί΋ΏЗΗ΅΍ȱ΅ЁΘΓϾΖ.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 4ȱȱ 5ȱȱ 6ȱȱ

Söding,ȱ Wege,ȱ 173;ȱ zurȱ Problematikȱ derȱ begrifflichenȱ Abgrenzungȱ vonȱ „Motiven“ȱ vgl.ȱ175.ȱ Vgl.ȱdazuȱKlein,ȱLukasstudien,ȱ13–16.ȱ Vgl.ȱauchȱdasȱΔΕЗΘΓΑȱinȱZusammenhangȱmitȱdenȱJudenȱinȱRömȱ2,9f.;ȱ3,2.ȱ

ȱ

1.1ȱ Ausgangspunkt:ȱSynopseȱPaulusȱ–ȱLukasȱ ȱ ȱ[vgl.ȱRömȱ1,16]ȱ

ȱ ȱ Römȱ11,13f.:ȱ […]ȱΉϢΐ΍ȱπ·АȱπΌΑЗΑȱΦΔϱΗΘΓΏΓΖ,ȱȱ ΘχΑȱΈ΍΅ΎΓΑϟ΅ΑȱΐΓΙȱΈΓΒΣΊΝ,ȱΉϥȱΔΝΖȱ Δ΅Ε΅Ί΋ΏЏΗΝȱΐΓΙȱΘχΑȱΗΣΕΎ΅ȱȱ [vgl.ȱRömȱ1,16]ȱ Ύ΅ϠȱΗЏΗΝȱΘ΍ΑΤΖȱπΒȱ΅ЁΘЗΑ.ȱ Römȱ11,25–27:ȱ (25)ȱ̒Ёȱ·ΤΕȱΌνΏΝȱЀΐκΖȱΦ·ΑΓΉϧΑ,ȱ ΦΈΉΏΚΓϟ,ȱΘϲȱΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱΘΓІΘΓ,ȱϣΑ΅ȱΐχȱ ώΘΉȱ[Δ΅Εв]ȱο΅ΙΘΓϧΖȱΚΕϱΑ΍ΐΓ΍,ȱϵΘ΍ȱ ΔЏΕΝΗ΍ΖȱΦΔϲȱΐνΕΓΙΖȱΘХȱ͑ΗΕ΅χΏȱ ·ν·ΓΑΉΑȱΩΛΕ΍ȱΓЈȱΘϲȱΔΏφΕΝΐ΅ȱΘЗΑȱ πΌΑЗΑȱΉϢΗνΏΌϙ.ȱȱ (26)ȱΎ΅ϠȱΓЂΘΝΖȱΔκΖȱ͑ΗΕ΅χΏȱ ΗΝΌφΗΉΘ΅΍,ȱΎ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȉȱϊΒΉ΍ȱ πΎȱ̕΍АΑȱϳȱϹΙϱΐΉΑΓΖ,ȱȱ ΦΔΓΗΘΕνΜΉ΍ȱΦΗΉΆΉϟ΅ΖȱΦΔϲȱ͑΅ΎЏΆ.ȱȱ (27)ȱΎ΅Ϡȱ΅ЂΘ΋ȱ΅ЁΘΓϧΖȱψȱΔ΅ΕвȱπΐΓІȱ Έ΍΅ΌφΎ΋,ȱȱ ϵΘ΅ΑȱΦΚνΏΝΐ΅΍ȱΘΤΖȱΥΐ΅ΕΘϟ΅Ζȱ ΅ЁΘЗΑ.ȱ ȱ [vgl.ȱRömȱ11,26?]ȱ ȱ [vgl.ȱRömȱ11,25]ȱ ȱ

Römȱ15,18f.:ȱ […]ȱΏϱ·УȱΎ΅ϠȱσΕ·У,ȱȱ πΑȱΈΙΑΣΐΉ΍ȱΗ΋ΐΉϟΝΑȱΎ΅ϠȱΘΉΕΣΘΝΑ,ȱȱ πΑȱΈΙΑΣΐΉ΍ȱΔΑΉϾΐ΅ΘΓΖȱ[ΌΉΓІ]ȉȱȱ ГΗΘΉȱΐΉȱȱ ΦΔϲȱ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱΎ΅ϠȱΎϾΎΏУȱΐνΛΕ΍ȱ ΘΓІȱ͑ΏΏΙΕ΍ΎΓІȱΔΉΔΏ΋ΕΝΎνΑ΅΍ȱΘϲȱ ΉЁ΅··νΏ΍ΓΑȱΘΓІȱ̙Ε΍ΗΘΓІ.ȱ

13ȱ

(46)ȱΔ΅ΕΕ΋Η΍΅ΗΣΐΉΑΓϟȱΘΉȱϳȱ̓΅ІΏΓΖȱΎ΅Ϡȱϳȱ ̅΅ΕΑ΅ΆκΖȱΉϨΔ΅ΑȉȱЀΐϧΑȱώΑȱΦΑ΅·Ύ΅ϧΓΑȱΔΕЗΘΓΑȱ Ώ΅Ώ΋ΌϛΑ΅΍ȱΘϲΑȱΏϱ·ΓΑȱΘΓІȱΌΉΓІȉȱπΔΉ΍Έχȱ ΦΔΝΌΉϧΗΌΉȱ΅ЁΘϲΑȱΎ΅ϠȱΓЁΎȱΦΒϟΓΙΖȱΎΕϟΑΉΘΉȱ ο΅ΙΘΓϿΖȱΘϛΖȱ΅ϢΝΑϟΓΙȱΊΝϛΖ,ȱϢΈΓϿȱΗΘΕΉΚϱΐΉΌ΅ȱ ΉϢΖȱΘΤȱσΌΑ΋.ȱ(47)ȱΓЂΘΝΖȱ·ΤΕȱπΑΘνΘ΅ΏΘ΅΍ȱψΐϧΑȱϳȱ ΎϾΕ΍ΓΖȉȱΘνΌΉ΍ΎΣȱΗΉȱΉϢΖȱΚЗΖȱπΌΑЗΑȱȱ [vgl.ȱApgȱ13,45]ȱ ΘΓІȱΉϨΑ΅ϟȱΗΉȱΉϢΖȱΗΝΘ΋Εϟ΅Αȱȱ ρΝΖȱπΗΛΣΘΓΙȱΘϛΖȱ·ϛΖ.ȱ ȱ Lkȱ21,24:ȱ Ύ΅ϠȱΔΉΗΓІΑΘ΅΍ȱΗΘϱΐ΅Θ΍ȱΐ΅Λ΅ϟΕ΋Ζȱȱ Ύ΅Ϡȱ΅ϢΛΐ΅ΏΝΘ΍ΗΌφΗΓΑΘ΅΍ȱΉϢΖȱΘΤȱσΌΑ΋ȱΔΣΑΘ΅,ȱȱ Ύ΅Ϡȱ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱσΗΘ΅΍ȱΔ΅ΘΓΙΐνΑ΋ȱЀΔϲȱπΌΑЗΑ,ȱȱ ΩΛΕ΍ȱΓЈȱΔΏ΋ΕΝΌЗΗ΍ΑȱΎ΅΍ΕΓϠȱπΌΑЗΑ.ȱ ȱ Lkȱ13,35:ȱ […]ȱΓЁȱΐχȱϥΈ΋ΘνȱΐΉȱρΝΖȱ[ϊΒΉ΍ȱϵΘΉ]ȱΉϥΔ΋ΘΉȉȱ ΉЁΏΓ·΋ΐνΑΓΖȱϳȱπΕΛϱΐΉΑΓΖȱπΑȱϴΑϱΐ΅Θ΍ȱΎΙΕϟΓΙ.ȱ ȱ [vgl.ȱApgȱ3,19.26]ȱ ȱ Apgȱ3,19–21:ȱ (19)ȱΐΉΘ΅ΑΓφΗ΅ΘΉȱΓЇΑȱΎ΅ϠȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅ΘΉȱȱ ΉϢΖȱΘϲȱπΒ΅ΏΉ΍ΚΌϛΑ΅΍ȱЀΐЗΑȱΘΤΖȱΥΐ΅ΕΘϟ΅Ζ,ȱȱ (20)ȱϵΔΝΖȱΪΑȱσΏΌΝΗ΍ΑȱΎ΅΍ΕΓϠȱΦΑ΅ΜϾΒΉΝΖȱΦΔϲȱ ΔΕΓΗЏΔΓΙȱΘΓІȱΎΙΕϟΓΙȱΎ΅ϠȱΦΔΓΗΘΉϟΏϙȱΘϲΑȱ ΔΕΓΎΉΛΉ΍Ε΍ΗΐνΑΓΑȱЀΐϧΑȱΛΕ΍ΗΘϲΑȱ͑΋ΗΓІΑ,ȱȱ (21)ȱ϶ΑȱΈΉϧȱΓЁΕ΅ΑϲΑȱΐξΑȱΈνΒ΅ΗΌ΅΍ȱΩΛΕ΍ȱ ΛΕϱΑΝΑȱΦΔΓΎ΅Θ΅ΗΘΣΗΉΝΖȱΔΣΑΘΝΑȱЙΑȱ πΏΣΏ΋ΗΉΑȱϳȱΌΉϲΖȱΈ΍ΤȱΗΘϱΐ΅ΘΓΖȱΘЗΑȱΥ·ϟΝΑȱΦΔвȱ ΅ϢЗΑΓΖȱ΅ЁΘΓІȱΔΕΓΚ΋ΘЗΑ.ȱ ȱ Apgȱ1,8:ȱ ΦΏΏΤȱȱ ΏφΐΜΉΗΌΉȱΈϾΑ΅ΐ΍Αȱȱ πΔΉΏΌϱΑΘΓΖȱΘΓІȱΥ·ϟΓΙȱΔΑΉϾΐ΅ΘΓΖȱπΚвȱЀΐκΖȱȱ Ύ΅ϠȱσΗΉΗΌνȱΐΓΙȱΐΣΕΘΙΕΉΖȱȱ σΑȱΘΉȱ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱΎ΅Ϡȱ[πΑ]ȱΔΣΗϙȱΘϜȱ͑ΓΙΈ΅ϟθȱ Ύ΅Ϡȱ̕΅ΐ΅ΕΉϟθȱΎ΅ϠȱρΝΖȱπΗΛΣΘΓΙȱΘϛΖȱ·ϛΖ.ȱ

ȱ Dieȱ Übersichtȱ bietetȱ Verseȱ ausȱ demȱ AnfangsȬȱ undȱ Schlussteilȱ desȱ RöȬ merbriefesȱsowieȱausȱdenȱ„IsraelȬKapiteln“ȱRömȱ9–11.ȱDabeiȱzeigtȱsichȱ auch,ȱdassȱdieȱIsraelthematikȱimȱRömerbriefȱnichtȱaufȱdieȱKapitelȱ9–11ȱ

14ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

beschränktȱ ist,7ȱ wenngleichȱ insbesondereȱ Römȱ 11,25–27,ȱ dieȱ abschlieȬ ßendeȱ Passageȱ überȱ dasȱ ΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱ vonȱ derȱ Rettungȱ ganzȱ Israels,ȱ dieȱ Aufmerksamkeitȱ aufȱ sichȱ zieht.ȱ Aufȱ Seitenȱ desȱ lukanischenȱ DoppelȬ werksȱ sindȱ sowohlȱ Verbindungenȱ zuȱ verstreutȱ gelegenenȱ Jesuswortenȱ zuȱ erkennenȱ (Lkȱ 13,35;ȱ 21,24;ȱ Apgȱ 1,8),ȱ alsȱ auchȱ zuȱ zweiȱ anȱ Judenȱ geȬ richteteȱ Redenȱ vonȱ Petrusȱ (Apgȱ 3,19–21.26)ȱ undȱ Paulusȱ (Apgȱ 13,44–47).ȱ MehrereȱsachlicheȱParallelenȱlassenȱsichȱfesthalten:8ȱ ȱ a)ȱDasȱMotivȱderȱEifersuchtȱIsraelsȱaufȱdieVölker.ȱ Wieȱ Paulusȱ imȱ Römerbriefȱ dasȱ Hervorrufenȱ vonȱ „Eifer“ȱ beiȱ seinemȱ Volkȱ geradezuȱalsȱZweckȱseinerȱmissionarischenȱTätigkeitȱunterȱNichtjudenȱbeȬ zeichnetȱ(Römȱ11,11,ȱvgl.ȱ10,19ȱundȱ11,13f.:ȱ Δ΅Ε΅Ί΋ΏϱΝ),ȱsoȱführtȱauchȱinȱ derȱ Apostelgeschichteȱ dieȱ Annahmeȱ desȱ Evangeliumsȱ durchȱ Nichtjudenȱ zurȱ Erregungȱ vonȱ „Eifer“ȱ aufȱ jüdischerȱ Seiteȱ (Apgȱ 13,45:ȱ πΔΏφΗΌ΋Η΅Αȱ ΊφΏΓΙ).ȱ

ȱ b)ȱDasȱMotivȱdesȱheilsgeschichtlichenȱVorrangsȱIsraels.ȱ Dieȱ ΗΝΘ΋Εϟ΅ȱ Gottesȱ giltȱ nachȱ Aussageȱ beiderȱ Schriftenȱ zuerstȱ (ΔΕЗΘΓΑ)ȱ demȱerwähltenȱVolkȱIsrael,ȱdochȱsindȱ(abgesehenȱvonȱApgȱ3,26)ȱinȱdiesemȱ ZusammenhangȱimmerȱauchȱschonȱdieȱanderenȱVölkerȱ(σΌΑ΋)ȱ–ȱgewisserȬ maßenȱ alsȱ „Zweitadressaten“ȱ –ȱ mitȱ imȱ Blickȱ (Römȱ 1,16;ȱ 2,9f.;ȱ 3,2ȱ –ȱ Apgȱ 13,46).ȱ

ȱ c)ȱDasȱMotivȱeinerȱBegrenzungȱderȱUnheilszeitȱfürȱIsrael.ȱ Beideȱ Schriftenȱ verbalisierenȱ inȱ einemȱ Atemzugȱ sowohlȱ Unheilszeitenȱ fürȱ Israelȱ alsȱ auchȱ derenȱ Überwindung,ȱ dieȱ wiederumȱ mitȱ denȱ σΌΑ΋ȱ inȱ VerȬ bindungȱ steht.ȱ Nachȱ Römȱ 11,25ȱ findetȱ dieȱ Zeitȱ derȱ „Verhärtung“ȱ Israelsȱ (bzw.ȱ einesȱ Teils:ȱ ΔЏΕΝΗ΍Ζȱ ΦΔϲȱ ΐνΕΓΙΖȱ ΘХȱ ͑ΗΕ΅χΏȱ ·ν·ΓΑΉΑ)ȱ mitȱ demȱ „Eingehen“ȱ derȱ „Fülleȱ derȱ Heiden(völker)“ȱ (Θϲȱ ΔΏφΕΝΐ΅ȱ ΘЗΑȱ πΌΑЗΑȱ ΉϢΗνΏΌϙ)ȱ einȱ Ende,ȱ währendȱ Lkȱ 21,24ȱ dieȱ „Zertretung“ȱ Jerusalemsȱ (͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱσΗΘ΅΍ȱΔ΅ΘΓΙΐνΑ΋ȱЀΔϲȱπΌΑЗΑ)ȱdadurchȱbegrenztȱsieht,ȱdassȱ „dieȱZeitenȱderȱHeiden(völker)ȱsichȱerfüllen“ȱ(ΩΛΕ΍ȱΓЈȱΔΏ΋ΕΝΌЗΗ΍ΑȱΎ΅΍ΕΓϠȱ πΌΑЗΑ).ȱEntsprechendȱ(aberȱnochȱohneȱAusblickȱaufȱdieȱσΌΑ΋)ȱkenntȱauchȱ Lkȱ13,35ȱeinȱEndeȱderȱZeitȱdesȱ„NichtȬSehens“ȱIsraelsȱimȱSegensrufȱfürȱdenȱ „Kommendenȱ imȱ Namenȱ desȱ Herrn“.ȱ Derȱ Gedankeȱ derȱ Fülleȱ (ΔΏφΕΝΐ΅ȱ bzw.ȱ ΔΏ΋ΕΝΌЗΗ΍Α)ȱ verweistȱ beiȱ Paulusȱ wieȱ Lukasȱ aufȱ einenȱ eschatologiȬ schenȱ Kontext,ȱ wieȱ auchȱ dasȱ damitȱ zusammenhängendeȱ folgendeȱ Motivȱ (d)ȱzeigt.ȱ

ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 7ȱȱ 8ȱȱ

Vgl.ȱTheobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ261–263.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ jeweilsȱ umȱ ersteȱ Beobachtungen.ȱ Zurȱ detailliertenȱ Analyseȱ derȱ hierȱ genanntenȱVerseȱvgl.ȱjeweilsȱdieȱentsprechendenȱAbschnitteȱuntenȱinȱKap.ȱ3.ȱ

ȱ

1.1ȱ Ausgangspunkt:ȱSynopseȱPaulusȱ–ȱLukasȱ

15ȱ

d)ȱDasȱMotivȱdesȱkommendenȱRettersȱfürȱIsrael.ȱ WennȱRömȱ11,26ȱimȱHorizontȱeinerȱzukünftigenȱHeilswendeȱfürȱIsraelȱaufȱ denȱkommendenȱ„RetterȱausȱZion“ȱ(ϊΒΉ΍ȱπΎȱ̕΍АΑȱϳȱϹΙϱΐΉΑΓΖ)ȱzuȱsprechenȱ kommt,ȱ soȱ handeltȱ esȱ sichȱ ebensoȱ wieȱ beiȱ demȱ „Kommendenȱ imȱ Namenȱ desȱHerrn“ȱ(Lkȱ13,35)ȱumȱeineȱeschatologischeȱRettergestalt,ȱdieȱendgültigeȱ Erlösungȱ bringenȱ wird.ȱ Inȱ dieseȱ Richtungȱ weistȱ auchȱ derȱ Gedankeȱ derȱ „Wegnahme“ȱ bzw.ȱ „Tilgung“ȱ vonȱ Sünden,ȱ denȱ Römȱ 11,27ȱ wieȱ Apgȱ 3,19ȱ (vgl.ȱ auchȱ Apgȱ 3,26)ȱ inȱ unterschiedlicherȱ Weiseȱ mitȱ demȱ Kommenȱ dieserȱ Rettergestaltȱ–ȱnachȱApgȱ3,20ȱistȱesȱderȱfürȱIsraelȱ„vorherbestimmteȱMessiȬ asȱ Jesus“ȱ (ΘϲΑȱ ΔΕΓΎΉΛΉ΍Ε΍ΗΐνΑΓΑȱ ЀΐϧΑȱ ΛΕ΍ΗΘϲΑȱ ͑΋ΗΓІΑ)ȱ –ȱ verknüpfen:ȱ WährendȱinȱApgȱ3,19–21ȱdieȱSündenvergebungȱalsȱFolgeȱderȱUmkehrȱIsraȬ elsȱ derȱ Sendungȱ desȱ Rettersȱ vorausgeht,ȱ folgtȱ dieseȱ nachȱ Römȱ 11,27ȱ demȱ Kommenȱ desȱ Rettersȱ eherȱ nachȱ undȱ hängtȱ nichtȱ amȱ Handelnȱ derȱ MenȬ schen.ȱ

ȱ e)ȱDieȱbesondereȱBedeutungȱJerusalems.ȱ Beiȱ beidenȱ Autorenȱ erfolgtȱ dieȱ Verkündigungȱ desȱEvangeliumsȱ durchȱ dieȱ „Kraftȱ desȱ Geistes“ȱ undȱ gehtȱ grundsätzlichȱ vonȱ derȱ Stadtȱ Jerusalemȱ ausȱ (vgl.ȱdieȱpaulinischeȱMissionȱinȱRömȱ15,19ȱundȱdieȱWorteȱJesuȱanȱdieȱJünȬ gerȱ Apgȱ 1,8).ȱ Währendȱ dieȱ Apostelgeschichteȱ entsprechendȱ überȱ mehrereȱ Kapitelȱ dasȱ Wirkenȱ derȱ Apostelȱ inȱ Jerusalemȱ erzähltȱ (bes.ȱ Apgȱ 2–5),ȱ erȬ stauntȱ dieseȱ Notizȱ amȱ Endeȱ desȱ Römerbriefsȱ sehr,ȱ daȱ Paulusȱ zuȱ Beginnȱ seinerȱ Verkündigungȱ geradeȱ nichtȱ „sogleichȱ nachȱ Jerusalem“ȱ (Galȱ 1,17)ȱ hinaufgezogenȱ war,ȱ sondernȱ sichȱ inȱ Arabienȱ undȱ Damaskusȱ aufgehaltenȱ (vgl.ȱ Galȱ 1,17)ȱ undȱ dannȱ wohlȱ vonȱ Antiochienȱ ausȱ mitȱ seinerȱ Missionȱ beȬ gonnenȱhatte.ȱ

ȱ Dieȱ anhandȱ derȱ Synopseȱ gezeigtenȱ Motivparallelenȱ lassenȱ vermuten,ȱ dassȱ eineȱ Verwandtschaftȱ beiderȱ Konzepteȱ besteht.ȱ Daȱ dieȱ Motiveȱ jeȬ dochȱ inȱ unterschiedlichenȱ Kontextenȱ auftretenȱ undȱ überȱ dasȱ ganzeȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ verteiltȱ sind,ȱ wirdȱ manȱ gegenüberȱ derȱ AnȬ nahmeȱ einerȱ unmittelbarenȱ literarischenȱ Abhängigkeitȱ vorsichtigȱ sein,ȱ zumalȱ fürȱ Lukasȱ dieȱ Kenntnisȱ desȱ Römerbriefsȱ bzw.ȱ einerȱ Sammlungȱ vonȱPaulusbriefenȱbislangȱnichtȱwahrscheinlichȱgemachtȱwerdenȱkonnȬ te.9ȱDochȱistȱesȱplausibel,ȱdassȱbeideȱAutorenȱ–ȱimȱvorliegendenȱFallȱimȱ Kontextȱ derȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ –ȱ beiȱ derȱ Abfassungȱ ihrerȱ Schriftenȱ ausȱ einemȱ Grundbestandȱ ältererȱ Überlieferungenȱ undȱ allgeȬ meinȱ bekannterȱ Motiveȱ geschöpftȱ haben.ȱ Inȱ jeȱ spezifischerȱ Formȱ sindȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 9ȱȱ

Vgl.ȱdazuȱbereitsȱBurchard,ȱZeuge,ȱ155:ȱ„Lukasࡓȱ ȱVerhältnisȱzuȱdenȱPaulusbriefenȱistȱ kompliziert.ȱ Daßȱ dieȱ Apostelgeschichteȱ sichȱ mitȱ demȱ Corpusȱ Paulinumȱ literarischȱ kaumȱberührt,ȱistȱevident.ȱAlsȱGrundȱgiltȱheuteȱmeist,ȱdaßȱLukasȱkeineȱPaulusbriefeȱ kannte.ȱDasȱistȱrichtig,ȱsoweitȱesȱbedeutet,ȱdaßȱLukasȱnichtȱoderȱnichtȱnäherȱwußte,ȱ wasȱinȱihnenȱsteht.“ȱ

16ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

dieseȱ Motiveȱ dannȱ inȱ ihreȱ Werkeȱ eingeflossen,ȱ woȱ sieȱ auchȱ beiȱ denȱ Lesernȱbzw.ȱHörernȱeinenȱhohenȱWiedererkennungseffektȱhervorgeruȬ fenȱhabenȱkönnen.ȱEsȱhandeltȱsichȱumȱeinenȱ„VergleichȱvonȱTexten,ȱdieȱ miteinanderȱ verwandtȱ zuȱ seinȱ scheinen,ȱ ohneȱ literarischȱ voneinanderȱ abhängigȱzuȱsein“10ȱundȱdieȱdaherȱ„vorȱallemȱanhandȱderȱFeststellungȱ semantischȱ gleichartigerȱ Behandlungȱ einesȱ Themenbereichs“11ȱ zuȱ unȬ tersuchenȱsind.ȱȱ Dieȱ Synopseȱ legtȱ nochȱ eineȱ weitereȱ wichtigeȱ inhaltlicheȱ Spur:ȱ Alleȱ fünfȱgenanntenȱMotivparallelenȱverweisenȱstriktȱaufȱtheologischeȱVorȬ gabenȱ ausȱ derȱ alttestamentlichenȱ Theologie,ȱ insofernȱ schonȱ dieȱ wenigenȱ aufgeführtenȱTextausschnitteȱundȱEinzelverseȱeineȱunmittelbareȱNachȬ barschaftȱderȱMotiveȱzuȱSchriftzitatenȱzeigen.ȱȱ Soȱ entnimmtȱ Paulusȱ dasȱ Motivȱ derȱ Eifersuchtȱ beimȱ erstenȱ Vorkommenȱ inȱ Römȱ10,19ȱausȱeinemȱToraȬZitatȱ(Dtnȱ32,21ȱ[LXX]),ȱumȱesȱinȱ11,11–14ȱdannȱ zuȱaktualisieren.ȱApgȱ13,47ȱbietetȱeinȱSchriftzitatȱauf,ȱumȱdieȱWendungȱzuȱ denȱHeiden,ȱdieȱdenȱ„Eifer“ȱbeiȱdenȱJudenȱhervorgerufenȱhatte,ȱmitȱbibliȬ scherȱAutoritätȱzuȱversehen.ȱDasȱMotivȱdesȱheilsgeschichtlichenȱVorrangsȱfürȱ IsraelȱentspringtȱwenigerȱdemȱFaktum,ȱdassȱdasȱEvangeliumȱzuerstȱinȱIsraȬ elȱ Fußȱ gefasstȱ hatteȱ –ȱ Jesusȱ undȱ seineȱ Jüngerȱ warenȱ jaȱ allesamtȱ Judenȱ –,ȱ sondernȱführtȱdieȱbiblischeȱGrundideeȱderȱErwählungȱIsraels12ȱweiter.ȱDasȱ SchriftzitatȱRömȱ11,26f.ȱerläutertȱdurchȱdieȱEinführungȱΎ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȱ nichtȱnurȱdasȱvorangegangeneȱMotivȱderȱBegrenzungȱderȱUnheilszeitȱfürȱIsȬ rael,ȱ sondernȱ führtȱ auchȱ denȱ kommendenȱ Retterȱ fürȱ Israelȱ ein.ȱ Lukasȱ zeigtȱ denȱalttestamentlichenȱHintergrundȱnichtȱnurȱdurchȱdasȱZitatȱausȱPsȱ118,26ȱ inȱLkȱ13,35ȱan,ȱsondernȱauchȱdurchȱdieȱzahlreichenȱbiblischenȱAnspielunȬ genȱundȱdenȱSeptuagintaȬStilȱinȱLkȱ21,24,ȱsowieȱdurchȱdenȱVerweisȱaufȱdieȱ Gottesredeȱ„durchȱdenȱMundȱseinerȱheiligenȱPropheten“ȱinȱApgȱ3,21.ȱDieȱ besondereȱBedeutungȱJerusalemsȱschließlichȱdurchziehtȱdasȱAlteȱTestamentȱ wieȱeinȱroterȱFaden.ȱ

Dieȱ Berücksichtigungȱ biblischȬfrühjüdischerȱ Theologieȱ istȱ ganzȱ offenȬ kundigȱ fürȱ dieȱ vorliegendeȱ Thematikȱ weiterführend.ȱ Entsprechendȱ wirdȱsichȱeinȱeigenerȱTeilȱdieserȱUntersuchungȱdamitȱbefassen.ȱ

1.2ȱ MethodischeȱHinweiseȱ EinȱVergleichȱzwischenȱdemȱlukanischenȱWerkȱundȱdenȱPaulusbriefenȱ –ȱimȱvorliegendenȱFallȱvorȱallemȱdemȱRömerbriefȱ–ȱistȱschonȱaufgrundȱ derȱunterschiedlichenȱliterarischenȱGattungenȱmitȱProblemenȱbehaftet:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 10ȱȱ Berger,ȱFormenȱundȱGattungen,ȱ46.ȱ 11ȱȱ Ebd.ȱ 12ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ2.1.2.ȱ

ȱ

1.2ȱ MethodischeȱHinweiseȱ

17ȱ

EinȱnarrativerȱBericht,ȱinȱdemȱJesustraditionen,ȱunterschiedlicheȱQuelȬ lenschriftenȱ undȱ eineȱ spezifischeȱ Intentionȱ desȱ Autorsȱ zuȱ einemȱ GeȬ samtwerkȱ verbundenȱ wurden,ȱ stehtȱ einemȱ situativȱ bestimmtenȱ Briefȱ gegenüber,ȱ inȱ demȱ derȱ Autorȱ immerȱ wiederȱ aufȱ aktuelleȱ GemeindeȬ problemeȱ Bezugȱ nimmt.ȱ Entsprechendȱ derȱ exegetischenȱ Einsicht,ȱ dassȱ nichtȱeineȱbestimmteȱMethodeȱdieȱRichtungȱeinerȱTextauslegungȱangeȬ benȱ kann,ȱ sondernȱ umgekehrtȱ dieȱ Texteȱ selbstȱ anzeigenȱ müssen,ȱ welȬ cheȱMethodikȱihnenȱangemessenȱist,13ȱsindȱdieȱtexttheoretischenȱErgebȬ nisseȱ neuererȱ Forschungȱ dergestaltȱ zuȱ berücksichtigen,ȱ dassȱ imȱ Blickȱ aufȱ Paulusȱ derȱ situativȬbiographischeȱ Kontextȱ besondereȱ Bedeutungȱ erhält,ȱwährendȱfürȱdasȱlukanischeȱDoppelwerkȱeineȱnarrativȱorientierȬ teȱHerangehensweiseȱnotwendigȱist.14ȱ UmȱdieȱAnliegenȱderȱAutorenȱherausarbeitenȱzuȱkönnen,ȱistȱfürȱdieȱ Untersuchungȱ eineȱ primärȱ synchroneȱ Perspektiveȱ leitend.ȱ Einzelneȱ diachroneȱ Überlegungenȱ sindȱ dadurchȱ freilichȱ keineswegsȱ ausgeȬ schlossen;ȱesȱwirdȱsichȱdurchgehendȱzeigen,ȱwieȱdieȱAussagenȱdesȱkaȬ nonisiertenȱEndtextesȱaufȱfrüherenȱTextenȱundȱMotivenȱaufbauen.ȱ Dieȱ folgendenȱ Textanalysenȱ werdenȱ außerdemȱ erweisen,ȱ dassȱ geȬ radeȱ fürȱ dieȱ IsraelȬThematikȱ einȱ synoptischerȱ Vergleichȱ desȱ lukaniȬ schenȱ Doppelwerksȱ mitȱ denȱ anderenȱ Evangelienȱ ertragreichȱ ist.ȱ InsoȬ fernȱ dieȱ lukanischeȱ Sichtȱ sichȱ sowohlȱ vonȱ seinerȱ MarkusȬVorlageȱ unterscheidet,ȱ alsȱ auchȱ gegenüberȱ demȱ Matthäusevangeliumȱ einȱ eigeȬ nesȱ Konzeptȱ bietet,ȱ dienenȱ synoptischeȱ Vergleicheȱ undȱ redaktionelleȱ ÜberlegungenȱderȱProfilierungȱlukanischerȱTheologie.ȱȱ Vonȱ Bedeutungȱ istȱ schließlichȱ auchȱ dasȱ historischeȱ Umfeld.ȱ ZwiȬ schenȱ denȱ Paulusbriefenȱ undȱ demȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ liegenȱ nichtȱnurȱwichtigeȱJahreȱinȱderȱGeschichteȱdesȱUrchristentumsȱ(undȱsoȱ wesentlicheȱEreignisseȱwieȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ70ȱn.ȱChr.),ȱbeideȱ Autorenȱ verfolgenȱ überdiesȱ jeȱ eigeneȱ Zieleȱ undȱ schreibenȱ inȱ verschieȬ denenȱkirchlichenȱSituationenȱ(z.ȱB.ȱistȱimȱUmfeldȱdesȱLukasȱdieȱKluftȱ zwischenȱ Synagogeȱ undȱ Kircheȱ schonȱ ausgeprägterȱ alsȱ nochȱ beiȱ PauȬ lus).ȱEsȱistȱeinȱnaheliegenderȱGedanke,ȱdassȱsichȱsolcheȱFaktorenȱjeȱundȱ jeȱauchȱaufȱdieȱRezeptionȱderȱverarbeitetenȱMotiveȱauswirkten.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 13ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ nurȱ Söding/Münch,ȱ Methodenlehre,ȱ 29:ȱ „Welcheȱ Schritteȱ derȱ Analyseȱ gemachtȱwerdenȱmüssenȱundȱinȱwelcherȱReihenfolge,ȱhängtȱvonȱdenȱTextenȱab,ȱdieȱ bearbeitet,ȱundȱvonȱdenȱFragen,ȱdieȱbeantwortetȱwerden“.ȱ 14ȱȱ Zurȱ synchronenȱ Textauslegungȱ sowieȱ zuȱ narrativȱ orientiertenȱ Methodenschrittenȱ vgl.ȱFinnern,ȱNarratologie,ȱ23–246;ȱSöding,ȱWege,ȱ68–80;ȱPowell,ȱNarrativeȱCriticism,ȱ Brooke/Kaestliȱ (Hg.),ȱ Narrativity;ȱ vgl.ȱ außerdemȱ dieȱ entsprechendenȱ Abschnitteȱ inȱ ähnlichȱ gelagertenȱ Untersuchungenȱ zumȱ lukanischenȱ Doppelwerk:ȱ Eisen,ȱ Poetik;ȱ Hoffmann,ȱ Heil;ȱ Löning,ȱ Geschichtswerk;ȱ Tannehill,ȱ Narrativeȱ Unity;ȱ Wasserberg,ȱ IsraelsȱMitte.ȱ

18ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

Eineȱ Besonderheitȱ derȱ vorliegendenȱ Untersuchungȱ bestehtȱ inȱ derȱ ausführlichenȱ Beschäftigungȱ mitȱ biblischȬfrühjüdischenȱ ZukunftsvorȬ stellungen.ȱ Derenȱ Rezeptionȱ inȱ lukanischenȱ bzw.ȱ paulinischenȱ Textenȱ istȱanhandȱderȱliterarischenȱEigenartenȱdesȱjeweiligenȱAutorsȱzuȱanalyȬ sieren,ȱdieȱimȱFolgendenȱknappȱzuȱentfaltenȱsind.ȱ

1.2.1ȱLukas:ȱNarrativeȱTheologieȱundȱUnterscheidungȱvonȱ Textdimensionenȱ DieȱbeidenȱlukanischenȱSchriftenȱstellenȱdasȱmitȱAbstandȱausführlichsȬ teȱ Erzählwerkȱ desȱ Neuenȱ Testamentsȱ dar.15ȱ Alsȱ „episodischeȱ ErzähȬ lung“16ȱistȱdasȱdritteȱEvangeliumȱstetsȱunterȱnarratologischenȱGesichtsȬ punktenȱ auszulegen;ȱ zugleichȱ verweistȱ esȱ alsȱ „erstesȱ Buch“ȱ (vgl.ȱ Apgȱ 1,1)ȱ aufȱ dieȱ Apostelgeschichteȱ alsȱ dessenȱ Nachfolgerinȱ undȱ bildetȱ mitȱ ihrȱzusammenȱdasȱ„lukanischeȱDoppelwerk“.17ȱ SoȱbedarfȱesȱimȱKontextȱderȱvorliegendenȱFragestellungȱeinerȱumȬ fangreichenȱ Erhebungȱ desȱ Stellenwertesȱ vonȱ „Israel“ȱ beiȱ Lukasȱ überȬ haupt,ȱumȱeinzelneȱAussagenȱzurȱZukunftȱIsraelsȱangemessenȱinterpreȬ tierenȱ zuȱ können.ȱ Inȱ Anlehnungȱ anȱ dieȱ Methodikȱ narratologischȱ orientierterȱ Exegese,ȱ dieȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ zuȱ Rechtȱ alsȱ einȬ heitlichȱ konzipiertesȱ Gesamtwerkȱ synchronȱ auslegt,18ȱ werdenȱ wirȱ aufȱ durchgängigeȱ Linienȱ imȱ Erzählverlaufȱ zuȱ achtenȱ haben,ȱ dieȱ fürȱ dasȱ lukanischeȱIsraelbildȱvonȱzentralerȱBedeutungȱsind.ȱAnhandȱderȱUnterȬ suchungȱvonȱEinzelperikopen,ȱdieȱz.ȱT.ȱschonȱdurchȱdieȱobenstehendeȱ SynopseȱinȱdenȱBlickȱgeratenȱsindȱundȱsichȱaufgrundȱeinerȱliterarischenȱ Analyseȱ desȱ Gesamtwerkesȱ erhebenȱ lassen,ȱ istȱ soȱ einȱ Profilȱ desȱ DopȬ pelwerkȱbezüglichȱseinerȱBehandlungȱderȱSichtȱIsraelsȱzuȱerarbeiten.19ȱȱ DaȱLukasȱinȱseinemȱDoppelwerkȱkeineȱsystematischenȱReflexionenȱ zuȱEinzelthemenȱbietet,ȱsondernȱ„mitȱgroßemȱerzählerischemȱGeschickȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 15ȱȱ Vgl.ȱ Eisen,ȱ Poetik,ȱ 32:ȱ „Dieȱ Actaȱ Apostolorumȱ undȱ dasȱ Lukasevangeliumȱ […]ȱ maȬ chenȱzusammenȱ fastȱeinȱDrittelȱdesȱNeuenȱTestamentsȱaus.ȱSieȱsindȱumfangreicherȱ alsȱ dieȱ Paulusbriefeȱ undȱ dieȱ johanneischeȱ Literaturȱ zusammengenommen.ȱ Einȱ solȬ chesȱDoppelwerkȱhatȱkeineȱAnalogieȱinȱderȱLiteraturȱdesȱfrühenȱChristentums.“ȱ 16ȱȱ Wolter,ȱLk,ȱ16;ȱvgl.ȱdieȱausführlicheȱErläuterungȱderȱentsprechendenȱMethodenȱbeiȱ Finnern,ȱNarratologie,ȱ23–246;ȱaußerdemȱdieȱHinweiseȱz.B.ȱbeiȱEisen,ȱPoetik,ȱ13–31.ȱ 17ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.1.2;ȱzahlreicheȱStudienȱmitȱexemplarischenȱVorgehensweisenȱ liegenȱvor,ȱvgl.ȱetwaȱEisen,ȱPoetik;ȱWasserberg,ȱIsraelsȱMitte;ȱvgl.ȱdazuȱjedochȱauchȱ dieȱHinweiseȱbeiȱFinnern,ȱNarratologie,ȱ25f.ȱ 18ȱȱ Vgl.ȱbesondersȱTannehill,ȱNarrativeȱUnity;ȱVerheydenȱ(Hg.),ȱUnity.ȱ 19ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.1.3.ȱ

ȱ

1.2ȱ MethodischeȱHinweiseȱ

19ȱ

Theologieȱ erzählt“20,ȱ müssenȱ seineȱ Absichtenȱ undȱ Intentionenȱ jeweilsȱ imȱ Spiegelȱ dieserȱ Erzählungenȱ rekonstruiertȱ werden.ȱ Alsȱ Erzählerȱ bleibtȱderȱAutorȱselbstȱaußerhalbȱdesȱGeschehensȱundȱenthältȱsichȱexȬ pliziterȱKommentareȱoderȱunmittelbarerȱDeutungen.21ȱStattdessenȱlässtȱ erȱeherȱdieȱauftretendenȱPersonenȱdasȱGeschehenȱinterpretieren,ȱindemȱ erȱ ihnenȱ deutendeȱ Sätzeȱ bzw.ȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ umfangreicheȱ RedenȱinȱdenȱMundȱlegt.ȱEntsprechendȱistȱimȱLaufeȱdesȱWerkesȱaufȱdieȱ Redenȱ einzelnerȱ Personenȱ zuȱ achten,ȱ dieȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱthematisieren.ȱDabeiȱkannȱLukasȱinȱdenȱRedenȱderȱauftretendenȱ PersonenȱdeutlichereȱHinweiseȱgebenȱalsȱinȱderȱ–ȱgewissȱauchȱbewusstȱ komponiertenȱ–ȱErzählungȱeinzelnerȱBegebenheiten.ȱ Imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ istȱ dieȱ Erzählperspektiveȱ untrennbarȱ mitȱ einerȱ geschichtlichenȱ Dimensionȱ verknüpft.22ȱ Alsȱ „ersterȱ christliȬ cherȱ Historiker“23,ȱ wieȱ Lukasȱ gerneȱ bezeichnetȱ wird,ȱ istȱ erȱ vorȱ demȱ HintergrundȱantikerȱHistoriographieȱzuȱverstehenȱundȱdasȱElementȱdesȱ „fiktionalenȱErzählens“24ȱzuȱberücksichtigen.ȱNarrativeȱGeschichtstheoȬ rieȱ betontȱ dieȱ Fiktionalisierungȱ allesȱ historischenȱ Materialsȱ durchȱdesȬ senȱ narrativeȱ Ausformulierung.ȱ Geschichtsschreibungȱ undȱ Literaturȱ kommenȱ sichȱ sehrȱ nahe,ȱ insofernȱ jeglicheȱ Geschichtsschreibungȱ bzw.ȱ Aussageȱ überȱ Vergangenesȱ alsȱ eineȱ Konstruktionȱ desȱ Vergangenenȱ anzusehenȱist.ȱDabeiȱhandeltȱesȱsichȱjedochȱnichtȱumȱfreie,ȱsondernȱumȱ eineȱ angesichtsȱ desȱ Quellenmaterialsȱ überprüfbareȱ Konstruktion.ȱ Soȱ wenigȱdieȱGeschichtsschreibungȱdieȱEreignisseȱunmittelbarȱabbildet,ȱsoȱ wenigȱ istȱ sieȱ auchȱ eineȱ undurchdringlicheȱ Trennlinie.ȱ Insofernȱ kannȱ manȱ mitȱ Gerdȱ Häfnerȱ vonȱ „Rekonstruktion“ȱ reden,25ȱ dieȱ sichȱ durchȱ ihreȱaufȱQuellenȱbasierendeȱArgumentationȱvonȱeinerȱfreienȱKonstrukȬ tionȱ unterscheidet.ȱAntikeȱ Geschichtsschreibungȱ „entdecktȱ nichtȱeinenȱ objektivenȱZusammenhangȱderȱEreignisse,ȱsondernȱstelltȱihnȱmitȱnarraȬ tivenȱArtefaktenȱher“26.ȱȱ Entsprechendȱ istȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ zuȱ lesen:ȱ „Lukasȱ arȬ rangiertȱ sinnstiftendesȱ Herkunftswissen,ȱ führtȱ maßgeblichesȱ GrünȬ dungshandelnȱ vorȱ Augen“27;ȱ insofernȱ erȱ sichȱ „inȱ jenemȱ ImaginationsȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 20ȱȱ 21ȱȱ 22ȱȱ 23ȱȱ 24ȱȱ 25ȱȱ 26ȱȱ 27ȱȱ

Eisen,ȱPoetik,ȱ219.ȱ AndersȱetwaȱJohȱ2,11.21ȱu.ȱö.;ȱvgl.ȱauchȱMkȱ7,19.ȱ Vgl.ȱdazuȱSchröter,ȱLukasȱalsȱHistoriograph.ȱ Vgl.ȱ dazuȱ z.ȱ B.ȱ dieȱ ApgȬStudieȱ vonȱ D.ȱ Margueratȱ mitȱ demȱ entsprechendenȱ Titel:ȱ „Lukas,ȱderȱersteȱchristlicheȱHistoriker“.ȱ Vgl.ȱ Backhaus/Häfner,ȱ Historiographie,ȱ 67ff.;ȱ Marguerat,ȱ Lukas,ȱ 15–55;ȱ Schröter,ȱ LukasȱalsȱHistoriograph,ȱ247–250.ȱ Backhaus/Häfner,ȱHistoriographie,ȱ94f.ȱ Backhaus/Häfner,ȱHistoriographie,ȱ132.ȱ Ebd.ȱ

20ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

rahmen,ȱ derȱ derȱ Zunftȱ grundsätzlichȱ zugestandenȱ warȱ [bewegt]“28,ȱ erweistȱ erȱ sichȱ alsȱ exemplarischerȱ „Historiograph“29,ȱ derȱ zuȱ spätererȱ ZeitȱGeschichteȱausȱderȱPerspektiveȱaktuellerȱAnliegenȱ(reȬ)konstruiertȱ undȱdamitȱzuȱeinerȱ„kreative[n]ȱAneignungȱderȱVergangenheit“30ȱverȬ hilft.ȱDabeiȱistȱ„mitȱderȱbegrenzten,ȱderȱsinngeleiteten,ȱderȱkontrollierȬ tenȱ undȱ zumutbarenȱ Fiktion“31ȱ zuȱ rechnen.ȱ Mitȱ Knutȱ Backhausȱ kannȱ manȱ vielleichtȱ sagen,ȱ „dassȱ Lukasȱ dieȱ historischenȱ Sachverhalteȱ eherȱ beugt,ȱ fülltȱ undȱ neuȱ gruppiert,ȱ dassȱ erȱ ihnenȱ aufȱ dieȱ literarischenȱ Sprüngeȱ hilft,ȱ nichtȱ aber,ȱ dassȱ erȱ sieȱ imȱ Plotȱ vonȱ derȱ Wurzelȱ aufȱ konȬ struiert“32.ȱDieȱ„kontrollierteȱFiktion“ȱistȱfürȱLukasȱ–ȱwieȱfürȱdieȱHistoȬ riographieȱ desȱ erstenȱ Jahrhundertsȱ –ȱ bestimmend.ȱ Währendȱ erȱ z.ȱ B.ȱ Jesuslogienȱ wohlȱ rechtȱ zuverlässigȱ darstellt,33ȱ kannȱ besondersȱ inȱ theoȬ logischenȱGrundanliegenȱdieȱprägendeȱKraftȱdesȱLukasȱstärkerȱhervorȬ treten.34ȱDiesȱwirdȱauchȱunsereȱUntersuchungȱbestätigen.ȱWennȱLukasȱ auchȱdieȱfrühchristlicheȱGeschichteȱinȱeinerȱganzȱseinemȱAnliegenȱentȬ sprechendenȱFormȱdarstellt,ȱsoȱgeschiehtȱdiesȱdochȱstetsȱinȱeinemȱRahȬ men,ȱ wieȱ erȱ durchȱ denȱ tatsächlichenȱ Verlaufȱ nahegelegtȱ wirdȱ bzw.ȱ historischȱplausibelȱerscheint.35ȱInȱnichtsȱanderemȱbestehtȱseineȱAuffasȬ sungȱvomȱgeschichtlichȱsichȱrealisierendenȱHeilsplanȱGottes.ȱSoȱwenigȱ dieserȱimmerȱschonȱimȱVollzugȱdeutlichȱwerdenȱmuss,ȱsondernȱerstȱimȱ Rückblickȱverstehbarȱwird,ȱsoȱwenigȱvollziehtȱerȱsichȱjedochȱunabhänȬ gigȱoderȱgarȱimȱWiderspruchȱzuȱdenȱvorliegendenȱEreignissen.ȱ Lukasȱ erweistȱ sichȱ soȱ alsȱ einȱ Vertreterȱ „narrativerȱ Theologie“ȱ imȱ bestenȱ Sinneȱ desȱ Wortes.ȱ Weilȱ fürȱ ihnȱ Gottȱ inȱ denȱ historischenȱ GeȬ schichtsverläufenȱ handelt,ȱ istȱ Theologieȱ stetsȱ aufȱ dieȱ Geschichteȱ verȬ wiesenȱ undȱ kannȱ niemalsȱ „neben“ȱ demȱ historischenȱ Zusammenhangȱ alsȱetwasȱdavonȱUnterschiedenesȱgesehenȱwerden,ȱ„etwaȱinȱFormȱeinerȱ vomȱ Erzählverlaufȱ selbstȱ unabhängigenȱ Gotteslehre,ȱ Pneumatologie,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 28ȱȱ 29ȱȱ 30ȱȱ 31ȱȱ 32ȱȱ 33ȱȱ

Backhaus/Häfner,ȱHistoriographie,ȱ133.ȱ Vgl.ȱdazuȱSchröter,ȱLukasȱalsȱHistoriograph.ȱ Schröter,ȱLukasȱalsȱHistoriograph,ȱ248.ȱ Backhaus/Häfner,ȱHistoriographie,ȱ133.ȱ Backhaus/Häfner,ȱHistoriographie,ȱ39.ȱ Vgl.ȱ zurȱ Diskussionȱ umȱ dieȱ jesuanischenȱ Formulierungenȱ Jeremias,ȱ Sprache,ȱ 9:ȱ „Alles,ȱwasȱzumȱRahmenȱgehört,ȱinsbesondereȱdieȱEinȬȱundȱAusleitungenȱderȱPeriȬ kopen,ȱhatȱLukasȱtiefgreifendȱstilistischȱüberarbeitet.ȱUmȱsoȱeindrucksvollerȱistȱmirȱ imȱ Vergleichȱ damitȱ dieȱ Zurückhaltungȱ desȱ Lukasȱ mitȱ redaktionellenȱ Eingriffenȱ beiȱ WortenȱJesu.“ȱ 34ȱȱ Vgl.ȱBackhaus/Häfner,ȱHistoriographie,ȱ40.ȱ 35ȱȱ Zurȱ„Plausibilisierung“ȱhistorischerȱZusammenhängeȱbeiȱLukasȱvgl.ȱetwaȱdieȱPassiȬ onserzählungȱ (Lkȱ 22,7–20:ȱ Ausgestaltungȱ desȱ letztenȱ Mahlsȱ alsȱ Paschamahl;ȱ 22,66:ȱ Versammlungȱ desȱ Hohenȱ Ratesȱ erstȱ amȱ Morgen;ȱ 23,6–12:ȱ Verhörȱ vorȱ demȱ LandesȬ herrnȱHerodes).ȱ

ȱ

1.2ȱ MethodischeȱHinweiseȱ

21ȱ

Ekklesiologieȱusw.“36.ȱSieȱistȱnichtȱandersȱzuȱhaben,ȱalsȱebenȱimȱErzählȬ vorgangȱ selbst.ȱ Dasȱ hatȱ Auswirkungenȱ fürȱ beideȱ Seiten:ȱ Esȱ istȱ wederȱ eineȱ vomȱ Erzählvorgangȱ isolierteȱ Theologieȱ zuȱ erheben,ȱ nochȱ bietetȱ Lukasȱ breitȱ „ungedeutete“ȱ historischeȱ Fakten,ȱ dieȱ manȱ ausȱ seinemȱ Werkȱextrahierenȱkönnte.ȱDieȱErzählungȱbietetȱalsȱsolcheȱseineȱTheoloȬ gie.ȱDieȱApostelgeschichteȱistȱalsȱGründungswerkȱdesȱChristentumsȱzuȱ lesen,ȱinȱderȱ„dessenȱAnfängeȱvereinheitlicht,ȱteleologisiert,ȱsakralisiertȱ undȱtheologischȱgeprägtȱsind.“37ȱȱ DabeiȱistȱderȱBezugȱzuȱderȱvorȱdieserȱGründungȱliegendenȱEpocheȱ hochȱ zuȱ veranschlagen.ȱ Esȱ istȱ keineȱ Gründungȱ aufȱ Neuland,ȱ sondernȱ sieȱ entspringtȱ wesentlichȱ einerȱ schonȱ vorrangigenȱ Gründung,ȱ nämlichȱ demȱ Judentum,ȱ wasȱinȱ derȱ Redeȱ vonȱ derȱ „Herkunftsmemoria“ȱausgeȬ drücktȱwird.38ȱȱ KonkreteȱBeispieleȱfürȱdieseȱspezielleȱDarstellungsformȱbietenȱdieȱfürȱLuȬ kasȱ typischenȱ Harmonisierungenȱ undȱ vereinheitlichendenȱ ErzähltechniȬ ken:ȱVoranzeigen,ȱSummarien,ȱGeschichtsüberblickeȱinȱRedeform,ȱdieȱeineȱ verbindlicheȱ Vergangenheitȱ bisȱ inȱ dieȱ Gegenwartȱ ausziehen.ȱ Dieȱ GrundȬ einheitȱ istȱ freilichȱ Gottȱ selbstȱ bzw.ȱ seinȱ Heiligerȱ Geistȱ alsȱ Subjektȱ derȱ GeȬ schichte.ȱ Diskontinuitätenȱ habenȱ hierȱ wenigȱ Raum,ȱ wenngleichȱ esȱ auchȱ Lukasȱnichtȱganzȱgelingt,ȱalleȱSpannungenȱzuȱtilgen.ȱDieseȱWiderständigȬ keitenȱzeigen,ȱdassȱerȱbeiȱallerȱBemühungȱumȱeineȱrundeȱDarstellungȱdenȱ ihmȱ undȱ seinenȱ Lesernȱ bekanntenȱ Verlaufȱ derȱ Geschehnisseȱ keineswegsȱ außerȱAchtȱgelassenȱhatȱ–ȱgiltȱesȱdoch,ȱgeradeȱinȱschwerȱverständlichenȱErȬ eignissenȱ denȱ göttlichenȱ Planȱ zuȱ entdecken.ȱ Zuȱ diesenȱ herausforderndenȱ GeschehnissenȱgehörenȱfürȱLukasȱwohlȱvorȱallemȱderȱKreuzestodȱJesu,ȱdieȱ NichtannahmeȱderȱBotschaftȱdurchȱdieȱMehrheitȱIsraels,ȱdieȱZerstörungȱJeȬ rusalemsȱ undȱ dieȱ drohendeȱ Spaltungȱ derȱ Kircheȱ durchȱ dieȱ Spannungenȱ zwischenȱ JudenȬȱ undȱ Heidenchristen.ȱ Dieȱ Untersuchungȱ wirdȱ verfolgen,ȱ wieȱ esȱ Lukasȱ gelingt,ȱ geradeȱ anhandȱ derȱ widerständigenȱ Ereignisseȱ einȱ Bildȱ zuȱ entwerfen,ȱ dasȱ durchȱ Rezeptionȱ biblischerȱ Paradigmenȱ auchȱ dieȱ Zeitȱ derȱ Kircheȱ deutenȱ kann.ȱ Lukasȱ kannȱ dabeiȱ aufȱ Periodisierungenȱ derȱ Geschichteȱzurückgreifen,ȱdieȱschonȱjüdischerȱTraditionȱentstammen.39ȱDieȱ AnwendungȱsolcherȱSchemataȱaufȱdieȱGeschichteȱdesȱUrchristentumsȱundȱ derenȱ Verknüpfungȱ mitȱ denȱ Vorgabenȱ hellenistischerȱ GeschichtsschreiȬ bungȱ istȱ seineȱ Leistung,ȱ dieȱ dieseȱ Artȱ vonȱ Geschichtsdeutungȱ auchȱ denȱ ChristenȱallerȱZeitenȱinsȱStammbuchȱschreibt.ȱ

Dieȱ narrativeȱ Strukturȱ desȱ Doppelwerkesȱ bedingtȱ esȱ schließlich,ȱ dassȱ AussagenȱüberȱdieȱZukunft,ȱwieȱsieȱunsȱinteressieren,ȱnurȱunterȱbesonȬ derenȱ Bedingungenȱ formuliertȱ werdenȱ können,ȱ dieȱ sichȱ vorȱ allemȱ inȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 36ȱȱ 37ȱȱ 38ȱȱ 39ȱȱ

Backhaus/Häfner,ȱHistoriographie,ȱ42.ȱ Backhaus/Häfner,ȱHistoriographie,ȱ43.ȱ Vgl.ȱBackhaus/Häfner,ȱHistoriographie,ȱ43f.ȱ Vgl.ȱdazuȱinsbesondereȱJeska,ȱGeschichte.ȱ

22ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

prophetischenȱ Wortenȱ verschiedenerȱ auftretenderȱ Personenȱ konkretisieȬ ren.ȱVonȱseinerȱGrundausrichtungȱherȱerzähltȱdasȱWerkȱeineȱGeschichȬ teȱausȱderȱVergangenheit.ȱInsofernȱsieȱausȱeinemȱspezifischenȱInteresseȱ fürȱ dieȱ Gegenwartȱ verfasstȱ wurde,ȱ lässtȱ derȱ Autorȱ jedochȱ immerȱ wieȬ derȱAktualisierungenȱeinfließen,ȱwieȱesȱbereitsȱinȱdenȱProömienȱbeiderȱ BücherȱinȱprominenterȱWeiseȱgeschieht.ȱDochȱvorȱallemȱinȱdenȱRedenȱ öffnetȱderȱAutorȱ „Fenster“ȱinȱ dieȱ Zukunft,ȱdieȱ sichȱ soȱimȱ erzählendenȱ Stilȱ seinesȱ Werkesȱ sonstȱ nichtȱ unterbringenȱ ließen.ȱ Dieȱ Textanalyseȱ wirdȱdaherȱinsbesondereȱPassagenȱausȱdenȱwörtlichenȱReden,ȱdieȱgroȬ ßeȱTeileȱdesȱDoppelwerksȱausmachen,ȱbetreffen.ȱ

1.2.2ȱPaulus:ȱSituationsgebundeneȱBriefeȱundȱbiographischerȱIndexȱ FürȱdieȱUntersuchungȱdesȱRömerbriefsȱistȱvorȱallemȱderȱbiographischeȱ IndexȱpaulinischerȱTexteȱzuȱberücksichtigen.ȱGegenüberȱeinerȱExegese,ȱ dieȱversuchtȱhat,ȱdenȱBriefenȱdesȱApostelsȱeineȱsystematischeȱTheologieȱ zuȱentnehmen,ȱwirdȱinzwischenȱhäufigerȱdaraufȱhingewiesen,ȱdassȱdieȱ TheologieȱdesȱPaulusȱnichtȱunabhängigȱvonȱseinerȱExistenzȱzuȱversteȬ henȱist.ȱDieȱAusführungenȱinȱdenȱBriefenȱsindȱinȱfundamentalerȱWeiseȱ anȱ dieȱ eigenenȱ Erfahrungenȱ desȱ Apostels,ȱ beiȱ denenȱ dasȱ sog.ȱ „Damaskuserlebnis“ȱ eineȱ Schlüsselrolleȱ einnimmt,ȱ zurückgebunden:ȱ „Biographieȱ undȱ Theologieȱ bzw.ȱ Autobiographieȱ undȱ apostolischesȱ SelbstverständnisȱeinerseitsȱundȱChristologieȱandererseitsȱbildenȱeinenȱ gemeinsamenȱ Deutungshorizont.“40ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ beiȱ ihmȱ gewisserȬ maßenȱ umȱ eineȱ „biographischeȱ Theologie“,ȱ dieȱ stetsȱ erfahrungsgesätȬ tigtȱist.41ȱDasȱ„IneinanderȱvonȱBiographieȱundȱTheologie“42ȱwirdȱinsbeȬ sondereȱinȱdenȱTextenȱdeutlich,ȱdieȱdasȱVerhältnisȱdesȱPaulusȱzuȱIsraelȱ thematisieren.ȱ Diesȱ zeigtȱ schonȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ erȱ überhauptȱ Briefeȱ schreibt.ȱ Dennȱ„dieȱGestaltȱvonȱBriefenȱkannȱnichtȱjedeȱTheologieȱannehmen“43.ȱ SieȱhatȱdadurchȱeinenȱdialogischenȱCharakter,ȱdaȱjederȱBriefȱinȱstärkeȬ rerȱFormȱalsȱetwaȱdasȱBuchȱeinenȱbestimmtenȱAdressatenȱ(oderȱmehreȬ re)ȱ hatȱ undȱ daherȱkeineȱ Aussagenȱ trifft,ȱ dieȱ vonȱ dieserȱ KommunikatiȬ onssituationȱisoliertȱsind.ȱDamitȱsindȱauchȱdieȱIsraelȬKapitelȱdesȱPaulusȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 40ȱȱ Becker,ȱAutobiographisches,ȱ86;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱdies.,ȱPerson,ȱ111f.ȱ 41ȱȱ Dabeiȱ misstȱ erȱ seinerȱ eigenenȱ Biographieȱ keineswegsȱ exklusiveȱ Bedeutsamkeitȱ zu:ȱ „Seinȱ Interesseȱ giltȱ stetsȱ derȱ Gegenwartȱ undȱ seinenȱ Gemeinden,ȱ nichtȱ derȱ VerganȬ genheitȱundȱseinerȱeigenenȱPerson.ȱ[…]ȱErȱargumentiertȱlediglichȱmitȱseinerȱPerson“ȱ (Wischmeyer,ȱPaulusȱalsȱIchȬErzähler,ȱ104).ȱ 42ȱȱ Schnelle,ȱTheologie,ȱ326;ȱzuȱRömȱvgl.ȱauchȱ328–330.ȱ 43ȱȱ Weder,ȱHermeneutik,ȱ318.ȱ

ȱ

1.2ȱ MethodischeȱHinweiseȱ

23ȱ

keineȱsystematischeȱAbhandlung,ȱdieȱohneȱAnstoßȱvonȱErlebnissenȱdesȱ Paulusȱ entstandenȱ wäre,ȱ sondernȱ erwachsenȱ ausȱ mehrerenȱ biograȬ phischȱzuȱverankerndenȱDimensionen.ȱDieseȱsindȱzunächstȱdieȱVitaȱdesȱ Apostelsȱselbst,ȱseineȱjüdischeȱVerwurzelungȱwieȱseineȱBerufungȱzumȱ Heidenapostelȱ vorȱ Damaskus,ȱ weiterȱ seineȱ Erfahrungenȱ mitȱ seinemȱ eigenenȱ Volkȱ Israel,ȱ insofernȱ seinȱ Verhältnisȱ zurȱ Jerusalemerȱ UrgeȬ meindeȱ wieȱ zumȱ Judentumȱ insgesamtȱ vonȱ Spannungenȱ geprägtȱ sind,ȱ undȱschließlichȱdieȱunmittelbareȱSituationȱwährendȱderȱAbfassungȱdesȱ Römerbriefes,ȱ dieȱ ihnȱ dasȱ Israelthemaȱ nochȱ einmalȱ neuȱ –ȱ undȱ daherȱ selbstverständlichȱandersȱakzentuiertȱalsȱetwaȱimȱGalaterbriefȱ–ȱdurchȬ denkenȱlässt.44ȱ BeiȱallerȱEigenartȱderȱeinzelnenȱBriefeȱgibtȱesȱfreilichȱauchȱwichtigeȱ Grundlinien,ȱdieȱfürȱPaulusȱinsgesamtȱcharakteristischȱsind.ȱSieȱliegenȱ inȱ „einemȱ beharrlichȱ durchgehaltenenȱ Ansatzȱ theologischenȱ DenȬ kens“45,ȱ derȱ sichȱ grundlegendȱ ausȱ demȱ „Damaskuserlebnis“ȱ speist,46ȱ diesesȱaberȱaufȱdieȱ„Erfahrung,ȱwieȱsieȱdurchȱdasȱWirkenȱdesȱEvangeȬ liumsȱ aufȱ demȱ weltweitenȱ Missionsfeldȱ vonȱ denȱ Gemeindenȱ undȱ ihmȱ gemachtȱwird“47,ȱausweitet.ȱImmerȱgehtȱesȱumȱdieȱgeistgewirkteȱNeuȬ heit,ȱ dieȱ inȱ derȱ urchristlichenȱ Erfahrungȱ mitȱ demȱ Evangeliumȱ zusamȬ menhängt.ȱȱ Dieseȱ grundlegendeȱ Erfahrungsdimensionȱ paulinischerȱ Theologieȱ lässtȱsichȱanȱdenȱTextenȱderȱPaulusbriefeȱselbstȱablesen.ȱSchonȱimȱfrüȬ hestenȱ Briefȱ (1ȱ Thess)ȱ gehtȱ Paulusȱ vonȱ derȱ „Ursprungserfahrungȱ mitȱ demȱ Evangelium“48ȱ ausȱ undȱ fasstȱ inȱ denȱ erstenȱ dreiȱ Kapitelnȱ dieȱ zuȬ rückliegendenȱBegebenheitenȱzusammen,ȱdieȱdieȱjungeȱGemeindeȱundȱ ihrȱVerhältnisȱzumȱApostelȱgeprägtȱhabenȱ(1ȱThessȱ1–3),ȱumȱanschlieȬ ßendȱFolgerungenȱdarausȱzuȱziehenȱ(1ȱThessȱ4f.).ȱAuchȱdieȱKreuzestheȬ ologieȱimȱEingangsbereichȱdesȱ1.ȱKorintherbriefsȱlässtȱsichȱalsȱBeispielȱ anführen.ȱ Paulusȱ belässtȱ esȱ nichtȱ beimȱ einfachenȱ Rückgriffȱ aufȱ bereitsȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 44ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWick,ȱPaulus,ȱ62–64ȱ(„LebenȱundȱDenkenȱausȱderȱPraxisȱundȱfürȱdieȱPraȬ xisȱderȱGemeinden“).ȱ 45ȱȱ Becker,ȱPaulus,ȱ395.ȱ 46ȱȱ Vgl.ȱdazuȱz.ȱB.ȱWolter,ȱPaulus,ȱ23–30;ȱerȱentfaltetȱdasȱGeschehenȱvorȱDamaskusȱ(25:ȱ „einȱvisionäresȱErlebnis,ȱbeiȱdemȱerȱJesusȱsah“)ȱalsȱinȱspezifischemȱSinnȱverstandeneȱ „Bekehrung“ȱ undȱ „Berufung“ȱ gleichermaßen,ȱ dasȱ alsȱ „Paradigmenwechsel“ȱ (29)ȱ AuswirkungenȱaufȱalleȱBereicheȱdesȱpaulinischenȱDenkenȱhat;ȱvgl.ȱauchȱBecker,ȱPauȬ lus,ȱ 395:ȱ „Paulusȱ redetȱ ausȱ derȱ Erfahrungȱ seinerȱ Berufung“;ȱ Schnelle,ȱ Paulus,ȱ 92:ȱ „DieȱüberwältigendeȱErfahrungȱdesȱauferstandenenȱJesusȱChristusȱprägtȱvonȱnunȱanȱ umfassendȱdasȱLebenȱdesȱApostels,ȱohneȱaufȱtheologischeȱLehrsätzeȱreduziertȱwerȬ denȱ zuȱ können.ȱ […]ȱ Damaskusȱ istȱ eineȱ externeȱ Transzendenzerfahrung,ȱ dieȱ eineȱ neueȱIdentitätȱbegründet.“ȱVgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ4.1.2.ȱ 47ȱȱ Becker,ȱPaulus,ȱ395.ȱ 48ȱȱ Becker,ȱPaulus,ȱ396.ȱ

24ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

geprägteȱ christologischeȱ Formeln,ȱ sondernȱ verknüpftȱ dieȱ Bedeutungȱ desȱ Kreuzestodesȱ Jesuȱ unmittelbarȱ mitȱ derȱ Gemeindeerfahrungȱ (vgl.ȱ 1ȱKorȱ1,26;ȱ2,1–5).ȱAuchȱinȱ1ȱKorȱ15ȱmündetȱderȱBekenntnissatzȱvonȱderȱ Auferstehungȱ inȱ anthropologischeȱ Reflexionen.ȱ Ähnlichȱ beginntȱ schließlichȱ auchȱ derȱ Galaterbriefȱ mitȱ einemȱ umfangreichenȱ Rückblickȱ aufȱ dieȱ Ereignisseȱ imȱ Lebenȱ desȱ Paulusȱ selbstȱ (Galȱ 1f.),ȱ bevorȱ darausȱ dannȱweitereȱtheologischeȱOptionenȱentwickeltȱwerden.ȱNichtȱzufälligȱ beginntȱauchȱdieȱeigentlicheȱ„Argumentatio“ȱdesȱBriefesȱinȱGalȱ3,1–15ȱ mitȱeinemȱ„AppellȱanȱdieȱGeisterfahrungenȱderȱGalater“49.ȱȱ Alleȱ kerygmatischenȱ Formeln,ȱ dieȱ Paulusȱ inȱ seinenȱ Briefenȱ bietet,ȱ stehenȱ soȱ nichtȱ fürȱ sich,ȱ sondernȱ erhaltenȱ ihreȱ Relevanzȱ insgesamtȱ durchȱEntsprechungenȱmitȱderȱErfahrungȱderȱGemeinden.ȱDieserȱ„ErȬ fahrungsindex“ȱwirdȱauchȱimȱBlickȱaufȱdieȱIsraelfrageȱinȱRömȱ9–11ȱzuȱ berücksichtigenȱsein.ȱ

1.3ȱ PositionierungȱinȱderȱForschungslandschaftȱ Angesichtsȱ derȱ überfließendenȱ Literaturȱ zurȱ vorgestelltenȱ FragestelȬ lungȱerscheintȱesȱwenigȱhilfreich,ȱbisherigeȱArbeitenȱimȱRahmenȱeinerȱ „Forschungsgeschichte“ȱzuȱreferieren.ȱSinnvollȱaberȱistȱes,ȱaufȱgrundleȬ gendeȱ Positionenȱ einzugehen,ȱ dieȱ bezüglichȱ derȱ vorliegendenȱ FrageȬ stellungȱ entwickeltȱ wordenȱ sind.ȱ Soȱ werdenȱ dasȱ Umfeldȱ undȱ dieȱ DisȬ kussionslage,ȱ inȱ derȱ sichȱ dieȱ Arbeitȱ verortenȱ lässt,ȱ sichtbar.ȱ Dieȱ AuseinandersetzungȱmitȱeinzelnenȱThesenȱgeschiehtȱdannȱinȱdenȱAusȬ legungenȱderȱlukanischenȱTexteȱinȱKapitelȱ3.ȱEntsprechendȱderȱAufgaȬ benstellungȱ sindȱ zunächstȱ dieȱ Positionenȱ bezüglichȱ derȱ lukanischenȱ undȱ paulinischenȱ Sichtȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ anzusprechenȱ (1.3.1ȱ undȱ 1.3.2),ȱbevorȱaufȱdieȱSichtȱderȱForschungȱaufȱdasȱVerhältnisȱdieserȱbeiȬ denȱGrößenȱzueinanderȱeingegangenȱwirdȱ(1.3.3).ȱ

1.3.1ȱDieȱZukunftȱIsraelsȱinȱlukanischerȱSichtȱ Dieȱ bereitsȱ erwähnteȱ Einschätzungȱ vonȱ Udoȱ Schnelle,ȱ dassȱ „dasȱ VerȬ hältnisȱ zuȱ Israelȱ vielenȱ Exegetenȱ alsȱ dasȱ zentraleȱ Themaȱ lukanischerȱ Theologie“50ȱ erscheint,ȱ findetȱ ihreȱ Bestätigungȱ inȱ derȱ Vielzahlȱ derȱ seitȱ derȱ zweitenȱ Hälfteȱ desȱ 20.ȱ Jahrhundertsȱ erschienenenȱ Studienȱ zumȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 49ȱȱ Theobald,ȱGalaterbrief,ȱ347.ȱ 50ȱȱ Schnelle,ȱEinleitung,ȱ301.ȱ

ȱ

1.3ȱ PositionierungȱinȱderȱForschungslandschaftȱ

25ȱ

Thema.51ȱSieȱzeigen,ȱdassȱdieȱeingangsȱangesprocheneȱAmbivalenzȱdesȱ NeuenȱTestamentsȱgegenüberȱderȱGrößeȱ„Israel“ȱimȱlukanischenȱDopȬ pelwerkȱwieȱinȱeinemȱBrennglasȱsichtbarȱwird:ȱDasȱEvangeliumȱwieȱdieȱ Apostelgeschichteȱ führenȱ tiefȱ inȱ dasȱ Judentumȱ desȱ 1.ȱ Jahrhundertsȱ n.ȱ Chr.ȱ hinein,ȱ bietenȱ jedochȱ sowohlȱ äußerstȱ positiveȱ wieȱ auchȱ negativeȱ Aussagenȱ bezüglichȱ „derȱ Juden“ȱ bzw.ȱ desȱ „Judentums“.ȱ Dieseȱ stehenȱ imȱlukanischenȱDoppelwerkȱinȱderȱTatȱnebeneinander,ȱsoȱdassȱdieȱPosiȬ tionȱ desȱ Verfassersȱ „entwederȱ alsȱ ‚projüdisch‘ȱ oderȱ alsȱ ‚antijüdisch‘ȱ eingestuft“52ȱwird.ȱ EntsprechendȱwirdȱdieȱSichtȱdesȱLukasȱaufȱdasȱGeschickȱderȱnichtȱ anȱ Christusȱ glaubendenȱ Judenȱ kontroversȱ beurteilt.ȱ Denȱ Fluchtpunktȱ allerȱmitȱderȱThematikȱbefasstenȱUntersuchungenȱstelltȱdieȱSchlussszeȬ neȱ derȱ Apostelgeschichteȱ dar,ȱ inȱ derȱ Paulusȱ dieȱ römischenȱ Judenȱ inȱ seineȱWohnungȱlädtȱundȱdiesen,ȱnachdemȱsieȱuneinsȱwiederȱaufgebroȬ chenȱ sind,ȱ dasȱ bekannteȱ „Verstockungszitat“ȱ ausȱ Jesȱ 6ȱ hinterherruftȱ (Apgȱ 28,26f.).ȱ Diejenigenȱ Auslegungenȱ nun,ȱ dieȱ dieȱ negativenȱ Urteileȱ desȱLukasȱüberȱdieȱJudenȱbetonen,ȱvertretenȱ–ȱinȱverschiedenenȱModiȬ fikationenȱ–ȱdieȱAnsicht,ȱdassȱdieȱnichtȱanȱChristusȱglaubendenȱJudenȱ „endgültigȱverstocktȱundȱ‚verworfen‘“53ȱsind.ȱDabeiȱistȱvonȱnichtȱunerȬ heblicherȱBedeutung,ȱobȱnachȱderȱSzeneȱinȱApgȱ28ȱnochȱmitȱderȱBekehȬ rungȱeinzelnerȱJudenȱgerechnetȱwird54ȱoderȱnicht.ȱGemeinsamȱistȱdieserȱ Auslegungsrichtungȱ freilich,ȱ dassȱ Israelȱ alsȱ kollektiveȱ Größe,ȱ insofernȱ esȱChristusȱnichtȱnachfolgt,ȱseineȱPrivilegienȱundȱVerheißungenȱverloȬ renȱhat,ȱwelcheȱnachȱMeinungȱmancherȱAusleger55ȱnunȱaufȱdieȱChristenȱ übergegangenȱsind.ȱ Aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ stehenȱ dieȱ Positionen,ȱ nachȱ denenȱ „auchȱ nachȱlukanischerȱSichtȱGottesȱHeilsangebotȱinȱJesusȱChristusȱweiterhinȱ demȱ ganzenȱ Volkȱ Israelȱ giltȱ undȱ dieȱ Heilsperspektiveȱ fürȱ ‚Israel‘ȱ undȱ seineȱ Zukunftȱ keineswegsȱ beendetȱ ist“56.ȱ Zahlreicheȱ Exegetenȱ verweiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 51ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdenȱLiteraturberichtȱvonȱSchröter,ȱActaforschung;ȱaußerdemȱdieȱÜbersichtȱ beiȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ39–79.ȱ 52ȱȱ Neubrand,ȱ Israel,ȱ 40.ȱ Sieȱ verweistȱ fürȱ dieȱ ersteȱ Positionȱ vorȱ allemȱ aufȱ dieȱ Arbeitenȱ vonȱJ.ȱJervell,ȱfürȱdieȱzweiteȱaufȱdiejenigenȱvonȱJ.ȱT.ȱSanders.ȱ 53ȱȱ Neubrand,ȱ Israel,ȱ 41.ȱ Alsȱ exemplarischeȱ Vertreterȱ wäreȱ zuȱ verweisenȱ aufȱ Sanders,ȱ Jews;ȱJervell,ȱApg,ȱ628f.;ȱLohfink,ȱSammlung,ȱ62;ȱRese,ȱJews,ȱ199–201;ȱHaenchen,ȱJuȬ dentum,ȱ338–374.ȱ 54ȱȱ DieseȱVermutungȱistȱauchȱdannȱnochȱverbreitet,ȱwennȱeinȱEndeȱderȱsystematischenȱ Judenmissionȱfestgehaltenȱwird;ȱvgl.ȱz.ȱB.ȱConzelmann,ȱMitteȱderȱZeit5,ȱ152;ȱEltester,ȱ Israel,ȱ124f.;ȱGnilka,ȱVerstockung,ȱ143.149;ȱSchneider,ȱApgȱII,ȱ419.ȱ 55ȱȱ Einȱ aussagekräftigesȱ Beispielȱ dafürȱ istȱ dieȱ Biblischeȱ Theologieȱ vonȱ H.ȱ Hübner,ȱ derȱ hierȱeineȱklareȱ„Substitution“ȱIsraelsȱdurchȱdieȱKircheȱsiehtȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱHübner,ȱTheoȬ logieȱIII,ȱ138);ȱvgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ3.10.ȱ 56ȱȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ42.ȱ

26ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

senȱ darauf,ȱ dassȱ dieȱ Verstockungȱ Israelsȱ keineswegsȱ endgültigȱ seinȱ müsse.57ȱ Greifbarȱ wirdȱ dieseȱ Auslegungȱfürȱ vieleȱ inȱ derȱ explizitenȱBeȬ zugnahmeȱ aufȱ dieȱ Indikativformulierungȱ Ύ΅Ϡȱ ϢΣΗΓΐ΅΍ȱ ΅ЁΘΓϾΖȱ (Apgȱ 28,27)ȱ amȱ Endeȱ derȱ Schlussszeneȱ alsȱ Indizȱ einerȱ positivenȱ Wendung,ȱ insofernȱ sieȱ dieȱ „eineȱ klareȱ Zukunftsperspektiveȱ fürȱ dasȱ gesamteȱ GotȬ tesvolkȱIsraelȱ–ȱundȱnichtȱnurȱfürȱEinzelne,ȱdieȱsichȱ‚individuell‘ȱbekehȬ renȱ–ȱaufzeigt“58.ȱ LetztlichȱlassenȱsichȱdieȱzahlreichenȱÄußerungenȱ–ȱunbeschadetȱderȱ diversen,ȱ inȱ zahlreichenȱ Detailsȱ voneinanderȱ unterschiedenenȱ HeranȬ gehensweisenȱ –ȱ aufȱ dieseȱ beidenȱ Grundoptionenȱ inȱ derȱ „Israelfrage“ȱ zurückführen.ȱDieȱhierȱvorgelegteȱUntersuchungȱschließtȱsichȱderȱzweiȬ tenȱ Optionȱ an,ȱ wieȱ dieȱ bereitsȱ vorgestellteȱ These59ȱ erkennenȱ lässt.ȱ Nachdemȱ esȱ scheint,ȱ alsȱ wäreȱ alleinȱ ausȱ einerȱ Beschäftigungȱ mitȱ denȱ beidenȱ Büchernȱ desȱ Doppelwerksȱ dieȱ Frageȱ nichtȱ zuȱ entscheiden,60ȱ versuchtȱ sieȱ diesȱ imȱ Rückgriffȱ aufȱ biblischeȱ Geschichtsbilderȱ zuȱ beȬ gründen.ȱ

1.3.2ȱDieȱZukunftȱIsraelsȱinȱderȱSichtȱdesȱPaulusȱ FürȱdieȱForschungȱzuȱPaulusȱundȱseinerȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱergibtȱ sichȱeinȱetwasȱandersȱgelagertesȱBild.ȱParallelȱzurȱForschungȱamȱlukaȬ nischenȱ Werkȱ wirdȱ manȱ hierȱ jedochȱ auchȱ einȱ neuerlichesȱ Interesseȱ anȱ derȱ Israelthematikȱ beiȱ Paulusȱ feststellenȱ können,ȱ insofernȱ dieȱ jüdischeȱ Verwurzelungȱ desȱ Paulusȱ inȱ denȱ letztenȱ Jahrenȱ wiederȱ neuȱ entdecktȱ wurde.ȱ Dieȱ Diskussionȱ umȱ dieȱ „Newȱ Perspectiveȱ onȱ Paul“61ȱ hatȱ beȬ wirkt,ȱ dassȱ manȱ „seineȱ jüdischeȱ Existenz“ȱ alsȱ denȱ „Grund,ȱ aufȱ denȱ auchȱ dasȱ Denkenȱ desȱ Apostelsȱ bleibendȱ bezogenȱ ist“62,ȱ neuȱ inȱ RechȬ nungȱstellt.ȱ Inȱ derȱ konkretenȱ Auslegungȱ derȱ Briefeȱ istȱ manȱ sichȱ auchȱ vorȱ dieȬ semȱHintergrundȱüberwiegendȱeinig,ȱdassȱsichȱderȱSpitzensatzȱinȱRömȱ 11,26ȱ vonȱ derȱ „Rettungȱ ganzȱ Israels“ȱ durchausȱ aufȱ dieȱ Größeȱ „Israel“ȱ imȱ Unterschiedȱ zurȱ christlichenȱ Kircheȱ beziehtȱ undȱ damitȱ eineȱ HeilsȬ perspektiveȱfürȱdasȱjüdischeȱVolkȱformuliertȱist,ȱdochȱsindȱdieȱweiterenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 57ȱȱ Vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Haacker,ȱ Bekenntnis;ȱ Marguerat,ȱ Judenȱ undȱ Christen;ȱ Karrer,ȱ VerstoȬ ckungsmotiv;ȱDeutschmann,ȱSynagoge,ȱ200–213.257–260;ȱNeubrand,ȱIsraelȱ42.ȱ 58ȱȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ42;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱdieȱAuslegungȱuntenȱKap.ȱ3.10.ȱ 59ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱdieȱHinführung,ȱPunktȱ1.ȱ 60ȱȱ J.ȱ Schröterȱ hatȱ daherȱ z.ȱ B.ȱ versucht,ȱ anhandȱ christologischerȱ Überlegungenȱ einerȱ belastbarenȱAntwortȱnäherȱzuȱkommen,ȱvgl.ȱSchröter,ȱHeil,ȱ250–267.ȱ 61ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ4.1.1.1.ȱ 62ȱȱ Frey,ȱJudentum,ȱ5.ȱ

ȱ

1.3ȱ PositionierungȱinȱderȱForschungslandschaftȱ

27ȱ

Elementeȱ dieserȱ Vorstellungȱ umstritten.ȱ Anfragenȱ bezüglichȱ derȱ KonȬ sistenzȱpaulinischerȱAuffassungenȱüberhauptȱbzw.ȱimȱBlickȱaufȱsachliȬ cheȱ Spannungenȱ derȱ IsraelȬKapitelȱ desȱ Römerbriefes63ȱ sowieȱ derȱ HinȬ weisȱaufȱkonkurrierendeȱAussagenȱinȱanderenȱPaulusbriefen64ȱkonntenȱ denȱbesonderenȱStellenwertȱderȱVerseȱalsȱrichtungweisendȱfürȱdieȱpauȬ linischeȱ Sichtȱ derȱ Israelfrageȱ inȱ seinemȱ letztenȱ großenȱ Brief65ȱ jedochȱ nichtȱgrundsätzlichȱrelativieren.ȱSoȱdrehtȱsichȱdieȱDiskussionȱvorȱallemȱ umȱdieȱFrage,ȱwieȱsichȱPaulusȱdieȱRettungȱIsraelsȱgenauȱvorstellt.ȱ Eineȱ spezifischeȱ Auslegungȱ findetȱ sichȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ inȱderȱHypotheseȱvomȱ„Sonderweg“ȱIsraels,66ȱdieȱimȱTextȱeineȱRettungȱ IsraelsȱinȱZusammenhangȱmitȱderȱParusieȱChristiȱundȱ„aufȱeinemȱWegȱ abseitsȱderȱEvangeliumsverkündigungȱderȱKirche“67ȱangekündigtȱsieht.ȱ InsofernȱsieȱdieȱRettungȱIsraelsȱzwarȱnichtȱvonȱChristus,ȱaberȱdochȱvomȱ Glaubenswegȱ derȱ christlichenȱ Kircheȱ absetzt,ȱ hatȱ sieȱ Widerspruchȱ erȬ fahren.68ȱ

1.3.3ȱZumȱVerhältnisȱvonȱlukanischerȱundȱpaulinischerȱKonzeptionȱ DassȱesȱauffälligeȱGemeinsamkeitenȱimȱBlickȱaufȱdasȱIsraelthemaȱzwiȬ schenȱLukasȱundȱPaulusȱgibt,ȱistȱeinȱKonsensȱderȱForschung.ȱEineȱgeȬ nauereȱ Bestimmungȱ diesesȱ Befundesȱ wirdȱ jedochȱ kaumȱ gegeben.ȱ Wieȱ obenȱdargelegtȱwurde,ȱkannȱmanȱjedochȱgrundsätzlichȱfesthalten,ȱdassȱ sichȱ fürȱ Paulusȱ dieȱ Auffassung,ȱ nachȱ derȱ amȱ Endeȱ vonȱ Römȱ 11ȱ eineȱ deutlicheȱHeilsperspektiveȱfürȱIsraelȱausgesprochenȱwird,ȱmehrheitlichȱ durchgesetztȱ hat,69ȱ währendȱ dieȱ Forschungȱ beiȱ Lukasȱ undȱ seinemȱ Doppelwerkȱeherȱskeptischȱbleibt,ȱwenngleichȱsichȱzuletztȱdieȱStimmenȱ gemehrtȱ haben,ȱ dieȱ einerȱ hoffnungsvollenȱ Deutungȱ derȱ Schlussszeneȱ derȱApostelgeschichteȱdenȱVorzugȱgeben.70ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 63ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱMüller,ȱLastȱkanonischerȱErinnerung,ȱderȱ„dreiȱvölligȱdivergierendeȱAntȬ worten“ȱ(245)ȱbezüglichȱderȱIsraelthematikȱattestiert.ȱ 64ȱȱ Vgl.ȱdazuȱbesondersȱ1ȱThessȱ2,14ȱundȱGalȱ4,21–31.ȱ 65ȱȱ AufgrundȱdesȱschonȱbesprochenenȱBedeutungȱvonȱBiographieȱundȱErfahrungȱwirdȱ manȱ geradeȱ fürȱ Paulusȱ eineȱ „Entwicklung“ȱ seinerȱ einzelnenȱ Ansichtenȱ nichtȱ ausȬ schließen;ȱ dasȱ inȱ Römȱ 11ȱ vorgestellteȱ „Mysterium“ȱ mussȱ daherȱ keineswegsȱ auchȱ schonȱimȱHintergrundȱderȱfrüherenȱBriefeȱstehen.ȱȱ 66ȱȱ SieheȱdazuȱausführlichȱKeller,ȱGottesȱTreue.ȱ 67ȱȱ Theobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ278.ȱ 68ȱȱ Vgl.ȱnurȱFitzmyer,ȱRöm,ȱ620;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ4.2.4.8.ȱ 69ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdenȱForschungsüberblickȱbeiȱTheobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ276–282.ȱ 70ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ1.3.1.ȱ

28ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

DieseȱneueȱSichtȱhängtȱauchȱdamitȱzusammen,ȱdassȱeineȱlangeȱPhaȬ se,ȱinȱderȱdieȱdeutschsprachigeȱExegeseȱeinenȱGrabenȱzwischenȱLukasȱ undȱPaulusȱzuȱentdeckenȱmeinteȱundȱdieȱlukanischenȱSchriftenȱalsȱweitȱ vonȱPaulusȱentferntȱansah,ȱsichȱdemȱEndeȱzuneigt.ȱ KlassischȱistȱinȱdiesemȱZusammenhangȱdieȱ„Verteidigung“ȱdesȱLuȬ kasȱdurchȱWernerȱGeorgȱKümmelȱgegenȱdieȱ„Anklageȱinȱderȱheutigenȱ Theologie“ȱ ausȱ demȱ Jahrȱ 1982ȱ geworden.71ȱ Nachȱ demȱ Abflauenȱ vonȱ Kampfbegriffenȱ wieȱ „Frühkatholizismus“ȱ undȱ „Parusieverzögerung“,ȱ mitȱ denenȱ Lukasȱ eineȱ Entfernungȱ vonȱ derȱ Theologieȱ desȱ Paulusȱ vorȬ geworfenȱ wurdeȱ –ȱ mitȱ ihrȱ wurdeȱ dasȱ Doppelwerk,ȱ wohlȱ wegenȱ derȱ wichtigenȱ Rolle,ȱ dieȱ dieȱ Gestaltȱ desȱ Paulusȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ spielt,ȱstetsȱverglichenȱ–,72ȱistȱderȱdritteȱEvangelistȱinȱderȱdeutschspraȬ chigenȱForschung73ȱinzwischenȱweitgehendȱrehabilitiertȱundȱkannȱsichȱ wiederȱ unvoreingenommenȱ etwaȱ anȱ denȱ Forschungenȱ zurȱ „Receptionȱ ofȱ Paulinismȱ inȱ Acts“74ȱ beteiligen,ȱ dieȱ inȱ differenzierterȱ Weiseȱ VerbinȬ dungenȱundȱTransformationenȱaufzeigen.ȱ Seitȱ demȱ Literaturberichtȱ vonȱ Eckhardȱ Plümacherȱ ausȱ demȱ Jahrȱ 1983,ȱderȱaufȱdenȱGedankenȱderȱ„KontinuitätȱmitȱderȱVergangenheit“75ȱ aufmerksamȱ machte,ȱ wurdenȱ „dieȱ Begriffeȱ ‚Kontinuität‘,ȱ Legitimitätȱ undȱ Identität“76ȱ richtungweisendȱ fürȱ dieȱ Auslegungȱ desȱ lukanischenȱ Doppelwerks.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ entwickelteȱ sichȱ auchȱ dieȱ Diskussionȱ umȱ dieȱ Frageȱ nachȱ demȱ Verhältnisȱ derȱ Kircheȱ zuȱ Israelȱ bzw.ȱzumȱJudentumȱinȱderȱSichtȱdesȱLukas.ȱMehrereȱStudienȱnahmenȱ sichȱ desȱ Themasȱ vonȱ verschiedenenȱ Seitenȱ an.ȱ Soȱ behandeltenȱ z.ȱ B.ȱ DietrichȱRusam,ȱJoachimȱJeskaȱundȱHeinerȱGanserȬKerperinȱdieȱRezepȬ tionȱ derȱ Schriftȱ bzw.ȱ dieȱ Institutionenȱ Israelsȱ imȱ Doppelwerk,ȱ Antonȱ Deutschmannȱ undȱ Günterȱ Wasserbergȱ unterzogenȱ dasȱ Verhältnisȱ desȱ LukasȱzuȱIsraelȱeinerȱNeubewertung,ȱundȱMariaȱNeubrandȱweiteteȱdenȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 71ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Kümmel,ȱ Lukasȱ inȱ derȱ Anklage,ȱ 420–433,ȱ derȱ dieȱ Kritikpunkteȱ zunächstȱ darstelltȱundȱanschließendȱüberzeugendȱwiderlegtȱbzw.ȱrelativiert.ȱ 72ȱȱ Vgl.ȱdazuȱz.ȱB.ȱVielhauer,ȱPaulinismus;ȱW.G.ȱKümmelȱmahntȱdaherȱdazu,ȱdieȱlukaȬ nischenȱ Texteȱ „inȱ ihrerȱ Eigenständigkeitȱ geltenȱ zuȱ lassen“ȱ (Kümmel,ȱ Lukasȱ inȱ derȱ Anklage,ȱ425).ȱ 73ȱȱ DerȱenglischeȱSprachraumȱhatȱdieseȱLukasȬKritikȱinȱderȱFormȱniemalsȱübernommen,ȱ vgl.ȱdazuȱSchröter,ȱPaulusȱalsȱModell,ȱ53–80.ȱ 74ȱȱ Soȱ derȱ Titelȱ desȱ vonȱ D.ȱ Margueratȱ herausgegebenenȱ Sammelbandesȱ ausȱ demȱ Jahrȱ 2009.ȱ 75ȱȱ Plümacher,ȱActaȬForschung,ȱ45f.ȱ 76ȱȱ Schröter,ȱHeil,ȱ247.ȱ

ȱ

1.3ȱ PositionierungȱinȱderȱForschungslandschaftȱ

29ȱ

Blickȱ aufȱ dieȱ „nichtjüdischeȱ Christusanhängerschaft“77,ȱ derenȱ Statusȱ vonȱLukasȱbesondersȱreflektiertȱwird.78ȱ Eineȱ Neuorientierungȱ ausȱ demȱ historischenȱ Bereichȱ lässtȱ sichȱ hierȱ anȬ schließen.ȱSoȱzeigenȱdieȱjüngstenȱdeutschsprachigenȱKommentareȱzumȱLuȬ kasevangelium,ȱdassȱgegenwärtigȱdieȱaltkirchlicheȱTradition,ȱnachȱderȱdasȱ Doppelwerkȱ vomȱ Paulusbegleiterȱ Lukasȱ verfasstȱ sei,ȱ wiederȱ anȱ Zutrauenȱ gewinnt.ȱWennȱWilfriedȱEckeyȱinȱseinemȱKommentarȱvonȱ2004ȱmeint,ȱdassȱ esȱ„allesȱinȱallemȱgenugȱArgumenteȱ[gibt],ȱbeiȱderȱfrühchristlichenȱTraditiȬ on,ȱ dassȱ derȱ zeitweiligeȱ Paulusbegleiterȱ undȱ Arztȱ Lukasȱ dasȱ Evangeliumȱ undȱdieȱApostelgeschichteȱverfasstȱhat,ȱzuȱbleiben“79,ȱbefindetȱerȱsichȱkeiȬ neswegsȱ inȱ einerȱ Außenseiterstellung.80ȱ Entsprechendȱ werdenȱ dieȱ GegenȬ stimmenȱzurückhaltenderȱvorgetragen,ȱalsȱdiesȱfrüherȱgelegentlichȱderȱFallȱ war.ȱHervorgehobenȱwirdȱheuteȱvonȱvielenȱderȱStatusȱdesȱLukasȱalsȱ„GotȬ tesfürchtiger“81,ȱ derȱ sichȱ auchȱ fürȱ unsereȱ Untersuchungȱ alsȱ fruchtbarȱ erȬ weisenȱ wird,ȱ ohneȱ dassȱ dieseȱ Zuordnungȱ freilichȱ eineȱ Identifizierungȱ mitȱ demȱPaulusbegleiterȱLukasȱbedeutenȱmuss.82ȱ

Durchȱ dieȱ kritischeȱ Hinterfragungȱ derȱ radikalenȱ Skepsisȱ gegenüberȱ Lukasȱ änderteȱ sichȱ auchȱ derȱ Blickȱ aufȱ dasȱ Verhältnisȱ zwischenȱ Lukasȱ undȱ Paulus.ȱ Schonȱ 1974ȱ (inȱ derȱ Überarbeitungȱ einesȱ bereitsȱ 1966ȱ erȬ schienenȱ Aufsatzes)ȱ stellteȱ Ulrichȱ Wilckensȱ gegenȱ dieȱ damalsȱ nochȱ verbreiteteȱ Auffassungȱ vonȱ Lukasȱ undȱ Paulusȱ alsȱ „gegensätzlichenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 77ȱȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ11ȱu.ȱö.ȱ 78ȱȱ Vgl.ȱRusam,ȱDasȱAlteȱTestamentȱbeiȱLukas;ȱJeska,ȱGeschichte;ȱGanserȬKerperin,ȱDasȱ Zeugnisȱ desȱ Tempels;ȱ Deutschmann,ȱ Synagoge;ȱ Wasserberg,ȱ Israelsȱ Mitte;ȱ NeuȬ brand,ȱIsrael.ȱ 79ȱȱ Eckey,ȱLkȱI,ȱ49.ȱ 80ȱȱ AuchȱJervell,ȱApg,ȱ79–86ȱvertrittȱdieseȱAuffassung;ȱvgl.ȱaußerdemȱdieȱArbeitenȱz.ȱB.ȱ vonȱM.ȱHengelȱundȱA.ȱM.ȱSchwemer.ȱ 81ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.11.6.ȱ 82ȱȱ MitȱderȱneuenȱSichtȱverschiebtȱsichȱauchȱdieȱvermuteteȱAbfassungszeitȱdesȱDoppelȬ werksȱ wiederȱ deutlichȱ insȱ 1.ȱ Jh.ȱ undȱ damitȱ inȱ eineȱ frühereȱ Epoche,ȱ alsȱ sieȱ bisȱ vorȱ wenigenȱJahrenȱ–ȱimȱRahmenȱderȱSpätdatierungȱinȱderȱTraditionȱvonȱR.ȱBultmann,ȱ E.ȱHaenchenȱundȱH.ȱConzelmannȱ–ȱverbreitetȱangenommenȱwurde.ȱEineȱEntstehungȱ beiderȱSchriftenȱinȱdenȱ70erȱundȱ80erȱJahrenȱdesȱ1.ȱJh.sȱerscheintȱdurchausȱplausibel;ȱ vgl.ȱ dieȱ Beobachtungenȱ zumȱ historischenȱ Kontextȱ desȱ Doppelwerkesȱ beiȱ Hengel,ȱ Vierȱ Evangelien,ȱ 320–350.ȱ Versuche,ȱ dasȱ Doppelwerkȱ nochȱ vorȱ demȱ neuralgischenȱ DatumȱdesȱJahresȱ70ȱn.ȱChr.ȱanzusetzen,ȱkönnenȱnichtȱüberzeugen,ȱvgl.ȱetwaȱMittelȬ staedt,ȱLukasȱalsȱHistoriker,ȱderȱdieȱApgȱnochȱvorȱderȱneronischenȱVerfolgungȱ64ȱn.ȱ Chr.,ȱvermutlichȱ„nichtȱallzuȱlangeȱnachȱProzessendeȱ[sc.ȱdesȱProzessesȱgegenȱPauȬ lus],ȱalsoȱimȱLaufȱdesȱJahresȱ62“ȱ(255)ȱalsȱabgeschlossenȱansieht,ȱwährendȱdasȱMateȬ rialȱ fürȱ dasȱ Evangeliumȱ „amȱ ehestenȱ 57–59ȱ inȱ Caesareaȱ gesammeltȱ worden“ȱ (254)ȱ sei.ȱAuchȱunsereȱUntersuchungȱwirdȱ–ȱwieȱvieleȱandereȱvorȱihrȱ–ȱerweisen,ȱdassȱdieȬ seȱ Datierungȱ inȱ dieȱ Irreȱ führt.ȱ Jervell,ȱ Apg,ȱ 86,ȱ datiertȱ dasȱ Evangeliumȱ „umȱ oderȱ kurzȱnachȱ70“,ȱdieȱApgȱinȱdenȱ„Zeitraumȱ80–90“.ȱ

30ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

Polen“83ȱ eineȱ „grundsätzlicheȱ Übereinstimmung“84ȱ beiderȱ Autorenȱ inȱ derȱ beidenȱ gemeinsamenȱ Benutzungȱ einesȱ „heilsgeschichtliche[n]ȱ Rahmen[s]“85ȱ festȱ –ȱ gegenȱ dieȱ langeȱ vorherrschendeȱ existentialeȱ InterȬ pretationȱ paulinischerȱ Theologieȱ –,ȱ derȱ fürȱ dieȱ Interpretationȱ beiderȱ Theologenȱ eineȱ hoheȱ Bedeutungȱ habe,ȱ daȱ sieȱ „inȱ demȱ alttestamentliȬ chenȱGlauben,ȱnachȱdemȱGottȱseinȱHeilȱinȱgeschichtlichenȱEreignissenȱ realisiert“86,ȱ übereinstimmten.ȱ Imȱ selbenȱ Jahrȱ erwähnteȱ auchȱ Paulȱ Zinggȱ inȱ seinerȱ Dissertationȱ lukanischȬpaulinischeȱ Parallelenȱ imȱ Blickȱ aufȱIsraelȱundȱwiesȱimȱBlickȱaufȱdasȱSignalwortȱΔΕЗΘΓΑȱ insbesondereȱ aufȱ dieȱ beidenȱ gemeinsameȱ „heilsgeschichtlicheȱ Vorrangstellungȱ derȱ JudenȱbeiȱderȱEvangeliumsverkündigung“87ȱhin.88ȱ Karlȱ Löning,ȱ derȱ sichȱ 1981ȱ inȱ einemȱ Aufsatzȱ aufȱ Zinggȱ bezog,ȱ beȬ tonteȱbeiȱderȱErwähnungȱderȱGemeinsamkeitenȱüberȱZinggȱhinausȱdasȱ Motivȱ derȱ Eifersucht.89ȱ Mitȱ demȱ Hinweisȱ aufȱ Unterschiedeȱ meinteȱ er,ȱ dassȱ Lukasȱ „dieȱ Eifersuchtȱ alsȱ Verstockungsmechanismusȱ ansieht,ȱ währendȱ sieȱ nachȱ Paulusȱ eineȱ derȱ schließlichenȱ Rettungȱ GanzȬIsraelsȱ dienendeȱProvokationȱistȱ(Römȱ11,26).ȱDaßȱdieȱVerstockungȱeinesȱTeilsȱ derȱJudenȱeinȱheilsgeschichtlichesȱInterimȱzurȱRettungȱderȱHeidenȱdarȬ stellt,ȱ wirdȱ beiȱ Lukasȱ […]ȱ prinzipiellȱ aufgegeben.“90ȱ Imȱ Anschlussȱ daȬ ranȱ stellteȱ Michaelȱ Wolterȱ 1997ȱ ebenfallsȱ Gemeinsamkeitenȱ wieȱ etwaȱ dasȱ Motivȱ derȱ Verstockungȱ fest,ȱ verwiesȱ jedochȱ aufȱ eineȱ „qualitativeȱ Differenz“ȱ aufgrundȱ derȱ historischȱ ganzȱ unterschiedlichenȱ Standorteȱ vonȱLukasȱundȱPaulus,ȱwodurchȱeinȱVergleichȱderȱjeweiligenȱAussagenȱ zurȱZukunftȱIsraelsȱfaktischȱunmöglichȱwerde.91ȱ InȱeinemȱAufsatzȱvonȱ2009ȱmachteȱJensȱSchröterȱschließlichȱaufȱdieȱ neuenȱAkzenteȱderȱPaulusforschungȱimȱBlickȱaufȱdieȱApostelgeschichteȱ bzw.ȱ aufȱ dasȱ lukanischeȱ Paulusbildȱ aufmerksam.92ȱ Erȱ betonteȱ nochȱ einmal,ȱdassȱdieȱsichȱimȱdeutschenȱSprachraumȱdurchschlagendeȱTheseȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 83ȱȱ 84ȱȱ 85ȱȱ 86ȱȱ 87ȱȱ 88ȱȱ

89ȱȱ 90ȱȱ

91ȱȱ 92ȱȱ

Wilckens,ȱRechtfertigung,ȱ10.ȱ Wilckens,ȱLukasȱundȱPaulus,ȱ199.ȱ Ebd.ȱ Wilckens,ȱLukasȱundȱPaulus,ȱ202.ȱ Zingg,ȱDasȱWachsenȱderȱKirche,ȱ247.ȱ Vgl.ȱ dazuȱ obenȱ dieȱ Synopse.ȱ Dieȱ spezifischeȱ Bedeutungȱ desȱ ΔΕЗΘΓΑȱ istȱ freilichȱ schonȱ seitȱ frühesterȱ Zeitȱ erkanntȱ worden;ȱ bereitsȱ Marcionȱ hatȱ dasȱ Signalwortȱ ausȱ Römȱ 1,16ȱ gestrichen,ȱ daȱ erȱ diesesȱ Privilegȱ Israelsȱ nichtȱ hinnehmenȱ konnteȱ (vgl.ȱ Fitzmyer,ȱRöm,ȱ257).ȱ Römȱ10,19;ȱ11,11.14ȱsowieȱApgȱ13,45;ȱ17,5;ȱvgl.ȱauchȱ1ȱThessȱ2,16ȱundȱApgȱ22,22f.ȱ Löning,ȱ Paulinismus,ȱ 219ȱ Anm.ȱ 44.ȱ Dasȱ Verstockungsmotivȱ selbst,ȱ dasȱ inȱ derȱ Apgȱ klarȱ mitȱ Paulusȱ verknüpftȱ ist,ȱ hatȱ Lukasȱ nachȱ Löningȱ überȱ paulinischeȱ Traditionenȱ empfangen.ȱ Vgl.ȱWolter,ȱIsraelsȱZukunft,ȱbes.ȱ418f.ȱ Vgl.ȱSchröter,ȱPaulusȱalsȱModell,ȱ53–80.ȱ

ȱ

1.3ȱ PositionierungȱinȱderȱForschungslandschaftȱ

31ȱ

vonȱ unüberbrückbarenȱ Differenzenȱ beiderȱ Autoren,ȱ ausgehendȱ vonȱ PhilippȱVielhauerȱundȱanderen,ȱimȱangelsächsischenȱRaumȱnieȱdurchȬ schlagendȱ wurde,ȱ währendȱ inzwischenȱ auchȱ inȱ Deutschlandȱ wiederȱ eineȱ größereȱ theologischeȱ aberȱ auchȱ historischeȱ Näheȱ zwischenȱ Lukasȱ undȱ Paulusȱ festgestelltȱ werde.ȱ Bemerkenswertȱ ist,ȱ dassȱ Schröterȱ alsȱ Beispielȱ vonȱ gemeinsamenȱ theologischenȱ Auffassungenȱ zuerstȱ „dieȱ Rolleȱ Israelsȱ imȱ Geschichtsplanȱ Gottes“93ȱ nennt.ȱ Wennȱ erȱ dannȱ allerȬ dingsȱweiterȱmeint,ȱdassȱLukasȱnichtȱchristlichesȱAllgemeingutȱweiterȬ führe,ȱsondernȱspezifischȱPaulusȱweitertradiere,ȱbleibtȱzuȱfragenȱ–ȱwasȱ Schröterȱauchȱselbstȱandeutetȱ–,ȱinwieweitȱLukasȱnichtȱdochȱauchȱgeraȬ deȱeigeneȱThemenȱbringt,ȱundȱobȱnichtȱvielmehrȱLukasȱdenȱTheologenȱ PaulusȱinȱeineȱumfassendereȱgedanklicheȱLandschaftȱdesȱfrühenȱChrisȬ tentumsȱamȱEndeȱdesȱ1.ȱJahrhundertsȱeinbaut.ȱ WennȱinȱneuestenȱStudienȱwieȱetwaȱvonȱHubertȱFrankemölleȱzuȱleȬ senȱist,ȱ„vorȱallemȱimȱRömerbrief,ȱaberȱauchȱimȱMtEvȱentdecktenȱChrisȬ tenȱ dieȱ unaufgekündigteȱ undȱ bleibendeȱ Treueȱ JHWHsȱ zuȱ seinemȱ mitȱ demȱVolkȱIsraelȱgeschlossenenȱBund,ȱaberȱauchȱdieȱbleibendenȱVerheiȬ ßungenȱanȱAbrahamȱundȱseinenȱBundȱmitȱNoachȱundȱAbraham.“94,ȱsoȱ zeigtȱ sich,ȱ dassȱ eineȱ weitereȱ Säuleȱ dieserȱ Theologie,ȱ wieȱ sieȱ imȱ Werkȱ dasȱ Lukasȱ überliefertȱ ist,ȱ nochȱ nichtȱ genügendȱ insȱ Bewusstseinȱ derȱ Theologenȱ getretenȱ ist.95ȱ Bereitsȱ derȱ wegweisendeȱ „Traktatȱ überȱ dieȱ Juden“ȱ vonȱ Franzȱ Mußnerȱ hatȱ daraufȱ hingewiesen,ȱ dassȱ „auchȱ Lukasȱ dieȱ endzeitlicheȱ Rettungȱ Israelsȱ kennt,ȱ wennȱ erȱ sieȱ auchȱ inȱ andererȱ Terminologieȱ alsȱ etwaȱ Paulusȱ ausspricht“96.ȱ Seineȱ knappenȱ ErörterunȬ genȱzuȱApgȱ1,6–8ȱundȱ3,19–21ȱ sindȱalsȱ Skizzenȱ anzusehen,ȱ derenȱ EntȬ faltungȱnochȱimmerȱlohnenswertȱerscheint.ȱ VieleȱderȱinȱdenȱletztenȱJahrenȱentstandenenȱMonographienȱzurȱluȬ kanischenȱ Eschatologie97ȱ undȱ Israeltheologie98ȱ schließenȱ daranȱ an,ȱ geȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 93ȱȱ Schröter,ȱPaulusȱalsȱModell,ȱ57.ȱ 94ȱȱ Frankemölle,ȱJesusȱalsȱImmanuel,ȱ259.ȱ 95ȱȱ Dieȱ vorliegendeȱ Studieȱ wirdȱ zudemȱ imȱ Rahmenȱ diverserȱ synoptischerȱ Vergleicheȱ zeigen,ȱdassȱgeradeȱbeiȱMtȱIndizienȱzuȱfindenȱsind,ȱdieȱdenȱheilsgeschichtlichenȱStaȬ tusȱ keineswegsȱ soȱ eindeutigȱ positivȱ erscheinenȱ lassen,ȱ wieȱ H.ȱ Frankemölleȱ mitȱ seiȬ nemȱ Statementȱ suggeriert.ȱ Imȱ Übrigenȱ zeigenȱ sichȱ auchȱ ersteȱ Ansätzeȱ einerȱ ausȬ drücklichenȱ Berücksichtigungȱ desȱ Doppelwerks.ȱ Soȱ wirdȱ etwaȱ dieȱ imȱ Jahrȱ 2009ȱ eröffneteȱ „Editionȱ Israelogie“,ȱ derenȱ Ortȱ ausdrücklichȱ alsȱ „Teilbereichȱ derȱ christliȬ chenȱDogmatik“ȱ(Schwarz/Stadelmannȱ[Hg.],ȱChristen,ȱJudenȱundȱdieȱZukunftȱIsraȬ els,ȱIX)ȱbezeichnetȱwird,ȱmitȱBeiträgenȱausȱderȱExegeseȱeröffnet,ȱwobeiȱvorȱdemȱfastȱ schonȱ obligatorischenȱ Beitragȱ zuȱ Römȱ 11,26ȱ einȱ Aufsatzȱ zumȱ lukanischenȱ DoppelȬ werkȱ stehtȱ (Bauckham,ȱ Wiederherstellung),ȱ soȱ dassȱ eineȱ Auseinandersetzungȱ mitȱ demȱdrittenȱEvangelistenȱdieȱgesamteȱ„EditionȱIsraelogie“ȱeröffnet.ȱ 96ȱȱ Mußner,ȱTraktatȱ(Neuauflage),ȱ67.ȱ 97ȱȱ SoȱetwaȱHagene,ȱZeitenȱderȱWiederherstellung;ȱRavens,ȱRestoration.ȱ

32ȱ

1.ȱ HinweiseȱzuȱMethodikȱundȱForschungsstandȱ

henȱeinemȱVergleichȱmitȱpaulinischenȱAussagenȱjedochȱnichtȱausdrückȬ lichȱ nach.ȱ Einȱ gewissesȱ Interesseȱ lässtȱ Mariaȱ Neubrandȱ erkennen,ȱ dieȱ ihreȱ Studieȱ zurȱ Verhältnisbestimmungȱ vonȱ Israelȱ undȱ denȱ Völkernȱ inȱ derȱKircheȱmitȱdenȱWortenȱbeendet:ȱ„ZuȱdenȱErgebnissenȱderȱUntersuȬ chungȱgehörtȱauch,ȱdassȱdieȱlukanischeȱundȱdieȱpaulinischeȱKonzeptiȬ onȱ unterȱ vielerleiȱ Rücksichtȱ Berührungspunkteȱ aufweisenȱ undȱ theoloȬ gischȱ wenigerȱ weitȱ voneinanderȱ entferntȱ sindȱ alsȱ esȱ häufigȱ inȱ derȱ Forschungȱdargestelltȱwird.ȱDiesȱnochȱdetaillierterȱherauszuarbeitenȱistȱ einȱ Desideratȱ fürȱ weitereȱ Forschungenȱ zumȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ undȱ zuȱ seinenȱ Berührungenȱ mitȱ paulinischerȱ Theologie.“99ȱ Diesesȱ DeȬ sideratȱsollȱinȱderȱvorliegendenȱUntersuchungȱaufgenommenȱwerden.ȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 98ȱȱ Z.ȱB.ȱWasserberg,ȱIsraelsȱMitte.ȱ 99ȱȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ253.ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱ ZukunftȱIsraelsȱ ȱ Dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ beschäftigtȱ nichtȱ nurȱ dieȱ neutestaȬ mentlichenȱAutoren,ȱsondernȱistȱbereitsȱinȱvielenȱTeilenȱdesȱAltenȱTesȬ tamentsȱvonȱzentralerȱBedeutung.ȱSchonȱdieȱfünfȱBücherȱderȱToraȱ(Genȱ bisȱDtn),ȱdieȱalsȱGrunddokumentȱIsraelsȱdieȱ„‚Anfänge‘ȱIsraelsȱinȱätioȬ logischerȱundȱparadigmatischerȱAbsicht“1ȱerzählenȱundȱinȱihrerȱlangenȱ EntstehungszeitȱtheologischeȱVorstellungenȱundȱAnliegenȱvielerȱGeneȬ rationenȱinȱsichȱaufgenommenȱhaben,2ȱbietenȱ–ȱdurchausȱverschiedeneȱ –ȱZukunftsauffassungen.ȱDiesȱhängtȱdamitȱzusammen,ȱdassȱdieȱToraȱ–ȱ wieȱ auchȱ dieȱ sogenanntenȱ „Bücherȱ derȱ Geschichte“3ȱ –ȱ ihreȱ entscheiȬ dendeȱ literarischeȱ Gestaltungȱ inȱ Zeitenȱ erhaltenȱ hat,ȱ inȱ denenȱ Israelȱ sichȱinȱKrisensituationenȱbefand,ȱdieȱdieȱZukunftȱdesȱVolkesȱteilsȱfunȬ damentalȱinȱFrageȱstellten.ȱSoȱverwundertȱesȱnicht,ȱdassȱinȱdiesenȱnurȱ aufȱdenȱerstenȱBlickȱinȱdieȱVergangenheitȱweisendenȱSchriftenȱwichtigeȱ VorstellungenȱzurȱZukunftȱIsraelsȱzuȱfindenȱsind.ȱȱ Bevorȱ dieseȱ Überlegungenȱ vertieftȱ werden,ȱ istȱ zunächstȱ einȱ ReflexionsȬ schrittȱbezüglichȱderȱTerminologieȱeinzufügen,ȱdaȱesȱnichtȱnurȱkeineȱbibliȬ scheȱ Vokabelȱ gibt,ȱ dieȱ mitȱ demȱ deutschenȱ Substantivȱ „Zukunft“ȱ semanȬ tischȱ deckungsgleichȱ wäre,4ȱ sondernȱ auchȱ dieȱ hierȱ selbstverständlichȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱȱ

2ȱȱ 3ȱȱ

4ȱȱ

Zenger,ȱ Eigenart,ȱ 188;ȱ darausȱ erhellt,ȱ dassȱ dieseȱ Bücherȱ nichtȱ überȱ Vergangenesȱ informierenȱ wollen,ȱ sondernȱ imȱ Spiegelȱ derȱ Ursprungserzählungenȱ jeweilsȱ aufȱ dieȱ Gegenwartȱ derȱ Autorenȱ transparentȱ werdenȱ undȱ auchȱ derenȱ Zukunftshoffnungenȱ ausdrücken.ȱ ZurȱEntstehungȱdesȱPentateuchȱvgl.ȱZenger,ȱEinleitung,ȱ74–187.ȱ Dieseȱ Bezeichnungȱ gilt,ȱ wieȱ dieȱ Einheitsübersetzungȱ zeigt,ȱ fürȱ alleȱ Bücherȱ desȱ ATȱ vonȱ Josȱ bisȱ 2ȱMakk;ȱ dieȱ meistenȱ dieserȱ „‚Bücherȱ derȱ Geschichte‘ȱ [haben]ȱ ihreȱ entȬ scheidendeȱliterarischeȱ(EndȬ)GestaltȱinȱderȱAuseinandersetzungȱmitȱgeschichtlichenȱ Krisenerfahrungenȱ erhaltenȱ (Untergangȱ desȱ Nordreichsȱ 722ȱ v.ȱ Chr.;ȱ Exilserfahrungȱ desȱ 6.Jh.s;ȱ hellenistischeȱ Erschütterungenȱ imȱ 3.Jh.;ȱ Makkabäerzeitȱ 2.Jh.)“ȱ (Zenger,ȱ Eigenart,ȱ190);ȱdieȱBenennungȱistȱmissverständlich,ȱdaȱesȱsichȱnichtȱumȱ„GeschichtsȬ bücher“ȱimȱherkömmlichenȱSinnȱhandelt;ȱvgl.ȱdazuȱZenger,ȱEigenart;ȱderȱhebr.ȱKaȬ nonȱ zeugtȱ vonȱ einemȱ anderenȱ Verständnis,ȱ wennȱ erȱ Josȱ bisȱ 2ȱ Könȱ (dieȱ „Vorderenȱ Propheten“)ȱalsȱersteȱAuslegungȱderȱToraȱbegreift.ȱ Dasȱhebräischeȱʺʩʸʏʑ ʧˋȱgehtȱinȱseinerȱBedeutungsbreiteȱweitȱdarüberȱhinaus,ȱundȱauchȱ imȱ Griechischenȱ habenȱ dieȱ zumȱ Wortfeldȱ ΏΓ΍ΔϱΖȱ („übrig“/„weiter“)ȱ gehörendenȱ TerminiȱkeineswegsȱnurȱeinenȱaufȱdieȱZukunftȱausgerichtetenȱAkzent,ȱsoȱdassȱdieseȱ

34ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

gebrauchteȱ Redeȱ vonȱ derȱ „Zukunftȱ Israels“ȱ keineȱ biblischeȱ Formulierungȱ istȱ undȱ bereitsȱ eineȱ Interpretationskategorieȱ darstelltȱ (Kap.ȱ 2.1).ȱ Imȱ AnȬ schlussȱ werdenȱ zweiȱ inȱ derȱ Toraȱ grundgelegteȱ Hauptsträngeȱ biblischerȱ ZukunftskonzeptionȱfürȱIsraelȱvorgestellt,ȱindemȱihreȱEntstehungssituationȱ sowieȱ ihreȱ charakteristischenȱ Kennzeichenȱ skizziertȱ werden.ȱ Dabeiȱ istȱ zuȬ nächstȱ aufȱ dieȱ wirkungsgeschichtlichȱ mächtigeȱ deuteronomistischeȱ GeȬ schichtsauffassungȱundȱTheologieȱeinzugehenȱ(Kap.ȱ2.2),ȱvonȱwelcherȱsichȱ dannȱdieȱKonzeptionenȱderȱpriester(schrift)lichenȱTexteȱabhebenȱlassen,ȱdieȱ schonȱ inȱ alttestamentlicherȱ Zeitȱ alsȱ Gegenentwurfȱ zumȱ deuteronomistiȬ schenȱKonzeptȱgestaltetȱwurdenȱundȱneueȱAkzenteȱsetzen,ȱwenngleichȱsichȱ schonȱbaldȱVermischungenȱnachweisenȱlassenȱ(Kap.ȱ2.3).ȱEinȱweiteresȱKaȬ pitelȱuntersuchtȱexemplarisch,ȱwieȱsichȱdieȱvorgestelltenȱZukunftskonzepteȱ inȱ frühjüdischenȱ Textenȱ weiterentwickelnȱ (Kap.ȱ 2.4).ȱ Sieȱ leitenȱ damitȱ zuȱ denȱneutestamentlichenȱUntersuchungenȱüber.ȱ

Dieȱ Beschränkungȱ aufȱ dieȱ Darstellungȱ derȱ deuteronomistischenȱ bzw.ȱ priester(schrift)lichenȱ Konzeptionȱ erklärtȱ sichȱ daraus,ȱ dassȱ beideȱ AnȬ sätzeȱ inȱ einerȱ gegenseitigenȱ Spannungȱ zueinanderȱ stehen,ȱ dieȱ auchȱ inȱ späterenȱ Textenȱ immerȱ wiederȱ sichtbarȱ wird.ȱ Alsȱ Grundkonzepte,ȱ dieȱ sichȱ imȱ Kontextȱ desȱ Exilsȱ inȱ einerȱ entscheidendenȱ Entstehungsphaseȱ desȱ Judentumsȱ entwickeltȱ undȱ inȱ denȱ kanonisiertenȱ Textenȱ derȱ Toraȱ ihrenȱ Platzȱ gefundenȱ haben,ȱ sindȱ sieȱ soȱ überȱ Jahrhunderteȱ hinwegȱ wirkmächtigȱ geworden,ȱ habenȱ sichȱ dabeiȱ freilichȱ auchȱ weiterentwiȬ ckelt.ȱ Wieȱ nochȱ zuȱ zeigenȱ ist,ȱ sindȱ sieȱ auchȱ fürȱ dasȱ Verständnisȱ derȱ lukanischenȱundȱpaulinischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱwesentlich.ȱ Alttestamentlicheȱ Texteȱ werdenȱ inȱ denȱ folgendenȱ Kapitelnȱ geleȬ gentlichȱ zurȱ Verdeutlichungȱ herangezogen,ȱ ohneȱ dassȱ damitȱ einȱ AnȬ spruchȱaufȱ Vollständigkeitȱ erhobenȱ würde.ȱ DasȱAnliegenȱ bestehtȱvielȬ mehrȱ darin,ȱ fürȱ dieȱ Grundrichtungenȱ undȱ derenȱ Korrelationȱ mitȱ denȱ jeweiligenȱhistorischenȱKontexten,ȱsowieȱfürȱdieȱschonȱbaldȱnachzuweiȬ sendenȱ Verknüpfungenȱ beiderȱ Konzepteȱ sensibelȱ zuȱ werden.ȱ Daȱ dieȱ Konzepte,ȱwieȱsieȱimȱbiblischenȱKanonȱvereintȱsind,ȱtatsächlichȱnebenȬ einanderȱ stehenȱ undȱ inȱ manchemȱ widersprüchlichȱ bleiben,5ȱ istȱ eineȱ einlinigeȱ Rezeptionȱ derȱ „biblischenȱ Theologie“ȱ durchȱ dieȱ neutestaȬ mentlichenȱAutorenȱunmöglich.ȱDaȱdieseȱjedochȱihreȱAnsichtenȱinȱenȬ gerȱ Beziehungȱ zuȱ denȱ Schriftenȱ Israelsȱ entwickeln,ȱ gibtȱ esȱ bestimmteȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 5ȱȱ

Vokabelnȱ bezüglichȱ derȱ mitȱ demȱ deutschenȱ Wortȱ „Zukunft“ȱ verbundenenȱ Inhalteȱ nurȱbegrenztȱaussagekräftigȱsind.ȱ Derȱ geschichtlicheȱ Kontext,ȱ inȱ demȱ sichȱ Israelȱ jeweilsȱ vorfand,ȱ hatȱ stetsȱ RückwirȬ kungenȱaufȱdieȱTexteȱgehabt,ȱsoȱdassȱsichȱinsgesamtȱeinȱfacettenreichesȱBildȱergibt;ȱ vgl.ȱdazuȱauchȱdieȱDiskussionenȱumȱdieȱMöglichkeiten,ȱSchwierigkeitenȱundȱGrenȬ zenȱ beiȱ derȱ Erfassungȱ einerȱ übergreifendenȱ „Theologieȱ desȱ AT“,ȱ zuletztȱ beiȱ JaȬ nowski,ȱTheologie,ȱ87–102;ȱJeremias,ȱEntwürfe,ȱ125–158;ȱSteinberg,ȱDimensionen.ȱ

ȱ

2.1ȱ Dieȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ–ȱTerminologischeȱKlärungenȱ

35ȱ

Elemente,ȱdieȱjeweilsȱ–ȱsicherȱteilsȱunbewusst6ȱ–ȱausȱdenȱautoritativenȱ Schriftenȱ aufgenommenȱ undȱ fürȱ eigeneȱ Anliegenȱ fruchtbarȱ gemachtȱ werden.ȱ Dieȱ Aufdeckungȱ dieserȱ Vorgängeȱ verhilftȱ zuȱ einemȱ besserenȱ VerständnisȱderȱneutestamentlichenȱSchriftenȱselbst.ȱȱ

2.1ȱ Dieȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ–ȱTerminologischeȱKlärungenȱ Wederȱ dieȱ Schriftenȱ desȱ Altenȱ nochȱ dieȱ desȱ Neuenȱ Testamentsȱ spreȬ chenȱunmittelbarȱvonȱderȱ„ZukunftȱIsraels“.ȱDasȱmitȱdiesemȱSyntagmaȱ Gemeinteȱ istȱ daherȱ zunächstȱ einerȱ terminologischenȱ Vorklärungȱ zuȱ unterziehen.ȱȱ

2.1.1ȱ„Zukunft“ȱ Dasȱ imȱ Deutschenȱ selbstverständlichȱ gebrauchteȱ Wortȱ „Zukunft“ȱ hatȱ keineȱ unmittelbareȱ Entsprechungȱ inȱ denȱ biblischenȱ Sprachen.ȱ Diesȱ zeigtȱsichȱetwaȱbeiȱeinemȱVergleichȱderȱdeutschenȱBibelübersetzungen.ȱ Währendȱ dieȱ „Einheitsübersetzung“ȱ 46Ȭmalȱ vonȱ „Zukunft“ȱ oderȱ „zuȬ künftig“ȱ spricht,ȱ sindȱ esȱ inȱ derȱ „Elberfelderȱ Übersetzung“ȱ 36,ȱ inȱ derȱ „Lutherbibel“ȱ nurȱ 23ȱ Vorkommen.ȱ Dieȱ „Guteȱ Nachricht“ȱ hingegenȱ bietetȱ 138ȱ Belegstellen.7ȱ Dieserȱ Tatbestandȱ deutetȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ mitȱ derȱ Redeȱ vonȱ „Zukunft“ȱ eineȱ Kategorieȱ herangezogenȱ wird,ȱ dieȱ derȱ biblischenȱSpracheȱeherȱfernȱstehtȱundȱprimärȱzeitgenössischenȱHeranȬ gehensweisenȱanȱdieȱbiblischenȱTexteȱgeschuldetȱist.ȱ InȱderȱRegelȱlässtȱsichȱdieȱÜbersetzungȱ„Zukunft“ȱinȱdeutschspraȬ chigenȱBibelübersetzungenȱaufȱdasȱHebräischeȱSubstantivȱʺʩʸʏʑ ʧˋȱzurückȬ führen.ȱEsȱhandeltȱsichȱumȱeinȱAbstraktnomen,ȱdasȱvonȱderȱPräpositionȱ ʸʔʧˋȱ(„später“ȱbzw.ȱ„danach“)ȱabgeleitetȱistȱundȱ„amȱbestenȱneutralȱmitȱ ‚dasȱ Danach‘ȱ übersetzt“8ȱ wird.ȱ Esȱ kannȱ jeȱ nachȱ Kontextȱ einȱ zeitlichesȱ oderȱ logischesȱ Danach,ȱ aberȱ auchȱ dieȱ Nachkommenschaftȱ oderȱ ebenȱ „Zukunft“,ȱ teilsȱ sogarȱ „Endzeit“ȱ meinen.ȱ Dieȱ einzelnenȱ Bedeutungenȱ lassenȱsichȱnichtȱexaktȱvoneinanderȱabgrenzen,ȱsondernȱfließenȱinȱeinȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 6ȱȱ

7ȱȱ 8ȱȱ

Daȱ alleȱ Autorenȱ desȱ NTȱ dieȱ Schriftȱ Israelsȱ alsȱ einheitlichesȱ Corpusȱ lasen,ȱ istȱ dieȱ Aussage,ȱ dassȱ Lukasȱ dasȱ deuteronomistischeȱ Konzeptȱ bzw.ȱ Paulusȱ dasjenigeȱ derȱ Priesterschriftȱ aufgreifenȱ würde,ȱ insofernȱ anachronistisch,ȱ alsȱ sieȱ traditionsgeȬ schichtlicheȱDifferenzierungenȱhistorischȬkritischerȱExegeseȱvoraussetzt.ȱTatsächlichȱ lässtȱ sichȱ aberȱ zeigen,ȱ dassȱ Grundideenȱ dieserȱ Vorstellungenȱ inȱ unterschiedlicherȱ Gewichtungȱauchȱbeiȱdenȱntl.ȱAutorenȱsichtbarȱsind.ȱ GemäßȱderȱSuchfunktionȱderȱSESB.ȱ Seebaß,ȱArt.ȱʺʩʸʏʑ ʧˋ,ȱ224.ȱ

36ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

zelnenȱBelegstellenȱineinander.ȱSoȱergibtȱsichȱetwaȱeineȱBeziehungȱzwiȬ schenȱ derȱ konkretȱ bestimmbarenȱ Nachkommenschaft,ȱ dieȱ alsȱ VorausȬ setzungȱ einesȱ eherȱ abstraktenȱ Zukunftsbegriffsȱ anzusehenȱ ist.ȱ Dieseȱ Zukunftȱ imȱ Kontextȱ einesȱ zeitlichenȱ „Danach“ȱ kannȱ schließlichȱ auchȱ aufȱdasȱEndeȱderȱZeitȱhinweisen.ȱEsȱgiltȱfreilichȱzuȱbeachten,ȱdassȱkeiȬ neswegsȱ alleȱ Belegstellenȱ desȱ Substantivsȱ ʺʩʸʏʑ ʧˋȱ dieȱ mitȱ demȱ Begriffȱ „Zukunft“ȱ verbundenenȱ Implikationenȱ haben,ȱ soȱ dassȱ esȱ sichȱ umȱ einȱ spezifischesȱ Bedeutungspotentialȱ handelnȱ würde.ȱ Inȱ denȱ griechischenȱ ÜbersetzungenȱderȱbiblischenȱBücherȱzeigenȱsichȱdieȱDifferenzierungenȱ derȱBelegstellen,ȱdieȱsichȱmitȱ„Zukunft“ȱübersetzenȱlassen,ȱnochȱdeutliȬ cher,ȱwieȱsichȱanhandȱeinigerȱBeispieleȱveranschaulichenȱlässt:9ȱ ȱ ȱ

MTȱ/ȱLXXȱ ʸˇʕख़ ʕ ʩ ʤʠ४ ʒ ʸ˒ ʍ ʭ ʕˢʚʸʕ ॴ ʮ ʍˇ

Psȱ 37,37f.ȱ

ʟʭʥʙ˄ˇ ʕ ˇʩʠʍ४ ʑ ʬ ʺʩʸʏफ़ ʑ ʧˋʚʩʙ ʑ˗ ʥːʍख़ ʕ ʧʔʩ ˒ʣ४ ʍʮˇ ʍ ʑʰ ʭʩʑʲ ʍˇʖ ʴ˒ʙ ॴ ʟʤ ʕʺʸʍʙ ʕ ʫʑʰ ʭʩʲʕˇ ४ ʑ ʸʍ ʺʩʸʏफ़ ʑ ʧˋ

Psȱ 36,37f.ȱ (LXX)ȱ

ΚϾΏ΅ΗΗΉȱΦΎ΅Ύϟ΅ΑȱΎ΅ϠȱϢΈξȱ ΉЁΌϾΘ΋Θ΅,ȱ ϵΘ΍ȱσΗΘ΍Αȱπ·Ύ΅ΘΣΏΉ΍ΐΐ΅ȱ ΦΑΌΕЏΔУȱΉϢΕ΋Α΍ΎХаȱ ΓϡȱΈξȱΔ΅ΕΣΑΓΐΓ΍ȱπΒΓΏΉΌΕΉΙȬ ΌφΗΓΑΘ΅΍ȱπΔϠȱΘϲȱ΅ЁΘϱ,ȱ ΘΤȱπ·Ύ΅Θ΅ΏΉϟΐΐ΅Θ΅ȱΘЗΑȱ ΦΗΉΆЗΑȱπΒΓΏΉΌΕΉΙΌφΗΓΑΘ΅΍.ȱ

ʸʱ˒ʮ ४ ʒ ʥ ʤʕʶʲʒ ॴ ʲʮ४ ʔ ʍˇ ख़ ʕ ʬˎʔʷʍ ʟ˃ ʺʩ ʙ ʓ ʸʏʑ ʧˋ ˎʍ ʭ६ ʔ˗ʍʧ ʓˢ ʯʔʲʮय़ʔ ʬʍ ॥

Sprȱ 19,20ȱ Sprȱ 19,20ȱ (LXX)ȱ ȱ

ΩΎΓΙΉ,ȱΙϡν,ȱΔ΅΍ΈΉϟ΅ΑȱΔ΅ΘΕϱΖȱ ΗΓΙ,ȱ ϣΑ΅ȱΗΓΚϲΖȱ·νΑϙȱπΔвȱπΗΛΣΘΝΑȱ ΗΓΙ.ȱ ȱ ȱ

ElberfelderȱÜbersetzungȱ/ȱȱ Septuagintaȱdeutschȱ AchteȱaufȱdenȱRechtschaffenenȱundȱsiehȱ aufȱdenȱRedlichen;ȱȱ dennȱdieȱZukunftȱfürȱeinenȱ(solchen)ȱistȱ Frieden;ȱ dieȱ(vonȱGott)ȱAbgefallenenȱaberȱwerdenȱ allesamtȱvertilgt,ȱȱ dieȱZukunftȱderȱGottlosenȱwirdȱabgeschnitȬ ten.ȱ ȱ BewahreȱdieȱUnschuldȱundȱerblickeȱdieȱ Aufrichtigkeit,ȱȱ dennȱeinȱRestȱbleibtȱdemȱfriedlichenȱMenȬ schen.ȱ DieȱGesetzesbrecherȱaberȱwerdenȱmiteiȬ nanderȱvernichtetȱwerden,ȱ dieȱResteȱderȱGottlosenȱwerdenȱvernichtetȱ werden.ȱ ȱ Höreȱaufȱ(guten)ȱRatȱundȱnimmȱZuchtȱan,ȱ damitȱduȱfürȱdieȱZukunftȱweiseȱwirst!ȱ ȱ Höre,ȱSohn,ȱaufȱdieȱMahnungenȱdeinesȱ Vaters,ȱ damitȱduȱweiseȱbistȱinȱdeinenȱletztenȱ(TaȬ gen).ȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 9ȱȱ

Einȱ griechischesȱ Äquivalentȱ zumȱ deutschenȱ Substantivȱ istȱ dabeiȱ nichtȱ zuȱ erkennenȱ undȱ lässtȱ sichȱ auchȱ fürȱ dasȱ biblischeȱ Griechischȱ nichtȱ aufweisen.ȱ Zumȱ Wortfeldȱ ΏΓ΍ΔϱΖȱ(„übrig“/„weiter“)ȱvgl.ȱobenȱAnm.ȱ4.ȱ

ȱ

2.1ȱ Dieȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ–ȱTerminologischeȱKlärungenȱ

˃ˇʍ ६ ʓ ʴʰॲʔ ʬʍ ʤ य़ʕʮʍʫʧʕ ʤ६ʲʓ ʍː ʜʯ५˗ʒ ʺʩʸʏख़ ʑ ʧˋ ˇ४ʩʒ ʥʍ ʕʺʠʕʶ ʕʮʚʭ ॴ ʠʑ

Sprȱ 24,14ȱ

ʟʺʸʙ ʒ ˗ʕ ʺʑ ʠ ४˄ ˃य़ ʍʺʕʥʷʍ ʑʺʥ॥ʍ Sprȱ 24,14ȱ (LXX)ȱ

ΓЂΘΝΖȱ΅ϢΗΌφΗϙȱΗΓΚϟ΅ΑȱΘϜȱΗϜȱ ΜΙΛϜаȱ πΤΑȱ·ΤΕȱΉЂΕϙΖ,ȱσΗΘ΅΍ȱΎ΅Ώχȱψȱ ΘΉΏΉΙΘφȱΗΓΙ,ȱ Ύ΅ϠȱπΏΔϟΖȱΗΉȱΓЁΎȱπ·Ύ΅Θ΅ΏΉϟΜΉ΍.ȱ

ʲʸʕख़ ʕ ʬ ʺʩʸʏ४ ʑ ʧˋ ʤ४ʩʓ ʤʍ ʑʺʚʠʙ˄ ʜʩ५˗ʑ ʟ˂ʙʲʕ ʍʣʑ ʩ ʭʩʲʕˇ ४ ʑ ʸʍ ʸफ़ʰʒ

Sprȱ 24,20ȱ Sprȱ 24,20ȱ (LXX)ȱ

ΓЁȱ·ΤΕȱΐχȱ·νΑ΋Θ΅΍ȱσΎ·ΓΑ΅ȱ ΔΓΑ΋ΕЗΑ,ȱ Ώ΅ΐΔΘχΕȱΈξȱΦΗΉΆЗΑȱ ΗΆΉΗΌφΗΉΘ΅΍.ȱ

37ȱ

EbensoȱsucheȱdieȱWeisheitȱfürȱdeineȱSeele!ȱȱ Wennȱduȱsieȱgefundenȱhast,ȱsoȱgibtȱesȱ Zukunft,ȱȱ undȱdeineȱHoffnungȱwirdȱnichtȱvernichtet.ȱȱ ȱ ebensoȱwirstȱduȱWeisheitȱinȱdeinerȱSeeleȱ verkosten;ȱ dennȱwennȱduȱ(sie)ȱfindest,ȱwirdȱdeinȱEndeȱ schönȱseinȱȱ undȱdieȱHoffnungȱwirdȱdichȱnichtȱverlasȬ sen.ȱ DennȱfürȱdenȱBösenȱgibtȱesȱkeineȱZukunft,ȱȱ dieȱLeuchteȱderȱGottlosenȱerlischt.ȱ ȱ DennȱNachkommenȱderȱÜblenȱwerdenȱnichtȱ entstehen,ȱ dieȱLampeȱderȱGottlosenȱwirdȱausgelöschtȱ werden.ȱ

ȱ Esȱistȱdeutlich,ȱdassȱinȱderȱSeptuagintaȱdasȱSubstantivȱʺʩʸʏʑ ʧˋȱdurchȱvierȱ unterschiedlicheȱ Nominaȱ wiedergegebenȱ wird.ȱ Psȱ 37(36),37f.ȱ undȱ Sprȱ 24,20ȱweisenȱdaraufȱhin,ȱdassȱdieȱExistenzȱeinerȱ„Zukunft“ȱkeineswegsȱ selbstverständlichȱist,ȱsondernȱvonȱdenȱTatenȱabhängtȱ(„FürȱdenȱBösenȱ gibtȱ esȱ keineȱZukunft“),ȱ welcheȱ konkretȱ ebenȱ inȱ denȱsichtbarenȱNachȬ kommenȱ bestehen,ȱ wieȱ ausȱ Sprȱ 24,20ȱ (LXX)ȱ zuȱ entnehmenȱ ist.ȱ Damitȱ kannȱdieȱFrage,ȱobȱesȱüberhauptȱ„eineȱZukunftȱgibt“,ȱalsȱwichtigerȱAsȬ pektȱfürȱdieȱThematikȱfestgehaltenȱwerden.ȱEinȱweitererȱGesichtspunktȱ kommtȱ hinzu:ȱ Wennȱ vonȱ derȱ „Zukunftȱ Israels“ȱ gehandeltȱ wird,ȱ soȱ istȱ nichtȱeineȱindividuelleȱEinzelperson,ȱsondernȱeineȱkollektiveȱGrößeȱimȱ Blick.ȱ Inwiefernȱ dieseȱ durchȱ dieȱ Bezeichnungȱ „Israel“ȱ einenȱ spezifiȬ schenȱInhaltȱerfährt,ȱistȱinȱeinemȱweiterenȱSchrittȱzuȱentfalten.ȱ

2.1.2ȱ„Israel“ȱ MitȱderȱBezeichnungȱ„Israel“ȱverbindenȱsichȱzahlreicheȱImplikationen.ȱ AnhandȱderȱMotiveȱderȱ„Erwählung“ȱIsraelsȱwieȱderȱVorstellungȱvomȱ „Bund“ȱ Gottesȱ mitȱ Israel,ȱ dieȱ „eineȱ derȱ wichtigstenȱ alttestamentlichenȱ Kategorien“10ȱdarstellt,ȱlassenȱsichȱdieseȱveranschaulichen.11ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 10ȱȱ Steinberg,ȱDimensionen,ȱ24.ȱ 11ȱȱ Vgl.ȱMußner,ȱTraktatȱ(Neuauflage),ȱderȱseineȱDarstellungȱmitȱderȱ„ErwählungȱIsraȬ els“ȱ zumȱ „Volk,ȱ Eigentumȱ undȱ Erbteilȱ Gottes“ȱ (22)ȱ beginnt,ȱ bevorȱ erȱ auchȱ aufȱ denȱ „Bund“ȱzuȱsprechenȱkommtȱ(35f.).ȱ

38ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

2.1.2.1ȱDieȱErwählungȱIsraelsȱalsȱ„VolkȱJHWHs“ȱ DassȱsichȱIsraelȱvonȱanderenȱVölkernȱunterscheidet,ȱlässtȱsichȱimȱMotivȱ vonȱderȱ„Erwählung“ȱIsraels12ȱdurchȱseinenȱGottȱJHWHȱveranschauliȬ chen.ȱ Imȱ Zugeȱ derȱ Entfaltungȱ desȱ alttestamentlichenȱ Gottesglaubensȱ entstanden,ȱ hatȱ esȱ imȱ Frühjudentumȱ undȱ auchȱ inȱ derȱ Entwicklungȱ christlicherȱTheologieȱeineȱzentraleȱRolleȱgespielt.ȱ Dieȱ Grundlegungȱ dieserȱ besonderenȱ Beziehungȱ zwischenȱ Israelȱ undȱ demȱ Gottȱ JHWHȱ zeigtȱ sichȱ inȱ derȱ biblischenȱ Selbstbezeichnungȱ Israelsȱalsȱʤʙ ʕʥʤʍ ʩʚʭʔʲ,ȱ„VolkȱJHWHs“.13ȱDabeiȱistȱbereitsȱdieȱWahlȱderȱhebȬ räischenȱVokabelȱʭʔʲȱ(ҳam)ȱzurȱBezeichnungȱdesȱVolkesȱauffallend,ȱwieȱ überhauptȱ „außerhalbȱ Israelsȱ imȱ Altenȱ Orientȱ dieȱ Konzeptionȱ ‚Volk‘ȱ völligȱ fehlt“14.ȱ Dieȱ Vokabelȱ bezeichnetȱ ursprünglichȱ engsteȱ VerȬ wandtschaftskreise.15ȱ Dasȱ danebenȱ verwendeteȱ Wortȱ fürȱ Volk ʩʥʖ ʢȱ (gôj),ȱ dasȱ inȱ derȱ Regelȱ fürȱ andereȱ Völkerȱ verwendet,ȱ aberȱ nichtȱ seltenȱ auchȱ aufȱ Israelȱ bezogenȱ wird,ȱ tauchtȱ inȱ derȱ Verbindungȱ mitȱ demȱ GottesnaȬ menȱJHWHȱnieȱauf.ȱȱ InȱdenȱTextenȱdesȱAltenȱTestamentsȱwirdȱdiesesȱMotivȱvielfachȱentwickelt.ȱ Israelȱ –ȱ undȱ nurȱ Israelȱ –ȱ stehtȱ dabeiȱ mitȱ seinemȱ Gottȱ inȱ einemȱ geradezuȱ verwandtschaftlichenȱVerhältnis.ȱDabeiȱhandeltȱesȱsichȱkeineswegsȱumȱdieȱ Vorstellungȱ einerȱ physischȬbiologischenȱ Rückführungȱ Israelsȱ aufȱ JHWH,ȱ sondernȱeinerȱgeschichtlichen.ȱIsraelȱistȱinsofernȱGottesȱVolk,ȱalsȱdieserȱesȱ sichȱ ausȱ denȱ Völkernȱ „erwählt“ȱ undȱ zuȱ seinemȱ „Eigentum“ȱ gemachtȱ hatȱ (vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Dtnȱ 7,6).ȱ Seinȱ Eingreifenȱ beiȱ derȱ Rettungȱ ausȱ Ägyptenȱ istȱ dasȱ UrdatumȱdieserȱBeziehung.ȱInsofernȱJHWHȱdieȱInitiativeȱergriffenȱundȱIsȬ raelȱ„mitȱstarkerȱHandȱherausgeführt“ȱhatȱ(Dtnȱ7,8),ȱgleichtȱerȱeinemȱVerȬ wandten,ȱderȱsichȱderȱSeinenȱannimmt.ȱDiesȱbegründetȱeinȱVerhältnis,ȱdasȱ wesentlichȱauchȱrechtlicheȱImplikationenȱenthält.ȱDarausȱergibtȱsichȱfürȱalȬ leȱ Gliederȱ Israelsȱ einȱ spezifischerȱ VerpflichtungsȬȱ undȱ BerechtigungszuȬ sammenhang,ȱ wieȱ erȱ inȱ derȱ Toraȱ schriftlichȱ vorliegt.ȱ Auchȱ dieȱ „Vater“Ȭ Metapherȱ istȱ soȱ stetsȱ inȱ einemȱ nichtȬphysischenȱ Sinnȱ gemeint:ȱ JHWHȱ istȱ VaterȱIsraels,ȱweilȱerȱdasȱVolkȱimȱExodusgeschehenȱerstȱ„geformtȱundȱhinȬ gestellt“ȱ (Dtnȱ 32,6)ȱ hat.ȱ Dieȱ Analogieȱ wirdȱ hierȱ imȱ Bereichȱ desȱ SchöpferiȬ schenȱ deutlich.ȱ Einȱ anderer,ȱ eherȱ aufȱ denȱ rechtlichenȱ Bereichȱ abzielenderȱ Akzentȱwirdȱgesetzt,ȱwennȱdavonȱdieȱRedeȱist,ȱdassȱJHWHȱsichȱdasȱVolkȱ „erworben“ȱ hatȱ (Exȱ 15,16ȱ u.ȱ ö.).ȱ Diesȱ geschahȱ ebenȱ durchȱ seinȱ RettungsȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 12ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱSchreiner,ȱTheologie,ȱ17–33;ȱaußerdemȱBenȬChorin,ȱErwählung;ȱ Mußner,ȱTraktatȱ(Neuauflage),ȱ18–21;ȱWildberger,ȱArt.ȱʸʧʡ,ȱ275–300.ȱ 13ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLipiÚski,ȱArt.ȱʭʔʲ,ȱ177–194.ȱ 14ȱȱ LipiÚski,ȱArt.ȱʭʔʲ,ȱ189.ȱ 15ȱȱ Vgl.ȱ Schreiner,ȱ Theologie,ȱ 18:ȱ Dieȱ Vokabelȱ „meintȱ zunächstȱ wohlȱ denȱ Bruderȱ desȱ Vaters,ȱ dannȱ dieȱ väterlichenȱ Verwandtenȱ undȱ erfährtȱ schließlichȱ eineȱ Ausweitungȱ aufȱalle,ȱdieȱmitȱihnenȱinȱverwandtschaftlichenȱBeziehungenȱstehen.“ȱ

ȱ

2.1ȱ Dieȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ–ȱTerminologischeȱKlärungenȱ

39ȱ

handeln.ȱ Seitdemȱ istȱ Israelȱ mitȱ JHWHȱ untrennbarȱ verknüpft,ȱ inȱ einerȱ BeȬ ziehung,ȱdieȱkeinȱanderesȱVolkȱvonȱsichȱbehauptenȱkann.ȱ

Soȱ ergibtȱ sich,ȱ dassȱ eineȱ doppelteȱ AkzentuierungȱinȱderȱRedeȱ vonȱ derȱ Erwählungȱ Israelsȱ sichtbarȱ wird:ȱ Nebenȱ dasȱ Sprachspielȱ vomȱ Vater,ȱ welchesȱ schöpfungstheologischeȱ undȱ verwandtschaftlicheȱ Aspekteȱ aufruft,ȱ trittȱ dasȱ rechtlicheȱ Verhältnis,ȱ dasȱ nichtȱ zuletztȱ imȱ Gedankenȱ derȱ „Erwerbung“ȱ Israelsȱ durchȱ JHWHȱ artikuliertȱ wird.ȱ Dieȱ biblischeȱ Vorstellung,ȱdassȱ„Israel“ȱalsȱGesamtheitȱschonȱamȱBergȱSinaiȱversamȬ meltȱ warȱ –ȱ einȱ historischerȱ Anachronismus,ȱ derȱ zugleichȱ impliziert,ȱ dassȱ jederȱ Israelitȱ spätererȱ Zeitȱ genausoȱ vorȱ demȱ Bergȱ stehtȱ wieȱ seineȱ Vorfahrenȱ –,ȱ entfaltetȱ dasȱ Gemeinteȱ inȱ diachronerȱ Perspektive.ȱ Dieȱ Relevanzȱ derȱ überliefertenȱ Traditionȱ fürȱ dieȱ Gegenwartȱ wirdȱ insȱ BeȬ wusstseinȱgebrachtȱundȱderȱGedankeȱderȱErwählungȱbisȱinȱdieȱGegenȬ wartȱgezogen.16ȱȱ MitȱDifferenzierungenȱwirdȱmanȱsoȱsagenȱkönnen,ȱdassȱinȱdenȱbibȬ lischenȱ Schriftenȱ „das,ȱ wasȱ derȱ Begriffȱ ‚Erwählung‘ȱ verdichtete,ȱ einȬ fachhinȱ zentral“17ȱ ist.ȱ Umȱ diesȱ imȱ Blickȱ aufȱ unsereȱ Fragestellungȱ nachȱ derȱ„ZukunftȱIsraels“ȱzuȱpräzisieren,ȱistȱdemȱMotivȱderȱErwählungȱdieȱ Vorstellungȱ desȱ „Bundes“18ȱ (hebr.ȱ ʺʩʸʍʑ ˎ,ȱ berit,ȱ LXX:ȱ Έ΍΅ΌφΎ΋)ȱ zuzuordȬ nen:ȱDieȱunsȱinteressierendenȱZukunftskonzepteȱlassenȱsichȱimȱUmfeldȱ derȱ Redeȱ vomȱ „Bund“ȱ verorten,ȱ derenȱ Implikationenȱ sichȱ inȱ verschieȬ denenȱPhasenȱderȱGeschichteȱIsraelsȱvoneinanderȱunterscheidenȱlassenȱ undȱsoȱeinzelnenȱZukunftsvorstellungenȱauchȱhistorischesȱProfilȱgeben,ȱ wieȱimȱFolgendenȱzuȱzeigenȱist.19ȱȱ

2.1.2.2ȱDerȱ„Bund“ȱJHWHsȱmitȱIsraelȱ Wennȱ dasȱAlteȱ TestamentȱdasȱVerhältnisȱ Israelsȱzuȱseinemȱ Gottȱ unterȱ dieȱKategorieȱdesȱ„Bundes“ȱfasst,ȱdannȱistȱdamitȱkeineȱGegenseitigkeitȱ zwischenȱ „Bundespartnern“ȱ gemeint.ȱ Stattdessenȱ hatȱ alleinȱ JHWHȱ inȱ Analogieȱ zuȱ einemȱ altorientalischenȱ Königȱ Handlungsbefugnis.ȱ Erȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 16ȱȱ Vgl.ȱ Schreiner,ȱ Theologie,ȱ 29f.,ȱ derȱ zeigt,ȱ wieȱ dieȱ Bezeichnungȱ Israelȱ letztlichȱ überȱ dasȱ Nordreich,ȱ dasȱ alleinȱ diesenȱ Namenȱ trug,ȱ aufȱ dieȱ Gründungserzählungenȱ amȱ Sinaiȱ zurückprojiziertȱ undȱ späterȱ auchȱ mitȱ Jerusalemȱ verknüpftȱ wurde.ȱ Dasȱ Dtnȱ (vgl.ȱ nurȱ 1,1)ȱ legtȱ Wertȱ darauf,ȱ dassȱ „ganzȱ Israel“ȱ amȱ Horebȱ (=ȱ Sinai)ȱ versammeltȱ war.ȱSoȱwirdȱsichergestellt,ȱdassȱdasȱWortȱGottesȱvonȱdamalsȱalsȱautoritativȱfürȱdasȱ vorfindlicheȱIsraelȱspätererȱZeitȱangesehenȱwerdenȱkann.ȱ 17ȱȱ Lohfink,ȱBrauchtȱGott,ȱ58.ȱ 18ȱȱ Vgl.ȱ zurȱ Frageȱ derȱ angemessenenȱ Übersetzungȱ Neef,ȱ Aspekte,ȱ 1–23,ȱ derȱ einzelneȱ „Stationen“ȱderȱBundesthematikȱimȱATȱentfaltetȱ(vgl.ȱ5–20).ȱ 19ȱȱ Vgl.ȱdazuȱundȱzumȱFolgendenȱGroß,ȱZukunft.ȱ

40ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

schließtȱdenȱBundȱvonȱsichȱausȱundȱdiktiertȱalleȱRegeln;ȱerȱlegtȱFordeȬ rungenȱaufȱundȱverpflichtetȱsichȱzuȱGegenleistungen.ȱȱ Hierȱ wirdȱ dieȱ historischeȱ Kontextualisierungȱ derȱ Herausbildungȱ bundesȬ theologischerȱ Konzepteȱ inȱ derȱ Zeitȱ derȱ assyrischenȱ Herrschaftȱ imȱ Altenȱ Orientȱdeutlich.ȱDieȱGrundelementeȱeinesȱspäterȱsystematisiertenȱundȱimȬ merȱ weiterȱ entwickeltenȱ Bundeskonzeptesȱ entwickelnȱ sichȱ nachȱ AuffasȬ sungȱ vielerȱ Alttestamentlerȱ inȱ derȱ spätenȱ Phaseȱ derȱ Staatlichkeitȱ Israelsȱ bzw.ȱJudas.ȱDieȱimȱJahrhundertȱnachȱdemȱFallȱSamariasȱ(722ȱv.ȱChr.)ȱvorȬ herrschendeȱ Großmachtȱ inȱ Vorderasienȱ warȱ dasȱ neuassyrischeȱ Reich,ȱ dasȱ imȱUmgangȱmitȱabhängigenȱVasallenstaaten,ȱaberȱauchȱbeiȱderȱVerwaltungȱ desȱGroßreichesȱüberhauptȱeineȱtypischeȱVertragsrhetorikȱpraktizierte,ȱmitȱ derȱauchȱderȱKleinstaatȱJudaȱkonfrontiertȱwar.ȱDieȱVerfasserȱderȱspäterȱkaȬ nonisiertenȱ biblischenȱ Texteȱ übernahmenȱ dieȱ Grundstrukturȱ solcherȱ VerȬ träge,ȱwobeiȱsieȱjedochȱalsȱBezugsgrößenȱdasȱVolkȱIsraelȱundȱdessenȱGottȱ JHWHȱ einsetzten.ȱ Derȱ klassischeȱ Bezugstextȱ fürȱ dieseȱ Auffassungȱ istȱ Dtnȱ 28,ȱwoȱSegensȬȱundȱ FluchsprücheȱausȱeinerȱneuassyrischenȱQuelleȱzuȱfinȬ denȱ sind.20ȱ Dieȱ israelitischenȱ Schreiberȱ formuliertenȱ ihreȱ LoyalitätsverȬ pflichtungenȱ nichtȱ gegenüberȱ demȱ Großkönig,ȱ sondernȱ gegenüberȱ JHWHȱ (vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Dtnȱ 26,17–19).ȱ Beliebtȱ istȱ dieȱ Hypothese,ȱ dassȱ solcheȱ Texteȱ dasȱ UrȬDeuteronomiumȱ sind,ȱ dasȱ unterȱ Königȱ Joschijaȱ (639–609ȱ v.ȱ Chr.)21ȱ imȱ JerusalemerȱTempelȱaufgefundenȱwurde.22ȱ

DieserȱhierȱentwickelteȱGründungsaktȱIsraelsȱwurdeȱdannȱinȱdieȱGrünȬ dungszeitȱIsraelsȱzurückversetzt,ȱsoȱdassȱdieserȱBundȱzumȱSinaiȬȱbzw.ȱ Horebbundȱ wurde.ȱ Esȱ entstandȱ nachȱ undȱ nachȱ dasȱ bekannteȱ Bildȱ derȱ GeschichteȱIsraels,ȱwieȱesȱinȱderȱkanonischenȱErzählabfolgeȱdesȱPentaȬ teuchsȱaufbewahrtȱist.ȱLetztlichȱwerdenȱhierȱschonȱdieȱWeichenȱgestellt,ȱ dieȱ Israelȱ nochȱ inȱ vielȱ späterenȱ Jahrhundertenȱ dasȱ Überlebenȱ sichernȱ konnten,ȱinsofernȱsichȱeineȱReligionȱdesȱWortesȱentwickelte,ȱdieȱmitȱderȱ Toraȱ alsȱ Bundesverpflichtungȱ auchȱ ohneȱ denȱ Opferkultȱ überlebensfäȬ higȱwar.ȱDieȱGeboteȱderȱToraȱstandenȱnunmehrȱalsȱfesteȱGrundlage,ȱinȱ denenȱdieȱVerpflichtungenȱIsraelsȱeinerseits,ȱdieȱVerantwortungȱGottesȱ fürȱdiesesȱVolkȱandererseitsȱfestgeschriebenȱwaren.ȱEsȱhandeltȱsichȱhierȱ bereitsȱumȱdieȱGrundideeȱderȱdeuteronom(ist)ischenȱBundestheologie,ȱ fürȱ dieȱ dieȱ Auffassung,ȱ dassȱ derȱ „Bund“ȱ zwischenȱ JHWHȱ undȱ Israelȱ amȱHorebȱ(bzw.ȱSinai)ȱbegründetȱwordenȱsei,ȱzentralȱist.23ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 20ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Braulik,ȱ Deuteronomium,ȱ 148:ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ dieȱ „ThronnachfolgeȬ vereidigungenȱAsarhaddons“.ȱȱ 21ȱȱ Dieȱ Zeitangabenȱ zurȱ Geschichteȱ Israelsȱ orientierenȱ sichȱ anȱ Donner,ȱ Geschichte,ȱ sowieȱFrevel,ȱGrundriss,ȱ587–717.ȱ 22ȱȱ Vgl.ȱdazuȱDonner,ȱGeschichteȱII,ȱ375.382–387;ȱFrevel,ȱGrundriss,ȱ665.ȱ 23ȱȱ Vgl.ȱDtnȱ5,1–5ȱ(einȱspäterȱText),ȱwoȱ„dieȱVerbindungȱvonȱ‚Gesetz‘ȱundȱ‚Bund‘ȱvollȬ zogen“ȱ wirdȱ (Neef,ȱ Aspekte,ȱ 10,ȱ vgl.ȱ auchȱ Perlitt,ȱ Bundestheologie)ȱ undȱ nachȱ V.ȱ3ȱ

ȱ

2.1ȱ Dieȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ–ȱTerminologischeȱKlärungenȱ

41ȱ

DieȱexklusiveȱBeziehungȱvonȱJHWHȱundȱIsraelȱistȱprägnantȱinȱderȱ sog.ȱ„BundesȬ“ȱoderȱ„Zugehörigkeitsformel“ȱausgedrückt,ȱwieȱsieȱsichȱ beispielsweiseȱinȱExȱ6,7ȱfindet:24ȱ ȱ ȱ

MT:ȱ

ȱ

LXX:ȱ

a b c d e f

ʭ६ ʓʫ ʍʺʠʓ ʩ ९ʑˢʍʧ ʔʷʕʬʥʍ ȱ ʩॡ ʬʑ ʭʲड़ʕ ʬʍ ʩ ʑʺʩ६ ʩʑ ʤʕ ʥʍ ʭʫʕफ़ ʓ ʬ ʭʩʤ˄ʠʙ ख़ ʑ ʒʬ

Undȱichȱhabeȱmirȱeuchȱgenommenȱ fürȱmichȱ alsȱVolk;ȱ undȱichȱwerdeȱseinȱ fürȱeuchȱ Gott.ȱ

Ύ΅ϠȱΏφΐΜΓΐ΅΍ȱπΐ΅ΙΘХȱЀΐκΖȱȱ Ώ΅ϲΑȱ(vgl.ȱc)ȱ πΐΓϠȱ(vgl.ȱb)ȱ Ύ΅ϠȱσΗΓΐ΅΍ȱȱ ЀΐЗΑȱ ΌΉϱΖȱ

ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ hierȱ gewissermaßenȱ umȱ einenȱ theologischenȱ „BasisȬ satz“.ȱ Erȱ bestehtȱ ausȱ zweiȱ Hälften,ȱ dieȱ eineȱ wechselseitigeȱ Beziehungȱ ausdrücken.ȱDieȱbeteiligtenȱGrößenȱ(JHWHȱundȱIsrael)ȱwerdenȱinȱproȬ nominalerȱFormȱgleichȱinȱderȱerstenȱZeileȱgenannt,ȱundȱzwarȱinȱderȱ1.ȱ Personȱ Singularȱ undȱ inȱ derȱ 2.ȱ Personȱ Plural.ȱ Dieseȱ charakteristischeȱ Zuordnungȱ weistȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ JHWH,ȱ derȱ vonȱ sichȱ inȱ derȱ erstenȱ Personȱspricht,ȱderȱdurchgehendȱHandelndeȱist,ȱwährendȱdemȱVolkȱeinȱ Objektstatusȱ zukommt.25ȱ Dieȱ Substantiveȱ „Volk“ȱ undȱ „Gott“ȱ zeigenȱ sichȱentsprechendȱimȱGriechischenȱalsȱAkkusativȱbzw.ȱNominativȱundȱ sindȱ jeweilsȱ durchȱ Pronomina,ȱ dieȱ dasȱ Verhältnisȱ ausdrücken,ȱ näherȱ bestimmt.ȱWieȱdieȱTemporaȱzeigen,ȱgehtȱdasȱbereitsȱerfolgteȱ„Nehmen“ȱ Gottesȱ derȱ Gottesbeziehungȱ desȱ Volkesȱ fürȱ dieȱ Zukunftȱ voraus.ȱ Esȱ ergibtȱsichȱfolgendesȱSchema:ȱ ȱ JHWHȱ ȬȱSprecherȱundȱSubjektȱ Ȭȱ1.ȱPersonȱSingularȱ ȬȱhatȱsichȱeinȱVolkȱgenommen

VolkȱIsrael Ȭ AdressatȱdesȱSpruchesȱundȱObjekt Ȭ 2.ȱPersonȱPlural Ȭ erhält seineȱspezifischeȱGottesbeziehungȱ

ȱ DieȱBundesformelȱerscheintȱdort,ȱwoȱdasȱHandelnȱGottesȱanȱIsraelȱbeȬ schriebenȱwird:ȱ„BeimȱAuszugȱausȱÄgypten,ȱimȱWohnenȱGottesȱmittenȱ inȱ seinemȱ Volk,ȱ inȱ derȱ Heimkehrȱ undȱ inȱ derȱ durchȱ Gerichtȱ (Ezȱ 14,11)ȱ undȱHeilshandelnȱbewirktenȱWiederherstellungȱIsraels.“26ȱ Inȱ derȱ LXXȱ wirdȱ ʤʙ ʕʥʤʍ ʩʚʭʔʲȱ mitȱ Ώ΅ϲΖȱ ΌΉΓІȱ wiedergegeben.ȱ Dadurchȱ erhältȱ auchȱ dasȱ zunächstȱ nichtȱ religiösȱ konnotierteȱ Ώ΅ϱΖȱ einenȱ speziȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ aufȱdieȱgegenwärtigeȱGenerationȱbezogenȱwirdȱ(vgl.ȱdazuȱDtnȱ29,9–11:ȱ„heute“ȱgeȬ schiehtȱdasȱ„Eintreten“ȱinȱdenȱBundȱmitȱJHWH).ȱ 24ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLipiÚski,ȱArt.ȱʭʔʲ,ȱ187;ȱRendtorff,ȱBundesformel.ȱ 25ȱȱ Vgl.ȱauchȱdieȱausführlichereȱFormulierungȱDtnȱ26,17–19.ȱ 26ȱȱ Schreiner,ȱTheologie,ȱ22.ȱ

42ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

fischȱreligiösenȱSinn.ȱDieȱBegrifflichkeitȱdesȱΏ΅ϲΖȱΌΉΓІ,ȱdemȱderȱΌΉϲΖȱ ЀΐЗΑȱentspricht,ȱweistȱstetsȱaufȱdieseȱexklusiveȱErwählungȱIsraelsȱhin,ȱ ohneȱ dieȱ dieȱ Eigenartȱ derȱ biblischenȱ Geschichtsschreibungȱ nichtȱ zuȱ verstehenȱ ist.ȱ Mitȱ Hansȱ Wildbergerȱ könnenȱ wirȱ festhalten,ȱ dassȱ dieȱ ErwählungȱIsraelsȱalsȱeineȱSpielartȱderȱZugehörigkeitsformelȱbzw.ȱderȱ Bundesformelȱanzusehenȱist.27ȱ Zumȱ umrissenenȱ Themenfeldȱ fügenȱ sichȱ ausȱ unterschiedlichenȱ ZusamȬ menhängenȱ stammendeȱ Formulierungenȱ wieȱ „Eigentumsvolk“,ȱ „BundesȬ zusage“,ȱ oderȱ „Erwählung“,ȱ aberȱ auchȱ etwaȱ dieȱ Vatervorstellungȱ Gottes;ȱ sieȱalleȱdeutenȱdenȱAssoziationshorizontȱan,ȱderȱaufgerufenȱwird,ȱwennȱinȱ antikenȱ jüdischenȱ Textenȱ vonȱ „Israel“ȱ dieȱ Redeȱ ist.ȱ Derȱ Erwählungȱ entȬ sprichtȱ dabeiȱ auchȱ eineȱ grundsätzlicheȱ Abgrenzungȱ Israelsȱ gegenüberȱ anȬ derenȱVölkernȱundȱderenȱGötternȱ(vgl.ȱnurȱDtnȱ4,20).ȱDasȱVolkȱJHWHsȱhatȱ freilichȱ besondereȱ Verpflichtungenȱ zuȱ erfüllen,ȱ seineȱ Aufgabeȱ bestehtȱ daȬ rin,ȱderȱWeisungȱJHWHsȱzuȱfolgenȱ(vgl.ȱDtnȱ10,12f.).ȱȱ

2.1.3ȱTheologischeȱKonzepteȱzurȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ Ausȱ derȱ Erwählungstheologieȱ erwächstȱ dieȱ Hoffnung,ȱ dassȱ JHWHȱ seinemȱ Volkȱ schließlichȱ Heilȱ undȱ Rettungȱ gewährenȱ würde.28ȱ Dieȱ ErȬ langungȱ diesesȱ Heilsȱ istȱ dabeiȱ inȱ derȱ großenȱ Mehrheitȱ derȱ ÜberliefeȬ rungenȱ ausdrücklichȱ mitȱ Bedingungenȱ verknüpft.ȱ Zumȱ Motivȱ derȱ ErȬ wählungȱ Israelsȱ undȱ zurȱ Bundeskonzeptionȱ trittȱ soȱ derȱ Gedankeȱ derȱ KonditionierungȱdesȱdarausȱzuȱerhoffendenȱHeils.ȱ Gegenȱeinȱunkonditioniertes,ȱreinȱaufȱdieȱErzählungenȱderȱVergangenheitȱ sichȱ gründendesȱ Verständnisȱ vonȱ Erwählungȱ lassenȱ sichȱ vieleȱ Beispieleȱ auchȱausȱnachalttestamentlicherȱZeitȱanführen.ȱSoȱverwehrtȱderȱTäuferȱJoȬ hannesȱnachȱseinerȱPredigtȱinȱderȱLogienquelleȱ(Lkȱ3,8ȱparȱMtȱ3,9)ȱdieȱBeȬ rufungȱ aufȱ Abrahamȱ undȱ übtȱ Kritikȱ anȱ derȱ Engführungȱ desȱ ErwählungsȬ gedankensȱinȱRichtungȱeinesȱHeilsautomatismus.ȱDieȱpositivenȱWirkungenȱ derȱErwählungȱerweisenȱsichȱentsprechendȱderȱTatenȱIsraels.ȱAuchȱdieȱbeȬ kannteȱ Wendungȱ ausȱ mSanhȱ 10,1ȱ („Ganzȱ Israelȱ hatȱ Anteilȱ anȱ derȱ komȬ mendenȱ Welt“)ȱ schränktȱ dieȱuniversaleȱ Aussageȱ derȱHeilserlangungȱ ganzȱ Israelsȱ unverzüglichȱ wiederȱ ein,ȱ indemȱ sieȱ anschließendȱ auflistet,ȱ „werȱ keinenȱ Anteilȱ anȱ derȱ kommendenȱ Weltȱ hat“:ȱ „Derjenige,ȱ derȱ behauptet,ȱ dassȱ dieȱ Auferstehungȱ derȱ Totenȱ nichtȱ (inȱ derȱ Tora)ȱ mitgeteiltȱ wird;ȱ dassȱ dieȱToraȱnichtȱvomȱHimmelȱgeoffenbartȱist;ȱundȱderȱEpikuräer.ȱDerjenige,ȱ derȱexterneȱBücherȱliest;ȱderjenigeȱderȱüberȱeinerȱWundeȱflüstert;ȱderjenigeȱ derȱdenȱgöttlichenȱNamenȱnachȱseinenȱBuchstabenȱausspricht;ȱdreiȱKönige:ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 27ȱȱ Vgl.ȱWildberger,ȱArt.ȱʸʧʡ,ȱ283;ȱetwasȱandersȱSchreiner,ȱTheologie,ȱ22–25.ȱ 28ȱȱ Vgl.ȱdazuȱausȱntl.ȱPerspektiveȱauchȱMußner,ȱGal,ȱ217–219.ȱ

ȱ

2.1ȱ Dieȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ–ȱTerminologischeȱKlärungenȱ

43ȱ

Jerobeam,ȱ Ahab,ȱ Manasse;ȱ vierȱ Privatleute:ȱ Bileam,ȱ Doeg,ȱ Achitophel,ȱ Gechasi.“29ȱ

Frühjüdischeȱ Texteȱ wieȱ Sirȱ 15,15–19,ȱ PsSalȱ 14,3ȱ u.ȱ a.ȱ zeigenȱ deutlich,ȱ dassȱ dieȱ Erfüllungȱ desȱ Gesetzesȱ –ȱ Grundlageȱ fürȱ dasȱ geordneteȱ VerȬ hältnisȱzwischenȱIsraelȱundȱseinemȱGottȱ–ȱalsȱeineȱganzȱrealeȱMöglichȬ keitȱ angesehenȱ wurde.30ȱ Inȱ Spannungȱ dazuȱ stehenȱ jedochȱ vieleȱ Texte,ȱ dieȱvomȱAbfallȱIsraelsȱvonȱseinemȱGottȱhandeln.ȱDieserȱGedankeȱwirdȱ vorȱ allemȱ beiȱ denȱ Prophetenȱ formuliertȱ undȱ kommtȱ dannȱ inȱ derȱ EntȬ wicklungȱdesȱdeuteronomistischenȱGeschichtsbildesȱvollȱzumȱTragen.31ȱ Eineȱ Lösungȱ bietetȱ sichȱ imȱ Motivȱ derȱ ursprünglichenȱ undȱ dauerndenȱ LiebeȱGottesȱ(vgl.ȱJesȱ43,3f.),32ȱdieȱalsȱGarantȱdafürȱgesehenȱwird,ȱdassȱ dieȱErwählungȱBestandȱhat,ȱobwohlȱIsraelȱkeineswegsȱinȱTugendȱoderȱ gutenȱTatenȱanderenȱvoranstehtȱ(vgl.ȱDtnȱ7,6–8).ȱ Dieȱ Vorstellungȱ derȱ Erwählungȱ Israelsȱ wurdeȱ vorȱ allemȱ dannȱ zuȱ einemȱ theologischenȱ Problem,ȱ wennȱ sichȱ Israelȱ inȱ geschichtlichenȱ KriȬ senerfahrungenȱ befand.ȱ Imȱ Kontextȱ desȱ dargestelltenȱ VertragsverhältȬ nissesȱwurdenȱdieseȱalsȱFolgeȱvorangehenderȱVerfehlungenȱgegenüberȱ denȱ Bedingungen,ȱ aufȱ denenȱ dieȱ Erwählungȱ gründet,ȱ gedeutet.ȱ Dieȱ Erfahrungȱ derȱ Kriseȱ Israelsȱ trugȱ soȱ wesentlichȱ dazuȱ bei,ȱ dassȱ spezifiȬ scheȱ Zukunftskonzepteȱ entstehenȱ konnten.ȱ Dieȱ grundlegendenȱ EntȬ würfeȱ lassenȱ sichȱ inȱ dieȱ exilischeȱ bzw.ȱ nachexilischeȱ Zeitȱ imȱ 6.ȱ JahrȬ hundertȱv.ȱChr.ȱdatieren,ȱ„inȱderȱkreativȱundȱunterȱhohemȱintellektuelȬ lemȱ Einsatzȱ mitȱ Hilfeȱ derȱ ‚Bundes‘ȬKategorieȱ dieȱ Exilskatastropheȱ geȬ deutetȱundȱvorȱallemȱnachȱdenȱFundamentenȱundȱdenȱCharakteristikenȱ desȱzukünftigenȱVerhältnissesȱYHWHȱ–ȱIsraelȱgefragtȱwurde“33.ȱDaranȱ zeigtȱsichȱeinmalȱmehr,ȱdassȱtheologischeȱÜberlegungenȱzurȱFrageȱnachȱ derȱZukunftȱIsraelsȱausȱeinerȱbestimmtenȱSituationȱundȱdenȱsichȱanȱsieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 29ȱȱ Übersetzungȱ nachȱ Schäfer,ȱ Jesus,ȱ 64;ȱ vgl.ȱ dortȱ auchȱ 60–67ȱ zurȱ Auslegungȱ dieserȱ SätzeȱinȱBezugȱaufȱJesus;ȱvgl.ȱschließlichȱimȱTalmudȱbBetsaȱ32b:ȱ„Werȱsichȱüberȱdieȱ Menschenȱerbarmt,ȱvonȱdemȱistȱgewiß,ȱdassȱerȱzuȱdemȱSamenȱunseresȱVatersȱAbraȬ hamȱgehört;ȱundȱwerȱsichȱnichtȱüberȱdieȱMenschenȱerbarmt,ȱvonȱdemȱistȱgewiß,ȱdassȱ erȱnichtȱzumȱSamenȱunseresȱVatersȱAbrahamȱgehört“ȱ(Strack/Billerbeck,ȱKommentarȱ II,ȱ523).ȱ 30ȱȱ Vgl.ȱauchȱdieȱselbstverständlicheȱRedeȱvomȱTunȱderȱToraȱinȱmAbotȱII,ȱ8b:ȱ„Wennȱduȱ dieȱToraȱinȱreichemȱMaßeȱgehaltenȱhast,ȱsoȱtueȱdirȱdaraufȱnichtsȱzugute;ȱdennȱdazuȱ bistȱduȱgeschaffen.“ȱ 31ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ untenȱ Kap.ȱ 2.2.ȱ Dieseȱ Perspektiveȱ ergibtȱ sich,ȱ weilȱ Katastrophenȱ undȱ NiederlagenȱinȱderȱGeschichteȱIsraelsȱrückblickendȱschematischȱalsȱFolgeȱderȱNichtȬ EinhaltungȱderȱErwählungsbedingungenȱinterpretiertȱwerden.ȱDasȱVersagenȱIsraelsȱ wirdȱdeutlichȱinȱ TextenȱwieȱAmȱ 2,9–12;ȱ4,6ff.;ȱJesȱ1,2ff.;ȱ5,1ff.;ȱMiȱ 6,1ff.;ȱHosȱ11,1ff.;ȱ Jerȱ2,1ff.;ȱEzȱ20,13.16.21.27.ȱ 32ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱSpieckermann,ȱGottesȱLiebe,ȱ197–223.ȱ 33ȱȱ Groß,ȱZukunft,ȱ9.ȱ

44ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

anknüpfendenȱErfahrungenȱherausȱerwachsenȱsind:ȱDieȱErlebnisseȱderȱ Exilszeit34ȱwerfenȱdieȱZukunftsfrageȱinȱbislangȱungekannterȱWeiseȱaufȱ undȱ habenȱ unmittelbareȱ Auswirkungenȱ darauf,ȱ wieȱ sichȱ Israelȱ eineȱ ZukunftȱmitȱseinemȱGottȱvorstellenȱkonnte.ȱSoȱwirdȱmanȱnichtȱmitȱeiȬ nerȱ einheitlichenȱ Vorstellungȱ rechnen,ȱ dieȱ womöglichȱ garȱ denȱ Textenȱ vorausliegt,ȱ sondernȱ unterschiedlicheȱ Richtungenȱ vermuten,ȱ dieȱ alsȱ FruchtȱderȱunübersichtlichenȱPhaseȱdesȱExilsȱundȱihrerȱFolgenȱanzuseȬ henȱsind.ȱ DieȱZeitȱdesȱExilsȱistȱdurchȱdenȱVerlustȱderȱEigenstaatlichkeitȱundȱdieȱZerȬ störungȱ derȱ identitätsstiftendenȱ Orteȱ alsȱ eineȱ Kriseȱ fürȱ Israelȱ anzusehen,ȱ dieȱanȱdieȱWurzelnȱdesȱeigenenȱSelbstverständnissesȱreichte.ȱDerȱseitȱdemȱ 7.ȱ Jahrhundertȱ v.ȱ Chr.ȱ inȱ Jerusalemȱ zentralisierteȱ Opferkult35ȱ warȱ unmögȬ lichȱgeworden.ȱEsȱstellteȱsichȱdieȱFrage,ȱobȱundȱwieȱdieȱGeschichteȱIsraelsȱ mitȱseinemȱGottȱweitergehenȱkonnte.ȱImȱZugeȱeinerȱ„theologischenȱGrundȬ lagenforschung“36ȱwurdenȱsoȱinȱderȱExilszeitȱdieȱgroßenȱErzählungenȱIsraȬ elsȱgeschaffen,ȱwieȱsieȱschließlichȱimȱAltenȱTestamentȱnormativeȱGültigkeitȱ erlangten.ȱDiesȱgeschahȱinȱAuseinandersetzungȱmitȱdenȱbereitsȱvorliegenȬ denȱGrößenȱwieȱderȱTheologieȱdesȱDeuteronomiumsȱundȱdenȱGeschichtsȬ traditionen,ȱseiȱesȱinȱWeiterführung,ȱseiȱesȱinȱAbgrenzung.ȱAufȱjedenȱFallȱ erwiesenȱsichȱdieȱvorhandenenȱKonzepteȱfürȱdieȱJahrzehnteȱdesȱExils,ȱdieȱ nebenȱ demȱ Verlustȱ derȱ bislangȱ bekanntenȱ Ordnungenȱ auchȱ einȱ neuesȱ BeȬ wusstseinȱderȱIdentitätȱIsraelsȱhervorbrachten,ȱalsȱnichtȱmehrȱausreichend.ȱ Inȱ diesemȱ Ringenȱ meldetenȱ sichȱ nichtȱ nurȱ Prophetenȱ zuȱ Wort,ȱ auchȱ derȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Ursprungszeitȱ Israelsȱ brachteȱ neueȱ Konzepteȱ hervor.ȱ Texte,ȱ dieȱvordergründigȱalsȱNacherzählungȱundȱDeutungȱderȱVergangenheitȱerȬ scheinen,ȱ formuliertenȱ zugleichȱ Optionenȱ fürȱ dieȱ Gegenwart.ȱ „Dieȱ alttesȬ tamentlichenȱ Autorenȱ theologisierenȱ nichtȱ abstrakt,ȱ sondernȱ sieȱ reflektieȬ renȱundȱgestaltenȱinȱihrenȱErzählungenȱ überȱYHWHȱundȱseinȱVolkȱjeȱdieȱ politischen,ȱsozialen,ȱreligiösenȱErfahrungenȱihrerȱZeitgenossen.“37ȱȱ

InȱderȱspäterenȱtheologischenȱEntwicklungȱjüdischerȱTheologieȱistȱdasȱ babylonischeȱExilȱmitȱderȱZerstörungȱJerusalemsȱstetsȱalsȱeinȱwesentliȬ cherȱEinschnittȱbedeutsam.ȱInfolgeȱderȱobenȱvorgestelltenȱvorexilischenȱ SichtȱdesȱDeuteronomiumsȱerschienȱdieȱKatastropheȱdesȱExilsȱalsȱBunȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 34ȱȱ Bezüglichȱ derȱ historischenȱ Vorgängeȱ imȱ Kontextȱ desȱ „babylonischenȱ Exils“ȱ istȱ dieȱ Wissenschaftȱ zunehmendȱ zurückhaltend.ȱ Dasȱ giltȱ auchȱ fürȱ dieȱ Einschätzungȱ derȱ Größenordnungȱ desȱ Exilsgeschehensȱ undȱ vorȱ allemȱ derȱ Rückkehrȱ „Israels“ȱ insȱ Land,ȱvgl.ȱdazuȱFrevel,ȱGrundriss,ȱ666–671;ȱfürȱdasȱtraditionellȱgenannteȱJahrȱ587ȱv.ȱ Chr.ȱ alsȱ Jahrȱ derȱ Verbannungȱ sprichtȱ erȱ lediglichȱ vonȱ einerȱ örtlichȱ beschränktenȱ „Strafaktion“ȱ(669).ȱ 35ȱȱ Dazuȱundȱzurȱsog.ȱ„Kultzentralisation“ȱunterȱJoschijaȱvgl.ȱFrevel,ȱGrundriss,ȱ664f.ȱ 36ȱȱ Groß,ȱBundeszeichen,ȱ100.ȱ 37ȱȱ Ebd.ȱ

ȱ

2.1ȱ Dieȱ„ZukunftȱIsraels“ȱ–ȱTerminologischeȱKlärungenȱ

45ȱ

desfluch,ȱ dasȱ Verhaltenȱ Israelsȱ vorherȱ alsȱ Bundesbruch,38ȱ wieȱ Walterȱ Großȱdarlegt:ȱ „KonstitutivumȱderȱbisherigenȱGottesbeziehungȱwarȱdieȱvonȱYHWHȱdurchȱ MoseȱamȱHorebȱbeziehungsweiseȱinȱdenȱSteppenȱMoabsȱgeschlosseneȱbȉrÎt;ȱ dieseȱbȉrÎtȱbesagte:ȱYHWHȱverpflichtetȱIsraelȱaufȱseineȱGebote.ȱHältȱesȱdieȱ Gebote,ȱ soȱ sichertȱ YHWHȱ ihmȱ gesegnetes,ȱ fruchtbaresȱ Lebenȱ imȱ eigenenȱ Land.ȱBrichtȱesȱaberȱdieȱbȉrÎtȱdurchȱMißachtungȱderȱGebote,ȱvorȱallemȱdesȱ Alleinverehrungsanspruchsȱ YHWHs,ȱ soȱ schicktȱ YHWHȱ ihmȱ Fluchȱ undȱ Vernichtung.ȱDieȱAnalyseȱausȱderȱErfahrungȱdesȱExilsȱwarȱeindeutig:ȱIsraelȱ hatȱdieȱbȉrÎtȱdurchȱseinenȱGötzendienstȱgebrochen,ȱdieȱFlücheȱsindȱaufȱIsȬ raelȱherabgekommen.ȱDieseȱSinaiȬȱbzw.ȱHorebȬbȉrÎtȱistȱerledigt,ȱsieȱendeteȱ fürȱdasȱVolkȱinȱeinerȱKatastrophe.ȱWillȱYHWHȱeineȱweitereȱGeschichteȱmitȱ seinemȱVolk,ȱsoȱmussȱerȱneuȱansetzen,ȱerȱkannȱanȱnichtsȱanknüpfen.“39ȱȱ

AusȱdenȱErfahrungenȱvonȱZerstörungȱbeiȱgleichzeitigerȱBewahrungȱderȱ IdentitätȱIsraelsȱerwuchsenȱjedochȱHerausforderungenȱfürȱeineȱtheoloȬ gischeȱ Verarbeitungȱ derȱ Ereignisse.ȱ Inȱ besondererȱ Weiseȱ wandteȱ manȱ sichȱ dabeiȱ auchȱ denȱ Darstellungenȱ derȱ Vergangenheitȱ zu,ȱ dieȱ derȱ Selbstvergewisserungȱ dienten,ȱ undȱ gestalteteȱ „dieȱ altenȱ Erzählungenȱ vonȱ denȱ Patriarchen,ȱ vonȱ derȱ Befreiungȱ ausȱ Ägyptenȱ undȱ vomȱ WüsȬ tenzugȱmitȱdemȱZielȱderȱLandnahmeȱneu“40.ȱȱ MehrereȱAnsätze,ȱdieȱumȱeineȱZukunftsperspektiveȱfürȱIsraelȱnachȱ demȱBundesbruchȱundȱdemȱgöttlichenȱZorn,ȱwieȱerȱsichȱimȱExilȱsichtȬ barȱausgewirktȱhatte,ȱringen,ȱlassenȱsichȱunterscheiden.ȱFürȱeineȱgewisȬ seȱSystematisierungȱderȱAnsätzeȱistȱesȱhilfreich,ȱmitȱOdilȱHannesȱSteck,ȱ Erichȱ Zengerȱ undȱ anderenȱ etwasȱ vereinfachendȱ zweiȱ sichȱ theologischȱ umȱ dieȱ Zukunftȱ ihresȱ Volkesȱ mühendeȱ Gruppierungenȱ imȱ nachexilȬ ischenȱIsraelȱgegenüberzustellen:41ȱAufȱderȱeinenȱSeiteȱeineȱtheokratischeȱ Richtung,ȱdieȱdenȱgöttlichenȱOrdnungenȱbesondereȱBedeutungȱzumaß,ȱ inȱderȱPerserherrschaftȱzugleichȱdieȱerwarteteȱHerrschaftȱJHWHsȱangeȬ brochenȱ undȱ dieȱ Verheißungenȱ derȱ Prophetenȱ Israelsȱ erfülltȱ sahȱ undȱ ihreȱ wichtigstenȱ Dokumenteȱ inȱ denȱ priester(schrift)lichenȱ Textenȱ desȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 38ȱȱ DieserȱGrundgedankeȱerscheintȱ nochȱinȱ vielȱspätererȱZeit,ȱetwaȱbeiȱderȱZerstörungȱ JerusalemsȱimȱJahrȱ70ȱn.ȱChr.,ȱdieȱvonȱvielenȱimȱLichtȱderȱExilserfahrungȱIsraelsȱgeȬ sehenȱ wurde,ȱ vgl.ȱ dazuȱ auchȱ dieȱ Ausführungenȱ zuȱ Lkȱ 21,20–24ȱ untenȱ Kap.ȱ 3.4.ȱ Esȱ handeltȱsichȱdabeiȱimȱGrundeȱumȱeineȱDeutungȱvonȱBegebenheitenȱimȱKontextȱeinesȱ TunȬErgehenȬZusammenhangs.ȱDieserȱistȱnichtȱaufȱdieȱbiblischeȱZeitȱoderȱdieȱAntiȬ keȱbeschränkt.ȱ 39ȱȱ Groß,ȱBundeszeichen,ȱ101.ȱ 40ȱȱ Groß,ȱBundeszeichen,ȱ100f.ȱ 41ȱȱ Vgl.ȱ zumȱ Folgendenȱ Steck,ȱ Abschlußȱ derȱ Prophetie,ȱ 15f.,ȱ sowieȱ dieȱ zusammenfasȬ sendeȱDarstellungȱbeiȱZenger,ȱProzess,ȱ131f.ȱ

46ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

Pentateuchsȱhinterlassenȱhat;42ȱaufȱderȱanderenȱSeiteȱeineȱeschatologischeȱ Richtung,ȱ dieȱ nochȱ immerȱ dasȱ Gerichtȱ Gottesȱ wirksamȱ sah,ȱ aufȱ eineȱ zukünftigeȱSegenswendungȱzugunstenȱIsraelsȱdurchȱGottȱselbstȱhoffteȱ undȱsichȱetwaȱinȱderȱSchriftprophetie43ȱsowieȱinȱderȱanȱdasȱvorexilischeȱ Deuteronomiumȱ anknüpfendenȱ deuteronomistischenȱ Traditionȱ zeigt.ȱ BeidenȱStrömungenȱkönnenȱspezifischeȱBundeskonzeptionenȱzugeordȬ netȱ werden:ȱ Inȱ derȱ priesterlichȬtheokratischenȱ Theologieȱ wirdȱ derȱ AkȬ zentȱaufȱdenȱGnadencharakterȱdesȱBundesȱgelegt.ȱUnterȱBetonungȱderȱ Erzvätertraditionȱ istȱ Gottȱ alleinȱ fürȱ dieȱ Aufrichtungȱ undȱ Geltungȱ desȱ Bundesȱverantwortlich.ȱDagegenȱbetontȱdieȱeschatologischȱausgerichteȬ teȱ Theologieȱ desȱ Deuteronomiumsȱ denȱ Bundȱ alsȱ wechselseitigeȱ VerȬ tragsverpflichtung,ȱ dieȱ Israelȱ alsȱ Vertragspartnerȱ unterȱ Segenȱ undȱ Fluchȱstellt.ȱUnterȱBetonungȱderȱErzählungen,ȱnachȱdenenȱderȱBundȱamȱ Horebȱ(Sinai)ȱgeschlossenȱwurde,ȱhandeltȱesȱsichȱumȱeinenȱgrundsätzȬ lichȱkonditioniertenȱBund.ȱȱ Inȱ derȱ kanonischenȱ Formȱ desȱ Pentateuchsȱ werdenȱ beideȱ StrömunȬ genȱ inȱ einemȱ Kompromissȱ zusammengeführt:ȱ Moseȱ alsȱ „gemeinsameȱ Deutefigur“44ȱ allerȱ jüdischenȱ Gruppenȱ wirdȱ eineȱ „Vermittlungsfigurȱ derȱ unterschiedlichenȱ Gruppenȱ undȱ Lebenskontexte“45.ȱ Entsprechendȱ findenȱ sichȱ nachȱ derȱ Zusammenführungȱ derȱ Konzepteȱ inȱ derȱ PentaȬ teuchredaktionȱ auchȱ klassischeȱ Synthesetexte.46ȱ Dieseȱ wichtigeȱ BeȬ obachtungȱ erklärt,ȱ dassȱ alleȱ späterenȱ theologischenȱ Konzepte,ȱ dieȱ aufȱ dieȱ Toraȱ rekurrierenȱ undȱ dieseȱ alsȱ Einheitȱ lesenȱ undȱ verstehen,ȱ keineȱ reinȱ„deuteronomistische“ȱbzw.ȱ„priesterschriftliche“ȱTheologieȱdarausȱ rezipieren,ȱsondernȱimmerȱeinȱSyntheseproduktȱdarstellen,ȱdasȱfreilichȱ spezifischeȱ Schwerpunkteȱ setzenȱ kann.47ȱ Umȱ dieseȱ aberȱ erkennenȱ zuȱ können,ȱsindȱdieȱKonzepteȱbeiderȱRichtungenȱimȱFolgendenȱzuȱentfalȬ ten.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 42ȱȱ Einȱ wichtigerȱ Bestandteilȱ dieserȱ Konzeptionȱ istȱ dieȱ Schöpfungstheologie:ȱ Gottesȱ Ordnungenȱsindȱeinȱfürȱallemalȱgesetztȱ(inȱderȱSchöpfungȱundȱinȱderȱZeitȱvonȱAbraȬ hamȱbisȱMose)ȱ–ȱnunȱgiltȱesȱsichȱdanachȱzuȱrichten.ȱ 43ȱȱ FürȱsieȱgiltȱdieȱPerserzeitȱimmerhinȱalsȱErleichterung,ȱdieȱjedochȱebensoȱderȱKönigsȬ herrschaftȱJHWHsȱharrt.ȱ 44ȱȱ Zenger,ȱProzess,ȱ133.ȱ 45ȱȱ Ebd.ȱ 46ȱȱ Z.ȱ B.ȱ Exȱ 19,3–9;ȱ 34,9–10;ȱ Levȱ 26,40–45;ȱ Genȱ 50,24ȱ usw.;ȱ vgl.ȱ dazuȱ auchȱ untenȱ Kap.ȱ 2.3.4.ȱ 47ȱȱ DiesȱistȱauchȱbeiȱLukasȱbzw.ȱderȱPaulusȱderȱFall,ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.11.5ȱundȱ5.1.ȱ

ȱ

2.2ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ

47ȱ

2.2ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ WennȱimȱFolgendenȱvonȱ„deuteronomistischerȱTheologie“ȱgesprochenȱ wird,ȱ istȱ zunächstȱ wiederȱ dieȱ Terminologieȱ zuȱ klären.ȱ Danachȱ sindȱ einigeȱ charakteristischeȱ Elementeȱ dieserȱ theologischenȱ Sichtweiseȱ zuȱ erläutert,ȱ derenȱ Rezeptionsgeschichteȱ bisȱ inȱ dasȱ lukanischeȱ DoppelȬ werkȱreicht.ȱ

2.2.1ȱZumȱTerminusȱ„Deuteronomismus“ȱ Nachȱ einerȱ Definitionȱ Erichȱ Zengersȱ sindȱ „deuteronomistische“ȱ Texteȱ „imȱ Geisteȱ undȱ inȱ derȱ Sprachimitationȱ desȱ joschijanischenȱ DeuteronoȬ miumsȱ gestaltet“48.ȱ Esȱ handelteȱ sichȱ dabeiȱ wohlȱ umȱ eineȱ GesetzesȬ sammlung,ȱ derȱ besondersȱ anȱ einerȱ Kultzentralisationȱ inȱ Jerusalemȱ geȬ legenȱwarȱundȱdieȱdieȱAlleinverehrungȱJHWHsȱimȱJerusalemerȱTempelȱ undȱalsȱStaatskultȱdurchsetzenȱwollte.49ȱ Inȱ derȱ Traditionȱ derȱ hierȱ grundgelegtenȱ JHWHȬAlleinverehrungȱ undȱergänztȱdurchȱdieȱKrisenerfahrungȱdesȱExilsȱentstandȱinȱmehrerenȱ StadienȱundȱunterȱVerarbeitungȱältererȱQuellenȱeinȱgroßräumigesȱliteȬ rarischesȱ Werk,ȱ dasȱ dieȱ heutigenȱ kanonischenȱ Bücherȱ Dtnȱ bisȱ 2ȱ Könȱ umfasst,ȱalsoȱdieȱGeschichteȱIsraelsȱvomȱEinzugȱinsȱLandȱbisȱzumȱEndeȱ derȱ Eigenstaatlichkeit.ȱ Dieȱ inȱ derȱ älterenȱ Forschungȱ beliebteȱ BezeichȬ nungȱ diesesȱ Textcorpusȱ alsȱ „deuteronomistischesȱ Geschichtswerk“ȱ (dtrG)ȱ erscheintȱ inzwischenȱ alsȱ unpassend,50ȱ weilȱ sieȱ inȱ derȱ Traditionȱ JuliusȱWellhausensȱeinenȱ„Autor“ȱvoraussetzt,ȱ„derȱdasȱdeuteron.ȱGeȬ setzȱ inȱ dieȱ Geschichteȱ eingefügtȱ undȱ dieȱ Geschichteȱ nachȱ demȱ deuteȬ ron.ȱGesetzȱbearbeitetȱhat“.51ȱDochȱziehenȱsichȱdeuteronomistischeȱTexȬ teȱ nichtȱ nurȱ durchȱ dieseȱ umfangreicheȱ Geschichtserzählung,ȱ sondernȱ lassenȱ sichȱ inȱ allenȱ Teilenȱ desȱ Altenȱ Testamentsȱ finden.52ȱ Esȱ handeltȱ sichȱumȱeineȱtheologischeȱStrömung,ȱdieȱfürȱdieȱkanonisiertenȱSchriftȬ fassungenȱ desȱ Altenȱ Testamentsȱ alsȱ zentralȱ bezeichnetȱ werdenȱ kann.ȱ Zahlreicheȱ Passagenȱ inȱ diesenȱ Büchernȱ zeichnenȱ sichȱ durchȱ einigeȱ durchgängigȱerkennbareȱCharakteristikaȱaus,ȱanhandȱdererȱsieȱvonȱdenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 48ȱȱ Zenger,ȱEinleitung,ȱ732.ȱ 49ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ2.1.2.2ȱzurȱBundesvorstellungȱundȱihrerȱHerkunftȱausȱderȱZeitȱ derȱneuassyrischenȱHerrschaft.ȱ 50ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBraulik,ȱTheorien,ȱ200.ȱ 51ȱȱ Wellhausen,ȱCompositionȱdesȱHexateuchs,ȱ117.ȱ 52ȱȱ Vgl.ȱbes.ȱdieȱdtrȱPsalmenredaktionenȱundȱdieȱdtrȱTextabschnitteȱbeiȱdenȱSchriftproȬ pheten,ȱ vorȱ allemȱ Jeremia,ȱ vgl.ȱ dazuȱ auchȱ Groß,ȱ Jeremiaȱ undȱ dieȱ „deuteronomistiȬ scheȱBewegung“.ȱ

48ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

älterenȱ Traditionenȱ desȱ Gesamtwerkesȱ unterschiedenȱ werdenȱ können.ȱ Dieseȱ alsȱ „dtrȱ (=ȱ deuteronomistische)ȱ Spracheȱ undȱ Theologie“53ȱ beȬ zeichnetenȱ Eigenartenȱ undȱ Gemeinsamkeitenȱ „reichenȱ vomȱ SprachgeȬ brauchȱ überȱ Inhalteȱ wieȱ JHWHȬAlleinverehrungȱ undȱ TorabeobachȬ tung,ȱ bisȱ zuȱ Vorstellungskomplexenȱ (z.ȱ B.ȱ Gesetzeȱ desȱ GeschichtsabȬ laufs,ȱdieȱzuȱSegenȱoderȱFluchȱführen)ȱundȱkompositorischenȱSchemataȱ (z.ȱB.ȱVerheißungȱ–ȱErfüllung)ȱaufȱverschiedenenȱEbenen.“54ȱDieȱdeuteȬ ronomistischeȱTheologieȱkonstruiertȱaufȱderȱBasisȱwichtigerȱinhaltlicherȱ Akzenteȱ desȱ Deuteronomiumsȱ eineȱ übergreifendeȱ GeschichtserzähȬ lung,ȱdieȱdieȱZeitȱvonȱderȱ(fiktionalen)ȱBesiedlungȱdesȱLandesȱbisȱzumȱ EndeȱderȱEigenstaatlichkeitȱalsȱganzeȱgewissermaßenȱimȱLichtȱdesȱDeuȬ teronomiumsȱinterpretiert.ȱHistorischȱistȱdabeiȱzuȱbeachten,ȱdassȱdieseȱ deuteronomistischeȱTheologie,ȱundȱdamitȱweiteȱTeileȱderȱalttestamentȬ lichenȱKonzeptionenȱüberhaupt,ȱvermutlichȱnichtȱausȱdemȱLandȱIsraelȱ selbstȱ stammen,ȱ sondernȱ „intellektuell“ȱ vonȱ denȱ Exulantenȱ entwickeltȱ wurde.55ȱȱ

2.2.2ȱGrundzügeȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ DieȱGrundzügeȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱlassenȱsichȱanhandȱ vielerȱ Texteȱ aufzeigen.ȱ Werȱ mitȱ Josefȱ Schreinerȱ z.ȱ B.ȱ vonȱ Dtnȱ 6,20–25ȱ ausgeht,56ȱ findetȱ dortȱ dieȱ schonȱ erwähntenȱ Elementeȱ derȱ VertragsverȬ pflichtungȱ Israelsȱ undȱ dieȱ damitȱ verbundenenȱ Implikationenȱ aufȱ dieȱ Größenȱ „Land“ȱ undȱ „Gesetz“ȱ angewendet.ȱ Dieȱ Landverheißungȱ wirdȱ durchȱ dieȱ Verpflichtungȱ aufȱ dieȱ Geboteȱ konditioniert.ȱ Daȱ dasȱ Landȱ demȱVolkȱzugleichȱLebenȱbringtȱundȱdieserȱZustandȱzuȱerhaltenȱist,ȱistȱ dieȱToraȱJHWHsȱzuȱbeachtenȱundȱzuȱtun.ȱDabeiȱverkörpertȱdieȱGestaltȱ desȱ Mose,ȱ alsȱ dessenȱ Redeȱ dasȱ Deuteronomiumȱ narrativȱ gestaltetȱ istȱ (vgl.ȱDtnȱ1,1),ȱsowohlȱdenȱExodusȱalsȱauchȱdieȱGabeȱdesȱGesetzes.ȱȱ Dieserȱ Grundduktus,ȱ durchȱ denȱ sichȱ großeȱ Teileȱ derȱ „GeschichtsȬ bücher“ȱalsȱdeuteronomistischȱerweisenȱlassen,ȱkannȱanȱunterschiedliȬ chenȱBeispielenȱverdeutlichtȱwerden:ȱSoȱwerdenȱnurȱdiejenigenȱKönigeȱ positivȱgezeichnet,ȱdieȱsichȱ–ȱnachȱMeinungȱderȱDeuteronomisten,ȱdieȱ dieȱ Toraȱ gemäßȱ demȱ Deuteronomiumȱ alsȱ Maßstabȱ anlegenȱ –ȱ umȱ dieȱ richtigeȱ JHWHȬVerehrungȱ verdientȱ gemachtȱ haben,ȱ nämlichȱ Hiskijaȱ undȱ Joschija.ȱ Derȱ Verlustȱ desȱ Landesȱ amȱ Endeȱ vonȱ 2ȱ Könȱ bedeutet,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 53ȱȱ 54ȱȱ 55ȱȱ 56ȱȱ

Braulik,ȱTheorien,ȱ200.ȱ Braulik,ȱTheorien,ȱ194.ȱ Vgl.ȱMaier,ȱZwischenȱdenȱTestamenten,ȱ41f.ȱ Schreiner,ȱGeschichtsdeutung,ȱ109.ȱ

ȱ

2.2ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ

49ȱ

dassȱderȱGroßteilȱderȱHerrscherȱderȱGesetzesverpflichtungȱnichtȱnachȬ gekommenȱist,ȱsoȱdassȱdieȱStaatlichkeitȱIsraelsȱaufsȱGanzeȱgesehenȱalsȱ Zeitȱ desȱ Niedergangsȱ undȱ derȱ Sündeȱ erscheint.ȱ Dasȱ Exilȱ undȱ dieȱ ZerȬ störungȱJerusalemsȱ587ȱv.ȱChr.ȱwerdenȱimȱDeuteronomismusȱalsȱBunȬ desbruchȱundȱInkraftsetzungȱderȱBundesflücheȱinterpretiert.ȱDieȱdeuteȬ ronomistischeȱ Sichtȱ beruhtȱ soȱ aufȱ einerȱ Geschichtskonstruktion,ȱ dieȱ gewissermaßenȱdurchȱdenȱ„TunȬErgehenȬZusammenhang“ȱgeprägtȱist,ȱ wobeiȱdieȱGeboteȱderȱToraȱderȱMaßstabȱsind:ȱ„SolangeȱundȱsooftȱIsraelȱ diesemȱ gerechtȱ wurde,ȱ […]ȱ warȱ ihmȱ Gottesȱ Hilfeȱ sicher;ȱ jeȱ weiterȱ esȱ davonȱabkam,ȱ[…]ȱdestoȱsichererȱwarȱihmȱderȱUntergang“57.ȱ

2.2.3ȱDasȱdtrȱLeitmotivȱvomȱ„Zorn“ȱGottesȱ Ausgehendȱ vonȱ derȱ Einsicht,ȱ dassȱ dasȱ gesamteȱ Geschichtswerkȱ „einȱ ‚Rückblickȱ imȱ Zornȱ aufȱ denȱ Staat’ȱ (N.ȱ Lohfink)“58ȱ ist,ȱ nenntȱ Georgȱ Braulikȱ alsȱ grundlegendesȱ Leitmotivȱ derȱ Geschichtsbücherȱ denȱ „Zornȱ Gottes,ȱinȱdenȱIsraelȱhineingeratenȱwar“59ȱundȱderȱsichȱimȱVerlustȱdesȱ Landesȱausgewirktȱhat.ȱAnschaulichȱwirdȱdiesȱvorȱallemȱinȱdenȱimmerȱ wiederkehrendenȱ Sprachmusternȱ derȱ „Zornformel“60.ȱ Derȱ Verstoßȱ geȬ genȱdieȱGebote,ȱvorȱallemȱderȱAbfallȱzuȱanderenȱGöttern,ȱistȱAuslöserȱ desȱZornsȱJHWHs.ȱAufȱdieȱZornformelȱfolgtȱregelmäßigȱdieȱBestrafungȱ durchȱeinȱgöttlichesȱGericht.ȱAlsȱBeispielȱkannȱetwaȱRiȱ10,6f.ȱangeführtȱ werden.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ einenȱ Text,ȱ derȱ dieȱ Grundlinieȱ desȱ Deuteronomismusȱbestätigt:ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 57ȱȱ 58ȱȱ 59ȱȱ 60ȱȱ

Dietrich,ȱArt.ȱDeuteronomistischesȱGeschichtswerk,ȱ688.ȱ Braulik,ȱTheorien,ȱ201.ȱ Ebd.ȱ Inȱabgewandelter,ȱaberȱverwandterȱFormȱbietetȱsichȱdasȱSchemaȱauchȱinȱderȱ„KränȬ kungsformel“,ȱ etwaȱ inȱ 1ȱ Könȱ 22,53f.:ȱ „Undȱ erȱ [=ȱ Königȱ Ahasjaȱ vonȱ Israel]ȱ tat,ȱ wasȱ JHWHȱ missfiel,ȱ undȱ dienteȱ demȱ Baalȱ undȱ beteteȱ ihnȱ anȱ undȱ kränkte/erzürnteȱ denȱ JHWH,ȱdenȱGottȱIsraels,ȱwieȱseinȱVaterȱtat.“ȱWährendȱhierȱmitȱderȱ„Kränkung“ȱeinȱ menschlichesȱVerhaltenȱbeschrieben,ȱdasȱTunȱJHWHsȱaberȱnichtȱ erwähntȱwird,ȱgeȬ hörtȱzurȱ„Zornformel“,ȱwieȱdieȱBezeichnungȱschonȱsagt,ȱdieȱFormulierungȱdesȱgöttȬ lichenȱ Zornsȱ alsȱ Entsprechungȱ zurȱ menschlichenȱ Verfehlung.ȱ Dieȱ beidenȱ Formelnȱ beziehenȱsichȱ(einmalȱalsȱgenitivusȱsubjectivus,ȱdasȱandereȱMalȱalsȱgenitivusȱobjectivus)ȱ aufȱJHWHȱundȱentsprechenȱeinander;ȱvgl.ȱdazuȱBraulik,ȱTheorien,ȱ201.ȱ

50ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ



AberȱdieȱIsraelitenȱtatenȱwiederum,ȱwasȱJHWHȱmissfiel,ȱȱ

ȱ

undȱdientenȱdenȱBaalenȱundȱdenȱAstartenȱundȱdenȱGötȬ ternȱvonȱAramȱundȱdenȱGötternȱvonȱSidonȱundȱdenȱ GötternȱMoabsȱundȱdenȱGötternȱderȱAmmoniterȱundȱ denȱGötternȱderȱPhilisterȱȱ undȱverließenȱdenȱJHWHȱundȱdientenȱihmȱnicht.ȱȱ ȱ DaȱentbrannteȱderȱZornȱJHWHsȱüberȱIsraelȱȱ undȱerȱverkaufteȱsieȱunterȱdieȱHandȱderȱPhilisterȱundȱ Ammoniter.ȱ

ȱ 7ȱ ȱ

AktionȱIsraels:ȱGesetzesȬ verstoßȱ Konkretisierung:ȱGötzenȬ dienstȱ

TrennungȱvonȱJHWHȱ ReaktionȱGottes:ȱZornȱ KonkretesȱStrafgericht:ȱ Fremdherrschaftȱ

ȱ ImȱBlickȱaufȱdieȱZukunftȱIsraelsȱwirftȱdiesesȱKonzeptȱfreilichȱdieȱFrageȱ auf,ȱinwiefernȱdasȱZorngerichtȱnochȱZukunftȱerwartenȱlässt.ȱZwarȱzeigtȱ bereitsȱderȱfolgendeȱVersȱRiȱ10,8,ȱdassȱdieȱFremdherrschaftȱbegrenztȱist,ȱ soȱ dassȱ eineȱ heilvolleȱ Zukunftȱ fürȱ Israelȱ imȱ Blickȱ bleibt.ȱ Dochȱ istȱ zurȱ KlärungȱderȱFrageȱdieȱfürȱdieȱdeuteronomistischeȱTheologieȱspezifischeȱ AusprägungȱdesȱMotivsȱvomȱZornȱGottesȱweiterȱzuȱentfalten.ȱ NachȱeinerȱUntersuchungȱvonȱStefanȱWälchli61ȱverteiltȱsichȱdieȱReȬ deȱ vomȱ „Zornȱ Gottes“ȱ inȱ folgenderȱ Weiseȱ aufȱ dieȱ deuteronomistischȱ geprägtenȱGeschichtsbücher:ȱ ȱ Dtnȱ 27Ȭmalȱ

Josȱ 6Ȭmalȱ

Riȱ 6Ȭmalȱ

1/2ȱSamȱ 6Ȭmalȱ

1/2ȱKönȱ 23Ȭmalȱ

ȱ Dieȱ Vorkommenȱ beziehenȱ sichȱ vorȱ allemȱ aufȱ kommentierendeȱ Reden,ȱ besondersȱ aufȱ dieȱ Moseredenȱ imȱ Deuteronomium.ȱ Dieȱ Samuelbücherȱ habenȱeinȱeigenesȱProfil,ȱinsofernȱhierȱderȱ„Zorn“ȱnichtȱdeuteronomisȬ tischȱkonnotiertȱist,ȱwährendȱinȱdenȱKönigsbüchernȱdieȱZornesmotivikȱ inȱdeuteronomistischerȱAusrichtungȱwiederȱinȱdenȱVordergrundȱrückt:ȱ InsofernȱbesondersȱdieȱKönigeȱdesȱNordreichesȱ„denȱHerrnȱzumȱZornȱ reizen“,ȱ wirdȱ ihnenȱ dieȱ Vernichtungȱ angesagtȱ –ȱ denȱ Abschlussȱ findetȱ diesesȱ Schemaȱ inȱ 2ȱ Könȱ 17,ȱ demȱ Berichtȱ überȱ dieȱ Vernichtungȱ desȱ Nordreiches.62ȱInsgesamtȱwurdenȱwenigeȱvorȬdeuteronomistischeȱVorȬ kommenȱ desȱ ZornȬMotivsȱ fürȱ dieȱ deuteronomistischeȱ GeschichtsaufȬ fassungȱ undȱ derenȱ Gesamtdeutungȱ (Deportationȱ undȱ Landverlustȱ alsȱ AusdruckȱdesȱgöttlichenȱZorns,ȱIsraelȱselbstȱstehtȱinȱderȱVerantwortungȱ dafür)ȱprägend.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 61ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱWälchli,ȱJhwhsȱZorn,ȱ411.ȱ 62ȱȱ Vgl.ȱdieȱabschließendeȱFormulierungȱinȱ2ȱKönȱ17,18ȱ(MT)ȱmitȱdemȱerstenȱVorkomȬ menȱinȱDtnȱ1,37ȱ(MT).ȱ

ȱ

2.2ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ

51ȱ

DieseȱBeobachtungȱweistȱdaraufȱhin,ȱdassȱdasȱMotivȱvomȱZornȱGottesȱüberȱ dieȱdeuteronomistischeȱTheologieȱhinausweist.ȱDasȱAlteȱTestamentȱsprichtȱ insgesamtȱüberȱ500Ȭmalȱvomȱ„Zorn“ȱGottes.63ȱDasȱZornmotivȱistȱdamitȱeiȬ nesȱ derȱ häufigstenȱ biblischenȱ Theologumenaȱ überhaupt.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱeinȱaltorientalischesȱMotiv,ȱdasȱsichȱimȱdtnȬdtrȱKonzeptȱeinenȱcharakȬ teristischenȱPlatzȱerworbenȱhat.ȱGottesȱZornȱstehtȱdabeiȱnichtȱinȱGegensätȬ zenȱetwaȱzuȱseinerȱLiebe,ȱerȱistȱauchȱnichtȱZeichenȱseinerȱHeiligkeitȱ(inȱHosȱ 11,9ȱ sogarȱ dessenȱ Gegenteil!),ȱ schonȱ garȱ nichtȱ einȱ Gegenstückȱ zurȱ göttliȬ chenȱ Gerechtigkeit,ȱ sondernȱ kannȱ alsȱ derenȱ „Schattenseite“ȱ angesehenȱ werden.64ȱ Immerȱ wennȱ Gottesȱ Regimentȱ Widerstandȱ erfährt,ȱ kommtȱ seinȱ ZornȱzumȱZug.65ȱ

JörgȱJeremiasȱhatȱanhandȱderȱKlageliederȱgezeigt,ȱwieȱdasȱZornȬMotivȱ seitȱderȱExilszeitȱmitȱbestimmtenȱtheologischenȱDeutungsmusternȱverȬ knüpftȱ wurde.66ȱ Dieȱ Zerstörungȱ undȱ Verödungȱ Jerusalemsȱ nachȱ demȱ AngriffȱderȱBabylonierȱwirdȱalsȱFolgeȱdesȱZornesȱGottesȱverstanden.ȱImȱ wohlȱ ältestenȱ Text,ȱ derȱ vermutlichȱ schonȱ kurzeȱ Zeitȱ nachȱ 587ȱ v.ȱ Chr.ȱ entstand,ȱ stehtȱ nochȱ ganzȱ dieȱ Empfindungȱ derȱ Unbegreiflichkeitȱ undȱ Unverhältnismäßigkeitȱ dieserȱ Katastropheȱ imȱ Blick.ȱ Auffälligȱ istȱ dieȱ häufigeȱ Redeȱ vomȱ „Zornȱ Gottes“ȱ bzw.ȱ demȱ „Tagȱ seinesȱ Zornes“.ȱ Dieȱ Feindeȱ sindȱ nurȱ Werkzeuge,ȱ derȱ eigentlicheȱ Zerstörerȱ istȱ Gottȱ selbst.ȱ DieȱGründeȱfürȱdiesenȱZornesausbruchȱbleibenȱjedochȱnochȱverborgen,ȱ ersteȱ Ansätzeȱ bietetȱ lediglichȱ Klglȱ 2,14,ȱ woȱ falscheȱ Prophetenȱ getadeltȱ werden,ȱdaȱsieȱJerusalemsȱ„Schuldȱnichtȱaufdeckten“.ȱDasȱvernichtendeȱ Zorneshandelnȱ Gottesȱ lässtȱ sichȱ hierȱ inȱ zweierleiȱ Weiseȱ erklären,ȱ einȬ malȱ alsȱ seitȱ altersȱ herȱ bereiteterȱ Planȱ Gottes,ȱ zumȱ anderenȱ alsȱ Folgeȱ einerȱ Schuldȱ desȱ Volkes.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ dabeiȱ keineswegsȱ umȱ widerȬ sprüchlicheȱZugänge,ȱbeidesȱkannȱvomȱAutorȱzusammengedachtȱwerȬ den.ȱ Andersȱ stelltȱ sichȱ derȱ Befundȱ inȱ Klglȱ1ȱ dar,ȱ einemȱ Text,ȱ derȱ demȱ früherenȱausȱKlglȱ2ȱvorangestelltȱwurdeȱundȱsoȱauchȱalsȱdessenȱInterȬ pretationsschlüsselȱ gelesenȱ wurde.ȱ Hierȱ tauchtȱ dasȱ Zornesmotivȱ nurȱ nochȱ einȱ einzigesȱ Malȱ aufȱ (Klglȱ 1,12),ȱ währendȱ dieȱ Schuldȱ desȱ Volkesȱ zumȱleitendenȱGedankenȱgewordenȱistȱ(Klglȱ1,5.8.9.14.11).ȱDieȱGewichȬ teȱ habenȱ sichȱ umgekehrt,ȱ dieȱ Erklärungȱ derȱ Katastropheȱ inȱ spätererȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 63ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ dieȱ Tabelleȱ beiȱ Baloian,ȱ Anger,ȱ 189:ȱ 129ȱ verbaleȱ undȱ 389ȱ substantivischeȱ Belegeȱ(verschiedeneȱWortstämme);ȱGroß,ȱGerechtigkeit,ȱ18,ȱnenntȱ375ȱVorkommen.ȱ 64ȱȱ Vgl.ȱGroß,ȱGerechtigkeit,ȱ18.ȱ 65ȱȱ DieȱVorstellungȱvomȱ„Zorn“ȱeinesȱGottesȱistȱimȱAltenȱOrientȱverbreitetȱgewesenȱundȱ tauchtȱimȱZusammenhangȱmitȱSchicksalsschlägenȱundȱKatastrophenȱeinzelnerȱMenȬ schen,ȱgrößererȱGruppenȱundȱganzerȱVölkerȱauf,ȱgeradeȱimȱATȱistȱsieȱmitȱdemȱTodȱ derȱvomȱZornȱBetroffenenȱverbundenȱ(vgl.ȱJeremias,ȱZornȱGottes,ȱ17).ȱEinȱwichtigerȱ literarischerȱOrtȱsindȱdieȱPsalmen,ȱdieȱjeȱundȱjeȱdenȱZornȱGottesȱmitȱdemȱGeschickȱ einzelnerȱverbinden.ȱ 66ȱȱ Vgl.ȱJeremias,ȱZornȱGottes,ȱ29–45.ȱ

52ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

Zeitȱ nimmtȱ Fahrtȱ auf:ȱ Daȱ einȱ leidenschaftlicherȱ undȱ unberechenbarerȱ GottȱkeineȱzukunftsweisendeȱOptionȱfürȱIsraelȱbereitȱhält,ȱändernȱsichȱ dieȱGewichtungen,ȱinsofernȱdieȱbesondereȱBetonungȱderȱSchuldȱIsraelsȱ auchȱdasȱgroßeȱAusmaßȱderȱKatastropheȱalsȱStrafgereichtȱeinesȱgerechȬ tenȱ Gottesȱ verstehbarȱ werdenȱ lässt.ȱ Dieȱ dadurchȱ gewährleisteteȱ WahȬ rungȱ derȱ Verhältnismäßigkeitenȱ kannȱ außerdemȱ durchȱ Abkehrȱ vonȱ dieserȱ großenȱ Schuldȱ dieȱ Hoffnungȱ aufȱ neueȱ Zukunftȱ fürȱ Israelȱ eröffȬ nen.ȱEntsprechendȱstelltȱsichȱdannȱauchȱdieȱFrageȱnachȱderȱEndgültigȬ keitȱdesȱStrafgerichts.ȱDieserȱGedankeȱeinerȱendgültigenȱVerworfenheitȱ gerätȱinȱdenȱSchlussversenȱdesȱletztenȱLiedesȱ(Klglȱ5,21)ȱtatsächlichȱinȱ vorsichtigenȱAndeutungenȱinȱdenȱBlick,67ȱwirdȱjedochȱgleichȱvomȱHinȬ weisȱaufȱdieȱeigeneȱUmkehrwilligkeitȱergänzt,ȱfürȱdieȱmanȱGottesȱHilfeȱ erhofft.ȱDerȱ„ZornȱGottes“ȱerscheintȱinȱderȱGesamtheitȱdieserȱTexteȱalsȱ dynamischesȱGeschehen,ȱdasȱnichtȱdasȱletzteȱWortȱseinȱmuss,ȱsondernȱ durchȱUmkehrȱgewendetȱwerdenȱkann.ȱErstȱwennȱdiesȱausgeschlossenȱ wird,ȱ „dannȱ würdeȱ derȱ zornigeȱ Gottȱ zumȱ verstoßendenȱ Gottȱ werden,ȱ undȱzwarȱ[…]ȱaufȱDauer“68.ȱȱ InȱandererȱWeiseȱwirdȱdieseȱDynamikȱinȱdenȱverschiedenenȱArtenȱ desȱ göttlichenȱ Zornes,ȱ dieȱ derȱ hebräischeȱ Textȱ unterscheidet,ȱ sichtbar.ȱ FürȱdieȱMosezeit,ȱdieȱJosuaȬȱundȱRichterzeit,ȱdieȱZeitȱdesȱNordreichesȱ undȱ dieȱ Zeitȱ desȱ alleinȱ existierendenȱ Südreichesȱ wirdȱ jeweilsȱ eineȱ unȬ terschiedlicheȱZornesȬTerminologieȱverwendet.69ȱDiesȱlässtȱsichȱsoȱdeuȬ ten,ȱdassȱnachȱdenȱerstenȱZorndrohungen,ȱdieȱMoseȱinȱExȱ32ȱundȱDtnȱ 9f.ȱnochȱabwendenȱkonnte,ȱdieȱaberȱfürȱdieȱZukunftȱangesagtȱwerden,ȱ dieȱJosuaȬȱundȱRichterzeitȱgeprägtȱistȱ„vonȱeinemȱbegrenztenȱZorn,ȱdurchȱ denȱdieȱheilvolleȱGeschichteȱGottesȱmitȱIsrael,ȱdieȱderȱRealisierungȱderȱgöttȬ lichenȱLandverheißungȱdient,ȱfürȱkurzeȱZeitȱangehaltenȱundȱzumȱStillstandȱ gebrachtȱ wird,ȱ bisȱ dieȱ Sühnungȱ derȱ Schuld,ȱ dieȱ zumȱ ‚Entbrennen‘ȱ desȱ göttlichenȱZornȱführte,ȱundȱderȱ‚Notschrei‘ȱIsraelsȱeineȱFortsetzungȱdesȱ Heilswirkensȱ Gottesȱ anȱ seinemȱVolkȱ ermöglichen.“70ȱ Inȱ denȱ ErzählunȬ genȱ überȱ dieȱ Königszeitȱ zeigenȱ sichȱ Annäherungenȱ anȱ dieȱ VernichȬ tungsdrohungenȱ ausȱ Dtnȱ 9f.;ȱ dieȱ „Kränkungsformel“71ȱ trittȱ mehrfachȱ aufȱ undȱ dieȱ Vergehenȱ mehrererȱ Königeȱ desȱ Nordreichesȱ lassenȱ eineȱ Vernichtungȱ durchȱ denȱ Zornȱ Gottesȱ erwarten.ȱ Dochȱ formuliertȱ 2ȱ Könȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 67ȱȱ Vgl.ȱdazuȱJeremias,ȱZornȱGottesȱ40f.;ȱdieȱUmkehrwilligkeitȱinȱV.ȱ21ȱdeutetȱhierȱwohlȱ daraufȱhin,ȱdassȱmanȱdochȱmitȱeinerȱBegrenzungȱdesȱZornesȱrechnet;ȱtrotzdemȱbleibtȱ esȱdabei,ȱdassȱ derȱTextȱ„einenȱBlickȱinȱdenȱAbgrundȱwagt“ȱ(Jeremias,ȱZornȱGottes,ȱ 41).ȱ 68ȱȱ Jeremias,ȱZornȱGottes,ȱ41.ȱ 69ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLohfink,ȱZornȱGottes;ȱJeremias,ȱZornȱGottes,ȱ46–77.ȱ 70ȱȱ Jeremias,ȱZornȱGottes,ȱ57ȱ(HervorhebungenȱimȱOriginal).ȱ 71ȱȱ Vgl.ȱLohfink,ȱZornȱGottes,ȱ143–147.ȱ

ȱ

2.2ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ

53ȱ

17,18ȱ schließlichȱ anlässlichȱ derȱ Zerstörungȱ Samariasȱ zurückhaltender:ȱ „SoȱwurdeȱJHWHȱsehrȱzornigȱüberȱIsrael,ȱundȱerȱentfernteȱsieȱvonȱseiȬ nemȱAngesicht.ȱNichtsȱbliebȱübrigeȱalsȱeinzigȱderȱStammȱJuda.“ȱDieserȱ hatȱzwarȱzunächstȱkeineȱSündeȱwieȱIsraelȱaufȱsichȱgeladen,ȱdochȱreiztȱ KönigȱManasseȱGottȱzumȱZornȱ(2ȱKönȱ21,5).ȱAberȱauchȱhierȱwirdȱkeineȱ gänzlicheȱ Vernichtungȱ folgen,ȱ obwohlȱ dasȱ inȱ Dtnȱ 9–10ȱ soȱ angedrohtȱ wordenȱ war,ȱ sondernȱ eineȱ Verstoßung.ȱ Derȱ Wechselȱ derȱ Verbenȱ vomȱ „Vernichten“ȱzumȱ„VerstoßenȱvonȱseinemȱAngesicht“ȱistȱeineȱauffälligeȱ Modifizierungȱ derȱ mitȱ demȱ Zornȱ Gottesȱ verbundenenȱ Theologie.ȱ Daȱ sichȱIsraelȱauchȱnachȱdemȱExilȱnichtȱalsȱvölligȱvernichtetȱvorfand,ȱmussȬ teȱ auchȱ dasȱ Konzeptȱ umgestaltetȱ werden:72ȱ Dtnȱ 9–10ȱ beschreibenȱ dieȱ GeschichteȱIsraelsȱalsȱsteteȱGeschichteȱdesȱUngehorsams.ȱDieȱVergehenȱ Israels,ȱsowohlȱdieȱzurȱZeitȱdesȱExodus,ȱwieȱentsprechendȱauchȱdieȱzurȱ ZeitȱderȱbeidenȱReiche,ȱrufenȱGottesȱZornȱhervorȱundȱlassenȱeineȱVerȬ nichtungȱerwarten.ȱDochȱsindȱwederȱIsraelȱnochȱJudaȱschließlichȱganzȱ vernichtetȱworden,ȱobwohlȱdurchȱdieȱSchuldȱderȱHerrscherȱdiesesȱhätteȱ bevorstehenȱmüssen.ȱSoȱentwickeltȱsichȱimȱRückblickȱdieȱBeschreibungȱ inȱ Dtnȱ 9–10:ȱ „Auchȱ inȱ seinemȱ furchtbarstenȱ Zorn,ȱ derȱ vonȱ nichtȱ vergebbarerȱSchuldȱIsraelsȱhervorgerufenȱist,ȱkannȱGottȱseinȱVolkȱzwarȱ überausȱ hartȱ strafen,ȱ aberȱ nichtȱ verwerfenȱ undȱ auslöschen.“73ȱ Dieȱ GeȬ staltȱdesȱMose,ȱderȱschonȱinȱdieserȱUrsprungszeitȱfürȱseinȱVolkȱeintritt,ȱ magȱaufȱdieseȱVerschiebung,ȱdassȱGottȱdieȱangekündigteȱVernichtungȱ inȱeineȱzeitweiligeȱVerstoßungȱ„umwidmet“,ȱhinweisen.ȱȱ Dasȱ Motivȱ vomȱ Zornȱ Gottesȱ hatȱ mithinȱ eineȱ Entwicklungȱ zuȱ verȬ zeichnen.ȱDieȱTatsache,ȱdassȱinȱdenȱ„BüchernȱderȱGeschichte“ȱdieȱStelȬ len,ȱanȱdenenȱderȱZornȱGottesȱvorkommt,ȱdurchwegȱnichtȱdenȱfrühenȱ Überlieferungsstücken,ȱsondernȱderȱspäterenȱRedaktionȱangehören,ȱdieȱ alleȱ dieseȱ Berichteȱ inȱ eineȱ Geschichtsdarstellungȱ einarbeitet,74ȱ zeigt,ȱ dassȱesȱfürȱdieȱErklärungȱderȱvergangenenȱBegebenheiten,ȱinsbesondeȬ reȱ desȱ Verlustesȱ derȱ Reicheȱ Israelȱ undȱ Juda,ȱ alsȱ besondersȱ fruchtbarȱ angesehenȱwurde.ȱBemerkenswertȱistȱinȱdieserȱEntwicklungȱvorȱallemȱ derȱ stetigȱ wachsendeȱ Gedankeȱ einerȱ Begrenztheitȱ desȱ Zornes.ȱ Erȱ zeigtȱ sichȱ bereitsȱ inȱ demȱ häufigenȱ Aufrufȱ anȱ Gott,ȱ aufȱ dasȱ Unglückȱ „zuȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 72ȱȱ Vgl.ȱdazuȱinsgesamtȱdieȱ„Exilsformel“ȱ(2ȱKönȱ17,18.23;ȱ23,27;ȱ24,3ȱundȱ2ȱKönȱ17,20;ȱ 24,20),ȱinȱderȱdieȱ„Vernichtung“ȱ(vgl.ȱDtnȱ9)ȱzurȱ„Entfernung“ȱmodifiziertȱwird.ȱDieȱ dtrȱRedaktorenȱändernȱihreȱFormelnȱnurȱganzȱleicht,ȱbietenȱdamitȱaberȱwesentlicheȱ Änderungenȱ inȱ derȱ Auffassungȱ vomȱ göttlichenȱ Zorn:ȱ „Derȱ Zornȱ istȱ da,ȱ undȱ erȱ istȱ furchtbarȱinȱseinerȱHärte.ȱTrotzdemȱistȱerȱnichtȱsoȱunbarmherzig,ȱwieȱihnȱdieȱdeuteȬ ronomistischeȱSpracheȱbisherȱalsȱMöglichkeitȱvorausentworfenȱhatte“ȱ(Lohfink,ȱZornȱ Gottes,ȱ151).ȱ 73ȱȱ Jeremias,ȱZornȱGottes,ȱ74.ȱ 74ȱȱ Vgl.ȱJeremias,ȱZornȱGottes,ȱ53f.ȱ

54ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

schauen“ȱ(z.ȱB.ȱKlglȱ2,20;ȱJesȱ64,8),ȱundȱinȱdieserȱSchauȱzuȱeinerȱWenȬ dungȱ desȱ Schicksalsȱ aktivȱ zuȱ werden.75ȱ Bereitsȱ inȱ derȱ deuteronomistiȬ schenȱAuffassungȱerweistȱsichȱsoȱdieȱBegrenzungȱalsȱwichtigeȱGrundȬ bestimmungȱ desȱ „Zornesȱ Gottes“,ȱ dieȱ fürȱ dasȱ Motivȱ vomȱ „Zornȱ Gottes“ȱ charakteristischȱ wird.ȱ Zugleichȱ bietetȱ dieȱ deuteronomistischeȱ Auffassungȱauchȱeineȱ„Rationalisierung“ȱderȱRedeȱvomȱZorn.ȱDieȱHefȬ tigkeitȱdesȱZornesȱspiegeltȱdasȱMaßȱderȱSchuldȱIsraelsȱwider.ȱSoȱkommtȱ esȱzurȱAnsicht,ȱdassȱesȱ„nieȱeineȱZeitȱeinesȱunbelastetenȱGottesverhältȬ nissesȱ gab“76.ȱ Inȱ dieseȱ Perspektiveȱ istȱ einȱ weiteresȱ Charakteristikumȱ deuteronomistischerȱ Theologieȱ einzuordnen,ȱ dassȱ dieȱ Vorstellungȱ vonȱ Ungehorsamȱ desȱ Volkesȱ undȱ Zornȱ Gottesȱ nochȱ konkreterȱ fasst:ȱ Derȱ deuteronomistischeȱ Toposȱ vomȱ „gewaltsamenȱ Geschickȱ derȱ PropheȬ ten“.ȱ

2.2.4ȱDerȱdtrȱToposȱvomȱ„gewaltsamenȱGeschickȱderȱPropheten“ȱ Dieȱ einzelnenȱ Aspekteȱ derȱ deuteronomistischenȱ Geschichtsdeutungȱ verdichtenȱ sichȱ imȱ biblischenȱ Toposȱ vomȱ „gewaltsamenȱ Geschickȱ derȱ Propheten“,ȱüberȱdenȱvorȱallemȱOdilȱHannesȱSteckȱgearbeitetȱhat.77ȱEsȱ handeltȱsichȱdabeiȱgewissermaßenȱumȱeineȱspezifischeȱMotivkumulatiȬ on,ȱdie,ȱausgehendȱvonȱderȱumfassendenȱtheologischenȱSystematik,ȱmitȱ derȱ deuteronomistischeȱ Autorenȱ dieȱ Geschichteȱ desȱ Volkesȱ Israelȱ inȱ seinerȱEigenstaatlichkeitȱbisȱzuȱderenȱScheiternȱmitȱdemȱExilȱimȱRückȬ blickȱ zuȱ erklärenȱ versuchten,ȱ diesesȱ Geschichtsbildȱ wieȱ inȱ einemȱ Brennglasȱ zusammenfasst.ȱ Steckȱ selbstȱ findetȱ dieȱ Grundformȱ diesesȱ ToposȱinȱNehȱ9,26f.;ȱderȱVersȱfindetȱsichȱinnerhalbȱeinesȱlangenȱBußgeȬ betsȱvonȱLevitenȱ(Nehȱ9,6–37),ȱinȱdemȱdieȱGeschichteȱIsraelsȱresümiertȱ wird,ȱundȱzwarȱimȱKontextȱderȱErinnerungȱanȱdieȱRichterzeit.ȱDerȱersteȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 75ȱȱ Vgl.ȱzurȱBegrenzungȱdesȱZornesȱ GottesȱauchȱzahlreicheȱZeugnisse,ȱdieȱdiesȱpositivȱ bestätigen:ȱPsȱ30,6:ȱ„SeinȱZornȱwährtȱeinenȱAugenblick,ȱseineȱGüteȱeinȱLebenȱlang“ȱ (30,6ȱMT,ȱandersȱLXX!);ȱIjobȱ14,13:ȱ„WennȱDuȱmichȱdochȱinȱderȱUnterweltȱbewahrtȱ hättestȱ undȱ michȱ verborgenȱ hättest,ȱ bisȱ deinȱ Zornȱ aufgehörtȱ hat,ȱ undȱ duȱ mirȱ eineȱ Zeitȱfestgesetztȱhast,ȱzuȱderȱduȱdichȱmeinerȱerbarmenȱwirst“ȱ(LXXȱdeutsch).ȱ 76ȱȱ Jeremias,ȱZornȱ Gottes,ȱ100.ȱ AuchȱvonȱdenȱSchriftpropheten,ȱ derenȱwichtigsteȱTexteȱ inȱdieȱZeitphaseȱderȱExilszeitȱweisen,ȱwirdȱderȱ„ZornȱGottes“ȱinȱdieserȱPerspektiveȱ alsȱ Deutekategorieȱ rezipiert.ȱ Vorȱ allemȱ fürȱ Ezechielȱ istȱ dasȱ Exilȱ eineȱ Erfahrungȱ desȱ Zornesȱ Gottes.ȱ Denȱ Prophetenȱ istȱ esȱ eigen,ȱ inȱ ihrerȱ Verkündigungȱ sowohlȱ dieȱ GeȬ rechtigkeitȱ Gottesȱ undȱ dieȱ Angemessenheitȱ seinerȱ Tatenȱ alsȱ auchȱ dieȱ LeidenschaftȬ lichkeitȱ seinesȱ Zornesȱ zuȱ berücksichtigen.ȱ Emotionalitätȱ undȱ Leidenschaftȱ sindȱ demnachȱ keineȱ Widersprücheȱ zuȱ Gottesȱ Angemessenheitȱ inȱ seinemȱ Handeln,ȱ vgl.ȱ etwaȱHosȱ12,4;ȱEzȱ16,3,ȱJerȱ32,31.ȱ 77ȱȱ Vgl.ȱSteck,ȱIsrael,ȱsowieȱdieȱzahlreichenȱStudien,ȱdieȱsichȱdaraufȱbeziehen.ȱ

ȱ

2.2ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ

55ȱ

Teilȱ Nehȱ 9,26–27aȱ erinnertȱ sachlichȱ starkȱ anȱ dieȱ deuteronomistischeȱ „Zornformel“,ȱauchȱwennȱdasȱStichwortȱ„Zorn“ȱnichtȱfällt:78ȱ ȱ 26ȱ

ȱ

ȱ 27aȱ

Aberȱsieȱwurdenȱwiderspenstigȱȱ undȱempörtenȱsichȱgegenȱdichȱȱ undȱwarfenȱdeinȱGesetzȱhinterȱihrenȱRücken.ȱȱ UndȱsieȱbrachtenȱdeineȱProphetenȱum,ȱȱ dieȱalsȱZeugenȱgegenȱsieȱauftraten,ȱȱ umȱsieȱzuȱdirȱzurückzuführen;ȱȱ undȱsieȱverübtenȱgroßeȱLästerungen.ȱ ȱ DaȱgabstȱduȱsieȱinȱdieȱHandȱihrerȱBedränger,ȱȱ dieȱbedrängtenȱsie.ȱ

AktionȱIsraels:ȱGesetzesverstoßȱ

Konkretisierung:ȱGewaltȱgegenȱ dieȱProphetenȱ ȱ ReaktionȱGottes:ȱZornȱ KonkretesȱStrafgericht:ȱBedränȬ gungȱdurchȱIsraelsȱFeindeȱ

ȱ WiederȱbestehtȱdieȱAktionȱIsraelsȱinȱderȱmangelndenȱBeobachtungȱderȱ Gesetze,ȱ dochȱ dieȱ Konkretisierungȱ zeigtȱ sichȱ hierȱ nichtȱ imȱ GötzenȬ dienst,ȱ sondernȱ inȱ derȱ Beseitigungȱ derȱ Propheten,ȱ dieȱ wieȱ dasȱ Gesetzȱ aufȱdieȱSeiteȱGottesȱgestelltȱwerden,ȱwieȱdasȱzweimalȱerwähnteȱPossesȬ sivpronomenȱ„deine“ȱzeigt.ȱDieȱinȱdiesemȱTextȱzuȱfindendenȱElementeȱ zeigenȱ –ȱ wieȱ schonȱ dieȱ „Zornformel“ȱ –ȱ dieȱ deuteronomistischeȱ DeuȬ tungȱ derȱ frühenȱ Exilszeit.ȱ Derȱ Ungehorsamȱ desȱ Volkesȱ führtȱ inȱ dasȱ Verwerfungsgerichtȱ JHWHs,ȱ dasȱ inȱ denȱ Katastrophen,ȱ dieȱ zumȱ Endeȱ derȱEigenstaatlichkeitȱIsraelȱgeführtȱhatten,ȱgesehenȱwird.ȱSoȱerscheintȱ schließlichȱ dasȱ Exilȱ alsȱ gerechteȱ Strafe,ȱ ohneȱ dassȱ eineȱ ZukunftsperȬ spektiveȱeröffnetȱwürde.79ȱ Nachdemȱ Israelȱ jedochȱ nichtȱ völligȱ vernichtetȱ wurde,ȱ sondernȱ durchȱ dasȱ Exilȱ hindurchȱ eineȱ neueȱ Zukunftȱ gewährtȱ bekam,ȱ wurdeȱ auchȱdasȱSchemaȱvonȱUngehorsamȱdesȱVolkesȱundȱStrafeȱJHWHsȱweiȬ terȱ entfaltet.ȱ Diesȱ zeigtȱ sichȱ unmittelbarȱ imȱ Fortgangȱ desȱ Textesȱ abȱ V.ȱ27b,ȱ derȱ vonȱ derȱ neuenȱ Möglichkeitȱ zuȱ Umkehrȱ undȱ Hinwendungȱ zuȱ Gottȱ sprichtȱ undȱ damitȱ demȱ narrativenȱ Verlaufȱ desȱ Richterbuchesȱ folgt:ȱ ȱ 27bȱ ȱ

UndȱzurȱZeitȱihrerȱBedrängnisȱschrieenȱsieȱzuȱdir,ȱȱ undȱduȱhörtestȱvomȱHimmelȱher,ȱȱ ȱ undȱ nachȱ deinenȱ großenȱ Erbarmungenȱ gabstȱ duȱ ihnenȱ Retter;ȱ dieȱ rettetenȱ sieȱ ausȱ derȱ Handȱ ihrerȱ Bedränger.ȱ

AktionȱIsraels:ȱRufȱzuȱJHWHȱ Reaktionȱ Gottes:ȱ Erhörungȱ desȱRufesȱ Konkretisierung:ȱSendungȱ vonȱRetternȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 78ȱȱ Vgl.ȱdazuȱSteck,ȱIsrael,ȱ63.ȱ 79ȱȱ Vgl.ȱvorȱallemȱ2ȱKönȱ17,7–23,ȱwoȱausdrücklichȱdieȱSchuldȱdesȱVolkesȱhervorgehobenȱ wird.ȱ

56ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

DieȱfolgendenȱVerseȱzeigenȱdannȱeineȱAufeinanderfolgeȱderȱAktionenȱ undȱ Reaktionen,ȱ derenȱ Endeȱ schließlichȱ nichtȱ inȱ derȱ Bestrafung,ȱ sonȬ dernȱ demȱ Bekenntnisȱ derȱ Barmherzigkeitȱ Gottesȱ bestehtȱ (Nehȱ 9,28– 31):80ȱ ȱ 28ȱ ȱ ȱ ȱ

29ȱ ȱ

30ȱ

ȱ ȱ

31ȱ

AberȱsobaldȱsieȱRuheȱhatten,ȱȱ tatenȱsieȱwiederȱBösesȱvorȱdir.ȱȱ DaȱüberließestȱduȱsieȱderȱHandȱihrerȱFeinde,ȱȱ daßȱdieseȱüberȱsieȱherrschten,ȱ undȱsieȱschrieenȱwiederȱzuȱdirȱumȱHilfe,ȱȱ undȱduȱhörtestȱvomȱHimmelȱherȱȱ undȱerrettetestȱsieȱnachȱdeinenȱErbarmungenȱ vieleȱMale.ȱ UndȱduȱtratestȱalsȱZeugeȱgegenȱsieȱauf,ȱumȱsieȱ zuȱdeinemȱGesetzȱzurückzuführen.ȱȱ Sieȱaberȱhandeltenȱvermessenȱȱ undȱgehorchtenȱdeinenȱGebotenȱnicht,ȱȱ sondernȱ sündigtenȱ gegenȱ deineȱ RechtsbeȬ stimmungen,ȱ durchȱ dieȱ derȱ Menschȱ lebt,ȱ wennȱerȱsieȱtut.ȱȱ UndȱsieȱzeigtenȱeineȱstörrischeȱSchulterȱȱ undȱ verhärtetenȱ ihrenȱ Nackenȱ undȱ gehorchȬ tenȱnicht.ȱ UndȱduȱhattestȱGeduldȱmitȱihnenȱvieleȱJahreȱȱ undȱtratestȱalsȱZeugeȱgegenȱsieȱaufȱȱ durchȱ deinenȱ Geist,ȱ durchȱ dasȱ Wortȱ deinerȱ Propheten,ȱȱ aberȱsieȱhörtenȱnichtȱhin.ȱȱ Daȱ gabstȱ duȱ sieȱ inȱ dieȱ Handȱ derȱ Völkerȱ derȱ Länder.ȱ ȱ DochȱinȱdeinenȱgroßenȱErbarmungenȱhastȱduȱ nichtȱ einȱ Endeȱ mitȱ ihnenȱ gemachtȱ undȱ sieȱ nichtȱverlassen.ȱȱ Dennȱ einȱ gnädigerȱ undȱ barmherzigerȱ Gottȱ bistȱdu!ȱ

AktionȱIsraels:ȱAbfallȱvonȱJHWHȱ ReaktionȱGottes:ȱFremdherrschaftȱ AktionȱIsraels:ȱRufȱzuȱJHWHȱ ReaktionȱGottes:ȱErhörungȱdesȱ RufesȱundȱErrettungȱ weitereȱReaktionȱGottes:ȱBemühungȱ umȱBekehrungȱdesȱVolkes81ȱȱ AktionȱIsraels:ȱȱ AbfallȱvonȱJHWHȱȱ (Sünde,ȱWiderspenstigkeitȱȱ undȱUngehorsam)ȱ

ReaktionȱGottes:ȱGeduldȱmitȱdemȱ VolkȱundȱBemühungȱumȱBeȬ kehrungȱdurchȱSendungȱvonȱ Prophetenȱ AktionȱIsraels:ȱUngehorsamȱ ReaktionȱGottes:ȱFremdherrschaftȱ

weitereȱReaktionȱGottesȱundȱȱ abschließendesȱFazit:ȱKeineȱendgülȬ tigeȱVerwerfungȱaufgrundȱderȱ BarmherzigkeitȱGottesȱ

ȱ DieȱhierȱvorgelegteȱAbfolgeȱvonȱAktionenȱIsraelsȱundȱReaktionenȱGotȬ tesȱ zeigtȱ eineȱ Entwicklung:ȱ Währendȱ dasȱ Schemaȱ anfangsȱ nochȱ entȬ sprechendȱderȱZornformelȱmitȱderȱAbfolgeȱvonȱUngehorsamȱundȱStrafeȱ rechnet,ȱbeiȱderȱIsraelȱfreilichȱdurchȱBekehrungȱwiederȱaufȱGottesȱZuȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 80ȱȱ ÜbersetzungȱnachȱderȱElberfelderȱBibel.ȱ 81ȱȱ WieȱV.ȱ30ȱzeigt,ȱmeintȱdieȱRedeȱvomȱ„Zeugen“,ȱdassȱGottȱselbstȱdurchȱdieȱProphetenȱ imȱVolkȱauftritt.ȱ

ȱ

2.2ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ

57ȱ

wendungȱzählenȱkann,ȱtretenȱimȱweiterenȱVerlaufȱÄnderungenȱinȱGotȬ tesȱReaktionenȱauf.ȱSieȱerschöpfenȱsichȱnichtȱinȱBestrafungen,ȱsondernȱ schlagenȱsichȱinȱGeduldȱundȱinȱBemühungenȱnieder,ȱdieȱdasȱVolkȱwieȬ derȱzurȱUmkehrȱbringenȱsollen.ȱObwohlȱdiesȱnichtȱerfolgreichȱist,ȱforȬ muliertȱderȱSchlusssatzȱdieȱbleibendeȱBarmherzigkeitȱGottes,ȱdurchȱdieȱ derȱ TunȬErgehenȬZusammenhangȱ aufgebrochenȱ wird.ȱ Derȱ Textȱ bleibtȱ jedochȱdabei,ȱdassȱdieȱUmkehrȱdesȱVolkesȱZielȱdesȱgöttlichenȱMühensȱ ist.ȱ Insgesamtȱ zeigtȱ sichȱ auchȱ hierȱ dieȱ Tendenz,ȱ dieȱ Geschichteȱ Israelsȱ insgesamtȱ alsȱ Sündengeschichteȱ undȱ denȱ Ungehorsamȱ desȱ Volkesȱ alsȱ Normalfallȱanzusehen.ȱDasȱSchemaȱwirdȱdadurchȱinȱspätererȱZeitȱvonȱ derȱ Deutungȱ desȱ Exilsȱ unabhängiger.ȱ Lautȱ Steck82ȱ trifftȱ diesȱ insbesonȬ dereȱ fürȱ dieȱ apokalyptischeȱ Literaturȱ derȱ Verfolgungszeitȱ unterȱ derȱ Seleukidenherrschaftȱimȱ2.ȱJahrhundertȱv.ȱChr.ȱzu.ȱManȱerwartetȱnichtȱ mehrȱ innergeschichtlichesȱ Heil,ȱ sondernȱ einȱ ganzȱ neuesȱ Tunȱ Gottesȱ undȱsiehtȱdieȱZeitȱinsgesamtȱansȱEndeȱgelangt.ȱDieȱgegenwärtigeȱletzteȱ FristȱvorȱderȱeschatologischenȱWendeȱwirdȱzurȱletztenȱChanceȱderȱUmȬ kehr.ȱ Werȱ umkehrt,ȱ erhältȱ Anteilȱ amȱ Heil,ȱ dieȱ anderenȱ verfallenȱ demȱ definitivenȱVerwerfungsgericht,ȱdasȱnunȱinnerhalbȱIsraelsȱherrscht:ȱDasȱ gegenwärtigeȱ vorfindlicheȱ Israelȱ wirdȱ geschiedenȱ inȱ Sünderȱ undȱ Fromme.ȱ Weitereȱ geschichtlicheȱ Katastrophenerfahrungenȱ werdenȱ inȱ dieȱGerichtsvorstellungȱintegriert.ȱDasȱFluchgerichtȱGottesȱdauertȱan.ȱ Nehȱ9,26–31ȱscheintȱsichȱzunächstȱalsȱErinnerungȱanȱdieȱRichterzeitȱ darzustellen,ȱistȱaber,ȱdaȱinȱ9,32ȱeinȱneuerȱTeilȱeinsetzt,ȱderȱAbschlussȱ desȱ Geschichtsrückblicksȱ undȱ erhältȱ dadurchȱ grundsätzlicheȱ BedeuȬ tung.ȱDiesȱerklärtȱzunächst,ȱdassȱV.ȱ26ȱvomȱProphetenmordȱsprichtȱundȱ V.ȱ27ȱ anschließendȱ dieȱ ausȱ demȱ Richterbuchȱ bekanntenȱ „Retter“ȱ erȬ wähnt,ȱobwohlȱdortȱvonȱProphetenmordenȱnichtsȱbekanntȱist.ȱDerȱTextȱ bietetȱ soȱ eineȱ allgemeingültigeȱ Beschreibungȱ desȱ Handelnsȱ Israels,ȱ zuȱ demȱauchȱdieȱNichtbeachtungȱundȱteilsȱsogarȱgewalttätigeȱBeseitigungȱ derȱ Prophetenȱ gehört.ȱ Bemerkenswertȱ istȱ auch,ȱ dassȱ dasȱ Schemaȱ inȱ vergleichbarerȱ Weiseȱ inȱ denȱ Erzählungenȱ imȱ Richterbuchȱ mehrfachȱ entfaltetȱwird.ȱȱ Paradigmatischȱ istȱ dabeiȱdieȱ ersteȱ Erzählungȱ überȱ Othnielȱ (Riȱ 3,7–11),ȱdieȱ lediglichȱdieȱStrukturelementeȱaneinanderreiht.ȱEsȱhandeltȱsichȱumȱ„einȱdtrȱ Beispielstück“83,ȱinȱdemȱdasȱGeschichtsschema,ȱdasȱinȱFormȱeinerȱ„InhaltsȬ angabe“ȱ schonȱ inȱ 2,11–23ȱ vorgelegtȱ wurdeȱ undȱ sichȱ durchȱ dasȱ gesamteȱ Buchȱzieht,ȱanȱeinemȱerstenȱBeispielȱausgeführtȱwird:ȱDieȱSöhneȱIsraelsȱtunȱ dasȱBöseȱinȱdenȱAugenȱdasȱHerrn,ȱsieȱdienenȱdenȱBaalimȱ(Riȱ3,7).ȱDerȱZornȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 82ȱȱ Vgl.ȱSteck,ȱIsrael,ȱ186.ȱ 83ȱȱ Niehr,ȱRichter,ȱ198.ȱ

58ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

desȱ Herrnȱ entbrennt,ȱ erȱ gibtȱ Israelȱ inȱ dieȱ Handȱ seinerȱ Feindeȱ fürȱ eineȱ geȬ wisseȱ Zeitspanneȱ (3,8).ȱ Israelȱ ruftȱ zumȱ Herrnȱ (3,9).ȱ JHWHȱ erwecktȱ einenȱ Retter,ȱderȱsieȱrettet:ȱOthnielȱ(3,9–11).ȱ

Dieȱ Elementeȱ könnenȱ imȱ Einzelnenȱ aufgelistetȱ werden:ȱ Abfallȱ vonȱ JHWHȱ –ȱ Notsituationȱ (Fremdherrschaft)ȱ –ȱ Klagegeschreiȱ –ȱ Sendungȱ einesȱ Richtersȱ –ȱ Rettungȱ („dasȱ Landȱ hatteȱ Ruhe“).ȱ Auffälligȱ sindȱ dieȱ formalenȱParallelen,ȱdieȱzwischenȱdiesemȱRichterschemaȱundȱdemȱentȬ sprechendenȱ Abschnittȱ ausȱ demȱ Geschichtsrückblickȱ imȱ Bußgebetȱ derȱ LevitenȱNehȱ9,26–31ȱbestehen:ȱ ȱ Richterschemaȱ IsraelȱtutȱdasȱBöseȱinȱdenȱAugenȱdesȱ Herrn.ȱ DieȱSöhneȱIsraelsȱwerdenȱbedrängt.ȱ IsraelȱschreitȱzumȱHerrn.ȱ DerȱHerrȱerwecktȱeinenȱRichter.ȱ DasȱLandȱhatteȱRuheȱ(bisȱzumȱfolgenȬ denȱneuerlichenȱAbfall).ȱ

Nehȱ9,26–31ȱ IsraelȱverwirftȱdasȱGesetz,ȱtötetȱdieȱPropheȬ ten.ȱ IsraelȱwirdȱinȱdieȱHandȱderȱBedrängerȱ gegeben.ȱ IsraelȱruftȱzumȱHerrn.ȱ DerȱHerrȱrettetȱsie.ȱ SobaldȱsieȱRuheȱhatten,ȱtatenȱsieȱwiederȱ Böses.ȱ

ȱ WesentlichȱistȱimmerȱdieȱAbfolgeȱvonȱderȱSündeȱIsraels,ȱdemȱRufȱdesȱ VolkesȱundȱdannȱderȱRettungȱdurchȱGottesȱBarmherzigkeit.ȱEinȱMotiv,ȱ dasȱ sichȱ inȱ dieserȱ Gesamtauffassungȱ wiederholt,ȱ istȱ dasȱ vomȱ gewaltȬ samenȱ Geschickȱ derȱ Propheten.ȱ Zusammenȱ mitȱ demȱ deuteronomistiȬ schenȱGeschichtsbildȱwirdȱauchȱdieserȱToposȱweitergetragenȱundȱträgtȱ soȱinȱprägnanterȱFormȱwesentlicheȱGrundgedankenȱdesȱDeuteronomisȬ musȱinȱfolgendeȱJahrhunderte.ȱ DerȱToposȱwirdȱalsȱErklärungȱderȱKatastrophenȱvonȱ722ȱundȱ587ȱv.ȱ Chr.ȱ(EndeȱdesȱNordȬȱbzw.ȱSüdreichs)ȱbenutzt.ȱBeiȱJosephusȱfindenȱwirȱ ihnȱimȱKontextȱderȱVernichtungȱdesȱNordreichesȱ722ȱv.ȱChr.ȱdurchȱdieȱ Assyrerȱ(Antȱ9,13,2),ȱinȱderȱrabbinischenȱTraditionȱ(PesRȱ138a)ȱimȱKonȬ textȱ einerȱ JesajaȬAuslegung,ȱ dieȱ zurȱ Erklärungȱ derȱ Katastropheȱ 70ȱ n.ȱ Chr.ȱdient.84ȱBemerkenswertȱist,ȱdassȱausgerechnetȱdieȱdeuteronomistiȬ scheȱ Prophetenaussageȱ sichȱ ausȱ demȱ gesamtenȱ deuteronomistischenȱ Geschichtsbildȱ verselbständigtȱ hat.ȱ Istȱ inȱ Nehȱ 9ȱ dieȱ Prophetentötungȱ nochȱeineȱUntatȱunterȱanderen,ȱsoȱwirdȱsieȱspäterȱzumȱMotivȱderȱHalsȬ starrigkeitȱ Israelsȱ schlechthin.85ȱ Sieȱ kann,ȱ wieȱ dieȱ Beispieleȱ zeigen,ȱ inȱ unterschiedlichenȱ Kontextenȱ benutztȱ werden,ȱ dientȱ aberȱ jeweilsȱ dazu,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 84ȱȱ Vgl.ȱSteck,ȱIsrael,ȱ87;ȱerȱkommtȱzuȱdemȱErgebnis,ȱdassȱJosephusȱundȱdieȱrabbinischeȱ TraditionȱdasȱMotivȱvomȱProphetengeschickȱausȱderȱlebendigenȱÜberlieferungȱaufȬ nehmen.ȱ 85ȱȱ Vgl.ȱSteck,ȱIsrael,ȱ103f.ȱ

ȱ

2.2ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ

59ȱ

göttlichesȱ Strafgerichtȱ überȱ dasȱ widerspenstigeȱ Israelȱ zuȱ begründen.ȱ WirȱwerdenȱdieserȱFunktionȱauchȱbeiȱLukasȱwiederȱbegegnen.86ȱ NachdemȱdasȱGeschichtsschemaȱinȱderȱUrsprungszeitȱzurȱDeutungȱ undȱÜberwindungȱderȱExilskriseȱbeigetragenȱhatte,ȱdientȱesȱinȱspäterenȱ Textenȱ auchȱ derȱ Verarbeitungȱ andererȱ Krisenȱ Israels,ȱ welcheȱ soȱ alsȱ göttlicheȱStrafeȱfürȱdieȱSündenȱdesȱVolkesȱverstandenȱwerdenȱkonnten.ȱ Zudemȱ trittȱ häufigȱ eineȱ pragmatischeȱ Ausrichtungȱ inȱ denȱ VorderȬ grund:ȱIsraelȱsollȱzurȱUmkehrȱermuntertȱwerden.ȱ Imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Zukunftȱ Israelsȱ inȱ diesemȱ Schemaȱ istȱ folgendesȱ festzuhalten:ȱTrotzȱ desȱ Ungehorsamsȱ Israelsȱ undȱdesȱ dadurchȱ hervorȬ gerufenenȱGottesgerichtsȱgehörtȱauchȱdieȱdaranȱanschließendeȱRettungȱ Israelsȱ alsȱ wesentlicherȱ Teilȱ inȱ dieȱ ausgestalteteȱ Formȱ diesesȱ GeȬ schichtsbildes.ȱ Umȱ dieȱ heilvolleȱ Zukunftȱ fürȱ Israelȱ zuȱ erreichen,ȱ wirdȱ derȱ Rufȱ zurȱ Umkehrȱ laut.ȱ Dieȱ aufȱ dieȱ Umkehrȱ erfolgendeȱ neuerlicheȱ ZuwendungȱGottesȱgehörtȱgenausoȱwesentlichȱinȱdasȱSchemaȱwieȱderȱ Ungehorsamȱ Israels.ȱ Diesȱ korrespondiertȱ mitȱ demȱ Gedankenȱ derȱ grundsätzlichenȱ Begrenzungȱ desȱ göttlichenȱ Zornes.ȱ Dasȱ Motivȱ derȱ Ablehnungȱ derȱ Prophetenȱ unterstreichtȱ sowohlȱ dieȱ Dringlichkeitȱ derȱ Umkehrȱ inȱ derȱ Gegenwartȱ alsȱ auchȱ dieȱ Interpretationȱ desȱ Schicksalsȱ einesȱgegenwärtigenȱProphetenȱ(wieȱz.ȱB.ȱJesusȱinȱdenȱEvangelien)ȱmitȱ HilfeȱdiesesȱSchemas.87ȱ

2.2.5ȱDasȱEntwicklungspotentialȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱ Derȱ Deuteronomismusȱ deutetȱ dieȱ Geschichteȱ Israelsȱ vorȱ demȱ HinterȬ grundȱ derȱ Bundesverpflichtungenȱ desȱ Volkesȱ inȱ einemȱ Schemaȱ vonȱ Ungehorsamȱ undȱ Bestrafung.ȱ Diesesȱ istȱ jedochȱ nichtȱ starr,ȱ sondernȱ entfaltetȱeineȱeigeneȱDynamik,88ȱwieȱvorȱallemȱeineȱfortlaufendeȱLektüȬ reȱderȱdeuteronomistischȱgeprägtenȱGeschichtsbücherȱgezeigtȱhat:ȱObȬ wohlȱ derȱ Abfallȱ vonȱ JHWHȱ undȱ seinenȱ Geboten,ȱ derȱ einemȱ BundesȬ bruchȱ gleichkommt,ȱ zurȱ endgültigenȱ Vernichtungȱ Israelsȱ führenȱ müsste,ȱmündetȱdieȱGeschichteȱschließlichȱlediglichȱinȱderȱDeportationȱ desȱ Volkes,ȱ inȱ derȱ dieȱ Identitätȱ Israelsȱ geradeȱ nichtȱ ausgelöschtȱ wird.ȱ Dieȱ vomȱ Ausgangspunktȱ desȱ Konzeptsȱ herȱ eigentlichȱ zuȱ erwartendeȱ völligeȱVernichtungȱIsraelsȱaufgrundȱseinerȱSündenȱwirdȱzuȱeinerȱVerȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 86ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ untenȱ Kap.ȱ 3.2.ȱ Wichtigeȱ Belegstellenȱ dieserȱ Traditionȱ imȱ lkȱ Werkȱ sindȱ etwaȱ Lkȱ 6,22f.;ȱ 11,47–51;ȱ 13,31–35,ȱ aberȱ dannȱ auchȱ inȱ derȱ Stephanusredeȱ Apgȱ 7,52.ȱ FürȱPaulusȱvgl.ȱ1ȱThessȱ2,16.ȱ 87ȱȱ Vgl.ȱdazuȱSteck,ȱIsrael,ȱ121.ȱ 88ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱ Groß,ȱZukunft,ȱ13–26,ȱderȱunterschiedlicheȱStadienȱamȱBeispielȱderȱ SinaiperikopeȱExȱ32ȱ(undȱumliegendeȱKapitel)ȱdarstellt.ȱ

60ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

bannungȱ insȱ Exilȱ abgeschwächt.ȱ Esȱ liegtȱ nahe,ȱ diesȱ anhandȱ einesȱ geȬ schichtlichenȱ Indexesȱ derȱ Schriftenȱ zuȱ deuten,ȱ insofernȱ dieȱ AbschwäȬ chungȱ derȱ Strafeȱ Gottesȱ imȱ Verlaufȱ derȱ Erzählungȱ mitȱ denȱ ErfahrunȬ gen,ȱ dieȱ Israelȱ imȱ Exilȱ machte,ȱ korreliert:ȱ Obwohlȱ dieȱ vermutlichȱ ursprünglicheȱ undȱ ältesteȱ deuteronomistischeȱ Deutungȱ desȱ Exilsȱ alsȱ Realisierungȱ desȱ Bundesfluchsȱ keineȱ Zukunftsoptionȱ fürȱ dasȱ Volkȱ beȬ reithält,ȱerlebtȱIsrael,ȱdassȱesȱtrotzȱVerlustesȱderȱEigenstaatlichkeitȱundȱ Verschleppungȱ seineȱ Identitätȱ alsȱ Volkȱ nichtȱ verliertȱ bzw.ȱ ihrerȱ sogarȱ nochȱ gewisserȱ alsȱ vorherȱ wird.ȱ Soȱ mussȱ auchȱ dasȱ Zukunftskonzeptȱ modifiziertȱ werden.ȱ Theologischȱ gewendetȱ zeigtȱ sichȱ darinȱ dieȱ BarmȬ herzigkeitȱJHWHs,ȱderȱkeinȱEndeȱinȱGerichtȱundȱVernichtungȱfürȱIsraelȱ erstrebt.ȱ Dieȱ anȱ diesemȱ Beispielȱ erkennbareȱ Weiterentwicklungȱ derȱ deuteronomistischenȱKonzeptionȱöffneteȱsoȱnachȱundȱnachȱeinȱFensterȱ inȱ dieȱ Zukunft,ȱ dasȱ mitȱ Errettungȱ undȱ Heilȱ imȱ Anschlussȱ anȱ dieȱ GeȬ richtszeitȱ rechnet.ȱ Dieserȱ Wendeȱ korrespondiertȱ zunächstȱ keinȱ beȬ stimmtesȱ Verhaltenȱ aufȱ Seitenȱ desȱ Volkesȱ –ȱ Gottȱ selbstȱ bewirktȱ dieȱ Umkehrȱ–,ȱdochȱfindetȱsichȱinȱspäterenȱTextenȱschließlichȱdasȱMotivȱderȱ SündenvergebungȱundȱneuerlichenȱUmkehrȱzuȱGott.89ȱȱ

2.3ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ Eineȱ ganzȱ andersȱ gelagerteȱ Antwortȱ aufȱ dieȱ Umbrücheȱ derȱ Exilszeitȱ bietenȱ dieȱ Textzusammenhängeȱ ausȱ demȱ Pentateuch,ȱ dieȱ manȱ früherȱ schlichtȱ alsȱ „Priesterschrift“90,ȱ inȱ neuererȱ Zeitȱ etwasȱ differenzierterȱ alsȱ „priester(schrift)lichesȱWerk“91ȱbezeichnet.ȱȱ

2.3.1ȱZumȱTerminusȱ„Priesterschrift“ȱ EsȱhandeltȱsichȱdabeiȱumȱeineȱeigenständigeȱNacherzählungȱderȱFrühȬ zeitȱIsraels,ȱdieȱmitȱderȱSchöpfungȱderȱWeltȱeinsetzt.92ȱNachȱverbreiteterȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 89ȱȱ Vgl.ȱGroß,ȱZukunft,ȱ27ff.ȱ 90ȱȱ DieseȱBezeichnungȱhatȱsichȱseitȱdenȱfrühenȱhistorischȬkritischenȱArbeitenȱdesȱ18.ȱJh.sȱ eingebürgert.ȱ 91ȱȱ Vgl.ȱdazuȱZenger,ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerkȱ(P).ȱ 92ȱȱ Dasȱ ursprünglicheȱ Endeȱ desȱ Werkesȱ wirdȱ seitȱ langemȱ ohneȱ wirklicheȱ Aussichtȱ aufȱ einenȱ Konsensȱ diskutiert,ȱ vgl.ȱ dazuȱ dieȱ einzelnenȱ Vermutungenȱ beiȱ Zenger,ȱ Dasȱ priester(schrift)licheȱ Werk,ȱ 161–166.ȱ Dieȱ meistenȱ Hypothesenȱ sehenȱ denȱ Abschlussȱ desȱWerkesȱimȱUmfeldȱdesȱheutigenȱBuchesȱDeuteronomium,ȱsoȱdassȱesȱsichȱinȱetwaȱ aufȱdieȱimȱPentateuchȱerzähltenȱEpochenȱderȱFrühzeitȱIsraelsȱerstrecktȱhabenȱdürfte.ȱ AufȱjedenȱFallȱgehtȱesȱumȱdieȱGründungsgeschichteȱIsraels.ȱ

ȱ

2.3ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ

61ȱ

MeinungȱistȱsieȱinȱdieȱfrüheȱnachexilischeȱZeitȱ(ca.ȱ520ȱv.ȱChr.)ȱzuȱdatieȬ ren.ȱAuchȱwennȱumȱdieȱgenaueȱEntstehungȱdieserȱTexteȱnachȱwieȱvorȱ gerungenȱ wird,93ȱ unterschiedlicheȱ Redaktionsstufenȱ angenommenȱ werdenȱ(verbreitetȱistȱvorȱallemȱdieȱAbgrenzungȱeinerȱGrundschriftȱPgȱ vonȱspäterenȱErweiterungenȱundȱAnreicherungen)ȱundȱauchȱeineȱjünȬ gereȱDatierungȱderȱGrundschriftȱ(bisȱinsȱ5.ȱJahrhundertȱv.ȱChr.ȱhinein)ȱ vertretenȱwird,94ȱsoȱwirdȱmanȱdochȱdieȱUmwälzungenȱderȱExilszeitȱundȱ dieȱ Realitätenȱ derȱ nachexilischenȱ Zeitȱ alsȱ Auslöserȱ dieserȱ neuenȱ KonȬ zeptionȱ alsȱ wesentlichȱ veranschlagenȱ können.ȱ Dieȱ besondereȱ BedeuȬ tungȱ dieserȱ Phaseȱ fürȱ dieȱ Entwicklungȱ derȱ biblischenȱ Theologieȱ wirdȱ damitȱerneutȱdeutlich.ȱ WieȱderȱNameȱschonȱandeutet,ȱverortetȱmanȱdieȱAbfassungȱdieserȱ Texteȱ inȱ Priesterkreisen.ȱDasȱ Interesseȱ anȱ kultischenȱ Inhaltenȱ legtȱ diesȱ nahe.95ȱ Kennzeichnendȱ istȱ esȱ auchȱ fürȱ dasȱ priester(schrift)licheȱ Werk,ȱ dassȱ dieȱ theologischenȱ Optionenȱ derȱ Gegenwartȱ sichȱ inȱ einerȱ DarstelȬ lungȱ derȱ Vergangenheitȱ niederschlagen.ȱ „Das,ȱ wasȱ erzähltȱ wird,ȱ entȬ sprichtȱ Situationen,ȱ Möglichkeiten,ȱ Erfahrungenȱ undȱ Problemenȱ derȱ angezieltenȱ Leserschaft.ȱ Ihrȱ bietetȱ esȱ imȱ Gewandȱ derȱ Vergangenheitȱ Lebenshilfenȱ undȱ Lösungsmöglichkeitenȱ an.“96ȱ Damitȱ sindȱ auchȱ inȱ diesenȱTextenȱdieȱKonzepteȱeinerȱZukunftȱfürȱIsraelȱvorȱallemȱausȱdenȱ BeschreibungenȱderȱVergangenheitȱzuȱerheben.ȱObwohlȱdieseȱTexteȱinȱ derȱ kanonischenȱ Formȱ desȱ Pentateuchȱ unmittelbarȱ nebenȱ denȱ Textenȱ deuteronomistischerȱTheologieȱzuȱfindenȱsind,ȱlassenȱsieȱsichȱdochȱvonȱ diesenȱunterscheidenȱundȱwerdenȱtransparentȱaufȱdasȱinȱihnenȱvorgeȬ legteȱZukunftskonzept.97ȱ

2.3.2ȱGrundzügeȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ Mitȱ Norbertȱ Lohfinkȱ lässtȱ sichȱ dieȱ Eigenartȱ derȱ priester(schrift)lichenȱ Theologieȱ wieȱ folgtȱ umreißen:ȱ „Dieȱ Geschichteȱ derȱ Erzväterȱ undȱ –ȱ mindestensȱvonȱeinerȱfrühdeuteronomistischenȱBearbeitungȱdesȱPentaȬ teuchsȱanȱ–ȱdieȱgesamteȱGeschichteȱIsraelsȱbisȱzurȱLandnahmeȱwirdȱmitȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 93ȱȱ Vgl.ȱZenger,ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerk,ȱ167;ȱGroß,ȱZukunft,ȱ45.ȱEsȱwirdȱdiskuȬ tiert,ȱ obȱ dieȱ Texteȱ vorȱ oderȱ nachȱ derȱ Wiedererrichtungȱ desȱ Tempelsȱ inȱ Jerusalemȱ (515ȱv.ȱChr.)ȱanzusetzenȱsind.ȱȱ 94ȱȱ Vgl.ȱdazuȱZenger,ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerk,ȱ167.ȱ 95ȱȱ Vgl.ȱebd.ȱ 96ȱȱ Lohfink,ȱPriesterschrift,ȱ238;ȱvgl.ȱauchȱdieȱBeispieleȱ238f.ȱ 97ȱȱ Dieseȱ theologischeȱ Eigenständigkeitȱ istȱ einȱ gewichtigesȱ Argumentȱ fürȱ dieȱ literariȬ scheȱ Selbstständigkeitȱ desȱ ursprünglichenȱ priester(schrift)lichenȱ Werkes,ȱ vgl.ȱ dazuȱ Zenger,ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerk,ȱ161.ȱ

62ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

denȱ Kategorienȱ ‚Verheißungȱ –ȱ Erfüllung‘ȱ gedeutet“98;ȱ aberȱ währendȱ „dasȱDeuteronomiumȱundȱdasȱdamitȱverbundeneȱGeschichtswerkȱ[…]ȱ nochȱ dieȱ Kategorieȱ einesȱ ‚Vertrages‘ȱ zwischenȱ Jahweȱ undȱ Israelȱ alsȱ Deutungsprinzipȱ hinzu[fügen]“99,ȱ bautȱ dieȱ priester(schrift)licheȱ KonȬ zeptionȱ ganzȱ aufȱ Gottȱ allein.ȱ „Dieȱ Zukunftȱ wirdȱ größerȱ seinȱ alsȱ dieȱ Vergangenheitȱjeȱwar.ȱEinȱneues,ȱallesȱFrühereȱübertreffendesȱHandelnȱ Jahwesȱ stehtȱ bevor.“100ȱ Dazuȱ wirdȱ dieȱ Kategorieȱ ‚Verheißungȱ –ȱ ErfülȬ lung‘,ȱdieȱ„eineȱdenȱgesamtenȱerzähltenȱGeschichtsablaufȱübergreifenȬ deȱ Rolle“101ȱ spielt,ȱ übernommen;ȱ dochȱ verzichtetȱ dasȱ Konzeptȱ aufȱ dieȱ Vertragskategorie,ȱ umȱ dieȱ Zäsurȱ desȱ Exilsȱ andersȱ deutenȱ zuȱ können:ȱ „Dasȱ Exilȱ bezeichnetȱ keinenȱ unheilbarenȱ Bruch,ȱ dieȱ grundlegendenȱ Setzungenȱ haltenȱ sichȱ durch.“102ȱ Dieseȱ Eigenartenȱ führenȱ zuȱ einemȱ neuenȱ Entwurf,ȱ derȱ sichȱ gutȱ anhandȱ desȱ Bundesverständnissesȱ veranȬ schaulichenȱlässt,ȱdasȱderȱdeuteronomistischenȱBundestheologieȱentgeȬ gengesetztȱist.ȱ Derȱ Terminusȱ bࢥritȱ wirdȱ dabeiȱ imȱ priester(schrift)lichenȱ Werkȱ mitȱ anderenȱ Kategorienȱ verknüpft.ȱ Dieseȱ „spezifischeȱ Bundestheologie“ȱ zeichnetȱ sichȱ dadurchȱ aus,ȱ dassȱ dieȱ priesterlicheȱ Grundschriftȱ „dieȱ Wendungȱ ‚Bundȱ schließenȱ zwischen/mit‘ȱ (Aspektȱ derȱ Zweiseitigkeit;ȱ Vertragsbund)ȱ[vermeidet]ȱundȱnurȱ‚Bundȱgeben‘ȱbzw.ȱ‚Bundȱerrichten‘ȱ (Aspektȱ derȱ Einseitigkeit;ȱ Gnadenbund)ȱ [gebraucht]“103.ȱ AuffälligerȬ weiseȱfehltȱ dieȱ Bundeskategorieȱaberȱ imȱ Kontextȱ desȱ Sinaigeschehens,ȱ woȱ sieȱ fürȱ dieȱ deuteronomistischeȱ Überlieferungȱ soȱ wesentlichȱ ist.104ȱ Nachȱ Auffassungȱ derȱ Priesterschriftȱ wirdȱ daherȱ amȱ Sinaiȱ keineȱ bࢥritȱ geschlossenȱ undȱ esȱ werdenȱ auchȱ keineȱ Gesetzeȱ erlassen.ȱ Stattdessenȱ beschreibenȱdieȱSinaitexteȱdieȱStiftungȱdesȱKultes.105ȱDiesesȱUnterschlaȬ genȱ derȱ SinaiȬbࢥritȱ lässtȱ daraufȱ schließen,ȱ dassȱ dieȱ Verfasserȱ inȱ dieserȱ Überlieferung,ȱ dieȱ engȱ mitȱ derȱ Gehorsamsverpflichtungȱ bzw.ȱ derȱ sichȱ negativȱanschließendenȱMotivikȱvonȱ„UngehorsamȱIsraels“ȱundȱ„Zornȱ Gottes“ȱ verbundenȱ war,ȱ keineȱ tragendeȱ Zukunftshoffnungȱ fürȱ Israelȱ mehrȱ sehenȱ können.ȱ Aufȱ derȱ Sucheȱ nachȱ einerȱ Alternative,ȱ umȱ dasȱ VerhältnisȱIsraelsȱzuȱJHWHȱzuȱbegründen,ȱgreifenȱsieȱaufȱGenȱ15*ȱzuȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 98ȱȱ Lohfink,ȱPriesterschrift,ȱ242.ȱ 99ȱȱ Lohfink,ȱPriesterschrift,ȱ242f.ȱ 100ȱȱ Lohfink,ȱPriesterschrift,ȱ243.ȱ 101ȱȱ Lohfink,ȱPriesterschrift,ȱ244.ȱ 102ȱȱ Groß,ȱBundeszeichen,ȱ102.ȱ 103ȱȱ Zenger,ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerk,ȱ161.ȱ 104ȱȱ Vgl.ȱdazuȱZenger,ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerk,ȱ161.ȱ 105ȱȱ Vgl.ȱGroß,ȱBundeszeichen,ȱ102.ȱ

ȱ

2.3ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ

63ȱ

rück.106ȱ Gemäßȱ diesemȱ Textȱ schlossȱ JHWHȱ schonȱ langeȱ vorȱ denȱ BegeȬ benheitenȱ amȱ Sinaiȱ eineȱ bࢥritȱ mitȱ demȱ Patriarchenȱ Abraham,ȱ dieȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ SinaiȬȱ bzw.ȱ HorebȬbࢥritȱ desȱ Deuteronomiumsȱ „nichtȱ anȱ dieȱ Bedingungȱ menschlicherȱ Leistungȱ gebundenȱ war“107ȱ undȱ daherȱ „durchȱ menschlicheȱ Fehlleistungȱ daherȱ auchȱ nichtȱ vernichtetȱ werdenȱ konnte“108.ȱ Dieseȱ bࢥritȱ wirdȱ damitȱ zuȱ einemȱ zukunftsträchtigenȱ AnȬ knüpfungspunktȱ fürȱ einȱ Israel,ȱ dasȱ denȱ Vorgabenȱ desȱ SinaiȬGesetzesȱ nichtȱentsprochenȱhatte.ȱȱ Dieȱ Konzentrationȱ aufȱ dieȱ VäterȬbࢥritȱ hatȱ außerdemȱ entscheidendeȱ inhaltlicheȱ Erweiterungenȱ zurȱ Folge.ȱ Dieȱ AbrahamȬbࢥritȱ wirdȱ mitȱ demȱ BundeszeichenȱderȱBeschneidungȱbesiegelt,ȱdieȱfortanȱalsȱKennzeichenȱ Israelsȱ gilt.ȱ Außerdemȱ wirdȱ einȱ inȱ derȱ Überlieferungȱ vorherȱ offenbarȱ unbekannterȱ Bundesschlussȱ auchȱ mitȱ Noahȱ eingeführt,ȱ demȱ mitȱ demȱ Regenbogenȱ ebenfallsȱ einȱ Zeichenȱ zugeordnetȱ wird.109ȱ Dieȱ ImplikatioȬ nenȱ dieserȱ Akzenteȱ lassenȱ sichȱ durchȱ eineȱ Analyseȱ derȱ priesȬ ter(schrift)lichenȱPassagenȱausȱGenȱ9ȱundȱGenȱ17ȱverdeutlichen.110ȱ

2.3.3ȱDasȱpriester(schrift)licheȱMotivȱvomȱ„ewigenȱBund“ȱ DieȱRedeȱvonȱeinerȱbࢥritȱimȱKontextȱderȱSintflutȱistȱcharakteristischȱfürȱ dieȱ priester(schrift)licheȱ Erzählung,ȱ dieȱ sichȱ auchȱ nochȱ anȱ anderenȱ Punktenȱ vonȱ derȱ älterenȱ Fassungȱ derȱ Erzählungȱ unterscheidet.111ȱ Derȱ Schlussbereichȱderȱpriester(schrift)lichenȱFassungȱistȱdurchȱGottesredeȱ bestimmt,ȱ zunächstȱ durchȱ Segenȱ undȱ Erneuerungȱ derȱ Worteȱ ausȱ derȱ Schöpfungsgeschichteȱ (Genȱ 9,1–7:ȱ Fortpflanzungȱ undȱ Ernährung).ȱ Mitȱ einerȱerneutenȱAnredeȱwirdȱabȱV.ȱ8ȱdieȱGabeȱeinerȱbࢥritȱformuliert:ȱȱ ȱ ʥʖ ˢफ़ ʑʠ ʥʩ६ ʕʰʕˎʚʬ ʓʠʍʥ ʧʔ ʖ ʰʚʬ ड़ ʓʠ ॡʭʩʑʤ˄ ʎʠ ʸʓʮʠ५ʖ˕ʔʥ ʟʸʙʖʮʠʒʬ ʩ६ʰʑ ʍʰʤʑ ʩʰढ़ʑ ʏʠʔʥ ʩʺʩ फ़ ʑ ʸʍʑ ˎʚʺ ʓʠ ʭʩʷʒʮ ॣʑ ʟʭʙ ʓʫʩʸʏʒ ʧʙ ʔʠ ʭफ़ʫʏʓ ʲʸʔʍ ʦʚʺʙ ʓʠʍʥ ʭख़ʫʓ ʍˢ ʑʠȱ

8ȱ 9ȱ

UndȱGottȱredeteȱzuȱNoahȱundȱzuȱseinenȱSöhnenȱȱ wieȱfolgt:ȱ Undȱich,ȱsiehe,ȱȱ ichȱrichteȱmeinenȱBundȱaufȱ mitȱeuchȱundȱmitȱeurenȱNachkommenȱnachȱeuchȱȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 106ȱȱ Vgl.ȱdenȱvorexilischenȱTextȱGenȱ15*,ȱderȱvonȱeinemȱBundesschlussȱspricht;ȱvgl.ȱdazuȱ E.ȱZengersȱÜberlegungenȱzuȱeinemȱvorexilischenȱ„JerusalemerȱGeschichtswerk“ȱin:ȱ ders.,ȱPentateuchtexte,ȱ179–184,ȱ180f.ȱzuȱGenȱ15*.ȱ 107ȱȱ Groß,ȱBundeszeichen,ȱ102ȱ 108ȱȱ Ebd.ȱ 109ȱȱ Vgl.ȱebd.ȱ 110ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱGroß,ȱZukunft,ȱ47–64.ȱ 111ȱȱ Vgl.ȱdieȱAufzählungȱderȱUnterschiedeȱbeiȱWestermann,ȱGenȱI,ȱ79f.ȱ

64ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

ʭʫड़ʓ ʍˢ ʑʠ ʸˇʏ ४ ʓ ʠ ॡʤʕ ˕ʧʔ ʙʤʔ ˇʓʴʰʚʬʕ ५ ʓ ˗ ʺʠ९ʒ ʥʍ

10ȱ

ʵʸʓ ʠʕफ़ ʕ ʤ ʺ६ ˕ʔ ʧʔ ʚʬʕʫʡʍ ˒ʙ ʤॣʮʒʕ ʤˎʍ ˎʔ ʳʥʖ ʲʕ८ ˎ ʭख़ʫʓ ʍˢ ʑʠ ʟʵʸʙʓ ʠʕʕ ʤ ʺ६ ˕ʔ ʧʔ ʬʖ ʫʍफ़ ʬ ʤʡड़ʕ ʒˢʔʤ ʩʠʍ४ ʒ ʶʖʩ ॡʬʖ˗ ʑʮȱ ʭʫड़ʓ ʍˢ ʑʠ ʩॡ ʑʺʩʸʍʑ ˎʚʺʠʓ ʩʺʖ५ ʑ ʮʷʑ ʤʏ ʥʔ ʣʥʖ ʲफ़ ʸˈʕ ॣ ʕ ˎʚʬʕ˗ ʺʸʕ८ ʒ ˗ʑʩʚʠʙ˄ʥʍ ʬ˒ˎʔख़ ˙ʤʔ ʩ˙४ ʒ ʮʑ ʟʵʸʙʓ ʠʕʕ ʤ ʺʧʔ६ ʒ ˇʬʍ ʬ˒ फ़ˎʔʮ ʣʥʖ ʲॣ ʤ६ ʩʓ ʤʍ ʑ ʩʚʠʙ˄ʥʍ ȱ

11ȱ

ȱ undȱmitȱjedemȱlebendenȱWesen,ȱdasȱbeiȱeuchȱ ist,ȱȱ ȱ anȱVögeln,ȱanȱViehȱundȱanȱallenȱTierenȱderȱ Erdeȱbeiȱeuch,ȱȱ ȱ vonȱallem,ȱwasȱausȱderȱArcheȱgegangenȱistȱ vonȱallenȱTierenȱderȱErde.ȱȱ UndȱichȱrichteȱmeinenȱBundȱaufȱmitȱeuch,ȱ ȱ undȱnieȱmehrȱsollȱallesȱFleischȱausgerottetȱ werdenȱdurchȱdasȱWasserȱderȱFlut,ȱȱ undȱnieȱmehrȱsollȱesȱeineȱFlutȱgeben,ȱdieȱErdeȱzuȱ vernichten.ȱȱ

ȱ Nachȱ derȱ Ankündigungȱ derȱ bࢥritȱ (V.ȱ9f.)ȱ vollziehtȱ sichȱ derenȱ AufrichȬ tungȱ(V.ȱ11).ȱDieseȱwirdȱschließlichȱdurchȱdasȱBundeszeichenȱ(V.ȱ12–17)ȱ besiegelt:ȱ ȱ ʭʩʤय़ʑ ˄ ʎʠ ʸʓʮʠ४ʖ˕ʔʥ ʺॡ ʩʸʍʑ ˎʤʔ ʚʺʥʖ ʠʙ ʺʠ५ʖʦ ʯ य़ʒʺʖ ʰ ʩ४ʰʑ ʠʏ ʚʸʓˇʠʏ ʤफ़˕ʕ ʧʔ ˇʓʴ६ ʓʰʚʬʕ˗ ʯʩॣ ʒʡ˒ ʭʫड़ʓ ʩʒʰʩʡ˒ ४ ʒ ʩॡ ʑʰʩʒˎ

12ȱ ȱ ȱ ȱ

ʭख़ʫʓ ʍˢ ʑʠ ʸˇ४ ʓ ʏʠ ʟʭʙ ʕʬʥʖ ʲ ʺʖ ʸʖ फ़ ʣʍʬ ʯख़ʰʕʕ ʲʙˎʓ ʩ ʑˢʺʕफ़ ʔ ʰ ʩ ढ़ʑˢ ʍˇ ʔʷʚʺʠʓ ʺʩʸʍड़ʑ ˎ ʺʥʖ ʠʍ४ ʬ ॡʤ ʕʺʍ ʩʙʤʍʕ ʥ ʟʵʸʙʓ ʠʕʕ ʤ ʯʩ६ʡ˒ ʒ ʩफ़ʰʑ ʩʒˎ

ȱ ȱ 13ȱ ȱ ȱ ȱ 16ȱ ȱ

[…]ȱ

ʯख़ʰʕʕ ʲʙˎʓ ʺʓˇ˟ʔफ़ ʓ ʤ ʤʺʍ६ ʕ ʩʤʕ ʥʍ ʭʬड़ʕ ʥʖ ʲ ʺʩʸʍ४ ʑ ˎ ʸॡ ʖ ˗ʍʦʬʑ ʤʕ ʩ य़ʑʺʩʑʠʸ˒ ʍ ʤ˕ड़ʕ ʧʔ ˇʓʴʰʚʬʕ ४ ʓ ˗ ʯॡ ʩʒʡ˒ ʭʩʤड़ʑ ˄ʠʎ ʯʩˎ४ ʒ ʸˈʕफ़ ʕ ˎʚʬʕʫˎʍ ȱ ʟʵʸʙʓ ʕʠʕʤʚʬʔʲ ʸˇ६ ʓ ʠʏ ʧʔ ʖ ʰʚʬ ख़ ʓʠ ʭʩʤ˄ फ़ ʑ ʠʎ ʸʓʮʠ६ʖ˕ʔʥ ʺॡ ʩʸʍʑ ˎʤʔ ʚʺʥʖ ʠʙ ʺʠ५ʖʦ ʩ ʑʺʖ ʮड़ ʷʑ ʤʏ ʸˇ४ ʓ ʏʠ ʟʵʸʙʓ ʠʕʕ ʤʚʬʔʲ ʸˇʏ ६ ʓ ʠ ʸˈʕफ़ ʕ ˎʚʬʕ˗ ʯʩ६ ʒʡ˒ ʩʰढ़ʑ ʩʒˎ

ȱ ȱ 17ȱ ȱ ȱ ȱ

UndȱGottȱsprach:ȱȱ DiesȱistȱdasȱZeichenȱdesȱBundes,ȱȱ denȱichȱgebeȱȱ ȱ zwischenȱmirȱundȱeuchȱundȱjedemȱlebendenȱ Wesen,ȱȱ ȱ dasȱbeiȱeuchȱist,ȱȱ ȱ aufȱewigeȱGenerationenȱhin:ȱ MeinenȱBogenȱgebeȱichȱinȱdieȱWolken,ȱ undȱerȱsollȱseinȱzumȱZeichenȱdesȱBundesȱ ȱ zwischenȱmirȱundȱderȱErde.ȱȱ […]ȱ WennȱderȱBogenȱinȱdenȱWolkenȱsteht,ȱȱ werdeȱichȱihnȱansehen,ȱumȱanȱdenȱewigenȱBundȱ zuȱdenkenȱȱ zwischenȱGottȱundȱjedemȱlebendenȱWesenȱunterȱ allemȱFleisch,ȱȱ dasȱaufȱErdenȱist.ȱ UndȱGottȱsprachȱzuȱNoah:ȱȱ DasȱistȱdasȱZeichenȱdesȱBundes,ȱȱ denȱichȱaufgerichtetȱhabeȱȱ zwischenȱmirȱundȱallemȱFleisch,ȱdasȱaufȱErdenȱ ist.ȱ

ȱ DieȱErzählungȱvonȱdiesemȱBundesschlussȱzeigtȱdieȱAnliegenȱderȱPriesȬ terschriftȱ deutlichȱ an:ȱ „Alleinȱ YHWHȱ spricht,ȱ erȱ erneuertȱ denȱ SchöpȬ fungssegenȱ undȱ gibtȱ seineȱ Berit.“112ȱ Insofernȱ derȱ Menschȱ keineȱ HandȬ lungsoptionȱ erhältȱ –ȱ Noahȱ zeigtȱ keineȱ Reaktionȱ aufȱ dasȱ Tunȱ Gottesȱ –,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 112ȱȱ Groß,ȱZukunft,ȱ48.ȱ

ȱ

2.3ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ

65ȱ

dieȱ dieȱ bࢥritȱ beeinflussenȱ könnte,ȱ kannȱ sieȱ nachȱ Genȱ 9,16ȱ (vgl.ȱ auchȱ V.ȱ11ȱundȱ15)ȱalsȱ„ewigeȱbࢥrit“ȱbezeichnetȱwerden.ȱVonȱdiesenȱGrundȬ ausrichtungenȱ inȱ Genȱ 9ȱ erschließtȱ sichȱ auchȱ Genȱ 17.ȱ Insofernȱ derȱ TerȬ minusȱ bࢥritȱ inȱ 17,1–22ȱ gleichȱ 13Ȭmalȱ begegnet,ȱ erweistȱ erȱ sichȱ alsȱ LeitȬ wort.ȱ Dieȱ Verseȱ handelnȱ vonȱ einemȱ Gesprächȱ Gottesȱ mitȱ Abraham.ȱ DortȱgibtȱGottȱnachȱseinerȱSelbstvorstellungȱalsȱ„ElȱSchaddai“ȱ(17,1–3a)ȱ zweiȱ Verheißungenȱ bzw.ȱ zweiȱ bࢥritimȱ anȱ Abraham,ȱ dieȱ sichȱ voneinanȬ derȱunterscheidenȱlassen.113ȱDieȱersteȱbࢥritȱwirdȱinȱ17,4–6ȱbeschrieben:ȱ ȱ ˂ˢʑख़ ʕ ʠ ʩʺʩ फ़ ʑ ʸʍʑ ʡ ʤ६ ʒ˚ʑʤ ʩʰढ़ʑ ʏʠȱ 4 ʟʭʙ ʩʑ ʥʖ ˏ ʯʥʖ ʮʏ६ ʤ ʡʠʍफ़ ʔ ʬ ʕʺʩʩढ़ʑ ʤʕ ʥʍ ȱ ʭʸʍख़ ʕ ʡˋ फ़˃ʮʍ ʑˇʚʺʠʓ ʣʥʖ ʲॣ ʠʸʕ˟ʑ ६ ʒ ʩʚʠ˄ʍʥȱ 5 ʭʤड़ʕ ʸʍʕ ʡˋ ˃ॡ ʍʮ ʑˇ ʤ५ʩʕ ʤʕ ʥʍ ȱ ʟ˃ʩʙ ʑˢ ʔʺʍʰ ʭफ़ʩʑ ʥʖ ˏ ʯʥʖ ʮʏ६ ʤʚʡˋ ʩॣ˗ȱ ʑ ʣʖ ʠʍड़ ʮ ʣʖ ʠʍʮʑ ४ ˎ ˃ॡ ʍʺʖ ʠʙ ʩʺ५ ʑ ʸʍʒ ʴʤʑ ʥʍ ȱ 6 ʭʩख़ ʑ ʥʖ ʢʍʬ ˃ʩˢफ़ ʑ ʔʺʍʰ˒ ȱ ʟ˒ʠʙ ʒʶʒ ʩ ६˃ ʍ˙ʑʮ ʭʩफ़ʫʕʑ ʬʮʍ ˒ ȱ

Ich,ȱsiehe,ȱmeinȱBundȱmitȱdir: DuȱwirstȱzumȱVaterȱvielerȱVölkerȱwerden. UndȱnichtȱmehrȱsollȱdeinȱNameȱAbramȱsein, sondernȱdeinȱNameȱsollȱAbrahamȱsein. DennȱichȱhabeȱdichȱzumȱVaterȱvielerȱVölkerȱgemacht. Undȱichȱwerdeȱdichȱsehrȱfruchtbarȱmachen undȱichȱwerdeȱdichȱzuȱVölkernȱmachen undȱKönigeȱwerdenȱausȱdirȱhervorgehen.

ȱ DieseȱersteȱbࢥritȱistȱeineȱVermehrungsverheißung.ȱSieȱgiltȱnurȱAbrahamȱ selbst,ȱbenenntȱkeinerleiȱVerpflichtungenȱundȱwurdeȱbereitsȱinȱV.ȱ2ȱbeiȱ derȱ erstenȱ Redeȱ Gottesȱ angekündigt,ȱ soȱ dassȱ dieȱ vorliegendenȱ Verseȱ strukturellȱparallelȱzuȱGenȱ9ȱalsȱSetzungȱderȱbࢥritȱzuȱlesenȱsind.ȱAbȱ17,7ȱ folgtȱdannȱdieȱzweiteȱbࢥrit:ȱȱ ȱ ʩ ।ʑʺʩʸʍʑ ˎʚʺʠʓ ʩ ९ʑʺʖ ʮ ʑʷʏʤʥʔ ȱ ˃ʩʸʏॣ ʓ ʧˋ ८˃ʏʲʸʔʍ ʦ ʯʩʡ९ʒ ˒ ˃ʰय़ʓ ʩʒʡ˒ ʩ४ʰʑ ʩʒˎ ʭʺʖफ़ ʕ ʸʖ ʣʍʬ ʭख़ʬʥʖʕ ʲ ʺʩʸʍ४ ʑ ʡʬʑ फ़˃ʏʲʸʔʍ ʦʬʍ ˒ʙ ʭʩʤड़ʑ ˄ʠʙ ʒʬ ˃ॡ ʬʍ ʺʥ५ʖʩʍʤʬʑ ʟ˃ʩʸʏʙ ʓ ʧˋȱ ʜʺʠ४ ʒ ˃ʩʸʏ।ʓ ʧˋ ˃ʏ९ ʲʸʔʍ ʦʬʍ ˒ ˃ʬʍ २ ʩˢ४ ʑ ʔʺʕʰʥʍ ˃ʩʸʗय़ʓ ʢ ʍʮ ʵʸʓ ʠȱ ४ʓ ʭख़ʬʥʖʕ ʲ ʺफ़˓ʔ ʧʗ ʏʠʔʬ ʯʔʲʰड़ʔ ˗ʍ ʵʸʓ ʠʚʬʕ ४ ʓ ˗ ʺ ʒʠॢ ȱ ʟʭʩʙ ʑʤ˄ʠʒʬ ʭʤʕफ़ ʓ ʬ ʩ ʑʺʩ६ ʩʑ ʤʕ ʥʍ ȱ ʭʤड़ʕ ʸʍʕ ʡˋʚʬ ʓʠ ॡʭʩʑʤ˄ʠʎ ʸʓʮʠ५ʖ˕ʔʥȱ ʸʖ ʮख़ ʍˇ ʑʺ ʩʺʩ ४ ʑ ʸʍʑ ˎʚʺ ʓʠ ʤˢफ़ ʕ ʔʠʍʥ ȱ ʟʭʙʺʖʕ ʸʖ ʣʍʬ ˃ʩʸʏफ़ ʓ ʧʙ ʔʠ ६˃ʏʲʸʔʍ ʦʥʍ ʤˢॣ ʕ ʔʠ

7 ȱ ȱ

8

9

˒ʸʍʮʍ य़ ˇ ʑˢ ʸˇ४ ʓ ʠʏ ʩ ʑʺʩ० ʸʍʑ ˎ ʺʠ४ʖʦȱ 10 ˃ʩʸʏख़ ʓ ʧˋ फ़˃ʏʲʸʔʍ ʦ ʯʩ६ ʒʡ˒ ʭʫड़ʓ ʩʒʰʩʡ˒ ४ ʒ ʩॡ ʑʰʩʒˎ ȱ

UndȱichȱwerdeȱmeinenȱBundȱaufrichtenȱ zwischenȱmirȱundȱdirȱundȱdeinenȱNachkommenȱnachȱ dirȱdurchȱihreȱGenerationenȱȱ alsȱeinenȱewigenȱBund,ȱ umȱdirȱundȱdeinenȱNachkommenȱnachȱdirȱGottȱzuȱ sein. UndȱichȱwerdeȱdirȱundȱdeinenȱNachkommenȱnachȱdirȱ dasȱLandȱdeinerȱFremdlingschaftȱgeben,ȱ dasȱganzeȱLandȱKanaan,ȱzumȱewigenȱBesitz,ȱ undȱichȱwerdeȱihnenȱGottȱsein. UndȱGottȱsprachȱzuȱAbraham: Undȱdu,ȱmeinenȱBundȱsollstȱduȱhalten,ȱ duȱundȱdeineȱNachkommenȱnachȱdir,ȱdurchȱihreȱ Generationen!ȱ DiesȱistȱmeinȱBund,ȱvonȱdemȱgilt:ȱIhrȱsolltȱihnȱhalten, zwischenȱmirȱundȱeuchȱundȱdeinenȱNachkommenȱ nachȱdir:ȱȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 113ȱȱ ZurȱStrukturȱvonȱGenȱ17,1–14ȱundȱzurȱfünffachenȱUnterscheidungȱderȱbeidenȱVerȬ heißungenȱvgl.ȱGroß,ȱZukunft,ȱ54f.ȱ

66ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

ʟʸʙ ʕʫʕʦʚʬʕ˗ ʭफ़ʫʕʓ ʬ ʬʥʖ ˙ʑ६ ʤ

ȱ

ʭख़ʫʓ ʍʺʔʬʸʕʍ ʲ ʸˈʍ४ ʔ ˎ ʺʠफ़ ʒ ʭ ढ़ʓˢʍʬ ʔʮʍʰ˒ȱ 11 ʟʭʙ ʓʫʩʒʰʩʒʡ˒ ʩफ़ʰʑ ʩʒˎ ʺʩʸड़ʑ ˎʍ ʺʥʖ ʠʍ४ ʬ ॡʤʕ ʩʤʕ ʥʍ […]

ʺʩʸʍ६ ʑ ʡʬʑ ʭफ़ʫʓ ʸʔˈʍ ʍ ʡˎʑ ʩॣʺʩ ʑ ʸʍʑ ʡ ʤʺʍ८ ʕ ʩʤʕ ʥʍ ʟʭʙ ʕʬʥʖ ʲȱ ॡʬʥʖ ˙ʑ ʩʚʠʙ˄ ʸˇ५ ʓ ʠʏ ʸʫय़ʕ ʕʦ ʜʬʸʕ४ ʒ ʲʥʍ ʥʖ ʺʕड़ ʬʸʕʍ ʲ ʸˈʍ४ ʔ ˎʚʺʠʓ ȱ ʤʕ ʩ˙ʔख़ ʓ ʲ ʒʮ ʠʥʤʔफ़ ʑ ʤ ˇʓʴ६ ʓ˚ʔʤ ʤʺॣ ʕ ʸʍʍ ʫʑʰʥʍ ʟʸʙ ʔʴʒʤ ʩʺʩ फ़ ʑ ʸʍʑ ˎʚʺ ʓʠ

ȱ ȱ 13 14 ȱ ȱ

Alles,ȱwasȱmännlichȱist,ȱsollȱbeiȱeuchȱbeschnittenȱ werden;ȱ undȱzwarȱsolltȱihrȱamȱFleischȱeurerȱVorhautȱbeschnitȬ tenȱwerden!ȱ DasȱwirdȱdasȱZeichenȱdesȱBundesȱseinȱzwischenȱmirȱ undȱeuch.ȱ […]114ȱ UndȱmeinȱBundȱanȱeuremȱFleischȱsollȱeinȱewigerȱ Bundȱsein. EinȱunbeschnittenerȱMännlicherȱaber,ȱderȱamȱFleischȱ seinerȱVorhautȱnichtȱbeschnittenȱist,ȱ dieseȱSeeleȱsollȱausgerottetȱwerdenȱausȱihremȱVolk;ȱȱ meinenȱBundȱhatȱerȱungültigȱgemacht!ȱ

ȱ DerȱNeuansatzȱmitȱeinerȱzweitenȱBeritȱinȱV.ȱ7ȱwirdȱerstȱaufȱdenȱzweitenȱ Blickȱ deutlich.ȱ Obwohlȱ dieȱ Verheißungsansagenȱ fortgeführtȱ werden,ȱ ändertȱsichȱderenȱInhalt.ȱAusȱderȱVerheißungȱvonȱNachkommenȱwirdȱ eineȱ Landverheißung,ȱ dieȱ denȱ nunȱ offenbarȱ vorausgesetztenȱ existieȬ rendenȱ Nachkommenȱ ebenfallsȱ gegebenȱ wird.ȱ Dieȱ bࢥritȱ inȱ V.ȱ7ff.ȱ giltȱ nunȱ Abrahamȱ undȱ seinenȱ Nachkommen,ȱ dieȱ inȱ V.ȱ4–6ȱ selbstȱ nochȱ InȬ haltȱ derȱ nurȱ anȱ Abrahamȱ gerichtetenȱ Verheißungȱ waren.ȱ Nebenȱ derȱ LandgabeȱbeinhaltetȱdieȱVerheißungȱauchȱdieȱersteȱHälfteȱderȱBundesȬ formel.ȱGenauȱwieȱdieȱbࢥritȱmitȱNoahȱsollȱsieȱ„ewig“ȱsein.ȱDerȱmenschȬ licheȱ Partnerȱ imȱ Bundȱ mitȱ Gottȱ istȱ weiterhinȱ kollektivȱ („ganzȱ Israel“),ȱ derȱBundesbruchȱjedochȱkannȱnurȱindividualisiertȱerfolgen,ȱindemȱsichȱ einzelneȱ derȱ Beschneidungȱ verweigern.ȱ Einȱ menschlichesȱ FehlverhalȬ ten,ȱdassȱdenȱBundȱalsȱsolchenȱungültigȱmachenȱkönnte,ȱwirdȱdadurchȱ ausgeschlossen,ȱsoȱdassȱderȱBundȱimȱUnterschiedȱzurȱdeuteronomistiȬ schenȱ Konzeptionȱ „ewig“ȱ genanntȱ werdenȱ kann.ȱ Nachȱ HeinzȬDieterȱ NeefȱwirdȱhierȱdieȱGrundbedeutungȱderȱbࢥrit,ȱ„dieȱfeierliche,ȱbindendeȱ Versicherung,ȱ dieȱ einemȱ Schwurȱ entsprechenȱ kann,ȱ […]ȱ aufȱ dasȱ VerȬ hältnisȱ zwischenȱ Gott,ȱ Abrahamȱ undȱ seinenȱ Nachkommenȱ (vgl.ȱ 17,2.4.7)ȱ ausgerichtet.ȱ Währendȱ diesesȱ Verhältnisȱ inȱ V.ȱ4ȱ alsȱ Zusageȱ GottesȱanȱAbrahamȱerscheint,ȱistȱesȱinȱV.ȱ7ȱeinȱZustand,ȱderȱdurchȱdieȬ senȱ Aktȱ hergestelltȱ wirdȱ undȱ nunȱ ‚ewig‘ȱ inȱ Geltungȱ steht.ȱ […]ȱ Esȱ sollȱ dieȱinȱderȱZusageȱGottesȱbegründeteȱGottesbeziehungȱIsraelsȱalsȱetwasȱ fürȱdieȱDauerȱEingerichtetesȱundȱimmerȱBestehendesȱbeschriebenȱwerȬ den.ȱ Dieȱ Priesterschriftȱ umschließtȱ inȱ dieserȱ Verheißungȱ alles,ȱ wasȱ sieȱ bisherȱvonȱGottesȱTatenȱundȱWortenȱgesagtȱhatte.“115ȱDieȱBeschneidungȱ wirdȱ inȱ diesemȱ Textȱ zumȱ Zeichenȱ derȱ Annahmeȱ derȱ Setzungȱ Gottes.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 114ȱȱ Dieȱ Verseȱ 12–13aȱ bietenȱ eineȱ Listeȱ derȱ „amȱ achtenȱ Tag“ȱ (V.ȱ12)ȱ zuȱ beschneidendenȱ Personen.ȱ 115ȱȱ Neef,ȱAspekte,ȱ19.ȱ

ȱ

2.3ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ

67ȱ

DamitȱistȱnachȱGenȱ17ȱdieȱbࢥritȱmitȱAbrahamȱdieȱ„fürȱIsraelȱeinzigeȱundȱ vollȱ genügendeȱ Berit“,ȱ dieȱ „alleȱ grundlegendenȱ Verheißungen“116ȱ imȬ pliziert.ȱDiesȱbestätigtȱetwaȱderȱderȱPriesterschriftȱzuzuordnendeȱVersȱ Exȱ6,4,ȱwoȱGottȱkeineȱneueȱbࢥritȱanspricht,ȱsondernȱ–ȱwieȱGenȱ9,17ȱaufȱ dieȱ bࢥritȱ mitȱ Noahȱ zurückschauteȱ –ȱ aufȱ dieȱ bࢥritȱ mitȱ Abrahamȱ zurückȬ schautȱ (vgl.ȱauchȱ Exȱ 2,24),ȱ dieȱ nunȱ ihrerȱ Erfüllungȱ harrt,ȱ insofernȱ hierȱ „dasȱ neueȱ Gottesverhältnisȱ alsȱ auchȱ dieȱ Landgabeȱ Wirklichkeitȱ werȬ den“117.ȱȱ NachȱdenȱVerheißungenȱinȱV.ȱ7f.ȱfolgtȱinȱV.ȱ9–14ȱeinȱumfangreicherȱ Passusȱ überȱ dieȱ Verpflichtungenȱ derȱ bࢥrit.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ dieȱ BeȬ schneidung,ȱ dieȱ alsȱ „Zeichen“ȱ derȱ bࢥritȱ auchȱ selbstȱ metonymischȱ alsȱ „ewigeȱ bࢥrit“ȱ (17,13)ȱ bezeichnetȱ werdenȱ kann.ȱ V.ȱ 9ȱ istȱ derȱ Übergangȱ zumȱ Bundeszeichen.ȱ Mitȱ derȱ Beschneidungsverpflichtungȱ undȱ derȱ inȱ V.ȱ14ȱdeutlichȱformuliertenȱKonditionierungȱerscheintȱderȱTextȱaufȱdenȱ erstenȱ Blickȱ alsȱ direkteȱ Fortführungȱ derȱ deuteronom(ist)ischenȱ GesetȬ zesverpflichtung.ȱ Dieȱ paralleleȱ Strukturȱ zuȱ Genȱ 9ȱ weistȱ hierȱ jedochȱ einenȱ anderenȱ Weg:ȱ „Nachȱ Genȱ 9ȱ realisiertȱ Elohimȱ dieȱ versprocheneȱ Berit,ȱ indemȱ erȱ dasȱ Zeichenȱ setzt;ȱ nachȱ Genȱ 17ȱ wirdȱ dieȱ aufgerichteteȱ BeritȱfürȱdenȱbetreffendenȱAdressatenȱwirksam,ȱindemȱerȱdasȱZeichenȱ setzt.“118ȱDieȱbࢥritȱalsȱsolcheȱistȱinȱGenȱ17ȱ(wieȱschonȱinȱGenȱ9)ȱalleinȱvonȱ Gottȱ aufgerichtetȱ undȱ alsȱsolcheȱ„ewig“.ȱ Zwarȱ müssenȱ dieȱ Individuenȱ etwasȱtun,ȱumȱAnteilȱamȱgegebenenȱBundȱzuȱerhalten,ȱdochȱkönnenȱsieȱ durchȱ ihrȱ Verhaltenȱ niemalsȱ dieȱ Geltungȱ derȱ bࢥritȱ alsȱ solcheȱ inȱ Frageȱ stellen.ȱ Daherȱ hatȱ ihrȱ eventuellerȱ bࢥritȬBruchȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ DenkȬ weiseȱ desȱ Deuteronomismusȱ keineȱ negativenȱ Folgenȱ fürȱ Israel.119ȱ Dieȱ Individualisierungȱ desȱ kollektivȱ gedachtenȱ Bundesbruchsȱ hatȱ weitreiȬ chendeȱ Folgenȱ fürȱ Israelsȱ Zukunftshoffnung,ȱ daȱ dasȱ Volkȱ nichtȱ mehrȱ kollektivȱausȱdemȱHeilsverhältnisȱzuȱGottȱherausfallenȱkann.ȱDieȱVerȬ fehlungȱvonȱeinzelnenȱGliedernȱdesȱBundesvolkesȱruftȱkeineȱnegativenȱ FolgenȱfürȱIsraelȱselbstȱhervor.ȱ WieȱWalterȱGroßȱbemerkt,ȱwirdȱinȱGenȱ17ȱdieȱAmbivalenzȱdiesesȱKonzepȬ tes,ȱ dasȱ menschlichesȱ Versagenȱ ebensoȱ wenigȱ ausschließtȱ wieȱ dieȱ deuteronomi(sti)scheȱ Position,ȱ inȱ derȱ Charakterisierungȱ derȱ Gestaltȱ AbraȬ hamsȱsichtbar:ȱZwarȱführeȱerȱdieȱBestimmungenȱzurȱBeschneidungȱgewisȬ senhaftȱausȱ(Genȱ17,23–27),ȱdochȱzeigeȱdasȱMotivȱvomȱ„Lachen“ȱAbrahamsȱ (Genȱ 17,17)ȱ dieȱ menschlicheȱ Schwachheit.ȱ Derȱ Textȱ verdeutlicheȱ soȱ „dieȱ skeptischeȱBeurteilungȱderȱmenschlichenȱFähigkeit,ȱYHWHsȱVerheißungenȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 116ȱȱ Groß,ȱZukunft,ȱ52.ȱ 117ȱȱ Groß,ȱBundeszeichen,ȱ112.ȱ 118ȱȱ Groß,ȱZukunft,ȱ61.ȱ 119ȱȱ Vgl.ȱebd.ȱ

68ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

auchȱ nurȱ entgegenzunehmen“120.ȱ Zurȱ Überwindungȱ dieserȱ anthropologiȬ schenȱGrundkonstitutionȱerscheintȱinȱspäterenȱTextenȱdasȱMotiv,ȱdassȱGottȱ selbstȱdieseȱKonstitutionȱdesȱMenschenȱändert.121ȱ

Derȱ besondereȱ Akzentȱ derȱ priester(schrift)lichenȱ Konzeptionȱ istȱ darinȱ zuȱsehen,ȱdassȱsieȱ„nachȱdemȱScheiternȱimȱExilȱallesȱnichtȱaufȱmenschliȬ cheȱLeistung,ȱseiȱesȱauchȱnurȱGegenleistung,ȱGebotsgehorsam,ȱsondernȱ aufȱ Gottesȱ unkonditioniertesȱ Angebot“122ȱ setzt.ȱ Sowohlȱ dieȱ neuȱ eingeȬ führteȱ beritȱ mitȱ Noahȱ wieȱ auchȱ diejenigeȱ mitȱ Abrahamȱ istȱ „eineȱ beritȱ ‘olam,ȱ ‚eineȱ ewigeȱ Zusage‘.ȱ Ihreȱ Geltungȱ istȱ nichtȱ mehr,ȱ wieȱ dieȱ derȱ deuteronomistischenȱ berit,ȱ vonȱ derȱ Bundestreueȱ derȱ Menschenȱ abhänȬ gig.ȱ Wennȱ eineȱ menschlicheȱ Generationȱ sündigt,ȱ fälltȱ sieȱzwarȱ heraus,ȱ esȱ trifftȱ sieȱ dieȱ Strafe.ȱ Aberȱ vonȱ Gottȱ ausȱ istȱ nichtsȱ zurückgenommen,ȱ undȱdieȱnächsteȱGenerationȱkannȱwiederȱinȱdieȱstabileȱEndgültigkeitsȬ gestaltȱ derȱ Weltȱ zurückkehren.“123ȱ Entsprechendȱ dientȱ dieȱ auffälligeȱ Betonungȱ derȱ ewigenȱ Ordnungenȱ Gottesȱ auchȱ alsȱ Verarbeitungȱ derȱ Aufwühlungenȱ derȱ Exilszeit.ȱ Dieȱ besondereȱ Hervorhebungȱ desȱ „SeȬ gens“,ȱ denȱ Gottȱ inȱ derȱSchöpfungsgeschichteȱ denȱMenschenȱzusprichtȱ (Genȱ1,28),ȱundȱderȱalsȱ„VorentwurfȱfürȱdieȱganzeȱEreigniskette,ȱdieȱdasȱ Geschichtswerkȱdannȱschildert“124,ȱaufzufassenȱist,125ȱerwächstȱebenfallsȱ ausȱdieserȱIntention.ȱ Nachdemȱ derȱ konditionierteȱ Sinaibundȱ gebrochenȱ war,ȱ bleibtȱ fürȱ dieȱPriesterschriftȱnurȱnochȱderȱVäterbundȱalsȱreinerȱVerheißungsbund,ȱ derȱewigȱgilt,ȱeineȱOptionȱfürȱdieȱZukunft.ȱDurchȱdieȱKonzentrationȱaufȱ dieȱ „ewigeȱ berit“ȱ mitȱ denȱ Vätern,ȱ besondersȱ mitȱ Abraham,ȱ unterläuftȱ dasȱ Konzeptȱ dieȱ Gefahrȱ desȱ kollektivenȱ Bundesbruchsȱ samtȱ dessenȱ Folgen,ȱ derȱ fürȱ dieȱ deuteronomistischeȱ Auffassungȱ zentralȱ ist.ȱ Mitȱ Ausnahmeȱ derȱ Beschneidungȱ sindȱ derȱ Bundeskategorieȱ nurȱ Zusagen,ȱ aberȱ keineȱ Verpflichtungenȱ zugeordnet.ȱ Damitȱ fehltȱ freilichȱ auchȱ dasȱ späterȱimȱGefolgeȱderȱSichtȱdesȱDeuteronomismusȱauftauchendeȱMotivȱ derȱUmkehr.ȱ AndersȱalsȱdieȱBundestheologieȱdesȱDeuteronomiums,ȱdieȱdasȱZerȬ brechenȱ derȱ vorexilischenȱ Ordnungenȱ Israelsȱ „sowohlȱ aufȱ JHWHsȱ alsȱ auchȱ aufȱ Israelsȱ Tunȱ aufruhenȱ ließ“126,ȱ denktȱ dieȱ priester(schrift)licheȱ Theologieȱ denȱ Bundesgedankenȱ ganzȱ vonȱ Gottȱ her.ȱ Dieȱ Zukunftȱ desȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 120ȱȱ Groß,ȱZukunft,ȱ63.ȱ 121ȱȱ EtwaȱinȱEzȱ36;ȱDtnȱ30ȱoderȱJerȱ31.ȱ 122ȱȱ Groß,ȱBundeszeichen,ȱ102.ȱ 123ȱȱ Lohfink,ȱPriesterschrift,ȱ251.ȱ 124ȱȱ Lohfink,ȱPriesterschrift,ȱ245.ȱ 125ȱȱ „Segen“ȱnochȱinȱGenȱ9,1.7;ȱ17,2.6.16;ȱ28,3;ȱ35,9.11;48,3f.;ȱvgl.ȱdazuȱinsgesamtȱLohfink,ȱ Priesterschrift,ȱ246.ȱ 126ȱȱ Zenger,ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerk,ȱ170.ȱ

ȱ

2.3ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ

69ȱ

Volkesȱ Israelȱ darfȱ ausȱ seinerȱ Sichtȱ nichtȱ vomȱ Handelnȱ derȱ Menschenȱ abhängigȱgemachtȱwerden.ȱDieȱentscheidendeȱBundeszusageȱfürȱIsraelȱ istȱ anȱ Abrahamȱ ergangenȱ undȱ stehtȱ inȱ einerȱ Linie,ȱ dieȱ überȱ Noahȱ bisȱ aufȱAdamȱzurückreichtȱundȱdamitȱinȱderȱSchöpfungȱundȱihrerȱbestänȬ digenȱOrdnungȱselbstȱgrundgelegtȱist.ȱWährendȱimȱDeuteronomismusȱ MoseȱalsȱmenschlicherȱHauptakteurȱundȱalsȱentscheidenderȱSinnträgerȱ derȱ Gründungsgeschichteȱ Israelsȱ gezeichnetȱ wurde,ȱ rücktȱ nunȱ AbraȬ hamȱinȱjeneȱAnfangsposition.ȱDochȱistȱerȱkeineȱGegengestaltȱzurȱsündiȬ genȱUrgeschichte,ȱsondernȱstehtȱinȱKontinuitätȱzuȱAdamȱundȱNoah,ȱsoȱ dassȱ dieȱ gesamteȱ Lebensgeschichteȱ Israelsȱ inȱ derȱ Urgeschichteȱ derȱ Schöpfungȱgründet.127ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerkȱzeigtȱeineȱtheoloȬ gischeȱ Fundierungȱ derȱ bleibendenȱ Heilshoffnungȱ Israelsȱ nachȱ demȱ Exil,128ȱindemȱesȱdurchȱdenȱengenȱBezugȱderȱGeschichteȱIsraelsȱaufȱdasȱ Schöpfungshandelnȱ Gottesȱ eineȱ eindeutigeȱ Hoffnungsperspektiveȱ herȬ ausstellt:ȱ„InȱderȱKatastropheȱdesȱ6.ȱJh.sȱdarfȱIsraelȱhoffen,ȱdassȱJHWHȱ dasȱ Jaȱ zuȱ seinemȱ Volkȱ undȱ zumȱ Landȱ Israelȱ alsȱ ‚Lebenshaus‘ȱ fürȱ seinȱ Volkȱ nichtȱ zurücknimmt,ȱ solangeȱ dieȱ Schöpfungȱ lebt“129.ȱ Allerdingsȱ trägtȱ dasȱ Konzeptȱ nurȱ wenigȱ zuȱ einerȱ befriedigendenȱ Erklärungȱ desȱ Exilsȱbei.ȱStattdessenȱrichtetȱsichȱderȱBlickȱinȱdieȱZukunft:ȱGottesȱBundȱ giltȱ nachȱ wieȱ vorȱ fürȱ Israelȱ undȱ kannȱ auchȱ vonȱ menschlichemȱ ZuwiȬ derhandelnȱ nichtȱ zerstörtȱ werden,ȱ nurȱ einzelneȱ könnenȱ individuellȱ ausscheiden.130ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerkȱlässtȱhierȱseinenȱhistoriȬ schenȱ Standortȱ inȱ größeremȱ Abstandȱ zurȱ unmittelbarenȱ Exilszeit,ȱ alsȱ diesȱfürȱdieȱdeuteronomistischeȱTheologieȱgilt,ȱerkennen.ȱ

2.3.4ȱVerknüpfungȱpriester(schrift)licherȱTheologieȱmitȱdemȱdtrȱDenkenȱ InȱdieȱendgültigeȱFassungȱdesȱPentateuchȱhabenȱnichtȱnurȱdieȱAuffasȬ sungȱderȱdeuteronomistischenȱTheologieȱwieȱdasȱnichtȬdeuteronomistiȬ scheȱ Konzeptȱ derȱ priest(schrift)lichenȱ Theologieȱ nebeneinanderȱ EinȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 127ȱȱ Vgl.ȱZenger,ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerk,ȱ170f.ȱ 128ȱȱ Natürlichȱ mussȱ auchȱ dieȱ priester(schrift)licheȱ Konzeptionȱ mitȱ demȱ Exilȱ umgehen.ȱ DieȱVerfasserȱderȱentsprechendenȱTexte,ȱdieȱwohlȱausȱeinerȱZeitȱdeutlichȱnachȱdemȱ Exilȱ stammen,ȱ sahenȱ imȱ Rückblickȱ andersȱ aufȱ dieseȱ Krisenzeitȱ alsȱ dieȱ wohlȱ älterenȱ dtrȱgeprägtenȱSchriftsteller.ȱEinȱZeugnisȱdafürȱbietetȱNumȱ13f.,ȱwoȱdasȱMotivȱeinesȱ GenerationenȬBruchsȱentfaltetȱwird;ȱvgl.ȱdazuȱGroß,ȱZukunft,ȱ67–70.110.115.ȱ 129ȱȱ Zenger,ȱDasȱpriester(schrift)licheȱWerk,ȱ170f.ȱ 130ȱȱ Dieȱ Geschichteȱ gerätȱ dabeiȱ freilichȱ ausȱ demȱ Fokus.ȱ Währendȱ fürȱ dieȱ Texteȱ derȱ dtrȱ Traditionȱdieȱ„VerbindungȱvonȱBeritȱundȱtatsächlicherȱwieȱerhoffterȱzukünftigerȱGeȬ schichte“ȱ (Groß,ȱ Zukunft,ȱ 65)ȱ wesentlichȱ ist,ȱ zeigenȱ dieȱ priester(schrift)lichenȱ VorȬ stellungenȱanȱspezifischȱgeschichtlichenȱVorgängenȱwenigȱInteresse.ȱ

70ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

gangȱgefunden;ȱesȱlassenȱsichȱauchȱvieleȱTexteȱaufzeigen,ȱdieȱdeuteroȬ nomistischeȱ Vorstellungenȱ mitȱ priester(schrift)lichenȱ Formulierungenȱ undȱVorstellungenȱverbinden.ȱInȱihnenȱlebtȱdasȱAnliegenȱderȱPriesterȬ schrift,ȱ dasȱ gegenüberȱ denȱ aufsȱ Ganzeȱ gesehenȱ deutlichȱ massiverȱ imȱ VordergrundȱstehendenȱdeuteronomistischenȱMotivenȱerstȱdurchȱsorgȬ fältigeȱLektüreȱzuȱerhebenȱist,ȱweiterȱundȱmodifiziertȱinȱderȱZeitȱnachȱ demȱExilȱdasȱdeuteronomistischeȱKonzept,ȱverliertȱaberȱauchȱmanchesȱ vonȱseinerȱursprünglichenȱEigenständigkeit.ȱȱ FürȱdieȱVerknüpfungȱdesȱDeuteronomismusȱmitȱdenȱGrundgedanȬ kenȱderȱPriesterschriftȱistȱz.ȱB.ȱDtnȱ4ȱzuȱnennen,ȱeinȱgewichtigerȱZeugeȱ fürȱ einȱ fortgeschrittenesȱ Stadiumȱ desȱ deuteronomistischenȱ Konzepts.ȱ Dasȱ hierȱ dargestellteȱ Vertragsverhältnisȱ wirdȱ soȱ akzentuiert,ȱ dassȱ JHWHsȱTreueȱgrundsätzlichȱüberȱIsraelsȱAbfallȱhinausreicht.ȱ„JHWHsȱ ErbarmenȱistȱumfassenderȱalsȱseineȱVergeltung,ȱundȱseineȱGnadeȱwährtȱ fürȱalleȱGeschlechter.“131ȱDtnȱ4,25–31ȱzeigtȱeinȱBeispielȱfürȱeinȱausȱdeuȬ teronomistischerȱ Traditionȱ erwachsenesȱ paradigmatischesȱ Bildȱ derȱ Geschichteȱ Israels,ȱ dasȱ ausȱ Sünde,ȱ Gericht,ȱ Umkehrȱ undȱ Rettungȱ beȬ steht.ȱ Mitȱ derȱ Heranziehungȱ desȱ vomȱ Sinaibundȱ unterschiedenenȱ Väterbundesȱ werdenȱ aberȱ auchȱ priester(schrift)licheȱ Elementeȱ inteȬ griert.ȱDtnȱ4ȱunterscheidetȱzwischenȱeinemȱkonditioniertenȱHorebbundȱ undȱ einemȱ unkonditioniertenȱ Väterbundȱ undȱ vereintȱ damitȱ Elementeȱ beiderȱ Konzeptionen.ȱ Trotzȱ desȱ Bundesbruchs,ȱ derȱ dieȱ HorebȬberitȱ auȬ ßerȱKraftȱsetzt,ȱistȱJHWHȱlangmütig.ȱErȱgedenktȱseinerȱvielȱälterenȱundȱ unkonditioniertenȱberitȱmitȱAbraham,ȱIsaakȱundȱJakob:ȱȱ ȱ 25ȱ ȱ ȱ ȱ 26ȱ ȱ

WennȱihrȱnunȱKinderȱzeugtȱundȱKindeskinderȱȱ undȱimȱLandeȱwohntȱȱ undȱversündigtȱeuchȱ undȱmachtȱeuchȱBildnisseȱvonȱirgendeinerȱGestalt,ȱȱ ȱ sodassȱihrȱübelȱtutȱvorȱdemȱHERRN,ȱeuremȱGott,ȱȱ undȱihnȱkränkt,ȱȱ soȱrufeȱichȱheuteȱHimmelȱundȱErdeȱzuȱZeugenȱüberȱ euch,ȱȱ dassȱihrȱbaldȱweggerafftȱwerdetȱausȱdemȱLande,ȱinȱ dasȱihrȱgehtȱüberȱdenȱJordan,ȱumȱesȱeinzunehmen.ȱ Ihrȱwerdetȱnichtȱlangeȱdarinȱbleiben,ȱsondernȱwerȬ detȱvertilgtȱwerden.ȱ

ȱ AktionȱIsraels:ȱSünȬ de/Gesetzesübertretungȱ Konkretisierung:ȱGötzenȬ dienstȱ ȱ [Kränkungsformel]ȱ ȱ ReaktionȱGottes:ȱȱGeȬ richt/Strafeȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 131ȱȱ Braulik,ȱDeuteronomium,ȱ149;ȱerȱzeigtȱBezugnahmenȱaufȱunterschiedlicheȱKonzepteȱ auf:ȱWährendȱsichȱDtnȱ4ȱ(undȱauchȱdieȱKapitelȱ7–9)ȱmitȱderȱPriesterschriftȱauseinanȬ dersetzen,ȱlässtȱDtnȱ9,1–8ȱeinenȱBezugȱzuȱEzechielȱerkennen,ȱderȱnochȱspätereȱTextȱ inȱDtnȱ30ȱweistȱBezügeȱzuȱJeremiaȱauf.ȱ

ȱ 27ȱ

28ȱ

29ȱ

30ȱ

31ȱ

2.3ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ UndȱderȱHERRȱwirdȱeuchȱzerstreuenȱunterȱdieȱVölker,ȱ undȱesȱwirdȱvonȱeuchȱnurȱeineȱgeringeȱZahlȱübrigȱ bleibenȱunterȱdenȱHeiden,ȱzuȱdenenȱeuchȱderȱ HERRȱwegführenȱwird.ȱȱ DortȱwirstȱduȱdienenȱdenȱGötzen,ȱdieȱdasȱWerkȱvonȱ Menschenhändenȱsind,ȱHolzȱundȱStein,ȱdieȱwederȱ sehenȱnochȱhörenȱnochȱessenȱnochȱriechenȱkönnen.ȱ ȱ WennȱduȱaberȱdortȱdenȱHERRN,ȱdeinenȱGott,ȱsuchenȱ wirst,ȱȱ soȱwirstȱduȱihnȱfinden,ȱwennȱduȱihnȱvonȱganzemȱ HerzenȱundȱvonȱganzerȱSeeleȱsuchenȱwirst.ȱȱ Wennȱduȱgeängstetȱseinȱwirstȱundȱdichȱdasȱallesȱ treffenȱwirdȱinȱkünftigenȱZeiten,ȱȱ soȱwirstȱduȱdichȱbekehrenȱzuȱdemȱHERRN,ȱdeinemȱGott,ȱ undȱseinerȱStimmeȱgehorchen.ȱȱ DennȱderȱHERR,ȱdeinȱGott,ȱistȱeinȱbarmherzigerȱ Gott;ȱerȱwirdȱdichȱnichtȱverlassenȱnochȱverderben,ȱwirdȱ auchȱdenȱBundȱnichtȱvergessen,ȱdenȱerȱdeinenȱVäȬ ternȱgeschworenȱhat.ȱ

71ȱ

Konkretisierung:ȱZerstreuȬ ungȱ

UnheilssituationȱfürȱIsraelȱ (Götzendienst)ȱ

HeilsperspektiveȱdurchȱHinȬ wendungȱzuȱJHWHȱ

UmkehrȱundȱGehorsamȱ

Rettungȱ(unterȱBegründungȱ durchȱdenȱVäterbund)ȱ

ȱ Derȱ Bundȱ mitȱ denȱ Väternȱ istȱ nachȱ Dtnȱ 4ȱ freilichȱ keineswegsȱ wieȱ imȱ priester(schrift)lichenȱ Denkenȱ derȱ eigentlicheȱ Bundesschluss,ȱ sondernȱ eherȱeineȱwillkommeneȱAlternative,ȱaufȱdieȱmanȱinȱderȱ„Sackgasse“ȱdesȱ HorebȬBundesȱzurückgreifenȱkann.ȱBeideȱKonzepteȱwerdenȱsoȱmiteinȬ anderȱverschmolzen.ȱ VorȱallemȱdieȱElementeȱderȱUmkehrȱundȱSündenvergebung,ȱdieȱderȱdeuteȬ ronomistischenȱ Konzeptionȱ imȱ Laufȱ derȱ Zeitȱ zuwachsen,ȱerwachsenȱ nichtȱ zuletztȱausȱdieserȱVerknüpfung.ȱEinigeȱBeispieleȱmögenȱdasȱillustrieren:132ȱ Levȱ 26ȱ bietetȱ eineȱ Modifizierungȱ desȱ Sinaibundes:ȱ Derȱ Einfügungȱ desȱ GeȬ dankens,ȱdassȱIsraelȱseineȱSchuldȱbezahltȱhat,ȱkorrespondiertȱdasȱebenfallsȱ späterȱ dazugekommeneȱ Motivȱ vonȱ derȱ Vergebungȱ durchȱ JHWH.133ȱ Exilȱ undȱ Zerstörungȱ geltenȱ inȱ dieserȱ Sichtȱ alsȱ nötigeȱ Zeit,ȱ umȱ demȱ Landȱ dieȱ notwendigeȱ Ruheȱ zuȱ verschaffen.134ȱ Dieȱ Verseȱ 40–45ȱ zeigenȱ eineȱ VermiȬ schungȱ desȱ deuteronomistischenȱ Kontextesȱ mitȱ priesterlicherȱ DenkȬȱ undȱ Redeweise.ȱAuchȱJerȱ31,31–34ȱerweistȱsichȱinȱmancherȱHinsichtȱalsȱBeispielȱ fürȱeineȱfortgeschritteneȱVerschmelzung.ȱDieȱVerseȱstellenȱeineȱumfassendeȱ Neukonzeptionȱ desȱ Sinaibundesȱ vor.ȱ Sieȱ formulierenȱ dieȱ NeukonstituieȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 132ȱ Vgl.ȱ zuȱ denȱ genanntenȱ (undȱ nochȱ weiteren)ȱ Perikopenȱ ausführlich:ȱ Groß,ȱ Zukunft,ȱ 85–152.ȱ 133ȱȱ Dasȱ Themaȱ derȱ Vergebungȱ giltȱ alsȱ Indizȱ fürȱ sehrȱ jungeȱ Texte,ȱ inȱ denenȱ auchȱ dieȱ KategorieȱderȱSündenvergebungȱGottesȱinsȱSpielȱkommtȱ(vgl.ȱauchȱExȱ34,9f.),ȱzuȱLevȱ 26ȱvgl.ȱGroß,ȱZukunft,ȱ85–103.ȱ 134ȱȱ DieseȱSichtȱdesȱExilsȱhatȱderȱChronistȱübernommen,ȱvgl.ȱdazuȱJaphet,ȱ2ȱChr,ȱ510.ȱ

72ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

rungȱIsraelsȱundȱtransformierenȱdieȱKonditionierungȱdesȱBundes.ȱZwarȱhatȱ derȱ neueȱ Bundȱ dieselbenȱ Verpflichtungenȱ (Geboteȱ derȱ Tora)ȱ undȱ VerheiȬ ßungenȱ(Gottesbeziehung)ȱwieȱderȱSinaibund,ȱdochȱspieltȱdieȱLandverheiȬ ßungȱgarȱkeineȱRolleȱmehr.ȱZudemȱistȱdasȱVerhaltenȱdesȱVolkesȱhierȱganzȱ anȱ dasȱ Wirkenȱ Gottesȱ zurückgebunden,ȱ indemȱ dieserȱ denȱ Menschenȱ dieȱ GeboteȱinsȱHerzȱschreibt,ȱsoȱdassȱsieȱihnenȱnichtȱmehrȱäußerlichȱsind.ȱVoȬ raussetzungȱdesȱanalogielosenȱ„neuenȱBundes“ȱ(V.ȱ31)ȱistȱderȱBundesbruchȱ (V.ȱ32)ȱ undȱ dieȱ Schuldȱ (V.ȱ34)ȱ derȱ gegenwärtigenȱ Generation,ȱ dieȱsichȱ daȬ durchȱmitȱihrenȱVorfahrenȱzusammenschließt.ȱZwarȱhandeltȱesȱsichȱoffenȬ barȱumȱUngehorsamȱgegenȱdieȱWeisungenȱ derȱToraȱ(V.ȱ33),ȱdieȱdenȱBunȬ desbruchȱ hervorgerufenȱ haben,ȱ dochȱ genauereȱ Hinweise,ȱ dieȱ typischȱ fürȱ dieȱdeuteronomistischeȱDenkweiseȱwären,ȱetwaȱAnspielungenȱaufȱFremdȬ kulteȱ bzw.ȱ dieȱ Abkehrȱ vonȱ demȱ einenȱ Gott,ȱ fehlen,ȱ ebensoȱ wieȱ VerknüpȬ fungenȱ mitȱ demȱ Exilȱ alsȱ Strafeȱ fürȱ denȱ Ungehorsam.ȱ Lediglichȱ stehtȱ derȱ gebrocheneȱBundȱalsȱVoraussetzungȱfürȱdenȱangekündigtenȱNeuenȱBund.ȱ DieserȱistȱgekennzeichnetȱdurchȱradikaleȱBindungȱanȱGott,ȱderȱzukünftigenȱ UngehorsamȱdurchȱdieȱEinsenkungȱderȱToraȱinȱdieȱHerzenȱdesȱVolkesȱverȬ hindert.ȱ Einȱ aktivesȱ Handelnȱ seitensȱ derȱ Menschenȱ unabhängigȱ vonȱ dieȬ semȱ göttlichenȱ Tunȱ istȱ nichtȱ imȱ Blick,ȱ soȱ dassȱ derȱ Textȱ engȱ mitȱ priesȬ ter(schrift)lichenȱVorstellungenȱverbundenȱist.135ȱÄhnlichȱistȱschließlichȱderȱ Textȱüberȱdasȱ„neueȱHerz“ȱinȱEzȱ36ȱanzusehen,ȱwenngleichȱhierȱdasȱStichȬ wortȱ Bundȱ fehlt.ȱ Wiederȱ istȱ derȱ Bundesbruchȱ vorausgesetzt,ȱ derȱ Gottesȱ Zorngerichtȱ nachȱ sichȱ zog,ȱ wieȱ dasȱ Exilȱ deutlichȱ zeigte.ȱ Ezechielȱ wieȱ Jeremiaȱ sehen,ȱ dassȱ derȱ Gehorsamȱ desȱ Volkesȱ gegenüberȱ denȱ BundesverȬ pflichtungenȱeinȱbleibendesȱUnvermögenȱseinȱwird,ȱbeideȱformulierenȱdaȬ herȱWege,ȱwieȱGottȱselbstȱdiesesȱProblemȱlöstȱundȱdieȱToraȱinsȱHerzȱsetzt,ȱ bzw.ȱ einȱ neuesȱ Herzȱ schafft.ȱ Beideȱ eintȱ dasȱ Stichwortȱ „neu“,ȱ dassȱ jeweilsȱ radikalȱvonȱGottȱherȱgedachtȱist.ȱ

Ausȱ derȱ Verbindungȱ beiderȱ Konzepteȱ erwächstȱ auchȱ fürȱ dasȱ Motivȱ vomȱZornȱGottesȱeinȱwichtigesȱElement,ȱinsofernȱdasȱUngleichgewichtȱ vonȱ Zornȱ undȱ Güteȱ Gottesȱ deutlicherȱ hervortritt.ȱ Einȱ sehrȱ wichtigesȱ BeispielȱdafürȱbietetȱdieȱcharakteristischeȱFormelȱausȱExȱ34,6f.136ȱdieȱ(z.ȱ T.ȱ unvollständig)ȱ inȱ sehrȱ verschiedenenȱ Schichtenȱ desȱ Altenȱ TestaȬ mentsȱ auftaucht.ȱ Manȱ kannȱ daherȱ vermuten,ȱ dassȱ sieȱ „denȱ Glaubenȱ undȱ dasȱ Denkenȱ desȱ alttestamentlichenȱ Israelȱ stärkerȱ geprägtȱ hatȱ alsȱ irgendeinȱ andererȱ Einzeltext“137.ȱ Ihrȱ wiederholtesȱ Auftauchenȱ erweistȱ sieȱalsȱwirkungsmächtigeȱPositionȱimȱvielstimmigenȱbiblischenȱGottesȬ zeugnis.ȱ Inȱ klassischerȱ Formulierungȱ findetȱ sieȱ sichȱ inȱ Exȱ 34,5–7,ȱ woȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 135ȱȱ Vgl.ȱdazuȱGroß,ȱErneuerterȱoderȱNeuerȱBund.ȱ 136ȱȱ Vgl.ȱdazuȱvorȱallemȱdieȱausführlicheȱUntersuchungȱvonȱScoralick,ȱGottesȱGüte.ȱ 137ȱȱ Jeremias,ȱ Zornȱ Gottes,ȱ 132.ȱ Weitereȱ Vorkommenȱ desȱ erstenȱ Teilsȱ derȱ Formelȱ sindȱ etwaȱJoelȱ2,13;ȱJonaȱ4,2;ȱPsȱ86,15;ȱ103,8;ȱ145,8;ȱNehȱ9,17,ȱvgl.ȱaberȱauchȱExȱ20,5f.ȱu.ȱa.,ȱ dazuȱDohmen,ȱEx,ȱ354.ȱ

ȱ

2.3ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ

73ȱ

GottȱdemȱMoseȱseinenȱ„Namen“ȱoffenbart.ȱDiesȱgeschiehtȱinȱeinerȱZuȬ sammenstellungȱmehrererȱGottȱcharakterisierenderȱEigenschaften:ȱ ȱ Exȱ34,5–7ȱ(MT):ȱ ȱ Exȱ34,5–7ȱ(LXX):ȱ ʯʰड़ʕ ʲʕ ʙˎʓ ॡʤʕʥʤʍ ʩ ʣʸ५ʓ ˕ʒ ʥʔ 5aȱ Ύ΅ϠȱΎ΅ΘνΆ΋ȱΎϾΕ΍ΓΖȱπΑȱΑΉΚνΏϙȱȱ ʭˇख़ ʕ ʥʖ ˙ʑफ़ ʲ ʡ६ ʒ˞ʔ ʩ ʍʺʑ ˕ʥʔ bȱ Ύ΅ϠȱΔ΅ΕνΗΘ΋ȱ΅ЁΘХȱπΎΉϧаȱ ʠʸʍʷʑ ६ ʕ ˕ʥʔ cȱ Ύ΅ϠȱπΎΣΏΉΗΉΑȱȱ ʟʤʙ ʕʥʤʍ ʩ ʭˇʍफ़ ʒ ʡ dȱ ΘХȱϴΑϱΐ΅Θ΍ȱΎΙΕϟΓΙ.ȱȱ ʥʩʕʰ˝ʕ ʚʬʔʲ ʜʤ६ ʕʥʤʍ ʩ ʸʖ ʡʏ९ ʲʔ˕ʥʔ 6aȱ Ύ΅ϠȱΔ΅ΕϛΏΌΉΑȱΎϾΕ΍ΓΖȱΔΕϲȱΔΕΓΗЏΔΓΙȱ΅ЁΘΓІȱȱ ʠग़ ʸʍʷʑ ʕ ˕ʥʔ bȱ Ύ΅ϠȱπΎΣΏΉΗΉΑȱȱ ʤʥʕ ड़ ʤʍ ʩ ʤ४ʥʤʍ ʕ ʩ cȱ ̍ϾΕ΍ΓΖȱϳȱΌΉϲΖȱȱ ʯ˒ ख़˚ʔʧʥʍ ʭ˒ʧफ़ ʸʔ ʬ६ʠʒ dȱ ΓϢΎΘϟΕΐΝΑȱΎ΅ϠȱπΏΉφΐΝΑ,ȱȱ ʭʑ ʩ˝ʔʠ फ़ ʔ ˂ʸ६ʓ ʠʓ eȱ ΐ΅ΎΕϱΌΙΐΓΖȱȱ ʟʺʙʮʓ ʎʠʓʥ ʣʓʱʧʚʡ ६ ʓ ʸʍʔ ʥ fȱ Ύ΅ϠȱΔΓΏΙνΏΉΓΖȱΎ΅ϠȱΦΏ΋Ό΍ΑϲΖȱȱ ʭʩʴड़ʑ ʬʕ ʏʠʕʬ ʣॡ ʱʓ ʧ९ʓ ʸ६ ʒʶʖ ʰ 7aȱ Ύ΅ϠȱΈ΍Ύ΅΍ΓΗϾΑ΋ΑȱΈ΍΅Θ΋ΕЗΑȱȱ ȱ

ʤʠʕख़ ʕ ˔ʧʔ ʥʍ ʲʔˇʴʕफ़ ʓ ʥ ʯ ॣˣʕʲ ʠˈʖ६ ʒ ʰ ʤ ड़ʓ˟ʔʰʍʩ ʠ ४˄ ॡʤ ʒ˟ʔʰʥʍ ʺʥʖ ʡˌ य़ ʯ ४ˣʏʲ ʜʣʷʖ४ ʒ ˝ ॡʭʩʑʰˎʕ ʚʬʔʲ ʭʩʰड़ʑ ʡʕ ʩ४ʰʍʒ ˎʚʬʔʲʥʍ ʭʩʙ ʑʲʒˎʸʚʬʔ ʑ ʲʥʍ ʭʩˇʒफ़ ʑ ˘ ʑˇʚʬʔʲ

bȱ cȱ dȱ eȱ fȱ gȱ hȱ

UndȱJHWHȱstiegȱherabȱinȱeinerȱ 5aȱ Wolkeȱ undȱerȱstellteȱsichȱmitȱihmȱdorthinȱ bȱ undȱerȱriefȱ(=ȱoffenbarte)ȱȱ cȱ dȱ denȱNamenȱJHWH138ȱ undȱJHWHȱgingȱvorüberȱvorȱihmȱ 6aȱ undȱrief:ȱ bȱ JHWHȱ(ist)ȱJHWH,ȱȱ cȱ einȱbarmherzigerȱundȱgnädigerȱGott,ȱȱ dȱ langsamȱzumȱZornȱ eȱ undȱvonȱgroßerȱGüteȱundȱTreue.ȱ fȱ ErȱbewahrtȱGüteȱdenȱTausendenȱ 7aȱ (Ȭ)ȱ bȱ undȱerȱhebtȱaufȱSchuldȱundȱVerbreȬ cȱ chenȱundȱSünde,ȱ dȱ aberȱerȱsprichtȱnichtȱeinfachȱlos.ȱ ErȱsuchtȱdieȱSchuldȱderȱVäterȱȱ eȱ beiȱdenȱSöhnenȱȱ fȱ undȱbeiȱdenȱEnkelnȱ gȱ hȱ beiȱderȱdrittenȱundȱviertenȱ(GeneratiȬ on).ȱ

Ύ΅ϠȱΔΓ΍ЗΑȱσΏΉΓΖȱΉϢΖȱΛ΍Ώ΍ΣΈ΅Ζ,ȱȱ ΦΚ΅΍ΕЗΑȱΦΑΓΐϟ΅ΖȱΎ΅ϠȱΦΈ΍Ύϟ΅ΖȱΎ΅ϠȱΥΐ΅ΕΘϟ΅Ζ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΓЁȱΎ΅Ό΅Ε΍ΉϧȱΘϲΑȱσΑΓΛΓΑȱȱ πΔΣ·ΝΑȱΦΑΓΐϟ΅ΖȱΔ΅ΘνΕΝΑȱȱ πΔϠȱΘνΎΑ΅ȱȱ Ύ΅ϠȱπΔϠȱΘνΎΑ΅ȱΘνΎΑΝΑȱ πΔϠȱΘΕϟΘ΋ΑȱΎ΅ϠȱΘΉΘΣΕΘ΋Αȱ·ΉΑΉΣΑ.ȱȱ ȱ UndȱderȱHerrȱstiegȱherabȱinȱeinerȱWolkeȱ undȱerȱstellteȱsichȱdortȱnebenȱihnȱ undȱerȱriefȱȱ mitȱdemȱ/ȱimȱNamenȱdesȱHerrn.ȱ UndȱderȱHerrȱgingȱvorüberȱvorȱihmȱ undȱrief:ȱ DerȱHerr,ȱGott,ȱȱ (ist)ȱmitleidigȱundȱbarmherzig,ȱ langsamȱzumȱZornȱ undȱvielerbarmendȱundȱwahrhaftig.ȱ UndȱGerechtigkeitȱbewahrtȱerȱȱ undȱschafftȱErbarmenȱfürȱTausende.ȱ ErȱnimmtȱhinwegȱGesetzlosigkeitenȱundȱUngerechȬ tigkeitenȱundȱSünden,ȱ aberȱnichtȱwirdȱerȱreinigenȱdenȱSchuldigen,ȱ erȱführtȱdieȱGesetzlosigkeitenȱderȱVäterȱhinȱ zuȱdenȱKindernȱȱ undȱzuȱdenȱKindeskindernȱ zurȱdrittenȱundȱviertenȱGeneration.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 138ȱȱ DasȱSubjektȱistȱimȱBlickȱaufȱExȱ33,19ȱJHWHȱselbst,ȱvgl.ȱDohmen,ȱEx,ȱ354.ȱ

74ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

DieȱVerseȱ5ȱundȱ6ȱzeigenȱ–ȱimȱhebräischenȱTextȱdeutlicherȱalsȱimȱgrieȬ chischenȱ –,ȱ dassȱ esȱ sichȱ umȱ eineȱ inhaltlicheȱ Entfaltungȱ desȱ GottesnaȬ mensȱ selbstȱ handelt,ȱ dieȱ eineȱ überlegteȱ Strukturȱ erkennenȱ lässt:ȱ Nachȱ einerȱalsȱÜberschriftȱgeltendenȱzweifachenȱCharakterisierungȱGottesȱalsȱ „barmherzig“ȱundȱ„gnädig“ȱ(6d;ȱbeideȱTerminiȱverweisenȱaufȱdieȱhelȬ fendeȱ Fürsorgeȱ sowohlȱ gegenüberȱ Kindernȱ alsȱ auchȱ Untergebenen)ȱ folgenȱ zweiȱ Gegensatzpaareȱ (6e/f;ȱ 7a–c/d–h),ȱ dieȱ ihreȱ beidenȱ Poleȱ entȬ sprechendȱ denȱ zweiȱ eröffnendenȱ Adjektivenȱ gewichtet.ȱ Soȱ hatȱ dieȱ „großeȱ Güte“ȱ (6f)ȱ einenȱ Vorrangȱ gegenüberȱ demȱ „langsamen“ȱ Zornȱ (6e),ȱderȱsichȱnichtȱgleichȱbeiȱersterȱGelegenheitȱauswirkt.ȱDieȱausführȬ licherȱformulierteȱzweiteȱGegenüberstellungȱistȱwenigerȱdeutlich,ȱlässtȱ aberȱimȱLichteȱderȱvorhergehendenȱAkzenteȱvermuten,ȱdassȱdieȱ„TauȬ senden“,ȱ denenȱ erȱ sichȱ gütigȱ erweist,ȱ überȱ dieȱ numerischȱ benanntenȱ Generationen,ȱdieȱfürȱdieȱSchuldȱverantwortlichȱgemachtȱwerden,ȱhinȬ ausgehen.ȱ Auchȱ „dieȱ Aufzählungȱ derȱ dreiȱ wichtigstenȱ Begriffeȱ fürȱ SchuldȱimȱAltenȱTestament“139ȱinȱV.ȱ7cȱgehtȱüberȱdieȱeinfacheȱFormulieȬ rungȱinȱ7dȱhinaus,ȱsoȱdassȱderȱTextȱinsgesamtȱ„dasȱungleichgewichtigeȱ Überwiegenȱ derȱ Gnadeȱ undȱ Barmherzigkeitȱ imȱ Handelnȱ Gottesȱ [beȬ zeugt]“140.ȱ Dassȱ dieȱ gesamteȱ Charakterisierungȱ Gottesȱ imȱ Themenfeldȱ vonȱmenschlicherȱSchuldȱundȱgöttlicherȱBarmherzigkeitȱzuȱverortenȱist,ȱ weistȱfreilichȱauchȱdaraufȱhin,ȱdassȱgeradeȱdieȱmenschlicheȱVerfehlungȱ alsȱGrunderfahrungȱIsraelsȱmitȱGottȱangesehenȱwerdenȱkann.ȱȱ DerȱSchlussȱdesȱBuchesȱMichaȱ(Miȱ7,18–20)ȱistȱeinȱweiteresȱBeispiel,ȱdassȱinȱ ganzȱ anderenȱ Zusammenhängenȱ denselbenȱ Gedankenȱ betont.ȱ Wiederumȱ werdenȱ dieȱ Eigenschaftenȱ Gottesȱ wesentlichȱ imȱ Motivfeldȱ menschlicherȱ Sündenȱ behandeltȱ (7,18:ȱ „Schuld“,ȱ „Vergehen“),ȱ dieȱ Gottesȱ „Zorn“ȱ (7,18)ȱ hervorrufen,ȱ soȱ dassȱ erȱ sieȱ „niederreißen“ȱ undȱ „inȱ Meerestiefenȱ schleuȬ dern“ȱmussȱ(Miȱ7).ȱDieseȱaggressivenȱHandlungenȱlassenȱsichȱmitȱdemȱGeȬ dankenȱdesȱgöttlichenȱZornesȱverknüpfen,ȱwerdenȱhierȱallerdingsȱbereitsȱinȱ dieȱPhaseȱdesȱErbarmensȱverlegt,ȱdassȱsichȱebenȱinȱdieserȱ„SündenvernichȬ tung“ȱrealisiert.ȱDieȱGrößeȱGottesȱzeigtȱsichȱnachȱdiesemȱTextȱinȱderȱ„GroßȬ tat“ȱ seinerȱ Vergebungsmacht.141ȱ Währendȱ derȱ Zornȱ „nichtȱ fürȱ immer“ȱ (7,18)ȱ bleibt,ȱ istȱ seinȱ Erbarmenȱ offenbarȱ grenzenlos.ȱ Imȱ letztenȱ Versȱ wirdȱ dannȱ derȱ Bundȱ mitȱ denȱ Väternȱ Jakobȱ undȱ Abrahamȱ alsȱ sachlicherȱ Grundȱ diesesȱVertrauenȱgenanntȱ(7,20).ȱ

Entscheidendeȱ Akzenteȱ desȱ priester(schrift)lichenȱ Werksȱ werdenȱ hierȱ aufgenommenȱ undȱ mitȱ demȱ dtrȱ Gedankenȱ desȱ göttlichenȱ Zorns,ȱ derȱ aufȱIsraelsȱSchuldȱfolgt,ȱverknüpft.ȱNochȱdeutlicherȱwirdȱdieseȱVorgabeȱ inȱJesȱ54,7f.ȱ(LXX),ȱeinemȱweiterenȱText,ȱderȱdasȱUngleichgewichtȱvonȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 139ȱȱ Jeremias,ȱZornȱGottes,ȱ133.ȱ 140ȱȱ Scoralick,ȱGottesȱGüte,ȱ128;ȱvgl.ȱauchȱdieȱStrukturanalysenȱ35–72.ȱ 141ȱȱ Vgl.ȱdazuȱJeremias,ȱZornȱGottes,ȱ137f.ȱ

ȱ

2.3ȱ IsraelsȱZukunftȱinȱderȱpriester(schrift)lichenȱTheologieȱ

75ȱ

GüteȱundȱZornȱGottesȱfesthältȱundȱAnliegen,ȱwieȱwirȱsieȱalsȱtypischȱfürȱ dasȱpriester(schrift)licheȱWerkȱerkanntȱhaben,ȱrezipiert:ȱ ȱ 7ȱ ȱ ȱ ȱ 8ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

ΛΕϱΑΓΑȱΐ΍ΎΕϲΑȱȱ Ύ΅ΘνΏ΍ΔϱΑȱΗΉȱȱ Ύ΅ϠȱΐΉΘΤȱπΏνΓΙΖȱΐΉ·ΣΏΓΙȱȱ πΏΉφΗΝȱΗΉ,ȱȱ πΑȱΌΙΐХȱΐ΍ΎΕХȱȱ ΦΔνΗΘΕΉΜ΅ȱΘϲȱΔΕϱΗΝΔϱΑȱ ΐΓΙȱΦΔϲȱΗΓІȱȱ Ύ΅ϠȱπΑȱπΏνΉ΍ȱ΅ϢΝΑϟУȱȱ πΏΉφΗΝȱΗΉ,ȱȱ ΉϨΔΉΑȱϳȱϹΙΗΣΐΉΑϱΖȱΗΉȱ ΎϾΕ΍ΓΖ.ȱ

EineȱkurzeȱZeitlangȱ habeȱichȱdichȱverlassen,ȱ aberȱmitȱgroßemȱErbarmenȱ werdeȱichȱmichȱdeinerȱerbarmen.ȱ InȱeinerȱkleinenȱWutȱ habeȱichȱmeinȱAngesichtȱvorȱdirȱ verborgenȱ aberȱinȱewigemȱErbarmenȱ werdeȱichȱmichȱdeinerȱerbarmen,ȱ sprachȱderȱHerr,ȱderȱdichȱrettet.ȱ

Abwendung:ȱ „kurz“ȱ Zuwendung:ȱ „groß“ȱ Abwendung:ȱ „klein“ȱ Zuwendung:ȱ „ewig“ȱ Schlusswort:ȱ „Rettung“ȱ

ȱ DieȱbeidenȱVerseȱexplizierenȱinȱgleichemȱAufbauȱdenselbenȱGedankenȱ undȱsetzenȱdieȱoffenkundigȱausȱExȱ34,6f.ȱentlehntenȱEigenschaftenȱGotȬ tesȱ inȱ einȱ eindeutigesȱ Verhältnis.ȱ Dabeiȱ stellenȱ sieȱ zunächstȱ klar,ȱ dassȱ dieȱgöttlicheȱZuwendungȱundȱGnadeȱstetsȱeinȱnegativesȱGegenüberȱinȱ Formȱ derȱ göttlichenȱ Wutȱ bzw.ȱ seinesȱ Zornesȱ undȱ seinerȱ Abkehrȱ vonȱ Israelȱhat.142ȱBeidesȱstehtȱ–ȱwieȱschonȱinȱExȱ34ȱ–ȱinȱeinemȱwechselseitiȬ genȱ Verhältnis,ȱ istȱ jedochȱ vonȱ unterschiedlicherȱ Intensität,ȱ dieȱ hierȱ inȱ quantitativenȱ Begrifflichkeitenȱ gefasstȱ wird:ȱ Derȱ „kleinen“ȱ Wutȱ stehtȱ einȱ „großes“,ȱ imȱ zweitenȱ Teilȱ sogarȱ „ewiges“ȱ Erbarmenȱ gegenüber.ȱ Nichtȱ zufälligȱ sindȱ hierȱ „denkbarȱ extremeȱ Gegensätze“143ȱ formuliertȱ worden.ȱDasȱÜbergewichtȱaufȱderȱSeiteȱdesȱErbarmensȱentsprichtȱauchȱ demȱ rettendenȱ Handelnȱ Gottesȱ anȱ Israel,ȱ wieȱ derȱ Schlussȱ desȱ Versesȱ betont,ȱwennȱerȱGottȱalsȱdenȱϹΙΗΣΐΉΑΓΖȱbezeichnet.ȱ Dasȱ Stichwortȱ „ewig“ȱ deutetȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ derȱ Verfasserȱ hierȱ wichtigeȱ Grundmotiveȱ desȱ priester(schrift)lichenȱ Werksȱ formuliert.ȱ DiesesȱIndizȱbestätigtȱsichȱdurchȱdieȱfolgendenȱbeidenȱVerse,ȱinȱdenenȱ tatsächlichȱ dieȱ Beständigkeitȱ desȱ „Friedensbund“ȱ (Jesȱ 54,10)ȱ imȱ RückȬ griffȱaufȱdasȱVersprechenȱGottesȱgegenüberȱNoahȱ(Jesȱ54,9)ȱbegründetȱ wird.144ȱȱ DieȱTexteȱzeigen,ȱdassȱsichȱdieȱunterschiedlichenȱKonzepteȱzuȱIsraȬ elsȱ Zukunftȱ miteinanderȱ vermengenȱ undȱ inȱ dieserȱ nichtȱ strengȱ zuȱ scheidendenȱFormȱweitertradiertȱwerden.ȱWennȱ„dasȱhierȱaufȱdenȱBeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 142ȱȱ ImȱKontextȱvonȱJesȱ54ȱgerätȱhierȱdasȱZorneshandelnȱGottes,ȱdasȱsichȱkonkretȱimȱExilȱ äußerte,ȱinȱdenȱBlick.ȱDieȱExilsmotivikȱfindetȱsichȱnochȱimȱhebräischenȱText,ȱderȱinȱ V.ȱ7ȱvomȱ„Sammeln“ȱIsraelsȱspricht,ȱwährendȱdieȱLXXȱallgemeinerȱvomȱ„Erbarmen“ȱ schreibt.ȱ 143ȱȱ Jeremias,ȱZornȱGottes,ȱ135.ȱ 144ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱJeremias,ȱZornȱ135f.ȱ

76ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

griffȱgebrachteȱWissenȱvonȱGottȱinȱnachexilischerȱZeitȱfürȱzahlloseȱGeȬ schlechterȱ dasȱ Fundamentȱ desȱ alttestamentlichenȱ Glaubens“145ȱ formuȬ liert,ȱ dannȱ habenȱ sichȱ Grundlinienȱ derȱ beidenȱ Konzepte,ȱ dieȱ sichȱ urȬ sprünglichȱ imȱ Kontextȱ desȱ Exilsȱ entwickelten,ȱ inȱ späterenȱ Epochenȱ erhalten:ȱDasȱdeuteronomistischeȱGeschichtsbildȱmitȱseinerȱklarenȱFestȬ stellungȱ derȱ Sündenverfallenheitȱ Israels,ȱ nebenȱ dieȱ jedochȱ dieȱ ewigeȱ göttlicheȱGnadeȱausȱpriester(schrift)licherȱTraditionȱtritt,ȱdieȱzwarȱeineȱ Entsprechungȱ zumȱ göttlichenȱ Zornȱ bietet,ȱ aberȱ letztlichȱ umfassenderȱ ist.ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ Nachdemȱwirȱgesehenȱhaben,ȱwieȱsichȱdieȱKonzepteȱzurȱZukunftȱIsraȬ elsȱstetsȱinȱAnlehnungȱanȱgeschichtlicheȱErfahrungenȱdesȱVolkesȱentwiȬ ckeln,ȱ sollȱ diesȱ schlaglichtartigȱ anhandȱ vonȱ Texten,ȱ dieȱ näherȱ anȱ dasȱ NeueȱTestamentȱheranreichen,ȱvertieftȱwerden.ȱDieȱGrundsätzeȱausȱderȱ ExilszeitȱwurdenȱinȱdenȱfolgendenȱJahrhundertenȱrezipiert,ȱjedochȱaufȬ grundȱ derȱ jeweilsȱ unterschiedlichenȱ geschichtlichenȱ Situationenȱ inȱ jeȱ spezifischenȱ Ausprägungen.ȱ Verbreitetȱ istȱ z.ȱ B.ȱ eineȱ „EschatologisieȬ rung“ȱ derȱ Geschichtsauffassungen,ȱ etwaȱ desȱ deuteronomistischenȱ GeȬ schichtsbildes.146ȱ Daȱ sichȱ Konzeptionenȱ undȱ Motiveȱ jedochȱ bisȱ inȱ dieȱ neutestamentlicheȱ Zeitȱ hineinȱ wiederfindenȱ lassen,ȱ istȱ esȱ sachgemäß,ȱ vonȱ einemȱ „historischenȱ Vermittlungszusammenhang“147ȱ beiderȱ TesȬ tamenteȱ zuȱ sprechen.ȱ Eineȱ wichtigeȱ Rolleȱ spielenȱ dabeiȱ dieȱ Schriftenȱ ausȱfrühjüdischerȱZeit.ȱ

2.4.1ȱFrühjüdischȬapokalyptischeȱTexteȱ WieȱbereitsȱdieȱBeschäftigungȱmitȱTextenȱderȱdeuteronomistischenȱundȱ priester(schrift)lichenȱTheologieȱgezeigtȱhat,ȱhängenȱimȱantikenȱJudenȬ tumȱdieȱAussagenȱüberȱdieȱZukunftȱIsraelsȱwieȱderȱWeltȱgrundsätzlichȱ mitȱ einerȱ spezifischenȱ Geschichtsauffassungȱzusammen,ȱ dieȱ durchȱ dieȱ konkreteȱ Geschichtserfahrungȱ geprägtȱ wurde.ȱ Auchȱ dieȱ erhaltenenȱ SchriftenȱausȱderȱZeitȱdesȱFrühjudentumsȱsindȱinȱallerȱRegelȱ–ȱinȱAnaȬ logieȱzuȱdenȱexilischȱbeeinflusstenȱSchriftenȱ–ȱinȱgeschichtlichenȱKrisenȬȱ undȱUmbruchzeitenȱentstanden,ȱinȱdenenȱeinȱRingenȱumȱdasȱVerhältȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 145ȱȱ Jeremias,ȱZornȱGottesȱ133.ȱ 146ȱȱ Vgl.ȱdazuȱMaier,ȱZwischenȱdenȱTestamenten,ȱ260ff.ȱ 147ȱȱ Berger,ȱExegese,ȱ171.ȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

77ȱ

nisȱzuȱJHWHȱerforderlichȱwar.ȱ„BeiȱderȱliterarischenȱVerarbeitungȱdieȬ serȱ Erfahrungenȱ hatȱ sichȱ weitgehendȱ dasȱ deuteronomistischeȱ GeȬ schichtsbildȱmitȱeinerȱzunehmendenȱeschatologischenȱZuspitzungȱ[…]ȱ durchgesetzt“148.ȱ Eineȱ wesentlicheȱ Rolleȱ fürȱ denȱ Geschichtsverlaufȱ spieltȱdabeiȱderȱGehorsamȱIsraelsȱgegenüberȱdemȱWillenȱGottes,ȱwieȱerȱ inȱ derȱ Toraȱ niedergelegtȱ ist.ȱ Insgesamtȱ kennzeichnetȱ esȱ jedochȱ diesesȱ Geschichtsbild,ȱ dassȱ derȱ Gehorsamȱ einȱ kaumȱ jeȱ erreichtesȱ Idealȱ darȬ stellt,ȱ dasȱ immerȱ wiederȱ vonȱ Phasenȱ desȱ Ungehorsamsȱ gestörtȱ wird,ȱ dieȱletztlichȱdieȱGeschichteȱIsraelsȱinsgesamtȱprägen.149ȱDerȱregelmäßigȱ erschallendeȱUmkehrrufȱermöglichtȱwiederumȱdenȱWegȱinȱeineȱheilvolȬ leȱZukunftȱinȱderȱNäheȱGottes.ȱȱ EinȱgroßerȱTeilȱdesȱfrühjüdischenȱSchrifttumsȱwirdȱderȱ„apokalypȬ tischen“ȱ Literaturȱ zugeordnet150ȱ undȱ häufigȱ alsȱ „Krisenliteratur“ȱ chaȬ rakterisiert.ȱDiesȱ weistȱschonȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ sichȱinȱ ihrenȱ Textenȱ fürȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ weitereȱ Hinweiseȱ findenȱ lassen.ȱ ZeitlichȱfallenȱvieleȱdieserȱTexteȱinȱdieȱJahrhunderteȱderȱhellenistischenȱ undȱ römischenȱ Herrschaftȱ inȱPalästina,151ȱ soȱ dassȱsieȱ zugleichȱeineȱgeȬ wisseȱ Brückenfunktionȱ zuȱ denȱ inȱ denȱ folgendenȱ Kapitelnȱ zuȱ untersuȬ chendenȱlukanischenȱundȱpaulinischenȱTextenȱaufweisen.152ȱȱ AndersȱalsȱinȱdenȱbiblischenȱSchriftenȱselbst,ȱdieȱSchuldȱundȱSündeȱ IsraelsȱinȱderȱVergangenheitȱdurchausȱstarkȱbetonen,ȱwirdȱinȱdenȱfrühȬ jüdischen,ȱ apokalyptischȱ beeinflusstenȱ Textenȱ dieȱ Vergangenheitȱ inȱ glänzendemȱ Lichtȱ geschildert,ȱ derȱ dannȱ dieȱ Gegenwartȱ gegenübergeȬ stelltȱ undȱ anȱ derȱ sieȱ gemessenȱ wird.ȱ Inȱ diesemȱ Rahmenȱ werdenȱ auchȱ dieȱ „messianischen“153ȱ Bewegungenȱ inȱ denȱ Jahrhundertenȱ derȱ ZeitenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 148ȱȱ Maier,ȱZwischenȱdenȱTestamenten,ȱ261.ȱ 149ȱȱ Ausdrucksstarkesȱ Bildȱ dafürȱ istȱ dasȱ goldeneȱ Kalbȱ inȱ Exȱ 32:ȱ Israelȱ versündigtȱ sichȱ schonȱimȱMomentȱderȱGesetzesoffenbarungȱgegenȱseinenȱGott.ȱ 150ȱȱ Vgl.ȱ zumȱ Folgendenȱ Barrett/Thornton,ȱ Texte,ȱ 356–393;ȱ Hahn,ȱ Apokalyptik,ȱ 1–7;ȱ Müller,ȱStudien,ȱ19–173.ȱ 151ȱȱ Vgl.ȱdazuȱinsgesamtȱdenȱÜbersichtsbandȱvonȱMaier,ȱZwischenȱdenȱTestamenten;ȱderȱ TitelȱdesȱBuchesȱmitȱseinerȱRedeȱvonȱeinerȱZeitȱ„zwischenȱdenȱTestamenten“ȱleistetȱ demȱMissverständnisȱVorschub,ȱdassȱdasȱSchriftencorpusȱdesȱATȱbereitsȱimȱ4.ȱJh.ȱv.ȱ Chr.ȱvollständigȱvorgelegenȱhätte;ȱdieȱFormulierungȱsollteȱdaherȱvermiedenȱwerden.ȱ 152ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ auchȱ Frankemölle,ȱ Frühjudentum,ȱ 96–100;ȱ erȱ siehtȱ dieȱ Apokalyptikȱ alsȱ gemeinsamesȱErbeȱvonȱJudenȱundȱChristen,ȱinȱdemȱsichȱ„keineȱFaktorenȱzurȱspäteȬ renȱTrennungȱvonȱJudentumȱundȱChristentumȱbenennenȱlassen“ȱ(100)ȱundȱweistȱdaȬ raufȱhinȱ(ebd.),ȱdassȱsichȱinȱdieserȱLiteraturȱexpliziteȱAnknüpfungspunkteȱwichtigerȱ spätererȱchristologischerȱLinienȱfindenȱlassen,ȱetwaȱderȱpräexistenteȱMenschensohnȱ imȱ Henochbuchȱ oderȱ derȱ mitȱ denȱ Wolkenȱ kommendeȱ Menschensohnȱ nachȱ Danȱ 7,13f.ȱ 153ȱȱ Sieȱ bedurftenȱ dabeiȱ nichtȱ zwingendȱ einesȱ konkretenȱ „MessiasȬPrätendenten“,ȱ vgl.ȱ Maier,ȱZwischenȱdenȱTestamenten,ȱ262;ȱzurȱMessiaserwartungȱvgl.ȱauchȱuntenȱKap.ȱ 2.4.3.ȱ

78ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

wendeȱverständlich:ȱEinzelereignisseȱwieȱNaturkatastrophen,ȱ(verloreȬ ne)ȱ Kriege,ȱ Kometenȱ undȱ ähnlichesȱ wurdenȱ alsȱ Zeichenȱ göttlichenȱ StrafȬEingreifensȱ interpretiert,ȱ aufȱ dieȱ dieȱ Umkehrreaktionȱ derȱ MenȬ schenȱbzw.ȱIsraelsȱzuȱfolgenȱhatte.ȱGemeinsamȱistȱdiesenȱBewegungenȱ dieȱAuffassung,ȱdassȱ‚dieȱZeitȱerfülltȱist‘ȱ(vgl.ȱMkȱ1,14).154ȱ DieȱWurzelnȱjüdischerȱundȱchristlicherȱApokalyptikȱkönnenȱinȱderȱ genuinȱ biblischȬprophetischenȱ Traditionȱ verortetȱ werden,ȱ wenngleichȱ zumȱ Teilȱ auchȱ nichtjüdischeȱ Einflüsseȱ zuȱ beachtenȱ sind.155ȱ Dabeiȱ werȬ denȱinȱderȱApokalyptikȱtheologischeȱLinienȱausȱderȱGeschichteȱIsraelsȱ weiterȱ entfaltet,ȱ soȱ dassȱ manȱ sowohlȱ vonȱ Kontinuitätȱ wieȱ vonȱNeuanȬ sätzenȱsprechenȱwird.156ȱ Beiȱ einerȱ Bestandsaufnahmeȱ derȱ heuteȱ bekanntenȱ apokalyptischenȱ LiteraȬ turȱ desȱ antikenȱ Judentumsȱ undȱ Christentumsȱ fälltȱ auf,ȱ dassȱ nachȱ gutȱ beȬ zeugtenȱVorformen,ȱdieȱbisȱinȱdieȱExilszeitȱzurückzuverfolgenȱsind,157ȱdieȱ Strömungȱzunächstȱbaldȱzuȱverebbenȱscheint.ȱAusȱderȱZeitȱderȱRestauratiȬ onȱinȱJerusalemȱ(Nehemia,ȱEsra)ȱausȱdemȱsogenanntenȱ„dunklenȱJahrhunȬ dert“158ȱ(bisȱinȱdieȱZeitȱAlexandersȱdesȱGroßenȱundȱdarüberȱhinausȱbisȱinsȱ 2.ȱ Jahrhundertȱ v.ȱ Chr.)ȱ sindȱ keineȱ apokalyptischenȱ Texteȱ überliefert,ȱ undȱ erstȱimȱKontextȱderȱMakkabäerkämpfeȱundȱderȱTempelentweihungȱ167ȱv.ȱ Chr.ȱdurchȱAntiochusȱIV.ȱfindetȱsichȱvorȱallemȱimȱDanielbuchȱapokalyptiȬ schesȱMaterial.ȱInȱdenȱJahrhundertenȱumȱdieȱZeitenwendeȱundȱimȱneutesȬ tamentlichenȱ Zeitalterȱ selbstȱ schließenȱ sichȱ weitereȱ Schriftenȱ an.159ȱ Nebenȱ derȱOffenbarungȱdesȱJohannesȱ–ȱdemȱeinzigenȱschonȱimȱTitelȱalsȱ„ApokaȬ lypse“160ȱbezeichnetenȱBuchȱ–ȱfindenȱsichȱapokalyptischeȱTexteȱundȱMotiveȱ inȱfastȱjederȱSchriftȱdesȱNeuenȱTestaments.161ȱDiesȱallesȱlässtȱdaraufȱschlieȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 154ȱȱ Insgesamtȱ zeigenȱ dieȱ Texteȱ ausȱ demȱ jüdischenȱ Kernlandȱ (auchȱ inȱ Qumran)ȱ mehrȱ Interesseȱ amȱ Kollektivȱ „Israel“ȱ alsȱ anȱ einzelnenȱ Individuen.ȱ Andersȱ istȱ diesȱ inȱ derȱ Diaspora,ȱwoȱmanȱsichȱaufgrundȱderȱNäheȱzurȱgriechischenȱPhilosophieȱstärkerȱaufȱ denȱ einzelnenȱ Menschenȱ undȱ dessenȱ Rolleȱ inȱ derȱ Gemeinschaftȱ desȱ Gottesvolkesȱ konzentrierte,ȱvgl.ȱMaier,ȱZwischenȱdenȱTestamenten,ȱ292f.ȱ 155ȱȱ Vgl.ȱdazuȱHellholm,ȱApocalypticismȱinȱtheȱMediterraneanȱWorld.ȱ 156ȱȱ Exemplarischȱ zeigtȱ sichȱ diesȱ etwaȱ inȱ Ezȱ 1.ȱ Währendȱ einerseitsȱ Motiveȱ desȱ TempelȬ kultesȱausȱJesȱ6ȱrezipiertȱwerden,ȱwasȱdieȱAnknüpfungȱanȱdieȱTraditionȱerweist,ȱfinȬ detȱeinȱschwerwiegenderȱOrtswechselȱstatt.ȱDerȱGottȱIsraelsȱerscheintȱnichtȱmehrȱinȱ seinemȱeigentlichenȱ Wohnort,ȱdemȱJerusalemerȱTempel,ȱsondernȱ beiȱdenȱExiliertenȱ inȱBabylon.ȱAuchȱeineȱgewisseȱLösungȱvomȱTempelȱistȱhierȱsichtbar.ȱ 157ȱȱ Vgl.ȱHahn,ȱApokalyptik,ȱ13f.:ȱBeiȱEzechielȱundȱ„Deuterojesaja“ȱfindenȱsichȱwichtigeȱ vorbereitendeȱElementeȱderȱspäterenȱApokalyptik.ȱ 158ȱȱ SoȱdieȱBezeichnungȱbeiȱDonner,ȱGeschichteȱII,ȱ467.ȱ 159ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Hahn,ȱ Apokalyptik,ȱ 37–139.ȱ Dieȱ meistenȱ heuteȱ bekanntenȱ Apokalypsenȱ werdenȱinȱdieseȱZeitȱdatiert.ȱ 160ȱȱ Vonȱ diesemȱ Titelȱ hatȱ dieȱ gesamteȱ Richtungȱ ihrenȱ Namen,ȱ vgl.ȱ Hahn,ȱ Apokalyptik,ȱ 2f.ȱ 161ȱȱ Vgl.ȱdazuȱPokorný/Heckel,ȱEinleitung,ȱ56f.ȱȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

79ȱ

ßen,ȱ dassȱ auchȱ fürȱ apokalyptischeȱ Texteȱ einȱ Zusammenhangȱ mitȱ historiȬ schenȱEntwicklungenȱzuȱveranschlagenȱist.ȱInȱdramatischenȱZeitenȱwirdȱsieȱ jeweilsȱneuȱzumȱLebenȱerweckt.ȱ

Nachȱ denȱ Vorformenȱ inȱ derȱ Zeitȱ desȱ Exilsȱ spieltȱ dieȱ Makkabäerzeit,ȱ inȱ derȱ dieȱ Religionȱ Israelsȱ starkȱ bedrohtȱ wird,ȱ eineȱ wichtigeȱ Rolle.162ȱ Dieȱ Zeitȱ derȱ römischenȱ Besatzungȱ (abȱ 63ȱ v.ȱ Chr.)ȱ schließlichȱ kannȱ alsȱ dritteȱ „Blütezeit“ȱderȱApokalyptikȱangesehenȱwerden.ȱEinenȱnegativenȱHöheȬ punktȱerreichtȱdieseȱEpocheȱimȱjüdischenȱKriegȱ66–70ȱn.ȱChr.,ȱderȱmitȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ endet.ȱ Dieȱ Katastropheȱ dieserȱ erneutenȱ „Entblößung“ȱderȱHeiligenȱStadtȱbzw.ȱdesȱTempels,ȱwieȱsieȱinȱderȱGeȬ schichteȱIsraelsȱbisȱdahinȱschonȱmehrfachȱaufgetretenȱwarȱ(587,ȱ167,ȱ63ȱ v.ȱ Chr.),ȱ lässtȱ vieleȱ apokalyptischeȱ Strömungenȱ zusammenlaufenȱ undȱ einenȱHöhepunktȱerreichen.ȱ Auchȱ dieȱ Apokalyptikȱ schließtȱ letztlichȱ anȱ denȱ deuteronomistiȬ schenȱ Grundgedankenȱ derȱ Offenbarungȱ amȱ Sinaiȱ alsȱ Grundereignisȱ Israelsȱ anȱ undȱ siehtȱ inȱ derȱ Toraȱ dieȱ autoritativeȱ Gründungsurkundeȱ Israels.ȱAmȱSinaiȱtrittȱderȱtranszendenteȱGottȱinȱdieȱWeltȱeinȱundȱgibtȱ sichȱ selbstȱ kund.ȱ Daȱ inȱ denȱ apokalyptischenȱ Zukunftskonzeptenȱ dasȱ Endeȱ demȱ Anfangȱ entspricht,ȱ liegtȱ inȱ diesemȱ Grundereignisȱ auchȱ derȱ Hauptbezugspunktȱ derȱ ErlösungsȬȱ undȱ Endzeiterwartungȱ Israelsȱ inȱ frühjüdischenȱundȱapokalyptischenȱTexten.ȱEsȱkennzeichnetȱdasȱapokaȬ lyptischeȱ Schrifttum,ȱ dasȱ esȱ beiȱ allerȱ Fremdheitȱ dochȱ erkennbarȱ aufȱ bereitsȱbekannteȱElementeȱrekurriert.ȱSoȱbietetȱetwaȱdasȱBuchȱdesȱProȬ phetenȱ Sacharjaȱ einȱ Beispiel,ȱ wieȱ dieȱ Grundsätzeȱ derȱ deuteronomistiȬ schenȱ Theologieȱ inȱ apokalyptischemȱ Gewandȱ weiterentwickeltȱ werȬ den.163ȱ Dieȱ Schriftȱ zeigtȱ insgesamt,ȱ dassȱ einȱ theologischȬanthropoloȬ gischesȱ Spannungsfeldȱ inȱ Israelȱ überȱ Jahrhunderteȱ gleichȱ bleibt:ȱ Israelȱ hörtȱnichtȱaufȱseinenȱGottȱundȱkehrtȱsichȱvonȱihmȱab.ȱAlsȱReaktionȱGotȬ tesȱstelltȱmanȱsichȱdessenȱZornȱvor,ȱderȱinȱStrafgerichtenȱwieȱdemȱExilȱ oderȱderȱZerstörungȱJerusalemsȱsichtbarȱgewordenȱist.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 162ȱȱ Vgl.ȱDanȱoderȱdieȱ„Zehnwochenapokalypse“ȱderȱHenochüberlieferung.ȱ 163ȱȱ Esȱ werdenȱ frühereȱ Prophetenȱ zitiertȱ undȱ derenȱ Worteȱ inȱ dieȱ neueȱ Zeitȱ hineinȱ geȬ sprochen,ȱ Weissagungȱ geschiehtȱ imȱ Prozessȱ derȱ Auslegung.ȱ Dasȱ visionäreȱ Erlebnisȱ erfolgtȱ imȱ prophetischenȱ Geistȱ derȱ älterenȱ Zeitȱ Israels.ȱ Mitȱ derȱ erwartetenȱ ÄonenȬ wende,ȱ demȱ Auftrittȱ desȱ personifiziertenȱ Bösenȱ undȱ vielenȱ weiterenȱ Bildernȱ lässtȱ sichȱ imȱ Buchȱ Sacharjaȱ bereitsȱ einȱ entfaltetesȱ apokalyptischesȱ Systemȱ ausmachen,ȱ auchȱwennȱEinzelpunkteȱwieȱdieȱPseudonymitätȱ(sieȱkündigtȱsichȱinȱderȱRezeptionȱ alterȱ Prophetienȱ an)ȱ fehlen;ȱ vgl.ȱ dazuȱ auchȱ dieȱ Hinweiseȱ beiȱ Reventlow,ȱ Sach,ȱ 34f.;ȱ Zenger,ȱZwölfprophetenbuch,ȱ578–580ȱundȱvorȱallemȱGese,ȱAnfang,ȱ205–223.ȱ

80ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

2.4.2ȱEineȱexemplarischeȱSchrift:ȱDieȱ„TestamenteȱderȱZwölfȱ Patriarchen“ȱ Dieȱ Rezeptionȱ undȱ Weiterentwicklungȱ biblischerȱ ZukunftsvorstellunȬ genȱinȱfrühjüdischenȱTextenȱlässtȱsichȱgutȱanhandȱderȱ„Testamenteȱderȱ Zwölfȱ Patriarchen“164ȱ nachvollziehen,ȱ einerȱ pseudepigraphischenȱ Schrift,ȱ dieȱ nurȱ durchȱ christlicheȱ Überlieferungȱ erhaltenȱ ist.ȱ Derȱ Textȱ gehörtȱ zuȱ denȱ „bedeutendstenȱ derȱ alttestamentlichenȱ Apokryphen“165ȱ undȱbietetȱZukunftsweissagungenȱnachȱdemȱVorbildȱvonȱGenȱ49.ȱIstȱesȱ dortȱ Jakob,ȱ derȱ seineȱ Söhneȱ versammeltȱ undȱ jedenȱ Sohnȱ bzw.ȱ Stammȱ durchȱ einenȱ kurzenȱ Spruchȱ charakterisiert,ȱ soȱ sindȱ esȱ hierȱ dieȱ zwölfȱ Jakobssöhneȱselbst,ȱdieȱnunȱihrerseitsȱanȱihremȱLebensendeȱihreȱNachȬ kommenȱversammeln,ȱumȱihnenȱeineȱErzählungȱihrerȱLebensgeschichȬ te,ȱverschiedeneȱMahnungenȱundȱZukunftsangabenȱzuȱübermitteln.ȱ DieȱGrundannahmenȱüberȱHerkunft,ȱHintergrund,ȱDatierungȱusw.ȱsindȱsoȱ umstritten,ȱ dassȱ „fastȱ jederȱ Forscherȱ […]ȱ seineȱ eigeneȱ Gesamtauffassungȱ [vertritt]“166,ȱdieȱnichtȱmitȱanderenȱAuffassungȱinȱEinklangȱzuȱbringenȱist.ȱ NebenȱderȱFrage,ȱobȱdieȱursprünglicheȱGrundschriftȱjüdischȱoderȱchristlichȱ ist,167ȱ diskutiertȱ manȱ Datierungen,ȱ dieȱ vomȱ 3.ȱ Jahrhundertȱ vorȱ bisȱ insȱ 3.ȱ JahrhundertȱnachȱChristusȱreichenȱundȱimȱWesentlichenȱmitȱderȱGrundentȬ scheidungȱ inȱ derȱ erstenȱ Frageȱ zusammenhängen.ȱ Auchȱ Ortȱ (Palästina,ȱ jüȬ discheȱ Diaspora,ȱ Ägypten,ȱ Syrien)ȱ undȱ Urspracheȱ (Griechisch,ȱ Hebräisch,ȱ Aramäisch)ȱ sindȱ umstritten.168ȱ Mitȱ Jacobȱ Jervell,ȱ Jürgenȱ Beckerȱ undȱ andeȬ renȱ gehenȱ wirȱ imȱ Folgendenȱ davonȱ aus,ȱ dassȱ dieȱ „Testamenteȱ derȱ Zwölfȱ Patriarchen“ȱ ursprünglichȱ jüdischeȱ Texteȱ sind,ȱ dieȱ überȱ dasȱ früheȱ JudenȬ christentumȱweitergegebenȱundȱdortȱchristlichȱinterpoliertȱwurden.169ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 164ȱȱ ImȱFolgendenȱhäufigȱabgekürztȱ„TestXII“.ȱ 165ȱȱ Ulrichsen,ȱGrundschrift,ȱ15.ȱ 166ȱȱ Ulrichsen,ȱGrundschrift,ȱ21.ȱ 167ȱȱ Vgl.ȱ Ulrichsen,ȱ Grundschrift,ȱ 21ff.ȱ Nachȱ demȱ Konsensȱ desȱ 19.ȱ Jh.s,ȱ dassȱ dieȱ TestaȬ menteȱchristlichȱseien,ȱwurdeȱ1884ȱdieȱHypotheseȱeinerȱjüdischenȱGrundschriftȱmitȱ christlicherȱBearbeitungȱeingebracht.ȱDieseȱschienȱsichȱzuȱbewähren,ȱbisȱM.ȱdeȱJongeȱ seitȱ1953ȱwiederȱdieȱchristlicheȱEntstehungȱverteidigte.ȱDieȱFrageȱspaltetȱdieȱWissenȬ schaftȱ bisȱ heute;ȱ vgl.ȱ dazuȱ jüngstȱ auchȱ Kurowski,ȱ Gott,ȱ derȱ sichȱ gegenȱ allzuȱ klareȱ InterpolationstheorienȱwehrtȱundȱdieȱTestXIIȱalsȱ„christlicheȱSchrift“ȱ(19)ȱlesenȱwill,ȱ inȱderȱ„inȱgroßemȱUmfangȱgenuinȱjüdischeȱTraditionenȱverarbeitetȱ[werden],ȱgroßeȱ undȱkleineȱStücke,ȱSchriftlichesȱwieȱMündliches“ȱ(20).ȱ 168ȱȱ Dieȱ Abfassungȱ „außerhalbȱ Palästinasȱ inȱ hellenistischȬgriechischerȱ Sprache“ȱ wirdȱ vonȱBecker,ȱTestXII,ȱ17ȱalsȱ„einȱgewisserȱKonsens“ȱbezeichnet.ȱZurȱDatierungȱusw.ȱ vgl.ȱ auchȱ Kugler,ȱ Testaments,ȱ 31–39,ȱ derȱ dieȱ TestXIIȱ alsȱ christlicheȱ Schriftȱ liest,ȱ dieȱ jüdischeȱ Traditionenȱ verarbeitet,ȱ ohneȱ dassȱ freilichȱ einȱ ursprünglicherȱ Textȱ herausȬ gearbeitetȱwerdenȱkönnte.ȱ 169ȱȱ Vgl.ȱdazuȱ Jervell,ȱInterpolator,ȱ30.ȱAuchȱdieȱFundeȱausȱQumranȱ stützenȱ dieseȱ AufȬ fassungȱ(vgl.ȱebd.ȱ Anm.ȱ2,ȱLit.),ȱ soȱwurdenȱ dortȱ Fragmenteȱvonȱ TestLevȱgefunden,ȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

81ȱ

DieȱSchriftȱistȱeinȱklassischesȱBeispielȱderȱantikenȱGattungȱ„TestamentȬ Literatur“.ȱDerȱReiheȱnachȱversammeltȱjederȱderȱSöhneȱJakobsȱvorȱseiȬ nemȱ Todȱ seineȱ Familieȱ umȱ sichȱ undȱ verkündetȱ ihnenȱ inȱ einerȱ letztenȱ RedeȱseinȱVermächtnis.ȱInȱzwölfȱAbschnittenȱwiederholtȱsichȱstetsȱdasȬ selbeȱSchema:170ȱNachȱeinerȱRahmennotiz,ȱdieȱvonȱderȱSituationȱdesȱPatȬ riarchenȱundȱderȱVersammlungȱseinerȱSöhneȱerzählt,ȱfolgtȱinȱeinerȱAbȬ schiedsrede,ȱ dieȱ sehrȱ umfangreichȱ ausfallenȱ kann,ȱ dasȱ „Testament“ȱ desȱ jeweiligenȱ Patriarchen,ȱ eineȱ knappeȱ Rahmennotizȱ überȱ denȱ Todȱ desȱ Patriarchenȱ schließtȱ denȱ Abschnittȱ jeweilsȱ ab.ȱ Alleȱ Abschiedsredenȱ lassenȱsichȱwiederumȱinȱdreiȱAbschnitteȱgliedern,ȱdieȱsichȱmitȱVerganȬ genheitȱ (Rückblick),ȱ Gegenwartȱ (Mahnungenȱ undȱ VerhaltensanweiȬ sungen),ȱ undȱ Zukunftȱ (Prophezeiungen)ȱ derȱ Zuhörer,ȱ dieȱ symbolischȱ fürȱganzȱIsraelȱstehen,ȱauseinandersetzen.ȱDieȱMengeȱderȱInhalteȱinȱdenȱ einzelnenȱ Redenȱ differiertȱ sehr.ȱ Beiȱ einigenȱ überwiegtȱ derȱ Rückblick,ȱ beiȱ anderenȱ dieȱ Zukunftsansage,ȱ auchȱ dieȱ ethischenȱ Mahnungenȱ sindȱ ebenfallsȱ quantitativȱ unterschiedlichȱ verteilt.ȱ Insgesamtȱ zeigtȱ sichȱ eineȱ spezifischeȱ„Auffassungȱz.ȱB.ȱvonȱIsrael,ȱdenȱHeidenvölkern,ȱdemȱGeȬ setzȱ undȱ derȱ Geschichte“171.ȱ Dieȱ zumȱ Teilȱ sehrȱ ausführlichȱ gehaltenenȱ ZukunftsansagenȱsindȱfürȱunsȱvonȱbesonderemȱInteresse,ȱdaȱsieȱzeigen,ȱ welcheȱAspekteȱderȱZukunftsfragenȱfürȱIsraelȱsichȱinȱdenȱJahrhunderȬ tenȱvorȱbzw.ȱumȱdieȱZeitenwendeȱidentifizierenȱlassen.ȱȱ Obwohlȱ alleȱ zwölfȱ Patriarchenȱ imȱ Rahmenȱ desȱ vorgegebenenȱ SchemasȱvorgestelltȱwerdenȱundȱzuȱWortȱkommen,ȱhabenȱkeineswegsȱ alleȱ zwölfȱ dieselbeȱ Bedeutung,ȱ wieȱ eineȱ Zusammenstellungȱ überȱ dieȱ HäufigkeitȱderȱEinzelnamenȱinȱderȱGesamtschriftȱzeigt:ȱ ȱ Naphthaliȱ1xȱȱ Sebulonȱ1xȱ Asserȱ2xȱȱ Benjaminȱ2xȱ Issacharȱ2xȱ

Danȱ7xȱȱ Gadȱ9xȱ Simeonȱ9xȱ Rubenȱ13xȱ ȱ

Leviȱ27xȱ(fehltȱnurȱinȱTestSeb,ȱTestAss,ȱTestBen)ȱ Judaȱ28xȱ(fehltȱnurȱinȱTestAssȱundȱTestBen)ȱ ȱ Josephȱ91xȱ(fehltȱnurȱinȱTestIssȱundȱTestAss)ȱ ȱ

ȱ Mitȱ deutlichemȱ Vorsprungȱ wirdȱ Josephȱ amȱ häufigstenȱ genannt,ȱ dannȱ folgenȱJudaȱundȱLeviȱmitȱähnlichenȱZahlen,ȱwährendȱdieȱanderenȱneunȱ NamenȱkaumȱinsȱGewichtȱfallen.ȱJoseph,ȱsowieȱJudaȱundȱLevi,ȱdieȱfastȱ immerȱ alsȱ Paarȱ auftauchen,ȱ lassenȱ sichȱ zudemȱ bestimmtenȱ Themenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ dieȱ keinenȱ Hinweisȱ aufȱ dasȱ Heilȱ fürȱ dieȱ Heidenvölkerȱ bietenȱ (vgl.ȱ Jervell,ȱ Interpolator,ȱ36);ȱvgl.ȱauchȱdasȱhebräischeȱTestNaphȱ9f.,ȱdasȱvonȱderȱVerherrlichungȱ IsraelsȱohneȱHeilȱfürȱdieȱHeidenȱsprichtȱundȱsoȱeinȱZeugnisȱgegenȱuniversalistischeȱ AuslegungenȱderȱTestXIIȱdarstellt.ȱ 170ȱȱ Vgl.ȱdazuȱinsgesamtȱUlrichsen,ȱGrundschrift,ȱ49–53.ȱ 171ȱȱ Jervell,ȱInterpolator,ȱ32.ȱ

82ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

zuordnen.ȱ Letztereȱ werdenȱ zumeistȱ inȱ denȱ inȱ dieȱ Zukunftȱ blickendenȱ prophetischenȱTextteilenȱerwähntȱundȱdominierenȱdiese,ȱJosephȱhingeȬ genȱ prägtȱ dieȱ ethischȬparänetischenȱ Abschnitte,ȱ wenngleichȱ auchȱ dortȱ JudaȱoderȱLeviȱerwähntȱwerdenȱkönnen;172ȱdochȱsindȱmitȱdiesenȱbeidenȱ NamenȱmessianischeȱImplikationenȱverbunden,ȱdaȱmitȱJudaȱkönigliche,ȱ mitȱLeviȱpriesterlicheȱAssoziationenȱgewecktȱwerden.173ȱEsȱhandeltȱsichȱ umȱ eineȱ spezifischeȱ Ausformungȱ derȱ Messiaserwartung,ȱ insofernȱ ausȱ diesenȱ beidenȱ Stämmenȱ dasȱ Heilȱ fürȱ Israelȱ hervorgehenȱ wird.174ȱ ZuȬ gleichȱ fälltȱ mehrfachȱ einȱ Vorrangȱ Levisȱ auf,ȱ etwaȱ inȱ derȱ Visionȱ TestNaphȱ5,1ff.175ȱJudaȱundȱLeviȱsindȱinȱdenȱethischenȱTeilen,ȱinȱdenenȱ sieȱ nurȱ ganzȱ vereinzeltȱ auftauchen,ȱ alsȱ Einzelpersonenȱ vorgestellt,ȱ währendȱsieȱinȱdenȱeschatologischenȱAussagenȱoftȱalsȱKollektiveȱauftreȬ ten.ȱ Josephȱ hatȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ diesenȱ beidenȱ keineȱ eschatologischeȱ Funktion,ȱerȱistȱaberȱheldenhaftȱinȱdenȱethischenȱTeilenȱgeschildertȱundȱ hältȱ dadurchȱ dieȱ Testamenteȱ zusammen.176ȱ Derȱ Vorwurfȱ seinesȱ VerȬ kaufsȱwirdȱimmerȱwiederȱaufgegriffen.ȱ PrägendȱfürȱdieȱTestamenteȱsindȱderenȱAussagenȱüberȱ„Judenȱundȱ Heiden“ȱ (bzw.ȱ dasȱ Volkȱ undȱ dieȱ Völker).ȱ Worteȱ wieȱ „Menschheit“,ȱ „Menschen“,ȱ „Geschöpfe“ȱ sindȱ selten,ȱ dennȱ dieȱ „Heilsfrageȱ (ist)ȱ mitȱ demȱ Problemȱ vomȱ Verhältnisȱ Judenȱ undȱ Heidenȱ verknüpft“177,ȱ wennȬ gleichȱ dieȱ Anschauungenȱ imȱ Werkȱ nichtȱ einheitlichȱ sind.ȱ Marinusȱ deȱ Jongeȱerklärtȱdasȱso,ȱdassȱsichȱderȱAutorȱeinfachȱnurȱfürȱdieȱethischenȱ Weisungenȱ interessiert,ȱ undȱ dieȱ weiterenȱ Themenȱ einfachȱ mitȱüberlieȬ fert,ȱ ohneȱ ihnenȱ besondereȱ Bedeutungȱ zuzumessen.ȱ Mitȱ Jacobȱ Jervellȱ wirdȱmanȱdagegenȱjedochȱspezifischenȱAuffälligkeitenȱnachgehenȱundȱ sieȱ alsȱ beabsichtigtȱ ansehen:ȱ „Wennȱ derȱ Verfasserȱ überȱ Israelȱ oderȱ Ώ΅ϱΖ,ȱ dasȱ inȱ derȱ Endzeitȱ dasȱ Heilȱ erlangt,ȱ redet,ȱ meintȱ erȱ immerȱ dasȱ jüdischeȱ Volk.178ȱ […]ȱ ̖Τȱ σΌΑ΋ȱ bezeichnetȱ ausschließlichȱ dieȱ nichtȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 172ȱȱ Vgl.ȱdazuȱUlrichsen,ȱGrundschrift,ȱ252–255.ȱ 173ȱȱ Zahlreicheȱ Texteȱ bezeugenȱ dasȱ gemeinsameȱ Auftretenȱ beider:ȱ TestRubȱ 6,5–8;ȱ 6,10– 12;ȱTestSimȱ5,4–6;ȱ7,1f.;ȱTestJudȱ 21,1–4a;ȱTestIssȱ 5,7–8a;ȱTestDanȱ 5,4a.10a;ȱTestNaphȱ 8,2–3;ȱTestGadȱ8,1;ȱTestJosȱ19,11(.12?).ȱ 174ȱȱ Kugler,ȱTestaments,ȱ14ȱnenntȱdazuȱfolgendeȱTextstellenȱmitȱmessianischenȱImplikaȬ tionen:ȱTestLevȱ18;ȱTestJudȱ24;ȱTestSebȱ9,8;ȱTestDanȱ5,10–13;ȱAuferstehungȱdesȱPatriȬ archenȱ zurȱ Herrschaft:ȱ TestSimȱ 6,7;ȱ TestLevȱ 18,14;ȱ TestJudȱ 25;ȱ TestSebȱ 10,1–4;ȱ TestBenȱ10,6–10.ȱ 175ȱȱ Vgl.ȱauchȱTestJudȱ25,1f.,ȱwoȱLeviȱundȱdannȱJudaȱzuerstȱauferstehen.ȱLeviȱwirdȱvonȱ Gottȱselbstȱgesegnet,ȱJudaȱvonȱGottesȱEngel.ȱAnalogielosȱistȱdagegenȱderȱAngriffȱaufȱ Levi/JudaȱinȱTestDanȱ5,6f.ȱ(vgl.ȱaberȱTestJudȱ17,3;ȱ22,5ff.).ȱ 176ȱȱ Vgl.ȱUlrichsen,ȱGrundschrift,ȱ256;ȱKugler,ȱTestaments,ȱ18f.ȱ 177ȱȱ Jervell,ȱInterpolator,ȱ34.ȱ 178ȱȱ Vgl.ȱaberȱdieȱAusnahmeȱTestBenȱ3,8ȱinȱgriechischenȱHandschriften.ȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

83ȱ

jüdischenȱ Völker.“179ȱ Gegenüberȱ dieserȱ klassischȱ jüdischenȱ TerminoloȬ gieȱfehlenȱWendungenȱwieȱ„neuesȱVolk“,ȱ„drittesȱGeschlecht“ȱ(tertiumȱ genus)ȱ oderȱ πΎΎΏ΋Ηϟ΅,ȱ dieȱ aufȱ spätereȱ christlicheȱ Bearbeitungȱ hinweiȬ senȱkönnten.ȱDiesȱallesȱsprichtȱgegenȱeineȱzuȱspäteȱVollendung,ȱwieȱsieȱ Marinusȱ deȱ Jongeȱ voraussetzt.ȱ Israelȱ istȱ inȱ denȱ TestXIIȱ keinȱ verworfeȬ nesȱ Volk,ȱ sondernȱ kommtȱ „denȱ Wegȱ durchȱ Sünde,ȱ Verfall,ȱ ZerstreutȬ heitȱ undȱ Strafeȱ gehendȱ […]ȱ schließlichȱ zumȱ Heil.ȱ […]ȱ Dieȱ Testamenteȱ redenȱaberȱnichtȱvomȱHeilȱeinigerȱJuden,ȱsondernȱvomȱHeilȱganzȱIsraelsȱ (gewißȱnichtȱbedingungslos!)ȱunterȱAusschließungȱvonȱeinzelnen.“180ȱ ÜberȱdasȱGerichtȱanȱdenȱHeidenȱlassenȱdieȱTestXIIȱnurȱwenigȱverȬ lauten,ȱweilȱsieȱ„inȱdenȱprophetischenȱAusblickenȱundȱGeschichtsdeuȬ tungenȱ dieȱ Schuldȱ undȱ Verantwortungȱ Israelsȱ anȱ seinerȱ UnheilsȬ geschichteȱaufzeigenȱwollenȱundȱanȱderȱZukunftȱderȱVölkerȱüberhauptȱ uninteressiertȱ sind“181.ȱ Esȱ istȱ naheliegend,ȱ dassȱ einȱ christlicherȱ InterpolatorȱheidenfeindlicheȱAussagenȱentschärftȱhat.ȱBemerkenswertȱ ist,ȱ dassȱ universaleȱ Aussagenȱ eigentlichȱ nurȱ inȱ denȱ paränetischenȱ TeiȬ lenȱzuȱfindenȱsind,ȱwährendȱbeiȱdenȱWeissagungenȱeinȱUniversalismusȱ nichtȱ durchgängigȱ zuȱ findenȱ ist.ȱ Betrachtetȱ manȱ beideȱ Gattungenȱ imȱ Zusammenhang,ȱ soȱ wirdȱ deutlich,ȱ dassȱ dieȱ ermahnendenȱ Abschnitteȱ keineȱ allgemeinenȱ Moralvorstellungenȱ thematisieren,ȱ sondernȱ eineȱ BekehrungȱIsraelsȱanstreben.182ȱ DieȱWeissagungenȱhandelnȱalsoȱvonȱderȱZukunftȱIsraels,ȱliterarischȱ alsȱWeisungenȱanȱdieȱeinzelnenȱStämmeȱgerichtet.ȱDaranȱkönnenȱauchȱ dieȱ späterenȱ Zusätzeȱ nichtsȱ ändern.ȱ Esȱ gehtȱ auchȱ inȱ derȱ verändertenȱ Formȱ„immerȱnochȱumȱIsraelȱundȱseinȱGeschick“183.ȱOftȱwirdȱdenȱIsraȬ elȬAussagenȱeinȱΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱσΌΑ΋ȱoderȱähnlichesȱhinzugefügt,ȱohneȱdassȱ damitȱjedochȱeinȱwirklicherȱUniversalismusȱentstünde.184ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 179ȱȱ Jervell,ȱInterpolator,ȱ34f.ȱ 180ȱȱ Jervell,ȱInterpolator,ȱ35f.ȱ(HervorhebungȱimȱOriginal).ȱ 181ȱȱ Jervell,ȱInterpolator,ȱ38.ȱ 182ȱȱ DieȱarmenischeȱTextgestaltȱbezeugtȱdieȱwenigstenȱAussagenȱüberȱdasȱHeilȱderȱHeiȬ denvölker.ȱAllerdingsȱdeutetȱdiesȱbeiȱnähererȱBetrachtungȱnichtȱaufȱeineȱ„ursprüngȬ lichere“ȱ Fassungȱ hin,ȱ daȱ stattȱ „Israelȱ undȱ denȱ Heiden“ȱ dortȱ vonȱ „Menschen,ȱ „GeȬ schöpfen“ȱ usw.ȱ gesprochenȱ wird.ȱ Dasȱ Verhältnisȱ Israelȱ –ȱ Völkerȱ istȱ beimȱ armenischenȱ Textȱ offenbarȱ nichtȱ mehrȱ vonȱ Bedeutungȱ (vgl.ȱ Jervell,ȱ Interpolator,ȱ 39f.).ȱ Dieȱ armenischeȱ Textgestaltȱ bezeugtȱ allerdings,ȱ dassȱ dieȱ Modifizierungenȱ desȱ TextesȱvorȱallemȱimȱBereichȱderȱJudenȬHeidenȬThematikȱgeschehenȱsind,ȱwieȱJervell,ȱ Interpolator,ȱ40ȱvermutet.ȱ 183ȱȱ Jervell,ȱInterpolator,ȱ42.ȱ 184ȱȱ Nachȱ Jervell,ȱ ebd.,ȱ findenȱ sichȱ HeidenȬJudenȬAussagenȱ inȱ denȱ Weissagungenȱ überȱ dasȱkünftigeȱHeilȱIsraelsȱinȱfolgendenȱTexten:ȱTestSimȱ7,2;ȱTestJudȱ22,2;ȱ24,6;ȱTestSebȱ 9,8;ȱ TestDanȱ 6,6f.;ȱ TestNaphȱ 8,3;ȱ TestAssȱ 7,3;ȱ TestLevȱ (2,11);ȱ 4,4;ȱ 8,14;ȱ 18,9;ȱ TestJosȱ 19,8ff.;ȱTestBenȱ3,8;ȱ9,4;ȱ10,5.ȱ

84ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

2.4.2.1ȱDasȱGeschichtsbildȱundȱdieȱZukunftsansagenȱinȱdenȱTestXII185ȱ InȱvielenȱAbschnittenȱderȱTestXIIȱwirdȱaufȱdasȱendzeitlicheȱGeschehenȱ vorausgeblickt.ȱGrundsätzlichȱprägenȱdabeiȱmessianischeȱErwartungenȱ dieȱSichtȱderȱZukunftȱIsraels.186ȱVonȱbesonderemȱInteresseȱsindȱfürȱunsȱ freilichȱdieȱgarȱnichtȱseltenenȱTexte,ȱwelcheȱanhandȱvonȱGeschichtsabȬ läufenȱaufȱdasȱGeschickȱIsraelsȱvorausblicken.ȱVieleȱHinweiseȱbietetȱinȱ diesemȱ Zusammenhangȱ dasȱ Testamentȱ Levis,ȱ dasȱ bereitsȱ inȱ denȱ erstenȱ Kapitelnȱ mehrfachȱ dieȱ Errettungȱ Israelsȱ andeutet,187ȱ wenngleichȱ imȱ Folgendenȱ dieȱ Sündenȱ undȱ Strafenȱ überȱ dasȱ Volkȱ denȱ größtenȱ Raumȱ einnehmen.ȱDasȱ Geschichtsschemaȱzeigtȱ sichȱ inȱ 10,2–5ȱ undȱimȱ großenȱ Teilȱ14,1–18,14.188ȱBeideȱTexteȱsindȱimȱFolgendenȱvorzustellen:ȱ ȱ TestLevȱ10,2–5:189ȱ ȱ 2ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 3ȱ

ΦΌХϱΖȱΉϢΐ΍ȱΦΔϲȱΔΣΗ΋ΖȱΦΗΉΆΉϟ΅Ζȱ ЀΐΝΑȱΎ΅ϠȱΔ΅Ε΅ΆΣΗΉΝΖ,ȱȱ ϋΑȱΔΓ΍φΗΉΘΉȱπΔϠȱΗΙΑΘΉΏΉϟθȱΘЗΑȱ ΅ϢЏΑΝΑȱȱ [ΉϢΖȱΘϲΑȱΗΝΘϛΕ΅ȱΘΓІȱΎϱΗΐΓΙ],ȱȱ ΦΗΉΆΓІΑΘΉΖ,ȱȱ ΔΏ΅ΑЗΑΘΉΖȱΘϲΑȱ͑ΗΕ΅φΏȱ Ύ΅ϠȱπΔΉ·ΉϟΕΓΑΘΉΖȱ΅ЁΘХȱΎ΅ΎΤȱΐΉ·ΣΏ΅ȱ Δ΅ΕΤȱΎΙΕϟΓΙ,ȱ Ύ΅ϠȱΦΑΓΐφΗΉΘΉȱΗϿΑȱΘХȱ͑ΗΕ΅φΏȱȱ

UnschuldigȱbinȱichȱanȱjederȱeurerȱGottloȬ sigkeitȱundȱÜbertretung,ȱȱ dieȱihrȱamȱEndeȱderȱZeitenȱübenȱwerdetȱȱ [gegenȱdenȱHeilandȱderȱWelt],ȱȱ indemȱihrȱgottlosȱhandelt,ȱȱ IsraelȱinȱdieȱIrreȱführtȱȱ undȱsoȱaufȱesȱgroßesȱÜbelȱvomȱHerrnȱ bringt.ȱ UndȱihrȱwerdetȱgesetzwidrigȱfürȱIsraelȱ handeln,ȱȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 185ȱȱ DieȱWiedergabeȱdesȱgriechischenȱTextesȱerfolgtȱimȱFolgendenȱnachȱdeȱJonge,ȱTestaȬ ments;ȱdieȱÜbersetzungenȱorientierenȱsichȱanȱBecker,ȱTestXII,ȱ15–163.ȱ 186ȱȱ AlsȱtypischesȱBeispielȱseiȱTestRubȱ6,8ȱgenannt,ȱwoȱsichȱdieȱÄmterȱdesȱgesetzeskunȬ digenȱPropheten,ȱdesȱrechtsprechendenȱKönigsȱundȱdesȱopferndenȱPriestersȱvereintȱ finden:ȱ„Erȱ(=ȱLevi)ȱwirdȱKenntnisȱdesȱGesetzesȱGottesȱhaben;ȱundȱerȱwirdȱAnweiȬ sungȱgebenȱfürȱ(die)ȱRechtsprechungȱundȱOpferȱ[sc.ȱwirdȱerȱbringen]ȱfürȱganzȱIsraelȱ bisȱzurȱVollendungȱderȱZeitenȱ[…].“ȱDassȱesȱsichȱhierȱumȱtypischeȱElementeȱhandelt,ȱ zeigtȱz.ȱB.ȱTestSimȱ7,1;ȱTestJosȱ19,6(.11);ȱzurȱMessiaserwartungȱvgl.ȱauchȱuntenȱKap.ȱ 2.4.3.ȱ 187ȱȱ Vgl.ȱTestLevȱ2,10:ȱ„[…]ȱüberȱdieȱkommendeȱErrettungȱIsraelsȱ(ΔΉΕϠȱΘΓІȱΐνΏΏΓΑΘΓΖȱ ΏΙΘΕΓІΗΌ΅΍ȱ ΘϲΑȱ ͑ΗΕ΅φΏ)ȱ wirstȱ duȱ verkündigen“,ȱ währendȱ dasȱ „Gerichtȱ überȱ alleȱ Söhneȱ derȱ Menschen“ȱ (4,1:ȱ ΎΕϟΗ΍Αȱ πΔϠȱ ΘΓϿΖȱ ΙϡΓϿΖȱ ΘЗΑȱ ΦΑΌΕЏΔΝΑ“)ȱ ergehenȱ wird.ȱ DieȱbesondereȱStellungȱIsraelsȱerwähntȱauchȱ5,6:ȱ„Undȱerȱsprach:ȱIchȱbinȱderȱEngel,ȱ derȱfürȱdasȱGeschlechtȱIsraelsȱbittendȱeintritt,ȱdamitȱesȱnichtȱgänzlichȱzertretenȱwerȬ deȱ(ΘΓІȱΐχȱΔ΅ΘΣΒ΅΍ȱ΅ЁΘΓϿΖȱΉϢΖȱΘνΏΓΖ)“.ȱ 188ȱȱ MitȱInterpolationen,ȱvgl.ȱBecker,ȱTestXII,ȱ56–61.ȱ 189ȱȱ ZuȱdenȱInterpolationenȱinȱeckigenȱKlammernȱvgl.ȱBecker,ȱTestXII,ȱ54.ȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ ȱ ȱ ȱ 4ȱ ȱ 5ȱ ȱ ȱ

ГΗΘΉȱΐχȱΆ΅ΗΘΣΒ΅΍ȱΘχΑȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώχΐȱ ΦΔϲȱΔΕΓΗЏΔΓΙȱΔΓΑ΋Εϟ΅ΖȱЀΐЗΑȱ [ΦΏΏΤȱΗΛϟΗ΅΍ȱΘϲȱσΑΈΙΐ΅ȱΘΓІȱΑ΅ΓІ,ȱȱ ГΗΘΉȱΐχȱΎ΅Θ΅Ύ΅ΏϾΔΘΉ΍Αȱ ΦΗΛ΋ΐΓΗϾΑ΋ΑȱЀΐЗΑ].ȱ Ύ΅ϠȱΈ΍΅ΗΔ΅ΕφΗΉΗΌΉȱ΅ϢΛΐΣΏΝΘΓ΍ȱπΑȱ ΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍,ȱȱ Ύ΅ϠȱσΗΉΗΌΉȱΉϢΖȱϴΑΉ΍Έ΍ΗΐϱΑ,ȱΎ΅ϠȱΉϢΖȱ Ύ΅ΘΣΕ΅Α,ȱΎ΅ϠȱΉϢΖȱΎ΅Θ΅ΔΣΘ΋ΐ΅.ȱ ϳȱ·ΤΕȱΓϨΎΓΖ,ȱ϶ΑȱΪΑȱπΎΏνΒ΋Θ΅΍ȱΎϾΕ΍ΓΖ,ȱȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱΎΏ΋ΌφΗΉΘ΅΍,ȱȱ Ύ΅ΌАΖȱΔΉΕ΍νΛΉ΍ȱΆϟΆΏΓΖȱ̴ΑАΛȱΘΓІȱ Έ΍Ύ΅ϟΓΙ.ȱ

85ȱ

soȱdassȱJerusalemȱesȱnichtȱmehrȱertragenȱ kannȱangesichtsȱeurerȱSchlechtigkeit,ȱ [sondernȱderȱVorhangȱdesȱTempelsȱ zerrissenȱwird,ȱȱ soȱdassȱerȱeureȱSchandeȱnichtȱverdeckt].ȱ UndȱihrȱwerdetȱzerstreutȱwerdenȱalsȱVerȬ bannteȱunterȱdenȱVölkernȱ undȱihrȱwerdetȱ(zugeordnet)ȱseinȱzuȱ Schmach,ȱundȱzuȱFluchȱundȱzuȱSchande.ȱ DennȱdasȱHaus,ȱdasȱsichȱderȱHerrȱerȬ wähltȱhat,ȱȱ sollȱJerusalemȱgenanntȱwerden,ȱȱ wieȱdasȱBuchȱHenoch,ȱdesȱGerechten,ȱ enthält.ȱ

ȱ Dieȱ Zukunftsansageȱ stelltȱ fürȱ dasȱ „Endeȱ derȱ Zeiten“ȱ (10,2)ȱ dasȱ Bildȱ einesȱsündigenȱVerhaltensȱeinzelnerȱvorȱAugen,ȱdasȱAuswirkungenȱaufȱ Israelȱ insgesamtȱ hatȱ (vgl.ȱ 10,2:ȱ ΔΏ΅ΑЗΑΘΉΖȱ ΘϲΑȱ ͑ΗΕ΅φΏ;ȱ 10,3:ȱ ΦΑΓΐφȬ ΗΉΘΉȱΗϿΑȱΘХȱ͑ΗΕ΅φΏ).ȱInsofernȱgleichȱzuȱBeginnȱdasȱprophezeiteȱHanȬ delnȱderȱAngesprochenenȱalsȱGottlosigkeitȱundȱ(GesetzesȬ)Übertretungȱ charakterisiertȱ wird,ȱ deutetȱ sichȱ bereitsȱ dasȱ deuteronomistischeȱ KonȬ zeptȱ an.ȱ Esȱ wirdȱ auchȱ imȱ Folgendenȱ bedient,ȱ wennȱ alsȱ Konsequenzȱ darausȱdieȱZerstreuungȱangedrohtȱundȱinȱWendungen,ȱwieȱsieȱfürȱdieȱ BeschreibungȱdesȱExilsȱtypischȱsindȱ(10,4:ȱΈ΍΅ΗΔ΅ΕφΗΉΗΌΉȱ΅ϢΛΐΣΏΝΘΓ΍ȱ πΑȱΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍ȱΎ΅ϠȱσΗΉΗΌΉȱΉϢΖȱϴΑΉ΍Έ΍ΗΐϱΑ),ȱformuliertȱwird.190ȱDerȱAbȬ schlussȱ inȱ TestLevȱ 10,5ȱ istȱ keineȱ weitereȱ Phase,ȱ sondernȱ hatȱ begrünȬ dendenȱ Charakter:ȱ Derȱ inȱ Jerusalemȱ wohnendeȱ Gottȱ kannȱ dasȱ Tunȱ Israelsȱ nichtȱ mehrȱ ertragenȱ (vgl.ȱ 10,3)ȱ undȱ machtȱ demȱ vorfindlichenȱ Israel,ȱdasȱsichȱumȱdenȱJerusalemerȱTempelȱsammelt,ȱeinȱEnde.191ȱVonȱ einerȱ Begrenzungȱ derȱ Bestrafungȱ sagtȱ derȱ Textȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ nichts.ȱ DiesenȱGedankenȱbietetȱerstȱdieȱnächsteȱZukunftsansageȱeinigeȱKapitelȱ später:ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 190ȱȱ Vgl.ȱHollander/deȱJonge,ȱTestaments,ȱ160:ȱ„contextȱofȱtheȱexileȱandȱtheȱdestructionȱofȱ Jerusalem”.ȱ 191ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ ebd.:ȱ „Thisȱ verseȱ […]ȱ isȱ probablyȱ addedȱ toȱ explainȱ whyȱ Godȱ actedȱ asȱ describedȱinȱv.ȱ3”;ȱdasȱausȱdenȱPassionserzählungenȱstammendeȱMotivȱvomȱZerreiȬ ßenȱdesȱTempelvorhangsȱ(10,3)ȱwurdeȱpassendȱergänzt.ȱ

86ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

TestLevȱ16,1–5:ȱ ȱ 1ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 2ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 4ȱ ȱ 5ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

̍΅ϠȱΑІΑȱ σ·ΑΝΑȱπΑȱΆ΍ΆΏϟУȱ̴ΑАΛȱ ϵΘ΍ȱοΆΈΓΐφΎΓΑΘ΅ȱοΆΈΓΐΣΈ΅Ζȱ ΔΏ΅Α΋ΌφΗΉΗΌΉ,ȱ Ύ΅ϠȱΘχΑȱϡΉΕΝΗϾΑ΋ΑȱΆΉΆ΋ΏЏΗΉΘΉȱ Ύ΅ϠȱΘΤΖȱΌΙΗϟ΅Ζȱΐ΍΅ΑΉϧΘΉ,ȱ Ύ΅ϠȱΘϲΑȱΑϱΐΓΑȱΦΚ΅ΑϟΗΉΘΉȱ Ύ΅ϠȱΏϱ·ΓΙΖȱΔΕΓΚ΋ΘЗΑȱ πΒΓΙΌΉΑЏΗΉΘΉ,ȱ πΑȱΈ΍΅ΗΘΕΓΚϜȱΈ΍ЏΒΉΘΉȱΩΑΈΕ΅Ζȱ Έ΍Ύ΅ϟΓΙΖȱȱ Ύ΅ϠȱΉЁΗΉΆΉϧΖȱΐ΍ΗφΗΉΘΉ,ȱ ΦΏ΋ϟΑЗΑȱΏϱ·ΓΙΖȱΆΈΉΏϾΒΉΗΌΉ.ȱ[…]ȱ Έ΍ࡓȱ΅ЁΘϲ[Α]ȱσΗΘ΅΍ȱΘΤȱΧ·΍΅ȱЀΐЗΑȱ σΕ΋ΐ΅,ȱȱ ρΝΖȱπΈΣΚΓΙΖȱΐΉΐ΍΅ΐΐνΑ΅ȱ Ύ΅ϠȱΓЁΎȱσΗΘ΅΍ȱΘϱΔΓΖȱЀΐЗΑȱΎ΅Ό΅ΕϱΖ,ȱ ΦΏΏࡓȱπΑȱΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍ΑȱσΗΉΗΌΉȱȱ ΉϢΖȱΎ΅ΘΣΕ΅ΑȱΎ΅ϠȱΉϢΖȱΈ΍΅ΗΎΓΕΔ΍ΗΐϱΑ,ȱ ρΝΖȱ΅ЁΘϲΖȱΔΣΏ΍ΑȱπΔ΍ΗΎνΜ΋Θ΅΍,ȱ Ύ΅ϠȱΓϢΎΘ΍ΕνΗ΅Ζȱȱ ΔΕΓΗΈνΒ΋Θ΅΍ȱЀΐκΖȱ[πΑȱΔϟΗΘΉ΍ȱΎ΅Ϡȱ ЂΈ΅Θ΍].ȱ

Undȱjetzt:ȱȱ IchȱerfuhrȱimȱBuchȱHenoch,ȱ dassȱihrȱsiebzigȱWochenȱinȱdieȱIrreȱ gehenȱ undȱdasȱPriestertumȱschändenȱ undȱdieȱOpferȱbefleckenȱ undȱdasȱGesetzȱentstellenȱ undȱdieȱWorteȱderȱProphetenȱverachtenȱ werdet,ȱ inȱVerirrungȱwerdetȱihrȱgerechteȱMänȬ nerȱverfolgenȱ undȱGottesfürchtigeȱhassen,ȱ wahrhaftigeȱWorteȱwerdetȱihrȱverabȬ scheuen.ȱ[…]192ȱ DarumȱwirdȱeuerȱHeiligtumȱverödetȱ sein,ȱ bisȱaufȱdenȱBodenȱbeschmutzt.ȱ UndȱeureȱStätteȱwirdȱnichtȱreinȱsein,ȱȱ sondernȱunterȱdenȱVölkernȱwerdetȱihrȱ seinȱȱ zumȱFluchȱundȱzurȱZerstreuung,ȱ bisȱerȱeuchȱwiederumȱheimsuchenȱwird.ȱ Undȱerȱwirdȱsichȱerbarmenȱȱ undȱeuchȱannehmen.ȱ

ȱ AlsȱneuesȱElementȱfindetȱsichȱinȱTestLevȱ16,5ȱdieȱBegrenzungȱderȱGeȬ richtszeit.ȱ Dieseȱ istȱ jedochȱ ganzȱ vonȱ Gottȱ herȱ gedacht;ȱ dieȱ Menschenȱ habenȱ keinenȱ Einflussȱ darauf,ȱ müssenȱ aberȱ auchȱ keineȱ Bedingungenȱ erfüllen,ȱ umȱ derȱ Zuwendungȱ Gottesȱ wiederȱ teilhaftigȱ zuȱ werden.ȱ Einȱ Vergleichȱ mitȱ demȱ Geschichtsrückblickȱ inȱ TestIssȱ 6,1–4,ȱ einerȱ „ratherȱ straightforwardȱS.E.R.ȱpassage“193ȱzeigtȱnun,ȱdassȱinȱdenȱSchemataȱderȱ TestLevȱnochȱnichtȱalleȱElementeȱauftauchen;ȱinȱTestIssȱ6,3ȱwirdȱzusätzȬ lichȱderȱGedankeȱderȱUmkehrȱderȱMenschenȱalsȱVoraussetzungȱfürȱdieȱ heilvolleȱWiederannahmeȱdurchȱGottȱaufgerufen:ȱ ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 192ȱȱ TestLevȱ16,3ȱistȱeindeutigȱeineȱInterpolation,ȱdieȱauchȱgrammatischȱzuȱerweisenȱist,ȱ vgl.ȱJervell,ȱInterpolator,ȱ44f.ȱ 193ȱȱ Hollander/deȱ Jonge,ȱ Testaments,ȱ 248;ȱ zurȱ vonȱ M.ȱ deȱ Jongeȱ fürȱ dieseȱ GeschichtsȬ schemataȱ geprägtenȱ Bezeichnungȱ „SinȬExileȬReturn“ȱ (S.E.R.)ȱ vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ deȱ Jonge,ȱ MainȱIssues,ȱ156.159.161.ȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

87ȱ

TestIssȱ6,1–4:ȱ ȱ 1ȱ ȱ

ȱ

̒ϨΈ΅,ȱΘνΎΑ΅ȱΐΓΙ,ȱ ϵΘ΍ȱπΑȱπΗΛΣΘΓ΍ΖȱΎ΅΍ΕΓϧΖȱȱ Ύ΅Θ΅ΏΉϟΜΓΙΗ΍ΑȱΓϡȱΙϡΓϠȱЀΐЗΑȱΘχΑȱ ΥΔΏϱΘ΋Θ΅,ȱ Ύ΅ϠȱΎΓΏΏ΋ΌφΗΓΑΘ΅΍ȱΘϜȱΦΔΏ΋ΗΘϟθаȱ Ύ΅ϠȱΦΚνΑΘΉΖȱΘχΑȱΦΎ΅Ύϟ΅Αȱȱ ΔΕΓΗΔΉΏΣΗΓΙΗ΍ȱΘϜȱΎ΅ΎΓΙΕ·ϟθ,ȱ Ύ΅ϠȱΎ΅Θ΅Ώ΍ΔϱΑΘΉΖȱΘΤΖȱπΑΘΓΏΤΖȱ ΎΙΕϟΓΙȱ ΎΓΏΏ΋ΘφΗΓΑΘ΅΍ȱΘХȱ̅ΉΏ΍ΣΕаȱ Ύ΅ϠȱΦΚνΑΘΉΖȱΘϲȱ·ΉЏΕ·΍ΓΑȱȱ πΒ΅ΎΓΏΓΙΌφΗΓΙΗ΍ȱΘΓϧΖȱΔΓΑ΋ΕΓϧΖȱ Έ΍΅ΆΓΙΏϟΓ΍Ζȱ΅ЁΘЗΑ,ȱ Ύ΅ϠȱΈ΍΅ΗΔ΅ΕφΗΓΑΘ΅΍ȱπΑȱΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍,ȱ

ȱ

Ύ΅ϧȱΈΓΙΏΉϾΗΓΙΗ΍ȱΘΓϧΖȱπΛΌΕΓϧΖȱ΅ЁΘЗΑ.ȱ



Ύ΅ϧȱЀΐΉϧΖȱΓЇΑȱΉϥΔ΅ΘΉȱΘ΅ІΘ΅ȱΘΓϧΖȱ ΘνΎΑΓ΍ΖȱЀΐЗΑ,ȱ ϵΔΝΖȱπΤΑȱΥΐ΅ΕΘφΗΝΗ΍,ȱ ΘΣΛ΍ΓΑȱπΔ΍ΗΘΕνΜΓΙΗ΍ȱΔΕϲΖȱΎϾΕ΍ΓΑаȱ ϵΘ΍ȱπΏΉφΐΝΑȱπΗΘϠȱȱ Ύ΅ϠȱπΒΉΏΉϧΘ΅΍ȱ΅ЁΘΓϾΖ,ȱ ΘΓІȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅΍ȱΉϢΖȱΘχΑȱ·ϛΑȱ΅ЁΘЗΑ.ȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 2ȱ ȱ

ȱ ȱ 4ȱ ȱ ȱ

Ichȱweiß,ȱmeineȱKinder,ȱȱ dassȱinȱdenȱletztenȱZeitenȱȱ eureȱSöhneȱdieȱEinfaltȱverlassenȱȱ undȱderȱHabgierȱanhängenȱwerden;ȱ undȱsichȱvonȱderȱUnschuldȱabwendendȱ werdenȱsieȱsichȱderȱBosheitȱnähern,ȱ undȱdieȱGesetzeȱdesȱHerrnȱverlassendȱ werdenȱsieȱdemȱBeliarȱanhängen.ȱ UndȱdieȱFeldbestellungȱaufgebendȱ werdenȱsieȱihrenȱbösenȱÜberlegungenȱ folgen;ȱȱ undȱsieȱwerdenȱzerstreutȱwerdenȱunterȱ dieȱVölker,ȱ undȱsieȱwerdenȱihrenȱFeindenȱversklavtȱ sein.ȱ Undȱihrȱnun,ȱsagtȱdiesesȱeurenȱKindern,ȱȱ damit,ȱwennȱsieȱsündigen,ȱȱ sieȱsichȱschnellerȱzumȱHerrnȱumwenden.ȱ Dennȱerȱistȱbarmherzigȱȱ undȱwirdȱsieȱherausholen,ȱȱ umȱsieȱwiederȱinȱihrȱLandȱzurückzuȬ bringen.ȱ

ȱ DieȱgenanntenȱdreiȱBeispieltexteȱausȱdenȱTestXIIȱzeigenȱdieȱAusfaltungȱ derȱ deuteronomistischenȱ Geschichtsauffassungȱ inȱ verschiedenenȱ AusȬ prägungen.ȱWährendȱdieȱAspekteȱ„Sünde“ȱundȱ„Strafe“ȱ(Verbannung)ȱ immerȱauftreten,ȱfehltȱimȱerstenȱTextȱderȱHinweisȱaufȱdieȱheilvolleȱZuȬ kunft.ȱObȱdieseȱmitȱeinerȱUmkehrȱseitensȱdesȱVolkesȱzusammenhängtȱ oderȱ aberȱ vonȱ Gottȱ selbstȱ gewährtȱ wird,ȱ istȱ nichtȱ eindeutigȱ festgelegt.ȱ Eineȱ Nebeneinanderstellungȱ derȱ dreiȱ Beispieleȱ verdeutlichtȱ diesȱ undȱ lässtȱdieȱGemeinsamkeitenȱsichtbarȱwerden:ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

88ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

Motiveȱ

TestLevȱ10,2–5ȱ

TestLevȱ16,1f.4f.ȱ

ȱ [eschatoȬ logischeȱ ZeitȬ angabe]ȱ

ΦΌХϱΖȱΉϢΐ΍ȱΦΔϲȱ ΔΣΗ΋ΖȱΦΗΉΆΉϟ΅Ζȱ ЀΐΝΑȱΎ΅ϠȱΔ΅Ε΅Ȭ ΆΣΗΉΝΖ,ȱϋΑȱΔΓ΍φΗΉΘΉȱ πΔϠȱΗΙΑΘΉΏΉϟθȱΘЗΑȱ ΅ϢЏΑΝΑȱ[…]ȱȱ ΦΗΉΆΓІΑΘΉΖ,ȱȱ ΔΏ΅ΑЗΑΘΉΖȱΘϲΑȱ ͑ΗΕ΅φΏȱȱ Ύ΅ϠȱπΔΉ·ΉϟΕΓΑΘΉΖȱ ΅ЁΘХȱΎ΅ΎΤȱΐΉ·ΣΏ΅ȱ Δ΅ΕΤȱΎΙΕϟΓΙ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑΓΐφΗΉΘΉȱΗϿΑȱ ΘХȱ͑ΗΕ΅φΏȱ ȱ ГΗΘΉȱΐχȱΆ΅ΗΘΣΒ΅΍ȱ ΘχΑȱ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱΦΔϲȱ ΔΕΓΗЏΔΓΙȱΔΓΑ΋Εϟ΅Ζȱ ЀΐЗΑȱ[…]ȱ Ύ΅ϠȱΈ΍΅ΗΔ΅ΕφΗΉΗΌΉȱ ΅ϢΛΐΣΏΝΘΓ΍ȱȱ πΑȱΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍,ȱ Ύ΅ϠȱσΗΉΗΌΉȱΉϢΖȱ ϴΑΉ΍Έ΍ΗΐϱΑ,ȱΎ΅ϠȱΉϢΖȱ Ύ΅ΘΣΕ΅Α,ȱΎ΅ϠȱΉϢΖȱ Ύ΅Θ΅ΔΣΘ΋ΐ΅.ȱ ϳȱ·ΤΕȱΓϨΎΓΖ,ȱ϶ΑȱΪΑȱ πΎΏνΒ΋Θ΅΍ȱΎϾΕ΍ΓΖ,ȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώχΐȱ ΎΏ΋ΌφΗΉΘ΅΍,ȱΎ΅ΌАΖȱ ΔΉΕ΍νΛΉ΍ȱΆϟΆΏΓΖȱ̴ΑАΛȱ ΘΓІȱΈ΍Ύ΅ϟΓΙ.ȱ ȬȬȬȱ

̍΅ϠȱΑІΑȱσ·ΑΝΑȱπΑȱ Ά΍ΆΏϟУȱ̴ΑАΛȱȱ ȱ ȱ ϵΘ΍ȱοΆΈΓΐφΎΓΑΘ΅ȱ οΆΈΓΐΣΈ΅Ζȱȱ ΔΏ΅Α΋ΌφΗΉΗΌΉ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΘχΑȱ ϡΉΕΝΗϾΑ΋Αȱ ΆΉΆ΋ΏЏΗΉΘΉȱȱ Ύ΅ϠȱΘΤΖȱΌΙΗϟ΅Ζȱ ΐ΍΅ΑΉϧΘΉ,ȱΎ΅ϠȱΘϲΑȱ ΑϱΐΓΑȱΦΚ΅ΑϟΗΉΘΉȱȱ Ύ΅ϠȱΏϱ·ΓΙΖȱ ΔΕΓΚ΋ΘЗΑȱ πΒΓΙΌΉΑЏΗΉΘΉ,ȱȱ πΑȱΈ΍΅ΗΘΕΓΚϜȱ Έ΍ЏΒΉΘΉȱΩΑΈΕ΅Ζȱ Έ΍Ύ΅ϟΓΙΖȱȱ[…]ȱ Έ΍ࡓȱ΅ЁΘϲȱ[…]ȱΓЁΎȱ σΗΘ΅΍ȱΘϱΔΓΖȱЀΐЗΑȱ Ύ΅Ό΅ΕϱΖ,ȱΦΏΏࡓȱπΑȱ ΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍Αȱȱ σΗΉΗΌΉȱΉϢΖȱ Ύ΅ΘΣΕ΅ΑȱΎ΅ϠȱΉϢΖȱ Έ΍΅ΗΎΓΕΔ΍ΗΐϱΑ,ȱ ȱ

̒ϨΈ΅,ȱΘνΎΑ΅ȱΐΓΙ,ȱȱ ȱ ȱ ȱ ϵΘ΍ȱπΑȱπΗΛΣΘΓ΍ΖȱΎ΅΍ΕΓϧΖȱȱ

ȬȬȬȱ

ȬȬȬȱ

ρΝΖȱ΅ЁΘϲΖȱΔΣΏ΍Αȱ πΔ΍ΗΎνΜ΋Θ΅΍,ȱΎ΅Ϡȱ ΓϢΎΘ΍ΕνΗ΅ΖȱΔΕΓΗȬ ΈνΒ΋Θ΅΍ȱЀΐκΖȱ[…].ȱ

Ύ΅ϧȱЀΐΉϧΖȱΓЇΑȱΉϥΔ΅ΘΉȱΘ΅ІΘ΅ȱ ΘΓϧΖȱΘνΎΑΓ΍ΖȱЀΐЗΑ,ȱϵΔΝΖȱ πΤΑȱΥΐ΅ΕΘφΗΝΗ΍,ȱΘΣΛ΍ΓΑȱ πΔ΍ΗΘΕνΜΓΙΗ΍ȱΔΕϲΖȱΎϾΕ΍ΓΑаȱ ϵΘ΍ȱπΏΉφΐΝΑȱπΗΘϠȱȱ Ύ΅ϠȱπΒΉΏΉϧΘ΅΍ȱ΅ЁΘΓϾΖ,ȱȱ ΘΓІȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅΍ȱΉϢΖȱΘχΑȱ·ϛΑȱ ΅ЁΘЗΑ.ȱ

ȱ Vergehenȱ Israelsȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ [PropheȬ tengeȬ schick]194ȱ ȱ ȱ StrafȬ gerichtȱ

ȱ Umkehrȱ

ȱ HeilsȬ wendeȱ

TestIssȱ6,1–4ȱ

Ύ΅Θ΅ΏΉϟΜΓΙΗ΍ΑȱΓϡȱΙϡΓϠȱ ЀΐЗΑȱΘχΑȱΥΔΏϱΘ΋Θ΅,ȱȱ Ύ΅ϠȱΎΓΏΏ΋ΌφΗΓΑΘ΅΍ȱΘϜȱ ΦΔΏ΋ΗΘϟθаȱΎ΅ϠȱΦΚνΑΘΉΖȱΘχΑȱ ΦΎ΅Ύϟ΅ΑȱΔΕΓΗΔΉΏΣΗΓΙΗ΍ȱ ΘϜȱΎ΅ΎΓΙΕ·ϟθ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΎ΅Θ΅Ώ΍ΔϱΑΘΉΖȱΘΤΖȱ πΑΘΓΏΤΖȱΎΙΕϟΓΙȱ ΎΓΏΏ΋ΘφΗΓΑΘ΅΍ȱΘХȱ̅ΉΏ΍ΣΕаȱȱ Ύ΅ϠȱΦΚνΑΘΉΖȱΘϲȱ·ΉЏΕ·΍ΓΑȱ πΒ΅ΎΓΏΓΙΌφΗΓΙΗ΍ȱΘΓϧΖȱ ΔΓΑ΋ΕΓϧΖȱΈ΍΅ΆΓΙΏϟΓ΍Ζȱ ΅ЁΘЗΑ,ȱ Ύ΅ϠȱΈ΍΅ΗΔ΅ΕφΗΓΑΘ΅΍ȱȱ ȱ πΑȱΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍,ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ Ύ΅ϧȱΈΓΙΏΉϾΗΓΙΗ΍ȱΘΓϧΖȱ πΛΌΕΓϧΖȱ΅ЁΘЗΑ.ȱ ȱ ȱ

ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 194ȱȱ NurȱinȱTestLevȱ16;ȱHollander/deȱJonge,ȱTestaments,ȱ172ȱverweisenȱaufȱdieȱwichtigeȱ Paralleleȱ 2ȱ Chrȱ 36,16ȱ (LXX)ȱ undȱ aufȱ 1ȱ Thessȱ 5,20;ȱ derȱ deuteronomistischȱ geprägteȱ CharakterȱdesȱTextesȱwirdȱdadurchȱverstärkt.ȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

89ȱ

Auffälligȱ istȱ dieȱ eschatologischȱ konnotierteȱ Zeitangabeȱ zuȱ Beginn,ȱ dieȱ jeweilsȱaufȱdieȱEndzeitȱhinweist,ȱinȱTestLevȱausdrücklichȱalsȱRezeptionȱ desȱ Henochbuchesȱ hervorgehoben.ȱ Dieȱ Schilderungȱ derȱ Vergehenȱ istȱ stetsȱ dieȱ längsteȱ Passageȱ undȱ wirdȱ inȱ TestLevȱ anȱ beidenȱ Stellenȱ mitȱ „Verirrungen“ȱ undȱ Gesetzesvergehenȱ inȱ Zusammenhangȱ gebracht,ȱ TestLevȱ 16,2ȱ nimmtȱ sogarȱ nochȱ dasȱ Theologumenonȱ desȱ ProphetenȬ schicksalsȱinȱIsraelȱauf.ȱDieȱKorrespondenzȱzwischenȱderȱAbwendungȱ vonȱ verschiedenenȱ positivenȱ Handlungenȱ undȱ entsprechendenȱ VergeȬ henȱ charakterisiertȱ TestIssȱ 6,ȱ anȱ dessenȱ Endeȱ wieȱ inȱ TestLevȱ 10ȱ dieȱ grundsätzlicheȱ „Schlechtigkeit“ȱ (ΔΓΑ΋Εϟ΅ȱ bzw.ȱ ΔΓΑ΋ΕΓϠȱ Έ΍΅ΆΓΙΏϟΓ΍)ȱ festgehaltenȱwird.ȱDieȱfürȱdieȱZukunftȱangekündigtenȱGeschichtsabläuȬ feȱ lassenȱ sichȱ insgesamtȱ durchȱ dieȱ Abfolgeȱ Sünde/Ungehorsamȱ –ȱ GeȬ richtȱ–ȱ[Umkehr/Gehorsam]195ȱ–ȱHeilszuwendung196ȱcharakterisieren.ȱȱ Dasȱ Schemaȱ wiederholtȱ sichȱ inȱ denȱ einzelnenȱ Testamentenȱ inȱ unȬ terschiedlicherȱ Entfaltung.ȱ Dieȱ kürzeste,ȱ nurȱ ausȱ dreiȱ Gliedernȱ besteȬ hende,ȱaberȱdafürȱwiederholteȱDarstellungȱfindetȱsichȱinȱTestAssȱ7:ȱ ȱ Motiveȱ

TestAssȱ7,2–4ȱ

ȱ VergeȬ henȱ Israelsȱ

Dennȱichȱweiß,ȱdassȱihrȱsündigenȱwerȬ detȱ ȱ

ȱ StrafȬ gerichtȱ

undȱ(darum)ȱinȱdieȱHändeȱeurerȱFeinȬ deȱausgeliefertȱwerdenȱwerdet.ȱȱ UndȱeuerȱLandȱwirdȱverwüstetȱwerden,ȱȱ undȱeureȱheiligenȱStättenȱwerdenȱzerȬ störtȱwerden,ȱȱ undȱihrȱwerdetȱzerstreutȱwerdenȱinȱdieȱ vierȱEckenȱderȱErde.ȱȱ UndȱihrȱwerdetȱinȱderȱZerstreuungȱ sein,ȱverachtetȱwieȱunbrauchbaresȱ Wasser,197ȱ bisȱderȱHöchsteȱdieȱErdeȱheimsuchtȱ […]ȱundȱgefahrlosȱdasȱHauptȱdesȱ DrachensȱimȱWasserȱzermalmt.ȱSoȱ wirdȱerȱIsraelȱrettenȱundȱalleȱVölkerȱ […].ȱ

ȱ HeilsȬ wendeȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 195ȱȱ DasȱElementȱfehltȱinȱTestLevȱnochȱgänzlich.ȱ 196ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱSteck,ȱIsrael,ȱ150f.ȱ 197ȱȱ Vgl.ȱTestAssȱ7,6.ȱ

TestAssȱ7,5–7ȱ Dennȱichȱerkannte:ȱIhrȱwerdetȱihmȱ ganzȱungehorsamȱseinȱundȱganzȱ gottlosȱgegenȱihnȱhandeln,ȱȱ weilȱihrȱnichtȱachtenȱwerdetȱaufȱ dasȱGesetzȱGottes,ȱsondernȱaufȱdieȱ GesetzeȱderȱMenschen,ȱindemȱihrȱ durchȱBösesȱfortgetragenȱwerdet.ȱ DeshalbȱwerdetȱihrȱzerstreutȱwerȬ denȱwieȱGadȱundȱDan,ȱmeineȱ Brüder,ȱdieȱihreȱLänderȱundȱihrenȱ StammȱundȱihreȱSpracheȱnichtȱ (mehr)ȱkennenȱwerden.“ȱ

AberȱderȱHerrȱwirdȱeuchȱsammelnȱ inȱTreueȱȱ aufgrundȱseinerȱBarmherzigkeitȱȱ undȱumȱAbrahamsȱundȱIsaaksȱundȱ Jakobsȱwillen.ȱ

90ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

InȱmehrerenȱTestamentenȱwirdȱderȱwieȱinȱTestIssȱ6,3ȱAblaufȱdurchȱdenȱ Gedankenȱ derȱ Umkehrȱ ergänzt.ȱ Dabeiȱ fälltȱ auf,ȱ dassȱ TestDanȱ 5,11ȱ geȬ genüberȱderȱUmkehrȱderȱMenschenȱnochmalsȱaufȱdasȱgöttlicheȱWirkenȱ imȱUmkehrgeschehen198ȱverweist:ȱ ȱ Motiveȱ ȱ VergeȬ henȱ Israelsȱ

ȱ StrafȬ gerichtȱ

ȱ Umkehrȱ

ȱ HeilsȬ wendeȱ

TestJudȱ23,1–5ȱ

TestDanȱ5,4f.8–11ȱ

VielȱTrauerȱhabeȱich,ȱȱ meineȱKinder,ȱȱ wegenȱderȱAusschweifungenȱundȱZaubeȬ reien,ȱȱ dieȱihrȱdemȱKönigtumȱzumȱSchadenȱ unternehmenȱwerdetȱ[…].ȱ

Dennȱichȱweiß,ȱȱ ȱ dassȱihrȱinȱdenȱletztenȱTagenȱvomȱ Herrnȱabfallenȱwerdet:ȱ[…]ȱȱ WennȱihrȱvomȱHerrnȱabfallt,ȱwerȬ detȱihrȱinȱallerȱBosheitȱwandelnȱ […].ȱ Undȱdarumȱwerdetȱihrȱmitȱihnenȱinȱ Gefangenschaftȱgeführtȱwerdenȱ[…].ȱ ȱ

UmȱdessentwillenȱwirdȱderȱHerrȱüberȱ euchȱHungersnotȱundȱPestȱbringen,ȱ[…]ȱ BrandschatzungȱdesȱTempelsȱGottes,ȱ VerwüstungȱdesȱLandes,ȱKnechtschaftȱ eurerȱselbstȱunterȱdenȱVölkern.ȱ Undȱwennȱihrȱumkehrtȱȱ zumȱHerrnȱȱ (БΖȱΪΑȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΋ΘΉȱȱ ΔΕϲΖȱΎϾΕ΍ΓΑ)ȱȱ mitȱganzemȱHerzen,ȱȱ vonȱReueȱergriffenȱȱ undȱwandelndȱinȱallenȱseinenȱGeboȬ ten,ȱ dannȱwirdȱderȱHerrȱeuchȱheimsuchenȱȱ durchȱErbarmenȱȱ (πΑȱπΏνΉ΍)ȱ undȱeuchȱzurückführenȱausȱderȱGeȬ fangenschaftȱderȱVölker.ȱ

Undȱwennȱihrȱsoȱumkehrtȱȱ zumȱHerrnȱȱ (ΓЂΘΝΖȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅ΘΉȱȱ ΔΕϲΖȱΎϾΕ΍ΓΑ),ȱȱ

ȱ werdetȱihrȱErbarmenȱfindenȱȱ (πΏΉ΋ΌφΗΉΗΌΉ),ȱ undȱerȱwirdȱeuchȱzuȱseinemȱHeiȬ ligtumȱbringenȱundȱwirdȱeuchȱ Friedenȱgeben.ȱ[…]ȱȱ undȱerȱwirdȱdieȱungehorsamenȱ HerzenȱzumȱHerrnȱhinwendenȱ (Ύ΅ϠȱπΔ΍ΗΘΕνΜΉ΍ȱΎ΅ΕΈϟ΅ΖȱΦΔΉ΍ΌΉϧΖȱ ΔΕϲΖȱΎϾΕ΍ΓΑ)ȱȱ […].ȱ

ȱ Zweiȱ Geschichtsausblickeȱ erweiternȱ dasȱ Schemaȱ „Sünde,ȱ Strafe,ȱ UmȬ kehr,ȱHeilswende“ȱschließlichȱnochȱdurchȱdarauffolgendeȱneueȱVergeȬ henȱundȱeineȱerneuteȱVerwerfung:ȱ ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 198ȱBeideȱMaleȱwirdȱπΔ΍ΗΘΕνΚΉ΍Αȱverwendet.ȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

Motiveȱ ȱ VergeȬ henȱ Israelsȱ

StrafgeȬ richtȱ

Umkehrȱ

HeilsȬ wendeȱ

Neuerȱ Abfallȱ fürȱeineȱ beȬ grenzteȱ Zeitȱ

ȱ

TestSebȱ9,5–9ȱ IchȱlasȱinȱdenȱSchriftenȱmeinerȱ Väter,ȱȱ dassȱihrȱeuchȱspaltenȱwerdetȱinȱ IsraelȱundȱzweiȱKönigtümernȱ folgenȱwerdetȱundȱjedenȱGreuelȱ tunȱwerdetȱundȱjedesȱGötzenbildȱ anbetenȱwerdet.ȱ UndȱeureȱFeindeȱwerdenȱeuchȱ gefangenȱführenȱ (΅ϢΛΐ΅ΏΝΘΉϾΗΓΙΗ΍Α),ȱȱ undȱihrȱwerdetȱverweilenȱunterȱ denȱVölkernȱbeiȱvielenȱKrankheiȬ tenȱundȱTrübsalen.ȱ ȱ Undȱdanachȱȱ (ΐΉΘΤȱΘ΅ІΘ΅)ȱȱ werdetȱihrȱdesȱHerrnȱgedenkenȱȱ undȱumkehrenȱ(ΐΉΘ΅ΑΓφΗΉΘΉ).ȱ Undȱerȱwirdȱeuchȱzurückbringenȱ (πΔ΍ΗΘΕνΜΉ΍ȱЀΐκΖ),ȱȱ dennȱerȱistȱerbarmendȱundȱmitleiȬ digȱ(πΏΉφΐΝΑȱΎ΅ϠȱΉЁΗΔΏΣ·ΛΑΓΖ),ȱ undȱerȱrechnetȱdasȱBöseȱdenȱMenȬ schenkindernȱnichtȱzu,ȱdennȱsieȱ sindȱFleischȱundȱirrenȱinȱihrenȱ bösenȱTaten.ȱUndȱdanachȱwirdȱ euchȱderȱHerrȱselbstȱaufgehenȱalsȱ SonneȱderȱGerechtigkeit.ȱȱ Undȱihrȱwerdetȱzurückkehrenȱinȱ euerȱLandȱundȱwerdetȱdenȱHerrnȱ inȱJerusalemȱsehen.ȱ ȱ AberȱdurchȱdieȱBosheitȱeurerȱ Werkeȱerzürntȱihrȱihnȱwiederumȱ (ΔΣΏ΍Α)ȱ ȱ ȱ undȱwerdetȱverworfenȱwerdenȱȱ ȱ bisȱzurȱZeitȱderȱVollendungȱȱ (ρΝΖȱΎ΅΍ΕΓІȱΗΙΑΘΉΏΉϟ΅Ζ).ȱ

TestNaphȱ4,1–5ȱ Diesȱsageȱichȱeuch,ȱmeineȱKinder,ȱ weilȱichȱinȱderȱSchriftȱHenochsȱlas,ȱȱ dassȱauchȱihrȱvomȱHerrnȱabfallenȱ werdet,ȱindemȱihrȱnachȱallerȱSchlechȬ tigkeitȱderȱVölkerȱwandelt,ȱundȱdassȱ ihrȱalleȱBosheitȱSodomsȱtunȱwerdet.ȱ UndȱderȱHerrȱwirdȱfürȱeuchȱGefanȬ genschaftȱ(΅ϢΛΐ΅ΏΝΗϟ΅Α)ȱherbeiȬ führen.ȱȱ UndȱdortȱwerdetȱihrȱeurenȱFeindenȱ dienen.ȱUndȱmitȱallerȱDrangsalȱundȱ Notȱwerdetȱihrȱzusammenwohnen,ȱ bisȱderȱHerrȱeuchȱalleȱvernichtenȱ wird.ȱ Aberȱgeringȱgewordenȱȱ (ΐΉΘΤȱΘϲȱΗΐ΍ΎΕΙΑΌϛΑ΅΍),ȱȱ werdetȱihrȱumkehrenȱ (πΔ΍ΗΘΕνΜΉΘΉ)ȱundȱwerdetȱdenȱ Herrn,ȱeurenȱGott,ȱ(an)erkennen.ȱ Undȱerȱwirdȱeuchȱzurückbringenȱ (πΔ΍ΗΘΕνΜΉ΍ȱЀΐκΖ)ȱinȱeuerȱLandȱȱ nachȱseinemȱgroßenȱErbarmenȱ (Ύ΅ΘΤȱΘϲȱΔΓΏІȱ΅ЁΘΓІȱσΏΉΓΖ).ȱ

Undȱesȱwirdȱgeschehen,ȱȱ wennȱsieȱinȱdasȱLandȱihrerȱVäterȱ kommenȱwerden,ȱȱ werdenȱsieȱerneutȱ(ΔΣΏ΍Α)ȱdenȱ HerrnȱvergessenȱundȱgottlosȱhanȬ deln.ȱȱ UndȱderȱHerrȱwirdȱsieȱaufȱderȱ ganzenȱErdoberflächeȱzerstreuen,ȱ bisȱdasȱErbarmenȱdesȱHerrnȱkommtȱȱ (ΩΛΕ΍ȱΘΓІȱπΏΌΉϧΑȱΘϲȱΗΔΏΣ·ΛΑΓΑȱ ΎΙΕϟΓΙ).ȱ

91ȱ

92ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

InȱbeidenȱBeispielenȱgiltȱderȱerneuteȱAbfallȱIsraelȱnurȱfürȱeineȱbegrenzteȱ Zeitȱ (ρΝΖȱ […]ȱ bzw.ȱ ΩΛΕ΍ȱ […]).ȱ Dieseȱ wirdȱ freilichȱ nichtȱ mehrȱ durchȱ menschlicheȱ Umkehrȱ beendet,ȱ sondernȱ gehtȱ offenbarȱ ganzȱ vonȱ Gottȱ aus,ȱderȱalsȱVollenderȱderȱZeitȱbzw.ȱalsȱderȱBarmherzigeȱauchȱmenschȬ lichesȱVersagenȱzumȱGutenȱwendenȱkann.ȱȱ EinȱBeispielȱfürȱKonsequenzen,ȱdieȱausȱdenȱGeschichtsrückblickenȱ gezogenȱwerden,ȱbietetȱz.ȱB.ȱTestDanȱ6,1–5:ȱ ȱ 1ȱ ȱ ȱ



ȱ

ȱ 3ȱ ȱ 4ȱ ȱ ȱ 5ȱ ȱ

̍΅ϠȱΑІΑȱΚΓΆφΌ΋ΘΉȱΘϲΑȱΎϾΕ΍ΓΑ,ȱȱ ΘνΎΑ΅ȱΐΓΙ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΔΕΓΗνΛΉΘΉȱο΅ΙΘΓϧΖȱȱ ΦΔϲȱΘΓІȱΗ΅Θ΅ΑκȱΎ΅ϠȱΘЗΑȱΔΑΉΙΐΣΘΝΑȱ ΅ЁΘΓІ.ȱ π··ϟΊΉΘΉȱΈξȱΘХȱΌΉХȱȱ Ύ΅ϠȱΘХȱΦ··νΏХȱΘХȱΔ΅Ε΅΍ΘΓΙΐνΑХȱЀΐκΖаȱȱ ϵΘ΍ȱΓЈΘϱΖȱπΗΘ΍ȱΐΉΗϟΘ΋ΖȱΌΉΓІȱΎ΅Ϡȱ ΦΑΌΕЏΔΝΑȱȱ πΔϠȱΘϛΖȱΉϢΕφΑ΋Ζȱ͑ΗΕ΅φΏ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΎ΅ΘνΑ΅ΑΘ΍ȱΘϛΖȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅ΖȱΘΓІȱπΛΌΕΓІȱ ΗΘφΗΉΘ΅΍аȱȱ Έ΍ΤȱΘΓІΘΓȱΗΔΓΙΈΣΊΉ΍ȱϳȱπΛΌΕϲΖȱ ЀΔΓΗΎΉΏϟΊΉ΍ΑȱΔΣΑΘ΅Ζȱ ΘΓϿΖȱπΔ΍Ύ΅ΏΓΙΐνΑΓΙΖȱΘϲΑȱΎϾΕ΍ΓΑ.ȱ ΓϨΈΉȱ·ΤΕȱȱ ϵΘ΍ȱπΑȱϗȱψΐνΕθȱπΔ΍ΗΘΕνΜΉ΍ȱ͑ΗΕ΅φΏ,ȱȱ ΗΙΑΘΉΏΉΗΌφΗΉΘ΅΍ȱψȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅ȱΘΓІȱ πΛΌΕΓІ.ȱ ΅ЁΘϲΖȱϳȱΩ··ΉΏΓΖȱΘϛΖȱΉϢΕφΑ΋ΖȱπΑ΍ΗΛϾΗΉ΍ȱ ΘϲΑȱ͑ΗΕ΅φΏ,ȱȱ ΐχȱπΐΔΉΗΉϧΑȱ΅ЁΘϲΑȱΉϢΖȱΘνΏΓΖȱΎ΅ΎЗΑ.ȱ

Undȱjetzt,ȱfürchtetȱdenȱHerrn,ȱȱ meineȱKinder,ȱȱ undȱnehmtȱeuchȱinȱachtȱ vorȱdemȱSatanȱundȱseinenȱGeistern.ȱȱ NahetȱeuchȱvielmehrȱGottȱȱ undȱdemȱEngel,ȱderȱfürȱeuchȱbittendȱ eintritt,ȱȱ dennȱdieserȱistȱMittlerȱzwischenȱGottȱ undȱMenschenȱȱ fürȱdenȱFriedenȱIsraelsȱȱ undȱerȱwirdȱsichȱgegenȱdasȱReichȱdesȱ Feindesȱstellen.ȱ DarumȱmühtȱsichȱderȱFeind,ȱalleȱzuȱFallȱ zuȱbringen,ȱ dieȱdenȱHerrnȱanrufen.ȱ Dennȱerȱweiß,ȱȱ daßȱamȱTage,ȱanȱdemȱIsraelȱumkehȬ ren199ȱwird,ȱȱ dasȱReichȱdesȱFeindesȱbeendetȱseinȱ wird.ȱȱ DennȱderȱEngelȱdesȱFriedensȱselbstȱ wirdȱIsraelȱstärken,ȱȱ damitȱ esȱ nichtȱ inȱ dasȱ äußersteȱ Übelȱ fällt.ȱ

ȱ Esȱ wirdȱ hierȱnichtȱ nurȱ explizitȱ bestätigt,ȱ dassȱ eineȱ Umkehrȱ tatsächlichȱ eineȱ Änderungȱ derȱ „Heilssituation“ȱ bringtȱ (vgl.ȱ 6,4),ȱ sondernȱ auch,ȱ dassȱGottȱselbstȱbzw.ȱderȱ„EngelȱdesȱFriedens“ȱSorgeȱdafürȱträgt,ȱdassȱ dieȱendgültigeȱAbkehrȱIsraelsȱvonȱGottȱnichtȱWirklichkeitȱwerdenȱwird.ȱ SoȱendetȱauchȱdiesesȱTextbeispielȱmitȱHoffnungȱfürȱIsrael.200ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 199ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Becker,ȱ TestXII,ȱ 97ȱ Anm.ȱ 4a.ȱ Alternativeȱ Lesartȱ zuȱ πΔ΍ΗΘΕνΜΉ΍ȱ istȱ Δ΍ΗΘΉϾΗΉ΍ȱ(soȱauchȱdeȱJonge,ȱTestaments,ȱ110),ȱdieȱJ.ȱBeckerȱalsȱsekundärȱansieht.ȱ 200ȱȱ DieseȱHoffnungȱfürȱDanȱwurdeȱspäterȱwomöglichȱalsȱanstößigȱempfunden,ȱwieȱderȱ Nachtragȱ (vgl.ȱ Becker,ȱ TestXII,ȱ 98ȱ Anm.ȱ 3c)ȱ TestDanȱ 7,3ȱ zeigt,ȱ woȱ derȱ Stammȱ Danȱ vomȱHeilȱfürȱIsraelȱausgeschlossenȱwird:ȱ„AberȱDanȱhatteȱihnenȱgeweissagt,ȱdassȱsieȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

93ȱ

2.4.2.2ȱVerhältnisȱzuȱdenȱbiblischenȱZukunftskonzeptenȱ Dieȱ TestXIIȱ bietenȱ mitȱ ihrenȱ wiederholtenȱ Geschichtsausblickenȱ einȱ fruchtbaresȱBeispielȱfürȱdieȱFrageȱnachȱderȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱinȱ frühjüdischerȱ Zeit.ȱ Esȱ zeigtȱ sichȱ hierȱ eineȱ modifizierteȱ Weiterführungȱ derȱdeuteronomistischenȱGeschichtsauffassung.201ȱVorexilischeȱElemenȬ teȱtretenȱganzȱzurück,ȱesȱdominierenȱtypischeȱallgemeineȱAussagen.ȱSieȱ alleȱdienenȱletztlichȱderȱUmkehrȱIsraels.ȱObwohlȱderȱUngehorsamȱIsraȬ elsȱ gegenüberȱ seinemȱ Gottȱ undȱ einȱ daraufȱ folgendesȱ Strafgerichtȱ durchgängigeȱElementeȱderȱhierȱentfaltetenȱGeschichtsauffassungȱsind,ȱ undȱsichȱderȱUngehorsamȱdurchausȱwiederholenȱkann,ȱzeigenȱdieȱTesȬ tamenteȱkeineȱStelle,ȱdieȱeineȱendgültigeȱVerwerfungȱIsraelsȱbzw.ȱeinesȱ Stammesȱ behauptenȱ würde.202ȱ Dieseȱ Sichtȱ zeigtȱ sichȱ bereitsȱ inȱ denȱ alsȱ ursprünglichȱ jüdischȱ angesehenenȱ Textbereichen.ȱ Dieȱ christlicheȱ BearȬ beitungȱbzw.ȱInterpolationȱhatȱdieseȱSichtȱbisweilenȱmodifiziert,ȱinsgeȬ samtȱaberȱbeibehalten.203ȱ WennȱinȱTestSebȱ9ȱundȱTestNaphȱ4ȱvonȱeinemȱerneutenȱAbfallȱdieȱ Redeȱist,ȱderȱdannȱnichtȱmehrȱdurchȱmenschlicheȱUmkehr,ȱsondernȱdasȱ „Erbarmenȱ desȱ Herrn“ȱ (TestNaphȱ 4,5)ȱ einemȱ gutenȱ Endeȱ zugeführtȱ wird,ȱzeigtȱsichȱeinȱElementȱderȱpriester(schrift)lichenȱSicht.ȱGegenüberȱ demȱUngenügenȱderȱMenschenȱerhältȱdieȱGnadeȱGottesȱeinenȱVorrang.ȱ Dieseȱ Verknüpfung,ȱ dieȱ sichȱ schonȱ inȱ zahlreichenȱ biblischenȱ Textenȱ nachweisenȱließ,ȱstelltȱeineȱwichtigeȱWeichenstellungȱinȱderȱTradierungȱ desȱ ausȱ deuteronomistischerȱ Traditionȱ erwachsenenȱ Geschichtsbildesȱ dar.ȱ JacobȱJervellȱkommtȱinȱseinerȱBeurteilungȱderȱchristlichenȱInterpoȬ lationenȱ zuȱ demȱ Ergebnis,ȱ dassȱ dieȱ bearbeitetenȱ TestXIIȱ zeigen,ȱ wieȱ sichȱdieȱGeschichteȱIsraelsȱ(mitȱAbfallȱundȱanschließendemȱErbarmen)ȱ auchȱ imȱ Zeitalterȱ Jesuȱ undȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ wiederholtȱ hat.ȱ DerȱchristlicheȱInterpolatorȱhebtȱhervor,ȱdassȱauchȱdiesmalȱIsraelȱnochȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ihrenȱGottȱverlassenȱwürdenȱundȱdassȱsieȱvonȱihremȱErblandȱinȱdieȱFremdeȱgetrieȬ benȱ würdenȱ undȱ vomȱ Geschlechtȱ Israelsȱ undȱ vonȱ derȱ Familieȱ ihresȱ Samens.“ȱ Einȱ verwandterȱ Gedankeȱ zeigtȱ sichȱ inȱ Offbȱ 7,5–8,ȱ woȱ Danȱ nichtȱ zuȱ denȱ versiegeltenȱ Stämmenȱ Israelsȱ gehört,ȱ undȱ inȱ derȱ altkirchlichenȱ Ansicht,ȱ dassȱ derȱ Antichristȱ ausȱ Danȱkämeȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱIrenäus,ȱHaerȱ5,30,2).ȱGegenüberȱdieserȱStämmeȬTheorieȱrichteȬ te,ȱ wieȱ J.ȱ Jervellȱ bemerkt,ȱ derȱ ersteȱ christlicheȱ Interpolator,ȱ derȱ inȱ TestDanȱ 6,6ȱ vonȱ derȱ „Gottlosigkeitȱ Israels“ȱ spricht,ȱ seinenȱ Blickȱ aufȱ dasȱ Volkȱ Israelȱ insgesamt,ȱ vgl.ȱ dazuȱJervell,ȱInterpolator,ȱ47.ȱ 201ȱȱ Vgl.ȱSteck,ȱIsrael,ȱ152.ȱ 202ȱȱ Vgl.ȱ Jervell,ȱ Interpolator,ȱ 47:ȱ „Gottȱ wirdȱ dasȱ Volkȱ verlassenȱ undȱ esȱ nochmalsȱ demȱ Unheilȱüberlassen,ȱaberȱdasȱistȱnurȱvorläufig,ȱnichtȱfürȱimmer“.ȱ 203ȱȱ Vgl.ȱ außerdemȱ zurȱ Hoffnungȱ aufȱ eschatologischeȱ Sammlung:ȱ Tobȱ 13,10.13;ȱ 14,5;ȱ PsSalȱ11;ȱ17,18.26–28;ȱ2ȱMakkȱ1,27;ȱ2,7.18;ȱJubȱ1,15;ȱäthHenȱ90,33;ȱ4ȱEsraȱ13,25ff.ȱ

94ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

eineȱ Zukunftȱ hat.ȱ Dieseȱ wirdȱ freilichȱ mitȱ derȱ Umkehr,ȱ dieȱ nunȱ nichtȱ mehrȱ anȱ dasȱ Gesetz,ȱ sondernȱ anȱ dieȱ Hinwendungȱ zuȱ Christusȱ gebunȬ denȱ ist,ȱ konditioniert.204ȱ Dieȱ Hoffnungȱ fürȱ Israelȱ hängtȱ inȱ denȱ TestXIIȱ amȱGesetz,205ȱbzw.ȱinȱchristlicherȱLektüreȱanȱChristus.206ȱȱ Dieȱ ermahnendenȱ Abschnitteȱ derȱ Testamenteȱ sollenȱ Israelȱ zurȱ GeȬ rechtigkeitȱ aufrütteln,ȱ damitȱ esȱ dasȱ Heilȱ nochȱ erreicht.ȱ „Dieȱ Israelitenȱ könnenȱihremȱSchicksalȱnichtȱentrinnen,ȱaberȱesȱgibtȱHoffnungȱfürȱsie,ȱ wennȱsieȱdenȱMahnungenȱderȱVäterȱundȱsomitȱdemȱGesetzȱfolgen.“207ȱ Wennȱ Jacobȱ Jervellȱ dieȱ Interpolationenȱ derȱ ältestenȱ christlichenȱ BearȬ beitungȱinȱdasȱersteȱJahrhundertȱverortet,ȱsoȱpasstȱdiesȱdazu,ȱdassȱhierȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ nochȱ inȱ derȱ Kircheȱ lebendigȱ war.ȱ Dieȱ Geschichteȱ Israelsȱ istȱ vonȱ derȱ „christlichen“ȱ Zeitȱ nochȱ nichtȱ geȬ trennt,ȱ dasȱ Heilȱ derȱ Heidenȱ nochȱ untrennbarȱ mitȱ Israelȱ verbunden.208ȱ DieȱjüdischenȱTestXIIȱsindȱ–ȱebensoȱwieȱdieȱ(ersten)ȱchristlichenȱInterȬ polationenȱ–ȱapokalyptischeȱLiteratur.ȱ„DasȱProblemȱfürȱdenȱInterpolaȬ torȱistȱjedochȱnichtȱdieȱEnderwartungȱoderȱEndzeitȱalsȱsolche,ȱsondernȱ dasȱkünftigeȱGeschickȱdesȱGottesvolkes,ȱnachdemȱderȱMessiasȱerschieȬ nenȱundȱvonȱdenȱJudenȱabgewiesenȱwordenȱist,ȱwährendȱvieleȱHeidenȱ ihnȱangenommenȱhaben.“209ȱAlsȱ‚SitzȱimȱLeben‘ȱließeȱsichȱsoȱeineȱtheoȬ logischeȱDiskussionȱumȱdieȱStellungȱIsraelsȱvermuten,ȱderȱesȱauchȱnochȱ umȱdieȱBemühungȱging,ȱJudenȱfürȱdenȱMessiasȱJesusȱzuȱgewinnen.210ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 204ȱȱ DieseȱinhaltlicheȱFüllungȱdesȱUmkehrrufsȱmitȱBezugȱaufȱdasȱchristlicheȱBekenntnisȱ findetȱsichȱauchȱbeiȱLukas,ȱvgl.ȱdazuȱz.ȱB.ȱApgȱ2,38.ȱ 205ȱȱ Auffälligȱistȱfreilich,ȱdassȱdieȱTestXIIȱdenȱToragehorsamȱinȱderȱErfüllungȱdesȱLiebesȬ gebotsȱsehen,ȱvgl.ȱBecker,ȱTestXII,ȱ27:ȱ„VonȱTRȱ6,9ȱbisȱTBȱ10,2–5ȱklingtȱdiesesȱThemaȱ immerȱ wiederȱ an.ȱ Esȱ giltȱ alsȱ Gesetzesunterweisungȱ vonȱ Israelsȱ Anfängenȱ bisȱ zumȱ Ende,ȱwennȱGottȱseinȱHeilȱaufȱErdenȱoffenbart.ȱSoȱwirdȱdasȱLiebesgebotȱzurȱunumȬ stößlichenȱ Verhaltensnormȱ inȱ Israelȱ fürȱ alleȱ denkbarenȱ Zeiten“;ȱ giltȱ dasȱ biblischeȱ LiebesgebotȱnachȱdenȱTestXIIȱnurȱderȱisraelitischenȱVolksgemeinschaftȱ(vgl.ȱTestSebȱ 8,5–9,2;ȱTestNaphȱ5,1–8,2;ȱTestJosȱ17,1f.),ȱsoȱwirdȱdieȱzukünftigeȱTeilhabeȱamȱeschaȬ tologischenȱHeilȱdochȱauchȱdenȱGerechtenȱunterȱdenȱVölkernȱzugestanden:ȱ„Durchȱ ihreȱ Stämmeȱ [Leviȱ undȱ Juda]ȱ wirdȱ Gottȱ […]ȱ aufȱ derȱ Erdeȱ erscheinen,ȱ umȱ dasȱ GeȬ schlechtȱIsraelȱzuȱretten,ȱundȱumȱGerechteȱausȱdenȱVölkernȱhinzuführen.ȱWennȱihrȱ dasȱ Guteȱ tut,ȱ werdenȱ euchȱ Menschenȱ undȱ Engelȱ segnen“ȱ (TestNaphȱ 8,3f.).ȱ Damitȱ bildenȱdieȱTestXIIȱnichtȱzuletztȱauchȱeineȱBrückeȱinȱRichtungȱaufȱdasȱNT.ȱ 206ȱȱ Vgl.ȱ Jervell,ȱ Interpolator,ȱ 52ȱ undȱ dazuȱ TestJudȱ 23,4f.;ȱ 26,1;ȱ TestSebȱ 10,2f.;ȱ TestDanȱ 6,10;ȱTestJosȱ19,11.ȱ 207ȱȱ Jervell,ȱInterpolator,ȱ53.ȱ 208ȱȱ InȱdieseȱReiheȱvonȱSchriftenȱgehörenȱauchȱPsSal;ȱApkAbrȱundȱVitProph.ȱ 209ȱȱ Jervell,ȱInterpolator,ȱ60.ȱ 210ȱȱ Vgl.ȱ Jervell,ȱ Interpolator,ȱ 57.61.ȱ Auchȱ R.ȱ Kugler,ȱ derȱ vonȱ einerȱ christlichenȱ AbfasȬ sungȱ derȱ gesamtenȱ TestXIIȱ ausgeht,ȱ meintȱ zurȱ Zukunftȱ Israels:ȱ „Theyȱ promiseȱ thatȱ theȱ saviourȱ willȱ comeȱ againȱ toȱ offerȱ yetȱ anotherȱ chanceȱ forȱ Israelȱ toȱ embraceȱ himȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

95ȱ

2.4.3ȱWeitereȱAkzenteȱundȱMotiveȱausȱfrühjüdischenȱTextenȱ AnhandȱderȱGeschichtsschemataȱinȱdenȱ„TestamentenȱderȱZwölfȱPatriȬ archen“ȱ ließenȱ sichȱ wichtigeȱ Schneisenȱ einerȱ Theologieȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ imȱ frühjüdischȬapokalyptischenȱ Schrifttumȱ herausstellen,ȱ dieȱ sichȱ aufȱ biblischeȱ Grundkonzepteȱ zurückführenȱ lassenȱ undȱ bisȱ inȱ dieȱ neutestamentlichenȱ Texteȱ hineinȱ wirksamȱ sind.ȱ Dabeiȱ istȱ freilichȱ zuȱ beachten,ȱdassȱinȱdenȱTextenȱnochȱweitereȱwichtigeȱMotiveȱinȱZusamȬ menhangȱ mitȱ Zukunftsvorstellungenȱ fürȱ Israelȱ auftauchen.ȱ ExemplaȬ rischȱ lässtȱ sichȱ diesȱ etwaȱ anȱ derȱ Zukunftsvisionȱ inȱ TestBenȱ 9,2ȱ veranȬ schaulichen:211ȱ ȱ ̓ΏχΑȱπΑȱΐΉΕϟΈ΍ȱЀΐЗΑȱ·ΉΑφΗΉΘ΅΍ȱ Α΅ϲΖȱΌΉΓІ,ȱȱ [Ύ΅ϠȱσΑΈΓΒΓΖȱσΗΘ΅΍ȱϳȱσΗΛ΅ΘΓΖȱЀΔξΕȱ ΘϲΑȱΔΕЗΘΓΑ]ȱ Ύ΅ϠȱΈЏΈΉΎ΅ȱΚΙΏ΅ϠȱπΎΉϧȱΗΙΑ΅ΛΌφȬ ΗΓΑΘ΅΍ȱȱ Ύ΅ϠȱΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱσΌΑ΋,ȱ [ρΝΖȱΓЈȱϳȱЂΜ΍ΗΘΓΖȱΤΔΓΗΘΉϟΏϙȱΘϲȱ ΗΝΘφΕ΍ΓΑȱ΅ЁΘΓІȱπΑȱπΔ΍ΗΎΓΔϜȱ ΐΓΑΓ·ΉΑΓІΖȱΔΕΓΚφΘΓΙ].ȱ

DochȱinȱeuremȱAnteilȱwirdȱderȱTempelȱGottesȱ sein.ȱȱ [Undȱderȱletzteȱwirdȱherrlicherȱseinȱalsȱderȱ erste.]ȱ UndȱdieȱzwölfȱStämmeȱwerdenȱdortȱzusamȬ menkommenȱ undȱalleȱVölker,ȱ [bisȱderȱHöchsteȱseinȱHeilȱsendetȱdurchȱdieȱ HeimsuchungȱdesȱeinziggeborenenȱPropheȬ ten].ȱ

ȱ Nachdemȱ TestBenȱ 9,1ȱ nochȱ vonȱ derȱ Sündeȱ alsȱ demȱ Ursprungȱ allenȱ Unheilsȱgesprochenȱhatte,ȱistȱderȱabrupteȱÜbergangȱinȱ9,2ȱeinȱweiteresȱ Beispielȱ fürȱ eineȱ Zukunftshoffnung,ȱ dieȱ ohneȱ ausdrücklicheȱ Redeȱ vonȱ derȱUmkehrȱIsraelsȱauskommtȱundȱstattdessenȱallesȱinȱdieȱHändeȱGotȬ tesȱlegt.ȱInȱTestBenȱ9,2ȱwerdenȱdannȱdieȱSammlungȱIsraels,ȱdieȱAnweȬ senheitȱ derȱ anderenȱ Völkerȱ undȱ einȱ endzeitlicherȱ Prophetȱ prophezeit.ȱ WirȱhabenȱdamitȱdreiȱwichtigeȱAspekteȱderȱZukunftserwartungȱnebenȬ einander:ȱ dieȱ Wiederherstellungȱ Israels,ȱ dieȱ Völkerwallfahrtȱ undȱ dieȱ Messiaserwartung.ȱ Alleȱ dreiȱ erwachsenȱ ausȱ demȱ bislangȱ zuȱ Israelȱ undȱ derȱinȱderȱToraȱniedergelegtenȱTheologieȱGesagtenȱundȱbegleitenȱbibliȬ scheȱZukunftsvorstellungenȱbisȱinȱneutestamentlicheȱTexte,ȱsoȱdassȱimȱ Folgendenȱkurzȱaufȱsieȱeinzugehenȱist:212ȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ and/orȱ showȱ itsȱ faithȱ throughȱ theȱ keepingȱ ofȱ theȱ commandments”ȱ (Kugler,ȱ TestaȬ ments,ȱ15).ȱ 211ȱȱ InterpolationenȱinȱKlammern,ȱvgl.ȱBecker,ȱTestXII,ȱ136.ȱ 212ȱȱ JedesȱdieserȱMotiveȱwäreȱfreilichȱausführlicherȱȱzuȱentfalten,ȱwasȱimȱRahmenȱdieserȱ Untersuchungȱnichtȱgeschehenȱkann;ȱvgl.ȱdazuȱaberȱjeweilsȱdieȱLiteratur.ȱ

96ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

DieȱVorstellungȱderȱWiederherstellungȱIsraels213ȱwirdȱbereitsȱaufgerufen,ȱ wennȱTestBenȱ9,2ȱdavonȱspricht,ȱdassȱ„dieȱzwölfȱStämmeȱbeimȱTempelȱ Gottesȱ zusammenkommenȱ werden“.ȱ Nachdemȱ sichȱ Israelȱ nachȱ demȱ Exilȱ alsȱ nichtȱ ausgelöschtȱ wiederfand,ȱ warȱ esȱ trotzdemȱ dochȱ keinesȬ wegsȱ vollständig.ȱ Auffälligerweiseȱ istȱ selbstȱ inȱ denȱ konstruierendenȱ TextenȱüberȱdieȱFrühzeitȱIsraelsȱeineȱRealitätȱderȱGemeinschaftȱausȱdenȱ zwölfȱ Stämmenȱ kaumȱ zuȱ entdecken.ȱ Dieȱ Trennungȱ derȱ Reicheȱ Israelȱ undȱ Judaȱ stelltȱ nachȱ denȱ Darstellungenȱ desȱ Altenȱ Testamentsȱ einenȱ grundlegendenȱBruchȱinȱderȱGemeinschaftȱIsraelsȱdarȱundȱmitȱderȱZerȬ störungȱ desȱ Nordreichesȱ beschränkteȱ sichȱ dasȱ Südreichȱ nurȱ mehrȱ aufȱ dieȱ Stämmeȱ Judaȱ undȱ Benjamin.ȱ Dieȱ Größeȱ desȱ „Zwölfstämmevolkesȱ Israel“ȱ istȱ soȱ seitȱ frühesterȱ Zeitȱ eineȱ idealtypischeȱ Kategorie.ȱ Dieȱ GeȬ meinschaftȱ allerȱ zwölfȱ Stämmeȱ wirdȱ zuȱ einemȱ Sehnsuchtsbildȱ fürȱ dieȱ EndzeitȱundȱtrittȱalsȱMotivȱhäufigȱinȱfrühjüdischenȱTextenȱauf.214ȱ Inȱ vielenȱ Jahrhundertenȱ derȱ Niederlagen,ȱ Verbannungenȱ undȱ FremdherrȬ schaftenȱentwickelteȱsichȱimȱJudentumȱdieȱHoffnung,ȱdassȱeinesȱTagesȱGottȱ selbstȱfürȱseinȱVolkȱeintretenȱundȱihmȱRechtȱverschaffenȱwerde.ȱDieȱinȱdenȱ biblischenȱ Schriftenȱ lebendigȱ gehalteneȱ Erinnerungȱ anȱ dasȱ Reichȱ Davidsȱ undȱdieȱVerheißung,ȱdassȱseinȱKönigtumȱewigȱbestehenȱwerde,ȱgabenȱfürȱ jüdischeȱ Hoffnungenȱ inȱ spätererȱ Zeitȱ dieȱ Vorbilderȱ ab,ȱ anȱ denenȱ sichȱ dieȱ Hoffnungenȱ orientierenȱ konnten.ȱ Soȱ lesenȱ wirȱ schonȱ inȱ denȱ Schriftenȱ derȱ hebräischenȱ Bibelȱ undȱ inȱ derȱ Septuagintaȱ vielfachȱ vonȱ Verheißungenȱ fürȱ Israel,ȱnachȱdenenȱeinesȱTagesȱdieȱlangenȱJahreȱderȱUnterdrückungȱeinȱEnȬ deȱnehmenȱundȱeineȱZeitȱdesȱHeilsȱanbrechenȱwird.ȱAuchȱdieȱnichtȱimmerȱ einheitlichenȱ messianischenȱ Hoffnungen,ȱ dieȱ häufigȱ einenȱ königlichenȱ Messiasȱ erwarteten,ȱ gehörenȱ inȱ diesenȱ Vorstellungszusammenhang.ȱ VerȬ einfachendȱkannȱgesagtȱwerden,ȱdassȱnachȱErwartungenȱeinerȱinnerweltliȬ chenȱ Installationȱ desȱ Reichesȱ Israelȱ inȱ apokalyptischenȱ Textenȱ dieseȱ VerȬ wirklichungȱ inȱ dieȱ Endzeitȱ gesetztȱ wird.ȱ Manȱ kannȱ dabeiȱ kaumȱ deutlichȱ zwischenȱ innerweltlichenȱ bzw.ȱ eschatologischenȱ Erfüllungshoffnungenȱ trennen,ȱ daȱ nachȱ Ausweisȱ derȱ sehrȱ unterschiedlichenȱ Texteȱ diesȱ keinȱ GeȬ gensatzpaarȱ ist.ȱ Literarischȱ istȱ inȱ biblischerȱ wieȱ frühjüdischerȱ Literaturȱ jeȬ denfallsȱ eineȱ großeȱ Anzahlȱ vonȱ Motivenȱ mitȱ dieserȱ Vorstellungȱ derȱ WieȬ derherstellungȱIsraelsȱverknüpft.215ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 213ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBauckham,ȱWiederherstellung.ȱ 214ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱäthHenȱ20,8;ȱ22,13;ȱ90,33.38;ȱ91,10;ȱ92,3;ȱPsSalȱ3,12.ȱ 215ȱȱ Dasȱ Motivȱ dieserȱ Wiederherstellungȱ istȱ zudemȱ mitȱ derȱ Entwicklungȱ derȱ AufersteȬ hungshoffnungȱ inȱ Israelȱ verbunden,ȱ insofernȱ hinterȱ beidenȱ Konzeptenȱ dieȱ ErwarȬ tungȱsteht,ȱdassȱsichȱGottȱanȱIsraelȱalsȱGottȱerweiseȱundȱseineȱTreueȱzeige.ȱVgl.ȱdazuȱ Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ211ff.ȱ

ȱ

2.4ȱ ZukunftskonzepteȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱ

97ȱ

DasȱMotivȱderȱVölkerwallfahrt,216ȱdasȱsichȱinȱTestBenȱ9,2ȱanȱdasȱZusamȬ menkommenȱ derȱ Stämmeȱ Israelsȱ anschließt,ȱ transportiertȱ dieȱ VorstelȬ lung,ȱ dassȱ sichȱ amȱ Endeȱ derȱ Zeitȱ dieȱ Herrschaftȱ Gottesȱ dergestaltȱ durchsetzenȱ wird,ȱ dassȱ alleȱ Völkerȱ derȱ Weltȱ sichȱ aufȱ denȱ Wegȱ nachȱ Israelȱ bzw.ȱ zumȱ Bergȱ Zionȱ inȱ Jerusalemȱ alsȱ dessenȱ Zentrumȱ machen,ȱ umȱ dortȱ aufȱ denȱ Wegenȱ desȱ Herrnȱ zuȱ wandeln.ȱ Dieserȱ Gedankeȱ trittȱ unsȱinsbesondereȱbeiȱeinigenȱSchriftprophetenȱentgegenȱundȱverbindetȱ sichȱ mitȱ derȱ Erwartungȱ einesȱ „neuenȱ Jerusalems“.ȱ Mitȱ Gerhardȱ vonȱ Rad217ȱ lässtȱ sichȱ dieseȱ Vorstellungȱ alsȱ nichtkriegerischesȱ Gegenmodellȱ zumȱ ebenfallsȱ beiȱ denȱ Schriftprophetenȱ auftretendenȱ Motivȱ derȱ „SchlachtȱumȱdenȱZionȱundȱJerusalem“ȱauffassen,ȱdasȱetwaȱinȱMiȱ4,11– 13;ȱ Ezȱ 38f.;ȱ Sachȱ 12ȱ undȱ 14ȱ aufgeführtȱ wird.ȱ Währendȱ dortȱ derȱ GeȬ richtsgedankeȱ primärȱ ist,ȱ istȱ dasȱ Bildȱ vonȱ derȱ Völkerwallfahrtȱ vomȱ erwartetenȱHeilȱgeprägt.ȱȱ Dieȱ bekanntesteȱ Formulierungȱ findetȱ sichȱ inȱ Jesȱ 2,2–4:218ȱ Dasȱ Motivȱ derȱ Völkerwallfahrtȱistȱ„eineȱsehrȱbeweglicheȱÜberlieferung,ȱdieȱvonȱdenȱProȬ phetenȱjeweilsȱinȱganzȱverschiedenerȱWeiseȱaktualisiertȱwerdenȱkonnte.“219ȱ SoȱzeigtȱetwaȱJesȱ25,6–8,ȱwieȱsichȱdasȱBildȱauchȱalsȱ„FestmahlȱfürȱalleȱVölȬ kerȱ aufȱ demȱ Zion“ȱ realisierenȱ kann.ȱ Imȱ frühjüdischenȱ Schrifttumȱ istȱ esȱ mehrfachȱbezeugt.220ȱCharakteristischȱistȱjedenfallsȱdieȱzentripetaleȱGrundȬ linieȱ derȱ Vorstellung,ȱ dieȱ Israelȱ bzw.ȱ denȱ Zionȱ insȱ Zentrumȱ stellt,ȱ dasȱ schließlichȱanziehendȱwirkenȱwird.ȱȱ

DerȱBeispielversȱTestBenȱ9,2ȱbietetȱauchȱeinȱBeispielȱderȱfürȱdasȱFrühȬ judentumȱ charakteristischenȱ Messiaserwartung.221ȱ Erȱ endetȱ mitȱ demȱ christlichenȱ Zusatz,ȱ dassȱ amȱ Endeȱ derȱ Zeitenȱ „derȱ Höchsteȱ seinȱ Heilȱ sendetȱ durchȱ dieȱ Heimsuchungȱ desȱ einziggeborenenȱ Propheten“ȱ (ϳȱ ЂΜ΍ΗΘΓΖȱ ΤΔΓΗΘΉϟΏϙȱ Θϲȱ ΗΝΘφΕ΍ΓΑȱ ΅ЁΘΓІȱ πΑȱ πΔ΍ΗΎΓΔϜȱ ΐΓΑΓ·ΉΑΓІΖȱ ΔΕΓΚφΘΓΙ).ȱHierȱzeigtȱsichȱdieȱHoffnungȱaufȱeineȱRettergestalt,ȱdieȱamȱ bevorstehendenȱ Endeȱ derȱ Geschichteȱ dasȱ Heilȱ bringenȱ wird.ȱ Dieȱ ErȬ wartungȱdieserȱGestaltȱentwickeltȱsichȱebensoȱwieȱdieȱZukunftskonzepȬ teȱfürȱIsraelȱalsȱVolkȱaufgrundȱderȱwechselndenȱErfahrungenȱdesȱVolȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 216ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Gnilka,ȱ Jesus,ȱ 200f.;ȱ Schreiner,ȱ Theologie,ȱ 318–320;ȱ Theißen/Merz,ȱ Jesus,ȱ 233.ȱ 217ȱȱ Vgl.ȱRad,ȱTheologieȱII,ȱ302–207.ȱ 218ȱȱ NachȱRad,ȱTheologieȱII,ȱ305ȱhandeltȱesȱsichȱbeiȱdiesemȱTextȱumȱdieȱältesteȱStufe;ȱvgl.ȱ aberȱauchȱJesȱ49,22f.;ȱ45,14f.;ȱweiterȱJesȱ60,ȱHagȱ2,6ff.ȱ 219ȱȱ Rad,ȱTheologieȱII,ȱ307.ȱ 220ȱȱ Vgl.ȱetwaȱTobȱ13,9ff.;ȱ14,5ff.;ȱäthHenȱ90,28–33;ȱauchȱdieȱapokalyptischeȱVorstellungȱ derȱHerabkunftȱderȱGottesstadtȱaufȱdieȱErdeȱ(Offbȱ21,2)ȱknüpftȱdaranȱan.ȱ 221ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Fabry/Scholtissek,ȱ Messias;ȱ Hengel/Schwemer,ȱ Jesus,ȱ 161–168;ȱ Mußner,ȱ Traktatȱ (Neuauflage),ȱ 124–131;ȱ Volz,ȱ Eschatologie,ȱ 173–186.ȱ Dieȱ erhaltenenȱ Texteȱ zeigen,ȱ dassȱ „dieȱ messianischenȱ Erwartungenȱ imȱ frühenȱ Judentumȱ vielfältig,ȱ aberȱ nichtȱchaotischȱ[waren]“ȱ(Hengel/Schwemer,ȱJesus,ȱ167).ȱ

98ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

kes,ȱsoȱdassȱsichȱeineȱ„DependenzȱzwischenȱhistorischerȱErfahrungȱundȱ messianischerȱErwartung“222ȱaufzeigenȱlässt.ȱ Inȱ alttestamentlicherȱ Traditionȱ könnenȱ dieȱ Gestaltenȱ desȱ „Königs“ȱ (vgl.ȱ 1ȱ Samȱ9,16;ȱ2ȱSamȱ19,22;ȱ32,1),ȱdesȱ„Hohenpriesters“ȱ(vgl.ȱLevȱ4,3.5)ȱundȱdesȱ „Propheten“ȱ (vgl.ȱ 1ȱ Könȱ 19,16;ȱ Jesȱ 61,1;ȱ Psȱ 105,15;ȱ 1ȱ Chrȱ 16,22;ȱ Sirȱ 48,8)ȱ messianischȱ qualifiziertȱ werden,ȱ indemȱ sieȱ alsȱ „Gesalbte“ȱ inȱ Erscheinungȱ treten.ȱ Dieȱ Salbungȱ bedeutetȱ dabeiȱ eineȱ Eingliederungȱ inȱ dieȱ Sphäreȱ GotȬ tes223.ȱ Zunächstȱ istȱ derȱ Gesalbteȱ desȱ Herrnȱ JHWHȱ imȱ Altenȱ Testamentȱ überwiegendȱderȱKönigȱ(vgl.ȱ1ȱSamȱ24,7.11;ȱ26,9.11.16.23;ȱ2ȱSamȱ1,14.16;ȱPsȱ 2;ȱ45;ȱ72;ȱ89;ȱ110;ȱ132),ȱerstȱimȱLaufeȱderȱZeitenȱentstehtȱdarausȱdieȱfürȱdasȱ frühesteȱChristentumȱsoȱwichtigeȱAusrichtungȱaufȱeineȱendzeitlicheȱHeilsȬ gestalt.224ȱDabeiȱsindȱvieleȱeinzelneȱKonkretisierungenȱmöglich,ȱfürȱdieȱalsȱ einȱBeispielȱetwaȱdieȱ„LeviȬJudaȬGlorifikation“225ȱderȱTestXIIȱgenanntȱwerȬ denȱkann.ȱInsofernȱdieseȱbeidenȱStämme,ȱdieȱfürȱdasȱPriesterȬȱundȱdasȱKöȬ nigtumȱ stehen,ȱ besondersȱ hervorgehobenȱ werden,ȱ gebenȱ sieȱ Zeugnisȱ vonȱ einerȱ priesterlichȬköniglichenȱ Messiaserwartung.ȱ Aufgrundȱ historischerȱ Entwicklungȱ gehtȱ dieȱ Qualifikationȱ inȱ undȱ nachȱ derȱ Exilszeitȱ vomȱ Königȱ aufȱdasȱPriestertumȱüber.ȱBeiȱSacharjaȱetwaȱwerdenȱeineȱköniglicheȱundȱeiȬ neȱ priesterlicheȱ MessiasȬGestaltȱ nebeneinanderȱ gestellt.ȱ Nachȱ derȱ hasmoȬ näischenȱEpocheȱjedochȱtretenȱpriesterlichȱkonnotierteȱmessianischeȱErwarȬ tungenȱzurück.ȱDieȱprophetischenȱkonkretenȱHeilsverheißungen,ȱwieȱsieȱinȱ derȱNachfolgeȱdesȱExilsȱaufkamen,ȱkönnenȱalsȱNährbodenȱfürȱdieȱEntwickȬ lungȱderȱErwartungȱeinerȱinnergeschichtlichenȱErlösergestaltȱgelten.ȱDieseȱ wurdeȱ inȱ einemȱ weiterenȱ Schritt,ȱ derȱ grundsätzlichȱ vonȱ einerȱ DistanzieȬ rungȱ innergeschichtlicherȱ Heilserwartungenȱ geprägtȱ war,ȱ eschatologischȱ durchformtȱundȱmitȱderȱBezeichnungȱdesȱ„Gesalbten“ȱverbunden,ȱsoȱdassȱ manȱ dieȱ unsȱ alsȱ „typisch“ȱ geltendeȱ Verwendungȱ vonȱ Messiasȱ schließlichȱ imȱ1.ȱJahrhundertȱv.ȱChr.ȱansetzenȱkann.ȱInȱdieserȱZeitȱwurdenȱErwartunȬ genȱanȱdieseȱGestaltȱgebündelt,ȱaberȱauchȱausȱeinerȱEinheitlichkeitȱherausȬ gebrochen.ȱ Währendȱ sichȱ dasȱ priesterlicheȱ Milieuȱ vonȱ derȱ MessiaserwarȬ tungȱ entfernteȱ undȱ mancheȱ dieseȱ ganzȱ aufgaben,ȱ wurdeȱ sieȱ vonȱ anderenȱ aufrechtȱ erhalten,ȱ wieȱ etwaȱ dieȱ Psalmenȱ Salomonsȱ oderȱ dasȱ Buchȱ Danielȱ zeigen.ȱAuchȱinȱderȱSeptuagintaȱlässtȱsichȱeineȱ„Messianisierung“ȱzahlreiȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 222ȱȱ Fabry/Scholtissek,ȱMessias,ȱ53.ȱ 223ȱȱ Vgl.ȱ dieȱ Salbungȱ derȱ Kultgegenständeȱ inȱ Exȱ 30,22–29;ȱ 40,9–11.ȱ Auchȱ außerhalbȱ desȱ antikenȱ Judentumsȱ istȱ diesesȱ Motivȱ bekannt,ȱ vgl.ȱ Homer,ȱ Od.ȱ 8,364f.;ȱ Ovid,ȱ MetaȬ morph.ȱ14,599–608.ȱ 224ȱȱ Vgl.ȱdazuȱFabry/Scholtissek,ȱMessias,ȱ59.ȱNichtȱalleȱatl.ȱBelegeȱvonȱeinemȱ„Gesalbtenȱ desȱHerrn“ȱkönnenȱdaherȱfürȱeineȱ„MessiasȬTheologie“ȱherangezogenȱwerden.ȱ 225ȱȱ Beispiele:ȱ TestGadȱ 8,1:ȱ „Sagtȱ jedochȱ dasȱ auchȱ ihrȱ eurenȱ Kindern,ȱ dassȱ sieȱ Leviȱ undȱ Judaȱehrenȱsollen,ȱdennȱausȱihnenȱwirdȱeuchȱderȱHerrȱdasȱHeilȱfürȱIsraelȱaufgehenȱ lassen“;ȱTestNaphȱ5,3:ȱ„UndȱLeviȱergriffȱdieȱSonneȱundȱJudaȱergriff,ȱ(denȱanderen)ȱ zuvorkommend,ȱ denȱ Mond.ȱ Daȱ wurdenȱ beideȱ mitȱ ihnenȱ erhöht“;ȱ TestNaphȱ 8,2:ȱ „Undȱ ihrȱ nun,ȱ befehltȱ eurenȱ Kindern,ȱ dassȱ sieȱ mitȱ Leviȱ undȱ Judaȱ einigȱ sind:ȱ Dennȱ durchȱdieȱwirdȱIsraelȱHeilȱaufgehen,ȱundȱdurchȱsieȱwirdȱJakobȱgesegnetȱwerden“.ȱ

ȱ

2.5ȱ Ertragȱ

99ȱ

cherȱTextstellenȱerweisen.226ȱDieȱTexteȱausȱQumranȱzeigenȱeinenȱinsgesamtȱ disparatenȱ Befund.227ȱ Derȱ Übergangȱ zumȱ Neuenȱ Testamentȱ istȱ somitȱ „geȬ prägtȱvonȱDiskontinuitätȱinȱderȱKontinuität“228.ȱManȱerwarteteȱamȱSchlussȱ derȱ Entwicklungȱ schließlichȱ inȱ apokalyptischȬeschatologischerȱ AusrichȬ tungȱ „dieȱ ganzeȱ Bandbreiteȱ derȱ Heilshoffnungȱ bisȱ hinȱ zuȱ einerȱ kosmischȬ universalenȱ GesamtȬRestaurationȱ derȱ Völkerweltȱ mitȱ Israelȱ undȱ Zionȱ alsȱ Mittelpunkt“229.ȱ

Dieȱ personalisierteȱ Messiaserwartungȱ undȱ dieȱ Hoffnungȱ aufȱ Heilungȱ derȱWeltȱdurchȱGottȱselbstȱwerdenȱhierȱengȱverbunden:ȱDasȱKommenȱ desȱMessiasȱsollȱHoffnungenȱerfüllen,ȱdieȱnurȱGottȱselbstȱerfüllenȱkann.ȱ Dieȱ damitȱ verbundenenȱ Problemeȱ undȱ dieȱ unterschiedlichenȱ ErwarȬ tungenȱ sindȱ sicherȱ auchȱ einȱ Grundȱ fürȱ dieȱ Abkehrȱ mancherȱ jüdischerȱ Gruppenȱ vonȱ messianischenȱ Konzeptenȱ überhaupt.ȱ Unklarȱ istȱ zudemȱ dieȱ Erfassungȱ derȱ Mittelstellungȱ desȱ Messiasȱ zwischenȱ Gottȱ undȱ Mensch.ȱ Erȱ istȱ einȱ menschlichesȱ Wesen,ȱ dasȱ aberȱ inȱ immerȱ größererȱ NäheȱzuȱGottȱgestelltȱwirdȱundȱsichȱschließlichȱmitȱdemȱMotivfeldȱderȱ personifiziertenȱWeisheitȱtrifft.230ȱAnȱdieserȱStelleȱschließenȱsichȱneutesȬ tamentlicheȱ Studienȱ zurȱ Messiasthematikȱ an.ȱ Dieȱ alttestamentlicheȱ Terminologieȱwird,ȱwieȱwirȱsehenȱwerden,ȱvorȱallemȱvonȱLukasȱmehrȬ fachȱunmittelbarȱaufgenommen.231ȱ

2.5ȱ Ertragȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱistȱkeineswegsȱeinȱNischenthemaȱfürȱdieȱbiblischenȱ Schriften.ȱ Alsȱ Niederschlagȱ geschichtlicherȱ Erfahrungenȱ kannȱ manȱ inȱ gewisserȱWeiseȱzumindestȱsämtlicheȱ„Geschichtsbücher“ȱderȱSchriftȱalsȱ mitȱ diesemȱ Themaȱ befasstȱ bezeichnen,ȱ zuȱ weitenȱ Teilenȱ auchȱ dieȱ Schriftpropheten.232ȱ Dieȱ Frageȱ nachȱ demȱ Schicksalȱ Israelsȱ undȱ demȱ Verhältnisȱ vonȱ Gott,ȱ Volkȱ undȱ Land,ȱ dasȱ inȱ denȱ Väterverheißungenȱ ebensoȱ eindeutigȱ beschworen,ȱ wieȱ inȱ derȱ konkretenȱ geschichtlichenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 226ȱȱ Vgl.ȱdazuȱFabry/Scholtissek,ȱMessias,ȱ107ȱ(Textbeispiele).ȱ 227ȱȱ Vgl.ȱdazuȱZimmermann,ȱMessianischeȱTexteȱausȱQumran;ȱFabry/Scholtissek,ȱMessiȬ as,ȱ54.ȱ 228ȱȱ Fabry/Scholtissek,ȱMessias,ȱ54.ȱ 229ȱȱ Fabry/Scholtissek,ȱMessias,ȱ103.ȱ 230ȱȱ ZuȱdiesemȱkomplexenȱThemenfeldȱvgl.ȱSchimanowski,ȱWeisheitȱundȱMessias.ȱ 231ȱȱ Vgl.ȱLkȱ2,26ȱ(„GesalbterȱdesȱHerrn“);ȱ9,20ȱundȱ23,35ȱ(„derȱChristusȱGottes“);ȱgrundȬ sätzlichȱ dominiertȱ dieȱ Bezeichnungȱ „Gesalbter“ȱ (ΛΕ΍ΗΘϱΖ)ȱ inȱ judenchristlichenȱ TexȬ ten,ȱ währendȱ sieȱ ansonstenȱ durchȱ „Herr“ȱ (ΎϾΕ΍ΓΖ)ȱ undȱ „Retter“ȱ (ΗΝΘφΕ)ȱ abgelöstȱ wird.ȱ 232ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱJes,ȱJer,ȱEz.ȱ

100ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

Erfahrungȱ Israelsȱ inȱ Zweifelȱ gezogenȱ wurde,ȱ nahmȱ dieȱ Reflexionȱ vonȱ AutorenȱvielerȱJahrhunderteȱinȱAnspruch.ȱDaherȱverwundertȱesȱnicht,ȱ wennȱ dieȱ Antwortenȱ undȱ Lösungsvorschläge,ȱ dieȱ gegebenȱ werden,ȱ keineswegsȱ eineȱ einzigeȱ Linieȱ zeigen.ȱ Dieȱ „Vielstimmigkeitȱ desȱ Altenȱ Testaments“ȱ wirdȱ auchȱ inȱ diesemȱ Punktȱ deutlich.ȱ Dochȱ ließenȱ sichȱ inȱ diesenȱ stufenweisenȱ Entwicklungenȱ auchȱ immerȱ nochȱ ursprünglicheȱ Linienȱ bestimmen,ȱ dieȱ wirkungsgeschichtlichȱ besondersȱ prägendȱ geȬ wordenȱsind.ȱHierȱistȱvorȱallemȱeineȱdeuteronomistischȱgeprägteȱSichtȱ aufȱdieȱGeschichteȱzuȱnennen,ȱdieȱdurchȱpriester(schrift)licheȱElementeȱ modifiziertȱ ist,ȱ soȱ dassȱ sichȱ dieseȱ beidenȱ Grundkonzepteȱ alsȱ prägendȱ fürȱspätereȱAuffassungenȱerweisen.ȱ ImȱBlickȱaufȱdieȱZukunftȱIsraelsȱsindȱmehrereȱPunkteȱfestzuhalten.ȱ DieȱgeschichtlicheȱErfahrung,ȱdassȱIsraelȱinȱderȱExilszeitȱnichtȱvollstänȬ digȱ vernichtetȱ wurde,ȱ wieȱ esȱ derȱ ursprünglichenȱ Perspektiveȱ desȱ früȬ henȱ Deuteronomismusȱ entspricht,ȱ führtȱ dazu,ȱ dassȱ sichȱ Vorstellungenȱ entwickeln,ȱ dieȱ zwarȱ menschlicheȱ Verfehlungȱ alsȱ Grundȱ fürȱ KatastroȬ phenȱ festhalten,ȱ aberȱ mitȱ derenȱ Wandlungȱ rechnenȱ undȱ schließlichȱ sogarȱ tendenziellȱ vonȱ einemȱ jeȱ größerenȱ Gottȱ ausgehen,ȱ derȱ fürȱ dieȱ ZukunftȱseinesȱVolkesȱsorgt.ȱ Diesȱließȱsichȱetwaȱanȱderȱvomȱ„Bund“ȱ(berit)ȱverdeutlichen.ȱZwarȱkommtȱ erȱ grundlegendȱ „alsȱ gebrochenerȱ inȱ denȱ Blick“233ȱ undȱ stehtȱ damitȱ immerȱ schonȱinȱVerbindungȱzurȱgebrochenenȱGesetzesverpflichtungȱderȱTora,ȱdieȱ fürȱ dieȱ Zukunftȱ nichtsȱ Gutesȱ verheißt.ȱ Dochȱ ließenȱ dieȱ nachgezeichnetenȱ EntwicklungenȱstetsȱneueȱPerspektivenȱerkennen.ȱ„DieȱVorȬȱundȱÜberordȬ nungȱdesȱBundesȱimȱVerhältnisȱzumȱGebotȱ[eröffnet]ȱdieȱMöglichkeit,ȱdieȱ GeschichteȱdesȱUngehorsamsȱausȱderȱSackgasseȱvonȱSchuldȱundȱVernichȬ tungȱherauszuführen:ȱWennȱIsraelȱdenȱBundȱauchȱbricht,ȱsoȱkannȱGottȱseiȬ nerȱdochȱweiterhinȱgedenken.“234ȱȱ

Wieȱ wirȱ gesehenȱ haben,ȱ istȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ vorȱ allemȱ dieȱ Redeȱvomȱ„ZornȱGottes“ȱaufschlussreich.ȱDiesesȱaltorientalischȱverbreiȬ teteȱMotiv,ȱdassȱursprünglichȱauchȱdieȱdunkleȱSeiteȱeinesȱfürȱMenschenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 233ȱȱ Avemarie/Lichtenbergerȱ(Hg.),ȱBundȱundȱTora,ȱVI.ȱ 234ȱȱ Ebd.;ȱjeȱnachȱSituationȱistȱdasȱVerhältnisȱbeiderȱunterschiedlichȱdargestellt.ȱ„Inȱeinerȱ Zeit,ȱinȱderȱdasȱInteresseȱnichtȱsoȱsehrȱdemȱdurchȱUngehorsamȱverursachtenȱUnheil,ȱ sondernȱvielmehrȱderȱdurchȱdasȱFesthaltenȱanȱderȱToraȱzuȱwahrendenȱIdentitätȱdesȱ Gottesvolkesȱ galt,ȱ konntenȱ Bundȱ undȱ Gesetz,ȱ wieȱ imȱ pseudoȬphilonischenȱ Liberȱ Antiquitatumȱ Biblicarum,ȱ alsȱ spannungsfreiȱ zusammengehörigȱ oderȱ gar,ȱ wieȱ inȱ derȱ griechischenȱÜbersetzungȱdesȱSirachbuches,ȱalsȱidentischȱwahrgenommenȱwerden“ȱ (ebd.).ȱ„DieȱVerheißungȱdesȱneuenȱBundesȱinȱJerȱ31ȱstehtȱdagegenȱganzȱunterȱdemȱ EindruckȱeinesȱdynamischenȱSchuldkontinuums,ȱdemȱnurȱeineȱalleinȱvonȱGottȱausȬ gehendeȱ Initiativeȱ einȱ Endeȱ zuȱ bereitenȱ vermag“ȱ (ebd.);ȱ dieȱ Toraȱ „wirdȱ nunȱ aberȱ demȱ Volkȱ insȱ Herzȱ geschrieben,ȱ wodurchȱ diesesȱ inȱ ganzȱ neuerȱ Weiseȱ zumȱ GehorȬ samȱbefähigtȱwird“ȱ(ebd.).ȱ

ȱ

2.6ȱ ZurȱRezeptionȱbiblischȬfrühjüdischerȱErwartungenȱimȱNeuenȱTestamentȱ

101ȱ

unergründlichenȱGottesȱzeigte,ȱwirdȱinȱderȱreflektiertenȱdeuteronomisȬ tischenȱ Sichtȱ rationalisiert,ȱ indemȱ derȱ Größeȱ desȱ Zornesȱ jeweilsȱ eineȱ entsprechendȱ großeȱ Verfehlungȱ desȱ Volkesȱ entspricht.ȱ Soȱ dientȱ dieȱ RedeȱvomȱZornȱGottesȱoftȱderȱInterpretationȱderȱKatastropheȱderȱZerȬ störungȱJerusalemsȱ587,ȱundȱzwarȱimȱRückblick.235ȱDochȱ„vonȱderȱzeitȬ lichenȱ Begrenztheitȱ desȱ Zornsȱ gehenȱ alleȱ Texteȱ desȱ Altenȱ Testamentsȱ aus.ȱ[…]ȱSieȱeröffnenȱdamitȱdenȱMenschenȱnachȱderȱZerstörungȱJerusaȬ lemsȱ grundsätzlichȱ eineȱ Hoffnungsperspektive.“236ȱ Dieȱ Redeȱ hatȱ auchȱ eineȱparänetischeȱFunktion.ȱDieȱzerstörerischeȱWirkungȱdesȱZornesȱsollȱ zurȱ Erkenntnisȱ dienenȱ undȱ Umkehrȱ einfordern.ȱ Woȱ dieȱ Erkenntnisȱ nichtȱfolgt,ȱsteigertȱsichȱderȱZorn.ȱDieȱGesinnungsȬȱundȱHandlungsänȬ derungȱ istȱ eineȱ ausdrücklicheȱ Bedingungȱ fürȱ dieȱ Beendigungȱ derȱ Zeitȱ desȱ göttlichenȱ Zornes.ȱ Dochȱ „nirgendsȱ findenȱ wirȱ dieȱ Überzeugung,ȱ dassȱderȱZornȱdasȱletzteȱWortȱGottesȱ(zumindestȱfürȱseinȱVolkȱoderȱdieȱ GerechtenȱinȱseinemȱVolk)ȱsei.“237ȱ

2.6ȱ ZurȱRezeptionȱbiblischȬfrühjüdischerȱErwartungenȱimȱ NeuenȱTestamentȱ EigenerȱReflexionȱbedarfȱabschließendȱdieȱFrage,ȱwelcheȱRelevanzȱdenȱ vorgestelltenȱTextenȱundȱVorstellungenȱausȱdemȱbiblischȬfrühjüdischenȱ SchrifttumȱfürȱdieȱfolgendeȱAuslegungȱneutestamentlicherȱTexteȱzuzuȬ gestehenȱ ist.ȱ Schließlichȱ istȱ dieȱ Redeȱ vomȱ „Altenȱ Testament“ȱ fürȱ dasȱ 1.ȱJahrhundertȱ n.ȱ Chr.ȱ anachronistisch.ȱ Obwohlȱ ausȱ Sichtȱ derȱ neuȬ testamentlichenȱ Autorenȱ dieȱ einzelnenȱ Schriftenȱ „seitȱ ältesterȱ Zeit“ȱ (Apgȱ15,21)ȱ feststehen,ȱ istȱ derenȱ kanonischeȱ Endgestaltȱ vermutlichȱ nichtȱwesentlichȱfrüherȱalsȱimȱ2.ȱJahrhundertȱv.ȱChr.ȱanzusetzen,238ȱundȱ einȱ klarȱ abgegrenztesȱ Schriftencorpusȱ istȱ vorȱ demȱ 1.ȱ Jahrhundertȱ n.ȱ Chr.ȱ kaumȱ nachweisbar.ȱ Undȱ daȱ esȱ keinenȱ fixenȱ „ÜbergabeȬPunkt“239ȱ derȱ Heiligenȱ Schriftenȱ gibt,ȱ anȱ demȱ auchȱ etwaȱ eineȱ theologischeȱ EntȬ wicklungȱbeendetȱwäre,ȱbleibtȱeineȱgrundlegendeȱUnabgeschlossenheitȱ biblischerȱVorstellungenȱzuȱberücksichtigen.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 235ȱȱ Vgl.ȱJeremias,ȱZornȱGottes,ȱ186.ȱ 236ȱȱ Jeremias,ȱZornȱGottes,ȱ102.ȱ 237ȱȱ Groß,ȱGerechtigkeit,ȱ20.ȱ 238ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBerger,ȱExegese,ȱ170;ȱseinerȱSkepsisȱgegenüberȱallzuȱhäufigemȱ„Rückgriffȱ aufȱdasȱAT“ȱ(170)ȱistȱfreilichȱentgegenzuhalten,ȱdassȱdieȱregelmäßigeȱVerlesungȱderȱ Toraȱ imȱ Gottesdienstȱ alsȱ lebendigerȱ Faktorȱ inȱ derȱ Entwicklungȱ desȱ frühjüdischenȱ Schrifttumsȱzuȱberücksichtigenȱist,ȱsoȱdassȱdieȱSchriftenȱdesȱATȱnebenȱdemȱEinflussȱ „zeitgenössischerȱjüdischerȱTraditionen“ȱ(170)ȱalsȱeigeneȱGrößeȱihrȱRechtȱbehalten.ȱ 239ȱȱ Vgl.ȱdazuȱFabry,ȱText,ȱ52.ȱȱ

102ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

Andererseitsȱ sindȱ dieȱ späterȱ imȱ Altenȱ Testamentȱ gesammeltenȱ Schriftenȱ zumindestȱ inȱ ihremȱ wesentlichenȱ Grundbestandȱ –ȱ insbesonȬ dereȱdieȱfünfȱBücherȱderȱToraȱwarenȱjaȱeineȱfesteȱAutoritätȱvonȱ„kanoȬ nischem“ȱRang240ȱ–ȱbereitsȱinȱneutestamentlicherȱZeitȱimȱJudentumȱalsȱ heiligeȱSchriftenȱgelesenȱundȱausgelegtȱwordenȱundȱhabenȱvonȱdortȱherȱ ihrenȱ Wegȱ inȱ dieȱ urchristlichenȱ Gemeindenȱ gefunden,ȱ inȱ denenȱ dieȱ Praxisȱ derȱ Schriftlesungȱ seitȱ frühesterȱ Zeitȱ angenommenȱ werdenȱ kann.241ȱDieȱzahlreichenȱZitateȱundȱAnspielungenȱaufȱalttestamentlicheȱ Prätexteȱwerdenȱsoȱverständlich.ȱȱ DochȱeinenȱunmittelbarenȱEinflussȱeinerȱfixiertenȱGrößeȱ„AltesȱTesȬ tament“ȱwirdȱmanȱnichtȱzuȱhochȱveranschlagenȱdürfen.ȱSoȱgibtȱesȱkeineȱ Hinweise,ȱdassȱdieȱneutestamentlichenȱAutorenȱeineȱfesteȱReihenfolgeȱ derȱ Schriftenȱ zugrundeȱ legten.ȱ Eherȱ istȱ vonȱ einerȱ Rezeptionȱ derȱ dortȱ fixiertenȱ Inhalteȱ imȱ Stromȱ derȱ zeitgenössischenȱ frühjüdischenȱ Lektüreȱ auszugehen.ȱ Fürȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ kannȱ esȱ daherȱ nichtȱ darumȱ gehen,ȱ inȱ einemȱ Kurzschlussverfahrenȱ spezielleȱ (evtl.ȱ soȬ garȱisolierteȱtraditionskritischȱgeschiedene)ȱSchichtenȱalttestamentlicherȱ Schriftenȱ alsȱ „Vorlagen“ȱ fürȱ Paulusȱ oderȱ Lukasȱ zuȱ erweisen.ȱ Schonȱ inȱ denȱbiblischenȱSchriftenȱselbstȱundȱinȱfrühjüdischerȱZeitȱhabenȱsichȱdieȱ Akzenteȱ unterschiedlicherȱ Konzepteȱ vermischtȱ undȱ sindȱ neueȱ VerȬ schmelzungenȱeingegangen,ȱwieȱunsereȱBeobachtungenȱgezeigtȱhaben.ȱ InȱeinerȱsolchenȱPerspektiveȱsindȱauchȱdieȱneutestamentlichenȱTexteȱanȱ dasȱbereitsȱErarbeiteteȱanzuschließen.242ȱȱ Einȱ hilfreicherȱ Begriffȱ findetȱ sichȱ inȱ derȱ Redeȱ vomȱ „historischenȱ VermittȬ lungszusammenhang“ȱzwischenȱdenȱbeidenȱTestamenten.ȱKlausȱBergerȱinȬ terpretiertȱ diesȱ vorȱ allemȱ inȱ Richtungȱ einerȱ „Aufwertungȱ spätjüdischerȱ (sic!)ȱ Schriftenȱ fürȱ dieȱ Erforschungȱ desȱ NT“ȱ undȱ betont,ȱ dassȱ vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ „dieȱ zeitlicheȱ Phaseȱ fürȱ einȱ möglichesȱ Einwirkenȱ speziellȱ juȬ denchristlicherȱ Traditionenȱ sehrȱ vergrößertȱ worden“243ȱ sei.ȱ Danebenȱ trittȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 240ȱȱ Diesȱ wirdȱ z.ȱ B.ȱ anȱ derȱ griech.ȱ Bibelübersetzungȱ inȱ Ägyptenȱ sichtbar.ȱ Bereitsȱ imȱ frühenȱ3.ȱJh.ȱv.ȱChr.ȱübersetzteȱmanȱinȱAlexandrienȱdieȱfünfȱBücherȱMose,ȱaufȱderenȱ Übersetzungȱ alleinȱ sichȱ zunächstȱ dieȱ Redeȱ vonȱ derȱ „Septuaginta“ȱ bezogȱ (vgl.ȱ denȱ Aristeasbrief),ȱ währendȱ dieȱ anderenȱ Schriftenȱ erstȱ späterȱ nachȱ undȱ nachȱ übersetztȱ wurden,ȱvgl.ȱauchȱdieȱHinweiseȱzurȱEntstehungȱin:ȱLXXȱdeutsch,ȱIX.ȱ 241ȱȱ ZurȱSchriftlesungȱimȱchristlichenȱGottesdienstȱvgl.ȱHengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ199.ȱ 242ȱȱ Hierȱgiltȱesȱauchȱzuȱberücksichtigen,ȱdassȱinȱallerȱRegelȱdieȱgriechischenȱFassungenȱ derȱbiblischenȱTexteȱimȱHintergrundȱdesȱNTȱstehen.ȱAndersȱalsȱmancheȱhebr.ȱTexteȱ stehenȱ sieȱ alsȱ Übersetzungsarbeitenȱ spätererȱ Jahrhunderteȱ nichtȱ mehrȱ inȱ zeitlicherȱ NäheȱzuȱdenȱVorgängenȱderȱExilszeit,ȱsoȱdassȱhierȱandereȱErfahrungskontexteȱinȱdieȱ Textproduktionȱeinflossen.ȱGleichesȱgiltȱfürȱdieȱntl.ȱZeitȱselbst,ȱdieȱbiblischeȱKonzepȬ teȱimmerȱschonȱinȱzeitbedingterȱEigenartȱundȱimȱStromȱderȱfrühjüdischenȱTraditionȱ rezipierte.ȱ 243ȱȱ Berger,ȱExegese,ȱ171.ȱ

ȱ

2.6ȱ ZurȱRezeptionȱbiblischȬfrühjüdischerȱErwartungenȱimȱNeuenȱTestamentȱ

103ȱ

freilichȱ dieȱ modifizierteȱ Weitergabeȱ alttestamentlicherȱ Konzepte,ȱ insofernȱ dieseȱnichtȱunmittelbarȱihrenȱWegȱetwaȱausȱderȱToraȱinȱdieȱEvangelienȱgeȬ fundenȱ haben,ȱ sondernȱ imȱ Stromȱ diesesȱ „Vermittlungszusammenhangs“ȱ gelesenȱ werden.ȱ Alttestamentlicheȱ Motiveȱ undȱ Konzepte,ȱ dieȱ beiȱ Lukasȱ undȱ Paulusȱ identifiziertȱ werdenȱ können,ȱ werdenȱ daherȱ inȱ allerȱ Regelȱ Transformationenȱ inȱ einzelnenȱ Aspektenȱ mitȱ sichȱ bringen.ȱ Dabeiȱ istȱ auchȱ zuȱbeachten,ȱdassȱinȱdieserȱspäterenȱZeitȱdieȱbiblischenȱTexteȱmitȱ„nachaltȬ testamentlichen“ȱ Anliegenȱ undȱ Perspektivenȱ gelesenȱ werden,ȱ daȱ derȱ geȬ schichtlicheȱKontextȱeinȱvölligȱandererȱist.ȱ

DasȱChristentumȱhatȱgeradeȱinȱdenȱspäterȱinȱderȱLXXȱzusammengefassȬ tenȱ Schriftenȱ dieȱ wichtigsteȱ Brückeȱ zwischenȱ demȱ Judentumȱ inȱ derȱ griechischȬrömischenȱ Zeitȱ undȱ demȱ sichȱ darausȱ entwickelndenȱ ChrisȬ tentumȱgesehen.244ȱOhneȱdieȱSeptuagintaȱundȱdieȱVoraussetzungenȱdesȱ hellenistischenȱ Judentumsȱ istȱ dasȱ Christentumȱ sprachlichȱ wieȱ glauȬ bensgeschichtlichȱ undenkbar.ȱ Umȱ dieȱ Zeitenwendeȱ habenȱ jaȱ auchȱ dieȱ allermeistenȱ Judenȱ ihreȱ Schriftȱ nichtȱ aufȱ Hebräischȱ lesenȱ können.245ȱ DochȱauchȱdieȱSeptuagintaȱgibtȱesȱnichtȱinȱeinerȱidealenȱ„Urform“,ȱdieȱ absoluteȱAutoritätȱbeanspruchenȱkönnte,ȱsondernȱalleinȱinȱverschiedeȬ nenȱ Rezensionen.ȱ DieȱVielfaltȱ derȱ inȱ ihrȱ versammeltenȱ Texteȱ machtȱ esȱ zudemȱ unmöglich,ȱ einfachȱ mitȱ „derȱ Theologie“ȱ derȱ Septuagintaȱ zuȱ arbeiten.ȱTrotzdemȱistȱihreȱBerücksichtigungȱunverzichtbar,ȱdennȱ„insȬ gesamtȱ kannȱ gesagtȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ Septuagintaȱ undȱ dasȱ Neueȱ TesȬ tamentȱ zahlreicheȱ Gemeinsamkeitenȱ aufweisen,ȱ dieȱ vonȱ keinemȱ andeȬ renȱ bekanntenȱ Koinetextȱ bezeugtȱ werden.“246ȱ Nichtȱ nurȱ dasȱ Neueȱ Testament,ȱ sondernȱ auchȱ dieȱ heidnischenȱ Schriftstellerȱ derȱ Antikeȱ nehmenȱ inȱ verschiedenerȱ Weiseȱ aufȱ Israelȱ undȱ seineȱ Religionȱ Bezug.ȱ Dabeiȱsprechenȱsieȱvonȱdenȱ„Juden“ȱ(Γϡȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍)ȱoderȱseltenȱvonȱdenȱ „Hebräern“ȱ (Γϡȱ ̴ΆΕ΅ϧΓ΍),ȱ bietenȱ jedochȱ keinenȱ einzigenȱ Belegȱ fürȱ denȱ Namenȱ „Israel“.247ȱ Diesȱ zeigtȱ schonȱ dieȱ Besonderheitȱ dieserȱ SelbstbeȬ zeichnung,ȱdieȱvonȱdenȱneutestamentlichenȱAutorenȱinȱwichtigenȱKonȬ textenȱ(vgl.ȱnurȱRömȱ11,26)ȱverwendetȱwird.ȱ DieȱneutestamentlichenȱAutorenȱübernehmenȱalsoȱprägendeȱIdeenȱ undȱMotive,ȱnichtȱjedochȱklarȱabzugrenzendeȱGesamtkonzepte.248ȱDiesȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 244ȱȱ Vgl.ȱFrankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ176.ȱ 245ȱȱ DasȱbekanntesteȱBeispielȱistȱPhiloȱvonȱAlexandrien,ȱderȱdieȱBibelȱnurȱaufȱGriechischȱ gelesenȱundȱanhandȱdieserȱÜbersetzungȱdenȱPentateuchȱausgelegtȱhat.ȱ 246ȱȱ Tilly,ȱSeptuaginta,ȱ102.ȱ 247ȱȱ Vgl.ȱdazuȱGutbrod,ȱArt.ȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓΖ,ȱ͑ΗΕ΅φΏ,ȱ̴ΆΕ΅ϧΓΖ,ȱ370–374.ȱAlsȱAusnahmeȱwirdȱ lediglichȱeineȱStelleȱbeiȱdemȱrömischenȱHistorikerȱTrogusȱPompeiusȱgenannt,ȱwoȱderȱ Patriarchȱ Jakobȱ mitȱ seinemȱ zweitenȱ Namenȱ „Israel“ȱ bezeichnetȱ wird;ȱ fürȱ weitereȱ VorkommenȱaufȱZauberpapyriȱu.ȱä.ȱwirdȱdurchwegȱjüdischȬchristlicheȱVermittlungȱ angenommen.ȱ 248ȱȱ DieseȱsindȱschonȱinȱderȱSchriftȱselbstȱmiteinanderȱverflochten,ȱvgl.ȱKap.ȱ2.3.4.ȱ

104ȱ

2.ȱ BiblischȬfrühjüdischeȱGrundkonzepteȱzurȱZukunftȱIsraelsȱ

hängtȱauchȱmitȱihrerȱspezifischȱchristlichenȱSichtȱaufȱdieȱTexteȱzusamȬ men.ȱSoȱzeigenȱalleȱEvangelienȱdieȱÜberzeugung,ȱdassȱJesusȱ„derȱvonȱ alttestamentlichenȱ Prophetenȱ verheißene,ȱ fürȱ dieȱ Zeitenwendeȱ oderȱ Endzeitȱ erwarteteȱ ‚Gesalbte‘,ȱ derȱ Messiasȱ ist“249ȱ –ȱ wenngleichȱ sieȱ sichȱ damitȱvonȱdenȱklassischenȱmessianischenȱTextenȱdesȱAltenȱTestamentsȱ bereitsȱentferntȱhaben.250ȱEsȱ„beginnenȱsichȱfürȱdieȱZukunftȱverheißeneȱ undȱ erwarteteȱ Hoffnungenȱ inȱ undȱ anȱ Israelȱ zuȱ verwirklichen“251,ȱ daȱ „durchȱ Jesus,ȱ denȱ Christus,ȱ […]ȱ derȱ Gottȱ Israelsȱ selbstȱ eschatologischȱ gehandeltȱ[hat]“252.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 249ȱȱ Schnackenburg,ȱPerson,ȱ341.ȱ 250ȱȱ Vgl.ȱ Schnackenburg,ȱ Person,ȱ 342:ȱ „Einenȱ besonderen,ȱ sehrȱ wichtigenȱ Zugȱ imȱ MessiasbildȱhaltenȱalleȱEvangelistenȱfest:ȱErȱistȱentgegenȱallenȱjüdischenȱ ErwartunȬ genȱ derȱ Messias,ȱ derȱ seinȱ Lebenȱ fürȱ dasȱ Heilȱ derȱ Menschenȱ hingibt.ȱ […]ȱ Esȱ istȱ einȱ Messiastum,ȱ dasȱ […]ȱ alleinȱ imȱ urchristlichenȱ Kerygmaȱ hervortritt:ȱ Christusȱ istȱ fürȱ unsereȱ Sündenȱ gestorbenȱ gemäßȱ derȱ Schrift,ȱ istȱ begrabenȱ wordenȱ undȱ amȱ drittenȱ TagȱgemäßȱderȱSchriftȱauferwecktȱworden.“ȱ 251ȱȱ Fabry/Scholtissek,ȱMessias,ȱ93.ȱ 252ȱȱ Fabry/Scholtissek,ȱMessias,ȱ94.ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ inȱ Kapitelȱ 2ȱ inȱ ihremȱ historischenȱ Kontextȱ vorgestelltenȱ biblischenȱ Zukunftsvorstellungenȱ undȱ ihrerȱ weiterenȱ EntwicklungsschritteȱsindȱnunȱdieȱneutestamentlichenȱTexteȱselbstȱaufȱ ihreȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱzuȱuntersuchen.ȱDieȱneutestamentlichenȱ AutorenȱhabenȱinȱreichemȱMaßȱausȱdenȱbiblischenȱÜberlieferungenȱdesȱ Judentumsȱgeschöpft.ȱSieȱwarenȱdieȱGrundtexte,ȱanȱdenenȱsichȱdasȱUrȬ christentumȱorientierteȱundȱinȱderenȱHorizontȱsieȱihreȱneue,ȱebenȱspeziȬ fischȱchristlicheȱWeltdeutungȱeinzeichneten.ȱInsofernȱistȱdieȱ„Neuheit“ȱ derȱchristlichenȱVerkündigungȱrelativȱzuȱihrerȱjüdischenȱHerkunftsweltȱ zuȱsehen.ȱOhneȱsieȱistȱdieȱersteȱFormulierungȱderȱchristlichenȱBotschaftȱ schlechterdingsȱundenkbar.ȱIhrȱUnterschiedȱliegtȱnichtȱdarin,ȱdassȱnunȱ „Christentum“ȱanstelleȱvonȱ„Judentum“ȱverkündetȱwürde,ȱsondernȱistȱ darinȱzuȱsehen,ȱdassȱsichȱinȱderȱGestaltȱJesu,ȱdenȱdieȱChristenȱalsȱMesȬ siasȱbekannten,ȱ„fürȱdieȱZukunftȱverheißeneȱundȱerwarteteȱHoffnungenȱ inȱundȱanȱIsraelȱzuȱverwirklichenȱbeginnen“1.ȱInwiefernȱdiesȱinȱbesonȬ dererȱWeiseȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱderȱFallȱist,ȱgiltȱesȱimȱFolgenȬ denȱzuȱentfalten.ȱ NachȱeinleitendenȱBemerkungen,ȱdieȱsichȱderȱspezifischenȱEigenartȱ desȱDoppelwerksȱwidmenȱundȱdieȱTextauswahlȱbegründenȱ(3.1),ȱwerȬ denȱ einzelneȱ Perikopen,ȱ dieȱ inȱ spezifischerȱ Weiseȱ derȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ zugeordnetȱ werdenȱ können,ȱ analysiertȱ (3.2ȱ bisȱ 3.8).ȱ MehrereȱthematischȱorientierteȱAbschnitteȱdienenȱeinerȱweiterenȱProfiȬ lierungȱ desȱ zuȱ erarbeitendenȱ lukanischenȱ Konzeptsȱ (3.9),ȱ welchesȱ zuȬ nächstȱ fürȱ dieȱ Auslegungȱ derȱ umstrittenenȱ Schlussszeneȱ derȱ ApostelȬ geschichteȱfruchtbarȱgemachtȱwirdȱ(3.10),ȱbevorȱeinȱabschließenderȱTeilȱ dieȱerarbeitetenȱPerspektivenȱfokussierendȱzusammenfasstȱ(3.11).ȱ

3.1ȱ Hinführungȱ Dasȱ Lukasevangeliumȱ undȱ dieȱ Apostelgeschichteȱ stellenȱ dasȱ mitȱ AbȬ standȱ umfangreichsteȱ Werkȱ einesȱ einzelnenȱ Autorsȱ imȱ Neuenȱ TestaȬ mentȱdar.ȱEsȱistȱhilfreich,ȱsichȱzunächstȱeinenȱGesamtüberblickȱzuȱverȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱȱ

Fabry/Scholtissek,ȱMessias,ȱ93.ȱ

106ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

schaffen,ȱ umȱ anschließendȱ aufȱ einzelneȱ Texteȱ undȱ Themenȱ reflektiertȱ zugreifenȱ zuȱ können.ȱ Dieȱ Annäherungȱ erfolgtȱ inȱ dreiȱ Schritten:ȱ Nachȱ Überlegungenȱ zumȱ Autorȱ (3.1.1)ȱ sollȱ eineȱ literarischeȱ Orientierungȱ imȱ Doppelwerkȱ (3.1.2)ȱ schließlichȱ dieȱ begründeteȱ Auswahlȱ derȱ zuȱ unterȬ suchendenȱTexteȱermöglichenȱ(3.1.3).ȱ

3.1.1ȱZurȱDiskussionȱumȱdenȱVerfasserȱ DaȱdieȱAufgabenstellungȱprimärȱanȱinhaltlichenȱFragenȱinteressiertȱist,ȱ mussȱdieȱnachȱwieȱvorȱlebendigȱdiskutierteȱFrage,ȱobȱdieȱtraditionelle,ȱ inȱ derȱ Altenȱ Kircheȱ breitȱ bezeugte2ȱ undȱ unwidersprocheneȱ Ansicht,ȱ dassȱ esȱ sichȱ beimȱ Autorȱ derȱ beidenȱ Bücherȱ umȱ einenȱ Reisebegleiterȱ desȱ Paulusȱ handle,ȱ tatsächlichȱ zutreffendȱ ist,ȱ nichtȱ schonȱ vorwegȱ positivȱ oderȱnegativȱbeantwortetȱwerden.3ȱStattdessenȱkönnenȱnachȱderȱAnalyȬ seȱderȱTexteȱundȱanhandȱderȱfürȱdenȱVerfasserȱerhobenenȱIntentionenȱ Rückschlüsseȱ fürȱ dessenȱ historischȬsoziologischeȱ Verortungȱ gezogenȱ werden.4.ȱ Wennȱ dieȱ vorliegendeȱ Studieȱ denȱ Verfasserȱ desȱ Doppelwerksȱ selbstverständlichȱ „Lukas“ȱ nennt,ȱ soȱ wirdȱ damitȱ alsoȱ nichtȱ schonȱ zwingendȱ einȱ historischesȱ Urteilȱ verknüpft,ȱ sondernȱ derȱ allgemeineȱ Sprachgebrauch,ȱ derȱ sichȱ anȱ denȱ Titelȱ desȱ Evangeliumsȱ hält,ȱ aufgeȬ nommen.ȱWichtigerȱistȱihrȱeineȱAuseinandersetzungȱmitȱderȱ–ȱsowohlȱ unterȱBefürworternȱwieȱSkeptikernȱderȱaltkirchlichenȱAnsichtȱ–ȱverbreiȬ tetenȱ These,ȱ dassȱ derȱ Autorȱ ausȱ denȱ Reihenȱ derȱ „Gottesfürchtigen“ȱ stammte,5ȱeinerȱGruppeȱvonȱ„Sympathisanten,ȱdieȱfürȱdenȱMonotheisȬ musȱ aufgeschlossenȱ waren,ȱ ebensoȱ fürȱ dieȱ jüdischeȱ Ethik,ȱ dieȱ mehrȱ oderȱ wenigerȱ vertrautȱ warenȱ mitȱ denȱ heiligenȱ Schriftenȱ Israels,ȱ mitȱ demȱ vonȱ Opfernȱ undȱ Kultbildernȱ freienȱ Synagogengottesdienstȱ sowieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 2ȱȱ 3ȱȱ

4ȱȱ 5ȱȱ

Vgl.ȱIrenäus,ȱHaerȱ3,1,1;ȱPapiasȱbeiȱEusebius,ȱHistEcclȱ5,8,3.ȱ Vgl.ȱ fürȱ dieȱ skeptischeȱ Position,ȱ dieȱ eineȱ sekundäreȱ Zuschreibungȱ favorisiert,ȱ z.ȱ B.ȱ Broer,ȱ Einleitung,ȱ 130–134;ȱ Bovon,ȱ Lkȱ I,ȱ 22–24;ȱ Pesch,ȱ Apgȱ I,ȱ 27;ȱ eineȱ Bekräftigungȱ derȱaltkirchlichenȱPositionȱfindetȱsichȱz.ȱB.ȱbeiȱJervell,ȱApg,ȱ79–86.ȱ Vgl.ȱuntenȱKap.ȱ3.11.6.;ȱauchȱdieȱGegenüberstellungȱmitȱdemȱpaulinischenȱKonzeptȱ wirdȱErträgeȱfürȱdieseȱFrageȱbringen,ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ5.1.ȱ Vgl.ȱdazuȱvieleȱKommentare,ȱetwaȱBovon,ȱLkȱI,ȱ22;ȱPesch,ȱApgȱI,ȱ27;ȱvgl.ȱaußerdemȱ dieȱzahlreichenȱArbeitenȱvonȱM.ȱHengel,ȱderȱsichȱnachdrücklichȱfürȱdieȱAuthentiziȬ tätȱ derȱ Überlieferungȱ vonȱ Lukas,ȱ demȱ Arzt,ȱ Gottesfürchtigenȱ undȱ Paulusbegleiterȱ eingesetztȱhatȱ(besondersȱausführlichȱinȱHengel/Schwemer,ȱPaulus,ȱ9–40).ȱDieȱFrageȱ nachȱmedizinischenȱTerminiȱimȱDoppelwerkȱwurdeȱmehrfachȱuntersuchtȱ(z.ȱB.ȱHoȬ bart,ȱMedicalȱLanguage;ȱWeissenrieder,ȱImagesȱofȱIllness),ȱohneȱfreilichȱeinenȱKonȬ sensȱerreichtȱzuȱhaben,ȱvgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ7;ȱReiser,ȱSprache,ȱ53.ȱ

ȱ

3.1ȱ Hinführungȱ

107ȱ

mitȱinȱGriechischȱverfassterȱjüdischerȱLiteratur“6.ȱDieȱFrage,ȱinȱwelcherȱ Artȱ undȱ Weiseȱ inȱ diesenȱ Kreisen,ȱ dieȱ dasȱ Judentumȱ ausȱ derȱ Diasporaȱ kanntenȱundȱnichtȱzuȱIsraelȱselbstȱgehörten,ȱeineȱBeschäftigungȱmitȱderȱ ZukunftȱIsraelsȱ–ȱeinemȱspezifischȱjüdischenȱThemaȱ–ȱdenkbarȱist,ȱoderȱ obȱ manȱ nichtȱ geradeȱ anhandȱ desȱ hierȱ untersuchtenȱ Themenbereichesȱ eherȱ aufȱ einenȱ jüdischenȱ (bzw.ȱ judenchristlichen)ȱ Verfasserȱ schließenȱ sollte,7ȱwirdȱdieȱnachfolgendenȱÜberlegungenȱbegleiten.ȱ VonȱBedeutungȱistȱweiterȱdieȱTatsache,ȱdassȱsichȱLukasȱ„alsȱderȱersȬ teȱchristlicheȱ‚Historiker‘“8,ȱdessenȱSchriftenȱsichȱgegenüberȱdenȱandeȬ renȱEvangelistenȱdurchȱdeutlichȱergiebigereȱhistorischeȱNachrichtenȱausȬ zeichnenȱundȱbereitsȱimȱPrologȱtheologischȱneutralȱmitȱdemȱhistorischȬ literarischenȱBegriffȱ„Erzählung“ȱ(Lkȱ1,1:ȱΈ΍φ·΋Η΍Ζ)ȱbezeichnetȱwerden,ȱ inȱ „vielfältiger,ȱ informativerȱ undȱ oftȱ auchȱ positiver,ȱ dasȱ heißtȱ inȱ fürȱ antikeȱ Verhältnisseȱ relativȱ sachlicherȱ Weiseȱ überȱ dasȱ Judentumȱ inȱ PaȬ lästinaȱundȱderȱDiaspora“9ȱäußert.ȱAusȱdieserȱBeobachtungȱlassenȱsichȱ Schlüsseȱ fürȱ seinȱ Verhältnisȱ zuȱ Israelȱ überhauptȱ ziehen,ȱ dieȱ auchȱ fürȱ seineȱvermuteteȱHerkunftȱrelevantȱsind,ȱdaȱerȱalsȱGottesfürchtigerȱderȱ ersteȱ bekannteȱ Nichtjudeȱ überhauptȱ wäre,ȱ derȱ sichȱ inȱ dieserȱ aufgeȬ schlossenenȱWeiseȱüberȱdasȱJudentumȱgeäußertȱhätte.10ȱ Auchȱ stilistischeȱ Beobachtungenȱ zumȱ Doppelwerkȱ gebenȱ wichtigeȱ Hinweise.ȱ Dabeiȱ istȱ fürȱ unserȱ Themaȱ jedochȱ wenigerȱ dieȱ sprachlicheȱ Kompetenzȱ desȱ Lukasȱ alsȱ solcheȱ –ȱ erȱ schreibtȱ einȱ „literarischȱ gehobeȬ ne[s]ȱ hellenistische[s]ȱ Griechisch“11,ȱ hinterȱ demȱ „eineȱ gewisseȱ literariȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 6ȱȱ 7ȱȱ

Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ426.ȱ Fürȱ eineȱ jüdischeȱ Herkunftȱ votierenȱ inȱ unterschiedlicherȱ Intensitätȱ Eckey,ȱ Lkȱ I,ȱ 55;ȱ Wolter,ȱLk,ȱ9f.;ȱJervell,ȱApg,ȱ84f.ȱ 8ȱȱ Hengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ175;ȱdassȱauchȱM.ȱHengelȱnichtȱumhinkommt,ȱdenȱTermiȬ nusȱ „Historiker“ȱ inȱ Anführungszeichenȱ zuȱ setzen,ȱ weistȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ seineȱ Schriftenȱ nichtȱ mitȱ denȱ Geschichtswerkenȱ derȱ griechischȬrömischenȱ Schriftstellerȱ vergleichbarȱ sind,ȱ vgl.ȱ Hengel/Schwemer,ȱ Paulus,ȱ 18:ȱ „Lukas‘ȱ aretalogischȱ gefärbteȱ zweibändigeȱ Geschichteȱ derȱ Entstehungȱ undȱ missionarischenȱ Ausbreitungȱ einerȱ messianischenȱjüdischenȱSekteȱvonȱGaliläaȱbisȱnachȱRomȱistȱeinȱabsolutesȱUnikumȱinȱ derȱantikenȱLiteraturȱundȱkonnteȱbeiȱgebildetenȱLiteratenȱnurȱKopfschüttelnȱhervorȬ rufen.“ȱ 9ȱȱ Hengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ179.ȱȱ 10ȱȱ Aufschlussreichȱ istȱ einȱ Vergleichȱ seinerȱ Darstellungȱ jüdischerȱ Gebräucheȱ undȱ desȱ jüdischenȱ Gottesdienstesȱ mitȱ denȱ ganzȱ überwiegendȱ negativenȱ nichtjüdischenȱ antiȬ kenȱZeugnissenȱbeiȱStern,ȱGreekȱandȱLatinȱAuthorsȱonȱJewsȱandȱJudaism;ȱvgl.ȱauchȱ Cook,ȱTheȱInterpretationȱofȱtheȱOldȱTestament.ȱ 11ȱȱ Pokorný/Heckel,ȱ Einleitung,ȱ 486.ȱ Imȱ NTȱ schreibtȱ erȱ „zusammenȱ mitȱ demȱ Verfasserȱ desȱ Hebräerbriefsȱ dasȱ besteȱ Griechisch“ȱ (Reiser,ȱ Sprache,ȱ 51).ȱ Auffälligȱ sindȱ derȱ kunstvolleȱ Aufbauȱ desȱ Vorwortesȱ (Lkȱ 1,1–4),ȱ stilistischeȱ Glättungenȱ gegenüberȱ derȱ MarkusȬVorlage,ȱVerwendungȱvonȱ Partizipien,ȱWortspieleȱundȱ derȱumfangreichsteȱ

108ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

scheȱ undȱ popularphilosophischeȱ Bildung“12ȱ erkennbarȱ istȱ –ȱ vonȱ InteȬ resse,13ȱsondernȱinsbesondereȱdieȱzahlreichenȱSemitismenȱundȱdieȱvielȬ fachȱ festgestellteȱ auffälligeȱ Anlehnungȱ desȱ lukanischenȱ Stilsȱ anȱ denȱ Sprachgebrauchȱ derȱ Septuaginta,14ȱ ausȱ derenȱ Büchernȱ erȱ „zahlreicheȱ stilistischeȱ Eigenheitenȱ desȱ Erzählsstilsȱ undȱ derȱ Phraseologie“15ȱ überȬ nimmt.ȱ Dasȱ Doppelwerkȱ erinnertȱ dadurchȱ starkȱ anȱ dieȱ biblischeȱ GeȬ schichtsschreibung,ȱsoȱdassȱmanȱauchȱdieȱlukanischenȱErzählungenȱvorȱ demȱHintergrundȱjüdischerȱGeschichtsauffassungȱlesenȱwird.ȱȱ Dasȱ Verhältnisȱ desȱ Lukasȱ zuȱ denȱ alttestamentlichenȱ Erzählungen,ȱ derenȱRelevanzȱfürȱdieȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱinȱKapitelȱ2ȱaufȬ gewiesenȱwurde,ȱbedarfȱdaherȱimȱFolgendenȱbesondererȱAufmerksamȬ keit.ȱAufȱjedenȱFallȱsindȱdieȱstilistischeȱNäheȱzumȱSchrifttumȱderȱSepȬ tuaginta,ȱ dieȱ vielenȱ Übereinstimmungenȱ imȱ Wortschatz,ȱ sowieȱ dieȱ zahlreichenȱ Zitateȱ ausȱ denȱ griechischenȱ Versionenȱ derȱ biblischenȱ BüȬ cherȱ wichtigeȱ Hinweiseȱ darauf,ȱ dassȱ Lukasȱ umfangreicheȱ Kenntnisseȱ vonȱ undȱ Erfahrungenȱ mitȱ denȱ Büchernȱ derȱ griechischenȱ BibelübersetȬ zungȱdesȱJudentumsȱhatte.ȱȱ InȱvielenȱTextanalysenȱhatȱmanȱversucht,ȱdiesenȱTatbestandȱzuȱkonkretisieȬ ren.ȱSoȱnahmȱTraugottȱHoltzȱan,ȱdassȱLukasȱzwarȱdieȱPsalmen,ȱJesajaȱundȱ dasȱ Zwölfprophetenbuchȱ kannte,ȱ nichtȱ jedochȱ dieȱ Toraȱ undȱ dieȱ GeȬ schichtsbücher.16ȱUnterȱBerücksichtigungȱdesȱbesonderenȱStellenwertesȱderȱ Toraȱ imȱ Judentumȱ istȱ letzteresȱ allerdingsȱ unwahrscheinlich,ȱ zumalȱ einigeȱ RedenȱinȱderȱApostelgeschichte,ȱderenȱFormulierungȱmanȱheuteȱinȱderȱReȬ gelȱaufȱLukasȱzurückführt,17ȱzahlreicheȱAnspielungenȱundȱZitateȱausȱdemȱ Pentateuchȱ enthalten.18ȱ Insgesamtȱ istȱ fürȱ unsereȱ Fragestellungȱ freilichȱ vorȱ allemȱrelevant,ȱobȱundȱwelcheȱZukunftskonzepte,ȱwieȱsieȱinȱToraȱundȱGeȬ schichtsbüchernȱgrundgelegtȱsind,ȱvonȱLukasȱrezipiertȱwerden,ȱdaȱsichȱdaȬ rausȱRückschlüsseȱaufȱseineȱeigeneȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱziehenȱlassen.ȱ DieȱeherȱformaleȱFrageȱnachȱderȱKenntnisȱeinzelnerȱBücherȱistȱdemgegenȬ überȱwenigerȱbedeutsam.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 12ȱȱ 13ȱȱ 14ȱȱ 15ȱȱ 16ȱȱ 17ȱȱ 18ȱȱ

Wortschatzȱallerȱntl.ȱAutorenȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱnurȱdieȱdiversenȱVerbenȱderȱBewegungȱinȱLkȱ 21,21;ȱApgȱ3,1–10).ȱ Reiser,ȱ Sprache,ȱ 52f.;ȱ Lukasȱ zeigtȱ zudemȱ Kenntnisseȱ inȱ ganzȱ verschiedenenȱ praktiȬ schenȱBereichenȱ(Rechtswesen,ȱReisenȱundȱSchifffahrt,ȱMedizin,ȱ…).ȱ Vgl.ȱdazuȱinsgesamtȱJeremias,ȱSprache;ȱReiser,ȱSprache,ȱ51–56.ȱȱ Vgl.ȱJervell,ȱApg,ȱ72–76.ȱ Reiser,ȱSprache,ȱ54ȱ(mitȱzahlreichenȱBsp.);ȱerȱmeintȱsogar:ȱ„LukasȱscheintȱsichȱgeraȬ dezuȱeineȱSammlungȱexquisiterȱSeptuagintawendungenȱangelegtȱzuȱhaben“ȱ(ebd.).ȱ Vgl.ȱHoltz,ȱUntersuchungen,ȱ169–171.ȱ Vgl.ȱdazuȱJeska,ȱGeschichte.ȱ Vgl.ȱetwaȱExȱ3,6ȱinȱApgȱ3,13;ȱ7,32ȱoderȱDtnȱ18,15ff.ȱinȱApgȱ3,22f.;ȱ7,37.ȱ

ȱ

3.1ȱ Hinführungȱ

109ȱ

3.1.2ȱOrientierungȱinȱLkȬApgȱ Nachdemȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ mitȱ ca.ȱ 38.000ȱ Wortenȱ imȱ UmȬ fangȱsogarȱdasȱgesamteȱCorpusȱPaulinumȱ(inklusiveȱderȱDeuteropauliȬ nenȱ undȱ desȱ Hebräerbriefs)ȱ übertrifft,ȱ bedarfȱ esȱ zunächstȱ einerȱ textliȬ chenȱ Orientierung.ȱ Dabeiȱ istȱ sowohlȱ aufȱ denȱ Zusammenhangȱ beiderȱ BücherȱwieȱauchȱaufȱderenȱjeweiligenȱAufbauȱeinzugehen,ȱzumalȱsichȱ ausȱdiesenȱVorüberlegungenȱdieȱAuswahlȱderȱzuȱuntersuchendenȱPeriȬ kopenȱergibt.ȱAuchȱistȱdieȱeingangsȱerwähnteȱEigenartȱdesȱlukanischenȱ Werksȱalsȱ„TheologieȱinȱErzählform“19ȱerneutȱinsȱBewusstseinȱzuȱrufen.ȱ

3.1.2.1ȱDerȱZusammenhangȱbeiderȱBücherȱ NachȱdenȱArbeitenȱvonȱHenryȱJoelȱCadbury20ȱbzw.ȱimȱdeutschsprachiȬ genȱRaumȱHansȱConzelmann21,ȱdieȱdieȱengeȱVerbindungȱzwischenȱdemȱ Drittenȱ Evangeliumȱ undȱ derȱ Apostelgeschichteȱ herausgestelltȱ haben,ȱ istȱdieȱRedeȱvomȱ„lukanischenȱDoppelwerk“,ȱdieȱdieȱAbfassungȱbeiderȱ Schriftenȱ durchȱ denselbenȱ Autorȱ voraussetzt,ȱ nahezuȱ selbstverständȬ lichȱ geworden.ȱ Weitereȱ Studien,ȱ sowohlȱ zuȱ inhaltlichenȱ Themen,ȱ alsȱ auchȱ zurȱ durchgehendenȱ erzählerischenȱ Einheitȱ desȱ Doppelwerks,ȱ konntenȱ dieseȱ bereitsȱ inȱ derȱ Altenȱ Kircheȱ vertreteneȱ Grundoption22ȱ inȱ denȱ letztenȱJahrenȱ stetsȱ bekräftigen.23ȱ Esȱ istȱ klar,ȱ dassȱ sichȱ daherȱauchȱ „dasȱGeschichtsbildȱdesȱLukasȱnurȱdurchȱeineȱgemeinsameȱInterpretaȬ tionȱ beiderȱ Werkeȱ erhebenȱ lässt“24ȱ –ȱ wenngleichȱ wirȱ hinzufügenȱ müsȬ sen:ȱ unterȱ Berücksichtigungȱ derȱ vonȱ Lukasȱ inȱ seinemȱ Doppelwerkȱ reȬ zipiertenȱbiblischenȱTraditionen.ȱ MitȱJensȱSchröterȱistȱfreilichȱzuȱbedenken,ȱdassȱbeiȱallerȱoftȱbeschworenenȱ Einheitȱ desȱ Doppelwerkesȱ beideȱ Bändeȱ keinerȱ identischenȱ literarischenȱ Gattungȱzugeordnetȱwerdenȱkönnen.25ȱWährendȱdieȱApostelgeschichteȱvieȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 19ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ1.2.ȱ 20ȱȱ Vgl.ȱCadbury,ȱLexicalȱNotes;ȱders.,ȱStyle;ȱnachȱShauf,ȱTheologyȱasȱHistory,ȱ1ȱAnm.ȱ1ȱ istȱdieȱRedeȱvonȱ“LukeȬActs”ȱvorȱallemȱdurchȱihnȱverbreitetȱworden,ȱvgl.ȱdazuȱauchȱ Schröter,ȱLukasȱalsȱHistoriograph,ȱ226.ȱ 21ȱȱ Vgl.ȱConzelmann,ȱMitteȱderȱZeit.ȱ 22ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱEusebius,ȱHistEcclȱ1,5–7.ȱ 23ȱȱ Vgl.ȱ nurȱ Tannehill,ȱ Narrativeȱ Unity;ȱ Löning,ȱ Geschichtswerk;ȱ Verheydenȱ (Hg.),ȱ Unityȱ ofȱ LukeȬActs;ȱ vgl.ȱ außerdemȱ dieȱ Kommentierungȱ beiderȱ Werkeȱ inȱ einerȱ Kommentarreiheȱ(AncB)ȱvonȱJ.ȱFitzmyer.ȱ 24ȱȱ Schröter,ȱLukasȱalsȱHistoriograph,ȱ226.ȱ 25ȱȱ Vgl.ȱdazuȱSchröter,ȱLukasȱalsȱHistoriograph,ȱ226ff.ȱ

110ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

leȱMerkmaleȱderȱhellenistischenȱGeschichtsschreibungȱaufweist26,ȱfolgtȱdasȱ Evangeliumȱ deutlicherȱ denȱ Vorlagenȱ ausȱ demȱ Markusevangelium.ȱ Lukasȱ mühtȱ sichȱ zwarȱ umȱ eineȱ auchȱ erzählerischȬformaleȱ Einheitȱ seinerȱ beidenȱ Werke,ȱwieȱdieȱsignifikantȱgrößerenȱGemeinsamkeitenȱdesȱLukasevangeliȬ umsȱ gegenüberȱ denȱ anderenȱ Evangelienȱ mitȱ derȱ zeitgenössischenȱ GeȬ schichtsschreibungȱ zeigen.27ȱ Dochȱ trifftȱ sichȱ dieȱ Einheitȱ wenigerȱ inȱ derȱ FormȱderȱErzählungȱalsȱeinerȱgeschichtlichenȱDarstellung,ȱ alsȱvielmehrȱinȱ ihremȱ Inhalt,ȱ insofernȱ schonȱ dieȱ Jesuserzählungȱ desȱ Evangeliumsȱ besonȬ dersȱ aufȱ denȱ weiterenȱ Verlaufȱ desȱ zweitenȱ Werkesȱ abgestimmtȱ ist.ȱ Dasȱ großeȱ Themaȱ derȱ Apostelgeschichte,ȱ dieȱ Einführungȱ vonȱ Heidenȱ insȱ GotȬ tesvolk,ȱwirdȱimȱEvangeliumȱvorbereitet.ȱAuchȱdieȱTatsache,ȱdassȱsichȱdieȱ Darstellungȱ derȱ Apostelgeschichteȱ jeȱ undȱ jeȱ mehrȱ nachȱ derȱ Intentionȱ desȱ Autorsȱ alsȱ nachȱ denȱ Lukasȱ bekanntenȱ Faktenȱ richtet,28ȱ weistȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱLukasȱbeiȱallerȱhistorischenȱBemühungȱletztlichȱdochȱdieȱAbsichtȱverȬ folgt,ȱseinenȱLesernȱeineȱbestimmteȱBotschaftȱzuȱvermitteln.ȱȱ

DiesȱallesȱlässtȱauchȱdenȱSchlussȱzu,ȱdassȱLukasȱzwarȱwohlȱvonȱAnfangȱ anȱ dieȱ Abfassungȱ beiderȱ Werkeȱ geplantȱ hatte,ȱ dieȱ Apostelgeschichteȱ aberȱvermutlichȱeinigeȱJahreȱspäterȱalsȱdasȱEvangeliumȱanzusetzenȱist.29ȱ Dieȱ Annahmeȱ einerȱ solchenȱ sukzessivenȱ Entstehungȱ desȱ vonȱ Anfangȱ anȱaufȱzweiȱTeileȱangelegtenȱDoppelwerksȱgibtȱRaumȱfürȱeineȱgewisseȱ EntwicklungsphaseȱdesȱAutorsȱundȱerklärtȱdasȱVorȬȱbzw.ȱZurücktretenȱ bestimmterȱThemen,ȱerlaubtȱaberȱtrotzdemȱnochȱdieȱAuslegungȱbeiderȱ TeileȱalsȱEinheit.ȱ DieseȱspezifischeȱVerbundenheitȱbeiderȱSchriftenȱlässtȱsichȱgutȱanȬ handȱ derȱ Prooemienȱ (Lkȱ 1,1–4;ȱ Apgȱ 1,1–3)ȱ veranschaulichen.ȱ Gemäßȱ derȱ antikenȱ Konvention,ȱ dassȱ eineȱ Einleitungȱ schonȱ aufȱ dasȱ gesamteȱ Werkȱ vorausschaut,ȱ lässtȱ sichȱ Lkȱ 1,1–4ȱ inȱ einigenȱ Punktenȱ fürȱ beideȱ Schriftenȱ auswerten.30ȱ Entsprechendȱ nimmtȱ dasȱ Vorwortȱ derȱ ApostelȬ geschichteȱzwarȱdeutlichȱaufȱLkȱ1,1–4ȱBezug,ȱgibtȱselbstȱaberȱkeineȱneuȬ enȱ Inhaltsvorgabenȱ fürȱ dasȱ zweiteȱ Buchȱ –ȱ dieȱ inȱ Lkȱ 1,1ȱ angekündigteȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 26ȱȱ Vgl.ȱdazuȱPlümacher,ȱLukasȱalsȱgriechischerȱHistoriker,ȱ235f.ȱ 27ȱȱ NebenȱdenȱSynchronismenȱinȱLkȱ2,1f.ȱundȱ3,1ȱsindȱhierȱetwaȱdieȱAnspielungenȱaufȱ historischeȱEreignisseȱinȱ13,1–9,ȱ19,12.14ȱoderȱ21,20f.ȱzuȱnennen.ȱ 28ȱȱ VermutlichȱverschweigtȱLukasȱgerneȱKonfliktfelderȱwieȱetwaȱdenȱsog.ȱ„AntiocheniȬ schenȱZwischenfall“,ȱdieȱpaulinischeȱKollekteȱoderȱdieȱGestaltȱdesȱunbeschnittenenȱ Titus,ȱwährendȱerȱanȱandererȱStelleȱwohlȱBegebenheitenȱumȱeigenerȱAnliegenȱwillenȱ ergänztȱ oderȱ zumindestȱ anreichertȱ (vgl.ȱ etwaȱ dieȱ Summarienȱ überȱ dasȱ Lebenȱ derȱ UrgemeindeȱApgȱ2–5,ȱdieȱkonstruierteȱVerbindungȱvonȱApostelkonventȱundȱdenȱJaȬ kobusklauselnȱoderȱdenȱ„typisierten“ȱAuftrittȱdesȱPaulusȱinȱAthenȱApgȱ17);ȱvgl.ȱdaȬ zuȱuntenȱKap.ȱ3.11.3.ȱ 29ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱJervell,ȱApg,ȱ85f.ȱ 30ȱȱ Einȱ analogesȱ Beispielȱ findetȱ sichȱ beiȱ Josephus,ȱ derȱ imȱ 1.ȱ Buchȱ derȱ Schriftȱ ‚Contraȱ Apionem‘ȱ einȱ ausführlichesȱ Vorwortȱ fürȱ dasȱ Gesamtwerkȱ bietet,ȱ währendȱ demȱ zweitenȱBuchȱlediglichȱeineȱknappeȱEinleitungȱvorangestelltȱist.ȱ

ȱ

3.1ȱ Hinführungȱ

111ȱ

Έ΍φ·΋Η΍ΖȱwirdȱmitȱihrenȱverschiedenenȱCharakteristikaȱ(ErfüllungschaȬ rakter,ȱ Authentizitätȱ durchȱ Augenzeugen,ȱ katechetischeȱ Ausrichtungȱ aufȱTheophilus)ȱauchȱinȱderȱApostelgeschichteȱweitergeführt:ȱDieȱ„AuȬ genzeugenȱundȱDienerȱdesȱWortes“ȱ(Lkȱ1,2),ȱbeiȱdenenȱesȱsichȱumȱdieȬ selbeȱGruppeȱhandelt,ȱgeltenȱalsȱGewährsleuteȱfürȱbeideȱBücher.ȱEbenȬ soȱwerdenȱ„dieȱinȱunsererȱZeitȱzurȱErfüllungȱgelangtenȱBegebenheiten“ȱ (Lkȱ1,1)ȱnichtȱnurȱimȱEvangelium,ȱsondernȱauchȱnochȱimȱzweitenȱBuchȱ erzählt.31ȱ Dassȱ sieȱ sichȱ alleȱ aufȱ Augenzeugenȱ zurückführenȱ lassen,ȱ erȬ höhtȱihreȱAutorität.ȱ

3.1.2.2ȱZumȱAufbauȱdesȱDoppelwerksȱ Vereinfachendȱ lässtȱ sichȱ derȱ Inhaltȱ derȱ beidenȱ lukanischenȱ Bücherȱ soȱ zusammenfassen:ȱ Dasȱ Lukasevangeliumȱ erzähltȱ dieȱ Geschichteȱ Jesuȱ vonȱ Nazareth,ȱ einsetzendȱ mitȱ seinerȱ Geburtȱ (bzw.ȱ sogarȱ nochȱ einerȱ Vorgeschichteȱdazu),ȱbisȱzurȱHimmelfahrtȱdesȱAuferstandenenȱinȱJeruȬ salem.ȱ Dieȱ Apostelgeschichteȱ erzähltȱ vonȱ derȱ Entstehungȱ derȱ sichȱ aufȱ diesenȱ Jesusȱ berufendenȱ Gemeinschaftȱ ausȱ Judenȱ undȱ Heiden,ȱ einsetȬ zendȱ wiederumȱ mitȱ derȱ Himmelfahrtȱ Jesuȱ (bzw.ȱ seinenȱ österlichenȱ Erscheinungen)ȱ inȱ Jerusalemȱ undȱ endendȱ mitȱ derȱ Verkündigungȱ desȱ PaulusȱinȱRom.ȱ Schonȱ dieȱ auffälligeȱ Verklammerungȱ durchȱ dieȱ Himmelfahrtȱ Jesu,ȱ dieȱ zwarȱ bereitsȱ inȱ Lkȱ 24ȱ erzähltȱ wurde,ȱ aberȱ inȱ Apgȱ 1ȱ –ȱ inȱ variierterȱ Formȱ–ȱnochmalsȱwiederholtȱwird,ȱlässtȱsensibelȱdafürȱwerden,ȱdassȱdieȱ aufȱ denȱ erstenȱ Blickȱ schwerȱ zuȱ verknüpfendenȱ Inhalteȱ (dasȱ „Lebenȱ Jesu“ȱ einerseits,ȱ dieȱ „Gründungsgeschichteȱ derȱ Kirche“ȱ andererseits)ȱ zusammengesehenȱ werdenȱ wollen.ȱ Tatsächlichȱ lässtȱ sichȱ beiȱ allerȱ EiȬ genständigkeitȱ derȱ Darstellungenȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ aufweisen,ȱ dassȱ Lukasȱ sichȱ inȱ derȱ Anordnungȱ desȱ dortȱ Erzähltenȱ amȱ Aufrissȱ desȱ Evangeliumsȱ orientiert,ȱ soȱ dassȱ sichȱ beideȱ Werkeȱ ihrerȱ Strukturȱ nachȱ entsprechen:32ȱ Aufȱ einenȱ kurzenȱ Prologȱ (Lkȱ 1,1–4;ȱ Apgȱ 1,1–3)ȱ folgtȱ jeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 31ȱȱ Esȱwirdȱdiskutiert,ȱobȱdieȱΔΉΔΏ΋ΕΓΚΓΕ΋ΐνΑ΅ȱπΑȱ ψΐϧΑȱΔΕΣ·ΐ΅Θ΅ȱ (Lkȱ1,1)ȱsichȱnurȱ aufȱ dasȱ Evangeliumȱ oderȱ aberȱ aufȱ dasȱ gesamteȱ Doppelwerkȱ beziehenȱ (vgl.ȱ dazuȱ Wolter,ȱLk,ȱ60);ȱnebenȱderȱ„Tatsache,ȱdassȱLukasȱdieȱeigeneȱGegenwartȱalsȱTerminusȱ anteȱ quemȱ fürȱ dasȱ Endeȱ derȱ darzustellendenȱ Ereignisseȱ benennt“ȱ (Wolter,ȱ Lk,ȱ 61),ȱ sprechenȱauchȱdieȱnirgendwoȱfestzustellendeȱEingrenzungȱdieserȱEreignisseȱaufȱdasȱ AuftretenȱJesuȱsowieȱderȱinȱgewisserȱWeiseȱ„vorläufige“ȱAbschlussȱinȱLkȱ24ȱfürȱdieȱ AusdehnungȱaufȱdieȱErzählungenȱbeiderȱBücher.ȱ 32ȱȱ Vgl.ȱnurȱHeusler,ȱKapitalprozesse,ȱ4:ȱ„InȱderȱneutestamentlichenȱExegeseȱgiltȱesȱalsȱ gesichert,ȱdaßȱLukasȱseineȱbeidenȱSchriftenȱüberȱweiteȱStreckenȱbewußtȱparallelȱgeȬ staltet“;ȱvgl.ȱauchȱdieȱListeȱderȱParallelenȱbeiȱTalbert,ȱLiteraryȱpatterns,ȱ16–18;ȱzwarȱ wirdȱderȱ„Geschehenszusammenhangȱ[…]ȱinȱzweiȱHandlungszügenȱerzählt,ȱdieȱerȬ

112ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

weilsȱeineȱVorgeschichte,ȱdieȱalsȱersterȱHauptteilȱaufȱzentraleȱLeitlinienȱ desȱ Werkesȱ aufmerksamȱ macht.ȱ Imȱ erzählerischenȱ Aufrissȱ sindȱ dieseȱ beidenȱ Teileȱ durchȱ dieȱ Vorbereitungȱ desȱ Wirkensȱ Jesuȱ bzw.ȱ seinerȱ Zeugenȱ gekennzeichnet.ȱ Dieȱ Geschichtenȱ imȱ Umfeldȱ derȱ Geburtȱ desȱ Messiasȱ Jesusȱ (Lkȱ 1–2)ȱ stehenȱ nichtȱ isoliertȱ fürȱ sich,ȱ sondernȱ werdenȱ durchȱ dieȱ TaufȬȱ undȱ Versuchungserzählungenȱ (Lkȱ 3,1–4,13)ȱ ergänzt,33ȱ bevorȱzurȱDarstellungȱdesȱöffentlichenȱWirkensȱJesuȱübergeleitetȱwirdȱ (Lkȱ4,14f.).ȱDiesemȱTextabschnittȱentsprechenȱinȱderȱApostelgeschichteȱ dieȱVorbereitungsszenenȱfürȱdasȱWirkenȱderȱZeugenȱJesu:ȱIhreȱBeauftȬ ragungȱ durchȱ denȱ Auferstandenenȱ (Apgȱ 1,4–8)ȱ undȱ dessenȱ HimmelȬ fahrtȱ (Apgȱ 1,9–14)ȱ sowieȱ dieȱ Vervollständigungȱ desȱ Zwölferkreisesȱ (1,15–26).ȱ Daraufȱ folgenȱ jeweilsȱ dreiȱ Teile,ȱ dieȱ sichȱ auchȱ geographischȱ unterscheidenȱ lassen.34ȱ Dieȱ ersteȱ Phaseȱ desȱ öffentlichenȱ Wirkensȱ Jesuȱ wirdȱ ausschließlichȱ inȱ Galiläaȱ verortetȱ (Lkȱ 4,14–9,50)ȱ undȱ findetȱ ihrȱ PendantȱinȱdenȱerstenȱöffentlichenȱAuftrittenȱderȱZeugenȱJesu,ȱdieȱaufȱ Jerusalemȱbeschränktȱbleibenȱ(Apgȱ2,1–8,1a).ȱLukasȱbietetȱdamitȱeinenȱ textlichȱwieȱgeographischȱbegrenztenȱzweitenȱHauptteilȱfürȱseineȱbeidenȱ Bände.ȱDieserȱöffnetȱsichȱinȱbeidenȱBüchernȱfürȱeinenȱdeutlichȱumfangȬ reicherenȱdrittenȱHauptteil.ȱWährendȱerȱimȱEvangeliumȱalsȱeineȱgroßanȬ gelegteȱ Reiseȱ Jesuȱ vonȱ Galiläaȱ nachȱ Jerusalemȱ gestaltetȱ ist,ȱ dieȱ alsȱ erȬ zählerischerȱ Rahmenȱ Kerntexteȱ derȱ Botschaftȱ Jesuȱ umgreiftȱ (Lkȱ 9,51– 19,28),35ȱwirdȱinȱderȱApostelgeschichteȱunterȱenormerȱAusdehnungȱdesȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ zählmorphologischȱ alsȱ eineȱ Sequenzȱ aufzufassenȱ sind“ȱ (Löning,ȱ Geschichtswerkȱ I,ȱ 48f.),ȱjedochȱistȱdabeiȱderȱ„makrosequentielle[…]ȱWechselȱvomȱerstenȱzumȱzweitenȱ Buch“ȱ (Löning,ȱ Geschichtswerkȱ I,ȱ 49)ȱ zuȱ beachten,ȱ dieȱ insbesondereȱ „dieȱ programȬ matischeȱVeränderungȱderȱFigurenkonstellationȱinȱderȱApostelgeschichteȱgegenüberȱ demȱLukasevangelium“ȱ(ebd.)ȱanzeigt.ȱ 33ȱȱ Derȱ auffälligeȱ Synchronismusȱ inȱ Lkȱ 3,1ȱ markiertȱ nichtȱ denȱ Beginnȱ einesȱ neuenȱ Hauptteils,ȱsondernȱstelltȱeineȱWeiterführungȱderȱNamensangabenȱinȱLkȱ1,5ȱundȱ2,1ȱ dar,ȱ dieȱ diesenȱ vorbereitendenȱ Teilȱ insgesamtȱ prägen,ȱ imȱ Restȱ desȱ Evangeliumsȱ jeȬ dochȱ fehlen,ȱ daȱ sieȱ zuȱ denȱ notwendigenȱ Prolegomenaȱ gehören;ȱ soȱ wirdȱ hierȱ „derȱ Zusammenhangȱ zwischenȱ Lkȱ 3ȱ undȱ Lkȱ 1–2ȱ besondersȱ deutlich“ȱ (Löning,ȱ GeȬ schichtswerkȱ I,ȱ 139;ȱ vgl.ȱ auchȱ Heckel/Pokorný,ȱ Einleitung,ȱ 490).ȱ Aufschlussreichȱ istȱ dieȱGliederungȱbeiȱWolter,ȱLk,ȱVIIf.17,ȱderȱbisȱhierherȱdreiȱAbschnitteȱunterscheidet,ȱ dieȱjeweilsȱmitȱHilfeȱvonȱPersonennamenȱ(Herodes,ȱQuirinius,ȱJohannes,ȱJesus)ȱvonȬ einanderȱ abgegrenztȱ werden:ȱ Sieȱ alleȱ zeigenȱ eineȱ besondereȱ Prägungȱ alsȱ VorgeȬ schichten.ȱ 34ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱLkȬGliederungȱbeiȱSchnelle,ȱEinleitung,ȱ291.ȱ 35ȱȱ DieserȱTeilȱwirdȱverbreitetȱalsȱlukanischerȱ„Reisebericht“ȱbezeichnet;ȱesȱhandeltȱsichȱ dabeiȱ umȱ „dieȱ markantesteȱ Besonderheitȱ beimȱ Aufrissȱ desȱ Lukas“ȱ (Feldmeier,ȱ LuȬ kasevangelium,ȱ 113)ȱ imȱ Vergleichȱ mitȱ denȱ anderenȱ Evangelien.ȱ Dasȱ Endeȱ diesesȱ Hauptteilsȱ lässtȱ sichȱ nichtȱ eindeutigȱ bestimmen,ȱ daȱ dieȱ folgendeȱ Erzählungȱ vomȱ EinzugȱinȱJerusalemȱ(19,29–44)ȱalsȱBrückeȱzumȱletztenȱHauptteilȱdient.ȱVgl.ȱdazuȱunȬ tenȱKap.ȱ3.2ȱundȱ3.3.ȱ

ȱ

3.1ȱ Hinführungȱ

113ȱ

geographischenȱRadiusȱüberȱIsraelȱhinausȱ(Samaria,ȱAntiochien,ȱKleinȬ asienȱ undȱ Griechenland)ȱ erzählt,ȱ wieȱ durchȱ dasȱ Wirkenȱ derȱ Zeugenȱ JesuȱdasȱEvangeliumȱinȱdieȱVölkerweltȱgetragenȱwirdȱ(Apgȱ8,1b–21,14).ȱ Jeweilsȱ inȱ dieȱ Mitteȱ dieserȱ Textzusammenhänge,ȱ dieȱ beideȱ durchȱ dieȱ Dynamikȱ desȱ WegȬȱ bzw.ȱ Reisemotivsȱ geprägtȱ sind,ȱ hatȱ Lukasȱ einenȱ SchlüsseltextȱfürȱdieȱgesamteȱSzenerieȱgestellt.ȱImȱEvangeliumȱistȱdiesȱ dieȱ aufȱ denȱ erstenȱ Blickȱ unscheinbareȱ Perikopeȱ Lkȱ 13,31–35,ȱ dieȱ dasȱ GeschickȱJesu,ȱseineȱReiseȱnachȱundȱdieȱbevorstehendeȱPassionȱinȱJeruȬ salem,ȱaufȱdieȱdieserȱTeilȱzuläuft,ȱtheologischȱdeutet.36ȱHingegenȱwirdȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ dasȱ Themaȱ derȱ Heidenmission,ȱ dasȱ schonȱ vorherȱmehrfachȱangeklungenȱistȱundȱdenȱdrittenȱHauptteilȱderȱAposȬ telgeschichteȱ entscheidendȱ prägt,ȱ durchȱ dasȱ Mittelstückȱ Apgȱ 15,1–29ȱ aufȱ demȱ Apostelkonventȱ einerȱ ekklesiologischenȱ Klärungȱ zugeführt;37ȱ trotzȱderȱzahlreichenȱReisenȱistȱdieserȱganzeȱAbschnittȱ–ȱwieȱschonȱdasȱ Gegenstückȱ imȱ Evangeliumȱ –ȱ letztlichȱ aufȱ Jerusalemȱ hingeordnet,ȱ dasȱ nichtȱ nurȱ Schauplatzȱ desȱ Apostelkonventsȱ ist,ȱ sondernȱ auchȱ amȱ Endeȱ wiederȱ alsȱ Zielȱ desȱ Paulusȱ erscheint.ȱ Entsprechendȱ istȱ inȱ beidenȱ BüȬ chernȱ einȱ vierterȱ Hauptteilȱ ganzȱ inȱ Jerusalemȱ angesiedeltȱ undȱ handeltȱ vonȱdenȱAuseinandersetzungen,ȱinȱderenȱMittelpunktȱJesusȱ(Lkȱ19,29– 24,53)ȱbzw.ȱseinȱZeugeȱPaulusȱ(Apgȱ21,15–28,15)ȱstehen.ȱWährendȱdasȱ EvangeliumȱmitȱderȱPassionȱundȱderȱAuferstehungȱbzw.ȱHimmelfahrtȱ Jesuȱ inȱJerusalemȱendet,ȱ führtȱ derȱ mehrfachȱ anȱdieȱPassionȱJesuȱangeȬ lehnteȱWegȱdesȱPaulus38ȱüberȱJerusalemȱhinausȱnachȱRom.ȱDochȱistȱderȱ Abschlussȱ inȱ Romȱ (Apgȱ 28,16–31)ȱ durchȱ dieȱ umfangreicheȱ SeereiseȬ Erzählungȱ (Apgȱ 27,1–28,15)ȱ vonȱ denȱ anderenȱ Kapitelnȱ getrenntȱ undȱ stelltȱ einenȱ Epilog39ȱ zumȱ Gesamtwerkȱ dar,ȱ indemȱ sieȱanhandȱ desȱTrefȬ fensȱzwischenȱPaulusȱundȱrömischenȱJuden,ȱdasȱmitȱderenȱUnentschieȬ denheitȱ gegenüberȱ derȱ Evangeliumsverkündigungȱ endet,ȱ eineȱ letzteȱ AussageȱzuȱIsraelȱausȱSichtȱdesȱLukasȱmacht.ȱ Soȱ ergibtȱ sichȱ folgendeȱ Gliederungȱ inȱ vierȱ Hauptteile,ȱ dieȱ durchȱ zweiȱPrologeȱundȱeinenȱEpilogȱgerahmtȱwerden:40ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 36ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.2.ȱ 37ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.8.ȱ 38ȱȱ DerȱAblaufȱderȱProzesse,ȱdieȱgegenȱJesusȱbzw.ȱPaulusȱgeführtȱwerden,ȱkannȱparallelȬ isiertȱ werden,ȱ vgl.ȱ dazuȱ Heusler,ȱ Kapitalprozesse,ȱ 8–182;ȱ Radl,ȱ Paulusȱ undȱ Jesus;ȱ Schweizer,ȱLk,ȱ226;ȱKraus,ȱEvangelium,ȱ33.ȱ 39ȱȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ einenȱ „narrativen“ȱ Epilog,ȱ derȱ daherȱ keineȱ strengȱ formaleȱ EntȬ sprechungȱzuȱdenȱPrologenȱdarstellt.ȱ 40ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱRusam,ȱApostelgeschichte,ȱ230f.,ȱderȱaufȱParallelenȱzwischenȱbeidenȱ Bändenȱ aufmerksamȱ macht,ȱ allerdingsȱ einenȱ anderenȱ Wegȱ einschlägt;ȱ außerdemȱ Bovon,ȱLkȱI,ȱ14f.ȱ

114ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Lukasevangeliumȱ Lkȱ1,1–4:ȱȱ Prologȱ Lkȱ1,5–4,13:ȱ ErsterȱHauptȬ teilȱ Lkȱ4,14–9,50:ȱ Zweiterȱ Hauptteilȱ Lkȱ9,51–19,28:ȱ Dritterȱ Hauptteilȱ ȱ ȱ

Lkȱ19,29– 24,53:ȱ Vierterȱ Hauptteilȱ ȱ ȱ

ȱ VorbereitungȱdesȱWirkensȱ desȱMessiasȱJesusȱ DasȱWirkenȱȱ desȱMessiasȱJesusȱȱ inȱGaliläaȱ DasȱWirkenȱdesȱMessiasȱ JesusȱaufȱdemȱWegȱnachȱ Jerusalemȱ ȱ ȱ Zentrumȱ13,31–35:ȱȱ DasȱGeschickȱJesuȱ DerȱMessiasȱJesusȱ inȱJerusalemȱ (abȱ22,1:ȱProzess,ȱPassionȱ undȱAuferstehung/HimȬ melfahrt)ȱ ȱ

Apostelgeschichteȱ Apgȱ1,1–3:ȱȱ Prologȱ Apgȱ1,4–26:ȱ ErsterȱHauptȬ teilȱ Apgȱ2,1–8,1a:ȱ Zweiterȱ Hauptteilȱ Apgȱ8,1b– 21,14:ȱ Dritterȱ Hauptteilȱ ȱ ȱ Apgȱ21,15– 28,15:ȱ Vierterȱ Hauptteilȱ ȱ Apgȱ28,16–31:ȱ Epilogȱ

ȱ VorbereitungȱdesȱWirkensȱ derȱMessiaszeugenȱ DasȱWirkenȱȱ derȱMessiaszeugenȱȱ inȱJerusalemȱ DasȱWirkenȱderȱMessiasȬ zeugenȱaufȱdemȱWegȱinȱdieȱ VölkerweltȱundȱinȱRückbinȬ dungȱanȱJerusalemȱ ȱ Zentrumȱ15,1–29:ȱȱ DerȱApostelkonventȱ DerȱMessiaszeugeȱPaulusȱ inȱJerusalemȱȱ (abȱ21,27:ȱProzessȱundȱ ÜbersendungȱnachȱRom)ȱ DerȱMessiaszeugeȱPaulusȱ undȱdieȱJudenȱinȱRomȱȱ (AbschließendeȱDeutungȱ desȱjüdischenȱVerhaltens)ȱ

ȱ Dieȱ paralleleȱ Strukturȱ zeigtȱ sichȱ insbesondereȱ imȱ Blickȱ aufȱ Jerusalem:ȱ Dieȱ AnfangsȬȱ undȱ Schlusskapitelȱ spielenȱ inȱ beidenȱ Büchernȱ inȱ derȱ Stadt,ȱ demȱ Wegȱ Jesuȱ nachȱ Jerusalemȱ entsprichtȱ dieȱ paulinischeȱ Reise.ȱ ZwarȱbringtȱderȱProzessȱdesȱPaulusȱesȱmitȱsich,ȱdassȱdieserȱJerusalemȱ verlassenȱ muss,ȱ dochȱ hatȱ Lukasȱ durchȱ dieȱ langeȱ undȱ auffälligeȱ SeeȬ fahrtserzählungȱdieȱStationȱRomȱalsȱEpilogȱvomȱRestȱdesȱBuchesȱabgeȬ trennt,ȱ währendȱ erȱ dieȱ Szenenȱ inȱ Caesareaȱ engȱ anȱ Jerusalemȱ zurückȬ bindet.41ȱVomȱUmfangȱdesȱErzählstoffesȱherȱliegtȱsoȱdasȱganzeȱGewichtȱ derȱSchlusskapitelȱaufȱJerusalem42.ȱInȱbeidenȱBüchernȱsindȱdieȱAnfängeȱ inȱeherȱpositivemȱLichtȱgezeichnet,ȱwährendȱesȱinȱdenȱSchlusskapitelnȱ zuȱgewaltigenȱKonfliktenȱinȱderȱStadtȱkommt.ȱImȱMittelteilȱbeiderȱBüȬ cherȱ stehenȱ ausgedehnteȱ „Reiseberichte“,ȱ dieȱ jeweilsȱ inȱ Jerusalemȱ enȬ den.43ȱDerȱVerlaufȱderȱGeschichteȱhältȱsichȱnichtȱanȱRegelnȱliterarischerȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 41ȱȱ Vgl.ȱApgȱ24,1.11;ȱ25,1.3.7.9.15.20.24;ȱ26,4.10.20.ȱ 42ȱȱ SelbstȱinȱRomȱerwähntȱPaulusȱdieȱStadtȱnochȱinȱApgȱ28,17.ȱ 43ȱȱ InȱderȱApgȱwirdȱdiesȱerstȱabȱ19,21ȱausdrücklichȱerwähnt;ȱderȱVersȱstelltȱinȱgewisserȱ HinsichtȱeineȱParalleleȱzuȱLkȱ9,51ȱdar.ȱ

ȱ

3.1ȱ Hinführungȱ

115ȱ

Parallelisierungen,ȱsoȱdassȱdieȱAnalogienȱstetsȱauchȱdurchȱUnterschieȬ deȱgeprägtȱsind.ȱDochȱwirdȱmanȱfeststellenȱkönnen,ȱdassȱesȱLukasȱbeȬ wusstȱ daraufȱ ankam,ȱ dieȱ Geschichte,ȱ wieȱ sieȱ ihmȱ bekanntȱ war,ȱ soȱ zuȱ strukturieren,ȱdassȱgeradeȱdieȱStadtȱJerusalemȱeinenȱgewichtigenȱPlatzȱ erhielt.ȱ Werdenȱ beideȱ Bücherȱ zusammengelegt,ȱ ergibtȱ sichȱ alsȱ Mitteȱ desȱ Doppelwerkesȱ dasȱ zentraleȱ Geschehenȱ inȱ Jerusalem,ȱ dasȱ sichȱ vonȱ denȱ PassionserzählungenȱmitȱTodȱundȱAuferstehungȱJesuȱinȱLkȱ19–24ȱüberȱ Erscheinungenȱ undȱ Himmelfahrtȱ bisȱ zurȱ Geistausgießungȱ undȱ denȱ AnfängenȱderȱGemeindeȱhinziehtȱ(Apgȱ1–7).ȱ DieȱÜbersichtȱdientȱeinerȱerstenȱOrientierungȱundȱwäreȱinȱvielerleiȱ Hinsichtȱ zuȱ differenzieren.ȱ Zahlreicheȱ weitereȱ Akzentuierungenȱ undȱ ArgumenteȱfürȱdenȱhierȱvorgelegtenȱAufbauȱbietenȱdieȱnächstenȱKapiȬ tel.ȱImmerhinȱlässtȱbereitsȱdieseȱersteȱGrundgliederungȱmanchenȱErtragȱ fürȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ erwarten:ȱ Dieȱ Begrenzungȱ desȱ öffentlichenȱ Wirkensȱ Jesuȱ aufȱ zuȱ Israelȱ gehörendeȱ Gebieteȱ (Galiläa,ȱ Judäa,ȱz.ȱT.ȱSamaria),ȱdieȱauffälligeȱAusrichtungȱbeiderȱBücherȱaufȱdieȱ heiligeȱ Stadtȱ Jerusalem,ȱ sowieȱ einȱ Epilog,ȱ derȱ dasȱ Doppelwerkȱ mitȱ eiȬ nerȱDiskussionȱzwischenȱPaulusȱundȱeinigenȱJuden,ȱdieȱsichȱnichtȱeinȬ mütigȱ zurȱ Annahmeȱ desȱ vonȱ Paulusȱ verkündigtenȱ Evangeliumsȱ entȬ scheidenȱkönnen,ȱzeigenȱdasȱgroßeȱInteresseȱdesȱLukasȱanȱIsraelȱ–ȱundȱ auchȱ anȱ dessenȱ Vergangenheitȱ undȱ Zukunft,ȱ wieȱ derȱ Charakterȱ desȱ DoppelwerksȱalsȱGeschichtserzählungȱvermutenȱlässt.ȱ

3.1.3ȱZurȱAuswahlȱderȱzuȱuntersuchendenȱTexteȱ VierȱAspekteȱsindȱfürȱdieȱAuswahlȱderȱTexte,ȱdieȱAufschlussȱüberȱdieȱ lukanischeȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱgebenȱsollen,ȱzuȱberücksichtigen:ȱ 1)ȱ Dieȱ erwähnteȱ Beobachtung,ȱ dassȱ Apgȱ 28ȱ alsȱ exponierterȱ Abschlussȱ desȱ DoppelwerksȱnochmalsȱdieȱFrageȱnachȱIsraelȱaufgreift,ȱistȱnichtȱnurȱeinȱInȬ dizȱdafür,ȱ„dasȱVerhältnisȱzuȱIsraelȱ[…]ȱalsȱdasȱzentraleȱThemaȱlukanischerȱ Theologie“44ȱ anzusehen,ȱ sondernȱ schärftȱ denȱ Blickȱ auchȱ fürȱ dieȱ möglicheȱ RelevanzȱandererȱexponierterȱStellenȱimȱDoppelwerkȱbezüglichȱihrerȱAussaȬ gekraftȱfürȱunserȱThema.ȱȱ 2)ȱInȱderȱMakrostrukturȱdesȱDoppelwerkesȱistȱdieȱBedeutungȱderȱStadtȱJeȬ rusalemȱfürȱLukasȱdeutlichȱerkennbar.ȱInsofernȱdieȱjüdischeȱTraditionȱdieȬ seȱ Stadtȱ allenȱ anderenȱ Ortenȱ vorziehtȱ undȱ sichȱ zahlreicheȱ jüdischeȱ ZuȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 44ȱȱ Schnelle,ȱEinleitung,ȱ301.ȱ

116ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

kunftserwartungenȱmitȱihrȱverknüpfen,ȱliegtȱesȱnahe,ȱeinenȱJerusalemȬBezugȱ alsȱwichtigesȱKriteriumȱfürȱdieȱzuȱuntersuchendenȱTexteȱfestzulegen.45ȱ 3)ȱDaȱLukasȱinȱbeidenȱBüchernȱaufȱunmittelbareȱDeutungenȱdesȱErzähltenȱ ausȱ derȱ Positionȱ desȱ Erzählersȱ selbstȱ verzichtet,ȱ sindȱ dieȱ ergiebigstenȱ AnȬ haltspunkteȱinȱdenȱzahlreichenȱRedenȱzuȱsuchen,ȱdieȱdenȱErzählflußȱunterȬ brechen,ȱ umȱ inȱ derȱ Traditionȱ antikerȱ Geschichtsschreibungȱ „demȱ Leserȱ wichtigeȱEreignisseȱzuȱdeuten,ȱherausragendeȱWendepunkteȱimȱerzähltenȱ GeschehenȱzuȱmarkierenȱundȱPersonenȱzuȱcharakterisieren“46.ȱȱ 4)ȱVorȱdemȱHintergrundȱderȱinȱKapitelȱ2ȱerhobenenȱbiblischȬjüdischenȱZuȬ kunftskonzepteȱ istȱ schließlichȱ nachȱ derȱ lukanischenȱ Rezeptionȱ derȱ dortȱ wichtigenȱ Motiveȱ undȱ Themenȱ imȱ gesamtenȱ Doppelwerkȱ zuȱ fragen.ȱ Diesȱ erȬ laubtȱeineȱbreitereȱVerankerungȱderȱinȱdenȱTextanalysenȱerhobenenȱErgebȬ nisseȱundȱermöglichtȱweitereȱAkzentuierungen.ȱ

AusgehendȱvonȱdiesenȱÜberlegungenȱergibtȱsichȱdieȱfolgendeȱZusamȬ menstellungȱ derȱ zuȱ analysierendenȱ Perikopen:ȱ Wieȱ derȱ abschließendeȱ narrativeȱ „Epilog“ȱ sindȱ auchȱ dieȱ Erzählungenȱ inȱ derȱ Eröffnungȱ desȱ Doppelwerksȱ strukturellȱ hervorgehobenȱ undȱ bedürfenȱ einerȱ UntersuȬ chung.ȱ Tatsächlichȱ bietenȱ dieȱ Kindheitserzählungenȱ inȱ Lkȱ 1–2ȱ (aberȱ auchȱdieȱ anderenȱ Texteȱ derȱ „Vorgeschichte“ȱinȱ Lkȱ3,1–4,13)ȱeineȱ Fülleȱ vonȱMotivenȱausȱderȱbiblischenȱundȱfrühjüdischenȱTradition.ȱMitȱproȬ phetischenȱ Redenȱ wichtigerȱ Personenȱ undȱ ihrerȱ partiellenȱ LokalisieȬ rungȱinȱJerusalemȱerfüllenȱsieȱzudemȱsämtlicheȱderȱobenȱaufgestelltenȱ Kriterien.ȱ Sieȱ setzenȱ einȱ gewichtigesȱ Vorzeichenȱ vorȱ dasȱ Doppelwerkȱ insgesamt.ȱ Aufgrundȱ desȱumfangreichenȱ Textmaterialsȱ erweistȱ esȱ sichȱ jedochȱalsȱsinnvoll,ȱerstȱimȱRahmenȱderȱthematischenȱUntersuchungenȱ aufȱdieseȱKapitelȱeinzugehenȱundȱstattdessenȱzunächstȱzuȱuntersuchen,ȱ welcheȱ Äußerungenȱ Jesusȱ selbstȱ imȱ Evangeliumȱ zurȱ Zukunftȱ Israelsȱ macht.ȱ Erȱ tutȱ diesȱ anȱ auchȱ strukturellȱ herausgehobenenȱ Stellen,ȱ etwaȱ imȱ Zentrumȱ desȱ drittenȱ Hauptteils,ȱ derȱ alsȱ Reiseȱ Jesuȱ nachȱ Jerusalemȱ gestaltetȱ istȱ (Lkȱ 13,31–35).ȱ Jesusȱ deutetȱ dieseȱ Wanderungȱ hierȱ ganzȱ inȱ Anlehnungȱ anȱ dieȱ biblischeȱ Geschichtsauffassungȱ undȱ inȱ Ausrichtungȱ aufȱseinȱReisezielȱJerusalem.ȱEntsprechendȱfindetȱsichȱeineȱweitereȱReȬ deȱ Jesuȱ anläßlichȱ seinesȱ Einzugesȱ inȱ dieȱ Stadtȱ zuȱ Beginnȱ desȱ viertenȱ Hauptteilsȱ(Lkȱ19,37–44),ȱderenȱAndeutungenȱüberȱdasȱSchicksalȱJeruȬ salemsȱ inȱ seinerȱ letztenȱ großenȱ Redeȱ vorȱ demȱ Volkȱ imȱ Jerusalemerȱ Tempelȱ weitergeführtȱ wirdȱ (Lkȱ 21,20–24).ȱ Sieȱ schließtȱ dieȱ Zeitȱ derȱ öfȬ fentlichenȱ Lehreȱ Jesuȱ ab;ȱ dieȱ anschließendeȱ Passionserzählung,ȱ mitȱ derenȱösterlichemȱAbschlussȱdasȱEvangeliumȱendet,ȱerhältȱfürȱdieȱtheȬ matischenȱ Untersuchungenȱ besondereȱRelevanz.ȱ InsofernȱalleȱgenannȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 45ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.3.ȱ 46ȱȱ Eckey,ȱApgȱI,ȱ35.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

117ȱ

tenȱ Textstellenȱ lukanischesȱ Sondergutȱ darstellenȱ bzw.ȱ dieȱ Vorlageȱ desȱ Markusevangeliumsȱ auffälligȱ verändern,ȱ lassenȱ dieȱ Analysenȱ einenȱ spezifischȱlukanischenȱZugangȱzumȱThemaȱerkennen.ȱ Inȱ derȱ Apostelgeschichte,ȱ dieȱ nochȱ stärkerȱ alsȱ dasȱ Evangeliumȱ durchȱ Redenȱ derȱ auftretendenȱ Personenȱ geprägtȱ ist,ȱ äußernȱ sichȱ dieȱ wichtigstenȱ Protagonistenȱ zumȱ Thema.ȱ Bedeutsamȱ sindȱ gleichȱ beiȱ derȱ EröffnungȱderȱApostelgeschichteȱdieȱletztenȱWorteȱJesuȱanȱseineȱJüngerȱ (Apgȱ1,6–8).ȱWährendȱimȱzweitenȱHauptteilȱeineȱPassageȱausȱderȱerstenȱ öffentlichenȱRedeȱdesȱPetrusȱimȱJerusalemerȱTempelȱHinweiseȱzurȱZuȬ kunftȱ Israelsȱ gibtȱ (Apgȱ 3,19–21)ȱ –ȱ dieȱ rückblickendeȱ Redeȱ desȱ StephaȬ nusȱ amȱ Endeȱ diesesȱ Teilsȱ istȱ imȱ thematischenȱ Durchgangȱ zuȱ berückȬ sichtigenȱ–,ȱgiltȱdiesȱimȱdrittenȱHauptteilȱfürȱdieȱSzeneȱimȱAnschlussȱanȱ dieȱ ersteȱ vonȱ Lukasȱ wiedergegebeneȱ Redeȱ desȱ Paulusȱ (Apgȱ 13,44–47).ȱ Dieȱ einzigeȱ vonȱ Jakobusȱ überlieferteȱ Redeȱ aufȱ demȱ Apostelkonventȱ (Apgȱ 15,13–21)ȱ imȱ Zentrumȱ desȱ drittenȱ Hauptteilsȱ lässtȱ dieȱ Thematikȱ zuȱeinemȱvorläufigenȱAbschlussȱkommen.ȱ DieȱAnalysenȱwerdenȱzeigen,ȱdassȱbestimmteȱThemenbereiche,ȱdieȱ –ȱ nichtȱ zuletztȱ aufgrundȱ derȱ Beobachtungenȱ ausȱ Kapitelȱ 2ȱ –ȱ fürȱ dieȱ Zukunftȱ Israelsȱ bedeutsamȱ sind,ȱ einerȱ eigenenȱ Zuwendungȱ bedürfen.ȱ Diesȱ wirdȱ inȱ einemȱ eigenenȱ Teilkapitelȱ diesesȱ Abschnittesȱ geschehen.ȱ NachȱeinerȱBeschäftigungȱmitȱderȱRolleȱdesȱVolkesȱimȱDoppelwerkȱundȱ derȱ Bedeutungȱ vonȱ Umkehrȱ undȱ Sündenvergebungȱ fürȱ Lukas,ȱ zweiȱ Bereichen,ȱdieȱauchȱfürȱdieȱZukunftskonzepteȱdesȱdeuteronomistischenȱ Geschichtswerkesȱ wesentlichȱ waren,ȱ sindȱ Überlegungenȱ zurȱ Rolleȱ desȱ Jerusalemerȱ Tempelsȱ bzw.ȱ derȱ Stadtȱ selbstȱ sowieȱ schließlichȱ zuȱ derȱ wichtigenȱ Vorstellungȱ vonȱ derȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ anzustellen.ȱ VorȱdemȱHintergrundȱderȱerhobenenȱErgebnisseȱistȱabschließendȱdannȱ derȱumstritteneȱEpilogȱdesȱDoppelwerksȱ(Apgȱ28,16–31)ȱauszulegen.ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬ Weissagungȱ Derȱ alsȱ erstesȱ zuȱ untersuchendeȱ Textȱ wirktȱ aufȱ denȱ erstenȱ Blickȱ unȬ scheinbarȱ undȱ kaumȱ exponiert.ȱ Daherȱ sindȱ imȱ Anschlussȱ anȱ dieȱ DarȬ stellungȱ derȱVerseȱ einigeȱausführlichereȱ Bemerkungenȱ voranzustellen,ȱ dieȱderenȱPlatzȱinȱderȱGesamtstrukturȱdesȱLukasevangeliumsȱerhellen,ȱ bevorȱdannȱinȱEinzeluntersuchungenȱwichtigeȱPunkteȱimȱBlickȱaufȱdieȱ ZukunftȱIsraelsȱentfaltetȱwerden.ȱ

118ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

3.2.1ȱDerȱTextȱ Dieȱ Verseȱ gehörenȱ inȱ denȱ großenȱ Kontextȱ derȱ Reiseȱ Jesuȱ nachȱ JerusaȬ lem,ȱwieȱzuletztȱeineȱReisenotiz47ȱinȱLkȱ13,22ȱausdrücklichȱbemerktȱhat,ȱ undȱerzählenȱvonȱderȱEntgegnungȱJesuȱaufȱdieȱWarnungȱeinigerȱPhariȬ säerȱ vorȱ demȱ Tetrarchenȱ Herodesȱ (Antipas)48.ȱ Dieȱ herodianischeȱ DroȬ hungȱ undȱ auchȱ dieȱ Pharisäerȱ geratenȱ freilichȱ imȱ Verlaufȱ derȱ Antwortȱ Jesuȱ ausȱ demȱ Blick,ȱ währendȱ Jerusalemȱ zumȱ beherrschendenȱ Themaȱ wirdȱundȱsichȱderȱAdressatenkreisȱderȱWorteȱoffenbarȱaufȱdasȱgesamteȱ Volkȱausdehnt.ȱDasȱprophetischeȱWortȱLkȱ13,35ȱbeendetȱdieȱSzene.ȱȱ Bereitsȱ derȱ textkritischeȱ Befundȱ gibtȱ Orientierungspunkteȱ fürȱ dieȱ Auslegungȱ zuȱ erkennen.ȱ Dieȱ grundsätzlicheȱ Übereinstimmungȱ derȱ Zeugenȱ wirdȱ durchȱ mehrereȱ sekundärȱ ergänzteȱ Erläuterungenȱ geȬ stört,49ȱdieȱdaraufȱhinweisen,ȱdassȱseitȱfrühesterȱZeitȱumȱdasȱVerständȬ nisȱ derȱ Verseȱ gerungenȱ wurde.ȱ Dabeiȱ differierenȱ dieȱ Textzeugenȱ vorȱ allemȱinȱV.ȱ35.ȱNebenȱkleinerenȱUnterschiedenȱwieȱderȱEinfügungȱeinesȱ ϵΘ΍ȱ vorȱ 35dȱ istȱ vorȱ allemȱ dasȱ Fehlenȱ desȱ adversativenȱ Ένȱ (13,35c)ȱ imȱ wichtigenȱ P45ȱ undȱ einigenȱ anderenȱ Handschriften50ȱ zuȱ bemerken,ȱ zuȬ malȱ dieȱParalleleȱ Mtȱ 23,39ȱeinȱ kausalesȱ·ΣΕȱ bietet.51ȱ Schließlichȱ istȱ aufȱ dieȱ seltene,ȱ aberȱ wohlȱ dochȱ ursprüngliche52ȱ Lesartȱ ϊΒΉ΍ȱ ϵΘΉȱ inȱ 13,35eȱ hinzuweisen,ȱ dieȱ eineȱ imȱ gesamtenȱ Neuenȱ Testamentȱ nurȱ hierȱ zuȱ finȬ dendeȱ Formulierungȱ darstellt.53ȱ Dieȱ Auslassungȱ diesesȱ sperrigen,ȱ zuȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 47ȱȱ Zuȱ denȱ „Reisenotizen“,ȱ dieȱ denȱ drittenȱ Hauptteilȱ prägenȱ undȱ dessenȱ Ausrichtungȱ aufȱJerusalemȱerweisen,ȱvgl.ȱuntenȱKap.ȱ3.2.2.ȱ 48ȱȱ Vgl.ȱseineȱ„Amtsbezeichnung“ȱΘΉΘΕ΅ΣΕΛΝΑȱinȱLkȱ3,1.ȱ 49ȱȱ AlsȱsicherȱnachträglicheȱHinzufügungȱgiltȱdasȱψΐνΕθȱinȱ13,32ȱnachȱΘΕϟΘϙȱbzw.ȱinȱBȱ auchȱnochȱinȱV.ȱ33ȱvorȱπΛΓΐνΑϙ;ȱähnlichȱsindȱdieȱModifizierungenȱvonȱΦΔΓΘΉΏЗȱinȱ V.ȱ 32ȱ (z.ȱ T.ȱ medialeȱ Formen)ȱ bzw.ȱ πΕΛΓΐνΑϙȱ (stattȱ πΛΓΐνΑϙ)ȱ inȱ V.ȱ 33ȱ anzusehen.ȱ Gewichtigerȱ istȱ dieȱ rechtȱ häufigeȱ Hinzufügungȱ vonȱ σΕ΋ΐΓΖȱ inȱ V.ȱ 35b.ȱ (vgl.ȱ ̋ȱ 33),ȱ wodurchȱsichȱderȱVersȱdirekterȱanȱeinzelneȱStellenȱinȱderȱLXXȱanlehntȱ(Tobȱ14,4;ȱJerȱ 22,5)ȱundȱsoȱbereitsȱeineȱInterpretationsrichtungȱdieserȱmerkwürdigenȱFormulierungȱ vorgibt;ȱvermutlichȱhandeltȱesȱsichȱumȱeineȱAngleichungȱzurȱParalleleȱMtȱ23,38;ȱvgl.ȱ jedochȱHoffmann,ȱStudien,ȱ172,ȱderȱauchȱbeiȱMtȱdasȱσΕ΋ΐΓΖȱfürȱsekundärȱhält.ȱ 50ȱȱ Dabeiȱistȱfreilichȱzuȱbedenken,ȱdassȱP45ȱeinenȱeherȱ„freien“ȱTextȱbezeugt,ȱvgl.ȱAland,ȱ Text,ȱ69.ȱ 51ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱausführlicheȱAuseinandersetzungȱuntenȱKap.ȱ3.2.5.ȱ 52ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBovon,ȱLkȱII,ȱ446.ȱ 53ȱȱ Auchȱ dieȱ LXXȱ bietetȱ keinenȱ Belegȱ fürȱ dieseȱ grammatikalischȱ ungewöhnlicheȱ KonȬ struktion;ȱ ρΝΖȱ stehtȱ normalerweiseȱ mitȱ Konjunktiv,ȱ dasȱ Futurȱ stehtȱ imȱ NTȱ nurȱ anȱ dieserȱStelleȱ(vgl.ȱdagegenȱentsprechendeȱSatzkonstruktionenȱinȱLkȱ9,27;ȱ12,59;ȱ21,32;ȱ 22,16.18.34)ȱundȱdazuȱBDRȱ§ȱ383,1.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

119ȱ

demȱ elliptischenȱ ϊΒΉ΍ȱ (sc.ȱ ψȱ ψΐνΕ΅,)54ȱ ϵΘΉȱ inȱ vielenȱ Handschriftenȱ erȬ klärtȱsichȱalsȱvereinfachendeȱAngleichungȱanȱdenȱMtȬText.55ȱ ȱ 31ȱ aȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

bȱ cȱ dȱ eȱ

32ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ dȱ eȱ fȱ

ȱ gȱ 33ȱ aȱ ȱ bȱ ȱ ȱ

cȱ dȱ

34ȱ aȱ ȱ bȱ ȱ cȱ ȱ



ȱ



ȱ 35ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

fȱ aȱ bȱ cȱ dȱ eȱ fȱ

̳Αȱ΅ЁΘϜȱΘϜȱГΕθȱΔΕΓΗϛΏΌΣΑȱ Θ΍ΑΉΖȱ̘΅Ε΍Η΅ϧΓ΍ȱȱ Ών·ΓΑΘΉΖȱ΅ЁΘХȉȱȱ σΒΉΏΌΉȱȱ Ύ΅ϠȱΔΓΕΉϾΓΙȱπΑΘΉІΌΉΑ,ȱȱ ϵΘ΍ȱ̽ΕФΈ΋ΖȱΌνΏΉ΍ȱΗΉȱ ΦΔΓΎΘΉϧΑ΅΍.ȱȱ Ύ΅ϠȱΉϨΔΉΑȱ΅ЁΘΓϧΖȉȱȱ ΔΓΕΉΙΌνΑΘΉΖȱȱ ΉϥΔ΅ΘΉȱΘϜȱΦΏЏΔΉΎ΍ȱΘ΅ϾΘϙȉȱȱ ϢΈΓϿȱȱ πΎΆΣΏΏΝȱΈ΅΍ΐϱΑ΍΅ȱȱ Ύ΅ϠȱϢΣΗΉ΍ΖȱΦΔΓΘΉΏЗȱΗφΐΉΕΓΑȱΎ΅Ϡȱ ΅ЄΕ΍ΓΑȱȱ Ύ΅ϠȱΘϜȱΘΕϟΘϙȱΘΉΏΉ΍ΓІΐ΅΍.ȱ ΔΏχΑȱΈΉϧȱȱ ΐΉȱΗφΐΉΕΓΑȱΎ΅Ϡȱ΅ЄΕ΍ΓΑȱΎ΅ϠȱΘϜȱ πΛΓΐνΑϙȱΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍,ȱ ϵΘ΍ȱΓЁΎȱπΑΈνΛΉΘ΅΍ȱȱ ΔΕΓΚφΘ΋ΑȱΦΔΓΏνΗΌ΅΍ȱσΒΝȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ.ȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώχΐȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ,ȱȱ ψȱΦΔΓΎΘΉϟΑΓΙΗ΅ȱΘΓϿΖȱΔΕΓΚφΘ΅Ζȱȱ Ύ΅ϠȱΏ΍ΌΓΆΓΏΓІΗ΅ȱΘΓϿΖȱ ΦΔΉΗΘ΅ΏΐνΑΓΙΖȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘφΑ,ȱ ΔΓΗΣΎ΍ΖȱωΌνΏ΋Η΅ȱπΔ΍ΗΙΑΣΒ΅΍ȱ ΘΤȱΘνΎΑ΅ȱΗΓΙȱȱ ϶ΑȱΘΕϱΔΓΑȱϷΕΑ΍ΖȱΘχΑȱο΅ΙΘϛΖȱ ΑΓΗΗ΍ΤΑȱЀΔϲȱΘΤΖȱΔΘνΕΙ·΅Ζ,ȱ Ύ΅ϠȱΓЁΎȱωΌΉΏφΗ΅ΘΉ.ȱ ϢΈΓϿȱȱ ΦΚϟΉΘ΅΍ȱЀΐϧΑȱϳȱΓϨΎΓΖȱЀΐЗΑ.ȱȱ Ών·ΝȱΈξȱЀΐϧΑ,ȱȱ ΓЁȱΐχȱϥΈ΋ΘνȱΐΉȱȱ ρΝΖȱ[ϊΒΉ΍ȱϵΘΉ]ȱΉϥΔ΋ΘΉȉȱȱ ΉЁΏΓ·΋ΐνΑΓΖȱϳȱπΕΛϱΐΉΑΓΖȱπΑȱ ϴΑϱΐ΅Θ΍ȱΎΙΕϟΓΙ.ȱ

InȱderselbenȱStundeȱkamenȱeinigeȱPharisäerȱ heranȱȱ undȱsagtenȱzuȱihm:ȱ Zieheȱwegȱ undȱgehȱvonȱhierȱfort,ȱȱ dennȱHerodesȱwillȱdichȱtöten.ȱ Undȱerȱsagteȱzuȱihnen:ȱȱ Wennȱihrȱgeht,ȱȱ sagtȱdiesemȱFuchs:ȱȱ Siehe,ȱȱ ichȱtreibeȱDämonenȱausȱȱ undȱHeilungenȱvollbringeȱichȱheuteȱundȱ morgen,ȱȱ undȱamȱdrittenȱ[Tag]ȱwerdeȱichȱvollendet.ȱ Dochȱesȱistȱnötig,ȱȱ dassȱichȱheuteȱundȱmorgenȱundȱamȱsichȱ anschließendenȱ[Tag]ȱ[weiter]gehe,ȱȱ dennȱesȱistȱunmöglich,ȱȱ dassȱeinȱProphetȱzugrundeȱgehtȱaußerhalbȱ Jerusalems.ȱ Jerusalem,ȱJerusalem,ȱȱ dieȱdieȱProphetenȱtötetȱ undȱdieȱzuȱihrȱGesandtenȱsteinigt!ȱ WieȱoftȱhabeȱichȱdeineȱKinderȱsammelnȱ wollen,ȱȱ soȱwieȱeineȱHenneȱihrȱNestȱunterȱdenȱFlüȬ gelnȱsammelt,ȱȱ aberȱihrȱhabtȱnichtȱgewollt.ȱ Siehe,ȱȱ verlassenȱwirdȱeuchȱeuerȱHaus!ȱ Aberȱichȱsageȱeuch,ȱȱ niemalsȱmehrȱwerdetȱihrȱmichȱsehen,ȱ bisȱ[kommenȱwird56],ȱwannȱihrȱsagt:ȱȱ ‚Gelobtȱ[sei]ȱderȱKommendeȱimȱNamenȱdesȱ Herrn!‘

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 54ȱȱ SoȱdieȱmeistenȱAusleger;ȱvgl.ȱKlein,ȱLk,ȱ495ȱAnm.ȱ42.ȱ 55ȱȱ Zurȱ Bezeugungȱ vgl.ȱ NestleȬAland27,ȱ 208:ȱ Nebenȱ Dȱ stehenȱ dieȱ HandschrifȬ ten(gruppen)ȱ Aȱ Wȱ ̚ȱ f1ȱ undȱ derȱ Mehrheitstext,ȱ dieȱ ρΝΖȱ ΪΑȱ ϊΒΉ΍ȱ ϵΘΉȱ lesen.ȱ Dieȱ vierȱ großenȱCodicesȱʠȱAȱBȱDȱüberliefernȱdenȱVersȱinȱvierȱverschiedenenȱVersionen.ȱ 56ȱȱ AlsȱSubjektȱistȱψΐνΕ΅ȱzuȱergänzen:ȱ„bisȱderȱTagȱkommenȱwird“,ȱvgl.ȱWolter,ȱLk,ȱ499.ȱ

120ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

DieȱVerseȱlassenȱsichȱgutȱnachȱvorneȱundȱhintenȱabgrenzen,ȱohneȱfreiȬ lichȱAnbindungenȱanȱdieȱNachbarperikopenȱzuȱübersehen.ȱV.ȱ31aȱverȬ knüpftȱ einerseitsȱ dieȱ Perikopeȱ durchȱ dieȱ eröffnendeȱ Zeitangabeȱ „inȱ derselbenȱ Stunde“ȱ mitȱ demȱ zuvorȱ Erzähltenȱ –ȱ esȱ gingȱ umȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zahlȱ derȱ Gerettetenȱ undȱ dieȱ Mahnungȱ Jesu,ȱ durchȱ dieȱ engeȱ Türȱ zuȱ tretenȱ (Lkȱ 13,22–30)ȱ –,ȱ umȱ andererseitsȱ mitȱ demȱ Auftretenȱ derȱ Pharisäerȱklarȱneuȱeinzusetzen.ȱDerȱaufȱ13,35ȱfolgendeȱVersȱ14,1ȱeröffȬ netȱdannȱmitȱneuerȱZeitangabeȱdieȱnächsteȱSzeneȱ–ȱeineȱHeilungserzähȬ lungȱ mitȱ anschließendenȱ Gesprächenȱ (Lkȱ 14,1–24)ȱ –,ȱ schlägtȱ aberȱ mitȱ derȱ Ortsbeschreibungȱ „imȱ Hausȱ einesȱ vornehmenȱ Pharisäers“ȱ eineȱ Brückeȱzuȱdenȱinȱ13,31ȱgenanntenȱPersonen.ȱ

3.2.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ Dieȱ Positionierungȱ derȱ Verseȱ imȱ näherenȱ undȱ weiterenȱ Umfeldȱ wirdȱ breitȱ diskutiert.ȱ Wennȱ hierȱ dieȱ Auffassung,ȱ dassȱ derȱTextȱ imȱ Zentrumȱ desȱ drittenȱ Hauptteilsȱ bzw.ȱ desȱ „lukanischenȱ Reiseberichts“57ȱ stehe,ȱ vertretenȱwird,ȱdannȱistȱdiesȱeigensȱzuȱbegründen,ȱdaȱdieȱPositionȱdesȱ Textesȱ inmittenȱ desȱ Drittenȱ Evangeliumsȱ aufȱ denȱ erstenȱ Blickȱ rechtȱ zufälligȱ erscheint.ȱ Hingegenȱ wirdȱ manȱ Texte,ȱ denenȱ eineȱ besondereȱ Bedeutungȱzukommt,ȱanȱherausgehobenenȱStellenȱvermuten.ȱȱ Dieȱ Überlegungenȱ setzenȱ beiȱ derȱ Makrostrukturȱ desȱ drittenȱ EvanȬ geliumsȱ an,ȱ umȱ schließlichȱ dieȱ spezifischeȱ Positionȱ unseresȱ Textesȱ inȱ derȱMitteȱdesȱ„Reiseberichts“ȱzuȱerweisen.ȱ

3.2.2.1ȱDerȱdritteȱHauptteilȱdesȱEvangeliumsȱalsȱ„Reisebericht“ȱ DieȱinȱderȱGliederungȱalsȱ„dritterȱHauptteil“ȱbezeichnetenȱKapitelȱ(Lkȱ 9,51–19,28)ȱwerdenȱvonȱvielenȱAuslegernȱ–ȱhäufigȱunterȱdemȱStichwortȱ „Reisebericht“58ȱ–ȱzusammengefasst,ȱdaȱalleȱhierȱversammeltenȱTexteȱinȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 57ȱȱ Vgl.ȱdazuȱRobinson,ȱInterpretationszusammenhang,ȱ115–134.ȱ 58ȱȱ DieseȱBenennungȱfindetȱsichȱbereitsȱbeiȱF.D.E.ȱSchleiermacher,ȱvgl.ȱPokorný/Heckel,ȱ Einleitung,ȱ 490f.;ȱ Wolter,ȱ Lkȱ 364f.;ȱ Baum,ȱ Lukasȱ alsȱ Historiker,ȱ 3ȱ Anm.ȱ 5.ȱ Mancheȱ Autorenȱsprechenȱlieberȱneutralȱvomȱ„Mittelteil“ȱ(centralȱsection)ȱdesȱEvangeliums,ȱ daȱerȱdieȱmittlerenȱKapitelȱdesȱEvangeliumsȱumfasst.ȱDerȱBeginnȱdiesesȱTeilsȱinȱ9,51ȱ istȱunbestritten,ȱüberȱseinȱEndeȱbestehtȱUneinigkeit:ȱAlsȱAbschlussverseȱwerdenȱu.ȱa.ȱ Lkȱ18,14ȱ(vorȱderȱSegnungȱderȱKinder,ȱdaȱLukasȱabȱhierȱwiederȱaufȱdieȱVorlageȱdesȱ Mkȱ zurückgreift),ȱ 18,34ȱ (vorȱ derȱ Ankunftȱ inȱ Jericho,ȱ weilȱ abȱ hierȱ wiederȱ konkreteȱ Ortsangabenȱerschienen),ȱ19,27ȱ(vorȱdemȱEinzugȱinȱJerusalem),ȱ19,44ȱ(vorȱderȱTemȬ pelreinigung)ȱoderȱ19,48ȱ(nachȱderȱRahmennotizȱüberȱJesuȱLehreȱimȱTempel)ȱvorgeȬ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

121ȱ

denȱnarrativenȱRahmenȱeinerȱgroßenȱWanderungȱJesuȱvonȱGaliläaȱnachȱ Jerusalemȱeingeordnetȱsind.ȱEsȱhandeltȱsichȱdabeiȱumȱ„dieȱmarkantesteȱ BesonderheitȱbeimȱAufrissȱdesȱLukas“59ȱimȱVergleichȱmitȱdenȱanderenȱ Evangelien,ȱ dieȱ inȱ Lkȱ 9,51ȱ mitȱ einerȱ „feierliche[n],ȱ anȱ SeptuagintaȬ wendungenȱanknüpfende[n]ȱFormulierung“60ȱeröffnetȱwird:ȱ ȱ ̳·νΑΉΘΓȱΈξȱȱ πΑȱΘХȱΗΙΐΔΏ΋ΕΓІΗΌ΅΍ȱΘΤΖȱψΐνΕ΅ΖȱΘϛΖȱ ΦΑ΅ΏφΐΜΉΝΖȱ΅ЁΘΓІȱȱ Ύ΅Ϡȱ΅ЁΘϲΖȱΘϲȱΔΕϱΗΝΔΓΑȱπΗΘφΕ΍ΗΉΑȱȱ ΘΓІȱΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱΉϢΖȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ.ȱȱ

Esȱgeschahȱaber,ȱ alsȱsichȱdieȱTageȱseinerȱAufnahmeȱ erfüllten,ȱ daȱrichteteȱerȱseinȱGesichtȱdarauf,ȱ nachȱJerusalemȱzuȱgehen.ȱ

ȱ Zwarȱ richtenȱ auchȱ Markusȱ undȱ Matthäusȱ ihreȱ Darstellungȱ aufȱ einenȱ einzigenȱJerusalembesuchȱJesuȱamȱEndeȱaus,61ȱdochȱspieltȱbeiȱderȱReiseȱ Jesuȱ vonȱ Galiläaȱ nachȱ Judäaȱ wederȱ dasȱ Stichwortȱ desȱ „Gehens“ȱ (ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍)ȱ eineȱ Rolle,62ȱ nochȱ dasȱ Zielȱ Jerusalem,ȱ dasȱ erstmalsȱ kurzȱ vorȱ derȱ Einzugserzählungȱ imȱ Kontextȱ derȱ „drittenȱ LeidensankündiȬ gung“ȱerwähntȱwird.63ȱLukasȱhingegenȱhatȱdieȱknappenȱVorgabenȱbeiȱ Markusȱ zumȱ umfangreichstenȱ Hauptteilȱ seinesȱ Evangeliumsȱ ausgeȬ baut,ȱ derȱ inȱ besondererȱ Weiseȱ durchȱ dasȱ Motivȱ desȱ „Gehens“ȱ bzw.ȱ „Wanderns“ȱ(ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍)ȱundȱdessenȱAusrichtungȱaufȱdieȱStadtȱJerusaȬ lemȱgeprägtȱist.ȱȱ Dieȱ Formulierungȱ inȱ Lkȱ 9,51ȱ stelltȱ einȱ kleinesȱ Prooemiumȱ diesesȱ Hauptteilsȱdar,ȱinsofernȱsieȱneuȱeinsetztȱundȱdasȱThemaȱderȱfolgendenȱ Kapitelȱbenennt.64ȱDieseȱspannenȱaufgrundȱihrerȱBeziehungȱzurȱ„ErfülȬ lungȱderȱTageȱseinerȱ[sc.ȱJesu]ȱAufnahme“ȱeinenȱdramatischenȱBogen,ȱ derȱbisȱzumȱBuchendeȱausgreiftȱbzw.ȱsogarȱdarüberȱhinausgeht.ȱDennȱ dasȱHapaxlegomenonȱΦΑ΅ΏφΐΜ΍Ζȱlässtȱsichȱintratextuellȱamȱbestenȱmitȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 59ȱȱ 60ȱȱ 61ȱȱ 62ȱȱ 63ȱȱ 64ȱȱ

schlagen;ȱ vgl.ȱ dazuȱ dieȱ Zusammenstellungenȱ beiȱ Bendemann,ȱ ̇̒̑̄ȱ undȱ ̖̗̄̔̒̕̕,ȱ65ff.;ȱBaum,ȱLukasȱalsȱHistoriker,ȱ1;ȱWolter,ȱLk,ȱ365.ȱȱ Feldmeier,ȱLukasevangelium,ȱ113.ȱ Broer,ȱEinleitung,ȱ126.ȱ Eineȱ andereȱ Vorstellungȱ hatȱ dasȱ JohȬEvangelium,ȱ inȱ demȱ Jesusȱ mehrfachȱ zwischenȱ GaliläaȱundȱJerusalemȱpendelt,ȱvgl.ȱdazuȱdieȱÜbersichtȱbeiȱTheobald,ȱJohȱI,ȱ18.ȱ Erstȱ anȱ einerȱ deutlichȱ späterenȱ Stelleȱ wirdȱ hierȱ derȱ Aufbruchȱ Jesuȱ ausȱ Galiläaȱ erȬ wähntȱ(vgl.ȱMkȱ10,1;ȱMtȱ19,1),ȱohneȱjedochȱJerusalemȱalsȱZielȱzuȱnennen.ȱ Vgl.ȱMkȱ10,32;ȱMtȱ19,17.ȱDieȱParalleleȱLkȱ18,31ȱsprichtȱhierȱebenfallsȱvonȱJerusalem,ȱ dochȱistȱdiesesȱZielȱhierȱbereitsȱseitȱvielenȱKapitelnȱbekannt.ȱ Vgl.ȱdazuȱBaum,ȱLukasȱalsȱHistoriker,ȱ182.ȱDieȱvonȱLukasȱhäufigȱbenutzteȱWendungȱ π·νΑΉΘΓȱΈνȱistȱeinȱerstesȱstrukturierendesȱSignal,ȱdaȱsieȱ–ȱteilsȱinȱetwasȱabgewandelȬ terȱFormȱ–ȱauchȱandereȱgrößereȱAbschnitteȱdesȱDoppelwerksȱeröffnetȱ(vgl.ȱetwaȱLkȱ 1,5;ȱ19,29;ȱApgȱ8,1;ȱ21,1;ȱ28,17).ȱ

122ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

denȱHimmelfahrtserzählungenȱverknüpfen65,ȱdieȱfreilichȱinȱengemȱZuȬ sammenhangȱ mitȱ Passionȱ undȱ Auferstehungȱ inȱ Jerusalemȱ stehen.66ȱ ZentraleȱBedeutungȱfürȱdenȱnäherenȱKontextȱdesȱdrittenȱHauptteilsȱhatȱ schließlichȱdieȱdenȱVersȱabschließendeȱAnkündigung,ȱdassȱJesusȱ„nachȱ Jerusalemȱgehen“ȱ(ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱΉϢΖȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ)ȱwolle,ȱdaȱdieseȱWenȬ dungȱdieȱnächstenȱzehnȱKapitelȱprägenȱwird;ȱschonȱzweiȱVerseȱspäterȱ wiederholtȱLukasȱdieseȱAbsichtȱ(vgl.ȱ9,53b:ȱΔΓΕΉΙϱΐΉΑΓΑȱΉϢΖȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ȭ Ώφΐ),ȱ umȱ denȱ Bezugȱ diesesȱ Teilesȱ aufȱ dasȱ Zielȱ Jerusalemȱ bewusstȱ zuȱ machen.ȱ Insgesamtȱ wirdȱ deutlich,ȱ dassȱ esȱ sichȱ hierȱ keineswegsȱ umȱ zufälligeȱ Ereignisseȱ handelt,ȱ sondernȱ umȱ zentraleȱ Punkteȱ inȱ derȱ GeȬ schichteȱ desȱ Gottesvolkesȱ geht.ȱ Jesusȱ zeigtȱ sichȱ hierȱ nichtȱ nurȱ inȱ derȱ Traditionȱ derȱ vielenȱ Einzelgestaltenȱ inȱ derȱ Geschichteȱ Israels,ȱ dieȱ dasȱ Volkȱ immerȱ wiederȱ mitȱ seinemȱ Gottȱ inȱ Beziehungȱ brachtenȱ undȱ ihmȱ GlaubenȱundȱUmkehrȱermöglichten,ȱsondernȱistȱderenȱVollendungȱundȱ Aufgipfelung.ȱȱ Dieȱ wichtigstenȱ Stützenȱ desȱ inȱ 9,51ȱ eröffnetenȱ Rahmensȱ stellenȱ mehrereȱ sogenannteȱ „Reisenotizen“ȱ (Itinerare)ȱ dar,ȱ dieȱ demȱ Teilȱ eineȱ „strukturelleȱ Kohärenz“67ȱ geben.ȱ Sieȱ sindȱ durchȱ dasȱ Syntagmaȱ ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱ […]ȱ ΉϢΖȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ/͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅ȱ charakterisiert68ȱ undȱ findenȱ sichȱ nebenȱ 9,51ȱ nochȱ inȱ 13,22ȱ undȱ 17,11,ȱ sowieȱ amȱ Schlussȱ desȱ drittenȱHauptteilsȱinȱ19,28.69ȱGegenüberȱdenȱerstenȱdreiȱNotizenȱhatȱdieȱ letzteȱinȱ19,28ȱabschließendenȱCharakter,ȱindemȱLukasȱvorȱdieȱcharakȬ teristischeȱWendungȱπΔΓΕΉϾΉΘΓȱσΐΔΕΓΗΌΉΑȱΦΑ΅Ά΅ϟΑΝΑȱΉϢΖȱ͒ΉΕΓΗϱΏΙȬ ΐ΅ȱeinȱimȱKontextȱderȱReisenotizenȱsinguläresȱΉϢΔАΑȱΘ΅ІΘ΅ȱsetzt,ȱmitȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 65ȱȱ Vgl.ȱ dasȱ passivumȱ divinumȱ vonȱ ΦΑ΅Ώ΅ΐΆΣΑΝȱ inȱ Apgȱ 1,2.11.22ȱ sowieȱ Lkȱ 24,51:ȱ ΦΑΉΚνΕΉΘΓ.ȱ 66ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLöning,ȱGeschichtswerkȱII,ȱ11–13.ȱHierȱzeigtȱsichȱschlaglichtartig,ȱwieȱengȱ fürȱ Lukasȱ dieȱ Wanderungȱ Jesuȱ nachȱ Jerusalemȱ mitȱ Passion,ȱ Auferstehungȱ undȱ Himmelfahrtȱzusammenhängt,ȱauchȱwennȱdieseȱEreignisseȱerstȱvieleȱKapitelȱspäterȱ sukzessiveȱerzähltȱwerden.ȱ 67ȱȱ Baum,ȱLukasȱalsȱHistoriker,ȱ184;ȱerȱbetontȱvorȱallemȱdieȱAnalogieȱzuȱanderenȱantiȬ kenȱReiseberichten.ȱ 68ȱȱ Baum,ȱ Lukasȱ alsȱ Historiker,ȱ 184f.;ȱ zurȱ Analogieȱ inȱ Homersȱ Odyssee,ȱ woȱ zwischenȱ denȱ Abenteuernȱ dieȱ Fahrtszenenȱ inȱ verwandtenȱ Formelversenȱ formuliertȱ werden,ȱ vgl.ȱBaum,ȱLukasȱalsȱHistoriker,ȱ185f.ȱ 69ȱȱ Dieseȱwiederholtenȱ„Reisenotizen“ȱschließenȱaus,ȱ dassȱsichȱdieȱAngabenȱinȱLkȱ9,51ȱ nurȱaufȱdieȱPerikopeȱ9,51–56ȱbeziehenȱkönnten.ȱDieȱItinerareȱwerdenȱerstȱdannȱsinnȬ voll,ȱwennȱmanȱsieȱalsȱBrückenȱeinesȱumfassendenȱTeilsȱansieht.ȱDurchȱdieȱWiederȬ holungȱderȱWendungȱΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱΉϢΖȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ/͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅ benutztȱLukasȱdasȱ „wichtigsteȱ undȱ vielseitigsteȱ Mittelȱ derȱTextverknüpfungȱ […].ȱ Fürȱ denȱ Rezipientenȱ istȱdieȱWirkungȱderȱWiederholungȱintegrativ,ȱintensivierend“ȱ(Berger,ȱExegese,ȱ13).ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

123ȱ

demȱdieȱLehrtätigkeitȱdesȱ„reisenden“ȱJesusȱendet.70ȱEntsprechendȱbeȬ ginntȱ dieȱ Geschichteȱ vomȱ Einzugȱ inȱ Jerusalemȱ inȱ 19,29ȱ mitȱ Ύ΅Ϡȱ π·νΑΉΘΓ.71ȱ Jesusȱ hatȱ nunȱ seinȱ Zielȱ erreicht.ȱ Derȱ letzteȱ großeȱ Teilȱ desȱ Evangeliums,ȱ derȱ inȱ Jerusalemȱ spielenȱ wird,ȱ beginntȱ mitȱ demȱ Einzugȱ JesuȱinȱdieȱStadt.72ȱ Trotzȱ mancherȱ Parallelenȱ zuȱ anderenȱ antikenȱ Reiseerzählungen73ȱ sindȱ dieȱ Eigenartenȱ derȱ lukanischenȱ Varianteȱ unübersehbar.ȱ Soȱ beȬ merkteȱKarlȱLudwigȱSchmidtȱschonȱ1919,ȱdassȱ„JesusȱimmerȱnachȱJeruȬ salemȱ reist,ȱ aberȱ aufȱ dieserȱ Reiseȱ garȱ nichtȱ rechtȱ weiterkommt“74.ȱ Dieȱ äußereȱFormȱderȱReiseȱscheineȱeherȱalsȱInstrumentariumȱzuȱdienen,ȱumȱ anderesȱ auszusagen.ȱ Undȱ Hansȱ Conzelmannȱ stellteȱ beimȱ Reiseberichtȱ eineȱ„SpannungȱzwischenȱFormȱundȱStoff“75ȱfest.ȱȱ Wirdȱ manȱ eineȱ chronologischȬgeographischeȱ Auslegung,ȱ nachȱ derȱ Lukasȱ einȱ historischesȱ Reisegeschehenȱ imȱ Wirkenȱ Jesuȱ mehrȱ oderȱ weȬ nigerȱ detailliertȱ nacherzähle,ȱ schonȱ aufgrundȱ derȱ bisherigenȱ BeobachȬ tungenȱ ausschließen,ȱ stelltȱ sichȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Intentionȱ dieserȱ AusgestaltungȱdesȱMittelteilsȱdesȱEvangeliums.ȱDieȱVersuche,ȱdieȱaufȬ einanderȱ folgendenȱ Erzählungenȱ unterȱ sachlichenȱ Gesichtspunktenȱ inȱ einenȱ inhaltlichȱ nachvollziehbarenȱ Rahmenȱ zuȱ bringenȱ bzw.ȱ eineȱ forȬ malȱbewusstȱdurchdachteȱKompositionȱdesȱEvangelistenȱaufzuweisen,ȱ sindȱ zahlreich,ȱ ohneȱ jedochȱ überzeugenȱ zuȱ könnenȱ (theologischȬ kompositionskritischeȱAuslegung).ȱȱ EineȱeigeneȱAnfrageȱanȱdenȱ bislangȱherausgearbeitetenȱ„Reise“ȬCharakterȱ desȱdrittenȱHauptteilsȱbestehtȱdarin,ȱdassȱderȱWanderungsgedankeȱfürȱfastȱ alleȱWorteȱJesu,ȱdieȱinȱdenȱKapitelnȱversammeltȱsind,ȱkeineȱRolleȱspieltȱundȱ außerȱJerusalemȱauchȱOrtsangabenȱseltenȱsind.ȱFürȱeineȱwirklicheȱReiseerȬ zählungȱ sindȱ dieȱ OrtsȬȱ undȱ Zeitangabenȱ zuȱ unklar,ȱ währendȱ andererseitsȱ fürȱ eineȱ Spruchsammlungȱ desȱ Protagonisten,ȱ wieȱsieȱ beiȱzahlreichenȱ antiȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 70ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ etwaȱ dieȱ ausgefeilteȱ Formelȱ Ύ΅Ϡȱ π·νΑΉΘΓȱ ϵΘΉȱ πΘνΏΉΗΉΑȱ ϳȱ ͑΋ΗΓІΖȱ ΘΓϿΖȱ Ώϱ·ΓΙΖȱΘΓϾΘΓΙΖȱ[…]ȱamȱEndeȱderȱRedenȱimȱMtȬEvangeliumȱ(Mtȱ7,28;ȱ19,1;ȱ26,1;ȱvgl.ȱ 11,1;ȱ13,53).ȱȱ 71ȱȱ Vgl.ȱdieȱanalogeȱFormulierungȱinȱLkȱ9,51.ȱ 72ȱȱ Nebenȱ dieseȱ Notizenȱ tretenȱ jeȱ undȱ jeȱ weitereȱ Verse,ȱ dieȱ entwederȱ dieȱ Wanderungȱ Jesuȱ (vgl.ȱ 10,38:ȱ ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍)ȱ oderȱ derenȱ Zielȱ Jerusalemȱ (vgl.ȱ 18,31;ȱ 19,11)ȱ nennen.ȱ Nurȱinȱ18,31ȱnimmtȱLukasȱdabeiȱeineȱMarkusvorlageȱauf,ȱsoȱdassȱalleȱanderenȱStelȬ lenȱalsȱ„redaktionelleȱ‚Wegweiser‘“ȱbezeichnetȱwerdenȱkönnenȱ(vgl.ȱKlauck,ȱHeiligeȱ Stadt,ȱ139).ȱ 73ȱȱ AufȱdieseȱmachtȱinsbesondereȱBaum,ȱLukasȱalsȱHistoriker,ȱaufmerksam.ȱ 74ȱȱ Vgl.ȱ Schmidt,ȱ Rahmenȱ derȱ Geschichteȱ Jesu,ȱ 269.ȱ Erȱ vermutete,ȱ dassȱ dasȱ Materialȱ insgesamtȱ trotzȱ mancherȱ Unstimmigkeitenȱ nachȱ sachlichenȱ –ȱ jedenfallsȱ nichtȱ nachȱ chronologischenȱoderȱgeographischenȱ–ȱGesichtspunktenȱangeordnetȱsei.ȱ 75ȱȱ Conzelmann,ȱMitteȱderȱZeit5,ȱ55;ȱAlsȱdurchgehendesȱMotivȱcharakterisiereȱdieȱReiseȱ eherȱdieȱlukanischeȱChristologieȱ(vgl.ȱ54f.).ȱ

124ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

kenȱBiographienȱimȱMittelteilȱanzutreffenȱist,76ȱderȱReisecharakterȱzuȱstarkȱ ausgeprägtȱ ist.ȱ Manȱ wirdȱ gutȱ daranȱ tun,ȱ dasȱ eineȱ nichtȱ gegenȱ dasȱ andereȱ aufzurechnen.ȱLukasȱverbindetȱhierȱseinenȱAnspruchȱeinerȱdurchlaufendenȱ Chronologie77ȱ mitȱ demȱ Anliegen,ȱ zentraleȱ Aussprücheȱ Jesuȱ inȱ derȱ Mitteȱ seinesȱ Werkesȱ zuȱ positionieren,ȱ wofürȱ erȱ dasȱ schonȱ inȱ seinerȱ Vorlageȱ beiȱ Markusȱ zuȱ findendeȱ Reisemotivȱ alsȱ Instrumentȱ heranzieht.ȱ Diesesȱ unterȬ streichtȱ dieȱ spezielleȱ Ausrichtungȱ seinesȱ Evangeliumsȱ aufȱ dasȱ Motivȱ desȱ UnterwegsseinsȱwieȱaufȱdieȱStadtȱJerusalem,ȱdieȱdasȱZielȱderȱReiseȱdarstellt.78ȱ SachlichȱhingegenȱfindenȱzentraleȱWorteȱundȱRedenȱJesuȱinȱdiesemȱTeilȱihrenȱ Platz.ȱ Diesȱ fälltȱ auchȱ undȱ geradeȱ imȱ Vergleichȱ mitȱ denȱ vorhergehendenȱ Kapitelnȱauf.ȱWährendȱsichȱdortȱ„JesuȱWunderwirksamkeitȱaufȱihremȱHöheȬ punktȱ [befindet],79ȱ […]ȱ nimmtȱ Jesuȱ Lehreȱ nunȱ einenȱ weitȱ größerenȱ Raumȱ ein“80,ȱwasȱsichȱdeutlichȱanȱdenȱvielenȱwichtigenȱGleichnissenȱzeigt.81ȱ

SchonȱvorȱdemȱBeginnȱdesȱdrittenȱHauptteilsȱinȱLkȱ9,51ȱlassenȱsichȱimȱ Verlaufȱdesȱ9.ȱKapitelsȱmehrereȱAuffälligkeitenȱbenennen,ȱdieȱalsȱWeiȬ chenstellungenȱ angesehenȱ werdenȱ können,ȱ umȱ aufȱ spezifischeȱ AnlieȬ genȱ undȱ Eigenartenȱ desȱ folgendenȱ umfangreichenȱ Berichtsȱ hinzuweiȬ sen.ȱSieȱsindȱimȱFolgendenȱzuȱentfalten:ȱ EineȱersteȱunscheinbareȱNotizȱbietetȱeinȱWortȱdesȱTetrarchenȱHerodesȱ AgrippaȱinȱLkȱ9,7–9.ȱLukasȱübernimmtȱhierȱlediglichȱdenȱVorspannȱderȱ markinischenȱErzählungȱüberȱdenȱTodȱdesȱTäufers.ȱDieȱGerüchteȱüberȱ JesusȱerreichenȱdenȱHofȱdesȱTetrarchenȱHerodesȱAntipas.ȱLukasȱüberȬ gehtȱdieȱMartyriumserzählungȱundȱerwähntȱdenȱTodȱdesȱTäufersȱledigȬ lichȱ indirektȱ imȱ Wortȱ desȱ Herrschers.ȱ Wichtigȱ ist,ȱ dassȱ Herodesȱ Jesusȱ „zuȱsehenȱsucht“ȱ(9,9:ȱΎ΅ϠȱπΊφΘΉ΍ȱϢΈΉϧΑȱ΅ЁΘϱΑ),ȱdennȱinȱKapitelȱ13ȱwirdȱ sichȱ zeigen,ȱ dassȱ erȱ diesenȱ keineswegsȱ neutralȱ kennenlernen,ȱ sondernȱ ihnȱ–ȱwieȱschonȱdenȱTäuferȱ–ȱbeseitigenȱwill.ȱDamitȱgerätȱderȱGedankeȱ einerȱ Aggressionȱ gegenȱ Jesus,ȱ derȱ bereitsȱ inȱ Lkȱ 2,34f.ȱ undȱ 4,28f.ȱ aufȬ schien,ȱwiederȱinȱdenȱBlick.ȱDochȱwieȱschonȱinȱLkȱ4,28f.ȱistȱGaliläaȱkeinȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 76ȱȱ Vgl.ȱBaum,ȱLukasȱalsȱHistoriker,ȱ195.ȱ 77ȱȱ Vgl.ȱ Lkȱ 1,3:ȱ Schonȱ imȱ Prologȱ wirdȱ betont,ȱ dassȱ inȱ derȱ vorliegendenȱ „Erzählung“ȱ (Έ΍φ·΋Η΍Ζ)ȱ allesȱ „derȱ Reiheȱ nach“ȱ (Ύ΅ΘΉΒϛΖ)ȱ –ȱ inȱ „zeitl.,ȱ räuml.,ȱ logischerȱ Folge“ȱ (Bauer/Aland,ȱWNT,ȱ788)ȱ–ȱdargebotenȱwird.ȱ 78ȱȱ BeideȱMotiveȱfindenȱsichȱinȱderȱApgȱwieder:ȱDerȱreisendeȱPaulusȱkommtȱschließlichȱ nachȱJerusalem,ȱwoȱerȱ–ȱderȱPassionȱJesuȱnachempfundenȱ–ȱvorȱGerichtȱgestelltȱwird.ȱ ZumȱWegmotivȱvgl.ȱauchȱConzelmann,ȱMitteȱderȱZeit,ȱ21–86(53–66).ȱ 79ȱȱ Vgl.ȱ dieȱ Erzählungenȱ vonȱ derȱ Sturmstillungȱ (Lkȱ 8,22–25)ȱ undȱ Brotvermehrungȱ (Lkȱ 9,10–17),ȱsowieȱzahlreicheȱHeilungenȱ(Lkȱ4,31–37.38f.40f.;ȱ5,12–16.17–26;ȱ6,17–19;ȱ7,1– 10;ȱ8,26–39.43–48;ȱ9,37–43)ȱundȱzweiȱTotenerweckungenȱ(Lkȱ7,11–17;ȱ8,40–42.49–56).ȱ 80ȱȱ Feldmeier,ȱLukasevangelium,ȱ113f.ȱ(HervorhebungenȱC.S.).ȱ 81ȱȱ Z.ȱB.ȱdasȱGleichnisȱvomȱbarmherzigenȱSamariterȱ(10,25–37),ȱvomȱBittendenȱ(11,5–13),ȱ vomȱ reichenȱ Torenȱ (12,13–21),ȱ vomȱ großenȱ Gastmahlȱ (14,15–24),ȱ vomȱ verlorenenȱ Schafȱ undȱ derȱ verlorenenȱ Drachmeȱ (15,1–10),ȱ vomȱ barmherzigenȱ Vaterȱ (15,11–32),ȱ vomȱungerechtenȱVerwalterȱ(16,1–13),ȱusw.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

125ȱ

OrtȱfürȱtatsächlicheȱAggressionenȱgegenȱJesus,ȱdieȱvielmehrȱ–ȱpassendȱ zurȱSimeonweissagungȱimȱTempelȱinȱLkȱ2ȱ–ȱaufȱJerusalemȱkonzentriertȱ werden.ȱAuchȱdieserȱAspektȱschwingtȱimȱAufbruchȱvonȱ9,51ȱmit.ȱ Dieȱ nähereȱ Vorbereitungȱ beginntȱ dannȱ mitȱ demȱ Messiasbekenntnisȱ desȱ Petrusȱ undȱ derȱ anschließendenȱ Leidensankündigungȱ Jesuȱ (Lkȱ 9,20– 22).82ȱ Dieȱ Gerüchteȱ ausȱ 9,7f.ȱ werdenȱ vonȱ denȱ Jüngernȱ Jesuȱ mitȱ allenȱ Elementenȱ (Jesusȱ istȱ Johannesȱ derȱ Täufer,ȱ Elijaȱ oderȱ einerȱ derȱ altenȱ Propheten)ȱ wiederholt.ȱ Dochȱ andersȱ alsȱ Herodes,ȱ derȱ aufȱ Aggressionȱ sinnt,ȱschließtȱPetrusȱdaranȱseinȱChristusȬBekenntnisȱan,ȱdasȱerȱknappȱ undȱ schlichtȱformuliert,ȱ andersȱalsȱ Markusȱ eindeutigȱ imȱ jüdischenȱ ErȬ wartungshorizontȱ(V.ȱ20:ȱΘϲΑȱΛΕ΍ΗΘϲΑȱΘΓІȱΌΉΓІ).ȱDieȱfolgendeȱLeidensȬ ankündigungȱ übernimmtȱ Lukasȱ nahezuȱ wörtlichȱ ausȱ demȱ MarkusȬ evangelium.ȱ Fürȱ Lukasȱ hatȱ dieseȱ sogenannteȱ „ersteȱ LeidensankündiȬ gung“ȱ einenȱ klarenȱ Selbststand.ȱ Diesȱ zeigtȱ sichȱ formalȱ daran,ȱ dassȱ erȱ dieȱzweiteȱLeidensankündigungȱMkȱ10,32ȱnichtȱmehrȱübernimmt,ȱsonȬ dernȱ lediglichȱ einȱ Elementȱ darausȱ verarbeitet.ȱ Inhaltlichȱ sindȱ fürȱ unsȱ folgendeȱElementeȱbedeutsam:ȱ Derȱ Menschensohnȱ „muss“ȱ vielesȱ erleiden.ȱ Lukasȱ hatȱ dasȱ voranstehendeȱ ΈΉϧ,ȱvonȱdemȱdieȱgesamteȱLeidensaussageȱabhängigȱist,ȱnichtȱnurȱvonȱMarȬ kusȱ übernommen,ȱ sondernȱ zumȱ prägendenȱ Motivȱ fürȱ dasȱ Geschickȱ Jesuȱ gemacht,ȱ dassȱ damitȱ vonȱ Anfangȱ anȱ inȱ denȱ göttlichenȱ Heilsplanȱ eingeȬ schriebenȱist.ȱEntsprechendȱstehenȱdieȱdreiȱdasȱ„Leiden“ȱkonkretisierendenȱ Verben,ȱ derenȱ drittesȱ bereitsȱ dasȱ Leidensgeschickȱ überwindet,ȱ imȱ Passivȱ undȱ unterstreichenȱ soȱ dieȱ Fügungȱ Jesuȱ inȱ seinȱ Geschick.83ȱ Kommentarlosȱ wirdȱ inȱ Lkȱ 9,22ȱ derȱ ChristusȬTitelȱ ausȱ V.ȱ 20ȱ durchȱ dieȱ jesuanischeȱ Redeȱ vomȱ „Menschensohn“ȱ ersetzt,ȱ welcherȱ mitȱ derȱ Leidensmotivikȱ verknüpftȱ ist.ȱDamitȱbietetȱdieseȱStelleȱdieȱErklärungȱderȱinȱbeidenȱBüchernȱdesȱLukasȱ formuliertenȱVorstellung,ȱ„dassȱderȱChristusȱleidenȱmüsse“ȱ(Lkȱ24,26;ȱApgȱ 3,18).ȱDieseȱBetonungȱdesȱLeidensȱistȱfürȱLukasȱwichtig,ȱdaȱseineȱengeȱAnȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 82ȱȱ Derȱ ChristusȬTitelȱ wirdȱ beiȱ Lkȱ bewusstȱ undȱ eherȱ seltenȱ gebraucht:ȱ Nachȱ einerȱ zweimaligenȱ Ankündigungȱ inȱ 2,11.26ȱ fragenȱ sichȱ dieȱ Hörerȱ desȱ Täufers,ȱ obȱ dieserȱ vielleichtȱderȱMessiasȱseiȱ(3,15),ȱundȱinȱ4,41ȱwissenȱDämonenȱumȱdieȱMessianitätȱJeȬ su.ȱNachȱdemȱPetrusȬBekenntnisȱfälltȱderȱTitelȱdannȱerstȱwiederȱinȱJerusalemȱ(20,41;ȱ mehrfachȱ dannȱ inȱ derȱ Passionserzählungȱ undȱ schließlichȱ zweimalȱ inȱ derȱ EmmausȬ perikope).ȱAlleinȱdasȱLkȬEvangeliumȱsprichtȱnieȱvonȱ„JesusȱChristus“ȱ(vgl.ȱaberȱMtȱ 1,1;ȱMkȱ1,1;ȱJoh,ȱ1,17ȱetc.);ȱdiesenȱNamen,ȱderȱderȱnachösterlichenȱZeitȱangehört,ȱbieȬ tetȱerstȱdieȱApg.ȱ 83ȱȱ LukasȱfolgtȱseinerȱMkȬVorlageȱsorgfältig,ȱersetztȱaberȱamȱSchlussȱdasȱmkȱΐΉΘΤȱΘΕΉϧΖȱ ψΐνΕ΅ΖȱΦΑ΅ΗΘϛΑ΅΍ȱdurchȱdieȱFormulierungȱΘϜȱΘΕϟΘϙȱψΐνΕθȱπ·ΉΕΌϛΑ΅΍.ȱDieȱDativȬ formulierungȱ„amȱdrittenȱTage“ȱistȱdieȱvonȱLukasȱdurchwegȱbenutzteȱ(vgl.ȱLkȱ18,33;ȱ 24,7.46;ȱApgȱ10,40);ȱderȱWechselȱvonȱΦΑ΅ΗΘϛΑ΅΍ȱzuȱπ·ΉΕΌϛΑ΅΍ȱbezeichnetȱoffenbarȱ keineȱinhaltlicheȱVerschiebungȱ(vgl.ȱ18,33).ȱVielleichtȱsollȱdieȱersteȱAnkündigungȱfürȱ Lukasȱ nahȱ amȱ urchristlichenȱ Bekenntnisȱ seinȱ (vgl.ȱ 1ȱ Korȱ 15,4:ȱ ϵΘ΍ȱ π·φ·ΉΕΘ΅΍ȱ ΘϜȱ ψΐνΕθȱΘϜȱΘΕϟΘϙȱΎ΅ΘΤȱΘΤΖȱ·Ε΅ΚΣΖ).ȱ

126ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

knüpfungȱanȱdieȱgenuinȱjüdischeȱMessiaserwartungȱ(Lkȱ9,20:ȱΘϲΑȱΛΕ΍ΗΘϲΑȱ ΘΓІȱ ΌΉΓІ)84ȱ zugleichȱ dieȱ unpolitischeȱ Dimensionȱ derȱ Messianitätȱ Jesu,ȱ dieȱ sichȱimȱLeidenȱkonkretisiert,ȱgewährleistenȱmuss.ȱDarausȱerklärtȱsichȱauch,ȱ warumȱ Lukasȱ dieȱ beiȱ Markusȱ nachfolgendeȱ Szene,ȱ inȱ derȱ Petrusȱ seinemȱ MeisterȱVorwürfeȱmachtȱundȱdieserȱihnȱalsȱ„Satan“ȱzurückweistȱ(Mkȱ8,30),ȱ durchȱdasȱWortȱvomȱ„Kreuztragen“ȱersetzt;ȱesȱkonkretisiertȱnochmalsȱdasȱ Motivȱ desȱ Leidens.85ȱ Durchȱ dieȱ Erwähnungȱ derȱ „Ältesten,ȱ Hohenpriesterȱ undȱ Schriftgelehrten“ȱ wird,ȱ ohneȱ dassȱ einȱ Ortȱ genanntȱ wird,ȱ derȱ Blickȱ schonȱwegȱvonȱGaliläaȱgerichtet.ȱDasȱSynhedriumȱhatȱseinenȱOrtȱinȱJerusaȬ lem,ȱwieȱdasȱAuftretenȱallerȱdreiȱGruppenȱinȱLkȱ22,66ȱzeigt.86ȱ

Inȱ derȱ kurzȱ daraufȱ folgendenȱ Verklärungsszeneȱ (Lkȱ 9,28–36)ȱ verarbeitetȱ LukasȱüberȱseineȱVorlageȱhinausȱeinȱweiteresȱvorbereitendesȱElement,ȱ wennȱ erȱ sichȱ inȱ V.ȱ 31ȱ zumȱ Inhaltȱ desȱ Gesprächsȱ zwischenȱ Jesusȱ undȱ MoseȱundȱElijaȱäußert:ȱ„Dieseȱ(sc.ȱMoseȱundȱElija)ȱerschienenȱinȱHerrȬ lichkeitȱundȱsprachenȱvonȱseinemȱAusgang,ȱdenȱerȱinȱJerusalemȱerfülȬ lenȱ würdeȱ (σΏΉ·ΓΑȱ ΘχΑȱ σΒΓΈΓΑȱ ΅ЁΘΓІ,ȱ ϋΑȱ όΐΉΏΏΉΑȱ ΔΏ΋ΕΓІΑȱ πΑȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ).ȱ Hierȱ wirdȱ nunȱ alsȱ Ortȱ dieȱ StadtȱJerusalemȱgenannt,ȱ aufȱ dieȱ inȱ derȱ Leidensankündigungȱ durchȱ dieȱ Nennungȱ derȱ Gruppenȱ desȱ Synhedriumsȱ schonȱ indirektȱ hingewiesenȱ wurde.ȱ Spätestensȱ mitȱ Lkȱ 9,31ȱ istȱ esȱ fürȱ dieȱ Logikȱ derȱ gesamtenȱ Darstellungȱ unabdingbar,ȱ dassȱ JesusȱtatsächlichȱnachȱJerusalemȱgeht.ȱDerȱganzeȱAbschnittȱhatȱExodusȬ Kolorit87ȱundȱstelltȱzugleichȱeinenȱwichtigenȱMarkierungspunktȱlukaniȬ scherȱTheologieȱdar:ȱMitȱMoseȱundȱElija,ȱdieȱhierȱtatsächlichȱalsȱVertreȬ terȱ vonȱ „Gesetzȱ undȱPropheten“ȱ (vgl.ȱLkȱ 16,16)ȱstehenȱ können88,ȱ insoȬ fernȱdieȱ Schriftȱ mitȱ derȱ Toraȱdesȱ Moseȱbeginntȱ undȱmitȱ Eliaȱ (Malȱ 3,23ȱ undȱ Lkȱ 1)ȱ endet,ȱ wirdȱ derȱ Wegȱ Jesuȱ einmalȱ mehrȱ inȱ dasȱ Lichtȱ derȱ SchriftȱIsraelsȱgestelltȱ(vgl.ȱalsȱhermeneutischenȱSchlüsselȱLkȱ24,27.45f.).ȱ Insofernȱ dieȱ Verklärungsperikopeȱ alsȱ solcheȱ Elementeȱ derȱ ExodusȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 84ȱȱ DerȱMessiasȱistȱnichtȱunabhängigȱvonȱGottȱselbstȱzuȱdenken.ȱDieȱTheozentrikȱsichertȱ dieȱ Einzigkeitȱ Gottes.ȱ Vgl.ȱ auchȱ dieȱ mitȱ Genitivȱ versehenenȱ Christustitelȱ inȱ PsSalȱ 17,32;ȱ18,7ȱ(„derȱGesalbteȱdesȱHerrn“);ȱaberȱauchȱPsȱ88,39.52ȱetc.ȱ(„deinȱGesalbter“).ȱ 85ȱȱ Soȱ auchȱ Eckey,ȱ Lkȱ I,ȱ 421:ȱ „Esȱ wirdȱ […]ȱ angesprochen,ȱ wasȱ inȱ diesesȱ Bekenntnisȱ wesentlichȱ hineingehört,ȱinȱ derȱ hierȱvorausgesetztenȱSituationȱaberȱnochȱaussteht.“ȱ Demgegenüberȱ vermeidetȱ Lukasȱ wennȱ möglichȱ Konflikteȱ wieȱ denȱ zwischenȱ Jesusȱ undȱPetrus.ȱ 86ȱȱ DieȱSchriftgelehrtenȱnenntȱLukasȱbeiȱdenȱErzählungenȱausȱGaliläaȱsonstȱzusammenȱ mitȱdenȱPharisäernȱ(vgl.ȱLkȱ5,21.30;ȱ6,7;ȱ11,53;ȱ15,2).ȱWährendȱletztereȱimȱKontextȱdesȱ Prozessesȱ Jesuȱ nichtȱ mehrȱ auftauchenȱ werden,ȱ findenȱ wirȱ dieȱ Schriftgelehrten,ȱ wieȱ hierȱ angedeutet,ȱ dannȱ anȱ derȱ Seiteȱ derȱ Oberenȱ Israels,ȱ dieȱ Jesusȱ beseitigenȱ wollen;ȱ vgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ3.9.1.ȱ 87ȱȱ Vgl.ȱdazuȱSchiffner,ȱExodus,ȱ253–259.ȱ 88ȱȱ DadurchȱerklärtȱsichȱauchȱdieȱUmstellungȱdesȱungewöhnlichenȱAusdrucksȱ„Elijaȱmitȱ Mose“ȱbeiȱMk,ȱvgl.ȱauchȱWolter,ȱLk,ȱ352.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

127ȱ

geschichteȱaufnimmt89,ȱwirdȱdieȱ„eherȱchristologischȱorientierteȱVorlaȬ ge“90ȱ vonȱ Lukasȱ wiederȱ stärkerȱ aufȱ Gottȱ ausgerichtet.ȱ Derȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ selteneȱ undȱ hierȱ auffälligeȱ Terminusȱ σΒΓΈΓΖȱ istȱ inȱ diesemȱ Gesamtkontextȱzuȱinterpretieren.ȱSoȱwirdȱerȱkaumȱisoliertȱaufȱdasȱToȬ desgeschickȱ Jesuȱ hinweisenȱ wollen,ȱ dasȱ schonȱ 9,22ȱ erwähntȱ hat.ȱ StattȬ dessenȱgehtȱerȱüberȱ9,22ȱhinaus,ȱindemȱerȱeinerseitsȱdieȱStadtȱJerusalemȱ explizitȱbenennt,ȱandererseitsȱmitȱMoseȱundȱElijaȱundȱderȱRedeȱvonȱderȱ „Erfüllung“ȱdenȱBezugȱzurȱSchriftȱaufȱdenȱWegȱbringt,ȱderȱimȱKontextȱ desȱ petrinischenȱ Bekenntnissesȱ nochȱ nichtȱ auftauchte,ȱ aber,ȱ wieȱ Lkȱ 24ȱ undȱschonȱ18,22ȱzeigenȱwird,ȱfürȱLukasȱzentralȱist.ȱMitȱdemȱStichwortȱ „Exodus“,ȱ dasȱ isoliertȱ betrachtetȱ sicherȱ nichtȱ zuȱ sehrȱ belastetȱ werdenȱ darf,ȱzeigtȱsichȱimȱZusammenhangȱmitȱderȱPrägungȱderȱganzenȱSzeneȱ aberȱdoch,ȱdassȱJesusȱinȱJerusalemȱetwasȱtunȱwird,ȱdasȱAnalogienȱzumȱ Exodusgeschehenȱ aufweist.ȱ Dieȱ Redeȱ vomȱ σΒΓΈΓΖȱ beinhaltetȱ natürlichȱ auchȱ dieȱ Tatsacheȱ desȱ Fortgehensȱ Jesu,ȱ dieȱ inȱ gewisserȱ Weiseȱ mitȱ derȱ ÜbertragungȱderȱVollmachtȱaufȱdieȱZwölfȱ(vgl.ȱLkȱ9,1)ȱkorrespondiert.ȱ Dasȱ Problemȱ wirdȱ sichȱ inȱ derȱ anschließendenȱ Perikopeȱ zeigen.ȱ Dieȱ „Erfüllung“,ȱvonȱderȱ9,31ȱspricht,ȱistȱgenauȱdieȱKategorie,ȱdieȱaufȱJesuȱ Geschickȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Schriftȱ Israelsȱ passtȱ (vgl.ȱ 18,31–33;ȱ 24,27.44– 46).ȱȱ Dieȱ letzteȱ Vorbereitungȱ aufȱ dieȱ Jerusalemreiseȱ bietetȱ derȱ anschlieȬ ßendeȱ Textzusammenhangȱ Lkȱ 9,37–50.ȱ Narrativȱ unmittelbarȱ mitȱ derȱ Verklärungsszeneȱverbundenȱ(9,37),ȱäußertȱsichȱderȱAbschnittȱüberȱdasȱ Unvermögenȱ derȱ Jüngerȱ Jesu.ȱ Inȱ derȱ Mitteȱ diesesȱ Teilsȱ findetȱ sichȱ einȱ Elementȱausȱderȱ„zweitenȱLeidensankündigung“ȱbeiȱMarkus.ȱWährendȱ dortȱparallelȱzurȱerstenȱAnkündigungȱdieȱeinzelnenȱElementeȱgenanntȱ werdenȱ(Auslieferung,ȱTod,ȱAuferstehung),ȱübernimmtȱLukasȱnurȱdasȱ ersteȱundȱbettetȱdiesesȱmitȱeinemȱbegründendenȱ·ΣΕȱinȱdenȱumliegenȬ denȱnarrativenȱKontextȱein,ȱwennȱerȱJesusȱnachȱderȱHeilungȱeinesȱJunȬ genȱ dieȱ Anwesendenȱ aufgrundȱ ihresȱ Unglaubensȱ anklagtȱ undȱ abȬ schließendȱ ruft:ȱ „Ihrȱ solltȱ euchȱ dieseȱ Worteȱ inȱ eureȱ Ohrenȱ stecken.ȱ Dennȱ derȱ Menschensohnȱ wirdȱ übergebenȱ werdenȱ inȱ dieȱ Händeȱ vonȱ Menschenȱ (ϳȱ ·ΤΕȱ ΙϡϲΖȱ ΘΓІȱ ΦΑΌΕЏΔΓΙȱ ΐνΏΏΉ΍ȱ Δ΅Ε΅ΈϟΈΓΗΌ΅΍ȱ ΉϢΖȱ ΛΉϧΕ΅ΖȱΦΑΌΕЏΔΝΑ)“ȱ(Lkȱ9,44).ȱ Währendȱ inȱ Mkȱ 9,30ȱ einȱ Ortswechselȱ angezeigtȱ wird,ȱ soȱ dassȱ dieȱ LeidensankündigungȱJesuȱinȱV.ȱ31ȱeineȱeigeneȱSzeneȱbildet,ȱstelltȱLukasȱ dasȱ (abgekürzte)ȱ Wortȱ Jesuȱ inȱ einenȱ großenȱ Erzählzusammenhang:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 89ȱȱ Schiffner,ȱ Exodus,ȱ 254–256,ȱ nenntȱ etwaȱ denȱ Gangȱ aufȱ denȱ Bergȱ mitȱ dreiȱ Begleiternȱ (Exȱ24,1ȱ/ȱLkȱ9,28),ȱdieȱVeränderungȱdesȱAntlitzesȱ(Exȱ34,29f.33–35ȱ/ȱLkȱ9,29),ȱdasȱMoȬ tivȱderȱFurchtȱimȱKontaktȱmitȱdemȱGottȱIsraelsȱ(Exȱ19,16;ȱ20,18;ȱ34,30ȱ/ȱLkȱ9,34ȱ–ȱdiff.ȱ Mk),ȱdieȱWolkeȱalsȱOrtȱderȱStimmeȱJHWHsȱ(Exȱ19,9;ȱDtnȱ5,22ȱ/ȱLkȱ9,35).ȱ 90ȱȱ Schiffner,ȱExodus,ȱ255ȱAnm.ȱ243.ȱ

128ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

NachȱderȱJüngerbeauftragungȱzuȱBeginnȱdesȱ9.ȱKapitelsȱundȱihrenȱersȬ tenȱ Erfahrungenȱ warȱ dieȱ Heilungȱ desȱ Jungenȱ durchȱ Jesusȱ einȱ Beispielȱ fürȱdasȱUnvermögenȱderȱJünger.ȱDaȱdieȱSzeneȱdieȱHeilungsfähigkeitenȱ derȱJüngerȱvoraussetztȱ(vgl.ȱLkȱ9,1f.6)ȱundȱJesusȱselbstȱzuvorȱnichtȱerȬ reichbarȱ warȱ (vgl.ȱ Lkȱ 9,28–36),ȱ passtȱ sichȱ dieȱ Erzählungȱ Lkȱ 9,37ff.ȱ loȬ gischȱ inȱ dieȱ Erzählfolgeȱ ein.ȱ Demȱ Leserȱ stehenȱ sowohlȱ derȱ fürȱ Jesusȱ angekündigteȱ „Ausgangȱ inȱ Jerusalem“ȱ (9,31)ȱ wieȱ dasȱ (UnȬ)Vermögenȱ derȱJüngerȱimȱBewusstsein,ȱsoȱdassȱV.ȱ44ȱ–ȱwieȱschonȱderȱVorwurfȱinȱV.ȱ 41ȱ–ȱalsȱanȱdieȱJüngerȱgerichtetȱzuȱlesenȱist.ȱDieȱRedeȱvonȱderȱAusliefeȬ rungȱ desȱ Menschensohnesȱ istȱ keineȱ „Leidensankündigung“,ȱ sondernȱ dieȱ Begründungȱ derȱ zuletztȱ gesprochenenȱ Worteȱ Jesuȱ (·ΣΕȱ stattȱ ϵΘ΍),ȱ dieȱvonȱderȱbegrenztenȱZeitȱseinerȱWirksamkeitȱinȱIsraelȱhandeln.ȱMitȱ demȱUnverständnisȱderȱJünger,ȱdasȱV.ȱ45ȱexpliziertȱundȱdasȱauchȱinȱV.ȱ 46–50ȱ nochȱ einmalȱ thematisiertȱ wird,91ȱ endetȱ dieserȱ Abschnittȱ desȱ Evangeliums.ȱ Derȱ Aufbruchȱ nachȱ Jerusalemȱ stehtȱ bevor.ȱ Nachȱ denȱ Vorbereitungenȱ inȱ Kap.ȱ 9ȱ istȱ auchȱ kaumȱ etwasȱ anderesȱ zuȱ erwarten,ȱ wennȱsichȱdieȱErzählungȱweiterentwickelnȱsoll.ȱ Dieȱ inhaltlichenȱ Konturenȱ desȱ Reiseberichtsȱ werdenȱ somitȱ seinerȱ eigentlichenȱEröffnungȱvorangestellt.ȱEsȱgehtȱdarum,ȱJesusȱalsȱdenȱleiȬ dendenȱ Messiasȱ darzustellen;ȱ seinȱ Gangȱ nachȱ Jerusalemȱ entsprichtȱ zwarȱ derȱ jüdischenȱ Vorstellung,ȱ dassȱ derȱ Messiasȱ inȱ Jerusalemȱ seineȱ Machtȱübernehmenȱwirdȱ(vgl.ȱPsSalȱ17,21f.30),ȱdochȱwirdȱdiesesȱMotivȱ imȱRahmenȱderȱspezifischenȱMessianitätȱJesu,ȱdieȱdurchȱAblehungȱundȱ Leidenȱ charakterisiertȱ ist,ȱ gebrochenȱ vorgestellt.ȱ Jerusalemȱ istȱ derȱ Ortȱ seinesȱTodes,ȱwieȱdieȱLeidensankündigungȱzeigt.ȱȱ Dieȱ Reiseȱ Jesuȱ dientȱ auchȱ dazu,ȱ seineȱ besondereȱ Stellungȱ undȱ Autoritätȱ weiterȱ voranzutreiben.ȱ Einȱ Indizȱ dafürȱ istȱ etwaȱ dieȱ lukanischeȱ VerwenȬ dungȱdesȱΎϾΕ΍ΓΖȬTitels,ȱfürȱdieȱimȱdrittenȱHauptteilȱeineȱSchwerpunktverȬ lagerungȱsichtbarȱwird.ȱNachȱderȱsehrȱhäufigenȱVerwendungȱdesȱTitelsȱinȱ denȱErzählungenȱdesȱerstenȱHauptteils,ȱwoȱerȱfastȱimmerȱdenȱGottȱIsraelsȱ bezeichnet,92ȱtrittȱerȱimȱzweitenȱHauptteilȱauffälligȱzurück.ȱErȱerscheintȱzuȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 91ȱȱ Soȱ auchȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 355–363.ȱ Denȱ Ortswechselȱ beiȱ Mkȱ tilgtȱ Lukasȱ auchȱ hierȱ undȱ bindetȱ damitȱ dieȱ folgendenȱ Verseȱ mitȱ derȱ Heilungserzählungȱ zuȱ einerȱ Einheitȱ zuȬ sammen.ȱ 92ȱȱ DiesȱwirdȱinȱLkȱ1,68ȱexplizitȱgesagt:ȱ„GepriesenȱseiȱderȱHerr,ȱderȱGottȱIsraels.“ȱInsgeȬ samtȱschließtȱsichȱderȱSprachgebrauchȱanȱdieȱLXXȱan,ȱwennȱgelegentlichȱΎϾΕ΍ΓΖȱmitȱ ΌΉϱΖȱ verbundenȱ wirdȱ (1,16.32)ȱ oderȱ –ȱ häufigerȱ –ȱ wichtigeȱ Institutionenȱ Israelsȱ mitȱ demȱGenitivȱΎΙΕϟΓΙȱversehenȱwerden,ȱetwaȱ„dieȱGeboteȱundȱSatzungenȱdesȱHerrn“ȱ (1,6),ȱ„derȱTempelȱdesȱHerrn“ȱ(1,9),ȱdieȱToraȱalsȱ„GesetzȱdesȱHerrn“ȱ(2,24.39).ȱAusȬ nahmenȱ inȱ Lkȱ 1–2ȱ (z.ȱ T.ȱ freilichȱ mitȱ textkritischenȱ Varianten,ȱ vgl.ȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 129),ȱ bleibenȱdieȱVerkündigungȱdesȱWeihnachtsengelsȱvonȱderȱGeburtȱdesȱRetters,ȱ„welȬ cherȱistȱChristus,ȱderȱHerr“ȱ(2,11),ȱsowieȱdieȱFrageȱderȱElisabeth:ȱ„Woherȱkommtȱmirȱ dieses,ȱdassȱdieȱMutterȱmeinesȱHerrnȱzuȱmirȱkommt?“ȱ(1,43).ȱInȱLkȱ1–2ȱfindenȱsichȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

129ȱ

nächstȱalsȱAnredeȱfürȱJesusȱ(Lkȱ5,8.12),ȱdannȱimȱMundȱJesuȱselbst,ȱwennȱerȱ überȱsichȱselbstȱsprichtȱ(Lkȱ6,5.46),ȱumȱschließlichȱinȱLkȱ7,13ȱundȱ7,19ȱvomȱ Erzählerȱ selbstȱ rechtȱ eindeutigȱ aufȱ Jesusȱ bezogenȱ zuȱ werden93ȱ undȱ dannȱ wiederȱ zuȱ verschwinden.ȱ Manȱ kannȱ diesenȱ Befundȱ alsȱ tastendeȱ Versucheȱ deuten,ȱ denȱ zuȱ Beginnȱ klarȱ aufȱ Gottȱ selbstȱ bezogenenȱ ΎϾΕ΍ΓΖȬTitelȱ mehrȱ undȱmehrȱmitȱJesusȱinȱVerbindungȱzuȱbringen,ȱwasȱdannȱimȱdrittenȱHauptȬ teilȱaufȱdemȱWegȱnachȱJerusalemȱauchȱgeschiehtȱ(vgl.ȱLkȱ10,1;ȱ10,39;ȱ10,41,ȱ 11,39;ȱ12,42,ȱ13,15;ȱ17,5f.;ȱ18,6;ȱ19,8).ȱDaȱdieserȱTextbereichȱauchȱzahlreicheȱ Gleichnisseȱbietet,ȱdieȱvomȱ„Herrn“ȱundȱseinenȱ„Dienern“ȱsprechenȱundȱinȱ denenȱsichȱderȱKyriosȬTitelȱzwanglosȱmitȱJesusȱinȱeineȱBeziehungȱbringenȱ lässt,ȱ erweistȱ sichȱ derȱ dritteȱ Teilȱ insgesamtȱ gewissermaßenȱ alsȱ VerkündiȬ gungȱ desȱ ΎϾΕ΍ΓΖȱ ͑΋ΗΓІΖ.94ȱ Zusammenȱ mitȱ derȱ Leidensthematik,ȱ dieȱ fürȱ Lukasȱ dieȱ Messianitätȱ Jesuȱ prägt,ȱ gehtȱ erȱ hierȱ überȱ jüdischeȱ VorstellungsȬ musterȱ hinaus.ȱ Esȱ zeigtȱ sichȱ soȱ eineȱ Entwicklungȱ vonȱ derȱ biblischenȱ GotȬ tesbezeichnungȱinȱLkȱ1–2ȱhinȱaufȱeineȱTitulierungȱJesuȱwährendȱseinerȱReiȬ seȱnachȱJerusalem.ȱȱ

EineȱweitereȱLeidensankündigungȱJesuȱ(Lkȱ18,31–33)ȱleitetȱdieȱSchlussȬ phaseȱ desȱ drittenȱ Hauptteilsȱ ein,ȱ dieȱ durchȱ eineȱ schrittweiseȱ beschrieȬ beneȱ Annäherungȱ anȱ Jerusalemȱ gestaltetȱ ist,ȱ nachdemȱ dieȱ LokalisieȬ rungȱbislangȱganzȱvageȱgebliebenȱwar.95ȱLukasȱübernimmtȱinȱ18,31ȱdieȱ markinischeȱ Formulierungȱ inȱ zahlreichenȱ Elementen,ȱ kürztȱ jedochȱ dieȱ auffälligeȱEinleitungȱausȱMkȱ10,32ȱundȱstreichtȱinȱderȱJesusredeȱgewisseȱ Wiederholungenȱ (etwaȱ dieȱ Personengruppenȱ desȱ Synhedriums)ȱ ausȱ derȱerstenȱAnkündigung.ȱImȱAnschlussȱfügtȱerȱparallelȱzuȱLkȱ9,47ȱeineȱ Notizȱ überȱ dasȱ Jüngerunverständnisȱ ein.ȱ Derȱ Textȱ nimmtȱ soȱ mehrereȱ LinienȱderȱvorangehendenȱKapitelȱauf,ȱsetzenȱjedochȱgegenüberȱLkȱ9,22ȱ neueȱAkzente:ȱInȱderȱEinleitungȱ18,31ȱwirdȱinȱnarrativerȱVerknüpfungȱ zurȱMakroerzählungȱzunächstȱdieȱStadtȱJerusalemȱalsȱOrtȱdesȱGescheȬ hensȱ benannt.ȱ Dieȱ offeneȱ Formulierungȱ desȱ Leidenmüssensȱ desȱ MenȬ schensohnesȱwirdȱ nunȱschrifttheologischȱ formuliert:ȱDasȱ Geschickȱ desȱ Menschensohnesȱ entsprichtȱ „allem“ȱ durchȱ dieȱ Prophetenȱ geschriebeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ insgesamtȱ 26ȱ Belegstellen.ȱ Auchȱ dieȱ folgendenȱ Belegeȱ inȱ LXXȬZitatenȱ (Lkȱ 3,4;ȱ 4,8.12.18f.)ȱverweisenȱaufȱdenȱGottȱIsraels.ȱ 93ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ275.ȱ 94ȱȱ Imȱ Folgendenȱ benutztȱ derȱ Erzählerȱ denȱ Titelȱ dannȱ nurȱ nochȱ inȱ Lkȱ 22,61ȱ (amȱ Endeȱ derȱVerleugnungȱdesȱPetrus),ȱsowieȱdannȱschließlichȱinȱ24,3.ȱ 95ȱȱ DieȱBeobachtung,ȱdassȱJesusȱaufȱseinemȱWegȱnachȱJerusalemȱnichtȱvorankäme,ȱgiltȱ nurȱ bisȱ 18,31,ȱ weshalbȱ mancheȱ Auslegerȱ diesenȱ Teilȱ hierȱ oderȱ sogarȱ schonȱ inȱ 18,14ȱ endenȱ lassen,ȱ woȱ dieȱ Markusvorlageȱ wiederȱ erkennbarȱ wird.ȱ Dochȱ hatȱ Lukasȱ dieȱ markinischeȱ Vorlageȱ bewusstȱ verändert,ȱ „konsequentȱ dekomponiert“ȱ undȱ „durchȱ seineȱ kompositorischenȱ Eingriffeȱ völligȱ unkenntlichȱ gemacht“ȱ (Löning,ȱ GeschichtsȬ werkȱI,ȱ17),ȱsoȱdassȱanȱdieserȱStelleȱfürȱdieȱlukanischeȱStrukturȱkeinȱEinschnittȱvorȬ genommenȱwerdenȱdarf.ȱInȱallenȱfolgendenȱPerikopenȱbringtȱLukasȱnun,ȱandersȱalsȱ bisher,ȱOrtsangaben;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱWolter,ȱLk,ȱ606.ȱ

130ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

nenȱ undȱ istȱ zugleichȱ dessenȱ „Vollendung“ȱ (V.ȱ 31:ȱ Ύ΅Ϡȱ ΘΉΏΉΗΌφΗΉΘ΅΍ȱ ΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱ·Ή·Ε΅ΐΐνΑ΅).96ȱDemȱΦΔΓΈΓΎ΍ΐ΅ΗΌϛΑ΅΍ȱ(Lkȱ9,22)ȱstehtȱeineȱ detaillierteȱ Listeȱ vonȱ Verbenȱ gegenüber,ȱ dieȱ jedochȱ weiterhinȱ alleȱ imȱ Passivȱ verbleiben:ȱ „Dennȱ erȱ wirdȱ denȱ Heidenȱ übergebenȱ werdenȱ (Δ΅Ε΅ΈΓΌφΗΉΘ΅΍)ȱ undȱ wirdȱ verspottetȱ (πΐΔ΅΍ΛΌφΗΉΘ΅΍)ȱ undȱ geȬ schmähtȱ (ЀΆΕ΍ΗΌφΗΉΘ΅΍)ȱ undȱ wirdȱ angespienȱ (πΐΔΘΙΗΌφΗΉΘ΅΍)ȱ werȬ den“ȱ (Lkȱ 18,31f.).ȱ Dochȱ istȱ dieȱ Gruppeȱ derȱ Ausführendenȱ signifikantȱ verändert:ȱDieȱjüdischenȱParteienȱdesȱSynhedriums,ȱdieȱinȱderȱMarkusȬ vorlageȱnochmalsȱaufgezähltȱwurden,ȱlässtȱLukasȱausȱundȱsprichtȱnurȱ vonȱ denȱ „Heiden“,ȱ soȱ dassȱ auchȱ dieȱ darauffolgendenȱ Verbenȱ alsȱ vonȱ diesenȱ ausgeführtȱ vorgestelltȱ sind.ȱ Juden97ȱ wieȱ Heidenȱ habenȱ damitȱ AnteilȱamȱTodȱJesu,ȱwasȱsichȱauchȱinȱderȱPassionserzählungȱbestätigenȱ wird.98ȱ ImȱHauptteilȱselbstȱinterpretierenȱalsoȱmehrereȱTexteȱdenȱWegȱJesuȱ nachȱ Jerusalem.ȱ Anȱ ersterȱ Stelleȱ istȱ diesȱ Lkȱ 13,31–35,ȱ dieȱ alsȱ zentraleȱ PerikopeȱdieȱWanderungȱalsȱganzeȱinȱheilsgeschichtlicherȱSichtȱdeutet.ȱ Wichtigȱ istȱ aberȱ auchȱ dieȱ zweiteȱ Leidensankündigungȱ Lkȱ 18,31–33,ȱ nachȱ derȱ sichȱ dieȱ Ortsangabenȱ häufenȱ undȱ sichȱ dieȱ Annäherungȱ anȱ JerusalemȱinȱmehrerenȱSchrittenȱbisȱzurȱErzählungȱdesȱEinzugsȱJesuȱinȱ dieȱStadtȱvollziehtȱ(Lkȱ19,29–44),ȱderȱalsȱZielpunktȱderȱWanderungȱzumȱ nächstenȱHauptteilȱüberleitet.ȱȱ

3.2.2.2ȱLkȱ13,31–35ȱalsȱZentrumȱdesȱdrittenȱHauptteilsȱ InȱBezugȱaufȱdenȱreinȱformalenȱUmfangȱdesȱdrittenȱHauptteilsȱbefindetȱ sichȱunsererȱStelleȱLkȱ13,31–35ȱungefährȱinȱderȱMitteȱdesȱReiseberichts.99ȱ WennȱHansȱConzelmannȱaberȱinȱLkȱ13,33ȱ„dasȱsachlicheȱDarstellungsȬ prinzipȱ desȱ Abschnittsȱ ebensoȱ wieȱ dieȱ dreigliedrigeȱ Dispositionȱ desȱ ganzenȱ Evangeliums“100ȱ grundgelegtȱ sieht,ȱ sindȱ auchȱ sprachlicheȱ SigȬ naleȱ zusammenzustellen,ȱ dieȱ eineȱ solcheȱ Ansichtȱ rechtfertigen.ȱ Dafürȱ istȱ dieȱ Beobachtungȱ wichtig,ȱ dassȱ dieȱ beidenȱ charakteristischenȱ MerkȬ maleȱdesȱTeilsȱ–ȱdasȱVerbȱΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱundȱdieȱZielangabeȱΉϢΖȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ȭ Ώφΐ/͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅ȱ–,ȱdieȱauchȱinȱdenȱ„Reisenotizen“ȱvorkommen,ȱledigȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 96ȱȱ Vgl.ȱauchȱdenȱAnklangȱanȱLkȱ13,33.ȱ 97ȱȱ Vgl.ȱdieȱersteȱLeidensankündigungȱinȱLkȱ9,22.ȱ 98ȱȱ Dieȱ dreifacheȱ Formulierungȱ desȱ Unverständnissesȱ derȱ Jüngerȱ zeigtȱ dieȱ Bedeutungȱ diesesȱ Erzählzugesȱ fürȱ Lukas.ȱ Erstȱ nachȱ Osternȱ wirdȱ derȱ Auferstandeneȱ selbstȱ dasȱ VerstehenȱunterȱRückgriffȱaufȱdieȱSchriftȱherbeiführen.ȱ 99ȱȱ Bouwman,ȱEvangelium,ȱ72ȱbezeichnetȱLkȱ13,34f.ȱalsȱ„MitteȱdesȱReiseberichts“.ȱ 100ȱȱ Conzelmann,ȱMitteȱderȱZeit,ȱ57.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

131ȱ

lichȱnochȱinȱLkȱ13,31–35ȱgemeinsamȱauftauchen,ȱwieȱfolgendeȱSynopseȱ zeigt:ȱ ȱ EröffnungsȬ versȱ9,51:ȱ

„ReisenoȬ tiz“ȱ13,22:ȱ

Zentrumȱ13,31–35:ȱ

„ReisenoȬ tiz“ȱ17,11:ȱ

AbschlussȬ notizȱ19,28:ȱ

[…]ȱΎ΅Ϡȱ΅ЁΘϲΖȱ ΘϲȱΔΕϱΗΝΔΓΑȱ πΗΘφΕ΍ΗΉΑȱȱ ΘΓІȱΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱȱ ȱ ȱ ȱ ΉϢΖȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ.ȱ

̍΅ϠȱΈ΍Ȭ ΉΔΓΕΉϾΉΘΓȱ Ύ΅ΘΤȱΔϱΏΉ΍Ζȱ Ύ΅ϠȱΎЏΐ΅Ζȱ Έ΍ΈΣΗΎΝΑȱΎ΅Ϡȱ ΔΓΕΉϟ΅Αȱ ΔΓ΍ΓϾΐΉΑΓΖȱȱ ΉϢΖȱ ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅.ȱ

[…]ȱσΒΉΏΌΉȱΎ΅ϠȱΔΓΕΉϾΓΙȱ πΑΘΉІΌΉΑȱ[…]ȱΔΏχΑȱΈΉϧȱ ΐΉȱΗφΐΉΕΓΑȱΎ΅Ϡȱ΅ЄΕ΍ΓΑȱ Ύ΅ϠȱΘϜȱπΛΓΐνΑϙȱ ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍,ȱϵΘ΍ȱΓЁΎȱ πΑΈνΛΉΘ΅΍ȱΔΕΓΚφΘ΋Αȱ ΦΔΓΏνΗΌ΅΍ȱσΒΝȱ͑ΉΕΓΙȬ Η΅Ώφΐ.ȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώχΐȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ,ȱ[…]ȱ

̍΅Ϡȱπ·νΑΉΘΓȱȱ ȱ πΑȱΘХȱ ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱȱ ȱ ȱ ΉϢΖȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώχΐȱ […]ȱ

̍΅ϠȱΉϢΔАΑȱ Θ΅ІΘ΅ȱȱ πΔΓΕΉϾΉΘΓȱ σΐΔΕΓΗΌΉΑȱȱ ΦΑ΅Ά΅ϟΑΝΑȱȱ ȱ ȱ ΉϢΖȱ ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅.ȱȱ

ȱ Dieȱ Verseȱ 31–33ȱ bringenȱ dreimalȱ dasȱ Verbumȱ ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱ undȱ inȱ 13,33f.ȱistȱdreimalȱnacheinanderȱvonȱ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏφΐȱdieȱRede,ȱsoȱdassȱinȱ V.ȱ33ȱ genauȱ wieȱ inȱ denȱ vierȱ „Reisenotizen“ȱ beideȱ Hauptmotiveȱ geȬ meinsamȱauftreten.ȱWährendȱdieȱvierȱlukanischenȱNotizenȱdasȱGescheȬ hen,ȱ dieȱ Reiseȱ Jesu,ȱ ausȱ derȱ Sichtȱ desȱ Erzählersȱ kommentieren,ȱ habenȱ wirȱhierȱanȱzentralerȱStelleȱeineȱReisenotiz,ȱdieȱJesusȱselbstȱinȱdenȱMundȱ gelegtȱ wird,101ȱ undȱ mitȱ derȱ erȱ zugleichȱ denȱ eigentlichenȱ Sinnȱ dieserȱ Reiseȱ aufdeckt.ȱ Nurȱ anȱ dieserȱ Stelle,ȱ inȱ derȱ Mitteȱ desȱ Reiseberichts,ȱ wirdȱ deutlich,ȱ warumȱ Jesusȱ unaufhaltsamȱ wandertȱ –ȱ undȱ warumȱ ihnȱ niemand,ȱ auchȱ nichtȱ derȱ Tetrarchȱ Herodes,ȱ aufhaltenȱ kann:ȱ Dieȱ Reiseȱ istȱeinȱ„heilsgeschichtlichesȱMuss“ȱ(angedeutetȱdurchȱΈΉϧȱinȱ13,33)ȱundȱ wirdȱJesusȱ–ȱwieȱschonȱLkȱ9,22.31ȱankündigtenȱ–ȱzurȱVollendungȱseinerȱ SendungȱnachȱJerusalemȱbringen,ȱüberȱdessenȱBedeutungȱsichȱauchȱdieȱ Verseȱ13,34f.ȱäußern.ȱLkȱ13,31–35ȱerweistȱsichȱsoȱalsȱsinnerschließendeȱ Schlüsselstelleȱ desȱ drittenȱ Hauptteils,ȱ vomȱ Autorȱ bewusstȱ inȱ dessenȱ Zentrumȱ gestellt,ȱ ohneȱ jedochȱ eineȱ systematischeȱ Konzentrikȱ zuȱ beȬ gründen.ȱȱ DerȱSinnȱdesȱ„Reiseberichts“ȱwirdȱdadurchȱnochȱeinmalȱvonȱandeȬ rerȱSeiteȱdeutlich.ȱEsȱgehtȱwederȱumȱeineȱ(konzentrisch,ȱchiastisch,ȱoderȱ wieȱ auchȱ immerȱ angeordnete)ȱ Zusammenstellungȱ bestimmterȱ JesusȬ logienȱ zuȱ verschiedenenȱ Themen,ȱ nochȱ garȱ umȱ einenȱ chronologischȬ geographischenȱ Bericht.ȱ Derȱ großȱ angelegteȱ Teilȱ wirdȱ vielmehrȱ ausȱ seinerȱ Mitteȱ herausȱ verstehbar,ȱ dieȱ ihrerseitsȱ dieȱ äußerenȱ Ränderȱ desȱ Teilsȱ (Lkȱ 9ȱ wieȱ dieȱ Akzenteȱ desȱ Schlussbereichesȱ abȱ 18,31)ȱ nochmalsȱ akzentuiert.ȱAusȱSichtȱdesȱLukasȱistȱderȱWegȱJesuȱzumȱLeidenȱinȱJeruȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 101ȱȱ Erstȱ zumȱ Endeȱ desȱ Abschnittsȱ sprichtȱ Jesusȱ nochȱ zweimalȱ vonȱ seinerȱ Wanderung,ȱ einmalȱimȱRahmenȱderȱdrittenȱLeidensankündigungȱ(Lkȱ18,31)ȱundȱinȱeinerȱAnspieȬ lungȱimȱGleichnisȱvomȱThronprätendentenȱundȱdenȱanvertrautenȱPfundenȱ(19,12).ȱ

132ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

salemȱzentralȱfürȱdenȱ„Heilsratschluss“ȱGottesȱundȱmachtȱdasȱSpezifiȬ kumȱ derȱ Messianitätȱ Jesus,ȱ dieȱ ihnȱ amȱ Prophetenschicksalȱ inȱ Israelȱ teilhabenȱlässt,ȱsichtbar.102ȱ EineȱBekräftigungȱderȱvorgetragenenȱInterpretationȱfindetȱsichȱauchȱinȱdenȱ zahlreichenȱ Untersuchungen,ȱ dieȱ einenȱ konzentrischenȱ Aufbauȱ desȱ ReiseȬ berichtsȱerweisenȱwollten.ȱWieȱArminȱD.ȱBaumȱgezeigtȱhat,ȱdifferierenȱdieȱ einzelnenȱVorschlägeȱstarkȱundȱzeigenȱnurȱseltenȱwirklichȱbelastbareȱEntȬ sprechungenȱinȱdenȱTextenȱ(z.ȱB.ȱLkȱ10,25ȱundȱ18,18),ȱsoȱdassȱdieȱErgebnisȬ seȱ „keineswegsȱ zwingend“103ȱ sind.ȱ Einȱ vergleichenderȱ Blickȱ inȱ dieȱ verȬ schiedenenȱ Studienȱ lässtȱ aberȱ dochȱ erkennen,ȱ dassȱ dieȱ verschiedenenȱ Ansätzeȱ trotzȱ unterschiedlichȱ vielerȱ Unterteilungenȱ imȱ einzelnenȱ beiȱ derȱ Bestimmungȱ desȱ Mittelpunktesȱ imȱ Reiseberichtȱ auffälligȱ übereinstimmen:ȱ FastȱalleȱAuslegerȱsetzenȱdieȱVerseȱLkȱ13,31–35ȱinsȱZentrumȱihrerȱGliedeȬ rung.104ȱDieȱPerikopeȱhebtȱsichȱdamitȱvonȱdenȱanderenȱStoffenȱdesȱReisebeȬ richtesȱab.ȱ

Zusammenfassendȱ lässtȱ dieȱ Textarchitekturȱ derȱ Kapitelȱ alsoȱ folgendeȱ Säulenȱerkennen:ȱ ȱ (Lkȱ9,7– 9.18–45)ȱȱ Lkȱ9,51ȱ

Lkȱ13,22ȱ Lkȱ 13,31–35ȱ

VorbereitendeȱHinweiseȱaufȱdieȱbevorstehendeȱWanderungȱnachȱJerusalemȱ undȱderenȱImplikationenȱ EröffnendeȱWegnotizȱȱ (HinweiseȱaufȱdasȱmitȱdemȱWegȱverbundeneȱ„Erfüllungsgeschehen“,ȱerstesȱ VorkommenȱderȱRahmenformulierungȱΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱΉϢΖȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ,ȱdieȱinȱ 9,53ȱundȱ10,38ȱverstärkendȱaufgegriffenȱwird).ȱ Wegnotizȱ Zentrum:ȱDeutungȱdesȱWegesȱJesuȱnachȱJerusalemȱ(HinweiseȱaufȱdasȱLeidenȱJesuȱ undȱdieȱStadt).ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 102ȱȱ Dieseȱ Deutungȱ schließtȱ imȱ Übrigenȱ auchȱ pragmatischeȱ Gesichtspunkteȱ nichtȱ aus.ȱ Großeȱ Teileȱ desȱ sog.ȱ „Sondergutes“,ȱ dieȱ keinemȱ konkretenȱ Ortȱ zugewiesenȱ waren,ȱ konnteȱLukasȱerzähltechnischȱamȱelegantestenȱinȱderȱReiseȱvonȱGaliläaȱnachȱJerusaȬ lemȱ unterbringenȱ undȱ dadurchȱ dieȱ (nichtȱ nurȱ geographische)ȱ Distanzȱ beiderȱ Orteȱ zumȱAusdruckȱbringen.ȱDannȱhättenȱgroßeȱTeileȱderȱdemȱ„Reisebericht“ȱzugeordneȬ tenȱEpisodenȱwederȱgeographischȱnochȱsachlichȱunmittelbarȱmitȱdemȱWegȱnachȱJeȬ rusalemȱzuȱtun.ȱ 103ȱȱ Baum,ȱ Lukasȱ alsȱ Historiker,ȱ 32;ȱ vgl.ȱ seineȱ Auflistungȱ derȱ einzelnenȱ Studienȱ 18–24.ȱ Beginnȱ undȱ Endeȱ desȱ postuliertenȱ Chiasmusȱ (bzw.ȱ derȱ Konzentrik)ȱ unterscheidenȱ sichȱ deutlich,ȱ dieȱ Argumenteȱ fürȱ dieȱ Zusammengehörigkeitȱ derȱ entsprechendenȱ Passagenȱsindȱlückenhaft.ȱVorȱallemȱdieȱgrundsätzlicheȱAnfrage,ȱwieȱeinȱsystematiȬ scherȱ konzentrischerȱ Aufbauȱ mitȱ demȱ linearenȱ Charakterȱ einesȱ „Reiseberichts“ȱ zuȬ sammenȱgeht,ȱzumalȱgeradeȱLukasȱmitȱseinerȱBetonungȱdesȱZielsȱJerusalemȱaufȱdasȱ EndeȱundȱnichtȱaufȱdieȱMitteȱschaut,ȱkannȱnichtȱbefriedigendȱbeantwortetȱwerden.ȱ 104ȱȱ Vgl.ȱnurȱTalbert,ȱLk,ȱ111;ȱvgl.ȱaberȱauchȱnochȱdieȱweiterenȱbeiȱA.ȱBaumȱzusammenȬ gestelltenȱ Arbeiten;ȱ mancheȱ definierenȱ auchȱ größereȱ Textpassagenȱ alsȱ Zentrum,ȱ dochȱistȱinȱihnenȱLkȱ13,31–35ȱstetsȱenthalten.ȱDieȱeinzigeȱwirklicheȱAusnahmeȱbietetȱ Blomberg,ȱMidrash,ȱderȱLkȱ14,7–24ȱimȱZentrumȱsieht.ȱ

133ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

Lkȱ17,11ȱ Lkȱ18,31ȱ

Wegnotizȱ Ankündigungȱdesȱ„Hinaufgehens“ȱnachȱJerusalemȱundȱLeidensankündiȬ gungȱ(imȱFolgendenȱOrtsangaben:ȱ„naheȱbeiȱJericho“ȱ[18,35],ȱ„inȱJericho“ȱ [19,1],ȱ„naheȱbeiȱJerusalem“ȱ[19,11])ȱ AbschließendeȱWegnotiz:ȱHinaufzugȱnachȱJerusalemȱ(imȱFolgendenȱOrtsanȬ gaben:ȱ„naheȱbeiȱBetphageȱundȱBethanien“ȱ[19,29],ȱ„naheȱamȱAbhangȱdesȱ Ölbergs“ȱ[19,37];ȱ„inȱSichtweiteȱderȱStadt“ȱ[19,41],ȱ„imȱTempel“ȱ[19,45]).ȱ

Lkȱ19,28ȱ

ȱ MitȱHansȬJosefȱKlauckȱkannȱdamitȱfestgehaltenȱwerden:ȱ„DieȱtheologiȬ scheȱ Notwendigkeitȱ derȱ Reiseȱ alsȱ Reiseȱ wirdȱ nirgendsȱ deutlicherȱ ausȬ formuliertȱ alsȱ inȱ V.ȱ 33,ȱ derȱ dasȱ Sondergutstückȱ mitȱ derȱ Warnungȱ vorȱ denȱ Nachstellungenȱ desȱ Herodesȱ abschließt.“105ȱ Vorȱ diesemȱ HinterȬ grundȱistȱnunȱdieȱPerikopeȱLkȱ13,31–35ȱzuȱanalysieren.ȱȱ

3.2.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ Dieȱ Verseȱ habenȱ dieȱ formaleȱ Strukturȱ einesȱ Apophthegmas:106ȱ Nachȱ kurzerȱ Situationsschilderungȱ undȱ demȱ Auftretenȱ einerȱ neuenȱ PerȬ son(engruppe),ȱ dieȱ Jesusȱ mitȱ einerȱ Anfrageȱ oderȱ Aussageȱ –ȱ inȱ diesemȱ FallȱeinerȱWarnungȱ–ȱkonfrontiert,ȱantwortetȱjenerȱmitȱeinemȱautoritaȬ tivenȱAusspruch,ȱaufȱdenȱkeineȱReaktionȱderȱanȱJesusȱHerangetretenenȱ mehrȱ geschildertȱ wird.107ȱ Formaleȱ (ungewöhnlichȱ langeȱ Antwortȱ Jesuȱ inȱ V.ȱ 32d–35)ȱ undȱ inhaltlicheȱ (Entfernungȱ vonȱ derȱ Ausgangssituationȱ spätestensȱinȱV.ȱ34)ȱIndizienȱsprechenȱallerdingsȱgegenȱeineȱursprüngliȬ cheȱEinheitȱderȱVerse,ȱundȱtatsächlichȱzeigtȱeinȱsynoptischerȱVergleich,ȱ dassȱderȱTextȱausȱLkȱ13,34f.ȱauchȱinȱMtȱ23,37–39ȱüberliefertȱist,ȱmithinȱ vermutlichȱeineȱkleinereȱEinheitȱausȱQȱdarstellt,ȱwährendȱdieȱVerseȱ31– 33ȱ lukanischesȱ Sondergutȱ darstellen.ȱ Daȱ sieȱ insgesamtȱ lukanischeȱ Handschriftȱtragen,108ȱhabenȱmancheȱAutorenȱsieȱzurȱGänzeȱalsȱlukaniȬ scheȱ Prägungȱ angesehen,109ȱ zumalȱ dieȱ nurȱ hierȱ überlieferteȱ Warnungȱ vorȱHerodesȱdurchȱeinigeȱPharisäerȱgutȱinȱdasȱGesamtbildȱdesȱDrittenȱ Evangelistenȱ passt,ȱ derȱ nichtȱ nurȱ Herodesȱ mehrfachȱ erwähnt,110ȱ sonȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 105ȱȱ Klauck,ȱHeiligeȱStadt,ȱ139.ȱ 106ȱȱ Soȱ z.ȱ B.ȱ Bovon,ȱ Lkȱ II,ȱ 445,ȱ derȱ Lkȱ 13,31–33ȱ alsȱ Apophthegmaȱ mitȱ einemȱ authentiȬ schenȱHerrenwortȱinȱ13,32ȱansieht.ȱ 107ȱȱ DamitȱsindȱdieȱLeserȱangesprochen,ȱ denenȱ hiermitȱdieȱPositionȱ JesuȱinȱeinerȱStreitȬ frageȱ vorgelegtȱ wird;ȱ vgl.ȱ zurȱ Gattungȱ „Apophthegma“ȱ Ebner/Heininger,ȱ Exegese,ȱ 219–230.ȱDieȱStrukturȱ„Situationȱ–ȱAnfrageȱ–ȱAusspruch“ȱ(230)ȱistȱpräziseȱgewahrt.ȱ 108ȱȱ Vgl.ȱJeremias,ȱSprache,ȱ233f.ȱ 109ȱȱ Vgl.ȱRese,ȱÜberlegungen,ȱ224;ȱauchȱEckey,ȱLkȱII,ȱ637f.ȱhebtȱvorȱallemȱaufȱdieȱredaktiȬ onelleȱGestaltungȱzurȱszenischenȱEinbettungȱdesȱGerichtswortesȱ13,34f.ȱab.ȱ 110ȱȱ Vgl.ȱnochȱLkȱ3,1.19;ȱ8,3;ȱ9,7–9;ȱ23,7–15;ȱApgȱ4,27;ȱ13,1.ȱ

134ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

dernȱ auchȱ gegenüberȱ denȱ anderenȱ Evangelistenȱ einȱ differenzierteresȱ Bildȱ derȱ Pharisäerȱ bietet.111ȱ Dochȱ zeigenȱ sichȱ auchȱ hierȱ literarischeȱ Spannungen,ȱvonȱdenenȱinsbesondereȱdieȱwiederholteȱAufzählungȱderȱ dreiȱ Tageȱ mitȱ einerȱ Differenzȱ zwischenȱ ΘϜȱ ΘΕϟΘϙȱ undȱ ΘϜȱ πΛΓΐνΑϙȱ inȱ 13,32f.ȱ auffällt.ȱ Inȱ Verbindungȱ mitȱ denȱ Beobachtungen,ȱ dassȱ V.ȱ 33ȱ –ȱ andersȱ alsȱ nochȱ V.ȱ 31f.ȱ –ȱ zentraleȱ lukanischeȱ Anliegenȱ transportiert112,ȱ sichȱ dabeiȱ vonȱ derȱ V.ȱ 31f.ȱ prägendenȱ Ausgangssituationȱ entferntȱ undȱ zugleichȱ zuȱ denȱ folgendenȱ Versenȱ überleitet,ȱ drängtȱ sichȱ derȱ Schlussȱ auf,ȱ dassȱ V.ȱ 33ȱ vonȱ Lukasȱ gestaltetȱ wurde,ȱ währendȱ inȱ denȱ beidenȱ Eröffnungsversenȱ einȱ ursprünglichȱ selbständigesȱ altesȱ Jesuslogionȱ zuȱ findenȱseinȱkönnte.113ȱȱ Fürȱ dieȱ Verseȱ 31–32ȱ erweisenȱ dieȱ rechtȱ stabileȱ Textüberlieferungȱ undȱ dieȱ vorredaktionelleȱ Wortstatistik114ȱ eineȱ hoheȱ Ursprünglichkeit.ȱ Dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ dieȱ Auslegungȱ dieserȱ Verseȱimmerȱ wiederȱ SchwieȬ rigkeitenȱ undȱ Verlegenheitȱ hervorgerufenȱ hat,115ȱ istȱ einȱ weiteresȱ Indizȱ dafür,ȱ dassȱ wirȱ esȱ mitȱ ursprünglichemȱ Materialȱ zuȱ tunȱ haben,ȱ dasȱ alsȱ nachösterlicheȱBildungȱwohlȱwenigerȱgeheimnisvollȱformuliertȱwordenȱ wäre.116ȱDieȱersteȱHälfteȱvonȱV.ȱ33ȱlässtȱsichȱhingegenȱfastȱgänzlichȱdemȱ typischȱ lukanischenȱ Wortschatzȱ zuordnenȱ (ΔΏφΑ,ȱ ΈΉϧ,ȱ ΗφΐΉΕΓΑ,ȱ ΅ЄΕ΍ΓΑ,ȱΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍).ȱ Insgesamtȱ sindȱ dieȱ Verseȱ eineȱ lukanischeȱ Komposition,ȱ dieȱ ältereȱ Vorlagenȱ verknüpftȱ undȱ bewusstȱanȱ dieserȱ Stelleȱ positioniertȱ hat,ȱ woȬ beiȱgeradeȱderȱverknüpfendeȱVersȱ13,33ȱwichtigeȱHinweiseȱfürȱdieȱluȬ kanischeȱInterpretationȱdieserȱVorlagentexteȱbietet.ȱ InȱFolgendenȱsollȱzunächstȱaufȱdenȱerstenȱAbschnittȱ(vorȱallemȱaufȱ 13,31f.)ȱeingegangenȱwerden.ȱDaraufȱfolgtȱdieȱBehandlungȱdesȱzweitenȱ Teilsȱ(13,34f.),ȱderȱsichȱauchȱmitȱderȱParalleleȱbeiȱMatthäusȱbeschäftigt,ȱ bevorȱ dannȱ imȱ erneutenȱ Rückgriffȱ aufȱ denȱ lukanischenȱ VerbindungsȬ versȱ13,33ȱeineȱabschließendeȱDeutungȱvorgelegtȱwird.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 111ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.1.ȱ 112ȱȱ Diesȱ giltȱ besondersȱ fürȱ dieȱ sorgfältigȱ gestalteteȱ Motivikȱ derȱ Jerusalemreise,ȱ dieȱ dieȱ VerbindungȱvonȱΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱundȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐȱaufgreift,ȱsowieȱfürȱdasȱaufȱdenȱgöttȬ lichenȱPlanȱverweisendeȱΈΉϧ.ȱ 113ȱȱ DieseȱVerseȱ13,31f.ȱweisenȱeineȱgroßeȱÄhnlichkeitȱmitȱanderenȱApophthegmataȱaufȱ (vgl.ȱetwaȱLkȱ9,57f.61f.;ȱ17,20f.);ȱesȱsprichtȱsoȱeinigesȱdafür,ȱdassȱ13,31f.ȱursprünglichȱ zusammengehörtȱ undȱ bisȱ aufȱ denȱ irdischenȱ Jesusȱ zurückweist,ȱ vgl.ȱ dazuȱ Müller,ȱ AuferstehungȱJesu,ȱ36–47.ȱ 114ȱȱ Vgl.ȱJeremias,ȱSprache,ȱ234.ȱ 115ȱȱ Vgl.ȱ Rese,ȱ Überlegungen,ȱ 201:ȱ Dieȱ Verseȱ werdenȱ „allgemeinȱ alsȱ dunkelȱ schwierigȱ undȱunverständlichȱbezeichnet“;ȱBultmann,ȱGeschichte,ȱ35:ȱ„FürȱdiesȱsinguläreȱStückȱ habeȱichȱkeineȱErklärung“.ȱ 116ȱȱ Vgl.ȱLehmann,ȱAuferweckt,ȱ237.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

135ȱ

3.2.4ȱDieȱWarnungȱvorȱHerodesȱundȱdieȱReaktionȱJesuȱ(V.ȱ31–33)ȱ EntsprechendȱderȱlukanischenȱEigenart,ȱdieȱPharisäerȱgegenüberȱJesusȱ distanziert,ȱ aberȱ nichtȱ grundsätzlichȱ feindlichȱ zuȱ charakterisieren,ȱ bleibtȱ ihrȱ plötzlichesȱ Auftretenȱ inȱ V.ȱ 31ȱ ambivalent.117ȱ Freilichȱ geratenȱ sieȱ schnellȱ ausȱ demȱ Blickfeldȱ desȱ Erzählers,ȱ derȱ auchȱ keineȱ Reaktionȱ vonȱ ihrerȱ Seiteȱ mehrȱ berichtet.ȱ Derȱ Schwerpunktȱ desȱ Textesȱ liegtȱ fürȱ Lukasȱ formalȱ wieȱ inhaltlichȱ aufȱ derȱ Antwortȱ Jesu,ȱ dieȱ spätestensȱ inȱ 13,34f.ȱdeutlichȱüberȱeineȱbloßeȱEntgegnungȱanȱHerodesȱhinausgeht.ȱSoȱ wirdȱmanȱdieȱPharisäerȱinȱdiesemȱTextȱalsȱ„instrumentalisierte“ȱPersoȬ nengruppeȱ ansehen,ȱ dieȱ anȱ Jesusȱ herantritt,ȱ umȱ imȱ lukanischenȱ KonȬ zeptȱdasȱfolgendeȱWortȱJesuȱzuȱmotivieren.ȱErstȱspätereȱErwähnungenȱ amȱEndeȱdesȱReiseberichts,ȱwerfenȱeinȱneuesȱLichtȱaufȱihrȱAuftretenȱanȱ dieserȱStelleȱ(vgl.ȱLkȱ19,39).ȱ Dieȱ Reaktionȱ Jesuȱ aufȱ dieȱ –ȱ wieȱ dasȱ Todesschicksalȱ desȱ Täufersȱ zeigt,ȱdurchausȱernstzunehmendeȱ–ȱWarnungȱzeigtȱeineȱauffälligeȱGeȬ lassenheit.ȱ Dieȱ Bezeichnungȱ desȱ Tetrarchenȱ alsȱ „Fuchs“ȱ ruftȱ nichtȱ nurȱ „dasȱ Merkmalȱ derȱ ‚Schlauheit‘“118ȱ auf,ȱ sondernȱ spieltȱ auchȱ aufȱ dessenȱ untergeordneteȱ Bedeutung119ȱ inȱ derȱ Sendungȱ Jesuȱ hin,120ȱ derenȱ Sinnȱ Lukasȱ imȱ Folgendenȱ eigensȱ entfaltenȱ wird.ȱ Dieȱ ursprünglicheȱ BedeuȬ tungȱdesȱΘΉΏΉ΍ΓІΐ΅΍,ȱdasȱnachȱMeinungȱderȱmeistenȱAuslegerȱalsȱtradiȬ tionellȱangesehenȱwird,121ȱistȱdamitȱfreilichȱnochȱnichtȱgeklärt.ȱVermutȬ lichȱhatȱLukasȱselbstȱschonȱnichtȱmehrȱumȱdenȱursprünglichenȱSinnȱdesȱ „drittenȱTages“ȱgewusst.122ȱImȱBlickȱaufȱdieȱTraditionȱdesȱdrittenȱTages,ȱ anȱ demȱ durchȱ Gottesȱ Eingreifenȱ einȱ Geschehenȱ einerȱ endgültigenȱ LöȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 117ȱȱ Vgl.ȱBovon,ȱLkȱII,ȱ444:ȱ„IhreȱStellungȱbleibtȱzweideutig“;ȱgegenȱGrundmann,ȱLk,ȱ288,ȱ derȱsieȱimȱAuftragȱdesȱHerodesȱsieht,ȱistȱfestzuhalten,ȱdassȱeineȱsolcheȱVerbindungȱ nirgendsȱimȱEvangeliumȱzutageȱtritt.ȱȱ 118ȱȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 495ȱ imȱ Rückgriffȱ aufȱ antikeȱ Tiercharakterisierungen;ȱ auffälligȱ istȱ auchȱ hierȱ wiederȱ dieȱ Ambivalenzȱ inȱ derȱ Charakterisierung:ȱ „Schlauheit“ȱ impliziertȱ gleiȬ chermaßenȱklugesȱwieȱverschlagenesȱVerhalten.ȱWenigȱüberzeugendȱistȱdagegenȱdieȱ unmittelbareȱGegenüberstellungȱdesȱ„Fuchses“ȱmitȱderȱ„Henne“ȱausȱ13,34ȱ(vgl.ȱdaȬ zuȱ Bovon,ȱ Lkȱ II,ȱ 442;ȱ Klein,ȱ Lk,ȱ 493ȱ Anm.ȱ 26).ȱ Wirȱ habenȱ esȱ zumȱ einenȱ mitȱ unterȬ schiedlichenȱrhetorischenȱFigurenȱzuȱtunȱ(„Fuchs“ȱalsȱMetapher,ȱ„Henne“ȱalsȱexpliȬ ziterȱ Vergleich),ȱ zumȱ anderenȱ ruftȱ dieȱ „Henne“ȱ biblischeȱ Motiveȱ desȱ Verhältnissesȱ GottesȱzuȱIsraelȱauf,ȱwährendȱderȱ„Fuchs“ȱalsȱCharakterisierungȱdesȱHerodesȱgilt.ȱ 119ȱȱ Vgl.ȱStrack/Billerbeck,ȱKommentarȱII,ȱ201:ȱDerȱFuchsȱgiltȱalsȱunbedeutendesȱGegenȬ symbolȱzumȱLöwen.ȱ 120ȱȱ Dasȱ Vorgehenȱ desȱ Herodesȱ hatȱ keinerleiȱ Einflussȱ aufȱ dasȱ Tunȱ Jesu,ȱ derȱ weiterhinȱ seinȱHeilungswirkenȱfortsetzenȱwird;ȱvgl.ȱdazuȱLehmann,ȱAuferweckt,ȱ231–241.ȱ 121ȱȱ Vgl.ȱJeremias,ȱSprache,ȱ233;ȱLehmann,ȱAuferweckt,ȱ237–240.ȱ 122ȱȱ Vgl.ȱLehmann,ȱAuferweckt,ȱ238.ȱ

136ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

sungȱ zugeführtȱ wird,123ȱ istȱ esȱ naheliegend,ȱ dieȱ Formȱ alsȱ passivumȱ divinumȱzuȱverstehen.ȱImȱKontextȱderȱgesamtenȱStelleȱkündigtȱsichȱhierȱ schonȱ derȱ göttlicheȱ Heilsplanȱ an,ȱ derȱ inȱ denȱ folgendenȱ Versenȱ nochȱ stärkerȱhervortritt.124ȱ LukasȱbietetȱnunȱmitȱV.ȱ33ȱeineȱDeutungȱundȱKommentierungȱdesȱ schwierigenȱ ΘΉΏΉ΍ΓІΐ΅΍.ȱ Erȱ verstärktȱ dessenȱ Charakterȱ alsȱ passivumȱ divinum125ȱ durchȱ dasȱ „heilsgeschichtliche“ȱ ΈΉϧȱ (vgl.ȱ Lkȱ 2,49;ȱ 4,43;ȱ 9,22;ȱ 17,25;ȱ 22,37;ȱ 24,7.44ȱ u.ȱ ö.).ȱ Dieȱ Vollendungȱ istȱ fürȱ Lukasȱ klarȱ mitȱ Jesuȱ SchicksalȱinȱJerusalemȱverknüpft,ȱdasȱfreilichȱdurchȱdieȱfolgendenȱVerȬ seȱ 34f.ȱ nochȱ entfaltetȱ werdenȱ muss.ȱ Möglicherweiseȱ hatȱ dieȱ Prägungȱ derȱ vorgegebeneȱ Verseȱ 31f.ȱ durchȱ dasȱ Stichwortȱ ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱ zusamȬ menȱmitȱdemȱVorausblickȱaufȱdieȱVollendungȱJesuȱLukasȱdazuȱbewoȬ gen,ȱ dieȱ kurzeȱ Szeneȱ alsȱ Eröffnungȱ seinesȱ zentralenȱ Texteȱ desȱ drittenȱ Hauptteilsȱ zuȱ verwenden,ȱ derenȱ Zuspitzungȱ aufȱ dasȱ ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍ȱ ΉϢΖȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐȱ inȱ Verknüpfungȱ mitȱ demȱ Prophetenschicksal,ȱ dasȱ inȱ V.ȱ34f.ȱenfaltetȱwird,ȱerstȱdurchȱdieȱlukanischeȱRedaktionȱgeschah.ȱȱ Auchȱ dieȱ gegenüberȱ V.ȱ 32ȱ neuȱ akzentuierteȱ Aufnahmeȱ derȱ TagesȬ angabenȱ inȱ V.ȱ 33ȱ verdanktȱ sichȱ lukanischerȱ Redaktion.ȱ Währendȱ ΗφΐΉΕΓΑȱ Ύ΅Ϡȱ ΅ЄΕ΍ΓΑȱ inȱ V.ȱ 32ȱ demȱ heilendenȱ Wirkenȱ Jesuȱ zugeordnetȱ werden,ȱistȱΎ΅ϠȱΘϜȱΘΕϟΘϙȱ(leichtȱabgewandeltȱinȱV.ȱ33:ȱΎ΅ϠȱΘϜȱπΛΓΐνΑϙ)ȱ aufȱdieȱ„Vollendung“ȱJesuȱbezogen.ȱInȱV.ȱ33ȱhingegenȱbietenȱalleȱdreiȱ Gliederȱ eineȱ Einheit,ȱ dieȱ nunȱ demȱ lukanischenȱ Motivȱ desȱ „Gehens“ȱ zugeordnetȱ ist.ȱ Lautȱ 13,32ȱ geschiehtȱ dieȱ entscheidende,ȱ vonȱ Gottȱ herȬ vorgerufeneȱ Wendeȱ imȱ Gesamtgeschehenȱ amȱ drittenȱ Tag,ȱ währendȱ inȱ 13,33ȱ ebenȱ dieserȱ Tagȱ „nochȱ zumȱ Auftaktȱ vorȱ derȱ Wendeȱ gehört“126.ȱ DiesȱlässtȱsichȱalsȱlukanischeȱPräzisierungȱdesȱTunsȱJesuȱverstehen:ȱErȱ vollbringtȱ –ȱ wieȱ dasȱ Evangeliumȱ mehrfachȱ erzähltȱ –ȱ Exorzismenȱ undȱ Heilungen,ȱaberȱvorȱallemȱistȱesȱseinȱLos,ȱnachȱJerusalemȱzuȱreisen,ȱwoȱ erstȱ dieȱ „Vollendung“ȱ geschehenȱ kann.ȱ Zugleichȱ machtȱ Lukasȱ klar,ȱ worinȱdieseȱbesteht:ȱEsȱistȱJesuȱTodȱinȱJerusalem.ȱImȱWegȱnachȱJerusaȬ lemȱ undȱ derȱ dortigenȱ Passionȱ vollendetȱ sichȱ dasȱ Geschickȱ Jesu,ȱ mitȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 123ȱȱ DieȱeigentümlicheȱFormulierungȱΗφΐΉΕΓΑȱΎ΅Ϡȱ΅ЄΕ΍ΓΑȱΎ΅ϠȱΘϜȱΘΕϟΘϙȱverweistȱaufȱeineȱ „gottgegebene“ȱZeit,ȱmeintȱaberȱzugleichȱeineȱkurzeȱFrist,ȱwieȱdieȱähnlicheȱVerwenȬ dungȱinȱLkȱ12,28ȱ(„dasȱGras,ȱdasȱheuteȱaufȱdemȱFeldȱstehtȱundȱmorgenȱinȱdenȱOfenȱ geworfenȱwird“)ȱzeigt.ȱDerȱdritteȱTagȱistȱjedenfallsȱinȱbiblischerȱTraditionȱimmerȱmitȱ göttlichemȱEingreifenȱverbunden,ȱvgl.ȱz.ȱB.ȱGenȱ22,4;ȱ40,9–15;ȱExȱ29,10–20;ȱJosȱ1,11;ȱ Hosȱ6,2;ȱJonaȱ2,1;ȱ2ȱMakkȱ13,12.ȱ 124ȱȱ Vgl.ȱ dieȱ weiterenȱ „unpersönlichen“ȱ Wendungenȱ wieȱ ΈΉϧȱ […]ȱ ΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍,ȱ ΓЁΎȱ πΑΈνΛΉΘ΅΍ȱ […]ȱ ΦΔΓΏνΗΌ΅΍,ȱ ΦΚϟΉΘ΅΍,ȱ ρΝΖȱ ϊΒΉ΍.ȱ Sieȱ wirkenȱ aufsȱ Ganzeȱ gesehenȱ wieȱ einȱstetsȱmitlaufenderȱHinweisȱaufȱdenȱimȱVerborgenenȱwirkendenȱGott.ȱ 125ȱȱ NachȱBaum,ȱLukasȱalsȱHistoriker,ȱ258ȱistȱdasȱΘΉΏΉ΍ΓІΐ΅΍ȱ einȱpassivumȱdivinum,ȱdasȱ auchȱschonȱaufȱdieȱEntrückungȱverweisenȱkannȱ(vgl.ȱHebrȱ5,9;ȱWeishȱ4,13f.).ȱ 126ȱȱ Hampel,ȱMenschensohn,ȱ119.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

137ȱ

demȱfreilichȱauchȱdasȱGeschickȱdesȱVolkesȱverbundenȱist.ȱDieȱdenȱdritȬ tenȱHauptteilȱprägendeȱReiseȱumschließtȱalleȱinȱV.ȱ33ȱgenanntenȱTage.ȱȱ Zugleichȱ behältȱ auchȱ dieȱ Zweistufenfolgeȱ inȱ derȱ grundsätzlichenȱ „Differenzierungȱ desȱ ‚heuteȱ undȱ morgen‘ȱ vomȱ ‚drittenȱ Tag‘“127ȱ ihreȱ Bedeutung:ȱ Lukasȱ bringtȱ zunächstȱ dasȱ Logion,ȱ nachȱ demȱ dasȱ gegenȬ wärtigeȱGeschehenȱ(„heute“)ȱnochȱeineȱgewisseȱ(nichtȱallzuȱlange)ȱZeitȱ andauertȱ („morgen“),ȱ schließlichȱ jedochȱ vonȱ etwasȱ wesentlichȱ Neuemȱ abgelöstȱ wirdȱ (Vollendungȱ „amȱ drittenȱ Tag“).ȱ „Heuteȱ undȱ morgen“ȱ findetȱ gewissermaßenȱ dieȱ Vorbereitungȱ aufȱ dasȱ Neueȱ statt,ȱ wieȱ einȱ Blickȱ aufȱ eineȱ Paralleleȱ inȱ Exȱ 19,10f.ȱ erweist:ȱ „Heuteȱ undȱ morgen“ȱ (19,10)ȱgeltenȱderȱHeiligungȱdesȱVolkes,ȱsoȱdassȱsieȱbereitȱsindȱfürȱdenȱ AbstiegȱJHWHsȱaufȱdenȱSinaiȱ„amȱdrittenȱTag“ȱ(19,11).ȱȱ Daherȱ kannȱ V.ȱ 33ȱ alsȱ lukanischeȱ Interpretationȱ bzw.ȱ „Relecture“ȱ desȱ vorangehendenȱ Jesuslogionsȱ verstandenȱ werden,ȱ dieȱ einenȱ TextȬ schwenkȱ vonȱ derȱ Pharisäerwarnungȱ nachȱ Jerusalemȱ hinȱ ermöglichtȱ undȱ damitȱ denȱ Abschnittȱ zuȱ einemȱ Ganzenȱ verbindet.ȱ Dieȱ TodesdroȬ hungȱ desȱ Herodesȱ wirdȱ aufgenommenȱ undȱ imȱ Kontextȱ desȱ ReisemoȬ tivsȱaufȱdieȱStadtȱJerusalemȱumgeleitet.ȱZugleichȱstelltȱderȱVersȱmitȱderȱ Erwähnungȱeinesȱ„Propheten“ȱundȱderȱStadtȱ„Jerusalem“ȱdieȱAnknüpȬ fungspunkteȱ fürȱ dasȱ folgendeȱ Wortȱ her,ȱ dasȱ Lukasȱ bewusstȱ anȱ dieseȱ Stelleȱ gesetztȱ hat.ȱ Imȱ Rückblickȱ desȱ Evangelistenȱ aufȱ denȱ Wegȱ Jesuȱ erhältȱ dieȱ Todesdrohungȱ erstȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ Jerusalemȱ ihrenȱ angemessenenȱOrt.ȱAuchȱlässtȱsichȱdasȱSchicksalȱJesuȱsoȱmitȱdemȱMotivȱ vomȱ Todesgeschickȱ derȱ Prophetenȱ inȱ Jerusalemȱ verbinden,128ȱ dasȱ imȱ anschließendenȱLogionȱ13,34f.ȱthematisiertȱwird.ȱȱ

3.2.5ȱDasȱprophetischeȱWortȱJesuȱüberȱJerusalemȱ(V.ȱ34f.)ȱ Anȱ denȱ vonȱ ihmȱ bewusstȱ alsȱ Mitteȱ derȱ Perikopeȱ gestaltetenȱ V.ȱ 33ȱ schließtȱ Lukasȱ nunȱ dieȱ Weissagungȱ überȱ Jerusalemȱ Lkȱ 13,34f.ȱ an.ȱ Sieȱ erläutertȱ aufȱ ihreȱ Weiseȱ dasȱ ΈΉϧȱ ausȱ V.ȱ 33,ȱ indemȱ sieȱ dieȱ Rolleȱ JerusaȬ lemsȱ alsȱ derȱ Stadt,ȱ dieȱ schonȱ seitȱ altersȱ herȱ ihreȱ Prophetenȱ verfolgt,ȱ hervorhebt.ȱImȱVergleichȱmitȱderȱsynoptischenȱParalleleȱinȱMtȱ23,37–39,ȱ dieȱsichȱgutȱinȱihrenȱKontextȱeinfügt,129ȱwirftȱdieȱPositionȱdesȱTextesȱimȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 127ȱȱ Grimm,ȱVerkündigung,ȱ288ȱAnm.ȱ735.ȱ 128ȱȱ Vgl.ȱ2ȱChrȱ24,19–22;ȱJerȱ26,20–23;ȱaußerdemȱJosephus,ȱAntȱ10,3,1.ȱ 129ȱȱ BeiȱMatthäusȱ schließenȱdieȱVerseȱdieȱRedeȱJesuȱimȱJerusalemerȱTempelȱ(Mtȱ23)ȱab:ȱ NachȱdenȱWeherufenȱüberȱdieȱPharisäerȱundȱSchriftgelehrtenȱ(Mtȱ23,13ff.)ȱbildetȱdasȱ prophetischeȱ Wortȱ denȱ „krönenden“ȱ Abschluss.ȱ Dasȱ ProphetenmordȬMotivȱ wirdȱ schonȱ vorherȱ mehrmalsȱ erwähntȱ (Mtȱ 23,31.34f.ȱ vgl.ȱ 23,37).ȱ Jesusȱ verlässtȱ anschlieȬ ßendȱdenȱTempelȱ(Mtȱ23,38:ȱϢΈΓϿȱΦΚϟΉΘ΅΍ȱЀΐϧΑȱϳȱΓϨΎΓΖȱЀΐЗΑȱσΕ΋ΐΓΖ;ȱvgl.ȱ24,1:ȱΎ΅Ϡȱ

138ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Lukasevangeliumȱ aufȱ demȱ Wegȱ nachȱ Jerusalemȱ Fragenȱ auf:ȱ StrenggeȬ nommenȱ sprichtȱ Jesusȱ hierȱ schonȱ vonȱ vielenȱ Bemühungenȱ seinerseitsȱ umȱ dieȱ Jerusalemerȱ (ΔΓΗΣΎ΍Ζȱ ωΌνΏ΋Η΅)ȱ undȱ vonȱ derenȱ Ablehnungȱ (Ύ΅Ϡȱ ΓЁΎȱ ωΌΉΏφΗ΅ΘΉ),ȱ obwohlȱ erȱ imȱ Rahmenȱ seinesȱ öffentlichenȱ WirȬ kensȱbislangȱnochȱgarȱnichtȱinȱJerusalemȱwar.ȱDieȱlukanischeȱBetonungȱ derȱReiseȱdorthinȱschließtȱaus,ȱdassȱLukasȱhierȱaufȱeinenȱnichtȱerzähltenȱ BesuchȱJesuȱinȱderȱStadtȱzurückblickenȱkönnte.ȱDieȱVerseȱweisenȱdamitȱ überȱdenȱerzählerischenȱRahmenȱdesȱEvangeliumsȱhinaus.ȱ

3.2.5.1ȱZurȱGliederungȱdesȱWortesȱ DieȱWeissagungȱüberȱJerusalemȱteiltȱsichȱinȱvierȱAbschnitteȱauf,ȱdieȱinsȬ gesamtȱinȱprophetischerȱTraditionȱstehen:130ȱ ȱ Aȱ Bȱ Cȱ Dȱ

EinȱScheltwortȱüberȱJerusalem,ȱdasȱalleȱvonȱGottȱGesandtenȱumbringtȱ(34a–c).ȱ EineȱKlageȱüberȱdieȱvergeblichenȱVersucheȱeinerȱSammlungȱ(34d–f).ȱ EinȱDrohwortȱüberȱdieȱPreisgabeȱdesȱ„Hauses“ȱ(35a–b).ȱ EineȱWeissagungȱüberȱdasȱ„NichtȬSehen“ȱdesȱVolkesȱbisȱzumȱZeitpunktȱdesȱmessiaȬ nischenȱWillkommensgrußesȱ(35c–f).ȱ

ȱ BeideȱVerseȱhängenȱzusammen,ȱinsofernȱnachȱderȱKlageȱüberȱdasȱsünȬ digeȱ Verhaltenȱ Jerusalemsȱ dieȱ Konsequenzȱ ausȱ diesemȱ Verhaltenȱ forȬ muliertȱ wird:ȱ Dasȱ Hausȱ (d.ȱ h.ȱ derȱ Tempelȱ bzw.ȱ dieȱ Stadtȱ insgesamt)ȱ wirdȱ„verȬ“ȱoderȱ „überlassen“.ȱ Dannȱ folgtȱ derȱ Zusatz,ȱ dassȱ dieȱAngeȬ sprochenenȱ (strenggenommenȱ dieȱ Pharisäergruppe,ȱ aberȱ dasȱ Wortȱ wendetȱ sichȱ wohlȱ allgemeinȱ anȱ dasȱ Volk)ȱ Jesusȱ „nichtȱ mehrȱ sehen“ȱ werdenȱ–ȱbisȱsieȱinȱdenȱPsalmrufȱausȱPsȱ118,26ȱeinstimmen.ȱDerȱBedeuȬ tungȱ dieserȱ dunklenȱ Formulierungenȱ istȱ imȱ Folgendenȱ nachzugehen.ȱ Inhaltlichȱ entfernenȱ sichȱ dieȱ Verseȱ vonȱ derȱ eröffnendenȱ pharisäischenȱ Warnungȱ(dieȱBlickrichtungȱistȱvonȱHerodesȱganzȱaufȱJerusalemȱumgeȬ schwenkt),ȱsindȱaberȱdurchȱdieȱStichworteȱ„Prophet“ȱundȱ„Jerusalem“ȱ zumindestȱmitȱV.ȱ33ȱverbunden.ȱ DaȱdieȱVerseȱLkȱ13,34f.ȱnichtȱunmittelbarȱalsȱAntwortȱdesȱirdischenȱ Jesusȱ aufȱ dieȱ Pharisäeräußerungȱ betrachtetȱ werdenȱ können,ȱ stelltȱ sichȱ dieȱ Frageȱ nachȱ ihrenȱ Bezügen.ȱ Währendȱ fürȱ dieȱ Vorlageȱ diskutiertȱ wird,ȱ obȱ derȱ irdischeȱ Jesus,ȱ derȱ Auferstandene,ȱ oderȱ dieȱ göttlicheȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ πΒΉΏΌАΑȱ ϳȱ ͑΋ΗΓІΖȱ ΦΔϲȱ ΘΓІȱ ϡΉΕΓІ)ȱ undȱ wendetȱ sichȱ vonȱ nunȱ anȱ imȱ Evangeliumȱ nichtȱmehrȱanȱdasȱVolkȱ(vgl.ȱMtȱ23,39:ȱΓЁȱΐφȱΐΉȱϥΈ΋ΘΉȱΦΔвȱΩΕΘ΍).ȱ 130ȱȱ InȱWeiterführungȱvonȱBovon,ȱLkȱII,ȱ444f.,ȱderȱeineȱDreiteilungȱ(Klage,ȱUrteilsspruchȱ undȱeinenȱinȱdieȱZukunftȱweisendenȱSpruch)ȱsieht,ȱsowieȱEckey,ȱLkȱII,ȱ638f.,ȱderȱnurȱ ScheltȬȱ(V.ȱ34)ȱundȱDrohwortȱ(V.ȱ35)ȱunterscheidet.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

139ȱ

Weisheit/Gottȱ selbstȱ alsȱ Sprecherȱ anzusehenȱ sind,131ȱ hatȱ Lukasȱ sieȱ alsȱ WeissagungȱdesȱirdischenȱJesusȱaufgefasst,ȱwieȱdieȱvonȱihmȱhergestellȬ teȱVerbindungȱmitȱdemȱApophthegmaȱLkȱ13,31–33ȱzeigt.ȱ Alleȱ vierȱ Teileȱ nehmenȱ wichtigeȱ biblischeȱ Traditionenȱ auf.ȱ Dasȱ Scheltwortȱ rezipiertȱ inȱ Weiterführungȱ vonȱ V.ȱ 33ȱ dasȱ Motivȱ vomȱ geȬ waltsamenȱGeschickȱderȱPropheten,ȱinȱderenȱReiheȱnunȱJesusȱselbstȱalsȱ letzterȱundȱwichtigsterȱProphetȱerscheint.132ȱDasȱKlagewortȱerinnertȱanȱ dieȱ alttestamentlicheȱ Klageȱ JHWHsȱ gegenȱ seinȱ verhärtetesȱ Volk,133ȱ zeichnetȱ sichȱ aberȱ insbesondereȱ durchȱ seineȱ Aufnahmeȱ desȱ SammȬ lungsmotivsȱ aus,ȱ dasȱ imȱ frühjüdischenȱ Kontextȱ eschatologischȱ konnoȬ tiertȱ ist.134ȱ Auchȱ fürȱ dasȱ Drohwort,ȱ dasȱdieȱ Vorstellungȱ einesȱ Auszugsȱ Gottesȱ ausȱ derȱ Mitteȱ Israels,ȱ dieȱ sichȱ inȱ Jerusalemȱ bzw.ȱ demȱ Tempelȱ oderȱdemȱZionȱkonkretisiert,ȱtransportiert,ȱlassenȱsichȱzahlreicheȱalttesȬ tamentlicheȱ undȱ frühjüdischeȱ Belegeȱ anführen.135ȱ Wennȱ sichȱ auchȱ zurȱ Weissagungȱ amȱ Schlussȱ keineȱ entsprechendeȱ biblischȬfrühjüdischeȱ Analogieȱaufweisenȱlässt,ȱsoȱbietetȱsieȱjedenfallsȱeinȱdirektesȱPsalmzitat,ȱ dasȱsichȱalsȱAusgangspunktȱderȱInterpretationȱanbietet.ȱ Ungewöhnlichȱ ist,ȱ dassȱ Jesusȱ imȱ Aoristȱ vonȱ seinenȱ „SammlungsȬ versuchen“ȱ spricht,ȱ obwohlȱ erȱ währendȱ seinerȱ öffentlichenȱ VerkündiȬ gungȱ nochȱ nichtȱ inȱ derȱ heiligenȱ Stadtȱ war.ȱ Insofernȱ dasȱ Motivȱ derȱ Sammlungȱ Israelsȱ überȱ dieȱ Einwohnerȱ Jerusalemsȱ hinausgeht,ȱ wirdȱ manȱ auchȱ hierȱ dieȱ „Kinder“ȱ Jerusalemsȱ mitȱ denȱ Gliedernȱ desȱ Volkesȱ Israelȱ identifizieren.136ȱ Zugleichȱ wirdȱ jedochȱ deutlich,ȱ dassȱ esȱ auchȱ JeȬ sus,ȱwennȱerȱinȱJerusalemȱangekommenȱseinȱwird,ȱnichtȱgelingenȱwirdȱ dasȱVolkȱumzustimmen,ȱsondernȱdassȱer,ȱwieȱdieȱProphetenȱ(undȱweiȬ tereȱ„Gesandte“)ȱvorȱihm,ȱgetötetȱwerdenȱwird.137ȱ Fürȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ sindȱ insbesondereȱ dasȱ abȬ schließendeȱ Drohwortȱ sowieȱ dieȱ aufȱ einemȱ Psalmzitatȱ gründendeȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 131ȱȱ Vgl.ȱLuz,ȱMtȱIII,ȱ378–381.ȱ 132ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ2.2.4.ȱ 133ȱȱ Vgl.ȱDtnȱ32,6.11.ȱ 134ȱȱ Vgl.ȱWolter,ȱLk,ȱ498;ȱdasȱπΔ΍ΗΙΑΣ·Ή΍Αȱ(vgl.ȱetwaȱJesȱ52,12;ȱ56,8;ȱ2ȱMakkȱ2,7.18;ȱPsSalȱ 10,7)ȱ verweistȱ aufȱ dieȱ Hoffnungȱ derȱ endzeitlichenȱ „Sammlung“ȱ derȱ zerstreutenȱ GliederȱIsraelsȱzuȱeinemȱwiedervereinigtenȱGottesvolk.ȱ 135ȱȱ Vgl.ȱdieȱsukzessiveȱEntfernungȱderȱ„HerrlichkeitȱdesȱHerrn“ȱausȱdemȱTempelȱinȱEzȱ 10,18f.;ȱ11,23;ȱauchȱJosephusȱ(Bellȱ5,412;ȱ6,299)ȱundȱmehrereȱapokalyptischeȱSchriftenȱ (syrBarȱ8,1;ȱ41,4,ȱ64,6)ȱkennenȱdieȱVorstellung,ȱvgl.ȱWolter,ȱLk,ȱ498.ȱ 136ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱRedeȱvonȱderȱ„MutterȱJerusalem“ȱinȱGalȱ4,25f.ȱ 137ȱȱ Dieȱ Formulierungȱ erinnertȱ anȱ Lkȱ 11,49f.,ȱ woȱ ausdrücklichȱ dieȱ „Weisheitȱ Gottes“ȱ spricht,ȱ undȱ schlägtȱ eineȱ Brückeȱ zurȱ Erzählungȱ vonȱ derȱ Steinigungȱ desȱ Stephanus,ȱ woȱinȱApgȱ7,52ȱdasȱMotivȱderȱProphetenbeseitigungȱnochȱeinmalȱvorgebrachtȱwird.ȱ

140ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Weissagungȱ bedeutsam.ȱ Beideȱ sindȱ daherȱ imȱ Folgendenȱ zuȱ analysieȬ ren.ȱ

3.2.5.2ȱDasȱDrohwortȱüberȱdieȱPreisgabeȱdesȱHausesȱ(V.ȱ35)ȱ InȱBezugȱaufȱdasȱDrohwortȱinȱV.ȱ35:ȱΦΚϟΉΘ΅΍ȱЀΐϧΑȱϳȱΓϨΎΓΖȱЀΐЗΑ,ȱwerȬ denȱnahezuȱalleȱSatzteileȱdiskutiert.ȱBeiȱderȱFrage,ȱwelchesȱ„Haus“ȱhierȱ konkretȱ gemeintȱ ist,ȱ könnenȱ fürȱ dieȱ einzelnenȱ Möglichkeitenȱ –ȱ alsȱ AlȬ ternativenȱwerdenȱderȱTempel,ȱdieȱStadtȱJerusalem,ȱoderȱauchȱdasȱGeȬ meinwesenȱIsraelȱgenannt138ȱ–ȱBelegstellenȱausȱderȱLXXȱoderȱfrühjüdiȬ schenȱ Schriftenȱ herangezogenȱ werden,ȱ soȱ dassȱ eineȱ eindeutigeȱ InterpretationȱdesȱursprünglichenȱLogionsȱinȱdieserȱPerspektiveȱkaumȱ zuȱ leistenȱ ist.139ȱ Aufschlussreichȱ istȱ jedochȱ eineȱ Verortungȱ imȱ Kontextȱ desȱLukasevangeliumsȱselbst.ȱLukasȱbietetȱinȱ11,51ȱeinenȱText,ȱderȱmitȱ ΓϨΎΓΖȱ eindeutigȱ denȱ Tempelȱ meint.ȱ Wennȱ auchȱ dieȱ Formulierungȱ ϳȱ ΓϨΎΓΖȱЀΐЗΑȱfürȱdenȱTempelȱsingulärȱwäre,140ȱsoȱbietetȱfreilichȱauchȱdasȱ ZitatȱausȱPsȱ118,26ȱdenȱTempelkontext,ȱdaȱdieserȱRufȱdieȱJerusalempilȬ gerȱamȱTempelȱwillkommenȱhieß.ȱEsȱgibtȱdamitȱmehrereȱIndizien,ȱdassȱ Lukasȱ dasȱ Wortȱ aufȱ denȱ Tempelȱ inȱJerusalemȱ bezogenȱ hat,ȱzumalȱdasȱ ursprünglicheȱ Logionȱ Spurenȱ jesuanischerȱ Tempelkritikȱ enthaltenȱ mag.141ȱZuȱeinerȱDeutungȱunsererȱStelleȱaufȱdenȱTempelȱalsȱ„HausȱGotȬ tes“142ȱ (vgl.ȱ Ezȱ 8,14.16)ȱ passtȱ auchȱ dieȱ Vorstellungȱ vomȱ „Verlassen“ȱ bzw.ȱ „Auszug“ȱ Gottesȱ ausȱ demȱ Heiligtum.143ȱ Zudemȱ hatȱ Lukasȱ dieȱ AnspielungenȱaufȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱundȱdesȱTempelsȱ(beidesȱ siehtȱ erȱ engȱ zusammen)ȱ überȱ dasȱ Evangeliumȱ verteilt.ȱ Soȱ istȱ auchȱ inȱ 13,35ȱeineȱEinspielungȱdesȱEreignissesȱnaheliegend.ȱ HeinzȱMartinȱDöppȱverweistȱinȱdiesemȱZusammenhangȱaufȱdieȱParallelenȱ zuȱ Jerȱ 12,7ȱ (π·Ύ΅Θ΅ΏνΏΓ΍Δ΅ȱ ΘϲΑȱ ΓϨΎϱΑȱ ΐΓΙ,ȱ ΦΚϛΎ΅ȱ ΘχΑȱ ΎΏ΋ΕΓΑΓΐϟ΅Αȱ ΐΓΙ),ȱwoȱsichȱdasȱ„Haus“ȱaufȱdasȱVolkȱIsraelȱbezieht.ȱDaherȱwerdeȱ„inȱLkȱ 13,35aȱ nichtȱ aufȱ dieȱ Zerstörungȱ desȱ Tempelsȱ angespielt,ȱ sondernȱ aufȱ dasȱ VerlassenȬWerdenȱIsraelsȱdurchȱGottȱganzȱimȱSinneȱvonȱJerȱ12,7ȱundȱdemȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 138ȱȱ Vgl.ȱGnilka,ȱMtȱII,ȱ303;ȱHoffmann,ȱStudien,ȱ174f.ȱ 139ȱȱ Vgl.ȱ etwaȱ dieȱ Hinweiseȱ beiȱ Strack/Billerbeck,ȱ Kommentarȱ I,ȱ 943f.;ȱ sieȱ entscheidenȱ sichȱschließlichȱfürȱdieȱAuslegungȱ„euerȱGemeinwesen“ȱ(944).ȱ 140ȱȱ Dieȱ nächsteȱ Paralleleȱ bietetȱ Jesȱ 64,10,ȱ woȱ Israelȱ überȱ denȱ Verlustȱ seinesȱ Tempelsȱ klagt:ȱϳȱΓϨΎΓΖ,ȱΘϲȱΧ·΍ΓΑȱψΐЗΑ,ȱ[…]ȱπ·ΉΑφΌ΋ȱΔΙΕϟΎ΅ΙΗΘΓΖ.ȱ 141ȱȱ Fürȱ dieȱ MtȬParalleleȱ istȱ wegenȱ derȱ Hinzufügungȱ desȱ σΕ΋ΐΓΖȱ undȱ derȱ literarischenȱ PositionȱderȱBezugȱaufȱdenȱTempelȱunbestreitbar.ȱ 142ȱȱ Vgl.ȱdazuȱRengstorf,ȱLk,ȱ177.ȱ 143ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱEzȱ10,18f.;ȱJosephus,ȱAntȱ6,299.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

141ȱ

dortigenȱKontext“144.ȱHierȱistȱzumindestȱdaraufȱhinzuweisen,ȱdassȱfürȱdenȱ Drittenȱ Evangelisten,ȱ wieȱ Lkȱ 11,51ȱ erweist,ȱ ΓϨΎΓΖȱ sehrȱ wohlȱ denȱ Tempelȱ bezeichnenȱ kann,ȱ währendȱ dieȱ Paralleleȱ Mtȱ 23,35ȱ anȱ derȱ entsprechendenȱ Stelleȱ dasȱ Wortȱ Α΅ϱΖȱ bringt:ȱ Nachȱ Lukasȱ wirdȱ derȱ Priestersohnȱ Sacharjaȱ „zwischenȱ demȱ Altarȱ undȱ demȱ Haus“ȱ umgebracht,ȱ womitȱ dasȱ Gebäudeȱ gemeintȱseinȱmuss.ȱÜberhauptȱwirftȱdieȱErzählungȱvomȱMordȱamȱPriesterȬ sohnȱSacharja,ȱaufȱdieȱderȱVersȱLkȱ11,51ȱanspieltȱundȱdieȱsichȱinȱ2ȱChrȱ24ȱ findet,ȱeinȱunerwartetesȱLichtȱauchȱaufȱLkȱ13,31–35,ȱdaȱsichȱmehrereȱParalȬ lelenȱ zwischenȱ 2ȱ Chrȱ 24,18–21ȱ undȱ derȱ Redeȱ Jesuȱ inȱ Lkȱ 13,34f.ȱ aufweisenȱ lassen:ȱ Nachȱ 2ȱ Chrȱ 24,18ȱ „verließen“ȱ dieȱ Israelitenȱ „dasȱ Hausȱ desȱ Herrn“145,ȱ woraufȱ dieserȱ zornigȱ wurdeȱ undȱ „Prophetenȱ unterȱ sieȱ sandte,ȱ umȱ sieȱ zumȱ Herrnȱ zurückzuführen“ȱ (24,19:ȱ ΦΔνΗΘΉ΍ΏΉΑȱ ΔΕϲΖȱ ΅ЁΘΓϿΖȱ ΔΕΓΚφΘ΅Ζȱ πΔ΍ΗΘΕνΜ΅΍ȱ ΔΕϲΖȱ ΎϾΕ΍ΓΑ);ȱ sieȱ jedochȱ „hörtenȱ nicht“ȱ (24,19ȱ gleichȱzweimal:ȱΎ΅ϠȱΓЁΎȱόΎΓΙΗ΅Α),ȱsondernȱgriffenȱSacharja,ȱderȱvonȱGotȬ tesȱGeistȱerfülltȱredeteȱ–ȱmithinȱeinerȱderȱzuvorȱerwähntenȱProphetenȱ–,ȱanȱ undȱ„steinigtenȱihn“ȱ(24,21:ȱπΏ΍ΌΓΆϱΏ΋Η΅Αȱ΅ЁΘϲΑ).ȱBemerkenswertȱistȱweiȬ terȱdasȱEndeȱderȱPredigtȱSacharjas:ȱ„WeilȱihrȱdenȱHerrnȱverlassenȱhabt,ȱsoȱ wirdȱ erȱ auchȱ euchȱ verlassen“ȱ (2ȱ Chrȱ 24,20:ȱ ϵΘ΍ȱ π·Ύ΅ΘΉΏϟΔΉΘΉȱ ΘϲΑȱ ΎϾΕ΍ΓΑ,ȱ Ύ΅Ϡȱ π·Ύ΅Θ΅ΏΉϟΜΉ΍ȱ ЀΐκΖ).ȱ Derȱ Gottverlassenheitȱ desȱ sündigenȱ Volkesȱ entȬ sprichtȱ einȱ Strafgericht,ȱ dasȱ inȱ denȱ letztenȱ Wortenȱ Sacharjasȱ angedrohtȱ (V.ȱ22:ȱ ϥΈΓ΍ȱ ΎϾΕ΍ΓΖȱ Ύ΅Ϡȱ ΎΕ΍ΑΣΘΝ)ȱ undȱ inȱ 24,23ff.ȱ durchȱ einenȱ Überfallȱ vonȱ Aramäernȱ realisiertȱ wird.ȱ Hierȱ wirdȱ ausdrücklichȱ diesesȱ EntsprechungsȬ verhältnisȱ formuliertȱ (V.ȱ 24:ȱ ϳȱ ΌΉϲΖȱ Δ΅ΕνΈΝΎΉΑȱ ΉϢΖȱ ΘΤΖȱ ΛΉϧΕ΅Ζȱ ΅ЁΘЗΑȱ ΈϾΑ΅ΐ΍Αȱ ΔΓΏΏχΑȱ ΗΚϱΈΕ΅,ȱ ϵΘ΍ȱ π·Ύ΅ΘνΏ΍ΔΓΑȱ ΎϾΕ΍ΓΑȱ ΌΉϲΑȱ ΘЗΑȱ Δ΅ΘνΕΝΑȱ ΅ЁΘЗΑаȱΎ΅ϠȱΐΉΘΤȱ̌Ν΅ΖȱπΔΓϟ΋ΗΉΑȱΎΕϟΐ΅Θ΅).ȱDerȱMordȱanȱSacharjaȱwirdȱdaȬ durchȱgesühnt,ȱdassȱKnechteȱnachȱderȱSchlachtȱihrenȱKönig,ȱderȱdieȱSteiniȬ gungȱangeordnetȱhatte,ȱermorden.ȱWährendȱimȱZweitenȱChronikbuchȱdieȱ Urschuldȱ Israelsȱ inȱ derȱ Götzenverehrungȱ bestandȱ (vgl.ȱ 2ȱ Chrȱ 24,18),ȱ dieȱ durchȱdenȱProphetenmordȱnochȱvergrößertȱwird,ȱentsprichtȱdiesemȱinȱdenȱ Textenȱ beiȱ Matthäusȱ undȱ Lukasȱ dieȱ inȱ derȱ Linieȱ derȱ Prophetenmordeȱ geȬ schehendeȱAbweisungȱJesu.ȱ

FürȱLukasȱwirdȱmanȱdavonȱausgehen,ȱdassȱer,ȱwieȱauchȱseineȱVorlage,ȱ denȱPriestersohnȱSacharjaȱausȱ2ȱChrȱimȱBlickȱhatteȱundȱdieȱBerührunȬ genȱdesȱJesuslogionsȱzurȱdieserȱErzählungȱregistrierte.ȱLkȱ11,49–51ȱundȱ Lkȱ13,34f.ȱtreffenȱsichȱimȱStichwortȱΓϨΎΓΖȱundȱvorȱallemȱimȱToposȱvomȱ „gewaltsamenȱ Geschickȱ derȱ Propheten“,ȱ dasȱ nunȱ auchȱ dasȱ Geschickȱ Jesuȱist.ȱDieȱ„BotenȱundȱPropheten“ȱwerdenȱnachȱ11,49–51ȱalsȱGesandteȱ derȱ „Weisheitȱ Gottes“ȱ verfolgtȱ undȱ getötet,ȱ undȱ zwarȱ durchȱ alleȱ EpoȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 144ȱȱ Döpp,ȱDeutungȱderȱZerstörung,ȱ41.ȱ 145ȱȱ Nachȱ anderenȱ Zeugen:ȱ „denȱ Bundȱ desȱ Herrn“;ȱ inȱ derȱ LXXȱ wirdȱ derȱ Vorgangȱ insȱ Grundsätzlicheȱ gewendet:ȱ „Undȱ sieȱ verließenȱ denȱ Herrn“ȱ (Ύ΅Ϡȱ π·Ύ΅ΘνΏ΍ΔΓΑȱ ΘϲΑȱ ΎϾΕ΍ΓΑ).ȱ

142ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

chen:ȱ„SeitȱGrundlegungȱderȱWelt,ȱ[…]ȱvomȱBluteȱAbelsȱab146ȱbisȱzumȱ Bluteȱ desȱ Zacharias147“.ȱ Dasȱ vergosseneȱ Blutȱ wirdȱ nachȱ diesemȱ DrohȬ wortȱzurückgefordert.ȱInȱderȱlukanischenȱFasssungȱistȱesȱandersȱalsȱbeiȱ MatthäusȱnochȱnichtȱdirektȱmitȱJesuȱTodȱundȱVerwerfungȱdurchȱIsraelȱ verknüpft.148ȱȱ Dasȱ Prädikatȱ ΦΚϟΉΘ΅΍ȱ istȱ schwerȱ zuȱ übersetzen,ȱ daȱ dasȱ Verbȱ vieleȱ Bedeutungenȱhat.ȱMöglichȱistȱsowohlȱdieȱÜbersetzungȱ„euerȱHausȱwirdȱ euchȱ (=ȱ zuȱ euremȱ Nachteil,ȱ dat.ȱ incommodi)ȱ verlassenȱ (nämlichȱ vonȱ Gott)“,ȱalsȱauchȱ„euerȱHausȱwirdȱeuchȱgelassen“.ȱDaȱesȱsichȱoffenkundigȱ umȱeineȱDrohungȱhandelt,ȱwäreȱjedochȱauchȱimȱzweitenȱFallȱgemeint,ȱ dassȱ dasȱ demȱ Volkȱ gelasseneȱ Hausȱ nunȱ schutzlosȱ preisgegebenȱ ist.ȱ EinigesȱsprichtȱjedochȱfürȱdieȱÜbersetzungȱmitȱ„verlassen“,ȱdaȱdieȱVorȬ stellung,ȱdassȱGottȱdenȱTempelȱbeiȱbzw.ȱvorȱseinerȱZerstörungȱverlasȬ senȱ habe,ȱ mehrfachȱ bezeugtȱ ist.149ȱ Soȱ spieltȱ derȱ Textȱ imȱ lukanischenȱ KontextȱaufȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱundȱdesȱTempelsȱan.ȱȱ InsgesamtȱwirdȱmanȱdenȱVersȱalsoȱimȱKontextȱderȱTradition,ȱdassȱ JHWHȱdenȱTempelȱverlassenȱundȱihnȱsoȱderȱZerstörungȱpreisgegebenȱ habe,ȱverstehen,ȱΓϨΎΓΖȱaufȱdenȱTempelȱbeziehenȱundȱΦΚϟΉΘ΅΍ȱalsȱpassiȬ vumȱdivinumȱlesen.150ȱDieȱWeissagungȱLkȱ13,34f.ȱistȱdamitȱinȱeineȱbreiteȬ reȱ biblischeȱ Traditionȱ undȱ eineȱ vonȱ dortȱ herȱ geprägteȱ ErzählstrukturȬ einzuordnen:ȱ Esȱ klingtȱ dasȱ deuteronomistischeȱ Geschichtsbildȱ anȱ undȱ bietetȱ sogarȱ dasȱ Motivȱ vomȱ „gewaltsamenȱ Geschickȱ derȱ Propheten“,ȱ dasȱ jaȱ inȱ unsererȱ Stelleȱ ausdrücklichȱ aufgenommenȱ undȱ vonȱ Lukasȱ nochȱhäufigerȱherangezogenȱwird.151ȱWelcheȱRelevanzȱdiesȱfürȱdieȱFraȬ geȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱhat,ȱistȱnunȱbeiȱderȱAnalyseȱdesȱSchlusssatȬ zesȱderȱPerikopeȱnäherȱzuȱentfalten.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 146ȱȱ Damitȱ wirdȱ aufȱ denȱ erstenȱ inȱ derȱ Schriftȱ erzähltenȱ Mordȱ derȱ Menschheitȱ (Genȱ 4)ȱ angespielt.ȱ 147ȱȱ MitȱihmȱistȱebenȱderȱSacharjaȱBenȱJojadaȱausȱ2ȱChrȱ24ȱgemeint.ȱDiesȱistȱderȱletzteȱimȱ biblischenȱGeschichtswerkȱIsraelsȱerzählteȱProphetenmord.ȱ 148ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Schwemer,ȱ Vitaeȱ Prophetarumȱ undȱ NT,ȱ 214.ȱ Derȱ Todȱ Sacharjasȱ wirdȱ inȱ denȱ VitProphȱ isoliertȱ demȱ Königȱ Joasȱ undȱ demȱ Hausȱ Davidȱ angelastet,ȱ nichtȱ aberȱ demȱ ganzenȱ Volk,ȱ wieȱ esȱ imȱ dtrȱ Prophetenschicksalȱ derȱ Fallȱ istȱ (vgl.ȱ dazuȱ SchweȬ mer,ȱVitaeȱProphetarumȱundȱNT,ȱ216);ȱspäterȱwirdȱdieȱLegendeȱausgestaltetȱundȱderȱ NameȱZachariasȱvorȱdemȱHintergrundȱvonȱLkȱ1ȱmitȱdemȱVaterȱdesȱTäufersȱverbunȬ den,ȱvgl.ȱdieȱErzählungenȱdesȱProtevJak.ȱ 149ȱȱ Vgl.ȱ Josephus,ȱ Bellȱ 2,539;ȱ 5,412;ȱ syrBarȱ 8,1f.ȱ („er,ȱ derȱ dasȱ Hausȱ bewahrte,ȱ hatȱ esȱ verlassen“)ȱundȱTacitus,ȱHistȱ5,13,1:ȱ„auditaȱmaiorȱhumanaȱvox,ȱexcedereȱdeos“.ȱ 150ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱHeil,ȱLukasȱundȱQ,ȱ64ff.ȱ 151ȱȱ Vgl.ȱvorȱallemȱdasȱEndeȱderȱStephanusȬRedeȱ(Apgȱ7,51f.).ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

143ȱ

3.2.5.3ȱDieȱWeissagungȱüberȱdasȱbegrenzteȱ„NichtȬSehen“ȱdesȱVolkesȱ DieȱPerikopeȱendetȱmitȱeinemȱZitatȱausȱdemȱWallfahrtspsalmȱ118.ȱDieȱ InterpretationȱdiesesȱSatzesȱistȱumstritten,ȱdochȱwirdȱerȱvonȱdenȱmeisȬ tenȱ Exegetenȱ alsȱ Vorausschauȱ aufȱ dieȱ eschatologischeȱ Wiederkunftȱ Jesuȱ alsȱ Richterȱ gelesen,ȱ beiȱ derȱ ihmȱ einȱ Willkommensgrußȱ inȱ Formȱ desȱ Psalmversesȱentgegenschallenȱwerde.ȱDabeiȱwirdȱjedochȱdasȱSchicksalȱ derȱRufendenȱhäufigȱoffenȱgelassen.ȱObȱderȱWillkommensrufȱmitȱeinerȱ zukünftigenȱRettungȱIsraelsȱeinhergeht,ȱbleibtȱsomitȱzunächstȱunklar.152ȱ SoȱweistȱGerhardȱSchneiderȱnurȱaufȱdieȱAnerkennungȱJesuȱbeiȱderȱParusieȱ hin,ȱ ohneȱ daraufȱ einzugehen,ȱ welcheȱ Konsequenzenȱ ausȱ dieserȱ AnerkenȬ nungȱfolgen.153ȱEineȱeindeutigeȱnegativeȱAuslegungȱfürȱMatthäusȱwieȱLuȬ kasȱbotȱetwaȱBernhardȱWeißȱinȱseinenȱKommentaren.ȱFürȱLukasȱverwiesȱerȱ zwarȱaufȱdasȱeinenȱGegensatzȱeinführendeȱΈν inȱ13,35,ȱlegteȱesȱaberȱ„gegenȱ ihreȱ […]ȱ Hoffnung,ȱ dassȱ erȱ ihnenȱ inȱ ihrerȱ Gottverlassenheitȱ zuȱ Hülfeȱ kommenȱ werde“154ȱ aus.ȱ Imȱ MatthäusȬKommentarȱ stellteȱ erȱ fest,ȱ dassȱ mitȱ derȱ Drohungȱ dieȱ öffentlicheȱ Wirksamkeitȱ Jesuȱ beendetȱ sei,ȱ undȱ erwähnteȱ eineȱ vorzeitigeȱ Übersetzungȱ desȱ ΉϥΔ΋ΘΉ:ȱ „wennȱ ihrȱ gesagtȱ habenȱ werdetȱ (dixeritis)“,ȱnachȱdemȱdasȱSchauenȱJesuȱdieȱBekehrungȱvoraussetzt,ȱwelcheȱ somitȱ „problematisch“ȱ bleibe.155ȱ Währendȱ Josephȱ Fitzmyerȱ denȱ HuldiȬ gungsrufȱ inȱ Lkȱ 13,35ȱ alsȱ zuȱ spätȱ ansiehtȱ („itȱ willȱ beȱ tooȱ late“)156,ȱ sprichtȱ Johnȱ Nollandȱ lediglichȱ vonȱ einemȱ „eschatologicalȱ welcome“157ȱ ohneȱ HinȬ weiseȱaufȱdieȱKonsequenzen.ȱKlausȱBergerȱhingegenȱsiehtȱinȱ13,35ȱeineȱVoȬ raussageȱ„überȱeineȱeschatologischeȱVersöhnungȱIsraelsȱmitȱseinemȱMessiȬ as“158.ȱ

Insofernȱ dieȱ „Entrückung“ȱ vonȱ bestimmtenȱ Menschenȱ mehrfachȱ inȱ biblischenȱ Textenȱ alsȱ einȱ „nichtȱ mehrȱ Sehen“ȱ bezeichnetȱ wirdȱ (vgl.ȱ 2ȱ Könȱ 2,12;ȱ Apgȱ 8,39),ȱ istȱ esȱ naheliegend,ȱ dassȱ Lukas,ȱ derȱ mitȱ derȱ HimȬ melfahrtserzählungȱeineȱEntrückungȱparȱexcellenceȱschildert,ȱV.ȱ35dȱaufȱ dieȱ Zeitȱ zwischenȱ demȱ irdischenȱ Lebenȱ Jesuȱ undȱ derȱ –ȱ auchȱ vonȱ ihmȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 152ȱȱ Vgl.ȱetwaȱdenȱHinweisȱimȱ„StuttgarterȱNeuenȱTestament“ȱinȱdenȱErläuterungenȱzuȱ Mtȱ23,37–39ȱ(fürȱLkȱ13,31ff.ȱgibtȱesȱkeineȱeigeneȱErläuterung),ȱdassȱderȱRufȱzwarȱeineȱ UmkehrȱIsraelsȱnahelege,ȱdiesȱjedochȱ„unterȱdenȱAuslegernȱumstritten“ȱ(59)ȱsei.ȱ 153ȱȱ Vgl.ȱSchneider,ȱLk,ȱ311;ȱoffenȱbleibtȱauchȱdieȱAuslegungȱbeiȱAlbright/Mann,ȱMt,ȱ285,ȱ dieȱnurȱaufȱdieȱBegrüßungȱJesusȱmitȱPsȱ118ȱhinweist,ȱohneȱaufȱweitereȱImplikationenȱ einzugehen.ȱ 154ȱȱ Weiss,ȱMk/Lk,ȱ515.ȱ 155ȱȱ Vgl.ȱWeiss,ȱMt,ȱ402.ȱ 156ȱȱ Fitzmyer,ȱLkȱII,ȱ1036ȱ–ȱerȱmeint,ȱinȱQȱbezögeȱsichȱdieȱStelleȱschonȱaufȱdieȱParusie,ȱinȱ LkȱjedochȱauchȱaufȱdenȱEinzugȱinȱJerusalem,ȱvgl.ȱ1035.ȱ 157ȱȱ Nolland,ȱLkȱII,ȱ742.ȱ 158ȱȱ Berger,ȱFormenȱundȱGattungen,ȱ147.ȱ

144ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

erwartetenȱ –ȱ Parusieȱ bezogenȱ hat.159ȱ Dieȱ Formulierungȱ ΓЁȱ ΐχȱ ϥΈ΋ΘΉȱ tauchtȱimȱNeuenȱTestamentȱdarüberȱhinausȱnochȱinȱeinemȱanderenȱZuȬ sammenhangȱ auf:ȱ Imȱ „Verstockungszitat“ȱ ausȱ Jesȱ 6,9f.,ȱ dasȱ freilichȱ inȱ sehrȱ verschiedenenȱ Schriftenȱ aufgegriffenȱ wird.ȱ Imȱ lukanischenȱ DopȬ pelwerkȱ istȱ esȱ Paulus,ȱ derȱ amȱ Endeȱ derȱ Apostelgeschichteȱ diesesȱ JesajawortȱanȱdiejenigenȱJudenȱinȱRomȱrichtet,ȱdieȱtrotzȱseinerȱPredigtȱ nichtȱ anȱ Jesusȱ Christusȱ glauben.ȱ Dabeiȱ wirdȱ genauȱ dieȱ Metapherȱ desȱ „NichtȬSehens“ȱ fürȱ dasȱ Verhaltenȱ Israelsȱ herangezogenȱ (vgl.ȱ Apgȱ 28,26f.:ȱΎ΅ϠȱΓЁȱΐχȱϥΈ΋ΘΉ).ȱȱ Imȱ klassischenȱ Griechischȱ wieȱ auchȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ istȱ ΓЁȱ ΐφȱ mitȱ Konj.ȱAor.ȱ(oderȱseltenerȱInf.ȱFut.)ȱ„dieȱbestimmtesteȱFormȱderȱverneinenȬ denȱ Aussageȱ überȱ Zukünftiges“160,ȱ oftȱ inȱ LXXȬZitatenȱ (wieȱ inȱ Apgȱ 28).ȱ WennȱinȱApgȱ28,26ȱdasȱΆΏνΔΓΑΘΉΖȱΆΏνΜΉΘΉȱΎ΅ϠȱΓЁȱΐχȱϥΈ΋ΘΉȱimȱSinneȱvonȱ „sehendȱsolltȱihrȱsehen,ȱaberȱnichtȱ(mehr)ȱerkennen“ȱzuȱübersetzenȱist,ȱwürȬ deȱdieȱparalleleȱÜbersetzungȱdesȱΓЁȱΐχȱϥΈ΋ΘνȱΐΉȱinȱLkȱ13,35ȱimȱSinneȱvonȱ „nichtȱ (mehr)ȱ solltȱ ihrȱ michȱ erkennen“ȱ daraufȱ hindeuten,ȱ dassȱ einȱ großerȱ Teilȱ desȱ jüdischenȱ Volkesȱ Jesusȱ erstȱ beiȱ seinerȱ Parusieȱ alsȱ denȱ fürȱ sieȱ beȬ stimmtenȱMessiasȱwiederȱerkennenȱundȱdamitȱauchȱanerkennenȱwird.ȱDasȱ Wortȱ vomȱ NichtȬSehenȱ Jesuȱ hängtȱ mitȱ demȱ Glaubenȱ anȱ diesenȱ Jesusȱ alsȱ demȱerhöhtenȱChristusȱzusammen.ȱDabeiȱistȱimȱBlickȱaufȱdasȱLukasevanȬ geliumȱ festzustellen,ȱ dassȱ etwaȱ dieȱ Verherrlichungȱ Gottesȱ (ΈΓΒΣΊΝ)ȱ eineȱ FolgeȱdesȱSehensȱ(ϳΕΣΝ)ȱist,ȱetwaȱinȱLkȱ2,20;ȱ7,15;ȱ23,47.ȱDasȱ„Sehen“ȱstelltȱ geradeȱfürȱdenȱDrittenȱEvangelistenȱeinenȱwichtigenȱAspektȱdesȱGlaubensȱ dar.161ȱDerȱAuferstandeneȱfordertȱdieȱJüngerȱauf,ȱseineȱHändeȱundȱFüßeȱzuȱ „sehen“,ȱ damitȱ sieȱ glaubenȱ könnenȱ (Lkȱ 24,39:ȱ ϥΈΉΘΉȱ ΘΤΖȱ ΛΉϧΕΣΖȱ ΐΓΙȱ Ύ΅Ϡȱ ΘΓϿΖȱΔϱΈ΅ΖȱΐΓΙ),ȱundȱauchȱdenȱEmmausjüngernȱmüssenȱerstȱ„dieȱAugenȱ geöffnet“ȱ werdenȱ (Lkȱ 24,31:ȱ Έ΍΋ΑΓϟΛΌ΋Η΅Αȱ Γϡȱ ϴΚΌ΅ΏΐΓϟ),ȱ bevorȱ sieȱ Jesusȱ erkennenȱ –ȱ undȱ damitȱ auchȱ anȱ ihnȱ glauben:ȱ „Dieȱ letztenȱ Zweifelȱ verȬ schwindenȱangesichtsȱderȱSchauȱdesȱAuferstandenen.“162ȱEinȱumfassendesȱ SehenȱistȱbeiȱLukasȱimmerȱinȱZusammenhangȱmitȱdemȱGlaubenȱzuȱversteȬ hen.163ȱWieȱdieȱbewussteȱAufnahmeȱdesȱJesajazitatesȱamȱEndeȱderȱApostelȬ geschichteȱzeigt,ȱnachdemȱesȱinȱLkȱ8,10ȱauffälligȱabgekürztȱwurde,ȱhatȱLuȬ kasȱ dieseȱ Thematikȱ auchȱ zurȱ abschließendenȱ Deutungȱ derȱ mangelndenȱ AufnahmeȱJesuȱdurchȱIsraelȱeingesetzt.164ȱLukasȱ„[ordnet]ȱdasȱSehenȱsachȬ lichȱdemȱHörenȱüber[…]“165ȱundȱsiehtȱesȱalsȱwesentlichȱfürȱdenȱGlaubensȬ vollzugȱan.ȱErȱsprichtȱvomȱ„SehenȱdesȱReiches“ȱ(Lkȱ9,27),ȱwomitȱauchȱeinȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 159ȱȱ Soȱz.ȱB.ȱEckey,ȱLkȱII,ȱ643.ȱ 160ȱȱ BDRȱ§ȱ365.ȱ 161ȱȱ Vgl.ȱdieȱSeligpreisungȱJesuȱüberȱdasȱSehenȱinȱLkȱ10,23.ȱ 162ȱȱ Lammers,ȱHören,ȱSehenȱundȱGlauben,ȱ38.ȱ 163ȱȱ DasȱSehenȱspieltȱaberȱauchȱbeiȱanderenȱntl.ȱAutorenȱeineȱwichtigeȱRolleȱzurȱHervorȬ rufungȱbzw.ȱUnterstützungȱdesȱGlaubensȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱ1ȱKorȱ9,1).ȱ 164ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.10.5.ȱ 165ȱȱ Conzelmann,ȱMitteȱderȱZeit,ȱ179.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

145ȱ

SchauenȱdesȱverherrlichtenȱChristusȱeinhergeht,ȱundȱbetontȱbereitsȱimȱProȬ logȱdieȱBedeutungȱderȱAugenzeugenȱ(vgl.ȱLkȱ1,2:ȱ΅ЁΘϱΔΘ΅΍).ȱDasȱSehenȱJesuȱ durchȱseineȱZeitgenossenȱhatȱhierȱfürȱdenȱGlaubenȱderȱfolgendenȱGeneraȬ tionen,ȱdieȱJesusȱnichtȱmehrȱsehenȱkönnenȱundȱdaherȱaufȱdasȱZeugnisȱderȱ Augenzeugenȱ angewiesenȱ sind,ȱ grundlegendeȱ Bedeutung.ȱ Vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ erscheintȱ esȱ plausibel,ȱ dassȱ Lukasȱ dasȱ rätselhafteȱ Wortȱ vomȱ „NichtȬSehenȱ Jesu“ȱ inȱ Lkȱ 13,35ȱ aufȱ denȱ Glaubenȱ anȱ Jesusȱalsȱ denȱ Messiasȱ bezogenȱhat.ȱDiesesȱSehenȱhatȱdabeiȱauchȱeineȱeschatologischeȱKomponenȬ te:ȱ Beiȱ derȱ Parusieȱ wirdȱ das,ȱ wasȱ bisherȱ fragmentarischȱ geglaubtȱ undȱ erȬ hofftȱwurde,ȱvollkommenȱ„sichtbar“ȱsein.ȱUndȱdannȱwerdenȱalleȱChristusȱ alsȱdenȱKönigȱ„sehen“.ȱInȱdiesemȱSinnȱlässtȱsichȱdasȱschwierigeȱWortȱJesuȱ inȱdieȱKonzeptionȱdesȱLukasȱeinfügen.ȱ

Zuȱ Rechtȱ verweistȱ HeinzȬMartinȱ Döppȱ aufȱ dieȱ inȱ Lkȱ 13,35ȱ angesproȬ cheneȱ Zeitbegrenzungȱ durchȱ dasȱ ρΝΖ,ȱ wennȱ erȱ schreibt:ȱ „Demȱ angeȬ drohtenȱ zeitweiligenȱ Abwendenȱ Gottesȱ vonȱ Israelȱ (Lkȱ 13,35a)ȱ entȬ sprichtȱsoȱeinȱzeitweiligesȱNichtȬmehrȬSehenȱJesuȱ(Lkȱ13,35b).“166ȱDieseȱ Preisgabeȱwirdȱ„vonȱLukasȱwieȱinȱJerȱ12ȱundȱJesȱ63f.ȱausdrücklichȱzeitȬ lichȱbegrenzt“.167ȱDerȱabschließendeȱRufȱausȱPsȱ118,26ȱinȱLkȱ13,35gȱistȱinȱ dieȱ Entwicklungslinieȱ innerhalbȱ desȱ antikenȱ Judentumsȱ einzuordnen,ȱ dieȱ ihnȱ schließlichȱ alsȱ Willkommensgrußȱ fürȱ denȱ Messiasȱ formulierenȱ konnte.ȱDaȱdieȱJüngerȱJesuȱihnȱimȱRahmenȱderȱEinzugserzählungȱwieȬ derholenȱwerden,ȱkannȱerȱauchȱinȱLkȱ13ȱbereitsȱaufȱdenȱTagȱhindeuten,ȱ daȱ Israelȱ seinenȱ Messiasȱ begrüßt.ȱ „Derȱ Ausblickȱ aufȱ einenȱ Zeitpunkt,ȱ woȱ manȱ Jesusȱ inȱ Jerusalemȱ mitȱ denȱ Wortenȱ vonȱ Psȱ 118,26ȱ freudigȱ alsȱ GesandtenȱGottesȱbegrüßenȱwird,ȱzieltȱimȱevangeliarenȱMakrotextȱunȬ mittelbarȱ aufȱ Jesuȱ Einzugȱ inȱ Jerusalemȱ (Lkȱ 19,38),ȱ indirektȱ aberȱ aufȱ seineȱWiederkehrȱalsȱHerrȱundȱRichterȱamȱEndeȱderȱZeitenȱ(21,27f).“168ȱ InsgesamtȱwirdȱmanȱsoȱdieȱWeissagungȱLkȱ13,35ȱalsȱeschatologischeȱ ProphetieȱaufȱdieȱParusieȱJesuȱ–ȱundȱdieȱzuȱerwartendeȱReaktionȱdesȱVolȬ kesȱ–ȱverstehen.ȱEntsprechendȱistȱauchȱderȱWiederholungȱdesȱRufesȱbeiȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 166ȱȱ Döpp,ȱDeutungȱderȱZerstörung,ȱ41.ȱ 167ȱȱ Döpp,ȱDeutungȱderȱZerstörung,ȱ45;ȱvgl.ȱauchȱuntenȱKap.ȱ3.4.ȱInȱdiesemȱZusammenȬ hangȱ istȱ auchȱ nochȱ einmalȱ aufȱ dieȱ schwierigeȱ Formulierungȱ ϊΒΉ΍ȱ ϵΘΉȱ hinzuweisen.ȱ AnȱdenȱallermeistenȱStellenȱbeziehtȱsichȱϊΒΉ΍ȱ(sowohlȱimȱNTȱwieȱinȱderȱLXX)ȱaufȱeinȱ eschatologischesȱKommen.ȱDasȱSubjektȱistȱdabeiȱentwederȱeinȱ„Tag“ȱ(2ȱPetrȱ3,10)ȱoderȱ aberȱderȱHerrȱselbstȱ(Mtȱ24,50;ȱLkȱ12,46;ȱHebrȱ10,37:ȱϳȱπΕΛϱΐΉΑΓΖȱϊΒΉ΍!).ȱDaȱesȱsichȱinȱ 13,35ȱ umȱ eineȱ elliptischeȱ Formulierungȱ handelt,ȱ könnteȱ dasȱ ϊΒΉ΍ȱ durchausȱ doppelȬ deutigȱ verstandenȱ werden:ȱ „Sicherȱ handeltȱ esȱ sichȱ ganzȱ banalȱ umȱ einenȱ Tag,ȱ derȱ kommenȱwird,ȱaberȱesȱhandeltȱsichȱauchȱumȱdieȱAnkunftȱeinerȱPerson.“ȱ(Bovon,ȱLkȱ II,ȱ459).ȱ 168ȱȱ Klauck,ȱHeiligeȱStadt,ȱ139.ȱ

146ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

derȱ Einzugserzählungȱ (Lkȱ 19,38)ȱ besondereȱ Aufmerksamkeitȱ zuȱ widȬ men.169ȱȱ

3.2.5.4ȱSynoptischerȱVergleichȱmitȱMtȱ23,37–39ȱ Dieȱ vorgestellteȱ lukanischeȱ Interpretationȱ derȱ Verseȱ lässtȱ sichȱ anhandȱ einesȱsynoptischenȱVergleichsȱnochȱpräzisieren.ȱDieȱÜbereinstimmungȱ zwischenȱ Mtȱ 23,37–39ȱ undȱ Lkȱ 13,34f.ȱ legtȱ eineȱ Herkunftȱ dieserȱ Verseȱ ausȱderȱLogienquelleȱQȱnahe.ȱInsofernȱdortȱ„dieȱtraditionellenȱ‚heilsgeȬ schichtlichen‘ȱFaktorenȱwieȱErwählung,ȱ[…]ȱJerusalemȱundȱTempelȱ[…]ȱ einerȱ radikalenȱ Kritikȱ unterworfen“ȱ werdenȱ undȱ „alsȱ verabsolutierteȱ Größenȱ keinenȱ Wertȱ fürȱ dieȱ kommendeȱ Gottesherrschaft“170ȱ mehrȱ beȬ gründen,ȱzeigtȱauchȱdasȱProphetenwortȱeineȱdeutlicheȱKritikȱanȱIsraelȱ an.ȱ Dieȱ erstenȱ Bemühungenȱ zurȱ Erweckungȱ undȱ Umkehrȱ Israels,ȱ dieȱ sichȱimȱfrühenȱStadiumȱderȱLogienquelleȱzeigen,ȱhabenȱnachȱEinschätȬ zungȱvonȱFriedrichȱWilhelmȱHornȱdurchȱdieȱgeschichtlichenȱErfahrunȬ genȱ eineȱ „Kehreȱ vonȱ derȱ Erweckungȱ zurȱ Verurteilungȱ ganzȱ Israels“171ȱ durchgemacht,ȱ dieȱ dadurchȱ gekennzeichnetȱ ist,ȱ dassȱ „dieȱ Ablehnungȱ derȱ Botschaftȱ dasȱ Gerichtȱ nachȱ sichȱ zieht“172.ȱ Damitȱ bietetȱ dieȱ Logienquelleȱ einȱ Beispielȱ fürȱ dieȱ Aufnahmeȱ einesȱ deuteronomistischȱ geprägtenȱSchemasȱinȱdasȱUrchristentum173.ȱImȱFolgendenȱistȱzuȱunterȬ suchen,ȱwieȱdieȱEvangelistenȱMatthäusȱundȱLukasȱjeweilsȱmitȱsolchemȱ Materialȱumgehen:ȱ ȱ Mtȱ23,37–39:ȱ 37ȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώχΐȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ,ȱȱ 34ȱ ψȱΦΔΓΎΘΉϟΑΓΙΗ΅ȱΘΓϿΖȱΔΕΓΚφΘ΅Ζȱȱ Ύ΅ϠȱΏ΍ΌΓΆΓΏΓІΗ΅ȱΘΓϿΖȱ ΦΔΉΗΘ΅ΏΐνΑΓΙΖȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘφΑ,ȱȱ ΔΓΗΣΎ΍ΖȱωΌνΏ΋Η΅ȱπΔ΍ΗΙΑ΅·΅·ΉϧΑȱΘΤȱ ΘνΎΑ΅ȱΗΓΙ,ȱȱ ϶ΑȱΘΕϱΔΓΑȱϷΕΑ΍Ζȱȱ πΔ΍ΗΙΑΣ·Ή΍ȱΘΤȱΑΓΗΗϟ΅ȱ΅ЁΘϛΖȱЀΔϲȱ ΘΤΖȱΔΘνΕΙ·΅Ζ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΓЁΎȱωΌΉΏφΗ΅ΘΉ.ȱȱ ȱ

Lkȱ13,34f.:ȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώχΐȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ,ȱȱ ψȱΦΔΓΎΘΉϟΑΓΙΗ΅ȱΘΓϿΖȱΔΕΓΚφΘ΅Ζȱȱ Ύ΅ϠȱΏ΍ΌΓΆΓΏΓІΗ΅ȱΘΓϿΖȱ ΦΔΉΗΘ΅ΏΐνΑΓΙΖȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘφΑ,ȱ ΔΓΗΣΎ΍ΖȱωΌνΏ΋Η΅ȱπΔ΍ΗΙΑΣΒ΅΍ȱΘΤȱ ΘνΎΑ΅ȱΗΓΙȱȱ ϶ΑȱΘΕϱΔΓΑȱϷΕΑ΍Ζȱȱ ΘχΑȱο΅ΙΘϛΖȱΑΓΗΗ΍ΤΑȱЀΔϲȱΘΤΖȱ ΔΘνΕΙ·΅Ζ,ȱ Ύ΅ϠȱΓЁΎȱωΌΉΏφΗ΅ΘΉ.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 169ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.3.ȱ 170ȱȱ Horn,ȱLogienquelle,ȱ363.ȱ 171ȱȱ Horn,ȱLogienquelle,ȱ364.ȱ 172ȱȱ Ebd.ȱ 173ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Hoffmann,ȱ Studien,ȱ 180,ȱ derȱ denȱ „Einflussȱ desȱ deuteronomistischenȱ GeȬ schichtsbildes“ȱfürȱQȱanȱverschiedenenȱTextenȱaufweist.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

38ȱ ϢΈΓϿȱȱ ΦΚϟΉΘ΅΍ȱЀΐϧΑȱϳȱΓϨΎΓΖȱЀΐЗΑȱσΕ΋ΐΓΖ.ȱȱ 39ȱ Ών·Νȱ·ΤΕȱЀΐϧΑ,ȱȱ ΓЁȱΐφȱΐΉȱϥΈ΋ΘΉȱΦΔвȱΩΕΘ΍ȱȱ ρΝΖȱΪΑȱΉϥΔ΋ΘΉȉȱȱ ΉЁΏΓ·΋ΐνΑΓΖȱϳȱπΕΛϱΐΉΑΓΖȱπΑȱ ϴΑϱΐ΅Θ΍ȱΎΙΕϟΓΙ.ȱ

35ȱ ȱ

147ȱ

ϢΈΓϿȱȱ ΦΚϟΉΘ΅΍ȱЀΐϧΑȱϳȱΓϨΎΓΖȱЀΐЗΑ.ȱȱ Ών·ΝȱΈξȱЀΐϧΑ,ȱȱ ΓЁȱΐχȱϥΈ΋ΘνȱΐΉȱȱ ρΝΖȱϊΒΉ΍ȱϵΘΉȱΉϥΔ΋ΘΉȉȱȱ ΉЁΏΓ·΋ΐνΑΓΖȱϳȱπΕΛϱΐΉΑΓΖȱπΑȱ ϴΑϱΐ΅Θ΍ȱΎΙΕϟΓΙ.ȱ

ȱ DieȱsprachlichenȱDifferenzenȱzwischenȱMtȱ23,37ȱundȱLkȱ13,34ȱsindȱvonȱ geringerȱ Bedeutung,174ȱ daȱ „dieȱ Sachaussageȱ desȱ Sammelnsȱ (samtȱ derȱ ErwähnungȱderȱProphetenȱundȱBotenȱinȱderȱAnrede)ȱundȱdieȱBildausȬ sageȱvonȱdemȱMuttertierȱundȱihrenȱJungen“175ȱsichȱalsȱwesentlicheȱAsȬ pekteȱdesȱursprünglichenȱTextesȱinȱbeidenȱFassungenȱfinden.ȱVonȱgröȬ ßeremȱ Interesseȱ sindȱ dieȱ Unterschiedeȱ inȱ derȱ Schlusspassage.ȱ Dasȱ matthäischeȱσΕ΋ΐΓΖȱistȱeinȱsekundärerȱZusatz,ȱderȱdieȱoffenbarȱunklareȱ Aussageȱvomȱ„VerlassenȱdesȱHauses“ȱunterȱVerweisȱaufȱdieȱVerödungȱ desȱ Tempelsȱ undȱ Jerusalemsȱ inȱ biblischerȱ Traditionȱ deutet.176ȱ Dieȱ beiȱ Lukasȱ bezeugteȱ ungewöhnlicheȱ Wendungȱ ρΝΖȱ ϊΒΉ΍ȱ ϵΘΉȱ ΉϥΔ΋ΘΉȱ hatȱ Matthäusȱ wohlȱ geglättetȱ undȱ gibtȱ damitȱ einȱ weiteresȱ Indizȱ fürȱ derenȱ Ursprünglichkeit.ȱȱ Einenȱ zunächstȱ unscheinbaren,ȱ aberȱ fürȱ dieȱ Auslegungȱ wichtigenȱ Unterschiedȱ bietetȱ dieȱ sprachlicheȱ Anbindungȱ derȱ durchȱ Ών·Νȱ ЀΐϧΑȱ eingeleitetenȱ Schlussweissagung:ȱ Matthäusȱ bietetȱ einȱ kausalesȱ ·ΣΕ,ȱ währendȱsichȱbeiȱLukasȱinȱzahlreichenȱHandschriftenȱeinȱadversativesȱ Ένȱ findet.177ȱ Einȱ genauererȱ Blickȱ aufȱ denȱ jeȱ unterschiedlichenȱ Kontextȱ lässtȱdaraufȱschließen,ȱdassȱdieseȱPartikelȱnichtȱzufälligȱdifferieren:ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 174ȱȱ Soȱ magȱ dieȱ seltenereȱ Formȱ πΔ΍ΗΙΑ΅·΅·ΉϧΑȱ beiȱ Mtȱ gegenüberȱ demȱ inȱ derȱ Koineȱ häufigerenȱ πΔ΍ΗΙΑΣΒ΅΍,ȱ denȱ Lkȱ bietet,ȱ ursprünglicherȱ sein;ȱ vgl.ȱ BDRȱ §ȱ 75;ȱ HoffȬ mann,ȱStudien,ȱ171.ȱWahrscheinlichȱgehtȱdasȱzweiteȱπΔ΍ΗΙΑΣ·Ή΍ȱaberȱaufȱMtȱzurück,ȱ derȱesȱinȱdasȱBildȱeingetragenȱhat,ȱumȱdieȱBemühungȱdesȱSammelnsȱbesondersȱherȬ vorzuheben.ȱZumȱUnterschiedȱzwischenȱdemȱSgl.ȱΑΓΗΗ΍Σȱ(„Nest“)ȱbeiȱLkȱundȱdemȱ Pl.ȱΑΓΗΗϟ΅ȱ(„Küken“)ȱbeiȱMtȱvgl.ȱSteck,ȱIsrael,ȱ49f.234.292f.ȱ 175ȱȱ Hoffmann,ȱStudien,ȱ171f.ȱ 176ȱȱ Vgl.ȱTobȱ14,4;ȱHagȱ1,4;ȱ1ȱKönȱ9,7.ȱ 177ȱȱ Dasȱ vonȱ Lukasȱ häufigȱ verwendeteȱ Ένȱ hatȱ vieleȱ Bedeutungsnuancenȱ undȱ bietetȱ oftȱ keinenȱerkennbarenȱadversativenȱSinngehalt.ȱDochȱstehenȱ28ȱVorkommenȱvonȱΏν·Νȱ ЀΐϧΑȱohneȱKonjunktionȱgegenȱfünfȱStellenȱmitȱzusätzlichemȱΈν,ȱdieȱzudemȱaufȱeinȬ zelneȱKapitelȱbeschränktȱsindȱ(Lkȱ9,27;ȱ12,4.8.27).ȱLukasȱwähltȱdieȱFormulierungȱalsoȱ mitȱBedacht.ȱEsȱschließtȱsichȱstetsȱeinȱneuer,ȱüberraschenderȱGedankeȱan.ȱWennȱeineȱ Erläuterungȱbzw.ȱnähereȱBegründungȱdesȱvorangehendenȱSatzesȱerfolgt,ȱformuliertȱ LukasȱauchȱeinȱΏν·Νȱ·ΤΕȱЀΐϧΑȱ(vgl.ȱLkȱ3,8;ȱ10,24;ȱ14,24;ȱ22,16.18.37).ȱFürȱdenȱrekonȬ struiertenȱ QȬTextȱ unsererȱ Stelleȱ vermutenȱ Robinson/Hoffmann/Kloppenborg,ȱ CritiȬ calȱEdition,ȱ422ȱ(mitȱderȱunterstenȱWahrscheinlichkeitstufeȱD),ȱeinenȱneutralenȱAnȬ schlussȱdesȱΏν·ΝȱЀΐϧΑȱohneȱKonjunktion.ȱ

148ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

MatthäusȱsetztȱdasȱWortȱausȱQȱanȱdasȱEndeȱderȱletztenȱöffentlichenȱ Redeȱ Jesuȱ imȱ Jerusalemerȱ Tempel.ȱ Hierȱ erscheintȱ dieȱ Weissagung,ȱ dieȱ ZuhörerȱwürdenȱJesusȱnichtȱmehrȱsehen,ȱalsȱBegründungȱderȱAnkündiȬ gung,ȱ dassȱ dasȱ Hausȱ verlassenȱ werde;ȱ dasȱ vonȱ Matthäusȱ zusätzlichȱ eingefügteȱ ΦΔвȱ ΩΕΘ΍ȱ („vonȱ nunȱ an“),ȱ dasȱ dasȱ Endeȱ seinerȱ bisherigenȱ Lehrtätigkeitȱanzeigt,178ȱwirdȱsogleichȱinȱdieȱTatȱumgesetzt,ȱindemȱJesusȱ imȱ folgendenȱ Versȱ 24,1ȱ denȱ Tempelȱ verlässtȱ undȱ sichȱ vonȱ nunȱ anȱ imȱ MatthäusevangeliumȱnichtȱmehrȱanȱdasȱVolkȱwendet.ȱZweiȱTageȱspäterȱ istȱmitȱderȱKreuzigungȱdieȱirdischeȱLebenszeitȱJesuȱendgültigȱbeendet.ȱ AnȱdiesemȱWendepunkt179ȱschlägtȱMatthäusȱmehrmalsȱdieȱBrückeȱzurȱ Parusie,ȱ zunächstȱ inȱ 23,39ȱ vorȱ demȱ ganzenȱ Volk,ȱ dochȱ auchȱ dieȱ sichȱ anschließendeȱletzteȱRedeȱanȱseineȱJüngerȱ(Mtȱ24,4–25,46)ȱwidmetȱsichȱ demȱ Themaȱ inȱ besondererȱ Weise.ȱ Dieȱ Passageȱ istȱ somitȱ eineȱ ganzȱ beȬ wusstȱ platzierteȱ undȱ formulierteȱ Zusammenfassungȱ derȱ gesamtenȱ ReȬ deȱ inȱ Mtȱ 23.ȱ Dasȱ sehrȱ verschiedeneȱ Textmaterialȱ derȱ Redeȱ kommtȱ imȱ stetenȱWechselȱvonȱAnklageȱundȱDrohungȱüberein,ȱschließlichȱimȱJeruȬ salemwortȱ23,37–39ȱkulminierend,180ȱdasȱaufȱalttestamentlicheȱUnheilsȬ weissagungenȱ anspielt,ȱ genauȱ wieȱ dieseȱ bestehendȱ ausȱ einemȱ ScheltȬ wort,ȱ dasȱ dieȱ beanstandeteȱ Situationȱ aufȱ denȱ Punktȱ bringt,ȱ einemȱ Drohspruch,ȱ derȱ zukünftiges,ȱ schonȱ imȱ Entstehenȱ begriffenesȱ Unheilȱ herabruft,ȱ undȱ einerȱ „abschließendenȱ Charakterisierung,ȱ dieȱ dasȱ ausȬ stehendeȱUnheilȱbekräftigtȱ(oftȱmitȱ‚denn‘ȱeingeleitet)“181.ȱȱ Manȱ kannȱ sichȱ zudemȱ fragen,ȱ obȱ Matthäusȱ dasȱ ungewöhnlicheȱ ϊΒΉ΍ȱ ausȱ V.ȱ39ȱgestrichenȱundȱstattdessenȱinȱMtȱ23,36ȱ(„Kommenȱwirdȱ[ϊΒΉ΍]ȱdiesȱalȬ lesȱüberȱdiesesȱGeschlecht.“)ȱvorweggenommenȱundȱerläutertȱhat.ȱObwohlȱ dieserȱbestätigendeȱDrohspruchȱschonȱeinenȱAbschlußȱderȱRedeȱbildet,ȱbeȬ darfȱdasȱunbestimmteȱ„diesȱalles“ȱoffenbarȱnebenȱdemȱBlut,ȱdasȱ„überȱeuchȱ kommenȱsoll“ȱ(Mtȱ23,35)ȱnochȱeinerȱweiterenȱKonkretisierung,ȱzumalȱhierȱ dieȱ Anklageȱ vonȱ denȱ Schriftgelehrtenȱ undȱ Pharisäernȱ aufȱ dasȱ ganzeȱ Volkȱ ausgeweitetȱ wird.ȱ Wasȱ ihmȱ blüht,ȱ wirdȱ imȱ Jerusalemwortȱ nachgeliefertȱ undȱ bildetȱ zugleichȱ durchȱ dieȱ Ausweitungȱ aufȱ dasȱ gesamteȱ Volkȱ undȱ dieȱ lokaleȱ Zuspitzungȱ aufȱ denȱ Jerusalemerȱ Tempelȱ denȱ HöheȬȱ undȱ SchlussȬ punktȱ derȱ Unheilsankündigung.ȱ Esȱ passtȱ sichȱ damitȱ genauȱ inȱ denȱ matthäischenȱKontextȱein:ȱNachȱderȱKlageȱüberȱdieȱErfahrungȱderȱTötungȱ undȱSteinigungȱvonȱProphetenȱdurchȱIsrael,ȱinȱderȱdieȱgesamteȱSündengeȬ schichteȱ Israelsȱ sozusagenȱ aufȱ dasȱ Äußersteȱ verkürztȱ zusammengefasstȱ wird,ȱwobeiȱsichȱJesusȱundȱauchȱurchristlicheȱMissionareȱundȱLehrerȱnahtȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 178ȱȱ Mtȱ zeigtȱ damitȱ stetsȱ eineȱ wichtigeȱ Zäsurȱ an,ȱ vgl.ȱ auchȱ dieselbeȱ Formulierungȱ beimȱ letztenȱAbendmahlȱ(Mtȱ26,29)ȱundȱvorȱdemȱHohenȱRatȱ(26,64).ȱ 179ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLuz,ȱMtȱIII,ȱ383.ȱ 180ȱȱ Vgl.ȱGnilka,ȱMtȱII,ȱ296.ȱ 181ȱȱ Gnilka,ȱMtȱII,ȱ296.ȱ

ȱ

3.2ȱ Lkȱ13,31–35:ȱDasȱGeschickȱJesuȱundȱdieȱJerusalemȬWeissagungȱ

149ȱ

losȱinȱdieȱReiheȱderȱErmordetenȱeinreihen,ȱsprichtȱJesusȱvonȱseinenȱeigenenȱ Bemühungen.ȱBisȱzumȱgegenwärtigenȱZeitpunkt,ȱwoȱerȱimȱZentrumȱJeruȬ salemsȱ zuȱ denȱ Menschenȱ spricht,ȱ mühtȱ erȱ sichȱ umȱ dieȱ Sammlungȱ (πΔ΍ΗΙΑΣ·Ή΍Α),ȱ dochȱ istȱ seinȱ Mühenȱ vergeblich,ȱ daȱ Israelȱ „nichtȱ gewolltȱ hat“.ȱ Darausȱ folgtȱ (wieȱ beiȱ Lukas)ȱ derȱ ausschlaggebendeȱ Grundȱ fürȱ dieȱ nunȱ folgendeȱ Drohung,ȱ dieȱ sowohlȱ Lukasȱ alsȱ auchȱ Matthäusȱ wohlȱ zuȬ nächstȱ aufȱ denȱ Tempel,ȱ dannȱ aberȱ auchȱ weitergehendȱ aufȱ Jerusalemȱ undȱ schließlichȱIsraelȱüberhauptȱbezogenȱhaben.ȱBeiȱMatthäusȱwirdȱsehrȱdeutȬ lich,ȱ dassȱ dieȱ nachfolgendeȱ Huldigungȱ mitȱ Psalmȱ 118,26ȱ aufȱ dieȱ Parusieȱ desȱErhöhtenȱzuȱbeziehenȱist;ȱauchȱMtȱ26,29.64ȱverweisenȱimȱanalogenȱZuȬ sammenhangȱdarauf.ȱDieȱRichtung,ȱinȱderȱmanȱdiesenȱletztenȱVersȱversteȬ henȱmuss,ȱergibtȱsichȱletztlichȱausȱderȱKonjunktion:ȱDasȱbegründendeȱ·ΣΕȱ stelltȱdenȱletztenȱSatzȱnahtlosȱanȱdasȱEndeȱderȱsichȱimmerȱweiterȱsteigernȬ denȱ Weherufe,ȱ inȱ derenȱ Duktusȱ erȱ eingepasstȱ ist.ȱ Vonȱ einemȱ möglichenȱ Umschlagȱ derȱ Zukunftsaussichtenȱ istȱ daherȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ nichtsȱ zuȱ beȬ merken.182ȱ

AndersȱstelltȱsichȱderȱAusspruchȱbeiȱLukasȱdar.ȱInȱderȱMitteȱderȱJerusaȬ lemreiseȱgibtȱLkȱ13,34f.ȱeinenȱHinweisȱaufȱdasȱSchicksalȱJesuȱundȱ–ȱinȱ Zusammenhangȱ damitȱ –ȱ auchȱ aufȱ dasȱ Schicksalȱ Jerusalems.ȱ Sieȱ endetȱ ebenfallsȱmitȱderȱAnkündigung,ȱdassȱ„dasȱHausȱverlassenȱwird“.ȱDochȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ Fassungȱ beiȱ Matthäusȱ wirdȱ dieȱ Ankündigungȱ beiȱ LukasȱnichtȱmitȱdemȱHinweisȱaufȱdieȱEntrückungȱJesuȱbisȱzurȱParusieȱ begründetȱ („dennȱ ichȱ sageȱ euch“),ȱ vielmehrȱ wirdȱ dieserȱ Drohungȱ eineȱ neueȱ Perspektiveȱ gegenübergestelltȱ („aberȱ ichȱ sageȱ euch“).ȱ Dieȱ Zeitȱ desȱ VerlassenseinsȱundȱdesȱNichtȬSehensȱ–ȱbeidesȱscheintȱsichȱinȱgewisserȱ Weiseȱzuȱentsprechenȱ–ȱistȱanscheinendȱnichtȱendgültig,ȱdennȱschließȬ lichȱ wirdȱ inȱ Jerusalem,ȱ woȱ jaȱ auchȱ dieȱ Parusieȱ desȱ Messiasȱ lokalisiertȱ wurde,183ȱ dieȱ Zeitȱ derȱ Huldigungȱ desȱ wiederkommendenȱ Messiasȱ anȬ brechen.184ȱ Imȱ Übrigenȱ lässtȱ sichȱ auchȱ anȱ anderenȱ Textenȱ zeigen,ȱ dassȱ Lukasȱ inȱ derȱ Regelȱ imȱ Blickȱ aufȱ jüdischeȱ Gruppierungenȱ offenerȱ undȱ „freundlicher“ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 182ȱȱ Vgl.ȱdazuȱGnilka,ȱMtȱII,ȱ305.ȱ 183ȱȱ DassȱLukasȱdieȱTraditionȱvonȱderȱAnkunftȱdesȱMessiasȱkennt,ȱzeigtȱsichȱetwaȱinȱderȱ Himmelfahrtserzählung,ȱ dieȱ jaȱ amȱ Ölberg,ȱ „naheȱ beiȱ Jerusalem“ȱ (Apgȱ 1,12)ȱ lokaliȬ siertȱ istȱ (vgl.ȱ dazuȱ untenȱ Kap.ȱ 3.5.6);ȱ inȱ dieseȱ Richtungȱ weistȱ auchȱ dieȱ Erwähnungȱ desȱÖlbergsȱinȱZusammenhangȱmitȱdemȱEinzugȱJesuȱinȱJerusalemȱ(Lkȱ19,37;ȱvgl.ȱdaȬ zuȱ untenȱ Kap.ȱ 3.3).ȱ Dieȱ Traditionȱ desȱ Kommensȱ desȱ Messiasȱ nachȱ Jerusalemȱ wirdȱ auchȱinȱLkȱ19,11ȱdeutlich.ȱ 184ȱȱ DieseȱDialektikȱausȱDrohungȱundȱanschließenderȱüberraschenderȱHeilszusageȱfindetȱ eineȱParalleleȱinȱLkȱ9,26f.:ȱAufȱdieȱDrohung,ȱdassȱsichȱderȱMenschensohnȱderjenigenȱ Jünger,ȱwelcheȱsichȱihresȱBekenntnissesȱzuȱJesusȱ„schämen“,ȱauchȱselbstȱ„schämen“ȱ wird,ȱ folgtȱ dieȱ ebenfallsȱ durchȱ einȱ Ών·Νȱ Έξȱ ЀΐϧΑȱ eingeleiteteȱ Heilsvergewisserungȱ fürȱ dieȱ Getreuen.ȱ Dieȱ allgemeineȱ Thematikȱ derȱ Parusieȱ undȱ dieȱ grammatikalischeȱ KonstruktionȱmitȱΓЁȱΐφȱ[…]ȱρΝΖȱzeigenȱweitereȱAnalogienȱbeiderȱStellenȱauf.ȱ

150ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

formuliertȱ alsȱ Matthäus.ȱ Einȱ Beispielȱ istȱ dasȱ Gleichnisȱ vonȱ denȱ „bösenȱ Winzern“ȱundȱdieȱReaktionȱdaraufȱ(Mtȱ21,33–45ȱ=ȱLkȱ20,9–19).ȱZwarȱfindetȱ esȱsichȱbeiȱallenȱSynoptikernȱimȱselbenȱKontext,ȱdochȱalleinȱMatthäusȱbietetȱ dieȱ expliziteȱ Prophezeiung,ȱ dassȱ „dasȱ Reichȱ Gottesȱ vonȱ euchȱ fortgenomȬ menȱ undȱ einemȱ Volkȱ gegebenȱ werde,ȱ dasȱ Früchteȱ bringt“ȱ (Mtȱ 23,43).ȱ Beiȱ LukasȱhingegenȱlesenȱwirȱdenȱsorgenvollenȱRufȱderȱSchriftgelehrten:ȱ„Dasȱ seiȱfern“ȱ(Lkȱ20,16).ȱ

DieȱhierȱvorgeschlageneȱDeutungȱdesȱTextesȱLkȱ13,34f.ȱfügtȱsichȱeinȱinȱ dasȱ Gesamtprofilȱ desȱlukanischenȱ Doppelwerks,ȱ wieȱ esȱ durchȱ dieȱ bisȬ langȱ genanntenȱ Beobachtungenȱ undȱ Textbeispieleȱ angedeutetȱ wurde,ȱ inȱ denȱ folgendenȱ Textanalysenȱ aberȱ nochȱ weiterȱ zuȱ untermauernȱ seinȱ wird.ȱ Manȱ darfȱ demȱ dochȱ rechtȱ unscheinbarenȱ Unterschiedȱ zwischenȱ denȱPartikelnȱ·ΣΕȱundȱΈνȱdaherȱkeineȱBeweislastȱaufbürden,ȱdieȱdieserȱ isoliertȱ betrachtetȱ garȱ nichtȱ tragenȱ kann.ȱ Insgesamtȱ bietetȱ derȱ synoptiȬ scheȱ Vergleichȱ jedochȱ wichtigeȱ Hinweiseȱ fürȱ dieȱ Auslegung.ȱ Dieȱ AbȬ schlussprophezeiungȱ schließtȱ beiȱ Matthäusȱ mitȱ einemȱ Ών·Νȱ ·ΤΕȱ ЀΐϧΑȱ begründend anȱdieȱDrohungȱüberȱ„euerȱHaus“ȱan:ȱWeilȱdieȱJudenȱJesusȱ nichtȱ„sehen“,ȱalsoȱsichȱihmȱverweigern,ȱdeshalbȱkommtȱUnheilȱüberȱihrȱ „Haus“.ȱ Demgegenüberȱ formuliertȱ Lukasȱ mitȱ einemȱ adversativenȱ Έν,ȱ wodurchȱ dieȱ Prophetieȱ einenȱ anderenȱ Klangȱ bekommt:ȱ Zwarȱ wirdȱ „euerȱ Haus“ȱ aufgrundȱ derȱ Ablehnungȱ Israelsȱ verlassen,ȱ aberȱ dasȱ „NichtȬSehen“ȱ hatȱ einȱ Ende,ȱ wennȱ derȱ vorherbestimmteȱ Tagȱ eintrittȱ (ρΝΖȱ ϊΒΉ΍).ȱ Nachdemȱ dieȱ Rekonstruktionȱ desȱ Textesȱ derȱ Logienquelleȱ überȱeinȱneutralesȱΏν·ΝȱЀΐϧΑȱkaumȱhinauskommt,ȱkannȱeineȱbehutsaȬ meȱ Interpretationȱ derȱ unterschiedlichenȱ Partikelȱ alsȱ bewussteȱ VerȬ ständnishilfenȱbeiderȱEvangelistenȱhierȱhilfreichȱsein.ȱ

3.2.6ȱErtragȱ Durchȱ denȱ selbstȱ gestaltetenȱ Verbindungsversȱ 13,33ȱ hatȱ Lukasȱ einȱ urȬ sprünglichȱ wohlȱ selbständigesȱ Jesuslogionȱ (V.ȱ 31f.)ȱ undȱ eineȱ WeissaȬ gungȱausȱderȱQȬTraditionȱ(V.ȱ34f.)ȱzurȱMitteȱdesȱ„Reiseberichts“ȱausgeȬ staltet.ȱ Erȱ istȱ nichtȱ nurȱ bewusstȱ soȱ formuliert,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ Jerusalemweissagungȱ anȱ dasȱ Wortȱ überȱ Herodesȱ anschließenȱ lässt,ȱ sondernȱ bietetȱ wichtigeȱ Hinweiseȱ zurȱ Deutungȱ derȱ Reiseȱ Jesuȱ insgeȬ samt,ȱ dieȱ imȱ Kontextȱ einesȱ göttlichenȱ Planesȱ (vgl.ȱ dasȱ „heilsgeschichtliȬ cheȱ ΈΉϧ“ȱ inȱ 13,33)ȱ zuȱ sehenȱ ist,ȱ derȱ sichȱ anȱ dieȱ biblischeȱ Traditionȱ desȱ sichȱinȱJerusalemȱerfüllendenȱProphetengeschicksȱanschließenȱlässt.ȱ DabeiȱdeutetȱdieȱersteȱHälfteȱdenȱGangȱJesuȱimȱRahmenȱderȱgöttliȬ chenȱ Vorsehung,ȱ währendȱ Lkȱ 13,34f.ȱ sichȱ zumȱ Zielȱ derȱ Reiseȱ äußert.ȱ Derȱ lukanischeȱ Jesusȱ verstehtȱ seinȱ Geschickȱ imȱ Rahmenȱ desȱ deuteroȬ

ȱ

3.3ȱ Lkȱ19,28–48:ȱDerȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱJerusalemȱ

151ȱ

nomistischenȱ Prophetengeschicksȱ undȱ prophezeitȱ denȱ Untergangȱ derȱ StadtȱwegenȱderȱWiderspenstigkeitȱseinerȱBewohner,ȱwomitȱerȱzugleichȱ eineȱInterpretationȱderȱZerstörungȱJerusalemsȱ70ȱn.ȱChr.ȱbietet.ȱErȱwirftȱ aberȱ auchȱ schonȱ einenȱ Blickȱ inȱ dieȱ nochȱ ausstehendeȱ Zukunft:ȱ Beimȱ letztenȱ Kommenȱ desȱ Messiasȱ Jesus,ȱ wennȱ erȱ mitȱ demȱ Huldigungsrufȱ ausȱPsȱ118,26ȱwillkommenȱgeheißenȱwird,ȱwirdȱdasȱ„NichtȬSehen“ȱdesȱ VolkesȱeinȱEndeȱhaben.ȱDieȱStelleȱbietetȱdamitȱAnknüpfungspunkteȱfürȱ vielȱ spätereȱ Texte,ȱ etwaȱ wennȱ Petrusȱ vomȱ Messiasȱ Jesusȱ fürȱ Israelȱ sprichtȱ(Apgȱ3,20)185ȱundȱsichȱPaulusȱinȱderȱAbschlussszeneȱzurȱBlindȬ heitȱdesȱVolkesȱ(Apgȱ28,26)ȱäußert.186ȱȱ Zunächstȱ wirdȱ aufȱ dasȱ Schicksalȱ Jesuȱ vorausgeschautȱ (Lkȱ 13,31f.).ȱ Seinȱ Todȱ istȱ unabwendbar,ȱ kannȱ jedochȱ nichtȱ etwaȱ vomȱ Tetrarchenȱ Herodesȱ vollbrachtȱ werden,ȱ sondernȱ istȱ engȱ mitȱ Jerusalemȱ verknüpft,ȱ wodurchȱ auchȱ dessenȱ Relevanzȱ fürȱ ganzȱ Israelȱ angedeutetȱ wird.ȱ Wieȱ dieȱ Prophetenmordeȱ derȱ Vergangenheitȱ hatȱ erȱ Auswirkungenȱ aufȱ dasȱ Schicksalȱ desȱ Volkesȱ (13,34f.).ȱ Dieȱ Zerstörungȱ desȱ vonȱ Gottȱ verlassenenȱ Tempelsȱ (vgl.ȱ 13,35b)ȱ istȱ eineȱ Folgeȱ desȱ „NichtȬWollens“ȱ derȱ „Kinderȱ Jerusalems“ȱ(13,34d.f).ȱDochȱdasȱSchicksalȱIsraelsȱendetȱnichtȱmitȱdieserȱ Zerstörung.ȱLkȱ13,35c–gȱweistȱinȱverschlüsselterȱFormȱdaraufȱhin,ȱdassȱ Lukasȱ nochȱ mitȱ einerȱ weiterenȱ Phaseȱ rechnet.ȱ Dieȱ bisherigenȱ Indizienȱ fürȱ derenȱ positiveȱ Deutungȱ alsȱ Heilszeitȱ fürȱ Israelȱ werdenȱ freilichȱ anȬ handȱ derȱ folgendenȱ Textuntersuchungenȱ nochȱ erhärtetȱ werdenȱ müsȬ sen.ȱEineȱisolierteȱBetrachtungȱalleinȱvonȱLkȱ13,31–35ȱkannȱnochȱkeineȱ befriedigendeȱAntwortȱgeben.ȱ

3.3ȱ Lkȱ19,28–48:ȱDerȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱJerusalemȱ InȱderȱlukanischenȱFassungȱdesȱEinzugsȱinȱJerusalemȱfindenȱwirȱweiteȬ reȱ Hinweiseȱ fürȱ unsereȱ Untersuchungȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ beiȱ Lukas.ȱ Gegenüberȱ denȱ übrigenȱ hierȱ untersuchtenȱ Textpassagenȱ nimmtȱ derȱ TextȱallerdingsȱeineȱgewisseȱSonderstellungȱein,ȱdaȱerȱnurȱsehrȱindirektȱ einenȱ Ausblickȱ aufȱdieȱ Zukunftȱ Israelsȱ alsȱsolcheȱ bietetȱ undȱ vorȱ allemȱ dieȱ bevorstehendeȱ ZerstörungȱJerusalemsȱ fokussiert.ȱ Durchȱdieȱ PositiȬ onierungȱ alsȱ Abschlussȱ derȱ Jerusalemreiseȱ Jesuȱ sowieȱ dieȱ Aufnahmeȱ verschiedenerȱMotive,ȱdieȱLkȱ13,31–35ȱinȱspezifischerȱWeiseȱweiterfühȬ ren,ȱ aberȱ auchȱ fürȱ dasȱ Zukunftskonzeptȱ desȱ Lukasȱ insgesamtȱ vonȱ BeȬ deutungȱsind,ȱbietetȱdieȱErzählungȱjedochȱwichtigeȱEinsichtenȱfürȱunseȬ reȱFragestellung.ȱDerȱgegenüberȱdenȱanderenȱTextenȱerheblichȱgrößereȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 185ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.6.ȱ 186ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.10.ȱ

152ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Umfangȱ derȱ vorgestelltenȱ Perikopeȱ erklärtȱ sichȱ auchȱ durchȱ dieseȱ beȬ sondereȱPrägungȱderȱErzählungȱinsgesamt.ȱȱ

3.3.1ȱDerȱTextȱ Dieȱ Verseȱ Lkȱ 19,28–48ȱ habenȱ eineȱ Brückenfunktion,ȱ insofernȱ sieȱ denȱ drittenȱHauptteilȱmitȱseinerȱAusrichtungȱaufȱJerusalemȱundȱdenȱviertenȱ Hauptteil,ȱderȱdieȱBegebenheitenȱinȱJerusalemȱselbstȱerzählt,ȱverknüpȬ fen.187ȱImȱAnschlussȱanȱdieȱletzteȱReisenotizȱundȱinȱWeiterführungȱderȱ seitȱLkȱ18,35ȱmehrfachȱerwähntenȱOrtsangaben,ȱdieȱsichȱJerusalemȱimȬ merȱweiterȱannähern,ȱerzählenȱsieȱschrittweiseȱvomȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱ Stadt,ȱ derȱ alsȱ Aufstiegȱ ausȱ demȱ Jordantalȱ überȱ denȱ Ölbergȱ schließlichȱ unmittelbarȱ inȱ denȱ Tempelȱ führt.ȱ Letzteresȱ weistȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ fürȱ LukasȱStadtȱundȱTempelȱnichtȱzuȱtrennenȱsind.ȱInsofernȱaberȱauchȱderȱ ÖlbergȱfürȱLukasȱschonȱzumȱJerusalemerȱGebietȱgehört,188ȱlässtȱsichȱinȱ 19,28ȱ eineȱ Zäsurȱ setzen,ȱzumalȱ sichȱ hierȱ dieȱletzteȱ „Reisenotiz“ȱfindet.ȱ DaȱLukasȱsichȱinȱBezugȱaufȱdieȱErzählfolgeȱvonȱderȱAuffindungȱeinesȱ Fohlensȱ undȱ dessenȱ Besteigungȱ durchȱ Jesus,ȱ derȱ aufȱ ihmȱ inȱ dieȱ Stadtȱ reitet,ȱwährendȱMenschenȱKleiderȱaufȱdemȱWegȱausbreitenȱ(Lkȱ19,30– 36),ȱinsgesamtȱanȱseineȱVorlageȱausȱMkȱ11,2–8ȱhält,189ȱkönnenȱwirȱunseȬ reȱAufmerksamkeitȱgleichȱaufȱdieȱübrigenȱVerseȱrichten.ȱMehrereȱlukaȬ nischeȱEigenartenȱlenkenȱdieȱPerikopeȱinȱeineȱbestimmteȱRichtung,ȱwieȱ sichȱzeigenȱwird.ȱ ȱ 28ȱ ȱ ȱ 29ȱ ȱ ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ aȱ bȱ

̍΅ϠȱΉϢΔАΑȱΘ΅ІΘ΅ȱȱ πΔΓΕΉϾΉΘΓȱσΐΔΕΓΗΌΉΑȱȱ ΦΑ΅Ά΅ϟΑΝΑȱΉϢΖȱ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅.ȱȱ ̍΅Ϡȱπ·νΑΉΘΓȱȱ БΖȱό··΍ΗΉΑȱΉϢΖȱ̅΋ΌΚ΅·χȱΎ΅Ϡȱ ̅΋Ό΅Αϟ΅[Α]ȱȱ cȱ ΔΕϲΖȱΘϲȱϷΕΓΖȱΘϲȱΎ΅ΏΓϾΐΉΑΓΑȱ ̳Ώ΅΍ЗΑ,ȱȱ dȱ ΦΔνΗΘΉ΍ΏΉΑȱΈϾΓȱΘЗΑȱΐ΅Ό΋ΘЗΑȱȱ […]ȱ

Undȱnachdemȱerȱdiesȱgesagtȱhatte,ȱȱ gingȱerȱvoranȱȱ undȱzogȱhinaufȱnachȱJerusalem.ȱ Undȱesȱgeschah,ȱȱ alsȱerȱsichȱBetfageȱundȱBetanienȱnäherte,ȱȱ gegenȱdenȱBergȱhin,ȱderȱÖlbergȱgenanntȱ wird,ȱȱ sandteȱerȱzweiȱvonȱdenȱJüngernȱvoraus.ȱȱ […]190ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 187ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBovon,ȱLkȱIV,ȱ25–52.ȱ 188ȱȱ Vgl.ȱ 21,38;ȱ Apgȱ 1,12;ȱ Lukasȱ nimmtȱ damitȱ eineȱ frühjüdischeȱ Vorstellungȱ auf,ȱ vgl.ȱ auchȱuntenȱKap.ȱ3.5.6.ȱ 189ȱȱ ZuȱdenȱwenigenȱEigenheitenȱgehörtȱschonȱhierȱdieȱFokussierungȱaufȱdieȱJünger.ȱSieȱ setzenȱJesusȱaufȱdasȱFohlenȱ(Lkȱ19,35)ȱundȱsieȱsindȱesȱauch,ȱdieȱihreȱKleiderȱausbreiȬ tenȱ(19,36),ȱvgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ630.ȱ 190ȱȱ EsȱfolgtȱdieȱErzählungȱvonȱderȱAuffindungȱeinesȱjungenȱEsels,ȱaufȱdemȱJesusȱinȱdieȱ Stadtȱreitet,ȱvgl.ȱdazuȱBovon,ȱLkȱIV,ȱ28–33;ȱWolter,ȱLk,ȱ628f.ȱ

ȱ 37ȱ

3.3ȱ Lkȱ19,28–48:ȱDerȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱJerusalemȱ

ȱ ȱ 40ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

aȱ π··ϟΊΓΑΘΓΖȱΈξȱ΅ЁΘΓІȱόΈ΋ȱΔΕϲΖȱ ΘϜȱΎ΅Θ΅ΆΣΗΉ΍ȱΘΓІȱϷΕΓΙΖȱΘЗΑȱ πΏ΅΍ЗΑȱȱ bȱ όΕΒ΅ΑΘΓȱΧΔ΅ΑȱΘϲȱΔΏϛΌΓΖȱΘЗΑȱ ΐ΅Ό΋ΘЗΑȱȱ cȱ Λ΅ϟΕΓΑΘΉΖȱȱ dȱ ΅ϢΑΉϧΑȱΘϲΑȱΌΉϲΑȱΚΝΑϜȱΐΉ·ΣΏϙȱ ΔΉΕϠȱΔ΅ΗЗΑȱȱ eȱ ЙΑȱΉϨΈΓΑȱΈΙΑΣΐΉΝΑ,ȱ aȱ Ών·ΓΑΘΉΖȉȱȱ bȱ ΉЁΏΓ·΋ΐνΑΓΖȱϳȱπΕΛϱΐΉΑΓΖ,ȱϳȱ Ά΅Η΍ΏΉϿΖȱπΑȱϴΑϱΐ΅Θ΍ȱΎΙΕϟΓΙȉȱȱ cȱ πΑȱΓЁΕ΅ΑХȱΉϢΕφΑ΋ȱΎ΅ϠȱΈϱΒ΅ȱπΑȱ ЀΜϟΗΘΓ΍Ζ.ȱȱ aȱ Ύ΅ϟȱΘ΍ΑΉΖȱΘЗΑȱ̘΅Ε΍Η΅ϟΝΑȱΦΔϲȱ ΘΓІȱϷΛΏΓΙȱΉϨΔ΅ΑȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘϱΑȉȱȱ bȱ Έ΍ΈΣΗΎ΅ΏΉ,ȱȱ cȱ πΔ΍Θϟΐ΋ΗΓΑȱΘΓϧΖȱΐ΅Ό΋Θ΅ϧΖȱΗΓΙ.ȱȱ aȱ Ύ΅ϠȱΦΔΓΎΕ΍ΌΉϠΖȱȱ bȱ ΉϨΔΉΑȉȱ cȱ Ών·ΝȱЀΐϧΑ,ȱȱ dȱ πΤΑȱΓЈΘΓ΍ȱΗ΍ΝΔφΗΓΙΗ΍Α,ȱȱ eȱ ΓϡȱΏϟΌΓ΍ȱΎΕΣΒΓΙΗ΍Α.ȱȱ

41ȱ ȱ ȱ 42ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ aȱ bȱ

ȱ



43ȱ ȱ

aȱ bȱ

ȱ ȱ

cȱ dȱ

44ȱ

aȱ Ύ΅ϠȱπΈ΅Κ΍ΓІΗϟΑȱΗΉȱΎ΅ϠȱΘΤȱΘνΎΑ΅ȱ ΗΓΙȱπΑȱΗΓϟ,ȱȱ bȱ Ύ΅ϠȱΓЁΎȱΦΚφΗΓΙΗ΍ΑȱΏϟΌΓΑȱπΔϠȱ ΏϟΌΓΑȱπΑȱΗΓϟ,ȱȱ cȱ ΦΑΌвȱЙΑȱΓЁΎȱσ·ΑΝΖȱΘϲΑȱΎ΅΍ΕϲΑȱ ΘϛΖȱπΔ΍ΗΎΓΔϛΖȱΗΓΙ.ȱ aȱ ̍΅ϠȱΉϢΗΉΏΌАΑȱΉϢΖȱΘϲȱϡΉΕϲΑȱȱ bȱ όΕΒ΅ΘΓȱȱ cȱ πΎΆΣΏΏΉ΍ΑȱΘΓϿΖȱΔΝΏΓІΑΘ΅Ζȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ 38ȱ ȱ ȱ 39ȱ

ȱ ȱ 45ȱ ȱ ȱ

Ύ΅ϠȱБΖȱό··΍ΗΉΑȱȱ ϢΈАΑȱΘχΑȱΔϱΏ΍Αȱȱ σΎΏ΅ΙΗΉΑȱπΔвȱ΅ЁΘχΑȱ Ών·ΝΑȱȱ ϵΘ΍ȱΉϢȱσ·ΑΝΖȱπΑȱΘϜȱψΐνΕθȱΘ΅ϾΘϙȱ Ύ΅ϠȱΗϿȱΘΤȱΔΕϲΖȱΉϢΕφΑ΋Αȉȱȱ ΑІΑȱΈξȱπΎΕϾΆ΋ȱΦΔϲȱϴΚΌ΅ΏΐЗΑȱ ΗΓΙ.ȱȱ ϵΘ΍ȱϊΒΓΙΗ΍ΑȱψΐνΕ΅΍ȱπΔϠȱΗξȱȱ Ύ΅ϠȱΔ΅ΕΉΐΆ΅ΏΓІΗ΍ΑȱΓϡȱπΛΌΕΓϟȱ ΗΓΙȱΛΣΕ΅ΎΣȱΗΓ΍ȱȱ Ύ΅ϠȱΔΉΕ΍ΎΙΎΏЏΗΓΙΗϟΑȱΗΉȱȱ Ύ΅ϠȱΗΙΑνΒΓΙΗϟΑȱΗΉȱΔΣΑΘΓΌΉΑ,ȱȱ

153ȱ

UndȱalsȱerȱsichȱschonȱdemȱAbhangȱdesȱ Ölbergsȱnäherte,ȱȱ begannȱdieȱganzeȱMengeȱderȱJüngerȱ inȱFreudeȱ mitȱlauterȱStimmeȱGottȱzuȱlobenȱwegenȱ allem,ȱ wasȱsieȱanȱWunderwerkenȱgesehenȱhatten,ȱ undȱsieȱsagtenȱ „GepriesenȱseiȱderȱKommende,ȱderȱKönig,ȱȱȱȱ imȱNamenȱdesȱHerrn!“ȱ ImȱHimmelȱFriedeȱundȱHerrlichkeitȱinȱderȱ Höhe.ȱ UndȱeinigeȱderȱPharisäerȱausȱderȱMengeȱȱ sprachenȱzuȱihm:ȱ Lehrer,ȱ weiseȱdeineȱJüngerȱzurecht.ȱ Undȱerȱantworteteȱ undȱsprach:ȱ Ichȱsageȱeuch:ȱ Wennȱdieseȱschweigen,ȱ werdenȱdieȱSteineȱschreien.ȱ ȱ Undȱalsȱerȱnäherȱkam,ȱ undȱdieȱStadtȱsah,ȱ weinteȱerȱüberȱsieȱ undȱsprach:ȱ WennȱdochȱanȱdiesemȱTagȱauchȱduȱerȬ kanntȱhättest,ȱwasȱzumȱFriedenȱführt.ȱ NunȱaberȱistȱesȱvorȱdeinenȱAugenȱverborȬ gen.ȱ DennȱesȱwerdenȱTageȱüberȱdichȱkommen,ȱ daȱwerdenȱdeineȱFeindeȱeineȱSchanzeȱ gegenȱdichȱerrichtenȱ undȱsieȱwerdenȱdichȱeinschließenȱ undȱsieȱwerdenȱdichȱvonȱallenȱSeitenȱ bedrängenȱ undȱsieȱwerdenȱdichȱdemȱErdbodenȱgleichȱ machenȱundȱdeineȱKinderȱinȱdirȱ undȱnichtȱwerdenȱsieȱSteinȱaufȱSteinȱlassenȱ inȱdir,ȱ weilȱduȱnichtȱerkanntȱhastȱdieȱZeitȱdeinerȱ Heimsuchung.ȱ UndȱalsȱerȱhineingingȱinȱdasȱHeiligtum,ȱ begannȱerȱ dieȱVerkäuferȱherauszuwerfen,ȱ

154ȱ 46ȱ ȱ ȱ ȱ 47ȱ ȱ

48ȱ ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ aȱ Ών·ΝΑȱ΅ЁΘΓϧΖȉȱ bȱ ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȉȱȱ cȱ Ύ΅ϠȱσΗΘ΅΍ȱϳȱΓϨΎϱΖȱΐΓΙȱΓϨΎΓΖȱ ΔΕΓΗΉΙΛϛΖ,ȱȱ dȱ ЀΐΉϧΖȱΈξȱ΅ЁΘϲΑȱπΔΓ΍φΗ΅ΘΉȱ ΗΔφΏ΅΍ΓΑȱΏϙΗΘЗΑ.ȱ aȱ ̍΅ϠȱώΑȱΈ΍ΈΣΗΎΝΑȱΘϲȱΎ΅Όвȱ ψΐνΕ΅ΑȱπΑȱΘХȱϡΉΕХ.ȱ bȱ ΓϡȱΈξȱΦΕΛ΍ΉΕΉϧΖȱΎ΅ϠȱΓϡȱ·Ε΅ΐΐ΅Ȭ ΘΉϧΖȱπΊφΘΓΙΑȱ΅ЁΘϲΑȱΦΔΓΏνΗ΅΍ȱ Ύ΅ϠȱΓϡȱΔΕЗΘΓ΍ȱΘΓІȱΏ΅ΓІ,ȱ aȱ Ύ΅ϠȱΓЁΛȱΉЂΕ΍ΗΎΓΑȱΘϲȱΘϟȱ ΔΓ΍φΗΝΗ΍Α,ȱȱ bȱ ϳȱΏ΅ϲΖȱ·ΤΕȱΧΔ΅ΖȱπΒΉΎΕνΐ΅ΘΓȱ ΅ЁΘΓІȱΦΎΓϾΝΑ.ȱ

undȱsagteȱihnen:ȱ „Esȱstehtȱgeschrieben:ȱ undȱesȱwirdȱseinȱmeinȱHausȱeinȱHausȱdesȱ Gebetes,ȱ ihrȱaberȱhabtȱesȱzuȱeinerȱRäuberhöhleȱ gemacht.“ȱ UndȱerȱlehrteȱtäglichȱimȱTempel;ȱ aberȱdieȱHohenpriesterȱundȱSchriftgelehrȬ tenȱsuchtenȱihnȱzuȱbeseitigenȱ–ȱalsoȱdieȱ FührerȱdesȱVolkesȱ–,ȱ aberȱsieȱfandenȱnichts,ȱwasȱsieȱtunȱsollten,ȱ dennȱdasȱganzeȱVolkȱhingȱihmȱanȱundȱ hörteȱ(ihmȱzu).ȱ

3.3.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ Lukasȱ verknüpftȱ seineȱ Fassungȱ derȱ Einzugserzählungȱ mitȱ denȱ umlieȬ gendenȱ Textenȱ durchȱ mehrereȱ Textsignale.ȱ Dabeiȱ istȱ vorȱ allemȱ dieȱ schrittweiseȱAnnäherungȱanȱdasȱZielȱJerusalemȱseitȱseinerȱzweitenȱLeiȬ densankündigungȱ (Lkȱ 18,31–33)ȱ einȱ wichtigesȱ formalesȱ Merkmal,ȱ dasȱ inȱderȱvorliegendenȱPerikopeȱseinenȱHöhepunktȱerreicht,ȱwährendȱdieȱ vorangegangenenȱ Texteȱ Verständnishilfenȱ fürȱ dieȱ Einzugserzählungȱ bieten.191ȱ Nachȱ denȱ voranschreitendenȱ Ortsangabenȱ „naheȱ Jericho“ȱ (18,35),ȱ „Jericho“ȱ selbstȱ (19,1),ȱ undȱ „naheȱ Jerusalem“ȱ (19,11),ȱ erzähltȱ Lukasȱdasȱletzteȱ„HinaufziehenȱnachȱJerusalem“ȱ(19,28)192ȱinȱmehrerenȱ Etappen:ȱBeiȱ„BetfageȱundȱBetanien“,ȱdieȱbereitsȱamȱ„Ölberg“,ȱd.ȱh.ȱanȱ derȱ Grenzeȱ zumȱ Jerusalemerȱ Gebietȱ liegen,ȱ schicktȱ erȱ dieȱ Jüngerȱ losȱ (19,29),ȱamȱ„AbhangȱdesȱÖlbergs“ȱ(19,37),ȱnachȱdenȱLobrufenȱderȱJünȬ ger,ȱbeginntȱJesusȱseineȱ„Einzugsrede“,ȱderenȱHauptteilȱinȱ„Sichtweiteȱ derȱ Stadt“ȱ (19,41)ȱ gesprochenȱ wird,ȱ währendȱ dieȱ Schlussworteȱ bereitsȱ „imȱTempel“ȱ(19,45)ȱlokalisiertȱsind.ȱDieserȱwirdȱalleinigerȱSchauplatzȱ desȱ erstenȱ großenȱ Abschnittsȱ imȱ viertenȱ Hauptteilȱ sein,ȱ derȱ vonȱ derȱ auffälligenȱinclusioȱ19,46f.ȱ/ȱ21,37f.ȱgerahmtȱwird.193ȱAbȱ22,1ȱbeginntȱdieȱ eigentlicheȱPassionserzählung.ȱȱ WichtigȱistȱdieȱBeobachtung,ȱdassȱJesusȱnachȱderȱlukanischenȱDarȬ stellungȱ nichtȱ nurȱ anȱ seinȱ Reisezielȱ Jerusalemȱ überhaupt,ȱ sondernȱ diȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 191ȱȱ Vgl.ȱetwaȱdieȱBedeutungȱderȱGleichnisseȱinȱLkȱ19,11,ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.3.4.ȱ 192ȱȱ Daȱ bereitsȱ dieȱ Leidensankündigungȱ inȱ Lkȱ 18,31ȱ durchȱ dasȱ „Hinaufziehenȱ nachȱ Jerusalem“ȱeröffnetȱwurde,ȱklingtȱhierȱdieȱbevorstehendeȱPassionȱJesuȱmit.ȱ 193ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.4.2.ȱ

ȱ

3.3ȱ Lkȱ19,28–48:ȱDerȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱJerusalemȱ

155ȱ

rektȱinȱdessenȱZentrum,ȱdenȱTempel,ȱgeführtȱwird.ȱWennȱLkȱ13,31–35ȱ andeutete,ȱ dassȱ dieseȱ Reiseȱ keineȱ Reiseȱ wieȱ jedeȱ andereȱ ist,ȱ sondernȱ IsraelȱimȱKernȱbetrifft,ȱsoȱbestätigtȱsichȱdiesȱdurchȱdieȱFokussierungȱaufȱ denȱTempel.ȱAuchȱdieȱWorteȱJesuȱwerdenȱdazuȱpassen.ȱ

3.3.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ WieȱderȱVergleichȱmitȱdemȱMarkusevangeliumȱzeigt,ȱübernimmtȱLukasȱ zwarȱdieȱErzählfolgeȱvonȱderȱAuffindungȱdesȱFohlensȱ(Mkȱ11,1–7)ȱundȱ demȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱbzw.ȱdenȱTempelȱ(Mkȱ11,8–11),ȱsetztȱaberȱ durchȱ dieȱ vermehrtenȱ Ortsangabenȱ undȱ vorȱ allemȱ durchȱ dieȱ nurȱ beiȱ ihmȱzuȱfindendenȱJesusworteȱeigeneȱAkzente.ȱAndersȱalsȱMarkus,ȱderȱ dieȱErzählungȱvonȱderȱsogenanntenȱ„Tempelreinigung“ȱ(Mkȱ11,15–19)ȱ deutlichȱ vonȱ derȱ Einzugserzählungȱ absetzt,194ȱ bindetȱ Lukasȱ sieȱ durchȱ TilgungȱfastȱallerȱnarrativenȱElementeȱanȱdasȱVorangehendeȱundȱmachtȱ sieȱsoȱzumȱAbschlussȱderȱRede,ȱdieȱJesusȱanȱJerusalemȱrichtet.ȱNachȱderȱ sichȱanȱMarkusȱorientierendenȱDarstellungȱinȱLkȱ19,28–36ȱbeginntȱmitȱ 19,37ȱ derȱ Vorlaufȱ fürȱ eineȱ durchȱ verschiedeneȱ Erzählerkommentareȱ gegliederteȱ Redeȱ Jesuȱ (19,40–46),ȱ dieȱ thematischȱ seinenȱ Einzugȱ inȱ dieȱ Stadtȱ begleitet.ȱ Mitȱ Ausnahmeȱ desȱ Wortesȱ imȱ Tempelȱ sindȱ alleȱ dieseȱ JesusworteȱlukanischesȱEigengut.ȱEsȱergibtȱsichȱfolgendeȱStruktur:ȱ ȱ V.ȱ28ȱ V.ȱ29–36ȱ ȱ ȱ V.ȱ37–46ȱ ȱ ȱ ȱ V.ȱ47f.ȱ

Überleitendeȱ„Reisenotiz“ȱ(πΔΓΕΉϾΉΘΓȱ[…]ȱΉϢΖȱ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅)ȱ VorbereitungȱdesȱEinzugsȱ beiȱBetfageȱundȱBetanienȱ 19,29–34:ȱAuffindungȱdesȱFohlensȱ ȱ 19,35f.:ȱDieȱJüngerȱsetztenȱJesusȱaufȱdasȱFohlenȱ ȱ undȱbreitenȱihreȱKleiderȱausȱ EinzugȱinȱdieȱStadt:ȱLobrufȱderȱJüngerȱ(V.ȱ37f.)ȱ amȱAbhangȱdesȱÖlbergsȱ undȱ„Einzugsrede“ȱJesuȱ(V.ȱ39–46)ȱ 19,39–40:ȱ 1.ȱWortȱJesuȱ(anȱdieȱPharisäer)ȱ (amȱAbhangȱdesȱÖlbergs)ȱ 19,41–44:ȱ 2.ȱWortȱJesuȱ(anȱJerusalem)ȱ (inȱSichtweiteȱderȱStadt)ȱ 19,45–46:ȱ 3.ȱWortȱJesuȱ(anȱdieȱTempelhändler)ȱ (imȱJerusalemerȱTempel)ȱ AusblickȱaufȱdieȱLehreȱJesuȱimȱTempelȱ(inclusioȱmitȱLkȱ21,37f.)ȱ

ȱ DieȱRedeȱJesuȱbeiȱseinemȱEinzugȱinȱJerusalemȱgliedertȱsichȱinȱdreiȱAbȬ schnitte:ȱ Einȱ erstesȱ Wortȱ richtetȱ erȱ anȱ dieȱ Pharisäerȱ (V.ȱ 39f.,ȱ Anrede:ȱ „ichȱsageȱeuch“),ȱdasȱzweite,ȱausführlicheȱWortȱgehtȱanȱdieȱStadtȱJerusaȬ lemȱ(V.ȱ41–44;ȱAnrede:ȱ„auchȱdu“),ȱdasȱdritteȱanȱdieȱVerkäuferȱimȱTemȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 194ȱȱ NachȱMkȱ11,11ȱliegtȱeineȱÜbernachtungȱinȱBetanienȱdazwischen,ȱvgl.ȱaußerdemȱdieȱ Erzählungȱ vonȱ derȱ Verfluchungȱ desȱ Feigenbaumsȱ (Mkȱ 11,12–14),ȱ dieȱ Lukasȱ getilgtȱ hat.ȱ

156ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

pelȱ (Anrede:ȱ „ihrȱ aber“).ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ eineȱ zentraleȱ Stelleȱ desȱ Evangeliums,ȱ daȱ nunȱ Jesusȱ endlichȱ seinȱ Zielȱ Jerusalemȱ erreicht,ȱ woȱ sich,ȱwieȱdieȱLeserȱschonȱwissen,ȱdasȱGeschickȱJesuȱerfüllenȱwird.ȱDieȱ WorteȱJesuȱbeiȱseinerȱAnkunftȱinȱJerusalemȱsindȱinsgesamtȱdurchȱfutuȬ rischeȱAussagenȱgeprägt.ȱDieȱanȱeineȱbestimmteȱGruppeȱvonȱinȱJerusaȬ lemȱ anwesendenȱ Menschenȱ (Pharisäerȱ amȱ Wegȱ bzw.ȱ Verkäuferȱ imȱ Tempel)ȱ gerichtetenȱ Teileȱ Aȱ undȱ Cȱ rahmenȱ denȱ Mittelteil,ȱ derȱ sichȱ anȱ dieȱ Stadtȱ Jerusalemȱ selbstȱ wendet,ȱ undȱ bietenȱ jeweilsȱ einȱ Jesuslogionȱ vonȱ etwaȱ gleicherȱ Länge.ȱ Dabeiȱ blicktȱ V.ȱ 39ȱ mitȱ derȱ Erwähnungȱ derȱ Mengeȱ zurückȱ aufȱ dieȱ Erzählungȱ desȱ Einzugs,ȱ währendȱ dieȱ Nennungȱ desȱHeiligtumsȱinȱV.ȱ45ȱaufȱdenȱOrtȱhinweist,ȱanȱdemȱJesusȱimȱFolgenȬ denȱ lehrenȱ wirdȱ (vgl.ȱ Lkȱ 19,47ff.).ȱ Derȱ Mittelteilȱ hingegenȱ stelltȱ nachȱ derȱ langenȱ Reiseerzählungȱ nunȱ endlichȱ dieȱ Worteȱ vor,ȱ dieȱ Jesusȱ inȱ Sichtweiteȱ seinesȱ Zielortesȱ gibt.ȱ Dieȱ auffälligeȱ Häufungȱ desȱ PersonalȬ pronomensȱ 2.ȱ Sgl.ȱ (12Ȭmalȱ inȱ V.ȱ 42–44!)ȱ erweistȱ dieȱ unmittelbareȱ ZuȬ wendungȱJesuȱzuȱderȱStadt.ȱ Imȱ Folgendenȱ istȱ zunächstȱ aufȱdenȱ Lobrufȱ derȱ Jüngerȱ einzugehen,ȱ derȱ Lkȱ 13,35ȱ aufnimmt,ȱ bevorȱ wirȱ unsȱ inȱ einemȱ weiterenȱ Schrittȱ denȱ WortenȱanȱdieȱStadtȱJerusalemȱzuwenden.ȱ

3.3.4ȱDerȱLobrufȱderȱJüngerȱ(V.ȱ37f.)ȱ NachȱdemȱZeugnisȱallerȱvierȱEvangelienȱwirdȱJesusȱbeiȱseinemȱEinzugȱ inȱ Jerusalemȱ mitȱ diesemȱ Rufȱ begrüßtȱ (Mtȱ 21,9,ȱ Mkȱ 11,9;ȱ Lkȱ 19,38;ȱ Johȱ 12,13).ȱ Schonȱ dieseȱ Tatsacheȱ weistȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ derȱ Psalmversȱ inȱ damaligerȱZeitȱimȱreligiösenȱKontextȱinȱlebendigemȱGebrauchȱwar.ȱDerȱ Ursprungȱ urchristlicherȱ liturgischerȱ Formelnȱ istȱ dabeiȱ imȱ 1.ȱ JahrhunȬ dertȱdurchwegȱimȱzeitgenössischenȱJudentumȱzuȱsuchen.195ȱȱ DerȱPsalmversȱ118(117),25f.ȱspieltȱimȱNeuenȱTestamentȱeineȱbesonȬ dereȱRolle,ȱdaȱerȱinȱallenȱvierȱEvangelienȱzitiertȱwird.ȱInȱderȱRegelȱwerȬ denȱ dabeiȱ imȱ Kontextȱ derȱ Einzugserzählungȱ dieȱ Verseȱ 25ȱ undȱ 26ȱ geȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 195ȱȱ Vgl.ȱauchȱdieȱ(späteren)ȱrabbinischenȱHinweiseȱbeiȱStrack/Billerbeck,ȱKommentarȱI,ȱ 850.ȱPsȱ118ȱwirdȱimȱ2.ȱJh.ȱinȱderȱMischnaȱimȱKontextȱvonȱÜberlegungenȱzumȱpraktiȬ schenȱUmgangȱmitȱdemȱHallelȱ–ȱderȱfeierlichenȱRezitationȱderȱLobȬȱundȱDankpsalȬ menȱ 113ȱ bisȱ 118ȱ anȱ großenȱ jüdischenȱ Feiertagenȱ –ȱ undȱ dessenȱ Vortragsweiseȱ erȬ wähnt.ȱWieȱdieȱVielzahlȱvonȱVorschriftenȱüberȱdieȱArtȱundȱWeiseȱderȱRezitationȱdesȱ Hallelsȱ (vorȱ allemȱ inȱ Zusammenhangȱ mitȱ denȱ jüdischenȱ Wallfahrtsfesten)ȱ deutlichȱ macht,ȱ kamȱ ihmȱ imȱ rabbinischenȱ Judentumȱ eineȱ zentraleȱ Stellungȱ inȱ derȱ religiösenȱ Praxisȱ zu.ȱ Derȱ Versȱ ausȱ Psȱ 118(117),25f.ȱ istȱ alsȱ liturgischeȱ Formelȱ anzusehenȱ (vgl.ȱ Hossfeld/Zenger,ȱPsȱIII,ȱ315f.),ȱwofürȱauchȱdieȱgriechischeȱTransskriptionȱdesȱhebräȬ ischenȱHosannaȱbeiȱMt,ȱMkȱundȱJohȱeinȱIndizȱist;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱBlum,ȱHosanna.ȱ

ȱ

3.3ȱ Lkȱ19,28–48:ȱDerȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱJerusalemȱ

157ȱ

meinsamȱzitiert,ȱnurȱLukas,ȱderȱsichȱaufȱVersȱ26ȱbeschränkt,ȱmachtȱhierȱ eineȱ Ausnahme.ȱ Auffälligȱ ist,ȱ dassȱ beiȱ denȱ anderenȱ dreiȱ Evangelistenȱ V.ȱ26ȱgemäßȱderȱLXXȱwiedergegebenȱwird,ȱwährendȱderȱRufȱV.ȱ25aȱinȱ gräzisierterȱ Umschriftȱ desȱ hebräischenȱ Textesȱ wiedergegebenȱ wirdȱ (БΗ΅ΑΑΣȱ anstelleȱ desȱ griechischenȱ ΗЗΗΓΑȱ Έφ).ȱ Zumȱ anderenȱfehltȱ derȱ zweiteȱTeilȱdesȱPsalmversesȱ25bȱ(ΉЁϱΈΝΗΓΑȱΈφ)ȱinȱallenȱZeugen.ȱTrotzȬ demȱ scheintȱ dieȱ Verbindungȱ vonȱ Versȱ 26ȱ undȱ demȱ HosannaȬRufȱ ausȱ V.ȱ25aȱnichtȱzufälligȱzuȱsein;ȱsowohlȱdieȱsynoptischeȱTraditionȱalsȱauchȱ JohannesȱkennenȱdieȱVerbindung.ȱAuchȱLukasȱwirdȱdasȱWortȱgekanntȱ haben,ȱhatȱesȱaberȱweggelassen.ȱAlsȱGrundȱdafürȱwirdȱangeführt,ȱdassȱ erȱ grundsätzlichȱ hebräischeȱ Fremdwörterȱ vermeidet.196ȱ Aberȱ auchȱ dieȱ größereȱNäheȱzuȱLkȱ13,35ȱmagȱeineȱRolleȱspielen.ȱ ÄhnlichȱderȱspäterȱbeiȱdenȱRabbinenȱbelegtenȱDeutungȱdiesesȱGruȬ ßesȱ aufȱ dieȱ (eschatologische)ȱ messianischeȱ Enderlösung197ȱ erweistȱ sichȱ derȱ Einzugȱ Jesuȱ hierȱ alsȱ „messianisches“ȱ Ereignis.198ȱ Dieȱ messianischeȱ Bedeutungȱ desȱ „Kommens“ȱ istȱ denȱ Lesernȱ desȱ Lukasevangeliumsȱ zuȬ demȱschonȱausȱ7,19ȱbekannt,ȱwoȱJohannesȱderȱTäuferȱJesusȱfragte:ȱ„Bistȱ duȱes,ȱderȱkommenȱsollȱ(ϳȱπΕΛϱΐΉΑΓΖ)?“ȱ Dieȱ Zusammenschauȱ derȱ Einzugserzählungȱ mitȱ derȱ zuvorȱ unterȬ suchtenȱ Perikopeȱ Lkȱ 13,31–35ȱ lässtȱ auffälligeȱ Verknüpfungenȱ beiderȱ Texteȱ sichtbarȱ werden.ȱ Dieseȱ bestätigenȱ nochmalsȱ dieȱ zentraleȱ BedeuȬ tungȱvonȱLkȱ13,31–35ȱfürȱdenȱalsȱReiseȱgestaltetenȱdrittenȱHauptteil,ȱderȱ nunȱmitȱdemȱErreichenȱJerusalemsȱzumȱAbschlussȱkommt.ȱDerȱLobrufȱ derȱJüngerȱnimmtȱdasȱJesuswortȱausȱ13,35ȱauf,ȱderȱAuftrittȱderȱPharisäȬ erȱ inȱ 19,39ȱlässtȱ anȱ 13,31ȱ denken.ȱ Ähnlichȱ wieȱ Lkȱ13,31–35ȱ bietetȱ auchȱ dieȱ Einzugserzählungȱ zudemȱ wichtigeȱ eschatologischȬmessianiȬscheȱ Konnotationen.ȱȱ DiesȱwirdȱinsbesondereȱdurchȱeinenȱBlickȱaufȱdenȱvorangehendenȱTextȱ(Lkȱ 19,11–27)ȱ deutlich,ȱ beiȱ demȱ sichȱ wiederumȱ lukanischeȱ Eigenheitenȱ beȬ obachtenȱlassen.ȱSieȱzeigenȱ–ȱinȱAnalogieȱzuȱdenȱvorbereitendenȱPerikopenȱ inȱ Lkȱ 9ȱ –ȱ schonȱ vorwegȱ an,ȱ wieȱ derȱ Evangelistȱ denȱ Einzugȱ deutet.199ȱ Soȱ sprichtȱ Lkȱ 19,11ȱ vonȱ derȱ Erwartungȱ einigerȱ Menschen,ȱ „dassȱ dieȱ GottesȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 196ȱȱ Vgl.ȱ auchȱ dasȱ Wortȱ Jesuȱ amȱ Kreuzȱ (gegenȱ Mkȱ undȱ Mt)ȱ oderȱ dieȱ Auslassungȱ desȱ RufesȱπΚΚ΅ΌΣ.ȱ 197ȱȱ Vgl.ȱEckey,ȱLkȱII,ȱ643;ȱStrack/Billerbeck,ȱKommentarȱI,ȱ850:ȱ„MidrȱPsȱ118ȱ§ȱ22ȱ(244a):ȱ ‚DiesȱistȱderȱTag,ȱdenȱJahveȱgemachtȱhat.‘ȱPsȱ118,24.ȱAlleȱErlösungen,ȱdieȱdenȱIsraeliȬ tenȱinȱderȱVergangenheitȱgekommenȱsind,ȱhattenȱnachȱsichȱ(neue)ȱKnechtschaft;ȱaberȱ vonȱ jetztȱ anȱ undȱ weiterȱ (nachȱ derȱ messianischenȱ Enderlösung)ȱ folgtȱ keineȱ KnechtȬ schaftȱmehr“.ȱȱ 198ȱȱ Vgl.ȱ auchȱ denȱ Esel,ȱ aufȱ demȱ Jesusȱ reitet,ȱ alsȱ Anspielungȱ aufȱ Sachȱ 9,9ȱ undȱ dieȱ KöȬ nigsakklamationenȱderȱJubelnden.ȱ 199ȱȱ Vgl.ȱdazuȱDenaux,ȱParable.ȱ

158ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

herrschaftȱ sogleichȱ erscheinenȱ würde“ȱ (Δ΅Ε΅ΛΕϛΐ΅ȱ ΐνΏΏΉ΍ȱ ψȱ Ά΅Η΍ΏΉϟ΅ȱ ΘΓІȱ ΌΉΓІȱ ΦΑ΅Κ΅ϟΑΉΗΌ΅΍),ȱ undȱ begründetȱ diesȱ mitȱ derȱ räumlichenȱ Näheȱ Jesuȱ zuȱ Jerusalemȱ (Έ΍Τȱ Θϲȱ π··ϿΖȱ ΉϨΑ΅΍ȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώχΐȱ ΅ЁΘϱΑ).ȱ Inȱ dieserȱ nurȱ beiȱLukasȱbelegtenȱNotizȱspiegeltȱsichȱinȱknappenȱWortenȱdieȱimȱKontextȱ jüdischerȱ Eschatologieȱ verbreiteteȱ Vorstellung,ȱ nachȱ derȱ Messiasȱ alsȱ irdiȬ scherȱRepräsentantȱderȱgöttlichenȱZuwendungȱamȱEndeȱderȱZeitȱJerusalemȱ erlösenȱ werde.ȱ Entsprechendȱ bietetȱ dasȱ imȱ Folgendenȱ erzählteȱ Gleichnisȱ nebenȱdemȱMotivȱderȱdenȱDienernȱhinterlassenenȱMinen,ȱdasȱeineȱsynoptiȬ scheȱParalleleȱinȱMtȱ25,14–30ȱhat,ȱeinenȱzweitenȱErzählstrangȱvomȱFortgeȬ henȱ undȱ Wiederkommenȱ desȱ Herrn,ȱ derȱ keineȱ synoptischeȱ Paralleleȱ hatȱ undȱ derȱ lukanischenȱ Redaktionȱ zuzuordnenȱ ist.200ȱ Dasȱ Gleichnisȱ bietetȱ damitȱeineȱAntwortȱaufȱdieȱmessianischeȱErwartungȱausȱLkȱ19,11,ȱinsofernȱ esȱzwarȱeineȱ„Naherwartung“ȱablehnt,ȱdieȱMessianitätȱJesuȱjedochȱdurchȬ ausȱbestätigt.201ȱZuȱdieserȱgehörtȱauchȱeineȱfürȱdieȱZukunftȱerwarteteȱ„AnȬ kunft“ȱ(vgl.ȱ19,15),ȱdochȱzunächstȱistȱesȱanȱderȱZeit,ȱdieȱMinenȱzuȱmehren.ȱ DieȱGegenüberstellungȱdesȱfernenȱLandesȱmitȱderȱNäheȱzuȱJerusalemȱundȱ dieȱ ausdrücklicheȱ Erwähnungȱ derȱ Rückkehrȱ desȱ Hochgeborenenȱ (19,15)ȱ sindȱ„allegorischeȱBausteine“,ȱdieȱzeigen,ȱ„dassȱhierȱvonȱJesusȱdieȱRedeȱistȱ undȱdassȱdessenȱHimmelfahrtȱundȱParusieȱdasȱGrundgerüstȱderȱGeschichȬ teȱbilden“202.ȱEsȱhandeltȱsichȱbeiȱdemȱGleichnisȱumȱeineȱ„Korrekturȱderȱinȱ 11cȱausgesprochenenȱErwartung“203,ȱmitȱderȱLukasȱfreilichȱauchȱbestätigt,ȱ dassȱ solcheȱ Erwartungenȱ sehrȱ wohlȱ ihreȱ Berechtigungȱ habenȱ undȱ keinesȬ wegsȱganzȱabzulehnenȱsind.ȱJesusȱistȱderȱMessiasȱIsraels,ȱdemȱinȱKontinuiȬ tätȱzuȱtraditionellenȱVorstellungenȱbereitsȱzuȱBeginnȱdesȱEvangeliumsȱdieȱ Herrschaftȱ aufȱ demȱ Thronȱ Davidsȱ zugesprochenȱ wurdeȱ (vgl.ȱ Lkȱ 1,33).204ȱ Zugleichȱ müssenȱ bisherigeȱ Vorstellungenȱ korrigiertȱ werden,ȱ daȱ Gottesȱ HandelnȱanȱundȱmitȱseinemȱMessiasȱJesusȱnichtȱmitȱdenȱbisherigenȱErwarȬ tungenȱdeckungsgleichȱist.ȱ Derȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Zukunftȱ Israelsȱ pessimistischȱ klingendeȱ „sonderbaȬ re[…]ȱSchluss“205ȱinȱV.ȱ27,ȱinȱdemȱderȱlukanischeȱJesusȱankündigt,ȱ„dassȱerȱ beiȱ seinerȱ Parusieȱseineȱ Feindeȱ fürȱ ihrenȱ Widerstandȱ gegenȱ ihnȱ brutalȱ beȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 200ȱȱ Vgl.ȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 617ȱ (mitȱ Verweisȱ aufȱ andereȱ Kommentare);ȱ Spurenȱ desȱ neuenȱ ErȬ zählfadensȱgibtȱesȱinȱVersȱ12b.14.15b.27.ȱ 201ȱȱ Wolter,ȱLk,ȱ617f.:ȱ„DasȱGleichnisȱwillȱ[…]ȱeineȱfalscheȱErwartungȱinnerhalbȱderȱerzählȬ tenȱWeltȱkorrigieren.“ȱ 202ȱȱ Wolter,ȱLk,ȱ619.ȱ 203ȱȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 619;ȱ diesȱ istȱ eineȱ Methode,ȱ dieȱ Lukasȱ gerneȱ heranzieht,ȱ wennȱ jüdischeȱ ErwartungenȱanȱJesusȱherangetragenȱwerden.ȱEineȱParalleleȱbietetȱApgȱ1,6–8,ȱwoȱdieȱ Jüngerȱaufȱselbigesȱhinauswollen,ȱauchȱhierȱmussȱJesusȱihreȱErwartungȱinȱdieȱMissiȬ onȱumlenkenȱ(vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.5).ȱ 204ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.4.1.ȱ 205ȱȱ Hengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ328;ȱauchȱdieȱKommentareȱstoßenȱsichȱanȱdiesemȱVers,ȱwieȱ etwaȱBovon,ȱLkȱ III,ȱ299,ȱderȱdasȱProblemȱdurchȱ„einenȱallegorischenȱAusrutscher“,ȱ denȱerȱhierȱerkennenȱwill,ȱzuȱlösenȱversucht.ȱ

ȱ

3.3ȱ Lkȱ19,28–48:ȱDerȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱJerusalemȱ

159ȱ

strafenȱ wird“206,ȱ irritiert,ȱ daȱ erȱ nichtȱ einmalȱ Raumȱ fürȱ eineȱ Umkehrȱ derȱ Übeltäterȱbietet:ȱDieȱ„Feinde,ȱdieȱnichtȱwollten,ȱdassȱichȱihrȱKönigȱsei“ȱ(V.ȱ 27:ȱ ΘΓϿΖȱ πΛΌΕΓϾΖȱ […]ȱ ΘΓϿΖȱ ΐχȱ ΌΉΏφΗ΅ΑΘΣΖȱ ΐΉȱ Ά΅Η΍ΏΉІΗ΅΍ȱ πΔвȱ ΅ЁΘΓϿΖ)ȱ lassenȱsichȱsprachlichȱunmittelbarȱmitȱdenenȱidentifizieren,ȱdieȱamȱAnfangȱ desȱGleichnissesȱeineȱBotschaftȱhinterȱdemȱKönigsanwärterȱhersandtenȱ(V.ȱ 14:ȱ ΓЁȱ ΌνΏΓΐΉΑȱ ΘΓІΘΓΑȱ Ά΅Η΍ΏΉІΗ΅΍ȱ πΚвȱ ψΐκΖ),ȱ ohneȱ dassȱ eineȱ GesinȬ nungsänderungȱ dieserȱ Gruppeȱ inȱ denȱ Blickȱ käme.ȱ Damitȱ lässtȱ sichȱ dieȱ Aussageȱ geradeȱ nichtȱ mitȱ denȱ Redenȱ derȱ Apostelgeschichteȱ verknüpfen,ȱ dieȱ denȱ Jerusalemernȱ „Unwissenheit“ȱ (Apgȱ 3,17)ȱ attestierenȱ undȱ sieȱ zurȱ Umkehrȱ aufrufenȱ (vgl.ȱ Apgȱ 3,19).ȱ Mancheȱ Linienȱ verbindenȱ denȱ Versȱ jeȬ dochȱ mitȱ derȱ Einzugsperikope:ȱ Dieȱ vonȱ denȱ Pharisäernȱ kritisierteȱ Anredeȱ Jesuȱalsȱ„König“ȱdurchȱdieȱJüngerȱ(vg.ȱApgȱ19,38)ȱerweistȱdieseȱalsȱGegenȬ bilderȱ zuȱ denȱ feindlichenȱ „Bürgern“ȱ desȱ Landes.ȱ Undȱ wieȱdieȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ imȱ Folgendenȱ alsȱ Strafgerichtȱ fürȱ dieȱ Beseitigungȱ desȱ Messiasȱ Jesusȱ angekündigtȱ wirdȱ (vgl.ȱ Lkȱ 19,41–44;ȱ 21,20–24),ȱ soȱ erscheintȱ hierȱ einȱ eschatologischesȱPendantȱdazu.207ȱ

Dasȱ Aufgreifenȱ messianischerȱ Motiveȱ amȱ Endeȱ derȱ Jerusalemreiseȱ inȱ Formȱeinerȱkorrigierendenȱbzw.ȱmodifiziertenȱBestätigungȱistȱeinȱwichȬ tigesȱIndizȱdafür,ȱauchȱdieȱEinzugserzählungȱvorȱdiesemȱHintergrundȱ zuȱlesen.ȱInȱihrȱklingenȱweitereȱmessianischeȱAspekteȱan,ȱzuȱdenenȱwieȱ bereitsȱangedeutetȱauchȱderȱLobrufȱderȱJüngerȱgehört.ȱȱ DerȱLobrufȱderȱJüngerȱinȱ19,38ȱkorrespondiertȱimȱÜbrigenȱmitȱdemȱ EngelchorȱinȱLkȱ2,14ȱundȱnimmtȱsoȱdenȱRufȱderȱEngelȱwiederȱauf.ȱBeiȬ deȱTexteȱtreffenȱsichȱzudemȱinȱeinerȱHäufungȱchristologischerȱTitelȱimȱ unmittelbarenȱKontext:208ȱWasȱzuȱBeginnȱdieȱhimmlischenȱBotenȱfürȱdieȱ Erdeȱ verkünden,ȱ wirdȱ nunȱ vonȱ denȱ irdischenȱ Menschenȱ inȱ denȱ HimȬ melȱ zurückgetragen.ȱ Vonȱ einerȱ Begrenzungȱ desȱ anfänglichȱ umfassenȬ denȱ Friedensȱ nunȱ lediglichȱ aufȱ denȱ Himmelȱ zuȱ sprechen,ȱ istȱ dagegenȱ keineȱsinnvolleȱErklärung,ȱdaȱdieȱGattungȱderȱDoxologieȱalsȱAnerkenȬ nungȱ göttlicherȱ Herrlichkeitȱ niemalsȱ Zurücknahmeȱ oderȱ Begrenzungȱ dieserȱHerrlichkeitȱbedeutenȱkann.209ȱDieȱKorrespondenzȱweistȱüberȱdieȱ Situationȱ desȱ Evangelistenȱ hinaus:ȱ Einȱ „Friedensschlussȱ vonȱ kosmiȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 206ȱȱ Wolter,ȱLk,ȱ625.ȱ 207ȱȱ Vgl.ȱauchȱTalbert,ȱLk,ȱ179:ȱ„Verseȱ27ȱsetsȱtheȱstageȱfortȱheȱrejectionȱofȱJesusȱbyȱJeruȬ salemȱwhichȱisȱtheȱmajorȱfocusȱofȱ19:29–44.”ȱ 208ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKlein,ȱEschatologie,ȱbes.ȱ449f.ȱseineȱweiterenȱBeobachtungenȱzurȱZusamȬ mengehörigkeitȱderȱStellen;ȱaufschlussreichȱistȱauchȱdieȱRevisionȱseinerȱeigenenȱPoȬ sitionȱimȱBlickȱaufȱdieȱauchȱbeiȱLukasȱzuȱfindendenȱeschatologischenȱPerspektiven.ȱ 209ȱȱ Vgl.ȱKäsemann,ȱArt.ȱFormeln,ȱ994.ȱ

160ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

scherȱWeite“210ȱkündigtȱsichȱan,ȱderȱjedochȱerstȱinȱderȱParusieȱdesȱErlöȬ sersȱerfülltȱwird.ȱ Dieseȱ Korrespondenzȱ wirftȱ zugleichȱ Lichtȱ aufȱ weitereȱ Implikationenȱ desȱ EinzugsȱJesu.ȱWieȱdieȱErscheinungȱdesȱRettersȱinȱBethlehemȱdieȱHerrlichȬ keitȱGottesȱsichtbarȱmachtȱundȱvonȱdenȱEngelnȱbesungenȱwird,ȱsoȱsindȱesȱ nunȱ dieȱ –ȱ bereitsȱ zumȱ Glaubenȱ gekommenenȱ –ȱ Menschenȱ inȱ Israel,ȱ alsoȱ „dieȱMengeȱderȱJünger“,ȱdieȱnunȱbeimȱKommenȱdesȱMessiasȱinȱdieȱHeiligeȱ Stadt,ȱdenȱRufȱanstimmen,ȱumȱaufȱdieȱmessianischeȱEpiphanieȱJesuȱhinzuȬ weisen.ȱ Dieȱ anderenȱ Menschen,ȱ imȱ Textȱ werdenȱ vorȱ allemȱ dieȱ Pharisäerȱ genannt,ȱdieȱJesusȱnichtȱalsȱdenȱHerrnȱerkennen,ȱkönnenȱdementsprechendȱ auchȱnichtȱinȱdenȱRufȱeinstimmen.ȱFürȱsieȱbleibtȱnachȱLukasȱjedochȱdieȱzuȬ künftigeȱHoffnungȱaufȱVerherrlichungȱdesȱHerrnȱbeiȱderȱParusie.ȱ

DaȱderȱHuldigungsrufȱderȱJüngerȱausȱLkȱ19,38ȱmitȱdemȱRufȱderȱWeisȬ sagungȱ Jesuȱ inȱ Lkȱ 13,35gȱ –ȱ ergänztȱ umȱ dieȱ Einfügungȱ „derȱ König“ȱ –ȱ identischȱist,ȱistȱfürȱdieȱAuslegungȱdieȱFrageȱvonȱBedeutung,ȱobȱLukasȱ dieȱ Weissagungȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Einzugserzählungȱ eingelöstȱ sieht.211ȱ GegenȱeineȱsolcheȱAuslegungȱsprechenȱfreilichȱliterarischeȱIndizien,ȱdieȱ inȱeinemȱsynoptischenȱVergleichȱsichtbarȱwerden.ȱDennȱnachȱderȱDarȬ stellungȱdesȱLukasȱistȱesȱ„dieȱganzeȱMengeȱderȱJünger“ȱ(V.ȱ37b:ȱΧΔ΅Αȱ Θϲȱ ΔΏϛΌΓΖȱ ΘЗΑȱ ΐ΅Ό΋ΘЗΑ),212ȱ dieȱ Jesusȱ mitȱ demȱ Psalmwortȱ inȱ JerusaȬ lemȱ willkommenȱ heißt,ȱ währendȱ beiȱ Mkȱ 11,9ȱ (undȱ parallelȱ dazuȱ Mtȱ 21,9)ȱ dieȱ„Vorangehenden“ȱ undȱ „Nachfolgenden“ȱ inȱ denȱ RufȱeinstimȬ men.ȱEineȱeigenartigeȱTextänderung,ȱdieȱvonȱBedeutungȱist,ȱdaȱLukasȱ sichȱ bisȱ hierherȱ engȱ anȱ seineȱ Markusvorlageȱ anlehnt.ȱ „Einige“ȱ (Θ΍ΑνΖ)ȱ derȱ Pharisäer,ȱ dieȱ inȱ V.ȱ 39ȱ überraschendȱ –ȱ undȱ wiederumȱ nurȱ imȱ BeȬ richtȱdesȱLukasȱ–ȱauftauchenȱundȱanȱLkȱ13,31ȱerinnnern,ȱwendenȱsichȱ ausdrücklichȱ gegenȱ denȱ Rufȱ derȱ Jünger.ȱ Währendȱ dieseȱ ihrenȱ Herrnȱ JesusȱalsȱmessianischenȱRetterȱanerkennen,ȱbleibtȱfürȱdieȱPharisäerȱJesuȱ Würdeȱverborgen.ȱSieȱkönnenȱseineȱMessianitätȱnochȱimmerȱnichtȱ„seȬ hen“ȱ (vgl.ȱ Lkȱ 13,35)ȱ undȱ daherȱ auchȱ nichtȱ inȱ denȱ Rufȱ derȱ Jüngerȱ einȬ stimmen.ȱInȱgewisserȱWeiseȱstehenȱdieȱPharisäerȱdamitȱ–ȱwieȱschonȱinȱ Lkȱ13ȱ–ȱparadigmatischȱfürȱdenȱGroßteilȱIsraels,ȱderȱJesusȱablehnt,ȱdieȱ JüngerȱhingegenȱfürȱdenȱTeilȱderȱchristusgläubigenȱIsraeliten.ȱNurȱfürȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 210ȱȱ Klein,ȱEschatologie,ȱ457;ȱerȱgibtȱimȱAnschlussȱsogarȱzu,ȱdassȱeinȱ„uneschatologischerȱ Lukas“ȱ exegetischȱ nichtȱ gutȱ haltbarȱ istȱ (vgl.ȱ 459f.)ȱ undȱ dassȱ dieȱ Kritikȱ anȱ Lukasȱ inȱ derȱdeutschenȱExegeseȱrevidiertȱwerdenȱsollteȱ(derȱTextȱstammtȱausȱdemȱJahrȱ1997).ȱ 211ȱȱ DieseȱDeutungȱvertretenȱaberȱz.ȱB.ȱRengstorf,ȱLk,ȱ175,ȱSchweizer,ȱLk,ȱ152.ȱTatsacheȱ ist,ȱ dassȱ Mtȱ dieȱ Verseȱ hinterȱ denȱ Einzugȱ inȱ Jerusalemȱ gestelltȱ hatȱ (Mtȱ 23,37–39),ȱ soȱ dassȱbeiȱihmȱdieseȱMöglichkeitȱüberhauptȱausscheidet.ȱ 212ȱȱ Auffallendȱist,ȱdassȱitȱundȱsycȱhierȱdieȱletztenȱbeidenȱWorteȱauslassenȱundȱentspreȬ chendȱauchȱinȱ19,39ȱstattȱ„weiseȱdeineȱJüngerȱzurecht“ȱlediglichȱ„weiseȱsieȱzurecht“ȱ schreiben;ȱdamitȱwirdȱdieȱwichtigeȱBeschränkungȱaufȱdieȱJüngerȱgetilgt.ȱ

ȱ

3.3ȱ Lkȱ19,28–48:ȱDerȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱJerusalemȱ

161ȱ

sieȱhatȱsichȱdieȱWeissagungȱJesuȱausȱ13,35ȱinȱdiesemȱAugenblickȱerfüllt,ȱ nichtȱaberȱfürȱdieȱanderen.ȱSoȱschließtȱsichȱauchȱdieȱfolgendeȱKlageȱJesuȱ überȱ Jerusalemȱ (19,40–44)ȱ gutȱ an:ȱ Derȱ „Tagȱ derȱ Heimsuchung“213ȱ verȬ weistȱaufȱdenȱGerichtstagȱJHWHs.ȱȱ Derȱ Jubelrufȱ Lkȱ 19,38ȱ kannȱ dannȱ alsȱ eineȱ Antizipationȱ seitensȱ derȱ Jüngerȱ–ȱalsoȱderjenigen,ȱdieȱschonȱanȱihnȱglaubenȱ–ȱaufȱdasȱeschatoloȬ gischeȱKommenȱJesuȱalsȱMessiasȱverstandenȱwerden.214ȱDieȱJünger,ȱdieȱ dieȱspezifischeȱMessianitätȱJesuȱerkanntȱhaben,ȱrealisierenȱbeimȱEinzugȱ dieȱAnerkennungȱJesu.ȱSieȱkönnenȱihnȱdaherȱauchȱalsȱ„König“ȱtitulieȬ ren,ȱdaȱsichȱinȱihmȱtatsächlichȱdieȱErwartungenȱdesȱMessiaskönigsȱerȬ füllen,ȱ wenngleichȱ inȱ andererȱ Weise,ȱ alsȱ Israelȱ bislangȱ dachte.ȱ Dieȱ Weissagungȱ ausȱ Lkȱ 13,35ȱ istȱ damitȱ jedochȱ geradeȱ nichtȱ vollständigȱ abgegolten.ȱ Lkȱ 13,35ȱ weistȱ überȱ dieȱ lukanischeȱ Erzählungȱ hinausȱ aufȱ dasȱstetsȱerwartete,ȱaberȱnochȱnichtȱerfüllteȱKommenȱJesuȱalsȱMessiasȱinȱ Herrlichkeit,ȱbeiȱderȱganzȱIsraelȱihnȱbegrüßenȱwird.ȱDieseȱHerrlichkeitȱ scheintȱ beimȱ Einzugȱ inȱ Jerusalemȱ gewissermaßenȱ ganzȱ kurzȱ auf,ȱ soȱ dassȱ seineȱ Jüngerȱ denȱ Rufȱ schonȱ vorausnehmenȱ können.ȱ Andereȱ freiȬ lichȱerkennenȱdieȱMessianitätȱJesuȱinȱderȱSzeneȱvomȱEinzugȱnochȱnicht,ȱ wieȱdieȱablehnendeȱReaktionȱderȱPharisäerȱinȱLkȱ19,39ȱzeigt.ȱ Wennȱ Jesusȱ alsȱ „Kommenderȱ (πΕΛϱΐΉΑΓΖ)ȱ imȱ Namenȱ desȱ Herrn“ȱ bezeichnetȱ wird,ȱ soȱ nimmtȱ diesesȱ Wortȱ auchȱ dieȱ Terminologieȱ vomȱ „Kommen“ȱ desȱ Herrnȱ ausȱ demȱ vorangestelltenȱ Gleichnisȱ aufȱ (vgl.ȱ Lkȱ 19,13:ȱ σΕΛΓΐ΅΍)ȱ undȱ verweistȱ zudemȱ aufȱ dasȱ Wiederkommenȱ desȱ ErȬ höhten,ȱ vonȱ demȱ inȱ Apgȱ 1,11ȱ dieȱ Engelȱ sprechenȱ werdenȱ (πΏΉϾΗΉȬ Θ΅΍).215ȱȱ

3.3.5ȱDasȱWortȱJesuȱüberȱJerusalemȱbeiȱseinemȱEinzugȱ(V.ȱ40–44)ȱ Nachȱ demȱ messianischenȱ Willkommensrufȱ derȱ Jüngerȱ undȱ demȱ EinȬ wandȱ derȱ Pharisäerȱ schlägtȱ dieȱ Stimmungȱ derȱ Erzählungȱ um.ȱ Bevorȱ JesusȱinȱSichtweiteȱderȱStadtȱaufȱderenȱZerstörungȱvorausblickt,ȱwendetȱ erȱsichȱinȱV.ȱ40ȱanȱdieȱaufgebrachtenȱPharisäer:ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 213ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdenȱExkursȱbeiȱDöpp,ȱDeutungȱderȱZerstörung,ȱ42f.;ȱfreilichȱistȱbeiȱLukasȱ derȱ Gebrauchȱ vonȱ πΔ΍ΗΎΓΔφȱ spezifischȱ zuȱ deuten.ȱ Dieȱ Vokabelȱ findetȱ sichȱ nurȱ imȱ Sondergutȱ(Lkȱ1,68;ȱ7,16)ȱundȱträgtȱdortȱheilbringende,ȱrettendeȱZüge.ȱ 214ȱȱ DieserȱInterpretationȱschließenȱsichȱz.ȱB.ȱBerger,ȱFormenȱundȱGattungen,ȱ147;ȱBovon,ȱ LkȱII,ȱ459;ȱEckey,ȱLkȱII,ȱ643ȱan.ȱ 215ȱȱ Vgl.ȱDenaux,ȱParable,ȱ55;ȱdiesȱgeschiehtȱfreilichȱzunächstȱinȱeinemȱantizipatorischenȱ Sinn,ȱderȱdasȱKommenȱdesȱParusiechristusȱgeradeȱnichtȱausschließt;ȱvgl.ȱauchȱWolȬ ter,ȱLk,ȱ620.ȱ

162ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Ών·ΝȱЀΐϧΑ,ȱȱ πΤΑȱΓЈΘΓ΍ȱΗ΍ΝΔφΗΓΙΗ΍Α,ȱȱ ΓϡȱΏϟΌΓ΍ȱΎΕΣΒΓΙΗ΍Α.ȱ

Ichȱsageȱeuch,ȱ wennȱdieseȱschweigen,ȱ werdenȱdieȱSteineȱschreienȱ

ȱ NachȱMichaelȱWolterȱbedeutetȱdiesesȱWort,ȱdassȱfürȱLukasȱeinȱEinzugȱ desȱ Messiasȱ Jesusȱ nachȱ Jerusalemȱ ohneȱ Jubelȱ eineȱ Unmöglichkeitȱ wäȬ re.216ȱDochȱstehenȱdieȱ„schreiendenȱSteine“ȱbereitsȱfürȱdieȱimȱFolgendenȱ angekündigteȱ Zerstörungȱderȱ Stadt,ȱ soȱdassȱ derȱ Versȱ engȱ mitȱ denȱ folȬ gendenȱ Versenȱ 41–43ȱ zuȱ verbindenȱ ist.ȱ Insgesamtȱ erklärenȱ sieȱ sichȱ alsȱ Konsequenzȱ ausȱ derȱ Ablehnungȱ Jesuȱ inȱ Israel,ȱ dieȱ inȱ denȱ Wortenȱ derȱ Pharisäerȱaufscheint.ȱȱ EinigeȱBeispieleȱverdeutlichenȱdiesenȱAssoziationszusammenhang.ȱ Dasȱ Motivȱ einesȱ schreiendenȱ Steinsȱ zeigtȱ sichȱ imȱ Kontextȱ vonȱ sündiȬ gemȱVerhalten,ȱwieȱHabȱ2,9–11ȱerweist:ȱ ȱ 9ȱ ȱ 10ȱ ȱ ȱ 11ȱ ȱ

Иȱȱ ϳȱΔΏΉΓΑΉΎΘЗΑȱΔΏΉΓΑΉΒϟ΅ΑȱΎ΅ΎχΑȱ ΘХȱΓϥΎУȱ΅ЁΘΓІȱ[…]ȱ πΆΓΙΏΉϾΗΝȱ΅ϢΗΛϾΑ΋ΑȱΘХȱΓϥΎУȱΗΓΙ,ȱȱ ΗΙΑΉΔνΕ΅Α΅ΖȱΏ΅ΓϿΖȱΔΓΏΏΓϾΖ,ȱȱ Ύ΅ϠȱπΒφΐ΅ΕΘΉΑȱψȱΜΙΛφȱΗΓΙаȱȱ Έ΍ϱΘ΍ȱΏϟΌΓΖȱπΎȱΘΓϟΛΓΙȱΆΓφΗΉΘ΅΍,ȱȱ Ύ΅ϠȱΎΣΑΌ΅ΕΓΖȱπΎȱΒϾΏΓΙȱΚΌν·ΒΉΘ΅΍ȱ ΅ЁΘΣ.ȱ

Wehe,ȱ derȱanhäuftȱBösesȱfürȱseinȱHausȱ[…]ȱ DuȱhastȱSchandeȱgeplantȱfürȱdeinȱHaus,ȱ hastȱvieleȱVölkerȱvernichtet,ȱ undȱdeineȱSeeleȱhatȱsichȱschuldigȱgemacht.ȱ DaherȱwirdȱderȱSteinȱausȱderȱMauerȱschreien,ȱ undȱderȱHolzbockȱwirdȱesȱausȱdemȱHolzȱ rufen.ȱ

ȱ Wichtigȱ istȱ schließlichȱ dieȱ Verwendungȱ desȱ Motivsȱ imȱ Kontextȱ einerȱ Warnungȱ bzw.ȱ apokalyptischerȱ Enderwartung.ȱ Einȱ Beispielȱ dafürȱ bieȬ tetȱVitJonaȱ10,8:217ȱ Undȱ erȱ (sc.ȱ Jona)ȱ gabȱ einȱ Zeichenȱ (ΘνΕ΅Ζ)ȱ überȱ Jerusalemȱ undȱ dieȱ ganzeȱ Erde:ȱ Wennȱ sieȱ einenȱ Steinȱ bitterlichȱ schreienȱ sähen,ȱ kommeȱ dasȱ Ende.ȱ Undȱ wennȱsieȱinȱJerusalemȱalleȱVölkerȱsähen,ȱ(bedeuteȱdas,)ȱdassȱdieȱStadtȱbisȱaufȱ denȱErdbodenȱvernichtetȱwirdȱgänzlich.ȱ

Womöglichȱkannȱauchȱderȱ„vielstimmigeȱRuf“ȱdesȱNachtsȱimȱTempel,ȱ denȱJosephusȱalsȱ„Vorzeichen“ȱderȱ„künftigenȱVerwüstung“ȱJerusalemȱ nenntȱ(Bell.ȱ6,5,3),ȱmitȱdenȱSteinenȱdesȱBauwerksȱverbundenȱwerden.ȱȱ Dieȱ Frage,ȱ obȱ derȱ „Verwendungszusammenhang“ȱ inȱ denȱ genannȬ tenȱ Stellenȱ tatsächlichȱ „ganzȱ anders“ȱ istȱ alsȱ beiȱ Lukas,ȱ wieȱ Michaelȱ Wolterȱ meint,218ȱ wirdȱ manȱ daherȱ verneinen.ȱ Dieȱ Redeȱ Jesuȱ wirdȱ nurȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 216ȱȱ Vgl.ȱWolter,ȱLk,ȱ632f.ȱ 217ȱȱ Übersetzungȱ nach:ȱ Schwemer,ȱ VitProph,ȱ 621;ȱ vgl.ȱ Schwemer,ȱ Vitaeȱ Prophetarumȱ undȱNT,ȱ222;ȱvgl.ȱauchȱ4ȱEsraȱ5,5.ȱ 218ȱȱ Vgl.ȱWolter,ȱLk,ȱ632.ȱ

ȱ

3.3ȱ Lkȱ19,28–48:ȱDerȱEinzugȱJesuȱinȱdieȱStadtȱJerusalemȱ

163ȱ

durchȱeinenȱkurzenȱErzählerkommentarȱunterbrochen,ȱumȱdannȱinȱeineȱ Wehklageȱ überȱ Jerusalemȱ fortzufahren,ȱ soȱ dassȱ sichȱ Anklängeȱ anȱ alleȱ vorgestelltenȱBeispieltexteȱaufweisenȱlassen.ȱImȱBlickȱaufȱdieȱobenȱvorȬ gestellteȱStrukturȱderȱVerseȱistȱdieȱganzeȱRedeȱJesuȱzuȱbeachten.ȱȱ AuchȱfürȱdieȱsichȱanschließendenȱWorteȱJesu,ȱdieȱeigentlicheȱRedeȱ überȱ dieȱ Stadt,ȱ lassenȱ sichȱ biblischeȱ Anknüpfungspunkteȱ finden.ȱ Soȱ scheintȱ Psalmȱ 122(121)ȱ genauȱ inȱ dieȱ Situationȱ geschriebenȱ zuȱ sein,ȱ inȱ derȱJesusȱdieȱStadtȱbetritt:ȱ ȱ 1ȱ ȱ 2ȱ ȱ 3ȱ ȱ 4ȱ ȱ

̈ЁΚΕΣΑΌ΋ΑȱπΔϠȱΘΓϧΖȱΉϢΕ΋ΎϱΗ΍ΑȱΐΓ΍ȱ ̈ϢΖȱΓϨΎΓΑȱΎΙΕϟΓΙȱΔΓΕΉΙΗϱΐΉΌ΅.ȱ οΗΘЗΘΉΖȱώΗ΅ΑȱΓϡȱΔϱΈΉΖȱψΐЗΑȱ πΑȱΘ΅ϧΖȱ΅ЁΏ΅ϧΖȱΗΓΙ,ȱ̌ΉΕΓΙΗ΅Ώ΋ΐ.ȱ ̌ΉΕΓΙΗ΅Ώ΋ΐȱΓϢΎΓΈΓΐΓΙΐνΑ΋ȱБΖȱΔϱΏ΍Ζȱ ϏΖȱψȱΐΉΘΓΛχȱ΅ЁΘϛΖȱπΔϠȱΘϲȱ΅ЁΘϱ.ȱ πΎΉϧȱ·ΤΕȱΦΑνΆ΋Η΅Αȱ΅ϡȱΚΙΏ΅ϟ,ȱ ΚΙΏ΅ϠȱΎΙΕϟΓΙȱΐ΅ΕΘϾΕ΍ΓΑȱΘХȱ̌ΗΕ΅΋Ώȱ

ȱ

ΘΓІȱπΒΓΐΓΏΓ·φΗ΅ΗΌ΅΍ȱΘХȱϴΑϱΐ΅Θ΍ȱ ΎΙΕϟΓΙаȱ ϵΘ΍ȱπΎΉϧȱπΎΣΌ΍Η΅ΑȱΌΕϱΑΓ΍ȱΉϢΖȱΎΕϟΗ΍Α,ȱ

5ȱ ȱ 6ȱ ȱ 7ȱ ȱ 8ȱ ȱ 9ȱ ȱ

ΌΕϱΑΓ΍ȱπΔϠȱΓϨΎΓΑȱ̇΅Ι΍Έ.ȱ πΕΝΘφΗ΅ΘΉȱΈχȱΘΤȱΉϢΖȱΉϢΕφΑ΋ΑȱΘχΑȱ ̌ΉΕΓΙΗ΅Ώ΋ΐ,ȱ Ύ΅ϠȱΉЁΌ΋Αϟ΅ȱΘΓϧΖȱΦ·΅ΔЗΗϟΑȱΗΉаȱ ·ΉΑνΗΌΝȱΈχȱΉϢΕφΑ΋ȱπΑȱΘϜȱΈΙΑΣΐΉ΍ȱΗΓΙȱ Ύ΅ϠȱΉЁΌ΋Αϟ΅ȱπΑȱΘ΅ϧΖȱΔΙΕ·ΓΆΣΕΉΗϟΑȱ ΗΓΙ.ȱ ρΑΉΎ΅ȱΘЗΑȱΦΈΉΏΚЗΑȱΐΓΙȱΎ΅ϠȱΘЗΑȱ ΔΏ΋ΗϟΓΑȱΐΓΙȱ πΏΣΏΓΙΑȱΈχȱΉϢΕφΑ΋ΑȱΔΉΕϠȱΗΓІаȱ ρΑΉΎ΅ȱΘΓІȱΓϥΎΓΙȱΎΙΕϟΓΙȱΘΓІȱΌΉΓІȱ ψΐЗΑȱ πΒΉΊφΘ΋Η΅ȱΦ·΅ΌΣȱΗΓ΍.ȱ

Ichȱfreuteȱmichȱüberȱdie,ȱdieȱmirȱsagten:ȱ ZumȱHausȱdesȱHerrnȱwollenȱwirȱgehen.ȱ EsȱstandenȱunsereȱFüßeȱ inȱdeinenȱVorhöfen,ȱJerusalem.ȱ Jerusalem,ȱerbautȱwieȱeineȱStadtȱ anȱderȱalleȱAnteilȱhaben.ȱ dennȱdortȱzogenȱdieȱStämmeȱhinauf,ȱ dieȱStämmeȱdesȱHerrnȱalsȱZeugnisȱfürȱ Israel,ȱ umȱdenȱNamenȱdesȱHerrnȱzuȱpreisen.ȱ DennȱdortȱstandenȱThroneȱfürȱdasȱGeȬ richt,ȱ ThroneȱaufȱdemȱHausȱDavids.ȱ Bittetȱdochȱfürȱdas,ȱwasȱJerusalemȱFriedenȱ bringtȱ undȱWohlergehenȱdenen,ȱdieȱdichȱlieben.ȱ EsȱwerdeȱdochȱFriedeȱdurchȱdeineȱMacht,ȱ undȱWohlergehenȱinȱdeinenȱTurmfestunȬ gen.ȱ WegenȱmeinerȱBrüderȱundȱNächstenȱ sprachȱichȱnunȱvomȱFriedenȱbeiȱdir.ȱ wegenȱdesȱHausesȱdesȱHerrn,ȱunseresȱ Gottes,ȱ suchteȱichȱGutesȱfürȱdich.ȱ

ȱ Auchȱ Jesusȱ stehtȱ kurzȱ vorȱ Jerusalemȱ undȱ hatȱ denȱ Tempelȱ alsȱ Zielȱ festȱ imȱBlickȱ(vgl.ȱV.ȱ45–48).ȱDochȱerweistȱsichȱdieȱRedeȱinȱ19,42–44ȱinȱgeȬ wisserȱ Hinsichtȱ alsȱ Gegenentwurfȱ zumȱ Psalm.ȱ Dieȱ Bitteȱ umȱ denȱ FrieȬ denȱ fürȱ Jerusalemȱ (Psȱ 121,6ȱ [LXX]:ȱ ΘΤȱ ΉϢΖȱ ΉϢΕφΑ΋Αȱ ΘχΑȱ ̌ΉΕΓΙΗ΅Ώ΋ΐ)ȱ gehtȱnachȱLkȱ19,42ȱ(ΘΤȱΔΕϲΖȱΉϢΕφΑ΋Αȱ[…]ȱπΎΕϾΆ΋ȱΦΔϲȱϴΚΌ΅ΏΐЗΑȱΗΓΙ)ȱ insȱ Leere.ȱ Dieȱ Zerstörungȱ derȱ Stadtȱ prägtȱ denȱ Einzug.ȱ Dieȱ AnkündiȬ gungȱ trägtȱ sichȱ durchȱ dieȱ folgendenȱ Kapitelȱ (vgl.ȱ 21,5.20–24;ȱ 23,28).ȱ Sehrȱ deutlichȱ wirdȱ hier,ȱ dassȱ dasȱ Geschickȱ Jesuȱ inȱ Jerusalemȱ undȱ dasȱ Geschickȱ Jerusalemsȱ fürȱ Lukasȱ theologischȱ zuammengehören.ȱ AufȬ

164ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

grundȱ derȱ Blindheitȱ derȱ Stadtȱ trifftȱ sieȱ dasȱ Gericht.ȱ Dochȱ wirdȱ Lukasȱ dabeiȱ imȱ Folgendenȱ viertenȱ Hauptteilȱ deutlichȱ zwischenȱ denȱ Führernȱ undȱdemȱVolkȱunterscheiden.219ȱ EinȱweitererȱBezugȱergibtȱsichȱauchȱausȱdiesenȱVersenȱzurȱPerikopeȱ Lkȱ13,31–35.ȱWennȱJesusȱvorȱderȱProphetieȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusaȬ lemsȱinȱVersȱ43f.ȱanklagt,ȱdassȱdieȱStadtȱihrȱHeilȱnichtȱerkanntȱhabeȱundȱ diesȱ „vorȱ deinenȱ (=ȱ Jerusalems)ȱ Augenȱ verborgen“ȱ (Lkȱ 19,42:ȱ πΎΕϾΆ΋ȱ ΦΔϲȱ ϴΚΌ΅ΏΐЗΑȱ ΗΓΙ)ȱ sei,ȱ dannȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ einenȱ Kommentarȱ zumȱUnmutȱderȱPharisäer,ȱdie,ȱalsȱparadigmatischeȱPersonenȱdesȱVolȬ kesȱIsraelȱ(ebensoȱgiltȱdieȱStadtȱJerusalemȱalsȱBildȱfürȱIsraelȱsowieȱdasȱ Volk),ȱdasȱKönigtumȱJesuȱnichtȱanerkennen.ȱDerȱGrund,ȱweshalbȱdiesȱ allesȱvorȱdenȱAugenȱIsraelsȱverborgenȱist,ȱwirdȱhierȱnichtȱgenannt.ȱBeiȱ allerȱVerantwortungȱderȱMenschenȱlässtȱdieȱpassivischeȱFormulierungȱ stetsȱauchȱdieȱPerspektiveȱaufȱdenȱunerforschlichenȱGottȱoffen.ȱ

3.3.6ȱErtragȱ Hinweiseȱ fürȱ dasȱ lukanischeȱ Verständnisȱ gibtȱ dieȱ Beobachtung,ȱ dassȱ beiȱ ihmȱ nurȱ dieȱ Jüngerȱ inȱ denȱ Rufȱ einstimmen,ȱ währendȱ dieȱ inȱ V.ȱ 39ȱ überraschendȱundȱnurȱimȱDrittenȱEvangeliumȱauftauchendenȱPharisäȬ er,ȱ dieȱ alsȱ Gegenspielerȱ derȱ Jüngerȱ anzusehenȱ sind,ȱ sichȱ ausdrücklichȱ dagegenȱwenden.ȱWährendȱdieȱJünger,ȱdieȱanȱJesusȱglauben,ȱdieȱmessiȬ anischeȱ Begrüßungȱ schonȱ beimȱ Einzugȱ inȱ Jerusalemȱ antizipierenȱ (Lkȱ 19,38),ȱ stehtȱ derȱ Glaubenȱ großerȱ Teileȱ desȱ Volkesȱ –ȱ narrativȱ vertretenȱ durchȱ dieȱ Erzählfigurȱ derȱ Pharisäerȱ –ȱ nochȱ aus.ȱ Zumȱ Zeitpunktȱ desȱ irdischenȱ Wirkensȱ Jesuȱ „sehen“ȱ sieȱ seineȱ Messianitätȱ (andersȱ alsȱ z.ȱ B.ȱ derȱ alteȱ Simeonȱ imȱ Tempel)ȱ nochȱ nicht,ȱ sondernȱ werdenȱ diesȱ erstȱ beiȱ seinerȱWiederkunftȱtunȱ(vgl.ȱApgȱ3,20).ȱDieȱMöglichkeit,ȱdassȱzuȱeinemȱ späterenȱZeitpunktȱauchȱdieȱPharisäerȱbzw.ȱdasȱVolkȱzurȱGemeindeȱderȱ Jüngerȱ gehörenȱ werden,ȱ wennȱ sieȱ inȱ dasȱ Bekenntnisȱ einstimmen,ȱ istȱ damitȱnichtȱausgeschlossen.220..ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 219ȱȱ WährendȱdasȱVolkȱeinȱdurchausȱpositivesȱVerhältnisȱzuȱJesusȱhat,ȱbetreibenȱdessenȱ FührerȱJesuȱBeseitigung;ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.1.ȱ 220ȱȱ Dazuȱ passtȱ auch,ȱ dassȱ Lukasȱ dieȱ FeigenbaumȬErzählungȱ ausȱ Mkȱ 11,12–14.20–25ȱ tilgt,ȱ dieȱ sichȱ symbolischȱ aufȱ Israelȱ beziehenȱ ließe;ȱ vgl.ȱ dazuȱ Kinman,ȱ Lucanȱ Eschatology,ȱ 678:ȱ „Theȱ figȱ treeȱ account,ȱ however,ȱ couldȱ easilyȱ haveȱ beenȱ takenȱ toȱ meanȱthatȱGodȱhadȱputȱanȱendȱtoȱhisȱdealingsȱwithȱIsraelȱwithȱtheȱeventsȱofȱ70ȱ CE.“;ȱ erȱ verknüpftȱ dieȱ Beobachtungȱ derȱ lukanischenȱ Ersetzungȱ derȱ Erzählungȱ durchȱ dasȱ prophetischeȱWortȱLkȱ19,41–44ȱmitȱdemȱHinweis,ȱ„thatȱtheȱLucanȱtheologyȱatȱleastȱ offersȱtheȱpossibilityȱofȱaȱfutureȱhopeȱforȱIsrael“ȱ(678).ȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

165ȱ

Wasȱ dieȱ Jüngerȱ beimȱ Einzugȱ Jesuȱ inȱ Jerusalemȱ antizipieren,ȱ stehtȱ fürȱdenȱ„nichtȬsehenden“ȱTeilȱIsraelsȱnochȱaus.ȱEsȱhandeltȱsichȱalsoȱbeiȱ derȱErzählungȱvomȱEinzugȱumȱeineȱteilweiseȱEinlösungȱderȱProphezeiungȱ Jesuȱausȱ13,35.ȱÜberȱdieȱendgültigeȱEinlösungȱerfahrenȱwirȱnichtsȱKonȬ kretes.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ eineȱ weitereȱ „Leerstelle“ȱ imȱ lukanischenȱ Werk,ȱdieȱoffenȱistȱfürȱdieȱHoffnungȱaufȱzukünftigesȱHeilȱfürȱIsrael.ȱ RückwirkendȱerlaubtȱunserȱTextȱnunȱauchȱeineȱkonkretereȱDeutungȱ derȱ Versesȱ Lkȱ 13,35.ȱ Dennȱ inȱ Lkȱ 19,37–40ȱ wirdȱ nochȱ einmalȱ plastischȱ deutlichȱ gemacht,ȱ dassȱ dasȱ Psalmzitatȱ alsȱ (eschatologischer)ȱ WillkomȬ mensgrußȱ fürȱ denȱ Messiasȱ aufzufassenȱ ist.ȱ Soȱ ergibtȱ sichȱ auchȱ eineȱ „rückwirkende“ȱ Anwendungȱ dieserȱ Interpretationȱ aufȱ denȱ Textȱ inȱ Lkȱ 13,ȱderȱfürȱsichȱgenommenȱnichtȱdirektȱaufȱdieȱParusieȱverweist.221ȱLuȬ kasȱ hatȱ hierȱ wieȱ auchȱ anȱ anderenȱ Stellenȱ dieȱ Gesamtlektüreȱ seinesȱ Werkesȱ vorausgesetzt.ȱ Dieȱ häufigeȱ Feststellung,ȱ dassȱ esȱ sichȱ beiȱ Lkȱ 13,34f.ȱumȱeinenȱ„dunklenȱVers“ȱhandle,ȱistȱvonȱLukasȱdurchausȱbeabȬ sichtigt.ȱ Derȱ zunächstȱ geheimnisvolleȱ Spruchȱ überȱ dasȱ „Verlassenȱ desȱ Hauses“ȱ undȱ dasȱ darauffolgendeȱ Zitatȱ ausȱ Psȱ 118ȱ werdenȱ erstȱ durchȱ dieȱWiederaufnahmeȱinȱLkȱ19,38ȱundȱdieȱVerdeutlichungȱinȱLkȱ19,40– 44ȱ undȱ 21,20–24ȱ verständlich.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ beiȱ demȱ BenedictusȬRufȱ tatsächlichȱ umȱ dieȱ messianischeȱ Anerkennungȱ Jesu.ȱ Dasȱ „verlasseneȱ Haus“ȱhingegenȱverweistȱaufȱdieȱZerstörungȱvonȱStadtȱundȱTempelȱimȱ Jahrȱ70,ȱwieȱderȱLeserȱnunȱerfährt.ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱ Jerusalemsȱ Einȱweiteresȱ„Fenster“ȱinȱdieȱZukunftȱIsraelsȱöffnetȱLukasȱunsȱinȱseinerȱ Versionȱ derȱgroßenȱ Endzeitredeȱ Jesuȱkurzȱ vorȱ Beginnȱ derȱ PassionsgeȬ schichteȱ (Lkȱ 21,5–36).ȱ Vonȱ besondererȱ Bedeutungȱ fürȱ unserȱ Themaȱ istȱ hierȱ dieȱ WeissagungȱüberȱJerusalem,ȱdieȱ sichȱ etwaȱinȱ derȱ Mitteȱ dieserȱ Redeȱbefindetȱ(Lkȱ21,20–24).ȱȱ

3.4.1ȱDerȱTextȱ Dieȱ Verseȱ sindȱ Teilȱ derȱ letztenȱ öffentlichenȱ Redeȱ Jesuȱ imȱ Jerusalemerȱ Tempel.ȱ Aufgrundȱ ihresȱ konkretenȱ Bezugsȱ aufȱ dieȱ Stadtȱ Jerusalemȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 221ȱȱ Dieȱ Deutungȱ aufȱ dieȱ Parusieȱ wirdȱ daherȱ auchȱ vonȱ manchenȱ Auslegernȱ zurückgeȬ wiesen,ȱsoȱSchweizer,ȱLk,ȱ152.ȱ

166ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

(V.ȱ20.24)ȱ lassenȱ sieȱ sichȱ vonȱ denȱ umliegendenȱ Versenȱ unterscheiden,ȱ sindȱaberȱfestȱimȱGesamtkontextȱderȱRedeȱverankert.ȱ ȱ 20ȱ



ȱ ȱ

bȱ cȱ

21ȱ



ȱ



ȱ



22ȱ ȱ

aȱ bȱ

23ȱ ȱ

aȱ bȱ

ȱ



ȱ 24ȱ

dȱ aȱ

ȱ



ȱ



ȱ



ͣΘ΅ΑȱΈξȱϥΈ΋ΘΉȱΎΙΎΏΓΙΐνΑ΋ΑȱЀΔϲȱ ΗΘΕ΅ΘΓΔνΈΝΑȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ,ȱȱ ΘϱΘΉȱ·ΑЗΘΉȱȱ ϵΘ΍ȱό··΍ΎΉΑȱψȱπΕφΐΝΗ΍Ζȱ΅ЁΘϛΖ.ȱȱ ΘϱΘΉȱΓϡȱπΑȱΘϜȱ͑ΓΙΈ΅ϟθȱȱ ΚΉΙ·νΘΝΗ΅ΑȱΉϢΖȱΘΤȱϷΕ΋ȱȱ Ύ΅ϠȱΓϡȱπΑȱΐνΗУȱ΅ЁΘϛΖȱȱ πΎΛΝΕΉϟΘΝΗ΅Αȱȱ Ύ΅ϠȱΓϡȱπΑȱΘ΅ϧΖȱΛЏΕ΅΍Ζȱȱ ΐχȱΉϢΗΉΕΛνΗΌΝΗ΅ΑȱΉϢΖȱ΅ЁΘφΑ,ȱȱ ϵΘ΍ȱψΐνΕ΅΍ȱπΎΈ΍ΎφΗΉΝΖȱ΅ЈΘ΅ϟȱΉϢΗ΍Αȱȱ ΘΓІȱΔΏ΋ΗΌϛΑ΅΍ȱΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱ ·Ή·Ε΅ΐΐνΑ΅.ȱȱ ΓЁ΅ϠȱΘ΅ϧΖȱπΑȱ·΅ΗΘΕϠȱπΛΓϾΗ΅΍Ζȱȱ Ύ΅ϠȱΘ΅ϧΖȱΌ΋Ώ΅ΊΓϾΗ΅΍ΖȱπΑȱπΎΉϟΑ΅΍Ζȱ Θ΅ϧΖȱψΐνΕ΅΍Ζȉȱȱ σΗΘ΅΍ȱ·ΤΕȱΦΑΣ·Ύ΋ȱΐΉ·ΣΏ΋ȱπΔϠȱΘϛΖȱ ·ϛΖȱȱ Ύ΅ϠȱϴΕ·χȱΘХȱΏ΅ХȱΘΓϾΘУ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΔΉΗΓІΑΘ΅΍ȱȱ ΗΘϱΐ΅Θ΍ȱΐ΅Λ΅ϟΕ΋Ζȱȱ Ύ΅Ϡȱ΅ϢΛΐ΅ΏΝΘ΍ΗΌφΗΓΑΘ΅΍ȱȱ ΉϢΖȱΘΤȱσΌΑ΋ȱΔΣΑΘ΅,ȱȱ Ύ΅Ϡȱ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱσΗΘ΅΍ȱΔ΅ΘΓΙΐνΑ΋ȱȱ ЀΔϲȱπΌΑЗΑ,ȱȱ ΩΛΕ΍ȱΓЈȱΔΏ΋ΕΝΌЗΗ΍ΑȱΎ΅΍ΕΓϠȱ πΌΑЗΑ.ȱȱ

WennȱihrȱaberȱJerusalemȱvonȱLegionenȱ umzingeltȱseht,ȱ dannȱwisst,ȱ dassȱseineȱVerwüstungȱnaheȱherangeȬ kommenȱist.ȱ Dannȱsollenȱdie,ȱdieȱinȱJudäaȱsind,ȱȱ inȱdieȱBergeȱfliehen,ȱ undȱdie,ȱdieȱinȱihrerȱ(=ȱJerusalems)ȱ Mitteȱsind,ȱauswandern,ȱ undȱdie,ȱdieȱaufȱdemȱLandȱsind,ȱȱ sollenȱnichtȱinȱsieȱhineingehen,ȱ dennȱdiesesȱsindȱTageȱderȱBestrafung,ȱ damitȱalles,ȱwasȱgeschriebenȱist,ȱerfülltȱ wird.ȱ WeheȱdenȱSchwangerenȱ undȱdenȱStillendenȱinȱjenenȱTagen!ȱ DennȱesȱwirdȱgroßeȱBedrängnisȱaufȱderȱ Erdeȱseinȱ undȱZornȱdiesemȱVolkȱgegenüber.ȱ UndȱsieȱwerdenȱzuȱBodenȱgestrecktȱ werdenȱdurchȱdenȱMundȱdesȱSchwerȬ tes,ȱ undȱsieȱwerdenȱgefangenȱweggeführtȱ werdenȱinȱalleȱHeidenvölkerȱ undȱJerusalemȱwirdȱzertretenȱwerdenȱ vonȱHeidenvölkern,ȱ bisȱdieȱZeitenȱderȱHeidenvölkerȱerfülltȱ sind.ȱ

ȱ Derȱ textkritischeȱ Befundȱ lenktȱ dieȱ Aufmerksamkeitȱ vorȱ allemȱ aufȱ denȱ abschließendenȱ V.ȱ 24.ȱ Derȱ Codexȱ Vaticanusȱ (B)ȱ ergänztȱ vorȱ denȱ Ύ΅΍ΕΓϠȱ πΌΑЗΑȱ einȱ Ύ΅Ϡȱ σΗΓΑΘ΅΍,ȱ wodurchȱ sichȱ derȱ Schlusssatzȱ aufspaltetȱ undȱ Fragenȱ aufwirft:ȱ „[…]ȱ bisȱ sieȱ erfülltȱ werdenȱ undȱ Zeitenȱ derȱ HeiȬ den(völker)ȱ seinȱ werden“.ȱ Entsprechendȱ ergänzenȱ einzelneȱ offenbarȱ davonȱ abhängigeȱ Zeugenȱ (Lȱ892.ȱ1241ȱbo)ȱ nochȱ einȱ zweitesȱ Ύ΅΍ΕΓϟȱ (ΩΛΕ΍ȱΓЈȱΔΏ΋ΕΝΌЗΗ΍ΑȱΎ΅΍ΕΓϠȱΎ΅ϠȱσΗΓΑΘ΅΍ȱΎ΅΍ΕΓϠȱπΌΑЗΑ).ȱInȱDȱhingeȬ genȱfehlenȱdieȱΎ΅΍ΕΓϠȱπΌΑЗΑȱganz.ȱMitȱTheodorȱZahnȱlassenȱsichȱzwarȱ dieȱ Variantenȱ vonȱ Bȱ undȱ Dȱ mitȱ Blickȱ aufȱ V.ȱ 25,ȱ derȱ mitȱ Ύ΅Ϡȱ σΗΓΑΘ΅΍ȱ beginntȱerklären.ȱEsȱlägeȱdannȱfürȱBȱeinȱversehentlichesȱdoppeltesȱAbȬ schreibenȱ vorȱ (Dittographie),ȱ währendȱ dieȱ Tilgungȱ inȱ Dȱ alsȱ „Abirrenȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

167ȱ

desȱ Augesȱ vonȱ Ύ΅΍ΕΓϟȱ zuȱ Ύ΅Ϡȱ σΗΓΑΘ΅΍“222ȱ erklärbarȱ wäre.ȱ Trotzdemȱ stelltȱsichȱdieȱFrage,ȱobȱdieȱÄnderungenȱnichtȱauchȱaufȱsachlicheȱUnterȬ schiedeȱ imȱ Textverständnisȱ derȱ Abschreiberȱ hinweisenȱ könnten.ȱ ImȬ merhinȱ veranlassenȱ sieȱ dazu,ȱ V.ȱ 24ȱ besondereȱ Aufmerksamkeitȱ zuȱ widmen.ȱ

3.4.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ Dieȱsogenannteȱ„großeȱEndzeitrede“223ȱJesu,ȱausȱderȱdieȱvierȱzuȱunterȬ suchendenȱ Verseȱ stammen,ȱ stehtȱ beiȱ Lukasȱ amȱ Endeȱ derȱ öffentlichenȱ Lehrtätigkeitȱ Jesusȱ imȱ Tempelȱ undȱ damitȱ kurzȱ vorȱ Beginnȱ derȱ PassiȬ onserzählung.ȱ Sieȱ knüpftȱ sachlichȱ inȱ verschiedenerȱ Hinsichtȱ anȱ dieȱ kleinereȱeschatologischeȱ Redeȱ inȱ Lkȱ17,22–35ȱ an.224ȱ Dortȱ hatteȱ Jesusȱ zuȱ seinenȱ Jüngernȱ vonȱ denȱ Ereignissenȱ „inȱ denȱ Tagenȱ desȱ MenschensohȬ nes“ȱ(Lkȱ17,26:ȱπΑȱΘ΅ϧΖȱψΐνΕ΅΍ΖȱΘΓІȱΙϡΓІȱΘΓІȱΦΑΌΕЏΔΓΙ)ȱgesprochen,ȱ indemȱerȱaufȱErzählungenȱausȱdemȱBuchȱGenesisȱ(Noah,ȱLot)ȱzurückȬ griff.ȱDasȱMaterialȱdieserȱ„erstenȱEndzeitrede“ȱstammtȱausȱdemȱeschaȬ tologischenȱ Schlussabschnittȱ derȱ Logienquelle.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ dabeiȱ umȱeinzelneȱapokalyptischeȱMotiveȱimȱGefolgeȱderȱBotschaftȱJesu,ȱdieȱ jedochȱkeinenȱstrukturiertenȱGeschehensablaufȱerkennenȱlassen.225ȱ Imȱ Unterschiedȱ dazuȱ bietetȱ dieȱ hierȱ zuȱ betrachtendeȱ zweiteȱ Rede,ȱ dieȱ sichȱ anȱ Mkȱ 13ȱ alsȱ Vorlageȱ anlehnt,ȱ mehrereȱ Perspektiven,ȱ dieȱ aufȱ dieȱ Darstellungȱ einesȱ eschatologischenȱ „Geschehensablaufs“ȱ hindeuȬ ten,ȱ wenngleichȱ vorȱ konkretenȱ Berechnungenȱ undȱ einemȱ ausuferndenȱ Endzeitenthusiasmusȱ gewarntȱ wird.ȱ Inȱ dieserȱ Redeȱ ist,ȱ diesmalȱ vorȱ demȱ ganzenȱ Volkȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Lehrtätigkeitȱ Jesuȱ imȱ Jerusalemerȱ Tempel,ȱvonȱBegebenheitenȱdieȱRede,ȱwelcheȱdemȱKommenȱdesȱMenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 222ȱȱ Zahn,ȱLk,ȱ655.ȱ 223ȱȱ Schneider,ȱ Lkȱ II,ȱ 414.ȱ Dabeiȱ handeltȱ esȱ sichȱ wieȱ bereitsȱ erwähntȱ umȱ dieȱ Verseȱ Lkȱ 21,5–36.ȱ Gelegentlichȱ wirdȱ auchȱ vonȱ derȱ „zweitenȱ Endzeitrede“ȱ (nachȱ derȱ „erstenȱ Endzeitrede“ȱausȱ17,22–35)ȱgesprochen,ȱvgl.ȱEckey,ȱLkȱII,ȱ847f.;ȱmitȱLkȱ12,35–48ȱlässtȱ sichȱfreilichȱnochȱeineȱdritteȱeschatologischeȱRedeȱanführen.ȱ 224ȱȱ WährendȱfürȱLkȱ21,5–36ȱdieȱeschatologischeȱRedeȱausȱMkȱ13ȱalsȱVorlageȱanzusehenȱ ist,ȱstammtȱdasȱMaterialȱfürȱLkȱ17,22–35ȱwahrscheinlichȱausȱderȱLogienquelle.ȱSachȬ licheȱAnknüpfungspunkteȱzwischenȱdiesenȱRedenȱsindȱdieȱWarnungȱvorȱVerführernȱ (Lkȱ 17,23;ȱ 21,8)ȱ oderȱ dasȱ unübersehbareȱ Kommenȱ desȱ Menschensohnesȱ (Lkȱ 17,24;ȱ 21,27).ȱMatthäusȱhatȱdasȱMaterialȱinȱKap.ȱ24ȱzusammengefasst.ȱ 225ȱȱ Vgl.ȱHahn,ȱApokalyptik,ȱ121.ȱDiesenȱUnterschiedȱbenenntȱauchȱLöning,ȱGeschichtsȬ werkȱII,ȱ220f.:ȱWährendȱesȱinȱderȱ„kleinen“ȱEndzeitredeȱ„umȱdasȱInterimȱzwischenȱ Passionȱ undȱ Parusieȱ alsȱ Zeitȱ derȱ Bewährungȱ desȱ Glaubensȱ derȱ Schülerȱ Jesu“ȱ geht,ȱ wirdȱ inȱ derȱ „großen“ȱ Endzeitredeȱ „dieselbeȱ Zeitȱ zwischenȱ Passionȱ undȱ Parusieȱ inȱ universalgeschichtlicherȱPerspektiveȱbeleuchtet“.ȱ

168ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

schensohnesȱ(Lkȱ21,27)ȱvorausliegenȱbzw.ȱmitȱdiesemȱKommenȱeinherȬ gehen.ȱ Dabeiȱ zeigtȱ sichȱ eineȱ bewusstȱ komponierteȱ Reihenfolgeȱ (etwaȱ durchȱdasȱeingeschobeneȱ„vorȱdiesemȱallenȱaber“ȱinȱ21,12),ȱinȱderȱsichȱ auchȱ dieȱ Hörerȱ verortenȱ können.ȱ Zuȱ diesemȱ Geschehensablaufȱ gehörtȱ nachȱ einemȱ apokalyptischenȱ Einstiegȱ (21,10f.)ȱ undȱ derȱ Beschreibungȱ vonȱVerfolgungenȱ(21,12–19)ȱauchȱexplizitȱdieȱBelagerungȱundȱEroberungȱ Jerusalemsȱ (Lkȱ 21,20–24).226ȱ Gegenüberȱ derȱ markinischenȱ Vorlageȱ werȬ denȱ hierȱ dieȱ Ereignisseȱ desȱ Jahresȱ 70ȱ n.ȱ Chr.ȱ deutlichȱ beschrieben.ȱ Imȱ Anschlußȱ daranȱ folgenȱ inȱ apokalyptischerȱ Spracheȱ Voraussagenȱ Jesuȱ überȱ dieȱ Wiederkunftȱ desȱ Menschensohnesȱ (21,25–27)ȱ undȱ schließlichȱ dieȱ Ankündigungȱ derȱ Erlösungȱ(21,28:ȱ ΦΔΓΏϾΘΕΝΗ΍Ζ).ȱ Dasȱdaraufȱ folȬ gendeȱ Gleichnisȱ vomȱ Feigenbaumȱ übernimmtȱ Lukasȱ vonȱ Markusȱ (21,29–33)ȱ undȱ endetȱ mitȱ derȱ Aufforderungȱ zurȱ Wachsamkeitȱ (21,34– 36).ȱ

3.4.2.1ȱZuȱGliederungȱundȱCharakterȱderȱEndzeitredeȱ Insgesamtȱ bietetȱ sichȱ eineȱ Dreiteilungȱ an,ȱ dieȱ dieȱ vonȱ Lukasȱ redaktioȬ nellȱergänztenȱerzählerischenȱNeuansätze227ȱinȱdenȱVersenȱ10–29ȱfürȱdieȱ Gliederungȱ derȱ Redeȱ berücksichtigt.228ȱ Gegenüberȱ anderenȱ GliedeȬ rungsvorschlägen229ȱ wirdȱ durchȱ eineȱ solcheȱ Strukturȱ derȱ MittelȬȱ undȱ HauptteilȱderȱRedeȱauchȱformalȱzusammengehalten,ȱsoȱdassȱgewisserȬ maßenȱeineȱ„Chronologie“ȱderȱEreignisseȱerkennbarȱwird.ȱ ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 226ȱȱ DeutlicherȱalsȱMkȱundȱMtȱhatȱLkȱdieseȱVerseȱimȱRückblickȱaufȱdieȱGeschehnisseȱdesȱ Jahresȱ70ȱn.ȱChr.ȱ(dieȱBelagerung,ȱEroberungȱundȱVerwüstungȱJerusalemsȱdurchȱdieȱ römischenȱHeereȱunterȱTitus)ȱformuliert.ȱSoȱerklärenȱsichȱauchȱdieȱauffallendenȱAbȬ weichungenȱvonȱderȱMkȬVorlage.ȱ 227ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Löning,ȱ Geschichtswerkȱ II,ȱ 220:ȱ „Lukasȱ hatȱ seineȱ Gliederungȱ derȱ Redeȱ gegenüberȱ derȱ MarkusȬVersionȱ durchȱ Erzähleinschnitteȱ (Vȱ 10aȱ undȱ Vȱ 29a)ȱ marȬ kiert.“ȱ 228ȱȱ Vgl.ȱetwaȱKlein,ȱLk,ȱ643,ȱderȱdieseȱAufteilungȱvorschlägt,ȱwobeiȱerȱdenȱdrittenȱAbȬ schnittȱinȱzweiȱTeileȱ(21,29–33;ȱ21,34–36)ȱuntergliedert.ȱDieȱDreiteilungȱvertrittȱdageȬ genȱauchȱLöning,ȱGeschichtswerkȱII,ȱ220,ȱderȱjedochȱdenȱerstenȱTeilȱerstȱinȱ21,8bȱbeȬ ginnenȱlässt.ȱ 229ȱȱ Vgl.ȱ etwaȱ Eckey,ȱ Lkȱ II,ȱ 848,ȱ derȱ siebenȱ Teileȱ abgrenzt:ȱ 5–6/7–11/12–19/20–24/25– 28/29–33/34–36;ȱ genausoȱ Schneider,ȱ Lkȱ II,ȱ 414–433;ȱ etwasȱ andersȱ Zmijewski,ȱ Eschatologiereden,ȱ 69:ȱ 5–7/8–11/12–19/20–24/25–28/29–31/32–33/34–36.ȱ Esȱ fälltȱ auf,ȱ dassȱvorȱallemȱdieȱGliederungȱderȱAnfangsverseȱumstrittenȱist,ȱwährendȱderȱmittlereȱ Teilȱ derȱ Redeȱ stetsȱ inȱ mehrereȱ Teileȱ aufgetrenntȱ wird;ȱ dieseȱ unterscheidenȱ sichȱ jeȬ dochȱauffälligȱvomȱCharakterȱdesȱEinleitungsȬȱundȱSchlussteils.ȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

169ȱ

Lkȱ21,5–9ȱ

Einleitungȱ(ZweiteiligerȱEinstiegsdialog)ȱ

ȱ

V.ȱ5–6:ȱBemerkungȱüberȱdieȱGrößeȱundȱSchönheitȱdesȱTempelsȱundȱJesuȱ AnkündigungȱderȱVernichtungȱ V.ȱ7–9:ȱFrageȱnachȱdemȱVorzeichenȱderȱZerstörungȱundȱJesuȱWarnungȱ vorȱVerführernȱ

ȱ

Lkȱ21,10–28ȱ

Hauptteilȱ(RedeȱüberȱdieȱzukünftigenȱGeschehnisseȱinȱ4ȱTeilen)ȱ

ȱ

V.ȱ10f.:ȱDieȱapokalyptischenȱGeschehnisseȱdesȱEndesȱ(Kriege,ȱNaturkaȬ tastrophen,ȱHimmelszeichen)ȱ V.ȱ12–19:ȱDieȱvorangehendenȱinnergeschichtlichenȱEreignisse:ȱVerfolȬ gungen,ȱAusdauerȱderȱChristenȱ V.ȱ20–24:ȱDieȱinnergeschichtlicheȱStrafeȱüberȱIsrael:ȱDieȱZerstörungȱ Jerusalemsȱ V.ȱ25–28:ȱDieȱapokalyptischenȱGeschehnisseȱinȱZusammenhangȱmitȱderȱ ParusieȱundȱderȱEnderlösungȱ

ȱ ȱ ȱ

Lkȱ21,29–36ȱ

Schlussȱ(Gleichnis,ȱDeutungȱundȱabschließendeȱMahnungen)ȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ

V.ȱ29–30:ȱDasȱGleichnisȱvomȱFeigenbaumȱ V.ȱ31:ȱDieȱÜbertragungȱaufȱdieȱZuhörerȱ V.ȱ32–33:ȱVersicherungȱderȱZuverlässigkeitȱderȱWorteȱJesuȱ V.ȱ34–36:ȱMahnungȱzuȱWachsamkeitȱundȱGebetȱ

ȱ DerȱTeilȱ21,20–24ȱistȱzwarȱeinȱeigenständigerȱAbschnittȱderȱRede,ȱdochȱ istȱerȱsprachlichȱdurchȱdasȱinȱ21,25ȱanschließendeȱschlichteȱΎ΅ϟȱmitȱdemȱ folgendenȱsachlichȱverbunden.ȱDieȱRedeȱJesuȱantwortetȱaufȱeineȱFrageȱ ausȱ derȱ Volksmenge,ȱ woranȱ dieȱ Zeitȱ derȱ Tempelzerstörungȱ zuȱ erkenȬ nenȱ sei.ȱ Indemȱ erȱ dabeiȱ auchȱ inȱ immerhinȱ vierȱ Versenȱ aufȱ dieȱ ZerstöȬ rungȱJerusalemsȱeingeht,ȱundȱanschließendȱdieȱLinienȱbisȱaufȱdieȱWieȬ derkunftȱdesȱMenschensohnesȱaufȱdenȱWolkenȱdesȱHimmelsȱ(Lkȱ21,27)ȱ auszieht,ȱ verleihtȱ erȱ derȱ gesamtenȱ Thematikȱ einenȱ eschatologischenȱ Hintergrund.ȱ Insgesamtȱ hatȱ Lukasȱ dieȱ Endzeitredeȱ soȱ gestaltet,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ Voraussagenȱ Jesuȱ zurȱ Zeitȱ derȱ Veröffentlichungȱ desȱ Drittenȱ EvangeliumsȱinȱeinigenȱTeilenȱbereitsȱerfülltȱhaben.ȱ DasȱgiltȱnichtȱnurȱfürȱdenȱFallȱJerusalemsȱinȱLkȱ21,20–24.ȱWieȱdieȱBegebenȬ heitenȱinȱderȱApostelgeschichteȱzeigen,ȱsindȱauchȱdieȱVerfolgungen,ȱdieȱinȱ 21,12–19ȱ thematisiertȱ werden,ȱ inzwischenȱ eingetreten.ȱ Dasȱ Schicksalȱ desȱ Stephanusȱ istȱ dafürȱ exemplarisch:ȱ Seineȱ Gegnerȱ könnenȱ seinerȱ Weisheitȱ (Lkȱ 21,15;ȱ Apgȱ 6,10:ȱ ΗΓΚϟ΅)ȱ nichtȱ widerstehenȱ (Lkȱ 21,15;ȱ Apgȱ 6,10:ȱ ΦΑΘ΍ΗΘϛΑ΅΍),ȱumȱdesȱNamensȱJesuȱwillenȱ(Lkȱ21,12ȱvgl.ȱApgȱ6,14)ȱwirdȱerȱ vorȱ Gerichtȱ gestelltȱ (Lkȱ 21,12ȱ vgl.ȱ Apgȱ 6,12)230ȱ undȱ legtȱ Zeugnisȱ abȱ (Lkȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 230ȱȱ Währendȱ Jesusȱ inȱ Lkȱ 21,12ȱ davonȱ spricht,ȱ dassȱ dieȱ Gläubigenȱ „vorȱ dieȱ SynagoȬ gen(gerichte)“ȱ (ΉϢΖȱ ΘΤΖȱ ΗΙΑ΅·Ν·ΣΖ)ȱ gebrachtȱ werden,ȱ führenȱ dieȱ Gegnerȱ desȱ SteȬ phanusȱdiesenȱvorȱdenȱHohenȱRatȱ(Apgȱ6,12:ȱΉϢΖȱΘϲȱΗΙΑνΈΕ΍ΓΑ).ȱDasȱinȱderȱApgȱerȬ zählteȱ Vorgehenȱ gegenȱ Stephanusȱ istȱ jedochȱ wohlȱ eineȱ Kombinationȱ ausȱ zweierleiȱ Quellenmaterialȱ (vgl.ȱ Barrett,ȱ Apgȱ I,ȱ 318–322):ȱ Nebenȱ derȱ Traditionȱ vonȱ einemȱ GeȬ

170ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

21,13ȱvgl.ȱdieȱRedeȱApgȱ7,2–53ȱsowieȱ7,56).ȱGemäßȱderȱAnkündigungȱJesu,ȱ dassȱ erȱ selbstȱ denȱ Angeklagtenȱ dieȱ passendenȱ Wortȱ gebenȱ werdeȱ (Lkȱ 21,15),ȱ sprichtȱ auchȱ Stephanusȱ ausȱ derȱ Kraftȱ desȱ Heiligenȱ Geistesȱ (Apgȱ 6,10;ȱ7,55).ȱSoȱgehörtȱerȱschließlichȱzuȱdenjenigen,ȱdieȱmanȱtötenȱwirdȱ(Lkȱ 21,17ȱvgl.ȱApgȱ7,57–60).ȱAuchȱPaulusȱerlebtȱdieseȱvonȱJesusȱvorhergesagtenȱ DrangsaleȱamȱLeib:ȱErȱkommtȱinsȱGefängnisȱ(Lkȱ21,12;ȱApgȱ16,23:ȱΚΙΏ΅Ύφ)ȱ undȱwirdȱvorȱKönigeȱ(Lkȱ21,12:ȱΆ΅Η΍ΏΉϧΖ,ȱvgl.ȱApgȱ25,13;ȱ26,2:ȱKönigȱAgȬ rippa)ȱundȱStatthalterȱ(Lkȱ21,12:ȱψ·ΉΐϱΑΉΖ,ȱvgl.ȱApgȱ23,24:ȱFelixȱundȱ24,27:ȱ Festus)ȱ gebracht.ȱ Zugleichȱ istȱ derȱ Paulusȱ derȱ Apgȱ inȱ gewisserȱ Weiseȱ einȱ VertreterȱvonȱzweiȱGruppen:ȱZunächstȱgehörtȱerȱzuȱdenen,ȱdieȱdieȱChristenȱ verfolgenȱ(Έ΍ЏΎΉ΍Α:ȱLkȱ21,12;ȱApgȱ9,4f.;ȱ22,4.7f.;ȱ26,11.14f.),ȱnachȱseinerȱBeȬ kehrungȱerfährtȱerȱselbstȱ–ȱwieȱbeschriebenȱ–ȱdieȱvonȱJesusȱangekündigtenȱ Leiden.ȱEsȱließenȱsichȱnochȱandereȱBeispieleȱanführen,ȱdieȱzeigen,ȱdassȱsichȱ fürȱ Lukasȱ dieȱ Prophetieȱ derȱ Verfolgungssituationenȱ tatsächlichȱ innergeȬ schichtlichȱ erfülltȱ hat.231ȱ Dasȱ bedeutetȱ nicht,ȱdassȱ esȱsichȱdabeiȱ umȱ eineȱ beȬ reitsȱabgeschlosseneȱPhaseȱderȱjüngerenȱVergangenheitȱhandelt:ȱDieȱinȱderȱ RedeȱangekündigtenȱLeidenȱsindȱzumȱTeilȱauchȱdieȱLeidenȱseinerȱchristliȬ chenȱZeitgenossen.232ȱ

FürȱdieȱlukanischeȱKonzeptionȱistȱesȱwesentlich,ȱdassȱsichȱdieȱWeissaȬ gungenȱ Jesuȱ zurȱ Zeitȱ desȱ Lukasȱ bereitsȱ zuȱ erfüllenȱ begonnenȱ haben.ȱ Dadurchȱ sollȱ dieȱ Hoffnungȱ gestärktȱ werden,ȱ dassȱ auchȱ dieȱ anderenȱ nochȱausstehendenȱGeschehnisse,ȱvorȱallemȱdasȱerwarteteȱKommenȱdesȱ Menschensohnesȱ (Lkȱ 21,27),ȱ zuverlässigȱ eintreffenȱ werden.ȱ Dieȱ zeitliȬ cheȱDauerȱbisȱdahinȱbleibtȱjedochȱungewiss.ȱLukasȱverurteiltȱgleichȱzuȱ BeginnȱderȱRedeȱalleȱVersuche,ȱdasȱendgültigeȱEndeȱderȱWeltȱherbeizuȬ rufenȱ (Lkȱ 21,8)ȱ undȱ bemerktȱ stattdessenȱ ausdrücklich,ȱ dassȱ dasȱ Endeȱ nichtȱsogleichȱdaȱistȱ(Lkȱ21,9).ȱEinigeȱderȱangekündigtenȱEreignisseȱsindȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ richtsverfahren,ȱdieȱhinterȱ6,12–14;ȱ7,58bȱsteht,ȱweistȱdieȱandereȱTraditionȱaufȱeinenȱ AktȱvonȱLynchjustizȱȱundȱfindetȱsichȱinȱApgȱ6,9–11;ȱ7,54–58a.ȱ 231ȱȱ Dieȱ Verbindungȱ zwischenȱ denȱ Versenȱ Lkȱ 21,12–19ȱ undȱ denȱ Erzählungenȱ derȱ Apgȱ lässtȱsichȱanȱvielenȱBeispielȱzeigen:ȱVgl.ȱdieȱredaktionelleȱWendungȱπΔ΍ΆΣΏΏΉ΍ΑȱΘΤΖȱ ΛΉϧΕ΅ΖȱπΔϟȱ(Lkȱ21,12)ȱinȱApgȱ4,3;ȱ5,18;ȱ12,1;ȱ21,27;ȱaußerdemȱdieȱEntfaltungȱdesȱVerȬ folgungsmotivsȱ (vgl.ȱ Lkȱ 21,12:ȱ Έ΍ЏΎΉ΍Α)ȱ etwaȱ inȱ Apgȱ 7,52;ȱ 8,1;ȱ 9,4f.;ȱ 22,4.7f.;ȱ 26,11.14f.;ȱvgl.ȱweiterȱdasȱVerbȱΔ΅Ε΅ΈϟΈΝΐ΍ȱ(Lkȱ21,12.16)ȱinȱderȱBedeutungȱ„auslieȬ fern“ȱinȱApgȱ8,3;ȱ12,4;ȱ21,11;ȱ27,1;ȱ28,17ȱsowieȱschließlichȱdieȱinȱLkȱ21,12ȱerwähntenȱ ΚΙΏ΅Ύ΅ϟȱspäterȱinȱApgȱ5,19;ȱ8,3;ȱ12,4;ȱ16,23;ȱ22,4;ȱ26,10.ȱZumȱGanzenȱvgl.ȱZmijewski,ȱ Eschatologiereden,ȱ130–133.ȱ 232ȱȱ Vgl.ȱZmijewski,ȱEschatologiereden,ȱ177:ȱDieȱVerseȱLkȱ21,12–19ȱundȱdieȱBegebenheiȬ tenȱinȱderȱApgȱ(vorȱallemȱdasȱMartyriumȱdesȱStephanus),ȱverhaltenȱsichȱzueinanderȱ wieȱ „Verheißungȱ undȱ Erfüllung“.ȱ Lukasȱ hatȱ inȱ diesenȱ Versenȱ Geschehnisseȱ zwiȬ schenȱ Todȱ undȱ Auferstehungȱ Jesuȱ undȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ 70ȱ n.ȱ Chr.ȱ imȱ Blick.ȱLetztereȱbeschreibtȱerȱabȱV.ȱ20.ȱBeidesȱsindȱvaticiniaȱexȱeventu,ȱdaȱLukasȱnachȱ derȱTempelzerstörungȱschreibt;ȱmanȱkannȱseineȱZeitȱderȱPhaseȱderȱΎ΅΍ΕΓϠȱπΌΑЗΑȱ(Lkȱ 21,24)ȱzuordnen.ȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

171ȱ

zwarȱinzwischenȱeingetroffen,233ȱanderesȱaberȱstehtȱnachȱwieȱvorȱaus.234ȱ Wenngleichȱ auchȱ Lukasȱ gewißȱ mitȱ derȱ Wiederkunftȱ Christiȱ inȱ HerrȬ lichkeitȱ rechnet,ȱ soȱ dämpftȱ erȱ dochȱ dieȱ apokalyptischeȱ NächsterwarȬ tungȱmancherȱGemeinden,ȱdieȱnichtȱzuletztȱinȱZusammenhangȱmitȱdenȱ Geschehnissenȱ desȱ Jüdischenȱ Kriegesȱ wiederȱ aufgeflammtȱ war.235ȱ LuȬ kasȱverstehtȱdieȱZerstörungȱderȱStadtȱalsȱStrafgerichtȱGottesȱgemäßȱdenȱ WeissagungenȱderȱSchriftȱ(Lkȱ21,22:ȱψΐνΕ΅΍ȱπΎΈ΍ΎφΗΉΝΖ),ȱwobeiȱesȱsichȱ umȱ einȱ innergeschichtlichesȱ Ereignisȱ handelt,ȱ dasȱ nichtȱ alsȱ direktesȱ Zeichenȱ derȱ nunȱ unmittelbarȱ bevorstehendenȱ Parusieȱ Christiȱ anzuseȬ henȱ ist.236ȱ Wannȱ dieseȱ kommt,ȱ hängtȱ vonȱ demȱ durchȱ Gottȱ gesetztenȱ Zeitmaßȱab,ȱvonȱdemȱkeinȱMenschȱKundeȱhat.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 233ȱȱ Konkretȱ dieȱ Verfolgungenȱ vonȱ Christenȱ undȱ dieȱ Eroberungȱ Jerusalems,ȱ dieȱ denȱ AdressatenȱdesȱLukasevangeliumsȱbekanntȱist;ȱinȱderȱRedeȱJesuȱsindȱdiesȱdieȱVerseȱ 12–24;ȱdarausȱerklärtȱsichȱauchȱdasȱΔΕϱȱinȱV.ȱ12,ȱdasȱalsȱzeitlicherȱVorrangȱaufzufasȬ senȱist.ȱDieȱGeschehnisseȱinȱV.ȱ10f.ȱstehenȱnochȱausȱ–ȱLukasȱsiehtȱsieȱoffenbarȱinȱsehrȱ vielȱ direkteremȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ Parusie.ȱ Soȱ werdenȱ dieȱ „großenȱ Zeichenȱ vomȱHimmel“ȱ(Lkȱ21,11:ȱΎ΅ϠȱΦΔвȱΓЁΕ΅ΑΓІȱΗ΋ΐΉϧ΅ȱΐΉ·ΣΏ΅ȱσΗΘ΅΍)ȱerstȱinȱV.ȱ25ȱwieȬ derȱaufgegriffen,ȱwoȱvonȱ„ZeichenȱanȱSonneȱundȱMondȱundȱSternen“ȱ(Ύ΅ϠȱσΗ[ΓΑ]Θ΅΍ȱ Η΋ΐΉϧ΅ȱπΑȱψΏϟУȱΎ΅ϠȱΗΉΏφΑϙȱΎ΅ϠȱΩΗΘΕΓ΍Ζ)ȱdieȱRedeȱist.ȱ 234ȱȱ EbenȱdieȱunmittelbarȱmitȱderȱParusieȱzusammenhängendenȱEreignisse.ȱSieȱwerdenȱinȱ Lkȱ 21,10f.25–28ȱ beschrieben.ȱ Dassȱ sieȱ eintreffenȱ werden,ȱ istȱ –ȱ auchȱ aufgrundȱ derȱ schonȱerfülltenȱWeissagungenȱLkȱ21,12–24ȱ–ȱgewiß.ȱWannȱdiesȱaberȱseinȱwird,ȱkannȱ keinȱMenschȱwissen.ȱLukasȱweistȱanȱmehrerenȱStellenȱalleȱzeitlichenȱSpekulationenȱ undȱsolche,ȱdieȱdieȱDauerȱbisȱzurȱVollendungȱanȱbeobachtbarenȱEreignissenȱfestmaȬ chenȱwollen,ȱzurückȱ (vgl.ȱetwaȱ Lkȱ17,20–24;ȱ19,11;ȱ21,8f.;ȱApgȱ1,6–8)ȱundȱ korrigiertȱ damitȱdieȱendzeitlichenȱHoffnungenȱseinerȱGesprächspartner,ȱohneȱsieȱjedochȱsachȬ lichȱaußerȱKraftȱzuȱsetzen.ȱ 235ȱȱ DiesȱistȱnochȱsichtbarȱetwaȱinȱMkȱ13,7f.ȱ(„AnfangȱderȱWehen“)ȱundȱdannȱinȱ13,14– 20.24–27:ȱ Dieȱ Unheilszeitȱ undȱ dieȱ Heilswendeȱ gehörenȱ hierȱ „sachlichȱ undȱ zeitlichȱ naheȱzusammen“ȱ(Brandenburger,ȱMarkusȱ13,ȱ43;ȱBrandenburgerȱgehtȱhierȱvonȱderȱ ursprünglichenȱ Vorlageȱ derȱ markinischenȱ Redeȱ aus),ȱ dasȱ ϵΘ΅Αȱ Έξȱ ϥΈ΋ΘΉȱ (Mkȱ 13,14)ȱ „leitetȱ […]ȱ dieȱ letzteȱ Geschichtsetappe“ȱ einȱ (45);ȱ vgl.ȱ dagegenȱ Lkȱ 19,11;ȱ Apgȱ 1,6f.;ȱ vgl.ȱdazuȱauchȱHengel/Schwemer,ȱPaulus,ȱ25f.ȱȱ 236ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ auchȱ dieȱ Redeȱ vonȱ „Zeichen“ȱ (Η΋ΐΉϧ΅)ȱ inȱ derȱ Gesamtanlageȱ derȱ Rede:ȱ Gleichȱ zuȱ Beginnȱ fragenȱ einigeȱ derȱ Zuhörerȱ nachȱ einemȱ „Zeichen,ȱ wannȱ diesȱ geȬ schehenȱ soll“ȱ (Lkȱ 21,7),ȱ womitȱ sieȱ sichȱ aufȱ dieȱ unmittelbarȱ zuvorȱ vonȱ Jesusȱ angeȬ kündigteȱ Zerstörungȱ desȱ Tempelsȱ (Lkȱ 21,6)ȱ beziehen;ȱ Jesusȱ stelltȱ nunȱ eineȱ VerbinȬ dungȱ zumȱ Endgeschehenȱ her,ȱ wennȱ erȱ vorȱ Verführernȱ warnt,ȱ dieȱ dasȱ Endeȱ ankündigenȱ (Lkȱ 21,8f.:ȱ Ύ΅΍ΕϱΖȱ bzw.ȱ ΘνΏΓΖ);ȱ alsȱ „Zeichen“ȱ werdenȱ schließlichȱ HimȬ melsphänomeneȱ genanntȱ (Lkȱ 21,11:ȱ ΦΔвȱ ΓЁΕ΅ΑΓІȱ Η΋ΐΉϧ΅ȱ ΐΉ·ΣΏ΅),ȱ dieȱ aberȱ zuȬ nächstȱaufȱunbestimmteȱZeitȱverschobenȱwerden;ȱerstȱinȱV.ȱ25ȱwerdenȱwiederȱ„ZeiȬ chen“ȱ erwähnt,ȱ nunȱ ganzȱ aufȱ dasȱ Kommenȱ desȱ Menschensohnesȱ ausgerichtet.ȱ Dieȱ „Zeichen“ȱ verweisenȱ imȱ Zusammenhangȱ derȱ Redeȱ alsoȱ aufȱ dasȱ Ende.ȱ Dieȱ ZerstöȬ rungȱdesȱTempelsȱgehörtȱnichtȱunmittelbarȱdazu.ȱDennȱdasȱGerichtȱüberȱJerusalemȱ istȱeinȱinnergeschichtlicherȱVorgang,ȱderȱnichtȱinȱzeitlicherȱNäheȱzurȱParusieȱstehtȱundȱ daherȱauchȱnichtȱalsȱ„eschatologischesȱZeichen“ȱaufzufassenȱist.ȱAndererseitsȱeröffȬ netȱdiesesȱEreignisȱdieȱ„ZeitenȱderȱHeiden“ȱ(Lkȱ21,24:ȱΎ΅΍ΕΓϠȱπΌΑЗΑ),ȱeineȱvonȱGottȱ

172ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

WieȱdieȱgesamteȱRedeȱzeigt,ȱunterscheidetȱLukasȱzwischenȱderȱ(inȱ ihrerȱzeitlichenȱDauerȱunbestimmten,ȱaberȱsichȱoffenbarȱlängerȱhinzieȬ henden)ȱEndzeit,ȱdieȱtatsächlichȱmitȱLeben,ȱTodȱundȱAuferstehungȱdesȱ MessiasȱJesusȱbzw.ȱderȱSendungȱdesȱGeistesȱbegonnenȱhat,237ȱundȱdenȱ unmittelbarȱ vorȱ derȱ Parusieȱ stattfindendenȱ Geschehnissen,ȱ dieȱ erȱ inȱ apokalyptischerȱWeiseȱbeschreibtȱ(21,25–28).238ȱDieȱlukanischenȱAdresȬ satenȱkönnenȱsichȱselbstȱdirektȱanȱeinerȱbestimmtenȱStelleȱderȱEndzeitȬ redeȱverorten,ȱnämlichȱzwischenȱdenȱVersenȱ24ȱundȱ25:ȱAllesȱbisȱhierȬ herȱBeschriebeneȱistȱzuȱihrerȱZeitȱschonȱVergangenheit,ȱallesȱFolgendeȱ nachȱwieȱvorȱzukünftig.ȱDieȱZeit,ȱinȱderȱLukasȱschreibt,ȱgehörtȱschonȱzuȱ denȱ „Zeitenȱ derȱ Heiden“,ȱ vonȱ denenȱ manȱ nichtȱ weiß,ȱ wieȱ langeȱ sieȱ andauernȱwerden,ȱsondernȱnur,ȱdassȱsieȱbegrenztȱsind.ȱDieȱVerseȱüberȱ dieȱZerstörungȱJerusalems,ȱhabenȱdamitȱgewissermaßenȱeineȱScharnierȬ funktionȱ zwischenȱ derȱ Vergangenheit,ȱ derȱ Gegenwartȱ derȱ Gemeindeȱ undȱderȱerwartetenȱParusieȱdesȱMenschensohnes,ȱbeiȱderȱsichȱauchȱdasȱ SchicksalȱIsraelsȱentscheidenȱwird.ȱ

3.4.2.2ȱDieȱAdressatenȱderȱRedeȱ BeiȱLukasȱdeckenȱsichȱderȱUmfangȱundȱdieȱStrukturȱderȱEndzeitredeȱinȱ etwaȱmitȱderȱVorlageȱinȱMkȱ13,ȱwenngleichȱderȱlukanischeȱTextȱdeutliȬ cherȱ vonȱ Markusȱ abweichtȱ alsȱ dieȱ entsprechendenȱ Parallelenȱ beiȱ MatȬ thäus.239ȱ̈inȱsynoptischerȱVergleichȱgibtȱweitereȱHinweiseȱfürȱdieȱlukaȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ vorherbestimmteȱ Zeit,ȱ anȱ derenȱ „Erfüllung“ȱ sichȱ dasȱ Weltendeȱ unmittelbarȱ anȬ schließt,ȱ wieȱ dasȱ „verbindendeȱ Ύ΅ϟ“ȱ (Zmijewski,ȱ Eschatologiereden,ȱ 219)ȱ inȱ V.ȱ 25ȱ zeigt.ȱDamitȱsindȱdieȱΎ΅΍ΕΓϠȱπΌΑЗΑȱalsȱeinȱzugleichȱinnergeschichtlicherȱundȱeschatoloȬ gischerȱZeitraumȱaufzufassen,ȱalsȱeinȱvonȱGottȱgesetztesȱ„eschatologischesȱMaß“,ȱdasȱ zuȱfüllenȱist.ȱ 237ȱȱ Vgl.ȱnurȱApgȱ2,17ȱinȱderȱPfingstpredigtȱdesȱPetrusȱ 238ȱȱ Vgl.ȱ etwaȱ Eckey,ȱ Apgȱ I,ȱ 82ȱ (zuȱ Apgȱ 2,17):ȱ „Mitȱ derȱ Geistspendungȱ istȱ eineȱ VerheiȬ ßungȱGottesȱfürȱdieȱEndzeitȱinȱErfüllungȱgegangen.ȱLukasȱverstehtȱPfingstenȱalsȱeiȬ nenȱ herausragendenȱ Augenblickȱ inȱ derȱ sichȱ überȱ einenȱ längerenȱ Zeitraumȱ ausdehȬ nendenȱ Endzeit,ȱ dieȱ demȱ ‚großenȱ undȱ glänzendenȱ Tagȱ desȱ Herrn‘ȱ (Apgȱ 2,20)ȱ voraufgeht.ȱDieȱletzteȱZeitspanneȱhatȱmitȱGottesȱOffenbarungȱinȱderȱPersonȱundȱGeȬ schichteȱ Jesuȱ begonnen.ȱ Ihrȱ faktischesȱ Endeȱ istȱ unabsehbarȱ undȱ unberechenbar.“ȱ AuchȱinȱLkȱ21ȱerzähltȱJesusȱentsprechendȱüberȱEreignisseȱinnerhalbȱdieserȱ„letztenȱ Zeitspanne“,ȱwelcheȱsichȱ(innergeschichtlich)ȱbisȱzumȱ(dieȱGeschichteȱvollendenden)ȱ Parusiegeschehenȱausdehnt.ȱȱ 239ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Aland,ȱ Synopsis,ȱ 396–407;ȱ bereitsȱ Lkȱ 17ȱ bietetȱ eineȱ kleinereȱ endzeitlicheȱ Rede,ȱdieȱvorȱallemȱQȬTraditionenȱaufnimmt,ȱaberȱauchȱvereinzelteȱParallelenȱzumȱ MkȬTextȱ aufweist.ȱ Einigeȱ Passagenȱ ausȱ Mkȱ 13ȱ sindȱ deshalbȱ ausgelassenȱ (vgl.ȱ Mkȱ 13,21–23ȱundȱLkȱ17,23f.37b).ȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

173ȱ

nischeȱSchwerpunktsetzungȱsowohlȱderȱVerseȱwieȱderȱRedeȱinsgesamt.ȱ NurȱbeiȱihmȱfindetȱsieȱimȱTempelȱstattȱundȱrichtetȱsichȱanȱdasȱganzeȱVolk.ȱ MatthäusȱhatȱdieȱEndzeitredeȱinȱdenȱKapitelnȱ24ȱundȱ25ȱzurȱletztenȱgroßenȱ Redeȱ seinesȱ Evangeliumsȱ ausgebaut.ȱ Hinterȱ dasȱ Gleichnisȱ vomȱ FeigenȬ baum,ȱmitȱdemȱbeiȱMkȱundȱvonȱdiesemȱabhängigȱauchȱbeiȱLkȱdieȱjesuaniȬ scheȱ Belehrungȱ überȱ dieȱ Endzeitȱ abschließt,ȱ fügtȱ Mtȱ nochȱ vierȱ weitereȱ eschatologischeȱGleichnisseȱan.ȱDieȱgesamteȱRedeȱerreichtȱihrenȱHöheȬȱundȱ Zielpunktȱ inȱ derȱ großenȱ Visionȱ vomȱ Weltgerichtȱ überȱ alleȱ Völkerȱ (Mtȱ 25,31–46).ȱMatthäusȱfolgtȱMarkusȱdarin,ȱdassȱJesusȱdieȱRedeȱaußerhalbȱdesȱ Tempelsȱhält240ȱundȱsichȱdabeiȱnurȱnochȱanȱseineȱJüngerȱwendet.241ȱMitȱdenȱ jüdischenȱ Autoritätenȱ undȱ auchȱ mitȱ demȱ Volkȱ hatȱ erȱ inȱ derȱ letztenȱ Weherede,ȱdieȱnochȱimȱTempelȱstattfand,ȱoffenbarȱabgeschlossenȱ(vgl.ȱMtȱ 23).ȱSieȱhabenȱanȱdenȱWortenȱJesuȱüberȱdieȱEndzeitȱkeinenȱAnteilȱmehr.ȱAnȱ dasȱEndeȱderȱRedeȱschließtȱsichȱbeiȱMkȱwieȱbeiȱMtȱdirektȱdieȱErzählungȱderȱ PassionȱJesuȱan.ȱ

Bemerkenswertȱ istȱ dieȱ spezifischeȱ Situierungȱ dieserȱ letztenȱ Redeȱ Jesuȱ vorȱ Beginnȱ derȱ Passionserzählungȱ beiȱ Lukasȱ imȱ Unterschiedȱ zuȱ denȱ beidenȱ anderenȱ Synoptikern.ȱ Sieȱ findetȱ nachȱ seinerȱ Darstellungȱ nichtȱ vorȱoderȱgegenüber,ȱsondernȱimȱTempelȱselbstȱstatt.ȱWährendȱMatthäȬ usȱdasȱVerlassenȱdesȱTempelsȱdurchȱJesusȱbetont,242ȱundȱdieȱletzteȱRedeȱ schonȱnichtȱmehrȱanȱdasȱVolkȱgerichtetȱseinȱlässt,ȱzeigtȱsichȱbeiȱLukasȱ einȱ ganzȱ anderesȱ Anliegen.ȱ Erȱ bautȱ dieȱ Lehrtätigkeitȱ Jesuȱ imȱ Tempel,ȱ dieȱ sichȱ nachȱ demȱ Zeugnisȱ allerȱ dreiȱ Synoptikerȱ grundsätzlichȱ anȱ dasȱ dortȱ versammelteȱ Volkȱ (vgl.ȱ Mtȱ 21,46;ȱ 23,1;ȱ Mkȱ 11,18;ȱ 12,12.37;ȱ Lkȱ 20,1.9.19.45)243ȱ richtet,ȱ zuȱ einemȱ eigenenȱ Abschnittȱ aus,ȱ indemȱ erȱ dieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 240ȱȱ Vgl.ȱMkȱ13,1:ȱΎ΅ϠȱπΎΔΓΕΉΙΓΐνΑΓΙȱ΅ЁΘΓІȱπΎȱΘΓІȱϡΉΕΓІȱ mitȱMtȱ24,1:ȱΎ΅ϠȱπΒΉΏΌАΑȱϳȱ ͑΋ΗΓІΖȱΦΔϲȱΘΓІȱϡΉΕΓІ.ȱ 241ȱȱ Mtȱ 24,3ȱ hältȱ denȱ Ortȱ derȱ folgendenȱ Redeȱ undȱ denȱ neuenȱ Adressatenkreisȱ dieserȱ Redeȱausdrücklichȱfest:ȱ„AlsȱerȱaufȱdemȱÖlbergȱ(πΔϠȱΘΓІȱϷΕΓΙΖȱΘЗΑȱπΏ΅΍ЗΑ)ȱsaß,ȱtraȬ tenȱseineȱJüngerȱfürȱsichȱalleinȱ(Ύ΅ΘвȱϢΈϟ΅Α)ȱzuȱihm.“ȱÄhnlichȱMkȱ13,3,ȱwoȱalsȱHörerȱ allerdingsȱnurȱPetrus,ȱJakobusȱundȱJohannesȱerwähntȱwerden,ȱsoȱ dassȱdieȱEndzeitȬ redeȱ hierȱ nochȱ mehrȱ alsȱ beiȱ Mtȱ alsȱ „esoterische[…]ȱ Belehrungȱ desȱ engstenȱ Jüngerkreises“ȱ(Eckey,ȱLkȱII,ȱ849)ȱerscheint.ȱ 242ȱȱ Vgl.ȱ Mtȱ 24,1.ȱ Esȱ beziehtȱ sichȱ beimȱ erstenȱ Evangelistenȱ aufȱ dasȱ prophetischeȱ Wortȱ vomȱ„VerlassenȱdesȱHauses“ȱ(23,38),ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.2.5.4.ȱ 243ȱȱ Bemerkenswertȱ sindȱauchȱdieȱ unterschiedlichenȱPersonenȱ undȱGruppierungen,ȱ mitȱ denenȱJesusȱimȱTempelȱzusammentrifft.ȱZunächstȱsindȱesȱdieȱHändlerȱundȱKaufleuȬ te,ȱ dieȱ Jesusȱ hinaustreibtȱ (Mkȱ 11,15ȱ parr.).ȱ Danachȱ entwickelnȱ sichȱ Gesprächeȱ mitȱ denȱHohenpriestern,ȱSchriftgelehrtenȱundȱÄltestenȱ(Mkȱ11,27ȱparr.),ȱmitȱPharisäernȱ undȱHerodianernȱ(Mkȱ12,13),ȱmitȱSadduzäernȱ(Mkȱ12,18ȱparr.)ȱundȱeinemȱweiterenȱ Gesetzeslehrerȱ (Mkȱ 12,28ȱ parr.),ȱ schließlichȱ wäreȱ nochȱ dieȱ armeȱ Witweȱ zuȱ nennen,ȱ derenȱTunȱeinȱWortȱJesuȱmotiviertȱ(Mkȱ12,41–44ȱ=ȱLkȱ21,1–4).ȱJesusȱbegegnetȱsoȱamȱ Endeȱ seinesȱ öffentlichenȱ Wirkensȱ nochȱ einmalȱ denȱ verschiedenenȱ jüdischenȱ GrupȬ pierungen.ȱDasȱallesȱgeschiehtȱimȱBeiseinȱeinerȱVolksmengeȱundȱseinerȱJünger.ȱ

174ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Erzählungenȱ undȱ Redenȱ zwischenȱ derȱ Tempelreinigungȱ undȱ demȱ BeȬ schlußȱdesȱHohenȱRatesȱzurȱBeseitigungȱJesuȱ(alsȱBeginnȱderȱPassionsȬ erzählung)ȱ redaktionellȱ mitȱ Rahmentextenȱ versiehtȱ (Lkȱ 19,47f.;ȱ 21,37f.).ȱ DieȱparallelenȱFormulierungenȱdiesesȱRahmensȱsindȱleichtȱerkennbar:ȱ ȱ Lkȱ19,47f.:ȱ 47ȱ ̍΅ϠȱώΑȱΈ΍ΈΣΗΎΝΑȱΘϲȱΎ΅ΌвȱψΐνΕ΅Αȱ πΑȱΘХȱϡΉΕХ.ȱȱ ΓϡȱΈξȱΦΕΛ΍ΉΕΉϧΖȱΎ΅ϠȱΓϡȱ·Ε΅ΐΐ΅ΘΉϧΖȱ πΊφΘΓΙΑȱ΅ЁΘϲΑȱΦΔΓΏνΗ΅΍ȱΎ΅ϠȱΓϡȱ ΔΕЗΘΓ΍ȱΘΓІȱΏ΅ΓІ,ȱȱ 48ȱ Ύ΅ϠȱΓЁΛȱΉЂΕ΍ΗΎΓΑȱΘϲȱΘϟȱΔΓ΍φΗΝΗ΍Α,ȱȱ ϳȱΏ΅ϲΖȱ·ΤΕȱΧΔ΅Ζȱȱ πΒΉΎΕνΐ΅ΘΓȱȱ ΅ЁΘΓІȱΦΎΓϾΝΑ.ȱ

Lkȱ21,37f.:ȱ 37ȱ ͂ΑȱΈξȱΘΤΖȱψΐνΕ΅ΖȱπΑȱΘХȱϡΉΕХȱ Έ΍ΈΣΗΎΝΑ,ȱȱ ΘΤΖȱΈξȱΑϾΎΘ΅ΖȱπΒΉΕΛϱΐΉΑΓΖȱ΋ЁΏϟΊΉΘΓȱ ΉϢΖȱΘϲȱϷΕΓΖȱΘϲȱΎ΅ΏΓϾΐΉΑΓΑȱ̳Ώ΅΍ЗΑȉȱȱ ȱ ȱ 38ȱ Ύ΅ϠȱΔκΖȱϳȱΏ΅ϲΖȱȱ ЕΕΌΕ΍ΊΉΑȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘϲΑȱπΑȱΘХȱϡΉΕХȱȱ ΦΎΓϾΉ΍Αȱ΅ЁΘΓІ.ȱ

ȱ DieȱÜbereinstimmungenȱinȱWortwahl,ȱGrammatikȱundȱStrukturȱerweiȬ senȱ dieȱ Verseȱ alsȱ Rahmungȱ derȱ gesamteȱ Lehrtätigkeitȱ Jesuȱ imȱ Tempelȱ (Lkȱ19,47–21,38).ȱDieseȱrichtetȱsichȱbisȱzumȱEndeȱanȱ„dasȱganzeȱVolk“,ȱ wieȱ Lkȱ 21,38ȱ ausdrücklichȱ festhält.ȱ Soȱ lassenȱ dieȱ Rahmentexteȱ erkenȬ nen,ȱ dassȱ fürȱ Lukasȱ dieȱ zuhörendeȱ Mengeȱ imȱ Tempelȱ stellvertretendȱ fürȱdasȱganzeȱVolkȱsteht,ȱdasȱJesusȱzuhört.ȱ EntsprechendȱpasstȱLukasȱauchȱdieȱEndzeitredeȱinȱdieȱimȱTempelȱinȱJeruȬ salemȱstattfindendeȱBelehrungȱdesȱVolkesȱdurchȱJesusȱein.ȱSoȱsindȱesȱauchȱ nichtȱdieȱJünger,ȱdieȱJesusȱaufȱdieȱBautenȱdesȱTempelsȱhinweisenȱ(soȱinȱMtȱ 24,1ȱ bzw.ȱ „einerȱ seinerȱ Jünger“ȱ inȱ Mkȱ 13,1).ȱ Lkȱ 21,5ȱ sprichtȱ schlichtȱ vonȱ „einigen“ȱ (Θ΍ΑνΖ)ȱ nichtȱ näherȱ bestimmtenȱ Personen.ȱ Dassȱ esȱ sichȱ beiȱ denȱ Θ΍ΑνΖȱ tatsächlichȱ nichtȱ umȱ Jüngerȱ handelt,ȱ zeigtȱ nunȱ dieȱ Anredeȱ Jesuȱ alsȱ Έ΍ΈΣΗΎ΅ΏΓΖȱinȱLkȱ21,7,ȱdieȱnurȱalsȱvonȱdenȱΘ΍ΑνΖȱinȱVersȱ5ȱgeäußertȱvorgeȬ stelltȱwerdenȱkann.244ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 244ȱȱ Dieseȱ Anredeȱ wirdȱ imȱ Evangeliumȱ stetsȱ vonȱ Außenstehenden,ȱ dieȱ nichtȱ zumȱ Jüngerkreisȱgehören,ȱanȱJesusȱherangetragen:ȱLkȱ7,40ȱ(derȱPharisäerȱSimon);ȱ8,49ȱ(einȱ Angehörigerȱ desȱ Jairus);ȱ 9,38ȱ undȱ 12,13ȱ (einerȱ „ausȱ derȱ Volksmenge“);ȱ 10,25ȱ undȱ 11,45ȱ(einȱGesetzesgelehrter);ȱ18,18ȱ(einȱOberer);ȱ19,39ȱ(einigeȱPharisäer);ȱ20,21ȱ(AufȬ passer,ȱdieȱJesusȱüberführenȱsollen);ȱ20,28ȱ(einigeȱSadduzäer);ȱ20,39ȱ(einigeȱSchriftgeȬ lehrte);ȱ22,11ȱ(derȱHausherrȱdesȱRaumesȱfürȱdasȱPassamahl).ȱEsȱhandeltȱsichȱdurchȬ wegȱumȱPersonen,ȱdieȱausȱdenȱverschiedenstenȱGruppenȱdesȱVolkesȱkommen,ȱnichtȱ jedochȱ zuȱ denȱ Jüngernȱ Jesuȱ gehören.ȱ Sieȱ nennenȱ Jesusȱ respektvollȱ „Lehrer“,ȱ wähȬ rendȱdieȱJüngerȱihnȱalsȱπΔ΍ΗΘΣΘ΋Ζȱansprechenȱ(vgl.ȱLkȱ5,5;ȱ8,24.45;ȱ9,33.49ȱ–ȱdieselbeȱ AnredeȱauchȱbeiȱdenȱzehnȱAussätzigenȱ17,13),ȱeinȱTitel,ȱderȱimȱgesamtenȱNTȱnurȱbeiȱ Lukasȱ verwendetȱ wirdȱ undȱ durchȱ denȱ erȱ dieȱ besondereȱ Beziehungȱ zwischenȱ Jesusȱ undȱseinenȱJüngernȱunterstreicht.ȱVereinzeltȱfindetȱsichȱauchȱdieȱAnredeȱΎϾΕ΍ΓΖ,ȱdieȱ allerdingsȱ sowohlȱ vonȱ Jüngernȱ wieȱ vonȱ Außenstehendenȱ benutztȱ wirdȱ (5,8.12;ȱ 7,6;ȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

175ȱ

Insgesamtȱ zeigtȱ sichȱ soȱ einmalȱ mehr,ȱ dassȱ Lukasȱ sichȱ darumȱ bemüht,ȱ dassȱJesusȱalsȱMessiasȱIsraelsȱauchȱinȱVerbindungȱzumȱVolkȱIsraelȱsteht.ȱ WennȱihnȱauchȱdieȱOberenȱbedrängenȱmögen,ȱsoȱistȱihmȱdasȱVolkȱdochȱ positivȱ gesonnen.ȱ Deshalbȱ stelltȱ derȱ Dritteȱ Evangelistȱ dieȱ Endzeitredeȱ anȱ dasȱ Endeȱ seinerȱ Lehrtätigkeitȱ anȱ dasȱ Volkȱ imȱ Jerusalemerȱ Tempel.ȱ GanzȱbewusstȱhältȱerȱbisȱzumȱEndeȱdasȱInteresseȱdesȱ„ganzenȱVolkes“ȱ anȱderȱVerkündigungȱJesuȱfest.ȱGanzȱspannungsfreiȱistȱdieseȱKonstrukȬ tionȱ nicht,ȱ daȱ inȱ Lkȱ 21,12–19ȱ faktischȱ dieȱ Jüngerȱ Jesuȱ angesprochenȱ werden.ȱDamitȱstehtȱLukasȱzunächstȱinȱmarkinischerȱTradition.ȱFreilichȱ müsstenȱsichȱimȱlukanischenȱKontextȱdieȱAnredenȱderȱ2.ȱPersonȱPluralȱ aufȱdieȱZuhörerȱimȱTempelȱbeziehen,ȱdieȱdasȱganzeȱVolkȱIsraelȱrepräȬ sentieren,ȱsoȱdassȱauchȱdieȱAnkündigungȱderȱErlösungȱinȱ21,28ȱfürȱdieȱ GesamtheitȱIsraelsȱoffenȱwäre.ȱDieȱErlösungȱbeiȱderȱWiederkunftȱChrisȬ tiȱ wendetȱ sichȱ anȱ alleȱ Menschen,ȱ bzw.ȱ zunächstȱ auchȱ anȱ die,ȱ dieȱ Jesuȱ RedeȱimȱTempelȱhörenȱ(undȱanȱdieȱHörerȱdesȱEvangeliums).ȱ

3.4.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ Nachȱ diesenȱ Vorüberlegungenȱ zumȱ Kontextȱ derȱ Verseȱ istȱ aufȱ derenȱ Strukturȱeinzugehen.ȱSieȱstehenȱetwaȱinȱderȱMitteȱderȱEndzeitredeȱJesuȱ undȱ werdenȱgerahmtȱ durchȱ dasȱ zweimaligeȱ Nennenȱ derȱ Stadtȱ JerusaȬ lemȱ (Lkȱ21,20.24)ȱsowieȱ dieȱ weitereȱ Charakterisierungȱ ihresȱSchicksalsȱ durchȱ einȱ Partizipȱ (ΎΙΎΏΓΙΐνΑ΋ȱ –ȱ Δ΅ΘΓΙΐνΑ΋)ȱ undȱ einenȱ PräpositioȬ nalausdruckȱ (ЀΔϲȱ ΗΘΕ΅ΘΓΔνΈΝΑȱ –ȱ ЀΔϲȱ πΌΑЗΑ).ȱ Währendȱ dieȱ äußerenȱ Verseȱ Beschreibungenȱ überȱ dieȱ zuȱ erwartendenȱ Geschehnisseȱ bietenȱ (V.ȱ20.24)ȱ undȱ V.ȱ 21ȱ eineȱ Handlungsanweisungȱ bereithält,245ȱ dienenȱ V.ȱ22f.ȱinȱspezifischerȱWeiseȱderȱDeutungȱdesȱGeschehensȱ(vgl.ȱ·ΣΕȱinȱ V.ȱ22a.23b).ȱ Dieȱ Verseȱ stellenȱ dieȱ Voraussagungenȱ desȱ lukanischenȱ Jesusȱ überȱ dasȱ Schicksalȱ derȱ heiligenȱ Stadtȱ dar.ȱ Dabeiȱ konkretisiertȱ Lukasȱ dieȱ dunklenȱ Aussagenȱ ausȱ derȱ markinischenȱ Fassung.ȱ Diesȱ zeigtȱ sichȱ vorȱ allemȱ anȱ derȱ ausȱ demȱ Buchȱ Danielȱ stammendenȱ Formulierungȱ ΆΈνΏΙ·ΐ΅ȱΘχΖȱπΕ΋ΐЏΗΉΝΖȱ(„GreuelȱderȱVerwüstung“)ȱinȱMkȱ13,14,ȱdieȱ Mtȱ 24,15ȱ vonȱ dortȱ übernimmt.ȱ Dieseȱ apokalyptischeȱ Redeweise,ȱ dieȱ zudemȱdurchȱeinenȱAppellȱzurȱAufmerksamkeitȱanȱEingeweihteȱ–ȱ„Derȱ Leserȱ merkeȱ auf!“ȱ –ȱ verschlüsseltȱ wird,246ȱ brichtȱ Lukasȱ auf,ȱ indemȱ erȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 9,54.57.59.61;ȱ10,17.21.40;ȱ11,1;ȱ12.41;ȱ13,23;ȱ17,37;ȱ18,41,ȱ19,8;ȱ22,33.38.49)ȱundȱauchȱinȱ diversenȱGleichnissenȱauftaucht.ȱ 245ȱȱ Sieȱ istȱ transparentȱ aufȱ dieȱ Fluchtȱ derȱ Urgemeindeȱ ausȱ derȱ Stadtȱ imȱ Vorfeldȱ derȱ Zerstörung,ȱvgl.ȱdazuȱWehnert,ȱAuswanderung,ȱ233–255.ȱ 246ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBrandenburger,ȱMarkusȱ13,ȱ49–51.83ff.ȱ

176ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

offenȱvonȱderȱBelagerungȱundȱVerwüstungȱJerusalemsȱspricht,ȱwieȱsieȱ unsȱauchȱausȱdemȱBerichtȱdesȱJosephusȱüberȱdieȱGeschehnisseȱinȱJeruȬ salemȱimȱJahrȱ70ȱn.ȱChr.ȱbekanntȱsind.247.ȱDamitȱweistȱerȱauchȱaufȱdenȱ BeginnȱderȱRedeȱzurück,ȱdaȱdieȱFrageȱinȱLkȱ21,7ȱsichȱimȱGegensatzȱzuȱ Mkȱ13,4ȱnichtȱaufȱdieȱVollendungȱbezieht,ȱsondernȱaufȱdieȱZerstörungȱ desȱ Tempels.ȱ Durchȱ denȱ Hinweisȱ aufȱ dieȱ πΕφΐΝΗ΍Ζȱ Jerusalemsȱ istȱ alȬ lerdingsȱdieȱVorlageȱnochȱvonȱFerneȱerkennbar.ȱAuchȱdieȱTilgungȱderȱ apokalyptischenȱ Terminiȱ ΦΕΛχȱ ВΈϟΑΝΑȱ (Mkȱ 13,8)ȱ undȱ ΌΏϧΜ΍Ζȱ (Mkȱ 13,19)248ȱ zeigtȱ dieȱ besondereȱ Akzentsetzungȱ desȱ Lukas,ȱ derȱ dieȱ GeȬ schehnisseȱ nichtȱ inȱ apokalyptischen,ȱ sondernȱ geschichtlichenȱ KategoȬ rienȱbeschreibenȱwill.ȱDaherȱtauchenȱinȱderȱganzenȱRedeȱnurȱinȱdiesenȱ vierȱ Versenȱ konkreteȱ geographischeȱ Ortsbezeichnungenȱ auf,ȱ nämlichȱ Jerusalemȱ (21,20.24)ȱ undȱ Judäaȱ (21,21),ȱ währendȱ sonstȱ nurȱ vageȱ OrtsȬ angabenȱvorkommen.ȱDieȱgegeneinanderȱkämpfendenȱ„Nationen“ȱundȱ „Königreiche“ȱ(21,10)ȱbleibenȱnamenlos,ȱschlimmeȱKatastrophenȱsollenȱ schlichtȱ„anȱverschiedenenȱOrten“ȱ(21,11)ȱstattfinden,ȱdieȱletztenȱEreigȬ nisseȱ werdenȱ schließlichȱ universalȱ denȱ ganzenȱ Erdkreisȱ (21,26:ȱ ΓϢΎΓΙΐνΑ΋)ȱ betreffen.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ hierȱ dagegenȱ umȱ eineȱ WeissaȬ gung,ȱ dieȱ sichȱ explizitȱ aufȱ Jerusalemȱ bezieht.ȱ Einzigȱ denȱ Ortsnamenȱ „Judäa“ȱ hatȱ Lukasȱ dabeiȱ ausȱ seinerȱ Vorlageȱ (Mkȱ 13,14)ȱ übernommen,ȱ denȱNamenȱderȱStadtȱsetztȱerȱanȱbeidenȱStellenȱselbständigȱein.ȱ Weiterȱ fälltȱ dasȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ nurȱ hierȱ vorkommendeȱ ΗΘΕ΅ΘϱΔΉΈΓΑȱ aufȱ (21,20),ȱ wasȱ ursprünglichȱ denȱ (LagerȬ)Platzȱ einesȱ Heeresȱ meint,ȱ aberȱ auchȱ speziellȱ eineȱ römischeȱ Legionȱ bezeichnenȱ kann.249ȱ Beiȱ Josephusȱ istȱ dasȱ Wortȱ sehrȱ häufigȱ inȱ derȱ Bedeutungȱ „LaȬ gerplatz“ȱ belegt,ȱ kannȱ aberȱ auchȱ eineȱ Armeeȱ bezeichnenȱ (Bellȱ 5,241;ȱ Antȱ14,320).ȱGemeintȱsindȱhierȱvonȱLukasȱsicherȱdieȱrömischenȱLegioȬ nen,ȱ dieȱ 70ȱ n.ȱ Chr.ȱ vorȱ Jerusalemȱ lagenȱ undȱ schließlichȱ dieȱ Stadtȱ einȬ nahmen.250ȱEsȱhandeltȱsichȱumȱeinȱWortȱausȱderȱmilitärischenȱSprache,ȱ dasȱdenȱbiblischenȱTextenȱeherȱfremdȱist.ȱLukasȱhatȱesȱverwendet,ȱumȱ dieȱ römischeȱ Militäraktionȱ insȱ Gedächtnisȱ zuȱ rufen.ȱ Vorȱ diesemȱ HinȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 247ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ auchȱ Lkȱ 19,41–44ȱ undȱ Josephus,ȱ Bellȱ 5,466–468ȱ (derȱ Berichtȱ überȱ vierȱ aufgeschütteteȱWälle);ȱ5,502–510ȱ(dieȱErrichtungȱeinerȱbewachtenȱMauerȱzurȱBelageȬ rungȱJerusalems)ȱundȱschließlichȱBellȱ7,1:ȱ„AlsȱaberȱdasȱHeerȱwederȱetwasȱzuȱmorȬ denȱnochȱzuȱraubenȱfand,ȱ[…]ȱdaȱbefahlȱderȱKaiser,ȱdieȱgesamteȱStadtȱundȱdenȱTemȬ pelȱzuȱschleifen“.ȱ 248ȱȱ LukasȱersetztȱdieȱFormulierungȱdurchȱΦΑΣ·Ύ΋ȱΐΉ·ΣΏ΋.ȱ 249ȱȱ Vgl.ȱ etwaȱ Bauer/Aland,ȱ WNT,ȱ 1385;ȱ Rehkopf,ȱ Wörterbuch,ȱ 118:ȱ „speziell:ȱ dieȱ LegiȬ on“;ȱvgl.ȱauchȱ Bauernfeind,ȱArt.ȱΗΘΕ΅ΘΉϾΓΐ΅΍ȱΎΘΏ.,ȱ704:ȱDasȱWortȱbezeichnetȱgeleȬ gentlichȱ„einenȱTruppenteil,ȱzBȱeineȱLegion“.ȱ 250ȱȱ InȱderȱLXXȱfindetȱsichȱΗΘΕ΅ΘϱΔΉΈΓΑȱstetsȱimȱSgl.:ȱ2ȱMakkȱ8,12;ȱ9,9ȱinȱderȱBedeutungȱ „Lager“;ȱWeishȱ12,8;ȱJerȱ41,1;ȱ48,12ȱinȱderȱBedeutungȱ„Heer/Mannschaft“ȱ(vonȱsehrȱ verschiedenerȱGrößeȱundȱinȱganzȱverschiedenenȱZusammenhängen).ȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

177ȱ

tergrundȱwirdȱderȱganzeȱVersȱ21ȱzuȱeinemȱlukanischenȱKurzkommenȬ tarȱderȱVerhältnisseȱinȱJudäaȱzurȱZeitȱderȱBelagerung.ȱDieȱWarnungȱfürȱ dieȱ„aufȱdemȱLand“ȱ(ΓϡȱπΑȱΘ΅ϧΖȱΛЏΕ΅΍Ζ),ȱnichtȱinȱdieȱStadtȱhineinzugeȬ hen,ȱ magȱ sichȱ aufȱ denȱ Berichtȱ desȱ Josephusȱ beziehen,ȱ nachȱ demȱ beimȱ Heranrückenȱ derȱ Römerȱ vieleȱ Menschenȱ ausȱ demȱ offenenȱ Landȱ nachȱ Jerusalemȱ flohen.ȱ Sieȱ wolltenȱ dortȱ Schutzȱ suchen,ȱ wurdenȱ aberȱ dannȱ vonȱdenȱRömernȱgetötetȱoderȱversklavtȱoderȱverhungerten.251ȱ Derȱ Textȱ zeigtȱ alsoȱ vorȱ allemȱ inȱ denȱ erstenȱ beidenȱ Versenȱ einenȱ starkȱhistorischenȱCharakter.ȱImȱzweitenȱTeilȱändertȱsichȱdiesȱetwas,ȱdaȱ dortȱ dieȱ Traditionȱ derȱ prophetischenȱ Drohungenȱ eineȱ stärkereȱ Rolleȱ spielt.ȱBesondersȱdieȱVerseȱ23ȱundȱ24ȱlassenȱbiblischeȱFormulierungenȱ anklingen,ȱ etwaȱ denȱ „Mundȱ desȱ Schwertes“252,ȱ dieȱ ΅ϢΛΐ΅ΏΝΗϟ΅ȱ IsraȬ els253ȱ oderȱ dasȱ „Zertretenwerdenȱ vonȱ denȱ Heiden“254.ȱ Weiterȱ istȱ derȱ WeherufȱinȱV.ȱ23ȱzuȱnennen,ȱderȱseineȱVorläuferȱinȱdenȱWeherufenȱderȱ alttestamentlichenȱ Prophetenȱ hat,255ȱ sowieȱ derȱ Parallelismusȱ MembroȬ rumȱinȱdiesemȱVers.ȱVorȱallemȱaberȱfälltȱdasȱMotivȱvonȱderȱeschatologiȬ schenȱBegrenzungȱderȱZeitȱauf,ȱmitȱdemȱderȱTextȱendet.ȱ

3.4.4ȱDieȱ„TageȱderȱVergeltung“ȱundȱderȱ„ZornȱGottes“ȱ(V.ȱ22f.)ȱ Vonȱ besondererȱ Bedeutungȱ fürȱ dieȱ Auslegungȱ derȱ Verseȱ istȱ dieȱ DeuȬ tung,ȱdieȱLukasȱselbstȱderȱZerstörungȱJerusalemsȱgibt.ȱNachȱV.ȱ22ȱsindȱ esȱ „Tageȱ derȱ Bestrafung“ȱ (ψΐνΕ΅΍ȱ πΎΈ΍ΎφΗΉΝΖ),ȱ inȱ denenȱ derȱ „Zornȱ gegenȱdieseȱVolkes“ȱ(ϴΕ·χȱΘХȱΏ΅ХȱΘΓϾΘУ)ȱsichȱauswirkt.ȱDasȱGescheȬ henȱstehtȱimȱEinklangȱmitȱdemȱZeugnisȱderȱSchriftȱ(vgl.ȱV.ȱ22b).ȱLukasȱ ruftȱ hierȱ dasȱ Motivfeldȱ vomȱ „Zornȱ Gottes“256ȱ auf,ȱ dasȱ erȱ überȱ seineȱ Markusvorlageȱ hinausȱ mitȱ demȱ Geschehenȱ derȱ ZerstörungȱJerusalemsȱ inȱVerbindungȱbringt.ȱDamitȱzeigtȱer,ȱdassȱfürȱihnȱdieȱMissachtungȱdesȱ göttlichenȱHeilswortesȱdurchȱIsraelȱ–ȱwieȱschonȱbeiȱderȱZerstörungȱderȱ Stadtȱ durchȱ dieȱ Babylonierȱ –ȱ erneutȱ zurȱ Auswirkungȱ desȱ göttlichenȱ ZornsȱalsȱReaktionȱaufȱIsraelsȱVergehenȱgeführtȱhat.ȱImȱLichtȱdesȱdeuȬ teronomistischenȱ Geschichtsbildesȱ kannȱ dieȱ Zerstörungȱ nurȱ alsȱ göttliȬ cheȱReaktionȱaufȱdieȱSündeȱIsraelsȱgelesenȱwerdenȱkann.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 251ȱȱ Vgl.ȱJosephus,ȱBellȱ6,384.ȱ 252ȱȱ Genȱ34,36;ȱJosȱ19,48;ȱJerȱ21,7;ȱvgl.ȱJesȱ3,25;ȱJerȱ20,4;ȱEzȱ29,32ȱ 253ȱȱ Vgl.ȱDtnȱ28,64;ȱJesȱ5,13.ȱ 254ȱȱ Vgl.ȱSachȱ12,3;ȱDtnȱ9,13.26.ȱ 255ȱȱ Jerȱ27,27bȱ(mehrereȱParallelenȱzurȱStelle);ȱvgl.ȱweiterȱJesȱ1,4.24;ȱ3,9.11ȱu.ȱö.;ȱJerȱ4,13;ȱ Amȱ6,1;ȱMiȱ7,4.ȱ 256ȱȱ Vgl.ȱdazuȱschonȱobenȱKap.ȱ2.2.3.ȱ

178ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Dieȱ Redeȱ vomȱ „Zorn“ȱ (ϴΕ·φ)ȱ Gottesȱ istȱ inȱ denȱ Evangelienȱ auffalȬ lendȱ selten,ȱ nurȱ jeȱ einmalȱ begegnetȱ sieȱ beiȱ Matthäus,ȱ Markusȱ undȱ JoȬ hannesȱ inȱ unterschiedlichenȱ Kontexten.257ȱ Lukasȱ verwendetȱ sieȱ zweiȬ mal,ȱ zunächstȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Gerichtspredigtȱ Johannesȱ desȱ Täufers,ȱ dannȱ prominentȱ imȱ benanntenȱ Versȱ Lkȱ 21,23ȱ beiȱ derȱ Drohungȱ überȱ Jerusalem.ȱDieȱPerikopeȱbietetȱdamitȱeinȱSchema,ȱdasȱsichȱinȱdieȱdeuteȬ ronomistischeȱ Sichtȱ einschreibenȱ lässt.ȱ Dasȱ konkreteȱ Ereignisȱ derȱ VerȬ wüstungȱ Jerusalemsȱ (21,20)ȱ wirdȱ imȱ Rückverweisȱ aufȱ dieȱ Schriftȱ alsȱ ZorngerichtȱGottesȱgedeutetȱ(21,22),ȱdasȱsichȱ–ȱwieȱschonȱbeimȱbabyloȬ nischenȱExilȱ–ȱinȱderȱZerstreuungȱdesȱVolkesȱfortsetzt.ȱȱ Derȱ mittlereȱ Versȱ 22ȱ machtȱ deutlich,ȱ dassȱ beiȱ allerȱ Betonungȱ derȱ historischenȱ Sachverhalteȱ auchȱ beiȱ Lukasȱ dieȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ eineȱ wesentlichȱ theologischeȱ Bedeutungȱ hat.ȱ Zunächstȱ greiftȱ dasȱ Wortȱ vonȱdenȱ„TagenȱderȱBestrafung“ȱ(V.ȱ22:ȱψΐνΕ΅΍ȱπΎΈ΍ΎφΗΉΝΖ)ȱeineȱbibliȬ scheȱFormulierungȱauf.258ȱMehrfachȱsprichtȱdasȱAlteȱTestamentȱinȱdieȬ serȱ Terminologieȱ undȱ bezeichnetȱ damitȱ „Tageȱ derȱ Vergeltungȱ Gottesȱ gegenüberȱ seinemȱ eigenenȱ Heilsvolkȱ Israel.“259ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ schlimmeȱEreignisse,ȱdieȱwegenȱderȱSchuldȱIsraelsȱalsȱvonȱGottȱgesandtȱ aufgefasstȱwerden.260ȱAuffälligȱist,ȱdassȱdasȱAusrufenȱeinesȱ„Tagesȱderȱ Vergeltung“ȱ (Ύ΅ΏνΗ΅΍ȱ […]ȱ ψΐνΕ΅Αȱ ΦΑΘ΅ΔΓΈϱΗΉΝΖ)261ȱ nachȱ Jesȱ 61,2bȱ beiȱderȱZitierungȱdiesesȱVersesȱdurchȱJesusȱimȱRahmenȱseinerȱAntrittsȬ predigtȱ(Lkȱ4,20)ȱunterschlagenȱundȱimȱRahmenȱunseresȱTextesȱgleichȬ samȱnachgeholtȱwird.262ȱImȱVergleichȱzuȱdenȱgenanntenȱalttestamentliȬ chenȱStellenȱistȱfürȱLukasȱfreilichȱeineȱFokussierungȱaufȱdieȱAblehnungȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 257ȱȱ InȱMtȱ3,7ȱ(par.ȱLkȱ3,7)ȱbeiȱderȱGerichtspredigtȱdesȱTäufers,ȱinȱMkȱ3,5ȱalsȱGefühlsäuȬ ßerungȱJesuȱundȱinȱJohȱ3,36ȱinȱZusammenhangȱmitȱdemȱUnglauben.ȱDieȱApgȱbietetȱ keinenȱBeleg.ȱHäufigerȱistȱderȱTerminusȱinȱderȱBriefliteratur,ȱbeiȱdenȱProtopaulinenȱ aberȱnurȱinȱRömȱ(11Ȭmal)ȱundȱ1ȱThessȱ(3Ȭmal),ȱsowieȱinȱderȱOffbȱ(6Ȭmal).ȱ 258ȱȱ Vgl.ȱ Dtnȱ 32,35ȱ (LXX):ȱ „Amȱ Tagȱ derȱ Bestrafungȱ (πΑȱ ψΐνΕθȱ πΎΈ΍ΎφΗΉΝΖ)ȱ werdeȱ ichȱ Vergeltungȱüben“.ȱ 259ȱȱ Rusam,ȱDasȱAlteȱTestamentȱbeiȱLukas,ȱ199;ȱvgl.ȱnebenȱDtnȱ32,35ȱauchȱJerȱ26,10ȱ(LXX)ȱ undȱvorȱallemȱHosȱ9,7ȱ(LXX).ȱ 260ȱȱ Vgl.ȱHosȱ9,7:ȱϊΎ΅Η΍Αȱ΅ϡȱψΐνΕ΅΍ȱΘϛΖȱπΎΈ΍ΎφΗΉΝΖȱ[…]ȱЀΔϲȱΘΓІȱΔΏφΌΓΙΖȱΘЗΑȱΦΈ΍Ύ΍ЗΑȱ ΗΓΙȱ [sc.ȱ Israel]ȱ πΔΏ΋ΌϾΑΌ΋ȱ ΐ΅Αϟ΅ȱ ΗΓΙ.ȱ Durchȱ dieȱ Fülleȱ desȱ Unrechtsȱ wächstȱ auchȱ dieȱGrößeȱderȱΐ΅Αϟ΅ȱIsraels.ȱ 261ȱȱ Zurȱ Übereinstimmungȱ vonȱ ΦΑΘ΅ΔϱΈΝΗ΍Ζȱ undȱ πΎΈϟΎ΋Η΍Ζȱ vgl.ȱ Baarlink,ȱ Jahrȱ desȱ Herrn,ȱ218.ȱ 262ȱȱ AuchȱderȱVerweisȱaufȱdieȱErfüllungȱdesȱSchriftȱverbindetȱLkȱ21,22ȱmitȱLkȱ4.ȱNachȱD.ȱ RusamȱerhältȱdasȱZitatȱJesȱ61,1f.ȱeineȱstrukturbildendeȱBedeutungȱ„fürȱdasȱgesamteȱ LkEv,ȱ daȱ derȱ Schlussȱ desȱ Zitatsȱ […]ȱ inȱ Lkȱ 21,22ȱ alludiertȱ wird“ȱ (Rusam,ȱ Dasȱ Alteȱ TestamentȱbeiȱLukas,ȱ205).ȱEinȱweiteresȱrahmendesȱElementȱfürȱdasȱirdischeȱWirkenȱ Jesuȱ sindȱ dieȱ beidenȱ Satansnotizenȱ Lkȱ 4,13;ȱ 22,13;ȱ alleȱ Machttatenȱ Jesuȱ (außerȱ derȱ HeilungȱLkȱ22,51)ȱgeschehenȱinnerhalbȱdiesesȱRahmensȱ(vgl.ȱRusam,ȱDasȱAlteȱTesȬ tamentȱbeiȱLukas,ȱ235).ȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

179ȱ

desȱ Messiasȱ Jesusȱ festzuhalten.ȱ Istȱ dasȱ Gerichtȱ Gottesȱ beiȱ Hoseaȱ eineȱ Folgeȱ derȱ „bösenȱ Taten“ȱ desȱ Volkes,ȱ soȱ hängtȱ dieȱ Zerstörungȱ JerusaȬ lemsȱ70ȱn.ȱChr.ȱmitȱderȱEinstellungȱIsraelsȱzumȱletztenȱProphetenȱundȱ Messiasȱ Jesusȱ zusammen.ȱ Soȱ kannȱ manȱ schließen,ȱ dassȱ dieȱ „VergelȬ tungstage“ȱ nachȱ Lukasȱ inȱ derȱ Ablehnungȱ Jesu,ȱ wieȱ sieȱ inȱ Lkȱ 4,16–30ȱ paradigmatischȱgeschildertȱwurde,ȱihrenȱtiefstenȱGrundȱhaben.ȱȱ Dieȱ Stoßrichtungȱ derȱ Verseȱ 21,22f.ȱ lässtȱ sichȱ soȱ mitȱ Lkȱ 13,34f.ȱ verȬ knüpfen,ȱ woȱdieȱ Drohungȱgegenȱ Jerusalemȱ undȱ denȱTempelȱ ebenfallsȱ mitȱ denȱ gescheitertenȱ Sammlungsversuchenȱ Jesuȱ undȱ dessenȱ AblehȬ nungȱ zusammenhängt.ȱ Inȱ derȱ Formulierungȱ vonȱ denȱ „Tagenȱ derȱ RaȬ che“ȱ wirdȱ eineȱ Strafeȱ bzw.ȱ Züchtigungȱ Israelsȱ angekündigt,ȱ dieȱ zwarȱ längerȱ andauernȱ kannȱ (wieȱ dieȱ ungewisseȱ Längeȱ derȱ Ύ΅΍ΕΓϠȱ πΌΑЗΑȱ zeigt),ȱaberȱdochȱoffenȱfürȱeineȱerneuteȱHeilszeitȱbleibt.ȱZugleichȱbetontȱ Lukasȱ inȱ 21,22ȱ auchȱ dieȱ Schriftgemäßheitȱ desȱ gesamtenȱ Geschehens.ȱ AusȱderȱFormulierung,ȱdassȱsichȱinȱdiesenȱTagenȱderȱVergeltungȱ„alles,ȱ wasȱ geschriebenȱ steht“ȱ (ΔΣΑΘ΅ȱ ΘΤȱ ·Ή·Ε΅ΐΐνΑ΅)ȱ erfülle,ȱ folgtȱ aberȱ keineȱ Feststellungȱ überȱ dasȱ Endeȱ derȱ Rolleȱ Jerusalemsȱ inȱ derȱ HeilsgeȬ schichte.263ȱZumȱeinenȱistȱdieȱplerophoreȱFormulierungȱmitȱΔκΖȱtypischȱ fürȱLukas,264ȱzumȱanderenȱweistȱsieȱdaraufȱhin,ȱdassȱdasȱgesamteȱmesȬ sianischeȱGeschehenȱseitȱderȱZeitȱJesuȱdieȱErfüllungȱallerȱErwartungenȱ Israelsȱbringtȱ(vgl.ȱauchȱLkȱ24,27).ȱ WieȱdieȱAusführungenȱüberȱdieȱRedeȱvomȱ„ZornȱGottes“ȱimȱAltenȱ Testament265ȱgezeigtȱhaben,ȱgehörtȱauchȱdasȱElementȱvomȱEndeȱdiesesȱ Zornesȱ undȱ einerȱ neuerlichenȱ Heilswendeȱ inȱ dasȱ Motivfeldȱ hinein.ȱ DazuȱistȱnunȱeinȱBlickȱaufȱdenȱabschließendenȱV.ȱ24ȱzuȱwerfen.ȱȱ

3.4.5ȱDieȱ„ZeitenȱderȱHeiden“ȱ(V.ȱ24)ȱ Lukasȱ beendetȱ dieȱ Passageȱ überȱ dieȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ mitȱ demȱ prophetischenȱ Hinweisȱ aufȱ dieȱ Erfüllungȱ derȱ „Zeitenȱ derȱ Heiden“.ȱ Dieȱ Bedeutungȱ dieserȱ ungewöhnlichenȱ Formulierungȱ istȱ umstritten.ȱ ManȬ cheȱ Auslegerȱ interpretierenȱ dieȱ Wendungȱ aufȱ dieȱ Herrschaftȱ derȱ RöȬ mer,266ȱandereȱgehenȱvonȱeinemȱAusblickȱaufȱdieȱHeidenmissionȱaus267.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 263ȱȱ Soȱ jedochȱ Schneider,ȱ Lkȱ II,ȱ 423:ȱ „Wennȱ sichȱ ‚alles‘ȱ Geschriebeneȱ damitȱ erfüllt,ȱ soȱ lässtȱ derȱ Evangelistȱ durchȱ dieseȱ seineȱ Formulierungȱ erkennen,ȱ dassȱ erȱ Jerusalemȱ nachȱdemȱJahreȱ70ȱkeineȱheilsgeschichtlicheȱFunktionȱmehrȱzuerkennt.“ȱ 264ȱȱ VorȱallemȱimȱBlickȱaufȱdasȱSchicksalȱJesu,ȱvgl.ȱLkȱ18,31;ȱ24,44.ȱ 265ȱȱ Vgl.ȱobenȱKap.ȱ2.2.3.ȱ 266ȱȱ Soȱ etwaȱ Klein,ȱ Lk,ȱ 650:ȱ „Dieȱ Heidenȱ habenȱ nurȱ delegierte,ȱ begrenzteȱ Macht“;ȱ mitȱ anderemȱSchwerpunkt,ȱaberȱinȱderȱSacheȱgleichȱauchȱFitzmyer,ȱLkȱI,ȱ1347:ȱ„untilȱtheȱ triumphȱ ofȱ theȱ Romansȱ isȱ complete“;ȱ vgl.ȱ auchȱ Schweizer,ȱ Lk,ȱ 211,ȱ derȱ inȱ ZusamȬ

180ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Eineȱ Verbindungȱ beiderȱ Aspekteȱ findetȱ sichȱ etwaȱ beiȱ Wilfriedȱ Eckey,ȱ derȱmeint,ȱdassȱ„dieȱWendungȱ‚ZeitenȱderȱVölker‘ȱ[…]ȱzumȱeinenȱaufȱ dieȱRolle,ȱdieȱ(dieȱHeiden)ȱbeiȱderȱZerstörungȱJerusalemsȱundȱderȱHerrȬ schaftȱüberȱdieȱvonȱihnenȱverwüsteteȱStadtȱundȱdasȱjüdischeȱVolkȱspieȬ len,ȱ zumȱ anderenȱ aberȱ auchȱ aufȱ ihreȱ Rolleȱ alsȱ Adressatenȱ undȱ Hörerȱ derȱchristlichenȱBotschaftȱ(verweist)“268.ȱ Wennȱ wirȱ nunȱ davonȱ ausgehen,ȱ dassȱ derȱ Textȱ zunächstȱ vonȱ derȱ „Erfüllung“ȱderȱZeitenȱderȱHeidenȱspricht,ȱergibtȱsichȱnochȱeineȱweiteȬ reȱSinnrichtung:ȱDieȱZertretungȱderȱStadtȱJerusalemȱistȱbegrenzt.ȱDieseȱ Begrenzungȱ liegtȱ imȱ Heilsplanȱ Gottes,ȱ derȱ alleinȱ Zeitenȱ undȱ ZeitbeȬ grenzungenȱ festlegt,ȱ begründet.ȱ Imȱ Hintergrundȱ stehtȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ dieȱ Vorstellungȱ vonȱ einemȱ „eschatologischenȱ Maß“.269ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ dabeiȱ umȱ einȱ Motivȱ „antikȬjüdischerȱ undȱ urchristlicherȱ EschatoloȬ gie“270,ȱ dasȱ mitȱ RainerȱStuhlmannȱ wieȱfolgtȱ beschriebenȱ werdenȱ kann:ȱ „Gottȱ hatȱ vorabȱ derȱ Zeitȱ bisȱ zumȱ Weltendeȱ einȱ Maßȱ gesetzt.ȱ Derȱ TerȬ minȱ desȱ Weltendesȱ istȱ darumȱ konditioniertȱ durchȱ dieȱ Füllungȱ diesesȱ vonȱGottȱgesetztenȱMaßes.“271ȱDerȱZeitpunktȱistȱdabeiȱzwarȱprimärȱreinȱ theonomȱ bestimmt,ȱ daȱ vonȱ Gottȱ festgesetzt,ȱ zugleichȱ hängtȱ esȱ aberȱ auchȱ vonȱ denȱ Menschenȱ ab,ȱ dieȱ etwaȱ einȱ bestimmtesȱ Maßȱ anȱ Leidenȱ oderȱ einȱ bestimmtesȱ Maßȱ anȱ Sündenȱ erlebenȱ müssen,ȱ oderȱ aberȱ auchȱ einȱbestimmtesȱMaßȱanȱMenschenȱzumȱHeilȱgelangtȱseinȱmuss.ȱEsȱhanȬ deltȱ sichȱ alsoȱ umȱ einenȱ dialektischenȱ Vorgang,ȱ beiȱ demȱ entwederȱ dieȱ göttlicheȱ oderȱ dieȱ menschlicheȱSeiteȱ besondersȱ betontȱ werden.ȱ Imȱ GeȬ samtkontextȱ desȱ lukanischenȱ Werkesȱ entsprichtȱ dieserȱ Wendeȱ immerȱ auchȱ dieȱ Umkehrȱ desȱ Volkes,ȱ zuȱ derȱ vorȱ allemȱ dieȱ Apostelgeschichteȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ menhangȱ mitȱ Offbȱ 11,2ȱ meint:ȱ „Dieȱ ‚Zeitȱ derȱ Heiden‘ȱ istȱ daherȱ schwerlichȱ dieȱ derȱ Heidenmission,ȱ sondernȱ dieȱ derȱ Herrschaftȱ Roms,ȱ dieȱ freilichȱ zugleichȱ dieȱ derȱ heiȬ denchristlichenȱGemeindeȱist.“ȱ 267ȱȱ Vgl.ȱGräßer,ȱProblem,ȱ162.ȱ 268ȱȱ Eckey,ȱLkȱII,ȱ863.ȱNachȱdemȱZeugnisȱderȱApgȱwirdȱmanȱallerdingsȱdieȱMissionȱunterȱ denȱVölkernȱnichtȱsoȱeinfachȱinȱeinenȱsachlichenȱZusammenhangȱmitȱderȱZerstörungȱ Jerusalemsȱstellenȱdürfen.ȱZwarȱfindenȱsichȱimȱLkȬEvangeliumȱmehrereȱAnspielunȬ genȱdarauf,ȱinȱderȱApgȱgibtȱesȱjedochȱkeineȱHinweiseȱmehrȱaufȱdieȱZerstörungȱderȱ Stadt;ȱstattdessenȱdurchziehtȱdasȱThemaȱderȱMissionȱunterȱdenȱVölkernȱdieȱgesamteȱ Apg,ȱwährendȱesȱimȱEvangeliumȱerstȱvonȱferneȱerscheint.ȱDieȱerzählerischeȱEinheitȱ desȱ Doppelwerksȱ vorausgesetzt,ȱ scheintȱ esȱ alsoȱ nichtȱ angebracht,ȱ imȱ Blickȱ aufȱ dasȱ Evangeliumȱ dieȱ Heidenmissionȱ isoliertȱ mitȱ derȱ Katastropheȱ Jerusalemsȱ zuȱ verbinȬ den.ȱNachȱdemȱZeugnisȱderȱApgȱhatȱdieȱHeidenmissionȱjaȱschonȱlangeȱvorȱdemȱjüȬ dischenȱ Kriegȱ begonnen,ȱ ohneȱ dassȱ Lukasȱ inȱ seinemȱ zweitenȱ Buchȱ eineȱ sachlicheȱ VerbindungȱzwischenȱderȱZerstörungȱdesȱTempelsȱeinerseitsȱundȱ(demȱBeginn)ȱderȱ Heidenmissionȱandererseitsȱhergestelltȱhätte.ȱ 269ȱȱ Vgl.ȱStuhlmann,ȱMaß,ȱ52f.;ȱEckey,ȱLkȱII,ȱ862f.;ȱLöning,ȱGeschichtswerkȱII,ȱ225.ȱ 270ȱȱ Stuhlmann,ȱMaß,ȱ1.ȱ 271ȱȱ Ebd.ȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

181ȱ

aufrufenȱwird.ȱDieȱpassiveȱTerminologieȱderȱErfüllungȱinȱLkȱ21,24ȱzeigtȱ jedoch,ȱ dassȱ Lukasȱ diesesȱ Geschehenȱ auchȱ unterȱ derȱ Perspektiveȱ desȱ göttlichenȱPlansȱformulierenȱkann.272ȱ Nachȱ diesemȱ Schemaȱ nunȱ hältȱ derȱ Unheilszustand,ȱ derȱ ausȱ demȱ „ZornȱgegenȱdiesesȱVolk“ȱ(V.ȱ23)ȱerwächst,ȱnichtȱewigȱan,ȱsondernȱistȱ befristet.ȱ Dasȱ Unheilȱ wirdȱ dannȱ gewendet,ȱ wennȱ dasȱ „Maß“ȱ erfülltȱ ist.273ȱDieȱLängeȱderȱUnheilszeitȱistȱdabeiȱstetsȱalsȱvonȱGottȱfestgesetztȱ vorgestellt.274ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ hierȱ umȱ einȱ vorȱ allemȱ inȱ frühjüdischenȱ Textenȱ immerȱ wiederȱ zuȱ entdeckendesȱ Schema,275ȱ dasȱ derȱ Sacheȱ nachȱ auchȱamȱEndeȱvonȱV.ȱ24ȱvorliegt.ȱDerȱUnheilszustandȱistȱdasȱschonȱinȱ 21,20ȱ angekündigte,ȱ aberȱ inȱ 24ȱ ganzȱ ausgeführteȱ „Zertretenwerden“ȱ derȱStadtȱJerusalemȱdurchȱdieȱ„Heidenvölker“.ȱDieȱBegrenzungȱdieserȱ Zeitȱ wirdȱ schonȱ durchȱ dasȱ ΩΛΕ΍ȱ ΓЈȱ ausgedrücktȱ (vgl.ȱ dazuȱ auchȱ Apgȱ 3,21;ȱ Römȱ 11,25).ȱ Außerdemȱ weistȱ dasȱ passivumȱ divinumȱ ΔΏ΋ΕΝΌЗΗ΍Αȱ aufȱgöttlichesȱWirkenȱhin.276ȱ Dieȱ Formulierungȱ vonȱ Ύ΅΍ΕΓϟȱ imȱ Pluralȱ istȱ imȱ Lukasevangeliumȱ singulär.ȱInȱderȱApostelgeschichteȱfindetȱsieȱsichȱfreilichȱanȱvierȱStellenȱ (Apgȱ1,7;ȱ3,20;ȱ14,17;ȱ17,26),ȱvonȱdenenȱvorȱallemȱdieȱerstenȱbeidenȱzurȱ ErläuterungȱunsererȱStelleȱvonȱNutzenȱsind.ȱWirȱwerdenȱspäterȱbeiȱderȱ UntersuchungȱdieserȱStellenȱwiederȱaufȱsieȱzurückkommen.ȱ DieȱErfüllungȱderȱΎ΅΍ΕΓϟȱbedeutetȱalsoȱeinȱEndeȱderȱZertretungȱvonȱ JerusalemȱdurchȱdieȱσΌΑ΋.ȱDasȱBlattȱwirdȱsichȱbeiȱderȱParusieȱauchȱfürȱ Jerusalemȱnochȱeinmalȱwenden.ȱDamitȱerweistȱsichȱGottesȱHandelnȱimȱ lukanischenȱ Konzeptȱ so,ȱ wieȱ wirȱ esȱ ausȱ denȱ Schriftprophetenȱ kennenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 272ȱȱ Sehrȱ deutlichȱ tretenȱ dasȱ Motivȱ einesȱ solchenȱ „eschatologischenȱ Maßes“ȱ undȱ seineȱ Implikationenȱinȱ4ȱEsraȱhervor.ȱ Hierȱspieltȱdasȱ HandelnȱderȱMenschenȱbemerkensȬ werterweiseȱkeineȱRolle.ȱAufȱdieȱFrageȱnachȱderȱletztenȱVollendungȱhatȱderȱErzengelȱ Jeremielȱ(Jerachmeel)ȱgesagt:ȱ„Dann,ȱwennȱ dieȱZahlȱdererȱvollȱist,ȱdieȱeuchȱähnlichȱ sind.ȱDennȱerȱ[sc.ȱGott]ȱhatȱdieȱWeltȱaufȱderȱWaageȱgewogen,ȱmitȱdemȱMaßȱdieȱZeiȬ tenȱgemessen,ȱnachȱderȱZahlȱderȱEpochenȱabgezählt.ȱErȱsetztȱnichtȱinȱBewegungȱundȱ wecktȱnichtȱauf,ȱbisȱdasȱfestgesetzteȱMaßȱerfülltȱist.“ȱ(4ȱEsraȱ4,36f.;ȱÜbersetzungȱnachȱ Schreiner,ȱ4ȱEsra,ȱ321).ȱ 273ȱȱ Vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Jesȱ 40,2:ȱ „Dasȱ Maßȱ ihresȱ Frondienstesȱ istȱ voll“ȱ (Übersetzungȱ nachȱ StuhlȬ mann,ȱ Maß,ȱ 91);ȱ imȱ Anschlußȱ hältȱ erȱ fest:ȱ „Aufȱ Jesȱ 40,2ȱ fußtȱ dieȱ nachat.ȱ Tradition,ȱ dieȱmitȱeinemȱbestimmtenȱMaßȱeschat.ȱLeidenȱfürȱIsraelȱrechnet.ȱ[…]ȱDaßȱdasȱMaßȱ desȱLeidensȱdasȱKommenȱderȱHeilszeitȱkonditioniert,ȱwirdȱnochȱdeutlicherȱinȱ4ȱEsrȱ 6,11–28“ȱ(Stuhlmann,ȱMaß,ȱ92).ȱ 274ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱVerkürzungȱjenerȱZeitȱinȱMkȱ13,20.ȱ 275ȱȱ Vgl.ȱdazuȱStuhlmann,ȱMaß,ȱ22–45.91–98.ȱ 276ȱȱ Vgl.ȱ Döpp,ȱ Deutungȱ derȱ Zerstörung,ȱ 45:ȱ „Dieȱ passivischeȱ Formulierungȱ (ΔΏ΋ΕΝΌЗΗ΍ΑȱLkȱ21,24)ȱdesȱLukasȱweistȱ[…]ȱdaraufȱhin,ȱdassȱdieseȱZeitȱderȱHeidenȱ wohlȱkaumȱaktivȱ–ȱwieȱvonȱdenȱFreiheitskämpfernȱimȱBarȬKochbaȬAufstandȱpropaȬ giertȱ–ȱdurchȱdieȱVertreibungȱderȱRömerȱausȱIsraelȱzuȱbeendenȱist.ȱDieseȱEndeȱwirdȱ vonȱGottȱherȱerwartetȱ(vgl.ȱJesȱ63,4).“ȱ

182ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

(etwaȱinȱSachȱ11ȱundȱ12):ȱDieȱAblehnungȱJesuȱinȱIsraelȱführtȱzurȱVergelȬ tungȱGottesȱ–ȱdieȱsichȱkonkretȱinȱderȱZerstörungȱJerusalemsȱdurchȱdieȱ Römerȱzeigt,ȱwieȱLukas,ȱundȱnichtȱnurȱerȱallein,ȱsondernȱvieleȱChristen,ȱ denken.ȱ Trotzdemȱ istȱ dieȱ Treueȱ Gottesȱ zuȱ seinemȱ Volkȱ Israelȱ damitȱ keineswegsȱ aufgekündigt.ȱ Dieȱ Heilswendeȱ korrespondiertȱ freilichȱ aufȱ menschlicherȱ Seiteȱ mitȱ derȱ Umkehrȱ desȱ Volkes,ȱ wieȱ sichȱ anȱ anderenȱ Stellenȱ deutlichȱ zeigt.ȱ Soȱ wirdȱ manȱ festhaltenȱ müssen,ȱ dassȱ beiȱ Lukasȱ dasȱ letzteȱ undȱ entscheidendeȱ Gerichtȱ nachȱ wieȱ vorȱ ausstehtȱ undȱ vonȱ derȱKatastropheȱJerusalemsȱabzugrenzenȱist.ȱWirȱlesenȱdarüberȱimȱweiȬ terenȱ Verlaufȱ derȱ Endzeitrede:ȱ Esȱ wirdȱ alleȱ Menschenȱ gleichermaßenȱ treffenȱ(Lkȱ21,35).ȱZugleichȱsprichtȱderȱlukanischeȱJesusȱaberȱhierȱauchȱ dieȱErwartungȱeinerȱallgemeinenȱErlösungȱausȱ(21,28).277ȱ Insgesamtȱ istȱ festzuhalten,ȱ dassȱ derȱ lukanischeȱ Berichtȱ überȱ dieȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ inȱ Lkȱ 21,24ȱ mitȱ demȱ Motivȱ desȱ „eschatologiȬ schenȱ Maßes“ȱ endet.ȱ Dadurchȱ weistȱ derȱ Autorȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ esȱ imȱ letztenȱGottȱselbstȱist,ȱderȱalsȱ„HerrȱderȱGeschichte“ȱdieseȱlenkt.ȱLukasȱ interpretiertȱ dieȱ Zerstörungȱ derȱ Stadtȱ inȱ derȱ Traditionȱ derȱ deuteronoȬ mistischȱgeprägtenȱbiblischenȱGeschichtsauffassungȱalsȱinnergeschichtȬ licheȱ Strafeȱ fürȱ dieȱ Vergehenȱ desȱ Volkes,ȱ konkretȱ fürȱ dieȱ Ablehnungȱ Jesuȱ(vgl.ȱauchȱLkȱ13,35;ȱ19,41–44).ȱDieȱTrauerȱdesȱLukasȱdarüberȱistȱinȱ Stellenȱ wieȱ Lkȱ 19,41ȱ undȱ 23,28ȱ nochȱ zuȱ erkennen.ȱ Soȱ hofftȱ erȱ darauf,ȱ dassȱesȱsichȱletztlichȱumȱeineȱzeitlichȱbegrenzteȱAbwendungȱGottesȱvonȱ seinemȱ Volkȱ handelt.278ȱ Inȱ derȱ (wohlȱ ursprünglichen)ȱ lectioȱ breviorȱ istȱ derȱTextȱoffenȱfürȱdieȱHoffnung,ȱdassȱdieȱZertretungȱderȱStadtȱJerusaȬ lemȱ begrenztȱ sei.ȱ Dieseȱ Begrenzungȱ liegtȱ imȱ Heilsplanȱ Gottesȱ begrünȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 277ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.4.2.2;ȱdassȱdieȱRedeȱbeiȱLkȱimȱUnterschiedȱzuȱMkȱundȱMtȱanȱ dasȱVolkȱgerichtetȱist,ȱkannȱalsȱIndizȱgenommenȱwerden,ȱdassȱerȱIsraelȱnichtȱausȱdieȬ serȱErlösungshoffnungȱausnehmenȱwollte.ȱDieȱobenȱerwähntenȱtextkritischenȱProbȬ lemeȱ könntenȱ daraufȱ hinweisen,ȱ dassȱ dieserȱ Ausdruckȱ schonȱ seitȱ frühesterȱ Zeitȱ schwerȱverständlichȱwar.ȱWennȱesȱsichȱimȱCodexȱVaticanus,ȱwoȱnachȱdemȱPrädikatȱ ΔΏ΋ΕΝΌЗΗ΍ΑȱdieȱWorteȱΎ΅ϠȱσΗΓΑΘ΅΍ȱeingefügtȱwurden,ȱnichtȱumȱeinȱVersehenȱdesȱ Schreibersȱhandelt,ȱwirdȱhierȱdurchȱdasȱzusätzlicheȱVerbȱdieȱvonȱLukasȱintendierteȱ BegrenzungȱderȱZeitȱaußerȱKraftȱgesetztȱundȱdieȱAussageȱdaraufȱhinȱpointiert,ȱdassȱ Jesusȱ inȱ derȱ Redeȱ eineȱ offeneȱ Zukunftȱ ansagt,ȱ dieȱ mitȱ Ύ΅΍ΕΓϠȱ πΌΑЗΑȱ beschriebenȱ werdenȱkann.ȱDiesȱistȱeineȱPhase,ȱdieȱsichȱoffenbarȱanȱdieȱZeitȱIsraelsȱanschließtȱundȱ mitȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ beginnt.ȱ Daȱ nachȱ dieserȱ Lesartȱ erstȱ nachȱ derȱ göttliȬ chenȱ„Erfüllung“ȱdieȱ„ZeitenȱderȱHeiden“ȱanbrechenȱwerden,ȱwirdȱeineȱBegrenzungȱ dieserȱZeitȱ faktischȱausgeschlossen.ȱ EineȱneuerlicheȱHeilszeitȱfürȱ Jerusalem,ȱ fürȱ dieȱ derȱTextȱinȱderȱkürzerenȱFormȱoffenȱwar,ȱgerätȱhierȱausȱdemȱBlick.ȱStattdessenȱblicktȱ derȱ Textȱ aufȱ eineȱ endgültigeȱ Phaseȱ derȱ Herrschaftȱ derȱ Heidenȱ voraus,ȱ dieȱ fürȱ denȱ StellenwertȱIsraelsȱkeinenȱeigenenȱRaumȱmehrȱlässt.ȱEinzelneȱweitereȱZeugenȱhabenȱ dieseȱ Ergänzungȱ ebenfalls.ȱ Sieȱ könntenȱ einȱ Indizȱ fürȱ dasȱ Unverständnisȱ desȱ UrȬ sprungstextesȱimȱ2.ȱJh.ȱsein.ȱ 278ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱDöpp,ȱDeutungȱderȱZerstörung,ȱ44.ȱ

ȱ

3.4ȱ Lkȱ21,20–24:ȱDieȱWeissagungȱJesuȱüberȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱ

183ȱ

det,ȱ derȱ Zeitenȱ undȱ Zeitbegrenzungenȱ festlegt.ȱ Überȱ dieȱ Ereignisseȱ nachȱ derȱ „Erfüllung“ȱ dieserȱ Zeitȱ berichtenȱ dieȱ folgendenȱ Verse:ȱ Dieȱ Parusieȱ desȱ Menschensohnesȱ „mitȱ Machtȱ undȱ großerȱ Herrlichkeit“ȱ (21,27),ȱ derȱ nichtȱ inȱ ersterȱ Linieȱ Gericht,ȱ sondernȱ Erlösungȱ bringtȱ (Lkȱ 21,28:ȱπ··ϟΊΉ΍ȱψȱΦΔΓΏϾΘΕΝΗ΍ΖȱЀΐЗΑ).ȱ

3.4.6ȱErtragȱ FassenȱwirȱabschließendȱnochȱeinmalȱdieȱwichtigstenȱErgebnisseȱunseȬ rerȱ Überlegungenȱ zuȱ diesemȱ Textȱ zusammen:ȱ Lukasȱ verändertȱ seineȱ Markusvorlageȱ so,ȱ dassȱ dieȱ Zerstörungȱ Jerusalems,ȱ aufȱ dieȱ erȱ zurückȬ blickt,ȱ nichtȱ mehrȱ inȱ unmittelbaremȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ Parusieȱ Christiȱerscheint.ȱDennochȱwirdȱmanȱeinenȱsachlichenȱZusammenhangȱ festhaltenȱ können,ȱ daȱ esȱ sichȱ auchȱ beiȱ Lukasȱ umȱ eineȱ eschatologischeȱ RedeȱJesuȱ alsȱ Abschlußȱ seinerȱ Lehrtätigkeitȱ handelt.ȱZweifellosȱ istȱ dieȱ Zerstörungȱ derȱ Stadtȱ fürȱ Lukasȱ einȱ innergeschichtlichesȱ Ereignisȱ undȱ keineswegsȱ einȱ Zeichenȱ (Η΋ΐΉϧΓΑ)ȱ fürȱ dieȱ unmittelbarȱ bevorstehendeȱ Parusie.ȱ Allerdingsȱ wirdȱ manȱ fragenȱ können,ȱ obȱ eineȱ soȱ strikteȱ TrenȬ nungȱzwischenȱ„innergeschichtlich“ȱundȱ„eschatologisch“,ȱwieȱsieȱvieleȱ Auslegerȱfeststellen,ȱangemessenȱist.ȱDennȱfürȱLukasȱhatȱdieȱEndzeitȱinȱ mancherleiȱ Hinsichtȱ schonȱ begonnen.279ȱ Erȱ siehtȱ dieȱ eschatologischȱ erwartetenȱ Begebenheitenȱ bereitsȱ angebrochen,ȱ weißȱ aberȱ auchȱ umȱ nochȱ ausstehendeȱ Elemente280ȱ undȱ unterscheidetȱ zwischenȱ zuȱ seinerȱ Zeitȱ bereitsȱ geschehenenȱ Ereignissenȱ wieȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ (21,20–24)ȱ undȱ derȱ Bedrängnisȱ derȱ Gemeindeȱ (21,12–19)ȱ einerseits,ȱ soȬ wieȱ denȱ dieȱ ganzeȱ Weltȱ betreffendenȱ Endereignissenȱ andererseits.ȱ Beiȱ denȱ historischenȱ Geschehnissenȱ verzichtetȱ erȱ aufȱ apokalyptischeȱ ForȬ mulierungen,ȱ umȱ dieseȱ bewusstȱ innergeschichtlichȱ zuȱ platzieren.ȱ AnȬ dererseitsȱnutztȱerȱdabeiȱauchȱbiblischenȱSprachgebrauchȱzurȱDeutungȱ derȱEreignisseȱ(V.ȱ22:ȱ„TageȱderȱRache“;ȱV.ȱ23:ȱ„Zornȱgegenüberȱdiesemȱ Volk“)ȱ undȱ verbindetȱ dieȱ zukünftigenȱ kosmischenȱ Ereignisseȱ mitȱ denȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 279ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱ3.9.4.3.ȱ 280ȱȱ Dieȱ(nichtȱimmerȱeindeutigen)ȱHinweiseȱdaraufȱdurchziehenȱdasȱgesamteȱEvangeliȬ um.ȱDabeiȱgibtȱesȱzumȱeinenȱkleineȱredaktionelleȱ Änderungenȱ wieȱetwaȱ dieȱEinfüȬ gungȱ desȱ „Wiederkommens“ȱ inȱ Lkȱ 19,12ȱ (ЀΔΓΗΘΕνΚΝȱ bzw.ȱ σΕΛΓΐ΅΍)ȱ oderȱ denȱ HinweisȱaufȱdieȱParusieȱinȱLkȱ13,35ȱ–ȱschonȱdortȱinȱZusammenhangȱmitȱdemȱVerlasȬ senȱdesȱTempelsȱundȱeinerȱdazwischenliegendenȱZeitȱvonȱunbestimmterȱLängeȱforȬ muliertȱ–,ȱzumȱanderenȱfindenȱsichȱbeiȱLukasȱmehrereȱendzeitlicheȱRedenȱ(Lkȱ12,35– 59;ȱ17,20–37;ȱ21,5–36)ȱmitȱunterschiedlichenȱSchwerpunkten:ȱDieȱersteȱschärftȱWachȬ samkeitȱein,ȱdieȱzweiteȱsprichtȱdasȱunerwarteteȱKommenȱJesuȱanȱundȱdieȱdritteȱundȱ größte,ȱdieȱsichȱaufȱMkȱ13ȱstützt,ȱbetontȱdieȱUnterschiedenheitȱundȱZusammengehöȬ rigkeitȱvonȱgeschichtlichenȱEreignissenȱundȱdemȱEndgeschehen.ȱ

184ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

schonȱgeschehenenȱ(Lkȱ21,12.25),ȱindemȱetwaȱdieȱ„ZeitenȱderȱHeiden“ȱ ohneȱ Angabeȱ ihrerȱ Dauer281ȱ sichȱ bisȱ zuȱ denȱ zuverlässigȱ eintreffendenȱ Endereignissenȱausdehnen.282ȱ Somitȱ istȱ einȱ doppelteȱ Bewegungȱ festzustellen:ȱ Währendȱ dieȱ Dauerȱ bisȱzurȱParusieȱbeiȱLukasȱinȱbesondererȱWeiseȱunbestimmtȱbleibt,ȱdeuȬ tetȱ erȱ dochȱ geschichtlicheȱ Ereignisseȱ inȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ EndȬ zeit.ȱ Dabeiȱ bleibtȱ zwarȱ dieȱ Wachsamkeitȱ fürȱ dasȱ Kommenȱ desȱ Herrn,ȱ dasȱ nochȱ immerȱ stetsȱ eintreffenȱ kann,ȱ bestehen,ȱ verlagertȱ sichȱ jedochȱ eherȱ inȱ eineȱ Mentalitätȱ derȱ Bewährungȱ inȱ derȱ sichȱ inȱ unbestimmterȱ Dauerȱ ausdehnendenȱ Zwischenzeit.283ȱ Derȱ Textȱ zeigtȱ außerdem,ȱ dassȱ fürȱ Lukasȱ dieȱ geschichtlicheȱ Erfahrungȱ Offenbarungscharakter284ȱ hat.ȱ DiesȱfindetȱsichȱimȱNeuenȱTestamentȱnurȱnochȱinȱderȱJohannesoffenbaȬ rungȱ inȱ vergleichbarerȱ Weise.ȱ Damitȱ stehtȱ dieseȱ wieȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ inȱ derȱ starkenȱ alttestamentlichenȱ Tradition,ȱ dassȱ Gottȱ inȱ derȱ Geschichteȱ wirkt,ȱ dieseȱ lenktȱ undȱ sichȱ inȱ historischenȱ Ereignissenȱ offenbart.ȱȱ ImȱBlickȱaufȱdieȱlukanischeȱDarstellungȱderȱZerstörungȱJerusalemsȱ istȱfestzuhalten,ȱdassȱerȱdeutlicherȱalsȱMarkusȱzwischenȱZerstörungȱderȱ Stadtȱbzw.ȱdesȱTempelsȱundȱderȱParusieȱunterscheidet,ȱwobeiȱdieȱLänȬ geȱderȱdazwischenliegendenȱZeitspanneȱunbestimmtȱbleibt.285ȱDeutlichȱ istȱ zudemȱ dieȱ klareȱ Interpretationȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ alsȱ ZorȬ neshandelnȱGottesȱinȱReaktionȱaufȱdieȱTatenȱIsraels.ȱDieȱZerstörungȱistȱ fürȱLukasȱeinȱgöttlichesȱGericht,ȱvergleichbarȱderȱfrüherenȱTempelzerȬ störungȱundȱanderenȱGerichtstaten.ȱLukasȱbeschreibtȱdasȱSzenarioȱausȬ drücklichȱ inȱ Analogieȱ zurȱ letztenȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ durchȱ dieȱ Babylonierȱ inȱ derȱ deuteronomistischenȱ Tradition.286ȱ Derȱ Textȱ zeigtȱdaȬ mitȱexemplarisch,ȱdassȱLukasȱkeinȱgänzlichȱ„unapokalyptischer“ȱAutorȱ ist.ȱZweifellosȱverbanntȱerȱdieȱApokalyptikȱinȱeineȱeherȱferneȱZukunft,ȱ umȱ einemȱ Endzeitenthusiasmusȱ entgegenzuwirken.ȱ Trotzdemȱ hältȱ erȱ jedochȱ amȱ Glaubenȱ anȱ eineȱ inȱ apokalyptischenȱ Bildernȱ ausgemalteȱ VollendungȱderȱWeltȱfest.ȱBeiȱdieserȱVollendungȱistȱvorȱallemȱdieȱWieȬ derkunftȱ Christiȱ inȱ Herrlichkeitȱ bedeutsam.ȱ Dieȱ Verseȱ Apgȱ 2,19–21ȱ beziehenȱ sichȱ somitȱ nichtȱ aufȱ dieȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ erzähltenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 281ȱȱ AndersȱetwaȱinȱOffbȱ11,2,ȱwoȱalsȱZeitraumȱ42ȱMonateȱgenanntȱwerden.ȱ 282ȱȱ Vgl.ȱSchweizer,ȱLk,ȱ215f.ȱ 283ȱȱ SoȱverweistȱetwaȱinȱderȱApgȱaußerȱ1,11ȱnurȱnochȱ3,20ȱexplizitȱaufȱdieȱParusie.ȱ 284ȱȱ Vgl.ȱSchweizer,ȱLk,ȱ211;ȱerȱkommtȱdaherȱzuȱdemȱSchluß:ȱ„InsofernȱistȱderȱFallȱJeruȬ salemsȱEndgeschichte.“ȱ 285ȱȱ SieȱverbirgtȱsichȱhinterȱdenȱΎ΅΍ΕΓϠȱπΌΑЗΑ.ȱ 286ȱȱ Nurȱ beiȱ ihmȱ sindȱ auchȱ dieseȱ Tageȱ „Tageȱ desȱ Zornesȱ diesemȱ Volkȱ gegenüber“,ȱ dieȱ Zerstreuungȱ unterȱ alleȱ Völkerȱ entsprichtȱ Dtnȱ 28,64ȱ undȱ auchȱ dieȱ „Schärfeȱ desȱ Schwertes“ȱistȱeinȱausȱderȱLXXȱbekannterȱAusdruck,ȱderȱJerȱ21,7ȱnaheȱkommt.ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

185ȱ

WunderȱundȱZeichenȱderȱApostel,ȱsondern,ȱähnlichȱwieȱLkȱ21,25ff.,ȱaufȱ dasȱ vonȱ Lukasȱ erwarteteȱ Endgeschehen.ȱ Dieȱ Joelprophetieȱ hatȱ sichȱ zuȱ erfüllenȱbegonnen,ȱohneȱjedochȱschonȱgänzlichȱvollendetȱzuȱsein.ȱ Auffallendȱist,ȱdassȱderȱTempelȱinȱderȱRedeȱLkȱ21ȱgarȱnichtȱerwähntȱ wird,ȱobwohlȱdieȱganzeȱRedeȱvonȱderȱFrageȱnachȱdenȱZeichenȱfürȱdieȱ ZerstörungȱdesȱTempelsȱihrenȱAusgangȱnimmt,ȱwirdȱgeradeȱdieseȱFraȬ geȱ nichtȱ positivȱ beantwortet.ȱ Zwarȱ wirdȱ dieȱ Zerstörungȱ derȱ Stadtȱ erȬ wähnt,ȱnichtȱaberȱalsȱZeichenȱgedeutet.ȱÜberhauptȱsindȱdieȱ„Zeichen“ȱ inȱderȱgesamtenȱRedeȱdieȱZeichenȱfürȱdasȱEnde.ȱDasȱistȱtypischȱfürȱdenȱ lukanischenȱ Jesus.ȱ Erȱ nimmtȱ Fragenȱ aufȱ undȱ lenktȱ dasȱ Interesseȱ um,ȱ ohneȱ sieȱ alsȱ falschȱ abzuweisen.ȱ Dieȱ dadurchȱ entstehendeȱ Offenheitȱ sträubtȱsichȱgegenȱeineȱzuȱkonsequenteȱDeutung,ȱwieȱsichȱnichtȱnurȱinȱ Lkȱ21ȱzeigenȱlässt.ȱȱ Entsprechendȱwirdȱman,ȱauchȱimȱRückgriffȱaufȱLkȱ13,ȱmitȱLkȱ21ȱfürȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ festhalten,ȱ dassȱ Lukasȱ durchȱ seineȱ Vermeidungȱ eindeutigȱ negativerȱ Aussagenȱ „Leerstellen“ȱ eröffnet,ȱ dieȱ eineȱ positiveȱ Deutungȱ zukünftigenȱ Heilsȱ fürȱ Israelȱ zulassen.ȱ Diesȱ giltȱ umsoȱmehr,ȱalsȱerȱerkennbarȱdieȱbiblischeȱGeschichtstheologieȱderȱdeuȬ teronomistischenȱTraditionȱrezipiert,ȱdieȱsichȱnichtȱnurȱdurchȱdasȱstetiȬ geȱ Vergehenȱ Israels,ȱ sondernȱ auchȱ durchȱ dieȱ Begrenztheitȱ desȱ damitȱ verbundenenȱgöttlichenȱZornsȱauszeichnet.ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ Derȱ dieȱ Apostelgeschichteȱ eröffnendeȱ Textȱ bietetȱ weitereȱ wichtigeȱ Hinweise.ȱ Nachȱ demȱ Prooemiumȱ desȱ zweitenȱ lukanischenȱ Buchesȱ (Apgȱ 1,1–3)ȱ setztȱ Lukasȱ unmittelbarȱ mitȱ einemȱ Dialogȱ zwischenȱ demȱ AuferstandenenȱundȱdenȱJüngernȱein.ȱDemȱLeserȱwerdenȱhierȱzahlreiȬ cheȱAnknüpfungspunkteȱanȱdasȱEvangeliumȱgeboten,ȱdochȱweisenȱdieȱ WorteȱzugleichȱvorausȱinȱdieȱZukunft.ȱ

3.5.1ȱDerȱTextȱ Imȱ Rückgriffȱ aufȱ dasȱ Evangeliumȱ setztȱ dieȱ Apostelgeschichteȱ mitȱ beȬ kanntenȱ Elementenȱ ein.ȱ Derȱ Auferstandeneȱ erinnertȱ imȱ Kreisȱ seinerȱ JüngerȱanȱdieȱVerpflichtung,ȱinȱJerusalemȱzuȱbleibenȱ(V.ȱ4),ȱundȱweistȱ dannȱ aufȱ dieȱ bevorstehendeȱ Geisttaufeȱ voraus,ȱ nichtȱ ohneȱ dabeiȱ aufȱ

186ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

denȱ Täuferȱ zurückzublickenȱ (V.ȱ 5).ȱ Daranȱ schließenȱ sichȱ dieȱ nunȱ zuȱ untersuchendeȱFrageȱderȱJüngerȱundȱdieȱAntwortȱJesuȱan:287ȱ ȱ 6ȱ



ȱ ȱ ȱ

bȱ cȱ dȱ

7ȱ ȱ ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ dȱ

8ȱ ȱ

aȱ bȱ

ȱ ȱ

cȱ dȱ

̒ϡȱΐξΑȱΓЇΑȱΗΙΑΉΏΌϱΑΘΉΖȱωΕЏΘΝΑȱ ΅ЁΘϲΑȱ Ών·ΓΑΘΉΖȉȱȱ ΎϾΕ΍Ή,ȱȱ ΉϢȱπΑȱΘХȱΛΕϱΑУȱΘΓϾΘУȱΦΔΓΎ΅Ό΍ΗΘΣȬ ΑΉ΍ΖȱΘχΑȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅ΑȱΘХȱ͑ΗΕ΅φΏ;ȱȱ ΉϨΔΉΑȱΈξȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘΓϾΖȉȱȱ ΓЁΛȱЀΐЗΑȱπΗΘ΍Αȱȱ ·ΑЗΑ΅΍ȱΛΕϱΑΓΙΖȱύȱΎ΅΍ΕΓϿΖȱȱ ΓЃΖȱϳȱΔ΅ΘχΕȱσΌΉΘΓȱπΑȱΘϜȱϢΈϟθȱ πΒΓΙΗϟθ,ȱȱ ΦΏΏΤȱΏφΐΜΉΗΌΉȱΈϾΑ΅ΐ΍Αȱȱ πΔΉΏΌϱΑΘΓΖȱΘΓІȱΥ·ϟΓΙȱΔΑΉϾΐ΅ΘΓΖȱ πΚвȱЀΐκΖȱȱ Ύ΅ϠȱσΗΉΗΌνȱΐΓΙȱΐΣΕΘΙΕΉΖȱȱ σΑȱΘΉȱ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱΎ΅Ϡȱ[πΑ]ȱΔΣΗϙȱΘϜȱ ͑ΓΙΈ΅ϟθȱΎ΅Ϡȱ̕΅ΐ΅ΕΉϟθȱΎ΅ϠȱρΝΖȱ πΗΛΣΘΓΙȱΘϛΖȱ·ϛΖ.ȱȱ

DieȱZusammengekommenenȱnunȱ fragtenȱihnȱ undȱsagten:ȱ „Herr,ȱ stellstȱduȱdennȱinȱdieserȱZeitȱdasȱReichȱ fürȱIsraelȱwiederȱher?“ȱ Erȱaberȱsagteȱzuȱihnen:ȱ „Nichtȱkommtȱesȱeuchȱzu,ȱ ZeitläufeȱundȱZeitpunkteȱzuȱerfahren,ȱ dieȱderȱVaterȱinȱseinerȱVollmachtȱ gesetztȱhat.ȱ VielmehrȱwerdetȱihrȱKraftȱempfangen,ȱ wennȱderȱheiligeȱGeistȱüberȱeuchȱ kommt,ȱ undȱihrȱwerdetȱmeineȱZeugenȱseinȱ inȱJerusalemȱundȱinȱganzȱJudäaȱundȱ SamariaȱundȱbisȱzumȱEndeȱderȱErȬ de.“ȱ

ȱ Daȱ dieseȱ kurzeȱ Redeȱ Jesuȱ dessenȱ letzteȱ Worteȱ überhauptȱ darstellt,ȱ überraschtȱesȱnicht,ȱdassȱhierȱwiederȱAussagenȱfürȱdasȱThemaȱderȱZuȬ kunftȱIsraels,ȱdasȱLukasȱschonȱimȱEvangeliumȱbewegte,ȱzuȱfindenȱsind.ȱȱ

3.5.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ Dieȱ Verseȱ sindȱ Teilȱ derȱ Bucheröffnung,ȱ dieȱ wichtigeȱ inhaltlicheȱ LeitliȬ nienȱ desȱ Kommendenȱ liefert.ȱ Sieȱ setztȱ sichȱ ausȱ unterschiedlichenȱ EleȬ mentenȱzusammen:ȱ ȱ V.ȱ1–3ȱ

Vorwortȱ

V.ȱ4–8ȱ

LetzteȱRedeȱJesuȱ

V.ȱ9–11ȱ

„Himmelfahrt“ȱ Jesuȱ DieȱUrgemeinȬ deȱinȱJerusalemȱ

V.ȱ12–14ȱ

Widmung,ȱRückblickȱaufȱdasȱEvangelium,ȱSummariumȱ derȱErscheinungenȱ AnkündigungȱderȱGeisttaufeȱ(Jesus),ȱRückfrageȱnachȱderȱ WiederherstellungȱIsraelsȱ(Apostel),ȱAnkündigungȱderȱ universalenȱMissionȱ(Jesus)ȱ EntrückungȱJesuȱinȱdenȱHimmel,ȱErscheinungȱvonȱzweiȱ Deuteengeln,ȱdeutendesȱWortȱanȱdieȱApostelȱ RückkehrȱvomȱÖlbergȱnachȱJerusalemȱinsȱ„Obergemach“,ȱ VerharrungȱimȱGebetȱ(detaillierteȱOrtsȬȱundȱPersonenanȬ gaben)ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 287ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱJervell,ȱApg,ȱ107–115.ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

187ȱ

Alleȱ Abschnitteȱ derȱ Bucheröffnungȱ stellenȱ mitȱ Nachdruckȱ denȱ Bezugȱ aufȱ dasȱ vorangehendeȱ Werkȱ sicher.ȱ Soȱ wirdȱ Theophilusȱ nochmalsȱ imȱ Vorwortȱ angesprochen,ȱ dasȱ zugleichȱ denȱ Inhaltȱ desȱ Evangeliumsȱ inȱ knappenȱ Wortenȱ wiedergibtȱ (V.ȱ1f.).ȱ Fürȱ Lukasȱ stehtȱ dasȱ „Tunȱ undȱ Lehren“ȱ (vgl.ȱ Apgȱ 1,1:ȱ ΔΓ΍ΉϧΑȱ ΘΉȱ Ύ΅Ϡȱ Έ΍ΈΣΗΎΉ΍Α)ȱ Jesuȱ imȱ Zentrumȱ –ȱ beideȱ Elementeȱ sindȱ gleichwertig,ȱ wieȱ Lukasȱ schonȱ inȱ derȱ narrativenȱ EröffnungȱdesȱAbschnittesȱüberȱdasȱöffentlicheȱWirkenȱJesuȱinȱLkȱ4,14– 44ȱdargestelltȱhat.ȱWichtigȱistȱauchȱdieȱBemerkung,ȱdassȱdieȱWorteȱJesuȱ wieȱ auchȱ dieȱ Erwählungȱ derȱ Apostelȱ einȱ Wirkenȱ desȱ heiligenȱ Geistesȱ sindȱ(Apgȱ1,2),ȱalsȱdessenȱTrägerȱJesusȱvonȱAnfangȱanȱpräsentiertȱwurȬ deȱ(vgl.ȱLkȱ4,18.21).ȱMitȱderȱErwähnungȱderȱ„Aufnahme“ȱJesu288ȱendetȱ V.ȱ2ȱundȱschließtȱdamitȱanȱLkȱ24,51ȱan.ȱȱ AuffälligȱistȱdieȱbesondereȱBetonungȱderȱ„Apostel“,ȱdieȱJesusȱerwähltȱundȱ denenȱ alleinȱ erȱ nachȱ Darstellungȱ vonȱ Apgȱ 1ȱ nachȱ seinerȱ Kreuzigungȱ erȬ schienenȱsei.ȱDiesȱstehtȱinȱSpannungȱzuȱdenȱOstererzählungenȱinȱLkȱ24,ȱwoȱ nebenȱdenȱelfȱApostelnȱstetsȱnochȱweitereȱJüngerȱvorkommen.289ȱDieȱletzȬ tenȱ Worteȱ Jesuȱ undȱ dieȱ Schauȱ seinerȱ Entrückungȱ behältȱ Lukasȱ inȱ Apgȱ 1ȱ hingegenȱoffenbarȱdenȱelfȱApostelnȱvor,ȱdieȱzunächstȱalsȱ„Galiläer“ȱcharakȬ terisiertȱundȱkurzȱdaraufȱnamentlichȱgenanntȱwerdenȱ(Apgȱ1,11.13).ȱInȱ1,14ȱ geselltȱ erȱ ihnenȱ freilichȱ sogleichȱ wiederȱ „Frauen“,ȱ sowieȱ Jesuȱ Mutterȱ undȱ seineȱ Brüderȱ zu.ȱ Damitȱ hatȱ erȱ dieȱ demȱ Leserȱ schonȱ bekanntenȱ prägendenȱ GestaltenȱausȱdemȱEvangeliumȱwiederȱaufgenommen.ȱIhnenȱgiltȱnunȱseinȱ Interesse,ȱsieȱstehenȱalsȱersteȱGliederȱamȱAnfangȱderȱKircheȱundȱtretenȱdaȬ mitȱanȱdieȱStelleȱderȱ„Mächtigen“ȱderȱWelt,ȱmitȱderenȱNennungȱdasȱLukasȬ Evangeliumȱnochȱbegonnenȱhatteȱ(vgl.ȱLkȱ1,5;ȱ2,1;ȱ3,1f.),ȱdieȱjetztȱvomȱErȬ zählerȱaberȱnichtȱmehrȱaufgerufenȱwerden.ȱManȱmagȱhierȱdieȱErfüllungȱderȱ VerheißungȱdesȱMagnificatsȱerkennen,ȱnachdemȱdieȱMächtigenȱvomȱThronȱ gestoßenȱ undȱ dieȱ Niedrigenȱ erhöhtȱ werdenȱ (vgl.ȱ Lkȱ 1,52).ȱ Wasȱ Mariaȱ daȬ malsȱ gesungenȱ hatte,ȱ setztȱ sichȱ fort;ȱ auchȱ ihreȱ Erwähnungȱ inȱ Apgȱ 1,14ȱ weistȱinȱdieseȱRichtung.ȱȱ

ȱ AmȱEndeȱdesȱPrologsȱbietetȱV.ȱ3ȱnunȱkeineswegs,ȱwieȱzuȱerwartenȱwäȬ re,ȱeinenȱVorausblickȱaufȱdenȱInhaltȱdesȱkommendenȱBuches,ȱsondernȱ vertieftȱ nochmalsȱ dasȱ inȱ V.ȱ 2ȱ schonȱ angeklungeneȱ Ostergeschehen,ȱ dessenȱ Bedeutungȱ fürȱ allesȱ Folgendeȱ dadurchȱ betontȱ wird.ȱ Dabeiȱ kommtȱLukasȱknapp,ȱaberȱbewusstȱaufȱdasȱ„Leiden“ȱJesuȱzuȱsprechenȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 288ȱȱ Apgȱ 1,2:ȱ ΦΑΉΏφΐΚΌ΋;ȱ dasȱ Verbumȱ ΦΑ΅Ώ΅ΐΆΣΑΓΐ΅΍ȱ („hinaufgenommenȱ werden“)ȱ fürȱdiesesȱGeschehenȱhatteȱLukasȱschonȱprominentȱinȱLkȱ9,51ȱeingeführtȱundȱwirdȱesȱ inȱApgȱ1,22ȱnochmalsȱwiederholen.ȱ 289ȱȱ Vgl.ȱvorȱallemȱdieȱEmmauserzählung;ȱauchȱimȱAnschlussȱsindȱstetsȱ„dieȱElfȱundȱdieȱ mitȱihnen“ȱ(Lkȱ24,33)ȱinsȱGeschehenȱinvolviert.ȱ

188ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

undȱ erinnertȱ dieȱ Leserȱ damitȱ anȱ dieȱ Schriftgemäßheitȱ derȱ Passion290:ȱ Dieserȱ Gedankeȱ stehtȱ hinterȱ denȱ Formulierungenȱ inȱ V.ȱ 3.ȱ Lukasȱ verȬ knüpftȱihnȱschließlichȱnochȱmitȱdemȱSignalwortȱderȱ„Gottesherrschaft“,ȱ dasȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ gegenüberȱ demȱ Evangeliumȱ quantitativȱ zurücksteht,ȱaberȱinȱFormȱeinerȱInklusio,ȱdieȱunsereȱStelleȱmitȱderȱpauȬ linischenȱ Verkündigungȱ inȱ 28,31ȱ verbindet,ȱ derenȱ Bedeutungȱ unterȬ streicht.ȱȱ Zugleichȱ istȱ deutlich,ȱ dassȱ dieȱ nachösterlicheȱ Predigtȱ Jesuȱ keineȱ neuenȱDingeȱzumȱInhaltȱhat,ȱsondernȱdasȱöffentlicheȱRedenȱundȱHanȬ delnȱ Jesu,ȱ ebenȱ seineȱ Botschaftȱ vomȱ Reichȱ Gottes,ȱ nunȱ imȱ österlichenȱ Lichtȱwiederholt.291ȱDieȱüberraschendeȱBemerkung,ȱdassȱJesusȱ„vierzigȱ Tage“ȱlangȱerschienenȱseiȱ(V.ȱ3),ȱführtȱdiesenȱGedankenȱnochȱweiter:ȱImȱ KontextȱbiblischȬfrühjüdischerȱZahlensymbolikȱsindȱ40ȱTageȱeineȱheiliȬ geȱ Zeitspanne,ȱ inȱ derȱ wichtigeȱ Offenbarungenȱ vollständigȱ überbrachtȱ werden.292ȱLukasȱnutztȱdasȱMotivȱalsoȱumȱauszudrücken,ȱdassȱderȱAufȬ erstandeneȱdenȱSeinenȱallesȱNötigeȱhinterlassenȱhat,ȱbevorȱerȱvonȱihnenȱ geht.ȱ Dieȱ auffälligeȱ Spannungȱ zurȱ Darstellungȱ inȱ Lkȱ 24ȱ lässtȱ sichȱ ausȱ denȱ verȬ schiedenenȱIntentionenȱdesȱLukasȱundȱderȱjeweiligenȱkompositionellenȱSiȬ tuierungȱ alsȱ Abschlussȱ bzw.ȱ Eröffnungȱ einesȱ Buchesȱ erklären:293ȱ Inȱ Lkȱ 24ȱ werdenȱ dieȱ gesamtenȱ Ostererzählungenȱ anȱ einemȱ einzigenȱ Tagȱ verortet,ȱ ohneȱdassȱLukasȱdiesȱjedochȱamȱEndeȱseinesȱWerkesȱbesondersȱfokussierenȱ würde.294ȱEsȱgehtȱihmȱhierȱdarum,ȱmitȱdemȱEndeȱdesȱBuchesȱauchȱdieȱOsȬ tergeschichteȱ zuȱ einemȱ klarenȱ Endeȱ zuȱ bringen.ȱ Nichtȱ dieȱ Vollständigkeitȱ desȱInhaltsȱderȱWorteȱJesu,ȱsondernȱdieȱZusammengehörigkeitȱvonȱOsterȬ erfahrungȱundȱEntrückungȱJesuȱmitȱdemȱSegensgestus,ȱundȱdiesȱallesȱausȬ nahmslosȱinȱJerusalem,ȱsindȱihmȱdortȱwichtig.ȱAuchȱdieȱunterschiedlichenȱ OrtsangabenȱbeiȱderȱRückkehrȱderȱJüngerȱvomȱÖlbergȱwerdenȱvorȱdiesemȱ kompositorischenȱHintergundȱverständlich.ȱDasȱ„Obergemach“,ȱdasȱeinzigȱ inȱApgȱ1,13ȱalsȱVersammlungsortȱderȱJüngerȱgenanntȱwird,ȱdientȱdazu,ȱdieȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 290ȱȱ Derȱ leidendeȱ Menschensohnȱ wirdȱ inȱ denȱ Ostererscheinungenȱ vonȱ Jesusȱ stetsȱ imȱ RückgriffȱaufȱdieȱSchriftȱverstehbarȱgemacht,ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.11.4.ȱ 291ȱȱ DassȱdieȱRedeȱvomȱReichȱGottesȱauchȱnachȱOsternȱnochȱmissverstandenȱwird,ȱwirdȱ schonȱApgȱ1,8ȱzeigen.ȱ 292ȱȱ DasȱGrundmotivȱfindetȱsichȱinȱderȱEntgegennahmeȱderȱToraȱdurchȱMoseȱinȱ40ȱTaȬ genȱ(Exȱ24,18;ȱ34,28).ȱDieseȱTraditionȱgreiftȱauchȱ4ȱEsraȱauf,ȱwennȱderȱProphetȱEsraȱ sichȱamȱEndeȱdortȱ40ȱTageȱlangȱzurückziehtȱundȱinȱdieserȱZeitȱalleȱwichtigenȱDingeȱ inȱ94ȱBüchernȱaufgeschriebenȱwerden;ȱamȱEndeȱdieserȱZeitȱwirdȱEsraȱentrücktȱ(4ȱEsȬ raȱ 14);ȱ vgl.ȱ dazuȱ Lohfink,ȱ Himmelfahrt,ȱ 60f.;ȱ ähnlichȱ auchȱ inȱ syrBar,ȱ woȱ Baruchȱ 40ȱ Tageȱ langȱ dasȱ Volkȱ lehrt,ȱ bevorȱ er,ȱ soȱ wirdȱ ihmȱ verheißen,ȱ entrücktȱ werdenȱ wirdȱ (syrBarȱ76,ȱdieȱEntrückungȱselbstȱwirdȱnichtȱerzählt).ȱ 293ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ3.5.5.ȱ 294ȱȱ Dieȱ letztenȱ deutlichenȱ Zeitangabenȱ findenȱ sichȱ inȱ derȱ Emmausperikopeȱ (Lkȱ 24,13.29.33).ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

189ȱ

Jüngerȱ anȱ einemȱ bestimmtenȱ Ortȱ zusammenzuhaltenȱ undȱ aufȱ dieȱ folgenȬ denȱGeschehnisseȱvorzubereiten.ȱAmȱEndeȱdesȱEvangeliumsȱhätteȱesȱkeineȱ solcheȱ narrativeȱ Funktionȱ habenȱ können,ȱ hierȱ warȱ Lukasȱ vielmehrȱ daranȱ gelegenȱ,ȱmitȱdemȱTempel,ȱinȱdenȱdieȱJüngerȱzurückkehrten,ȱnichtȱnurȱeineȱ InklusioȱumȱdasȱganzeȱersteȱBuchȱzuȱlegen,ȱsondernȱauchȱdasȱBuchȱmitȱderȱ ErzählungȱeinesȱstetigenȱLobpreisesȱGottesȱausklingenȱzuȱlassen,ȱderȱeinziȬ genȱ aufȱ dieȱ erzähltenȱ Ereignisseȱ angemessenenȱ Reaktionȱ (vgl.ȱ Lkȱ 24,52f.).ȱ Dieȱ zweifachȱ erzählteȱ „Himmelfahrt“ȱ istȱ mithinȱ jeweilsȱ inȱ ihrerȱ Funktionȱ alsȱBuchabschlussȱbzw.ȱBucheröffnungȱzuȱlesen.ȱImȱÜbrigenȱgibtȱesȱinȱbeiȬ denȱ Darstellungenȱ auchȱ mancheȱ Übereinstimmungen,ȱ etwaȱ dieȱ LokalisieȬ rungȱnaheȱbeiȱJerusalemȱamȱÖlbergȱ(vgl.ȱLkȱ24,50;ȱApgȱ1,12)ȱoderȱdieȱVerȬ heißungȱ desȱ Geistesȱ undȱ derȱ universalenȱ Völkermission,ȱ ausgehendȱ vonȱ Jerusalem,ȱwoȱdieȱApostelȱbisȱzumȱGeistempfangȱverharrenȱsollenȱ(vgl.ȱLkȱ 24,47.49;ȱApgȱ1,4.8).ȱ

Dieȱ Redeȱ Jesuȱ fließtȱ direktȱ ausȱ demȱ Vorwortȱ hervor,ȱ wennȱ Lukasȱ inȱ V.ȱ4ȱ fastȱ unmerklichȱ vonȱ derȱ drittenȱ Personȱ inȱ dieȱ direkteȱ Redeȱ derȱ erstenȱPersonȱüberwechselt.ȱDadurchȱzeigtȱsichȱschon,ȱdassȱerȱdieȱRedeȱ engȱanȱdasȱimȱVorwortȱGesagteȱanknüpfenȱwill.ȱFormalȱgesehenȱfüllenȱ JesuȱWorteȱzugleichȱdieȱLücke,ȱdieȱdasȱVorwortȱnochȱgelassenȱhatte,ȱinȱ demȱ esȱ zwarȱ rückblickendȱ dasȱ ersteȱ Buchȱ zusammengefasstȱ hatte,ȱ jeȬ dochȱnochȱkeineȱAussagenȱzumȱInhaltȱdesȱzweitenȱBuchesȱgemachtȱhat.ȱ DiesȱwirdȱnunȱinȱJesuȱWortenȱnachgeholt.ȱAuffälligȱist,ȱdassȱderȱInhaltȱ derȱ Verseȱ weitgehendȱ denȱ Wortenȱ Jesuȱ ausȱ Lkȱ 24,47–49ȱ entspricht.ȱ FolgendeȱElementeȱwiederholenȱsich:ȱȱ ȱ Lkȱ24,47–49ȱ 47ȱ

48ȱ

49ȱ

ȱ

ȱ

[…]ȱΎ΅ϠȱΎ΋ΕΙΛΌϛΑ΅΍ȱπΔϠȱ ΘХȱϴΑϱΐ΅Θ΍ȱ΅ЁΘΓІȱ ΐΉΘΣΑΓ΍΅ΑȱΉϢΖȱΩΚΉΗ΍Αȱ Υΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱΉϢΖȱΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱ σΌΑ΋,ȱΦΕΒΣΐΉΑΓ΍ȱΦΔϲȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώχΐȱ ЀΐΉϧΖȱΐΣΕΘΙΕΉΖȱΘΓϾΘΝΑ.ȱ

Ύ΅Ϡȱ[ϢΈΓϿ]ȱπ·АȱΦΔΓΗΘνΏȬ ΏΝȱΘχΑȱπΔ΅··ΉΏϟ΅ΑȱΘΓІȱ Δ΅ΘΕϱΖȱΐΓΙȱπΚвȱЀΐκΖȉȱ ЀΐΉϧΖȱΈξȱΎ΅ΌϟΗ΅ΘΉȱπΑȱΘϜȱ ΔϱΏΉ΍ȱȱ ρΝΖȱΓЈȱπΑΈϾΗ΋ΗΌΉȱπΒȱ ЂΜΓΙΖȱΈϾΑ΅ΐ΍Α.ȱ

Apgȱ1,8(.4c)ȱ 8cȱ

Ύ΅ϠȱσΗΉΗΌνȱΐΓΙȱΐΣΕΘΙΕΉΖȱȱ ȱ

8dȱ

σΑȱΘΉȱ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱΎ΅Ϡȱ[πΑ]ȱ ΔΣΗϙȱΘϜȱ͑ΓΙΈ΅ϟθȱΎ΅Ϡȱ ̕΅ΐ΅ΕΉϟθȱΎ΅ϠȱρΝΖȱπΗΛΣΘΓΙȱ ΘϛΖȱ·ϛΖ.ȱ […]ȱΦΔϲȱ͒ΉΕΓΗΓΏϾΐΝΑȱΐχȱ ΛΝΕϟΊΉΗΌ΅΍ȱ ȱ ΦΏΏΤȱΔΉΕ΍ΐνΑΉ΍ΑȱΘχΑȱ πΔ΅··ΉΏϟ΅ΑȱΘΓІȱΔ΅ΘΕϲΖȱ […]ȱ ΦΏΏΤȱΏφΐΜΉΗΌΉȱΈϾΑ΅ΐ΍Αȱȱ πΔΉΏΌϱΑΘΓΖȱΘΓІȱΥ·ϟΓΙȱ ΔΑΉϾΐ΅ΘΓΖȱπΚвȱЀΐκΖȱȱ

4cȱ

ȱ

8a/bȱ

Motiveȱ ȱ Universaleȱ Zeugenschaft,ȱ ausgehendȱ vonȱJerusalemȱ zuȱallenȱ Völkernȱbzw.ȱ ansȱEndeȱderȱ Erde.ȱ Gebotȱdesȱ Ausharrensȱ inȱJerusalemȱ bisȱ„dieȱ Verheißungȱ desȱVaters“ȱ alsȱ„Kraft“ȱ „aufȱeuch“ȱ kommt.ȱ

190ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Gewichtigȱsindȱ inȱ beidenȱRedenȱ dieȱ Motiveȱ derȱ Zeugenschaftȱ wieȱ derȱ Geistverheißung,ȱdieȱunterschiedlichȱmiteinanderȱverzahntȱsind.ȱWähȬ rendȱ inȱ Lkȱ 24,49ȱ dieȱ Geistverheißungȱ derȱ Zeugenschaftȱ angehängtȱ wird,ȱbietetȱdieȱApostelgeschichteȱdieȱReihenfolge,ȱdieȱsichȱauchȱnarraȬ tivȱbestätigenȱwird:ȱDerȱGeistempfangȱistȱGrundlageȱderȱdarauffolgenȬ denȱ Zeugenschaft.ȱ Damitȱ nimmtȱ Apgȱ 1,8ȱ vorweg,ȱ wasȱ dieȱ ApostelgeȬ schichteȱ abȱ Kap.ȱ 2ȱ erzählenȱ wird.ȱ Vonȱ besondererȱ Bedeutungȱ istȱ inȱ beidenȱRedenȱdieȱStadtȱJerusalem,ȱdieȱimȱKontextȱjedesȱeinzelnenȱMoȬ tivsȱnochmalsȱextraȱerwähntȱwird:ȱBisȱsichȱdieȱVerheißungȱdesȱGeistesȱ erfüllt,ȱ müssenȱ dieȱ Jüngerȱ inȱ derȱ Stadtȱ bleiben.ȱ Sobaldȱ sieȱ alsȱ Zeugenȱ auftreten,ȱistȱderȱersteȱOrtȱihrerȱWirksamkeitȱJerusalem,ȱderȱsichȱfreilichȱ inȱbeidenȱRedenȱbereitsȱaufȱdieȱganzeȱWeltȱweitet.ȱ AuchȱderȱRückblickȱaufȱdasȱWirkenȱdesȱTäufers,ȱmitȱdemȱJesusȱinȱ Apgȱ 1,5ȱseineȱ Worteȱ fortführt,ȱ nimmtȱFormulierungenȱ ausȱ demȱ EvanȬ geliumȱ direktȱ auf.295ȱ Jesusȱ wiederholtȱ dieȱ Ankündigungȱ desȱ Täufersȱ nunȱausȱseinerȱPerspektive:ȱ ȱ Lkȱ3,16:ȱ ΦΔΉΎΕϟΑ΅ΘΓȱΏν·ΝΑȱΔκΗ΍Αȱϳȱ͑ΝΣΑΑ΋Ζȉȱȱ π·АȱΐξΑȱЂΈ΅Θ΍ȱΆ΅ΔΘϟΊΝȱЀΐκΖȉȱȱ σΕΛΉΘ΅΍ȱΈξȱϳȱϢΗΛΙΕϱΘΉΕϱΖȱΐΓΙ,ȱȱ ΓЈȱΓЁΎȱΉϢΐϠȱϡΎ΅ΑϲΖȱΏІΗ΅΍ȱΘϲΑȱϡΐΣΑΘ΅ȱ ΘЗΑȱЀΔΓΈ΋ΐΣΘΝΑȱ΅ЁΘΓІȉȱȱ ΅ЁΘϲΖȱЀΐκΖȱΆ΅ΔΘϟΗΉ΍ȱπΑȱΔΑΉϾΐ΅Θ΍ȱ Υ·ϟУȱΎ΅ϠȱΔΙΕϟ.ȱ

Apgȱ1,5:ȱ ϵΘ΍ȱ͑ΝΣΑΑ΋ΖȱΐξΑȱȱ πΆΣΔΘ΍ΗΉΑȱЂΈ΅Θ΍,ȱȱ ȱ ȱ ȱ ЀΐΉϧΖȱΈξȱπΑȱΔΑΉϾΐ΅Θ΍ȱΆ΅ΔΘ΍ΗΌφΗΉΗΌΉȱΥ·ϟУȱȱ ΓЁȱΐΉΘΤȱΔΓΏΏΤΖȱΘ΅ϾΘ΅ΖȱψΐνΕ΅Ζ.ȱ

ȱ Derȱ Geistträgerȱ desȱ Evangeliums,ȱ nochȱ ganzȱ inȱ derȱ jüdischenȱ Messianologieȱ beschrieben,ȱ wirdȱ mitȱ Osternȱ selbstȱ zumȱ Geisttäuferȱ (vgl.ȱ auchȱ Johȱ 1,33).ȱ Inȱ derȱ jüdischenȱ Messianologieȱ wirdȱ derȱ Messiasȱ fürȱ seineȱ Aufgabenȱ mitȱ demȱ Geistȱ Gottesȱ ausgerüstet,296ȱ kannȱ diesenȱ jedochȱ nieȱ verleihen.ȱ Dieseȱ Neuformulierungȱ zeigenȱ auchȱ dieȱ christliȬ chenȱ Ergänzungenȱ frühjüdischerȱ Schriften.297ȱ Zugleichȱ bahntȱ sichȱ Apgȱ 1,5ȱdieȱFrageȱnachȱderȱEndzeitȱan,ȱinsofernȱdieȱAusgießungȱdesȱGeistesȱ beiȱJohannesȱdemȱTäuferȱwieȱschonȱbeiȱdenȱSchriftprophetenȱ(vgl.ȱJoelȱ 3,1–5)ȱ dasȱ eschatologischeȱ Zeichenȱ schlechthinȱ ist;ȱ dieȱ Pfingstredeȱ desȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 295ȱȱ Dieȱ –ȱ sachlichȱ vergleichbareȱ Ȭȱ Ankündigungȱ inȱ Lkȱ 24,49ȱ bietetȱ hingegenȱ andereȱ Formulierungen.ȱ 296ȱȱ Aufȱ derȱ Grundlageȱ vonȱ Jesȱ 11,2;ȱ 42,1ȱ undȱ 61,1.ȱ Alleȱ dreiȱ Verseȱ werdenȱ vonȱ Lukasȱ rezipiert:ȱ Dasȱ Herabkommen/Gebenȱ desȱ Geistesȱ πΔвȱ ΅ЁΘϱΑȱ ausȱ Jesȱ 11,2;ȱ 42,1ȱ inȱ Lkȱ 3,22ȱ(TaufeȱJesu),ȱdasȱZitatȱJesȱ61,1ȱinȱLkȱ4,18;ȱdasȱStichwortȱdesȱ„Erwählten“ȱausȱJesȱ 42,1ȱinȱLkȱ9,35ȱundȱ23,35.ȱ 297ȱȱ Vgl.ȱetwaȱTestJudȱ24,2.4;ȱvgl.ȱdazuȱBecker,ȱTestXII,ȱ76f.ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

191ȱ

Petrusȱ(vgl.ȱApgȱ2,16f.)ȱwirdȱzeigen,ȱdassȱLukasȱsichȱdieserȱImplikatioȬ nenȱ bewusstȱist.ȱ Apgȱ1,5ȱ bietetȱ damitȱ denȱ Auftaktȱ fürȱ dieȱ sichȱ logischȱ anschließendeȱ Jüngerfrageȱ inȱ V.ȱ 6:ȱ Wennȱ Jesusȱ dasȱ Reichȱ Gottesȱ undȱ dieȱAusgießungȱdesȱGeistesȱverkündet,ȱliegtȱderȱGedankeȱanȱdieȱWieȬ derherstellungȱdesȱReichesȱfürȱIsraelȱnichtȱfern,ȱmitȱ„dieserȱZeit“ȱ(V.ȱ6)ȱ sindȱdieȱ„wenigenȱTage“ȱbisȱzurȱGeistausgießungȱgemeint.ȱ DieȱinsgesamtȱstarkeȱRückbindungȱanȱdasȱEvangeliumȱhatȱzurȱFolȬ ge,ȱ dassȱ dieȱ Verseȱ Apgȱ 1,1–12ȱ sichȱ vonȱ denȱ folgendenȱ Kapitelnȱ derȱ Apostelgeschichteȱ unterscheiden,ȱ inȱ denenȱ dieseȱ unmittelbareȱ VerbinȬ dungȱlockererȱwird.ȱDiesȱgiltȱinsbesondereȱimȱBlickȱaufȱdieȱhandelndenȱ Personen:ȱ Sowohlȱ Jesusȱ alsȱ Auferstandenerȱ alsȱ auchȱ dieȱ Namenȱ derȱ Zwölfȱ oderȱ dieȱ Mutterȱ Jesuȱ werdenȱ imȱ Folgendenȱ nichtȱ mehrȱ auftauȬ chen.ȱInsofernȱhabenȱdieȱVerseȱinȱderȱTatȱ„Vorspielcharakter“298.ȱ

3.5.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱȱ Dieȱ zuȱ untersuchendenȱ Verseȱ bildenȱ eineȱ übersichtlicheȱ Einheit.ȱ Aufȱ dieȱFrageȱderȱJünger,ȱdieȱzuȱBeginnȱdesȱBuchesȱdieȱPerspektiveȱaufȱdieȱ schonȱ imȱ Evangeliumȱ angekündigteȱ „Wiederherstellungȱ Israels“ȱ richȬ tet,ȱgibtȱJesusȱeineȱAntwort,ȱdieȱdasȱInteresseȱgewissermaßenȱumlenkt.ȱ Damitȱ zeigtȱ sichȱ einȱ lukanischesȱ Interesse,ȱ dasȱ bereitsȱ imȱ Evangeliumȱ mehrfachȱ sichtbarȱ wurdeȱ undȱ aufȱ dieȱ redaktionelleȱ Gestaltungȱ derȱ Verseȱ hinweist.299ȱ Imȱ Rahmenȱ unsererȱ Fragestellungȱ istȱ daherȱ dieserȱ Punktȱ vonȱ Interesse.ȱ Bemerkenswertȱ istȱ zudem,ȱ dassȱ sichȱ unmittelbarȱ anȱ dieȱ Antwortȱ Jesuȱ dieȱ Erzählungȱ derȱ Himmelfahrtȱ anschließt.ȱ Auchȱ daraufȱistȱimȱFolgendenȱeinzugehen.ȱ

3.5.4ȱDieȱAntwortȱJesuȱaufȱdieȱFrageȱderȱJüngerȱ(V.ȱ8)ȱ WieȱLkȱ15,5f.;ȱ17,37ȱzeigen,ȱentsprichtȱdieȱJüngerfrageȱinȱApgȱ1,6ȱdemȱ lukanischenȱStil.ȱ Gernȱstelltȱ Lukasȱ einzelnenȱJesuslogienȱkurzeȱ Fragenȱ oderȱ Einwändeȱ voran,ȱ dieȱ „kurzȱ undȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Leserȱ formuȬ liert“300ȱsind.ȱ„SieȱsollenȱdieȱWichtigkeitȱderȱfolgendenȱAussageȱunterȬ streichenȱ undȱ zugleichȱ denȱ entscheidendenȱ Punkt,ȱ aufȱ denȱ esȱ anȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 298ȱȱ Eckey,ȱApgȱI,ȱ41.ȱ 299ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱJervell,ȱApg,ȱ119f.ȱ 300ȱȱ Berger,ȱExegese,ȱ210;ȱvgl.ȱauchȱdieȱBeispieleȱbeiȱLohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ154–156.ȱ

192ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

kommt,ȱ präzisieren.“301ȱ Derȱ Dialogȱ sollȱ alsoȱ Erkenntnisȱ fürȱ dieȱ Leserȱ bringen.ȱ Indemȱ dieȱ Jüngerȱ durchȱ dasȱ Stichwortȱ derȱ Ά΅Η΍ΏΉϟ΅ȱ dieȱ PreȬ digtȱ vomȱ Reichȱ Gottesȱ ausȱ 1,3ȱ aufnehmen,ȱ kommtȱ dieȱ Frageȱ keinesȬ wegsȱunvorbereitet.ȱWieȱdieȱSynopseȱmitȱderȱJesusredeȱausȱLkȱ24ȱzeigt,ȱ istȱsieȱzudemȱimȱZusammenhangȱderȱVerseȱ4–8ȱzuȱlesenȱundȱmarkiertȱ keineswegsȱeinenȱNeuansatz.302ȱTatsächlichȱformuliertȱsieȱdieȱklassischeȱ Erwartung,ȱdassȱmitȱderȱRealisierungȱdesȱReichesȱGottesȱauchȱdieȱWieȬ derherstellungȱIsraelsȱverbundenȱist.ȱWieȱdasȱLukasevangeliumȱinȱdenȱ erstenȱ Kapitelnȱ inȱ urbiblischenȱ Motivenȱ dieseȱ „Wiederherstellung“ȱ ankündigt303,ȱsoȱbeginntȱauchȱdieȱApostelgeschichteȱmitȱdiesemȱThema.ȱ DieȱinȱLkȱ1–2ȱangekündigteȱWiederherstellungȱIsraels,ȱdieȱsichȱschonȱinȱ derȱSammlungȱderȱZwölfȱundȱimȱHörenȱdesȱ„ganzenȱVolkes“ȱIsraelȱaufȱ JesuȱWorteȱimȱEvangeliumȱvorbereitete,ȱwirdȱsichȱnun,ȱdaȱGottȱinȱderȱ AuferweckungȱJesuȱseinenȱMessiasȱerhobenȱhat,ȱvollenden.ȱ Inȱ derȱ Antwortȱ Jesuȱ zeigtȱ Lukas,ȱ dassȱ erȱ diesȱ inȱ derȱ Tatȱ auchȱ soȱ sieht,ȱ allerdingsȱ inȱ entsprechenderȱ Modifizierung.ȱ Soȱ wirdȱ dieȱ Frageȱ derȱJüngerȱkeineswegsȱverneint.ȱDieȱAntwortȱenthältȱeineȱnegativeȱundȱ eineȱ positiveȱ Feststellung.ȱ Dasȱ Reichȱ fürȱ Israelȱ wirdȱ wiederhergestelltȱ werden,ȱwenngleichȱdiesȱnichtȱsoȱgeschieht,ȱwieȱesȱdieȱFrageȱinsinuiert.ȱ Wannȱ„dieseȱZeit“ȱist,ȱlässtȱJesusȱoffen,ȱohneȱdieȱFrageȱalsȱfalschȱabzuȬ wendenȱ(V.ȱ7),ȱundȱöffnetȱdenȱBezugsrahmenȱderȱanȱderȱWiederherstelȬ lungȱ Beteiligtenȱ vonȱ sichȱ selbstȱ (V.ȱ 6d:ȱ„du“)ȱ aufȱ dieȱ Fragendenȱ (V.ȱ8:ȱ „ihr“).ȱ Einȱ wichtigerȱ Schrittȱ aufȱ demȱ Wegȱ derȱ Wiederherstellungȱ desȱ Reichesȱ istȱ dieȱ Zeugenschaftȱ derȱ Apostel.ȱ Dieseȱ mussȱ inȱ derȱ heiligenȱ StadtȱJerusalemȱbeginnenȱundȱsichȱdannȱaufȱdieȱganzeȱWeltȱausweiten.ȱ DieȱΦΔΓΎ΅ΘΣΗΘ΅Η΍Ζȱindes,ȱdieȱdieȱJüngerȱerwarten,ȱistȱ–ȱwieȱApgȱ3,21ȱ zeigenȱ wirdȱ –ȱ mitȱ denȱ Geschehnissenȱ derȱ Parusieȱ selbstȱ verbunden;ȱ nachȱApgȱ1,8ȱgehörtȱdieȱZeugenschaftȱinȱderȱWeltȱzuȱihrenȱVoraussetȬ zungen.304ȱ Lukasȱ gehtȱ esȱ hierȱ wohlȱ auchȱ umȱ denȱ Gedanken,ȱ dassȱ dieȱ Errichtungȱ derȱ Gottesherrschaftȱ nichtȱ unabhängigȱ vomȱ Einsatzȱ derȱ Menschenȱstattfindenȱwird.ȱAuchȱwennȱGottȱdieȱZeitenȱgesetztȱhat,ȱsoȱ bedeutetȱ diesȱ nicht,ȱ dassȱ derenȱ Erfüllungȱ unabhängigȱ vomȱ Tunȱ derȱ Menschenȱwäre.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 301ȱȱ Lohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ157;ȱfreilichȱliestȱerȱdieȱFrageȱganzȱvonȱderȱAntwortȱinȱV.ȱ7f.ȱ herȱundȱübersiehtȱsoȱdieȱwichtigenȱVerbindungenȱnachȱvorne.ȱ 302ȱȱ SoȱaberȱLohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ153.ȱ 303ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.4.ȱ 304ȱȱ Demȱ entsprichtȱ auchȱ Lkȱ 19,11,ȱ woȱ ebenfallsȱ vermutetȱ wird,ȱ dieȱ Aufrichtungȱ desȱ Reichesȱsteheȱdirektȱbevorȱ–ȱdasȱGleichnisȱverweistȱebenfallsȱaufȱdieȱParusieȱ–ȱvorȬ herȱmussȱJesusȱ„gehen“,ȱumȱdann,ȱwennȱerȱ„dieȱHerrschaftȱempfangen“ȱhat,ȱ„wieȬ derzukommen“,ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.3.ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

193ȱ

Derȱ Versȱ 1,8ȱ mitȱ seinenȱ Ortsangabenȱ bedarfȱ einerȱ eigenenȱ BespreȬ chung.ȱ Verbreitetȱ istȱ dieȱ Meinung,ȱ dassȱ Apgȱ 1,8ȱ alsȱ „InhaltsverzeichȬ nis“ȱ desȱ Buchesȱ seineȱ Funktionȱ erfüllt,ȱ wieȱ esȱ etwaȱ Ernstȱ Haenchenȱ formuliertȱhat:ȱȱ „Indemȱesȱ(=ȱdasȱJesuswort)ȱdenȱGangȱderȱchristlichenȱMissionȱvonȱJerusaȬ lemȱbisȱ‚zumȱEndeȱderȱErde‘ȱangibt,ȱbeschreibtȱesȱzugleichȱdenȱInhaltȱderȱ Apostelgeschichte:ȱdenȱLaufȱdesȱEvangeliumsȱvonȱJerusalemȱbisȱRom.ȱDas,ȱ wasȱ eineȱ normaleȱ Inhaltsangabeȱ inȱ V.ȱ 3ȱ genanntȱ hätte,ȱ wirdȱ nunȱ vomȱ Herrnȱ selberȱ alsȱ dasȱ gottgewollteȱ Geschehenȱ derȱ Gemeindeȱ ansȱ Herzȱ geȬ legt.“305ȱȱ

BeimȱDurchgangȱdurchȱdieȱTeileȱderȱApostelgeschichteȱscheintȱsichȱdieȱ Hypotheseȱ zuȱ bewähren:ȱ Tatsächlichȱ beginntȱ dieȱ christlicheȱ MissionsȬ predigtȱinnerhalbȱIsraelsȱinȱJerusalemȱ(Apgȱ1–7),ȱumȱsichȱdannȱimȱZugeȱ derȱVerfolgungȱdesȱStephanusȱundȱderȱHellenistenȱaufȱganzȱJudäaȱundȱ Samarienȱ auszudehnen:ȱ Nachȱ derȱ Zerstreuungȱ „inȱ dieȱ Gegendenȱ vonȱ JudäaȱundȱSamarien“ȱ(Apgȱ8,1)ȱberichtetȱLukasȱunmittelbar:ȱ„Dieȱnunȱ zerstreutȱ wordenȱ waren,ȱ zogenȱ umherȱ undȱ frohbotschaftetenȱ dasȱ Wort“ȱ(Apgȱ8,4).ȱDieȱeinzelnenȱvonȱJesusȱinȱ1,8ȱgenanntenȱ„Stationen“ȱ werdenȱ alsoȱ derȱ Reiheȱ nachȱ „abgearbeitet“,ȱ umȱ schließlichȱ inȱ Apgȱ 28ȱ mitȱ Romȱ Ȭȱ nachȱ dieserȱ Logikȱ alsȱ „Endeȱ derȱ Erde“ȱ gedachtȱ –ȱ zumȱ AbȬ schlussȱzuȱkommen.ȱGeradeȱanȱdiesemȱPunktȱerhebenȱsichȱjedochȱernsȬ teȱBedenken:ȱRomȱistȱjaȱkeineswegsȱdasȱEndeȱbzw.ȱdieȱGrenzeȱderȱdaȬ malsȱ bekanntenȱ Welt,ȱ sondernȱ alsȱ Hauptstadtȱ desȱ Reichesȱ vielmehrȱ dessenȱZentrum,ȱ„derȱWeltmittelpunkt,ȱvonȱdemȱausȱdieȱirdischenȱWeȬ geȱdieȱganzeȱbewohnteȱErdeȱüberziehen“306.ȱDieȱ„Grenzen“ȱderȱbekannȬ tenȱWeltȱwerdenȱinȱderȱApostelgeschichteȱindesȱschonȱfrüherȱerreicht:ȱ BereitsȱderȱÄthiopierȱinȱKap.ȱ8ȱistȱeinȱersterȱBewohnerȱvonȱ„GrenzgeȬ bieten“307,ȱ zuȱ nennenȱ istȱ weiterȱ derȱ Hauptmannȱ Corneliusȱ inȱ Apgȱ 10,ȱ wenngleichȱhierȱwenigerȱgeographischeȱGrenzenȱeineȱRolleȱspielen,ȱalsȱ vielmehrȱderȱÜbergangȱderȱBotschaftȱinȱdieȱheidnischeȱWeltȱgeschieht.ȱ DerȱoffeneȱTerminusȱ„EndeȱderȱErde“ȱwirdȱsomitȱbereitsȱinȱKap.ȱ8ȱerȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 305ȱȱ Haenchen,ȱApg,ȱ150f.ȱ 306ȱȱ Marguerat,ȱLukas,ȱ299ȱAnm.ȱ13;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱEllis,ȱEnde,ȱ279:ȱ„Lukasȱ[…]ȱschriebȱ inȱ derȱ Diasporaȱ fürȱ Theophilosȱ (Apgȱ 1,1),ȱ einenȱ kosmopolitischenȱ Gönner,ȱ derȱ inȱ Romȱ residiertȱ habenȱ magȱ undȱ derȱ esȱ inȱ jedemȱ Fallȱ fürȱ absurdȱ gehaltenȱ hätte,ȱ eineȱ solcheȱBezeichnungȱ[sc.ȱ‚EndeȱderȱErde‘]ȱaufȱdasȱRegierungszentrumȱdesȱImperiumsȱ anzuwenden“.ȱ 307ȱȱ ZeitgenössischeȱHinweise,ȱwoȱdieȱGrenzenȱderȱErdeȱnachȱdamaligerȱAnschauungȱzuȱ findenȱsind,ȱgibtȱz.ȱB.ȱStrabonȱ(64/63ȱv.ȱChr.ȱbisȱca.ȱ23ȱn.ȱChr.)ȱinȱseinenȱGeographica;ȱ genanntȱwerdenȱdieȱArktisȱimȱNorden,ȱIndienȱimȱOsten,ȱÄthiopienȱ(!)ȱimȱSüdenȱundȱ Spanienȱ (vgl.ȱ Römȱ 15,24)ȱ imȱ Westen,ȱ vgl.ȱ dazuȱ auchȱ Eckey,ȱ Apgȱ I,ȱ 51;ȱ auchȱ inȱ derȱ TraditionȱjüdischerȱVölkerlistenȱ(vgl.ȱetwaȱ1ȱChrȱ1)ȱbleibtȱderȱRadiusȱoffen.ȱ

194ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

zählerischȱ eingeholtȱ undȱ kannȱ imȱ Prinzipȱ denȱ großenȱ Kreisȱ allerȱ imȱ FolgendenȱerwähntenȱOrteȱbezeichnen308ȱ–ȱganzȱabgesehenȱdavon,ȱdassȱ dieȱ Botschaftȱ desȱ Evangeliumsȱ schonȱ langeȱ vorȱ Paulusȱ dieȱ Stadtȱ Romȱ erreichtȱ habenȱ muss,ȱ wieȱ Apgȱ 28,15ȱ zeigt.ȱ Dochȱ dasȱ Landȱ Äthiopienȱ entsprichtȱvonȱallenȱinȱderȱApostelgeschichteȱgenannteȱRegionenȱsicherȱ amȱbestenȱdem,ȱwasȱsichȱLukasȱunterȱdenȱ„EndenȱderȱErde“ȱvorgestelltȱ habenȱdürfte.ȱDerȱÄthiopierȱkommtȱ–ȱwieȱdieȱKöniginȱvonȱSabaȱ–ȱvomȱ Endeȱ derȱ Erdeȱ (vgl.ȱ Lkȱ 11,31).ȱ Dassȱ ausgerechnetȱ mitȱ Romȱ inȱ Apgȱ 28ȱ dieȱErfüllungȱderȱWeissagungȱvollzogenȱseinȱsoll,ȱistȱdagegenȱirrefühȬ rend.ȱDieȱrömischeȱPerspektiveȱwirdȱmanȱeherȱmitȱdemȱWegȱdesȱPauȬ lusȱselbstȱinȱVerbindungȱbringenȱmüssen,ȱderȱihnȱnachȱRomȱführt.309ȱ Dieȱ Reihenfolgeȱ „Jerusalem“,ȱ „Judäa“,ȱ „Samaria“ȱ undȱ dieȱ „GrenȬ zenȱ derȱ Erde“ȱfindetȱsichȱalsoȱ schonȱ inȱ denȱ erstenȱ Kapitelnȱ derȱ AposȬ telgeschichte:310ȱInȱKap.ȱ1–5ȱwirdȱdasȱEvangeliumȱinȱJerusalemȱverkünȬ det,ȱ inȱ 5,16ȱ hatȱ esȱ dieȱ Städteȱ inȱ Judäaȱ erreicht,ȱ inȱ 8,5ȱ schließlichȱ eineȱ Stadtȱ inȱ Samaria,ȱ undȱ bereitsȱ abȱ 8,26ȱ greiftȱ esȱ bisȱ nachȱ Äthiopienȱ undȱ damitȱinȱGrenzgebieteȱaus.ȱFürȱLukasȱistȱdabeiȱauchȱwichtig,ȱdassȱdasȱ EvangeliumȱzwarȱallenȱMenschenȱgilt,ȱdabeiȱaberȱdochȱVölkern,ȱdieȱmitȱ IsraelȱinȱVerbindungȱstehen,ȱnochȱvorȱdenȱübrigenȱHeidenȱeinenȱVorȬ rangȱ eingeräumtȱ wird.ȱ Beachtlichȱ istȱ zudemȱ derȱ Hinweis,ȱ dassȱ „dasȱ ProgrammȱvonȱActaȱ1,8ȱ[…]ȱunterȱjeweilsȱbesondererȱMitwirkungȱdesȱ Petrusȱ verwirklichtȱ [wird].“311ȱ Beiȱ derȱPfingstpredigtȱinȱ Apgȱ2ȱ wendetȱ erȱsichȱanȱIsraeliten:ȱJerusalemerȱundȱJudenȱausȱJudäaȱundȱderȱganzenȱ Diaspora;ȱApgȱ8,14–25ȱerzähltȱvomȱmissionarischenȱWirkenȱdesȱPetrusȱ (undȱJohannes)ȱinȱSamarien;ȱdieȱCorneliusȬErzählungȱ(Apgȱ10)ȱschließȬ lichȱ zeigtȱ Petrusȱ alsȱ erstenȱ Heidenmissionar,ȱ derȱ letztlichȱ denȱ AusȬ schlagȱ fürȱ dieȱ umfassendeȱ Missionȱ außerhalbȱ Israelsȱ gibt.ȱ Auchȱ nachȱ dieserȱ Auffassung,ȱ dieȱ zudemȱ narrativeȱ Argumenteȱ fürȱ sichȱ hat,312ȱ verweistȱ Apgȱ 1,8ȱ keineswegsȱ aufȱ Rom.ȱ Motivgeschichtlichȱ wirdȱ manȱ schließlichȱdaraufȱhinweisen,ȱdassȱdieȱFormulierungȱρΝΖȱπΗΛΣΘΓΙȱΘϛΖȱ ·ϛΖȱmehrfachȱinȱdenȱProphetenbüchernȱbezeugtȱist.313ȱDabeiȱkommtȱalsȱ ParalleleȱfürȱApgȱ1,8ȱwenigerȱdasȱBuchȱJeremiaȱinȱBetracht,ȱwoȱmehrȬ fachȱ davonȱ gesprochenȱ wird,ȱ dassȱ Gottȱ Unheilȱ „vomȱ Endeȱ derȱ Erde“ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 308ȱȱ DiesȱfügtȱsichȱauchȱzurȱanfangsȱvorgestelltenȱMakrostrukturȱdesȱDoppelwerks,ȱnachȱ derȱinȱKap.ȱ8ȱderȱumfangreicheȱdritteȱHauptteilȱbeginnt,ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.1.2.2.ȱ 309ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.10.ȱ 310ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBarrett,ȱActsȱI,ȱ49.ȱ 311ȱȱ Berger,ȱExegese,ȱ141.ȱ 312ȱȱ ImȱGegensatzȱzuȱPaulus,ȱaberȱauchȱetwaȱdemȱEvangelistenȱPhilippus,ȱgehörtȱPetrusȱ zuȱdenȱAposteln,ȱdieȱalsȱeinzigeȱausdrücklichȱalsȱHörerȱderȱJesusworteȱinȱApgȱ1,6–8ȱ benanntȱwerden.ȱ 313ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱÜbersichtȱbeiȱvanȱUnnik,ȱAusdruck,ȱ396–398.ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

195ȱ

heraufziehenȱ lässt,ȱ alsȱ dieȱ heilvollenȱ universalenȱ Verheißungenȱ ausȱ demȱ Buchȱ Jesajaȱ (Jesȱ 8,9;ȱ 48,20;ȱ 49,6;ȱ 62,11).ȱ Anȱ allenȱ diesenȱ Stellenȱ bleibtȱ dieȱ Geographieȱ unbestimmt,ȱ insbesondereȱ dieȱ nächsteȱ Paralleleȱ ausȱ Jesȱ 49,6ȱ sprichtȱ keineswegsȱ nurȱ vonȱ einemȱ konkretȱ bestimmbarenȱ „Ende“ȱ derȱ Erde.ȱ Manȱ wirdȱ diesenȱ Versȱ alsȱ Bezugspunktȱ fürȱ Lukasȱ ansehenȱ können,ȱ daȱ erȱ inȱ Apgȱ 13ȱ auchȱ vonȱ Paulusȱ nochmalsȱ zitiertȱ wird.ȱDamitȱsindȱApgȱ1,8ȱundȱ13,47ȱdieȱeinzigenȱAufnahmenȱderȱRedeȱ vomȱ„EndeȱderȱErde“ȱimȱNeuenȱTestamentȱüberhaupt.ȱ InsgesamtȱsprechenȱsomitȱvieleȱguteȱGründeȱdafür,ȱdassȱeineȱeinfaȬ cheȱ Deutungȱ desȱ Versesȱ Apgȱ 1,8ȱ alsȱ „Inhaltsangabe“ȱ inȱ dieȱ Irreȱ führt.ȱ DieȱangemahnteȱZeugenschaftȱrichtetȱsichȱschonȱvorȱRomȱaufȱdieȱ„EnȬ denȱderȱErde“ȱundȱführtȱaußerdemȱüberȱRomȱhinaus.ȱDasȱBuchȱendetȱ nichtȱinȱRom,ȱweilȱdamitȱdieȱVorgabeȱausȱApgȱ1,8ȱeingelöstȱwäre,ȱsonȬ dernȱweilȱsichȱdortȱdieȱlokaleȱTrennungȱvonȱKircheȱundȱSynagoge,ȱdieȱ fürȱdieȱZeitȱdesȱLukasȱtypischȱist,ȱdurchgesetztȱhatȱundȱerȱdamitȱinȱderȱ SituationȱseinerȱZeitȱangekommenȱist.314ȱTatsächlichȱbietetȱunsereȱPeriȬ kopeȱ Hinweiseȱ aufȱ denȱ Fortgangȱ desȱ Buches,ȱ dochȱ sindȱ dieseȱ andersȱ gelagert.ȱȱ Esȱ bedarfȱ schließlichȱ besondererȱ Aufmerksamkeit,ȱ wieȱ sichȱ dieȱ Ausweitungȱ derȱ Zeugenschaftȱ vonȱ Jerusalemȱ narrativȱ vollzieht.ȱ Diesȱ geschiehtȱ erstȱ imȱ Anschlussȱ anȱ dasȱ Stephanusmartyrium,ȱ dessenȱ geȬ walttätigesȱ Vorgehenȱ seitensȱ derȱ Judenȱ Stephanusȱ selbstȱ zuvorȱ „alsȱ typischesȱVerhaltenȱmitȱlangerȱTradition“315ȱdeutetȱ(Apgȱ7,51–53).ȱErstȱ durchȱdieȱdarauffolgendeȱZerstreuung,ȱwelcheȱwiederumȱAuswirkungȱ desȱtypischenȱjüdischenȱungehorsamenȱVerhaltensȱist,ȱwirdȱderȱnächsteȱ Schrittȱerreicht.ȱDerȱUngehorsamȱIsraelsȱistȱdadurchȱTeilȱdesȱgöttlichenȱ Planes.ȱ Inȱ ähnlicherȱ Weiseȱ giltȱ diesȱ auchȱ fürȱ dieȱ Abweisungȱ Pauliȱ anȱ vielenȱOrten,ȱdieȱihnȱzuȱdenȱHeidenȱsprechenȱlässt,ȱohneȱdassȱdadurchȱ dieȱJudenȱalsȱAdressatenȱausfallenȱwürden.ȱȱ

3.5.5ȱDieȱ„Himmelfahrt“ȱJesuȱ(V.ȱ9–12)ȱ AlleinȱLukasȱbietetȱimȱNeuenȱTestamentȱeineȱnarrativȱentfalteteȱFormuȬ lierungȱ derȱ auchȱ sonstȱ verbreitetenȱ Erhöhungschristologie316ȱ imȱ RahȬ menȱ seinerȱ Himmelfahrtserzählungen,ȱ dieȱ dasȱ „Formschemaȱ einerȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 314ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.10.ȱ 315ȱȱ Eckey,ȱApgȱI,ȱ35.ȱ 316ȱȱ EineȱsolcheȱistȱschonȱalleinȱimȱMaranathaȬRufȱ1ȱKorȱ16,22;ȱOffbȱ22,20ȱvorausgesetzt;ȱ vgl.ȱaberȱauchȱdieȱwichtigenȱBelegstellenȱRömȱ1,4;ȱEphȱ1,20–22;ȱ4,26;ȱHebrȱ1,3.5;ȱ2,9;ȱ 5,5;ȱ8,1;ȱ10,12;ȱ12,2;ȱPhilȱ2,9;ȱweiterȱ1ȱThessȱ1,10;ȱRömȱ8,34;ȱ14,9;ȱKolȱ3,1;ȱMtȱ28,18.20;ȱ vgl.ȱdazuȱinsgesamtȱWeiser,ȱArt.ȱHimmelfahrtȱChristi,ȱ330f.ȱ

196ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Entrückungȱ alsȱ sichtbarȱ vonȱ Menschenȱwahrgenommenerȱ Vorgang“317ȱ darstellt.ȱDaȱdieseȱTexteȱdenȱWeggangȱdesȱMessiasȱauchȱmitȱAspekten,ȱ dieȱ seineȱ Wiederkunftȱ undȱ mithinȱ dieȱ Zukunftȱ betreffen,ȱ formulieren,ȱ sindȱsieȱfürȱunsereȱFragestellungȱvonȱBedeutung.ȱ LiterarischȱistȱdieȱHimmelfahrtȱanȱdieserȱStelleȱ–ȱimȱUnterschiedȱzuȱ Lkȱ 24ȱ –ȱ unmittelbarȱ mitȱ derȱ Redeȱ Jesuȱ vorherȱ verklammert.ȱ Esȱ gibtȱ keinenȱSzenenwechsel,ȱdasȱEntrückungsgeschehenȱfließtȱdirektȱausȱderȱ RedeȱJesuȱheraus,ȱsoȱdassȱesȱinsȱBildȱsetzt,ȱwasȱvorherȱInhaltȱderȱRedeȱ war.ȱInsofernȱesȱdortȱumȱdieȱFrageȱderȱParusieȱging,ȱstehtȱdieȱhierȱgeȬ schilderteȱ Entrückungȱ inȱ einemȱ Entsprechungsverhältnisȱ zurȱ Parusie:ȱ Dasȱ Motivȱ derȱ Wolkeȱ hatteȱ schonȱ implizitȱ angedeutet,ȱ wasȱ dasȱ Wortȱ derȱ Engelȱ inȱ V.ȱ 11ȱ ausdrücklichȱ bestätigt:ȱ Jesusȱ wirdȱ soȱ „wiederkomȬ men,ȱ wieȱihrȱihnȱ habtȱauffahrenȱsehen“.ȱ Derȱ Tadelȱ inȱ V.ȱ10ȱ entsprichtȱ derȱ Aussageȱderȱ Engelȱ amȱ Grabȱ inȱ Lkȱ24,5:ȱ Einȱuntätigesȱ Schauenȱ beiȱ derȱEntrückungȱJesuȱistȱebensoȱunangemessenȱwieȱeinȱSuchenȱdesȱAufȬ erstandenenȱimȱGrab.ȱBeideȱMaleȱwirdȱderȱBlickȱdurchȱdieȱDeuteengelȱ vonȱ derȱ Vergangenheitȱ inȱ dieȱ Zukunftȱ gelenkt.ȱ Freilichȱ istȱ dieseȱ ZuȬ kunftȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ schonȱ einȱ Teilȱ derȱ erwartetenȱ Endzeit.ȱ DieȱErfüllungȱderȱVerheißungenȱhatȱmitȱJesusȱbegonnen.ȱ WieȱGerhardȱLohfinkȱgezeigtȱhat,ȱhandeltȱesȱsichȱbeiȱbeidenȱErzähȬ lungenȱ vonȱ derȱ Aufnahmeȱ Jesuȱ inȱ denȱ Himmelȱ umȱ „EntrückungserȬ zählungen“,ȱdieȱzudemȱ„weitgehendȱlukanischȱformuliertȱundȱgestaltetȱ sind“318.ȱ Dieȱ Motiveȱ derȱ Erzählungenȱ sindȱ durchwegȱ typisch,ȱ sieȱ beȬ gegnenȱ inȱ anderenȱ antikenȱ Entrückungserzählungen,ȱ sindȱ aberȱ auchȱ sonstȱimȱlukanischenȱWerkȱvorhanden.319ȱEsȱliegtȱnahe,ȱdassȱLukasȱalsȱ ersterȱdieȱHimmelfahrtȱJesuȱalsȱEntrückungȱerzähltȱhat.ȱZugleichȱkannȱ erȱselbstständigȱmitȱderȱEntrückungsvorstellungȱarbeiten,ȱwieȱdieȱForȬ mulierungȱinȱApgȱ3,21ȱzeigt,ȱwoȱLukasȱseinenȱPetrusȱinȱderȱTraditionȱ derȱjüdischenȱApokalyptikȱsprechenȱlässt,ȱdieȱinȱLkȱ24,51ȱundȱApgȱ1,9f.ȱ nichtȱbegegnet.320ȱ MehrereȱMotive,ȱdieȱausȱjüdischenȱundȱheidnischenȱEntrückungserzählunȬ genȱbekanntȱsind,ȱfindenȱsichȱhierȱwieder.ȱDabeiȱistȱvorȱallemȱdieȱNäheȱzurȱ BeschreibungȱderȱEntrückungȱElijasȱnachȱ2ȱKönȱ2,9–14ȱundȱSirȱ48,9–11ȱaufȬ fällig.ȱ Dieȱ Abhängigkeitenȱ zuȱ denȱ Vorlagenȱ sindȱ bemerkenswert,ȱ wobeiȱ einzelneȱLinienȱmehrȱderȱErzählungȱausȱ2ȱKön,ȱandereȱeherȱdemȱPreisliedȱ ausȱSirȱ48ȱentsprechen.ȱNebenȱderȱzentralenȱWendungȱΦΑ΅Ώ΅ΐΆΣΑΉ΍ΑȱΉϢΖȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 317ȱȱ Weiser,ȱArt.ȱHimmelfahrtȱChristi,ȱ332.ȱ 318ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ242.ȱ 319ȱȱ Vgl.ȱLohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ243f.ȱ 320ȱȱ G.ȱ Lohfinkȱ meint,ȱ dassȱ Lukasȱ inȱ Apgȱ 3,21ȱ „selbständigȱ undȱ ohneȱ aufȱ eineȱ ältereȱ Traditionȱ zurückzugreifen“ȱ (Lohfink,ȱ Himmelfahrt,ȱ 242)ȱ formuliertȱ habe.ȱ Dochȱ istȱ diesȱunwahrscheinlich,ȱvgl.ȱuntenȱKap.ȱ3.6.ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

197ȱ

ΘϲΑȱΓЁΕ΅ΑϱΑȱistȱdieȱBetonungȱdesȱSehensȱderȱHimmelfahrtȱwichtig,ȱaußerȬ demȱ dieȱ vorangehendenȱ Abschiedsgesprächeȱ sowieȱ schließlichȱ dieȱ BereitȬ stellungȱdesȱEntrücktenȱimȱHimmel,ȱderȱinȱdieserȱPositionȱauchȱspezifischeȱ Möglichkeitenȱerhält.321ȱ

Dieȱ Unterschiedlichkeitȱ derȱ lukanischenȱ Erzählungenȱ erklärtȱ sichȱ amȱ bestenȱ durchȱ ihrenȱ kompositionellenȱ Ortȱ amȱ Endeȱ bzw.ȱ Anfangȱ einesȱ Buches:ȱ Mitȱ denȱ Motivenȱ desȱ hohepriesterlichenȱ Segensȱ undȱ derȱ Jüngerproskyneseȱ bietetȱ Lkȱ 24ȱ eineȱ demȱ Endeȱ desȱ Evangeliumsȱ angeȬ messeneȱAbschiedsszene.ȱBeideȱMotiveȱgehörenȱzusammen.322ȱDieȱEntȬ rückungȱbildetȱvonȱselbstȱeinenȱAbschlusspunkt,ȱsoȱdassȱeineȱSchlussȬ notizȱwieȱetwaȱJohȱ20,30f.ȱentfallenȱkann.ȱStattdessenȱbekräftigtȱLukasȱ dieȱ anschließendeȱ Funktionȱ derȱ Verseȱ durchȱ mehrereȱ Inklusionenȱ inȱ V.ȱ53:ȱ Dieȱ „großeȱ Freude“ȱ derȱ Jüngerȱ schließtȱ anȱ dieȱ derȱ Hirtenȱ inȱ Lkȱ 2,10ȱanȱ(GeburtȱundȱEntrückungȱalsȱzweiȱRahmenelemente),ȱdasȱTemȬ pelmotivȱ schließtȱ denȱ Kreisȱ zumȱ Beginnȱ desȱ Evangeliumsȱ Lkȱ 1,5ȱ undȱ amȱ Endeȱ derȱ Kindheitserzählungenȱ (Lkȱ 2,22–38.41–50).ȱ Dasȱ ununterȬ brocheneȱ Gotteslobȱ istȱ nichtȱ nurȱ dieȱ einzigȱ angemesseneȱ Reaktionȱ derȱ MenschenȱaufȱdieȱTatenȱGottes,ȱsondernȱzeigtȱzugleichȱdurchȱdieȱLokaȬ lisationȱimȱTempelȱdieȱbleibendeȱVerbindungȱderȱgesamtenȱErzählungȱ zumȱ zentralenȱ Ortȱ Israels.ȱ Dieȱ Proskyneseȱ schließlichȱ istȱ alsȱ abschlieȬ ßenderȱ „christologischerȱ Höhepunkt“ȱ anzusehen.ȱ Hatteȱ Lukasȱ imȱ geȬ samtenȱ Evangeliumȱ dieȱ Anbetungȱ Jesuȱ –ȱ auchȱ nachȱ seinerȱ AufersteȬ hungȱ–ȱstrengȱvermieden,ȱinsofernȱnurȱGottȱdieȱEhreȱgebührt,ȱsoȱistȱnunȱ mitȱderȱEntrückungȱinȱdenȱHimmelȱderȱZeitpunktȱgekommen,ȱanȱdemȱ auchȱChristusȱalsȱdemȱErhöhtenȱdieseȱEhreȱzuteilȱwerdenȱdarf.323ȱHinzuȱ kommtȱdieȱSegensgesteȱJesu,ȱdieȱalsȱsolcheȱschonȱinȱbiblischerȱTraditionȱ imȱ Motivȱ desȱ Segnensȱ selbstȱ abschließendenȱ Charakterȱ hat;324ȱ inȱ einerȱ weiterenȱInklusioȱnimmtȱderȱSegenȱJesuȱdenȱinȱLkȱ1,22ȱdemȱVolkȱvorȬ enthaltenenȱSegenȱdesȱPriestersȱZachariasȱauf.325ȱSoȱzeigtȱsich,ȱdassȱdieȱ ganzeȱ Szeneȱ bewusstȱ alsȱ Abschlussȱ desȱ Evangeliumsȱ gestaltetȱ istȱ undȱ sichȱ darausȱ auchȱ dieȱ Motivverwendungȱ erklärenȱ lässt.326ȱ Gleichesȱ giltȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 321ȱȱ Zuȱ weiterenȱ Parallelenȱ zuȱ antikenȱ Entrückungserzählungenȱ vgl.ȱ Weiser,ȱ Art.ȱ HimȬ melfahrtȱ Christi,ȱ332.ȱNichtȱalleȱMotiveȱfindenȱ sichȱinȱjederȱEntrückungserzählung,ȱ aberȱdieȱlukanischenȱTexteȱvereinigenȱsieȱinȱauffallendȱzahlreicherȱForm.ȱ 322ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ160f.167–174.ȱ 323ȱȱ Alleȱ anderenȱ Evangelistenȱ könnenȱ schonȱ vielȱ früherȱ vonȱ derȱ Proskyneseȱ vorȱ Jesusȱ schreiben:ȱMtȱ2,11ȱ(dieȱMagierȱfallenȱvorȱdemȱNeugeborenenȱnieder),ȱMkȱ5,6ȱ(einȱBeȬ sessenerȱfälltȱvorȱJesusȱnieder,ȱdiff.ȱLkȱ8,28!);ȱJohȱ9,38ȱ(derȱBlindgeborene)ȱetc.;ȱLukasȱ istȱhierȱnochȱzurückhaltenderȱalsȱdieȱanderenȱEvangelisten.ȱ 324ȱȱ Vgl.ȱJakobȱundȱMoseȱinȱGenȱ49;ȱDtnȱ33.ȱ 325ȱȱ Vgl.ȱdazuȱSchlier,ȱHimmelfahrt,ȱ230.ȱ 326ȱȱ Vgl.ȱdazuȱinsgesamtȱLohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ253f.ȱ

198ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

fürȱ Apgȱ 1ȱ unterȱ anderenȱ Vorzeichen.ȱ Dieȱ Entrückungserzählungȱ amȱ Anfangȱ derȱ Apostelgeschichteȱ verzichtetȱ aufȱ vieleȱ derȱ genanntenȱ EleȬ mente,ȱ erwähntȱ stattdessenȱ Engelȱ undȱ Wolkeȱ undȱ bietetȱ insbesondereȱ dasȱThemaȱderȱParusieȱChristiȱauf,ȱdasȱamȱEndeȱdesȱEvangeliumsȱgeȬ fehltȱ hatte.ȱ DasȱMotivȱ derȱWolkeȱ fügtȱ sichȱ gutȱinȱ diesenȱ thematischenȱ Zusammenhang,ȱ währendȱ dieȱ Engelȱ leichtȱ alsȱ Anleihenȱ ausȱ derȱ GraȬ beserzählungȱ(Lkȱ24,4–9)ȱidentifiziertȱwerdenȱkönnen.ȱ Dieȱ Wolkeȱ istȱ beiȱ Lukasȱ stetsȱ Zeichenȱ derȱ himmlischenȱ Sphäre.327ȱ AufȱihrȱwirdȱderȱRichterȱzurückkehrenȱ(Lkȱ21,27),ȱsieȱwarȱderȱVerbinȬ dungsortȱ zumȱ Himmelȱ beiȱ derȱ Verklärungȱ (Lkȱ 9,34).328ȱ Fürȱ Lukasȱ istȱ nichtȱderȱTodȱdasȱEndeȱdesȱirdischenȱWegesȱJesu,ȱsondernȱseineȱEntrüȬ ckung.ȱ Soȱ erklärenȱ sichȱ dieȱ ungewohntenȱ Wendungenȱ inȱ Lkȱ 9,31ȱ undȱ 9,51,ȱaberȱauchȱdasȱVorwortȱApgȱ1,2ȱsowieȱ1,22ȱ–ȱstetsȱwirdȱdasȱWirkenȱ Jesuȱ vonȱ derȱ Taufeȱ bisȱ zurȱ Aufnahmeȱ alsȱ Einheitȱ gesehenȱ (vgl.ȱ auchȱ Apgȱ3,21ȱundȱ13,31).ȱTatsächlichȱistȱzuȱbeobachten,ȱdassȱfürȱLukasȱderȱ AuferstandeneȱvorȱderȱHimmelfahrtȱnochȱstarkȱdemȱirdischenȱBereichȱ zugehört.329ȱ DieȱErzählungȱmarkiertȱsoȱwichtigeȱTeileȱderȱGesamtsichtȱdesȱLuȬ kas.ȱDerȱΉϥΗΓΈΓΖȱJesuȱ(Apgȱ13,24)ȱbeginntȱmitȱdemȱWortȱdesȱVatersȱbeiȱ derȱTaufeȱJesuȱundȱdannȱimȱengerenȱSinnȱmitȱseinemȱAuftretenȱinȱGaliȬ läaȱ(Lkȱ4,14ff.),ȱseinȱσΒΓΈΓΖȱ(Apgȱ9,31)ȱistȱdieȱEntrückung;ȱdieseȱistȱfreiȬ lichȱeinȱvorläufigesȱEnde,ȱinsofernȱjaȱdieȱParusieȱdesselbenȱJesusȱnochȱ ausstehtȱundȱbisȱdahinȱderȱendzeitlicheȱGeistȱaufȱdieȱGläubigenȱherabȬ gekommenȱist.ȱ

3.5.6ȱDieȱLokalisierungȱderȱSzeneȱaufȱdemȱÖlbergȱ(V.ȱ12)ȱ ErstȱbeiȱderȱErwähnungȱderȱRückkehrȱderȱJüngerȱinȱdieȱStadtȱbemerktȱ Lukas,ȱdassȱdasȱzuvorȱErzählteȱaufȱdemȱÖlbergȱzuȱlokalisierenȱist.ȱDieȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 327ȱȱ MitȱAusnahmeȱdesȱLogionsȱLkȱ12,54,ȱdasȱeinemȱanderenȱKontextȱentstammt.ȱ 328ȱȱ Auchȱ derȱ σΒΓΈΓΖȱ Jesu,ȱ „derȱ sichȱ inȱ Jerusalemȱ erfüllenȱ soll“ȱ (Lkȱ 9,31)ȱ beziehtȱ sichȱ bereitsȱ umfassendȱ aufȱ Tod,ȱ Auferstehungȱ undȱ Entrückungȱ Jesu,ȱ vgl.ȱ Eckey,ȱ Lkȱ I,ȱ 427.ȱ 329ȱȱ Soȱ setztȱ z.ȱ B.ȱ nurȱ dieȱ lukanischeȱ Grabeserzählungȱ voraus,ȱ dassȱ derȱ Steinȱ vorȱ demȱ Grabȱweichenȱmuss,ȱdamitȱderȱAuferstandeneȱhinausȱkann;ȱnurȱLukasȱsprichtȱüberȬ hauptȱ vomȱ „Leib“ȱ (ΗЗΐ΅)ȱ Jesuȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Ostererzählungenȱ undȱ lässtȱ denȱ AuferstandenenȱmitȱdenȱJüngernȱessen.ȱImȱGegensatzȱzurȱimmerȱwiederȱspürbarenȱ bleibendenȱ Entzogenheitȱ desȱ Auferstandenenȱ beiȱ denȱ anderenȱ Evangelistenȱ (selbstȱ inȱJohȱ21ȱisstȱerȱnichtȱmitȱihnenȱundȱJohȱ20ȱsprichtȱnichtȱdavon,ȱdassȱThomasȱtatsächȬ lichȱdenȱ AuferstehungsleibȱJesuȱ berührtȱhabe),ȱbietetȱLukasȱdeutlicheȱHinweiseȱfürȱ dieȱ leiblichȬkonkreteȱ Anwesenheitȱ desȱ Auferstandenen;ȱ vgl.ȱ dazuȱ dieȱ Beispieleȱ beiȱ Lohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ251f.;ȱaußerdemȱBecker,ȱAuferstehungȱJesu,ȱ53–56.ȱ

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3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

199ȱ

seȱLokalisierung,ȱdieȱsichȱauchȱschonȱinȱLkȱ24,50ȱandeutete,330ȱistȱnachȱ Gerhardȱ Lohfinkȱ dasȱ einzigeȱ Motivȱ derȱ beidenȱ lukanischenȱ EntrüȬ ckungserzählungenȱvonȱJesuȱHimmelfahrt,ȱdasȱnichtȱohneȱWeiteresȱinȱ dasȱ Motivarsenalȱ antikerȱ Entrückungserzählungenȱ passt.ȱ Derȱ Ortȱ hatȱ jedochȱfürȱihnȱkeineȱtheologische,ȱsondernȱlediglichȱeineȱ„schematischȬ geographische“ȱ Funktion,ȱ erȱ istȱ dasȱ Gegenstückȱ zurȱ Stadtȱ Jerusalem:ȱ „Wennȱ sichȱ Jesusȱ inȱ seinerȱ Jerusalemerȱ Zeitȱ nichtȱ inȱ derȱ Stadtȱ selbstȱ befindet,ȱ istȱ erȱ aufȱ demȱ Ölberg“331.ȱ Imȱ Rückgriffȱ aufȱ alttestamentlichȬ frühjüdischeȱTraditionenȱ–ȱwieȱschonȱimȱFallȱdesȱMotivsȱderȱ40ȱTageȱ–ȱ lässtȱ sichȱ freilichȱ geradeȱ fürȱ denȱ Ölbergȱ einȱ spezifischerȱ AssoziationsȬ horizontȱerkennen,ȱaufȱdenȱimȱFolgendenȱeinzugehenȱist.ȱ DurchȱörtlicheȱNäheȱzurȱHeiligenȱStadtȱJerusalemȱundȱseineȱexpoȬ nierteȱStellungȱdemȱTempelȱgegenüberȱhatȱderȱÖlbergȱinȱderȱjüdischenȱ Theologieȱ spezifischeȱ Aspekteȱ anȱ sichȱ gezogen,ȱ dieȱ geradeȱ auchȱ beiȱ LukasȱimȱHintergrundȱstehen,ȱderȱdenȱÖlbergȱhäufigerȱalsȱdieȱanderenȱ Evangelistenȱerwähnt.332ȱ Dieȱ„Theologie“ȱdesȱÖlbergsȱbeginntȱmitȱdenȱtopographischenȱGeȬ gebenheiten.ȱDieȱHügel,ȱaufȱdenenȱJerusalemȱerbautȱist,ȱwerdenȱdurchȱ dasȱKidrontal,ȱdasȱinȱantikerȱZeitȱtieferȱalsȱheuteȱwar,ȱvonȱdemȱgegenȬ überliegendenȱ Höhenzug,ȱ welcherȱ alsȱ „Ölberg“ȱ –ȱ aufȱ seinemȱ Hangȱ wachsenȱOlivenhaineȱ–ȱbezeichnetȱwird,ȱgetrennt.ȱImȱ1.ȱJahrhundertȱn.ȱ Chr.ȱ (undȱ bereitsȱ davor)ȱ wurdeȱ dasȱ Talȱ alsȱ Begräbnisstätteȱ genutzt,333ȱ derȱ Ölbergȱ lagȱ zwarȱ außerhalbȱ derȱ Stadt,ȱ aberȱ zugleichȱ soȱ nahe,ȱ dassȱ manȱ ihnȱ gutȱ alsȱ „Stützpunkt“ȱ (etwaȱ fürȱ Pilgergruppen)ȱ undȱ ruhigesȱ „Ausflugsziel“ȱnutzenȱkonnte.ȱDieȱEntfernungȱbetrug,ȱwieȱauchȱLukasȱ bemerkt,ȱ „einenȱ Sabbatweg“ȱ (Apgȱ 1,12),ȱ soȱ dassȱ erȱ stetsȱ zugänglichȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 330ȱȱ Derȱ Ölbergȱ wirdȱ inȱ beidenȱ Textenȱ wenigȱ herausgestellt.ȱ Inȱ Lkȱ 24,50ȱ wirdȱ nurȱ dieȱ NäheȱzuȱBethanienȱerwähntȱundȱinȱApgȱ1,12ȱwirdȱdieȱLokalisierungȱerstȱbeiȱderȱBeȬ merkungȱzurȱRückkehrȱerwähnt.ȱDieȱnachgeschobeneȱBemerkungȱ„naheȱbeiȱJerusaȬ lem“ȱerwecktȱzudemȱdenȱEindruck,ȱdassȱesȱLukasȱwenigerȱaufȱdieȱgenaueȱLokalisieȬ rungȱ alsȱ aufȱ dieȱ Betonungȱ derȱ unmittelbarenȱ Näheȱ zuȱ Jerusalemȱ angekommenȱ sei.ȱ TrotzdemȱstehenȱdieȱmitȱdiesemȱOrtȱverbundenenȱAspekteȱ–ȱähnlichȱwieȱbereitsȱbeiȱ derȱEinzugserzählungȱ(vgl.ȱobenȱKap.ȱ3.3.)ȱ–ȱimȱHintergrund.ȱ 331ȱȱ Lohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ206ȱ(imȱOriginalȱkursiv).ȱ 332ȱȱ Dabeiȱ weisenȱ vorȱ allemȱ dieȱ auffälligeȱ zweimaligeȱ Erwähnungȱ desȱ Ölbergsȱ inȱ derȱ Einzugserzählungȱ(Lkȱ19,29.37)ȱsowieȱdieȱdortigeȱLokalisierungȱderȱ„Himmelfahrt“ȱ Jesuȱ(Apgȱ1,12ȱvgl.ȱLkȱ24,50)ȱaufȱmessianischeȱImplikationenȱhin.ȱWeitereȱVorkomȬ menȱfindenȱsichȱinȱderȱRahmennotizȱamȱEndeȱderȱLehreȱJesuȱimȱTempelȱ(21,37)ȱundȱ beimȱ Verlassenȱ desȱ „Abendmahlssaales“ȱ (22,39);ȱ dieȱ zweiteȱ Erwähnungȱ beimȱ EinȬ zugȱsowieȱdieȱRahmennotizȱ21,37ȱhabenȱkeineȱsynoptischeȱParallele;ȱdieȱErwähnungȱ desȱÖlbergsȱalsȱOrtȱderȱEndzeitredeȱ(Mtȱ24,3;ȱMkȱ13,3)ȱentfällt,ȱdaȱdieseȱnachȱlukaniȬ scherȱDarstellungȱimȱTempelȱstattfindetȱ(vgl.ȱLkȱ21,5ff.).ȱ 333ȱȱ Vgl.ȱdieȱprophetischenȱTraditionenȱinȱSacharjaȱundȱJoelȱinȱZusammenhangȱmitȱdemȱ WeltendeȱundȱGerichtȱanȱdiesemȱOrtȱundȱdieȱHinweiseȱbeiȱKüchler,ȱJerusalem,ȱ798f.ȱ

200ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

war.ȱDerȱÖlbergȱwarȱdamitȱgewissermaßenȱsowohlȱeinȱTeilȱJerusalemsȱ alsȱauchȱeinȱGegenüberȱzurȱStadt.ȱ AlsȱerstesȱbegegnetȱderȱÖlbergȱimȱAltenȱTestamentȱalsȱderȱOrt,ȱdenȱ Davidȱ„überȱdenȱBachȱKidron“ȱ(2ȱSamȱ15,23)ȱerreichtȱundȱderȱalsȱ„AnȬ höheȱderȱOlivenbäume“ȱ(2ȱSamȱ15,30)ȱbezeichnetȱwird.ȱAufȱdemȱGipfelȱ diesesȱBergesȱistȱeinȱOrt,ȱ„woȱmanȱGottȱanbetet“ȱ(2ȱSamȱ15,32).ȱInȱdenȱ Büchernȱ derȱ Prophetenȱ findenȱ sichȱ mehrereȱ Hinweiseȱ aufȱ theologischȱ zentraleȱBegebenheitenȱinȱZusammenhangȱmitȱdemȱÖlberg.ȱSoȱistȱerȱbeiȱ derȱVisionȱEzechielsȱderȱOrt,ȱanȱdemȱsichȱdieȱausȱdemȱTempelȱauszieȬ hendeȱHerrlichkeitȱJHWHsȱschließlichȱniederlässt:ȱ „UndȱdieȱHerrlichkeitȱdesȱHerrnȱverließȱdieȱSchwelleȱdesȱHausesȱundȱstellȬ teȱsichȱüberȱdieȱCherubim.ȱ[…]ȱUndȱsieȱstellteȱsichȱanȱdenȱEingangȱdesȱöstȬ lichenȱ Toresȱ desȱ Hausesȱ desȱ Herrn.ȱ […]ȱ Undȱ dieȱ Herrlichkeitȱ desȱ Herrnȱ stiegȱauf,ȱmittenȱausȱderȱStadtȱhinweg,ȱundȱstellteȱsichȱaufȱdenȱBerg,ȱderȱimȱ OstenȱderȱStadtȱist.“ȱ(Ezȱ10,18a.19b;ȱ11,23)ȱ

Beiȱ Prophetenȱ wieȱ Sacharjaȱ findetȱ sichȱ dannȱ sogarȱ dieȱ apokalyptischeȱ Tradition,ȱ nachȱ derȱ einȱ Endkampfȱ mitȱ allenȱ Völkernȱ imȱ Talȱ zwischenȱ derȱStadtȱundȱdemȱÖlbergȱstattfindenȱwirdȱ(vgl.ȱSachȱ14,1–3).ȱDerȱProȬ phetȱJoelȱerwähntȱeinenȱZugȱderȱVölkerȱzumȱGerichtȱinsȱTalȱJoschaphatȱ (Joelȱ 4,2.12),ȱ welchesȱ inȱ denȱ altchristlichenȱ Pilgerberichtenȱ mitȱ demȱ Kidrontalȱ identifiziertȱ wird.334ȱ Auchȱ inȱ denȱ Testamentenȱ derȱ Zwölfȱ PatriarchenȱerhältȱderȱÖlbergȱeineȱbesondereȱStellung,ȱdieȱihnȱmitȱmesȬ sianischenȱ Erwartungenȱ verbindet.ȱ Inȱ einerȱ Visionȱ imȱ Testamentȱ desȱ Naphtaliȱ wirdȱ derȱ erhoffteȱ Herrschaftsantritt,ȱ derȱ mitȱ Judaȱ undȱ Leviȱ verknüpftȱist,ȱauchȱmitȱdemȱÖlbergȱinȱBeziehungȱgesetzt:ȱ „Dennȱinȱmeinemȱ40.ȱLebensjahrȱsahȱichȱeinenȱTraumȱaufȱdemȱÖlbergȱgeȬ genȱOstenȱvonȱJerusalem,ȱdassȱdieȱSonneȱundȱderȱMondȱ(still)standenȱ[…].ȱ Undȱ Leviȱ ergriffȱ dieȱ Sonneȱ undȱ Judaȱ ergriff,ȱ (denȱ anderen)ȱ zuvorkomȬ mend,ȱdenȱMond.ȱDaȱwurdenȱbeideȱmitȱihnenȱerhöht.“335ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 334ȱȱ Aussagekräftigȱ istȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ einȱ Zitatȱ desȱ Ulmerȱ Dominikanersȱ FelixȱFaberȱausȱdemȱJahrȱ1483:ȱ„VomȱSanktȬStephansȬTorȱsindȱwirȱgegangenȱinȱdasȱ TalȱJoschafatȱ[…]ȱundȱnahmenȱwunders,ȱdaßȱalleȱMenschen,ȱdieȱjeȱgewesenȱsind,ȱinȱ dasȱTalȱkommenȱmüssenȱzuȱdemȱjüngstenȱGericht,ȱdaȱesȱdochȱnichtȱsoȱgroßȱist,ȱdassȱ drinnenȱkönntenȱstehenȱalleȱMenschenȱalleinȱausȱSchwaben.“ȱ(Textȱnach:ȱKroll,ȱSpuȬ renȱJesu,ȱ406).ȱEinerȱMischnaȬTraditionȱzufolgeȱwurdeȱauchȱdasȱOpferȱderȱrotenȱKuhȱ (vgl.ȱLevȱ19,1–10)ȱaufȱdemȱÖlbergȱverortet;ȱesȱgaltȱalsȱEntsühnungȱfürȱdasȱVolk.ȱVgl.ȱ dazuȱdenȱBerichtȱdesȱHieronymusȱüberȱdieȱPilgerfahrtȱderȱRömerinȱPaulaȱundȱihrerȱ Tochterȱ Eustochiumȱ (Hieronymus,ȱ Epȱ 108,12)ȱ beiȱ Donner,ȱ Pilgerfahrt,ȱ 161:ȱ „Nunȱ willȱ ichȱ michȱ wiederȱ nachȱ Jerusalemȱ wendenȱ […]ȱ undȱ dasȱ […]ȱ Kreuzȱ aufȱ demȱ ÖlȬ bergȱ betrachten,ȱ vonȱ woȱ ausȱ derȱ Erlöserȱ zumȱ Vaterȱ aufstieg.ȱ Dortȱ wurdeȱ Jahrȱ fürȱ JahrȱdemȱHerrnȱeineȱroteȱKuhȱalsȱBrandopferȱdargebracht,ȱderenȱAscheȱdasȱVolkȱIsȬ raelȱentsühnte.“ȱ 335ȱȱ TestNaphȱ5,1.3ȱ(ÜbersetzungȱnachȱBecker,ȱTestXII,ȱ102).ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

201ȱ

VorȱdiesemȱHintergrundȱwirdȱesȱerklärbar,ȱdassȱauchȱfürȱmessianischeȱ Gestalten,ȱdieȱimȱ1.ȱJahrhundertȱn.ȱChr.ȱinȱIsraelȱauftraten,ȱderȱÖlbergȱ eineȱ wichtigeȱ Rolleȱ spielte.ȱ Einȱ aufschlussreichesȱ Beispieltȱ istȱ derȱ falȬ scheȱ ägyptischeȱ Prophet,ȱ überȱ denȱ Josephusȱ gleichȱ inȱ zweiȱ Werkenȱ berichtet.336ȱDieserȱsammelteȱzuerstȱeineȱAnhängerschaft337ȱinȱderȱWüsȬ te.ȱ Dorthinȱ locktenȱ Messiasanwärterȱ immerȱ wiederȱ dasȱ Volk,ȱ umȱ inȱ Anlehnungȱ anȱ dieȱ biblischenȱ Befreiungserzählungenȱ geradeȱ hierȱ eineȱ WiederholungȱsolcherȱgöttlichenȱTatenȱzuȱerwarten:338ȱ „EsȱwarenȱdiesȱVerführerȱundȱBetrüger,ȱdieȱunterȱdemȱVorwandȱgöttlicherȱ SendungȱaufȱUmwälzungȱundȱAufruhrȱhinarbeitetenȱundȱdasȱVolkȱzuȱreliȬ giöserȱ Schwärmereiȱ hinzureißenȱ suchten,ȱ indemȱ sieȱ esȱ inȱ dieȱ Wüsteȱ lockȬ ten,ȱalsȱobȱGottȱihnenȱdortȱdurchȱWunderzeichenȱihreȱBefreiungȱankündiȬ genȱwürde.“339ȱȱ

DerȱÄgypterȱnunȱzogȱmitȱseinerȱAnhängerschaftȱausȱderȱWüsteȱschließȬ lichȱ„aufȱdenȱsogenanntenȱÖlberg,ȱvonȱwoȱerȱmitȱGewaltȱinȱJerusalemȱ einzudringenȱ gedachte“340.ȱ Dort,ȱ aufȱ demȱ Ölberg,ȱ „wolleȱ erȱ ihnenȱ zeiȬ gen,ȱ wieȱ aufȱ seinȱ Geheißȱ dieȱ Mauernȱ Jerusalemsȱ zusammenstürzten,ȱ durchȱwelcheȱerȱihnenȱdannȱeinenȱEingangȱinȱdieȱStadtȱbahnen“341ȱundȱ dieȱ Herrschaftȱ anȱ sichȱ reißenȱ wollte.ȱ Diesesȱ Auftretenȱ lässtȱ nichtȱ nurȱ deutlichȱeinenȱmessianischenȱAnspruchȱerkennenȱ(Rückführungȱinȱdieȱ Wüste,ȱ Befreiungshoffnung,ȱ Rückkehrȱ inȱ dieȱ Stadtȱ alsȱ Herrscher),342ȱ sondernȱ zeigtȱ auch,ȱ dassȱ dieȱ geographischeȱ Bedeutungȱ desȱ Bergesȱ imȱ Ostenȱ Jerusalems,ȱ gegenüberȱ demȱ Tempel,ȱ dabeiȱ eineȱ Rolleȱ gespieltȱ hat.343ȱ Josephusȱ freilichȱ gehtȱ aufȱ eineȱ eschatologischȬmessianischeȱ BeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 336ȱȱ Josephus,ȱBellȱ2,13,5;ȱAntȱ20,8,6.ȱ 337ȱȱ Josephusȱsprichtȱvonȱ„gegenȱdreißigtausend“ȱ(Bellȱ2,13,5)ȱwasȱwohlȱübertriebenȱist,ȱ vgl.ȱHengel/Schwemer,ȱJesus,ȱ100ȱAnm.ȱ331.ȱ 338ȱȱ ZurȱWarnungȱvorȱdenȱFührungenȱinȱdieȱWüsteȱvgl.ȱMtȱ24,26.ȱ 339ȱȱ Josephus,ȱBellȱ2,13,4.ȱ 340ȱȱ Josephus,ȱBellȱ2,13,5.ȱ 341ȱȱ Josephus,ȱAntȱ20,8,6.ȱ 342ȱȱ Imȱ Hintergrundȱ dieserȱ ganzenȱ Motiveȱ stehtȱ dieȱ apokalyptischeȱ Vorstellung,ȱ dassȱ dasȱ Endeȱ wieȱ derȱ Anfangȱ geschehenȱ werdeȱ (vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Barnȱ 6,13:ȱ „Siehe,ȱ ichȱ macheȱ dieȱletztenȱDingeȱ[ΘΤȱσΗΛ΅Θ΅]ȱwieȱdieȱerstenȱ[ΘΤȱΔΕЗΘ΅]“).ȱManȱzogȱinȱdieȱWüste,ȱ „soȱwieȱeinstȱdieȱIsraelitenȱvonȱMoseȱgeführtȱausȱderȱSklavereiȱinȱÄgyptenȱdurchȱdasȱ Schilfmeerȱ inȱ dieȱ Wüsteȱ gezogenȱ waren“ȱ (Hengel/Schwemer,ȱ Jesus,ȱ 98)ȱ –ȱ undȱ aufȱ demȱWegȱzwischenȱderȱWüsteȱöstlichȱdesȱJordansȱundȱderȱStadtȱJerusalemȱlagȱstetsȱ derȱÖlberg.ȱ 343ȱȱ Dieȱ Parallelenȱ zumȱ messianischȱ konnotiertenȱ Einzugȱ Jesuȱ inȱ dieȱ Stadtȱ (vgl.ȱ dazuȱ obenȱ Kap.ȱ 3.3)ȱ liegenȱ aufȱ derȱ Hand.ȱ Derȱ beiȱ Josephusȱ genannteȱ Ägypterȱ kannȱ mitȱ demȱ Aufrührerȱ identischȱ sein,ȱ fürȱ denȱ Paulusȱ inȱ Apgȱ 21,38ȱ vonȱ einemȱ römischenȱ Hauptmannȱgehaltenȱwird.ȱVielleichtȱkannteȱLukasȱauchȱdieȱGeschehnisseȱimȱHinȬ

202ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

deutungȱdesȱÖlbergsȱnichtȱweiterȱein.ȱSeineȱrömischenȱ„Gönner“,ȱvonȱ derenȱ Gunstȱ jaȱ seinȱ eigenesȱ Schicksalȱ abhing,ȱ wärenȱ überȱ eineȱ solcheȱ Zukunftserwartungȱnichtȱerfreutȱgewesen.ȱ AuchȱLukasȱkenntȱdieȱBegebenheitenȱimȱZusammenhangȱmitȱdemȱ Auftretenȱ desȱ Ägypters,ȱ wieȱ Apgȱ 21,37–40ȱ erweist.ȱ Dieȱ messianischeȱ KonnotationȱdesȱÖlbergsȱwarȱfürȱihnȱselbstverständlich.ȱ Imȱ späterenȱ frühchristlichenȱ Schrifttumȱ weitetȱ sichȱ dieȱ Lokaltraditionȱ aufȱ demȱÖlbergȱkräftigȱaus,ȱknüpftȱaberȱweiterȱanȱdieȱErzählungenȱdesȱlukaniȬ schenȱ Doppelwerksȱ an.ȱ Imȱ gnostischenȱ Schrifttum,ȱ woȱ Redenȱ undȱ UnterȬ weisungenȱ desȱ Auferstandenenȱ anȱ seineȱ Jüngerȱ besondersȱ beliebtȱ waren,ȱ botȱsichȱderȱÖlbergȱalsȱüberlieferterȱOrtȱderȱHimmelfahrtȱ(undȱdamitȱvonȱ nachösterlichenȱErscheinungenȱundȱRedenȱJesu)ȱfürȱdieȱLokalisierungȱsolȬ cherȱRedenȱan,ȱsoȱdassȱ„BelehrungȱderȱJüngerȱdurchȱdenȱAuferstandenenȱ amȱÖlberg“ȱ(vgl.ȱJohannesaktenȱ97.102)ȱzuȱeinerȱwichtigenȱTraditionȱwurȬ de.344ȱFürȱEusebius,ȱderȱdieseȱTraditionȱkennt,ȱistȱderȱÖlbergȱaberȱvorȱallemȱ derȱOrtȱderȱWeissagungȱderȱZerstörungȱderȱStadt;ȱmanȱpilgerteȱdorthinȱumȱ zuȱ sehen,ȱ „dassȱ dieȱ Prophezeiungȱ Jesuȱ überȱ denȱ Untergangȱ desȱ Tempelsȱ wahrȱ geworden“345ȱ sei.ȱ Mitȱderȱ Errichtungȱ derȱ neuenȱ Kirchenȱ unterȱ KonȬ stantinȱänderteȱsichȱdieseȱIntentionȱfreilich.ȱNebenȱderȱKircheȱinȱBethlehemȱ zurȱ Erinnerungȱ anȱ dieȱ Geburtȱ Jesu,ȱ undȱ derȱ Anastasiskircheȱ überȱ demȱ Grabȱ Jesuȱ ließȱ Konstantinȱ alsȱ drittesȱ dieȱ Eleonakircheȱ aufȱ demȱ Ölbergȱ erȬ richten,ȱdieȱvonȱderȱTraditionȱderȱHimmelfahrtȱgeprägtȱist.346ȱAuchȱdieȱJeȬ rusalemerȱPalmsonntagsprozessionȱbegannȱaufȱdemȱÖlberg,ȱwodurchȱdieȬ seȱ Liturgieȱ dieȱ „messianische“ȱ Komponenteȱ desȱ Einzugsȱ Jesuȱ inȱ dieȱ Stadtȱ hervorhob.347ȱDerȱÖlbergȱgiltȱschließlichȱauchȱalsȱderȱOrt,ȱwoȱdieȱ„Füßeȱdesȱ Herrn“ȱgemäßȱSachȱ14,4;ȱPsȱ131(132),7ȱ–ȱdieȱ„FüßeȱGottes“ȱwerdenȱinȱZuȬ sammenhangȱmitȱderȱHimmelfahrtstraditionȱhistorisiertȱundȱaufȱJesusȱbeȬ zogenȱ–ȱstanden;ȱmanȱzeigtȱentsprechendȱaufȱdemȱBergȱdenȱ„Fußabdruckȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ tergrundȱ dieserȱ Gestaltȱ –ȱ undȱ damitȱ eineȱ bestimmteȱ Formȱ jüdischerȱ messianischerȱ Hoffnungenȱimȱ1.ȱJh.ȱn.ȱChr.ȱ 344ȱȱ Soȱ überliefertȱ dieȱ „Pistisȱ Sophia“,ȱ inȱ derȱ derȱ Aufgenommeneȱ sogarȱ wiederȱ anȱ denȱ Ortȱ zurückkehrt:ȱ Dieȱ Jüngerȱ sitzenȱ aufȱ demȱ Ölberg,ȱ Jesusȱ etwasȱ entferntȱ beiȱ Ihnenȱ undȱwirdȱdortȱ(amȱ15.ȱTybi)ȱinȱdenȱHimmelȱaufgenommen.ȱEinenȱTagȱspäterȱkehrtȱ erȱ zurȱ neuntenȱ Stundeȱ anȱ diesenȱ Ortȱ zurück,ȱ dochȱ „erȱ leuchteteȱ mehrȱ alsȱ zuȱ derȱ Stunde,ȱdaȱerȱzuȱdenȱHimmelnȱhinaufgegangenȱwar“ȱ(NTApoȱI,ȱ294).ȱInȱderȱ„ApoȬ kalypseȱ desȱ Paulus“ȱ wirdȱ Paulusȱ amȱ Endeȱ seinerȱ Himmelsreiseȱ vomȱ Engelȱ desȱ Herrnȱ zumȱ Ölbergȱ gebracht,ȱ woȱ erȱ dieȱ Apostelȱ versammeltȱ findetȱ (vgl.ȱ NTApoȱ II,ȱ 673).ȱ Hierȱ findenȱ wirȱ dasȱ Motivȱ derȱ Himmelsreiseȱ undȱ derȱ apokalyptischenȱ Schauȱ mitȱdemȱOrtȱdesȱÖlbergsȱverbunden.ȱ 345ȱȱ Egeria,ȱ Itinerariumȱ (FCȱ 20),ȱ 49;ȱ vgl.ȱ ebd.ȱ Anm.ȱ 168ȱ denȱ Verweisȱ aufȱ Eusebius,ȱ DemEvȱ6,18.23.ȱ 346ȱȱ Vgl.ȱKüchler,ȱJerusalem,ȱ852–856;ȱdieȱKirchenȱanȱOrtenȱaufȱdemȱÖlberg,ȱdieȱmitȱderȱ Passionȱverbundenȱwerden,ȱentstehenȱspäter.ȱ 347ȱȱ Vgl.ȱEgeria,ȱItinȱ31,1f.ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

203ȱ

desȱ Aufgefahrenen“348.ȱ Wieȱ konkretȱ dieseȱ Vorstellungenȱ offenbarȱ waren,ȱ istȱinȱderȱ14.ȱKatecheseȱdesȱBischofsȱCyrillȱvonȱJerusalemȱimȱ4.ȱJahrhundertȱ inȱ nichtȱ zuȱ überbietenderȱ Klarheitȱ überliefert:ȱ „Nochȱ heuteȱ stehtȱ derȱ ÖlȬ berg,ȱwelcherȱnochȱjetztȱgewissermaßenȱdieȱAugenȱderȱGläubigenȱaufȱdenȱ hinweist,ȱderȱaufȱeinerȱWolkeȱauffuhr,ȱ–ȱeinȱWegweiserȱzurȱHimmelspforȬ te,ȱdurchȱwelcheȱJesusȱeinzog.ȱAufȱBethlehemȱstiegȱerȱvomȱHimmelȱherab,ȱ vomȱÖlbergȱausȱkehrteȱerȱinȱdenȱHimmelȱzurück.“349ȱObwohlȱdieȱGemeinȬ deȱinȱJerusalemȱnachȱ70ȱimmerȱstärkerȱundȱabȱ135ȱn.ȱChr.ȱvermutlichȱganzȱ heidenchristlichȱgeprägtȱist,350ȱwerdenȱvorȱOrtȱalsoȱeineȱReiheȱjudenchristȬ licherȱÜberlieferungenȱbewahrt.351ȱȱ

BeiȱLukasȱistȱderȱAbschiedȱJesuȱvonȱdenȱJüngernȱundȱdieȱHimmelfahrtȱ mitȱderȱLokalisierungȱaufȱdemȱÖlbergȱmithinȱbiblischȱundȱmessianischȱ motiviert.ȱPrägendȱsindȱdieȱAkzenteȱdesȱNiederfallensȱvorȱGottȱanȱdieȬ semȱOrt,ȱwieȱschonȱ2ȱSamȱ15,32ȱzuȱberichtenȱwusste,ȱsowieȱdieȱElemenȬ teȱ desȱ Gehensȱ (Ez)ȱ undȱ Kommensȱ (Sach)ȱ derȱ Herrlichkeitȱ Gottes,352ȱ verbundenȱ mitȱ denȱ messianischenȱ Implikationenȱ desȱ Ortes.ȱ Auchȱ dieȱ späterȱgutȱbezeugteȱVorstellungȱvonȱderȱParusieȱdesȱMessiasȱaufȱdemȱ Ölbergȱ wirdȱ manȱ mitȱ derȱ Himmelfahrtserzählungȱ verbindenȱ können,ȱ wenngleichȱderȱAkzentȱfürȱLukasȱwenigerȱaufȱdemȱOrtȱderȱParusieȱalsȱ aufȱderȱGewißheitȱihresȱKommensȱliegt.ȱȱ Imȱ christlichenȱ Bereichȱ wurdenȱ späterȱ Traditionenȱ bezüglichȱ derȱ Ankunftȱ desȱ Messias,ȱ dieȱ mitȱ Jerusalemȱ undȱ demȱ Ölbergȱ durchȱ dieȱ prophetischenȱ Schriftenȱ verbundenȱ waren,ȱ aufȱ dieȱ „zweite“ȱ Ankunftȱ ChristiȱalsȱHerrscherȱinȱHerrlichkeitȱübertragen.ȱAusȱderȱMessiaserwarȬ tungȱwurdeȱeineȱErwartungȱderȱParusieȱalsȱ„Wiederkunft“.ȱDieȱZeitȱbisȱ dahinȱwarȱvonȱeinerȱeigentümlichenȱSpannungȱerfüllt,ȱdaȱjaȱderȱMessiȬ asȱIsraelsȱ(undȱderȱWelt)ȱinȱJesusȱschonȱerschienenȱwar,ȱseinȱKommenȱ inȱ Herrlichkeitȱ aberȱ nochȱ ausstand.ȱ Wurdeȱ dieserȱ „Zwischenzustand“ȱ etwaȱbeiȱPaulusȱinȱseinenȱerstenȱBriefenȱnochȱeherȱalsȱkurzfristigȱangeȬ sehen353,ȱsoȱverlängerteȱsichȱdieserȱZeitraumȱstetig.ȱDiesȱzeigtȱsichȱüberȱ dieȱEvangelienȱbisȱzuȱdenȱSpätschriftenȱdesȱNeuenȱTestamentsȱ(2ȱPetr)ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 348ȱȱ Küchler,ȱJerusalem,ȱ885.ȱ 349ȱȱ Cyrill,ȱKatȱ14,23,ȱvgl.ȱ14,25ȱ(Übersetzungȱnach:ȱHaeuser,ȱBKV,ȱ253).ȱ 350ȱȱ Nachȱ demȱ BarȬKochbaȬAufstandȱ (132–135ȱ n.ȱ Chr.)ȱ durftenȱ Judenȱ dasȱ inȱ Aeliaȱ CapitolinaȱumbenannteȱJerusalemȱnichtȱmehrȱbetreten,ȱdieȱdortȱverbliebenenȱJudenȱ wurdenȱ ausgewiesenȱ undȱ nichtjüdischeȱ Kolonistenȱ angesiedelt,ȱ vgl.ȱ SchüȬ rer/Vermes,ȱHistoryȱI,ȱ553f.ȱ 351ȱȱ Vgl.ȱEgeria,ȱItinerariumȱ(FCȱ20),ȱ46f.ȱ 352ȱȱ Vgl.ȱdazuȱausführlichȱKüchler,ȱFüßeȱdesȱHerrn,ȱ24–34.ȱFürȱdieȱKonzeptionȱdesȱDopȬ pelwerksȱistȱaußerdemȱvonȱBedeutung,ȱdassȱdieȱHimmelfahrtȱdortȱlokalisiertȱwird,ȱ woȱderȱnachȱJerusalemȱeinziehendeȱJesusȱüberȱdieȱStadtȱgeweintȱhatteȱ(Lkȱ19,40–44,ȱ vgl.ȱKüchler,ȱFüßeȱdesȱHerrn,ȱ33).ȱ 353ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱ1ȱThessȱ4,15.ȱ

204ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

undȱdenȱapostolischenȱVätern.ȱDerȱGlaubeȱanȱdieȱtatsächlicheȱAnkunftȱ desȱ Erhöhtenȱ warȱ jedochȱ bisȱ zumȱ Endeȱ desȱ 1.ȱ Jahrhundertsȱ imȱ ChrisȬ tentumȱkeineswegsȱganzȱzurückgetreten,ȱwieȱmanȱbeiȱmanchenȱAusleȬ gungenȱ derȱ Mitteȱ desȱ 20.ȱ Jahrhunderts354ȱ lesenȱ konnte.ȱ Dieȱ ParusieȬ verzögerungȱ spielteȱ zwarȱ inȱ dieȱ neueȱ theologischeȱ Konzeptionȱ desȱ Lukasȱmitȱhinein,ȱohneȱsieȱjedochȱprimärȱinhaltlichȱzuȱbestimmen.ȱ

3.5.7ȱErtragȱ Derȱ Eröffnungsdialogȱ derȱ Apostelgeschichteȱ mitȱ derȱ anschließendenȱ HimmelfahrtserzählungȱzeigtȱwichtigeȱweitereȱHinweiseȱfürȱdieȱeschaȬ tologischeȱ Konzeptionȱ beiȱ Lukas.ȱ Gegenüberȱ derȱ Auffassung,ȱ dassȱ LukasȱdieȱnaheȱErwartungȱdesȱEschatonsȱdurchȱdieȱsichȱdehnendeȱZeitȱ derȱKircheȱersetztȱhabe,355ȱlassenȱsichȱhierȱweitereȱIndizienȱfinden,ȱdieȱ inȱeineȱandereȱRichtungȱweisen.ȱDieȱeschatologischeȱZeitȱhatȱbereitsȱmitȱ demȱKommenȱJesuȱbegonnenȱundȱerstrecktȱsichȱnunȱbisȱinȱdieȱGegenȬ wartȱdesȱVerfassersȱundȱdarüberȱhinaus.ȱDieȱbiblischenȱVerheißungenȱ erfüllenȱsichȱseitdem,356ȱsoȱdassȱauchȱdieȱFrageȱnachȱderȱWiederherstelȬ lungȱIsraelsȱ(Apgȱ1,6)ȱamȱPlatzȱist.ȱSieȱbeginnt,ȱwenngleichȱinȱandererȱ Weise,ȱalsȱdieȱJüngerȱdenken,ȱwieȱdieȱApostelgeschichteȱimȱFolgendenȱ näherȱdarstellenȱwird,ȱwennȱsieȱvonȱderȱMissionȱunterȱJudenȱundȱHeiȬ denȱerzählt.ȱDieȱabschließendeȱErfüllungȱderȱWiederherstellungȱfindetȱ sichȱ jedochȱ keineswegsȱ amȱ Endeȱ desȱ Buchesȱ inȱ Rom,ȱ sondernȱ inȱ derȱ nochȱ ausstehendenȱ Parusie,ȱ aufȱ dieȱ dieȱ unmittelbarȱ anschließendeȱ Himmelfahrtserzählungȱvorausblickt.ȱȱ Dieȱ Zeitȱ derȱ Kircheȱ istȱ undȱ bleibtȱ freilichȱ auchȱ dieȱ Zeitȱ derȱ WachȬ samkeitȱ(vgl.ȱLkȱ12,35–46;ȱ21,34–36),ȱdieȱzwarȱgegenȱeineȱschwärmeriȬ scheȱ Naherwartung,ȱ keinesfallsȱ aberȱ gegenȱ eineȱ Parusieerwartungȱ alsȱ solcheȱ gerichtetȱ ist.ȱ Soȱ wirdȱ deutlich,ȱ „dassȱ Lukasȱ denȱ Bodenȱ derȱ urȬ christlichenȱ Eschatologieȱ nichtȱ verlassenȱ hat“357.ȱ Ausȱ dieserȱ Sichtȱ istȱ auchȱ dieȱ Jesusredeȱ vorȱ derȱ Himmelfahrtserzählungȱ zuȱ lesen,ȱ inȱ derȱ zentraleȱThemenȱdieserȱeschatologischenȱZeitȱderȱKircheȱangesprochenȱ werden:ȱ derȱ Geistempfang,ȱ dieȱ Missionȱ inȱ Israelȱ undȱ darüberȱ hinaus,ȱ dieȱdenȱMenschenȱverborgeneȱTerminsetzungȱdesȱgöttlichenȱRatschlusȬ sesȱ undȱ schließlichȱ inȱ denȱ Engelwortenȱ dieȱ Rückkehrȱ desȱ erhöhtenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 354ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKümmel,ȱLukasȱinȱderȱAnklage,ȱ420–433.ȱ 355ȱȱ Vgl.ȱVielhauer,ȱPaulinismus;ȱebensoȱHaenchen,ȱApg,ȱ86.112ȱu.ȱö.ȱ 356ȱȱ MitȱderȱbaldȱfolgendenȱPfingstperikopeȱ(Apgȱ2)ȱwirdȱderȱverheißeneȱeschatologischeȱ Geistempfangȱrealisiert.ȱ 357ȱȱ Lohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ261.ȱ

ȱ

3.5ȱ Apgȱ1,6–8:ȱDasȱletzteȱWortȱdesȱAuferstandenenȱ

205ȱ

Christus.ȱEntsprechendȱwäreȱdasȱsachlichȱzutreffendeȱEndeȱderȱAposȬ telgeschichteȱ dieȱ Wiederkunftȱ Christiȱ gewesen.ȱ Solangeȱ sieȱ nochȱ nichtȱ erzähltȱ werdenȱ kann,ȱ mussȱ dasȱ Buchȱ gewissermaßenȱ „offen“ȱ bleiben.ȱ LukasȱrealisiertȱdiesȱmitȱdemȱBildȱdesȱdieȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅ȱGottes358ȱmitȱFreiȬ mutȱ verkündigendenȱ Paulusȱ inȱ Romȱ (Apgȱ 28,31).359ȱ Esȱ istȱ daherȱ eherȱ formalȱalsȱinhaltlichȱbestimmt.360ȱȱ FürȱLukasȱsindȱAuferstehungȱundȱErhöhungȱvoneinanderȱgetrennt.ȱ Erȱ erläutertȱ dieȱ urchristlicheȱ Erhöhungschristologieȱmitȱ einerȱ derȱ letzȬ tenȱErscheinungȱfolgendenȱEntrückungȱJesu.ȱMagȱdasȱEntrückungsmoȬ tivȱauchȱschonȱinȱMkȱ16ȱstilbildendȱgewesenȱsein361,ȱsoȱlöstȱLukasȱesȱausȱ derȱGrabesszeneȱheraus,ȱumȱdieȱOstererzählungenȱnochȱkonkreterȱundȱ leiblicherȱerzählenȱzuȱkönnen.ȱDassȱeinȱinȱdenȱHimmelȱEntrückterȱsichȱ aufȱ Erdenȱ zeigt,ȱ mochteȱ nochȱ angehen,ȱ dochȱ dassȱ erȱ Wegstreckenȱ mitȱ seinenȱ Jüngernȱ geht,ȱ sichȱ vonȱ ihnenȱ berührenȱ lässtȱ undȱ alsȱ Ausweisȱ seinerȱLeibhaftigkeitȱgebratenenȱFischȱisstȱ(vgl.ȱdieȱErzählungenȱinȱLkȱ 24),ȱ warȱ wohlȱ auchȱ fürȱ Lukasȱ nichtȱ denkbar.ȱ Soȱ entwickelteȱ erȱ denȱ mehrstufigenȱ Schrittȱ vonȱ derȱ Auferweckungȱ überȱ dieȱ Erscheinungȱ bisȱ zurȱHimmelfahrtȱundȱdemȱdamitȱverknüpftenȱErhöhungsgeschehenȱinȱ denȱHimmel.ȱLukasȱhatȱmitȱderȱHimmelfahrtȱ–ȱähnlichȱwieȱMtȱ28,16–20ȱ –,ȱ eineȱ „idealeȱ Szenerieȱ geschaffen,ȱ inȱ derȱ sichȱ allesȱ verdichtet,ȱ wasȱ seinerȱ Vorstellungȱ nachȱ inȱ denȱ Erscheinungenȱ nachȱ Osternȱ geschahȱ undȱgesagtȱwurde“362.ȱ AnhandȱderȱRedeȱvomȱÖlbergȱließȱsichȱzeigen,ȱdassȱLukasȱumȱdieȱ damitȱverbundenenȱtheologischenȱImplikationenȱwussteȱundȱsieȱinȱteilsȱ modifizierterȱFormȱinȱseinȱWerkȱintegriertȱhat.ȱEinmalȱmehrȱerweistȱerȱ sichȱsoȱalsȱKennerȱfrühjüdischerȱTheologie,ȱwelcheȱerȱinȱseinemȱWerk,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 358ȱȱȱDasȱStichwortȱ derȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅ȱΘΓІȱ ΌΉΓІȱ weistȱnochmalsȱdaraufȱhin,ȱdassȱdieȱApostelȱ undȱ auchȱ Paulusȱ dasselbeȱ gelehrtȱ habenȱ wieȱ schonȱ Jesusȱ (vgl.ȱ Apgȱ 1,3);ȱ auchȱ derȱ Auferstandeneȱ hatȱ nichtsȱ anderesȱ verkündetȱ alsȱ derȱ irdischeȱ Jesusȱ imȱ Evangeliumȱ (vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.5.2);ȱvgl.ȱauchȱdieȱähnlicheȱVorstellungȱinȱJohȱ14,26,ȱdieȱspäȬ terȱ auchȱ gegenȱ dieȱ Gnosisȱ starkȱ gemachtȱ wurde,ȱ derenȱ Geheimlehrenȱ sichȱ oftȱ aufȱ WorteȱdesȱAuferstandenenȱzurückführten;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱTheobald,ȱErinnerungsarȬ beit,ȱ276–281.ȱ 359ȱȱ Dasȱ Endeȱ desȱ Buchesȱ inȱ Apgȱ 28ȱ istȱ damitȱ wederȱ dieȱ abschließendeȱ Einlösungȱ vonȱ Apgȱ1,8ȱnochȱeinfachȱeinȱKunstgriff,ȱumȱdenȱTodȱdesȱPaulusȱverschweigenȱzuȱkönȬ nen.ȱ Esȱ entsprichtȱ vielmehrȱ einerȱ theologischenȱ Leitlinieȱ desȱ Lukas:ȱ Weilȱ esȱ dieȱ eschatologischeȱZeitȱderȱAufrichtungȱdesȱReichesȱGottesȱkennzeichnet,ȱdassȱesȱinȱIsȬ raelȱ undȱ derȱ Weltȱ verkündigtȱ wird,ȱ bisȱ dieȱ Parusieȱ Christiȱ sichȱ vollendet,ȱ deshalbȱ stehtȱamȱEndeȱdasȱBildȱdesȱinȱRomȱJudenȱundȱHeidenȱdieȱGottesherrschaftȱverkünȬ dendenȱPaulus.ȱVgl.ȱdazuȱausführlicherȱuntenȱKap.ȱ3.10.ȱ 360ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ266.ȱ 361ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBecker,ȱAuferstehung,ȱ24f.ȱ 362ȱȱ Lohfink,ȱHimmelfahrt,ȱ282.ȱ

206ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

dasȱdieȱEinheitȱderȱKircheȱstärkenȱsoll,ȱinȱeinerȱFormȱverarbeitet,ȱinȱderȱ sichȱ dieȱ verschiedenenȱ Gruppierungenȱ desȱ Urchristentumsȱ wiederfinȬ denȱkönnen.ȱ Dieȱ vollständigeȱ „Wiederherstellungȱ desȱ Reichesȱ fürȱ Israel“ȱ inȱ Apgȱ1,6ȱ entsprichtȱ nichtȱ zuletztȱ demȱ Endeȱ derȱ Zeitenȱ derȱ Heidenȱ ausȱ Lkȱ21,24.ȱ Dieȱ „Zeiten“ȱ inȱ Apgȱ 1,7ȱ lassenȱ sichȱ alsoȱ aufȱ dieȱ „Zeitenȱ derȱ Heiden“ȱ(Lkȱ21,24)ȱbeziehen.ȱLukasȱgehtȱvonȱdieserȱErwartungȱfürȱdieȱ Zukunftȱaus,ȱdochȱbleibtȱdieȱZeitȱbisȱdahinȱungewiss.ȱEsȱwirdȱnichtȱinȱ „dieser“ȱ Zeitȱ geschehen,ȱ sondernȱ dann,ȱ wennȱ esȱ derȱ Vaterȱ setzt.ȱ Dieȱ Hoffnungȱaufȱ Wiederherstellungȱ istȱ hier,ȱ wieȱ soȱ oftȱ beiȱ Lukasȱ negativȱ präsent:ȱ Dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ dieȱ formuliertenȱ Hoffnungenȱ nichtȱ abgeȬ wiesenȱ werden,ȱ magȱ daraufȱ hindeuten,ȱ dassȱ Lukasȱ ihnenȱ positivȱ geȬ genüberȱsteht.ȱȱ

3.6ȱ Apgȱ3,19–21:ȱDasȱPetruswortȱvonȱderȱ„Apokatastasis“ȱ NachȱdenȱUntersuchungenȱvonȱJesuswortenȱgiltȱesȱnun,ȱdieȱvonȱLukasȱ gestaltetenȱ Reden363ȱ derȱ wichtigstenȱ urchristlichenȱ Personenȱ Petrus,ȱ Paulusȱ undȱ Jakobus364ȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ inȱ denȱ Blickȱ zuȱ nehȬ men,ȱ daȱauchȱ inȱ ihnenȱ–ȱ entsprechendȱderȱ Bedeutung,ȱ dieȱ dasȱ Themaȱ derȱZukunftȱIsraelsȱfürȱLukasȱhatȱ–ȱwichtigeȱAussagenȱzuȱfindenȱsind.ȱ Währendȱ Jakobusȱ nurȱ eineȱ einzigeȱ Redeȱ hältȱ (Apgȱ 15,13–21),ȱ soȱ dassȱ dieȱ entsprechendeȱ Textauswahlȱ keinerȱ weiterenȱ Erläuterungȱ bedarf,ȱ undȱsichȱimȱBlickȱaufȱPaulusȱdieȱUntersuchungȱvonȱApgȱ13,ȱderȱ„einziȬ ge[n]ȱausgeführte[n]ȱ Predigtȱ desȱ Paulusȱ vorȱ Juden“365ȱ nahelegt,ȱ istȱ fürȱ Petrusȱdieȱersteȱausdrücklichȱanȱ„dasȱganzeȱVolk“366ȱgerichteteȱRedeȱinȱ Apgȱ 3,12–26ȱ heranzuziehen.ȱ Alleȱ Redenȱ führenȱ dasȱ bereitsȱ inȱ denȱ –ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 363ȱȱ Zumȱ redaktionellenȱ Charakterȱ derȱ ApgȬRedenȱ vgl.ȱ Barrett,ȱ Actsȱ I,ȱ 130–133.188– 191.334–340.622–626;ȱEckey,ȱApgȱI,ȱ31–39;ȱJervell,ȱApg,ȱ151–153;ȱPesch,ȱApgȱI,ȱ42–45.ȱ 364ȱȱ SieȱsindȱdieȱeinzigenȱPersonen,ȱdieȱnichtȱnurȱinȱEinzelabschnittenȱderȱApgȱeineȱRolleȱ spielen,ȱ sondernȱ fürȱ dieȱ Gesamtanlageȱ desȱ Buchesȱ vonȱ Bedeutungȱ sind.ȱ Währendȱ PetrusȱbisȱKap.ȱ12ȱundȱPaulusȱabȱKap.ȱ13ȱdieȱLeitpersonȱist,ȱagiertȱJakobusȱeherȱimȱ Hintergrund.ȱ Petrusȱ verweistȱ inȱ seinemȱ letztenȱ Wort,ȱ bevorȱ erȱ dieȱ Erzählungȱ verȬ lässt,ȱaufȱJakobus,ȱwomitȱLukasȱwohlȱaufȱdenȱÜbergangȱaufȱdenȱneuenȱLeiterȱderȱJeȬ rusalemerȱGemeindeȱhindeutetȱ(Apgȱ12,17;ȱvgl.ȱEckey,ȱ ApgȱI,ȱ271);ȱdanachȱwirdȱ erȱ inȱ unterschiedlichenȱ Teilenȱ desȱ Buchesȱ erwähntȱ (Apgȱ 12,17;ȱ 15,13;ȱ 21,18).ȱ Dasȱ ZuȬ sammentreffenȱderȱdreiȱaufȱdemȱApostelkonventȱ(Apgȱ15)ȱunterstreichtȱihreȱBedeuȬ tung.ȱAuchȱPaulusȱbestätigtȱinȱGalȱ2,6–9ȱdiesesȱBild;ȱderȱinȱGalȱ2,9ȱebenfallsȱalsȱ„SäuȬ le“ȱbezeichneteȱJohannesȱhältȱinȱderȱApgȱfreilichȱkeineȱeigeneȱRede,ȱsondernȱtrittȱinȱ denȱerstenȱKapitelnȱgemeinsamȱmitȱPetrusȱauf.ȱ 365ȱȱ Eckey,ȱApgȱI,ȱ276.ȱȱ 366ȱȱ Vgl.ȱApgȱ3,9.11:ȱΔκΖȱϳȱΏ΅ϱΖ;ȱvgl.ȱauchȱV.ȱ12:ȱΔΕϲΖȱΘϲΑȱΏ΅ϱΑ.ȱ

ȱ

3.6ȱ Apgȱ3,19–21:ȱDasȱPetruswortȱvonȱderȱ„Apokatastasis“ȱ

207ȱ

ebenfallsȱ bewusstȱ positioniertenȱ –ȱ Jesuswortenȱ angesprocheneȱ ZuȬ kunftskonzeptȱdesȱLukasȱinȱneuenȱKontextenȱweiter.ȱEntsprechendȱderȱ fortschreitendenȱ Erzählungȱ desȱ lukanischenȱ Doppelwerksȱ sindȱ zuȬ nächstȱdieȱzentralenȱVerseȱausȱderȱPetrusredeȱinȱApgȱ3ȱinȱdenȱBlickȱzuȱ nehmen.ȱ

3.6.1ȱDerȱTextȱ Nachȱ demȱ erstenȱ Verkündigungshandelnȱ derȱ Jüngerȱ amȱ Pfingstfestȱ (Apgȱ2,4),ȱdasȱvonȱLukasȱinȱFormȱderȱPfingstpredigtȱdesȱPetrusȱgewisȬ sermaßenȱkonkretȱausformuliertȱwurdeȱ(2,14–36),ȱfolgtȱschonȱkurzȱdaȬ raufȱ dessenȱ nächsteȱ Predigtȱ (3,12–29),ȱ diesmalȱ ausdrücklichȱ anȱ dasȱ „ganzeȱ Volk“ȱ (ΔκΖȱ ϳȱ Ώ΅ϱΖ:ȱ 3,9.11)367ȱ gerichtetȱ undȱ imȱ Jerusalemerȱ Tempelȱ lokalisiertȱ (3,11),ȱ soȱ dassȱ dieȱ Relevanzȱ desȱ hierȱ überȱ dieȱ ZuȬ kunftȱdesȱVolkesȱGesagtenȱauchȱnarrativȱverdeutlichtȱwird.ȱWichtigȱfürȱ unsereȱFragestellungȱistȱdieȱUmkehrmahnungȱinȱApgȱ3,19–21:ȱ ȱ 19ȱ ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ

20ȱ



ȱ



21ȱ



ȱ



ȱ



ΐΉΘ΅ΑΓφΗ΅ΘΉȱΓЇΑȱȱ Ύ΅ϠȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅ΘΉȱȱ ΉϢΖȱΘϲȱπΒ΅ΏΉ΍ΚΌϛΑ΅΍ȱЀΐЗΑȱΘΤΖȱ Υΐ΅ΕΘϟ΅Ζ,ȱȱ ϵΔΝΖȱΪΑȱσΏΌΝΗ΍ΑȱΎ΅΍ΕΓϠȱΦΑ΅ΜϾΒΉȬ ΝΖȱΦΔϲȱΔΕΓΗЏΔΓΙȱΘΓІȱΎΙΕϟΓΙȱȱ Ύ΅ϠȱΦΔΓΗΘΉϟΏϙȱΘϲΑȱΔΕΓΎΉΛΉ΍Ȭ Ε΍ΗΐνΑΓΑȱЀΐϧΑȱΛΕ΍ΗΘϲΑȱ͑΋ΗΓІΑ,ȱȱ ϶ΑȱΈΉϧȱΓЁΕ΅ΑϲΑȱΐξΑȱΈνΒ΅ΗΌ΅΍ȱȱ ΩΛΕ΍ȱΛΕϱΑΝΑȱΦΔΓΎ΅Θ΅ΗΘΣΗΉΝΖȱ ΔΣΑΘΝΑȱȱ ЙΑȱπΏΣΏ΋ΗΉΑȱϳȱΌΉϲΖȱΈ΍ΤȱΗΘϱΐ΅ΘΓΖȱ ΘЗΑȱΥ·ϟΝΑȱΦΔвȱ΅ϢЗΑΓΖȱ΅ЁΘΓІȱ ΔΕΓΚ΋ΘЗΑ.ȱȱ

Kehrtȱalsoȱzurückȱ undȱwendetȱeuchȱum,ȱ aufȱdassȱeureȱSündenȱgetilgtȱwerden,ȱ damitȱZeitenȱdesȱAufatmensȱkommenȱ vonȱdemȱAngesichtȱdesȱHerrnȱ undȱerȱsendeȱdenȱeuchȱvorherbestimmȬ tenȱMessiasȱJesus,ȱ denȱfreilichȱderȱHimmelȱaufnehmenȱ muss,ȱ bisȱdieȱZeitenȱderȱWiederherstellungȱ kommenȱvonȱallenȱ(Dingen),ȱ vonȱdenenȱGottȱgesprochenȱhatȱdurchȱ denȱMundȱseinerȱheiligenȱProphetenȱ vonȱEwigkeit.ȱ

ȱ Dieȱ Verseȱ 19–21,ȱ dieȱ einenȱ einzigenȱ Satzȱ bilden,ȱ lassenȱ sichȱ zwarȱ anȬ handȱ derȱ Partikel,ȱ dieȱ gewisseȱ Zäsurenȱ andeutenȱ (V.ȱ 19:ȱ ΓЇΑ,ȱ V.ȱ 22:ȱ ΐνΑ),ȱ abgrenzen,ȱ dochȱ istȱ dieȱ umfassendereȱ Texteinheitȱ derȱ Rede,ȱ insȬ besondereȱdieȱVerseȱ17–26,ȱinȱdieȱAuslegungȱmitȱeinzubeziehen.368ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 367ȱȱ DieseȱimȱEvangeliumȱhäufigeȱWendungȱ(vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.1)ȱtrittȱinȱderȱApgȱ zurück.ȱ 368ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ nurȱ dieȱ Gliederungȱ beiȱ Hagene,ȱ Zeitenȱ derȱ Wiederherstellung,ȱ 81f.,ȱ woȱ V.ȱ19–21ȱalsȱintegralerȱBestandteilȱderȱargumentatioȱgelten,ȱdieȱV.ȱ17–24ȱumfasst.ȱ

208ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

3.6.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ NachȱdenȱWortenȱanȱdieȱ„120ȱBrüder“ȱ(Apgȱ1,15)ȱbezüglichȱderȱNachȬ wahlȱ desȱ Matthiasȱ (Apgȱ 1,16–20)369ȱ undȱ derȱ „Pfingstpredigt“370ȱ anȱ dieȱ Judenȱ ausȱ allenȱ Ländernȱ (Apgȱ 2,14–39)ȱ erhebtȱ Petrusȱ inȱ Apgȱ 3,12–26ȱ zumȱdrittenȱMalȱseineȱStimme.ȱEsȱhandeltȱsichȱ–ȱwieȱschonȱerwähntȱ–ȱ umȱ dieȱ einzigeȱ Rede,ȱ dieȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ ausdrücklichȱ vorȱ demȱ „ganzenȱ Volk“ȱ (Apgȱ 3,9.11:ȱ ΔκΖȱ ϳȱ Ώ΅ϱΖ)ȱ gehaltenȱ wird.ȱ Dieseȱ zweimaligeȱFormulierungȱimȱVorfeldȱderȱRedeȱdeutetȱdaraufȱhin,ȱdassȱ Lukasȱ hierȱ grundsätzlicheȱ Dingeȱ durchȱ Petrusȱ verkündigenȱ lässt,ȱ dieȱ ganzȱIsraelȱangehen.371ȱSzenischȱknüpftȱdieȱRedeȱengȱanȱdasȱunmittelȬ barȱ zuvorȱ erzählteȱ Wunderȱ vonȱ derȱ Heilungȱ desȱ Lahmenȱ imȱ Tempelȱ an.ȱ Ort,ȱ Zeitȱ undȱ Personenkreisȱ werdenȱ imȱ Übergangȱ vonȱ derȱ HeiȬ lungserzählungȱ zurȱ Redeȱ nichtȱ verändert,ȱ auchȱ nimmtȱ derȱ ersteȱ Teilȱ derȱRedeȱausdrücklichȱBezugȱaufȱdieȱHeilungȱ(vgl.ȱApgȱ3,12.16),ȱwähȬ rendȱandererseitsȱderȱVerlaufȱderȱErzählungȱschonȱdieȱRedeȱvorbereiȬ tet.372ȱ NachȱdemȱerstenȱkerygmatischȱgeprägtenȱAbschnittȱ(V.ȱ12–16),ȱderȱ ausgehendȱ vonȱ derȱ zuvorȱ erzähltenȱ Heilung373ȱ alsȱ „kurze,ȱ deklaratoȬ rischȱ gehalteneȱ Rede“374ȱ nochmalsȱ dasȱ Geschickȱ Jesuȱ formuliert,ȱ folgtȱ einȱ zweiterȱ paränetischȱausgerichteterȱ Teilȱ (V.ȱ17–26),ȱ demȱ derȱ zuȱ unȬ tersuchendeȱ Textȱ entstammtȱ undȱ inȱ demȱ Petrusȱ argumentiertȱ undȱ erȬ klärt.375ȱDieȱAbfolgeȱvonȱeinemȱkerygmatischenȱAbrissȱderȱvorgängigenȱ Geschehnisseȱ undȱ demȱ darausȱ folgendenȱ Aufrufȱ zurȱ Umkehrȱ erweistȱ dieseȱRedeȱalsȱeinȱBeispielȱfürȱdasȱSchemaȱderȱsog.ȱ„Missionsreden“376ȱ derȱApostelgeschichteȱ(Apgȱ2,14–39;ȱ3,12–26;ȱ4,9–12;ȱ5,29–32;ȱ10,34–43;ȱ 13,16–41).ȱ Dieȱ Elementeȱ diesesȱ Schemasȱ lassenȱ sichȱ bereitsȱ inȱ derȱ „Pfingstpredigt“ȱfinden,ȱgegenüberȱderȱjedochȱinȱApgȱ3ȱderȱUmkehrrufȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 369ȱȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ dieȱ Vervollständigungȱ desȱ Zwölferkollegiumsȱ vorȱ demȱ HinterȬ grundȱ derȱ anbrechendenȱ „Wiederherstellungȱ Israels“,ȱ vgl.ȱ dazuȱ Jervell,ȱ Apg,ȱ 123– 130ȱundȱuntenȱKap.ȱ3.9.4.ȱ 370ȱȱ Dieȱ Bezeichnungȱ wirdȱ inȱ vielenȱ Kommentarenȱ selbstverständlichȱ verwendet,ȱ vgl.ȱ nurȱ Eckey,ȱ Apgȱ I,ȱ 78–092;ȱ Jervell,ȱ Apg,ȱ 140–153;ȱ Pesch,ȱ Apgȱ I,ȱ 113–128;ȱ Schneider,ȱ ApgȱI,ȱ260–279.ȱ 371ȱȱ Vgl.ȱauchȱLohfink,ȱChristologie,ȱ228:ȱ„DasȱgesamteȱjüdischeȱVolkȱistȱangesprochen“.ȱ 372ȱȱ Vgl.ȱdazuȱHagene,ȱZeitenȱderȱWiederherstellung,ȱ71–132;ȱZmijewski,ȱApg,ȱ165.ȱ 373ȱȱ Vgl.ȱ dieȱ ausdrücklichenȱ Bezugnahmenȱ inȱ derȱ Einleitungȱ V.ȱ 12ȱ sowieȱ amȱ Endeȱ inȱ V.ȱ16.ȱ 374ȱȱ Jervell,ȱApgȱ171.ȱ 375ȱȱ ZurȱStrukturȱderȱRedeȱvgl.ȱauchȱEckey,ȱApgȱI,ȱ105f.;ȱHagene,ȱZeitenȱderȱWiederherȬ stellung,ȱ114–132;ȱJervell,ȱApg,ȱ171;ȱPesch,ȱApgȱI,ȱ150f.;ȱWilckens,ȱMissionsreden,ȱ44;ȱ Zmijewski,ȱApg,ȱ181f.ȱ 376ȱȱ Vgl.ȱdazuȱEckey,ȱApgȱI,ȱ37f.;ȱWilckens,ȱMissionsreden,ȱ32–100.ȱ

ȱ

3.6ȱ Apgȱ3,19–21:ȱDasȱPetruswortȱvonȱderȱ„Apokatastasis“ȱ

209ȱ

ausführlicherȱ gestaltetȱ undȱ dasȱ Fehlverhaltenȱ Israelsȱ stärkerȱ betontȱ wird.377ȱ Derȱ ersteȱ Teilȱ derȱ Redeȱ zeichnetȱ sichȱ durchȱ dieȱ Verknüpfungȱ mitȱ derȱ vorhergegangenenȱ Heilungserzählungȱ aus,ȱ insofernȱ dieȱ Heilungȱ selbstȱ sowieȱ dieȱ staunendeȱ Reaktionȱ desȱ Volkesȱ (vgl.ȱ V.ȱ 11)ȱ Auslöserȱ fürȱdieȱhierȱgeboteneȱWortverkündigungȱsind.ȱDieȱbeidenȱVerseȱ12ȱundȱ 16,ȱ dieȱ ausdrücklichȱ aufȱ denȱ Geheiltenȱ verweisen,ȱ rahmenȱ einenȱ keȬ rygmatischenȱAbschnitt,ȱderȱdasȱPassionsgeschehenȱinȱdasȱSpannungsȬ feldȱ vonȱ göttlichemȱ Handelnȱ undȱ demȱ Handelnȱ Israelsȱ einzeichnetȱ (V.ȱ13–15).378ȱDasȱSpannungsfeldȱwirdȱdurchȱeineȱantithetischeȱGegenȬ überstellungȱausgebreitet,ȱvorȱderenȱHintergrundȱauchȱdieȱVerseȱ19–21ȱ auszulegenȱsind:ȱ ȱ GöttlichesȱHandelnȱ 13aȱ 13bȱ 13cȱ ȱ

15bȱ

HandelnȱdesȱVolkesȱ

DerȱGottȱ(ϳȱΌΉϱΖ)ȱAbrahamsȱ undȱIsaaksȱundȱJakobs,ȱ derȱGottȱ(ϳȱΌΉϱΖ)ȱunsererȱ Väter,ȱ hatȱseinenȱKnechtȱJesusȱverȬ herrlichtȱ ȱ

ȱ

ȱ

ȱ

ȱ

13d.eȱ

Gottȱ(ϳȱΌΉϱΖ)ȱhatȱihnȱvonȱdenȱ Totenȱerweckt.ȱ(15b)ȱ

15aȱ

Ihrȱ(ЀΐΉϧΖ)ȱhabtȱihnȱausgeliefertȱundȱ verleugnet.ȱ Ihrȱ(ЀΐΉϧΖ)ȱhabtȱdenȱHeiligenȱundȱ Gerechtenȱverleugnetȱundȱdieȱ HerausgabeȱeinesȱMördersȱerbeȬ ten.ȱ IhrȱhabtȱdenȱUrheberȱdesȱLebens379ȱ getötet.ȱ

ȱ 15cȱ

14ȱ

ȱ Wirȱ(ψΐΉϧΖ)ȱsindȱZeugenȱdafür.ȱ(vgl.ȱV.ȱ12:ȱψΐϧΑ)ȱ

ȱ Auffälligȱ istȱ dieȱ durchȱ dieȱ Personalpronomenȱ besondersȱ hervorgehoȬ beneȱ Personenkonstellation:ȱ Dasȱ österlicheȱ Handelnȱ Gottesȱ wirdȱ demȱ Handelnȱ desȱ Volkesȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Passionȱ Jesuȱ gegenübergestellt.ȱ Zugleichȱ erscheintȱ dasȱ gesamteȱ Volkȱ („ihr“)ȱ alsȱ Verantwortlicherȱ fürȱ dasȱSchicksalȱJesuȱvonȱderȱAuslieferungȱbisȱzurȱKreuzigung.ȱWederȱdieȱ Führerȱ Israelsȱ werdenȱ erwähnt,ȱ nochȱ wirdȱ zwischenȱ verschiedenenȱ EtappenȱderȱPassion,ȱwieȱsieȱdasȱLukasevangeliumȱdurchausȱschildert,ȱ unterschieden.ȱ Stattdessenȱ wirdȱ dasȱ ganzeȱ Volk,ȱ anȱ dasȱ dieȱ Redeȱ geȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 377ȱȱ Vgl.ȱZmijewski,ȱApg,ȱ183.ȱ 378ȱ Diesesȱ vonȱ J.ȱ Roloffȱ alsȱ „Kontrastschema“ȱ bezeichneteȱ Elementȱ findetȱ sichȱ auchȱ inȱ Apgȱ 2,22f.;ȱ 4,10;ȱ 5,30f.;ȱ 10,39f.;ȱ vgl.ȱ dazuȱ Roloff,ȱ Anfänge,ȱ 38;ȱ außerdemȱ Böttrich,ȱ Proexistenz,ȱ414.ȱ 379ȱȱ Zurȱ Prägungȱ derȱ Verseȱ durchȱ dieȱ auffälligenȱ Titelȱ fürȱ Jesusȱ (V.ȱ 13–15:ȱ „Knecht“,ȱ „Heiliger“,ȱ„Gerechter“,ȱ„FürstȱdesȱLebens“)ȱvgl.ȱZmijewski,ȱApg,ȱ184–187.ȱȱ

210ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

richtetȱistȱ(vgl.ȱV.ȱ11)ȱinȱseinemȱTunȱdemȱHandelnȱGottesȱgegenübergeȬ stellt.ȱDieȱdritteȱGruppeȱstellenȱschließlichȱdieȱApostelȱdar,ȱdieȱinȱderȱ1.ȱ PersonȱPluralȱinȱderȱRahmungȱangesprochenȱwerdenȱ(vgl.ȱV.ȱ12:ȱ„Wasȱ starrtȱihrȱaufȱunsȱ[ψΐϧΑ]?“),ȱundȱalsȱDeuterȱdesȱGeschehensȱwirken.ȱAlsȱ ZeugenȱfürȱdasȱHandelnȱGottesȱkönnenȱsieȱauchȱdieȱHeilungȱdesȱLahȬ menȱerläuternȱundȱ–ȱwieȱdieȱanschließendenȱVerseȱzeigenȱwerdenȱ–ȱdasȱ Volkȱ zurȱ Umkehrȱ aufrufen.ȱ Dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ derȱ Lahmeȱ durchȱ denȱ Glaubenȱanȱden,ȱderȱvomȱVolkȱverworfenȱwurde,ȱgeheiltȱwurde,ȱstelltȱ denȱ Anwesendenȱ ihreȱ verfehlteȱ Tatȱ vorȱ Augen.ȱ Soȱ schließtȱ sichȱ derȱ zweiteȱparänetischeȱTeilȱ(V.ȱ17–26),ȱdemȱdieȱzuȱuntersuchendenȱVerseȱ entstammen,ȱlogischȱan.ȱMitȱderȱEröffnungȱΎ΅ϠȱΑІΑ,ȱΦΈΉΏΚΓϟ,ȱdieȱeinenȱ Neuansatzȱ markiert,ȱ werdenȱ inȱ vierȱ Abschnittenȱ Konsequenzenȱ ausȱ denȱDarlegungenȱgezogen:ȱ ȱ V.ȱ17–18ȱ V.ȱ19–21ȱ V.ȱ22–24ȱ V.ȱ25–26ȱ

BeurteilungȱdesȱgöttlichenȱundȱmenschlichenȱHandelnsȱ UmkehrrufȱundȱVerheißungȱ SchriftzitatȱzurȱUntermauerungȱdesȱUmkehrrufesȱ BündelungȱundȱAnwendungȱaufȱdieȱHörerȱ

ȱ Inȱ jeȱ eigenerȱ Weiseȱ nehmenȱ alleȱ vierȱ Abschnitteȱ aufȱ dieȱ Hörerȱ Bezug,ȱ wieȱ dasȱ durchgängigȱ auftauchendeȱ Personalpronomenȱ ЀΐΉϧΖȱ (V.ȱ17.19.22.25.26)ȱ zeigt.ȱ Darüberȱ hinausȱ wirdȱ derȱ Teilȱ durchȱ dieȱ Redeȱ vonȱ denȱ Prophetenȱ bzw.ȱ ihrenȱ Wortenȱ zusammengehalten,380ȱ dieȱ inȱ allenȱAbschnittenȱvorkommenȱ(vgl.ȱV.ȱ18.21.24.25).ȱSieȱweisenȱaufȱdenȱ neuenȱ Akzentȱ desȱzweitenȱ Teilsȱ gegenüberȱ demȱ Beginnȱ derȱRedeȱhin.ȱ Gingȱ esȱ imȱ erstenȱ Teilȱ darum,ȱ eineȱ Verbindungȱ zwischenȱ derȱ soebenȱ erfolgtenȱ Heilungȱ undȱ demȱ Geschickȱ Jesu,ȱ anȱ demȱ sowohlȱ Gottȱ wieȱ auchȱ dasȱ versammelteȱ Volkȱ Anteilȱ hatten,ȱ aufzuzeigen,ȱ soȱ wirdȱ imȱ zweitenȱTeilȱdasȱVerhältnisȱzwischenȱJesuȱGeschickȱundȱderȱprophetiȬ schenȱ Vergangenheitȱ undȱ erwartetenȱ Zukunftȱ Israelsȱ dargelegt,ȱ wähȬ rendȱdieȱHeilungsszeneȱausȱdemȱBlickȱgerät.ȱ DerȱersteȱAbschnittȱV.ȱ17f.ȱbietetȱeineȱbemerkenswerteȱErläuterungȱ desȱ zuvorȱ demȱ Tunȱ Gottesȱ gegenübergestelltenȱ Handelnsȱ desȱ Volkes.ȱ Alsȱ Erklärungȱ fürȱ dieȱ Verwerfungȱ Jesuȱ nenntȱ Petrusȱ „Unwissenheit“ȱ (3,17:ȱ Ω·ΑΓ΍΅)ȱ undȱ erwähntȱ außerdemȱ dieȱ „Oberen“ȱ (3,17:ȱ Γϡȱ ΩΕΛΓΑȬ ΘΉΖ),ȱwodurchȱsichȱeineȱbessereȱAngleichungȱanȱdieȱPassionserzählungȱ ergibt:ȱ Lukasȱ hatȱ dortȱ geradeȱ nichtȱ dasȱ Volkȱ alsȱ leitendeȱ Kraftȱ vorgeȬ stellt381ȱ undȱ außerdemȱ alsȱ einzigerȱ Evangelistȱ auchȱ bereitsȱ dasȱ Motivȱ derȱ Unwissenheitȱ aufgerufenȱ (vgl.ȱ Lkȱ 23,34).ȱ Überraschendȱ ist,ȱ dassȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 380ȱȱ Vgl.ȱdieȱStichworteȱΏ΅ΏΉϧΑȱbzw.ȱΗΘϱΐ΅.ȱ 381ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.1.2.ȱ

ȱ

3.6ȱ Apgȱ3,19–21:ȱDasȱPetruswortȱvonȱderȱ„Apokatastasis“ȱ

211ȱ

Gottȱ hierȱ nichtȱ nurȱ alsȱ Gegenspielerȱ desȱ Volkesȱ wieȱ inȱ Apgȱ 3,13–15ȱ erscheintȱ(ihrȱhabtȱ[…]ȱ–ȱGottȱaberȱhatȱ[…]),ȱsondernȱsogarȱnochȱimȱfalȬ schenȱ Tunȱ derȱ Menschenȱ wirksamȱ ist,ȱ insofernȱ dadurchȱ dassȱ bereitsȱ durchȱ„alleȱPropheten“ȱangekündigteȱLeidenȱdesȱMessiasȱzurȱErfüllungȱ kam.382ȱ Dieȱ Verseȱ 19–21ȱ formulierenȱ nunȱ alsȱ weitereȱ Konsequenzȱ ausȱ derȱ irregeleitetenȱ Unwissenheitȱ desȱ Volkesȱ denȱ Rufȱ zurȱ Umkehr,ȱ alsȱ derenȱFolgeȱ„dieȱAuslöschungȱderȱSündenȱdesȱVolkes“383ȱangekündigtȱ undȱ derȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Zukunftȱ desȱ Volkesȱ gerichtetȱ wird.384ȱ Dasȱ anȬ schließendeȱSchriftzitatȱ(V.ȱ22f.)ȱausȱDtnȱ18,15.18,ȱmitȱdemȱMoseȱeinenȱ „Prophetenȱwieȱmich“ȱankündigt,ȱkannȱimȱKontextȱnichtȱandersȱalsȱaufȱ Jesusȱ bezogenȱ verstandenȱ werden,ȱ wasȱ ganzȱ derȱ lukanischenȱ AuffasȬ sungȱ entspricht;ȱ genauererȱ Betrachtungȱ bedarfȱ imȱ Zusammenhangȱ unsererȱFragestellungȱfreilichȱdieȱAussageȱinȱV.ȱ23,ȱnachȱderȱderȱUngeȬ horsamȱ gegenüberȱ derȱ Botschaftȱ diesesȱ Prophetenȱ zumȱ Ausschlussȱ vomȱGottesvolkȱführtȱ(πΒΓΏΉΌΕΉΙΌφΗΉΘ΅΍ȱπΎȱΘΓІȱΏ΅ΓІ).385ȱV.ȱ24ȱbetontȱ schließlichȱdieȱKontinuitätȱallerȱProphetenȱmitȱdemȱWortȱdesȱMose.ȱDerȱ Abschlussteilȱ ziehtȱ dieȱ Kontinuitätȱ bisȱ inȱ dieȱ Gegenwartȱ derȱ Zuhörerȱ aus,ȱ dieȱ alsȱ „Söhneȱ derȱ Propheten“ȱ inȱ ihrenȱ Spurenȱ wandeln.ȱ Dabeiȱ wirdȱderȱaufȱMoseȱzurückgehendeȱGehorsamsgedankeȱnunȱunvermitȬ teltȱ mitȱ Abrahamȱ verbunden,ȱ soȱ dassȱ sichȱ auchȱ derȱ Ausgriffȱ aufȱ dieȱ Völkerweltȱ inȱ denȱ Rahmenȱ diesesȱ Kontinuitätsstromesȱ einfügt.ȱ Derȱ VorrangȱIsraelsȱwirdȱabschließendȱinȱV.ȱ26ȱmitȱdemȱStichwortȱΔΕЗΘΓΑȱ betont,ȱbevorȱderȱAbschlussȱdenȱSegenȱAbrahamsȱunterȱdieȱVoraussetȬ zungȱderȱAbwendungȱvonȱSchlechtemȱsetzt.ȱ DieȱRedeȱvonȱderȱParusie,ȱdieȱinȱderȱPfingstredeȱnochȱkeinenȱPlatzȱ gefundenȱhatte,ȱwirdȱnunȱinȱderȱzweitenȱPetrusredeȱanȱJudenȱerörtert.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 382ȱȱ VglȱdazuȱauchȱStellenȱwieȱLkȱ18,31–33;ȱ24,46;ȱdasȱMotivȱdesȱschriftgemäßȱleidendenȱ Messiasȱistȱ fürȱLukasȱwesentlich;ȱdabeiȱistȱvorȱallemȱ„bemerkenswertȱ[…],ȱ daßȱLuȬ kasȱ seineȱ Theseȱ vomȱ leidendenȱ Messiasȱ ausdrücklichȱ inȱ denȱ Horizontȱ derȱ Schriftȱ stellt,ȱ woȱ sichȱ eineȱ solcheȱ Aussageȱ nichtȱ findenȱ läßt“ȱ (Hagene,ȱ Zeitenȱ derȱ WiederȬ herstellung,ȱ123).ȱ 383ȱȱ Jervell,ȱApg,ȱ167.ȱ 384ȱȱ Vgl.ȱHagene,ȱZeitenȱderȱWiederherstellung,ȱ124:ȱ„DieȱAusrichtungȱaufȱdieȱZukunft,ȱ dieȱ denȱ nunȱ folgendenȱ Abschnittȱ prägt,ȱ wirdȱ unzweideutigȱ durchȱ dasȱ Prädikatȱ σΏΌΝΗ΍ΑȱimȱKonjunktivȱAoristȱangekündigt.“ȱ 385ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.6.4.ȱ

212ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

3.6.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ DerȱTextȱinȱV.ȱ19–21ȱistȱinȱmehrfacherȱHinsichtȱaußergewöhnlich,ȱwasȱ seitȱlangemȱzuȱIrritationenȱgeführtȱhat.386ȱNebenȱderȱkomplexenȱSyntaxȱ istȱ vorȱ allemȱ problematisch,ȱ dassȱ zwarȱ derȱ Umkehrrufȱ mitȱ demȱ HinȬ weisȱaufȱdenȱSündennachlassȱinȱV.ȱ19ȱtypischȱlukanischȱist,387ȱundȱauchȱ dasȱ Endeȱ vonȱ V.ȱ 21,ȱ dasȱ sichȱ inȱ derȱ Formulierungȱ engȱ mitȱ demȱ Benedictusversȱ Lkȱ 1,70ȱ berührt,388ȱ alsȱ lukanischeȱ Wendungȱ auchȱ imȱ Gesamtȱ desȱ Doppelwerkesȱ gutȱ erklärenȱ lässt,ȱ aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ aberȱmehrereȱunterschiedlicheȱElemente,ȱdieȱsichȱderȱjüdischenȱApokaȬ lyptikȱ zuordnenȱ lassen,ȱ rechtȱ unvermitteltȱ dazwischenȱ geschobenȱ erȬ scheinen:ȱ„Läseȱmanȱvonȱ3,19ȱzuȱ3,22ȱherüber,ȱsoȱwürdeȱsichȱeinȱglatterȱ undȱguterȱZusammenhangȱergeben.ȱ3,20f.ȱmachtȱsoȱterminologischȱundȱ inhaltlichȬsachlichȱdenȱEindruckȱeinesȱEinschubs“389.ȱ ManȱwirdȱdaherȱmitȱdenȱVersenȱsoȱumgehen,ȱdassȱdieȱVorstellunȬ gen,ȱdieȱmitȱdenȱhierȱrezipiertenȱMotivenȱverbundenȱsind,ȱvonȱLukasȱinȱ seinȱWerkȱbewusstȱmitȱaufgenommenȱwurden,ȱdassȱerȱsieȱaberȱzugleichȱ inȱdenȱRahmenȱderȱGesamtkonzeptionȱseinesȱWerkesȱstellenȱwollte.ȱ

3.6.4ȱDerȱUmkehrrufȱ(V.ȱ19)ȱ Derȱ Aufrufȱ zurȱ Umkehr,ȱ derȱ durchȱ dieȱ Wendungȱ ΐΉΘ΅ΑΓφΗ΅ΘΉȱ ΓЇΑȱ Ύ΅ϠȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅ΘΉȱ(V.ȱ19)ȱauchȱdenȱzentralenȱAusgangspunktȱderȱVerseȱ Apgȱ 3,19–21ȱ darstellt,ȱ prägtȱ inȱ spezifischerȱ Weiseȱ dasȱ gesamteȱ DopȬ pelwerk.ȱLukasȱhatȱdamitȱeineȱVorstellung,ȱdieȱausȱderȱbiblischenȱTraȬ ditionȱ grundlegendȱ fürȱ dieȱ Verkündigungȱ Jesuȱ undȱ desȱ Täufersȱ war,ȱ auchȱ inȱ seinȱ eigenesȱ Werkȱ aufgenommen.390ȱ Umkehrȱ undȱ SündenverȬ gebungȱ hängenȱ dabei,ȱ wieȱ nichtȱ nurȱ Apgȱ 3,19ȱ zeigt,ȱ engȱ zusammen.ȱ DiesesȱDoppelmotivȱfindetȱsichȱalsȱtypischesȱElementȱmehrfachȱinȱdenȱ „Missionsreden“ȱderȱApostelgeschichte:ȱSchonȱinȱderȱerstenȱPredigtȱamȱ PfingsttagȱwirdȱesȱvonȱPetrusȱerwähntȱ(Apgȱ2,38),ȱnachȱ3,19ȱdannȱvorȱ demȱHohenȱRatȱwiederholtȱ(5,31),ȱundȱauchȱvorȱdemȱHeidenȱCorneliusȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 386ȱȱ Vgl.ȱ schonȱ dieȱ sprachlichenȱ Beobachtungenȱ beiȱ Bauernfeind,ȱ Apg,ȱ 65–69ȱ undȱ dieȱ Überlegungenȱ vonȱ Lohfink,ȱ Christologie,ȱ 223–241;ȱ außerdemȱ Cifrak,ȱ Beziehung,ȱ 142f.ȱ(ÜbersichtȱzumȱVokabular);ȱWilckens,ȱMissionsreden,ȱ43.153–156.ȱ 387ȱȱ Vgl.ȱ nurȱ Lkȱ 24,47;ȱ Apgȱ 5,31;ȱ 8,22;ȱ 2,38;ȱ 26,18;ȱ vgl.ȱ außerdemȱ dazuȱ Wilckens,ȱ MissiȬ onsreden,ȱ98;ȱnormalerweiseȱstehtȱderȱUmkehrrufȱamȱEndeȱderȱRede:ȱApgȱ2,38;ȱ5,31;ȱ 10,43;ȱ13,38–41.ȱ 388ȱȱ SoȱauchȱZmijewski,ȱApg,ȱ186.ȱ 389ȱȱ Wilckens,ȱMissionsreden,ȱ43;ȱvgl.ȱauchȱZmijewski,ȱApg,ȱ187.ȱ 390ȱȱ Vgl.ȱzumȱGanzenȱauchȱuntenȱKap.ȱ3.9.2.ȱ

ȱ

3.6ȱ Apgȱ3,19–21:ȱDasȱPetruswortȱvonȱderȱ„Apokatastasis“ȱ

213ȱ

unterȱ Rückgriffȱ aufȱ dieȱ Worteȱ derȱ Prophetenȱ genanntȱ (10,43).ȱ Paulusȱ übernimmtȱ dasȱ Doppelmotivȱ nichtȱ nurȱ inȱ seinerȱ erstenȱ ausführlichenȱ RedeȱinȱderȱSynagogeȱimȱpisidischenȱAntiochienȱ(13,38),ȱsondernȱauchȱ inȱseinerȱVerteidigungsredeȱvorȱAgrippaȱ(26,18).391ȱEineȱÜbersichtȱkannȱ dieȱsichȱwiederholendenȱElementeȱveranschaulichen:ȱ ȱ Redeȱ

Adressatenȱ

2,14–39ȱ (Petrus)ȱ

JudenȱinȱJerusalemȱ („IhrȱMännerȱvonȱ Israel“)ȱ

3,12–26ȱ (Petrus)ȱ

VolkȱamȱTempelȱ („IhrȱMännerȱvonȱ Israel“)ȱ Synhedriumȱinȱ Jerusalemȱ(„Führerȱ desȱVolkesȱundȱ Älteste“)392ȱ HauptmannȱCorneȬ liusȱundȱseinȱHausȱ inȱCaesareaȱ(ohneȱ Anrede)ȱ

4,9–12;ȱ 5,29–32ȱ (Petrus)ȱ 10,34–43ȱ (Petrus)ȱ

13,16–41ȱ (Paulus)ȱ

26,2–23ȱ (Paulus)ȱ

Synagogengemeindeȱ imȱpisidischenȱAntiȬ ochienȱ(„Israelitenȱ undȱGottesfürchtiȬ ge“)ȱ AgrippaȱII.ȱ(„Königȱ Agrippa“)ȱ

Umkehrrufȱ/ȱSündenvergebungȱ 2,38:ȱΐΉΘ΅ΑΓφΗ΅ΘΉ,ȱ[…]ȱȱ Ύ΅ϠȱΆ΅ΔΘ΍ΗΌφΘΝȱρΎ΅ΗΘΓΖȱЀΐЗΑȱπΔϠȱΘХȱϴΑϱΐ΅Θ΍ȱ ͑΋ΗΓІȱ̙Ε΍ΗΘΓІȱΉϢΖȱΩΚΉΗ΍ΑȱΘЗΑȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱЀΐЗΑȱȱ Ύ΅ϠȱΏφΐΜΉΗΌΉȱΘχΑȱΈΝΕΉΤΑȱΘΓІȱΥ·ϟΓΙȱΔΑΉϾΐ΅ΘΓΖȱ 3,19:ȱΐΉΘ΅ΑΓφΗ΅ΘΉȱΓЇΑȱΎ΅ϠȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅ΘΉȱȱ ΉϢΖȱΘϲȱπΒ΅ΏΉ΍ΚΌϛΑ΅΍ȱЀΐЗΑȱΘΤΖȱΥΐ΅ΕΘϟ΅Ζ.ȱ 5,31:ȱΘΓІΘΓΑȱϳȱΌΉϲΖȱΦΕΛ΋·ϲΑȱΎ΅ϠȱΗΝΘϛΕ΅ȱЂΜΝΗΉΑȱ ΘϜȱΈΉΒ΍λȱ΅ЁΘΓІȱ[ΘΓІ]ȱΈΓІΑ΅΍ȱΐΉΘΣΑΓ΍΅ΑȱΘХȱ͑ΗΕ΅χΏȱȱ Ύ΅ϠȱΩΚΉΗ΍ΑȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑ.ȱ 10,43:ȱΘΓϾΘУȱΔΣΑΘΉΖȱΓϡȱΔΕΓΚϛΘ΅΍ȱΐ΅ΕΘΙΕΓІΗ΍Αȱ ΩΚΉΗ΍ΑȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱΏ΅ΆΉϧΑȱΈ΍ΤȱΘΓІȱϴΑϱΐ΅ΘΓΖȱ΅ЁΘΓІȱ ΔΣΑΘ΅ȱΘϲΑȱΔ΍ΗΘΉϾΓΑΘ΅ȱΉϢΖȱ΅ЁΘϱΑ.ȱ (vgl.ȱ11,18:ȱΩΕ΅ȱΎ΅ϠȱΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍ΑȱϳȱΌΉϲΖȱΘχΑȱ ΐΉΘΣΑΓ΍΅ΑȱΉϢΖȱΊΝχΑȱσΈΝΎΉΑ)ȱ 13,38:ȱ·ΑΝΗΘϲΑȱΓЇΑȱσΗΘΝȱЀΐϧΑȱ[…],ȱϵΘ΍ȱΈ΍ΤȱΘΓϾΘΓΙȱ ЀΐϧΑȱΩΚΉΗ΍ΖȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱΎ΅Θ΅··νΏΏΉΘ΅΍.ȱ[Ύ΅Ϡ]ȱΦΔϲȱ ΔΣΑΘΝΑȱЙΑȱΓЁΎȱωΈΙΑφΌ΋ΘΉȱπΑȱΑϱΐУȱ̏ΝϼΗνΝΖȱ Έ΍Ύ΅΍ΝΌϛΑ΅΍,ȱȱ 13,39ȱπΑȱΘΓϾΘУȱΔκΖȱϳȱΔ΍ΗΘΉϾΝΑȱΈ΍Ύ΅΍ΓІΘ΅΍.ȱ 26,18:ȱ[…]ȱΘΓІȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅΍ȱΦΔϲȱΗΎϱΘΓΙΖȱΉϢΖȱΚЗΖȱ […]ȱȱ ΘΓІȱΏ΅ΆΉϧΑȱ΅ЁΘΓϿΖ393ȱΩΚΉΗ΍ΑȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑ.ȱ

ȱ TrotzȱvielerȱÜbereinstimmungenȱfallenȱauchȱunterschiedlicheȱAkzenteȱ auf.ȱSoȱistȱdieȱersteȱErwähnungȱdesȱDoppelmotivsȱinȱderȱPfingstpredigtȱ desȱ Petrus,ȱ dasȱ durchȱ dieȱ Trennungȱ vomȱ Corpusȱ derȱ Redeȱ (vgl.ȱ dieȱ RückfrageȱderȱZuhörerȱV.ȱ37)ȱbesondersȱhervorgehobenȱwird,ȱmitȱTauȬ feȱ undȱ Geistempfangȱ verbunden.ȱ Wieȱ inȱ prophetischerȱ Traditionȱ dieȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 391ȱȱ Vgl.ȱauchȱApgȱ22,16ȱinȱderȱVerteidigungsredeȱvorȱdenȱJudenȱinȱJerusalem.ȱ 392ȱȱ InȱApgȱ5,29ȱohneȱAnrede.ȱ 393ȱȱ Hinterȱ΅ЁΘΓϾΖȱstehenȱalsȱBezugsgrößenȱdasȱVolkȱIsraelȱundȱdieȱanderenȱVölkerȱ(vgl.ȱ V.ȱ17).ȱ

214ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Umkehrȱ „Segen“ȱ zurücklässtȱ aufȱ denȱ Geistempfangȱ vorbereitet,394ȱ soȱ betontȱauchȱPetrusȱamȱEndeȱderȱRede,ȱwoȱerȱ„dasȱganzeȱHausȱIsrael“ȱ (2,36)ȱ anspricht,ȱ dieȱ Umkehrȱ alsȱ Voraussetzungȱ desȱ Geistempfangs,ȱ nichtȱohneȱdieȱSündenvergebungȱzuȱerwähnenȱ(Apgȱ2,38).ȱDasȱsachliȬ cheȱ Nacheinanderȱ vonȱ Umkehrȱ undȱ Sündenvergebung,ȱ dasȱ Apgȱ 3,19ȱ klarȱfesthält,ȱistȱauchȱfürȱ5,31ȱanzunehmen,ȱ„dasȱΐΉΘΣΑΓ΍΅ȱundȱΩΚΉΗ΍Ζȱ miteinanderȱverbindendeȱΎ΅ϟȱmussȱdementsprechendȱalsȱ‚Ύ΅ϟȱconsecuȬ tivum‘ȱ aufgelöstȱ werden“395.ȱ Inȱ denȱ späterenȱ Redenȱ fälltȱ auf,ȱ dassȱ derȱ Umkehrrufȱwenigerȱpointiertȱformuliertȱwird.ȱDochȱauchȱwennȱinȱderȱ erstenȱ Redeȱ desȱ Petrusȱ anȱ Nichtjudenȱ (Apgȱ 10)ȱ dieȱ Sündenvergebungȱ keineȱ Folgeȱ derȱ Umkehr,ȱ sondernȱ desȱ Glaubensȱ istȱ (vgl.ȱ 10,43:ȱ ΔΣΑΘ΅ȱ ΘϲΑȱ Δ΍ΗΘΉϾΓΑΘ΅ȱ ΉϢΖȱ ΅ЁΘϱΑ),ȱ soȱ wirdȱ dasȱ gleicheȱ Geschehenȱ dochȱ inȱ Apgȱ 11,18ȱ alsȱ „Umkehrȱ zumȱ Leben“ȱ (ΐΉΘΣΑΓ΍΅ȱ ΉϢΖȱ ΊΝφΑ)ȱ bezeichnet.ȱ Dieȱ Redeȱ desȱ Paulusȱ anȱ dieȱ Synagogengemeindeȱ imȱ pisidischenȱ Antiochienȱ (Apgȱ 13)ȱ zeigtȱ dazuȱ eineȱ auffälligeȱ Nähe,ȱ wennȱ auchȱ hierȱ dieȱ durchȱ dieȱ Rechtfertigungȱ vermittelteȱ Sündenvergebung396ȱ fürȱ „jeȬ denȱ Glaubenden“ȱ(13,19:ȱΔκΖȱ ϳȱ Δ΍ΗΘΉϾΝΑ)ȱ verheißenȱ wird;ȱ undȱ nachȬ demȱ dasȱ Stichwortȱ ΐΉΘΣΑΓ΍΅ȱ zumindestȱ imȱ Rückblickȱ aufȱ denȱ Täuferȱ bereitsȱ gefallenȱ istȱ (vgl.ȱ 13,24),ȱ soȱ folgtȱ inȱ V.ȱ 40f.ȱ nochȱ „eineȱ strengeȱ Warnung“397ȱfürȱdieȱVerächterȱderȱBotschaft.ȱ SoȱgehörtȱdasȱSchemaȱfürȱLukasȱ–ȱinȱRezeptionȱdeuteronomistischerȱMotiȬ vikȱ–ȱzwarȱvorȱallemȱinȱdenȱKontextȱIsraels,ȱdasȱschonȱausȱseinerȱGeschichȬ teȱdenȱprophetischenȱAufrufȱzurȱUmkehrȱkenntȱundȱinsbesondereȱdieȱJeruȬ salemerȱ Judenȱ betrifft,ȱ insofernȱ sieȱ mehrȱ alsȱ ihreȱ Glaubensbrüderȱ anȱ anderenȱ Ortenȱ anȱ denȱ Geschehnissen,ȱ dieȱ zumȱ Todȱ desȱ Messiasȱ geführtȱ haben,ȱ beteiligtȱ waren.ȱ Dochȱdürfenȱ dieȱ Grenzenȱ nichtȱ zuȱ strengȱ gezogenȱ werden:ȱ Wieȱ Apgȱ 11,19ȱ zeigt,ȱ sindȱ esȱ nichtȱ nurȱ dieȱ (Jerusalemer)ȱ Juden,ȱ sondernȱ auchȱHeiden,ȱ dieȱderȱ Umkehrȱ bedürfen398.ȱ Undȱ auchȱ dieȱ FormuȬ lierungȱinȱApgȱ13,39,ȱmitȱderȱ„PaulusȱdieȱantiochenischenȱJudenȱ[…]ȱzumȱ GlaubenȱanȱJesusȱauffordert“399,ȱistȱvomȱMotivȱderȱUmkehrȱnichtȱgänzlichȱ abzusondern,ȱ wieȱ etwaȱ dieȱ durchgängigeȱ Redeȱ vomȱ „Volk“ȱ (Ώ΅ϱΖ)ȱ zeigt,ȱ dieȱsowohlȱaufȱdieȱAntiochenischenȱZuhörerȱ(V.ȱ15)ȱalsȱauchȱaufȱdieȱHörerȱ derȱUmkehrbotschaftȱdesȱTäufersȱ(V.ȱ24)ȱangewendetȱwird.ȱAuchȱdieȱpoinȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 394ȱȱ Vgl.ȱ Joelȱ 2,14ȱ (Ύ΅Ϡȱ ЀΔΓΏΉϟΜΉΘ΅΍ȱ ϴΔϟΗΝȱ ΅ЁΘΓІȱ ΉЁΏΓ·ϟ΅Α)ȱ undȱ dieȱ eschatologischeȱ Geistausgießungȱinȱ3,1–5.ȱ 395ȱȱ Wolter,ȱJesuȱTod,ȱ24ȱ(mitȱVerweisȱaufȱBDRȱ§ȱ442,2).ȱ 396ȱȱ Vgl.ȱdazuȱJervell,ȱApg,ȱ360:ȱ„DieȱRechtfertigung,ȱΈ΍Ύ΅΍ΓІΗΌ΅΍ȱΦΔϱȱ[...],ȱistȱhierȱpartiȬ tivȱundȱnegativȱalsȱBeseitigungȱderȱSündenȱzuȱverstehenȱ[…].ȱDieȱRechtfertigung,ȱalȬ soȱdieȱBeseitigungȱderȱSünden,ȱkommtȱdurchȱdenȱGlauben,ȱsieheȱauchȱ10,43;ȱ26,18,ȱ anȱJesus.“ȱ 397ȱȱ Jervell,ȱApg,ȱ361.ȱ 398ȱȱ Vgl.ȱApgȱ17,30;ȱ20,21;ȱ26,20.ȱ 399ȱȱ Wolter,ȱJesuȱTod,ȱ27.ȱ

ȱ

3.6ȱ Apgȱ3,19–21:ȱDasȱPetruswortȱvonȱderȱ„Apokatastasis“ȱ

215ȱ

tierteȱRedeȱvomȱ„ganzenȱVolk“ȱ(ΔκΖȱϳȱΏ΅ϱΖ:ȱApgȱ3,9.11),ȱdasȱalsȱZuhörerȬ schaftȱdesȱPetrusȱinȱApgȱ3ȱvorgestelltȱwird,ȱweistȱüberȱdieȱStadtȱJerusalemȱ hinaus,ȱsoȱdassȱeineȱstrengeȱEingrenzungȱderȱUmkehrbotschaftȱnurȱaufȱdieȱ JerusalemerȱJudenȱetwasȱRichtigesȱfesthält,ȱdabeiȱjedochȱüberȱdasȱZielȱhinȬ ausschießt.ȱ

DerȱUmkehrrufȱerhältȱseinȱProfilȱnichtȱnurȱpositivȱdurchȱdieȱinhaltlicheȱ Füllungȱ derȱ Anerkennungȱ desȱ Messiasȱ Jesusȱ undȱ dieȱ Verheißungȱ derȱ Sündenvergebung,ȱ sondernȱ auchȱ negativȱ durchȱ denȱ theologischenȱ Ernst,ȱ derȱ fürȱ Lukasȱ mitȱ ihmȱ verbundenȱ istȱ undȱ sichȱ inȱ denȱ aufȱ denȱ Umkehrrufȱ folgendenȱ Schriftzitatenȱ Apgȱ 3,22f.ȱ ausdrückt:ȱ Nebenȱ dieȱ IdentifizierungȱJesuȱmitȱdemȱvonȱMoseȱverheißenenȱProphetenȱ(V.ȱ22)ȱ trittȱ dieȱ Ankündigung,ȱ dassȱ derȱ Ungehorsamȱ gegenüberȱ diesemȱ zumȱ endgültigenȱ Ausschlussȱ ausȱ demȱ Volkȱ führtȱ (V.ȱ 23:ȱ ΔκΗ΅ȱ ΜΙΛχȱ ϊΘ΍Ζȱ πΤΑȱ ΐχȱ ΦΎΓϾΗϙȱ ΘΓІȱ ΔΕΓΚφΘΓΙȱ πΎΉϟΑΓΙȱ πΒΓΏΉΌΕΉΙΌφΗΉΘ΅΍ȱ πΎȱ ΘΓІȱ Ώ΅ΓІ).ȱFürȱunsereȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱwirdȱmanȱdazuȱfestȬ halten,ȱ dassȱ Lukasȱ hierȱ nochȱ selbstverständlichȱ mitȱ einemȱ positivȱ beȬ setztenȱ Begriffȱ vonȱ Ώ΅ϱΖȱ arbeitet;ȱ zugleichȱ istȱ dieseȱ Stelleȱ einȱ Belegȱ dafür,ȱdassȱfürȱihnȱkeineȱRettungȱanȱJesusȱChristusȱvorbeiȱmöglichȱist.ȱ DaȱerȱaberȱdieȱEndzeitȱangebrochen,ȱaberȱnochȱnichtȱvollendetȱsieht,ȱistȱ dieserȱSatzȱgegenüberȱeinemȱmehrheitlichȱnichtȱchristusgläubigenȱIsraȬ elȱ nichtȱ apodiktisch,ȱ sondernȱ paränetischȱ zuȱ verstehen,ȱ wieȱ jaȱ nichtȱ zuletztȱauchȱdieȱFuturformȱzeigt.ȱ

3.6.5ȱDieȱRezeptionȱapokalyptischerȱMotivikȱ(V.ȱ20f.)ȱ Dieȱ Verseȱ Apgȱ 3,20f.ȱ sindȱ insgesamtȱ durchȱ einȱ finalesȱ ϵΔΝΖȱ ΩΑȱ („daȬ mit“)400ȱ mitȱ demȱ vorangehendenȱ Umkehrrufȱ verbunden,ȱ soȱ dassȱ sieȱ anzeigen,ȱ wozuȱ dieȱ derȱ Sündenvergebungȱ dienendeȱ Umkehrȱ führt.ȱ Diesȱ istȱ syntaktischȱ gesehenȱ erstensȱ dasȱ „Kommen“ȱ vonȱ „Zeitenȱ desȱ Aufatmens“ȱ(V.ȱ20a:ȱϵΔΝΖȱΩΑȱσΏΌΝΗ΍ΑȱΎ΅΍ΕΓϠȱΦΑ΅ΜϾΒΉΝΖ)ȱundȱzweiȬ tensȱ dieȱ „Sendung“ȱ desȱ „Messiasȱ Jesus“ȱ durchȱ Gottȱ (V.ȱ 20b:ȱ Ύ΅Ϡȱ ΦΔΓΗΘΉϟΏϙȱ […]ȱ ΛΕ΍ΗΘϲΑȱ ͑΋ΗΓІΑ).ȱ V.ȱ 21ȱ gibtȱ weitereȱ Erläuterungenȱ bezüglichȱ desȱ Messias,ȱ dieȱ beideȱ Bereicheȱ nochmalsȱ aufnehmenȱ undȱ zeigen,ȱdassȱdieseȱengȱzusammengehören.ȱDieȱ„ZeitenȱderȱWiederherȬ stellung“ȱ(V.ȱ21b:ȱΛΕϱΑΓ΍ȱΦΔΓΎ΅Θ΅ΗΘΣΗΉΝΖ)ȱsindȱalsȱparalleleȱFormuȬ lierungȱ zuȱ denȱ Ύ΅΍ΕΓϠȱ ΦΑ΅ΜϾΒΉΝΖȱ zuȱ sehen,ȱ dieȱ aufȱ dieȱ messianischeȱ Heilszeitȱ verweisen.ȱ Derȱ Tatsache,ȱ dassȱ letztereȱ imȱ Himmelȱ bereitsȱ vorhandenȱ sindȱ –ȱ daherȱ werdenȱ sieȱ „vomȱ Angesichteȱ desȱ Herrnȱ her“ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 400ȱȱ Vgl.ȱBDRȱ§ȱ369.ȱ

216ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

(V.ȱ 20a)ȱ erwartetȱ –ȱ entsprichtȱ dieȱ „Aufnahme“ȱ (V.ȱ 21a)ȱ desȱ Messiasȱ dorthin.ȱ Inȱ denȱ Versenȱ verbindenȱ sichȱ dieȱ Vorstellungenȱ derȱ eschatologiȬ schenȱHeilszeit401ȱfürȱIsraelȱmitȱdemȱKommenȱdesȱMessias.ȱEinȱverbinȬ dendesȱ Gliedȱ istȱ dabeiȱ dieȱ apokalpytischeȱ Erwartungȱ derȱ Sendungȱ ElijasȱausȱdemȱHimmel,402ȱdieȱfürȱdieȱVorstellungȱderȱParusieȱJesuȱpräȬ gendȱ warȱ undȱ auchȱ dieȱ Redeȱ derȱ „Wiederherstellungȱ vonȱ allem“ȱ erȬ klärt,ȱ daȱ dieseȱ Vorstellungȱ mitȱ demȱ wiederkommendenȱ Elijaȱ verbunȬ denȱist.403ȱ Dieȱ Ύ΅΍ΕΓϠȱ ΦΑ΅ΜϾΒΉΝΖȱ werdenȱ oftȱ inȱ einerȱ Linieȱ mitȱ 4ȱ Esraȱ 11,46ȱ „utȱ refrigeretȱ omnisȱ terra“ȱ 404ȱ ausgelegt,ȱ woȱ nachȱ derȱ Zerstörungȱ Romsȱ dieȱ ganzeȱErde,ȱbefreitȱvonȱderȱGewalt,ȱerfrischtȱundȱberuhigtȱaufȱdasȱGerichtȱ undȱdieȱBarmherzigkeitȱhoffenȱkannȱ–ȱdamitȱwürdeȱApgȱ3,20ȱaufȱdasȱEndeȱ vonȱUnterdrückungȱvorausschauenȱundȱZeitenȱderȱgeistlichenȱErneuerung,ȱ fürȱIsraelȱzurȱUmkehrȱundȱzumȱHeilȱandeuten.405ȱDochȱwirdȱmanȱdasȱSynȬ tagmaȱimȱKontextȱdesȱlukanischenȱDoppelwerksȱbesserȱalsȱHinweisȱaufȱdieȱ Zeitenȱ derȱ Erweckungȱ Israelsȱ undȱ dessenȱ eschatologischeȱ WiederherstelȬ lungȱ deutenȱ undȱ alsȱ Parallelenȱ aufȱ Ezȱ 37,1–14,ȱ Hosȱ 6,2ȱ oderȱ Jesȱ 32,15406ȱ verweisen,ȱwoȱsichȱΦΑΣΜΙΒ΍Ζȱalsȱ„Neubelebung“ȱdeutenȱlässt.407ȱ

Eineȱ entscheidendeȱ Frageȱ beiȱ unserenȱ Versenȱ bestehtȱ darin,ȱ welchesȱ Zukunftsszenarioȱ inȱ ihnenȱ ausgedrücktȱ ist.ȱ Nachȱ Josephȱ Zmijewskiȱ siehtȱLukasȱinȱdenȱ„ZeitenȱdesȱAufatmens“,ȱsowieȱinȱderȱSendungȱJesuȱ Christiȱ undȱ derȱ Wiederherstellungȱ keineȱ aufȱ dieȱ Parusieȱ bezogenenȱ Größen,ȱsondernȱvielmehrȱBezugnahmenȱaufȱdieȱGegenwartȱderȱchristȬ lichenȱHeilsverkündigung:ȱLukasȱdenktȱ„hierȱanȱdieȱTeilnahmeȱIsraelsȱ anȱderȱmessianischenȱHeilszeit.ȱDieseȱhatȱnachȱseinemȱVerständnisȱaberȱ schonȱzuȱPfingstenȱmitȱderȱAusgießungȱdesȱHl.ȱGeistesȱbegonnenȱ[…].ȱ Diesȱ bedeutetȱ zugleich,ȱ dassȱauchȱ dieȱ inȱ V.ȱ 20bȱ erwähnteȱ undȱ alsȱ VoȬ raussetzungȱ fürȱ dasȱ Kommenȱ dieserȱ Heilszeitȱ zuȱ verstehendeȱ ‚SenȬ dung‘ȱ Jesu,ȱ desȱ vonȱ Gottȱ fürȱ Israelȱ […]ȱ inȱ seinemȱ ewigenȱ Heilsplanȱ vorherbestimmtenȱundȱdurchȱAuferstehungȱundȱErhöhungȱkonstituierȬ tenȱ Messias,ȱ sichȱ ebenfallsȱ nichtȱ aufȱ dieȱ Wiederkunftȱ Christiȱ bezieht,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 401ȱȱ Dieȱ „Zeitenȱ desȱ Aufatmens“ȱ (ΦΑΣΜΙΒ΍Ζȱ kommtȱ inȱ derȱ LXXȱ nurȱ inȱ Exȱ 8,11ȱ vor)ȱ beȬ zeichnenȱallgemeinȱdieȱeschatologischeȱHeilszeit,ȱdieȱaufȱIsraelȱwartet.ȱ 402ȱȱ Vgl.ȱMalȱ3,23.ȱ 403ȱȱ Vgl.ȱMkȱ9,12;ȱMtȱ17,11.ȱVgl.ȱzurȱFrageȱeinerȱjüdischenȱElijaȬTraditionȱLohfink,ȱChrisȬ tologie,ȱ225f.ȱ 404ȱȱ Vgl.ȱApgȱ3,20ȱ(Vulgata):ȱ„temporaȱrefrigerii“.ȱ 405ȱȱ Vgl.ȱFitzmyer,ȱActs,ȱ288.ȱ 406ȱȱ Vgl.ȱbesondersȱSymmachus,ȱderȱʭʥʖ ʸʕख़ ˙ʮʑ ʧʔ ˒ʸȱmitȱΦΑΣΜΙΒ΍ΖȱπΒȱЂΜΓΙΖȱübersetzt.ȱ फ़ 407ȱȱ Vgl.ȱBauckham,ȱWiederherstellung,ȱ44–46;ȱauchȱApgȱ1,8ȱspieltȱnachȱihmȱaufȱJesȱ32,15ȱ an.ȱ

ȱ

3.6ȱ Apgȱ3,19–21:ȱDasȱPetruswortȱvonȱderȱ„Apokatastasis“ȱ

217ȱ

sondernȱ aufȱ eineȱ sichȱ schonȱ inȱ derȱ Gegenwartȱ ereignendeȱ ‚SenȬ dung‘!“408ȱ Eineȱ solcheȱ Auffassung,ȱ dieȱ fürȱ Lukasȱ dieȱ Erwartungȱ derȱ Parusieȱ Jesuȱ zurückweist,ȱ kannȱ inȱ derȱ Gesamtanlageȱ desȱ lukanischenȱ Werkesȱ nichtȱ überzeugen.ȱ Dieȱ Redeȱ vonȱ derȱ „Wiederherstellungȱ allerȱ Dinge“ȱ beziehtȱ sich,ȱ wieȱ bereitsȱ Apgȱ 1,6ȱ andeutete,ȱ aufȱ dieȱ Erwartungȱ einerȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ inȱ derȱ Traditionȱ prophetischerȱ VerheißunȬ gen,ȱdieȱfreilichȱauchȱschonȱinȱLkȱ1–2ȱangekündigtȱwurden.ȱNachȱlukaȬ nischerȱAuffassungȱistȱdiesȱeinȱProzess,ȱderȱsichȱimȱDoppelwerkȱnarraȬ tivȱveranschaulichenȱlässt.ȱErȱbeginntȱbereitsȱamȱAnfangȱdesȱEvangeliȬ ums,ȱwieȱdieȱimmerȱwiederȱverwendeteȱTerminologieȱderȱ„Erfüllung“ȱ zeigt;ȱ wichtigeȱ Stationenȱ sindȱ dasȱ Leidenȱ Jesuȱ undȱ seineȱ AuferweȬ ckung,ȱ aberȱ auchȱ dieȱ Himmelfahrtȱ undȱ Pfingstenȱ sowieȱ dieȱ BegebenȬ heitenȱ imȱ Rahmenȱ derȱ christlichenȱ Verkündigung.ȱ Soȱ eindeutigȱ derȱ Anfangȱ desȱ fürȱ dieȱ Endzeitȱ verheißenenȱ Geschehensȱ fürȱ Lukasȱ längstȱ gesetztȱ ist,ȱ soȱ wenigȱ istȱ diesesȱ bereitsȱ zurȱ Gänzeȱ realisiert.ȱ Wieȱ erȱ dieȱ einzelnenȱ Elementeȱ desȱ eschatologischenȱ Geschehens,ȱ dieȱ bereitsȱ zuȬ rückliegen,ȱ alsȱ geschichtlicheȱ Begebenheitenȱ erzählenȱ kann,ȱ soȱ stehenȱ nichtȱ unwesentlicheȱ Dinge,ȱ vorȱ allemȱ dieȱ vonȱ Jesusȱ selbstȱ verkündeteȱ Parusieȱfürȱihnȱnochȱaus.ȱLukasȱfaltetȱinȱderȱTatȱinȱmassiverȱFormȱ„dieȱ eschatologischenȱ Vorgänge,ȱ dieȱ (inȱ derȱ Tradition)ȱ zusammengehören,ȱ auseinander“409;ȱwoȱerȱeinigeȱderȱVerheißungenȱschonȱerfülltȱsieht,ȱbautȱ erȱ diesȱ inȱ seineȱ Geschichtserzählungȱ ein.ȱ Zumȱ Endeȱ gekommenȱ sindȱ dieseȱProzesseȱjedochȱkeineswegs.ȱSieȱsindȱeherȱdynamischȱalsȱpunktuȬ ellȱ aufzufassen.ȱ Daherȱ wirdȱ manȱ dieȱ Verseȱ nichtȱ soȱ verstehen,ȱ dassȱ JesusȱschonȱinȱderȱUmkehrȱzumȱVolkȱ„gesendet“ȱ(vgl.ȱV.ȱ26)ȱwird.ȱEinȱ solcherȱGedanke,ȱderȱderȱpräsentischenȱEschatologieȱdesȱViertenȱEvanȬ gelistenȱ nahesteht,ȱ istȱ vonȱ Lukasȱ fernzuhalten.ȱ Erȱ stehtȱ selbstȱ inȱ derȱ Spannung,ȱ dassȱ einerseitsȱ dieȱ Endzeitȱ begonnenȱ hat,ȱ wieȱ dasȱ aktuelleȱ Wirkenȱ desȱ Heiligenȱ Geistesȱ beweist,ȱ andererseitsȱ aberȱ dieȱ gesamteȱ VollendungȱnochȱausstehtȱundȱauchȱzahlreicheȱVerheißungenȱderȱProȬ phetenȱ nochȱ ihrerȱ Einlösungȱ harren.ȱ Soȱ langeȱ diesȱ gilt,ȱ geschiehtȱ derȱ Umkehrruf,ȱ insbesondereȱ fürȱ Israel,ȱ dasȱ mitȱ seinerȱ UngehorsamsgeȬ schichteȱexemplarischeȱBedeutungȱhat.ȱDieȱSpannungȱdesȱ„schon“ȱundȱ „nochȱnicht“ȱkommtȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱmehrȱalsȱjederȱandeȬ renȱzu.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 408ȱȱ Zmijewski,ȱApg,ȱ195.ȱ 409ȱȱ Zmijewski,ȱApg,ȱ196.ȱ

218ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Eineȱ synchroneȱ Lektüreȱ wirdȱ freilichȱ innerhalbȱ derȱ ApostelgeȬ schichteȱ dasȱ auffallendeȱ Substantivȱ ΦΔΓΎ΅ΘΣΗΘ΅Η΍Ζȱ mitȱ Apgȱ 1,6ȱ verȬ binden,ȱwoȱdieȱJüngerȱnachȱebenȱdieserȱWiederherstellungȱfragen.410ȱȱ

3.6.6ȱErtragȱ Dieȱ Petrusredeȱ formuliertȱ ausdrücklich,ȱ dassȱ Lukasȱ inȱ Jesusȱ nochȱ imȬ merȱ denȱ Messiasȱ Israelsȱ sieht.ȱ Daȱ ihnȱ derȱ Himmelȱ aufgenommenȱ hatȱ (Apgȱ 3,21),ȱ sehenȱ ihnȱ dieȱ Israelitenȱ gegenwärtigȱ freilichȱ nichtȱ (vgl.ȱ Lkȱ 13,34:ȱ „Ihrȱ werdetȱ michȱ nichtȱ sehen“).ȱ Dochȱ werdenȱ „Zeitenȱ derȱ WieȬ derherstellung“ȱerwartetȱ(Apgȱ3,21),ȱundȱzwarȱvonȱ„allenȱDingen,ȱvonȱ denenȱ Gottȱ durchȱ denȱ Mundȱ seinerȱ heiligenȱ Prophetenȱ gesprochenȱ hat“ȱ(Apgȱ3,21,ȱvgl.ȱdieȱAnspielungȱaufȱdasȱBenedictus,ȱLkȱ1,70).ȱDassȱ ausgerechnetȱ Israelȱ vonȱ dieserȱ Wiederherstellungȱ ausgeschlossenȱ seinȱ sollte,ȱistȱnichtȱnurȱimȱBlickȱaufȱdieȱausdrücklicheȱBezugnahmeȱaufȱdieȱ VerheißungenȱderȱProphetenȱunwahrscheinlich.411ȱ Dieȱ Erfüllungȱ derȱ Hoffnungȱ undȱ dasȱ Heilȱ Israelsȱ liegenȱ fürȱ Lukasȱ inȱ Jesusȱ Christus,ȱ wieȱ dieȱ erstenȱ Kapitelȱ derȱ Apostelgeschichteȱ mehrȬ fachȱbetonen.412ȱDabeiȱstehtȱdieȱWiederkunftȱJesuȱChristiȱalsȱMessiasȱfürȱ Israelȱ nochȱ bevor.ȱ Durchȱ dieȱ Schuld,ȱ dieȱ dasȱ Volkȱ nichtȱ nurȱ inȱ seinerȱ Geschichte,ȱ sondernȱ zuletztȱ auchȱ beiȱ seinerȱ Beseitungȱ ihresȱ Messias,ȱ derȱdamitȱdasȱSchicksalȱderȱProphetenȱerlittenȱhat,ȱaufȱsichȱlud,ȱistȱderȱ RufȱzurȱUmkehrȱgrundlegenderȱTeilȱderȱchristlichenȱVerkündigungȱinȱ Israel,ȱ ohneȱ freilihcȱ aufȱ dieȱ Jerusalemerȱ Judenȱ beschränktȱ zuȱ sein.ȱ Inȱ einerȱRede,ȱdieȱsichȱanȱdasȱganzeȱVolkȱwendet,ȱistȱhierȱdieȱUmkehrȱsoȱ zuȱ verstehen,ȱ dassȱ Israelȱ dasȱ inȱ Jesusȱ angeboteneȱ Heilȱ nunȱ dochȱ nochȱ ganzȱ erreichenȱ soll.413ȱ Wennȱ sichȱ etwaȱ Gerhardȱ Lohfinkȱ daraufȱ verȬ steift,ȱdassȱdieȱDarstellungȱinȱderȱApostelgeschichteȱdieȱletzteȱFristȱfürȱ Israelȱsei,ȱdasȱallerdingsȱwiederȱversagt,414ȱsoȱwirdȱmanȱdaherȱeinwenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 410ȱȱ Vgl.ȱHaenchen,ȱApg,ȱ170.ȱ 411ȱȱ DieȱVorstellungȱausȱApgȱ3ȱvomȱ„imȱHimmelȱbereitgehaltenen“,ȱalsoȱaufȱErdenȱnichtȱ zuȱ „sehenden“ȱ Messiasȱ Jesus,ȱ denȱ Gottȱ sendenȱ wird,ȱ fügtȱ sichȱ gutȱ zurȱ obenȱ vorgeȬ schlagenenȱ Interpretationȱ vonȱ Lkȱ 13,35:ȱ Wennȱ Gottȱ denȱ Messiasȱ Jesusȱ sendet,ȱ werȬ denȱ dieȱ Menschenȱ ihnȱ mitȱ demȱ Rufȱ ausȱ Psȱ 117,26ȱ (LXX)ȱ begrüßen.ȱ Weitereȱ „BrüȬ cken“ȱ zwischenȱ beidenȱ Textenȱ sindȱ dieȱ Erwähnungenȱ derȱ Prophetenȱ alsȱ solcherȱ (Apgȱ3,18.21.24.25),ȱdieȱIdentifikationȱJesuȱmitȱeinemȱdieserȱProphetenȱ(3,22f.),ȱsowieȱ derȱHinweisȱaufȱdasȱLeidenȱdesȱMessiasȱ(3,18).ȱ 412ȱȱ Vgl.ȱnurȱApgȱ4,12:ȱ„UndȱinȱkeinemȱanderenȱistȱdasȱHeilȱzuȱfinden.“ȱ 413ȱȱ Vgl.ȱLohfink,ȱChristologie,ȱ228.ȱ 414ȱȱ Vgl.ȱ Lohfink,ȱ Christologie,ȱ 233;ȱ daherȱ wendetȱ erȱ sichȱ entschiedenȱ gegenȱ Parallelenȱ zwischenȱRömȱ11,25ȱundȱdemȱlukanischenȱDoppelwerkȱ(vgl.ȱ241).ȱ

ȱ

3.7ȱ Apgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱ

219ȱ

denȱkönnen,ȱdassȱfürȱLukasȱdieseȱ„letzteȱFrist“ȱnichtȱmitȱApgȱ28,ȱsonȬ dernȱmitȱderȱParusieȱJesuȱabgeschlossenȱist.ȱ

3.7ȱ Apgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱ zuȱdenȱHeidenȱ ErstȱnachdemȱPaulusȱinȱderȱApostelgeschichteȱschonȱanȱdiversenȱOrtenȱ Missionȱbetriebenȱhat,ȱlässtȱLukasȱihnȱinȱKapitelȱ13ȱwährendȱeinerȱMisȬ sionsreise,ȱ dieȱ erȱ zusammenȱ mitȱ Barnabasȱ unternimmt,ȱ eineȱ Redeȱ imȱ Synagogengottesdienstȱ imȱ pisidischenȱ Antiochienȱ halten.ȱ Sieȱ zeigtȱ nichtȱnur,ȱwelcheȱPunkteȱLukasȱalsȱcharakteristischȱfürȱdieȱpaulinischeȱ Verkündigungȱansah,ȱsondernȱgibtȱauchȱweitereȱwichtigeȱHinweiseȱfürȱ unsereȱ Fragestellung.ȱ Auffälligȱ istȱ dieȱ narrativeȱ Gestaltung,ȱ daȱ Lukasȱ imȱAnschlussȱanȱdieȱeigentlicheȱRedeȱ(V.ȱ16–41)ȱeineȱzweiteȱSzeneȱ(V.ȱ 42–47)ȱ bietet,ȱ die,ȱ eineȱ Wocheȱ späterȱ amȱ selbenȱ Ortȱ spielend,ȱ engȱ mitȱ dieserȱ Redeȱ zusammenhängtȱ undȱ sieȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Reaktionȱ derȱ Judenȱweiterführt.ȱVonȱInteresseȱfürȱunsereȱFragestellungȱistȱinsbesonȬ dereȱdieȱBemerkungȱvonȱPaulusȱundȱBarnabasȱ(V.ȱ46f.),ȱdaȱsieȱ„dasȱproȬ grammatischeȱ Wort,ȱ dasȱ denȱ Übergangȱ derȱ Botschaftȱ zuȱ denȱ Heidenȱ markiert“415,ȱ enthältȱ undȱ alsȱ klassischerȱ Belegȱ dafürȱ gilt,ȱ dassȱ Lukasȱ hierȱdieȱVerkündigungȱanȱIsraelȱzugunstenȱderȱHeidenmissionȱbeende.ȱ

3.7.1ȱDerȱTextȱ DieȱVerseȱerzählenȱdavon,ȱwieȱdasȱAnsprechenȱvonȱNichtjudenȱdurchȱ christlicheȱMissionȱKonflikteȱbereitet.ȱNachdemȱdieȱVerkündigungȱdesȱ Paulusȱ zunächstȱ positiveȱ Aufnahmeȱ inȱ derȱ Synagogengemeindeȱ fand,ȱ sollenȱPaulusȱundȱBarnabasȱeineȱWocheȱspäterȱmitȱihrerȱVerkündigungȱ fortfahrenȱ(vgl.ȱApgȱ13,42f.).ȱDabeiȱentwickeltȱsichȱfolgendeȱSzene:ȱ ȱ 44ȱ



ȱ 45ȱ

bȱ aȱ

ȱ ȱ

bȱ cȱ

ȱ



̖ХȱΈξȱπΕΛΓΐνΑУȱΗ΅ΆΆΣΘУȱΗΛΉΈϲΑȱ ΔκΗ΅ȱψȱΔϱΏ΍ΖȱΗΙΑφΛΌ΋ȱȱ ΦΎΓІΗ΅΍ȱΘϲΑȱΏϱ·ΓΑȱΘΓІȱΎΙΕϟΓΙ.ȱ ϢΈϱΑΘΉΖȱΈξȱΓϡȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱΘΓϿΖȱϷΛΏΓΙΖȱȱ πΔΏφΗΌ΋Η΅ΑȱΊφΏΓΙȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑΘνΏΉ·ΓΑȱΘΓϧΖȱЀΔϲȱ̓΅ϾΏΓΙȱ Ώ΅ΏΓΙΐνΑΓ΍Ζȱȱ ΆΏ΅ΗΚ΋ΐΓІΑΘΉΖ.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 415ȱȱ Schneider,ȱApgȱII,ȱ143f.ȱ

AberȱamȱfolgendenȱSabbatȱversammelȬ teȱsichȱfastȱdieȱganzeȱStadt,ȱ umȱdasȱWortȱGottesȱzuȱhören.ȱ AlsȱaberȱdieȱJudenȱdieȱVolksmengenȱ sahen,ȱ wurdenȱsieȱvonȱEifersuchtȱerfülltȱ undȱwidersprachenȱdemȱvonȱPaulusȱ Gesagten,ȱ wobeiȱsieȱLästerungenȱausstießen.ȱ

220ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

46ȱ



ȱ ȱ

bȱ cȱ

ȱ ȱ

dȱ eȱ

ȱ ȱ 47ȱ

fȱ gȱ aȱ

ȱ



ȱ



Δ΅ΕΕ΋Η΍΅ΗΣΐΉΑΓϟȱΘΉȱϳȱ̓΅ІΏΓΖȱΎ΅Ϡȱ ϳȱ̅΅ΕΑ΅ΆκΖȱȱ ΉϨΔ΅Αȉȱȱ ЀΐϧΑȱώΑȱΦΑ΅·Ύ΅ϧΓΑȱΔΕЗΘΓΑȱ Ώ΅Ώ΋ΌϛΑ΅΍ȱΘϲΑȱΏϱ·ΓΑȱΘΓІȱΌΉΓІȉȱȱ πΔΉ΍ΈχȱΦΔΝΌΉϧΗΌΉȱ΅ЁΘϲΑȱȱ Ύ΅ϠȱΓЁΎȱΦΒϟΓΙΖȱΎΕϟΑΉΘΉȱο΅ΙΘΓϿΖȱΘϛΖȱ ΅ϢΝΑϟΓΙȱΊΝϛΖ,ȱȱ ϢΈΓϿȱȱ ΗΘΕΉΚϱΐΉΌ΅ȱΉϢΖȱΘΤȱσΌΑ΋.ȱ ΓЂΘΝΖȱ·ΤΕȱπΑΘνΘ΅ΏΘ΅΍ȱψΐϧΑȱϳȱ ΎϾΕ΍ΓΖȉȱȱ ΘνΌΉ΍ΎΣȱΗΉȱΉϢΖȱΚЗΖȱπΌΑЗΑȱȱ ΘΓІȱΉϨΑ΅ϟȱΗΉȱΉϢΖȱΗΝΘ΋Εϟ΅ΑȱρΝΖȱ πΗΛΣΘΓΙȱΘϛΖȱ·ϛΖ.ȱ

PaulusȱundȱBarnabasȱ(aber)ȱsprachenȱ freimütigȱ undȱsagten:ȱ Esȱwarȱnotwendig,ȱdassȱzuȱeuchȱzuerstȱ dasȱWortȱGottesȱgesprochenȱwurde.ȱ Nachdemȱihrȱesȱvonȱeuchȱweistȱ undȱeuchȱselbstȱnichtȱalsȱwürdigȱ erachtetȱfürȱdasȱewigeȱLeben,ȱ siehe,ȱ soȱwendenȱwirȱunsȱzuȱdenȱHeiden.ȱ DennȱsoȱhatȱunsȱderȱHerrȱaufgetragen:ȱ IchȱhabeȱdichȱgesetztȱzumȱLichtȱfürȱdieȱ Völker,ȱ damitȱduȱzumȱHeilȱseistȱbisȱansȱEndeȱ derȱErde.ȱ

3.7.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ Dieȱ Szenenfolgeȱ inȱ Antiochienȱ hatȱ einenȱ Schwerpunktȱ aufȱ derȱ erstenȱ RedeȱdesȱPaulus,ȱgehtȱjedochȱinȱauffallenderȱWeiseȱüberȱdieseȱhinaus.ȱ Dieȱ Episodeȱ erwächstȱ direktȱ ausȱ denȱ Reisenotizenȱ 13,13–15,ȱ welcheȱ Paulusȱ undȱ Barnabasȱ vonȱ Zypernȱ insȱ pisidischeȱ Antiochienȱ undȱ schließlichȱ amȱ Sabbatȱ inȱ dieȱ dortigeȱ Synagogeȱ bringen,ȱ woȱ sichȱ dieȱ Gelegenheitȱ zurȱ missionarischenȱ Predigtȱ ergibt.ȱ Esȱ folgtȱ alsȱ Hauptteilȱ dieȱ ausführlicheȱ Wiedergabeȱ derȱ Redeȱ desȱ Paulusȱ (13,16–41),ȱ gefolgtȱ vonȱeinerȱerstenȱpositivenȱReaktionȱvielerȱHörerȱ(13,42f.).ȱImȱanschlieȬ ßendenȱAbschnittȱ(13,44–52),ȱdessenȱersterȱTeilȱimȱFolgendenȱzuȱunterȬ suchenȱ ist,ȱ wirdȱ dasȱ Elementȱ derȱ Synagogenpredigtȱ amȱ Sabbatȱ knappȱ wiederholt,ȱ umȱ dannȱ dieȱ gespalteneȱ Reaktionȱ vonȱ Judenȱ undȱ VolksȬ mengenȱzuȱschildern.ȱInsgesamtȱergibtȱsichȱeineȱzweiteiligeȱStruktur:ȱ ȱ V.ȱ13–15ȱ

V.ȱ16–41ȱ V.ȱ42f.ȱ

V.ȱ44–47ȱ V.ȱ48f.ȱ V.ȱ50–52ȱ

ȱ

ReisenotizenȱundȱAnkunftȱvonȱPaulusȱundȱBarnabasȱimȱ pisidischenȱAntiochien,ȱBesuchȱderȱSynagogeȱundȱAuffordeȬ rungȱzurȱPredigtȱ(bzw.ȱAuslegungȱderȱSchriftlesungen).ȱ MissionspredigtȱdesȱPaulusȱinȱderȱSynagoge.ȱ PositiveȱReaktion:ȱBitteȱumȱweitereȱPredigtȱamȱkommendenȱ Sabbat.ȱ„Viele“ȱJudenȱundȱGottesfürchtigeȱschließenȱsichȱdenȱ Missionarenȱan.ȱ ErneuteȱPredigtȱdesȱPaulusȱundȱBarnabasȱvorȱderȱganzenȱStadt,ȱ WorteȱgegenȱdieȱwidersprechendenȱJuden.ȱ PositiveȱReaktionȱderȱHeiden.ȱ NegativeȱReaktionȱderȱJudenȱundȱVertreibungȱderȱMissionare.ȱ

Einleitungȱ

Teilȱ1ȱ ȱ

Teilȱ2ȱ ȱ ȱ

ȱ

3.7ȱ Apgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱ

221ȱ

AufȱdieȱHauptredeȱinȱderȱSynagogeȱkannȱhierȱnichtȱimȱEinzelnenȱeinȬ gegangenȱwerden.416ȱSieȱstelltȱinȱparadigmatischerȱWeiseȱvor,ȱwieȱnachȱ lukanischerȱ Auffassungȱ eineȱ urchristlicheȱ Missionsredeȱ inȱ jüdischemȱ MilieuȱausgesehenȱhatȱundȱschließtȱdaherȱengȱanȱdieȱRedenȱvonȱPetrus,ȱ aberȱ auchȱ Stephanusȱ an,ȱ insbesondereȱ bezüglichȱ desȱ GeschichtsrückȬ blicksȱdesȱUmkehrrufs.ȱMitȱihrerȱklarenȱStruktur,417ȱdieȱsichȱanȱmehrereȱ RedenȱdesȱPetrusȱanlehnt,ȱbietetȱsieȱeinȱweiteresȱBeispielȱderȱ„MissionsȬ reden“ȱderȱApostelgeschichte,ȱumfasstȱaberȱauchȱElemente,ȱdieȱfürȱdieȱ erzählteȱ Situationȱ imȱ pisidischenȱ Antiochienȱ charakteristischȱ sind.ȱ Wennȱ etwaȱ dieȱ Betonungȱ derȱ Schuldȱ derȱ Angesprochenenȱ gegenüberȱ denȱJerusalemerȱPredigtenȱimȱweitȱvonȱPalästinaȱentferntenȱAntiochienȱ zurücktritt,ȱzeigtȱsich,ȱwieȱsorgfältigȱLukasȱseineȱRedenȱinȱdenȱKontextȱ einpasst.ȱ Zugleichȱ zeigenȱ sichȱ inȱ derȱ Redeȱ typischȱ „paulinische“ȱ EleȬ mente,ȱdieȱderȱCharakterisierungȱdesȱSprechersȱdienen.ȱDiesȱgiltȱinsbeȬ sondereȱfürȱV.ȱ38f,ȱwoȱderȱfürȱPaulusȱtypischeȱ„KanonȱvonȱderȱRechtȬ fertigung“ȱ 418ȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ amȱ deutlichstenȱ rezipiertȱ wird,ȱfreilichȱinȱeinerȱWeiseȱmodifiziert,ȱdieȱdenȱlukanischenȱAnliegenȱ entspricht.419ȱ Wichtigȱ sindȱ fürȱ unsȱ dieȱ Personenkonstellationenȱ inȱ derȱ gesamtenȱ Szenenfolge.420ȱ Daȱ dieȱ Anredenȱ undȱ Bezeichnungenȱ derȱ Anwesendenȱ variieren,ȱ giltȱ denȱ entsprechendenȱ Formulierungenȱ besondereȱ AufȬ merksamkeit.ȱ Dieȱ Redeȱ desȱ Paulusȱ sprichtȱ zunächstȱ Gottesfürchtigeȱ undȱJuden,ȱdieȱzuȱBeginnȱinȱ13,16ȱsogarȱgewichtigȱ„Israeliten“ȱgenanntȱ werden,ȱalsȱzweiȱGrößenȱan,421ȱdochȱrückenȱsieȱbeiȱderȱzweitenȱAnredeȱ engerȱzusammen,422ȱbevorȱsieȱamȱEndeȱzuȱeinerȱGruppeȱverschmolzenȱ sind.423ȱWennȱsichȱimȱAnschlussȱanȱdieȱRedeȱvieleȱZuhörerȱdenȱMissioȬ narenȱanschließen,ȱsprichtȱderȱErzählerȱaberȱauffälligerweiseȱvonȱJudenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 416ȱȱ Vgl.ȱdazuȱz.ȱB.ȱJeska,ȱGeschichte,ȱ221–246;ȱJervell,ȱApg,ȱ319–361.ȱ 417ȱȱ Nachȱ einemȱ umfangreichenȱ Geschichtsrückblickȱ (V.ȱ 17–31),ȱ derȱ inȱ Jesuȱ Todȱ undȱ Auferstehungȱ kulminiertȱ (V.ȱ 27–31)ȱ folgenȱ Schriftzeugnisseȱ (V.ȱ 32–37)ȱ undȱ schließȬ lichȱderȱparänetischeȱAbschlussȱ(V.ȱ38–41)ȱmitȱHeilszusageȱundȱWarnung;ȱvgl.ȱauchȱ dieȱähnlicheȱStrukturierungȱbeiȱSchneider,ȱApgȱII,ȱ129:ȱAnknüpfungȱanȱdieȱSituationȱ mitȱ einemȱ heilsgeschichtlichenȱ Rückblickȱ (V.ȱ 17–22),ȱ JesusȬKerygmaȱ (V.ȱ 23–30),ȱ ErȬ wähnungȱ derȱ Zeugenȱ undȱ desȱ Schriftbezugsȱ derȱ Auferstehungȱ Jesuȱ (V.ȱ 31.32–37),ȱ abschließenderȱUmkehrrufȱ(V.ȱ38–41).ȱ 418ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱKanon,ȱ196–202.ȱ 419ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ5.1.3.ȱ 420ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱKoch,ȱProselyten,ȱ250–271.ȱ 421ȱȱ Apgȱ13,16:ȱΩΑΈΕΉΖȱ͑ΗΕ΅΋ΏϧΘ΅΍ȱΎ΅ϠȱΓϡȱΚΓΆΓϾΐΉΑΓ΍ȱΘϲΑȱΌΉϱΑ.ȱ 422ȱȱ Apgȱ 13,26:ȱ ΩΑΈΕΉΖȱ ΦΈΉΏΚΓϟ,ȱ ΙϡΓϠȱ ·νΑΓΙΖȱ ̝ΆΕ΅Τΐȱ Ύ΅Ϡȱ Γϡȱ πΑȱ ЀΐϧΑȱ ΚΓΆΓϾΐΉΑΓ΍ȱ ΘϲΑȱ ΌΉϱΑ.ȱBeideȱGruppenȱwerdenȱhierȱunterȱdemȱStichwortȱ„Brüder“ȱschonȱzusammenȬ gesehen.ȱ 423ȱȱ Apgȱ13,38:ȱΩΑΈΕΉΖȱΦΈΉΏΚΓϟ.ȱȱ

222ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

undȱvonȱ(bereitsȱzumȱJudentumȱübergetretenen)ȱProselyten,ȱnichtȱaberȱ vonȱdenȱ(mitȱderȱjüdischenȱReligionȱsympathisierenden)ȱGottesfürchtiȬ gen,424ȱsoȱdassȱLukasȱoffenbarȱzunächstȱdenȱoriginärȱjüdischenȱCharakȬ terȱderȱneuȱentstehendenȱChristengemeindeȱbetonenȱwill.ȱErstȱaufȱdieȬ serȱBasisȱkannȱsieȱimȱdarauffolgendenȱzweitenȱTeilȱderȱErzählungȱauchȱ Heidenchristenȱ aufnehmen.425ȱ Dieȱ inȱ 13,44ȱ zusammenlaufendeȱ Mengeȱ ausȱ derȱ ganzenȱ Stadtȱ wirdȱ bezüglichȱ ihrerȱ religiösenȱ Zugehörigkeitȱ nichtȱ weiterȱcharakterisiert.ȱ Esȱ wirdȱ sichȱ jedochȱ umȱeineȱ GruppeȱhanȬ deln,ȱdieȱ–ȱandersȱalsȱdieȱGottesfürchtigenȱ–ȱmitȱderȱjüdischenȱGemeinȬ deȱ bislangȱ keinenȱ Kontaktȱ hatte.ȱ Abȱ V.ȱ 44ȱ wirdȱ daherȱ dieȱ UnterscheiȬ dungȱ zwischenȱ Judenȱ undȱ Heidenȱ prägend,ȱ insofernȱ nunȱ dieȱ Judenȱ gegenȱdieȱVerkündigungȱanȱNichtjudenȱWiderstandȱleisten.ȱAnȱdiesenȱ VorgängenȱhabenȱjedochȱdieȱschonȱgläubigȱgewordenenȱJudenȱoffenbarȱ keinenȱ Anteilȱ mehr,ȱ sieȱ gehörenȱ nichtȱ zuȱ denȱ inȱ 13,45ȱ auftretendenȱ Juden.426ȱErstȱinȱ13,48ȱkommenȱimplizitȱdieȱschonȱanfangsȱangeredetenȱ GottesfürchtigenȱwiederȱinȱdenȱBlick,ȱdiesmalȱjedochȱnichtȱalsȱSympaȬ thisantenȱmitȱdenȱJuden,ȱsondernȱalsȱTeilȱderȱ„Heiden“,ȱgegenȱdieȱdieȱ ungläubigenȱJudenȱauftreten.ȱWennȱV.ȱ48ȱbeschreibt,ȱwieȱnunȱauchȱausȱ dieserȱGruppeȱvieleȱgläubigȱwerden,ȱdannȱgeschiehtȱdiesȱvorȱdenȱHinȬ tergrundȱderȱbereitsȱinȱV.ȱ43ȱentstandenenȱjudenchristlichenȱEkklesiaȱinȱ Antiochien.ȱȱ Dieȱ gesamteȱ Erzählungȱ ausȱ demȱ pisidischenȱ Antiochienȱ entfaltetȱ so,ȱwieȱsichȱdieȱEntstehungȱderȱKircheȱfürȱLukasȱdarstellt.ȱSieȱhatȱihreȱ lebendigenȱ Fundamenteȱ inȱ derȱ Heilsgeschichteȱ Israelsȱ (V.ȱ 17–37),ȱ soȱ dassȱ sichȱ ihreȱ Botschaftȱ zunächstȱ anȱ Judenȱ wendetȱ (vgl.ȱ V.ȱ 46).ȱ Daherȱ beginntȱ nichtȱ nurȱ dieȱ Verkündigungȱ inȱ derȱ jüdischenȱ Synagogeȱ (V.ȱ14ff.),ȱ sondernȱ auchȱ dieȱ Ekklesiaȱ selbstȱ istȱ zunächstȱ vonȱ Judenȱ geȬ prägtȱ (vgl.ȱ V.ȱ 43),ȱ zuȱ denenȱ dannȱ auchȱ Heidenȱ hinzukommenȱ (V.ȱ 48).ȱ FreilichȱistȱesȱnurȱeinȱTeilȱderȱJuden,ȱderȱderȱBotschaftȱGehörȱschenkt,ȱ währendȱdieȱübrigenȱsichȱdagegenȱstellen.ȱIhreȱAbwehrȱentzündetȱsichȱ vorȱallemȱanȱderȱWendungȱzuȱdenȱHeiden,ȱdieȱfreilichȱimȱRückgriffȱaufȱ dieȱ Schriftȱ Israelsȱ begründetȱ werdenȱ kannȱ (V.ȱ 47).ȱ Ausȱ demȱ WiderȬ spruchȱdesȱgrößtenȱTeilsȱIsraelsȱfolgtȱdieȱVerkündigungȱanȱdieȱanderenȱ Völkerȱ (V.ȱ 46).ȱ Wasȱ diesȱ fürȱ unsereȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ heißt,ȱmussȱimȱFolgendenȱnäherȱuntersuchtȱwerden.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 424ȱȱ Soȱ richtigȱ Koch,ȱ Proselyten,ȱ 267;ȱ vgl.ȱ Apgȱ 13,43:ȱ ΔΓΏΏΓϠȱ ΘЗΑȱ ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑȱ Ύ΅Ϡȱ ΘЗΑȱ ΗΉΆΓΐνΑΝΑȱΔΕΓΗ΋ΏϾΘΝΑ.ȱ 425ȱȱ DiesȱistȱeinȱwichtigesȱIndizȱdafür,ȱdassȱderȱinȱV.ȱ46ȱinȱBezugȱaufȱdieȱVerkündigungȱ formulierteȱ Vorrangȱ derȱ Judenȱ (ΔΕЗΘΓΑ)ȱ fürȱ Lukasȱ auchȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Strukturȱ derȱchristlichenȱEkklesiaȱBedeutungȱhat.ȱȱ 426ȱȱ EinȱweiteresȱIndizȱdafürȱist,ȱdassȱderȱTerminusȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱinȱKap.ȱ13ȱhierȱinȱV.ȱ45ȱzumȱ erstenȱMalȱvorkommt.ȱ

ȱ

3.7ȱ Apgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱ

223ȱ

3.7.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ DerȱTextȱsetztȱmitȱderȱZeitangabeȱ„amȱfolgendenȱSabbat“ȱein,ȱdieȱsichȱ aufȱdieȱErwähnungȱdesȱSabbatsȱamȱBeginnȱderȱEpisodeȱinȱAntiochienȱ (Apgȱ13,14)ȱzurückbeziehtȱundȱeinenȱNeuansatzȱmarkiert.ȱWährendȱinȱ Teilȱ1ȱderȱHauptakzentȱaufȱderȱRedeȱselbstȱgelegenȱhatte,ȱhältȱsichȱderȱ ErzählerȱnunȱnichtȱmehrȱbeimȱInhaltȱderȱVerkündigungȱauf,ȱdieȱjedochȱ zusammenfassendȱalsȱ„WortȱdesȱHerrn“ȱqualifiziertȱwirdȱ(V.ȱ44).ȱStattȬ dessenȱ wirdȱ inȱ V.ȱ 45ȱ mitȱ mehrerenȱ Verbenȱ dieȱ negativeȱ Reaktionȱ derȱ Judenȱerzählt,ȱdieȱsichȱnichtȱanȱderȱVerkündigungȱalsȱsolcher,ȱsondernȱ anȱ derȱ zahlreichenȱ heidnischenȱ Zuhörerschaftȱ stören.ȱ Denȱ Höhepunktȱ derȱ Szeneȱ markierenȱ dieȱ Worteȱ vonȱ Paulusȱ undȱ Barnabas,ȱ dieȱ nachȱ einerȱBetonungȱdesȱVorrangsȱderȱVerkündigungȱanȱdieȱJudenȱdieȱHinȬ wendungȱ zuȱ denȱ Heidenȱ proklamierenȱ (V.ȱ 46)ȱ undȱ diesȱ mitȱ einemȱ Schriftwortȱuntermauernȱ(V.ȱ47).ȱȱ WenngleichȱmanȱüberȱTraditionenȱüberȱdieȱPaulusreisenȱnachdenȬ kenȱkann,427ȱausȱdenenȱderȱTextȱentstandenȱist,ȱsoȱwirdȱmanȱdieȱlukaniȬ scheȱ Redaktionȱ derȱ Verseȱ hochȱ veranschlagen.ȱ Dieȱ Formulierungȱ derȱ Redenȱ gehtȱ nachȱ verbreiteterȱ Einschätzungȱ aufȱ ihnȱ zurück,ȱ undȱ auchȱ dieȱ narrativeȱ Gestaltungȱ unsererȱ Szeneȱ erschließtȱ sichȱ erstȱ imȱ Kontextȱ desȱGesamtwerkes,ȱwieȱdieȱfolgendenȱÜberlegungenȱzurȱReaktionȱderȱ JudenȱwieȱzumȱMotivȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱzeigenȱwerden.ȱ

3.7.4ȱDieȱablehnendeȱReaktionȱderȱJudenȱ(V.ȱ45)ȱ AuffälligȱistȱdieȱausführlicheȱBeschreibungȱderȱReaktionȱderȱ„Juden“ȱinȱ Apgȱ 13,45,ȱ dieȱ inȱ vierȱ Verbenȱ entfaltetȱ wird.ȱ Dasȱ ersteȱ Verbumȱ („sieȱ sahen“)ȱ bietetȱ denȱ Grundȱ derȱ folgendenȱ Aggressionenȱ undȱ verdientȱ genaueȱ Beachtung.ȱ Sieȱ störenȱ sichȱ nämlichȱ nichtȱ anȱ denȱ Wortenȱ derȱ Missionare,ȱ sondernȱ anȱ derȱ Zuhörerschaft,ȱ dieȱ ausȱ derȱ ganzenȱ Stadtȱ zusammengekommenȱ istȱ undȱ offenbarȱ ausȱ Heidenȱ besteht.ȱ Dieȱ dreiȱ folgendenȱ Verbenȱ konkretisierenȱ denȱ Widerstand:ȱ Dieȱ Judenȱ wurdenȱ „vonȱ Eifersuchtȱ erfüllt“ȱ (πΔΏφΗΌ΋Η΅Αȱ ΊφΏΓΙ),ȱ „widersprachen“ȱ (ΦΑΘνΏΉ·ΓΑ)ȱ denȱ Wortenȱ desȱ Paulusȱ undȱ „stießenȱ Lästerungenȱ aus“ȱ (ΆΏ΅ΗΚ΋ΐΓІΑΘΉΖ).ȱ EinȱBlickȱinȱdasȱEvangeliumȱhilftȱzumȱVerständnisȱdieserȱFormulieȬ rungen.ȱ Dasȱ Stichwortȱ desȱ ΦΑΘ΍Ών·Ή΍Αȱ verweistȱ aufȱ dieȱ wichtigeȱ PeriȬ kopeȱ Lkȱ 2,22–40ȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Vorgeschichten.428ȱ Derȱ greiseȱ Simeonȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 427ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱEckey,ȱApgȱI,ȱ293.ȱ 428ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ3.9.4.2.ȱ

224ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

sprichtȱvonȱJesusȱprophetischȱalsȱvonȱeinemȱ„Zeichen,ȱdemȱwidersproȬ chenȱ wird“ȱ (2,34:ȱ Η΋ΐΉϧΓΑȱ ΦΑΘ΍ΏΉ·ϱΐΉΑΓΑ),ȱ nachdemȱ erȱ kurzȱ zuvorȱ eineȱ ersteȱ Vorausschauȱ aufȱ dieȱ kommendeȱ Ausweitungȱ desȱ Heilsȱ aufȱ dieȱHeidenvölkerȱ(2,32)ȱgegebenȱhat.ȱObwohlȱauchȱinȱderȱlukanischenȱ Konzeptionȱ dieȱ Sendungȱ Jesuȱ aufȱ Israelȱ beschränktȱ bleibt,ȱ findenȱ sichȱ dochȱ auchȱ imȱ Evangeliumȱ ersteȱ Konfrontationenȱ zwischenȱ Jesusȱ undȱ seinenȱZuhörernȱimȱKontextȱvonȱÄußerungen,ȱdieȱdasȱHeilȱfürȱdieȱanȬ derenȱ Völkerȱ gegenüberȱ Israelȱ betonen.ȱ Darausȱ ergibtȱ sichȱ eineȱ ersteȱ Erklärungȱ fürȱ denȱ Widerspruchȱ derȱ Judenȱ ausȱ V.ȱ 45.ȱ Dieseȱ habenȱ einȱ Bewusstseinȱ dafür,ȱ dassȱ dieȱ Botschaftȱ desȱ Paulusȱ zunächstȱ anȱ Israelȱ addressiertȱ ist,ȱ wasȱ Lukasȱ inȱ V.ȱ 46cȱ (ЀΐϧΑȱ […]ȱ ΔΕЗΘΓΑ)ȱ ausdrücklichȱ bestätigt.ȱDieȱAusweitungȱderȱHeilsbotschaftȱaufȱdieȱHeidenvölkerȱalsȱ zentralesȱThemaȱdesȱlukanischenȱWerksȱwirdȱhierȱsichtbar.429ȱ Einȱ Text,ȱ derȱ dieseȱ Zusammenhängeȱ schonȱ imȱ Evangeliumȱ entfalȬ tet,ȱfindetȱsichȱinȱLkȱ4,16–30ȱbeiȱderȱEröffnungȱdesȱzweitenȱHauptteils.ȱ ErȱzeigtȱwichtigeȱParallelenȱzuȱApgȱ13,ȱsoȱdassȱeinȱBlickȱaufȱihnȱanȱdieȬ serȱStelleȱhilfreichȱist:ȱInȱLkȱ4,14ȱbeginntȱmitȱJesuȱWirkenȱinȱGaliläaȱderȱ zweiteȱ Hauptteilȱ desȱ Lukasevangeliums,ȱ fürȱ denȱ Lukasȱ eineȱ umfangȬ reicheȱ Eröffnungȱ gestaltetȱ hatȱ (4,14–44)430ȱ Nachȱ einemȱ kurzenȱ überȬ schriftartigenȱ Eröffnungssummariumȱ (4,14f.)ȱ folgtȱ dieȱ Perikopeȱ vomȱ Auftrittȱ Jesuȱ inȱ Nazarethȱ (4,16–30),ȱ alsȱ derenȱ Gegenpolȱ dieȱ anschlieȬ ßendeȱ Perikopeȱ vonȱ Jesuȱ Wirkenȱ inȱ Kapharnaumȱ (4,31–43)ȱ anzusehenȱ ist.431ȱDerȱvieldiskutierte432ȱVersȱ44ȱschließtȱdenȱTextzusammenhangȱab,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 429ȱȱ Dassȱ Lukasȱ dieȱ „Schmähungen“ȱ derȱ Judenȱ mitȱ derȱ nachȱ Lkȱ 12,10ȱ unvergebbarenȱ Schmähungȱdesȱ Hl.ȱGeistesȱverknüpft,ȱwieȱEckey,ȱApgȱI,ȱ303ȱ(vgl.ȱdasselbeȱ415ȱfürȱ Korinth)ȱ insinuiert,ȱ istȱ nichtȱ zuȱ belegenȱ undȱ eherȱ unwahrscheinlich,ȱ daȱ inȱ derȱ geȬ samtenȱSzeneȱvomȱ„Geist“ȱkeineȱRedeȱist,ȱerȱwirdȱvielmehrȱerstȱamȱSchlussȱinȱ13,52ȱ erwähnt:ȱ dieȱ Geisterfülltheitȱ derȱ antiochenischenȱ Gemeindeȱ bewirkt,ȱ dassȱ sieȱ auchȱ ohneȱAnwesenheitȱderȱMissionareȱstandhaftȱimȱGlaubenȱbleibenȱkann;ȱzumȱProblemȱ vonȱLkȱ12,10ȱvgl.ȱauchȱWolter,ȱLk,ȱ444f.ȱ 430ȱȱ Dieȱ ganzeȱ Passageȱ stelltȱ eineȱ narrativȱ entfalteteȱ undȱ theologischȱ reflektierteȱ RelectureȱderȱwichtigenȱVerseȱMkȱ1,14f.ȱdar,ȱdieȱbeiȱMarkusȱalsȱ„Zusammenfassungȱ derȱPredigtȱJesuȱinȱGaliläa“ȱ(Pokorný/Heckel,ȱEinleitung,ȱ368)ȱgeltenȱkönnen.ȱFürȱdieȱ lukanischeȱAnordnungȱkönnenȱdieȱErzählungenȱausȱNazarethȱundȱKapharnaumȱalsȱ EntfaltungȱderȱEröffnungȱ4,14f.ȱangesehenȱwerden,ȱdaȱsieȱmehrereȱWendungenȱaufȬ nehmen.ȱ Dieȱ Auffassung,ȱ dassȱ Lkȱ 4,14ȱ tatsächlichȱ einenȱ neuenȱ Teilȱ eröffnet,ȱ wirdȱ vonȱ vielenȱ Autorenȱ geteilt.ȱ Nachȱ derȱ „Vorstellungȱ desȱ Messiasȱ undȱ seinesȱ VorläuȬ fers“ȱ inȱ Lkȱ 1–2ȱ folgtȱ „dasȱ vorbereitendeȱ Wirken“ȱ Jesu,ȱ welchesȱ sichȱ wiederumȱ inȱ „dasȱAuftretenȱdesȱTäufers“ȱ(3,1–20)ȱundȱ„dieȱVorbereitungȱdesȱMessias“ȱ(3,21–4,13)ȱ aufteiltȱ(soȱdieȱAufteilungȱbeiȱFeldmeier,ȱLukasevangelium,ȱ110).ȱ 431ȱȱ WährendȱdieȱNazarethȬPerikopeȱmitȱderȱAblehnungȱJesuȱendet,ȱbietetȱKapharnaumȱ einȱ Beispielȱ fürȱ dieȱ positiveȱ Aufnahmeȱ Jesuȱ inȱ Israel.ȱ Fürȱ Lukasȱ spieltȱ beidesȱ eineȱ wichtigeȱRolle.ȱ

ȱ

3.7ȱ Apgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱ

225ȱ

indemȱ erȱ schonȱ einenȱ erstenȱ Ausblickȱ aufȱ „Judäa“ȱ nimmt,ȱ undȱ öffnetȱ dasȱFeldȱfürȱdieȱKapitel,ȱdieȱvomȱWirkenȱJesuȱinȱGaliläaȱberichtenȱ(bisȱ 9,50).ȱȱ Nurȱ beiȱ Lukasȱ beginntȱ dasȱ öffentlicheȱ Wirkenȱ Jesuȱ inȱ seinerȱ HeiȬ matstadtȱ Nazareth.433ȱ Wichtigȱ istȱ dieȱ Zweiteilungȱ derȱ Perikope.434ȱ Derȱ ersteȱ Teilȱ (V.ȱ 16–22)ȱ istȱ kunstvollȱ durchkomponiertȱ undȱ stelltȱ einȱ Jesajazitatȱ inȱ dieȱ Mitte,435ȱ mitȱ demȱ dieȱ bereitsȱ inȱ Lkȱ 4,14ȱ erwähnteȱ GeistbegabungȱJesuȱamȱAnfangȱseinerȱöffentlichenȱWirksamkeitȱinmitȬ tenȱdesȱjüdischenȱSynagogengottesdienstesȱmitȱVerweisȱaufȱdieȱSchriftȱ Israelsȱ demȱ Volkȱ (vertretenȱ durchȱ dieȱ Einwohnerȱ Nazareths)ȱ proklaȬ miertȱwird.ȱIndemȱLukasȱdieȱMotiveȱdesȱZitatsȱ(Geistsalbung,ȱVerkünȬ digungȱ desȱ Evangeliums,ȱ Sendungȱ zurȱ Heilungȱ undȱ Befreiung)ȱ mitȱ demȱStichwortȱderȱ„Erfüllung“ȱ(4,21)ȱverknüpft,ȱformuliertȱerȱdenȱKernȱ derȱVerkündigungȱJesuȱ(vgl.ȱMkȱ1,14f.)ȱaufȱseineȱWeise.436ȱDochȱistȱfürȱ ihnȱ damitȱ nochȱ nichtȱ allesȱ Wesentlicheȱ überȱ dieȱ Sendungȱ Jesuȱ gesagt.ȱ DaherȱbietetȱerȱnochȱeinenȱzweitenȱAbschnittȱ(V.ȱ23–29),ȱdessenȱFokusȱ aufȱderȱAblehnungȱJesuȱliegt.ȱDieȱVerseȱüberliefernȱmehrereȱursprüngȬ lichȱ einzelneȱ JesusȬLogien,ȱ derenȱ Zusammenfügungȱ zuȱ einemȱ RedeȬ komplexȱ Spurenȱ imȱ Endtextȱ hinterlassenȱ hat437,ȱ aberȱ synchronȱ einerȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 432ȱȱ DerȱVersȱbirgtȱeinȱtextkritischesȱProblem.ȱNachȱdenȱältestenȱundȱbestenȱHandschrifȬ tenȱverkündeteȱJesusȱ seineȱ Botschaftȱ nachȱV.ȱ44ȱ ΉϢΖȱΘΤΖȱ ΗΙΑ΅·Ν·ΤΖȱΘϛΖȱ͑ΓΙΈ΅ϟ΅Ζ.ȱ Geographischȱ besserȱ inȱ dieȱ Logikȱ derȱ Erzählungȱ passtȱ nachȱ Meinungȱ derȱ meistenȱ Autorenȱ jedochȱ dieȱ Ortsangabeȱ ΘϛΖȱ ̆΅Ώ΍Ώ΅ϟ΅Ζ,ȱ dieȱ zwarȱ auchȱ vonȱ zahlreichenȱ Handschriftenȱbezeugtȱist,ȱjedochȱgegenüberȱderȱlectioȱdifficiliorȱzurückstehenȱundȱalsȱ Harmonisierungȱ (vgl.ȱ Mkȱ 1,39)ȱ beurteiltȱ werdenȱ muss.ȱ Lukasȱ kannȱ wieȱ inȱ 1,5ȱ undȱ 23,5ȱmitȱ͑ΓΙΈ΅ϧ΅ȱauchȱdasȱjüdischeȱLandȱinsgesamtȱmeinen.ȱAuchȱführenȱschonȱinȬ nerhalbȱ Buchteils,ȱ derȱ vonȱ Jesuȱ Wirkenȱ inȱ Galiläaȱ erzählt,ȱ immerȱ wiederȱ Notizenȱ überȱdiesenȱLandstrichȱhinausȱ(vgl.ȱaußerȱ4,44ȱauchȱ5,17;ȱ6,17;ȱ7,17).ȱ 433ȱȱ Lukasȱ übernimmtȱ hierȱ denȱ Berichtȱ überȱ dieȱ Predigtȱ Jesuȱ inȱ seinerȱ Heimatȱ ausȱ Mkȱ 6,1–6,ȱ überarbeitetȱ undȱ erweitertȱ ihnȱ jedochȱ kräftigȱ undȱ stelltȱ ihnȱ inȱ einenȱ neuenȱ Kontext,ȱvgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ190.ȱ 434ȱȱ Dieȱ Geschehnisseȱ inȱ derȱ Synagogeȱ werdenȱ formalȱ dadurchȱ gegliedert,ȱ dassȱ Jesusȱ zweimalȱ spricht,ȱ woraufȱ jeweilsȱ eineȱ Reaktionȱ derȱ Zuhörerȱ folgt;ȱ zurȱ Strukturȱ vgl.ȱ auchȱWolter,ȱLk,ȱ190.ȱ 435ȱȱ Jesȱ 61,1f.:ȱ „Derȱ Geistȱ desȱ Herrnȱ ruhtȱ aufȱ mir“;ȱ dasȱ Zitatȱ istȱ durchȱ eineȱ chiastischeȱ Rahmungȱbetontȱherausgestellt;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱWasserberg,ȱIsraelsȱMitte,ȱ150f.;ȱWolȬ ter,ȱLk,ȱ190f.ȱ 436ȱȱ Dieȱ Wiederaufnahmeȱ derȱ Stichworteȱ amȱ Endeȱ derȱ Textpassageȱ inȱ V.ȱ 41.43f.ȱ zeigtȱ nochȱeinmal,ȱwieȱderȱganzeȱTeilȱalsȱBestätigungȱderȱJesajaȬVerheißungȱundȱzugleichȱ alsȱEntfaltungȱvonȱMkȱ1,14f.ȱgelesenȱwerdenȱwill.ȱ 437ȱȱ Vgl.ȱ vorȱ allemȱ dasȱ zweimaligeȱ „erȱ sprach“ȱ inȱ 4,23f.ȱ undȱ derȱ Ortsnameȱ „KapharȬ naum“ȱ inȱ V.ȱ 23,ȱ derȱ 4,31ff.ȱ vorwegnimmt,ȱ aberȱ auchȱ alsȱ weiteresȱ Indizȱ fürȱ dieȱ ZuȬ sammengehörigkeitȱbeiderȱTeileȱzuȱlesenȱist.ȱ

226ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

durchdachtenȱOrdnungȱfolgt.ȱDieȱbewussteȱParallelisierung438ȱderȱBeiȬ spielgeschichtenȱ vonȱ Elijaȱ undȱ Elischaȱ (4,25–27)439ȱ wirftȱ dabeiȱ auchȱ LichtȱaufȱdieȱsperrigenȱVerseȱ23f.ȱzurückȱundȱerweistȱdasȱkonfliktvolleȱ Verhältnisȱ vonȱ „Nahen“ȱ undȱ „Fernen“ȱ alsȱ leitendeȱ Thematik.440ȱ Dieȱ Gegenüberstellungȱ derȱ Ortsangabenȱ(„inȱ Israel“ȱ–ȱ „Sareptaȱ beiȱ Sidon“ȱ bzw.ȱ „Syrien“)ȱ betont,ȱ dassȱ Elijaȱ undȱ Elischaȱ jeweilsȱ alsȱ Helferȱ zuȱ NichtȬIsraelitenȱgesandtȱwerden,ȱinȱdenenȱ„dasȱvonȱGottȱbereiteteȱHeilȱ überȱdasȱVolkȱIsraelȱhinausreichtȱundȱdieȱnichtjüdischenȱVölkerȱeinbeȬ zieht“441.ȱ Genauȱ darinȱ liegtȱ derȱ Grundȱ fürȱ dieȱ Wutȱ derȱ Zuhörer,ȱ dieȱ Jesusȱinȱderȱfolgendenȱknappȱerzählten,ȱaberȱdramatischenȱSzeneȱeinenȱ Abhangȱhinabstürzenȱwollenȱ(4,29).442ȱNachȱderȱeherȱpositivenȱReaktiȬ onȱaufȱdieȱerstenȱWorteȱJesu443ȱwirdȱhierȱdieȱAblehnungȱoffensichtlich.ȱ InsofernȱdieȱPerikopeȱdieȱersteȱPredigtȱJesuȱformuliertȱundȱvonȱderȱ AufnahmeȱundȱAblehnungȱJesuȱinȱderȱdortigenȱSynagogeȱerzählt,ȱstelȬ lenȱdieȱVerseȱinȱmancherȱHinsichtȱeinenȱParalleltextȱfürȱApgȱ13ȱdar.ȱInȱ beidenȱFällenȱwirdȱdieȱPredigtȱnachȱderȱSchriftlesungȱdesȱSynagogenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 438ȱȱ Vgl.ȱdieȱparalleleȱStrukturȱbeiȱEckey,ȱLkȱI,ȱ230;ȱRusam,ȱDasȱAlteȱTestamentȱbeiȱLuȬ kas,ȱ210ff.ȱ 439ȱȱ Sieȱ entsprechenȱ demȱ Jesajazitatȱ desȱ erstenȱ Teils,ȱ insofernȱ auchȱ sieȱ aufȱ dieȱ Schriftȱ IsraelsȱBezugȱnehmenȱ(1ȱKönȱ17,1.9;ȱ18,2;ȱ2ȱKönȱ5,14).ȱLukasȱbemühtȱsichȱsorgfältig,ȱ dasȱsensibleȱThemaȱderȱAusweitungȱdesȱHeilsȱaufȱdieȱHeidenȱstetsȱimȱRückgriffȱaufȱ dieȱSchriftȱanzusprechen.ȱ 440ȱȱ Esȱ durchziehtȱ dieȱ Verseȱ 23–27,ȱ wobeiȱ dieȱ Beispieleȱ immerȱ weiterȱ ausgreifen.ȱ Dieȱ Analogieȱ beginntȱ mitȱ demȱ Alltagsspruchȱ überȱ denȱ Arzt,ȱ derȱ nichtȱ sichȱ selbst,ȱ sonȬ dernȱFremdeȱheilt.ȱDieserȱZuordnungȱentsprechenȱdieȱ„Taten“ȱinȱderȱfremdenȱStadtȱ Kapharnaumȱ (dieȱ inȱ 4,31ff.ȱ erzähltȱ werden),ȱ vonȱ denenȱ gemäßȱ V.ȱ 37ȱ auchȱ dieȱ BeȬ wohnerȱ Nazarethsȱ hörenȱ werdenȱ undȱ dieȱ dannȱ inȱ Kontrastȱ zuȱ denȱ nichtȱ erfolgtenȱ Wundertatenȱdortȱstehenȱwerden.ȱ 441ȱȱ Eckey,ȱLkȱI,ȱ230.ȱ 442ȱȱ ÄhnlichȱwieȱHerodesȱkönnenȱsieȱJesusȱfreilichȱnichtsȱanhaben.ȱSeinȱSchicksalȱwirdȱinȱ Jerusalemȱbesiegelt;ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.2.4.ȱ 443ȱȱ Dieȱ Reaktionȱ istȱ zurückhaltend,ȱ aberȱ nichtȱ unfreundlich:ȱ „Dieȱ Nazarenerȱ spendenȱ Jesusȱ Beifall“ȱ (Eckey,ȱ Lkȱ I,ȱ 226),ȱ sindȱ aberȱ „verwundert“ȱ überȱ solcheȱ „Worteȱ derȱ Gnade“ȱ(4,22)ȱausȱdemȱMundeȱJesu,ȱdenȱsieȱjaȱalsȱSohnȱdesȱZimmermannsȱzuȱkenȬ nenȱ glaubten.ȱ Dieȱ Reaktionȱ derȱ Verwunderungȱ durchziehtȱ dasȱ ganzeȱ Evangeliumȱ (vgl.ȱ Lkȱ 1,21.63;ȱ 2,18.33.47;ȱ 9,43;ȱ 11,14.38;ȱ 20,26;ȱ 24,12);ȱ immerȱ sindȱ esȱ Geschehnisseȱ imȱZusammenhangȱmitȱJesus,ȱdieȱvonȱanderenȱMenschenȱnichtȱwirklichȱverstandenȱ werden.ȱ Lukasȱ nimmtȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ wichtigeȱ Veränderungenȱ anȱ seinerȱ Vorlageȱ Mkȱ 6,1–6ȱ vor,ȱ indemȱ erȱ dieȱ negativenȱ Äußerungenȱ derȱ Zuhörerȱ zunächstȱ nochȱ zuȬ rückstellt:ȱ Währendȱ beiȱ Mkȱ dieȱ Zuhörer,ȱ dieȱ zunächstȱ „außerȱ sichȱ sind“ȱ (Mkȱ 6,2:ȱ πΒΉΔΏφΗΗΓΑΘΓ),ȱ unmittelbarȱ „empört“ȱ undȱ „ärgerlich“ȱ (Mkȱ 6,3:ȱ πΗΎ΅ΑΈ΅ΏϟΊΓΑΘΓ)ȱ werden,ȱworaufȱJesusȱihnenȱdasȱWortȱüberȱdasȱLosȱdesȱProphetenȱinȱseinerȱHeimatȱ entgegnetȱ(Mkȱ6,4),ȱbelässtȱesȱLkȱ4,22ȱbewusstȱbeiȱderȱneutralerenȱFormulierungȱderȱ Verwunderung.ȱDieȱStimmungȱkipptȱerstȱmitȱdenȱfolgendenȱWortenȱJesuȱimȱzweitenȱ Teil,ȱinȱdenȱentsprechendȱauchȱdasȱWortȱvomȱProphetenlosȱverschobenȱwordenȱist.ȱ

ȱ

3.7ȱ Apgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱ

227ȱ

gottesdienstesȱ gehaltenȱ (vgl.ȱ Lkȱ 4,16f.;ȱ Apgȱ 13,15).ȱ Wieȱ manȱ Jesusȱ inȱ NazarethȱdieȱBuchrolleȱreichtȱ(Lkȱ4,17),ȱsoȱbittetȱmanȱPaulusȱinȱAntioȬ chienȱ umȱ einenȱ Ώϱ·ΓΖȱ Δ΅Ε΅ΎΏφΗΉΝΖȱ (Apgȱ 13,15).ȱ Inȱ beidenȱ Fällenȱ findetȱ sieȱ zunächstȱ verhalteneȱ Aufnahmeȱ (Lkȱ 4,20–22;ȱ Apgȱ 13,42f.),ȱ soȱ dassȱsichȱweitereȱWorteȱanschließenȱ(Lkȱ4,23ff.;ȱApgȱ13,44).ȱNunȱwirdȱ dieȱ Ausweitungȱ desȱ Heilsȱ aufȱ dieȱ Heidenvölkerȱ thematisiert,ȱ seiȱ esȱ durchȱdieȱBeispielerzählungenȱJesuȱ(Lkȱ4,25–27),ȱseiȱesȱdurchȱdieȱVolksȬ mengen,ȱ dieȱ sichȱ zurȱ zweitenȱ Predigtȱ desȱ Paulusȱ versammelnȱ (Apgȱ 13,45).ȱBeideȱMaleȱerregtȱdiesȱdenȱWiderspruchȱderȱJuden,ȱdieȱvonȱWutȱ (Lkȱ 4,29)ȱ bzw.ȱ Eifersuchtȱ (Apgȱ 13,45)ȱ erfülltȱ werden.ȱ Durchȱ dieȱ anȬ schließendeȱ Vertreibungȱ ausȱ Antiochienȱ (Apgȱ 13,50)ȱ erweistȱ sichȱ dasȱ SchicksalȱvonȱPaulusȱundȱBarnabasȱparallelȱzuȱdemȱJesu.444ȱ Dieȱ Texteȱ zeigen,ȱ dassȱ Lukasȱ inȱ derȱ Tatsache,ȱ dassȱ dieȱ christlicheȱ Botschaftȱ überȱ Israelȱ hinausȱ zuȱ allenȱ Völkernȱ getragenȱ wurde,ȱ einenȱ wichtigenȱ Grundȱ fürȱ denȱ Widerstandȱ großerȱ Teileȱ desȱ Judentumsȱ geȬ genȱdasȱEvangeliumȱsieht.ȱDaȱihmȱzugleichȱdaranȱgelegeneȱist,ȱdieȱKonȬ tinuitätȱ derȱ christlichenȱ Botschaftȱ zumȱ Glaubenȱ Israelsȱ zuȱ erweisen,ȱ achtetȱ erȱ sorgfältigȱ darauf,ȱ dieȱ Hinwendungȱ zuȱ denȱ Heidenvölkernȱ stetsȱ mitȱ biblischerȱ Autoritätȱ zuȱ untermauern.445ȱ Dieȱ häufigeȱ ThematiȬ sierungȱderȱVölkermissionȱdientȱLukasȱnichtȱprimärȱzurȱRelativierungȱ derȱPositionȱIsraels,ȱsondernȱistȱeinȱVersuch,ȱdasȱgegenwärtigeȱGescheȬ henȱ christlicherȱ Missionȱ ausȱ derȱ biblischenȱ Traditionȱ herausȱ zuȱ erkläȬ ren.ȱ Dieȱ Erzählungen,ȱ aufȱ dieȱ inȱ Lkȱ 4,25–27ȱ angespieltȱ wird,ȱ endenȱ jaȱ schließlichȱ damit,ȱ dassȱ dieȱ Witweȱ vonȱ Sareptaȱ wieȱ derȱ Syrerȱ Naamanȱ durchȱdieȱTatenȱderȱProphetenȱzumȱGottȱIsraelsȱbekehrtȱwerden.446ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 444ȱȱ Dieseȱ Parallelisierungȱ wirdȱ amȱ Endeȱ derȱ Apgȱ beimȱ Prozessȱ gegenȱ Paulusȱ nochȱ stärkerȱherausgearbeitet;ȱinȱBezugȱaufȱdieȱZweiteilungȱderȱSzeneȱvgl.ȱauchȱdieȱRedeȱ desȱPaulusȱanȱdasȱVolkȱvonȱJerusalemȱ(Apgȱ22,1–21).ȱDieȱwütendeȱundȱaufgebrachteȱ Volksmengeȱ(vgl.ȱ21,30f.)ȱwirdȱruhigȱundȱhörtȱinȱ„großerȱStille“ȱ(21,40)ȱdenȱWortenȱ desȱPaulusȱzuȱ–ȱundȱzwarȱgenauȱbisȱzuȱderȱStelle,ȱanȱderȱerȱvonȱseinerȱSendungȱ„zuȱ denȱHeiden“ȱ(22,21)ȱspricht.ȱDerȱfolgendeȱVersȱläßtȱkeinenȱZweifel,ȱdassȱderȱdaraufȬ hinȱausbrechendeȱTumultȱmitȱdieserȱfürȱdieȱMengeȱunerträglichenȱuniversalenȱAusȬ richtungȱ desȱ Evangeliumsȱ zuȱ tunȱ hat:ȱ „Sieȱ hörtenȱ ihmȱ aberȱ bisȱ zuȱ diesemȱ Wortȱ zuȱ (ΩΛΕ΍ȱΘΓϾΘΓΙȱΘΓІȱΏϱ·ΓΙ)ȱundȱerhobenȱihreȱStimme“ȱ(22,22).ȱ 445ȱȱ SoȱistȱbereitsȱdieȱersteȱErwähnungȱimȱLobgesangȱdesȱSimeonȱ(Lkȱ2,32)ȱvonȱbiblischerȱ Spracheȱgeprägt,ȱinȱLkȱ4,25–27ȱziehtȱerȱbewusstȱbiblischeȱBeispielgeschichtenȱheranȱ undȱ auchȱ inȱ Apgȱ 13,47ȱ schließenȱ Paulusȱ undȱ Barnabasȱ mitȱ einemȱ entsprechendenȱ Schriftzitatȱ(Jesȱ49,6).ȱGleichesȱwirdȱfürȱdieȱRedeȱdesȱJakobusȱaufȱdemȱApostelkonȬ ventȱgelten,ȱwoȱWorteȱausȱdemȱBuchȱdesȱProphetenȱAmosȱangeführtȱwerdenȱ(Apgȱ 15,16f.ȱ=ȱAmȱ9,11f.).ȱBeiȱderȱVerteidigungsredeȱdesȱPaulusȱinȱJerusalemȱistȱesȱschließȬ lichȱ derȱ ΎϾΕ΍ΓΖȱ selbst,ȱ derȱ demȱ Paulusȱ dieȱ Sendungȱ zuȱ denȱ Völkernȱ aufträgtȱ (Apgȱ 22,21ȱvgl.ȱ19:ȱΎϾΕ΍Ή).ȱ 446ȱȱ Vgl.ȱ2ȱKönȱ5,8:ȱ„Naimanȱsollȱerkennen,ȱdassȱesȱeinenȱProphetenȱinȱIsraelȱgibt“,ȱV.ȱ15:ȱ Erȱsprach:ȱ„Siehȱdoch,ȱichȱhabeȱerkannt,ȱdassȱGottȱnichtȱinȱjedemȱLandȱistȱaußerȱinȱ

228ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Einerȱ kurzenȱ Bemerkungȱ bedarfȱ dasȱ Motivȱ vonȱ derȱ Ablehnungȱ desȱ Prophetenȱ inȱ Lkȱ 4,24,ȱ daȱ dieȱ Prophetenthematik,ȱ wieȱ unsereȱ BeschäftiȬ gungȱ mitȱ Lkȱ 13ȱ gezeigtȱ hat,ȱ fürȱ Lukasȱ eineȱ wichtigeȱ Rolleȱ spielt.ȱ Vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ erscheinenȱ dieȱ Nazarener,ȱ dieȱ ihrenȱ Prophetenȱ deshalbȱ ablehnen,ȱ weilȱ erȱ anderswoȱ wirkt,ȱ alsȱ Vorbildȱ derȱ Pharisäer,ȱ dieȱ späterȱ Anstoßȱ nehmen,ȱ weilȱ Jesusȱ sichȱ denȱ Sündernȱ zuwendet.ȱ LetztlichȱlässtȱsichȱderȱGedankeȱausweitenȱaufȱIsrael,ȱdasȱAnstoßȱanȱderȱ RettungȱderȱHeidenȱnimmtȱundȱdaherȱdenȱProphetenȱJesusȱablehnt.ȱ WichtigȱistȱschließlichȱdieȱBeobachtung,ȱdassȱLukasȱimmerȱwiederȱ eineȱzwiespältigeȱReaktionȱderȱJudenȱaufȱdieȱWorteȱJesuȱbzw.ȱderȱchristȬ lichenȱMissionareȱerzählt.ȱNachȱdenȱAndeutungenȱSimeonsȱinȱLkȱ2,34ȱ überȱdasȱ„AufstehenȱundȱFallenȱvielerȱinȱIsrael“,ȱundȱderȱerstenȱerzähȬ lerischenȱ Entfaltungȱ einerȱ ambivalentenȱ Reaktionȱ aufȱ Jesusȱ inȱ Lkȱ 4ȱ wiederholtȱ sichȱ diesesȱ Motivȱ imȱ Evangeliumȱ wieȱ inȱ derȱ ApostelgeȬ schichteȱ mehrfach.ȱ Soȱ folgtȱ aufȱ dieȱ Ablehnungȱ inȱ Nazarethȱ wiederumȱ eineȱfreundlicheȱAufnahmeȱinȱKapharnaumȱ(vgl.ȱLkȱ4,31ff.).ȱWährendȱ dasȱVolkȱJesusȱbisȱzumȱEndeȱfolgt,ȱbetreibenȱdessenȱFührerȱseineȱBeseiȬ tigungȱ (vgl.ȱ Lkȱ 22,2).ȱ Dieselbeȱ Aufteilungȱ findetȱ sichȱ auchȱ zuȱ Beginnȱ derȱ Apostelgeschichte,ȱ wennȱ dieȱ Führerȱ dieȱ Apostelȱ verfolgen,ȱ wähȬ rendȱ dasȱ Volkȱ ihnenȱ zuhörtȱ (vgl.ȱ Apgȱ 4,1–4).ȱ Aufȱ denȱ Missionsreisenȱ desȱPaulusȱzeigtȱsichȱdieȱZwiespältigkeit,ȱwieȱwirȱnochȱsehenȱwerden,ȱ inȱderȱAnnahmeȱdesȱEvangeliumsȱdurchȱeinenȱTeilȱderȱJuden,ȱwährendȱ einȱandererȱTeilȱesȱablehntȱ(vgl.ȱzuletztȱApgȱ28,24).ȱInsgesamtȱzeigtȱsichȱ damitȱ eineȱ „Spaltung“ȱ inȱ Israel.ȱ Daȱ Lukasȱ aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ dieȱ „Einheit“ȱ derȱ christlichenȱ Ekklesiaȱ betont,ȱ gewinntȱ dieseȱ Beobachtungȱ anȱBedeutung.ȱWieȱnachȱantikerȱAuffassungȱdieȱ„Einheit“ȱeinȱCharakȬ teristikumȱ desȱ Wahrenȱ undȱ Gutenȱ ist,ȱ zeigtȱ sichȱ inȱ derȱ Spaltungȱ einȱ Irrweg.447ȱ Dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ kannȱ vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ alsȱ Mahnungȱ gelesenȱ werden,ȱ dieȱ irrigeȱ Situationȱ derȱ Spaltungȱ zuȱ überwinden.ȱ

3.7.5ȱDieȱWendungȱzuȱdenȱHeidenȱ(V.ȱ46)ȱ DasȱWortȱvonȱPaulusȱundȱBarnabasȱüberȱdieȱWendungȱzuȱdenȱHeidenȱ alsȱ Konsequenzȱ ausȱ demȱ zurückweisendenȱ Verhaltenȱ Israelsȱ inȱ Apgȱ 13,46ȱ suggeriert,ȱ dassȱ dieseȱ Umwendungȱ grundsätzlichenȱ Charakterȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Israel.“;ȱ 1ȱ Könȱ 17,24:ȱ „Siehe,ȱ ichȱ weißȱ dassȱ duȱ einȱ Gottesmannȱ bistȱ undȱ (dass)ȱ dasȱ WortȱdesȱHerrnȱinȱdeinemȱMundȱwahrȱ(ist).“ȱ 447ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.11.ȱ

ȱ

3.7ȱ Apgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱ

229ȱ

hatȱ undȱ einerȱ umfassendenȱ Ablehnungȱ Israelsȱ gleichkommt.448ȱ Dochȱ lässtȱeineȱfortschreitendeȱLektüreȱderȱApostelgeschichteȱdasȱWortȱdiffeȬ renzierterȱ bewerten.ȱ Zwarȱ erzähltȱ Lukasȱ vonȱ einerȱ Verkündigungȱ anȱ JudenȱinȱAntiochienȱnichtsȱmehr.ȱDochȱsindȱnichtȱwenigeȱderȱdortigenȱ Judenȱ Gliederȱ derȱ christlichenȱ Ekklesiaȱ (vgl.ȱ V.ȱ 43)ȱ undȱ auchȱ inȱ denȱ folgendenȱ Episodenȱ gehtȱ Paulusȱ keineswegsȱ nurȱ nochȱ „zuȱ denȱ HeiȬ den“,ȱ sondernȱ verkündetȱ weiterȱ inȱ denȱ jüdischenȱ Synagogen.ȱ Auchȱ Worte,ȱ dieȱ eineȱ Wendungȱ zuȱ denȱ Heidenȱ formulieren,ȱ werdenȱ nochȱ zweimalȱ wiederholtȱ (Apgȱ 18,6;ȱ 28,28).ȱ Esȱ scheintȱ alsoȱ einȱ Schemaȱ imȱ Hintergrundȱ zuȱ stehen,ȱ mitȱ demȱ Lukasȱ seineȱ Sichtȱ derȱ Entstehungȱ christlicherȱGemeindenȱnarrativȱvorstellenȱmöchte,ȱdieȱzugleichȱKonseȬ quenzenȱ fürȱ seineȱ Beurteilungȱ Israelsȱ hat.ȱ Dieȱ Begebenheitȱ inȱ Antiochienȱ hatȱ inȱ ihrerȱ Ausführlichkeitȱ paradigmatischenȱ Charakterȱ undȱwirftȱauchȱLichtȱaufȱdieȱfolgendenȱTexte.ȱȱ Zurȱ genauerenȱ Erfassungȱ diesesȱ Schemasȱ undȱ derȱ lukanischenȱ InȬ tentionȱ sindȱ dieȱ Texteȱ kurzȱ durchzugehen:ȱ Bereitsȱ inȱ derȱ unmittelbarȱ nachfolgendenȱ Episodeȱ inȱ Ikonionȱ (Apgȱ 14,1–7)ȱ lässtȱ sichȱ dieȱ GescheȬ hensfolgeȱ ausȱ Antiochienȱ wiederȱ entdecken.ȱ Gleichȱ imȱ erstenȱ Satzȱ beȬ stätigtȱderȱErzählerȱnachȱderȱVerkündigungȱinȱderȱSynagogeȱdieȱExisȬ tenzȱeinerȱgroßenȱGruppeȱvonȱgläubigenȱ„JudenȱundȱGriechen“,ȱderenȱ EntstehungȱmanȱsichȱanalogȱzuȱdenȱBegebenheitenȱinȱAntiochienȱvorȬ stellenȱwird.449ȱAuchȱdieȱgegnerischeȱGruppeȱistȱwiederȱanwesend,ȱihreȱ Mitgliederȱ werdenȱ inȱ 14,2ȱ alsȱ „ungehorsame“ȱ Judenȱ bezeichnetȱ undȱ sindȱeindeutigȱmitȱdenȱ„Juden“ȱausȱ14,4ȱzuȱidentifizieren,ȱwährendȱdieȱ gläubigenȱJudenȱnachȱ14,1ȱkeineȱRolleȱmehrȱspielen.450ȱAuchȱdieȱErzähȬ lungȱ ausȱ Thessalonichȱ (Apgȱ 17,1–9)ȱ bietetȱ dasselbeȱ Bild.ȱ Nachdemȱ sichȱ zunächstȱJuden,ȱdannȱaberȱauchȱGriechenȱdenȱMissionarenȱangeschlosȬ senȱhabenȱ(17,4),ȱkommtȱwiederȱeineȱgegnerischeȱGruppeȱinȱdenȱBlick,ȱ dieȱLukasȱinȱ17,5ȱschlichtȱalsȱΓϡȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱbezeichnet,ȱwomitȱaberȱwiedeȬ rumȱnurȱderȱungläubigeȱTeilȱgemeintȱseinȱkann.ȱÄhnlichesȱfindenȱwirȱ inȱ Beröaȱ (17,10–15).ȱ Inȱ Korinthȱ (18,1–17)ȱ führtȱ dasȱ Lehrenȱ desȱ Paulusȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 448ȱȱ Vgl.ȱ etwaȱ Schneider,ȱ Apgȱ I,ȱ 145,ȱ dessenȱ Auslegungȱ auchȱ generalisierendeȱ Zügeȱ trägt:ȱ „Daȱ dieȱ Judenȱ dasȱ Wortȱ Gottesȱ vonȱ sichȱ stoßen,ȱ wendenȱ sichȱ dieȱ Missionareȱ nunȱ denȱ Heidenȱ zuȱ (Vȱ 46c).ȱ Dieȱ Juden,ȱ denenȱ dasȱ Wortȱ Gottesȱ zuerstȱ verkündetȱ werdenȱmußteȱ(Vȱ46b;ȱvgl.ȱ13,26.33.34.40f),ȱhabenȱesȱvonȱsichȱgewiesenȱ(wieȱdasȱVerȬ haltenȱderȱantiochenischenȱJudenȱbeweist).ȱSieȱhabenȱsichȱdamitȱalsȱ‚desȱewigenȱLeȬ bensȱnichtȱwürdig‘ȱerklärt.“ȱ 449ȱȱ DieȱVoranstellungȱderȱJudenȱistȱalsoȱkeinȱZufall,ȱ sondernȱ weistȱzusammenȱ mitȱderȱ ErstverkündigungȱinȱderȱSynagogeȱaufȱdenȱVorrangȱderȱJudenȱhin.ȱ 450ȱȱ Entsprechendȱ sindȱ dannȱ auchȱ dieȱ feindlichȱ gesonnenenȱ „Juden“ȱ inȱ Apgȱ 14,19ȱ ausȱ AntiochienȱundȱIkonionȱalsȱdiejenigenȱzuȱidentifizieren,ȱdieȱschonȱvorherȱnichtȱzumȱ Glaubenȱ gekommenȱ war.ȱ Derȱ Terminusȱ darfȱ anȱ diesenȱ Stellenȱ alsoȱ nichtȱ pauschalȱ undȱgrundsätzlichȱaufȱalleȱJudenȱbezogenȱwerden.ȱȱ

230ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

dazu,ȱ dassȱ erȱ „Judenȱ undȱ Griechenȱ überzeugte“ȱ(18,4)451.ȱ Lukasȱ bestäȬ tigtȱauchȱhierȱgleichȱzuȱBeginnȱdenȱErfolgȱderȱchristlichenȱBotschaftȱinȱ derȱneuenȱStadtȱundȱstelltȱsicher,ȱdassȱesȱeineȱvonȱJudenȱgeprägteȱOrtsȬ gemeindeȱgibt,ȱzuȱderȱsichȱauchȱNichtjudenȱgesellen.ȱWennȱinȱV.ȱ5ȱweiȬ terȱvonȱderȱVerkündigungȱanȱ„Juden“ȱdieȱRedeȱist,ȱwirdȱmanȱdenȱTerȬ minusȱ imȱ Lichtȱ derȱ vorangegangenenȱ Episodenȱ wiederȱ aufȱ dieȱ ungläubigeȱJudenschaftȱbeziehen,ȱdieȱihmȱWiderstandȱentgegensetzen,ȱ soȱ dassȱ Paulusȱ nachȱ 13,46ȱ zumȱ zweitenȱ Malȱ vonȱ derȱ Wendeȱ zuȱ denȱ Heidenȱsprichtȱ(18,6).ȱDassȱdieseȱWendeȱwieȱschonȱinȱAntiochienȱkeinȱ endgültigesȱ Wortȱ gegenȱ Israelȱ ist,ȱ zeigtȱ dieȱ Erwähnungȱ desȱ Synagogenvorstehersȱ Krispus,ȱ derȱ „mitȱ seinemȱ ganzenȱ Hausȱ zumȱ Glauben“ȱ kommtȱ (18,8).452ȱ Auchȱ inȱ Ephesusȱ (19,1–40)ȱ zeigtȱ sichȱ dasȱ Schema,ȱ wennȱ Paulusȱ dortȱ zunächstȱ überȱ dreiȱ Monateȱ hinwegȱ dieȱ Menschenȱ inȱ derȱ Synagogeȱ „vomȱ Reichȱ Gottesȱ überzeugte“ȱ (19,8:ȱ ΔΉϟΌΝΑȱ[ΘΤ]ȱΔΉΕϠȱΘϛΖȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅ΖȱΘΓІȱΌΉΓІ).ȱDassȱauchȱinȱEphesusȱeineȱ nichtȱnäherȱbezeichneteȱZahlȱvonȱJudenȱderȱVerkündigungȱdesȱPaulusȱ gefolgtȱist,ȱerweistȱLukasȱindirekt,ȱwennȱerȱdavonȱspricht,ȱdassȱ„einigeȱ verstocktȱ warenȱ undȱ ungehorsamȱ blieben“ȱ (19,9:ȱ Θ΍ΑΉΖȱ πΗΎΏ΋ΕϾΑΓΑΘΓȱ Ύ΅ϠȱωΔΉϟΌΓΙΑ);ȱV.ȱ10ȱnenntȱschließlichȱwiederȱdieȱJudenȱvorȱdenȱGrieȬ chenȱalsȱHörerȱdesȱGotteswortes.ȱInȱdieseȱReiheȱgeselltȱsichȱschließlichȱ auchȱdieȱSzeneȱinȱRomȱamȱEndeȱdesȱBuchesȱ(Apgȱ28,17–31).453ȱWiederȱ „überzeugt“ȱ Paulusȱ dieȱ Judenȱ (28,23:ȱ ΔΉϟΌΝΑ),ȱ derenȱ Reaktionȱ zwieȬ spältigȱ gezeichnetȱ wirdȱ (vgl.ȱ 28,24).ȱ Dieȱ Gruppeȱ derer,ȱ dieȱ sichȱ vonȱ Paulusȱüberzeugenȱlassen,ȱentsprichtȱdamitȱdenȱJuden,ȱdieȱauchȱinȱdenȱ anderenȱStädtenȱamȱUrsprungȱderȱchristlichenȱGemeindeȱstehen.454ȱErstȱ nachdemȱ dieseȱ alsȱ Gliederȱ Israelsȱ inȱ Romȱ zumȱ Glaubenȱ gekommenȱ sind,ȱsprichtȱLukasȱvonȱderȱVerkündigungȱdesȱPaulusȱanȱ„alle“ȱ(28,30).ȱ DieȱsichȱwiederholendenȱElementeȱinȱallenȱdiesenȱEpisodenȱzeigen,ȱ dassȱLukasȱbeiȱderȱErzählungȱderȱpaulinischenȱMissionȱeinemȱbewussȬ tenȱ Planȱ folgt.ȱ Dazuȱ gehörtȱ einmalȱ dieȱ Feststellung,ȱ dassȱ fürȱ ihnȱ zumȱ Ursprungȱ einerȱ christlichenȱ Gemeindeȱ dieȱ Existenzȱ vonȱ Judenchristenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 451ȱȱ Imȱ Vergleichȱ mitȱ denȱ anderenȱ Episodenȱ wirdȱ manȱ σΔΉ΍ΌΉΑȱ nichtȱ alsȱ Imperfektȱ deȱ conatuȱverstehenȱ(gegenȱSchneider,ȱApgȱI,ȱ249),ȱvgl.ȱEckey,ȱApgȱII,ȱ414;ȱJervell,ȱApg,ȱ 458f.:ȱ „Paulusȱ verwendetȱ dasȱ Verbumȱ sonst,ȱ woȱ erȱ einȱ gelungenesȱ Ergebnisȱ darȬ stellt.“ȱ 452ȱȱ ZurȱRedeȱvomȱ„großenȱVolk“ȱ(18,10:ȱΏ΅ϲΖȱΔΓΏϾΖ)ȱinȱKorinthȱvgl.ȱuntenȱKap.ȱ3.8.5.ȱ 453ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.10.ȱ 454ȱȱ Dieȱ Orientierungȱ derȱ Darstellungȱ amȱ vorgestelltenȱ Schemaȱ kannȱ erklären,ȱ warumȱ Lukas,ȱderȱoffenbarȱvonȱderȱExistenzȱeinerȱchristlichenȱGemeindeȱinȱRomȱweißȱ(vgl.ȱ Apgȱ28,15),ȱdieseȱgarȱnichtȱweiterȱbeachtet.ȱWieȱschonȱinȱdenȱfrüherenȱKapitelnȱistȱerȱ auchȱamȱSchlussȱnochȱganzȱamȱVerhältnisȱzuȱdenȱJudenȱinteressiert,ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱ Kap.ȱ3.10.ȱ

ȱ

3.7ȱ Apgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱ

231ȱ

gehört,ȱ zuȱ denenȱ dannȱ auchȱ Heidenchristenȱ hinzutreten.ȱ Einȱ anderesȱ durchgehendesȱ Motivȱ istȱ derȱ Widerstandȱ desȱ nichtȱ zumȱ Glaubenȱ geȬ kommenenȱTeilsȱderȱJuden,ȱderȱoftȱmitȱderȱVerkündigungȱanȱdieȱHeiȬ denȱ zuȱ tunȱ hat.ȱ Vorȱ allemȱ dieȱ ausführlicherenȱ Erzählungenȱ ausȱ denȱ Großstädtenȱ Korinth,ȱ Ephesusȱ undȱ Romȱ zeigenȱ inȱ Weiterführungȱ derȱ SzeneȱausȱAntiochienȱauffallendeȱstrukturelleȱGemeinsamkeiten,455ȱwieȱ eineȱsynoptischeȱÜbersichtȱzeigt:ȱ ȱ ȱ OrtsȬ angabeȱ

ZeitȬ angabeȱ VerkünȬ digungȱ undȱ ersteȱ Erfolgeȱ (v.ȱa.ȱbeiȱ Juden)ȱ

WiderȬ standȱ andererȱ Judenȱ

Apgȱ13,14ff.ȱ (Antiochien)ȱ

Apgȱ18,4ff.ȱ (Korinth)ȱ

Apgȱ19,8ff.ȱȱ (Ephesus)ȱ

Apgȱ28,23ff.ȱȱ (Rom)ȱ

ȱ 14ȱΎ΅Ϡȱ [ΉϢΗ]ΉΏΌϱΑΘΉΖȱȱ ΉϢΖȱΘχΑȱ ΗΙΑ΅·Ν·χΑȱȱ ȱ ΘϜȱψΐνΕθȱΘЗΑȱ Η΅ΆΆΣΘΝΑȱ[…]ȱ (13,16–41:ȱVerȬ kündigungsrede)ȱ ȱ 43ȱΏΙΌΉϟΗ΋ΖȱΈξȱ ΘϛΖȱΗΙΑ΅·Ν·ϛΖȱ ωΎΓΏΓϾΌ΋Η΅Αȱ ΔΓΏΏΓϠȱΘЗΑȱ ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑȱΎ΅Ϡȱ ΘЗΑȱΗΉΆΓΐνΑΝΑȱ ΔΕΓΗ΋ΏϾΘΝΑȱ […]ȱ

ȱ 4ȱΈ΍ΉΏν·ΉΘΓȱΈξȱȱ ȱ πΑȱΘϜȱΗΙΑ΅·Ν·Ϝȱ ȱ

ȱ 8ȱ̈ϢΗΉΏΌАΑȱΈξȱȱ ȱ ΉϢΖȱΘχΑȱ ΗΙΑ΅·Ν·χΑȱȱ ȱ πΔ΅ΕΕ΋Η΍ΣΊΉΘΓȱȱ πΔϠȱΐϛΑ΅ΖȱΘΕΉϧΖȱȱ Έ΍΅ΏΉ·ϱΐΉΑΓΖȱ Ύ΅ϠȱΔΉϟΌΝΑȱȱ [ΘΤ]ȱΔΉΕϠȱΘϛΖȱ Ά΅Η΍ΏΉϟ΅ΖȱΘΓІȱ ΌΉΓІ.ȱȱ ȱ

23ȱ̖΅ΒΣΐΉΑΓ΍ȱΈξȱ ΅ЁΘХȱψΐνΕ΅Αȱ ώΏΌΓΑȱΔΕϲΖȱ ΅ЁΘϲΑȱΉϢΖȱΘχΑȱ ΒΉΑϟ΅ΑȱΔΏΉϟΓΑΉΖȱ […]ȱ [vgl.ȱV.ȱ23fin]ȱ

45ȱϢΈϱΑΘΉΖȱΈξȱΓϡȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱΘΓϿΖȱ ϷΛΏΓΙΖȱπΔΏφΗȬ Ό΋Η΅ΑȱΊφΏΓΙȱ Ύ΅ϠȱΦΑΘνΏΉ·ΓΑȱ ΘΓϧΖȱЀΔϲȱ ̓΅ϾΏΓΙȱΏ΅ΏΓΙȬ ΐνΑΓ΍ΖȱΆΏ΅ΗΚ΋Ȭ ΐΓІΑΘΉΖ.ȱȱ

Ύ΅ΘΤȱΔκΑȱ ΗΣΆΆ΅ΘΓΑȱȱ σΔΉ΍ΌνΑȱȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ΘΉȱ͑ΓΙΈ΅ϟΓΙΖȱ Ύ΅Ϡȱ̸ΏΏ΋Α΅Ζ.ȱȱ

6ȱΦΑΘ΍Θ΅ΗΗΓΐνΑ ΝΑȱΈξȱ΅ЁΘЗΑȱȱ ȱ Ύ΅ϠȱΆΏ΅ΗΚ΋Ȭ ΐΓϾΑΘΝΑȱȱ ȱ

9ȱБΖȱΈνȱΘ΍ΑΉΖȱ πΗΎΏ΋ΕϾΑΓΑΘΓȱ Ύ΅ϠȱωΔΉϟΌΓΙΑȱȱ Ύ΅ΎΓΏΓ·ΓІΑΘΉΖȱ ΘχΑȱϳΈϲΑȱ πΑЏΔ΍ΓΑȱΘΓІȱ ΔΏφΌΓΙΖ,ȱȱ ȱ

ΔΉϟΌΝΑȱΘΉȱ ΅ЁΘΓϿΖȱΔΉΕϠȱΘΓІȱ ͑΋ΗΓІȱΦΔϱȱΘΉȱ ΘΓІȱΑϱΐΓΙȱ ̏ΝϼΗνΝΖȱΎ΅Ϡȱ ΘЗΑȱΔΕΓΚ΋ΘЗΑ,ȱȱ ΦΔϲȱΔΕΝϫȱρΝΖȱ οΗΔνΕ΅Ζ.ȱȱ 24ȱΎ΅ϠȱΓϡȱΐξΑȱ πΔΉϟΌΓΑΘΓȱΘΓϧΖȱ ΏΉ·ΓΐνΑΓ΍Ζ,ȱΓϡȱ ΈξȱωΔϟΗΘΓΙΑȉȱȱ 25ȱΦΗϾΐΚΝΑΓ΍ȱ ΈξȱϷΑΘΉΖȱΔΕϲΖȱ ΦΏΏφΏΓΙΖȱ ΦΔΉΏϾΓΑΘΓȱȱ ȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 455ȱȱ Alleȱ Erzählungenȱ behaltenȱ zugleichȱ ihrȱ eigenesȱ Profil,ȱ soȱ dassȱ zuȱ allenȱ Punktenȱ Ausnahmenȱzuȱnennenȱsind;ȱsieȱergebenȱsichȱz.ȱT.ȱauchȱausȱdemȱspezifischenȱKonȬ textȱundȱbestätigenȱsoȱdieȱRegelȱ(z.ȱB.ȱdieȱAusweitungȱdesȱSchemasȱüberȱAntiochienȱ hinausȱ inȱ 13,51;ȱ 14,1;ȱ dieȱ Erwähnungȱ vonȱ „Griechen“ȱ bereitsȱ inȱ 18,4;ȱ dasȱ fehlendeȱ PauluswortȱinȱApgȱ19ȱoderȱdieȱBeibehaltungȱdesȱOrtesȱinȱ28,30).ȱ

232ȱ ȱ Worteȱ vonȱ Paulusȱ alsȱ ReaktiȬ onȱȱ

OrtsȬ wechselȱȱ

VerkünȬ digungȱ undȱ Erfolgeȱ beiȱ Judenȱ undȱ Heidenȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Apgȱ13,14ff.ȱ (Antiochien)ȱ

Apgȱ18,4ff.ȱ (Korinth)ȱ

46ȱΔ΅ΕΕ΋Η΍΅ΗΣ ΐΉΑΓϟȱΘΉȱϳȱ ̓΅ІΏΓΖȱΎ΅Ϡȱϳȱ ̅΅ΕΑ΅ΆκΖȱ ΉϨΔ΅Αȉȱ ЀΐϧΑȱώΑȱΦΑ΅·Ȭ Ύ΅ϧΓΑȱΔΕЗΘΓΑȱ Ώ΅Ώ΋ΌϛΑ΅΍ȱΘϲΑȱ Ώϱ·ΓΑȱΘΓІȱΌΉΓІȉȱ πΔΉ΍ΈχȱΦΔΝȬ ΌΉϧΗΌΉȱ΅ЁΘϲΑȱ Ύ΅ϠȱΓЁΎȱΦΒϟΓΙΖȱ ΎΕϟΑΉΘΉȱο΅ΙΘΓϿΖȱ ΘϛΖȱ΅ϢΝΑϟΓΙȱ ΊΝϛΖ,ȱϢΈΓϿȱΗΘΕΉȬ ΚϱΐΉΌ΅ȱΉϢΖȱΘΤȱ σΌΑ΋.ȱ[…]ȱȱ 51ȱΓϡȱΈξȱ πΎΘ΍Α΅ΒΣΐΉΑΓ΍ȱ ΘϲΑȱΎΓΑ΍ΓΕΘϲΑȱ ΘЗΑȱΔΓΈЗΑȱπΔвȱ ΅ЁΘΓϿΖȱώΏΌΓΑȱȱ ΉϢΖȱ͑ΎϱΑ΍ΓΑȱ[…]ȱ ȱ

πΎΘ΍Α΅ΒΣΐΉΑΓΖȱ ΘΤȱϡΐΣΘ΍΅ȱȱ ΉϨΔΉΑȱΔΕϲΖȱ ΅ЁΘΓϾΖȉȱȱ ȱ Θϲȱ΅ϩΐ΅ȱЀΐЗΑȱ πΔϠȱΘχΑȱ ΎΉΚ΅ΏχΑȱЀΐЗΑȉȱȱ ȱ ȱ Ύ΅Ό΅ΕϲΖȱπ·Аȱȱ ΦΔϲȱΘΓІȱΑІΑȱΉϢΖȱ ΘΤȱσΌΑ΋ȱ ΔΓΕΉϾΗΓΐ΅΍.ȱȱ ȱ ȱ

ȬȬȬȱ

7ȱΎ΅ϠȱΐΉΘ΅ΆΤΖȱ πΎΉϧΌΉΑȱ ΉϢΗϛΏΌΉΑȱȱ ΉϢΖȱΓϢΎϟ΅ΑȱΘ΍ΑϲΖȱ ϴΑϱΐ΅Θ΍ȱ̖΍ΘϟΓΙȱ ͑ΓϾΗΘΓΙȱ ΗΉΆΓΐνΑΓΙȱΘϲΑȱ ΌΉϱΑ,ȱȱ ΓЈȱψȱΓϢΎϟ΅ȱώΑȱ ΗΙΑΓΐΓΕΓІΗ΅ȱ ΘϜȱΗΙΑ΅·Ν·Ϝ.ȱȱ 8ȱ̍ΕϟΗΔΓΖȱΈξȱϳȱ ΦΕΛ΍ΗΙΑΣ·Ν·ΓΖȱ πΔϟΗΘΉΙΗΉΑȱΘХȱ ΎΙΕϟУȱΗϿΑȱϵΏУȱ ΘХȱΓϥΎУȱ΅ЁΘΓІ,ȱ Ύ΅ϠȱΔΓΏΏΓϠȱΘЗΑȱ ̍ΓΕ΍ΑΌϟΝΑȱ ΦΎΓϾΓΑΘΉΖȱ πΔϟΗΘΉΙΓΑȱΎ΅Ϡȱ πΆ΅ΔΘϟΊΓΑΘΓ.ȱ

ΦΔΓΗΘΤΖȱΦΔвȱ ΅ЁΘЗΑȱ ΦΚЏΕ΍ΗΉΑȱΘΓϿΖȱ ΐ΅Ό΋ΘΤΖȱΎ΅Όвȱ ψΐνΕ΅Αȱ Έ΍΅ΏΉ·ϱΐΉΑΓΖȱȱ πΑȱΘϜȱΗΛΓΏϜȱ ̖ΙΕΣΑΑΓΙ.ȱȱ 10ȱΘΓІΘΓȱΈξȱ π·νΑΉΘΓȱπΔϠȱσΘ΋ȱ ΈϾΓ,ȱГΗΘΉȱ ΔΣΑΘ΅ΖȱΘΓϿΖȱ Ύ΅ΘΓ΍ΎΓІΑΘ΅Ζȱ ΘχΑȱ̝Ηϟ΅Αȱ ΦΎΓІΗ΅΍ȱΘϲΑȱ Ώϱ·ΓΑȱΘΓІȱ ΎΙΕϟΓΙ,ȱȱ ͑ΓΙΈ΅ϟΓΙΖȱΘΉȱ Ύ΅Ϡȱ̸ΏΏ΋Α΅Ζ.ȱ

14,1ȱ̳·νΑΉΘΓȱΈξȱ πΑȱ͑ΎΓΑϟУȱΎ΅ΘΤȱ Θϲȱ΅ЁΘϲȱ ΉϢΗΉΏΌΉϧΑȱ ΅ЁΘΓϿΖȱΉϢΖȱΘχΑȱ ΗΙΑ΅·Ν·χΑȱΘЗΑȱ ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑȱΎ΅Ϡȱ Ώ΅ΏϛΗ΅΍ȱΓЂΘΝΖȱ ГΗΘΉȱΔ΍ΗΘΉІΗ΅΍ȱ ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑȱΘΉȱΎ΅Ϡȱ ̴ΏΏφΑΝΑȱΔΓΏϿȱ ΔΏϛΌΓΖ.ȱ

Apgȱ19,8ff.ȱȱ (Ephesus)ȱ

Apgȱ28,23ff.ȱȱ (Rom)ȱ ΉϢΔϱΑΘΓΖȱΘΓІȱ ̓΅ϾΏΓΙȱϹϛΐ΅ȱ ρΑ,ȱȱ ȱ ϵΘ΍ȱΎ΅ΏЗΖȱΘϲȱ ΔΑΉІΐ΅ȱΘϲȱ Χ·΍ΓΑȱπΏΣΏ΋ΗΉΑȱ Έ΍Τȱ̼Η΅ϪΓΙȱΘΓІȱ ΔΕΓΚφΘΓΙȱ[…]ȱ 28ȱ·ΑΝΗΘϲΑȱΓЇΑȱ σΗΘΝȱЀΐϧΑȱϵΘ΍ȱ ΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍Αȱ ΦΔΉΗΘΣΏ΋ȱ ΘΓІΘΓȱΘϲȱ ΗΝΘφΕ΍ΓΑȱΘΓІȱ ΌΉΓІȉȱ΅ЁΘΓϠȱΎ΅Ϡȱ ΦΎΓϾΗΓΑΘ΅΍.ȱȱ 30ȱ̳ΑνΐΉ΍ΑΉΑȱΈξȱ Έ΍ΉΘϟ΅ΑȱϵΏ΋Αȱȱ ȱ ȱ ȱ πΑȱϢΈϟУȱ ΐ΍ΗΌЏΐ΅Θ΍ȱ Ύ΅ϠȱΦΔΉΈνΛΉΘΓȱ ΔΣΑΘ΅ΖȱΘΓϿΖȱ ΉϢΗΔΓΕΉΙΓΐνΑΓ ΙΖȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘϱΑ,ȱȱ 31ȱΎ΋ΕϾΗΗΝΑȱ ΘχΑȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅Αȱ ΘΓІȱΌΉΓІȱΎ΅Ϡȱ Έ΍ΈΣΗΎΝΑȱΘΤȱ ΔΉΕϠȱΘΓІȱΎΙΕϟΓΙȱ ͑΋ΗΓІȱ̙Ε΍ΗΘΓІȱ ΐΉΘΤȱΔΣΗ΋Ζȱ Δ΅ΕΕ΋Ηϟ΅Ζȱ ΦΎΝΏϾΘΝΖ.ȱ

ȱ Wieȱ dieȱ Synopseȱ zeigt,ȱ wirdȱ dieȱ Wendungȱ derȱ christlichenȱ VerkündiȬ gungȱvonȱdenȱJudenȱzuȱdenȱHeiden,ȱdieȱmitȱderenȱWiderstandȱkorresȬ pondiert,ȱmehrfachȱformuliert,ȱohneȱjedochȱeineȱletzteȱEndgültigkeitȱzuȱ beanspruchen.ȱ Fürȱ Lukasȱ stehenȱ amȱ Anfangȱ jederȱ christlichenȱ NeuȬ gründungȱJuden,ȱzuȱdenenȱerstȱnachträglichȱHeidenȱhinzukommen.ȱInȱ

ȱ

3.7ȱ Apgȱ13,44–47:ȱDasȱPauluswortȱvonȱderȱHinwendungȱzuȱdenȱHeidenȱ

233ȱ

denȱspäterenȱKapitelnȱistȱdiesesȱVerhältnisȱvonȱJudenȱundȱHeidenȱbeiȱ derȱ Gemeindegründungȱ zwarȱ wenigerȱ deutlichȱ alsȱ inȱ derȱ Erzählungȱ ausȱ Antiochien,ȱ dochȱ werdenȱ dieȱ Judenȱ stetsȱ alsȱ ersteȱ genannt.ȱ Zurȱ Frage,ȱ wieȱ manȱ sichȱ dasȱ Miteinanderȱ vonȱ Judenchristenȱ undȱ HeidenȬ christenȱ anȱ einemȱ Ortȱ vorzustellenȱ hat,ȱ gibtȱ Lukasȱ erstaunlicherweiseȱ keineȱHinweise.456ȱ Sehrȱ wichtigȱ fürȱ dieȱ lukanischeȱ Konzeptionȱ istȱ hingegenȱ dasȱ EleȬ mentȱ derȱ Ortsveränderung,ȱ dieȱ derȱ Widerstandȱ derȱ Judenȱ hervorruft.ȱ Lukasȱ gibtȱ keineȱ Hinweiseȱ darauf,ȱ dassȱ dieȱ christlichenȱ Missionareȱ nachȱ ihrerȱ Abweisungȱ seitensȱ derȱ Judenȱ nochmalsȱ inȱ derselbenȱ SynaȬ gogeȱ gepredigtȱ hätten.ȱ Dabeiȱ lässtȱ sichȱ eineȱ Entwicklungȱ beobachten:ȱ WährendȱinȱAntiochienȱnochȱkeinȱeigenerȱchristlicherȱOrtȱsichtbarȱwirdȱ undȱ dieȱ Missionareȱ nachȱ Ikonionȱ fliehen,ȱ wandertȱ Paulusȱ inȱ Korinthȱ undȱ Ephesusȱ ausȱ derȱ Synagogeȱ inȱ dasȱ Hausȱ desȱ Titiusȱ Justusȱ bzw.ȱ inȱ dieȱ Schuleȱ desȱ Tyrannus.ȱ Inȱ Romȱ schließlichȱ istȱ esȱ dieȱ Wohnungȱ desȱ Paulus,ȱdieȱzurȱKeimzelleȱchristlicherȱVerkündigungȱwird.ȱVermutlichȱ lässtȱdieseȱEntwicklungȱauchȱdieȱrealeȱSituationȱzurȱZeitȱdesȱVerfassersȱ sichtbarȱ werden,ȱ derȱ nochȱ umȱ dieȱ Herkunftȱ derȱ Gemeindenȱ ausȱ denȱ Synagogenȱweiß,ȱaberȱbereitsȱmitȱgetrenntenȱOrtenȱlebt.ȱWieȱdieȱgläuȬ bigȱgewordenenȱJudenȱzuȱihrerȱSynagogengemeindeȱstehen,ȱsagtȱLukasȱ nichtȱausdrücklich,ȱsoȱdassȱeineȱklareȱTrennungȱhierȱkeineswegsȱzwinȬ gendȱist.ȱEbensowenigȱwirdȱmitȱderȱFeststellungȱderȱräumlichenȱTrenȬ nungȱ dieȱ Brückeȱ zuȱ denȱ synagogalenȱ Judenȱ vollständigȱ abgebrochen,ȱ daȱdieȱVerkündigungȱanȱdieȱJudenȱweitergeht,ȱwieȱvorȱallemȱApgȱ18,8ȱ undȱ19,10ȱzeigen.ȱȱ

3.7.6ȱErtragȱ DieȱSzeneȱimȱpisidischenȱAntiochien,ȱinȱderȱLukasȱzumȱerstenȱMalȱeineȱ RedeȱdesȱPaulusȱbietet,ȱbietetȱfürȱunsereȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱ beiȱLukasȱaufȱdenȱerstenȱBlickȱeinenȱnegativenȱBefund.ȱNachȱeinerȱzuȬ nächstȱ positivenȱ Reaktionȱ aufȱ dieȱ Predigtȱ scheinenȱ sichȱ „dieȱ Juden“ȱ insgesamtȱ aggressivȱ abzuwendenȱ (V.ȱ 45),ȱ soȱ dassȱ dasȱ harteȱ Wortȱ derȱ MissionareȱinȱV.ȱ46f.ȱeinȱEndeȱderȱVerkündigungȱanȱIsraelȱundȱletztlichȱ damitȱdieȱAbwendungȱGottesȱvomȱeinstmalsȱerwähltenȱVolk,ȱdasȱsichȱ „desȱewigenȱLebensȱunwürdig“ȱ(V.ȱ46)ȱgezeigtȱhat,ȱzugunstenȱderȱHeiȬ denȱzuȱformulierenȱscheint.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 456ȱȱ Eineȱ willkommeneȱ Lösung,ȱ umȱ Gemeinschaftȱ zwischenȱ beidenȱ zuȱ ermöglichen,ȱ siehtȱerȱinȱdenȱJakobusklauseln,ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.8.8.ȱ

234ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Durchȱ dieȱ Auslegungȱ derȱ Verseȱ unterȱ Berücksichtigungȱ desȱ näheȬ renȱ undȱ weiterenȱ Kontextesȱ eröffnenȱ sichȱ allerdingsȱ Perspektiven,ȱ dieȱ inȱeineȱandereȱRichtungȱweisen.ȱSoȱhatȱeineȱaufmerksameȱLektüreȱderȱ antiochenischenȱSzenenfolgeȱergeben,ȱdassȱkeineswegsȱdieȱGesamtheitȱ derȱ Judenȱ Widerstandȱ gegenȱ Paulusȱ leistet,ȱ sondernȱ vielmehrȱ zuvorȱ schonȱ einȱ wichtigerȱ Teilȱ zumȱ Ursprungȱ derȱ christlichenȱ Gemeindeȱ inȱ Antiochienȱ gewordenȱ istȱ undȱ dassȱ geradeȱ dieseȱ jüdischeȱ UrsprungsȬ prägungȱchristlicherȱGemeindenȱfürȱLukasȱeinȱfundamentalesȱAnliegenȱ ist.ȱ Dieseȱ Beobachtungȱ konnteȱ imȱ Blickȱ aufȱ andereȱ Episodenȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱerhärtetȱwerden,ȱwobeiȱsichȱzeigte,ȱdassȱdieȱAbwenȬ dungsszenenȱ vonȱ denȱ Synagogenȱ fürȱ Lukasȱ vorȱ allemȱ dieȱ örtlicheȱ Trennungȱerklärenȱsollen,ȱmitȱderȱerȱwohlȱauchȱinȱseinerȱeigenenȱkirchȬ lichenȱErfahrungȱzuȱtunȱhat.ȱDerȱWiderspruchȱderȱJudenȱ(V.ȱ45)ȱerhältȱ schließlichȱimȱKontextȱdesȱgesamtenȱDoppelwerksȱweiteresȱProfil,ȱinsoȬ fernȱ erȱ dieȱ Ankündigungȱ Simeonsȱ ausȱ Lkȱ 2,ȱ derȱ dieȱ Gestaltȱ Jesuȱ alsȱ „ZeichenȱdesȱWiderspruchs“ȱfürȱIsraelȱdeutet,ȱweiterführtȱundȱinȱWeiȬ terführungȱvonȱLkȱ4ȱdasȱRingenȱIsraelsȱmitȱderȱchristlichenȱHeidenmisȬ sionȱthematisiert.ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱ Apostelkonventȱ Nachȱ denȱ Untersuchungenȱ zuȱ Redenȱ vonȱ Petrusȱ undȱ Paulusȱ sollȱ nunȱ dieȱRedeȱdesȱJakobusȱaufȱdemȱApostelkonventȱimȱZentrumȱstehen.ȱSieȱ bietetȱ nichtȱ nurȱ einȱ weiteresȱ „Fenster“ȱinȱ dieȱ Zukunftȱ Israels,ȱsondernȱ formuliertȱmehrereȱwichtigeȱAussagen,ȱdieȱdieȱlukanischeȱSichtȱIsraelsȱ nochȱgenauerȱerfassenȱlassen.457ȱ

3.8.1ȱDerȱTextȱ EtwaȱinȱderȱMitteȱderȱApostelgeschichteȱfindetȱeinȱTreffenȱinȱJerusalemȱ statt,ȱ beiȱ demȱ dieȱ Frageȱ verhandeltȱ wird,ȱ obȱ dieȱ nichtjüdischenȱChrisȬ tusanhänger,ȱ dieȱ seitȱ einigenȱ Kapitelnȱ zunehmendȱ derȱ Verkündigungȱ desȱ Evangeliumsȱ Gehörȱ schenken,ȱ beschnittenȱ undȱ demȱ Gesetzȱ desȱ Moseȱ unterstelltȱ werdenȱ müssenȱ (vgl.ȱ Apgȱ 15,1.5).ȱ Jakobus,ȱ derȱ Leiterȱ derȱ Jerusalemerȱ Gemeinde,ȱ ergreiftȱ abschließendȱ dasȱ Wortȱ undȱ führtȱ damitȱ eineȱ Entscheidungȱ bezüglichȱ derȱ Beschneidungspflichtȱ dieserȱ nichtjüdischenȱ Christusanhängerȱ herbei.ȱ Zwarȱ istȱ dieȱ Streitfrageȱ imȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 457ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱauchȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ108–249.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

235ȱ

Grundeȱ schonȱ mitȱ demȱ Beginnȱ derȱ Petrusredeȱ entschiedenȱ (15,7f.),ȱ insofernȱ Gottȱ selbstȱ durchȱ dieȱ Geistsendungȱ anȱ Corneliusȱ undȱ seinȱ Hausȱ dieȱ Zugehörigkeitȱ vonȱ Nichtjudenȱ zurȱ Gemeindeȱ derȱ Christenȱ bestätigtȱhat.ȱDochȱfehltȱnochȱdieȱfürȱLukasȱsoȱwichtigeȱSchriftbegrünȬ dungȱfürȱdasȱGeschehen.ȱDieseȱwirdȱJakobusȱnunȱnachliefern.ȱȱ ȱ 13ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 14ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ dȱ eȱ aȱ bȱ

ȱ



15ȱ



ȱ 16ȱ ȱ

bȱ aȱ bȱ

ȱ



ȱ 17ȱ

dȱ aȱ

ȱ ȱ

bȱ cȱ

ȱ ȱ 18ȱ 19ȱ ȱ

dȱ eȱ aȱ aȱ bȱ

20ȱ ȱ

aȱ bȱ

21ȱ



̏ΉΘΤȱΈξȱΘϲȱΗ΍·ϛΗ΅΍ȱ΅ЁΘΓϿΖȱȱ ΦΔΉΎΕϟΌ΋ȱ͑ΣΎΝΆΓΖȱȱ Ών·ΝΑȉȱȱ ΩΑΈΕΉΖȱΦΈΉΏΚΓϟ,ȱȱ ΦΎΓϾΗ΅ΘνȱΐΓΙ.ȱȱ ̕ΙΐΉАΑȱπΒ΋·φΗ΅ΘΓȱȱ Ύ΅ΌАΖȱΔΕЗΘΓΑȱϳȱΌΉϲΖȱ πΔΉΗΎνΜ΅ΘΓȱȱ Ώ΅ΆΉϧΑȱπΒȱπΌΑЗΑȱΏ΅ϲΑȱΘХȱ ϴΑϱΐ΅Θ΍ȱ΅ЁΘΓІ.ȱȱ Ύ΅ϠȱΘΓϾΘУȱΗΙΐΚΝΑΓІΗ΍ΑȱΓϡȱ Ώϱ·Γ΍ȱΘЗΑȱΔΕΓΚ΋ΘЗΑȱȱ Ύ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȉȱȱ ΐΉΘΤȱΘ΅ІΘ΅ȱΦΑ΅ΗΘΕνΜΝȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑΓ΍ΎΓΈΓΐφΗΝȱΘχΑȱΗΎ΋ΑχΑȱ ̇΅ΙϠΈȱΘχΑȱΔΉΔΘΝΎΙϧ΅Αȱȱ Ύ΅ϠȱΘΤȱΎ΅ΘΉΗΎ΅ΐΐνΑ΅ȱ΅ЁΘϛΖȱ ΦΑΓ΍ΎΓΈΓΐφΗΝȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑΓΕΌЏΗΝȱ΅ЁΘφΑ,ȱȱ ϵΔΝΖȱΪΑȱπΎΊ΋ΘφΗΝΗ΍ΑȱΓϡȱ Ύ΅ΘΣΏΓ΍ΔΓ΍ȱΘЗΑȱΦΑΌΕЏΔΝΑȱ ΘϲΑȱΎϾΕ΍ΓΑȱȱ Ύ΅ϠȱΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱσΌΑ΋ȱȱ πΚвȱΓЃΖȱπΔ΍ΎνΎΏ΋Θ΅΍ȱΘϲȱϷΑΓΐΣȱ ΐΓΙȱπΔвȱ΅ЁΘΓϾΖ,ȱȱ Ών·Ή΍ȱΎϾΕ΍ΓΖȱȱ ΔΓ΍ЗΑȱΘ΅ІΘ΅ȱȱ ·ΑΝΗΘΤȱΦΔвȱ΅ϢЗΑΓΖ.ȱȱ Έ΍ϲȱπ·АȱΎΕϟΑΝȱȱ ΐχȱΔ΅ΕΉΑΓΛΏΉϧΑȱΘΓϧΖȱΦΔϲȱΘЗΑȱ πΌΑЗΑȱπΔ΍ΗΘΕνΚΓΙΗ΍ΑȱπΔϠȱΘϲΑȱ ΌΉϱΑ,ȱȱ ΦΏΏΤȱπΔ΍ΗΘΉϧΏ΅΍ȱ΅ЁΘΓϧΖȱȱ ΘΓІȱΦΔνΛΉΗΌ΅΍ȱΘЗΑȱ ΦΏ΍Η·΋ΐΣΘΝΑȱΘЗΑȱΉϢΈЏΏΝΑȱ Ύ΅ϠȱΘϛΖȱΔΓΕΑΉϟ΅ΖȱΎ΅ϠȱΘΓІȱ ΔΑ΍ΎΘΓІȱΎ΅ϠȱΘΓІȱ΅ϣΐ΅ΘΓΖ.ȱȱ ̏ΝϼΗϛΖȱ·ΤΕȱπΎȱ·ΉΑΉЗΑȱ ΦΕΛ΅ϟΝΑȱΎ΅ΘΤȱΔϱΏ΍ΑȱΘΓϿΖȱ Ύ΋ΕϾΗΗΓΑΘ΅Ζȱ΅ЁΘϲΑȱσΛΉ΍ȱȱ

Alsȱsieȱaberȱschwiegen,ȱȱ antworteteȱJakobusȱȱ undȱsprach:ȱ „(Männer,)ȱBrüder,ȱ hörtȱmichȱan!ȱ Simonȱhatȱerzählt,ȱ wieȱGottȱzuerstȱdaraufȱgesehenȱhat,ȱ ausȱdenȱHeidenvölkernȱeinȱVolkȱ(Ώ΅ϱΖ)ȱ fürȱseinenȱNamenȱzuȱnehmen.ȱ UndȱmitȱdiesemȱstimmenȱdieȱWorteȱderȱ Prophetenȱüberein,ȱ wieȱgeschriebenȱsteht:ȱ Danachȱwerdeȱichȱzurückkehren,ȱ undȱichȱwerdeȱdieȱHütteȱDavids,ȱdieȱgefalleȬ ne,ȱ(wieder)ȱaufbauenȱ undȱihreȱumgestürztenȱTeileȱwerdeȱichȱ (wieder)ȱaufbauenȱ undȱichȱwerdeȱsieȱ(wieder)ȱgeradeȱrichten,ȱ damitȱdieȱübrigenȱderȱMenschenȱdenȱHerrnȱ suchenȱ undȱ(auch)ȱalleȱHeidenvölker,ȱ zuȱdenenȱhinȱmeinȱNameȱgerufenȱist,ȱ sprichtȱderȱHerr,ȱ derȱdiesȱtut,ȱ wasȱvonȱjeherȱbekanntȱist.ȱ Daherȱentscheideȱich,ȱ diejenigen,ȱdieȱvonȱdenȱHeidenvölkernȱ sichȱzuȱGottȱhinwenden,ȱnichtȱzuȱbeȬ lästigen,ȱ sondernȱihnenȱzuȱschreiben,ȱȱ dassȱsieȱsichȱenthaltenȱsollenȱvonȱdenȱ VerunreinigungenȱderȱGötzenȱundȱ vonȱderȱUnzuchtȱundȱvomȱErsticktemȱ undȱvomȱBlut.ȱ MoseȱnämlichȱhatȱausȱaltenȱZeitenȱherȱ städteweiseȱLeute,dieȱihnȱverkündiȬ gen,ȱ

236ȱ ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ bȱ

πΑȱΘ΅ϧΖȱΗΙΑ΅·Ν·΅ϧΖȱΎ΅ΘΤȱΔκΑȱ ΗΣΆΆ΅ΘΓΑȱΦΑ΅·΍ΑΝΗΎϱΐΉΑΓΖ.ȱ

weilȱerȱinȱdenȱSynagogenȱanȱjedemȱ Sabbatȱgelesenȱwird.“ȱ

ȱ Interessantȱist,ȱdassȱgeradeȱJakobus,ȱderȱimȱGegensatzȱzuȱdenȱdreiȱVorȬ rednernȱkeineȱErfahrungenȱmitȱderȱHeidenmissionȱhat,ȱhierȱdasȱautoriȬ tativeȱWortȱsprichtȱundȱPetrusȱweiterführt.458ȱDamitȱwirdȱdieȱAutoritätȱ derȱ Jerusalemerȱ Gemeindeȱ betontȱ undȱ zugleichȱ dieȱ Entscheidungȱ zurȱ beschneidungsfreienȱHeidenmissionȱ ganzȱ imȱ Judenchristentumȱ veranȬ kert.ȱIndemȱJakobusȱhierȱmitȱjüdischenȱKategorienȱargumentiert,ȱüberȬ zeugtȱ erȱ offenbarȱ auchȱ dieȱ Pharisäer,ȱ obwohlȱ derenȱ Anliegenȱ nichtȱ aufgenommenȱ wird.ȱ Dieȱ Entscheidungȱ desȱ Jakobusȱ istȱ daherȱ wenigerȱ einȱ ausgleichenderȱ Kompromiss,ȱ alsȱ vielmehrȱ eineȱ Positionierungȱ fürȱ dieȱbeschneidungsfreieȱHeidenmission.ȱVermittelndenȱCharakterȱerhältȱ sieȱfreilichȱdurchȱdieȱAufstellungȱderȱKlauseln,ȱdieȱderȱGemeinschaftsȬ bildungȱinnerhalbȱderȱEkklesiaȱdienen.ȱDerȱKonfliktȱwirdȱeinerȱLösungȱ zugeführt.ȱ

3.8.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ DieȱErzählungȱüberȱdenȱsogenanntenȱ„Apostelkonvent“459ȱinȱApgȱ15,6– 29ȱstelltȱformalȱinȱetwaȱdieȱMitteȱderȱApostelgeschichteȱdarȱundȱerweistȱ sichȱschonȱdadurchȱalsȱzentral.460ȱDiesȱentsprichtȱihremȱsachlichenȱGeȬ wicht,ȱ insofernȱ hierȱ Grundsatzentscheidungenȱ gefälltȱ werden,ȱ derenȱ Bedeutungȱ durchȱ dieȱ ausdrücklichȱ genannteȱ Autoritätȱ desȱ Heiligenȱ Geistesȱ sowieȱ dieȱ Wortbeiträgeȱ allerȱ Hauptpersonenȱ derȱ Urkircheȱ sichtbarȱ wird,461ȱ undȱ dieȱ überȱ dieȱ Erzählungȱ hinausȱ bisȱ inȱ dieȱ GegenȬ wartȱdesȱAutorsȱweisen.ȱȱ Imȱ Kontextȱ desȱ drittenȱ Hauptteils,ȱ dessenȱ Perspektiveȱ zunächstȱ zentrifugalȱausgerichtetȱistȱundȱvonȱderȱMissionȱunterȱJudenȱundȱHeiȬ denȱ imȱ östlichenȱ Mittelmeerraumȱ erzählt,ȱ fälltȱ dieȱ Fokussierungȱ aufȱ Jerusalemȱauf,ȱdasȱimȱFolgendenȱerstȱwiederȱabȱApgȱ21ȱvonȱBedeutungȱ ist.ȱÄhnlichȱwieȱdieȱPerikopeȱLkȱ13,31–35,ȱdieȱimȱZentrumȱderȱJerusaȬ lemreiseȱJesuȱdenȱBlickȱaufȱdasȱZielȱrichtet,ȱstelltȱauchȱdieȱDarstellungȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 458ȱȱ Vgl.ȱSchneider,ȱApgȱII,ȱ181f.ȱ 459ȱȱ Dieȱ Bezeichnungȱ istȱ gegenüberȱ derȱ Alternativeȱ „Apostelkonzil“ȱ vorzuziehen,ȱ daȱ letztereȱ eineȱ unmittelbareȱ Verbindungȱ zuȱ denȱ altkirchlichenȱ BischofsversammlunȬ genȱsuggeriert,ȱvgl.ȱauchȱPokorný/Heckel,ȱEinleitung,ȱ180,ȱAnm.ȱ224;ȱzuȱdenȱhistoriȬ schenȱHintergründenȱdesȱApostelkonventsȱvgl.ȱWeiser,ȱApostelkonzil.ȱ 460ȱȱ ZurȱGliederungȱvgl.ȱobenȱKap.ȱ3.1.2.2.ȱ 461ȱȱ DasȱgiltȱnichtȱfürȱdieȱpaulinischeȱSichtȱaufȱdenȱApostelkonventȱ(vgl.ȱGalȱ2,1–10),ȱderȱ keinȱAposteldekretȱzuȱkennenȱscheint.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

237ȱ

desȱApostelkonventsȱinȱApgȱ15ȱeineȱsolcheȱKonzentrationȱdar.ȱInȱJeruȬ salemȱwirdȱdasȱimmerȱwiederȱfürȱKonflikteȱsorgendeȱZueinanderȱvonȱ jüdischenȱundȱ nichtjüdischenȱ Christusanhängern,ȱ dasȱimȱ Hintergrundȱ vielerȱTexteȱderȱApostelgeschichteȱsteht,ȱthematisiertȱundȱeinerȱspezifiȬ schenȱLösungȱzugeführt.ȱ

3.8.2.1ȱZurȱliterarischenȱGestaltungȱderȱErzählungȱvomȱApostelkonventȱ Mehrereȱ Indizienȱ deutenȱan,ȱ dassȱ Lukasȱ dieȱ Szenerieȱ desȱApostelkonȬ ventsȱganzȱbewusstȱsoȱinszeniertȱhat:ȱDerȱPerikopeȱkommtȱeinȱ„hervorȬ ragenderȱ kompositorischerȱ Stellenwert“462ȱ zu.ȱ Lukasȱ versammeltȱ nurȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ alleȱ wichtigenȱ Protagonistenȱ (Petrusȱ undȱ Johannes,ȱ Jakobus,ȱ Paulusȱ undȱ Barnabas,ȱ genanntȱ werdenȱ außerdemȱ Pharisäer,ȱ Ältesteȱ undȱ dieȱ Gemeinde)ȱ bzw.ȱ dieȱ verschiedenenȱ Flügelȱ derȱ jungenȱ Kircheȱ–ȱPharisäer,ȱLeiterȱderȱJerusalemerȱUrgemeinde,ȱundȱdieȱVorreiȬ terȱ derȱ Heidenmissionȱ imȱ Mittelmeerraumȱ –ȱ zuȱ einemȱ gemeinsamenȱ Treffen.463ȱPetrus,ȱderȱProtagonistȱdesȱerstenȱBuchteils,ȱderȱdieȱGesamtȬ erzählungȱbereitsȱinȱApgȱ12,17ȱverlassenȱhatte,ȱtauchtȱhierȱnochȱeinmalȱ überraschendȱauf,ȱumȱdannȱkommentarlosȱganzȱausȱderȱErzählungȱzuȱ verschwinden.ȱ Offenbarȱ kannȱ eineȱ Frageȱ vonȱ solchemȱ Gewichtȱ nachȱ Meinungȱ desȱ Lukasȱ nichtȱ ohneȱ ihnȱ stattfinden.ȱ Außerdemȱ ermöglichtȱ erȱsoȱdasȱeinzigeȱinȱderȱApostelgeschichteȱerwähnteȱZusammentreffenȱ mitȱ demȱ dieȱ zweiteȱ Hälfteȱ desȱ Buchesȱ prägendenȱ Paulus,ȱ wodurchȱ auchȱ dasȱ Gewichtȱ derȱ Perikopeȱ fürȱ denȱ strukturellenȱ Zusammenhaltȱ desȱBuchesȱinsgesamtȱdeutlichȱwird.ȱJakobus,ȱzuȱdemȱLukasȱansonstenȱ eineȱ auffälligeȱ Distanzȱ hält,ȱ wirdȱ inȱ Apgȱ 15ȱ zumȱ wichtigstenȱ Redner,ȱ dessenȱ abschließendeȱ Regelnȱ („Jakobusklauseln“)ȱ nochȱ mehrmalsȱ imȱ Folgendenȱaufgegriffenȱundȱzitiertȱwerdenȱ(vgl.ȱnebenȱApgȱ15,29ȱnochȱ 16,4;ȱ 21,25).ȱDassȱdasȱ Treffenȱinȱ Jerusalemȱ stattfindet,ȱ unterstreichtȱ imȱ Kontextȱ desȱ Doppelwerkesȱ nochmalsȱ dieȱ Bedeutungȱ dieserȱ Stadtȱ fürȱ Lukas,ȱ daȱ nurȱ dortȱ solcheȱ grundlegendenȱ Dingeȱ verhandeltȱ werdenȱ können.ȱ Trotzȱ derȱ erzählerischenȱ Fokussierungȱ aufȱ dieȱ Reisenȱ inȱ denȱ umliegendenȱ Kapiteln,ȱ dieȱ dasȱ jesuanischeȱ Wortȱ vonȱ derȱ VerkündiȬ gungȱ „bisȱ anȱ dieȱ Endenȱ derȱ Erde“ȱ konkretisieren,ȱ bleibtȱ Jerusalemȱ zentral.464ȱEineȱAbkoppelungȱvonȱJerusalemȱlässtȱLukasȱ„offenbarȱganzȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 462ȱȱ Klauck,ȱHeiligeȱStadt,ȱ143.ȱ 463ȱȱ Diesȱsetztȱvoraus,ȱdassȱzwischenȱV.ȱ5ȱundȱ6ȱkeineswegsȱeineȱgrößereȱLückeȱzuȱverȬ anschlagenȱist,ȱsondernȱdieȱerstenȱVerseȱdirektȱaufȱdieȱeigentlicheȱVersammlungȱzuȬ laufen;ȱsoȱauchȱJervell,ȱApg,ȱ390.ȱ 464ȱȱ Imȱ Vergleichȱ mitȱ demȱ Aufrissȱ desȱ Lukasevangeliumsȱ zeigtȱ sichȱ hierȱ eineȱ Analogieȱ zuȱ Lkȱ 13,31–35:ȱBeideȱ Perikopenȱ richtenȱ denȱ Blickȱ ausdrücklichȱ aufȱ Jerusalem,ȱ denȱ

238ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

bewusstȱ nichtȱ zu“465,ȱ daȱ durchȱ dieȱ Verkündigungȱ derȱ „JakobusklauȬ seln“ȱinȱdenȱpaulinischenȱGemeindenȱ(vgl.ȱApgȱ16,4)ȱeinȱBezugȱzuȱJeȬ rusalemȱgewährleistetȱbleibt,ȱbevorȱdieȱStadtȱimȱviertenȱHauptteilȱ(Apgȱ 21,15ff.)ȱwiederȱzumȱOrtȱdesȱGeschehensȱwird.466ȱ Dieȱ Intentionȱ derȱ Erzählungȱ lässtȱ sichȱ durchȱ einenȱ Vergleichȱ mitȱ Galȱ 2,1–10,ȱ woȱ Paulusȱ selbstȱ nachȱ Meinungȱ derȱ meistenȱ Auslegerȱ aufȱ dasselbeȱ Ereignisȱ rekurriert,ȱ erheben.467ȱ Dieȱ gewichtigenȱ Unterschiedeȱ beiȱ derȱ Darstellungȱ desȱ Geschehensȱ inȱ Apgȱ 15ȱ bzw.ȱ Galȱ 2ȱ lassenȱ sichȱ durchȱdieȱsehrȱunterschiedlichenȱAbsichtenȱbeiderȱAutorenȱerklären.ȱInȱ Galȱ2,1–10ȱmöchteȱPaulusȱamȱBeispielȱdesȱApostelkonventsȱseinȱeigenȬ ständigesȱVerhältnisȱzurȱJerusalemerȱUrgemeindeȱgegenüberȱdenȱGalaȬ ternȱ erläutern;ȱ dasȱ „Leitmotivȱ seinesȱ Rückblicks“468ȱ bestehtȱ inȱ demȱ Aufweis,ȱaufgrundȱderȱOffenbarungȱdesȱEvangeliumsȱvonȱJesusȱChrisȬ tusȱ selbstȱ „menschlichenȱ Autoritätenȱ gegenüber,ȱ soȱ gewichtigȱ sieȱ seinȱ mögenȱ(vgl.ȱ2,6),ȱSelbststandȱbewahrenȱzuȱkönnen“469.ȱLukasȱhingegen,ȱ derȱ mehrȱ anȱ Konfliktlösungenȱ alsȱ anȱ Auseinandersetzungenȱ interesȬ siertȱist,470ȱnutztȱdieselbeȱBegegebenheitȱzurȱErläuterungȱeinerȱvonȱihmȱ favorisiertenȱPraxisȱfürȱdieȱchristlichenȱGemeinden.ȱNachȱvergleichbaȬ renȱProblemlösungenȱinȱApgȱ6ȱ(Versorgungsfragen)ȱundȱ10f.ȱ(Frageȱderȱ Heidenmission)ȱistȱdiesȱdieȱdritteȱdieserȱArtȱ(Beschneidungsfrage).ȱ Obwohlȱ Lukasȱ undȱ Paulusȱ soȱ inȱ sehrȱ unterschiedlicherȱ Intentionȱ aufȱdenȱApostelkonventȱzuȱsprechenȱkommen,ȱsindȱdochȱbeideȱHeranȬ gehensweisenȱangemessen.ȱDieȱBedeutungȱdesȱTreffensȱistȱfürȱdieȱhisȬ torischeȱ Rekonstruktionȱ darinȱ zuȱ sehen,ȱ dassȱ hierȱ dieȱ Heidenmissionȱ desȱPaulusȱvonȱdenȱJerusalemernȱoffiziellȱanerkanntȱwurde.ȱAußerdemȱ einigteȱ manȱ sichȱ vermutlichȱ aufȱ eineȱ Aufteilungȱ derȱ Missionsgebieteȱ gemäßȱderȱAussagenȱdesȱPaulusȱ(vgl.ȱGalȱ2,8);ȱdiesȱwurdeȱfreilichȱaufȱ Dauerȱ dortȱ zuȱ einemȱ neuenȱ Problem,ȱ woȱ jüdischeȱ undȱ nichtjüdischeȱ Christenȱzusammenȱlebten.ȱInȱvollerȱSchärfeȱzeigteȱsichȱderȱKonfliktȱinȱ Antiochienȱ(Galȱ2,11ff.),ȱvonȱdemȱwirȱnurȱdurchȱPaulusȱwissen.ȱLukasȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Ort,ȱaufȱdenȱjeweilsȱderȱgesamte,ȱdurchȱReisenȱgeprägteȱdritteȱHauptteilȱbeiderȱBüȬ cherȱausgerichtetȱist.ȱ 465ȱȱ Klauck,ȱHeiligeȱStadt,ȱ143.ȱ 466ȱȱ Vgl.ȱauchȱNotizenȱwieȱApgȱ18,22;ȱauchȱfürȱdasȱinȱRomȱspielendeȱSchlusskapitelȱwirdȱ manȱ keineȱ programmatischeȱ Ablösungȱ vonȱ Jerusalemȱ attestierenȱ dürfen,ȱ wieȱ z.ȱ B.ȱ dieȱErwähnungȱderȱStadtȱinȱApgȱ28,17ȱzeigt.ȱ 467ȱȱ Vgl.ȱnurȱJervell,ȱApg,ȱ404ȱAnm.ȱ745;ȱZmijewski,ȱApg,ȱ558f.ȱ 468ȱȱ Theobald,ȱGalaterbrief,ȱ348.ȱ 469ȱȱ Ebd.ȱ 470ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKoch,ȱRegelung,ȱ225:ȱ„DieȱlukanischeȱDarstellungstendenzȱderȱApostelgeȬ schichteȱlässtȱanȱ vielenȱStellenȱKonflikteȱnurȱimȱHintergrundȱerkennen.ȱ[…]ȱDieȱjeȬ weiligeȱLösungȱderȱKonflikteȱerscheintȱLukasȱbesondersȱwichtig,ȱsieȱwirdȱausführliȬ cherȱdargestelltȱalsȱdasȱKonflikteȱauslösendeȱVerhalten.“ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

239ȱ

blendetȱihnȱaus,ȱbringtȱjedochȱdieȱvermutlichȱdaraufhinȱbeschlossenenȱ SpeisegeboteȱfürȱdieȱHeidenȱschonȱinȱApgȱ15.ȱDerȱlukanischeȱTextȱfügtȱ sichȱimmerȱnochȱamȱbestenȱunterȱderȱAnnahmeȱzuȱdenȱDarstellungenȱ desȱ Galaterbriefes,ȱ dassȱ Lukasȱ hierȱ zweiȱ Konfliktfelderȱ inȱ einerȱ GeȬ schichteȱbereinigt:ȱZumȱeinenȱdasȱRingenȱumȱdieȱBeschneidungȱnichtȬ jüdischerȱ Christen,ȱ dasȱ jaȱ auchȱ inȱ Galȱ 2,1–10ȱ sichtbarȱ wird.ȱ Daranȱ schließtȱ sichȱ jedochȱ beiȱ Lukasȱ direktȱ dieȱ Frageȱ nachȱ denȱ SpeisevorȬ schriftenȱbzw.ȱdenȱgemeinsamenȱEssenȱ(undȱGottesdiensten)ȱgemischȬ terȱchristlicherȱGemeindenȱan,ȱdieȱimȱGalaterbriefȱerstȱinȱ2,11ff.ȱvirulentȱ wird,ȱ aberȱ durchȱ dieȱ Jakobusklauselnȱ (dieȱ zudemȱ Galȱ 2,6ȱ widerspreȬ chen)ȱvonȱLukasȱaufȱeinȱundȱdasselbeȱTreffenȱgelegtȱwerden.ȱ

3.8.2.2ȱZurȱBedeutungȱdesȱApostelkonventsȱbeiȱLukasȱ Wieȱ Mariaȱ Neubrandȱ inȱ einerȱ ausführlichenȱ Studieȱ dargestelltȱ hat,ȱ istȱ dasȱ Themaȱ desȱ Apostelkonventsȱ inȱ derȱ Klärungȱ derȱ Streitfrageȱ zuȱ seȬ hen,ȱ „wieȱ derȱ religionssoziologischeȱ Statusȱ vonȱ Nichtjudenȱ inȱ derȱ Christusanhängerschaftȱ zuȱ bewertenȱ ist“471.ȱ Derȱ Ausgangspunktȱ istȱ inȱ Apgȱ15,1ȱkonkretȱdieȱFrageȱnachȱderȱBeschneidungȱderȱantiochenischenȱ Christen,ȱdieȱaberȱabȱ15,4ȱzurȱeinerȱgrundsätzlichenȱDebatteȱbezüglichȱ derȱBeschneidungȱvonȱHeidenchristenȱausgeweitetȱwird.ȱDieȱfolgendeȱ VersammlungȱwirdȱüberȱdieseȱStreitfrageȱhandeln.ȱȱ Auffälligȱ istȱ dabeiȱ dieȱ paralleleȱ Gliederungȱ derȱ beidenȱ Redenȱ vonȱ PetrusȱundȱJakobus;472ȱdennȱLukasȱgibtȱkeineswegsȱzweiȱunterschiedliȬ cheȱ Positionenȱ wiederȱ –ȱ etwaȱ einmalȱ fürȱ undȱ einmalȱ gegenȱ dieȱ BeȬ schneidungsforderungȱ–ȱsondernȱbietetȱzweiȱMeinungsäußerungen,ȱdieȱ sichȱ nahtlosȱ aneinanderȱ anschließenȱ lassenȱ undȱ beideȱ Maleȱ gegenȱ dieȱ Beschneidungsforderungȱ wenden,ȱ soȱ dassȱ Petrusȱ undȱ Jakobusȱ demȱ Anliegenȱ vonȱ Paulusȱ undȱ Barnabas,ȱ derenȱ Worteȱ nichtȱ eigensȱ erzähltȱ werdenȱ (vgl.ȱV.ȱ 12),ȱ unmittelbarȱ entsprechen.ȱ Beideȱ Redenȱ bauenȱ alsoȱ aufeinanderȱ auf:ȱ Währendȱ Petrusȱ dieȱ Versammlungȱ zunächstȱ „zumȱ Schweigen“ȱbringtȱ(15,14),ȱformuliertȱJakobusȱschließlichȱdieȱEntscheiȬ dung.ȱ Nachdemȱ Petrusȱ dasȱ Argumentȱ desȱ Geistempfangsȱ eingebrachtȱ hat,ȱ ergänztȱ Jakobusȱ einenȱ Schriftbeweisȱ undȱ erläutertȱ dieȱ ÜbereinȬ stimmungȱ desȱ gegenwärtigenȱ Missionsgeschehensȱ mitȱ derȱ biblischenȱ Prophetie.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 471ȱȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ250.ȱ 472ȱȱ Vgl.ȱBerger,ȱFormgeschichte,ȱ72:ȱEsȱsindȱ„zweiȱTeileȱderselbenȱRede,ȱdieȱsichȱergänȬ zenȱundȱdieȱgeradeȱsoȱaufeinanderȱfolgenȱmüssen.“ȱ

240ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Wieȱ schonȱ inȱ Apgȱ 10f.ȱ stelltȱ sichȱ imȱ Kontextȱ desȱ Apostelkonventsȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Reinheitȱ bzw.ȱ Unreinheitȱ derȱ Heidenchristen.ȱ Esȱ gehtȱzunächstȱumȱdieȱBeschneidung,ȱdochȱwirdȱderȱThemenradiusȱamȱ Endeȱ derȱ Erzählungȱ aufȱ dieȱ Mahlthematikȱ fokussiert.ȱ Esȱ lassenȱ sichȱ (mindestens)ȱ dreiȱ verschiedeneȱ Positionenȱ ausȱ derȱ Erzählungȱ herausȬ arbeiten:ȱ 1)ȱDieȱPositionȱderȱ„gläubigȱgewordenenȱPharisäer“ȱ(Apgȱ15,5),ȱdieȱsichȱfürȱ Beschneidungȱ undȱ Gesetzesobservanzȱ auchȱ fürȱ Heidenchristenȱ ausspraȬ chen,ȱalsoȱeinenȱVorrangȱdesȱJudeseinsȱverfochten,ȱderȱalleinȱdieȱZugehöȬ rigkeitȱzurȱchristlichenȱGemeindeȱermögliche.ȱAuchȱdieȱ„LeuteȱausȱJudäa“ȱ (Apgȱ 15,1)ȱ gehörenȱ dieserȱ Richtungȱ zu.473ȱ Fürȱ sieȱ sindȱ dieȱ Christenȱ eineȱ UntergruppeȱdesȱJudentumsȱ–ȱebenȱdieȱ„Messiasleute“.ȱ 2)ȱ Dieȱ entgegengesetzteȱ Meinungȱ zeigtȱ sichȱ beiȱ einigenȱ Mitgliedernȱ derȱ Gemeindeȱ inȱ Antiochien,ȱ dieȱ aufȱ derȱ Freiheitȱ vonȱ denȱ Bestimmungenȱ derȱ Toraȱ fürȱ dieȱ Heidenȱ bestehen.ȱ Dieȱ Antiochenerȱ sendenȱ „Paulus,ȱ Barnabasȱ undȱeinigeȱandere“ȱ(Apgȱ15,2)ȱaus,ȱumȱdieȱStreitpunkteȱinȱJerusalemȱklärenȱ zuȱlassen.ȱVermutlichȱwarȱdieȱBefolgungȱderȱToraȱauchȱbeiȱdenȱchristlichenȱ JudenȱinȱAntiochiaȱnichtȱsehrȱstreng,ȱvorȱallemȱbeiȱgemeinsamenȱMahlzeiȬ tenȱu.ȱä.ȱvonȱJudenȱundȱHeidenȱinȱderȱGemeinde.ȱLukasȱschweigtȱdavon,ȱ dochȱ dieȱ Rekonstruktionȱ derȱ Hintergründeȱ desȱ „Antiochenischenȱ ZwiȬ schenfalls“ȱ(vgl.ȱGalȱ2,11–14)ȱlassenȱdaraufȱschließen.474ȱȱ 3)ȱ Dieȱ vonȱ Jakobusȱ formulierteȱ Position,ȱ dieȱ grundsätzlichȱ Petrusȱ zuȬ stimmt,ȱ aberȱ Zusatzforderungenȱ benennt,ȱ umȱ gewisseȱ Reinheitsaspekteȱ vorzuweisen.ȱ Damitȱ –ȱ soȱ siehtȱ esȱ Lukasȱ –ȱ istȱ einȱ Doppeltesȱ gewonnen:ȱ EinmalȱwirdȱGemeinschaftȱzwischenȱdenȱaufȱkultischeȱReinheitȱbedachtenȱ JudenchristenȱundȱdenȱHeidenchristenȱermöglicht.ȱZumȱanderenȱzeigtȱsichȱ durchȱdieseȱSensibilitätȱfürȱReinheitsbestimmungenȱauchȱeineȱgewisseȱPräȬ rogativeȱ Israelsȱ inȱ derȱ christlichenȱ Ekklesia.ȱ Dieȱ Reinheitsbestimmungenȱ geltenȱnichtȱausdrücklichȱalsȱheilsnotwendig,ȱsondernȱdienenȱderȱkonfliktȬ freienȱGemeinschaftȱuntereinanderȱ(vgl.ȱApgȱ15,29).ȱGemäßȱApgȱ16,4ȱundȱ 21,25ȱhabenȱdieseȱRegelnȱüberȱAntiochienȱhinausȱzuȱgelten,ȱnämlichȱinȱalȬ lenȱ anderenȱ Gemeindenȱ mitȱ vergleichbarerȱ soziologischerȱ Konstellationȱ (Derbe,ȱ Lystraȱ usw.).ȱ Dieȱ mehrfacheȱ Wiederholungȱ derȱ Regelnȱ undȱ ihreȱ PlatzierungȱanȱzentralerȱStelleȱdesȱWerkesȱsprechenȱdafür,ȱdassȱsieȱfürȱLuȬ kasȱeineȱgelungeneȱOptionȱfürȱdieȱDurchsetzungȱderȱGemeinschaftȱinȱpluȬ ralenȱGemeindenȱdarstellten.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 473ȱȱ Vgl.ȱJervell,ȱApg,ȱ388–390.ȱ 474ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Pesch,ȱ Apgȱ II,ȱ 71–74,ȱ derȱ mitȱ vielenȱ anderenȱ zuȱ demȱ Ergebnisȱ kommt,ȱ dassȱdieȱJakobusklauselnȱamȱbestenȱalsȱReaktionȱaufȱdenȱantiochenischenȱZwischenȬ fallȱzuȱverstehenȱsind.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

241ȱ

WichtigȱistȱdieȱBeobachtung,ȱdassȱdieȱStreitfrageȱnichtȱzwischenȱJudenȬȱ undȱHeidenchristen,ȱsondernȱalleinȱzwischenȱJudenchristenȱverhandeltȱ wird.475ȱ

3.8.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ DieȱJakobusredeȱist,ȱwieȱschonȱangedeutet,ȱinȱdenȱZusammenhangȱdesȱ gesamtenȱKapitelsȱeinzuordnen.ȱNachȱderȱFormulierungȱderȱProblemȬ stellungȱ inȱ Apgȱ 15,1–5ȱ –ȱ dieȱ grundsätzlicheȱ Klärungȱ derȱ BeschneiȬ dungsfrage,ȱdieȱKonsequenzenȱfürȱdieȱGestaltȱderȱchristlichenȱEkklesiaȱ hatȱ –,ȱ zeigenȱ dieȱ Verseȱ 6ȱ undȱ 7ȱ dieȱ Grundsätzlichkeitȱ desȱ Konfliktes.ȱ DieȱLösungȱwirdȱdannȱinȱderȱFolgeȱdiverserȱRedebeiträgeȱgeboten,ȱvonȱ denenȱzweiȱausformuliertȱwerdenȱ(V.ȱ7–11.13–21).ȱ Zunächstȱ sprichtȱ Petrusȱ inȱ V.ȱ 7–11,ȱ dannȱ wirdȱ überȱ Paulusȱ undȱ Barnabasȱ berichtetȱ (V.ȱ 12),ȱ schließlichȱ ergreiftȱ Jakobusȱ inȱ V.ȱ 13–21ȱ dasȱ Wort.ȱBeachtlichȱist,ȱdassȱgeradeȱJakobus,ȱderȱimȱGegensatzȱzuȱdenȱdreiȱ Vorrednernȱ keineȱ Erfahrungenȱ mitȱ derȱ Heidenmissionȱ hat,ȱ hierȱ dasȱ autoritativeȱ Wortȱ spricht.ȱ Damitȱ wirdȱ dieȱ Autoritätȱ derȱ Jerusalemerȱ Gemeindeȱ betontȱ undȱ zugleichȱ dieȱ Entscheidungȱ zurȱ beschneidungsȬ freienȱ Heidenmissionȱ imȱ Judenchristentumȱ verankert.ȱ Sieȱ erwächstȱ ganzȱausȱdemȱKernȱderȱJerusalemerȱUrgemeinde.ȱȱ Dieȱ Rede,ȱ durchȱ eineȱ kurzeȱ narrativeȱ Überleitungȱ eingeführt,ȱ hatȱ imȱAnschlussȱanȱdieȱAnredeȱ(V.ȱ13)ȱzweiȱTeile:ȱZunächstȱfindetȱsichȱeinȱ durchȱ theologischeȱ Reflexionȱ geprägterȱ Abschnittȱ (V.ȱ 14–18),ȱ derȱ dieȱ BeȬ deutsamkeitȱderȱAngelegenheitȱherausstellt,ȱindemȱerȱdieȱChristenȱausȱ denȱ Heidenvölkernȱ alsȱ Ώ΅ϱΖȱ bezeichnetȱ (15,14)ȱ undȱ dieseȱ Feststellungȱ zweifachȱ–ȱ durchȱ einenȱ Geschichtsbeweis476ȱ undȱ einenȱ Schriftbeweis477ȱ –ȱ untermauert.478ȱ Imȱ zweitenȱ Teilȱ schließtȱ sichȱ dieȱ Entscheidungȱ an,ȱ zuȱ derȱ Jakobusȱ offenbarȱ autorisiertȱ istȱ (V.ȱ 19–21).ȱ Erȱ beurteiltȱ dieȱ BeȬ schneidungsforderungȱ negativ,ȱ setztȱ jedochȱ eineȱ vierfacheȱ AbstinenzȬ forderungȱ festȱ (15,20),ȱ dieȱ inȱ etwasȱ modifizierterȱ Weiseȱ nochȱ zweimalȱ begegnetȱ (Apgȱ 15,29;ȱ 21,5).ȱ Zurȱ Begründungȱ dieserȱ Formelnȱ wirdȱ dieȱ Toraȱherangezogenȱ(V.ȱ21),ȱȱ DieȱinhaltlichenȱAkzenteȱderȱRedeȱsindȱunterȱdemȱStichwortȱ„KonȬ tinuität“ȱ zuȱ fassen:ȱ Insofernȱ dieȱ Abstinenzforderungenȱ derȱ Toraȱ entȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 475ȱȱ Vgl.ȱdazuȱJervell,ȱApg,ȱ389.ȱ 476ȱȱ Vgl.ȱV.ȱ14:ȱ„Simonȱhatȱerzähltȱ[…]“.ȱ 477ȱȱ Vgl.ȱV.ȱ15–17:ȱ„DamitȱstimmenȱdieȱWorteȱderȱProphetenȱübereinȱ[…]“.ȱ 478ȱȱ DurchȱdieȱÜbereinstimmungȱvonȱErzählungȱundȱSchriftzeugnisȱ(V.ȱ15:ȱΗΙΐΚΝΑΉϧΑ)ȱ erhaltenȱbeideȱAspekteȱautoritativesȱGewichtȱundȱbestätigenȱzugleichȱzweiȱHauptliȬ nienȱlukanischerȱTheologie:ȱGeschichteȱundȱHeiligeȱSchrift.ȱ

242ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

sprechen,ȱwirdȱdieȱAutoritätȱdesȱjüdischenȱGesetzesȱsichergestellt.ȱDaȬ durchȱ wirdȱ auchȱ ohneȱ Beschneidungsforderungȱ derȱ bleibendeȱ Bezugȱ zuȱIsraelȱgewährleistet.ȱWährendȱPetrusȱschonȱaufȱdieȱ„ältestenȱTage“ȱ hingewiesenȱ hatȱ (Apgȱ 15,7),ȱ seitȱ denenȱ Gottȱ ihnȱ erwähltȱ hatȱ zurȱ VerȬ kündigungȱ desȱ Evangeliumsȱ unterȱ denȱ Heiden,ȱ soȱ nimmtȱ Jakobusȱ inȱ seinerȱ Redeȱ diesȱ nochȱ einmalȱ auf,ȱ indemȱ erȱ davonȱ spricht,ȱ dassȱ Gottȱ „zuerst“ȱdaraufȱgesehenȱhat,ȱausȱdenȱHeidenvölkernȱeinȱΏ΅ϱΖȱzuȱnehȬ menȱfürȱseinenȱNamen.ȱDochȱwährendȱPetrusȱanscheinendȱnochȱnichtȱ ganzȱüberzeugendȱwar,479ȱkannȱJakobusȱdenȱKonfliktȱlösen.ȱDurchȱseiȬ neȱHeranziehungȱweitererȱAutoritätenȱ–ȱdieȱÜbereinstimmungȱmitȱdenȱ Prophetenworten,ȱ dieȱ jüdischemȱ Empfindenȱ entgegenkommendenȱ Jakobusklauselnȱ–ȱbringtȱerȱdieȱverschiedenenȱGruppenȱaufȱdemȱAposȬ telkonventȱzusammen,ȱsoȱdassȱsieȱschließlichȱ„einstimmig“ȱ(Apgȱ15,25:ȱ ϳΐΓΌΙΐ΅ΈϱΑ)480ȱeineȱEntscheidungȱtreffenȱkönnen.481ȱȱ ImȱFolgendenȱistȱanhandȱeinzelnerȱPunkteȱdieȱspezifischeȱKonzepȬ tionȱderȱKonfliktlösungȱinȱApgȱ15ȱauchȱinȱihrerȱRelevanzȱfürȱdenȱStatusȱ Israelsȱnäherȱzuȱerläutern.ȱ

3.8.4ȱDieȱAnredeȱ̕ΙΐΉЏΑȱ(V.ȱ14)ȱ BeiȱLukasȱfindetȱsichȱdieseȱSchreibweiseȱdesȱNamensȱfürȱPetrusȱnurȱanȱ dieserȱ Stelle.ȱ Dieseȱ Beobachtungȱ hatȱ Diskussionenȱ hervorgerufenȱ bisȱ hinȱzuȱderȱAnnahme,ȱderȱNameȱbezieheȱsichȱhierȱzurückȱaufȱdenȱgreiȬ senȱSimeonȱinȱLkȱ2.482ȱDochȱkannȱnachȱdemȱZeugnisȱvonȱ2ȱPetrȱ1,1ȱauchȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 479ȱȱ Vgl.ȱApgȱ15,12f.:ȱDieȱLeuteȱ„schweigen“ȱsowohlȱnachȱderȱRedeȱdesȱPetrusȱalsȱauchȱ nachȱdenȱErzählungenȱvonȱPaulusȱundȱBarnabas.ȱ 480ȱȱ ZurȱBedeutungȱderȱEinstimmigkeitȱbeiȱLukasȱvgl.ȱuntenȱKap.ȱ3.11.3.ȱ 481ȱȱ VermutlichȱhatȱLukasȱinȱApgȱ15ȱdieȱHintergründeȱundȱFolgenȱdesȱsog.ȱ„AntiocheniȬ schenȱZwischenfalls“ȱ(vgl.ȱGalȱ2,11–14),ȱderȱinȱderȱApgȱnichtȱeigensȱerwähntȱwird,ȱ mitȱ verarbeitet,ȱ wodurchȱ sichȱ dieȱ Verbindungȱ vonȱ BeschneidungsȬȱ undȱ MahlgeȬ meinschaftsfragenȱerklärtȱ(vgl.ȱdazuȱEckey,ȱApgȱI,ȱ339).ȱDamitȱistȱerȱfreilichȱgarȱnichtȱ soȱweitȱvonȱPaulusȱentfernt,ȱdennȱinȱGalȱ2ȱwerdenȱbeideȱBegebenheitenȱzwarȱunterȬ schieden,ȱjedochȱauchȱbewusstȱparallelisiert.ȱ 482ȱȱ Vgl.ȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ117–130;ȱtatsächlichȱgiltȱes,ȱaufȱspezifischeȱinhaltlicheȱSinnliȬ nienȱ zuȱ achten,ȱ dochȱ darfȱ dieȱ Zusammengehörigkeitȱ mitȱ derȱ vorangehendenȱ Petrusredeȱ nichtȱ verdunkeltȱ werden.ȱ Inȱ derȱ Tatȱ findetȱ sichȱ imȱ SimeonȬHymnusȱ „Nuncȱ Dimittis“ȱ (Lkȱ 2,31–34)ȱ zumȱ erstenȱ Malȱ imȱ Doppelwerkȱ eineȱ theologischeȱ Verhältnisbestimmungȱ vonȱ Israelȱ undȱ denȱ Völkern.ȱ Nachȱ Lkȱ 2,31ȱ stehenȱ dieȱ HeiȬ denvölkerȱ undȱ dasȱ Volkȱ Israelȱ nebeneinanderȱ alsȱ Adressatenȱ desȱ göttlichenȱ Heils.ȱ EbensoȱsprichtȱauchȱJakobusȱvonȱeinemȱΏ΅ϱΖȱausȱdenȱVölkernȱnebenȱdemȱΏ΅ϱΖȱIsȬ rael;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ3.9.4.2.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

243ȱ

derȱ Apostelȱ selbstȱ ̕ΙΐΉЏΑȱ genanntȱ werden.ȱ Dieȱ auffälligeȱ NamensȬ formȱsagtȱvorȱallemȱetwasȱüberȱdenȱSprecherȱderȱRede.ȱ Einȱ Bezugȱ aufȱ Lkȱ 2ȱ würdeȱ bedeuten,ȱ dassȱ Lukasȱ hierȱ durchȱ dieȱ WorteȱdesȱJakobusȱeineȱnurȱdenȱLesern/HörernȱseinesȱWerkesȱbekannteȱ Brückeȱ schlagenȱ möchteȱ undȱ zwarȱ nichtȱ anhandȱ einesȱ ErzählerkomȬ mentars,ȱ sondernȱ lediglichȱ durchȱ dieȱ unkommentierteȱ Sonderformȱ einesȱApostelnamens.ȱDiesȱwäreȱfürȱdasȱlukanischeȱDoppelwerkȱsinguȬ lär.ȱ Lukasȱ bringtȱ anȱ keinerȱ Stelleȱ metasprachlicheȱ Rückverweise,ȱ dieȱ nurȱfürȱdieȱLeserȱverstehbarȱseien,ȱnichtȱjedochȱfürȱdieȱinȱderȱErzählungȱ handelndenȱPersonen.ȱWohlȱgibtȱesȱwerksübergreifendeȱAndeutungen,ȱ z.ȱB.ȱbeimȱ„Widersprechen“ȱderȱJudenȱinȱderȱApg,ȱwoȱeinȱElementeȱausȱ Lkȱ 2ȱ aufgegriffenȱ wird,ȱ oderȱ beiȱ derȱ Petrusredeȱ inȱ Apgȱ 3,ȱ dieȱ Motiveȱ undȱ Wendungenȱ ausȱ demȱ Benedictusȱ aufgreift.ȱ Dochȱ handeltȱ esȱ sichȱ hierȱ umȱ dasȱ Doppelwerkȱ insgesamtȱ prägendeȱ Motive,ȱ nichtȱ umȱ eineȱ narrativeȱBezugnahme,ȱdieȱdenȱauftretendenȱPersonenȱselbstȱnichtȱbeȬ wusstȱ wäre.ȱ Daherȱ liegtȱ esȱ näher,ȱ dieȱ Anredeȱ ̕ΙΐΉЏΑȱ anȱ Petrusȱ alsȱ archaischeȱAusdrucksweiseȱanzusehen,ȱdieȱLukasȱbewusstȱgeradeȱdemȱ JakobusȱinȱdenȱMundȱlegt.ȱErȱentsprichtȱhierȱderȱ„ForderungȱLukians,ȱ dassȱ Reden,ȱ dieȱ inȱ eineȱ Geschichtserzählungȱ eingelegtȱ werden,ȱ denȱ Personen,ȱdenenȱderȱAutorȱsieȱzuschreibt,ȱangemessenȱsind“483.ȱ Schonȱhäufigȱwurdeȱbemerkt,ȱdassȱLukasȱinȱderȱTatȱsensibelȱistȱfürȱ dieȱ verschiedenenȱ Ausdrucksformenȱ unterschiedlicherȱ Personen:ȱ „Onȱ theȱoneȱhand,ȱheȱadaptsȱtheȱlanguageȱofȱhisȱnarrativeȱtoȱcorrespondȱtoȱ theȱ Situationȱ heȱ isȱ relatingȱ andȱ knowsȱ howȱ toȱ giveȱ itȱ theȱ appropriateȱ colourȱ toȱ suitȱ theȱ characterȱ orȱ settingȱ ofȱ anȱ episodeȱ–ȱ Semitic,ȱ Roman,ȱ legal,ȱ nautical,ȱ orȱ whateverȱ elseȱ isȱ applicable.ȱ Onȱ theȱ otherȱ hand,ȱ heȱ manipulatesȱ withȱ considerableȱ artistryȱ aȱ collectionȱ ofȱ literaryȱ devicȬ es.“484ȱ Auchȱ gehörtȱ esȱ zumȱ lukanischenȱ Profil,ȱ fürȱ gleicheȱ Orteȱ oderȱ Personenȱ unterschiedlicheȱ Namensformenȱ zuȱ verwenden,ȱ „whereȱ aȱ specificȱandȱdistinctiveȱmeaningȱisȱconferredȱonȱeachȱone“485,ȱwobeiȱdieȱ eineȱ Formȱ „neutral“ȱ sei,ȱ währendȱ dieȱ Parallelformȱ „aȱ stronger,ȱ theologicalȱsense“ȱhabe.ȱDiesesȱ„dualȱsystem“ȱbedeutetȱeinenȱnichtȱzuȱ überschätzendenȱWesenszugȱderȱlukanischenȱErzählweise.486ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 483ȱȱ Eckey,ȱApgȱI,ȱ34.ȱ 484ȱȱ RiusȬCamps/ReadȬHeimerdinger,ȱMessageȱofȱActsȱI,ȱ19;ȱsieȱversuchenȱinȱdenȱBändenȱ freilichȱdieȱUrsprünglichkeitȱdesȱDȬTextesȱnachzuweisenȱ(vgl.ȱdazuȱauchȱdieȱfolgenȬ denȱAnmerkungen).ȱ 485ȱȱ RiusȬCamps/ReadȬHeimerdinger,ȱMessageȱofȱActsȱI,ȱ22.ȱ 486ȱȱ Imȱ vonȱ ihnenȱ herangezogenenȱ Beispielȱ „Jerusalem“ȱ (inȱ denȱ beidenȱ Formenȱ ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅ȱ bzw.ȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ)ȱbeziehenȱsieȱersteresȱaufȱdieȱgeographischeȱVerorȬ tungȱderȱStadt,ȱletzteresȱaufȱdieȱtheologischeȱBedeutungȱundȱihrenȱCharakterȱalsȱSitzȱ derȱjüdischenȱAutoritätenȱ(vgl.ȱRiusȬCamps/ReadȬHeimerdinger,ȱMessageȱofȱActsȱI,ȱ

244ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Geradeȱ dieȱ Personen,ȱ dieȱ nurȱ eineȱ einzigeȱ Redeȱ inȱ derȱ ApostelgeȬ schichteȱhalten,487ȱwerdenȱvonȱLukasȱdurchȱihreȱWorteȱeigensȱprofiliert.ȱ Gegenüberȱ denȱ zahlreichenȱ Redenȱ desȱ Petrusȱ undȱ Paulus488,ȱ dieȱ sichȱ deutlichȱ anȱ dasȱ unterschiedlicheȱ Auditoriumȱ wendenȱ undȱ vonȱ Adressatenseiteȱ geprägtȱ sind,ȱ richtenȱ sichȱ dieȱ Einzelredenȱ anȱ derȱ Artȱ undȱ Weiseȱ ihrerȱ Rednerȱ aus.ȱ Soȱ wirdȱ Stephanusȱ durchȱ seineȱ Redeȱ inȱ Apgȱ7ȱalsȱhellenistischerȱJudeȱcharakterisiert,ȱderȱdieȱGeschichtstraditiȬ onenȱIsraelsȱkennt;ȱderȱPharisäerȱGamalielȱkenntȱsichȱalsȱMitgliedȱdesȱ Hohenȱ Ratesȱ mitȱ jüdischenȱ Aufrührernȱ ausȱ (Apgȱ 5,36f.),ȱ derȱ SilberȬ schmiedȱ Demetriusȱ inȱ Ephesusȱ istȱ einȱ Geschäftsmannȱ (19,25–27)ȱ undȱ derȱ Stadtschreiberȱ vonȱ Ephesusȱ gibtȱ sichȱ alsȱ unaufgeregterȱ Beamterȱ (19,35–40).ȱ Dieȱ Redeȱ desȱ Anwaltsȱ Tertullusȱ zeugtȱ vonȱ Untergebenheitȱ gegenüberȱ demȱ Statthalterȱ Felixȱ (24,2–8)ȱ undȱ bedientȱ sichȱ römischerȱ Redekonventionenȱ (captatioȱ benevolentiae,ȱ insinuatioȱ usw.),489ȱ wähȬ rendȱ derȱ Nachfolgerȱ imȱ Statthalteramt,ȱ Festus,ȱ sichȱ selbstȱ inȱ 25,14–21ȱ alsȱ korrektenȱ Staatsbeamtenȱ darstellt.ȱ Dieȱ Unterschiedeȱ zwischenȱ denȱ RedeweisenȱimȱVergleichȱzuȱPetrusȱundȱauchȱPaulusȱsindȱdeutlich.ȱ WeitereȱStellen,ȱdieȱdieȱKontextsensibilitätȱdesȱLukasȱzeigen,ȱlassenȱsichȱimȱ Umkreisȱ vonȱ Apgȱ 15ȱ mehrfachȱ finden.ȱ Soȱ wirdȱ inȱ derȱ imȱ lykaonischenȱ Lystraȱ spielendenȱ Erzählungȱ Apgȱ 14,8–20ȱ spezifischesȱ Lokalkoloritȱ sichtȬ bar.490ȱBeiȱderȱAreopagredeȱdesȱPaulusȱinȱApgȱ17,22–31ȱinȱAthenȱformuliertȱ LukasȱimȱBlickȱaufȱdieȱheidnischenȱAthener,ȱindemȱerȱgriechischeȱPhilosoȬ phenȱ anklingenȱ lässt,491ȱ undȱ dieȱ einzigeȱ anȱ Christenȱ gerichteteȱ Redeȱ derȱ Apostelgeschichte,ȱdieȱPaulusȱinȱApgȱ20,18–35ȱinȱMiletȱzuȱdenȱÄltestenȱausȱ Ephesusȱspricht,ȱendetȱmitȱeinemȱ(sonstȱunbekannten)ȱJesuslogion.ȱSchriftȬ zitateȱ hingegenȱ findenȱ sichȱ ausschließlichȱ inȱ anȱ Judenȱ gerichteteȱ Reden.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 22).ȱ Esȱ zeigeȱ sichȱ hierȱ dasȱ Paradigmaȱ einesȱ „neutralen“ȱ undȱ einesȱ „religiösen“ȱ BeȬ deutungsgehaltes.ȱȱUnsereȱUntersuchungȱkommtȱhierȱzuȱanderenȱErgebnissen,ȱvgl.ȱ dazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.3;ȱzustimmendȱseiȱjedochȱbemerkt,ȱdassȱLukasȱinȱderȱTatȱdurchȱ verschiedeneȱBezeichnungenȱidentischerȱGrößenȱeinenȱneuenȱSinnraumȱeröffnet.ȱAlsȱ Rechtfertigungȱ derȱ JerusalemȬUnterscheidungȱ bringenȱ sieȱ imȱ Übrigenȱ alsȱ primäresȱ KriteriumȱdieȱTextvorlageȱ–ȱimȱBezaȬTextȱistȱdieȱUnterscheidungȱdeutlicher.ȱIstȱdiesȱ zutreffend,ȱ soȱ zeigtȱ sichȱ hierȱ einmalȱ mehrȱ dieȱ sekundäreȱ Bearbeitungȱ desȱ lukaniȬ schenȱTextesȱdurchȱdieȱHandȱdesȱ„DȬTheologen“,ȱnichtȱaberȱeineȱgrößereȱUrsprüngȬ lichkeit;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱJervell,ȱApg,ȱ58–61.ȱ 487ȱȱ Diesȱ sindȱ nebenȱ Jakobusȱ nochȱ Stephanusȱ (Apgȱ 7,2–53)ȱ undȱ Gamalielȱ (5,35–39)ȱ inȱ Jerusalem,ȱderȱSilberschmiedȱDemetriusȱ(19,25–27)ȱundȱderȱStadtschreiberȱ(19,35–40)ȱ inȱ Ephesus,ȱ gegenȱ Endeȱ schließlichȱ derȱ Jerusalemerȱ Anwaltȱ Tertullusȱ (24,1–8)ȱ undȱ derȱrömischeȱStadthalterȱFestusȱ(25,14–21).ȱ 488ȱȱ PetrusȱhältȱinȱderȱApgȱneun,ȱPaulusȱelfȱReden.ȱ 489ȱȱ Vgl.ȱEckey,ȱApgȱII,ȱ526f.ȱ 490ȱȱ Vgl.ȱ 14,11f.,ȱ woȱ Paulusȱ undȱ Barnabasȱ alsȱ vomȱ Himmelȱ herabgestiegeneȱ Götterȱ beȬ zeichnetȱwerden;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱEckey,ȱApgȱI,ȱ309–317.ȱ 491ȱȱ VglȱdasȱZitatȱvonȱAratȱinȱ17,28.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

245ȱ

AdressatenbezogenȱsindȱschließlichȱauchȱdieȱbehutsamenȱHinweiseȱaufȱdieȱ moralischȱ fragwürdigeȱ Lebensführungȱ desȱ Felixȱ inȱ Apgȱ 24,25,ȱ dieȱ freilichȱ nurȱvomȱErzählerȱbenanntȱwerdenȱundȱnichtȱinȱeinerȱausformuliertenȱRedeȱ auftauchen.ȱ

Esȱ lässtȱ sichȱ alsoȱ eineȱ doppelteȱ Kontextsensibilitätȱ lukanischerȱ Texteȱ festhalten:ȱEinmalȱeineȱBerücksichtigungȱderȱAdressaten,ȱdurchȱdieȱderȱ InhaltȱeinerȱRedeȱspezifischȱgeprägtȱwirdȱundȱdaherȱwenigerȱüberȱdenȱ Sprecherȱ alsȱ überȱ dieȱ Zuhörerȱ aussagt.ȱ Davonȱ zuȱ unterschiedenȱ sindȱ dieȱStellen,ȱinȱdenenȱLukasȱeinzelneȱPersonenȱcharakterisiert.ȱDiesȱgeȬ schiehtȱinsbesondereȱinȱdenȱFällen,ȱwoȱeineȱPersonȱnurȱeinmalȱalsȱRedȬ nerȱ auftritt.ȱ Hierȱ sindȱ dieȱ Anlehnungenȱ mehrȱ aufȱ denȱ Rednerȱ alsȱ aufȱ seineȱAdressatenȱhinȱformuliert.ȱ Dieȱ ungewöhnlicheȱ Anredeȱ ̕ΙΐΉЏΑȱ fürȱ Petrusȱ lässtȱ sichȱ soȱ imȱ Kontextȱ dieserȱ bewusstȱ gesetztenȱ Formulierungenȱ verstehen,ȱ dieȱ dieȱ spezifischeȱSituationȱliterarischȱaufnehmen.ȱLukasȱhatȱnichtȱwieȱinȱdenȱ MissionsredenȱdieȱAdressatenȱimȱBlick,ȱsondernȱwieȱallenȱBeispielen,ȱinȱ denenȱeineȱbestimmteȱPersonȱnurȱeineȱeinzigeȱRedeȱimȱBuchȱhält,ȱdenȱ Rednerȱ selbst:ȱ Alsȱ strengerȱ Judenchristȱ vertrittȱ Jakobusȱ „archaische“ȱ Redeweisen.ȱImȱGegensatzȱbeispielsweiseȱzuȱdenȱsiebenȱMännern,ȱdieȱ inȱApgȱ6,5ȱfürȱdenȱdiakonischenȱDienstȱgewähltȱwerdenȱundȱdieȱdurchȱ ihreȱ allesamtȱ griechischenȱ Namenȱ alsȱ „hellenistische“ȱ Diasporajudenȱ charakterisiertȱwerdenȱ(auchȱeinȱProselytȱistȱdabei),ȱgehörtȱJakobusȱklarȱ zuȱdenȱ„Hebräern“,ȱwasȱLukasȱdurchȱdieȱsemitisierendeȱNamensformȱ ̕ΙΐΉЏΑȱgleichȱzuȱBeginnȱderȱRedeȱhervorhebt.ȱFürȱdieȱRedenȱimȱRahȬ menȱ desȱ Apostelkonventsȱ gilt,ȱ dassȱ Lukasȱ sieȱ nichtȱ zuletztȱ dazuȱ verȬ wendetȱ „demȱ Leserȱ wichtigeȱ Ereignisseȱ zuȱ deuten,ȱ herausragendeȱ WendepunkteȱimȱerzähltenȱGeschehenȱzuȱmarkierenȱundȱPersonenȱzuȱ charakterisieren“ȱ 492.ȱ Insgesamtȱ zeigtȱ sichȱ hierȱ dieȱ „stilistischeȱ Vielfaltȱ desȱLukas“493.ȱ Grundsätzlichȱ zeigtȱ sichȱ hier,ȱ dassȱ Lukasȱ „Spracheȱ gezieltȱ einȬ setzt“494,ȱsoȱdassȱsieȱ„zumȱSpiegelȱvonȱSituationen“495,ȱwird.ȱDabeiȱpasstȱ sichȱetwaȱderȱRednerȱnichtȱnurȱdenȱentsprechendenȱUmständenȱan.496,ȱ sondernȱauchȱerȱselbstȱwirdȱimȱUnterschiedȱzuȱanderenȱPersonenȱchaȬ rakterisiert.ȱ Soȱ wirdȱ manȱ dieȱ ungewöhnlicheȱ Anredeȱ letztlichȱ aufȱ PetȬ rusȱ selbstȱ beziehen.ȱ Dochȱ gibtȱ derȱ Seitenblickȱ aufȱ denȱ greisenȱ Simeonȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 492ȱȱ Eckey,ȱApgȱI,ȱ35.ȱ 493ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱHaenchen,ȱApg,ȱ85–92,ȱAnm.ȱ92.ȱ 494ȱȱ Zmijewski,ȱApg,ȱ22.ȱ 495ȱȱ Roloff,ȱApg,ȱ10.ȱ 496ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Pesch,ȱ Apgȱ I,ȱ 35:ȱ „Erȱ lässtȱ Petrusȱ inȱ Jerusalemȱ inȱ einfachemȱ ungelenkȱ semitisierendenȱStilȱpredigen,ȱPaulusȱvorȱdemȱAreopagȱinȱAthenȱinȱkunstvollemȱStilȱ eleganterȱgriechischerȱPerioden.“ȱ

246ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

ausȱLkȱ2ȱdieȱMöglichkeit,ȱtiefereȱBedeutungsschichtenȱauchȱfürȱApgȱ15ȱ ansȱLichtȱzuȱbringen.ȱSoȱwirdȱinȱSimeonsȱLobpreisȱzumȱerstenȱMalȱimȱ Doppelwerkȱ derȱ Ausgriffȱ aufȱ dieȱ Heidenvölkerȱ verbalisiert.ȱ Nachȱ Lkȱ 2,31ȱstehenȱdieȱHeidenvölkerȱundȱdasȱVolkȱIsraelȱnebeneinanderȱalsȱAdȬ ressatenȱ desȱ göttlichenȱ Heils.ȱ Ebensoȱ sprichtȱ auchȱ Jakobusȱ vonȱ einemȱ Ώ΅ϱΖȱausȱdenȱVölkernȱnebenȱdemȱΏ΅ϱΖȱIsrael.ȱ

3.8.5ȱDerȱπΒȱπΌΑЗΑȱΏ΅ϱΖȱ(V.ȱ14)ȱ DasȱvonȱLukasȱsoȱgerneȱbenutzteȱΏ΅ϱΖȱerhältȱinȱApgȱ15ȱbesondereȱReȬ levanz.ȱZunächstȱfälltȱauf,ȱdassȱdasȱStichwortȱinȱdiesemȱAbschnittȱderȱ Apostelgeschichteȱ nurȱ seltenȱ verwendetȱ wird,ȱ erstȱ inȱ Apgȱ 18,10ȱ undȱ 19,4ȱ erscheintȱ esȱ vereinzelt,ȱ umȱ dannȱ inȱ Kap.ȱ 21ȱ wiederȱ häufigerȱ zuȱ werdenȱ (V.ȱ 28.30.36.39.40).ȱ Schonȱ dieseȱ Beobachtungȱ verdientȱ AufȬ merksamkeit.ȱȱ Gelegentlich497ȱ wurdeȱ dieȱ Formulierung,ȱ nachȱ derȱ sichȱ Gottȱ πΒȱ πΌΑЗΑȱ Ώ΅ϲΑȱ genommenȱ habe,ȱ alsȱ Hinweisȱ aufȱ dasȱ wahreȱ Israelȱ verȬ standen,ȱ dasȱ sichȱ nunmehrȱ vonȱ denȱ Judenȱ abgelöstȱ habe,ȱ umȱ inȱ derȱ (nichtjüdischen)ȱKircheȱrealisiertȱzuȱwerden.ȱDieȱAufrichtungȱderȱHütteȱ Davidsȱ sahȱ manȱ inȱ derȱ Bekehrungȱ derȱ Judenȱ inȱ Apgȱ 2–5,ȱ wobeiȱ Apgȱ 15,17ȱeinȱSchriftbeweisȱfürȱdieȱHeidenmissionȱsei.ȱCharakteristischȱfürȱ dieseȱ Auslegungȱ ist,ȱ dassȱ esȱ immerȱ nurȱ einenȱ Ώ΅ϱΖȱ gibt.498ȱ Diesȱ hatȱ freilichȱzurȱFolge,ȱdassȱdemȱ„unbußfertigenȱIsrael“ȱderȱEhrentitelȱ„IsraȬ el“ȱkonsequenterweiseȱabzusprechenȱist.ȱ Dochȱ lassenȱ sichȱ gewichtigeȱ Anfragenȱ anȱ eineȱ solcheȱ Auslegungȱ vortragen.ȱMitȱMichaelȱHoffmannȱistȱzuȱbemerken,ȱdassȱschonȱVersȱ17ȱ nichtȱinȱderȱgenanntenȱWeiseȱverstandenȱwerdenȱkann,499ȱdaȱderȱzentȬ raleȱSchriftbeweisȱinȱderȱDeutungȱnichtȱgenauȱdasȱBeschneidungsprobȬ lemȱdesȱApostelkonzilsȱlöst.500ȱEsȱgehtȱbeiȱdemȱTextȱnichtȱumȱdieȱFrageȱ derȱ gesetzesfreienȱ Heidenmission,ȱ sondernȱ umȱ dieȱ „Rettungȱ derȱ HeiȬ denȱalsȱHeiden“501.ȱGottȱnimmtȱsichȱeinenȱΏ΅ϱΖȱausȱdenȱVölkern.502ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 497ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱHinweiseȱbeiȱHoffmann,ȱHeil,ȱ161f.ȱ 498ȱȱ Vgl.ȱLohfink,ȱSammlung,ȱ61.ȱ 499ȱȱ Hoffmann,ȱHeil,ȱ162.ȱ 500ȱȱ Weiser,ȱApgȱII,ȱ373.383.ȱ 501ȱȱ Hoffmann,ȱHeil,ȱ163.ȱ 502ȱȱ DamitȱspieltȱLukas,ȱwieȱM.ȱHoffmannȱmeint,ȱaufȱSachȱ2,14f.ȱan.ȱDortȱwerdenȱnebenȱ demȱ Kommenȱ derȱ Völkerȱ auchȱ Verheißungenȱ gegeben,ȱ dassȱ Gottȱ aufȱ demȱ Zionȱ wohnenȱ undȱ Judaȱ undȱ Jerusalemȱ erwählenȱ wird.ȱ Daȱ beidesȱ fürȱ dieȱ Zeitȱ desȱ Lukasȱ nichtȱ derȱ Fallȱ ist,ȱ werdenȱ nurȱ dieȱ Heidenȱ erwähntȱ (vgl.ȱ Hoffmann,ȱ Heil,ȱ 168).ȱ Dieȱ Erwählungȱ derȱ Heiden,ȱ dieȱ schonȱ imȱ Gangȱ ist,ȱ mussȱ alsoȱ vonȱ denȱ endgültigenȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

247ȱ

GemäßȱderȱPetrusredeȱkönnenȱdieȱHeidenȱgerettetȱwerden,ȱohneȱinȱ Israelȱintegriertȱwerdenȱzuȱmüssen.ȱDieseȱFeststellungȱwirdȱnunȱinȱderȱ Jakobusredeȱ weitergeführt,ȱ indemȱ positivȱ derȱ „religionssoziologischeȱ StatusȱvonȱNichtjuden“503ȱbestimmtȱwird.ȱZentralȱistȱdafürȱdasȱnurȱhierȱ fürȱ dieȱ Heidenvölkerȱ auftretendeȱ Wortȱ Ώ΅ϱΖ,ȱ mitȱ demȱ ansonstenȱ dasȱ erwählteȱVolkȱIsraelȱbezeichnetȱwird.504ȱNachȱderȱAussageȱdesȱJakobusȱ hatȱ Gottȱ sichȱ alsoȱ auchȱ ausȱ denȱ Heidenvölkernȱ einenȱ Ώ΅ϱΖȱ erwählt.505ȱ DasȱKriteriumȱfürȱdieȱWahrheitȱdieserȱweitreichendenȱAussageȱistȱdieȱ Übereinstimmungȱ zwischenȱ derȱ vonȱ Petrusȱ erzähltenȱ Geschichteȱ undȱ derȱ Heiligenȱ Schrift,ȱ dieȱ imȱ Anschlussȱ zitiertȱ wirdȱ (GeschichtsȬȱ undȱ Schriftbeweis).ȱ JakobusȱnimmtȱhierȱkeineȱvermittelndeȱPositionȱein,ȱsondernȱwenȬ detȱsichȱdeutlichȱgegenȱdieȱPositionȱderȱPharisäerȱ(vgl.ȱApgȱ15,5).ȱEsȱistȱ keinȱ Kompromiss,ȱ sondernȱ eineȱ klareȱ Option.ȱ Allerdingsȱ nimmtȱ JakoȬ busȱ jüdischeȱ Kategorienȱ aufȱ undȱ kommtȱ soȱ inȱ seinerȱ Argumentationȱ denȱPharisäernȱentgegen.ȱDasȱErgebnisȱseinerȱÜberlegungenȱheißt,ȱdassȱ dieȱ Heidenȱ denȱ vollkommenenȱ Statusȱ einesȱ Ώ΅ϱΖ,ȱ alsoȱ einesȱ „GottesȬ volkes“ȱbeanspruchenȱkönnen.ȱNachȱderȱJakobusredeȱfindetȱsichȱalsoȱinȱ derȱ Ekklesiaȱ derȱ Christenȱ sowohlȱ ϳȱ Ώ΅ϲΖȱ ͑ΗΕ΅φΏ,ȱ alsȱ auchȱ einȱ πΒȱ πΌΑЗΑȱ Ώ΅ϱΖ,ȱ wobeiȱ beideȱ Ώ΅Γϟȱ durchȱ dasȱ Kriteriumȱ derȱ Erwählungȱ legitimiertȱsind.ȱBeideȱGrößenȱbildenȱerstȱdieȱvollständigeȱendzeitlicheȱ christlicheȱ Ekklesia.ȱ Fürȱ dieȱ konkreteȱ Durchführungȱ diesesȱ Konzeptesȱ sindȱfreilichȱeinigeȱAkzenteȱzuȱsetzen,ȱdieȱdieȱJakobusklauselnȱformuȬ lierenȱwerden.ȱDochȱistȱzunächstȱeinȱBlickȱaufȱdasȱSchriftzitatȱzuȱwerȬ fen.ȱ

3.8.6ȱDasȱAmoszitatȱ(V.ȱ16–18)ȱ JakobusȱzitiertȱinȱseinerȱRedeȱeinȱausführlichesȱProphetenzitat,ȱweilȱes,ȱ wieȱ erȱ ausdrücklichȱ betont,ȱ mitȱ derȱ Erzählungȱ desȱ Petrusȱ vonȱ derȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Heilsereignissenȱ getrenntȱ werden,ȱ daȱ dieseȱ nochȱ ausstehen.ȱ Dasȱ Amoszitatȱ passtȱ hierȱbesser.ȱ„Lukasȱversuchtȱalso,ȱdieȱWeissagungenȱderȱSchriftȱmitȱdenȱErfahrungenȱ seinerȱeigenenȱGegenwartȱzuȱharmonisieren“ȱ(Hoffmann,ȱHeil,ȱ168).ȱ 503ȱȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ250.ȱ 504ȱȱ Zurȱ Ausnahmeȱ Lkȱ 2,30ȱ vgl.ȱ untenȱ Kap.ȱ 3.9.4.2;ȱ derȱ Ώ΅ϱΖȱ inȱ Korinthȱ (Apgȱ 18,10)ȱ bezeichnetȱschonȱdieȱgesamteȱchristlicheȱGemeindeȱderȱStadtȱausȱJudenȱundȱHeidenȱ (vgl.ȱ18,8).ȱ 505ȱȱ DamitȱwerdenȱzweiȱInterpretationenȱdemȱTextȱnichtȱgerecht:ȱErstensȱdieȱSubstitutiȬ onstheorie,ȱ nachȱ derȱ dieȱ Kircheȱ Israelȱ alsȱ Ώ΅ϱΖȱ ablöst,ȱ undȱ zweitensȱ dieȱ Auffassungȱ derȱIntegration,ȱnachȱderȱdieȱChristenȱganzȱinȱdasȱVolkȱIsraelȱeingehenȱmüssen.ȱEineȱ semantischeȱ Umdefinitionȱ derȱ mitȱ Israelȱ gemeintenȱ Größeȱ istȱ inȱ Apgȱ 15ȱ ebenfallsȱ nichtȱzuȱbelegen.ȱ

248ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

GeistausgießungȱaufȱdieȱHeidenȱ„übereinstimmt“ȱ(15,14:ȱΗΙΐΚΝΑΉϧΑ.).ȱ DieȱhauptsächlichenȱBezugspunkteȱfindenȱsichȱdaherȱinȱderȱwörtlichenȱ bzw.ȱ sachlogischenȱ Anknüpfungȱ desȱ Zitatsȱ anȱ dieȱ Petrusrede.ȱ Dabeiȱ sindȱwenigerȱdieȱWorteȱdesȱPetrusȱvonȱInteresseȱalsȱderenȱZusammenȬ fassungȱdurchȱJakobus,ȱdieȱdemȱZitatȱvorangestelltȱist:ȱ ȱ ȱ

ΩΑΈΕΉΖȱΦΈΉΏΚΓϟ,ȱȱ ΦΎΓϾΗ΅ΘνȱΐΓΙ.ȱ ̕ΙΐΉАΑȱπΒ΋·φΗ΅ΘΓȱȱ

ȱ

ȱ

15ȱ ȱ

ȱ ȱ

Ύ΅ΌАΖȱΔΕЗΘΓΑȱϳȱΌΉϲΖȱ πΔΉΗΎνΜ΅ΘΓȱȱ ȱ ȱ

Ύ΅ϠȱΘΓϾΘУȱΗΙΐΚΝΑΓІΗ΍ΑȱΓϡȱΏϱ·Γ΍ȱΘЗΑȱ ΔΕΓΚ΋ΘЗΑȱȱ Ύ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȉȱȱ

ȱ ȱ ȱ

ȱ ȱ ȱ

ȱ ȱ 17ȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ

Ώ΅ΆΉϧΑȱπΒȱπΌΑЗΑȱΏ΅ϲΑȱȱ ΘХȱϴΑϱΐ΅Θ΍ȱ΅ЁΘΓІ.ȱ ȱ ȱ

ȱ ȱ ȱ 18ȱ

14ȱ ȱ

16ȱ ȱ

ΐΉΘΤȱΘ΅ІΘ΅ȱΦΑ΅ΗΘΕνΜΝȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑΓ΍ΎΓΈΓΐφΗΝȱΘχΑȱΗΎ΋ΑχΑȱ̇΅ΙϠΈȱΘχΑȱ ΔΉΔΘΝΎΙϧ΅Αȱȱ Ύ΅ϠȱΘΤȱΎ΅ΘΉΗΎ΅ΐΐνΑ΅ȱ΅ЁΘϛΖȱΦΑΓ΍ΎΓΈΓΐφΗΝȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑΓΕΌЏΗΝȱ΅ЁΘφΑ,ȱȱ ϵΔΝΖȱΪΑȱπΎΊ΋ΘφΗΝΗ΍ΑȱΓϡȱΎ΅ΘΣΏΓ΍ΔΓ΍ȱΘЗΑȱ ΦΑΌΕЏΔΝΑȱΘϲΑȱΎϾΕ΍ΓΑȱȱ Ύ΅ϠȱΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱσΌΑ΋ȱȱ πΚвȱΓЃΖȱπΔ΍ΎνΎΏ΋Θ΅΍ȱΘϲȱϷΑΓΐΣȱΐΓΙȱπΔвȱ΅ЁΘΓϾΖ,ȱȱ Ών·Ή΍ȱΎϾΕ΍ΓΖȱΔΓ΍ЗΑȱΘ΅ІΘ΅ȱ ·ΑΝΗΘΤȱΦΔвȱ΅ϢЗΑΓΖ.ȱȱ

ȱ Esȱzeigtȱsich,ȱdassȱdieȱTeileȱderȱRedeȱzunächstȱformalȱdurchȱdasȱΎ΅ΌЏΖȱ verbundenȱ sind.ȱ Dasȱ Demonstrativpronomenȱ inȱ 15aȱ weistȱ aufȱ dieȱ ErȬ zählungȱ desȱ Petrusȱ inȱ derȱ Formulierungȱ desȱ Jakobusȱ zurückȱ undȱ schließtȱdieseȱmitȱdemȱfolgendenȱZitatȱkurz.ȱDieȱwiederȱauftauchendenȱ Stichworteȱ derȱ „Völker“ȱ undȱ desȱ „Namens“ȱ Gottesȱ zeigen,ȱ dassȱ dieȱ primäreȱ Verbindungȱ mitȱ demȱ zweitenȱ Teilȱ desȱ Zitatesȱ besteht.ȱ „Dasȱ AusrufenȱdesȱϷΑΓΐ΅ȱ bezeichnetȱdenjenigenȱAkt,ȱdurchȱdenȱMenschenȱ Gottȱ oderȱ Jesusȱ unterstelltȱ werden“506.ȱ Dasȱ „Tragenȱ desȱ Namens“ȱentȬ sprichtȱdannȱdemȱBekenntnisȱzuȱdemȱentsprechendenȱNamensinhaber.ȱ DasȱProphetenzitatȱdesȱJakobusȱlehntȱsichȱengȱanȱdieȱLXXȬFassungȱ vonȱ Amȱ 9,11f.ȱ an,ȱ zeigtȱ jedochȱ auchȱ Anspielungenȱ anȱ Sachȱ 1,16,ȱ Jerȱ 12,15ȱ undȱ Jesȱ 45,21f.;507ȱ dieȱ lukanischeȱ Fassungȱ bietetȱ gegenüberȱ derȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 506ȱȱ Schröter,ȱPaulusȱalsȱModell,ȱ65.ȱ 507ȱȱ Vgl.ȱ zurȱ genauerenȱ Darstellungȱ desȱ Verhältnissesȱ zumȱ alttestamentlichenȱ Textȱ Zmijewski,ȱApg,ȱ568.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

249ȱ

LXXȬVersionȱ signifikanteȱ Unterschiede.508ȱ Fürȱ unsereȱ Fragestellungȱ sindȱdabeiȱzweiȱPunkteȱvonȱBelang:ȱ 1)ȱ Beiȱ Amosȱ werdenȱ dieȱ Verseȱ durchȱ dasȱ eschatologischȱ konnotierteȱ „anȱ jenemȱ Tag“ȱ eingeleitet,ȱ währendȱ Lukasȱ „danach“ȱ schreibtȱ undȱ damitȱ denȱ umgekehrtenȱWegȱwieȱinȱApgȱ2,17ȱgeht,ȱwoȱerȱausȱeinemȱ„danach“ȱalsȱEinȬ leitungȱdesȱJoelȬZitatsȱdieȱeschatologischȱgefülltereȱWendungȱ„inȱdenȱletzȬ tenȱTagen“ȱmacht.ȱInȱderȱPfingstredeȱliegtȱderȱAkzentȱdamitȱaufȱderȱFestȬ stellungȱderȱmitȱderȱGeistausgießungȱbereitsȱanbrechendenȱEndzeit,ȱaufȱdieȱ JakobusȱinȱApgȱ15ȱentsprechendȱverzichtenȱkann.509ȱ 2)ȱ Dieȱ verwendetenȱ Verben,ȱ dieȱ nachȱ allgemeinerȱ Einschätzungȱ aufȱ beȬ wussteȱ Redaktionȱ desȱ Lukasȱ zurückgehen,510ȱ bedürfenȱ besondererȱ AufȬ merksamkeit.ȱ Zweimalȱ ersetztȱ Lukasȱ ΦΑ΅ΗΘφΗΝȱ durchȱ ΦΑΓ΍ΎΓΈΓΐφΗΝ,ȱ dasȱbeiȱAmosȱzudemȱanȱanderenȱStellenȱauftaucht,ȱanȱdenenȱesȱinȱApgȱ15ȱ aberȱ durchȱ ΦΑ΅ΗΘΕνΜΝȱ („ichȱ werdeȱ umkehren/zurückkehren“)ȱ bzw.ȱ ΦΑΓΕΌЏΗΝȱ(„ichȱwerdeȱwiederaufrichten“)ȱersetztȱist.511ȱInȱeinemȱeigenenȱ SchrittȱistȱdaherȱderȱFrageȱnachȱderȱBedeutungȱderȱ„Wiedererrichtungȱderȱ verfallenenȱHütteȱDavids“512ȱnachzugehen.513ȱ

DieȱFunktionȱdesȱZitatsȱwirdȱinsbesondereȱimȱMotivȱderȱ„ÜbereinstimȬ mung“ȱ sichtbar.ȱ Eineȱ soȱ gewichtigeȱ Frageȱ wieȱ dieȱ aufȱ demȱ ApostelȬ konventȱverhandelteȱlässtȱsichȱnurȱinȱKongruenzȱmitȱdemȱZeugnisȱderȱ Schriftȱ zufriedenstellendȱ beantworten.ȱ Umgekehrtȱ gewinntȱ eineȱ AnȬ sichtȱanȱAutorität,ȱwennȱsieȱsichȱaufȱdieȱSchriftȱberufenȱkann.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 508ȱȱ EinȱVergleichȱzwischenȱMT,ȱLXXȱundȱApgȬTextȱistȱschonȱoftȱvorgenommenȱworden.ȱ Vgl.ȱ dazuȱ Ådna,ȱ James’ȱ Position;ȱ ders.,ȱ Heiligeȱ Schrift;ȱ vgl.ȱ auchȱ dieȱ Synopseȱ beiȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ192.ȱ 509ȱȱ NachȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ195f.ȱverweistȱdasȱΔΕЏΘΓΑȱaufȱdasȱredaktionelleȱΐΉΘΤȱΘ΅ІΘ΅ȱ inȱ Apgȱ 15,16,ȱ soȱ dassȱ dieȱ Gewinnungȱ derȱ Heidenȱ demȱ Wiedererrichtenȱ derȱ Hütteȱ vorausgeht.ȱ Jakobusȱ betontȱ dieȱ heilsgeschichtlicheȱ Bedeutungȱ derȱ Erwählungȱ desȱ Ώ΅ϱΖȱausȱdenȱVölkern.ȱDieȱParusieȱistȱderȱZielpunktȱdesȱganzenȱheilsgeschichtlichenȱ Geschehens;ȱvgl.ȱdazuȱApgȱ1,6–11;ȱ3,19–21ȱ(BlickȱaufȱdieȱParusieȱfürȱdieȱJuden)ȱsoȬ wieȱ Apgȱ 10,42;ȱ 17,31ȱ (analogȱ fürȱ dieȱ Nichtjuden);ȱ andersȱ aberȱ dasȱ Joelzitatȱ inȱ Apgȱ 2,17.ȱ 510ȱȱ Vgl.ȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ198ff.ȱ 511ȱȱ DasȱLetztereȱerinnertȱanȱ2ȱSamȱ7,13:ȱ„DieserȱwirdȱmirȱeinȱHausȱbauenȱ(ΓϢΎΓΈΓΐφΗΉ΍)ȱ fürȱ meinemȱ Namen,ȱ undȱ ichȱ werdeȱ denȱ Thronȱ seinesȱ Königtumsȱ aufrichtenȱ (ΦΑΓΕΌЏΗΝ)ȱ inȱ Ewigkeit“;ȱ dasȱ „Aufrichten“ȱ desȱ davidischenȱ Thronsȱ bzw.ȱ KönigȬ reichsȱ istȱ mehrfachȱ belegt,ȱ vgl.ȱ Jesȱ 9,6:ȱ Ύ΅ΘΓΕΌЗΗ΅΍,ȱ Jesȱ 16,5:ȱ Έ΍ΓΕΌΝΌφΗΉΘ΅΍ȱ […]ȱ ΌΕϱΑΓΖȱ[…]ȱπΑȱΗΎ΋ΑϜȱ̇΅Ι΍Έ.ȱ 512ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.8.7.ȱ 513ȱȱ Weitereȱ kleinereȱ Modifikationenȱ ließenȱ sichȱ anfügen:ȱ Soȱ ergänztȱ Lukasȱ inȱ Apgȱ 15,17aȱ ΘϲΑȱ ΎϾΕ΍ΓΑȱ (dieseȱ Lesartȱ bezeugtȱ derȱ Codexȱ Alexandrinusȱ auchȱ fürȱ denȱ Amostext);ȱderȱHinweisȱaufȱdieȱ„TageȱderȱUrzeit“ȱ(Amȱ9,11fin.)ȱfehltȱinȱApgȱ15,16,ȱ findetȱsichȱaberȱetwasȱverändertȱganzȱamȱSchluss.ȱ

250ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Deutlichȱwirdȱdiesȱz.ȱB.ȱauchȱbeiȱderȱlukanischenȱBetonungȱderȱKongruenzȱ desȱ Ostergeschehensȱ mitȱ demȱ Schriftzeugnis.ȱ Esȱ kannȱ dasȱ Anliegen,ȱ dasȱ LukasȱauchȱinȱApgȱ15ȱtreibt,ȱgutȱveranschaulichen,ȱdaȱesȱebenfallsȱumȱeineȱ weitreichendeȱ Angelegenheitȱ gehtȱ undȱ zudemȱ einȱ synoptischerȱ Vergleichȱ möglichȱ ist.ȱ Alleȱ drei514ȱ Ostererzählungenȱ inȱ Lkȱ 24ȱ sindȱ sorgfältigȱ aufeiȬ nanderȱ abgestimmtȱ undȱ unterscheidenȱ sichȱ dabeiȱ nichtȱ unwesentlichȱ vonȱ denenȱ derȱ anderenȱ Evangelien.ȱ Inȱ einerȱ Zusammenschauȱ wirdȱ sichtbar,ȱ dassȱ dieȱ Osterbotschaft,ȱ dieȱ zunächstȱ fürȱ Verwirrungȱ undȱ Zweifelȱ sorgt,ȱ erstȱ anhandȱ derȱ nachgewiesenenȱ Übereinstimmungȱ mitȱ demȱ Zeugnisȱ derȱ Schriftȱ beiȱ denȱ Jüngernȱ fruchtbarȱ werdenȱ kann.ȱ Währendȱ imȱ erstenȱ AbȬ schnitt,ȱderȱnochȱamȱGrabȱspielt,ȱzunächstȱschlichtȱaufȱWorteȱJesuȱverwieȬ senȱ wird,ȱ korreliertȱ derȱ Auferstandeneȱ selbstȱ imȱ zweitenȱ undȱ drittenȱ AbȬ schnittȱdasȱGeschehenȱmitȱ„Mose“,ȱ„(allen)ȱPropheten“ȱundȱdenȱSchriftenȱ insgesamtȱ(V.ȱ27.44f.):ȱ Lkȱ24ȱ

1.ȱTeil:ȱV.ȱ1–12ȱ

ȱ Inhaltȱ

DieȱFrauenȱamȱGrab,ȱ dieȱOsterverkündiȬ gungȱundȱdieȱRückȬ kehrȱzuȱdenȱJüngern.ȱ

ȱ StrukȬ turȬ paralȬ lelenȱ

BeimȱKummerȱüberȱ dasȱNichtȬFindenȱdesȱ Leichnamsȱ(vgl.ȱ24,4)ȱȱ erscheinenȱzweiȱMänȬ nerȱ(Ύ΅ϠȱϢΈΓϿȱΩΑΈΕΉΖȱ ΈϾΓȱπΔνΗΘ΋Η΅Αȱ ΅ЁΘ΅ϧΖȱπΑȱπΗΌϛΘ΍ȱ ΦΗΘΕ΅ΔΘΓϾΗϙ).ȱ Lkȱ24,5–7:ȱ […]ȱΉϨΔ΅ΑȱΔΕϲΖȱ ΅ЁΘΣΖȉȱȱ ΘϟȱΊ΋ΘΉϧΘΉȱΘϲΑȱΊЗΑΘ΅ȱ ΐΉΘΤȱΘЗΑȱΑΉΎΕЗΑȉȱ ΓЁΎȱσΗΘ΍ΑȱЙΈΉ,ȱΦΏΏΤȱ ω·νΕΌ΋.ȱȱ ΐΑφΗΌ΋ΘΉȱБΖȱ πΏΣΏ΋ΗΉΑȱЀΐϧΑȱσΘ΍ȱ ЖΑȱπΑȱΘϜȱ̆΅Ώ΍Ώ΅ϟθȱȱ Ών·ΝΑȱΘϲΑȱΙϡϲΑȱΘΓІȱ ΦΑΌΕЏΔΓΙȱϵΘ΍ȱΈΉϧȱȱ ȱ ȱ ȱ

ȱ Worteȱ derȱ OsterȬ botȬ schaftȱ

2.ȱTeil:ȱV.ȱ13–35ȱ DieȱEmmausjünger,ȱ ihreȱBegegnungȱmitȱ JesusȱundȱihreȱRückȬ kehrȱzuȱdenȱanderenȱ Jüngern.ȱ BeimȱGesprächȱüberȱ denȱKummerȱderȱJünȬ gerȱundȱdasȱSchicksalȱ Jesuȱ(vgl.ȱ24,15)ȱtrittȱ Jesusȱhinzuȱ(Ύ΅Ϡȱ ΅ЁΘϲΖȱ͑΋ΗΓІΖȱπ··ϟΗ΅Ζȱ ΗΙΑΉΔΓΕΉϾΉΘΓȱ ΅ЁΘΓϧΖ).ȱ Lkȱ24,25–27:ȱ […]ȱΉϨΔΉΑȱΔΕϲΖȱ ΅ЁΘΓϾΖȉȱȱ ИȱΦΑϱ΋ΘΓ΍ȱΎ΅Ϡȱ ΆΕ΅ΈΉϧΖȱΘϜȱΎ΅ΕΈϟθȱ ΘΓІȱΔ΍ΗΘΉϾΉ΍ΑȱπΔϠȱ ΔκΗ΍Αȱȱ ȱ ΓϩΖȱπΏΣΏ΋Η΅Αȱȱ ΓϡȱΔΕΓΚϛΘ΅΍ȉȱȱ ȱ ΓЁΛϠȱΘ΅ІΘ΅ȱσΈΉ΍ȱȱ ȱ ȱ

3.ȱTeil:ȱV.ȱ36–49ȱ Jesusȱerscheintȱallenȱ AnwesendenȱinȱJeruȬ salem.ȱ

BeimȱGesprächȱüberȱ dieȱOstererscheinunȬ genȱȱ (vgl.ȱ24,36)ȱȱ trittȱJesusȱhinzuȱ (΅ЁΘϲΖȱσΗΘ΋ȱπΑȱΐνΗУȱ ΅ЁΘЗΑ)ȱ Lkȱ24,44–46:ȱ ̈ϨΔΉΑȱΈξȱΔΕϲΖȱ ΅ЁΘΓϾΖȉȱȱ ȱ ȱ ȱ ΓЈΘΓ΍ȱΓϡȱΏϱ·Γ΍ȱΐΓΙȱȱ ȱ ΓЃΖȱπΏΣΏ΋Η΅ȱΔΕϲΖȱ ЀΐκΖȱσΘ΍ȱЖΑȱΗϿΑȱ ЀΐϧΑ,ȱȱ ϵΘ΍ȱΈΉϧȱȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 514ȱȱ DieȱDreiteilungȱwirdȱauchȱinȱdenȱKommentarenȱvertreten,ȱderȱdritteȱTeilȱwirdȱetwaȱ beiȱWolterȱoderȱEckeyȱnochȱmitȱdemȱSchlussȱV.ȱ50–53ȱzusammengenommen.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

Lkȱ24ȱ ȱ

1.ȱTeil:ȱV.ȱ1–12ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ Δ΅Ε΅ΈΓΌϛΑ΅΍ȱΉϢΖȱ ΛΉϧΕ΅ΖȱΦΑΌΕЏΔΝΑȱ Υΐ΅ΕΘΝΏЗΑȱȱ Ύ΅ϠȱΗΘ΅ΙΕΝΌϛΑ΅΍ȱȱ Ύ΅ϠȱΘϜȱΘΕϟΘϙȱψΐνΕθȱ ΦΑ΅ΗΘϛΑ΅΍.ȱ

251ȱ

2.ȱTeil:ȱV.ȱ13–35ȱ

3.ȱTeil:ȱV.ȱ36–49ȱ

Δ΅ΌΉϧΑȱΘϲΑȱΛΕ΍ΗΘϲΑȱȱ Ύ΅ϠȱΉϢΗΉΏΌΉϧΑȱΉϢΖȱΘχΑȱ ΈϱΒ΅Αȱ΅ЁΘΓІ;ȱȱ ȱ ȱ ȱ ȱ Ύ΅ϠȱΦΕΒΣΐΉΑΓΖȱΦΔϲȱ ̏ΝϼΗνΝΖȱΎ΅ϠȱΦΔϲȱ ΔΣΑΘΝΑȱΘЗΑȱ ΔΕΓΚ΋ΘЗΑȱ Έ΍ΉΕΐφΑΉΙΗΉΑȱ΅ЁΘΓϧΖȱ πΑȱΔΣΗ΅΍ΖȱΘ΅ϧΖȱ ·Ε΅Κ΅ϧΖȱΘΤȱΔΉΕϠȱ ο΅ΙΘΓІ.ȱ

ΔΏ΋ΕΝΌϛΑ΅΍ȱΔΣΑΘ΅ȱ ΘΤȱ·Ή·Ε΅ΐȬΐνΑ΅ȱπΑȱ ΘХȱΑϱΐУȱ̏ΝϼΗνΝΖȱ Ύ΅ϠȱΘΓϧΖȱΔΕΓΚφΘ΅΍Ζȱ Ύ΅ϠȱΜ΅ΏΐΓϧΖȱΔΉΕϠȱ πΐΓІ.ȱȱ ΘϱΘΉȱΈ΍φΑΓ΍ΒΉΑȱ΅ЁΘЗΑȱ ΘϲΑȱΑΓІΑȱΘΓІȱ ΗΙΑ΍νΑ΅΍ȱΘΤΖȱ ·Ε΅ΚΣΖȉȱΎ΅ϠȱΉϨΔΉΑȱ ΅ЁΘΓϧΖȱȱ ȱ ϵΘ΍ȱΓЂΘΝΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȱȱ Δ΅ΌΉϧΑȱΘϲΑȱΛΕ΍ΗΘϲΑȱȱ ȱ Ύ΅ϠȱΦΑ΅ΗΘϛΑ΅΍ȱπΎȱ ΑΉΎΕЗΑȱΘϜȱΘΕϟΘϙȱ ψΐνΕθ.ȱ

ȱ Überdeutlichȱ trittȱ inȱ derȱ Synopseȱ dasȱ lukanischeȱ Anliegenȱ desȱ „heilsgeȬ schichtlichenȱ Muss“ȱ (ΈΉϧ)ȱ hervor,ȱ dasȱ inȱ allenȱ dreiȱ Osterszenenȱ dieȱ BotȬ schaftȱderȱAuferstehungȱbegleitet.ȱAußerdemȱwerdenȱStichworteȱundȱMoȬ tiveȱ derȱ erstenȱ beidenȱ Szenenȱ inȱ derȱ drittenȱ Szeneȱ zusammengefasstȱ undȱ aufȱeinenȱHöheȬȱundȱvorläufigenȱEndpunktȱgeführt.ȱDieȱabschließendeȱReȬ deȱJesuȱnimmtȱdieȱwesentlichenȱAnliegenȱaufȱundȱführtȱsieȱ(abȱV.ȱ48)ȱweiȬ terȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ nachfolgendeȱ Apostelgeschichte.ȱ Dabeiȱ hatȱ Lukasȱ dieȱSzenenfolgeȱsorgfältigȱentworfen:ȱZunächstȱtreffenȱdieȱFrauenȱamȱGrabȱ aufȱzweiȱEngelȱ(nochȱnichtȱaufȱJesusȱselbst),ȱdieȱinȱIhrerȱVerkündigungȱaufȱ dieȱ Worteȱ Jesuȱ verweisenȱ (V.ȱ 6)ȱ undȱ seinȱ Schicksalȱ ohneȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Schriftȱformulierenȱ(V.ȱ7).ȱDieȱFrauenȱüberbringenȱderenȱBotschaftȱdenȱanȬ deren,ȱbeiȱdenenȱjedochȱderȱZweifelȱnochȱüberwiegtȱ(V.ȱ9–12).ȱImȱzweitenȱ AnlaufȱhörenȱwirȱvonȱzweiȱJüngern,ȱdieȱJerusalemȱverlassen.ȱNunȱkommtȱ Jesusȱ selbst,ȱ derȱ inȱ seinerȱ Redeȱ diesmalȱ nichtȱ aufȱ seineȱ früherenȱ Worteȱ verweist,ȱsondernȱaufȱdieȱderȱProphetenȱinȱdenȱSchriftenȱIsraelȱ(V.ȱ25),ȱdeȬ renȱ Botschaftȱ jedochȱ hinsichtlichȱ desȱ Schicksalsȱ Jesuȱ aufȱ derselbenȱ Linieȱ liegtȱ (V.ȱ 26).ȱ Alsȱ derȱ Auferstandeneȱ verschwindet,ȱ kehrenȱ nunȱ auchȱ dieȱ beidenȱJüngerȱzuȱdenȱanderenȱzurück,ȱwoȱsichȱinzwischenȱeineȱweitereȱErȬ scheinungȱ vorȱ Petrusȱ ereignetȱ hat.ȱ Inȱ derȱ drittenȱ Sequenzȱ erscheintȱ Jesusȱ nunȱ–ȱwiederumȱwährendȱdesȱGesprächsȱseinerȱJüngerȱ(vgl.ȱV.ȱ4.15)ȱ–ȱallenȱ zusammen.ȱÜberraschenderweiseȱdominierenȱdieȱnachȱwieȱvorȱdeutlichenȱ ZweifelȱdenȱerstenȱTeilȱderȱSzene.515ȱErstȱmitȱderȱanschließendenȱRedeȱJesuȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 515ȱȱ SelbstȱdieȱmassivenȱAkzenteȱzumȱErweisȱderȱleiblichenȱAuferweckungȱJesuȱ(AnfasȬ senȱderȱWunden,ȱEssenȱeinesȱFisches)ȱführenȱnochȱnichtȱzuȱeinerȱwirklichenȱBestätiȬ

252ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

kommtȱesȱzumȱVerstehen.ȱHierȱführtȱLukasȱdieȱfürȱihnȱwesentlichenȱAusȬ sagenȱ derȱ erstenȱ beidenȱ Sequenzenȱ zusammen:ȱ Dieȱ Erinnerungȱ anȱ dieȱ Worteȱ Jesuȱ vorȱ seinerȱ Passion,ȱ dieȱsichȱ direktȱ aufȱ dieȱ Schriftȱ beziehen,ȱ eiȬ nerseitsȱundȱdieȱNotwendigkeitȱseinesȱSchicksalsȱbezeugenȱ(V.ȱ44).ȱInȱdieȬ semȱMomentȱderȱSchrifterklärungȱkommtȱVerstehenȱüberȱdieȱJünger,516ȱsoȱ dassȱ dieȱ Ostererzählungȱ erstȱ hierȱ zuȱ einemȱ Schlusspunktȱ kommt.ȱ Daranȱ anknüpfendȱgehtȱderȱGedankengangȱnunȱweiterȱundȱrichteteȱsichȱmitȱdemȱ Blickȱaufȱdieȱ(BußȬ)PredigtȱundȱdieȱGesamtheitȱderȱVölkerȱaufȱdasȱfolgendeȱ Buchȱ derȱ Apostelgeschichteȱ (V.ȱ 47).ȱ Lukasȱ liegtȱ sehrȱ daran,ȱ dieȱ Redeȱ vonȱ derȱ Auferstehungȱ engȱ mitȱ demȱ Schriftzeugnisȱ zuȱ verknüpfen,ȱ soȱ dassȱ esȱ nichtȱ alsȱ etwasȱ Neues,ȱ sondernȱ alsȱ Erfüllungȱ prophetischerȱ Voraussagenȱ erscheint,ȱdieȱfreilichȱnichtȱaufȱdenȱerstenȱBlickȱzuȱerkennenȱsind.ȱEineȱDisȬ kontinuitätȱsollȱdamitȱausgeschlossenȱwerden.ȱ

Dieȱ weitreichendeȱ Aussageȱ desȱ Jakobusȱ ausȱ V.ȱ 14ȱ erhältȱ somitȱ erstȱ durchȱihreȱKongruenzȱmitȱdemȱSchriftzeugnis,ȱdieȱausdrücklichȱdurchȱ dieȱimȱ„Neue[n]ȱTestamentȱeinmaligeȱEinführungȱeinesȱalttestamentliȬ chenȱZitats“517ȱvorȱallemȱanhandȱdesȱStichwortesȱΗΙΐΚΝΑΉϧΑȱfestgehalȬ tenȱwird,ȱdieȱnotwendigeȱPlausibilität.ȱDabeiȱweistȱdasȱZitatȱselbstȱgeȬ wisseȱ Besonderheitenȱ auf.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ dieserȱ ModifizierunȬ genȱistȱauchȱdieȱMetapherȱvonȱderȱWiedererrichtungȱderȱHütteȱDavidsȱ auszulegen.ȱ

3.8.7ȱDieȱWiedererrichtungȱderȱverfallenenȱHütteȱDavidsȱ(V.ȱ16)ȱ FürȱunsereȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ istȱausȱApgȱ15ȱinsbesondereȱdieȱRedeȱvonȱderȱ„AufrichtungȱderȱverfalȬ lenenȱHütteȱDavids“ȱbedeutsam.ȱUmstrittenȱist,ȱworaufȱsichȱdieȱMetaȬ pherȱ vonȱ derȱ „Wiedererrichtungȱ derȱ verfallenenȱ Hütteȱ Davids“ȱ beȬ zieht.ȱ Zuȱ unterscheidenȱ istȱ zunächstȱ eineȱ christologischeȱ vonȱ einerȱ ekklesiologischenȱ Deutung:ȱ Entwederȱ bezeichnetȱ dieȱ „Hütteȱ Davids“ȱ dieȱKirche,ȱoderȱaberȱ–ȱwieȱschonȱbeiȱAmosȱ–ȱdieȱdavidischeȱDynastieȱ undȱziehtȱsieȱaufȱChristusȱalsȱdenȱneuenȱDavidȱaus.ȱBeideȱMöglichkeiȬ tenȱ lassenȱ sichȱ dannȱ präsentischȱ oderȱ futurischȱ verstehen.ȱ Dieȱ LöȬ sungsvorschlägeȱkönnenȱwieȱfolgtȱsystematisiertȱwerden:518ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ gungȱ desȱ Osterglaubensȱ durchȱ dieȱ Jünger,ȱ alleinȱ dieȱ Freude,ȱ einȱ Kennzeichenȱ derȱ Ostererfahrung,ȱkommtȱinȱV.ȱ41ȱlangsamȱinsȱBlickfeldȱ(stärkerȱdannȱinȱV.ȱ52).ȱ 516ȱȱ Vgl.ȱ dasȱ „Brennenȱ desȱ Herzens“ȱ beiȱ derȱ Schrifterklärungȱ aufȱ demȱ Wegȱ nachȱ EmȬ maus,ȱV.ȱ32.ȱ 517ȱȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ108.ȱ 518ȱȱ Vgl.ȱdazuȱmitȱetwasȱanderenȱFormulierungenȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ133.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

253ȱ

Dieȱ„WiedererrichtungȱderȱHütteȱDavids“ȱbeziehtȱsichȱaufȱ…ȱ ȱ ȱ ekklesiologischeȱDeuȬ tungȱ christologischeȱDeuȬ tungȱ

präsentischeȱDeutung … dieȱgegenwärtigeȱ christlicheȱEkklesia … dieȱAuferstehungȱ Christi

futurischeȱDeutung … dieȱvollendeteȱEkklesiaȱ … dieȱWiederkunftȱChristiȱ

ȱ DieȱOriginalstelleȱAmȱ9,11f.ȱwirdȱdurchwegȱimȱBlickȱaufȱdieȱköniglicheȱ DynastieȱDavidsȱausgelegt.ȱManȱverweistȱaufȱdieȱNathansweissagungȱ2ȱ Samȱ7,12–16,ȱnachȱderȱdasȱdavidischeȱKönigtumȱaufȱewigȱBestandȱhaȬ benȱ wird.ȱ Innerhalbȱ desȱ lukanischenȱ Werkesȱ gibtȱ esȱ intertextuelleȱ BeȬ züge,ȱinȱdenenȱdavidischeȱMotiveȱaufȱChristusȱgedeutetȱwerden.519ȱDieȱ christologischeȱ Deutungȱ hatȱ insgesamtȱ deutlichȱ mehrȱ Anhaltȱ inȱ denȱ Textenȱselbst,ȱistȱaberȱtrotzdemȱeineȱMinderheitenmeinungȱinȱderȱExeȬ gese,ȱ dieȱ eherȱ inȱ eineȱ ekklesiologischeȱ Richtungȱ denkt.520ȱ Richardȱ Bauckhamȱ siehtȱ hierȱ aufȱ dieȱ Errichtungȱ desȱ eschatologischenȱ Tempelsȱ vorausgeblickt.521ȱ Yuzuruȱ Miuraȱ zeigtȱ hingegen,ȱ dassȱ esȱ sichȱ umȱ dieȱ Wiederherstellungȱ desȱ davidischenȱ Reichesȱ handelnȱ muss,ȱ inȱ demȱ JeȬ susȱalsȱneuerȱDavidȱeingesetztȱist.522ȱ Nachȱ Ernstȱ Haenchenȱ vollziehtȱ sichȱ dieȱ „Wiedererrichtungȱ derȱ Hütteȱ Davids“ȱ inȱ derȱ Auferstehungȱ Jesu.ȱ Parallelenȱ zuȱ einerȱ solchenȱ Auslegungȱ zeigenȱ sichȱ fürȱ Lukasȱ etwaȱ inȱ derȱ Christologisierungȱ davidischerȱPsalmenȱimȱKontextȱvonȱOsternȱ(vgl.ȱApgȱ2,25f.).ȱInȱSpanȬ nungȱzuȱdieserȱSichtȱstehtȱfreilichȱdieȱBeobachtung,ȱdassȱLukasȱimȱZitatȱ dasȱ Verbumȱ ΦΑϟΗΘ΋ΐ΍,ȱ dasȱ engȱ mitȱ derȱ Auferstehungȱ Jesuȱ verbundenȱ ist,523ȱimȱvorliegendenȱZitatȱgleichȱzweimalȱtilgtȱundȱstattdessenȱandereȱ Verbenȱ einfügt.ȱ Diesȱ wirdȱ jedochȱ nachvollziehbar,ȱ wennȱ manȱ eineȱ fuȬ turischeȱDeutungȱdiesesȱTextesȱvertritt:ȱDieȱWiedererrichtungȱgeschiehtȱ nochȱ nichtȱ beiȱ derȱ Auferstehungȱ Jesu,ȱ sondernȱ erstȱ beiȱ seinerȱ Parusie.ȱ Deshalbȱ ändertȱ Lukasȱ auchȱ dieȱ Wendungȱ „inȱ jenenȱ Tagen“ȱ zuȱ „daȬ nach“.ȱUnserȱTextȱreihtȱsichȱdamitȱinȱdieȱGruppeȱderȱschonȱuntersuchȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 519ȱȱ Vgl.ȱnurȱLkȱ1ȱoderȱApgȱ2,25f.;ȱvgl.ȱauchȱMiura,ȱDavidȱinȱLukeȬActs.ȱ 520ȱȱ Vgl.ȱJervell,ȱApg,ȱ395;ȱgelegentlichȱverbindenȱsichȱdieȱLinien,ȱetwaȱbeiȱKliesch,ȱApgȱ 107:ȱ„InȱJesusȱundȱseinerȱGemeindeȱwirdȱdieȱverfalleneȱHütteȱDavidsȱwiederȱaufgeȬ richtet“.ȱ 521ȱȱ Bauckham,ȱJamesȱandȱtheȱGentiles.ȱ 522ȱȱ Miura,ȱDavidȱinȱLukeȬActs,ȱ187–194.ȱ 523ȱȱ Vgl.ȱnurȱLkȱ18,33;ȱ24,7.46;ȱApgȱ17,3.ȱ

254ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

tenȱ „Zukunftsfenster“ȱ ein,ȱ dieȱ ebenfallsȱ aufȱ dieȱ Parusieȱ vorausbliȬ cken.524ȱȱ EinȱweiteresȱIndizȱfürȱdieseȱDeutungȱfindetȱsichȱinȱeinemȱVergleichȱ derȱdreiȱ„programmatischen“ȱRedenȱvonȱPetrusȱ(Apgȱ2),ȱPaulusȱ(Apgȱ 13)ȱundȱJakobusȱ(Apgȱ15),ȱdaȱsieȱsichȱinȱmehrerenȱAspektenȱberühren.ȱ AlleȱerwähnenȱDavid,525ȱalleȱzitierenȱausȱderȱLXX.ȱBeiȱallenȱspieltȱ–ȱimȱ Rahmenȱ derȱ soebenȱ angedeutetenȱ Interpretationȱ –ȱ dieȱ Auferweckungȱ Jesuȱ(beiȱPetrusȱundȱPaulusȱimȱausdrücklichenȱGegensatzȱzumȱgestorȬ benenȱDavid)ȱeineȱwichtigeȱRolle.ȱ ZurȱDavidȬRezeptionȱinȱderȱApostelgeschichteȱistȱetwasȱweiterȱauszuholen:ȱ Esȱfälltȱauf,ȱdassȱsowohlȱinȱderȱPfingstredeȱdesȱPetrus,ȱwieȱauchȱinȱderȱersȬ tenȱ Missionsredeȱ desȱ Paulusȱ imȱ pisidischenȱ Antiochien,ȱ wieȱ auchȱ inȱ derȱ RedeȱdesȱJakobusȱaufȱdenȱPatriarchenȱDavidȱhingewiesenȱwird.526ȱInȱApgȱ2ȱ undȱ13ȱwirdȱDavidȱalsȱVorläuferȱJesu527ȱbzw.ȱJesusȱalsȱNachkommeȱDavidsȱ charakterisiert.ȱAußerdemȱstehtȱinȱbeidenȱRedenȱdasȱMotivȱderȱVerwesungȱ (Έ΍΅ΚΌΓΕΣ:ȱApgȱ2,27.31ȱvgl.ȱ29;ȱ13,34–37),ȱdieȱDavidȱschauenȱmusste,ȱwähȬ rendȱJesusȱvonȱGottȱauferwecktȱwurde.ȱEsȱhandeltȱsichȱdabeiȱumȱeineȱDeuȬ tungȱderȱAuferweckungȱJesuȱmitȱPsalmwortenȱDavids,ȱdieȱdieserȱüberȱJeȬ susȱ sprach.ȱ Darüberȱ hinausȱ blicktȱ Petrusȱ inȱ Apgȱ 2,33–36ȱ aufȱ dieȱ HimmelȬ fahrtȱ Jesuȱ alsȱ einemȱ zweitenȱ Aktȱ göttlichenȱ Handelnsȱ nachȱ derȱ AuferweȬ ckungȱ (entsprechendȱ derȱ narrativenȱ Darstellungȱ inȱ Lkȱ 24ȱ undȱ Apgȱ 1)ȱ zuȬ rück.ȱ Verbindenȱ wirȱ nunȱ dieȱ Vorgabenȱ ausȱ denȱ Redenȱ vonȱ Petrusȱ undȱ Paulusȱ mitȱ Apgȱ 15,ȱ soȱ wirdȱ manȱ auchȱ dieȱ Metapherȱ vonȱ derȱ „Wiedererrichtungȱ derȱ Hütteȱ Davids“ȱ vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ sehen.ȱ Inȱ derȱ lukanischenȱ Christologieȱ derȱ Apostelgeschichteȱ istȱ Jesusȱ wesentlichȱ alsȱ Nachkommeȱ Davidsȱ charakterisiert.528ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ dieȱ Wiederherstellungȱ derȱ Herrschaftȱ desȱ davidischenȱ Geschlechts,ȱ inȱ derȱ Christusȱ alsȱ neuerȱ Davidȱ gesehenȱwird.ȱDieȱWiederaufrichtungȱgeschiehtȱdurchȱdasȱHandelnȱGottes:ȱ ZunächstȱdurchȱdieȱAuferweckungȱJesuȱvonȱdenȱToten,ȱdannȱaberȱvorȱalȬ lemȱ durchȱ seineȱ Erhöhungȱ zumȱ Vater,ȱ dieȱ Lukasȱ inȱ derȱ HimmelfahrtserȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 524ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ dieȱ bereitsȱ analysiertenȱ Texte:ȱ Lkȱ 13,31–35;ȱ 21,20–24;ȱ Apgȱ 1,6f.;ȱ 3,19–21;ȱ auchȱinȱdiesemȱZusammenhangȱistȱnochmalsȱinsbesondereȱaufȱApgȱ3,21ȱhinzuweiȬ sen:ȱDieȱ„Wiederherstellungȱvonȱallem,ȱwasȱdieȱProphetenȱgesagtȱhaben“,ȱgeschiehtȱ beiȱderȱParusie;ȱauchȱPaulusȱsprichtȱdieseȱErwartungȱinȱApgȱ26,6f.ȱaus.ȱ 525ȱȱ Apgȱ2,25.29–31.34;ȱApgȱ13,22f.34.36;ȱApgȱ15,16.ȱ 526ȱȱ AußerhalbȱdieserȱdreiȱRedenȱerscheintȱderȱNameȱDavidȱnurȱnochȱvereinzeltȱinȱApgȱ 1,16;ȱ4,25;ȱ7,45.ȱAuffälligȱist,ȱdassȱinȱderȱgroßenȱStephanusredeȱDavidȱnurȱamȱRandeȱ erwähntȱwirdȱ(7,45).ȱ 527ȱȱ Apgȱ 2,30:ȱ „Erȱ wusste,ȱ dassȱ Gottȱ ihmȱ einenȱ Eidȱ geschworenȱ hatte,ȱ einenȱ vonȱ derȱ FruchtȱseinerȱLendeȱaufȱseinenȱThronȱzuȱsetzen;ȱApgȱ13,23:ȱ„Ausȱdessenȱ(=ȱDavids)ȱ SamenȱhatȱGottȱgemäßȱderȱVerheißungȱJesusȱfürȱIsraelȱalsȱRetterȱgebracht.“ȱ 528ȱȱ Vgl.ȱschonȱLkȱ1,27.32.69;ȱ2,4.11;ȱaußerdemȱ18,38f.;ȱdieȱAnredeȱJesuȱalsȱ„SohnȱDavids“ȱ istȱallerdingsȱbeiȱMatthäusȱhäufiger.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

255ȱ

zählungȱ(Apgȱ1,6–11)ȱverwirklichtȱsieht,ȱwieȱApgȱ2,33ȱzeigt,ȱwoȱdieȱErhöȬ hungȱvonȱderȱAuferweckungȱJesuȱnochȱeinmalȱabgesetztȱwird.ȱEinȱwesentȬ licherȱ Aspektȱ dieserȱ Unterscheidungȱ vonȱ Auferweckungȱ ausȱ demȱ Grabȱ undȱ Erhöhungȱ inȱ derȱ Himmelfahrtȱ istȱ dieȱ Sendungȱ desȱ Heiligenȱ Geistesȱ (vgl.ȱ Apgȱ 1,5.8;ȱ 2,4.33).ȱ Diesesȱ Motivȱ findetȱ sichȱ aufȱ demȱ Apostelkonzilȱ wieder,ȱ woȱ Petrusȱ vonȱ derȱ Gabeȱ desȱ Geistesȱ anȱ dieȱ Heidenȱ sprichtȱ (15,8).ȱ Jakobus,ȱ derȱ dieȱ Worteȱ desȱ Petrusȱ aufgreift,ȱ verknüpftȱ denȱ Glaubenȱ derȱ HeidenvölkerȱnunȱaufgrundȱdesȱAmoszitatesȱmitȱderȱ„Wiederaufrichtungȱ derȱHütteȱDavids“ȱ(15,16).ȱ

Esȱ hatȱ sichȱ nunȱ gezeigt,ȱ dassȱ dasȱ Prophetenwortȱ nichtȱ isoliertȱ aufȱ dieȱ Auferweckungȱ Jesuȱ bezogenȱ werdenȱ kann.ȱ Lukasȱ hatȱ dieȱ Vokabelȱ ΦΑϟΗΘ΋ΐ΍,ȱdieȱfürȱihnȱuntrennbarȱmitȱderȱAuferstehungȱverbundenȱist,ȱ zweimalȱausgetauscht,ȱumȱdiesȱzuȱverdeutlichen.ȱDerȱAkzentȱdesȱZitaȬ tesȱliegtȱaufȱV.ȱ17,ȱdemȱfinalenȱϵΔΝΖȱΩΑ:ȱDieȱAufrichtungȱderȱHütteȱhatȱ dasȱ Ziel,ȱ dassȱ dieȱ übrigenȱ Menschenȱ nunȱ (nachdemȱ dieȱ Hütteȱ aufgeȬ richtetȱist),ȱdenȱHerrnȱsuchen.ȱDiesȱistȱallerdingsȱnochȱnichtȱdurchȱdieȱ Auferstehungȱ alsȱ solcheȱ geschehen,ȱ sondernȱ imȱ Gesamtgeschehenȱ derȱ ErhöhungȱJesu,ȱzuȱdemȱauchȱdieȱHimmelfahrtȱundȱdannȱdieȱGabeȱdesȱ Geistesȱgehören,ȱwieȱApgȱ1ȱundȱ2ȱberichtenȱ(dasȱKommenȱderȱHeidenȬ völkerȱ wirdȱ entsprechendȱ inȱ Apgȱ 1,8ȱ undȱ 2,39ȱ angedeutet).ȱ Mitȱ derȱ Parusieȱistȱdieȱ„AufrichtungȱderȱHütteȱDavids“ȱinsofernȱverbunden,ȱalsȱ mitȱihrȱdasȱReichȱfürȱIsraelȱendgültigȱerrichtetȱwird.ȱInsofernȱwirdȱmanȱ nichtȱstrengȱzwischenȱderȱpräsentischenȱundȱderȱeschatologischenȱDeuȬ tungȱtrennenȱdürfen.ȱDasȱΗΙΐΚΝΑΉϧΑȱderȱProphetenworteȱ(Apgȱ15,15)ȱ legtȱdenȱBezugȱeinerȱpräsentischenȱDeutungȱnahe,ȱinsofernȱdieȱHeidenȱ bereitsȱinȱdieȱKircheȱkommenȱundȱdenȱHerrnȱsuchen.ȱDochȱbleibtȱeineȱ letzteȱ Offenheitȱ desȱ Versesȱ aufȱ dieȱ Zukunftȱ hin,ȱ insofernȱ dasȱ ErhöȬ hungsgeschehenȱ Jesuȱ Christiȱ erstȱ mitȱ derȱ Parusieȱ zuȱ seinemȱ endgültiȬ genȱAbschlussȱkommt.ȱ Derȱ Textȱ zeigtȱ soȱ einmalȱ mehr,ȱ dassȱ Lukasȱ inȱ diesemȱ ZusammenȬ hangȱ nichtȱ strengȱ zwischenȱ zeitlichenȱ Epochenȱ unterscheidet.ȱ Dieȱ InȬ thronisationȱJesuȱgeschiehtȱzwarȱschonȱbeiȱderȱAuferstehung,ȱwirdȱimȱ narrativenȱKonzeptȱdesȱlukanischenȱDoppelwerksȱ–ȱtrotzȱAussagenȱwieȱ Lkȱ24,26ȱüberȱdieȱ„Herrlichkeit“ȱdesȱauferwecktenȱMessiasȱ–ȱjedochȱerstȱ mitȱderȱHimmelfahrtȱsichtbar.529ȱDochȱauchȱdamitȱsindȱdieȱVerheißunȬ genȱ Gottesȱ keineswegsȱ vollständigȱ eingelöst.ȱ Dieȱ nochȱ ausstehendeȱ ParusieȱalsȱweitereȱDimensionȱdesȱchristologischenȱHoheitsgeschehensȱ gehörtȱebenfallsȱhinzu.ȱEsȱgehtȱbeiȱdiesemȱWortȱalsoȱletztlichȱumȱChrisȬ tus,ȱ mitȱ dessenȱ Erhöhungȱ auchȱ dieȱ Missionȱ unterȱ denȱ Nichtjudenȱ beȬ gonnenȱ hat.ȱ Dochȱ auchȱ dieseȱ Perspektiveȱ stehtȱ unterȱ demȱ Vorbehaltȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 529ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ dieȱ fürȱ Lukasȱ typischeȱ Betonungȱ derȱ Leiblichkeitȱ desȱ Auferstandenenȱ inȱ Lkȱ24,ȱdieȱdeutlichȱvonȱseinerȱhimmlischenȱStellungȱnachȱApgȱ1,12ȱunterschiedenȱist.ȱ

256ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

derȱ nochȱ inȱ derȱ Zukunftȱ liegendenȱ Parusie.ȱ Soȱ wirdȱ manȱ festhaltenȱ können,ȱdassȱ„dieȱVerheißungȱvonȱAmȱ9,11ȱLXX,ȱdieȱJakobusȱinȱseinerȱ RedeȱinȱApgȱ15,6ȱzitiert,ȱ[…]ȱauchȱvonȱLukasȱalsȱnochȱnichtȱendgültigȱ erfülltȱbetrachtet“530ȱwird.ȱ

3.8.8ȱDieȱ„Jakobusklauseln“ȱ(V.ȱ20)ȱ Vonȱ besonderemȱ Interesseȱ istȱ schließlichȱ dieȱ praktischeȱ Konsequenzȱ ausȱ derȱ vorgehendenȱ theologischenȱ Reflexionȱ amȱ Endeȱ derȱ Rede.ȱ Dieȱ sogenanntenȱ„Jakobusklauseln“ȱstellenȱallerdingsȱwieȱbereitsȱangedeuȬ tet,ȱ nichtȱ lediglichȱ einenȱ „praktischenȱ Kompromissvorschlag“531ȱ dar,ȱ sondernȱ gebenȱ imȱ Gesamtduktusȱ derȱ Redeȱ gelesenȱ einenȱ wichtigenȱ HinweisȱfürȱdenȱStatusȱderȱHeidenchristenȱinȱderȱchristlichenȱEkklesia.ȱȱ BezüglichȱderȱhistorischȱrekonstruierbarenȱVorgängeȱundȱdesȱProbȬ lems,ȱdassȱPaulusȱinȱseinerȱDarstellungȱausdrücklichȱfeststellt,ȱdassȱihmȱ keineȱ Vorgabenȱ fürȱ dieȱ Heidenmissionȱ gemachtȱ wurdenȱ (Galȱ 2,6),ȱ hatȱ sichȱfolgendeȱErklärungȱbislangȱamȱbestenȱbewährt:ȱInsofernȱdieȱKlauȬ selnȱ inȱ Kontextȱ vonȱ Mahlzeitenȱ anzusiedelnȱ sind,ȱ werdenȱ sieȱ imȱ AnȬ schlussȱ anȱ denȱ „antiochenischenȱ Zwischenfall“ȱ (Galȱ 2,11–14)ȱ gutȱ verȬ ständlich.ȱ Guteȱ Gründeȱ sprechenȱ dafür,ȱ dassȱ Lukasȱ dieȱ Klauselnȱ ausȱ einerȱ etwasȱ späterenȱ Zeitȱ schonȱ inȱ dasȱ Jerusalemerȱ Treffenȱ zurȱ BeȬ schneidungsfrageȱ vorverlegtȱ hat.532ȱ Damitȱ werdenȱ dieȱ verschiedenenȱ ProblemkonstellationenȱimȱKontextȱderȱHeidenmissionȱundȱdesȱMiteiȬ nandersȱ vonȱ JudenȬȱ undȱ Heidenchristenȱ aufȱ einerȱ einzigenȱ VersammȬ lungȱgelöst,ȱdieȱdadurchȱeinȱsehrȱhohesȱKonfliktlösungspotentialȱzeigt,ȱ wieȱesȱsichȱLukasȱalsȱVorbildȱfürȱdieȱKircheȱspätererȱZeitȱwünscht.ȱ Vermutlichȱ sindȱ dieseȱ Regelnȱ auchȱ inȱ derȱ Gemeindeȱ desȱ Lukasȱ inȱ kraftȱ gewesen.ȱ Dieȱ mehrfacheȱ Wiederholungȱ imȱ weiterenȱ Verlaufȱ derȱ Geschichteȱ zeigtȱ an,ȱ wieȱ bedeutsamȱ sieȱ fürȱ Lukasȱ waren.ȱ Manȱ kannȱ vermuten,ȱ dassȱ erȱinȱihnenȱ einȱausgesprochenȱ gelungenesȱ Beispielȱfürȱ dasȱpraktischeȱMiteinanderȱvonȱJudenȱundȱNichtjudenȱinȱeinerȱchristliȬ chenȱGemeindeȱsah,ȱdaȱsieȱdieȱAnliegenȱbeiderȱGruppenȱernstȱnahmen.ȱ InteressantȱistȱdieȱVarianteȱdesȱimȱCodexȱBezaeȱbezeugtenȱ(DȬ)Textes,ȱderȱ dasȱdritteȱGliedȱdesȱ„Erstickten“ȱtilgtȱundȱamȱEndeȱdieȱGoldeneȱRegelȱanȬ fügt.ȱ Dieȱ dadurchȱ entstehendeȱ Ethisierungȱ derȱ ansonstenȱ demȱ kultischȬ rituellenȱ Bereichȱ zugehörendenȱ Klauselnȱ lässtȱ sichȱ amȱ bestenȱ soȱ erklären,ȱ dassȱ dasȱ Dekretȱ auchȱ inȱ spätererȱ Zeitȱ nochȱ sinnvollȱ bleibenȱ sollte,ȱ alsȱ dieȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 530ȱȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ161.ȱ 531ȱȱ Schneider,ȱApgȱII,ȱ183.ȱ 532ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱMußner,ȱGal,ȱ134f.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

257ȱ

TischgemeinschaftȱvonȱJudenȱundȱHeidenȱinȱderȱchristlichenȱEkklesiaȱnichtȱ mehrȱ aktuellȱ war.ȱ Nachȱ Josephȱ Zmijewskiȱ entstehtȱ soȱ auchȱ eineȱ grundleȬ gendeȱ Pflichtȱ zurȱ Enthaltungȱ vonȱ denȱ dreiȱ Hauptsündenȱ Götzendienst,ȱ UnzuchtȱundȱMord.533ȱDerȱCodexȱBezaeȱbezeugtȱhierȱjedochȱgutȱerkennbarȱ eineȱsekundäreȱStufe.534ȱ

Umȱ derȱ genauenȱ Bedeutungȱ derȱ Klauselnȱ aufȱ dieȱ Spurȱ zuȱ kommen,ȱ bietetȱ V.ȱ 21ȱ wichtigeȱ Hinweise,ȱ insofernȱ sichȱ hierȱ einȱ dieȱ Klauselnȱ beȬ gründenderȱ(·ΣΕ)ȱHinweisȱaufȱdieȱinȱdenȱSynagogenȱgelesenenȱSchrifȬ tenȱdesȱMoseȱfindet.ȱInȱderȱDiskussion,ȱumȱwelcheȱStellenȱesȱsichȱkonȬ kretȱ handelt,ȱ stehenȱ vorȱ allemȱ zweiȱ Texte,ȱ dieȱ Ähnlichkeitenȱ zuȱ denȱ Bestimmungenȱ desȱ Jakobusȱ aufweisen.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ dabeiȱ umȱ dieȱ GesetzeȱfürȱdieȱProselytenȱinȱLevȱ17f.ȱundȱumȱdieȱsog.ȱ„noachidischenȱ Gebote“,ȱ dieȱ imȱ Buchȱ Genesisȱ nochȱ nichtȱ formuliert,ȱ aberȱ inȱ rabbiniȬ scherȱ Traditionȱ imȱ Kontextȱ derȱ Noaherzählungȱ (Genȱ 9)ȱ ergänztȱ werȬ den.ȱ Eineȱ synoptischeȱ Gegenüberstellungȱ kannȱ erweisen,ȱ dassȱ sichȱ inȱ derȱ Fremdengesetzgebungȱ ausȱ Levȱ 17f.ȱ fürȱ jedesȱ Gliedȱ derȱ JakobusȬ klauselnȱeineȱmehrȱoderȱwenigerȱgenaueȱEntsprechungȱfindenȱlässt,ȱsoȱ dassȱnachȱAuffassungȱvielerȱAuslegerȱdieȱTraditionȱhinterȱdenȱKlauselnȱ inȱLevȱ17f.ȱzuȱfindenȱsei.535ȱDochȱsindȱvorȱallemȱaufgrundȱdesȱfürȱLukasȱ wesentlichenȱ Konzeptsȱ desȱ πΒȱ πΌΑЗΑȱ Ώ΅ϱΖ,ȱ dasȱ unmittelbarȱ vorherȱ formuliertȱ wird,ȱ Bedenkenȱ gegenüberȱ dieserȱ Deutungȱ anzumelden.ȱ Zumȱ einenȱ istȱ festzuhalten,ȱ dassȱ esȱ sichȱ inȱ Levȱ 17f.ȱ umȱ „ausdrücklichȱ anȱ dasȱ Landȱ Israelȱ gebundene[…]ȱ Gebote[…]“536ȱ handelt,ȱ dieȱ unbeseȬ henȱ aufȱ Gruppenȱ inȱ derȱ Diasporaȱ übertragenȱ würdenȱ –ȱ dennȱ dieȱ uniȬ versaleȱ Geltungȱ stehtȱ fürȱ dieȱ lukanischeȱ Interpretationȱ derȱ Klauselnȱ außerȱ Frage.537ȱ Desȱ Weiterenȱ istȱ zuȱ bedenken,ȱ dassȱ dieȱ Geboteȱ ausȱ Levȱ17f.ȱnichtȱdasȱMiteinanderȱvonȱJudenȱundȱFremdenȱinȱIsraelȱregeln,ȱ sondernȱ Duldungsbestimmungenȱ darstellen,538ȱ dieȱ aberȱ nochȱ keineȱ Gemeinschaftȱermöglichen.539ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 533ȱȱ Zmijewski,ȱApg,ȱ569.ȱ 534ȱȱ ZurȱDiskussionȱumȱeineȱDȬPrioritätȱvgl.ȱvorȱallemȱRiusȬCamps/ReadȬHeimerdinger,ȱ TheȱMessageȱofȱActs.ȱ 535ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱJervell,ȱApg,ȱ397.ȱ 536ȱȱ Deines,ȱAposteldekret,ȱ356.ȱ 537ȱȱ Vgl.ȱnurȱdieȱuniversaleȱPerspektiveȱinȱApgȱ15,12.ȱ 538ȱȱ Vgl.ȱdazuȱDeines,ȱAposteldekret,ȱ357f.ȱ 539ȱȱ DiesȱistȱauchȱimȱBlickȱaufȱH.ȱFrankemölleȱfestzuhalten,ȱnachȱdemȱdieȱKlauselnȱnichtȱ mitȱeinemȱspeziellenȱTextȱderȱToraȱzuȱverknüpfenȱsind,ȱsondernȱeherȱallgemeinȱaufȱ dieȱAnordnungenȱimȱBuchȱLeviticusȱverweisen,ȱdieȱmehrfachȱvorȱallemȱdenȱBlutgeȬ nussȱuntersagenȱ(Levȱ3,17;ȱ17,10ff.;ȱ19,26;ȱDtnȱ12,16.23,ȱvgl.ȱschonȱdenȱNoahȬBundȱinȱ Genȱ9,4),ȱvgl.ȱFrankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ253–255.ȱDerȱbiblischȱgenannteȱGrundȱfürȱ dieȱVorschriftenȱseiȱdieȱ„Heiligkeit“ȱ(vgl.ȱDtnȱ14,2.21ȱu.ȱö.)ȱIsraels.ȱ

258ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Dieȱ alternativeȱ Deutungȱ gehtȱ davonȱ aus,ȱ dassȱ dieȱ nichtjüdischenȱ Christusanhängerȱ alsȱ Menschen,ȱ dieȱ anȱ denȱ Gottȱ Israelsȱ undȱSchöpferȱ derȱ Weltȱ glauben,ȱ anȱ Grundgeboteȱ gebundenȱ sind,ȱ dieȱ dieserȱ nachȱ Aussageȱ desȱ Buchesȱ Genesisȱ allenȱ Menschenȱ gegebenȱ hat.ȱ Wennȱ Versȱ 21ȱvonȱMoseȱspricht,ȱsoȱistȱdamitȱaufȱdasȱersteȱBuchȱderȱTora,ȱdieȱGeneȬ sisȱhingewiesen.ȱ EindeutigȱistȱinȱdieserȱDiskussion,ȱdassȱdieȱRettungȱderȱHeidenȱalsȱ Heidenȱermöglichtȱwird.ȱ„AtȱtheȱApostolicȱCouncilȱinȱJerusalemȱitȱwasȱ resolvedȱthatȱGentilesȱcanȱbeȱsavedȱasȱGentiles,ȱwithoutȱneedingȱtoȱconȬ vertȱ toȱ Judaism.“540ȱ Dieȱ Noachidischenȱ Gesetzeȱ sindȱ soȱ „aȱ keyȱ formulationȱofȱJewishȱEthicsȱforȱGentiles“.541ȱDieȱrabbinischeȱTraditionȱ derȱ „noachidischenȱ Gesetze“ȱ behandeltȱ dasȱ Themaȱ desȱ Zueinandersȱ vonȱ Judenȱ undȱ Nichtjuden.ȱ Grundlegendȱ istȱ dieȱ Überzeugung,ȱ dassȱ Gottȱ bestimmteȱ Gesetzeȱ fürȱ alleȱ Menschenȱ gab,ȱ dieȱ denȱ Sinaigesetzenȱ nochȱvorausliegen.542ȱEsȱhandeltȱsichȱdabeiȱumȱethischeȱ„MindeststanȬ dards“,ȱdenenȱalleȱMenschenȱunterworfenȱsind.543ȱSoȱfindenȱsichȱinȱdenȱ Midraschimȱ zuȱ denȱ biblischenȱ Büchernȱ inȱ ausgefalteterȱ Formȱ sechsȱ Geboteȱ fürȱ dieȱ Menschen,ȱ dieȱ Götzendienst,ȱ Blasphemie,ȱ NichtbeachȬ tungȱdesȱRechtsprinzips,ȱTotschlag,ȱillegitimenȱGeschlechtsverkehrȱundȱ Diebstahlȱverbieten.544ȱ Rolandȱ Deinesȱ gibtȱ fürȱ beideȱ Alternativenȱ kritischȱ zuȱ bedenken,ȱ dassȱ sieȱ vomȱ Paradigmaȱ desȱ „heiligenȱ Volkes“ȱ ausgehen,ȱ alsȱ dasȱ sichȱ dieȱ Judenchristenȱ verstanden,ȱ undȱ „zuȱ demȱ dieȱ Heidenchristenȱ imȱ Verhältnisȱ vonȱ dazugekommenenȱ ‚Beisassen‘ȱ stehenȱ undȱ darumȱ denȱ Bestimmungenȱ desȱ gastgebendenȱ Volkesȱ bzw.ȱ derȱ Toraȱ zuȱ gehorchenȱ hätten“545;ȱ auchȱ seiȱ derȱ Gedankeȱ derȱ Tischgemeinschaft,ȱ womöglichȱ „geradeȱnichtȱdasȱProblemȱvonȱApgȱ15“,ȱsondernȱwerdeȱ„ausȱGalȱ2,11f.ȱ eingetragen“.546ȱ Manȱ wirdȱ hierȱ freilichȱ aufȱ dieȱ Begründungȱ vonȱ V.ȱ 21ȱ verweisen,ȱ einenȱ ausdrücklichenȱ Bezugȱ aufȱ Moseȱ undȱ damitȱ aufȱ dieȱ Toraȱfeststellt.ȱAuchȱgibtȱdieȱlukanischeȱKonzeptionȱzuȱerkennen,ȱdassȱ spezifischȱ jüdischeȱ Elementeȱ inȱ seinȱ Bildȱ derȱ christlichenȱ Ekklesiaȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 540ȱȱ Bockmuehl,ȱNoachideȱCommandments,ȱ145.ȱ 541ȱȱ Bockmuehl,ȱNoachideȱCommandments,ȱ146.ȱ 542ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBockmuehl,ȱNoachideȱCommandments,ȱ150ff.ȱ 543ȱȱ Einȱ Schlüsseltextȱ istȱ Genȱ 2,16f.:ȱ „Gottȱ derȱ Herrȱ setzteȱ festȱ überȱ denȱ Menschenȱ wieȱ folgtȱ […]“;ȱ vgl.ȱ außerdemȱ dieȱ Rechtssetzungenȱ fürȱ Noahȱ (Genȱ 9);ȱ auchȱ inȱ Genȱ 34ȱ bzw.ȱ Genȱ 38ȱ könntenȱ universaleȱ ethischeȱ Forderungenȱ entdecktȱ wordenȱ seinȱ (vgl.ȱ Bockmuehl,ȱNoachideȱCommandments,ȱ151).ȱ 544ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBockmuehl,ȱNoachideȱCommandments,ȱ151;ȱerȱnenntȱfolgendeȱBelegstelȬ len:ȱGenRabȱ16,6;ȱ24,5;ȱDtnRabȱ2,25;ȱCantRabȱ1,16;ȱbSanhȱ56b;ȱPesiqRabKahȱ12,1.ȱ 545ȱȱ Deines,ȱAposteldekret,ȱ354.ȱ 546ȱȱ Deines,ȱAposteldekret,ȱ356.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

259ȱ

hineingehören,ȱ soȱ dassȱ esȱ naheliegt,ȱ auchȱ dieȱ Klauselnȱ inȱ diesemȱ ZuȬ sammenhangȱzuȱdeuten.ȱInȱderȱTatȱformulierenȱsieȱnichtȱalleȱrelevantenȱ Aspekteȱ imȱ Blickȱ aufȱ einenȱ Reinheitszustand,ȱ derȱ Gemeinschaftȱ zwiȬ schenȱ JudenȬȱ undȱ Heidenchristenȱ ermöglicht.547ȱ Ihreȱ primäreȱ AusrichȬ tungȱ kannȱ tatsächlichȱ aufȱ ethischerȱ Ebeneȱ liegen,ȱ ohneȱ Akzenteȱ derȱ Reinheitsproblematikȱ ausschließenȱ zuȱ müssen.ȱ Insbesondereȱ dieȱ DeuȬ tungȱinȱderȱTraditionȱderȱnoachidischenȱGebote,ȱdieȱaufȱgrundlegendeȱ ethischeȱ Mindeststandardsȱ fürȱ alleȱ Menschenȱ abheben,ȱ welcheȱ demȱ gemeinschaftlichenȱ Lebenȱ dienenȱ sollen,ȱ erscheintȱ offenȱ genug,ȱ umȱ auchȱvonȱDeines‘ȱVorschlag,ȱdassȱdieȱBestimmungenȱGrenzenȱdefinieȬ ren,ȱ „dieȱ umȱ derȱ Wahrungȱ derȱ eigenenȱ Identitätȱ willenȱ undȱ imȱ HinȬ blickȱaufȱdieȱGottȱgegenüberȱgeforderteȱLoyalitätȱalsȱseinȱVolkȱzuȱlebenȱ nichtȱüberschrittenȱwerdenȱdürfen“548,ȱumgriffenȱzuȱwerden.ȱDieȱReinȬ heitsthematikȱ warȱ fürȱ Judenȱ außerhalbȱ Palästinaȱ vermutlichȱ wenigerȱ bedeutsam.ȱ Eherȱ mühteȱ manȱ sichȱ „amȱ biblischenȱ Monotheismusȱ undȱ anȱ derȱ Identitätȱ alsȱ Volkȱ festzuhalten,ȱ sowieȱ aufȱ dieȱ Erlösungȱ zuȱ hofȬ fen“549.ȱDemȱGedanken,ȱdassȱdieȱKlauselnȱauchȱinȱdiesemȱZusammenȬ hangȱ demȱ Miteinanderȱ vonȱ Judenȱ undȱ Heidenȱ inȱ derȱ christlichenȱ GeȬ meindeȱdienten,ȱstehtȱnichtsȱimȱWege.550ȱ Wennȱ Jensȱ Schröterȱ meint,ȱ dassȱ dieȱ Entwicklungȱ derȱ ApostelgeȬ schichteȱ „zuȱ einerȱ neuenȱ Gestaltȱ desȱ Gottesvolkesȱ [führt],ȱ dasȱ nichtȱ mehrȱ aufȱ dasȱ Gesetz,ȱ sondernȱ aufȱ dasȱ Aposteldekretȱ verpflichtetȱ wird“551,ȱ soȱ übersiehtȱ erȱ dieȱ bleibendeȱ Gültigkeitȱ desȱ Gesetzesȱ fürȱ dieȱ Gliederȱ Israelsȱ inmittenȱ derȱ Kirche,ȱ sowieȱ dieȱ innereȱ Hinordnungȱ desȱ Aposteldekretsȱ aufȱ dasȱ jüdischeȱ Gesetz,ȱ insofernȱ esȱ denȱ Heidenȱ einȱ MiteinanderȱmitȱdemȱjüdischenȱTeilȱderȱKircheȱermöglicht.ȱ EineȱandereȱAuffassungȱbietetȱetwaȱHansȱHübner,ȱderȱinȱApgȱ10ȱeineȱAufȬ hebungȱ derȱ Toraȱ (exemplarischȱ anhandȱ derȱ Speisegesetze)ȱ durchȱ Gottȱ selbstȱerkennt.ȱDieȱpartielleȱAbschaffungȱimȱBereichȱderȱSpeisenȱhatȱfürȱihnȱ substantielleȱ Bedeutung,ȱ undȱ zwarȱ umȱ derȱ Heidenmissionȱ willen.ȱ Aberȱ wieȱApgȱ10,28ȱzeigt,ȱstehenȱdieȱSpeisenȱprimärȱalsȱSymbolȱfürȱdieȱHeiden,ȱ dochȱwasȱgenauȱbeimȱEssenȱmitȱCorneliusȱabliefȱwirdȱzunächstȱeinmalȱgarȱ nichtȱ erzählt.ȱ Erstȱ beiȱ derȱ Rückkehrȱ nachȱ Jerusalemȱ hältȱ manȱ Petrusȱ diesȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 547ȱȱ Deines,ȱ Aposteldekret,ȱ 361,ȱ weistȱ insbesondereȱ aufȱ dieȱ „Nichterwähnungȱ vonȱ ToȬ tenunreinheit“ȱhin.ȱ 548ȱȱ Deines,ȱAposteldekret,ȱ394.ȱ 549ȱȱ Deines,ȱAposteldekret,ȱ365f.ȱ 550ȱȱ Imȱ Kontextȱ derȱ Reinheitsthematikȱ wäreȱ Apgȱ 15ȱ auchȱ fürȱ dieȱ Gesamtanlageȱ desȱ Doppelwerksȱ aufschlussreich.ȱ Dieȱ Auslassungȱ derȱ Perikopeȱ Mkȱ 7,1–23ȱ würdeȱ sichȱ dannȱ darausȱ erklären,ȱ dassȱ Lukasȱ dasȱ Reinheitsthemaȱ nichtȱ schonȱ imȱ Evangelium,ȱ sondernȱerstȱimȱKontextȱeinerȱEkklesiaȱausȱJudenȱundȱHeidenȱbearbeitenȱwollte.ȱ 551ȱȱ Schröter,ȱLukasȱalsȱHistoriograph,ȱ229.ȱ

260ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

vorȱ(Apgȱ11,3);ȱauchȱApgȱ11,18ȱbetontȱdieȱUmkehrȱimȱKontextȱderȱTaufe,ȱ ohneȱdasȱEssenȱzuȱerwähnen.ȱWennȱHübnerȱmeint,ȱdassȱIsraelȱ„umȱdieserȱ Heidenȱ willenȱ inȱ einemȱ erheblichenȱ Umfangȱ eigeneȱ Identitätȱ preisgeȬ ben“552ȱ müsse,ȱ wirdȱ manȱ daherȱ dagegenȱ halten,ȱ dassȱ umgekehrtȱ dieȱ HeiȬ denchristenȱ sichȱ aufȱ einigeȱ Grundsätzeȱ verpflichtenȱ müssen,ȱ wieȱ Apgȱ 15ȱ erweist.ȱAuchȱJesusȱundȱPaulusȱsindȱjaȱfürȱLukasȱgesetzestreu.553ȱApgȱ15ȱistȱ geradeȱnichtȱsoȱzuȱverstehen,ȱdassȱ„dasȱ‚Bundes‘ȬZeichenȱvonȱGenȱ17ȱ[…]ȱ abrogiertȱ [wird],ȱ wennȱ auchȱ ‚nur‘ȱ fürȱ dieȱ Heidenchristen“554.ȱ Vielmehrȱ bleibtȱ dieȱ Beschneidungȱ fürȱ Judenȱ grundsätzlichȱ erhalten,ȱ dieȱ Heidenȱ beȬ kommenȱgewissermaßenȱdasȱSonderrecht,ȱalsȱπΒȱπΌΑЗΑȱΏ΅ϱΖȱanȱdieȱSeiteȱ Israelsȱzuȱtreten.ȱDerȱdieȱKlauselnȱwiederholendeȱSatzȱApgȱ21,25ȱistȱdaherȱ nurȱscheinbarȱsperrig,ȱsoȱalsȱobȱmanȱPaulusȱetwasȱerzählenȱmüsste,ȱwasȱerȱ dochȱ schonȱ längstȱ weiß.555ȱ Vielmehrȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ eineȱ sachlichȱ anȬ gemesseneȱVervollständigung:ȱNachdemȱApgȱ21,24ȱzeigt,ȱdassȱPaulusȱseiȬ nemȱJudentumȱentsprechendȱlebt,556ȱschiebtȱV.ȱ25ȱnach,ȱdassȱauchȱdieȱHeiȬ denmission,ȱ dieȱ vonȱ Jerusalemerȱ Seiteȱ offiziellȱ bestätigtȱ wurde,ȱ aufgrundȱ derȱ Klauselnȱ dieȱ Gemeinschaftȱ mitȱ denȱ Judenȱ (jedenfallsȱ inȱ derȱ Sichtȱ desȱ Lukas)ȱermöglichtȱundȱdamitȱweiterenȱAngriffenȱvorgebeugtȱsei.ȱ

Dieȱ Klauselnȱ desȱ Apostelkonventsȱ werdenȱ bereitsȱ inȱ derȱ Altenȱ Kircheȱ offenbarȱ kaumȱ mehrȱ beachtet.ȱ Umsoȱ interessanterȱ sindȱ dieȱ einzelnenȱ verstreutenȱ Hinweiseȱ ausȱ spätererȱ Zeit,ȱ dieȱ eineȱ Beachtungȱ derȱ KlauȬ selnȱvoraussetzen.557ȱSchonȱimȱNeuenȱTestamentȱgibtȱesȱeinȱvomȱlukaȬ nischenȱ Doppelwerkȱ unabhängigesȱ Zeugnisȱ inȱ derȱ Offenbarungȱ desȱ Johannes.ȱZweiȱderȱsiebenȱSendschreibenȱamȱAnfangȱdesȱBuchesȱlegenȱ dieȱBeachtungȱderȱKlauselnȱbzw.ȱähnlicherȱPraktikenȱnahe.ȱSoȱwirdȱimȱ SchreibenȱanȱdieȱGemeindeȱinȱPergamonȱgegenȱgewisseȱLeute,ȱdieȱdieȱ „LehreȱBileams“ȱ(Offbȱ2,14:ȱΘχΑȱΈ΍Έ΅ΛχΑȱ̅΅Ώ΅Σΐ)ȱfolgen,ȱpolemisiert:ȱ Dazuȱ gehöreȱ dasȱ Essenȱ vonȱ Götzenopferfleischȱ undȱ unzüchtigesȱ TreiȬ benȱ(Κ΅·ΉϧΑȱΉϢΈΝΏϱΌΙΘ΅ȱΎ΅ϠȱΔΓΕΑΉІΗ΅΍)ȱ–ȱdiesȱentsprichtȱdenȱerstenȱ beidenȱ Klauselnȱ desȱ Aposteldekretsȱ ([…]ȱ ΘΓІȱ ΦΔνΛΉΗΌ΅΍ȱ ΘЗΑȱ ΦΏ΍Η·΋ΐΣΘΝΑȱ ΘЗΑȱ ΉϢΈЏΏΝΑȱ Ύ΅Ϡȱ ΘϛΖȱ ΔΓΕΑΉϟ΅Ζ).ȱ Imȱ anschließendenȱ Schreibenȱ anȱ dieȱ Gemeindeȱ inȱ Thyatiraȱ wiederholtȱ sichȱ dieȱ Anklage,ȱ diesmalȱ imȱ Rückgriffȱ aufȱ dieȱ alttestamentlicheȱ Gestaltȱ derȱ Isebel,ȱ dieȱ dieȱ Christenȱ zuȱ Unzuchtȱ undȱ Essenȱ vonȱ Götzenopferfleischȱ verführeȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 552ȱȱ Hübner,ȱTheologieȱIII,ȱ133.ȱ 553ȱȱ AndersȱetwaȱMkȱ7,15,ȱdasȱLukasȱnichtȱübernehmenȱkann;ȱentsprechendȱfehltȱbeiȱihmȱ auchȱeineȱParalleleȱzuȱMkȱ10,2ff.,ȱwoȱJesusȱdieȱgesetzlichenȱBestimmungenȱzurȱHeiȬ ratȱmodifiziert.ȱ 554ȱȱ Hübner,ȱTheologieȱIII,ȱ134.ȱ 555ȱȱ SoȱHübner,ȱTheologieȱIII,ȱ135f.ȱ 556ȱȱ Vgl.ȱauchȱnochȱApgȱ24,6.14;ȱ25,8;ȱ26,22f.ȱ–ȱalleȱdieseȱStellenȱthematisierenȱdieȱGesetȬ zestreueȱdesȱPaulus.ȱDieȱKontinuitätȱistȱunverkennbar.ȱ 557ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWehnert,ȱReinheit,ȱ192–208.ȱ

ȱ

3.8ȱ Apgȱ15,13–21:ȱDieȱJakobusredeȱaufȱdemȱApostelkonventȱ

261ȱ

(Offbȱ 2,20:ȱ ΔΏ΅Αλȱ ΘΓϿΖȱ πΐΓϿΖȱ ΈΓϾΏΓΙΖȱ ΔΓΕΑΉІΗ΅΍ȱ Ύ΅Ϡȱ Κ΅·ΉϧΑȱ ΉϢΈΝΏϱΌΙΘ΅).558ȱ Auchȱ inȱ derȱ Didacheȱ giltȱ dieȱ Weisung,ȱ sichȱ vonȱ GötȬ zenopferfleischȱ zuȱ enthaltenȱ (Didȱ 6,3:ȱ ΦΔϲȱ Έξȱ ΘΓІȱ ΉϢΈΝΏΓΌϾΘΓΙȱ Ώϟ΅Αȱ ΔΕϱΗΉΛΉ).ȱReminiszenzenȱanȱdieȱKlauselnȱlassenȱsichȱauchȱinȱanderenȱ Textenȱ aufweisen,ȱ etwaȱ beiȱ derȱ Verweigerungȱ derȱ Nahrungsannahmeȱ vonȱHeidenȱinȱ3ȱJohȱ7.559ȱDenȱdeutlichstenȱHinweisȱaufȱdieȱBeachtungȱ derȱ Klauselnȱ bietetȱ hingegenȱ Eusebiusȱ inȱ seinerȱ Kirchengeschichte.ȱ ÜberȱChristenȱausȱLyonȱheißtȱesȱdort,ȱdassȱesȱihnenȱ„nichtȱgestattetȱist,ȱ dasȱBlutȱunvernünftigerȱTiereȱzuȱgenießen“560,ȱwomitȱdieȱvierteȱKlauselȱ aufgegriffenȱwird.ȱ

3.8.9ȱErtragȱ DieȱErzählungȱdesȱApostelkonventsȱistȱ–ȱwieȱApgȱ6ȱundȱ10f.ȱ–ȱeinȱweiȬ teresȱ Beispielȱ dafür,ȱ wieȱ sichȱ Lukasȱ dieȱ Lösungȱ vonȱ Konfliktenȱ inȱ derȱ Kircheȱ vorstelltȱ undȱ willȱ inȱ pragmatischerȱ Hinsichtȱ alsȱ Beispielȱ einerȱ Konfliktlösung561ȱgelesenȱwerden.ȱDasȱAposteldekretȱistȱinȱApgȱ15ȱ„eiȬ neȱ praktikableȱ wieȱ rechtlichȱ verbindlicheȱ Lösung“562,ȱ derenȱ Normȱ inȱ denȱnoachidischenȱGebotenȱbesteht,ȱdieȱdieȱEinheitȱeinerȱGemeindeȱausȱ Judenȱ undȱ Heidenȱ imȱ praktischenȱ Alltagȱ ermöglichen.ȱ Stefanȱ Kochȱ nenntȱdieȱinȱderȱApostelgeschichteȱvorgestelltenȱKonfliktlösungenȱ„juȬ denchristlichȱgeprägt“563.ȱ Esȱ gehtȱ Lukasȱ darum,ȱ alleȱ Gruppenȱ zusammenzubringenȱ undȱ imȱ RückgriffȱaufȱdieȱAutoritätȱderȱSchriftȱundȱimȱBlickȱaufȱdieȱGeschichteȱ eineȱgeistgewirkteȱEntscheidungȱzuȱtreffen,ȱdieȱdieȱMöglichkeitȱbietet,ȱ divergierendenȱ Anschauungenȱ inȱ einerȱ erstȱ nochȱ zuȱ entwickelndenȱ Positionȱ zuȱ vereinigen,ȱ soȱ dassȱ dieȱ Einheitȱ derȱ Kircheȱ gewahrtȱ bleibt.ȱ Unabhängigȱ davon,ȱ dassȱ eineȱ flächendeckendeȱ Anwendungȱ desȱ „Aposteldekrets“ȱ inȱ derȱ frühenȱ Kircheȱ historischȱ nichtȱ zutreffendȱ istȱ undȱwohlȱnurȱvonȱeinerȱeherȱgeringenȱAnzahlȱvonȱGemeindenȱpraktiȬ ziertȱ wurde,ȱ istȱ esȱ fürȱ Lukasȱ einȱ gewichtigesȱ Zeugnisȱ fürȱ dieȱ ganzeȱ Kirche.ȱDieȱzentraleȱStellungȱinȱderȱMitteȱdesȱBuches,ȱdieȱAnwesenheitȱ derȱ großenȱ Gestaltenȱ Petrus,ȱ Jakobusȱ undȱ Paulusȱ sowieȱ derȱ verschieȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 558ȱȱ Vgl.ȱauchȱdieȱRedeȱvomȱEhebruchȱinȱV.ȱ22ȱsowieȱdieȱErwähnungȱvonȱ„keinenȱandeȬ renȱLasten“ȱinȱV.ȱ24,ȱdieȱanȱApgȱ15,38ȱerinnern.ȱDazuȱWehnert,ȱReinheit.ȱ 559ȱȱ Vgl.ȱdazuȱHengel,ȱSchrifttum,ȱ236:ȱ„MöglicherweiseȱstoßenȱwirȱhierȱaufȱeineȱNachȬ wirkungȱdesȱAposteldekrets.“ȱ 560ȱȱ Eusebius,ȱHistEcclȱ5,1,26:ȱΓϩΖȱΐ΋ΈξȱΦΏϱ·ΝΑȱΊФΝΑȱ΅ϩΐ΅ȱΚ΅·ΉϧΑȱπΒϱΑ.ȱ 561ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKoch,ȱRegelung.ȱ 562ȱȱ Koch,ȱRegelung,ȱ226ȱAnm.ȱ7.ȱ 563ȱȱ Vgl.ȱKoch,ȱRegelung,ȱ84–108.ȱ

262ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

denenȱ christlichenȱ Gruppierungen,ȱ dieȱ Notizȱ vonȱ derȱ Weitergabeȱ derȱ Klauselnȱ inȱ Antiochienȱ unmittelbarȱ anschließendȱ inȱ Apgȱ 15,28f.ȱ undȱ dieȱNachricht,ȱdassȱdieȱ„Beschlüsse,ȱdieȱvonȱdenȱApostelnȱundȱÄltestenȱ inȱJerusalemȱgefasstȱwordenȱwaren“,ȱauchȱinȱanderenȱStädtenȱverkünȬ detȱ wurdenȱ (vgl.ȱ Apgȱ 16,4),ȱ sowieȱ schließlichȱ dieȱ nochmaligeȱ ErwähȬ nungȱ inȱ Apgȱ 21,25ȱ zeigen,ȱ dassȱ derȱ Beschlussȱ einȱ paradigmatischesȱ BeispielȱfürȱLukasȱist,ȱdasȱZusammenlebenȱvonȱJudenȱundȱNichtjudenȱ inȱdenȱchristlichenȱGemeindenȱzuȱermöglichen.ȱDieȱApostelgeschichteȱ gibtȱkeinenȱHinweisȱdarauf,ȱdassȱihrȱAutorȱsichȱvonȱdiesenȱBeschlüssenȱ distanziertȱ hätte.ȱ Vielmehrȱ wirdȱ manȱ davonȱ ausgehen,ȱ dassȱ Lukasȱ selbstȱ sichȱ anȱ dieȱ Klauselnȱ gehaltenȱ hat.ȱ Dieseȱ Tatsacheȱ istȱ kaumȱ zuȱ überschätzen,ȱzeigtȱsieȱdoch,ȱdassȱfürȱdasȱlukanischeȱDoppelwerkȱeineȱ Kircheȱ„ausȱIsraelȱundȱdenȱVölkern“ȱganzȱpraktischȱimȱFokusȱstehtȱundȱ dessenȱTheologieȱundȱErzählstrategieȱaufȱeineȱsolcheȱKircheȱausgerichȬ tetȱist.ȱDieȱGeltungȱderȱKlauselnȱkannȱalsȱIndizȱdafürȱgenommenȱwerȬ den,ȱdassȱLukasȱnochȱnichtȱaufȱeineȱendgültigeȱTrennungȱvonȱ„Kircheȱ undȱSynagoge“ȱzurückschaut.ȱVermutlichȱbefindetȱerȱsichȱinȱeinerȱZeit,ȱ inȱ derȱ Trennungserscheinungenȱ sichȱ vertiefenȱ undȱ Christenȱ jüdischerȱ wieȱheidnischerȱHerkunftȱvonȱdenȱanderenȱjüdischenȱGruppenȱ(derenȱ VielfaltȱgegenüberȱderȱZeitȱvorȱ70ȱzurückgegangenȱwar)ȱschonȱinȱdeutȬ licherȱEntfernungȱlebten.ȱHierȱwurdeȱfürȱLukasȱderȱBezugȱderȱHeidenȬ christenȱzumȱJudenchristentumȱeinȱbesonderesȱAnliegen.ȱSoȱsehrȱLukasȱ darumȱbemühtȱist,ȱdieȱlokaleȱTrennungȱvonȱSynagogeȱundȱEkklesiaȱimȱ Rahmenȱ desȱ göttlichenȱ Heilsratschlussesȱ alsȱ folgerichtigȱ zuȱ erweisen,ȱ soȱ wichtigȱ istȱ ihmȱ dieȱ bleibendeȱ Verbindungȱ zwischenȱ denȱ einzelnenȱ GruppenȱderȱEkklesia.564ȱ Dieȱ christologischeȱ Deutungȱ derȱ „Hütteȱ Davids“ȱ erlaubtȱ weitereȱ Übertragungenȱ zwischenȱ demȱ Zitatȱ undȱ denȱ vonȱ Lukasȱ erzähltenȱ BeȬ gebenheiten:ȱWennȱdieȱUmwendungȱGottesȱ„danach“ȱgeschieht,ȱsoȱistȱ damitȱ dieȱ gegenwärtigeȱ Zeitȱ derȱ Missionȱ gemeint.ȱ Inȱ dieserȱ Zeitȱ geȬ schiehtȱ dieȱ Wiederaufrichtungȱ derȱ „Hütteȱ Davids“,ȱ insofernȱ derȱ geȬ kreuzigteȱJesusȱvonȱGottȱzumȱLebenȱerwecktȱundȱinȱdenȱHimmelȱerhoȬ benȱwurde.ȱZugleichȱmitȱderȱErhöhungȱJesuȱgeschiehtȱallerdingsȱauchȱ dieȱ Errichtungȱ desȱ davidischenȱ Königtums:ȱ Durchȱ dieȱ Verkündigungȱ derȱ Apostelȱ sammeltȱ sichȱ Israelȱ unterȱ demȱ Namenȱ Jesuȱ undȱ stelltȱ soȱ anfanghaftȱdieȱeschatologischȱerwarteteȱErrichtungȱdesȱKönigtumsȱdar.ȱ DieȱErzählungȱvomȱApostelkonventȱistȱderȱwichtigsteȱTextȱfürȱdieȱ lukanischeȱSichtȱderȱchristlichenȱEkklesia,ȱinsofernȱderȱ„religionssozioȬ logischeȱStatus“565ȱderȱHeidenchristenȱbestimmtȱwird.ȱAlsȱ„Gottesvolkȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 564ȱȱ Vgl.ȱApgȱ15,28:ȱdieȱBeschlüsseȱderȱVersammlungȱsindȱvomȱHeiligenȱGeistȱgeleitet.ȱ 565ȱȱ Vgl.ȱdazuȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ250ȱu.ȱö.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

263ȱ

ausȱdenȱHeidenvölkern“ȱ(Apgȱ15,14:ȱπΒȱπΌΑЗΑȱΏ΅ϱΖ)ȱtretenȱsieȱanȱdieȱ Seiteȱ desȱ Gottesvolkesȱ Israel,ȱ soȱ dassȱ beideȱ Gruppenȱ dasȱ endzeitlicheȱ Gottesvolkȱ erstȱ vollständigȱ anzeigen.ȱ Dieseȱ Ergänzungȱ Israelsȱ durchȱ dieȱHeidenȱistȱinȱderȱSchriftȱseitȱaltersȱbezeugt.ȱDieȱHeidenȱgehenȱfreiȬ lichȱ geradeȱ nichtȱ inȱ Israelȱ aufȱ undȱ übernehmenȱ auchȱ keineswegsȱ dasȱ GesetzȱvomȱSinaiȱfürȱsich,ȱwieȱdieȱAbweisungȱderȱBeschneidungsfordeȬ rungȱzeigt.ȱDasȱAposteldekretȱzeigtȱdaherȱnicht,ȱ„dassȱundȱwieweitȱesȱ auchȱfürȱNichtjuden,ȱd.ȱh.ȱGottesfürchtige,ȱgilt“566,ȱsondernȱermöglichtȱ dieȱ Gemeinschaftȱ vonȱ gesetzesobservantenȱ Judenchristenȱ alsȱ Kernȱ derȱ christlichenȱ Ekklesiaȱ undȱ denȱ Heidenchristen,ȱ dieȱ dieȱ eschatologischeȱ WiederherstellungȱIsraelsȱinȱüberfließenderȱWeiseȱbestätigen.ȱDieȱFrageȱ nachȱderȱGeltungȱdesȱjüdischenȱGesetzesȱwirdȱinȱApgȱ15ȱdamitȱinȱeinerȱ spezifischenȱ Weiseȱ beantwortet,ȱ dieȱ eineȱ grundsätzlicheȱ „Aufhebung“ȱ desȱGesetzesȱfürȱdieȱchristlicheȱEkklesiaȱausschließt.ȱ Lukasȱ sorgtȱ mitȱ derȱ Erzählungȱ desȱ Apostelkonventsȱ auchȱ dafür,ȱ dassȱ dieȱ missionarischeȱ Expansionȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ nichtȱ zuȱ einerȱAblösungȱvonȱJerusalemȱführt.ȱNachȱderȱLegitimationȱderȱsamariȬ tanischenȱ Missionȱ durchȱ dieȱ Jerusalemerȱ Johannesȱ undȱ Petrusȱ (Apgȱ 8,14),ȱ derȱ Taufeȱ desȱ Äthiopiersȱ aufȱ demȱ Wegȱ vonȱ Jerusalemȱ (8,26–40)ȱ undȱderȱRechenschaftȱüberȱdieȱTaufeȱdesȱCorneliusȱinȱJerusalemȱ(11,1– 18)ȱistȱApgȱ15ȱeinȱweitererȱwichtigerȱBezugspunktȱaufȱdieȱStadt.ȱ Schließlichȱ wirdȱ aufȱ demȱ Apostelkonventȱ mehrfachȱ einȱ AltersbeȬ weisȱfürȱdieȱgegenwärtigenȱEreignisseȱimȱRahmenȱderȱHeidenmissionȱ angeführt:ȱ Zuerstȱ trittȱ erȱ inȱ Apgȱ 15,7ȱ (ΦΚвȱ ψΐΉΕЗΑȱ ΦΕΛ΅ϟΝΑ)ȱ imȱ RahȬ menȱderȱPetrusredeȱauf,ȱfindetȱsichȱdannȱimȱAmoszitatȱ15,18ȱ(·ΑΝΗΘΤȱ ΦΔвȱ΅ϢЗΑΓΖ)ȱundȱschließlichȱnochȱeinmalȱimȱBlickȱaufȱdieȱSynagogenȬ lesungȱderȱToraȱinȱ15,21ȱ(πΎȱ·ΉΑΉЗΑȱΦΕΛ΅ϟΝΑ).ȱDasȱAlterȱistȱeinȱWahrȬ heitskriteriumȱundȱbestätigtȱdieȱRichtigkeitȱdesȱBeschlossenen.ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱ derȱZukunftȱIsraelsȱ InȱdenȱvorangegangenenȱKapitelteilenȱwurdenȱverschiedeneȱEinzeltexȬ teȱ ausȱ demȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ untersucht,ȱ inȱ denenȱ Lukasȱ inȱ Formȱ vonȱ Redenȱ unterschiedlicherȱ Personenȱ (Jesus,ȱ Petrus,ȱ Paulus,ȱ Jakobus)ȱ „Fenster“ȱ öffnet,ȱ durchȱ dieȱ sichȱ Konturenȱ seinerȱ Auffassungȱ derȱ Zukunftȱ Israelsȱ erkennenȱ lassen.ȱ Obwohlȱ dieseȱ Untersuchungenȱ sichȱ jeweilsȱ nurȱ aufȱ wenigeȱ Verseȱ konzentriertȱ haben,ȱ sindȱ mehrereȱ Themenȱimmerȱwiederȱaufgetaucht,ȱdieȱbereitsȱbeiȱdenȱbiblischenȱundȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 566ȱȱ Jervell,ȱApg,ȱ51.ȱ

264ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

frühjüdischenȱ Zukunftskonzeptenȱ eineȱ wichtigeȱ Rolleȱ gespieltȱ haben:ȱ DieȱFokussierungȱaufȱdieȱRolleȱdesȱVolkesȱ(bes.ȱinȱLkȱ21;ȱApgȱ3;ȱ13),ȱdieȱ HervorhebungȱvonȱSünde,ȱaberȱauchȱvonȱUmkehrȱundȱVergebungȱ(bes.ȱ inȱApgȱ3;ȱvgl.ȱaberȱauchȱLkȱ13),ȱschließlichȱeinȱunübersehbaresȱInteresȬ seȱ anȱ derȱ Stadtȱ Jerusalemȱ undȱ demȱ dortigenȱ Tempelȱ (bes.ȱ Lkȱ 13;ȱ 21;ȱ Apgȱ 1),ȱ anȱ dasȱ sichȱ auchȱ apokalyptischeȱ Motiveȱ wieȱ dieȱ endzeitlicheȱ Sammlungȱ undȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ undȱ dieȱ Parusieerwartungȱ anschließenȱ(vgl.ȱbes.ȱLkȱ13;ȱApgȱ1).ȱDaherȱsollenȱvorȱderȱBeschäftigungȱ mitȱ demȱ abschließendenȱ Textȱ ausȱ Apgȱ 28,ȱ beiȱ derȱ dieȱ Linienȱ diesesȱ Kapitelsȱzusammenfließenȱwerden,ȱdieȱgenanntenȱThemenȱeigensȱverȬ tieftȱwerden,ȱumȱaufzuweisen,ȱdassȱsieȱtatsächlichȱtypischȱfürȱdasȱDopȬ pelwerkȱsindȱundȱauchȱdessenȱZukunftskonzeptȱfürȱIsraelȱmaßgeblichȱ bestimmen.ȱ Dieȱ Auslegungenȱ derȱ zunächstȱ eherȱ fürȱ sichȱ betrachtetenȱ TexteȱerhaltenȱdadurchȱeinȱbreiteresȱFundament.ȱ

3.9.1ȱDieȱBedeutungȱdesȱVolkesȱfürȱLukasȱ UnsereȱBeschäftigungȱetwaȱmitȱderȱlukanischenȱDarstellungȱderȱLehreȱ JesuȱimȱTempelȱoderȱmitȱderȱFormulierungȱvomȱπΒȱπΌΑЗΑȱΏ΅ϱΖȱinȱApgȱ 15ȱhatȱbereitsȱangedeutet,ȱdassȱfürȱLukasȱdieȱerzählerischeȱDarstellungȱ desȱjüdischenȱVolkesȱvonȱbesondererȱBedeutungȱgewesenȱist.ȱDieȱUnȬ tersuchungenȱ zuȱ Lkȱ 13ȱ undȱ 19ȱ habenȱ zudemȱ gezeigt,ȱ dassȱ erȱ auchȱ anȱ einzelnenȱ Gruppenȱ wieȱ etwaȱ denȱ Pharisäernȱ besonderesȱ Interesseȱ geȬ habtȱhat.ȱDaherȱistȱnunȱzuȱprüfen,ȱinȱwelcherȱWeiseȱLukasȱgegenüberȱ denȱanderenȱEvangelienȱhierȱeigeneȱAkzenteȱsetztȱundȱwasȱsichȱdarausȱ schließenȱlässt.ȱ

3.9.1.1ȱZumȱlukanischenȱGebrauchȱvonȱΏ΅ϱΖȱ DieȱbesondereȱBezeichnungȱIsraelsȱalsȱerwähltesȱGottesvolkȱdurchȱdenȱ TerminusȱΏ΅ϱΖ,ȱwieȱsieȱinȱderȱSeptuagintaȱprägendȱist,567ȱwirdȱimȱNeuȬ enȱTestamentȱjeȱnachȱAutorȱinȱsehrȱverschiedenerȱHäufigkeitȱrezipiert.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 567ȱȱ Inȱ derȱ LXXȱ meintȱ Ώ΅ϱΖȱ überwiegendȱ dasȱ vonȱ Gottȱ zuerstȱ erwählteȱ Volkȱ Israelȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ allenȱ anderenȱ Völkern,ȱ dieȱ alsȱ σΌΑ΋ȱ bezeichnetȱ werdenȱ (vgl.ȱ Exȱ 19,5;ȱ Dtnȱ7,6;ȱ14,2:ȱjeweilsȱΏ΅ϱΖȱimȱSgl.ȱgegenüberȱdenȱdurchgehendenȱPluralformenȱvonȱ σΌΑΓΖ).ȱ Einigeȱ Ausnahmen,ȱ z.ȱ B.ȱ inȱ manchenȱ Psalmen,ȱ woȱ auchȱ fremdeȱ Völkerȱ alsȱ Ώ΅Γϟȱ bezeichnetȱ werdenȱ können,ȱ bestätigenȱ dieseȱ Grundunterscheidung.ȱ Soȱ hatȱ imȱ griechischsprechendenȱ Judentumȱ dasȱ Substantivȱ Ώ΅ϱΖȱ einenȱ besonderen,ȱ auszeichȬ nendenȱKlang,ȱderȱaufȱdieȱErwählungȱdesȱVolkesȱIsraelȱdurchȱJHWHȱhinweist.ȱVgl.ȱ dazuȱauchȱobenȱKap.ȱȱ2.1.2ȱdieȱHinweiseȱzurȱ„zweiseitigenȱBundesformel“ȱ(z.ȱB.ȱLevȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

265ȱ

Lukasȱ benutztȱ vonȱ allenȱ neutestamentlichenȱ Autorenȱ dieȱ Vokabelȱ Ώ΅ϱΖȱ mitȱ Abstandȱ amȱ häufigsten,568ȱ wobeiȱ erȱ sichȱ derȱ theologischenȱ Implikationenȱ sehrȱ bewusstȱ istȱ undȱ dieȱ Prägungȱ derȱ Septuagintaȱ aufȬ nimmt.569ȱNurȱanȱeinerȱeinzigenȱStelleȱlässtȱsichȱdabeiȱeineȱsynoptischeȱ Paralleleȱ aufweisen,570ȱ währendȱ alleȱ übrigenȱ Vorkommenȱ alsȱ lukaniȬ schesȱ „Sondergut“ȱ bzw.ȱ eigeneȱ Redaktionȱ desȱ Evangelistenȱ geltenȱ müssen.ȱImȱGegensatzȱzuȱdenȱanderenȱSchriftenȱdesȱNeuenȱTestamentsȱ gehörtȱ derȱ jüdischȬheilsgeschichtlichȱ geprägteȱ Begriffȱ Ώ΅ϱΖȱ damitȱ zurȱ semantischenȱ Matrixȱ desȱ lukanischenȱ Doppelwerksȱ undȱ gibtȱ ihmȱ einȱ durchgängigȱ eigenesȱ Gepräge.ȱ Eineȱ besondereȱ Häufungȱ fälltȱ inȱ denȱ eröffnendenȱ Kapitelnȱ desȱ Evangeliums,571ȱ währendȱ derȱ Lehrtätigkeitȱ JesuȱimȱJerusalemerȱTempel,572ȱsowieȱinȱdenȱAnfangskapitelnȱderȱAposȬ telgeschichte573ȱauf;ȱnurȱwährendȱderȱWanderungȱJesuȱnachȱJerusalemȱ (Lkȱ9,51–19,28)574ȱtrittȱdieȱVokabelȱauffallendȱzurückȱ(nurȱLkȱ18,43).ȱ DerȱGebrauchȱbeiȱdenȱanderenȱEvangelistenȱlässtȱdieseȱlukanischeȱEigenartȱ nochȱstärkerȱhervortreten:ȱJohannesȱdistanziertȱsichȱnahezuȱvollständigȱvonȱ derȱ Bezeichnungȱ Israelsȱ alsȱ Gottesȱ Ώ΅ϱΖ,ȱ erȱ nenntȱ dasȱ Volkȱ ϷΛΏΓΖȱ oderȱ sprichtȱ schlichtȱ vonȱ Γϡȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍.575ȱ Dasȱ Wortȱ Ώ΅ϱΖȱ führtȱ alleinȱ derȱ HoheȬ priesterȱKaiaphasȱinȱZusammenhangȱmitȱderȱVerurteilungȱJesuȱimȱMund:ȱ „Esȱ nütztȱ euch,ȱ dassȱ einȱ Menschȱ fürȱ dasȱ Volkȱ (ЀΔξΕȱ ΘΓІȱ Ώ΅ΓІ)ȱ stirbt.“576ȱ AuchȱbeiȱMarkusȱsindȱesȱdieȱHohenpriester,ȱdieȱsichȱumȱeinenȱTumultȱdesȱ Volkesȱ(ΌϱΕΙΆΓΖȱΘΓІȱΏ΅ΓІ)ȱbeiȱeinerȱFestnahmeȱJesuȱwährendȱdesȱPaschaȬ festesȱsorgen.577ȱDasȱVolkȱwirdȱ(mitȱAusnahmeȱdesȱLXXȬZitatesȱJesȱ29,13ȱinȱ Mkȱ 7,6)ȱ durchgängigȱ alsȱ ϷΛΏΓΖȱ bezeichnet.ȱ Derȱ Ersteȱ Evangelistȱ Matthäusȱ verwendetȱΏ΅ϱΖȱebenfallsȱmitȱBedacht:ȱAbgesehenȱvonȱvierȱLXXȬZitatenȱinȱ derȱ erstenȱ Hälfteȱ desȱ Evangeliumsȱ (Mtȱ 2,6;ȱ 4,16;ȱ 13,15;ȱ 15,8)ȱ tauchtȱ dasȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 26,12;ȱvgl.ȱauchȱExȱ6,7;ȱEzȱ11,20,ȱSachȱ8,8,ȱPsȱ94,7);ȱvgl.ȱdazuȱauchȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ 21–23.ȱȱ 568ȱȱ DasȱWortȱfindetȱsichȱ36ȬmalȱimȱEvangeliumȱundȱ47ȬmalȱinȱderȱApg,ȱinsgesamtȱalsoȱ 83Ȭmal.ȱ Imȱ übrigenȱ NTȱ begegnetȱ esȱ nurȱ nochȱ 55Ȭmal:ȱ Mtȱ 14Ȭmal,ȱ Mkȱ 2Ȭmal,ȱ Johȱ 3Ȭ mal,ȱProtopaulinenȱ10Ȭmal,ȱHebrȱ12Ȭmal,ȱsonstigeȱSchriftenȱ14Ȭmal.ȱ 569ȱȱ Vgl.ȱ nurȱ Apgȱ 26,17.23,ȱ woȱ derȱ lukanischeȱ Paulusȱ vonȱ „demȱ Volkȱ (Ώ΅ϱΖ)ȱ undȱ denȱ Völkernȱ(σΌΑ΋)“ȱspricht.ȱ 570ȱȱ Lkȱ22,66ȱ=ȱMtȱ21,23:ȱΘϲȱΔΕΉΗΆΙΘνΕ΍ΓΑȱbzw.ȱΓϡȱΔΕΉΗΆϾΘΉΕΓ΍ȱΘΓІȱΏ΅ΓІ.ȱ 571ȱȱ Lkȱ1,10.17.21.68.77;ȱ2,10.31f.ȱ 572ȱȱ Lkȱ19,47f.;ȱ20;1.6.9.19.26.45;ȱ21,23.38.ȱ 573ȱȱ Apgȱ2,47;ȱ3,9.11f.23;ȱ4,1f.8.10.17.21.25.27;ȱ5,12f.20.25f.34.37;ȱ6,8.12.ȱ 574ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.2.2.ȱ 575ȱȱ MitȱletzterenȱsindȱfreilichȱinȱersterȱLinieȱdieȱOberstenȱdesȱVolkesȱgemeint,ȱvgl.ȱdazuȱ Theobald,ȱJohȱI,ȱ152–154.ȱ 576ȱȱ Johȱ11,50ȱvgl.ȱ18,14.ȱDasȱΔκΖȱϳȱΏ΅ϱΖȱinȱJohȱ8,2ȱgehörtȱeinerȱnichtȱinȱallenȱHandschrifȬ tenȱ überliefertenȱ Perikopeȱ an,ȱ dieȱ alsȱ sekundärȱ anzusehenȱ ist,ȱ vgl.ȱ Theobald,ȱ Johȱ I,ȱ 548–553.ȱ 577ȱȱ Vgl.ȱMkȱ14,2ȱ=ȱMtȱ26,5.ȱ

266ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Stichwortȱ anfangsȱ nurȱ ganzȱ vereinzeltȱ auf:ȱ Gleichȱ zuȱ Beginn,ȱ beiȱ derȱ GeȬ burtsverkündigungȱ durchȱ denȱ Engel,ȱ heißtȱ es,ȱ dassȱ Jesusȱ „seinȱ Volkȱ (ΘϲΑȱ Ώ΅ϲΑȱ΅ЁΘΓІ)ȱvonȱseinenȱSündenȱerlösen“ȱ(Mtȱ1,21)ȱwerde,ȱundȱnachȱdemȱ erstenȱ Auftrittȱ „allerȱ Hohenpriesterȱ undȱ Schriftgelehrtenȱ desȱ Volkes“ȱ (Mtȱ 2,4:ȱΔΣΑΘ΅ΖȱΘΓϿΖȱΦΕΛ΍ΉΕΉϧΖȱΎ΅Ϡȱ·Ε΅ΐΐ΅ΘΉϧΖȱΘΓІȱΏ΅ΓІ)ȱimȱPalastȱdesȱHeȬ rodesȱ wirdȱ amȱ Anfangȱ desȱ öffentlichenȱ Wirkensȱ Jesuȱ einmalȱ summarischȱ überȱ Heilungenȱ allerȱ Krankheitenȱ undȱ Leidenȱ „imȱ Volk“ȱ (Mtȱ 4,23:ȱ πΑȱ ΘХȱ Ώ΅Х)ȱdurchȱdiesenȱberichtet.ȱKurzȱvorȱundȱinȱderȱPassionserzählungȱtretenȱ mehrmalsȱ „dieȱ Hohenpriesterȱ undȱ Ältestenȱ desȱ Volkes“ȱ (Mtȱ 21,23:ȱ Γϡȱ ΦΕΛ΍ΉΕΉϧΖȱ Ύ΅Ϡȱ Γϡȱ ΔΕΉΗΆϾΘΉΕΓ΍ȱ ΘΓІȱ Ώ΅ΓІ)“578ȱ auf.ȱ Sieȱ fürchtenȱ zwarȱ einenȱ Aufruhrȱ imȱ Volkȱ beiȱ derȱ Gefangennahmeȱ Jesu,ȱ bemühenȱ sichȱ aberȱ dochȱ darum,ȱJesusȱschnellȱzuȱbeseitigen.ȱAmȱEndeȱdesȱEvangeliumsȱwarnenȱsieȱ vorȱeinerȱVerführungȱdesȱVolkesȱdurchȱJüngerȱJesu,ȱdieȱdessenȱLeichnamȱ stehlenȱundȱvonȱseinerȱAuferstehungȱerzählenȱkönnten.579ȱBemerkenswertȱ ist,ȱdassȱderȱΏ΅ϱΖȬBegriffȱinȱderȱPassionserzählungȱnurȱalsȱGenitivattributȱ zuȱdenȱFührernȱ„desȱVolkes“ȱauftaucht,ȱwährendȱdieȱMengeȱderȱMenschenȱ währendȱdesȱProzessesȱJesuȱalsȱϷΛΏΓΖȱbezeichnetȱwird,ȱmitȱAusnahmeȱdesȱ „Blutrufes“ȱ amȱ Endeȱ derȱ Verhandlung,ȱ nachȱ demȱ derȱ Erzählerȱ fürȱ dasȱ VolkȱnichtȱmehrȱdasȱStichwortȱΏ΅ϱΖȱverwendet.ȱ

Auffälligȱistȱzudem,ȱdassȱLukasȱstetsȱversucht,ȱausdrücklichȱdasȱ„ganzeȱ Volk“ȱ (ΔκΖȱ ϳȱ Ώ΅ϱΖ)ȱ alsȱ willigenȱ Adressatenȱ derȱ Botschaftȱ Jesuȱ darzuȬ stellen.ȱ Schonȱ inȱ denȱ Kindheitsgeschichtenȱ findetȱ sichȱ dasȱ Stichwortȱ häufig,ȱsoȱdassȱdieȱGeschichteȱJesuȱvonȱAnfangȱanȱinmittenȱdesȱGottesȬ volkesȱIsraelȱangesiedeltȱist:ȱ„DasȱganzeȱVolk“ȱ(Lkȱ1,10:ȱΔκΑȱΘϲȱΔΏϛΌΓΖȱ […]ȱ ΘΓІȱ Ώ΅ΓІ,ȱ vgl.ȱ 1,21)ȱ istȱ währendȱ desȱ Opfersȱ durchȱ denȱ Priesterȱ ZachariasȱvorȱdemȱTempelȱimȱGebetȱversammelt,ȱEngelȱverkündenȱdieȱ Geburtȱ Jesuȱ (bzw.ȱ desȱ Täufers)ȱ alsȱfroheȱ Botschaftȱ fürȱ dasȱ ganzeȱ Volkȱ (Lkȱ2,10:ȱΔ΅ΑΘϠȱΘХȱΏ΅Х,ȱvgl.ȱ1,17)ȱundȱdieȱGesängeȱvonȱZachariasȱundȱ Simeonȱ sprechenȱ vonȱ denȱ jetztȱ zurȱ Erfüllungȱ kommendenȱ VerheißunȬ genȱ fürȱ denȱ Ώ΅ϱΖȱ (vgl.ȱ Lkȱ 1,68.77;ȱ 2,32).580ȱ Wieȱ keinȱ andererȱ Autorȱ kommtȱ Lukasȱ imȱ Verlaufȱ desȱ Evangeliumsȱ immerȱ wiederȱ aufȱ dieȱ GeȬ samtheitȱ desȱ Volkesȱ zuȱ sprechen,ȱ dasȱ zunächstȱ zumȱ Täuferȱ (Lkȱ 3,21;ȱ 7,29)ȱundȱspäterȱzuȱJesusȱkommtȱ(Lkȱ8,47;ȱ9,13;ȱ18,43ȱu.ȱö.:ȱΔκΖȱϳȱΏ΅ϱΖ),ȱ dessenȱ Verkündigungȱ nachȱ Aussageȱ desȱ Drittenȱ Evangelistenȱ alsoȱ deutlichȱ dasȱ ganzeȱ Gottesvolkȱ Israelȱ erreicht.ȱ Währendȱ derȱ LehrtätigȬ keitȱ Jesuȱ inȱ Jerusalemȱ undȱ inȱ Zusammenhangȱ mitȱ seinerȱ Passionȱ erȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 578ȱȱ Vgl.ȱauchȱdieselbeȱstereotypeȱFormulierungȱinȱ26,3;ȱ26,47;ȱ27,1.ȱ 579ȱȱ Mtȱ27,64:ȱ[…]ȱΐφΔΓΘΉȱπΏΌϱΑΘΉΖȱΓϡȱΐ΅Ό΋Θ΅Ϡȱ΅ЁΘΓІȱΎΏνΜΝΗ΍Αȱ΅ЁΘϲΑȱΎ΅ϠȱΉϥΔΝΗ΍ΑȱΘХȱ Ώ΅Хȉȱω·νΕΌ΋ȱΦΔϲȱΘЗΑȱΑΉΎΕЗΑ.ȱ 580ȱȱ EinȱSonderfallȱistȱdieȱimȱLkȬEvangeliumȱnurȱinȱLkȱ2,31ȱvorkommendeȱVerwendungȱ imȱPluralȱ(ΔΣΑΘΝΑȱΘЗΑȱΏ΅ЗΑ),ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.4.2.ȱDieȱeinzigeȱweitereȱPluȬ ralformulierungȱ imȱ Doppelwerkȱ findetȱ sichȱ inȱ Apgȱ 4,25.27ȱ inȱ einemȱ LXXȬZitatȱ (Psȱ 2,1)ȱundȱdessenȱAuslegungȱdurchȱdieȱUrgemeinde.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

267ȱ

scheintȱdiesesȱ„ganzeȱVolk“ȱdannȱalsȱGegenüberȱzuȱdenȱ„Oberstenȱdesȱ Volkes“ȱ (vgl.ȱ beideȱ Gruppenȱ inȱ Lkȱ 19,47f.).ȱ Dieȱ Führerȱ wollenȱ Jesusȱ beseitigen,ȱ fürchtenȱ sichȱ jedoch,ȱ wieȱ anȱ zahlreichenȱ Stellenȱ ausdrückȬ lichȱbemerktȱwird,ȱvorȱdemȱVolkȱ(vgl.ȱLkȱ20,6.19.26.45;ȱ22,2).ȱImȱGegenȬ satzȱzuȱdenȱanderenȱEvangelisten,ȱaberȱderȱlukanischenȱIntentionȱentȬ sprechend,ȱ hörtȱ dasȱ „ganzeȱ Volk“ȱ dieȱ Redenȱ Jesuȱ bisȱ zuletztȱ anȱ (Lkȱ 21,38:ȱΔκΖȱϳȱΏ΅ϱΖ)581ȱundȱtrittȱauchȱimȱKontextȱderȱPassionȱJesuȱkaumȱ alsȱGegnerschaftȱhervor,ȱwieȱgleichȱnochȱeigensȱzuȱerörternȱist.ȱAuchȱinȱ derȱApostelgeschichteȱwirdȱΏ΅ϱΖȱweiterȱohneȱVorbehalteȱverwendet582ȱ undȱ findetȱ sichȱ schließlichȱ amȱ Endeȱ desȱ Doppelwerkesȱ imȱ vieldiskuȬ tiertenȱ JesajaȬZitatȱ überȱ dieȱ TaubȬȱ undȱ Blindheitȱ desȱ Volkesȱ (Apgȱ 28,26f.;ȱ vgl.ȱ Jesȱ 6,9f.).583ȱ Dieseȱ durchgängigeȱ bewussteȱ Betonungȱ derȱ VerkündigungȱJesuȱanȱdenȱganzenȱΏ΅ϱΖ,ȱdemȱinȱderȱApostelgeschichteȱ dieȱ Verkündigungȱ derȱ Christuszeugenȱ entspricht,ȱ istȱ typischȱ fürȱ denȱ Drittenȱ Evangelisten.ȱ Sieȱ unterstreichtȱ dieȱ Bedeutung,ȱ dieȱ beiȱ Lukasȱ IsraelȱalsȱGottesvolkȱzukommt.ȱȱ Dazuȱ gehörtȱ auchȱ dieȱ bewusstȱ positiveȱ Zeichnungȱ desȱ Volkesȱ inȱ seinemȱVerhaltenȱgegenüberȱJesus.ȱLukasȱstelltȱinȱLkȱ4,14ȱ–ȱparallelȱzuȱ denȱ anderenȱ Synoptikern584ȱ –ȱ dieȱ positiveȱ Einstellungȱ desȱ Volkesȱ geȬ genüberȱJesusȱanȱdenȱAnfangȱseinesȱöffentlichenȱWirkens.ȱDiesȱwirdȱinȱ besondererȱWeiseȱdurchȱdieȱauffälligeȱFormulierungȱΈΓΒ΅ΊϱΐΉΑΓΖȱЀΔϲȱ ΔΣΑΘΝΑȱdeutlich.ȱNebenȱdemȱallgemeinenȱWohlwollenȱdesȱVolkes,ȱdasȱ sichȱ beiȱ Lukasȱ bisȱ zumȱ Endeȱ seinerȱ Lehrtätigkeitȱ fortsetzenȱ wird585ȱ klingtȱhierȱauchȱschonȱeineȱAhnungȱdesȱmessianischenȱAnspruchsȱJesuȱ an,ȱindemȱdieȱVerherrlichung,ȱdieȱsonstȱnurȱGottȱgebührt,ȱhierȱimȱPasȬ sivȱ anȱ Jesus,ȱ derȱ inȱ derȱ Kraftȱ desȱ Geistesȱ Gottesȱ wirkt,ȱ herangetragenȱ wird.586ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 581ȱȱ Vgl.ȱ hierȱ vorȱ allemȱ dieȱ letzteȱ Redeȱ Jesuȱ überȱ dieȱ Endzeit,ȱ dieȱ beiȱ Mtȱ undȱ Mkȱ nurȱ nochȱ vorȱ denȱ Jüngernȱ gehaltenȱ wirdȱ (Mkȱ 13,1:ȱ „einerȱ seinerȱ Jünger“;ȱ 13,3:ȱ „Petrus,ȱ JakobusȱundȱJohannes“;ȱMtȱ24,1:ȱ„seineȱJünger“;ȱ24,3:ȱ„seineȱJüngerȱfürȱsichȱallein“),ȱ inȱLkȱ21,5–36ȱjedochȱimȱBeiseinȱdesȱVolkesȱstattfindet;ȱvgl.ȱdazuȱKap.ȱ3.4.2.2.ȱ 582ȱȱ Mitȱ47ȱBelegenȱistȱesȱsogarȱnochȱhäufigerȱalsȱimȱLukasevangelium.ȱ 583ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.10.5.ȱ 584ȱȱ Vgl.ȱ Mkȱ 1,32–34.39;ȱ 2,13;ȱ Matthäusȱ betontȱ denȱ anfänglichenȱ Erfolgȱ Jesuȱ besondersȱ (vgl.ȱMtȱ4,23–25ȱundȱdieȱdarauffolgendeȱBergpredigtȱMtȱ5–7ȱsowieȱdieȱHeilungenȱinȱ Kap.ȱ8f.);ȱderȱWiderstandȱentwickeltȱsichȱerstȱspäterȱ(vgl.ȱzuerstȱMtȱ9,3.11);ȱvgl.ȱdazuȱ Hengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ316:ȱ„AmȱAnfangȱstehtȱfürȱMatthäus,ȱnochȱstärkerȱalsȱbeiȱ Markus,ȱ alleinȱ derȱ überragendeȱ erfolgreicheȱ Eindruckȱ desȱ messianischenȱ Wirkensȱ JesuȱinȱWortȱundȱTat.“ȱ 585ȱȱ Vgl.ȱvorȱallemȱLkȱ21,38.ȱ 586ȱȱ Dasȱ Verbumȱ ΈΓΒΣΊΝȱ wirdȱ nurȱ hierȱ inȱ Lkȱ 4,14ȱ aufȱ Jesusȱ bezogen,ȱ anȱ denȱ anderenȱ StellenȱimȱLkȬEvangeliumȱgiltȱdieȱVerherrlichungȱGottȱ(vgl.ȱLkȱ2,20;ȱ5,25;ȱ7,16;ȱ13,13;ȱ 17,15;ȱ 18,43;ȱ 23,47).ȱ Dieseȱ istȱ inȱ derȱ Regelȱ dieȱ Reaktionȱ aufȱ eineȱ (GlaubensȬ)ErȬ

268ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

3.9.1.2ȱDasȱVolkȱinȱderȱlukanischenȱPassionserzählungȱ Amȱ Beispielȱ derȱ Passionserzählungȱ lässtȱ sichȱ dieȱ besondereȱ Eigenartȱ derȱ lukanischenȱ Darstellungȱ desȱ Volkesȱ besondersȱ gutȱ veranschauliȬ chen.ȱ Dieȱ inȱallenȱ vierȱ Evangelienȱzuȱ findendeȱ Passionserzählung,ȱ dieȱ sichȱalsȱumfangreicherȱTextzusammenhang,ȱderȱdasȱGeschickȱJesuȱvomȱ Einzugȱ inȱ Jerusalemȱ bisȱ hinȱ zuȱ Kreuzigung,ȱ Grablegungȱ undȱ derȱ OsȬ terbotschaftȱ inȱ einemȱ Bogenȱ erzählt,ȱ deutlichȱ vomȱ ansonstenȱ eherȱ perikopenhaftenȱ Charakterȱ derȱ Evangelienȱ unterscheidet,587ȱ zeigtȱ imȱ synoptischenȱVergleichȱnebenȱvielenȱstrukturellenȱÜbereinstimmungenȱ zumȱ Teilȱ bemerkenswerteȱ Unterschiede.ȱ Zwarȱ mögenȱ auchȱ unterȬ schiedlicheȱ Versionenȱ einerȱ Urfassung,ȱ dieȱ denȱ Evangelistenȱ zurȱ VerȬ fügungȱ standen,ȱ dafürȱ verantwortlichȱ sein.588ȱ Dochȱ zeigtȱ dieȱ DarstelȬ lungȱ desȱ Volkesȱ inȱ derȱ Passionserzählungȱ desȱ Lukasevangeliumsȱ spezifischeȱ Eigenarten,ȱ dieȱ unsereȱ bisherigenȱ Beobachtungenȱ vertiefenȱ können.ȱȱ Bereitsȱ dieȱ vorȱ allemȱ fürȱ Johannesȱ undȱ Markusȱ typischeȱ VorverlaȬ gerungȱdesȱTodesbeschlussesȱüberȱJesusȱinȱfrüheȱKapitelȱ(vgl.ȱMkȱ3,6;ȱ Johȱ5,18)589,ȱ dieȱ dieȱ Evangelienȱ alsȱ „Passionsgeschichtenȱ mitȱausführliȬ cherȱ Einleitung“590ȱ erscheinenȱ lässtȱ undȱ einȱ gewaltsamesȱ Vorgehenȱ gegenȱJesusȱauchȱinȱTeilenȱdesȱVolkesȱinsinuiert,ȱwirdȱvonȱLukasȱabgeȬ lehnt.ȱ Seineȱ Paralleleȱ zuȱ Mkȱ 3,6ȱ sprichtȱ nichtȱ vomȱ „Umbringen“ȱ Jesuȱ (ΦΔϱΏΏΙΐ΍),ȱsondernȱerwähntȱeinȱunbestimmtesȱVorgehenȱderȱ„PhariȬ säerȱundȱSchriftgelehrten“ȱ(Lkȱ6,7)ȱgegenȱihnȱ(Lkȱ6,11:ȱΘϟȱΪΑȱΔΓ΍φΗ΅΍ΉΑȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ fahrung,ȱsoȱdassȱdieȱVerherrlichungȱdurchausȱinȱeinenȱZusammenhangȱmitȱGlaubenȱ zuȱ bringenȱ ist:ȱ Dieȱ Hirtenȱ verherrlichenȱ Gott,ȱ nachdemȱ sieȱ dieȱ Begebenheitenȱ imȱ Kontextȱ derȱ Geburtȱ Jesuȱ „gesehen“ȱ habenȱ (2,20),ȱ weiterhinȱ istȱ dieȱ Verherrlichungȱ Gottesȱ dieȱ Antwortȱ aufȱ Heilungenȱ durchȱ Jesusȱ (5,25;ȱ 7,16;ȱ 13,13;ȱ 17,15;ȱ 18,43)ȱ undȱ schließlichȱkommtȱsogarȱderȱHauptmannȱunterȱdemȱKreuzȱzurȱVerherrlichungȱGotȬ tesȱ (23,47).ȱ Auffälligȱ istȱ zudem,ȱ dassȱ dieseȱ Formulierungȱ desȱ „Verherrlichens“ȱ zuȱ BeginnȱdesȱöffentlichenȱWirkensȱJesuȱnurȱbeiȱLukasȱauftaucht.ȱ 587ȱȱ DiesȱgiltȱauchȱnochȱfürȱJoh,ȱobgleichȱdortȱeinȱfortgeschrittenesȱStadiumȱderȱnarratiȬ venȱVerzahnungȱdesȱgesamtenȱEvangelienstoffesȱ(vgl.ȱetwaȱdasȱmehrmaligeȱAuftauȬ chenȱdesȱNikodemus)ȱzuȱeinerȱ„dramatischenȱErzählung“ȱzuȱerkennenȱist;ȱvgl.ȱdazuȱ Theobald,ȱJohȱI,ȱ14–29.ȱ 588ȱȱ NachȱneuerenȱStudienȱlässtȱsichȱimȱHintergrundȱderȱEvangelientexteȱeineȱurchristliȬ cheȱ Passionserzählungȱ erkennen,ȱ dieȱ denȱ neutestamentlichenȱ Autorenȱ inȱ verschieȬ denenȱ Weiterentwicklungenȱ vorlag;ȱ Mtȱ scheintȱ indesȱ nurȱ dasȱ MkȬEvangeliumȱ alsȱ QuelleȱzuȱnutzenȱundȱergänztȱspätereȱLegenden;ȱvgl.ȱdazuȱSchleritt,ȱPassionsbericht;ȱ Klein,ȱPassionsȬȱundȱOstererüberlieferung,ȱ65–84.ȱ 589ȱȱ Mkȱ 3,6ȱ (par.ȱ Mtȱ12,14):ȱ „Undȱ sieȱ (=ȱ dieȱ Pharisäerȱzusammenȱmitȱ denȱHerodianern)ȱ fasstenȱ denȱ Beschluss,ȱ Jesusȱ umzubringen“;ȱ Johannesȱ erwähntȱ dieȱ Tötungsabsichtȱ gegenȱJesusȱmehrfachȱ(Johȱ5,18;ȱ7,1.19.25.30;ȱ7,32.45–52;ȱ8,37.40;ȱ8,59;ȱ10,31.49).ȱ 590ȱȱ Kähler,ȱDerȱsogenannteȱhistorischeȱJesus,ȱ60.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

269ȱ

ΘХȱ͑΋ΗΓІ).ȱErȱentlastetȱdamitȱdieȱPharisäer591ȱundȱschafftȱeineȱgewisseȱ Übereinstimmungȱ mitȱ derȱ ebenfallsȱ vonȱ Pharisäernȱ ausgesprochenenȱ Warnungȱ inȱ Lkȱ 13,31.ȱ Dassȱ Jesuȱ Schicksalȱ erstȱ inȱ Jerusalemȱ besiegeltȱ wird,ȱ entsprichtȱ zudemȱ derȱ Vorgabeȱ ausȱ Lkȱ 13,33–35,ȱ nachȱ derȱ Jesusȱ dasȱ Prophetenschicksalȱ inȱ biblischerȱ Traditionȱ inȱ Jerusalemȱ erleidenȱ „muss“,ȱ sowieȱ derȱ erstenȱ Leidensankündigung,ȱ dieȱ seinenȱ Todȱ aufȱ BetreibenȱderȱFührerȱIsraelsȱankündigtȱ(vgl.ȱLkȱ9,22).ȱȱ InȱderȱPassionserzählungȱselbstȱerschließtȱsichȱdieȱRolleȱdesȱVolkesȱ erstȱ einerȱ aufmerksamenȱ Lektüre.ȱ Wirȱ untersuchenȱ zunächstȱ dasȱ VerȬ haltenȱ desȱ Volkesȱ beimȱ Prozessgeschehenȱ vorȱ Pilatusȱ undȱ inȱ einemȱ zweitenȱSchrittȱdieȱSzeneȱderȱKreuzigung.ȱ ȱ DieȱRolleȱdesȱVolkesȱbeimȱProzessȱgegenȱJesusȱ ȱ NachdemȱdieȱMenschenȱzuvorȱtäglichȱzuȱJesusȱinȱdenȱTempelȱgeströmtȱ waren,ȱspieltȱinȱderȱAnklageȱvorȱPilatusȱderȱVorwurfȱderȱVolksaufwieȬ gelungȱ eineȱ wichtigeȱ Rolleȱ (Lkȱ 23,2.5.14:ȱ Έ΍΅ΗΘΕνΚΉ΍Αȱ /ȱ ΦΑ΅ΗΉϟΉ΍Αȱ /ȱ ΦΔΓΗΘΕνΚΉ΍Αȱ ΘϲΑȱ Ώ΅ϱΑ)592,ȱ derȱ nurȱ imȱ Drittenȱ Evangeliumȱ auftaucht.ȱ Auchȱ wirdȱ nurȱ hierȱ überȱ denȱ vonȱ Pilatusȱ freigelassenenȱ Barabbasȱ erȬ zählt,ȱdassȱdieserȱ„wegenȱeinesȱAufruhrs“ȱ(Lkȱ23,19.25:ȱΈ΍ΤȱΗΘΣΗ΍Α)ȱimȱ Gefängnisȱgewesenȱsei,ȱsoȱdassȱdieȱangeblicheȱSchuldȱJesuȱdemȱtatsächȬ lichenȱ Verbrechenȱ desȱ Barabbasȱ entspricht,ȱ welcherȱ paradoxerweiseȱ freigelassenȱ wird.ȱ Vielleichtȱ erwähntȱ Lukasȱ dessenȱ Schuldȱ bewusstȱ zweimal,ȱumȱaufȱdieȱHaltlosigkeitȱdesȱProzessesȱgegenȱJesusȱhinzuweiȬ sen.ȱ Weiterȱ istȱ auffällig,ȱ dassȱ nachȱ Darstellungȱ vonȱ Mkȱ undȱ Mtȱ dasȱ Volkȱ selbständigȱ vorȱ Pilatusȱ zusammenströmtȱ (Mkȱ 15,8;ȱ Mtȱ 27,17),ȱ währendȱ dieserȱ imȱ drittenȱ Evangeliumȱ nachȱ einerȱ Unterredungȱ mitȱ demȱTetrarchenȱHerodesȱ„dieȱHohenpriesterȱundȱdieȱOberstenȱundȱdasȱ Volk“ȱ (Lkȱ 23,13:ȱ ΘΓϿΖȱ ΦΕΛ΍ΉΕΉϧΖȱ Ύ΅Ϡȱ ΘΓϿΖȱ ΩΕΛΓΑΘ΅Ζȱ Ύ΅Ϡȱ ΘϲΑȱ Ώ΅ϱΑ)“ȱ vonȱsichȱausȱzusammenrufenȱmuss.ȱDiesȱistȱdieȱeinzigeȱSzeneȱimȱEvanȬ gelium,ȱ inȱ derȱ dieȱ Trennungȱ zwischenȱ demȱ Volkȱ undȱ seinenȱ Führernȱ aufgehobenȱwird.ȱAlleȱAnwesendenȱ(Lkȱ23,18:ȱΔ΅ΐΔΏ΋ΌΉϟ)ȱfordernȱdieȱ FreilassungȱdesȱBarabbasȱundȱdieȱBeseitigungȱJesu.ȱTrotzdemȱbelässtȱesȱ Lukasȱ beiȱ derȱ Schilderungȱ derȱ weiterenȱ Reaktionenȱ derȱ Anwesendenȱ aufȱ denȱ Fortgangȱ desȱ Prozessesȱ beiȱ einemȱ undeutlichenȱ „sieȱ aber“:ȱ Γϡȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 591ȱȱ InȱderȱPassionserzählungȱwerdenȱsieȱnichtȱmehrȱauftreten,ȱandersȱalsȱdieȱSchriftgeȬ lehrten,ȱ dieȱ engȱ mitȱ denȱ Hohenpriesternȱ zusammengebrachtȱ werdenȱ (vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Lkȱ 22,2).ȱ 592ȱȱ Beiȱ Mtȱ undȱ Mkȱ sindȱ esȱ hingegenȱ dieȱ Hohenpriesterȱ (undȱ Ältesten),ȱ dieȱ dasȱ Volkȱ gegenȱJesusȱaufwiegelnȱundȱzurȱFreilassungȱdesȱBarabbasȱüberredenȱ(Mtȱ27,20ȱ=ȱMkȱ 15,11).ȱ Derȱ Vorwurfȱ derȱ Volksaufwiegelungȱ wirdȱ hierȱ imȱ Prozessȱ vorȱ Pilatusȱ nichtȱ gegenȱJesusȱerhoben.ȱ

270ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Ένȱ (Lkȱ 23,21.23).593ȱ Dadurchȱ bleibtȱ offen,ȱ wieȱ gewichtigȱ derȱ Anteilȱ desȱ VolkesȱanȱderȱVerurteilungȱJesuȱeinzuschätzenȱist,ȱzumalȱdieȱVertreterȱ desȱ Ώ΅ϱΖȱ inȱ derȱ folgendenȱ Erzählungȱ vonȱ derȱ Kreuzigungȱ mehrmalsȱ alsȱpassiveȱAugenzeugenȱauftreten.ȱDasȱletzteȱPronomen,ȱdasȱeindeutigȱ aufȱeineȱGruppeȱvonȱMenschenȱverweist,ȱfindetȱsichȱsoȱinȱLkȱ23,25,ȱwoȱ PilatusȱJesusȱ„ihrem“ȱWillenȱübergibt.ȱGemeintȱistȱhierȱdieȱMengeȱzuȬ sammenȱmitȱdenȱOberen,ȱdieȱ–ȱwieȱ23,18ȱausdrücklichȱbemerktȱ–ȱ„alleȱ miteinander“ȱ dieȱ Freilassungȱ desȱ Barabbasȱ undȱ dieȱ Kreuzigungȱ Jesuȱ fordern.ȱ Esȱbleibtȱundeutlich,ȱwerȱdieȱHinrichtungȱJesuȱvollzieht.ȱInȱhistoriȬ scherȱ Sichtȱ wurdeȱ dieȱ römischeȱ Hinrichtungsartȱ derȱ Kreuzigungȱ vonȱ „römischen“594ȱSoldatenȱvollzogen,ȱwieȱesȱauchȱMarkusȱundȱMatthäusȱ unmittelbarȱ bezeugen:ȱ Dieȱ „Soldaten“ȱ (Mkȱ 15,16ȱ =ȱ Mtȱ 27,27)ȱ treibenȱ ihrenȱSpottȱmitȱJesusȱundȱführenȱinȱdannȱnachȱGolgothaȱ–ȱdasȱSubjektȱ („sie“)ȱ bleibtȱ inȱ allenȱ folgendenȱ Versenȱ identisch.ȱ Beiȱ Lukasȱ hingegenȱ suchtȱ manȱ dieȱ Verspottungsszeneȱ alsȱ Paralleleȱ zuȱ Mkȱ 15,16–20ȱ vergeȬ bens.595ȱSoȱentfallenȱauchȱdieȱSoldaten.ȱWennȱesȱdaherȱinȱ23,26ȱschlichtȱ heißt:ȱ „sieȱ führtenȱ ihnȱ ab“,ȱ wirdȱ manȱ keineswegsȱ anȱ dieȱ römischenȱ Soldatenȱ zuȱ denkenȱ haben,ȱ zumalȱ Lukasȱ dieȱ expliziteȱ Erwähnungȱ derȱ Soldaten,ȱ dieȱ alleȱ anderenȱ Evangelienȱ bietenȱ (Mkȱ 15,16;ȱ Mtȱ 27,27;ȱ Johȱ 19,2)ȱ nichtȱ übernimmt.ȱ Derȱ sonstȱ durchausȱ umȱ historischeȱ Klarheitenȱ bemühteȱLukasȱstelltȱseinenȱLesernȱausgerechnetȱinȱderȱentscheidendenȱ Kreuzigungsszeneȱ eineȱ kaumȱ definierteȱ Größeȱ vonȱ Jesusȱ feindlichȱ geȬ sonnenenȱ Menschenȱ vorȱ Augen,ȱ zuȱ denenȱ dieȱ Führerȱ Israels,ȱ dieȱ VolksmengeȱundȱdieȱSoldatenȱgehören.ȱ EinȱVergleichȱmitȱderȱDarstellungȱdesȱProzessgeschehensȱbeiȱMatthäusȱerȬ weistȱdieȱpositiveȱSichtȱdesȱVolkesȱbeiȱLukasȱnochȱdeutlicher:ȱDieȱvonȱLuȬ kasȱ gernȱ herangezogeneȱ Formulierungȱ ΔκΖȱ ϳȱ Ώ΅ϱΖ,ȱ mitȱ derȱ erȱ aufȱ eineȱ grundsätzlicheȱHörbereitschaftȱundȱSympathieȱfürȱJesusȱimȱVolkȱinsgesamtȱ hinweisenȱwill,ȱbringtȱMatthäus,ȱwieȱbereitsȱerwähnt,ȱnurȱeinȱeinzigesȱMal,ȱ undȱzwarȱamȱEndeȱderȱVerhandlungȱvorȱPilatus.ȱEsȱhandeltȱsichȱhierȱ umȱ denȱHöhepunktȱeinerȱKlimax,ȱdieȱsichȱimȱVerlaufȱdesȱProzessesȱaufgebautȱ hatȱundȱanȱderenȱEndeȱschließlichȱ„dasȱganzeȱVolk“ȱ(ΔκΖȱϳȱΏ΅ϱΖ)ȱinȱdenȱ sogenanntenȱ „Blutruf“596ȱ einstimmtȱ undȱ damitȱ nichtȱ nurȱ dieȱ VerantworȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 593ȱȱ Vgl.ȱ auchȱ dasȱ auffälligeȱ dreimaligeȱ ΅ЁΘЗΑȱ inȱ dreiȱ aufeinanderfolgendenȱ Sätzenȱ Lkȱ 23,23–25:ȱ „Ihrȱ Geschrei“ȱ nimmtȱ überhand,ȱ „ihreȱ Forderung“ȱ wirdȱ erfüllt,ȱ Pilatusȱ übergibtȱJesusȱ„ihremȱWillen“.ȱ 594ȱȱ Vermutlichȱ handelteȱ esȱ sichȱ umȱ angeworbeneȱ Menschenȱ ausȱ derȱ syrischenȱ Region,ȱ vgl.ȱHengel/Schwemer,ȱJesus,ȱ610.ȱ 595ȱȱ Vgl.ȱ jedochȱ Lkȱ 22,63f.,ȱ woȱ dieȱ Wächterȱ desȱ hohepriesterlichenȱ Palastesȱ ihrenȱ Spottȱ mitȱJesusȱtreibenȱundȱihnȱschlagen.ȱ 596ȱȱ Mtȱ27,25:ȱ„SeinȱBlutȱkommeȱüberȱunsȱundȱüberȱunsereȱKinder“.ȱ

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3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

271ȱ

tungȱ fürȱ denȱ Todȱ Jesuȱ übernimmt,ȱ sondernȱ sichȱ auchȱ selbstȱ dieȱ KatastroȬ pheȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ imȱ Jahrȱ 70ȱ n.ȱ Chr.ȱ prophezeit.597ȱ Derȱ Rufȱ desȱVolkesȱistȱderȱendgültigeȱAuslöserȱfürȱdieȱAuslieferungȱJesuȱzurȱKreuȬ zigungȱ(vgl.ȱMtȱ27,26)ȱundȱderȱErzählerȱverwendetȱdasȱStichwortȱΏ΅ϱΖȱimȱ Folgendenȱ nichtȱ mehr;ȱ obȱ damitȱ eineȱ „‘Selbstverfluchung‘ȱ desȱ jüdischenȱ Volkes“598ȱ angezeigtȱ ist,ȱ bleibtȱ freilichȱ sehrȱ umstritten.599ȱ Imȱ Rahmenȱ derȱ lukanischenȱDarstellungȱwäreȱeinȱsolcherȱVersȱjedenfallsȱundenkbar;ȱLukasȱ erzähltȱ stattdessenȱ imȱ weiterenȱ Verlaufȱ derȱ Passionserzählungȱ vonȱ einerȱ Begegnungȱ Jesuȱ mitȱ weinendenȱ Frauen,ȱ denenȱ dieserȱ entgegnet:ȱ „Weintȱ nichtȱüberȱmich,ȱweintȱüberȱeuchȱundȱüberȱeureȱKinder“ȱ(Lkȱ23,28)ȱ–ȱauchȱ hinterȱ dieserȱ Stelleȱ wirdȱ dieȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ stehen.ȱ Derȱ geradezuȱ gegensätzlicheȱ Charakterȱ dieserȱ Texteȱ istȱ bemerkenswert.ȱ Ihreȱ Stellungȱ inȱ denȱPassionsberichtenȱundȱdieȱanalogeȱFormulierungȱ„überȱuns/euchȱundȱ unsere/eureȱKinder“ȱsowieȱdieȱvonȱvielenȱAuslegernȱgeteilteȱDeutungȱaufȱ dieȱZerstörungȱJerusalemsȱverbindenȱsieȱmiteinander.ȱInsgesamtȱzeigtȱLuȬ kasȱMitleidȱfürȱdasȱGeschickȱJerusalems,600ȱwährendȱbeiȱMatthäusȱeherȱeiȬ neȱ polemischeȱ Abrechnungȱ mitȱ denȱ nichtȱ anȱ Christusȱ glaubendenȱ Judenȱ festzustellenȱist.601ȱ MatthäusȱerwähntȱdenȱΏ΅ϱΖȱspäterȱinȱdemȱBerichtȱüberȱdieȱBestellungȱvonȱ Grabwächternȱ (Mtȱ 27,62–66)602ȱ nochȱ einmalȱ imȱ Mundeȱ derȱ Hohenpriesterȱ undȱPharisäerȱ(Mtȱ27,64).ȱDamitȱwirdȱdieȱheilsgeschichtlicheȱQualitätȱIsraȬ elsȱ nurȱ nochȱ vonȱ denȱ „Oberen“ȱ aufgerufen,ȱ währendȱ derȱ Erzählerȱ selbstȱ daraufȱverzichtet,ȱwieȱderȱFortgangȱderȱErzählungȱzeigt:ȱDieȱGrabwächterȬ erzählungȱ endetȱ mitȱ demȱ Erzählerkommentar,ȱ dassȱ dasȱ Gerüchtȱ vomȱ Grabdiebstahlȱ „bisȱ aufȱ denȱ heutigenȱ Tagȱ beiȱ denȱ Judenȱ verbreitet“ȱ sei.ȱ DamitȱistȱIsrael,ȱinsofernȱesȱdiesemȱGerüchtȱglaubt,ȱnichtȱmehrȱalsȱΏ΅ϱΖȱzuȱ charakterisieren,ȱ weshalbȱ derȱ Erzählerȱ hierȱ vonȱ denȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱ (28,15)ȱ spricht.ȱ Dieseȱ Formulierungȱ findetȱ sichȱ nurȱ nochȱ viermalȱ imȱ MatthäusȬ evangelium,ȱundȱzwarȱstetsȱimȱMundȱvonȱFremdenȱ(vgl.ȱMtȱ2,2:ȱdieȱ„MaȬ gierȱ ausȱ demȱ Osten“;ȱ 27,11:ȱ derȱ Statthalterȱ Pilatus;ȱ 27,29:ȱ dieȱ Soldaten;ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 597ȱȱ Vgl.ȱdazuȱHaacker,ȱBlut,ȱ48:ȱ„Mtȱ27,25ȱbietetȱ[…]ȱeineȱchristlicheȱDeutungȱderȱKataȬ stropheȱdesȱJahresȱ70ȱn.ȱChr.ȱvomȱgewaltsamenȱGeschickȱJesuȱher“.ȱ 598ȱȱ Haacker,ȱBlut,ȱ47ȱ(erȱwendetȱsichȱdagegen).ȱ 599ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLuz,ȱMtȱIV,ȱ275–291;ȱmanȱgehtȱsicherȱnichtȱfehl,ȱinȱdiesemȱZusammenhangȱ gegenüberȱ einerȱantijüdischenȱ Auslegung,ȱ dieȱ denȱ Versȱ alsȱ endgültigeȱ Verwerfungȱ Israelsȱlesenȱmöchte,ȱvorȱallemȱaufȱdieȱBegrenzungȱdesȱherabgerufenenȱUnheils,ȱ„dasȱ sichȱinnerhalbȱeinesȱMenschenaltersȱvollendet“ȱ(Haacker,ȱBlut,ȱ48),ȱzuȱverweisen.ȱ 600ȱȱ Vgl.ȱauchȱdasȱWeinenȱJesuȱüberȱdieȱStadtȱinȱLkȱ19,41–44.ȱ 601ȱȱ Vgl.ȱdazuȱHengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ324–331.ȱ 602ȱȱ AlsȱeinzigerȱEvangelistȱweißȱnurȱMtȱvonȱWächternȱamȱGrabȱJesuȱzuȱberichten.ȱDieȱ apologetischeȱTendenzȱdieserȱNachrichtȱ–ȱvorȱallemȱimȱZusammenhangȱmitȱderȱanȬ schließendenȱ Bestechungȱ (Mtȱ 28,11–15)ȱ –ȱ istȱ deutlichȱ zuȱ erkennen;ȱ vgl.ȱ dazuȱ HoffȬ mann,ȱZeichenȱfürȱIsrael,ȱ316:ȱ„DieȱErzählungȱgehörtȱzweifellosȱinȱdieȱAuseinanderȬ setzungȱ desȱ Evangelistenȱ mitȱ demȱ nachȱ 70ȱ sichȱ konsolidierendenȱ rabbinischenȱ Judentumȱhinein“.ȱ

272ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

27,37:ȱ dieȱ Kreuzesinschrift).ȱ Paulȱ Hoffmannȱ deutetȱ diesȱ alsȱ bewußteȱ proȬ grammatischeȱ Formulierung:ȱ Währendȱ Matthäusȱ „inȱ 27,64ȱ dieȱ HohenȬ priesterȱ […]ȱ nochȱ denȱ heilsgeschichtlichȱ qualifiziertenȱ Begriffȱ Ώ΅ϱΖȱ geȬ brauchenȱ läßtȱ (Israelȱ alsȱ Volkȱ derȱ Verheißungȱ istȱ nochȱ potentiellerȱ Adressat),ȱwirdȱnunȱvonȱIsraelȱalsȱ‚Juden‘ȱgesprochen,ȱwieȱesȱimȱEvangeliȬ umȱ sonstȱ nurȱ dieȱ Heidenȱ tun.“603ȱ Imȱ Lukasevangeliumȱ sindȱ esȱ immerhinȱ dieȱJüngerȱausȱderȱEmmausgeschichte,ȱdieȱnachȱderȱPassionȱdenȱTerminusȱ imȱMundȱführen,604ȱundȱinȱderȱApostelgeschichteȱwirdȱesȱauchȱvomȱErzähȬ lerȱselbstverständlichȱverwendet.ȱ

ȱ DieȱRolleȱdesȱVolkesȱbeimȱTodȱJesuȱ ȱ Durchȱ dieȱ undefinierteȱ Redeweiseȱ inȱ 23,26ȱ fügtȱ Lukasȱ denȱ wenigenȱ faktischȱaktivȱhandelndenȱSoldatenȱimȱDiensteȱRomsȱdieȱgesamteȱjüdiȬ scheȱ Mengeȱ hinzu,ȱ dieȱ auchȱ inȱ V.ȱ 27ȱ zusammenȱ mitȱ denȱ weinendenȱ Frauenȱ beimȱ Kreuzwegȱ erwähntȱ wird.ȱ Dieseȱ Offenheitȱ derȱ FormulieȬ rungenȱ reichtȱ bisȱ zuȱ V.ȱ 34.ȱ Dasȱ Wortȱ Jesu,ȱ inȱ demȱ erȱ Gottȱ umȱ VergeȬ bungȱ fürȱ dieȱMenschenȱaufgrundȱ ihrerȱUnwissenheitȱ bittetȱ (Lkȱ 23,34),ȱ giltȱ damitȱ allenȱ Beteiligten.605ȱ Römerȱ wieȱ Judenȱ erkennenȱ dieȱ BedeuȬ tungȱ ihresȱ Tunsȱ nichtȱ undȱ sindȱ damitȱ alsȱ Bezugsgrößeȱ derȱ VergeȬ bungsbitteȱJesuȱanzusehen.ȱDafürȱsprichtȱauch,ȱdassȱLukasȱunmittelbarȱ anschließendȱwiederȱeinzelneȱGruppenȱaufzählt,ȱdieȱgenauȱdenȱdreiȱamȱ Geschehenȱ beteiligtenȱ Größenȱ entsprechen:ȱ dasȱ „Volk“ȱ undȱ dieȱ „ObeȬ ren“ȱ (23,35)ȱ sowieȱ dieȱ „Soldaten“ȱ (23,36).ȱ Dasȱ Volk,ȱ dasȱ sichȱ vonȱ denȱ OberenȱinȱV.ȱ18ȱhatteȱmitziehenȱlassen,ȱgehörtȱnunȱnichtȱmehrȱzuȱdenȱ Spöttern,ȱ sondernȱ schautȱ –ȱ offenbarȱ schweigendȱ –ȱ zuȱ (Lkȱ 23,35:ȱ ΉϡΗΘφΎΉ΍ȱ ϳȱ Ώ΅ϲΖȱ ΌΉΝΕЗΑ),ȱ währendȱ „sowohlȱ dieȱ Obersten“ȱ (Lkȱ 23,35:ȱ Ύ΅Ϡȱ Γϡȱ ΩΕΛΓΑΘΉΖ)ȱ Jesusȱ verhöhnen,ȱ „alsȱ auchȱ dieȱ Soldaten“ȱ (Lkȱ 23,36:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 603ȱȱ Hoffmann,ȱZeichenȱfürȱIsrael,ȱ331.ȱVgl.ȱauchȱdortȱAnm.ȱ64ȱmitȱweitererȱLit.ȱ 604ȱȱ Lkȱ24,19:ȱΦΑχΕȱΔΕΓΚφΘ΋ΖȱΈΙΑ΅ΘϲΖȱ[…]ȱπΑ΅ΑΘϟΓΑȱΘΓІȱΌΉΓІȱΎ΅ϠȱΔ΅ΑΘϲΖȱΘΓІȱΏ΅ΓІ.ȱ 605ȱȱ Obwohlȱ dasȱ Wortȱ Jesuȱ textkritischȱ umstrittenȱ istȱ (vgl.ȱ dazuȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 757),ȱ spreȬ chenȱdochȱintratextuellȱvieleȱguteȱGründeȱdafür,ȱesȱLukasȱzuzusprechen.ȱNebenȱErȬ wägungenȱ zuȱ denȱ einzelnenȱ Personengruppenȱ sindȱ diesȱ vorȱ allemȱ dieȱ mehrfachenȱ AnklängeȱinȱderȱApg:ȱStephanus,ȱdessenȱMartyriumȱerkennbarȱinȱAnlehnungȱanȱdieȱ PassionȱJesuȱgestaltetȱist,ȱnimmtȱdiesesȱJesuswortȱauf,ȱwennȱerȱvorȱseinemȱTodȱumȱ dieȱ Nichtanrechnungȱ seinerȱ Verurteilungȱ bittetȱ (Apgȱ 7,60).ȱ Dasȱ Motivȱ derȱ UnwisȬ senheitȱtauchtȱinȱderȱApgȱsowohlȱimȱMundeȱdesȱPetrusȱ(3,17)ȱwieȱdesȱPaulusȱ(13,27)ȱ aufȱ(vgl.ȱdazuȱauchȱTheobald,ȱTodȱJesuȱimȱSpiegel,ȱ1–30).ȱGegenȱdieȱVermutungen,ȱ dassȱLukasȱhierȱdieȱRömerȱvonȱderȱVerantwortungȱfürȱdenȱTodȱJesuȱentlastenȱwolleȱ (vgl.ȱz.ȱB.ȱFlusser,ȱ„Sieȱwissenȱnicht,ȱwasȱsieȱtun“,ȱ394),ȱoderȱgarȱdieȱVerantwortungȱ fürȱ dieȱ Kreuzigungȱ einzigȱ denȱ Judenȱ zuspreche,ȱ wirdȱ manȱ dieȱ auffallendeȱ UnbeȬ stimmtheitȱderȱHandelndenȱinȱdenȱvorangehendenȱVersenȱinȱRechnungȱstellenȱmüsȬ sen;ȱ dasȱ letzteȱ expliziteȱ Subjektȱ lautetȱ schlichtȱ „allesamt“ȱ (23,18)ȱ undȱ beziehtȱ dieȱ Römerȱgeradeȱnichtȱmitȱein.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

273ȱ

Ύ΅ϠȱΓϡȱΗΘΕ΅Θ΍ЗΘ΅΍)ȱihnȱverspotten.606ȱDieȱvorbeikommendenȱLeute,ȱdieȱ beiȱMtȱundȱMkȱkopfschüttelndȱJesusȱzurȱSelbstrettungȱauffordernȱ(vgl.ȱ Mtȱ 27,39ȱ =ȱ Mkȱ 15,29),ȱ werdenȱ beiȱ Lukasȱ zumȱ stummȱ dabeistehendenȱ Volk.ȱSchweigendȱverlässtȱdieȱVolksmengeȱnachȱdemȱTodȱJesuȱschließȬ lichȱdenȱOrtȱundȱschlägtȱsichȱalsȱZeichenȱseinerȱBetroffenheitȱundȱReueȱ anȱdieȱBrust.ȱDabeiȱwirdȱdieȱAugenzeugenschaftȱdesȱVolkesȱdurchȱdieȱ WorteȱΌΉΝΕϟ΅ȱundȱΌΉΝΕφΗ΅ΑΘΉΖȱbesondersȱbetont.ȱDieȱKreuzigungȱistȱ damitȱ durchȱ dieȱ Anwesenheitȱ undȱ zugleichȱ Passivitätȱ desȱ Volkesȱ geȬ prägt.ȱ Dasȱ Motivȱ derȱ Spaltungȱ inȱ Israel,607ȱ dasȱ vonȱ Lukasȱ gegenüberȱ derȱ Einheitȱ derȱ christlichenȱ Ekklesiaȱ immerȱ wiederȱ insȱ Feldȱ geführtȱ wird,ȱzeigtȱsichȱhierȱinȱderȱVariante,ȱdassȱIsraelȱzwischenȱOberenȱundȱ Volkȱ gespaltenȱ ist.608ȱ Wieȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ niemalsȱ alleȱ Judenȱ dasȱ Evangeliumȱ ablehnen,ȱ soȱ istȱ esȱ imȱ Evangeliumȱ nichtȱ dasȱ ganzeȱ Volk,ȱdasȱJesusȱbeseitigenȱwill,ȱsondernȱvorȱallemȱdieȱFührer.ȱ NachȱdiesenȱBeobachtungenȱwirdȱmanȱfürȱdieȱlukanischeȱPassionsȬ erzählungȱ dasȱ jüdischeȱ Volkȱ nichtȱ isoliertȱ alsȱ schuldigȱ amȱ Todȱ Jesuȱ ansehenȱkönnen.ȱDieȱAktivitätȱdesȱVolkesȱtrittȱgegenüberȱdenȱanderenȱ Evangelienȱzurück.ȱManȱwirdȱdiesȱalsȱIndizȱwerten,ȱdassȱLukasȱseinenȱ Lesernȱ selbstȱ imȱ Kontextȱ derȱ Passionserzählungȱ einȱ positivesȱ Bildȱ desȱ jüdischenȱ Volkesȱ bietenȱ möchte.ȱ Dieȱ Vergebungsbitteȱ weistȱ außerdemȱ daraufȱhin,ȱdassȱdieȱSündenȱIsraelsȱnichtȱzuȱdessenȱEndeȱführen.ȱ TrotzȱJesuȱBitteȱumȱVergebungȱbleibtȱdasȱStrafgerichtȱüberȱJerusaȬ lemȱ nichtȱ aus,ȱ wieȱ Lukasȱ selbstȱ durchȱ seineȱ Hinweiseȱ aufȱ dieȱ ZerstöȬ rungȱ desȱ Tempelsȱ undȱ derȱ Stadtȱ Jerusalemȱ verdeutlichtȱ (Lkȱ 13,34;ȱ 19,44;ȱ21,20–24;ȱ23,28–31).ȱImȱBlickȱaufȱdieȱdasȱMotivȱderȱUnwissenheitȱ aufgreifendeȱ Petrusredeȱ inȱ Apgȱ 3ȱ wirdȱ allerdingsȱ deutlich,ȱ dassȱ dieȱ Unwissenheitȱ beiȱ demȱ Tunȱ einerȱ Sündeȱ nichtȱ vonȱ derȱ Umkehrȱ befreitȱ undȱ keineswegsȱ Straffreiheitȱ bedeutet.609ȱ Unwissenheitȱ kannȱ geradezuȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 606ȱȱ DieȱbeidenȱGruppenȱderȱOberstenȱundȱderȱSoldatenȱwerdenȱdurchȱihreȱÄußerungenȱ parallelisiert.ȱDerȱBezeichnungȱalsȱ„erwählterȱMessiasȱGottes“ȱinȱ derȱ3.ȱPersonȱSgl.ȱ seitensȱderȱJudenȱentsprichtȱdieȱAnredeȱJesuȱinȱderȱ2.ȱPersonȱSgl.ȱalsȱ„KönigȱderȱJuȬ den“ȱ durchȱ dieȱ Soldaten;ȱ beideȱ treffenȱ sichȱ inȱ derȱ Aufforderungȱ derȱ Selbstrettung,ȱ dieȱ sichȱ chiastischȱ jeweilsȱ amȱ Anfangȱ undȱ amȱ Endeȱ derȱ Spottrufeȱ findet:ȱ Ύ΅Ϡȱ Γϡȱ ΩΕΛΓΑΘΉΖȱ Ών·ΓΑΘΉΖȉȱ […]ȱ ΗΝΗΣΘΝȱ ο΅ΙΘϱΑ,ȱ ΉϢȱ ΓЈΘϱΖȱ πΗΘ΍Αȱ ϳȱ ΛΕ΍ΗΘϲΖȱ ΘΓІȱ ΌΉΓІȱ ϳȱ πΎΏΉΎΘϱΖȱ (23,35)ȱ /ȱ Ύ΅Ϡȱ Γϡȱ ΗΘΕ΅Θ΍ЗΘ΅΍ȱ […]ȱ Ών·ΓΑΘΉΖȉȱ ΉϢȱ ΗϿȱ ΉϨȱ ϳȱ Ά΅Η΍ΏΉϿΖȱ ΘЗΑȱ ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑ,ȱΗЗΗΓΑȱΗΉ΅ΙΘϱΑȱ(23,36f.).ȱ 607ȱȱ Vgl.ȱdazuȱbereitsȱLkȱ2,34;ȱinȱderȱApgȱzeigtȱsichȱdieȱSpaltungȱvorȱallemȱinȱderȱteilweiȬ senȱZustimmungȱIsraelsȱzumȱEvangeliumȱbeiȱgleichzeitigerȱaggressiverȱAblehnungȱ vorȱallemȱderȱHeidenmission,ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.7.ȱ 608ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWeatherly,ȱJewishȱResponsibility.ȱ 609ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.6.ȱ

274ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

eineȱ Erläuterungȱ vonȱ Sündeȱ sein.610ȱ Soȱ schließtȱ Petrusȱ inȱ 3,19ȱ seineȱ Mahnungȱan:ȱΐΉΘ΅ΑΓφΗ΅ΘΉȱΓЇΑȱΎ΅ϠȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅ΘΉȱΉϢΖȱΘϲȱπΒ΅ΏΉ΍ΚΌϛΑ΅΍ȱ ЀΐЗΑȱΘΤΖȱΥΐ΅ΕΘϟ΅Ζ.ȱMitȱUmkehrȱundȱNeuanfangȱverbindetȱerȱhierȱdieȱ Sündenvergebung,ȱwelcheȱwiederumȱheilvolleȱZukunftȱeinschließt,ȱwieȱ V.ȱ20f.ȱzeigt.ȱEinȱBeispielȱmagȱimȱKontextȱderȱKreuzesszeneȱderȱzweiteȱ Schächerȱ abgeben,ȱ dessenȱ Wortȱ anȱ Jesusȱ fürȱ Lukasȱ offenbarȱ einenȱ imȬ plizitenȱGlaubenȱundȱUmkehrbereitschaftȱenthält,ȱsoȱdassȱihmȱdasȱPaȬ radiesȱ zugesprochenȱ wird.ȱ Fürȱ dieȱ anderenȱ Menschenȱ imȱ Umfeldȱ desȱ Kreuzesȱ giltȱ dasȱ nicht:ȱ Zwarȱ lässtȱ Lukasȱ dasȱ Volkȱ inȱ vergleichsweiseȱ positivemȱ Lichtȱ erscheinen,ȱ wennȱ erȱ esȱ vonȱ denȱ Spötternȱ ausnimmtȱ undȱsichȱdieȱMenschenȱimȱBlickȱaufȱJesuȱSterbenȱanȱdieȱBrustȱschlagenȱ lässt.ȱDieseȱHaltungȱistȱsehrȱwohlȱfürȱeineȱUmkehrȱoffen,ȱhatȱaberȱnochȱ nichtȱdieȱQualitätȱeinesȱgläubigenȱBekenntnisses,ȱaufȱdasȱesȱLukasȱanȬ kommt.ȱ Dieȱ Redenȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ machenȱ dasȱ nochȱ einmalȱ deutlich:ȱ„NurȱbeiȱLukasȱistȱdieseȱeigentümlicheȱArgumentationȱanzuȬ treffen,ȱdieȱamȱKreuzestodȱJesuȱdieȱSchuldȱderȱJudenȱhervorhebt,ȱdieseȱ alsoȱ ihnenȱ gegenüberȱ alsȱ Motivȱ zurȱ Bußeȱ betont,ȱ währendȱ vonȱ seinerȱ SühnewirkungȱmitȱkeinemȱWortȱdieȱRedeȱist.“611ȱȱ GegenȱdieȱVermutungȱeinerȱfürȱLukasȱtypischenȱantijüdischenȱundȱ prorömischenȱ Darstellungȱ derȱ Passionȱ Jesu,ȱ dieȱ mitȱ derȱ betontenȱ UnȬ schuldȱdesȱPilatusȱ(Lkȱ23,4.14.22)ȱsowieȱderȱAnklageȱdesȱganzenȱVolkesȱ inȱ Apgȱ 3,15:ȱ „Denȱ Urheberȱ desȱ Lebensȱ habtȱ ihrȱ getötet“612ȱ begründetȱ wird,ȱwirdȱmanȱeinenȱAntijudaismusȱmitȱVerweisȱaufȱseinȱgeschichtsȬ theologischesȱ Anliegenȱ abwehren.ȱ Inȱ dieserȱ Sichtȱ mussȱ esȱ Israelȱ (undȱ nichtȱ Rom)ȱ sein,ȱ dasȱ dieȱ Ablehnungȱ Jesuȱ vollziehtȱ undȱ damitȱ einenȱ Höhepunktȱ seinerȱ Ablehnungsgeschichteȱ derȱ göttlichenȱ Botenȱ undȱ damitȱ derȱ Erwählungsgnadeȱ JHWHsȱ setzt.ȱ Entsprechendȱ istȱ esȱ auchȱ ganzȱ Israel,ȱ dasȱ derȱ Umkehrȱ bedarf,ȱ währendȱ dieȱ Römerȱ alsȱ Heidenȱ immerȱschonȱzurȱUmkehrȱzumȱwahrenȱGottȱaufgerufenȱsind.ȱInȱdiesemȱ ZusammenhangȱerscheinenȱdieȱAnklagenȱgegenȱIsraelȱinȱeinemȱneuenȱ Lichtȱ undȱ entlastenȱ Lukasȱ zugleichȱ vonȱ demȱ Vorwurf,ȱ erȱ würdeȱ beȬ wusstȱantijüdischeȱMotiveȱinȱseinȱWerkȱeinarbeiten.ȱ DerȱTodȱJesuȱselbstȱschließlichȱorientiertȱsichȱamȱbiblischȱgeprägtenȱ BildȱvomȱleidendenȱGerechten.613ȱDasȱParadigmatischeȱamȱLeidenȱJesuȱ wirdȱ imȱ Doppelwerkȱ verarbeitet.ȱ Diesȱ zeigtȱ sichȱ zuerstȱ anȱ Stephanus,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 610ȱȱ Ausgehendȱvonȱ demȱGedanken,ȱ dassȱ UnwissenheitȱzurȱSündeȱ führt,ȱkönnenȱbeideȱ Wörter,ȱwieȱdieȱLXXȱzeigt,ȱalsȱPaarȱnebeneinanderȱbenutztȱwerden,ȱvgl.ȱ2ȱChrȱ28,13;ȱ Psȱ24,7.ȱ 611ȱȱ Reventlow,ȱEpochenȱderȱBibelauslegungȱI,ȱ75.ȱ 612ȱȱ Apgȱ3,15;ȱvgl.ȱauchȱ2,22–24;ȱ5,30.ȱ 613ȱȱ Vgl.ȱdasȱWortȱdesȱHauptmannsȱLkȱ23,47:ȱ„DieserȱwarȱeinȱGerechter“ȱ(diff.ȱMkȱ15,39ȱ /ȱMtȱ27,54);ȱvgl.ȱauchȱKraus,ȱEvangelium,ȱ32.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

275ȱ

dessenȱLeidenȱinȱderȱNachfolgeȱJesuȱzuȱsehenȱist,ȱsowieȱauchȱanȱPauȬ lus,ȱderȱebenfallsȱ„leidenȱmuss“ȱ(Apgȱ9,16).614ȱ

3.9.1.3ȱDieȱPharisäerȱbeiȱLukasȱ Dasȱ spezifischeȱ Interesseȱ desȱ Drittenȱ Evangelistenȱ amȱ Volkȱ lässtȱ sichȱ schließlichȱauchȱimȱBlickȱaufȱseineȱDarstellungȱderȱjüdischenȱParteiȱderȱ Pharisäerȱ aufweisen.615ȱ Imȱ Neuenȱ Testamentȱ werdenȱ dieȱ Pharisäerȱ (Γϡȱ Κ΅Ε΍Η΅ϧΓ΍)ȱhäufigȱ(fastȱ100Ȭmal)616ȱerwähnt.ȱDabeiȱerscheinenȱsieȱinȱderȱ Regelȱ alsȱ eineȱ kollektiveȱ Größe.ȱ Individuelleȱ Merkmaleȱ werdenȱ nurȱ ganzȱseltenȱsichtbar617.ȱTexteȱwieȱMkȱ10,2ff.ȱ(=ȱMtȱ19,3ff.);ȱMkȱ12,13ff.ȱ(=ȱ Mtȱ22,15),ȱaberȱauchȱdieȱWeherufeȱausȱMtȱ23ȱbeschreibenȱsieȱalsȱeinheitȬ licheȱGruppe,ȱdieȱvorȱallemȱdurchȱihreȱGegenpositionȱzuȱJesusȱcharakteȬ risiertȱ ist.ȱ Häufigȱ werdenȱ sieȱ zusammenȱ mitȱ anderenȱ Gruppierungen,ȱ etwaȱdenȱSchriftgelehrtenȱ(vorȱallemȱMtȱ23,13.15.23.25.27.29)ȱoderȱdenȱ Hohenpriesternȱ (z.ȱ B.ȱ Mtȱ 21,45;ȱ Johȱ 11,47)ȱ genannt.ȱ Alleȱ dieseȱ Texteȱ gebenȱ nichtȱ dasȱ Verhältnisȱ derȱ Pharisäerȱ zuȱ Jesusȱ wieder,ȱ sondernȱ spiegelnȱdieȱwachsendeȱAbgrenzungȱundȱGegenerschaftȱzwischenȱdemȱ frühenȱChristentumȱundȱdemȱsichȱparalleleȱdazuȱentwickelndenȱrabbiȬ nischenȱJudentum,618ȱdieȱinȱanachronistischerȱWeiseȱaufȱdasȱVerhältnisȱ JesuȱzuȱdenȱPharisäernȱübertragenȱwird.619ȱȱ Auchȱ inȱ diesemȱ Punktȱ bietetȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ einȱ abȬ weichendesȱBild.620ȱZwarȱtretenȱauchȱbeiȱLukasȱ(imȱEvangeliumȱstärkerȱ alsȱinȱderȱApostelgeschichte)ȱdieȱPharisäerȱinȱschematisierterȱWeiseȱalsȱ eineȱgegnerischeȱbzw.ȱvonȱJesusȱkritisierteȱGruppeȱauf,621ȱdochȱerschöpȬ fenȱ sieȱ sichȱ nichtȱ darin.ȱ Gleichȱ dreimalȱ kehrtȱ Jesusȱ nachȱ demȱ Zeugnisȱ desȱdrittenȱEvangeliumsȱbeiȱeinemȱPharisäerȱzumȱEssenȱeinȱ(Lkȱ7,36ff.;ȱ 11,37ff.;ȱ 14,1ff.).ȱ Dieseȱ Tischgemeinschaftȱ zeigtȱ eineȱ gewisse,ȱ wennȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 614ȱȱ Überhauptȱ lassenȱ sichȱ zahlreicheȱ Parallelenȱ derȱ Passionȱ Jesuȱ zumȱ Geschickȱ desȱ Paulusȱaufweisen,ȱetwaȱLeidensankündigungen,ȱAbschiedsreden,ȱeinȱdreigliedrigerȱ Prozessȱ vorȱ demȱ Synhedrium,ȱ demȱ römischenȱ Präfektenȱ undȱ demȱ jüdischenȱ HerrȬ scherȱ Herodes;ȱ vgl.ȱ dazuȱ Schweizer,ȱ Lk,ȱ 226;ȱ Kraus,ȱ Evangelium,ȱ 33ȱ undȱ bereitsȱ obenȱKap.ȱ3.1.2.ȱ 615ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱauchȱWasserberg,ȱIsraelsȱMitte,ȱ179–189.ȱ 616ȱȱ 29ȬmalȱbeiȱMt,ȱ11ȬmalȱbeiȱMk,ȱ26ȬmalȱbeiȱLk,ȱ19ȬmalȱbeiȱJoh,ȱ7ȬmalȱinȱderȱApg,ȱ1Ȭmalȱ imȱPhil.ȱ 617ȱȱ Vgl.ȱ alleinȱ dieȱ namentlichȱ genanntenȱ Pharisäerȱ Nikodemusȱ (Johȱ 3,1;ȱ 7,50)ȱ undȱ Gamalielȱ(Apgȱ5,34),ȱsowieȱdasȱSelbstzeugnisȱdesȱPaulusȱPhilȱ3,5ȱundȱauchȱApgȱ26,5.ȱ 618ȱȱ Vgl.ȱdazuȱz.ȱB.ȱdieȱDarstellungȱbeiȱStemberger,ȱJudentum,ȱ202–205.ȱ 619ȱȱ Vgl.ȱdazuȱHengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ336–339.ȱ 620ȱȱ Vgl.ȱKingsbury,ȱPharisees;ȱHengel,ȱDerȱJudeȱPaulus,ȱ354f.ȱ 621ȱȱ ̄uchȱanȱderȱSeiteȱandererȱGruppierungen:ȱLkȱ5,17.21.30;ȱ6,7;ȱ7,30;ȱ11,53;ȱ14,3;ȱ15,2.ȱ

276ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

gleichȱ äußerstȱ spannungsvolle622ȱ Näheȱ zwischenȱ Jesusȱ undȱ denȱ PhariȬ säern,ȱdieȱLukasȱwichtigȱist.ȱAuchȱinȱderȱPassionserzählungȱtrenntȱLuȬ kasȱalsȱeinzigerȱEvangelistȱdieȱPharisäer,ȱdieȱzuletztȱbeiȱderȱEinzugserȬ zählungȱerscheinenȱ(Lkȱ19,39),623ȱvonȱdenȱSchriftgelehrten,ȱdieȱmitȱdenȱ OberenȱdieȱBeseitigungȱJesuȱbetreiben.624ȱ Eineȱ nichtȱ unfreundlicheȱ Sichtȱ derȱ Pharisäerȱ zeigtȱ auchȱ dieȱ AposȬ telgeschichte,ȱ wennȱ sieȱ nebenȱ demȱ Hinweisȱ aufȱ christlichȱ gewordeneȱ Pharisäerȱ(Apgȱ15,5)ȱauchȱdieȱpharisäischeȱHerkunftȱdesȱPaulusȱbetontȱ (Apgȱ23,6;ȱ26,5),ȱdessenȱebenfallsȱpositivȱgezeichneterȱLehrer,ȱderȱPhaȬ risäerȱGamaliel,ȱfürȱdieȱChristenȱbzw.ȱfürȱPaulusȱ(Apgȱ5,34;ȱ23,9)ȱParteiȱ ergreift.ȱ MitȱdiesenȱHinweisenȱgrenztȱsichȱLukasȱinsgesamtȱgegenüberȱeinerȱ nurȱpolemischenȱSichtȱderȱPharisäerȱab,ȱohneȱfreilichȱdieȱgravierendenȱ Spannungenȱ zuȱ überspielen.ȱ Derȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ dargeȬ stellteȱ selbstverständlicheȱ Umgangȱ Jesuȱ undȱ derȱ frühenȱ Christenȱ mitȱ ihnenȱ undȱ trägtȱ derȱ Tatsacheȱ Rechnung,ȱ dassȱ dasȱ früheȱ Christentumȱ mitȱ seinerȱ Bemühungȱ umȱ Reinheit,ȱ Heiligkeit,ȱ Gerechtigkeitȱ undȱ dieȱ Erfüllungȱ desȱ Willensȱ Gottes,ȱ aberȱ auchȱ imȱ Glaubenȱ anȱ dieȱ AufersteȬ hungȱ mehrereȱ Gemeinsamkeitenȱ mitȱ denȱ Pharisäernȱ hatte.625ȱ Dochȱ istȱ dieȱdurchgehendeȱDistanzȱnichtȱzuȱübersehen.626ȱ

3.9.1.4ȱErtragȱ Dieȱ Beobachtungenȱ zumȱ Gebrauchȱ vonȱ Ώ΅ϱΖȱ habenȱ gezeigt,ȱ dassȱ dieȱ theologischeȱImplikation,ȱdieȱIsraelȱalsȱerwähltesȱVolkȱansieht,ȱausȱderȱ Traditionȱ derȱ Septuagintaȱ auchȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ mitschwingt.ȱ Esȱ handeltȱsichȱumȱeineȱinterneȱRedeweise,ȱdieȱdenȱAngehörigenȱdesȱjüdiȬ schenȱ Glaubensȱ eigenȱ ist.ȱHingegenȱ weistȱ dieȱRedeȱvonȱ denȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍,ȱ dieȱ unsȱ beimȱ Mattthäusevangeliumȱ begegnete,ȱ schonȱ aufȱ eineȱ AußenȬ perspektiveȱhinȱ–ȱseiȱesȱ(besondersȱinȱdenȱPassionsgeschichtenȱderȱSyȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 622ȱȱ Dieȱ gemeinsamenȱ Mahlzeitenȱ sindȱ stetsȱ mitȱ gravierendenȱ Streitgesprächenȱ undȱ Anklagenȱverbunden,ȱvgl.ȱnurȱdieȱWeherufeȱLkȱ11,39ff.ȱ 623ȱȱ Vgl.ȱBovon,ȱLkȱII,ȱ448;ȱEbner/Heininger,ȱExegese,ȱ372–374.ȱDasȱgiltȱesȱetwaȱgegenȱdieȱ durchwegȱkritischenȱAusführungenȱbeiȱLohse,ȱUmwelt,ȱ57f.ȱfestzuhalten,ȱderȱdieȱlkȱ ErwähnungenȱderȱPharisäer,ȱdieȱderenȱBildȱzumindestȱrelativierenȱ(z.ȱB.ȱdieȱEssensȬ einladungenȱLkȱ7,36;ȱ11,37;ȱ14,1;ȱihrȱFehlenȱimȱProzessgeschehenȱLkȱ23;ȱdasȱbedächȬ tigeȱWortȱdesȱPharisäersȱGamalielȱApgȱ5,34–39),ȱgarȱnichtȱerwähnt.ȱ 624ȱȱ Vgl.ȱauchȱWolter,ȱLk,ȱ239.ȱ 625ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBerger,ȱJesusȱalsȱPharisäer,ȱ231–262;ȱReinbold,ȱProzessȱJesu,ȱ107–110.ȱ 626ȱȱ DiesȱistȱgegenȱdieȱallzuȱpositiveȱZeichnungȱimȱKommentarȱvonȱJervell,ȱApg,ȱ51,ȱwoȱ Paulusȱalsȱ„ewigerȱPharisäer“ȱbezeichnetȱwird,ȱfestzuhalten.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

277ȱ

noptiker)ȱ ausȱ Sichtȱ derȱ römischenȱ Besatzungsmacht,ȱ oderȱ aberȱ (etwaȱ amȱ Endeȱ desȱ Matthäusevangeliums),ȱ ausȱ derȱ Sichtȱ vonȱ Christen,ȱ dieȱ sichȱ selbstȱ womöglichȱ schonȱ alsȱ eigeneȱ Gruppierungȱ außerhalbȱ desȱ Judentumsȱsehen.ȱȱ Insgesamtȱ bleibtȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓΖ aberȱ inȱ denȱ erstenȱ dreiȱ Evangelienȱ einȱ ganzȱseltenesȱWortȱundȱtauchtȱ(mitȱAusnahmeȱvonȱMkȱ7,3ȱundȱLkȱ7,3;ȱ 23,51)ȱ nurȱ inȱ derȱ Passionsgeschichteȱ inȱ derȱ Wendungȱ „Königȱ derȱ JuȬ den“627ȱauf.628ȱUmsoȱmehrȱerstauntȱderȱBefundȱinȱderȱApostelgeschichȬ te,ȱ woȱ dasȱ Substantivȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓΖȱ (wieȱ imȱ Johannesevangelium)ȱ jeweilsȱ überȱ 60Ȭmalȱ vorkommt.ȱ Diesȱ weistȱ deutlichȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ sichȱ hierȱ auchȱ beiȱ Lukasȱ schonȱ eineȱ Außenperspektiveȱ entwickeltȱ hat,ȱ dieȱ „dieȱ Juden“ȱalsȱangegrenzteȱGruppeȱansiehtȱundȱgegenüberȱderȱSpracheȱdesȱ EvangeliumsȱeineȱWeiterentwicklungȱdarstellt.ȱ Lukasȱ unterscheidetȱ imȱ Evangeliumȱ zwischenȱ denȱ Führern,ȱ denȱ Pharisäernȱ undȱ demȱ Volkȱ selbst.ȱ Vorȱ allemȱ inȱ derȱ Passionserzählungȱ entlastetȱ erȱ dieȱ letzterenȱ Gruppenȱ gegenüberȱ denȱ anderenȱ Evangelienȱ deutlich.ȱ Insofernȱ Lukasȱ inȱ Rezeptionȱ deuteronomistischerȱ Kategorienȱ aberȱvonȱderȱSündeȱdesȱVolkesȱausgeht,ȱnimmtȱerȱsieȱzumindestȱmitȱLkȱ 23,18ȱ („alleȱ miteinander“ȱ fordernȱ dieȱ Beseitigungȱ Jesu)ȱ undȱ 23,25ȱ (dieȱ Übergabeȱ Jesuȱ erfolgtȱ nachȱ „ihremȱ Willen“)ȱ mitȱ inȱ denȱ SchuldzusamȬ menhangȱhinein.ȱInȱTextenȱwieȱLkȱ13,34f.ȱoderȱLkȱ21,23ȱundȱdannȱvorȱ allemȱinȱderȱApostelgeschichteȱ(bes.ȱApgȱ3,12ff.)ȱwirdȱdieserȱGedankeȱ wiederȱstärkerȱherausgearbeitet.ȱ NebenȱdieȱfrüherȱklassischeȱDeutung,ȱdassȱLukasȱmitȱseinerȱPassiȬ onserzählungȱ umȱ einenȱ apologetischenȱ Nachweisȱ bemühtȱ sei,ȱ „dassȱ JesusȱnichtȱvonȱRomȱalsȱpolitischerȱVerbrecherȱhingerichtetȱwordenȱistȱ undȱ alsoȱ auchȱ dieȱ christlicheȱ Gemeindeȱ keineȱ politischeȱ antirömischeȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 627ȱȱ Mtȱ27,11.29.37;ȱMkȱ15,2.9.12.18.26;ȱLkȱ23,3.37.38:ȱΆ΅Η΍ΏΉϿΖȱΘЗΑȱ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑ.ȱ 628ȱȱ Vgl.ȱzuȱdieserȱUnterschiedungȱauchȱdieȱFormulierungenȱinȱ1ȱMakk,ȱwoȱinȱderȱRegelȱ ͑ΗΕ΅φΏȱbzw.ȱΏ΅ϱΖȱzurȱBezeichnungȱdesȱjüdischenȱVolkesȱverwendetȱwirdȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱ 1ȱ Makkȱ 1,13.30.51f.;ȱ 2,7.66f.;ȱ 3,5),ȱ währendȱ dieȱ anderenȱ Völkerȱ (meistensȱ imȱ Plural)ȱ mitȱ σΌΑΓΖȱ bezeichnetȱ werdenȱ (vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ 1ȱ Makkȱ 1,3f.11–15.34.42;ȱ 2,12.18f.);ȱ Ώ΅ϱΖȱ wirdȱalsȱBezeichnungȱnurȱvonȱGliedernȱdesȱVolkesȱIsraelȱbenutzt,ȱalleȱFremdenȱ(vorȱ allemȱ dieȱ heidnischenȱ Könige),ȱ sprechenȱ Israelȱ alsȱ σΌΑΓΖȱ anȱ (vgl.ȱ 1ȱ Makkȱ 6,58;ȱ 8,23.25.27;ȱ10,25;ȱ11,30.39.42;ȱ13,36).ȱAnȱdieserȱGrenzlinieȱzwischenȱzumȱVolkȱIsraelȱ gehörendenȱ Menschenȱ undȱ Fremdenȱ tauchtȱ derȱ Terminusȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓΖȱ auf,ȱ insofernȱ Fremdeȱüberȱdieȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱsprechenȱ(vgl.ȱ1Makkȱ10,23),ȱwennȱsieȱIsraelitenȱmeinen.ȱ DerȱSprachgebrauchȱlässtȱsichȱauchȱaufȱandereȱBücherȱderȱLXXȱübertragen.ȱSoȱfindetȱ sichȱ etwaȱ inȱ Sir,ȱ Jud,ȱ Tob,ȱ Barȱ nichtȱ einmalȱ dieȱ Bezeichnungȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓΖ,ȱ währendȱ ͑ΗΕ΅φΏȱ häufigȱ vorkommtȱ (vgl.ȱ dazuȱ Kuhn,ȱ Art.ȱ ͑ΗΕ΅φΏ,ȱ 363;ȱ dortȱ auchȱ Hinweiseȱ aufȱ dieȱ rabbinischeȱ Literatur,ȱ dieȱ unsereȱ Vermutungenȱ insgesamtȱ bestätigen;ȱ zumȱ gegensätzlichenȱ Sprachgebrauchȱ imȱ Blickȱ aufȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓΖȱ vs. ͑ΗΕ΅φΏȱ inȱ 2ȱ Makkȱ vgl.ȱ Kuhn,ȱArt.ȱ͑ΗΕ΅φΏ,ȱ365).ȱ

278ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Bewegungȱ ist“629,ȱ trittȱ damitȱ einȱ neuerȱ Akzent:ȱ Derȱ Evangelistȱ wertetȱ dasȱVolkȱauf.ȱVorȱallemȱaberȱsträubtȱerȱsichȱgegenȱallzuȱklareȱVerurteiȬ lungenȱbzw.ȱRehabilitierungenȱeinzelnerȱGruppen.ȱInȱbiblischerȱTradiȬ tionȱ siehtȱ erȱ eineȱ Sündenverfallenheitȱ derȱ Menschenȱ insgesamt,ȱ dieȱ freilichȱdasȱVergebungsangebotȱGottesȱerhoffenȱkönnen,ȱwennȱsieȱumȬ kehren.ȱ Soȱ stehenȱ Römerȱ undȱ Juden,ȱ Obere,ȱ wieȱ dasȱ Volkȱ letztlichȱ symbolischȱfürȱdieȱLeserȱdesȱBuches,ȱdieȱsichȱaufȱeigeneȱVerfehlungenȱ besinnenȱkönnen.ȱȱ

3.9.2ȱUmkehrȱundȱSündenvergebungȱbeiȱLukasȱ Nachdemȱ wirȱ inȱ mehrerenȱ derȱ untersuchtenȱ Texteȱ Hinweiseȱ aufȱ dieȱ Rezeptionȱ derȱ deuteronomistischenȱ Geschichtsauffassungȱ gefundenȱ haben,ȱ dieȱ mitȱ derȱ Sündeȱ Israelsȱ undȱ demȱ Gerichtȱ rechnet,ȱ aberȱ auchȱ zurȱUmkehrȱaufruftȱundȱdasȱHeilȱerwartet,630ȱsollȱdieȱlukanischeȱRezepȬ tionȱdieserȱbiblischenȱVorstellungenȱanhandȱweitererȱTexteȱnochȱetwasȱ profiliertȱ werden.ȱ Insofernȱ dieȱ Umkehrȱ Israelsȱ zuȱ Gottȱ alsȱ VoraussetȬ zungȱ undȱ Vorbedingungȱ fürȱ Israelsȱ Wiederherstellungȱ amȱ Endeȱ derȱ Zeitȱ durchȱ Gottȱ selbstȱ gilt,ȱ istȱ zuȱ fragen,ȱ inwiefernȱ sichȱ dieseȱ VorstelȬ lungȱimȱlukanischenȱWerkȱzeigenȱlässt.631ȱȱ

3.9.2.1ȱZumȱlukanischenȱGebrauchȱvonȱΐΉΘΣΑΓ΍΅ȱundȱΩΚΉΗ΍Ζȱ Vonȱdenȱ22ȱBelegenȱimȱNeuenȱTestamentȱfürȱdasȱSubstantivȱΐΉΘΣΑΓ΍΅ȱ entfallenȱ11ȱ–ȱalsoȱdieȱHälfteȱ–ȱaufȱdasȱLukasevangeliumȱ(fünf)ȱbzw.ȱdieȱ Apostelgeschichteȱ (sechs),ȱ währendȱ dieȱ anderenȱ Evangelienȱ esȱ garȱ nichtȱ (Joh),ȱ einmalȱ (Mk)ȱ bzw.ȱ höchstensȱ zweimalȱ (Mt)ȱ verwenden.632ȱ FürȱdasȱVerbumȱΐΉΘ΅ΑΓΉϧΑȱ zeigtȱsichȱeinȱähnlichesȱBild:ȱVonȱ34ȱBeleȬ genȱentfallenȱ14ȱaufȱdasȱlukanischeȱDoppelwerk.633ȱDerȱDritteȱEvangeȬ listȱerweistȱsichȱdamitȱ„alsȱderȱVerkünderȱderȱUmkehrȱschlechthin“634ȱ–ȱ derȱumfassendeȱCharakterȱdesȱmitȱΐΉΘΣΑΓ΍΅ȱGemeintenȱwirdȱamȱbesȬ tenȱauchȱimȱDeutschenȱmitȱ„Umkehr“ȱwiedergegeben:ȱ„Sieȱumschreibtȱ imȱ umfassendenȱ Sinnȱ dieȱ Richtungȱ menschlichenȱ Lebens,ȱ dieȱ Abkehrȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 629ȱȱ Käsemann,ȱHistorieȱundȱGeschichte,ȱ192;ȱvgl.ȱauchȱ195–199.ȱ 630ȱȱ Vgl.ȱ Hübner,ȱ Theologieȱ III,ȱ 129,ȱ derȱ vonȱ „deuteronomistischerȱ Umkehrtheologie“ȱ spricht.ȱ 631ȱȱ Vgl.ȱBauckham,ȱWiederherstellung,ȱ8.ȱ 632ȱȱ WeiterȱbringtȱPaulusȱdasȱWortȱ4Ȭmal,ȱHebrȱ3Ȭmal,ȱ2Petrȱ1Ȭmal.ȱ 633ȱȱ Lk:ȱ9;ȱApg:ȱ5;ȱvgl.ȱauchȱdasȱhäufigeȱVorkommenȱvonȱπΔ΍ΗΘΕνΚΉ΍ΑȱinȱLkȱundȱApg.ȱ 634ȱȱ KimȬRauchholz,ȱUmkehr,ȱ38ȱ(vgl.ȱzumȱFolgendenȱauchȱdieȱTextanalysenȱ79–165).ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

279ȱ

vonȱ Unrechtȱ undȱ Ungerechtigkeitȱ undȱ dieȱ Hinwendungȱ zuȱ Gott.“635ȱ LukasȱverstärktȱdasȱThemaȱgegenüberȱseinerȱMarkusvorlageȱundȱbietetȱ vorȱallemȱinȱseinemȱSondergutȱaussagekräftigeȱTexte.636ȱ Dasȱ Motivȱ derȱ Umkehrȱ istȱ anȱ sichȱ stärkerȱ mitȱ Johannesȱ demȱ Täuferȱ verȬ bunden,637ȱwährendȱJesus,ȱwieȱbereitsȱMkȱ1,15ȱzeigt,638ȱeinenȱanderenȱAkȬ zentȱ setztȱ undȱ denȱ Umkehrrufȱ inȱ denȱ größerenȱ Kontextȱ desȱ Evangeliumsȱ vonȱderȱnahegekommenenȱGottesherrschaftȱstellt,ȱsoȱdassȱ„imȱUnterschiedȱ zuȱJohannesȱ[…]ȱbeiȱJesusȱdasȱThemaȱUmkehrȱvomȱZentrumȱanȱdenȱRandȱ gerückt“639ȱwird.ȱLukasȱhingegenȱverstärktȱdiesesȱMotivȱvielfachȱundȱgibtȱ damitȱauchȱseinemȱJesusbildȱeinenȱinteressantenȱAkzent,ȱjaȱerȱdrehtȱeinȱbeiȱ MarkusȱzuȱentdeckendesȱAnliegenȱJesuȱgeradezuȱum:ȱ„WarȱfürȱJesusȱUmȬ kehrȱ eineȱ Folgeȱ derȱ hereingebrochenenȱ Gottesherrschaftȱ undȱ derȱ mitȱ ihrȱ verknüpftenȱ Sündenvergebung“,ȱ istȱ fürȱ Lukasȱ „Umkehrȱ unverzichtbareȱ VoraussetzungȱderȱSündenvergebungȱundȱdieseȱwiederumȱBedingungȱfürȱ denȱmitȱderȱTaufeȱverknüpftenȱGeistempfang“640.ȱDabeiȱistȱinȱdieȱRedeȱvonȱ derȱ„Umkehr“ȱnebenȱeinemȱ„Gesinnungswandel“ȱauchȱdieȱentsprechendeȱ Tatbereitschaftȱ enthalten,ȱ wieȱ etwaȱ dieȱ Täuferpredigtȱ Lkȱ 3,8ȱ undȱ dieȱ verȬ mutlichȱ lukanischeȱ Bildungȱ 3,10–14ȱ zeigen,ȱ wenngleichȱ nachösterlichȱ dieȱ UmkehrȱmitȱderȱHinwendungȱzumȱGlaubenȱanȱJesusȱChristusȱidentischȱzuȱ seinȱ scheint.ȱ Dochȱ istȱ fürȱ Lukasȱ diesesȱ Bekenntnisȱ keineswegsȱ nurȱ eineȱ formaleȱZugehörigkeitȱohneȱPraxisrelevanz,ȱsondernȱmanifestiertȱsichȱstetsȱ inȱ spezifischemȱ Tun.ȱ Schonȱ dieȱ Summarienȱ machenȱ diesȱ aufȱ ihreȱ Weiseȱ deutlich,ȱwährendȱdieȱErzählungȱvonȱHananiasȱundȱSapphiraȱinȱApgȱ5ȱdieȱ Konsequenzenȱ fehlenderȱ Lebenspraxisȱ besondersȱ markantȱ verdeutlicht.ȱ Dasȱ Bekenntnisȱ zuȱ Jesusȱ Christusȱ istȱ alsoȱ keineswegsȱ ethischȱ „leer“,ȱ sonȬ dernȱ orientiertȱ sichȱ anȱ denȱ Weisungenȱ Jesuȱ ausȱ demȱ Evangeliumȱ (BesitzȬ verzichtȱundȱAlmosengeben).ȱAuffälligȱistȱzudem,ȱdassȱderȱTäuferȱimȱLuȬ kasevangeliumȱzunächstȱkeineswegsȱalsȱ„Täufer“ȱ(vgl.ȱMkȱ1,4),ȱsondernȱalsȱ Prophetȱ beschriebenȱ wird.ȱ Soȱ erwähnenȱ dieȱ Vorgeschichtenȱ Lkȱ 1–2ȱ mitȱ keinemȱ Wort,ȱ dassȱ Johannesȱ sichȱ späterȱ alsȱ Täuferȱ betätigenȱ werde,ȱ wohlȱ aberȱunterstreichenȱsieȱseineȱprophetischeȱAufgabe.ȱDiesȱträgtȱsichȱauchȱinȱ Lkȱ3ȱdurch.ȱDieȱ„Wortereignisformel“ȱLkȱ3,2ȱundȱseineȱCharakterisierungȱ alsȱPriestersohnȱerinnernȱstarkȱanȱJeremia.ȱSeineȱPredigtȱistȱdurchausȱeineȱ DrohpredigtȱanȱIsrael,ȱwieȱwirȱsieȱauchȱvonȱdenȱSchriftprophetenȱkennen.ȱ Gemäßȱ demȱ Toposȱ desȱ Prophetenschicksalsȱ wirdȱ dannȱ auchȱ baldȱ mitȱ JoȬ hannesȱverfahren,ȱwieȱLkȱ3,18–20ȱzeigt,ȱwoȱdieȱMahnworteȱdenȱTäuferȱinsȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 635ȱȱ Janssen,ȱGottesȱGericht,ȱ228.ȱ 636ȱȱ Vgl.ȱ nurȱ dieȱ Ergänzungȱ gegenüberȱ Markusȱ inȱ Lkȱ 5,32ȱ (Jesusȱ ruftȱ dieȱ Sünderȱ „zurȱ Umkehr“)ȱoderȱLkȱ24,47ȱamȱSchlussȱdesȱEvangeliums.ȱ 637ȱȱ BeiȱMkȱundȱMtȱerscheintȱΐΉΘΣΑΓ΍΅ȱnurȱinȱdenȱTäuferberichtenȱ(Mkȱ1,4;ȱMtȱ3,8.11).ȱ 638ȱȱ DerȱVersȱistȱvermutlichȱvormarkinisch;ȱvgl.ȱ Pesch,ȱMkȱI,ȱ100f.;ȱKlauck,ȱVorspielȱimȱ Himmel,ȱ73–75.ȱ 639ȱȱ Ebner/Heininger,ȱExegese,ȱ370.ȱ 640ȱȱ Ebner/Heininger,ȱExegese,ȱ371.ȱ

280ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Gefängnisȱ bringen.ȱ Einzigartigȱ istȱ dieȱ Charakterisierungȱ derȱ Tätigkeitȱ desȱ JohannesȱalsȱΉЁ΅··ΉΏϟΊΉΗΌ΅΍,ȱwomitȱLukasȱdieȱVerbindungȱzurȱdarauffolȬ gendenȱ Botschaftȱ Jesuȱ andeutetȱ undȱ zudemȱ dieȱ prophetischeȱ Weissagungȱ ausȱJesȱ52,7ȱaufnimmt.ȱInsgesamtȱwirktȱdieȱJohannestaufeȱbeiȱLukasȱweniȬ gerȱalsȱ„eschatologischesȱSakrament“641ȱzurȱVorbereitungȱaufȱdasȱnahendeȱ Gericht,ȱ sondernȱ eherȱ alsȱ Zeichenȱ fürȱ dieȱ zusätzlichȱ zuȱ erbringendenȱ „FrüchteȱderȱUmkehr“ȱ(Lkȱ3,7),ȱdieȱerstȱaufȱdieȱVergebungȱhoffenȱlassen.ȱ

Lukasȱ verdeutlichtȱ anȱ vielenȱ Stellen,ȱ welcheȱ Konsequenzenȱ zurȱ UmȬ kehrȱgehören:ȱFrüchte/WerkeȱderȱUmkehrȱ(Lkȱ3,8;ȱApgȱ26,20)ȱsindȱgeȬ fordert,ȱ soȱ dassȱ sichȱ eineȱ typischȱ lukanischeȱ Konzeptionȱ aufweisenȱ lässt,ȱ nachȱ derȱ jederȱ Sünderȱ aufȱ Vergebungȱ hoffenȱ darf,ȱ sobaldȱ erȱ nurȱ aktivȱseineȱUmkehrȱ(bzw.ȱseinenȱGlaubenȱoderȱentsprechendeȱWerke)ȱ zeigt,ȱ bzw.ȱ einȱ „Sachgrund“642ȱ fürȱ dieȱ Sündenvergebungȱ gegebenȱ ist.ȱ Fürȱ Lukasȱ gehörenȱ „Umkehrȱ undȱ Vergebungȱ […]ȱ untrennbarȱ zusamȬ men,ȱalsȱzweiȱSeitenȱdesȱeinenȱGnadenangebots“643.ȱ UnsereȱBeobachtungenȱzuȱbiblischȬfrühjüdischenȱZukunftskonzepȬ tenȱ habenȱ gezeigt,ȱ dassȱ bereitsȱ imȱ Altenȱ Testamentȱ dieȱ Redeȱ vonȱ derȱ Sündenvergebungȱ inȱ einemȱ größerenȱ Entwicklungszusammenhangȱ steht.ȱInsofernȱsichȱnachȱderȱVersündigungȱdesȱMenschenȱundȱderȱPhaȬ seȱ göttlichenȱ Zornesȱ einȱ Neuanfangȱ alsȱ stetsȱ möglichȱ erwies,ȱ wurdeȱ diesȱ mitȱ derȱ Kategorieȱ derȱ Sündenvergebungȱ verbunden.ȱ Trotzȱ ihresȱ CharaktersȱalsȱGeschenkȱGottesȱfürȱdenȱsündigenȱMenschenȱkonnteȱdieȱ menschlicheȱTatȱderȱUmkehrȱalsȱVoraussetzungȱdurchausȱbetontȱwerȬ den,ȱwenngleichȱauchȱderȱGedankeȱeinerȱreinȱvonȱGottȱherȱgegebenenȱ Gnadenhandlungȱ starkȱ ist.ȱ Dabeiȱ warȱ nichtȱ primärȱ derȱ Einzelneȱ imȱ Blick,ȱ sondernȱ dasȱ Volkȱ inȱ seinerȱ Beziehungȱ zuȱ JHWH.644ȱ Fürȱ Lukasȱ lässtȱsichȱdieȱVorstellungȱeinerȱdurchȱmenschlicheȱUmkehrȱermöglichȬ tenȱVergebung,ȱdieȱauchȱTeilȱdesȱdeuteronomistischenȱGeschichtsbildesȱ ist,ȱdasȱimmerȱschonȱmitȱderȱSündeȱIsraelsȱrechnet,ȱalsȱprägendȱerweiȬ sen.ȱ Derȱ Terminusȱ ΩΚΉΗ΍Ζȱ kommtȱ 17Ȭmalȱ imȱ NTȱ vorȱ undȱ wirdȱ dabeiȱ 15ȬmalȱinȱderȱspezifischenȱBedeutungȱ„Vergebung“ȱbenutzt.ȱ„Auffälligȱ ist,ȱdassȱvonȱdiesenȱ17ȱBelegenȱalleinȱjeȱ5ȱaufȱdasȱLkEv.ȱundȱApgȱ[…]ȱ entfallen.“645ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ damitȱ umȱ eineȱ vorȱ allemȱ fürȱ Lukasȱ typiȬ scheȱ Vokabel,646ȱ dieȱ erȱ zudemȱ inȱ eigenerȱ Akzentuierungȱ verwendet.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 641ȱȱ Leroy,ȱVergebung,ȱ65.ȱ 642ȱȱ Wolter,ȱLk,ȱ296.ȱ 643ȱȱ Klauck,ȱDieȱFrageȱderȱSündenvergebung,ȱ310.ȱ 644ȱȱ Vgl.ȱLeroy,ȱVergebung,ȱ26Ȭ28.ȱ 645ȱȱ Vorländer,ȱArt.ȱVergebung,ȱ1265.ȱ 646ȱȱ Hingegenȱfälltȱauf,ȱdassȱMtȱdasȱWortȱ–ȱabgesehenȱvonȱMtȱ26,28ȱ–ȱgarȱnichtȱbenutzt,ȱ obwohlȱ erȱ dasȱ Verbumȱ ΦΚϟ΋ΐ΍ȱ amȱ häufigstenȱ verwendet.ȱ Auchȱ Paulusȱ formuliertȱ niemalsȱ mitȱ demȱSubstantivȱ undȱ verwendetȱ nurȱeinmalȱdasȱVerbumȱinȱ derȱBedeuȬ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

281ȱ

ZwarȱkannȱerȱsieȱwieȱdieȱanderenȱneutestamentlichenȱAutorenȱaufȱdieȱ Taufeȱbeziehenȱ(vgl.ȱMkȱ1,4;ȱRömȱ6;ȱApgȱ2,38);ȱaberȱwährendȱetwaȱbeiȱ Matthäusȱ dieȱ Sündenvergebungȱ prominentȱ imȱ Kontextȱ desȱ HerrenȬ mahlesȱ erscheintȱ (Mtȱ 26,28),ȱ betontȱ Lukasȱ dieȱ aufȱ dieȱ christlicheȱ VerȬ kündigungȱ folgendeȱ Umkehrȱ (vgl.ȱ Lkȱ 24,47;ȱ Apgȱ 10,42f.,ȱ 13,38)ȱ undȱ bietetȱdasȱBrotȬȱundȱKelchwortȱ(Lkȱ22,19f.)ȱohneȱVergebungsansage.ȱErȱ schließtȱdamitȱstärkerȱalsȱdieȱanderenȱAutorenȱanȱdenȱUmkehrrufȱdesȱ Altenȱ Testamentsȱ an.647ȱ Inȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ Vergebungȱ stehenȱ fürȱihnȱTatenȱderȱUmkehr.ȱNebenȱderenȱBetonungȱlegtȱLukasȱaberȱzuȬ gleichȱ Wertȱ darauf,ȱ dassȱ derȱ Umkehrendeȱ auchȱ mitȱ derȱ Vergebungȱ rechnenȱdarf.648ȱ

3.9.2.2ȱBeispieleȱlukanischerȱ„Umkehrtheologie“ȱ Dieȱ spezifischeȱ lukanischeȱ Sichtȱ vonȱ Umkehrȱ undȱ Sündenvergebungȱ lässtȱsichȱnichtȱnurȱanȱsynoptischemȱTextmaterialȱzeigen,ȱbeiȱdemȱsichȱ LukasȱvonȱMarkusȱundȱMatthäusȱunterscheidet,ȱsondernȱvorȱallemȱanȱ wichtigenȱSondergutȬStoffen.ȱImȱFolgendenȱsollenȱeinigeȱTexteȱdaraufȬ hinȱbefragtȱwerden.ȱ ȱ DasȱMahlȱmitȱderȱSünderinȱ(Lkȱ7,36–50)ȱ ȱ Eineȱ ersteȱ wichtigeȱ Szeneȱ findetȱ sichȱ inȱ Lkȱ 7,ȱ woȱ Jesusȱ beiȱ derȱ EinlaȬ dungȱ einesȱ Pharisäersȱ zumȱ Mahlȱ inȱ Kontaktȱ mitȱ einerȱ „Sünderin“ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ tungȱ„vergeben“ȱinȱeinemȱSchriftzitatȱ(Römȱ4,7ȱalsȱZitatȱvonȱPsȱ31,1ȱ[LXX]);ȱfürȱihnȱ hatȱdasȱWortȱoffenbarȱnichtȱdieȱreligiöseȱVergebungskonnotation,ȱwieȱsieȱfürȱLukasȱ typischȱ ist.ȱ Stattdessenȱ differenziertȱ Paulusȱ mitȱ denȱ semantischȱ verwandtenȱ VokaȬ belnȱΎ΅Θ΅ΏΣΗΗΉ΍Αȱ(nurȱbeiȱPaulus!)ȱundȱΈ΍Ύ΅΍ΓІΑ.ȱLukasȱkenntȱdieseȱTerminologieȱ auch,ȱziehtȱsieȱjedochȱ sparsamȱheran;ȱvgl.ȱvorȱallemȱ dieȱauffälligeȱFormulierungȱ inȱ Apgȱ13,38f.ȱ(vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱKanon,ȱ196–201)ȱundȱLkȱ18,14;ȱvgl.ȱjedochȱauchȱLkȱ 7,29;ȱ10,29;ȱ16,15.ȱ 647ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ auchȱ dieȱ Redeȱ vonȱ Umkehrȱ undȱ Vergebungȱ inȱ Qumran,ȱ woȱ nebenȱ demȱ Gefühlȱ derȱ Erwählungȱ einȱ ausgeprägtesȱ Empfindenȱ derȱ eigenenȱ Sündeȱ undȱ UmȬ kehrnotwendigkeitȱsichtbarȱwirdȱ(1QHȱ1,5–39);ȱVergebungȱkannȱderȱerhoffen,ȱ„derȱ seinenȱfalschenȱWegȱeinsiehtȱundȱdurchȱDemutȱundȱrechtschaffenenȱGeistȱumkehrt“ȱ (Vorländer,ȱVergebung,ȱ1264),ȱvgl.ȱ1QHȱ14,24;ȱ1QSȱ3,7ff.ȱ 648ȱȱ DiesȱerweisenȱdieȱTexteȱausȱSondergutȱundȱlukanischerȱRedaktion;ȱdieȱeinzigeȱdazuȱ inȱSpannungȱstehendeȱÄußerungȱüberȱdieȱnichtȱzuȱvergebendeȱLästerungȱdesȱHeiliȬ genȱ Geistesȱ (vgl.ȱ Lkȱ 12,10)ȱ istȱ einȱ inȱ diversenȱ Überlieferungssträngenȱ bezeugtesȱ Logionȱ (vgl.ȱ Mtȱ 12,32ȱ [QȬTradition];ȱ Mkȱ 3,28f.;ȱ EvThomȱ 44),ȱ dessenȱ Bedeutungȱ imȱ Kontextȱzudemȱumstrittenȱist,ȱvgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ445.ȱ

282ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

(Lkȱ7,36:ȱ·ΙΑχȱϊΘ΍ΖȱώΑȱπΑȱΘϜȱΔϱΏΉ΍ȱΥΐ΅ΕΘΝΏϱΖ)ȱkommtȱ(Lkȱ7,36–50).649ȱ Dieȱ Szeneȱ beginntȱ mitȱ demȱ ausführlichȱ beschriebenenȱ Handelnȱ derȱ Frauȱ(V.ȱ38),ȱdieȱJesusȱdieȱFüßeȱsalbt,ȱwährendȱdieȱEssenseinladungȱinȱ denȱ Hintergrundȱ tritt.ȱ Dieȱ fragendeȱ Reaktionȱ desȱ Gastgebersȱ (V.ȱ 39)ȱ erwidertȱJesusȱmitȱeinemȱGleichnis,650ȱinȱdemȱeinȱGeldverleiherȱseinenȱ Schuldnernȱ dieȱ Schuldenȱ erlässtȱ (V.ȱ 40–43).ȱ Dieȱ Anwendungȱ diesesȱ Gleichnissesȱ aufȱ dieȱ Situationȱ führtȱ schließlichȱ dazu,ȱ dassȱ Jesusȱ derȱ FrauȱdieȱVergebungȱzusprichtȱ(V.ȱ44–50).ȱDabeiȱfälltȱauf,ȱdassȱGleichnisȱ undȱ erzähltesȱ Geschehenȱ inȱ einemȱ entscheidendenȱ Punktȱ gegenläufigȱ sind:ȱ Währendȱ derȱ Geldverleiherȱ imȱ Gleichnisȱ seinenȱ Schuldnernȱ ihreȱ unterschiedlichȱ hohenȱ Schuldenȱ erlässt,ȱ woraufhinȱ der,ȱ demȱ mehrȱ erȬ lassenȱ wurdeȱ (V.ȱ 44:ȱ Сȱ Θϲȱ ΔΏΉϧΓΑȱ πΛ΅ΕϟΗ΅ΘΓ),ȱ größereȱ Liebeȱ zeigtȱ (V.ȱ43:ȱΔΏΉϧΓΑȱΦ·΅ΔφΗΉ΍ȱ΅ЁΘϱΑ),651ȱläuftȱdasȱWortȱJesu,ȱinȱdemȱerȱseinȱ GleichnisȱfürȱdieȱSituationȱauswertet,ȱaufȱeineȱandereȱPointeȱhinaus,ȱdaȱ esȱdenȱSündenerlassȱfürȱdieȱFrauȱalsȱKonsequenzȱderȱ(imȱGlaubenȱerȬ brachten)ȱ Liebesdiensteȱ darstellt:ȱ „Vergebenȱ sindȱ ihreȱ vielenȱ Sünden,ȱ weilȱsieȱvielȱgeliebtȱhat.“ȱ(ΦΚνΝΑΘ΅΍ȱ΅ϡȱΥΐ΅ΕΘϟ΅΍ȱ΅ЁΘϛΖȱ΅ϡȱΔΓΏΏ΅ϟ,ȱϵΘ΍ȱ ω·ΣΔ΋ΗΉΑȱ ΔΓΏϾ).ȱ Inȱ V.ȱ 48ȱ wirdȱ ihrȱ dieȱ Sündenvergebungȱ dannȱ auchȱ zugesprochen.652ȱȱ ȱ DieȱGleichnisseȱinȱLkȱ15ȱ ȱ FürȱdasȱUmkehrmotivȱimȱlukanischenȱSinneȱzentralȱistȱdasȱ15.ȱKapitelȱ desȱ Drittenȱ Evangeliums,ȱ inȱ demȱ sichȱ dieȱ Forderungȱ derȱ Umkehrȱ mitȱ derȱPerspektiveȱderȱRettungȱallerȱSündigenȱverbindet.ȱLukasȱhatȱinȱLkȱ 15ȱ eineȱ bewussteȱ Kompositionȱ geschaffen,ȱ dieȱ sichȱ einemȱ speziellenȱ Themaȱwidmet.653ȱInȱeinemȱkleinenȱnarrativenȱVorspannȱ(V.ȱ1–2),ȱwerȬ denȱ „Zöllnerȱ undȱ Sünder“ȱ denȱ „Pharisäernȱ undȱ Schriftgelehrten“ȱ geȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 649ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Eckey,ȱ Lkȱ I,ȱ 356–365;ȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 289–297.ȱ Zuȱ denȱ traditionsgeschichtliȬ chenȱBezügenȱzurȱErzählungȱvonȱderȱSalbungȱinȱBetanienȱvgl.ȱTheobald,ȱJohȱI,ȱ767– 773:ȱLukasȱhatȱdieȱBetanienȬSzeneȱzugunstenȱderȱPerikopeȱinȱLkȱ7ȱgestrichen.ȱȱ 650ȱȱ Derȱ Terminusȱ fälltȱ nicht;ȱ esȱ handeltȱ sichȱ derȱ Gattungȱ nachȱ inȱ derȱ Terminologieȱ R.ȱ Bultmannsȱumȱeineȱ„paradigmatischeȱEntscheidung“ȱ(Bultmann,ȱGeschichte,ȱ198f.).ȱ 651ȱȱ Dazuȱ passtȱ dieȱ hintereȱ Erläuterungȱ Jesuȱ inȱ V.ȱ 47b:ȱ „Wemȱ aberȱ wenigerȱ erlassenȱ wird,ȱerweistȱgeringereȱLiebe“ȱ(СȱΈξȱϴΏϟ·ΓΑȱΦΚϟΉΘ΅΍,ȱϴΏϟ·ΓΑȱΦ·΅Δλ).ȱ 652ȱȱ Diesȱ lässtȱ eineȱ Auslegung,ȱ dieȱ inȱ Harmonisierungȱ derȱ Texteȱ schonȱ dieȱ anfänglichȱ berichtetenȱ Liebestatenȱ alsȱ Folgeȱ derȱ schonȱ gewährtenȱ Sündenvergebungȱ ansieht,ȱ unmöglichȱerschienen;ȱvgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ296.ȱ 653ȱȱ Imȱ Kontextȱ derȱ Jerusalemreiseȱ Jesuȱ findetȱ sichȱ dieseȱ Methodeȱ häufiger;ȱ soȱ istȱ anȬ schließendȱinȱLkȱ16ȱ„derȱUmgangȱmitȱdemȱGeldȱundȱdasȱSchicksalȱdesȱReichen“ȱimȱ Zentrumȱ(vgl.ȱBerges/Hoppe,ȱArmȱundȱReich,ȱ88);ȱKap.ȱ16ȱschließtȱsichȱdirektȱanȱdasȱ GleichnisȱvomȱbarmherzigenȱVaterȱan;ȱesȱnimmtȱnunȱdieȱJüngerȱinȱdenȱBlick,ȱwennȬ gleichȱdieȱPharisäerȱausȱKap.ȱ15ȱimȱHintergrundȱsicherȱmitgedachtȱsind.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

283ȱ

genübergestellt.ȱ Währendȱ dieȱ Gruppeȱ derȱ Sünderȱ ausdrücklichȱ zuȱ JeȬ susȱ kommt,ȱ umȱ ihnȱ zuȱ hören,ȱ sindȱ dieȱ anderenȱ schonȱ dortȱ anwesendȱ undȱ lassenȱ sichȱ ebenfallsȱ zuȱ denȱ Hörernȱ Jesuȱ rechnen,ȱ nehmenȱ allerȬ dingsȱAnstoßȱanȱderȱAnnahmeȱderȱSünderȱdurchȱJesus.ȱEsȱfolgenȱmehȬ rereȱ Gleichnisseȱ undȱ Beispielgeschichten,ȱ dieȱ dieseȱ PersonenkonstellaȬ tionȱ –ȱ dasȱ Gegenüberȱ vonȱ „Sündern“ȱ undȱ „Gerechten“ȱ (soȱ dieȱ Terminologieȱ inȱ V.ȱ 7)ȱ –ȱ thematisieren.ȱ Dabeiȱ sindȱ dieȱ erstenȱ beidenȱ Gleichnisseȱexaktȱparallelȱaufgebaut,ȱwährendȱderȱdritteȱAbschnitt,ȱderȱ hierȱnurȱknappȱangesprochenȱwerdenȱkann,654ȱinȱeinerȱKlimaxȱwichtigeȱ Elementeȱ derȱ Gleichnisseȱ aufnimmt,ȱ jedochȱ dieȱ Erzählungȱ deutlichȱ weiterȱausbaut:ȱ ȱ V.ȱ3ȱ V.ȱ4–7ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ V.ȱ8–10ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ V.ȱ11–32ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

Überschriftȱderȱfolgendenȱ„Gleichnisse“655 GleichnisȱvomȱverlorenenȱSchafȱ(bzw.ȱvomȱnachgehendenȱHirten)ȱ 4a:ȱAusgangssituationȱ(BesitzȱvonȱSchafen:ȱσΛΝΑȱοΎ΅ΘϲΑȱΔΕϱΆ΅Θ΅)ȱ 4b:ȱProblemlageȱ(einȱStückȱdesȱBesitzesȱgehtȱverloren)ȱ 4c–e:ȱLösungȱ(Handlungen,ȱdieȱzumȱWiederfindenȱdesȱVerlorenenȱführen)ȱ 5–6:ȱReaktionȱdesȱHirtenȱ(MotivȱderȱFreudeȱdesȱFinders:ȱΗΙ·ΛΣΕ΋ΘνȱΐΓ΍)ȱ 7:ȱDeutungȱdesȱGleichniserzählersȱ(MotivȱderȱUmkehrȱdesȱSünders)ȱ GleichnisȱvonȱderȱverlorenenȱDrachmeȱ(bzw.ȱvonȱderȱsuchendenȱFrau)ȱ 8a:ȱAusgangssituationȱ(BesitzȱvonȱDrachmen:ȱΈΕ΅ΛΐΤΖȱσΛΓΙΗ΅ȱΈνΎ΅)ȱ 8b:ȱProblemlageȱ(einȱStückȱdesȱBesitzesȱgehtȱverloren)ȱ 8c–f:ȱLösungȱ(Handlungen,ȱdieȱzumȱWiederfindenȱdesȱVerlorenenȱführen)ȱ 9:ȱReaktionȱderȱFrauȱ(MotivȱderȱFreudeȱdesȱFinders:ȱΗΙ·ΛΣΕ΋ΘνȱΐΓ΍)ȱ 10:ȱDeutungȱdesȱGleichniserzählersȱ(MotivȱderȱUmkehrȱdesȱSünders)ȱ ȱ BeispielerzählungȱvomȱverlorenenȱSohnȱ(bzw.ȱvomȱbarmherzigenȱVater)ȱ 11a:ȱknappeȱnarrativeȱEinleitungȱ 11b:ȱAusgangssituationȱ(„Besitz“ȱvonȱSöhnen:ȱΉϨΛΉΑȱΈϾΓȱΙϡΓϾΖ)ȱ 12–16:ȱProblemlageȱ(derȱeineȱSohnȱgehtȱverloren)ȱ 17–21:ȱLösungȱinȱmehrerenȱTeilenȱ(Handlungen,ȱdieȱzumȱWiederauffindenȱ desȱVerlorenenȱführen:ȱUmkehrȱdesȱSohnes,ȱMitleidȱdesȱVaters)ȱ 22–23:ȱReaktionȱdesȱVatersȱ(MotivȱdesȱFröhlichseins)ȱ 24:ȱDeutenderȱKommentarȱdesȱVatersȱunterȱAufnahmeȱderȱMotivikȱderȱvoȬ rangehendenȱGleichnisseȱ 25–31:ȱVertiefendeȱReflexionȱderȱUmkehrȬȱundȱVergebungsthematikȱ 32:ȱDeutenderȱKommentarȱdesȱVatersȱunterȱAufnahmeȱderȱMotivikȱderȱvoȬ rangehendenȱGleichnisse,ȱinclusioȱzuȱV.ȱ24.ȱ

ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 654ȱȱ Vgl.ȱdazuȱausführlicherȱBovon,ȱLkȱIII,ȱ37–66.ȱ 655ȱȱ Dieȱ Formulierungȱ ψȱ Δ΅Ε΅ΆΓΏχȱ Θ΅ϾΘ΋ȱ beziehtȱ sichȱ strenggenommenȱ nurȱ aufȱ dasȱ ersteȱGleichnis,ȱwirdȱaberȱvonȱdenȱfolgendenȱbeidenȱ Abschnittenȱweitergeführtȱ (soȱ auchȱWolter,ȱLk,ȱ523).ȱ

284ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

WichtigȱistȱbeiȱdenȱerstenȱbeidenȱGleichnissenȱjeweilsȱderȱKommentarȬ satzȱamȱEndeȱ(V.ȱ7.10).ȱWirdȱdasȱMotivȱderȱFreudeȱunverändertȱüberȬ nommenȱ undȱ aufȱ dieȱ himmlischenȱ Mächteȱ übertragen,ȱ soȱ wirdȱ dasȱ Findenȱ desȱ Verlorenenȱ nunȱ mitȱ derȱ Umkehrȱ gleichgesetzt.ȱ Dabeiȱ verȬ schiebtȱ sichȱ derȱ Akzent:ȱ Inȱ derȱ Weltȱ derȱ Gleichnisseȱ gehtȱ dieȱ gesamteȱ AktionȱvomȱHirtenȱbzw.ȱderȱFrauȱaus,ȱdieȱihrȱEigentumȱzurückȱhabenȱ wollen,ȱwährendȱderȱKommentarsatzȱdurchȱdieȱTerminologieȱderȱUmȬ kehrȱ aufȱ dasȱ Tunȱ derȱ verlorenȱ gegangenenȱ Objekteȱ hinweist.ȱ WennȬ gleichȱbeideȱSeitenȱzusammenȱgehören,ȱsoȱzeigtȱsichȱdochȱeineȱgewisseȱ Spannungȱ zwischenȱ denȱ Gleichnissenȱ undȱ ihrerȱ Deutung,ȱ hinterȱ derȱ dieȱ redaktionelleȱ Handȱ desȱ Evangelistenȱ zuȱ erkennenȱ ist.ȱ Soȱ sicherȱ erȱ mitȱ demȱ Wiederfindenȱ desȱ Verlorenenȱ rechnet,ȱ soȱ unbedingtȱ istȱ ihmȱ auchȱ amȱ Faktumȱ derȱ Umkehrȱ gelegen.ȱ Dassȱ dieseȱ schonȱ imȱ Kleinenȱ beginnenȱkann,ȱzeigtȱdieȱEinleitung,ȱinsofernȱdortȱSünderȱaktivȱwerdenȱ undȱ„aufȱJesusȱzugehen,ȱumȱihnȱzuȱhören“ȱ(V.ȱ1).ȱȱ DieserȱPunktȱistȱauchȱinȱderȱBeispielerzählungȱzuȱberücksichtigen.ȱ Soȱrichtigȱesȱist,ȱdassȱderȱbarmherzigeȱVaterȱseinemȱSohnȱohneȱweitereȱ Leistungenȱ wiederȱ aufnimmt,ȱ soȱ auffälligȱ bleibtȱ dasȱ Interesseȱ desȱ ErȬ zählersȱ amȱ Umkehrgeschehen,ȱ dasȱ dieȱ Verseȱ 17–20ȱ entfalten.ȱ BemerȬ kenswertȱ istȱ auchȱ dieȱ Radikalität,ȱ inȱ derȱ Sündenvergebungȱ narrativȱ deutlichȱwird:ȱDerȱverloreneȱSohnȱistȱalsȱStallnachbarȱderȱSchweineȱimȱ ZustandȱhöchsterȱUnreinheitȱangekommen.ȱDieȱWiederannahmeȱdurchȱ denȱVater,ȱderȱihnȱdirektȱumarmt,ȱzeigtȱsoȱauch,ȱdassȱimȱVergebungsȬ geschehenȱdieȱReinheitȱwiederhergestelltȱwird.ȱ ȱ DieȱGemeinderegelnȱinȱLkȱ17ȱ ȱ DeutlichȱwirdȱhierȱdieȱBedeutungȱderȱTerminologieȱfürȱLukas,ȱwieȱsieȱ sichȱschließlichȱauchȱinȱdenȱMissionsredenȱderȱApostelgeschichteȱweiȬ terȱimȱMotivȱderȱΩΚΉΗ΍ΖȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱverfestigt.656ȱSoȱklarȱLukasȱdieȱTatȬ sacheȱderȱSündeȱbenennt,ȱsoȱdeutlichȱstelltȱerȱihrȱzugleichȱdieȱRealitätȱ derȱ Vergebungȱ entgegen.ȱNotwendigȱistȱ dafürȱ beiȱ ihmȱ dasȱ ΐΉΘ΅ΑΓΉϧΑȱ alsȱBeitragȱderȱMenschen,ȱumȱdieȱVergebungȱerlangenȱzuȱkönnen.ȱEntȬ sprechendȱ bietetȱ Lkȱ 17ȱ inȱ Weiterführungȱ vonȱ Lkȱ 15ȱ eineȱ jesuanischeȱ Paränese,ȱ dieȱ alsȱ Gemeinderegelȱ verstandenȱ werdenȱ kann.ȱ Jesusȱ wenȬ detȱsichȱgemäßȱ17,1ȱ„anȱdieȱJünger“,ȱdenenȱerȱinȱ17,3ȱmitteilt:ȱ ȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 656ȱȱ Vgl.ȱApgȱ2,38;ȱ5,31;ȱ10,43;ȱ13,38;ȱ26,18;ȱaußerdemȱ3,19;ȱ8,22;ȱ22,16.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

bȱ cȱ dȱ eȱ

̳ΤΑȱΥΐΣΕΘϙȱϳȱΦΈΉΏΚϱΖȱΗΓΙȱȱ πΔ΍Θϟΐ΋ΗΓΑȱ΅ЁΘХ,ȱȱ Ύ΅ϠȱπΤΑȱΐΉΘ΅ΑΓφΗϙȱȱ ΩΚΉΖȱ΅ЁΘХ.ȱ

285ȱ

WennȱdeinȱBruderȱsündigt,657ȱ weiseȱihnȱzurecht,ȱ undȱwennȱerȱumkehrt,658ȱ vergibȱihm.ȱ

ȱ Dasȱ Geschehenȱ zwischenȱ Gottȱ undȱ Menschen,ȱ inȱ demȱ aufȱ Umkehrȱ Vergebungȱ folgt,ȱ wirdȱ hierȱ zwischenmenschlichȱ ausgefaltet.ȱ Dassȱ esȱ dabeiȱtatsächlichȱnurȱaufȱdenȱAktȱderȱUmkehrȱundȱnichtȱaufȱdieȱGrößeȱ derȱVerfehlungȱankommt,ȱbetontȱderȱfolgendeȱVersȱ17,4:ȱ ȱ aȱ bȱ cȱ dȱ eȱ

Ύ΅ϠȱπΤΑȱοΔΘΣΎ΍ΖȱΘϛΖȱψΐνΕ΅Ζȱ Υΐ΅ΕΘφΗϙȱΉϢΖȱΗξȱȱ Ύ΅ϠȱοΔΘΣΎ΍ΖȱπΔ΍ΗΘΕνΜϙȱΔΕϲΖȱΗξȱȱ Ών·ΝΑȉȱȱ ΐΉΘ΅ΑΓЗ,ȱȱ ΦΚφΗΉ΍Ζȱ΅ЁΘХ.ȱ

UndȱwennȱerȱsiebenmalȱamȱTagȱimȱBlickȱ aufȱdichȱsündigtȱ undȱsiebenmalȱzurückkehrtȱzuȱdirȱ undȱsagt:ȱ „Ichȱkehreȱum!“,ȱ sollstȱduȱihmȱvergeben.ȱ

ȱ DieȱFormulierungȱinȱ17,4ȱbildetȱdieȱBarmherzigkeitȱGottesȱbeispielhaftȱ ab.ȱErȱschautȱnichtȱaufȱdieȱGrößeȱderȱVerfehlungen,ȱsondernȱnimmtȱinȱ seinerȱTreue,ȱgleichȱdemȱbarmherzigenȱVaterȱausȱderȱBeispielerzählungȱ Lkȱ15,ȱjedenȱUmkehrendenȱaufȱundȱdecktȱdieȱSündenȱzu.ȱ Daȱ Lukasȱ dieȱ Terminologieȱ derȱ Vokabelnȱ „sündigen“ȱ (Υΐ΅ΕΘΣΑΉ΍Α)ȱ –ȱ „umkehren“ȱ (ΐΉΘ΅ΑΓΉϧΑ)ȱ –ȱ „vergeben“ȱ (ΦΚ΍νΑ΅΍)ȱ hierȱ imȱ Miteinanderȱ derȱ Menschenȱ verwendet,ȱ währendȱ dieȱ synoptischeȱ Paralleleȱ beiȱ Matthäusȱ zurückhaltenderȱ vonȱ „hören“ȱ undȱ „zurückgeȬ winnen“ȱspricht,659ȱ kannȱ gefragtȱ werden,ȱobȱ Lukasȱ hierȱ dieȱVollmachtȱ derȱ Sündenvergebung,ȱ dieȱ nachȱ jüdischerȱ Ansichtȱ alleinȱ Gottȱ (vgl.ȱ Lkȱ 5,21)ȱ bzw.ȱ inȱ christlicherȱ Perspektiveȱ dannȱ auchȱ demȱ Menschensohnȱ Jesusȱ (vgl.ȱ 5,24;ȱ 7,49)ȱ zukommt,ȱ hierȱ aufȱ dieȱ Gemeindeȱ derȱ Jüngerȱ Christiȱ erweitertȱ (vgl.ȱ etwaȱ Mtȱ 9,8).ȱ Manȱ wirdȱ denȱ lukanischenȱ Textȱ nichtȱ zuȱ formalistischȱ interpretierenȱ dürfen.ȱ Zwarȱ ziehtȱ Lukasȱ durchȱ dieȱ Verwendungȱ derȱ Verbenȱ Υΐ΅ΕΘΣΑΝ,ȱ πΔ΍ΗΘΕνΚΝ,ȱ ΐΉΘ΅ΑΓνΝȱ undȱ ΦΚϟ΋ΐ΍ȱ durchausȱ klassischeȱ Vergebungsterminologieȱ heran,ȱ dasȱ SynȬ tagmaȱΦΚ΍νΑ΅΍ȱΥΐ΅ΕΘϟ΅Ζȱ(soȱihnȱLkȱ5,21.24;ȱ7,49;ȱ11,4;ȱbzw.ȱdieȱFormuȬ lierungȱ imȱ passivumȱ divinum,ȱ dieȱ aufȱ Jesusȱ zurückgehenȱ kann,660ȱ inȱ Lkȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 657ȱȱ Derȱ Anfangȱ desȱ Versesȱ gehörtȱ nochȱ zurȱ Warnungȱ inȱ 17,1f.ȱ Zumȱ Stichwortȱ Υΐ΅ΕΘΣΑΉ΍Αȱvgl.ȱLkȱ15,18.21ȱsowieȱV.ȱ1.7.10.ȱ 658ȱȱ ZumȱStichwortȱΐΉΘ΅ΑΓΉϧΑȱvgl.ȱLkȱ15,7.10.ȱ 659ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱdieȱsachlicheȱParalleleȱKolȱ3,13,ȱdieȱvonȱderȱgegenseitigenȱVergebungȱ nachȱ einemȱ Vergehenȱ handelt.ȱ Dortȱ wirdȱ dieȱ Vergebungȱ mitȱ demȱ paulinischenȱ Λ΅ΕϟΊΓΐ΅΍ȱ formuliert,ȱ dasȱ Lukasȱ stetsȱ inȱ anderenȱ Zusammenhängenȱ imȱ Sinneȱ vonȱ „schenken“ȱbenutztȱ(Lkȱ7,21;ȱApgȱ3,14;ȱ25,11.16;ȱ27,24).ȱ 660ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKlauck,ȱSündenvergebung,ȱ305f.ȱ

286ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

5,20.23;ȱ 7,47f.)ȱ tauchtȱ jedochȱ nichtȱ auf.ȱ Aufschlussreichȱ istȱ inȱ diesemȱ ZusammenhangȱdieȱFormulierungȱderȱviertenȱBitteȱinȱderȱlukanischenȱ Fassungȱ desȱ„Vaterȱ Unsers“.ȱAufȱ dieȱ Bitteȱ umȱ göttlicheȱ SündenvergeȬ bungȱ (Ύ΅Ϡȱ ΩΚΉΖȱ ψΐϧΑȱ ΘΤΖȱ Υΐ΅ΕΘϟ΅Ζȱ ψΐЗΑ)661ȱ folgtȱ eineȱ Begründung,ȱ dieȱvonȱderȱVergebungȱzwischenmenschlichenȱ„Verschuldens“ȱsprichtȱ (Ύ΅Ϡȱ ·ΤΕȱ ΅ЁΘΓϠȱ ΦΚϟΓΐΉΑȱ Δ΅ΑΘϠȱ ϴΚΉϟΏΓΑΘ΍ȱ ψΐϧΑ).ȱ Dieseȱ vorsichtigeȱ FormulierungȱausȱLkȱ11,4ȱkannȱsomitȱalsȱIndizȱgelten,ȱdassȱLukasȱauchȱ inȱ Kap.ȱ 17ȱ dieȱ menschlicheȱ Vergebungȱ vonȱ derȱ göttlichenȱ Vollmachtȱ unterschiedenȱwissenȱwill.ȱDarüberȱhinausȱgibtȱesȱinȱderȱfrühjüdischenȱ Literatur,ȱ derenȱ Traditionenȱ Lukasȱ bekanntȱ sind,ȱ Beispiele,ȱ dieȱ denȱ zitiertenȱVersenȱbisȱinȱdieȱFormulierungȱhineinȱentsprechen.662ȱȱ ȱ DieȱUmkehrmöglichkeitȱfürȱdieȱReichenȱimȱdrittenȱHauptteilȱdesȱEvangeliumsȱ ȱ DerȱdritteȱHauptteilȱdesȱEvangeliumsȱ(Lkȱ9,51–19,28),ȱinȱdemȱsichȱTexteȱ mitȱdemȱfürȱLukasȱcharakteristischenȱInteresseȱanȱ“ArmutȱundȱReichȬ tum“ȱ konzentrieren,663ȱ zeigtȱschließlichȱ eineȱ bemerkenswerteȱ EntwickȬ lungȱimȱBlickȱaufȱdieȱUmkehrȱderȱReichen,ȱdieȱvonȱLukasȱimmerȱwieȬ derȱ ermahntȱ werden.ȱ Mitȱ demȱ reichenȱ Kornbauernȱ inȱ Lkȱ 12,16–21ȱ (ΩΑΌΕΝΔΓΖȱΔΏΓϾΗ΍ΓΖ:ȱV.ȱ16),ȱdemȱReichenȱinȱLkȱ16,19–26ȱ(ΩΑΌΕΝΔΓΖȱ ΔΏΓϾΗ΍ΓΖ:ȱ V.ȱ19)ȱ undȱ demȱ sehrȱ reichenȱ Oberenȱ inȱ Lkȱ 18,18–30ȱ (ΔΏΓϾΗ΍ΓΖȱ ΗΚϱΈΕ΅:ȱ V.ȱ23)ȱ werdenȱ mehrereȱ exemplarischeȱ Reicheȱ vorȬ gestellt,ȱzuȱdenenȱderȱreicheȱZöllnerȱZachäusȱinȱLkȱ19,1–10ȱ(ΔΏΓϾΗ΍ΓΖ:ȱ V.ȱ2),ȱ derȱ gegenȱ Endeȱ desȱ „Reiseberichts“ȱ inȱ Jerichoȱ auftaucht,ȱ eineȱ gewisseȱ Kontrastfigurȱ darstellt.ȱ Dieȱ Umkehrȱ desȱ „Sünders“ȱ Zachäusȱ (vgl.ȱ 19,7)ȱ geschiehtȱ währendȱ desȱ Kommensȱ Jesuȱ zuȱ ihmȱ inȱ seinemȱ EntschlussȱausȱV.ȱ8,ȱinȱdemȱerȱseinȱVermögenȱmitȱdenȱArmenȱteiltȱundȱ ungerechtȱerworbenesȱvierfachȱzurückzugibt.ȱDamitȱerweistȱerȱsichȱalsȱ wirklicherȱ „Sohnȱ Abrahams“ȱ (vgl.ȱ 19,9)ȱ undȱ löstȱ dieȱ Mahnungȱ JohanȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 661ȱȱ DieȱParalleleȱinȱMtȱ6,12ȱsprichtȱauchȱinȱBezugȱaufȱGottȱvonȱΘΤȱϴΚΉ΍Ώφΐ΅Θ΅.ȱ 662ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱWolter,ȱLk,ȱ566;ȱdieȱwichtigsteȱParalleleȱfindetȱsichȱimȱTestGadȱ6,3:ȱ Ύ΅Ϡȱ πΣΑȱ Θ΍Ζȱ Υΐ΅ΕΘφΗΉ΍ȱ ΉϢΖȱ Ηνȱ […]ȱ Ύ΅Ϡȱ πΤΑȱ […]ȱ ΐΉΘ΅ΑΓφΗϙȱ ΩΚΉΖȱ ΅ЁΘХ;ȱ vgl.ȱ aberȱ auchȱSirȱ28,2,ȱwoȱebenfallsȱzwischenȱderȱVergebungȱvonȱ„Unrecht“ȱunterȱdenȱMenȬ schenȱ undȱ göttlicherȱ Erlösungȱ vonȱ „Sünden“ȱ (imȱ passivumȱ divinum)ȱ unterschiedenȱ wird:ȱ ΩΚΉΖȱ ΦΈϟΎ΋ΐ΅ȱ ΘХȱ ΔΏ΋ΗϟΓΑȱ ΗΓΙ,ȱ Ύ΅Ϡȱ ΘϱΘΉȱ ΈΉ΋ΌνΑΘΓΖȱ ΗΓΙȱ ΅ϡȱ Υΐ΅ΕΘϟ΅΍ȱ ΗΓΙȱ ΏΙΌφΗΓΑΘ΅΍.ȱ 663ȱȱ WährendȱvorherȱdieȱseltenenȱVorkommenȱanȱzentraleȱTexteȱgebundenȱsindȱ(vgl.ȱdieȱ VerkündigungȱanȱdieȱArmenȱinȱJesuȱAntrittspredigtȱ4,18ȱundȱdieȱRealisierungȱinȱdenȱ WortenȱanȱJohannesȱLkȱ7,22,ȱdannȱderȱWeherufȱgegenȱdieȱReichenȱinȱLkȱ6,24ȱundȱdieȱ Seligpreisungȱ derȱ Armenȱ inȱ 6,20),ȱ stehenȱ sieȱ beimȱ „Reisebericht“ȱ inȱ Formȱ vonȱ GleichniserzählungenȱoderȱBegegnungenȱJesuȱmitȱexemplarischenȱReichenȱdeutlichȱ stärkerȱimȱFokus.ȱInȱJerusalemȱwerdenȱReicheȱnurȱnochȱeinmalȱbeimȱOpferstockȱimȱ Tempelȱgenanntȱ(Lkȱ21,1ȱpar.ȱMkȱ12,41).ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

287ȱ

nesȱdesȱTäufersȱanȱdieȱZöllnerȱvomȱBeginnȱdesȱEvangeliumsȱ(vgl.ȱ3,13)ȱ überreichlichȱein.ȱWoȱeinȱschlichtesȱBerufenȱaufȱdieȱAbstammungȱvonȱ Abrahamȱ keineȱ Hilfeȱ bringt,ȱ istȱ nachȱ lukanischerȱ Auffassungȱ Rettungȱ durchȱdieȱTatȱalsȱ„FruchtȱderȱUmkehr“ȱdennochȱstetsȱmöglich.664ȱ Bemerkenswertȱ istȱ auchȱ derȱ Abschlussȱ derȱ Szeneȱ Lkȱ 18,18–30,ȱ woȱ dieȱ Umstehenden665ȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Rettungsmöglichkeitȱ stellen.ȱ DieȱAntwortȱJesu:ȱ„WasȱdenȱMenschenȱunmöglichȱist,ȱistȱGottȱmöglich“ȱ (Lkȱ18,27)ȱimpliziertȱdurchausȱmenschlichesȱHandeln,ȱdasȱfreilichȱvonȱ Gottesȱ Kraftȱ unterstütztȱ werdenȱ kann.666ȱ Lukasȱ verzichtetȱ aufȱ dieȱ markinischeȱAussage,ȱdassȱderȱReicheȱtraurigȱweggingȱ(Mkȱ10,22ȱdiff.ȱ Lkȱ18,23).ȱIndemȱdieserȱunterȱdenȱZuhörernȱverbleibt,ȱhatȱerȱseineȱUmȬ kehrchanceȱanȱdieserȱStelleȱimȱSinneȱdesȱLukasȱkeineswegsȱverpasst.ȱ ȱ SündenvergebungȱundȱTodȱJesuȱ ȱ InȱdiesemȱZusammenhangȱistȱauchȱeinȱBlickȱaufȱdieȱlukanischeȱDarstelȬ lungȱdesȱTodesȱJesuȱzuȱrichten,ȱdaȱüberȱvieleȱJahrzehnteȱbetontȱwurde,ȱ dassȱderȱDritteȱEvangelistȱdemȱTodȱJesuȱkeineȱsoteriologischeȱQualitätȱ zumesseȱundȱihmȱimȱKontextȱderȱKreuzestheologieȱ„dieȱgrundlegendeȱ BeziehungȱzurȱSündenvergebungȱfremd“667ȱsei.ȱDieseȱAuffassungȱwirdȱ inzwischenȱ differenzierterȱ betrachtetȱ undȱ tatsächlichȱ lässtȱ sichȱ zeigen,ȱ dassȱ derȱ lukanischeȱ Zusammenhangȱ vonȱ Umkehrȱ undȱ SündenvergeȬ bungȱgeradeȱinȱderȱDarstellungȱdesȱTodesȱJesuȱprofiliertȱhervortritt,ȱbeiȱ derȱerȱsichȱfreilichȱauchȱvonȱdenȱanderenȱneutestamentlichenȱAutorenȱ absetzt.ȱ Erȱ zeichnetȱ dieȱ Gestaltȱ Jesuȱ alsȱ Vorbildȱ imȱ Lebenȱ undȱ SterȬ ben,668ȱ Jesusȱ „ȱ [deckt]ȱ nichtȱ nurȱ einerseitsȱ denȱ menschlichenȱ WiderȬ standȱ gegenȱ Gottȱ auf[…],ȱ sondernȱ [weist]ȱ auchȱ andererseitsȱ denȱ AusȬ wegȱderȱReueȱundȱderȱUmkehrȱ[…],ȱderȱdurchȱdenȱAnblickȱdesȱLeidensȱ undȱ Sterbensȱ Jesuȱ ausgelöstȱ wird“669.ȱ Dieȱ Vergebungsbitteȱ Jesuȱ (Lkȱ 23,34),ȱdieȱReueȱdesȱzweitenȱSchächersȱ(Lkȱ23,40–43)ȱundȱdieȱBetroffenȬ heitȱ desȱ Volkesȱ (23,48)ȱ zeigenȱ diesȱ an,ȱ dieȱ Kreuzesworteȱ Jesuȱ sindȱ beiȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 664ȱȱ Vgl.ȱauchȱdasȱAbrahamȬMotivȱinȱLkȱ16,ȱwoȱderȱReicheȱoffenbarȱimȱUnterschiedȱzuȱ LazarusȱkeinȱSohnȱAbrahamsȱist,ȱvgl.ȱdazuȱauchȱBerges/Hoppe,ȱReichȱundȱArm,ȱ91:ȱ „SeineȱUmkehrȱsetztȱihnȱ[sc.ȱZachäus]ȱinsȱRecht“.ȱ 665ȱȱ Lkȱ erweitertȱ auchȱ hierȱ denȱ Kreisȱ gegenüberȱ Mkȱ undȱ Mt,ȱ dieȱ vonȱ denȱ „Jüngern“ȱ sprechenȱ(vgl.ȱMkȱ10,24;ȱ19,25).ȱ 666ȱȱ Vgl.ȱnurȱdieȱParalleleȱinȱLkȱ1,37ȱbeiȱderȱVerkündigungȱanȱMaria.ȱ 667ȱȱ Schulz,ȱStunde,ȱ289;ȱvgl.ȱauchȱdieȱweitereȱLit.,ȱZitateȱundȱErläuterungenȱbeiȱWolter,ȱ JesuȱTod,ȱ17.ȱ 668ȱ Vgl.ȱ dazuȱ Böttrich,ȱ Proexistenzȱ (bes.ȱ 415ȱ seineȱ Hinweiseȱ derȱ zuȱ vonȱ H.ȱ Schürmannȱ geprägtenȱRedeȱvonȱderȱ„Proexistenz“ȱJesu).ȱ 669ȱȱ Söding,ȱWege,ȱ256.ȱ

288ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Lukasȱ insgesamtȱ durchȱ eineȱ auffälligeȱ Zuwendungȱ zuȱ denȱ Sündernȱ geprägt.670ȱ DieȱSchwächeȱderȱklassischenȱ„Formgeschichte“671,ȱdieȱdieȱdurchgreifendeȱ Prägungȱ derȱ Schriftenȱ durchȱ dieȱ Theologieȱ derȱ Autorenȱ unterschätztȱ hat,ȱ wirdȱ inȱ dieserȱ Szeneȱ besondersȱ deutlichȱ sichtbar.ȱ Soȱ sprichtȱ Rudolfȱ BultȬ mannȱ beiȱ derȱ Analyseȱ derȱ Passionserzählungȱ schlichtȱ vonȱ Vermehrungȱ undȱBereicherungȱdesȱStoffesȱ„durchȱdasȱlegendarischeȱStückȱ23,27–31ȱ(dieȱ Frauenȱ Jerusalems)“ȱ bzw.ȱ „durchȱ einenȱ legendarischenȱ Zugȱ […]ȱ (dieȱ FürȬ bitteȱfürȱdieȱFeindeȱ23,34)“.672ȱDementsprechendȱgiltȱihmȱauchȱdieȱlukaniȬ scheȱEinfügungȱvonȱStückenȱ mitȱJesuswortenȱalsȱ„einȱZeichenȱfürȱdieȱLoȬ ckerheitȱ desȱ Aufrisses“673ȱ derȱ Passionserzählung.ȱ Derȱ Blickȱ aufȱ dieȱ eigentlichenȱAnliegenȱderȱEvangelistenȱwirdȱsoȱverstellt.ȱ

Gegenüberȱ derȱ verbreitetenȱ neutestamentlichenȱ Interpretationȱ desȱ ToȬ desȱ Jesuȱ alsȱ einerȱ Lebenshingabeȱ „alsȱ Lösegeldȱ fürȱ viele“ȱ (Mkȱ 10,45)ȱ bzw.ȱalsȱeinesȱ„Sterbensȱfürȱuns“ȱ(Paulus)ȱmodifiziertȱLukasȱdieseȱAusȬ sageȱinȱeinȱKommenȱJesu,ȱ„umȱzuȱsuchenȱundȱretten,ȱwasȱverlorenȱist“ȱ (Lkȱ 19,10).674ȱ Erȱ schließtȱ sichȱ hierȱ anȱ dieȱ Gleichnisseȱ ausȱ Lkȱ 15ȱ an,ȱ dieȱ vonȱ derȱ Umkehrȱ undȱ Wiederannahmeȱ derȱ Sünderȱ handeln.ȱ Dieȱ UmȬ kehrthematikȱderȱMenschenȱstehtȱfürȱLukasȱimȱZentrum.ȱDabeiȱistȱfürȱ LukasȱdasȱPassionsgeschehenȱnichtȱgegenüberȱdemȱweiterenȱWegȱJesuȱ abgehoben,ȱ vielmehrȱ istȱ derȱ gesamteȱ Wegȱ Jesuȱ heilsbedeutsam.ȱ EntȬ sprechendȱtragenȱauchȱLkȱ22,30ȱundȱApgȱ20,28ȱkeinenȱAkzentȱaufȱderȱ sühnetheologischenȱ Bedeutungȱ desȱ Blutes,ȱ sondernȱ esȱ wirdȱ „eineȱ geȬ läufigeȱ Redewendungȱ mehrȱ oderȱ wenigerȱ mechanischȱ wiederholt“675.ȱ WolfgangȱKrausȱschließtȱdaraus:ȱ„AuchȱwennȱLukasȱdasȱsühnetheoloȬ gischeȱVerständnisȱdesȱTodesȱJesuȱalsoȱkenntȱundȱnichtȱablehnt,ȱsoȱhatȱ erȱ esȱ fürȱ seineȱ Leserȱ offensichtlichȱ fürȱwenigerȱ wichtigȱ oderȱ erhellendȱ erachtet.“676ȱ Dasȱ fürȱ Lukasȱ charakteristischeȱ Verhältnisȱ vonȱ Jesuȱ Tod,ȱ Umkehrȱ undȱ Sündenvergebungȱ findetȱ sichȱ schließlichȱ kompaktȱ amȱ Endeȱ desȱ Evangeliumsȱ inȱ derȱ letztenȱ Redeȱ desȱ Auferstandenenȱ (Lkȱ 24,46f.),ȱ dieȱ nochmalsȱ zurückblickt,ȱ aberȱ auchȱ bereitsȱ wichtigeȱ Linienȱ desȱ zweitenȱ Buchesȱandeutet:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 670ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱSchweizer,ȱLk,ȱ225.ȱ 671ȱȱ Nachȱ derȱ Terminologie,ȱ wieȱ sieȱ vorȱ allemȱ M.ȱ Dibeliusȱ geprägtȱ hat.ȱ R.ȱ Bultmannȱ vermeidetȱ denȱ Ausdruckȱ undȱ sprichtȱ vonȱ „Traditionsgeschichte“.ȱ Zurȱ Klärungȱ derȱ Terminologieȱvgl.ȱBerger,ȱEinführungȱinȱdieȱFormgeschichte,ȱ19ff.ȱ 672ȱȱ Bultmann,ȱGeschichte,ȱ295.ȱ 673ȱȱ Bultmann,ȱGeschichte,ȱ298.ȱ 674ȱȱ Vgl.ȱKraus,ȱEvangelium,ȱ29–43.ȱ 675ȱȱ Schweizer,ȱTheologischeȱEinleitung,ȱ132.ȱ 676ȱȱ Kraus,ȱEvangelium,ȱ30.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

46ȱ ȱ ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ dȱ

47ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ dȱ eȱ

Ύ΅ϠȱΉϨΔΉΑȱ΅ЁΘΓϧΖȱȱ ϵΘ΍ȱΓЂΘΝΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȱȱ Δ΅ΌΉϧΑȱΘϲΑȱΛΕ΍ΗΘϲΑȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑ΅ΗΘϛΑ΅΍ȱπΎȱΑΉΎΕЗΑȱΘϜȱΘΕϟΘϙȱ ψΐνΕθ,ȱ Ύ΅ϠȱΎ΋ΕΙΛΌϛΑ΅΍ȱȱ πΔϠȱΘХȱϴΑϱΐ΅Θ΍ȱ΅ЁΘΓІȱȱ ΐΉΘΣΑΓ΍΅ΑȱΉϢΖȱΩΚΉΗ΍ΑȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱȱ ΉϢΖȱΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱσΌΑ΋ȱȱ ΦΕΒΣΐΉΑΓ΍ȱΦΔϲȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ.ȱ

289ȱ

Undȱerȱsprachȱzuȱihnen:ȱ Soȱstehtȱesȱgeschrieben,ȱ dassȱderȱMessiasȱleidenȱmussȱ undȱamȱdrittenȱTagȱvonȱTotenȱauferȬ stehenȱmuss,ȱ undȱdassȱverkündigtȱwerdeȱ aufȱseinenȱNamenȱ UmkehrȱzurȱVergebungȱderȱSündenȱ fürȱalleȱVölkerȱ angefangenȱinȱJerusalem.ȱ

ȱ Dieȱ Sündenvergebungȱ wirdȱ inȱ dieserȱ knappenȱ Formulierung,ȱ dieȱ dasȱ mitȱ Jesusȱ angebrocheneȱ Erfüllungsgeschehenȱ ausdrücklichȱ alsȱ schriftȬ gemäßȱdarstellt,ȱwiederumȱnichtȱmitȱdemȱTodȱJesuȱverbunden,ȱsondernȱ mitȱderȱdurchȱdenȱNamenȱJesuȱgeprägtenȱVerkündigungȱbzw.ȱderȱdaȬ rausȱresultierendenȱUmkehrȱderȱHörer.677ȱDieserȱZusammenhangȱsowieȱ dieȱ Erwähnungȱ „allerȱ Völker“ȱ alsȱ Adressatenȱ derȱ Botschaft,ȱ derenȱ AusgangspunktȱfreilichȱinȱIsrael,ȱinȱderȱHeiligenȱStadtȱJerusalemȱfixiertȱ wird,ȱzeigenȱsichȱauchȱinȱderȱApostelgeschichte,ȱwieȱdieȱUntersuchungȱ vonȱApgȱ3,19ȱbereitsȱerweisenȱhat.678ȱȱ

3.9.2.3ȱErtragȱ Derȱ Gedankeȱ derȱ Umkehrȱ istȱ fürȱ Lukasȱ zentral.ȱ Mehrȱ alsȱ dieȱ anderenȱ Evangelistenȱ weistȱ erȱ aufȱ derenȱ Bedeutsamkeitȱ hin,ȱ betontȱ aberȱ auch,ȱ dassȱ sieȱ stetsȱ offenȱ fürȱ dieȱ darauffolgendeȱ Vergebungȱ ist.679ȱ Dieȱ UmȬ kehrforderungȱ gehtȱ dabeiȱ schonȱ aufȱ Johannesȱ denȱ Täuferȱ zurück.680ȱ Währendȱ sieȱ beiȱ ihmȱ mitȱ derȱ Bußtaufeȱ verbundenȱ ist,ȱ wirdȱ sieȱ späterȱ engȱ mitȱ derȱ Taufeȱ aufȱ denȱ Namenȱ Jesuȱ verknüpft,681ȱ durchȱ denȱ auchȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 677ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱWolter,ȱJesuȱTod,ȱ23.ȱ 678ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ obenȱ Kap.ȱ 3.6.ȱ Auchȱ Lkȱ 24,47ȱ zeigtȱ dieȱ lukanischeȱ Integrationskraft:ȱ Erȱ betontȱdieȱVerkündigungȱderȱBotschaftȱfürȱalleȱVölker,ȱohneȱdarüberȱeinenȱgewissenȱ VorrangȱIsraelsȱzuȱvergessen,ȱderȱsowohlȱdurchȱdieȱWendungȱ„angefangenȱinȱJeruȬ salem“ȱalsȱauchȱdurchȱdieȱTatsache,ȱdassȱdasȱgesamteȱGeschehenȱinȱderȱSchriftȱIsraȬ elsȱundȱdamitȱimȱRatschlussȱdesȱGottesȱIsraelsȱgrundgelegtȱist,ȱsichtbarȱwird.ȱ 679ȱȱ Vgl.ȱ etwaȱ Lkȱ 17,4;ȱ schonȱ imȱ Benedictusȱ kündigtȱ Zachariasȱ an,ȱ dassȱ Johannesȱ derȱ Täuferȱ „seinemȱ Volkȱ Erkenntnisȱ desȱ Heilesȱ gebeȱ inȱ derȱ Vergebungȱ ihrerȱ Sünden“ȱ (Lkȱ1,77);ȱdieȱeinzigeȱAusnahmeȱistȱ–ȱwieȱbesprochenȱ–ȱauchȱbeiȱLukasȱdieȱ„Sündeȱ gegenȱdenȱHeiligenȱGeist“ȱ(Lkȱ12,10),ȱdieȱerȱfreilichȱgegenüberȱMtȱ12,32ȱundȱMkȱ3,29ȱ abschwächt.ȱ 680ȱȱ Vgl.ȱLkȱ3,3:ȱ„ErȱverkündeteȱeineȱTaufeȱderȱUmkehrȱzurȱVergebungȱderȱSünden“.ȱ 681ȱȱ Vgl.ȱLeroy,ȱVergebung,ȱ64.ȱ

290ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

dieȱ Vergebungȱ derȱ Sündenȱ geschieht.682ȱ Dasȱ Motivȱ derȱ SündenvergeȬ bungȱgehörtȱfürȱLukasȱnotwendigȱzurȱErlangungȱdesȱverheißenenȱHeilsȱ undȱ istȱ „demȱ EvangeliumȱJesuȱ zugeordnet“683ȱ alsȱ dasȱdemȱ umgekehrȬ tenȱ Sünderȱ zugesprocheneȱ Heil,ȱ dasȱ Jesusȱ alsȱ „Heiland“ȱ zuȱ bringenȱ vermag.684ȱȱ Währendȱ Johannesȱ inȱ guterȱ Traditionȱ desȱ zeitgenössischenȱ JudenȬ tumsȱkonkreteȱBeispieleȱfürȱdieȱBußwerke,ȱdieȱdieȱUmkehrȱmanifestieȬ renȱaufzähltȱ(Lkȱ3,10–14),ȱbestehtȱdieȱUmkehrȱimȱKontextȱderȱVerkünȬ digungȱ Jesuȱ vorȱ allemȱ inȱ derȱ Hinwendungȱ zuȱ Gottȱ undȱ seinemȱ Wort.ȱ SoȱbestehtȱdieȱUmkehrȱdesȱverlorenenȱSohnesȱeinfachȱinȱderȱRückkehrȱ zumȱ Vater,ȱ ohneȱ dassȱ eineȱ weitereȱ Bußleistungȱ zuȱ erbringenȱ wäreȱ (15,21).ȱFreilichȱkannȱdannȱPaulusȱinȱApgȱ23,20ȱwiederȱdavonȱsprechen,ȱ dassȱ derȱ „Umkehrȱ würdigeȱ Werke“ȱ zuȱ vollbringenȱ seien,ȱ womitȱ erȱ direktȱinȱdieȱTäuferpredigtȱmitȱdenȱ„FrüchtenȱderȱUmkehrȱwürdig“ȱLkȱ 3,8ȱ anknüpft.685ȱ Auchȱ dieȱ Behandlungȱ derȱ Reichenȱzeigteȱ soȱ eineȱ dopȬ pelteȱIntention,ȱdieȱsichȱalsȱtypischȱlukanischȱzeigt:ȱAufȱderȱeinenȱSeiteȱ betontȱerȱinȱbesondererȱWeiseȱdieȱErmahnungȱzuȱHandlungen,ȱdieȱdieȱ menschlicheȱ Umkehrȱ erweisen.ȱ Andererseitsȱ gehtȱ damitȱ einȱ Verzichtȱ aufȱendgültigeȱVerurteilungenȱeinher,ȱderȱimmerȱnochȱRettungȱermögȬ licht.686ȱ Dieȱ Sündenvergebung,ȱ dieȱ alleinȱ Rettungȱ derȱ Menschenȱ zeigt,ȱ bleibtȱ soȱ nachȱ Lukasȱ grundsätzlichȱ konditioniert,ȱ nämlichȱ anȱ dieȱ Tatȱ derȱUmkehrȱgebunden.687ȱDerȱUmkehrendeȱwiederumȱdarfȱmitȱGottesȱ Vergebungshandelnȱ rechnen,ȱ dasȱ ihmȱ Rettungȱ undȱ Zukunftȱ eröffnet.ȱ EsȱergibtȱsichȱfolgendesȱSchema:688ȱ ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 682ȱȱ Vgl.ȱdazuȱApgȱ2,38;ȱ10,43;ȱ22,16.ȱ 683ȱȱ Leroy,ȱVergebung,ȱ66.ȱ 684ȱȱ Derȱ Täuferȱ hingegenȱ predigtȱ dieȱ Umkehrȱ alsȱ letzterȱ Prophetȱ –ȱ sieȱ istȱ alsȱ VorbereiȬ tungȱaufȱ dieȱBegegnungȱ mitȱJesus,ȱderȱdieȱVergebungȱbereithält,ȱ zuȱdeuten.ȱSoȱ hatȱ Lukasȱ denȱ Täuferȱ neuȱ charakterisiert,ȱ ohne,ȱ wieȱ Matthäus,ȱ dieȱ traditionelleȱ Formelȱ derȱJohannestaufeȱbeschneidenȱzuȱmüssen.ȱ 685ȱȱ „WerkeȱderȱUmkehr“ȱsindȱfreilichȱausȱdemȱMundȱdesȱPaulusȱseltsamȱzuȱhören.ȱEvtl.ȱ istȱeinfachȱdasȱ„Werk“ȱderȱTaufeȱgemeint?ȱAnȱandererȱStelleȱwirdȱdiesȱinȱ derȱ Apgȱ zugegeben:ȱApgȱ2,38ȱu.ȱö.ȱ 686ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱBerges/Hoppe,ȱArmȱundȱReich,ȱ94:ȱ„DemȱReichenȱ(ist)ȱdieȱTürȱnochȱ nichtȱ endgültigȱ verschlossenȱ […]ȱ esȱ wirdȱ aberȱ nichtȱ gesagt,ȱ derȱ Reicheȱ habeȱ schonȱ endgültigȱseineȱMöglichkeitenȱverwirkt.“ȱ 687ȱȱ Dieseȱ kannȱ unterschiedlichȱ aussehenȱ undȱ sichȱ inȱ Liebeȱ zuȱ Jesusȱ (vgl.ȱ Lkȱ 7,47ff.),ȱ durchȱWorteȱderȱReueȱundȱUmkehrȱ(vgl.ȱLkȱ15,18.21)ȱoderȱinȱkonkretenȱTatenȱ(vgl.ȱ Lkȱ 19,8)ȱ ausdrücken.ȱ Inȱ Lkȱ 5,20ȱ wirdȱ dieȱ Sündenvergebungȱ direktȱ mitȱ „Glauben“ȱ verbunden.ȱ 688ȱȱ AlleȱdreiȱAspekteȱfindenȱsichȱversammeltȱinȱLkȱ3,3;ȱ17,3b;ȱ17,4;ȱ24,47;ȱApgȱ2,38;ȱ5,31.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

DieȱSündeȱalsȱVergehenȱdesȱMenschenȱgegenȱGottȱ(oderȱdenȱ

291ȱ

Υΐ΅ΕΘϟ΅ȱ/ȱ

Nächsten:ȱLkȱ17,3b)ȱentfremdetȱihnȱvonȱdiesem.ȱ

Υΐ΅ΕΘΣΑΉ΍Αȱ

DurchȱdieȱTatȱderȱUmkehr,ȱdieȱinȱverschiedenerȱFormȱgescheȬ

ΐΉΘΣΑΓ΍΅ȱ/ȱΐΉΘ΅ΑΓΉϧΑȱ

henȱkannȱ(Lkȱ3,8;ȱApgȱ26,20:ȱFrüchte/WerkeȱderȱUmkehr,ȱApgȱ

/ȱπΔ΍ΗΘΕνΚΉ΍Αȱ

2,38:Taufe;ȱGlaube:ȱLkȱ5,20;ȱApgȱ10,38),ȱistȱeinȱAuswegȱausȱ derȱSündeȱmöglich.ȱ DieȱUmkehrȱführtȱzurȱVergebungȱderȱSündenȱundȱeröffnetȱ

ΩΚΉΗ΍ΖȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱ/ȱ

damitȱendgültigȱdenȱWegȱzurȱRettungȱdesȱMenschen.ȱ

ΦΚ΍νΑ΅΍ȱ

ȱ LukasȱhatȱsoȱnochȱTeilȱamȱUmkehrȬVerständnisȱdesȱJudentums,ȱdasȱerȱ allerdingsȱimȱBlickȱaufȱJesusȱalsȱBezugspunktȱderȱUmkehrȱmodifiziertȱ bzw.ȱ weiterführt.ȱ Dieȱ Realisierungȱ derȱ Umkehrȱ zuȱ Gott/Jesusȱ durchȱ „Werkeȱ derȱ Umkehr“ȱ (Apgȱ 26,20)ȱ istȱ stetsȱ alsȱ Zuwendungȱ desȱ MenȬ schenȱzuȱJesusȱstrukturiert.ȱDasȱHörenȱaufȱdieȱWorteȱJesuȱundȱAnnehȬ menȱ seinerȱ Botschaftȱ entsprechenȱ derȱ Umkehrforderung.ȱ Dieȱ BegegȬ nungȱ mitȱ Jesus,ȱ dieȱ Vergebungȱ ermöglicht,ȱ geschiehtȱ –ȱ sowohlȱ inȱ derȱ erzähltenȱ Zeitȱ alsȱ auchȱ inȱ derȱ Gegenwartȱ desȱ Autorsȱ –ȱ durchȱ dieȱ AnȬ nahmeȱseinerȱBotschaft.ȱFürȱLukasȱistȱfreilichȱnichtȱzweifelhaft,ȱdassȱeinȱ authentischesȱ Hörenȱ desȱ Wortesȱ auchȱ praktischeȱ Konsequenzenȱ nachȱ sichȱzieht.ȱ Auffälligȱist,ȱdassȱdieȱTatȱderȱUmkehrȱsowohlȱvomȱMenschenȱselbstȱ abhängt,ȱ aberȱ auchȱ alsȱ Gabeȱ Gottesȱ anȱ ihnȱ aufgefasstȱ wirdȱ (vgl.ȱ Apgȱ 5,20),ȱ„dieȱderȱMenschȱglaubendȱempfängt“.689ȱ

3.9.3ȱDieȱBedeutungȱJerusalemsȱundȱdesȱTempelsȱfürȱLukasȱ Alsȱ religiösesȱ Zentrumȱ desȱ Judentumsȱspieltȱ dieȱ Stadtȱ Jerusalemȱbzw.ȱ derȱ dortigeȱ Tempelȱ inȱ allenȱ Evangelienȱ eineȱ wichtigeȱ Rolle.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrund,ȱ dassȱ sichȱ schonȱ dieȱ frühenȱ Christenȱ vomȱ Tempelȱ undȱ seinemȱ Kultȱ distanziertenȱ undȱ dasȱ Verhältnisȱ zumȱ Tempelȱ fürȱ dieȱ Trennungsprozesseȱ vonȱ Judenȱ undȱ Christenȱ vonȱ Bedeutungȱ war,ȱ lasȬ senȱ sichȱ auchȱ ausȱ derȱ Darstellungȱ desȱ Tempelsȱ inȱ denȱ Evangelienȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 689ȱȱ Leroy,ȱ Vergebung,ȱ 103.ȱ Imȱ Verhältnisȱ zuȱ Paulusȱ wirdȱ manȱ schließlichȱ festhalten,ȱ dassȱderȱpaulinischeȱSündenbegriffȱinȱseinerȱgefülltenȱFormȱbeiȱLukasȱkaumȱsichtbarȱ wird.ȱ Derȱ Machtbereichȱ derȱ Sünde,ȱ unterȱ denȱ Paulusȱ alleȱ Menschenȱ gestelltȱ siehtȱ (vgl.ȱRömȱ3,9;ȱ5,12;ȱKap.ȱ6–8),ȱwirdȱimȱDoppelwerkȱwenigȱbetont,ȱobwohlȱdieȱallgeȬ meineȱ Sündigkeitȱ derȱ Menschenȱ auchȱ fürȱ Lukasȱ einȱ wichtigerȱ Punktȱ ist.ȱ Erȱ sprichtȱ aberȱ konkreterȱ alsȱ Paulusȱ vonȱ denȱ Tatenȱ derȱ Sünde,ȱ dieȱ durchȱ Umkehrȱ vergebenȱ werdenȱkönnen.ȱDieȱWegnahmeȱderȱSündenȱdurchȱdenȱTodȱundȱdieȱAuferweckungȱ Jesuȱ(1ȱKorȱ15,3;ȱ15,17;ȱGalȱ1,4;ȱEphȱ1,7)ȱwirdȱbeiȱLukasȱnurȱindirektȱformuliert,ȱwennȱ erȱTaufeȱoderȱGlaubeȱalsȱKriterienȱfürȱdieȱUmkehrȱbenennt.ȱ

292ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Rückschlüsseȱ aufȱ dieȱ jeweiligeȱ Sichtȱ Israelsȱ undȱ dessenȱ Institutionenȱ ziehen.ȱNachȱeinigenȱBemerkungenȱzurȱBedeutungȱJerusalemsȱbeiȱLuȬ kas,ȱ dieȱ sichȱ anȱ dieȱ vielenȱ bereitsȱ erfolgtenȱ Hinweiseȱ anschließen,ȱ istȱ dieȱ Aufnahmeȱ derȱ Tempelthematikȱ imȱ Doppelwerkȱ zuȱ umreißen.ȱ DaȬ beiȱ wirdȱ sichȱ zeigen,ȱ dassȱ derȱ Tempelȱ imȱ Evangeliumȱ insgesamtȱ eineȱ positiveȱStellungȱhat,ȱgegenüberȱderȱdieȱTempelkritikȱdesȱhistorischenȱ Jesusȱ sicherȱ schärferȱ ausgefallenȱ seinȱ dürfte.ȱ Hingegenȱ fälltȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ eineȱ Neuakzentuierungȱ auf.ȱ Dieȱ Tempelkritikȱ desȱ StephanusȱtrifftȱdenȱjüdischenȱTempelkultȱradikal,ȱundȱgegenȱEndeȱdesȱ BuchesȱmaltȱLukasȱdenȱTempelȱalsȱOrtȱderȱFeindseligkeitȱgegenȱPaulus,ȱ obwohlȱ dieserȱ kurzȱ zuvorȱ alsȱ frommerȱ Judeȱ imȱ Tempelȱ nochȱ dasȱ Nasiräatsgelübdeȱabgelegtȱhat.ȱȱ

3.9.3.1ȱJerusalemȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ Nachdemȱ dieȱ untersuchtenȱ Perikopenȱ aufȱ dieȱ Bedeutungȱ Jerusalemsȱ fürȱdasȱlukanischeȱDoppelwerkȱhingewiesenȱhaben,ȱistȱdemȱStellenwertȱ derȱ Stadtȱ nunȱ nochȱ einmalȱ nachzugehen.ȱ Lukasȱ siehtȱ dieȱ Stadtȱ –ȱ wieȱ Philoȱ vonȱ Alexandrienȱ –ȱ inȱ derȱ „Außenperspektiveȱ einesȱ hellenistiȬ schenȱ Betrachters“690.ȱ Fürȱ beideȱ hatȱ sieȱ eineȱ starkeȱ politischȬreligiöseȱ Bedeutsamkeitȱ (Tempelsteuer,ȱ Wallfahrten,ȱ Jerusalemȱ alsȱ „MetropoȬ lis“691ȱ fürȱ dieȱ Diasporajudenȱ inȱ Analogieȱ zuȱ denȱ griechischenȱ KoloȬ nien)692.ȱȱ SchonȱdieȱStatistikȱerweistȱdieȱbesondereȱNoteȱdesȱLukas.ȱVonȱ139ȱ Nennungenȱ desȱ Stadtnamensȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ stehenȱ 90ȱ (alsoȱ ca.ȱ 65%)ȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerk,ȱ hinzuȱ kommenȱ dieȱ zahlreichenȱ ErȬ wähnungenȱdesȱ Tempels.ȱ Wenngleichȱmanȱ dieȱStadtȱ undȱ denȱ Tempelȱ nichtȱ ohneȱ Weiteresȱidentifizierenȱkann,ȱ soȱ wirdȱ manȱ dochȱ beideȱ sehrȱ engȱ zusammensehenȱ müssen.693ȱ Inȱ denȱ Vorgeschichtenȱ istȱ Jerusalemȱ nieȱ ohneȱ Bezugȱ aufȱ denȱ Tempelȱ vonȱ Interesse,ȱ dasȱ Evangeliumȱ wirdȱ durchȱdieȱErwähnungȱdesȱTempelsȱgerahmtȱ(vgl.ȱLkȱ1,5;ȱ24,50)694,ȱundȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 690ȱȱ Klauck,ȱHeiligeȱStadt,ȱ129.ȱ 691ȱȱ Philo,ȱ LegGaiȱ 281:ȱ ΔΉΕϠȱ Έξȱ ΘϛΖȱ ϡΉΕΓΔϱΏΉΝΖȱ […]ȉȱ ΅ЂΘ΋ȱ […]πΐχȱ ΐνΑȱ πΗΘ΍ȱ Δ΅ΘΕϟΖ,ȱ ΐ΋ΘΕϱΔΓΏ΍Ζȱ Έξȱ ΓЁȱ ΐ΍κΖȱ ΛЏΕ΅Ζȱ ͑ΓΙΈ΅ϟ΅Ζȱ ΦΏΏΤȱ Ύ΅Ϡȱ ΘЗΑȱ ΔΏΉϟΗΘΝΑ,ȱ vgl.ȱ auchȱ dieȱ anschl.ȱAufzählungȱderȱGegendenȱmitȱApgȱ2,5.9–11ȱundȱdazuȱFrankemölle,ȱFrühjuȬ dentum,ȱ44.ȱ 692ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKlauck,ȱHeiligeȱStadt,ȱ129–136.ȱ 693ȱȱ Vgl.ȱdazuȱBachmann,ȱJerusalemȱundȱderȱTempel,ȱ132–170.ȱ 694ȱȱ DiesȱschließtȱauchȱeinenȱBezugȱaufȱdieȱStadtȱselbstȱein:ȱInȱLkȱ1ȱspieltȱJerusalemȱeineȱ wichtigeȱRolle,ȱohneȱdassȱderȱNameȱfällt;ȱdieȱLokalisierungȱistȱsoȱselbstverständlich,ȱ dassȱerstȱinȱLkȱ2,22ȱzumȱerstenȱMalȱderȱNameȱgenanntȱwerdenȱkann.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

293ȱ

dieȱ Jerusalemreiseȱ Jesuȱ führtȱ diesenȱ direktȱ inȱ denȱ Tempelȱ (19,45),ȱ derȱ dannȱ alsȱ Ortȱ derȱ Lehreȱ Jesuȱ inȱ Jerusalemȱ vorgestelltȱ wirdȱ (vgl.ȱ 19,48;ȱ 21,38).ȱ DieȱStadtȱselbstȱistȱwichtigȱfürȱdieȱStrukturȱdesȱDoppelwerksȱinsgeȬ samt.ȱBeideȱBücherȱbeginnenȱdort,ȱbleibenȱauchȱimȱKontextȱdesȱ„ReiseȬ berichts“ȱ bzw.ȱ derȱ Missionsreisenȱ aufȱ Jerusalemȱ ausgerichtetȱ undȱ bieȬ tenȱ auchȱ inȱ denȱ Schlusskapitelnȱ jeweilsȱ inȱ Jerusalemȱ lokalisierteȱ Erzählungen.695ȱ Imȱ Evangeliumȱ wirdȱ Jerusalemȱ bereitsȱ imȱ zweitenȱ Kapitelȱ mehrfachȱ erȬ wähntȱ(Lkȱ2,22.25.38.41.43.45)ȱundȱbeschließtȱnichtȱzufälligȱauchȱdieȱVersuȬ chungenȱdesȱTeufelsȱamȱEndeȱdesȱvorbereitendenȱTeilsȱ(4,9),696ȱtrittȱdanachȱ aberȱ zunächstȱ inȱ denȱ Hintergrundȱ (nurȱ 5,17;ȱ 6,17;697ȱ undȱ 9,31).ȱ Imȱ drittenȱ Hauptteil,ȱderȱdurchȱdieȱaufȱJerusalemȱverweisendenȱ„Reisenotizen“ȱstrukȬ turiertȱist,698ȱnimmtȱJesusȱsogarȱinȱseinerȱLehreȱBezugȱaufȱdieȱStadtȱ(10,30;ȱ 13,4.33.34;ȱ 18,31),ȱ wobeiȱ dieȱ hauptsächlichenȱ Nennungenȱ insȱ 13.ȱ Kapitelȱ weisen.ȱDerȱabschließendeȱvierteȱHauptteilȱspieltȱdannȱzurȱGänzeȱinȱJeruȬ salem,ȱauchȱalleȱOstererscheinungenȱfindenȱdortȱstatt.699ȱAuchȱinȱderȱAposȬ telgeschichteȱbleibtȱJerusalemȱderȱzentraleȱOrtȱ(vgl.ȱApgȱ1–8;ȱ15;ȱ21–26)700ȱ

GrundsätzlichȱistȱJerusalemȱfürȱLukasȱdieȱheiligeȱStadt,ȱinȱderenȱTemȬ pelȱderȱGottȱIsraelsȱseineȱWohnungȱhat,ȱdieȱersteȱAdresseȱfürȱalle,ȱdieȱ sichȱzuȱJesusȱChristusȱbekennen,ȱderȱalsȱ„SohnȱdesȱHöchsten“ȱ(Lkȱ1,32)ȱ inȱkeinerȱWeiseȱvonȱdiesemȱGottȱzuȱtrennenȱist.ȱSieȱistȱderȱ„OrtȱheilsgeȬ schichtlicherȱErfüllung“701,ȱundȱzwarȱinȱmehrfacherȱDimension,ȱwieȱdieȱ BegebenheitenȱinnerhalbȱderȱlukanischenȱErzählungȱzeigen:ȱJerusalemȱ istȱ Zielpunktȱ desȱ Lebenswegesȱ Jesu,ȱ konkretȱ seinesȱ Reisewegesȱ vonȱ Galiläaȱ nachȱ Jerusalemȱ (vgl.ȱ Lkȱ 13,33),ȱ zugleichȱ gehtȱ vonȱ dortȱ späterȱ dasȱZeugnisȱderȱJüngerȱinȱdieȱWeltȱhinausȱ(Apgȱ1,8),ȱdieȱStadtȱistȱderȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 695ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.1.2.2.ȱ 696ȱȱ Daȱ Jesuȱ Sendungȱ imȱ Werkȱ desȱ Lukasȱ insgesamtȱ starkȱ aufȱ Jerusalemȱ ausgerichtetȱ sind,ȱ findetȱ sichȱ auchȱ inȱ derȱ Versuchungsperikopeȱ dieȱ Szeneȱ aufȱ derȱ Spitzeȱ desȱ TempelsȱamȱEndeȱ(Lkȱ4,9–12;ȱdiff.ȱMt);ȱinȱJerusalemȱ„lässtȱderȱTeufel“ȱentsprechendȱ vonȱ Jesusȱ „ab“ȱ (Lkȱ 4,13:ȱ ϳȱ Έ΍ΣΆΓΏΓΖȱ ΦΔνΗΘ΋ȱ ΦΔвȱ ΅ЁΘΓІ),ȱ umȱ hierȱ auchȱ seinȱ Werkȱ wiederȱaufzunehmenȱ(Lkȱ22,3);ȱvgl.ȱdazuȱKlauck,ȱHeiligeȱStadt,ȱ138.ȱ 697ȱȱ DieȱLeuteȱkommenȱausȱJerusalemȱzuȱJesusȱnachȱGaliläa,ȱwasȱderȱLokalisierungȱdesȱ zweitenȱHauptteilsȱentspricht.ȱ 698ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.2.2.ȱ 699ȱȱ Auchȱ dieȱ Emmausperikopeȱ istȱ durchȱ ihreȱ Beziehungȱ zurȱ Stadtȱ charakterisiert;ȱ vgl.ȱ Lkȱ24,13.18.33.ȱ 700ȱȱ ObwohlȱPaulusȱbereitsȱinȱApgȱ23,31ȱdieȱStadtȱwiederȱverlässt,ȱbleibtȱsieȱdochȱauchȱinȱ denȱnächstenȱKapitelnȱsehrȱpräsent,ȱdaȱdieȱRomreiseȱdesȱPaulusȱauffallendȱanȱJeruȬ salemȱ zurückgebundenȱ bleibtȱ (vgl.ȱ Apgȱ 24,1.6.11.17;ȱ 25,1.3.7.9.15.20.24;ȱ 26,4f.10.20);ȱ vgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ3.10.4.ȱ 701ȱȱ Zmijewski,ȱEschatologiereden,ȱ315.ȱ

294ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

eigentlicheȱ(undȱeinzige)ȱAusgangspunktȱderȱchristlichenȱKirche.702ȱDasȱ gesamteȱ Heilsgeschehenȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ demȱ Kommenȱ desȱ Rettersȱ Jesusȱ beginntȱ inȱ Jerusalemȱ durchȱ dieȱ Verkündigungȱ anȱ denȱ PriesterȱZacharias,ȱinsofernȱJohannesȱderȱTäuferȱnachȱlukanischerȱKonȬ zeptionȱuntrennbarȱzurȱGeschichteȱJesuȱgehört.ȱDieȱerstenȱBegebenheiȬ tenȱ imȱ Lebenȱ Jesu,ȱ vonȱ denenȱ Lukasȱ erzählt,ȱ findenȱ inȱ Jerusalemerȱ Tempelȱ statt:ȱ dieȱ imȱ Gesetzȱ vorgeschriebeneȱ Reinigungȱ undȱ dieȱ ProȬ phetieȱ Simeons,ȱ späterȱ dieȱ Diskussionȱ mitȱ denȱ Schriftgelehrtenȱ imȱ Tempel.ȱ Lukasȱ verbindetȱ geschichtlicheȱ Begebenheitenȱ mitȱ seinerȱ grundsätzlichȱintendiertenȱHervorhebungȱJerusalems.ȱBeidesȱverstärktȱ sichȱ gegenseitig:ȱ Währendȱ dieȱ Geschehnisseȱ durchȱ ihreȱ Lokalisierungȱ inȱJerusalemȱ„theologisch“ȱaufgeladenȱwerden,ȱerhältȱJerusalemȱselbstȱ eineȱfortschreitendeȱProfilierung.ȱGaliläaȱdagegenȱtrittȱbeiȱLukasȱmehrȱ alsȱbeiȱdenȱanderenȱsynoptischenȱEvangelienȱinȱdenȱHintergrund.703ȱȱ ImmerȱwiederȱdiskutiertȱwurdeȱdieȱFrageȱnachȱdemȱVerhältnisȱderȱbeidenȱ Namensformenȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐȱ bzw.ȱ ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅.704ȱ Manȱ wirdȱ hierzuȱ beȬ merken,ȱdassȱdieȱLXXȬFormȱ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ,ȱdieȱvonȱdenȱanderenȱEvangelisȬ tenȱ durchgängigȱ (wenngleichȱ seltenerȱ alsȱ beiȱ Lukas)ȱ verwendetȱ wird,ȱ jeȬ weilsȱzuȱBeginnȱbeiderȱlukanischerȱBücherȱvorherrscht,ȱwährendȱvorȱallemȱ imȱ Laufeȱ derȱ Apostelgeschichteȱ dieȱ gräzisierteȱ Formȱ häufigerȱ wird.ȱ Dochȱ gibtȱ esȱ Ausnahmenȱ inȱ beideȱ Richtungen,ȱ wieȱ gleichȱ dieȱ ersteȱ Erwähnungȱ derȱ Stadtȱ inȱ Lkȱ 2,22ȱ (͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅)ȱ oderȱ dieȱ beidenȱ Reisenotizenȱ Lkȱ 13,22ȱ undȱ 19,28,ȱ dieȱ dieȱ gräzisierteȱ Formȱ bieten,ȱ zeigen.ȱ Auchȱ dieȱ ApostelgeȬ schichteȱbringtȱdieȱersteȱErwähnungȱgleichȱinȱ1,4ȱinȱderȱgräzisiertenȱFormȱ ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅,ȱumȱdannȱwiederȱinȱdieȱLXXȬFassungȱzuȱspringen,ȱdieȱauchȱinȱ denȱ hinterenȱ Teilenȱ desȱ Buchesȱ nochȱ benutztȱ wirdȱ (21,11–13.31;ȱ 22,5.17f.;ȱ 23,11;ȱ 24,11;ȱ 25,3),ȱ undȱ zwarȱ nichtȱ lediglichȱ inȱ derȱ Redeȱ desȱ Paulusȱ amȱ Tempel.ȱDieȱletzteȱErwähnungȱinȱApgȱ28,17ȱbietetȱ–ȱwomöglichȱanalogȱzuȱ Lkȱ2,22ȱ–ȱwiederȱdieȱFormȱ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅.ȱVorȱallemȱdieseȱwohlȱbewusstȱgeȬ setzteȱgräzisierteȱFormȱjeweilsȱzuȱBeginnȱundȱamȱEndeȱseinerȱBücherȱmagȱ daraufȱhinweisen,ȱdassȱbeideȱNamensformenȱdieȱreligiöseȱBedeutungȱundȱ Heiligkeitȱ derȱ Stadtȱ transportieren.ȱ Diesȱ schließtȱ natürlichȱ nichtȱ aus,ȱ dassȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 702ȱȱ Vgl.ȱHeil,ȱLukasȱundȱQ,ȱ71.ȱ 703ȱȱ BesondersȱauffälligȱistȱbeiȱLukasȱdasȱFehlenȱvonȱOstererscheinungenȱinȱGaliläa,ȱwieȱ sieȱausȱMkȱ14,28;ȱ16,7ȱbzw.ȱMtȱ28,16–20ȱbekanntȱsind;ȱstattdessenȱpositioniertȱLukasȱ dieȱ Osterereignisseȱ sämtlichȱ nachȱ Jerusalemȱ (selbstȱ dieȱ Emmausgeschichteȱ beginntȱ undȱ endetȱ inȱ derȱ Stadt,ȱ vgl.ȱ Lkȱ 24,13.33ȱ –ȱ dortȱ hatȱ offenbarȱ zeitgleichȱ dieȱ ErscheiȬ nungȱdesȱAuferstandenenȱvorȱSimonȱPetrusȱstattgefunden,ȱvgl.ȱLkȱ24,34).ȱDieȱgaliläȬ ischenȱGemeindenȱwerdenȱlediglichȱinȱApgȱ9,31ȱnochȱeinmalȱamȱRandeȱerwähnt.ȱ 704ȱȱ Vgl.ȱdazuȱetwaȱBachmann,ȱJerusalemȱundȱderȱTempel,ȱ13–66;ȱBartlet,ȱTwofoldȱUse,ȱ 157f.;ȱ Elliott,ȱ Jerusalemȱ inȱ Actsȱ andȱ theȱ Gospels;ȱ Jeremias,ȱ IEROYSALEM/IEROȬ SOLYMA;ȱPotterie,ȱJérusalemȱdansȱl’évangileȱdeȱLuc;ȱders.,ȱJérusalemȱdansȱlesȱActesȱ desȱ Apôtres;ȱ Schütz,ȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐȱ undȱ ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅;ȱ Sylva,ȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐȱ andȱ ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅,ȱ213–215.220f.;ȱWinter,ȱNazarethȱandȱJerusalem,ȱ139–142.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

295ȱ

LukasȱjeȱundȱjeȱmitȱRücksichtȱaufȱdieȱdargestellteȱSzenerieȱbewusstȱaufȱeineȱ derȱbeidenȱFormenȱzurückgegriffenȱhat.ȱWeitreichendeȱSchlüsse,ȱinsbesonȬ dereȱ derart,ȱ dassȱ sichȱ schonȱ anȱ derȱ Benennungȱ Jerusalemsȱ eineȱ AbwenȬ dungȱvonȱIsraelȱerweisenȱlasse,ȱsindȱjedenfallsȱabzuweisen.ȱ

Daȱ fürȱ Lukasȱ dieȱ Darstellungȱ derȱ Vergangenheitȱ stetsȱ eineȱ Bedeutungȱ fürȱdieȱGegenwartȱhat,ȱtrifftȱerȱmitȱderȱBetonungȱJerusalemsȱeineȱprinȬ zipielleȱKlarstellung,ȱdieȱwohlȱauchȱinȱderȱKircheȱseinerȱZeitȱumstrittenȱ war.ȱ Fürȱ ihnȱ istȱ bedeutsam,ȱ dassȱ jedeȱ Einheitȱ undȱ Kontinuitätȱ derȱ ChristenheitȱniemalsȱohneȱJerusalemȱundȱdieȱjüdischeȱSeiteȱauskommt.ȱ SelbstȱdieȱstetigeȱErinnerungȱanȱdieȱ„jüdischenȱWurzeln“ȱdesȱChristenȬ tumsȱ wärenȱ ihmȱ zuȱ wenig.ȱ Jerusalemȱ wirdȱ fürȱ Lukasȱ soȱ zumȱ geograȬ phischenȱ„Realsymbol“ȱfürȱdieȱ„IdentitätȱdesȱChristentumsȱmitȱseinenȱ eigenenȱUrsprüngen.“705ȱDanebenȱistȱderȱparänetischeȱImpulsȱzuȱWortȱ zuȱbringen.ȱDasȱzerstörteȱJerusalem,ȱaufȱdasȱLukasȱmitleidigȱundȱohneȱ Triumphȱblickt,ȱistȱfürȱdenȱEvangelistenȱeinȱradikalerȱAufrufȱzurȱUmȬ kehrȱ–ȱzunächstȱderȱchristusungläubigenȱJudenȱaberȱauchȱfürȱalleȱAdȬ ressatenȱseinesȱEvangeliums.706ȱ AuffälligȱistȱinȱdiesemȱZusammenhangȱauch,ȱdassȱderȱDritteȱEvanȬ gelistȱ beiȱ seinemȱ massivenȱ Rekursȱ aufȱ dieȱ Stadtȱ Jerusalemȱ –ȱ inȱ einemȱ Werk,ȱ dasȱ nachȱ 70ȱ geschriebenȱ wurdeȱ –ȱ eineȱ Spiritualisierungȱ konseȬ quentȱvermeidet.ȱFürȱLukasȱistȱundȱbleibtȱdieȱrealeȱStadtȱderȱAnknüpȬ fungspunktȱ seinerȱ Theologie.ȱ Solangeȱ sieȱ zerstörtȱ liegt,ȱ istȱ sieȱ einȱ Rufȱ zurȱUmkehr,ȱdemȱAuswegȱinȱeineȱsymbolischeȱDeutungȱderȱStadtȱfürȱ dieȱChristenȱerteiltȱerȱeineȱklareȱAbsage.707ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 705ȱȱ Klauck,ȱHeiligeȱStadt,ȱ146.ȱ 706ȱȱ Vgl.ȱdazuȱGiblin,ȱDestruction,ȱ42.ȱ 707ȱȱ Schonȱ Philoȱ zeigtȱ Ansätzeȱ einerȱ Spiritualisierungȱ Jerusalems.ȱ Dochȱ istȱ dieseȱ StröȬ mungȱ vorȱ allemȱ inȱ derȱ frühenȱ Kircheȱ lebendigȱ gewesenȱ (vgl.ȱ Markschies,ȱ HimmliȬ schesȱundȱirdischesȱJerusalem,ȱ303–350).ȱDieȱBedeutungȱderȱrealenȱStadtȱlässtȱschonȱ imȱvorkonstantinischenȱChristentumȱschnellȱnach.ȱAußerȱdenȱwenigenȱPalästinapilȬ gernȱ undȱ demȱ Einflussȱ derȱ Jerusalemerȱ Liturgieȱ aufȱ andereȱ Kirchenȱ (vgl.ȱ MarkȬ schies,ȱ Himmlischesȱ undȱ irdischesȱ Jerusalem,ȱ 305)ȱ hatȱ dieȱ Stadtȱ keineȱ prägendeȱ KraftȱmehrȱfürȱdasȱsichȱentwickelndeȱChristentum.ȱDochȱwirdȱsieȱmassivȱspiritualiȬ siert:ȱ„FürȱdieȱVergangenheitȱderȱHeilsgeschichteȱhatȱeineȱStadtȱinȱPalästinaȱBedeuȬ tung,ȱ fürȱ Gegenwartȱ undȱ vorȱ allemȱ fürȱ Zukunftȱ eineȱ himmlischeȱ ΔϱΏ΍Ζ,ȱ dieȱ zwarȱ denȱNamenȱ‚Jerusalem‘ȱträgt,ȱaberȱmitȱderȱerstgenanntenȱ[…]ȱkaumȱmehrȱetwasȱzuȱ tunȱ hat.“ȱ (Markschies,ȱ Himmlischesȱ undȱ irdischesȱ Jerusalem,ȱ 305)ȱ Dasȱ jüdischȬ apokalyptischeȱ Bildȱ desȱ „himmlischenȱ Jerusalem“ȱ wirdȱ dabeiȱ entleertȱ undȱ verliertȱ seinenȱ Kontaktȱ zurȱ konkretenȱ irdischenȱ Stadt:ȱ „Manȱ wirdȱ alsoȱ festhaltenȱ müssen,ȱ dassȱ schonȱ imȱ zweitenȱ Jahrhundertȱ dasȱ scheinbarȱ israelnahesteȱ Theologumenonȱ christlicherȱ Theologie,ȱ dieȱ Vorstellungȱ vomȱ ‚himmlischenȱ Jerusalem‘,ȱ zugleichȱ dasȱ israelfernsteȱ Theologumenonȱ gewordenȱ ist“ȱ (Markschies,ȱ Himmlischesȱ undȱ irdiȬ schesȱJerusalem,ȱ311).ȱLukasȱistȱvonȱdiesenȱAnsichtenȱdurchȱeinenȱGrabenȱgetrennt.ȱ

296ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ beiȱ Lukasȱ dieȱ inȱ denȱ vorangehendenȱ AbschnitȬ tenȱuntersuchtenȱHinweiseȱaufȱdieȱZukunftȱIsraelsȱinȱengerȱBeziehungȱ zurȱ Stadtȱ Jerusalemȱ stehen,ȱ mögenȱ Indizienȱ dafürȱ sein,ȱ dassȱ erȱ –ȱ wieȱ Jesusȱselbst708ȱ–ȱauchȱanȱderȱeschatologischenȱRolleȱderȱStadtȱJerusalemȱ festgehaltenȱ hat.ȱ Vonȱ Jesusȱ überȱ dieȱ Urgemeinde,ȱ dieȱ ihrenȱ Standortȱ trotzȱ mancherȱ Schwierigkeiten709ȱ inȱ Jerusalemȱ hatte,ȱ bisȱ hinȱ zuȱ denȱ SynoptikernȱwirdȱJerusalemȱalsȱunwiderruflichȱerwählterȱOrtȱdesȱHeilsȱ Gottesȱangesehen.ȱLukasȱstehtȱhierȱanȱvordersterȱStelle,ȱdaȱerȱalsȱeinziȬ gerȱeineȱRahmungȱdurchȱdenȱJerusalemerȱTempelȱumȱseinȱEvangeliumȱ legtȱ (Lkȱ 1,5;ȱ 24,53)ȱ undȱ alleȱ Erscheinungenȱ inȱ Jerusalemȱ stattfindenȱ lässt,ȱ währendȱ alleȱ anderenȱ Evangelistenȱ hierȱ auchȱ nachȱ Galiläaȱ weiȬ sen.710ȱ

3.9.3.2ȱDerȱTempelȱimȱlukanischenȱDoppelwerk711ȱ Esȱüberraschtȱnicht,ȱdassȱLukasȱauchȱdemȱJerusalemerȱTempel,ȱdenȱerȱ alsȱ „ideale[n]ȱ Ortȱ derȱ Begegnungȱ Gottesȱ mitȱ seinemȱ Volk“712ȱ ansieht,ȱ eineȱ imȱ Vergleichȱ mitȱ denȱ anderenȱ Evangelienȱ einzigartigeȱ Rolleȱ zuȬ spricht.713ȱSoȱrahmtȱerȱnichtȱnurȱalsȱeinzigerȱEvangelistȱseinȱEvangeliumȱ durchȱ Szenen,ȱ dieȱ imȱ Tempelȱ spielenȱ (Lkȱ 1,5–23;ȱ 24,52f.),714ȱ sondernȱ betontȱ auchȱ durchȱ dieȱ ausgedehnteȱ Erwähnungȱ derȱ Lehrtätigkeitȱ Jesuȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 708ȱȱ DerȱüberlieferteȱAusspruchȱJesuȱbeimȱletztenȱAbendmahl,ȱerȱwerdeȱ„nichtȱmehrȱvonȱ derȱFruchtȱdesȱWeinstocksȱtrinken,ȱbisȱichȱvonȱneuemȱdavonȱtrinkeȱimȱReichȱGottes“ȱ (Mkȱ14,25)ȱblicktȱvorausȱaufȱdasȱgroßeȱendzeitlicheȱFestmahlȱaufȱdemȱBergȱZionȱgeȬ mäßȱ Jesȱ 25,6–8,ȱ dasȱ eineȱ kollektiveȱ Heilshoffnungȱ fürȱ Israelȱ anȱ diesenȱ Ortȱ knüpft.ȱ Dortȱ werdenȱ alleȱ ausȱ einemȱ einzigenȱ „Becherȱ desȱ Heils“ȱ getränktȱ werden;ȱ vgl.ȱ Stuhlmacher,ȱStellungȱJesu,ȱ146;ȱStrack/Billerbeck,ȱKommentarȱIV,ȱ1146f.1163f.ȱ 709ȱȱ ImmerhinȱwarȱesȱnichtȱnurȱdieȱStadt,ȱinȱderȱJesusȱverurteiltȱundȱhingerichtetȱwurde,ȱ sondernȱauchȱdieȱHeimatȱderȱgefährlichstenȱGegnerȱJesuȱundȱderȱerstenȱChristen.ȱ 710ȱȱ FürȱdasȱJohȬEvangeliumȱwäreȱdiesȱfreilichȱeigensȱzuȱdiskutieren,ȱdaȱerstȱKap.ȱ21,ȱdasȱ wohlȱeinenȱNachtragȱdarstellt,ȱGaliläaȱerwähnt.ȱ 711ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Bachmann,ȱ Jerusalemȱ undȱ derȱ Tempel,ȱ 171–375;ȱ GanserȬKerperin,ȱ Dasȱ ZeugnisȱdesȱTempels,ȱ37–329.ȱ 712ȱȱ GanserȬKerperin,ȱDasȱZeugnisȱdesȱTempels,ȱ37–329ȱ 713ȱȱ NachȱGanserȬKerperin,ȱDasȱZeugnisȱdesȱTempels,ȱ311ȱ„[fungiert]ȱderȱTempelȱalsȱderȱ zentraleȱKristallisationspunktȱderȱErzählung“.ȱ 714ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ GanserȬKerperin,ȱ Dasȱ Zeugnisȱ desȱ Tempels,ȱ 311–314ȱ („Derȱ Tempelȱ alsȱ topographischeȱInclusioȱfürȱdasȱLukasevangelium“).ȱ

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3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

297ȱ

„imȱTempel“ȱ(Lkȱ19,47;ȱ21,38)715ȱdieȱBedeutungȱdesȱOrtes,ȱdieȱsichȱdannȱ inȱderȱApostelgeschichte716ȱweiterverfolgenȱlässt.ȱ Imȱ Einzelnenȱ trägtȱ sichȱ dasȱ Motivȱ wieȱ folgtȱ durchȱ dasȱ Doppelwerk:ȱ Dieȱ Geschichteȱ desȱ Messiasȱ Israelsȱ beginntȱ nachȱ lukanischerȱ Darstellungȱ imȱ Tempel,ȱ währendȱ derȱ Priesterȱ Zachariasȱ ausȱ derȱ Priesterklasseȱ Abijaȱ dasȱ Rauchopferȱ darbringenȱ willȱ (Lkȱ 1,5–23).ȱ Inȱ derȱ schonȱ kurzȱ daraufȱ folgenȬ den,ȱganzȱinȱdieȱjüdischeȱTempelfrömmigkeitȱintegriertenȱErzählungȱvomȱ erstenȱKommenȱdiesesȱMessiasȱJesusȱzumȱTempelȱ(Lkȱ2,21–39),ȱstelltȱLukasȱ wichtigeȱWeichenȱfürȱdasȱgesamteȱWerk,ȱwennȱerȱgeradeȱhierȱdenȱWiderȬ spruchȱgegenȱJesusȱwieȱauchȱaufȱdieȱUniversalisierungȱderȱHeilsbotschaftȱ zumȱerstenȱMalȱandeutet.717ȱWenigȱspäterȱsitztȱJesusȱalsȱZwölfjährigerȱ(Lkȱ 2,46f.)ȱimȱKreisȱderȱLehrerȱimȱTempel,ȱwomitȱsichȱbereitsȱdieȱvonȱLukasȱbeȬ sondersȱbetonteȱTätigkeitȱJesuȱalsȱLehrerȱdesȱVolkesȱimȱTempelȱimȱletztenȱ AbschnittȱdesȱEvangeliumsȱ(Lkȱ19ff.)ȱankündigt.ȱInȱderȱMitteȱdesȱEvangeȬ liumsȱistȱdieȱalsȱHöhepunktȱderȱVersuchungserzählungȱgezeichneteȱSzeneȱ aufȱ derȱ Zinneȱ desȱ Jerusalemerȱ Tempelsȱ zuȱ vermerkenȱ (Lkȱ 4,9–13),718ȱ imȱ weiterenȱVerlaufȱfindenȱwirȱdannȱWeissagungenȱüberȱdasȱEndeȱdesȱTemȬ pelsȱbzw.ȱderȱStadtȱJerusalemȱinsgesamt,ȱbeginnendȱmitȱLkȱ13,35ȱimȱRahȬ menȱ derȱ Deutungȱ derȱ Reiseȱ Jesuȱ nachȱ Jerusalem,ȱ dannȱ direktȱ beiȱ seinerȱ Ankunftȱ(vgl.ȱLkȱ19,40–48),ȱspäterȱimȱRahmenȱderȱgroßenȱeschatologischenȱ Redeȱ Jesuȱ undȱ schließlichȱ imȱ Kontextȱ derȱ Kreuzigungȱ (Lkȱ 21,6.20–24;ȱ 23,45).ȱ Inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ spieltȱ dieȱ Tempelzerstörungȱ keineȱ Rolleȱ mehr.ȱHierȱfindenȱwirȱdieȱerstenȱGliederȱderȱUrgemeindeȱ(Apgȱ2,46),ȱallenȱ voranȱ Petrusȱ undȱ Johannesȱ (Apgȱ 3,1),ȱ selbstverständlichȱ imȱ Tempelȱ zumȱ Gebetȱ –ȱ nichtȱ allerdingsȱ zumȱ Opferȱ –,ȱ undȱ auchȱ derȱ lukanischeȱ Paulusȱ suchtȱ ihnȱ fürȱ einȱ Nasiräatsgelübdeȱ aufȱ (Apgȱ 21,26).ȱ Dochȱ bleibtȱ seineȱ BeȬ deutungȱaufȱdieȱJudenchristenȱbeschränkt.ȱFürȱdieȱHeidenȱhatȱerȱkeineȱweȬ sentlicheȱBedeutungȱmehr.ȱ

Obwohlȱ derȱ Tempelȱ inȱ narrativerȱ Hinsichtȱ „alsȱ Kontinuitätssymbolȱ zwischenȱ Evangeliumȱ undȱ Apostelgeschichte“719ȱ angesehenȱ werdenȱ kann,ȱsindȱdochȱgrundlegendeȱUnterschiedeȱzwischenȱdenȱbeidenȱBüȬ chernȱ nichtȱ zuȱ übersehen.ȱ Währendȱ imȱ Evangeliumȱ derȱ Jerusalemerȱ Tempelȱ alsȱ einȱ wichtigerȱ Ortȱ derȱ Prophetie720,ȱ derȱ Lehre721ȱ undȱ desȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 715ȱȱ Dieȱ dasȱ Evangeliumȱ prägendeȱ Wanderungȱ Jesuȱ nachȱ Jerusalemȱ (Lkȱ 9,51–19,28)ȱ endetȱunmittelbarȱmitȱdemȱEinzugȱinȱdenȱTempelȱ(vgl.ȱLkȱ19,45).ȱ 716ȱȱ Vgl.ȱdazuȱGanserȬKerperin,ȱDasȱZeugnisȱdesȱTempels,ȱ209–304.315–319.ȱ 717ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.9.4.2.ȱ 718ȱȱ MtȱbietetȱeineȱandereȱReihenfolge;ȱvgl.ȱdazuȱEckey,ȱLkȱI,ȱ210.214f.ȱ 719ȱȱ GanserȬKerperin,ȱDasȱZeugnisȱdesȱTempels,ȱ315.ȱ 720ȱȱ Vgl.ȱinȱLkȱ1–2ȱz.ȱB.ȱdieȱEngelerscheinungȱvorȱZachariasȱbzw.ȱdieȱGestaltenȱSimeonȱ undȱHanna;ȱweiterȱdieȱprophetischenȱWorteȱJesuȱinȱLkȱ21,5–28.ȱȱ 721ȱȱ Vgl.ȱdieȱPerikopeȱvomȱzwölfjährigenȱJesusȱLkȱ2,41ff.ȱundȱspäterȱLkȱ19,38–21,38,ȱwoȱ derȱTempelȱalsȱständigerȱLehrortȱJesuȱdargestelltȱwirdȱ

298ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

selbstverständlichenȱ Gebets722ȱ erscheintȱ undȱ sogarȱ dasȱ Opferȱ imȱ TemȬ pelȱnochȱeineȱgewisseȱBedeutungȱerhält,723ȱmehrenȱsichȱinȱderȱApostelȬ geschichteȱ distanzierendeȱ Momente.ȱ Zwarȱ betenȱ (Apgȱ 2,46;ȱ 3,1)ȱ undȱ predigenȱ(Apgȱ3–5)ȱdieȱApostelȱzunächstȱnochȱimȱTempel,ȱsieȱwerdenȱ aberȱbaldȱmitȱGewaltȱvonȱdortȱentfernt,ȱobwohlȱsieȱoffenbarȱgrundsätzȬ lichȱihreȱLehreȱfürȱvereinbarȱmitȱdemȱTempelȱundȱseinenȱInstitutionenȱ halten.724ȱȱ Auffälligȱ sindȱ dieȱ mehrfachenȱ Anspielungenȱ aufȱ dieȱ Zerstörungȱ desȱ Tempels,ȱ dieȱ „dieȱ Erschütterungȱ desȱ Evangelistenȱ überȱ dieȱ KataȬ strophe“725ȱundȱ„TöneȱdesȱMitleids,ȱdieȱmanȱinȱdenȱanderenȱEvangelienȱ soȱ nichtȱ hört“726,ȱ zeigenȱ (vgl.ȱ Lkȱ 19,41–44;ȱ 23,28–31).ȱ Dochȱ wirdȱ auchȱ seineȱ Deutungȱ derȱ Zerstörungȱ alsȱ Auswirkungȱ desȱ göttlichenȱ Zornesȱ sichtbarȱ(vgl.ȱLkȱ21,23).ȱDasȱDritteȱEvangeliumȱstehtȱdamitȱinȱderȱNäheȱ derȱzahlreichenȱliterarischenȱReaktionenȱaufȱdieȱZerstörungenȱdesȱJeruȬ salemerȱ Tempels,ȱ dieȱ vonȱ Klageȱ undȱ Trauerȱ bestimmtȱ sind.727ȱ Inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ hingegenȱ findetȱ sichȱ keineȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ KatastroȬ pheȱ derȱ Zerstörungȱ mehr.ȱ Tatsächlichȱ gibtȱ esȱ auchȱ keineȱ Hinweise,ȱ dassȱ fürȱ Lukasȱ derȱ Tempelȱ fürȱ dieȱ Zukunftȱ nochȱ eineȱ wichtigeȱ Rolleȱ spielt.ȱ Auchȱ dieȱ imȱ Tempelȱ gesprocheneȱ Weissagungȱ inȱ Apgȱ 3,19–21ȱ scheintȱfürȱdenȱTempelȱselbstȱkeineȱbesondereȱRolleȱmehrȱanzukündiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 722ȱȱ Lkȱ1,10:ȱdasȱganzeȱVolkȱbetet,ȱ18,9–14:ȱGebetsortȱfürȱPharisäerȱundȱZöllner;ȱ21,11:ȱdieȱ alteȱWitweȱbetetȱimȱTempel;ȱLkȱ24,46:ȱLobpreisȱderȱJüngerȱ 723ȱȱ Lkȱ 2,22ff.;ȱ 5,14;ȱ dieȱ Erzählungȱ vonȱ derȱ Tempelreinigungȱ istȱ imȱ Vergleichȱ zuȱ allenȱ anderenȱEvangelienȱbeiȱLukasȱstarkȱverkürztȱistȱ(Lkȱ19,45f.);ȱvgl.ȱzurȱpositivenȱDarȬ stellungȱdesȱTempelsȱimȱLkȬEvangeliumȱauchȱWick,ȱGottesdienste,ȱ273f.ȱ 724ȱȱ Vgl.ȱ Wick,ȱ Gottesdienste,ȱ 280:ȱ „[Dieȱ Jesusanhänger]ȱ nehmenȱ aktivȱ anȱ diesemȱ GotȬ tesdienstȱ [sc.ȱ desȱ Tempels]ȱ teil,ȱ nichtȱ umȱ ihnȱ alsȱ Mittelȱ zumȱ Zweckȱ fürȱ missionariȬ scheȱ Tätigkeitenȱ zuȱ mißbrauchen,ȱ sondernȱ weilȱ derȱ Kultȱ selbstȱ denȱ Zweckȱ fürȱ sieȱ darstellt.ȱDochȱandersȱalsȱimȱEvangeliumȱwerdenȱdieȱGläubigenȱnunȱmitȱGewaltȱvonȱ diesemȱvonȱihnenȱverehrtenȱOrtȱausgegrenzt.ȱJederȱderȱdreiȱausführlichȱgeschilderȬ tenȱ Tempelbesucheȱ vonȱ Apostelnȱ endetȱ damit,ȱ daßȱ sieȱ erzwungernermaßenȱ denȱ Tempelȱverlassenȱmüssenȱ(3,1ff;ȱ5,21ff;ȱ21,26ff).“ȱVorȱdiesemȱHintergrundȱwirdȱmanȱ dieȱ sichȱ scheinbarȱ widersprechendenȱ Notizenȱ inȱ Lkȱ 24,52f.ȱ undȱ Apgȱ 1,13,ȱ nachȱ deȬ nenȱ dieȱ Jüngerȱ nachȱ derȱ Himmelfahrtȱ desȱ Auferstandenenȱ einmalȱ inȱ denȱ Tempel,ȱ dasȱ andereȱ Malȱ jedochȱ inȱ einȱ privatesȱ Hausȱ zurückkehrenȱ wohlȱ nochȱ nichtȱ alsȱ beȬ wussteȱ Tempeldistanzȱ inȱ derȱ Apgȱ interpretieren,ȱ sondernȱ eherȱ dieȱ theologischenȱ Momenteȱ betonen,ȱ dieȱ mitȱ derȱ Nennungȱ desȱ Tempelsȱ amȱ Endeȱ desȱ Evangeliumsȱ verbundenȱ sindȱ (vgl.ȱ dazuȱ GanserȬKerperin,ȱ Dasȱ Zeugnisȱ desȱ Tempels,ȱ 206–208);ȱ zumȱVerhältnisȱderȱbeidenȱHimmelfahrtsdarstellungenȱvgl.ȱauchȱobenȱKap.ȱ3.5.2.ȱ 725ȱȱ Hengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ329.ȱ 726ȱȱ Ebd.ȱ 727ȱȱ EineȱAusnahmeȱstelltȱ4ȱEsraȱdar,ȱesȱ„siehtȱinȱderȱZerstörungȱvonȱStadtȱundȱTempelȱ letztlichȱeineȱHeilsmaßnahmeȱGottes,ȱdieȱaufȱdieȱRettungȱIsraelsȱhinȱausgerichtetȱist“ȱ (Schmid,ȱZerstörung,ȱ184);ȱvgl.ȱauchȱsyrBarȱ52,6.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

299ȱ

gen.ȱ Wennȱ auchȱ dieȱ Heilswendeȱ fürȱ Jerusalemȱ mehrfachȱ angedeutetȱ wird,ȱsoȱistȱderȱBefundȱbezüglichȱdesȱTempelsȱwohlȱnegativ.ȱ SoȱsprichtȱausȱdemȱDoppelwerkȱnebenȱauffälligerȱSympathieȱauchȱ eineȱ kritischeȱ Distanzȱ zumȱ Tempel.ȱ Derȱ klassischeȱ Textȱ dafürȱ findetȱ sichȱ imȱ Kontextȱ derȱ Stephanuserzählungenȱ undȱ sollȱ vorȱ demȱ HinterȬ grundȱunsererȱFragestellungȱimȱFolgendenȱeigensȱbetrachtetȱwerden.ȱ

3.9.3.3ȱStephanusȱundȱdieȱTempelkritikȱ Mitȱ derȱ Stephanusredeȱ (Apgȱ 7,2–53),ȱ dieȱ sichȱ inȱ Formȱ undȱ Inhaltȱ vonȱ denȱRedenȱdesȱPetrusȱundȱPaulusȱunterscheidet,ȱbietetȱLukasȱzugleichȱ eineȱ Charakterisierungȱ desȱ Sprechersȱ derȱ Hellenisten.ȱ Sieȱ istȱ durchȱ einenȱweitenȱAusgriffȱinȱdieȱGeschichteȱIsraels,ȱalsȱdessenȱTeilȱsichȱderȱ Sprecherȱ sieht,728ȱ wieȱ durchȱ eineȱ auffallendeȱ Tempelkritikȱ gekennȬ zeichnet.ȱ Dieȱ Redeȱ gibtȱ sichȱ vonȱ ihremȱ Geschichtsbildȱ herȱ alsȱ Beispielȱ einerȱ GeschichteȱIsraelsȱinȱderȱTraditionȱdesȱDeuteronomismusȱzuȱerkennen.ȱ JoachimȱJeskaȱhatȱvieleȱHinweiseȱdafürȱgegeben,ȱdassȱdieȱlukanischenȱ Summarienȱ derȱ Geschichteȱ Israelsȱ inȱ Apgȱ 7ȱ undȱ 13ȱ vonȱ Lukasȱ selbstȱ verfasstȱsind.729ȱDiesȱheißtȱnunȱnicht,ȱdassȱalleȱdortȱzuȱfindendenȱAusȬ sagenȱdieȱAuffassungȱdesȱAutorsȱwiderspiegelnȱwürden.ȱDieȱRedeȱdesȱ Stephanus,ȱdieȱdemȱJerusalemerȱTempelȱseineȱExklusivitätȱalsȱWohnortȱ Gottesȱ abspricht,ȱ sollȱ auchȱ denȱ Kreisȱ derȱ „Hellenisten“,ȱ alsȱ dessenȱ Sprecherȱ Stephanusȱ anzusehenȱ ist,ȱ charakterisieren.ȱ Insofernȱ erlaubtȱ derȱ Textȱ keineȱ unmittelbarenȱ Anwendungenȱ seinerȱ Inhalteȱ aufȱ dieȱ MeinungenȱseinesȱAutorsȱLukas.ȱȱ Wieȱ Joachimȱ Jeskaȱ gezeigtȱ hat,ȱ bietetȱ geradeȱ dasȱ Geschichtssummariumȱ derȱ Stephanusredeȱ einȱ klaresȱ Konzept,ȱ dasȱ demȱ Gesamtwerkȱ entspricht:ȱ Zunächstȱ „entsprichtȱ dieȱ Identifikationȱ desȱ Gottesvolkesȱ überȱ Abrahamȱ demȱ lukanischenȱ Abrahambild“730.ȱ Dieȱ göttlicheȱ Führungȱ vonȱ Anfangȱ anȱ wirdȱ geradeȱ beiȱ Lukasȱ überdeutlich,ȱ wieȱ auchȱ dieȱ Verlagerungȱ derȱ Abrahamvisionȱ anȱ denȱ Anfangȱ seinerȱ Geschichteȱ inȱ Mesopotamienȱ anȬ zeigt.731ȱ Josefȱ undȱ dieȱ Ägypterȱ verweisenȱ aufȱ dieȱ Universalisierungȱ desȱ GottesvolkesȱundȱdieȱrömischenȱHerrscher.732ȱDassȱfreilichȱinȱApgȱ7,53ȱeineȱ absoluteȱVerwerfungȱderȱJudenȱJerusalemsȱundȱeineȱnichtȱmehrȱmöglicheȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 728ȱȱ Vgl.ȱdieȱRedeȱvonȱ“unserem“ȱVaterȱAbrahamȱinȱApgȱ7,2;ȱvgl.ȱauchȱ7,19.ȱ 729ȱȱ Vgl.ȱJeska,ȱGeschichte,ȱ261.ȱ 730ȱȱ Jeska,ȱGeschichte,ȱ262.ȱ 731ȱȱ ZurȱtypischenȱVerfremdungȱbzw.ȱVerfälschungȱeinzelnerȱElementeȱinȱverschiedenenȱ Geschichtssummarienȱvgl.ȱJeska,ȱGeschichte,ȱ254–256.ȱ 732ȱȱ Jeska,ȱGeschichte,ȱ263.ȱ

300ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Umkehrȱ festgestelltȱ werden,733ȱ istȱ schonȱ imȱ Rückgriffȱ aufȱ Apgȱ 21,20,ȱ woȱ nochȱ vonȱ „vielenȱ tausendȱ ausȱ denȱ Juden“ȱ inȱ Jerusalemȱ dieȱ Redeȱ ist,ȱ dieȱ sichȱdenȱChristenȱangeschlossenȱhaben,ȱkaumȱeindeutigȱzuȱsagen.ȱFreilichȱ wirdȱ dieȱ Stephanusredeȱ zumȱ Auslöserȱ fürȱ dieȱ Zerstreuungȱ derȱ Christenȱ undȱ dieȱ Missionȱ imȱ weiterenȱ Umkreis.ȱ Lukasȱ schreibtȱ hierȱ auchȱ alsȱ entȬ täuschterȱ Gläubiger,ȱ derȱ dasȱjüdischeȱ Verhaltenȱ nochȱ immerȱ nichtȱ begreiȬ fenȱkann.ȱȱ

Wennȱumstrittenȱist,ȱobȱundȱwieȱdieȱRedeȱfürȱdieȱTheologieȱderȱHelleȬ nistenȱ auszuwertenȱ sei,734ȱ soȱ istȱ daraufȱ hinzuweisen,ȱ dassȱ zwarȱ Lukasȱ dieȱRedeȱformuliertȱhat,ȱhierȱaber,ȱwieȱauchȱsonstȱinȱdenȱRedenȱseinesȱ Buches,ȱ dieȱ imȱ Hintergrundȱ stehendenȱ Sprecherȱ charakterisiert.735ȱ Trotzdemȱistȱzuȱfragen,ȱinwiefernȱdieȱRedeȱauchȱlukanischeȱPositionenȱ transportiert.ȱAuchȱderȱlukanischeȱPaulusȱwirdȱjaȱinȱeinemȱspezifischenȱ Lichtȱ dargestelltȱ undȱ unterscheidetȱ sichȱ vonȱ demȱ Paulus,ȱ denȱ wirȱ ausȱ denȱ Briefenȱ kennen.ȱ Daȱ Lukasȱ eineȱ deuteronomistischȱ beeinflussteȱ DenkweiseȱauchȱanȱanderenȱStellenȱseinesȱWerkesȱerkennenȱlässt,ȱwirdȱ manȱseineȱAuffassungȱauchȱinȱderȱStephanusredeȱfindenȱkönnen.736ȱȱ Dieȱ Passageȱ überȱ Moseȱ zeigt,ȱ dassȱ erȱ derȱ ersteȱ inȱ einerȱ Reiheȱ vonȱ Zeugenȱist,ȱdieȱGottȱgesandtȱhatȱundȱdieȱvonȱIsraelȱmissachtetȱwurdenȱ (vgl.ȱApgȱ7,52ȱundȱdazuȱJerȱ7,25–26;ȱ25,4;ȱ2ȱKönȱ17,13ȱetc.).ȱLukasȱsetztȱ JesusȱalsȱletztenȱProphetenȱundȱMessiasȱinȱdieseȱReihe,ȱdaȱsichȱauchȱanȱ ihmȱ dasȱ Verhaltenȱ Israelsȱ wiederholt,ȱ wieȱ esȱ charakteristischȱ fürȱ dasȱ VolkȱGottesȱinȱderȱGeschichteȱgewesenȱist.ȱ Imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Tempelkritikȱ derȱ Redeȱ istȱ eineȱ Untersuchungȱ desȱ Amoszitatsȱ inȱ Apgȱ 7,41–43ȱ aufschlussreich.ȱ Dieȱ Formulierungȱ istȱ eineȱ fastȱwortgetreueȱAufnahmeȱdesȱLXXȬTextesȱausȱAmȱ5,25–27.ȱLediglichȱ dieȱStellungȱdesȱ(nichtȱinȱallenȱTextzeugenȱvorhandenen)ȱπΑȱΘϜȱπΕφΐУȱ inȱ Amȱ 5,25ȱ bzw.ȱ Apgȱ 7,42ȱ istȱ verändertȱ undȱ derȱ Ortsnameȱ Damaskusȱ amȱSchlussȱdesȱZitatsȱistȱdurchȱBabylonȱersetzt.ȱAuffälligȱistȱzudemȱdieȱ einzigeȱErweiterungȱimȱApgȬTextȱgegenüberȱderȱVorlage:ȱDieȱIsraelitenȱ habenȱdieȱGötzenbilderȱvonȱMolochȱundȱRaiphanȱnichtȱnurȱangefertigt,ȱ sondernȱauchȱangebetet,ȱwieȱApgȱ7,43ȱüberȱAmȱ5,26ȱhinausȱausdrücklichȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 733ȱȱ SoȱJeska,ȱGeschichte,ȱ265.ȱ 734ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱDiskussionenȱbeiȱJeska,ȱGeschichte,ȱ266.ȱ 735ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ auchȱ obenȱ Kap.ȱ 3.8.4.;ȱ insofernȱ Stephanusȱ dieȱ Redeȱ hält,ȱ werdenȱ inȱ ihrȱ Aussagenȱformuliert,ȱdieȱtypischȱfürȱdieȱ„Hellenisten“ȱ(bzw.ȱdieȱMenschen,ȱdieȱsichȱ Lukasȱunterȱihnenȱvorgestelltȱhat)ȱsind.ȱ 736ȱȱ ZurȱdtrȱPrägungȱderȱStephanusredeȱvgl.ȱJeska,ȱGeschichte,ȱRömer/Macchi,ȱDisciple;ȱ wichtigeȱAnspielungenȱsindȱetwaȱdasȱungewöhnlicheȱπΎΣΎΝΗΉΑȱinȱApgȱ7,19ȱaufȱdasȱ „deuteronomistischeȱ Credo“ȱ inȱ Dtnȱ 26,6ȱ (LXX)ȱ (zuȱ πΎΣΎΝΗ΅Αȱ vgl.ȱ Numȱ 20,15ȱ [LXX]);ȱ oderȱ dieȱ Redeȱ vomȱ Gottȱ derȱ Väter“ȱ inȱ Apgȱ 7,32,ȱ vgl.ȱ dazuȱ Römer/Macchi,ȱ Disciple,ȱ184;ȱeineȱAusnahmeȱstelltȱnurȱdasȱZitatȱausȱExȱ3,6ȱinȱMkȱ12,26ȱ=ȱMtȱ22,32ȱ=ȱ Lkȱ20,37ȱdar;ȱvgl.ȱauchȱRömer,ȱIsraelsȱVäter.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

301ȱ

bemerkt.ȱDamitȱwirdȱdasȱAnliegen,ȱdasȱsichȱinȱderȱStephanusredeȱmitȱ demȱZitatȱverknüpft,ȱdeutlicherȱherausgestellt.ȱȱ DaȱesȱsichȱgegenüberȱdemȱKontextȱimȱProphetenbuchȱumȱeineȱneueȱ Akzentuierungȱ handelt,737ȱ sollȱ näherȱ daraufȱ eingegangenȱ werden.ȱ Derȱ Schlussȱ desȱ 5.ȱ Kapitelsȱ imȱ Amosbuchȱ handeltȱ vonȱ einerȱ grundsätzliȬ chenȱ Kultkritik.ȱ Dieȱ Verseȱ Amȱ 5,21–23ȱ beschreibenȱ dieȱ Nichtannahmeȱ jeglicherȱKultopferȱdurchȱJHWH.ȱStattdessenȱsollen,ȱwieȱAmȱ5,24ȱausȬ führt,ȱ GerechtigkeitȱundȱRechtȱ imȱ Landȱ herrschen,ȱ dieȱ gegenüberȱ denȱ „leeren“ȱ Kultritenȱ vorȱ Gottȱ Bestandȱ habenȱ werden.ȱ Daraufȱ folgtȱ inȱ V.ȱ25f.ȱeinȱRückgriffȱaufȱdieȱWüstenzeitȱIsraels:ȱIsraelȱhatȱinȱderȱWüsteȱ überȱ 40ȱ Jahreȱ hindurchȱ überhauptȱ keineȱ Gabenȱ undȱ Opferȱ fürȱ Gottȱ bereitetȱ(rhetorischeȱFrageȱinȱV.ȱ25),ȱundȱnatürlichȱauchȱkeineȱGötzenȬ bilderȱgetragenȱ(WeiterführungȱderȱFrageȱinȱV.ȱ26).738ȱDerȱabschließenȬ deȱ V.ȱ 27ȱ beziehtȱ sichȱ mitȱ derȱ Verbannungȱ „überȱ Damaskusȱ hinaus“ȱ wiederȱaufȱdenȱganzenȱText.ȱAmȱ5,25–27ȱ(LXX)ȱlautet:ȱ ȱ 25ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 26ȱ ȱ

ȱ ȱ ȱ 27ȱ

ΐχȱȱ ΗΚΣ·΍΅ȱΎ΅ϠȱΌΙΗϟ΅Ζȱȱ ΔΕΓΗ΋Αν·Ύ΅ΘνȱΐΓ΍ȱȱ πΑȱΘϜȱπΕφΐУȱΘΉΗΗ΅ΕΣΎΓΑΘ΅ȱ σΘ΋,ȱȱ ΓϨΎΓΖȱ̌ΗΕ΅΋ΏЪȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑΉΏΣΆΉΘΉȱȱ ΘχΑȱΗΎ΋ΑχΑȱΘΓІȱ̏ΓΏΓΛȱΎ΅Ϡȱ ΘϲȱΩΗΘΕΓΑȱΘΓІȱΌΉΓІȱЀΐЗΑȱ ̔΅΍Κ΅Α,ȱȱ ΘΓϿΖȱΘϾΔΓΙΖȱ΅ЁΘЗΑ,ȱȱ ΓЃΖȱπΔΓ΍φΗ΅ΘΉȱο΅ΙΘΓϧΖ;ȱ ȱ Ύ΅ϠȱΐΉΘΓ΍Ύ΍ЗȱЀΐκΖȱπΔνΎΉ΍Α΅ȱ ̇΅ΐ΅ΗΎΓІȱ[…]ȱ

Habtȱihrȱmirȱetwaȱ TiereȱundȱOpferȱ dargebrachtȱ inȱderȱWüsteȱüberȱ40ȱJahre,ȱ

ȱ Aȱ(Objekt)ȱ Bȱ(Prädikat)ȱ Cȱ(OrtȱundȱZeit)ȱ

HausȱIsrael,ȱ undȱhabtȱihrȱaufgerichtetȱ dasȱZeltȱdesȱMolochȱundȱdenȱ SternȱeuresȱGottesȱRaiphan,ȱ

Cȱ(Anrede)ȱ B’ȱ(Prädikat)ȱ A’ȱ(Objekt)ȱ

ihreȱBilder,ȱ dieȱihrȱeuchȱgemachtȱhabt?ȱ ȱ Undȱichȱwerdeȱeuchȱüberȱ Damaskusȱhinausführenȱ[…]ȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ

ȱ WieȱdieȱGliederungȱzeigt,ȱlassenȱsichȱdieȱVerseȱ25f.ȱsyntaktischȱalsȱrheȬ torischeȱ Frageȱ mitȱ zweiȱ Teilenȱ bestimmen,ȱ welcheȱ inȱ konzentrischerȱ Formȱ(ElementeȱAȬA’ȱundȱBȬB’)ȱdieȱAnredeȱIsraelsȱsowieȱdieȱOrtsȬȱundȱ Zeitbestimmungȱ imȱ Mittelpunktȱ (Elementȱ C)ȱ umgreift.ȱ Dasȱ indirekteȱ ObjektȱΐΓ΍ȱtrittȱsomitȱinȱdenȱHintergrund;ȱesȱgehtȱnichtȱumȱdieȱFrage,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 737ȱȱ SoȱauchȱHübner,ȱTheologieȱIII,ȱ150.ȱ 738ȱȱ Soȱ urteiltȱ auchȱ imȱ Blickȱ aufȱ denȱ hebr.ȱ Textȱ Wolff,ȱ Joel/Am,ȱ 310;ȱ andersȱ AnderȬ sen/Freedman,ȱAm,ȱ543,ȱdieȱV.ȱ26ȱvonȱV.ȱ25ȱabsetzenȱundȱmitȱV.ȱ27ȱverknüpfen.ȱDieȱ LXXȱ hingegenȱ parallelisiertȱ (wieȱ Wolff)ȱ dieȱ Verseȱ 25ȱ undȱ 26ȱ durchȱ dieȱ Aoristeȱ ΔΕΓΗ΋Αν·Ύ΅ΘΉȱundȱΦΑΉΏΣΆΉΘΉ.ȱDieȱfuturischeȱAnkündigungȱV.ȱ27ȱistȱdavonȱabgeȬ setztȱundȱbildetȱsoȱdenȱAbschlussȱdesȱgesamtenȱTeils.ȱ

302ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

wemȱOpferȱdargebrachtȱwurden,ȱsondernȱvielmehrȱumȱdieȱFeststellung,ȱ dassȱ überhauptȱ keineȱ Opferȱstattfanden,ȱwieȱ nichtȱ zuletztȱ derȱ Vergleichȱ mitȱ Jerȱ 7,21–23ȱ erweist.ȱ Daȱ JHWHȱ alsȱ Sprecherȱ desȱ ganzenȱ TextzuȬ sammenhangsȱ seitȱ V.ȱ 21ȱ vorgestelltȱ wird,ȱ kannȱ manȱ ihnȱ nichtȱ alsȱ GeȬ genüberȱzuȱdenȱGötzenȱMolochȱundȱRaiphanȱinȱV.ȱ26ȱbestimmen.ȱSynȬ taktischȱistȱvielmehrȱderȱGötzendienstȱinȱV.ȱ26ȱparallelȱzumȱOpferkultȱ inȱ V.ȱ 25ȱ zuȱ sehen:ȱ Beidesȱ existierteȱ zurȱ Zeitȱ derȱ Wüstenwanderungȱ Israelsȱnicht.ȱ VomȱKontextȱunterscheidenȱsichȱdieȱVerseȱAmȱ5,25f.ȱsowohlȱstilisȬ tisch739ȱ wieȱ inhaltlich740.ȱ Daȱ zudemȱ dieȱ Vorstellungȱ einerȱ opferlosenȱ Wüstenzeitȱ nurȱ nochȱ inȱ derȱ deuteronomistischenȱ Bearbeitungȱ desȱ Jeremiabuchesȱ (Jerȱ 7,21–23)ȱ belegtȱ ist741ȱ undȱ dieȱ Abwehrȱ vonȱ GötzenȬ dienstȱ–ȱeinȱHauptanliegenȱderȱDeuteronomistenȱ–ȱimȱKontextȱderȱStelȬ leȱkeineȱRolleȱspielt,ȱerkennenȱvieleȱAuslegerȱhierȱdieȱArbeitȱeinerȱdeuȬ teronomistischenȱRedaktion:742ȱEntsprechendȱführtȱnachȱAmȱ5,25ff.ȱdieȱ AbkehrȱvonȱJHWHȱzuȱanderenȱGötternȱinȱdieȱVerbannung.ȱ Inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ nunȱ wirdȱ dieȱ Bedeutungȱ desȱ Zitatesȱ inȱ bemerkenswerterȱ Weiseȱ umgewendet.ȱ Derȱ Rückblickȱ dienteȱ inȱ Amȱ 5ȱ dazu,ȱ dieȱ Wüstenzeitȱ Israelsȱ ohneȱ OpferȬȱ undȱ Götzendienstȱ alsȱ eineȱ idealeȱZeitȱdesȱGehorsamsȱgegenȱJHWHȱdarzustellen.ȱDenȱspäterȱaufȬ gekommenenȱsündigenȱGötzendienstȱgabȱesȱnochȱnichtȱundȱIsraelȱhörteȱ soȱgutȱaufȱdieȱStimmeȱseinesȱGottes,ȱdassȱnichtȱeinmalȱOpferȱnötigȱwaȬ ren.ȱ Derȱ Geschichtsrückblickȱ desȱ Stephanusȱ nunȱ bringtȱ dieȱ Verseȱ alsȱ ErläuterungȱfürȱeineȱkeineswegsȱsündlosenȱundȱidealenȱWüstenzeitȱan:ȱ Schonȱ amȱ Bergȱ Sinai,ȱ gleichȱ zuȱ Beginnȱ derȱ Wüstenwanderung,ȱzeigenȱ sichȱ derȱ Ungehorsamȱ undȱ dieȱ Sündeȱ Israelsȱ inȱ derȱ Herstellungȱ undȱ Verehrungȱ desȱ Goldenenȱ Kalbs.ȱ Dieseȱ Tatȱ bestraftȱ Gott,ȱ indemȱ erȱ dasȱ Volkȱderȱ Idolatrieȱ„überlässt“743.ȱ Eineȱ Reiheȱ vonȱ Beobachtungenȱzeigt,ȱ wieȱ dasȱ Zitatȱ denȱ Berichtȱ ausȱ denȱ vorangehendenȱ Versenȱ unmittelbarȱ aufnimmt:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 739ȱȱ Durchbrechungȱ desȱ poetischenȱ Parallelismusȱ membrorumȱ durchȱ einenȱ „reinenȱ Prosastil“ȱ(Wolff,ȱJoel/Am,ȱ304).ȱ 740ȱȱ AnȱdieȱStelleȱderȱKultkritikȱtretenȱ„geschichtsȬȱundȱkulttheologischeȱSpezialfragen“ȱ (Wolff,ȱJoel/Am,ȱ304).ȱ 741ȱȱ Vgl.ȱWolff,ȱJoel/Am,ȱ309.ȱ 742ȱȱ Vgl.ȱ Wolff,ȱ Joel/Am,ȱ 310;ȱ auchȱ Dahmen/Fleischer,ȱ Joel/Am,ȱ 212,ȱ dieȱ aberȱ V.ȱ 26ȱ alsȱ Aussagesatzȱnehmen,ȱohneȱnäherȱaufȱdieȱProblemeȱeinzugehen.ȱFürȱdieȱApgȱistȱfestȬ zuhalten,ȱ dassȱ Lukas,ȱ derȱ dieȱ Schriftȱ natürlichȱ nichtȱ inȱ literarkritischenȱ Schichten,ȱ sondernȱ alsȱ Einheitȱ las,ȱ hierȱ wiederȱ einmalȱ Verseȱ derȱ dtrȱ Redaktionȱ aufgenommenȱ hatȱ–ȱwennȱauchȱwomöglichȱinȱUmkehrungȱderȱursprünglichȱintendiertenȱSinnrichȬ tung.ȱ 743ȱȱ Vgl.ȱdasselbeȱVerbȱ(Δ΅Ε΅ΈϟΈΝΐ΍)ȱinȱRömȱ1,24.26.28.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

Apgȱ7,40f.:ȱ

303ȱ

Apgȱ7,42f.:ȱ

40ȱ ȱ

ΉϢΔϱΑΘΉΖȱΘХȱ̝΅ΕЏΑȉȱȱ ΔΓϟ΋ΗΓΑȱψΐϧΑȱΌΉΓϿΖȱȱ

ȱ ȱ

42ȱ ȱ

ȱ

ΓϤȱΔΕΓΔΓΕΉϾΗΓΑΘ΅΍ȱψΐЗΑȉȱ[…]ȱ

ȱ

ȱ

ȱ

ȱ

ȱ

41ȱ ȱ ȱ ȱ

Ύ΅ϠȱπΐΓΗΛΓΔΓϟ΋Η΅Αȱȱ πΑȱΘ΅ϧΖȱψΐνΕ΅΍ΖȱπΎΉϟΑ΅΍Ζȱ Ύ΅ϠȱΦΑφ·΅·ΓΑȱ ΌΙΗϟ΅Αȱȱ ΘХȱΉϢΈЏΏУȱȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ ȱ

b’ȱ a’ȱ c’ȱ ȱ

ȱ ȱ

ȱ ȱ

ȱ ȱ

43ȱ ȱ

ȱ ȱ

Ύ΅ϠȱΉЁΚΕ΅ϟΑΓΑΘΓȱȱ πΑȱΘΓϧΖȱσΕ·Γ΍ΖȱΘЗΑȱΛΉ΍ΕЗΑȱ ΅ЁΘЗΑ.ȱ

ȱ ȱ

ȱ ȱ

σΗΘΕΉΜΉΑȱΈξȱϳȱΌΉϲΖȱȱ Ύ΅ϠȱΔ΅ΕνΈΝΎΉΑȱ΅ЁΘΓϿΖȱΏ΅ΘΕΉϾΉ΍Αȱ ΘϜȱΗΘΕ΅Θ΍λȱΘΓІȱΓЁΕ΅ΑΓІȱȱ Ύ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȱπΑȱΆϟΆΏУȱΘЗΑȱ ΔΕΓΚ΋ΘЗΑȉȱȱ ȱ ΐχȱȱ ΗΚΣ·΍΅ȱΎ΅ϠȱΌΙΗϟ΅Ζȱȱ ΔΕΓΗ΋Αν·Ύ΅Θνȱȱ ΐΓ΍ȱȱ σΘ΋ȱΘΉΗΗΉΕΣΎΓΑΘ΅ȱπΑȱΘϜȱπΕφΐУ,ȱ ΓϨΎΓΖȱ͑ΗΕ΅φΏ;ȱ Ύ΅ϠȱΦΑΉΏΣΆΉΘΉȱȱ ΘχΑȱΗΎ΋ΑχΑȱΘΓІȱ̏ϱΏΓΛȱΎ΅ϠȱΘϲȱ ΩΗΘΕΓΑȱΘΓІȱΌΉΓІȱ[ЀΐЗΑ]ȱͦ΅΍ΚΣΑ,ȱȱ ΘΓϿΖȱΘϾΔΓΙΖȱȱ ΓЃΖȱπΔΓ΍φΗ΅ΘΉȱΔΕΓΗΎΙΑΉϧΑȱ΅ЁΘΓϧΖ,ȱȱ

ȱ DerȱWunschȱderȱIsraelitenȱinȱV.ȱ40,ȱGötterȱzuȱ„schaffen“ȱ(ΔΓ΍ΉϧΑ),ȱwirdȱ imȱ Relativsatzȱ amȱ Schlussȱ vonȱ V.ȱ 43ȱ bestätigtȱ undȱ dasȱ „Vorangehen“ȱ derȱ Götterȱ (V.ȱ 40:ȱ ΔΕΓΔΓΕΉϾΉΗΌ΅΍)ȱ findetȱ sichȱ inȱ derȱ Wendungȱ desȱ „Aufrichtens“ȱ(V.ȱ43:ȱΦΑ΅Ώ΅ΐΆΣΑΉ΍Α)ȱderȱGötzenbilderȱwieder.ȱSoȱentȬ stehtȱeineȱinclusioȱderȱVerseȱ40–43.ȱVonȱbesondererȱBedeutungȱistȱaberȱ dieȱ Parallelisierungȱ derȱ Opferhandlungen:ȱ Wennȱ V.ȱ 41ȱ explizitȱ davonȱ spricht,ȱdassȱdieȱIsraelitenȱ„denȱGötzenbildernȱOpferȱdarbrachten“,ȱdannȱ istȱdiesȱpräziseȱeineȱAntwortȱaufȱdieȱrhetorischeȱFrageȱGottesȱausȱAmȱ5ȱ –ȱallerdingsȱnunȱinȱandererȱStoßrichtungȱalsȱimȱAmostext.ȱInȱApgȱ7ȱistȱ derȱ Gedankeȱ einerȱ opferlosenȱ Wüstenzeitȱ gänzlichȱ unbekannt,ȱ wieȱ V.ȱ 41ȱ unmissverständlichȱ feststellt.ȱ Nachȱ derȱ hierȱ deutlichȱ werdendenȱ AuffassungȱliegtȱderȱFokusȱderȱFrageȱAmȱ5,25ȱnichtȱaufȱdemȱdirektenȱ („Habtȱ ihrȱ mirȱ Opferȱ dargebracht?“),ȱ sondernȱ aufȱ demȱ indirektenȱ ObȬ jektȱ(„HabtȱihrȱmirȱOpferȱdargebracht?“).ȱIsraelsȱGötzendienstȱundȱseinȱ Ungehorsamȱ gegenȱ JHWHȱ begannȱ alsoȱ schonȱ inȱ derȱ Wüstenzeit.ȱ Inȱ Konsequenzȱ zuȱ dieserȱ Auffassungȱ ändertȱ sichȱ auchȱ dasȱ Verständnisȱ vonȱAmȱ5,26.ȱAlsȱFortführungȱeinerȱnegativȱzuȱbeantwortendenȱrhetoȬ rischenȱFrageȱergibtȱderȱSatzȱkeinenȱgutenȱSinnȱmehr.ȱStattdessenȱwirdȱ erȱ alsȱ erläuterndeȱ Bestätigungȱ aufgefasst:ȱ Israelȱ hatȱ nichtȱ Opferȱ fürȱ seinenȱGottȱbereitet,ȱsondernȱstattdessenȱGötzenbilderȱvonȱMolochȱundȱ Raiphanȱhergestellt.ȱJHWHȱwirdȱinȱderȱAufnahmeȱdesȱZitatsȱinȱApgȱ7ȱ–ȱ andersȱalsȱinȱAmȱ5ȱ–ȱdenȱanderenȱGötternȱgegenübergestellt.ȱZugleichȱ parallelisiertȱApgȱ7ȱdieseȱGötzenȱauchȱmitȱdemȱGoldenenȱKalbȱamȱSiȬ nai,ȱ dasȱ auffälligerweiseȱ nurȱ inȱ einerȱ Verbalformȱ auftauchtȱ undȱ soȬ

304ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

gleichȱ allgemeinerȱ alsȱ ΉϥΈΝΏΓΑȱ bezeichnetȱ wird.ȱ Dadurchȱ wirdȱ derȱ Fokusȱ inȱ Apgȱ 7ȱ vonȱ vorneȱ hereinȱ wegȱ vonȱ derȱ konkretenȱ Gestaltȱ desȱ Kalbsȱ aufȱ dieȱ grundsätzlicheȱ Ebeneȱ derȱ Götzenkulteȱ gehoben,ȱ anȱ dieȱ sichȱdasȱAmoszitatȱmitȱderȱNennungȱweitererȱGötterȱgutȱanschließt.ȱSoȱ erscheintȱdieȱBegebenheitȱamȱFußeȱdesȱSinaiȱinȱApgȱ7ȱalsȱUrsünde,ȱausȱ derȱ alleȱ späterenȱ Götzendiensteȱ hervorgehen.ȱ Dieseȱ sindȱ zugleichȱ inȱ gewisserȱWeiseȱauchȱschonȱeineȱgöttlicheȱStrafe,744ȱdieȱschließlichȱzumȱ Exilȱführt.ȱDieȱEinfügungȱdesȱΔΕΓΗΎΙΑΉϧΑȱ΅ЁΘΓϧΖȱ undȱauchȱdieȱErsetȬ zungȱ vonȱ „Damaskus“ȱ durchȱ „Babylon“ȱ passtȱ sichȱ gutȱ inȱ dieseȱ Sichtȱ ein:ȱNachȱdeuteronomistischerȱAuffassungȱliegtȱderȱGrundȱfürȱdieȱZerȬ störungȱderȱReicheȱIsraelȱundȱJudaȱundȱdieȱVerbannungȱnachȱBabylonȱ letztlichȱ imȱ stetenȱ Ungehorsamȱ Israels,ȱ derȱ sichȱ insbesondereȱ imȱ GötȬ zendienstȱ manifestiertȱ hat.ȱ Lukasȱ nutztȱ dasȱ Zitat,ȱ umȱ auchȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ zuȱ zeigen,ȱ vorȱ welchemȱ Hintergrundȱ erȱ dasȱ Verhaltenȱ Israelsȱ grundsätzlichȱversteht.ȱDabeiȱerhältȱdasȱZitatȱeineȱnichtȱunwesentlicheȱ Bedeutungsverschiebung.ȱFürȱLukasȱistȱderȱRückgriffȱaufȱdieȱWüstenȬ zeitȱ Israelsȱ keineȱ Möglichkeit,ȱ dieȱ idealeȱ Vergangenheitȱ alsȱ Vorbildȱ hinzustellen,ȱ anȱ demȱ sichȱ dieȱ sündigeȱ Gegenwartȱ zuȱ orientierenȱ hat.ȱ VielmehrȱwirdȱfürȱihnȱschonȱdortȱdieȱSündeȱundȱderȱUngehorsamȱIsraȬ elsȱsichtbar.745ȱȱ DochȱistȱdiesȱinȱderȱStephanusredeȱnurȱdieȱhalbeȱWahrheit.ȱDerȱsichȱ anȱdasȱZitatȱanschließendeȱV.ȱ44ȱsprichtȱrechtȱunvermitteltȱwiederȱvomȱ wahrenȱ Gottesdienstȱ undȱ erwähntȱ denȱ Götzendienstȱ bzw.ȱ dieȱ babyloȬ nischeȱ Gefangenschaftȱ nichtȱ mehr.ȱ Dieȱ Formulierungenȱ schließenȱ sichȱ dabeiȱauffälligȱengȱanȱdasȱAmoszitatȱan.ȱStattȱdemȱ„ZeltȱMolochs“ȱwirdȱ nunȱvonȱderȱΗΎ΋ΑχȱΘΓІȱΐ΅ΕΘΙΕϟΓΙȱgesprochen,ȱdieȱdieȱVäterȱebenfallsȱ πΑȱΘϜȱπΕφΐУȱhatten.ȱDabeiȱhandeltȱesȱsichȱimȱGegensatzȱzuȱdenȱhandȬ gemachtenȱ ΘϾΔΓ΍ȱ derȱ Götzenȱ umȱ einȱ Zelt,ȱ dasȱ demȱ entspricht,ȱ wasȱ JHWHȱMoseȱgezeigtȱhatteȱ(vgl.ȱApgȱ7,44:ȱΎ΅ΘΤȱΘϲΑȱΘϾΔΓΑȱ϶ΑȱοΝΕΣΎΉ΍).ȱ DieȱStephanusredeȱistȱdamitȱeineȱgrundsätzlicheȱAnklageȱgegenȱIsrael,ȱ dieȱ sichȱ schonȱ imȱ Amoszitatȱ zeigtȱ undȱ amȱ Endeȱ derȱ Redeȱ besondersȱ betontȱwird.ȱGeradeȱdasȱMotiv,ȱdassȱIsraelȱalleȱProphetenȱgetötetȱhabeȱ (vgl.ȱdieȱrhetorischeȱFrageȱinȱApgȱ7,52:ȱ„WelchenȱderȱProphetenȱhabenȱ eureȱ Väterȱ nichtȱ verfolgt?“),ȱ zeigtȱ dieȱ allgemeingültigeȱ Bedeutung.ȱ Gleichesȱ giltȱ fürȱ dieȱ Tempelkritikȱ desȱ Stephanus.746ȱ Sieȱ wendetȱ sichȱ nichtȱ isoliertȱ gegenȱ denȱ Jerusalemerȱ Tempel,ȱ sondernȱ willȱ auchȱ hierȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 744ȱȱ Vgl.ȱV.ȱ42:ȱGottȱ„übergabȱsieȱdemȱDienstȱamȱHimmelsheer“.ȱ 745ȱȱ DennȱnachȱderȱLogikȱderȱRedeȱhabenȱdieȱVäterȱschonȱinȱderȱWüstenzeitȱverschiedeȬ nenȱGötternȱgehuldigt.ȱEsȱliegtȱaufȱderȱHand,ȱwieȱdieseȱVorstellungȱgeradezuȱkontȬ rärȱzurȱUrsprungsintentionȱdesȱAmoszitatesȱist.ȱ 746ȱȱ SieheȱdazuȱinsgesamtȱHübner,ȱTheologieȱIII,ȱ149–151.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

305ȱ

eineȱ grundsätzlicheȱ Aussageȱ treffen.ȱ Diesȱ bestätigtȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ dieȱTempelkritikȱnichtȱaufȱJerusalemȱbeschränktȱist,ȱsondernȱauchȱvonȱ PaulusȱimȱgriechischenȱMilieuȱaufgegriffenȱwird:ȱ ȱ Apgȱ7,48ff.ȱ(Stephanus)ȱ 48ȱ ȱ ȱ ȱ

Apgȱ17,24f.ȱ(Paulus)ȱ

ΦΏΏвȱΓЁΛȱȱ ϳȱЂΜ΍ΗΘΓΖȱȱ [vgl.ȱV.ȱ50]ȱ

ȱ 24ȱ ȱ

[vgl.ȱV.ȱ49]ȱ

ȱ

ȱ ȱ 49ȱ ȱ ȱ

πΑȱΛΉ΍ΕΓΔΓ΍φΘΓ΍ΖȱΎ΅ΘΓ΍ΎΉϧ,ȱ ȱ Ύ΅ΌАΖȱϳȱΔΕΓΚφΘ΋ΖȱΏν·Ή΍ȉȱȱ ȱ ϳȱΓЁΕ΅ΑϱΖȱΐΓ΍ȱΌΕϱΑΓΖ,ȱȱ ȱ ψȱΈξȱ·ϛȱЀΔΓΔϱΈ΍ΓΑȱΘЗΑȱΔΓΈЗΑȱΐΓΙȉȱȱ ȱ ΔΓϧΓΑȱΓϨΎΓΑȱΓϢΎΓΈΓΐφΗΉΘνȱΐΓ΍,ȱȱ 25ȱ

ȱ ȱ

Ών·Ή΍ȱΎϾΕ΍ΓΖ,ȱȱ ύȱΘϟΖȱΘϱΔΓΖȱΘϛΖȱΎ΅Θ΅Δ΅ϾΗΉЏΖȱΐΓΙ;ȱȱ

ȱ ȱ

50ȱ

ΓЁΛϠȱψȱΛΉϟΕȱΐΓΙȱπΔΓϟ΋ΗΉΑȱΘ΅ІΘ΅ȱ ΔΣΑΘ΅;ȱ

ȱ

ȱ ϳȱΌΉϲΖȱȱ ϳȱΔΓ΍φΗ΅ΖȱΘϲΑȱΎϱΗΐΓΑȱΎ΅ϠȱΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱ πΑȱ΅ЁΘХ,ȱȱ ΓЈΘΓΖȱΓЁΕ΅ΑΓІȱΎ΅Ϡȱ·ϛΖȱЀΔΣΕΛΝΑȱ ΎϾΕ΍ΓΖȱȱ ΓЁΎȱπΑȱΛΉ΍ΕΓΔΓ΍φΘΓ΍ΖȱΑ΅ΓϧΖȱΎ΅ΘΓ΍ΎΉϧȱȱ ȱ ȱ ȱ ΓЁΈξȱЀΔϲȱΛΉ΍ΕЗΑȱΦΑΌΕΝΔϟΑΝΑȱ ΌΉΕ΅ΔΉϾΉΘ΅΍ȱȱ ΔΕΓΗΈΉϱΐΉΑϱΖȱΘ΍ΑΓΖ,ȱȱ ΅ЁΘϲΖȱΈ΍ΈΓϿΖȱΔκΗ΍ȱΊΝχΑȱΎ΅ϠȱΔΑΓχΑȱ Ύ΅ϠȱΘΤȱΔΣΑΘ΅ȉȱ ȱ

ȱ DasȱWortȱdesȱPaulusȱinȱV.ȱ24ȱistȱeineȱKurzfassungȱderȱTempelkritikȱdesȱ Stephanus.ȱDabeiȱnimmtȱPaulusȱausȱdemȱProphetenzitatȱdenȱabschlieȬ ßendenȱGedanken,ȱdassȱGottȱ„allesȱgemachtȱhat“ȱaufȱundȱvergisstȱauchȱ dieȱ denȱ gesamtenȱ Kosmosȱ bezeichnendeȱ Motivverbindungȱ „Himmelȱ undȱ Erde“ȱ nicht,ȱ umȱ wieȱ Stephanusȱ festzustellen,ȱ dassȱ Gottȱ „nichtȱ inȱ vonȱ Händenȱ gemachtenȱ (Tempeln)ȱ wohnt“.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ somitȱ umȱ eineȱtheologischeȱGrundentscheidung,ȱdieȱJudenȱwieȱHeidenȱzuȱtreffenȱ haben.ȱ Esȱ entsprichtȱ lukanischerȱ Methodik,ȱ dassȱ diesesȱ fürȱ dasȱ klassiȬ scheȱJudentumȱschwerȱzuȱertragendeȱWortȱnatürlichȱmitȱderȱAutoritätȱ derȱSchrift,ȱmitȱeinemȱJesajawort,ȱuntermauertȱwird.ȱ

3.9.3.4ȱErtragȱ Zusammenfassendȱ istȱ festzuhalten,ȱ dassȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ strukturellȱ durchȱ dieȱ Größenȱ derȱ Stadtȱ Jerusalemȱ undȱ desȱ dortigenȱ Tempelsȱgeprägtȱist.ȱTrotzȱmancherȱSpannungenȱgibtȱesȱwichtigeȱIndiȬ zienȱ dafür,ȱ dassȱ Lukasȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ keineȱ endgültigeȱ AbȬ wendungȱvonȱJerusalemȱfeststellenȱwillȱundȱwohlȱauchȱanȱderȱeschatoȬ

306ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

logischenȱBedeutungȱderȱStadtȱfestgehaltenȱhat.747ȱJerusalemȱhatȱstrukȬ turelleȱBedeutungȱfürȱbeideȱBücher.748ȱȱ Imȱ Blickȱ aufȱdenȱ Tempelȱlässtȱsichȱ hingegenȱ eineȱauffälligeȱAmbiȬ valenzȱ feststellen.ȱ Zunächstȱ istȱ erȱ inȱ denȱ Kindheitserzählungenȱ inȱ allȱ seinenȱFunktionenȱvertretenȱundȱerweistȱsichȱalsȱzentralerȱOrt,ȱanȱdemȱ dasȱmessianischeȱGeschehenȱseinenȱAnfangȱnimmt.ȱAuchȱdieȱRahmungȱ desȱ Evangeliumsȱ durchȱ dasȱ Tempelmotivȱ (vgl.ȱ Lkȱ 24,53)ȱ betontȱ seineȱ Bedeutung,ȱebensoȱdieȱTatsache,ȱdassȱerȱalsȱPlatzȱderȱjesuanischenȱLehȬ reȱgezeichnetȱwird.ȱDochȱwirdȱderȱTempelȱauchȱbereitsȱimȱVerlaufȱdesȱ Evangeliumsȱ häufigȱ imȱ Kontextȱ desȱ Ausblicksȱ aufȱ seineȱ Zerstörungȱ erwähnt,ȱ dieȱ Lukasȱ inȱ deuteronomistischerȱ Traditionȱ alsȱ Strafeȱ Gottesȱ fürȱ dieȱ Verfehlungenȱ Israelsȱ deutet.ȱ Zwarȱ istȱ fürȱ dieȱ Zeitȱ desȱ StrafgeȬ richtsȱ einȱ Endeȱ zuȱ erhoffen,ȱ dochȱ wirdȱ überȱ dieȱ Bedeutungȱ desȱ TemȬ pelsȱfürȱdieȱZukunftȱnichtsȱgesagt.ȱSoȱzeigtȱsichȱimȱVerlaufȱderȱAposȬ telgeschichteȱeineȱdeutlicheȱDistanzierung,ȱdieȱihrenȱHöhepunktȱbereitsȱ inȱderȱStephanusperikopeȱerreicht.749ȱȱ

3.9.4ȱDieȱWiederherstellungȱIsraelsȱbeiȱLukas750ȱ WennȱLukasȱgleichȱinȱderȱEröffnungȱderȱApostelgeschichteȱdieȱJüngerȱ nachȱderȱ„WiederherstellungȱdesȱReichesȱfürȱIsrael“ȱ(vgl.ȱApgȱ1,6)ȱfraȬ genȱ lässt,751ȱ soȱ zeigtȱ sich,ȱ welchenȱ Stellenwertȱ diesesȱ Themaȱ inȱ seinerȱ theologischenȱ Konzeptionȱ einnimmt.ȱ Zwarȱ wirdȱ auchȱ inȱ frühchristliȬ cherȱ Theologieȱ dieȱ Vorstellungȱderȱ Wiederherstellungȱ IsraelsȱaufgeruȬ fen,ȱsobaldȱvonȱ„erfülltenȱVerheißungen“ȱdieȱRedeȱist,ȱdochȱLukasȱsetztȱ dieseȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Geschichteȱ Jesuȱ undȱ seinerȱ Anhängerȱ konkretȱ inȱ Szene.ȱ Diesȱ geschiehtȱ besondersȱ inȱ denȱ eröffnendenȱ Kapitelnȱ desȱ Evangeliums,ȱ wirdȱ aberȱ auchȱ überȱ dieȱ Vitaȱ Jesuȱ hinwegȱ undȱ dannȱ inȱ spezifischerȱ Weiseȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ fortgeführt.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 747ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱobenȱKap.ȱ3.5.ȱ 748ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱobenȱKap.ȱ3.1.2ȱundȱuntenȱKap.ȱ3.10.4.ȱ 749ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱdieȱRedeȱvonȱderȱ„tragischenȱDimensionȱderȱTempelereignisse“ȱbeiȱ GanserȬKerperin,ȱDasȱZeugnisȱdesȱTempels,ȱ322–325.ȱ 750ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱBauckham,ȱWiederherstellung.ȱ 751ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.5.4.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

307ȱ

3.9.4.1ȱDieȱVorgeschichtenȱLkȱ1–2ȱ FürȱdieȱFrageȱnachȱdemȱStellenwertȱundȱderȱBedeutungȱIsraelsȱfürȱdasȱ lukanischeȱDoppelwerkȱspielenȱdieȱerstenȱKapitelȱdesȱEvangeliums,ȱdieȱ häufigȱalsȱ „Vorgeschichte“ȱ bezeichnetȱ werden,ȱ weilȱ sieȱ Begebenheitenȱ vorȱ derȱ Geburtȱ Jesuȱ bzw.ȱ währendȱ seinerȱ Kindheitȱ undȱ Jugendȱ schilȬ dern,ȱeineȱgewichtigeȱRolle.ȱDurchȱihreȱexponierteȱStellungȱamȱAnfangȱ stellenȱsieȱdenȱ„sensibelstenȱTeil“ȱdesȱliterarischenȱWerkesȱdar,ȱweilȱsieȱ darüberȱ entscheiden,ȱ „aufȱ welcheȱ Reiseȱ derȱ Leserȱ oderȱ Hörerȱ geȬ schickt“752ȱ wird.ȱ Dieȱ antikeȱ Rhetorikȱ hatȱ deshalbȱ derȱ sorgfältigenȱ GeȬ staltungȱ vonȱ Prologenȱ undȱ Epilogenȱ besondereȱ Bedeutungȱ zugemesȬ sen,ȱ daȱ „derȱ Anfangȱ […]ȱ aufȱ eigentümlicheȱ Weiseȱ allesȱ folgende,ȱ undȱ derȱSchlußȱdasȱGanzeȱ[bestimmt]“753.ȱ Beiȱ einerȱLektüreȱ dieserȱ erstenȱ Kapitelȱnunȱ fälltȱauf,ȱ „wieȱ sehrȱ geȬ radeȱinȱdenȱVorgeschichtenȱdesȱdrittenȱEvangeliumsȱdieȱjüdischeȱWurȬ zelȱ Jesuȱ hervorgehobenȱ wird“754.ȱ Dieȱ ehrwürdigstenȱ religiösenȱ InstituȬ tionenȱ Israels,ȱ dieȱ Heiligeȱ Stadtȱ Jerusalem,ȱ dasȱ Gesetzȱ desȱ Mose,ȱ derȱ Tempelȱ mitȱ denȱ Priesternȱ undȱ demȱ Tempeldienst,ȱ dieȱ Traditionȱ derȱ Prophetieȱ undȱ Motiveȱ wieȱ dieȱ davidischeȱ Abstammungȱ Jesuȱ sindȱ vonȱ wesentlicherȱ Bedeutung,ȱ eineȱ Distanzȱ zuȱ diesenȱ Institutionenȱ oderȱ Fremdheitȱ gegenüberȱ Israelȱ istȱ anȱ keinerȱ Stelleȱ erkennbar.ȱ Damitȱ sindȱ nichtȱnurȱalleȱvonȱLukasȱerzähltenȱBegebenheitenȱvonȱihremȱzentralenȱ Ausgangspunktȱ imȱ Zentrumȱ derȱ jüdischenȱ Religionȱ herȱ zuȱ verstehen,ȱ auchȱderȱAutorȱselbstȱkannȱsichȱoffenbarȱnochȱalsȱMitgliedȱderȱchristliȬ chenȱ Gemeindeȱ mitȱ denȱ Institutionenȱ Israelsȱ identifizieren.ȱ Lukasȱ tauchtȱtraditionellesȱjüdischesȱLebenȱinȱhellesȱLichtȱundȱstelltȱJudenȱalsȱ Vorbilderȱ fürȱ dieȱ Leserȱ vor.755ȱ Dieȱ großenȱ Lobgesängeȱ „Magnificat“ȱ (Lkȱ1,46–56)ȱundȱ„Benedictus“ȱ(Lkȱ1,68–79)ȱlebenȱganzȱausȱalterȱIsraelȬ hoffnungȱ undȱ erweisenȱ dasȱ kommendeȱ Geschehenȱ alsȱ Heilȱ fürȱ dasȱ erwählteȱ Volk.756ȱ Dieseȱ „Hymnen“ȱ bzw.ȱ „Cantica“ȱ sindȱ alsȱ Teilȱ desȱ lebendigenȱ gottesdienstlichenȱ Lebens,ȱ anȱ demȱ Lukasȱ teilnahm,ȱ gutȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 752ȱȱ Theobald,ȱBedeutungȱhistorischȬkritischenȱArbeitens,ȱ242.ȱ 753ȱȱ Berger,ȱExegese,ȱ19;ȱvgl.ȱinsgesamtȱseineȱBemerkungenȱzuȱ„AnfangȱundȱSchlußȱdesȱ Textes“ȱ(18–22).ȱ 754ȱȱ Feldmeier,ȱ Lukasevangelium,ȱ 112.ȱ Geradeȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Bucheröffnungenȱ derȱ anderenȱEvangelistenȱwirdȱdieserȱAkzentȱdesȱLukasȱdeutlich.ȱ 755ȱȱ ZachariasȱundȱElisabethȱgeltenȱalsȱfrommeȱundȱgerechteȱMenschenȱ(vgl.ȱLkȱ1,6),ȱdieȱ aufȱGottesȱWegenȱwandeln.ȱNochȱbevorȱJesusȱalsȱderȱChristusȱ(Lkȱ2,11)ȱinȱdieȱErzähȬ lungȱeintritt,ȱwirdȱdurchȱsieȱisraelitischerȱGlaubeȱalsȱIdealbildȱvorgestellt.ȱ 756ȱȱ Vgl.ȱbesondersȱLkȱ1,54f.68.72f.ȱ

308ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

vorstellbar757ȱ undȱ bildenȱ gewissermaßenȱ eineȱ Brückeȱ zwischenȱ vorȬ christlicherȱ jüdischerȱ Spiritualitätȱ bzw.ȱ Gebetspraxisȱ undȱ derȱ lukaniȬ schenȱ Zeit.ȱ Lukasȱ hatȱ sieȱ soȱ inȱ seinȱ Werkȱ eingebautȱ undȱ wohlȱ auchȱ teilweiseȱmodifiziert,ȱdassȱsieȱimȱvorliegendenȱKontextȱseineȱtheologiȬ schenȱ Perspektivenȱ widerspiegeln.ȱ Damitȱ richtetȱ sichȱ unserȱ Interesseȱ wenigerȱaufȱdenȱmöglichenȱPlatzȱdieserȱHymnenȱinȱurchristlichenȱGotȬ tesdiensten,ȱ sondernȱ mehrȱ darauf,ȱ „welcheȱ Bedeutungȱ esȱ fürȱ dasȱ VerȬ hältnisȱderȱLukasȱzugeordnetenȱGruppeȱzumȱJudentumȱundȱzumȱAltenȱ Testamentȱ hat,ȱ dassȱ Lukasȱ geradeȱ inȱ Hymnenȱ vonȱ derȱ jetztȱ gescheheȬ nenȱErfüllungȱderȱVerheißungenȱanȱdieȱErzväterȱspricht“758.ȱ DieȱKapitelȱerweckenȱdenȱEindruck,ȱdieȱGeschichtserzählungenȱderȱ Schriftȱ Israelsȱ weiterzuführen.759ȱ Nebenȱ denȱ Orten760ȱ undȱ Personen761ȱ sorgenȱauchȱdieȱerwähntenȱ„Cantica“ȱfürȱeineȱcharakteristischeȱAtmoȬ sphäre,ȱ dieȱ faktischȱ dieȱ gesamteȱ biblischeȱ Verheißungsthematikȱ inȱ dieȱ Schilderungȱ jüdischenȱ Lebensȱ einarbeitetȱ undȱ denȱ Leser/Hörerȱ gleichȬ samȱ inȱ dieȱ Erwartungȱ versetzt,ȱ dassȱ dieseȱ Verheißungenȱ sichȱ inȱ derȱ nunȱzuȱerzählendenȱGeschichteȱzuȱrealisierenȱbeginnenȱwerden.ȱLukasȱ erweistȱsichȱdamitȱzuȱBeginnȱseinesȱBuchesȱalsȱKennerȱundȱSympathiȬ santȱ judenchristlicherȱ Kulturȱ undȱ verankertȱ dasȱ Lebenȱ Jesuȱ tiefȱ inȱ derȱ jüdischenȱGlaubensȬȱundȱHoffnungswelt,ȱwieȱJohnȱT.ȱSquiresȱinȱseinerȱ Charakterisierungȱ derȱ erstenȱ beidenȱ Kapitelȱ feststellt:ȱ „Theseȱ chaptersȱ setȱtheȱsceneȱwithȱaȱnoteȱofȱconfidentȱexpectation,ȱandȱgroundȱtheȱstoryȱ ofȱJesusȱfirmlyȱwithinȱtheȱhopesȱofȱpiousȱIsrael.ȱGod’sȱancientȱpromisesȱ appearȱ setȱ toȱ beȱ fulfilled.”762ȱ Soȱ schafftȱ Lukasȱ „inȱ denȱ erstenȱ beidenȱ Kapitelnȱ seinesȱ Evangeliumsȱ einenȱ Sitzȱ imȱ Lebenȱ fürȱ denȱ Beginnȱ derȱ GeschichteȱvonȱJesusȱ[…],ȱderȱdieȱmessianischenȱundȱeschatologischenȱ Hoffnungenȱ Israelsȱ ausdrücktȱ undȱ aufȱ denȱ prophetischenȱ Schriftenȱ basiert“763ȱ –ȱ esȱ handeltȱ sichȱ nachȱ Richardȱ Bauckhamȱ umȱ einȱ „ProȬ grammȱ zurȱ Wiederherstellung“ȱ Israels,ȱ „dasȱ genauȱ derȱ Artȱ vonȱ HoffȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 757ȱȱ SieȱgeltenȱimȱgroßenȱundȱGanzenȱalsȱvorlukanischȱ(vgl.ȱBovon,ȱLkȱI,ȱ21;ȱWolter,ȱLk,ȱ 99.110;ȱ zuȱ Überlegungen,ȱ dieȱ Hymnenȱ Lukasȱ zuzuschreibenȱ vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Harnack,ȱ Magnificat,ȱ 84f.;ȱ Tannehill,ȱ Magnifikat,ȱ 263–275;ȱ Löning,ȱ Geschichtswerkȱ I,ȱ 96f.106ff.).ȱ 758ȱȱ Berger,ȱExegese,ȱ116.ȱ 759ȱȱ WährendȱetwaȱMtȱvonȱderȱerstenȱZeileȱanȱeineȱuniversaleȱPerspektiveȱöffnet,ȱindemȱ erȱJesusȱinȱdenȱKontextȱAbrahamsȱstelltȱundȱheidnischeȱFrauenȱimȱStammbaumȱherȬ vorhebt,ȱbleibtȱLukasȱnichtȱnurȱinȱjüdischen,ȱsondernȱzunächstȱsogarȱnationalpolitiȬ schenȱKontexten:ȱJesusȱsollȱ„denȱThronȱseinesȱVatersȱDavid“ȱ(Lkȱ1,32)ȱerhalten.ȱ 760ȱȱ Dieȱ Stadtȱ Jerusalem,ȱ derȱ Tempelȱ inklusiveȱ seinerȱ kultischenȱ Riten,ȱ Betlehemȱ alsȱ StadtȱDavids.ȱ 761ȱȱ FrommeȱJuden,ȱprophetischeȱGestalten,ȱEngelȱGottes.ȱ 762ȱȱ Squires,ȱLuke,ȱ162.ȱ 763ȱȱ Bauckham,ȱWiederherstellung,ȱ6.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

309ȱ

nungȱ[…]ȱentspricht“,ȱdieȱimȱ„JudentumȱdesȱZweitenȱTempelsȱweithinȱ anerkannt“764ȱwar.ȱDamitȱzeigtȱLukasȱan,ȱvorȱwelchemȱHorizontȱseineȱ Schriftenȱ gelesenȱ werdenȱ sollen.ȱ Erȱ greiftȱ dieȱ durchausȱ nationalȬ politischenȱ Hoffnungenȱ derȱ Judenȱ inȱ seinemȱ Werkȱ aufȱ undȱ integriertȱ sieȱ inȱ dieȱ christlicheȱ Verkündigung,ȱ indemȱ erȱ sieȱ modifiziert,ȱ jedochȱ niemalsȱeinfachȱnegiert.765ȱ Einȱ Zeugeȱ ausȱ derȱ frühenȱ Kircheȱ fürȱ dieȱ Reichhaltigkeitȱ vonȱ jüdiȬ schenȱ Traditionenȱ inȱ denȱ Kindheitserzählungenȱ istȱ Irenäus.ȱ Inȱ Haerȱ 3,9–11ȱstelltȱerȱinȱderȱReihenfolgeȱMtȱ–ȱLkȱ–ȱMkȱ–ȱJohȱfürȱdieȱvierȱEvanȬ gelienȱ dar,ȱ wieȱ sieȱ inȱ ihrenȱ Anfangskapitelnȱ dieȱ Identitätȱ desȱ christliȬ chenȱ Gottesȱ mitȱ demȱ Gottȱ Israelsȱ nachweisen.ȱ Derȱ lukanischeȱ Teilȱ istȱ nichtȱ nurȱ derȱ längste,ȱ sondernȱ auchȱ derȱ ausführlichste.ȱ Soȱ zitiertȱ IreȬ näusȱ insbesondereȱ dieȱ Hymnenȱ kommentarlos,ȱ weilȱ sieȱ genauȱ inȱ seinȱ Nachweiskonzeptȱ passen.766ȱ Erȱ erwähntȱ dieȱ Darstellungȱ Jesuȱ imȱ TemȬ pel767ȱundȱsprichtȱvonȱdenȱ„israelitischenȱHirten“768,ȱdieȱkeinenȱanderenȱ alsȱ denȱ inȱ Gesetzȱ undȱ Prophetenȱ verkündetenȱ Gottȱ gepriesenȱ hätten.ȱ Diesȱallesȱfälltȱumsoȱmehrȱauf,ȱalsȱerȱbeiȱseinerȱErörterungȱzuȱJohannesȱ vielȱstärkerȱinȱAuseinandersetzungȱmitȱdenȱverschiedenenȱhäretischenȱ Auffassungenȱsteht,ȱetwaȱderȱNikolaiten,ȱValentinianer,ȱeinesȱMarkionȱ oderȱKerinth,ȱdieȱerȱnamentlichȱnennt.769ȱ ȱ GestaltenȱderȱbiblischenȱTraditionȱinȱdenȱVorgeschichtenȱ ȱ Dieȱ Vorgeschichtenȱ werdenȱ nichtȱ nurȱ inȱ einemȱ jüdischenȱ Milieuȱ präȬ sentiert,ȱsieȱblickenȱauchȱdurchgängigȱinȱdieȱVergangenheitȱundȱvergeȬ genwärtigenȱdieȱ großenȱ Gestaltenȱ derȱGeschichte,ȱundȱ zwarȱ unterȱ geȬ nauerȱ Berücksichtigungȱ ihrerȱ jeweiligenȱ Bedeutungȱ fürȱ dieȱ erhoffteȱ Wiederherstellungȱ Israels.ȱ Dadurchȱ erscheintȱ dieȱ folgendeȱ Erzählungȱ gewissermaßenȱalsȱHöhepunktȱundȱVollendungȱderȱGeschichteȱIsraels.ȱ EineȱknappeȱBestandsaufnahmeȱzurȱRezeptionȱderȱbiblischenȱGestaltenȱ magȱdasȱverdeutlichen:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 764ȱȱ Ebd.ȱ 765ȱȱ Trotzȱ derȱ beschriebenenȱ Näheȱ vonȱ Lkȱ 1–2ȱ zurȱ LXXȱ beziehtȱ sichȱ Lukasȱ inȱ diesenȱ KapitelnȱstärkerȱaufȱandereȱTexttraditionenȱundȱberührtȱsichȱz.ȱT.ȱauchȱmitȱnichtbibȬ lischenȱ frühjüdischenȱ Texten;ȱ erȱ zeigtȱ damitȱ eineȱ auffallendeȱ Näheȱ zurȱ jüdischenȱ theologischenȱ Literaturproduktionȱ ausȱ derȱ Zeitȱ desȱ zweitenȱ Tempelsȱ bzw.ȱ dessenȱ Zerstörungȱ(vgl.ȱBauckham,ȱWiederherstellung,ȱ7–33).ȱ 766ȱȱ Irenäus,ȱHaerȱ3,10,2:ȱTeileȱdesȱMagnificat,ȱ10,3:ȱBenedictus,ȱ10,4:ȱGloria;ȱ10,5:ȱNuncȱ Dimittis.ȱ 767ȱȱ Vgl.ȱIrenäus,ȱHaerȱ3,10,5.ȱ 768ȱȱ Vgl.ȱIrenäus,ȱHaerȱ3,10,4:ȱ“Israelitaeȱpastores”.ȱ 769ȱȱ Vgl.ȱIrenäus,ȱHaerȱ3,11,1–6.ȱ

310ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Abraham,ȱ derȱ Stammvaterȱ Israelsȱ wirdȱ inȱ denȱ beidenȱ großenȱ LieȬ dernȱ desȱ Zachariasȱ undȱ Mariasȱ jeweilsȱ imȱ Kontextȱ desȱ „Gedenkens“ȱ Gottesȱ anȱ seinenȱ „Bund“ȱ (1,72f.)ȱ bzw.ȱ seinȱ „Erbarmen“ȱ (Lkȱ 1,54)ȱ erȬ wähnt.ȱ Trotzȱ unterschiedlicherȱ Formulierungenȱ wirdȱ derȱ paralleleȱ AufbauȱbeiderȱHymnenȱdochȱinȱfolgenderȱSynopseȱerkennbar:ȱ ȱ Lkȱ1,54f.ȱ(EndeȱdesȱMagnificats)ȱ 54ȱΦΑΘΉΏΣΆΉΘΓȱȱ ͑ΗΕ΅χΏȱȱ Δ΅΍ΈϲΖȱ΅ЁΘΓІ,ȱ ΐΑ΋ΗΌϛΑ΅΍ȱπΏνΓΙΖ,ȱ 55ȱΎ΅ΌАΖȱπΏΣΏ΋ΗΉΑȱȱ ȱ ȱ ȱ ΔΕϲΖȱΘΓϿΖȱΔ΅ΘνΕ΅ΖȱψΐЗΑ,ȱ ΘХȱ̝ΆΕ΅ΤΐȱΎ΅ϠȱΘХȱΗΔνΕΐ΅Θ΍ȱ ΅ЁΘΓІȱΉϢΖȱΘϲΑȱ΅ϢЗΑ΅.ȱ

Lkȱ1,69–72ȱ(MitteȱdesȱBenedictus)ȱ 69ȱΎ΅Ϡȱό·Ή΍ΕΉΑȱΎνΕ΅ΖȱΗΝΘ΋Εϟ΅ΖȱψΐϧΑȱȱ πΑȱΓϥΎУȱ̇΅ΙϠΈȱȱ Δ΅΍ΈϲΖȱ΅ЁΘΓІ,ȱ [vgl.ȱV.ȱ72]ȱ 70ȱΎ΅ΌАΖȱπΏΣΏ΋ΗΉΑȱΈ΍ΤȱΗΘϱΐ΅ΘΓΖȱΘЗΑȱΥ·ϟΝΑȱΦΔвȱ ΅ϢЗΑΓΖȱΔΕΓΚ΋ΘЗΑȱ΅ЁΘΓІ,ȱ 71ȱΗΝΘ΋Εϟ΅ΑȱπΒȱπΛΌΕЗΑȱψΐЗΑȱΎ΅ϠȱπΎȱΛΉ΍ΕϲΖȱ ΔΣΑΘΝΑȱΘЗΑȱΐ΍ΗΓϾΑΘΝΑȱψΐκΖ,ȱȱ 72ȱΔΓ΍ϛΗ΅΍ȱσΏΉΓΖȱΐΉΘΤȱΘЗΑȱΔ΅ΘνΕΝΑȱψΐЗΑȱȱ Ύ΅ϠȱΐΑ΋ΗΌϛΑ΅΍ȱΈ΍΅ΌφΎ΋ΖȱΥ·ϟ΅Ζȱ΅ЁΘΓІ,ȱȱ 73ȱϵΕΎΓΑȱ϶ΑȱЕΐΓΗΉΑȱΔΕϲΖȱ̝ΆΕ΅ΤΐȱΘϲΑȱΔ΅ΘνΕ΅ȱ ψΐЗΑ.ȱ

ȱ BeiȱbeidenȱwirdȱzunächstȱdasȱangekündigteȱHeilsgeschehenȱumȱJohanȬ nesȱdenȱTäuferȱundȱJesusȱengȱmitȱdemȱGeschickȱIsraelsȱselbstȱverknüpftȱ („seinȱ Knechtȱ Israelȱ bzw.ȱ David“).ȱ Dieȱ Heilsankündigungenȱ derȱ GeȬ genwartȱ werdenȱ zudemȱ alsȱ Bestätigungȱ derȱ Verheißungenȱ Israelsȱ ausȱ alterȱ Zeitȱ gesehen,ȱ wobeiȱ Abrahamȱ alsȱ besondereȱ Gestaltȱ eigensȱ geȬ nanntȱwird.ȱ770ȱȱ AuchȱderȱNameȱdesȱPatriarchenȱJakob,ȱderȱinȱbesondererȱWeiseȱfürȱ Israelȱselbstȱstehtȱ(vgl.ȱGenȱ32,29),ȱfindetȱsichȱimȱEvangeliumȱgleichȱzuȱ BeginnȱbeiȱderȱVerkündigungȱanȱMaria,ȱwoȱJesusȱalsȱköniglicherȱHerrȬ scherȱ überȱ dasȱ „Hausȱ Jakob“,ȱ womitȱ Israelȱ gemeintȱ ist,ȱ angekündigtȱ wird.771ȱȱ Nachȱ 2ȱ Samȱ 7,16ȱ hatȱ derȱ Thronȱ desȱ Königsȱ Davidȱ „aufȱ ewigȱ BeȬ stand“.ȱ Entsprechendȱ kannȱ derȱ Herrscherȱ –ȱ wennȱ einȱ solcherȱ imȱ entȬ sprechendenȱ Konzeptȱ vorgesehenȱ istȱ –ȱ beiȱ derȱ Wiederherstellungȱ desȱ ReichesȱkeinȱandererȱalsȱeinȱDavidideȱsein.ȱGanzȱaufȱdieserȱLinieȱwirdȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 770ȱȱ Damitȱ greifenȱ dieȱ Vorgeschichtenȱ keineȱ deuteronomistischen,ȱ sondernȱ priesȬ ter(schrift)licheȱKonzepteȱauf,ȱvgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ5.1.ȱ 771ȱȱ Lkȱ 1,33:ȱ Ύ΅Ϡȱ Ά΅Η΍ΏΉϾΗΉ΍ȱ πΔϠȱ ΘϲΑȱ ΓϨΎΓΑȱ ͑΅ΎАΆȱ ΉϢΖȱ ΘΓϿΖȱ ΅ϢЗΑ΅Ζȱ Ύ΅Ϡȱ ΘϛΖȱ Ά΅Η΍ΏΉϟ΅Ζȱ ΅ЁΘΓІȱΓЁΎȱσΗΘ΅΍ȱΘνΏΓΖ.ȱAlsȱSynonymȱfürȱIsraelȱfindetȱsichȱderȱTerminusȱ„HausȱJaȬ kob“ȱ inȱ derȱ LXX,ȱ vgl.ȱ Exȱ 19,3;ȱ Jesȱ 48,1;ȱ dasȱ frühjüdischeȱ Schrifttumȱ verwendetȱ inȱ ebenfallsȱmehrfach:ȱPsSalȱ7,10;ȱLibAntȱ44,8;ȱ4ȱEsraȱ12,46;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱWolter,ȱLk,ȱ 91.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

311ȱ

Jesusȱinȱ1,32ȱvomȱEngelȱalsȱköniglicherȱMessiasȱmitȱewigerȱHerrschaftȱ aufȱDavidsȱThronȱverheißen.772ȱȱ Wieȱmehrfachȱbezeugtȱist,ȱgiltȱElijaȱalsȱzuȱGottȱentrückt,ȱumȱinȱderȱ Endzeitȱzurückzukehren,ȱbevorȱdasȱGerichtȱGottesȱeinsetztȱ(vgl.ȱSirȱ48,ȱ Malȱ 3,23f.).ȱ Erȱ istȱ derȱ Bote,ȱ derȱ denȱ eschatologischenȱ Exodusȱ seinesȱ VolkesȱausȱdemȱExilȱinsȱLandȱanführt.773ȱBeiȱderȱVerkündigungȱanȱZaȬ chariasȱwirdȱJohannesȱinȱ1,17ȱvomȱEngelȱalsȱneuerȱElijaȱvorgestellt.774ȱInȱ Aufnahmeȱ desȱ zweitenȱ Epilogsȱ desȱ letztenȱ Schriftprophetenȱ Maleachiȱ (Malȱ 3,23f.),ȱ inȱ demȱ dieȱ Wiederkunftȱ desȱ inȱ denȱ Himmelȱ entrücktenȱ Elijaȱ angekündigtȱ wird,ȱ „derȱ demȱ zumȱ Gerichtȱ kommendenȱ Gottȱ alsȱ Wegbereiterȱ vorausgehenȱ wird,ȱ umȱ denȱ Zornȱ Gottesȱ vonȱ Israelȱ abzuȬ wenden“775,ȱmachtȱLukasȱdamitȱdeutlich,ȱdassȱdieȱZeit,ȱaufȱdieȱdieȱProȬ phetenȱ hingewiesenȱ haben,ȱ nunȱ gekommenȱ istȱ undȱ sichȱ dieȱ VerheiȬ ßungenȱIsraelsȱzuȱerfüllenȱbeginnen.ȱȱ AuchȱMoseȱspieltȱfürȱdieȱWiederherstellungȱIsraelsȱeineȱRolle,ȱweilȱ erȱalsȱderȱgrößteȱProphetȱdasȱVorbildȱfürȱdenȱendzeitlichenȱProphetenȱ darstelltȱ (vgl.ȱ Dtnȱ 18,15).ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ eineȱ vonȱ derȱ davidischȬ königlichenȱ Erwartungȱ zuȱ unterscheidendeȱ prophetischeȱ Linie,ȱ dieȱ inȱ denȱ Kindheitserzählungenȱ kaumȱ sichtbarȱ wird.ȱ Zwarȱ sprichtȱ Lkȱ 2,22ȱ vomȱ „Gesetzȱ desȱ Mose“,ȱ dasȱ imȱ Folgendenȱ alsȱ „Gesetzȱ desȱ Herrn“ȱ bezeichnetȱ wird,ȱ dochȱ klingenȱ hierȱ keineȱ eschatologischenȱ ErwartunȬ genȱan.ȱ Aaronȱschließlich,ȱ Mosesȱ Bruder,ȱ wirdȱaußerȱimȱ Hebräerbrief776ȱ imȱ NeuenȱTestamentȱnurȱbeiȱLukasȱgenannt.ȱWieȱLkȱ1,5ȱgleichȱzuȱBeginnȱ betont,ȱ stammtȱ Elisabeth,ȱ dieȱ Frauȱ desȱ Zacharias,ȱ ausȱ demȱ priesterliȬ chenȱGeschlechtȱAarons;ȱsieȱhatȱzudemȱdenselbenȱNamenȱwieȱAaronsȱ Frauȱ(vgl.ȱExȱ6,23).ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 772ȱȱ Lkȱ1,32:ȱΓЈΘΓΖȱσΗΘ΅΍ȱΐν·΅ΖȱΎ΅ϠȱΙϡϲΖȱЀΜϟΗΘΓΙȱΎΏ΋ΌφΗΉΘ΅΍ȱΎ΅ϠȱΈЏΗΉ΍ȱ΅ЁΘХȱΎϾΕ΍ΓΖȱϳȱ ΌΉϲΖȱΘϲΑȱΌΕϱΑΓΑȱ̇΅ΙϠΈȱΘΓІȱΔ΅ΘΕϲΖȱ΅ЁΘΓІ.ȱDieȱHerkunftȱJosefsȱausȱdemȱHausȱDaȬ vidsȱnährtȱdieseȱVorstellungȱinȱambivalenterȱWeise.ȱVgl.ȱauchȱdieȱDavidȬRezeptionȱ inȱ derȱ Jerusalemerȱ Gemeinde;ȱ seineȱ letzteȱ Erwähnungȱ geschiehtȱ aufȱ demȱ ApostelȬ konventȱ durchȱ Jakobusȱ inȱ Apgȱ 15,13ȱ (vgl.ȱ dazuȱ insgesamtȱ Miura,ȱ Davidȱ inȱ LukeȬ Acts,ȱ140–233).ȱ 773ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Bauckham,ȱ Wiederherstellung,ȱ 12f.;ȱ zurȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ durchȱ Elijaȱvgl.ȱ8–13.ȱ 774ȱȱ Lkȱ1,17:ȱΎ΅Ϡȱ΅ЁΘϲΖȱΔΕΓΉΏΉϾΗΉΘ΅΍ȱπΑЏΔ΍ΓΑȱ΅ЁΘΓІȱ πΑȱΔΑΉϾΐ΅Θ΍ȱΎ΅ϠȱΈΙΑΣΐΉ΍ȱ̼ΏϟΓΙ.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ eherȱ umȱ eineȱ Analogieȱ alsȱ eineȱ Identifikation,ȱ vgl.ȱ Eckey,ȱ Lkȱ I,ȱ 78.ȱ DerȱbiblischeȱProphetȱwirdȱdannȱbeiȱderȱAntrittsredeȱinȱNazarethȱnochmalsȱerwähntȱ (Lkȱ4)ȱsowieȱimȱUmfeldȱderȱVerklärungsperikopeȱ(Lkȱ9).ȱInȱderȱApgȱfindetȱerȱkeineȱ Beachtungȱmehr.ȱ 775ȱȱ Wolter,ȱLk,ȱ79.ȱ 776ȱȱ Vgl.ȱHebrȱ5,4;ȱ7,11;ȱ9,4.ȱ

312ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

EsȱergibtȱsichȱfolgendeȱÜbersichtȱzurȱAufnahmeȱvonȱPersonenȱderȱ GeschichteȱIsraelsȱinȱLkȱ1ȱundȱ2:ȱ ȱ ȱ

Lkȱ1ȱ

Lkȱ2ȱ

Davidȱ(König)ȱ

1,27ȱ(HerkunftȱdesȱVatersȱJesu)ȱ 1,32ȱ(AnkündigungȱderȱGeburtȱJesu)ȱ 1,69ȱ(Benedictus:ȱProphezeiungȱüberȱ Jesus777)ȱ 1,54.73ȱ(MagnificatȱundȱBenedictus:ȱ RückbezugȱaufȱGottesȱVerheißunȬ genȱimȱBlickȱaufȱJesus)ȱ 1,33ȱ(AnkündigungȱderȱGeburtȱJesuȱ alsȱKönig)ȱ 1,17ȱ(AnkündigungȱderȱGeburtȱdesȱ Johannes)ȱ ȬȬȬȱ

2,4.11ȱ(HerkunftȱdesȱVatersȱ JesuȱausȱdemȱHausȱDavidsȱ undȱJesuȱGeburtȱinȱderȱStadtȱ Davids)ȱ ȬȬȬȱ

Abrahamȱ (Patriarch)ȱ Jakobȱ(PatriȬ arch)ȱ Elijaȱ(Prophet)ȱ Moseȱ(GeȬ setzgeber)ȱ Aaronȱ(PriesȬ ter)ȱ

1,5ȱ(HerkunftȱderȱMutterȱdesȱJohanȬ nes)ȱ

ȬȬȬȱ ȬȬȬȱ 2,22ȱ(DarstellungȱJesuȱimȱTemȬ pel)ȱ ȬȬȬȱ

ȱ Einȱ Blickȱ inȱ dieȱ anderenȱ Evangelienȱ zeigt,ȱ dassȱ auchȱ beiȱ Markusȱ derȱ TäuferȱalsȱVorläufer/BoteȱundȱneuerȱElijaȱverstandenȱwird,ȱinȱdemȱsichȱ dasȱ prophetischeȱ Wortȱ ausȱ Mkȱ 1,1ȱ erfüllt.778ȱ Auchȱ wennȱ Markusȱ einȱ anderesȱZitatȱheranzieht,ȱbeginntȱauchȱseinȱEvangeliumȱmitȱderȱErfülȬ lungȱeinerȱProphetieȱvomȱEndeȱderȱSchriftpropheten.ȱFürȱMatthäusȱistȱ charakteristisch,ȱdassȱerȱJohannesȱdenȱTäuferȱdeutlicherȱalsȱdieȱanderenȱ mitȱElijaȱidentifiziertȱ(Mtȱ11,14;ȱ27,12f.).ȱLukasȱleistetȱdieseȱIdentifikatiȬ onȱgeradeȱnicht,ȱsondernȱbleibtȱbeiȱeinerȱElijaȬTypologieȱstehen.ȱDaherȱ handeltȱesȱsichȱauchȱwenigerȱumȱeinȱausdrücklichesȱZitat,ȱalsȱumȱeineȱ thematischeȱ Anknüpfung,ȱ dieȱ sprachlichȱ näherȱ anȱ Sirȱ 48,10ȱ bzw.ȱ derȱ hebräischenȱTextformȱsteht.779ȱ AndersȱalsȱMarkus,ȱderȱdenȱBeginnȱdesȱKapitelsȱMalȱ3ȱzitiertȱundȱ denȱAuftrittȱdesȱTäufersȱdaranȱanschließt,ȱwirdȱbeiȱLukasȱeineȱumfasȬ sendereȱ Rezeptionȱ diesesȱ wichtigenȱ Kapitelsȱ erkennbar.ȱ Insbesondereȱ greiftȱerȱdieȱbeidenȱEpilogeȱauf:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 777ȱȱ DieȱersteȱHälfteȱdesȱBenedictusȱbeziehtȱsichȱnichtȱaufȱdenȱNeugeborenenȱJohannes,ȱ sondernȱaufȱJesus,ȱwieȱderȱRückbezugȱdesȱStichwortesȱ„HausȱDavid“ȱ(Lkȱ1,69,ȱvgl.ȱ 1,27.32)ȱzeigt.ȱDurchȱdasȱauffälligeȱΔΕΓΚ΋ΘΉϾΉ΍Αȱ undȱdieȱErwähnungȱdesȱ„heiligenȱ Geistes“ȱ inȱ Lkȱ 1,67ȱ wirdȱ diesȱ auchȱ inȱ derȱ erzähltenȱ Weltȱ verstehbar,ȱ insofernȱ Gottȱ selbstȱgibtȱdieȱWorteȱein,ȱobwohlȱZachariasȱnochȱnichtsȱvonȱJesusȱweiß.ȱ 778ȱȱ Dasȱ Zitatȱ stammtȱ freilichȱ nichtȱ ausȱ demȱ Buchȱ Jesaja,ȱ wieȱ derȱ Autorȱ ausdrücklichȱ bemerkt,ȱsondernȱausȱdemȱBuchȱMaleachiȱ(Malȱ3,1).ȱ 779ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ80.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

Malȱ3ȱ

313ȱ

Lkȱ1ȱ

22ȱ

Ύ΅ϠȱϢΈΓϿȱπ·АȱΦΔΓΗΘνΏΏΝȱЀΐϧΑȱȱ

ȱ ȱ

̊Ώ΍΅ΑȱΘϲΑȱ̋ΉΗΆϟΘ΋Αȱȱ ΔΕϠΑȱπΏΌΉϧΑȱψΐνΕ΅ΑȱΎΙΕϟΓΙȱΘχΑȱ ΐΉ·ΣΏ΋ΑȱΎ΅ϠȱπΔ΍Κ΅Αϛ,ȱȱ ϶ΖȱΦΔΓΎ΅Θ΅ΗΘφΗΉ΍ȱȱ Ύ΅ΕΈϟ΅ΑȱΔ΅ΘΕϲΖȱΔΕϲΖȱΙϡϲΑȱȱ Ύ΅ϠȱΎ΅ΕΈϟ΅ΑȱΦΑΌΕЏΔΓΙȱΔΕϲΖȱΘϲΑȱ ΔΏ΋ΗϟΓΑȱ΅ЁΘΓІ,ȱȱ ȱ

ȱ ȱ

Ύ΅Ϡȱ΅ЁΘϲΖȱΔΕΓΉΏΉϾΗΉΘ΅΍ȱπΑЏΔ΍ΓΑȱ ΅ЁΘΓІȱȱ πΑȱΔΑΉϾΐ΅Θ΍ȱΎ΅ϠȱΈΙΑΣΐΉ΍ȱ̼ΏϟΓΙ,ȱȱ ȱ

ȱ ȱ ȱ

πΔ΍ΗΘΕνΜ΅΍ȱȱ Ύ΅ΕΈϟ΅ΖȱΔ΅ΘνΕΝΑȱπΔϠȱΘνΎΑ΅ȱȱ Ύ΅ϠȱΦΔΉ΍ΌΉϧΖȱπΑȱΚΕΓΑφΗΉ΍ȱΈ΍Ύ΅ϟΝΑ,ȱȱ

ȱ

ΐχȱσΏΌΝȱΎ΅ϠȱΔ΅ΘΣΒΝȱΘχΑȱ·ϛΑȱ ΩΕΈ΋Α.ȱ ȱ ΐΑφΗΌ΋ΘΉȱΑϱΐΓΙȱ̏ΝΙΗϛȱΘΓІȱ ΈΓϾΏΓΙȱΐΓΙ,ȱȱ Ύ΅ΌϱΘ΍ȱπΑΉΘΉ΍ΏΣΐ΋Αȱ΅ЁΘХȱπΑȱ ̙ΝΕ΋Άȱȱ ΔΕϲΖȱΔΣΑΘ΅ȱΘϲΑȱ̌ΗΕ΅΋Ώȱ ΔΕΓΗΘΣ·ΐ΅Θ΅ȱΎ΅ϠȱΈ΍Ύ΅΍Џΐ΅Θ΅.ȱ

ȱ

οΘΓ΍ΐΣΗ΅΍ȱΎΙΕϟУȱΏ΅ϲΑȱ Ύ΅ΘΉΗΎΉΙ΅ΗΐνΑΓΑ780ȱ ȱ

23ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 24ȱ ȱ ȱ

17ȱ

ȱ 6ȱ ȱ ȱ

ȱ ώΗ΅ΑȱΈξȱΈϟΎ΅΍Γ΍ȱΦΐΚϱΘΉΕΓ΍ȱ πΑ΅ΑΘϟΓΑȱΘΓІȱΌΉΓІ,ȱ ΔΓΕΉΙϱΐΉΑΓ΍ȱπΑȱΔΣΗ΅΍ΖȱΘ΅ϧΖȱ πΑΘΓΏ΅ϧΖȱ Ύ΅ϠȱΈ΍Ύ΅΍Џΐ΅Η΍ΑȱΘΓІȱΎΙΕϟΓΙȱ ΩΐΉΐΔΘΓ΍.ȱ

ȱ Dochȱ auchȱ Elementeȱ ausȱ denȱ Anfangsversenȱ desȱ Kapitelsȱ lassenȱ sichȱ entdecken:ȱ Soȱ gehtȱ Zachariasȱ „inȱ denȱ Tempelȱ desȱ Herrn“ȱ (Lkȱ 1,9:ȱ ΉϢΖȱ ΘϲΑȱΑ΅ϲΑȱΘΓІȱΎΙΕϟΓΙ),ȱwasȱanȱdasȱKommenȱGottesȱzuȱseinemȱTempelȱ inȱ Malȱ 3,1ȱ (ϊΒΉ΍ȱ ΉϢΖȱ ΘϲΑȱ Α΅ϲΑȱ ο΅ΙΘΓІȱ ΎϾΕ΍ΓΖ)ȱ erinnert,ȱ zumalȱ Α΅ϱΖȱ nichtȱzumȱVokabelrepertoireȱdesȱLukasȱgehört.781ȱWeiterȱentsprichtȱdieȱ ErscheinungȱdesȱEngelsȱ(Lkȱ1,11:ȱЕΚΌ΋ȱΈξȱ΅ЁΘХȱΩ··ΉΏΓΖȱΎΙΕϟΓΙ),ȱdieȱ nichtȱ überraschendȱ eineȱ furchtsameȱ Reaktionȱ desȱ Zachariasȱ zurȱ Folgeȱ hat,ȱ demȱ furchterregendenȱ (vgl.ȱMalȱ 3,2)ȱ Auftrittȱ desȱ „Botenȱ desȱBunȬ des“ȱ (Malȱ 3,1:ȱ ϳȱ Ω··ΉΏΓΖȱ ΘϛΖȱ Έ΍΅ΌφΎ΋Ζ).ȱ Derȱ Umkehrrufȱ ausȱ Malȱ 3,7ȱ (πΔ΍ΗΘΕνΜ΅ΘΉȱΔΕϱΖȱΐΉ)ȱkehrtȱimȱAusblickȱaufȱdasȱTunȱdesȱTäuferȱwieȬ derȱ (Lkȱ 1,16:ȱ ΔΓΏΏΓϿΖȱ ΘЗΑȱ ΙϡЗΑȱ ͑ΗΕ΅χΏȱ πΔ΍ΗΘΕνΜΉ΍ȱ πΔϠȱ ΎϾΕ΍ΓΑȱ ΘϲΑȱ ΌΉϲΑȱ΅ЁΘЗΑ).ȱDadurchȱstehtȱdasȱUmkehrmotivȱvonȱAnfangȱanȱimȱFoȬ kusȱderȱlukanischenȱTexteȱundȱwird,ȱwieȱwirȱgesehenȱhaben,ȱimȱweiteȬ renȱ Verlaufȱ nochȱ vielfachȱ aufgegriffenȱ undȱ vertieft.782ȱ Dieȱ Erwähnungȱ ElijasȱunterscheidetȱsichȱinsofernȱvomȱMaleachiȬText,ȱalsȱderȱTäuferȱinȱ seineȱ Näheȱ gerücktȱ wird,ȱ ohneȱ mitȱ ihmȱ identischȱ zuȱ sein;ȱ insofernȱ erȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 780ȱȱ Vgl.ȱMkȱ1,2ȱsowieȱLkȱ3,4–6;ȱ7,27.ȱDieȱauffälligeȱFormulierungȱschließtȱsichȱgutȱanȱdieȱ Wortwahlȱ inȱ Mkȱ 1,2ȱ an.ȱ Lukasȱ hatȱ denȱ Textȱ wohlȱ nachȱ dieserȱ Vorlageȱ formuliert,ȱ vgl.ȱBusse,ȱEngelrede,ȱ171f.ȱ 781ȱȱ ErȱverwendetȱesȱimȱEvangeliumȱnurȱhierȱ(Lkȱ1,9.21f.)ȱundȱbeimȱTodȱJesuȱ(Lkȱ23,45);ȱ auchȱinȱderȱApgȱerscheintȱdasȱStichwortȱnieȱfürȱdenȱJerusalemerȱTempel.ȱ 782ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.9.2.ȱ

314ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

dieȱ demȱ wiederkommendenȱ Elijaȱ zugesprochenenȱ Aufgabenȱ überȬ nimmtȱ („inȱ Geistȱ undȱ Kraftȱ Elijas“),ȱ kannȱ erȱ alsȱ zweiterȱ Elijaȱ gelten,ȱ undȱ zugleichȱ seineȱ Selbständigkeitȱ wahren.ȱ Denȱ Terminusȱ desȱ ΦΔΓΎ΅ΌϟΗΘ΋ΐ΍ȱ ersetztȱ Lukasȱ durchȱ πΔ΍ΗΘΕνΚΉ΍Α,ȱ daȱ dieȱ „WiederherȬ stellung“ȱ fürȱ ihnȱ mitȱ derȱ Aufrichtungȱ derȱ Reichesȱ verbundenȱ istȱ (vgl.ȱ Apgȱ 1,6),ȱ undȱ erȱ denȱ fürȱ ihnȱ wichtigenȱ Gedankenȱ desȱ UmȬȱ bzw.ȱ ZuȬ rückkehrensȱ verstärkenȱ will.ȱ Erȱ übernimmtȱ stattdessenȱ dieȱ Redeȱ vonȱ denȱ„HerzenȱderȱVäterȱundȱSöhne“ȱausȱdemȱProphetenbuch.ȱDerȱandeȬ reȱ Epilog,ȱ derȱ aufȱ Moseȱ hinweistȱ undȱ inȱ derȱ LXXȱ dasȱ Buchȱ beschließtȱ (imȱ hebräischenȱ Textȱ stehtȱ erȱ vorȱ demȱ ElijaȬEpilog),ȱ istȱ ebenfallsȱ beȬ dacht.ȱWennȱinȱderȱerstenȱSzeneȱdesȱEvangeliumsȱElisabethȱundȱZachaȬ riasȱ alsȱ Gerechteȱ vorgestelltȱ werden,ȱ dieȱ „nachȱ allenȱ Vorschriftenȱ undȱ Gebotenȱ desȱ Herrnȱ wandelten“ȱ (Lkȱ 1,6),ȱ soȱ entsprechenȱ sieȱ vollȱ undȱ ganzȱ derȱ Mahnungȱ ausȱ Malȱ 3,24ȱ (LXX)783.ȱ Amȱ Beginnȱ derȱ JesusgeȬ schichte,ȱinȱ derȱ sichȱdieȱHoffnungenȱ Israelsȱ erfüllen,ȱstehenȱ Gestalten,ȱ dieȱsichȱdieȱMahnungȱausȱMaleachiȱzuȱEigenȱgemachtȱhaben.ȱSieȱeröffȬ nenȱ damitȱ überhauptȱ erstȱ dieȱ Möglichkeitȱ derȱ folgendenȱ BegebenheiȬ ten.ȱ ȱ DieȱWiederherstellungȱIsraelsȱinȱderȱVorgeschichte784ȱ ȱ UnterȱderȱRücksichtȱderȱVorstellungȱvonȱderȱWiederherstellungȱIsraelsȱ lassenȱsichȱinȱLkȱ1–2ȱzahlreicheȱbiblischeȱMotiveȱzusammentragen:ȱ 1)ȱZurȱVorbereitungȱaufȱdasȱKommenȱGottesȱwirdȱnachȱtraditionellerȱVorȬ stellungȱ Elijaȱ gesandt,ȱ umȱ dasȱ Volkȱ aufzurichtenȱ undȱ Gottesȱ Zornȱ zuȱ beȬ schwichtigenȱ (vgl.ȱ Malȱ 3,23f.;ȱ Sirȱ 48,10).ȱ Johannesȱ demȱ Täuferȱ wirdȱ inȱ Lkȱ 1,17ȱvomȱEngelȱgenauȱdieseȱAufgabeȱzugesprochen.785ȱ 2)ȱ Derȱ königlicheȱ Messiasȱ inȱ derȱ Traditionȱ Davidsȱ befreitȱ dasȱ Volkȱ ausȱ derȱ Knechtschaftȱ undȱ herrschtȱ überȱ Israelȱ inȱ Gerechtigkeitȱ fürȱ immer786ȱ (vgl.ȱ 2ȱSamȱ7,12.16;ȱJesȱ9,6;ȱ16,5;ȱJerȱ23,5;ȱ30,9;ȱ33,15.17.26;ȱvgl.ȱAmȱ9,11;ȱPsSalȱ17).ȱ GenauȱdieseȱherrscherlicheȱFunktionȱwirdȱvomȱEngelȱinȱLkȱ1,32f.ȱfürȱJesusȱ verheißen.787ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 783ȱȱ ImȱhebräischenȱTextȱMalȱ3,22.ȱ 784ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱBauckham,ȱWiederherstellung,ȱ10–32.ȱ 785ȱȱ Lkȱ1,17:ȱ„ErȱwirdȱmitȱdemȱGeistȱundȱmitȱderȱKraftȱdesȱElijaȱdemȱHerrnȱvorangehen,ȱ umȱ dasȱ Herzȱ derȱ Väterȱ wiederȱ denȱ Kindernȱ zuzuwendenȱ undȱ dieȱ Ungehorsamenȱ zurȱGerechtigkeitȱzuȱführenȱundȱsoȱdasȱVolkȱfürȱdenȱHerrnȱbereitȱzuȱmachen.“ȱ 786ȱȱ ZumȱMotivȱ„fürȱalleȱZeit“ȱvgl.ȱauchȱJesȱ9,6;ȱJerȱ33,17;ȱPsȱ89,5.30;ȱ132,12;ȱSirȱ47,11.22;ȱ 1ȱMakkȱ2,57;ȱPsSalȱ17,4.ȱ 787ȱȱ Beachtungȱ verdientȱ dieȱ massiveȱ Hervorhebungȱ derȱ realenȱ Königsherrschaftȱ inȱ Lkȱ 1,32ȱ(„Gott,ȱderȱHerr,ȱwirdȱihmȱdenȱThronȱseinesȱVatersȱDavidȱgeben.ȱErȱwirdȱüberȱ dasȱHausȱJakobȱinȱEwigkeitȱherrschenȱundȱseineȱHerrschaftȱwirdȱkeinȱEndeȱhaben“);ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

315ȱ

3)ȱDerȱTrostȱfürȱIsraelȱundȱdieȱErlösungȱJerusalemsȱwerdenȱinȱJesȱ52,9ȱ(MT)ȱfürȱ dieȱHeilszeitȱverheißen,ȱauchȱdieȱRückkehrȱ ausȱderȱDiasporaȱwirdȱerhofftȱ (vgl.ȱ Jesȱ 43).ȱ Jesȱ 40–55ȱ zeigen,ȱ dassȱ „Trost“ȱ alsȱ Umschreibungȱ derȱ umfasȬ sendenȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ angesehenȱ werdenȱ kann.ȱ Lkȱ 2,22–39ȱ nimmtȱ denȱ gesamtenȱ Verweiszusammenhangȱ ausȱ Jesȱ 52ȱ aufȱ undȱ ergänztȱ ihnȱ nochȱ umȱ einȱ Motiv,ȱ nachȱ demȱ dieȱ Rehabilitierungȱ Israelsȱ dazuȱ führt,ȱ dassȱauchȱdieȱanderenȱVölkerȱvomȱHeilȱGottesȱerfahrenȱ(Jesȱ2;ȱ49,6).ȱ 4)ȱ Dieȱ Heilszeitȱ bringtȱ eineȱ Umkehrungȱ derȱ sozialenȱ Verhältnisse,ȱ eineȱ ErhöȬ hungȱ derȱ Niedrigenȱ undȱ Erniedrigungȱ derȱ Stolzenȱ (Psȱ 147,6).ȱ Derȱ klassiȬ scheȱ Textȱ istȱ derȱ Lobrufȱ derȱ Hannaȱ inȱ 1ȱ Samȱ 2,1–10.ȱ Esȱ entsprichtȱ derȱ eschatologischenȱErwartung,ȱdassȱdieȱVerhältnisseȱumgekehrtȱwerden:ȱBeȬ sondersȱdasȱarmeȱundȱgedemütigteȱIsraelȱwirdȱerhobenȱundȱdieȱMachthaȬ berȱ erniedrigtȱ (vgl.ȱ Psȱ 75,8;ȱ 1QMȱ 14,10f.).ȱ Genauȱ diesȱ geschiehtȱ anȱ Mariaȱ undȱElisabetȱundȱwirdȱinȱLkȱ1,52ȱimȱMagnificatȱbesungen.ȱ 5)ȱ Inȱ derȱ Heilszeitȱ wirdȱ ganzȱ Israelȱ wiederȱ versammelt.ȱ Dafürȱ istȱ Hannaȱ „ausȱ demȱ Stammȱ Asser“ȱ (Lkȱ 2,36)788ȱ einȱ Beispiel,ȱ insofernȱ dieserȱ Stammȱ seitȱJahrhundertenȱverlorenȱist.ȱWennȱgeradeȱsieȱvonȱderȱErlösungȱJerusaȬ lemsȱ spricht,ȱ klingtȱ dieȱ Hoffnungȱ aufȱ Vervollständigungȱ derȱ Zwölfȱ StämȬ meȱan.789ȱ 6)ȱDasȱHeilȱfürȱdieȱVölkerȱgehörtȱvorȱallemȱinȱdenȱTextenȱDeuterojesajasȱzuȱ denȱ Ereignissenȱ derȱ Heilszeit.ȱ Auchȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ widmetȱ diesemȱ fürȱ dasȱ jungeȱ Christentumȱ soȱ zentraleȱ Themaȱ gewichtigeȱ Kapitel.ȱ Umsoȱ auffälligerȱ istȱ es,ȱ dassȱ Verweiseȱ aufȱ dieseȱ Schieneȱ messianischerȱ HoffnungȱinȱLkȱ1–2ȱzurücktretenȱundȱalleinȱinȱLkȱ2,31f.ȱaufscheinen.ȱȱ

AndereȱThemenfelderȱtretenȱzurück.ȱTypischȱeschatologischeȱIdeenȱwieȱ dieȱAuferstehungȱderȱToten,ȱdieȱNeuschaffungȱderȱWeltȱoderȱdieȱVerȬ nichtungȱdesȱBösenȱwerdenȱnichtȱerwähntȱgegenüberȱdenȱinnerweltliȬ chen,ȱdurchausȱpolitischenȱHoffnungen,ȱdieȱmitȱJesusȱverbundenȱwerȬ den.ȱ Lkȱ 1–2ȱ lassenȱ sichȱ hierȱ imȱ Prinzipȱ aufȱ dieselbeȱ Stufeȱ wieȱ dieȱ Psalmenȱ Salomonsȱ oderȱ Qumranȱ stellen790ȱ –ȱ auchȱ hierȱ spielteȱ dieȱ ErȬ wartung,ȱdassȱderȱeschatologischenȱErneuerungȱeinȱmessianischesȱKöȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ohneȱdieȱSpurȱeineȱMetaphorisierungȱwirdȱfürȱdasȱangekündigteȱKindȱdieȱErfüllungȱ derȱ Natansverheißungȱ (vgl.ȱ 2ȱ Samȱ 7)ȱ angesagtȱ (dieȱ davidischeȱ Verheißungȱ wurdeȱ wohlȱerstȱinȱdiesenȱTextȱaufgenommen,ȱalsȱdasȱdavidischeȱKönigtumȱschonȱVerganȬ genheitȱ war,ȱ soȱ dassȱ ihreȱ Erfüllungȱ inȱ derȱ Erneuerungȱ derȱ davidischenȱ Herrschaftȱ vonȱ jeȱ herȱ alleinȱ imȱ Vertrauenȱ aufȱ Gottesȱ Treueȱ erhofftȱ wurde,ȱ vgl.ȱ dazuȱ Hübner,ȱ TheologieȱIII,ȱ24).ȱ 788ȱȱ Vgl.ȱBauckham,ȱAnnaȱofȱtheȱTribeȱofȱAsher,ȱ161–191.ȱ 789ȱȱ DamitȱergänzenȱsichȱSimeonȱundȱHannaȱinȱspezifischerȱWeise:ȱSimeonȱ„stehtȱfürȱdieȱ HoffnungȱaufȱeineȱzentrifugaleȱBewegungȱdesȱHeilsȱwegȱvonȱJerusalemȱzuȱdenȱHeiȬ den.ȱ Hanna,ȱ […]ȱ stehtȱ fürȱ dieȱ Hoffnungȱ aufȱ eineȱ zentripetaleȱ Bewegungȱ desȱ Heils,ȱ wennȱdieȱDiasporaȱnachȱZionȱzurückkehrt“ȱ(Bauckham,ȱWiederherstellung,ȱ26f.).ȱ 790ȱȱ Vgl.ȱBauckham,ȱWiederherstellungȱ32.ȱ

316ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

nigreichȱ vorangehenȱ solle,ȱ eineȱ wichtigeȱ Rolle.791ȱ Esȱ fehlenȱ außerdemȱ BezugnahmenȱaufȱbeliebteȱmessianischeȱTexteȱwieȱPsȱ2,ȱJesȱ11,1–5,ȱDanȱ 7ȱundȱNumȱ24,17–19.ȱ DieȱAufzählungȱdieserȱMotiveȱzeigt,ȱwieȱgründlichȱdieȱHoffnungenȱ IsraelsȱinȱLkȱ1–2ȱrezipiertȱundȱnarrativȱveranschaulichtȱwerden.ȱDiesȱistȱ fürȱ einenȱ neutestamentlichenȱ Textȱ einzigartig.ȱ „Dasȱ ganzeȱ Programmȱ zurȱ Wiederherstellung,ȱ welchesȱ Lukasȱ hierȱ ausführt,ȱ könnteȱ leichtȱ inȱ einemȱnichtchristlichenȱjüdischenȱTextȱausȱderȱspätenȱZeitȱdesȱZweitenȱ Tempelsȱstehen.“792ȱ

3.9.4.2ȱSimeonȱundȱHannaȱ(Lkȱ2,22–39)ȱ Derȱ Textȱ mitȱ denȱ vielleichtȱ dichtestenȱ Verweisenȱ findetȱ sichȱ amȱ Endeȱ derȱ Kindheitserzählungenȱ inȱ Lkȱ 2,22–39.ȱ Erȱ verknüpftȱ dieȱ WiederherȬ stellungshoffnungȱmitȱAnliegen,ȱdieȱfürȱLukasȱvonȱbesondererȱBedeuȬ tungȱsind.ȱVorȱallemȱderȱLobgesangȱdesȱSimeonȱundȱseineȱRedeȱ(V.ȱ29– 35)ȱsindȱvonȱInteresse,ȱdaȱhierȱdieȱneuenȱAspekte,ȱdieȱüberȱdasȱbislangȱ bekannteȱGeschehenȱderȱGeschichteȱIsraelsȱhinausgehenȱundȱdasȱlukaȬ nischeȱWerkȱprägenȱwerden,ȱbesondersȱdieȱÖffnungȱdesȱHeilesȱfürȱdieȱ Heiden,ȱ zumȱ Ausdruckȱ gebrachtȱ werdenȱ (vgl.ȱ V.ȱ31.32a).ȱ Daȱ diesesȱ Themaȱ zentralȱ erstȱ dieȱ Apostelgeschichteȱ prägenȱ wird,ȱ hatȱ dieserȱ HymnusȱfürȱdieȱformaleȱGestaltungȱdesȱlukanischenȱDoppelwerkȱeineȱ hermeneutischeȱ Funktion:ȱ Durchȱ dieȱ Vorausschauȱ aufȱ dieȱ VerkündiȬ gungȱunterȱdenȱanderenȱVölkernȱwirdȱhierȱschonȱeinȱgroßerȱBogenȱzuȱ denȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ erzähltenȱ Begebenheitenȱ geschlagen.ȱ Auchȱ klingtȱ inȱ Simeonsȱ Wortenȱ dieȱ Prophezeiungȱ vonȱ Widerspruchȱ undȱSpaltungȱinȱIsraelȱdurchȱdasȱChristusereignisȱanȱ(V.ȱ35),ȱeinȱweiteȬ rerȱhermeneutischerȱSchlüsselȱdesȱlukanischenȱDoppelwerks,ȱderȱauchȱ fürȱ dieȱ Interpretationȱ derȱ Schlussszeneȱ derȱ Apostelgeschichteȱ (Apgȱ28,23–28)ȱ bedeutsamȱ ist.ȱ Insgesamtȱ istȱ dieȱ Perikopeȱ soȱ auchȱ einȱ wichtigesȱIndizȱdafür,ȱdassȱLukasȱbereitsȱbeiȱderȱAbfassungȱdesȱEvanȬ geliumsȱdenȱzweitenȱTeilȱmitȱimȱBlickȱhatte.ȱ Alsȱ „Vorschauȱ derȱ künftigenȱ Tätigkeitȱ undȱ Bedeutungȱ Jesu“793ȱ istȱ dieȱ Erzählungȱ vomȱ Kommenȱ Jesuȱ inȱ denȱ Jerusalemerȱ Tempelȱ sowohlȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 791ȱȱ Wieȱ schonȱ anȱ andererȱ Stelleȱ angedeutet,ȱ verstehtȱ Lukasȱ dieseȱ Gedankenȱ inȱ einerȱ spezifischenȱ Weise.ȱ Daȱ dieȱ Messianitätȱ Jesuȱ bereitsȱ vonȱ denȱ Vorstellungenȱ Israelsȱ unterschiedenȱwar,ȱgiltȱdiesȱauchȱfürȱdieȱRealisierungȱdesȱerwartetenȱReiches.ȱ 792ȱȱ Bauckham,ȱWiederherstellung,ȱ32.ȱ 793ȱȱ Pokorný,ȱTheologie,ȱ52.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

317ȱ

fürȱ dieȱ Strukturȱ desȱ lukanischenȱ Doppelwerkesȱ alsȱ auchȱ fürȱ unsereȱ FragestellungȱvonȱgroßerȱBedeutung.ȱȱ Dieȱ Abgrenzungȱ derȱ Perikopeȱ ergibtȱ sichȱ durchȱ dieȱ Einheitȱ derȱ Zeitȱ undȱ desȱOrtes.ȱDieȱErzählungȱspieltȱinsgesamtȱamȱ„TagȱderȱvomȱGesetzȱvorgeȬ schriebenenȱReinigung“ȱ(Lkȱ2,22),ȱwofürȱMariaȱundȱJosefȱdasȱneugeboreneȱ Kindȱ zunächstȱ „nachȱ Jerusalemȱ hinaufbringen“ȱ müssenȱ (2,22).ȱ Beginnendȱ mitȱdenȱHandlungenȱvorȱOrtȱschließtȱderȱTextȱmitȱdemȱerfolgreichenȱAbȬ solvierenȱallerȱVorschriftenȱundȱderȱNotizȱüberȱdieȱRückkehrȱ„nachȱGaliläaȱ inȱihreȱStadtȱNazareth“ȱ(2,39).ȱWeiterȱlässtȱsichȱeinȱRahmenȱentdeckenȱ(Lkȱ 2,22–24.39),794ȱderȱinhaltlichȱaufȱdieȱErfüllungȱderȱgesetzlichenȱVorschriftenȱ gemäßȱLevȱ12,6–8ȱ(PräsentationȱundȱAuslösungȱdesȱErstgeborenen)ȱausgeȬ richtetȱ ist.ȱ Dasȱ aufȱ dieȱ Toraȱ verweisendeȱ Stichwortȱ ΑϱΐΓΖȱ kommtȱ hierȱ alȬ leinȱviermalȱvorȱundȱrahmtȱsoȱdenȱganzenȱAbschnittȱ(2,22.23.24.39).ȱDerȱeiȬ gentlicheȱHauptteilȱdesȱTextesȱsetztȱinȱV.ȱ25ȱmitȱΎ΅ϠȱϢΈΓϾȱ anȱundȱistȱanȱdenȱ rituellenȱ Handlungenȱ kaumȱ mehrȱ interessiert,ȱ schlägtȱ jedochȱ durchȱ dieȱ AufnahmeȱdesȱRahmenthemasȱinȱV.ȱ27ȱ(ΑϱΐΓΖ)ȱeineȱBrückeȱzumȱRahmen.ȱ Erȱ konzentriertȱ sichȱ ganzȱ aufȱdieȱ beidenȱ neuȱ hinzutretendenȱ Personenȱ SiȬ meonȱ undȱ Hanna.ȱ Dieȱ beiden,ȱ derenȱ Auftritteȱ nacheinanderȱ erzähltȱ undȱ parallelȱgestaltetȱwerden,ȱsindȱprophetischeȱZeugen,ȱdieȱexemplarischȱdieȱ religiöseȱ Traditionȱ Israelsȱ verkörpern.ȱ Sieȱ „erwarten“ȱ (2,25.38:ȱ ΔΕΓΗΈνΛΓȬ ΐ΅΍)ȱdieȱ„TröstungȱIsraels“ȱbzw.ȱdieȱ„ErlösungȱJerusalems“ȱundȱbeziehenȱ sichȱ damitȱ aufȱ dieȱ Verheißungȱ ausȱ Jesȱ 52,8–9.ȱ Rahmenȱ wieȱ Hauptteilȱ verȬ weisenȱaufȱdieȱSchriftȱIsraels,ȱindemȱsowohlȱ„Gesetz“ȱwieȱ„Propheten“ȱamȱ AnfangȱdesȱLebenswegesȱJesuȱeingespieltȱwerden.ȱWährendȱdieȱElternȱJesuȱ dieȱ Toraȱ befolgen,ȱ übernehmenȱ Simeonȱ undȱ Hannaȱ dieȱ prophetischeȱ DiȬ mensionȱ derȱ Schrift.ȱ Durchȱ dieȱ Verortungȱ imȱ Jerusalemerȱ Tempelȱ erhältȱ dieȱ Szeneȱ weiteresȱ Gewichtȱ undȱ lässtȱ eineȱ insgesamtȱ hoheȱ religiöseȱ WerȬ tigkeitȱerkennen.ȱ

Dieȱ einzelnenȱ Bezügeȱ undȱ Entsprechungenȱ lassenȱ sichȱ wieȱ folgtȱ verȬ deutlichen:ȱ ȱ ȱ V.ȱ21ȱ V.ȱ22–24ȱ V.ȱ25–35ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

Vorbereitung:ȱBeschneidungȱJesuȱ Rahmenȱ(Erwähnungȱdesȱ„Gesetzes“)ȱ HauptteilȱI:ȱSimeonȱ 25f.:ȱCharakterisierungȱSimeonsȱ(ΩΑΌΕΝΔΓΖȱώΑȱ[…]ȱ̕ΙΐΉЏΑȱ[…])ȱ 27:ȱVerbindungȱmitȱdemȱRahmenȱ(Stichwort:ȱΑϱΐΓΖ)ȱ 28:ȱLobpreisȱGottesȱ(ΉЁΏϱ·΋ΗΉΑȱΘϲΑȱΌΉϱΑ)ȱ 29–32:ȱHymnusȱ„Nuncȱdimittis”ȱ 33:ȱ Redeȱ überȱ Jesusȱ (πΔϠȱ ΘΓϧΖȱ Ώ΅ΏΓΙΐνΑΓ΍Ζȱ ΔΉΕϠȱ ΅ЁΘΓІ)ȱ zuȱ denȱ Elternȱ 34f.:WeissagungȱanȱMariaȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 794ȱȱ Vgl.ȱauchȱPokorný,ȱTheologie,ȱ52.ȱ

Aȱ Bȱ Cȱ aȱ bȱ cȱ dȱ eȱ fȱ ȱ

318ȱ V.ȱ36–38ȱ ȱ ȱ ȱ V.ȱ39ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ HauptteilȱII:ȱHannaȱ 36f.:ȱCharakterisierungȱHannasȱ(ώΑȱ̢ΑΑ΅ȱΔΕΓΚϛΘ΍Ζȱ[…])ȱ 38:ȱLobpreisȱGottesȱ(ΦΑΌΝΐΓΏΓ·ΉϧΘΓȱΘХȱΌΉХ)ȱ ȱȱȱȱȱȱȱundȱRedeȱüberȱJesusȱ(Ύ΅ϠȱπΏΣΏΉ΍ȱΔΉΕϠȱ΅ЁΘΓІ)ȱzuȱ„allen“ȱ Rahmenȱ(Erwähnungȱdesȱ„Gesetzes“)ȱ

C‘ȱ a‘ȱ c‘ȱ e‘ȱ B‘ȱ

ȱ DerȱAuftrittȱderȱbeidenȱAltenȱimȱdenȱzweiȱAbschnittenȱdesȱHauptteilsȱ istȱparallelȱgebaut,ȱwenngleichȱsieȱimȱvorliegendenȱEndtextȱquantitativȱ unausgeglichenȱ sind.ȱ Alleȱdreiȱ Elementeȱ desȱzweitenȱ Teilsȱfindenȱ sichȱ auchȱimȱerstenȱ(aȬcȬe),ȱwerdenȱdortȱjedochȱergänzt:ȱNachȱderȱCharakteȬ risierungȱSimeonsȱwirdȱeineȱVerbindungȱmitȱdemȱRahmenȱderȱErzähȬ lungȱgeschaffenȱ(b),ȱderȱLobpreisȱGottesȱwirdȱalsȱHymnusȱdirektȱzitiertȱ (d)ȱundȱamȱSchlussȱeineȱWeissagungȱanȱdieȱMutterȱJesuȱangefügtȱ(f).795ȱ Beiȱ Simeonȱ wieȱ beiȱ Hannaȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ frommeȱ Juden,ȱ derenȱ RedeȱsichȱdurchȱLobpreisȱGottesȱundȱProphetieȱüberȱJesusȱauszeichnet.ȱ HierȱzeigtȱsichȱanȱprominenterȱStelleȱ–ȱwieȱschonȱbeiȱElisabethȱundȱZachaȬ riasȱ (vgl.ȱ Lkȱ 1,5–7)ȱ undȱ dannȱ vorȱ allemȱ beiȱ Mariaȱ (vgl.ȱ Lkȱ 1,26–38)ȱ –ȱ dieȱ Bemühungȱ desȱ Lukas,ȱ dieȱ Bedeutungȱ derȱ Frauenȱ hervorzuheben.796ȱ Manȱ könnteȱauchȱvonȱeinerȱlukanischenȱ„SymmetrieȱderȱGeschlechter“ȱbzw.ȱeiȬ nemȱ „fürȱ Lukasȱ typischenȱ komplementärenȱ Dualismusȱ vonȱ Mannȱ undȱ Frau“797ȱsprechen.ȱ

WieȱeinȱVergleichȱmitȱderȱErzählungȱderȱBeschneidungȱdesȱTäufersȱ(Lkȱ 1,59–79)ȱergibt,ȱgehörtȱauchȱV.ȱ21ȱinȱdenȱZusammenhangȱderȱPerikopeȱ hinein.ȱ Währendȱ dieȱ Beschneidungȱ desȱ Täufersȱ inȱ ausführlicherȱ Formȱ erzähltȱ wirdȱ undȱ schließlichȱ inȱ denȱ großenȱ BenedictusȬHymnusȱ münȬ detȱ (1,68–79),ȱ fasstȱ sichȱ Lukasȱ beiȱ derȱ Beschneidungȱ Jesuȱ ganzȱ knappȱ (2,21).ȱErȱfügtȱjedochȱdieȱErzählungȱvonȱderȱReinigungȱJesuȱimȱTempelȱ undȱ derȱ Begegnungȱ mitȱ Simeonȱ undȱ Hannaȱ an,ȱ dieȱ mitȱ demȱ Nuncȱ Dimittisȱ ebenfallsȱ einenȱ Lobgesangȱ bietet.ȱ Damitȱ hatȱ Lukasȱ eineȱ EntȬ sprechungȱ zurȱ Beschneidungsperikopeȱ desȱ Täufersȱ gestaltet,ȱ dieȱ jeneȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 795ȱȱ DieȱElementeȱdȱundȱfȱsindȱzudemȱwörtlicheȱRedeȱSimeons;ȱnimmtȱmanȱdieseȱheraus,ȱ ergibtȱ sichȱ eineȱ ausgewogeneȱ Zweiteilung:ȱ 2,25f.28.33ȱ /ȱ 2,36–38,ȱ dieȱ auchȱ inhaltlichȱ parallelȱ bleibt,ȱ inȱ demȱ sieȱ dieȱ Erfüllungȱ derȱ Verheißungenȱ fürȱ Israelȱ formuliert.ȱ UrȬ sprünglichȱmagȱesȱalsoȱeineȱÜberlieferungȱgegebenȱhaben,ȱinȱderȱSimeonȱundȱHannaȱ nahezuȱgleichesȱGewichtȱzukam.ȱDurchȱdieȱwörtlicheȱRedeȱSimeonsȱundȱdieȱBedeuȬ tungȱdesȱHymnusȱhatȱsichȱdasȱGewichtȱfreilichȱinȱseineȱRichtungȱverlagert.ȱ 796ȱȱ Vgl.ȱ weiterȱ imȱ Sondergutȱ desȱ Lukasȱ etwaȱ dieȱ Mutterȱ desȱ Jünglingsȱ vonȱ Nainȱ (7,11ff.);ȱdieȱSünderinȱimȱHausȱdesȱPharisäersȱ(7,37ff.);ȱdieȱUnterstützungȱJesuȱdurchȱ dieȱFrauenȱ(8,1–3);ȱMariaȱundȱMartaȱ(10,38–42);ȱdieȱHeilungȱderȱFrauȱ(13,11ff.);ȱdieȱ weinendenȱFrauenȱ(23,27–31).ȱ 797ȱȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 134;ȱ vgl.ȱ dazuȱ nebenȱ denȱ Paarenȱ inȱ Lkȱ 1–2ȱ z.ȱ B.ȱ dieȱ AuferweckungserȬ zählungenȱ inȱ Lkȱ 7,11–17ȱ undȱ 8,41–56,ȱ dieȱ Erwähnungȱ derȱ beidenȱ Geheiltenȱ inȱ Lkȱ 4,25–27ȱoderȱdasȱGleichnispaarȱ15,4–7.8–10.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

319ȱ

zugleichȱ überbietet:ȱ Sieȱ spieltȱ nichtȱ einfachȱ imȱ Hausȱ derȱ Familie,ȱ sonȬ dernȱ imȱ Jerusalemerȱ Tempelȱ undȱ nichtȱ dieȱ Verwandtenȱ tretenȱ hinzu,ȱ sondernȱzweiȱfrommeȱPropheten.ȱDasȱNuncȱDimittisȱschließlichȱöffnetȱ denȱBlickȱschonȱaufȱdieȱUniversalisierungȱdesȱHeilsȱ(vgl.ȱ2,30–32),ȱdasȱ imȱ Benedictusȱ nochȱ ganzȱinnerhalbȱ Israelsȱ verortetȱwarȱ (vgl.ȱ1,68f.77).ȱ BeideȱHymnenȱsindȱdurchȱdieȱmehrfacheȱAufnahmeȱderȱFormulierungȱ Ώ΅ϲΖȱ΅ЁΘΓІȱ(bzw.ȱΗΓΙ)ȱinȱLkȱ1,68.77ȱundȱ2,32,ȱdieȱdieȱBindungȱGottesȱ anȱseinȱerwähltesȱVolkȱIsraelȱbezeichnet,ȱverbunden.ȱ AuffälligȱistȱimȱRahmenȱdieȱWendungȱϳȱΑϱΐΓΖȱΎΙΕϟΓΙ,ȱ„dasȱGesetzȱ desȱHerrn“ȱ(2,23.24.39),ȱeinȱspezifischȱjüdisches,ȱderȱLXXȱentnommenesȱ Syntagma,798ȱdasȱimȱgesamtenȱNeuenȱTestamentȱnurȱhierȱauftauchtȱundȱ demȱ Hebräischenȱ „Toraȱ JHWHs“ȱ (ʤʥʤʩ ʺʸʥʺ)ȱ entspricht.ȱ Diesȱistȱ vorȱ alȬ lemȱ deswegenȱ bemerkenswert,ȱ weilȱ dieȱ Formulierungȱ eineȱ InnenperȬ spektiveȱaufȱjüdischesȱLebenȱvoraussetzt,ȱdieȱimȱMundȱvonȱNichtjudenȱ undenkbarȱist,799ȱaberȱauchȱimȱNeuenȱTestamentȱnichtȱmehrȱvorkommt.ȱ SogarȱPaulusȱsprichtȱinȱseinenȱumfangreichenȱAusführungenȱzurȱToraȱ nieȱ vomȱ „Gesetzȱ desȱ Herrn“.ȱ Derȱ Rahmenȱ nenntȱ zumȱ erstenȱ Malȱ imȱ Evangeliumȱ auchȱ denȱ Namenȱ derȱ Stadtȱ Jerusalem,ȱ beimȱ erstenȱ VorȬ kommenȱinȱderȱgräzisiertenȱFormȱ͒ΉΕΓΗϱΏΙΐ΅,800ȱumȱdannȱimȱHauptȬ teilȱ zweimalȱ (V.ȱ 25.38)ȱ inȱ derȱ LXXȬFormȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ,ȱ dieȱ Lukasȱ sehrȱ vielȱhäufigerȱverwendet,ȱzuȱerscheinen.ȱDerȱTextȱstehtȱinsgesamtȱganzȱ inȱ jüdischemȱ Horizontȱ undȱ lässtȱ eineȱ Distanzȱ zuȱ jüdischerȱ religiöserȱ Praxisȱ bzw.ȱ zurȱ Gesetzesobservanz,ȱ wieȱ sieȱ denȱ anderenȱ Evangelienȱ eigenȱist,ȱanȱkeinerȱStelleȱerkennen.ȱ Inȱ derȱ Erzählungȱ begegnetȱ Jesus,ȱ derȱ Messiasȱ Israels,ȱ zumȱ erstenȱ Malȱ „seinem“ȱ Volk,ȱ dasȱ durchȱ Simeonȱ undȱ Hannaȱ mitȱ seinerȱ ganzenȱ heilsgeschichtlichenȱ Traditionȱ vertretenȱ ist.801ȱ Dieȱ Hinweiseȱ aufȱ dieseȱ Traditionȱ sindȱ zahlreich:ȱ Erwartungȱ derȱ Tröstungȱ Israelsȱ undȱ BegaȬ bungȱ mitȱ heiligemȱ Geistȱ (2,25),ȱ Verheißungȱ desȱ Sehensȱ desȱ Gesalbtenȱ desȱHerrnȱ(2,26),ȱLobpreisȱGottesȱ(2,28.38),ȱProphetieȱ(2,34–36),ȱAnredeȱ Gottesȱ (2,29).ȱ Dieȱ Lokalisierungȱ derȱ Szeneȱ imȱ Tempelȱ istȱ somitȱ keinȱ Zufall.ȱFürȱLukasȱistȱesȱwesentlich,ȱdassȱderȱMessiasȱschonȱfrühȱmitȱdenȱ heiligenȱ Ortenȱ inȱ Jerusalem,ȱ dieȱ dasȱ religiöseȱ Zentrumȱ Israelsȱ darstelȬ len,ȱ inȱ Kontaktȱ kommt.ȱ Dieȱ Lokalisierungȱ imȱ Tempelȱ zeigtȱ auch,ȱ dassȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 798ȱȱ Vgl.ȱdazuȱinȱderȱLXXȱz.ȱB.ȱExȱ13,9;ȱ2ȱKönȱ10,31;ȱ1ȱChrȱ16,40;ȱ22,12;ȱ2ȱChrȱ12,1;ȱ31,3;ȱ 35,26,ȱPsȱ1,2;ȱ18,8;ȱ118,1;ȱJesȱ5,24;ȱ30,9;ȱJerȱ8,8;ȱAmȱ2,4.ȱ 799ȱȱ EineȱAnalogieȱstelltȱdieȱAnklageȱJesuȱalsȱ„KönigȱIsraels“ȱdar,ȱdieȱebenfallsȱimȱHoriȬ zontȱjüdischerȱInnenperspektiveȱstehtȱundȱdaherȱimȱMundȱderȱRömerȱundȱauchȱimȱ titulusȱcrucisȱinȱdenȱTitelȱ„KönigȱderȱJuden“ȱverändertȱwird.ȱ 800ȱȱ Vgl.ȱPokorný,ȱTheologie,ȱ53;ȱvgl.ȱzurȱFrageȱderȱSchreibweiseȱauchȱobenȱKap.ȱ3.9.3.1.ȱ 801ȱȱ Dasȱ Alterȱ derȱ beidenȱ weistȱ dabeiȱ geradeȱ nichtȱ aufȱ dieȱ zumȱ Endeȱ gekommeneȱ Zeitȱ Israelsȱhin,ȱsondernȱstehtȱvielmehrȱfürȱdessenȱWürde.ȱ

320ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

esȱ sichȱ umȱ einȱ paradigmatischesȱ Geschehenȱ handelt:ȱ Simeonȱ stehtȱ geȬ wissermaßenȱfürȱdenȱGlaubenȱIsraels,ȱderȱunterȱderȱFührungȱdesȱHeiliȬ genȱGeistesȱ(vgl.ȱLkȱ2,25–27)ȱJesusȱalsȱdenȱMessiasȱerkennt.ȱHannaȱreȬ präsentiertȱ dieȱ prophetischeȱ Traditionȱ (2,36)ȱ undȱ dieȱ Gebetspraxisȱ Israelsȱ (2,37).ȱ Dassȱ Jesusȱ imȱ Kontextȱ selbstverständlicherȱ GesetzesobȬ servanzȱ überhauptȱ inȱ denȱ Tempelȱ kommt,ȱ ergänztȱ dieȱ biblischenȱ AnȬ klängeȱumȱdasȱwichtigeȱElementȱderȱTora.ȱ ȱ DasȱNuncȱDimittisȱ(Lkȱ2,29–32)ȱ ȱ DerȱLobgesangȱNuncȱDimittisȱlebtȱgenauȱwieȱBenedictusȱundȱMagnificatȱ ganzȱ ausȱ derȱ Spracheȱ derȱ Heiligenȱ Schriftȱ Israels.ȱ Obwohlȱ erȱ sichȱ alsȱ eigeneȱ Gattungȱ ausȱ demȱ Umfeldȱ herauslösenȱ lässt,ȱ istȱ erȱ dochȱ inȱ derȱ erstenȱ Hälfteȱ engȱ mitȱ demȱ Kontextȱ verzahntȱ (vgl.ȱ V.ȱ 26ȱ undȱ V.ȱ 29f.),ȱ währendȱerȱimȱzweitenȱTeilȱwichtigeȱAspekteȱnennt,ȱdieȱimȱVerlaufȱdesȱ Doppelwerkesȱweiterȱausgebautȱwerden.ȱDieseȱfesteȱVerwurzelungȱdesȱ Hymnusȱ imȱ engerenȱ undȱ weiterenȱ Umfeldȱ legtȱ esȱ nahe,ȱ dieȱ redaktioȬ nelleȱArbeitȱdesȱAutorsȱnichtȱzuȱgeringȱzuȱveranschlagen,802ȱwenngleichȱ derȱTextȱauchȱtraditionsgebundenȱformuliert.ȱDieȱVerseȱlauten:ȱ ȱ 29ȱ ȱ ȱ 30ȱ 31ȱ 32ȱ ȱ

ΑІΑȱΦΔΓΏϾΉ΍ΖȱΘϲΑȱΈΓІΏϱΑȱΗΓΙ,ȱȱ ΈνΗΔΓΘ΅,ȱȱ Ύ΅ΘΤȱΘϲȱϹϛΐΣȱΗΓΙȱπΑȱΉϢΕφΑϙȉȱ ϵΘ΍ȱΉϨΈΓΑȱΓϡȱϴΚΌ΅ΏΐΓϟȱΐΓΙȱΘϲȱ ΗΝΘφΕ΍ϱΑȱΗΓΙȱ ϶ȱψΘΓϟΐ΅Η΅ΖȱΎ΅ΘΤȱΔΕϱΗΝΔΓΑȱ ΔΣΑΘΝΑȱΘЗΑȱΏ΅ЗΑ,ȱ ΚЗΖȱΉϢΖȱΦΔΓΎΣΏΙΜ΍ΑȱπΌΑЗΑȱȱ Ύ΅ϠȱΈϱΒ΅ΑȱΏ΅ΓІȱΗΓΙȱ͑ΗΕ΅φΏ.ȱ

NunȱgibstȱduȱdeinenȱDienerȱfrei,ȱȱ Gebieter,ȱ gemäßȱdeinemȱWortȱinȱFrieden.ȱ DennȱmeineȱAugenȱhabenȱdasȱHeilȱgesehen,ȱ dasȱduȱvorȱdenȱAugenȱallerȱVölkerȱbereitetȱ hast.ȱ EinȱLichtȱzurȱErleuchtungȱderȱHeidenvölkerȱ undȱHerrlichkeitȱfürȱdeinȱVolkȱIsrael.ȱ

ȱ EsȱhandeltȱsichȱumȱdenȱletztenȱderȱvierȱHymnenȱinȱdenȱlukanischenȱEinleiȬ tungskapiteln.ȱMehrereȱStichworteȱverbindenȱihnȱmitȱdenȱanderen:ȱAnȱdasȱ GloriaȱderȱEngelȱ(2,14)ȱschließenȱdieȱWorteȱΈϱΒ΅ȱundȱΉϢΕφΑ΋ȱan.ȱÜberȱdenȱ explizitenȱ Bezugȱ aufȱ „Israel“ȱ alsȱ Gottesȱ „Volk“ȱ schlägtȱ erȱ eineȱ Brückeȱ zuȱ denȱ erstenȱ beidenȱ Hymnenȱ (1,54.68.77;ȱ 2,32),ȱ nochȱ verstärktȱ durchȱ dasȱ Stichwortȱ ΉϢΕφΑ΋ȱ (1,79)ȱ bezüglichȱ desȱ Benedictus,ȱ währendȱ dasȱ Magnificatȱ (1,46–55)ȱinȱderȱSelbstbezeichnungȱSimeonsȱalsȱΈΓІΏΓΖȱGottesȱundȱderȱselȬ tenenȱAnredeȱGottesȱalsȱΈνΗΔΓΘ΅,ȱdenenȱdieȱSelbstbezeichnungȱMariasȱalsȱ ΈΓϾΏ΋ȱGottesȱ(1,48)ȱentspricht,ȱanklingt.ȱInȱdiesemȱletztenȱHymnusȱwerdenȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 802ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ138;ȱRadl,ȱUrsprung,ȱ224f.;ȱdiesȱschließtȱfreilichȱnichtȱaus,ȱdassȱ LukasȱschonȱHymnenȱausȱderȱgottesdienstlichenȱPraxisȱkannte,ȱdieȱerȱinȱseinȱWerkȱ eingearbeitetȱhat,ȱindemȱerȱsieȱmöglichstȱstimmigȱinȱdieȱerzählteȱSzenerieȱeingepasstȱ hat.ȱGeradeȱimȱvorliegendenȱFallȱlassenȱsichȱIndizienȱdafürȱanführen.ȱȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

321ȱ

Einzelthemenȱderȱvorigenȱalsoȱnochȱeinmalȱaufgenommenȱundȱdochȱganzȱ vonȱeinemȱneuenȱAspektȱherȱinterpretiert,ȱderȱUniversalisierungȱdesȱHeilsȱ fürȱalleȱVölker.ȱZugleichȱhältȱderȱHymnusȱjedochȱdieȱbesondereȱErwählungȱ Israelsȱfest.ȱ

Inȱ jederȱ Zeileȱ zeigtȱ derȱ Hymnusȱ Anklängeȱ anȱ biblischeȱ Sprache,ȱ dieȱ sichȱinȱdenȱletztenȱVersenȱmehrȱundȱmehrȱaufȱdeuterojesajanischeȱAnȬ spielungenȱkonzentrieren.803ȱDieȱGliederungȱdesȱTextes,ȱderȱsichȱdurchȬ wegȱ alsȱ Anredeȱ Gottesȱ erweist,ȱ lässtȱ eineȱ Zweiteilungȱ erkennen.ȱ Dieȱ Feststellungȱ V.ȱ 29ȱ wirdȱ inȱ V.ȱ 30–32ȱ begründetȱ (ϵΘ΍).ȱ Dabeiȱ schließenȱ sichȱV.ȱ29f.ȱengȱanȱdieȱerzählteȱSzenerieȱan,ȱwährendȱV.ȱ31f.ȱalsȱExplikaȬ tionȱdesȱmitȱΘϲȱΗΝΘφΕ΍ϱΑȱΗΓΙȱGemeintenȱerweisen,ȱdieȱüberȱdieȱSzeneȱ hinausgehenȱundȱeinenȱAusblickȱaufȱdenȱweiterenȱVerlaufȱdesȱWerkesȱ bieten.ȱ ZurȱStrukturȱderȱVerseȱ30–32ȱistȱzuȱsagen,ȱdassȱdieȱVerseȱ31ȱundȱ32ȱ insgesamtȱErgänzungenȱzumȱAkkusativȱΘϲȱΗΝΘφΕ΍ΓΑȱausȱV.ȱ30ȱdarstelȬ len.ȱErȱwirdȱzunächstȱdurchȱeinenȱRelativsatzȱnäherȱbestimmt,ȱderȱdieȬ sesȱ ΗΝΘφΕ΍ΓΑȱ alsȱ vonȱ Gott,ȱ derȱ dessenȱ Urheberȱ undȱ Spenderȱ zugleichȱ ist,ȱ imȱ Blickȱ aufȱ denȱ Heilsstandȱ „allerȱ Ώ΅Γϟ“ȱ präsentiertȱ (V.ȱ 31).ȱ Dieseȱ universalisierendeȱ Formulierungȱ wirdȱ inȱ V.ȱ 32ȱ inȱ zweiȱ Größenȱ aufgeȬ teilt.ȱDieȱ„Heidenvölker“ȱundȱ„Israel“ȱ(durchȱdasȱAttributȱ„deinȱVolk“ȱ ergänzt)ȱstehenȱnunȱnebeneinanderȱundȱsindȱalsȱGenitiveȱ(gen.obj.)ȱmitȱ artikellosenȱ Akkusativenȱ verbunden,ȱ dieȱ Gottesȱ ΗΝΘφΕ΍ΓΑȱ weiterȱ entȬ falten.ȱ Daȱ V.ȱ 32aȱ durchȱ denȱ Präpositionalausdruckȱ ΉϢΖȱ ΦΔΓΎΣΏΙΜ΍Αȱ eineȱ zusätzlicheȱ Akkusativformȱ bietet,ȱ bleibtȱ unklar,ȱ obȱ dieȱ Paralleleȱ zurȱ ΈϱΒ΅ȱ imȱ zweitenȱ Versteilȱ inȱ ΚЗΖ804ȱ oderȱ ΦΔΓΎΣΏΙΜ΍Ζ805ȱ zuȱ sehenȱ ist.ȱ Zwarȱ lassenȱ dieȱ syntaktischenȱ Verhältnisseȱ keineȱ eindeutigeȱ EntȬ scheidungȱzu,ȱdochȱsprechenȱeinigeȱIndizien806ȱfürȱdieȱersteȱAlternative.ȱ Imȱ Blickȱ aufȱdieȱ literarischeȱ Formȱ ergibtȱ sichȱ soȱ auchȱ eineȱ Dreiteilungȱ jederȱ ergänzendenȱ Zeile,ȱ anȱ derenȱ Endeȱ jeweilsȱ dieȱ personaleȱ Größeȱ derer,ȱdenenȱdasȱHeilȱzugesprochenȱist,ȱsteht:ȱ ȱ 30ȱ 31ȱ 32ȱ ȱ

ϵΘ΍ȱΉϨΈΓΑȱΓϡȱϴΚΌ΅ΏΐΓϟȱΐΓΙȱΘϲȱΗΝΘφΕ΍ϱΑȱΗΓΙ,ȱ ȱ ϶ȱψΘΓϟΐ΅Η΅Ζȱȱ Ύ΅ΘΤȱΔΕϱΗΝΔΓΑȱȱ ȱ ȱ ΉϢΖȱΦΔΓΎΣΏΙΜ΍Αȱȱ ȱ ȱ ΚЗΖȱ Ώ΅ΓІȱΗΓΙȱȱ ȱ ȱ Ύ΅ϠȱΈϱΒ΅Αȱ

ΔΣΑΘΝΑȱΘЗΑȱΏ΅ЗΑ,ȱȱ πΌΑЗΑȱȱ ͑ΗΕ΅φΏ.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 803ȱȱ NachȱEckey,ȱLkȱI,ȱ162.ȱ 804ȱȱ Soȱ Schürmann,ȱ Lkȱ I,ȱ 126;ȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 140;ȱ Nolland,ȱ Lkȱ I,ȱ 120ȱ u.ȱ a.,ȱ auchȱ Neubrand,ȱ Israel,ȱ126ȱtendiertȱzuȱdieserȱZuordnung.ȱ 805ȱȱ Dieseȱ Aufteilungȱ vertretenȱ etwaȱ Stegemann,ȱ Licht,ȱ 90f.;ȱ Koet,ȱ Simeonsȱ Worte,ȱ 1551ȱ Anm.ȱ12.ȱ 806ȱȱ Etwaȱ dasȱ fehlendeȱ ΉϢΖȱ inȱ 32bȱ oderȱ dieȱ LXXȬParallelen;ȱ vgl.ȱ dazuȱ Neubrand,ȱ Israel,ȱ 125f.ȱ

322ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

DerȱRelativsatzȱistȱinȱmehrfacherȱHinsichtȱvonȱdenȱsichȱanschließendenȱ Appositionenȱ zuȱ unterscheiden.ȱ Erȱ istȱ syntaktischȱ durchȱ dasȱ RelativȬ pronomenȱ vielȱ engerȱ mitȱ V.ȱ 30ȱ angeschlossenȱ alsȱ derȱ asyndetischȱ folȬ gendeȱV.ȱ32ȱundȱgibtȱinhaltlichȱnebenȱderȱFeststellungȱderȱRealitätȱdesȱ göttlichenȱ Heilsȱ (϶ȱ ψΘΓϟΐ΅Η΅Ζ)ȱ auchȱ dessenȱ Geltungsbereichȱ an,ȱ derȱ jedenȱ Leser/Hörerȱ überraschenȱ muss,ȱ daȱ Lukasȱ bisȱ zuȱ diesemȱ Versȱ schonȱsechsmalȱΏ΅ϱΖȱstetsȱimȱSingularȱalsȱBezeichnungȱfürȱdasȱGottesȬ volkȱ Israelȱ gebrauchtȱ (1,10.17.21.68.77;ȱ 2,10)ȱ undȱ damitȱ dieȱ imȱ griechischsprachigenȱ Judentumȱ verbreiteteȱ spezifischeȱ Semantikȱ auchȱ fürȱ seinȱ Werkȱ beanspruchtȱ hatte.ȱ V.ȱ 32ȱ hatȱ daherȱ wichtigeȱ Klärungenȱ vorzunehmen,ȱstelltȱaberȱfürȱeineȱaufȱIsraelȱbeschränkteȱSichtȱeineȱHerȬ ausforderungȱ dar.ȱ Dennȱ erȱ benenntȱ alsȱ Glieder,ȱ dieȱ amȱ Heilȱ Gottesȱ partizipieren,ȱ sowohlȱ dieȱ Heidenvölkerȱ alsȱ auchȱ Israel.ȱ Diesȱ geschiehtȱ freilichȱ inȱ wichtigerȱ Differenzierung.ȱ Dieȱ σΌΑ΋ȱ müssenȱ inȱ Anlehnungȱ anȱ Formulierungenȱ ausȱ demȱ Buchȱ Jesajaȱ nochȱ vomȱ Lichtȱ erleuchtetȱ werden,ȱdasȱihnenȱnurȱausȱIsraelȱzukommenȱkannȱ(vgl.ȱJesȱ49,6),ȱwähȬ rendȱIsraelȱselbstȱschonȱalsȱGottesvolkȱbezeichnetȱwird.ȱAlsȱdiesesȱVolkȱ istȱesȱjedochȱkeineswegsȱschonȱamȱEndeȱseinesȱWegesȱangelangt,ȱsonȬ dernȱ erwartetȱ dieȱ Heilszeitȱ derȱ Erlösungȱ ausȱ denȱ Bedrängnissenȱ derȱ Welt,ȱumȱ„durchȱJesusȱAnteilȱanȱderȱGottȱeigenenȱΈϱΒ΅“807ȱzuȱerhalten.ȱ Simeonȱweistȱdaraufȱhin,ȱdassȱdasȱHeilȱGottes,ȱdasȱmitȱdemȱAuftretenȱ JesuȱaufȱErdenȱsichtbarȱwerdenȱwird,ȱdieȱAufrichtungȱIsraelsȱ„inȱHerrȬ lichkeit“ȱ (vgl.ȱ Jesȱ 60,1)ȱ impliziert.ȱ Dochȱ diesȱ geschiehtȱ nichtȱ unabhänȬ gigȱvonȱderȱErfüllungȱderȱWeissagungenȱJesajasȱzurȱUniversalisierungȱ desȱHeils.ȱWemȱdasȱΗΝΘφΕ΍ΓΑȱΘΓІȱΌΉΓІȱ zuteilȱwird,ȱderȱgehörtȱdamitȱ zumȱ Volkȱ Gottesȱ undȱ istȱ Gliedȱ einesȱ Ώ΅ϱΖȱ –ȱ auchȱ überȱ Israelȱ hinaus.ȱ DassȱdabeiȱkeinȱHeilsautomatismusȱfürȱIsraelȱvertretenȱwird,ȱzeigtȱderȱ SeitenblickȱaufȱdasȱBenedictus,ȱwoȱ„ErkenntnisȱdesȱHeilsȱinȱderȱVergeȬ bungȱ ihrerȱ Sünden“ȱ (Lkȱ 1,77:ȱ ·ΑЗΗ΍Αȱ ΗΝΘ΋Εϟ΅Ζȱ ΘХȱ Ώ΅Хȱ ΅ЁΘΓІȱ πΑȱ ΦΚνΗΉ΍ȱ Υΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱ ΅ЁΘЗΑ)ȱ durchȱ dasȱ Auftretenȱ desȱ Täufersȱ fürȱ Israelȱ angesagtȱ wird.ȱ Hierȱ bahntȱ sichȱ dasȱ typischȱ lukanischeȱ Anliegenȱ an,ȱ dassȱ Sündenvergebungȱ Umkehrȱ voraussetzt,ȱ zuȱ derȱ Israelȱ geradeȱ imȱ AngesichtȱseinesȱMessiasȱaufgerufenȱist.ȱ DerȱAbschlussȱdesȱNuncȱDimittisȱweistȱdaherȱüberȱdenȱbisherigenȱ RahmenȱderȱEröffnungskapitelȱhinaus,ȱohneȱjedochȱdenȱGangȱderȱWieȬ derherstellungȱ Israelsȱabzuschwächen.ȱGeradeȱ V.ȱ32bȱ machtȱ nochȱ einȬ malȱ abschließendȱ deutlich,ȱ dassȱ dieȱ Ausrichtungȱ auchȱ aufȱ Nichtjudenȱ nichtȱinȱKonkurrenzȱzurȱWiederherstellungȱIsraelsȱstehtȱoderȱgarȱdieseȱ ersetzenȱ würde.ȱ Fürȱ Lukasȱ geschiehtȱ beidesȱ inȱ untrennbarerȱ Einheit.ȱ Dochȱ wirdȱ dieserȱ Aspektȱ inȱ derȱ Nacherzählungȱ desȱ Wegesȱ Jesuȱ zuȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 807ȱȱ Wolter,ȱLk,ȱ141.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

323ȱ

nächstȱ wiederȱ zurückgestellt,ȱ umȱ dannȱ imȱ zweitenȱ Teilȱ desȱ Buchesȱ umsoȱstärkeresȱGewichtȱzuȱbekommen.ȱDieȱKindheitsgeschichtenȱsindȱ daherȱnichtȱnurȱwichtigeȱVorgeschichtenȱzumȱöffentlichenȱWirkenȱJesu,ȱ sondernȱauchȱgrundlegendȱfürȱdieȱLektüreȱdesȱzweitenȱBandes.ȱȱ DasȱauffälligeȱΔΣΑΘΝΑȱΘЗΑȱΏ΅ЗΑȱinȱV.ȱ31ȱlässtȱsichȱschließlichȱimȱ KontextȱdesȱDoppelwerkesȱwenigerȱaufȱdieȱStämmeȱIsraelsȱbeziehen,808ȱ sondernȱ durchausȱaufȱ dieȱimȱ Folgendenȱ genanntenȱGrößenȱ derȱ zuȱ erȬ leuchtendenȱσΌΑ΋ȱeinerseitsȱundȱdesȱGottesvolkesȱ(Ώ΅ϱΖȱΗΓΙ)ȱ͑ΗΕ΅φΏȱ andererseits.ȱ Dabeiȱ istȱ mitȱ beidenȱ Größenȱ eineȱ eschatologischeȱ ErfülȬ lungȱverbunden:ȱDieȱHerrlichkeitȱIsraelsȱweistȱebensoȱaufȱdieȱvonȱdenȱ Prophetenȱ verheißeneȱ eschatologischeȱ Heilszeitȱ hinȱ wieȱ dieȱ OffenbaȬ rungȱdesȱLichtesȱfürȱdieȱHeidenvölker,ȱdieȱinȱJesȱ49,6ȱgrundgelegtȱistȱ–ȱ einemȱ Vers,ȱ derȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ prägendeȱ Kraftȱ gewinnenȱ wird.809ȱIndemȱimȱGefolgeȱdesȱChristusereignissesȱundȱderȱMissionȱderȱ Zeugenȱ auchȱ Menschenȱ ausȱ denȱ Heidenvölkernȱ sichȱ demȱ Gottȱ Israelsȱ zuwenden,ȱwerdenȱsieȱebensoȱwieȱIsraelȱzuȱeinemȱΏ΅ϱΖ.810ȱAlsȱgeisterȬ füllterȱProphetȱkannȱSimeonȱdiesȱhierȱschonȱankündigen.811ȱInsofernȱistȱ V.ȱ31ȱ eineȱ wirklichȱ prophetischeȱ Verheißung,ȱ dieȱ imȱ weiterenȱ Verlaufȱ derȱlukanischenȱErzählungȱzurȱErfüllungȱgelangenȱwird.812ȱLukasȱsiehtȱ hierȱinȱspezifischerȱWeiseȱdieȱvorȱallemȱdemȱBuchȱJesajaȱentstammenȬ denȱ Verheißungenȱ derȱ universalenȱ Anerkennungȱ desȱ Gottesȱ Israelsȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 808ȱȱ DieȱsinguläreȱFormulierungȱΏ΅ΓϠȱ͑ΗΕ΅φΏȱfürȱdieȱzwölfȱStämmeȱIsraelsȱinȱApgȱ4,27ȱ folgtȱausȱeinerȱspezifischenȱDeutungȱdesȱvorgegebenenȱZitatsȱ4,25,ȱvgl.ȱWolter,ȱLk,ȱ 141.ȱ 809ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱUntersuchungenȱzuȱApgȱ1,8ȱundȱ13,47ȱobenȱKap.ȱ3.5ȱundȱ3.7.ȱ 810ȱȱ DieseȱspannungsvolleȱEntwicklungȱwirdȱprominentȱbeiȱdenȱRedenȱinȱApgȱ15ȱnochȬ malsȱaufgegriffen,ȱwoȱJakobusȱ denȱnichtjüdischenȱChristusgläubigenȱdenȱStatusȱeiȬ nesȱπΒȱπΌΑЗΑȱΏ΅ϲΖȱzusprichtȱ(Apgȱ15,14),ȱdasȱohneȱBeschneidungȱnebenȱdenȱΏ΅ϲΖȱ ͑ΗΕ΅φΏȱtritt;ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.8.5.ȱ 811ȱȱ Dieȱ archaisierendeȱ Namensformȱ ̕ΙΐΉЏΑ,ȱ dieȱ Jakobusȱ fürȱ Simonȱ Petrusȱ inȱ denȱ Mundȱgelegtȱwird,ȱerhältȱdadurchȱeineȱweitereȱinhaltlicheȱAufladung.ȱSieȱcharakteȬ risiertȱ nichtȱ nurȱ Jakobusȱ undȱ lässtȱ diesenȱ ausdrücklichenȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Petrusredeȱ nehmen,ȱ sondernȱ weistȱ denȱ aufmerksamenȱ Hörer/Leserȱ desȱ Werkesȱ auchȱ aufȱ denȱ Anfangȱ zurück.ȱ Esȱ gehtȱ dabeiȱ zwarȱ nichtȱ an,ȱ diesenȱ Bezugȱ unmittelbarȱ anȱ dieȱ NaȬ mensformȱzuȱbinden,ȱaberȱdasȱsensibleȱStichwortȱΏ΅ϱΖ,ȱdessenȱVerwendungȱinȱApgȱ 15,14ȱ rückblickendȱ dieȱ rätselhafteȱ Pluralformȱ Ώ΅Γϟȱ inȱ Lkȱ 2,31ȱ zuȱ erhellenȱ vermag,ȱ lässtȱdochȱdieȱVerknüpfungȱderȱStellenȱalsȱhilfreichȱerscheinen;ȱvgl.ȱdazuȱbesondersȱ Neubrand,ȱIsrael,ȱ117–130.ȱDabeiȱwirdȱmanȱdenȱBezugȱaufȱSimeonȱnichtȱalsȱprimäreȱ Funktionȱ ansehen,ȱ daȱ solcheȱ derȱ narrativenȱ Weltȱ enthobenenȱ undȱ nurȱ demȱ Leserȱ verständlichenȱ Bezügeȱ sonstȱ beiȱ Lukasȱ nichtȱ auftauchen;ȱ esȱ magȱ ihmȱ jedochȱ willȬ kommenȱ gewesenȱ sein,ȱ überȱ denȱ Zusammenhangȱ derȱ szenischenȱ Ahnungȱ hinausȱ diesenȱ Bogenȱ schlagenȱ zuȱ können,ȱ daȱ Simeonsȱ Worteȱ dieȱ Redenȱ aufȱ demȱ ApostelȬ konventȱtheologischȱkommentiertȱ(vgl.ȱdazuȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ121–130).ȱ 812ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱRusam,ȱDasȱAlteȱTestamentȱbeiȱLukas,ȱ80.ȱ

324ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

erfüllt.ȱ Dassȱ dieseȱ Erfüllungȱ keineswegsȱ demȱ entspricht,ȱ wasȱ Israelȱ selbstȱ darüberȱ gedachtȱ hat,ȱ gibtȱ Lukasȱ deutlichȱ zuȱ erkennen,ȱ wieȱ beȬ reitsȱderȱkurzȱdaraufȱfolgendeȱV.ȱ34ȱmitȱderȱAnkündigungȱderȱSpaltungȱ zeigt.813ȱDassȱdieȱWiederherstellungȱIsraelsȱzurȱVölkermissionȱundȱderȱ spezifischenȱ Ausprägungȱ einesȱ Ώ΅ϱΖȱ πΒȱ πΌΑЗΑȱ führt,ȱ warȱ fürȱ dieȱ MehrheitȱIsraelsȱnichtȱeinsichtig.ȱ DerȱBlickȱaufȱdieseȱZusammenhängeȱlässtȱmancheȱAutorenȱzuȱderȱ Vermutungȱgelangen,ȱdassȱLukasȱdieȱPluralformȱΔΣΑΘΝΑȱΘЗΑȱΏ΅ЗΑȱinȱ Lkȱ2,31ȱbewusstȱselbstȱformuliertȱhabe.814ȱWenngleichȱmanȱdamitȱLukasȱ keineȱ mangelndeȱ Sorgfaltȱ unterstellenȱ mussȱ undȱ durchȱ dieȱ erhellendeȱ Funktionȱ fürȱ seineȱ Verhältnisbestimmungȱ vonȱ Judenȱ undȱ Nichtjudenȱ denȱTextȱgutȱinȱdasȱWerkȱintegrierenȱkann,ȱhatȱdieȱAuffassung,ȱdassȱerȱ dieȱ Formulierungȱ vorfand,ȱ manchesȱ fürȱ sich.ȱ Inȱ derȱ Septuaginta,ȱ beȬ sondersȱ inȱ denȱ Psalmen,ȱ findetȱ sichȱ dieȱ Formelȱ ΔΣΑΘΉΖȱ Γϡȱ Ώ΅Γϟȱ mehrȬ malsȱ zurȱ Bezeichnungȱ derȱ anderenȱ Völker,ȱ soȱ etwaȱ inȱ Psȱ 66,4.6;ȱ 96,6;ȱ 116,1;ȱ Sachȱ 14,14.ȱ Sieȱ könnteȱ gutȱ vonȱ dortherȱ inȱ denȱ Hymnusȱ gelangtȱ sein.ȱWomöglichȱistȱdasȱlukanischeȱKonzeptȱderȱbeidenȱΏ΅Γϟ,ȱdasȱsichȱ vonȱ demȱ derȱ anderenȱ Evanglistenȱ nichtȱ unwesentlichȱ unterscheidet,ȱ auchȱ anhandȱ diesesȱ Hymnusȱgereift,ȱ denȱ erȱ vorfandȱ undȱ dessenȱ DeuȬ tungȱ wirkmächtigȱ fürȱ dieȱ Ausrichtungȱ desȱ Doppelwerkesȱ gewordenȱ ist.ȱ Durchȱ dieȱ äußerenȱ Faktorenȱ derȱ Erzählung815ȱ wirdȱ dasȱ Geschehenȱ inmittenȱderȱausȱderȱSeptuagintaȱbekanntenȱjüdischenȱreligiösenȱTradiȬ tionȱ situiert.ȱ Dieȱ Betonungȱ derȱ Kontinuitätȱ derȱ inȱ Jesusȱ herangekomȬ menenȱ Heilszeitȱ mitȱ derȱ bisherigenȱ Geschichteȱ Israelsȱ könnteȱ nichtȱ stärkerȱ hervorgehobenȱ werden.ȱ Geradeȱ imȱ Zugeȱ dieserȱ Kontinuitätȱ zumȱüberliefertenȱGlaubenȱIsraelsȱwirdȱnunȱzumȱerstenȱMalȱimȱLukasȬ evangeliumȱ dieȱ Universalisierungȱ derȱ Heilbotschaftȱ fürȱ alleȱ Völkerȱ formuliertȱ (2,31f.)ȱ –ȱ ausgerechnetȱ imȱ Jerusalemerȱ Tempel.ȱ Zumȱ erstenȱ MalȱimȱWerkȱdesȱLukasȱwerdenȱhierȱinȱ2,32ȱdieȱσΌΑ΋,ȱdieȱHeidenvölȬ ker,ȱ erwähnt.ȱ Diesȱ geschiehtȱ inȱ „biblischer“ȱ Spracheȱ unterȱ Aufnahmeȱ vonȱ Motivenȱ ausȱ demȱ Buchȱ Jesaja.ȱ Zugleichȱ wirdȱ dabeiȱ aufȱ dieȱ bleiȬ bendeȱΈϱΒ΅ȱfürȱIsraelȱhingewiesen.ȱHierȱistȱgeradeȱderȱständigeȱBezugȱ aufȱ dieȱ Heiligeȱ Schriftȱ (imȱ Rahmenȱ aufȱ dasȱ Gesetz,ȱ beiȱ Simeonȱ undȱ HannaȱaufȱdieȱPropheten)ȱwährendȱdesȱgesamtenȱGeschehensȱwesentȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 813ȱȱ Vgl.ȱ aberȱ auchȱ Stellenȱ wieȱ Apgȱ 13,40f.,ȱ woȱ Paulusȱ dieȱ Prophetenȱ selbstȱ nochmalsȱ heranzieht,ȱumȱdenȱJudenȱdieȱüberraschendeȱFormȱderȱVerwirklichungȱvonȱPropheȬ tenwortenȱnahezubringen.ȱ 814ȱȱ SoȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ124:ȱ„DieȱpluralischeȱFormulierungȱ[…]ȱ[ist]ȱvonȱsemantischemȱ Gewichtȱundȱabsichtsvollȱgesetzt.“ȱ 815ȱȱ Erfüllungȱdesȱ„GesetzesȱdesȱHerrn“,ȱAuftretenȱzweierȱgeistbegabterȱfrommerȱIsraeliȬ ten,ȱLobgesangȱinȱbiblischerȱSprache;ȱLokalisierungȱimȱJerusalemerȱTempel.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

325ȱ

lichȱ–ȱsoȱsollȱdeutlichȱwerden,ȱdassȱallesȱKommende,ȱinsbesondereȱdieȱ universaleȱ Botschaftȱ desȱ Evangeliums,ȱ nichtȱ mitȱ derȱ Traditionȱ Israelsȱ bricht,ȱ sondernȱ alsȱ Erfüllungȱ dieȱ Verheißungenȱ fürȱ Israelȱ derȱ VerganȬ genheitȱ entspricht.ȱ Auchȱ imȱ weiterenȱ Verlaufȱ wirdȱ Lukasȱ geradeȱ beiȱ diesemȱ sensiblenȱ Themaȱ derȱ Ausweitungȱ desȱ Heilsȱ stetsȱ daraufȱ beȬ dachtȱsein,ȱdieȱGeschehnisseȱdurchȱvieleȱRückgriffeȱaufȱdieȱSchriftȱIsraȬ elsȱ „abzusichern“,ȱ wieȱ unsereȱ Untersuchungenȱ bereitsȱ mehrfachȱ geȬ zeigtȱhaben.816ȱ ȱ DieȱSimeonȬWeissagungȱ(Lkȱ2,34f.)ȱ ȱ BedeutsamȱistȱschließlichȱdieȱWeissagung,ȱdieȱMariaȱvonȱSimeonȱüberȱ ihrenȱ kleinenȱ Sohnȱ Jesusȱ erhält.ȱ Simeonȱ bestimmtȱ denȱ Charakterȱ desȱ Wirkensȱ Jesuȱ Lkȱ 2,34f.ȱ inȱ einerȱ doppeltenȱ Weise:ȱ Dieȱ beidenȱ BestimȬ mungenȱ„zumȱFallȱundȱAufstehenȱvielerȱinȱIsrael“ȱundȱ„zumȱZeichen,ȱ demȱwidersprochenȱwird“ȱsindȱparallelȱjeweilsȱmitȱΉϢΖȱanȱdasȱpassivumȱ divinum817ȱΎΉϧΘ΅΍ȱangeschlossen,ȱwieȱdieȱTextübersichtȱdeutlichȱmacht:ȱ ȱ 34ȱ ȱ ȱ ȱ 35ȱ ȱ

ϢΈΓϿȱ ΓЈΘΓΖȱΎΉϧΘ΅΍ȱȱ ΉϢΖȱΔΘЗΗ΍ΑȱΎ΅ϠȱΦΑΣΗΘ΅Η΍Αȱ ΔΓΏΏЗΑȱπΑȱΘХȱ͑ΗΕ΅χΏȱȱ Ύ΅ϠȱΉϢΖȱΗ΋ΐΉϧΓΑȱΦΑΘ΍ΏΉ·ϱΐΉȬ ΑΓΑȱ Ύ΅ϠȱΗΓІȱ[Έξ]ȱ΅ЁΘϛΖȱΘχΑȱΜΙΛχΑȱ Έ΍ΉΏΉϾΗΉΘ΅΍ȱϹΓΐΚ΅ϟ΅ȱ ϵΔΝΖȱΪΑȱΦΔΓΎ΅ΏΙΚΌЗΗ΍ΑȱπΎȱ ΔΓΏΏЗΑȱΎ΅ΕΈ΍ЗΑȱΈ΍΅ΏΓ·΍ΗΐΓϟ.

Siehe,ȱ dieserȱistȱgesetztȱ zumȱFallȱundȱAufstehenȱvielerȱinȱIsȬ raelȱ undȱzuȱeinemȱZeichen,ȱdemȱwiderȬ sprochenȱwird,ȱ undȱdirȱ(aber)ȱwirdȱeinȱSchwertȱdurchȱdieȱ Seeleȱgehen,ȱ damitȱdieȱGedankenȱvielerȱHerzenȱoffenȬ barȱwerden.ȱ

ȱ InȱdenȱWortenȱSimeonsȱspanntȱsichȱderȱBogenȱbisȱhinȱzumȱzweitenȱTeilȱ desȱ lukanischenȱ Werks.ȱ Schonȱ dieȱ Ausweitungȱ derȱ Verkündigungȱ anȱ dieȱ Heiden,ȱ vonȱ derȱ imȱ Nuncȱ Dimittisȱ dieȱ Redeȱ gewesenȱ warȱ (2,31f.),ȱ geschiehtȱ imȱ eigentlichenȱ Sinnȱ erstȱ abȱ Apgȱ 10,ȱ woȱ Petrusȱ zumȱ römiȬ schenȱHauptmannȱCorneliusȱkommt,ȱundȱstelltȱsoȱdieȱersteȱBrückeȱdar.ȱ ZugleichȱverweistȱdieȱRedeȱvomȱΗ΋ΐΉϧΓΑȱΦΑΘ΍ΏΉ·ϱΐΉΑΓΑȱaufȱdasȱMoȬ tivȱ desȱ ΦΑΘ΍Ών·Ή΍Αȱ derȱ Judenȱ inȱ Apgȱ 13,45;ȱ 28,19.22ȱ (vgl.ȱ Römȱ 10,21!)ȱ undȱüberhauptȱaufȱdieȱSpaltung,ȱdieȱdasȱEvangeliumȱinȱIsraelȱhervorȬ rufenȱwird.ȱVonȱdieserȱSpaltungȱwirdȱebenfallsȱvorȱallemȱdieȱApostelȬ geschichteȱ berichten.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ dortȱ umȱ einȱ durchgehendesȱ MoȬ tiv,ȱdasȱschließlichȱimȱletztenȱKapitelȱfürȱdieȱrömischenȱJudenȱnochmalsȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 816ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.7.ȱ 817ȱȱ DarinȱstimmenȱdieȱAuslegungenȱweithinȱüberein;ȱvgl.ȱz.ȱB.ȱEckey,ȱLkȱI,ȱ166.ȱȱ

326ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

ausdrücklichȱfestgestelltȱwird:ȱ„Dieȱeinenȱwurdenȱüberzeugt,ȱdieȱandeȬ renȱglaubtenȱnicht“ȱ(Apgȱ28,24).ȱAuchȱdieȱschwierigeȱFormulierungȱΉϢΖȱ ΔΘЗΗ΍ΑȱΎ΅ϠȱΦΑΣΗΘ΅Η΍ΑȱΔΓΏΏЗΑȱπΑȱΘХȱ͑ΗΕ΅φΏȱ greiftȱaufȱdieȱApostelȬ geschichteȱaus.ȱDieȱWorteȱSimeonsȱnehmenȱsomitȱwichtigeȱlukanischeȱ Anliegenȱ anȱ diesemȱ frühenȱ Punktȱ aufȱ undȱ sindȱ vonȱ zentralerȱ BedeuȬ tungȱfürȱdasȱGesamtwerk.ȱ Daȱ dieȱ SimeonȬRedeȱ bezeichnenderweiseȱ nochȱ vorȱ denȱ erstenȱ Tatenȱ Jesuȱ (selbstȱ vorȱ derȱ Perikopeȱ überȱ denȱ zwölfjährigenȱ Jesusȱ imȱ Tempel)ȱ steht,ȱ wirdȱvonȱAnfangȱanȱklar,ȱdassȱJesusȱnichtȱetwaȱvonȱsichȱausȱProvokationȱ undȱ Widerspruchȱ hervorrufenȱ wird,ȱ sondernȱ vielmehrȱ vonȱ Gottȱ inȱ seineȱ Aufgabeȱ„eingesetzt“ȱ(ΎΉϧΘ΅΍)ȱist,ȱsoȱdassȱauchȱdieȱzuȱerwartendenȱKonseȬ quenzenȱletztlichȱdemȱgöttlichenȱRatschlußȱentsprechen.ȱHierȱklingtȱschonȱ dasȱ imȱ Lukasevangeliumȱ soȱ häufigeȱ „heilsgeschichtlicheȱ Muss“818ȱ an,ȱ dasȱ anȱanderenȱStellenȱdurchȱdieȱVokabelȱΈΉϧȱausgedrücktȱwird.ȱSoȱ„muß“ȱderȱ jungeȱJesusȱimȱHausȱseinesȱVatersȱseinȱ(Lkȱ2,49)ȱundȱspäterȱnachȱJerusalemȱ wandernȱ (13,33),ȱ ebensoȱ werdenȱ dieȱ Leidensankündigungenȱ mitȱ ΈΉϧȱ forȬ muliertȱ (9,22;ȱ 17,25;ȱ 24,7).819ȱ Derȱ Widerspruchȱselbstȱ beginntȱmitȱ demȱ ersȬ tenȱAuftretenȱJesuȱinȱseinerȱGeburtsstadtȱNazarethȱ(Lkȱ4,18–30),ȱziehtȱsichȱ dannȱdurchȱdasȱEvangeliumȱundȱwendetȱsichȱschließlichȱinȱderȱApostelgeȬ schichteȱ gegenȱ dieȱ christlichenȱ Missionareȱ (Apgȱ 13,45:ȱ Γϡȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱ […]ȱ ΦΑΘνΏΉ·ΓΑȱ ΘΓϧΖȱ ЀΔϲȱ ̓΅ϾΏΓΙȱ Ώ΅ΏΓΙΐνΑΓ΍Ζ).ȱ Schließlichȱ wirdȱ sogarȱ dieȱ „Partei“ȱ derȱ Christenȱ insgesamtȱ nachȱ Aussageȱ derȱ römischenȱ Judenȱ daȬ durchȱ charakterisiert,ȱ „dassȱ ihrȱ überallȱ widersprochenȱ wird“ȱ (Apgȱ 28,22),ȱ wodurchȱLukasȱeineȱRahmungȱumȱseinȱDoppelwerkȱsetzt.ȱ

Eingehendereȱ Aufmerksamkeitȱ verlangtȱ nunȱ dieȱ rätselhafteȱ FormulieȬ rungȱinȱV.ȱ34.ȱDieȱAussage,ȱdassȱJesusȱgesetztȱseiȱ„zumȱFallȱundȱAufȬ stehenȱ vielerȱ inȱ Israel“ȱ (ΉϢΖȱ ΔΘЗΗ΍Αȱ Ύ΅Ϡȱ ΦΑΣΗΘ΅Η΍Αȱ ΔΓΏΏЗΑȱ πΑȱ ΘХȱ ͑ΗΕ΅φΏ),ȱ kannȱ entwederȱ alsȱ Hinweisȱ aufȱ einȱ zeitlichesȱ Nacheinanderȱ vonȱ „Fall“ȱ undȱ „Auferstehung“ȱ Israels820ȱ oderȱ aberȱ alsȱ antithetischeȱ BeschreibungȱgegenteiligerȱFolgenȱfürȱzweiȱGruppenȱinȱIsraelȱverstanȬ denȱwerden.821ȱSoȱüberzeugendȱdieȱTheseȱvonȱderȱSpaltungȱIsraelsȱalsȱ Lösungȱ fürȱ dasȱ Problemȱ vonȱ Trennungȱ undȱ Kontinuitätȱ inȱ derȱ AposȬ telgeschichteȱist,ȱbeiȱihrerȱAnwendungȱaufȱdieȱSimeonweissagungȱtreȬ tenȱSchwierigkeitenȱauf.ȱDennȱsieȱsetztȱvoraus,ȱdassȱmitȱdenȱΔΓΏΏЗΑȱinȱ Lkȱ2,34cȱletztlichȱzweiȱverschiedeneȱGruppenȱgemeintȱsind:ȱDieȱ„Vielenȱinȱ Israel“ȱ werdenȱ anȱ ihrerȱ Entscheidungȱ fürȱ oderȱ gegenȱ Jesusȱ gemessen,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 818ȱȱ DieseȱlkȱEigenartȱkannȱsogarȱeinenȱPlatzȱinȱderȱsystematischenȱTheologieȱbehaupten,ȱ insbesondereȱ inȱ K.ȱ Rahnersȱ Theologieȱ desȱ „Heilsgeschichtlichenȱ Muss“,ȱ dieȱ ihrenȱ AusgangspunktȱbeimȱbiblischenȱΈΉϧȱnimmt,ȱvgl.ȱRahner,ȱDeutung,ȱ13–47,ȱbes.ȱ24ff.ȱ 819ȱȱ InȱdenȱvierȱEvangelienȱkommtȱΈΉϧȱbeiȱLukasȱamȱhäufigstenȱvorȱ(12Ȭmal;ȱMt:ȱ4Ȭmal,ȱ Mk:ȱ5Ȭmal,ȱJoh:ȱ9Ȭmal),ȱdazuȱ15ȬmalȱinȱderȱApg.ȱ 820ȱȱ SoȱetwaȱKoet,ȱSimeonsȱWorte,ȱ1563.ȱ 821ȱȱ Vgl.ȱWolter,ȱLk,ȱ142.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

327ȱ

wobeiȱ mancheȱ vonȱ ihmȱ aufgerichtetȱ werdenȱ (ΦΑΣΗΘ΅Η΍Ζ)ȱ undȱ ihmȱ nachfolgen,ȱ währendȱ dieȱ anderenȱ zuȱ Fallȱ kommen (ΔΘЗΗ΍Ζ).822ȱ Dieȱ Entscheidung,ȱ wieȱ auchȱ immerȱ sieȱ ausfällt,ȱ scheintȱ inȱ jedemȱ Fallȱ endȬ gültigȱ zuȱ sein:ȱ „Werȱ anȱ ihmȱ zuȱ Fallȱ kommt,ȱ fälltȱ ausȱ demȱ Gottesvolkȱ heraus.“823ȱ Sollteȱ dieseȱ Interpretationȱ zutreffen,ȱ sprächeȱ dasȱ Endeȱ derȱ SimeonperikopeȱvonȱeinerȱmehrȱoderȱwenigerȱendgültigenȱAufteilungȱ IsraelsȱinȱErretteteȱundȱVerworfene.ȱDieȱSpannungȱzuȱdenȱunmittelbarȱ vorherȱvonȱdemselbenȱSimeonȱgeäußertenȱHoffnungsweissagungenȱimȱ „NuncȱDimittis“,ȱwoȱdasȱHeilȱfürȱIsraelȱnochȱausdrücklichȱbetontȱwird,ȱ wennȱ esȱ mitȱ denȱ Wortenȱ endet:ȱ „Einȱ Lichtȱ zurȱ Offenbarungȱ fürȱ dieȱ VölkerȱundȱzurȱHerrlichkeitȱdeinesȱVolkesȱIsrael“ȱ(Lkȱ2,32),ȱliegenȱaufȱ derȱHand.ȱ InȱsprachlicherȱHinsichtȱsprechenȱnunȱmehrereȱGründeȱfürȱeineȱalȬ ternativeȱAuslegungȱderȱStelle.ȱInȱdenȱbiblischenȱSchriftenȱsindȱzahlreiȬ cheȱTexteȱbelegt,ȱdieȱinȱmetaphorischerȱRedeȱvomȱ„Fallen“ȱundȱ„AufȬ stehen“ȱ(bzw.ȱ„NichtȬmehrȬAufstehen“)ȱsprechen:ȱ ȱ Kohȱ 4,10ȱ

Jesȱ 24,20ȱ Amȱ 5,2ȱ

Amȱ 8,14ȱ Miȱ 7,8ȱ Sprȱ 24,16ȱ

ϵΘ΍ȱπΤΑȱΔνΗΝΗ΍Α,ȱȱ ϳȱΉϩΖȱπ·ΉΕΉϧȱΘϲΑȱΐνΘΓΛΓΑȱ΅ЁΘΓІ,ȱȱ ȱ Ύ΅ϠȱΓЁ΅Ϡȱ΅ЁΘХȱΘХȱοΑϟ,ȱϵΘ΅ΑȱΔνΗϙȱȱ Ύ΅ϠȱΐχȱϖȱΈΉϾΘΉΕΓΖȱΘΓІȱπ·ΉϧΕ΅΍ȱ ΅ЁΘϱΑ.ȱ ψȱ·ϛȱ[…]ȱΔΉΗΉϧΘ΅΍ȱȱ Ύ΅ϠȱΓЁȱΐχȱΈϾΑ΋Θ΅΍ȱΦΑ΅ΗΘϛΑ΅΍.ȱ ӥΔΉΗΉΑȱȱ ΓЁΎνΘ΍ȱΐχȱΔΕΓΗΌϜȱΘΓІȱΦΑ΅ΗΘϛΑ΅΍ȱȱ Δ΅ΕΌνΑΓΖȱΘΓІȱ̌ΗΕ΅΋Ώаȱȱ σΗΚ΅ΏΉΑȱπΔϠȱΘϛΖȱ·ϛΖȱ΅ЁΘϛΖ,ȱȱ ΓЁΎȱσΗΘ΍ΑȱϳȱΦΑ΅ΗΘφΗΝΑȱ΅ЁΘφΑ.ȱ ΔΉΗΓІΑΘ΅΍ȱȱ Ύ΅ϠȱΓЁȱΐχȱΦΑ΅ΗΘЗΗ΍ΑȱσΘ΍.ȱ ϵΘ΍ȱΔνΔΘΝΎ΅аȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑ΅ΗΘφΗΓΐ΅΍.ȱ οΔΘΣΎ΍ȱ·ΤΕȱΔΉΗΉϧΘ΅΍ȱϳȱΈϟΎ΅΍ΓΖȱȱ Ύ΅ϠȱΦΑ΅ΗΘφΗΉΘ΅΍,ȱ ΓϡȱΈξȱΦΗΉΆΉϧΖȱΦΗΌΉΑφΗΓΙΗ΍ΑȱπΑȱ Ύ΅ΎΓϧΖ.ȱ

Dennȱwennȱsieȱfallen,ȱȱ soȱwirdȱderȱeineȱseinenȱGefährtenȱaufȬ richten,ȱȱ aberȱWeheȱdemȱeinzelnen,ȱwennȱerȱfällt,ȱȱ ohneȱdaßȱeinȱzweiterȱdaȱist,ȱihnȱaufzuȬ richten.ȱ DieȱErdeȱwirdȱfallenȱȱ undȱnichtȱimstandeȱseinȱwiederȱaufzusteȬ hen.ȱ Gefallenȱistȱȱ undȱnichtȱmehrȱwiederȱaufstehenȱwirdȱȱ dieȱJungfrauȱIsrael.ȱȱ SieȱistȱaufȱihrȱLandȱgefallenȱȱ undȱesȱgibtȱkeinen,ȱderȱsieȱaufrichtet.ȱ Sieȱwerdenȱfallenȱȱ undȱnichtȱwiederȱaufstehen.ȱ Dennȱbinȱichȱgefallen,ȱȱ soȱsteheȱichȱwiederȱauf.ȱ DennȱsiebenmalȱwirdȱderȱGerechteȱfallenȱȱ undȱwiederȱaufstehen,ȱȱ dieȱFrevlerȱaberȱwerdenȱimȱUnglückȱ schwachȱwerden.ȱ

ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 822ȱȱ Vgl.ȱzumȱ„ZuȬFallȬKommen“ȱvorȱallemȱJesȱ8,14f.ȱ 823ȱȱ Eckey,ȱLkȱI,ȱ166.ȱ

328ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Alleȱ Texteȱ stimmenȱ darinȱ überein,ȱ dassȱ jeweilsȱ vonȱ derselbenȱ Personȱ (bzw.ȱGruppe)ȱdieȱRedeȱist.ȱDabeiȱhandeltȱesȱsichȱstetsȱumȱeinȱNacheiȬ nanderȱvonȱ„Fallen“ȱundȱ„Aufstehen“.ȱDieȱgebräuchlichenȱVerbenȱzurȱ Formulierungȱ diesesȱ Gegensatzesȱ sindȱ inȱ derȱ LXXȱ ΔϟΔΘΝȱ undȱ ΦΑϟΗΘ΋ΐ΍.ȱ Auchȱ istȱ deutlich,ȱ dassȱ jedesȱ Aufstehenȱ einenȱ Fallȱ vorausȬ setzt,ȱebensoȱwieȱdieȱnatürlicheȱFolgeȱdesȱFallensȱimȱAufstehenȱgesehenȱ wird.ȱManȱwirdȱdaherȱnichtȱfehlȱgehen,ȱauchȱhinterȱdenȱinȱLkȱ2,34ȱgeȬ wähltenȱ Substantivenȱ ΔΘЗΗ΍Ζȱ undȱ ΦΑΣΗΘ΅Η΍Ζȱ dieseȱ MetaphernȬ kombinationȱ zuȱ vermuten.ȱ Soȱ sprichtȱ dieserȱ Textbefundȱ dafür,ȱ dassȱ auchȱ inȱ derȱ Simeonweissagungȱ eineȱ einzigeȱ Gruppeȱ gemeintȱ ist,ȱ dieȱ zuerstȱ fallenȱ wird,ȱ umȱ schließlichȱ wiederȱ aufzustehen.824ȱ Auchȱ dieȱ knappeȱ Formulierungȱ mitȱ nurȱ einerȱ Präpositionȱ fürȱ zweiȱ Substantiveȱ sowieȱdasȱeinfachȱnachgestellteȱΔΓΏΏЗΑȱsprechenȱfürȱeineȱDeutungȱaufȱ nurȱeineȱGruppe.ȱ Aufȱ wenȱ passtȱ dieseȱ Beschreibung?ȱ Wilfriedȱ Eckeyȱ denktȱ etwaȱ anȱ Simonȱ Petrus,ȱ derȱ beiȱ derȱ Verleugnungȱ Jesuȱ zuȱ Fallȱ kommtȱ undȱ dochȱ späterȱwiederȱ„aufsteht“.825ȱNochȱdeutlicherȱistȱderȱSachverhaltȱfreilichȱ inȱderȱBekehrungsszeneȱdesȱPaulusȱausgedrückt.ȱDurchȱdasȱ„Lichtȱvomȱ Himmel“ȱ (Apgȱ 9,3)ȱ kommtȱ Paulusȱ zuȱ Fallȱ (9,4:ȱ ΔΉΗЏΑ)ȱ undȱ hörtȱ dieȱ Stimmeȱ Jesu,ȱ welcherȱ ihnȱ zumȱ Aufstehenȱ drängtȱ (9,6:ȱ ΦΑΣΗΘ΋Ό΍).ȱ Amȱ EndeȱderȱPerikopeȱkommtȱesȱschließlichȱdazu,ȱdassȱPaulusȱwiederȱseȬ henȱ kann,ȱ undȱ seinȱ „Aufstehen“ȱ mitȱ derȱ Taufeȱ verbundenȱ wirdȱ (9,18:ȱ ΦΑνΆΏΉΜνΑȱ ΘΉȱ Ύ΅Ϡȱ ΦΑ΅ΗΘΤΖȱ πΆ΅ΔΘϟΗΌ΋).ȱSoȱ magȱ dieȱ Aussageȱ Lkȱ 2,34ȱ durchausȱaufȱeineȱGruppeȱbezogenȱwerden,ȱnämlichȱdieȱ„VielenȱinȱIsraȬ el“ȱbzw.ȱIsraelȱüberhaupt.ȱ DieȱNäheȱzuȱdenȱgenanntenȱbiblischenȱParallelenȱsowieȱdieȱEntfalȬ tungȱ etwaȱ inȱ derȱ Paulusszeneȱ vorȱ Damaskusȱ zeigtȱ zugleich,ȱ dassȱ dasȱ Motivȱ vomȱ „Steinȱ desȱ Anstoßes“826ȱ vonȱ Lkȱ 2,34ȱ ferngehaltenȱ werdenȱ sollte.827ȱAuchȱdieȱAufnahmeȱdesȱPsalmwortesȱvomȱverworfenenȱSteinȱ (Psȱ 117,22ȱ [LXX])ȱ inȱ Lkȱ 20,17ȱ undȱ derȱ Weiterführungȱ imȱ Drohwortȱ 20,18ȱ kannȱ nichtȱ alsȱ Brückeȱ genommenȱ werden,ȱ daȱ dieȱ Evangelien,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 824ȱȱ Vgl.ȱdazuȱSchweizer,ȱLk,ȱ38:ȱ„AnȱallenȱalttestamentlichenȱStellen,ȱdieȱbeidesȱaussaȬ gen,ȱsindȱesȱimmerȱdieselben,ȱdieȱfallenȱundȱaufstehen.“ȱAlsȱeinzigeȱAusnahmeȱhabeȱ ichȱPsȱ19(20),9ȱgefunden.ȱ 825ȱȱ Soȱz.ȱB.ȱEckey,ȱLkȱI,ȱ166.ȱ 826ȱȱ Jesȱ 8,14;ȱ 28,16,ȱ vgl.ȱ dazuȱ dieȱ Rezeptionȱ imȱ NTȱ inȱ Römȱ 9,33:ȱ ΏϟΌΓΑȱ ΔΕΓΗΎϱΐΐ΅ΘΓΖȱ Ύ΅ϠȱΔνΘΕ΅ΑȱΗΎ΅ΑΈΣΏΓΙȱundȱ1ȱPetrȱ2,6–8.ȱ 827ȱȱ Gegenȱ Lohfink,ȱ Sammlung,ȱ 30;ȱ damitȱ entfälltȱ auchȱ dasȱ Zusammenlesenȱ unsererȱ StelleȱmitȱRömȱ9,33,ȱderenȱKonsequenzȱbeiȱG.ȱLohfinkȱdarinȱbesteht,ȱdassȱTeileȱIsraȬ elsȱdurchȱihrenȱ„Fall“ȱihrenȱAnteilȱanȱIsraelȱverlieren,ȱwährendȱNichtjudenȱ„inȱIsraelȱ auferstehenȱ[werden],ȱdasȱheißt,ȱsieȱsindȱIsrael,ȱundȱinȱihnenȱentstehtȱdasȱwahreȱIsȬ rael“ȱ(ebd.).ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

329ȱ

andersȱalsȱPaulusȱundȱderȱ1.ȱPetrusbrief,ȱdenȱPsalmversȱnichtȱmitȱdemȱ Jesajawortȱverbinden.828ȱWieȱLukasȱstattdessenȱdenȱPsalmversȱversteht,ȱ zeigtȱerȱinȱApgȱ4,11f.,ȱwoȱdasȱMotivȱdesȱ„Fallens“ȱgarȱnichtȱimȱBlickȱist;ȱ inȱ Lkȱ 20,18ȱ wirdȱ andersȱ alsȱ etwaȱ 1ȱ Petrȱ 2,8ȱ nurȱ dieȱ negativeȱ Funktionȱ desȱ Steinȱ inȱ zweifacherȱ Weiseȱ herausgestelltȱ undȱ dasȱ alsȱ verbindendȱ angeseheneȱ Verbumȱ „fallen“ȱ wirdȱ auchȱ vomȱ Steinȱ selbstȱ ausgesagt.ȱ Eineȱ bewussteȱ Bezugnahmeȱ aufȱ 2,34ȱ istȱ anȱ beidenȱ Stellenȱ nichtȱ zuȱ erȬ weisen.ȱ MichaelȱHoffmannȱsiehtȱdasȱSubstantivȱΔΘЗΗ΍Ζȱdarüberȱhinausȱalsȱ Hinweisȱ aufȱ dieȱ „gefallenen“ȱ Judenȱ beiȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalems,ȱ währendȱ ΦΑΣΗΘ΅Η΍Ζȱ aufȱ dieȱ eschatologischeȱ Auferstehungȱ derȱ Totenȱ ziele.829ȱWenngleichȱseineȱAuslegungȱdieȱobenȱgenanntenȱParallelenȱausȱ derȱLXXȱnichtȱauswertet,ȱistȱderȱGedankeȱalsȱsolcherȱnichtȱabzuweisen,ȱ zumalȱ dasȱ Endeȱ derȱ Stadtȱ undȱ desȱ Tempelsȱ Lukasȱ mehrfachȱ beschäfȬ tigt.830ȱ Tatsächlichȱ sprichtȱ Lkȱ 21,24ȱ davon,ȱ dassȱ vieleȱ beiȱ dieserȱ KataȬ stropheȱ„fallen“ȱwerdenȱ(ΔΉΗΓІΑΘ΅΍),ȱundȱdassȱauchȱdieȱsichȱanschlieȬ ßendeȱUnheilszeitȱeineȱHeilswendeȱerwartenȱkann.831ȱȱ DerȱGedankeȱderȱSpaltung,ȱdieȱdasȱAuftretenȱJesuȱinȱIsraelȱhervorȬ rufenȱwird,ȱistȱgleichwohlȱzutreffend.ȱWährendȱeineȱsolcheȱimȱVerlaufȱ desȱEvangeliumsȱvonȱferneȱangedeutetȱwirdȱ(z.ȱB.ȱinȱLkȱ4,16–30),ȱkonȬ kretisiertȱ sieȱ sichȱ insbesondereȱ beiȱ derȱ urchristlichenȱ Verkündigung,ȱ vonȱderȱdieȱApostelgeschichteȱberichtet:ȱAufȱdieȱMissionspredigtenȱhinȱ wendetȱsichȱjeweilsȱeinȱmehrȱoderȱwenigerȱgroßerȱTeilȱderȱinȱdenȱeinȬ zelnenȱStädtenȱansässigenȱJudenȱderȱchristlichenȱGemeinschaftȱzuȱ(Apgȱ 14,1;ȱ 17,4.12;ȱ 18,8;ȱ 19,8),ȱ derȱ Restȱ jedochȱ nicht.ȱ Exemplarischȱ erwähntȱ Lukasȱ beiȱ derȱ Missionȱ inȱ Ikonionȱ dieȱ durchȱ dieȱ Missionspredigtȱ herȬ vorgerufeneȱ Spaltungȱ imȱ Volkȱ derȱ Stadtȱ (Apgȱ 14,4:ȱ πΗΛϟΗΌ΋ȱ Έξȱ Θϲȱ ΔΏϛΌΓΖȱΘϛΖȱΔϱΏΉΝΖ).ȱDieȱGrößeȱderȱjeweiligenȱParteienȱspieltȱfürȱdenȱ Erzählerȱ keineȱ Rolle,ȱ dieȱ Tatsacheȱ alsȱ solcheȱ istȱ bedeutsam,ȱ wieȱ dieȱ Schematisierungȱ inȱ „dieȱ einen“ȱ undȱ „dieȱ anderen“ȱ zeigt:ȱ Ύ΅Ϡȱ Γϡȱ ΐξΑȱ ώΗ΅ΑȱΗϿΑȱΘΓϧΖȱ͑ΓΙΈ΅ϟΓ΍Ζ,ȱΓϡȱΈξȱΗϿΑȱΘΓϧΖȱΦΔΓΗΘϱΏΓ΍Ζȱ (14,4).ȱGeradezuȱ paradigmatischȱ findetȱ sichȱ derȱ Gedankeȱ dannȱ amȱ Endeȱ desȱ DoppelȬ werks.832ȱInȱderȱWeissagungȱSimeonsȱwirdȱmanȱdasȱMotivȱfreilichȱeherȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 828ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ649.ȱ 829ȱȱ Vgl.ȱHoffmann,ȱHeil,ȱ79–87.ȱ 830ȱȱ Vgl.ȱ Lkȱ 11,47–51;ȱ 13,31–35;ȱ 19,29–40.41–44;ȱ 21,20–24;ȱ 23,27–31ȱ –ȱ dieseȱ Stellenȱ nenntȱ auchȱDöpp,ȱDeutungȱderȱZerstörung,ȱ36.ȱ 831ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.2ȱ(zuȱLkȱ13,31–35)ȱundȱ3.4ȱ(zuȱLkȱ21,20–24);ȱbeideȱPerikopenȱ verweisenȱaufȱeinȱNacheinanderȱvonȱHeilsȬȱundȱUnheilsphase.ȱ 832ȱȱ Apgȱ 28,24:ȱ „Undȱ dieȱ einenȱ wurdenȱ überzeugtȱ vonȱ denȱ Worten,ȱ dieȱ anderenȱ aberȱ bliebenȱ ungläubig“ȱ (Ύ΅Ϡȱ Γϡȱ ΐξΑȱ πΔΉϟΌΓΑΘΓȱ ΘΓϧΖȱ ΏΉ·ΓΐνΑΓ΍Ζ,ȱ Γϡȱ Έξȱ ωΔϟΗΘΓΙΑ);ȱ vgl.ȱ dazuȱuntenȱKap.ȱ3.10.4.ȱȱ

330ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

mitȱdemȱzweitenȱTeil,ȱderȱvomȱWiderspruchȱgegenȱdasȱ„Zeichen“,ȱdasȱ Jesusȱdarstellt,ȱspricht,ȱverbinden.ȱ

3.9.4.3ȱDieȱWiederherstellungȱIsraelsȱimȱVerlaufȱdesȱEvangeliumsȱ Dieȱ Vorstellungȱ derȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ wird,ȱ wieȱ wirȱ gesehenȱ haben,ȱinȱdenȱ Vorgeschichtenȱ anhandȱzahlreicherȱMotivfelderȱ alsȱ präȬ gendeȱ Grundideeȱ fürȱ dasȱ Doppelwerkȱ entfaltet.ȱ Anhandȱ einzelnerȱ Eckpunkteȱistȱnunȱzuȱverfolgen,ȱwieȱsichȱdieseȱVorstellungȱweiterȱausȬ prägt.ȱDabeiȱistȱauchȱaufȱbereitsȱuntersuchteȱTexteȱzurückzugreifen.ȱ Dieȱ eschatologischeȱ Hoffnungȱ aufȱ dieȱ Errichtungȱ derȱ GottesherrȬ schaftȱ (Ά΅Η΍ΏΉϟ΅ȱ ΘΓІȱ ΌΉΓІ),ȱ dieȱ imȱ antikenȱ Judentumȱ durchausȱ poliȬ tischȱ verstandenȱ wurde,833ȱ klingtȱ imȱ Drittenȱ Evangliumȱ nichtȱ nurȱ inȱ denȱ Kindheitserzählungenȱ an.ȱ Vorȱ allemȱ derȱ dritteȱ Hauptteilȱ bietetȱ weitereȱwichtigeȱTextstellen,ȱetwaȱdieȱFrageȱderȱPharisäerȱinȱLkȱ17,20f.,ȱ dieȱaufgrundȱderȱNäheȱJesuȱzuȱJerusalem834ȱdasȱunmittelbareȱ„ErscheiȬ nen“ȱderȱGottesherrschaftȱerwarten.835ȱLukasȱzeigtȱdurchausȱVerständȬ nisȱfürȱsolcheȱErwartungen,ȱindemȱerȱsieȱnichtȱeinfachȱabweist,ȱsondernȱ Jesusȱ korrigierendȱ daraufȱ reagierenȱ lässt.ȱ Schonȱ inȱ Lkȱ 19,11ȱ wirdȱ dieȱ Thematikȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Parusieȱ Jesuȱ weitergeführt,ȱ erreichtȱ beimȱ EinzugȱinȱdieȱStadtȱeinenȱerstenȱHöhepunktȱ(vgl.ȱLkȱ19,38),ȱtauchtȱbeiȱ Josefȱ vonȱ Arimathäaȱ (Lkȱ 23,51)ȱ undȱ denȱ Emmausjüngernȱ (Lkȱ 24,21)ȱ wiederȱauf,ȱumȱschließlichȱprominentȱdasȱzweiteȱBuch,ȱdieȱApostelgeȬ schichte,ȱ zuȱ eröffnenȱ (vgl.ȱ Apgȱ 1,6).ȱ Anȱ keinerȱ Stelleȱ wirdȱ dieȱ ErwarȬ tungȱ derȱ eschatologischenȱ Gottesherrschaftȱ direktȱ verneintȱ bzw.ȱ alsȱ grundsätzlichȱ falschȱ abgewiesen.ȱ Inȱ verschiedenerȱ Weiseȱ hingegenȱ wirdȱ dieȱ Eigenartȱ derȱ vonȱ Jesusȱ verkündigtenȱ Gottesherrschaftȱ beȬ schrieben,ȱdieȱnachȱlukanischerȱDarstellungȱtatsächlichȱdieȱWiederherȬ stellungȱIsraelsȱbeginnenȱlässt,ȱwenngleichȱdiesȱinȱganzȱandererȱWeiseȱ geschieht,ȱalsȱdieȱmeistenȱJudenȱglaubten.ȱ DieȱersteȱeschatologischeȱRedeȱJesuȱ(Lkȱ17,22–37)ȱgibtȱHinweiseȱfürȱ dasȱlukanischeȱVerständnisȱderȱrätselhaftenȱAntwortȱJesuȱanȱdieȱPhariȬ säerȱ(Lkȱ17,21),ȱdassȱdasȱReichȱGottesȱnichtȱ„unterȱBeobachtung“ȱ(ΐΉΘΤȱ Δ΅Ε΅Θ΋ΕφΗΉΝΖ)ȱ komme,ȱ sondernȱ „in/unterȱ euch“ȱ (πΑΘϲΖȱ ЀΐЗΑ)ȱ sei.ȱ GnostischeȱAuslegungenȱdesȱLogions,ȱwieȱsieȱetwaȱdasȱThomasevangeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 833ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ etwaȱ PsSalȱ 17,ȱ nachȱ dessenȱ Erwartungȱ dasȱ wiederhergestellteȱ Israelȱ mitȱ allenȱ Stämmenȱ inȱ Freiheitȱ vonȱ einemȱ messianischenȱ Königȱ bzw.ȱ Gottȱ selbstȱ regiertȱ werdenȱsollte.ȱ 834ȱȱ Vgl.ȱauchȱdieȱErwähnungȱJerusalemsȱinȱLkȱ17,11.ȱ 835ȱȱ Vgl.ȱSchwemer,ȱKönigsherrschaftȱGottes,ȱ107–138.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

331ȱ

liumȱ (Log.ȱ 3.113)ȱ oderȱ dasȱ „Evangeliumȱ nachȱ Maria“ȱ bieten,836ȱ liegenȱ Lukasȱfern.ȱDasȱ Wortȱ kannȱ ursprünglichȱ imȱ πΑΘϲΖȱЀΐЗΑȱ einȱ präsentiȬ schesȱ „mittenȱ unterȱ euch“ȱ sehen,ȱ wasȱ auchȱ sprachlichȱ möglichȱ ist,837ȱ undȱ aufȱ dieȱ Existenzȱ Jesuȱ hinweist.ȱ Lukasȱ verstehtȱ dennȱ Satzȱ parallelȱ zuȱ11,20ȱundȱ7,18–23ȱinȱBezugȱaufȱJesuȱWirken.ȱDamitȱwirdȱdasȱpräsenȬ tischeȱ Elementȱ derȱ Gottesherrschaftȱ deutlich.ȱ Dochȱ istȱ fürȱ Lukasȱ dasȱ zukünftigȱ nochȱ Ausstehendeȱ damitȱ keineswegsȱ irrelevantȱ geworden.ȱ DasȱfuturischeȱElement,ȱwieȱesȱinȱLkȱ17,22ff.ȱdeutlichȱhervortritt,ȱwirdȱ imȱ Verständnisȱ desȱ Lukasȱ auchȱ hierȱ eineȱ wichtigeȱ Rolleȱ gespieltȱ haȬ ben.838ȱȱ Auchȱ verschiedeneȱ weitereȱ Erzählmotiveȱ öffnenȱ sichȱ fürȱ einȱ VerȬ ständnisȱ imȱ Kontextȱ derȱ Wiederherstellungȱ Israels.ȱ Soȱ findenȱ sichȱ imȱ Kontextȱ desȱ letztenȱ Mahlsȱ Jesu,ȱ vonȱ demȱ Lukasȱ (inkl.ȱ derȱ VorbereiȬ tungsszene)ȱinȱLkȱ22,7–38ȱerzählt,ȱeineȱaufȱdieȱWiederherstellungȱIsraelsȱ weisendeȱDeutungȱdesȱZwölferkreises.839ȱAlsȱNachfolgerȱJesuȱvermachtȱ dieserȱ ihnenȱ dieȱ Herrschaft,ȱ dieȱ ihmȱ selbstȱ „derȱ Vaterȱ vermachtȱ hat“ȱ (Lkȱ 22,29).ȱ Sieȱ sitzenȱ alsȱ Herrscherȱ aufȱ denȱ zwölfȱ Thronenȱ Israelsȱ (Lkȱ 22,30).ȱȱ WerȱdieȱimȱVergleichȱzuȱMkȱ14ȱundȱMtȱ26ȱdeutlichȱerweiterteȱSzeneȱ inȱ derȱ Folgeȱ derȱ beiȱ Lukasȱ zahlreichenȱ Erzählungenȱ überȱ Gastmählerȱ liestȱ (vgl.ȱ Lkȱ 5,29–39840;ȱ 7,36–50;ȱ 11,37–52;ȱ 14,1–24),ȱ wirdȱ dieȱ anschlieȬ ßendenȱ Redenȱ kaumȱ außergewöhnlichȱ finden.841ȱ Besonderesȱ Profilȱ erhältȱ dieȱ Szeneȱ gegenüberȱ denȱ anderenȱ Mählernȱ dadurch,ȱ dassȱ Jesusȱ selbstȱderȱGastgeberȱistȱundȱlediglichȱdieȱApostel842ȱanwesendȱsindȱ(vgl.ȱ Lkȱ22,14).ȱAnȱdieserȱStelleȱunterscheidetȱsichȱdieȱSzeneȱvonȱderȱinȱLkȱ24ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 836ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Schwemer,ȱ Königsherrschaftȱ Gottes,ȱ 121–131ȱ mitȱ nochȱ weiterenȱ BeispieȬ len.ȱ 837ȱȱ Vgl.ȱ etwaȱ dieȱ Übersetzungȱ Aquilasȱ zuȱ Exȱ 17,7ȱ „inȱ unsererȱ Mitte“ȱ mitȱ πΑΘϱΖ,ȱ dazuȱ Schwemer,ȱKönigsherrschaftȱGottes,ȱ133;ȱWolter,ȱLk,ȱ577.ȱ 838ȱȱ SoȱauchȱSchenke,ȱBotschaft,ȱ123.ȱ 839ȱȱ Vgl.ȱdazuȱEckey,ȱLkȱII,ȱ871–902,ȱWolter,ȱLkȱ694–720.ȱ 840ȱȱ Lukasȱ hatȱ dieȱ Einzelepisodenȱ seinerȱ Markusvorlageȱ erzählerischȱ zuȱ einerȱ durchgeȬ hendenȱ Mahlszeneȱ verbunden.ȱ Soȱ tilgtȱ erȱ inȱ 5,33ȱ dieȱ trennendenȱ Angabenȱ ausȱ Mkȱ 2,18ȱundȱpasstȱalleȱRedenȱderȱThematikȱ„EssenȱundȱTrinken“ȱan.ȱ 841ȱȱ Vgl.ȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 697f.,ȱ derȱ meint,ȱ dassȱ esȱ sichȱ hierȱ vonȱ derȱ Formȱ herȱ kaumȱ umȱ einȱ Beispielȱ derȱ antikenȱ Gattungȱ derȱ „Abschiedsreden“ȱ handele,ȱ wieȱ sieȱ inȱ Johȱ 14–17,ȱ aberȱ auchȱ fürȱ Paulusȱ inȱ Apgȱ 20,17–35ȱ innerhalbȱ desȱ NTȱ belegtȱ ist.ȱ Dochȱ sindȱ dieȱ WorteȱJesuȱdurchȱihrenȱnarrativenȱOrtȱimȱAnschlussȱanȱdasȱletzteȱMahlȱmitȱJohȱ14ff.ȱ undȱ durchȱ verschiedeneȱ sprachlichȬinhaltlicheȱ Parallelisierungenȱ mitȱ Apgȱ 20,17–35ȱ daurchausȱ vergleichbarȱ (vgl.ȱ nurȱ dieȱ Elementeȱ Rückblick,ȱ mitȱ Leidenȱ verbundenerȱ Ausblick,ȱAnkündigungenȱfürȱdieȱZuhörerȱusw.),ȱsoȱdassȱsieȱsichȱalsȱAbschiedsredeȱ anȱdenȱbegrenztenȱAdressatenkreisȱderȱJüngerȱlesenȱlassen.ȱ 842ȱȱ BeiȱdenȱübrigenȱMahlszenenȱtretenȱstetsȱauchȱGegnerȱauf.ȱ

332ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

erzähltenȱ österlichenȱ Erscheinungȱ Jesu,ȱ dieȱ vorȱ denȱ Aposteln,ȱ denȱ Frauenȱ undȱ weiterenȱ Jüngernȱ geschiehtȱ undȱ daherȱ aufȱ derȱ narrativenȱ Ebeneȱ nichtȱ ohneȱ Weiteresȱ mitȱ demȱ letztenȱ Abendmahlȱ verbundenȱ werdenȱdarf.ȱInsofernȱscheintȱesȱangemessen,ȱdieȱkeineswegsȱeinheitliȬ cheȱ Redeȱ Jesu,ȱ dieȱ sichȱ –ȱ vonȱ kleinenȱ narrativenȱ Überleitungenȱ unterȬ brochenȱ–ȱfaktischȱüberȱdieȱgesamteȱPerikopeȱerstreckt,ȱalsȱ„AbschiedsȬ rede“ȱanȱdieȱZwölfȱzuȱbezeichnen.ȱImȱAnschlussȱanȱdasȱMahlȱvorȱderȱ Passionȱ stehenȱ dieȱ Worteȱ erzählerischȱ amȱ gleichenȱ Ortȱ wieȱ dieȱ AbȬ schiedsredenȱ imȱ Johannesevangelium.ȱ Imȱ Blickȱ aufȱdieȱ Abschiedsredeȱ desȱPaulusȱ(Apgȱ20,17–35)ȱistȱzuȱbemerken,ȱdassȱbeideȱRedenȱRückbliȬ ckeȱdesȱSprechersȱaufȱvorherȱerzählteȱBegebenheitenȱundȱmitȱLeidensȬ ansagenȱverbundeneȱAusblickeȱenthaltenȱundȱaußerdemȱZukunftsweiȬ sungenȱfürȱdieȱGruppeȱderȱZuhörerȱ(dieȱApostelȱbzw.ȱdieȱÄltestenȱvonȱ Ephesus)ȱenthalten.ȱ Zurȱ Strukturȱ derȱ Jesusrede,ȱ dieȱ –ȱ ähnlichȱ denȱ Wortwechselnȱ beiȱ früherenȱ Gastmählernȱ –ȱ dieȱ gesamteȱ Szeneȱ prägt,ȱ sindȱ einigeȱ ÜberleȬ gungenȱ voranzustellen.ȱ Einigeȱ Elementeȱ desȱ Mahlesȱ werdenȱ zunächstȱ auchȱimȱnarrativenȱRahmenȱausdrücklichȱerwähntȱ(V.ȱ14.17.19f.),ȱgeraȬ tenȱ zumȱ Endeȱ hinȱ jedochȱ ausȱ demȱ Blick,ȱ wodurchȱ sichȱ einȱ ersterȱ EinȬ schnittȱnachȱderȱsorgfältigȱformuliertenȱAbendmahlsparadosisȱergibt.843ȱ Dieȱ folgendenȱ Worteȱ Jesuȱ sindȱ davonȱ insofernȱabgehoben,ȱ alsȱderȱ unȬ mittelbareȱ Mahlkontextȱ zurücktrittȱ (trotzdemȱ nichtȱ vollkommenȱ verȬ schwindet)ȱ undȱ nebenȱ Jesusȱ nunȱ auchȱ dieȱ Apostelȱ zuȱ Wortȱ kommenȱ (V.ȱ23f.ȱ inȱ indirekter,ȱ V.ȱ 33.35.38ȱ inȱ direkterȱ Rede).ȱ Dieȱ textstrukturieȬ rendenȱMerkmaleȱwerdenȱnichtȱdurchȱdieȱnarrativenȱEinschnitte,ȱsonȬ dernȱdurchȱElementeȱderȱRedeȱselbstȱgesetzt.ȱDasȱzweimaligeȱϢΈΓϾȱinȱV.ȱ 21ȱundȱ31ȱweistȱaufȱeineȱZweiteilungȱhin,ȱbeiȱderȱjeweilsȱzunächstȱeineȱ Einzelpersonȱ (Judasȱ bzw.ȱPetrus)ȱ undȱdaranȱ anschließendȱ dieȱ Gruppeȱ derȱ Apostelȱ selbstȱ dieȱ Adressatenȱ sind.ȱ Derȱ vordereȱ Teilȱ zeichnetȱ sichȱ nichtȱnurȱdurchȱdieȱzunächstȱnurȱindirekteȱRedeȱderȱApostelȱaus,ȱsonȬ dernȱ auchȱ durchȱ Elementeȱ desȱ rahmendenȱ Mahlesȱ („Tisch“ȱ inȱ V.ȱ 21ȱ undȱ 28;ȱ „Essenȱ undȱ Trinken“ȱ inȱ V.ȱ 30).ȱ Dieseȱ tretenȱ imȱ hinterenȱ Teilȱ ganzȱzurück.ȱHierȱkommenȱnunȱdieȱApostelȱselbstȱdirektȱzuȱWortȱundȱ sowohlȱ dieȱ Ankündigungȱ derȱ Verleugnungȱ alsȱ auchȱ dieȱ zweiȱ Messerȱ weisenȱ aufȱ dieȱ kommendeȱ Passionserzählungȱ voraus.ȱ Soȱ ergibtȱ sichȱ folgendeȱAufteilung:ȱ ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 843ȱȱ ZurȱparallelenȱStrukturȱ„Passaȱ–ȱBecherȱ–ȱBrotȱ–ȱBecher“ȱ(aȱbȱa’ȱb‘)ȱvgl.ȱEckey,ȱLkȱII,ȱ 880;ȱzuȱdenȱtextkritischenȱProblemenȱinȱV.ȱ19f.ȱvgl.ȱaußerdemȱWolter,ȱLk,ȱ698f.ȱ(mitȱ weitererȱLit.);ȱletztlichȱwirdȱmanȱhierȱdochȱdieȱLangformȱfürȱursprünglichȱhalten.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

V.ȱ14ȱ

̍΅ϠȱϵΘΉȱπ·νΑΉΘΓȱ[…]ȱ

V.ȱ15–20ȱ

Ύ΅ϠȱΉϨΔΉΑȱΔΕϲΖȱ ΅ЁΘΓϾΖȱ[…]ȱ ̓ΏχΑȱϢΈΓϿȱ[…]ȱ

V.ȱ21–23ȱ

V.ȱ24–30ȱ

̳·νΑΉΘΓȱΈξȱ[…]ȱϳȱΈξȱ ΉϨΔΉΑȱ΅ЁΘΓϧΖȱ[…]ȱ

V.ȱ31–34ȱ

̕ϟΐΝΑȱ̕ϟΐΝΑ,ȱϢΈΓϿȱ […]ȱ

V.ȱ35–38ȱ

̍΅ϠȱΉϨΔΉΑȱ΅ЁΘΓϧΖȱ […]ȱ

333ȱ

NarrativerȱRahmenȱmitȱOrtsȬ,ȱZeitȬȱundȱPersonenangabenȱ (reichtȱbisȱV.ȱ38).ȱ AbendmahlsparadosisȱinȱparallelenȱFormulierungen:ȱ Paschaȱ–ȱBecherȱ//ȱBrotȱ–ȱBecher.ȱ WorteȱüberȱdenȱAuslieferer:ȱJudasȱ(par.ȱMkȱ14,18–21,ȱ indirekteȱAnspracheȱinȱderȱ3.ȱPerson);ȱseinȱTunȱwirdȱ alsȱvomȱSatanȱgelenktȱbeschriebenȱ(vgl.ȱLkȱ22,3–6).ȱ LogienȱzumȱThemaȱ„HerrschenȱundȱDienen“ȱ(par.ȱ Mkȱ10,41–45)ȱundȱzurȱrichtendenȱHerrschaftȱderȱ ZwölfȱüberȱIsraelȱ(par.ȱMtȱ19,28;ȱwohlȱausȱQ).ȱ WorteȱüberȱdenȱVerleugner:ȱPetrusȱ(par.ȱMkȱ14,29f.;ȱ direkteȱAnspracheȱundȱDialog);ȱseinȱTunȱwirdȱalsȱ vomȱSatanȱgelenktȱbeschriebenȱwird,ȱaberȱUmkehrȱ undȱeinȱneuerȱAuftragȱwerdenȱinȱAussichtȱgestellt.ȱ DialogȱzumȱThemaȱ„zukünftigerȱKampf“,ȱdemȱdieȱ ApostelȱentgegensehenȱundȱfürȱdenȱbisherigeȱVerhalȬ tensweisenȱaufȱdenȱKopfȱgestelltȱwerden.ȱ

ȱ Mehrereȱ Elementeȱ sindȱ vonȱ Interesse:ȱ Zunächstȱ zeigtȱ V.ȱ 21–23,ȱ dassȱ auchȱfürȱdieȱChristenȱ–ȱwieȱschonȱfürȱdieȱJudenȱ–ȱkeinȱHeilsautomatisȬ musȱzuȱerwartenȱist:ȱAuchȱwerȱamȱTischȱdesȱHerrnȱsitzt,ȱkannȱsichȱdasȱ Unheilȱzuziehen,ȱwieȱderȱFallȱdesȱJudasȱzeigt:ȱ„AuchȱwerȱvorȱdenȱAuȬ genȱ desȱ Herrnȱ gegessenȱ undȱ getrunkenȱ hat,ȱ kannȱ inȱ Heillosigkeitȱ enȬ den“844.ȱAußerdemȱzeigtȱsichȱhierȱdieȱfürȱLukasȱmöglicheȱGleichzeitigȬ keitȱ vonȱ göttlichemȱ Ratschlussȱ undȱ menschlicherȱ Verantwortung.ȱ Derȱ Wegȱ Jesuȱ insȱ Leidenȱ istȱ vorherbestimmt,ȱ aberȱ Judasȱ istȱ damitȱ keinesȬ wegsȱ göttlicheȱ Werkzeug,ȱ sondernȱ bleibtȱ fürȱ seinȱ Tunȱ verantwortlich.ȱ DieȱSpannungȱbleibtȱ–ȱnichtȱnurȱanȱdieserȱStelleȱ–ȱunaufgelöst.ȱ Imȱ nächstenȱ Teilȱ (V.ȱ 24–30)ȱ richtetȱ sichȱ derȱ Fokusȱ wiederȱ aufȱ alleȱ Anwesenden.ȱDasȱWortȱüberȱdasȱ„HerrschenȱundȱDienen“ȱ(24–27)ȱhatȱ Lukasȱ bewusstȱ ausȱ Mkȱ 10,41–45ȱanȱ denȱ Abschlussȱ derȱ Worteȱ Jesuȱ geȬ setztȱundȱdabeiȱzugleichȱmitȱdemȱQȬWortȱüberȱdasȱendzeitlicheȱRichtenȱ derȱzwölfȱStämmeȱIsraelsȱ(V.ȱ28–30)ȱverbunden.ȱ Beideȱ Abschnitteȱ erschließenȱ ihreȱ sachlicheȱ Zusammengehörigkeitȱ erstȱ aufȱ denȱ zweitenȱ Blick:ȱ Einmalȱ greifenȱ beideȱ Teileȱ nochmalsȱ –ȱ imȱ GegensatzȱzuȱdenȱfolgendenȱVersenȱ31–38ȱ–ȱElementeȱderȱMahlszenerieȱ auf,845ȱ dieȱ Lukasȱ beideȱ Maleȱ selbstȱ inȱ dieȱ ihmȱ vorliegendenȱ Sprücheȱ eingetragenȱ hat846ȱ undȱ sieȱ dadurchȱ festȱ inȱ derȱ Szeneȱ verankertȱ sehenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 844ȱȱ Eckey,ȱLkȱII,ȱ890.ȱ 845ȱȱ V.ȱ27:ȱϳȱΦΑ΅ΎΉϟΐΉΑΓΖȱundȱϳȱΈ΍΅ΎΓΑЗΑ;ȱV.ȱ28:ȱσΗΌ΋ΘΉȱΎ΅ϠȱΔϟΑ΋ΘΉȱπΔϠȱΘϛΖȱΘΕ΅ΔνΊ΋Ζȱ ΐΓΙ.ȱ 846ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ nurȱ dieȱ MkȬParalleleȱ bzw.ȱ dasȱ rekonstruierteȱ QȬLogionȱ (z.ȱ B.ȱ beiȱ HoffȬ mann/Heil,ȱSpruchquelleȱQ,ȱ113).ȱ

334ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

wollte.ȱ Zumȱanderenȱ wirdȱ dasȱ Themaȱ„Macht“ȱ weitergeführtȱ undȱ dieȱ FrageȱnachȱdemȱHerrschenȱausȱV.ȱ25f.ȱimȱjesuanischenȱSinnȱletztgültigȱ formuliert.ȱ Alsȱ Dienenderȱ inmittenȱ derȱ Jüngerȱ (vgl.ȱ V.ȱ27)ȱ verheißtȱ JeȬ susȱnunȱeinȱReichȱganzȱbesondererȱArt,ȱinȱdasȱmanȱzunächstȱnurȱdurchȱ „Versuchungen/Leiden“ȱ (V.ȱ28:ȱ ΔΉ΍Ε΅ΗΐΓϟ)ȱ kommt.ȱ Dannȱ jedochȱ wirdȱ esȱwiederȱEssenȱundȱTrinkenȱgeben,ȱzusammenȱmitȱJesusȱ(unterȱRückȬ griffȱaufȱV.ȱ16ȱundȱ18).ȱUnterȱderȱHandȱistȱdasȱ„ReichȱGottes“ȱnunȱauchȱ zumȱ„ReichȱJesu“ȱgeworden,ȱwasȱsichȱzunächstȱimȱösterlichenȱKontextȱ verstehenȱ lässt,ȱ insofernȱ derȱ Auferstandeneȱ inȱ Machtȱ imȱ Reichȱ Gottesȱ herrschenȱ wird,ȱ aberȱ auchȱ aufȱ dieȱ nochȱ ausstehendeȱ Parusieȱ vorausȬ weist.ȱDieȱfrühjüdischeȱTraditionȱvomȱMitherrschenȱderȱGerechtenȱimȱ endzeitlichen,ȱ wiederhergestelltenȱ Israel847ȱ wirdȱ hierȱ anȱ gewichtigerȱ StelleȱdenȱApostelnȱverheißen.ȱ DieserȱzweiteȱTeilȱwillȱinsgesamtȱimȱKontextȱdesȱMahlesȱausgelegtȱ werden,ȱ wieȱ dieȱ vonȱ Lukasȱ eingefügtenȱ Mahlelementeȱ zeigen.ȱ Dabeiȱ magȱauchȱschonȱliturgischeȱPraxisȱderȱchristlichenȱGemeindenȱimȱBlickȱ sein.ȱ Dannȱ würdenȱ dieȱ Verseȱ anzeigen,ȱ dassȱ dieȱ Teilnahmeȱ amȱ Mahlȱ nichtȱ automatischȱ zumȱ Heilȱ führtȱ (auchȱ derȱ Verräterȱ sitztȱ amȱ Tisch!)ȱ undȱ außerdemȱ dieȱ Vorsteherȱ inȱ denȱ christlichenȱ Gemeindenȱ anȱ ihrȱ dienendesȱAmtȱerinnertȱwerdenȱsollen.ȱDerȱstarkeȱSchlussȱmitȱdemȱBildȱ desȱRichtensȱüberȱdasȱwiederhergestellteȱIsraelȱsorgtȱauchȱfürȱdieȱbleiȬ bendeȱ Verknüpfungȱ derȱ Kircheȱ mitȱ ihrerȱ jüdischenȱ Herkunft.ȱ Daȱ sichȱ derȱdritteȱAbschnittȱdeutlicherȱanȱdieȱErzählungȱselbstȱanschließenȱlässtȱ undȱ somitȱ wenigerȱ überȱ sieȱ hinausweist,ȱ istȱ schonȱ mitȱ V.ȱ 28–30ȱ einȱ inhaltlicherȱHöhepunktȱderȱRedeȱerreicht.ȱ DerȱdirektȱanschließendeȱdritteȱAbschnittȱderȱAbschiedsworteȱJesuȱ verlässtȱsowohlȱdieȱMotivikȱdesȱMahles,ȱdieȱsichȱseitȱV.ȱ14ȱalsȱprägendȱ gezeigtȱ hatte,ȱ alsȱ auchȱ denȱ Blickȱ aufȱ dasȱ endzeitlicheȱ Reichȱ Gottesȱ (V.ȱ16.18.29f.),ȱundȱwendetȱsichȱdemȱunmittelbarȱbevorstehendenȱ„LeiȬ den“ȱ Jesuȱ (vgl.ȱ schonȱ dieȱ Ankündigungȱ inȱ V.ȱ 15:ȱ ΔΕϲȱ ΘΓІȱ ΐΉȱ Δ΅ΌΉϧΑ)ȱ zu.ȱZuerstȱwirdȱwiederȱeineȱEinzelpersonȱangesprochen,ȱdiesmalȱistȱesȱ Petrus.ȱÄhnlichȱwieȱderȱVerräterȱJudasȱwirdȱauchȱerȱmitȱdemȱHandelnȱ desȱ Satansȱ konfrontiertȱ werden.ȱ Dochȱ erhältȱ erȱ keinenȱ Weheruf,ȱ sonȬ dernȱnebenȱderȱAnkündigungȱseinerȱbaldȱstattfindendenȱVerleugnungȱ auchȱeinenȱHinweis,ȱwieȱesȱfürȱihnȱnachȱdiesemȱFehltritt,ȱderȱihmȱnachȱ V.ȱ33ȱvollkommenȱundenkbarȱerscheint,ȱweitergehenȱkann:ȱNachȱseinerȱ „Umkehr“ȱ(V.ȱ32:ȱπΔ΍ΗΘΕνΜ΅Ζ)ȱwirdȱihmȱneueȱAnnahmeȱundȱsogarȱeinȱ weitergehenderȱ Auftragȱ verheißen,ȱ derȱ alsȱ solcherȱ überȱ dieȱ Passionȱ Jesuȱ hinausgehtȱ undȱ schonȱ aufȱ dieȱ Führungsrolleȱ desȱ Petrusȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ (1,15;ȱ 2,14)ȱ verweist.ȱ Imȱ Evangeliumȱ selbstȱ beȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 847ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ714f.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

335ȱ

schreibtȱ Lukasȱ zunächstȱ nochȱ einenȱanderenȱ Petrus,ȱ derȱ sichȱüberȱ dasȱ leereȱ Grabȱ wundert,ȱ dannȱ aberȱ auchȱ nachȱ Aussageȱ derȱ Jüngerȱ einerȱ (ErstȬ)Erscheinungȱ gewürdigtȱ wird.848ȱ Auffälligȱ istȱ weiterȱ dieȱ Fürbitteȱ Jesuȱ fürȱ denȱ sündigenȱ Petrus,ȱ dieȱ sichȱ frühjüdischenȱ Textenȱ anȬ schließt.849ȱ Imȱ letztenȱ Abschnittȱ (V.ȱ 35–38)ȱ wendetȱ sichȱ Jesusȱ dannȱ wiederȱ anȱ alle.ȱ Wenngleichȱ dieȱ Bedeutungȱ derȱ Verse,ȱ dieȱ lukanischesȱ Sondergutȱ sind,ȱ umstrittenȱ ist,ȱ soȱ sprichtȱ zumindestȱ aberȱ dochȱ „allesȱ dafür,ȱ dassȱ dieȱ Reichweiteȱ dieserȱ Aufforderungȱ nichtȱ überȱ dasȱ Endeȱ desȱ Lebensȱ Jesuȱ undȱ dieȱ damitȱ verbundenenȱ Umständeȱ hinausgeht“850.ȱ Soȱ wirdȱ manȱ dieȱ Verseȱ trotzȱ ihrerȱ Stellungȱ amȱ Abschlussȱ derȱ Redeȱ inhaltlichȱ nichtȱzuȱstarkȱgewichten,ȱsondernȱsieȱeherȱalsȱVerstärkungȱderȱnarratiȬ venȱVerflechtungȱdesȱgesamtenȱEvangeliumsȱsehen.ȱInȱdieserȱHinsichtȱ machenȱ dieȱ Verseȱ aufȱ denȱ Wendepunktȱ aufmerksam,ȱ derȱ mitȱ Eintrittȱ desȱ eigentlichenȱ Passionsgeschehensȱ auchȱ fürȱ dieȱ Jüngerȱ stattfindet.ȱ NachȱderȱZeitȱohneȱGeldȱundȱMantelȱbeginntȱnunȱeineȱkurzeȱZeitȱdesȱ Kampfes,ȱ beiȱ demȱ auchȱ Schwerterȱ zumȱ Einsatzȱ kommen,ȱ wieȱ sichȱ schonȱ inȱ Lkȱ 22,49f.ȱ zeigenȱ wird.ȱ Bemerkenswertȱ istȱ dasȱ Schriftzitatȱ 22,37ȱ ausȱ Jesȱ 53,ȱ dessenȱ Akzentȱ wenigerȱ aufȱ theologischenȱ Inhalten,ȱ dennȱ aufȱ narrativerȱ Ebeneȱ zuȱ liegenȱ scheint.ȱ Derȱ Fortgangȱ derȱ ErzähȬ lungȱwirdȱJesusȱnunȱvielfachȱalsȱ„Gesetzlosen“ȱdarstellen,ȱangefangenȱ vonȱ derȱ nächtlichenȱ Verhaftungȱ überȱ dieȱ Verhöreȱ bisȱ hinȱ zurȱ KreuziȬ gungȱ zwischenȱ zweiȱ Verbrechern.ȱ Diesȱ beginntȱ nunȱ mitȱ derȱ ErwähȬ nungȱderȱSchwerter.ȱ DieȱAbschiedsredeȱimȱKontextȱdesȱletztenȱMahls,ȱdieȱdemȱZwölferȬ kreisȱ eineȱ Mitwirkungȱ beiȱ derȱ eschatologischenȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ voraussagt,ȱ weistȱ damitȱ überȱ dasȱ Evangeliumȱ hinaus.ȱ Imȱ RahȬ menȱ derȱ Pfingstperikopeȱ wirdȱ dieȱ Weissagungȱ inȱ spezifischerȱ Weiseȱ eingelöst,ȱwieȱimȱFolgendenȱzuȱentfaltenȱist.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 848ȱȱ Dasȱ fürȱ Lukasȱ soȱ wichtigeȱ Motivȱ derȱ Umkehrȱ hatȱ hierȱ durchausȱ Gewicht.ȱ Esȱ hatȱ keineȱsynoptischenȱParallelenȱundȱerweistȱfürȱdenȱerstenȱderȱApostel,ȱdassȱihm,ȱwieȱ ganzȱIsrael,ȱdieȱ Sündeȱnichtȱ fremdȱist,ȱerȱaberȱdurchȱ UmkehrȱwiederȱinsȱRechtȱvorȱ Gottȱgesetztȱwerdenȱkann.ȱ 849ȱȱ Vgl.ȱSchwemer,ȱVitaeȱProphetarumȱundȱNT,ȱ206ȱAnm.ȱ25:ȱ„DieȱFürbitteȱderȱPropheȬ tenȱ fürȱ Einzelpersonenȱ undȱ fürȱ dasȱ Volkȱ inȱ lebensbedrohlichenȱ Situationenȱ bildetȱ […]ȱ einenȱ charakteristischenȱ Zugȱ inȱ alttestamentlichenȱ undȱ frühjüdischenȱ Texten“;ȱ auchȱfürȱLkȱ1–2ȱsindȱnachȱA.ȱM.ȱSchwemerȱdieȱVitProphȱalsȱwichtigeȱParallelenȱherȬ anzuziehen.ȱ 850ȱȱ Wolter,ȱLk,ȱ718.ȱ

336ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

3.9.4.4ȱDerȱBeginnȱderȱWiederherstellungȱIsraelsȱanȱPfingstenȱ Inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ wirdȱ dieȱ Wiederherstellungȱ Israels,ȱ dieȱ imȱ Evangeliumȱ durchȱ Anspielungenȱ inȱ unterschiedlicherȱ Intensitätȱ angeȬ deutetȱwurde,ȱerzählerischȱregelrechtȱdurchgeführt.ȱDiesȱzeigtȱsichȱsehrȱ gutȱinȱderȱPfingstperikopeȱ(Apgȱ2),ȱdieȱkeineswegsȱeineȱallumspannenȬ deȱ Geistgabeȱ erzählt.ȱ Vielmehrȱ beschränktȱ Lukasȱ denȱ Kreisȱ derȱ BeteiȬ ligtenȱ sorgfältigȱ aufȱ Israel.ȱ Dieȱ langeȱ Listeȱ derȱ Völkerȱ inȱ Apgȱ 2,5.9–11ȱ kannȱdabeiȱalsȱHinweisȱaufȱdieȱJudenȱderȱDiasporaȱgelesenȱwerden,851ȱ denenȱnunȱdieȱApostelȱdasȱendzeitlicheȱHeilswortȱverkünden.ȱȱ Pfingstenȱ inszeniertȱ soȱ auchȱ denȱ Beginnȱ desȱ Herrscheramtesȱ derȱ ApostelȱüberȱIsrael.852ȱDaherȱrichtetȱPetrusȱnunȱauchȱseineȱRedeȱanȱ„dasȱ ganzeȱHausȱIsrael“ȱ(2,36),ȱdasȱalleȱStämmeȱumfasst.ȱKlarȱwirdȱzudem,ȱ warumȱdieȱEpisodeȱmitȱMatthiasȱzwingendȱvorȱPfingstenȱverortetȱwerȬ denȱmusste.ȱDieȱZwölfzahlȱistȱanȱPfingstenȱschlechterdingsȱnotwendig,ȱ damitȱ sieȱ ihrȱ Herrscheramtȱ nunȱ ausübenȱ können.853ȱ Soȱ beginntȱ hierȱ zwarȱderȱeschatologischeȱDienstȱderȱApostel,ȱdochȱbleibtȱauchȱerȱ–ȱwieȱ dieȱganzeȱZeitȱderȱMissionȱ–ȱnochȱinȱeinemȱletztenȱSinnȱvorläufig.ȱDieȱ Rückkehrȱ desȱ Messiasȱ stehtȱ nochȱ aus,ȱ ebensoȱ dasȱ Festmahl,ȱ vonȱ demȱ Lkȱ22,30ȱsprach.854ȱȱ Dieȱ Geistausgießungȱ alsȱ Aspektȱ derȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ amȱ Endeȱ derȱ Zeiten,ȱ dieȱ expliziteȱ Erwähnungȱ derȱ Natansverheißung,ȱ deȬ renȱ Herrschertumȱ inȱ derȱ Redeȱ aufȱ dieȱ Geistsendungȱ umgelenktȱ wird,ȱ undȱ dieȱ Conclusioȱ inȱ Apgȱ 2,36ȱ zeigen,ȱ dassȱ dieȱ endzeitlichȱ erwarteteȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ begonnenȱ hat.ȱ Damitȱ korrespondiertȱ auchȱ unsereȱ Auslegungȱ zuȱ Apgȱ 1,6,ȱ woȱ dieȱ Frageȱ nachȱ demȱ Kommenȱ desȱ ReichesȱebenfallsȱmitȱderȱVerheißungȱdesȱGeistesȱbeantwortetȱwird.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ beiȱ derȱ Pfingstredeȱ alsoȱ umȱ eineȱ Redeȱ anȱ Juden,ȱ wenngleichȱ dieȱ Angabenȱ derȱ Verseȱ 5–11ȱ nichtȱ unerheblicheȱ Problemeȱ aufwerfen.855ȱ VorȱallemȱbestehtȱeineȱSpannungȱzwischenȱdemȱbewussȬ tenȱ Jerusalembezug,ȱ nachȱ demȱ dieȱ späterȱ aufgezähltenȱ Menschenȱ derȱ verschiedenstenȱ Länderȱ undȱ Völkerȱ alsȱ „Einwohnerȱ Jerusalems“ȱ beȬ zeichnetȱwerden,ȱundȱderȱinȱV.ȱ9f.ȱdochȱganzȱoffensichtlichenȱweltweiȬ tenȱPerspektive.ȱBeidesȱistȱdemȱWillenȱdesȱLukasȱgeschuldet,ȱderȱauchȱ hierȱ nahezuȱ Widersprüchlichesȱ zuȱ vereinenȱ sucht:ȱ Derȱ bewusstȱ jüdiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 851ȱȱ Auchȱ beiȱ Philo,ȱ LegGaiȱ 281–283ȱ istȱ eineȱ ähnlicheȱ Tafelȱ bezeugt,ȱ vgl.ȱ dazuȱ Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ44.ȱEsȱhandeltȱsichȱumȱ„eineȱListeȱderȱHauptgebieteȱjüȬ discherȱSiedlungenȱinȱderȱDiaspora“ȱ(Bauckham,ȱWiederherstellung,ȱ39).ȱ 852ȱȱ Vgl.ȱBauckham,ȱWiederherstellung,ȱ40.ȱ 853ȱȱ Vgl.ȱApgȱ2,14:ȱ„PetrusȱzusammenȱmitȱdenȱElf“ȱweistȱaufȱdieȱVollzahlȱderȱZwölfȱhin.ȱ 854ȱȱ Vgl.ȱauchȱnochȱLkȱ12,37;ȱ13,29;ȱ14,15;ȱ22,16.18.ȱ 855ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKoch,ȱProselyten,ȱ251–258.ȱ

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3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

337ȱ

scheȱKontextȱ istȱihmȱgenausoȱwichtigȱwieȱdieȱAnwesenheitȱeinesȱweiȬ tenȱKreisesȱvonȱMenschen.ȱDieȱwohlȱlukanischeȱWendungȱ„Judenȱundȱ Proselyten“ȱ (V.ȱ 11)ȱ gegenȱ Endeȱ derȱ Aufzählungȱ machtȱ deutlich,ȱ wieȱ hierȱ „derȱ Bereichȱ desȱJudentumsȱ selbstȱsoweitȱ ausgedehntȱ (wird),ȱ wieȱ diesȱmöglichȱist,ȱohneȱseineȱGrenzenȱzuȱüberschreiten“856.ȱEineȱtypischȱ lukanischeȱ Redaktion,ȱ inȱ derȱ erȱ versucht,ȱ sowohlȱ dieȱ Bedeutungȱ desȱ Judentumsȱ herauszustellenȱ undȱ zugleichȱ eineȱ Offenheitȱ fürȱ andereȱ Völkerȱzuȱbewahren.ȱDieseȱOffenheitȱfürȱsowohlȱspezifischȱjüdischeȱalsȱ auchȱdenȱanderenȱVölkernȱverpflichteteȱAnliegenȱsindȱcharakteristischȱ fürȱdenȱ„Harmonisierer“ȱLukasȱundȱmachenȱwohlȱimȱNeuenȱTestamentȱ seinȱganzȱeigenesȱProfilȱaus.ȱDieȱOffenheitȱfürȱverschiedeneȱAnliegenȱinȱ einȱ undȱ demselbenȱ Textȱ kommentiertȱ DietrichȬAlexȱ Kochȱ wieȱ folgt:ȱ „NatürlichȱkannȱmanȱsowohlȱdieȱgeographischenȱAngabenȱalsȱauchȱdieȱ direktenȱAnredenȱanȱdieȱHörerȱundȱdieȱEinzelaussagenȱderȱPfingstpreȬ digtȱ selbstȱ ganzȱ inȱ innerjüdischemȱ Rahmenȱ lesen;ȱ andererseitsȱ wirdȱ bewusstȱsoȱformuliert,ȱdassȱalleȱAussagenȱauchȱoffenȱsindȱfürȱeineȱspäȬ tereȱAusweitung“857.ȱ Auffälligeȱ Entsprechungenȱ zwischenȱ derȱ Darstellungȱ desȱ TäuȬ ferwirkensȱ zuȱ Beginnȱ desȱ Evangeliumsȱ (Lkȱ 3)ȱ undȱ desȱ Pfingstereignisȱ amȱAnfangȱderȱApostelgeschichteȱzeigen,ȱdassȱdieȱAnkündigungenȱdesȱ Täufersȱ nunȱ realisiertȱ werden.ȱ Dieȱ Rolleȱ desȱ demȱ Volkȱ gegenübersteȬ hendenȱTäufersȱübernimmtȱinȱApgȱ2ȱPetrusȱalsȱSprecherȱderȱZwölf.ȱDieȱ Täuferankündigungȱ aufȱ dieȱ Geisttaufeȱ desȱ Stärkerenȱ (Lkȱ 3,16)ȱ siehtȱ Lukasȱ amȱ Pfingsttagȱ undȱ imȱ Anschlussȱ daranȱ inȱ derȱ Taufpraxisȱ „aufȱ denȱNamenȱJesu“ȱerfüllt,ȱwieȱmehrereȱÜbereinstimmungenȱbeiderȱTexȬ teȱ erweisen.ȱ Dieȱ Feuerzungenȱ desȱ Pfingstgeschehensȱ (Apgȱ 2,3:ȱ ·ΏЗΗΗ΅΍ȱ БΗΉϠȱ ΔΙΕϱΖ)ȱ nehmenȱ dasȱ Feuermotivȱ auf,ȱ dasȱ inȱ derȱ Täuferverkündigungȱ aufȱ dasȱ Gerichtsfeuerȱ bezogenȱ warȱ (Lkȱ 3,16:ȱ ΅ЁΘϲΖȱ ЀΐκΖȱ Ά΅ΔΘϟΗΉ΍ȱ πΑȱ […]ȱ ΔΙΕϟ).858ȱ Dieȱ inȱ beidenȱ Erzählungenȱ anȬ wesendeȱMengeȱstelltȱauffälligerweiseȱdieselbeȱFrage:ȱ„Wasȱsollenȱwirȱ tun?“ȱ(Lkȱ3,10;ȱApgȱ2,37:ȱΘϟȱ[ΓЇΑ]ȱΔΓ΍φΗΝΐΉΑ),ȱwodurchȱLukasȱbeidenȱ Geschehnissenȱ eineȱ pragmatischȬparänetischeȱ Zielrichtungȱ verleiht.859ȱ DieȱGeisttaufeȱdesȱStärkerenȱsetztȱsichȱschließlichȱinȱderȱTaufeȱaufȱdenȱ Namenȱ Jesuȱ fort.ȱ Diesȱ zeigtȱ sich,ȱ wennȱ dieȱ „Umkehrtaufeȱ zurȱ VergeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 856ȱȱ Koch,ȱProselyten,ȱ257.ȱ 857ȱȱ Koch,ȱProselyten,ȱ258.ȱ 858ȱȱ Zurȱ Auslegungȱ desȱ Täuferwortesȱ inȱ Qȱ vgl.ȱ Hoffmann,ȱ Studien,ȱ 201:ȱ „Derȱ Täuferȱ erwarteteȱ[…]ȱdasȱKommenȱeinesȱendzeitlichenȱFeuerrichters,ȱmagȱdieserȱnunȱJahweȱ selbstȱoderȱeineȱvonȱihmȱunterschiedeneȱGestaltȱgewesenȱsein“.ȱ 859ȱȱ Auchȱ Paulusȱ richteteȱ sieȱ nachȱ eigenerȱ Erzählungȱ anȱ denȱ Herrnȱ (Apgȱ 22,10).ȱ Apgȱ 16,30ȱ istȱ dagegenȱ keineȱ direkteȱ Parallele,ȱ wieȱ dieȱ andersgerichteteȱ Formulierungȱ zeigt.ȱTrotzdemȱwirdȱhierȱeinȱtypischȱlukanischesȱAnliegenȱerkennbar.ȱ

338ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

bungȱ derȱ Sünden“860ȱ inȱ derȱ Petrusredeȱ Apgȱ 2,38ȱ inȱ christlicherȱ WenȬ dungȱwiederȱauftaucht.861ȱ NachȱlukanischerȱDarstellungȱwarenȱschonȱfürȱJohannesȱdenȱTäuferȱ dieȱ dreiȱ Elementeȱ „Taufe“,ȱ „Umkehr“ȱ undȱ „Sündenvergebung“ȱ engȱ miteinanderȱ verknüpft.ȱ Dieseȱ Verknüpfungȱ findetȱ sichȱ auchȱ inȱ derȱ Pfingstperikopeȱ wieder;ȱ hierȱ wirdȱ dieȱ Geisttaufeȱ realisiert,ȱ inȱ derȱ sichȱ dieȱ Anliegenȱ desȱ Täufersȱ fortsetzen.862ȱ Insgesamtȱ erweistȱ sichȱ dieȱ Pfingstperikopeȱ mitȱ ihrenȱ Ausläufernȱ inȱ späterenȱ Abschnittenȱ derȱ Apostelgeschichteȱ alsȱ dieȱ Durchführungȱ derȱ inȱ Lkȱ 1–2ȱ angekündigtenȱ Wiederherstellungȱ Israels.ȱ Lukasȱ machtȱ damitȱ deutlich,ȱ dassȱ fürȱ ihnȱ mitȱ demȱ Auftretenȱ Jesuȱ Christi,ȱ seinerȱ Auferstehungȱ undȱ schließlichȱ derȱ Geistsendung,ȱ dieȱ dieȱ Missionȱ inȱ Gangȱ setzt,ȱ dieȱ erhoffteȱ Endzeitȱ inklusiveȱderȱRettungȱIsraelsȱbegonnenȱhat.ȱDasȱVerhaltenȱIsraelsȱfreiȬ lichȱistȱinȱdieserȱEndzeitȱnichtȱandersȱalsȱinȱderȱVergangenheit:ȱGroßeȱ TeileȱdesȱVolkesȱbleibenȱungehorsam.ȱ TrotzdemȱdurchwehtȱdieȱHoffnungȱaufȱErrettungȱIsraelsȱdasȱganzeȱ Doppelwerk.ȱ Inȱ einerȱ mehrfachenȱ inclusioȱ wirdȱ dieȱ umfassendeȱ HoffȬ nungsperspektive,ȱdieȱLkȱ1–2ȱeröffnet,ȱinȱderȱApostelgeschichteȱgleichȱ zuȱBeginnȱaufgegriffen,ȱundȱnochȱvonȱPaulusȱinȱderȱletztenȱSzeneȱvorȱ denȱ römischenȱ Judenȱ verdeutlicht,ȱ wennȱ erȱ inȱ Apgȱ 28,20ȱ vonȱ derȱ „Hoffnungȱ Israels“ȱ spricht,ȱ dieȱ ihnȱ antreibt.ȱ Lukasȱ nenntȱ damitȱ abȬ schließendȱnochȱeinmalȱdasȱsichȱdurchziehendeȱAnliegenȱseinerȱbeidenȱ Schriften.ȱ Inȱ seinerȱ Auffassungȱ istȱ dieseȱ „Hoffnungȱ Israels“ȱ inȱ Jesusȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 860ȱȱ Lkȱ3,3:ȱΎ΋ΕϾΗΗΝΑȱΆΣΔΘ΍Ηΐ΅ȱΐΉΘ΅ΑΓϟ΅ΖȱΉϢΖȱΩΚΉΗ΍ΑȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑ.ȱ 861ȱȱ Apgȱ 2,38:ȱ ΐΉΘ΅ΑΓφΗ΅ΘΉ,ȱ Ύ΅Ϡȱ Ά΅ΔΘ΍ΗΌφΘΝȱ ρΎ΅ΗΘΓΖȱ ЀΐЗΑȱ πΔϠȱ ΘХȱ ϴΑϱΐ΅Θ΍ȱ ͑΋ΗΓІȱ ̙Ε΍ΗΘΓІȱΉϢΖȱΩΚΉΗ΍ΑȱΘЗΑȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱЀΐЗΑ.ȱ 862ȱȱ DieȱEpisodeȱmitȱdenȱJohannesjüngernȱbeiȱEphesusȱzeigtȱdiesȱdeutlichȱ(Apgȱ19,2–6).ȱ Dieȱ Umkehrtaufeȱ desȱ Johannesȱ machtȱ dieȱ Getauftenȱ offenbarȱ durchausȱ schonȱ zuȱ Jüngern,ȱdieȱ„zumȱGlaubenȱgekommenȱsind“ȱ(V.ȱ2),ȱwodurchȱsichȱeineȱbemerkensȬ werteȱ Offenheitȱ desȱ Lukasȱ gegenüberȱ solchenȱ Gruppierungenȱ zeigt,ȱ dieȱ manȱ sichȱ durchausȱalsȱJesusanhängerȱvorstellenȱkannȱ(soȱmitȱEckey,ȱApgȱII,ȱ432f.).ȱSieȱhabenȱ dieȱWassertaufeȱzurȱVergebungȱderȱSündenȱempfangen.ȱZugleichȱzeigtȱderȱTextȱan,ȱ dassȱderȱdreimalȱimȱTextȱerwähnteȱEmpfangȱdesȱHeiligenȱGeistesȱeinȱzentralesȱSigȬ numȱderȱChristenȱist,ȱundȱdassȱdieserȱEmpfangȱmitȱderȱTaufeȱverbundenȱistȱ–ȱnurȱsoȱ erklärtȱ sichȱ dieȱ zweiteȱ Frageȱ desȱ Paulus.ȱ Obgleichȱ dieȱ Johannestaufeȱ schonȱ vonȱ ihȬ remȱ Spenderȱ herȱ aufȱ Jesusȱ hingeordnetȱ istȱ (V.ȱ 4),ȱ stehtȱ eineȱ ausdrücklicheȱ AnerȬ kenntnisȱ desȱ Herrnȱ Jesusȱ nochȱ aus.ȱ Wirdȱ dieseȱ gegebenȱ (V.ȱ 5bȱ erinnertȱ anȱ dieȱ urȬ christlicheȱAkklamationȱ ΎϾΕ΍ΓΖȱ͑΋ΗΓІΖ),ȱsoȱerhaltenȱdieȱJüngerȱdurchȱdieȱHandȱderȱ BotenȱdieȱGeistesgabe.ȱDerenȱRealisierungȱformuliertȱLukasȱnichtȱzufälligȱinȱpfingstȬ licherȱTerminologieȱundȱbindetȱdamitȱdieȱErzählungȱanȱdasȱeschatologischeȱPfingstȬ geschehenȱ (vgl.ȱ Apgȱ 2,4.17.18)ȱ zurück.ȱ Fürȱ Lukasȱ istȱ esȱ allemȱ Anscheinȱ nachȱ keinȱ Problem,ȱvonȱderȱJohannestaufeȱohneȱUmschweifeȱinȱdieȱGemeinschaftȱderȱChristenȱ integriertȱwerdenȱzuȱkönnen.ȱSeinȱBemühenȱumȱIntegrationȱverschiedenerȱRichtunȬ genȱistȱhierȱeinȱweiteresȱMalȱspürbar.ȱ

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3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

339ȱ

Christusȱ existentȱ gewordenȱ –ȱ aufgrundȱ derȱ Christusverkündigungȱ istȱ PaulusȱjaȱüberhauptȱinȱseineȱKettenȱgekommen.ȱSchonȱabȱLkȱ3ȱerfüllenȱ sichȱdieȱzuvorȱnochȱeinmalȱinȱverschiedenerȱWeiseȱformuliertenȱHoffȬ nungenȱIsraels,ȱzunächstȱinȱJesus,ȱspäter,ȱaberȱwesentlich,ȱdennȱgeradeȱ diesȱgehörtȱzurȱWiederherstellungȱIsraels,ȱinȱderȱVerkündigungȱanȱdieȱ Völker.ȱDaherȱistȱderȱzweiteȱBandȱkeineswegsȱeinȱAnhang.ȱErȱgehörtȱinȱ dieȱ lukanischeȱ Konzeptionȱ seinerȱ IsraelȬTheologie,ȱ dieȱ ohneȱ diesenȱ Berichtȱtatsächlichȱunvollendetȱwäre.ȱInȱdieserȱRichtungȱwirdȱauchȱeineȱ ErklärungȱfürȱdasȱEndeȱdesȱBerichtesȱinȱRomȱzuȱsuchenȱsein.863ȱ Dieȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ geschiehtȱ freilichȱ inȱ modifizierterȱ Weise.ȱ Jesusȱ besteigtȱ tatsächlichȱ denȱ messianischenȱ Herrscherthron,ȱ allerdingsȱnichtȱbleibendȱimȱirdischenȱJerusalem,ȱsondernȱ–ȱvonȱJerusaȬ lemȱausgehendȱ–ȱzurȱRechtenȱGottesȱalsȱHerrscherȱderȱWelt.ȱIhreȱendȬ gültigeȱVollendungȱfindetȱsieȱzudemȱerstȱbeiȱderȱParusie.ȱȱ Mehrereȱ Argumenteȱ undȱ Beobachtungenȱ sprechenȱ somitȱ dafür,ȱ dassȱ dieȱ Realisierungȱ derȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ ausȱ lukanischerȱ SichtȱinȱlaufenderȱFormȱimȱRahmenȱdesȱDoppelwerkesȱselbstȱundȱdaȬ rüberȱhinausȱgeschieht.ȱWederȱistȱsieȱalsoȱanȱeinemȱPunktȱderȱApostelȬ geschichteȱ bereitsȱ abgeschlossen,ȱ nochȱ stehtȱ sieȱ zurȱ Gänzeȱ erstȱ nochȱ aus.ȱ Davidȱ Ravensȱ bietetȱ verschiedeneȱ Argumenteȱ fürȱ eineȱ strengȱ eschatologiȬ scheȱ Sichtȱ auf,ȱ dieȱ allerdingsȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ unsererȱ UntersuchunȬ genȱanȱGewichtȱverlieren.ȱSoȱmeintȱer,ȱdassȱdieȱFrageȱderȱJüngerȱinȱApgȱ1,6ȱ erstȱinȱV.ȱ11ȱbeantwortetȱwerde.864ȱMitȱderȱWiederkunftȱChristiȱwerdeȱdasȱ Reichȱ fürȱ Israelȱ wiederhergestellt,ȱ wenngleichȱ dieȱ Zeitȱ diesesȱ Ereignissesȱ nurȱdemȱVaterȱbekanntȱsei.ȱDieseȱAuslegungȱscheitertȱamȱZusammenhangȱ derȱFrageȱinȱV.ȱ6ȱmitȱdenȱJesuswortenȱV.ȱ7f.,ȱwährendȱV.ȱ11ȱeineȱdeutendeȱ Erläuterungȱ derȱ Engelȱ zumȱ Geschehenȱ derȱ Himmelfahrtȱ darstellt.ȱ Bereitsȱ inȱderȱMissionȱvollziehtȱsichȱdieȱWiederherstellung,ȱwenngleichȱinȱandererȱ Weiseȱalsȱerwartet.ȱAuchȱdieȱweitereȱArgumentation,ȱdassȱApgȱ3,19–21ȱeiȬ nenȱklarȱfuturischenȱCharakterȱhabeȱundȱfürȱLukasȱdieȱWiederherstellungȱ vonȱIsraelsȱUmkehrȱzuȱGottȱabhängt,ȱdieȱmitȱdemȱKommenȱChristiȱeinherȬ gehe,865ȱbedarfȱeinerȱDifferenzierung.ȱInȱderȱTatȱblicktȱApgȱ3,19–21ȱaufȱdieȱ Parusieȱvoraus.ȱDochȱzeigtȱdieȱApostelgeschichte,ȱdassȱdieȱUmkehrȱIsraelsȱ zuȱGottȱdurchȱdasȱGläubigwerdenȱeinesȱTeilsȱderȱJudenȱbereitsȱgeschehenȱ ist.ȱ Durchȱ dieseȱ sichȱ anȱ allenȱ Ortenȱ vollziehendeȱ Umkehrȱ beginntȱ auchȱ schonȱdieȱWiederherstellungȱIsraels,ȱohneȱfreilichȱinȱderȱApostelgeschichteȱ schonȱ zuȱ einemȱ Endeȱ zuȱ kommen.ȱ Diesȱ schließtȱ alsoȱ nichtȱ aus,ȱ dassȱ vieleȱ MenschenȱfürȱLukasȱbislangȱnochȱnichtȱzumȱwiederhergestelltenȱIsraelȱgeȬ hören.ȱAnȱsieȱrichtetȱsichȱdieȱfuturischeȱAussageȱinȱApgȱ3,19–21.ȱDesȱWeiȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 863ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.10.ȱ 864ȱȱ Vgl.ȱRavens,ȱRestoration,ȱ93.ȱ 865ȱȱ Vgl.ȱRavens,ȱRestoration,ȱ95.ȱ

340ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

terenȱ betontȱ Ravens,ȱ dassȱ dasȱ Richtenȱ derȱ zwölfȱ Stämmeȱ nachȱ Lkȱ 22,30ȱ keinȱ innerweltlichesȱ Tunȱ sei,ȱ sondernȱ imȱ Himmelȱ geschehe.ȱ Diesȱ schließtȱ unsereȱ Auslegungȱ jedochȱ nichtȱ aus.ȱ Zunächstȱ istȱ derȱ endzeitlicheȱ Geistȱ ausgegossen,ȱsoȱdassȱdieȱWiederherstellungȱIsraelsȱbeginnenȱkann.ȱIhreȱErȬ füllung,ȱbeiȱderȱdannȱauchȱendlichȱ„dasȱganzeȱHausȱIsraelȱerkennenȱwird“,ȱ stehtȱaberȱnochȱaus;ȱsieȱwirdȱ–ȱsoȱhofftȱLukasȱ–ȱauchȱdieȱUmkehrȱdesȱganȬ zenȱVolkesȱbringen.ȱ

3.9.4.5ȱErtragȱ Derȱ Gedankeȱ derȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ spieltȱ fürȱ Lukasȱ eineȱ weȬ sentlicheȱRolle.ȱSieȱwirdȱnichtȱnurȱangekündigt,ȱsondernȱinnerhalbȱderȱ Erzählungȱgeradezuȱinszeniert.ȱDieȱeschatologischeȱZeitȱhatȱfürȱLukasȱ damitȱalsoȱschonȱbegonnen,ȱobwohlȱdieȱgesamteȱVollendungȱnochȱausȬ steht,ȱwieȱseineȱbleibendeȱParusieerwartungȱzeigt.ȱ VorȱallemȱanȱderȱPfingstredeȱdesȱPetrusȱwirdȱdiesȱdeutlich,ȱwennȱinȱ Apgȱ2,15–21ȱdieȱvonȱJoelȱfürȱdieȱZukunftȱverheißeneȱGeistausgießungȱ alsȱerfülltȱdargestelltȱwird:ȱ„Diesȱistȱes,ȱwasȱdurchȱdenȱProphetenȱJoelȱ gesagtȱ wordenȱ ist:ȱ ‚Undȱ esȱ wirdȱ geschehenȱ inȱ denȱ letztenȱ Tagenȱ (τΑȱ Θ΅ϠΖȱπΗΛΣΘ΅΍ΖȱψΐνΕ΅΍Ζ),ȱsprichtȱGott,ȱdassȱichȱvonȱmeinemȱGeistȱausȬ gießenȱ werdeȱ […]‘“ȱ (Apgȱ 2,16f.).ȱ Petrusȱ bestätigtȱ durchȱ dasȱ „Diesȱ istȱ es“,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ prophetischeȱ Verheißungȱ nunȱ erfülltȱ hatȱ undȱ unterȬ streichtȱdiesȱnochȱdurchȱdenȱHinweisȱaufȱdieȱ„letztenȱTage“,ȱderȱsichȱsoȱ beiȱ Joelȱ nichtȱ findet,ȱ aberȱ ausdrücklichȱ dieȱ eschatologischeȱ Bedeutungȱ derȱGeistausgießungȱhervorhebt.866ȱȱ DarüberȱhinausȱhatȱinsbesondereȱdieȱAnalyseȱvonȱLkȱ2,22–39ȱmehȬ rereȱ wichtigeȱ Akzenteȱ lukanischerȱ Theologieȱ aufgezeigt.ȱ Insbesondereȱ dieȱ Worteȱ Simeonsȱ sindȱ „fürȱ dieȱ Ausrichtungȱ desȱ lukanischenȱ GeȬ samtwerkesȱvonȱprogrammatischerȱBedeutung“867ȱundȱenthaltenȱ„einiȬ geȱ gewichtige,ȱ programmatischeȱ Lesehinweiseȱ aufȱ künftigȱ zuȱ ErzähȬ lendes“868,ȱ soȱ dassȱ hierȱ nichtsȱ wenigerȱ alsȱ dieȱ Formulierungȱ derȱ „theologischenȱRahmenbedingungenȱdesȱlkȱErzählwerkesȱ[…]ȱinȱkomȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 866ȱȱ WieȱschonȱinȱderȱRedeȱJesuȱinȱLkȱ21ȱfindenȱwirȱauchȱhierȱwiederȱeineȱAufteilungȱderȱ Geschehnisse.ȱ Derȱ ersteȱ Teil,ȱ dieȱ Geistausgießung,ȱ hatȱ sichȱ erfüllt,ȱ währendȱ derȱ zweiteȱTeil,ȱderȱdurchȱapokalyptischeȱBilderȱbestimmtȱist,ȱnochȱaussteht.ȱDieseȱBilȬ derȱ (Apgȱ 2,19–21)ȱ erinnernȱ anȱ dieȱ Schilderungȱ derȱ Wiederkunftȱ desȱ MenschensohȬ nesȱinȱLkȱ21,25–28:ȱGeschichteȱundȱParusieȱistȱalsoȱnichtȱzuȱtrennen.ȱApgȱ2,20ȱnutztȱ LukasȱdieȱschonȱausȱLkȱ21ȱbekannteȱapokalyptischeȱRedeweise.ȱ 867ȱȱ Eckey,ȱLkȱI,ȱ161.ȱ 868ȱȱ Wasserberg,ȱIsraelsȱMitte,ȱ134.ȱ

ȱ

3.9ȱ ThematischeȱUntersuchungenȱzurȱlukanischenȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ

341ȱ

primierterȱFassung“869ȱvorliegt.ȱTatsächlichȱbündelnȱsichȱinȱdieserȱPeriȬ kopeȱzahlreicheȱdasȱDoppelwerkȱdurchziehendeȱMotive.ȱDaȱdieseȱzumȱ TeilȱerstȱinȱderȱApostelgeschichteȱausdrücklichȱthematisiertȱwerden,ȱistȱ dieseȱErzählungȱamȱBeginnȱdesȱDrittenȱEvangeliumsȱeinȱstarkesȱIndizȱ dafür,ȱdassȱLukasȱvonȱAnfangȱanȱdieȱNiederschriftȱbeiderȱTeileȱ(Lkȱundȱ Apg)ȱgeplantȱhatȱundȱdassȱbeideȱWerkeȱtheologischȱzusammengelesenȱ werdenȱ müssen,ȱ wennȱ esȱ auchȱ Unterschiedeȱ imȱ Charakterȱ gibt.ȱ FolȬ gendeȱAkzenteȱdesȱTextesȱsindȱfürȱdasȱDoppelwerkȱdabeiȱwesentlich:ȱ 1)ȱ Mitȱ Simeonȱ undȱ Hannaȱ werdenȱ zweiȱ frommeȱ Judenȱ alsȱ Gliederȱ Israelsȱ dargestellt,ȱ dieȱ anȱ derȱ Schwelleȱ zurȱ messianischenȱ Heilszeitȱ stehen.ȱ Sieȱ sindȱ Vertreterȱ vonȱ jüdischenȱ Hoffnungenȱ (Δ΅ΕΣΎΏ΋Η΍Ζȱ ΘΓІȱ ͑ΗΕ΅φΏȱ bzw.ȱ ΏϾΘΕΝΗ΍Ζȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅Ώφΐ),ȱ dieȱ imȱ jetztȱ mitȱ Jesusȱ anbrechendenȱ messianiȬ schenȱ Zeitalterȱ erfülltȱ werdenȱ sollen;ȱ damitȱ stehenȱ sieȱ fürȱ dieȱ Kontinuitätȱ derȱKircheȱmitȱIsrael.ȱ 2)ȱ Dieȱ universaleȱ Ausweitungȱ desȱ ΗΝΘφΕ΍ΓΑȱ ΘΓІȱ ΌΉΓІȱ (Lkȱ 2,30;ȱ 3,6;ȱ Apgȱ 28,28)ȱwirdȱhierȱzumȱerstenȱMalȱimȱEvangeliumȱverkündetȱundȱrahmtȱdasȱ lukanischeȱWerkȱinsgesamt.ȱFürȱdasȱdurchgängigeȱAnliegenȱdesȱLukas,ȱdieȱ HerkunftȱderȱKircheȱausȱIsraelȱundȱdieȱKontinuitätȱzuȱdenȱjüdischenȱVerȬ heißungenȱnachzuweisen,ȱistȱesȱdabeiȱwesentlich,ȱdassȱdieȱinȱderȱVerkünȬ digungȱ derȱ christlichenȱ Missionareȱ gescheheneȱ Universalisierungȱ desȱ zuȬ nächstȱ anȱ Israelȱ gerichtetenȱ Evangeliumsȱ schonȱ inȱ denȱ prophetischenȱ Schriftenȱ Israelsȱ vorausgesagtȱ ist.ȱ Dassȱ dieseȱ Universalisierungȱ auchȱ mitȱ derȱAblehnungȱIsraelsȱinȱZusammenhangȱstehtȱ(bzw.ȱeineȱBegründungȱdaȬ fürȱist),ȱwirdȱimȱNuncȱDimittisȱnochȱnichtȱformuliert,ȱkündigtȱsichȱjedochȱ inȱdenȱfolgendenȱWortenȱSimeonsȱvonȱferneȱan.ȱ 3)ȱOrtȱdesȱGeschehensȱistȱderȱTempel,ȱderȱeineȱgewichtigeȱRolleȱimȱlukaniȬ schenȱWerkȱspielt870ȱundȱSchauplatzȱheilsgeschichtlichȱrelevanterȱgöttlicherȱ Offenbarungenȱist:ȱNachȱderȱVisionȱdesȱZacharias,ȱdurchȱdieȱnachȱlukaniȬ scherȱDarstellungȱdasȱgesamteȱmessianischeȱGeschehenȱbeginnt,ȱwirdȱhierȱ nunȱ dieȱ Ausweitungȱ desȱ Heilsȱ aufȱ dieȱ Heidenvölkerȱ angekündigt.871ȱ Derȱ Tempelȱ alsȱ Zentrumȱ jüdischenȱ Glaubensȱ istȱ alsoȱ nachȱ demȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱauchȱfürȱ(JudenȬ)ChristenȱeinȱOrtȱgöttlicherȱOffenbarungen.ȱ 4)ȱ Dieȱ Simeonweissagungȱ lässtȱ schließlichȱ schonȱ etwasȱ vonȱ derȱ lukaniȬ schenȱHoffnungȱaufȱeineȱheilvolleȱZukunftȱfürȱIsraelȱerkennen:ȱFürȱ„viele“ȱ wirdȱaufȱdenȱFallȱdieȱAufrichtungȱfolgenȱ(Lkȱ2,34).ȱInȱderȱDarstellungȱderȱ HannaȱbleibtȱLukasȱauffallendȱundeutlich:ȱImȱWortȱvonȱderȱ„BefreiungȱJeȬ rusalems“ȱ istȱ zwarȱ angedeutet,ȱ dassȱ dieseȱ mitȱ Jesusȱirgendwieȱ zuȱ tunȱ haȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 869ȱȱ Wasserberg,ȱIsraelsȱMitte,ȱ134.ȱ 870ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.9.3.2.ȱ 871ȱȱ Diesȱgeschiehtȱzweimal:ȱÜberȱdieȱWeissagungȱdesȱSimeonȱhinausȱberichtetȱPaulusȱinȱ Apgȱ22,17–21,ȱdassȱerȱimȱTempelȱdieȱBerufungȱzumȱHeidenapostelȱgehabtȱhabe.ȱ

342ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

benȱwird,ȱaberȱobȱderȱJesusknabeȱimȱTempelȱderjenigeȱist,ȱderȱsieȱbringenȱ wird,ȱbleibtȱunklar.872ȱȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱ Konzeptionȱ Daȱ dieȱ letzteȱ Szeneȱ derȱ Apostelgeschichteȱ nichtȱ nurȱ denȱ faktischenȱ Abschlussȱ desȱ lukanischenȱ Doppelwerkesȱ bildet,ȱ sondernȱ auchȱ dieȱ Anliegenȱ derȱ zuvorȱ behandeltenȱ Texteȱ undȱ Themenȱ zusammenführtȱ undȱ damitȱ gewissermaßenȱ dasȱ „letzteȱ Wort“ȱ desȱ Lukasȱ zurȱ Zukunftȱ Israelsȱ bietet,ȱ stehtȱ derenȱ Untersuchungȱ amȱ Endeȱ diesesȱ großenȱ Teils.ȱ DasȱVerhältnisȱderȱchristlichenȱEkklesiaȱzurȱSynagogeȱwirdȱhierȱnochȬ malsȱ narrativȱ aufgenommen,ȱ wennȱ Paulusȱ denȱ römischenȱ Judenȱ dasȱ Evangeliumȱ verkündet.ȱ Damitȱ bestätigtȱ derȱ Textȱ abschließendȱ nochȬ malsȱ dieȱ Auffassung,ȱ dassȱ dieȱ Frageȱ nachȱ Israelȱ zuȱ denȱ Hauptlinienȱ lukanischerȱ Arbeitȱ zählt.ȱ Zugleichȱ fasstȱ erȱ unsereȱ Fragestellungȱ poinȬ tiertȱ zusammen,ȱ daȱ geradeȱ dasȱ Schlusswortȱ desȱ Paulusȱ anȱ dieȱ römiȬ schenȱJudenȱdieȱFrageȱaufwirft,ȱobȱLukasȱamȱSchlussȱdesȱBuchesȱnichtȱ dochȱ einerȱ endgültigenȱ Abwendungȱ vomȱ jüdischenȱ Volkȱ dasȱ Wortȱ redet.ȱȱ UnsereȱLektüreȱderȱSzeneȱgeschiehtȱimȱKontextȱdesȱGesamtwerkes,ȱ dieȱ auchȱ fürȱ dieȱ erstenȱ Leserȱ vorauszusetzenȱ ist.ȱ Sieȱ greiftȱ dabeiȱ auchȱ aufȱ dieȱ imȱ Vorangegangenenȱ erarbeitetenȱ Erträgeȱ zurückȱ undȱ machtȱ dieseȱfürȱdieȱAuslegungȱfruchtbar.ȱLeitendȱistȱ–ȱentsprechendȱderȱAnȬ lageȱunsererȱUntersuchungȱ–ȱderȱGedankeȱeinerȱbewusstenȱKompositiȬ onȱ desȱ Gesamtwerkesȱ unterȱ spezifischerȱ Rezeptionȱ biblischerȱ ZuȬ kunftskonzepte.873ȱInȱdenȱvielstimmigenȱExegetenchorȱzuȱApgȱ28ȱreihtȱ sichȱdieȱUntersuchungȱsoȱmitȱdemȱAnliegenȱein,ȱdassȱihreȱausȱdenȱvoȬ rangegangenenȱArbeitsschrittenȱerwachseneȱspezifischeȱStimmeȱGehörȱ findenȱkann.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 872ȱȱ Vgl.ȱWolter,ȱLk,ȱ145;ȱhierȱzeigtȱsichȱdasȱtypischȱlukanischeȱVerfahren,ȱjudenchristliȬ cheȱHoffnungenȱimȱBlickȱaufȱJesusȱzuȱerwähnen,ȱohneȱsieȱunmittelbarȱpositivȱzuȱbeȬ antworten;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱdieȱähnlicheȱOffenheitȱinȱLkȱ19,11ff.;ȱ24,21ff.ȱundȱApgȱ1,6– 8ȱzeigen.ȱEsȱscheint,ȱdassȱLukasȱeindeutigeȱAussagenȱvermeidet,ȱumȱmehrereȱHoffȬ nungslinien,ȱdieȱsichȱaufȱJesusȱbeziehen,ȱoffenȱzuȱhalten;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱuntenȱKap.ȱ 3.11.2.ȱ 873ȱȱ Vgl.ȱdasȱMotivȱdesȱΗΙΐΚΝΑΉϧΑȱinȱApgȱ15,15.ȱAlsȱAutor,ȱdemȱKontinuitätȱundȱÜberȬ einstimmungȱeinȱAnliegenȱsind,ȱwirdȱLukasȱauchȱseineȱSchlussszeneȱsicherȱsehrȱbeȬ wusstȱkonzipiertȱhaben.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

343ȱ

3.10.1ȱDerȱTextȱ Dieȱ Verseȱ Apgȱ 28,16–31ȱ erzählenȱ vonȱ denȱ Begebenheiten,ȱ nachdemȱ PaulusȱdieȱHauptstadtȱRomȱerreichtȱhat.ȱDieȱBegegnungȱmitȱdenȱFühȬ rernȱ (ΔΕЏΘΓ΍)ȱ derȱ Judenȱ (V.ȱ 17–28)ȱ istȱ dieȱ letzteȱ Erzählungȱ desȱ DopȬ pelwerkes,ȱnachȱderȱnurȱnochȱdieȱAbschlussnotizenȱV.ȱ30f.ȱfolgen.ȱ ȱ 16ȱ ȱ ȱ

ȱ

aȱ ͣΘΉȱΈξȱΉϢΗφΏΌΓΐΉΑȱΉϢΖȱͦЏΐ΋Α,ȱȱ bȱ πΔΉΘΕΣΔ΋ȱΘХȱ̓΅ϾΏУȱȱ cȱ ΐνΑΉ΍ΑȱΎ΅Όвȱο΅ΙΘϲΑȱΗϿΑȱΘХȱ ΚΙΏΣΗΗΓΑΘ΍ȱ΅ЁΘϲΑȱΗΘΕ΅Θ΍ЏΘϙ.ȱ aȱ ̳·νΑΉΘΓȱΈξȱΐΉΘΤȱψΐνΕ΅ΖȱΘΕΉϧΖȱȱ bȱ ΗΙ·Ύ΅ΏνΗ΅ΗΌ΅΍ȱ΅ЁΘϲΑȱΘΓϿΖȱ ϷΑΘ΅ΖȱΘЗΑȱ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑȱΔΕЏΘΓΙΖȉȱȱ cȱ ΗΙΑΉΏΌϱΑΘΝΑȱΈξȱ΅ЁΘЗΑȱȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ

dȱ eȱ fȱ gȱ

ȱ



18ȱ ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ

19ȱ ȱ

aȱ bȱ

ȱ



20ȱ



ȱ



ȱ

cȱ ρΑΉΎΉΑȱ·ΤΕȱΘϛΖȱπΏΔϟΈΓΖȱΘΓІȱ ͑ΗΕ΅χΏȱΘχΑȱΧΏΙΗ΍ΑȱΘ΅ϾΘ΋Αȱ ΔΉΕϟΎΉ΍ΐ΅΍.ȱȱ aȱ ΓϡȱΈξȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘϲΑȱΉϨΔ΅Αȉȱȱ bȱ ψΐΉϧΖȱΓЄΘΉȱ·ΕΣΐΐ΅Θ΅ȱΔΉΕϠȱΗΓІȱ πΈΉΒΣΐΉΌ΅ȱΦΔϲȱΘϛΖȱ͑ΓΙΈ΅ϟ΅Ζȱȱ cȱ ΓЄΘΉȱΔ΅Ε΅·ΉΑϱΐΉΑϱΖȱΘ΍ΖȱΘЗΑȱ ΦΈΉΏΚЗΑȱΦΔφ··Ή΍ΏΉΑȱύȱ πΏΣΏ΋ΗνΑȱΘ΍ȱΔΉΕϠȱΗΓІȱΔΓΑ΋ΕϱΑ.ȱȱ

17ȱ ȱ

21ȱ ȱ ȱ

σΏΉ·ΉΑȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘΓϾΖȉȱȱ π·Џ,ȱȱ ΩΑΈΕΉΖȱΦΈΉΏΚΓϟ,ȱȱ ΓЁΈξΑȱπΑ΅ΑΘϟΓΑȱΔΓ΍φΗ΅ΖȱΘХȱΏ΅Хȱ ύȱΘΓϧΖȱσΌΉΗ΍ȱΘΓϧΖȱΔ΅ΘΕФΓ΍Ζȱȱ ΈνΗΐ΍ΓΖȱπΒȱ͒ΉΕΓΗΓΏϾΐΝΑȱ Δ΅ΕΉΈϱΌ΋ΑȱΉϢΖȱΘΤΖȱΛΉϧΕ΅ΖȱΘЗΑȱ ͦΝΐ΅ϟΝΑ,ȱȱ ΓϣΘ΍ΑΉΖȱΦΑ΅ΎΕϟΑ΅ΑΘνΖȱΐΉȱȱ πΆΓϾΏΓΑΘΓȱΦΔΓΏІΗ΅΍ȱ Έ΍ΤȱΘϲȱΐ΋ΈΉΐϟ΅Αȱ΅ϢΘϟ΅ΑȱΌ΅ΑΣΘΓΙȱ ЀΔΣΕΛΉ΍ΑȱπΑȱπΐΓϟ.ȱȱ ΦΑΘ΍ΏΉ·ϱΑΘΝΑȱΈξȱΘЗΑȱ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑȱȱ ωΑ΅·ΎΣΗΌ΋ΑȱπΔ΍Ύ΅ΏνΗ΅ΗΌ΅΍ȱ ̍΅ϟΗ΅Ε΅ȱȱ ΓЁΛȱБΖȱΘΓІȱσΌΑΓΙΖȱΐΓΙȱσΛΝΑȱΘ΍ȱ Ύ΅Θ΋·ΓΕΉϧΑ.ȱȱ Έ΍ΤȱΘ΅ϾΘ΋ΑȱΓЇΑȱΘχΑȱ΅ϢΘϟ΅Αȱ Δ΅ΕΉΎΣΏΉΗ΅ȱȱ ЀΐκΖȱϢΈΉϧΑȱΎ΅ϠȱΔΕΓΗΏ΅ΏϛΗ΅΍,ȱ

AlsȱwirȱaberȱnachȱRomȱhineinȱkamen,ȱ gestatteteȱmanȱPaulus,ȱ fürȱsichȱzuȱwohnenȱmitȱeinemȱSoldaten,ȱ derȱihnȱbewachte.ȱ AberȱnachȱdreiȱTagenȱ riefȱerȱdieȱFührendenȱderȱJudenȱzusamȬ men.ȱ AlsȱsieȱaberȱzusammengekommenȱwaȬ ren,ȱ sagteȱerȱzuȱihnen:ȱ „Obwohlȱich,ȱ meineȱBrüder,ȱ nichtsȱgegenȱdasȱVolkȱoderȱdieȱSittenȱderȱ Väterȱgetanȱhabe,ȱ binȱichȱalsȱGefangenerȱausȱJerusalemȱinȱ dieȱHändeȱderȱRömerȱüberliefertȱworȬ den.ȱ Nachdemȱdieseȱmichȱuntersuchtȱhatten,ȱ wolltenȱsieȱmichȱfreilassen,ȱ weilȱkeineȱtodeswürdigeȱSchuldȱanȱmirȱ war.ȱ AberȱalsȱdieȱJudenȱwidersprachen,ȱ warȱichȱgezwungen,ȱdenȱKaiserȱanzuruȬ fen,ȱ nichtȱjedoch,ȱumȱmeinȱVolkȱanzuklagen.ȱ AusȱdiesemȱGrundȱhabeȱichȱdarumȱ gebeten,ȱ euchȱzuȱsehenȱundȱmitȱeuchȱzuȱspreȬ chen,ȱ dennȱumȱderȱHoffnungȱIsraelsȱwillenȱ trageȱichȱdieseȱKetten.“ȱ Sieȱaberȱsagtenȱzuȱihm:ȱ „WirȱhabenȱwederȱBriefeȱüberȱdichȱausȱ Judäaȱerhalten,ȱ nochȱistȱeinerȱderȱBrüderȱgekommenȱ undȱhatȱetwasȱBösesȱüberȱdichȱverȬ kündetȱoderȱgesagt.ȱ

344ȱ 22ȱ ȱ ȱ ȱ 23ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

ȱ 24ȱ ȱ 25ȱ ȱ ȱ ȱ

26ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 27ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ aȱ ΦΒ΍ΓІΐΉΑȱΈξȱΔ΅ΕΤȱΗΓІȱΦΎΓІΗ΅΍ȱȱ bȱ ΨȱΚΕΓΑΉϧΖ,ȱȱ cȱ ΔΉΕϠȱΐξΑȱ·ΤΕȱΘϛΖȱ΅ϡΕνΗΉΝΖȱ Θ΅ϾΘ΋Ζȱ·ΑΝΗΘϲΑȱψΐϧΑȱπΗΘ΍Αȱȱ dȱ ϵΘ΍ȱΔ΅ΑΘ΅ΛΓІȱΦΑΘ΍Ών·ΉΘ΅΍.ȱȱ aȱ ̖΅ΒΣΐΉΑΓ΍ȱΈξȱ΅ЁΘХȱψΐνΕ΅Αȱȱ bȱ ώΏΌΓΑȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘϲΑȱΉϢΖȱΘχΑȱΒΉΑϟ΅Αȱ ΔΏΉϟΓΑΉΖȱȱ cȱ ΓϩΖȱπΒΉΘϟΌΉΘΓȱȱ ȱ Έ΍΅ΐ΅ΕΘΙΕϱΐΉΑΓΖȱΘχΑȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅Αȱ ΘΓІȱΌΉΓІ,ȱ dȱ ΔΉϟΌΝΑȱΘΉȱ΅ЁΘΓϿΖȱΔΉΕϠȱΘΓІȱ͑΋ΗΓІȱ ΦΔϱȱΘΉȱΘΓІȱΑϱΐΓΙȱ̏ΝϼΗνΝΖȱ Ύ΅ϠȱΘЗΑȱΔΕΓΚ΋ΘЗΑ,ȱȱ eȱ ΦΔϲȱΔΕΝϫȱρΝΖȱοΗΔνΕ΅Ζ.ȱȱ aȱ Ύ΅ϠȱΓϡȱΐξΑȱπΔΉϟΌΓΑΘΓȱΘΓϧΖȱ ΏΉ·ΓΐνΑΓ΍Ζ,ȱȱ bȱ ΓϡȱΈξȱωΔϟΗΘΓΙΑȉȱȱ aȱ ΦΗϾΐΚΝΑΓ΍ȱΈξȱϷΑΘΉΖȱΔΕϲΖȱ ΦΏΏφΏΓΙΖȱȱ ȱ ΦΔΉΏϾΓΑΘΓȱ bȱ ΉϢΔϱΑΘΓΖȱΘΓІȱ̓΅ϾΏΓΙȱϹϛΐ΅ȱρΑ,ȱȱ cȱ ϵΘ΍ȱΎ΅ΏЗΖȱΘϲȱΔΑΉІΐ΅ȱΘϲȱΧ·΍ΓΑȱ πΏΣΏ΋ΗΉΑȱΈ΍Τȱ̼Η΅ϪΓΙȱΘΓІȱ ΔΕΓΚφΘΓΙȱΔΕϲΖȱΘΓϿΖȱΔ΅ΘνΕ΅Ζȱ ЀΐЗΑȱȱ aȱ Ών·ΝΑȉȱȱ bȱ ΔΓΕΉϾΌ΋Θ΍ȱΔΕϲΖȱΘϲΑȱΏ΅ϲΑȱΘΓІΘΓΑȱȱ cȱ Ύ΅ϠȱΉϢΔϱΑȉȱȱ dȱ ΦΎΓϜȱΦΎΓϾΗΉΘΉȱȱ eȱ Ύ΅ϠȱΓЁȱΐχȱΗΙΑϛΘΉȱ fȱ Ύ΅ϠȱΆΏνΔΓΑΘΉΖȱΆΏνΜΉΘΉȱȱ gȱ Ύ΅ϠȱΓЁȱΐχȱϥΈ΋ΘΉȉȱ aȱ πΔ΅ΛϾΑΌ΋ȱ·ΤΕȱψȱΎ΅ΕΈϟ΅ȱΘΓІȱ Ώ΅ΓІȱΘΓϾΘΓΙȱȱ bȱ Ύ΅ϠȱΘΓϧΖȱВΗϠΑȱΆ΅ΕνΝΖȱόΎΓΙΗ΅Αȱȱ cȱ Ύ΅ϠȱΘΓϿΖȱϴΚΌ΅ΏΐΓϿΖȱ΅ЁΘЗΑȱ πΎΣΐΐΙΗ΅Αȉȱȱ dȱ ΐφΔΓΘΉȱϥΈΝΗ΍ΑȱΘΓϧΖȱϴΚΌ΅ΏΐΓϧΖȱȱ eȱ Ύ΅ϠȱΘΓϧΖȱВΗϠΑȱΦΎΓϾΗΝΗ΍Αȱȱ fȱ Ύ΅ϠȱΘϜȱΎ΅ΕΈϟθȱΗΙΑЗΗ΍Αȱȱ gȱ Ύ΅ϠȱπΔ΍ΗΘΕνΜΝΗ΍Α,ȱȱ

WirȱwünschenȱaberȱvonȱDirȱzuȱhören,ȱ wasȱduȱdenkst.ȱ DennȱüberȱdieseȱGruppierungȱistȱunsȱ bekannt,ȱ dassȱihrȱüberallȱwidersprochenȱwird.“ȱ NachdemȱsieȱnunȱmitȱihmȱeinenȱTagȱ vereinbartȱhatten,ȱ kamenȱnochȱmehrȱzuȱihmȱinȱdieȱWohȬ nung,ȱ denenȱerȱseineȱBotschaftȱdarlegte,ȱ indemȱerȱdasȱReichȱGottesȱbezeugte,ȱ undȱsieȱvonȱJesusȱzuȱüberzeugenȱsuchte,ȱ ausgehendȱvomȱGesetzȱdesȱMoseȱundȱ denȱPropheten,ȱ vomȱMorgenȱbisȱzumȱAbend.ȱ UndȱdieȱeinenȱließenȱsichȱvomȱGesagtenȱ überzeugen,ȱ dieȱanderenȱaberȱbliebenȱungläubig.ȱ Aberȱobwohlȱsieȱuntereinanderȱuneinigȱ waren,ȱȱ brachenȱsieȱauf,ȱ nachdemȱPaulusȱnochȱeinȱWortȱgesagtȱ hatte:ȱ „TreffendȱhatȱderȱheiligeȱGeistȱdurchȱ denȱProphetenȱJesajaȱzuȱeurenȱVäternȱ geredet,ȱ alsȱerȱsagte:ȱ GehȱzuȱdiesemȱVolkȱ undȱsprich:ȱ Hörendȱwerdetȱihrȱhörenȱȱ undȱnichtȱverstehenȱ undȱsehendȱwerdetȱihrȱsehenȱȱ undȱnichtȱerkennen.ȱ DennȱverstocktȱwurdeȱdasȱHerzȱdiesesȱ Volkesȱ undȱmitȱdenȱOhrenȱhabenȱsieȱschwerȱ gehört.ȱ undȱihreȱAugenȱhaltenȱsieȱgeschlossen,ȱ DamitȱsieȱnichtȱmitȱdenȱAugenȱsehenȱ undȱnichtȱmitȱdenȱOhrenȱhörenȱ undȱmitȱdemȱHerzenȱverstehenȱ undȱumkehren874ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 874ȱȱ Vgl.ȱzuȱdieserȱÜbersetzungȱuntenȱKap.ȱ3.10.5.ȱ

ȱ ȱ 28ȱ ȱ ȱ 30ȱ ȱ 31ȱ ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ hȱ Ύ΅ϠȱϢΣΗΓΐ΅΍ȱ΅ЁΘΓϾΖ.ȱȱ aȱ ·ΑΝΗΘϲΑȱΓЇΑȱσΗΘΝȱЀΐϧΑȱȱ bȱ ϵΘ΍ȱΘΓϧΖȱσΌΑΉΗ΍ΑȱΦΔΉΗΘΣΏ΋ȱΘΓІΘΓȱ ΘϲȱΗΝΘφΕ΍ΓΑȱΘΓІȱΌΉΓІȉȱȱ cȱ ΅ЁΘΓϠȱΎ΅ϠȱΦΎΓϾΗΓΑΘ΅΍.ȱȱ aȱ ̳ΑνΐΉ΍ΑΉΑȱΈξȱΈ΍ΉΘϟ΅ΑȱϵΏ΋ΑȱπΑȱ ϢΈϟУȱΐ΍ΗΌЏΐ΅Θ΍ȱȱ bȱ Ύ΅ϠȱΦΔΉΈνΛΉΘΓȱΔΣΑΘ΅ΖȱΘΓϿΖȱ ΉϢΗΔΓΕΉΙΓΐνΑΓΙΖȱΔΕϲΖȱ΅ЁΘϱΑ,ȱȱ aȱ Ύ΋ΕϾΗΗΝΑȱΘχΑȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅ΑȱΘΓІȱ ΌΉΓІȱȱ bȱ Ύ΅ϠȱΈ΍ΈΣΗΎΝΑȱΘΤȱΔΉΕϠȱΘΓІȱΎΙΕϟΓΙȱ ͑΋ΗΓІȱ̙Ε΍ΗΘΓІȱΐΉΘΤȱΔΣΗ΋Ζȱ Δ΅ΕΕ΋Ηϟ΅ΖȱΦΎΝΏϾΘΝΖ.ȱ

345ȱ

undȱichȱsieȱheilenȱwerde.ȱ Esȱsollȱeuchȱaberȱbekanntȱsein:ȱ DenȱVölkernȱwurdeȱdiesesȱHeilȱGottesȱ gesandt.ȱ Undȱsieȱwerdenȱhören.“ȱ ErȱbliebȱaberȱganzeȱzweiȱJahreȱinȱseinerȱ eigenenȱWohnung.ȱ Undȱerȱempfingȱalle,ȱdieȱzuȱihmȱhineinȬ kamen,ȱ wobeiȱerȱdasȱReichȱGottesȱverkündeteȱ undȱdieȱDingeȱüberȱdenȱHerrnȱJesusȱ ChristusȱinȱallemȱFreimutȱundȱungeȬ hindertȱlehrte.ȱ

3.10.2ȱEinordnungȱinȱdenȱKontextȱ ImȱKontextȱderȱletztenȱKapitelȱerzähltȱLukasȱinȱdiesemȱTextȱdasȱEndeȱ derȱlangenȱReiseȱnachȱRom,ȱdieȱnachȱdenȱEreignissenȱinȱJerusalemȱundȱ Caesareaȱ(Apgȱ21,15–26,32)ȱabȱApgȱ27,1ȱbeschriebenȱwurde.ȱNachȱdenȱ Kapitelnȱ überȱ denȱ Prozessȱ desȱ Paulusȱ inȱ Jerusalem,ȱ dieȱ inȱ mancherȱ Hinsichtȱ demȱ Prozessȱ Jesuȱ inȱ Jerusalemȱ nachempfundenȱ sindȱ undȱ inȱ derȱ Strukturȱ desȱ Gesamtwerkesȱ jeweilsȱ denȱ viertenȱ Hauptteilȱ darstelȬ len,ȱlässtȱsichȱdieȱSchlussszeneȱamȱbestenȱalsȱEpilogȱauffassen,ȱderȱkeinȱ strukturellesȱGegenstückȱimȱEvangeliumȱaufweist.ȱ Auffälligȱist,ȱdassȱLukasȱzwarȱmehrfachȱaufȱdieȱschonȱexistierendenȱ christlichenȱ Gemeindenȱ inȱ Italienȱ hinweist,ȱ vonȱ denenȱ „Brüder“ȱ dieȱ Ankunftȱ desȱ Paulusȱ undȱ derȱ Seinenȱ begleiten,875ȱ dieseȱ jedochȱ inȱ derȱ gesamtenȱ Schlussszenerieȱ keineȱ Rolleȱ spielenȱ bzw.ȱ nichtȱ zuȱ existierenȱ scheinen.ȱDasȱInteresseȱdesȱAutorsȱgiltȱvielmehrȱdenȱrömischenȱJudenȱ undȱderenȱBeziehungȱzuȱPaulus.ȱDamitȱweistȱdieȱSzeneȱaufȱdieȱzahlreiȬ chenȱ Zusammentreffenȱ zwischenȱ Paulusȱ undȱ denȱ SynagogengemeinȬ denȱimȱdrittenȱHauptteilȱdesȱBuchesȱzurück.ȱDiesȱistȱeinȱersterȱwichtiȬ gerȱHinweis,ȱinȱwelcherȱRichtungȱdieȱVerseȱauszulegenȱsind.ȱ

3.10.3ȱZurȱStrukturȱdesȱTextesȱ Dieȱ Erzählungȱ vonȱ derȱ Begegnungȱ zwischenȱ Paulusȱ undȱ denȱ römiȬ schenȱ Judenȱ wirdȱ durchȱ dieȱ zweimaligeȱ Erwähnung,ȱ dassȱ Paulusȱ inȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 875ȱȱ Apgȱ28,13f.ȱinȱPuteoli;ȱ28,15ȱinȱRomȱbzw.ȱForumȱAppiiȱundȱTresȱTabernae.ȱ

346ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

einerȱeigenenȱWohnungȱlebt876,ȱgerahmt,877ȱwobeiȱderȱhintererȱRahmenȱ durchȱ weitereȱ Schlussbemerkungenȱ nochȱ etwasȱ erweitertȱ ist.ȱ Derȱ HaupttextȱlässtȱsichȱinȱzweiȱSzenenȱaufteilen:878ȱȱ ȱ V.ȱ16ȱ V.ȱ17–28ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ V.ȱ30f.ȱ

Rahmen:ȱPaulusȱdarfȱunterȱBewachungȱ„fürȱsichȱwohnen“ȱ(ΐνΑΉ΍ΑȱΎ΅Όвȱ ο΅ΙΘϲΑ).ȱ Hauptteil:ȱBegegnungȱmitȱdenȱJudenȱ 17–22:ȱ1.ȱSzeneȱ(DieȱOberstenȱderȱJudenȱbeiȱPaulus.)ȱ 17a:ȱEinleitungȱ 17b–20:ȱRedeȱdesȱPaulusȱ 21–22:ȱAntwortȱderȱJudenȱ 23–28:ȱ2.ȱSzeneȱ(EineȱgrößereȱGruppeȱderȱJudenȱbeiȱPaulus.)ȱ 23–24:ȱBerichtȱüberȱdieȱVerkündigungȱdesȱPaulusȱȱ 25–28:ȱAbschließendeȱRedeȱdesȱPaulusȱbeimȱWeggangȱderȱJuden879ȱ Rahmen:ȱPaulusȱ„wohntȱinȱseinerȱeigenenȱWohnung“ȱ(πΑνΐΉ΍ΑΉΑȱπΑȱϢΈϟУȱ ΐ΍ΗΌЏΐ΅Θ΍)ȱundȱerhältȱweiterhinȱBesuch;ȱabschließendeȱErfolgsnotiz:ȱDieȱfreieȱ VerkündigungȱderȱBotschaftȱvonȱJesusȱChristus.ȱ

ȱ Dieȱ Strukturȱ desȱ Hauptteilsȱ erinnertȱ anȱ vorangegangeneȱ Perikopen:ȱ Dieȱ Zweigliedrigkeitȱ imȱ Zusammentreffenȱ mitȱ Judenȱ istȱ sowohlȱ vonȱ JesusȱselbstȱausȱLkȱ4ȱbekannt,ȱalsȱauchȱfürȱPaulusȱinȱApgȱ13ȱfestzustelȬ len.ȱ Beideȱ Maleȱ istȱ dieȱ ersteȱ Reaktionȱ derȱ Judenȱ insgesamtȱ freundlich,ȱ währendȱesȱbeimȱzweitenȱZusammentreffenȱzumȱKonfliktȱkommt,ȱderȱ mitȱderȱAusweitungȱaufȱdieȱHeidenȱzusammenhängt.ȱInȱbeidenȱSzenenȱ stehenȱ jeweilsȱ Worteȱ Jesuȱ bzw.ȱ desȱ Paulusȱ imȱ Mittelpunkt.ȱ Auchȱ dieȱ SzenenfolgeȱausȱApgȱ28ȱlässtȱsichȱinȱdiesenȱKontextȱeinordnen.ȱInȱbeiȬ denȱSzenenȱspielenȱdabeiȱdieȱWorteȱdesȱPaulusȱeineȱzentraleȱRolle.ȱ DieȱersteȱSzeneȱ(V.ȱ17–22)ȱerzähltȱvonȱeinemȱerstenȱTreffenȱdesȱPauȬ lusȱ mitȱ denȱ „Führenden“ȱ derȱ römischenȱ Judenȱ (V.ȱ 17b:ȱ ΔΕЏΘΓ΍).880ȱ Erȱ hatȱsieȱbeiȱsichȱzusammengerufen,ȱdaȱerȱinȱGefangenschaftȱistȱundȱsichȱ nichtȱ freiȱ bewegenȱ kann.ȱ Dieȱ Szeneȱ istȱ durchȱ dieȱ Redeȱ desȱ Paulusȱ geȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 876ȱȱ V.ȱ16c:ȱΐνΑΉ΍ΑȱΎ΅Όвȱο΅ΙΘϲΑ,ȱV.ȱ30a:ȱπΑνΐΉ΍ΑΉΑȱ[…]ȱπΑȱϢΈϟУȱΐ΍ΗΌЏΐ΅Θ΍.ȱ 877ȱȱ VieleȱAuslegerȱbetonenȱdieȱEröffnungȱderȱSzeneȱmitȱV.ȱ17,ȱweisenȱaberȱauchȱaufȱdieȱ VerbindungȱvonȱV.ȱ16ȱmitȱderȱSchlussperikopeȱhinȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱSchneider,ȱApgȱII,ȱ408);ȱ V.ȱ16ȱstelltȱzusammenȱmitȱV.ȱ30ȱeineȱRahmenȱumȱdieȱDoppelszeneȱdar.ȱZwarȱstehtȱ V.ȱ16ȱnatürlichȱmitȱdenȱvorhergehendenȱVersenȱinȱVerbindung,ȱdochȱumschließtȱdieȱ fürȱ Lukasȱ nichtȱ unwichtigeȱ Ortsangabeȱ dasȱ Zusammentreffenȱ desȱ Paulusȱ mitȱ denȱ JudenȱRomsȱundȱeröffnetȱdamitȱdiesenȱSchlussabschnitt.ȱInȱderȱvorgeschlagenenȱUnȬ terteilungȱwirdȱzudemȱjederȱAbschnittȱmitȱΈνȱeröffnetȱ(V.ȱ16.17.23.30)ȱ 878ȱȱ Vgl.ȱdazuȱHauser,ȱStrukturen,ȱ17–45;ȱaußerdemȱEckey,ȱApgȱII,ȱ586,ȱderȱnichtȱaufȱdieȱ Rahmungȱeingeht.ȱ 879ȱȱ DerȱsekundäreȱNachtragȱinȱV.ȱ29ȱbetontȱnochmalsȱdieȱUneinigkeitȱderȱJuden.ȱ 880ȱȱ DamitȱsindȱwohlȱdieȱLeiterȱderȱzahlreichenȱjüdischenȱSynagogenȱRomsȱgemeint,ȱvgl.ȱ dazuȱHaenchen,ȱApg,ȱ644.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

347ȱ

prägtȱ (V.ȱ 17–20),ȱ inȱ derȱ aufȱ einenȱ erzählendenȱ Rückblickȱ (V.ȱ 17–19)ȱ abschließendȱderȱwahreȱGrundȱfürȱseineȱLeidenȱ(V.ȱ20:ȱ„dieȱHoffnungȱ Israels“)ȱ genanntȱ wird.ȱ Dieȱ Reaktionȱ derȱ jüdischenȱ Oberhäupterȱ fälltȱ positivȱaus;ȱsieȱhabenȱnichtsȱSchlechtesȱüberȱPaulusȱgehörtȱundȱwollenȱ vonȱihmȱselbstȱhören,ȱwelcheȱBotschaftȱerȱverkündet.ȱȱ LukasȱbetontȱinȱdieserȱSzeneȱdieȱbleibendeȱNäheȱdesȱPaulusȱzuȱseiȬ nerȱ jüdischenȱ Herkunft.ȱ Trotzȱ desȱ Widerspruchsȱ willȱ erȱ durchȱ seineȱ PetitionȱanȱdenȱKaiserȱseinȱVolkȱnichtȱanklagen,ȱsondernȱsichȱverteidiȬ gen.ȱ Ausdrücklichȱ wirdȱ festgestellt,ȱ dassȱ Paulusȱ nichtsȱ gegenȱ dasȱ GeȬ setzȱ derȱ Väterȱ getanȱ habe.881ȱ Wennȱ erȱ abschließendȱ alsȱ Grundȱ seinerȱ Gefangenschaftȱ aufȱ dieȱ „Hoffnungȱ Israels“ȱ verweist,ȱ drücktȱ diesȱ dieȱ unaufgebbareȱ Verbindungȱ desȱ paulinischenȱ Tunsȱ zurȱ jüdischȬisraelitiȬ schenȱ Identitätȱ aus,882ȱ ruftȱ zahlreicheȱ Assoziationenȱ auf883ȱ undȱ hatȱ schließlichȱauchȱstrukturelleȱBedeutungȱfürȱdasȱDoppelwerk:ȱMitȱseinerȱ „HoffnungȱfürȱIsrael“ȱstehtȱPaulusȱnebenȱSimeonȱundȱHannaȱausȱLkȱ2ȱ undȱbildetȱmitȱdiesenȱbzw.ȱderȱVorgeschichteȱüberhauptȱeineȱInclusioȱ umȱdasȱgesamteȱWerk,ȱdasȱsichȱsoȱvomȱerstenȱbisȱzumȱletztenȱKapitelȱ alsȱ Entfaltungȱ derȱ Hoffnungȱ Israelsȱ erweist,ȱ fürȱ dieȱ Paulusȱ mitȱ seinerȱ gesamtenȱ Existenzȱ einsteht.ȱ Dassȱ dieȱ Realisierungȱ dieserȱ Hoffnungȱ zugleichȱaufȱdenȱWiderstandȱinȱIsraelȱselbstȱführt,ȱentsprichtȱdemȱtheoȬ logischȬheilsgeschichtlichenȱ Anliegenȱ desȱ Lukas.ȱ Dasȱ Geschickȱ desȱ Paulusȱ erhältȱ soȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ eineȱ spezifischeȱ heilsgeȬ schichtlicheȱ Bedeutungȱ undȱ expliziertȱ nochmalsȱ dasȱ Verhaltenȱ Israelsȱ gegenüberȱ demȱ Planȱ Gottes.ȱ Entsprechendȱ wirdȱ manȱ aufȱ dieȱ wiederȬ holteȱ Redeȱ vomȱ ΦΑΘ΍Ών·Ή΍Αȱ inȱ derȱ Perikopeȱ (V.ȱ 19.22)ȱ verweisen,ȱ dieȱ dieȱ Weissagungȱ desȱ Simeonȱ (vgl.ȱ Lkȱ 2,34)ȱ abschließendȱ bestätigt.ȱ Dieȱ Hoffnungȱ Israels,ȱ dieȱ sichȱ inȱ derȱ mitȱ Jesusȱ angebrochenenȱ messianiȬ schenȱ Zeitȱ erfüllt,ȱ wirdȱ vonȱ einerȱ ambivalentenȱ Reaktionȱ inȱ Israelȱ beȬ gleitet.ȱ Beideȱ Linienȱ hatȱ Lukasȱ inȱ seinemȱ Werkȱ vonȱ Anfangȱ anȱ aufgeȬ nommenȱundȱwirdȱsieȱnunȱzuȱeinemȱAbschlussȱführen.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 881ȱȱ Diesȱ kannȱ alsȱ Indizȱ genommenȱ werden,ȱ dassȱ Lukasȱ etwaȱ dasȱ Ringenȱ umȱ dieȱ BeȬ schneidungsfreiheitȱ fürȱ nichtjüdischeȱ Christusanhängerȱ tatsächlichȱ aufȱ dieseȱ beȬ schränktȱsieht.ȱInsofernȱdieȱBeschneidungȱfürȱjüdischeȱChristenȱnachȱAuffassungȱdesȱ lukanischenȱPaulusȱweiterhinȱgiltȱ(vgl.ȱdazuȱauchȱApgȱ16,3),ȱergibtȱsichȱkeinȱWiderȬ spruchȱzumȱToragehorsam.ȱ 882ȱȱ Vgl.ȱdazuȱHaacker,ȱBekenntnis.ȱ 883ȱȱ VonȱderȱHoffnungȱ sprichtȱPaulusȱauchȱbeiȱseinenȱVerteidigungsredenȱinȱApgȱ23,6;ȱ 24,15;ȱ26,6f.;ȱdabeiȱistȱseineȱHoffnungȱnichtȱalleinȱaufȱChristusȱbezogen,ȱsondernȱaufȱ dieȱ gesamteȱ Verheißungȱ fürȱ Israelȱ ausgerichtet.ȱ Wennȱ Paulusȱ inȱ 26,6f.ȱ vonȱ derȱ „Hoffnungȱ aufȱ dieȱ Verheißungȱ vonȱ Gottȱ anȱ unsereȱ Väter“ȱ spricht,ȱ „zuȱ derȱ unserȱ Zwölfstämmevolk,ȱ dasȱ Tagȱ undȱ Nachtȱ Gottȱ dient,ȱ hinzugelangenȱ hofft“,ȱ soȱ wirdȱ auchȱhierȱdieȱWiederherstellungȱIsraelsȱdeutlich.ȱ

348ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Dieȱ verhaltenȱ positiveȱ Reaktionȱ derȱ Judenȱ bestätigtȱ diesenȱ EinȬ druck.ȱSieȱhabenȱnichtsȱBösesȱüberȱPaulusȱgehört,ȱwollenȱmehrȱvonȱihmȱ erfahrenȱ undȱ bezeichnenȱ dieȱ Christenȱ alsȱ ΅ϣΕΉΗ΍Ζȱ (V.ȱ 22,ȱ vgl.ȱ auchȱ Apgȱ24,5:ȱ ΅ϣΕΉΗ΍Ζȱ ΘЗΑȱ ̐΅ΊΝΕ΅ϟΝΑ),884ȱ alsoȱ alsȱ eineȱ derȱ jüdischenȱ Gruppen,ȱwieȱsieȱetwaȱauchȱdieȱPharisäerȱ(vgl.ȱ15,5;ȱ26,5)ȱoderȱSadduȬ zäerȱ (Apgȱ 5,17)ȱ darstellen.ȱ Damitȱ erweisenȱ sieȱ sichȱ alsȱ offenȱ fürȱ dieȱ BotschaftȱvonȱderȱHoffnungȱIsraels.ȱIhrȱgespaltenesȱVerhaltenȱimȱzweiȬ tenȱAbschnittȱwirdȱfreilichȱdieȱAmbivalenzȱaufscheinenȱlassen.ȱ Nachȱ lukanischerȱ Darstellungȱ nimmtȱ Paulusȱ inȱ Romȱ dieȱ VerbinȬ dungȱ zumȱ dortȱ institutionalisiertenȱ Judentumȱ auf,ȱ wennȱ erȱ auchȱ aufȬ grundȱ derȱ Gefangenschaftȱ nichtȱ selbstȱ dieȱ Synagogenȱ besuchenȱ undȱ dortȱ sprechenȱ kann.ȱ Derȱ Sacheȱ nachȱ erfülltȱ dasȱ Zusammentreffenȱ inȱ seinerȱWohnungȱjedochȱdenselbenȱZweck,ȱsoȱdassȱmanȱdieseȱSzeneȱinȱ dieȱReiheȱderȱNachrichtenȱausȱThessalonich,ȱKorinthȱoderȱEphesus,ȱwoȱ Paulusȱ jeweilsȱ dieȱ Synagogenȱ aufsuchte,ȱ stellenȱ wird.ȱ Dafürȱ sprichtȱ auchȱ dieȱ Anredeȱ (V.ȱ 17:ȱ ΩΑΈΕΉΖȱ ΦΈΉΏΚΓϟ)ȱ sowieȱ dieȱ Zweigliedrigkeitȱ derȱ Szenerie,ȱ dieȱ sichȱ anȱ dasȱ Schemaȱ ausȱ Apgȱ 13ȱ anlehnt.885ȱ Eineȱ fortȬ schreitendeȱ Distanzierungȱ desȱ Paulusȱ vonȱ denȱ Juden,ȱ dieȱ gegenüberȱ denȱ früherenȱ Kapitelnȱ nunȱ inȱ Romȱ eineȱ neueȱ Stufeȱ erreichtȱ hätteȱ undȱ dieȱendgültigeȱAblösungȱamȱEndeȱdesȱDoppelwerksȱankündigenȱwürȬ de,ȱwirdȱmanȱV.ȱ17–22ȱdaherȱnichtȱentnehmenȱkönnen.ȱȱ InȱderȱzweitenȱSzeneȱ(V.ȱ23–28)ȱverkündetȱPaulusȱeinemȱnunȱvergröȬ ßertenȱKreisȱ(V.ȱ23b:ȱΔΏΉϟΓΑΉΖ),ȱderȱwohlȱausȱMitgliedernȱderȱSynagoȬ gengemeindenȱ zuȱ denkenȱ ist.ȱ Lukasȱ beschreibtȱ dasȱ einenȱ ganzenȱ Tagȱ andauerndeȱ(V.ȱ23e:ȱΦΔϲȱΔΕΝϫȱρΝΖȱοΗΔνΕ΅Ζ)ȱVerkündigenȱdesȱPaulusȱ alsȱSchriftauslegung,ȱwodurchȱerȱnochȱeinmalȱdieȱVerbindungȱzurȱReȬ ligionȱIsraelsȱbestätigt.ȱDieȱMessianitätȱJesuȱistȱausȱderȱSchriftȱIsraelsȱzuȱ erhebenȱundȱzeigtȱdamitȱihreȱKontinuitätȱzurȱjüdischenȱReligion.ȱWichȬ tigȱ istȱ dieȱ Formulierungȱ derȱ geteiltenȱ Reaktion,ȱ nachȱ derȱ sichȱ „dieȱ eiȬ nen“ȱüberzeugenȱlassen,ȱ„dieȱanderen“ȱnichtȱ(vgl.ȱV.ȱ24).ȱBeideȱAussaȬ genȱsindȱernstȱzuȱnehmen.ȱLukasȱwillȱhierȱfesthalten,ȱdassȱauchȱinȱRom,ȱ wieȱschonȱinȱdenȱfrüherȱbereistenȱStädten,ȱeineȱGruppeȱausȱdenȱJudenȱ existiert,ȱ dieȱ zumȱ Glaubenȱ anȱ Jesusȱ Christusȱ kommt.886ȱ Währendȱ dieȱ GrößeȱdieserȱGruppeȱstetsȱrechtȱverschiedenȱwar,ȱgenügtȱdemȱVerfasȬ serȱanȱdieserȱStelleȱdieȱeinfacheȱFeststellung,ȱdassȱesȱsieȱauchȱhierȱgibt.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 884ȱȱ Derȱ Ursprungȱ dieserȱ Formulierungȱ liegtȱ inȱ derȱ Aufteilungȱ derȱ philosophischenȱ SchulenȱinȱderȱgriechischȬrömischenȱLiteratur.ȱSehrȱdeutlichȱwirdȱdiesȱbeiȱJosephus,ȱ derȱdieȱdreiȱjüdischenȱ΅ϣΕΉΗΉ΍ΖȱderȱPharisäer,ȱSadduzäerȱundȱEssenerȱ(undȱsogarȱdieȱ Zeloten)ȱ alsȱ Philosophengruppenȱ darstelltȱ (vgl.ȱ Bellȱ 2,118f.;ȱ Antȱ 18,23).ȱ Lukasȱ folgtȱ dieserȱverbreitetenȱSprachregelung,ȱvgl.ȱBaumbach,ȱArt.ȱ΅ϣΕΉΗ΍Ζ,ȱ96f.ȱ 885ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱdieȱSynopseȱobenȱKap.ȱ3.7.5.ȱ 886ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱdieȱTabelleȱmitȱdenȱanschließendenȱErläuterungenȱuntenȱKap.ȱ3.10.4.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

349ȱ

Damitȱ zeigtȱ erȱ nichtȱ zuletzt,ȱ dassȱ auchȱ nachȱ denȱ Aggressionenȱ gegenȱ PaulusȱinȱJerusalemȱdasȱjüdischeȱElementȱnachȱwieȱvorȱzwingendȱnotȬ wendigȱ fürȱ dieȱ Vollständigkeitȱ derȱ christlichenȱ Ekklesiaȱ ist.ȱ Bezüglichȱ derȱJudenȱhältȱerȱderenȱSpaltungȱfest.ȱUneinigȱ(V.ȱ25a:ȱΦΗϾΐΚΝΑΓ΍ȱΈξȱ ϷΑΘΉΖȱΔΕϲΖȱΦΏΏφΏΓΙΖ)ȱverlassenȱsieȱPaulus,ȱderȱihnenȱdasȱnochȱgenauȬ erȱzuȱbesprechendeȱZitatȱausȱJesȱ6,9f.ȱmitȱaufȱdenȱWegȱgibtȱundȱdannȱ nochmalsȱdieȱUniversalisierungȱderȱBotschaftȱhervorhebt.ȱȱ NachdemȱdieȱersteȱSzeneȱvorȱallemȱaufȱdieȱKontinuitätȱabgehobenȱ hat,ȱ weistȱ dieseȱ Szeneȱ soȱ aufȱ dieȱ Ambivalenzȱ inȱ derȱ Annahmeȱ desȱ Evangeliumsȱ inȱ Israelȱ hin.ȱ Derȱ Widerstandȱ vielerȱ Judenȱ gegenȱ dieȱ ihȬ nenȱ zukommendeȱ Heilsbotschaftȱ erweistȱ sichȱ durchȱ seineȱ pointierteȱ StellungȱamȱSchlussȱdesȱBuchesȱnochmalsȱalsȱwichtigerȱPunkt,ȱanȱdemȱ sichȱ Lukasȱ abarbeitet.ȱ Seineȱ bisherigenȱ Erklärungenȱ bestandenȱ einerȬ seitsȱ imȱ Widerstandȱ Israelsȱ gegenȱ dieȱ Ausweitungȱ derȱ Verkündigungȱ anȱdieȱHeidenvölkerȱundȱandererseitsȱinȱderȱVorstellungȱvonȱderȱstetenȱ Verhärtungȱ undȱ Umkehrbedürftigkeitȱ Israels,ȱ dieȱ ausȱ deuteronomistiȬ scherȱTraditionȱstammt.ȱBeideȱElementeȱwerdenȱhierȱnunȱinȱFormȱdesȱ Jesajazitatsȱ wieȱ inȱ derȱ abschließéndenȱ Ankündigungȱ ausȱ V.ȱ 28ȱ nochȬ malsȱangeführt.ȱ DerȱrahmendeȱVersȱ28,30ȱweitetȱsichȱzurȱabschließendenȱErfolgsnoȬ tizȱvonȱderȱfreienȱVerkündigungȱderȱBotschaftȱvonȱJesusȱChristus,ȱmitȱ derȱ dasȱ Buchȱ zumȱ Endeȱ kommt.ȱ Lukasȱ stelltȱ dasȱ Bildȱ desȱ „ungehinȬ dert“ȱ(ΦΎΝΏϾΘΝΖ)ȱverkündendenȱPaulusȱanȱdenȱSchluss,ȱderȱ„alle,ȱdieȱ zuȱ ihmȱ kamen“ȱ (ΔΣΑΘ΅Ζȱ ΘΓϿΖȱ ΉϢΗΔΓΕΉΙΓΐνΑΓΙΖȱ ΔΕϲΖȱ ΅ЁΘϱΑ)ȱ aufȬ nahm.ȱNachȱdenȱbisherigenȱÜberlegungenȱwirdȱmanȱzuȱdieserȱGruppeȱ „JudenȱundȱGriechen“ȱzählen.ȱDamitȱwäreȱeinȱweiteresȱwichtigesȱIndizȱ gegenȱdieȱAnnahmeȱeinerȱ„Verwerfung“ȱIsraelsȱamȱEndeȱdesȱDoppelȬ werkesȱgewonnen.ȱDochȱgiltȱes,ȱdieseȱAnnahmeȱimȱFolgendenȱausȱverȬ schiedenenȱRichtungenȱzuȱuntermauern.ȱȱ

3.10.4ȱDieȱAuslegungȱderȱVerseȱalsȱAbschlussȱdesȱDoppelwerksȱ VonȱbesondererȱBedeutungȱbeiȱderȱAuslegungȱderȱVerseȱistȱdieȱFrage,ȱ warumȱ dasȱ Doppelwerkȱ geradeȱ inȱ dieserȱ Formȱ schließt.ȱ Daȱ nachȱ denȱ ausführlichenȱKapitelnȱüberȱdenȱProzessȱdesȱPaulusȱzuȱerwartenȱwäre,ȱ dassȱauchȱdessenȱEndeȱnochȱerzähltȱwürde,ȱwirftȱderȱText,ȱderȱamȱProȬ zessgeschehenȱkeinȱInteresseȱmehrȱzeigt,ȱFragenȱauf.ȱGelegentlichȱvorȬ getrageneȱ Annahmen,ȱ dassȱ derȱ eigentlicheȱ Schlussȱ verlorenȱ gegangenȱ sei887ȱ oderȱ Lukasȱ nochȱ einȱ drittesȱ Buchȱ geplantȱ habe888ȱ bzw.ȱ dassȱ dasȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 887ȱȱ DieseȱTheseȱfindetȱsichȱz.ȱB.ȱbeiȱPfister,ȱGefangenschaft,ȱ216–221.ȱ

350ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Buchȱ nochȱ vorȱ Endeȱ desȱ Prozessesȱ abgefasstȱ wordenȱ sei,889ȱ konntenȱ jedochȱ letztlichȱ nichtȱ befriedigen,ȱ daȱ sieȱ „materiale“ȱ Begrenzungenȱ voraussetzen,ȱ dieȱ derȱ bewusstenȱ Kompositionȱ derȱ Schlussverseȱ nichtȱ gerechtȱwerden.ȱEsȱsprechenȱguteȱGründeȱdafür,ȱdassȱLukasȱzwarȱnochȱ weitereȱ Informationenȱ überȱ dasȱ Schicksalȱ desȱ Paulusȱ gehabtȱ hat,ȱ aberȱ ganzȱ bewusstȱ mitȱ derȱ obenȱ vorgestelltenȱ Szeneȱ seinȱ Doppelwerkȱ beȬ schließenȱwollte.890ȱDiesȱhatȱKonsequenzenȱfürȱdieȱAuslegungȱdesȱTexȬ tesȱwieȱfürȱdieȱFrageȱnachȱderȱIntentionȱdesȱDoppelwerkesȱüberhaupt,ȱ denenȱimȱFolgendenȱnachgegangenȱwerdenȱsoll.ȱ Nachȱ denȱ Überlegungenȱ zurȱ Makrostrukturȱ desȱ Doppelwerkesȱ istȱ dieȱEpisodeȱinȱRomȱalsȱnarrativerȱ„Epilog“ȱzuȱverstehen.ȱDarausȱwirdȱ plausibel,ȱweshalbȱdasȱEndeȱdesȱProzessesȱgegenȱPaulusȱoderȱgarȱseinȱ Todȱnichtȱmehrȱerzähltȱwird.891ȱEsȱgingȱLukasȱinȱdenȱdetailliertenȱKapiȬ telnȱ Apgȱ 22–27ȱ mehrȱ umȱ eineȱ Parallelisierungȱ desȱ paulinischenȱ GeȬ schicksȱ mitȱ demȱ Jesuȱ alsȱ umȱ einenȱ vollständigenȱ Bericht,ȱ derȱ nunȱ inȱ Romȱ nochȱ zuȱ Endeȱ gebrachtȱ werdenȱ müsste.ȱ Soȱ wieȱ Jesusȱ leidenȱ undȱ verworfenȱwerdenȱ„musste“ȱ(vgl.ȱLkȱ24,26),ȱ„muss“ȱPaulusȱnachȱRomȱ gelangenȱ(vgl.ȱApgȱ19,21;ȱ23,11).ȱDasȱBildȱdesȱgefangenenȱundȱzugleichȱ freiȱverkündendenȱZeugenȱChristi,ȱdazuȱnochȱinȱderȱReichshauptstadtȱ Rom,ȱstellteȱfürȱLukasȱeinȱvielȱbesseresȱAbschlussbildȱdar,ȱalsȱesȱErzähȬ lungenȱüberȱdasȱEndeȱdiesesȱMissionarsȱjeȱhättenȱseinȱkönnen.ȱInȱRomȱ wendetȱsichȱLukasȱdaherȱabschließendȱnochmalsȱeinemȱanderenȱThemaȱ zu,ȱ dasȱ ihnȱ inȱ seinemȱ gesamtenȱ Werkȱ umgetriebenȱ hat,ȱ nämlichȱ demȱ ambivalentenȱ undȱ oftȱ widerständischenȱ Verhaltenȱ Israelsȱ gegenüberȱ seinemȱ Messiasȱ undȱ denȱ ihnȱ verkündigendenȱ Zeugen.ȱ Daherȱ werdenȱ auchȱ dieȱ römischenȱ Christen,ȱ vonȱ denenȱ Lukasȱ weißȱ (vgl.ȱ Apgȱ 18,2;ȱ 28,14f.),ȱnichtȱmehrȱerwähnt.ȱ EineȱwichtigeȱEinsichtȱliegtȱdaherȱdarin,ȱdassȱinȱderȱSzeneȱnichtȱnurȱ dieȱJudenȱRomsȱangesprochenȱsind,ȱsondernȱderenȱAuftrittȱparadigmaȬ tischȱfürȱdasȱVerhaltenȱderȱJudenȱimȱgesamtenȱWerkȱanzusehenȱist.ȱDieȱ konkreteȱVerortungȱinȱRomȱundȱdieȱgenerelleȱDeutungȱdesȱGesamtgeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 888ȱȱ DiesȱhatȱetwaȱZahn,ȱApgȱI,ȱ16–18ȱvermutet.ȱȱ 889ȱȱ Soȱ schonȱ Harnack,ȱ Neueȱ Untersuchungen,ȱ 68f.;ȱ dieȱ Theseȱ wirdȱ bisȱ heuteȱ vonȱ denȱ Auslegernȱvertreten,ȱdieȱdasȱBuchȱaufȱdenȱPaulusbegleiterȱLukasȱzurückführen.ȱZurȱ KritikȱderȱeinzelnenȱAnnahmenȱvgl.ȱConzelmann,ȱApg,ȱ160;ȱSchneider,ȱApgȱII,ȱ411f.ȱ 890ȱȱ Dasȱ bestätigenȱ nahezuȱ alleȱ Ausleger;ȱ vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Marguerat,ȱ Lukas,ȱ 297f.;ȱ Schneider,ȱ ApgȱII,ȱ412.ȱ 891ȱȱ ZumalȱLukasȱgrundsätzlichȱsehrȱzurückhaltendȱmitȱderȱErzählungȱvonȱHinrichtunȬ genȱist;ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.11.3.ȱDerȱSchlussȱ derȱApgȱistȱimȱ Übrigenȱbezüglichȱ desȱ weiterenȱ Schicksalsȱ desȱ Paulusȱ soȱ offenȱ gehalten,ȱ dassȱ eineȱ Verlängerungȱ derȱ Haftȱebensoȱdenkbarȱwäre,ȱwieȱeineȱFreilassungȱdesȱApostels;ȱdieseȱEreignisseȱwaȬ renȱ aberȱ nachȱ Meinungȱ desȱ Lukasȱ offenbarȱ nichtȱ derart,ȱ dassȱ sieȱ eineȱ verständnisȬ förderndeȱFunktionȱfürȱseinȱWerkȱgehabtȱhätten.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

351ȱ

schehensȱ verbindenȱ sichȱ inȱ dieserȱ Perikopeȱ sehrȱ eng,ȱ wieȱ etwaȱ dasȱ Jesajazitatȱ zeigt,ȱ wennȱ esȱ inȱ seinerȱ Redeȱ vonȱ „eurenȱ Vätern“ȱ (V.ȱ25c)ȱ bzw.ȱ„diesemȱVolk“ȱ(vgl.ȱV.ȱ26b)ȱüberȱdieȱSzeneȱhinausweistȱundȱdaherȱ nichtȱnurȱanȱdieȱrömischenȱJudenȱgerichtetȱist,ȱsondernȱeineȱumfassenȬ deȱAussageȱmacht.ȱȱ DiesȱlegtȱauchȱdieȱLokalisierungȱinȱRomȱimȱKontextȱderȱApostelgeschichteȱ insgesamtȱnahe.ȱSoȱistȱRomȱstetsȱeinȱOrt,ȱdessenȱErreichenȱfürȱPaulusȱnichtȱ zufällig,ȱ sondernȱ notwendigȱ erscheintȱ (vgl.ȱ Apgȱ 19,21:ȱ ΈΉϧȱ ΐΉȱ Ύ΅Ϡȱ ͦЏΐ΋Αȱ ϢΈΉϧΑ,ȱ23,11:ȱΗΉȱΈΉϧȱΎ΅ϠȱΉϢΖȱͦЏΐ΋Αȱΐ΅ΕΘΙΕϛΗ΅΍).ȱAbȱderȱerstenȱErwähnungȱ derȱStadtȱinȱApgȱ19,21ȱfokussiertȱsichȱderȱBlickȱvonȱderȱMissionȱdesȱPaulusȱ aufȱseinȱpersönlichesȱGeschick.892ȱErstȱinȱRomȱwirdȱPaulusȱwiederȱanȱseineȱ frühereȱMissionspraxisȱanknüpfen.ȱDieȱzweiteȱErwähnungȱinȱ23,11ȱergänztȱ weitereȱ Aspekteȱ undȱ verdeutlichtȱ zugleichȱ denȱ Zusammenhangȱ zwischenȱ RomȱundȱJerusalem:ȱDerȱReiseȱdesȱPaulusȱnachȱJerusalemȱ„muss“ȱderȱBlickȱ nachȱRomȱfolgen,ȱgleichesȱgiltȱfürȱdasȱ„Zeugnis“,ȱdasȱerȱabzulegenȱhat.ȱInȱ Romȱ gesprocheneȱ Worteȱ erhaltenȱ dadurchȱ einȱ ähnlichesȱ Gewicht,ȱ wieȱ sonstȱinȱJerusalemȱverhandelteȱAngelegenheiten.ȱDerȱAppellȱdesȱPaulusȱanȱ denȱKaiserȱinȱApgȱ25,10–12ȱerweistȱsichȱsoȱauchȱalsȱgeeignetesȱElement,ȱumȱ PaulusȱüberhauptȱnachȱRomȱzuȱbringen.ȱWennȱdannȱdieȱAnkündigungȱdesȱ „RomȬSehens“ȱinȱApgȱ28ȱeingelöstȱwird,ȱgeschiehtȱdiesȱaufȱüberraschendeȱ Weise:ȱ Amȱ Fortgangȱ desȱ Prozessesȱ undȱ garȱ demȱ Auftretenȱ desȱ Kaisersȱ zeigtȱ Lukasȱ keinerleiȱ Interesse.ȱ Stattdessenȱ folgtȱ dieȱ Szene,ȱ inȱ derȱ Paulusȱ nochmalsȱ gegenüberȱ jüdischenȱ Partnernȱ seineȱ Botschaftȱ vorträgt.ȱ Aufȱ derȱ intratextuellenȱEbeneȱwirdȱdieseȱBegegnungȱmitȱdenȱJudenȱsoȱzumȱ„ZeugȬ nis“,ȱdasȱPaulusȱnachȱJerusalemȱnunȱauchȱinȱRomȱablegt.893ȱ

DerȱHinweis,ȱdassȱdasȱJesajazitatȱnurȱanȱdieȱJudenȱRomsȱgerichtetȱsei,ȱ womitȱ zwarȱ überȱ dieseȱ derȱ Stabȱ gebrochenȱ sei,ȱ weitereȱ Rückschlüsseȱ aufȱdasȱganzeȱVolkȱaberȱnichtȱgezogenȱwerdenȱkönnten,ȱistȱdamitȱkeinȱ gangbarerȱWeg.ȱDurchȱdieȱEndpositionȱundȱdieȱbesondereȱBedeutungȱ Romsȱ wirdȱ manȱ dasȱ Wortȱ alsȱ Aufdeckungȱ derȱ Situationȱ Israelsȱ insgeȬ samtȱauffassenȱmüssen.ȱDerȱSchlussȱdesȱDoppelwerksȱ„liefertȱdieȱtheoȬ logischeȱDiagnoseȱdesȱAutorsȱüberȱdasȱVerhältnisȱvonȱKircheȱundȱSyȬ nagoge“894.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 892ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Schröter,ȱ Paulusȱ alsȱ Modell,ȱ 75;ȱ zuȱ denȱ Parallelenȱ vonȱ Apgȱ 19,21f.ȱ zurȱ EröffnungȱderȱJerusalemreiseȱJesuȱLkȱ9,51f.ȱvgl.ȱRadl,ȱPaulusȱundȱJesus,ȱ103–126.ȱ 893ȱȱ Dasȱ Erreichenȱ Romsȱ istȱ alsoȱ keineȱ Einlösungȱ derȱ Ankündigungȱ Jesuȱ inȱ Apgȱ 1,8,ȱ sondernȱdesȱHerrenwortesȱausȱApgȱ23,11,ȱdasȱRomȱmitȱJerusalemȱinȱBeziehungȱsetztȱ (vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.9.3.1).ȱDieȱZeugenschaftȱ„bisȱanȱdieȱGrenzenȱderȱErde“ȱrealiȬ siertȱsichȱschonȱinȱdenȱErzählungenȱdesȱdrittenȱHauptteilsȱ(Apgȱ8,1b–21,14)ȱundȱbeȬ schränktȱsichȱdamitȱkeineswegsȱnurȱaufȱPaulus,ȱsondernȱkommtȱauchȱanderenȱAposȬ telnȱ zu,ȱ dieȱ inȱ Apgȱ 1,8ȱ jaȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ Paulusȱ zugegenȱ warenȱ (vgl.ȱ dazuȱ obenȱ Kap.ȱ3.5.4).ȱ 894ȱȱ Marguerat,ȱLukas,ȱ313.ȱ

352ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Wennȱdiesȱzutrifft,ȱdannȱbestehtȱeineȱentscheidendeȱFrageȱdarin,ȱobȱ dieȱ Szeneȱ inȱ Romȱ eineȱ endgültigeȱ Abwendungȱ derȱ christlichenȱ VerȬ kündigungȱvonȱdenȱJudenȱ(bzw.ȱeinȱEndeȱderȱinȱderȱApostelgeschichteȱ durchgängigȱ praktiziertenȱ Judenmission)ȱ erzählt.ȱ Wennȱ Apgȱ 28ȱ wirkȬ lichȱeinenȱ„lukanischenȱNachrufȱaufȱdieȱSynagoge“895ȱdarstellt,ȱderȱdasȱ „Endeȱ derȱ Epocheȱ derȱ Judenmission“896ȱ fixiert,ȱ wirdȱ manȱ dieȱ Zukunftȱ Israelsȱ ausȱ lukanischerȱ Sichtȱ kaumȱ positivȱ zeichnenȱ können.897ȱ Dieȱ Worteȱ desȱ Petrusȱ anȱ „dieȱ Führerȱ desȱ Volkesȱ undȱ dieȱ Ältesten“ȱ (vgl.ȱ Apgȱ4,8),ȱdassȱnurȱimȱNamenȱJesuȱdasȱHeilȱistȱ(vgl.ȱApgȱ4,12),ȱsprechenȱ hierȱeineȱdeutlicheȱSprache.898ȱȱ EineȱReiheȱvonȱZwischenlösungenȱfindetȱsichȱinȱjüngerenȱArbeiten.ȱSoȱbeȬ tontȱGünterȱWasserbergȱdieȱneueȱErkenntnisȱdesȱPaulusȱinȱApgȱ28ȱgegenȬ überȱdenȱfrüherenȱKapiteln:ȱDieȱVerstockungȱistȱgottgewollt,ȱPaulusȱistȱalsȱ gescheiterterȱ Judenmissionarȱ zuȱ denȱ Heidenȱ gesandt.ȱ Jüdischeȱ VerȬ stockungȱ korreliertȱ mitȱ derȱ Heilszuweisungȱ anȱ dieȱ Völker.899ȱ Sylviaȱ Hageneȱ kannȱ aufgrundȱ desȱ heilbringendenȱ Wissensschatzesȱ Israels,ȱ aufȱ denȱesȱLukasȱankomme,ȱfesthalten,ȱdassȱIsraelȱ„nichtȱnurȱeineȱchronologiȬ sche,ȱsondernȱeineȱzentraleȱinhaltlicheȱHeilspriorität“900ȱgebührt:ȱ„DieȱÖffȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 895ȱȱ Schille,ȱApg,ȱ479.ȱ 896ȱȱ Pesch,ȱApgȱII,ȱ306.ȱ 897ȱȱ Vgl.ȱ dieseȱ Sichtȱ z.ȱ B.ȱ inȱ denȱ Kommentarenȱ vonȱ E.ȱ Haenchenȱ undȱ H.ȱ Conzelmannȱ oderȱ beiȱ Jervell,ȱ Apg,ȱ 628:ȱ „Esȱ gehtȱ hierȱ umȱ endgültigeȱ Verstockung“;ȱ gelegentlichȱ istȱ dieȱ Auffassungȱ einerȱ Verwerfungȱ Israelsȱ ausdrücklichȱ mitȱ dessenȱ Substitutionȱ durchȱ dieȱ Kircheȱ verknüpft,ȱ wieȱ etwaȱ beiȱ Hübner,ȱ Theologieȱ III,ȱ 138:ȱ „Derȱ schuldȬ hafteȱUnglaubeȱdesȱaltenȱIsraelȱbedingt,ȱdassȱdasȱHeilȱGottesȱ[…]ȱinȱnichtȱmehrȱeinȬ zuholenderȱ Endgültigkeitȱ zuȱ denȱ Heidenȱ gesandtȱ ist!ȱ […]ȱ Dieȱ Missionsgeschichteȱ derȱ erstenȱ Jahrzehnteȱ führtȱ zumȱ tragischenȱ endgültigenȱ Heilsverlustȱ desȱ jüdischenȱ Volkes,ȱ dasȱ nunȱ seineȱ durchȱ Berufungȱ gottgeschenkteȱ Israelschaftȱ schuldhaftȱ verȬ spieltȱhat.ȱWiederȱstehtȱesȱimȱNeuenȱTestament,ȱundȱzwarȱinȱallerȱDeutlichkeit:ȱDieȱ KircheȱtrittȱanȱdieȱStelleȱIsraels.ȱAuchȱLukasȱvertrittȱunbestreitbarȱinȱallerȱEindeutigȬ keitȱ dieȱ sog.ȱ Substitutionstheorie.“ȱ Gegenȱ eineȱ solcheȱ Gewissheitȱ wirdȱ manȱ freilichȱ imȱ Zugeȱ unsererȱ Überlegungenȱ gewichtigeȱ Bedenkenȱ anmelden,ȱ zumalȱ vieleȱ derȱ hierȱ verwendetenȱ Terminiȱ imȱ biblischenȱ Textȱ garȱ nichtȱ auftauchen.ȱ Schonȱ eherȱ beȬ rechtigtȱ hingegenȱ erscheintȱ dasȱ Ringenȱ Fitzmyers:ȱ „Isȱ thisȱ theȱ endȱ ofȱ offeringȱ salvationȱ toȱ Israel?ȱ Oneȱ mightȱ beȱ temptedȱ toȱ readȱ thisȱ episodeȱ inȱ thisȱ way“ȱ (Fitzmyer,ȱActs,ȱ790f.);ȱerȱfindetȱschließlichȱIndizienȱgegenȱeineȱsolcheȱDeutung.ȱ 898ȱȱ EinȱLösungsversuchȱ durchȱeineȱVerbindungȱmitȱdenȱ Aussagenȱ desȱRömerbriefsȱ(z.ȱ B.ȱbeiȱEckey,ȱApgȱII,ȱ592f.:ȱ„DieȱbisherigeȱPrioritätȱderȱJuden,ȱdieȱPaulusȱstriktȱbeachȬ tetȱ hat,ȱ istȱ überholt“,ȱ dochȱ „dieȱ vonȱ Paulusȱ Römȱ 11,23–24ȱ angesprocheneȱ MöglichȬ keitȱbleibtȱauchȱfürȱLukasȱinȱKraft“,ȱGottȱ„kannȱauchȱdieȱVerstockungȱderȱMehrheitȱ derȱJudenȱüberwinden“)ȱbedarfȱsensiblerȱDifferenzierung;ȱvgl.ȱdazuȱKap.ȱ5.1.ȱ 899ȱȱ Vgl.ȱWasserberg,ȱIsraelsȱMitte,ȱ108f.ȱ 900ȱȱ Hagene,ȱZeitenȱderȱWiederherstellung,ȱ322.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

353ȱ

nungȱ desȱ Wissensschatzesȱ Israelsȱ bleibtȱ unerläßlicheȱ Bedingungȱ fürȱ dieȱ RettungȱderȱVölker.“901ȱ

Umȱ nunȱ inȱ derȱ Frage,ȱ obȱ mitȱ Apgȱ 28ȱ dasȱ Endeȱ derȱ Judenmissionȱ geȬ kommenȱist,ȱeinenȱSchrittȱweiterzukommen,ȱbietetȱsichȱeinȱBlickȱaufȱdieȱ gesamteȱinȱderȱApostelgeschichteȱerzählteȱMissionȱan.ȱDabeiȱzeigtȱsich,ȱ dassȱ praktischȱ dasȱ gesamteȱ Buchȱ stetsȱ vonȱ positivenȱ wieȱ negativenȱ ReaktionenȱderȱJudenȱaufȱdasȱEvangeliumȱzuȱberichtenȱweiß.ȱDieȱentȬ sprechendenȱ Erzählungenȱ findenȱ sichȱ lediglichȱ inȱ Kapiteln,ȱ dieȱ entȬ sprechendȱ derȱ eingangsȱ vorgelegtenȱ Makrostrukturȱ desȱ Buchesȱ demȱ erstenȱundȱzweitenȱHauptteil902ȱzuzuordnenȱsind,ȱsowieȱimȱ„Epilog“:ȱ ȱ Kap.ȱ

Ortȱ

positiveȱReaktion(en)ȱ

negativeȱReaktion(en)ȱ

2–5ȱ

JerusaȬ lemȱ

6–7ȱ

JerusaȬ lemȱ

4,4:ȱΔΓΏΏΓϠȱΈξȱΘЗΑȱΦΎΓΙΗΣΑȬ ΘΝΑȱΘϲΑȱΏϱ·ΓΑȱπΔϟΗΘΉΙΗ΅Αȱ Ύ΅Ϡȱπ·ΉΑφΌ΋ȱ[ϳ]ȱΦΕ΍ΌΐϲΖȱΘЗΑȱ ΦΑΈΕЗΑȱ[БΖ]ȱΛ΍Ώ΍ΣΈΉΖȱΔνΑΘΉ.ȱȱ (vgl.ȱbereitsȱ2,41.47)ȱ 6,7:ȱ̍΅ϠȱϳȱΏϱ·ΓΖȱΘΓІȱΌΉΓІȱ ΋ЄΒ΅ΑΉΑȱΎ΅ϠȱπΔΏ΋ΌϾΑΉΘΓȱϳȱ ΦΕ΍ΌΐϲΖȱΘЗΑȱΐ΅Ό΋ΘЗΑȱπΑȱ ͑ΉΕΓΙΗ΅ΏχΐȱΗΚϱΈΕ΅,ȱΔΓΏϾΖȱ ΘΉȱϷΛΏΓΖȱΘЗΑȱϡΉΕνΝΑȱ ЀΔφΎΓΙΓΑȱΘϜȱΔϟΗΘΉ΍.ȱ

8,1–3ȱ

VertreiȬ bungȱausȱ Jerusalemȱ nachȱdemȱ Todȱdesȱ StephaȬ nusȱ

ȬȬȬȱ

8,4–25ȱ

SamaȬ rien903ȱ

8,26– 40ȱ

Taufeȱdesȱ ÄthiopiȬ ersȱaufȱ demȱWegȱ

8,12:ȱϵΘΉȱΈξȱπΔϟΗΘΉΙΗ΅ΑȱΘХȱ ̘΍ΏϟΔΔУȱΉЁ΅··ΉΏ΍ΊΓΐνΑУȱ […],ȱπΆ΅ΔΘϟΊΓΑΘΓȱΩΑΈΕΉΖȱΘΉȱ Ύ΅Ϡȱ·ΙΑ΅ϧΎΉΖ.ȱ 8,38:ȱΎ΅ϠȱΎ΅ΘνΆ΋Η΅Αȱ ΦΐΚϱΘΉΕΓ΍ȱΉϢΖȱΘϲȱЂΈΝΕ,ȱϵȱΘΉȱ ̘ϟΏ΍ΔΔΓΖȱΎ΅ϠȱϳȱΉЁΑΓІΛΓΖ,ȱΎ΅Ϡȱ πΆΣΔΘ΍ΗΉΑȱ΅ЁΘϱΑ.ȱ

4,1.3:ȱΓϡȱϡΉΕΉϧΖȱΎ΅ϠȱϳȱΗΘΕ΅Θ΋·ϲΖȱ ΘΓІȱϡΉΕΓІȱΎ΅ϠȱΓϡȱ̕΅ΈΈΓΙΎ΅ϧΓ΍ȱ […]ȱπΔνΆ΅ΏΓΑȱ΅ЁΘΓϧΖȱΘΤΖȱ ΛΉϧΕ΅ΖȱΎ΅ϠȱσΌΉΑΘΓȱΉϢΖȱΘφΕ΋Η΍Α.ȱȱ (vgl.ȱauchȱ5,18.33)ȱ 6,9:ȱΦΑνΗΘ΋Η΅ΑȱΈνȱΘ΍ΑΉΖȱΘЗΑȱπΎȱ ΘϛΖȱΗΙΑ΅·Ν·ϛΖȱΘϛΖȱΏΉ·ΓΐνΑ΋Ζȱ ̎΍ΆΉΕΘϟΑΝΑȱΎ΅Ϡȱ̍ΙΕ΋Α΅ϟΝΑȱΎ΅Ϡȱ ̝ΏΉΒ΅ΑΈΕνΝΑȱΎ΅ϠȱΘЗΑȱΦΔϲȱ ̍΍Ώ΍Ύϟ΅ΖȱΎ΅Ϡȱ̝Ηϟ΅ΖȱΗΙΊ΋ΘΓІΑȬ ΘΉΖȱΘХȱ̕ΘΉΚΣΑУ.ȱȱ (vgl.ȱauchȱApgȱ7)ȱ 8,1.3:ȱ̳·νΑΉΘΓȱΈξȱπΑȱπΎΉϟΑϙȱΘϜȱ ψΐνΕθȱΈ΍Ν·ΐϲΖȱΐν·΅ΖȱπΔϠȱΘχΑȱ πΎΎΏ΋Ηϟ΅ΑȱΘχΑȱπΑȱ͒ΉΕΓΗΓΏϾΐΓ΍Ζ.ȱ […]ȱ̕΅ІΏΓΖȱΈξȱπΏΙΐ΅ϟΑΉΘΓȱΘχΑȱ πΎΎΏ΋Ηϟ΅ΑȱΎ΅ΘΤȱΘΓϿΖȱΓϥΎΓΙΖȱ ΉϢΗΔΓΕΉΙϱΐΉΑΓΖ,ȱΗϾΕΝΑȱΘΉȱ ΩΑΈΕ΅ΖȱΎ΅Ϡȱ·ΙΑ΅ϧΎ΅ΖȱΔ΅ΕΉΈϟΈΓΙȱ ΉϢΖȱΚΙΏ΅ΎφΑ.ȱ ȬȬȬȱ

ȬȬȬȱ (keineȱNachrichtenȱüberȱeineȱ ReaktionȱausȱGaza,ȱAschdodȱ undȱCaesarea)ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 901ȱȱ Hagene,ȱZeitenȱderȱWiederherstellung,ȱ323.ȱ 902ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKap.ȱ3.1.2.ȱ 903ȱȱ MitȱderȱWendungȱnachȱSamarienȱgehtȱdasȱEvangeliumȱüberȱdasȱLandȱIsraelȱhinaus,ȱ ohneȱaberȱschonȱheidnischesȱTerrainȱzuȱerreichen.ȱ

354ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Kap.ȱ

Ortȱ

positiveȱReaktion(en)ȱ

negativeȱReaktion(en)ȱ

9,1–25ȱ

DamasȬ kus904ȱ JerusaȬ lemȱ

(vgl.ȱ9,2:ȱInȱDamaskusȱgibtȱesȱ schonȱ„AnhängerȱdesȱWeges“)ȱ (s.o.)ȱ

9,31ȱ

Judäa,ȱ Galiläaȱ undȱ SamaȬ rien905ȱ

9,23:ȱΗΙΑΉΆΓΙΏΉϾΗ΅ΑΘΓȱΓϡȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱΦΑΉΏΉϧΑȱ΅ЁΘϱΑȉȱ 9,29:ȱπΏΣΏΉ΍ȱΘΉȱΎ΅ϠȱΗΙΑΉΊφΘΉ΍ȱ ΔΕϲΖȱΘΓϿΖȱ̴ΏΏ΋Α΍ΗΘΣΖ,ȱΓϡȱΈξȱ πΔΉΛΉϟΕΓΙΑȱΦΑΉΏΉϧΑȱ΅ЁΘϱΑ.ȱ ȬȬȬȱ

9,32– 43ȱ

Lyddaȱ undȱ Joppe906ȱ

10– 11,18ȱ

CaesaȬ reaȱ(imȱ Hausȱ desȱCorȬ nelius)ȱ AntiȬ ochienȱ

9,26– 30ȱ

12ȱ

JerusaȬ lemȱ

9,31:ȱ̽ȱΐξΑȱΓЇΑȱπΎΎΏ΋Ηϟ΅ȱΎ΅Όвȱ ϵΏ΋ΖȱΘϛΖȱ͑ΓΙΈ΅ϟ΅ΖȱΎ΅Ϡȱ ̆΅Ώ΍Ώ΅ϟ΅ΖȱΎ΅Ϡȱ̕΅ΐ΅ΕΉϟ΅Ζȱ ΉϨΛΉΑȱΉϢΕφΑ΋ΑȱΓϢΎΓΈΓΐΓΙΐνΑ΋ȱ Ύ΅ϠȱΔΓΕΉΙΓΐνΑ΋ȱΘХȱΚϱΆУȱΘΓІȱ ΎΙΕϟΓΙȱΎ΅ϠȱΘϜȱΔ΅Ε΅ΎΏφΗΉ΍ȱΘΓІȱ Υ·ϟΓΙȱΔΑΉϾΐ΅ΘΓΖȱπΔΏ΋ΌϾΑΉΘΓ.ȱ 9,35:ȱΎ΅ϠȱΉϨΈ΅Αȱ΅ЁΘϲΑȱΔΣΑΘΉΖȱ ΓϡȱΎ΅ΘΓ΍ΎΓІΑΘΉΖȱ̎ϾΈΈ΅ȱΎ΅Ϡȱ ΘϲΑȱ̕΅ΕЗΑ΅,ȱΓϣΘ΍ΑΉΖȱ πΔνΗΘΕΉΜ΅ΑȱπΔϠȱΘϲΑȱΎϾΕ΍ΓΑ.ȱȱ 9,42:ȱπΔϟΗΘΉΙΗ΅ΑȱΔΓΏΏΓϠȱπΔϠȱ ΘϲΑȱΎϾΕ΍ΓΑ.ȱ 10,44:ȱ̷Θ΍ȱΏ΅ΏΓІΑΘΓΖȱΘΓІȱ ̓νΘΕΓΙȱΘΤȱϹφΐ΅Θ΅ȱΘ΅ІΘ΅ȱ πΔνΔΉΗΉΑȱΘϲȱΔΑΉІΐ΅ȱΘϲȱ Χ·΍ΓΑȱπΔϠȱΔΣΑΘ΅ΖȱΘΓϿΖȱ ΦΎΓϾΓΑΘ΅ΖȱΘϲΑȱΏϱ·ΓΑ.ȱ 11,21:ȱΔΓΏϾΖȱΘΉȱΦΕ΍ΌΐϲΖȱϳȱ Δ΍ΗΘΉϾΗ΅ΖȱπΔνΗΘΕΉΜΉΑȱπΔϠȱ ΘϲΑȱΎϾΕ΍ΓΑ.ȱ 11,24:ȱΎ΅ϠȱΔΕΓΗΉΘνΌ΋ȱϷΛΏΓΖȱ ϡΎ΅ΑϲΖȱΘХȱΎΙΕϟУ.ȱ 12,24:ȱ͟ȱΈξȱΏϱ·ΓΖȱΘΓІȱΌΉΓІȱ ΋ЄΒ΅ΑΉΑȱΎ΅ϠȱπΔΏ΋ΌϾΑΉΘΓ.ȱ

ȱ

ȱ

ȱ

11,19– 30ȱ

ȬȬȬȱ

ȬȬȬȱ

ȬȬȬȱ

12,1–3:ȱ[…]ȱπΔνΆ΅ΏΉΑȱ̽ΕФΈ΋Ζȱϳȱ Ά΅Η΍ΏΉϿΖȱΘΤΖȱΛΉϧΕ΅ΖȱΎ΅ΎЗΗ΅ϟȱ Θ΍Α΅ΖȱΘЗΑȱΦΔϲȱΘϛΖȱπΎΎΏ΋Ηϟ΅Ζ.ȱ ΦΑΉϧΏΉΑȱΈξȱ͑ΣΎΝΆΓΑȱΘϲΑȱ ΦΈΉΏΚϲΑȱ͑ΝΣΑΑΓΙȱΐ΅Λ΅ϟΕϙ,ȱ […]ȱΔΕΓΗνΌΉΘΓȱΗΙΏΏ΅ΆΉϧΑȱΎ΅Ϡȱ ̓νΘΕΓΑ.ȱ

ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 904ȱȱ ErsteȱAktivitätenȱdesȱPaulus:ȱBekehrungȱundȱersteȱVerkündigung.ȱ 905ȱȱ DerȱVersȱbestätigtȱdieȱerfolgreicheȱZeugenschaftȱinȱdenȱerstenȱderȱinȱApgȱ1,8ȱangeȬ kündigtenȱRegionenȱ(Jerusalem,ȱJudäa,ȱSamarien).ȱMitȱAusnahmeȱderȱPerikopeȱüberȱ Paulusȱ vorȱ Damaskusȱ (9,1–25)ȱ hatteȱ sichȱ Lukasȱ bisherȱ aufȱ Erzählungenȱ ausȱ JerusaȬ lem,ȱ Judäaȱ undȱ Galiläaȱ beschränktȱ (dasȱ Treffenȱ mitȱ demȱ Äthiopierȱ inȱ Apgȱ 8,26ff.ȱ stehtȱinȱ BezugȱzuȱJerusalem,ȱ vgl.ȱ8,26).ȱImȱFolgendenȱbeginntȱdieȱ Ausweitungȱ„bisȱ anȱdieȱEndenȱderȱErde“ȱ(1,8).ȱ 906ȱȱ KeineȱMissionspredigt,ȱsondernȱHeilungen.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

Kap.ȱ

Ortȱ

positiveȱReaktion(en)ȱ

negativeȱReaktion(en)ȱ

13,4– 12ȱ

Zypernȱ

ȬȬȬȱ

13,13– 52ȱ

AntiȬ ochienȱ inȱ Pisidienȱ

13,12:ȱΘϱΘΉȱϢΈАΑȱϳȱΦΑΌϾΔ΅ΘΓΖȱ Θϲȱ·Ή·ΓΑϲΖȱπΔϟΗΘΉΙΗΉΑ907ȱ πΎΔΏ΋ΗΗϱΐΉΑΓΖȱπΔϠȱΘϜȱ Έ΍Έ΅ΛϜȱΘΓІȱΎΙΕϟΓΙȱȱ 13,43:ȱΏΙΌΉϟΗ΋ΖȱΈξȱΘϛΖȱ ΗΙΑ΅·Ν·ϛΖȱωΎΓΏΓϾΌ΋Η΅Αȱ ΔΓΏΏΓϠȱΘЗΑȱ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑȱΎ΅ϠȱΘЗΑȱ ΗΉΆΓΐνΑΝΑȱΔΕΓΗ΋ΏϾΘΝΑȱΘХȱ ̓΅ϾΏУȱΎ΅ϠȱΘХȱ̅΅ΕΑ΅Άλ,ȱ

14,1–7ȱ

Ikonionȱ

14,6– 21ȱ

Lystraȱ (V.ȱ11.21)ȱ undȱ Derbe908ȱ RückȬ ȬȬȬȱ ȬȬȬȱ kehrȱ nachȱ Antiochi enȱ (Apostelkonvent,ȱȱBesuchȱderȱchristlichenȱGemeinden,ȱReisenotizen)ȱ

14,22– 28ȱ

15,1– 16,10ȱ 16,11– 40ȱ

ȱ

14,1:ȱ[…]ȱГΗΘΉȱΔ΍ΗΘΉІΗ΅΍ȱ ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑȱΘΉȱΎ΅Ϡȱ̴ΏΏφΑΝΑȱ ΔΓΏϿȱΔΏϛΌΓΖ.ȱ

355ȱ

13,45:ȱϢΈϱΑΘΉΖȱΈξȱΓϡȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱ ΘΓϿΖȱϷΛΏΓΙΖȱπΔΏφΗΌ΋Η΅Αȱ ΊφΏΓΙȱΎ΅ϠȱΦΑΘνΏΉ·ΓΑȱΘΓϧΖȱЀΔϲȱ ̓΅ϾΏΓΙȱΏ΅ΏΓΙΐνΑΓ΍Ζȱ ΆΏ΅ΗΚ΋ΐΓІΑΘΉΖ.ȱ 13,50:ȱΓϡȱΈξȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱ[…]ȱ πΔφ·Ή΍Ε΅ΑȱΈ΍Ν·ΐϲΑȱπΔϠȱΘϲΑȱ ̓΅ІΏΓΑȱΎ΅Ϡȱ̅΅ΕΑ΅ΆκΑȱΎ΅Ϡȱ πΒνΆ΅ΏΓΑȱ΅ЁΘΓϿΖȱΦΔϲȱΘЗΑȱ ϳΕϟΝΑȱ΅ЁΘЗΑ.ȱ 14,2:ȱΓϡȱΈξȱΦΔΉ΍ΌφΗ΅ΑΘΉΖȱ ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱπΔφ·Ή΍Ε΅ΑȱΎ΅Ϡȱ πΎΣΎΝΗ΅ΑȱΘΤΖȱΜΙΛΤΖȱΘЗΑȱ πΌΑЗΑȱΎ΅ΘΤȱΘЗΑȱΦΈΉΏΚЗΑȱȱ (vgl.ȱauchȱV.ȱ5)ȱ (V.ȱ19)ȱ

PhilipȬ pi909ȱ

(V.ȱ14;ȱvgl.ȱauchȱV.ȱ33)ȱ

(V.ȱ19–22)ȱ

ȱ

ȱ

ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 907ȱȱ SubjektȱistȱSergiusȱPaulus,ȱeinȱSympathisantȱ–ȱzurȱVerkündigungȱinȱdenȱSynagogenȱ (V.ȱ5)ȱwirdȱkeineȱReaktionȱmitgeteilt.ȱ 908ȱȱ DaȱesȱinȱLystraȱnachȱderȱErzählungȱdesȱLukasȱkeineȱJudenȱgibt,ȱkannȱhierȱkeinȱEinȬ tragȱerfolgen.ȱDieȱlykaonischenȱEinwohnerȱsehenȱPaulusȱalsȱgöttlichenȱWundertäterȱ an.ȱ Vonȱ einerȱ christlichenȱ Verkündigungȱ istȱ inȱ V.ȱ 7ȱ dieȱ Redeȱ undȱ V.ȱ 21f.ȱ setztȱ eineȱ Gemeindeȱ inȱ Lystraȱ voraus.ȱ Auchȱ inȱ Derbeȱ hatȱ dieȱ Verkündigungȱ Erfolgȱ (V.ȱ 21),ȱ dochȱbleibenȱhierȱdieȱAdressatenȱganzȱundeutlich.ȱV.ȱ15ȱsprichtȱinȱATȬZitatenȱvomȱ Gottȱ Israels.ȱ Dieȱ feindseligeȱ Reaktionȱ inȱ V.ȱ 19ȱ gehtȱ vonȱ Judenȱ ausȱ Antiochienȱ undȱ Ikonionȱaus.ȱ 909ȱȱ Auchȱ inȱ Philippiȱ gibtȱ esȱ offenbarȱ kaumȱ Juden.ȱ Stattȱ einerȱ Synagogeȱ wirdȱ nurȱ eineȱ jüdischeȱ„Gebetsstätte“ȱerwähnt,ȱinȱderȱsichȱdarüberȱhinausȱnurȱFrauen,ȱunterȱihnenȱ dieȱGottesfürchtigeȱLydia,ȱjedochȱkeineȱMännerȱfinden.ȱAuffälligȱistȱauch,ȱdassȱPauȬ lusȱundȱseineȱBegleiterȱausdrücklichȱalsȱ„Juden“ȱ(V.ȱ20)ȱangefeindetȱwerden.ȱ

356ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Kap.ȱ

Ortȱ

17,1–9ȱ

ThessaȬ lonichȱ

17,10– 15ȱ

17,16– 34ȱ 18,1– 17ȱ

17,4:ȱΎ΅ϟȱΘ΍ΑΉΖȱπΒȱ΅ЁΘЗΑȱ(=ȱ ͑ΓΙΈ΅ϟΝΑ)ȱπΔΉϟΗΌ΋Η΅ΑȱΎ΅Ϡȱ ΔΕΓΗΉΎΏ΋ΕЏΌ΋Η΅ΑȱΘХȱ ̓΅ϾΏУȱΎ΅ϠȱΘХȱ̕΍Ώλ,ȱΘЗΑȱΘΉȱ ΗΉΆΓΐνΑΝΑȱ̴ΏΏφΑΝΑȱΔΏϛΌΓΖȱ ΔΓΏϾȱ[…]ȱ Beröaȱ 17,12:ȱΔΓΏΏΓϠȱΐξΑȱΓЇΑȱπΒȱ΅ЁȬ ΘЗΑȱ(=͑ΓΙΈ΅ϟΝΑ)ȱπΔϟΗΘΉΙΗ΅Αȱ Ύ΅ϠȱΘЗΑȱ̴ΏΏ΋ΑϟΈΝΑȱ·ΙΑ΅΍Ȭ ΎЗΑȱΘЗΑȱΉЁΗΛ΋ΐϱΑΝΑȱΎ΅Ϡȱ ΦΑΈΕЗΑȱΓЁΎȱϴΏϟ·Γ΍.ȱ Athen910ȱȱ (V.ȱ34)ȱ Korinthȱ

18,18– 23ȱ 18,24– 19,40ȱ

ReisenoȬ tizenȱ Ephesusȱ

20,1ff.ȱ

ReisenoȬ tizenȱȱ Romȱ

28,16– 31ȱ

positiveȱReaktion(en)ȱ

negativeȱReaktion(en)ȱ 17,5:ȱ̉΋ΏЏΗ΅ΑΘΉΖȱΈξȱΓϡȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱ Ύ΅ϠȱΔΕΓΗΏ΅ΆϱΐΉΑΓ΍ȱΘЗΑȱ Φ·ΓΕ΅ϟΝΑȱΩΑΈΕ΅ΖȱΘ΍ΑΤΖȱ ΔΓΑ΋ΕΓϿΖȱ[…]ȱ

(V.ȱ13)ȱ

(V.ȱ32)ȱ

18,8:ȱ̍ΕϟΗΔΓΖȱΈξȱϳȱ ΦΕΛ΍ΗΙΑΣ·Ν·ΓΖȱπΔϟΗΘΉΙΗΉΑȱ ΘХȱΎΙΕϟУȱΗϿΑȱϵΏУȱΘХȱΓϥΎУȱ ΅ЁΘΓІ,ȱΎ΅ϠȱΔΓΏΏΓϠȱΘЗΑȱ ̍ΓΕ΍ΑΌϟΝΑȱΦΎΓϾΓΑΘΉΖȱ πΔϟΗΘΉΙΓΑȱΎ΅ϠȱπΆ΅ΔΘϟΊΓΑΘΓ.ȱ ȱ

18,6:ȱΦΑΘ΍Θ΅ΗΗΓΐνΑΝΑȱΈξȱ ΅ЁΘЗΑȱΎ΅ϠȱΆΏ΅ΗΚ΋ΐΓϾΑΘΝΑȱ 18,12:ȱΎ΅ΘΉΔνΗΘ΋Η΅Αȱ ϳΐΓΌΙΐ΅ΈϲΑȱΓϡȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓ΍ȱΘХȱ ̓΅ϾΏУȱΎ΅Ϡȱό·΅·ΓΑȱ΅ЁΘϲΑȱπΔϠȱ ΘϲȱΆϛΐ΅.ȱ ȱ

19,8:ȱ̈ϢΗΉΏΌАΑȱΈξȱΉϢΖȱΘχΑȱ ΗΙΑ΅·Ν·χΑȱπΔ΅ΕΕ΋Η΍ΣΊΉΘΓȱ πΔϠȱΐϛΑ΅ΖȱΘΕΉϧΖȱ Έ΍΅ΏΉ·ϱΐΉΑΓΖȱΎ΅ϠȱΔΉϟΌΝΑȱ [ΘΤ]ȱΔΉΕϠȱΘϛΖȱΆ΅Η΍ΏΉϟ΅ΖȱΘΓІȱ ΌΉΓІ.ȱȱ (vgl.ȱ18,19–21;ȱ19,17–20)ȱ ȱ

19,9:ȱБΖȱΈνȱΘ΍ΑΉΖȱπΗΎΏ΋ΕϾΑΓΑΘΓȱ Ύ΅ϠȱωΔΉϟΌΓΙΑȱΎ΅ΎΓΏΓ·ΓІΑΘΉΖȱ ΘχΑȱϳΈϲΑȱπΑЏΔ΍ΓΑȱΘΓІȱ ΔΏφΌΓΙΖ,ȱΦΔΓΗΘΤΖȱΦΔвȱ΅ЁΘЗΑȱ ΦΚЏΕ΍ΗΉΑȱΘΓϿΖȱΐ΅Ό΋ΘΤΖȱΎ΅Όвȱ ψΐνΕ΅ΑȱΈ΍΅ΏΉ·ϱΐΉΑΓΖȱπΑȱΘϜȱ ΗΛΓΏϜȱ̖ΙΕΣΑΑΓΙ.ȱ ȱ

28,24:ȱΎ΅ϠȱΓϡȱΐξΑȱπΔΉϟΌΓΑΘΓȱ ΘΓϧΖȱΏΉ·ΓΐνΑΓ΍Ζȱ[…]ȱ

ȱ 28,24:ȱ[…]ȱΓϡȱΈξȱωΔϟΗΘΓΙΑ.ȱ

ȱ Dieȱ Übersichtȱ zeigtȱ zumȱ einen,ȱ dassȱ Lukasȱ fürȱ dieȱ Hinwendungȱ zumȱ Christentumȱ keineȱ festeȱ Terminologieȱ verwendet.ȱ Dasȱ eindeutigeȱ undȱ wünschenswerteȱΔ΍ΗΘΉϾΉ΍ΑȱkannȱfürȱJudenȱwieȱHeidenȱbenutztȱwerdenȱ (Apgȱ 14,1;ȱ 21,20ȱ u.ȱ ö.),ȱ istȱ aberȱ keinesfallsȱ einȱ notwendigerȱ Terminusȱ undȱkommtȱetwaȱinȱderȱThessalonichȬPerikopeȱnichtȱvor.ȱEinȱweiteresȱ Verbȱ istȱ ΦΎΓΏΓΙΌΉϧΑȱ (13,43),ȱ undȱ gelegentlichȱ reichtȱ Lukasȱ sogarȱ einȱ einfachesȱ Ύ΅Θ΅··νΏΉ΍Αȱ (13,5)ȱ derȱ Missionareȱ ohneȱ Erwähnungȱ einerȱ Reaktion.ȱ Auchȱ dieȱ Verwendungȱ vonȱ ΔΉ΍ΌΉϧΑȱ (vgl.ȱ Apgȱ 18,4;ȱ 28,24)ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 910ȱȱ VerkündigungȱvorȱHeiden.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

357ȱ

zieltȱdaraufȱab,ȱ„dassȱesȱ[…]ȱwirklichȱumȱGlaubenȱgeht“911.ȱAmȱwenigsȬ tenȱeindeutigȱbleibtȱdasȱErgebnis,ȱwennȱetwaȱinȱEphesusȱvomȱ„Hören“ȱ (ΦΎΓϾΉ΍Α)ȱ desȱ Herrenwortesȱ dieȱ Redeȱ (19,10)ȱ istȱ oderȱ Paulusȱ sichȱ inȱ Athenȱ mitȱ Judenȱ undȱ Gottesfürchtigenȱ „unterredet“ȱ (17,17:ȱ Έ΍΅Ών·Γΐ΅΍).ȱ Zumȱanderenȱistȱunübersehbar,ȱdassȱanȱallenȱOrten,ȱfürȱdieȱLukasȱ vonȱeinerȱMissionȱunterȱJudenȱerzählt,ȱpositiveȱReaktionenȱnachzuweiȬ senȱsind,ȱdieȱfreilichȱvonȱunterschiedlicherȱIntensitätȱseinȱkönnen.ȱAuchȱ Ablehnungȱ istȱ nahezuȱ durchgängigȱ zuȱ beobachten.ȱ Sieȱ konzentriertȱ sichȱinȱ Jerusalemȱ aufȱ dieȱ Führer,ȱ währendȱ dasȱVolkȱSympathienȱhegt,ȱ soȱ dassȱ hierȱ eineȱ deutlicheȱ Analogieȱ zumȱ Evangeliumȱ undȱ demȱ GeȬ schickȱ Jesuȱ sichtbarȱ wird.ȱ Aufȱ denȱ Missionsreisenȱ entzündetȱ sichȱ derȱ WiderstandȱvorȱallemȱanȱderȱHeidenmission.ȱ Vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ lässtȱ sichȱ dieȱ Aussageȱ ausȱ Apgȱ 28,24ȱ alsȱ zusammenfassendeȱBeobachtungȱinterpretieren,ȱnachȱderȱeinȱTeilȱIsraȬ elsȱ sehrȱ wohlȱ zumȱ Glaubenȱ findet,ȱ währendȱ einȱ andererȱ Teilȱ sichȱ wiȬ dersetzt.ȱRomȱunterscheidetȱsichȱhierȱnichtȱvonȱdenȱanderenȱEpisoden,ȱ sondernȱ bestätigtȱ dieseȱ amȱ Endeȱ desȱ Buches.ȱ „Derȱ Textȱ unterstreichtȱ nicht,ȱ dassȱ Judenȱ glaubenȱ könnenȱ (dasȱ wissenȱ dieȱ Leserȱ schon),ȱ sonȬ dernȱdassȱdieȱZuhörerschaftȱuneinigeȱist.ȱ[…]ȱDamitȱerlangtȱdieseȱSpalȬ tungȱ Symbolwert.“912ȱ Derȱ grundsätzlicheȱ Charakterȱ derȱ Aussageȱ undȱ dieȱexponierteȱStellungȱdesȱSatzesȱunmittelbarȱvorȱdemȱabschließendenȱ Jesajazitatȱ weisenȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ fürȱ Lukasȱ geradeȱ dieȱ Tatsacheȱ derȱ SpaltungȱeinenȱLösungswegȱfürȱdasȱtheologischeȱProblemȱderȱparadoȬ xenȱTatsache,ȱdassȱdieȱChristenȱdieȱErfüllungȱderȱVerheißungenȱIsraelsȱ glauben,ȱ währendȱ dieȱ Mehrzahlȱ desȱ Volkesȱ Israelȱ sichȱ derȱ Botschaftȱ verschließt,ȱ darstellt.ȱ Dieȱ Gleichzeitigkeitȱ vonȱ (theologischȱ notwendiȬ ger)ȱKontinuitätȱzuȱIsraelȱundȱ(historischȱerfahrener)ȱTrennungȱvonȱderȱ SynagogeȱwirdȱfürȱihnȱdurchȱdieȱBetonungȱderȱKontinuitätȱgewährleisȬ tendenȱ Existenzȱ christusgläubigerȱ Judenȱ verständlich.ȱ Entsprechendȱ wirdȱ manȱ dasȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Heidenȱ formulierteȱ ΅ЁΘΓϠȱ Ύ΅Ϡȱ ΦΎΓϾΗΓΑΘ΅΍ȱ (V.ȱ28)ȱ nichtȱ antithetisch,ȱ sondernȱ korrespondierendȱ („und“ȱ/ȱ„auch“)ȱübersetzen,ȱdaȱjaȱunmittelbarȱvorherȱauchȱeinigeȱderȱ Judenȱ„gehört“ȱhaben.ȱAußerdemȱzeigtȱLukasȱjaȱauchȱinȱderȱApostelgeȬ schichteȱmehrfach,ȱdassȱdieȱHeidenȱkeineswegsȱunproblematischeȱ„HöȬ rer“ȱdesȱEvangeliumsȱgewesenȱsind.913ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 911ȱȱ Jervell,ȱApg,ȱ626;ȱerȱnenntȱalsȱBelegstellenȱApgȱ13,43;ȱ17,4;ȱ18,4ff.;ȱ19,8f.;ȱvgl.ȱzuȱApgȱ 28,24ȱauchȱMarguerat,ȱLukas,ȱ315:ȱ„EsȱstehtȱausserȱZweifel,ȱdassȱΔΉϟΌΓΐ΅΍ȱhierȱeineȱ glaubendeȱZustimmungȱzurȱpaulinischenȱVerkündigungȱbezeichnet.“ȱ 912ȱȱ Marguerat,ȱLukas,ȱ316.ȱ 913ȱȱ Vgl.ȱnurȱdieȱEpisodeȱinȱAthenȱApgȱ17.ȱ

358ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

WennȱetwaȱJensȱSchröter,ȱderȱzunächstȱzuȱRechtȱbetont,ȱdassȱApgȱ28ȱnichtȱ alsȱ Einlösungȱ vonȱ 1,8ȱ zuȱ verstehenȱ ist,ȱ kurzȱ daraufȱ dieȱ Szeneȱ inȱ Romȱ alsȱ „ÜbergangȱvonȱderȱMissionȱanȱJudenȱundȱHeidenȱzurȱausschließlichenȱHeiȬ denmission“914ȱ begreift,ȱ daȱ alsȱ Adressatenȱ desȱ ΗΝΘφΕ΍ΓΑȱ Gottesȱ inȱ Apgȱ 28,28ȱnurȱnochȱdieȱHeidenȱgenanntȱseienȱundȱIsraelȱdaherȱnichtȱmehrȱAdȬ ressatȱdiesesȱHeilsȱsei,ȱsoȱwirdȱmanȱdaherȱzunächtȱdaraufȱhinweisen,ȱdassȱ inȱ Romȱ ebenȱ keineswegsȱ „Israel“ȱ insgesamtȱ dieȱ Botschaftȱ ablehnt.ȱ Dasȱ WortȱinȱV.ȱ28ȱistȱzudem,ȱwieȱPaulusȱschonȱinȱApgȱ13,47ȱmitȱexplizitemȱZiȬ tatȱformuliertȱhatte,ȱausȱdemȱZeugnisȱderȱSchriftȱabgeleitet,ȱinsofernȱIsraelȱ alsȱ„LichtȱderȱVölker“ȱzuȱdenȱVölkernȱgesandtȱistȱ(Jesȱ49,6).915ȱWennȱnachȱ lukanischerȱAnsichtȱinȱRomȱeineȱeigeneȱPhaseȱchristlicherȱMissionȱendetȱ–ȱ diesȱistȱimȱBlickȱaufȱdieȱSchlussstellungȱimȱBuchȱoffensichtlichȱȬ,ȱsoȱistȱdiesȱ nichtȱ dieȱ Phaseȱ derȱ Missionȱ unterȱ Judenȱ undȱ Heiden,ȱ sondernȱ dieȱ derȱ räumlichenȱTrennungȱvonȱderȱSynagoge.ȱInsofernȱdieserȱZustandȱderȱKirȬ cheȱseinerȱGegenwartȱimȱBuchȱerreichtȱist,ȱkannȱerȱeinenȱ SchlusstrichȱsetȬ zen.ȱDadurchȱ erklärtȱsichȱauch,ȱweshalbȱerȱzahlreicheȱRegionen,ȱinȱdenenȱ dasȱ Christentumȱ inȱ derȱ beschriebenenȱ Zeitȱ schonȱ ansässigȱ war,ȱ garȱ nichtȱ erwähnt916ȱ Esȱ gehtȱ ihmȱ ebenȱ nichtȱ umȱ eineȱ vollständigeȱ Darstellungȱ allerȱ Vorgänge,ȱ sondernȱ umȱ eineȱ nachvollziehbareȱ Erklärung,ȱ wieȱ undȱ warumȱ esȱimȱgeschichtlichenȱVerlaufȱzuȱderȱaktuellenȱSituationȱimȱVerhältnisȱvonȱ JudenȱundȱChristenȱkam.ȱȱ

Esȱliegtȱalsoȱnahe,ȱdassȱLukasȱmitȱdemȱEndeȱseinesȱBuchesȱkeineswegsȱ auchȱeinȱEndeȱderȱJudenmissionȱbestätigtȱsieht.ȱDenkbarȱscheintȱhingeȬ genȱdieȱAnnahme,ȱdassȱLukasȱsichȱeineȱweitereȱEntwicklungȱnachȱdemȱ „Vorbild“ȱseinerȱeigenenȱErzählungȱvorstellt:ȱWennȱdieȱVerheißungenȱ GottesȱauchȱinȱderȱchristlichenȱEkklesiaȱweiterhinȱgelten,ȱwovonȱLukasȱ überzeugtȱist,ȱmüssenȱauchȱinȱZukunftȱstetsȱJudenȱdabeiȱsein.ȱDochȱeinȱ Teilȱ desȱ Volkesȱ ist,ȱ wieȱ schonȱ dieȱ Schriftȱ angekündigtȱ hat,ȱ verstocktȱ undȱ bedarfȱ derȱ Umkehr.ȱ Dieserȱ „Fall“,ȱ derȱ fürȱ Israelȱ inȱ seinerȱ ganzenȱ Geschichteȱ kennzeichnendȱ ist,ȱ wirdȱ freilichȱ dasȱ Heilȱ nichtȱ unmöglichȱ machen.ȱ Dieȱ letzteȱ Episodeȱ dientȱ soȱ einerȱ gewissermaßenȱ zusammenȬ fassendenȱErläuterungȱdessen,ȱwasȱsichȱschonȱinȱdenȱvorangegangenenȱ Kapitelnȱgezeigtȱhat.ȱInȱdiesenȱKontextȱkannȱschließlichȱauchȱdasȱJesaȬ jaȬZitatȱeingeordnetȱwerden.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 914ȱȱ Schröter,ȱ Lukasȱ alsȱ Historiograph,ȱ 235;ȱ erȱ rechnetȱ trotzdemȱ nochȱ mitȱ derȱ endzeitliȬ chenȱRettungȱfürȱIsraelȱ(vgl.ȱ236).ȱ 915ȱȱ Vgl.ȱdazuȱSquires,ȱLuke,ȱ170.ȱ 916ȱȱ Vgl.ȱnurȱdieȱimȱNTȱselbstȱerwähntenȱGemeinden,ȱetwaȱausȱOffbȱoderȱ1ȱPetr.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

359ȱ

3.10.5ȱDasȱJesajaȬZitatȱinȱApgȱ28,26f.ȱ Dasȱhäufigȱalsȱ„Verstockungszitat“917ȱbezeichneteȱWortȱausȱJesȱ6,9f.,ȱmitȱ demȱ Paulusȱ dieȱ Judenȱ verabschiedet,ȱ undȱ dasȱ inȱ verschiedenemȱ UmȬ fangȱinȱbreitesterȱneutestamentlicherȱTraditionȱrezipiertȱwird,918ȱistȱnunȱ inȱ diesenȱ Kontextȱ einzuzeichnen.ȱ Lukas,ȱ derȱ seineȱ Markusvorlageȱ imȱ Evangeliumȱstarkȱkürztȱ(vgl.ȱMkȱ4,12ȱmitȱLkȱ8,10),ȱbringtȱeineȱausführȬ licheȱFassungȱamȱEndeȱdesȱDoppelwerkes.ȱDiesȱistȱeinȱIndizȱdafür,ȱdassȱ erȱ geradeȱ inȱ diesemȱ Schriftzitatȱ dieȱ angemessensteȱ Erklärungȱ fürȱ dasȱ VerhaltenȱderȱJudenȱimȱgesamtenȱBuchȱsah.ȱ LukasȱzitiertȱdieȱVerseȱnachȱderȱSeptuaginta.919ȱEineȱStrukturanalyȬ seȱdesȱWortesȱhilftȱbeiȱseinemȱVerständnis:ȱ ȱ 26ȱ ȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ

bȱ ΔΓΕΉϾΌ΋Θ΍ȱΔΕϲΖȱΘϲΑȱΏ΅ϲΑȱΘΓІΘΓΑȱȱ cȱ Ύ΅ϠȱΉϢΔϱΑȉȱȱ ȱ dȱ ΦΎΓϜȱΦΎΓϾΗΉΘΉȱȱ eȱ Ύ΅ϠȱΓЁȱΐχȱΗΙΑϛΘΉȱ fȱ Ύ΅ϠȱΆΏνΔΓΑΘΉΖȱΆΏνΜΉΘΉȱȱ gȱ Ύ΅ϠȱΓЁȱΐχȱϥΈ΋ΘΉȉȱ aȱ πΔ΅ΛϾΑΌ΋ȱ·ΤΕȱψȱΎ΅ΕΈϟ΅ȱΘΓІȱΏ΅ΓІȱΘΓϾΘΓΙȱȱ bȱ Ύ΅ϠȱΘΓϧΖȱВΗϠΑȱΆ΅ΕνΝΖȱόΎΓΙΗ΅Αȱȱ cȱ Ύ΅ϠȱΘΓϿΖȱϴΚΌ΅ΏΐΓϿΖȱ΅ЁΘЗΑȱπΎΣΐΐΙΗ΅Αȉȱȱ ȱ dȱ ΐφΔΓΘΉȱϥΈΝΗ΍ΑȱΘΓϧΖȱϴΚΌ΅ΏΐΓϧΖȱȱ eȱ Ύ΅ϠȱΘΓϧΖȱВΗϠΑȱΦΎΓϾΗΝΗ΍Αȱȱ fȱ Ύ΅ϠȱΘϜȱΎ΅ΕΈϟθȱΗΙΑЗΗ΍Αȱȱ gȱ Ύ΅ϠȱπΔ΍ΗΘΕνΜΝΗ΍Α,ȱȱ

ȱ

hȱ Ύ΅ϠȱϢΣΗΓΐ΅΍ȱ΅ЁΘΓϾΖ.ȱȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ 27ȱ ȱ ȱ

AuftragȱzurȱVerkündigungȱanȱ „diesesȱVolk“ȱ Ankündigungȱ–ȱ2ȱElemente:ȱ HörenȱundȱSehenȱ(metaphoȬ rischȱfürȱkognitivesȱErkennen)ȱ Begründungȱ–ȱ3ȱElemente:ȱHerz,ȱ Ohren,ȱAugenȱ(dasȱkognitiveȱ Elementȱwirdȱnunȱdurchȱdasȱ „Herz“ȱausgedrückt)ȱ Zweckȱ–ȱ3ȱElemente:ȱAugen,ȱ Ohren,ȱHerzȱ(inȱumgekehrterȱ Reihenfolge)ȱ BedingungȱaufȱSeitenȱderȱ Menschenȱ[…]ȱ […]ȱfürȱdieȱerhoffteȱReaktionȱ Gottesȱ

ȱ NachȱderȱEntsprechungȱderȱdreiȱElementeȱHerz,ȱOhrenȱundȱAugenȱinȱ V.ȱ 27a–cȱundȱ V.ȱ 27d–fȱzeigenȱ dieȱ letztenȱ beidenȱ Elementeȱ inȱ V.ȱ27g–hȱ einenȱ Überschussȱ an.ȱ Diesȱ wurdeȱ vorȱ allemȱ fürȱ dieȱ Schlusswendungȱ Ύ΅ϠȱϢΣΗΓΐ΅΍ȱ΅ЁΘΓϾΖ,ȱmehrfachȱgezeigt,ȱwobeiȱmanȱauchȱaufȱdieȱgramȬ matischeȱ Formȱ (Ind.ȱ Fut.),ȱ dieȱ sichȱ vonȱ denȱ übrigenȱ Elementenȱ unterȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 917ȱȱ Vgl.ȱdazuȱGnilka,ȱVerstockung.ȱ 918ȱȱ Nebenȱ denȱ Synoptikern,ȱ dieȱ esȱ imȱ Rahmenȱ derȱ jesuanischenȱ Gleichnisredeȱ aufnehȬ menȱ(Mkȱ4,12ȱpar),ȱbringtȱesȱauchȱJohannesȱamȱEndeȱderȱöffentlichenȱWirksamkeitȱ Jesuȱ(Johȱ12,40)ȱundȱauchȱPaulusȱziehtȱesȱheran,ȱumȱdasȱTunȱderȱSynagogeȱzuȱerkläȬ renȱ(vgl.ȱRömȱ10,8).ȱ 919ȱȱ DiesȱbetontȱschonȱGnilka,ȱVerstockung,ȱ16;ȱvgl.ȱauchȱSchneider,ȱApgȱII,ȱ418f.ȱ

360ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

scheidet,ȱ aufmerksamȱ gemachtȱ hat.920ȱ Dochȱ schonȱ dasȱ Wortȱ vonȱ derȱ Umkehrȱ (V.ȱ 27g)ȱ istȱ imȱ Vergleichȱ mitȱ denȱ vorhergehendenȱ Teilversenȱ einȱüberschüssigesȱElement.ȱEsȱkorrespondiertȱinȱlukanischerȱSichtȱmitȱ derȱverheißenenȱHeilung,ȱdieȱsichȱLukas,ȱwieȱunsereȱAnalyseȱdesȱDopȬ pelwerkesȱ immerȱ wiederȱ gezeigtȱ hat,ȱ ebenȱ alsȱ Konsequenzȱ ausȱ derȱ menschlichenȱ Umkehrȱ vorstellt.921ȱ Insofernȱ kannȱ dasȱ Schlusswortȱ desȱ Paulusȱ durchausȱ alsȱ „Provokation“922ȱ angesehenȱ werden,ȱ mitȱ derȱ dasȱ VolkȱzurȱnotwendigenȱUmkehrȱaufgerufenȱwird.923ȱ Dieȱ Verfettung/Verhärtungȱ desȱ Herzensȱ (V.ȱ 27a)ȱ istȱ einȱ vonȱ Lukasȱ mehrȬ fachȱ verwendetesȱ Motiv.ȱ Auchȱ dieȱ Emmausjüngerȱ sindȱ unverständigȱ undȱ herzenshartȱ (Lkȱ 24,25:ȱ ΦΑϱ΋ΘΓ΍ȱ Ύ΅Ϡȱ ΆΕ΅ΈΉϧΖȱ ΘϜȱ Ύ΅ΕΈϟθ).ȱ Dieseȱ Härteȱ desȱ Herzens,ȱdasȱnachȱbiblischemȱDenkenȱderȱSitzȱdesȱErkennensȱundȱVersteȬ hensȱistȱ(vgl.ȱPsȱ27,8;ȱJesȱ47,8;ȱLkȱ2,19;ȱ5,22ȱpar),924ȱstehtȱinȱeinemȱZusamȬ menhangȱ mitȱ demȱ Verstehenȱ derȱ Schrift.ȱ Erstȱ durchȱ Jesusȱ gelangenȱ dieȱ Jüngerȱ zurȱ Erkenntnis.ȱ Gleichesȱ giltȱ auchȱ fürȱ dieȱ Juden,ȱ fürȱ dieȱ dieȱ römiȬ schenȱ hierȱ exemplarischȱ stehen.ȱ Insofernȱ bedeutetȱ derȱ Satz,ȱ dassȱ dieȱ unȬ gläubigenȱJudenȱwieȱauchȱdieȱEmmausjüngerȱihreȱeigeneȱSchriftȱnichtȱverȬ stehen,925ȱundȱdasȱheißtȱfürȱLukasȱkonkret:ȱChristusȱanerkennenȱundȱdemȱ göttlichenȱRufȱderȱUmkehrȱfolgen.ȱApgȱ28ȱundȱLkȱ24ȱhabenȱsoȱjeweilsȱamȱ Endeȱ derȱ beidenȱ Bücherȱ eineȱ analogeȱ Funktion:ȱ Sieȱ zeigen,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ ZugehörigkeitȱzuȱChristusȱundȱdamitȱzurȱGemeinschaftȱderȱGerettetenȱamȱ rechtenȱVerständnisȱderȱSchriftȱIsraelsȱentscheidet.ȱ

DasȱJesajazitatȱamȱAbschlussȱdesȱWerkesȱbietetȱfürȱLukasȱsoȱeineȱwichȬ tigeȱErklärungȱdesȱVerhaltensȱIsraels.ȱErȱstelltȱhierȱdenȱTatbestandȱderȱ „Verhärtung“ȱ heraus,ȱ dieȱ seitȱ altersȱ herȱ bestehtȱ undȱ bereitsȱ inȱ derȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 920ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Bovon,ȱ Schönȱ hatȱ derȱ Heiligeȱ Geist,ȱ 116f.;ȱ Karrer,ȱ Verstockungsmotiv,ȱ 255–271;ȱNeubrand,ȱIsrael,ȱ42;ȱandersȱz.ȱB.ȱWasserberg,ȱIsraelsȱMitte,ȱ108.ȱ 921ȱȱ Demgegenüberȱ istȱ eineȱ Deutung,ȱ dieȱ alleinȱ denȱ letztenȱ Teilversȱ abgrenztȱ undȱ eineȱ HeilungȱeinseitigȱausȱgöttlicherȱGnadeȱvoraussetzt,ȱmitȱanderenȱAussagenȱdesȱDopȬ pelwerksȱ kaumȱ zuȱ vereinbaren.ȱ Eineȱ solcheȱ Sichtȱ bedeutetȱ imȱ Übrigenȱ nicht,ȱ dassȱ LukasȱnurȱmitȱderȱindividuellenȱBekehrungȱeinzelner,ȱnichtȱaberȱmitȱeinerȱRettungȱ desȱGottesvolkesȱIsraelȱinsgesamtȱrechnenȱwürdeȱ (vgl.ȱzuȱdieserȱ Abgrenzungȱetwaȱ Neubrand,ȱ Israel,ȱ 42).ȱ Fürȱ ihnȱ istȱ beidesȱ nichtȱ strengȱ zuȱ trennen,ȱ daȱ jederȱ einzelneȱ zurȱUmkehrȱgerufenȱistȱundȱ sichȱdieȱRettungȱderȱGesamtheitȱnichtȱandersȱalsȱüberȱ dieȱUmkehrȱjedesȱGliedesȱerfüllenȱkann.ȱ 922ȱȱ Wilckens,ȱTheologieȱI/4,ȱ145;ȱȱ 923ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱ Lehnert,ȱ Provokation,ȱ298:ȱ„Apgȱ28,25–28ȱgreiftȱinȱparadoxerȱInterȬ ventionȱ inȱ denȱ imȱ Gangeȱ befindlichenȱ Trennungsprozessȱ zwischenȱ Kircheȱ undȱ SyȬ nagogeȱ einȱ […],ȱ umȱ dieȱ Leserȱ zuȱ provozierenȱ […].ȱ Dieȱ paradoxeȱ Proklamationȱ schriebtȱ denȱ zuȱ veränderndenȱ Zustandȱ alsȱ unveränderlihcȱ fest,ȱ umȱ ihnȱ zuȱ veränȬ dern.“ȱ 924ȱȱ Vgl.ȱdazuȱSand,ȱArt.ȱΎ΅ΕΈϟ΅,ȱ615–619.ȱ 925ȱȱ Vgl.ȱ auchȱ denȱ Äthiopierȱ inȱ Apgȱ 8.ȱ Ihmȱ wirdȱ dasȱ Verständnisȱ derȱ Schriftȱ ebenfallsȱ durchȱdasȱ„EvangeliumȱvonȱJesus“ȱ(V.ȱ35)ȱeröffnet.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

361ȱ

SchriftȱihrenȱNiederschlagȱgefundenȱhat.926ȱDassȱLukasȱinȱseinemȱZitatȱ derȱ Septuagintaȱ folgt,ȱ dieȱ gegenüberȱ demȱ Hebräischenȱ Textȱ bereitsȱ wichtigeȱ Modifizierungenȱ anzeigt,927ȱ soȱ dassȱ gegenüberȱ einemȱ göttliȬ chenȱ „Verstockungsauftrag“928ȱ nunȱ dieȱ Verantwortungȱ desȱ Volkesȱ fürȱ ihreȱ Situationȱ stärkerȱ betontȱ wird,ȱ passtȱ zuȱ seinerȱ Sichtȱ derȱ Dinge.ȱ WährendȱbeiȱPaulusȱ(Römȱ10,8)ȱundȱJohannesȱ(Johȱ12,40)ȱdasȱvonȱGottȱ befohleneȱ Verstockenȱ betontȱ wird,ȱ siehtȱ Lukasȱ durchausȱ eineȱ „Selbstverstockung“929ȱ desȱ Volkes,ȱ dasȱ derȱ Umkehrȱ undȱ Erkenntnisȱ durchȱeigeneȱAnstrengungȱbedarf.930ȱ Derȱ Textȱ Apgȱ 28,16–31ȱ zitiertȱ nichtȱ nurȱ Jesȱ 6,9f.,ȱ sondernȱ verweistȱ außerdemȱauchȱaufȱdasȱEndeȱjenesȱBuches.ȱInȱeinerȱGottesredeȱformuȬ liertȱ dortȱ Jesȱ 65,1–8ȱ dieȱ Zuwendungȱ JHWHsȱ zuȱ Israelȱ inȱ ZusammenȬ hangȱmitȱdenȱanderenȱVölkern,ȱdenenȱerȱsichȱoffenbartȱhat,ȱohneȱdassȱ dieseȱeineȱVorleistungȱerbrachtȱhätten.ȱWennȱesȱdannȱheißt,ȱdassȱGottȱ „denȱganzenȱTag“ȱseineȱHändeȱ„ausstrecktȱnachȱeinemȱungehorsamenȱ undȱ widersprechendenȱ Volk“931,ȱ soȱ zeigtȱ sichȱ auchȱ hierȱ derȱ Gedankeȱ einesȱeifersüchtigenȱVolkes,ȱdasȱstetigȱzumȱÄrgerȱgereicht.ȱDieȱAnaloȬ gienȱzuȱApgȱ28ȱliegenȱaufȱderȱHand.ȱSoȱwieȱPaulusȱ„vomȱMorgenȱbisȱ zumȱ Abend“ȱ seineȱ Botschaftȱ verkündet,ȱ hatȱ auchȱ Gottȱ „denȱ ganzenȱ Tag“ȱ seineȱ Händeȱ nachȱ Israelȱ ausgebreitet.ȱ Undȱ dochȱ bleibtȱ dasȱ Volkȱ „ungehorsam“ȱ undȱ „widersprechend“.ȱ Genauȱ dieseȱ CharakterisierunȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 926ȱȱ Vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ dieȱ Redeȱ vonȱ denȱ Prophetenmorden,ȱ demȱ Ungehorsamȱ Israelsȱ undȱ demȱ ZornȱGottesȱ(vgl.ȱdazuȱpobenȱKap.ȱ2).ȱ 927ȱȱ InsbesondereȱwerdenȱdieȱImperativeȱausȱJesȱ6,10ȱ(MT)ȱzuȱfinitenȱVerbenȱumgewanȬ delt,ȱ dieȱ anstelleȱ vonȱ „YHWHsȱ Handlungsaufträge[n]ȱ anȱ Jesajaȱ […]ȱ eineȱ rügendeȱ BeschreibungȱvergangenerȱHandlungenȱdesȱVolkes“ȱ(Groß,ȱFinsternis,ȱ26)ȱbeschreiȬ ben;ȱ„dieȱFinalsätzeȱ[…]ȱbenennenȱsoȱnichtȱmehrȱdieȱAbsicht,ȱdieȱYHWHȱdurchȱJesaȬ jaȱdamitȱverfolgt,ȱsondernȱdieȱverderblicheȱIntentionȱdesȱsündigendenȱVolkesȱselbst“ȱ (ebd.).ȱ 928ȱȱ Vgl.ȱ dieȱ Imperativeȱ imȱ hebräischenȱ Textȱ (Jesȱ 6,10ȱ [MT]:ȱ „Macheȱ fett,ȱ macheȱ schwer[hörig],ȱ verklebe“)ȱ mitȱ denȱ alsȱ Begründungȱ angeschlossenenȱ finitenȱ Verbenȱ imȱGriechischen.ȱ 929ȱȱ Soȱ dieȱ Formulierungȱ beiȱ Theobald,ȱ Johȱ I,ȱ 827ȱ schonȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ LXXȬFassungȱ desȱ Zitats;ȱ sieȱ lässtȱ sichȱ auchȱ narrativȱ wiedererkennen:ȱ Dieȱ Judenȱ wollenȱ zumȱ Teilȱ nichtȱhören,ȱobwohlȱPaulusȱdenȱganzenȱTagȱgeredetȱhatȱ(vgl.ȱApgȱ28,23).ȱ 930ȱȱ DasȱZueinanderȱderȱbeidenȱEbenenȱgöttlichenȱundȱmenschlichenȱHandelnsȱwirdȱbeiȱ Lukasȱnichtȱeigensȱproblematisiert,ȱvgl.ȱHübner,ȱTheologieȱIII,ȱ137:ȱ„WasȱPaulusȱinȱ Römȱ9–11ȱbewußtȱreflektiertȱundȱinȱrhetorischerȱStrategieȱausführt,ȱnämlichȱdasȱbeȬ wussteȱ Nebeneinandersetzenȱ derȱ miteinanderȱ unverrechenbarenȱ Ebenenȱ desȱ HanȬ delnsȱGottesȱundȱdesȱHandelnsȱderȱMenschen,ȱdasȱgeschiehtȱinȱApgȱ28ȱmehrȱintuiȬ tiv:ȱ Prophetieȱ göttlicherȱ Prädestinationȱ istȱ nichtȱ gleichbedeutendȱ mitȱ derȱ Negationȱ menschlicherȱVerantwortlichkeitȱvorȱGott.“ȱ 931ȱȱ Jesȱ65,2:ȱπΒΉΔνΘ΅Η΅ȱΘΤΖȱΛΉϧΕΣΖȱΐΓΙȱϵΏ΋ΑȱΘχΑȱψΐνΕ΅ΑȱΔΕϲΖȱΏ΅ϲΑȱΦΔΉ΍ΌΓІΑΘ΅ȱ Ύ΅Ϡȱ ΦΑΘ΍Ών·ΓΑΘ΅.ȱ

362ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

genȱ findenȱ sichȱ mehrfachȱ inȱ derȱ Darstellungȱ derȱ Apostelgeschichteȱ (ΦΔΉ΍ΌΉϧΑ:ȱ14,2;ȱ19,9;ȱΦΑΘ΍Ών·Ή΍Α:ȱ13,45;ȱ28,19.22).ȱDochȱistȱdiesȱfürȱLuȬ kasȱjeweilsȱnurȱdieȱeineȱSeiteȱderȱReaktionȱIsraelsȱaufȱdieȱBotschaftȱdesȱ Evangeliums,ȱ derenȱ Pendantȱ dieȱ Annahmeȱ derȱ Botschaftȱ durchȱ einenȱ Teilȱ Israelsȱ darstellt.ȱ Auchȱ dieserȱ Gedankeȱ findetȱ sichȱ inȱ derȱ Passageȱ amȱEndeȱdesȱJesajabuches,ȱwennȱV.ȱ8ȱvonȱderȱgutenȱBeereȱinȱderȱTrauȬ beȱ spricht,ȱ umȱ deretwillenȱ dasȱ Verderbenȱ überȱ alleȱ nichtȱ vollstrecktȱ wird.932ȱȱ Auchȱ wennȱ Lukasȱ diesesȱ Motivȱ vomȱ „Rest“ȱ Israels,ȱ dasȱ auchȱ fürȱ Paulusȱ imȱ Römerbriefȱ eineȱ wichtigeȱ Rolleȱ spielt,933ȱ nichtȱ explizitȱ aufȬ greift,ȱsoȱwirdȱesȱdochȱnarrativȱdurchȱdenȱstetigenȱEingangȱvonȱJudenȱ inȱ dieȱ christlicheȱ Ekklesiaȱ sichtbar.ȱ Sieȱ habenȱ eineȱ doppelteȱ Funktion:ȱ Zumȱeinenȱgewährleistenȱsie,ȱdassȱdieȱKircheȱinȱlebendigerȱKontinuitätȱ zuȱ denȱ Verheißungenȱ Israelsȱ steht.ȱ Zumȱ anderenȱ lassenȱ Sieȱ auchȱ fürȱ IsraelȱselbstȱdieȱHoffnungȱaufȱErrettungȱlebendigȱbleiben:ȱ„Ihretwegenȱ willȱichȱsicherȱnichtȱalleȱverderben“ȱ(Jesȱ65,8).ȱ

3.10.6ȱErtragȱ Einȱ wichtigesȱ Ergebnisȱ derȱ Überlegungenȱ istȱ darinȱ zuȱ sehen,ȱ dassȱ derȱ SchlussȱderȱApostelgeschichteȱwederȱalsȱEinlösungȱderȱgeographischenȱ HinweiseȱvonȱApgȱ1,8ȱzuȱsehenȱist,ȱmitȱderȱdieȱPhaseȱderȱJudenmissionȱ zumȱ Endeȱ kommt,ȱ nochȱ einfachȱ dasȱ Endeȱ desȱ paulinischenȱ Wirkensȱ darstellt.ȱDaȱsichȱdieȱApostelgeschichteȱdurchgängigȱmitȱderȱHerkunftȱ desȱchristlichenȱGlaubensȱausȱdemȱJudentumȱundȱdemȱspannungsvolȬ lenȱ MitȬ,ȱ NebenȬȱ undȱ Gegeneinanderȱ vonȱ zeitgenössischemȱ Judentumȱ undȱ derȱ messianischenȱ ΅ϣΕΉΗ΍Ζȱ (Apgȱ 28,22)ȱ derȱ Christenȱ auseinanderȬ setzt,ȱ trifftȱ sieȱ stattdessenȱauchȱabschließendȱ nochȱ einmalȱ diesbezügliȬ cheȱ Aussagen.ȱ Alsȱ „Historiker“ȱ versuchtȱ Lukasȱ hier,ȱ geschichtlicheȱ BegebenheitenȱmitȱtheologischerȱDeutungȱzuȱverbindenȱundȱsuchtȱfürȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ dieȱ meistenȱ Judenȱ nichtȱ anȱ Jesusȱ Christusȱ glauben,ȱ eineȱ biblischȱ fundierteȱ Erklärung.ȱ Damitȱ leistetȱ derȱ Schlussȱ derȱ AposȬ telgeschichteȱ einȱ Doppeltes:ȱ Währendȱ erȱ einerseitsȱ dieȱ fürȱ dieȱ Kircheȱ wichtigeȱ Zugehörigkeitȱ vonȱ Gliedernȱ Israelsȱ auchȱ fürȱ Romȱ feststellt,ȱ bietetȱerȱandererseitsȱeineȱErklärungȱderȱfürȱdenȱanderenȱTeilȱdesȱVolȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 932ȱȱ Vgl.ȱJesȱ65,8ȱ(LXX):ȱSoȱsprichtȱderȱHerr:ȱWieȱeineȱBeereȱinȱderȱTraubeȱgefundenȱwirdȱ (ΉЀΕΉΌφΗΉΘ΅΍ȱϳȱϹАΒȱπΑȱΘХȱΆϱΘΕΙ΍),ȱsoȱdassȱmanȱsagt:ȱ„Verdirbȱsieȱnicht,ȱdennȱSegenȱ desȱHerrnȱistȱinȱihrȱ(ΉЁΏΓ·ϟ΅ȱΎΙΕϟΓΙȱπΗΘϠΑȱπΑȱ΅ЁΘХ)“,ȱsoȱwillȱichȱtunȱumȱdessentwilȬ len,ȱderȱmirȱdientȱ(ρΑΉΎΉΑȱΘΓІȱΈΓΙΏΉϾΓΑΘϱΖȱΐΓ΍);ȱumȱseinetwillenȱwerdeȱichȱsicherȱ nichtȱalleȱverderbenȱ(ΘΓϾΘΓΙȱρΑΉΎΉΑȱΓЁȱΐχȱΦΔΓΏνΗΝȱΔΣΑΘ΅Ζ).ȱ 933ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ4.2.4.ȱ

ȱ

3.10ȱ Apgȱ28,16–31:ȱDerȱAbschlussȱderȱlukanischenȱKonzeptionȱ

363ȱ

kesȱ typischenȱ Verweigerung.ȱ Dieseȱ stelltȱ geradeȱ keineȱ „neueȱ ErkenntȬ nis“ȱ dar,934ȱ sondernȱ zeigt,ȱ dassȱ sichȱ dasȱ Verhaltenȱ einesȱ großenȱ Teilsȱ IsraelsȱseitȱbiblischerȱZeitȱnichtȱverändertȱhat.ȱȱ Wennȱ inȱ Apgȱ 28ȱ dieȱ Synagogenȱ derȱ Judenȱ selbstȱ nichtȱ mehrȱ erȬ wähntȱwerden,ȱistȱwohlȱdieȱSituationȱerreicht,ȱdieȱLukasȱzuȱseinerȱZeitȱ vorfindet:ȱ Eineȱ Kirche,ȱ dieȱ sichȱ vomȱ Judentumȱ räumlichȱ getrenntȱ hat.ȱ Dieȱ Perikopeȱ hatȱ ihreȱ Sinnspitzeȱ demnachȱ nichtȱ inȱ einerȱ abschließenȬ denȱNeubestimmungȱdesȱStatusȱderȱJudenȱ–ȱetwaȱdergestalt,ȱdassȱihnenȱ nun,ȱ nachȱ derȱ drittenȱ Predigt,ȱ dieȱ endgültigeȱ Verworfenheitȱ attestiertȱ würdeȱ–,ȱsondernȱeinerseitsȱinȱeinerȱBestimmungȱderȱKircheȱalsȱeigenerȱ Größeȱ nebenȱ derȱ Synagoge,ȱ dieȱ durchȱ gläubigeȱ Judenȱ gleichwohlȱ mitȱ Israelȱ verbundenȱ ist,ȱ andererseitsȱ inȱ einerȱ abschließendenȱ Erklärungȱ desȱjüdischenȱWiderstands.ȱ NachdemȱLukasȱinȱseinemȱWerkȱsorgfältigȱdaraufȱgeachtetȱhat,ȱdasȱ gesamteȱGeschehenȱ–ȱangefangenȱvonȱJesusȱüberȱdieȱGeistsendungȱundȱ Missionȱ derȱ Zeugenȱ unterȱ Judenȱ undȱ Heidenȱ alsȱ schriftgemäßȱ darzuȬ stellen,ȱerweistȱsichȱabschließendȱanhandȱdesȱJesajazitatsȱnunȱauchȱdasȱ Verhaltenȱ derȱ Judenȱ selbstȱ nochmalsȱ ausdrücklichȱ alsȱ inȱ derȱ Schriftȱ bezeugt.ȱ Dabeiȱ wirdȱ dasȱ spannungsvolleȱ Zueinanderȱ vonȱ göttlicherȱ undȱ menschlicherȱ Verantwortungȱ inȱ Bezugȱ aufȱ denȱ Widerstandȱ einesȱ großenȱ Teilsȱ Israelsȱ gegenȱ seinenȱ Messiasȱ undȱ dessenȱ Zeugenȱ zwarȱ nichtȱvollständigȱaufgelöst,ȱdochȱistȱderȱlukanischeȱTextȱ(imȱGegensatzȱ etwaȱzuȱJesȱ6,10ȱ[MT]ȱundȱJohȱ12,40)ȱoffenȱfürȱdenȱAspektȱderȱmenschȬ lichenȱVerantwortung.ȱDasȱZitatȱbringtȱfürȱLukasȱdieȱbiblischeȱErläuteȬ rungȱdesȱungeklärtenȱSachverhaltes,ȱdassȱimmerȱnurȱeinȱTeilȱderȱJudenȱ sichȱbekehrtȱundȱzumȱGlaubenȱkommt.ȱSieȱliegtȱimȱUngehorsamȱIsraelsȱ vonȱ Anfangȱ anȱ begründet.ȱ Fürȱ Lukasȱ istȱ erȱ kennzeichnendȱ fürȱ Israelȱ undȱrealisiertȱsichȱinȱderȱnunȱbereitsȱangebrochenenȱmessianischenȱZeitȱ inȱ derȱ Ablehnungȱ Jesuȱ durchȱ großeȱ Teileȱ Israels,ȱ wenngleichȱ dieȱ RetȬ tungȱundȱHeilungȱermöglichendeȱUmkehrȱbisȱzurȱendgültigenȱWiederȬ kunftȱ desȱ Messiasȱ nichtȱ ausgeschlossenȱ werdenȱ kann,ȱ woraufȱ derȱ SchlussȱdesȱZitatesȱhinweist.ȱ EineȱendgültigeȱVerwerfungȱwirdȱdamitȱnichtȱfestgestellt.ȱWährendȱ nachȱAussageȱdesȱEvangeliumsȱdieȱVerweigerungȱIsraels,ȱdieȱsichȱdortȱ inȱ derȱ Ablehnungȱ Jesuȱ manifestiertȱ hatȱ undȱ inȱ derȱ Beseitungȱ derȱ ProȬ phetenȱbereitsȱvorgezeichnetȱwar,ȱdasȱZornesgerichtȱGottesȱinȱderȱZerȬ störungȱ Jerusalemsȱ nachȱ sichȱ zog,ȱ dasȱ gleichwohlȱ keinȱ endgültigesȱ Endesȱ bedeutet,ȱ sondernȱ wieȱ bereitsȱ dasȱ babylonischeȱ Exilȱ Israelȱ zurȱ Umkehrȱaufrufenȱsoll,ȱsoȱruftȱauchȱdieȱApostelgeschichteȱzurȱUmkehrȱ Israels.ȱLukasȱstelltȱabschließendȱeineȱVerhältnisbestimmungȱzwischenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 934ȱȱ GegenȱWasserberg,ȱIsraelsȱMitte,ȱ115.ȱ

364ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

christlicherȱGemeindeȱundȱjüdischerȱSynagogeȱdar,ȱdieȱaufȱdieȱSituatiȬ onȱseinerȱeigenenȱGemeindenȱhinȱtransparentȱwird.ȱȱ AuchȱdassȱdieȱMissionȱunterȱdenȱJudenȱgescheitertȱsei,935ȱkannȱdemȱ Textȱ nichtȱ entnommenȱ werden.ȱ Wieȱ dieȱ Aufnahmeȱ desȱ Wortesȱ durchȱ Judenȱ imȱ gesamtenȱ Buchȱ erweist,ȱ hatȱ sieȱ durchausȱ Erfolg.ȱ Dieserȱ istȱ sowohlȱfürȱdieȱKircheȱwesentlich,ȱdaȱsieȱnachȱAussageȱderȱApostelgeȬ schichteȱ immerȱ auchȱ Gliederȱ Israelsȱ inȱ sichȱ versammelnȱ muss,ȱ umȱ inȱ KontinuitätȱzuȱdenȱdenȱVerheißungenȱdesȱerwähltenȱVolkesȱzuȱstehen.ȱ Aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ bestätigtȱ sieȱ fürȱ Israelȱ selbstȱ jedochȱ auchȱ dieȱ HoffnungȱaufȱdessenȱErrettungȱtrotzȱvieler,ȱdieȱdasȱEvangeliumȱablehȬ nenȱundȱsichȱsoȱalsȱumkehrunwilligȱerweisen.ȱInȱseinerȱAufnahmeȱvonȱ Elementenȱ etwaȱ ausȱ Jesȱ 65ȱ zeigtȱ Lukas,ȱ dassȱ erȱ aufȱ diesenȱ Gedanken,ȱ denȱ Paulusȱ mitȱ seinerȱ Redeȱ vomȱ Restȱ inȱ Römȱ 11ȱ starkȱ hervorhebenȱ wird,ȱohneȱihnȱexplizitȱzuȱentfalten,ȱzurückgreift.ȱȱ SoȱstehtȱamȱEndeȱderȱApostelgeschichteȱeinȱgespaltenesȱIsrael,ȱdasȱ deswegenȱaberȱnochȱnichtȱalsȱfürȱimmerȱverworfenȱdargestelltȱwäre.936ȱ Wennȱ Lukasȱ abschließendȱ dieȱ Uneinigkeitȱ derȱ Judenȱ betont,ȱ weistȱ erȱ aufȱdenȱIrrtum937ȱhin,ȱderȱsichȱinȱIsraelȱfestgesetztȱhat,ȱaberȱdurchȱUmȬ kehrȱ zuȱ besiegenȱ ist.ȱ Dieȱ Feststellungȱ derȱ Spaltungȱ alsȱ solcher,ȱ setztȱ freilichȱauchȱimmerȱ einenȱgewissenȱ Teilȱ anȱ umkehrwilligenȱJudenȱvoȬ raus,ȱ womitȱ dieserȱ Teilȱ Israelsȱ demȱ Rufȱ Gottesȱ gerechtȱ wird.ȱ Obȱ dieȱ Judenȱ daherȱ mitȱ Apgȱ 28ȱ tatsächlich,ȱ wieȱ etwaȱ Joachimȱ Gnilkaȱ meinte,ȱ „ihreȱErstrangigkeitȱverspielt“938ȱhabenȱundȱlediglichȱ„alsȱeinzelneȱnichtȱ fürȱimmerȱausgeschlossen“939ȱsind,ȱistȱdaherȱanzufragen.ȱInsofernȱauchȱ fürȱLukasȱdieȱParusieȱnochȱaussteht,ȱbisȱzuȱderȱderȱUmkehrrufȱanȱIsraelȱ ergeht,ȱistȱdieseȱErstrangigkeitȱdurchȱmenschlichesȱTunȱkaumȱendgülȬ tigȱzuȱverspielen.ȱDaherȱsollteȱvielleichtȱtreffenderȱandersherumȱformuȬ liertȱ werden:ȱ Wennȱ überhauptȱ jemandȱ ausgeschlossenȱ ist,ȱ soȱ könnenȱ diesȱimmerȱnurȱeinzelneȱsein,ȱdiesȱsichȱendgültigȱderȱUmkehrȱzuȱGottȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 935ȱȱ DiesȱvertrittȱetwaȱTyson,ȱLukeȬActs,ȱ126f.,ȱwenngleichȱerȱzuȱRechtȱaufȱdieȱAmbivaȬ lenzȱ zwischenȱ derȱ Beschreibungȱ jüdischerȱ Zurückweisungȱ undȱ Annahmeȱ derȱ BotȬ schaftȱhinweistȱ(vgl.ȱ137);ȱdieseȱergibtȱsichȱausȱdemȱzweifachenȱAnliegenȱdesȱLukas,ȱ derȱ dieȱ Annahmeȱ derȱ Botschaftȱ ausȱ ekklesiologischenȱ Gründenȱ besondersȱ herausȬ streicht,ȱundȱdieȱAblehnungȱimȱRückgriffȱaufȱbiblischeȱTraditionȱakzentuiert.ȱ 936ȱȱ Wichtigȱ istȱ hierȱ derȱ Hinweisȱ vonȱ M.ȱ Wolterȱ gegenȱ eineȱ „Gleichsetzungȱ vonȱ VerȬ stockungȱ undȱ Verwerfung“,ȱ dieȱ „inȱ denȱ Textȱ eingetragenȱ ist“ȱ (Wolter,ȱ Israelsȱ ZuȬ kunft,ȱ 412);ȱ vgl.ȱ dazuȱ auchȱ Evans,ȱ Toȱ see,ȱ 126:ȱ „Theȱ passageȱ simplyȱ doesȱ notȱ sayȱ this“;ȱnachȱbiblischerȱAnschauungȱgiltȱ„Verstockung“ȱinȱderȱRegelȱfürȱeineȱbegrenzȬ teȱZeit,ȱwährendȱbeiȱ„Verwerfung“ȱeineȱEndgültigkeitȱmitschwingt.ȱ 937ȱȱ ImȱGegensatzȱdazuȱstehtȱdieȱEinmütigkeitȱderȱChristen,ȱdieȱalsȱWahrheitskriteriumȱ anzusehenȱist,ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKapȱ3.8ȱzuȱApgȱ15.ȱ 938ȱȱ Gnilka,ȱVerstockung,ȱ154.ȱ 939ȱȱ Ebd.ȱ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

365ȱ

verschließenȱ –ȱ nichtȱ aberȱ einȱ Kollektivȱ alsȱ Ganzes.ȱ Damitȱ istȱ auchȱ dieȱ Auffassung,ȱdassȱLukasȱinȱApgȱ28ȱ„inȱallerȱEindeutigkeitȱdieȱsog.ȱSubȬ stitutionstheorie“940ȱ vertritt,ȱ abzuweisen.ȱ Dieȱ Hinweiseȱ aufȱ dieȱ KontiȬ nuitätȱ zuȱ Israel,ȱ dieȱ Beobachtung,ȱ dassȱ dieȱ vonȱ Jesajaȱ betonteȱ Verstockungȱ schonȱ immerȱ charakteristischȱ fürȱ Israelȱ warȱ sowieȱ dieȱ Notwendigkeit,ȱdassȱJudenȱ–ȱnichtȱnurȱinȱderȱJerusalemerȱUrgemeindeȱ –ȱinȱdieȱchristlicheȱEkklesiaȱhineingehören,ȱweisenȱinȱeineȱandereȱRichȬ tung.ȱȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ Unsereȱ umfangreichenȱ Untersuchungenȱ zuȱ vielenȱ Textenȱ ausȱ allenȱ BereichenȱdesȱDoppelwerkesȱhabenȱgezeigt,ȱdassȱdieȱIsraelthematikȱalsȱ einȱ leitendesȱ Anliegenȱ desȱ Autorsȱ anzusehenȱ ist.ȱ Esȱ konnteȱ gezeigtȱ werden,ȱ dassȱ erȱ sichȱ geradeȱ anȱ neuralgischenȱ Stellenȱ seinerȱ beidenȱ Bücherȱ dazuȱ äußertȱ undȱ eineȱ spezifischeȱ Sichtȱ bietet,ȱ dieȱ sichȱ freilichȱ erstȱ beiȱ einerȱ Lektüreȱ desȱ gesamtenȱ Werkesȱ erschließt.ȱ Weiterȱ wurdeȱ deutlich,ȱ dassȱ sichȱ ausȱ seinerȱ Darstellungȱ Israelsȱ alsȱ erwähltesȱ GottesȬ volkȱundȱdessenȱfundamentalerȱBedeutungȱfürȱdieȱchristlicheȱEkklesiaȱ schließlichȱauchȱIndizienȱzurȱErhebungȱseinerȱSichtȱderȱZukunftȱIsraelsȱ sammelnȱ lassen,ȱ dieȱ sichȱ gegenȱ dieȱ Annahmeȱ einerȱ endgültigenȱ VerȬ werfungȱauchȱdesȱnichtȱchristusgläubigenȱTeilsȱIsraelsȱanführenȱlassenȱ undȱdafürȱsprechen,ȱdassȱauchȱLukasȱanȱderȱMöglichkeitȱdesȱHeilsȱfürȱ ganzȱ Israelȱ festhält.ȱ Dafürȱ erwiesȱ sichȱ freilichȱ einȱ Rückgriffȱ aufȱ bibliȬ scheȱZukunftskonzepteȱderȱdeuteronomistischenȱTraditionȱalsȱnotwenȬ dig.ȱ Inȱ einemȱ letztenȱ Punktȱ sindȱ nunȱ dieȱ wichtigstenȱ Ergebnisseȱ derȱ ArbeitȱanȱdenȱlukanischenȱTextenȱzusammenzufassen,ȱindemȱcharakteȬ ristischeȱ Punkteȱ derȱ lukanischenȱ IsraelȬSichtȱ formuliertȱ werden.ȱ Dieseȱ lassenȱschließlichȱauchȱRückschlüsseȱaufȱdieȱhistorischeȱVerortungȱdesȱ AutorsȱLukasȱselbstȱzu.ȱȱ

3.11.1ȱAmbivalenz:ȱDivergierendeȱIsraelȬTexteȱbeiȱLukasȱ AlsȱersterȱPunktȱistȱeineȱAmbivalenzȱbezüglichȱdesȱVolkesȱIsraelȱfestzuȬ halten.ȱDieȱtiefȱinȱjüdischeȱHoffnungenȱausgreifendenȱKapitelȱderȱVorȬ geschichte,ȱdieȱVerwendungȱvonȱΏ΅ϱΖ,ȱoderȱdieȱDarstellungȱderȱchristȬ lichenȱ Missionȱ alsȱ beginnendeȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ sindȱ luȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 940ȱȱ Hübner,ȱTheologieȱIII,ȱ138.ȱ

366ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

kanischeȱEigenheiten,941ȱdieȱdemȱEvangeliumȱundȱderȱApostelgeschichȬ teȱ seinenȱ unverwechselbarenȱ Charakterȱ verleihenȱ undȱ dieȱ engeȱ BezieȬ hungȱzwischenȱchristlicherȱEkklesiaȱundȱjüdischemȱUrsprungȱdeutlichȱ machen.ȱ Inȱ vielenȱ Passagenȱ desȱ Doppelwerkesȱ kannȱ manȱ dabeiȱ eineȱ ausgesprocheneȱSympathieȱdesȱLukasȱzuȱjüdischenȱInstitutionenȱwahrȬ nehmen.ȱDanebenȱtrittȱfreilichȱeineȱebensoȱdeutlicheȱLinieȱderȱAbgrenȬ zung.ȱDieȱAblehnungȱJesuȱinȱIsraelȱwieȱdieȱseinerȱZeugenȱdurchȱJudenȱ anȱallenȱOrtenȱdurchziehtȱdasȱDoppelwerk,ȱdasȱimmerȱwiederȱaufȱdieȱ SchuldȱIsraelsȱverweist.ȱDamitȱstehtȱdieȱLukasexegeseȱvorȱderȱSchwieȬ rigkeit,ȱdassȱdieȱauszulegendenȱTexteȱselbstȱ„inȱunterschiedlicheȱRichȬ tungen“ȱweisen.942ȱEineȱ„Bestandsaufnahme“943ȱallȱdieserȱTexte,ȱwieȱsieȱ etwaȱ Michaelȱ Wolterȱ vorgelegtȱ hat,ȱ mussȱ mehrereȱ Stimmenȱ zusamȬ mensehen.944ȱȱ DieseȱAmbivalenzȱlässtȱsichȱanȱzahlreichenȱBeispielenȱaufzeigen.ȱSoȱbleibtȱ dasȱ lukanischeȱ Verhältnisȱ zumȱ jüdischenȱ Gesetzȱ zweischneidig.945ȱ Nebenȱ dieȱ gesetzesfrommenȱ „Gerechten“ȱ undȱ dieȱ vorausgesetzteȱ Gültigkeitȱ derȱ ToraȱinȱLkȱ1–2ȱ(vgl.ȱauchȱLkȱ16,17f.31)ȱtrittȱinȱderȱApostelgeschichteȱnichtȱ nurȱ eineȱ resignativeȱ Auffassungȱ inȱ derȱ Redeȱ desȱ Petrusȱ ausȱ Apgȱ 15,10,946ȱ sondernȱ auchȱ einȱ nahezuȱ gesetzesfrommerȱ Paulus.ȱ Eineȱ „Zurückweisungȱ einesȱsoteriologischenȱAnspruchsȱdesȱGesetzes“947ȱistȱbeiȱLukasȱnichtȱfestȬ zustellen,ȱ währendȱ eineȱ „Gerechtigkeit“ȱ durchȱ Gesetzesobservanzȱ mehrȬ fachȱalsȱmöglichȱangesehenȱwirdȱ(vgl.ȱLkȱ16,17f.31;ȱ17,10;ȱApgȱ10,22;ȱ21,20).ȱ Diesȱschließtȱfreilichȱnichtȱaus,ȱdassȱLukasȱauchȱundȱgeradeȱfürȱdieȱJudenȱ dieȱ Umkehrȱ zuȱ Gottȱ imȱ Bekenntnisȱ zumȱ Messiasȱ Jesusȱ alsȱ Voraussetzungȱ fürȱdieȱTeilhabeȱamȱendzeitlichenȱHeilȱansieht.ȱ„DieȱBewahrungȱdesȱGesetȬ zes“ȱ istȱ damitȱ fürȱ Lukasȱ zwarȱ durchausȱ „notwendig,ȱ aberȱ nichtȱ hinreiȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 941ȱȱ DiesȱzeigtȱeinȱsynoptischerȱVergleichȱsehrȱdeutlich;ȱvgl.ȱnurȱdieȱeinmaligeȱVerwenȬ dungȱdesȱSyntagmasȱΔκΖȱϳȱΏ΅ϱΖȱimȱMtȬEvangeliumȱimȱRahmenȱdesȱProzesses.ȱ 942ȱȱ S.ȱdazuȱdieȱTextbeispieleȱbeiȱWolter,ȱIsraelsȱZukunft,ȱ407–412.ȱ 943ȱȱ Wolter,ȱIsraelsȱZukunft,ȱ406.412.ȱ 944ȱȱ Zwarȱ relativiertȱ Wolterȱ z.ȱ B.ȱ eineȱ eindeutigȱ positiveȱ Auslegungȱ vonȱ Lkȱ 13,34f.ȱ imȱ BlickȱaufȱzukünftigesȱHeilȱfürȱIsrael,ȱwennȱerȱ–ȱanȱderȱeschatologischenȱBegrüßungȱ desȱ Messiasȱ Jesusȱ durchȱ dasȱ Volkȱ Israelȱ mitȱ Psȱ 117,26ȱ (LXX)ȱ festhaltendȱ –ȱ unterȱ Verweisȱ aufȱ Lkȱ 13,23–30;ȱ 14,24ȱ undȱ Apgȱ 3,23ȱ feststellt,ȱ „dassȱ mitȱ dieserȱ AnkündiȬ gungȱnochȱnichtsȱüberȱdasȱtatsächlicheȱGeschickȱdererȱgesagtȱist,ȱdieȱJesusȱmitȱdenȱ genanntenȱ Wortenȱ begrüßenȱ werden“ȱ (Israelsȱ Zukunft,ȱ 308),ȱ kurzȱ daraufȱ meintȱ erȱ aberȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Texte,ȱ dieȱ mitȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ inȱ Verbindungȱ geȬ brachtȱwerdenȱ(Lkȱ19,41–44;ȱ21,20–24),ȱ„dassȱLukasȱmitȱeinerȱendzeitlichenȱRestauraȬ tionȱJerusalemsȱnachȱAbbüßungȱseinerȱStrafeȱrechnet“ȱ(IsraelsȱZukunft,ȱ409).ȱ 945ȱȱ Zumȱ Nebeneinanderȱ vonȱ positiverȱ undȱ kritischerȱ Sichtȱ desȱ Gesetzȱ beiȱ Lukasȱ vgl.ȱ Merkel,ȱGesetz,ȱ119–133;ȱHahn,ȱTheologieȱI,ȱ573f.ȱ 946ȱȱ Zurȱ schwierigenȱ Redeȱ vomȱ „Joch“ȱ desȱ Gesetzesȱ (Apgȱ 15,10)ȱ vgl.ȱ Theobald,ȱ Kanon,ȱ 204.ȱ 947ȱȱ Theobald,ȱKanon,ȱ200.ȱ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

367ȱ

chend“948.ȱAuchȱanȱanderenȱreligiösenȱInstitutionenȱ(derȱJerusalemerȱTemȬ pel,ȱ dieȱ Synagoge,ȱ dasȱ Hausȱ alsȱ Ortȱ desȱ Familienglaubens),ȱ wirdȱ dieseȱ Ambivalenzȱ sichtbar.949ȱ Sowohlȱ Tempelȱ (vgl.ȱ Lkȱ 1f.19–21;ȱ Apgȱ 3)ȱ wieȱ SyȬ nagogeȱ (vgl.ȱ Lkȱ 4;ȱ Apgȱ 13f.18)ȱ werdenȱ alsȱeigentlicheȱOrteȱ derȱLehreȱ undȱ desȱHandelnsȱJesuȱwieȱderȱVerkündigungȱseinerȱZeugenȱgewürdigt.ȱDochȱ zeigtȱsichȱfürȱbeideȱinȱderȱApostelgeschichteȱeineȱsukzessiveȱEntfremdung,ȱ dieȱ schließlichȱ zurȱ Trennungȱ führt.ȱ Dasȱ Hausȱ hingegen,ȱ dessenȱ religiöseȱ Bedeutungȱ bereitsȱ imȱ Evangeliumȱ deutlichȱ ist,950ȱ wirdȱ inȱ derȱ ApostelgeȬ schichteȱ mehrȱ undȱ mehrȱ zumȱ eigentlichenȱ religiösenȱ Ortȱ derȱ Christen.951ȱ Peterȱ Wickȱ fasstȱ denȱ Befundȱ wieȱ folgtȱ zusammen:ȱ „Obwohlȱ dieȱ Christenȱ nachȱ Lukasȱ allesȱ daranȱ gesetztȱ haben,ȱ weiterhinȱ amȱ Tempelkultȱ undȱ anȱ denȱ Synagogenversammlungenȱ teilzunehmen,ȱ istȱ esȱ zuȱ einemȱ Bruchȱ mitȱ diesenȱ Institutionenȱ gekommen.ȱ Deshalbȱ istȱ ihnenȱ alsȱ einerȱ imȱ Judentumȱ wurzelndenȱBewegungȱnichtsȱanderesȱübrigȱgeblieben,ȱalsȱentschlossenȱinȱ dieȱHäuserȱzuȱgehenȱundȱeinzelneȱHäuserȱvonȱGläubigenȱinȱGemeindeverȬ sammlungsorteȱumzugestalten“952ȱEinȱweiteresȱBeispielȱderȱAmbivalenzȱistȱ dieȱSpannungȱzwischenȱdenȱVerheißungenȱausȱLkȱ1–2,ȱdieȱ–ȱmitȱAusnahmeȱ vonȱLkȱ2,34ȱ–ȱkeinerleiȱDistanzȱgegenüberȱIsraelȱerkennenȱlassen,ȱundȱdemȱ Verstockungszitatȱ amȱ Endeȱ derȱ Apostelgeschichte.ȱ Dieȱ Perspektivenȱ dieserȱ beidenȱ Rahmenteileȱ desȱ Doppelwerksȱ lassenȱ sichȱ nichtȱ bruchlosȱ zusamȬ menfügen.ȱDieȱSpannungȱdrängtȱaufȱeineȱAntwort.953ȱZurȱAmbivalenzȱdesȱ Doppelwerkesȱ gehörtȱ schließlichȱ dasȱ Motivȱ derȱ Uneinigkeitȱ derȱ Juden.ȱ Dieȱ SpaltungȱIsraels,ȱdieȱsichȱzumȱeinenȱanȱderȱHeilsverkündigungȱunterȱdenȱ Heidenȱentzündetȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱLkȱ2,31–34;ȱ4,25–28;ȱApgȱ13,45),ȱzumȱanderenȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 948ȱȱ Klinghardt,ȱGesetzȱundȱVolkȱGottes,ȱ207f.ȱ 949ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱWick,ȱGottesdienste.ȱ 950ȱȱ Dieȱ großenȱ Hymnenȱ Benedictusȱ undȱ Magnificatȱ werdenȱ inȱ Häusernȱ gesungen,ȱ dieȱ zweiteȱvonȱJesusȱerzählteȱHeilungȱgeschiehtȱimȱHausȱderȱSchwiegermutterȱdesȱPetȬ rus;ȱ vgl.ȱ auchȱ dieȱ Mahlzeitenȱ inȱ denȱ Häusernȱ derȱ Pharisäerȱ oderȱ dieȱ Aussendungȱ derȱ Jüngerȱ „inȱ dieȱ Häuser“ȱ (Lkȱ 10).ȱ Auchȱ dieȱ Auferstehungserzähungenȱ sindȱ beiȱ LukasȱdurchwegȱinȱHäusernȱlokalisiertȱ(keineȱErscheinungȱdesȱAuferstandenenȱamȱ Grab!)ȱundȱunterscheidenȱsichȱdadurchȱnichtȱunwesentlichȱvonȱdenȱErzählungenȱderȱ anderenȱEvangelien.ȱ 951ȱȱ BereitsȱdenȱPfingsttagȱerlebtȱdieȱGemeindeȱinȱeinemȱHaus.ȱPaulusȱkommtȱinȱeinzelȬ nenȱHäusernȱaufȱReisenȱunterȱundȱistȱdannȱinȱRomȱinȱeinerȱMietswohnungȱzuȱfinȬ den.ȱDieȱinȱderȱApgȱerzähltenȱGottesdiensteȱfindenȱdurchwegȱinȱHäusernȱstatt,ȱohneȱ dassȱ dadurchȱ dieȱ Teilnahmeȱ anȱ SynagogenȬȱ oderȱ Tempelgottesdienstenȱ ausgeȬ schlossenȱwürde,ȱwieȱApgȱ2,46ȱundȱ21,26ȱzeigen.ȱObȱmanȱmitȱWick,ȱGottesdienste,ȱ imȱBlickȱaufȱdasȱHausȱaberȱvonȱeinemȱ„Bruch,ȱderȱdirektȱaufȱGottȱzurückzuführenȱ ist“ȱ(283),ȱsprechenȱsollte,ȱbleibtȱfraglich.ȱDieȱExistenzȱvonȱjüdischenȱHäusern,ȱinȱdeȬ nenȱ dieȱ christlicheȱ Gemeindeȱ zusammenkommt,ȱ wirdȱ nichtȱ negiert.ȱ Zwarȱ werdenȱ dieȱSpeisegeboteȱu.ȱa.ȱaußerȱKraftȱgesetzt;ȱdochȱstelltȱdasȱvonȱLukasȱdreimalȱwiederȬ holteȱ Aposteldekretȱ Grundregelnȱ fürȱ dasȱ Zusammenlebenȱ vonȱ Judenȱ undȱ NichtjuȬ denȱauf.ȱ 952ȱȱ Wick,ȱGottesdienste,ȱ283.ȱ 953ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱTiede,ȱGloryȱtoȱthyȱpeople,ȱ23.ȱ

368ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

zwischenȱdemȱVolkȱundȱseinenȱFührernȱfestzustellenȱistȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱLkȱ21,38;ȱ 24,1;ȱ Apgȱ 4,1f.),ȱ entsprichtȱ inȱ gewisserȱ Weiseȱ demȱ gegenläufigenȱ TextbeȬ fund,ȱwieȱerȱvonȱMichaelȱWolterȱbeobachtetȱwurde.954ȱȱ

Dieȱ Ambivalenzȱ hatȱ mehrereȱ Elemente.ȱ Zumȱ einenȱ betontȱ Lukasȱ dieȱ Kontinuitätȱ zuȱ Israel,ȱ dieȱ vorȱ allemȱ dasȱ ekklesiologischeȱ Anliegenȱ treibt,ȱdieȱchristlicheȱGemeindeȱausȱJudenȱundȱHeidenȱinȱstarkerȱKonȬ tinuitätȱzuȱIsraelȱzuȱverorten.ȱDiesȱistȱwichtig,ȱumȱdenȱAnteilȱderȱchristȬ lichenȱ Ekklesiaȱ anȱ denȱ Verheißungenȱ Israelsȱ zuȱ gewährleisten.ȱ Dieȱ zweiteȱSchieneȱstelltȱfest,ȱdassȱsichȱIsraelȱseinemȱMessiasȱverweigertȱhatȱ undȱ dessenȱ Zeugenȱ ebensoȱ Widerstandȱ entgegensetzt.ȱ Dieseȱ AblehȬ nungȱwirdȱvonȱLukasȱvornehmlichȱmitȱHilfeȱderȱdeuteronomistischenȱ Sichtȱ erläutert,ȱ nachȱ derȱ Israelȱ schonȱ inȱ früherenȱ Zeitenȱ Ungehorsamȱ gegenȱseinenȱGottȱanȱdenȱTagȱgelegtȱhat.ȱ Eineȱ Erklärungȱ fürȱ dieseȱ spezifischeȱ Sichtȱ magȱ darinȱ liegen,ȱ dassȱ Lukasȱ alsȱ ehemaligerȱ Gottesfürchtiger955ȱ eineȱ Näheȱ zurȱ jüdischenȱ Synagogengemeindeȱ hatteȱ undȱ manchesȱ ausȱ dieserȱ Phaseȱ auchȱ fürȱ christlicheȱ Gemeindenȱ bewahrenȱ will,ȱ dieȱ sichȱ vonȱ denȱ Synagogenȱ getrenntȱ hatten.ȱ Deutlichȱ ist,ȱ dassȱ ihmȱ dieȱ Ablehungȱ derȱ christlichenȱ BotschaftȱdurchȱgroßeȱTeileȱderȱJudenȱunbegreiflichȱerscheint,ȱweshalbȱ erȱnichtȱmitȱkritischenȱWortenȱgegenȱsolcheȱ„Verblendung“ȱspartȱundȱ zurȱUmkehrȱaufruft.ȱAndererseitsȱsiehtȱerȱdieȱNotwendigkeitȱjüdischerȱ Elementeȱ fürȱ dieȱ christlicheȱ Gemeindeȱ undȱ wirbtȱ fürȱ derenȱ Verbleib,ȱ denȱ erȱ durchȱ dieȱ zunehmendeȱ Entfredmungȱ zwischenȱ Kircheȱ undȱ SyȬ nagogeȱ inȱ Gefahrȱ sieht.ȱ Fürȱ Lukasȱ gehörtenȱ dieȱ Christenȱ eigentlichȱ inȱ dieȱ jüdischenȱ Institutionen,ȱ wennȱ sieȱ nichtȱ vonȱ denȱ Judenȱ selbstȱ vonȱ dortȱvertriebenȱwordenȱwären.956ȱDieȱUnzufriedenheitȱüberȱdieseȱSituaȬ tionȱ kannȱ manȱ anȱ manchenȱ Stellenȱ nochȱ erahnen.ȱ Sieȱ stehtȱ hinterȱ derȱ beobachtetenȱAmbivalenz.ȱ

3.11.2ȱOffenheit:ȱDieȱAbweisungȱeindeutigȱnegativerȱAussagenȱ DieȱAnalyseȱderȱEinzeltexteȱwieȱderȱthematischenȱZusammenhängeȱhatȱ gezeigt,ȱ dassȱ trotzȱ mancherȱ verbitterterȱ Äußerungȱ überȱ dieȱ Judenȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ eineȱ endgültigeȱ Verurteilungȱ Israelsȱ nichtȱ ausdrücklichȱ festgestelltȱ wird.ȱ Lukasȱ bleibtȱ durchȱ dasȱ Elementȱ derȱ Ambivalenzȱ jedochȱ beiȱ manchenȱ Unausgeglichenheitenȱ stehen.ȱ Nebenȱ derȱpositivenȱDarstellungȱjüdischenȱLebensȱvorȱallemȱinȱLkȱ1–2ȱfindenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 954ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWolter,ȱIsraelsȱZukunft.ȱ 955ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ3.11.6.ȱ 956ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱBeobachtungenȱbeiȱWick,ȱGottesdienste,ȱ273–283.ȱ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

369ȱ

sichȱ vorȱ allemȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ auchȱ zahlreicheȱ Szenenȱ einesȱ feindlichenȱ undȱ ungläubigenȱ jüdischenȱ Volkes.ȱ Lukasȱ vermeidetȱ aberȱ eindeutigȱnegativeȱAussagen,ȱbzw.ȱmildertȱsieȱimȱFolgendenȱwiederȱab,ȱ etwaȱ wennȱ sichȱ Paulusȱ nachȱ demȱ Verwerfungswortȱ inȱ Apgȱ 13,46f.ȱ selbstverständlichȱauchȱdanachȱnochȱ„zuerstȱanȱdieȱJuden“ȱwendet.ȱ Dieȱ Abweisungȱ vonȱ eindeutigȱ negativenȱ Aussagenȱ korrespondiertȱ inȱ gewisserȱ Weiseȱ mitȱ Hinweisenȱ aufȱ dieȱ Hoffnungȱ fürȱ eineȱ heilvolleȱ Zukunftȱ ganzȱ Israels,ȱ dieȱ freilichȱ auchȱ nichtȱ eindeutigȱ positivȱ sind,ȱ sondernȱ alsȱ Hoffnungsaussagenȱ ebenfallsȱ offenȱ bleiben.957ȱ Vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ ließȱ sichȱ auchȱ dasȱ Endeȱ derȱ Apostelgeschichteȱ mitȱ demȱ Jesajazitat,ȱ dasȱ immerȱ wiederȱ alsȱ Textbelegȱ fürȱ eineȱ „endgültigeȱ Verstockung“ȱ derȱ Judenȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ herangezogenȱ wird,ȱ imȱ Sinneȱ einesȱ Aufrufesȱ zurȱ Umkehrȱ deuten,ȱ dieȱ Lukasȱ nochȱ nichtȱaufgegebenȱhat.ȱ„InȱdenȱAugenȱdesȱLukasȱendetȱdieȱletzteȱtheoloȬ gischeȱ Auseinandersetzungȱ desȱ Paulusȱ mitȱ demȱ Judentumȱ wederȱ inȱ einerȱ endgültigenȱ Absageȱ (Israelsȱ Verfluchung)ȱ nochȱ inȱ einerȱ VerfahȬ renseinstellungȱ(VerharmlosungȱderȱAblehnungȱIsraels).ȱ[…]ȱDieȱerzähȬ lungȱbliebtȱabsichtlichȱambivalent,ȱdurchwirktȱvonȱeinerȱTheologie,ȱdieȱ sichȱ jedesȱ definitiveȱ Verdiktȱ überȱ dasȱ künfitgeȱ Verhältnisȱ vonȱ Kircheȱ undȱSynagogeȱverbietet.“958ȱDerȱHeilsansageȱanȱdieȱHeidenȱ(Apgȱ28,28)ȱ mussȱ keineswegsȱ eineȱ „Unheilsansage“ȱ fürȱ dieȱ Judenȱ entsprechen.ȱ GewichtigeȱIndizienȱfürȱeineȱtendenziellȱpositiveȱSichtȱwarenȱderȱAufȬ weisȱ derȱ stetenȱ Annahmeȱ desȱ Evangeliumsȱ durchȱ einenȱ Teilȱ Israelsȱ sowieȱdasȱausȱbiblischerȱTraditionȱstammendeȱWissenȱumȱdieȱVerfehȬ lungenȱ Israelsȱ wieȱ auchȱ umȱ dieȱ Begrenztheitȱ vonȱ Verstockungȱ undȱ göttlichemȱZornȱdurchȱdieȱimmerȱnochȱmöglicheȱUmkehr.ȱ Einȱweiteres,ȱspezifischȱlukanischesȱElementȱdieserȱOffenheitsstrateȬ gieȱ zeigtȱ sichȱ inȱ denȱ mehrfachȱ auftauchendenȱ Fragenȱ nachȱ demȱ EinȬ bruchȱ derȱ Gottesherrschaftȱ imȱ Kontextȱ frühjüdischerȱ ZukunftserwarȬ tungenȱ (vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Lkȱ 17,20;ȱ 19,11;ȱ Apgȱ 1,6).ȱ Jesusȱ nimmtȱ alleȱ dieseȱ Fragenȱauf.ȱOhneȱsieȱalsȱfalschȱabzuweisen,ȱmodifiziertȱerȱsieȱundȱlenktȱ dasȱ Interesseȱ um.ȱ Fürȱ Lukasȱ habenȱ solcheȱ Fragenȱ sehrȱ wohlȱ ihreȱ BeȬ rechtigung,ȱ daȱ jaȱ dieȱ Endzeitȱ mitȱ demȱ Kommenȱ desȱ Messiasȱ angebroȬ chenȱ undȱ damitȱ auchȱ dieȱZeitȱ derȱ„Wiederherstellungȱ desȱReichesȱ fürȱ Israel“ȱ(Apgȱ1,6)ȱnaheȱist.ȱDieseȱgeschiehtȱfreilichȱinȱderȱVerkündigungȱ derȱMessiaszeugen,ȱdieȱauchȱdieȱHeidenvölkerȱmitȱeinbeziehtȱundȱdaȬ mitȱeinȱweiteresȱeschatologischesȱMotivȱrealisiert.ȱDochȱwennȱauchȱdieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 957ȱȱ Z.ȱ B.ȱ inȱ Lkȱ 1–2;ȱ vgl.ȱ aberȱ auchȱ dieȱ Ankündigungȱ desȱ Untergangsȱ vonȱ Jerusalemȱ inȱ derȱ Endzeitredeȱ Jesusȱ Lkȱ 21,20–24,ȱ welcheȱ dieȱ Zeitȱ dieserȱ Niederlageȱ begrenztȱ (V.ȱ24);ȱdieȱPetrusrede,ȱdieȱausdrücklichȱdieȱHoffnungȱaufȱdieȱSendungȱdesȱ„euchȱ(=ȱ demȱVolkȱIsrael)ȱvorausbestimmtenȱJesusȱalsȱMessias“ȱ(Apgȱ3,20)ȱformuliert.ȱ 958ȱȱ Marguerat,ȱLukas,ȱ324.ȱ

370ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

endzeitlichenȱ Erwartungenȱ sichȱ zuȱ erfüllenȱ begonnenȱ haben,ȱ soȱ bleibtȱ eineȱ grundlegendeȱ Offenheitȱ alleinȱ schonȱ wegenȱ derȱ nochȱ zuȱ erwarȬ tendenȱWiederkunftȱdesȱMessiasȱerhalten.959ȱ Soȱ wirdȱ man,ȱ auchȱ imȱ Rückgriffȱ aufȱ dieȱ untersuchtenȱ Perikopenȱ ausȱLkȱ13ȱundȱLkȱ21ȱfürȱdieȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱfesthalten,ȱ dassȱ Lukasȱ durchȱ seineȱ Vermeidungȱ eindeutigȱ negativerȱ Aussagenȱ mehrfachȱ„Leerstellen“ȱeröffnet,ȱdieȱeineȱpositiveȱDeutungȱzukünftigenȱ HeilsȱfürȱIsraelȱzulassen.960ȱ

3.11.3ȱHarmonisierung:ȱIntegrationȱverschiedenerȱRichtungenȱ Einȱ weiteresȱ Charakteristikumȱ desȱ lukanischenȱ Werkesȱ lässtȱ sichȱ mitȱ demȱ Stichwortȱ „Harmonisierung“ȱ bezeichnen.ȱ DerȱAutorȱ bemühtȱsichȱ darum,ȱeinȱmöglichstȱharmonischesȱBildȱderȱChristenȱzuȱpräsentieren.ȱSoȱ betontȱ erȱ gerneȱ dieȱ Einheitȱ derȱ jungenȱ Kirche961,ȱ schwächtȱ mancheȱ Spannungenȱ abȱ oderȱ übergehtȱ sieȱ ganz962ȱ undȱ versucht,ȱ KonfliktlöȬ sungsstrategienȱ anzubieten.963ȱ Inȱ diesemȱ Sinneȱ mühtȱ erȱ sichȱ auchȱ umȱ eineȱVersöhnungȱvonȱJudenȬȱundȱHeidenchristen.ȱ AnȱvielenȱBeispielenȱlässtȱsichȱzeigen,ȱdassȱLukasȱderȱversöhnlichsteȱallerȱ Evangelistenȱ ist.ȱ Soȱ tilgtȱ erȱ dieȱ hartenȱ markinischenȱ Aussagenȱ überȱ dasȱ Unverständnisȱ derȱ Familieȱ undȱ derȱ Verwandtenȱ Jesuȱ (vgl.ȱ nurȱ Mkȱ 3,21)ȱ undȱauchȱdieȱPolemikȱdesȱMatthäusȱgegenȱdieȱPharisäerȱ(vgl.ȱvorȱallemȱMtȱ 23)ȱ wirdȱ vonȱ Lukasȱ nichtȱ erreicht.ȱ Stattdessenȱ scheintȱ erȱ imȱ Evangeliumȱ wieȱinȱderȱApostelgeschichteȱaggressiveȱundȱradikaleȱSzenenȱeherȱvermeiȬ denȱzuȱwollen.ȱSoȱfehltȱetwaȱdieȱErzählungȱüberȱdasȱEndeȱdesȱTäufersȱJoȬ hannesȱ(Mkȱ6,14–29),ȱaberȱvorȱallemȱauchȱderȱgewaltsameȱTodȱsoȱwichtigerȱ Personenȱ wieȱ Petrus,ȱ Paulusȱ oderȱ Jakobusȱ kommenȱ garȱ nichtȱ bzw.ȱ nurȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 959ȱȱ Nachȱ lkȱ Verständnisȱ wirdȱ „derȱ Messiasȱ Jesusȱ beiȱ seinerȱ Parusieȱ inȱ Erfüllungȱ derȱ prophetischenȱVerheißungenȱΎ΅΍ΕΓϠȱΦΑ΅ΜϾΒΉΝΖȱfürȱIsraelȱbereiten“ȱ(Wolter,ȱIsraelsȱ Zukunft,ȱ426).ȱ 960ȱȱ Zuȱ berücksichtigenȱ istȱ schließlichȱ auchȱ dieȱ Gattungȱ desȱ Doppelwerks.ȱ Lukasȱ schreibtȱkeineȱApokalypse,ȱsondernȱeineȱGeschichtserzählung,ȱdieȱesȱbeiȱdenȱAussaȬ genȱüberȱdieȱZukunftȱbeiȱAndeutungenȱbelässt,ȱdieȱstetsȱinȱgewissermaßenȱ„propheȬ tischen“ȱRedenȱvorkommenȱ(vgl.ȱLkȱ2,ȱ13,35;ȱ21,20–24,ȱ22,30;ȱApgȱ1,8,ȱApgȱ3,19–21).ȱ 961ȱȱ Besondersȱ Apgȱ 4,32;ȱ vgl.ȱ 1,14;ȱ 2,46;ȱ 4,24;ȱ 5,12;ȱ 15,25ȱ (ϳΐΓΌΙΐ΅ΈϱΑ,ȱ vgl.ȱ Römȱ 15,6).ȱ DagegenȱsindȱdieȱJudenȱgespalten;ȱvgl.ȱnurȱApgȱ28,24.ȱ 962ȱȱ Insgesamtȱ istȱ Lukasȱ oftȱ anȱ einerȱ „Verwischungȱ derȱ Gegensätze“ȱ (Rudolph,ȱ Gnosis,ȱ 315,ȱhierȱimȱKontextȱvonȱSimonȱMagus)ȱinteressiert.ȱ 963ȱȱ Soȱ etwaȱ inȱ Apgȱ 15,ȱ woȱ ausgerechnetȱ derȱ gesetzesstrengeȱ Jakobusȱ imȱ Sinneȱ derȱ beȬ schneidungsfreienȱHeidenmissionȱentscheidetȱ(vgl.ȱ15,13–21).ȱ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

371ȱ

ganzȱvonȱferneȱinȱdenȱBlick.964ȱDieȱeinzigeȱAusnahmeȱistȱ–ȱnebenȱderȱPassiȬ onȱJesuȱ–ȱdasȱMartyriumȱdesȱStephanus,ȱdessenȱGeschickȱfreilichȱbewusstȱ anȱdenȱTodȱJesuȱangelehntȱist;ȱnichtȱzufälligȱkündenȱbeiȱLukasȱdieȱletztenȱ WorteȱbeiderȱvonȱVertrauenȱundȱVergebung.965ȱEineȱkategorischeȱVerurteiȬ lungȱfindetȱnebenȱsolchenȱFormulierungenȱnurȱschwerlichȱPlatz.966ȱ

Radikalitätȱistȱ alsoȱ nichtȱ dieȱ Sacheȱ desȱLukas.ȱErȱ schreibtȱ integrierendȱ undȱ räumtȱ inȱ seinemȱ Werkȱ sowohlȱ denȱ Heidenȱ alsȱ auchȱ denȱ Judenȱ einenȱwichtigenȱStellenwertȱeinȱ–ȱeineȱkollektiveȱVerdammungȱwäreȱinȱ diesemȱ Kontextȱ einȱ Fremdkörper.ȱ Esȱ gehtȱ ihmȱ freilichȱ auchȱ nichtȱ umȱ einenȱ einfachenȱ Kompromiss.ȱ „Lukasȱ schwebtȱ eherȱ einȱ Christentumȱ vor,ȱwelchesȱdasȱBesteȱausȱdemȱJudentumȱundȱdasȱBesteȱausȱdemȱhelȬ lenistischenȱHeidentumȱvereinigt.“967ȱ Dieȱ Harmonisierungstendenzenȱ hängenȱ auchȱ damitȱ zusammen,ȱ dassȱ Lukasȱ dieȱ Einheitȱ alsȱ Wahrheitskriterium968ȱ ansieht.ȱ Dieȱ UrgeȬ meindeȱstelltȱdaherȱ„einȱHerzȱundȱeineȱSeele“ȱ(vgl.ȱApgȱ4,32)ȱdar,ȱwähȬ rendȱ Streitpunkteȱ wieȱ etwaȱ derȱ „Antiochenischeȱ Zwischenfall“ȱ zwiȬ schenȱ Petrusȱ undȱ Paulusȱ unerwähntȱ bleiben.ȱ Selbstȱ einȱ soȱ wichtigerȱ PunktȱwieȱdieȱpaulinischeȱKollekteȱfürȱJerusalemȱistȱinȱderȱApostelgeȬ schichteȱkaumȱerkennbar969ȱ–ȱdiesȱlässtȱsichȱalsȱIndizȱdafürȱwerten,ȱdassȱ sieȱ letztlichȱ gescheitertȱ seinȱ dürfte.ȱ Obwohlȱ sieȱ nachȱ Auffassungȱ desȱ Paulusȱ einȱ wichtigesȱ Verbindungsgliedȱ zwischenȱ Jerusalemȱ undȱ denȱ heidenchristlichenȱGemeindenȱdesȱMittelmeersȱhätteȱseinȱsollen,ȱistȱsieȱ offenbarȱ fürȱ Lukasȱ –ȱ andersȱ alsȱ dieȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ vonȱ ihmȱ selbstȱ vorgestelltenȱ Konfliktlösungenȱ –ȱ keinȱ gangbarerȱ Wegȱ gewesen,ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 964ȱȱ Fürȱ Paulusȱ vgl.ȱ Apgȱ 20,22–24,ȱ vgl.ȱ dagegenȱ dieȱ Perikopeȱ überȱ dasȱ Endeȱ desȱ Judasȱ beiȱ Mt,ȱ dasȱ inȱ derȱ Apgȱ nurȱ einmalȱ inȱ derȱ Petrusredeȱ 1,18ȱ erwähntȱ wird,ȱ sowieȱ dieȱ HinweiseȱüberȱdenȱTodȱdesȱJakobusȱbeiȱJosephus,ȱAntȱ20,200.ȱ 965ȱȱ Vgl.ȱLkȱ23,39.46;ȱApgȱ7,59.ȱ 966ȱȱ Überhauptȱ istȱ auchȱ dieȱ Schilderungȱ derȱ Passionȱ Jesuȱ vonȱ „Empfindsamkeitȱ undȱ Rücksichtnahme“ȱ(Charpentier,ȱFührer,ȱ115)ȱgeprägt;ȱderȱJudaskussȱundȱdieȱFluchtȱ allerȱ Jüngerȱ sowieȱ dieȱ Geißelungȱ durchȱ römischeȱ Soldatenȱ werdenȱ verschwiegen;ȱ nebenȱ derȱ Ablehnungȱ derȱ Oberenȱ zeigtȱ dasȱ Volkȱ deutlicheȱ Regungenȱ vonȱ NachȬ denklichkeitȱundȱBetroffenheit;ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.9.1.2.ȱ 967ȱȱ Marguerat,ȱLukas,ȱ121.ȱ 968ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱantikeȱHochschätzungȱderȱEinheit,ȱdieȱsichȱschonȱbeiȱdenȱklassischenȱ griechischenȱ Schriftstellernȱ zeigtȱ (vgl.ȱ Heidland,ȱ Art.ȱ ϳΐΓΌΙΐ΅ΈϱΑ);ȱ nebenȱ derȱ GüȬ tergemeinschaftȱ übernimmtȱ LukasȱhierȱeinȱweiteresȱElementȱzurȱ Charakterisierungȱ derȱUrgemeindeȱausȱdenȱallgemeinȱhochgeschätztenȱWerten.ȱ 969ȱȱ Nurȱ dieȱ Namenslisteȱ Apgȱ 20,4ȱ undȱ dieȱ beiläufigeȱ Bemerkungȱ inȱ Apgȱ 24,17ȱ lassenȱ sichȱ derȱ Kollektenthematikȱ zuordnen,ȱ dieȱ freilichȱ vonȱ Lukasȱ selbstȱ inȱ keinerȱ Weiseȱ entfaltetȱwird;ȱzurȱKollekteȱvgl.ȱBerger,ȱAlmosen;ȱGeorgi,ȱGeschichte.ȱ

372ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

umȱdieȱGemeinschaftȱvonȱJudenȱundȱHeidenȱinȱderȱKircheȱzuȱgewährȬ leisten.970ȱ Lukasȱ willȱ einȱ Werkȱ schreiben,ȱ dassȱ fürȱ möglichstȱ vieleȱ Gruppenȱ derȱ frühenȱ Kircheȱ identitätsstiftendȱ gelesenȱ werdenȱ kann.ȱ Esȱ sollȱ zeiȬ gen,ȱ dassȱ dieȱ Kircheȱ auchȱ nachȱ ihrerȱ räumlichenȱ Trennungȱ vonȱ derȱ SynagogeȱnachȱwieȱvorȱvomȱHeiligenȱGeistȱbewegtȱundȱvonȱderȱMachtȱ Gottes,ȱderȱderȱGottȱIsraelsȱist,ȱgeleitetȱwird.ȱDieȱverschiedenenȱGrupȬ penȱ derȱ frühenȱ Kirche,ȱ derenȱ Unterschiedlichkeitȱ sichȱ bereitsȱ inȱ PeriȬ kopenȱwieȱApgȱ15ȱspiegelnȱmag,ȱsollenȱunterȱbewussterȱWahrungȱderȱ Näheȱ zumȱ Judentumȱ undȱ unterȱ Betonungȱ derȱ Bedeutungȱ derȱ Einheitȱ zusammengeführtȱwerden.971ȱAndersȱalsȱetwaȱdasȱJohannesevangeliumȱ pochtȱ Lukasȱ dabeiȱ nichtȱ primärȱ aufȱ dieȱ „richtige“ȱ Lehre,ȱ derȱ manȱ anȬ gehörenȱ muss,ȱ umȱ nichtȱ ausgeschlossenȱ zuȱ sein,ȱ sondernȱ mühtȱ sichȱ darum,ȱ durchȱ dieȱ Einhaltungȱ gewisserȱ Mindeststandardsȱ –ȱ besondersȱ anhandȱ derȱ Jakobusklauselnȱ erkennbarȱ –ȱ unterschiedlicheȱ GruppieȬ rungenȱ inȱ derȱ Einheitȱ zuȱ halten.ȱ Trotzdemȱ istȱ seinȱ Werkȱ keineswegsȱ eineȱ einfacheȱ Sammlungȱ vonȱ Meinungenȱ ohneȱ eigeneȱ Position.ȱ Dieseȱ zeigtȱsichȱvorȱallemȱimȱGedankenȱderȱKontinuitätȱundȱKongruenz.ȱȱ

3.11.4ȱKontinuitätȱundȱKongruenzȱ ZweifellosȱistȱLukasȱunterȱdenȱneutestamentlichenȱAutorenȱeinȱstarkerȱ Verfechterȱ derȱ Kontinuitätȱ zuȱ Israel.ȱ Dieȱ christlicheȱ Botschaftȱ lässtȱ sichȱ bruchlosȱ mitȱ derȱ Traditionȱ derȱ Schriftȱ Israelsȱ verbinden.972ȱ DurchgreiȬ fendeȱ Spannungenȱ sindȱ inȱ diesemȱ Schemaȱ nichtȱ vorgesehen.973ȱ Jesusȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 970ȱȱ Diesȱ würdeȱ auchȱ erklären,ȱ warumȱ Lukasȱ denȱ nachȱ demȱ Zeugnisȱ derȱ paulinischenȱ BriefeȱengȱmitȱderȱKollektensammlungȱverbundenenȱTitusȱunerwähntȱlässt;ȱvgl.ȱdaȬ zuȱRoloff,ȱ1ȱTim,ȱ23.ȱȱ 971ȱȱ Imȱ Prinzipȱ hatȱ dasȱ schonȱ F.C.ȱ Baurȱ gesehen.ȱ Seineȱ allzuȱ schematischeȱ Auffassung,ȱ nachȱderȱLukasȱ„dieȱbeidenȱfeindlichenȱParteienȱderȱPaulinerȱundȱderȱJudaistenȱzuȱ versöhnen“ȱ (Haenchen,ȱ Apg,ȱ 31)ȱ trachteteȱ (vgl.ȱ dazuȱ Baur,ȱ Paulus;ȱ ders.,ȱ ChristusȬ partei)ȱ istȱ freilichȱ nichtȱ zuȱ halten,ȱ daȱ dieȱ Aufteilungȱ desȱ Urchristentumsȱ inȱ einenȱ petrinischenȱundȱeinenȱpaulinischenȱTeilȱinȱdieȱIrreȱführt.ȱ 972ȱȱ Zumȱ wesenhaftenȱ Zusammenhangȱ vonȱ ATȱ undȱ NTȱ vgl.ȱ auchȱ Wilckens,ȱ Theologieȱ II/1,ȱ15–20.ȱErȱermuntertȱdazu,ȱbeiȱjederȱBearbeitungȱdesȱNTȱauchȱ„dieȱtiefeȱalttestaȬ mentlicheȱVerwurzelungȱseinerȱgesamtenȱTheologieȱzuȱgewichten“ȱ(17).ȱAlsȱGrundȬ lageȱ vonȱ Verbindungenȱ nenntȱ erȱ dieȱ „Identitätȱ desȱ einenȱ Gottes,ȱ […]ȱ vonȱ dessenȱ Handelnȱ imȱ Neuenȱ wieȱ imȱ Altenȱ Testamentȱ dieȱ Redeȱ ist.ȱ Derȱ wesenhafteȱ ZusamȬ menhangȱ diesesȱ Heilshandelnsȱ Gottesȱ istȱ es,ȱ derȱ denȱ Zusammenhangȱ derȱ beidenȱ Teileȱ desȱ biblischenȱ Kanonsȱ begründet“ȱ (17).ȱ Dasȱ istȱ eineȱ geradezuȱ lukanischeȱ AnȬ sicht.ȱ 973ȱȱ AuchȱinȱdiesemȱPunktȱlassenȱsichȱatl.ȱVorbilderȱbenennen,ȱvorȱallemȱinȱdenȱjüngerenȱ Schriften.ȱSoȱfindetȱsichȱderȱKontinuitätsgedankeȱz.ȱB.ȱprominentȱinȱdenȱChronikbüȬ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

373ȱ

zeigtȱ sichȱ hierȱ nichtȱ nurȱ inȱ derȱ Traditionȱ derȱ vielenȱ Einzelgestaltenȱ inȱ derȱ Geschichteȱ Israels,ȱ dieȱ dasȱ Volkȱ immerȱ wiederȱ mitȱ Gottȱ inȱ BezieȬ hungȱ brachtenȱ undȱ ihmȱ Glaubenȱ undȱ Umkehrȱ ermöglichten,ȱ sondernȱ istȱ derenȱ Vollendungȱ undȱ Aufgipfelung.ȱ Seinȱ Modell,ȱ dasȱ durchausȱ ParallelenȱetwaȱzuȱMtȱ1ȱzeigt,ȱhebtȱsichȱdabeiȱinsbesondereȱvomȱSelbstȬ verständnisȱdesȱViertenȱEvangelistenȱab,ȱderȱ„dieȱDisȬKontinuitätȱzwiȬ schenȱ derȱ Heilsgemeindeȱ Jesuȱ Christiȱ […]ȱ undȱ derȱ jüdischenȱ SynagoȬ ge“974ȱinȱdenȱVordergrundȱrückt.ȱLukasȱhingegenȱgehtȱesȱnichtȱumȱeineȱ AblösungȱvomȱJudentum,ȱsondernȱumȱeineȱVersöhnungȱverschiedenerȱ GruppenȱinnerhalbȱderȱfrühenȱKirche,ȱderenȱhauptsächlichesȱKonfliktȬ feldȱmanȱimȱZueinanderȱvonȱjüdischenȱundȱnichtjüdischenȱChristusanȬ hängernȱvermutenȱkann.ȱ DafürȱsprichtȱderȱoffeneȱundȱaufȱKontinuitätȱzuȱIsraelȱbedachteȱAnsatzȱderȱ lukanischenȱTheologie.ȱInȱdieserȱLinieȱzeichnetȱerȱz.ȱB.ȱdenȱMissionarȱPauȬ lusȱ wenigerȱ abgrenzendȱ gegenüberȱ seinerȱ jüdischenȱ Mutterreligion,ȱ alsȱ dieserȱ sichȱ zumȱ Teilȱ inȱ denȱ polemischenȱ Abschnittenȱ seinerȱ Briefeȱ selbstȱ beschreibt.ȱFürȱLukasȱstehtȱauchȱdieȱGültigkeitȱdesȱGesetzesȱfürȱchristlicheȱ JudenȱganzȱoffensichtlichȱaußerȱFrage,975ȱdochȱweißȱerȱumȱdasȱProblemȱderȱ TischgemeinschaftȱzwischenȱChristenȱausȱdenȱVölkernȱundȱausȱIsrael.ȱDiesȱ löstȱ erȱ durchȱ dieȱ Jakobusklauseln,976ȱ dieȱ inȱ denȱ Paulusbriefenȱ nichtȱ erȬ wähntȱ werden.ȱ Dieȱ Abwehrȱ derȱ Forderung,ȱ dassȱ Heidenchristenȱ dasȱ GeȬ setzȱ haltenȱ müssen,ȱ alsoȱ faktischȱ Judenȱ werdenȱ sollen,ȱ istȱ insgesamtȱ beiȱ Lukasȱsehrȱvielȱsensiblerȱausgedrücktȱalsȱinȱdenȱ„Kampfbriefen“ȱdesȱPauȬ lus.ȱ Fürȱ dieȱ lukanischeȱ Beschreibungȱ einerȱ vonȱ derȱ Synagogeȱ getrenntenȱ KircheȱistȱPaulusȱeineȱausgesprochenȱnützlicheȱBrückenfigur.ȱAlsȱautoritaȬ tivesȱBindegliedȱzwischenȱKircheȱundȱSynagogeȱkannȱerȱeineȱhoheȱAutoritätȱ auchȱbeiȱdenȱNachgeborenenȱbeanspruchen.ȱUmȱdieȱBindungȱanȱIsrael,ȱdieȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ chern,ȱ inȱ denenȱ gegenüberȱ derȱ Darstellungȱ derȱ Königsbücherȱ dieȱ Kontinuitätȱ desȱ Landesȱ herausgestelltȱ wird.ȱ Nachȱ demȱ Chronistenȱ istȱ dasȱ Landȱ Israelȱ auchȱ imȱ Exilȱ niemalsȱ leerȱ undȱ entblösstȱ gewesen,ȱ lediglichȱ dieȱ Oberschichtȱ wurdeȱ entführt.ȱ Inȱ denȱ Büchernȱ Esraȱ undȱ Nehemia,ȱ dieȱ dieȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ alsȱ KultgemeinȬ schaftȱ entwickeln,ȱ istȱ dieȱ Kontinuitätȱ desȱ neuȱ erstehendenȱ Heiligtumsȱ zumȱ Altenȱ TempelȱvonȱprinzipiellerȱBedeutungȱ(vgl.ȱBöhler,ȱGottesvolk,ȱ207–230,ȱbes.ȱ215–216);ȱ allesȱwirdȱhierȱaufȱdenȱTempelȱbzw.ȱdenȱAltarȱhinȱzugespitztȱ–ȱDavidȱistȱBegründerȱ desȱTempelkultesȱbzw.ȱderȱTempelmusik,ȱdieȱToraȱinteressiertȱalsȱKulttora.ȱ 974ȱȱ Theobald,ȱJohȱI,ȱ66;ȱhierȱwerdenȱvierȱkonkreteȱPunkteȱbenannt,ȱdieȱcharakteristischȱ fürȱdenȱViertenȱEvangelistenȱsind:ȱDieȱSchriftȱgiltȱausschließlichȱalsȱChristuszeugnis,ȱ dieȱheilsgeschichtlicheȱSichtȱwirdȱfastȱgänzlichȱaufgegeben,ȱdieȱVäterȱIsraelsȱspielenȱ keineȱRolleȱmehr,ȱvonȱdenȱChristusgläubigenȱinnerhalbȱdesȱJudentumsȱsetztȱerȱsichȱ ab.ȱDieȱandereȱSichtweiseȱdesȱLukasȱwirdȱhierȱsehrȱdeutlich.ȱ 975ȱȱ Soȱ hältȱ sichȱ auchȱ Paulusȱ anȱ dieȱ Gebote,ȱ vgl.ȱ nurȱ dieȱ Beschneidungȱ desȱ Timotheusȱ bzw.ȱdasȱGelübdeȱdesȱPaulusȱinȱApgȱ21,26.ȱ 976ȱȱ Sieȱ sindȱ fürȱ ihnȱ einȱ idealesȱ Lösungsmodell,ȱ daȱ sieȱ dieȱ Bedeutungȱ vonȱ Toraȱ undȱ jüdischemȱ Fundamentȱ fürȱ dieȱ christlicheȱ Ekklesiaȱ lebendigȱ erhalten,ȱ zugleichȱ aberȱ auchȱdieȱbeschneidungsfreieȱHeidenmissionȱzulassen.ȱ

374ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

mitȱ vorrückendenȱ Jahrenȱ schwächerȱ wurde,ȱ stärkerȱ herauszustellen,ȱ wirdȱ Paulusȱ jedochȱ gesetzestreuerȱ dargestellt,ȱ alsȱ esȱ dieȱ Protopaulinenȱ überlieȬ fern.ȱ Dieserȱ Charakterzug,ȱ derȱ zugleichȱ auchȱ Richtigesȱ undȱ WichtigesȱbeȬ wahrt,ȱdasȱbeiȱeinerȱBrieflektüreȱgelegentlichȱinȱdenȱHintergrundȱtritt,ȱentȬ sprichtȱganzȱdemȱKontinuitätsgedanken.ȱ

Zurȱ Kontinuitätȱ trittȱ dieȱ Kongruenz.ȱSieȱzeigtȱ sichȱu.ȱa.ȱ darin,ȱ dassȱ alleȱ Begebenheiten,ȱdieȱmitȱJesusȱundȱseinenȱZeugenȱzuȱtunȱhaben,ȱmitȱdenȱ Voraussagenȱ derȱ Schriftȱ übereinstimmenȱ müssen.ȱ Imȱ Kontextȱ desȱ Apostelkonventsȱ(vgl.ȱApgȱ15,15–18),ȱaberȱauchȱimȱZusammenhangȱmitȱ derȱOsterbotschaftȱ(vgl.ȱLkȱ24),ȱderȱAusweitungȱderȱVerkündigungȱaufȱ dieȱ Heidenvölkerȱ (vgl.ȱ Apgȱ 13,47)ȱ undȱ schließlichȱ derȱ Deutungȱ desȱ Verhaltensȱ Israelsȱ durchȱ denȱ lukanischenȱ Paulusȱ inȱ Romȱ (vgl.ȱ Apgȱ 28,26f.)ȱ ließenȱ sichȱ dafürȱ wichtigeȱ Beispieltexteȱ finden.ȱ Durchȱ seineȱ BetonungȱvonȱKontinuitätȱundȱKongruenzȱerweistȱLukasȱdieȱWahrheitȱ derȱ christlichenȱ Verkündigung,ȱ dieȱ nichtȱ ausȱ sichȱ selbstȱ herausȱ gilt,ȱ sondernȱ mitȱ denȱ Schriftenȱ Israelsȱ übereinstimmenȱ muss.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ soȱ umȱ eineȱ andereȱ Artȱ derȱ Kontinuität,ȱ alsȱ sieȱ etwaȱ dieȱ PastoralȬ briefeȱ zeigen.ȱ Istȱ dortȱ „derȱ Gedankeȱ derȱ Einbindungȱ inȱ dieȱ christlicheȱ Traditionȱ einȱ zentralesȱ Anliegen“977,ȱ derȱ zugleichȱ auchȱ eineȱ „IsraelȬ VergessenheitȱinȱdenȱPastoralbriefen“978ȱmitȱsichȱzuȱbringenȱscheint,ȱsoȱ möchteȱmanȱbeiȱLukasȱeherȱvonȱeinerȱ„EinbindungȱinȱdieȱTraditionenȱ Israels“ȱ sprechen,ȱ ohneȱ dassȱ erȱ darüberȱ spezifischȱ christlicheȱ AkzenȬ tuierungenȱrelativierenȱwürde.ȱȱ Diesȱ kannȱ auchȱ gegenüberȱ gelegentlicherȱ Kritikȱ festgehaltenȱ werden.ȱ Wennȱ etwaȱ Mariaȱ Neubrandȱ inȱ derȱ Redeȱ vonȱ derȱ „heilsgeschichtlichenȱ Kontinuitätȱ vonȱ Kircheȱ undȱ Israel“ȱ eineȱ „verräterische“ȱ Formulierungȱ sieht,ȱ insofernȱ „nachjesuanischȱ ‚dasȱ Heil‘ȱ nurȱ nochȱ inȱ ‚derȱ Kirche‘ȱ weiterȬ geht,ȱ dasȱ nichtȬjesusgläubigeȱ ‚Israel‘ȱ davonȱ aberȱ ausgeschlossenȱ ist“979,ȱ soȱ wirdȱmanȱimȱBlickȱaufȱLukasȱdenȱGedankenȱderȱKontinuitätȱstarkȱmachen,ȱ ohneȱdieȱgenanntenȱImplikationenȱfürȱzutreffendȱzuȱhalten.ȱDieȱKontinuiȬ tätȱistȱfürȱLukasȱnichtȱdeswegenȱwichtig,ȱumȱeineȱAussageȱüberȱdenȱ(UnȬ )HeilsstandȱIsraelsȱdarausȱabzuleiten,ȱsondernȱ–ȱimȱ Gegenteilȱ–ȱumȱetwasȱ überȱ denȱ Stellenwertȱ derȱ Nichtjudenȱ sagenȱ zuȱ können.ȱ Diesȱ giltȱ letztlichȱ auchȱfürȱdieȱMissionȱdesȱPaulusȱinȱdenȱSynagogen,ȱworausȱsichȱdieȱgläubiȬ genȱ Gemeindenȱ entwickeln.ȱ Derȱ Gedanke,ȱ dassȱ Israelȱ denȱ Heilsstandȱ zurȱ Gänzeȱ verlierenȱ könnte,ȱ istȱ fürȱ ihnȱ nichtȱ Teilȱ seinerȱ Reflexion.ȱ Dieȱ sog.ȱ „Substitutionstheorie“ȱ istȱ erstȱ sekundärȱ ausȱ Textenȱ wieȱ demȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ entwickeltȱ worden.ȱ Dasȱ Konzeptȱ vonȱ Mariaȱ Neubrandȱ einesȱ πΒȱπΌΑЗΑȱΏ΅ϱΖȱistȱdemȱGedankenȱderȱKontinuitätȱvermutlichȱnichtȱsoȱexȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 977ȱȱ Oberlinner,ȱTit,ȱ144.ȱ 978ȱȱ Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ315.ȱ 979ȱȱ Neubrand,ȱVolkȱausȱNichtjuden,ȱ298.ȱ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

375ȱ

plizitȱentgegenzustellen,980ȱsondernȱlässtȱsichȱinȱglücklicherȱFormȱmitȱihmȱ verbindenȱ–ȱebenȱhierȱliegtȱjaȱeineȱinnovativeȱKomponenteȱderȱlukanischenȱ Konzeption.ȱ Seineȱ Kontinuitätȱ derȱ Kircheȱ ausȱ Judenȱ undȱ Heidenȱ istȱ ebenȱ keineȱ Identitätȱ mitȱ Israel,ȱ sondernȱ einȱ Versuch,ȱ dieȱ Eigenständigkeitȱ derȱ nichtjüdischenȱChristusanhängerschaftȱmitȱeinemȱGemeinschaftsgedankenȱ bezüglichȱderȱjüdischenȱWurzelȱzuȱverbinden.ȱDamitȱlässtȱsichȱseineȱPosiȬ tionȱ inȱ gewisserȱ Weiseȱ alsȱ Gegenmodellȱ (beiȱ gleichzeitigenȱ Teilanalogien)ȱ zurȱ Gemeinschaftȱ vonȱ Qumranȱ sehen.ȱ Woȱ dieseȱ ausdrücklichȱ bemerken:ȱ „Ihrȱwisst,ȱdassȱwirȱunsȱgetrenntȱhabenȱvonȱderȱMengeȱdesȱVolkesȱundȱvonȱ allȱihrerȱUnreinheit“981,ȱzugleichȱaberȱdieȱjüdischeȱBinnenperspektiveȱIsraȬ elsȱ beibehaltenȱ undȱ sichȱ alsȱ „wahresȱ Israel“ȱ sehen,982ȱ willȱ Lukasȱ geradeȱ keineȱTrennungȱvomȱVolk,ȱsondernȱsuchtȱmitȱvielȱEngagementȱdieȱlebenȬ digeȱBeziehungȱderȱChristenȱzuȱIsraelȱzuȱerweisen,ȱwennȱsieȱauchȱüberȱdenȱ jüdischenȱKontextȱhinauswachsenȱȱ

3.11.5ȱBiblischeȱVorgaben:ȱRezeptionȱdeuteronomistischerȱElementeȱ FürȱLukasȱsindȱdieȱbiblischenȱTexteȱwieȱgesehenȱdieȱ„HeiligeȱSchrift“,ȱ dieȱihreȱAutoritätȱauchȱfürȱdieȱChristenȱbehält.ȱSpätereȱKonzeptionen,ȱ dieȱ dasȱ Alteȱ Testamentȱ „alsȱ eineȱ dunkleȱ Kontrastfolie“ȱ ansehen,ȱ „dieȱ manȱ benützt,ȱ umȱ dieȱ neutestamentlichenȱ Aussagenȱ […]ȱ besserȱ zuȱ erȬ fassen“983,ȱsindȱimȱBlickȱaufȱLukasȱundȱandereȱneutestamentlicheȱAutoȬ renȱ anachronistischȱ undȱ sachlichȱ unzutreffend.ȱ Imȱ lukanischenȱ DopȬ pelwerkȱ sindȱ dieȱ Erzählungenȱ geradeȱ keinȱ Kontrastȱ zuȱ einerȱ dunklenȱ Vergangenheit,ȱsondernȱerhaltenȱihrȱLichtȱerstȱvonȱdenȱSchriftenȱIsraelsȱ her.ȱ Dieȱ Auffassungȱ Rudolfȱ Bultmanns,ȱ dassȱ dasȱ Alteȱ Testamentȱ eineȱ „Geschichteȱ desȱ Scheiterns“984ȱ erzähleȱ undȱ somitȱ aufȱ eineȱ Verheißungȱ verweise,ȱ wieȱ sieȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ realisiertȱ werde,ȱ erlaubtȱ allerȬ dingsȱ imȱ Kontextȱ unsererȱ Studieȱ wichtigeȱ Anknüpfungspunkte.ȱ Istȱ esȱ dochȱbeiȱLukasȱgeradeȱdasȱparadigmatischeȱScheiternȱIsraels,ȱdasȱerȱletztȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 980ȱȱ Vgl.ȱNeubrand,ȱVolkȱausȱNichtjuden,ȱ298f.ȱ 981ȱȱ 4Q397ȱ(Übersetzungȱnach:ȱMaier,ȱTexteȱII,ȱ373).ȱ 982ȱȱ Vgl.ȱ etwaȱ CDȱ 13,31,ȱ woȱ derȱ inȱ Qumranȱ realisierteȱ „Bundȱ Gottes“ȱ denȱ „Söhnenȱ derȱ Grubeȱ[=ȱDieȱTempelgemeindeȱinȱJerusalem]ȱentgegengesetztȱist.ȱVgl.ȱauchȱdieȱÜberȬ legungenȱbeiȱWasserberg,ȱIsraelsȱMitte,ȱ28f.,ȱderȱdieȱAkzenteȱetwasȱandersȱsetztȱundȱ amȱ Endeȱ eineȱ Verbindungȱ darinȱ erkennt,ȱ dassȱ sichȱ inȱ Qumranȱ wieȱ beiȱ Lukasȱ dasȱ Verständnisȱ„alsȱeinzigȱlegitimeȱWahrerȱundȱBefolgerȱderȱVerheißungenȱIsraels“ȱ(29)ȱ findet.ȱDochȱistȱesȱfürȱLukas,ȱandersȱalsȱQumran,ȱbedeutsam,ȱzunächstȱdieȱlebendigeȱ Kontinuitätȱ seinerȱ Gemeinschaftȱ mitȱ Israelȱ zuȱ erweisen.ȱ Dieȱ Abgrenzungȱ vonȱ denȱ nichtȱanȱJesusȱGlaubendenȱJudenȱistȱdemgegenüberȱeinȱzweiterȱSchritt.ȱȱ 983ȱȱ Schreiner,ȱVerhältnis,ȱ394f.;ȱimȱDunstkreisȱsolcherȱAnsätzeȱnenntȱerȱu.ȱa.ȱF.ȱSchleierȬ macherȱundȱG.W.F.ȱHegel.ȱ 984ȱȱ Bultmann,ȱWeissagungȱundȱErfüllung,ȱ186.ȱ

376ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

lichȱ inȱ derȱ verweigertenȱ Annahmeȱ desȱ Evangeliumsȱ wiederȱ erkennt.ȱ DieseȱSichtweiseȱwirdȱerstȱimȱKontextȱderȱalttestamentlichenȱGeschichȬ teȱIsraelsȱmitȱJHWHȱverständlich.ȱDaȱsichȱdasȱwiderständigeȱVolkȱimȬ merȱwiederȱauchȱalsȱdasȱumkehrendeȱerwiesenȱhat,ȱzeigtȱsichȱderȱstraȬ fendeȱ Gottȱ immerȱ wiederȱ auchȱ alsȱ Erbarmender.ȱ Diesȱ erwartetȱ Lukasȱ auchȱ zukünftigȱ imȱ Blickȱ aufȱ Israel.ȱ Dieȱ Betonungȱ derȱ VergebungsbeȬ reitschaftȱ Jesuȱ inȱ zahlreichenȱ Gleichnissenȱ (vgl.ȱ nurȱ Lkȱ 15),ȱ aberȱ auchȱ dasȱInsistierenȱaufȱderȱUmkehr,ȱdasȱsichȱimȱVergleichȱmitȱdenȱanderenȱ EvangelienȱundȱmitȱPaulusȱalsȱlukanischesȱSpezifikumȱerwiesenȱhat,985ȱ gebenȱ dieserȱ Sichtȱ ihrȱ unverwechselbaresȱ Gepräge.ȱ Wennȱ Bultmannȱ freilichȱ aufgrundȱ diesesȱ Scheiternsȱ keineȱ Verbindungȱ sehenȱ kann,ȱ dieȱ vomȱ Altenȱ zumȱ Neuenȱ Testamentȱ hinüberführt,986ȱ wirdȱ erȱ demȱ Werkȱ desȱLukasȱnichtȱgerecht.ȱDasȱverbindendeȱElementȱvonȱderȱUmkehrȱderȱ MenschenȱundȱgöttlicherȱZuwendungȱistȱgeradeȱfürȱseinȱWerkȱwesentȬ lich.987ȱ VermutlichȱstehtȱhinterȱderȱobenȱerwähntenȱGegenüberstellungȱvonȱAltemȱ undȱNeuemȱTestamentȱnichtȱzuletztȱeinȱMissverständnisȱpaulinischerȱTheȬ ologie,ȱwieȱmanȱesȱetwaȱausȱGalȱ4,21–31ȱundȱRömȱ8,15ȱentwickelnȱkönnte:ȱ Wennȱ inȱ Galȱ 4,24ȱ vonȱ zweiȱ Testamentenȱ dieȱ Redeȱ ist,ȱ einesȱ derȱ KnechtȬ schaftȱ undȱ einesȱ derȱ Freien,ȱ undȱ wennȱ dannȱ inȱ Römȱ 8,15ȱ vomȱ „Geistȱ derȱ Knechtschaftȱ zurȱ Furcht“ȱ gesprochenȱ wird,ȱ istȱ dieȱ Verknüpfungȱ vonȱ „Knechtschaft“ȱmitȱderȱToraȱeinȱnaheliegenderȱGedanke.ȱPaulusȱhingegenȱ verbindetȱdiesȱmitȱderȱSünde,ȱdieȱdenȱMenschenȱplagtȱundȱihnȱFurchtȱhaȬ benȱlässt,ȱnichtȱaberȱmitȱderȱSchriftȱoderȱgarȱdemȱGlaubenȱIsraels.ȱDerȱgeȬ legentlichȱ formulierteȱ angeblicheȱ Gegensatzȱ vonȱ Furchtȱ (AT)ȱ undȱ Liebeȱ (NT)ȱführtȱinȱdieȱIrre.ȱErȱwirdȱvonȱderȱSchriftȱselbstȱvielfachȱaufgebrochen,ȱ wieȱschonȱdieȱBetonungȱderȱ LiebeȱimȱAltenȱTestamentȱ(bes.ȱDtnȱ6,4f.)ȱbeiȱ gleichzeitigerȱMahnungȱzurȱGottesfurchtȱimȱNTȱ(z.ȱB.ȱPhilȱ2,12)ȱerweist.988ȱȱ

Durchȱ dieȱ Aufnahmeȱ dieserȱ Elemente,ȱ wieȱ sieȱ fürȱ dasȱ Geschichtsbildȱ derȱ deuteronomistischenȱ Traditionȱ wesentlichȱ sind,989ȱ kannȱ Lukasȱ zeiȬ gen,ȱdassȱderȱUngehorsamȱIsraelsȱschonȱinȱderȱSchriftȱbekanntȱist.ȱKaȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 985ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.9.2.ȱ 986ȱȱ Vgl.ȱBultmann,ȱWeissagungȱundȱErfüllung,ȱ186.ȱ 987ȱȱ Vgl.ȱauchȱdieȱ„Gegenprobe“ȱbeiȱSchreiner,ȱVerhältnis,ȱ395f.:ȱWerȱversuchte,ȱnurȱ„dasȱ sicherȱnichtȱAlttestamentlicheȱausȱdemȱNeuenȱTestamentȱherauszulösen“,ȱwürdeȱleȬ diglichȱnochȱeinenȱ„Torso“ȱerhalten,ȱ„denȱmanȱnichtȱmehrȱNeuesȱTestamentȱnennenȱ kann“.ȱȱ 988ȱȱ Vgl.ȱLohfink,ȱBrauchtȱGott,ȱ153f.ȱAlsȱweitereȱ falscheȱGegenüberstellungenȱnenntȱerȱ Äußerlichkeitenȱ imȱ ATȱ gegenüberȱ einerȱ Religionȱderȱ Innerlichkeitȱ imȱ NTȱ sowieȱeiȬ nenȱKollektivȬGlaubenȱimȱATȱgegenüberȱderȱ Entdeckungȱ desȱIndividuumsȱimȱNT;ȱ außerdemȱ verweistȱ erȱ aufȱ dieȱ zahlreichenȱ Punkte,ȱ dieȱ beideȱ Testamenteȱ verbindenȱ (vgl.ȱLohfink,ȱBrauchtȱGott,ȱ156).ȱ 989ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ2.2.ȱ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

377ȱ

tegorienȱ wieȱ denȱ Umkehrrufȱ anȱ Israelȱ (z.ȱ B.ȱ Apgȱ 3,21)ȱ oderȱ dieȱ Strafeȱ durchȱ denȱ Zornȱ Gottes,ȱ derȱ sichȱ inȱ derȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ ausgeȬ wirktȱ hatȱ (z.ȱ B.ȱ Lkȱ 21,22),ȱ übernimmtȱ erȱ ausȱ diesenȱ Hintergründen.ȱ Dazuȱ gehörtȱ auchȱ derȱ Gedanke,ȱ dassȱ Gottesȱ Zornȱ undȱ Verwerfungȱ nichtȱ endgültigȱ sind,ȱ sondernȱ eineȱ Grenzeȱ habenȱ undȱ durchȱ dieȱ UmȬ kehrȱdesȱVolkesȱgewandeltȱwerdenȱkönnen.990ȱȱ Geradeȱ imȱ Kontextȱ derȱ Israelthematikȱ rekurriertȱ Lukasȱ grundleȬ gendȱ aufȱ biblischeȱ Vorgaben.ȱ Soȱ wirdȱ manȱ wenigerȱ aufgrundȱ vonȱ Zitatvorkommenȱ darüberȱ nachdenken,ȱ welcheȱ konkretenȱ biblischenȱ SchriftenȱLukasȱeventuellȱbekanntȱgewesenȱsind,991ȱsondernȱgrundsätzȬ licherȱfesthalten,ȱdassȱLukasȱ„dieȱGeschichteȱalsȱdominanteȱtheologischeȱ Kategorieȱ inȱ dasȱ neutestamentlicheȱ Denkenȱ eingeführt“992,ȱ undȱ damitȱ eineȱ fundamentaleȱ Überzeugungȱ derȱ biblischenȱ Geschichtsschreibungȱ übernommenȱhat.ȱȱ NunȱistȱfreilichȱdieȱlukanischeȱBemühungȱumȱeineȱFortführungȱderȱ jüdischenȱ Geschichtsschreibungȱ nochȱ keinȱ hinreichenderȱ Grundȱ fürȱ „deuteronomistischen“ȱ Einfluß,ȱ daȱ historiographischesȱ Bemühenȱ alsȱ solchesȱ nochȱ keineswegsȱ notwendigȱ „deuteronomistisch“ȱ ist.993ȱ Dochȱ Grundelemente,ȱdieȱsichȱaufȱdeuteronomistischeȱTheologieȱzurückfühȬ renȱlassenȱundȱüberȱdasȱAlteȱTestamentȱhinausȱbisȱinȱdieȱzwischentesȬ tamentarischeȱLiteratur994ȱzuȱfindenȱsind,ȱlassenȱsichȱgeradeȱbeiȱLukasȱ finden.995ȱVieleȱBeispieleȱdafürȱhabenȱdieȱTextuntersuchungenȱerbracht,ȱ andereȱließenȱsichȱergänzen.ȱDeuteronomistischeȱMotive,ȱdieȱvorȱallemȱ inȱderȱStephanusredeȱzuȱfindenȱsind,996ȱbeschränkenȱsichȱinsgesamtȱaufȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 990ȱȱ WichtigeȱTexteȱfürȱdieseȱLinieȱkonntenȱetwaȱinȱLkȱ13,35ȱundȱ21,24ȱgefundenȱwerden.ȱ DazuȱgesellenȱsichȱalleȱPassagen,ȱdieȱvonȱderȱUmkehrȱhandeln,ȱnichtȱzuletztȱdasȱAbȬ schlusswortȱinȱApgȱ28,26f.ȱ 991ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱHoltz,ȱUntersuchungen;ȱerȱschließtȱfürȱLukasȱeineȱKenntnisȱvonȱToraȱundȱ Geschichtsbüchernȱaus.ȱ 992ȱȱ Hübner,ȱTheologieȱIII,ȱ122ȱ(HervorhebungȱimȱOriginal).ȱ 993ȱȱ Vgl.ȱdazuȱJeska,ȱGeschichte,ȱ124,ȱAnm.ȱ31;ȱauchȱdieȱEinbettungȱdesȱDoppelwerksȱinȱ dieȱhellenistischȬrömischeȱUmweltȱistȱhierȱhochȱzuȱveranschlagen.ȱ 994ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ2.4.2ȱüberȱdieȱTestXII;ȱRömer/Macchi,ȱLuke,ȱ181ȱverweisenȱaufȱ MotiveȱinȱrabbinischerȱLiteraturȱundȱsogarȱimȱKoranȱ(Sureȱ5,70–71).ȱ 995ȱȱ Vgl.ȱdazuȱRömer/Macchi,ȱDisciple,ȱbes.ȱ180f.;ȱnachȱihnenȱgehtȱdieȱStrömungȱ„acrossȱ theȱ wholeȱ ofȱ Israeliteȱ intellectualȱ historyȱ fromȱ theȱ Assyrianȱ periodȱ rightȱ upȱ toȱ theȱ firstȱ centuriesȱ ofȱ theȱ Christianȱ era“ȱ (180);ȱ soȱ erweistȱ sichȱ nachȱ auchȱ Lukasȱ alsȱ einȱ „heirȱ ofȱ theȱ deuteronomisticȱ theology“ȱ (187),ȱ daȱ erȱ entsprechendeȱ Elementeȱ selbȬ ständigȱ inȱ seinȱ Werkȱ eingetragenȱ hat;ȱ wennȱ sieȱ meinen,ȱ dassȱ Lukasȱ unzweifelhaftȱ derȱamȱmeistenȱvomȱdtrȱStilȱbeeinflussteȱAutorȱseiȱ(181),ȱundȱdannȱaufȱdieȱTatsache,ȱ dassȱ erȱ Historiographieȱ schreibtȱ sowieȱ aufȱ dieȱ Missionsredenȱ hinweisen,ȱ soȱ treffenȱ sieȱfreilichȱnichtȱganzȱgenauȱdenȱPunkt.ȱ 996ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Römer/Macchi,ȱ Disciple;ȱ Jeska,ȱ Geschichte;ȱ Römer,ȱ Israelsȱ Väter.ȱ Dieȱ fürȱ LukasȱsoȱwichtigeȱRedeȱvomȱUngehorsamȱdesȱVolkesȱundȱseinerȱVerhärtungȱfindetȱ

378ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

Reden,ȱdieȱanȱJudenȱgerichtetȱsindȱ(Apgȱ3,13;ȱ5,30;ȱ7,32;ȱ22,14),ȱwasȱderȱ spezifischenȱGestaltungȱderȱRedenȱjeweilsȱimȱBlickȱaufȱdieȱverschiedeȬ nenȱAdressatenȱentspricht.997ȱȱ Wieȱ dieȱ Überlegungenȱ zuȱ biblischȬfrühjüdischenȱ ZukunftskonzepȬ tenȱgezeigtȱhaben,ȱstandenȱdieseȱniemalsȱisoliertȱfürȱsich,ȱsondernȱunȬ terlagenȱständigerȱWeiterentwicklung.ȱGegenüberȱeinemȱ„PandeuteroȬ nomismus“,ȱ nachȱ demȱ inȱ allenȱ Schriftenȱ derȱ hebräischenȱ Bibelȱ deuteronomistischeȱ Schichten,ȱ Redaktionen,ȱ Händeȱ zugeordnetȱ werȬ den,ȱ dieȱ entsprechendeȱ Traditionenȱ eingetragenȱ haben,998ȱ wirdȱ manȱ daherȱeherȱvermuten,ȱdassȱdieȱGrundideeȱsichȱimȱLaufȱderȱEpochenȱinȱ dieȱ Denkweiseȱ vielerȱ Autorenȱ integriertȱ hatte.ȱ Entsprechendȱ hatȱ auchȱ LukasȱseinemȱWerkȱeineȱimȱBlickȱaufȱdasȱmitȱdemȱKommenȱdesȱMessiȬ asȱJesusȱangebrocheneȱEndgeschehenȱmodifizierteȱFormȱdeuteronomisȬ tischerȱ Theologieȱ zugrundeȱ gelegt,ȱ inȱ dieȱ erȱ auchȱ seineȱ eschatologiȬ schenȱ Hoffnungenȱ fürȱ Israelȱ eingearbeitetȱ hat.999ȱ Daherȱ rezipiertȱ erȱ durchausȱauchȱfrühjüdischeȱZukunftshoffnungen,ȱdieȱsichȱvomȱdeuteȬ ronomistischenȱ Konzeptȱ unterscheidenȱ lassen.ȱ Diesȱ giltȱ vorȱ allemȱ fürȱ dieȱVorgeschichten,ȱdieȱvollerȱfrühjüdischȬbiblischerȱErwartungenȱsind,ȱ ohneȱ dasȱ deuteronomistischeȱ Schemaȱ vonȱ Ungehorsam,ȱ Strafeȱ undȱ Umkehrrufȱzuȱerwähnen.ȱInȱihnenȱherrschtȱeineȱgespannteȱErwartungȱ vor,ȱ inȱ derȱ eineȱ Verhärtungȱ Israelsȱ keinenȱ Platzȱ hat.ȱ Diesȱ könnteȱ einȱ Indizȱdafürȱsein,ȱdassȱLukasȱdieseȱTexte,ȱinȱdenenȱerȱwichtigeȱElementeȱ fürȱdieȱKontinuitätȱzwischenȱderȱKircheȱundȱihrerȱjüdischenȱHerkunftȱ formuliertȱfand,ȱinȱgroßenȱTeilenȱvorgefundenȱhat,ȱwährendȱdieȱdeuteȬ ronomistischȱgeprägtenȱPassagen,ȱinȱdenenȱLukasȱfreilichȱauchȱvonȱdenȱ Vorgabenȱ derȱ Logienquelleȱ abhängigȱ ist,1000ȱ seinemȱ eigenenȱ Interesseȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ sichȱebensoȱhierȱ(Apgȱ7,39.51,ȱvgl.ȱDtnȱ9,12;ȱ2ȱKönȱ17,14ȱu.ȱö.)ȱwieȱinȱderȱSchlussszeȬ neȱderȱApg.ȱDieȱPassageȱüberȱMoseȱzeigt,ȱdassȱerȱderȱersteȱeineȱReiheȱvonȱZeugenȱ ist,ȱdieȱGottȱgesandtȱhatȱundȱdieȱvonȱIsraelȱmissachtetȱwurdenȱ(vgl.ȱApgȱ7,52ȱmitȱJerȱ 7,25f.;ȱ25,4;ȱ2ȱKönȱ17,13).ȱLukasȱsetztȱJesusȱalsȱletztenȱProphetenȱundȱMessiasȱinȱdieseȱ Reihe,ȱdaȱsichȱauchȱanȱihmȱdasȱcharakteristischeȱVerhaltenȱIsraelsȱwiederholt.ȱ 997ȱȱ Vgl.ȱdazuȱinsgesamtȱWilckens,ȱMissionsreden.ȱNachȱSteck,ȱIsrael,ȱ268,ȱkonvergierenȱ sieȱmitȱ„PredigtenȱimȱspätjüdischenȱTraditionsbreichȱdesȱdtrGB“.ȱ 998ȱȱ Vgl.ȱzurȱKritikȱdaranȱJeska,ȱGeschichte,ȱ123.ȱDieȱGrundideeȱstammtȱausȱO.H.ȱStecksȱ bekannterȱStudie;ȱerȱerkenntȱ„inȱfastȱallenȱSchriftenȱ[…]ȱzwischenȱca.ȱ200ȱv.ȱChr.ȱundȱ 100ȱn.ȱChr.“ȱ(Steck,ȱIsrael,ȱ189)ȱdasȱdtrȱGeschichtsbildȱwiederȱundȱgehtȱvonȱeinerȱreinȱ literarischȱ übermitteltenȱ Traditionȱ aus,ȱ dieȱ ohneȱ mündlicheȱ Überlieferungȱ ausȬ kommt;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱJeska,ȱGeschichte,ȱ120–122.ȱ 999ȱȱ Soȱ wirdȱ etwaȱ dieȱ Urgemeindeȱ inȱ derȱ Apgȱ entsprechendȱ demȱ imȱ Buchȱ DeuteronoȬ miumȱvorgestelltenȱGottesvolkȱcharakterisiert,ȱvgl.ȱBraulik,ȱDeuteronomium,ȱ155.ȱ 1000ȱLukasȱhältȱsichȱtheologischȱrechtȱstarkȱanȱdieȱLogienquelleȱbzw.ȱlässtȱihrerȱStimmeȱ breitenȱRaum;ȱBeispieleȱdafürȱsindȱdieȱallgemeinȱtheozentrischeȱVerkündigung,ȱdieȱ aufȱ Jesusȱ zurückgeht,ȱ dieȱ sicherȱ früheȱ undȱ genuinȱ jüdischeȱ Personifikationȱ derȱ Weisheitȱ undȱ dieȱ Auffassungȱ vonȱ Jesusȱ alsȱ demȱ Botenȱ derȱ Weisheitȱ (Lkȱ 11,49–51;ȱ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

379ȱ

einerȱErläuterungȱdesȱVerhaltensȱIsraelsȱstarkȱentgegenkommen.ȱLukasȱ erweistȱ sichȱ soȱ insgesamtȱ alsȱ (christlicher)ȱ Rezipientȱ einerȱ Theologie,ȱ derȱesȱumȱdieȱErweckungȱundȱUmkehrȱIsraelsȱgeht.ȱDurchȱdenȱMessiasȱ Jesus,ȱ derȱ alsȱ letzterȱ derȱ Prophetenȱ auchȱ anȱ derenȱ Schicksalȱ teilȱ hatte,ȱ erscheintȱdieȱTraditionȱderȱUmkehrforderungȱanȱIsraelȱfreilichȱmitȱneuȬ emȱVorzeichenȱaktualisiert.ȱȱ DasȱAnliegenȱdesȱLukasȱbestehtȱnichtȱnurȱdarin,ȱauchȱJudenȱfürȱdasȱ HeilȱinȱChristusȱgewinnenȱzuȱkönnen,ȱsondernȱhatȱnebenȱderȱparänetiȬ schenȱ eineȱ kognitiveȱ Komponente.ȱ Anhandȱ derȱ Aufnahmeȱ derȱ deuteȬ ronomistischenȱ Redeȱ vomȱ Ungehorsamȱ Israelsȱ willȱ erȱ eineȱ Erklärungȱ fürȱ dasȱ christlicherseitsȱ unverständlicheȱ Verhaltenȱ Israelsȱ bieten.1001ȱ Dabeiȱ weißȱ erȱ auchȱ umȱ dieȱ Vorläufigkeitȱ diesesȱ Verhaltens.ȱ Mitȱ Jesusȱ undȱ demȱ geisterfülltenȱ Auftretenȱ seinerȱ Zeugenȱ sowieȱ derȱ Sammlungȱ vonȱ Judenȱ undȱ Heidenȱ inȱ derȱ christlichenȱ Ekklesiaȱ „beginnenȱ sichȱ fürȱ dieȱZukunftȱverheißeneȱundȱerwarteteȱHoffnungenȱinȱundȱanȱIsraelȱzuȱ verwirklichen“1002.ȱ Dieȱ eschatologischeȱ Zeitȱ istȱ aberȱ nochȱ nichtȱ anȱ ihrȱ Endeȱ gelangt.ȱ „Dasȱ Neueȱ desȱ Neuenȱ Testamentsȱ istȱ nurȱ dasȱ Zeugnis,ȱ dassȱ dieȱ Wallfahrtȱ derȱ Völkerȱ beginnt.“1003ȱ Eineȱ Endgültigkeitȱ kannȱ erȱ vorȱderȱnochȱzuȱerwartendenȱParusieȱdesȱHerrnȱnichtȱgeben.ȱDurchȱdenȱ UmkehrrufȱstehtȱauchȱfürȱdieȱnochȱwiderstrebendenȱGliederȱIsraelsȱdieȱ OptionȱderȱRettungȱoffen.ȱ

3.11.6ȱLukasȱalsȱGottesfürchtigerȱ DieȱZusammenstellungȱdieserȱalsȱcharakteristischȱfürȱdasȱDoppelwerkȱ anzusehendenȱPunkteȱlässtȱsichȱabschließendȱmitȱderȱgebotenenȱSensiȬ bilitätȱ fürȱ dieȱ Frageȱ nachȱ demȱ soziologischenȱ Ortȱ desȱ Verfassersȱ ausȬ werten.ȱ Dieȱ Kenntnisȱ derȱ Schriftȱ Israelsȱ inȱ Formȱ derȱ Septuaginta,ȱ dieȱ Sympathienȱ undȱ dasȱ Eintretenȱ fürȱ Kontinuitätȱ zuȱ denȱ Institutionenȱ Israels,ȱseineȱHervorhebungȱJerusalemsȱundȱseineȱBemühung,ȱdenȱPauȬ lusȱ derȱ Apostelgeschichteȱ alsȱ frommenȱ Judenȱ darzustellen,ȱ aberȱ auchȱ dieȱklareȱOptionȱfürȱeineȱbeschneidungsfreieȱHeidenmissionȱbestätigenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 13,34),ȱ sowieȱ dieȱ „Passionstheologie“,ȱ dieȱ dieȱ Logienquelleȱ auchȱ ohneȱ eineȱ ausȬ drücklicheȱ„Passionserzählung“ȱwohlȱvorweisenȱkann:ȱJesuȱ„TodȱundȱdieȱErhöhungȱ durchȱ Gottȱ werdenȱ vomȱ deuteronomistischenȱ Prophetenschicksalȱ herȱ gedeutet“ȱ (Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ229).ȱ 1001ȱGerichtsworteȱrichtenȱsichȱimȱLkȬEvangeliumȱfreilichȱnichtȱnurȱgegenȱIsraelȱ(vgl.ȱLkȱ 11,29–32;ȱ13,34f.;ȱ14,16–24),ȱsondernȱauchȱgegenȱChristenȱ(Lkȱ6,46;ȱ12,8f.).ȱSieȱsollenȱ jeweilsȱderȱUmkehrȱdienen.ȱ 1002ȱFabry/Scholtissek,ȱMessias,ȱ93ȱ(HervorhebungȱC.S.).ȱ 1003ȱLohfink,ȱEineȱBibelȱ–ȱzweiȱTestamente,ȱ75ȱ(HervorhebungȱC.S.).ȱ

380ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

undȱ bekräftigenȱ insgesamtȱ dieȱ verbreiteteȱ Auffassung,ȱ dassȱ derȱ Autorȱ Lukasȱ alsȱ „Gottesfürchtiger“1004ȱ anzusehenȱ ist,ȱ derȱ vorȱ seinerȱ christliȬ chenȱ Zeitȱ inȱ derȱ Näheȱ einerȱ Synagogengemeindeȱ lebte,ȱ derenȱ Riten,ȱ Lehrenȱ undȱ Praktikenȱ erȱ schätzteȱ undȱ unterstützte.ȱ Gegenüberȱ derȱ alternativenȱ Vermutung,ȱ dassȱ erȱ jüdischerȱ Abstammungȱ ist,1005ȱ kannȱ dieseȱ Hypotheseȱ zudemȱ aufȱ zweiȱ Erzählungenȱ ausȱ demȱ Doppelwerkȱ verweisen,ȱ dieȱ womöglichȱ versteckteȱ Hinweiseȱ aufȱ denȱ hinterȱ ihnenȱ stehendenȱ Autorȱ geben:ȱ Inȱ beidenȱ lukanischenȱ Schriftenȱ findetȱ sichȱ jeweilsȱ eineȱ Szene,ȱ inȱ derȱ einȱ römischerȱ Beamterȱ auftritt,ȱ derȱ sichȱ soȬ wohlȱ denȱ Judenȱ gegenüberȱ freundlichȱ undȱ interessiertȱ zeigtȱ undȱ auȬ ßerdemȱdieȱPersonȱundȱBotschaftȱJesuȱannimmt.ȱ Inȱ Lkȱ 7,1–10ȱ begegnetȱ unsȱ derȱ „Hauptmannȱ vonȱ Kapharnaum“,ȱ dessenȱ todkrankerȱ Sklaveȱ geheiltȱ wird.1006ȱ Mehrereȱ Beobachtungenȱ legenȱnahe,ȱdassȱesȱsichȱhierȱumȱeinenȱnichtjüdischenȱSoldatenȱhandelt.ȱ Nebenȱ derȱ Bezeichnungȱ οΎ΅ΘΓΑΘΣΕΛ΋Ζȱ (lat.ȱ centurio),1007ȱ dieȱ esȱfreilichȱ auchȱimȱjüdischenȱMilieuȱgibt,1008ȱundȱderȱRedeȱvonȱdenȱ„Ältestenȱderȱ Juden“ȱinȱ7,3,ȱdieȱaufȱeineȱAußenperspektiveȱhinweist,ȱkannȱvorȱallemȱ dieȱAussageȱ7,5,ȱdassȱderȱHauptmannȱ„unserȱVolkȱliebt“,ȱsinnvollȱnurȱ aufȱ einenȱ Nichtjudenȱ angewendetȱ werden.ȱ Zwarȱ sindȱ römischeȱ TrupȬ penȱ inȱ Kapharnaumȱ erstȱ abȱ 44ȱ n.ȱ Chr.ȱ denkbar,1009ȱ dochȱ wirdȱ Lukasȱ wohlȱanȱeinenȱHauptmannȱüberȱsolcheȱgedachtȱhaben.1010ȱ FolgendeȱBeobachtungenȱsindȱbemerkenswert:ȱObwohlȱdieȱHeilungserzähȬ lungȱsichȱmitȱdemȱKrankenȱbeschäftigt,ȱnimmtȱdieȱErwähnungȱundȱpositiveȱ Charakterisierungȱ desȱ Hauptmannsȱ einenȱ breitenȱ Raumȱ ein.1011ȱ Beiȱ derȱ HeiȬ lungȱdesȱSklavenȱüberrascht,ȱdassȱesȱdabeiȱimȱGegensatzȱzuȱanderenȱHeiȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1004ȱDieseȱGruppeȱwirdȱimȱNTȱnurȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱdeutlicherȱfassbar;ȱvgl.ȱ dazuȱauchȱWander,ȱGottesfürchtige;ȱMitchell,ȱWerȱwarenȱdieȱGottesfürchtigen;ȱSieȬ gert,ȱArt.ȱGottesfürchtige,ȱ931f.ȱ 1005ȱ Diesȱ vermutetȱ zuletztȱ z.ȱ B.ȱ Wolter,ȱ Lk,ȱ 9f.;ȱ sollteȱ derȱ „Lukas“ȱ inȱ Kolȱ 4,14ȱ mitȱ demȱ Verfasserȱ identischȱ sein,ȱ wäreȱ erȱ freilichȱ schonȱ dadurchȱ alsȱ Heidenchristȱ erwiesen,ȱ vgl.ȱdazuȱauchȱHengel/Schwemer,ȱPaulus,ȱ19ȱ(in:ȱ„Exkurs:ȱLukas,ȱderȱArzt“,ȱ18ff.).ȱ 1006ȱVgl.ȱdazuȱEckey,ȱLkȱI,ȱ330–338.ȱ 1007ȱVgl.ȱauchȱCorneliusȱinȱApgȱ10,1.ȱ 1008ȱVgl.ȱ1ȱMakkȱ3,55.ȱ 1009ȱVgl.ȱJosephus,ȱAntȱ18,113f.ȱ 1010ȱ Inȱ derȱ vergleichbarenȱ Erzählungȱ Johȱ 4,43–54ȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ einenȱ „KönigliȬ chen“,ȱunterȱdemȱmanȱsichȱeinenȱBeamtenȱdesȱjüdischenȱHerrschersȱvorstellenȱwird.ȱ 1011ȱ Schonȱ inȱ 7,2ȱ wirdȱ erȱ imȱ Genitivȱ demȱ Sklavenȱ vorangestelltȱ undȱ dessenȱ WertschätȬ zungȱ diesemȱ gegenüberȱ nachträglichȱ besondersȱ erwähnt.ȱ Obȱ esȱ sichȱ umȱ eineȱ pragȬ matischeȱoderȱ„persönliche“ȱHochschätzungȱhandelt,ȱbleibtȱdahingestellt;ȱdasȱWortȱ σΑΘ΍ΐΓΖȱgibtȱbeidesȱherȱ(vgl.ȱWolter,ȱLk,ȱ269);ȱV.ȱ3–5ȱzeigtȱihnȱalsȱFreundȱderȱJuden,ȱ V.ȱ6f.ȱseineȱEhrfurchtȱvorȱJesus,ȱV.ȱ8ȱschließlichȱseinȱWortȱüberȱdieȱπΒΓΙΗϟ΅ȱundȱV.ȱ9ȱ dieȱReaktionȱJesu.ȱ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

381ȱ

lungsgeschichtenȱ keinȱ Heilungswortȱ Jesuȱ oderȱ eineȱ Mitwirkungȱ desȱ SklaȬ venȱgibt,1012ȱvielmehrȱscheintȱderȱGlaubeȱdesȱHauptmannsȱwesentlichȱfürȱdieȱ Heilungȱ zuȱ seinȱ undȱ wirdȱ entsprechendȱ inȱ 7,9ȱ besondersȱ hervorgehoben.ȱ AuffälligȱistȱweiterȱdieȱbetonteȱLiebeȱdesȱHauptmannsȱzuȱIsrael:ȱNebenȱseinerȱ finanziellenȱ Unterstützungȱ (7,4f.)ȱ respektiertȱ erȱ auchȱ dieȱ ReinheitsvorȬ schriftenȱ derȱ Juden,ȱ wennȱ erȱ Jesusȱ garȱ nichtȱ erstȱ inȱ seinȱ Hausȱ bittenȱ willȱ (7,6f.).ȱSchließlichȱlernenȱwederȱderȱDienerȱnochȱderȱHauptmannȱJesusȱdiȬ rektȱ kennen.ȱ Esȱ sindȱ alleinȱ dieȱ Gesandtenȱ –ȱ zunächstȱ dieȱ Ältestenȱ derȱ JuȬ den,ȱ dannȱ dieȱ Freundeȱ desȱ Hauptmannsȱ –,ȱ dieȱ mitȱ Jesusȱ inȱ Berührungȱ kommen.ȱ Schonȱ dieseȱ zweifacheȱ Vermittlungȱ istȱ außergewöhnlichȱ undȱ wirdȱ nochȱ dadurchȱ gesteigert,ȱ dassȱ derȱ Sklaveȱ überhauptȱ nurȱ durchȱ dasȱ WortȱseinesȱHerrnȱinȱdieȱEpisodeȱkommt.ȱSoȱistȱdieȱgesamteȱSzeneȱvonȱeiȬ nerȱungewöhnlichenȱDistanzȱzwischenȱJesusȱundȱdenȱbeidenȱHauptpersoȬ nenȱ gekennzeichnet,ȱ dieȱ trotzdemȱ nichtȱ alsȱ Grabenȱ zwischenȱ Jesusȱ undȱ demȱBittendenȱwirkt.ȱDieȱErzählungȱläuftȱaufȱdasȱSchlusswortȱJesuȱzu,ȱdasȱ denȱGlaubenȱdesȱHauptmannsȱlobt,ȱderȱdasȱheilsschaffendeȱHandelnȱGotȬ tesȱermöglichtȱhat.ȱLukasȱbetontȱsoȱdenȱgroßenȱGlaubensȱdesȱHauptmanns.ȱ

Esȱliegtȱnahe,ȱhierȱdasȱSpiegelbildȱdesȱAutorsȱwiederzuerkennen.ȱSeineȱ Sympathieȱ bzw.ȱ sogarȱ Liebeȱ zumȱ Volkȱ Israelȱ (vgl.ȱ 7,5:ȱ Φ·΅Δλȱ ·ΤΕȱ Θϲȱ σΌΑΓΖȱ ψΐЗΑ),ȱ seinȱ Glaubeȱ anȱ dieȱ Machtȱ desȱ Gottesȱ Israelsȱ undȱ seinȱ Vertrauenȱ aufȱ Heilȱ undȱ Rettungȱ durchȱ Jesusȱ Christusȱ findenȱ sichȱ deȬ zentȱ inȱ dieserȱ Erzählungȱ wieder.ȱ Auchȱ Lukasȱ hatȱ Jesusȱ nichtȱ direktȱ erlebt.ȱ Dieȱ Vermittlungȱ desȱ Heilsȱ desȱ Gottessohnesȱ (inȱ diesemȱ Fallȱ durchȱJudenȱundȱFreunde)ȱistȱjedochȱauchȱihmȱzuteilȱgeworden.1013ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1012ȱZuȱdenȱBesonderheitenȱderȱStrukturȱdesȱTextesȱvgl.ȱauchȱWolter,ȱLk,ȱ268.ȱ 1013ȱEinȱVergleichȱmitȱderȱsynoptischenȱParalleleȱMtȱ8,5–13ȱzeigt,ȱdassȱdieȱhierȱherausgeȬ arbeitetenȱ Aspekteȱ redaktionellȱ aufȱ Lukasȱ zurückgehen.ȱ Mtȱ erzähltȱ dieȱ Episodeȱ strafferȱundȱunmittelbarer,ȱwenngleichȱmitȱeinigenȱzusätzlichenȱLogien,ȱdieȱbeiȱLuȬ kasȱ anȱ andererȱ Stelleȱ zuȱ findenȱ sind.ȱ Nachȱ Mtȱ kommtȱ derȱ Hauptmannȱ selbstȱ Jesusȱ entgegenȱundȱsprichtȱihnȱohneȱUmschweifeȱanȱ(Mtȱ8,5f.).ȱHinweise,ȱdieȱdieȱNäheȱdesȱ heidnischenȱHauptmannsȱzuȱdenȱJudenȱerkennenȱlassenȱkönntenȱundȱdieȱbeiȱLukasȱ einenȱwesentlichenȱBestandteilȱderȱErzählungȱbilden,ȱsuchtȱmanȱinȱderȱmt.ȱVersionȱ vergebens.ȱDerȱDienerȱistȱgelähmt,ȱjedochȱnichtȱinȱTodesgefahr,ȱJesusȱversprichtȱHeiȬ lungȱ(einȱweitererȱZug,ȱderȱbeiȱLukasȱnichtȱexpliziertȱwird,ȱdaȱesȱihmȱumȱdasȱvollȬ kommeneȱ Vertrauenȱ desȱ Hauptmannsȱ geht).ȱ Dieȱ Antwortȱ desȱ Hauptmanns,ȱ dieȱ esȱ späterȱ (inȱ derȱ mtȱ Fassung)ȱ bisȱ inȱ dieȱ christlicheȱ Liturgieȱ geschafftȱ hat,ȱ lässtȱ wiedeȬ rumȱ Differenzenȱ erkennen:ȱ Dieȱ Einschränkungȱ ΐχȱ ΗΎϾΏΏΓΙȱ (Lkȱ 7,6)ȱ sowieȱ dieȱ zuȬ sätzlicheȱErwähnungȱderȱeigenenȱ Unwürdigkeitȱ (Lkȱ7,7)ȱfehlenȱbeiȱMt,ȱ soȱdassȱderȱ Satzȱ insgesamtȱ prägnanterȱ wird.ȱ Imȱ Schlusswortȱ Jesuȱ fehltȱ beiȱ Lkȱ dieȱ Kritikȱ amȱ mangelndenȱGlaubenȱIsraels,ȱderȱfürȱihnȱinȱdieserȱErzählungȱgarȱkeineȱRolleȱspielt,ȱ ebensoȱ kannȱ erȱ andersȱ alsȱ Mtȱ aufȱ einȱ vollmächtigesȱ Wortȱ Jesuȱ verzichtenȱ (vgl.ȱ Mtȱ 8,13).ȱDarüberȱhinausȱhängtȱMt,ȱsachlichȱdurchausȱangemessen,ȱanȱdenȱSchlussȱderȱ SzeneȱnochȱweitereȱWorteȱJesuȱüberȱdasȱVerhältnisȱvonȱJudenȱundȱHeidenȱimȱReichȱ Gottes,ȱdieȱderȱDritteȱEvangelistȱinȱLkȱ13,28f.ȱbringt.ȱDiesȱpasstȱzuȱseinerȱIntention,ȱ denȱ Textȱ alleinȱ aufȱ denȱ Glaubenȱ desȱ Hauptmannsȱ auszurichten,ȱ ohneȱ damitȱ eineȱ Bewertungȱ Israelsȱ abgebenȱ zuȱ wollen.ȱ Währendȱ Mtȱ dieȱ Szeneȱ nutzt,ȱ umȱ abschlieȬ

382ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

DieȱPerikopeȱerweistȱsichȱinsgesamtȱalsȱungewöhnlich,ȱdaȱsieȱzwarȱ mitȱ einerȱ Heilungȱ zusammenhängt,ȱ aberȱ durchȱ ihreȱ detaillierteȱ BeȬ schreibungȱdesȱHauptmannsȱdiesenȱanderenȱZug,ȱderȱaufȱdenȱVerfasȬ serȱ selbstȱ hinweisenȱkönnte,ȱ stärkerȱ herausarbeitetȱ undȱ zudemȱ gegenȬ überȱ derȱ synoptischenȱ Paralleleȱ Mtȱ 8,5–13ȱ positiverȱ aufȱ Israelȱ blickt.ȱ Dassȱ alleȱ dieseȱ hintergründigenȱ Datenȱ (Sympathieȱ fürȱ dieȱ Synagoge,ȱ finanzielleȱ Unterstützung,ȱ keineȱ unmittelbareȱ Begegnungȱ mitȱ Jesus),ȱ dieȱ sichȱ aufȱ denȱ Autorȱ beziehenȱ lassen,ȱ alleinȱ inȱ derȱ lukanischenȱ FasȬ sungȱzuȱfindenȱsind,ȱverstärktȱdieȱPlausibilitätȱeinerȱsolchenȱDeutung.ȱ Derȱ zweiteȱ Textȱ findetȱ sichȱ inȱ derȱ Apostelgeschichte.ȱ Mitȱ demȱ Hauptmannȱ(οΎ΅ΘΓΑΘΣΕΛ΋Ζ)ȱCornelius,ȱderȱalsȱersterȱHeideȱvonȱPetrusȱ getauftȱ wirdȱ (Apgȱ 10,1–11,18),ȱ trittȱ dortȱ eineȱ demȱ Hauptmannȱ ausȱ KapharnaumȱvergleichbareȱPersonȱauf.ȱȱ Dieȱ Erzählungȱ beanspruchtȱ schonȱ deshalbȱ besondereȱ Aufmerksamkeit,ȱ weilȱ esȱ sichȱ umȱ dieȱ ausführlichsteȱ Einzelerzählungȱ imȱ lukanischenȱ DopȬ pelwerkȱ handelt.ȱ Tatsächlichȱ sindȱ dieȱ Begebenheitenȱ imȱ Hausȱ desȱ CorneȬ liusȱ eineȱ epochaleȱ Entscheidungȱ fürȱ dieȱ Kirche,ȱ daȱ hierȱ Nichtjudenȱ ohneȱ Beschneidungȱ durchȱ dieȱ Taufeȱ inȱ dieȱ Gemeinschaftȱ derȱ Christenȱ aufgeȬ nommenȱ werden.ȱ Umȱ dieȱ Autoritätȱ derȱ Szeneȱ zuȱ stärken,ȱ geschiehtȱ diesȱ durchȱ denȱ ApostelȱPetrus,ȱ denȱ erstenȱ derȱZwölf.ȱAußerdemȱ betontȱ Lukasȱ denȱ göttlichenȱ Willensȱ beiȱ demȱ gesamtenȱ Vorgang,ȱ daȱ auchȱ Petrusȱ erstȱ durchȱgöttlichesȱEingreifenȱzurȱGemeinschaftȱmitȱCorneliusȱbewogenȱwird.ȱ Allȱ diesȱ zeigt,ȱ wieȱ wichtigȱ fürȱ Lukasȱ dieseȱ Erzählungȱ ist,ȱ derȱ erȱ soȱ vielȱ Raumȱgewährt.ȱDieȱHauptpersonȱistȱhierȱ–ȱnebenȱPetrus,ȱderȱdieȱKontinuiȬ tätȱzuȱallemȱbisherigenȱGeschehenȱgarantiertȱ–ȱderȱHauptmannȱundȱGottesȬ fürchtigeȱ Cornelius,ȱ demȱ ebensoȱ wieȱ demȱ Hauptmannȱ vonȱ Kapharnaumȱ nebenȱseinerȱFrömmigkeitȱauchȱdieȱfinanziellȬmaterielleȱUnterstützungȱdesȱ jüdischenȱ Volkesȱ attestiertȱ wirdȱ (Apgȱ 10,2).ȱ Auchȱ vorȱ Petrusȱ wirdȱ dieseȱ Charakterisierungȱ nochȱ einmalȱ wiederholtȱ (Apgȱ 10,22).ȱ Wennȱ Petrusȱ schließlichȱ –ȱ selbstȱ völligȱ überraschtȱ –ȱ ausruft:ȱ „Inȱ Wahrheit,ȱ ichȱ begreifeȱ nun,ȱ dassȱ Gottȱ nichtȱ aufȱ dieȱ Personȱ sieht,ȱ sondernȱ inȱ jedemȱ Volkȱ istȱ ihmȱ derȱ angenehm,ȱ derȱ ihnȱ fürchtetȱ undȱ Gerechtigkeitȱ übt!“ȱ (Apgȱ 10,24f.),ȱ soȱ magȱ diesȱ dieȱ freudigeȱ Nachrichtȱ fürȱ alleȱ Sympathisantenȱ derȱ Synagogeȱ gewesenȱ sein,ȱ dieȱ nunȱ inȱ derȱ Gemeinschaftȱ derȱ Christenȱ durchȱ dieȱ Taufeȱ volleȱ Mitgliederȱ werdenȱ konnten.ȱ Dieȱ Herabkunftȱ desȱ Heiligenȱ Geistesȱ schließlichȱknüpftȱanȱdieȱGeistausgießungȱunterȱdenȱJudenȱinȱApgȱ2ȱan,1014ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ßendȱ einȱ Drohwortȱ gegenȱ Israelȱ einzutragenȱ undȱ dieȱ Israelkritikȱ derȱ Logienquelleȱ weiterȱ zuȱ führenȱ –ȱ esȱ handeltȱ sichȱ umȱ dasȱ Logionȱ Qȱ 13,29.28ȱ (vgl.ȱ Hoffmann/Heil,ȱ SpruchquelleȱQ,ȱ90)ȱ–,ȱergänztȱLkȱdasȱLogionȱanȱandererȱStelleȱundȱnutztȱdieȱErzähȬ lungȱfürȱseineȱeigenenȱAnliegen.ȱ 1014ȱTatsächlichȱhandeltȱesȱsichȱinȱderȱSzeneȱApgȱ2ȱausschließlichȱumȱjüdischeȱZuhörer,ȱ erstȱbeiȱCorneliusȱkannȱmanȱdaherȱvonȱeinemȱ„‘Pfingsten‘ȱderȱgottesfürchtigenȱHeiȬ den“ȱ (Eckey,ȱ Apgȱ I,ȱ 246)ȱ sprechen;ȱ vgl.ȱ auchȱ dieȱ Parallelenȱ inȱ Apgȱ 2,4ȱ undȱ 10,46:ȱ Ώ΅ΏΉϧΑȱ·ΏЏΗΗ΅΍Ζ.ȱ

ȱ

3.11ȱ ErgebnisseȱderȱAnalyseȱlukanischerȱTexteȱ

383ȱ

wieȱ dieȱ Verwunderungȱ derȱ anwesendenȱ Judenȱ (Apgȱ 10,45)ȱ überȱ diesenȱ Vorgangȱunterstreicht.ȱ

DieȱbeidenȱvorgestelltenȱPersonenȱgleichenȱsichȱnichtȱnurȱimȱAmtȱ(Lkȱ 7,2.6;ȱApgȱ10,1:ȱοΎ΅ΘΓΑΘΣΕΛ΋Ζ),ȱsondernȱauchȱinȱihremȱVerhältnisȱzumȱ jüdischenȱ Volk,ȱ demȱ sieȱ mitȱ Sympathieȱ undȱ Unterstützungȱ entgegenȬ treten.ȱDassȱinȱbeidenȱWerkenȱdesȱLukasȱjeweilsȱeinȱrömischerȱHauptȬ mannȱalsȱVorbildȱanȱFrömmigkeitȱundȱLiebeȱzuȱIsraelȱdargestelltȱwird,ȱ gehörtȱzurȱKonzeptionȱdesȱAutors,ȱderȱdamitȱdurchausȱauchȱaufȱseineȱ eigeneȱ Herkunftȱ anspielenȱ könnte.ȱ Dieȱ CorneliusȬPerikopeȱ mitȱ derȱ spürbarenȱ Freudeȱ überȱ dieȱ Aufnahmeȱ vonȱ Nichtjudenȱ undȱ auchȱ dieȱ Erzählungȱ vomȱ Hauptmannȱ vonȱ Kapharnaum,ȱ dessenȱ Glaubenȱ denȱ Israelsȱ übertrifft,ȱ lassenȱ sichȱ alsȱ Hinweiseȱ daraufȱ deuten,ȱ dassȱ esȱ tatȬ sächlichȱeinerȱ„ausȱdenȱVölkern“ȱist,ȱderȱhierȱschreibt.ȱ InsofernȱmanȱLukasȱmitȱgutenȱGründenȱunterȱdieȱGottesfürchtigenȱ rechnenȱ wird,ȱ trifftȱ auchȱ derȱ Vorwurfȱ einesȱ vonȱ außenȱ kommendenȱ Antijudaismus,ȱderȱsichȱbiblischerȱinnerjüdischerȱPolemikȱbedient,ȱihnȱ (noch)ȱ nicht.1015ȱ Zwarȱ nimmtȱ erȱ alsȱ Gottesfürchtigerȱ eineȱ gewisseȱ BrüȬ ckenstellungȱ ein,ȱ insofernȱ erȱ originärȱ biblischeȱ Konzepte,ȱ dieȱ ausȱ derȱ Mitteȱ Israelsȱüberȱ dessenȱVersagenȱ sprechen,ȱinȱ eineȱ Schriftȱintegriert,ȱ dieȱ mehrȱ undȱ mehrȱ nurȱ nochȱ vonȱ nichtjüdischenȱ Christenȱ gelesenȱ wurde.ȱ Dochȱ „vonȱ demȱ inȱ derȱ griechischȬrömischenȱ gebildetenȱ Weltȱ verbreitetenȱ Antisemitismusȱ mitȱ seinenȱ oftȱ soȱ unsinnigenȱ BehauptunȬ genȱ undȱ Anschuldigungenȱ istȱ beiȱ ihmȱ nichtsȱ zuȱ spüren.“1016ȱ Auchȱ geȬ genüberȱMatthäus,ȱderȱwohlȱeinȱjüdischerȱSchriftgelehrterȱwar,1017ȱundȱ durchausȱ polemischeȱ Abgrenzungenȱ gegenȱ einȱ pharisäischȱ geprägtesȱ Judentumȱbringt,ȱmühtȱsichȱLukasȱdurchȱharmonisierendeȱundȱintegraȬ tiveȱDarstellungenȱmehrȱumȱeineȱEinbeziehungȱdesȱjüdischenȱVolkesȱinȱ dieȱGrunderzählungȱderȱChristen.ȱȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ seiȱ abschließendȱ nochmalsȱ kurzȱ aufȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Datierungȱ desȱ Doppelwerksȱ eingegangen.ȱ Unsereȱ BeobachtunȬ gen,ȱdieȱeineȱbesondereȱNäheȱdesȱ(heidenchristlichen)ȱAutorsȱzuȱIsraelȱundȱ seinenȱInstitutionenȱgezeigtȱhaben,ȱlassenȱdabeiȱeherȱaufȱeineȱfrühereȱAbȬ fassungszeitȱ schließen,ȱ inȱ derȱ dieȱ Frontenȱ zwischenȱ Synagogeȱ undȱ Kircheȱ nochȱnichtȱsoȱverhärtetȱwarenȱwieȱspäterȱimȱ2.ȱJahrhundert.1018ȱAuchȱunterȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1015ȱVgl.ȱdazuȱFrankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ349ȱinȱBezugȱaufȱJustin:ȱ„Dieȱinnerjüdischeȱ Kritikȱ wirdȱ beiȱ Justinȱ ausȱ heidnischemȱ Munde,ȱ zumalȱ wennȱ sieȱ generalisiertȱ wird,ȱ Polemikȱvonȱaußen.“ȱ 1016ȱHengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ197. 1017ȱVgl.ȱHengel,ȱVierȱEvangelien,ȱ132.ȱ 1018ȱ Geradeȱ frühchristlicheȱ Schriften,ȱ dieȱ imȱ 2.ȱ Jh.ȱ n.ȱ Chr.ȱ entstandenȱ sind,ȱ zeigen,ȱ wieȱ jungeȱ christlicheȱ Gemeindenȱ „ihreȱ Identitätȱ geradeȱ inȱ Antitheseȱ zumȱ Judentum“ȱ (Wengst,ȱWeg,ȱ14)ȱgewinnen.ȱVgl.ȱdazuȱauchȱdieȱweiterenȱhistorischenȱBeobachtunȬ

384ȱ

3.ȱ IsraelsȱZukunftȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱ

derȱ Voraussetzung,ȱ dassȱ Menschen,ȱ dieȱ durchȱ Geburtȱ oderȱ vollständigenȱ Übertrittȱ jüdischȱ undȱ damitȱ anȱ dieȱ Toraȱ gebundenȱ waren,ȱ warȱ eineȱ jüdiȬ scheȱ Praxisȱ inȱ denȱ christlichenȱ Gemeindenȱ nichtȱ mehrȱ möglich.1019ȱ Hatteȱ sichȱPaulusȱnochȱalsȱFürsprecherȱderȱinȱeinerȱjüdischȱgeprägtenȱchristlichenȱ GemeinschaftȱzumȱTeilȱangefeindetenȱHeidenchristenȱundȱderenȱAnspruchȱ aufȱeinȱLebenȱohneȱToraobservanzȱgesehen,ȱwobeiȱihmȱdieȱVerbindungȱzuȱ Israelȱ fraglosȱ gegebenȱ war,ȱ soȱ werdenȱ schonȱ baldȱ daraufȱ dieȱ nochȱ inȱ derȱ Kircheȱ verbliebenenȱ Judenȱ bzw.ȱ Anhängerȱ jüdischerȱ Lebenspraxisȱ unterȱ Druckȱgesetzt.1020ȱDagegenȱscheintȱLukasȱgeradezuȱeinenȱKontrapunktȱsetȬ zenȱ zuȱ wollen,ȱ wennȱ erȱ etwaȱ dieȱ Tischgemeinschaftȱ durchȱ dieȱ JakobusȬ klauselnȱ soȱ regelt,ȱ dassȱ Judenȱ ihrenȱ Gebotenȱ nachkommenȱ können.ȱ EntȬ sprechendȱwerdenȱdieȱauchȱinȱderȱApostelgeschichteȱsichtbarenȱspezifischȱ christlichenȱRitenȱ(etwaȱdieȱVersammlungȱamȱSonntag)ȱnichtȱalsȱGegenpolȱ zuȱjüdischerȱPraxisȱdargestellt.ȱ1021ȱ

ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ genȱ beiȱ Hengel,ȱ Vierȱ Evangelien,ȱ 320–350,ȱ dieȱ s.ȱ E.ȱ aufȱ eineȱ Abfassungȱ etwaȱ zwiȬ schenȱ 75ȱ undȱ 85ȱ n.ȱ Chr.ȱ hinweisen,ȱ dasȱ Evangeliumȱ passeȱ „vorzüglichȱ inȱ dieȱ früheȱ flavischeȱZeitȱunterȱVespasian,ȱTitusȱundȱdemȱfrühenȱDomitian“ȱ(348).ȱ 1019ȱEinȱersterȱklarerȱZeugeȱistȱderȱBriefȱdesȱIgnatiusȱvonȱAntiochienȱanȱdieȱMagnesier,ȱ woȱdieȱFeierȱdesȱSonntagsȱderȱSabbatheiligungȱentgegengestelltȱwird:ȱ„Wennȱnunȱdie,ȱ dieȱinȱaltenȱVerhältnissenȱwandeln,ȱzurȱNeuheitȱderȱHoffnungȱgekommenȱsind,ȱnichtȱ mehrȱ denȱ Sabbatȱ halten,ȱ sondernȱ nachȱ demȱ Herrentagȱ lebenȱ (ΐ΋ΎνΘ΍ȱ Η΅ΆΆ΅ΘϟΊΓΑΘΉΖ,ȱ ΦΏΏΤȱ Ύ΅ΘΤȱ ΎΙΕ΍΅ΎχΑȱ ΊЗΑΘΉΖ)ȱ […]“ȱ (IgnMagnȱ 9,1);ȱ vgl.ȱ aberȱ auchȱ schonȱ dieȱ „GeȬ genpraxis“ȱzurȱjüdischenȱGebetsȬȱundȱFastentraditionȱinȱDidȱ8,1–3;ȱaußerdemȱBarnȱ 15,8f.ȱ 1020ȱ Dabeiȱ sindȱ freilichȱ zumȱ Teilȱ erheblicheȱ Ungleichzeitigkeitenȱ inȱ derȱ Entwicklungȱ dieserȱ Trennungȱ zuȱ berücksichtigen,ȱ wieȱ verschiedeneȱ Untersuchungenȱ desȱ VerȬ hältnissesȱinȱdenȱerstenȱJahrhundertenȱzeigen;ȱvgl.ȱFrankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ330– 337.ȱ 1021ȱDieseȱÜberlegungenȱwirdȱmanȱausȱderȱPerspektiveȱderȱvorliegendenȱUntersuchungȱ auchȱgegenüberȱSpätdatierungenȱinsȱFeldȱführen.ȱ

4.ȱ Grundzügeȱdesȱpaulinischenȱ ZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ ȱ Dieȱ Sichtȱ Israelsȱ inȱ denȱ lukanischenȱ Schriftenȱ istȱ nunȱ inȱ einȱ Gesprächȱ mitȱdenȱDarlegungenȱdesȱPaulusȱzurȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱzuȱ bringen.ȱEsȱverstehtȱsich,ȱdassȱdiesȱimȱRahmenȱderȱvorliegendenȱUnterȬ suchungȱüberblickshaftȱgeschehenȱwird.1ȱGemäßȱunsererȱFragestellungȱ istȱesȱdabeiȱangemessen,ȱnachȱeinerȱHinführung,ȱdieȱüberȱdieȱEinsichtȱ reflektiert,ȱdassȱdieȱTheologieȱdesȱPaulusȱundȱdamitȱauchȱseineȱÄußeȬ rungenȱ zurȱ Zukunftȱ Israelsȱ nichtȱ vonȱ derȱ Biographieȱ desȱ Apostelsȱ zuȱ trennenȱsindȱ(4.1),ȱdenȱzentralenȱSchwerpunktȱaufȱdieȱKapitelȱ9–11ȱdesȱ Römerbriefsȱ undȱ hierȱ vorȱ allemȱ aufȱ dasȱ dieseȱ Kapitelȱ abschließendeȱ MysteriumȱvonȱderȱRettungȱganzȱIsraelsȱ(Römȱ11,25–32)ȱzuȱlegenȱ(4.2),ȱ bevorȱdieȱLinienȱabschließendȱzusammengefasstȱwerdenȱ(4.3)ȱȱ

4.1ȱ Hinführungȱ Dieȱ Einsicht,ȱ dassȱ Paulusȱ alsȱ Judeȱ geborenȱ wurdeȱ undȱ sichȱ –ȱ trotzȱ manchȱfeindseligerȱÄußerungȱüberȱ„dieȱJuden“ȱ(vgl.ȱnurȱ1ȱThessȱ2,16)ȱ–ȱ „Zeitȱ seinesȱ Lebensȱ alsȱ jüdischerȱ Theologeȱ verstand“2,ȱ istȱ geradeȱ fürȱ eineȱAuseinandersetzungȱmitȱderȱpaulinischenȱSichtȱIsraelsȱvonȱgrundȬ legenderȱBedeutung.ȱErstȱimȱ20.ȱJahrhundertȱistȱdiesȱinȱderȱForschungȱ wirklichȱ beachtetȱ worden.3ȱ Dieseȱ Einsichtȱ hatȱ Konsequenzenȱ fürȱ dieȱ HerangehensweiseȱanȱdieȱpaulinischenȱSchriftenȱüberhaupt,ȱdaȱimmerȱ deutlicherȱ gesehenȱ wird,ȱ wieȱ engȱ dasȱ biographischeȱ Element,ȱ dieȱ ErȬ fahrungenȱ desȱ Paulus,ȱ aufȱ dieȱ theologischenȱ Äußerungenȱ inȱ seinenȱ Briefenȱeingewirktȱhaben.4ȱDaherȱistȱimȱFolgendenȱaufȱdenȱ„biographiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱȱ

2ȱȱ 3ȱȱ

4ȱȱ

AlsȱBezugȱdienenȱdabeiȱdieȱPerspektiven,ȱdieȱvonȱderȱForschungȱfürȱdieȱpaulinischeȱ SichtȱinȱdenȱletztenȱJahrenȱherausgearbeitetȱwurdenȱundȱimȱGroßenȱundȱGanzenȱakȬ zeptiertȱsind.ȱ Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ279.ȱ Repräsentativȱ fürȱ dieseȱ neueȱ Sichtȱ sindȱ zunächstȱ dieȱ „Heimholungen“ȱ derȱ christliȬ chenȱHauptgestaltenȱinsȱJudentum,ȱvgl.ȱetwaȱBenȬChorin,ȱPaulus.ȱBisȱinȱdieȱheutigeȱ ZeitȱprägtȱzudemȱdieȱNewȱPerspectiveȱonȱPaulȱdieȱDiskussion,ȱvgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ 4.1.1.1.ȱ Vgl.ȱdazuȱbereitsȱobenȱKap.ȱ1.3.ȱ

386ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

schenȱIndex“ȱpaulinischerȱTheologieȱimȱBlickȱaufȱseinenȱjüdischenȱHinȬ tergrundȱ(4.1.1)ȱimȱAllgemeinenȱwieȱaufȱseineȱLebenswendeȱdurchȱdasȱ „Damaskuserlebnis“ȱ(4.1.2)ȱimȱBesonderenȱeinzugehen.ȱ

4.1.1ȱPaulusȱalsȱJudeȱ Derȱ Apostelȱ sprichtȱ inȱ mehrerenȱ seinerȱ Briefeȱ vonȱ seinerȱ jüdischenȱ Prägungȱ (vgl.ȱ nurȱ Galȱ 1,13f.;ȱ Philȱ 3,5f.).ȱ Derȱ Römerbriefȱ istȱ inȱ dieserȱ ReiheȱallerdingsȱvonȱbesondererȱBedeutung,ȱdaȱPaulusȱhierȱdieȱtheoloȬ gischeȱ Dignitätȱ dieserȱ seinerȱ Herkunftȱ gegenüberȱ einerȱ eherȱ abgrenȬ zendenȱ Sicht,ȱ wieȱ sieȱ ausȱ einerȱ isoliertenȱ Lektüreȱ etwaȱ vonȱ Philȱ 3,5–8ȱ attestiertȱwerdenȱkönnte,ȱhervorhebtȱ(vorȱallemȱinȱRömȱ9,1–5;ȱ11,1).ȱDieȱ PrägungȱdesȱApostelsȱdurchȱseineȱjüdischeȱMutterreligionȱistȱunbestritȬ ten,ȱwenngleichȱmanȱsichȱschwertut,ȱeineȱbestimmteȱRichtungȱdesȱvielȬ gestaltigenȱJudentumsȱseinerȱZeitȱmitȱPaulusȱisoliertȱzuȱverknüpfen.ȱEsȱ wurdenȱStudienȱverfasst,ȱdieȱPaulusȱsowohlȱausȱapokalyptischenȱStröȬ mungen5,ȱ ausȱ derȱ hellenistischenȱ Diaspora6,ȱ wieȱ ausȱ demȱ palästiniȬ schenȱJudentum7ȱzuȱerklärenȱvermochten.ȱSoȱzeigtȱsich,ȱdassȱmanȱdenȱ Apostelȱ klarȱ mittenȱ imȱ jüdischenȱ Glaubenȱ seinerȱ Zeitȱ verwurzeltȱ seinȱ lassenȱmuss,ȱwieȱjaȱnichtȱzuletztȱseineȱeigenenȱAussagen8ȱzeigen.ȱ Auchȱ dieȱ Verfolgertätigkeitȱ desȱ Paulusȱ vorȱ seinemȱ DamaskusȬ erlebnisȱerklärtȱsichȱdaraus,ȱdassȱerȱalsȱPharisäerȱundȱ„Eiferer“ȱfürȱdieȱ TraditionenȱderȱVäterȱ(Galȱ1,13;ȱPhilȱ3,6)ȱdieȱJesusbewegungȱdeswegenȱ verfolgte,ȱ weilȱ fürȱ sieȱ dieȱ Gestaltȱ desȱ auferstandenenȱ Messiasȱ Jesusȱ wichtigerȱ warȱ alsȱ dieȱ jüdischenȱ Institutionen,ȱ insbesondereȱ dieȱ Toraȱ undȱderȱTempelkult.9ȱInȱderȱAbwendungȱeinesȱTeilsȱderȱfrühenȱChrisȬ tenȱ vonȱ derȱ strengenȱ Gesetzesobservanzȱ wieȱ vonȱ derȱ Opferpraxisȱ imȱ TempelȱliegenȱwichtigeȱGründeȱfürȱdieȱAktivitätenȱdesȱvorchristlichenȱ Paulus.10ȱ DieȱpaulinischeȱTheologieȱspeistȱsichȱsomitȱschonȱaufgrundȱderȱbiȬ ographischenȱ Situationȱ desȱ Paulusȱ selbstȱ ausȱ jüdischenȱ Wurzeln.ȱ Esȱ durchziehtȱ sieȱ freilichȱ imȱ Gegensatzȱ zumȱ aufȱ Kontinuitätȱ bedachtenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 5ȱȱ 6ȱȱ 7ȱȱ 8ȱȱ 9ȱȱ

Vgl.ȱSchweitzer,ȱMystikȱdesȱApostelsȱPaulus.ȱ Vgl.ȱMontefiore,ȱJudaismȱandȱSt.ȱPaul.ȱ Vgl.ȱDavies,ȱPaulȱandȱRabbinicȱJudaism.ȱ Philȱ3,5:ȱ„HebräerȱausȱHebräern“.ȱ Vgl.ȱ Wick,ȱ Paulus,ȱ 36.ȱ Dieȱ Redeȱ vonȱ einemȱ „gesetzesfreienȱ Weg“ȱ (Carson/Moo,ȱ Einleitung,ȱ 433)ȱ bzw.ȱ „gesetzesfreierȱ Mission“ȱ sindȱ missverständlich,ȱ daȱ esȱ primärȱ umȱdieȱPraxisȱderȱbeschneidungsfreienȱMissionȱging.ȱAnȱdieȱStelleȱdesȱRitualgesetzesȱ stellteȱsichȱdasȱ„GesetzȱChristi“ȱ(vgl.ȱGalȱ6,2).ȱ 10ȱȱ Vgl.ȱdazuȱLongenecker,ȱPaul,ȱ33–37.ȱ

ȱ

4.1ȱ Hinführungȱ

387ȱ

lukanischenȱAnsatzȱeineȱdurchgehendeȱLinieȱderȱAbgrenzung,ȱaufȱdieȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ Lebenswendeȱ desȱ Apostelsȱ nochȱ näherȱ einzugehenȱist.ȱȱ

4.1.1.1ȱDieȱEinsichtenȱderȱ„NewȱPerspectiveȱonȱPaul“ȱ Wichtigȱ istȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ natürlichȱ dieȱ neuereȱ wissenȬ schaftlicheȱ Beschäftigungȱ mitȱ derȱ Gestaltȱ desȱ Judenȱ Paulus,ȱ dieȱ unterȱ demȱ vonȱ Jamesȱ Dunnȱ geprägtenȱ terminusȱ technicusȱ „Newȱ Perspectiveȱ onȱPaul“11ȱeineȱspezifischeȱAusprägungȱgefundenȱhat.ȱ DerȱcharakteristischeȱAkzentȱdieserȱAuslegungȱbestehtȱinȱderȱkonȬ sequentenȱ Berücksichtigungȱ derȱ Erkenntnis,ȱ dassȱ dieȱ langeȱ Zeitȱ vorȬ herrschende,ȱ durchȱ dieȱ reformatorischeȱ Theologieȱ undȱ eineȱ neuzeitliȬ cheȱ Perspektiveȱ geprägteȱ Auslegungȱ paulinischerȱ Theologieȱ demȱ ursprünglichenȱ Anliegenȱ desȱ Apostelsȱ nichtȱ ganzȱ gerechtȱ wird.ȱ Dieȱ Beurteilungȱ desȱ rabbinischenȱ Judentums,ȱ gegenȱ dasȱ sichȱ Paulusȱ wenȬ dete,ȱ warȱ durchȱ nichtȱ unwesentlicheȱ Parallelisierungenȱ mitȱ derȱ Kritikȱ derȱ Reformatorischenȱ Christenȱ anȱ derȱ Katholischenȱ Kircheȱ gebündelt,ȱ soȱ dassȱ manȱ einȱ einseitigȱ „legalistisches“ȱ Judentumȱ herstellte,ȱ gegenȱ dasȱsowohlȱJesusȱalsȱauchȱPaulusȱKritikȱanmeldeten.ȱȱ DerȱNeuansatz,ȱderȱschließlichȱzurȱEntstehungȱderȱ„neuenȱPerspekȬ tive“ȱ geführtȱ hat,ȱ istȱ durchȱ zweiȱ Akzenteȱ geprägt:ȱ Zumȱ einenȱ wurdeȱ daraufȱaufmerksamȱgemacht,ȱdassȱesȱPaulusȱbeiȱseinenȱAusführungenȱ zurȱ Rechtfertigungȱ ausȱ Glaubenȱ nichtȱ primärȱ umȱ dasȱ Heilȱ desȱ einzelȬ nen,ȱ schonȱ inȱ derȱ Gemeinschaftȱ derȱ Kircheȱ befindlichen,ȱ aberȱ anȱ derȱ Sündeȱ verzweifelndenȱ Menschenȱ geht,ȱ sondernȱ umȱ dieȱ Eingliederungȱ vonȱHeidenȱinȱdasȱGottesvolkȱundȱumȱderenȱdarausȱfolgendeȱTeilhabeȱ anȱ derȱ göttlichenȱ Rettung.ȱ Dieȱ Arbeitenȱ vonȱ Kristerȱ Stendahlȱ inȱ denȱ 60erȱundȱ70erȱJahrenȱdesȱletztenȱJahrhundertsȱhabenȱdieseȱDiskussionȱ angestoßen.12ȱErȱzeigt,ȱdassȱesȱPaulusȱinȱseinerȱArgumentationȱprimärȱ darumȱ geht,ȱ dassȱ auchȱ Nichtjudenȱ –ȱ undȱ zwarȱ einzigȱ aufgrundȱ ihresȱ GlaubensȱanȱJesusȱChristusȱ–ȱanȱderȱErwählung,ȱdieȱinȱjüdischerȱTradiȬ tionȱ alleinȱ demȱ Gottesvolkȱ Israelȱ zuȱ eigenȱ ist,ȱ teilhaben.ȱ Dasȱ jüdischeȱ Gesetzȱistȱdabeiȱfürȱsieȱnichtȱverpflichtend.ȱDieȱRichtungȱseinerȱArguȬ mentationȱliegtȱdamitȱnichtȱinȱeinerȱKritikȱoderȱAblehnungȱderȱToraȱalsȱ solcher,ȱsondernȱistȱletztlichȱ„ekklesiologisch“ȱimȱBlickȱaufȱdieȱHeidenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 11ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ z.ȱ B.ȱ Bendik,ȱ Paulusȱ inȱ neuerȱ Sicht;ȱ Carson/Moo,ȱ Einleitung,ȱ 453–466;ȱ Dunn,ȱ Newȱ Perspective;ȱ ders.,ȱ Neueȱ PaulusȬPerspektive;ȱ Frey,ȱ Judentum,ȱ 35–42;ȱ Strecker,ȱPaulus;ȱWolter,ȱEineȱneueȱpaulinischeȱPerspektive.ȱ 12ȱȱ Vgl.ȱbesondersȱStendahl,ȱPaulȱandȱtheȱIntrospectiveȱConscience.ȱ

388ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

undȱderenȱZugehörigkeitȱzumȱGottesvolkȱzuȱbestimmen.ȱDesȱWeiterenȱ istȱesȱerstȱdieȱEntwicklungȱderȱwestlichenȱTheologie,ȱdieȱüberȱAugustiȬ nusȱundȱdannȱschließlichȱbeiȱMartinȱLutherȱeineȱIndividualisierungȱderȱ paulinischenȱ Theologieȱ bewirktȱ hat.ȱ Wennȱ hierȱ dieȱ Frageȱ nachȱ einemȱ gnädigenȱ Gottȱ fürȱ Christenȱ gestelltȱ wird,ȱ dieȱ jaȱ inȱ allerȱ Regelȱ schonȱ innerhalbȱderȱkirchlichenȱGemeinschaftȱstehen,ȱistȱdieseȱIntentionȱfreiȬ lichȱnichtȱdasȱerklärteȱZielȱdesȱApostels.ȱStendahlȱformuliertȱdenȱWechȬ selȱderȱSichtweise:ȱ„WhereȱPaulȱwasȱconcernedȱaboutȱtheȱpossibilityȱforȱ GentilesȱtoȱbeȱincludedȱinȱtheȱmessianicȱCommunity,ȱhisȱstatementsȱareȱ nowȱreadȱasȱanswersȱtoȱtheȱquestȱforȱassuranceȱaboutȱman’sȱsalvationȱ outȱ ofȱ aȱ commonȱ humanȱ predicament.“13ȱ Unterȱ diesenȱ VoraussetzunȬ genȱistȱnunȱdieȱPolemikȱanȱderȱTora,ȱwieȱsieȱvorȱallemȱimȱGalaterbriefȱ deutlichȱwird,ȱnichtȱeinfachȱKritikȱanȱderȱToraȱalsȱsolcherȱ(wasȱsieȱaberȱ sicherȱauchȱist),ȱsondernȱdientȱderȱVerteidigungȱderȱpaulinischenȱPraxisȱ derȱbeschneidungsfreienȱHeidenmission.ȱ EinȱzweitesȱAnliegenȱderȱ„NewȱPerspective“ȱzeigtȱsichȱvorȱallemȱinȱ derȱ Arbeitȱ vonȱ Edȱ P.ȱ Sanders,ȱ derȱ gegenüberȱ derȱ verbreitetenȱ Theseȱ vonȱ derȱ „jüdischenȱ Werkgerechtigkeit“ȱ eineȱ Theologieȱ desȱ „BundesȬ nomismus“ȱ (Convenantalȱ Nomism)ȱ entwickelte.14ȱ Erȱ erläutertȱ darin,ȱ inwiefernȱ dieȱ Rettungȱ inȱ derȱ Erwählungȱ Israelsȱ begründetȱ liegt.15ȱ Derȱ Bundesschlussȱ JHWHsȱ mitȱ Israelȱ istȱ dasȱ entscheidendeȱ Ereignis,ȱ vonȱ demȱ herȱ alleȱ zukünftigeȱ Gestaltungȱ jüdischenȱ Lebensȱ geprägtȱ ist.ȱ Dasȱ Gesetzȱ gewährtȱ dasȱ Bleibenȱ inȱ diesemȱ Bund,ȱ soȱ dassȱ Heilȱ nichtȱdurchȱ dasȱ Gesetz,ȱ sondernȱ durchȱ dasȱ Bleibenȱ imȱ Bundȱ realisiertȱ wird.ȱ Stattȱ vonȱeinemȱ„Legalismus“16ȱsollȱdaherȱbesserȱvonȱeinemȱ„BundesnomisȬ mus“17ȱ gesprochenȱ werden.ȱ Dieȱ Gabeȱ desȱ Gesetzesȱ beinhaltetȱ nebenȱ derȱ Rettungsverheißungȱ auchȱ dieȱ Gehorsamsverpflichtung.ȱ Werȱ sichȱ dagegenȱvergeht,ȱkannȱdurchȱSühnemittelȱVergebungȱundȱErneuerungȱ desȱ Bundesverhältnissesȱ erlangen.ȱ Letztlichȱ liegtȱ dieȱ Rettungȱ inȱ derȱ Barmherzigkeitȱ Gottesȱ gegeben,ȱ daȱ dieserȱ überhauptȱ erstȱ dieȱ ErwähȬ lungȱ bewirktȱ hat.ȱ „Dasȱ antikeȱ palästinischeȱ Judentumȱ istȱ somitȱ keineȱ werkgerechteȱVerdienstreligion,ȱsondernȱeineȱGnadenreligion.“18ȱ Imȱ Gefolgeȱ dieserȱ beidenȱ Aspekteȱ wirdȱ schließlichȱ eineȱ NeuinterȬ pretationȱ derȱ paulinischenȱ Rechtfertigungstheologieȱ entwickelt.ȱ Diesȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 13ȱȱ 14ȱȱ 15ȱȱ 16ȱȱ 17ȱȱ

Stendahl,ȱPaulȱandȱtheȱIntrospectiveȱConscience,ȱ86;ȱvgl.ȱauchȱStrecker,ȱPaulus,ȱ4f.ȱ Sanders,ȱPaulȱandȱPalestinianȱJudaism.ȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱobenȱKap.ȱ2.1.2.ȱ EsȱbedarfȱalsoȱdesȱTunsȱdesȱGesetzes,ȱumȱüberhauptȱHeilȱundȱErlösungȱzuȱerlangen.ȱ Hierȱ wirdȱ betont,ȱ dassȱ dasȱ Tunȱ desȱ Gesetzesȱ erweist,ȱ dassȱ derȱ Menschȱ imȱ Bundȱ bleibt.ȱ 18ȱȱ Strecker,ȱPaulus,ȱ7.ȱUnsereȱUntersuchungenȱinȱKap.ȱ2ȱhabenȱbereitsȱgezeigt,ȱinwieȬ fernȱbeideȱAspekteȱverknüpftȱsind.ȱ

ȱ

4.1ȱ Hinführungȱ

389ȱ

geschiehtȱ keineswegsȱ einheitlich.ȱ Edȱ P.ȱ Sandersȱ undȱ Heikkiȱ Räisänenȱ betonenȱdieȱDiskontinuitätȱderȱpaulinischenȱErörterungenȱzumȱ„JudenȬ tum“.ȱJamesȱDunnȱ u.ȱ a.ȱ erkennenȱ stattdessenȱ eineȱ deutlicheȱ KontinuiȬ tät,ȱwennȱsieȱdasȱSyntagmaȱσΕ·΅ȱΑϱΐΓΙȱalsȱ„WerkeȱderȱTora“ȱübersetȬ zen.19ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ ihrerȱ Auffassungȱ nachȱ umȱ Ritualforderungenȱ („identityȱ markers“),ȱ dieȱ dieȱ Toraȱ alsȱ sozialeȱ Markierungȱ betreffen.ȱ Einenȱ ungewöhnlichen,ȱ aberȱ nichtȱ überzeugendenȱ Versuchȱ stelltȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ derȱ Beitragȱ vonȱ Lloydȱ Gastonȱ dar,ȱ derȱ σΕ·΅ȱ ΑϱΐΓΙȱ alsȱ „Werkeȱ derȱ Tora“ȱ undȱ ΔϟΗΘ΍Ζȱ ͑΋ΗΓІȱ ̙Ε΍ΗΘΓІȱ alsȱ „Treueȱ Christi“ȱ übersetztȱ undȱ beideȱ Maleȱ einenȱ Genitivusȱ subiectivusȱ erkenȬ nenȱwill.20ȱEineȱplausibleȱAntwortȱaufȱallȱdieseȱFragenȱgibtȱJamesȱD.G.ȱ Dunn,ȱ wennȱ erȱ inȱ denȱ „Werkenȱ desȱ Gesetzes“ȱ dieȱ Ritualforderungenȱ siehtȱundȱdamitȱdieȱRechtfertigungsformelȱdesȱPaulusȱausȱdemȱindiviȬ duellenȱZusammenhangȱlöstȱundȱinȱdenȱekklesiologischenȱüberführt.ȱ Dieȱ Pointeȱ derȱ „Newȱ Perspective“ȱ kannȱ darinȱ gesehenȱ werden,ȱ dassȱ sieȱ dieȱ Rechtfertigungslehreȱ desȱ Paulusȱ nichtȱ anthropologisch,ȱ sondernȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ einerȱ ekklesiologischenȱ Fragestellungȱ interpretiert.ȱEsȱgehtȱdarum,ȱwieȱMenschenȱinȱdenȱKreisȱderer,ȱdieȱzumȱ Volkȱ Gottesȱ gehören,ȱ kommen.ȱ Warȱ diesȱ imȱ Judentumȱ grundsätzlichȱ anȱ dieȱ Erwählungȱ undȱ dasȱ damitȱ einhergehendeȱ Haltenȱ derȱ Toraȱ geȬ bunden,ȱsoȱsiehtȱPaulusȱesȱnunȱimȱGlaubenȱanȱChristusȱbegründet.ȱ Soȱ hilfreichȱ dieȱ Wiederentdeckungȱ desȱ ursprünglichenȱ Kontextesȱ derȱ paulinischenȱ Redeȱ vonȱ derȱ Rechtfertigungȱ ist,ȱ eineȱ starreȱ GegenȬ überstellungȱvonȱ„Legalismus“ȱundȱ„Bundesnomismus“ȱistȱmitȱFrageȬ zeichenȱzuȱversehen.21ȱDerȱBundesnomismusȱistȱsicherȱnichtȱdieȱunbeȬ stritteneȱ undȱ einzigeȱ Anschauungȱ imȱ mannigfaltigenȱ Judentumȱ desȱ 1.ȱ Jahrhunderts.ȱAuchȱwennȱerȱtatsächlichȱnichtȱaufȱeineȱ„Belohnung“ȱfürȱ Gesetzesobservanz,ȱsondernȱaufȱdenȱGedankenȱdesȱ„Gehorsams“ȱausȬ gerichtetȱ ist,ȱ schließtȱ derȱ Bundesnomismusȱ dieȱ Frageȱ derȱ WerkerfülȬ lungȱjaȱgeradeȱmitȱein.ȱBeideȱAspekteȱhängenȱengȱzusammen,ȱwieȱnichtȱ zuletztȱ unsereȱ Untersuchungenȱ amȱ Beginnȱ derȱArbeitȱ gezeigtȱ haben.22ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 19ȱȱ Vgl.ȱ zumȱ Streitȱ umȱ dieȱ Übersetzungȱ vonȱ σΕ·΅ȱ ΑϱΐΓΙȱ Bachmann,ȱ Keilȱ oderȱ MikroȬ skop,ȱderȱsichȱfürȱJ.D.G.ȱDunnsȱÜbersetzungȱstarkȱmachtȱundȱalsȱGegenpositionȱvorȱ allemȱHofius,ȱ„WerkeȱdesȱGesetzes“ȱ(2ȱBeiträge).ȱ 20ȱȱ Gaston,ȱ Israel’sȱ Misstep,ȱ 309–326;ȱ erȱ partizipiertȱ damitȱ anȱ derȱ Auffassung,ȱ dassȱ alleinȱdieȱHeidenȱChristusȱzurȱErlösungȱbrauchten,ȱwährendȱfürȱdieȱJudenȱweiterhinȱ dieȱbundesnomistischeȱStrukturȱgelte;ȱähnlichȱauchȱGager,ȱReinventingȱPaul.ȱ 21ȱȱ Vgl.ȱ auchȱ Carson/Moo,ȱ Einleitung,ȱ 458–467;ȱ außerdemȱ dieȱ Darstellungȱ derȱ KritikȬ punkteȱbeiȱFrey,ȱJudentum,ȱ38–40.ȱ 22ȱȱ Vgl.ȱauchȱdieȱStudienȱvonȱF.ȱAvemarie,ȱnachȱderȱdieȱErlösungȱdurchȱErwählungȱundȱ dieȱ Erlösungȱ durchȱ Erfüllungȱ derȱ Toraȱ („Belohnung“)ȱ engȱ nebeneinanderȱ liegen:ȱ Avemarie,ȱToraȱundȱLeben;ȱders.,ȱErwählungȱundȱVergeltung;ȱders.,ȱDieȱWiederkehrȱ derȱWerke.ȱVgl.ȱaußerdemȱKim,ȱPaulȱandȱtheȱNewȱPerspective,ȱ83f.:ȱ“TheȱJudaismȱofȱ

390ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

Dieȱ folgendenȱ Überlegungen,ȱ dieȱ sichȱ mitȱ demȱ Verhältnisȱ desȱ Paulusȱ zumȱjüdischenȱGesetzȱbeschäftigen,ȱkönnenȱdiesȱnochȱvertiefen.ȱ

4.1.1.2ȱPaulusȱundȱdasȱGesetzȱ Vonȱ derȱ kulturellenȱ Herkunftȱ desȱ Paulusȱ wirdȱ manȱ zwarȱ festhalten,ȱ dassȱ erȱ keineswegsȱ „gesetzlos“ȱ zuȱ lebenȱ imstandeȱ gewesenȱ wäreȱ –ȱ ebensoȱwenigȱscheintȱesȱangemessen,ȱvonȱeinerȱ„gesetzesfreien“ȱMissiȬ onȱ desȱ Apostelsȱ zuȱ sprechen.ȱ Zwarȱ spieltȱ dieȱ Toraȱ inȱ derȱ beschneiȬ dungsfreienȱ Heidenmissionȱ keineȱ Rolle,ȱ dennȱ ohneȱ Beschneidungȱ fielȱ auchȱdieȱHaltungȱdesȱRitualgesetzesȱweg.ȱDochȱwirdȱderȱDekalogȱvonȱ Paulusȱmehrfachȱerwähntȱ(Römȱ7,7;ȱ13,9)ȱundȱauchȱdieȱRedeȱvomȱ„GeȬ setzȱChristi“ȱ(Galȱ6,2)ȱsprichtȱgegenȱdieȱAuffassungȱeinesȱ„gesetzlosen“ȱ Paulus.ȱHäufigȱbetontȱerȱaber,ȱdassȱdieȱToraȱimȱAllgemeinenȱbzw.ȱdieȱ Beschneidungȱ imȱ Besonderenȱ fürȱ Christenȱ keineȱ Relevanzȱ habenȱ (vgl.ȱ Galȱ 3,26–28;ȱ 1ȱ Korȱ 7,19;ȱ 9,20–22;ȱ Galȱ 5,6;ȱ 6,15).ȱ Soȱ ergibtȱ sichȱ inȱ manȬ cherleiȱHinsichtȱKonfliktpotenzial.23ȱ Daȱ dieȱ Aussagenȱ inȱ denȱ Paulusbriefenȱ zumȱ Gesetzȱ sichȱ nichtȱ aufȱ einenȱNennerȱbringenȱlassen,24ȱkannȱesȱhilfreichȱsein,ȱmitȱUdoȱSchnelleȱ eineȱ„diachrone“ȱUntersuchungȱderȱpaulinischenȱStellungȱzumȱGesetzȱ vorzunehmen:25ȱ „Bisȱ zurȱ galatischenȱ Kriseȱ akzeptierteȱ Paulusȱ einenȱ unterschiedlichenȱUmgangȱundȱeineȱabweichendeȱBewertungȱderȱToraȱ zwischenȱ derȱ Jerusalemerȱ Gemeindeȱ (undȱ ihrenȱ Sympathisanten)ȱ aufȱ derȱeinenȱSeiteȱundȱdenȱjungenȱüberwiegendȱbeschneidungsfreienȱMisȬ sionsgemeindenȱ aufȱ derȱ anderenȱ Seite.“26ȱ Nachȱ demȱ Konfliktȱ jedochȱ mussteȱ Paulusȱ dasȱ Verhältnisȱ derȱ Missionsgemeindenȱ zumȱ jüdischenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ

23ȱȱ

24ȱȱ

25ȱȱ 26ȱȱ

theȱfirstȱcenturyȱ A.D.ȱcontainedȱanȱelementȱofȱworksȬrighteousnessȱwithinȱitsȱframeȬ workȱofȱcovenantalȱnomism.ȱ[…]ȱJudaismȱwasȱaȱcovenantalȱnomismȱwithȱanȱelementȱ ofȱworksȬrighteousness.”ȱEsȱhandeltȱsichȱhierȱletztlichȱumȱzweiȱElemente,ȱdieȱgewisȬ sermaßenȱauchȱderȱdeuteronomistischenȱbzw.ȱpriester(schrift)lichenȱSichtȱ(vgl.ȱdazuȱ obenȱKap.ȱ2)ȱzugeordnetȱwerdenȱkönnen.ȱ Besondersȱ polemischȱ gegenȱ dasȱ Gesetzȱ wendetȱ sichȱ bekanntlichȱ derȱ Galaterbriefȱ (vgl.ȱdazuȱMußner,ȱGal,ȱ188–204).ȱDieȱToraȱerhältȱdortȱausdrücklichȱeineȱsekundäreȱ Rolleȱ(Galȱ3,17.19).ȱInȱChristusȱistȱeineȱ neueȱZeitȱ mitȱ neuenȱGesetzenȱangebrochen.ȱ „Beschneidungȱ undȱ Toraȱ gehörenȱ nichtȱ zurȱ soteriologischenȱ Selbstdefinitionȱ desȱ Christentums.ȱ […]ȱ Faktischȱ gehtȱ Paulusȱ vonȱ einerȱ Insuffizienzȱ derȱ Toraȱ aus.“ȱ (Schnelle,ȱTheologie,ȱ274f.)ȱ SoȱgibtȱesȱnebenȱpositivenȱAussagenȱüberȱdasȱGesetzȱ(Römȱ7,12)ȱauchȱnegativeȱ(Galȱ 3,10ff.)ȱ undȱ schließlichȱ paradoxe,ȱ dieȱ schwerȱ einzuordnenȱ sindȱ (Galȱ 6,2;ȱ Römȱ 3,27;ȱ 8,2;ȱ10,4),ȱvgl.ȱSchnelle,ȱTheologie,ȱ276.ȱ Vgl.ȱSchnelle,ȱTheologie,ȱ270ff.ȱ Schnelle,ȱTheologie,ȱ272.ȱ

ȱ

4.1ȱ Hinführungȱ

391ȱ

Gesetzȱ klärenȱ undȱ eindeutigȱ formulieren,ȱ wofürȱ derȱ Galaterbriefȱ mitȱ seinerȱpolemischenȱAusrichtungȱeinȱZeugnisȱist.ȱEineȱwiederumȱspäteȬ reȱ Entwicklungȱ zeigtȱ sichȱ dannȱ imȱ Römerbrief.ȱ Paulusȱ führtȱ dieȱ Redeȱ vonȱderȱ„GerechtigkeitȱGottes“ȱ–ȱwomöglichȱalsȱbleibenderȱErtragȱderȱ ÜberlegungenȱausȱdemȱGalaterbriefȱ–ȱein.ȱDadurchȱistȱeineȱNeubewerȬ tungȱderȱToraȱmöglichȱundȱaußerdemȱkannȱerȱnunȱdasȱVerhältnisȱvonȱ Gottesȱ Gerechtigkeitȱ undȱ Erwählungȱ Israelsȱ näherȱ bedenkenȱ (Römȱ 9– 11).ȱDiesȱallesȱgeschiehtȱaufgrundȱveränderterȱbiographischerȱKontexteȱ desȱ Paulusȱ undȱ derȱ Briefadressaten.ȱ Diesȱ weistȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ dieȱ TheologieȱdesȱPaulusȱinȱeinemȱwesentlichȱbiographischenȱZusammenȬ hangȱzuȱsehenȱist.ȱ EineȱGrundspannungȱderȱpaulinischenȱKonzeptionȱistȱdarinȱzuȱseȬ hen,ȱ dassȱ Paulusȱ sowohlȱ anȱ derȱ Gültigkeitȱ derȱ Offenbarungȱ anȱ Israelȱ wieȱ auchȱ amȱ alleinȱ rettendenȱ Charakterȱ desȱ Christusgeschehensȱ anȱ IsraelȱundȱdenȱVölkernȱfesthält.ȱDieseȱunaufgebbarenȱundȱsichȱzugleichȱ ausschließendenȱ Elementeȱ wurdenȱ durchȱ dieȱ praktischenȱ EntwicklunȬ genȱ inȱ derȱ Geschichteȱ desȱ jungenȱ Christentumsȱ verschärftȱ undȱ zugeȬ spitzt.ȱ Dieȱ Lösungȱ desȱ Konfliktesȱ istȱ beiȱ Paulusȱ gewissermaßenȱ eineȱ NeudefinitionȱdesȱWesensȱdesȱGesetzes:ȱDiesȱzeigtȱsichȱeinerseitsȱinȱGalȱ 5,14ȱundȱdannȱinȱRömȱ13,8–10:ȱAufȱdasȱStichwortȱderȱLiebeȱzugespitztȱ konnteȱdasȱGesetzȱsozusagenȱ„reduziert“ȱundȱdamitȱalsȱfürȱalleȱVölkerȱ befolgbarȱdefiniertȱwerden.ȱDasȱistȱzugleichȱdieȱRichtung,ȱdieȱauchȱdasȱ hellenistischeȱJudentumȱinȱderȱAuslegungȱdesȱGesetzesȱeinschlug.27ȱDerȱ Ansatzȱ desȱ Paulusȱ warȱ alsoȱ fürȱ mancheȱ Judenchristenȱ wohlȱ durchausȱ nachvollziehbar.ȱDieȱletzteȱLösungȱzeigtȱsichȱschließlichȱverdichtetȱundȱ theologischȱ ausgearbeitetȱ imȱ Römerbrief.ȱ Erȱ „synthetisiertȱ überȱ denȱ Liebesbegriffȱ dasȱ jüdischeȱ undȱ dasȱ griechischȬrömischeȱ GesetzesverȬ ständnisȱ undȱ gelangtȱ soȱ zuȱ einerȱ stimmigenȱ Integrationȱ derȱ GesetzesȬ thematikȱinȱseineȱSinnbildung.“28ȱ Esȱ greiftȱ alsoȱ zuȱ kurz,ȱ dasȱ „Gesetz“ȱ gegenȱ dasȱ„Evangelium“ȱ ausȬ zuspielen.ȱ Fürȱ Paulusȱ istȱ seineȱ Verkündigung,ȱ seinȱ Evangelium,ȱ dieȱ Verkündigungȱ derȱ Toraȱ Gottes:ȱ „Toraȱ istȱ Evangelium“29.ȱ Alsȱ Teilȱ derȱ Heiligenȱ Schriftȱ Israelsȱ weitetȱ dieȱ Toraȱ dieȱ Perspektiveȱ aufȱ dieȱ Frage,ȱ wasȱsichȱüberȱdasȱVerhältnisȱdesȱPaulusȱzurȱSchrift,ȱderenȱBedeutsamȬ keitȱ fürȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ bereitsȱ untersuchtȱ wurde,ȱ sagenȱ lässt.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 27ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWeber,ȱDasȱGesetzȱimȱhellenistischenȱJudentum,ȱ236–239.ȱ 28ȱȱ Schnelle,ȱTheologie,ȱ280.ȱ 29ȱȱ Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ295.ȱ

392ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

4.1.1.3ȱPaulusȱundȱdieȱHeiligeȱSchriftȱIsraelsȱ BeiȱderȱLektüreȱderȱpaulinischenȱBriefeȱfälltȱauf,ȱdassȱeinigeȱvonȱihnenȱ keineȱ Schriftzitateȱ enthaltenȱ (1ȱ Thess,ȱ Phlm;ȱ wenigeȱ inȱ Phil),ȱ währendȱ inȱ anderenȱ (besondersȱ Röm,ȱ Gal)ȱ zentraleȱ Passagenȱ starkȱ durchȱ denȱ Rückgriffȱ aufȱ dieȱSchriftȱ Israelsȱ geprägtȱ sind.ȱ Geradeȱ imȱ Blickȱ aufȱ dasȱ theologischeȱ Gewichtȱ desȱ Römerbriefesȱ kannȱ Paulusȱ daherȱ mitȱ Fugȱ undȱRechtȱalsȱSchrifttheologeȱbezeichnetȱwerden.ȱDieȱkonkreteȱGestaltȱ derȱrezipiertenȱSchriftzitateȱbedarfȱeinerȱeigenenȱRückfrage.ȱWeiteȱTeileȱ derȱ Schriftȱ bindenȱ alsȱ Geschichtsschreibungȱ dieȱ Geschehnisseȱ anȱ EinȬ zelpersonen.ȱWennȱwirȱnunȱAbrahamȱundȱMoseȱherausgreifen,ȱsoȱfälltȱ auf,ȱ dassȱletztererȱ seltenerȱ vorkommt,ȱ währendȱ Paulusȱaufȱ seineȱAusȬ legungȱzuȱAbrahamȱmehrfachȱzuȱsprechenȱkommtȱundȱseineȱTheologieȱ durchausȱ wesentlichȱ anȱ einerȱ spezifischenȱ AbrahamȬDeutungȱ hängt.ȱ MoseȱundȱderȱSinaiȱhingegenȱtretenȱzurückȱbzw.ȱwerdenȱalsȱNegativfoȬ lieȱverwendet.ȱNachȱHubertȱFrankemölleȱhängtȱdieseȱBeobachtungȱmitȱ derȱ Lebenswendeȱ desȱ Apostelsȱ zusammen.ȱ Paulusȱ seiȱ „vorȱ seinerȱ Wendeȱ–ȱverkürztȱformuliertȱ–ȱbestimmtȱvonȱderȱsogenanntenȱBundesȬ formelȱ‚JHWHȱderȱGottȱIsraelsȱ–ȱIsraelȱdasȱVolkȱJHWHs‘,ȱdieȱdasȱwechȬ selseitigeȱ Verhältnisȱ vonȱ JHWHȱ undȱ Israelȱ etwaȱ nachȱ Dtnȱ 26,17f.ȱ umȬ schreibt“30,ȱ währendȱ erȱ sichȱ nachȱ derȱ Bekehrungȱ derȱ priester(schrift)Ȭ lichenȱ Theologieȱ zugewandtȱ habe,ȱ dieȱ denȱ Bundȱ Gottesȱ alsȱ GnadenȬ bundȱ konzipiertȱ undȱ keineȱ Bedingungenȱ mehrȱ vonȱ Israelȱ fordert.31ȱ Dieseȱ Einschätzungȱ istȱ freilich,ȱ auchȱ aufgrundȱ derȱ imȱ Verlaufȱ derȱ ArȬ beitȱ erhobenenȱ Ergebnisse,ȱ zuȱ differenzieren.ȱ Soȱ stelltȱ Paulusȱ denȱ Sinaibundȱ inȱ seinenȱ Ausführungenȱ imȱ Galaterbriefȱ kaumȱ angemessenȱ vor.ȱ Dieȱ mitȱ demȱ Bundeskonzeptȱ stetsȱ verbundeneȱ Aussichtȱ aufȱ Heilȱ durchȱ Gesetzesgehorsamȱ undȱ Umkehrȱ zuȱ Gottȱ blendetȱ erȱ ausȱ undȱ foȬ kussiertȱ allesȱ aufȱ denȱ Fluch.ȱ Imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ AbrahamȬRezeptionȱ istȱ hingegenȱdaraufȱhinzuweisen,ȱdassȱetwaȱdieȱBedeutungȱderȱBeschneiȬ dung,ȱ dieȱ inȱ derȱ priester(schrift)lichenȱ Theologieȱ alsȱ Bundeszeichenȱ anzusehenȱist,ȱgeradeȱnichtȱübernommenȱwird.ȱȱ DerȱHinweisȱaufȱdieȱBedeutungȱderȱLebenswendeȱdesȱApostelsȱistȱ hingegenȱ weiterführendȱ undȱ bedarfȱ nochȱ einigerȱ Erörterungen.ȱ TatȬ sächlichȱ istȱ seineȱ Wendeȱ offenbarȱ soȱ radikal,ȱ dassȱ erȱ seineȱ früherenȱ AuffassungenȱetwaȱinȱPhilȱ3,7f.ȱalsȱSchaden/Verlust/Dreckȱ(Ί΋ΐϟ΅)ȱbeȬ zeichnenȱkann.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 30ȱȱ Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ284.ȱ 31ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱLohfink,ȱPriesterschrift.ȱ

ȱ

4.1ȱ Hinführungȱ

393ȱ

4.1.2ȱDieȱBedeutungȱderȱLebenswendeȱdesȱApostelsȱ Dieȱ Erfahrungȱ desȱ „Damaskuserlebnisses“ȱ tauchtȱ nichtȱ nurȱ mehrfachȱ inȱ denȱ Briefenȱ desȱ Paulusȱ inȱ sehrȱ verschiedenerȱ Formulierungȱ auf,32ȱ sondernȱwirdȱauchȱinȱderȱApostelgeschichteȱgleichȱdreimalȱinȱauffälliȬ gerȱ Variationȱ gebracht.33ȱ Wieȱ schwerȱ sichȱ Paulusȱ selbstȱ tut,ȱ dasȱ dortȱ ErfahreneȱinȱWorteȱ zuȱfassen,ȱzeigenȱseineȱ jeȱ unterschiedlichenȱAnnäȬ herungsweisen.ȱ Mehrfachȱ scheintȱ freilichȱ durch,ȱ dassȱ Paulusȱ seinȱ ErȬ lebnisȱ imȱ Kontextȱ derȱ Erscheinungenȱ desȱ auferstandenenȱ Christusȱ inȬ terpretiertȱ(vgl.ȱ1ȱKorȱ15,5–8;ȱ9,1;ȱGalȱ1,15f.).34ȱEsȱhandeltȱsichȱüberdiesȱ umȱeineȱErfahrung,ȱdieȱoffenbarȱvollkommenȱüberraschendȱüberȱPauȬ lusȱkamȱundȱihnȱdannȱnichtȱmehrȱloslies.35ȱHierȱzeigenȱsichȱParallelenȱ zuȱdenȱProphetenberufungenȱdesȱAltenȱTestaments,ȱanȱdieȱsichȱPaulusȱ etwaȱinȱderȱDarstellungȱGalȱ1,15f.ȱausdrücklichȱanschließt.ȱ Überȱ denȱ Charakterȱ derȱ Lebenswendeȱ desȱ Paulusȱ vorȱ Damaskusȱ liegenȱ zahlreicheȱStudienȱvor.ȱInteressantȱfürȱunsereȱFragestellungȱistȱderȱAnsatzȱ vonȱSeyoonȱKim,ȱderȱimȱRückgriffȱaufȱOttoȱBetz36ȱundȱWaltherȱZimmerli37ȱ zeigenȱkonnte,ȱdassȱnichtȱnurȱLukasȱinȱderȱdreifachenȱDarstellungȱderȱBeȬ kehrungȱinȱderȱApostelgeschichteȱdieseȱalsȱprophetischeȱBerufungȱerzählte,ȱ sondernȱ dassȱ auchȱ Paulusȱ mitȱ seinerȱ Redeȱ vonȱ derȱ ΦΔΓΎΣΏΙΜ΍Ζȱ vorȱ DaȬ maskusȱ (vgl.ȱ Galȱ 1,12.16)ȱ diesesȱ Erlebnisȱ inȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ ThronvisionȱJesȱ6ȱundȱmitȱJesȱ49ȱbringt.ȱDaȱsichȱinȱdiesenȱTextenȱmehrereȱ ElementeȱausȱRömȱ11,25f.ȱentdeckenȱlassen,38ȱmeintȱKim,ȱdassȱdasȱMysteȬ riumȱ derȱ Rettungȱ ganzȱ Israelsȱ ihmȱ seitȱ seinerȱ Berufungȱ bekanntȱ gewesenȱ sei.39ȱ Nichtȱ nurȱ dieȱ wichtigenȱ Unterschiedeȱ derȱ paulinischenȱ Konzeptionȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 32ȱȱ Vgl.ȱGalȱ1,15f.;ȱ1ȱKorȱ15,8;ȱ2ȱKorȱ4,6;ȱPhilȱ3,7–9.ȱ 33ȱȱ Apgȱ 9,3–9;ȱ 22,6–11;ȱ 26,12–15;ȱ vgl.ȱ dazuȱ Dietzfelbinger,ȱ Berufungȱ desȱ Paulus;ȱ Haacker,ȱBerufung,ȱ1–19;ȱHengel/Schwemer,ȱPaulus,ȱ62–72.ȱ 34ȱȱ Lukasȱ kannȱ ihmȱ darinȱ nichtȱ folgen,ȱ daȱ inȱ derȱ Sichtȱ derȱ Apgȱ dieȱ Zeitȱ derȱ OstererȬ scheinungenȱ mitȱ derȱ „Himmelfahrt“ȱ abgeschlossenȱ ist.ȱ Wieȱ kurzȱ zuvorȱ beiȱ StephaȬ nusȱ(vgl.ȱApgȱ7,55f.)ȱhandeltȱesȱsichȱauchȱbeiȱPaulusȱumȱeineȱVisionȱbzw.ȱAuditionȱ desȱzurȱRechtenȱGottesȱsitzendenȱErhöhten.ȱ 35ȱȱ Vgl.ȱ 1ȱ Korȱ 9,16:ȱ „Esȱ liegtȱ einȱ Zwangȱ aufȱ mir.ȱ Dennȱ weheȱ mir,ȱ wennȱ ichȱ nichtȱ dasȱ Evangeliumȱverkünde.“ȱ 36ȱȱ Betz,ȱVisionȱdesȱPaulus.ȱ 37ȱȱ Zimmerli,ȱ Ezȱ I,ȱ 16–21ȱ („Formȱ undȱ Traditionsgeschichteȱ derȱ prophetischenȱ BeruȬ fungserzählung“).ȱ 38ȱȱ Vgl.ȱdazuȱinsgesamtȱKim,ȱPaulȱandȱtheȱNewȱPerspective,ȱ241f.;ȱerȱnenntȱdieȱVerhärȬ tungȱIsraelsȱwieȱdieȱzeitlicheȱGrenzeȱalsȱElementeȱausȱJesȱ6,10f.;ȱmitȱderȱVerhärtungȱ IsraelsȱgehtȱnachȱJesȱ49,6ȱzudemȱdieȱWendungȱanȱdieȱHeidenvölkerȱeinher.ȱSchließȬ lichȱlässtȱsichȱnachȱKimȱauchȱdieȱRettungȱganzȱIsraelsȱausȱJesȱ6,13ȱundȱ49,5f.ȱerheben.ȱ ImȱletzterenȱTextȱfindetȱsichȱfürȱdenȱKnechtȱJHWHsȱdieȱdoppelteȱAufgabe,ȱsowohlȱ „LichtȱderȱVölker“ȱzuȱsein,ȱalsȱauchȱIsraelȱwiederherzustellen.ȱ 39ȱȱ Vgl.ȱKim,ȱPaulȱandȱtheȱNewȱPerspective,ȱ250–253.ȱ

394ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

gegenüberȱdenȱJesajatexten,40ȱsondernȱauchȱÄußerungenȱwieȱ1ȱThessȱ2,14– 16,ȱaberȱauchȱnochȱRömȱ9,2f.;ȱ10,1,ȱdieȱkeinȱWissenȱumȱdieȱ„Offenbarung“ȱ diesesȱGeheimnissesȱerkennenȱlassen,ȱsindȱhingegenȱIndizien,ȱdieȱfürȱeineȱ EntwicklungȱderȱpaulinischenȱAuffassungȱsprechen.ȱDiesȱwirdȱimȱFolgenȬ denȱzuȱprüfenȱsein.ȱ

WichtigȱfürȱunsereȱFragestellungȱistȱdieȱFeststellung,ȱdassȱdieȱLebensȬ wendeȱdesȱPaulusȱnachȱallenȱverfügbarenȱZeugnissenȱeineȱvollkommenȱ unerwarteteȱ Begebenheitȱ war,ȱ dieȱ dasȱ weitereȱ Lebenȱ desȱ Paulusȱ zwarȱ nichtȱinȱeineȱandereȱRichtungȱlenkte,ȱaberȱmitȱeinemȱneuenȱVorzeichenȱ versah.ȱ Ausȱ derȱ Leidenschaftȱ fürȱ dieȱ Überlieferungenȱ derȱ Väterȱ (vgl.ȱ Galȱ 1,14)ȱ wirdȱ eineȱ Leidenschaftȱ fürȱ Christusȱ (vgl.ȱ Galȱ 1,10).ȱ Daȱ erȱ selbstȱ keineȱ eigeneȱ „Leistung“ȱ erbrachtȱ hat,ȱ aufȱ dieȱ dasȱ DamaskusȬ erlebnisȱeineȱReaktionȱwäre,ȱistȱesȱtatsächlichȱnaheliegend,ȱdassȱihmȱeinȱ BewusstseinȱvonȱgöttlicherȱErwählungȱdeutlichȱwurde,ȱdasȱinȱKontrastȱ zuȱ seinerȱ bisherigenȱ religiösenȱ Auffassungȱ stand.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ beiȱ Paulusȱ geradeȱ nichtȱ umȱ eineȱ Kontinuitätserlebnis,ȱ sondernȱ umȱ eineȱ Neuheitserfahrung,ȱ ausȱ derȱ auchȱ dieȱ abgrenzendeȱ Linie,ȱ dieȱ immerȱ wiederȱausȱseinenȱBriefenȱspricht,ȱerklärbarȱwird.ȱDamitȱerscheintȱdasȱ Damaskuserlebnisȱ alsȱ Urerfahrungȱ desȱ Apostels,ȱ dieȱ aufȱ denȱ biograȬ phischenȱ Indexȱ seinerȱ Verkündigungȱ verweistȱ undȱ auchȱ fürȱ andereȱ Zusammenhängeȱ eineȱ Entwicklungȱ desȱ paulinischenȱ Denkensȱ plausiȬ belȱmacht.ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ NachȱdiesenȱerstenȱHinweisenȱzuȱwichtigenȱAspektenȱfürȱdieȱInterpreȬ tationȱ paulinischerȱ Texteȱ wendenȱ wirȱ unsȱ nunȱ demȱ Römerbriefȱ undȱ dessenȱ Zukunftsvorstellungȱ fürȱ Israelȱ zu.ȱ Imȱ Vergleichȱ mitȱ denȱ andeȬ renȱPaulusbriefenȱzeigtȱerȱeineȱauffallendeȱGeschlossenheit.ȱDochȱdarfȱ erȱ nichtȱ einfachȱ alsȱ „systematischȬtheologischerȱ Traktat“ȱ aufgefasstȱ werden.ȱ Vielmehrȱ hängenȱ seineȱ besonderenȱ Merkmaleȱ auchȱ mitȱ denȱ äußerenȱ Umständenȱ derȱ Abfassungssituationȱ zusammen.ȱ Obwohlȱ derȱ Römerbriefȱ andersȱ alsȱ dieȱ mehrȱ aufȱ Gemeindefragenȱ antwortendenȱ Korintherbriefeȱ letztlichȱ nurȱ einȱ einzigesȱ Themaȱ hatȱ (damitȱ istȱ erȱ demȱ Galaterbriefȱvergleichbar),ȱwirdȱmanȱihnȱimȱKontextȱderȱanderenȱBriefeȱ ebenfallsȱalsȱGelegenheitsschreibenȱauffassen,ȱdessenȱsituativerȱKontextȱ ihnȱfreilichȱgegenüberȱdenȱanderenȱBriefenȱheraushebt.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 40ȱȱ SoȱgehenȱdieȱJesajatexteȱimȱKontextȱderȱVölkerwallfahrtsmotivikȱzunächstȱvomȱHeilȱ fürȱIsraelȱaus,ȱdasȱdemȱHeilȱfürȱdieȱVölkerȱvorausgeht;ȱinȱRömȱ11ȱistȱesȱumgekehrt.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

395ȱ

Daȱ alsoȱ derȱ biographischeȱ Indexȱ fürȱ dieȱ Auslegungȱ eineȱ wichtigeȱ Rolleȱspielt,ȱgiltȱes,ȱsichȱdieȱUmständeȱderȱBriefentstehungȱvorȱAugenȱ zuȱführenȱ(4.2.1).ȱAnschließendȱistȱdieȱliterarischeȱStrukturȱdesȱBriefesȱ insgesamtȱwieȱvorȱallemȱderȱIsraelȬKapitelȱ9–11ȱzuȱskizzierenȱ(4.2.2ȱundȱ 4.2.3),ȱbevorȱwirȱunsȱdenȱGrundzügenȱderȱAuslegungȱdesȱ„Mysteriumsȱ vonȱderȱRettungȱganzȱIsraels“ȱ(Römȱ11,26)ȱzuwendenȱ(4.2.4)ȱ

4.2.1ȱZurȱEntstehungssituationȱdesȱRömerbriefsȱ Dieȱ Abfassungȱ desȱ Schreibensȱ wirdȱ manȱ amȱ bestenȱ durchȱ eineȱ MehrȬ zahlȱ vonȱ Komponentenȱ erklären,ȱ dieȱ schließlichȱ denȱ Charakterȱ desȱ Briefesȱ erläuternȱ können.41ȱ Schonȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ äußerenȱ Einflüsseȱ sindȱunterschiedlicheȱLinienȱzuȱverbinden:ȱDerȱAbschlussȱderȱMissionȱ desȱPaulusȱimȱOstenȱ(vgl.ȱRömȱ15,23),ȱseinȱnaherȱBesuchȱinȱJerusalemȱ (15,25),ȱfürȱdenȱKonflikteȱzuȱerwartenȱsind,ȱsowieȱseineȱPlanungȱeinerȱ zukünftigenȱ Spanienmissionȱ (15,24.28),ȱ fürȱ dieȱ Paulusȱ dieȱ UnterstütȬ zungȱ derȱ ihmȱ nochȱ unbekanntenȱ Gemeindeȱ inȱ Romȱ benötigt.ȱ Soȱ wirdȱ manȱsichȱimȱWinterȱ55ȱinȱKorinthȱeinenȱPaulusȱvorstellen,ȱderȱsichȱumȱ denȱ gelungenenȱ Startȱ einerȱ Beziehungȱ mitȱ derȱ wichtigenȱ römischenȱ Gemeindeȱ müht,ȱ zugleichȱ aberȱ auchȱ mitȱ intensivenȱ Vorbereitungenȱ seinerȱ Jerusalemreiseȱ befasstȱ istȱ undȱ dieȱ Argumenteȱ undȱ Positionenȱ seinerȱTheologieȱordnet.ȱ IndizienȱimȱBriefȱselbstȱlassenȱdiesenȱKontextȱinȱmancherȱHinsichtȱ rekonstruieren.ȱ Sieȱ findenȱ sichȱ amȱ Anfangȱ undȱ amȱ Endeȱ desȱ Briefesȱ (Römȱ1ȱundȱ15),ȱwoȱPaulusȱsichȱzuȱseinenȱReisenȱäußert,ȱsowieȱinȱKap.ȱ 16,ȱdasȱzahlreicheȱGrüßeȱenthältȱundȱmehrereȱinteressanteȱundȱüberraȬ schendeȱNamenȱüberliefert.42ȱDieseȱhäufigȱunterschätztenȱTexteȱhabenȱ eineȱwesentlicheȱBedeutungȱfürȱdenȱRömerbrief,ȱdaȱsieȱdieȱAusführunȬ genȱ desȱ Briefkorpusȱ inȱ eineȱ bestimmteȱ Situationȱ einbetten.ȱ Insgesamtȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 41ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱWarumȱschriebȱPaulusȱdenȱRömerbrief,ȱ2–14;ȱWilckens,ȱRömȱI,ȱ 43–46.ȱ 42ȱȱ DieȱAnnahme,ȱdassȱdasȱ16.ȱKapitelȱ(bzw.ȱTeileȱdavon)ȱnichtȱzumȱBriefȱgehöre,ȱsonȬ dernȱ z.ȱ B.ȱ eineȱ Grußlisteȱ nachȱ Ephesusȱ sei,ȱ kannȱ nichtȱ überzeugenȱ (vgl.ȱ Wilckens,ȱ RömȱI,ȱ22–27).ȱEsȱsprechenȱguteȱ GründeȱfürȱdieȱEinheitȱdesȱBriefes:ȱTextkritischȱistȱ dasȱEndeȱnachȱ15,33ȱnichtȱzuȱbeweisen,ȱdieȱFormȱdesȱBriefesȱinsgesamtȱgerieteȱohneȱ dieȱGrüßeȱinȱSchieflage,ȱimȱZusammenhangȱmitȱdemȱZweckȱderȱAbfassungȱistȱesȱgutȱ nachvollziehbar,ȱdassȱPaulusȱmöglichstȱvieleȱPersonenȱnamentlichȱgrüßenȱließ,ȱauchȱ wennȱerȱnichtȱalleȱpersönlichȱkannte;ȱhistorischȱgilt,ȱdassȱmitȱNerosȱAmtsantrittȱdasȱ Claudiusediktȱ aufgehobenȱ warȱ undȱ vieleȱ Christenȱ nachȱ Romȱ zurückkehrten;ȱ vgl.ȱ Theobald,ȱ Römerbriefȱ (EdF),ȱ 22–25;ȱ zurȱ textkritischenȱ Problematikȱ vgl.ȱ Aland,ȱ Schluss;ȱ Schreiber,ȱ Römerbrief,ȱ 285.ȱ Vgl.ȱ auchȱ dieȱ rahmendenȱ Textteileȱ ausȱ Römȱ 1ȱ bzw.ȱRömȱ15f.ȱbeiȱTheobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ45.ȱ

396ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

kannȱmanȱfesthalten:ȱ„PaulusȱmussȱeinerȱihmȱpersönlichȱnichtȱbekannȬ tenȱGemeindeȱeineȱArtȱVisitenkarteȱerstellen,ȱausȱderȱsieȱersehenȱkann,ȱ aufȱwenȱsieȱsichȱeinlässt,ȱwennȱerȱzuȱihrȱkommt.“43ȱ DerȱBriefȱrichtetȱsichȱanȱChristen,ȱundȱzwarȱhauptsächlichȱanȱHeiȬ denchristen.ȱObwohlȱPaulusȱinȱderȱRegelȱGemeindegründerȱist,ȱwendetȱ erȱ sichȱ nurȱ hierȱ anȱ eineȱ schonȱ bestehendeȱ Gemeinde.ȱ Erstȱ amȱ Schlussȱ erwähntȱ erȱ seinȱ eigenesȱ Anliegenȱ inȱ Bezugȱ aufȱ Unterstützungȱ fürȱ dieȱ geplanteȱSpanienreise.ȱ Insgesamtȱ nimmtȱ derȱ Römerbriefȱ innerhalbȱ derȱ Paulusbriefeȱ eineȱ Sonderstellungȱein.ȱDiesȱgiltȱnichtȱnurȱwieȱschonȱgesagtȱimȱBlickȱaufȱdieȱ Gemeinde:ȱ Esȱ istȱ derȱ einzigeȱ Brief,ȱ denȱ Paulusȱ anȱ eineȱ nichtȱ vonȱ ihmȱ gegründeteȱ Gemeindeȱ schreibt.ȱ Auchȱ formalȱ hebtȱ erȱ sichȱ heraus:ȱ Dasȱ Präskriptȱ istȱauffallendȱerweitert,ȱ ebensoȱ dieȱ Grußliste,ȱ dieȱ wohlȱ dazuȱ dient,ȱseineȱmangelndeȱKenntnisȱderȱGemeindeȱdurchȱzahlreicheȱKonȬ takteȱ auszugleichen.ȱ Außerdemȱ fälltȱauf,ȱ dassȱzweiȱ Drittelȱ allerȱ alttesȬ tamentlichenȱ Zitate,ȱ dieȱ inȱ paulinischenȱ Briefenȱ belegtȱ sind,ȱ demȱ RöȬ merbriefȱ zugehören.ȱ Einȱ Blickȱ aufȱ dieȱ literarischeȱ Strukturȱ kannȱ dieseȱ erstenȱBeobachtungenȱverdichtenȱundȱdientȱzugleichȱeinerȱAnnäherungȱ anȱdenȱentscheidendenȱTextȱinȱRömȱ11.ȱ

4.2.2ȱZurȱliterarischenȱStrukturȱdesȱBriefesȱ Wieȱschonȱgesagt,ȱsollteȱderȱBriefȱnichtȱalsȱZusammenfassungȱpauliniȬ scherȱ Theologieȱ gelesenȱ werden.ȱ Esȱ gehtȱ Paulusȱ nichtȱ darum,ȱ dieȱ weȬ sentlichenȱ Aspekteȱ desȱ Christlichenȱ hierȱ inȱ ausgewogenerȱ Weiseȱ undȱ vollständigȱdarzustellen.ȱVielmehrȱkreistȱderȱBriefȱumȱdieȱFrageȱ„Wasȱ istȱdasȱEvangelium?“ȱ(vgl.ȱdieȱPropositioȱRömȱ1,16f.),ȱsoȱdassȱHeinrichȱ SchlierȱdenȱRömerbriefȱalsȱ„Evangeliumsbrief“44ȱbezeichnenȱkonnte.ȱDiesȱ wirdȱimȱBriefȱexpliziert,ȱzunächstȱfürȱdieȱGemeindeȱinȱRom,ȱdieȱPaulusȱ nochȱ nichtȱ kennt,ȱ aberȱ wohlȱ auchȱ alsȱ Selbstvergewisserungȱ desȱ AposȬ tels,ȱ bevorȱ erȱ nachȱ Jerusalemȱ kommt.ȱ Dieȱ Einsicht,ȱ dassȱ derȱ Briefȱ nurȱ einȱleitendesȱThemaȱhat,ȱwirdȱeineȱwichtigeȱHilfeȱfürȱunsereȱBeschäftiȬ gungȱ mitȱ Römȱ 9–11ȱ sein.ȱ Sieȱ rücktȱ denȱ Römerbriefȱ inȱ dieȱ Näheȱ einerȱ antikenȱRede,ȱsoȱdassȱmanȱihnȱauchȱunterȱrhetorischenȱCharakteristikaȱ untersuchenȱkann.45ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 43ȱȱ Becker,ȱPaulus,ȱ361f.;ȱzumȱRömerbriefȱvgl.ȱdortȱ351–394:ȱ„DerȱRömerbriefȱalsȱTestaȬ mentȱdesȱPaulus“.ȱ 44ȱȱ ZitiertȱbeiȱTheobald,ȱRömȱI,ȱ23.ȱ 45ȱȱ DieȱrhetorischeȱUntersuchungȱderȱBriefeȱwarȱlangeȱZeitȱhindurchȱselbstverständlich,ȱ soȱfindenȱwirȱnochȱbeiȱP.ȱMelanchthonȱantikeȱrhetorischeȱKategorien.ȱDieseȱgingenȱ jedochȱ imȱ Zugeȱ derȱ Aufklärungȱ immerȱ mehrȱ verlorenȱ undȱ wurdenȱ erstȱ imȱ 20.ȱ Jh.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

397ȱ

SchonȱinȱderȱPropositioȱbringtȱPaulusȱalsoȱdasȱprimäreȱThemaȱdesȱ Schreibensȱ undȱ gibtȱ schonȱ impliziteȱ Hinweiseȱ aufȱ nachfolgendeȱ TheȬ menkomplexe.ȱEsȱhandeltȱsichȱumȱeineȱThese,ȱdieȱdannȱimȱFolgendenȱ begründetȱ undȱ ausgelegtȱ wird.ȱ Ihreȱ Bedeutungȱ wirdȱ durchȱ ihreȱ StelȬ lungȱ imȱ Briefȱ unterstrichen:ȱ Nachȱ demȱ umfangreichenȱ Präskriptȱ läuftȱ dieȱ Danksagung,ȱ dieȱ alsȱ „captatioȱ benevolentiae“ȱ sehrȱ freundlichȱ undȱ vonȱsichȱselbstȱzurückhaltenȱsprechendȱausfällt,ȱanȱdieȱRömerȱdirektȱinȱ dieserȱ Propositioȱ aus.ȱ Danachȱ beginntȱ Paulusȱ unmittelbarȱ mitȱ seinerȱ „Rede“.ȱ Dieȱ Grobstrukturȱ desȱ Briefesȱ lässtȱ sichȱ soȱ inȱ Anlehnungȱ anȱ rhetorischeȱGesichtspunkteȱfolgendermaßenȱfestlegen:46ȱ ȱ 1,1–7ȱ 1,8–15ȱ 1,16f.ȱ 1,18–11,36ȱ 12,1–15,13ȱ 15,14–16,23ȱ

Präskriptȱ Proömiumȱ Themenangabeȱ/ȱPropositioȱ Argumentatioȱ Paräneseȱ Briefschlussȱ

ȱ Dieȱ Möglichkeit,ȱ eineȱ solcheȱ übergreifendeȱ Gliederungȱ zuȱ erkennen,ȱ wieȱ sieȱ etwaȱ derȱ Rahmenȱ desȱ klassischenȱ Briefformularsȱ ermöglicht,ȱ darfȱjedochȱnichtȱdarüberȱhinwegtäuschen,ȱdassȱvereinzelteȱTextblöckeȱ inȱ sichȱ selbstȱ einenȱ wesentlichȱ engerenȱ Zusammenhaltȱ zeigen,ȱ alsȱ unȬ tereinander,ȱ wenngleichȱ Brückenȱ geschlagenȱ werdenȱ können.47ȱ Wirȱ werdenȱausȱdiesemȱBrief,ȱdessenȱThemaȱinȱ1,16f.ȱfürȱdenȱganzenȱBriefȱ formuliertȱwird,ȱvorȱallemȱdieȱKapitelȱ9–11ȱherausgreifen,ȱweilȱinȱihnenȱ dieȱfürȱunsȱwichtigeȱFrageȱnachȱderȱZukunftȱIsraelsȱthematisiertȱwird.ȱȱ

4.2.3ȱZurȱKohärenzȱundȱStrukturȱvonȱRömȱ9–11ȱ EsȱhandeltȱsichȱbeiȱdenȱKapitelnȱRömȱ9–11ȱumȱeinenȱinȱsichȱstehendenȱ Teil,ȱ ohneȱ dassȱ erȱ dadurchȱ vonȱ denȱ umliegendenȱ Kapitelnȱ gänzlichȱ abgekoppeltȱ wäre.ȱ Beiȱ allenȱ Differenzenȱ inȱ denȱ GliederungsvorschläȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ wiederentdeckt.ȱ Alsȱ wichtigerȱ Vertreterȱ derȱ modernenȱ Exegeseȱ mitȱ Hilfeȱ rhetoriȬ scherȱ Mittelȱ istȱ H.ȱ D.ȱ Betzȱ zuȱ nennen,ȱ dessenȱ GalȬAuslegungȱ aufȱ dieserȱ Grundlageȱ sichȱalsȱsehrȱfruchtbarȱerwiesenȱhat.ȱ 46ȱȱ Theobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ49.ȱ 47ȱȱ Vgl.ȱ Becker,ȱ Paulus,ȱ 362:ȱ „Derȱ interneȱ Zusammenhaltȱ inȱ Römȱ 1–8ȱ oderȱ Römȱ 9–11ȱ oderȱ12–13ȱoderȱ14,1–15,13ȱistȱzweifelsfreiȱeinȱvielȱhochgradigererȱalsȱzwischenȱdieȬ senȱBlöckenȱuntereinander,ȱdieȱimȱEndeffektȱalsȱinȱsichȱruhendȱundȱvollständigȱanȬ gesehenȱ werdenȱ können“;ȱ zumȱ Gedankengangȱ vonȱ Römȱ 1–8ȱ vgl.ȱ Becker,ȱ Paulus,ȱ 370–376ȱundȱdieȱÜbersichtȱaufȱ377.ȱ

398ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

genȱkannȱesȱalsȱallgemeinȱanerkanntȱgelten,ȱdassȱwirȱesȱgrundsätzlichȱ mitȱdreiȱBlöckenȱzuȱtunȱhaben:ȱ 1)ȱ Zunächstȱ dasȱ theozentrischeȱ Kap.ȱ 9,ȱ dasȱ dieȱ göttlicheȱ Erwählungȱ undȱ Verwerfungȱthematisiert.48ȱ 2)ȱ Dannȱ einȱ mehrȱ oderȱ wenigerȱ aufȱ Kap.ȱ 10ȱ zuȱ beziehendesȱ Mittelstück,ȱ dessenȱIntentionȱ„eineȱderȱschwierigstenȱFragenȱinȱderȱAuslegungȱderȱKaȬ pitelȬTrias“49ȱist.ȱDaȱdieȱVerweigerungȱIsraelsȱhervorgehobenȱwird,ȱhaltenȱ vieleȱdenȱTeilȱfürȱeinenȱSchulderweisȱIsraelsȱbzw.ȱeineȱEntlastungȱGottes.ȱȱ 3)ȱSchließlichȱderȱdritteȱBlock,ȱderȱinȱKap.ȱ11ȱfolgt,ȱdasȱgöttlicheȱErbarmenȱ thematisiertȱ undȱ mitȱ derȱ Redeȱ vonȱ derȱ zukünftigenȱ Rettungȱ ganzȱ Israelȱ endet.ȱ Eineȱ Zäsurȱ wirdȱ gelegentlichȱ inȱ 11,13ȱ erkannt,ȱ woȱ derȱ Apostelȱ dasȱ Wortȱexplizitȱanȱ„dieȱHeiden“ȱrichtet.50ȱ

Ohneȱ aufȱ dieȱ zahlreichenȱ Streitfragenȱ zuȱ denȱ Kapitelnȱ eingehenȱ zuȱ können,ȱsollenȱimȱFolgendenȱGrundlinienȱderȱAuslegungȱnachgezeichȬ netȱwerden.ȱDafürȱistȱzunächstȱzuȱklären,ȱobȱdieȱKapitelȱüberhauptȱeineȱ Gesamtheitȱbilden,ȱderȱmanȱeinȱErgebnisȱentnehmenȱkann.ȱȱ DieȱSchwierigkeiten,ȱdieȱTexteȱRömȱ9–11ȱinȱeinenȱZusammenhangȱzuȱbrinȬ gen,ȱ lassenȱ vieleȱ Auslegerȱ beiȱ einerȱ Feststellungȱ vonȱ „Diskrepanzen“ȱ undȱ „Widersprüchen“ȱ stehenbleiben.ȱ Soȱ sprichtȱ Heikkiȱ Räisänenȱ vonȱ einerȱ „Diskrepanzȱ zwischenȱ Römȱ 9ȱ undȱ Römȱ 11“51,ȱ dieȱ nichtȱ auflösbarȱ scheint.ȱ Auchȱ Hubertȱ Frankemölle,ȱ derȱ anhandȱ derȱ Schriftargumentationȱ inȱ denȱ Kapitelnȱ eineȱ durchgehendeȱ Linieȱ aufweisenȱ will,52ȱ bleibtȱ schließlichȱ beiȱ derȱ Erhebungȱ zweierȱ nichtȱ vermittelterȱ Bundeskonzepteȱ stehen:ȱ „Dieȱ ReȬ zeptionȱpriesterschriftlicherȱundȱdeuteronomistischerȱFragestellungȱstehenȱ […]ȱeinanderȱgegenüber,ȱohneȱdassȱletztlichȱvonȱPaulusȱeinȱAusgleichȱgeȬ schaffenȱ wurde.“53ȱ Besondersȱ markantȱ bleibtȱ derȱ Beitragȱ vonȱ Karlheinzȱ Müller,ȱderȱPaulusȱletztlichȱeinȱArmutszeugnisȱausstellt,ȱwennȱerȱnachȱderȱ AnalyseȱderȱTexteȱ„dasȱkaumȱzuȱbestreitendeȱErgebnis“ȱformuliert,ȱ„dassȱ PaulusȱnurȱdreiȱvölligȱdivergierendeȱAntwortenȱzuȱfindenȱvermag,ȱdieȱsichȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 48ȱȱ Gelegentlichȱ wirdȱ Römȱ 11,1–10ȱ hiermitȱ verbundenȱ (z.ȱ B.ȱ Müller,ȱ Lastȱ kanonischerȱ Erinnerung,ȱ207).ȱ 49ȱȱ Theobald,ȱGottesbilder,ȱ154.ȱ 50ȱȱ DerȱSchlusshymnusȱ11,33–36ȱsowieȱderȱAnfangȱ9,1–5ȱwerdenȱgelegentlichȱalsȱeigeneȱ Teileȱangesehen,ȱvgl.ȱAdam,ȱVersöhnung,ȱ125.ȱ 51ȱȱ Räisänen,ȱAnalyse,ȱ2930.ȱ 52ȱȱ Vgl.ȱFrankemölle,ȱ„Bund/Bünde“ȱimȱRömerbrief,ȱ69–84.ȱ 53ȱȱ Frankemölle,ȱ „Bund/Bünde“ȱ imȱ Römerbrief,ȱ 83;ȱ nebenȱ derȱ priesterschriftlichenȱ Bundestheologie,ȱdieȱhinterȱdenȱKap.ȱ9ȱundȱ11ȱsteht,ȱsiehtȱFrankemölleȱinȱRömȱ9,30– 10,21ȱ deuteronomistischeȱ Bundeskonzepteȱ (Verantwortungȱ undȱ Ungehorsamȱ desȱ Volkes).ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

399ȱ

wederȱ bruchlosȱ aneinanderȱ fügenȱ nochȱ sinnvollȱ nebeneinanderȱ stehenȱ bleibenȱkönnen.“54ȱ

Esȱ scheint,ȱ dassȱ vorȱ allemȱ dannȱ dieȱ Widersprücheȱ diesesȱ besondereȱ Gewichtȱ bekommen,ȱ wennȱ manȱ denȱ dreiȱ „Anläufen“ȱ eineȱ formalȬ sachlicheȱ „Gleichrangigkeit“ȱ zugesteht.ȱ Werȱ freilichȱ mitȱ einerȱ HermeȬ neutikȱ desȱ „Erkenntnisfortschrittes“ȱ anȱ dieȱ Texteȱ herangeht,ȱ dieȱ sichȱ nichtȱ zuletztȱ auchȱ ausȱ derȱ Einsichtȱ inȱ dieȱ fürȱ Paulusȱ charakteristischeȱ EntwicklungȱseinesȱDenkensȱergibt,ȱkannȱRömȱ9–11ȱinȱeinemȱsinnvolȬ lenȱ Bogenȱ lesenȱ undȱ auslegen.ȱ Letzteresȱ scheintȱ imȱ Blickȱ aufȱ dasȱ perȬ sönlicheȱ Engagementȱ undȱ Ringenȱ desȱ Apostels,ȱ dasȱ ausȱ denȱ Textenȱ spricht,ȱ angemessenȱ zuȱ sein.ȱ Soȱ kannȱ sichȱ eineȱ „innereȱ Kohärenz“55ȱ zeigen.ȱ Einȱ weitererȱ Punktȱ istȱ zuȱ beachten:ȱ Werȱ denȱ Römerbriefȱ bisȱ zumȱ Endeȱdesȱ11.ȱKapitelsȱverfolgtȱhat,ȱwird,ȱauchȱwennȱerȱnichtȱalleȱArguȬ mentationsschritteȱdesȱApostelsȱmitverfolgenȱkonnte,ȱdochȱdenȱberechȬ tigtenȱEindruckȱhaben,ȱdassȱPaulusȱnunȱnachȱlangemȱRingenȱzuȱeinemȱ fulminantenȱEndeȱkommt.ȱDerȱLobpreisȱGottes,ȱdenȱerȱinȱRömȱ11,33–36ȱ bietet,ȱ deutetȱ inȱ keinerȱ Weiseȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ seineȱ Reflexionenȱ derȱ vergangenenȱ Kapitelȱ letztlichȱ unzusammenhängendȱ nebeneinanderȱ stehenȱ oderȱ denȱ Apostelȱ vorȱ ungelösteȱ Problemeȱ stellen.ȱ Vielmehrȱ scheintȱ erȱ Dankȱ undȱ Lobȱ fürȱ Gottesȱ Hilfeȱ beiȱ derȱ Lösungȱ derȱ ihnȱ beȬ drängendenȱFragenȱausdrückenȱzuȱwollen.ȱWennȱderȱApostelȱsoȱallemȱ Anscheinȱ nachȱ dasȱ Briefkorpusȱ alsȱ erfolgreichȱ abgeschlossenȱ ansieht,ȱ istȱesȱmethodischȱgeboten,ȱeherȱdieȱKohärenzȱderȱGedankengängeȱaufȬ zuweisen,ȱ alsȱ beiȱ denȱ aufgespürtenȱ Spannungenȱ stehenzubleiben.ȱ Erȱ selbstȱ sprichtȱ jaȱ ausdrücklichȱ vonȱ derȱ Unerforschlichkeitȱ göttlicherȱ Wegeȱ(11,33).ȱDiesȱbedeutetȱfürȱihnȱaberȱkeineswegsȱeineȱKapitulation,ȱ sondernȱ eherȱ dasȱ Überschreitenȱ menschlichenȱ Vermögensȱ hinȱ aufȱ dieȱ göttlichenȱMysterien.ȱ Einȱ wichtigerȱ Hinweisȱ aufȱ derȱ Sucheȱ nachȱ derȱ Kohärenzȱ bestehtȱ nunȱ darin,ȱ dasȱ eigentlicheȱ Themaȱ derȱ Kapitelȱzuȱ benennen.ȱ Nachȱ denȱ antikenȱ rhetorischenȱ Konventionenȱ giltȱ fürȱ öffentlicheȱ Reden,ȱ dassȱ sieȱ nichtȱ alleȱ möglichenȱ Themenȱ behandeln,ȱ sondernȱ einesȱ herausgreifen.ȱ Imȱ Gegensatzȱ etwaȱ zuȱ denȱ Korintherbriefen,ȱ inȱ denenȱ Paulusȱ aufȱ AnȬ fragenȱundȱProblemeȱderȱGemeindeȱeingeht,ȱistȱderȱRömerbriefȱanȱdieȱ ihmȱfremdeȱGemeindeȱmitȱdemȱAnspruchȱgerichtet,ȱsichȱundȱseineȱBotȬ schaftȱ denȱ Adressatenȱ möglichstȱ gediegenȱ vorzustellen.ȱ Dieȱ BeschränȬ kungȱ aufȱ dasȱ eineȱ großeȱ Thema,ȱ dasȱ erȱ inȱ derȱ wichtigenȱ Propositioȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 54ȱȱ Müller,ȱLastȱkanonischerȱErinnerung,ȱ245.ȱ 55ȱȱ Theobald,ȱ Gottesbilder,ȱ 135;ȱ derȱ gesamteȱ Beitragȱ versuchtȱ dieȱ Darstellungȱ dieserȱ „innerenȱKohärenz“ȱzuȱverdeutlichen.ȱ

400ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

Römȱ 1,16ȱ formuliertȱ hat,ȱ istȱ daherȱ ohneȱ weiteresȱ anzunehmen:ȱ Dasȱ Evangeliumȱalsȱ„KraftȱGottesȱfürȱjeden,ȱderȱglaubt.“ȱ GerdȱTheißenȱhatȱversucht,ȱdieȱKapitelȱdurchȱeineȱErörterungȱderȱpsychoȬ logischenȱ Situationȱ desȱ Paulusȱ zuȱ erfassen.56ȱ Seineȱ wichtigeȱ Einsichtȱ ist,ȱ dassȱ derȱ Textȱ „einerȱ seinerȱ persönlichstenȱ Texte“57ȱ ist.ȱ Dieserȱ Hinweisȱ weistȱ aufȱ einenȱ doppeltenȱ Aspektȱ hin:ȱ Einerseitsȱ habenȱ wirȱ esȱ ebenȱ nichtȱ mitȱ einerȱ spekulativȬsystematischenȱ Abhandlungȱ zuȱ tun,ȱ sondernȱ mitȱ ReȬ flexionen,ȱdieȱausȱeigenenȱErfahrungenȱentspringen.ȱGewisseȱSpannungenȱ sindȱ darinȱ vonȱ vornhereinȱ vorprogrammiert.ȱ Zumȱ anderenȱ könnenȱ wirȱ vermuten,ȱdassȱdieȱAussagenȱselbstȱinsgesamtȱaufȱdieȱExistenzȱdesȱAposȬ telsȱzuȱbeziehenȱsind,ȱalsoȱAusgangspunktȱundȱLösungȱnichtȱvonȱderȱGeȬ staltȱdesȱPaulusȱabgetrenntȱwerdenȱdürfen.58ȱEsȱwirdȱsichȱzeigen,ȱdassȱdieȬ seȱ Vorentscheidungenȱ sehrȱ hilfreichȱ werdenȱ können.ȱ Soȱ stehtȱ etwaȱ dieȱ Jerusalemreise,ȱvorȱderenȱAntrittȱderȱApostelȱdenȱBriefȱverfasstȱundȱaufȱdieȱ erȱ inȱ Römȱ 15ȱ zuȱ sprechenȱ kommenȱ wird,ȱ imȱ Hintergrund.ȱ Erȱ formuliertȱ auchȱimȱBlickȱaufȱdieȱdortigeȱ„Urgemeinde“.ȱ

EsȱhandeltȱsichȱinȱRömȱ9–11ȱdamitȱumȱbiographischeȱfundierteȱErörteȬ rungen,ȱ dieȱ freilichȱ generellenȱ Charakterȱ annehmen.ȱ Daherȱ sindȱ dieȱ biographischenȱ Passagenȱ alsȱ Gliederungsmerkmaleȱ ernstȱ zuȱ nehmen.ȱ Auchȱ stehenȱ dieȱ Teileȱ keineswegsȱ „gleichrangig“ȱ nebeneinander59,ȱ sondernȱ zeigenȱ einenȱ Erkenntnisfortschritt,ȱ derenȱ Klimaxȱ inȱ Römȱ 11,25–27ȱ erreichtȱ wird,ȱ wieȱ nichtȱ zuletztȱ dieȱ Redeȱ vomȱ „Mysterium“ȱ undȱderȱsichȱinȱV.ȱ33ȱanschließendeȱLobpreisȱzeigen.ȱ Esȱistȱwichtig,ȱzwischenȱsemantischenȱSpannungen,ȱdieȱderȱpersönȬ lichenȱ Erfahrungȱ desȱ Apostelsȱ geschuldetȱ sind,ȱ undȱ derȱ trotzdemȱ zuȱ entdeckendenȱ syntaktischȬformalenȱ Kohärenzȱ zuȱ unterscheiden.60ȱ Vonȱ pragmatischerȱSeiteȱherȱistȱzuȱbeachten,ȱdassȱPaulusȱsichȱanȱdieȱHeidenȱ Romsȱ wendet,ȱ zugleichȱ aberȱ auchȱ dieȱ Jerusalemerȱ Judenchristenȱ imȱ Blickȱhat,ȱzuȱdenenȱerȱbaldȱfahrenȱwird.61ȱDerȱBriefȱstehtȱalsoȱinȱeinemȱ kompliziertenȱBeziehungsgeflecht:ȱPaulusȱselbstȱinȱseinerȱSituationȱvorȱ derȱReiseȱnachȱJerusalem,ȱdieȱ(Paulusȱpersönlichȱnichtȱbekannte)ȱrömiȬ scheȱGemeinde,ȱdieȱJerusalemerȱUrgemeinde.ȱUnterȱdiesenȱVoraussetȬ zungenȱerhältȱdieȱStufungȱderȱdreiȱTeileȱeineȱnachvollziehbareȱZielrichȬ tung.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 56ȱȱ Theißen,ȱ Römȱ 9–11,ȱ 311–341.ȱ Vgl.ȱ auchȱ dieȱ kommentierendenȱ Hinweiseȱ beiȱ TheoȬ bald,ȱGottesbilder,ȱ138–141.ȱ 57ȱȱ Theißen,ȱRömȱ9–11,ȱ311.ȱ 58ȱȱ Esȱbleibtȱ freilichȱanzumerken,ȱ dassȱbeiȱTheißensȱ AnsatzȱdieȱGefahrȱbesteht,ȱsämtliȬ cheȱ AussagenȱderȱKapitelȱnurȱnochȱaufȱdieȱpaulinischeȱExistenzȱ zuȱbeziehen,ȱohneȱ denȱumgreifendenȱAnspruch,ȱdenȱerȱauchȱerhebt,ȱgerechtȱzuȱwerden.ȱ 59ȱȱ Müller,ȱLastȱkanonischerȱErinnerung,ȱ206.ȱ 60ȱȱ DazuȱTheobald,ȱGottesbilder,ȱ143–145.ȱ 61ȱȱ Theobald,ȱGottesbilderȱ146.ȱ

ȱ

401ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

EinȱweitererȱZugangȱzumȱAufbauȱderȱKapitelȱRömȱ9–11,ȱinȱdenenȱ Paulusȱ darumȱ ringt,ȱ seineȱ Erfahrungȱ derȱ Ablehnungȱ Jesuȱ durchȱ denȱ allergrößtenȱTeilȱIsraelsȱtheologischȱzuȱdurchdringen,ȱistȱeineȱchronoloȬ gischeȱZeitachse.ȱDieȱKapitelȱbietenȱReflexionenȱdesȱPaulusȱzurȱVerganȬ genheitȱ(Römȱ9),ȱGegenwartȱ(Römȱ10)ȱundȱZukunftȱ(Römȱ11)ȱdesȱGotȬ tesvolkesȱ Israel.62ȱ Dieȱ stetsȱ wiederkehrendenȱ undȱ dieȱ Kapitelȱ dadurchȱ strukturierendenȱ persönlichenȱ Äußerungenȱ findenȱ sichȱ inȱ Römȱ 9,1ff;ȱ 10,1f.;ȱ 11,1,ȱ undȱ 11,13f.;ȱ Paulusȱ sprichtȱ hierȱ inȱ derȱ 1.ȱ Person.ȱ Anȱ dieȱ persönlicheȱÄußerungȱschließtȱsichȱjeweilsȱeineȱPropositioȱan,ȱdieȱdannȱ entfaltetȱwird.ȱSoȱergibtȱsichȱfolgendesȱSchema:ȱ ȱ ȱ

Aȱ Römȱ9,1–33ȱ

Zeitachseȱ PersönliȬ cheȱNotizȱ anschlieȬ ßendeȱ Propositioȱ Themaȱ

Bȱ Römȱ10,1–21ȱ

Cȱ Römȱ11,1–12.13–32ȱ

Vergangenheitȱ

Gegenwartȱ

Zukunftȱ

„IchȱsageȱdieȱWahrheitȱ […],ȱbinȱvollȱTrauerȱ […],ȱmöchteȱverfluchtȱ seinȱ[…].“ȱ(9,1–5)ȱ „DasȱWortȱGottesȱistȱ keineswegsȱhinfälligȱ geworden.“ȱ(9,6)ȱ

„IchȱbeteȱzuȱGott,ȱdassȱ sieȱgerettetȱwerdenȱ undȱbezeugeȱihnenȱ […].“ȱ(10,1f.)ȱ „Sieȱ(=ȱdieȱJuden)ȱ habenȱEiferȱfürȱGott,ȱ aberȱohneȱErkenntȬ nis.“ȱ(10,2)ȱ Dieȱgegenwärtigeȱ SituationȱIsraelsȱ

„IchȱbinȱeinȱIsraelitȱ[…],ȱ alsȱApostelȱderȱHeidenȱ preiseȱichȱmeinenȱ Dienstȱ[…].“ȱ(11,1.13f.)ȱ „GottȱhatȱseinȱVolkȱ nichtȱverstoßen“ȱ(11,1f.;ȱ mitȱderȱpersönlichenȱ Notizȱverbunden).ȱ DasȱzukünftigeȱGeȬ schickȱIsraelsȱ

DieȱErwählungȱIsraelsȱ inȱderȱVergangenheitȱ

ȱ DieȱRelevanzȱderȱpersönlichenȱBetroffenheitȱdesȱApostelsȱfürȱdieȱAusȬ legungȱ derȱ Kapitelȱ lässtȱ sichȱ anhandȱ derȱ Propositioȱ inȱ Römȱ 10,2ȱ verȬ deutlichen.ȱPaulusȱeröffnetȱimȱneuenȱKapitelȱdenȱBlickȱaufȱdieȱGegenȬ wart,ȱ indemȱ erȱ imȱ Blickȱ aufȱ Israel,ȱ dasȱ sichȱ demȱ Evangeliumȱ verschließt,ȱ voranstellt:ȱ „Sieȱ habenȱ Eiferȱ fürȱ Gott,ȱ aberȱ nichtȱ gemäßȱ Erkenntnis“ȱ(10,2:ȱΊϛΏΓΑȱΌΉΓІȱσΛΓΙΗ΍ΑȱΦΏΏвȱΓЁȱΎ΅ΘвȱπΔϟ·ΑΝΗ΍Α).ȱ DasȱStichwortȱ„Eifer“ȱ(ΊϛΏΓΖ)ȱkannȱdabeiȱverschiedeneȱDingeȱassoȬ ziieren.ȱ Ausȱ derȱ Zeitgeschichteȱ wirdȱ manȱ vielleichtȱ anȱ dieȱ jüdischeȱ Gruppeȱderȱ„Zeloten“63ȱdenken,ȱdieȱimȱ1.ȱJahrhundertȱn.ȱChr.ȱerwarteȬ ten,ȱdassȱ„durchȱKampfȱgegenȱdieȱrömischenȱUnterdrückerȱdieȱeschatoȬ logischeȱ Befreiungȱ Israelsȱ eingeleitetȱ würde“64,ȱ undȱ –ȱ wieȱ Josephusȱ berichtetȱ –ȱ ȱ „mitȱ großerȱ Zähigkeitȱ anȱ derȱ Freiheitȱ hingenȱ undȱ Gottȱ alȬ leinȱalsȱihrenȱHerrnȱundȱKönigȱanerkannten“65.ȱAuchȱihreȱAntriebskraftȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 62ȱȱ 63ȱȱ 64ȱȱ 65ȱȱ

Vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱRömȱI,ȱ258–319.ȱ Vgl.ȱdazuȱbesondersȱHengel,ȱZeloten;ȱSchürer/Vermes,ȱHistoryȱIIȱ,ȱ598–606.ȱ Hengel,ȱZeloten,ȱ375.ȱ Vgl.ȱJosephus,ȱAntȱ18,23.ȱ

402ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

warȱ „Eiferȱ fürȱ Gott“.ȱ Paulusȱ selbstȱ gibtȱ inȱ verschiedenenȱ seinerȱ Briefeȱ jedochȱweitereȱErläuterungenȱzuȱseinemȱVerständnisȱvonȱ„Eifer“.ȱNachȱ seinenȱ Aussagenȱ inȱ Galȱ 1,13f.ȱ undȱ Philȱ 3,6ȱ warȱ erȱ selbstȱ einȱ leidenȬ schaftlicherȱ„Eiferer“ȱfürȱGott.ȱDamitȱerhältȱseineȱAussageȱüberȱIsraelsȱ ΊϛΏΓΖȱΌΉΓІȱeineȱwichtigeȱKonnotation,ȱhandeltȱesȱsichȱdochȱhierȱnichtȱ umȱ eineȱ einfacheȱ Feststellung,ȱ sondernȱ vielmehrȱ umȱ eineȱ erfahrungsȬ gesättigteȱCharakterisierung,ȱdieȱihnȱselbstȱganzȱengȱmitȱseinenȱisraeliȬ tischenȱ Brüdernȱ verbindet.ȱ Vorȱ seinemȱ Damaskuserlebnisȱ istȱ Paulusȱ selbstȱ einȱ ȱ „Eifererȱ fürȱ Gott,ȱ aberȱ ohneȱErkenntnis“ȱgewesen.ȱ Seineȱ eiȬ geneȱ Erfahrungȱ istȱ damitȱ alsȱ Horizontȱderȱ Aussagenȱ inȱ Römȱ10ȱanzuȬ sehen.ȱ Vonȱ diesemȱ Ansatzȱ zurȱ Deutungȱ desȱ Verhaltensȱ Israelsȱ kannȱ auchȱ dieȱ folgendeȱ Aussageȱ verstandenȱwerden:ȱ Inȱ seinerȱ Zeitȱ alsȱ VerȬ folgerȱfehlteȱPaulusȱselbstȱnochȱdieȱErkenntnis,ȱwelcheȱihmȱinȱderȱOfȬ fenbarungȱ Jesuȱ Christiȱ imȱ Rahmenȱ desȱ Damaskuserlebnissesȱ zuteilȱ wurde.ȱ Zwarȱ hatteȱ erȱ auchȱ schonȱ vorherȱ gewusst,ȱ wasȱ dieȱ Anhängerȱ desȱ Messiasȱ Jesusȱ verkündigten,ȱ dochȱ dieȱ Anerkennungȱ derȱ Botschaftȱ warȱ ihmȱ unmöglich.ȱ Diesȱ warȱ eineȱ Tatȱ Gottesȱ selbst,ȱ dieȱ Menschenȱ nichtȱ möglichȱ gewesenȱ wäre.ȱ Dieȱ jeweilsȱ aufȱ seineȱ Beschreibungenȱ seinesȱ Eifersȱ folgendenȱ Berichteȱ überȱ seineȱ Berufungȱ (Galȱ 1,15;ȱ Philȱ 3,7f.)ȱ machenȱ dieseȱ Theozentrikȱ sehrȱ deutlich.ȱ Interessanterweiseȱ istȱ derȱ Verfolgungseiferȱ jeweilsȱ dasȱ letzteȱ Gliedȱ derȱ Darstellungȱ seinesȱ ͑ΓΙΈ΅ϞΗΐϱΖ.ȱ AusgehendȱvonȱdieserȱseinerȱeigenenȱErfahrungȱerschließtȱsichȱihmȱ nunȱ auchȱ dieȱ Bedeutungȱ derȱ Verweigerungȱ Israels:ȱ Wohlȱ habenȱ sieȱ leidenschaftlichenȱ Eiferȱ fürȱ Gott,ȱ undȱ (dasȱ kannȱ nunȱ analogȱ zuȱ seinerȱ eigenenȱGeschichteȱvorausgesetztȱwerden)ȱsicherȱhabenȱsieȱauchȱratioȬ naleȱ Kenntnisȱ vomȱ Inhaltȱ derȱ Evangeliumsverkündigung,ȱ dochȱ dieȱ Anerkennungȱbleibtȱnochȱversagt.ȱDamitȱistȱPaulusȱmitȱseinerȱeigenenȱ BiographieȱeinȱwichtigesȱBeispielȱfürȱdasȱVerhaltenȱderȱJuden.ȱUndȱsoȱ erklärtȱ sichȱ auchȱ seineȱ vorhergehendeȱ Gebetsbitte:ȱ Erȱ betetȱ zuȱ Gott,ȱ dassȱdieserȱselbstȱ–ȱwieȱeinstȱbeiȱihmȱ–ȱauchȱseinemȱVolkȱinsgesamtȱdieȱ πΔϟ·ΑΝΗ΍Ζȱ (Römȱ 10,2)ȱ schenke.ȱ Dabeiȱ wirdȱ esȱ sichȱ jedochȱ nichtȱ umȱ „einfacheȱ Mission“ȱ durchȱ Menschenȱ handelnȱ können,ȱ sondern,ȱ sehrȱ vielȱ radikaler,ȱ umȱ eineȱ wirklicheȱ Lebenswende,ȱ wieȱ sieȱ Paulusȱ erlebtȱ hat.ȱDieseȱkannȱnurȱdurchȱGottesȱHandelnȱbzw.ȱdurchȱdieȱOffenbarungȱ JesuȱChristiȱselbstȱvollzogenȱwerden.ȱDamitȱöffnetȱsichȱschonȱanȱdieserȱ Stelleȱ derȱ Blickȱ fürȱ seineȱ abschließendȱ inȱ Römȱ 11,26ȱ formulierteȱ HoffȬ nungȱaufȱeineȱWendeȱfürȱIsraelȱdurchȱdenȱwiederkommendenȱChristus.ȱ Deutlichȱwirdȱallerdingsȱauch,ȱwieȱdieȱgesamtenȱAusführungenȱmitȱderȱ Existenzȱ Pauliȱ verbundenȱ sind:ȱ „Israelȱ kommtȱ aufȱ dieȱ gleicheȱ Weiseȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

403ȱ

zumȱGlaubenȱwieȱPaulusȱselbst.“66ȱDamitȱistȱderȱVersȱ10,2ȱkeineȱeinfaȬ cheȱ Behauptungȱ irgendeinesȱ „Eifers“,ȱ sondernȱ eineȱ Aussage,ȱ dieȱ engȱ mitȱ derȱ eigenenȱ Biographieȱ desȱ Paulusȱ zusammenhängt.ȱ Seineȱ DarleȬ gungenȱ inȱ Römȱ 9–11ȱ sindȱ damitȱ nichtȱ zuletztȱ auchȱ eineȱ „HochrechȬ nung“ȱ seinerȱ eigenenȱ Berufungȱ aufȱ seinȱ ganzesȱ Volkȱ hin.ȱ Dieȱ oftȱ alsȱ abstraktȱ empfundeneȱ Argumentationȱ desȱ Paulusȱ inȱ Römȱ 9–11ȱ erhältȱ dadurchȱeinenȱsehrȱanschaulichenȱZug.ȱSieȱkannȱnichtȱunabhängigȱvomȱ Lebenȱ desȱ Paulusȱ verstandenȱ werdenȱ undȱ erhältȱ erstȱ inȱ diesemȱ Lichtȱ notwendigeȱKonturen.ȱ Esȱ stelltȱ sichȱ freilichȱ dieȱ Frage,ȱ warumȱ Israelȱ dieseȱ Anerkenntnisȱ fehlt.ȱ Eineȱ Begründungȱ liefertȱ Römȱ 10,19ȱ amȱ Endeȱ desȱ Kapitels,ȱ woȱ PaulusȱnachȱdemȱHinweis,ȱdassȱIsraelȱsehrȱwohlȱAdressatȱderȱVerkünȬ digungȱgewesenȱist,ȱaberȱnichtȱdaraufȱgehörtȱhabe,ȱimȱRückgriffȱaufȱdieȱ ToraȱeineȱErklärungȱbietet:ȱ ȱ 19ȱ ȱ ȱ ȱ

aȱ bȱ cȱ dȱ

ȱ



ΦΏΏΤȱΏν·Ν,ȱȱ ΐχȱ͑ΗΕ΅χΏȱΓЁΎȱσ·ΑΝ;ȱȱ ΔΕЗΘΓΖȱ̏ΝϼΗϛΖȱΏν·Ή΍ȉȱȱ π·АȱΔ΅Ε΅Ί΋ΏЏΗΝȱЀΐκΖȱπΔвȱΓЁΎȱ σΌΑΉ΍,ȱȱ πΔвȱ σΌΑΉ΍ȱ ΦΗΙΑνΘУȱ Δ΅ΕΓΕ·΍Зȱ ЀΐκΖ.ȱ

Aberȱichȱsage:ȱ HatȱesȱIsraelȱnichtȱverstanden?ȱ ZuerstȱsagtȱMose:ȱ Ichȱwerdeȱeuchȱeifersüchtigȱmachenȱaufȱeinȱ NichtȬVolk,ȱ aufȱ einȱ unverständigesȱ Volkȱ willȱ ichȱ euchȱ zornigȱmachen.ȱ

ȱ Sowohlȱ dasȱ Motivȱ desȱ Eifersȱ (V.ȱ 19d)ȱ wieȱ dasȱ derȱErkenntnisȱ (V.ȱ 19b)ȱ werdenȱinȱdiesemȱVersȱaufgegriffen.ȱDieȱUniversalisierung,ȱdieȱmitȱderȱ Erhöhungȱ Christiȱ eingetretenȱ istȱ undȱ aufȱ dieȱ dasȱ Zitatȱ ausȱ Dtnȱ 32,21ȱ (V.ȱ19d–e)ȱ anspielt,67ȱ stelltȱ denȱ „Steinȱ desȱ Anstoßes“ȱ (vgl.ȱ Römȱ 9,32f.)ȱ dar,ȱdenȱIsraelȱinsgesamtȱnichtȱmitȱvollziehenȱkonnte.ȱDassȱdieȱToraȱfürȱ dieȱVölkerȱnichtȱmehrȱalsȱsolcheȱsoteriologischeȱRelevanzȱbesitzt,ȱistȱeinȱ SkandalȱinȱdenȱAugenȱIsraels,ȱderȱnichtȱdurchȱmenschlicheȱÜberredungȱ eingesehenȱ werdenȱ kann.ȱ Hierȱ mussȱ Gottȱ selbstȱ eineȱ Offenbarungȱ geȬ ben,ȱdieȱdieseȱanstößigeȱUniversalisierungȱerleuchtet.ȱDasȱschließtȱzwarȱ nichtȱ aus,ȱ dassȱ esȱ denȱ Missionarenȱ gelingenȱ kann,ȱ schonȱ einigeȱ durchȱ ihreȱBemühungenȱzuȱüberzeugenȱundȱdadurchȱ„zuȱretten“,ȱdieȱkollekȬ tiveȱ Rettungȱ jedochȱ istȱ dasȱ Werkȱ Gottes,ȱ dasȱ erstȱ beiȱ derȱ Parusieȱ desȱ erhöhtenȱChristusȱgeschehenȱkann.ȱDazuȱpasstȱauchȱdieȱfolgendeȱAusȬ sageȱ inȱ Römȱ 11,14.ȱ Paulusȱ sprichtȱ hierȱ davon,ȱ dassȱ erȱ „einigeȱ retten“ȱ will,ȱindemȱerȱinȱihnenȱ„Eifersuchtȱhervorruft“ȱ(Δ΅Ε΅Ί΋ΏЏΗΝȱΐΓΙȱΘχΑȱ ΗΣΕΎ΅ȱ Ύ΅Ϡȱ ΗЏΗΝȱ Θ΍ΑΤΖȱ πΒȱ ΅ЁΘЗΑ).ȱ Dieȱ Rettungȱ derȱ Ganzheitȱ Israelsȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 66ȱȱ Hofius,ȱEvangelium,ȱ198.ȱ 67ȱȱ Dasȱ „NichtȬVolk“ȱ undȱ dasȱ „unverständigeȱ Volk“ȱ stehenȱ fürȱ dieȱ Heiden,ȱ vgl.ȱ WilȬ ckens,ȱRömȱII,ȱ231.ȱ

404ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

allerdingsȱfindetȱohneȱdasȱMotivȱderȱEifersuchtȱstatt,ȱesȱwirdȱinȱV.ȱ25ff.ȱ nichtȱmehrȱerwähnt.68ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ dieserȱ Überlegungenȱ undȱ desȱ vorgestelltenȱ AufbausȱderȱdreiȱKapitelȱistȱnunȱaufȱdenȱentscheidendenȱTextȱinȱRömȱ 11ȱeinzugehen.ȱ

4.2.4ȱRömȱ11,25–32:ȱDasȱMysteriumȱvonȱderȱRettungȱganzȱIsraelsȱ Wennȱ wirȱ derȱ obenȱ dargelegtenȱ Aufteilungȱ derȱ IsraelȬKapitelȱ inȱ dieȱ Perspektivenȱ Vergangenheitȱ –ȱ Gegenwartȱ –ȱ Zukunftȱ folgen,ȱ soȱ erhältȱ Kap.ȱ11ȱdurchȱseinenȱfuturischenȱAkzentȱschonȱgrundsätzlichȱ„propheȬ tischenȱCharakter“69.ȱDasȱRingenȱdesȱPaulusȱgipfeltȱschließlichȱinȱseinerȱ Ansageȱ einerȱ zukünftigenȱ Errettungȱ „ganzȱ Israels“ȱ (Römȱ 11,26a:ȱ ΔκΖȱ ͑ΗΕ΅χΏȱΗΝΌφΗΉΘ΅΍).ȱDerȱTextȱistȱ„dieȱKlimaxȱderȱdreiȱKapitel“.70ȱ

4.2.4.1ȱZurȱStrukturȱvonȱRömȱ11ȱ Dasȱ Kapitelȱ beginntȱ wiederȱ mitȱ derȱ persönlichenȱ Situationȱ desȱ AposȬ tels,ȱ dieȱ auchȱ schonȱ dieȱ vorangegangenenȱ Gedankengängeȱ eröffnetȱ hatte.ȱPaulusȱstelltȱeineȱFrageȱundȱbringtȱsichȱdannȱselbstȱalsȱ„Israelit“ȱ insȱ Gespräch,ȱ wodurchȱ erȱ zugleichȱ einȱ wichtigesȱ Argumentȱ fürȱ dieȱ direktȱanschließendeȱTheseȱbietet:ȱ„GottȱhatȱseinȱVolkȱnichtȱverworfen“ȱ (Römȱ11,2:ȱΓЁΎȱΦΔЏΗ΅ΘΓȱϳȱΌΉϲΖȱΘϲΑȱΏ΅ϲΑȱ΅ЁΘΓІ).ȱImȱanschließendenȱ Abschnittȱ V.ȱ 2–10ȱ wirdȱ diesesȱ Argumentȱ imȱ Rückgriffȱ aufȱ dieȱ Schriftȱ erläutertȱ undȱ gezeigt,ȱ dassȱ dieȱ Feststellung,ȱ dassȱ Gottesȱ Volkȱ Israelȱ nichtȱ verworfenȱ ist,ȱ nurȱ dadurchȱ legitimiertȱ wird,ȱ dassȱ esȱ jaȱ faktischȱ eineȱGruppeȱvonȱJudenchristenȱgibt,ȱzuȱderȱPaulusȱanȱvordersterȱFrontȱ gehört.ȱ Derȱ nächsteȱ Abschnittȱ V.ȱ 11–24ȱ widmetȱ sichȱ dannȱ demȱ „verȬ stockten“ȱTeilȱIsraels.ȱDerenȱUngehorsamȱwirktȱsichȱdarinȱaus,ȱdassȱdieȱ Heidenȱ demȱ Evangeliumȱ gehorsamȱ werden.ȱ Mehrfachȱ blicktȱ Paulusȱ dabeiȱ schonȱ aufȱ dieȱ zukünftigeȱ Annahmeȱ auchȱ derȱ nochȱ ungläubigenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 68ȱȱ DerȱΊϛΏΓΖȱderȱJudenȱistȱauchȱinȱderȱApgȱeinȱwichtigesȱnarrativesȱMotiv.ȱWirȱfindenȱ esȱ inȱ Apgȱ 5,17ȱ undȱ prominentȱ beiȱ derȱ Darstellungȱ derȱ erstenȱ Missionsreiseȱ inȱ Apgȱ 13,45,ȱwoȱesȱebenfallsȱumȱdieȱUniversalisierungȱdesȱHeilsangebotesȱgeht.ȱDieȱJudenȱ reagierenȱ feindseligȱ aufȱ denȱ Erfolgȱ derȱ Missionareȱ beiȱ denȱ Heiden.ȱ Imȱ pisidischenȱ Antiochienȱ(Apgȱ13)ȱsindȱalleȱJudenȱzunächstȱbeeindrucktȱvonȱderȱLehre.ȱDerȱEiferȱ jedochȱbrichtȱerstȱhervor,ȱalsȱmanȱsieht,ȱdassȱvieleȱausȱdenȱVölkernȱsichȱderȱBotschaftȱ zuwenden;ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.7.4.ȱ 69ȱȱ Theobald,ȱRömȱI,ȱ293.ȱ 70ȱȱ Theobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ278.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

405ȱ

Judenȱ vorausȱ (vgl.ȱ V.ȱ 12.15.16).71ȱ Derȱ Höhepunktȱ findetȱ sichȱ inȱ denȱ Versenȱ 25–32ȱ undȱ gehtȱ durchȱ dieȱ Bekanntgabeȱ einesȱ „Mysteriums“ȱ gegenüberȱdenȱvorigenȱAbschnittenȱnochȱeinenȱSchrittȱweiter.ȱDieȱVerȬ seȱ33–36ȱstellenȱeineȱabschließendeȱDoxologieȱdar,ȱdieȱdasȱKapitelȱmitȱ LobȱundȱDankȱgegenüberȱdemȱunbegreiflichenȱGottȱbeenden.72ȱ AusgangspunktȱfürȱdieȱabschließendeȱLösungȱderȱFrageȱnachȱIsraelȱ istȱ zunächstȱ dieȱ Erkenntnis,ȱ dassȱ derselbeȱ Gottȱ Israels,ȱ vonȱ dessenȱ Handelnȱ dieȱ jüdischenȱ Schriftenȱ zeugen,ȱ auchȱ imȱ Christusgeschehenȱ gehandeltȱ hatȱ undȱ ebenfallsȱ inȱ derȱ Reaktionȱ derȱ Menschenȱ aufȱ diesesȱ Geschehenȱ derȱ eineȱ Gottȱ bleibt.ȱ Soȱ nimmtȱ Paulusȱ inȱ Römȱ 9–11ȱ immerȱ wiederȱgeradeȱdieseȱSchriftenȱzuȱHilfeȱundȱkannȱzunächstȱdieȱMeinungȱ abweisen,ȱ dassȱ Gottesȱ Verheißungenȱ hinfälligȱ gewordenȱ seienȱ (9,6;ȱ 11,2).ȱ Seineȱ Antwortȱ läuftȱ dannȱ zumȱ größtenȱ Teilȱ überȱ dasȱ Motivȱ derȱ Erwählungȱ einesȱ Teilsȱ bzw.ȱ Restesȱ vonȱ Israel.73ȱ „Paulusȱ gehtȱ alsoȱ vonȱ einerȱ Spaltungȱ inȱ einenȱ gläubigenȱ undȱ einenȱ ungläubigenȱ Teilȱ Israelsȱ aus.ȱDassȱIsraelȱnichtȱvonȱGottȱverstoßenȱist,ȱwirdȱfürȱihnȱdaranȱdeutȬ lich,ȱ dassȱ erȱ selbstȱ undȱ andereȱ Judenȱ denȱ Glaubenȱ anȱ Christusȱ angeȬ nommenȱ haben.ȱ Damitȱ bildenȱ sieȱ denȱ ‚Restȱ gemäßȱ derȱ Verheißung‘ȱ (11,5)ȱ bzw.ȱdieȱ ‚heiligeȱ Erstlingsgabe‘ȱ (11,16),ȱ dieȱamȱ Endeȱ ganzȱ Israelȱ heiligenȱ wird.“74ȱ Diesesȱ Endeȱ hält,ȱ wieȱ dieȱ folgendenȱ Verseȱ formulieȬ ren,ȱ auchȱ dieȱ Rettungȱ fürȱganzȱ Israelȱ bereitȱ undȱistȱ anȱ dasȱ Erscheinenȱ desȱ „Rettersȱ ausȱ Zion“ȱ (11,26)ȱ gebunden.ȱ Wennȱ soȱ auchȱ dieȱ Lösungȱ formuliertȱist,ȱsoȱbleibtȱdasȱGeschehenȱalsȱsolchesȱrätselhaft.ȱ Wichtigeȱ Grundzügeȱ derȱ Auslegungȱ desȱ drittenȱ Abschnittesȱ desȱ Kapitelsȱ(Römȱ11,25–32)ȱsollenȱimȱFolgendenȱdargestelltȱwerden.ȱDazuȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 71ȱȱ BemerkenswertȱistȱderȱQalȬWachomerȬSchlussȱinȱV.ȱ15:ȱLetztlichȱstehtȱhinterȱdieserȱ SchlussfolgerungȱdieȱAuffassung,ȱdassȱdieȱ„Verwerfung“ȱIsraelsȱinȱkeinerȱWeiseȱeiȬ neȱabschließendeȱTatȱGottesȱseinȱkannȱ–ȱdieseȱistȱvielmehrȱinȱderȱheilvollenȱVollenȬ dungȱ zuȱ sehen.ȱ Ohneȱ dieseȱ Zukunftshoffnungȱ wirdȱ seineȱ Schussfolgerungȱ unverȬ ständlich.ȱ Speistȱ sichȱ dochȱ dieȱ Verwunderungȱ überȱ dieȱ Versöhnungȱ derȱ Heidenȱ schonȱimȱZustandȱeinesȱgestolpertenȱIsraelsȱvorȱallemȱausȱderȱüberfließendenȱHeilsȬ zusageȱGottesȱfürȱdieȱZeitȱderȱAnnahmeȱseinesȱVolkes;ȱzumȱQalȬWachomerȬSchlussȱ vgl.ȱStemberger,ȱEinleitungȱinȱTalmudȱundȱMidrasch,ȱ28.ȱ 72ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱWilckens,ȱRömȱII,ȱ183f.;ȱTheobald,ȱRömȱI,ȱ293.ȱÜberȱdieȱAufteilungȱinȱ vierȱgroßeȱAbschnitte,ȱderenȱletzterȱmitȱderȱDoxologieȱfreilichȱüberȱdasȱKapitelȱhinȬ ausgreift,ȱherrschtȱgrundsätzlicheȱEinigkeit.ȱ 73ȱȱ AbrahamsȱSöhne:ȱIsaakȱwurdeȱerwählt,ȱJakobȱgeliebt,ȱEsauȱjedochȱgehasst;ȱbeiȱElijaȱ bleibenȱ 7000ȱ übrig,ȱ auchȱ Jesajaȱ kenntȱ dieȱ Redeȱ vomȱ „Rest“;ȱ vgl.ȱ auchȱ Crüsemann,ȱ Elija,ȱ31:ȱ„BeiȱderȱFrage,ȱobȱIsraelȱalsȱVolkȱGottesȱverworfenȱsei,ȱverweistȱPaulusȱaufȱ Elija.ȱErȱsahȱsichȱalleinȱübrig,ȱwährendȱdieȱAntwortȱGottesȱimmerhinȱaufȱ7000ȱMenȬ schenȱ verweisenȱ kann.ȱ Wieȱ damalsȱ schließtȱ auchȱ jetztȱ eineȱ solcheȱ Minderheitȱ dieȱ VerwerfungȱdesȱGanzenȱaus.“ȱ 74ȱȱ Schröter,ȱGlaubeȱanȱJesusȱChristus,ȱ173.ȱ

406ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

istȱzunächstȱaufȱdieȱGliederungȱdesȱTextesȱeinzugehen,ȱbevorȱeinzelneȱ umstritteneȱPunkteȱbesprochenȱwerden.ȱ

4.2.4.2ȱZurȱGliederungȱdesȱTextesȱ Imȱ drittenȱ Abschnittȱ desȱ 11.ȱ Kapitelsȱ sprichtȱ Paulusȱ seineȱ Adressatenȱ nochȱ einmalȱ direktȱ anȱ (11,25:ȱ ΦΈΉΏΚΓϟ)75.ȱ Erȱ willȱ ihnenȱ nunȱ einȱ GeȬ heimnisȱ (ΐΙΗΘφΕ΍ΓΑ)ȱ anvertrauen,ȱ beiȱ demȱ esȱ sich,ȱ wieȱ sichȱ zeigenȱ wird,ȱ umȱ eineȱ Lösungȱ derȱ Frageȱ nachȱ Israelsȱ Hoffnungȱ undȱ Zukunftȱ handelt.ȱDerȱTextȱlautet:76ȱ ȱ 25ȱ ȱ ȱ ȱ

aȱ bȱ a2ȱ cȱ

ȱ



ȱ



26ȱ



ȱ ȱ ȱ

bȱ cȱ dȱ

27ȱ



ȱ



28ȱ



ȱ



29ȱ



̒Ёȱ·ΤΕȱΌνΏΝȱЀΐκΖȱΦ·ΑΓΉϧΑ,ȱȱ ΦΈΉΏΚΓϟ,ȱ ΘϲȱΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱΘΓІΘΓ,ȱ ϣΑ΅ȱΐχȱώΘΉȱ[Δ΅Εв]ȱο΅ΙΘΓϧΖȱ ΚΕϱΑ΍ΐΓ΍,ȱȱ ϵΘ΍ȱΔЏΕΝΗ΍ΖȱΦΔϲȱΐνΕΓΙΖȱΘХȱ ͑ΗΕ΅χΏȱ·ν·ΓΑΉΑȱȱ ΩΛΕ΍ȱΓЈȱΘϲȱΔΏφΕΝΐ΅ȱΘЗΑȱπΌΑЗΑȱ ΉϢΗνΏΌϙȱȱ Ύ΅ϠȱΓЂΘΝΖȱΔκΖȱ͑ΗΕ΅χΏȱ ΗΝΌφΗΉΘ΅΍,ȱȱ Ύ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȉȱ ϊΒΉ΍ȱπΎȱ̕΍АΑȱϳȱϹΙϱΐΉΑΓΖ,ȱ ΦΔΓΗΘΕνΜΉ΍ȱΦΗΉΆΉϟ΅ΖȱΦΔϲȱ ͑΅ΎЏΆ.ȱ Ύ΅Ϡȱ΅ЂΘ΋ȱ΅ЁΘΓϧΖȱψȱΔ΅ΕвȱπΐΓІȱ Έ΍΅ΌφΎ΋,ȱ ϵΘ΅ΑȱΦΚνΏΝΐ΅΍ȱΘΤΖȱΥΐ΅ΕΘϟ΅Ζȱ ΅ЁΘЗΑ.ȱ Ύ΅ΘΤȱΐξΑȱΘϲȱΉЁ΅··νΏ΍ΓΑȱπΛΌΕΓϠȱ Έ΍вȱЀΐκΖ,ȱȱ Ύ΅ΘΤȱΈξȱΘχΑȱπΎΏΓ·χΑȱΦ·΅Δ΋ΘΓϠȱ Έ΍ΤȱΘΓϿΖȱΔ΅ΘνΕ΅Ζȉȱȱ ΦΐΉΘ΅ΐνΏ΋Θ΅ȱ·ΤΕȱΘΤȱΛ΅ΕϟΗΐ΅Θ΅ȱ

Dennȱichȱwillȱnicht,ȱȱ Brüder,ȱ dassȱihrȱdiesesȱGeheimnisȱnichtȱkennt,ȱ damitȱihrȱnichtȱbeiȱeuchȱselbstȱklugȱ seid:ȱ VerhärtungȱistȱteilweiseȱanȱIsraelȱ geschehen,ȱ bisȱdieȱFülleȱderȱHeidenȱhineingeht;ȱ undȱaufȱdieseȱWeiseȱwirdȱganzȱIsraelȱ gerettetȱwerden,ȱ wieȱgeschriebenȱist:ȱ KommenȱwirdȱausȱZionȱderȱRettende,ȱ erȱwirdȱdieȱGottlosigkeitenȱvonȱJakobȱ abwenden.ȱ Undȱdiesesȱ[ist]ȱfürȱsieȱderȱBundȱvonȱ mir,ȱ wennȱichȱihreȱSündenȱwegnehme.ȱ ȱ ZwarȱsindȱsieȱimȱBlickȱaufȱdasȱEvangeȬ liumȱFeindeȱwegenȱeuch,ȱ aberȱimȱBlickȱaufȱdieȱErwählungȱsindȱ sieȱGeliebteȱwegenȱderȱVäter.ȱ DennȱunwiderruflichȱsindȱdieȱGnaȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 75ȱȱ BereitsȱderȱzweiteȱAbschnittȱwarȱseitȱV.ȱ13ȱausdrücklichȱanȱdieȱAdressatenȱinȱRomȱ gerichtet.ȱ Daȱ diesȱ Heidenchristenȱ sind,ȱ wirdȱ soȱ deutlich,ȱ dassȱ dasȱ Geschickȱ Israelsȱ auchȱfürȱsieȱrelevantȱist.ȱ 76ȱȱ EinigeȱtextkritischeȱHinweise:ȱDieȱPräpositionȱvorȱο΅ΙΘΓϧΖȱistȱunterschiedlichȱüberȬ liefert:ȱDieȱmeistenȱZeugenȱhabenȱΔ΅ΕΣȱ(ʠȱCȱDȱu.ȱa.)ȱbzw.ȱπΑ,ȱ(AȱB)ȱteilweiseȱ(etwaȱ imȱP46)ȱfehltȱsieȱganz.ȱDasȱgriechischeȱΔЏΕΝΗ΍Ζȱ(„Verhärtung“)ȱwirdȱinȱderȱlateiniȬ schenȱ undȱ derȱ syrischenȱ Traditionȱ mitȱ „Blindheit“ȱ (caecitas)ȱ übersetzt.ȱ Dasȱ Jesajazitatȱ inȱ 11,26f.ȱ wirdȱ mitȱ Ausnahmeȱ einerȱ Wortumstellungȱ (P46:ȱ Δ΅Εвȱ πΐΓІȱ ψȱ Έ΍΅ΌφΎ΋)ȱeinheitlichȱüberliefert.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

30ȱ



ȱ



31ȱ



ȱ 32ȱ

bȱ aȱ

ȱ



Ύ΅ϠȱψȱΎΏϛΗ΍ΖȱΘΓІȱΌΉΓІ.ȱȱ ГΗΔΉΕȱ·ΤΕȱЀΐΉϧΖȱΔΓΘΉȱ ωΔΉ΍ΌφΗ΅ΘΉȱΘХȱΌΉХ,ȱȱ ΑІΑȱΈξȱωΏΉφΌ΋ΘΉȱΘϜȱΘΓϾΘΝΑȱ ΦΔΉ΍ΌΉϟθ,ȱȱ ΓЂΘΝΖȱΎ΅ϠȱΓЈΘΓ΍ȱΑІΑȱωΔΉϟΌ΋Η΅Αȱ ΘХȱЀΐΉΘνΕУȱπΏνΉ΍,ȱȱ ϣΑ΅ȱΎ΅Ϡȱ΅ЁΘΓϠȱ[ΑІΑ]ȱπΏΉ΋ΌЗΗ΍Α.ȱȱ ΗΙΑνΎΏΉ΍ΗΉΑȱ·ΤΕȱϳȱΌΉϲΖȱΘΓϿΖȱ ΔΣΑΘ΅ΖȱΉϢΖȱΦΔΉϟΌΉ΍΅Α,ȱȱ ϣΑ΅ȱΘΓϿΖȱΔΣΑΘ΅ΖȱπΏΉφΗϙ.ȱ

407ȱ

dengabenȱundȱdieȱBerufungȱGottesȱ WieȱnämlichȱihrȱeinstȱGottȱungehorȬ samȱwartȱ jetztȱaberȱErbarmenȱgefundenȱhabtȱ durchȱihrenȱUngehorsam,ȱ soȱsindȱauchȱdieseȱjetztȱungehorsamȱ gewordenȱinfolgeȱeuresȱErbarmens,ȱ damitȱauchȱsieȱ(jetzt)ȱErbarmenȱfinden.ȱ DennȱGottȱhatȱalleȱzumȱUngehorsamȱ zusammengeschlossen,ȱ damitȱerȱsichȱallerȱerbarme.ȱ

ȱ DerȱAufbauȱdesȱdichtenȱTextesȱlässtȱsichȱwieȱfolgtȱdarstellen:ȱZunächstȱ bringtȱPaulusȱeineȱerweiterteȱRedeeinführungsformelȱ(V.ȱ25a.b),ȱinȱderȱ erȱ seineȱ folgendeȱ theologischeȱ Erklärungȱ desȱ Verhaltensȱ Israelsȱ undȱ seinerȱ heilsgeschichtlichenȱ Stellungȱ alsȱ ΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱ bezeichnet,ȱ dasȱ inȱ V.ȱ25ȱformuliertȱwird.ȱEsȱfolgenȱzweiȱSchriftzitate.ȱV.ȱ28–32ȱbringtȱeinenȱ Kommentarȱ dazu.ȱ Soȱ bildetȱ derȱ Textȱ einȱ „Diptychon,ȱ dessenȱ zweiteȱ TafelȱV.ȱ28–31ȱdieȱersteȱV.ȱ25–27ȱtheologischȱaufschließt“77.ȱ DerȱersteȱTeilȱbietetȱdenȱbekanntenȱZielsatzȱderȱRettungȱganzȱIsraȬ elsȱinȱV.ȱ26a.ȱDieserȱwirdȱinȱzweifacherȱWeiseȱbegründet:ȱEinmalȱdurchȱ denȱvorausgehendenȱSatzȱinȱV.ȱ25d–e,ȱdannȱmitȱHilfeȱdesȱSchriftzitatesȱ inȱ V.ȱ 26c–d.78ȱ Esȱ wirdȱ zuȱ prüfenȱ sein,ȱ wieȱ dieȱ beidenȱ Erläuterungenȱ miteinanderȱzuȱverknüpfenȱsind.ȱ DieȱAussageȱdesȱMysteriumsȱimȱErstenȱTeilȱistȱimȱZusammenhangȱderȱdreiȱ KapitelȱRömȱ9–11ȱtrotzȱeinzelnerȱAntizipationenȱdochȱüberraschend.ȱVieleȱ Autorenȱ entdeckenȱ daherȱ hierȱ Widersprücheȱ imȱ Gedankengangȱ desȱ PauȬ lus.79ȱ Andereȱ gehenȱ sogarȱ soweit,ȱ dassȱ sieȱ dieȱ Verseȱ fürȱ eineȱ sekundäreȱ Hinzufügungȱ halten.ȱ Einȱ wichtigerȱ Vertreterȱ dieserȱ Theseȱ istȱ Christophȱ Plag.ȱ Erȱ erkenntȱ inȱ Römȱ 11ȱ zweiȱ grundverschiedeneȱ Konzepte,ȱ nämlichȱ einmalȱdenȱ„WegȱderȱKonversion“ȱ(inȱRömȱ11,11–24.28–32)ȱundȱzumȱandeȬ renȱdenȱ„WegȱüberȱdenȱErretter“ȱ(11,25–27).80ȱDiesesȱzweiteȱKonzeptȱistȱinȱ dieserȱ Auslegungȱ eineȱ Reaktionȱ aufȱ dieȱ misslungeneȱ Judenmission.81ȱ GeȬ genüberȱeinerȱsolchenȱZerstückelungȱdesȱTextesȱwirdȱmanȱliterarischeȱArȬ gumenteȱfürȱdenȱZusammenhaltȱdesȱgesamtenȱTextesȱgeltendȱmachen.ȱZuȬ demȱ istȱ dieȱ Formulierungȱ vomȱ ΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱ (V.ȱ 25a2)ȱ einȱ Indizȱ dafür,ȱ dassȱ Paulusȱ hierȱ alsȱ Prophetȱ spricht,ȱ derȱ eineȱ neueȱ Erkenntnisȱ mitteilt82,ȱ dieȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 77ȱȱ 78ȱȱ 79ȱȱ 80ȱȱ

Theobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ279.ȱ ZuȱdieserȱStrukturierungȱvgl.ȱTheobald,ȱRömȱI,ȱ303.ȱ Vgl.ȱetwaȱMüller,ȱLastȱkanonischerȱErinnerung,ȱ203–253.ȱ Plag,ȱ Israelsȱ Wegeȱ zumȱ Heil.ȱ Nurȱ wenigeȱ sindȱ ihmȱ inȱ dieserȱ Meinungȱ gefolgt;ȱ vgl.ȱ zurȱWiderlegungȱauchȱWilckens,ȱRömȱII,ȱ252.ȱ 81ȱȱ HauptargumenteȱdagegenȱbeiȱWilckens,ȱRömȱII,ȱ252.ȱ 82ȱȱ Vgl.ȱdazuȱSchnelle,ȱTheologie,ȱ329.ȱ

408ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

nichtȱ ohneȱ Weiteresȱ ausȱ sonstigenȱ Äußerungenȱ abzuleitenȱ ist.ȱ Dabeiȱ istȱ freilichȱzuȱuntersuchen,ȱinȱwelcherȱWeiseȱsichȱV.ȱ25–27ȱundȱV.ȱ28–32ȱentȬ sprechen.ȱ

NachȱdemȱΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱdesȱerstenȱTeilsȱundȱdenȱSchriftzitatenȱfolgtȱmitȱ denȱ Versenȱ 28–32ȱ einȱ stärkerȱ begrifflichȱ ausgerichteterȱ Teil,ȱ derȱ dieȱ vorangegangeneȱWeissagungȱnunȱrationalȱerläuternȱsoll.ȱDiesȱgeschiehtȱ imȱ Rückgriffȱ aufȱ theologischȱ zentraleȱ Terminiȱ wieȱ etwaȱ „Erwählung“ȱ (V.ȱ28b),ȱ„Berufung“ȱ(V.ȱ29a)ȱundȱ„Erbarmen“ȱ(V.ȱ30b.31a).ȱ DieȱAuslegungȱdesȱTextesȱistȱumstritten.ȱUmȱeineȱgewisseȱKlärungȱ zuȱ erreichen,ȱ sollȱ imȱ Folgendenȱ mehrerenȱ Einzelfragenȱ nachgegangenȱ werden,ȱumȱdieȱSinnlinienȱdesȱTextesȱdeutlicherȱhervortretenȱzuȱlassen.ȱ NachȱeinigenȱÜberlegungenȱzumȱTerminusȱΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱ(V.ȱ25)ȱsindȱdieȱ einzelnenȱElementeȱvonȱV.ȱ26aȱzuȱuntersuchen,83ȱbevorȱschließlichȱaufȱ dieȱ Schriftzitateȱ sowieȱ inȱ einemȱ kurzenȱ Ausblickȱ aufȱ dieȱ Verseȱ 28–32ȱ eingegangenȱwird.ȱ

4.2.4.3ȱZumȱTerminusȱΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱ(V.ȱ25)ȱ Wieȱ schonȱ angedeutetȱ verweistȱ dieȱ Redeȱ vomȱ ΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱ nachȱ MeiȬ nungȱderȱmeistenȱAuslegerȱinȱdenȱKontextȱvonȱeschatologischenȱWeisȬ sagungen,ȱ wieȱ sieȱ etwaȱ fürȱ dieȱ Apokalyptikȱ charakteristischȱ sind.ȱ Dieȱ vonȱ Gottȱ vorherbestimmtenȱ Geschehnisse,ȱ dieȱ denȱ Menschenȱ unzuȬ gänglichȱ bleiben,ȱ „werdenȱ erstȱ beiȱ Anbruchȱ derȱ Endereignisseȱ allenȱ offenbarȱ werden;ȱ sieȱ könnenȱ aberȱ imȱ Vorausȱ auserwähltenȱ Sehernȱ inȱ geheimerȱ Sonderoffenbarungȱ mitgeteiltȱ werden“84.ȱ „Diesȱ Geheimnisȱ trittȱausȱseinerȱVerborgenheitȱnurȱdurchȱgöttlicheȱOffenbarungȱhervor.ȱ DieȱBekanntgabeȱseinesȱWesensȱistȱinȱderȱRegelȱauserwähltenȱundȱbeȬ sondersȱ legitimiertenȱ Mediatorenȱ vorbehalten.“85ȱ Vielesȱ weistȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ dieȱ Worteȱ desȱ Paulusȱ hierȱ inȱ dieserȱ Richtungȱ zuȱ verstehenȱ sind.ȱDaȱsieȱinȱdenȱvorangegangenenȱVersenȱvorȱallemȱdesȱ11.ȱKapitelsȱ derȱ Sacheȱ nachȱ bereitsȱ mehrfachȱ angeklungenȱ sind,ȱ liegtȱ esȱ nahe,ȱ imȱ Hintergrundȱ eineȱ vonȱ Paulusȱ selbstȱ empfangeneȱ Offenbarungȱ zuȱ verȬ muten,ȱ derȱ erȱ sichȱ inȱ denȱ Formulierungenȱ vorherȱ bereitsȱ langsamȱ anȬ genähertȱhat.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 83ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱWeaver,ȱTheodoretȱofȱCyrusȱinȱRomansȱ11:26,ȱ9–14.ȱ 84ȱȱ Wilckens,ȱRömȱII,ȱ253.ȱ 85ȱȱ Sänger,ȱRettung,ȱ114.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

409ȱ

4.2.4.4ȱZumȱBezugȱvonȱΎ΅ϠȱΓЂΘΝΖȱ(V.ȱ26)86ȱ Imȱ Gliederungsvorschlagȱwurdeȱ einȱ Bezugȱ vonȱV.ȱ26aȱaufȱ denȱ voranȬ gehendenȱ Satzȱ inȱ V.ȱ 25d–eȱ vorausgesetzt,ȱ undȱ eineȱ modaleȱ ÜbersetȬ zungȱ desȱ Ύ΅Ϡȱ ΓЂΘΝΖȱ vorgeschlagen,ȱ dieȱ eigensȱ zuȱ begründenȱ ist,ȱ daȱ zahlreicheȱAlternativenȱdiskutiertȱwerden.ȱ Dieȱ temporaleȱ Übersetzungȱ („undȱ dann“ȱ =ȱ Ύ΅Ϡȱ ΘϱΘΉ)ȱ siehtȱ inȱ derȱ Formulierungȱ eineȱ Antwortȱ aufȱ dieȱ Frage,ȱ wannȱ Israelȱ alsȱ Gesamtheitȱ gerettetȱ werdenȱ wird.ȱ Inȱ derȱ Abfolgeȱ desȱ Textesȱ Römȱ 11,25ff.ȱ wäreȱ dieserȱZeitpunktȱerstȱnachȱdemȱ„EingehenȱderȱVollzahlȱderȱHeiden“ȱ(inȱ denȱ Heilsbereichȱ desȱ Gottesȱ Israels)ȱ erreicht,ȱ undȱ manȱ würdeȱ eherȱ anȱ einȱ einmaligesȱ Ereignisȱ alsȱ anȱ einenȱ längerȱ andauerndenȱ ProzessȱdenȬ ken.87ȱDochȱistȱhierȱausȱsemantischenȱGründenȱZurückhaltungȱgeboten,ȱ daȱ sichȱ ΓЂΘΝΖȱ beiȱ Paulusȱ nieȱ inȱ einemȱ temporalenȱ Sinnȱ findet.88ȱ Dieȱ ÜbersetzungȱstehtȱeherȱinȱderȱTraditionȱderȱKirchenväter,ȱdieȱüberwieȬ gendȱeinȱtemporalesȱVerständnisȱbezeugen89ȱ–ȱdarausȱfolgtȱjedochȱkeiȬ neswegs,ȱdassȱauchȱPaulusȱselbstȱdenȱSatzȱtemporalȱverstandenȱhätte.90ȱ DieȱtemporaleȱBedeutungȱkannȱsoȱaufgrundȱfehlenderȱaussagekräftigerȱ Parallelenȱausgeschlossenȱwerden.91ȱ SehrȱvielȱwahrscheinlicherȱistȱeineȱmodaleȱÜbersetzungȱdesȱΓЂΘΝΖ,ȱ insofernȱ diesȱ dannȱ aufȱ dieȱ „Artȱ undȱ Weise“ȱ derȱ Rettungȱ verweisenȱ würde.ȱDamitȱistȱderȱVersȱallerdingsȱnochȱnichtȱeindeutigȱauszulegen,ȱ daȱerȱsichȱsowohlȱnachȱvorneȱalsȱauchȱnachȱhintenȱbeziehenȱkann.ȱDieȱ „ArtȱundȱWeise“ȱderȱRettungȱIsraelȱkannȱalsoȱformalȱgesehenȱentwederȱ durchȱV.ȱ25ȱoderȱdurchȱdasȱnachfolgendeȱSchriftzitatȱV.ȱ26f.ȱexpliziertȱ werden.ȱImȱerstenȱFallȱwürdenȱdieȱVerseȱ25c.26a.ȱeinenȱunmittelbarenȱ Zusammenhangȱ bilden,ȱ dieȱ Artȱ undȱ Weiseȱ derȱ Rettungȱ wäreȱ inȱ V.ȱ25ȱ expliziert,ȱ währendȱ dasȱ Schriftzitat,ȱ eingeleitetȱ durchȱ Ύ΅ΌАΖȱ ·ν·Ε΅ΔȬ Θ΅΍,ȱdieȱPerikopeȱinsgesamtȱabschließt.ȱ„DasȱSchriftzitatȱinȱRömȱ11,26f.ȱ nenntȱalsoȱnichtȱdieȱArtȱundȱWeise,ȱinȱderȱganzȱIsraelȱgerettetȱwird.“92ȱ Derȱ „Kernȱ desȱ Mysteriums“ȱ beschränktȱ sichȱ dannȱ aufȱ 25c.26a.ȱ Nachȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 86ȱȱ Vgl.ȱTheobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ279–281,ȱKeller,ȱGottesȱTreue,ȱ218–221,ȱKäsemann,ȱ Röm,ȱ303.ȱ 87ȱȱ Vgl.ȱdazuȱScott,ȱIsrael,ȱ56f.ȱ 88ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱHofius,ȱEvangelium,ȱ192;ȱFitzmyer,ȱRöm,ȱ622;ȱdieȱbeiȱvanȱderȱHorst,ȱ Note,ȱ521–539ȱzusammengestelltenȱBeispiele,ȱdieȱeineȱtemporaleȱBedeutungȱdesȱΎ΅Ϡȱ ΓЂΘΝΖȱerweisenȱsollen,ȱkönnenȱnichtȱüberzeugen.ȱ 89ȱȱ Scott,ȱIsrael,ȱ57.ȱ 90ȱȱ GegenȱScott,ȱIsrael,ȱ58.ȱ 91ȱȱ SoȱauchȱdasȱUrteilȱvonȱKeller,ȱGottesȱTreue,ȱ218.ȱDieȱvonȱKäsemann,ȱRöm,ȱ303ȱangeȬ führtenȱStellenȱsindȱnichtȱtemporalȱzuȱverstehen.ȱ 92ȱȱ Sänger,ȱRettung,ȱ107.ȱ

410ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

Michaelȱ Theobaldȱ liegtȱ hierȱ einȱ „Offenbarungsspruch“ȱ vor,ȱ derȱ „dieȱ GewißheitȱdesȱPaulusȱüberȱdieȱzukünftigeȱRettungȱIsraelsȱinȱeineȱkogȬ nitiveȱ Formȱ bringt“93.ȱ Inȱ derȱ anderenȱ Auslegungȱ hingegenȱ hängtȱ dasȱ ΓЂΘΝΖȱ logischȱ mitȱ demȱ Schriftzitatȱzusammen.ȱ Esȱwirdȱ durchȱ dasȱ folȬ gendeȱ Ύ΅ΌАΖȱ ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȱ ergänzt,ȱ soȱ dassȱ dasȱ Schriftzitatȱ denȱ Modusȱ derȱRettungȱanzeigt.94ȱ FürȱeineȱLösungȱdieserȱFrageȱwerdenȱinsbesondereȱmehrȱoderȱweȬ nigerȱengeȱParallelenȱausȱdenȱanderenȱPaulusbriefenȱherangezogen.ȱAlsȱ ZeugenȱfürȱeinȱrückbezüglichesȱΓЂΘΝΖȱwerdenȱ1ȱKorȱ15,11ȱundȱ1ȱThessȱ 4,17ȱgenannt,ȱwoȱjeweilsȱdurchȱΎ΅ϠȱΓЂΘΝΖȱeineȱSchlussfolgerungȱeingeȬ leitetȱwird.ȱDieȱVerseȱzeigen,ȱdassȱPaulusȱmitȱΎ΅ϠȱΓЂΘΝΖȱeineȱSchlussȬ folgerungȱ einleitenȱ kann.ȱ Einȱ korrespondierendesȱ Ύ΅ΌЏΖ,ȱ wieȱ esȱ vorȱ allemȱ inȱ identifizierendenȱ Vergleichenȱ vorliegt,ȱ istȱ hierȱ nichtȱ nötig.ȱ AuchȱdieȱSeptuagintaȱkenntȱdieseȱAusdrucksweise.ȱEinȱabschließendesȱ Ύ΅ϠȱΓЂΘΝΖȱfindetȱsichȱvorȱallemȱinȱdenȱGeschichtsbüchernȱmehrfachȱinȱ modalerȱFormȱ(„undȱsoȱtatenȱsie,ȱundȱsoȱgeschahȱes“).ȱHäufigȱistȱauchȱ eineȱBenutzungȱimȱSinnȱvonȱ„ebenso“ȱ(vgl.ȱ1ȱChrȱ23,30;ȱ2ȱChrȱ35,12).ȱ Genauȱ hierȱ liegtȱ derȱ Ansatzpunktȱ derȱ Gegenargumentation,ȱ dieȱ aufgrundȱ desȱ Ύ΅ΌЏΖȱ vorȱ demȱ Schriftzitatȱ eineȱ Korrespondenzȱ zwiȬ schenȱ diesenȱ beidenȱ Vokabelnȱ voraussetzt.ȱ Tatsächlichȱ istȱ eineȱ solcheȱ Zuordnungȱ häufigȱ belegtȱ (etwaȱ inȱ denȱ Prophetenbüchernȱ derȱ LXX),ȱ dochȱhandeltȱesȱsichȱhierȱumȱunmittelbareȱVergleiche.95ȱDasȱBeispielȱEzȱ 22,20.22ȱ(LXX)ȱmagȱdasȱillustrieren:ȱ ȱ 20ȱ

ȱ

22ȱ ȱ

Ύ΅ΌАΖȱΉϢΗΈνΛΉΘ΅΍ȱΩΕ·ΙΕΓΖȱΎ΅ϠȱΛ΅ΏΎϲΖȱ Ύ΅ϠȱΗϟΈ΋ΕΓΖȱΎ΅ϠȱΎ΅ΗΗϟΘΉΕΓΖȱΎ΅ϠȱΐϱΏ΍Ȭ ΆΓΖȱΉϢΖȱΐνΗΓΑȱΎ΅ΐϟΑΓΙȱΘΓІȱπΎΚΙΗϛȬ Η΅΍ȱΉϢΖȱ΅ЁΘϲȱΔІΕȱΘΓІȱΛΝΑΉΙΌϛΑ΅΍,ȱ ΓЂΘΝΖȱΉϢΗΈνΒΓΐ΅΍ȱЀΐκΖȱπΑȱϴΕ·ϜȱΐΓΙȱ Ύ΅ϠȱΗΙΑΣΒΝȱΎ΅ϠȱΛΝΑΉϾΗΝȱЀΐκΖ,ȱ ϶ΑȱΘΕϱΔΓΑȱΛΝΑΉϾΉΘ΅΍ȱΦΕ·ϾΕ΍ΓΑȱπΑȱ ΐνΗУȱΎ΅ΐϟΑΓΙ,ȱȱ ΓЂΘΝΖȱΛΝΑΉΙΌφΗΉΗΌΉȱπΑȱΐνΗУȱ΅ЁΘϛΖ.ȱ

WieȱmanȱSilber,ȱKupfer,ȱEisen,ȱZinnȱ undȱBleiȱinȱdieȱMitteȱdesȱOfensȱhinȬ einlegt,ȱumȱFeuerȱinȱsieȱhinzublasen,ȱ damitȱsieȱschmelzen,ȱ soȱwerdeȱichȱeuchȱinȱmeinemȱZornȱ hineinnehmenȱundȱeuchȱzusammenȬ führenȱundȱeuchȱschmelzen,ȱ WieȱSilberȱinȱderȱMitteȱdesȱOfensȱ schmilzt,ȱ soȱwerdetȱihrȱinȱseinerȱMitteȱschmelzen.ȱ

ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 93ȱȱ Theobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ279.ȱ 94ȱȱ SoȱmeintȱetwaȱStuhlmacher,ȱInterpretation,ȱ560,ȱderȱaufȱRömȱ15,20f.;ȱ1ȱKorȱ16,1;ȱPhilȱ 3,17ȱverweist.ȱD.ȱSängerȱlehntȱdieȱStellenȱalsȱBeweiseȱjedochȱab,ȱdaȱnurȱdieȱersteȱStelȬ leȱ überhauptȱ alsȱ Vergleichȱ inȱ Frageȱ kommeȱ undȱ dortȱ sichȱ dasȱ ΓЂΘΝΖȱ aufȱ ΉЁ΅··ΉΏϟΊΉΗΌ΅΍ȱbezieheȱ(vgl.ȱSänger,ȱRettung,ȱ107).ȱ 95ȱȱ Vgl.ȱdazuȱJesȱ10,11.16;ȱ14,24;ȱ26,17;ȱauchȱJerȱ38,28;ȱ39,42;ȱ49,18;ȱimȱSinneȱvonȱ„ebensoȱ […]ȱwie“.ȱMitȱdemȱThemaȱderȱRettungȱistȱΓЂΘΝΖȱverknüpftȱinȱJesȱ15,7;ȱDanȱ3,29.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

411ȱ

Esȱ istȱ deutlich,ȱ wieȱ sichȱ hierȱ Motivfelderȱ aufȱ beidenȱ Seitenȱ desȱ VerȬ gleichsȱwiederholen.ȱMitȱderȱmodalenȱAussageȱderȱerstenȱFormȱhabenȱ sieȱwenigȱzuȱtun.ȱAlsȱBelegeȱfürȱdieseȱAuffassungȱwerdenȱausȱdenȱPauȬ lusbriefenȱdreiȱStellenȱgenannt:ȱRömȱ15,20f.;ȱ1ȱKorȱ16,1;ȱPhilȱ3,17.ȱAlleȱ dreiȱsollenȱkurzȱbesprochenȱwerden.ȱ ȱ Römȱ15,20f.:ȱ 20ȱ ȱ

21ȱ ȱ

ΓЂΘΝΖȱΈξȱΚ΍ΏΓΘ΍ΐΓϾΐΉΑΓΑȱ ΉЁ΅··ΉΏϟΊΉΗΌ΅΍ȱȱ ΓЁΛȱϵΔΓΙȱВΑΓΐΣΗΌ΋ȱ̙Ε΍ΗΘϱΖ,ȱ ϣΑ΅ȱΐχȱπΔвȱΦΏΏϱΘΕ΍ΓΑȱ ΌΉΐνΏ΍ΓΑȱΓϢΎΓΈΓΐЗ,ȱ ΦΏΏΤȱΎ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȉȱȱ ΓϩΖȱΓЁΎȱΦΑ΋··νΏ΋ȱΔΉΕϠȱ΅ЁΘΓІȱ ϷΜΓΑΘ΅΍,ȱΎ΅ϠȱΓϤȱΓЁΎȱ ΦΎ΋Ύϱ΅Η΍ΑȱΗΙΑφΗΓΙΗ΍Α.ȱ

SoȱaberȱwarȱesȱmeineȱEhreȱdasȱEvangeliumȱzuȱ verkünden,ȱ (aber)ȱnichtȱdort,ȱwoȱChristusȱschonȱgenanntȱ wurde,ȱdamitȱichȱnichtȱaufȱfremdemȱFundaȬ mentȱbaue,ȱ sondernȱ(ichȱverkündete,)ȱwieȱgeschriebenȱ steht:ȱȱ Die,ȱdenenȱnichtsȱüberȱihnȱverkündetȱwurde,ȱ werdenȱsehen,ȱundȱdie,ȱdieȱnichtsȱgehörtȱhaȬ ben,ȱwerdenȱverstehen.ȱ

ȱ DieȱVerseȱsehenȱaufȱdenȱerstenȱBlickȱwieȱeineȱformaleȱParalleleȱaus,ȱdaȱ sieȱ wieȱ Römȱ 11,25f.ȱ dieȱ Elementeȱ ΓЂΘΝΖȱ –ȱ Ύ΅ΌЏΖȱ enthaltenȱ undȱ mitȱ einemȱ Schriftzitatȱ enden.ȱ Dochȱ hängtȱ dasȱ Ύ΅ΌЏΖȱ anȱ derȱ Konjunktionȱ ΦΏΏΣ,ȱ dieȱ ihrerseitsȱ dasȱ Pendantȱ zurȱ Verneinungȱ inȱ V.ȱ 20bȱ darstellt.ȱ Paulusȱwillȱ„demȱSchriftwortȱJesȱ52,15ȱentsprechend,ȱnurȱdortȱverkünȬ digen,ȱ woȱ Botschaftȱ undȱKundeȱ[…]ȱ nochȱ nichtȱ gehörtȱ undȱ angenomȬ menȱ wordenȱ sind.“96ȱ Dasȱ eröffnendeȱ ΓЂΘΝΖȱ hingegenȱ stehtȱ damitȱ inȱ keinemȱunmittelbarenȱEntsprechungsbezug.ȱ ȱ 1ȱKorȱ16,1:ȱ 1ȱ ȱ ȱ

̓ΉΕϠȱΈξȱΘϛΖȱΏΓ·Ήϟ΅ΖȱΘϛΖȱΉϢΖȱΘΓϿΖȱ Υ·ϟΓΙΖȱȱ ГΗΔΉΕȱΈ΍νΘ΅Β΅ȱΘ΅ϧΖȱπΎΎΏ΋Ηϟ΅΍ΖȱΘϛΖȱ ̆΅Ώ΅Θϟ΅Ζ,ȱ ΓЂΘΝΖȱΎ΅ϠȱЀΐΉϧΖȱΔΓ΍φΗ΅ΘΉ.ȱ

WegenȱderȱSammlungȱfürȱdieȱHeiligenȱ aberȱ(gilt):ȱ WieȱichȱdenȱGemeindenȱinȱGalatienȱangeȬ ordnetȱhabe,ȱ soȱsolltȱauchȱihrȱhandeln.ȱ

ȱ ȱ Philȱ3,17:ȱ 17ȱ ȱ ȱ

̕Ιΐΐ΍ΐ΋Θ΅ϟȱΐΓΙȱ·ϟΑΉΗΌΉ,ȱȱ ΦΈΉΏΚΓϟ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΗΎΓΔΉϧΘΉȱΘΓϿΖȱȱ ΓЂΘΝȱΔΉΕ΍Δ΅ΘΓІΑΘ΅Ζȱ Ύ΅ΌАΖȱσΛΉΘΉȱΘϾΔΓΑȱψΐκΖ.ȱ

ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 96ȱȱ Wilckens,ȱRömȱII,ȱ121.ȱ

Ahmtȱmichȱnach,ȱȱ Brüder,ȱ undȱachtetȱaufȱdiejenigen,ȱȱ dieȱsoȱwandelnȱ wieȱihrȱunsȱzumȱVorbildȱhabt.ȱ

412ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

Esȱ handeltȱ sichȱ beideȱ Maleȱ umȱ dieȱ Formulierungȱ einesȱ identifizierenȬ denȱVergleichs:ȱSoȱwieȱinȱGalatienȱsollȱauchȱinȱKorinthȱgehandeltȱwerȬ denȱ(1ȱKorȱ16,1);ȱderȱ„Wandel“ȱvonȱMenschenȱentsprichtȱdemȱVorbildȱ desȱ Paulus.ȱ Keinesȱ derȱ Beispieleȱ kannȱ somitȱ eindeutigȱ alsȱ Paralleleȱ angesehenȱ werden.ȱ Einȱ weiteresȱ Argumentȱ trittȱ hinzu:ȱ Imȱ Römerbriefȱ leitetȱ Paulusȱ 14Ȭmalȱ Schriftzitateȱ durchȱ dieȱ Formelȱ Ύ΅ΌАΖȱ ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȱ ein,ȱohneȱdassȱerȱeinȱΓЂΘΝΖȱbenötigt.97ȱEsȱhandeltȱsichȱalsoȱumȱeinȱtypiȬ schesȱ Stilmerkmal,ȱ ebensoȱ wieȱ erȱ auchȱ einȱ abschließendesȱ Ύ΅Ϡȱ ΓЂΘΝΖȱ kennt.ȱDieȱstrengeȱAnbindungȱbeiderȱVokabelnȱanȱunsererȱStelleȱstelltȱ damitȱeineȱuntypischeȱVerknüpfungȱdar,ȱdieȱnichtȱüberzeugenȱkann.ȱ Trotzdemȱkannȱesȱhilfreichȱsein,ȱeinigeȱBeispieleȱzurȱArtȱundȱWeiseȱ derȱ paulinischenȱ Schriftargumentationȱ heranzuziehen.ȱ Sieȱ zeigen,ȱ wieȱ dasȱ Schriftargumentȱ mitȱ demȱ übrigenȱ Textȱ verbundenȱ wird.ȱ Wirȱ beȬ schränkenȱ unsȱ aufȱ dieȱ Belegeȱ ausȱ denȱ Kapitelnȱ 9ȱ undȱ 11,ȱ dieȱ sichȱ mitȱ IsraelȱinȱBeziehungȱsetzen.ȱ ȱ Römȱ9,11–13:ȱ 11ȱ

ΐφΔΝȱ·ΤΕȱ·ΉΑΑ΋ΌνΑΘΝΑȱȱ

ȱ

ΐ΋ΈξȱΔΕ΅ΒΣΑΘΝΑȱΘ΍ȱΦ·΅ΌϲΑȱύȱ Κ΅ІΏΓΑ,ȱ ϣΑ΅ȱψȱΎ΅ΘвȱπΎΏΓ·χΑȱΔΕϱΌΉΗ΍ΖȱΘΓІȱ ΌΉΓІȱΐνΑϙ,ȱ ΓЁΎȱπΒȱσΕ·ΝΑȱΦΏΏвȱπΎȱΘΓІȱΎ΅ΏΓІΑΘΓΖ,ȱ

ȱ 12ȱ ȱ ȱ 13ȱ ȱ

πΕΕνΌ΋ȱ΅ЁΘϜȱ ϵΘ΍ȱϳȱΐΉϟΊΝΑȱΈΓΙΏΉϾΗΉ΍ȱΘХȱπΏΣΗΗΓΑ΍,ȱ Ύ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȉȱȱ ΘϲΑȱ͑΅ΎАΆȱω·ΣΔ΋Η΅,ȱΘϲΑȱΈξȱ̼Η΅Іȱ πΐϟΗ΋Η΅.ȱ

Dennȱalsȱsieȱ(=ȱRebekkasȱSöhne)ȱnochȱ nichtȱgeborenȱwarenȱ undȱwederȱGutesȱnochȱBösesȱgetanȱhatȬ ten,ȱwurde,ȱ damitȱderȱdurchȱAuswahlȱerfolgteȱVorȬ satzȱGottesȱbleibe,ȱ nichtȱwegenȱWerkenȱsondernȱwegenȱdesȱ Berufenden,ȱ zuȱihrȱ(=ȱRebekka)ȱgesagt:ȱ DerȱGrößereȱsollȱdemȱGeringerenȱdienen,ȱ wieȱgeschriebenȱsteht:ȱ Jakobȱhabeȱichȱgeliebt,ȱEsauȱaberȱgehasst.ȱ

ȱ Dasȱ Schriftzitatȱ istȱ hierȱ deutlichȱ eineȱ weitereȱ Bestärkungȱ desȱ vorherȱ Gesagten.ȱ Esȱ stehtȱ imȱ Kontextȱ mitȱ weiterenȱ Zitatenȱ dafürȱ ein,ȱ dieȱ grundloseȱErwählungȱGottesȱinȱderȱVergangenheitȱIsraelsȱimȱRückgriffȱ aufȱ dieȱ Schriftȱ zuȱ erläutern.ȱ Zugleichȱ schließtȱ esȱ einenȱ darstellendenȱ Teilȱab,ȱanȱdenȱsichȱeineȱFrageȱanschließt.ȱDieȱAntitheseȱzwischenȱJakobȱ undȱ Esauȱ istȱ Themaȱ auchȱ derȱ vorangehendenȱ Verseȱ undȱ fügtȱ nichtsȱ Neuesȱmehrȱhinzu.ȱEsȱistȱeinȱautoritativesȱZeugnisȱderȱ„freienȱAuswahlȱ undȱdesȱVorsatzesȱGottes“ȱ(9,11).ȱ ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 97ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱbereitsȱJeremias,ȱBeobachtungen,ȱ255.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

413ȱ

Römȱ9,32f.:ȱ 31ȱ 32ȱ ȱ ȱ 33ȱ ȱ

ȱ

͑ΗΕ΅χΏȱΈξȱΈ΍ЏΎΝΑȱΑϱΐΓΑȱΈ΍Ύ΅΍ΓȬ ΗϾΑ΋ΖȱΉϢΖȱΑϱΐΓΑȱΓЁΎȱσΚΌ΅ΗΉΑ.ȱ Έ΍ΤȱΘϟ;ȱȱ ϵΘ΍ȱΓЁΎȱπΎȱΔϟΗΘΉΝΖȱΦΏΏвȱБΖȱπΒȱ σΕ·ΝΑȉȱ ΔΕΓΗνΎΓΜ΅ΑȱΘХȱΏϟΌУȱΘΓІȱ ΔΕΓΗΎϱΐΐ΅ΘΓΖ,ȱȱ Ύ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȉȱȱ ϢΈΓϿȱΘϟΌ΋ΐ΍ȱπΑȱ̕΍АΑȱΏϟΌΓΑȱ ΔΕΓΗΎϱΐΐ΅ΘΓΖȱΎ΅ϠȱΔνΘΕ΅Αȱ ΗΎ΅ΑΈΣΏΓΙ,ȱȱ Ύ΅ϠȱϳȱΔ΍ΗΘΉϾΝΑȱπΔвȱ΅ЁΘХȱΓЁȱ Ύ΅Θ΅΍ΗΛΙΑΌφΗΉΘ΅΍.ȱ

IsraelȱaberȱverfolgteȱeinȱGesetzȱderȱGerechȬ tigkeitȱundȱistȱnichtȱzumȱGesetzȱgelangt.ȱ Warum?ȱ Weilȱ(sie)ȱnichtȱausȱGlauben,ȱsondernȱausȱ Werkenȱ(handelten),ȱ stießenȱsieȱsichȱamȱSteinȱdesȱAnstoßes,ȱ wieȱgeschriebenȱsteht:ȱ Siehe,ȱichȱlegeȱinȱZionȱeinenȱSteinȱdesȱAnstoßesȱ undȱeinenȱeinenȱFelsȱdesȱÄrgernisses.ȱ Undȱwerȱanȱihnȱglaubt,ȱwirdȱnichtȱzuschandenȱ werden.“ȱ

ȱ AuchȱhierȱnimmtȱdasȱabschließendeȱSchriftzitat98ȱdieȱMotivikȱdesȱVoriȬ genȱauf,ȱoderȱbesserȱgesagt:ȱDieȱMotivikȱdesȱZitatesȱwirdȱschonȱinȱV.ȱ32ȱ vorweggenommen.ȱDasȱZitatȱgibtȱdemȱvorherȱGesagtenȱweitereȱAutoriȬ tät,ȱführtȱaberȱkeinenȱneuenȱGedankenȱein.ȱ ȱ Römȱ11,7–10:ȱ 7ȱ ȱ ȱ ȱ 8ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 9ȱ ȱ

10ȱ ȱ

[…]ȱ϶ȱπΔ΍Ί΋ΘΉϧȱ͑ΗΕ΅φΏ,ȱȱ ΘΓІΘΓȱΓЁΎȱπΔνΘΙΛΉΑ,ȱȱ ψȱΈξȱπΎΏΓ·χȱπΔνΘΙΛΉΑȉȱȱ ΓϡȱΈξȱΏΓ΍ΔΓϠȱπΔΝΕЏΌ΋Η΅Α,ȱȱ Ύ΅ΌАΖȱ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȉȱ ȱσΈΝΎΉΑȱ΅ЁΘΓϧΖȱϳȱΌΉϲΖȱΔΑΉІΐ΅ȱ Ύ΅Θ΅ΑϾΒΉΝΖ,ȱȱ ϴΚΌ΅ΏΐΓϿΖȱΘΓІȱΐχȱΆΏνΔΉ΍Αȱȱ Ύ΅ϠȱИΘ΅ȱΘΓІȱΐχȱΦΎΓϾΉ΍Α,ȱȱ ρΝΖȱΘϛΖȱΗφΐΉΕΓΑȱψΐνΕ΅Ζ.ȱ Ύ΅Ϡȱ̇΅ΙϠΈȱΏν·Ή΍ȉȱȱ ·ΉΑ΋ΌφΘΝȱψȱΘΕΣΔΉΊ΅ȱ΅ЁΘЗΑȱΉϢΖȱΔ΅·ϟΈ΅ȱ Ύ΅ϠȱΉϢΖȱΌφΕ΅ΑȱΎ΅ϠȱΉϢΖȱΗΎΣΑΈ΅ΏΓΑȱΎ΅Ϡȱ ΉϢΖȱΦΑΘ΅ΔϱΈΓΐ΅ȱ΅ЁΘΓϧΖ,ȱȱ ΗΎΓΘ΍ΗΌφΘΝΗ΅ΑȱΓϡȱϴΚΌ΅ΏΐΓϠȱ΅ЁΘЗΑȱΘΓІȱ ΐχȱΆΏνΔΉ΍Αȱȱ Ύ΅ϠȱΘϲΑȱΑЗΘΓΑȱ΅ЁΘЗΑȱΈ΍ΤȱΔ΅ΑΘϲΖȱ ΗϾ·Ύ΅ΐΜΓΑ.ȱ

WasȱIsraelȱsucht,ȱ dasȱhatȱesȱnichtȱerlangt.ȱ DieȱAuswahlȱaberȱhatȱesȱerlangt,ȱ dieȱÜbrigenȱaberȱwurdenȱverstockt,ȱ wieȱgeschriebenȱsteht:ȱ EsȱgabȱihnenȱGottȱeinenȱGeistȱderȱ Schlafsucht,ȱ Augen,ȱmitȱdenȱsieȱnichtȱsehenȱ undȱOhren,ȱmitȱdenenȱsieȱnichtȱhörenȱ bisȱaufȱdenȱheutigenȱTag.ȱ UndȱDavidȱsagt:ȱ EsȱwerdeȱihrȱTischȱihnenȱzurȱSchlinȬ geȱundȱzumȱStrickȱundȱzumȱÄrȬ gernisȱundȱzurȱVergeltung.ȱ VerfinstertȱseienȱihreȱAugen,ȱumȱ nichtȱzuȱsehen.ȱ UndȱihrenȱRückenȱbeugeȱallezeit.ȱ

ȱ Inȱ diesemȱ Beispielȱ gehtȱ dasȱ zweiteȱ Schriftwortȱ überȱ dasȱ ersteȱ hinaus.ȱ Wirdȱ zunächstȱ dasȱ Motivȱ derȱ Verstockungȱ dahingehendȱ bekräftigt,ȱ dassȱGottȱselbstȱalsȱAuslöserȱderȱVerstockungȱgenanntȱwird,ȱführtȱdasȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 98ȱȱ EsȱhandeltȱsichȱumȱeinȱeigentümlichesȱMischzitat;ȱvgl.ȱdazuȱWilckens,ȱRömȱII,ȱ213f.ȱ

414ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

zweiteȱ mitȱ demȱ Motivȱ desȱ „Tisches“,ȱ dasȱ Paulusȱ vermutlichȱ kultischȱ versteht,99ȱ darüberȱ hinaus.ȱ Esȱ meintȱ wohlȱ denȱ Altarȱ imȱ Tempelȱ undȱ derenȱ Opferkult,ȱ dessenȱ Endeȱ mitȱ demȱ Kreuzȱ Christiȱ eingetretenȱ ist.ȱ Diesȱ konntenȱ sieȱ nichtȱ verstehen.ȱ Insgesamtȱ beziehenȱ sichȱ dieȱ SchriftȬ verseȱnurȱaufȱdenȱStatusȱdesȱungläubigenȱIsrael,ȱüberȱdenȱ„Rest“ȱbzw.ȱ dieȱ„Auswahl“ȱschweigenȱsie.ȱ Fürȱ dieȱ Auslegungȱ vonȱ Römȱ 11,26ȱ trägtȱ dieseȱ Zusammenstellungȱ immerhinȱdieȱBeobachtungȱbei,ȱdassȱSchriftzitateȱzurȱautoritativenȱBeȬ stätigungȱdesȱVorangehendenȱinȱdenȱKapitelnȱRömȱ9–11ȱ(undȱdarüberȱ hinaus)ȱhäufigerȱverwendetȱwerden.ȱFürȱeineȱzwingendeȱEntsprechungȱ vonȱΓЂΘΝΖȱundȱΎ΅ΌЏΖȱbestehtȱhingegenȱkeineȱNotwendigkeit.ȱSoȱwirdȱ manȱfürȱRömȱ11,26f.ȱfesthalten,ȱdassȱdasȱSchriftwortȱdieȱGewissheitȱdesȱ zuvorȱformuliertenȱMysteriumsȱmitȱderȱAutoritätȱderȱSchriftȱbestätigt,ȱ ohneȱ dieȱ einzigeȱ Begründungȱ seinȱ zuȱ müssen.ȱ Esȱ bietetȱ aberȱ überȱ dieȱ bisherigenȱAussagenȱweitereȱinhaltlicheȱGesichtspunkte.ȱ

4.2.4.5ȱZurȱBedeutungȱvonȱΔκΖȱ͑ΗΕ΅φΏȱ(V.ȱ26)100ȱ Dieȱ positiveȱ Gewissheit,ȱ dassȱ Israelȱ alsȱ Ganzesȱ dieȱ zukünftigeȱ Rettungȱ erhoffenȱkann,ȱistȱnichtȱetwaȱeineȱisolierteȱAussage,ȱdieȱnurȱbeiȱPaulusȱ inȱ Römȱ 11,26ȱ überliefertȱ ist.ȱ Auchȱ dieȱ prophetischenȱ Schriften101ȱ undȱ Texteȱ desȱ Frühjudentums102ȱ wieȱ desȱ rabbinischenȱ Judentums103ȱ spreȬ chenȱ vonȱ dieserȱ Hoffnung.ȱ Dabeiȱ istȱ esȱ wichtigȱ zuȱ bemerken,ȱ dassȱ esȱ sichȱnichtȱumȱeineȱindividualisierende,ȱsondernȱumȱeineȱkollektiveȱAusȬ sageȱ handelt.ȱ Dasȱ Schicksalȱ einzelnerȱ Gliederȱ Israelsȱ istȱ hierȱ nichtȱ imȱ Blick.ȱ Soȱ werdenȱ auchȱinȱ mSanhȱ 10,1ȱ unmittelbarȱ imȱ Anschlußȱ anȱ dieȱ Aussageȱ„GanzȱIsraelȱerhältȱAnteilȱanȱderȱkommendenȱWelt“ȱverschieȬ deneȱ Gruppenȱ vonȱ Menschenȱ genannt,ȱ dieȱ aufgrundȱ ihresȱ Verhaltensȱ nichtȱ gerettetȱ werden.ȱ Ähnlichesȱ giltȱ auchȱ fürȱ dieȱ Aussagenȱ inȱ Römȱ 11,26:ȱ Paulusȱ sprichtȱ nichtȱ davon,ȱ dassȱ jederȱ einzelneȱ mitȱ Sicherheitȱ gerettetȱ wird.ȱ Dochȱ istȱ mitȱ „ganzȱ Israel“ȱ hierȱ dieȱ Ganzheitȱ desȱ Volkesȱ genannt,ȱdieȱebenȱsowohlȱausȱdenȱJudenchristenȱalsȱauchȱausȱdemȱgeȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 99ȱȱ Vgl.ȱWilckens,ȱRömȱII,ȱ239.ȱ 100ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Plag,ȱ Israelsȱ Wegeȱ zumȱ Heil;ȱ Keller,ȱ Gottesȱ Treue,ȱ 223–241;ȱ Theobald,ȱ Römerbriefȱ(EdF),ȱ270;ȱdieȱverschiedenenȱAuslegungenȱdesȱSyntagmasȱΔκΖȱ͑ΗΕ΅φΏȱ bietetȱauchȱAdam,ȱVersöhnung,ȱ156–170.ȱ 101ȱȱ VorȱallemȱDeuterojesaja,ȱvgl.ȱJesȱ44,23;ȱ45,17.25ȱ(LXX).ȱ 102ȱȱ Vgl.ȱTestBenȱ10,11.ȱ 103ȱȱ Vgl.ȱvorȱallemȱmSanhȱ10,1.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

415ȱ

genwärtigȱ „verhärteten“ȱ Teilȱ Israelsȱ besteht,ȱ derȱ denȱ Messiasȱ Jesusȱ nichtȱannimmt.104ȱȱ WasȱbedeutetȱΔκΖȱ͑ΗΕ΅φΏ?ȱSchonȱOrigenesȱhatȱinȱseinemȱKommentarȱzumȱ Römerbriefȱ beklagt,ȱ dassȱ diesȱ außerȱ Gottȱ undȱ einigenȱ Auserwähltenȱ nieȬ mandȱwissenȱkönne.105ȱTrotzdemȱgibtȱesȱmehrereȱHinweise,ȱdenenȱinȱdieȬ semȱ Zusammenhangȱ nachgegangenȱ werdenȱ kann.ȱ Wenngleichȱ derȱ AusȬ druckȱΔκΖȱ͑ΗΕ΅φΏȱimȱNeuenȱTestamentȱsonstȱnichtȱmehrȱauftaucht,ȱgibtȱesȱ vieleȱ Belegstellenȱ inȱ derȱ Septuaginta.ȱ Inȱ derȱ weiterenȱ erhaltenenȱ antikenȱ griechischenȱLiteraturȱfindetȱsichȱdieȱFormulierungȱaußerhalbȱvonȱBezugȬ nahmenȱ aufȱ dieȱ Bibelȱ nicht.106ȱ Jamesȱ Scottȱ hatȱ versucht,ȱ dasȱ Vorkommenȱ vonȱ„ganzȱIsrael“ȱimȱAltenȱTestamentȱ(ʬ ड़ʒʠʸʍʕ ˈʑʩʚʬʕ˗ȱ–ȱΔκΖȱ͑ΗΕ΅φΏ)ȱinȱvierȱBeȬ reicheȱzuȱsystematisieren.ȱWirȱkönnenȱfesthalten,ȱdassȱesȱsichȱinȱderȱRegelȱ umȱeineȱfestȱzuȱumgrenzendeȱGruppeȱ handelt,ȱdieȱsowohlȱmitȱdemȱLandȱ verbundenȱ ist,ȱ alsȱ auchȱ dieȱ religiöseȱ Konnotationȱ desȱ Volkesȱ JHWHsȱ zuȱ Eigenȱhat.ȱNebenȱderȱhäufigenȱBezeichnungȱfürȱdieȱGesamtheitȱderȱzwölfȱ Stämmeȱ oderȱ einesȱ derȱ beidenȱ Reicheȱ Israelȱ /ȱ Juda107ȱ fälltȱ dieȱ Bedeutungȱ desȱ Stichwortesȱ inȱ denȱ Chronikbüchernȱ auf,ȱ woȱ esȱ sichȱ umȱ eineȱ Größeȱ handelt,ȱ dieȱ nieȱ dasȱ Landȱ verließ.108ȱ Spätereȱ Texteȱ bezeichnenȱ damitȱ eineȱ Gruppe,ȱdieȱdemȱGesetzȱderȱToraȱunterwürfigȱistȱundȱdurchȱdieȱZeitenȱbeȬ steht.109ȱ Derȱ Terminusȱ ruftȱ insgesamtȱ denȱ Gedankenȱ derȱ Kontinuitätȱ auf,ȱ nachȱdemȱ„Israel“ȱsichȱalsȱdieȱGruppeȱvonȱ Menschenȱversteht,ȱderenȱAhȬ nenȱamȱSinaiȱdasȱGesetzȱerhaltenȱhabenȱundȱdieȱdannȱinȱdasȱ„LandȱIsrael“ȱ eingewandertȱsind.ȱSoȱkannȱetwaȱinȱ1ȱMakkȱ15,52ȱderȱjüdischeȱStaatȱunterȱ denȱHasmonäernȱalsȱ„Israel“ȱbezeichnetȱwerden.ȱUnklarȱsindȱeinzelneȱBeȬ legeȱimȱBuchȱDaniel.110ȱ

Derȱ Umfangȱ derȱ bezeichnetenȱ Größeȱ kannȱ alsoȱ variieren.ȱ Deutlichȱ istȱ aber,ȱ dassȱ inȱ derȱ biblischenȱ Traditionȱ zwarȱ auffälligȱ oftȱ Wertȱ daraufȱ gelegtȱwird,ȱdassȱeineȱGesamtheitȱIsraelsȱangesprochenȱistȱ(dieȱToraȱgiltȱ fürȱ „ganzȱ Israel“),ȱ anȱ einerȱ tatsächlichenȱ numerischenȱ Vollständigkeitȱ aberȱ wenigȱ Interesseȱ herrscht.ȱ „Ganzȱ Israel“ȱ istȱ alsoȱ eherȱ eineȱ idealeȱ Größe.ȱ Wichtigȱ istȱ auchȱ derȱ Gedanke,ȱ dassȱ „Israel“ȱ alsȱ Größeȱ vorȱ seiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 104ȱȱ Theobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ280.ȱ 105ȱȱ Origenes,ȱ Commentariiȱ inȱ Epistulamȱ adȱ Romanos,ȱ 8,12:ȱ „Quisȱ autemȱ sitȱ isteȱ omnisȱ Israelȱ[…]ȱDeusȱsolusȱnovit“;ȱdasselbeȱgiltȱfreilichȱauchȱfürȱdieȱ„FülleȱderȱHeiden“,ȱ wieȱerȱimȱselbenȱAtemzugȱbemerkt.ȱ 106ȱȱ Vgl.ȱScott,ȱIsrael,ȱ62ȱAnm.ȱ22.ȱ 107ȱȱ Exȱ 18,25;ȱ Dtnȱ 27,9ȱ u.ȱ a.ȱ (vorȱ derȱ Staatenbildung),ȱ 2ȱ Samȱ 8,15;ȱ 1ȱ Könȱ 4,1ȱ u.ȱ a.ȱ (dasȱ Großreichȱ Davids/Salomos).ȱ Andereȱ Texteȱ stellenȱ lediglichȱ eineȱ Auswahlȱ ausȱ demȱ Volkȱvor,ȱdieȱalsȱ„ganzȱIsrael“ȱbezeichnetȱwerdenȱkann:ȱ1ȱSamȱ4,5;ȱ17,11;ȱ2ȱSamȱ17,11ȱ u.ȱa.,ȱ1ȱKönȱ12,1.16–20;ȱ2ȱKönȱ3,6ȱ(nurȱdasȱNordreich!);ȱEsraȱ2,70;ȱ8,35ȱ(nurȱdieȱsüdliȬ chenȱStämme).ȱ 108ȱȱ Z.ȱB.ȱ1ȱChrȱ9,1.ȱVgl.ȱdazuȱJaphet,ȱExileȱandȱRestoration,ȱ41f.;ȱScott,ȱIsrael,ȱ68.ȱ 109ȱȱ Dtnȱ13,12,ȱMalȱ3,22ȱu.ȱa.;ȱesȱhandeltȱsichȱalsoȱumȱeineȱdiachroneȱGröße.ȱ 110ȱȱ Danȱ9,7.ȱ

416ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

nemȱGottȱseitȱältesterȱZeitȱeineȱIdentitätȱhat,ȱeineȱKontinuität,ȱdieȱauchȱ dieȱ diachroneȱ Perspektiveȱ integriert.ȱ Nurȱ soȱ wirdȱ derȱ Bezugȱ zumȱ GründungsgeschehenȱinȱdenȱÜberlieferungenȱzuȱExodus,ȱWüstenwanȬ derungȱ undȱ Gesetzgebungȱ amȱ Sinaiȱ bewahrt.ȱ Inȱ derȱ Sichtȱ derȱ bibliȬ schenȱ Autorenȱ stehtȱ dasȱ Israelȱ ihrerȱ Zeitȱ inȱ unmittelbarerȱ Kontinuitätȱ zuȱderȱGruppe,ȱdieȱdamalsȱunterȱFührungȱdesȱMoseȱausȱÄgyptenȱkam.ȱ Dieseȱ Konstruktion,ȱ dieȱ historischȱ natürlichȱ kaumȱ denȱ Tatsachenȱ entȬ spricht,ȱistȱtheologischȱvonȱumsoȱgrößererȱBedeutung.ȱ Israelȱ ist,ȱ wieȱ unsereȱ Untersuchungenȱ zuȱ biblischenȱ ZukunftskonȬ zeptenȱgezeigtȱhaben,ȱschonȱinȱbiblischerȱZeitȱeineȱidealeȱundȱbewusstȱ konstruierteȱ Größe.ȱ Diesesȱ Charakteristikumȱ derȱ biblischenȱ Schriftenȱ lässtȱ sichȱ auchȱ anȱ anderenȱ Größenȱ zeigen:ȱ Dasȱ Volkȱ Israel,ȱ dieȱ Stadtȱ JerusalemȱoderȱderȱTempel,ȱweiterȱgeschichtlicheȱBezugspunkteȱwieȱz.ȱ B.ȱ derȱ Exodus,ȱ dieȱ Exilszeitȱ undȱ Rückkehrȱ ausȱ demȱ Exilȱ oderȱ auchȱ Tempelweiheȱ undȱ Mauerbauȱ unterȱ Nehemiaȱ –ȱ stetsȱ bietetȱ dieȱ realeȱ Weltȱ nurȱ Anknüpfungspunkte,ȱ dieȱ infolgeȱ weitererȱ Reflexionȱ zuȱ herȬ ausragendenȱ Ortenȱ bzw.ȱ Geschehnissenȱ derȱ Heilsgeschichteȱ werden.ȱ DassȱdabeiȱrealeȱGeschehenszusammenhängeȱverändertȱundȱdieȱBegeȬ benheitenȱ inȱ einemȱ religiösenȱ Schemaȱ verarbeitetȱ werden,ȱ stehtȱ außerȱ Frage.111ȱ Einȱ Blickȱ inȱ dieȱ frühjüdischenȱ Schriftenȱ erweist,ȱ dassȱ dieȱ Größeȱ „ganzȱIsrael“ȱsogarȱnochȱinȱdieȱZeitȱderȱErzväterȱzurückverlegtȱwerdenȱ kann.112ȱAuffälligȱistȱhingegen,ȱdassȱPhiloȱundȱJosephusȱdenȱAusdruckȱ nichtȱverwenden.ȱBeiȱJosephusȱmagȱdasȱdamitȱzusammenhängen,ȱdassȱ esȱsichȱumȱeinenȱBinnenausdruckȱhandelt,ȱderȱgegenüberȱdenȱRömern,ȱ fürȱ dieȱ erȱ schreibt,ȱ höchstensȱ Unverständnisȱ hervorgerufenȱ hätte.ȱ Fürȱ denȱDiasporajudenȱPhiloȱmagȱsichȱdieȱEinheitȱseinesȱVolkesȱinȱandererȱ Weiseȱgezeigtȱhaben.ȱ Einȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Verwendungȱ vonȱ „Israel“ȱ imȱ Rahmenȱ derȱ dreiȱ Kapitelȱ9–11ȱbietetȱweitereȱHinweise.ȱEsȱfälltȱauf,ȱdassȱPaulusȱ„Israel“ȱ nurȱ hierȱ imȱ Römerbriefȱ benutztȱ undȱ –ȱ abgesehenȱ vonȱ 9,6bȱ –ȱ diesenȱ Namenȱ strengȱ fürȱ seinȱ eigenesȱ Volkȱ benutztȱ (Römȱ 9,27;ȱ 9,31;ȱ 10,19.21;ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 111ȱȱ Amȱ Beispielȱ desȱ Tempelsȱ wirdȱ diesȱ gutȱ sichtbar:ȱ Sowohlȱ derȱ Tempelȱ Salomosȱ alsȱ auchȱnochȱmehrȱderȱzweiteȱTempel,ȱderȱ515ȱv.ȱChr.ȱeingeweihtȱwurde,ȱwarenȱkleinȱ undȱ schmucklos,ȱ währendȱ dieȱ prophetischenȱ Redenȱ bzgl.ȱ desȱ Tempelsȱ ungeahnteȱ Höhenȱ erreichen;ȱ danebenȱ konntenȱ freilichȱ jeȱ undȱ jeȱ auchȱ Hinweiseȱ aufȱ dieȱ realeȱ DürftigkeitȱderȱBautenȱimȱKanonȱüberlebenȱ(vgl.ȱHagȱ2).ȱ 112ȱȱ Einȱ gutesȱ Beispielȱ sindȱ dieȱ TestXII,ȱ dieȱ inȱ TestJosȱ 20,5;ȱ TestRubȱ 6,8,ȱ TestBenȱ 10,11ȱ eineȱ diachroneȱ Kontinuitätȱ mitȱ denȱ Vorfahrenȱ inȱ derȱ Größeȱ „Israel“ȱ verdeutlichen.ȱ Vgl.ȱ auchȱ Tobȱ 1,6;ȱ außerdemȱ CDȱ 15,5,ȱ woȱ „ganzȱ Israel“ȱ dieȱ Gemeindeȱ inȱ Qumranȱ bezeichnet.ȱ Zuȱ weiterenȱ Stellen,ȱ derenȱ Eindeutigkeitȱ jedochȱ nichtȱ immerȱ festȱ steht,ȱ vgl.ȱScott,ȱIsrael,ȱ79–81.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

417ȱ

11,2.7.25.26).ȱErȱwiderstehtȱderȱVersuchung,ȱdenȱNamenȱaufȱdieȱKircheȱ alsȱ „neues“ȱ oderȱ „wahres“ȱ Israelȱ zuȱ beziehen.113ȱ Gleichesȱ giltȱ fürȱ dieȱ Vokabelȱ Ώ΅ϱΖ,ȱ dieȱ erȱ fürȱdasȱ ethnischeȱ Israelȱ alsȱ erwähltesȱ Gottesvolkȱ reserviertȱ(9,25f.;ȱ10,21;ȱ11,1.2;ȱvgl.ȱauchȱ15,10),ȱwasȱdurchȱdieȱAttributeȱ ΐΓΙȱ(9,25f)ȱbzw.ȱ΅ЁΘΓІȱ(11,1.2)ȱunterstrichenȱwird.ȱDabeiȱwirdȱgeradeȱ beiȱ derȱ „Ausnahme“ȱ 9,25f.ȱ deutlich,ȱ dassȱ denȱ Christenȱ ausȱ denȱ HeiȬ denvölkernȱderȱΏ΅ϱΖȬTitelȱeigentlichȱnichtȱzusteht.ȱ Vorȱ diesenȱ Hintergründenȱ wirdȱ manȱ imȱ Kontextȱ desȱ Römerbriefsȱ verschiedeneȱDeutungenȱausschließenȱkönnen.ȱPaulusȱbeziehtȱsichȱmitȱ ΔκΖȱ͑ΗΕ΅φΏȱnichtȱaufȱdieȱKirche.ȱEbensowenigȱschließtȱerȱdieȱHeidenȱ mitȱein.114ȱSchließlichȱkommtȱesȱPaulusȱbeiȱseinerȱRedeȱvonȱ„ganzȱIsraȬ el“ȱnichtȱaufȱdieȱnumerischeȱGesamtheitȱallerȱEinzelpersonenȱinȱIsraelȱ an.ȱDaȱeineȱsolcheȱAusrichtungȱauchȱdenȱgenanntenȱBelegstellenȱfremdȱ ist,115ȱ wirdȱ manȱ dieȱ Formelȱ „ganzȱ Israel“ȱ inȱ 11,26ȱ imȱ Rahmenȱ derȱ voȬ rangehendenȱ Äußerungenȱ lesenȱ müssen,ȱ wasȱ zurȱ Folgeȱ hat,ȱ dassȱ hierȱ dieȱ Ganzheitȱ Israels,ȱ bestehendȱ ausȱ demȱ (judenchristlichen)ȱ „Rest“ȱ (11,5)ȱundȱderȱMehrheitȱderȱ„übrigen“ȱ(nichtȱchristusgläubigen)ȱJudenȱ (11,7),ȱgemeintȱist.ȱDaȱdieȱErrettungȱdieserȱGanzheitȱletztlichȱalleinȱvonȱ Gottesȱ Gnadeȱ abhängigȱ ist,ȱ erhältȱ „Israel“ȱ hierȱ eineȱ eschatologischeȱ Ausrichtung.116ȱ Derȱ Terminusȱ ΔκΖȱ ͑ΗΕ΅φΏȱ istȱ zudemȱ kollektiv,ȱ nichtȱ individuellȱ gemeint117.ȱ Dabeiȱ beschränktȱ erȱ sichȱ keineswegsȱ aufȱ denȱ Restȱ Israels,ȱ derȱ hierȱ plerophorȱ alsȱ ΔκΖȱ ͑ΗΕ΅φΏȱ bezeichnetȱ würde,118ȱ nochȱaufȱdieȱHeilsgemeindeȱderȱKircheȱausȱJudenȱundȱHeiden,ȱsondernȱ kannȱ tatsächlichȱ „kaumȱ etwasȱ anderesȱ meinen,ȱ alsȱ wirklichȱ dasȱ ganzeȱ VolkȱIsrael“119,ȱwieȱschonȱseitȱlangemȱimmerȱwiederȱfestgestelltȱwurde.ȱ DieserȱAuslegungȱschließenȱsichȱauchȱdieȱmeistenȱKommentareȱunsererȱ Tageȱan.120ȱEsȱgehtȱalsoȱumȱdieȱtatsächlicheȱGesamtheitȱdesȱVolkesȱIsraȬ el,ȱ wobeiȱ individuelleȱ Einzelfälleȱ durchausȱ nichtȱ darinȱ eingefasstȱ geȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 113ȱȱ Werȱ diesȱ ernstȱ nimmtȱ undȱ aufȱ dieȱ anderenȱ Paulusbriefeȱ ausdehnt,ȱ könnteȱ auchȱ inȱ Galȱ 6,16ȱ einenȱ letztenȱ Segensspruchȱ überȱ dasȱ jüdischeȱ Israelȱ erkennen,ȱ bevorȱ derȱ spannungsgeladeneȱBriefȱbeendetȱwird,ȱvgl.ȱMußner,ȱGal,ȱ417.ȱ 114ȱȱ Soȱaberȱz.ȱB.ȱJeremias,ȱBeobachtungen,ȱ200.ȱ 115ȱȱ Dieȱschonȱ mehrfachȱerwähnteȱ Paralleleȱausȱderȱ Mischnaȱschließtȱjaȱgeradeȱgewisseȱ Einzelpersonenȱausdrücklichȱaus,ȱwasȱaberȱderȱgrundsätzlichenȱAussage,ȱdassȱ„ganzȱ IsraelȱAnteilȱanȱderȱkommendenȱWelt“ȱhabe,ȱkeinenȱAbbruchȱtutȱ(vgl.ȱmSanhȱ10,1).ȱ 116ȱȱ Vgl.ȱTheobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ271.ȱ 117ȱȱ Vgl.ȱauchȱAdam,ȱVersöhnung,ȱ160.ȱ 118ȱȱ Vgl.ȱetwaȱBengel,ȱGnomonȱNoviȱTestamenti,ȱ124.ȱ 119ȱȱ Gaugler,ȱ Römȱ II,ȱ 200ȱ (Hervorhebungȱ imȱ Original);ȱ vgl.ȱ auchȱ Hofius,ȱ Evangelium,ȱ 195:ȱ„SoȱdürfteȱΔκΖȱ͑ΗΕ΅φΏȱauchȱbeiȱPaulusȱnichtȱnumerischȱgemeintȱsein.“ȱ 120ȱȱ Vgl.ȱbeiȱAdam,ȱVersöhnung,ȱ164.ȱ

418ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

dachtȱ werdenȱ können.ȱ Hierȱ bietetȱ Paulusȱ dieȱ gleicheȱ Auffassung,ȱ wieȱ sieȱauchȱinȱmSanhȱ10,1ȱbezeugtȱwird.ȱ AuchȱJensȱAdamȱversteiftȱsichȱwederȱaufȱdieȱnumerischeȱnochȱdieȱkollektiȬ veȱ Deutung,ȱ wennȱ erȱ eineȱ „universalistische“ȱ Auslegungȱ desȱ Syntagmasȱ fordert.ȱ Erȱ tutȱ seineȱ Sympathienȱ freilichȱ offenȱ kund:ȱ „Derȱ exegetischeȱ Schluss,ȱ dassȱ Paulusȱ insbesondereȱ mitȱ derȱ Aussageȱ vonȱ Römȱ 11,26aȱ einȱ umfassendȱuniversalesȱVerständnisȱauchȱimȱnumerischenȱSinnȱvertritt,ȱ(ist)ȱ kaumȱ alsȱ unbegründetȱ abzutun.“121ȱ Allerdingsȱ stelltȱ erȱ späterȱ zutreffendȱ fest,ȱ„dassȱeineȱEinschränkungȱderȱansonstenȱumfassendȬuniversalȱzuȱverȬ stehendenȱpaulinischenȱAllȬAussagenȱausschließlichȱimȱSignumȱdesȱGlauȬ bensȱanȱJesusȱChristusȱliegt.“122ȱ

Dieȱ paulinischeȱ Hermeneutik,ȱ dieȱ immerȱ dasȱ Heilȱ bzw.ȱ Unheilȱ einerȱ Gesamtheitȱ vorȱ individuelleȱ Formulierungenȱ stellt,ȱ wirdȱ auchȱ inȱ derȱ Zukunftsperspektiveȱ fürȱ Israelȱ inȱ Römȱ 11ȱ deutlich.123ȱ Dieȱ Redeȱ vomȱ „ekklesiologischenȱ Plural“124ȱ giltȱ ceterisȱ paribusȱ auchȱ fürȱ denȱ „Plural“ȱ derȱ Glaubensgemeinschaftȱ Israel,ȱ derenȱ Gesamtheitȱ einȱ spezifischerȱ Vorrangȱ gegenüberȱ denȱ einzelnenȱ Gliedernȱ zukommt.ȱ Dadurchȱ werȬ denȱ aberȱ dieȱ Individuenȱ nichtȱ völligȱ entwertet,ȱ sondernȱ vielmehrȱ alsȱ TeileȱvonȱGemeinschaftenȱbetrachtet.ȱ Mitȱ derȱRedeȱ vonȱ derȱ„Ganzheit“ȱ IsraelsȱistȱimmerȱauchȱdieȱHoffȬ nungȱaufȱdieȱWiederherstellungȱderȱEinheitȱderȱzwölfȱStämmeȱverbunȬ den,ȱdieȱsoȱidealtypischȱbeschworenȱwird,ȱwieȱsieȱhistorischȱzuȱkeinemȱ Zeitpunktȱrealȱverwirklichtȱwar.ȱAuchȱhierȱhandeltȱesȱsichȱumȱeinȱtheoȬ logischesȱ Ideal,ȱ dasȱ alsȱ Hoffnungsbildȱ dasȱ Schicksalȱ Israelsȱ begleitet.ȱ WennȱinȱspätererȱZeitȱvonȱ„ganzȱIsrael“ȱdieȱRedeȱist,ȱspieltȱdieserȱGeȬ dankeȱstetsȱmitȱhinein.ȱ

4.2.4.6ȱDieȱ„Rettung“ȱIsraelsȱ(V.ȱ26f.)ȱ Durchȱ dieȱ futurischeȱ Formulierungȱ stelltȱ sichȱ dieȱ eschatologischeȱ DiȬ mensionȱderȱAussagenȱnahezuȱvonȱselbstȱein.ȱImȱGesamtȱdesȱKapitels,ȱ dasȱjaȱimȱGegensatzȱzuȱKap.ȱ9ȱundȱ10ȱaufȱdieȱZukunftȱausgerichtetȱist,ȱ giltȱ diesȱ auchȱ undȱ geradeȱ fürȱ dasȱ hierȱ verkündigteȱ „Geheimnis“.ȱ Umȱ zuȱeruieren,ȱwelcheȱspezifischenȱAkzenteȱPaulusȱhierȱmitȱderȱRedeȱvonȱ derȱ „Rettung“ȱ aufrufenȱ will,ȱ istȱ zuȱ prüfen,ȱ inȱ welchemȱ Kontextȱ dasȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 121ȱȱ Adam,ȱVersöhnung,ȱ170.ȱ 122ȱȱ Adam,ȱVersöhnung,ȱ186.ȱ 123ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ dieȱ Bemerkungȱ beiȱ Peterson,ȱ Röm,ȱ 334ȱ zuȱ denȱ „ganzȱ unindividualistiȬ schenȱ Formulierungenȱ beiȱ Paulusȱ […]:ȱ Dasȱ Volkȱ wirdȱ selig,ȱ aberȱ nichtȱ etwaȱ lauterȱ Einzelne“;ȱvgl.ȱauchȱTheobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ289.ȱ 124ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ289f.ȱ(„Dasȱekklesialeȱ‚Wir‘“).ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

419ȱ

StichwortȱanȱanderenȱStellenȱverwendetȱwird.ȱInȱRömȱ9–11ȱnutztȱPauȬ lusȱdasȱVerbumȱΗФΊΉ΍Αȱfünfmal:ȱ 1)ȱ9,27f.:ȱZitatȱausȱJesȱ10,22f.ȱ(„DerȱRestȱwirdȱgerettetȱwerden“).ȱDiesȱmeintȱ imȱjesajanischenȱKontextȱdieȱRückkehrȱausȱdemȱExil125ȱundȱbeziehtȱsichȱimȱ KontextȱdesȱRömerbriefsȱaufȱdieȱschonȱzuȱChristusȱgehörendenȱJudenchrisȬ tenȱwieȱPaulusȱselbst.ȱ 2)ȱ Römȱ 10,9:ȱ Verwendungȱ imȱ Kontextȱ desȱ Zitatesȱ ausȱ Dtnȱ 30,14,ȱ dasȱ dieȱ Wiedererrichtungȱ Israelsȱ nachȱ derȱ Umkehrȱ verheißt.ȱ Paulusȱ setztȱ hierȱ eiȬ nenȱchristologischenȱAkzent.ȱ 3)ȱRömȱ10,13:ȱZitatȱausȱJoelȱ3,5aȱ(LXX)ȱ(„Jeder,ȱderȱdenȱNamenȱdesȱHerrnȱ anruft,ȱwirdȱgerettetȱwerden.“).ȱDamitȱistȱhierȱdasȱBekenntnisȱzuȱChristusȱ gemeint.ȱ 4)ȱRömȱ11,14:ȱPaulusȱüberlegt,ȱobȱerȱnichtȱeinigeȱausȱIsraelȱ„retten“ȱkönnte.ȱ Esȱzeigtȱsich,ȱdassȱdieȱRettungȱIsraelsȱeineȱtreibendeȱKraftȱfürȱallesȱTunȱdesȱ Apostelsȱist.126ȱ 5)ȱ Römȱ 11,26:ȱ Mischzitatȱ ausȱ Jesȱ 59,20f.;ȱ 27,9ȱ zurȱ abschließendenȱ ErläuteȬ rungȱdesȱGeheimnissesȱderȱRettung.ȱ

Esȱistȱdeutlich,ȱdassȱdasȱStichwortȱderȱbiblischenȱTraditionȱentnommenȱ istȱ undȱ inȱ denȱ Kapitelnȱ (mitȱ Ausnahmeȱ vonȱ 11,14)ȱ stetsȱ imȱ biblischenȱ Kontextȱgemeintȱist.ȱRettungȱimpliziertȱdabeiȱinȱbiblischerȱBedeutungsȬ fülleȱ dieȱ endgültigeȱ Annahmeȱ durchȱ Gott,ȱ welcheȱ fürȱ Paulusȱ freilichȱ nunȱBekenntnisȱdasȱzuȱChristusȱvoraussetzt:ȱ„[DerȱApostel]ȱbetontȱundȱ bestätigtȱ […],ȱ dassȱ Gottȱ inȱ seinerȱ Treueȱ alleȱ Verheißungenȱ fürȱ Israelȱ erfüllenȱ wird,ȱ undȱ dasȱ nichtȱ ohneȱ dieȱ gläubigeȱ Annahmeȱ desȱ Messiasȱ JesusȱvonseitenȱIsraels.“127ȱ NachdemȱdieȱArtȱundȱWeiseȱderȱRettungȱIsraelsȱbereitsȱinȱV.ȱ25d–eȱ formuliertȱwurdeȱ–ȱgeradeȱinȱderȱParadoxieȱderȱVerstockungȱIsraels128ȱ zugunstenȱ desȱ Eingehensȱ derȱ Völkerȱ wirdȱ sichȱ dieȱ Rettungȱ Israelsȱ erȬ eignenȱ –,ȱ istȱ esȱ angemessen,ȱ dassȱ auchȱ diesesȱ „Geheimnis“ȱ durchȱ einȱ autoritativesȱ Schriftzitatȱ unterfüttertȱ wird.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ eineȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 125ȱȱ InȱderȱLXXȱistȱΗФΊΉ΍ΑȱTerminusȱfürȱdieȱSammlungȱIsraelsȱausȱderȱDiaspora,ȱvgl.ȱJerȱ 38(31),7f.;ȱJerȱ26(46),27;ȱSachȱ8,7f.,ȱPsȱ106,47ȱu.ȱa.;ȱTobȱ14,7.ȱ 126ȱȱ DassȱRettungȱdabeiȱzugleichȱdieȱWiederherstellungȱIsraelsȱmeint,ȱdasȱgroßeȱThema,ȱ dasȱseitȱJahrhundertenȱGlaubenȱundȱHoffenȱIsraelsȱprägt,ȱzeigtȱdieȱRedeȱvonȱ„ihrerȱ Fülle“ȱimȱbenachbartenȱV.ȱ12ȱ(vgl.ȱdazuȱThiessen,ȱGott,ȱ100).ȱ 127ȱȱ Thiessen,ȱ Gott,ȱ 100.ȱ Erȱ betontȱ auch,ȱ dassȱ esȱ keinenȱ „‚Sonderweg‘ȱ Gottesȱ fürȱ Israelȱ […]ȱanȱdemȱMessiasȱJesusȱundȱdemȱGlaubenȱanȱihnȱvorbei“ȱ(ebd.ȱAnm.ȱ365)ȱgebenȱ kannȱ(vgl.ȱauchȱebd.ȱdieȱzahlreicheȱLit.ȱzumȱThema).ȱ 128ȱȱ Auchȱ inȱ diesemȱ Fallȱ istȱ dieȱ zeitlicheȱ Begrenzungȱ derȱ Verstockungȱ ausdrücklichȱ festgehalten.ȱ Diesȱ entsprichtȱ derȱ Beobachtung,ȱ dassȱ „Verstockung“ȱ gegenüberȱ „Verwerfung“ȱeineȱzeitlicheȱFristȱimpliziert.ȱ

420ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

Mischungȱ ausȱ Jesȱ 59,20f.ȱ undȱ Jesȱ 27,9.ȱ Auffallendȱ ist,ȱ dassȱ dasȱ Zitatȱ gegenüberȱderȱerstenȱErläuterungȱsachlicheȱErweiterungenȱvorbringt.ȱ InȱderȱimmerȱwiederȱverhandeltenȱFrage,ȱobȱmitȱdemȱϹΙϱΐΉΑΓΖȱ(V.ȱ 26c)ȱ aufȱ Gottȱ oderȱ aufȱ Christusȱ hingewiesenȱ wird,129ȱ unterliegtȱ esȱ inȬ zwischenȱ wohlȱ keinemȱ Zweifelȱ mehr,ȱdassȱ Paulusȱdenȱ Blickȱanȱdieserȱ StelleȱaufȱdasȱKommenȱdesȱParusiechristus130ȱlenktȱundȱdasȱJesajazitatȱ christologischȱinterpretiert.ȱȱ Dieȱ Sichtȱ derȱ Endereignisseȱ lässtȱ inȱ denȱ Briefenȱ desȱ Paulusȱ eineȱ EntwickȬ lungȱ erkennen.ȱ Inȱ 1ȱ Thessȱ 4,13–18ȱ findenȱ wirȱ dieȱ frühesteȱ Äußerungȱ desȱ Apostelsȱ zumȱ Thema.ȱ Kontextȱ sindȱ Fragenȱ ausȱ derȱ Gemeindeȱ nachȱ derȱ Auferstehungȱ derȱ Christen,ȱ genauerȱ dieȱ Frage,ȱ wasȱ mitȱ denȱ verstorbenenȱ Gemeindemitgliedernȱ geschieht.ȱ Dieȱ Naherwartungȱ istȱ unmittelbar.ȱ TatȬ sächlichȱ bietetȱ Paulusȱ hierȱ einȱ vonȱ apokalyptischenȱ Bildernȱ geprägtesȱ anȬ schaulichesȱ Endzeitdrama,ȱ dasȱ mitȱderȱ Entrückungȱ derȱ Gläubigenȱ „inȱ dieȱ Luft,ȱ demȱ (wiederkommenden)ȱ Herrnȱ entgegen“ȱ (1ȱ Thessȱ 4,17),ȱ rechnetȱ undȱdessenȱEintrittȱerȱnochȱzuȱLebzeitenȱerwartet.ȱDieseȱunmittelbareȱEndȬ zeiterwartungȱ findetȱ sichȱ auchȱ nochȱ imȱ Erstenȱ Korintherbrief,131ȱ jedochȱ kommtȱ inȱ 1ȱ Korȱ 15,50–54ȱ neuȱ dieȱ Ideeȱ derȱ Verwandlungȱ hinzu,ȱ dieȱ dasȱ ModellȱderȱEntrückungȱausȱ1ȱThessȱablöst.ȱImȱspäterenȱTextȱ2ȱKorȱ5,1–10ȱ hältȱ Paulusȱ seinenȱ eigenenȱ Todȱ vorȱ derȱ Parusieȱ fürȱ möglich,ȱ nochȱ deutliȬ cherȱwirdȱdiesȱimȱPhilipperbrief,ȱwoȱerȱseinenȱTodȱklarȱvorȱAugenȱzuȱhaȬ benȱscheint.ȱInȱdieserȱLinieȱäußertȱsichȱdannȱauchȱderȱRömerbrief,ȱderȱdenȱ Todȱ vonȱ Gläubigenȱ alsȱ denȱ Regelfallȱ ansiehtȱ (Römȱ 14,8),ȱ ohneȱ dassȱ dieȱ Naherwartungȱaufgegebenȱwordenȱwäreȱ(vgl.ȱRömȱ13,11;ȱ16,29).ȱManȱkannȱ soȱvonȱeinemȱ„folgerichtigenȱFortschreitenȱdesȱDenkens“132ȱinȱdieserȱFrageȱ sprechen.ȱ

Wennȱ manȱ daherȱ dieȱ eschatologischenȱ Vorstellungenȱ desȱ Paulusȱ alsȱ biographischȬsituativȱgeprägtȱbestimmenȱkann,ȱistȱesȱnaheliegend,ȱauchȱ beiȱderȱFrage,ȱwieȱerȱsichȱdieȱRettungȱIsraelsȱnachȱRömȱ11,26f.ȱkonkretȱ vorstellt,ȱdieȱbiographischeȱMatrixȱdesȱPaulusȱmitȱheranziehen:ȱWieȱerȱ selbstȱvonȱChristusȱüberwältigtȱwurdeȱundȱnunȱaufȱRettungȱundȱHeilȱ inȱ Christusȱ hofft,ȱ soȱ erwartetȱ erȱ auchȱ fürȱ seinȱ ganzesȱ Volkȱ dasselbe.ȱ Eineȱ solcheȱ Sichtȱ setztȱ dieȱ vorgängigeȱ aktiveȱ Umkehrȱ Israelsȱ geradeȱ nichtȱ voraus,ȱ ohneȱ dassȱ damitȱ freilichȱ eineȱ Rettungȱ desȱ Volkesȱ anȱ Christusȱvorbeiȱfestgestelltȱwäre.ȱEineȱsolcheȱkenntȱPaulusȱauchȱinȱRömȱ 11ȱ nicht.ȱ Dassȱ dieȱ Rettungȱ Israelsȱ mitȱ derȱ Befreiungȱ vonȱ Sündenȱ einȬ hergehtȱ–ȱeinȱGedanke,ȱderȱgleichȱzweimalȱformuliertȱwirdȱ(V.ȱ26d.27b)ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 129ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ281f.;ȱWilckens,ȱRömȱII,ȱ256ȱAnm.ȱ1154f.ȱ 130ȱȱ Dieȱ Redeȱ vonȱ derȱ „Parusieȱ desȱ Herrn“ȱ findetȱ sichȱ beiȱ Paulusȱ fünfmal:ȱ 1ȱ Korȱ 15,23;ȱ 1ȱThessȱ2,19;ȱ3,13;ȱ4,15;ȱ5,23.ȱAußerdemȱspäterȱnochȱmehrfachȱunspezifischȱinȱ2ȱKorȱ 7,6.7;ȱ10,10;ȱPhilȱ1,26;ȱ2,12;ȱvgl.ȱdazuȱEisele,ȱReich,ȱ12.ȱ 131ȱȱ Vgl.ȱ1ȱKorȱ7,29;ȱ10,11;ȱ16,22.ȱ 132ȱȱ Schnelle,ȱTheologie,ȱ323.ȱ

ȱ

4.2ȱ DieȱZukunftȱIsraelsȱnachȱRömȱ9–11ȱ

421ȱ

–,ȱ entsprichtȱ ganzȱ derȱ eschatologischenȱ Erwartung,ȱ dassȱdieȱ messianiȬ scheȱEndzeitȱeineȱsündloseȱseinȱmuss.ȱDerȱinȱdiesemȱKontextȱauffälligeȱ strikteȱ Bezugȱ aufȱ Gottesȱ Handelnȱ fügtȱ sichȱ ganzȱ inȱ dieseȱ ZusammenȬ hängeȱ ein:ȱ Israelȱ selbstȱ kannȱ praktischȱ nichtsȱ gegenȱ dieȱ Sündenȱ tun,ȱ sondernȱ wirdȱ dieȱ Erlösungȱ ganzȱ vonȱ Gottȱ herȱ erwarten,ȱ wieȱ auchȱ dieȱ LebenswendeȱdesȱPaulusȱohneȱeigenesȱZutunȱgeschah.ȱ DerȱauffälligeȱBezugȱaufȱdenȱZionȱalsȱOrtȱfürȱdieȱParusieȱ–ȱdieȱForȬ mulierungȱ istȱ gegenüberȱ demȱ Versȱ imȱ Jesajabuchȱ verändertȱ –ȱ weistȱ nichtȱnurȱdaraufȱhin,ȱdassȱdieȱParusieȱeinȱzentralesȱGeschehenȱfürȱIsraelȱ ist.ȱ Paulusȱ zeigtȱ hierȱ eineȱ Übernahmeȱ „eschatologischȬgeographischerȱ Konzeptionen,ȱ nachȱ denenȱ derȱ Zionȱ nichtȱ nurȱ Ausgangspunktȱ derȱ Heilsbotschaftȱ (Römȱ 15,19),ȱ sondernȱ auchȱ eschatologischerȱ Zielpunktȱ istȱ(Römȱ11,26f.)“.133ȱDamitȱistȱPaulusȱ–ȱjedenfallsȱinȱdenȱAussagenȱdesȱ Römerbriefsȱ–ȱeinȱVertreterȱderȱjüdischenȱSichtweise,ȱdieȱdieȱStadtȱJeruȬ salemȱ alsȱ Zentrumȱ theologischerȱ undȱ eschatologischerȱ Geschehnisseȱ ansieht.134ȱ Überhauptȱ ruftȱ Paulusȱ inȱ seinemȱ letztenȱ großenȱ Briefȱ dieȱ ganzeȱtheologischeȱBedeutungȱJerusalemsȱauf,ȱwennȱerȱdavonȱspricht,ȱ dassȱdasȱEvangeliumȱvonȱdortȱausgegangenȱseiȱ(vgl.ȱRömȱ15,19).ȱDiesȱ istȱbemerkenswert,ȱweilȱjaȱseineȱMissionȱallerȱhistorischenȱWahrscheinȬ lichkeitȱ nachȱ vonȱ derȱ antiochenischenȱ Gemeindeȱ ausging,ȱ währendȱ esȱ mitȱ derȱ Jerusalemerȱ Gemeindeȱ Spannungenȱ gab.135ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ umȱ eineȱ theologischeȱ Konstruktion,ȱ dieȱ ebenȱ dieȱ Mitteȱ allenȱ apostolischenȱ Wirkensȱ inȱ Jerusalemȱ sieht.ȱ Fürȱ Paulusȱ stehtȱ diesȱ auchȱamȱEndeȱseinesȱWirkensȱnochȱunzweifelhaftȱfest.136ȱ

4.2.4.7ȱDerȱ„Bund“ȱmitȱIsraelȱ(V.ȱ27)ȱ Nachdemȱ bereitsȱ inȱ Kap.ȱ 2ȱ aufȱ dieȱ besondereȱ Bedeutungȱ derȱ BundesȬ terminologieȱfürȱdasȱThemaȱderȱZukunftȱIsraelsȱhingewiesenȱwurde,137ȱ istȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ Paulusȱ dasȱ Mysteriumȱ vonȱ derȱ Rettungȱ Israelsȱ mitȱeinemȱHinweisȱaufȱdenȱBundȱabschließt,ȱvonȱbesonderemȱInteresse.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 133ȱȱ Frey,ȱJudentum,ȱ26;ȱvgl.ȱauchȱScott,ȱPaulȱandȱtheȱNations,ȱ136ff.ȱ 134ȱȱ Vgl.ȱdazuȱauchȱobenȱKap.ȱ3.5.6:ȱAuchȱLukasȱhatȱaufȱseineȱWeiseȱsolcheȱVorstellunȬ genȱaufgenommen.ȱ 135ȱȱ Vgl.ȱnurȱseineȱSorgenȱimȱBlickȱaufȱJerusalem,ȱdieȱerȱinȱRömȱ15ȱanspricht.ȱFreilichȱhatȱ sichȱPaulusȱwohlȱauchȱvonȱderȱAntiochenischenȱGemeindeȱgelöst.ȱ 136ȱȱ Paulusȱ rezipiertȱ insgesamtȱ mehrereȱ jüdischȬapokalyptischeȱ Traditionenȱ undȱ DenkȬ formen,ȱwieȱsichȱanȱverschiedenenȱBriefenȱaufzeigenȱlässt;ȱvgl.ȱz.ȱB.ȱinȱ1ȱKorȱ15,23–28ȱ dieȱVorstellungenȱvomȱ„TagȱdesȱHerrn“ȱundȱderȱbeidenȱ„Äonen“;ȱweitereȱBeispieleȱ beiȱFrey,ȱJudentum,ȱ25f.ȱ 137ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ2.1.2;ȱ2.2.2;ȱ2.3.2.;ȱ2.3.4.ȱ

422ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

PaulusȱruftȱmitȱdiesemȱZitatabschlussȱnochmalsȱalttestamentlicheȱBunȬ destheologieȱ auf,ȱ undȱ zwarȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ demȱ Motivȱ derȱ Sündenvergebung.ȱAuchȱwennȱdieserȱKonnexȱaufȱJerȱ31,31–34ȱzuȱverȬ weisenȱ scheint,ȱ soȱ istȱ erȱ dochȱ „sprachlichȱ überhauptȱ nichtȱ ausweisȬ bar[…]“138ȱundȱführtȱaufȱeineȱfalscheȱFährte,ȱinsofernȱerȱderȱInterpretaȬ tionȱ Vorschubȱ leistenȱ kann,ȱ dassȱ Gottȱ „inȱ derȱ zukünftigenȱ Errettungȱ ganzȱIsraelsȱ[…]ȱauchȱIsraelȱinȱdenȱimȱBlutȱJesuȱkonstituiertenȱ‚Neuenȱ Bund‘ȱ auf[nimmt]“139.ȱ Auchȱ wennȱ dasȱ Mysteriumȱ derȱ Rettungȱ ganzȱ IsraelsȱinȱdieȱZukunftȱweist,ȱsoȱistȱdochȱdieȱRedeȱvomȱBundȱalsȱRückȬ blickȱ aufzufassen,ȱ derȱ aufȱ dieȱ Bundeszusageȱ JHWHsȱ anspielt.ȱ Derȱ nachfolgendeȱ„Kommentarsatz“ȱ 140ȱinȱV.ȱ28ȱwirdȱdiesenȱGedankenȱnäȬ herȱausführen.ȱBemerkenswertȱistȱdabeiȱderȱRückgriffȱaufȱdieȱVäterȱbeiȱ derȱ Begründungȱ derȱ bleibendenȱ Erwählungȱ Israelsȱ (V.ȱ 28),ȱ insofernȱ hierȱdasȱElementȱdesȱunkonditioniertenȱBundes,ȱdasȱschonȱinȱderȱpriesȬ ter(schrift)lichenȱ Konzeptionȱ begegnete,ȱ aufgerufenȱ wird.ȱ Diesȱ entȬ sprichtȱzwarȱderȱRedeȱdesȱvonȱGottȱherȱkommendenȱBundesȱinȱV.ȱ27a,ȱ bautȱaberȱauchȱeineȱgewisseȱSpannungȱzuȱdemȱJesajazitatȱauf,ȱinsofernȱ dieȱTheologieȱderȱPriesterschriftȱdasȱBundesmotivȱgeradeȱnichtȱmitȱderȱ Sündenvergebungȱ verknüpft.ȱ Alsȱ wichtigeȱ Verbindungȱ wirdȱ manȱ daȬ herȱ dieȱ Perspektiveȱ derȱ göttlichenȱ Gnadeȱ starkȱ machen,ȱ dieȱ inȱ diesenȱ Versenȱ sichtbarȱ wird.ȱ Dieȱ Sündenvergebungȱ fürȱ Israelȱ istȱ fürȱ Paulusȱ dabeiȱ„implizitȱ[…]ȱanȱdieȱPersonȱChristiȱundȱdamitȱseinȱHeilswerkȱinȱ Todȱ undȱ Auferweckungȱ zurückgebunden.ȱ […]ȱ Jesuȱ Sühnetodȱ [wird]ȱ vonȱihmȱsozusagenȱalsȱdasȱSiegelȱGottesȱauchȱaufȱseineȱ‚Bundestreue‘ȱ zuȱIsraelȱverstanden.“141ȱ

4.2.4.8ȱDerȱzweiteȱTeilȱ(V.ȱ28–32)ȱ Nachȱ denȱ Weissagungenȱ desȱ erstenȱ Teilsȱ stelltȱ derȱ zweiteȱ Abschnitt,ȱ derȱ denȱ erstenȱ gewissermaßenȱ kommentiert,ȱ „mitȱ denȱ Leitwortenȱ ‚Evangelium‘ȱundȱ‚Erwählung‘ȱ/ȱ‚Berufung‘ȱdieȱentscheidendenȱtheoloȬ gischenȱ Kategorienȱ zumȱ Verständnisȱ desȱ ‚Mysteriums‘ȱ vonȱ 11,25–27ȱ bereit“142.ȱDasȱZueinanderȱvonȱIsraelȱundȱdenȱVölkernȱwirdȱhierȱunterȱ derȱ Perspektiveȱ desȱ zuȱ erwartendenȱ Erbarmensȱ fürȱ Israelȱ formuliertȱ (vgl.ȱV.ȱ31b.32b).ȱNebenȱderȱbereitsȱerwähntenȱAufnahmeȱderȱinȱV.ȱ27ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 138ȱȱ Theobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ281.ȱ 139ȱȱ Ebd.ȱ 140ȱȱ Ebd.ȱ 141ȱȱ Theobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ282.ȱ 142ȱTheobald,ȱRömerbriefȱ(EdF),ȱ279.ȱ

ȱ

4.3ȱ Ertragȱ

423ȱ

aufgerufenenȱ Bundestheologieȱ undȱ derenȱ Fundierungȱ inȱ derȱ VerheiȬ ßungȱanȱdieȱVäterȱIsraelsȱistȱdasȱhierȱformulierteȱZueinanderȱvonȱIsraelȱ undȱdenȱVölkernȱbemerkenswert,ȱdaȱesȱ„Gottesȱgrenzenlose[…]ȱBarmȬ herzigkeit“143ȱausdrückt,ȱwieȱMichaelȱTheobaldȱausführt:ȱ „DieȱfürȱIsraelȱzunächstȱsoȱanstößigȱerscheinendeȱGleichstellungȱvonȱJudenȱ undȱHeidenȱdurchȱdasȱEvangeliumȱ[…]ȱ[birgt]ȱallenȱGrundȱderȱHoffnungȱ inȱsich:ȱDennȱwieȱGottȱdieȱHeidenȱausȱihremȱUngehorsamȱinȱseineȱBarmȬ herzigkeitȱversetztȱhatȱ(V.ȱ30),ȱsoȱverfährtȱerȱauchȱmitȱIsrael.ȱStehtȱmitȱderȱ ParusieȱChristiȱderȱErweisȱseinesȱErbarmensȱanȱIsraelȱzwarȱnochȱaus,ȱsoȱistȱ erȱimȱGekreuzigtenȱ[vgl.ȱ3,25f.)ȱdennochȱsoȱgewißȱverbürgt,ȱdaßȱPaulusȱdasȱ Zielȱ vorwegnehmendȱ schonȱ sagenȱ kann:ȱ ‚damitȱ jetztȱ auchȱ sieȱ Erbarmenȱ finden‘“.144ȱ

Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ istȱ zumindestȱ kurzȱ aufȱ dieȱ Theseȱ vomȱ „Sonderweg“ȱfürȱIsraelȱeinzugehen.ȱDieseȱBezeichnung,ȱdieȱzuerstȱbeiȱ DieterȱZellerȱvorkommt145ȱundȱvonȱFranzȱMußner146ȱundȱanderenȱaufȬ genommenȱwordenȱist,ȱhatȱihrenȱAkzentȱdarin,ȱdassȱsieȱfürȱRömȱ11ȱdieȱ Vorstellungȱ herausarbeitet,ȱ dassȱ Israelȱ wohlȱ durchȱ Christusȱ beiȱ seinerȱ Parusie,ȱ nichtȱ aberȱ durchȱ eineȱ Bekehrungȱ zumȱ Evangeliumȱ bzw.ȱ dasȱ Kommenȱ zumȱ Glaubenȱ gerettetȱ wird.ȱ Insofernȱ fürȱ Paulusȱ garȱ keineȱ Frageȱ darinȱ besteht,ȱ dassȱ Jesusȱ alsȱ Messiasȱ Israelsȱ undȱ Christusȱ derȱ Heidenȱ fürȱ alleȱ derȱ entscheidendeȱ Heilsvermittlerȱ ist,ȱ gibtȱ esȱ keinenȱ „Sonderweg“,ȱ sondernȱ eherȱ einenȱ „Sonderstatus“ȱ Israelsȱ alsȱ Gottesȱ EigentumsvolkȱseitȱältesterȱZeit.ȱDieȱSonderstellungȱIsraelsȱistȱalsoȱweȬ nigerȱaufȱdieȱParusieȱbezogen,ȱalsȱvielmehrȱinȱderȱGeschichteȱdesȱGotȬ tesvolkesȱbegründet.ȱWeilȱdieseȱfürȱPaulusȱnachȱwieȱvorȱlebendigȱist,147ȱ giltȱauchȱdasȱEvangeliumȱ„zuerst“ȱdenȱJuden.ȱWerȱdieȱRedeȱvomȱ„SonȬ derweg“ȱ Israelsȱ inȱ Anspruchȱ nimmt,ȱ sollteȱ geradeȱ daraufȱ bedachtȱ sein.148ȱ

4.3ȱ Ertragȱ Abschließendȱ sindȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Grundlinienȱ desȱ Kapitelsȱ Römȱ 11ȱ wieȱ bezüglichȱ derȱ spezifischenȱ Aussagenȱ desȱ Abschnittesȱ 11,25–32ȱ mehrereȱAspekteȱfestzuhalten.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 143ȱȱ Theobald,ȱRömȱI,ȱ305.ȱ 144ȱȱ Theobald,ȱRömȱI,ȱ306.ȱ 145ȱȱ Zeller,ȱJudenȱundȱHeiden,ȱ245.ȱȱ 146ȱȱ Mußner,ȱGanzȱIsrael,ȱ241–255.ȱ 147ȱȱ Vgl.ȱnurȱdieȱpräsentischenȱAussagenȱinȱRömȱ9,1–5.ȱ 148ȱȱ DieȱAufarbeitungȱzahlreicherȱBeiträgeȱzumȱThemaȱleistetȱKeller,ȱGottesȱTreue.ȱ

424ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

Dasȱ Kapitelȱ stehtȱ unterȱ demȱ Vorzeichenȱ desȱ exemplarischenȱ BeiȬ spielsȱ derȱ Judenchristen.149ȱ Sieȱ sindȱ dieȱ Garantenȱ dafür,ȱ dassȱ Paulusȱ schließlichȱ auchȱ vonȱ derȱ bleibendenȱ Erwählungȱ undȱ Errettungȱ Israelsȱ ausgehenȱ kann.ȱ Entsprechendȱ kannȱ auchȱ derȱ bereitsȱ inȱ Römȱ 1,16ȱ undȱ 2,10ȱmitȱdemȱΔΕЗΘΓΑȱangesprocheneȱundȱinȱ3,1f.ȱfortgeführteȱVorrangȱ IsraelsȱinȱRömȱ11ȱweitergeführtȱwerden.150.ȱ WichtigȱistȱdieȱBetonungȱderȱgöttlichenȱVerantwortungȱfürȱdieȱRetȬ tungȱ Israels.ȱ „Paulusȱ erwartetȱ nachȱ Römȱ 11,25–27ȱ einȱ Handelnȱ Gottesȱ imȱ Endgeschehen,ȱ dasȱ mitȱ demȱ Erscheinenȱ desȱ ParusieȬChristusȱ zuȱ einerȱ Bekehrungȱ undȱ damitȱ zurȱ Rettungȱ Israelsȱ führt.“151ȱ Auchȱ dieȱ Sündenvergebungȱ wirdȱ ganzȱ alsȱ Handlungȱ Gottes,ȱ dieȱ durchȱ keineȱ menschlicheȱ Vorleistungȱ motiviertȱ wird,ȱ gesehen.ȱ Inȱ Zusammenhangȱ mitȱ demȱ ganzȱ vonȱ Gottȱ herȱ angebotenenȱ „Bundes“ȱ (11,27a:ȱ ψȱ Δ΅Ε‫ތ‬ȱ πΐΓІȱΈ΍΅ΌφΎ΋)ȱzeigtȱsichȱhierȱeineȱSicht,ȱdieȱsichȱanȱdieȱganzȱaufȱGottȱ zurückgeführteȱBundesterminologieȱderȱPriesterschriftȱanschließt.ȱ WennȱHubertȱFrankemölleȱvermutet,ȱdassȱPaulusȱinȱseinerȱZeitȱalsȱ VerfolgerȱderȱEkklesiaȱalsȱVertreterȱeinerȱSinaiȬTheologieȱzuȱsehenȱist,ȱ währendȱ erȱ sichȱ inȱ spätererȱ Zeitȱ aufȱ dieȱ Theologieȱ derȱ Priesterschriftȱ (Genȱ 12–18)ȱ stütztȱ –ȱ beidesȱ istȱ „schriftgemäß“152ȱ –ȱ soȱ istȱ dieseȱ AuffasȬ sungȱ zuȱ differenzieren.ȱ Paulusȱ übernimmtȱ keineswegsȱ dasȱ priesȬ ter(schrift)licheȱ Konzeptȱ zurȱ Gänze,ȱ sondernȱ betontȱ inȱ Römȱ 11ȱ vorȱ alȬ lemȱ denȱ Gedankenȱ derȱ ganzȱ vonȱ Gottȱ abhängigenȱ Tatȱ („GnadenȬ bund“).ȱÜberȱdasȱJesajaȬZitatȱübernimmtȱerȱweiterȱdieȱGottesredeȱvonȱ „meinerȱ berit“ȱ (vgl.ȱ Genȱ 17,2.4.7.9.14ȱ [LXX]:ȱ ψȱ Έ΍΅ΌφΎ΋ȱ ΐΓΙ),ȱ inȱ Römȱ 11,27ȱ(ψȱΔ΅ΕвȱπΐΓІȱΈ΍΅ΌφΎ΋).153ȱAuchȱdasȱMotivȱvomȱnurȱindividuellenȱ Bundesbruch,ȱ derȱ denȱ Bundȱ alsȱ Ganzenȱ nichtȱ inȱ Frageȱ stellenȱ kann,ȱ wirdȱ inȱ Römȱ 11ȱ deutlich.ȱ Einzelneȱ könnenȱ ausscheiden,ȱ nichtȱ jedochȱ dasȱganzeȱVolk.ȱEsȱgibtȱimmerȱnochȱeinzelne,ȱdieȱdazuȱgehörenȱ–ȱnunȱ nichtȱmehrȱanhandȱderȱBeschneidungȱzuȱsehen,ȱsondernȱimȱGlaubenȱanȱ JesusȱChristus.ȱDieȱZusageȱanȱIsraelȱistȱdadurchȱnochȱimmerȱaktuell,ȱsieȱ kannȱdurchȱmenschlichesȱTunȱnichtȱzerstörtȱwerden.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 149ȱȱ VorȱallemȱPaulusȱselbst,ȱvgl.ȱRömȱ11,2,ȱaberȱauchȱdieȱUrgemeindeȱinȱJerusalem.ȱ 150ȱȱ ErȱwirdȱdortȱvorȱallemȱinȱdenȱQalȬWachomerȬSchlüssenȱ(vgl.ȱRömȱ11,12.15.24)ȱsichtȬ bar.ȱ 151ȱȱ Schnelle,ȱTheologie,ȱ329.ȱ 152ȱȱ Vgl.ȱFrankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ279.ȱ 153ȱȱ Auchȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ istȱ derȱ (seltenȱ verwendete)ȱ Terminusȱ Έ΍΅ΌφΎ΋ȱ stetsȱmitȱAbrahamȱverknüpft,ȱnichtȱaberȱmitȱMoseȱundȱdemȱSinaiȱ(vgl.ȱLkȱ1,72;ȱApgȱ 3,25;ȱ7,8).ȱDieȱAbendmahlsüberlieferungȱLkȱ22,20ȱistȱeinȱSonderfall,ȱinsofernȱdieȱhierȱ rezipierteȱRedeȱvomȱBundȱeineȱeigeneȱTraditionȱdarstellt,ȱdieȱsowohlȱdieȱSynoptikerȱ alsȱauchȱPaulusȱ(vgl.ȱ1ȱKorȱ11)ȱrezipiertȱhaben.ȱ

ȱ

4.3ȱ Ertragȱ

425ȱ

„Materiale“ȱ Bestimmungenȱ werdenȱ hingegenȱ nichtȱ rezipiert.ȱ Dieȱ fürȱ dasȱ priester(schrift)licheȱ Denkenȱ soȱ wichtigeȱ BeschneidungsfordeȬ rungȱ(vgl.ȱGenȱ17)ȱwirdȱvonȱPaulusȱjaȱgeradeȱnichtȱaufgenommen,ȱsonȬ dernȱgewissermaßenȱdurchȱdenȱGlaubenȱanȱJesusȱChristusȱersetztȱ(vgl.ȱ Römȱ 10,4).ȱ Andererseitsȱ istȱ fürȱ Paulusȱ dieȱ Thematikȱ desȱ „Segensȱ fürȱ alleȱ Völker“ȱ zentral,ȱ dieȱ lediglichȱ inȱ nichtȬpriester(schrift)lichenȱ AbraȬ hamȬPerikopenȱ auftaucht.154ȱ Durchȱ denȱ Bezugȱ aufȱ Abraham,ȱ derȱ vorȱ allemȱausȱRömȱ4ȱundȱGalȱ3ȱdeutlichȱwird,ȱwirdȱdasȱSinaigeschehenȱinsȱ Abseitsȱ gestellt.155ȱ Andersȱ alsȱ Paulusȱ inȱ seinerȱ Rezeptionȱ vonȱ Genȱ 17ȱ meint,ȱhatȱderȱdortȱerzählteȱBundesschlussȱmitȱeinerȱVerpflichtungȱaufȱ dasȱGesetzȱfreilichȱgeradeȱnichtsȱzuȱtun.156ȱȱ WichtigeȱElementeȱfürȱdasȱpaulinischeȱKonzeptȱimȱRömerbriefȱsindȱ nebenȱderȱErwählungȱIsraelsȱebenȱdieȱTatsache,ȱdassȱJesusȱderȱMessiasȱ Israelsȱ „demȱ Fleischȱ nach“ȱ (vgl.ȱ Römȱ 9,5)ȱ gewesenȱ ist.ȱ Manȱ kannȱ hierȱ einȱgewissermaßenȱ„postfaktisches“ȱElementȱderȱpaulinischenȱTheoloȬ gieȱentdecken:ȱDaȱnunȱeinmalȱJesusȱalsȱMessiasȱIsraelsȱundȱalsȱIsraelitȱ geborenȱerwiesenȱist,ȱergebenȱsichȱdarausȱnotwendigȱauchȱtheologischeȱ Konsequenzen.157ȱȱ Dasȱ inȱ Römȱ 11,25–27ȱ angesagteȱ ΐΙΗΘφΕ΍ΓΑȱ lässtȱ sichȱ rückblickendȱ bereitsȱ inȱ früherenȱ Versenȱ desȱ Kapitelsȱ vonȱ fernȱ erkennen,158ȱ wasȱ fürȱ eineȱ ursprünglicheȱ Zusammengehörigkeitȱ desȱ kanonischenȱ Textesȱ spricht.ȱ Dieȱ Verschränkungȱ vonȱ Israelsȱ Verstockungȱ undȱ derȱ Rettungȱ fürȱ dieȱ Heidenȱ (V.ȱ 25),ȱ zuȱ derȱ auchȱ derȱ Ausblickȱ aufȱ dasȱ Endeȱ derȱ Verstockungȱ gehört,ȱ behandelnȱ auchȱ dieȱ vorangehendenȱ Abschnitteȱ (vgl.ȱz.ȱB.ȱRömȱ11,12.15).ȱȱ DasȱMysteriumȱIsraelsȱerschließtȱsichȱfürȱPaulusȱauchȱinȱseinerȱeiȬ genenȱBiographie.ȱSicherȱwirdȱseinȱDamaskuserlebnisȱdafürȱeineȱRolleȱ spielen.159ȱ Dochȱ erwächstȱ dieȱ Gewissheitȱ desȱ „Geheimnisses“ȱ wohlȱ auchȱ ausȱ seinenȱ Missionserfahrungenȱ wieȱ derȱ Reflexionȱ imȱ ZusamȬ menhangȱmitȱderȱAbfassungȱdesȱRömerbriefs.160ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 154ȱȱ Vgl.ȱ Lohfink,ȱ Priesterschrift,ȱ 244:ȱ „Dasȱ Themaȱ ‚Abrahamȱ alsȱ Beginnȱ desȱ Segensȱ fürȱ alleȱVölker‘ȱhatȱerȱ[sc.ȱderȱVerfasserȱderȱpriesterlichenȱGrundschrift]ȱnichtȱaufgegrifȬ fen“.ȱ 155ȱȱ Vgl.ȱdazuȱuntenȱKap.ȱ5.1.2.ȱ 156ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKapȱ2.3.3.ȱ 157ȱȱ ÄhnlichȱliegenȱdieȱDingeȱbeiȱseinerȱKreuzestheologie,ȱvgl.ȱdazuȱTheobald,ȱDeutung.ȱ 158ȱȱ Etwaȱinȱ11,23f.;ȱvgl.ȱSänger,ȱRettung,ȱ112.ȱ 159ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKim,ȱOrigin,ȱ74–99.ȱ 160ȱȱ Nachȱ denȱ Ausführungenȱ inȱ Römȱ 9ȱ undȱ 10ȱ stelltȱ dasȱ „Geheimnis“ȱ trotzȱ mancherȱ VorwegnahmenȱeineȱWeiterentwicklungȱdarȱundȱöffnetȱsichȱsoȱfürȱdieȱBeobachtungȱ derȱ Entwicklungenȱ desȱ paulinischenȱ Denkens.ȱ Nochȱ deutlicherȱ wirdȱ diesȱ imȱ VerȬ gleichȱderȱIsraelsichtȱdesȱRömerbriefsȱetwaȱmitȱderȱfrühenȱÄußerungȱ1ȱThessȱ2,14–16ȱ

426ȱ

4.ȱ GrundzügeȱdesȱpaulinischenȱZukunftskonzeptsȱfürȱIsraelȱimȱRömerbriefȱ

Esȱ handeltȱ sichȱ beimȱ Römerbriefȱ umȱ eineȱ Ausgangssituation,ȱ wieȱ sieȱ zuȱ derȱ etwaȱ desȱ Galaterbriefesȱ nichtȱ verschiedenerȱ seinȱ könnte:ȱ HatteȱerȱinȱGalatienȱmitȱeinerȱdortȱeingedrungenenȱGruppeȱzuȱtun,ȱdieȱ seinȱ schonȱ begonnenesȱ Missionswerkȱ inȱ Frageȱ stellteȱ undȱ erȱ sichȱ desȬ halbȱzupackendȱundȱpolemischȱmitȱderenȱAnsatzȱauseinandersetzt,ȱsoȱ giltȱ fürȱ ihnȱ imȱ Römerbriefȱ dasȱ Gegenteil:ȱ Nichtȱ Abgrenzungȱ sondernȱ vielmehrȱ Verständigungȱ istȱ seinȱ Anliegen.ȱ Daherȱ könnenȱ Abschnitteȱ ausȱ 1ȱ Thessȱ undȱ Galȱ nichtȱ unmittelbarȱ mitȱ demȱ Römerbriefȱ kurzgeȬ schlossenȱwerden.ȱIndemȱimȱneutestamentlichenȱKanonȱderȱRömerbriefȱ anȱdieȱvordersteȱStelleȱdesȱCorpusȱPaulinumȱgestelltȱwurde,ȱwirdȱeineȱ Rezeption,ȱ dieȱ sichȱ umȱ normativeȱ biblischeȱ Richtlinienȱ müht,ȱ ihnȱ freiȬ lichȱalsȱSchlüsselȱfürȱdieȱübrigenȱBriefeȱansehen.ȱ ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ oderȱdenȱAusführungenȱinȱGalȱ4,ȱdieȱmitȱRömȱ11,25f.ȱlogischȱnichtȱvereinbarȱist.ȱErstȱ eineȱBerücksichtigungȱdesȱjeweiligenȱKontextes,ȱinȱdemȱdieseȱTexteȱentstandenȱsind,ȱ lässtȱeineȱVerfasserschaftȱdurchȱdenselbenȱAutorȱerklärbarȱwerden.ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ ȱ Ausgangspunktȱ derȱ Untersuchungȱ warȱ dieȱ Beobachtung,ȱ dassȱ Lukasȱ undȱPaulusȱimȱKontextȱderȱIsraelthematikȱmehrfachȱparalleleȱAussagenȱ bieten.1ȱDamitȱstellteȱsichȱdieȱFrage,ȱinwiefernȱdasȱlukanischeȱDoppelȬ werkȱ alsȱ zweiterȱ wichtigerȱ Zeugeȱ nebenȱ dasȱ paulinischeȱ Konzeptȱ desȱ Römerbriefsȱ(vorȱallemȱRömȱ11),ȱaufȱdasȱAussagenȱchristlicherȱTheoloȬ gieȱ überȱ dasȱ Verhältnisȱ vonȱ Kircheȱ undȱ Israelȱ heuteȱ zumeistȱ zurückȬ greifen,ȱtritt.ȱNachȱeinerȱDarstellungȱbiblischerȱGrundkonzepte,ȱinȱdeȬ renȱ Traditionȱ auchȱ neutestamentlicheȱ Autorenȱ dasȱ Themaȱ bearbeiten,ȱ einerȱumfangreichenȱAnalyseȱdesȱlukanischenȱDoppelwerkesȱundȱeinerȱ Vorstellungȱ derȱ Grundzügeȱ desȱ paulinischenȱ Konzeptesȱ sindȱ nunȱ inȱ einemȱletztenȱSchrittȱdieȱlukanischeȱundȱdieȱpaulinischeȱPositionȱauchȱ imȱHinblickȱaufȱdieȱBeobachtungenȱamȱAnfangȱderȱArbeitȱmiteinanderȱ insȱGesprächȱzuȱbringenȱ(5.1).ȱInȱeinemȱAusblickȱsollenȱdannȱabschlieȬ ßendȱ einigeȱ Perspektivenȱ bzgl.ȱ derȱ Relevanzȱ derȱ Untersuchungȱ skizȬ ziertȱwerdenȱ(5.2).ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱ undȱPaulusȱ Wieȱ Paulusȱ erarbeitetȱ auchȱ Lukasȱ seineȱ Sichtȱ Israelsȱ inȱ einemȱ SpanȬ nungsfeld,ȱ dasȱ durchȱ dieȱ Größenȱ „Biographie“ȱ undȱ „Schriftvorgabe“ȱ aufgespanntȱwirdȱundȱjeweilsȱunterschiedlichȱakzentuiertȱist.ȱȱ Soȱ findetȱ Paulusȱ nachȱ langemȱ Ringenȱ inȱ Römȱ 11ȱ schließlichȱ eineȱ ErklärungȱdesȱablehnendenȱVerhaltensȱIsraelsȱgegenüberȱdemȱEvangeȬ lium,ȱdieȱsichȱanȱseineȱChristophanieȱimȱ„Damaskuserlebnis“ȱanschlieȬ ßenȱ lässt.ȱ Erȱ siehtȱ eineȱ Analogieȱ zwischenȱ seinerȱ eigenenȱ Erwählungȱ ausȱ Gnadeȱ undȱ derȱ fürȱ Israelȱ erhofftenȱ Annahmeȱ ausȱ Gnadeȱ zurȱ RetȬ tung,ȱ dieȱ erȱ inȱ derȱ biblischenȱ Gestaltȱ Abrahamsȱ grundgelegtȱ sieht.ȱ Inȱ seinerȱeigenenȱExistenzȱalsȱ„Israelit“ȱinȱderȱchristlichenȱEkklesiaȱfindetȱ erȱ zudemȱ einȱ wichtigesȱ Argumentȱ fürȱ dieȱ bleibendeȱ Erwählungȱ desȱ Volkes.ȱFürȱLukasȱ hingegenȱ erweistȱ sichȱ dieȱ Sichtȱ einesȱ GottesfürchtiȬ genȱaufȱIsraelȱalsȱplausibel.ȱSeineȱErfahrungȱderȱ„Umkehr“ȱzumȱwahȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱȱ

Vgl.ȱdazuȱdieȱSynopseȱinȱderȱHinführung.ȱ

428ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

renȱ Gott,ȱ dieȱ erȱ alsȱ Gottesfürchtigerȱ undȱ dannȱ alsȱ vollesȱ Mitgliedȱ derȱ christlichenȱ Ekklesiaȱ vollzogenȱ hat,ȱ wirdȱ auchȱ fürȱ seinȱ ZukunftskonȬ zeptȱfürȱIsraelȱzentral.ȱDabeiȱbeziehtȱerȱsichȱaufȱdasȱdeuteronomistischeȱ Geschichtsbild,ȱ fürȱ dasȱ nebenȱ derȱ Redeȱ vonȱ derȱ „Verhärtung“ȱ Israels,ȱ dieȱ erȱ inȱ derȱ Ablehnungȱ desȱ Messiasȱ Jesusȱ bestätigtȱ findet,ȱ auchȱ dasȱ Motivȱ derȱ Umkehr,ȱ dieȱ dieȱ Wiederannahmeȱ durchȱ Gottȱ ermöglicht,ȱ wesentlichȱ ist.ȱ Dieȱ Existenzȱ vonȱ „Judenchristen“ȱ istȱ auchȱ fürȱ ihnȱ unaufgebbar,ȱdientȱaberȱeherȱdazu,ȱdieȱKontinuitätȱderȱKircheȱmitȱdenȱ VerheißungenȱIsraelsȱaufzuweisen.ȱȱ Wichtigȱ istȱ dieȱ Einsicht,ȱ dassȱ wederȱ Paulusȱ nochȱ Lukasȱ dieȱ priesȬ ter(schrift)licheȱ bzw.ȱ deuteronomistischeȱ Theologieȱ inȱ „reiner“ȱ Formȱ rezipieren.ȱ Eineȱ solcheȱ Vorstellungȱ istȱ schonȱ fürȱ dieȱ biblischenȱ Texteȱ selbstȱzuȱschematisch,ȱwieȱdieȱzahlreichenȱTexte,ȱinȱdenenȱsichȱElemenȬ teȱ beiderȱ Konzepteȱ vermischen,ȱ zeigen.ȱ Außerdemȱ istȱ zuȱ bedenken,ȱ dassȱdieȱAnliegenȱsichȱvoneinanderȱunterscheiden.ȱDieȱFrageȱnachȱderȱ ZukunftȱIsraels,ȱdieȱinȱderȱExilszeitȱimȱZugeȱpolitischerȱUmwälzungenȱ virulentȱwurde,ȱwirdȱvonȱdenȱneutestamentlichenȱAutorenȱinȱanderenȱ Zusammenhängenȱ gestellt.ȱ Fürȱ sieȱ stelltȱ sichȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ BeȬ ständigkeitȱderȱgöttlichenȱErwählungȱIsraels,ȱnachdemȱsichȱderȱgrößteȱ TeilȱdesȱVolkesȱderȱBotschaftȱdesȱEvangeliumsȱnichtȱangeschlossenȱhat.ȱȱ Umsoȱ bemerkenswerterȱ wirdȱ dannȱ dieȱ Beobachtung,ȱ dassȱ sichȱ wichtigeȱ Elementeȱ derȱ altenȱ Zukunftskonzepteȱ durchtragen.ȱ Dabeiȱ gehenȱsieȱjeȱundȱjeȱneueȱVerbindungenȱein.ȱSoȱzeigtȱdieȱBetonungȱdesȱ „Rest“ȬGedankensȱinȱRömȱ11,ȱdassȱfürȱPaulusȱdieȱweitereȱGeltungȱderȱ ErwählungȱIsraelsȱengȱmitȱderȱExistenzȱvonȱJudenchristenȱzusammenȬ hängtȱundȱdaherȱnichtȱvollständigȱvonȱGottȱalleinȱausgeht.ȱOhneȱdiesenȱ „Restȱ Israel“,ȱ dessenȱ Existenzȱ freilichȱ auchȱ vonȱ göttlicherȱ Gnadeȱ abȬ hängt,ȱwäreȱderȱErwählungsbundȱinȱFrageȱgestellt.ȱDieȱGeltungȱfürȱalleȱ hängtȱ wesentlichȱdaran,ȱ dassȱ esȱ nochȱ einigeȱ Gehorsameȱ gibt.ȱ EntspreȬ chendesȱ gilt,ȱ wieȱ unsereȱ Untersuchungenȱ gezeigtȱ haben,ȱ auchȱ fürȱ LuȬ kas.ȱ Wieȱ besondersȱ dieȱ Vorgeschichtenȱ Lkȱ 1–2ȱ zeigen,ȱ kannȱ erȱ auchȱ nichtȬdeuteronomistischeȱVorstellungenȱaufnehmen.ȱ ImȱBlickȱaufȱdieȱanfangsȱvorgestellteȱSynopseȱlässtȱunsereȱUntersuȬ chungȱ denȱ Schlussȱ zu,ȱ dassȱ Lukasȱ wieȱ Paulusȱ anȱ einemȱ Stromȱ judenȬ christlicherȱ Überlieferungenȱ teilhaben,ȱ dieȱ jeweilsȱ weitergedachtȱ werȬ den.ȱ Inȱ diesenȱ Stromȱ lassenȱ sichȱ dieȱ genanntenȱ Parallelenȱ einordnen,ȱ ohneȱ dassȱ eineȱ unmittelbareȱ Abhängigkeitȱ –ȱ etwaȱ desȱ lukanischenȱ DoppelwerksȱvonȱdenȱPaulusbriefenȱ–ȱvorausgesetztȱwerdenȱmüsste.2ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 2ȱȱ

Fürȱ dieȱ historischeȱ Zuordnungȱ beiderȱ Autoren,ȱ dieȱ vorȱ allemȱ unterȱ demȱ Stichwortȱ desȱ„PaulusbegleitersȱLukas“ȱverhandeltȱwird,ȱlässtȱsichȱausȱunsererȱUntersuchungȱ freilichȱ keinȱ belastbaresȱ Argumentȱ gewinnen.ȱ Dasȱ erkennbarȱ andereȱ Vorgehenȱ desȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

429ȱ

Wichtigeȱ Vergleichspunkteȱ beiderȱ Autorenȱ sindȱ imȱ Folgendenȱ anȬ handȱbestimmterȱThemenfelderȱzuȱprofilieren.ȱ

5.1.1ȱDieȱBedeutungȱvonȱjüdischenȱChristenȱinnerhalbȱderȱKircheȱ DassȱunterȱdenȱverschiedenenȱekklesiologischenȱKonzeptenȱimȱNeuenȱ Testamentȱ geradeȱ Lukasȱ undȱ Paulusȱ eineȱ auffallendeȱ „ÜbereinstimȬ mungȱ[…]ȱimȱBlickȱaufȱdieȱKircheȱausȱJudenȱundȱHeiden“3ȱzeigen,ȱhatȱ unsereȱStudieȱbestätigt.ȱVorȱallemȱdieȱExistenzȱeinerȱoriginärȱjüdischenȱ GruppeȱinnerhalbȱderȱchristlichenȱEkklesiaȱbesitztȱdabeiȱfürȱLukasȱwieȱ PaulusȱeineȱgrundlegendeȱBedeutungȱfürȱdieȱjeweiligeȱGesamtkonzepȬ tion.ȱDieȱArgumentationȱdesȱPaulusȱinȱRömȱ11ȱwieȱauchȱdieȱnarrativeȱ Strategieȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ setzenȱ dieseȱ voraus.ȱ Soȱ istȱ fürȱ Paulusȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ mitȱ ihmȱ selbstȱ bzw.ȱ überhauptȱ mitȱ denȱ JuȬ denchristen4ȱ„Israeliten“ȱzurȱchristlichenȱEkklesiaȱgehören,ȱeinȱsichtbaȬ resȱUnterpfandȱdafür,ȱdassȱ„GottȱseinȱVolkȱnichtȱverstoßenȱhat“ȱ(Römȱ 11,2).5ȱ Auchȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ istȱ dieȱ Existenzȱ dieserȱ jüdiȬ schenȱ Christenȱ wesentlich.ȱ Obȱ jedochȱ auchȱ beiȱ ihmȱ Rückschlüsseȱ aufȱ denȱ Heilsstandȱ ganzȱ Israelsȱ darausȱ gezogenȱ werdenȱ können,ȱ bleibtȱ undeutlich.ȱ Dieȱ Gruppeȱ dientȱ eherȱ dazu,ȱ dieȱ Kontinuitätȱ derȱ christliȬ chenȱ Ekklesiaȱ zuȱ Israelȱ undȱ denȱ Verheißungenȱ Gottesȱ zuȱ gewährleisȬ ten;ȱ daherȱ gehtȱ Paulusȱ grundsätzlichȱ zuerstȱ inȱ dieȱ Synagogeȱ undȱ beȬ folgtȱ dasȱ Gesetzȱ desȱ Mose.ȱ Dochȱ gibtȱ dieȱ Beobachtung,ȱ dassȱ bisȱ zumȱ Endeȱ derȱ Apostelgeschichteȱ Gruppenȱ vonȱ Judenȱ zurȱ Kircheȱ hinzustoȬ ßen,ȱGrundȱzuȱderȱAnnahme,ȱdassȱLukasȱeinerȱendgültigenȱAblehnungȱ IsraelsȱnichtȱdasȱWortȱredenȱwill.ȱSeineȱKonzeptionȱzurȱSicherungȱdesȱ Erwählungsstatusȱ fürȱ Israelȱ läuftȱ freilichȱ überȱ dieȱ biblischȬ deuteronomistischȱtradierteȱLinieȱvonȱUngehorsamȱundȱUmkehrȱohneȱ ausdrücklicheȱ Rezeptionȱ desȱ RestȬGedankens.6ȱ Inȱ diesenȱ Kontextȱ lässtȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ

3ȱȱ 4ȱȱ 5ȱȱ 6ȱȱ

Lukasȱ gegenüberȱ Paulus,ȱ dasȱ z.ȱ T.ȱ deutlicheȱ Gemeinsamkeitenȱ nichtȱ ausschließt,ȱ sprichtȱ wederȱ gegenȱ eineȱ persönlicheȱ Bekanntschaftȱ beiderȱ Autoren,ȱ nochȱ dafür,ȱ zumalȱzwischenȱdenȱTextenȱimmerhinȱeinigeȱJahrzehnteȱliegen.ȱ Wilckens,ȱTheologieȱI/4,ȱ146.ȱ Vgl.ȱ Römȱ 11,1.5;ȱ „dieȱ Judenchristenȱ [sind]ȱ wieȱ erȱ selbst,ȱ Paulus,ȱ Zeichenȱ derȱ Treueȱ GottesȱzuȱseinemȱVolk“ȱ(Theobald,ȱKircheȱundȱIsrael,ȱ341).ȱ Vgl.ȱ dazuȱ obenȱ Kap.ȱ 4;ȱ auchȱ dasȱ Mysteriumȱ vonȱ derȱ Rettungȱ „ganzȱ Israels“ȱ (Römȱ 11,25–32)ȱistȱnichtȱohneȱdieseȱFeststellungȱeinigeȱVerseȱvorherȱzuȱdenken.ȱ Eineȱ auffälligeȱ Paralleleȱ zurȱ Selbstbezeichnungȱ desȱ Paulusȱ alsȱ „Israelit“ȱ (vgl.ȱ Römȱ 11,1:ȱΎ΅Ϡȱ·ΤΕȱπ·Аȱ͑ΗΕ΅΋ΏϟΘ΋ΖȱΉϢΐϟ,ȱπΎȱΗΔνΕΐ΅ΘΓΖȱ̝ΆΕ΅Σΐ,ȱΚΙΏϛΖȱ̅ΉΑ΍΅ΐϟΑ)ȱfindetȱ sichȱinȱ derȱVerteidigungsredeȱdesȱlukanischenȱPaulusȱanȱdasȱVolkȱJerusalemsȱ (vgl.ȱ Apgȱ22,3;ȱ23,6:ȱπ·ЏȱΉϢΐ΍ȱΦΑχΕȱ͑ΓΙΈ΅ϧΓΖȱ […]ȱΩΑΈΕΉΖȱΦΈΉΏΚΓϟ,ȱπ·Аȱ̘΅Ε΍Η΅ϧϱΖȱΉϢΐ΍,ȱ ΙϡϲΖȱ̘΅Ε΍Η΅ϟΝΑ).ȱInȱbeidenȱFällenȱweistȱdasȱpräsentischeȱπ·ЏȱΉϢΐ΍ȱdaraufȱhin,ȱdassȱ

430ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

sichȱauchȱdieȱbeiȱbeidenȱAutorenȱanzutreffendeȱVorstellungȱeinesȱVorȬ rangsȱ fürȱ Israelȱ einpassen.ȱ Daȱ sichȱ mitȱ Jesusȱ dieȱ Verheißungenȱ Israelsȱ erfüllenȱ–ȱzuȱdenenȱdannȱauchȱdieȱVerkündigungȱanȱalleȱVölkerȱgehörtȱ –ȱsindȱdessenȱGliederȱdieȱErstadressatenȱderȱchristlichenȱVerkündigungȱ (vgl.ȱdasȱΔΕЗΘΓΑȱinȱApgȱ3,26;ȱ13,46;ȱRömȱ1,16;ȱ2,9f.;ȱ3,2).ȱ Dieȱ Feststellungȱ Hubertȱ Frankemölles,ȱ dassȱ „dasȱ christusgläubigeȱ JudentumȱalsȱeineȱnochȱmöglicheȱWeiseȱreligiöserȱErfahrungȱimȱfrühenȱ Judentumȱ […]ȱ wederȱ historischȱ nochȱ theologischȱ einfachȱ verleugnetȱ werdenȱ [sollte]“7,ȱ erweistȱ sichȱ damitȱ alsȱ zuȱ zurückhaltend.ȱ Insofernȱ LukasȱwieȱPaulusȱdieȱlebendigeȱRealitätȱeinesȱjüdischenȱChristusglauȬ bensȱinsȱZentrumȱvielerȱihrerȱTexteȱstellenȱundȱdarüberȱhinausȱgrundȬ legendeȱ ekklesiologischeȱ Linienȱ vonȱ derȱ Existenzȱ dieserȱ Gruppenȱ herȱ entwerfen,ȱ wirdȱ manȱ ihreȱ Bedeutungȱ fürȱ dieȱ neutestamentlicheȱ Zeitȱ kaumȱüberschätzenȱkönnen.ȱ

5.1.2ȱUnterschiedlicheȱRezeptionȱbiblischerȱGestaltenȱ Derȱ Rückgriffȱ beiderȱ Autorenȱ aufȱ dieȱ Schriftȱ Israelsȱ geschiehtȱ inȱ einerȱ Weise,ȱ dieȱ dieȱ jeweilsȱ unterschiedlichenȱ Akzenteȱ hervortretenȱ lässt.ȱ GutȱveranschaulichenȱlässtȱsichȱdiesȱabschließendȱanhandȱderȱRezeptiȬ onȱderȱbiblischenȱGestaltenȱAbrahamȱundȱMose.ȱBeideȱspielenȱimȱNeuȬ enȱTestamentȱwieȱschonȱimȱFrühjudentumȱinȱwichtigeȱRolle.ȱ

5.1.2.1ȱZurȱRezeptionȱvonȱAbrahamȱundȱMoseȱbeiȱPaulusȱ EsȱkennzeichnetȱdieȱpaulinischeȱRezeptionȱAbrahams,ȱdassȱerȱihnȱdemȱ GesetzȱvomȱSinaiȱ–ȱundȱdamitȱdemȱKernpunktȱderȱToraȱ–ȱgegenüberȬ stellt.ȱInȱRömȱ4ȱwieȱGalȱ3ȱberuftȱsichȱPaulusȱinȱmassiverȱWeiseȱaufȱAbȬ rahamȱalsȱdenȱVaterȱdesȱGlaubensȱinȱAntitheseȱzumȱGesetz,ȱdasȱerȱmitȱ Moseȱ verbindet.ȱ Dieȱ beidenȱ Gestaltenȱ sindȱ daherȱ vonȱ ihmȱ deutlichȱ unterschiedlichȱkonnotiert.ȱSchonȱderȱUmfangȱderȱsichȱpositivȱaufȱAbȬ rahamȱbeziehendenȱTexteȱzeigtȱdasȱbesondereȱInteresseȱdesȱPaulusȱanȱ dieserȱ biblischenȱ Gestaltȱ an.8ȱ Demgegenüberȱ istȱ eineȱ Distanzȱ zurȱ GeȬ staltȱdesȱMoseȱauffällig.ȱInȱderȱRegelȱinteressiertȱdieserȱnichtȱalsȱeigenerȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 7ȱȱ 8ȱȱ

dieȱ bleibendeȱ Zugehörigkeitȱ (nichtȱ nurȱ desȱ Paulus,ȱ sondernȱ allerȱ „Judenchristen“)ȱ zuȱIsraelȱeinȱwesentlichesȱKontinuitätskriteriumȱfürȱdieȱchristlicheȱKircheȱist.ȱȱ Frankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ35.ȱ VorȱallemȱinȱGalȱ3ȱundȱRömȱ4;ȱweitereȱErwähnungenȱAbrahamsȱsindȱvereinzeltȱundȱ seltenȱ(vgl.ȱRömȱ9,7;ȱ11,1;ȱ2ȱKorȱ11,22;ȱGalȱ4,22).ȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

431ȱ

Charakter,ȱsondernȱstehtȱfürȱdieȱToraȱIsraels.9ȱAbrahamȱstelltȱeineȱstrikȬ teȱAlternativeȱzuȱihmȱdar.ȱ ZurȱVerdeutlichungȱsindȱdieȱentsprechendenȱPassagenȱimȱGalaterȬȱ undȱRömerbriefȱknappȱzuȱerläutern:ȱȱ PaulusȱbeginntȱdenȱzweitenȱHauptteilȱ(dieȱargumentatio)10ȱdesȱGalaȬ terbriefes,ȱ inȱ demȱ erȱ seineȱ beschneidungsfreieȱ Heidenmissionȱ begrünȬ denȱwill,ȱmitȱeinemȱHinweisȱaufȱdieȱErfahrungenȱderȱgalatischenȱChrisȬ ten.ȱ Aufȱ seinenȱ Hinweis,ȱ dassȱ dieȱ auchȱ inȱ Galatienȱ erfahrenenȱ geistgewirktenȱ Tatenȱ ausȱderȱ „Botschaftȱ desȱ Glaubens“ȱ (3,5:ȱ πΒȱ ΦΎΓϛΖȱ ΔϟΗΘΉΝΖ)ȱundȱnichtȱausȱ„WerkenȱdesȱGesetzes“ȱ(3,5:ȱπΒȱσΕ·ΝΑȱΑϱΐΓΙ)ȱ stammten,ȱ schließtȱ erȱ dasȱ Beispielȱ desȱ Abrahamȱ anȱ (3,6–18).11ȱ Inȱ Galȱ 3,6–9ȱwirdȱAbraham,ȱausgehendȱvonȱeinerȱspezifischenȱAuslegungȱvonȱ Genȱ 15,6,ȱ alsȱ Urbildȱ desȱ glaubendenȱ Menschenȱ dargestellt.ȱ Daȱ erȱ alsȱ „Gewährsmann“ȱderȱvonȱGottȱgegebenenȱVerheißungenȱanzusehenȱistȱ (vgl.ȱV.ȱ15–18),ȱ sindȱ inȱ dieȱ ihmȱ gegebeneȱ Segensverheißungȱ alleȱGlauȬ bendenȱ(Galȱ3,9:ȱΓϡȱπΎȱΔϟΗΘΉΝΖ)ȱmitȱeingeschlossen.ȱWieȱinȱeinerȱAntiȬ theseȱ stellenȱ dieȱ Verseȱ 10–12ȱ dasȱ Gesetzȱ schroffȱ dagegen,ȱ dasȱ nichtȱ durchȱ „Glauben“,ȱ sondernȱ durchȱ dasȱ „Tunȱ allesȱ Geschriebenen“ȱ chaȬ rakterisiertȱ wird,ȱ demȱ nachȱ Auffassungȱ desȱ Paulusȱ keineȱ Menschȱ jeȱ gerechtȱ werdenȱ kann,ȱ soȱ dassȱ dasȱ Gesetzȱ stattȱ Lebenȱ undȱ Segenȱ denȱ Fluchȱgeriert.ȱDasȱantithetischeȱGegeneinanderȱderȱGrößenȱ„Abraham“ȱ undȱ„Gesetz“ȱlässtȱsichȱunmittelbarȱanȱdenȱFormulierungenȱdieserȱersȬ tenȱbeidenȱSequenzenȱ(Galȱ3,6–9.10–12)ȱablesen:ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 9ȱȱ

Vgl.ȱ Römȱ 5,14;ȱ 9,15;ȱ 10,5;ȱ 10,19;ȱ 1ȱ Korȱ 9,9;ȱ 2ȱ Korȱ 3,15.ȱ Eineȱ gewisseȱ Sonderstellungȱ nehmenȱ dieȱ „Taufeȱ aufȱ Mose“ȱ inȱ derȱ allegorischenȱ Auslegungȱ derȱ WüstenwandeȬ rungȱ(1ȱKorȱ10,2),ȱsowieȱdieȱDeutungȱdesȱleuchtendenȱAngesichtsȱdesȱMoseȱbeiȱseiȬ nerȱRückkehrȱvomȱSinaiȱ(2ȱKorȱ3,7–13)ȱein;ȱauchȱhierȱwirdȱfreilichȱdieȱDistanzȱdeutȬ lich.ȱ 10ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱGliederungȱvonȱTheobald,ȱGalaterbrief,ȱ347.ȱ 11ȱȱ ZurȱfolgendenȱStrukturȱvonȱThese,ȱAntitheseȱundȱSyntheseȱvgl.ȱTheobald,ȱDeutung,ȱ 158–165,ȱbes.ȱdasȱSchemaȱ162.ȱ

432ȱ 6ȱ







5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ ̍΅ΌАΖȱ̝ΆΕ΅ΤΐȱπΔϟΗΘΉΙΗΉΑȱΘХȱ ΌΉХ,ȱΎ΅ϠȱπΏΓ·ϟΗΌ΋ȱ΅ЁΘХȱΉϢΖȱ Έ΍Ύ΅΍ΓΗϾΑ΋Αȉȱȱ ·΍ΑЏΗΎΉΘΉȱΩΕ΅ȱϵΘ΍ȱΓϡȱπΎȱΔϟΗΘΉΝΖ,ȱ ΓЈΘΓ΍ȱΙϡΓϟȱΉϢΗ΍Αȱ̝ΆΕ΅Σΐ.ȱȱ

ȱ

ȱ

10ȱ

ΔΕΓϞΈΓІΗ΅ȱΈξȱψȱ·Ε΅Κχȱȱ ϵΘ΍ȱπΎȱΔϟΗΘΉΝΖȱΈ΍Ύ΅΍ΓϧȱΘΤȱσΌΑ΋ȱϳȱ ΌΉϱΖ,ȱΔΕΓΉΙ΋··ΉΏϟΗ΅ΘΓȱΘХȱ ̝ΆΕ΅ΤΐȱϵΘ΍ȱπΑΉΙΏΓ·΋ΌφΗΓΑΘ΅΍ȱ πΑȱΗΓϠȱΔΣΑΘ΅ȱΘΤȱσΌΑ΋ȉȱȱ ГΗΘΉȱΓϡȱπΎȱΔϟΗΘΉΝΖȱΉЁΏΓ·ΓІΑΘ΅΍ȱ ΗϿΑȱΘХȱΔ΍ΗΘХȱ̝ΆΕ΅Σΐ.ȱȱ

11ȱ

ͣΗΓ΍ȱ·ΤΕȱπΒȱσΕ·ΝΑȱΑϱΐΓΙȱΉϢΗϟΑ,ȱȱ ЀΔϲȱΎ΅ΘΣΕ΅ΑȱΉϢΗϟΑȉȱȱ ·ν·Ε΅ΔΘ΅΍ȱ·ΤΕȱϵΘ΍ȱπΔ΍Ύ΅ΘΣΕ΅ΘΓΖȱ ΔκΖȱ϶ΖȱΓЁΎȱπΐΐνΑΉ΍ȱΔκΗ΍ΑȱΘΓϧΖȱ ·Ή·Ε΅ΐΐνΑΓ΍ΖȱπΑȱΘХȱΆ΍ΆΏϟУȱΘΓІȱ ΑϱΐΓΙȱΘΓІȱΔΓ΍ϛΗ΅΍ȱ΅ЁΘΣ.ȱȱ ϵΘ΍ȱΈξȱπΑȱΑϱΐУȱΓЁΈΉϠΖȱΈ΍Ύ΅΍ΓІΘ΅΍ȱ Δ΅ΕΤȱΘХȱΌΉХȱΈϛΏΓΑ,ȱȱ ϵΘ΍ȱϳȱΈϟΎ΅΍ΓΖȱπΎȱΔϟΗΘΉΝΖȱΊφΗΉΘ΅΍ȉȱȱ

12ȱ

ϳȱΈξȱΑϱΐΓΖȱΓЁΎȱσΗΘ΍ΑȱπΎȱΔϟΗΘΉΝΖ,ȱȱ ΦΏΏвȱϳȱΔΓ΍φΗ΅Ζȱ΅ЁΘΤȱΊφΗΉΘ΅΍ȱπΑȱ ΅ЁΘΓϧΖ.ȱȱ

ȱ DurchȱdasȱdurchgängigeȱVorkommenȱvonȱ„Abraham“ȱ(V.ȱ6.7.8.9.)ȱbzw.ȱ „Gesetz“ȱ (V.ȱ 10.11.12)ȱ inȱ jedemȱ Versȱ lassenȱ sichȱ beideȱ Abschnitteȱ klarȱ voneinanderȱ abgrenzenȱ undȱ gebenȱ zugleichȱ ihrȱ leitendesȱ Themaȱ an.ȱ Jedochȱ bleibtȱ Paulusȱ nichtȱ beiȱ denȱ biblischenȱ Größenȱ stehen,ȱ sondernȱ weitetȱ sieȱ aufȱ eineȱ jeȱ zuȱ ihnenȱ gehörendeȱ Gruppeȱ vonȱ Menschenȱ aus:ȱ „Dieȱ ausȱ Glauben“ȱ (V.ȱ 7)ȱ stehenȱ denenȱ „ausȱ Werkenȱ (desȱ Gesetzes)“ȱ (V.ȱ10)ȱgegenüber.ȱLetztereȱstehenȱunterȱeinemȱ„Fluch“ȱ(V.ȱ10),ȱwelcherȱ demȱSegenȱAbrahamsȱ(vgl.ȱV.ȱ8.9)ȱentgegengesetztȱist.ȱDemȱ„Glauben“ȱ (V.ȱ7.8.9,ȱvgl.ȱ6.9)ȱAbrahamsȱentsprichtȱinȱnegativerȱHinsichtȱdasȱ„Tun“ȱ (V.ȱ10.12)ȱ derer,ȱ dieȱ ausȱ demȱ Gesetzȱ zumȱ Lebenȱ zuȱ gelangenȱ suchen;ȱ diesȱistȱfreilichȱvergeblich,ȱwieȱV.ȱ11ȱinȱnegativerȱGegenüberstellungȱzuȱ V.ȱ8ȱ feststellt:ȱ „Niemand“ȱ (ΓЁΈΉϟΖ)ȱ kannȱ imȱ Paradigmaȱ desȱ Gesetzesȱ gerechtfertigtȱseinȱ(V.ȱ11),ȱwährendȱGottȱimȱKontextȱdasȱGlaubensȱAbȬ rahamsȱ Segenȱ fürȱ „alleȱ Völker“ȱ (ΔΣΑΘ΅ȱ ΘΤȱ σΌΑ΋)ȱ spendetȱ (V.ȱ 8).ȱ Dieȱ Lösungȱ dieserȱ Spannungȱ bietenȱ schließlichȱ dieȱ Verseȱ 13f.,ȱ inȱ denenȱ Christusȱ alsȱ derȱ vorgestelltȱ wird,ȱ derȱ amȱ Kreuzȱ nachȱ denȱ Wortenȱ derȱ Schriftȱselbstȱ„zumȱFluch“ȱgewordenȱist,ȱdieȱMenschenȱvomȱFluchȱbeȬ freitȱundȱsoȱfürȱalleȱdenȱ„SegenȱAbrahams“ȱ(V.ȱ14)ȱinsȱWerkȱgesetztȱhat.ȱ DieseȱchristologischeȱLösungȱderȱGegensätzeȱbestätigtȱzugleichȱunsereȱ Deutung.ȱIndemȱJesusȱselbstȱzumȱ„Fluch“ȱwurde,ȱhabenȱsichȱ–ȱinȱAnȬ lehnungȱ anȱ dasȱ Schriftwortȱ vomȱ Gekreuzigtenȱ –ȱ dieȱ angedrohtenȱ FolȬ genȱderȱGesetzesübertretungȱallerȱausgewirkt.ȱNunȱistȱimȱGlaubenȱderȱ WegȱfreiȱzumȱSegenȱAbrahams.ȱSoȱstehenȱsichȱauchȱhierȱderȱ„Fluchȱdesȱ Gesetzes“ȱ(V.ȱ13)ȱundȱderȱ„SegenȱAbrahams“ȱ(V.ȱ14)ȱnochȱgegenüber.ȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

433ȱ

Wennȱ Michaelȱ Theobaldȱ hierȱ vonȱ einerȱ „Synthese“ȱ spricht,12ȱ soȱ wirdȱ manȱ diesȱ daherȱ nichtȱ alsȱ Zusammenfassungȱ derȱ beidenȱ Poleȱ missverȬ stehenȱdürfen.ȱDieȱSeiteȱdesȱGesetzesȱtrittȱnichtȱinȱeinenȱversöhnlichenȱ Austauschȱ mitȱ derȱ Segensverheißung,ȱ sondernȱ mussȱ entsprechendȱ ihrerȱeigenenȱLogikȱabgegoltenȱwerden,ȱdamitȱderȱSegenȱimȱGlaubensȬ vollzugȱwirksamȱwerdenȱkann.13ȱȱ AuchȱimȱRömerbriefȱbeanspruchtȱdieȱBehandlungȱderȱGestaltȱAbraȬ hamsȱ eineȱ umfangreicheȱ Passageȱ imȱ 4.ȱ Kapitel.ȱ Wiederȱ stehtȱ sieȱ imȱ Kontextȱ derȱ Gesetzesthematikȱ undȱ istȱ durchȱ antithetischeȱ GegenüberȬ stellungenȱ gekennzeichnet.14ȱ Dasȱ Kapitelȱ lässtȱ sichȱ inȱ vierȱ Teileȱ glieȬ dern,ȱ dieȱ sichȱ jeweilsȱ durchȱ verschiedeneȱ Gegenüberstellungenȱ voneiȬ nanderȱabheben.15ȱDerȱdritteȱundȱlängsteȱTeilȱnimmtȱdasȱStichwortȱvonȱ derȱ Verheißungȱ anȱ Abrahamȱ aufȱ undȱ stelltȱ diesemȱ dasȱ Gesetzȱ gegenȬ über.ȱ Esȱ istȱ deutlich,ȱ dassȱ dieȱ Ausführungenȱ desȱ Paulusȱ derȱ VorstelȬ lungȱdesȱgesetzesfrommenȱAbraham,ȱwieȱerȱinȱderȱfrühjüdischenȱLiteȬ raturȱverbreitetȱist,ȱvollkommenȱentgegengesetztȱsind.16ȱWieȱBeateȱEgoȱ gezeigtȱ hat,ȱ handeltȱ esȱ sichȱ beiȱ dieserȱ Sichtȱ derȱ Gestaltȱ Abrahamsȱ umȱ eineȱ mehrschichtigeȱ Entwicklung,ȱ dieȱ Abrahamȱ durchgemachtȱ hat.17ȱ DieȱeinzelnenȱEtappenȱlassenȱsichȱdemȱdeuteronom(ist)ischenȱDenkenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 12ȱȱ Vgl.ȱTheobald,ȱDeutung,ȱ162.ȱ 13ȱȱ Dieȱ Gegenüberstellungȱ vonȱ Gesetzȱ undȱ Verheißungenȱ prägtȱ auchȱ dieȱ folgendeȱ TextpassageȱGalȱ3,15–4,7,ȱvorȱallemȱV.ȱ19–25ȱ(vgl.ȱdazuȱMußner,ȱGal,ȱ243–260).ȱDieȱ Erwähnungȱ derȱ Zeitspanneȱ vonȱ 430ȱ Jahrenȱ inȱ V.ȱ 17,ȱ dieȱ nachȱ jüdischerȱ ÜberliefeȬ rungȱ vonȱ denȱ Wanderungenȱ Abrahamsȱ bisȱ zurȱ Gesetzesgabeȱ amȱ Sinaiȱ vergangenȱ sind,ȱzeigtȱdieȱstrikteȱAbgrenzungȱdesȱSegensȱAbrahamsȱvomȱBereichȱderȱTora,ȱdieȱ alsȱ„Zuchtmeister“ȱ(V.ȱ24)ȱfürȱdieȱMenschenȱaufgrundȱihrerȱSündenȱ(V.ȱ21,ȱvgl.ȱ19)ȱ diente,ȱwährendȱdieȱVerheißungenȱAbrahamsȱschonȱaufȱChristusȱhinwiesenȱ(V.ȱ16)ȱ undȱ fürȱdieȱGläubigenȱdenȱZuchtmeisterȱersetzenȱkönnenȱ(V.ȱ25).ȱSoȱbleibenȱAbraȬ hamȱalsȱGestaltȱdesȱGlaubensȱbzw.ȱderȱSegensverheißungȱundȱdasȱGesetzȱalsȱsichtȬ bareȱ Folgeȱ vonȱ Übertretungȱ undȱ Sündeȱ durchȱ einenȱ Grabenȱ getrennt.ȱ Auchȱ imȱ ChristusereignisȱgehenȱsieȱletztlichȱkeineȱVerbindungȱein;ȱdiesesȱdientȱvielmehrȱdaȬ zu,ȱdieȱZeitȱdesȱGesetzesȱzuȱüberwindenȱ(vgl.ȱ4,5),ȱwieȱdieȱVerseȱ3,29ȱundȱ4,7ȱzeigen:ȱ DieȱGläubigenȱsindȱ„NachkommenȱAbrahams“,ȱdessenȱVermächtnisȱdamitȱlebendigȱ bleibt,ȱundȱ„Erben“ȱderȱVerheißung.ȱ 14ȱȱ Vgl.ȱzumȱFolgendenȱTheobald,ȱRömȱI,ȱ124.ȱ 15ȱȱ Römȱ 4,1–8ȱ (GlaubeȬWerke);ȱ 4,9–12;ȱ derȱ zweiteȱ Teilȱ nimmtȱ dieȱ Unterscheidungȱ vonȱ BeschnittenenȱundȱUnbeschnittenenȱauf,ȱindemȱsieȱdieȱSeligpreisungȱDavidsȱaufȱAbȬ rahamȱ anwendetȱ undȱ sieȱ mitȱ demȱ erstenȱ Schriftzitatȱ verknüpft:ȱ Daȱ Abrahamȱ alsȱ Unbeschnittenerȱ Gottȱ glaubte,ȱ giltȱ erȱ alsȱ Vaterȱ aller,ȱ dieȱ alsȱ Unbeschnitteneȱ zumȱ Glaubenȱ kommenȱ undȱ dadurchȱ Rechtfertigungȱ erlangenȱ (vgl.ȱ V.ȱ 11).ȱ Fürȱ dieȱ BeȬ schnittenenȱ hingegenȱ giltȱ Abrahamȱ alsȱ Vaterȱ unterȱ derȱ Voraussetzungȱ ihresȱ GlauȬ bensȱ(vgl.ȱV.ȱ12).ȱ 16ȱȱ ZurȱBesonderheitȱdesȱpaulinischenȱAbrahambildesȱvgl.ȱauchȱTheobald,ȱRömȱI,ȱ119– 123.ȱ 17ȱȱ Vgl.ȱEgo,ȱAbrahamȱalsȱUrbild,ȱ25–40.ȱ

434ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

zuordnen,ȱbesondereȱKennzeichenȱderȱsichȱanȱAbrahamȱanknüpfendenȱ Vorstellungenȱ sindȱ „derȱ Zusammenhangȱ vomȱ Tunȱ desȱ Gesetzesȱ undȱ derȱ Erfüllungȱ derȱ göttlichenȱ Verheißungȱ alsȱ auchȱ dieȱ Konzeptionȱ vonȱ Moseȱalsȱdemȱ„prophetischenȱGesetzeslehrer“18,ȱdieȱnunȱaufȱdenȱPatriȬ archenȱübertragenȱwerden.ȱ Weilȱ Paulusȱ inȱ Galȱ 3ȱ imȱ Unterschiedȱ zumȱ Buchȱ Deuteronomiumȱ demȱ Gesetzȱ keineȱ zumȱ Lebenȱ führendeȱ Wirkungȱ zusprechenȱ kann,ȱ wirdȱdieȱunkonditionierteȱVerheißungȱanȱAbrahamȱfürȱihnȱzumȱzentralenȱ BezugspunktȱinȱderȱUrgeschichteȱIsraels.ȱDiesȱgeschiehtȱfreilichȱinȱeinerȱ Weise,ȱ dieȱ ihnȱ inȱ derȱ jüdischenȱ Auslegungstraditionȱ alsȱ Außenseiterȱ erscheinenȱ lässt.19ȱ Istȱ derȱ „Glaube“ȱ Abrahamsȱ traditionellȱ mitȱ seinemȱ GehorsamȱzuȱGottȱ(Genȱ22)ȱverbunden,ȱsoȱbindetȱPaulusȱdiesenȱGlauȬ benȱ ausschließlichȱ anȱ dieȱ anȱ Abrahamȱ ergangeneȱ Verheißung,ȱ undȱ somitȱ schonȱ imȱ Vorausȱ jeglicherȱ denkbarerȱ Erweiseȱ einesȱ darausȱ folȬ gendenȱ Gehorsamsȱ (Römȱ 4,1–12).ȱ Analogȱ zurȱ Korrespondenzȱ vonȱ GlaubeȱundȱVerheißungȱwirdȱdasȱGesetzȱ(dasȱhierȱnurȱimȱKontextȱderȱ Übertretungȱ wirksamȱ wird)ȱ mitȱ demȱ göttlichenȱ Zornȱ aufgrundȱ derȱ Gesetzesübertretungȱ verknüpftȱ (Betonungȱ desȱ Fluchesȱ beiȱ gleichzeitiȬ gerȱAbsehungȱvonȱderȱSegensverheißung).ȱ Inȱ Galȱ 3ȱ wieȱ Römȱ 4ȱ istȱ dieȱ Bezugnahmeȱ aufȱ dasȱ Geschehenȱ desȱ KreuzestodesȱJesuȱprägend.ȱSowohlȱderȱVorspannȱinȱRömȱ3,21–31ȱwieȱ dieȱAuseinandersetzungȱmitȱdemȱFluchwortȱausȱDtnȱ21,23ȱinȱGalȱ3,13ȱ verweisenȱdaraufȱundȱlassenȱsoȱbeideȱAbrahamȬPerikopenȱvorȱdiesemȱ Hintergrundȱ entfaltetȱ werden.ȱ Paulusȱ bietetȱ eineȱ Theologieȱ „postȱ facȬ tumȱ crucis“.ȱ Ausȱ demȱ Ernstnehmenȱ diesesȱ Todesȱ undȱ dessenȱ BedeuȬ tungȱschließtȱerȱaufȱGrundbestimmungenȱdesȱMenschseins.ȱAusȱdiesenȱ wiederumȱ entspringtȱ auchȱ seinȱ Gesetzesverständnisȱ wieȱ seinȱ fürȱ dieȱ traditionelleȱjüdischeȱSichtȱganzȱbefremdlichesȱAbrahambild.ȱ Beideȱ Größen,ȱ dieȱ Verheißungȱ anȱ Abrahamȱ wieȱ dasȱ durchȱ Moseȱ übermittelteȱGesetz,ȱsindȱWerkeȱdesȱGottesȱIsraels.ȱDassȱdiesȱauchȱfürȱ Paulusȱsoȱbleibt,ȱerklärt,ȱwarumȱerȱdochȱumȱdenȱStellenwertȱdesȱGesetȬ zesȱringtȱundȱkeineȱleichtfertigenȱAntwortenȱgibt.ȱ

5.1.2.2ȱZurȱRezeptionȱvonȱAbrahamȱundȱMoseȱbeiȱLukasȱ FürȱLukasȱstehtȱdasȱGesetzȱdemȱmessianischenȱHeilȱkeineswegsȱentgeȬ genȱ–ȱdamitȱstimmtȱerȱmitȱMatthäusȱüberein.ȱAuchȱbeiȱihmȱspieltȱAbȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 18ȱȱ Ego,ȱAbrahamȱalsȱUrbild,ȱ35.ȱ 19ȱȱ Vgl.ȱ Theobald,ȱ Römȱ I,ȱ 119–123;ȱ erȱ sprichtȱ vonȱ einemȱ „Affrontȱ […],ȱ denȱ dieȱ AusleȬ gungȱvonȱGenȱ15,6ȱinȱRömȱ4ȱfürȱdieȱmeistenȱJudenȱwohlȱdarstellt“ȱ(123).ȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

435ȱ

rahamȱ eineȱ wichtigeȱ Rolle,ȱ dochȱ istȱ erȱ vielȱ stärkerȱ mitȱ demȱ SinaigeschehenȱundȱMoseȱundȱdemȱGesetzȱverknüpft.ȱȱ EinȱBlickȱaufȱdieȱVorkommenȱbeiderȱGestaltenȱimȱDrittenȱEvangeȬ liumȱlässtȱdieȱgegenüberȱPaulusȱdeutlichȱverschobeneȱlukanischeȱSichtȱ deutlichȱwerden:ȱNachdemȱinȱLkȱ1–2,ȱwoȱunterschiedlicheȱTraditionsȬ strängeȱ nebeneinanderȱ stehen,ȱ beideȱ Gestaltenȱ getrenntȱ voneinanderȱ eingeführt20ȱ werdenȱ undȱ auchȱ inȱ denȱ folgendenȱ Kapiteln,ȱ inȱ denenȱ LukasȱinȱBezugȱaufȱMoseȱundȱAbrahamȱnichtȱüberȱdieȱStoffeȱMkȱundȱQȱ hinausgeht,ȱ unabhängigȱ bleiben,21ȱ bietetȱ dieȱ Beispielerzählungȱ vomȱ ReichenȱundȱvomȱarmenȱLazarusȱimȱKontextȱeinerȱRedeȱüberȱdenȱGeȬ setzesgehorsamȱderȱPharisäerȱ(Lkȱ16,14–31)ȱeineȱwichtigeȱVerbindung.ȱ Derȱ dieȱ Erzählungȱ prägendeȱ Abrahamȱ wirdȱ imȱ letztenȱ Versȱ 16,31ȱ unȬ mittelbarȱ mitȱ demȱ Gesetzȱ desȱ Moseȱ inȱ Verbindungȱ gebracht.ȱ Lkȱ 20,37ȱ verknüpftȱ dasȱ Gesetzȱ desȱ Moseȱ schließlichȱ mitȱ derȱ Reiheȱ derȱ PatriarȬ chen.ȱ Währendȱ imȱ drittenȱ Hauptteilȱ eherȱ Abrahamȱ dominiert,22ȱ liegtȱ derȱ Fokusȱ amȱ Endeȱ desȱ Evangeliumsȱ beiȱ Moseȱ (mitȱ denȱ Propheten),ȱ dessenȱGesetzȱalsȱautoritativesȱZeugnisȱfürȱdasȱSchicksalȱJesuȱherangeȬ zogenȱwirdȱ(Lkȱ24,27;ȱ24,44).ȱInȱderȱApostelgeschichteȱtauchenȱdieȱNaȬ menȱ inȱ derȱ Regelȱ inȱ denȱ Geschichtsrückblickenȱ derȱ Redenȱ auf.ȱ Soȱ bringtȱetwaȱStephanusȱinȱApgȱ7,17ȱdieȱ„ZeitȱderȱVerheißung,ȱdieȱGottȱ demȱ Abrahamȱ geschworenȱ hatte“,ȱ direktȱ mitȱ derȱ Gestaltȱ desȱ Moseȱ inȱ Verbindung.ȱ Derȱ Schwerpunktȱ liegtȱ ansonstenȱ aufȱ Moseȱ alsȱ Synonymȱ fürȱ dasȱ Gesetz.ȱ Manȱ klagtȱ Paulusȱ an,ȱ dagegenȱ zuȱ verstoßen,ȱ wasȱ erȱ jedochȱ deutlichȱ zurückweist,ȱ vorȱ allemȱ inȱ denȱ Schlusskapitelnȱ (Apgȱ 24,14;ȱ25,8;ȱ26,22;ȱaberȱauchȱ28,23).23ȱȱ Insgesamtȱ istȱ imȱ Evangeliumȱ dasȱ Verhältnisȱ vonȱ Moseȱ undȱ AbraȬ hamȱ ausgeglichen.24ȱ Lukasȱ konnteȱ offenbarȱ mitȱ beidenȱ Traditionenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 20ȱȱ WährendȱAbrahamȱundȱdieȱanȱihnȱergangenenȱVerheißungenȱimȱBenedictusȱundȱimȱ Magnificatȱ aufgegriffenȱ werdenȱ (Lkȱ 1,55.73),ȱ stelltȱ dieȱ Erzählungȱ vonȱ derȱ „DarstelȬ lung“ȱdesȱNeugeborenenȱimȱJerusalemerȱTempelȱMoseȱundȱdasȱ GesetzȱnachdrückȬ lichȱinsȱBlickfeldȱ(vgl.ȱLkȱ2,22–24.27.39);ȱvgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.9.1.ȱ 21ȱȱ ZunächstȱwiederȱAbrahamȱinȱderȱPredigtȱdesȱTäufersȱ(Lkȱ3,8)ȱundȱimȱStammbaumȱ Jesuȱ(3,34),ȱspäterȱdannȱMoseȱalsȱGesetzesautoritätȱ(5,14)ȱundȱprominentȱimȱRahmenȱ derȱ Verklärungserzählungȱ (9,30.33);ȱ imȱ Folgendenȱ wirdȱ wiederȱ Abrahamȱ erwähntȱ (13,16.13.28).ȱ 22ȱȱ ParallelȱzurȱBenennungȱeinerȱGeheiltenȱalsȱ„TochterȱAbrahams“ȱinȱLkȱ13,16ȱistȱderȱ ZöllnerȱinȱJerichoȱeinȱ„SohnȱAbrahams“ȱ(Lkȱ19,9);ȱbeideȱMaleȱhandeltȱesȱsichȱumȱluȬ kanischeȱFormulierungenȱohneȱsynoptischeȱParallelen.ȱ 23ȱȱ NachȱlukanischerȱDarstellungȱwirdȱdasȱVerhältnisȱdesȱPaulusȱzumȱjüdischenȱGesetzȱ alsȱ nahezuȱ spannungsfreiȱ beschrieben,ȱ dieȱ Auseinandersetzungen,ȱ vonȱ denenȱ dieȱ PaulusbriefeȱZeugnisȱgeben,ȱwerdenȱkaumȱsichtbar;ȱvgl.ȱdazuȱauchȱobenȱKap.ȱ3.11.3.ȱ 24ȱȱ Damitȱ unterscheidetȱ esȱ sichȱ vonȱ denȱ anderenȱ Evangelien.ȱ Beiȱ Mkȱ wirdȱ imȱ Kontextȱ derȱToraȱstetsȱvonȱ„Mose“ȱstattȱvomȱ„Gesetz“ȱgesprochenȱundȱAbrahamȱnurȱeinmalȱ

436ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

etwasȱ anfangen,ȱ ohneȱ sieȱ freilichȱ gegeneinanderȱ auszuspielen.ȱ Wennȱ derȱTäuferȱinȱLkȱ3,7f.ȱdazuȱaufruft,ȱ„Früchte,ȱwürdigȱderȱUmkehr“ȱzuȱ bringen,ȱanstattȱsichȱaufȱdieȱAbrahamskindschaftȱzuȱberufen,ȱsoȱstellenȱ dieseȱkeinenȱGegensatzȱzuȱAbrahamȱdar.ȱDieȱinȱLkȱ3,10–14ȱgenanntenȱ Konkretisierungen25ȱ zeigen,ȱ dassȱ fürȱ Lukas,ȱ derȱ hierȱ Sondergutȱ verarȬ beitet,ȱdieȱBerufungȱaufȱAbrahamȱnichtȱausreicht,ȱsondernȱdieȱZugehöȬ rigkeitȱzuȱihmȱdurchȱTatenȱerwiesenȱwerdenȱmuss.ȱVorȱallemȱzeigtȱdiesȱ dieȱBeispielerzählungȱvomȱarmenȱLazarusȱundȱvomȱReichenȱinȱLkȱ16.ȱ Derȱ Textȱ istȱ imȱ Kontextȱ desȱ gesamtenȱ Kapitelsȱ auszulegen,ȱ dasȱ denȱ UmgangȱmitȱReichtumȱthematisiert.ȱDieȱWorteȱJesu,ȱdieȱsichȱzunächstȱ (16,1)ȱ anȱ dieȱ Jüngerȱ richten,ȱ lockenȱ auchȱ einigeȱ Pharisäerȱ herbei,ȱ mitȱ derenȱ Auftrittȱ (16,14)ȱderȱzweiteȱ Teilȱ desȱ Kapitelsȱ beginnt.ȱ Inȱ derȱ nunȱ folgendenȱRedeȱJesuȱkommtȱalsȱzweitesȱElementȱnebenȱderȱReichtumsȬ thematikȱnunȱnochȱdieȱFrageȱnachȱderȱGeltungȱdesȱGesetzesȱhinzu.ȱInȱ gutȱ jüdischerȱ Traditionȱ stehtȱ derȱ Abraham,ȱ denȱ Lukasȱ inȱ Kapitelȱ 16ȱ einführt,ȱ wieȱ selbstverständlichȱ mitȱ demȱ Gesetzȱ desȱ Moseȱ inȱ VerbinȬ dungȱ undȱ verkündetȱ dessenȱ Geltungȱ (Lkȱ 16,31),ȱ soȱ dassȱ Abrahamȱ fürȱ Lukasȱalsȱ„TäterȱdesȱGesetzes“ȱgeltenȱkann,ȱderȱschonȱvorȱderȱKundgaȬ beȱderȱToraȱamȱSinaiȱdieseȱvollständigȱgehaltenȱhat.ȱ Dieseȱ lukanischeȱ Sichtȱ istȱ mitȱ derȱ paulinischenȱ nichtȱ zuȱ vereinbaȬ ren,ȱ wenngleichȱ beideȱ ihrȱ Abrahambildȱ imȱ Rückgriffȱ aufȱ dieȱ Schriftȱ entwickeln.ȱBeiȱPaulusȱliegtȱeineȱweitgehendeȱNeuinterpretationȱAbraȬ hamsȱ vor,ȱ währendȱ sichȱ Lukasȱ eherȱ anȱ dieȱ frühjüdischeȱ Sichtȱ anȬ schließt.ȱ Lukasȱ siehtȱ wieȱ Paulusȱ dieȱ Sündenverfallenheitȱ desȱ MenȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ imȱKontextȱderȱFrageȱnachȱderȱAuferstehungȱerwähnt,ȱundȱauchȱbeiȱMtȱtrittȱdieȱGeȬ staltȱ Abrahams,ȱ derȱ nurȱ inȱ derȱ Genealogieȱ zuȱ Beginnȱ (Mtȱ 1,1f.17)ȱ prominentȱ aufȬ taucht,ȱauffälligȱzurückȱ(nurȱnochȱMtȱ3,9;ȱ8,11;ȱ22,32),ȱwährendȱ„dasȱGesetzȱ(undȱdieȱ Propheten)“ȱstarkȱherausgestelltȱ werdenȱ(vgl.ȱ nurȱMtȱ5,17;ȱ7,12;ȱ11,13;ȱ22,40).ȱAuchȱ Joh,ȱderȱdieȱAuseinandersetzungȱmitȱdenȱgroßenȱGestaltenȱIsraelsȱaufȱdieȱersteȱHälfȬ teȱ seinesȱ Evangeliumsȱ (Johȱ 1–12)ȱ beschränkt,ȱ beziehtȱ sichȱ dabeiȱ durchgängigȱ aufȱ „Mose“ȱbzw.ȱ„dasȱGesetz“ȱ(schonȱimȱPrologȱJohȱ1,17,ȱdannȱinȱallenȱKapitelnȱaußerȱ2,ȱ 4ȱundȱ11),ȱwährendȱAbrahamȱlediglichȱinȱderȱpolemischenȱDiskussionȱmitȱJudenȱinȱ Jerusalem,ȱinȱderȱderȱVorrangȱJesuȱbetontȱwird,ȱvorkommtȱ(inȱJohȱ8,31–59ȱinsgesamtȱ 11Ȭmal;ȱvgl.ȱauchȱdieȱAnalogienȱzuȱJohȱ4,12ȱwoȱÄhnlichesȱinȱBezugȱaufȱdenȱPatriarȬ chenȱJakobȱthematisiertȱwird).ȱInsgesamtȱzeigtȱdasȱEvangeliumȱjedochȱkeinȱaktuellesȱ InteresseȱanȱdenȱVäternȱIsraelsȱfürȱdenȱGlaubenȱseinerȱGemeinde,ȱdaȱesȱsichȱexklusivȱ anȱJesusȱbindet.ȱDieȱSchriftȱundȱmitȱihrȱdieȱgroßenȱGestaltenȱIsraelsȱgehenȱvollstänȬ digȱ inȱ ihrerȱ Zeugnisrolleȱ fürȱ denȱ Sohnȱ Gottesȱ auf;ȱ vgl.ȱ dazuȱ Theobald,ȱ Abraham,ȱ 307.ȱ 25ȱȱ Lukasȱ hatȱ gegenüberȱ seinerȱ Vorlageȱ ausȱ Qȱ denȱ Singularȱ derȱ „Umkehrfrucht“,ȱ dieȱ sichȱaufȱdieȱTaufeȱdurchȱJohannesȱbezog,ȱethisiert,ȱvgl.ȱdazuȱWolter,ȱLk,ȱ159.ȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

437ȱ

schen,26ȱdochȱbestehtȱerȱdarauf,ȱdassȱ„Früchte/WerkeȱderȱUmkehr“ȱ(vgl.ȱ Lkȱ3,8;ȱApgȱ26,20)ȱzuȱerbringenȱsind.ȱÜberhauptȱistȱLukasȱderȱeinzigeȱ unterȱ denȱ Evangelisten,ȱ derȱ mehrfachȱ Abrahamȱ undȱ dessenȱ VerheiȬ ßungenȱ inȱ eineȱ ungebrocheneȱ Linieȱ mitȱ Moseȱ undȱ demȱ Gesetzȱ vomȱ Sinaiȱstellt.ȱLukasȱsiehtȱalsoȱganzȱoffenbarȱkeineȱUnterschiedeȱzwischenȱ derȱAbrahamsverheißungȱundȱdemȱGesetz.ȱ

5.1.3ȱDerȱ„KanonȱvonȱderȱRechtfertigung“ȱbeiȱLukasȱundȱPaulusȱ Nachȱ denȱ bisherigenȱ Überlegungenȱ wirdȱ auchȱ verständlich,ȱ warumȱ Lukasȱ dieȱ „Rechtfertigungstheologie“ȱ desȱ Paulusȱ inȱ derȱ ApostelgeȬ schichteȱnichtȱunmittelbarȱwiedergegebenȱhat.27ȱDiesȱwirdȱoftȱalsȱHinȬ weisȱ daraufȱ gewertet,ȱ dassȱ erȱ keineȱ Kenntnisȱ paulinischerȱ Theologieȱ habe.ȱEsȱgibtȱnunȱaberȱzweiȱStellen,ȱeinmalȱimȱMundȱdesȱPaulusȱselbstȱ (Apgȱ 13,38f.),ȱ dannȱ aberȱ auchȱ imȱ Mundȱ desȱ Petrusȱ (15,11),ȱ dieȱ denȱ „Kanonȱ vonȱ derȱ Rechtfertigung“28ȱ aufnehmenȱ undȱ dieȱ Kenntnisȱ desȬ selbenȱ durchȱ Lukasȱ erweisen,ȱ derȱ ihnȱ aberȱ absichtsvollȱ modifiziertȱ gegenüberȱPaulusȱdarstellt.ȱTatsächlichȱlässtȱlediglichȱApgȱ13,38–41,ȱdieȱ abschließendenȱ Verseȱ inȱ derȱ erstenȱ erzähltenȱ Paulusredeȱ inȱ derȱ SynaȬ gogeȱ imȱ pisidischenȱ Antiochien,ȱ eineȱ größereȱ Näheȱ zuȱ Paulusȱ erkenȬ nen:ȱ ȱ 38ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ 39ȱ 40ȱ ȱ 41ȱ ȱ ȱ

·ΑΝΗΘϲΑȱΓЇΑȱσΗΘΝȱЀΐϧΑ,ȱȱ ΩΑΈΕΉΖȱΦΈΉΏΚΓϟ,ȱȱ ϵΘ΍ȱΈ΍ΤȱΘΓϾΘΓΙȱЀΐϧΑȱΩΚΉΗ΍ΖȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱ Ύ΅Θ΅··νΏΏΉΘ΅΍,ȱȱ [Ύ΅Ϡ]ȱΦΔϲȱΔΣΑΘΝΑȱȱ ЙΑȱΓЁΎȱωΈΙΑφΌ΋ΘΉȱπΑȱΑϱΐУȱ ̏ΝϼΗνΝΖȱΈ΍Ύ΅΍ΝΌϛΑ΅΍,ȱȱ πΑȱΘΓϾΘУȱΔκΖȱϳȱΔ΍ΗΘΉϾΝΑȱΈ΍Ύ΅΍ΓІΘ΅΍.ȱȱ ΆΏνΔΉΘΉȱΓЇΑȱȱ ΐχȱπΔνΏΌϙȱΘϲȱΉϢΕ΋ΐνΑΓΑȱπΑȱΘΓϧΖȱ ΔΕΓΚφΘ΅΍Ζȉȱȱ ϥΈΉΘΉ,ȱΓϡȱΎ΅Θ΅ΚΕΓΑ΋Θ΅ϟ,ȱȱ Ύ΅ϠȱΌ΅ΙΐΣΗ΅ΘΉȱȱ Ύ΅ϠȱΦΚ΅ΑϟΗΌ΋ΘΉ,ȱȱ

Esȱseiȱeuchȱalsoȱbekanntgemacht,ȱ MännerȱundȱBrüder,ȱ dassȱdurchȱdiesenȱeuchȱSündenvergeȬ bungȱverkündigtȱwird.ȱ (und)ȱvonȱallem,ȱȱ wovonȱihrȱimȱGesetzȱdesȱMoseȱnichtȱ gerechtȱgemachtȱwerdenȱkonntet,ȱ wirdȱinȱdiesemȱjederȱGlaubendeȱgerechtȱ gemacht.ȱ Schautȱalso,ȱ dassȱnichtȱdasȱbeiȱdenȱProphetenȱGesagȬ teȱaufȱeuchȱkomme:ȱ Seht,ȱihrȱVerächter,ȱ undȱstauntȱ undȱwerdetȱzunichte.ȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 26ȱȱ IsraelȱhatȱschonȱamȱSinaiȱgesündigtȱ(vgl.ȱApgȱ7,41ȱundȱobenȱKap.ȱ3.9.3.3);ȱderȱBergȱ SinaiȱwirdȱimȱNTȱnurȱinȱApgȱ7,30.38ȱerwähntȱ(undȱinȱderȱallegorischenȱDeutungȱderȱ AbrahamssöhneȱGalȱ4).ȱ 27ȱȱ Vgl.ȱdazuȱbereitsȱdieȱHinweiseȱobenȱinȱKap.ȱ3.7.2;ȱ3.11.1.ȱ 28ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱKanon.ȱ

438ȱ ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ ϵΘ΍ȱσΕ·ΓΑȱπΕ·ΣΊΓΐ΅΍ȱπ·АȱπΑȱΘ΅ϧΖȱ ψΐνΕ΅΍ΖȱЀΐЗΑ,ȱ σΕ·ΓΑȱ϶ȱΓЁȱΐχȱΔ΍ΗΘΉϾΗ΋ΘΉȱȱ πΣΑȱΘ΍ΖȱπΎΈ΍΋·ϛΘ΅΍ȱЀΐϧΑ.ȱ

ȱ ȱ

DennȱichȱwirkeȱeinȱWerkȱinȱeurenȱTaȬ gen,ȱ einȱWerk,ȱdasȱihrȱnichtȱglaubenȱwürdet,ȱ wennȱjemandȱesȱeuchȱerzählte.ȱ

ȱ TerminologischȱistȱhierȱdieȱAnknüpfungȱanȱPaulusȱprimärȱanȱdasȱVerȬ bumȱ Έ΍Ύ΅΍ϱΝȱ gebunden,ȱ außerdemȱ dieȱ Präpositionȱ Έ΍Σȱ mitȱ Bezugȱ aufȱ denȱMessiasȱJesusȱ(dasȱDemonstrativpronomenȱverweistȱeindeutigȱaufȱ ihnȱ inȱ denȱ vorangehendenȱ Versen),ȱ sowieȱ durchȱ denȱ Terminusȱ ϳȱ Δ΍ΗΘΉϾΝΑ.ȱ Vergleichenȱ wirȱ denȱ Satzȱ mitȱ seinerȱ klassischenȱ Formȱ imȱ Galaterbriefȱ(mitȱdenȱvierȱElementenȱa–d)ȱundȱmitȱderȱzweitenȱErwähȬ nungȱaufȱdemȱApostelkonventȱinȱderȱRedeȱdesȱPetrus:ȱ ȱ ȱ

Galȱ2,16:ȱ

ȱ



ΉϢΈϱΘΉΖȱ[Έξ]ȱȱ



bȱ ȱ cȱ

ϵΘ΍ȱȱ ȱ ΓЁȱΈ΍Ύ΅΍ΓІΘ΅΍ȱ ΩΑΌΕΝΔΓΖȱπΒȱσΕ·ΝΑȱ ΑϱΐΓΙȱ ȱ πΤΑȱΐχȱȱ Έ΍ΤȱΔϟΗΘΉΝΖȱ͑΋ΗΓІȱ ̙Ε΍ΗΘΓІ,ȱ ȱ

bȱ dȱ

ȱ dȱ

ȱ



c/dȱ

Apgȱ13,38f.:ȱ ·ΑΝΗΘϲΑȱΓЇΑȱσΗΘΝȱ ЀΐϧΑ,ȱΩΑΈΕΉΖȱΦΈΉΏΚΓϟ,ȱ ϵΘ΍ȱ Έ΍ΤȱΘΓϾΘΓΙȱЀΐϧΑȱ ΩΚΉΗ΍ΖȱΥΐ΅ΕΘ΍ЗΑȱ Ύ΅Θ΅··νΏΏΉΘ΅΍ȱ[Ύ΅Ϡȱ ΐΉΘΣΑΓ΍΅],ȱ [Ύ΅Ϡ]ȱΦΔϲȱΔΣΑΘΝΑȱЙΑȱ ΓЁΎȱωΈΙΑφΌ΋ΘΉȱπΑȱ ΑϱΐУȱ̏ΝϼΗνΝΖȱ Έ΍Ύ΅΍ΝΌϛΑ΅΍,ȱ πΑȱΘΓϾΘУȱΔκΖȱϳȱ Δ΍ΗΘΉϾΝΑȱΈ΍Ύ΅΍ΓІΘ΅΍.ȱ

ȱ

Apgȱ15,11:ȱ

ȱ

ȱ

bȱ dȱ

ΦΏΏΤȱ Έ΍ΤȱΘϛΖȱΛΣΕ΍ΘΓΖȱΘΓІȱ ΎΙΕϟΓΙȱ͑΋ΗΓІȱ



Δ΍ΗΘΉϾΓΐΉΑȱ

(c)ȱ

ΗΝΌϛΑ΅΍ȱΎ΅Όвȱ϶Αȱ ΘΕϱΔΓΑȱΎΦΎΉϧΑΓ΍.ȱ

ȱ Beideȱ Maleȱ beschließtȱ derȱ Satzȱ dieȱ jeweilsȱ zuvorȱ gehalteneȱ Rede;ȱ beiȱ Paulusȱ schließtȱ esȱ seineȱ ersteȱ Redeȱ ab,ȱ fürȱ Petrusȱ istȱ esȱ dessenȱ letztesȱ WortȱinȱderȱApostelgeschichte,ȱausȱderȱerȱkommentarlosȱverschwindetȱ Auffälligȱ sindȱ dieȱ Verschiebungenȱ gegenüberȱ Galȱ 2,16:ȱ Dieȱ „Werke“ȱ desȱ Gesetzes,ȱ dieȱ fürȱ Paulusȱ soȱ zentralȱ sind,29ȱ werdenȱ vonȱ Lukasȱ zuȬ nächstȱ nichtȱ genannt,ȱ stattdessenȱ wirdȱ Moseȱ erwähntȱ undȱ spezifiziertȱ dasȱGesetzȱsomitȱeindeutig.ȱAuffälligȱist,ȱdassȱderȱ„Glaubende“ȱunspeȬ zifischȱbleibt,ȱdaȱdasȱπΑȱΘΓϾΘУȱnichtȱaufȱdasȱGlauben,ȱsondernȱaufȱdieȱ Rechtfertigungȱbezogenȱist,ȱwieȱdieȱParallelitätȱzuȱΈ΍ΤȱΘΓϾΘΓΙȱ erweist.ȱ Offenbarȱ istȱ fürȱ Lukasȱ eineȱ gewisseȱ Rechtfertigungȱ durchȱ dasȱ Gesetzȱ durchausȱ möglich.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ umȱ eineȱ Formulierungȱ desȱ „RechtȬ fertigungskanons“,ȱ dieȱ keineȱ Oppositionȱ zwischenȱ Christusglaubenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 29ȱȱ Auchȱ inȱ späterenȱ Neuformulierungenȱ inȱ denȱ Pastoralbriefenȱ verbleibenȱ sieȱ inȱ derȱ Formel,ȱ währendȱ dasȱ „Gesetz“ȱ verschwindet;ȱ vgl.ȱ 2ȱ Timȱ 1,9;ȱ Titȱ 3,5;ȱ dazuȱ auchȱ Oberlinner,ȱTit,ȱ171f.ȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

439ȱ

undȱGesetzeswerkenȱeröffnet,ȱsondernȱeineȱÜberbietungȱformuliert,ȱinȱ derȱ dieȱ Dignitätȱ derȱ Toraȱ undȱ desȱ Glaubensȱ Israelsȱ stärkerȱ alsȱ inȱ Galȱ 2,16ȱgewahrtȱbleibt.30ȱ

5.1.4ȱDieȱBedeutungȱJerusalemsȱ Auchȱ anhandȱ desȱ jeweiligenȱ Vorkommensȱ derȱ Stadtȱ Jerusalemȱ lassenȱ sichȱ Hinweiseȱ zumȱ Verhältnisȱ vonȱ Paulusȱ undȱ Lukasȱ geben.ȱ Zurȱ BeȬ deutungȱJerusalemsȱfürȱdasȱlukanischeȱDoppelwerkȱhabenȱschonȱunseȬ reȱ Analysenȱ zahlreicheȱ Hinweiseȱ gegeben.31ȱ Sieȱ passtȱ gutȱ inȱ dasȱ fürȱ Lukasȱ entwickelteȱ Konzept.ȱ Inȱ Römȱ 9–11ȱ hingegen,ȱ denȱ fürȱ Paulusȱ wichtigstenȱ Kapitelnȱ zurȱ Israelfrage,ȱ wirdȱ dieȱ Stadtȱ –ȱ mitȱ Ausnahmeȱ desȱabschließendenȱSchriftzitates,ȱdassȱdurchȱdieȱErwähnungȱdesȱZionȱ aufȱ Jerusalemȱ verweistȱ (Römȱ 11,27)ȱ –ȱ nichtȱ erwähnt.ȱ Diesȱ überrascht,ȱ zumalȱ wennȱ manȱ dieȱ Bedeutungȱ derȱ dortȱ ansässigenȱ christlichenȱ GeȬ meindeȱ fürȱ dieȱ Biographieȱ desȱ Apostelsȱ bedenktȱ (Apostelkonvent,ȱ AuseinandersetzungenȱmitȱPetrusȱundȱJakobus,ȱKollekte).ȱȱ EinȱBlickȱaufȱdieȱBedeutungȱderȱStadtȱinȱdenȱpaulinischenȱBriefenȱgibtȱweiȬ tereȱ Hinweise.ȱ Gegenüberȱ Lukasȱ trittȱ sieȱ deutlichȱ zurück.ȱ Dieȱ insgesamtȱ zehnȱ Vorkommenȱ desȱ Namensȱ derȱ Stadtȱ beiȱ Paulusȱ werdenȱ vonȱ GwangȬ Hoȱ Cho32ȱ folgendermaßenȱ eingeteilt:ȱ 1.ȱ alsȱ Ausgangspunktȱ desȱ EvangeliȬ umsȱ (Römȱ 15,19);ȱ 2.ȱ imȱ Kontextȱ derȱ Kollektenübergabeȱ (Römȱ 15,25f.31;ȱ 1ȱ Korȱ16,3);ȱ3.ȱimȱKontextȱderȱnarrativenȱBegründungȱseinesȱApostolatsȱunȬ abhängigȱ vonȱ Jerusalemȱ (Galȱ 1,17f.;ȱ 2,1);ȱ 4.ȱ beiȱ seinerȱ allegorischenȱ DeuȬ tungȱ derȱ Frauenȱ Abrahamsȱ (Galȱ 4,25f.).ȱ Nachȱ derȱ Untersuchungȱ vonȱ vierȱ Themenbereichenȱ (dasȱ paulinischeȱ Verständnisȱ vonȱ „Kult“,ȱ seineȱ AuffasȬ sungȱvomȱ„Tempel“,ȱTraditionsgüterȱüberȱZionȱundȱJerusalem,ȱdasȱpauliȬ nischeȱ Verhältnisȱ zurȱ Jerusalemerȱ Urgemeinde)ȱ kommtȱ erȱ zuȱ denȱ ErgebȬ nissen,ȱ dassȱ Paulusȱ denȱ Kultȱ „metaphorisch,ȱ symbolischȱ undȱ ethisch“ȱ rezipiertȱundȱ„Jerusalem“ȱuniversalisiert.33ȱDaȱdieȱdurchȱdenȱKultȱvermitȬ telteȱ Sühneleistungȱ nunȱ imȱ heilstiftendenȱ Christusereignisȱ realisiertȱ worȬ denȱ ist,ȱ werdenȱ dieȱ kultischenȱ Kategorienȱ nunmehrȱ inȱ einemȱ metaphoriȬ schenȱ Sinnȱ verwandt,ȱ wieȱ kultischeȱ Terminologieȱ imȱ Rahmenȱ vonȱ Handlungenȱ derȱ Christenȱ erweisenȱ (Römȱ 12,1;ȱ 15,27;ȱ 2ȱ Korȱ 9,12;ȱ Philȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 30ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ Theobald,ȱ Kanon,ȱ 196–202.ȱ Hierȱ wirdȱ auchȱ betont,ȱ dassȱ derȱ tiefereȱ Sinnȱ derȱRechtfertigungȱalsȱNeuschöpfungȱdesȱMenschen,ȱdenȱwirȱbeiȱPaulusȱfinden,ȱvonȱ Lukasȱabgeblendetȱwird.ȱFürȱihnȱstehtȱderȱSatzȱüberȱdieȱRechtfertigungȱinȱdenȱtradiȬ tionellenȱBahnenȱderȱSündenvergebungȱdurchȱGott,ȱdieȱerȱausȱfrühjüdischerȱTheoloȬ gieȱaufgenommenȱhat.ȱ 31ȱȱ Vgl.ȱobenȱKap.ȱ3.9.3.ȱ 32ȱȱ Cho,ȱJerusalem,ȱ5f.ȱ 33ȱȱ Vgl.ȱCho,ȱJerusalem,ȱ326f.ȱ

440ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

2,17.25.30;ȱ 4,18;ȱ 1ȱ Korȱ 5,7);ȱ eineȱ Ethisierungȱ findetȱ sichȱ auchȱ inȱ seinerȱ ReȬ zeptionȱderȱTempelȬBegrifflichkeit.ȱIhnȱinteressiertȱwenigerȱderȱTempelȱalsȱ Kultstätte,ȱsondernȱseineȱHeiligkeit,ȱmitȱderȱerȱdasȱGebotȱderȱHeiligkeitȱderȱ Gemeindeȱverknüpftȱ(1ȱKorȱ3,16f.)34ȱManȱkönnteȱvonȱeinerȱEthisierungȱdesȱ Kultesȱ sprechen.ȱ Choȱ siehtȱ dieȱ ZionsȬTraditionȱ inȱ Römȱ 9ȱ undȱ 11ȱ alsȱ vorȬ paulinischȱundȱdamitȱirrelevantȱfürȱPaulusȱselbstȱan35.ȱWeiterȱkannȱerȱfürȱ „Jerusalem“ȱeineȱUniversalisierungȱerkennen,ȱdieȱnegativȱeineȱPrioritätȱderȱ Urgemeindeȱgegenüberȱanderenȱ(vorȱallemȱ denȱpaulinischenȱGemeinden)ȱ abweist.ȱ Insofernȱ Paulusȱ denȱ Jerusalemernȱ ebenbürtigȱ undȱ ihnenȱ gegenȬ überȱselbständigȱist,ȱkannȱerȱihnenȱkeineȱsachlicheȱPrioritätȱzusprechen.ȱJeȬ rusalemȱistȱalsȱgeistlicheȱHeimatȱfürȱalleȱGläubigenȱuniversalisiert.36ȱȱ

ImȱBlickȱaufȱdieȱBiographieȱdesȱApostelsȱundȱdieȱzentripetaleȱDimensiȬ onȱseineȱMissionȱwirdȱmanȱdiesenȱBefundȱdifferenzierenȱmüssen.ȱMinȬ destensȱimȱRömerbriefȱwirdȱJerusalemȱauchȱalsȱirdischeȱStadtȱfürȱPauȬ lusȱ wesentlichȱ (11,26;ȱ 15,31).37ȱ Dochȱ hältȱ erȱ sichȱ inȱ seinenȱ Briefenȱ mitȱ Aussagenȱ überȱ dieȱ Stadtȱ undȱ ihreȱ Bedeutungȱ zurück,ȱ wasȱ gegenüberȱ derȱ umfassendenȱ Bedeutsamkeitȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ auffällt.ȱ Beideȱ Autorenȱ treffenȱ sichȱ aberȱ inȱ ihrerȱ Einschätzungȱ derȱ BedeutsamȬ keitȱ derȱ judenchristlichenȱ Urgemeinde,ȱ dieȱ stetsȱ mitȱ Jerusalemȱ verȬ knüpftȱist.ȱDarüberȱhinausgehendeȱImplikationenȱJerusalems,ȱetwaȱalsȱ OrtȱbiblischerȱHeilsgeschichteȱoderȱdesȱdortȱzuȱlokalisierendenȱPropheȬ tengeschicks,ȱwieȱsieȱbeiȱLukasȱsichtbarȱwerden,ȱsindȱfürȱPaulusȱoffenȬ barȱnichtȱvonȱBelang.ȱBeiȱderȱFrageȱnachȱderȱParusieȱscheintȱdieȱStadtȱ bzw.ȱderȱZionȱaberȱfürȱbeideȱAutorenȱeineȱbleibendeȱRolleȱzuȱspielen.38ȱ

5.1.5ȱDerȱJudeȱPaulusȱ DieȱEinsicht,ȱdassȱsichȱPaulusȱauchȱnachȱseinerȱLebenswendeȱalsȱJudeȱ gesehenȱhat,ȱkonnteȱnichtȱnurȱfürȱdieȱKonzeptionȱinȱRömȱ9–11ȱalsȱzentȬ ralȱ erwiesenȱ werden,ȱ sondernȱ trägtȱ sichȱ auchȱ inȱ derȱ Darstellungȱ derȱ Apostelgeschichteȱdurch.ȱDabeiȱfälltȱjedochȱauf,ȱdassȱderȱApostelȱselbstȱ seinȱJudeseinȱinȱseinenȱBriefenȱdeutlichȱspannungsvollerȱformuliert,ȱalsȱ diesȱ beiȱ Lukasȱ derȱ Fallȱ ist.ȱ Ohneȱ dasȱ Zeugnisȱ desȱ Römerbriefsȱ hättenȱ wirȱsicherȱeinȱanderesȱPaulusbild,ȱstellenȱdochȱderȱGalaterȬȱundȱPhilipȬ perbriefȱ (aberȱ auchȱ 1ȱ Thess)ȱ dieȱ Distanzȱ desȱ Apostelsȱ zuȱ seinemȱ Volkȱ ungleichȱstärkerȱheraus.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 34ȱȱ 35ȱȱ 36ȱȱ 37ȱȱ 38ȱȱ

Vgl.ȱCho,ȱJerusalem,ȱ330–332.ȱ Vgl.ȱCho,ȱJerusalem,ȱ334.ȱ Vgl.ȱCho,ȱJerusalem,ȱ339.ȱ Vgl.ȱdazuȱMarkschies,ȱHimmlischesȱundȱirdischesȱJerusalem,ȱ304.ȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱdieȱÜberlegungenȱzuȱApgȱ1ȱundȱRömȱ11,27ȱinȱKap.ȱ3.5ȱundȱ4.2.4.ȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

441ȱ

5.1.6ȱZusammenfassendeȱReflexionȱ Alsȱ Gottesfürchtigerȱ warȱ Lukas,ȱ wieȱ schonȱ Harnackȱ etwasȱ saloppȱ forȬ mulierte,ȱ „alsȱ Theologe,ȱ wieȱ alleȱ Heidenchristen,ȱ ‚alttestamentlicher‘ȱ gewesenȱalsȱPaulus,ȱweilȱerȱpraktischȱmitȱderȱSacheȱnichtsȱzuȱtunȱhatȬ te.“39ȱ Richtigȱ istȱ daran,ȱ dassȱ derȱ demȱ Judentumȱ nahestehendeȱ GottesȬ fürchtigeȱvorȱallemȱeinenȱBlickȱfürȱdieȱattraktivenȱElementeȱdesȱJudenȬ tumsȱ hatte,ȱwährendȱ dasȱ Ringenȱ umȱdieȱ Notȱ desȱGesetzes,ȱ dieȱ inȱ denȱ Paulusbriefenȱdeutlichȱhervortritt,ȱihmȱeinȱwenigerȱzentralesȱAnliegenȱ war.ȱ Dadurchȱ erklärtȱ sichȱ auchȱ derȱ gegenüberȱ Paulusȱ problemlosereȱ Umgangȱ mitȱ denȱ Gestaltenȱ Abrahamsȱ undȱ Moses,ȱ dieȱ erȱ einfachȱ neȬ beneinanderȱstellenȱkann.ȱȱ NichtȱzuȱvergessenȱistȱderȱhistorischeȱOrtȱbeiderȱAutoren.ȱLukasȱinȬ tegriertȱ dieȱ Geschehnisseȱ desȱ jüdischenȱ Kriegesȱ undȱ dieȱ Zerstörungȱ Jerusalemsȱ inȱ seineȱ Geschichtsdarstellungȱ undȱ dieȱ damitȱ zusammenȬ hängendeȱ Geschichtstheologie,ȱ währendȱ Paulusȱ seineȱ Briefeȱ zwischenȱ 50ȱundȱ60ȱn.ȱChr.ȱschreibt.ȱErȱweißȱnochȱnichtsȱvonȱderȱZerstörungȱdesȱ Tempelsȱ–ȱundȱsprichtȱdochȱschonȱdavon,ȱdassȱderȱ„ganzeȱZorn“ȱGotȬ tesȱbereitsȱüberȱdieȱJudenȱgekommenȱsei.40ȱFürȱihnȱistȱderȱBlickȱaufȱdasȱ Verhältnisȱ vonȱ Judenȱ undȱ Christenȱ nichtȱ zuletztȱ aufgrundȱ derȱ Zäsurȱ derȱTempelzerstörungȱeinȱandererȱalsȱderȱdesȱDrittenȱEvangelisten.ȱBeiȱ LukasȱistȱdieȱfürȱunsȱheuteȱsoȱselbstverständlicheȱklareȱTrennungȱzwiȬ schenȱJudenȱundȱChristenȱalsȱzweiȱvoneinanderȱunterschiedenenȱReliȬ gionsgemeinschaftenȱbereitsȱdabei,ȱGestaltȱanzunehmen,ȱwieȱdieȱlokaleȱ TrennungȱamȱEndeȱderȱApostelgeschichteȱzeigt.ȱDochȱliegtȱihmȱdaran,ȱ Israelȱ alsȱ lebendigeȱ Größeȱ inȱ derȱ christlichenȱ Ekklesiaȱ zuȱ erhalten.ȱ Soȱ erzähltȱerȱdurchgängigȱvonȱJuden,ȱdieȱTeilȱderȱChristengemeindeȱsind.ȱ Auchȱ dieȱ rituelleȱ Trennungȱ vonȱ Kircheȱ undȱ Synagogeȱ wirdȱ inȱ derȱ ApostelgeschichteȱnurȱinȱAnsätzenȱerkennbar,ȱohneȱalsȱbewussteȱKonȬ frontationȱformuliertȱzuȱsein.41ȱ LukasȱerzähltȱzwarȱdieȱörtlicheȱTrennungȱderȱchristlichenȱ΅ϣΕΉΗ΍Ζȱvonȱderȱ HauptsynagogeȱinȱEphesusȱ(Apgȱ19,8f.),ȱohneȱjedochȱchristlicheȱRitenȱdenȱ jüdischenȱ gegenüberzustellen.ȱ Dassȱ erȱ ganzȱ imȱ Gegenteilȱ nochȱ aufȱ eineȱ VermittlungȱzwischenȱverschiedenenȱPraktikenȱausȱist,ȱzeigtȱalsȱprominenȬ testesȱBeispielȱdasȱ sogenannteȱ Aposteldekret,ȱ dassȱ einigeȱ GrundforderunȬ genȱ derȱ Toraȱ anȱ dieȱ Heidenȱ fürȱ dieȱ christlichenȱ Gemeindenȱ durchsetzenȱ will.42ȱEbensoȱsprichtȱerȱnochȱganzȱselbstverständlichȱvonȱdenȱψΐνΕ΅΍ȱΘЗΑȱ ΦΊϾΐΝΑȱ(Apgȱ20,6).ȱVermutlichȱhabenȱdieȱchristlichenȱGemeindenȱdasȱjüȬ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 39ȱȱ 40ȱȱ 41ȱȱ 42ȱȱ

Harnack,ȱLukasȱderȱArzt,ȱ91.ȱ Vgl.ȱ1ȱThessȱ2,16ȱimȱfrühestenȱerhaltenenȱPaulusbrief.ȱ Vgl.ȱetwaȱdieȱSummarienȱoderȱApgȱ18,7;ȱ19,9.ȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.9.ȱ

442ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

discheȱPassafest,ȱmitȱdemȱneuenȱFestinhaltȱderȱAuferstehungȱJesuȱverbunȬ den,ȱ nochȱ zurȱ Zeitȱ desȱ Lukasȱ begangen.43ȱ Auchȱ dieȱ Erwähnungȱ desȱ Pfingstfestesȱkurzȱdaraufȱ(Apgȱ20,16),ȱdasȱPaulusȱinȱJerusalemȱfeiernȱwill,ȱ erweistȱ dieȱ Beziehungȱ derȱ Christenȱ zumȱ jüdischenȱ Festkreis.ȱ Andersȱ liegtȱ derȱFallȱdannȱbeispielsweiseȱinȱderȱDidache,ȱdieȱsichȱinȱdenȱFasttagenȱ(amȱ 4.ȱundȱ6.ȱTagȱstattȱamȱ2.ȱundȱ5.ȱTag)ȱundȱinȱderȱGebetspraxisȱ(Vaterunser)ȱ bewusstȱ vonȱ denȱ „Heuchlern“ȱ absetztȱ (Didȱ 8,1–3),ȱ imȱ Barnabasbrief,ȱ woȱ derȱ Sonntagȱ anstelleȱ desȱ Sabbatsȱ begangenȱ wirdȱ (Barnȱ 15,8f.),ȱ oderȱ nochȱ deutlicherȱbeiȱIgnatius,ȱderȱebenfallsȱdenȱSonntagȱalsȱAblösungȱdesȱSabbatsȱ siehtȱ(IgnMagnȱ9,1)ȱundȱschließlichȱdenȱfrühestenȱBelegȱfürȱdieȱGegenüberȬ stellungȱ derȱ Bezeichnungenȱ ͑ΓΙΈ΅΍ΗΐϱΖȱ undȱ ̙Ε΍ΗΘ΍΅Α΍ΗΐϱΖȱ bietetȱ (IgnMagnȱ 10,3).44ȱ Andersȱ benutztȱ auchȱ nochȱ Paulusȱ dieȱ Vokabelnȱ inȱ Galȱ 1,13f.,ȱ woȱ erȱ ͑ΓΙΈ΅΍ΗΐϱΖȱ alsȱ Umschreibungȱ einesȱ speziellenȱ „konservatiȬ ven“ȱ jüdischenȱ Verhaltensȱ benutzt,ȱ dasȱ „jüdischeȱ Identitätȱ durchȱ scharfeȱ AbgrenzungȱgegenȱallesȱHeidnischeȱ[…]ȱprofilieren“45ȱwill.ȱȱ

EinȱwichtigesȱErgebnisȱderȱStudieȱistȱinsgesamtȱdarinȱzuȱsehen,ȱdassȱfürȱ dieȱDiskussionȱumȱdieȱZukunftȱIsraelsȱimȱNeuenȱTestamentȱdieȱbeidenȱ voneinanderȱzuȱunterscheidendenȱSachverhalteȱderȱmassivenȱReklamaȬ tionȱ vonȱ Charakteristikaȱ Israelsȱ fürȱ dieȱ christlicheȱ Ekklesiaȱ einerseitsȱ undȱdieȱFrageȱnachȱeinerȱheilvollenȱZukunftȱfürȱdenȱnichtȱanȱChristusȱ glaubendenȱTeilȱIsraelsȱandererseitsȱimȱlukanischenȱDoppelwerkȱwieȱinȱ derȱpaulinischenȱKonzeptionȱvonȱRömȱ11ȱinȱjeweilsȱspezifischerȱWeiseȱ miteinanderȱ verflochtenȱ werden.ȱ Diesȱ geschiehtȱ beiȱ beidenȱ Autorenȱ durchȱdieȱbesondereȱBetonungȱderȱBedeutungȱdesȱTeilsȱIsraelȱinnerhalbȱ derȱ christlichenȱ Ekklesia,ȱ derȱ bereitsȱ zumȱ Glaubenȱ anȱ Jesusȱ Christusȱ gelangtȱist.ȱ FürȱPaulusȱsindȱdieseȱGliederȱIsraelsȱinȱderȱKircheȱ–ȱerȱhatȱimȱRöȬ merbriefȱ vorȱ allemȱ sichȱ selbstȱ undȱ dieȱ Urgemeindeȱ inȱ Jerusalemȱ imȱ Blickȱ –ȱ einȱ Unterpfandȱ dafür,ȱ dassȱ dasȱ ganzeȱ Volkȱ seineȱ Heilschanceȱ nichtȱverspieltȱhat.ȱImȱRückgriffȱaufȱdenȱGedankenȱdesȱRestesȱkannȱerȱ soȱdasȱ„Mysterium“ȱderȱeschatologischenȱRettungȱganzȱIsraelsȱformuȬ lieren.ȱLukasȱstelltȱinȱseinemȱDoppelwerkȱdieȱBedeutungȱderȱExistenzȱ vonȱjüdischenȱChristenȱfastȱnochȱdeutlicherȱvorȱAugen.ȱSieȱgarantieren,ȱ dassȱ dieȱ göttlichenȱ Verheißungen,ȱ derenȱ Erfüllungȱ mitȱ demȱ Kommenȱ desȱ Messiasȱ Jesusȱ vonȱ Nazarethȱ eingesetztȱ hat,ȱ fürȱ dieȱ Gemeinschaftȱ derȱ anȱ ihnȱ Glaubendenȱ Bestandȱ hat,ȱ auchȱ wennȱ zuȱ dieserȱ nunȱ MenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 43ȱȱ InȱspätererȱZeitȱwirdȱdieȱfrühchristlicheȱPaschafeierȱzumȱTeilȱZügeȱeinesȱ„KontrastȬ Paschaȱ oderȱ AntiȬPascha“ȱ (Rouwhorst,ȱ Gottesdienst,ȱ 544)ȱ annehmen,ȱ vgl.ȱ dazuȱ Rouwhorst,ȱGottesdienst,ȱ539–545.ȱDavonȱistȱbeiȱLukasȱnochȱnichtsȱzuȱspüren.ȱ 44ȱȱ Vgl.ȱauchȱWengst,ȱJesusȱzwischenȱJudenȱundȱChristen,ȱ122–124.ȱ 45ȱȱ Theobald,ȱVonȱSaulusȱzuȱPaulus,ȱ26;ȱvgl.ȱauchȱMußner,ȱGal,ȱ78.ȱDieȱVokabelȱstammtȱ ausȱdemȱhellenistischenȱJudentumȱ(2ȱMakkȱ2,21;ȱ8,1;ȱ14,38;ȱ4ȱMakkȱ4,26)ȱundȱistȱauchȱ inȱeinerȱSynagogeninschriftȱbelegt.ȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

443ȱ

schenȱausȱallenȱVölkernȱgehören.ȱRückschlüsseȱfürȱdenȱHeilsstandȱderȱ nichtȱanȱJesusȱGlaubendenȱJudenȱsindȱbeiȱihmȱfreilichȱwenigerȱdeutlichȱ alsȱbeiȱPaulusȱerkennbar.ȱErȱgreiftȱnichtȱaufȱdenȱRestgedankenȱzurück.ȱ Dochȱ erweistȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ bisȱ zumȱ Endeȱ derȱ Apostelgeschichteȱ Judenȱ zurȱ Ekklesiaȱ hinzukommen,ȱ dassȱ eineȱ etwaȱ aufȱ dieȱ Generationȱ derȱ Apostelȱ beschränkteȱ Zugehörigkeitȱ vonȱ Judenȱ fürȱ dieȱ Ekklesiaȱ nichtȱausreicht.ȱȱ Insofernȱwirdȱeineȱ„Substitutionstheorie“,ȱwieȱsieȱschonȱbaldȱnachȱderȱEntȬ stehungȱ derȱ Schriftenȱ desȱ Neuenȱ Testamentsȱ inȱ einerȱ faktischȱ „heidenȬ christlichen“ȱKircheȱentwickeltȱwurde46ȱundȱinȱderȱeineȱ„Übertragung“ȱderȱ ErwählungsaussagenȱvonȱIsraelȱaufȱdieȱKircheȱbeiȱgleichzeitgierȱ„VerwerȬ fung“ȱIsraelȱgelehrtȱwurde,ȱdiesenȱbeidenȱKonzeptenȱnichtȱgerecht.ȱSieȱerȬ kenntȱdieȱBedeutungȱderȱExistenzȱvonȱ„Judenchristen“ȱinȱderȱKircheȱnichtȱ mehr,ȱ dieȱ fürȱ Lukasȱ undȱ Paulusȱ alsȱ grundlegendeȱ Voraussetzungȱ ihrerȱ Konzepteȱanzusehenȱist.47ȱȱ

DerȱAufweisȱderȱBedeutungȱIsraelsȱfürȱdieȱKircheȱinȱFormȱeinesȱJudenȬ christentumsȱistȱfreilichȱnochȱkeinȱhinreichendesȱArgumentȱdafür,ȱdassȱ darausȱzugleichȱauchȱdieȱVorstellungȱeinerȱheilvollenȱZukunftȱfürȱIsraȬ elȱfolge.ȱEntsprechendȱgibtȱesȱvieleȱAuslegerȱvorȱallemȱdesȱlukanischenȱ Doppelwerkes,ȱ dieȱ gegenüberȱ demȱ zumȱ Glaubenȱ gekommenenȱ Teilȱ Israels,ȱ derȱ sichȱ damitȱ alsȱ Volkȱ Gottesȱ erwiesenȱ habe,ȱ denȱ anderen,ȱ nichtȱ christusgläubigenȱ Teilȱ „automatisch“ȱ alsȱ verworfenȱ ansieht.48ȱ Dassȱdiesȱkeineswegsȱzwingendȱist,ȱbezeugtȱnichtȱnurȱPaulusȱmitȱseinerȱ RezeptionȱdesȱRestȬGedankensȱinȱRömȱ11,ȱsondernȱauchȱLukasȱselbst.ȱ IndizienȱdafürȱsindȱnebenȱderȱschonȱbemerktenȱTatsacheȱdesȱständigenȱ EinströmensȱvonȱJudenȱinȱdieȱKircheȱauchȱdieȱzahlreichenȱeschatologiȬ schenȱAusblicke,ȱdieȱinȱLkȱ1–2ȱeinȱganzȱvonȱderȱRettungȱIsraelsȱgeprägȬ tesȱEingangsbildȱvorstellen,49ȱsichȱdurchȱbeideȱBändeȱziehenȱundȱnochȱ gegenȱEndeȱderȱApostelgeschichteȱzuȱfindenȱsind50ȱ–ȱbisȱhinȱzurȱSzeneȱ inȱRom,ȱdieȱvorȱdiesemȱHintergrundȱzuȱlesenȱist.ȱSoȱführtȱbeiȱLukasȱdieȱ Betonungȱ derȱ Bedeutungȱ Israelsȱ inȱ derȱ Kircheȱ nichtȱ zuȱ einerȱ AbwerȬ tungȱ desȱ „ungläubigen“ȱ Teils,ȱ sondernȱ erweistȱ dieȱ bleibendeȱ Dignitätȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 46ȱȱ Vgl.ȱz.ȱB.ȱdenȱ–ȱnichtȱkanonisiertenȱ–ȱBarnabasbrief.ȱ 47ȱȱ Diesȱ wirdȱ manȱ etwaȱ gegenȱ H.ȱ Hübner,ȱ derȱ fürȱ praktischȱ jedenȱ Textȱ desȱ NTȱ eineȱ SubstitutionȱIsraelsȱherausarbeitenȱzuȱkönnenȱmeint,ȱfesthaltenȱmüssen.ȱȱ 48ȱȱ InȱgewisserȱHinsichtȱzeigtȱdiesȱderȱKommentarȱvonȱJ.ȱJervellȱzurȱApg:ȱSoȱdeutlichȱerȱ sichȱumȱdieȱHerausarbeitungȱdesȱjüdischenȱElementsȱinȱderȱsichȱentwickelndenȱKirȬ cheȱbemüht,ȱsoȱklarȱsiehtȱerȱamȱEndeȱdasȱVerwerfungsgerichtȱüberȱIsraelȱformuliert,ȱ vgl.ȱJervell,ȱApg,ȱ628.ȱ 49ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKap.ȱ3.9.ȱ 50ȱȱ Vgl.ȱ nurȱ Apgȱ 26,7,ȱ woȱ Paulusȱ vonȱ derȱ Erfüllungȱ derȱ Hoffnungȱ „unseresȱ ZwölfȬ stämmevolkes“ȱspricht,ȱwomitȱerȱdeutlichȱaufȱdieȱGesamtgrößeȱIsraelȱhinweist.ȱ

444ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

desȱ Gottesvolkes.ȱ Dassȱ dessenȱ Rettungȱ nichtȱ ohneȱ Umkehrȱ zuȱ habenȱ ist,ȱ dieȱ fürȱ denȱ größtenȱ Teilȱ nochȱ aussteht,ȱ stehtȱ demȱ nichtȱ entgegen.ȱ Hierȱ rezipiertȱ Lukasȱ dieȱ biblischeȱ Tradition,ȱ nachȱ derȱ Unglaubeȱ undȱ VerhärtungȱIsraelȱdurchausȱschonȱzumȱGericht,ȱniemalsȱaberȱzurȱvollȬ kommenenȱundȱendgültigenȱGottesferneȱgeführtȱhaben.ȱ AusȱunterschiedlichenȱGründenȱundȱmitȱverschiedenenȱMethoden,ȱ aberȱ auchȱ inȱ Rezeptionȱ gleicherȱ Traditionenȱ undȱ Motiveȱ bietenȱ Lukasȱ wieȱPaulusȱimȱBlickȱaufȱdieȱZukunftȱIsraelsȱdieȱausȱbiblischerȱTraditionȱ gespeisteȱ Hoffnung,ȱ dassȱ schließlichȱ ganzȱ Israelȱ Heilȱ erlangenȱ wird.ȱ Beideȱ beklagenȱ dieȱ mangelndeȱ Hinwendungȱ desȱ Volkesȱ zuȱ seinemȱ MessiasȱJesusȱundȱkönnenȱdochȱdieȱHoffnungȱaufȱeschatologischeȱRetȬ tungȱ nichtȱ aufgeben.ȱ Derȱ zeitlicheȱ Kontextȱ beiderȱ Schriftenȱ undȱ dieȱ unterschiedlichenȱAnliegenȱbietenȱwichtigeȱErklärungenȱfürȱdieȱjeweilsȱ spezifischenȱPerspektiven:ȱPaulus,ȱderȱdieȱZerstörungȱJerusalemsȱnichtȱ mehrȱ erlebtȱ hat,ȱ schreibtȱ nochȱ ganzȱ inȱ derȱ Erfahrungȱ derȱ grundsätzliȬ chenȱ Auseinandersetzungȱ umȱ dieȱ Heidenmission,ȱ dieȱ erȱ inȱ einerȱ zuȬ nächstȱmehrheitlichȱausȱJudenȱbestehendenȱKircheȱerlebtȱhat.ȱDochȱimȱ Zugeȱseinesȱ„anthropologischenȱPessimismus,ȱderȱnurȱvonȱeinerȱdurchȱ GottȱgewirktenȱVerwandlungȱdesȱMenschenȱdurchȱdenȱGeistȱErlösungȱ erhofft“51,ȱerhofftȱerȱauchȱdieȱRettungȱdesȱVolkesȱIsraelsȱletztlichȱdurchȱ eineȱ göttlicheȱ Tatȱ amȱ Endeȱ derȱ Zeitenȱ undȱ ersinntȱ imȱ gleichenȱ Zugȱ auchȱnochȱeinȱheilsgeschichtlichesȱKonzept,ȱdasȱdieȱAblehnungȱIsraelsȱ mitȱ derȱ Zuwendungȱ derȱ Heidenȱ zumȱ Evangeliumȱ verbindetȱ (vgl.ȱ Römȱ11).ȱ Lukasȱ hingegenȱ schreibtȱ seinȱ Werkȱ ausȱ derȱ Erfahrungȱ einerȱ zunehmendenȱ Trennungȱ vonȱ Kircheȱ undȱ Synagogeȱ undȱ unterȱ demȱ EindruckȱderȱZerstörungȱJerusalems.ȱHierȱerkenntȱerȱdasȱausȱdemȱdeuȬ teronomistischenȱGeschichtsbildȱbekannteȱSchemaȱvonȱUntreueȱIsraels,ȱ göttlichemȱ Zornȱ undȱ anschließendemȱUmkehrrufȱzurȱ Rettungȱ wieder,ȱ dasȱerȱinȱseinemȱWerkȱverarbeitet.ȱErȱhatȱ„optimistischesȱVertrauenȱzurȱ UmkehrbereitschaftȱdesȱMenschen“52ȱundȱhofftȱdaherȱauchȱimmerȱnochȱ aufȱ dieȱ Umkehrȱ Israels,ȱ durchȱ dieȱ Sündenvergebungȱ undȱ Rettungȱ durchȱGottȱermöglichtȱwerden.ȱDasȱgegenwärtigeȱVerhaltenȱIsraels,ȱdasȱ fürȱ ihnȱ trotzȱ allemȱ unverständlichȱ undȱ ärgerlichȱ bleibt,ȱ lässtȱ sichȱ schließlichȱimmerhinȱanhandȱdesȱJesajazitatesȱ(Apgȱ28,26f.)ȱimȱKontextȱ derȱSchriftȱundȱderȱGeschichteȱIsraelsȱerläutern.ȱDasȱWortȱvonȱHubertȱ Frankemölle:ȱ „Wieȱ Christen,ȱ soȱ habenȱ auchȱ Judenȱ (nachȱ Paulusȱ undȱ Matthäusȱ zumindest)ȱ nochȱ eineȱ Geschichteȱ vorȱ sich,ȱ dieȱ Geschichteȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 51ȱȱ Theißen,ȱEntstehung,ȱ313.ȱ 52ȱȱ Ebd.ȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

445ȱ

Gottesȱmitȱihnen“53,ȱwirdȱmanȱmitȱgutenȱGründenȱumȱdenȱAutorȱLukasȱ zuȱerweiternȱhaben.ȱ Lukasȱ undȱ Paulusȱ schreibenȱ überȱ eineȱ Kirche,ȱ dieȱ vonȱ Judenȱ geȬ prägtȱ ist.ȱ Dieȱ Apostel,ȱ dieȱ Missionareȱ undȱ vieleȱ Gliederȱ derȱ GemeinȬ den,ȱallenȱvoranȱinȱderȱganzȱjudenchristlichȱgeprägtenȱUrgemeindeȱinȱ Jerusalem,ȱ sindȱ Juden.ȱ Trotzȱ derȱ Spannungenȱ zuȱ denȱ nichtȱ anȱ Jesusȱ glaubendenȱ Juden,ȱ vonȱ denenȱ vieleȱ Texteȱ desȱ Neuenȱ Testamentsȱ geȬ prägtȱsind,ȱgehörtȱdasȱjüdischeȱElementȱganzȱwesentlichȱzurȱGestaltȱderȱ christlichenȱ Ekklesia.ȱ Vorȱ allemȱ Lukasȱ bezeugt,ȱ dassȱ dieȱ soȱ wichtigeȱ Kontinuitätȱ zuȱ denȱ Verheißungenȱ Gottesȱ bzw.ȱ dieȱ Zugehörigkeitȱ zumȱ GottȱIsraelsȱ(vgl.ȱLkȱ1,68),ȱdemȱSchöpferȱderȱWeltȱ(vgl.ȱApgȱ17,24)ȱundȱ Vaterȱ desȱ ΛΕ΍ΗΘϱΖȱ undȱ ΎϾΕ΍ΓΖȱ Jesusȱ (vgl.ȱ Lkȱ 2,49;ȱ 3,22),ȱ geradeȱ durchȱ dieȱJudenȱimȱRaumȱderȱKircheȱgewährleistetȱwird.ȱ Schonȱ baldȱ nachȱ demȱ neutestamentlichenȱ Zeitalterȱ hatȱ sichȱ dieȱ Christenheitȱ zuȱ einerȱ fastȱ ausschließlichȱ „heidenchristlichen“ȱ Kircheȱ entwickelt.ȱ Dasȱ Grundproblemȱ einerȱ stabilenȱ Zuordnungȱ vonȱ Judenȱ undȱHeidenȱimȱRaumȱderȱKircheȱwurdeȱschonȱbeiȱLukasȱundȱPaulusȱinȱ ihremȱRingenȱimmerȱwiederȱsichtbarȱundȱsoȱwirdȱmanȱfeststellenȱmüsȬ sen,ȱ dassȱ dieseȱ Frageȱ niemalsȱ befriedigendȱ gelöstȱ werdenȱ konnte,ȱ soȱ dassȱJudenȱinȱderȱKircheȱnachȱdemȱEndeȱdesȱEinflussesȱderȱJerusalemerȱ Urgemeindeȱ imȱ Kontextȱ desȱ jüdischenȱ Kriegesȱ niemalsȱ denȱ Platzȱ einȬ nehmenȱ konnten,ȱ denȱ ihnenȱ weiteȱ Bereicheȱ derȱ Theologieȱ desȱ Neuenȱ Testamentsȱ zuschreiben.ȱ Manȱ kannȱ vermuten,ȱ dassȱ fürȱ denȱ nachȱ 70ȱ schreibendenȱ Lukasȱ dieseȱ ungelösteȱ Spannungȱ undȱ derȱ schwindendeȱ Einflussȱ vonȱ Judenȱ inȱ derȱ Kircheȱ alsȱ Problemeȱ bewusstȱ waren.ȱ Seineȱ Vermittlerrolleȱzeigtȱsichȱdarin,ȱdassȱerȱzwarȱdieȱoffenbarȱbereitsȱerfolgȬ teȱ örtlicheȱ Trennungȱ vonȱ Kircheȱ undȱ Synagogeȱ fixiertȱ (vgl.ȱ Apgȱ 19,9ȱ oderȱ 28,30f.),ȱ ohneȱ aberȱ dieȱ Beziehungȱ ganzȱ abreißenȱ zuȱ lassenȱ (vgl.ȱ 19,9f.;ȱ 28,24).ȱ Dieȱ dreifacheȱ Erwähnungȱderȱ Jakobusklauseln,ȱ inȱ denenȱ erȱeinenȱwichtigenȱLösungsansatzȱfürȱdieseȱSpannungȱsieht,54ȱkannȱalsȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 53ȱȱ Frankemölle,ȱ Frühjudentum,ȱ 421;ȱ erȱ fährtȱ fort:ȱ „Imȱ Übrigenȱ binȱ ichȱ inȱ denȱ letztenȱ JahrenȱzuȱderȱÜberzeugungȱgelangt,ȱdassȱimȱMatthäusevangeliumȱ[…]ȱeineȱKonzepȬ tionȱvertretenȱwird,ȱdieȱderȱdesȱPaulusȱverwandtȱistȱ[…].ȱAuchȱgemäßȱdenȱLeserlenȬ kungenȱdesȱMatthäusevangeliumsȱistȱ‚Israel‘ȱkeineswegsȱverworfen,ȱsondernȱbleibtȱ inȱ seinerȱ Gesamtheitȱ ‚Volkȱ Gottes‘ȱ (12,39–42ȱ unterȱ Rückverweisȱ aufȱ dieseȱ Stelleȱ inȱ 27,63f)ȱ –ȱ unterwegsȱ zumȱ ‚Gottȱ allesȱ inȱ allem’.“ȱ Dasȱ hierȱ genannteȱ Argumentȱ reichtȱ zurȱ Deutungȱ derȱ mtȱ Sichtȱ freilichȱ wohlȱ nichtȱ aus,ȱ daȱ inȱ Mtȱ 27,63f.ȱ nurȱ dieȱ „Hohenpriesterȱ undȱSchriftgelehrten“ȱ(27,62)ȱdieȱ Bezeichnungȱ Ώ΅ϱΖȱnochȱfürȱIsraelȱ verwenden,ȱ nichtȱaberȱderȱEvangelist.ȱDieȱStellungȱdesȱMtȱzumȱungläubigenȱIsraelȱ bleibtȱ daherȱ wohlȱ nochȱ ambivalenterȱ alsȱ imȱ lukanischenȱ Werk;ȱ zumindestȱ istȱ dieȱ Tendenz,ȱ dieȱ inȱ Kontinuitätȱ mitȱ demȱ vorchristlichenȱ Israelȱ stehendeȱ christlicheȱ GeȬ meindeȱvonȱanderenȱjüdischenȱGruppenȱabzugrenzen,ȱbeiȱMtȱstärkerȱausgeprägt.ȱ 54ȱȱ Vgl.ȱdazuȱobenȱKap.ȱ3.9.ȱ

446ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

Indizȱ dafürȱ gelten,ȱ dassȱ Lukasȱ dieȱ modifizierteȱ Weitertradierungȱ geȬ wisserȱGrundlagenȱderȱToraȱIsraelsȱinȱdenȱchristlichenȱGemeindenȱalsȱ notwendigȱerachtet.ȱȱ Dieȱ kanonischenȱ Evangelienȱ sindȱ Zeugnisseȱ einesȱ fortwährendenȱ Ablösungsprozesses,ȱ derȱ etwaȱ imȱ Johannesevangeliumȱ eineȱ deutlicheȱ Abgrenzungȱ desȱ „johanneischen“ȱ Christentumsȱ gegenüberȱ denȱ Judenȱ undȱ sogarȱ gegenüberȱ imȱ jüdischenȱ Kontextȱ verbliebenenȱ christlichenȱ Gemeinschaftenȱ anzeigt.55ȱ Imȱ johanneischenȱ Umfeldȱ wurdenȱ solcheȱ christusgläubigeȱ Judenȱ innerhalbȱ desȱ Synagogenverbandesȱ mitȱ MissȬ trauenȱbetrachtetȱbzw.ȱzuȱeinerȱausdrücklichenȱDistanzierungȱvonȱihrerȱ jüdischenȱVergangenheitȱangehalten.ȱDieȱauffälligeȱRedeȱvonȱdenȱglauȬ bendenȱJudenȱ(vgl.ȱJohȱ2,23;ȱ7,31;ȱ8,30;ȱ10,42;ȱ11,45;ȱ12,11.42),ȱdenenȱderȱ Evangelistȱ auffallendȱ reserviertȱ gegenübersteht,ȱ lässtȱ sichȱ amȱ bestenȱ dahingehendȱ verstehen,ȱ dassȱ erȱ hierȱ „einȱ ‚Judenchristentum‘ȱ vorȱ AuȬ genȱ hat,ȱ dasȱ nochȱ nichtȱ vonȱ Israelȱ bzw.ȱ vomȱ Synagogenverbandȱ geȬ trenntȱ ist.“56ȱ Eineȱ Distanzȱ zuȱ solchenȱ Gruppenȱ vonȱ (anachronistischȱ gesprochen)ȱ „heterodoxen“ȱ jüdischenȱ Christenȱ wirdȱ imȱ lukanischenȱ Doppelwerkȱ nichtȱ erkennbar.ȱ Dieȱ Hinwendungȱ zumȱ Herrnȱ Christusȱ scheintȱ beiȱ ihmȱ unterschiedslosȱ fürȱ einȱ „vollwertiges“ȱ Christseinȱ ausȬ zureichen.ȱLukasȱweißȱnatürlichȱumȱverschiedeneȱGruppenȱinȱderȱKirȬ che,ȱ dochȱ bemühtȱ erȱ sichȱ stetsȱ umȱ Integrationȱ allerȱ christlichenȱ StröȬ mungen.57ȱDavon,ȱdassȱz.ȱB.ȱdieȱüberstimmteȱGruppeȱbeimȱApostelkonȬ ventȱsichȱabwendenȱwürdeȱoderȱausgeschlossenȱwäre,ȱhörenȱwirȱnichts,ȱ imȱ Gegenteilȱ wirdȱ inȱ Apgȱ 15,22.25ȱ dieȱ Einheitȱ betont.ȱ Dieȱ ApostelgeȬ schichteȱ blicktȱ inȱ andererȱ Weiseȱ aufȱ dieseȱ Spannung,ȱ wennȱ amȱ BuchȬ schlussȱ zwarȱ eineȱ nichtȱ nurȱ räumlichȱ getrennteȱ christlicheȱ GemeinȬ schaftȱderȱjüdischenȱSynagogeȱgegenübersteht,ȱgegenüberȱ„glaubendenȱ Juden“ȱjedochȱkeineȱDistanzȱzuȱerkennenȱist.ȱȱ DassȱdieȱhistorischeȱEntwicklungȱbaldȱdahinȱführte,ȱdassȱeinȱChristȱ nichtȱ zugleichȱ auchȱ Judeȱ seinȱ konnte,ȱ istȱ zumindestȱ inȱ denȱ neutestaȬ mentlichenȱSchriftenȱsoȱdeutlichȱnochȱnichtȱzuȱerkennen.ȱAlsȱersteȱBeȬ legeȱfürȱdieȱeindeutigeȱUnterscheidungȱgeltenȱzweiȱPassagenȱausȱBrieȬ fenȱdesȱBischofsȱIgnatiusȱvonȱAntiochien.ȱAnȱdieȱMagnesierȱschreibtȱer,ȱ dassȱesȱunpassendȱsei,ȱȱ „vonȱJesusȱChristusȱzuȱredenȱundȱ(zugleich)ȱnachȱjüdischerȱSitteȱzuȱleben.ȱ Dennȱ derȱ dieȱ christlicheȱ Religionȱ istȱ nichtȱ zumȱ Glaubenȱ anȱ denȱ jüdischeȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 55ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTheobald,ȱJohȱI,ȱ66–70.ȱ 56ȱȱ Theobald,ȱJohȱI,ȱ69;ȱdemȱentsprichtȱandererseitsȱderȱAusschlussȱjohanneischerȱChrisȬ tenȱ ausȱ denȱ synagogalenȱ Gemeinden,ȱ vgl.ȱ dasȱ Stichwortȱ ΦΔΓΗΙΑΣ·Ν·ΓΖȱ (z.ȱ B.ȱ Johȱ 9,22)ȱimȱViertenȱEvangelium,ȱdasȱinȱdenȱOhrenȱderȱjohanneischenȱGemeindeȱfreilichȱ einenȱpositivenȱKlangȱhatȱ 57ȱȱ Vgl.ȱdazuȱdieȱKonfliktlösungsstrategienȱinȱderȱApg.ȱ

ȱ

5.1ȱ GemeinsamkeitenȱundȱUnterschiedeȱzwischenȱLukasȱundȱPaulusȱ

447ȱ

Religionȱgekommenȱ(̙Ε΍ΗΘ΍΅Α΍ΗΐϲΖȱΉϢΖȱ͑ΓΙΈ΅΍ΗΐϲΑȱπΔϟΗΘΉΙΗΉΑ),ȱsondernȱ dieȱ jüdischeȱ Religionȱ anȱ dieȱ christlicheȱ Religionȱ (͑ΓΙΈ΅΍ΗΐϲΑȱ ΉϢΖȱ ̙Ε΍ΗΘ΍΅Α΍ΗΐϱΑ)“ȱ(IgnMagnȱ10,3)58.ȱ

HierȱzeigenȱsichȱgegenüberȱdemȱGebrauchȱdesȱStichwortesȱ͑ΓΙΈ΅΍ΗΐϱΖȱ imȱGalaterbriefȱwichtigeȱVerschiebungen,ȱinsofernȱesȱhierȱeinemȱneuen,ȱ imȱNeuenȱTestamentȱnochȱunbekanntenȱTerminusȱ̙Ε΍ΗΘ΍΅Α΍ΗΐϱΖȱentȬ gegengesetztȱwird.ȱ Spätestensȱ dort,ȱ woȱ jüdischeȱ Christenȱ keinenȱ Platzȱ mehrȱ inȱ derȱ Ekklesiaȱhatten,ȱkonnteȱnichtȱnurȱdieȱpaulinischeȱKonzeptionȱvonȱRömȱ 11ȱ nichtȱ mehrȱ sachgemäßȱ gewürdigtȱ werden,59ȱ aberȱ auchȱ dasȱ lukaniȬ scheȱ Vorstellungsbildȱ warȱ verloren.ȱ Zwarȱ gabȱ esȱ judenchristlicheȱ GeȬ meindenȱnochȱbisȱinsȱ4.ȱJahrhundertȱn.ȱChr.60,ȱdochȱgehörtenȱsieȱschonȱ vielȱfrüherȱnichtȱmehrȱzuȱdenȱrichtungsweisendenȱStimmenȱderȱChrisȬ tenheit.ȱNachȱdemȱvollkommenenȱErlöschenȱdesȱjudenchristlichenȱTeilsȱ derȱJerusalemerȱUrgemeindeȱ–ȱnachȱderȱZerstörungȱvonȱ70ȱn.ȱChr.ȱwarȱ diesȱwohlȱnachȱ135ȱn.ȱChr.ȱderȱFall,ȱdaȱnunȱkeinȱJude(nchrist)ȱmehrȱdieȱ Stadtȱ betretenȱ durfteȱ –ȱ zeigteȱ sichȱ mehrȱ undȱ mehrȱ eineȱ Situation,ȱ dieȱ vonȱ derȱ derȱ neutestamentlichenȱ Autorenȱ grundsätzlichȱ unterschiedenȱ war.ȱDieȱanfänglicheȱ„KircheȱausȱJudenȱundȱHeiden“ȱwurdeȱsoȱschließȬ lichȱ undȱ bisȱ heuteȱ zuȱ einerȱ vonȱ Israelȱ undȱ demȱ Judentumȱ strengȱ geȬ trenntenȱ „Kircheȱ ausȱ denȱ Völkern“.ȱ Vereinzelteȱ Konvertitenȱ bzw.ȱ dieȱ vonȱ denȱ Kirchenȱ distanziertȱ betrachtetenȱ „messianischenȱ Juden“ȱ könȬ nenȱdenȱPlatzȱderȱjüdischenȱChristenȱdesȱ1.ȱJahrhunderts,ȱdieȱfürȱLukasȱ wieȱPaulusȱwesentlichȱsind,ȱgeradeȱnichtȱausfüllen.ȱ SollteȱunsereȱVermutung,ȱdieȱinȱLukasȱeinenȱGottesfürchtigenȱsieht,ȱ zutreffen,ȱsoȱwäreȱseinȱWerkȱeinȱerstesȱBeispielȱfürȱdieȱAneignungȱbibȬ lischȬjüdischerȱ Elementeȱ außerhalbȱ Israels.ȱ Entgegenȱ seinerȱ eigenenȱ Absichtȱ wirdȱ erȱ soȱ möglicherweiseȱ zuȱ einemȱ Zwischengliedȱ aufȱ demȱ Wegȱ zuȱ einerȱ „nichtjüdische(n),ȱ heidenchristliche(n)ȱ RezeptionsgeȬ schichte“ȱ desȱ Neuenȱ Testaments,ȱ „inȱ derȱ vielfachȱ dieȱ neutestamentliȬ chenȱ Texteȱ antijüdischȱ gelesenȱ wurden“61.ȱ Eineȱ solcheȱ Lektüreȱ istȱ erstȱ dannȱ gegeben,ȱ wennȱ sichȱ dieȱ Christenȱ deutlichȱ vonȱ einemȱ Judentumȱ unterscheiden,ȱdasȱsichȱebenfallsȱvonȱseinerȱVergangenheitȱinȱderȱZeitȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 58ȱȱ Vgl.ȱauchȱIgnPhilȱ6,1.ȱ 59ȱȱ Vgl.ȱTheobald,ȱMitȱverbundenenȱAugen,ȱ374:ȱ„InȱeinerȱKirche,ȱwelcheȱihreȱVerzahȬ nungȱmitȱIsraelȱnichtȱmehrȱinȱGestaltȱvonȱinȱihrerȱMitteȱlebendenȱJudenȱhautnahȱerȬ fährt,ȱ wirdȱ dieȱ Argumentationȱ vonȱ Römȱ 11ȱ inȱ großenȱ Teilenȱ schlichtȱ gegenstandsȬ los.“ȱ 60ȱȱ Vorȱ allemȱ existiertenȱ dieseȱ inȱ Galiläa,ȱ Syrienȱ undȱ Transjordanien,ȱ dochȱ gibtȱ esȱ arȬ chäologischeȱNachweiseȱvonȱSüdarabienȱbisȱRom,ȱvgl.ȱFrankemölle,ȱFrühjudentum,ȱ 265.ȱ 61ȱȱ Frankemölle,ȱJesusȱalsȱImmanuel,ȱ259.ȱ

448ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

Jesuȱ undȱ derȱ Urkircheȱ entferntȱ hat.ȱ Dieseȱ Entwicklungȱ wirdȱ inȱ denȱ TextenȱdesȱNeuenȱTestamentsȱinȱunterschiedlicherȱWeiseȱsichtbar,ȱohneȱ dassȱfreilichȱdieȱTrennungȱschonȱeindeutigȱabgeschlossenȱwäre.ȱHierȱistȱ derȱUnterschiedȱzuȱvielenȱTextenȱausȱderȱAltenȱKircheȱdeutlich.62ȱ

5.2ȱ Ausblickȱ AbschließendȱlassenȱsichȱinȱknappenȱUmrissenȱeinigeȱOptionenȱformuȬ lieren,ȱdieȱdieseȱexegetischeȱUntersuchungȱfürȱdenȱaktuellenȱDiskussiȬ onskontextȱ derȱ „Judenmission“ȱ beitragenȱ kann,ȱ bevorȱ dieȱ Studieȱ mitȱ einigenȱweiterführendenȱGedankenȱzumȱAbschlussȱkommenȱwird.ȱ

5.2.1ȱPerspektivenȱimȱKontextȱderȱDiskussionȱumȱdieȱ„Judenmission“ȱ NachdemȱinȱdenȱletztenȱJahrenȱdasȱVerhältnisȱvonȱKircheȱundȱIsraelȱimȱ RahmenȱderȱDebatteȱumȱKarfreitagsfürbitteȱundȱJudenmissionȱauchȱinȱ derȱ öffentlichenȱ Aufmerksamkeitȱ wiederȱ virulentȱ gewordenȱ ist,ȱ stelltȱ sichȱ dieȱ Frage,ȱ welcheȱ Erkenntnisseȱ eineȱ exegetischeȱ Studieȱ wieȱ dieseȱ zumȱ Themaȱ beitragenȱ kann.ȱ Wieȱ unsereȱ Textanalysenȱ gezeigtȱ haben,ȱ bleibtȱdieȱletzteȱSzeneȱderȱApostelgeschichteȱinȱRomȱoffenȱfürȱdieȱweiȬ tereȱ Verkündigungȱ desȱ Evangeliumsȱ unterȱ Juden.ȱ Einerseitsȱ ließȱ sichȱ dadurchȱ aufzeigen,ȱ dassȱ Lukasȱ anȱ derȱ eschatologischenȱ Hoffnungȱ fürȱ IsraelȱimȱZugeȱseinerȱUmkehrtheologieȱfestȱhält,ȱandererseitsȱistȱfürȱihnȱ dieȱ Verkündigungȱ anȱ Israelȱ eineȱ lebendigeȱ Realität,ȱ soȱ dassȱ sichȱ VerȬ fechterȱeinerȱ„Judenmission“ȱgerneȱaufȱdieȱTexteȱderȱApostelgeschichteȱ berufen.ȱ Währendȱ manȱ dieȱ paulinischenȱ Äußerungenȱ imȱ Römerbriefȱ alsȱ neutestamentlichesȱ Zeugnisȱ fürȱ denȱ Verzichtȱ aufȱ „Judenmission“ȱ lesenȱkann,ȱsträubtȱsichȱdasȱlukanischeȱWerkȱgegenȱeineȱvergleichbareȱ Interpretation.ȱ Stattdessenȱ istȱ zuȱ fragen,ȱ inwieweitȱ dasȱ lukanischeȱ Doppelwerkȱ alsȱ biblischesȱ Autoritätsargumentȱ fürȱ zeitgenössischeȱ christlicheȱ Missionȱ inȱ Israelȱ bzw.ȱ unterȱ Judenȱ heranzuziehenȱ ist.ȱ AufȬ grundȱmehrererȱÜberlegungenȱistȱhierȱVorsichtȱgeboten.ȱȱ Fürȱ Paulusȱ wieȱ fürȱ Lukasȱ sindȱ „Judenchristen“ȱ wesentlichȱ fürȱ dieȱ Wahrhaftigkeitȱ derȱ Kircheȱ undȱ erweisenȱ dieȱ Teilhabeȱ derȱ messianiȬ schenȱ Gemeindeȱ Jesuȱ Christiȱ anȱ denȱ Verheißungenȱ derȱ Väter.ȱ Unterȱ dieserȱVoraussetzungȱsindȱihreȱDarstellungenȱundȱKonzepteȱzumȱVerȬ hältnisȱvonȱKircheȱundȱIsraelȱzuȱinterpretieren.ȱInsofernȱdasȱChristenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 62ȱȱ Zurȱ Geschichteȱ antijüdischerȱ Trakateȱ undȱ Auslegungenȱ vgl.ȱ Schreckenberg,ȱ AdversusȬJudaeosȬTexte.ȱ

ȱ

5.2ȱ Ausblickȱ

449ȱ

tumȱ sichȱ inȱ derȱ Geschichteȱ ganzȱ vorrangigȱ alsȱ „Kircheȱ ausȱ denȱ VölȬ kern“ȱrealisiertȱhat,ȱinȱderȱjüdischenȱGruppierungenȱkeineȱsubstantielleȱ Bedeutungȱzukommt,ȱundȱdasȱoriginäreȱ„Israel“ȱseitȱfrühesterȱZeitȱderȱ Kirchengeschichteȱ keineȱ lebendigeȱ Größeȱ innerhalbȱ desȱ Christentumsȱ mehrȱ darstellt,ȱ könnenȱ neutestamentlicheȱ Konzepte,ȱ dieȱ stattdessenȱ eineȱ „Kircheȱ ausȱ Judenȱ undȱ Heiden“ȱ vorȱ Augenȱ haben,ȱ nichtȱ mehrȱ unmittelbarȱübertragenȱwerden.ȱȱ Eineȱ „Judenmission“,ȱ dieȱ inȱ Geschichteȱ undȱ Gegenwartȱ immerȱ wiederȱ mitȱ Verweisȱ aufȱ dieȱ Heiligeȱ Schriftȱ gefordertȱ wird,ȱ kannȱ sichȱ daherȱ nichtȱ unmittelbarȱ aufȱ dieselbeȱ berufen.ȱ Wennȱ Lukasȱ vonȱ einerȱ weitergehendenȱVerkündigungȱanȱIsraelȱüberzeugtȱist,ȱsoȱdeshalb,ȱweilȱ seinerȱMeinungȱnachȱimmerȱauchȱGliederȱIsraelsȱ(dieȱRedeȱvomȱ„Rest“ȱ vermeidetȱ er!)ȱ inȱ derȱ Kircheȱ seinȱ werden,ȱ dieȱ dieseȱ Aufgabeȱ übernehȬ menȱ können.ȱ Alleȱ Christusverkündigerȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ (PetȬ rus,ȱPaulus,ȱBarnabas,ȱMarkus,ȱSilas,ȱJudasȱBarsabbas,ȱPhilippusȱu.ȱa.)ȱ sindȱ Juden.ȱ Währendȱ sieȱ demȱ ausdrücklichenȱ Willenȱ Gottesȱ gemäßȱ (vgl.ȱApgȱ10f.)ȱauchȱvorȱNichtjudenȱverkündigen,ȱerscheintȱderȱumgeȬ kehrteȱ Fall,ȱ dassȱ einȱ „Heidenchrist“ȱ vorȱ einerȱ jüdischenȱ Gruppeȱ dasȱ Evangeliumȱ verkündet,ȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ undenkbar.ȱ Diesesȱ Geschäft,ȱdemȱvonȱLukasȱwieȱvonȱPaulusȱeinȱpraeȱzukommt,63ȱkannȱnurȱ vonȱ Judenȱ ausgeführtȱ werden.ȱ Diesȱ giltȱ umsoȱ mehrȱ fürȱ eineȱ „heidenȬ christliche“ȱKirche.ȱ DieȱdargestellteȱgrundlegendeȱekklesiologischeȱDifferenzȱsollteȱdaȬ vorȱ bewahren,ȱ dieȱ neutestamentlichenȱ Darstellungenȱ inȱ diesemȱ KonȬ textȱ unbesehenȱ aufȱ andereȱ Epochenȱ zuȱ übertragen.ȱ Wennȱ daherȱ dasȱ ZweiteȱVatikanischeȱKonzilȱdieȱBeziehungȱzuȱdenȱJudenȱneuȱformuliertȱ undȱ denȱ Verzichtȱ aufȱ Judenmissionȱ beiȱ gleichzeitigerȱ Betonungȱ derȱ unauflösbarenȱVerbindungȱvonȱKircheȱundȱIsraelȱfestschreibt,ȱzeigtȱesȱ einenȱsensiblenȱUmgangȱmitȱderȱAutoritätȱderȱSchriften.ȱVonȱbesondeȬ rerȱ Bedeutungȱ istȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ dasȱ Konzilsdokumentȱ „Nostraȱ Aetate“,ȱ inȱ demȱ dieȱ Haltung64ȱ derȱ Kircheȱ zumȱ Judentumȱ forȬ muliertȱwird.ȱȱ

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 63ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ auchȱ denȱ Gebrauchȱ desȱ ΔΕЗΘΓΑȱ beiȱ Lukasȱ undȱ Paulusȱ imȱ Kontextȱ derȱ Israelthematik.ȱ 64ȱȱ DieȱFormulierungȱ„deȱecclesiaeȱhabitudine“ȱimȱTitelȱzeigt,ȱdassȱesȱwenigerȱumȱeineȱ Verhältnisbestimmungȱ(dannȱwäreȱstattȱhabitudoȱeherȱrelatioȱderȱpassendeȱTerminusȱ gewesen)ȱ bzw.ȱ einenȱ Dialogtextȱ geht,ȱ alsȱ umȱ eineȱ Appellationȱ anȱ dieȱ eigenenȱ MitȬ glieder;ȱohneȱendgültigȱüberȱdenȱStatusȱandererȱReligionenȱzuȱurteilen,ȱöffnetȱsieȱmitȱ ihrenȱAussagenȱdenȱDialogȱaufȱdieȱZukunftȱhin;ȱvgl.ȱSiebenrock,ȱNA,ȱ646.ȱ

450ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

5.2.2ȱPerspektivenȱimȱBlickȱaufȱdasȱKonzilsdokumentȱ„NostraȱAetate“ȱ Dieȱ Konzilserklärung,ȱ ursprünglichȱ alsȱ Erklärungȱ zumȱ Verhältnisȱ derȱ Kircheȱ zumȱ jüdischenȱ Volkȱ geplant,ȱ zeigtȱ sichȱ inȱ seinerȱ endgültigenȱ GestaltȱanȱdenȱBelangenȱderȱWeltkircheȱundȱderenȱBeziehungȱzuȱallenȱ Weltreligionenȱ orientiert.65ȱ Insgesamtȱ kommtȱ derȱ Besprechungȱ desȱ Judentumsȱ jedochȱ einȱ Vorrangȱ zu,ȱ derȱ überȱ dieȱ reinȱ formaleȱ ErststelȬ lungȱimȱDokumentȱhinausgeht,ȱsoȱdassȱdieȱBestimmungȱderȱBeziehungȱ zumȱJudentumȱdieȱ„RolleȱdesȱWegweisers“66ȱeinnimmt.ȱEsȱistȱderȱkürȬ zesteȱ Textȱ allerȱ Teildekreteȱ desȱ Konzils,ȱ aberȱ theologischȱ derȱ herausȬ forderndste67ȱundȱwirkungsgeschichtlichȱderȱbedeutendste.ȱ Beachtlichȱ istȱ dieȱ Entstehungsgeschichteȱ desȱ Dokuments,ȱ insofernȱ geradeȱ inȱfrühenȱTextfassungenȱsehrȱdeutlichȱaufȱdieȱpaulinischeȱSichtȱderȱIsraelȬ frageȱinȱRömȱ9–11ȱeingegangenȱwurde.68ȱZudemȱwurdeȱdieȱBeziehungȱderȱ Kircheȱ zumȱ Judentumȱ ekklesiologischȱ akzentuiert,ȱ soȱ dassȱ einȱ entspreȬ chenderȱTextȱnachȱMeinungȱeinigerȱTheologenȱalsȱTeilȱderȱKirchenkonstiȬ tutionȱoderȱimȱRahmenȱdesȱÖkumenismusdekretsȱverfasstȱwerdenȱsollte.69ȱ Wenngleichȱ dasȱ beschlosseneȱ Dekretȱ letztlichȱ vonȱ allenȱ Weltreligionenȱ handelt,ȱ soȱ wirdȱ dieȱ Sonderstellungȱ desȱ Judentumsȱ auchȱ inȱ derȱ endgültiȬ genȱFassungȱnochȱdeutlich.ȱEbensoȱbliebȱderȱBezugȱaufȱdenȱRömerbriefȱerȬ halten,ȱsoȱdassȱ„inȱNAȱ4ȱdieȱpaulinischeȱTheologieȱIsraelsȱzumȱerstenȱMalȱ konziliarȱverbindlichȱwurde“70.ȱȱ

DieȱVerschiebungȱdesȱInteressesȱvonȱderȱursprünglichȱaufȱIsraelȱgerichȬ tetenȱ Fokussierungȱ aufȱ dieȱ Weltreligionenȱ insgesamtȱ wirdȱ mehrfachȱ deutlich.ȱ Soȱ nenntȱ dieȱ Eröffnungȱ dieȱ Visionȱ vonȱ derȱ „Gemeinschaftȱ allerȱ Völker“ȱ („unaȱ […]ȱ communitasȱ suntȱ omnesȱ gentes“),ȱ fürȱ dieȱ alsȱ ZielpunktȱinȱAnlehnungȱanȱOffbȱ21ȱdasȱBildȱderȱHeiligenȱStadtȱaufgeȬ rufenȱ wird,ȱ dieȱ durchȱ Gottesȱ Herrlichkeitȱ erleuchtetȱ istȱ undȱ inȱ dessenȱ LichtȱdieȱVölkerȱwandelnȱwerdenȱ(vgl.ȱNAȱ1,2).ȱDerȱNameȱderȱ„HeiliȬ genȱ Stadt“ȱ wirdȱ nichtȱ genanntȱ (vgl.ȱ aberȱ Offbȱ 21,2.10:ȱ „Jerusalem“),ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 65ȱȱ Dieȱ gedanklicheȱ Voraussetzungȱ dieserȱ Ausweitungȱ aufȱ dieȱ Weltȱ bzw.ȱ dieȱ ganzeȱ Menschheitsgeschichteȱ istȱ deutlichȱ inȱ LGȱ 16ȱ wiederzufinden,ȱ woȱ wirȱ dieselbeȱ ReiȬ henfolgeȱderȱReligionenȱinȱandererȱRichtungȱhaben.ȱ 66ȱȱ Waldenfels,ȱZwanzigȱJahreȱNostraȱAetate,ȱ92.ȱ 67ȱȱ DerȱTextȱerhieltȱabgesehenȱvonȱInterȱMirificaȱdieȱhöchsteȱAblehnungȱderȱKonzilsväȬ ter:ȱAbschließendȱ2221ȱjaȱzuȱ88ȱnein.ȱ 68ȱȱ ZurȱVorgeschichteȱderȱÄnderungenȱimȱVerhältnisȱvonȱJudentumȱundȱKircheȱschonȱ vorȱdemȱKonzilȱvgl.ȱSiebenrock,ȱNA,ȱ618ȱAnm.ȱ107.ȱ 69ȱȱ Vgl.ȱSiebenrock,ȱNA,ȱ635.ȱ 70ȱȱ Siebenrock,ȱNA,ȱ637.ȱImȱÖkumenismusdekretȱoderȱgarȱimȱRahmenȱderȱKirchenkonȬ stitutionȱwäreȱdieȱqualitativȱeinzigartigeȱBeziehungȱderȱKircheȱzumȱJudentumȱfreiȬ lichȱnochȱbesserȱsichtbarȱgeworden.ȱDerȱTextȱistȱfreilichȱauchȱzumȱinnerkirchlichenȱ Streitpunktȱgeworden;ȱvgl.ȱSiebenrock,ȱNA,ȱ599ȱAnm.ȱ17.ȱ

ȱ

5.2ȱ Ausblickȱ

451ȱ

ebensowenigȱ wieȱ dieȱ Toreȱ mitȱ denȱ Namenȱ derȱ zwölfȱ Stämmeȱ Israels.ȱ Dieȱ Metapherȱ desȱ himmlischenȱ Jerusalemsȱ wirdȱ hierȱ alsoȱ einzigȱ imȱ BlickȱaufȱdieȱVölkerweltȱrezipiert,ȱdieȱCharakteristikaȱausȱOffbȱ21,ȱdieȱ aufȱjüdischesȱKoloritȱverweisen,ȱbleibenȱunerwähnt.ȱȱ Inȱ denȱ Hauptabschnittenȱ orientiertȱ sichȱ dasȱ Dokumentȱ Schrittȱ fürȱ SchrittȱanȱdenȱAussagenȱvonȱLGȱ16,ȱwonachȱdieȱverschiedenenȱ(nichtȬ christlichen)ȱ Religionenȱ „aufȱ dasȱ Volkȱ Gottesȱ inȱ verschiedenerȱ Weiseȱ hingeordnet“ȱ (LGȱ 16,1:ȱ „adȱ Populumȱ Deiȱ diversisȱ rationibusȱ ordinantur“)ȱ sind.71ȱ Dasȱ Kapitelȱ überȱ dasȱ Judentumȱ (NAȱ 4)ȱ istȱ schonȱ vonȱseinemȱUmfangȱherȱgesehenȱnochȱimmerȱalsȱZentrumȱdesȱDekretsȱ erkennbar.ȱ Gleichȱ zuȱ Beginnȱ wirdȱ dasȱ „Band“ȱ genannt,ȱ mitȱ demȱ dieȱ Kircheȱ „geistlichȱ mitȱ demȱ Stammȱ Abrahamsȱ verbunden“ȱ ist.ȱ Esȱ folgtȱ eineȱ Darlegungȱ derȱ „Privilegienȱ Israels“,ȱ dieȱ mitȱ derȱ Betonungȱ desȱ gemeinsamenȱgeistlichenȱErbesȱbeiderȱReligionenȱendet;ȱinsofernȱdieseȱ Formulierungenȱ–ȱinȱderȱTraditionȱdesȱRömerbriefsȱselbstȱ–ȱpräsentischȱ zuȱlesenȱundȱalsȱnochȱimmerȱgeltendȱzuȱverstehenȱsind,72ȱwirdȱdieȱbleiȬ bendeȱ Dignitätȱ Israelsȱfestgestellt.ȱ Währendȱ dasȱ Dokumentȱ häufigȱ aufȱ paulinischeȱ Texteȱ rekurriertȱ (Gal,ȱ Röm,ȱ Eph),ȱ werdenȱ dieȱ Evangelienȱ nurȱimȱKontextȱderȱAblehnungȱJesuȱseitensȱderȱJudenȱaufgerufenȱ(Johȱ 19,6ȱ undȱ Lkȱ 19,44).ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ vorliegendenȱ Arbeitȱ vermisstȱmanȱhierȱAussagen,ȱwieȱsieȱetwaȱdieȱeröffnendenȱKapitelȱdesȱ Lukasevangeliumsȱgebotenȱhätten.ȱ Auchȱ wennȱ derȱ Antisemitismusȱ beklagt,ȱ jedochȱ ausdrücklichȱ mitȱ derȱ ZuȬ rückweisungȱ vonȱ Verfolgungenȱ jeglicherȱ Artȱ durchȱ dieȱ Kircheȱ begründetȱ wirdȱ (NAȱ 4,7),ȱ vermisstȱ manȱ entsprechendȱ eineȱ theologischeȱ QualifizieȬ rung.ȱAnsatzpunkteȱdafürȱbietenȱdieȱinȱderȱvorliegendenȱArbeitȱdargestellȬ tenȱÜberzeugungenȱneutestamentlicherȱAutorenȱvonȱderȱbleibendenȱDigniȬ tätȱ Israelsȱ auchȱ fürȱ dieȱ christlicheȱ Kirche.ȱ Auffallendȱ istȱ schließlich,ȱ dassȱ dasȱvonȱPaulusȱverkündigteȱMysterium,ȱdassȱ„aufȱdieseȱWeiseȱganzȱIsraelȱ gerettetȱ werdenȱ wird“,ȱ vonȱ lehramtlichenȱ Textenȱ nirgendsȱ direktȱ aufgeȬ griffenȱ wird.ȱ Soȱ istȱ wohlȱ dieȱ Konzeptionȱ desȱ Paulusȱ imȱ Blick,ȱ wirdȱ aberȱ nichtȱzurȱGänzeȱrezipiert.ȱ

Indemȱ dasȱ Konzilȱauchȱ denȱ geschichtlichenȱ Charakterȱ derȱ KircheȱherȬ ausgearbeitetȱhat,ȱwirdȱeineȱVerhältnisbestimmungȱzuȱIsraelȱüberhauptȱ erstȱermöglicht.ȱDiesȱistȱgegenüberȱderȱKirchenkonzeption,ȱwieȱsieȱsichȱ bisȱzumȱErstenȱVatikanumȱherausgebildetȱhatte,ȱeineȱnichtȱunwesentliȬ cheȱ Weiterentwicklung.ȱ Peterȱ Hünermannȱ bemerktȱ zurȱ altenȱ Sicht:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 71ȱȱ Derȱ Aufbauȱ ergibtȱ sichȱ inȱ Anlehnungȱ anȱ LGȱ 16:ȱ Nachȱ derȱ Beschäftigungȱ mitȱ denȱ nichtȱmonotheistischenȱReligionenȱ(NAȱ2)ȱfolgtȱeinȱAbschnittȱüberȱdenȱIslamȱ(NAȱ3),ȱ dannȱdasȱausführlicheȱKapitelȱüberȱdasȱJudentumȱ(NAȱ4);ȱeinȱuniversalerȱAbschlussȱ (NAȱ5)ȱruftȱzuȱBrüderlichkeitȱaufȱundȱerteiltȱjeglicherȱDiskriminierungȱeineȱAbsage.ȱ 72ȱȱ Siebenrock,ȱNA,ȱ661.ȱ

452ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

„Derȱ wesentlicheȱ eschatologischeȱ Werdecharakterȱ desȱ Menschenȱ wieȱ derȱ Kirche,ȱ derȱ Charakterȱ derȱ Geschichtlichkeitȱ kommenȱ nichtȱ inȱ denȱ Blick.ȱ Damitȱ aberȱ istȱ auchȱ eineȱ differenzierteȱ Verhältnisbestimmungȱ zwischenȱIsraelȱundȱderȱKircheȱunmöglich.“73ȱSymptomatischȱfürȱdieseȱ Ekklesiologieȱ istȱ z.ȱ B.ȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ derȱ Entwurfȱ fürȱ dieȱ geplanteȱ Konstitutionȱ desȱ Erstenȱ Vatikanischenȱ Konzils,ȱ Deȱ Ecclesiaȱ Dei,ȱ keineȱ BezügeȱzumȱAltenȱTestamentȱherstellt,ȱebensowenigȱauchȱdieȱEnzykliȬ kaȱ Mysticiȱ Corporisȱ vonȱ Piusȱ XII.ȱ ausȱ demȱ Jahrȱ 1943.74ȱ Wennȱ Romanȱ SiebenrockȱfürȱdasȱDokumentȱNostraȱAetateȱschließlichȱinsgesamtȱfestȬ hält:ȱ „Alleȱ Aussagen,ȱ dieȱ nachȱ Substitutionȱ klingen,ȱ werdenȱ vermieȬ den“75,ȱdannȱzeigtȱsichȱhierȱeineȱwichtigeȱWeichenstellung,ȱdieȱsichȱzuȱ RechtȱwiederȱaufȱfundamentaleȱLinienȱdesȱNeuenȱTestamentsȱzurückȬ besonnenȱ hat,ȱ dieȱ auchȱ inȱ derȱ vorliegendenȱ Arbeitȱ unterstrichenȱ wurȬ den.ȱ

5.2.3ȱWeitereȱPerspektivenȱ StelltȱmanȱabschließendȱdieȱFrage,ȱwelcheȱOptionenȱsichȱausȱdenȱexegeȬ tischenȱ Beobachtungenȱ unsererȱ Untersuchungȱ ergeben,ȱ scheinenȱ folȬ gendeȱPunkteȱbedenkenswert:ȱȱ ȱ (1)ȱDieȱAutoritätȱderȱHeiligenȱSchriftȱinȱderȱKircheȱliegtȱwenigerȱinȱeinerȱ unmittelbarenȱ Übernahmeȱ bestimmterȱ Aussageȱ alsȱ vielmehrȱ inȱ derȱ Herausforderung,ȱdieȱdortȱfestgehaltenenȱAnliegenȱlebendigȱzuȱhalten.ȱ HierȱzeigtȱsichȱgeradeȱimȱKontextȱunseresȱThemasȱeineȱwichtigeȱSpur,ȱ insofernȱ unsȱ derȱ Kanonȱ derȱ Heiligenȱ Schriftȱ dieȱ Verwurzelungȱ desȱ Evangeliumsȱ inȱ Israelȱ immerȱ wiederȱ vorȱ Augenȱ hält.ȱ Wennȱ auchȱ dieȱ Klarheit,ȱinȱderȱLukasȱundȱPaulusȱdasȱchristlicheȱBekenntnisȱmitȱdessenȱ Verwurzelungȱ inȱ Israelȱ verbinden,ȱ beiȱ Christenȱ spätererȱ Epochenȱ verȬ dunkeltȱist,ȱkannȱsieȱdochȱdurchȱsorgfältigeȱLektüreȱderȱbiblischenȱTexȬ teȱwiederȱinsȱBewusstseinȱtreten.ȱUndȱwoȱdieȱKircheȱdasȱIsraelȬElementȱ nichtȱinȱihrerȱMitteȱerfährt,ȱdaȱwirdȱesȱdochȱinȱFormȱdesȱSchriftkanonsȱ aufbewahrt.76ȱHierȱwaltetȱeineȱgewisseȱAnalogieȱzumȱJudentumȱselbst,ȱ dasȱnachȱderȱendgültigenȱZerstörungȱdesȱTempelsȱ70ȱn.ȱChr.ȱdurchȱdieȱ BücherȱderȱToraȱseineȱIdentitätȱalsȱGemeindeȱJHWHsȱaufrechtȱerhaltenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 73ȱȱ 74ȱȱ 75ȱȱ 76ȱȱ

Hünermann,ȱLG,ȱ273.ȱ Vgl.ȱHünermann,ȱLG,ȱ279f.ȱ Siebenrock,ȱNA,ȱ662.ȱ Dieseȱ Möglichkeitȱ derȱ Existenzȱ Israelsȱ alsȱ Volkȱ Gottesȱ auchȱ ohneȱ Staatȱ undȱ sogarȱ TempelȱwirdȱimȱÜbrigenȱschonȱinȱderȱToraȱselbstȱangedeutet:ȱvgl.ȱDtnȱ4,6–8.ȱ

ȱ

5.2ȱ Ausblickȱ

453ȱ

konnte,ȱobwohlȱihrȱdieȱerfahrbareȱKultgemeinschaft,ȱinȱderenȱMitteȱderȱ Tempelȱstand,ȱfehlte.ȱDerȱSchriftkanonȱvermagȱes,ȱwesentlicheȱElemenȬ teȱeinerȱReligionȱweiterȱzuȱtradierenȱundȱvorȱdemȱVergessenȱzuȱbewahȬ ren,ȱ dieȱ durchȱ geschichtlicheȱ Kontingenzȱ verlorenȱ gegangenȱ sind.ȱ Imȱ FallȱderȱChristenheitȱistȱesȱnunȱdieȱVerwurzelungȱinȱIsrael,ȱdieȱvonȱderȱ Bibelȱ stetigȱ bezeugtȱ wird,ȱ auchȱ wennȱ sieȱ faktischȱ inȱ derȱ Geschichteȱ nichtȱeingelöstȱwerdenȱkonnte.ȱȱ DieȱArchitekturȱdesȱKanonsȱmachtȱdiesȱdeutlich:ȱAufȱdasȱAlteȱTestament,ȱ dessenȱ Kanonizitätȱ auchȱ fürȱ dieȱ Christenȱ niemalsȱ erfolgreichȱ bestrittenȱ werdenȱ konnte,ȱ folgtȱ inȱ Mtȱ 1ȱderȱ Stammbaumȱ Jesu,ȱ derȱ direktȱ anȱ dieȱ GeȬ schichteȱIsraelsȱanschließt.ȱNachȱdenȱKerntextenȱderȱEvangelienȱlesenȱwirȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱ denȱ Beginnȱ derȱ verheißenenȱ Wiederherstellungȱ Israelsȱ anȱ undȱ nachȱ Pfingsten,77ȱ hörenȱ zugleichȱ aberȱ auchȱ vonȱ derȱ beginȬ nendenȱ Trennungȱ derȱ Größenȱ „Kirche“ȱ undȱ „Synagoge“,ȱ dieȱ geradeȱ derȱ Autorȱ dieserȱ Schriftȱ beklagt,ȱ jedochȱ zumȱ Schlussȱ seineȱ Antwortȱ aufȱ dasȱ Warumȱ derȱ Spaltungȱ inȱ dieȱ Worteȱ desȱ Prophetenȱ Jesajaȱ kleidet.ȱ Imȱ anȬ schließendenȱRömerbrief,ȱderȱinȱderȱkanonischenȱReihenfolgeȱderȱPaulusȬ briefeȱ nichtȱ zufälligȱ einenȱ Vorrangȱ genießt,ȱ wirdȱ dasȱ IsraelȬThemaȱ nichtȱ nurȱ mehrfachȱ aufgenommen,ȱ sondernȱ inȱ denȱ Kapitelnȱ 9–11ȱ zuȱ einemȱ Höhepunktȱ geführt,ȱ derȱ imȱ prophetischenȱ Mysteriumȱ derȱ Rettungȱ Israelsȱ undȱ demȱ anschließendenȱ Lobpreisȱ inȱ derȱ Traditionȱ alttestamentlicherȱ GeȬ betsspracheȱkulminiertȱ(Römȱ11,25–36).ȱAmȱEndeȱschließlichȱstehtȱmitȱderȱ OffenbarungȱdesȱJohannesȱdieȱVisionȱeinesȱneuenȱJerusalemȱ(!),ȱdieȱganzȱinȱ biblischenȱFarbenȱgemaltȱwird.ȱ

(2)ȱ Einȱ wichtigesȱ Anliegenȱ desȱ Drittenȱ Evangelistenȱ istȱ seinȱ Bemühenȱ umȱ Einheit,78ȱ dieȱ fürȱ ihnȱ geradezuȱ alsȱ Wahrheitskriteriumȱ anzusehenȱ ist.ȱ Dieȱ typischȱ lukanischenȱ Konfliktlösungserzählungen,ȱ seineȱ Summarienȱ zumȱ Lebenȱ derȱ Urgemeindeȱ oderȱ seineȱ zahlreichenȱ HarȬ monisierungen,ȱ hinterȱ denenȱ Unterschiedeȱ undȱ Spannungenȱ verblasȬ sen,ȱzeigenȱdiesȱdeutlich.ȱInȱdiesemȱBemühenȱumȱEinheitȱwirdȱeinȱbeȬ merkenswerterȱWeitblickȱsichtbar,ȱdennȱdasȱÄrgernisȱvonȱTrennungenȱ undȱSpaltungen,ȱgegenȱdasȱerȱmitȱseinemȱWerkȱanschreibt,ȱhatȱsichȱinȱ derȱ gesamtenȱ Kirchengeschichteȱ alsȱ gravierendes,ȱ immerȱ wiederȱ aufȬ tretendesȱ Problemȱ erwiesen.ȱ Umȱ dieȱ Feststellungȱ derȱ institutionellenȱ Trennungȱ vonȱ Synagogeȱ undȱ christlicherȱ Gemeindeȱ amȱ Endeȱ derȱ ApostelgeschichteȱkommtȱfreilichȱauchȱLukasȱnichtȱherum,ȱdochȱmühtȱ erȱsichȱumȱeineȱtheologischeȱLösungȱdiesesȱÄrgernisses,ȱwennȱerȱPauȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 77ȱȱ Vgl.ȱdazuȱKap.ȱ3.9.4.ȱ 78ȱȱ Vgl.ȱ dieȱ wichtigeȱ Verwendungȱ vonȱ ϳΐΓΌΙΐ΅ΈϱΑ:ȱ außerȱ Römȱ 15,6ȱ nurȱ inȱ derȱ Apg:ȱ 1,14;ȱ2,46;ȱ4,24;ȱ5,12ȱ(4ȬmalȱfürȱdieȱUrgemeinde);ȱ7,57;ȱ8,6;ȱ12,20;ȱ15,25ȱ(!);ȱ18,12;ȱ19,29;ȱ derȱGedankeȱderȱEinheitȱistȱauchȱinȱanderenȱTeilenȱdesȱNTȱlebendig,ȱvgl.ȱz.ȱB.ȱEphȱ 4,3.13,ȱJohȱ17,23;ȱ1ȱKorȱ12,12.ȱ

454ȱ

5.ȱ ZusammenschauȱundȱSchlussbetrachtungȱ

lusȱ abschließendȱ denȱ Prophetenȱ Jesajaȱ zitierenȱ lässt.ȱ Dieȱ vielenȱ SpalȬ tungenȱ innerhalbȱ derȱ Christenheitȱ würdeȱ Lukasȱ vermutlichȱ mitȱ demȱ HinweisȱaufȱdasȱderȱEinheitȱseinerȱAnsichtȱnachȱinnewohnendeȱWahrȬ heitskriteriumȱ kritisieren.ȱ Inȱ seinerȱ Bemühungȱ umȱ Integrationȱ mögȬ lichstȱvielerȱKreiseȱinȱdieȱKircheȱerscheintȱderȱDritteȱEvangelistȱgewisȬ sermaßenȱ alsȱ mahnendesȱ Vorbildȱ desȱ ökumenischenȱ Ringensȱ unsererȱ Tage.ȱ Einȱ Rückgriffȱ aufȱ seineȱ Vorgabenȱ magȱ inȱ diesemȱ Ringenȱ wohlȱ mancheȱFruchtȱbringen.79ȱ SchonȱinȱderȱVielstimmigkeitȱdesȱneutestamentlichenȱKanonsȱstehtȱdasȱluȬ kanischeȱDoppelwerkȱfürȱeinȱIntegrationsprojekt.ȱEsȱistȱsicherȱkeinȱZufall,ȱ wennȱ inȱ derȱ bewusstȱ pointiertȱ formulierendenȱ Redeȱ vomȱ matthäischen,ȱ paulinischenȱundȱjohanneischenȱChristentum,ȱdasȱsichȱinȱdenȱdreiȱGrößenȱ derȱ katholischen,ȱ reformatorischenȱ undȱ orthodoxenȱ Kircheȱ auspräge,ȱ dieȱ lukanischeȱVarianteȱfehlt.ȱEinȱ„lukanischesȱChristentum“ȱsteckt,ȱsoȱkönnenȱ wirȱamȱEndeȱunsererȱStudieȱformulieren,ȱinȱjederȱKircheȱundȱhätteȱvermutȬ lichȱauchȱlebendigesȱInteresseȱanȱeinerȱ„judenchristlichen“ȱAusprägung.ȱSoȱ istȱ Lukasȱ mitȱ seinemȱ ökumenischenȱ Werkȱ einȱ Anspornȱ fürȱ alleȱ Christen,ȱ dieȱimȱGlaubenȱauchȱseineȱNachfolgerȱundȱaufȱderȱSucheȱnachȱEinheitȱsindȱ –ȱ ohneȱ dassȱ sieȱ sichȱ denȱ lukanischenȱ Wegȱ unmittelbarȱ zuȱ Eigenȱ machenȱ können.ȱGeradeȱdieȱunterȱdemȱStichwortȱ„Harmonisierung“ȱverhandeltenȱ PunkteȱbedürfenȱeinerȱsorgfältigenȱBearbeitung.ȱDochȱinȱseinemȱAnliegenȱ kannȱerȱVorbildȱsein.ȱ

(3)ȱ Lukasȱ undȱ Paulusȱ stehenȱ fürȱ zweiȱ Artenȱ desȱ Umgangsȱ mitȱ denȱ SpannungenȱinnerhalbȱderȱKirche.ȱLukasȱinteressiertȱsichȱimȱBlickȱaufȱ dieȱ zahlreichenȱ Konflikteȱ derȱ erstenȱ Jahreȱ (undȱ wohlȱ auchȱ seinerȱ GeȬ genwart)ȱ vorȱ allemȱ fürȱ dieȱ Lösungen.ȱ Nichtȱ zufälligȱ sindȱ dieȱ inȱ Apgȱ 6ȱ undȱ 15ȱ benanntenȱ Problemfelderȱ literarischȱ inȱ eineȱ „KonfliktlösungsȬ strategie“ȱ eingebautȱ worden.ȱ Woȱ Lösungenȱ nichtȱ zuȱ formulierenȱ waȬ ren,ȱ vermeidetȱ Lukasȱ offenbarȱ eherȱ dieȱ Thematisierung,ȱ soȱ dassȱ sichȱ etwaȱ derȱ antiochenischeȱ Zwischenfall,ȱ dieȱ Kollektenthematikȱ oderȱ dieȱ Praxisȱ desȱ Paulusȱ bezüglichȱ seinerȱ Gesetzesobservanzȱ kaumȱ inȱ derȱ Apostelgeschichteȱniedergeschlagenȱhaben.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 79ȱȱ Erȱ istȱ dabeiȱ nichtȱ dieȱ einzigeȱ ntl.ȱ Stimme,ȱ vgl.ȱ etwaȱ Ephȱ 4,1–6:ȱ „Ichȱ ermahneȱ euchȱ nunȱ[…],ȱeinanderȱinȱLiebeȱertragend,ȱdieȱEinheitȱdesȱGeistesȱimȱBandȱdesȱFriedensȱ zuȱ bewahren:ȱ Einȱ Leibȱ undȱ einȱ Geist,ȱ wieȱ ihrȱ auchȱ berufenȱ wurdetȱ zuȱ einerȱ HoffȬ nungȱeurerȱBerufung.ȱEinȱHerr,ȱeinȱGlaube,ȱeineȱTaufe,ȱeinȱGottȱundȱVaterȱaller,ȱderȱ überȱ allemȱ undȱ durchȱ alleȱ undȱ inȱ allenȱ ist.“ȱ Bedenkenswertȱ bleibtȱ inȱ diesemȱ ZuȬ sammenhangȱdieȱgelegentlichȱvorgetrageneȱÜberlegung,ȱnachȱderȱdasȱSchismaȱzwiȬ schenȱ Judenȱ undȱ Christenȱ zurȱ Entstehungȱ desȱ Islamsȱ beigetragenȱ habenȱ magȱ (vgl.ȱ dazuȱLohfink,ȱBrauchtȱGott,ȱ363f.),ȱsowieȱdieȱdarausȱfolgendeȱFrage,ȱwelcheȱtheoloȬ gischeȱBedeutungȱdemȱIslamȱzuzusprechenȱist,ȱderȱchronologischȱnachȱJesusȱChrisȬ tus,ȱinȱdemȱdochȱbereitsȱ„dieȱganzeȱFülleȱGottes“ȱ(vgl.ȱKolȱ2,9)ȱwohnt,ȱkommt,ȱtheoȬ logischȱjedochȱihmȱgegenüberȱzurückfällt;ȱvgl.ȱdazuȱAppel,ȱPerspektiven,ȱ60–62.ȱ

ȱ

5.2ȱ Ausblickȱ

455ȱ

AndersȱstelltȱsichȱPaulusȱselbstȱinȱseinenȱBriefenȱdar.ȱErȱistȱzweifellosȱeineȱ streitbareȱFigurȱimȱUrchristentumȱgewesen,ȱanȱdemȱsichȱdieȱGeisterȱschieȬ den.ȱDochȱstelltȱfürȱihnȱderȱKonfliktȱundȱdieȱUneinigkeitȱkeineswegsȱeineȱ Gefahrȱdar,ȱsondernȱdientȱvielmehrȱderȱ„WahrheitȱdesȱEvangeliums“ȱ(Galȱ 2,14),ȱumȱdieȱesȱzuȱstreitenȱgilt.ȱWieȱdieȱMahnungenȱinȱseinenȱBriefenȱzeiȬ gen,ȱweißȱerȱfreilichȱauchȱumȱdieȱNotwendigkeitȱdesȱeinmütigenȱTuns,ȱdasȱ erȱetwaȱinȱRömȱ15,6;ȱ1ȱKorȱ1,10;ȱPhilȱ2,2ȱeinschärft.ȱ

(4)ȱSchließlichȱ wirdȱ manȱdenȱ lukanischenȱ Gedankenȱ derȱ Umkehrȱ betoȬ nen.ȱ Dieȱ Liebeȱ Gottesȱ giltȱ nochȱ vorȱ allerȱ Umkehrȱ desȱ Menschenȱ allenȱ Menschen.ȱ Dochȱ erstȱ dieȱ Umkehrȱ ermöglichtȱ dieȱ „wahreȱ Erkenntnis“ȱ desȱRettersȱundȱdenȱGlauben.ȱDieȱUmkehrȱgiltȱdaherȱwenigerȱGott,ȱalsȱ vielmehrȱ demȱ Menschen,ȱ undȱ dieȱ Versöhnungsmachtȱ Gottesȱ istȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ menschlichenȱ unendlichȱ zuȱ denken.ȱ Dieserȱ Gedanke,ȱ derȱauchȱdieȱRettungȱIsraelsȱniemalsȱausschließenȱwird,ȱweitetȱsichȱsoȱ überȱdieȱuntersuchteȱThematikȱhinaus.ȱ ȱ

Literaturverzeichnisȱ 1.ȱ Quellenȱ 1.1ȱ Bibelausgabenȱ Novumȱ Testamentumȱ Graece,ȱ begr.ȱ vonȱ E.ȱ undȱ E.ȱ Nestle,ȱ hg.ȱ vonȱ B.ȱ undȱ K.ȱ Aland,ȱJ.ȱKaravidopoulos,ȱC.M.ȱMartiniȱundȱB.M.ȱMetzger,ȱ27.ȱAuflage,ȱ9.ȱ korr.ȱDruck,ȱStuttgartȱ2006ȱ(=ȱNestleȬAland).ȱ Septuaginta.ȱ Idȱ estȱ Vetusȱ Testamentumȱ graeceȱ iuxtaȱ LXXȱ interpres.ȱ Editioȱ altera,ȱhg.ȱvonȱA.ȱRahlfsȱundȱR.ȱHanhart,ȱStuttgartȱ2006.ȱ Bibliaȱ Hebraicaȱ Stuttgartensia,ȱ begr.ȱ vonȱ R.ȱ Kittel,ȱ hg.ȱ vonȱ K.ȱ Elligerȱ undȱ W.ȱ Rudolph,ȱStuttgartȱ51997.ȱȱ BibliaȱsacraȱiuxtaȱVulgatamȱversionem,ȱhg.ȱvonȱR.ȱWeberȱu.ȱa.,ȱStuttgartȱ31984.ȱ DieȱBibel.ȱElberfelderȱÜbersetzung.ȱRevidierteȱFassung,ȱWuppertalȱ82000.ȱ StuttgarterȱAltesȱTestament,ȱEinheitsübersetzungȱmitȱKommentarȱundȱLexikon,ȱ Stuttgartȱ32005.ȱ Stuttgarterȱ Neuesȱ Testament,ȱ Einheitsübersetzungȱ mitȱ Kommentarȱ undȱ ErkläȬ rungen,ȱStuttgartȱ2000.ȱ Septuagintaȱ deutsch.ȱ Dasȱ griechischeȱ Alteȱ Testamentȱ inȱ deutscherȱ ÜbersetȬ zung,ȱStuttgartȱ2009ȱ(=ȱLXXȱdeutsch).ȱ

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ȱ

1.ȱ Quellenȱ

457ȱ

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ȱ

3.ȱ Sekundärliteraturȱ

487ȱ

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ȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ 1.ȱ AltesȱTestamentȱ Genȱ1,28ȱȱ Genȱ2,16f.ȱ Genȱ4ȱ ȱ Genȱ9ȱ ȱ Genȱ9,4ȱȱ ȱ Genȱ15ȱ ȱ Genȱ15,6ȱȱ Genȱ17ȱ Genȱ22ȱ ȱ Genȱ22,4ȱȱ Genȱ28,3ȱȱ Genȱ32,29ȱ Genȱ34ȱ ȱ Genȱ34,36ȱ Genȱ35,9ȱȱ Genȱ35,11ȱ Genȱ38ȱ ȱ Genȱ40,9–15ȱ Genȱ48,3f.ȱ Genȱ49ȱ ȱ Genȱ50,24ȱ ȱ Exȱ2,24ȱ ȱ Exȱ3,6ȱ ȱ Exȱ4,6ȱ ȱ Exȱ6,4ȱ ȱ Exȱ6,7ȱ ȱ Exȱ6,23ȱ ȱ Exȱ8,11ȱ ȱ Exȱ13,9ȱ ȱ Exȱ15,16ȱȱ Exȱ17,7ȱ ȱ

68ȱ 258ȱ 142ȱ 63–65,ȱ67f.,ȱ257f.ȱ 257ȱ 62f.ȱ 434ȱ 63,ȱ 65–67f.,ȱ 260,ȱ 424f.ȱ 434ȱ 136ȱ 68ȱ 310ȱ 258ȱ 177ȱ 68ȱ 68ȱ 258ȱ 136ȱ 68ȱ 80,ȱ197ȱ 46ȱ 67ȱ 108,ȱ300ȱ 6ȱ 67ȱ 265ȱ 311ȱ 216ȱ 319ȱ 38ȱ 331ȱ

Exȱ18,25ȱȱ Exȱ19,3–9ȱ Exȱ19,10f.ȱ Exȱ19,16ȱȱ Exȱ20,5f.ȱȱ Exȱ20,18ȱȱ Exȱ24,18ȱȱ Exȱ29,10–20ȱ Exȱ30,22–29ȱ Exȱ32ȱ ȱ Exȱ33,19ȱȱ Exȱ34,5–7ȱ Exȱ34,9f.ȱȱ Exȱ34,28ȱȱ Exȱ34,29–35ȱ Exȱ40,9–11ȱ ȱ Levȱ3,17ȱȱ Levȱ4,3ȱ ȱ Levȱ4,5ȱȱ ȱ Levȱ12,6–8ȱ Levȱ17f.ȱ ȱ Levȱ17,10ff.ȱ Levȱ19,1–10ȱ Levȱ19,26ȱ Levȱ26ȱ ȱ Levȱ26,12ȱ Levȱ26,40–45ȱ ȱ Numȱ13f.ȱ Numȱ20,15ȱ Numȱ24,17–19ȱ ȱ

415ȱ 46,ȱ127,ȱ264,ȱ310ȱ 137ȱ 127ȱ 72ȱ 127ȱ 188ȱ 136ȱ 98ȱ 52,ȱ59,ȱ77ȱ 73ȱ 72–75ȱ 46,ȱ71ȱ 188ȱ 127ȱ 98ȱ 257ȱ 98ȱ 98ȱ 317ȱ 257ȱ 257ȱ 200ȱ 257ȱ 71ȱ 264f.ȱ 46ȱ 69ȱ 300ȱ 316ȱ

ȱ

Dtnȱ1,1ȱ ȱ Dtnȱ1,37ȱȱ Dtnȱ4ȱ ȱ Dtnȱ4,6–8ȱ Dtnȱ4,20ȱȱ Dtnȱ5,1–5ȱ Dtnȱ5,22ȱȱ Dtnȱ6,4f.ȱȱ Dtnȱ6,20–25ȱ Dtnȱ7,6–8ȱ Dtnȱ9f.ȱ ȱ Dtnȱ9,1–8ȱ Dtnȱ9,12ȱȱ Dtnȱ9,13ȱȱ Dtnȱ9,26ȱȱ Dtnȱ10,12f.ȱ Dtnȱ12,16ȱ Dtnȱ12,23ȱ Dtnȱ13,12ȱ Dtnȱ14,2ȱȱ Dtnȱ14,21ȱ Dtnȱ18,15–18ȱ Dtnȱ21,23ȱ Dtnȱ26,6ȱȱ Dtnȱ26,17–19ȱ Dtnȱ27,9ȱȱ Dtnȱ28ȱ ȱ Dtnȱ28,64ȱ Dtnȱ29,9–11ȱ Dtnȱ30ȱ ȱ Dtnȱ30,14ȱ Dtnȱ32,6ȱȱ Dtnȱ32,11ȱ Dtnȱ32,21ȱ Dtnȱ32,25ȱ Dtnȱ33ȱ ȱ ȱ Josȱ1,11ȱ ȱ Josȱ19,48ȱȱ ȱ Riȱ2,11–23ȱ Riȱ3,7–11ȱ

489ȱ

1.ȱ AltesȱTestamentȱ

39,ȱ48ȱ 50ȱ 70f.ȱ 452ȱ 42ȱ 40ȱ 127ȱ 376ȱ 48ȱ 38,ȱ43,ȱ264ȱ 52f.ȱ 70ȱ 378ȱ 177ȱ 177ȱ 42ȱ 257ȱ 257ȱ 415ȱ 257,ȱ264ȱ 257ȱ 108,ȱ211,ȱ311ȱ 434ȱ 300ȱ 40f.,ȱ392ȱ 415ȱ 40ȱ 177,ȱ184ȱ 41ȱ 68,ȱ70ȱ 419ȱ 38,ȱ139ȱ 139ȱ 16,ȱ403ȱ 178ȱ 197ȱ 136ȱ 177ȱ 57ȱ 57f.ȱ

Riȱ10,6f.ȱ ȱ Riȱ10,8ȱ ȱ ȱ 1Samȱ2,1–10ȱ 1Samȱ4,5ȱȱ 1Samȱ9,16ȱ 1Samȱ17,11ȱ 1Samȱ24,11ȱ 1Samȱ26ȱȱ ȱ 2Samȱ1,14ȱ 2Samȱ1,16ȱ 2Samȱ7ȱ ȱ 2Samȱ7,12–16ȱ 2Samȱ8,15ȱ 2Samȱ15,23ȱ 2Samȱ15,30ȱ 2Samȱ15,32ȱ 2Samȱ17,11ȱ 2Samȱ19,22ȱ 2Samȱ32,1ȱ ȱ 1Könȱ4,1ȱȱ 1Könȱ9,7ȱȱ 1Könȱ12,1.16–20ȱ 1Könȱ17,1ȱ 1Könȱ17,9ȱ 1Könȱ17,24ȱ 1Könȱ19,16ȱ 1Könȱ22,53f.ȱ ȱ 2Könȱ2,9–14ȱ 2Könȱ2,12ȱ 2Könȱ3,6ȱȱ 2Könȱ5,8ȱȱ 2Könȱ5,14ȱ 2Könȱ10,31ȱ 2Könȱ17ȱȱ 2Könȱ17,13ȱ 2Könȱ17,14ȱ 2Könȱ17,18ȱ 2Könȱ21,5ȱ

49ȱ 50ȱ 315ȱ 415ȱ 98ȱ 415ȱ 98ȱ 98ȱ 98ȱ 98ȱ 315ȱ 249,ȱ253,ȱ310,ȱ314ȱ 415ȱ 200ȱ 200ȱ 200,ȱ203ȱ 415ȱ 98ȱ 98ȱ 415ȱ 147ȱ 415ȱ 226ȱ 226ȱ 228ȱ 98ȱ 49ȱ 196ȱ 143ȱ 415ȱ 227ȱ 226ȱ 319ȱ 50,ȱ52f.,ȱ55ȱ 300,ȱ378ȱ 378ȱ 50ȱ 53ȱ

490ȱ 2Könȱ23,27ȱ 2Könȱ24,3ȱ 2Könȱ24,20ȱ ȱ 1Chrȱ1ȱ ȱ 1Chrȱ9,1ȱȱ 1Chrȱ16,22ȱ 1Chrȱ16,40ȱ 1Chrȱ22,12ȱ 1Chrȱ23,30ȱ ȱ 2Chrȱ12,1ȱ 2Chrȱ24,19–22ȱ 2Chrȱ28,13ȱ 2Chrȱ31,3ȱ 2Chrȱ35,12ȱ 2Chrȱ35,26ȱ 2Chrȱ36,16ȱ ȱ Esraȱ2,70ȱȱ Esraȱ8,35ȱȱ ȱ Nehȱ9,6–37ȱ Nehȱ9,17ȱȱ Nehȱ9,26–32ȱ ȱ Tobȱ1,6ȱ ȱ Tobȱ13,9ff.ȱ Tobȱ13,10ȱ Tobȱ13,13ȱ Tobȱ14,4ȱȱ Tobȱ14,5ȱȱ Tobȱ14,5ff.ȱ Tobȱ14,7ȱȱ ȱ 1Makkȱ1f.ȱ 1Makkȱ2,57ȱ 1Makkȱ3,55ȱ 1Makkȱ6–13ȱȱ 1Makkȱ15,52ȱ ȱ 2Makkȱ1,27ȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ

53ȱ 53ȱ 53ȱ 193ȱ 415ȱ 98ȱ 319ȱ 319ȱ 410ȱ 319ȱ 137,ȱ141f.ȱ 274ȱ 319ȱ 410ȱ 319ȱ 88ȱ 415ȱ 415ȱ 54ȱ 72ȱ 54–58ȱ 416ȱ 97ȱ 93ȱ 93ȱ 118,ȱ147ȱ 93ȱ 97ȱ 419ȱ 277ȱ 314ȱ 380ȱ 277ȱ 415ȱ 93ȱ

2Makkȱ2,7ȱ 2Makkȱ2,18ȱ 2Makkȱ2,21ȱ 2Makkȱ8,1ȱ 2Makkȱ8,12ȱ 2Makkȱ9,9ȱ 2Makkȱ13,12ȱ 2Makkȱ14,38ȱ ȱ Ijobȱ14,13ȱ ȱ Psȱ1,2ȱ ȱ Psȱ19(18),8ȱ Psȱ19(18),9ȱ Psȱ2ȱ ȱ Psȱ24,7ȱ ȱ Psȱ27,8ȱ ȱ Psȱ30,6ȱ ȱ Psȱ31,1ȱ ȱ Psȱ37(36),37f.ȱ Psȱ41,14ȱ ȱ Psȱ45ȱ ȱ Psȱ66,4ȱ ȱ Psȱ66,6ȱ ȱ Psȱ72ȱ ȱ Psȱ72,18ȱ ȱ Psȱ75,8ȱ ȱ Psȱ86,15ȱ ȱ Psȱ88,39ȱ ȱ Psȱ88,52ȱ ȱ Psȱ89ȱ ȱ Psȱ94,7ȱ ȱ Psȱ96,6ȱ ȱ Psȱ103,8ȱ ȱ Psȱ105,15ȱ Psȱ106,47ȱ Psȱ106,48ȱ Psȱ110ȱȱ ȱ Psȱ113–118ȱ Psȱ116,1ȱ ȱ Psȱ118(117)ȱ Psȱ118(117),22ȱ

93,ȱ139ȱ 93,ȱ139ȱ 442ȱ 442ȱ 176ȱ 176ȱ 136ȱ 442ȱ 54ȱ 319ȱ 319ȱ 328ȱ 98,ȱ316ȱ 274ȱ 360ȱ 54ȱ 281ȱ 36f.ȱ 8ȱ 98ȱ 324ȱ 324ȱ 98ȱ 8ȱ 315ȱ 72ȱ 126ȱ 126ȱ 98,ȱ314ȱ 265ȱ 324ȱ 72ȱ 98ȱ 419ȱ 8ȱ 98ȱ 156ȱ 324ȱ 143,ȱ165ȱ 328ȱ

ȱ

1.ȱ AltesȱTestamentȱ

Psȱ118(117),24ȱ 157ȱ Psȱ118(117),25f.ȱ 156f.ȱ Psȱ118(117),26ȱ 16,ȱ138,ȱ140,ȱ145,ȱ 149,ȱ151,ȱ218ȱ Psȱ119(118),1ȱ 319ȱ Psȱ122(121)ȱ 163ȱ Psȱ132ȱ ȱ 98ȱ Psȱ132(131),7ȱ 202ȱ Psȱ132,12ȱ 314ȱ Psȱ145,8ȱ ȱ 72ȱ Psȱ147,6ȱ ȱ 315ȱ ȱ Sprȱ19,20ȱ 36ȱ Sprȱ24,14ȱ 37ȱ Sprȱ24,16ȱ 327ȱ Sprȱ24,20ȱ 37ȱ ȱ Kohȱ4,10ȱȱ 327ȱ ȱ Weishȱ4,13f.ȱ 136ȱ Weishȱ12,8ȱ 176ȱ ȱ Sirȱ15,15–19ȱ 43ȱ Sirȱ47,11.22ȱ 314ȱ Sirȱ48ȱ ȱ 311ȱ Sirȱ48,8ȱȱ ȱ 98ȱ Sirȱ48,9–11ȱ 196ȱ Sirȱ48,10ȱȱ 312,ȱ314ȱ ȱ Jesȱ1,2f.ȱ ȱ 43ȱ Jesȱ1,4ȱ ȱ 177ȱ Jesȱ1,24ȱ ȱ 177ȱ Jesȱ2ȱ ȱ 315ȱ Jesȱ2,2–4ȱȱ 97ȱ Jesȱ3,9ȱ ȱ 177ȱ Jesȱ3,11ȱȱ ȱ 177ȱ Jesȱ3,25ȱ ȱ 177ȱ Jesȱ5,1ff.ȱȱ 43ȱ Jesȱ5,13ȱ ȱ 177ȱ Jesȱ5,24ȱ ȱ 319ȱ Jesȱ6ȱ ȱ 25,ȱ78ȱ

Jesȱ6,9f.ȱ Jesȱ6,10f.ȱȱ Jesȱ6,13ȱȱ ȱ Jesȱ8,9ȱ ȱ Jesȱ8,14f.ȱȱ Jesȱ9,6ȱ ȱ Jesȱ10,11ȱȱ Jesȱ10,16ȱȱ Jesȱ10,22f.ȱȱ Jesȱ11,1–5ȱ Jesȱ11,2ȱ ȱ Jesȱ14,24ȱȱ Jesȱ15,7ȱ ȱ Jesȱ16,5ȱ ȱ Jesȱ24,20ȱȱ Jesȱ25,6–8ȱ Jesȱ26,17ȱȱ Jesȱ27,9ȱ ȱ Jesȱ28,16ȱȱ Jesȱ29,13ȱȱ Jesȱ30,9ȱ ȱ Jesȱ32,15ȱȱ Jesȱ40–55ȱ Jesȱ40,2ȱ ȱ Jesȱ42,1ȱ ȱ Jesȱ43ȱ ȱ Jesȱ43,3f.ȱȱ Jesȱ44,13ȱȱ Jesȱ45,14f.ȱ Jesȱ45,17ȱȱ Jesȱ45,21f.ȱ Jesȱ45,25ȱȱ Jesȱ47,8ȱ ȱ Jesȱ48,1ȱ ȱ Jesȱ48,20ȱȱ Jesȱ49,5f.ȱȱ Jesȱ49,6ȱ Jesȱ49,22f.ȱ Jesȱ52ȱ ȱ Jesȱ52,7ȱ ȱ

491ȱ 144,ȱ267,ȱ349,ȱ 359–362,ȱ453ȱ 363,ȱ393ȱ 393ȱ 195ȱ 327f.ȱ 249,ȱ314ȱ 410ȱ 410ȱ 419ȱ 316ȱ 190ȱ 410ȱ 410ȱ 314ȱ 327ȱ 97,ȱ296ȱ 410ȱ 419f.ȱ 328ȱ 265ȱ 319ȱ 216ȱ 315ȱ 181ȱ 190ȱ 315ȱ 43ȱ 414ȱ 97ȱ 414ȱ 248ȱ 414ȱ 360ȱ 310ȱ 195ȱ 393ȱ 195,ȱ227,ȱ315,ȱ 322f.,ȱ358,ȱ393ȱ 97ȱ 315ȱ 280ȱ

492ȱ Jesȱ52,8f.ȱȱ Jesȱ52,9ȱ ȱ Jesȱ54,10ȱȱ Jesȱ52,12ȱȱ Jesȱ52,15ȱȱ Jesȱ54,7f.ȱȱ Jesȱ54,9ȱ ȱ Jesȱ56,8ȱ ȱ Jesȱ59,20f.ȱ Jesȱ60ȱ ȱ Jesȱ60,1ȱ ȱ Jesȱ61,1f.ȱȱ Jesȱ62,11ȱȱ Jesȱ63f.ȱ ȱ Jesȱ63,4ȱ ȱ Jesȱ64,8ȱ ȱ Jesȱ64,10ȱȱ Jesȱ65ȱ ȱ Jesȱ65,1–8ȱ ȱ Jerȱ2,1ff.ȱȱ Jerȱ4,13ȱ ȱ Jerȱ7,21–23ȱ Jerȱ7,25f.ȱȱ Jerȱ8,8ȱ ȱ Jerȱ12ȱ ȱ Jerȱ12,7ȱ ȱ Jerȱ12,15ȱȱ Jerȱ20,4ȱ ȱ Jerȱ21,7ȱ ȱ Jerȱ22,5ȱ ȱ Jerȱ23,5ȱ ȱ Jerȱ25,4ȱ ȱ Jerȱ26,10ȱȱ Jerȱ26,20–23ȱ Jerȱ26(46),27ȱ Jerȱ27,27ȱȱ Jerȱ30,9ȱ ȱ Jerȱ31ȱ ȱ Jerȱ31,31–34ȱ Jerȱ32,31ȱȱ Jerȱ33,15.17.26ȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ

317ȱ 315ȱ 75ȱ 139ȱ 411ȱ 74f.ȱ 75ȱ 139ȱ 419f.ȱ 97ȱ 322ȱ 98,ȱ177,ȱ190,ȱ225ȱ 195ȱ 145ȱ 181ȱ 54ȱ 140ȱ 364ȱ 361f.ȱ 43ȱ 177ȱ 302ȱ 300,ȱ378ȱ 319ȱ 145ȱ 140ȱ 248ȱ 177ȱ 177,ȱ184ȱ 118ȱ 314ȱ 300,ȱ378ȱ 178ȱ 137ȱ 419ȱ 177ȱ 314ȱ 68,ȱ100ȱ 71f.,ȱ422ȱ 54ȱ 314ȱ

Jerȱ38(31),7f.ȱ Jerȱ38,28ȱȱ Jerȱ39,42ȱȱ Jerȱ41,1ȱ ȱ Jerȱ48,12ȱȱ Jerȱ49,18ȱȱ ȱ Klglȱ1ȱ ȱ Klglȱ2ȱ ȱ Klglȱ5,21ȱȱ ȱ Ezȱ1ȱ ȱ Ezȱ8,14ȱ ȱ Ezȱ8,16ȱ ȱ Ezȱ10,18f.ȱ Ezȱ11,20ȱȱ Ezȱ11,23ȱȱ Ezȱ14,11ȱȱ Ezȱ16,3ȱ ȱ Ezȱ20,13ȱȱ Ezȱ20,16ȱȱ Ezȱ20,21ȱȱ Ezȱ20,27ȱȱ Ezȱ29,32ȱȱ Ezȱ36ȱ ȱ Ezȱ37,1–14ȱ Ezȱ38f.ȱ ȱ ȱ Danȱ3,29ȱȱ Danȱ7ȱ ȱ Danȱ7,13f.ȱ Danȱ9,7ȱ ȱ ȱ Hosȱ6,2ȱ ȱ Hosȱ9,7ȱ ȱ Hosȱ11,1ff.ȱ Hosȱ11,9ȱȱ Hosȱ12,4ȱȱ ȱ Joelȱ2,13ȱȱ Joelȱ2,14ȱȱ Joelȱ3,1–5ȱ

419ȱ 410ȱ 410ȱ 176ȱ 176ȱ 410ȱ 51ȱ 51,ȱ54ȱ 52ȱ 78ȱ 140ȱ 140ȱ 139f.,ȱ200ȱ 265ȱ 139,ȱ200ȱ 41ȱ 54ȱ 43ȱ 43ȱ 43ȱ 43ȱ 177ȱ 68,ȱ72ȱ 216ȱ 97ȱ 410ȱ 316ȱ 77ȱ 415ȱ 136,ȱ216ȱ 178ȱ 43ȱ 51ȱ 54ȱ 72ȱ 214ȱ 190,ȱ214,ȱ419ȱ

ȱ

Joelȱ4,2ȱ ȱ Joelȱ4,12ȱȱ ȱ Amȱ2,4ȱ ȱ Amȱ2,9–12ȱ Amȱ4,6ff.ȱ Amȱ5,2ȱ ȱ Amȱ5,21–23ȱ Amȱ5,25–27ȱ Amȱ6,1ȱ ȱ Amȱ8,14ȱȱ Amȱ9,11f.ȱ ȱ Jonaȱ2,1ȱ ȱ Jonaȱ4,2ȱ ȱ ȱ Miȱ4,11–13ȱ Miȱ6,1ff.ȱȱ Miȱ7,4ȱ ȱ Miȱ7,8ȱ ȱ Miȱ7,18–20ȱ ȱ

493ȱ

2.ȱ NeuesȱTestamentȱ

200ȱ 200ȱ 319ȱ 43ȱ 43ȱ 327ȱ 301ȱ 300–303ȱ 177ȱ 327ȱ 227,ȱ248f.,ȱ253,ȱ 256,ȱ314ȱ 136ȱ 72ȱ 97ȱ 43ȱ 177ȱ 327ȱ 74ȱ

Habȱ2,9–11ȱ ȱ Hagȱ1,4ȱ ȱ Hagȱ2ȱ ȱ Hagȱ2,6ff.ȱ ȱ Sachȱ1,16ȱ Sachȱ2,14f.ȱ Sachȱ8,7f.ȱ Sachȱ9,9ȱ ȱ Sachȱ11f.ȱȱ Sachȱ12ȱȱ ȱ Sachȱ12,3ȱ Sachȱ14ȱȱ ȱ Sachȱ14,1–3ȱ Sachȱ14,4ȱ Sachȱ14,14ȱ ȱ Malȱ3ȱ ȱ Malȱ3,1ȱ ȱ Malȱ3,22–24ȱ

162ȱ 147ȱ 416ȱ 97ȱ 248ȱ 246ȱ 265,ȱ419ȱ 157ȱ 182ȱ 97ȱ 177ȱ 97ȱ 200ȱ 202ȱ 324ȱ 312f.ȱ 312f.ȱ 126,ȱ216,ȱ311,ȱ 313f.,ȱ415ȱ

2.ȱ NeuesȱTestamentȱ Mtȱ1,1ȱ ȱ Mtȱ1,2–17ȱ Mtȱ1,2ȱ ȱ Mtȱ1,21ȱ ȱ Mtȱ2,4ȱ ȱ Mtȱ2,6ȱ ȱ Mtȱ2,11ȱ ȱ Mtȱ3,7ȱ ȱ Mtȱ3,9ȱ ȱ Mtȱ4,16ȱ ȱ Mtȱ4,23ȱ ȱ Mtȱ7,28ȱ ȱ Mtȱ8,5–13ȱ Mtȱ8,10f.ȱȱ Mtȱ11,1ȱ ȱ

1ȱ 1ȱ 1ȱ 266ȱ 266ȱ 265ȱ 197ȱ 178ȱ 42ȱ 265ȱ 266ȱ 123ȱ 381f.ȱ 3ȱ 123ȱ

Mtȱ11,14ȱȱ Mtȱ13,15ȱȱ Mtȱ13,53ȱȱ Mtȱ15,8ȱ ȱ Mtȱ17,11ȱȱ Mtȱ19,1ȱ ȱ Mtȱ21,9ȱ ȱ Mtȱ21,23ȱȱ Mtȱ21,33–45ȱ Mtȱ21,46ȱȱ Mtȱ23ȱ ȱ Mtȱ23,1ȱ ȱ Mtȱ23,35f.ȱ Mtȱ23,37–39ȱ

312ȱ 265ȱ 123ȱ 265ȱ 216ȱ 123ȱ 156ȱ 266ȱ 150ȱ 173ȱ 173,ȱ275ȱ 173ȱ 141,ȱ148ȱ 118,ȱ133,ȱ137,ȱ143,ȱ 146–150ȱ

494ȱ Mtȱ23,43ȱȱ Mtȱ24,1ȱ ȱ Mtȱ24,3ȱ ȱ Mtȱ24,15ȱȱ Mtȱ25,14–30ȱ Mtȱ25,31–46ȱ Mtȱ26,1ȱ ȱ Mtȱ26,28ȱȱ Mtȱ26,29ȱȱ Mtȱ26,64ȱȱ Mtȱ27,12f.ȱ Mtȱ27,17ȱȱ Mtȱ27,26ȱȱ Mtȱ27,27ȱȱ Mtȱ27,62–66ȱ Mtȱ28,15ȱȱ Mtȱ28,16–20ȱ ȱ Mkȱ1,1ȱ ȱ Mkȱ1,2ȱ ȱ Mkȱ1,4ȱ ȱ Mkȱ1,14f.ȱ Mkȱ1,39ȱ ȱ Mkȱ2,18ȱ ȱ Mkȱ3,5ȱ ȱ Mkȱ3,6ȱ ȱ Mkȱ3,21ȱ ȱ Mkȱ4,12ȱ ȱ Mkȱ5,6ȱ ȱ Mkȱ6,1–6ȱ Mkȱ6,14–29ȱ Mkȱ7,1–23ȱ Mkȱ7,3ȱ ȱ Mkȱ7,6ȱ ȱ Mkȱ7,15ȱ ȱ Mkȱ7,19ȱ ȱ Mkȱ9,12ȱ ȱ Mkȱ10,2ff.ȱ Mkȱ10,32ȱ Mkȱ10,41–45ȱ Mkȱ10,45ȱ Mkȱ11,2–8ȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ

150ȱ 148,ȱ173f.ȱ 173,ȱ199ȱ 175ȱ 158ȱ 173ȱ 123ȱ 280f.ȱ 148f.ȱ 148f.ȱ 312ȱ 269ȱ 271ȱ 270ȱ 271ȱ 2ȱ 195,ȱ205,ȱ294ȱ 312ȱ 313ȱ 279,ȱ281ȱ 78,ȱ224f.,ȱ279ȱ 225ȱ 331ȱ 178ȱ 268ȱ 370ȱ 359ȱ 197ȱ 225f.ȱ 370ȱ 259ȱ 2,ȱ277ȱ 265ȱ 260ȱ 19ȱ 216ȱ 260,ȱ275ȱ 125,ȱ129ȱ 333ȱ 288ȱ 152ȱ

Mkȱ11,9ȱ ȱ Mkȱ11,11ȱ Mkȱ11,12–14ȱ Mkȱ11,15–19ȱ Mkȱ11,18ȱ Mkȱ11,20–25ȱ Mkȱ12,12ȱ Mkȱ12,13ff.ȱ Mkȱ12,37ȱ Mkȱ13ȱ ȱ Mkȱ13,1ȱ ȱ Mkȱ13,3ȱ ȱ Mkȱ13,8ȱ ȱ Mkȱ13,14ȱ Mkȱ13,19ȱ Mkȱ13,20ȱ Mkȱ14,25ȱ Mkȱ14,28ȱ Mkȱ15,8ȱ ȱ Mkȱ15,16ȱ Mkȱ16,7ȱ ȱ ȱ Lkȱ1–2ȱ

Lkȱ1,1–4ȱȱ Lkȱ1,2ȱ ȱ Lkȱ1,4ȱ ȱ Lkȱ1,5–4,13ȱ Lkȱ1,5ȱ Lkȱ1,16ȱ Lkȱ1,22ȱ Lkȱ1,32ȱ Lkȱ1,33ȱ Lkȱ1,52ȱ Lkȱ1,54ȱ Lkȱ1,68ȱ Lkȱ1,70ȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

156,ȱ160ȱ 155ȱ 155,ȱ164ȱ 155ȱ 173ȱ 164ȱ 173ȱ 275ȱ 173ȱ 167,ȱ171f.,ȱ183ȱ 173f.ȱ 173,ȱ199ȱ 176ȱ 175f.ȱ 176ȱ 181ȱ 296ȱ 294ȱ 269ȱ 270ȱ 294ȱ 112,ȱ116,ȱ128f.,ȱ 192,ȱ217,ȱ224,ȱ254,ȱ 266,ȱ279,ȱ292,ȱ297,ȱ 307–316,ȱ338,ȱ 366–368,ȱ428,ȱ435,ȱ 443ȱ 107,ȱ110f.,ȱ114ȱ 145ȱ 294ȱ 114ȱ 112,ȱ187,ȱ197,ȱ225,ȱ 292,ȱ296ȱ 8ȱ 197ȱ 293ȱ 158ȱ 187ȱ 8ȱ 161,ȱ445ȱ 212ȱ

ȱ

Lkȱ1,72ȱ ȱ Lkȱ1,80ȱ ȱ Lkȱ2ȱ ȱ Lkȱ2,1ȱ ȱ Lkȱ2,1f.ȱ ȱ Lkȱ2,10ȱ ȱ Lkȱ2,14ȱ ȱ Lkȱ2,19ȱ ȱ Lkȱ2,20ȱ ȱ Lkȱ2,22ȱ ȱ Lkȱ2,22–39ȱ Lkȱ2,22–40ȱ Lkȱ2,26ȱ ȱ Lkȱ2,29–43ȱ Lkȱ2,30ȱ ȱ Lkȱ2,31ȱ ȱ Lkȱ2,31–34ȱ Lkȱ2,34ȱ ȱ Lkȱ2,34f.ȱȱ Lkȱ2,41–50ȱ Lkȱ2,49ȱ ȱ Lkȱ3ȱ ȱ Lkȱ3,1–4,13ȱ Lkȱ3,1ȱ ȱ Lkȱ3,1f.ȱ ȱ Lkȱ3,3ȱ ȱ Lkȱ3,6ȱ ȱ Lkȱ3,7ȱ ȱ Lkȱ3,7f.ȱ ȱ Lkȱ3,8ȱ ȱ Lkȱ3,10ȱ ȱ Lkȱ3,10–14ȱ Lkȱ3,16ȱ ȱ Lkȱ3,21ȱ ȱ Lkȱ3,22ȱ ȱ Lkȱ4ȱ ȱ Lkȱ4,9–13ȱ Lkȱ4,13ȱ ȱ Lkȱ4,14–9,50ȱ Lkȱ4,14–44ȱ Lkȱ4,14ȱ ȱ Lkȱ4,14f.ȱȱ

2.ȱ NeuesȱTestamentȱ

424ȱ 8ȱ 242f.ȱ 112,ȱ187ȱ 110ȱ 197ȱ 159ȱ 360ȱ 144ȱ 294ȱ 197,ȱ316–330,ȱ340ȱ 223f.ȱ 99ȱ 320–325ȱ 247,ȱ341ȱ 242,ȱ246ȱ 367ȱ 228,ȱ273,ȱ341,ȱ347ȱ 124ȱ 197ȱ 136,ȱ445ȱ 279ȱ 112,ȱ116ȱ 110,ȱ112,ȱ118ȱ 187ȱ 338ȱ 341ȱ 178ȱ 436ȱ 280,ȱ290f.,ȱ42,ȱ437ȱ 337ȱ 290,ȱ436ȱ 190,ȱ337ȱ 266ȱ 190,ȱ445ȱ 234ȱ 297ȱ 178ȱ 112,ȱ114ȱ 187ȱ 198,ȱ224f.,ȱ267ȱ 112ȱ

Lkȱ4,16–30ȱ Lkȱ4,18–30ȱ Lkȱ4,18ȱ ȱ Lkȱ4,20ȱ ȱ Lkȱ4,22ȱ ȱ Lkȱ4,25ȱ ȱ Lkȱ4,25–27ȱ Lkȱ4,27ȱ ȱ Lkȱ4,28f.ȱȱ Lkȱ4,43ȱ ȱ Lkȱ5,20–24ȱ Lkȱ5,22ȱ ȱ Lkȱ5,32ȱ ȱ Lkȱ6,11ȱ ȱ Lkȱ6,22f.ȱȱ Lkȱ6,46ȱ ȱ Lkȱ7,1–10ȱ Lkȱ7,3ȱ ȱ Lkȱ7,15ȱ ȱ Lkȱ7,16ȱ ȱ Lkȱ7,18–23ȱ Lkȱ7,29ȱ ȱ Lkȱ7,36ff.ȱ Lkȱ7,36–50ȱ Lkȱ7,49ȱ ȱ Lkȱ8,10ȱ ȱ Lkȱ8,28ȱ ȱ Lkȱ8,47ȱ ȱ Lkȱ9,7–9ȱȱ Lkȱ9,13ȱ ȱ Lkȱ9,20ȱ ȱ Lkȱ9,20–22ȱ Lkȱ9,22ȱ ȱ Lkȱ9,26f.ȱȱ Lkȱ9,27ȱ ȱ Lkȱ9,28–36ȱ Lkȱ9,31ȱ ȱ Lkȱ9,34ȱ ȱ Lkȱ9,35ȱ ȱ Lkȱ9,37–50ȱ Lkȱ9,50ȱ ȱ

495ȱ 179,ȱ224–226,ȱ329ȱ 326ȱ 190ȱ 178ȱ 226ȱ 8ȱ 226f.ȱ 8ȱ 124ȱ 136ȱ 285f.ȱ 360ȱ 279ȱ 268ȱ 59ȱ 379ȱ 380–382ȱ 2,ȱ277ȱ 144ȱ 161ȱ 331ȱ 266ȱ 275ȱ 281f.ȱ 285f.ȱ 144,ȱ359ȱ 197ȱ 266ȱ 124ȱ 266ȱ 99ȱ 125–127,ȱ129–131,ȱ 136ȱ 269,ȱ326ȱ 149ȱ 144ȱ 126f.ȱ 198ȱ 198ȱ 190ȱ 127f.ȱ 225ȱ

496ȱ Lkȱ9,51ȱ Lkȱ9,51–19,28ȱ Lkȱ9,51f.ȱȱ Lkȱ9,53ȱ ȱ Lkȱ10,23ȱȱ Lkȱ10,25ȱȱ Lkȱ11,4ȱ ȱ Lkȱ11,20ȱȱ Lkȱ11,29–32ȱ Lkȱ11,31ȱȱ Lkȱ11,37ff.ȱ Lkȱ11,47–51ȱ Lkȱ11,49–51ȱ Lkȱ12,8f.ȱȱ Lkȱ12,10ȱȱ Lkȱ12,35–46ȱ Lkȱ12,35–48ȱ Lkȱ12,54ȱȱ Lkȱ13ȱ ȱ Lkȱ13,1–9ȱ Lkȱ13,22ȱȱ Lkȱ13,22–30ȱ Lkȱ13,28f.ȱ Lkȱ13,31–35ȱ

Lkȱ13,33ȱȱ Lkȱ13,34ȱȱ Lkȱ13,34f.ȱ Lkȱ13,35ȱȱ Lkȱ14,1ff.ȱ Lkȱ14,1–24ȱ Lkȱ14,7–24ȱ Lkȱ14,16–24ȱ Lkȱ15ȱ ȱ Lkȱ15,5f.ȱȱ Lkȱ15,21ȱȱ Lkȱ16,14–31ȱ Lkȱ16,16ȱȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ

114,ȱ121–124,ȱ131,ȱ 187,ȱ198ȱ 112,ȱ114,ȱ120,ȱ265,ȱ 286f.,ȱ297ȱ 351ȱ 122ȱ 144ȱ 132ȱ 284f.ȱ 331ȱ 379ȱ 194ȱ 275ȱ 59ȱ 139,ȱ141,ȱ378ȱ 379ȱ 224,ȱ281ȱ 204ȱ 167ȱ 198ȱ 228ȱ 110ȱ 118,ȱ122,ȱ131,ȱ294ȱ 120ȱ 381ȱ 13–16,ȱ59,ȱ113,ȱ 116,ȱ117–151,ȱ155,ȱ 157,ȱ160f.,ȱ164f.,ȱ 236f.,ȱ269ȱ 293,ȱ326ȱ 218,ȱ273ȱ 179,ȱ277,ȱ379ȱ 182f.,ȱ297,ȱ377ȱ 275ȱ 120ȱ 132ȱ 379ȱ 282–284,ȱ288ȱ 191ȱ 290ȱ 435f.ȱ 126ȱ

Lkȱ16,17f.ȱ Lkȱ16,31ȱȱ Lkȱ17,3ȱ ȱ Lkȱ17,3f.ȱȱ Lkȱ17,10ȱȱ Lkȱ17,11ȱȱ Lkȱ17,20ȱȱ Lkȱ17,20f.ȱ Lkȱ17,22–35ȱ Lkȱ17,22–37ȱ Lkȱ17,25ȱȱ Lkȱ17,37ȱȱ Lkȱ18,18ȱȱ Lkȱ18,22ȱȱ Lkȱ18,31ȱ Lkȱ18,31–33ȱ Lkȱ18,35ȱȱ Lkȱ18,43ȱȱ Lkȱ19,10ȱȱ Lkȱ19,11ȱ Lkȱ19,11–27ȱ Lkȱ19,12ȱȱ Lkȱ19,13ȱȱ Lkȱ19,14ȱȱ Lkȱ19,15ȱȱ Lkȱ19,28ȱȱ Lkȱ19,28–48ȱ Lkȱ19,29–24,53ȱ Lkȱ19,29–44ȱ Lkȱ19,29ȱȱ Lkȱ19,30–36ȱ Lkȱ19,37–44ȱ Lkȱ19,37ȱȱ Lkȱ19,38ȱȱ Lkȱ19,39ȱȱ Lkȱ19,41–44ȱ Lkȱ19,44ȱȱ Lkȱ19,45ȱȱ Lkȱ19,46f.ȱ

366ȱ 366ȱ 291ȱ 284f.ȱ 366ȱ 122,ȱ131,ȱ330ȱ 369ȱ 330ȱ 167,ȱ172ȱ 330f.ȱ 136,ȱ326ȱ 191ȱ 132ȱ 127ȱ 121,ȱ123,ȱ129–131,ȱ 154,ȱ179ȱ 127,ȱ129f.,ȱ154,ȱ 211ȱ 152ȱ 265f.ȱ 288ȱ 123,ȱ149,ȱ157f.,ȱ 171,ȱ192,ȱ330,ȱ369ȱ 157–159ȱ 110,ȱ131,ȱ183ȱ 161ȱ 110ȱ 158ȱ 122,ȱ131,ȱ152,ȱ294ȱ 151–165ȱ 113f.ȱ 112,ȱ130ȱ 123ȱ 152ȱ 116ȱ 149ȱ 145f.,ȱ330ȱ 135,ȱ276ȱ 182,ȱ203,ȱ298ȱ 273,ȱ451ȱ 293ȱ 153ȱ

ȱ

Lkȱ19,47ȱȱ Lkȱ19,47f.ȱ Lkȱ19,48ȱȱ Lkȱ20,1ȱ ȱ Lkȱ20,9ȱ ȱ Lkȱ20,9–19ȱ Lkȱ20,16ȱȱ Lkȱ20,17f.ȱ Lkȱ20,18ȱȱ Lkȱ20,19ȱȱ Lkȱ20,45ȱȱ Lkȱ21,5–36ȱ Lkȱ21,5ȱ ȱ Lkȱ21,7ȱ ȱ Lkȱ21,8f.ȱȱ Lkȱ21,10f.ȱ Lkȱ21,12ȱȱ Lkȱ21,12–19ȱ Lkȱ21,15ȱȱ Lkȱ21,17ȱȱ Lkȱ21,20–24ȱ

Lkȱ21,22ȱȱ Lkȱ21,23ȱȱ Lkȱ21,24ȱ Lkȱ21,25ȱȱ Lkȱ21,25–28ȱ Lkȱ21,26ȱȱ Lkȱ21,27ȱȱ Lkȱ21,27f.ȱ Lkȱ21,28ȱȱ Lkȱ21,34–36ȱ Lkȱ21,35ȱȱ Lkȱ21,37ȱȱ Lkȱ21,37f.ȱ Lkȱ21,38ȱ Lkȱ22,2ȱ ȱ Lkȱ22,7–38ȱ Lkȱ22,7–20ȱ

2.ȱ NeuesȱTestamentȱ

297ȱ 174,ȱ267ȱ 293ȱ 173ȱ 173ȱ 150ȱ 150ȱ 328ȱ 329ȱ 173ȱ 173ȱ 165f.ȱ 163,ȱ174ȱ 174ȱ 170ȱ 168ȱ 169f.,ȱ184ȱ 168–172,ȱ175,ȱ183ȱ 169f.ȱ 170ȱ 45,ȱ108,ȱ110,ȱ116,ȱ 159,ȱ163,ȱ165–185,ȱ 273,ȱ297ȱ 171,ȱ377ȱ 277,ȱ298ȱ 13f.,ȱ16,ȱ206,ȱ329,ȱ 377ȱ 184ȱ 168f.,ȱ172ȱ 176ȱ 183,ȱ198ȱ 145ȱ 168,ȱ175,ȱ182f.ȱ 204ȱ 182ȱ 199ȱ 153,ȱ155,ȱ174ȱ 174,ȱ267,ȱ293,ȱ297,ȱ 368ȱ 228ȱ 331–335ȱ 20ȱ

Lkȱ22,13ȱȱ Lkȱ22,14ȱȱ Lkȱ22,19f.ȱ Lkȱ22,20ȱȱ Lkȱ22,29ȱȱ Lkȱ22,30ȱȱ Lkȱ22,37ȱȱ Lkȱ22,39ȱȱ Lkȱ22,49f.ȱ Lkȱ22,66ȱȱ Lkȱ23ȱ ȱ Lkȱ23,5ȱ ȱ Lkȱ23,6–12ȱ Lkȱ23,28ȱȱ Lkȱ23,28–31ȱ Lkȱ23,34ȱȱ Lkȱ23,35ȱȱ Lkȱ23,45ȱȱ Lkȱ23,47ȱȱ Lkȱ23,51ȱȱ Lkȱ24ȱ

Lkȱ24,1ȱ ȱ Lkȱ24,4–9ȱ Lkȱ24,5ȱ ȱ Lkȱ24,7ȱ ȱ Lkȱ24,21ȱȱ Lkȱ24,25ȱȱ Lkȱ24,26ȱȱ Lkȱ24,27ȱȱ Lkȱ24,31ȱȱ Lkȱ24,33ȱȱ Lkȱ24,34ȱȱ Lkȱ24,39ȱȱ Lkȱ24,44–46ȱ Lkȱ24,44ȱȱ Lkȱ24,45f.ȱ Lkȱ24,46f.ȱ Lkȱ24,47ȱȱ Lkȱ24,47–49ȱ Lkȱ24,50ȱȱ

497ȱ 178ȱ 331ȱ 12,ȱ281ȱ 424ȱ 331ȱ 288,ȱ331,ȱ336,ȱ340ȱ 136,ȱ335ȱ 199ȱ 335ȱ 20,ȱ126ȱ 269–274,ȱ287–289ȱ 225,ȱ269ȱ 20ȱ 163,ȱ182ȱ 273,ȱ298ȱ 210ȱ 99,ȱ190ȱ 313ȱ 144ȱ 2,ȱ277,ȱ330ȱ 111,ȱ188–190,ȱ192,ȱ 205,ȱ250f.,ȱ294,ȱ 296,ȱ374,ȱ435ȱ 368ȱ 198ȱ 196ȱ 136,ȱ326ȱ 330ȱ 360ȱ 125,ȱ255,ȱ350ȱ 126f.,ȱ179ȱ 144ȱ 187ȱ 12ȱ 144ȱ 127ȱ 136,ȱ179ȱ 126ȱ 211,ȱ288ȱ 279,ȱ281ȱ 189f.ȱ 199,ȱ292ȱ

498ȱ Lkȱ24,51ȱȱ Lkȱ24,53ȱȱ ȱ Johȱ1,17ȱ ȱ Johȱ1,33ȱ ȱ Johȱ2,11ȱ ȱ Johȱ2,21ȱ ȱ Johȱ2,23ȱ ȱ Johȱ3,1ȱ ȱ Johȱ3,36ȱ ȱ Johȱ4,12ȱ ȱ Johȱ4,43–54ȱ Johȱ5,18ȱ ȱ Johȱ7,31ȱ ȱ Johȱ7,50ȱ ȱ Johȱ8,2ȱ ȱ Johȱ8,30ȱ ȱ Johȱ9,38ȱ ȱ Johȱ10,42ȱ Johȱ11,45ȱ Johȱ11,47ȱ Johȱ11,50ȱ Johȱ12,11ȱ Johȱ12,13ȱ Johȱ12,40ȱ Johȱ12,42ȱ Johȱ14–17ȱ Johȱ17,23ȱ Johȱ19,2ȱ ȱ Johȱ19,6ȱ ȱ Johȱ20ȱ ȱ Johȱ21ȱ ȱ ȱ Apgȱ1–7ȱȱ Apgȱ1–5ȱȱ Apgȱ1ȱ ȱ Apgȱ1,1–12ȱ Apgȱ1,1ȱ ȱ Apgȱ1,1–3ȱ Apgȱ1,2ȱ ȱ Apgȱ1,3ȱ ȱ Apgȱ1,4–26ȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ

187,ȱ196ȱ 296,ȱ306ȱ 436ȱ 190ȱ 19ȱ 19ȱ 446ȱ 275ȱ 178ȱ 436ȱ 380ȱ 268ȱ 446ȱ 275ȱ 265ȱ 446ȱ 197ȱ 446ȱ 446ȱ 275ȱ 265ȱ 446ȱ 156ȱ 359,ȱ361,ȱ363ȱ 446ȱ 331ȱ 453ȱ 270ȱ 451ȱ 198ȱ 198ȱ 193ȱ 194ȱ 111f.ȱ 191ȱ 18,ȱ187,ȱ193ȱ 110f.,ȱ114,ȱ185ȱ 187,ȱ198ȱ 192ȱ 114ȱ

Apgȱ1,4ȱ ȱ Apgȱ1,5ȱ ȱ Apgȱ1,6ȱ Apgȱ1,6–8ȱ Apgȱ1,7ȱ ȱ Apgȱ1,8ȱ

Apgȱ1,9–12ȱ Apgȱ1,11ȱȱ Apgȱ1,12ȱȱ Apgȱ1,13ȱȱ Apgȱ1,14ȱȱ Apgȱ1,15ȱȱ Apgȱ1,22ȱȱ Apgȱ2–5ȱȱ Apgȱ2ȱ ȱ Apgȱ2,1–8,1aȱ Apgȱ2,4ȱ ȱ Apgȱ2,5.9–11ȱ Apgȱ2,14–39ȱ Apgȱ2,14ȱȱ Apgȱ2,16f.ȱ Apgȱ2,17ȱȱ Apgȱ2,19–21ȱ Apgȱ2,20ȱȱ Apgȱ2,22f.ȱ Apgȱ2,25f.ȱ Apgȱ2,27ȱȱ Apgȱ2,30ȱȱ Apgȱ2,31ȱȱ Apgȱ2,33–36ȱ Apgȱ2,37ȱȱ Apgȱ2,38ȱ Apgȱ2,46ȱȱ Apgȱ3,1–10ȱ Apgȱ3,1ȱ ȱ Apgȱ3,9ȱ ȱ Apgȱ3,11ȱȱ

189ȱ 190f.ȱ 217,ȱ306,ȱ330,ȱ336,ȱ 339,ȱ369ȱ 31,ȱ117,ȱ158,ȱ171,ȱ 185–206,ȱ342ȱ 181ȱ 13–15,ȱ188,ȱ216,ȱ 293,ȱ323,ȱ351,ȱ354,ȱ 358,ȱ362ȱ 195–198ȱ 161,ȱ184,ȱ187,ȱ339ȱ 149,ȱ189,ȱ199,ȱ255ȱ 187f.ȱ 187ȱ 208,ȱ334ȱ 187,ȱ198ȱ 15,ȱ110,ȱ246ȱ 194,ȱ204,ȱ336–340ȱ 112,ȱ114ȱ 382ȱ 292,ȱ336ȱ 207f.ȱ 334ȱ 191,ȱ340ȱ 172,ȱ249ȱ 184ȱ 340ȱ 209ȱ 253ȱ 254ȱ 254ȱ 254ȱ 254f.ȱ 337ȱ 94,ȱ212–214,ȱ281,ȱ 291,ȱ338ȱ 297f.,ȱ367ȱ 108ȱ 297f.ȱ 207f.,ȱ215ȱ 207f.,ȱ215ȱ

ȱ

Apgȱ3,12ȱȱ Apgȱ3,12–26ȱ Apgȱ3,13–15ȱ Apgȱ3,13ȱȱ Apgȱ3,15ȱȱ Apgȱ3,16ȱȱ Apgȱ3,17ȱȱ Apgȱ3,17–26ȱ Apgȱ3,18ȱȱ Apgȱ3,19–21ȱ

Apgȱ3,19ȱȱ Apgȱ3,20ȱ Apgȱ3,21ȱ Apgȱ3,22f.ȱ Apgȱ3,25ȱȱ Apgȱ3,26ȱȱ Apgȱ4,1–4ȱ Apgȱ4,1ȱ ȱ Apgȱ4,1f.ȱ Apgȱ4,3ȱ ȱ Apgȱ4,4ȱ ȱ Apgȱ4,8ȱ ȱ Apgȱ4,10ȱȱ Apgȱ4,11f.ȱ Apgȱ4,12ȱȱ Apgȱ4,32ȱȱ Apgȱ5ȱ ȱ Apgȱ5,16ȱȱ Apgȱ5,17ȱȱ Apgȱ5,20ȱȱ Apgȱ5,29ȱȱ Apgȱ5,30ȱȱ Apgȱ5,30f.ȱ Apgȱ5,31ȱȱ Apgȱ5,34ȱȱ Apgȱ5,36f.ȱ Apgȱ6,7ȱ ȱ Apgȱ6,9ȱ ȱ

499ȱ

2.ȱ NeuesȱTestamentȱ

208,ȱ277ȱ 207f.ȱ 209,ȱ211ȱ 108,ȱ378ȱ 274ȱ 208ȱ 159ȱ 210ȱ 125ȱ 13–16,ȱ31,ȱ117,ȱ 206–219,ȱ249,ȱ298,ȱ 339ȱ 159,ȱ274,ȱ289ȱ 151,ȱ164,ȱ181,ȱ184,ȱ 290ȱ 181,ȱ192,ȱ196,ȱ198,ȱ 377ȱ 108ȱ 424ȱ 12–15,ȱ217,ȱ430ȱ 228ȱ 353ȱ 368ȱ 353ȱ 353ȱ 352ȱ 209ȱ 329ȱ 218,ȱ352ȱ 371ȱ 279ȱ 194ȱ 348,ȱ404ȱ 291ȱ 213ȱ 378ȱ 209ȱ 212f.ȱ 275f.ȱ 244ȱ 353ȱ 353ȱ

Apgȱ6,10ȱȱ Apgȱ6,12ȱȱ Apgȱ6,14ȱȱ Apgȱ7,2–53ȱ Apgȱ7,8ȱ ȱ Apgȱ7,17ȱȱ Apgȱ7,23ȱȱ Apgȱ7,32ȱȱ Apgȱ7,37ȱȱ Apgȱ7,51–53ȱ Apgȱ7,52ȱȱ Apgȱ7,55ȱȱ Apgȱ7,55f.ȱȱ Apgȱ7,56–60ȱ Apgȱ8,1–21,14ȱ Apgȱ8,1ȱ ȱ Apgȱ8,3ȱ ȱ Apgȱ8,4ȱ ȱ Apgȱ8,5ȱ ȱ Apgȱ8,12ȱȱ Apgȱ8,14–25ȱ Apgȱ8,26ȱȱ Apgȱ8,26–40ȱ Apgȱ8,38ȱȱ Apgȱ8,39ȱȱ Apgȱ9,2ȱ ȱ Apgȱ9,3–9ȱ Apgȱ9,3–6ȱ Apgȱ9,4f.ȱ Apgȱ9,16ȱȱ Apgȱ9,18ȱȱ Apgȱ9,23ȱȱ Apgȱ9,29ȱȱ Apgȱ9,31ȱȱ Apgȱ9,35ȱȱ Apgȱ9,42ȱȱ Apgȱ10ȱ ȱ Apgȱ10f.ȱȱ Apgȱ10,1–11,18ȱ Apgȱ10,22ȱ Apgȱ10,28ȱ Apgȱ10,38ȱ

169f.ȱ 169ȱ 169ȱ 170,ȱ299–305ȱ 424ȱ 435ȱ 8ȱ 108,ȱ378ȱ 8,ȱ108ȱ 142,ȱ195ȱ 59,ȱ139ȱ 170ȱ 393ȱ 170ȱ 113f.ȱ 193,ȱ353ȱ 353ȱ 193ȱ 194ȱ 353ȱ 194ȱ 194ȱ 263ȱ 353ȱ 143ȱ 354ȱ 393ȱ 328ȱ 170ȱ 275ȱ 328ȱ 354ȱ 354ȱ 198,ȱ294,ȱ354ȱ 354ȱ 354ȱ 194ȱ 238,ȱ240,ȱ449ȱ 382f.ȱ 366ȱ 259ȱ 291ȱ

500ȱ Apgȱ10,39f.ȱ Apgȱ10,42f.ȱ Apgȱ10,43ȱ Apgȱ10,44ȱ Apgȱ10,46ȱ Apgȱ11,3ȱȱ Apgȱ11,18ȱ Apgȱ11,21ȱ Apgȱ11,24ȱ Apgȱ12,1–3ȱ Apgȱ12,17ȱ Apgȱ12,24ȱ Apgȱ13ȱ ȱ Apgȱ13,5ȱȱ Apgȱ13,12–26ȱ Apgȱ13,12ȱ Apgȱ13,13–15ȱ Apgȱ13,14ȱ Apgȱ13,15ȱ Apgȱ13,16ȱ Apgȱ13,16–41ȱ Apgȱ13,19ȱ Apgȱ13,23ȱ Apgȱ13,24ȱ Apgȱ13,26ȱ Apgȱ13,31ȱ Apgȱ13,38ȱ Apgȱ13,38–41ȱ Apgȱ13,40f.ȱ Apgȱ13,42f.ȱ Apgȱ13,43ȱ Apgȱ13,44–47ȱ Apgȱ13,45ȱ Apgȱ13,46ȱ Apgȱ13,47ȱ Apgȱ13,48ȱ Apgȱ13,50ȱ Apgȱ14,1–7ȱ Apgȱ14,1ȱȱ Apgȱ14,2ȱȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ

209ȱ 249,ȱ281ȱ 213f.ȱ 354ȱ 382ȱ 260ȱ 213f.,ȱ260ȱ 354ȱ 354ȱ 354ȱ 206,ȱ237ȱ 354ȱ 195ȱ 356ȱ 206ȱ 355ȱ 220ȱ 223ȱ 227ȱ 221ȱ 208,ȱ220ȱ 214ȱ 254ȱ 198,ȱ214ȱ 221ȱ 198ȱ 213,ȱ221,ȱ281ȱ 437f.ȱ 324ȱ 219f.ȱ 222,ȱ355f.ȱ 12,ȱ14,ȱ16,ȱ30,ȱ117,ȱ 219–234ȱ 325f.,ȱ355,ȱ362,ȱ 404ȱ 430ȱ 323,ȱ358,ȱ374ȱ 222ȱ 227,ȱ355ȱ 229ȱ 329,ȱ355f.ȱ 355,ȱ362ȱ

Apgȱ14,8–20ȱ Apgȱ14,11f.ȱ Apgȱ14,17ȱ Apgȱ14,19ȱ Apgȱ15ȱ ȱ Apgȱ15,1–29ȱ Apgȱ15,1–5ȱ Apgȱ15,1ȱȱ Apgȱ15,4ȱȱ Apgȱ15,5ȱȱ Apgȱ15,7ȱȱ Apgȱ15,7f.ȱ Apgȱ15,10ȱ Apgȱ15,11ȱ Apgȱ15,12ȱ Apgȱ15,12f.ȱ Apgȱ15,13–21ȱ Apgȱ15,14ȱ Apgȱ15,15ȱ Apgȱ15,16f.ȱ Apgȱ15,21ȱ Apgȱ15,22ȱ Apgȱ15,25ȱ Apgȱ15,28f.ȱ Apgȱ15,29ȱ Apgȱ15,38ȱ Apgȱ16,4ȱȱ Apgȱ16,23ȱ Apgȱ16,30ȱ Apgȱ17ȱ ȱ Apgȱ17,1–9ȱ Apgȱ17,4ȱȱ Apgȱ17,5ȱȱ Apgȱ17,10–15ȱ Apgȱ17,12ȱ Apgȱ17,17ȱ Apgȱ17,22–31ȱ Apgȱ17,24ȱ Apgȱ17,24f.ȱ Apgȱ17,26ȱ Apgȱ17,28ȱ Apgȱ17,31ȱ

244ȱ 244ȱ 181ȱ 229ȱ 364ȱ 113ȱ 240f.ȱ 234ȱ 239ȱ 234,ȱ247,ȱ276,ȱ348ȱ 242,ȱ263ȱ 235ȱ 366ȱ 437f.ȱ 257ȱ 242ȱ 117,ȱ206,ȱ234–263ȱ 239,ȱ263,ȱ323ȱ 342,ȱ374ȱ 227,ȱ246ȱ 101ȱ 446ȱ 446ȱ 262ȱ 237,ȱ240ȱ 261ȱ 237f.,ȱ240,ȱ262ȱ 170ȱ 337ȱ 110ȱ 229ȱ 329,ȱ356ȱ 30,ȱ356ȱ 229ȱ 329,ȱ356ȱ 357ȱ 244ȱ 445ȱ 305ȱ 181ȱ 244ȱ 249ȱ

ȱ

Apgȱ18,1–17ȱ Apgȱ18,2ȱȱ Apgȱ18,4ȱȱ Apgȱ18,6ȱȱ Apgȱ18,8ȱȱ Apgȱ18,10ȱ Apgȱ18,22ȱ Apgȱ19,1–40ȱ Apgȱ19,2–6ȱ Apgȱ19,4ȱȱ Apgȱ19,8ȱȱ Apgȱ19,8f.ȱ Apgȱ19,9ȱȱ Apgȱ19,10ȱ Apgȱ19,21ȱ Apgȱ19,25–27ȱ Apgȱ19,35–40ȱ Apgȱ20,6ȱȱ Apgȱ20,16ȱ Apgȱ20,17–35ȱ Apgȱ20,18–35ȱ Apgȱ21ȱ ȱ Apgȱ21,15–28,15ȱ Apgȱ21,15–26,32ȱ Apgȱ21,20ȱ Apgȱ21,24ȱ Apgȱ21,25ȱ Apgȱ21,26ȱ Apgȱ21,37–40ȱ Apgȱ21,38ȱ Apgȱ22,1–21ȱ Apgȱ22,4ȱȱ Apgȱ22,6–11ȱ Apgȱ22,7f.ȱ Apgȱ22,10ȱ Apgȱ22,14ȱ Apgȱ22,16ȱ Apgȱ22,22f.ȱ Apgȱ22–27ȱ Apgȱ23,6ȱȱ Apgȱ23,9ȱȱ Apgȱ23,11ȱ

2.ȱ NeuesȱTestamentȱ

229–233ȱ 350ȱ 230,ȱ356ȱ 229,ȱ230,ȱ356ȱ 230,ȱ233,ȱ329,ȱ356ȱ 230,ȱ246f.ȱ 238ȱ 230–233ȱ 338ȱ 246ȱ 329,ȱ356ȱ 441ȱ 356,ȱ362,ȱ445ȱ 233,ȱ357ȱ 114,ȱ350f.ȱ 244ȱ 244ȱ 441ȱ 442ȱ 331f.ȱ 244ȱ 246ȱ 113f.ȱ 345ȱ 300,ȱ356,ȱ366ȱ 260ȱ 237,ȱ240,ȱ260,ȱ262ȱ 297,ȱ367,ȱ373ȱ 202ȱ 201ȱ 227ȱ 170ȱ 393ȱ 170ȱ 337ȱ 378ȱ 213ȱ 30ȱ 350ȱ 276,ȱ347ȱ 276ȱ 350f.ȱ

Apgȱ23,24ȱ Apgȱ24,2–8ȱ Apgȱ24,5ȱȱ Apgȱ24,14ȱ Apgȱ24,15ȱ Apgȱ24,25ȱ Apgȱ24,27ȱ Apgȱ25,8ȱȱ Apgȱ25,10–12ȱ Apgȱ25,13ȱ Apgȱ25,14–21ȱ Apgȱ25,26ȱ Apgȱ26,5ȱȱ Apgȱ26,6f.ȱ Apgȱ26,11ȱ Apgȱ26,12–15ȱȱ Apgȱ26,14f.ȱ Apgȱ26,18ȱ Apgȱ26,20ȱ Apgȱ26,22ȱ Apgȱ27,1–28,15ȱ Apgȱ27,1ȱȱ Apgȱ28ȱ ȱ Apgȱ28,13–15ȱ Apgȱ28,14f.ȱ Apgȱ28,15ȱ Apgȱ28,16–31ȱ Apgȱ28,17–31ȱ Apgȱ28,17ȱ Apgȱ28,19ȱ Apgȱ28,20ȱ Apgȱ28,22ȱ Apgȱ28,23ȱ Apgȱ28,23–28ȱ Apgȱ28,24ȱ Apgȱ28,26f.ȱ Apgȱ28,28ȱ Apgȱ28,30f.ȱ

501ȱ 170ȱ 244ȱ 348ȱ 435ȱ 347ȱ 245ȱ 170ȱ 435ȱ 351ȱ 170ȱ 244ȱ 170ȱ 275f.,ȱ348ȱ 347ȱ 170ȱ 393ȱ 170ȱ 213ȱ 280,ȱ291,ȱ437ȱ 435ȱ 113ȱ 345ȱ 11,ȱ25,ȱ193,ȱ219ȱ 345ȱ 350ȱ 194,ȱ230ȱ 113f.,ȱ117,ȱ342– 365ȱ 230–233ȱ 114,ȱ238,ȱ294ȱ 325,ȱ362ȱ 338ȱ 325f.,ȱ362ȱ 230,ȱ361,ȱ435ȱ 316ȱ 228,ȱ230,ȱ326,ȱ329,ȱ 356f.,ȱ445ȱ 25f.,ȱ144,ȱ151,ȱ 374,ȱ377,ȱ444,ȱ453ȱ 229,ȱ341,ȱ357f.,ȱ 369ȱ 188,ȱ205,ȱ230,ȱ445ȱ

502ȱ Römȱ1,4ȱȱ Römȱ1,16ȱ Römȱ1,16f.ȱ Römȱ1,24ȱ Römȱ1,26ȱ Römȱ1,28ȱ Römȱ2,9f.ȱ Römȱ3,1f.ȱ Römȱ3,9ȱȱ Römȱ3,21–31ȱ Römȱ3,25f.ȱ Römȱ3,27ȱ Römȱ4ȱ ȱ Römȱ5,12ȱ Römȱ6–8ȱȱ Römȱ6ȱ ȱ Römȱ7,7ȱȱ Römȱ7,12ȱ Römȱ8,2ȱȱ Römȱ8,15ȱ Römȱ8,34ȱ Römȱ9–11ȱ

Römȱ9,1–5ȱ Römȱ9,11–13ȱ Römȱ9,27f.ȱ Römȱ9,31ȱ Römȱ9,32f.ȱ Römȱ10,1ȱ Römȱ10,2ȱ Römȱ10,4ȱ Römȱ10,8ȱ Römȱ10,9ȱ Römȱ10,13ȱ Römȱ10,19ȱ Römȱ10,21ȱ Römȱ11ȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ

195ȱ 12–14,ȱ30,ȱ424,ȱ 430ȱ 396f.,ȱ400ȱ 302ȱ 302ȱ 302ȱ 12,ȱ14,ȱ424,ȱ430ȱ 12,ȱ14,ȱ424,ȱ430ȱ 291ȱ 434ȱ 423ȱ 390ȱ 433f.ȱ 291ȱ 291ȱ 281ȱ 390ȱ 390ȱ 390ȱ 376ȱ 195ȱ 5f.,ȱ8,ȱ11,ȱ13,ȱ24,ȱ 361,ȱ391,ȱ394–404,ȱ 416f.,ȱ440,ȱ450ȱ 386,ȱ394,ȱ423,ȱ425ȱ 412ȱ 419ȱ 8ȱ 328,ȱ403,ȱ413ȱ 394ȱ 401f.ȱ 390,ȱ425ȱ 359,ȱ361ȱ 419ȱ 419ȱ 8,ȱ12,ȱ14,ȱ16,ȱ30,ȱ 403ȱ 8,ȱ325ȱ 5,ȱ7,ȱ9,ȱ27,ȱ364,ȱ 404–408,ȱ427–429,ȱ 443f.,ȱ447ȱ

Römȱ11,1ȱ Römȱ11,7–10ȱ Römȱ11,11–14ȱ Römȱ11,11ȱ Römȱ11,12ȱ Römȱ11,13f.ȱ Römȱ11,14ȱ Römȱ11,15ȱ Römȱ11,23f.ȱ Römȱ11,25–36ȱ Römȱ11,25–32ȱ Römȱ11,25–27ȱ Römȱ11,25ȱ Römȱ11,25f.ȱ Römȱ11,26ȱ Römȱ11,26f.ȱ Römȱ11,27ȱ Römȱ11,33–36ȱ Römȱ12,1ȱ Römȱ13,8–10ȱ Römȱ13,9ȱ Römȱ13,11ȱ Römȱ14,8ȱ Römȱ14,9ȱ Römȱ15,6ȱ Römȱ15,18f.ȱ Römȱ15,19ȱ Römȱ15,20f.ȱ Römȱ15,23–28ȱ Römȱ15,24ȱ Römȱ15,27ȱ Römȱ15,31ȱ Römȱ16ȱ ȱ Römȱ16,29ȱ ȱ 1Korȱ1,10ȱ 1Korȱ1,26ȱ 1Korȱ2,1–5ȱ 1Korȱ3,16f.ȱ 1Korȱ5,7ȱȱ 1Korȱ7,19ȱ

386ȱ 413ȱ 16,ȱ30ȱ 12,ȱ14ȱ 425ȱ 13f.ȱ 403,ȱ419ȱ 425ȱ 352ȱ 453ȱ 10,ȱ385,ȱ404–423ȱ 11–15,ȱ26,ȱ30f.,ȱ 400,ȱ424–426ȱ 181,ȱ218ȱ 393,ȱ411ȱ 395,ȱ402,ȱ419,ȱ440ȱ 420f.ȱ 439ȱ 399ȱ 439ȱ 391ȱ 390ȱ 420ȱ 420ȱ 195ȱ 455ȱ 13,ȱ15ȱ 421,ȱ439ȱ 410f.ȱ 395ȱ 193ȱ 439ȱ 440ȱ 395ȱ 420ȱ 455ȱ 24ȱ 24ȱ 440ȱ 440ȱ 390ȱ

ȱ

1Korȱ9,1ȱȱ 1Korȱ9,16ȱ 1Korȱ9,20–22ȱ 1Korȱ11,23b–25ȱ 1Korȱ12,12ȱ 1Korȱ15ȱ ȱ 1Korȱ15,3ȱ 1Korȱ15,5–8ȱ 1Korȱ15,5ȱ 1Korȱ15,8ȱ 1Korȱ15,11ȱ 1Korȱ15,17ȱ 1Korȱ15,23–28ȱ 1Korȱ15,50–54ȱ 1Korȱ16,1ȱ 1Korȱ16,3ȱ 1Korȱ16,22ȱ ȱ 2Korȱ4,6ȱȱ 2Korȱ5,1–10ȱ 2Korȱ9,12ȱ ȱ Galȱ1f.ȱ ȱ Galȱ1,4ȱ ȱ Galȱ1,10ȱ ȱ Galȱ1,12ȱ ȱ Galȱ1,13f.ȱ Galȱ1,14ȱ ȱ Galȱ1,15ȱ ȱ Galȱ1,15f.ȱ Galȱ1,17f.ȱ Galȱ2,1ȱ ȱ Galȱ2,1–10ȱ Galȱ2,6–9ȱ Galȱ2,6ȱ ȱ Galȱ2,11–14ȱ Galȱ2,14ȱ ȱ Galȱ2,16ȱ ȱ Galȱ3,1–15ȱ Galȱ3,6–12ȱ Galȱ3,17ȱ ȱ Galȱ3,19ȱ ȱ

503ȱ

2.ȱ NeuesȱTestamentȱ

144ȱ 393ȱ 390ȱ 12ȱ 453ȱ 24ȱ 291ȱ 393ȱ 12ȱ 393ȱ 410ȱ 291ȱ 421ȱ 420ȱ 410–412ȱ 439ȱ 195ȱ 393ȱ 420ȱ 439ȱ 24ȱ 291ȱ 394ȱ 393ȱ 386,ȱ402,ȱ442ȱ 394ȱ 7,ȱ402ȱ 393ȱ 15,ȱ439ȱ 439ȱ 236,ȱ238f.ȱ 206ȱ 256ȱ 238–240,ȱ242,ȱ256ȱ 455ȱ 438f.ȱ 24ȱ 431–434ȱ 390ȱ 390ȱ

Galȱ3,26–28ȱ Galȱ4,21–31ȱ Galȱ4,25f.ȱ Galȱ5,6ȱ ȱ Galȱ5,14ȱ ȱ Galȱ6,2ȱ ȱ Galȱ6,15ȱ ȱ Galȱ6,16ȱ ȱ ȱ Ephȱ1,7ȱ ȱ Ephȱ1,20–22ȱ Ephȱ4,1–6ȱ Ephȱ4,3ȱ ȱ Ephȱ4,13ȱȱ Ephȱ4,26ȱȱ ȱ Philȱ2,2ȱ ȱ Philȱ2,9ȱ ȱ Philȱ2,12ȱȱ Philȱ2,17ȱȱ Philȱ2,25ȱȱ Philȱ2,30ȱȱ Philȱ3,5–8ȱ Philȱ3,5ȱ ȱ Philȱ3,6ȱ ȱ Philȱ3,7–9ȱ Philȱ3,17ȱȱ Philȱ4,18ȱȱ ȱ Kolȱ2,9ȱ ȱ Kolȱ3,1ȱȱ ȱ Kolȱ4,14ȱ ȱ ȱ 1Thessȱ1–3ȱ 1Thessȱ1,10ȱ 1Thessȱ2,14–16ȱ 1Thessȱ2,16ȱ 1Thessȱ4f.ȱ 1Thessȱ4,13–18ȱ 1Thessȱ4,15ȱ 1Thessȱ4,17ȱ 1Thessȱ5,20ȱ

390ȱ 27,ȱ376ȱ 139,ȱ439ȱ 390ȱ 391ȱ 386,ȱ390ȱ 390ȱ 417ȱ 291ȱ 195ȱ 454ȱ 453ȱ 453ȱ 195ȱ 455ȱ 195ȱ 376ȱ 440ȱ 440ȱ 440ȱ 386ȱ 2,ȱ275ȱ 402ȱ 392,ȱ402ȱ 410f.ȱ 440ȱ 454ȱ 195ȱ 380ȱ 23ȱ 195ȱ 2,ȱ27,ȱ30,ȱ394,ȱ425ȱ 59,ȱ385ȱ 23ȱ 420ȱ 203ȱ 410ȱ 88ȱ

504ȱ 1Timȱ2,4ȱȱ ȱ 2Timȱ1,9ȱȱ ȱ Titȱ3,5ȱ ȱ ȱ Hebrȱ1,3.5ȱ Hebrȱ2,9ȱȱ Hebrȱ5,4ȱȱ Hebrȱ5,5ȱȱ Hebrȱ5,9ȱȱ Hebrȱ7,11ȱ Hebrȱ8,1ȱȱ Hebrȱ9,4ȱȱ Hebrȱ10,12ȱȱ Hebrȱ10,37ȱ Hebrȱ12,2ȱȱ ȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ

11ȱ 438ȱ 438ȱ 195ȱ 195ȱ 311ȱ 195ȱ 136ȱ 311ȱ 195ȱ 311ȱ 195ȱ 145ȱ 195ȱ

1Petrȱ2,6–8ȱ ȱ 2Petrȱ1,1ȱȱ 2Petrȱ3,10ȱ ȱ 3Johȱ7ȱ ȱ ȱ Offbȱ2,9ȱ ȱ Offbȱ2,14ȱ Offbȱ2,20ȱ Offbȱ3,9ȱ ȱ Offbȱ7,5–8ȱ Offbȱ11,2ȱ Offbȱ21,2ȱ Offbȱ21,10ȱ Offbȱ21,14ȱ Offbȱ22,20ȱȱ

328f.ȱ 242f.ȱ 145ȱ 261ȱ 2ȱ 260ȱ 261ȱ 2ȱ 93ȱ 180,ȱ184ȱ 97,ȱ450ȱ 450ȱ 2ȱ 195ȱ

3.ȱ FrühjüdischeȱSchriftenȱ 1QHȱ1,5–39ȱ 1QHȱ14,24ȱ 1QMȱ14,10f.ȱ 1QSȱ3,7ff.ȱ 4Q397ȱ ȱ CDȱ13,31ȱ CDȱ15,5ȱ ȱ ȱ 4Esraȱ ȱ 4Esraȱ4,36f.ȱ 4Esraȱ6,11–28ȱ 4Esraȱ11,46ȱ 4Esraȱ12,46ȱ 4Esraȱ13,25ff.ȱ 4Esraȱ14ȱȱ ȱ 4Makkȱ4,26ȱ ȱ äthHenȱ20,8ȱ äthHenȱ22,13ȱ

281ȱ 281ȱ 315ȱ 281ȱ 375ȱ 375ȱ 416ȱ 298ȱ 181ȱ 181ȱ 216ȱ 310ȱ 93ȱ 188ȱ 442ȱ 96ȱ 96ȱ

äthHenȱ90,33ȱ 93,ȱ96,ȱ97ȱ äthHenȱ90,38ȱ 96ȱ äthHenȱ91,10ȱ 96ȱ äthHenȱ92,3ȱ 96ȱ ȱ JosAntȱ6,299ȱ 140ȱ JosAntȱ9,13,2ȱ 58ȱ JosAntȱ10,3,1ȱ 137ȱ JosAntȱ14,320ȱ 176ȱ JosAntȱ18,23ȱ 348,ȱ401ȱ JosAntȱ18,113f.ȱ 380ȱ JosAntȱ20,8,6ȱ 201ȱ JosAntȱ20,200ȱ 371ȱ JosApȱ ȱ 110ȱ JosBellȱ2,13,4f.ȱ 201ȱ JosBellȱ2,118f.ȱ 348ȱ JosBellȱ2,539ȱ 142ȱ JosBellȱ5,241ȱ 176ȱ JosBellȱ5,412ȱ 139,ȱ142ȱ JosBellȱ5,466–468ȱ 176ȱ

ȱ

JosBellȱ5,502–510ȱ 176ȱ JosBellȱ6,5,3ȱ 162ȱ JosBellȱ6,299ȱ 139ȱ JosBellȱ6,384ȱ 177ȱ JosBellȱ7,1ȱ 176ȱ ȱ Jubȱ1,15ȱ ȱ 93ȱ ȱ LibAntȱ44,8ȱ 310ȱ ȱ Philo,ȱLegGaiȱȱ 281–283ȱ ȱ 292,ȱ336ȱ ȱ PsSalȱ3,12ȱ 96ȱ PsSalȱ7,10ȱ 310ȱ PsSalȱ10,7ȱ 139ȱ PsSalȱ11ȱȱ 93ȱ PsSalȱ14,3ȱ 43ȱ PsSalȱ17ȱȱ 314,ȱ330ȱ PsSalȱ17,4ȱ 314ȱ PsSalȱ17,18ȱ 93ȱ PsSalȱ17,21f.ȱ 128ȱ PsSalȱ17,26–28ȱ 93ȱ PsSalȱ17,30ȱ 128ȱ PsSalȱ17,32ȱ 126ȱ PsSalȱ18,7ȱ 126ȱ ȱ syrBarȱ8,1ȱ 139ȱ syrBarȱ8,1f.ȱ 142ȱ syrBarȱ41,4ȱ 139ȱ syrBarȱ52,6ȱ 298ȱ syrBarȱ64,6ȱ 139ȱ syrBarȱ76ȱ 188ȱ ȱ TestAssȱ7,2–4ȱ 89ȱ TestAssȱ7,3ȱ 83ȱ TestAssȱ7,5–7ȱ 89ȱ ȱ TestBenȱ3,8ȱ 82f.ȱ TestBenȱ9,1ȱ 95ȱ TestBenȱ9,2ȱ 95–97ȱ TestBenȱ9,4ȱ 83ȱ

505ȱ

3.ȱ FrühjüdischeȱSchriftenȱ

TestBenȱ10,2–5ȱ TestBenȱ10,5ȱ TestBenȱ10,6–10ȱ TestBenȱ10,11ȱ ȱ TestDanȱ5,4–11ȱ TestDanȱ5,10–13ȱ TestDanȱ6,1–5ȱ TestDanȱ6,6f.ȱ TestDanȱ6,10ȱ TestDanȱ7,3ȱ ȱ TestGadȱ8,1ȱ ȱ TestIssȱ5,7–8aȱ TestIssȱ6,1–4ȱ ȱ TestJosȱ17,1f.ȱȱ TestJosȱ19,6ȱ TestJosȱ19,8ff.ȱ TestJosȱ19,11ȱ TestJosȱ20,5ȱ ȱ TestJudȱ17,3ȱ TestJudȱ21,1–4aȱ TestJudȱ22,2ȱ TestJudȱ23,1–5ȱ TestJudȱ23,4f.ȱ TestJudȱ24ȱȱ TestJudȱ24,2.4ȱ TestJudȱ24,6ȱ TestJudȱ25ȱ TestJudȱ25,1f.ȱ TestJudȱ26,1ȱ ȱ TestLevȱ2,10ȱ TestLevȱ2,11ȱ TestLevȱ4,1.4ȱ TestLevȱ5,6ȱ TestLevȱ8,14ȱ TestLevȱ10,2–5ȱ TestLevȱ16,1–5ȱ

94ȱ 83ȱ 82ȱ 414,ȱ416ȱ 82,ȱ90ȱ 82ȱ 92ȱ 83ȱ 94ȱ 92ȱ 82,ȱ98ȱ 82ȱ 86–90ȱ 94ȱ 84ȱ 83ȱ 82,ȱ84,ȱ94ȱ 416ȱ 82ȱ 82ȱ 83ȱ 90ȱ 94ȱ 82ȱ 190ȱ 83ȱ 82ȱ 82ȱ 94ȱ 84ȱ 83ȱ 83f.ȱ 84ȱ 83ȱ 84f.,ȱ88f.ȱ 86,ȱ88f.ȱ

506ȱ TestLevȱ18ȱ TestLevȱ18,9ȱ TestLevȱ18,14ȱ ȱ TestNaphȱ4,1–5ȱ TestNaphȱ5,1ff.ȱ TestNaphȱ8,2–4ȱ TestNaphȱ9f.ȱ ȱ TestRubȱ6,5–8ȱ TestRubȱ6,8ȱ TestRubȱ6,9ȱ

Stellenregisterȱ(Auswahl)ȱ

82ȱ 83ȱ 82ȱ 91,ȱ93ȱ 82,ȱ98,ȱ200ȱ 82f.,ȱ94,ȱ98ȱ 81ȱ 82ȱ 84,ȱ416ȱ 94ȱ

TestRubȱ6,10–12ȱ ȱ TestSebȱ8,5–9,2ȱ TestSebȱ9,5–9ȱ TestSebȱ10,1–4ȱ ȱ TestSimȱ5,4–6ȱ TestSimȱ6,7ȱ TestSimȱ7,1f.ȱ ȱ VitJonaȱ10,8ȱ

82ȱ 94ȱ 82f.,ȱ91,ȱ93ȱ 82,ȱ94ȱ 82ȱ 82ȱ 82–84ȱ 162ȱ

4.ȱ RabbinischeȱSchriftenȱ bBetsaȱ32bȱ bSanhȱ56bȱ CantRabȱ1,16ȱ DtnRabȱ2,25ȱ GenRabȱ16,6ȱ

GenRabȱ24,5ȱ mAbotȱII,ȱ8bȱ mSanhȱ10,1ȱ PesiqRKȱ12,1ȱ PesRȱ138aȱ

43ȱ 258ȱ 258ȱ 258ȱ 258ȱ

258ȱ 43ȱ 42,ȱ414,ȱ417f.ȱ 258ȱ 58ȱ

5.ȱ (FrühȬ)ChristlicheȱSchriftenȱ ApokalypseȱdesȱPaulusȱ Barnȱ6,13ȱ ȱ Barnȱ14,4ȱ ȱ Barnȱ15,8f.ȱ ȱ Cyrill,ȱKatȱ14,23ȱ ȱ Didȱ6,3ȱ ȱ ȱ Didȱ8,1–3ȱ ȱ Egeria,ȱItinȱ31,1f.ȱ ȱ Eusebius,ȱDemEvȱ6,18.23ȱ Eusebius,ȱHistEcclȱ1,5–7ȱ Eusebius,ȱHistEcclȱ5,1,26ȱ Eusebius,ȱHistEcclȱ5,8,3ȱ EvThomȱ3ȱ ȱ ȱ

202ȱ 201ȱ 4ȱ 384,ȱ442ȱ 203ȱ 261ȱ 384,ȱ442ȱ 202ȱ 202ȱ 108ȱ 261ȱ 106ȱ 331ȱ

EvThomȱ44ȱ ȱ EvThomȱ113ȱ ȱ Hieronymus,ȱEpȱ108,12ȱ IgnMagnȱ9,1ȱ ȱ IgnMagnȱ10,3ȱ ȱ IgnPhilȱ6,1ȱ ȱ Irenäus,ȱHaerȱ3,1,1ȱ Irenäus,ȱHaerȱ3,9–11ȱ Irenäus,ȱHaerȱ5,30,2ȱ Johannesaktenȱ97.102ȱ Justin,ȱDialȱ27,4ȱ ȱ Origenes,ȱCommRmȱ8,12ȱ PistisȱSophiaȱ ȱ

281ȱ 331ȱ 200ȱ 384,ȱ442ȱ 442,ȱ447ȱ 447ȱ 106ȱ 309ȱ 93ȱ 202ȱ 4ȱ 415ȱ 202

Autorenregisterȱ ȱ ȱ ȱ Adam,ȱJ.ȱ 398,ȱ414,ȱ417f.ȱ Ådna,ȱJ.ȱ 249ȱ Aland,ȱ K.ȱ 118,ȱ 124,ȱ 172,ȱ 176,ȱ 395ȱ Albright,ȱW.F.ȱ 143ȱ Andersen,ȱF.I.ȱ 301ȱ Appel,ȱK.ȱ 454ȱ Avemarie,ȱF.ȱ 100,ȱ389ȱ ȱ Baarlink,ȱH.ȱ 178ȱ Bachmann,ȱ M.ȱ 292,ȱ 294,ȱ 296,ȱ 389ȱ Backhaus,ȱK.ȱ 19–21ȱ Baloian,ȱB.E.ȱ 51ȱ Barrett,ȱC.K.ȱ 77,ȱ194,ȱ206ȱ Bartlet,ȱJ.V.ȱ 294ȱ Bauckham,ȱ R.ȱ 31,ȱ 96,ȱ 216,ȱ 253,ȱ 278,ȱ306,ȱ308f.,ȱ311,ȱ314–316,ȱ 336ȱ Bauer,ȱW.ȱ 124,ȱ176ȱ Bauernfeind,ȱO.ȱ 176,ȱ212ȱ Baum,ȱA.D.ȱ 120–124,ȱ132,ȱ136ȱ Baumbach,ȱG.ȱ 348ȱ Baur,ȱF.C.ȱ 372ȱ Becker,ȱA.H.ȱ 3ȱ Becker,ȱE.ȬM.ȱ 22ȱ Becker,ȱ J.ȱ 23,ȱ 80,ȱ 84,ȱ 92,ȱ 94f.,ȱ 190,ȱ198,ȱ200,ȱ205,ȱ396f.ȱ BenȬChorin,ȱS.ȱ 38,ȱ385ȱ Bendemann,ȱR.ȱv.ȱ 121ȱ Bendik,ȱI.ȱ 387ȱ Bengel,ȱJ.A.ȱ 417ȱ

Berger,ȱ K.ȱ 1,ȱ 16,ȱ 76,ȱ 101f.,ȱ 122,ȱ 143,ȱ 161,ȱ 191,ȱ 194,ȱ 239,ȱ 276,ȱ 288,ȱ307f.,ȱ371ȱ Berges,ȱU.ȱ 282,ȱ287,ȱ290ȱ Betz,ȱH.D.ȱ 397ȱ Betz,ȱO.ȱ 393ȱ Billerbeck,ȱ P.ȱ 43,ȱ 135,ȱ 140,ȱ 156f.,ȱ296ȱ Blomberg,ȱC.L.ȱ 132ȱ Blum,ȱS.ȱ 156ȱ Bockmuehl,ȱM.ȱ 258ȱ Böhler,ȱD.ȱ 373ȱ Böttrich,ȱC.ȱ 209,ȱ287ȱ Bouwman,ȱG.ȱ 130ȱ Bovon,ȱ F.ȱ 6,ȱ 106,ȱ 113,ȱ 118,ȱ 133,ȱ 135,ȱ 138,ȱ 145,ȱ 152,ȱ 158,ȱ 161,ȱ 276,ȱ283,ȱ308,ȱ360ȱ Brandenburger,ȱE.ȱ 171,ȱ175ȱ Braulik,ȱG.ȱ 40,ȱ47–49,ȱ70,ȱ378ȱ Broer,ȱI.ȱ 106,ȱ121ȱ Brooke,ȱG.J.ȱ 17ȱ Bultmann,ȱ R.ȱ 29,ȱ 134,ȱ 282,ȱ 288,ȱ 375f.ȱ Burchard,ȱC.ȱ 15ȱ Busse,ȱU.ȱ 313ȱ ȱ Cadbury,ȱH.J.ȱ 109ȱ Carson,ȱD.A.ȱ 386f.,ȱ389ȱ Charpentier,ȱE.ȱ 371ȱ Cho,ȱG.ȬH.ȱ 439f.ȱ Cifrak,ȱM.ȱ 212ȱ Conzelmann,ȱ H.ȱ 25,ȱ 29,ȱ 109,ȱ 123f.,ȱ130,ȱ144,ȱ350,ȱ352ȱ

508ȱ

Autorenregisterȱ

Cook,ȱJ.G.ȱ 107ȱ Crüsemann,ȱF.ȱ 405ȱ ȱ Dahm,ȱC.ȱ 2ȱ Davies,ȱW.D.ȱ 386ȱ Deines,ȱR.ȱ 257–259ȱ Denaux,ȱA.ȱ 157,ȱ161ȱ Deutschmann,ȱA.ȱ 26,ȱ28f.ȱ Dibelius,ȱM.ȱ 288ȱ Dietrich,ȱW.ȱ 49ȱ Dietzfelbinger,ȱC.ȱ 393ȱ Dohmen,ȱC.ȱ 72f.ȱ Donner,ȱH.ȱ 40,ȱ78,ȱ200ȱ Döpp,ȱ H.ȬM.ȱ 141,ȱ 145,ȱ 161,ȱ 181f.,ȱ329ȱ Dunn,ȱJ.D.G.ȱ 387,ȱ389ȱ ȱ Ebner,ȱM.ȱ 133,ȱ276,ȱ279ȱ Eckey,ȱ W.ȱ 29,ȱ 107,ȱ 116,ȱ 126,ȱ 133,ȱ138,ȱ144,ȱ157,ȱ161,ȱ167f.,ȱ 172f.,ȱ180,ȱ191,ȱ193,ȱ195,ȱ198,ȱ 206,ȱ208,ȱ223f.,ȱ226,ȱ230,ȱ242– 245,ȱ250,ȱ282,ȱ321,ȱ325,ȱ327f.,ȱ 331–333,ȱ 338,ȱ 340,ȱ 346,ȱ 352,ȱ 380,ȱ382ȱ Ego,ȱB.ȱ 433f.ȱ Eisele,ȱW.ȱ 420ȱ Eisen,ȱU.ȱȱ 17–19ȱ Elliott,ȱJ.K.ȱ 294ȱ Ellis,ȱE.ȱ 193ȱ Eltester,ȱW.ȱ 25ȱ Evans,ȱC.F.ȱ 364ȱ ȱ Fabry,ȱ H.ȬJ.ȱ 97–99,ȱ 101,ȱ 104f.,ȱ 379ȱ Feldmeier,ȱ R.ȱ 112,ȱ 121,ȱ 124,ȱ 224,ȱ307ȱ Fiedler,ȱP.ȱ 2ȱ Finnern,ȱS.ȱ 17f.ȱ Fitzmyer,ȱ J.ȱ 27,ȱ 30,ȱ 109,ȱ 143,ȱ 179,ȱ216,ȱ352,ȱ409ȱ Flusser,ȱD.ȱ 272ȱ

Frankemölle,ȱH.ȱ 1f.,ȱ4,ȱ6,ȱ11,ȱ31,ȱ 77,ȱ 96,ȱ 103,ȱ 107,ȱ 257,ȱ 292,ȱ 336,ȱ374,ȱ379,ȱ383–385,ȱ391f.,ȱ 398,ȱ424,ȱ430,ȱ445,ȱ447ȱ Freedman,ȱD.N.ȱ 301ȱ Frevel,ȱC.ȱ 40,ȱ44ȱ Frey,ȱJ.ȱ 2,ȱ26,ȱ387,ȱ389,ȱ421ȱ ȱ Gager,ȱJ.G.ȱ 389ȱ GanserȬKerperin,ȱ H.ȱ 28f.,ȱ 296– 298,ȱ306ȱ Gaston,ȱL.ȱ 389ȱ Gaugler,ȱE.ȱ 417ȱ Georgi,ȱD.ȱ 371ȱ Gese,ȱH.ȱ 79ȱ Giblin,ȱC.H.ȱ 295ȱ Gnilka,ȱ J.ȱ 2,ȱ 25,ȱ 97,ȱ 140,ȱ 148f.,ȱ 359,ȱ364ȱ Gräßer,ȱE.ȱȱ 180ȱ Grimm,ȱW.ȱ 137ȱ Groß,ȱW.ȱ 39,ȱ43–45,ȱ47,ȱ51,ȱ59– 65,ȱ67–69,ȱ71f.,ȱ101,ȱ361ȱ Gutbrod,ȱW.ȱ 103ȱ ȱ Haacker,ȱK.ȱ 26,ȱ271,ȱ347,ȱ393ȱ Haenchen,ȱ E.ȱ 25,ȱ 29,ȱ 193,ȱ 204,ȱ 218,ȱ245,ȱ253,ȱ346,ȱ352,ȱ372ȱ Haeuser,ȱP.ȱ 203ȱ Häfner,ȱG.ȱ 19–21ȱ Hagene,ȱS.ȱ 31,ȱ207f.,ȱ211,ȱ352f.ȱ Hahn,ȱF.ȱ 77f.,ȱ167,ȱ366ȱ Hampel,ȱV.ȱ 136ȱ Harnack,ȱA.ȱv.ȱ 3,ȱ308,ȱ350,ȱ441ȱ Hauser,ȱH.ȱ 346ȱ Heckel,ȱ U.ȱ 78,ȱ 107,ȱ 112,ȱ 120,ȱ 224,ȱ236ȱ Hegel,ȱG.W.F.ȱ 375ȱ Heidland,ȱH.W.ȱ 371ȱ Heil,ȱC.ȱ 142,ȱ294,ȱ333,ȱ382ȱ Heininger,ȱB.ȱ 133,ȱ276,ȱ279ȱ Hellholm,ȱD.ȱ 78ȱ

ȱ

Autorenregisterȱ

Hengel,ȱ M.ȱ 1,ȱ 3,ȱ 29,ȱ 97,ȱ 102,ȱ 106f.,ȱ158,ȱ171,ȱ201,ȱ261,ȱ267,ȱ 270f.,ȱ 275,ȱ 298,ȱ 380,ȱ 383f.,ȱ 393,ȱ401ȱ Heusler,ȱE.ȱ 111,ȱ113ȱ Hobart,ȱW.K.ȱ 106ȱ Hoffmann,ȱM.ȱ 17,ȱ246f.,ȱ329ȱ Hoffmann,ȱ P.ȱ 118,ȱ 140,ȱ 146f.,ȱ 271f.,ȱ333,ȱ337,ȱ382ȱ Hofius,ȱO.ȱ 389,ȱ403,ȱ409,ȱ417ȱ Hollander,ȱH.W.ȱ 85f.,ȱ88ȱ Holtz,ȱT.ȱ 108,ȱ377ȱ Hoppe,ȱR.ȱ 282,ȱ287,ȱ290ȱ Horn,ȱF.W.ȱ 146ȱ Horst,ȱP.W.ȱvanȱderȱ 409ȱ Hossfeld,ȱF.ȬL.ȱ 156ȱ Hübner,ȱ H.ȱ 25,ȱ 260,ȱ 278,ȱ 301,ȱ 304,ȱ 315,ȱ 352,ȱ 361,ȱ 365,ȱ 377,ȱ 443ȱ Hünermann,ȱP.ȱ 452ȱ ȱ Janowski,ȱB.ȱ 34ȱ Janssen,ȱC.ȱ 279ȱ Japhet,ȱS.ȱ 71,ȱ415ȱ Jeremias,ȱJoachimȱȱ 20,ȱ108,ȱ133– 135,ȱ294,ȱ412,ȱ417ȱ Jeremias,ȱ Jörgȱ 34,ȱ 51–54,ȱ 72,ȱ 74–76,ȱ101ȱ Jervell,ȱJ.ȱȱ 6,ȱ 25,ȱ 29,ȱ 80–83,ȱ 86,ȱ 93f.,ȱ 106–108,ȱ 110,ȱ 186,ȱ 191,ȱ 206,ȱ 208,ȱ 211,ȱ 214,ȱ 221,ȱ 230,ȱ 237f.,ȱ 240f.,ȱ 244,ȱ 253,ȱ 257,ȱ 263,ȱ276,ȱ352,ȱ357,ȱ443ȱ Jeska,ȱJ.ȱ 21,ȱ28f.,ȱ108,ȱ221,ȱ299f.,ȱ 377f.ȱ Jonge,ȱM.ȱdeȱ 80,ȱ84–86,ȱ88,ȱ92ȱ ȱ Kaestli,ȱJ.ȬD.ȱ 17ȱ Kähler,ȱM.ȱ 268ȱ Kampling,ȱR.ȱ 2ȱ Karrer,ȱM.ȱ 26,ȱ360ȱ Käsemann,ȱE.ȱ 159,ȱ278,ȱ409ȱ

509ȱ

Keller,ȱW.ȱ 27,ȱ409,ȱ414,ȱ423ȱ Kim,ȱS.ȱ 389,ȱ393,ȱ425ȱ KimȬRauchholz,ȱM.ȱ 278ȱ Kingsbury,ȱJ.D.ȱ 275ȱ Kinman,ȱB.R.ȱ 164ȱ Klappert,ȱB.ȱ 5ȱ Klauck,ȱ H.ȬJ.ȱ 123,ȱ 133,ȱ 145,ȱ 237f.,ȱ279f.,ȱ285,ȱ292f.,ȱ295ȱ Klein,ȱG.ȱȱ 159f.ȱ Klein,ȱH.ȱ 12,ȱ119,ȱ135,ȱ168,ȱ179,ȱ 268ȱ Klinghardt,ȱM.ȱ 367ȱ Kloppenborg,ȱJ.S.ȱȱ 147ȱ Koch,ȱD.ȬA.ȱ 221f.,ȱ336f.ȱ Koch,ȱS.ȱ 238,ȱ261ȱ Koet,ȱB.J.ȱ 321,ȱ326ȱ Konradt,ȱM.ȱ 1f.ȱ Kraus,ȱW.ȱ 113,ȱ274f.,ȱ288ȱ Kroll,ȱG.ȱ 200ȱ Küchler,ȱM.ȱ 199,ȱ202f.ȱ Kugler,ȱR.A.ȱ 80,ȱ82,ȱ94f.ȱȱ Kuhn,ȱK.G.ȱ 277ȱ Kümmel,ȱW.G.ȱ 28,ȱ204ȱ Kurowski,ȱP.ȱ 80ȱ ȱ Labahn,ȱM.ȱ 2ȱ Lammers,ȱK.ȱ 144ȱ Lehmann,ȱK.ȱ 11,ȱ134f.ȱ Lehnert,ȱV.A.ȱ 360ȱ Leroy,ȱH.ȱ 280,ȱ289–291ȱ Lichtenberger,ȱH.ȱ 100ȱ LipiÚski,ȱE.ȱ 38,ȱ41ȱ Lohfink,ȱ G.ȱ 25,ȱ 39,ȱ 191f.,ȱ 196– 199,ȱ204f.,ȱ208,ȱ212,ȱ216,ȱ218,ȱ 246,ȱ328,ȱ376,ȱ454ȱ Lohfink,ȱ N.ȱ 52f.,ȱ 61f.,ȱ 68,ȱ 379,ȱ 392,ȱ425ȱ Lohse,ȱE.ȱ 276ȱ Longenecker,ȱR.N.ȱ 386ȱ Löning,ȱK.ȱ 17,ȱ30,ȱ109,ȱ112,ȱ122,ȱ 167f.,ȱ180,ȱ308ȱ Luz,ȱU.ȱ 139,ȱ148,ȱ271ȱ

510ȱ

Autorenregisterȱ

Macchi,ȱJ.ȬD.ȱ 300,ȱ377ȱ Maier,ȱJ.ȱ 48,ȱ76–78,ȱ375ȱ Mann,ȱC.S.ȱ 143ȱ Marguerat,ȱ D.ȱ 19,ȱ 26,ȱ 28,ȱ 193,ȱ 350f.,ȱ357,ȱ369,ȱ371ȱ Markschies,ȱC.ȱ 295,ȱ440ȱ Merkel,ȱH.ȱ 366ȱ Merz,ȱA.ȱ 3,ȱ97ȱ Mitchell,ȱS.ȱ 380ȱ Mittelstaedt,ȱA.ȱ 29ȱ Miura,ȱY.ȱ 253,ȱ311ȱ Montefiore,ȱC.G.ȱ 386ȱ Moo,ȱD.J.ȱ 386f.,ȱ389ȱ Müller,ȱK.ȱ 27,ȱ77,ȱ398–400,ȱ407ȱ Müller,ȱU.B.ȱ 134ȱ Münch,ȱC.ȱ 17ȱ Mußner,ȱ F.ȱ 4,ȱ 31,ȱ 37f.,ȱ 42,ȱ 97,ȱ 256,ȱ390,ȱ417,ȱ423,ȱ442ȱ ȱ Neef,ȱH.D.ȱ 39f.,ȱ66ȱ Neubrand,ȱ M.ȱ 6,ȱ 25f.,ȱ 28f.,ȱ 32,ȱ 234,ȱ 239,ȱ 242,ȱ 247,ȱ 249,ȱ 252,ȱ 256,ȱ262,ȱ265,ȱ321,ȱ323f.,ȱ360,ȱ 374f.ȱ Niehr,ȱH.ȱ 57ȱ Nolland,ȱJ.ȱ 143,ȱ321ȱ ȱ Oberlinner,ȱL.ȱ 374,ȱ438ȱ ȱ Perlitt,ȱL.ȱ 40ȱ Pesch,ȱ R.ȱ 6,ȱ 106,ȱ 206,ȱ 208,ȱ 240,ȱ 245,ȱ279,ȱ352ȱ Peterson,ȱE.ȱ 418ȱ Pfister,ȱF.ȱ 349ȱ Plag,ȱC.ȱ 407,ȱ414ȱ Plümacher,ȱE.ȱ 11,ȱ28,ȱ110ȱ Pokorný,ȱ P.ȱ 78,ȱ 107,ȱ 112,ȱ 120,ȱ 224,ȱ236,ȱ316f.,ȱ319ȱ Potterie,ȱI.ȱdeȱlaȱ 294ȱ Powell,ȱM.A.ȱ 17ȱ ȱ Rad,ȱG.ȱv.ȱ 97ȱ

Radl,ȱW.ȱ 113,ȱ320,ȱ351ȱ Rahner,ȱK.ȱ 326ȱ Räisänen,ȱH.ȱ 398ȱ Ravens,ȱD.ȱȱ 31,ȱ339ȱ ReadȬHeimerdinger,ȱ J.ȱ 243f.,ȱ 257ȱ Reed,ȱA.Y.ȱ 3ȱ Rehkopf,ȱF.ȱ 176ȱ Reinbold,ȱW.ȱ 276ȱ Reiser,ȱM.ȱ 106–108ȱ Rendtorff,ȱR.ȱ 41ȱ Rengstorf,ȱK.ȬH.ȱ 140,ȱ160ȱ Rese,ȱM.ȱ 25,ȱ133f.ȱ Reventlow,ȱH.ȱ 79,ȱ274ȱ RiusȬCamps,ȱJ.ȱ 243f.,ȱ257ȱ Robinson,ȱJ.M.ȱȱ 147ȱ Robinson,ȱW.C.ȱ 120ȱ Roloff,ȱJ.ȱ 209,ȱ245,ȱ372ȱ Römer,ȱT.ȱ 300,ȱ377ȱ Rouwhorst,ȱG.ȱ 442ȱ Rudolph,ȱK.ȱ 370ȱ Rusam,ȱ D.ȱ 28f.,ȱ 113,ȱ 178,ȱ 226,ȱ 323ȱ ȱ Sand,ȱA.ȱ 1,ȱ360ȱ Sanders,ȱE.P.ȱ 388ȱ Sanders,ȱJ.T.ȱ 25ȱ Sänger,ȱD.ȱ 408–410,ȱ425ȱ Schäfer,ȱP.ȱ 3,ȱ43ȱ Schenke,ȱL.ȱ 331ȱ Schiffner,ȱK.ȱ 126f.ȱ Schille,ȱG.ȱ 352ȱ Schimanowski,ȱG.ȱ 99ȱ Schleiermacher,ȱF.D.E.ȱ 120,ȱ375ȱ Schleritt,ȱF.ȱ 268ȱ Schlier,ȱH.ȱ 197ȱ Schmid,ȱK.ȱ 298ȱ Schmidt,ȱK.L.ȱ 123ȱ Schnackenburg,ȱR.ȱ 104ȱ Schneider,ȱ G.ȱ 6,ȱ 25,ȱ 143,ȱ 167f.,ȱ 179,ȱ208,ȱ219,ȱ229f.,ȱ236,ȱ256,ȱ 346,ȱ350,ȱ359ȱ

ȱ

Autorenregisterȱ

Schnelle,ȱ U.ȱ 2,ȱ 5,ȱ 22–24,ȱ 112,ȱ 115,ȱ390f.,ȱ407,ȱ420,ȱ424ȱ Scholtissek,ȱK.ȱ 97–99,ȱ104f.,ȱ379ȱ Schreckenberg,ȱH.ȱ 448ȱ Schreiber,ȱS.ȱ 2,ȱ395ȱ Schreiner,ȱ J.ȱ 38f.,ȱ 41f.,ȱ 48,ȱ 97,ȱ 181,ȱ375f.ȱ Schröter,ȱ J.ȱ 19f.,ȱ 25f.,ȱ 28,ȱ 30f.,ȱ 109,ȱ248,ȱ259,ȱ351,ȱ358,ȱ405ȱ Schulz,ȱS.ȱ 287ȱ Schürer,ȱE.ȱ 203,ȱ401ȱ Schürmann,ȱH.ȱ 287,ȱ321ȱ Schütz,ȱR.ȱ 294ȱ Schwarz,ȱB.ȱ 31ȱ Schweitzer,ȱA.ȱ 386ȱ Schweizer,ȱ E.ȱ 113,ȱ 160,ȱ 165,ȱ 179,ȱ184,ȱ275,ȱ288,ȱ328ȱ Schwemer,ȱ A.M.ȱ 3,ȱ 29,ȱ 97,ȱ 106f.,ȱ142,ȱ162,ȱ171,ȱ201,ȱ270,ȱ 330f.,ȱ335,ȱ380,ȱ393ȱ Scoralick,ȱR.ȱ 72,ȱ74ȱ Scott,ȱJ.M.ȱ 409,ȱ415f.,ȱ421ȱ Seebaß,ȱH.ȱ 35ȱ Shauf,ȱS.ȱ 109ȱ Siebenrock,ȱR.ȱ 449–452ȱ Siegert,ȱF.ȱ 380ȱ Söding,ȱT.ȱ 12,ȱ17,ȱ287ȱ Spieckermann,ȱH.ȱȱ 43ȱ Squires,ȱJ.T.ȱ 308,ȱ358ȱ Stadelmann,ȱH.ȱ 31ȱ Starck,ȱH.ȱ 5ȱ Steck,ȱ O.H.ȱ 45,ȱ 54f.,ȱ 57–59,ȱ 89,ȱ 93,ȱ147,ȱ378ȱ Stegemann,ȱW.ȱ 321ȱ Steinberg,ȱJ.ȱ 34,ȱ37ȱ Stemberger,ȱG.ȱ 275,ȱ405ȱ Stendahl,ȱK.ȱ 387f.ȱ Stern,ȱM.ȱ 107ȱ Strack,ȱ H.L.ȱ 43,ȱ 135,ȱ 140,ȱ 156f.,ȱ 296ȱ Strecker,ȱC.ȱ 387f.ȱ Stuhlmacher,ȱP.ȱ 296,ȱ410ȱ

511ȱ

Stuhlmann,ȱR.ȱ 180f.ȱ Sylva,ȱD.D.ȱ 294ȱ ȱ Talbert,ȱC.H.ȱ 111,ȱ132,ȱ159ȱ Tannehill,ȱR.C.ȱ 17f.,ȱ109,ȱ308ȱ Theißen,ȱG.ȱ 3,ȱ97,ȱ400,ȱ444ȱ Theobald,ȱM.ȱ 2,ȱ5,ȱ8,ȱ11,ȱ14,ȱ24,ȱ 27,ȱ 121,ȱ 205,ȱ 221,ȱ 238,ȱ 265,ȱ 268,ȱ272,ȱ281f.,ȱ307,ȱ366,ȱ373,ȱ 395–401,ȱ 404,ȱ 407,ȱ 409f.,ȱ 414f.,ȱ 417f.,ȱ 420,ȱ 422f.,ȱ 425,ȱ 429,ȱ 431,ȱ 433f.,ȱ 436f.,ȱ 439,ȱ 442,ȱ446f.ȱ Thiessen,ȱJ.ȱ 419ȱ Thornton,ȱC.ȬJ.ȱ 77ȱ Tiede,ȱD.L.ȱȱ 367ȱ Tilly,ȱM.ȱ 103ȱ Tyson,ȱJ.B.ȱ 364ȱ ȱ Ulrichsen,ȱJ.H.ȱ 80–82ȱ Unnik,ȱW.C.ȱvanȱ 194ȱ ȱ Verheyden,ȱJ.ȱ 18,ȱ109ȱ Vermes,ȱG.ȱ 401ȱ Vielhauer,ȱP.ȱ 28,ȱ31,ȱ204ȱ Volz,ȱP.ȱ 97ȱ Vorländer,ȱH.ȱ 280f.ȱ ȱ Wälchli,ȱS.ȱ 50ȱ Waldenfels,ȱH.ȱ 450ȱ Wander,ȱB.ȱ 3,ȱ380ȱ Wasserberg,ȱ G.ȱ 17f.,ȱ 28f.,ȱ 32,ȱ 225,ȱ275,ȱ340f.,ȱ352,ȱ360,ȱ363,ȱ 375ȱ Weatherly,ȱJ.A.ȱ 273ȱ Weaver,ȱJ.A.ȱ 408ȱ Weber,ȱR.ȱ 391ȱ Weder,ȱH.ȱ 22ȱ Wehnert,ȱJ.ȱ 175,ȱ260ȱ Weiser,ȱA.ȱ 195–197,ȱ246ȱ Weiss,ȱB.ȱ 143ȱ Weissenrieder,ȱA.ȱ 106ȱ

512ȱ

Autorenregisterȱ

Wellhausen,ȱJ.ȱ 47ȱ Wengst,ȱK.ȱȱ 383,ȱ442ȱ Westermann,ȱC.ȱ 63ȱ Wick,ȱP.ȱ 23,ȱ298,ȱ367f.,ȱ386ȱ Wiedenhofer,ȱS.ȱ 4ȱ Wilckens,ȱU.ȱ 29f.,ȱ208,ȱ212,ȱ360,ȱ 372,ȱ378,ȱ395,ȱ403,ȱ405,ȱ407f.,ȱ 411,ȱ413f.,ȱ420,ȱ429ȱ Wildberger,ȱH.ȱ 38,ȱ42ȱ Winter,ȱP.ȱ 294ȱ Wischmeyer,ȱO.ȱ 22ȱ Wolff,ȱH.W.ȱ 301f.ȱ Wolter,ȱ M.ȱ 8,ȱ 18,ȱ 23,ȱ 30,ȱ 106f.,ȱ 111f.,ȱ 119–121,ȱ 126,ȱ 128f.,ȱ 135,ȱ 139,ȱ 152,ȱ 158f.,ȱ 161f.,ȱ 214,ȱ224f.,ȱ250,ȱ272,ȱ276,ȱ280– ȱ ȱ ȱ

283,ȱ286f.,ȱ289,ȱ308,ȱ310–312,ȱ 318,ȱ320–323,ȱ326,ȱ329,ȱ331f.,ȱ 334f.,ȱ342,ȱ364,ȱ366,ȱ368,ȱ370,ȱ 380f.,ȱ387,ȱ436ȱ ȱ Zahn,ȱT.ȱ 167,ȱ350ȱ Zeller,ȱD.ȱ 423ȱ Zenger,ȱ E.ȱ 33,ȱ 45–47,ȱ 60–63,ȱ 68f.,ȱ79,ȱ156ȱ Zimmerli,ȱW.ȱ 393ȱ Zimmermann,ȱJ.ȱ 99ȱ Zingg,ȱP.ȱ 30ȱ Zmijewski,ȱ J.ȱ 168,ȱ 170,ȱ 172,ȱ 208f.,ȱ 212,ȱ 216f.,ȱ 238,ȱ 245,ȱ 248,ȱ257,ȱ293ȱ ȱ