Die Transferregelungen im Profisport im Lichte des »Bosman-Urteils« im Vergleich zu den Mechanismen im bezahlten amerikanischen Sport [1 ed.] 9783428497577, 9783428097579

Das »Bosman«-Urteil des EuGH bewirkte den Wegfall von bis dahin anerkannten Transferbestimmungen in den Statuten der Fuß

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Die Transferregelungen im Profisport im Lichte des »Bosman-Urteils« im Vergleich zu den Mechanismen im bezahlten amerikanischen Sport [1 ed.]
 9783428497577, 9783428097579

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HANS-RALPH TROMMER

Die Transferregelungen im Profisport im Lichte des "Bosman-Urteils" im Vergleich zu den Mechanismen im bezahlten amerikanischen Sport

Beiträge zum Sportrecht Herausgegeben von Kristian Kühl, Peter J. Teuinger und Klaus Vieweg

Band 4

Die Transferregelungen im Profisport im Lichte des "Bosman-Urteils" im Vergleich zu den Mechanismen im bezahlten amerikanischen Sport

Von Hans-Ralph Trümmer

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Trommer, Hans-Ralph: Die Transferregelungen im Profisport im Lichte des "Bosman-Urteils" im Vergleich zu den Mechanismen im bezahlten amerikanischen Sport / von Hans-Ralph Trommer. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Beiträge zum Sportrecht ; Bd. 4) Zug!.: Bochum, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09757-2

D294 Alle Rechte vorbehalten

© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1435-7925 ISBN 3-428-09757-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

e

Vorwort Für die Betreuung der Arbeit möchte ich Herrn Prof. Dr. Tettinger herzlich danken. Er hat das Thema angeregt und die Untersuchung in vielfältiger Weise gefördert. Herrn Prof. Dr. Wank danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens. Gleichfalls zu Dank verpflichtet bin ich Herrn Prof. Robert H. Waters und Frau Olga Kazakevitch von der University of Miami sowie Herrn Rechtsanwalt Ralf Hermanns, die mich während meines dortigen Forschungsaufenthaltes bei der Suche nach Literatur und Rechtsprechung unterstützten und mir als Gesprächspartner stets zur Verfügung standen. Dank gebührt auch meiner Schwester Heike Kirscheck und Herrn Artur Böhme, die mir bei der Mühsal des Korrekturlesens halfen. Herrn Rechtsanwalt Dr. Bernd Gall danke ich für die mir zur Verfügung gestellte Zeit, um die Arbeit zum Abschluß zu bringen. Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei meinen Eltern, die mir nicht zuletzt auch meine Ausbildung ermöglicht haben. Ihnen, meiner Frau Jeannette und meiner Tochter Nikola widme ich diese Arbeit. Abschließend danke ich noch den Herren Prof. Dr. Dr. Kühl, Prof. Dr. Tettinger und Prof. Dr. Vieweg für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe "Beiträge zum Sportrecht". MülheimlRuhr, im Juli 1999 Hans-Ralph Trommer

Inhaltsverzeichnis Gegenstand und Gang der Untersuchung................................................................ 23

1. Teil Die Transfer- und Ablösebestimmungen im deutschen Fußballsport nach der sog. "Bosman"-Entscheidung des EuGH vom 15. Dezember 1995

26

§ 1 Organisationsrechtliche Prolegomena..................................................................

26

1. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und seine verbandsrechtlichen Regeln...

26

1.

Allgemeines.............................................................................................

26

2.

Die rechtlichen Strukturen des DFB ........................................................

28

a) Die Rechts- und Organisationsform des DFB ...................................

28

b) Die Organe und ihre Aufgaben..........................................................

30

aa) Allgemeiner Überblick ..............................................................

31

bb) Der Beirat (§ 30 SatzunglDFB).................................................

31

cc) Der Liga-Ausschuß (§ 47 SatzunglDFB i.V.m. §§ 14 ff. LSt)..

32

11. Die organisationsrechtliche Einbindung des DFB in die UEFA und in die FIFA...............................................................................................................

32

III. Die Rechtsbeziehungen im deutschen Lizenzfußball im Lichte des Lizenzspielerstatuts ...................................................................................................

33

1. 2. 3.

Die rechtlichen Beziehungen zwischen dem DFB und den Bundesligavereinen .... ..... ......................... ................. ........... ..... .......... ........ ... .... .......

34

Die rechtlichen Beziehungen zwischen dem DFB und den Lizenzspielern...........................................................................................................

35

Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Lizenzvereinen und den Lizenzspielern .........................................................................................

37

§ 2 Die bis zur "Bosman"-Entscheidung geltenden Transfer- und Abläsebestimmungen ................................................................................................................

39

Inhaltsverzeichnis

8

I. Die bisher geltenden Transferregeln im Inland ..............................................

39

I.

Die Transferliste ......................................................................................

39

2.

Die Transferentschädigung als Voraussetzung für den Spielerwechsel...

40

3.

Die ökonomische Bedeutung der Transferentschädigung........................

41

a) Transferentschädigung als wirtschaftlicher Wert in den Vereinsbilanzen ..... .......... ...... ...... .... .... ............ ........... .......... .................... .....

41

b) Transferentschädigung als Gläubigersicherheit.................................

42

Die bisherige verfassungsrechtliche Würdigung der Transferregeln aus nationaler Sicht........................................................................................

43

11. Die bis zur "Bosman"-Entscheidung geltenden Transferregeln bei einem Vereinswechsel unter Beteiligung ausländischer Mitgliedsverbände der UEFA bzw. FIFA ...........................................................................................

53

§ 3 Die Transfer- und Ablöseregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils des EuGH vom 15. Dezember 1995 ...........................................................................

54

I. Sachverhaltsdarstellung..................................................................................

54

11. Inhalt und Feststellungen des Urteils..............................................................

56

4.

I.

2.

Anwendbarkeit des Art. 48 EGV auf den (Berufsfußball-)Sport und auf die von (Fußball-) Verbänden aufgestellten Regeln .................................

56

a) Zuordnung des Sports zum Wirtschaftsleben gern. Art. 2 EGV........

57

b) Die unmittelbare Drittwirkung des Art. 48 EGV...............................

60

Die Transferregeln als ungerechtfertigter Verstoß gegen die EG-Freizügigkeit gern. Art. 48 EGV........................................................................ 62 a) Eingriff in den Schutzbereich des Art. 48 EGV ................................

63

aa) Art. 48 EGV als umfassendes Beschränkungsverbot ................

63

bb) Transferregeln als Beeinträchtigungen......................................

65

b) Rechtfertigung ......... ... ....... ....... ... ...... .......... .... .......... ......... ......... ......

66

aa) Vereinigungsfreiheit der Sportverbände....................................

68

bb) Aufrechterhaltung des finanziellen und sportlichen Gleichgewichts / Nachwuchsförderung ...................................................

70

3.

Zeitliche Wirkung des Urteils..................................................................

75

4.

Reichweite des Urteils.............................................................................

77

Inhaltsverzeichnis

9

a) Personale Beschränkung auf Angehörige der EU- und der EWR-Mitgliedstaaten........................................................................................ 77 b) Materielle Beschränkungen...............................................................

78

III. Auswirkungen des Urteils insbesondere im Hinblick auf den deutschen Profifußball............................................................................................................ 79 I.

Die Reaktion des DFB .............................................................................

79

2.

Die Reaktionen der internationalen Verbände .........................................

81

a) Die Reaktion der FIFA ......................................................................

81

b) Die Reaktion der UEFA ... .... ........ ...... ...... .........................................

82

Die aus dem Urteil und dessen Umsetzung unmittelbar resultierenden Transfergestaltungen und ihre Transferentschädigungen ........................

83

a) Wechsel eines deutschen Berufsfußballspielers ................................

84

aa) Innerhalb der Bundesliga ..........................................................

84

bb) Aus dem EG-Ausland in die Bundesliga...................................

84

cc) Aus der Bundesliga in das EG-Ausland ....................................

85

dd) Aus dem Nicht-EG-Ausland in die Bundesliga.........................

85

ee) Aus der Bundesliga in das Nicht-EG-Land ...............................

85

b) Wechsel eines EG-Ausländers ..........................................................

85

c) Wechsel eines Nicht-EG-Ausländers ................................................

87

4.

Die "Inländerdiskriminierung" als mittelbare Auswirkung .....................

87

5.

Umgehung/Mißbrauch des Urteils...........................................................

89

a) Die Gestaltung künftiger Verträge ....................................................

90

b) Das sog. "Auslandsparken" unter Berücksichtigung des allg. Umgehungs- und Mißbrauchsverbots......................................................

92

c) Berufsfußballspieler als Unternehmer ...............................................

93

d) Die Verlängerungsklausel des § II des Mustervertrages des DFB ...

94

Die ökonomischen Konsequenzen hinsichtlich der Bewertung des Vereinsvermögens und der Kreditbeschaffung..............................................

96

IV.Alternativvorschläge zum Zwecke der Aufrechterhaltung eines sportlichen und finanziellen Gleichgewichts ....................................................................

99

3.

6.

Inhaltsverzeichnis

10

2. Teil

Die Transfermechanismen und Ligapraktiken im amerikanischen Profisport

101

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen dargestellt am Beispiel der ,,National Football League" ............................................................. 101 1. Die rechtlichen Strukturen der NFL ............................................................... 101

1.

Die Rechts- und Organisationsform der NFL einschließlich ihrer Rechtsbeziehungen .. ........ ... ................ ......... ........................................ ....... ... ..... 101

2.

Ökonomische Betrachtungen ................................................................... 105

3.

Die hauptsächlichen Organe und ihre Aufgaben ..................................... 108 a) Das Exekutivkomitee ("Executive Committee") ............................... 108 b) Der "Commissioner" ......................................................................... 108

11. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Klubs und den Spielern ............. 110 III. Die Besonderheiten in den anderen Ligen ...................................................... 112 IV. Die Tarifverträge ("collective bargaining agreements") der amerikanischen Profi-Ligen und ihre Beteiligten ..................................................................... 113 1.

Allgemeine Rechtsnatur von Tarifverträgen unter Beachtung des Amerikanischen Gesetzes betr. die Arbeitsbeziehungen ("National Labor Relations Act") ........................................................................................ 113

2.

Sportgeschichtliche Entwicklung der Tarifverträge und deren Bedeutung im Sport.. ........ .............. ....... ....... ...... ......... ... ...................... ... .......... 116 a) Die Spielergewerkschaften ("player associations") ........................... 117 b) Die Tarifverträge in den amerikanischen Profi-Ligen ....................... 119 aa) Die NFL-Tarifverträge .............................................................. 120 bb) Die NBA-Tarifverträge ............................................................. 123 cc) Die NHL-Tarifverträge ............................................................. 126

§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge .......................................... 127 1. Die Rekrutierung von College-Nachwuchsspielern ("college draft") ............ 127

1. Einleitung ..... ...... ........ ...... ......... ............... ....... ..... ...... ....... ....... ..... .... ...... 127 2.

Das gegenwärtige "draft system" der Ligen, dargestellt anband der NFL-"draft" ............................................................................................. 130

11. Die Festlegung von Gehaltsobergrenzen ("saIary cap") ....... ..... .... ...... .... ....... 130

Inhaltsverzeichnis

11

1.

Die NFL-"salary cap" .............................................................................. 132

2.

Die NBA-"salary cap" ............................................................................. 134

3.

Die NHL-"salary cap" ............................................................................. 134

III. Die freie Transfermöglichkeit ("free agency") ............................................... 135 1. Chronik .................................................................................................... 136 a) "Reserve clause" ............................................................................... 136 b) "Option clause" ................................................................................. 138 c) "Rozelle Rule" .................................................................................. 139 d) "Right of first refusal compensation system" .................................... 140 e) "Plan B free agency" ........ ....... ........... ................... ............................ 141 2.

Die gegenwärtigen Transfermechanismen ............................................... 143 a) Football ............................................................................................. 143 aa) "Restricted Free Agent" ............................................................ 143 bb) "Unrestricted Free Agent........................................................... 145 cc) "Franchise Player" ...... .... ...... ........ ....... .... ........................ ......... 146 dd) "Transition Player" .................................................................... 147 ee) "Veterans with less than three accrued seasons" ....................... 148 ff)

Auswirkungen ........ .... .......... ..... ... .... ......... ...... ..................... ..... 148

b) Eishockey........... ...... ...... .... .... ...... ..... ....... ................ ......... ..... ...... ..... 149 aa) "Restricted Free Agent" ............................................................ 149 bb) "Unrestricted Free Agent........................................................... 150 c) Basketball .......................................................................................... 151

§ 6 Die Transfermechanismen und Ligapraktiken im Lichte der amerikanischen Rechtsprechung .................................................................................................... 152 1. Rechtliche Prolegomena: Einführung in das amerikanische Rechtssystem .... 152 11 Die vorrangige Beurteilung der amerikanischen Ligapraktiken aus dem Blickwinkel des Kartellrechts ("antitrust law..) .............................................. 153 III. Relevante Grundstrukturen des amerikanischen Kartellrechts ....................... 157 I.

Die föderale Struktur der amerikanischen Kartellgesetzgebung ("federal-/state antitrust law") ........................................................................... 157

2.

Überblick über das relevante kartellrechtliche Normengefüge ................ 160

12

Inhaltsverzeichnis IV. Der Shennan Act als zentraler Pfeiler im amerikanischen Kartellrecht unter Berücksichtigung der wesentlichen Konturen in der amerikanischen Sportrechtsprechung ......... ........... ......... ............. ........................ ............................. 163 1.

Die Ratio des Shennan Act .... .................. ......... .................... .................. 163

2.

Die tatbestandliche Ausgestaltung des Shennan Act und seine konkrete Anwendbarkeit auf die Regelungen und Praktiken der amerikanischen Profi-Ligen .............................................................................................. 165 a) Das Monopolverbot des § 2 Shennan Act... ...................................... 166 aa) American Football League v. NFL............................................ 171 bb) United States Football League v. NFL ...................................... 173 b) Das Kartellverbot des § 1 Shennan Act ............................................ 176 aa) "Agreement" ............................................................................. 176 bb) "In restraint of trade" .... ......... ........... .... .................................... 180 cc) "Rule of reason"-Doktrin als Instrument zur Entscheidung im Einzelfall............ .................... .................. ............ ................. .... 181 dd) Anwendbarkeit .......................................................................... 183 (1) Mackey v. NFL (Teil 1) ..................................................... 189 (2) Smith v. Pro-Football, Inc .................................................. 190

V. Die arbeitsrechtliche Freistellung vom amerikanischen.Kartellrecht ("labor exemption") .................................................................................................... 192 1. Gesetzliche Freistellung ("statutory labor exemption")........................... 193 2.

Richterrechtliche Freistellung ("nonstatutory exemption") ..................... 195 a) Mackey v. NFL (Teil 2) .................................................................... 196 b) McCourt v. Califomia Sports, Inc. & The Los Angeles Kings .......... 198 c) Powell v. NFL ................................................................................... 200 d) McNeil v. NFL .................................................................................. 201

3. Teil Möglichkeiten der Übertragbarkeit der amerikanischen Ligapraktiken auf die Verhältnisse im deutschen und europäischen Profifußball

203

§ 7 Der Adaption des Transfersystems entgegenstehende verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben ............ ............... ....................................................... 203

Inhaltsverzeichnis

13

I. Verfassungsrechtliche Bedenken im Lichte des Art. 12 Abs. I GG .... ....... .... 203

I.

"Draft"-System ........................................................................................ 203

2.

,,Free agency"-System ............................................................................. 205

3.

Zwischenergebnis .................................................................................... 206

11. Gemeinschaftsrechtliche Bedenken im Lichte des Art. 48 EGV.................... 206 1.

"Draft"-System ........................................................................................ 206

2.

,,Free agency"-System ............................................................................. 208

3.

Zwischenergebnis .................................................................................... 208

§ 8 Der deutsche Berufsfußball unter Zugrundelegung amerikanischer Strukturen... 208 I. Ausgliederung der Lizenzspielerabteilungen aus den Vereinen und deren Umwandlung in Kapitalgesellschaften ........................................................... 209

11. Die Neugründung einer Profi-Liga unter Einbeziehung des DFB .................. 213 1.

Einbindung des DFB ............................................................................... 213

2.

Nachwuchsförderung ............................................................................... 214

3.

Der Ligavertrag ....................................................................................... 215

III. Abschluß eines umfassenden Tarifvertrages .................................................. 218 1.

Die Tarifparteien ..................................................................................... 219

2.

Die wesentlichen Inhalte des Tarifvertrages ............................................ 221 a) Einführung von Gehaltsobergrenzen ................................................. 221 b) Die Vereinbarung von Transferregeln ........ ................. ...................... 221

§ 9 Die rechtliche Beurteilung transferrelevanter Tarifvertragsregelungen sowie der zentralen Vermarktung der Femsehrechte nach amerikanischem Vorbild ..... 222 I. Die verfassungs- bzw. EG-rechtliche Beurteilung von transferrelevanten Tarifvertragsregelungen ................................................................................. 222

1. Transferregeln als Tarifvertragsvereinbarung im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG ................................................................................................ 222 2.

Transferregeln als Tarifvertragsvereinbarung im Lichte des Art. 48 EGV ........................................................................................................ 229

3.

Zwischenergebnis .................................................................................... 230

11. Die kartellrechtliche Beurteilung transferrelevanter Ausbildungsregeln sowie der zentralen Vermarktung der Fernsehrechte........................... ........... 231

14

Inhaltsverzeichnis

1. Transferrelevante Ausbildungsregeln als kartellrechtlich privilegierte Tarifvereinbarungen ................................................................................ 231 a) Anwendbarkeit des § 1 GWB ............................................................ 231 b) Anwendbarkeit des Art. 85 EGV ....................................................... 233 2.

Die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte .......................................... 233 a) Die zentrale Vermarktung der Europapokal-Heimspiele ................... 235 b) Die zentrale Vermarktung der Bundesliga-Fernsehrechte ................. 240 c) Fazit. .................................................................................................. 241

4. Teil

Schluß betrachtung

242

Literaturverzeichnis .......... .... .... .... ......... ...... .... .... ..... .......... ............ .................. ....... 246

Sachwortverzeichnis ........ ... .............. ....... .............. .............................. ..... ................ 259

Abkürzungsverzeichnis a.A.

anderer Ansicht

AAFC

AlI-American Football Conference

ABA

American Basketball Association

ABI.

Amtsblatt der EG

ABL

American Basketball League

Abs.

Absatz

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

AFL

American Football League

AG

Aktiengesellschaft

AGBG

Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz)

AktG

Aktiengesetz

Alt.

Alternative

a.M.

anderer Meinung

AO

Abgabenordnung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

AP

Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts (Gesetzesstelle und Entscheidungsnummer)

ArbG

Arbeitsgericht

ArbGG

Arbeitsgerichtsgesetz

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

Ausg.

Ausgabe

Az.

Aktenzeichen

BAG

Bundesarbeitsgericht

BAGE

Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

BB

Betriebsberater

Bd.

Band

betr.

betreffend

BFH

Bundesfinanzhof

BFR

Belgische Francs

Abkürzungsverzeichnis

16 BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBI.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BSGE

Entscheidungen des Bundessozialgerichts

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

bzgl.

bezüglich

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

Cal.Rptr.

California Reporter

Cardozo Arts & Ent. LJ.

Cardozo Arts & Entertainment Law Journal (Zeitschrift)

Cath. U. L. Rev.

Catholic University Law Review (Zeitschrift)

CBA

Collectiv Bargaining Agreement

C.D. Cal.

Central District of California

Co.

Company

Comp. Lab. L.

Comparative Labor Law Journal (Zeitschrift)

Computer & High Tech. L. J.

Santa Clara Computer and High Technology Law Journal (Zeitschrift)

Const.

Constitution

DB

Der Betrieb

DBB

Deutscher Basketball-Bund

D.C. Cir.

District of Columbia Circuit (Berufungsgericht des District of Columbia)

D.C. Miss.

District Court of Mississippi

D.C.N.Y.

District Court of N ew York

D.D.C.

District Court of Columbia

DEB

Deutscher Eishockey-Bund

DEL

Deutsche Eishockey-Liga

ders.

derselbe

DFB

Deutscher Fußball-Bund

Diss.

Dissertation

DM

Deutsche Mark

D. Mass.

District Court for the District of Massachusetts

D.Md.

District Court for the District of Maryland

AbkOrzungsverzeichnis D.Minn.

District Court for the District of Minnesota

D.N.J.

District Court for the District of New Jersey

Dok.

Dokument

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

DSB

Deutscher Sportbund

DStR

Deutsches Steuerrecht

Duke L.J.

Duke Law Journal (Zeitschrift)

DZWiR

Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

17

E

Entscheidung

ebda.

ebenda

E.D.

Eastern District (Gerichtsbezirk eines erstinstanzlichen Bundesgerichts mit Zusatz des jeweiligen Bundesstaates)

E.D. Mich.

Eastern District of Michigan

EG

Europäische Gemeinschaften

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäische Gemeinschaft

Ein!.

Einleitung

Emory L.J.

Emory Law Journal (Zeitschrift)

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

EStG

Einkommensteuergesetz

EuGH

Gerichthof der Europäischen Gemeinschaft

EuGRZ

Europäische Grundrechte-Zeitschrift

EuR

Europarecht

EUV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

e.V.

eingetragener Verein

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWR

Europäischer Wirtschaftsraum

EWS

Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht

F., F.2d, F.3d

Federal (Entscheidungssammlung der Bundesberufungsgerichte)

f.; ff.

folgende

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

FIFA

Federation internationale de football association

Fin.Min.

Finanzministerium

FK

Frankfurter Kommentar

Fordham L. Rev.

Fordham Law Review (Zeitschrift)

FS

Festschrift

2 Trommcr

18

Abkürzungsverzeichnis

F. Supp.

Federal Supplement (Entscheidungssammlung der erstinstanzlichen Bundesgerichte)

F.T.C.

Federal Trade Commission (Bundesbehörde)

F.T.C.A.

Federal Trade Commission Act

Fußn.

Fußnote

GA

Generalanwalt

gern.

gemäß

Geo LJ.

Georgetown Law Journal (Zeitschrift)

GG

Grundgesetz

GK

Gemeinschaftskommentar

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

grds.

grundsätzlich

GRUR

Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Habil.-Schr.

Habilitations-Schrift

Harv. L. Rev.

Harvard Law Review (Zeitschrift)

HdbStR

Handbuch des Staatsrechts

h.M.

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber

i.d.F.

in der Fassung

i.E.

im Ergebnis

i.e.S.

im engeren Sinne

Inc.

Incorporated

Ind. LJ.

Indiana Law Journal (Zeitschrift)

IowaL. Rev.

Iowa Law Review (Zeitschrift)

i.S.

in Sachen

ISPR

Internatonale Sportrechteverwertungsgesellschaft mbH

JA

Juristische Arbeitsblätter

jr.

junior

Jura

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

KG

Kammergericht

Komm.

Kommentar

KStG

Körperschaftsteuergesetz

LAG

Landesarbeitsgericht

Abkürzungsverzeichnis lit.

litera

L.J.

Law Journal

L. Rev.

LawReview

LSt

Lizenzspielerstatut

Ltd.

Limited

Marq. Sports L.J.

Marquette Sports Law Journal (Zeitschrift)

Mass.

Massachusetts

M.D.N.C.

Middle District of North Carolina

Mich.

Michigan

Mich. L. Rev.

Michigan Law Review (Zeitschrift)

19

Minn. L. Rev.

Minnesota Law Review (Zeitschrift)

Mio.

Millionen

MLB

Major League Baseball

Mrd.

Milliarden

Münch.Komm.

Münchener Kommentar

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

NASL

North American Soccer League

NBA

National Basketball Association

NBAPA

National Basketball Association Players Association

N.D.

Northern District (Gerichtsbezirk eines erstinstanzlichen Bundesgerichts mit Zusatz des jeweiligen Bundesstaates)

N.D. Ca!.

Northern District of California

n.F.

neue Fassung

NFL

National Football League

NFLPA

National Football League Players Association

NHL

National Hockey Association

NHLPA

National Hockey League Players Association

NLRA

National Labor Relations Act

NLRB

National Labor Relations Board

No.

Number

Nordrh.-Westf.

Nordrhein-Westfalen

Nov.

November

Nr.

Nummer

NWVBL

Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter

N.Y.

NewYork

N.Y.UL

New York University Law Review (Zeitschrift)

2*

20

Abkürzungsverzeichnis

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

Oct.

October

OLG

Oberlandesgericht

P.

Pacific Reporter

Pa.

Pennsylvania

RdA

Recht der Arbeit

Rdn.

Randnummer

resp.

respektive

Rev.

Review

RFA

Restricted Free Agent

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

RIW

Recht der Internationalen Wirtschaft

Rs.

Rechtssache

Rspr.

Rechtsprechung

S.

Seite

S. Ca!. L. Rev.

Southern California Law Review (Zeitschrift)

S.Ct.

Supreme Court Reporter (Entscheidungssammlung des Supreme Court)

S.Ct. Ca!.

Supreme Court of California

S.O.

Southern Oistrict (Gerichts bezirk eines erstinstanzlichen Bundesgerichts mit Zusatz des jeweiligen Bundesstaates)

S.O.N.Y.

Southern District of New York

Sec.

Section

Slg.

Sammlung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften

SMU L. Rev.

Southern Methodist University Law Review (Zeitschrift)

SpielO

Spielordnung

SpuRt

Zeitschrift für Sport und Recht

StaatsR

Staatsrecht

Stat.

Statutes (Gesetzessammlung)

StBp

Die steuerliche Betriebsprüfung

St. lohn's L. Rev.

St. lohn's Law Review (Zeitschrift)

S.W.

South West Reporter

Tenn. L. Rev.

Tennessee Law Review (Zeitschrift)

Tex. Civ. App.

Texas Court of Civil Appeals

Trade Reg. Rep.

Trade Regulation Reporter (Zeitschrift)

Tu!. L. Rev.

Tulane Law Review (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis TV

Television

TVG

Tarifvertragsgesetz

Tz.

Teilziffer

21

u.a.

unter anderem

U. Chi. L. Rev.

University of Chicago Law Review (Zeitschrift)

U. C. L. A. L. Rev.

University of California Los Angeles Law Review (Zeitschrift)

UEFA

Union des associationes europeennes de football

Ufa

UFA Film- und Fernseh GmbH & Co. KG

UFA

Unrestricted Free Agent

U. BI. L. Rev.

University of Illinois Law Review (Zeitschrift)

U. Miami Ent. & Sports L. Rev.

University of Miami Entertainment & Sports Law Review (Zeitschrift)

U. Miami L. Rev.

University of Miami Law Review (Zeitschrift)

URBSFA

Union royale beIge des societes de football association

U.S.

United States Supreme Court Reports (Entscheidungssammlung des Supreme Court)

USA

United States of America

U.S.C.

United States Code (Gesetzessammlung des Bundes)

U.S.C.A.

Uni ted States Code Annotated (Kommentierte Gesetzessammlung des Bundes)

USD

US-Dollar

USFL

United States Football League

v.

versus, vom

Var.

Variante

VBG

Verwaltungsberufsgenossenschaft

vde

Vereinigung der Eishockeyprofis

vdv

Vereinigung der Vertragsfußballspieler

verb.

verbunden

vgI.

vergleiche

VO

Verordnung

VoI.

Volume

Vorb.

Vorbemerkung

WFL

World Football League

WHA

World Hockey Association

WRP

Wettbewerb in Recht und Praxis

WuW

Wirtschaft und Wettbewerb

22 WuW/E

Abkürzungsverzeichnis WuW -Entscheidungssammlung zum Kartellrecht

z.B.

zum Beispiel

ZfA

Zeitschrift für Arbeitsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

Ziff.

Ziffer

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzrecht

Gegenstand und Gang der Untersuchung Nie war der Standort Luxemburg so wichtig für den Lauf des europäischen Fußballs wie nach dem Freitag des 15. Dezembers 1995, als der EuGH seine wohl mit Fug und Recht als epochemachend zu bezeichnende Entscheidung i.S. "Bosman" verkündete. l Wohl kaum ein Urteil des EuGH ist mit so viel Spannung erwartet und in der breiten Öffentlichkeit so kontrovers diskutiert worden. Der EuGH stellte mit seiner Entscheidung die Welt des Profifußballs quasi "auf den Kopf'. Mit Wirkung vom 15. Dezember 1995 hat der EuGH neben den sog. Ausländer-Klauseln jene Regeln der UEFA und der ihr angehörenden nationalen Fußballverbände mit dem EG-Recht für unvereinbar erklärt, die den Transfer von Berufsfußballspielern zwischen Vereinen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten nur gegen Zahlung einer Ablösesumme zulassen. Der gemeinsame europäische Markt der Arbeitnehmer hatte von da an seine Verwirklichung auch im Sport gefunden. Hierdurch wurde die bislang vorherrschende Auffassung der Sportverbände und der Funktionäre, ihre Verbandsordnungen stünden, wenn nicht gar außerhalb des Rechts, so doch jedenfalls außerhalb des Europäischen Gemeinschaftsrechts, von heute auf morgen aus den Angeln gehoben. Entsprechend der Rigidität des Urteils - der EuGH gewährte den Verbänden zur Umsetzung der Entscheidung keinerlei Übergangsfristen - fielen auch die Reaktionen scharf und kontrovers aus. Das Urteil wurde als durchweg sportwidrig und lebensfremd bezeichnet? zumal es überdies mitten in eine laufende Spielzeit fiel. Jedenfalls wurde durch das Urteil ohne Zweifel in ein (Finanzierungs-)System eingegriffen, das für die sportliche und wirtschaftliche Funktionsfähigkeit eines ganzen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Subsystems, als das sich die nationale und supra-nationale Organi-

1

Vgl. EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. I-1995, 4921 (5040 ff.).

2 So beispielsweise der DFB, vgl. FAZ v. 16.12.1995, S. 32. Zuvor hatte sich bereits die Kritik an den Schlußanträgen des Generalanwalts Lenz entzündet, dessen Begründungen der Chefjustitiar des DFB, Goetz Eilers, als "durchgängig sportwidrig, mit juristischer Argumentation, ohne jedoch dem Gegenstand gerecht zu werden", bezeichnete, vgl. DFB-Joumal 4/95, S. 42. Johansson beklagte diesbezüglich, daß die Schlußanträge "die Axt an die Säule des Fußballs" legen würden, vgl. NZZ v. 30.9./1.10.95, S.45.

Gegenstand und Gang der Untersuchung

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sation des bezahlten Fußballs schon seit Jahren darstellt,3 von nicht unerheblicher Bedeutung war: das Transfer- und Ablösesystem. Sozusagen im Sog des "Bosman"-Urteils fällte am 20. November 1996 der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts in Sachen "Kienass" seine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Transfer- und Ablösesystems im deutschen Sport und erklärte in konsequenter Fortführung der "Bosman"-Direktiven die Pflicht zur Zahlung von Transfer- und Ablösesummen für den nationalen Bereich im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG für verfassungswidrig. 4 Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe dieser Arbeit, im Hinblick auf den ersatzlosen Wegfall der Transfer- und Ablösesummen die praktischen Folgen für die Vereine und die Organisation des Berufsfußballs zu beleuchten, um im Anschluß daran unter Heranziehung der amerikanischen Transfermechanismen und Ligapraktiken für den Bereich des deutschen Profifußballs ein adäquates Alternativmodell im Sinne einer sportlich und finanziell ausgewogenen Liga vorzustellen. Hierfür sollen zunächst im ersten Teil der Arbeit - nach einer organisationsrechtlichen Einführung - die bis zur "Bosman"-Entscheidung geltenden Transfer- und Ablösebestimmungen einschließlich ihrer ökonomischen Bedeutung für die Vereine bzw. Liga aufgezeigt werden. Im Vordergrund steht dabei die bislang geführte Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit der Ablösesummen aus nationaler Sicht, die in der "Kienass"-Entscheidung zumindest ihr praktisches Ende gefunden hat. Im Anschluß daran soll die "Bosman"-Entscheidung umfassend gewürdigt und ihre Auswirkungen insbesondere im Hinblick auf den deutschen Profifußball aufgezeigt werden. Alternativvorschläge sollen die Brücke zum zweiten Teil der Bearbeitung schlagen, in dem die Transfermechanismen und Ligapraktiken der amerikanischen Profi-Ligen in ihrem dort dominierenden kartellrechtlichen Kontext dargestellt werden. In den amerikanischen Profi-Ligen werden weitreichende Vereinbarungen zur Regulierung des jeweiligen Ligabetriebs getroffen, die von der zentralen Vergabe der Fernsehrechte und Ligavermarktung bis hin zur tarifvertraglichen Festlegung der Modi über den Spielerwechsel ("free agency"), der Aufteilung des Spielermarktes ("draft") sowie den budgetierten Gehaltsobergrenzen ("salary cap") reichen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen sodann im dritten Teil der Arbeit auf ihre rechtliche und faktische Übertragbarkeit auf die Verhältnisse im deutschen und europäischen Fußball hin untersucht und in die aktuelle Diskussion über

3

H. P. Westermann, Verbandsstrafgewalt, S. 10 ff.

4

Vgl. BAG, Urt. vom 20.11.1996, Az.: 5 AZR 518/95, SpuRt 1997,94 ff.

Gegenstand und Gang der Untersuchung

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eine Neustrukturierung des deutschen Profifußballs eingebettet werden. Schwerpunktmäßig soll dabei untersucht werden, inwieweit einer tarifvertraglichen Einführung transferrelevanter Kollektivregelungen verfassungs- resp. EG-rechtliche Barrieren in Gestalt des Art. 12 Abs. I GG bzw. Art. 48 EGV entgegenstehen. Der vierte Teil faßt die Ergebnisse der Arbeit zusammen.

1. Teil

Die Transfer- und Ablösebestimmungen im deutschen Fußballsport nach der sog. "Bosman"-Entscheidung des EuGH vom 15. Dezember 1995 § 1 Organisationsrechtliche Prolegomena J. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und seine verbandsrechtlichen Regeln 1. Allgemeines

Der DFB versteht sich als Spitzenorganisation des deutschen Fußballs mit einer nahezu hundertjährigen Tradition. Er ist der Rechtsnachfolger des im Jahre 1900 gegründeten Deutschen Fußball-Bundes mit damaligem Sitz in Berlin. l Gegründet wurde der DFB durch seine ordentlichen Mitglieder, die FußballLandes- und Regionalverbände. Unter der Dachorganisation DFB vereinigen sich heute fünf Regionalverbände, unter denen sich wiederum insgesamt einundzwanzig Landesverbände zusammengeschlossen haben. 2 Hinzu treten die mit Lizenzen ausgestatteten Vereine der Bundesliga des DFB, die zum einen Mitglieder der für sie zuständigen Landesverbände3 und zum anderen außerordentliche Mitglieder des DFB sind. 4 Auf dieser föderalistisch ausgestalteten Verbandsebene5 nimmt der ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgende DFB6 sodann neben repräsentativen insbesondere verbands leitende und regel-

1

Heute hat der DFB seinen Sitz in Frankfurt/Main, vgl. § 1 Abs. 3 SatzunglDFB.

2

§§ 1 Abs. 1 LV.m. 7 Nr. 2 SatzunglDFB.

§ 1 Nr. 5 LSt. Das Lizenzspielerstatut erfuhr im Zuge der "Bosman"-Entscheidung des EuGH vom 15.12.1995 durch den Beschluß des DFB-Beirats vom 27.4.1996 wesentliche Änderungen. Soweit nicht anders kenntlich gemacht, beziehen sich sämtliche in dieser Untersuchung zitierten Regelungen des LSt auf den Stand vom 27.4.1996. 3

4

§ 7 Nr. 3 SatzunglDFB.

5

Vgl. R. Ernst, Vereinsgewalt, S. 119.

Dem DFB ist nach Maßgabe abgabenrechtlicher Vorschriften die steuerbegünstigende Gemeinnützigkeit zuerkannt worden. Entsprechend verpflichtet sich der DFB 6

I. Der DFB und seine verbandsrechtlichen Regeln

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überwachende Aufgaben wahr. 7 "Oberster Grundsatz des DFB ist die Ausübung des Fußballspiels in Amateurspielklassen und Lizenzligen."8 Während der DFB die Bundesliga und die 2. Bundesliga als Lizenzligen im Rahmen einer noch näher zu beleuchtenden selbständigen Ordnung, dem Lizenzspielerstatut,9 als eigene Aufgabe zentralistisch verwaltet,1O obliegt den einzelnen Landesverbänden die Regelung des Spielbetriebs in den Amateurspielklassen. 11 Insgesamt betrachtet hat der DFB auf dem Gebiet des Fußballsports alle damit zusammenhängenden Fragen an sich gezogen und umfassend in seine weitreichende Regelungsgewalt eingebettet. Durch diese verbandlichen Organisationsstrukturen ist der DFB in der Lage, den organisierten Fußball in Deutschland praktisch ohne Konkurrenz zu betreiben. Dies gilt insbesondere für den Bereich des bezahlten Fußballs. Der Anreiz zur Gründung einer Konkurrenzliga auf nationaler Ebene, die unter ähnlichen Bedingungen einen Wettbewerb veranstalten würde, wird bereits dadurch geschmälert, daß der DFB jedem angeschlossenen Verein die Möglichkeit des Auf- und Abstiegs bietet und sich als saisonal offenes Kartell präsentiert. 12 Darüber hinaus wären Akzeptanz und Überlebenschancen einer Konkurrenzliga mit Blick auf die bereits umfassend erfolgte Einbindung des vom DFB betriebenen Wettbewerbs in die Gesellschaft und in die nationale und internationale sportliche Landschaft wohl als gering einzuschätzen. Das zeigt sich insbesondere daran, daß lediglich ein nationaler Verband Mitglied der supranationalen Verbände der FIFA und UEFA sein kann.B Weitere nationale Verbände - und damit auch die diesem Verband angeschlossenen Vereine - wären demnach insbesondere von den von der UEFA veranstalteten lukrativen Euro-

nach § 5 seiner Satzung, lediglich gemeinnützige Zwecke ausschließlich, unmittelbar und selbstlos zu verfolgen; vgl. §§ 51 ff. AO. 7

§ 4 SatzunglDFB.

8

Vgl. Präambel der SatzunglDFB.

9

Im folgenden LSt.

Lediglich an der Organisation der 2. Bundesliga wirken die Regionalverbände mit, vgl. G. Eilers, in: ders. (Hrsg.), Transferbestimmungen im Fußball, S. 2. 10

11 Vgl. G. Eilers, in: Württ. Fußballverband e.V. (Hrsg.), Rechtsprobleme beim Vereinswechsel eines Fußballspielers, S. 8. 12 Zur kartellrechtlichen Betrachtung der Bundesliga vgl. ausführlich S. Pariasca, Kartelle, 1993.

13

Vgl. jeweils Art. 1 Abs. 2 der FIFA- bzw. UEFA-Statuten.

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§ 1 Organisationsrechtliche Prolegomena

papokal-Weubewerben ausgeschlossen. 14 Hierdurch erfährt das faktische nationale Monopol des DFB15 eine internationale Ausstrahlung und verdichtet sich kraft der statutarischen Regeln zu einer "rechtlichen Monopolstellung" .16 Untermauert wird dies durch § 5 Nr. 2 Abs. 2 der Satzung des Deutschen Sportbundes (DSB),17 wonach gemäß dem sog. Ein-Platz-Prinzip nur ein Fachverband pro Sportart Mitglied des DSB sein kann. 18

2. Die rechtlichen Strukturen des DFB

a) Die Rechts- und Organisations/orm des DFB Der DFB stellt sich als eine durch privatrechtlichen Willensakt geschaffene, auf Dauer angelegte Personenvereinigung mit körperschaftlicher Struktur dar. Er ist eine juristische Person des Privatrechts in der Rechtsform eines rechtsfähigen, eingetragenen Vereins i.S.d. §§ 55 ff., 21 BGB. Als solcher genießt er den grundrechtlichen Schutz des Art. 9 Abs. 1 GG, der die gemeinschaftliche sportliche Betätigung im Rahmen eines Vereins vor staatlichem Zugriff bewahrt. 19 Geschützt wird dabei nicht nur der Vereinsbestand, sondern auch die Vereinstätigkeit, verbunden mit dem Recht zur Bildung sportbezogener Wertvorstellungen und Maßstäbe sowie zur Setzung statutarischer sportlicher Ver-

14 Zur Aufnahme- bzw. Teilproblematik nationaler Verbände in internationale Verbände vgl. K. Vieweg, in: Deutsch (Hrsg.), Teilnahme am Sport als Rechtsproblem, S. 23 (30 ff.). 15 Vgl. hierzu J. Wertenbruch, ZIP 1993, 1292 (1295); A. Malatos, Berufsfußball, S. 47; W. Schroeder, Europäische Integration, S. 71 f.; B. H. Weiland, NJW 1978,737; vgl. auch LAG Berlin, NJW 1979,2582; U. Meyer-Cording, RdA 1982, 13 (15). 16 Vgl. G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 112. 17 Zum Anspruch auf Aufnahme in einen Sportbund mit MonopolsteIlung vgl. K. Vieweg, JuS 1983, 825 (826 f.); ders., in: Deutsch (Hrsg.), Teilnahme am Sport als Rechtsproblem, S. 23 (25 ff.). 18 Als problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang der Ausschluß des potentiellen Zweitverbandes von der staatlichen Subventionierung, die ausschließlich den DSB-Mitgliedern zukommt, vgl. hierzu BGH NJW 1975,771 ff.; zur staatlichen Sportförderung vgl. näher die Beiträge von G. Finger, K. Schmidt, P. J. Tettinger, C. Trzaskalik, in: Tettinger (Hrsg.), Subventionierung des Sports, 1987; ferner P. J. Tettinger, NWVBL 1988, 186 ff. 19 Vgl. P. J. Tettinger, in: ders. (Hrsg.), Subventionierung des Sports, S.33; W. Baecker, Vereinsautonomie, S. 26.

I. Der DFB und seine verbandsrechtlichen Regeln

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haltensnormen zur Erfüllung der selbstgesetzten Aufgaben. 2o Von dieser privaten Rechtssetzungsbefugnis hat der DFB umfangreich Gebrauch gemacht und neben den sportlichen Verhaltensregeln insbesondere umfangreiche Rechts-, Verfahrens- und Strafordnungen geschaffen, die die Organisation und den Betrieb des Fußballs auf allen Ebenen regeln. Als zentrale autonome Regelung steht dabei die Satzung des DFB im Vordergrund, die die organisationsrechtliche Grundlage bildet. 21 Sie ist die im Rahmen des zwingenden Rechts verbindlich festgelegte Verfassung, durch die sich der DFB eine eigene innere Ordnung gegeben hat. Sie bestimmt u.a. die zuständigen Organe einschließlich ihrer Rechte und Pflichten und definiert die Rechtsbeziehungen des DFB im Rahmen seiner Verbandsgewalt zu den am Verbandsleben teilnehmenden Personen. Auf föderalistischer Ebene gewährleistet dabei die Satzung den autonomen Mitgliedsverbänden ihre Eigenständigkeit dergestalt, daß sie "innerhalb ihrer Bereiche alle mit der Pflege des Fußballsports zusammenhängenden Fragen selbständig [regeln], soweit nicht diese Fragen der Beschlußfassung durch den DFB vorbehalten sind."22 Neben der Satzung des DFB existieren noch eine Reihe von verbandsrechtlichen Ordnungen, die allesamt ihre Grundlage in § 6 der SatzunglDFB finden und ebenfalls für alle am Verbandsleben teilnehmenden Personen verbindlich sind. 23 Im Hinblick auf die Transferregeln kommen vor allem der SpielordnunglDFB und dem Lizenzspielerstatut zentrale Bedeutung zu. Die Bestimmung der Rechtsnatur der einzelnen Ordnungen und insbesondere die Frage, auf welchem Wege diese Ordnungen Verbandsgewalt auf die Sportler ausstrahlen, wurde in der Vergangenheit uneinheitlich beurteilt. 24 Während vereinzelt rein vereinsrechtliche Argumente 25 herangezogen wurden, rekurrierten andere auf eine vertragliche Grundlage dergestalt, daß die Ordnungen des Verbandes sich als allgemeine Geschäfts- oder Arbeitsbedingungen präsentieren, deren Inhalt für die am Verbandsleben teilnehmenden Personen

20 K. Stern, in: Schroeder/Kaufmann (Hrsg.), Sport und Recht, 142 ff. (143); U. Steiner, DÖV 1983, 173 (175); J. Wertenbruch, NJW 1993, 179 (181); U. Steiner, in: FS Stern, S. 508 (513).

21 Zur Rechtsnatur der Vereinssatzung vgl. eingehend W. Baecker, Vereinsautonomie, S. 26 ff. 22 Vgl. § 12 Nr. 1 SatzunglDFB als Ausfluß einer enumerativen Kompetenzverteilung, vgl. P. Samstag, Vertragsgewalt, S. 19.

23 § 6 Nr. 4 SatzunglDFB. 24

Vgl. die Übersicht bei A. Malatos, Berufsfußball, S. 48 f.

25 So R. Ernst, Vereinsgewalt, S. 30 ff.; W. Baumann, VereinsstrafgewaIt, S. 15, wonach die Verbandsordnungen vereinsrechtliche Rechtssetzungs- und Rechtsanwendungstätigkeit darstellen sollen.

§ 1 Organisationsrechtliche Prolegomena

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verbindlich seien. 26 Andere zeigten Parallelen zu öffentlich-rechtlichen Subordinationsverhältnissen auf und verglichen den Verband mit dem Staat,27 der gegenüber seinen Mitgliedern in quasi-hoheitlicher Form agiere. 28 Zuweilen wurde versucht, Wesensverwandtschaften des autonomen Sportverbandsrechts mit den Satzungen öffentlich-rechtlicher Zwangskörperschaften aufzuzeigen,29 die etwa im Bereich des Handwerks oder der Anwaltschaft Ordnungsaufgaben wahrnehmen. Jedenfalls sieht sich der sich den Ordnungen des DFB unterwerfende Spieler einer Fülle von verbandsautonomen VerhaItensordnungen mit disziplinären Sanktionsdrohungen ausgesetzt, die eine individuelle Eigenbestimmung und Eigengestaltung nahezu ausschließen. 3o Gerade mit Blick auf die im Rahmen der Untersuchung näher zu beleuchtenden Transferentschädigungen kommen dabei Regelungen zum Vorschein, die durchweg berufsregulierende Tendenzen aufweisen und einen Konflikt des die Berufsfreiheit des Berufsfußballspielers schützenden Art. 12 Abs. 1 GG mit der Verbandsautonomie heraufbeschwören. In diesem Zusammenhang wurde nicht seIten die Forderung laut, das breit gefächerte, mit staatlich gewährleistetem Selbstregelungsrecht ausgestattete Sportverbandswesen zumindest teilweise dem Bereich der Privatautonomie zu entziehen, um durch gesetzliche Intervention verfassungsrechtlich festgeschriebene (Grund-)Rechte zu sichern. 3 )

b) Die Organe und ihre Aufgaben Der DFB ist ausgestattet mit einer Vielzahl von Organen, unter denen eine breit gefächerte Aufgabenverteilung stattfindet. Historisch bedingt haben sich dabei die Amateurvereine in allen relevanten Bereichen ihr Mitspracherecht

26

H. Klatt, Stellung des Berufsfußballspielers, S. 13 ff.

27 So beispielsweise J. Bunneister, DÖV 1978, 1 (2), der mit Blick auf die umfangreichen Einwirkungskompetenzen auf die Mitglieder die Verbände gar als "Staaten im Staat" umschreibt. 28 Dahingehend W. Habscheid, in: Schroeder/Kaufmann (Hrsg.), Sport und Recht, S. 158 ff. (163); U. Meyer-Cording, Die Vereins strafe, S. 75 ff.; D. Reuter, NJW 1983, 649 (651). 29 So D. Reuter, NJW 1983,649 (651); vgl. auch J. Bunneister, DÖV 1978, 1 (3); ablehnend K. Stern, in: Schroeder/Kaufmann (Hrsg.), Sport und Recht, 142 ff. (145). 30

Vgl. K. Stern, in: Schroeder/Kaufmann (Hrsg.), Sport und Recht, 142 ff. (144).

3) Vgl. J. Burmeister, DÖV 1978, 1 (3), der in diesem Zusammenhang von "Erscheinungen individueller Entflechtung bzw. der Pervertierung grundrechtlicher Gewährleistungen" spricht. Für eine gesetzliche Intervention unter Hinweis auf die gesetzlichen Regelungen in Italien, Frankreich und Griechenland ebenfalls A. Malatos, Berufsfußball, S. 56 m.w.N.

I. Der DFB und seine verbandsrechtlichen Regeln

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gesichert und sind in die Entscheidungsfindung umfassend eingebunden. Die sich in der Minderheit befindenden Lizenzvereine 32 verfügen als außerordentliche Mitglieder des DFB insbesondere im Bereich des Profifußballs über ein unmittelbares bzw. über Delegierte mittelbares Stimmrecht. 33

aa) Allgemeiner Überblick Die Satzung des DFB sieht folgende Organe vor: 34 den Bundestag (§§ 19 ff. SatzunglDFB) den Beirat (§§ 30 ff. SatzunglDFB) den Vorstand(§§ 32 ff. SatzunglDFB) das Präsidium (§ 35 SatzunglDFB) die Bundesausschüsse (§§ 47 und 49 ff. SatzunglDFB) die Lizenzierungsorgane (§ 48 SatzunglDFB) die Rechtsorgane (§§ 39 ff. SatzunglDFB). Im folgenden sollen lediglich diejenigen Organe näher vorgestellt werden, die im Zusammenhang mit den fast ausschließlich im Lizenzspielerstatut geregelten Transferregeln unmittelbare Kompetenzen beanspruchen.

bb) Der Beirat (§ 30 SatzunglDFB) Bei dem Beirat handelt es sich um ein Organ, das sich aus Delegierten anderer Organe, den Vorsitzenden der Mitgliedsverbände und je zwei Vertretern der Bundesliga und der 2. Bundesliga zusammensetzt. 35 Im wesentlichen ist der Beirat zuständig für Beratung und Beschlußfassung über Angelegenheiten, die ihm der Bundestag überträgt, und über die Fassung und Änderung des Lizenz-

32 Nach § I Nr. 2 LSt umfaßt derzeit die Bundesliga 18 und die 2. Bundesliga 20 Vereine.

33 Zu der inneren Organisation des DFB vgl. ausführlich bei M. N. Becker, Regelung, S. 15 ff. 34

Vgl. die Übersicht in § 18 SatzunglDFB.

35

§ 30 Nr. 1 SatzunglDFB.

§ 1 Organisationsrechtliche Prolegomena

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spielerstatuts. 36 Mit Ausnahme des Vorsitzenden der Rechtsorgane, dem lediglich eine beratende Stimme zukommt, steht allen Mitgliedern des Beirates bei der Beschlußfassung je eine Stimme zur Verfügung. 37 cc) Der Liga-Ausschuß (§ 47 SatzunglDFB LV.m. §§ 14 ff. LSt) Der Liga-Ausschuß ist primär zur Wahrung der Interessen der Lizenzligavereine und der Lizenzspieler berufen. Zu diesem Zweck ist er insbesondere für die Vertretung der Vereine der Lizenzligen in den Organen des DFB zuständig. Gleichwohl bleibt er ein Ausschuß des DFB, dessen Gesamtinteressen er zu berücksichtigen hat. 38 Ein Schwerpunkt seiner Befugnisse39 liegt in der Beurteilung der Voraussetzungen für die Vergabe der für die Teilnahme an den Bundesligen erforderlichen Lizenzen der Vereine und Spieler. Darüber hinaus ist er für die Erteilung der Spielerlaubnis an die Lizenzspieler für einen bestimmten Verein der Lizenzligen zuständig und entscheidet über Anträge und Einsprüche zur Transferliste. Gern. § 15 Nr. 1 lit. a LSt besteht der LigaAusschuß aus dem Vorsitzenden, einem stellvertretenden Vorsitzenden und zehn Beisitzern, die je zur Hälfte von der Bundesliga und der 2. Bundesliga gestellt werden. Die Mitglieder werden durch die Versammlungen der Bundesligen gewählt. 4O 11. Die organisationsrechtliche Einbindung des DFB in die UEFA und in die FIFA Alle nationalen Fußballverbände sind weltweit in dem internationalen Verband41 "Federation internationale de football association" ("FIFA") zusammengeschlossen, der seinen Sitz in Zürich hat. 42 Die FIFA ist ein Verein schweizerischen Rechts, der den Fußball weltweit fördert und organisiert. Innerhalb 36 § 31 Nr. 1, 3 SatzunglDFB. So noch zuletzt am 27. April 1996, als das LSt nach Maßgabe der Vorgaben des EuGH aufgrund seiner "Bosman"-Entscheidung geändert werden mußte, vgl. Amtliche Mitteilungen des DFB vom 29. April und 10. Mai 1996. 37

§ 30 Nr. 2 SatzunglDFB.

38

§ 47 SatzunglDFB i.V.m. § 14 Nr. 1 LSt.

39

Vgl. hierzu § 47 SatzunglDFB i.V.m. § 14 LSt.

40

§ 47 SatzunglDFB i.V.m. § 15 Nr. 2, 3 LSt.

41 Zum Begriff und zur Funktion internationaler Verbände vgl. K. Vieweg, Nonnsetzung, S. 24 ff.

42

Art. 1 Abs. 6 des FIFA-Reglements von 1992.

III. Die Rechtsbeziehungen im deutschen Lizenzfußball

33

dieses Weltverbandes formieren sich wiederum kontinentale Konföderationen, die die nationalen Verbände eines bestimmten Erdteils unter sich vereinigen. Die für den Kontinent Europa zuständige Konföderation ist die "Union des associations europeennes de football" ("UEFA") mit Sitz in Nyon. Zur UEFA gehören neben den Verbänden aus den europäischen Mitgliedstaaten eine Vielzahl weiterer Verbände aus europäischen Staaten. Derzeit zählt die UEFA 50 Mitglieder. Die UEFA hat unter anderem die Aufgabe, die Fußball-Europameisterschaft für Nationalmannschaften und die europäischen EuropapokalWettbewerbe für Klubmannschaften zu organisieren. 43 Die in diesem europäischen Fußballverband zusammengeschlossenen nationalen Verbände verpflichten sich, die Statuten und Reglements sowie die Entscheidungen der UEFA zu befolgen. 44 Vor diesem Hintergrund erklärt sich der DFB gern. § 3 Nr. 1 und 2 Satzung! DFB als Mitglied dieser internationalen Verbände und unterwirft sich deren Bestimmungen. Gleichzeitig erklärt der DFB bestimmte Regelungen der FIFA und der UEFA zum Bestandteil seiner Satzung. Hierzu zählt beispielsweise das Reglement der FIFA, das Status und Transfer von Fußballspielern betrifft. 45 III. Die Rechtsbeziehungen im deutschen Lizenzfußball im Lichte des Lizenzspielerstatuts Die Rechtsbeziehungen zwischen den am deutschen Lizenzfußball beteiligten Personen sind im wesentlichen von einem Dreiecksverhältnis mit einem Beziehungsgeflecht DFB-Verein, DFB-Spieler und Spieler-Verein geprägt. 46 Die hieraus resultierenden Rechtsverhältnisse werden überlagert von dem auf der Satzung!DFB beruhenden Lizenzspielerstatut, das zwischen den Beteiligten umfangreiche Rechte und Pflichten begründet. Wie nun die einzelnen nach Maßgabe des Lizenzspielerstatus begründeten Rechtsbeziehungen konkret ausgestaltet sind, wurde in der Vergangenheit insbesondere im Hinblick auf das Rechtsverhältnis DFB-Spieler kontrovers diskutiert. 47 Anlaß zu diesen dogma-

43

Art. 2lit. e LV.m. Art. 12 UEFA-Statuten 1990.

Zur Befolgungspflicht der Normen nationaler Sportverbände gegenüber "ihren" internationalen Verbänden vgl. K. Vieweg, Normsetzung, S. 67 ff. 44 45

§ 3 Abs. 3 SatzunglDFB.

46 Vgl. H. Buchner, RdA 1982, 1; U. Meyer-Cording, RdA 1982, 1 ff.; A. Malatos, Berufsfußball, S. 101; L. Füllgraf, Dreiecksverhältnis, 1980; zum Organisationsrahmen des Berufsfußballs in England, Italien und Spanien vgl. A. Galli, SpuRt 1998, 18 ff. 47 Vgl. G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 16 ff.; M. N. Becker, Regelung, S. 21 ff.; H. Buchner, RdA 1982, 1 ff.; L. Füllgraf, Dreiecksbeziehung, S. 18 ff.; D. 3 Trommcr

§ 1 Organisationsrechtliche Prolegomena

34

tischen Diskussionen gaben seit dem berühmten Bundesligaskandal48 nicht selten spektakuläre Auseinandersetzungen über Spielersperren,49 Lizenzentzug und Transfervorgänge. 5o Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, die hierzu mannigfaltig vertretenen Ansichten jeweils unter Berücksichtigung aller betroffenen Rechtsgebiete darzustellen. Die folgenden Ausführungen sollen sich deshalb darauf beschränken, einen knappen Abriß der wesentlichen Inhalte der einzelnen bilateralen Rechtsverhältnisse zu liefern.

1. Die rechtlichen Beziehungen zwischen dem DFB und den Bundesligavereinen

Neben der mittelbaren verbandsrechtlichen Bindung über die Mitgliedschaft im Regionalverband werden die Rechtsbeziehungen der Bundesligavereine zum DFB im wesentlichen durch den nach § 4 Nr. I LSt abzuschließenden Lizenzvertrag hergestellt. Hierbei handelt es sich um einen vorformulierten, standardisierten Vertrag, durch den sich der Lizenzverein ausdrücklich der Satzung, den Ordnungen einschließlich des Lizenspielerstatuts und der Entscheidungen des DFB unterwirft. 51 Mit dieser durch den Vertrag erteilten, auf ein Jahr befristeten "gebührenpflichtigen" Lizenz erwirbt der Lizenzverein die außerordentliche Mitgliedschaft im DFB.52 Der Lizenzvertrag ist daher als eine Art "Beitrittsvereinbarung" zu sehen. Mit der Lizenz erhält der Verein die Erlaubnis, sich in den Bundesligen als Vereinseinrichtungen des DFB53 nach Maßgabe der vom DFB jeweils festgelegten Benutzungsvorschriften zu betätigen. 54 Zuständig für die Lizenzerteilung ist nach § 14 Nr. 2 lit. a LSt der Liga-

Schennen, Ablösesummen, S. 14 ff.; P. Samstag, VertragsgewaIt, S. 5 ff.; D. Reuter, NJW 1983,649 (651 ff.); K. H. Schmidt, RdA 1972,84 (86 ff.); W. Arens, SpuRt 1994, 179 (182 ff.). 48

Vgl. hierzu R. RaubaU, Der Bundesligaskandal, 1972.

49 Siehe hierzu OLG Frankfurt, NJW 1973, 2208 ff. 50

LAG Berlin NJW 1979, 2582 ff.

51 Vgl. § 4 Nr. 2 LSt. 52 § 8 Nr. 4 SatzunglDFB; zur Lizenzierungspraxis des BerufsfußbaHs in England, Italien und Spanien vgl. A. GaUi, SpuRt 1998, 18 ff. 53 § I Nr. 3 LSt. Die Bundesliga besitzt als Vereinseinrichtung des DFB anders als dessen Mitglieder keine eigene Rechtspersönlichkeit. Anders steHt sich ebenfaHs die Rechtslage in den anderen EG-Mitgliedstaaten dar, wo die jeweilige Profi-Liga entweder ein Mitglied des Verbandes oder ein autonomes Verbandsorgan ist, vgl. A. Malatos, BerufsfußbaH, S. 50, 55. 54 Vgl. § 3 des Lizenzvertrages DFB/Verein.

III. Die Rechtsbeziehungen im deutschen Lizenzfußball

35

Ausschuß. Die Lizenzerteilung ist im wesentlichen abhängig vom Nachweis der sportlichen Qualifikation der Mannschaft und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit,55 wodurch die Funktionsfähigeit des kollektiven Spielbetriebs gesichert werden soll. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird durch den Lizenzierungsausschuß56 in einem förmlichen Verfahren - dem sog. Lizenzierungsverfahren - überprüft. 57

2. Die rechtlichen Beziehungen zwischen dem DFB und den Lizenzspielern

Gem. § I Nr. 4 Abs. I LSt bedürfen neben den (Lizenz-)Vereinen auch die Lizenzspieler einer Lizenz des DFB. Mit der Lizenzerteilung erhält der Spieler den Status eines Lizenzspielers58 und damit die Berechtigung, an der Vereinseinrichtung "Bundesliga" teilzunehmen. Die Lizenz ist gleichzeitig als Erlaubnis zur Ausübung des Berufs als Lizenzfußballspieler zu sehen. 59 Die Erteilung der Lizenz erfolgt aufgrund eines zwischen dem Spieler und dem DFB zu schließenden Vertrages (Lizenzvertrag), der "die Rechte und Pflichten des Spielers als Lizenzspieler, seine Unterwerfung unter die Satzung, das Lizenzspielerstatut, die Ordnungen des DFB und die Entscheidungen der DFB-Organe [regelt]."6o Auf diesem Wege unterliegen die Lizenzspieler der disziplinarischen Einflußmöglichkeit im Wege der Verbandsstrafgewalt, obgleich die Lizenzspieler im Gegensatz zu den Amateurfußballspielem nicht Mitglieder des DFB (und der Lizenzvereine) sind. 61 Aus der Sicht des Spielers hat der Lizenzvertrag als Ausdrucksform einer "monopolistisch verwalteten Lizenzie-

55 Vgl. § 5 lit. bund d LSt. 56 Vgl. § 18 Nr. I lit. f Ziff. 2 SatzunglDFB. 57 Für die Spielzeit 1996/97 haben alle 36 Vereine der Bundesligen, denen z.T. Bedingungen auferlegt worden waren, trotz einer Gesamtverschuldung LH.v. 550 Mio. DM am Ende der abgelaufenen Spielzeit ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachgewiesen, FAZ v. 1.6.1996, S. 25. 58 Vgl. die Definition in § 15 Nr. 3 S. 1 SpieIOIDFB: "Lizenzspieler ist, wer das Fußballspiel aufgrund eines vom DFB lizenzierten Arbeitsvertrages mit einem Lizenzverein betreibt." 59 Vgl. J. Hurmeister, DÖV 1978, 1 (2). 60

Vgl. § 11 Nr. 3 LSt.

61 Diese Konstruktion hat in erster Linie steuerrechtliche Gründe. Durch das Ruhen der Vereinsmitgliedschaft der Lizenzspieler bleibt den Vereinen die Gemeinnützigkeit erhalten, die eine Freistellung insbes. von der Körperschaftssteuer bewirkt. Vgl. hierzu G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S.20; M. N. Hecker, Regelung, S.22; W. Arens, SpuRt 1994, 179 (182). 3·

§ 1 Organisationsrechtliche Prolegomena

36

rung der Ausübbarkeit von Sport als Beruf'62 insoweit den Charakter eines "Unterverwerfungsvertrages", während er sich aus der Sicht des Verbandes als eine Art "Erlaubnisvertrag" präsentiert. 63 Durch den Lizenzvertrag wird jedenfalls eine unmittelbare 64 rechtliche Bindung zwischen Spieler und DFB geschaffen, deren Rechtsnatur in der Literatur heftig umstritten ist.65 Während die rechtssystematischen Diskussionen eingangs nur die Abgrenzung zum Gegenstand hatten, ob durch den Lizenzvertrag ausschließlich rein vertragliche66 oder auch bzw. nur vereinsrechtliche resp. mitgliedschaftliche67 Beziehungen begründet werden, rückte in der Folgezeit die arbeitsrechtliche Komponente des Lizenzvertrages immer mehr in den Vordergrund. Im Blickpunkt stand dabei die Frage, inwieweit der DFB nach Maßgabe der Transfer- und Lizenzierungsregelungen des Lizenzspielerstatuts in das Arbeitsverhältnis zwischen Verein und Spieler hinein wirkt mit der Folge, daß die Organisation des Berufsfußballsports arbeitsrechtlichen Maßstäben zu unterwerfen ist. Freilich wurde auch diese Frage rechtskonstruktiv diskutiert und dogmatisch unterschiedlich beantwortet. 68 Verfassungsrechtliche Brisanz erfuhr die Diskussion vor allem im

62 So J. Burmeister, DÖV 1978, 1 (2). 63 So stellvertretend für viele H. Klatt, Stellung des Berufsfußballspielers, S. 44 ff.;

P. Samstag, Spielerwechsel, S. 13 ff.

64 Eine mittelbare Bindung schafft der Arbeitsvertrag zwischen Spieler und Verein, der das DFB-Satzungs- und Regelwerk in Bezug nimmt und für den Spieler verbindlich vorschreibt, vgl. § lAbs. 2, 3 Musterarbeitsvertrag.

65 Vgl. dazu insgesamt D. Reuter, NJW 1983,649 (650 f.); L. FüllgraJ, Dreiecksbeziehung, S. 20 ff.; H. Buchner, RdA 1982, 1 (6 ff.); M. N. Becker, Regelung, S. 22 ff.; G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 20 ff.; zur Rechtsnatur der Zulassung der Berufsfußballspieler in den anderen EG-Mitgliedstaaten vgl. A. Malatos, Berufsfußball, S. 103 ff. 66

H.-P. Westermann, Verbandsstrafgewalt, S.37; K. H. Schmidt, RdA 1972, 84

(92); L. Börner, Berufssportler, S. 91 ff. (92).

67 So G. Reiss, Die Strafgewalt der Vereine, S. 52 f.; R. Ernst, Vereinsgewalt, S. 140 ff. (145); P. Samstag, Spielerwechsel, S. 25; B. H. Weiland, Fußballbundesliga, S. 9 ff. 68 Teilweise wurde von einem "doppelten Arbeitgeber" (Verein und DFB) gesprochen, so H. Klatt, Stellung des Berufsfußballspielers, S. 137 f.; andererseits wurde versucht, die Arbeitgeberstellung des DFB durch Parallelen zu ähnlichen Dreiecksbeziehungen wie der finanzierte Abzahlungskauf oder die Einziehungsermächtigung zu begründen, vgl. L. FüllgraJ, Dreiecksbeziehung, S. 38 ff. Andere sahen den DFB als Rechtsnachfolger LS.d. § 3 ArbGG, so M. Vollkommer, RdA 1982, 16 (27) bzw. als Dritten i.S.d. § 317 BGB, vgl. U. Meyer-Cording, RdA 1982, 13 (14). H. Buchner, RdA 1982, 1 (9), geht von einer funktionellen Einheit zwischen DFB und Verein aus, wodurch sich der Lizenzspieler zwei Arbeitgebern gegenübersieht, ders., NJW 1976,2242 (2245).

III. Die Rechtsbeziehungen im deutschen Lizenzfußball

37

Zusammenhang mit den Transferregeln, namentlich, inwieweit die vom DFB diktierten, für den Spielertransfer maßgebenden Verbandsregelungen des Lizenzspielerstatuts eine - im Laufe der Arbeit noch aufzuzeigende - 69 Behinderung des durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Arbeitsplatzwechsels von Berufsfußballspielern darstellten. Für die vorliegende Untersuchung soll im Hinblick auf die rechtliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen DFB und Lizenzspieler die Feststellung ausreichen, daß der DFB mit dem Lizenzspielerstatut zwingende Rahmenbedingungen für das Arbeitsverhältnis zwischen Spieler und Verein vorgibt, zu deren Einhaltung sich der Spieler gegenüber dem DFB durch den Lizenzvertrag verpflichtet. Korrespondierend mit der disziplinarischen Einflußmöglichkeit behält sich der DFB dabei "Einflußnahmen unmittelbar auf Inhalt und Bestand des Arbeitsverhältnisses vor"70 und rückt somit zumindest "partiell in die Arbeitgeberstellung [ein]."7!

3. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Lizenzvereinen und den Lizenzspielern

Klarer strukturiert ist das Rechtsverhältnis des Lizenzspielers zum Verein. Nach § 10 LSt sind Lizenzspieler Arbeitnehmer besonderer Art eines vom DFB lizenzierten Vereins. Gern. § 15 SpielOIDFB ist Lizenzspieler, "wer den Fußball aufgrund eines vom DFB lizenzierten Arbeitsvertrages mit einem Lizenzverein betreibt." Freilich reicht allein die statutarische Bezeichnung des DFB nicht aus, um die Arbeitnehmereigenschaft des Lizenzspielers zu begründen und verbindlich das zugrundeliegende Rechtsverhältnis als ein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 611 BGB zu kennzeichnen. 72 Dennoch besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß zumindest die Lizenzspieler Arbeitnehmer im Sinne der arbeitsrechtlichen Vorschriften sind,73 die mit den Vereinen grds. frei aushandel-

69

Siehe hierzu unten § 2 I 4.

70 Vgl. W. Arens, SpuRt 1994, 179 (182). 7! So ArbG Gelsenkirchen, NJW 1977,598; vgl. auch W. Arens, SpuRt 1994, 179

(182). 72

Vgl. M. Schimke, Sportrecht, S. 16.

73 K. H. Schmidt, RdA 1972, 84 (88); G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 31; M. N. Becker, Regelung, S. 46 f. m.w.N; Petzold/Sajaris, EuR 1982,76 (78); H. Buchner, RdA 1 (5 f.); anders U. Fischer, SpuRt 1997, 181 ff. So auch die Rspr., vgl. BGH NJW 1977,598; BSGE 16,98; BAGE 23,171; LAG Hamm, DB 1990,739.

§ 1 Organisationsrechtliche Prolegomena

38

bare Arbeitsverträge schließen.74 Begründet wird diese Auffassung durchweg mit dem Weisungsrecht des arbeitgebenden Vereins, in dessen "Betrieb" der Spieler hinsichtlich Ort, Zeit und Art und Weise der geschuldeten Arbeit eingegliedert ist.75 In dem vom DFB zur Verfügung gestellten DFB-Musterarbeitsvertrag verpflichtet sich der Vertragsspieler, gegen Vergütung sein spielerisches Können und seine ganze Kraft für den Verein einzusetzenJ6 Gleichzeitig unterwirft er sich neben dem Lizenzvertrag abermals den Regelwerken des DFB, insbesondere dem Lizenzspielerstatut.77 Allein durch den Vertragsabschluß darf der Spieler indes noch nicht für den Verein am Spielbetrieb der Bundesliga teilnehmen. Hierfür benötigt der Spieler neben seiner Spiellizenz nach § 26a LSt noch eine sog. Spielerlaubnis, die der ihn verpflichtende Verein beim LigaAusschuß schriftlich beantragen mußJ8 Der Sinn und Zweck dieser zusätzlich erforderlichen Spielerlaubnis liegt in der Tatsache, daß der DFB die Bundesligen als eigene Aufgaben verwaltet und daher "die Aufsicht über das gesamte Geschehen in der Bundesliga führen will."79 Bedeutung erlangt die Spielerlaubnis als Regulativ insbesondere im Vereinswechselverfahren,80 wonach die Spielerlaubnis dem wechselnden Spieler nur dann erteilt wird, wenn die Aufnahme des Spielers in die Transferliste bekanntgegeben worden ist.8 1

74 Vgl. § 21 Nr.2 LSt; zur Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Berufsspieler und Klub in den anderen EG-Mitgliedstaaten vgl. A. Malatos, Berufsfußball, S. 87 ff. 75 Zu den Zuordnungskriterien vgl. näher M. Schimke, Sportrecht, S. 13 ff.; J. Schneider, SpuRt 1996, 118 m.w.N. Im Zuge der "Bosman"-Entscheidung wurde in der Praxis nicht zuletzt auch wegen den enormen Beitragszahlungen an die Berufsgenossenschaft, deren Gesamtforderungen gegenüber den Profiklubs für das Jahr 1995 auf 70,5 Mio. DM angewachsen sind, nicht selten gefordert, Berufsfußballer wie Künstler oder selbständige Unternehmer zu behandeln, die für ihre Auftritte Gagen bzw. Honorare erhalten; so auch die Vereinsspitze von "Borussia Dortmund" G. Niebaum, in: FAZ v. 20.1.1996, S.27. Vgl. im Zusammenhang mit der "Bosman"-Entscheidung unten § 3 III Sc. 76 Vgl. §§ 2, 5 Mustervertrag. 77 Vgl. § 1 Mustervertrag. 78 § 26 Nr. 1 LSt (§ 26a Nr. 1 LSt a.F.). 79 So G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 39. 80 Vgl. hierzu M. N. Becker, Regelung, S. 85. 81

§ 26 Nr. 2 lit. c LSt.

I. Die bisher geltenden Transferregeln im Inland

39

§ 2 Die bis zur "Bosman"-Entscheidung geltenden

Transfer- und Ablösebestimmungen82

Die für den Transfer eines Spielers relevanten Bestimmungen befinden sich in erster Linie in dem Lizenzspielerstatut des DFB, das seit seiner Einführung im Jahre 1963 mehreren Modifizierungen unterworfen wurde. Danach hat sich der Lizenzspieler bei einem Wechsel83 einem förmlichen Vereinswechselverfahren zu unterziehen. Die folgenden Ausführungen sollen einen transparenten Abriß der Transfermechanismen im deutschen Profifußball vor der Entscheidung des EuGH darstellen, um im Anschluß die Bedeutung der Luxemburger Entscheidung nicht nur für den Berufsfußball, sondern für den Profisport insgesamt und deren Auswirkungen auf das Regelwerk des DFB zu verdeutlichen.

I. Die bisher geltenden Transferregeln im Inland 1. Die Transferliste

Zentrale Bedeutung kommt bei einem Transfer eines Spielers der sog. Transferliste zu, in die alle Spieler aufgenommen werden müssen, die einen Vereinswechsel anstreben. 84 Dieses formale Erfordernis hat auch nach der Entscheidung des EuGH i.S. "Bosman" nach wie vor Bestand. Die Aufgabe der Transferliste besteht in der Offenlegung des Vereins wechsels der Lizenzspieler und trägt zur Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen von arbeitsvertraglichen Rechtsverhältnissen im Rahmen des Vereins wechsel verfahrens bei. 85 Von der Eintragung - die in bezug auf den zu schließenden Arbeitsvertrag z.T. als rechtsgeschäftlich vereinbartes Formerfodernis i.S.v. § 125 S.2 BGB betrachtet wird - 86 hängt des weiteren die Erteilung der für die Teilnah-

82 Vgl. hierzu ausführlich G. Eiters, in: Eilers (Hrsg.), Transferbestimmungen im Fußballsport, S. 15 ff.; G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 38 ff.; M. N. Becker, Regelung, S. 102 ff.; D. Schennen, Ablösesummen, S. 14 ff.; L. Füllgraf, Dreiecksbeziehung, S. 76 ff.; J. Wertenbruch, NJW 1993, 179 ff.; D. Reuter, NJW 1983, 649 (654 ff.). 83 Zum Spielerwechsel innerhalb von Amateurvereinen vgl. G. Eilers, in: ders. (Hrsg.), Transferbestimmungen im Fußballsport, S. 15.

84

§ 20 Nr. 1 LSt.

Zum Sinn und Zweck der Transferliste vgl. näher M. N. Becker, Regelung, S. 105 f.; ferner L. Füllgraf, Dreiecksbeziehung, S. 79. 85

86 So P. Samstag, Spielerwechsel, S. 68 ff.; M. N. Becker, Regelung, S.106; A. Malatos, Berufsfußball, S. 122; ablehnend L. Füllgraf, Dreiecksbeziehung, S. 77 f.

§ 2 Die "alten" Transfer- und Ablösebestimmungen

40

me am Spielbetrieb der Lizenzligen erforderlichen Spielerlaubnis ab. 87 Die Transferliste wird vom DFB als alleiniger Verwalter des Lizenzfußballs geführt und ist ganzjährig geöffnet. 88 Die Eintragung erfolgt grds. nur auf schriftlichem Antrag. Antragsberechtigt sind die wechselbereiten Spieler und die Vereine des DFB.89 Die Eintragung erfolgt, wenn der wechselnde Spieler ohne vertragliche Bindung und im Falle eines Einspruchs gegen die Aufnahme dieser zurückgewiesen worden ist. 9o Erst dann dürfen die Verträge innerhalb vorgegebener Fristen im Rahmen der Transferperioden91 zwischen den Vereinen und Spielern abgeschlossen werden. Die Mindestlaufzeit eines Vertrages beträgt grds. ein Jahr. 92 Die Verträge sind sodann dem DFB vorzulegen, der daraufhin den Spieler von der Transferliste streicht. 93

2. Die Transferentschädigung als Voraussetzung für den Spielerwechsel

Bis zur "Bosman"- resp. "Kienass"-Entscheidung konnte grds. der Wechsel eines Profi spielers von seinem alten zu einem neuen Verein auch nach Ablauf seines Vertrages von der Zahlung einer sog. Transferentschädigung94 abhängig gemacht werden. Verbandsrechtlicher normativer Aufhänger für den nationalen Transfer war § 29 Nr. 1 Abs. 1 LSt a.F., der folgenden Wortlaut hatte: "Ein Verein der Lizenzligen, der einen Spieler eines anderen Vereins unter Vertrag nimmt, ist zur Zahlung einer Transferentschädigung an diesen Verein verpflichtet, ( ... )." Die Höhe der Entschädigungszahlung konnte zwischen dem

87 § 26 Nr. 2 lit. c LSt (§ 26a Nr. 2 lit. c LSt a.F.). 88 § 27 Nr. 2 LSt. 89 § 27 Nr. 4 LSt. § 27 Nr. 6 LSt; sowohl über den Antrag als auch über den Einspruch entscheidet der Liga-Ausschuß, § 27 Nr. 8 LSt. 90

91 § 20 Nr. 2 i.V.m. § 27 Nr. 2 LSt; vgl. hierzu näher L. Füllgraf, Dreiecksbeziehung, S. 79; G. Eiters, in: ders. (Hrsg.), Transferbestimmungen im Fußballsport, S. 17. 92

Zu den Ausnahmen vgl. § 20 Nr. 2 Abs. 2, Nr. 3 LSt.

93 §§ 20 Nr. 10 i.V.m. 27 Nr. 9 LSt. 94 Zur geschichtlichen Entwicklung der Transferentschädigung vgl. M. N. Becker,

Regelung, S. 107 ff.; G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 11 ff. Zur Diskussion um die rechtliche Einordnung vgl. näher G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 71 ff.; R. Hüttemann, DStR 1994, 490 (491); M. N. Becker, Regelung, S. 117 ff.; Palandt-Putzo, BGB, Vorb. § 433 Rdn.20; G. Siegmann, in: Württ. Fußballverband e.V. (Hrsg.), Rechtsprobleme beim Vereinswechsel eines Fußballspielers, S. 41 ff.; W. Mümmler, Spielertransfer, S. 41; H. Dörner, JuS 1977,225 (227).

I. Die bisher geltenden Transferregeln im Inland

41

abgebenden und dem aufnehmenden Verein frei ausgehandelt werden.9 5 Haben sich die Vereine über die Höhe der zu zahlenden Transferentschädigung nicht einigen können, konnten sie diese durch einen unabhängigen Schiedsgutachter verbindlich feststellen lassen, der die Höhe nach gleichzeitiger Anhörung der beteiligten Vereine anhand eines an den Richtlinien des Liga-Ausschusses orientierten Berechnungsschemas bestimmte. 96 Jedenfalls stand dem bisherigen Verein ein Anspruch auf die Zahlung einer Ablösesumme zu, selbst wenn er den wechselwilligen Spieler nicht weiter beschäftigen wollte. Konnte oder wollte der potentielle neue Verein die vom bisherigen Arbeitgeber des Spielers geforderte oder festgesetzte Ablösesumme nicht zahlen, blieb dem Spieler auf diesem Wege die freie Wahl des Arbeitsplatzes verwehrt.

3. Die ökonomische Bedeutung der Transferentschädigung

Aus der Sicht der Vereine hatte die Institution der Transferentschädigung nicht unerhebliche steuerliche und ökonomische Bedeutung. Zum einen nahm die Zahlung durch ihre Einstellung in die Bilanz Einfluß auf die steuerliche und wirtschaftliche Bewertung des Vereinsverrnögens; zum anderen dienten erwartete Transfereinnahmen als Sicherungsmittel bei der Finanzierung des Spielbetriebs der einzelnen Vereine. a) Transjerentschädigung als wirtschaftlicher Wert in den Vereinsbilanzen

Die Steuerpraxis stufte in der Vergangenheit die Spieler sozusagen als "Kapital" der Vereine ein. Bilanztechnisch äußerte sich die Vorgehensweise dergestalt, daß die gezahlten Transferentschädigungen für einen Spieler als Anschaffungskosten eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Anlagevermögens behandelt wurden. 97 Diese Vorgehensweise wurde durch das im Jahre 1992 er-

95 § 30 Nr. 1 Abs. 1 LSt a.F. Zur Höhe der Transferentschädigung bei Wechsel eines Amateurspielers zu einem Lizenzligaverein vgl. die Sonderregel des § 32 LSt a.F. Ausführlich hierzu. G. Eilers, in: ders. (Hrsg.), Transferbestimmungen im Fußballsport, S. 10 ff.

96 § 30 Nr. 3 LSt a.F.; vgl. hierzu näher M. N. Becker, Regelung, S. 110 f.; G. Eilers, in: ders. (Hrsg.), Transferbestimmungen im Fußballsport, S. 22 f.; D. Schennen, Ablösesummen, S. 19 f. 97 Vgl. den Erlaß des Fin.Min. Nordrh.-West. v. 26.7.1974, DB 1974,2085. Zur Aktivierung der Ablösesummen in der Steuerbilanz vgl. auch ausführlich J. Ströjer, BB 1982, 1087 ff.

§ 2 Die "alten" Transfer- und Ablösebestimmungen

42

gangene Urteil des BFH im wesentlichen bestätigt. 98 Danach stellt die für den einzelnen Spieler erteilte, entgeltlich erworbene Spielerlaubnis "ein der Konzession ähnliches Recht bzw. einen der Konzession ähnlichen Wert"99 dar, das als immaterielles Wirtschaftsgut auf der Aktivseite gern. § 266 Abs. 2 lit. A I Nr. I HGB zu bilanzieren ist. 100 In diesem Zusammenhang bestätigte der BFH die für die Bilanzierung erforderliche selbständige Bewertbarkeit und Verkehrsfähigkeit der Spielerlaubnis als immateriellen Vermögensgegenstand. 101 Die selbständige Bewertbarkeit ergebe sich aus der Möglichkeit, "für die Auflösung des Vertrages mit dem Spieler eine Transferentschädigung zu erhalten", die sich in den vom DFB und den betroffenen Vereinen entwickelten Grundsätzen zur Bestimmung der Höhe der Transferentschädigung konkretisiere. 102 Für die Verkehrsfähigkeit soll es nur auf die abstrakte Veräußerbarkeit ankommen. Dabei genüge, "daß der Rechtsverkehr Möglichkeiten entwickelt hat, die Spielerlaubnis wirtschaftlich zu übertragen."103 Als abnutzbares Wirtschaftsgut unterliegt die aktivierte Spielerlaubnis der Absetzung für Abnutzung nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 2 EStG. Ertragssteuerlich 104 werden daher die Anschaffungskosten gleichmäßig im Rahmen der Absetzung für Abnutzung gewinnmindernd auf die Laufzeit des Vertrages unter Berücksichtigung etwaiger Optionen periodengerecht verteilt. 105 Ein sofortiger Betriebsausgabenabzug der gezahlten Transferentschädigung nach § 4 Abs. 4 EStG war und ist daher ausgeschlossen.

b) Transjerentschädigung als Gläubigersicherheit Als aktivierte immaterielle Vermögensform in der Bilanz läßt sich die Spielerlaubnis - anders als eine Sachanlage des Aktivvermögens - nicht ohne weite-

98 BFH NJW 1993, 222 ff. 99 BFH NJW 1993,222. 100 Vgl. hierzu auch W. Arens, SpuRt 1996, 39 (41 f.); J. Wertenbruch, EuZW 1996,

91 (92).

101 Vgl. hierzu auch R. Hüttemann, DStR 1994,490 (492). 102 BFH NJW 1993,222 (223). 103 BFH NJW 1993, 222; zur Verkehrsfähigkeit der Spielerlaubnis vgl. näher R. Hüttemannn, DStR 1994, 490 (492). 104 Zur Besteuerung der Fußballvereine vgl. näher H. Kireh, StBp 1990, 255 ff.; R.

Madl, BB 1997,1126 ff.

105 Zur Abschreibung der Transferzahlungen vgl. ausführlich A. Söffing, BB 1996,

523 (525).

I. Die bisher geltenden Transferregeln im Inland

43

res veräußern, zur Sicherung übertragen oder verpfänden. Benötigen die Vereine Kreditmittel, so können sie dennoch auf die der Spielerlaubnis des Spielers innewohnende, potentielle künftige Transferentschädigungsleistung rekurrieren, die sie für einen hypothetischen Wechsel eines Spielers aller Voraussicht nach erhalten werden. I 06 Die Abtretung einer solchen zukünftigen Forderung ist nach den zivilrechtlichen Abtretungsvorschriften möglich, obgleich eine Transferentschädigung nach § 29 LSt mangels Wechsels noch nicht begründet ist. Für die Frage der Zulässigkeit dieser Sicherungsabtretung vor Forderungsentstehung ist nämlich entscheidend, daß die Höhe nach den Richtlinien des DFB bestimmbar iSt. 107 Dabei muß die Person des künftigen Schuldners noch nicht feststehen. 108 Hat der DFB nach Maßgabe der §§ 29 Nr. 1 Abs. 3 S. 3, 30 Nr. 1 Abs. 2 LSt seine Zustimmung erteilt, kann die zukünftige Forderung sodann abgetreten werden. Diese Form der Kreditminelbeschaffung war und ist in der Praxis nicht selten mitentscheidender Faktor bei dem Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Vereins im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens des DFB. Nach den DFB-Richtlinien ist die Lizenz zu versagen, wenn der Verein eine Sicherung des Spielbetriebes nicht nachweisen kann. Sind daher zur Dekkung der Verbindlichkeiten nicht genügend Eigenmittel vorhanden, so diente bisher die Forderungsabtretung der zukünftigen Transferentschädigungen als probates Mittel, um auf diesem Wege den Nachweis der ökonomischen leistungsfähigkeit zur Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Spielbetriebes zu gewährleisten. 109

4. Die bisherige verfassungsrechtIiche Würdigung der Transferregeln aus nationaler Sicht

Das aufgezeigte engmaschige Netz vertrags- und vereinsrechtlicher Pflichten der Berufsfußballspieler, in dessen Spannungsfeld sich die selbstgesetzten Statuten der mit Autonomie ausgestatteten Sportverbände und die individuellen Freiheitsrechte der betroffenen Spieler gegenüberstehen, bot in der Vergangen-

106 Vgl. hierzu D. Schennen, Ablösesummen, S. 272 ff.; G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 159 ff.; J. Wertenbruch, ZIP 1993,1292 ff.

107 Zur Abtretbarkeit künftiger Wertenbruch, ZIP 1993, 1292 (1294).

Tranferentschädigungforderungen

vgl.

J.

108 RGZ 136, 100 (102); G. H. Roth, in: MünchKomm., BGB, § 398 Rdn. 61; Esser/ Schmidt, Schuldrecht, Bd. I, Allg. Teil, § 37 12a. 109 Zur Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch den DFB vgl. A. Galli, SpuRt 1996, 79 (82).

44

§ 2 Die "alten" Transfer- und Ablösebestimmungen

heit nicht selten Anlaß zu einer kritischen verfassungsrechtlichen Betrachtung. 110 Im Blickpunkt dieser Diskussion standen vor allem die aufgezeigten Transferregeln des Lizenzspielerstatuts, dessen Regelungen sich der Spieler durch seine Lizenzierung vertraglich unterwirft. Wie oben gezeigt,lll machte § 29 LSt es einem Spieler faktisch unmöglich, seinen Arbeitsplatz frei zu wählen, solange nicht die für den angestrebten Vereins wechsel erforderliche Ablösesumme - sei es durch den neuen Verein oder durch den Spieler selbst - gezahlt war. Mit diesem berufsregelnden Transferentschädigungssystem hatte sich der DFB statutarisch Kompetenzen zugewiesen, die freilich der Staat aufgrund seiner Verfassungs- und Grundrechtsgebundenheit nur schwerlich als Aktivposten seiner Zugriffsmacht verbuchen könnte. Insoweit erforderte der spürbare Trend zur Überbetonung der institutionellen Eigenständigkeit der Verbände eine Grenzziehung zwischen legitimer Verbandsaktivität einerseits und individueller Freiheit andererseits, 112 denn die berufliche Sportausübung tangiert auf Seiten des Profispielers den Schutzbereich der grundrechtlich gewährleisteten Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG.ll3 Das für Art. 12 GG zwingend erforderliche Tatbestandsmerkmal des Berufs umfaßt nämlich nicht nur diejenigen Berufe, die sich in bestimmten, traditionell oder sogar rechtlich fixierten Berufsbildern darstellen, sondern darüber hinaus auch die von einzelnen frei gewählten atypischen Betätigungen. 114 Unter den Begriff Beruf115 fällt dementsprechend jede wirtschaftlich sinnvolle, auf eine gewisse Dauer angelegte und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Betätigung. 116 Diese Voraussetzungen treffen im Hinblick auf den als Arbeitnehmer zu qualifizierenden Lizenzfußballspieler 117 zweifelsfrei ZU. 118 Dabei gewährleistet ihm

110 Siehe K. Stern, in: Schroeder/Kaufmann (Hrsg.), Sport und Recht, S. 143 ff.; ferner J. Burmeister, DÖV 1978, 1 ff. 111

Siehe § 2 I 2.

112

Vgl. K. Stern, in: Schroeder/Kaufmann (Hrsg.), Sport und Recht, 142 ff. (146).

Vgl. K. Stern, in: FS Thieme, S.269 (272); ders., in: Schroeder/Kaufmann (Hrsg.), Sport und Recht, S. 142 (153); U. Steiner, in: FS Stern, S.508 (509); ders., NJW 1991,2729 (2730); P. J. Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn. 80; ders., in: Ipsen u.a. (Hrsg.), FS earl Heymanns Verlag, S. 525 ff., insbesondere zur Grundrechtsproblematik im Rahmen von Dopingkontrollen. 113

114

Vgl. BVerfGE 7, 377 (397); 14, 19 (22); 80,70 (85).

115

Zum Begriff vgl. näher P. J. Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn. 27 ff.

116 Vgl. BVerfGE 7,377 (397); 54,301 (313); vgl. auch BVerwGE 1,92 (93); 22, 286 (287). 117

Siehe oben § 1 III 2 und unten § 3 11 1b.

I. Die bisher geltenden Transferregeln im Inland

45

das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG neben der freien Berufsausübung das Recht, unbeeintlußt von fremdem Willen, 119 den Beruf bzw. den Arbeitsplatz frei zu wählen. 120 Die Ausgangsfrage der sich vor diesem Hintergrund anschließenden verfassungsrechtlichen Betrachtung l21 lautete damit, ob und inwieweit die verbandsrechtlichen Transferregeln nach dem Lizenzspielerstatut eine unzumutbare Einschränkung dieser verfassungsrechtlich gewährleisteten Berufsfreiheit der Profifußballer darstellten. Aufmerksamkeit galt zunächst der Frage, ob die Grundrechte in Anbetracht ihrer vorrangigen Konzeption als subjektive Abwehrrechte gegen die staatliche Gewalt l22 über diese klassische Staatsrichtung hinaus auch im Verhältnis zwischen Privaten,123 hier mithin zwischen DFB resp. Verein und Lizenzspieler, anwendbar sind. Bei den Transferregeln handelte es sich nämlich nicht um staatliche Eingriffe, sondern vielmehr um solche, die sich aus den privaten verbandsrechtlichen Regelungen des Lizenzspielerstatuts ergaben und die das arbeitsrechtliche Verhältnis der Lizenzspieler betrafen. Dies warf den althergebrachten Streit auf, auf welchem Wege Grundrechtsbestimmungen im privaten Arbeitsverhältnis Wirkung entfalten, namentlich, ob die Grundrechte in einem Privatrechtsverhältnis sog. unmittelbare l24 oder wegen ihres Charakters als Elemente objektiver Wertordnung über unbestimmte Gesetzesbegriffe oder Generalklauseln des Zivilrechts l25 lediglich mittelbare Drittwirkung entfalten. 126 Hinzu gesellte sich im Rahmen der Ein118

Vgl. statt vieler D. Schennen, Ablösesummen, S. 40 ff.

119

Vgl. BVerfGE 13,181 (185); 58, 358 (363 f.).

120

Vgl. BVerfGE 30,292 (364); 43,291 (363); 84, 133 (146).

121 Zu der zivilrechtlichen Beurteilung der Transferregeln als ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot i.S.v. §§ 74 ff. HGB bzw. eine unter Arbeitgebern getroffene Sperrabrede i.S.v. § 75 lit. f HGB vgl. näher W. Arens, SpuRt 1994, 179 (181 ff.); G. Westerkamp, Ablöseentschädigung, S. 84 ff.; LAG Berlin, NJW 1979, 2582 (2583); D. Reuter, NJW 1983,649 (653); M. Schimke, Sportrecht, S. 215 f. 122 BVerfGE 7, 198 (204); 39, 1 (41); 68, 193 (205); K. Stern, StaatsR IIV1, § 66, S. 620 ff.; E.-W. Böckenförde, NJW 1974, 1529 (1530).

123 Ablehnend die nicht mehr ernstlich vertretenen Ansichten von W. lellinek, BB 1950,425; Schmidt-Rimpler/Gieseke u.a., AöR 76 (1950/51), S. 165 ff. 124 So das BAG früher in ständiger Rspr., vgl. BAGE 1, 185 (193 f.); 7, 256 (260); 13,168 (174). Zuletzt eher zurückhaltend, vgl. BAGE 24, 438 (441).

125 Als solche kommen namentlich in Betracht §§ 134, 138, 242, 315 BGB, vgl. BAG DB 1994, 1726 (1727). 126 So die wohl h.M., vgl. BVerfGE 7, 198 (205 f.); 34,269 (280); 73, 261 (269); R. Scholz, in: MaunzlDürig (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn. 4.; ders., in: MaunzlDürig (Hrsg.), GG, Art. 1 Rdn. 132; K. Hesse, Grundzüge, Rdn. 351 ff.; P. Badura, Staatsrecht, S. 97.

46

§ 2 Die "alten" Transfer- und Ablösebestimmungen

griffsproblematik die Frage, ob es sich bei den Transferregeln um Berufsausübungs- 127 oder Berufswahlregelungen l28 handelte. Vor diesem Hintergrund bestand in der Rechtsprechung und in der Literatur im Ergebnis weitestgehend Einigkeit,129 daß die bisherige, auf § 29 LSt a.F. beruhende Transferentschädigungspflicht des neuen Vereins als Voraussetzung des effektiven Arbeitsplatzwechsels nach Ablauf eines Vertrages in der Tat den Lizenzspieler in grundrechtswidriger Weise in seiner Berufsfreiheit gern. Art. 12 Abs. 1 GG beschränkte. Pionierdienst in der Rechtsprechung leistete dabei das bereits erwähnte nichtrechtskräftige Urteil des LAG Berlin vom 21.6.1979,130 das die für den Transfer maßgeblichen Bestimmungen der §§ 26a ff. LSt a.F. wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. § 138 BGB für nichtig erklärte. Unter Berufung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung führte das Gericht zunächst aus, "daß auch privatrechtliche Regelungen die Grundrechte wahren müssen, wobei dieses Ergebnis sowohl nach Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte als auch auf dem Wege über Generalklausein und Auslegungsregeln des Zivilrechts gleichermaßen erreicht [werden könne]."l3l Jedenfalls greife das durch Art. 12 GG garantierte Grundrecht auf Berufsfreiheit unmittelbar in die dem Sachverhalt zugrundeliegende Privatrechtsbeziehung ein. In diesem Zusammenhang bejahte das Gericht sodann einen Verstoß der einschlägigen Transferregeln gegen das durch Art. 12 Abs. 1 GG verbürgte Recht, den gewählten Arbeitsplatz beizubehalten, aufzugeben und zu wechseln. Diese Bestimmungen würden objektive Schranken für die freie Wahl des Ar127 Vgl. hierzu W. Arens, SpuRt 1994, 179 (183), im Hinblick auf die Aufnahme in die Transferliste. 128 Vgl. statt vieler A. Malatos, Berufsfußball, S. 134 f. m.w.N., bzgl. der Transferentschädigungspflicht. 129 Vgl. M. N. Becker, Regelung, S. 132 ff.; L. Füllgraf, Dreiecksbeziehung, S. 86 ff.; D. Schennen, Ablösesummen, S. 165 ff.; G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 110 ff.; J. Burmeister, DÖV 1978, 1 (6); A. Malatos, Berufsfußball, S. 134 f.; W. Mümmler, Spielertransfer, S. 115 f.; B. Preis, Lizenzspieler, S. 57 ff.; F.-J. Poschenrieder, Sport als Arbeit, S. 260 ff.; LAG Berlin NJW 1979,2582; LE. zustimmend D. Reuter, NJW 1983,649 (652 ff.); H. Buchner, RdA 1982, 1 (12 f.); a.A. lediglich J. Wertenbruch, NJW 1993, 179 (181); ders., EuZW 1996,91; H. M. Schellhaaß, RdA 1984,218 (223). 130 LAG Berlin NJW 1979,2582 ff. Der Spieler Baake hatte gegen seinen ehemaligen Verein "Tennis Borussia Berlin" auf Freigabe ohne Ablösesumme geklagt. Zu einer Revisionsentscheidung kam es nicht, weil sich die Parteien nach Einlegung der Revision verglichen. Zum Fall Baake vgl. ausführlich M. N. Becker, Regelung, S. 4 ff. 131 Vgl. LAG Berlin NJW 1979,2582; vgl. hierzu auch BAG NJW 1962, 1982 ff.; BAG DB 1994, 1726 ff.

1. Die bisher geltenden Transferregeln im Inland

47

beitsplatzes bereits dadurch beinhalten, daß die Höhe der Transferentschädigung und die damit im Zusammenhang stehende Freigabeerklärung allein von der Willkür des abgebenden Vereins bestimmt werden, auf die der Spieler keinen Einfluß habe. 132 Objektive Zulassungsschranken verlangen für die Wahl eines Berufes die Erfüllung objektiver, dem Einfluß des Berufswilligen entzogener und von seiner Qualifikation unabhängiger Kriterien. 133 Diese Voraussetzungen trafen auf die damaligen Transferregeln ohne weiteres ZU. 134 Der Neuabschluß eines Vertrages hing - sieht man von dem damals noch zusätzlichen, an die Transferzahlung nach § 26 a LSt gekoppelten Freigabeerfordernis des alten Vereins ab - 135 von der Transferforderung des alten gegenüber dem potentiellen neuen Verein ab, deren Bestand, Höhe und Erfüllung dem Einfluß des wechselwilligen Spielers schlechthin entzogen war. Dies führte zu einer die Berufsfreiheit aushöhlenden, unzumutbaren Bindung an den arbeitgebenden Verein, obgleich das Vertragsverhältnis beendet war. Daher konnte der Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG auch nicht durch die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Vertragsfreiheit gerechtfertigt werden. Art. 2 Abs. 1 GG steht bereits seinem Wortlaut nach unter dem Vorbehalt, daß nicht die Rechte anderer verletzt werden und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen wird. Damit wird Art. 2 Abs. 1 GG durch die verfassungsmäßige Rechtsordnung begrenzt. 136 Mit Blick auf Art. 12 GG hat das zur Folge, daß sich die Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG nur in den durch dieses Grundrecht selbst gesetzten Grenzen durchsetzt. Diese Grenzen sind indes überschritten, wenn die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechte auf Aufgabe und Wechsel des Arbeitsplatzes beschnitten wer-

132

LAG Berlin NJW 1979,2582.

133

Vgl. PierothlSchlink, Staatsrecht II, Rdn. 921; BVerfGE 40, 196 (218); 75, 284

(296).

134 So auch F.-J. Poschenrieder, Sport als Arbeit, S. 261; B. Preis, Lizenzspieler, S. 57; M. N. Becker, Regelung, S. 126. 135 Bis zum 31.8.1980 erhielt ein wechselnder Spieler eine Spielerlaubnis für einen neuen Verein erst dann, wenn eine nach § 26 a LSt erforderliche Freigabeerklärung des alten Vereins vorlag. Durch die Koppelung der Freigabeerklärung an die Transferentschädigung sollte eine Absicherung der Entgeltzahlung zwischen den Vereinen beim Spielerwechsel auf Verbandsebene gewährleistet werden, vgl. L. Füllgraj, Dreiecksbeziehung, S. 76. Die verfassungsrechtliche Beurteilung der Transferregeln stellte sich aber auch nach Wegfall dieses technischen Details entgegen U. Meyer-Cording, RdA 1982, 13 (15), nicht anders dar, vgl. stellvertretend für viele D. Reuter, NJW 1983,649 (650). 136

So die std. Rspr. des BVerfG, vgl. E 6, 32 (38 f.); 55, 159 (165); 80, 137 (153).

§ 2 Die "alten" Transfer- und Ablösebestimmungen

48

den und das Grundrecht der Berufsfreiheit insgesamt an Bedeutung verliert. \37 Daß sich etwa der Spieler freiwillig durch Vertrag diesen Restriktionen unterworfen hat, steht einer solchen Betrachtung nicht entgegen. 138 Um nämlich dem Grundrecht der Berufsfreiheit möglichst hohe Geltung zu verschaffen, erfordert die grundrechtliche Schutzpflicht, daß dem der Privatautonomie zugrunde liegenden Prinzip der Selbstbestimmung durch ausgleichende Regelungen des Zivilrechts Schranken gesetzt werden, wenn es - wie hier - in einer auch freiwillig eingegangenen Vertragsbeziehung an einem annähernden Kräfteausgleich der Parteien fehlt. 139 Als problematischer erwies sich hingegen die Frage, ob und inwieweit die berufliche Freiheitsgewährleistung durch verbands- und vereinsautonome Regelungen beschränkt werden konnten. 14O Insoweit kollidierte 141 nämlich das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der Berufssportler mit der durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Verbandsautonomie des DFB bzw. der Vereine, das diesen das Recht zur Bildung eigener sportbezogener Wertvorstellungen, Maßstäbe und Rechtssätze verleiht. 142 Das hierdurch geschützte Selbstbestimmungsrecht der Vereine resp. des DFB im Hinblick auf die Regelung der eigenen Vereinsangelegenheiten war daher mit dem durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Grundrecht der Profisportler auf freie Wahl des Arbeitsplatzes in einen gerechten Interessenausgleich zu bringen. 143 Dogmatische Plattform dieser im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG gebotenen Abwägung war die durch das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 1958

137 Vgl. hierzu BAG NJW 1962, 1981 (1983); BAG OB 1984, 1726 (1727); BVerfGE 81, 242 (253); vgl. hierzu auch P. J. Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn.79. 138

Vgl. LAG Berlin, 2582 (2583); BAG NJW 1962, 1981 (1983).

Vgl. BVerfGE 81, 242 (254 f.); vgl. ferner G. Herrnes, NJW 1990, 1764 ff.; P. Badura, Staatsrecht, S. 97. 139

140 Zum Charakter der durch Vereins- und Verbands satzungen geschaffenen Normen als berufsbezogene Regelungsvorbehalte vgl. K. Stern, in: PS Thieme, S. 268 (272 f.). 141 Vgl. zur Interessenabwägung bei Grundrechtskollisionen BVerfGE 30, 173 (193 ff.) - Mefisto-Urteil-; 25, 256 (266 ff.) - Blinkfüer-Urteil-. 142 Vgl. K. Stern, in: PS Thieme, S.269 (271); ders., in: Schroeder/Kaufmann (Hrsg.), Sport und Recht, S. 142 (143); U. Steiner, NJW 1991,2729 (2730); K. Vieweg, JuS 1983,825 (826); ders., Normsetzung, S. 151.

143 Vgl. K. Stern, in: PS Thieme, S. 269 (272); U. Steiner, in: FS Stern, S. 509 (511); W. Baecker, Vereinsautonomie, S. 39 ff.

I. Die bisher geltenden Transferregeln im Inland

49

in dem sog. Apotheken-Urteil entwickelte Stufentheorie, 144 die das Bundesverfassungsgericht im Zuge der Fortentwicklung in eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung überführt hat. 145 Danach sind objektive Berufszulassungsvoraussetzungen nur dann zulässig, wenn sie der Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlich schwerwiegender Gefahren überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen. l46 Überträgt man diese Grundsätze auf das autonome Verbandsrecht, kommen als Gesichtspunkte einer zulässigen Grundrechtsbeschränkung freilich nicht Belange des Gemeinwohls, sondern vielmehr Legitimationsaspekte in Betracht, die in den verbandsspezifischen Aufgaben und Interessen selbst wurzeln. 147 Danach waren die objektiven Schranken für die freie Wahl des Arbeitsplatzes nur dann zulässig, wenn sie durch überragend wichtige Interessen des DFB oder der Vereine legitimiert gewesen wären. Die in diesem Zusammenhang auf nationaler Basis vorgebrachten Argumente konnten diese Hürde letztlich nicht nehmen. Dem Inhalt nach sind sie mit den in dem Verfahren "Bosman" vorgebrachten Rechtfertigungsgründen nahezu identisch. Sie betonen gleichfalls vorwiegend die Notwendigkeit der Transferentschädigung als einer Art internen "Finanzausgleichs" der Liga zur Aufrechterhaltung eines wirtschaftlichen und sportlichen Gleichgewichts und sollen darüber hinaus als Ausgleich für die Entdeckung, Ausbildung und Förderung der Spieler fungieren. l48 Da der EuGH die WerthaItigkeit dieser Argumente ebenfalls an dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemessen und auf ihre Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit i.e.S. überprüft hat, kann an dieser Stelle auf die im weiteren Verlauf der Untersuchung gemachten Ausführungen verwiesen werden. 149 Die praktische Relevanz dieser im Lichte des Art. 12 GG geführten verfassungsspezifischen Diskussion ist, zumindest für den Berufsfußball, durch die im Zuge der "Bosman"-Entscheidung vorgenommene Streichung des für die Transferentschädigung einschlägigen § 29 LSt 150 auch auf nationaler Basis

144

Vgl. BVerfGE 7, 377 (405 ff.).

145 Siehe hierzu P. J. Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn. 99; ders., AöR 108 (1983), S. 92 ff. (117 ff.).

146

Vgl. BVerfGE 7,377 (384); 40,196 (218); 84, 133 (151).

Vgl. K. Stern, in: Schroeder/Kaufmann (Hrsg.), S. 142 (155); B. Preis, Lizenzspieler, S. 58. 147

148 Vgl. hierzu H. M. Schellhaaß, RdA 1984,218 (221); H. Buchner, RdA 1982, I (12); D. Reuter, NJW 1983,649 (653 f.); M. N. Becker, Regelung, S. 132 ff.; B. Preis, Lizenzspieler, S. 54 ff. 149

Siehe unten § 3 11 2b.

150

Zu den Reaktionen des DFB siehe näher § 3 III I.

4 Trommcr

50

§ 2 Die "alten" Transfer- und Ablösebestimmungen

obsolet geworden. Gänzlich klare Verhältnisse in bezug auf den gesamten deutschen Profisport schaffte die Grundlagenentscheidung des BAG v. 20.11.1996 in Sachen des deutschen Eishockey-Spielers Kienass, 151 die von vielen Experten als logische nationale Konsequenz des "Bosman"-Urteils vorausgesagt worden war. 152 Auf dem gerichtlichen Prüfstein standen die nationalen Transferregeln nach der Spielordnung des Deutschen-Eishockey-Bundes (DEB). Der Entscheidung lag der Wechsel des wohl als "deutscher Bosman"153 zu betitelnden Eishockey-Spielers Kienass von den "Eisbären Berlin" zu der "Düsseldorfer EG" zugrunde. Die DEG zahlte an die beklagten "Eisbären" eine Transferentschädigung L H. v. 140.500,00 DM. Gemäß einer Vereinbarung zwischen Kienass und der DEG hatte der klagende Kienass die Ablösesumme selbst zu tragen, soweit diese 30.000,00 DM überstieg. Gleichzeitig wurde in Höhe der Klageforderung von 110.500,00 DM zu Lasten des Klägers eine Darlehensverbindlichkeit begründet. Das Berliner Landesarbeitsgericht wies in 2. Instanz die Klage gegen die Eisbären Berlin auf Schadensersatz und Verzicht ihrer Transferforderung ab. Die Revision Kienass ' vor dem BAG hatte Erfolg. Dort berief er sich auf sein Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und machte geltend, der beklagte Verein habe ihn mit dem Verlangen einer Transferentschädigung in seinem beruflichen Fortkommen behindert. Der 5. Senat erklärte die für den Transfer eines Eishockey-Spielers maßgebliche Regelung des Art. 59 SpODEB gern. Art. 12 Abs. 1 GG LV.m. § 138 BGB für verfassungswidrig und führte aus, daß ein "Berufssportler, dessen Vereinswechsel von einer durchaus beachtlichen Transferentschädigung abhängig gemacht wird, ( ... ) tatsächlich in einem erheblichen Umfang in seinem beruflichen Fortkommen und damit in seiner Berufsfreiheit behindert [sei]." Regelungen, aufgrund derer selbst dann eine Transferentschädigung gefordert werden könnte, wenn der Spieler nicht mehr arbeitsvertraglieh an seinen bisherigen Verein gebunden sei, verstießen gegen Art. 12 Abs. 1 GG und seien nach § 138 BGB nichtig. 154 Der Senat führte weiter aus, daß Regelungen, die in die freie Wahl des Arbeitsplatzes mit ähnlichen Wirkungen eingriffen wie eine objektive Zulassungsschranke in die Freiheit der Berufswahl, zur Sicherung eines entsprechend wichtigen Gemeinschaftsgutes unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durchaus zulässig sein können. Die Grenze zur Unwirksamkeit sei jedoch überschritten,

151 Vgl. BAG, SpuRt 1997, 94ff. 152 So der Sportrechtsexperte Reinhard Rauball, in: FAZ v. 18.12.1995; ferner GA

C. O. Lenz, in: FAZ v. 13.1.1996, S. 26.

153 So W. Arens, SpuRt 1997,126. 154 Vgl. BAG, SpuRt 1997,94 (96).

1. Die bisher geltenden Transferregeln im Inland

51

wenn der Berufs-Eishockeyspieler hinsichtlich der Wahl eines neuen Arbeitgebers durch die ungeachtet der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach wie vor vorgesehene Aus- und Weiterbildungsentschädigung übermäßig eingeschränkt werde. 155 Dabei trat der Senat auch dem zur Rechtfertigung vorgebrachten Argument des Wirtschaftsausgleichs entgegen. Die mit der Entschädigungsregelung bezweckte Aufrechterhaltung des Spielbetriebs durch einen finanziellen Ausgleich der beteiligten Vereine stellten kein Gemeinschaftsgut i.S.d. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dar, sondern dienten vielmehr primär wirtschaftlichen Zwecken der Veranstalter. Zudem könne ein Finanzausgleich unter wirtschaftlich ungleich starken Vereinen anders organisiert werden, 156 womit das BAG die Erforderlichkeit im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ansprach. Des weiteren stellte das BAG klar, daß es sich bei der Entschädigungsregelung nicht um eine solche handele, die die Kosten der Aus- und/oder Weiterbildung des Spielers betreffe. Es handele sich vielmehr um eine "echte" Transferzahlung, die "sich nach dem 'Wert' des Spielers, nicht aber an den Kosten seiner Aus- und Weiterbildung" ausrichte. 157 Analog zur "Bosman"-Entscheidung betrifft das BAG-Urteil indes nur den Bereich des Profisports. Auf die Direktiven des Urteils dürfte sich aber auch ein Amateurspieler berufen können, dessen Wechsel vom Amateur- in das Profi-Lager von der Zahlung einer Transferentschädigung abhängig gemacht werden würde. 158 Von der von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufswah}l59 wird nämlich gerade auch die erstmalige Ergreifung eines Berufes umfaßt. l60

155 Vgl. BAG, SpuRt 1997,94 (97). 156 Vgl. BAG, SpuRt 1997,94 (98). 157 Vgl. BAG, SpuRt 1997,94 (98); zum Argument der Kosten der Aus- und Weiterbildung vgl. näher unten § 3 II 2b bb. 158 Vgl. hierzu näher W. Arens, SpuRt 1997, 126 (127). 159 Zur Relevanz des Art. 12 GG im Zusammenhang mit dem Wechsel eines Amateurspielers vgl. auch ArbG Frankfurt a.M. vom 27.8.1996, SpuRt 1997,64 (65), wonach die guten Sitten berührt werden, "wenn ein Sportverein die Freigabe eines Amateurspielers von der Zahlung eines Geldbetrages ( ... ) abhängig macht". Zur Anwendbarkeit des Art. 12 Abs. 1 GG auf den Amateursport vgl. U. Steiner, in: württ. Fußballverband (Hrsg.), Das Recht des Fußballspielers, S. 7 ff. (19 ff.). 160

4*

Vgl. P. J. Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn. 56 m.w.N.

52

§ 2 Die "alten" Transfer- und Ablösebestimmungen

Darüber hinaus erfaßt das Urteil nur die Fälle, in denen Entschädigungsregelungen an abgelaufene oder rechtsgültig gekündigte Verträge anknüpfen. Das Urteil betrifft hingegen nicht den Fall, daß ein Spieler vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen arbeitgebenden Verein ein anderes Arbeitsverhältnis eingeht. Dieser unter dem Begriff des "Herauskaufens" zusammengefaßte Wechsel eines Spielers wird nach wie vor allgemein für zulässig erachtet. 161 An Schärfe verloren hat damit auch die verfassungsrechtliche Beurteilung der Transferregeln im Lichte der Wertentscheidung des Art. 1 Abs. 1 GG. Den zentralen Anknüpfungspunkt hierfür bot die unbestreitbare Tatsache, daß der Spieler im Rahmen eines abzuwickelnden Transfers faktisch wie eine umsatzsteuerpflichtige "Ware" eines kommerziellen Austauschgeschäftes gehandelt wurde. Fast einhellig 162 wurde dann auch durch die Degradierung des Menschen zur Sache eine Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG bejaht und in diesem Zusammenhang von einem "modernen Sklavenhandel" gesprochen. 163 In diesem Rahmen stellte sich indes die Frage der Zulässigkeit eines (freiwilligen) Verzichts auf die Menschenwürde, wenn der Spieler in die Regelungen über die Transferentschädigungen durch Unterzeichnung des Lizenzvertrages, der die Unterwerfung des Spielers unter die Statuten des DFB vorsieht, mit der Absicht rechtlicher Verbindlichkeit einwilligte. Wenn auch die Bedingungen des Lizenzvertrages von ihm selbst nicht beeinflußt werden können, handelt es sich hierbei doch um einen Vertrag, im Rahmen dessen der Spieler die betreffenden Transferregelungen bislang freiwillig akzeptierte. Gleichwohl ist anerkannt, daß die Menschenwürde die letzte Grenze auch für private Betätigungen darstellt und damit unverzichtbar iSt. 164 Die menschliche Würde stellt den "höchsten Rechtswert" innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung dar;165 sie gehört zu den tragenden Konstitutionsprinzipien 166 und steht im Mittelpunkt des Wertesystems der Verfassung. 167 An der verzichts fernen Normativität des

161 Siehe hierzu näher unten § 3 11 4b. 162 J. Burmeister, DÖV 1978, 1 (7); D. Schennen, Ablösesummen, S.234; P. Samstag, Vertragsgewalt, S. 105 ff.; M. N. Becker, Regelung, S. 121; einschränkend unter Hinweis auf die neuere Statutenlage A. Malatos, Berufsfußball, S. 134. 163 W. Wange, Die Profis, S. 69; M. N. Becker, Regelung, S. 121; D. Schennen, Ablösesummen, S. 234.

164 Vgl. eingehend BVerwGE 64, 274 ff.; hierzu auch P. J. Tettinger, in: Sieg u.a. (Hrsg.), Gewerbeordnung, § 33 a Rdn. 9 ff. 165 Vgl. BVerfGE 45, 187 (227). 166 Vgl. BVerfGE 50, 166 (175). 167 Vgl. BVerfGE 35, 202 (225).

11. Die "alten" Transferregeln unter Beteiligung der UEFA/FIFA

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Art. 1 Abs. 1 GG konnte daher auch nicht im Rahmen des privatrechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen Spieler und DFB vorbeigegangen werden.

11. Die bis zur "Bosman"-Entscheidung geltenden Transferregeln bei einem Vereinswechsel unter Beteiligung ausländischer Mitgliedsverbände der UEFA bzw. FIFA Der Wechsel eines Berufsspielers unter Beteiligung verschiedener Mitgliedsverbände der UEFA bzw. FIFA war entscheidend von den Bestimmungen der FIFA geprägt. 168 Aus deutscher Sicht spielte dabei keine Rolle, ob es um den Wechsel eines Ausländers in die Lizenzligen, 169 um den Wechsel eines deutschen Lizenzspielers in das Ausland 170 oder um dessen Rückkehr aus dem Ausland in die Lizenzliga des DFBI71 ging. In allen Fällen hatte jeweils der den Spieler abgebende Verband eine Freigabeerklärung abzugeben. 172 Der DFB erteilte die Freigabe dann, wenn der abgebende Verein keine berechtigten Einwendungen gegen die Freigabe erhob bzw. keine Einwendungen gegen die Aufnahme in die Transferliste vorlagen. 173 Von entscheidender Bedeutung für den Wechsel war auch hier die Zahlung einer Transferentschädigung. Nach § 9 Nr. 2 SpieIO/DFB hatte der den Spieler abgebende Verein ein Anrecht auf eine Ausbildungs- und Förderungsentschädigung, wenn dieser zu einem Verein eines anderen Nationalverbandes wechselte. Für den Wechsel eines Spielers unter Beteiligung von Nationalverbänden der EG-Mitgliedstaaten fand die Regelung der UEFA für die Zahlung einer Ausbildungs- und Förderungsentschädigung in ihrer jeweils gültigen Fassung

168 Vgl. hierzu ausführlich G. Eilers, in: ders. (Hrsg.), Transferbestimmungen im Fußballsport, S. 1 (31 ff.). 169 § 8 SpieIOIDFB: "Bewerbern um die Spielerlaubnis ( ... ) darf eine Spielerlaubnis im Bereich des DFB nur ( ... ) unter Beachtung der FIFA-Bestimmungen erteilt werden." 170 § 28 Nr. 1 LSt: "Über die Freigabe von Spielern zu einem anderen Mitgliedsverband der FIFA entscheidet der DFB gemäß ( ... ) den Bestimmungen der FIFA."

171 § 9 Nr. 1 S. 2 LSt. 172 Vgl. Art. 7 Abs. 1 des FIFA-Reglements Ld.F. vom 1.1.1994. Nach der bis dahin geltenden Fassung des FIFA-Reglements 1986 wurde nach Art. 12 Abs.5 durch die Erteilung des Freigabescheins seitens des abgebenden Nationalverbandes anerkannt, daß alle Verpflichtungen finanzieller Natur, einschließlich einer allfälligen Ablösesumme, geregelt sind. Vgl. hierzu näher GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (4938), Tz. 21.

173 § 28 Nr. 2lit. a, b LSt.

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

54

Anwendung. 174 Im Jahre 1990, also zum Zeitpunkt des gescheiterten Wechels des Spielers "Bosman", galt das am 1. Juli 1990 in Kraft getretene UEFATransferreglement, das in den "Grundsätzen einer Zusammenarbeit zwischen Vereinen, die verschiedenen Ländern der Mitgliedstaaten angehören", verbrieft war. Danach hatte der bisherige Verein gegenüber dem neuen Verein einen Anspruch auf Zahlung einer Förderungs- und/oder Ausbildungsentschädigung. 175 Diese Ablöseregelung wurde noch vor der "Bosman"-Entscheidung ersetzt durch das von der UEFA am 16.6.1993 erlassene "Reglement der UEFA zur Festsetzung einer Transferentschädigung." Darin wurde hinsichtlich des internationalen Vereinswechsels Bezug genommen auf das FIFA-Reglement, wonach nach Art. 14 Abs. 1 der bisherige Verein Anspruch auf eine Ausbildungsund/oder Förderungsentschädigung hatte. Dem UEFA-Reglement blieb hingegen die Regelung des Verfahrens und die Art der Berechnung der Ausbildungsund/oder Förderungsentschädigung für den Fall überlassen, daß sich Vereine im Gebiete der Konföderation der UEFA über die Höhe der Ablösesumme nicht einigen konnten. 176

§ 3 Die Transfer- und Ablöseregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils des EuGH vom 15. Dezember 1995 I. Sachverhaltsdarstellung Der EuGH hatte im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 177 EGV über Fragen der Vereinbarkeit von Transfer- und Ausländerklauseln im Berufsfußball mit den Bestimmungen der Art. 48, 85 und 86 EGV zu entscheiden, die ihm durch die Cour d'appel Lüttich vorgelegt wurden. Dem Verfahren lag im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Jean-Marc Bosman, ein Berufsfußballspieler belgischer Staatsangehörigkeit, hatte im Jahre 1990 bei dem belgischen Erstligaverein "RC Lüttich" einen Vertrag, der eine Laufzeit bis zum 30. Juni 1990 vorsah. Als im April 1990 die Verhandlungen über den Abschluß eines neuen Vertrages zu keinem Ergebnis führten, wurde der Spieler Bosman nach Maßgabe der Regelungen des belgischen Fußballverbandes "URBSFA" auf die Transferliste gesetzt. Die Höhe der Ablösesumme für einen Zwangstransfer wurde nach den einschlägigen Regeln des Verbandes auf 11,743 Mio. BFR festgesetzt. In der Folgezeit bahnte sich im Juli 1990 ein Wechsel des Spielers zum französischen Ligaverein "US

174

§ 28 Nr. 3 LSt a.F.

175

Art. 11it. e des Anhangs zum UEFA-Transferreglement 1990.

176

Art. 1 Abs. 1,2 UEFA-Transferreglement 1993.

I. Sachverhaltsdarstellung

55

Dünkirchen" an, nachdem zunächst kein Verein Interesse an einem Zwangstransfer bekundet hatte. Die beiden an dem Wechsel beteiligten Vereine "Re Lüttich" und "US Dünkirchen" einigten sich über die Wechselmodalitäten und über die Höhe der von dem neuen Verein "US Dünkirchen" zu zahlenden Transferentschädigung. Jean-Marc Bosman schloß daraufhin einen Arbeitsvertrag mit dem Verein "US Dünkirchen" ab. Die Wirksamkeit beider Verträge hing von der Erteilung der Freigabebescheinigung des belgischen Verbandes "URBSFA" an den französischen Verband ab. Diese Freigabebescheinigung war notwendig, damit der Spieler Bosman nach dem Transfer seine Spiellizenz bei dem französischen Verband erhalten konnte und somit einsatzbereit war. Als sich in der Folgezeit wirtschaftliche Schwierigkeiten bei dem neuen Verein "US Dünkirchen" abzeichneten und die Zahlung der Ablösesumme für den "Re Lüttich" nicht gesichert erschien, unterließ es der "Re Lüttich" , bei dem belgischen Verband die Ausstellung der Freigabeerklärung zu beantragen, woraufhin der Transfer schließlich scheiterte. Bosman wurde gesperrt und vorerst daran gehindert, in der neuen Saison für den französischen Klub zu spielen. Bei diesem Umstand blieb unberücksichtigt, daß nach dem damals geltenden Art. 16 des UEFA-Transferreglement 1990 die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Vereinen mit Bezug auf die Ausbildungs- oder Förderungsentschädigung auf die sportliche Tätigkeit des Spielers keinen Einfluß ausüben durften. In der Folgezeit erhob der Spieler Bosman vor den belgischen Zivilgerichten Klage auf Schadensersatz, die im wesentlichen auf die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen des "Re Lüttich" und zum anderen auf die Rechtswidrigkeit des Transfersystems gestützt war. 177 Daneben beantragte Bosman eine einstweilige Verfügung. Der Rechtsstreit beschäftigte schließlich zwei Instanzen, im Zuge derer durch diverse Streitverkündungen, Nebeninterventionen und separate Klagen neben dem "Re Lüttich" noch die UEFA, der belgische Verband "URBSFA", der "US Dünkirchen" und die Berufsverbände der Berufsspieler aus Frankreich ("Union nationale des footballeurs professionnels") und den Niederlanden ("Vereniging van contratspeiers") verwickelt waren. Neben den Transferregeln standen auch die sogenannten Ausländerklauseln der nationalen und internationalen Verbände im Mittelpunkt der gerichtlichen Auseinandersetzung. Schließlich setzte die Berufungsinstanz die anhängigen Verfahren aus und legte dem EuGH folgende Fragen zur Entscheidung vor: 178

177 Zum Sachverhalt vgl. näher bei GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4932 (4945 ff.), Tz. 42 ff. 178 Zum Vorlageverfahren nach Art. 177 EGV vgl. C. Palme u. a., JZ 1994, 343 (347); ferner M. Schweitzer, in: Reuter (Hrsg.), Einbindung des nationalen Sportrechts

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

56

Sind die Artikel 48,85 und 86 des Römischen Vertrages vom 25. März 1957 dahin auszulegen, daß sie es verbieten, -

daß ein Fußballverein bei der Verpflichtung eines seiner Spieler, dessen Vertrag endet, durch einen anderen Verein die Zahlung eines Geldbetrags verlangen und entgegennehmen kann;

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daß die nationalen und internationalen Sportvereinigungen oder Sportverbände in ihren Regelungen Bestimmungen vorsehen, die den Zugang ausländischer Spieler, die der Europäischen Gemeinschaft angehören, zu den von ihnen veranstalteten Wettbewerben beschränken?

In dem unter dem Aktenzeichen C-415/93 geführten Verfahren vor dem EuGH haben der Spieler Bosman, die URBSFA, die UEFA, die Kommission und verschiedene Regierungen der Mitgliedstaaten schriftliche Stellungnahmen abgegeben und an der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof am 20. Juni 1995 teilgenommen. Zwischen den Beteiligten war insbesondere streitig, welche Transferregeln welchen Verbandes auf den zu entscheidenden Fall anwendbar waren. Der EuGH erklärte schließlich in seiner Entscheidung vom 15. Dezember 1995 sowohl das geltende Transfersystem als auch die Ausländerklauseln als mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft für unvereinbar und folgte damit vollinhaltlich den auf über 100 Seiten begründeten Schlußanträgen des mit der Rechtssache "Bosman" befaßten Generalanwalts Lenz. 179 Inhalt, Reichweite und Auswirkungen dieses mit 147 Randnummern versehenen, 30 Seiten umfassenden epochemachenden Urteils sollen im folgenden dargestellt und untersucht werden.

11. Inhalt und Feststellungen des Urteils 1. Anwendbarkeit des Art. 48 EG V auf den (BerufsfußbaU-)Sport und auf die von (Fußball-) Verbänden aufgestellten Regeln

Die Beantwortung der Vorlagefragen der belgisehen Cour d'appel Lüuich bedingte eine vorherige Auseinandersetzung des EuGH mit der Frage, ob das Gemeinschaftsrecht und damit Artikel Art. 48 EGV überhaupt auf den Sport Zugriff nehmen kann. Dies erschien unter verschiedenen Gesichtspunkten nicht unproblematisch. Zum einen betrachteten gerade die Vereine und die Verbände den Sport als ein außerhalb des EG-Rechts stehendes eigenständiges Subsyin internationale Bezüge, 71 ff. (80); M. Zu/eeg, in: Will (Hrsg.), Sportrecht in Europa, S. 1 ff. (9 f.). 179 Vgl. GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (5039), Tz. 287.

11. Inhalt und Feststellungen des Urteils

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stern mit gesellschaftsspezifischer Bedeutung. Zum anderen standen von privaten Sportverbänden aufgestellte zivilrechtliehe Regelungen im Mittelpunkt der Diskussion, die ausschließlich zwischen privaten Rechtssubjekten wirken. Damit stellte sich die Frage, ob die Grundfreiheiten des EG-Vertrages in diesem privatrechtlichen Rechtsverhältnis überhaupt Wirkung entfalten. Bei der Beantwortung dieser Fragen ließ sich der EuGH in seiner "Bosman"-Entscheidung im wesentlichen von seiner Rechtsprechung aus den siebziger Jahren in Sachen "Walrave und Koch"180 sowie "Donä/Mantero"181 leiten. 182

a) Zuordnung des Sports zum Wirtschaftsleben gem. Art. 2 EGV

Ob das Gemeinschaftsrecht auf den Sport anwendbar ist, hängt in erster Linie von der Beantwortung der Frage ab, ob der Union auf diesem Gebiet überhaupt Kompetenzen zugeteilt worden sind. Eine ausdrückliche Regelungs- oder Gestaltungskompetenz für den Sport wird man im europäischen Vertragswerk vergebens suchen. Eine solche Kompetenz der EG ließe sich aber dann bejahen, wenn die sportliche Betätigung insgesamt als Faktor der europäischen Wirtschaftsintegration unter eine der vier Grundfreiheiten der Union subsumiert werden könnte. Dahingehend stellte der EuGH bereits 1974 in seinem ersten "Sportrechtsurteil" LS. "Walrave und Koch" den Grundsatz auf, daß "angesichts der Ziele der Gemeinschaft ( ... ) sportliche Betätigungen nur insoweit dem Gemeinschaftsrecht [unterlägen], als sie einen Teil des Wirtschaftslebens im Sinne von Art. 2 des Vertrages ausmachen."183 Das treffe auf die Tätigkeit von Fußballhalb- oder -vollprofis zu, "da diese Tätigkeit eine entgeltliche Arbeits- oder Dienstleistung darstellt."184 Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Subsumtion der sportlichen Betätigung unter das Wirtschaftsleben ist damit die Erbringung einer entgeltlichen Leistung, womit auf Seiten der Berufsfußballspieler

180 EuGH, Rs. 36174, Walrave und Koch, Sig. 1974, 1405 ff. 181 EuGH, Rs. 13176, DoniilMantero, Sig. 1976, 1333 ff. 182 Zu den Entscheidungen "Walrave und Koch" und "DoniilMantero" vgl. näher M. Hilf, in: Württ. Fußballverband e.V. (Hrsg.), Rechtsprobleme beim Vereinswechsel eines Fußballspielers, S. 84 ff.; ders., NJW 1984,517 (520); H. Kahlenberg, EWS 1994, 423 (426 f.); R. Streinz, SpuRt 1998, 1 (5 f.). 183 EuGH, Rs. 36174, Walrave und Koch, Sig. 1974, 1405 (1418); ablehnend W. Schroeder, Europäische Integration, S.48, der eine einzelfallorientierte Anwendung bevorzugt.

184 EuGH, Rs. 13176, DoniilMantero, Sig. 1976, 1333 (1340); vgl. hierzu auch T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1424.

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

die Arbeitnehmereigenschaft angesprochen wird. Dabei ist der Begriff des Arbeitnehmers EG-einheitlich zu fixieren, um nationale Differenzierungen zu vermeiden. 185 Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Arbeitnehmer, wer für einen anderen auf dessen Weisung eine Leistung erbringt, für die er eine Vergütung als Gegenleistung erhält. 186 Diese Merkmale treffen auf die Berufsfußballspieler, deren sportliche Betätigung meist zugleich die einzige Existenzgrundlage bildet, unzweifelhaft zu. Jene schließen mit ihren Vereinen Arbeitsverträge ab, so daß sie als Arbeitnehmer 187 und nicht als Dienstleistende resp. Untemehmer l88 Begünstigte der Freizügigkeitsgarantie i.S.d. Art.48 EGV sind. 189 An dieser Betrachtung hielt der EuGH auch in Sachen "Bosman" unbeirrt fest l90 und wies unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung LE. alle Einwände zurück, die den bezahlten Fußballsport wegen seiner charakteristischen Eigenart vom Anwendungsbereich des Vertrages l91 ausgeschlossen haben wollten. Dabei leugnete der EuGH keinesfalls den auch sportlichen Charakter des Berufsfußballs, dem zudem erhebliche gesellschaftspolitische Bedeutung zukommt. Insoweit sprach der EuGH der EG die Kompetenz auch in den Bereichen ab, in denen es "um Fragen geht, die ausschließlich von sportlichem Interesse sind und als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun haben."192 Nichtwirtschaftliche Aspekte stünden beispielsweise dort im Vordergrund, wo es um die Mitwirkung ausländischer Spieler bei Begegnungen

185 EuGH, Rs. 75/63, Unger, Slg. 1964,383 (396 f.). 186 EuGH, Rs. 66/85, Lawrie-BlumlLand Baden-Württemberg, Slg. 1986, 2121, (2144).; Rs. 344/87, Bettray/Staatssecretaris van Justice, Slg. 1989, 1621 (1645). 187 H. Kahlenberg, EWS 1994, 423 (424); Petzold/Sajaris, EuR 1982, 76 (78); M. Schweitzer, in: Reuter (Hrsg.), Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, S. 71 ff. (74); Petzold/Sajaris, EuR 1982,76 (78); C. Palme u.a., JZ 1994, 343.

188 Zur Diskussion betr. den Status der Berufsfußballspieler infolge der "Bosman"Entscheidung siehe unten § 3 III 5c. 189 Zur Abgrenzung der Arbeitnehmerschaft der Berufssportler zum Dienstleistungssektor i.S.d. Art. 59 EGV vgl. M. Schweitzer, in: Reuter (Hrsg.), Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, S.71 (74 f.); Schweitzer/Streinz, JA 1986, 244 (247). 190 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5062), Tz. 73. 191 Zum Begriff vgl. näher W. Schroeder, Europäische Integration, S. 46 ff. 192 EuGH, Rs. 36/74, Walrave und Koch, Slg. 1974, 1405 (1418).

11. Inhalt und Feststellungen des Urteils

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zwischen Nationalmannschaften verschiedener Länder gehe. Diesbezügliche Regelungen oder Praktiken beträfen ausschließlich den Sport als solchen. 193 Aus dieser Rechtsprechung kann aber nicht gefolgert werden, daß Regelungen, die auf sportliche Gründe zurückzuführen sind, nicht vom EG-Vertrag erfaßt seien 194 oder daß sich der Sportsektor etwa als eigenständiges gesellschaftliches Teilsystem darstelle,195 das ausschließlich durch Sieg und Niederlage bestimmt werde. 196 Gegen eine solche Betrachtungsweise spricht die untrennbare Verknüpfung sportlicher und wirtschaftlicher Aspekte im Berufsfußball als Ergebnis des zunehmenden Eindringens merkantiler Gesichtspunkte in den sportlichen Bereich. 197 Der rein sportliche Aspekt tritt nur bei bestimmten Begegnungen, insbesondere bei denen der Nationalmannschaften, hervor, so daß die Relevanz der hierfür maßgebenden Bestimmungen einer Einzelfallprüfung unterliegen muß.198 Gemessen an den EG-rechtlichen Vorschriften dominiert der Sport als Wirtschaftsfaktor, der mit Blick auf die zunehmende Kommerzialisierung und Professionalisierung durch Sportsponsoring, 199 Merchandising, Mäzenatentum sowie durch publikumswirksame Inszenierung durch die Medien geprägt ist. 2OO Getragen wird diese Erkenntnis ferner durch die Tatsache, daß die meisten Vereine der Fußballprofi-Ligen in den Mitgliedstaaten Strukturen von Wirtschaftsunternehmen aufweisen,201 die sich auf den rele-

193 EuGH, Rs. 36/74, Walrave und Koch, Slg. 1974, 1405 (1418); EuGH, Rs. 13/76, DonälMantero, Slg. 1976, 1333 (1340); vgl. hierzu ausführlich E. Steindorff, RIW 1975, 253 (254 f.); kritisch W. Schroeder, Europäische Integration, S. 41 ff. m.w.N. 194 Dahingehend E. Kahlenberg, EWS 1994,423 (425 ff.). 195 So B. Pfister, in: ders./Will (Hrsg.), in: FS Lorenz, S. 171 ff. (181 f.); G. Eilers, in Franzke, DFB-Joumal 4/95, 42 (43). Dahingehend auch die UEFA, die im Rahmen des Verfahrens u.a. die Eigenständigkeit des Sportsektors hervorhob, vgl. EuGH, Rs. C415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5062), Tz. 71. 196 So ScholzlAulehner, SpuRt 1996,44. 197 So auch H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34; HobelTietje, JuS 1996,486 (488); M. Hilf, NJW 1984,517 (520); vgl. hierzu auch BAGE 23,171 (177). 198

H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34.

199 Zum Sportsponsoring vgl. umfassend K. Vieweg (Hrsg.), Sponsoring im Sport, 1996; ders., SpuRt 1994, 6 ff., 73 ff. 200 T. C. Paefgen, EWiR 1/1995, 987; C. Palme, JZ 1996, 238 (239); Petzoldl Safaris, EuR 1982,76 (77). 201 Entsprechend sind die Fußballklubs in den meisten Mitgliedstaaten überwiegend in entsprechende Personen- und Kapitalgesellschaftsformen gekleidet. Lediglich in der Bundesrepublik und in den Niederlanden werden die Klubs noch aus in erster Linie steuerlichen Gründen als nichtwirtschaftliche Idealvereine geführt, vgl. W. Schroeder, Europäische Integration, S. 67; A. Malatos, Berufsfußball, S. 65 ff.

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

vanten Märkten gewinnorientierend betätigen. 202 Der EuGH stellte deshalb klar, daß die Beschränkung des Geltungsbereichs des EG-Rechts aus nichtwirtschaftlichen Gründen nicht weiter gehen darf, als ihr Zweck es erfordert. 203 Die Beschränkung des Geltungsbereichs des EG-Rechts auf einzelne Bestimmungen mit rein sportlichem Bezug rechtfertigt aber keinesfalls die Annahme, die den Profifußball betreffenden Regeln seien in ihrer Gesamtheit als außerhalb des Gemeinschaftsrechts stehend anzusehen. 204 Der EuGH subsumierte daher den Berufssport in seiner Gesamtheit aufgrund seiner ökonomischen Aktivität unter das Tatbestandsmerkmal des "Wirtschaftslebens" i.S. des Art. 2 EGV, so daß die Grundfreiheiten des Gemeinsamen Marktes uneingeschränkte Anwendbarkeit fanden. Weiteren Anstrengungen, wie etwa die der deutschen Bundesregierung, den Sport unter Berufung auf vorhandene Parallelen zur Kultur nach Art. 128 EGV den EG-rechtlichen Reglementierungen zu entziehen,205 erteilte der EuGH ebenfalls eine Absage. 206 Die von dem vorlegenden Gericht zu beantwortende Frage beziehe sich auf die Tragweite der durch Art. 48 EGV garantierten Freizügigkeit der Arbeitnehmer und ziele nicht auf die Fixierung der Beschränkung der Ausübung EG-rechtlicher Befugnisse ab. 207

b) Die unmittelbare Drittwirkung des Art. 48 EGV Der EuGH sah auch kein Problem, nach Feststellung der grundSätzlichen Anwendbarkeit der EG-Normen die streitbefangenen privatrechtlichen Regeln der Fußballverbände an Art. 48 EGV zu messen und dieses Freizügigkeitsrecht im Wege der unmittelbaren Drittwirkung im einem Privatrechtsverhältnis wirken zu lassen. 208 Diese Vorgehensweise ist nicht selbstverständlich, wenn man auf die grundSätzliche Funktion der Grundfreiheiten des EG-Vertrages als

202

W. Schroeder, Europäische Integration, S. 6 f.

203 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5064), Tz. 76. 204 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5064), Tz. 76; so auch H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34; Hobe/Tietje, JuS 1996, 486 (488); HilflPache, NJW 1996, 1169 (1171).

205 Dahingehend auch G. Eilers, DFB-JournaI4l95, 42 (43); ScholzlAulehner, SpuRt 1996,44; C. Palme, JZ 1996,238 (239). 206 Vgl. EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5063), Tz. 72. Zum Verhältnis des Sports zur Kulturkompetenz der EG vgl. M. Zuleeg, in: Will (Hrsg.), Sportrecht in Europa, S. 1; ferner C. Palme, JZ 1996, 238 (239). 207 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5064 f.), Tz. 78. 208 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5067), Tz. 87.

II. Inhalt und Feststellungen des Urteils

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Fundament eines marktwirtschaftlich orientierten Ordnungssystems für die Wirtschaft abstellt, dessen Normadressaten in erster Linie die Mitgliedstaaten sind. Vom Ansatz her haben die Grundfreiheiten daher grundsätzlich keine Bedeutung für Privatrechtsverhältnisse. 209 Die Beschränkungen der Freizügigkeit gingen im Fall "Bosman" aber gerade von privaten Sportverbänden, also juristischen Personen des Privatrechts, und nicht von staatlichen Stellen aus. Dennoch sind sich Literatur und Rechtsprechung einig,210 daß im Sinne einer effektiven Durchsetzung der Grundfreiheiten Art. 48 EGV auch bei die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigenden privatrechtlichen Vereinbarungen über Arbeitsbedingungen Anwendung findet. Vorschriften, die der kollektiven Regelung unselbständiger Arbeit dienen, finden sich in den Mitgliedstaaten in unterschiedlichen Formen. Teilweise sind Arbeitsbedingungen durch Gesetz oder Verordnung, teilweise durch von Privatpersonen im Rahmen einer vorhandenen Tarifautonomie geschlossene private Verträge oder sonstige Akte geregelt. Durch die Anwendbarkeit des Art. 48 EGV auch auf nichtstaatliche Vorschriften wird eine einheitliche Anwendung der Vorschrift in den Mitgliedstaaten und somit eine weitgehende Sicherheit vor Umgehungen gewährleistet. 211 Vor diesem Hintergrund verwies der EuGH auf seine bereits im Urteil "Walrave und Koch" gemachten Aussagen zur Drittwirkung des Art. 48 EGV, wonach das dem Art. 48 EGV innewohnende Verbot der unterschiedlichen Behandlung nicht nur Akte der staatlichen Behörden, sondern gleichermaßen Verträge und sonstige Vereinbarungen erfassen soll, die gerade nicht von staatlichen Stellen herrühren. 212 Betrachtet man zudem den auch vom EuGH zitierten213 Art.7 Abs.4 der Verordnung Nr. 1612/68 des Rates vom 15.10.1968, der alle privatrechtlichen Kollektivvereinbarungen betreffend Arbeits- und Kündigungsbedingungen für nichtig erklärt, "soweit sie für Ar-

209 HobelTietje, JuS 1996, 486 (488); M. Schweitzer, in: Reuter (Hrsg.), Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, S. 71 ff. (75).

210 EuGH, Rs. 36/74, Walrave und Koch, Slg. 1974, 1405 (1419); T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1430; R. Streinz, Europarecht, Rdn. 708; R Stadler, Die Berufsfreiheit, S. 61; v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 48 Rdn. 16; zu dieser Problematik im Sportbereich M. Schweitzer, in: Reuter (Hrsg.), Einbindung des nationalen Sports in internationale Bezüge, S. 71 (75 ff.); H. G. Fischer, SpuRt 1994,174 (175); R. Streinz, SpuRt 1998, 1 (45); W. Schroeder, Europäische Integration, S. 121 ff., spricht terminologisch in diesem Zusammenhang von "Horizontalwirkung". 211

Vgl. hierzu auch T. Trautwein, JA 1996,457 (458).

212 EuGH, Rs. 36/74, Walrave und Koch, Slg. 1974, 1405 (1419 f.). Vgl. hierzu auch W. Schroeder, Europäische Integration, S. 129 ff. 213

EuGH, Rs. 36/74, Walrave und Koch, Slg. 1974, 1405 (1420).

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

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beitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, diskriminierende Bedingungen vorsehen oder zulassen",214 kann man gar von einer unmittelbaren Drittwirkung des Art. 48 EGV qua europarechtlicher Kodifizierung ausgehen. Konsequenterweise zog der EuGH dann auch den Schluß, "daß Art. 48 EGV für von Sportverbänden wie der URBSFA, der FIFA oder der UEFA aufgestellte Regeln gilt, die die Voraussetzungen für die Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit durch die Berufssportler festlegen."215

2. Die Transferregeln als ungerechtfertigter Verstoß gegen die EG-Freizügigkeit gern. Art. 48 EGV

Die eigentliche dogmatische Brisanz in der Entscheidung lag nicht in den Feststellungen, daß das Gemeinschaftsrecht auf den Berufsfußball anwendbar ist und daß die Grundfreiheiten des EGV im Wege der unmittelbaren Drittwirkung auch auf Privatrechtsverhältnisse durchschlagen. Diesbezüglich konnte der EuGH uneingeschränkt auf seine bisherige Rechtsprechung insbesondere im Sport - namentlich auf die Entscheidungen "Walrave und Koch" sowie "Donä/Mantero" - verweisen. Als weitaus problematischer erwies sich für den EuGH die Frage, ob sich der Schutzbereich Art. 48 EGV im Hinblick auf die Transferregeln von einem reinen Diskriminierungsverbot hin zu einem umfassenden Beschränkungsverbot ausdehnen ließ. In Konkretisierung des allgemeinen Diskriminierungsverbotes nach Art. 6 EGV stellt Art. 48 Abs. 2 EGV nämlich in erster Linie ein auf Arbeitnehmer bezogenes, an die Staatsangehörigkeit anknüpfendes Diskriminierungsverbot auf. 216 Auf dieser Grundlage besitzen nach Art. 48 Abs. 3 EGV alle Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten das Recht, sich ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit in einen anderen Mitgliedstaat begeben, sich dort um eine abhängige Arbeitstätigkeit bewerben und dieser nachgehen zu können. 217 Die streitbefangenen Transferregeln boten jedenfalls auf den ersten Blick keine Angriffsfläche für eine Feststellung dahingehend, daß sie im Hinblick auf die Transferentschädigung bei einem Spielerwechsel an die Staatsangehörigkeit des wechselnden Spielers anknüpften und auf diesem Wege etwa Diskriminie-

214 Vgl. hierzu auch M. Hilf, NJW 1984,517 (519); T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1430, G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen, S. 149; Petzold/Sajaris, EuR 1982,

76 (77).

215 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5067), Tz. 87. 216 T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1427; R. Streinz, Europarecht, Rdn. 708; H. D. Jarass, EuR 1995,202 (210 ff.); P. Behrens, EuR 1992, 145 (153 f.).

217 v. d. GroebenlThiesing/Ehlermann, EWG, Vorb. Art. 48 bis 50, Rdn. 1.

11. Inhalt und Feststellungen des Urteils

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rungen wegen der Staatsangehörigkeit einhergingen. Daher war die Argumentation der Verbände sowie einiger Regierungen durchaus nachvollziehbar, daß die Transferregeln vom Anwendungsbereich her für alle Berufsfußballspieler Geltung beanspruchten und damit auf alle inländischen und grenzüberschreitenden Transfers anwendbar waren, ohne daß es auf die Staatsangehörigkeit des wechselbereiten Spielers ankam. 218 Es mangelte bei den Transferregeln damit am klassischen Legitimationspunkt für das kompetenzmäßige Einschreiten des Gemeinschaftsrechts hinsichtlich Art. 48 EGV.219 Um aber die Transferregeln dennoch als grundfreiheitswidrige Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 48 EGV qualifizieren zu können, bedurfte es einer Neustrukturierung des bisherigen Verständnisses des Art. 48 EGV als eines "bloßen" Diskriminierungsverbotes.

a) Eingriffin den Schutzbereich des Art. 48 EGV aa) Art. 48 EGV als umfassendes Beschränkungsverbot Der EuGH nutzte bereits recht früh sein Auslegungsmonopol für das Gemeinschaftsrecht dazu aus, die integrationspolitischen Defizite der zunächst als reine Diskriminierungsverbote im Sinne des Inländerbehandlungsgrundsatzes interpretierten Grundfreiheiten zu kompensieren. 22o Bereits 1974 erweiterte der EuGH die Anwendungsbereiche der Warenverkehrs- (Art. 30 EGV)221 und Dienstleistungsfreiheiten (Art. 59 EGV)222 über ein bloßes Diskriminierungsverbot hinaus zu einem umfassenden Beschränkungsverbot, um Hindernisse für den freien Binnenverkehr durch unterschiedliche nationale Regelungen

218 Vgl. hierzu näher GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4932 (4986 ff.), Tz. 154 ff. 219 H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34 (35); Hobe/Tietje, JuS 1996,486 (489); JZ 1996,238 (240); Hilf/Pache, NJW 1996, 1169 (1172).

c. Palme,

220 Vgl. hierzu ausführlich P. Behrens, EuR 1992, 145 (148 ff.). 221 Vgl. EuGH, Rs. 8174, Dassonville, Sig. 1974, 837 (852); vgl. ferner EuGH, EuGH, Rs. 120178, Cassis de Dijon, Sig. 1979, 649 (662); Hailbronner/Nachbaur, EuZW 1992, 105 (110). 222 Vgl. EuGH, Rs. 33174, van Binsbergen, Sig. 1974, 1299 (1309); vgl. ferner EuGH, Rs. C-76/90, Säger/Dennemeyer, Sig. 1991, 1-4221; EuGH, Rs. C-275/92, Schind1er, Sig. 1994, 1-1039; EuGH, Rs. 279/80, Webb, Slg. 1981, 3305 (3325); Hailbronner/Nachbaur, EuZW 1992, 105 (109 f.); W. Schroeder, EuGRZ 1994,373 ff.; T. Trautwein, Jura 1995, 191 ff.

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

über die Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen abzubauen. 223 Eine vergleichbare Interpretation bzgl. der Personenfreiheiten blieb indes aus. Zwar deutete eine Reihe von zu Art. 48 und 52 EGV ergangenen Entscheidungen an, daß diese über ihr eigentliches Verständnis als Diskriminierungsverbot hinausweisen sollten,224 mit letzter Gewißheit ließ sich dies jedoch nicht behaupten. Mit der "Bosman"-Entscheidung hat der EuGH auch im Hinblick auf Art. 48 EGV klargestellt, daß dieser Art. 48 EGV nunmehr in dreifacher Entfaltung neben dem Verbot unmittelbarer, direkt an die Staatsangehörigkeit anknüpfender Diskriminierungen und dem Verbot mittelbarer, also faktisch zu einer SchlechtersteIlung aufgrund der Staatsangehörigkeit führender Diskriminierungen auch ein umfassendes Beschränkungsverbot enthält. 225 Die diesbezüglich epochemachende Kemaussage lautet insoweit: "Bestimmungen, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates daran hindern oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, stellen daher Beeinträchtigungen dieser Freiheit dar, auch wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer Anwendung finden. ,,226 Mit der Interpretation des Art. 48 EGV i.S.e. umfassenden Beschränkungsbzw. Beeinträchtigungsverbots227 verdeutlichte der EuGH zugleich sein Bestreben zur Angleichung der Grundfreiheiten des EG-Vertrages im Rahmen seines Liberalisierungsprogrammes.228 Unter Zugrundelegung dieser extensi-

223 v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30 Rdn. 5. 224 Vgl. die Zusammenstellung bei GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4932 (4992 ff.), Tz. 167 ff., der zur Untermauerung für ein dahingehendes Verständnis Art. 48 EGV zusätzlich am Wortlaut und systematisch auslegt. Vgl. hierzu auch P. Behrens, EuR 1992, 145 (153 f.). 225 Hobe/Tietje, JuS 1996,486 (490); C. Palme, JZ 1996,238 (240); W. Schroeder, JZ 1996, 254 (255); Hilf! Pache, NJW 1996, 1169 (1172).

226 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4921 (5069), Tz. 96. 227 Hobe/Tietje ziehen einen Vergleich zum bundesrepublikanischen Grundrechtsverständnis und qualifizieren Art. 48 EGV nicht mehr als ein bloßes Gleichbehandlungsgebot, sondern vielmehr als ein umfassenden Freiheitsrecht der europäischen Arbeitnehmer, vgl. Hobe/Tietje, NJW 1996, 486 (489); dahingehend auch L. Gramlich, DÖV 1996,801 (805); H. D. Jarass, EuR 1995,202 (214 f.). 228 T. C. Paefgen, EWiR 1/1995, 987; Hobe/Tietje, JuS 1996, 486 (490); L. Gramlich, DÖV 1996,801 (805); H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34 (35); Hilf!Pache, NJW 1996, 1169 (1171); W. Schroeder, JZ 1996, 254 (255); ausführlich P. Behrens, EuR 1992, S. 145 ff.; kritisch zu dieser Entwicklung W. Schroeder, JZ 1996, 254 (255); ebenso C. Palme, JZ 1996,238 (241).

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ven Auslegung erweisen sich damit sämtliche Regelungen als mit Art. 48 EGV unvereinbar, die die Inanspruchnahme der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft verhindern oder erschweren, ohne daß eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit tatbestandIich vorliegen muß.229

bb) Transferregeln als Beeinträchtigungen In konsequenter Anwendung dieser Grundsätze war es für den EuGH sodann ein Leichtes, im Hinblick auf die Transferregeln einen Verstoß gegen Art. 48 EGV festzustellen. Insoweit führt der EuGH aus, daß die Regeln geeignet seien, "die Freizügigkeit der Spieler, die ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen, dadurch einzuschränken, daß sie die Spieler sogar nach Ablauf der Arbeitsverträge mit den Vereinen, denen sie angehören, daran hindern oder davon abhalten, diese Vereine zu verlassen."230 Anknüpfungspunkt für diese Feststellung war freilich die abstrakte Verpflichtung des neuen Vereins zur Zahlung einer Transferentschädigung an den den Spieler abgebenden Verein. Mit dieser Transferentschädigungspflicht stand in einem untrennbaren Zusammenhang die Freigabeerklärung des Verbandes, dem der Spieler angehörte. Erst nach deren Abgabe konnte der Akteur die Spielberechtigung bei dem neuen Verband erhalten. Der den Spieler abgebende Verein beantragte diese Freigabeerklärung erst dann, wenn die Transferverbindlichkeit des neuen Vereins beglichen war. Auf diese Mechanismen hatte der wechselnde Spieler indes selbst keinerlei Einfluß. Einer freien, im Rahmen eines Vertrages getroffenen, privaten Entscheidung, seinen Herkunftsstaat zu verlassen, um in einem anderen Mitgliedstaat seiner Wahl die Tätigkeit als Berufsfußballspieler nachzugehen, war damit die Grundlage entzogen; vielmehr war der Zugang zu einem Arbeitsmarkt in einem anderen Mitgliedstaat von Entscheidungen Dritter abhängig. Diese Umstände reichten dem EuGH zur Feststellung der Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 48 EGV, "da sie vorsehen, daß ein Berufsfußballspieler seine Tätigkeit nicht bei einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen neuen Verein ausüben kann, wenn dieser Verein dem bisherigen Verein nicht die Transferentschädigung bezahlt hat, deren Höhe zwischen den beiden Vereinen vereinbart oder gemäß den

229 Vgl. EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5069), Tz. 97; ferner Hobe/Tietje, NJW 1996, 486 (489); H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34 (35); HilflPache, NJW 1996, 1169 (1172); W. Schroeder, JZ 1996,254 (255); L. Gramlich, DÖV 1996, 801 (803). 230 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5069), Tz. 99. 5 Trommcr

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

Vorschriften der Sportverbände bestimmt wurde."231 Dabei sei es auch ohne Bedeutung, daß nach dem zu dem Zeitpunkt des Wechsels geltenden UEFATransferreglement die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den betroffenen Vereinen die sportliche Tätigkeit des Spielers nicht beeinflussen sollten, soweit es um die Frage der Transferentschädigung ging. Konnte nämlich der den Spieler verpflichtende Verein die Transferverbindlichkeit nicht begleichen, drohten ihm Disziplinarsanktionen, die bis zum Ausschluß vom Spielbetrieb gehen konnten. Diese Umstände seien geeignet, einen Verein davon abzuhalten, einen Spieler von einem anderen Verein eines anderen Mitgliedstaates zu verpflichten und damit den Spieler in seinem von Art. 48 EGV umfaßten Recht auf Freizügigkeit zu beschränken. 232 Im Hinblick auf den grenzübergreifenden Sachverhalt wies der EuGH auch die Argumentation der UEFA zurück, daß der Rechtsstreit einen rein innerstaatlichen Sachverhalt beträfe, auf den Art. 48 EGV nicht anwendbar sei. Es handele sich um einen belgischen Spieler, dessen Transfer wegen des Verhaltens eines belgischen Vereins und eines belgischen Verbandes fehlgeschlagen sei. 233 Der EuGH stellte klar, daß dem Rechtsstreit ein mitgliedstaatübergreifender Wechsel zugrunde liege. Durch den Vertrag des Spielers Bosman mit einem Verein eines anderen Mitgliedstaates zwecks Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit in dem Gebiet eines Mitgliedstaates sei der exterritoriale Bezug hergestellt. 234

b) Rechtfertigung Der Anerkennung und Durchsetzung einer uneingeschränkten Freizügigkeit der Berufssportler konnte nur noch eine mögliche Rechtfertigung der die Berufsfußballspieler einschränkenden Transferregeln entgegenstehen. Insoweit hoben die betroffenen Verbände - unterstützt durch die Regierungen Frankreichs und Italiens - insbesondere solche Aspekte hervor, die auf die Aufrechterhaltung eines finanziellen und sportlichen Gleichgewichts zwischen den Vereinen abzielten. Der EuGH griff die Argumentation auf und überprüfte die Werthaltigkeit sodann - mangels einschlägiger geschriebener Schranken -

231 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5070), Tz. 100. 232 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5070), Tz. 101; vgl. auch GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (4984, 5010 f.), Tz. 150,209; ebenfalls HilflPache, NJW 1996, 1169 (1172). 233 Vgl. bei GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (4975), Tz. 131. 234 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5067 f.), Tz. 90 f.; vgl. hierzu auch Hobe/Tietje, JuS 1996, 486 (489 f.).

II. Inhalt und Feststellungen des Urteils

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anhand immanenter Schranken. 235 Er legte seiner Rechtmäßigkeitsprüfung eine Dreistufigkeit zugrunde236 und sah vom Ansatz her die den Art. 48 EGV beeinträchtigenden Transferregeln als gerechtfertigt an, wenn "die Regeln einen mit dem Vertrag zu vereinbarenden berechtigten Zweck verfolgen würden und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses 237 gerechtfertigt wären". Diese anerkannten "zwingenden Erfordernisse der Allgemeinheit"238 überprüfte der EuGH sodann am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als SchrankenSchranke239 und forderte gewissermaßen in Parallele zu deutscher Grundrechtsdogmatik,24O daß "die Anwendung dieser Regeln geeignet sein [müßten], die Verwirklichung des verfolgten Zwecks zu gewährleisten, und ( ... ) nicht über das hinausgehen [dürften], was zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich [sei)".241 Der EuGH versagte im Ergebnis den vorgetragenen Aspekten die Anerkennung als Rechtfertigungsgründe und folgte damit im wesentlichen den Ausführungen des Generalanwalts Lenz in seinen Schlußanträgen.242 Sowohl an dem Inhalt als auch an der zugrundegelegten Systematik der Entscheidungsgründe entzündete sich die Kritik in der Literatur. 243

235 Zur Entwicklung der immanenten Schranken im EG-Recht vgl. W. Schroeder, Europäische Integration, S. 176 ff. 236 Vgl. hierzu H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34 (36); W. Schroeder, JZ 1996, 254

(255).

237 Vgl. hierzu EuGH, Rs. 120178, REWE-Zentral AG, Sig. 1979,649 (662); ferner R. Streinz, Europarecht, Rdn. 687 ff.; T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1164. 238 Die dogmatische Einordnung der Rechtfertigung durch Allgemeininteressen ist umstritten, vgl. hierzu H. D. Jarass, EuR 1995,202 (224); W. Schroeder, Europäische Integration, S. 178 f.; W. Schroeder, JZ 1996,254 (256). 239 Vgl. hierzu H. D. Jarass, EuR 1995,202 (225 f.); zur Warenverkehrsfreiheit vgl. T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1163 f.; zur Dienstleistungsfreiheit vgl. R. Streinz, Europarecht, Rdn. 722. 240 Zu den Parallelen zur deutschen Grundrechtsdogmatik vgl. C. Moench, NJW

1982, 2689 (2692).

241 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5071), Tz. 104; vgl. hierzu auch Hobe/Tietje, JuS 1996, 486 (490); W. Schroeder, JZ 1996, 254 (255); H. G. Fischer, SpuRt 1996,34 (36). 242 Siehe GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (5012), Tz. 214 ff. 243 H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34 (36); W. Schroeder, JZ 1996, 254 (255 f.); C. Palme, JZ 1996, 238 (241); HilflPache, NJW 1996, 1169 (1176 f.); ScholzlAulehner, SpuRt 1996, 44 ff.; Hobe/Tietje, JuS 1996, 486 (490); L. Gramlich, DÖV 1996, 801 (804).



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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

aa) Vereinigungsfreiheit der Sportverbände Im Mittelpunkt der Kritik steht die Tatsache, daß der Gerichtshof die von ihm im Rahmen der Anwendbarkeit von Art. 48 EGV aufgeworfene Problematik der Vereinigungsfreiheit der Sportverbände im Rahmen der Rechtfertigungsgründe nicht wieder aufgegriffen und deren Bedeutung nicht hinreichend gewürdigt hat. Insoweit vertrat bereits die Bundesregierung in dem Verfahren den Standpunkt, daß das Tätigwerden der Gemeinschaft im Hinblick auf die den Sportverbänden nach nationalem Recht zustehende Vereinigungsfreiheit unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips auf das unbedingt Erforderliche beschränkt werden müsse. 244 In diesem Kontext verweist die Literatur völlig zu Recht auf die Existenz und Geltung der Vereinigungsfreiheit im gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgefüge, die zu achten gerade dem EuGH über Art. 164 EGV aufgetragen wurde. Die Vereinigungsfreiheit ist schließlich als Grundrecht in dem vom EuGH entwickelten245 primären Gemeinschaftsrecht verankert246 und entfaltet über den im Wege des Vertrags werks von Maastricht installierten Art. F Abs. 2 EUV Geltung. Ihre Rechtsquelle findet sie in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Verfassungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind,247 und in Art. 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).248 Die Vereinigungsfreiheit als Gemeinschaftsgrundrecht bindet danach wie die Grundfreiheiten 249 die öffentliche Gewalt und verbürgt wie im

244 Vgl. EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5063), Tz. 72; zur Vereinsautonomie deutscher Sportverbände bzw. -vereine vgl. K. Stern, in: FS Thieme, S. 269 ff. (271). 245 Vgl. hierzu EuGH, Rs. 29/69, Stauder, Slg. 1969,419 (425); Rs. 44179, Hauer, Sig. 1979, 3727 (3747); ferner GerstnerlGoebel, Jura 1993, 626 (629 f.); M. Notthoff, RIW 1995,541 ff.; C. O. Lenz, NJW 1997,3289. 246 R. Streinz, Europarecht, Rdn. 372; M. SchweitzerlW. Hummer, Europarecht, S.219; D. Feger, Grundrechte, S. 185 f.; v. d. GroebenlThiesinglEhlermann, EWG, Anh. C - Grundrechtsschutz, Rdn. 20.; I. Pernice, in: GrabitziHilf, Komm. z. EU, Art. 164 Rdn.78; vgl. auch EuGH, Rs. 175173, Gewerkschaftsbund, Massa, Kortnerl Rat, Sig. 1974, 917 (925). Zur Entwicklung der durch Art. F Abs. 2 EUV bekräftigten gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte vgl. ausführlich D. Feger, Grundrechte, S. 56 ff.; R. Streinz, Europarecht, Rdn. 358.

247 Vgl. hierzu T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 411; M. Notthoff, R1W 1995,541 (542 ff.); D. Blumenwitz, NJW 1989,621 (623); I. Pernice, NJW 1990,2409 (2412). 248 Vgl. hierzu statt vieler L. Gramlieh, DÖV 1996,801 (807 ff.) m.w.N. 249 Zur Abgrenzung Grundfreiheit und Gemeinschaftsgrundrechte vgl. Scholzl Langer, Europäischer Binnenmarkt, S. 243; R. Streinz, Europarecht, Rdn. 368. Zu den Grundfreiheiten als Rechtsquelle der Gemeinschaftsgrundrechte vgl. Vgl. EuGH, Rs. 36175, Rutili, Sig. 1975, 1219 (1232); Rs. 16178, Choquet, Sig. 1978,2293 (2303); Rs.

II. Inhalt und Feststellungen des Urteils

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deutschen Verfassungsrecht nach Art. 9 Abs. 1 GG das Recht, sowohl einen Verein zu gründen, ihm beizutreten und aus ihm auszutreten. Hinzu gesellt sich das Recht - was für den Fall "Bosman" von erheblicher Bedeutung war -, sich als Ausfluß der aus der Vereinigungsfreiheit abgeleiteten Satzungsautonomie eine innere Ordnung zu geben. 25o In diesem Rahmen können sich die Vereine auf ein grundrechtlich geschütztes Selbstbestimmungsrecht im Hinblick auf die Regelung der eigenen Vereinsangelegenheiten berufen251 und dabei die Art und Weise sowie die Mittel, die der Wahrnehmung gemeinsamer Belange, insbesondere der Herausbildung eigener sportlicher Maßstäbe dienen sollen, selbst festlegen. 252 Zu diesen geschützten Mitteln gehören dann freilich auch aufgestellte Transferregeln als Bestandteil der inneren Ordnung und Ausdruck der autonomen Rechtssetzungsbefugnis, die im Verhältnis zu ihren Mitgliedern mittel- oder unmittelbar gelten. Vor diesem Hintergrund wird die Interessenkollision offensichtlich, die im Fall "Bosman" Relevanz beanspruchte. Insoweit kollidierte die Grundfreiheit der Berufssportler aus Art. 48 EGV mit dem Gemeinschaftsgrundrecht der Vereinigungsfreiheit der Sportverbände, so daß sich auf privater Ebene zwei subjektive Rechte als rechts staatliche Komponenten der Gemeinschaftsordnung gleichwertig 253 gegenüberstanden. 254 Der EuGH sprach diese Kollisionsproblematik zwar an und attestierte der Vereinigungsfreiheit auch durchaus eine schützenswerte Stellung innerhalb der Gemeinschaftsordnung. 255 Einen Versuch, Ursprung, Inhalt, Rang und Reichweite dieses Grundrechts im Verhältnis zur tangierten Freizügigkeit näher zu fixieren, unterließ indes der EuGH und reduzierte seine Aufmerksamkeit auf die Feststellung, daß "nicht davon auszugehen ist, daß die von Sportverbänden aufgestellten Regeln ( ... ) erforderlich sind, um die Ausübung dieser Freiheit c... ) zu gewährleisten ( ... )".256 Sieht man von der zweifelhaften dogmatischen EinordC-106/91, Rarnrath, NJW 1992, 2407 (2408); Rs. 71/76, Thieffry, Sig. 1977, 765 ff.; vgl. auch M. Notthoff, RIW 1995,541 (544); G. Gornig, NJW 1989, 1120 (1124). 250 Zu den Konturen der Vereinigungsfreiheit im Gemeinschaftsrecht vgl. näher L. Gramlieh, DÖV 1996, 801 (806 ff.); Gerstner/Goebel, Jura 1993, 626 (629); M. Notthoff, RIW 1995,541 ff.; H. Guradze, Menschenrechtskonvention, Art. 11 Rdn. 11. 251 J. Wertenbruch, NJW 1993, 179 (181); W. Schroeder, Europäische Integration, S. 186 f.; D. Reuter, NJW 1983,649 (652). 252

J. A. Frowein, in: ders.lPeukert (Hrsg.), EMRK-Kommentar, Art. 11 Rdn. 6.

253 Vgl. zum Verhältnis der Grundfreiheiten zu den Gemeinschaftsgrundrechten T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 410 f.; W. Schroeder, Europäische Integration, S. 197 f. 254 Vgl. W. Schroeder, JZ 1996, 254 (255); Hobe/Tietje, JuS 1996, 486 (490); L. Gramlieh, DÖV 1996,801. 255

EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4921 (5065), Tz. 79.

256

EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4921 (5065), Tz. 80.

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

nung seiner Ausführungen im Rahmen der Anwendbarkeit des Art. 48 EGV einmal ab, - insoweit hätte der EuGH wie der Generalanwalt Lenz 257 diese Drittwirkungsproblematik im Rahmen der Rechtfertigungsgründe wieder aufgreifen müssen258 - so übersieht er das durch die gegenseitige immanente Begrenzung der Grundfreiheit des Art. 48 EGV und des Gemeinschaftsgrundrechts der Vereinigungsfreiheit erforderliche Bedürfnis nach gegenseitiger Abwägung im Sinne einer im deutschen Verfassungsrecht geläufigen praktischen Konkordanz. 259 Danach sind kollidierende Grundrechte und grundrechtsbezogene Rechtsgüter durch Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen. 26O Nur so hätten die gleichwertigen Rechte zur optimalen Wirksamkeit gelangen, die Kollision gelöst und die Akzeptanz dieses Urteils erhöht werden können. 261

bb) Aufrechterhaltung des finanziellen und sportlichen Gleichgewichts / Nachwuchsförderung Zentrales Argument der Verbände im Rahmen der Rechtfertigung war der Hinweis auf die Funktion der Transferentschädigungen als Regulativ zur Aufrechterhaltung des finanziellen und sportlichen Gleichgewichts innerhalb einer Liga. 262Die in diesem Rahmen vorgebrachten Erwägungen decken sich weitestgehend mit denen, die bereits auf bundesdeutscher Ebene im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Transferregeln mit Art. 12 GG diskutiert wurden. 263 Hinter der Argumentation steht im wesentlichen der Gedanke, die Dominanz weniger solventer Klubs, die nach einer Verpflichtung der spielstärksten Spie-

257 GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (5013), Tz. 216. 258 So auch W. Schroeder, JZ 1996254 (256); ders., Sport und Europäische Integration, S. 191 ff.; HobelTietje, JuS 1996, 486 (490); ScholzlAulehner, SpuRt 1996, 44 (45). 259 Vgl. hierzu K. Hesse, Grundzüge, Rdn. 317; ferner K. Stern, StaatsR 11111, § 76, S. 1577; W. Rüjner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR V, § 117 Rdn. 66 ff. 260

Vgl. BVerfGE 30,173 (195); K. Hesse, Grundzüge, Rdn. 72.

261 So einhellig W. Schroeder, JZ 254 (256); HobelTietje, JuS 1996, 486 (490); ScholzlAulehner, SpuRt 1996, 44 (45); L. Gramlieh, DÖV 1996, 801 (810); dahingehend bereits W. Schroeder, Europäische Integration, S. 197 ff., hinsichtlich der Ausländerklauseln. 262 Vgl. hierzu die Ausführungen bei GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (5014 ff.), Tz. 218 ff. 263

Siehe oben § 2 1 4.

II. Inhalt und Feststellungen des Urteils

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ler streben, zu verhindern. Dabei wird von folgender Wirkungskette ausgegangen: 264 Ohne eine Beschränkung bzw. Belastung des Spielerkaufs kann ein "Auskaufen" der finanziell schwächeren Vereine nicht verhindert werden, denn sie können den einem wechsel bereiten Spieler unterbreiteten Angeboten nichts entgegensetzen. Deshalb müssen die Vereine mit Transfererlösen in die Lage versetzt werden, nach adäquatem Ersatz Umschau halten und den sportlichen Substanzverlust durch Neuverpflichtungen ausgleichen zu können. Eine gänzliche Abwanderung der guten und talentierten Spieler zu den wenigen Spitzenvereinen führt zwangsläufig zu deren absoluter Dominanz und damit zu einem sportlichen Leistungsgefälle innerhalb der Liga. Durch eine Konzentration des Spektakels auf wenige Vereine wird die Liga aber über kurz oder lang an Attraktivität verlieren, denn nur annähernd gleich starke Mannschaften versprechen spannende Spiele mit ungewissem Ausgang. Die Nachfrage der potentiellen Verbraucher nach den Wettkämpfen geht zwangsläufig zurück und führt zu Einnahmeverlusten auf breitester Front. Hiervon betroffen wären insbesondere sportlich schwache Vereine, die schon bald aus dem Kollektiv ausscheiden müßten. Schließlich sollte nach Auffassung der Verbände der Transferentschädigung eine Art "Ausgleichsfunktion" zukommen. Durch die Zahlungen von Transferentschädigungen sollte das wirtschaftliche Überleben sog. kleinerer Vereine gesichert werden. Ohne die berechtigte Aussicht auf Transferentschädigungen sei die wirtschaftliche Existenz zahlreicher Vereine gefährdet. Mangels wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit könnten sie daher einen geordneten Spielbetrieb über kurz oder lang nicht gewährleisten. Durch den Ausfall eines Vereins aus dem Kollektiv wäre aber der gesamte Ligabetrieb gefährdet. Darüber hinaus sollten die Transferzahlungen für die Vereine Anreiz bieten, die Suche nach Talenten voranzutreiben und in deren Ausbildung zu investieren. Damit waren vor allem die unteren Spielklassen, namentlich die Amateurvereine angesprochen. Durch die Übernahme von Sportlern aus den untergeordneten Ligen in den Berufssport sollte nämlich auch ein gewisser finanzieller Ausgleich zwischen den Profi-Ligen und den Amateurvereinen im Interesse der Sicherstellung der finanziellen Grundlagen der letzteren stattfinden. Ein gänzlicher Ausfall dieser Transfereinnahmen zugunsten der Vereine der unte-

264 Vgl. hierzu auch S. Pariasca, Kartelle, S. 102 ff., die die gleichen Gedankengänge im Zusammenhang mit dem Standardargument der amerikanischen Profi-Ligen zur Rechtfertigung ihrer kartellmäßigen Vereinbarungen betriebswirtschaftlich auf ihre Stichhaltigkeit hin überprüft.

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

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ren Spielklassen könnte für diese enorme wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen. 265 Unter Anwendung seiner zuvor aufgestellten Prüfungsvoraussetzungen für die Rechtfertigung erkannte der EuGH unter Hinweis auf die beträchtliche soziale Bedeutung der sportlichen Tätigkeit und insbesondere des Fußballs in der Gemeinschaft die mit den Transferregeln verfolgten Zwecke als durchaus berechtigt an, "die darin bestehen, die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts zwischen den Vereinen unter Wahrung einer bestimmten Chancengleichheit und der Ungewißheit der Ergebnisse zu gewährleisten sowie die Einstellung und Ausbildung der jungen Spieler zu fördern" .266 Quasi im gleichen Atemzug schlug das Gericht sodann die Brücke zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und überprüfte die Transferregeln auf ihre Geeignetheit zur Verwirklichung der mit ihnen verfolgten Zwecke. Auf diesem Wege blendete er die praktischen Folgen des Urteils aus und umschiffte dabei die nicht unproblematische zweite Stufe der eingangs von ihm selbst aufgestellten drei stufigen Rechtfertigungsprüfung, ob nämlich die Transferregeln aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. 267 Jedenfalls sprach der EuGH den Transferregeln bereits deren Geeignetheit zum Zwecke der Aufrechterhaltung eines sportlichen und finanziellen Gleichgewichts ab. Das Gericht führte in diesem Zusammenhang plausibel aus, daß diese Regeln weder verhindern würden, "daß sich die reichsten Vereine die Dienste der besten Spieler sichern, noch, daß die verfügbaren finanziellen Mittel ein entscheidender Faktor beim sportlichen Wettkampf [seien] und daß das Gleichgewicht zwischen den Vereinen dadurch erheblich gestört werden würde". In der Tat kann dem Phänomen des sportlichen und finanziellen Ungleichgewichts nicht lediglich mit dem System der Transferentschädigung begegnet werden. In diesem Zusammenhang wies Lenz, dessen Beurteilungen sich der EuGH uneingeschränkt anschloß, zu Recht darauf hin, daß "die Transferregeln ( ... ) sogar noch das ohnehin bestehende Ungleichgewicht zwischen wohlha-

265 Nimmt beispielsweise innerhalb des DFB ein Lizenzligaverein der I. Bundesliga einen Amateurspieler als Lizenzspieler unter Vertrag, entsteht nach § 30 LSt LV.m. den durch den Beirat am 23.11.1996 beschlossenen Grundsätzen für den Vereinswechsel eine Ausbildungs- und Förderungsentschädigung i.H.v. 100.000,00 DM, die prozentual auf die alten Vereine des Spielers aufgeteilt werden; vgl. hierzu auch D. Reuter, NJW 1983,649 (654); H. Buchner, RdA 1982, I (12); BGH NJW 1976,565 (566). 266

EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5071), Tz. 106.

267

Vgl. H. G. Fischer, SpuRt 1996,34 (36).

11. Inhalt und Feststellungen des Urteils

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benden und weniger wohlhabenden Vereinen [verstärken]" würde. 268 Theoretisch könnten sich die Vereine zwar infolge der erzielten Transfereinnahmen mit anderen gleichwertigen Spielern verstärken. Praktisch stehe dem jedoch entgegen, daß sich die Höhe der Transferentschädigungen bislang an den Gehältern der Spieler orientierte und diese sich, zumindest bei den größeren Vereinen, auf einem derart hohen Niveau befänden, daß eine Verpflichtung solcher Spieler für die nach adäquatem Ersatz Ausschau haltenden finanzschwachen Vereine wirtschaftlich nicht tragbar wäre. 269 Auch in finanzieller Hinsicht wird das Gleichgewicht zwischen den Klubs nicht gestärkt. "Verpflichtet nämlich ein Verein Spieler aus anderen Mitgliedstaaten oder aus Drittstaaten, so fließen die hierfür erforderlichen Gelder ins Ausland ab, ohne daß die anderen Klubs, die mit dem betroffenen Verein in einer Liga spielen, davon profitieren würden."27o Was die Förderung der Nachwuchsarbeit durch Transferregeln anbelangt, bezweifelte der EuGH ebenfalls deren Geeignetheit zur Verwirklichung des verfolgten Zwecks. Insoweit sei die Aussicht auf Transferentschädigungen lediglich durch einen Eventualitäts- und Zufallscharakter gekennzeichnet, da die sportliche Zukunft des auszubildenden Nachwuchses "nicht mit Sicherheit vorhergesehen werden kann und sich nur eine begrenzte Zahl dieser Spieler einer beruflichen Tätigkeit widmet".27I Somit würden nicht systematische Jugendarbeit und betriebener Aufwand darüber entscheiden, welche Vereine zu welcher Zeit welche Transferentschädigung erhalten würden. 272 Die Transferzahlungen seien vielmehr unberechenbare Faktoren, die für die Vereine keine hinreichende Kalkulationsgrundlage im Hinblick auf ihre Wirtschaftspolitik böten. 213 In diesem Zusammenhang wies der EuGH auch darauf hin, daß die zu leistenden Transferentschädigungen unabhängig von den tatsächlichen Kosten berechnet würden, die den Vereinen bei der Ausbildung der künftigen Berufsspieler entstanden seien. 214 Insoweit ist von den Verbänden vorgetragen wor-

268 GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4932 (5016), Tz. 224. 269

So auch W. Arens, SpuRt 1996,39 (40).

210 So zutreffend GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 11995,4932 (5017), Tz. 225. 211

EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4921 (5072), Tz. 109.

272

So HilflPache, NJW 1996, 1169 (1172).

213

Dahingehend auch H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34 (36).

214

Vgl. EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4921 (5072), Tz. 109.

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

74

den, daß durch die Ablösesummen lediglich die für die Ausbildung und Fortbildung eines Spielers entstandenen Kosten erstattet würden. In der Tat kann im Hinblick auf die Lizenzspieler nicht von einer Ausbildung im klassischen Sinne ausgegangen werden. Bei der Teilnahme am regulären Training und Spiel betrieb handelt es sich um einen Teil der Arbeitsverrichtung, der sich als schuldrechtliche Pflicht aus dem Arbeitsvertrag zwischen Spieler und Verein ergibt,275 Insoweit wies Lenz im Rahmen seiner Schlußanträge zutreffend auf den Umstand hin, daß schon begrifflich nicht von einer "Ausbildung" gesprochen werden kann, "wenn gestandene Berufsspieler den Verein wechseln".276 Gegen den Charakter der Ablösesummen als klassische Ausbildungsentschädigung spricht schließlich auch, daß ungeachtet einer freien Aushandelbarkeit die Höhe der Transferentschädigung nach einem bestimmten Schlüssel individuell berechnet wird277 und sich daher mit Blick auf den etwa gleich hoch betriebenen Aufwand der Vereine für jeden Spieler eben nicht an den Kosten einer Ausbildung orientiert.278 Was die z.T. astronomischen Höhen der Transferentschädigungen anbelangt, trifft Arens 279 im Hinblick auf deren Charakter als Aus- oder Weiterbildungskosten den "Nagel auf dem Kopf", indem er ausmalt, wie "hoffnungslos untalentiert ( ... ) Spieler vom Kaliber eines Romario oder eines Ronaldo sein [müßten], für die Transferentschädigungsforderungen in Größenordnungen von 30 Mio. oder 70 Mio. DM genannt werden, wenn sie Aus- und Weiterbildungskosten in dieser Höhe verschlungen haben sollten". Letztlich sprach der Gerichtshof noch die zweite Stufe der Verhältnismäßigkeitsprüfung an und betonte im Rahmen der Ausführungen zur Erforderlichkeit, daß "dieselben Zwecke im übrigen mindestens ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden [können], die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigen".280 Bemerkenswert ist, daß er sich nicht weiter damit auseinandersetzte und darlegte, welche anderen Mittel nicht oder weniger freizügigkeitsbeeinträchtigend wären. 281 Vielmehr verwies er pauschal auf die

275 Vgl. M. N. Becker, Regelung, S. 117; G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen,

S.67.

276 GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4932 (5021), Tz. 237.

277 Vgl. M. N.

S.69.

Becker, Regelung. S. 119; G. Westerkamp, Ablöseentschädigungen.

278 GA Lenz. Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4932 (5021), Tz. 237. 279 Vgl. W. Arens, SpuRt 1997,126 (127). 280 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995,4921 (5072), Tz. 110. 281 Kritisch deshalb HilflPache, NJW 1996, 1169 (1172).

11. Inhalt und Feststellungen des Urteils

75

Ausführungen des Generalanwalts Lenz, der sich mit dieser Frage im Rahmen seiner Schlußanträge ausführlicher befaßte und verschiedene Modelle vorschlug. 282 Als denkbar nannte dieser zum einen die tarifvertragliche Festsetzung der an die Spieler zu zahlenden Gehälter. Zum anderen wies er auf die Möglichkeiten hin, die Einnahmen der Vereine aus dem Ligabetrieb untereinander effizienter zu verteilen. Als hierfür geeignete Einnahmeposten nannte er die Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten sowie jene, welche bei der zentralen Vergabe der Rechte für die Übertragung von Spielen im Fernsehen anfallen. Dabei wies Lenz darauf hin, daß solche Verteilungsmechanismen bereits sowohl auf nationaler als auch auf UEFA-Basis durchweg praktiziert werden. Als Beispiel führte er die Einnahmenteilung der an DFB-Pokalspielen teilnehmenden Mannschaften an, die sich die Einnahmen aus einer Begegnung nach Abzug eines entsprechenden DFB-Anteils hälftig teilen. 283 Einem solchen Umverteilungssystem kann in der Tat nicht von vornherein die Geeignetheit abgesprochen werden, auf der Grundlage eines für alle Vereine angemessenen und ausgewogenen Schlüssels bestehende oder drohende Unterschiede in der Finanzausstattung auszugleichen und auf diesem Wege zu einem die Leistungsdichte verbreiternden Niveau zu gelangen. Ließe sich ein solches System praktisch realisieren - im Verfahren haben jedenfalls weder die UEFA noch die URBSFA bestritten, daß es sich bei dieser Lösung um eine realisierbare Alternative handelt _,284 würde es sich gemessen am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gegenüber den grundrechts- und grundfreiheitsbeeinträchtigenden Transferregeln als das mildere Mittel präsentieren.

3. Zeitliche Wirkung des Urteils

In zeitlicher Hinsicht ist noch anzumerken, daß der Gerichtshof keine Übergangsfrist zur Anpassung der Transferregeln (und der Ausländerklauseln) an die neue Rechtslage gewährte. 285 Mit anderen Worten: Art. 48 EGV war in der Auslegung durch den Gerichtshof sofort anzuwenden. Das stellte die Sportverbände vor die äußerst schwierige Aufgabe, kurzfristig gemeinschaftsverträgliche Übergangs- oder Ersatzlösungen zu finden, die mit Blick auf die demokra282 Vgl. GA Lenz, Schluß anträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (5017), Tz. 226 ff. 283

Vgl. § 67 Durchführungsbestimmungen/DFB.

284 Vgl. GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (5019), Tz. 229. 285 Vgl. hierzu näher ScholzlAulehner, SpuRt 1996,44 (46); HilflPache, NJW 1996, 1169 (1170); HobelTietje, JuS 1996,486 (492).

76

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

tischen Strukturen der Verbände erst nach zeitraubenden Vorarbeiten und Beschlußverfahren in Kraft treten könnten. 286 Hinzu kam die Brisanz, daß die Entscheidung in die Mitte einer laufenden Saison fiel. Die Reaktionen der Verbände waren dann auch zunächst geprägt von Absichtserklärungen,287 um bereits frühzeitig Signale zu setzen. Schließlich überraschte das Urteil in seiner Rigidität, und Befürchtungen um die wirtschaftliche Existenz vieler Vereine, ja sogar um die des Fußballs überhaupt wurden immer lauter. Mit Rücksicht auf diese einschneidenden möglichen Folgen versuchte der EuGH die Wirkungen des Urteils immerhin insoweit zu mildem, als er im Rahmen seiner Entscheidung vom Grundsatz der umfassenden Rückwirkung der Urteile 288 abwich und der "Bosman"-Entscheidung im Hinblick auf die Transferregeln lediglich eine ex nunc-Wirkung verlieh. 289 Unter Heranziehung des allgemeinen Grundsatzes der Rechtssicherheit wurden daher ausdrücklich diejenigen Rechtsverhältnisse von dem nunmehr geltenden Beschränkungsverbot des Art. 48 EGV ausgenommen, "deren Wirkungen sich in der Vergangenheit erschöpft haben".290 Hierunter subsumierte der Gerichtshof solche Transferentschädigungen, "die zum Zeitpunkt des vorliegenden Urteils bereits bezahlt worden sind oder die zur Erfüllung einer vor diesem Zeitpunkt entstandenen Verpflichtung noch geschuldet werden". Hingegen sollte die Wirkung des Urteils auf jene Rechtsverhältnisse durchschlagen und eine unmittelbare Rückwirkung herbeiführen, wo Rechtssuchende "rechtzeitig Schritte zur Wahrung ihrer Rechte unternommen" und zuvor "nach dem anwendbaren nationalen Recht Klage erhoben oder einen gleichwertigen Rechtsbehelf eingelegt haben".291 Insgesamt betrachtet waren mit dem Tag der Entscheidung am 15.12.1995 die Transferregeln der

286 Vgl. Hilf1Pache, NJW 1996, 1169 (1170). 287 So beispielsweise der DFB und der italienische Fuballverband, die als Ausgleichslösung für die Transferregeln ein Pool-System bzw. die Abschaffung der Ablösesummen innerhalb von drei Jahren in Aussicht stellten, vgl. Hamburger Abendblatt v. 29.1.1996, S. 18 bzw. FAZ v. 9.2.1996, S.31. Zu der schrittweisen Reduzierung der Ablösesummen im italienischen Sport vgl. auch FAZ v. 17.5.1996, S. 37. 288 Std. Rspr. des EuGH, vgl. insbes. EuGH, Rs. 24/86, Blaizo, Slg. 1988,379 (405); vgl. ferner J. Wohlfahrt, in: GrabitziHilf (Hrsg.), Komm. z. EU, Art. 177 Rdn. 77 ff. 289 Anders der Gerichtshof hinsichtlich der Ausländerklauseln, da der Rechtssuchende "angesichts der erwähnten Urteile Walrave und Dona ( ... ) nämlich vernünftigerweise nicht davon ausgehen durfte, daß die sich aus diesen Klauseln ergebenden Diskriminierungen mit Art. 48 EGV vereinbar waren", vgl. EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5080), Tz. 146. 290 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5080); Tz. 144; vgl. hierzu auch EuGH, Rs. C-163/90, Legros u.a., Slg. 1 1992,4625 (4669 ff.). 291 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5080), Tz. 144f.; vgl. hierzu auch Hilf1Pache, NJW 1996, 1169 (1173 f.).

11. Inhalt und Feststellungen des Urteils

77

Profifußballverbände als mit dem Gemeinschaftsvertrag unvereinbar292 zu betrachten. Damit einhergehend war eine entsprechende Neuorganisation des Berufsfußballs vonnöten.

4. Reichweite des Urteils

Die Reichweite der "Bosman"-Entscheidung bleibt in praktischer Hinsicht aber nicht ohne Einschränkungen. Vom Urteil erfaßt wird ausschließlich der grenzüberschreitende Transfer eines Berufsfußballspielers, der Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist. Insoweit beschränkt der Gerichtshof den Anwendungsbereich sowohl materiell als auch personal.

a) Personale Beschränkung auf Angehörige der EU- und der EWR-Mitgliedstaaten Personal begrenzt der EuGH den Anwendungsbereich der Entscheidung auf Angehörige der EG-Mitgliedstaaten. Schließlich übt der Gerichtshof als Organ der Gemeinschaft293 gern. Art. E EUV seine Befugnisse nur nach Maßgabe und im Sinne der gemeinschaftsrechtlichen Verträge aus, wonach er gern. Art. 164 EGV zur Sicherung der Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des EG-Vertrages zuständig ist. Gemäß Art. 227 Abs. 1 EGV beschränkt sich dabei der räumliche Geltungsbereich des Vertrages nur auf die dort aufgeführten fünfzehn Mitgliedstaaten, deren Bürger als sog. Markt- bzw. EG-Bürger als Normadressaten unmittelbar berechtigt und verpflichtet werden und auf die die Gemeinschaftsgewalt substantiell einwirken kann. 294 Selbstverständlich kann durch das Gemeinschaftsrecht nicht die Rechtslage in einem Staat außerhalb der EG beeinflußt werden. Dementsprechend können auch nur Staatsangehörige eines Mitgliedstaates von der rechtsprechenden Gewalt erfaßt werden, so daß der dahingehende Hinweis des EuGH295 rein deklaratorischer Natur ist. Vom Anwendungsbereich mitumfaßt sind nach Maßgabe der Art. 6 und 28 292 Ob die Feststellung der Unvereinbarkeit der Transferregeln mit Art. 48 EGV zugleich zur Nichtigkeit der entsprechenden zivilrechtlichen Bestimmungen führte, wird unterschiedlich beantwortet, vgl. hierzu umfassend HobelTietje, JuS 1996,486 (492 ff.) m.w.N. 293 Vgl. hierzu R. Streinz, Europarecht, Rdn. 226, 327 ff.; T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 331 ff. 294

T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 181.

295 Vgl. die Leitsätze des EuGH i.S. Bosman, EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 11995,4921 (5081).

78

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

EWR-Abkommen jedoch auch die Bürger der dem Europäischen Wirtschaftsraum angeschlossenen Staaten Norwegen, Liechtenstein und Island,296 die damit in Bezug auf die Transferregeln EG-Bürgern gleichzustellen sind. 297

b) Materielle Beschränkungen Gegenständlich erfährt das Urteil zunächst insofern eine Einschränkung, als es nur für den Bereich des Berufsfußballs Anwendung findet. 298 Anknüpfungspunkt für diese Betrachtungsweise ist die Feststellung, daß allein der Berufsfußball in seiner Gesamtheit am Wirtschaftsleben im Sinne des Art. 2 EGV teilnimmt und hierüber der Weg zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des Art. 48 EGV, eröffnet wird. Nicht erfaßt wird daher der gesamte Bereich des Amateur- und Freizeitsports,299 da nach der Rechtsprechung des EuGH Arbeitnehmer und zugleich Begünstigter im Sinne des Art. 48 EGV nur sein kann, wer eine entgeltliche Arbeits- oder Dienstleistung erbringt. 3OO Ferner treffen die Wirkungen des Urteils nur den grenzüberschreitenden Transfer eines Unionsbürgers. 301 Erst durch das Erfordernis des grenzüberschreitenden Verkehrs wird das Gemeinschaftsrecht in Form des EG-Vertrages tangiert, das die wirtschaftlich-soziale Tätigkeit im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten in einem umfassenden Sinne regeln möchte. 302

296 Vg!. hierzu auch die SteIlungnahme bzw. die Pressemitteilung der UEFA vom 16. I 2.1995 bzw. 20.2.1996. 297 Vg!. hierzu näher R. Streinz, SpuRt 1998, 1 (47); ders. zur Erstreckung des Bosman-Urteils auf Drittstaaten im Hinblick auf das Assoziationsabkommen mit der Türkei v. 12.9.1963, BOB!. 1964 II, S. 509 ff., und des Europaabkommens mit Polen, BOB!. 1993 II, S. 1316 ff., bzw. Ungarn, BOB!. 1993 II, S. 1472 ff. 298 Zwar ist das Urteil vom Wortlaut her in erster Linie nur für den BerufsfußbaII von richtungsweisender Bedeutung. Es besteht dennoch kein Zweifel, daß das Urteil grundlegende FeststeIlungen für aIIe Mannschaftssportarten im Profibereich trifft, vg!. H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34. 299 Vg!. hierzu Hilf/Pache, NJW 1996, 1169 (1174); R. Stadler, Die Berufsfreiheit, S.9; E. Steindorff, RIW 1975, 253 (254 f.); M. Hilf, in: Württ. FußbaIIverband e.V. (Hrsg.), Rechtsprobleme beim Vereinswechsel eines FußbaIIspielers, S. 84 ff. (90); kritisch W. Schroeder, Europäische Integration, S. 44. 300 EuOH, Rs. 13176, Donä/Mantero, Slg. 1976,1333 (1340). 301 Vg!. hierzu auch Hobe/Tietje, JuS 1996,486 (490); H. G. Fischer, SpuRt 1996, 34 (36); W. Arens, SpuRt 1996, 39 (40); H. Kahlenberg, EWiR 1996, 111. 302 VgI. T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 197.

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

79

Das Urteil betrifft auch nicht den Fall, daß ein Spieler vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses den Verein wechselt. Die Entscheidung knüpft vielmehr an die Frage der Zulässigkeit von Transferentschädigungen bei beendeten Arbeitsverträgen an. 303 Das "Herauskaufen" von Spielern aus laufenden Arbeitsverträgen ist aus europarechtlichem Blickwinkel unbedenklich. Bei diesen Aufwendungen handelt es sich nämlich um eine Entschädigung für den alten Verein für zu erwartende, spielerbezogene zukünftige Erlöse, die ihm dadurch entgehen, daß er den Spieler vorzeitig aus seinem Vertrag entläßt. 304

III. Auswirkungen des Urteils insbesondere im Hinblick auf den deutschen Profifußball 1. Die Reaktion des DFB

Der DFB spekulierte offenbar auf eine vom Gerichtshof konzedierte Übergangsfrist305 und wurde durch die Rigorosität des Urteils überrascht. Der DFB sah sich zum Handeln gezwungen, zumal neben der EU-Kommission auch die Vereinigung der Vertragsfußballspieler (vdv) die sofortige Umsetzung des Urteils einforderte. Hinsichtlich der Ausländerregelung zeigten sich die 36 Bundesliga-Vereine in ihrer ersten Reaktion solidarisch und vereinbarten in einer Art "Gentlemen's Agreement", daß bis zum Ende der laufenden Saison 1995/96 in Bundesliga-Spielen die bisherige Ausländerregelung beibehalten werden solle. 306 Im Hinblick auf die vom EuGH geforderte unbeschränkte Freizügigkeit der Profispieler reagierte der DFB mit einer umfassenden Änderung des die Ausländerregelung betreffenden Lizenzspielerstatuts mit der Folge, daß seit der Saison 1996/97 auch nach Maßgabe der Verbandsregelung Spieler aus den

303 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5068); Tz. 99; vgl. hierzu auch H. P. Westermann, DZWiR 1996, 82 (83); W. Arens, SpuRt 1996, 39 (40); J. Wertenbruch, JZ 1996, 91 (92); HilflPache, NJW 1996, 1169 (1175); S. Pariasca, Kartelle, S. 186. 304

Vgl. hierzu S. Pariasca, Kartelle, S. 186.

So der Ligaausschuß-Vorsitzende G. Mayer-Vorfelder, FAZ v. 7.2.1996, S. 30, der in diesem Zusammenhang von einem enteignungs gleichen Eingriff spricht. 305

306 Zur Rechtmäßigkeit dieser freiwilligen Selbstbeschränkungserklärung im Hinblick auf Art. 48 bzw. 85 EGV vgl. Hobe/Tietje, NJW 1996,486 (493); H. G. Fischer, SpuRt 1996,34 (38); HilflPache, NJW 1996, 1169 (1175); W. Arens, SpuRt 1996, 39 (43); vgl. auch C. O. Lenz, der dem DFB "einen glatten Rechtsbruch" vorwirft, FAZ v. 13.1.1996, S. 26.

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

Mitgliedstaaten in unbegrenzter Zahl in den deutschen Profi-Ligen eingesetzt werden können. 30? Auf der Suche nach einem adäquaten Alternativmodell zum bisherigen Transfersystem wurde zunächst ein Pool-System vorgeschlagen, das das herkömmliche nationale System in zwei Schritten ersetzen sollte. Hierfür traf der für die Fassung und Änderung des Lizenzspielerstatuts zuständige DFB-Beirat auf seiner Tagung am 27. April 1996 die notwendigen Vorbereitungen, indem das für das Transfersystem relevante Lizenzspielerstatut geändert wurde. Danach wurde auf der Grundlage des neugefaßten § 29 LSt, der mit Ablauf der Spielzeit 1996/97 zum 1. Juli 1997 entfiel, das bisherige Entschädigungssystem mit der Maßgabe weiter praktiziert, daß bei dem Wechsel eines Spielers lediglich "die Hälfte der in Anwendung der Richtlinien ermittelten Transferentschädigungen fällig" wurde. Durch diese Übergangslösung sollten vor allem ertragsschwache Vereine zumindest bilanziell in die Lage versetzt werden, Transfers noch einmal zu ihren Gunsten abwickeln zu können. Mit der Saison 1997/98 sollten dann die Transfers über einen Solidaritätspool reguliert werden und direkte Zahlungen zwischen den Vereinen entfallen. 308 Der beabsichtigte Pool im Wert von 50 Mio. Mark sollte aus einem Teil der von der Ufa Filmund Fernseh GmbH gezahlten Summe für die Bundesliga-Liveübertragungen im Pay-TV-Sender Premiere gebildet werden und für einen relativen Finanzausgleich zwischen wohlhabenden und weniger solventen Vereinen der ersten und zweiten Bundesliga sorgen. Diese Pläne wurden vom DFB indes fallengelassen, so daß nach dem heutigen Stand ein Verein, dessen Profispieler nach Ablauf seines Vertrages zu einem anderen Klub wechselt, keine Aussicht auf Zahlung einer Transferentschädigung hat. Nach wie vor fällig wird auf der Grundlage des § 30 LSt n.F. eine "Ausbildungs- und Förderungsentschädi-

30? Darüber hinaus dürfen die Profiklubs drei weitere ausländische Spieler verpflichten, die nicht aus einem Mitgliedsverband der UEFA stammen. Ohne Beschränkungen dürfen sog. "Fußball-Deutsche" eingesetzt werden, also ausländische Spieler, die mindestens fünf Jahre, darunter drei als Jugendliche, für deutsche Vereine gespielt haben. Allerdings müssen die Vereine mindestens zwölf deutsche Spieler unter Vertrag nehmen, vgl. §§ 7 Nr. 1 lit. c, 20 Nr. 8 LSt n.F. 308 Danach soHte einem Verein für den Weggang eines Spielers nach einem festgelegten Schlüssel Punkte gutgeschrieben werden, die sich an dem Alter, an der sportlichen Qualität, an die Dauer der Vereinszugehörigkeit des Spielers und an die Spielklasse des neuen Vereins orientieren soHten. Bei Abschluß der Transferzeit soHten die Punkte aller abgegebenen Spieler addiert und gemessen an der Ertragskraft des Vereins in Geld ausgezahlt werden, wobei die Summen zwischen 100 Tausend und 4,8 Mio. Mark liegen soHten, vgl. FAZ v. 20.4.96, S. 31.

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

81

gung", wenn ein Verein der Lizenzliga einen Amateurspieler oder Vertragsamateur unter Vertrag nimmt. 309

2. Die Reaktionen der internationalen Verbände

a) Die Reaktion der F/FA

Die FIFA bekräftigte bereits unmittelbar nach dem Urteil, daß das gegenwärtig geltende, auf den Statuten und den Reglements der FIFA beruhende System durch dieses Urteil grundsätzlich nicht in Frage gestellt werde. 310 In diesem Zusammenhang wies die FIFA insbesondere auf die Tatsache hin, daß dieser Entscheid nur auf 21 der 193 der FIFA angeschlossenen Verbände Anwendung finde. 311 Jedenfalls blieb die FIFA unbeschadet des "Bosman"-Urteils zunächst bei ihren Transferbestimmungen. Danach hatte grundsätzlich nach Art. 14 Abs. 1 des FIFA-Reglements im Falle des Wechsels eines Spielers, der kein Amateurspieler ist, der bisherige Verein nach wie vor Anspruch auf eine "Ausbildungs- und/oder Förderungsentschädigung". Mit Blick auf die Direktiven des "Bosman"-Urteils schuf allerdings die FIFA als zuständiger Kompetenzträger im Hinblick auf den räumlichen Anwendungsbereich der Transferbestimmungen für den Bereich der EU eine Art Bereichsausnahme. 312 Diese auf EU- bzw. EWR-Angehörige beschränkte Bereichsausnahme erweiterte das Dringlichkeits- und Exekutivkomitee im März 1997313 zwischenzeitlich durch Einführung des neuen Art. 14 Abs. 8 FIFA-Reglement dahingehend, daß vom 1. April 1997 an alle Profis bei Vereinswechseln innerhalb der EU und des EWR gleich zu behandeln seien. 314 Hiermit ging die FIFA zunächst über das

309 Danach beträgt die an die Amateurvereine zu zahlende Grundentschädigung für Vereine der 1. Bundesliga 100 Tausend DM und für Vereine der 2. Bundesliga 45 Tausend DM. Vgl. zum Vereinswechsel im Amateurbereich auch die "Grundsätze für den Vereinswechsel" des DFB, Amtliche Mitteilungen v. 30.11.1996, S. 1 ff. 310

Vgl. FAZ v. 16.12.1995, S. 32.

Zu den fünfzehn Verbänden der EU-Staaten kommen noch die drei Verbände aus Schottland, Wales und Nordirland. Hinzu treten die drei Verbände der dem Europäischen Wirtschaftsraum angeschlossenen EWR-Staaten Norwegen, Liechtenstein und Island. 311

312 Vgl. das für die Mitgliedsverbände der FIFA verbindliche Zirkularschreiben Nr. 592 vom 12.6.1996. 313

Vgl. insoweit die Mitteilung der FIFA vom 27.3.1997 an die Nationalverbände.

314 Vgl. den Wortlaut des ursprgl. geplanten Art. 14 Abs. 8 FIFA-Reglement: "Der Artikel ist nicht anwendbar zwischen zwei Verbänden, deren Land Mitglied der Europäischen Union (EU) oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ist, sofern der

6 Trommcr

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

82

hinaus, was die Luxemburger Entscheidung von den nationalen Verbänden resp. der UEFA verlangt hatte. Das hätte zur Folge gehabt, daß nach Auslaufen eines Vertrages auch Nichteuropäer innerhalb der EU und des EWR den Verein ablösefrei hätten wechseln können. Doch durch die Intervention zahlreicher Verbands- und Vereinsvertreter, die weitere Einnahmenverluste wegen ausbleibender Transfererlöse befürchteten, hatte sich der Weltverband sodann kurzfristig zu einer Aussetzung des Dringlichkeitsbeschlusses auf zwei Jahre entschlossen,315 so daß die uneingeschränkte Freizügigkeit sämtlicher Profifußballer erst ab dem 1. April 1999 Wirklichkeit wird. b) Die Reaktion der UEFA

Im Gegensatz zur FIFA trafen die Wirkungen des Urteils die UEFA im vollen Umfang. Dementsprechend hat die für Wettbewerb zuständige 4. Generaldirektion der EU-Kommission bereits einen guten Monat nach der Urteilsverkündung entsprechende Geldbußen 316 angedroht, falls die grenzüberschreitenden Transferregeln nicht innerhalb von sechs Wochen wegfallen sollten. 317 Auch der Weltverband "FIFA" forderte die UEFA dazu auf, sich Alternativlösungen zu überlegen, und erteilte gleichzeitig der UEFA das Mandat zur Ausarbeitung eines neuen internationalen Transfersystems. Auf dieser Grundlage arbeitete die UEFA in Abstimmung mit den nationalen europäischen FußballVerbänden und der internationalen Gewerkschaft der Profis (Fifpro) einen sog. Ausbildungsvertrag für Jungprofis aus, in dem Rahmenbedingungen für die Ausbildung junger Spieler zu einem Profifußballer bei einem Profiklub geregelt sind. Angelehnt an die französische Praxis318 sollen die für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit als Berufsfußballspieler notwendigen Fähigkeiten in Arbeitsvertrag des Spielers mit seinem alten Klub für beide Parteien normal beendigt ist (Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer oder gegenseitige Aufhebung über eine verkürzte Dauer oder die sofortige Ablöse)." 315

Zur Kritik der EU-Kommission vgl. FAZ v. 5.7.1997, S. 30.

Vgl. § 15 Abs. 2 der auf Art. 87 EGV gestützten EWG-Kartellverordnung Nr. 17 vom 6.2.1962 (Sartorius II Nr. 165), vgl. hierzu auch T. Taupitz, JA 1996,457 (460). 316

317 Das geschah insbesondere vor dem Hintergrund, daß die UEFA in Absprache mit den noch an den laufenden Europapokalwettbewerben beteiligten Vereine nach dem Muster der Bundesliga trotz der gerichtlichen Vorgaben beschloß, die laufenden Wettbewerbe der Saison 1995/96 mit der Ausländerbeschränkung zu Ende zu führen, vgl. Pressemitteilung der UEFA v. 16.1.1996. 318 In Frankreich schließen Jungprofis bei ihrem ersten Klub Ausbildungsverträge ab, deren Laufzeiten bis zum 24. Lebensjahr der Spieler gehen können. Wechselt der Spieler innerhalb dieses Zeitraumes den Verein, wird eine Ausbildungsentschädigung fällig.

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

83

einem geordneten Ausbildungsgang vennittelt werden. Zweck des Vertragsmodells, dessen konkrete Ausgestaltung den nationalen Verbänden überlassen bleiben soll, ist es, den Verein, der einen Spieler ausbildet, damit zu "belohnen", daß der Akteur nach der Ausbildung seine erworbenen Spielfähigkeiten seinem ausbildenden Verein weiterhin zur Verfügung stellt. Hierfür sieht das Modell eine Ausbildung vor, die sich über zwei Phasen erstrecken soll. Im Rahmen der ersten Phase erfolgt die eigentliche Ausbildung des Spielers, die spätestens mit Vollendung seines 21. Lebensjahres vollendet sein soll. Nach Vollendung der Ausbildungsphase soll beiden Parteien die Möglichkeit offenstehen, eine Option auf Auflösung des Vertrages einzulösen. Macht keine Partei von diesem "Auflösungsrecht" Gebrauch, soll sich an die Ausbildungsphase eine zweite Phase, nämlich die der ersten Berufserfahrung, anschließen, die spätestens mit Vollendung des 24. Lebensjahres abgeschlossen sein soll. Eine rein an den Kosten der Ausbildung orientierte Ausbildungsentschädigung, die auch im "Bosman"-Urteil für junge Spieler ausdrücklich als zulässig erklärt wurde,319 soll dann fällig werden, wenn der Spieler seinen Klub schon nach der Ausbildungsphase verlassen würde. Auf diesem Wege soll der abgebende Verein für die Aus- und Fortbildung der Spieler bzw. für die nutzlosen Investitionen entlohnt und sein finanzieller Anspruch auf Teilhabe an der Wertschöpfung des ausgebildeten Spielers abgelöst werden. 32o Eine Ausbildungs- oder Transferentschädigung soll hingegen entfallen, wenn der Vertrag über die gesamte Dauer (Ausbildungsperiode und erste Berufserfahrung) erfüllt wird oder der Verein von seinem "Auflösungsrecht" des Vertrages nach Vollendung der Ausbildungsphase Gebrauch macht.

3. Die aus dem Urteil und dessen Umsetzung unmittelbar resultierenden Transfergestaltungen und ihre Transferentschädigungen

Wie bereits erwähnt, betrifft das Urteil nur den EG-grenzüberschreitenden Wechsel eines Berufsfußballers nach Ablauf seines Vertrages. Nicht erfaßt vom Anwendungsbereich des Art. 48 EGV wird daher der Fall, wenn in einen bestehenden Vertrag dergestalt eingegriffen wird, daß der Spieler aus seinem Vertrag "herausgekauft" wird. Dieser Tatbestand erweist sich sowohl europarechtlich als auch verfassungsrechtlich als unbedenklich, wenn auf dieser Grundlage Transferentschädigungen als eine Art Vertragsstrafe fließen. 321 Ebenfalls von Art. 48 EGV nicht geschützt bleibt die Beschränkung des Spie-

319 Vgl. EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5072), Tz. 108. 320 Vgl. H. M. Schellhaaß, RdA 1984,218 (222). 321 Vgl. HobelTietje, NJW 1996,486 (490); W. Arens, SpuRt 1996,39 (40). 6*

84

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

lerwechsels innerhalb eines Mitgliedstaates,322 der Spielerwechsel in das oder aus dem Nicht-EG-Ausland und der Spielerwechsel von Nicht-EG-Ausländern. Insgesamt bewirkt so die nur partielle Anwendung des Art. 48 EGV einen gespaltenen Spielermarkt, der nur durch ein abgestimmtes Verhalten hinsichtlich der Statuten der supranationalen Verbände "FIFA" und "UEFA" beseitigt werden kann. Einen ersten Schritt unternahm die FIFA mit ihrer geplanten Statutenänderung, 323 wonach zumindest im Bereich von EU und EWR ab dem 1. April 1999 alle Profis unabhängig von ihrer Nationalität gleichbehandelt werden sollen. Zu einer globalen Harmonisierung der Ablösegestaltungen dürfte es indes noch ein weiter Weg sein.

a) Wechsel eines deutschen Berufsfußballspielers aa) Innerhalb der Bundesliga Wechselt ein deutscher Profi nach Ablauf seines Vertrages innerhalb der Bundesliga, kann er sich zwar nicht auf das "Bosman"-Urteil resp. Art. 48 EGV berufen. An den Wechsel des Spielers darf dennoch mit Blick auf die nunmehr geltende Fassung des Lizenzspielerstatuts324 und die Konsequenzen der "Kienass"-Entscheidung325 für den Fußballsport keine Transferentschädigung geknüpft werden. Nach den oben aufgestellten Grundsätzen ist eine Transferentschädigung im klassischen Sinne nur noch dann von dem den Spieler erwerbenden Verein zu zahlen, wenn dieser den wechselbereiten Spieler aus dem Vertrag herauskauft. 326

bb) Aus dem EG-Ausland in die Bundesliga Wechselt ein Berufsfußballer deutscher Staatsangehörigkeit vom EGAusland in die Bundesliga, so kommt er in den Genuß der Freizügigkeit des

322 Nach std. Rechtsprechung des EuGH finden die Bestimmungen der Freizügigkeit keine Anwendung auf Sachverhalte, die einen Mitgliedstaat rein intern betreffen, vgl. EuGH, Rs. C-332/90, Steen, Slg. 1992,1-341 (357). 323 Siehe oben § 3 III 2a. 324 Siehe oben § 3 III I. 325 Siehe oben § 2 I 4. 326 Siehe oben § 2 4 und § 3 II 4b.

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

85

Art. 48 EGV.327 Ein solcher Wechsel kann aufgrund des EG-grenzüberschreitenden Charakters nicht von einer Transferentschädigung abhängig gemacht werden.

cc) Aus der Bundesliga in das EG-Ausland Dieselbe Sachlage stellt sich bei einem Wechsel eines deutschen Berufsfußballspielers in das EG-Ausland dar. Auch bei einem solchen Wechsel sind die Voraussetzungen für einen entschädigungsfreien Wechsel erfüllt.

dd) Aus dem Nicht-EG-Ausland in die Bundesliga Anders gestaltet sich die Ausgangslage bei einem Wechsel eines deutschen Berufsfußballspielers aus dem Nicht-EG-Ausland in die Bundesliga. Auf diesen Wechsel finden die Statuten der FIFA Anwendung, wonach für einen solchen Transfer eine Transferentschädigung zu zahlen ist.

ee) Aus der Bundesliga in das Nicht-EG-Land Dies gilt ebenfalls für den Wechsel des deutschen Profis in das Nicht-EGAusland. Auch hier ist nach Art. 14 Abs. 1 FIFA-Reglement 1994 eine Entschädigung zu zahlen. Die Bestimmungen der §§ 28 Nr. 3 LSt n.F. i.V.m. § 9 Nr. 2 SpielOIDFB, die für den Fall eines Wechsel eines Spielers von einem Mitgliedsverband der FIFA zu einem anderen unter gleichzeitiger Inaussichtstellung einer Transferentschädigung auf die Bestimmungen der FIFA verweisen, haben insoweit nur deklaratorische Wirkung. b ) Wechsel eines EG-Ausländers

Ein Fußballprofi aus dem EG-Ausland kann sich freilich wie ein deutscher Fußballprofi bei einem Wechsel aus dem EG-Aus1and in die Bundesliga bzw. aus der Bundesliga in das EG-Ausland auf Art. 48 EGV berufen. In beiden Fällen darf der Wechsel nicht von einer Transferentschädigung abhängig gemacht werden, da die vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen zur Tatbestandsmäßigkeit des Art. 48 EGV Anwendung fänden.

327 Zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer vgl. auch EuGH, Rs. C-19/92, Kraus, Sig. 1993,1-1663 (1694).

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

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Komplizierter gestaltet sich die Sachlage, wenn ein EG-Ausländer innerhalb der Bundesliga oder innerhalb einer Profi-Liga eines anderen Mitgliedstaates den Verein wechseln will. Ein grenzüberschreitender Wechsel, wie ihn der EuGH fordert, liegt zumindest nicht vor. Darüber hinaus würde eine zu zahlende Transferentschädigung den Spieler jedenfalls nicht daran hindern, "sich zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates zu begeben".328 Nach den Urteilsgrundsätzen steht Art. 48 EGV nur solchen Bestimmungen entgegen, "die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates daran hindern oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen".329 Gegen eine Transferentschädigungspflicht könnte allerdings sprechen, daß Art. 48 EGV den Gemeinschaftsangehörigen die Ausübung jeder Art von Berufstätigkeit im Gebiet der Gemeinschaft insbesondere im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates erleichtern soll.330 Dabei bliebe indes unberücksichtigt, daß die Anwendung der Transferregeln bei einem Wechsel im Inland ihn nicht stärker belastet als inländische Spieler.33\ Untermauert wird dieses Ergebnis durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs in der Sache "Keck", wonach Regelungen über Verkaufsmodalitäten in einem Mitgliedstaat den innergemeinschaftlichen Warenhandel nicht beeinträchtigen, wenn sie den Absatz ausländischer Waren nicht stärker benachteiligen als den inländischen Verkehr. 332 Will der EuGH, wie das Urteil nahelegt, eine strikte Konvergenz der Freiheiten der Gemeinschaft praktizieren, so müssen diese Grundsätze auch auf die Personenfreiheiten durchschlagen. Zweifelsohne unproblematisch ist wiederum der Wechsel eines EG-Ausländers aus der Bundesliga in das Nicht-EG-Ausland. Einem solchen Wechsel liegen wiederum nach Maßgabe des § 28 Nr. 3 LSt die Transferbestimmungen der FIFA insbesondere Art. 14 Abs. 1 "FIFA-Reglement 1994" zugrunde, wonach der bisherige Verein Anspruch auf eine "Ausbildungs- und/oder Förderungsentschädigung" hat. Ebenso finden die FIFA-Bestimmungen Anwendung bei einem Wechsel eines EG-Aus1änders aus dem Nicht-EG-Ausland in die Bundesliga. Als problematisch kann sich in diesem Zusammenhang nur die Frage erweisen, ob in einem EG-Mitgliedstaat die Erteilung der Spielerlaubnis für einen EG328 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5068), Tz. 95. 329 EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5069), Tz. 96. 330 Dahingehend W. Arens, SpuRt 1996, 39 (42). 331 Vgl. H. G. Fischer, SpuRt 1996,34 (37). 332 Vgl. EuGH, verb. Rs. C-267/91 u. C-268/91, Keck u. Mithouard, Slg. 1993, 16097 (6131).

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

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Ausländer von einer Transferentschädigung abhängig gemacht werden kann. Zwar spricht der EuGH in Leitsatz 1 nur von dem Wechsel eines "Berufsfußballspielers, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist" zu einem "Verein eines anderen Mitgliedstaates".333 Darüber hinaus macht der EuGH jedoch an vielen Stellen deutlich, daß nur der "grenzüberschreitende" Wechsel von Art. 48 EGV geschützt wird. Ein solcher EG-grenztangierender Wechsel liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn beispielsweise ein spanischer Fußballer von der japanischen Profi-Liga in die deutsche Bundesliga wechselt. c) Wechsel eines Nicht-EG-Ausländers

Gänzlich unproblematisch im Hinblick auf eine Transferentschädigungspflicht gestaltet sich nach der "Bosman"-Entscheidung der Wechsel eines Nicht-EG-Ausländers. Hierbei entsteht grundsätzlich eine Transferentschädigungspflicht, unabhängig davon, ob der Nicht-EG-Ausländer innerhalb eines EG-Mitgliedstaates aus dem EG-Ausland in die Bundesliga bzw. aus der Bundesliga in das EG-Ausland oder aus dem Nicht-EG-Ausland in die Bundesliga bzw. aus der Bundesliga in das Nicht-EG-Ausland wechselt. Erst ab 1999 ist für den Bereich der EU bzw. des EWR durch die geplante Statutenänderung der FIFA, wonach innerhalb dieses räumlichen Anwendungsbereiches sämtliche Profifußballer hinsichtlich eines ablösefreien Wechsels nach Ablauf ihres Vertrages gleichgestellt werden sollen, mit einem Wegfall dieses Ablösetatbestandes zu rechnen.

4. Die "Inländerdiskriminierung" als mittelbare Auswirkung

Durch die Aufspaltung des Spielermarktes in transferentschädigungsfreie Wechsel bei rein EG-relevanten und in transferpflichtige bei inländischen Spielerwechseln taucht das Problem einer SchlechtersteIlung der inländischen Spieler auf. Das geschieht vor dem Hintergrund, daß, wie oben gezeigt, Art. 48 EGV nur den EG-grenzüberschreitenden Transfer schützt und auf den Wechsel eines inländischen Spielers im Inland keine Anwendung findet. 334 Der inländische Wechsel betrifft nämlich einen rein internen Sachverhalt des jeweiligen Mitgliedstaates, ohne einen Anknüpfungspunkt zu irgendeinem der vom Gemeinschaftsrecht erfaßten grenzüberschreitenden Sachverhalte aufzuweisen. Das hat zur Folge, daß - wie oben gezeigt - der inländische Berufssportler bei

333

Vgl. hierzu W. Arens, SpuRt 1996,39 (43).

334

Vgl. hierzu EuGH, Rs. C-332190, Steen, Slg. 1-1992, 341 (357).

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

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einem inländischen Wechsel anders als seine EG-Berufskollegen den Vereinen als potentiellen Nachfragern weiterhin nur ablösepflichtig zur Verfügung steht. Diese Privilegierung der EG-Ausländer indiziert zweifelsohne einen Wettbewerbsnachteil der inländischen Profifußballer. Damit liegt eine Bevorzugung der ausländischen Spieler hinsichtlich eines freien Arbeitsplatzes aufgrund ihrer Ablösefreiheit auf der Hand, zumal deren Einsetzbarkeit durch den Wegfall der Ausländerklausel tendenziell gesteigert wurde. 335 Ebenfalls dürfte der für die Vereine ablösefreie EG-Ausländer gegenüber dem Inländer Vorteile bei potentiellen Gehaltsverhandlungen haben. Rechtlich betrachtet beruht diese Ungleich behandlung letztendlich darauf, daß sich die autonome Rechtsordnung der Europäischen Gemeinschaften im Hoheitsgebiet der einzelnen Mitgliedstaaten faktisch auswirkt. 336 Diese Problematik wird unter dem Begriff der sogenannten "Inländerdiskriminierung" oder "umgekehrten Diskriminierung" zusammengefaßt. 337 Hierunter werden die Fälle subsumiert, bei denen das europarechtliche Diskriminierungsverbot dazu führt, daß EG-Ausländer im Inland gegenüber Inländern bevorzugt behandelt werden. 338 Eine solche Inländerbenachteiligung339 hat das Gemeinschaftsrecht - jedenfalls in der Auslegung durch den EuGH - bislang als irrelevant angesehen. Begründet wurde diese Haltung mit dem Exklusivverhältnis des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem nationalen Recht. 34O Letzteres wird jedenfalls nicht durch das Gemeinschaftsrecht verdrängt, sofern eine Benachteiligung außerhalb des Anwendungsbereichs des Gemeinschaftsrechts erfolgt. 341 Diese Betrachtungsweise kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß durch die aus

335

H. P. Westermann, DZWiR 1996,82 (83).

336

Vgl. D. König, AöR 118 (1993), S. 591 ff. (598).

Siehe hierzu näher A. Epiney, Umgekehrte Diskriminierung, 1995; W. A. Kewenig, JZ 1990,20 ff.; D. König, AöR 118 (1993), S. 591 ff.; T. Schilling, JZ 1994, 8 ff.; H. Weis, NJW 1983,2721 ff. 337

338 Vgl. hierzu A. Bleckmann, Europarecht, Rdn. 871; T. Schilling, JZ 1994,8; W. A. Kewenig, JZ 1990,20.; T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1429. Zur Inländerdiskriminierung insbes. im Bereich des Warenverkehrs vgl. P. W. Heermann, WRP 1993, 578 (591 ff.); A. Epiney, Umgekehrte Diskriminierung, S. 72. 339 Zur faktischen Umgehung der Inländerdiskriminierung inländischer Fußballspieler durch das sog. "Auslandsparken" des Spielers bei einem dritten Verein im EGGebiet und dessen anschließenden "Reim port" vgl. unten § 3 III 5b. 340 Std. Rspr. des EuGH, vgl. Rs. 175/78, Saunders, Slg. 1979, 1129 (1135); verb. Rs. 35 u. 36/82, Morson, Slg. 1982,3723 (3736); Rs. C-332190, Steen, Slg. 1-1992, 341 (357); vgl. hierzu auch T. Schilling, JZ 1994, 8 (9).

341 Zum Rangverhältnis vgl. näher R. Streinz, Europarecht, Rdn. 172 ff.; T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 525 ff.; G. Nicolaysen, Europarecht 1,1991, S. 39 ff.

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

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dem Wegfall der Transferentschädigungspflicht für EG-Ausländer resultierende Benachteiligung ~es Inländers nationale Grundrechte betroffen sein können. Aus der Sicht eines deutschen Berufsfußballspielers liegt jedenfalls die Beeinträchtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG - ggfls. im Zusammenhang mit Art. 12 Abs. 1 GG - nahe. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die auf deutschem (Verbands-)Recht beruhende Benachteiligung der deutschen Berufsfußballer vor Art. 3 Abs. I GG Bestand haben kann. Zweifelhaft erscheint allerdings bereits die Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 1 GG auf die Inländerdiskriminierung, da sie letztlich auf die Diskrepanz zwischen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen und nationalen (verbands-)rechtlichen Bestimmungen zurückzuführen ist. 342 Einer sich hieran orientierenden verfassungsrechtlichen Diskussion wurde jedenfalls durch die breite Anpassung der nationalen Sportverbandsregeln an die gerichtlichen Vorgaben der Urteile "Bosman" und "Kienass" faktisch die Grundlage entzogen. Insoweit wurde die Rechtslage, bezogen auf die nationalen Transfervorgänge, durch autonomes Verbandsrecht liberalisiert, so daß nunmehr auch im Lichte der grundgesetzlieh geschützten Wahl des Arbeitsplatzes an den innerstaatlichen Wechsel eines Spielers keine Transferentschädigungspflicht geknüpft werden kann. Mit Blick auf diesen ausgelösten innerstaatlichen Liberalisierungsprozeß gewinnt man den Eindruck, daß die auch zur Herleitung gemeinschaftsrechtlicher Grundrechte dienenden Grundfreiheiten 343 in einer Art Sogwirkung auf das innerstaatliche Recht durchschlagen und die Dimension eines europäischen Grundrechts auf Berufsfreiheit entfalten. 344

5. UmgehungIMißbrauch des Urteils

Unmittelbar nach der "Bosman"-Entscheidung am 15.12.1995 wurden zunächst sowohl auf Verbands- als auch auf Vereinsebene Überlegungen angestrengt, die Konsequenzen aus dem Urteil zu umgehen, zu unterlaufen oder gar zu ignorieren. Forciert wurden solche Strategien durch die Prognosen nicht 342 Diese Frage wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet: Für die Anwendbarkeit vgl. H. Weis, NJW 1983,2721 (2725 f.); U. Kleier, RIW 1988,623 (629 f.); D. Blumenwitz, NJW 1989,621 (625 f.); gegen die Anwendbarkeit U. Fastenrath, JZ 1987, 175 (177 f.); D. König, AöR 118 (1993), S. 591 ff. (600); E. Steindorff, ZHR 148 (1984),338 (355); offen H. Prütting, JZ 1989,705 (712). 343 Vgl. EuGH, Rs. 36175, Rutili, Slg. 1975, 1219 (1232); Rs. 16178, Choquet, Slg. 1978, 2293 (2303); Rs. C-106/91, Ramrath, NJW 1992, 2407 (2408); Rs. 71176, Thieffry, Slg. 1977, 765 (777f.); vgl. auch M. Notthoff, RIW 1995, 541 (544); G. Gornig, NJW 1989, 1120 (1124). 344

So W. Schroeder, JZ 1996, 254 (256).

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

weniger Sportfunktionäre und Sportpolitiker, die den Zusammenbruch eines geordneten Sportbetriebs im Profisportbereich voraussagten. 345 In der Tat treffen die Wirkungen der ausgeführten Urteile des EuGH resp. BAG in wirtschaftlicher Hinsicht insbesondere diejenigen Vereine, die über Jahre hinweg mit erhaltenen oder zu erwartenden Transfererlösen gewirtschaftet haben. Für nicht wenige Vereine galten gerade die Transfererlöse als wichtiger Posten auf der Haben-Seite, um wirtschaftlich und sportlich in dem Konkurrenzgefüge "Bundesliga" bestehen zu können. Losgelöst von modifizierten, für sie verbindlichen Verbandsregeln kommen die Vereine wohl nicht umhin, Gestaltungsmöglichkeiten zu durchforsten, um die einschneidenden Folgen des Wegfalls des bisherigen Transfersystems aufzufangen. In den Mittelpunkt des Interesses dürfte dabei auch das Vertragsverhältnis Verein-Spieler rücken, das sich trotz zwingender Verbandsregeln und unter Beachtung normativer Vorgaben aus dem Blickwinkel der Privatautonomie flexibel gestalten läßt. a) Die Gestaltung künftiger Verträge

In der Bundesliga zeichnet sich ein Trend zum Abschluß langfristiger bzw. zur vorzeitigen Verlängerung bestehender Verträge ab. 346 Das geschieht vor dem Hintergrund, daß sowohl das "Bosman"- als auch das "Kienass"-Urteil nur diejenigen Transferentschädigungsregeln betreffen, die an einen Wechsel bei beendeten Arbeitsverträgen anknüpfen. Das "Ablösen" bzw. "Herauskaufen" aus laufenden Verträgen wird demgegenüber von den Anwendungsbereichen der Urteile nicht erfaßt347 mit der Folge, daß die Vereine ablösefreie Transfers sowohl auf nationalem als auch auf EG-Terrain verhindern können. Das Modell des Abschlusses langfristiger Verträge vermag daher die herkömmlichen Transferregeln faktisch zu ersetzen. 348 Die unbeschränkte Wechselfreiheit vor Augen lassen sich indes die Akteure eine solche langfristige Bindung an einen Verein teuer bezahlen. Dies gilt insbesondere für die Stars unter den Profis, die ohnehin vom Wegfall der Transferentschädigungspflicht am meisten profitiert haben. Sie verstanden es seit "Bosman" und "Kienass", die

345 Vgl. hierzu auch den öffentlichen Brief der Präsidenten der 49 europäischen Fußball-Nationalverbände vom Oktober 1995, veröffentlicht in der Pressemitteilung der UEFA v. 3.11.1995. 346 So verlängerte beispielsweise der beim "Karlsruher Sportverein" unter Vertrag stehende Südafrikaner Sean Dundee 1996 vorzeitig seinen Vertrag bis zum Jahre 2003, vgl. FAZ v. 25.1.1997. 347

Siehe oben § 2 I 4 und § 3 11 4b.

348

Vgl. J. Wertenbruch, EuZW 1996,91 (92).

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

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durch die Einsparung der Transferentschädigungen freigewordenen Gelder für sich in Anspruch zu nehmen und so ihr bereits hochdotiertes Salär in astronomische Höhen zu treiben. 349 Dabei ist es nur verständlich, daß sich ein begehrter Spieler nur unter erheblichen Verbesserungen seiner aktuellen Bezüge auf einen Langzeitvertrag einläßt. Für die Vereine hätte ein hierauf aufbauendes System den personalpolitischen Vorteil, daß sie langfristig auf einen mitunter teuer erkauften Spielerkader bauen könnten, was für eine effiziente sportliche Zukunftsplanung für jede Mannschaft wünschenswert ist. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung solcher Art "Rentenverträge" kommen unbefristete Verträge mit sehr langen Kündigungsfristen oder befristete Arbeitsverträge mit dem Ausschluß der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit in Betracht. 35o Unbenommen bliebe darüber hinaus die Vereinbarung einer sog. "Ausstiegsklausel" , die sich vor allem die begehrten Stars der Fußballszene zunehmend in ihren Arbeitsverträgen sichern. 351 Bei einem frühzeitigen "Ablösen" bzw. "Herauskaufen" des Spielers hätten die Beteiligten sodann Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Bemessung der Transferentschädigung, die sich am Marktwert des Spielers orientieren würde. 352 Alternativ bestünde aber auch die Möglichkeit, in einem solchen langfristigen Vertrag die (Mindest-)Höhe der potentiellen Transferentschädigung für einen vorzeitigen Wechsel des Spielers bereits miteinzubeziehen,353 wie es in der Vergangenheit nicht selten praktiziert wurde. 354

349 So bezieht beispielsweise Stefan Effenberg von "Borussia Mönchengladbach" geschätzte fünf Mio. DM Jahresgehalt, vgl. FAZ v. 18.1.97, S. 24. 350 Siehe bei W. Arens, SpuRt 1996, 39 (40). 351 So besitzt der für den "Karlsruher SC" spielende Sean Dundee eine in seinem bis zum Jahre 2003 laufenden Vertrag verankerte Ausstiegsklausel, daß er bei einem Transferangebot von 8 Mio. DM den Verein verlassen darf, vgl. Kicker-Sportmagazin v.30.1.1997, S. 8. 352 Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den durch das durch Art. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht auszuhandelnden Marktwert sind durch die aktive Beteiligung des Spielers, ohne dessen Einverständnis ein Transfer nicht möglich wäre, ausgeräumt, vgl. hierzu W. Arens, SpuRt 1996, 39 (41); ferner zu Art. 1 Abs. 1 GG im Zusammenhang mit der Transferentschädigung M. N. Becker, Regelung, S. 121; D. Schennen, Ablösesummen, S. 234; A. Malatas, Berufsfußball, S. 133 f. 353 Zu den Wirksarnkeitsbedenken einer individualvertraglichen Festsetzung einer Transferentschädigung für den Fall des Wechsels nach Ablauf des Vertrages vgl. Hilf! Pache, NJW 1996, 1169 (1175). 354 So wechselte beispielsweise der Münchener Spieler Christian Ziege für eine festgeschriebene Ablösesumme i.H.v. 10,25 Mio. DM zum "AC Mailand", vgl. FAZ v. 22.1.1997, S. 27.

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

Diese Möglichkeit böte sich auch für die Verträge der Jungstars an, deren Dienste sich der Verein langfristig sichern möchte. 355 Diese Art "Rentenverträge" mit oder ohne Ausstiegsklausel bergen aber auch Gefahren in sich. Eine bedeutende Rolle dürfte in diesem Zusammenhang das jeweils zu vereinbarende Gehaltsniveau der Spieler spielen. Binden die Vereine vor allem jüngere Spieler langfristig mit niedrigen Gehältern, so kann sich schnell Demotivation breitrnachen, wenn die Spieler begründete Aussicht auf einen höheren Verdienst bei anderen Vereinen hätten. Bekommen die Spieler Millionen-Gagen garantiert, stellt sich aus der Sicht des Vereins die KostenNutzen-Frage, wenn die am Gehalt gemessenen Erwartungen an den Spieler ausbleiben. Insgesamt betrachtet dürfte das System der Langzeitverträge mit oder ohne Ausstiegsklausel lediglich eine Übergangslösung sein. Bei einer durchgängig praktizierten langfristigen Bindung der Spieler würde das Transfervolumen abnehmen, weil nur wenige Klubs bereit sein dürften - sieht man einmal von Ausnahmen ab -, bei einem weltweiten Überangebot an Spielern ausgerechnet jene Akteure unter Vertrag zu nehmen, die erst aus ihren Verträgen teuer heraus gekauft werden müßten. Das Gehaltsniveau der Spieler dürfte dabei kaum sinken. Ganz im Gegenteil, hohe Investitionen in noch höhere Spielergehälter würden herausgefordert werden, die über kurz oder lang für die nicht wenigen wirtschaftlich angeschlagenen Vereine betriebswirtschaftlich nicht mehr tragbar wären. b) Das sog. "Auslandsparken " unter Berücksichtigung des al/go Umgehungs- und Mißbrauchsverbots

Der nach der Luxemburger Entscheidung aufgekommenen Befürchtung, daß Spieler gezielt nur deshalb kurzfristig zu einem ausländischen Verein wechseln, um bei einem anschließenden "Reimport" die nach nationalem Recht fällige Transferentschädigung zu vermeiden, ist nach der Statutenänderung des DFB und der "Kienass"-Entscheidung aus deutscher Sicht die Grundlage entzogen worden. Die unter dem Begriff des "Auslandsparkens" zusammenge-

355 Dieses Modell wird bereits seit längerer Zeit in Spanien praktiziert, wo junge Profis mit Langzeitverträgen an ihre Vereine gebunden werden. Erst kürzlich sicherte sich "Real Madrid" die Dienste seines 19jährigen Jungstars Raul bis zum Jahre 2002, der hierfür ein Jahresgehalt von nicht weniger als 3,7 Mio. DM erhält. Gleichzeitig wurde für den Fall eines vorzeitigen Wechsels die Ablösesumme auf 72 Mio. DM festgeschrieben, vgl. FAZ V. 10.4.1997, S. 32.

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

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faßte Diskussion356 des Mißbrauchs des nach Art. 48 EGV gewährleisteten grenzüberschreitenden ablösefreien Vereinswechsels und die damit aufgekommene Frage des gemeinschaftsrechtlichen Umgehungsverbotes 357 ist damit hinfällig geworden. Nach den Verbandsregeln des DFB und der Kasseler Entscheidung dürfen - wie bereits ausgeführt - nunmehr auch nationale Transfers nicht von einer Transferentschädigung abhängig gemacht werden. c) Berufsfußballspieler als Unternehmer Gleichfalls scheitern muß der im Zuge der von der "Bosman"-Entscheidung entfachten Diskussion um den Status der Spieler aufgekommene Gedanke, durch Qualifizierung der Berufsfußballspieler als selbständige Unternehmer die Wirkungen der Entscheidung im Hinblick auf die Transferentschädigung umgehen zu können. 358 Ob jemand als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber steht oder als selbständiger Unternehmer im Rahmen eines freien Dienstvertrages für einen anderen tätig ist, bestimmt sich primär nach dem Vertragsinhalt. Für eine Rechtsformwahl besteht allerdings nach der Rechtsprechung des BAG nur dann Raum, wenn das Rechtsverhältnis aufgrund der objektiven Gegebenheiten sowohl ein Arbeitsverhältnis als auch ein freies Dienstverhältnis sein kann. 359 Von einer solchen Parität kann aber in Anbetracht der eindeutigen, auf eine Abhängigkeit der Berufsfußballspieler hinweisenden arbeitsvertraglichen Elemente 360 nicht die Rede sein, so daß vorliegend vielmehr von einem Rechtsformzwang hinsichtlich der Qualifikation als Arbeitnehmer auszugehen ist. Eine willkürliche Umbenennung bliebe jedenfalls ohne rechtliche Folgen. Das zeigt sich auch daran, daß der die Freizügigkeit der Unternehmer schützende Art. 52 EGV gleichfalls ein umfassendes Beschränkungsverbot beinhaltet, das jede Behinderung der Niederlassungsfreiheit

356 Vgl. hierzu HilflPache, NJW 1996, 1169 (1175); J. Wertenbruch, EuZW 1996, 91 (92); H. P. Westermann, DZWiR 1996,82 (83). 357 Vgl. hierzu die Rspr. des EuGH, Rs. 229/83, Leclerc, Slg. 1985, 1 (34 f.); Rs. 39/86, Lair, Slg. 1988,3161 (3201); Rs. 197/86, Brown, Slg. 1988,3205 (3245 f.); vgl. ferner HilflPache, NJW 1996, 1169 (1175); J. Wertenbruch, EuZW 1996,91 (92). 358 Vgl. FAZ v. 23.1.1997, S. 32; ferner ScholzlAulehner, SpuRt 1996, 44 (47); vgl. hierzu auch G. Renz, in: Will (Hrsg.), Sportrecht und Europa, S. 191 ff. (201). 359 Vgl. BAG, Urteil vom 14.2.1974, Az.: 5 AZR 298173, AP Nr. 12 zu § 611 BGB Abhängigkeit sowie BAG, Urteil v. 27.3.1991, Az.: 5 AZR 194190, AP Nr. 53 zu § 611 Abhängigkeit. 360

Siehe oben § 1 III 3 und § 3 II la.

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

verbietet.361 Eine solche Beschränkung würde jedoch auch hier tatbestandsmäßig vorliegen, wenn die Niederlassung eines Unternehmers in einem anderen Mitgliedstaat von der vorherigen Zahlung einer Ablösesumme abhängig gemacht werden würde. Spiegelbildlich würde es sich bei einem innerstaatlichen Transfer verhalten. Dabei müßte berücksichtigt werden, daß Art. 12 Abs. 1 GG mit Blick auf den weiten Berufsbegriff nicht nur die unselbständigen Arbeitnehmer, sondern auch die selbständigen Unternehmer schützt. 362

d) Die Verlängerungsklausel des § 11 des Mustervertrages des DFB Der DFB hatte seinerzeit im Jahre 1984 in Vorausschau möglicher Änderungen im Transfersystem in dem von den Vereinen überwiegend benutzten DFB-Musterarbeitsvertrag eine Vertragsklausel installiert, die im Zuge der "Bosman"-Entscheidung unter dem Aspekt der Umgehung des Urteils zu heftigen Diskussionen führen sollte. In § 11 Abs. 4 S. 1 DFB-Mustervertrag wurde sowohl dem Verein als auch dem angestellten Spieler die Option gewährt, das Vertragsverhältnis unter den gleichen Bedingungen um ein weiteres Jahr fortzusetzen, wenn die den Spielertransfers zugrundeliegenden Entschädigungsregelungen der §§ 29 ff. LSt teilweise oder ganz entfallen. 363 Diese Voraussetzung der Anwendbarkeit war mit Änderung bzw. Streichung des § 29 LSt durch Beschluß des Beirats vom 29.4.1996 zum Tragen gekommen. Hiervon betroffen waren damit sämtliche vor dem 15.12.1995 geschlossenen Verträge, die den § 11 DFB-Musterarbeitsvertrag enthielten. Das hatte zur Folge, daß ein wechselbereiter Spieler - trotz Vertragsablauf - den Verein nicht ablösefrei wechseln konnte, wenn sein bisheriger Arbeitgeber sich auf die Option der Vertragsverlängerung berief. Ein Wechsel war somit nur dann möglich, wenn der Verein gegen Zahlung einer Ablösesumme seine Zustimmung zur vorzeitigen Beendigung des verlängerten Vertragsverhältnisses gab. 364 Auf diesem Wege wurde den hiervon betroffenen Berufsfußballspielern die Möglichkeit genommen, nach Vertragsablauf einer unselbständigen Tätigkeit bei einem u.U. auch ausländischen - anderen Verein nachzugehen, obwohl dieser ihm

361 Siehe oben § 3 II 2a. 362 Vgl. P. J. Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn. 64. 363 Die Option muß bis zu dem der Vertragsbeendigung vorausgehenden 30.04. wahrgenommen werden, vgl. § 11 IV S. 3 DFB-Mustervertrag. 364 So beispielsweise in den Fällen der Spieler M. Tamat vom "Karlsruher SC", G. Elher vom "Vffi Stuttgart" und P. Sergio von "Bayer Leverkusen", vgl. FAZ v. 22.1.1997, S. 27, und v. 29.3.1997, S. 30.

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

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möglicherweise lukrativere Vertragsbedingungen offerierte. Eine solche Praxis verstieß aber - zumindest auf den ersten Blick - gegen die gerichtlichen Direktiven aus Luxemburg und Kassel, wonach mit Vertragsablauf der Wechsel eines Spielers nicht mehr von der Zahlung einer Ablösesumme abhängig gemacht werden durfte. Daher strengten in der Folgezeit einige Spieler gegen ihre Vereine, die sich auf § 11 DFB-Musterarbeitsvertrag beriefen, Gerichtsverfahren an,365 um den angestrebten Wechsel vollziehen zu können. Die Vereine liefen jedenfalls vor dem Hintergrund der möglichen Verfassungs widrigkeit dieser Klausel Gefahr, sich schadensersatzpflichtig zu machen. Freilich bleibt es den Parteien eines Arbeitsvertrages unbenommen, eine Option diesen Inhalts individuell zum Vertragsgegenstand zu machen. Aus dem zu betrachtenden verfassungs- bzw. europarechtlichen Blickwinkel erfuhr die rechtliche Begutachtung indes besondere Brisanz, da sich die Option als eine Art Mustervertragsklausel präsentierte, deren Bedeutung und Auswirkung bei der Vertragsunterzeichnung unklar waren. Vor diesem Hintergrund wurden hinsichtlich der Wirksamkeit der Klausel gewichtige Bedenken angemeldet, die schwerpunktmäßig auf die bereits dargestellten Vorgaben der Art. 12 GG und Art. 48 EGV abzielten. 366 In den Mittelpunkt des Interesses rückte dabei auch die Frage, ob die von § 11 DFB-Musterarbeitsvertrag betroffenen Fälle überhaupt unter den Anwendungsbereich der "Bosman"-Entscheidung subsumiert werden konnten. 367 Das Urteil erfaßt nämlich nur solche Verträge, die abgelaufen sind. Durch § 11 DFB-Musterarbeitsvertrag wurde aber ein bestehendes Arbeitsverhältnis verlängert. Der DFB-Beirat hat auf diese rechtliche Ungewißheit reagiert und nunmehr im Rahmen seiner Sitzung am 26.4.1997 den Entwurf eines neuen DFBMustervertrages ausgearbeitet, der eine Option solchen Inhaltes nicht mehr enthält. Die Frage der Umgehung des "Bosman"-Urteils wird sich daher in Zukunft in dem soeben beschriebenen Kontext nicht mehr stellen, zumal die Bedeutung des § 11 DFB-Mustervertrages in Anbetracht der Tatsache, daß nach Angaben des DFB im März 1998 nur noch rund 20 Verträge in der Ersten und

365 Vgl. die Rechtsstreitigkeiten der Spieler Mikkel Beck und Jacob Svinggaard gegen ihren früheren Arbeitgeber "Fortuna Köln" bzw. die des Torhüters Stefan Klos gegen "Borussia Dortmund", in denen die Spieler nach Ablauf ihres Vertrages die Aufnahme in die DFB-Transferliste bzw. den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt hatten, vgl. LAG Köln, Beschluß vom 13.8.1996, SpuRt 1997, 62 f. sowie LAG Köln, Urteil v. 22.8.1996, Az.: 6 Sa 815/96; ferner FAZ v. 11.3. und 20.5.1998, S. 38. 366 Vgl. Arens/Jaques, SpuRt 1997, 41 ff.; N. K. H. Nasse, SpuRt 1997, 45 ff. 367 Vgl. LAG Köln, SpuRt 1997,62 (63); N. K. H. Nasse, SpuRt 1997,45 (46).

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§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

Zweiten Bundesliga überhaupt davon betroffen waren,368 gänzlich an Bedeutung verliert.

6. Die ökonomischen Konsequenzen hinsichtlich der Bewertung des Vereinsvermögens und der KreditbeschatTung

Auf den ersten Blick mag der Wegfall der Transferentschädigung für die Profiklubs eine größere wirtschaftliche Planungssicherheit mit sich gebracht haben. Verursachte beispielsweise vor "Bosman" und "Kienass" der Wechsel eines Spitzenakteurs noch eine Ablöse von 12 Mio. DM und verdiente derselbe bei einem Drei-Jahres-Vertrag pro Jahr 2 Mio. DM, entfällt nunmehr die Ablösesumme bei einer allerdings unter Umständen einzukalkulierenden Verdoppelung des Gehalts des Spielers. Unter dem Strich reduzieren sich damit in dem gewählten Beispielsfall die Betriebsausgaben des Vereins um runde 6 Mio. DM. Gleichzeitig entfällt die Unwägbarkeit, wieviel Einnahmen der Spieler bei einem möglichen Weiterverkauf einbringen wird. Jedoch dürften sich die Folgen der beiden Entscheidungen aus Luxemburg und Kassel in wirtschaftlicher Hinsicht für die Vereine auf Dauer eher negativ auswirken. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Bewertung des Vereinsvermögens. Konnten die Vereine bisher die für einen Spieler gezahlte Transferentschädigung, genauer gesagt die Anschaffungskosten für die "konzessionsähnliche" Spielerlaubnis des Spielers,369 in Gestalt eines immateriellen Wirtschaftsgutes als Aktivposten in ihrer Bilanz verbuchen,370 wird ihnen diese Möglichkeit zunächst durch den Wegfall der Transferentschädigung genommen. Zwar bleiben die bereits vor den Entscheidungen aktivierten Transferzahlungen von den Wirkungen des Urteils ausgenommen. 371 Der aktivierte Bilanzwert reduziert sich aber im Zuge der aktivmindernden Abschreibung für Abnutzung gegen Null bzw. auf den Erinnerungswert von 1,00 DM, so daß die bereits reichlich verschuldeten 372 Vereine der Bundesliga einen nicht unbedeutenden Ausfall des Aktivvermögens zu bewältigen haben, für den adäquater Ersatz - zumindest nach dem gegenwärti-

368 Vgl. FAZ v. 12.3.1998, S. 37. 369 Vgl. BFH NJW 1993,222. 370 Siehe oben § 2 I 3a. 371 Zu den bilanz- und abschreibungstechnischen Konsequenzen vgl. A. Söffing, BB 1996,523 (524 ff.). 372 Nach Angaben der DFB lastet auf den Profiklubs derzeit ein Schuldenberg zwischen 500 und 600 Mio. DM, vgl. FAZ v. 25.1.1997, S. 33, wobei die betroffenen Vereine allein gegenüber der VBG seit 1995 mit einem Betrag LH.v. etwa 80 Mio. DM in der Schuld stehen, vgl. FAZ v. 3.4.1998, S. 39.

III. Auswirkungen des Urteils auf den deutschen Profifußball

97

gen Stand - nicht ersichtlich ist. Belegt wird der negative Einfluß der "Bosman"-Entscheidung auf die Bewertung des Vereinsvermögens durch eine nach der Luxemburger Entscheidung durchgeführte holländische Studie, wonach die 26 Klubs der beiden holländischen Profi-Ligen durch den Wegfall vieler Transferwerte einen Vermögensverlust von 150 Mio. Gulden (etwa 135 Mio. DM) erlitten haben. Gleichzeitig stiegen die Löhne um durchschnittlich 110 Prozent. 373 Letzteres ist darin begründet, daß die Gelder, die vorher in die Abschreibung flossen, sich nun in den Aufwand für Personalkosten verlagem. 374 Diese Personalaufwendungen bleiben allerdings im Gegensatz zu den Aufwendungen, die für Ablösesummen aufgebracht wurden, auf der Aktivseite der Bilanz unberücksichtigt. Insoweit liegt mit Blick auf die reichlich mit Krediten arbeitenden Vereine die Vermutung nahe, daß über kurz oder lang bei der am Ende eines Wirtschaftsjahres vorzunehmenden bilanzmäßigen Gegenüberstellung von Anlage- und Umlaufvermögen auf der Aktivseite und Verbindlichkeiten auf der Passivseite letztere überwiegen werden mit der unausweichlichen Folge, daß das die Differenz zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten zum Ausdruck bringende Eigenkapitalkonto buchungstechnisch auf der Aktivseite auszuweisen ist (sog. Unter- bzw. Überschuldungsbilanz).375 Da aber für die Vergabe von Krediten vor allem die kapitalmäßige Ausstattung des Darlehnsnehmers ausschlaggebend ist, dürften die Vereine auf nicht geringe Probleme bei der weiteren Kreditbeschaffung stoßen. Das gilt um so mehr, als die potentiellen Einnahmen aus Transfererlösen nunmehr bei der bankmäßigen Kreditsicherung nicht mehr berücksichtigt werden können. Jedenfalls sind die vor den Entscheidungen des EuGH bzw. BAG verständlicherweise angestellten Spekulationen einiger Vereine, bestimmte Spieler gegen hohe Ablösesummen an große nationale oder europäische Vereine zu verkaufen, hinfällig geworden. 376 Dies gilt ebenfalls für "versteckte Reserven" in Form von jungen und begehrten Nachwuchsspielern, die im Überschuldungsfall mit hohen Einnahmen hätten transferiert werden können. Im Zusammenspiel zwischen Banken und Profiklubs kommen die Beteiligten damit nicht umhin, die Werthaltigkeit der Transferrechte neu zu überprüfen. Kann der Verein keine anderen Sicherheiten leisten, dürften u.U. gewährte Kredite sofort zur Zahlung fällig werden. Als Sicherheit bleiben den Vereinen nur noch die Vorausabtretung der prognostizierten Transfereinnahmen bei einem möglichen Wechsel eines Spielers, 373 Vgl. FAZ v. 20.1.1998, S. 34. 374 So zahlte beispielsweise "Borussia Dortmund" in der Spielzeit 1996/97 den Spielern bei einem Umsatzvolumen von 129,741 Mio. DM Gehälter LH.v. insgesamt 54,699 Mio. DM, vgl. FAZ v. 24.11.1997, S. 37. 375 Vgl. hierzu W. D. Budde, Sonderbilanzen, S. 199 ff. 376 Vgl. H. P. Westermann, DZWiR 1996,82 (83); W. Arens, SpuRt 1996, 39 (41). 7 Trommcr

98

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

der aus seinen Vertrag herausgekauft wird, bzw. die zukünftigen potentiellen Transfereinnahmen aus dem Verkauf eines Spielers aus Drittstaaten. Für den letztgenannten ablösepflichtigen Tatbestand muß nach der geplanten Änderung der FIFA-Statuten377 zudem die Einschränkung in Kauf genommen werden, daß ab 1999 eine Ablöse nur noch bei einem Wechsel des Nicht-EG-Ausländers in das Nicht-EG- bzw. Nicht-EWR-Ausland fällig wird, beispielsweise bei einem Wechsel eines südamerikanischen Spielers von der Bundesliga zurück in sein Heimatland. Solche Wechsel werden aber eher die Ausnahmen sein. Diese beiden, von den Urteilen in Sachen "Bosman" und "Kienass" nicht erfaßten, ablösepflichtigen Wechseltatbestände können jedoch die einschneidenden Wirkungen sowohl hinsichtlich der Bewertung des Vereinsvermögens als auch in bezug auf die Funktion der Transferentschädigung als Kreditsicherheit nur unzureichend mildem. Damit sind die Vereine gezwungen, sich nach alternativen oder zusätzlichen Finanzressourcen umzuschauen, um auf Dauer den Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erbringen und im Ligawettbewerb konkurrieren zu können. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Lizenzierungsverfahren des DFB. 378 Andernfalls droht angesichts eines nach Aussagen des DFB aktuellen Schuldenberges der Profiklubs von 500 bis 600 Millionen DM379 nicht wenigen über kurz oder lang der Lizenzentzug. Liegt eine ertragssteuerliche Überschuldung erst einmal vor, ist jeder verantwortungsbewußte Vereinsvorstand verpflichtet zu prüfen, ob bei Aufdeckung von stillen Reserven auch konkursrechtlich betrachtet eine Überschuldung vorliegt. 38o Die Möglichkeit der Überschuldung ist aber nunmehr durch den vollständigen Wegfall der Transferzahlungen verbunden mit den Unwägbarkeiten im Berufsfußball ungleich größer geworden. Insgesamt betrachtet ist daher den Vereinen durch den Wegfall der Transferregeln eher ein Stück wirtschaftliche Planungssicherheit genommen worden. Der aktuelle Trend zum Abschluß langfristiger Verträge kann, wie oben gezeigt, dabei nur als kurz- oder allenfalls mittelfristige Übergangslösung betrachtet werden.

377 Siehe hierzu oben § 3 III 2b. 378 Siehe hierzu oben § 2 I 3b. Zur Rechnungslegung der Vereine im Hinblick auf das Lizenzierungsverfahren des DFB vgl. näher A. Galli, SpuRt 1996, 79 (82). 379 Vgl. FAZ v. 25.1.1997, S. 33. 380 Vgl. § 9 Nr.2 lit. a LSt. Nach Aussage des Ligavorsitzenden Gerhard MayerVorfelder müßten derzeit nach den Haftungsbestimmungen des Aktienrechts zehn Bundesligaklubs Konkurs anmelden, vgl. FAZ v. 18.1.1997, S. 24.

IV. Alternativvorschläge

99

Der von einigen Vereinen "gezogene" § 11 DFB-Mustervertrag mag zwar faktisch den Vorteil mit sich bringen, einen Spieler ungeachtet des regulären Ablaufs seines Vertrages - in rechtlich zweifelhafter Weise _381 ein weiteres Jahr an den Verein zu binden. Die u.U. damit verbundene Hoffnung, daß sich ein solventer Verein findet, der an dem Spieler interessiert und zudem bereit ist, diesen aus dem verlängerten Vertrag für "teures" Geld herauszukaufen, dürfte sich jedoch nur in den wenigsten Fällen erfüllen. Jedenfalls kann auf einer solchen Basis nicht verläßlich gewirtschaftet werden, zumal § 11 als Mustervertragsklausel durch die vom DFB beschlossene Streichung zukünftig keine Rolle mehr spielen wird.

IV. Alternativvorschläge zum Zwecke der Aufrechterhaltung eines sportlichen und finanziellen Gleichgewichts Nicht nur an den soeben aufgezeigten wirtschaftlich nachteiligen Konsequenzen zeigt sich das Bedürfnis, über eine Neustrukturierung des deutschen Berufsfußballs zumindest partiell, wenn nicht gar umfassend nachzudenken. Jedenfalls besteht Handlungsbedarf, um die wirtschaftlichen Verluste der Vereine durch Wegfall der für sie z.T. lebensnotwendigen Transfereinnahmen aufzufangen. Abkehr sollte dabei jedenfalls von der Vorstellung genommen werden, dem ursprünglichen Transfersystem quasi über die Hintertür einer Legalisierung wieder Geltung verschaffen zu können. Die dabei ins Auge gefaßten Möglichkeiten, etwa durch Änderung des Art. 48 EGV382 oder durch eine an Art. 128 EGV angelehnte Regelung 383 dem Sport innerhalb des Gemeinschaftsrecht einen Sonderstatus einzuräumen, erweisen sich in diesem Kontext rechtlich als untaugliche Mittel, denn der durch das "Bosman"-Urteil - und durch das "Kienass"-Urteil auf nationaler Ebene - nun endgültig geklärten Frage der Verrechtlichung des Sports kann nicht ausgewichen werden. Dies gilt um so mehr, wenn offen zutage tretende grundrechts- oder grundfreiheitsrelevante Postulate umgangen werden sollen. Die Hoffnung auf eine an rein sportlichen Zwecken orientierte, "sportfreundlichere" Auslegung und Würdigung der einschlägigen verfassungs- und EG-rechtlichen Normen dürfte sich für die Zukunft als aussichtslos erweisen. Hieran ändert sich auch nichts durch die insbe-

381

Siehe oben § 2 III 5d.

In Betracht käme eine Berücksichtigung des Sports nach dem Modell des Art. 48 Abs.4 EGV, wonach die Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer auf Beschäftigungen in der öffentlichen Verwaltung keine Anwendung finden. 382

383 Dahingehend ScholvAulehner, SpuRt 1996, 44 (47); C. Palme, JZ 1996, 238 (241); vgl. im Zusammenhang mit der "Bosman"-Entscheidung näher R. Streinz, SpuRt 1998, I (2 f.).

7"

100

§ 3 Die Transferregelungen im Lichte des "Bosman"-Urteils

sondere von der deutschen Bundesregierung forcierte,384 von den 15 Staatsund Regierungschefs auf dem Amsterdamer Gipfel im Juni 1997 verabschiedete und vom Europäischen Rat einstimmig angenommene Erklärung, wodurch die gesellschaftspolitische und soziale Bedeutung des Sports sowie seine identifikationsstiftende und völkerverbindende Rolle unterstrichen wird. Angesichts der Tatsache, daß es sich hierbei allenfalls um eine politische Willensbekundung handelt, ist hierdurch die grds. grundrechtlieh gewährleistete Verbandsund Vereinsfreiheit auf dem Sektor des Sports nicht derart akzentuiert worden, daß etwa unter diesem Deckmantel der Sport seine wirtschaftlichen Bezüge und damit seine Zuordnung zum Wirtschaftsleben gemäß Art. 2 EGV verloren hätte. Es bedarf daher aus rechtlicher Sicht eines adäquaten Ersatzsystems, das sich an den einschlägigen verfassungs-, kartell-, zivil- und arbeitsrechtlichen Direktiven messen lassen kann. Dieses muß dem auch vom EuGH anerkannten, ureigenen Interesse einer funktionsfähigen Liga an der Aufrechterhaltung eines sportlichen und finanziellen Gleichgewichts ausreichend Rechnung tragen können. Insoweit kann ohne weiteres an die von Lenz in seinen Schlußanträgen hervorgehobenen 385 und auch von anderen Stimmen386 in Betracht gezogenen Alternativen erinnert werden, die in ihrer Ausformung und Gestaltung stark an Strukturen erinnern, wie sie in den nordamerikanischen Profi-Ligen bereits seit längerem vorgefunden werden. Dort installiert man regelmäßig im Rahmen von umfassenden Tarifverträgen Gehaltsobergrenzen, mit denen die Personalausgaben der Mitgliederklubs budgetmäßig begrenzt werden. Darüber hinaus wird seit Jahren erfolgreich auf Ligaebene zur Angleichung bestehender Erlösunterschiede zwischen den Klubs eine umfassende Einnahmenumverteilung praktiziert, die es den Klubs erlaubt, auf einer verläßlichen Grundlage wirtschaften zu können. Dies soll Anlaß geben, die dort praktizierten Mechanismen im zweiten Teil dieser Untersuchung näher zu beleuchten und zu analysieren, um sodann im dritten Teil die Frage nach einer möglichen Adaption im Lichte des deutschen und europäischen Rechts beantworten zu können.

384 Vgl. FAZ v. 17.4.1997, S. 33. Um die Gemeinnützigkeit nach deutschem Recht zu bewahren, sah eine Initiative der deutschen Bundesregierung sogar vor, den die Zulässigkeit staatlicher Beihilfen regelnden Art. 92 EGV zu ergänzen, vgl. FAZ v. 26.3.1997, S. 36. 385 Siehe oben § 3 11 2b. 386 So etwa T. C. Paefgen, EWiR 1/1995,987 (988) und W. Schroeder, JZ 1996,254 (256) in bezug auf die tarifvertragliche Festsetzung von Gehaltsobergrenzen; vgl. Hobel Tietje, JuS 1996, 486 (492), hinsichtlich der umfassenden Einnahmenverteilung.

2. Teil

Die Transfermechanismen und Ligapraktiken im amerikanischen Profisport § 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

dargestellt am Beispiel der "National Football League"l I. Die rechtlichen Strukturen der NFL 1. Die Rechts- und Organisationsform der NFL einschließlich ihrer Rechtsbeziehungen

Gegründet wurde die NFL am 20. August 1920 in Ohio, als sich Repräsentanten verschiedener Klubs versammelten, um erstmals Maßnahmen zu beschließen, die den Einsatz von College-Spielern, die Festlegung von Gehaltsobergrenzen und die Beschränkung von Spielerwechseln vorsahen. Man einigte sich zunächst auf den Namen "American Professional Football Conference". Erst zwei Jahre später verständigte man .sich auf den bis heute gültigen Namen "National Football League". Wohl niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, daß mit der Gründung der NFL der Grundstein für die wohl mächtigste Profisportorganisation der Welt gelegt wurde. 2 Rechtlich betrachtet ist die NFL heute eine nichtrechtsfähige "non profit"Organisation,3 die in die Unternehmensform eines joint ventures 4 gekleidet ist.

I

Im folgenden NFL.

2 Zur Geschichte der NFL vgl. näher J. Plassmann, NFL, S. 22 ff.; G. A. Uberstine, in: ders. (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. I, § 6.02[2]. 3 Vgl. Art. 11, 2.2 NFL Const. (1988): "The League is not organized nor to be operated for profit."; vgl. auch Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL, 726 F.2d, 1381, 1389 (9th Cir. 1983). 4 Zur Definition vgl. statt vieler P. D. Staudohar, Harv. L. Rev. 1958, 1531 (1536): " ... a group which undertakes an economically productive activity in concert in order to overcome the impracticability of any one member's amassing sufficient capital for the project or in order to eliminate the economic waste involved in duplication of effort." Zur Geschichte, Verbreitung und Erscheinungsformen der "joint ventures" in den USA vgl. A. Maurer, Gemeinschaftsunternehmen, S. 1 ff.

102

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

Als solche ist die NFL ein freiwilliger Verbund von derzeit dreißig Teams zu einer Liga ("league"),5 der in der Wirtschaftsbranche "Football" auf der Grundlage zahlreicher Absprachen operiert. 6 Die Rechtsbeziehungen innerhalb der Liga werden durch einen Vertrag definiert, der die Satzung der NFL, die sog. "NFL Constitution and Bylaws", darstellt. Dieser umfassende Ligavertrag enthält u.a. Regelungen, die die Rechte und Pflichten der Mitgliederklubs, die Kompetenzen der Gremien innerhalb der Liga und die Verteilungsmodi der ligaweiten Einnahmen festlegen. Gleichzeitig regelt er den Wettkampfmodus und schreibt ein vereinheitlichtes Regelwerk vor. In diesem Rahmen ermittelt die Liga, aufgeteilt in die zwei Subligen "American Football Conference" und "National Football Conference",7 als nationenweiter Anbieter von Ligaspielen ihren "champion". 8 Vordergründiges Ziel der Liga ist die Förderung und Unterstützung ihrer Mitglieder,9 um deren wirtschaftlichen Erfolg zu maximieren. Die Möglichkeit zur Mitgliedschaft in der NFL ist indes begrenzt. lO Anders als in der FußballBundesliga, in dem sich ein Team sportlich für die Mitgliedschaft qualifizieren kann, liegt das Recht zur Vergabe der für die Teilnahme am Ligabetrieb erforderlichen Spiellizenz für ein Team ("franchise")11 ausschließlich bei der Liga. Begehrt danach ein Team Zutritt zur NFL, so bedarf es für die Erweiterung der Liga einer Dreiviertelmehrheit der aktuellen Ligamitglieder. 12 Für die Erteilung der Ligalizenz hat das Mitglied eine Lizenzgebühr zu entrichten, die entspre-

5

Zur Definition einer Sportliga vgl. S. Pariasca, Karelle, S. 14.

Vgl. North American Soccer League v. NFL, 670 F.2d 1249, 1252 (2d. Cir. 1982): "The NFL is an unincorporated 'joint venture' consisting of 28 individually owned seperate professional football teams, each operated through a distinct corporation or partnership, which is engaged in the business of providing public entertainment in the form of competitive football games between its member teams." 6

7 Vgl. Art. IV, 4.4 NFL Const. (1988); zur Ligaeinteilung und zum Spielsystem vgl. näher J. Plassmann, NFL, S. 232. 8

Sog. "playing rules", vgl. Art. XI NFL Const. (1988).

9

Art. II, 2.1 lit. a NFL Const. (1988).

10

Art. III, 3.1 NFL Const. (1988).

11 Vgl. Art. III, 3.4 NFL Const. (1988): "Each member shall receive a Franchise Certificate of Membership ( ... ), certifying that such member is a member of the League, and holds a franchise from the League to operate a professional football club in a designated city."

12 Vgl. Art. III, 3.1 lit. b NFL Const. (1988): "The admission of new member clubs, shall require the affirmative vote of three-fourths of the existing member clubs of the League."

I. Die rechtlichen Strukturen der NFL

103

chend der praktizierten Einnahmenumverteilung auf die übrigen Mitglieder aufgeteilt wird. 13 Mit Eintritt in die Liga werden sowohl die Klubeigner als auch die Teams selbst mit in der Satzung verankerten Restriktionen überzogen ("ownership and franchise restrictions").14 So bedarf es ebenso einer qualifizierten Zustimmungsmehrheit von dreiviertel der Ligamitglieder, wenn ein Team beabsichtigt, den Standort in eine andere Stadt zu verlegen (,,relocation"),15 um in Anbetracht zu erwartender Mehreinnahmen oder öffentlicher Subventionen l6 dort den Spielbetrieb aufzunehmen.'7 Probleme tauchen vor allem dann auf, wenn in der jeweiligen Metropole bereits ein Team angesiedelt ist,lS das auf diesem

13 Die von den Klubeignern vorgebrachte Rechtfertigung der zu entrichtenden Lizenzgebühr als eine Art Entschädigungsleistung im Hinblick auf potentielle Einnahmenverluste durch die Erweiterung des exklusiven Zirkels wird von S. ParIasca, Kartelle, S. 205, aus ökonomischer Sicht überzeugend widerlegt.

14 Vgl. hierzu ausführlich D. E. Lazaroff, Fordham L. Rev. 53/1984, 157 ff.; C. M. McBurney, N.Y.U.L. 60/1985, S. 925 ff.; J. P. Bauer, Tenn. L. Rev. 60/1993, 263 (281 ff.); zum Eishockey vgl. SeredynskiIJones/Ferguson, Seton Hall J. Sports L. 4/1994,663 (681 ff.); S. F. Ross, Minn. L. Rev. 73/1989, 643 (703 ff.); zu den anderen Ligen vgl. M. J. Greenberg, Sports Law, S. 990 ff. 15 Derartige Teamverlegungen sind in der NFL bereits zahlreich vollzogen worden. So zogen beispielsweise die "Rams" 1946 von Cleveland nach Los Angeles, die "Cardinals" 1960 von Chicago nach St. Louis und 1988 nach Phoenix, die "Chargers" 1961 von Los Angeles nach San Diego, die "Raiders" 1982 von Oakland nach Los Angeles und schließlich die "Colts" 1984 von Baltimore nach Indianapolis, vgl. M. J. Greenberg, Sports Law, S. 991. Die "Hartford Whalers", Klub der nordamerikanischen NHL, verließen zum Saisonende 1996/97 ihren Spielort Hartford in Connecticut und spielen nunmehr in St. Paul (Minnesota), vgl. FAZ v. 29.3.1997, S. 29. 16 Insoweit herrscht in den USA im Hinblick beträchtlicher zu erwartender, lokaler Einnahmen zwischen einer Reihe von Städten ein regelrechter Wettbewerb um die Ansiedlung von Ligateams, die beispielsweise durch die vergünstigte Überlassung von Stadien gehalten resp. geködert werden sollen; vgl. hierzu R. G. Noll, in: Uberstine (Hrsg.), Law ofProfessional and Amateur Sports, Vol. 2, § 17.02[1]. 17 Vgl. Art. IV, 4.3 NFL Const. (1988): "The League shall have exclusive control of the exhibition of football games by member clubs within the horne territory of each member club. No member club shall have the right to transfer its franchise or playing site to a diffrent city, ( ... ), without prior approval by the affirmative vote of threefourths of the existing member clubs of the League." Zur sog. "rule 4.3" vgl. ausführlich Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL, 726 F.2d 1381, 1394 ff. (9th Cir. 1984); ferner Weiler/Roberts, Sports, S. 372 ff. IS Vgl. hierzu das Verfahren Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL, 726 F.2d 1381 (9th Cir. 1984), in dem es um die kartellrechtliche Klage des Stadioneigentümers gegen die NFL ging, die einen Umzug der "Oakland Raiders" nach Los Angeles

104

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

lokalen Markt dem Verbraucher Ligaspiele anbietet. Daher werden die sog. "home territories" der etablierten Teams durch sog. Gebietsschutzklauseln l9 gegen regionale Marktzutritte gesichert. Einer entsprechenden Zustimmungsmehrheit der Ligamitglieder bedarf es auch, wenn eine "franchise" veräußert oder abgetreten werden soll.20 Die Klubs als solche stellen durchweg Wirtschaftsunternehmen dar, die an dem "joint venture" in den unterschiedlichsten Gesellschaftsformen teilnehmen. 21 Geführt werden sie zumeist von solventen Persönlichkeiten,22 die bereits in anderen Wirtschaftsbereichen hohe Einkünfte erzielen23 und ihre Teams gezielt nutzen, um das Image ihrer Konzerne zu gestalten. 24 Zur Vermeidung von Interessenkonflikten verbietet der Ligavertrag des weiteren die mehrfache Unternehmerschaft. 25 Das bedeutet, daß kein Klubeigner Eigentümer mehrerer Teams der NFL26 resp. eines Teams der NFL und der eines Teams einer anderen Liga sein darf. 27 Für Verstöße gegen diese ligaals zweitgrößtem Wirtschaftsraum der USA verboten hatte, da zu jener Zeit in Los Angeles die "Rams" angesiedelt waren. 19 Vgl. Art. IV, 4.1 NFL Const. (1988): ,,'Home Territory' with respect to any club means the city in which such club is located and for which it holds a franchise and plays its horne games, and includes the surrounding territory to the extent of 75 miles in every direction ( ... )."

20 Vgl. Art. III, 3.5 NFL Const. (1988); vgl. hierzu auch Sullivan v. NFL, 34 F.3d 1091,1095 (1st Cir. 1994). 21 Etwa als GmbH ("elose held corporation"), als Aktiengesellschaft ("stock corporation"), als offene Handelsgesellschaft ("ordinary partnership"), als Kommanditgesellschaft ("limited partnership") oder gar als Einzelfirma ("sole proprietorship"), vgl bei J. L. Brock jr., U. Chi. L. Rev. 52/1985, 999 (1010); zur Rechtsformwahl der Klubs vgl. ferner ausführlich M. J. Greenberg, Sports Law, S. 962 ff. 22 So befinden sich unter der von Forbes 1992 veröffentlichten Liste der 400 reichsten Amerikaner 21 Klubeigner, darunter sieben NFL Klubeigner, die mindestens 30% einer "franchise" halten, vgl. USA Today, Oct. 5, 1992, B3; ferner M. J. Greenberg, Supplement, S. 525 f. 23

Vgl. die Übersicht bei M. J. Greenberg, Sports Law, S. 955 ff.

24 Vgl. LucklKriwat, in: Vieweg (Hrsg.), Sponsoring im Sport, S. 9 (11). 25 Vgl. WeilerlRoberts, Sports, S. 355; S. Pariasca, Kartelle, S. 158. 26 Vgl. Art. IX, 9.11it. (B) (1) NFL Const. (1988): "No member, or stockholder ( ... ) shall ( ... ) own or have any interest directly or indirectly, in any other member club of the League.", vgl. hierzu L. Goldman, Tul. L. Rev. 63/1989, 751 (756). 27 Verbot der sog. "cross ownership", vgl. Art. IX, 9.1 Iit. C (7) NFL Const. (1988); vgl. hierzu das Verfahren NASL v. NFL, 670 F.2d 1249 (2nd Cir. 1982), in dem es um die hiergegen erhobene Klage der zwischenzeitlich aufgelösten North American Soccer

I. Die rechtlichen Strukturen der NFL

105

rechtlichen Direktiven sieht der Ligavertrag Sanktionsmechanismen vor, die in den Zuständigkeitsbereich des "Commissioner" fallen. 28

2. Ökonomische Betrachtungen

Ökonomisch betrachtet ist die NFL ein atypisches Gebilde in der "world of business". Während in den übrigen Wirtschaftsbereichen die Unternehmen darauf bedacht sind, potentielle Konkurrenzunternehmen von einem relevanten Markt zu verdrängen, um ihren Marktanteil zu erhöhen, stellt sich die Situation in der NFL gerade umgekehrt dar. Zwar konkurrieren die Klubs sowohl auf dem Spielfeld als auch außerhalb des Spielfeldes, soweit es um die Sympathie der Zuschauer, um den Absatz von Tickets und um die Verpflichtung von Spielern oder Trainern geht. 29 Auf der "joint venture"-Ebene betreiben sie hingegen auf der Grundlage umfassender Absprachen eine kooperative Ligapolitik,3D um letztlich dem Verbraucher ein Produkt anbieten zu können, zu dessen Herstellung die Teams einzeln und unabhängig voneinander nicht in der Lage sind: 3! Den NFL-Football. Das Produkt NFL-Football ist dabei nicht das einzelne Spiel, sondern der Liga-Football, der auf relevanten Absatzmärkten wie z.B. Märkten für Eintrittskarten, Fernseh- und Werberechte angeboten wird. Die Marktfähigkeit des Produktes hängt somit von einer organisatorischen Einheit mehrerer Klubs ab, die erst zusammen das Produkt herstellen können. Der ultimative Erfolg der Liga im Absatz ihres Produktes bedingt dabei eine sportliche und finanzielle Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Teams. 32 Der wirtschaftliche Erfolg eines jeden Klubs hängt wiederum von der Qualität des sportlichen Wettbewerbs in der Liga ab, der wiederum nur durch wirtschaftliche Stabilität und Ausgewogenheit sämtlicher Ligateilnehmer gewährleistet werden kann. 33 Jeder wirtschaftlich erlittene Schaden oder Verlust kann daher die Stabilität und den Erfolg der anderen Ligateilnehmer und damit League ging. Vgl. hierzu auch G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, § 19.04[2b]; ferner YasserlMcCurdylGoplerud, Sports, S. 138 ff. 28

Vgl. Art. VIII, 8.3 LV.m. IX, 9.1 NFL Const. (1988).

Vgl. Mid-South Grizzlies v. NFL, 720 F.2d 772, 786 f. (3d Cir. 1983); Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL, 726 F.2d 1381, 1390 (9th Cir. 1984); Sullivan v. NFL, 34 F.3d 1091,1097 (Ist Cir. 1994). 29

30 Vgl. Sullivan v. NFL, 34 F.3d 1091, 1097 (1st Cir. 1994); ferner BerrylGould IVI Staudohar, Labor Relations, S. 5.

3! NASL v. NFL, 103 S.Ct. 499,500 f. (1982). 32

Smith v. Pro Football, Inc., 593 F.2d 1173, 1178 f. (D.C. Cir. 1978).

33

L. Goldman, Tul. L. Rev. 63/1989, 751 (758).

106

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

den der Liga tangieren. Würde ein Ligateilnehmer kurzfristig aus diesem sportlichen Wettbewerb ausscheiden, würde dies zu unumgänglichen Einnahmeverlusten auf breiter Front führen. Die Ligastruktur impliziert daher eine wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen den einzelnen Ligamitgliedern. Aus diesem Grunde sieht die Satzung der Liga dual strukturierte Entscheidungsmechanismen vor, um diesen wechselseitigen Bedürfnissen nach wirtschaftlicher Kooperation und sportlicher Individualität der Teams gerecht zu werden. 34 Die Entscheidungen in wirtschaftlicher, in finanzieller und in sportlicher Hinsicht werden daher von den Klubs z.T. individuell, z.T. auch kollektiv getroffen. Einerseits sind die Klubs mit originären Entscheidungskompetenzen ausgestattet. Sie treffen in diesem Rahmen eigenverantwortlich z.B. die Entscheidungen über die sog. "day-to-day operations".35 Hierzu zählen neben der Festlegung der Höhe der Eintrittspreise der Abschluß von Pachtverträgen hinsichtlich der Stadien36 und auch das Recht, lokale Rundfunkübertragungsrechte zu vermarkten. In sportlicher Hinsicht treffen sie ihre personalpolitischen Entscheidungen. Für die Identifikation und Loyalität der Fans ist dies freilich von enormer Wichtigkeit, denn der individuelle Wettbewerb der Teams untereinander ist es, der die Popularität des Sports ausmacht und letztendlich die Nachfrage nach dem Produkt "NFL-Football" bestimmt. Daher wäre es kontraproduktiv, wenn der einzelne Klub jegliche Selbständigkeit durch eine umfassende Einbindung in ein Kollektiv verlieren würde. 37 Andererseits erfordert aber gerade die Individualität der Klubs gemeinsame, leitende Entscheidungen, um ein solches Unternehmen wie die Liga - nicht nur in Anbetracht eines geordneten Spielplans - koordinieren zu können. Im Vordergrund steht dabei freilich das gemeinsam gesteckte Ziel, nämlich Maximierung des "profit" und der damit zusammenhängende Wertzuwachs der Klubs. 38

34

J. L. Brockjr., U. Chi. L. Rev. 5211985,999 (1010).

35 Vg!. bei L. Goldmann, Tu!. L. Rev. 63/1989, 751 (757); J. L. Brockjr., U. Chi. L.

Rev. 5211985, 999 (1009).

36 Vg!. Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL, 519 F. Supp. 581, 582 (C.D. Ca!. 1981). 37 J. L.

Brockjr., U. Chi. L. Rev. 5211985, 999 (1008).

38 Welchen enormen Wertzuwachs die Klubs erfahren können, zeigt sich am Beispiel der "Philadelphia Eagles", die 1969 einen Wert von 16,1 Mio. USD verbuchen konnten, aber schon 1985 für 65 Mio. USD an Norman Brown veräußert wurden. Dieser wiederum veräußerte den Klub 1994 für 185 Mio. USD an Jeff Lurie weiter, vg!. bei J. Plassmann, NFL, S. 206. Der durchschnittliche Wert eines Klubs bezogen auf sämtliche Profi-Ligen betrug 1994 107 Mio. USD, vg!. G. Lentze, Marq. Sports L.J. 6/1995, 65. In der NFL liegen die "Dallas Cowboys" mit 238 Mio. USD an der Spitze, vg!. M. J. Greenberg, Supplement, S. 485.

I. Oie rechtlichen Strukturen der NFL

107

Auf der "joint venture"-Ebene sind die Klubs daher zu einer kooperativen Zusammenarbeit angehalten, um die wirtschaftliche Existenz und Stabilität der einzelnen Mitglieder und der NFL zu gewährleisten. Zu diesem Zweck findet auf der Gemeinschaftsebene NFL eine umfassende Einnahmenverteilung statt. Die wesentlichen Quellen der Einnahmen bilden die Erlöse aus dem Verkauf der TV-Rechte, der Eintrittskarten und der "merchandising"-Produkte sowie die vereinnahmten Gebühren für die Vergabe von Lizenzen ("franchises") für neue Liga-Mitglieder. 39 Für die Umverteilung der Einnahmen auf die Mitglieder sieht der Ligavertrag unterschiedliche Schlüssel vor. 4O Beispielsweise fließen die Einnahmen aus den nationenweiten TV-Verträgen in einen gemeinsam gebildeten Pool, aus dem die Klubs unabhängig von der Bildschirmpräsenz zu gleichen Teilen bedient werden. 41 Die Erlöse aus diesem zentralen Rechteverkauf decken im Durchschnitt 40% des Gesamt-Etats der einzelnen Ligamitglieder. 42 Auf die Einnahmen aus den Ticketverkäufen wird hingegen ein verhältnismäßig gestaffelter Schlüssel von 60:40 angewandt, wobei der Gastmannschaft ein Erlös von $ 30.000 garantiert wird. 43 In den "play-off"-Spielen werden die Nettoeinnahmen zwischen Heim- und Gastmannschaft geteilt. 44 Die Einnahmen aus den von den Neumitgliedern zu entrichtenden Lizenzgebühren werden einheitlich auf die Ligamitglieder aufgeteilt. 45 39 Vgl. Berry/Gould /V/Staudohar. Labor Relations, S. 6 f.; L. Goldmann, Tul. L. Rev. 63/1989,751 (757); J. L. Brockjr., U. Chi. L. Rev. 5211985, 999 (l011). 40 Vgl. hierzu G. Noll, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 17.02[1].

41 Vgl. Art. X, 10.3 S. I NFL Const. (1988): "All regular season ( ... ) television income will be divided equally among member clubs of the League regardless of the source of such income." So schloß der derzeitige "Comissioner" Paul Tagliabue für die NFL für die Jahre 1994 bis 1997 einen umfassenden TV-Vertrag ab, der der NFL Einnahmen von nicht weniger als 4,3 Mrd. USD einbringt. An diesen Einnahmen partizipieren die Klubs jährlich mit jeweils 39 Mio. USD, vgl. bei M. J. Greenberg, Supplement, S.225. Presseberichten zufole soll der neue Fernsehvertrag mit den Sendern ESPN, ABC, Fox und CBS der NFL Einnahmen i.H.v. 17,6 Mrd. USO einbringen, vgl. FAZ v. 23.1.1998, S. 24. 42

Vgl. M. Stopper, Ligasport. S. 67 m.w.N.

43 Vgl. Art. XIX, 19.1 NFL Const. (1988): "The horne club shall guarantee the visiting club a minimum of $ 30,000 for each regular season game with an option to the visiting club to receive 40% of the gross receipts after the following deductions."

44 Vgl. G. Noll, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 17.02[1]; Berry/Gould /VIStaudohar, Labor Relations, S. 6. 45 Für die zwei ab der Saison 1993 neu vergebenen "franchises" stellte die NFL den "Jacksonville Jaguars" und den "Carolina Panthers" in Anbetracht der hohen Gewinnerwartungswerte jeweils 140 Mio. USO in Rechnung, vgl. bei J. Plassmann, NFL, S. 113. Oie ab der Saison 1997/98 der NHL beitretenden Teams aus Atlanta, Columbus,

108

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen 3. Die hauptsächlichen Organe und ihre Aufgaben

Die Organisationsstruktur der NFL erscheint mit Blick auf die Groß zahl verschiedener Fachabteilungen und Gremien auf den ersten Blick recht verwirrend. Jedoch ist der Verlauf der zentralen Machtstränge in der NFL im wesentlichen zweigeteilt. 46 Träger der entscheidungserheblichen Belange sind zum einen das Exekutivkomitee der Liga und zum anderen der "Commissioner". a) Das Exekutivkomitee ("Executive Committee") Bei dem Exekutivkomitee handelt es sich um ein Gremium, das sich aus Repräsentanten der Klubs, in der Regel den Eigentümern, zusammensetzt. 47 Es bildet die Führungsspitze des Unternehmens NFL. Diesem Exekutivkomitee bleiben wichtige Entscheidungen wie z.B. Änderung der Satzung48 und Bestimmung des Regelwerkes vorbehalten. Sämtliche Entscheidungen, denen eine umfassende Beratung und Ausarbeitung vorangeht, bedürfen einer Dreiviertelmehrheit. 49 Dies gilt insbesondere für jede Erweiterung der Liga durch Aufnahme eines weiteren Klubs in den begehrten Kreis der Auserwählten. b) Der" Commissioner" Zweites zentrales Organ auf der Entscheidungsebene der NFL ist der - früher als "President" bezeichnete - "Commissioner".50 Er fungiert als eine Art Geschäftsführer oder Generaldirektor ("principal executive officer")51 der Liga und ist mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet.52 Seine Befugnisse leitet er

Nashville und Minneapolis 1 St. Paul mußten für ihren Beitritt hingegen "lediglich" 80 Mio. USD als Lizenzgebühr zahlen, vgl. FAZ v. 27.6.1997, S. 40. 46

1. Plassmann, NFL, S. 204.

47 Art. VI, 6.1 NFL Const. (1988). Vgl. auch bei G. Lentze, Marq. Sports LJ. 6/1995,65 (68). 48

Art. XXV, 25.1 NFL Const. (1988).

49

Art. VI, 6.6 NFL Const. (1988).

50 Erster Präsident der NFL war Jim Thorpe, ein Sportidol der "Canton Bulldogs", der jedoch nur ein Jahr später von Joe Carr abgelöst wurde. 51 Art. VIII, 8.4 (B) NFL Const. (1988). 52 Vgl. hierzu ausführlich fasserl McCurdylGoplerud, Sports, S. 173; M. J.

Greenberg, Sports Law, S. 1031; G. Lentze, Marq. Sports LJ. 6/1995, 65 (69 ff.).

I. Die rechtlichen Strukturen der NFL

109

unmittelbar aus der Satzung der NFL ab,53 die jedoch im Rahmen der tarifvertraglichen Vereinbarungen zwischen den Gewerkschaften und dem Management der Liga modifiziert und begrenzt werden können. Er repräsentiert die Liga nach außen und leitet die Geschicke des Unternehmens NFL auf fast allen Ebenen. Er arbeitet an wichtigen Beschlüssen des Exekutivkomitees mit und sorgt für deren ordnungsgemäße Umsetzung. Ihm obliegt die effektive Vermarktung der NFL54, er sorgt für einen reibungslosen Ablauf des Spielbetriebes. Des weiteren hängt von seiner Prüfung und Billigung die Wirksamkeit der Verträge über die Vergabe der lokalen Rundfunkrechte ab. 55 Großen Einfluß nimmt er auf die Entscheidungen des Exekutivkomitees, wenn es um die Erweiterung der Liga um weitere "franchises" oder um den Umzug eines Teams in eine andere Stadt geht ("relocation"). Diesbezüglich leitet er nämlich die Untersuchungen und unterbreitet dem Exekutivkomitee seine Empfehlungen. 56 Unterstützt durch eine Reihe von Fachabteilungen57 obliegt ihm des weiteren die Erledigung der gewöhnlichen Geschäftsangelegenheiten. Auch der Abschluß der für die NFL bedeutsamen ligaweiten Fernsehverträge fällt in seinen Zuständigkeitsbereich.58 Bemerkenswert ist, daß der "Commissioner" als Angestellter im Rahmen seiner umfassenden Aufgabenerledigung nicht unter Kontrolle und Beaufsichtigung des Exekutivkomitees steht,59 das ihn aber durch Wahlen legitimiert. Vielmehr besitzt er sogar über die sog. "best interest clause"6O eine ausgeprägte Disziplinargewalt dergestalt, daß er jedes Verhalten, sei es das der Spieler oder das der Klubs, auf deren Vereinbarkeit mit dieser Klausel überprüfen und Verstöße mit Sanktionen belegen kann. Des weiteren nimmt er schiedsrichterliche Aufgaben wahr, wenn es darum geht, Streitigkei-

53 Art. VI, 6.5 NFL Const. (1988). 54

Art. VIII, 8.8 NFL Const. (1988).

Art. X, 10.1 NFL Const. (1988). Zu dieser Prüfungskompetenz vgl. näher G. Lentze, Marq. Sports L.J. 6/1995, 65 (74 f.). 55

56 Art. III, 3.3, 3.5 NFL Const. (1988). 57 Im Zuge der wachsenden Popularität wurden spezielle Organisationseinheiten gegründet, in deren Aufgabenbereich im wesentlichen die Vermarktung, Lizenzierung und Publikation fallen. Bei der NFL ist dies die NFL-Properties, die 1993 einen Umsatz von 2,3 Mrd. USD verbuchen konnte. Bei der National Basketball Association sind hierfür die "NBA Properties" und "NBA Entertainment" als Fachabteilungen zuständig, vgl. J. Plassmann, NFL, S. 202 f.; ders., NBA, S. 240 ff. 58 Art. VIII, 8.9 NFL Const. (1988). 59 Hierdurch unterscheidet er sich freilich durch einen "gewöhnlichen" Geschäftsführer einer "corporation" i.S. einer herkömmlichen Gesellschaft, G. Lentze, Marq. Sports L.J. 6/1995, 65 (72). 60

Art. VIII, 8.13 NFL Const. (1988).

110

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

ten innerhalb der Liga zu schlichten. 61 Ausgenommen hiervon sind die sich unmittelbar aus dem Tarifvertrag ergebenden schiedsrichterlichen Verfahren hinsichtlich der "salary arbitration"62 und der "grievance arbitration",63 deren Ausschüsse durch die "National Football League Player Association" und den "National Football League Management Council" bestimmt werden. 64 11. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Klubs und den Spielern Die wesentlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Klubs und den Spielern sind geprägt von einem in das Regelungsgefüge der Tarifverträge der Liga eingebetteten65 standardisierten Vertrag ("standard player contract"), zu dessen einheitlicher Verwendung sich die Klubs tarifvertraglich verpflichten. 66 Der Situation im deutschen Lizenzfußball vergleichbar,67 wird dieser als Arbeitsvertrag zu kennzeichnende Kontrakt zwischen den Klubs als Arbeitgeber und den Spielern - i.d.R. vertreten durch sog. "agents" - 68 als Arbeitnehmer abgeschlossen.69 In ihm werden die vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien verbindlich geregelt. Inhaltlich sieht der Standardvertrag der NFL folgendes vor: Gegen Zahlung einer ausgehandelten (Jahres-)Vergütung verpflichtet sich der bei dem Klub angestellte Athlet, seine sportliche Leistungsfähigkeit1° so-

61 Vgl. Art. VIII, 8.3 NFL Const. (1988). Unter Hinweis auf seine Multifunktionen und die damit möglichen Interessenkonflikte kritisch WeistartlLowell, Sports, S. 440 ff. m.w.N. 62 Vgl. Art. XXXVIII Abs. 5 i.V.m. Art. IX NFL CBA 1993. 63 Vgl. Art. IX und X NFL CBA 1993. 64 Vgl. Art IX Abs. 6 NFL CBA 1993. 65 Vgl. Appendix C NFL CBA 1993; Exhibit 1 NHL CBA 1995. 66 "The NFL Player Contract form attached hereto as Appendix C will be used for all player signings.", vgl. Art. XIV NFL CBA 1993.

67 Siehe oben § 1 III 2. 68 Zur Repräsentation der Spieler durch "agents" im Rahmen der Vertragsverhandlungen vgl. näher S. J. Barlett, Marq. Sports L.J. 4/1993, 1 ff.; D. B. Falk, Marq. Sports L.J. 3/1992,1 ff.; G. Cohen, Marq. Sports L.J. 4/1993,149 ff. 69 Vgl. § 2 S. 1 "NFL Player Contract": "Club employs Player as a skilled football player." Als Arbeitnehmer gelten gern. § 2 Abs. 3 NLRA alle Personen, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung verpflichtet sind. Vgl. insbesondere zu den Rechten der Arbeitnehmer C. McClure, Arbeitnehmer in den USA, S. 41 ff. 70 "The Player agrees to give his services and to play hockey in all League Championship, ( ... ).", vgl. § 2 NHL Standard Player's Contract.

11. Die rechtlichen Beziehungen

111

wie seinen Namen und sein Bild dem Klub resp. der Liga uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen.1 1 Darüber hinaus verpflichtet er sich, alles zu unterlassen, was dem Ziel des Vertrages zuwiderlaufen kann. Dazu zählen insbesondere Aktivitäten, die gesundheitliche Gefahren in sich bergen. Wie jeder Arbeitsvertrag enthalten die Standardverträge Regelungen über Krankheit, Laufzeit und Kündigung. Trotz kollektiven AushandeIns des Standardvertrages sind ModifIkationen nicht ausgeschlossen, um Spielraum für Verhandlungen hinsichtlich der individuellen Bedürfnisse der Parteien zu gewährleisten. Sie unterliegen jedoch der Schriftform und müssen zum Gegenstand des Arbeitsvertrages gemacht werden. 72 Ihre Wirksamkeit wie die des Vertrages überhaupt hängt des weiteren von der Zustimmung des "Commissioners" ab,13 der die Vereinbarungen auf ihre Vereinbarkeit mit den tarifvertraglichen und satzungsrechtlichen Direktiven hin überprüft.1 4 Einen individuellen Gestaltungsspielraum bieten die Standardverträge im wesentlichen hinsichtlich folgender Punkte: Laufzeit des Vertrages ("term" oder "lenghts of contract"),75 Gehälter ("salary" oder "compensation") im Rahmen der u.V. im Tarifvertrag festgelegten Obergrenzen ("salary cap"), Bonuszahlungen ("bonuses"), Abtretbarkeit bzw. Übertragbarkeit des Vertrages ("assignability of contracts" oder "no-trade clause")16 sowie Regelungen für den Krankheitsfall und seine Folgen ("special injury protection provisions"). Eine besondere Stellung nimmt die sog. "option clause" ein. Hierbei handelt es sich um eine einseitige, der Regelung des § 11

71 Vgl. § 4 lit. a NFL Player Contract: "Player grants to Club and the League, seperately and together, the authority to use his name and picture for publicity and the promotion of NFL Football, the League or any of its member clubs in newspaper, magazines, motion pictures ( ... )." Siehe auch § 18 lit. a NBA Uniform Player Contract: "The player agrees to allow the Club or the Association to take pictures of the Player, alone or together with others, for still photographs, motion pictures or television ( ... )." 72

Vgl. z.B. § 21 NFL Player Contract.

73 Vgl. z.B. Art. 11.1. lit. b NHL CBA 1995. 74

Vgl. hierzu G. Lentze, Marq. Sports L.J. 6/1995, 65 (74).

75 Die Laufzeit eines Vertrages in der NFL beträgt mindestens eine Spielzeit, vgl.

§ 1 NFL CBA 1993. Die meisten Verträge in der NFL werden sukzessive um jeweils ein Jahr verlängert. Das hat seinen Grund darin, daß die Klubs für den Fall, daß der Spieler sich verletzt, keine langwierigen Gehaltsfortzahlungen leisten müssen, vgl. hierzu M. J. Greenberg, Sports Law, S. 297 ff.

76 Vorbehaltlich anderweitiger Regelungen, etwa im Tarifvertrag, dürfen die Klubs danach die Dienste der Spieler an einen anderen Klub oder dem Nachfolger gegen Zuweisung von "draft picks" oder Austausch eines anderen Spielers abtreten, vgl. § 17 NFL Player Contract, § 11 NHL Standard Player's Contract, vgl. hierzu auch R. C. Berry, in: Uberstine (Hrsg.), Law ofProfessional and Amateur Sports, Vol. 1, § 4.02[4).

112

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

des DFB-Musterarbeitsvertrages77 ähnelnde Option des Klubs, den Spieler nach Ablauf des Vertrages zu einem festgelegten Gehalt um ein weiteres Jahr zu binden. Sie beschränkt die Spieler in ihrer freien Wahl, den Klub nach Ablauf ihres Vertrages wechseln zu können. Entsprechend war die Regelung in der Vergangenheit oftmals Gegenstand kartellrechtlicher Gerichtsverfahren, so daß Art. XV NFL CBA 1993 nunmehr vorschreibt, daß mit Wirksamwerden des Tarifvertrages noch bestehende "option clauses" nicht weiter fortgelten sollen. III. Die Besonderheiten in den anderen Ligen

Sowohl die "National Basketball Association"78 als auch die "National Hockey League"79 weisen im wesentlichen vergleichbare Rechts- und Organisationsstrukturen auf wie die NFL. Insoweit kann überwiegend auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Danach sind sie ebenso wie die NFL als "joint venture" organisierte Untemehmen80 mit begrenzter Mitgliedschaft von Sportuntemehmen, die mit Lizenzen ("franchises")81 für den Spielbetrieb ausgestattet sind. 82 Zentrale Entscheidungsorgane sind wie in der NFL zum einen der "Commissioner" und zum anderen der "Board of Govemors", ein Gremium, bestehend aus den Repräsentanten der Mitgliederklubs. 83 Dieser "Board of Govemors" entscheidet im Rahmen seiner Zuständigkeit überwiegend mit Dreiviertelmehrheit. Wie auch in der NFL obliegt aber die eigentliche Geschäftsführung dem "Commissioner". Er trifft die wesentlichen Entscheidungen, wenn es um die Repräsentation der Liga, die Ausarbeitung des Tarif-

77

Siehe hierzu oben § 3 III 5d.

78 Im folgenden NBA. Zur NBA vgl. ausführlich A. Klingmüller, NBA, 1998. 79 Im folgenden NHL. 80 Chicago Professional Sports Ltd. Partnership v. NBA, 961 F.2d 667, 672 f.

(7th

Cir. 1992); NBA v. Williams, 45 F.3d 684,685 (2nd Cir. 1995); vgl. auch M. T. Doyle, Computer & High Tech. LJ. 11/1995,403 (404).

81 Die NBA hat für die Saison 1996/97 zwei weitere "franchises" vergeben. Für das Recht, ein NBA-Team zu gründen, mußten die Klubeigner je 125 Mio. USD an die NBA zahlen. 1987 kostete der Eintritt in den exklusiven Zirkel "lediglich" 32 Mio. USD. Wie in der NFL können auch die NBA-Teams einen enormen Wertzuwachs verzeichnen. Während Anfang der achtziger Jahre sämtliche Teams der NBA einen Kaufwert von 250 Mio. USD hatten, stieg dieser bis Mitte der neunziger Jahre auf 5 Mrd. USD an, vgl. FAZ v. 21.10.1996, S. 38. 82 Art. 7, 9 NBA Const.; Art. 3, 4 NHL Const. 83 Art. 18 NBA Const.; Art. 5 NHL Const.

IV. Die Tarifverträge ("collective bargaining agreements")

113

vertrages, die Entwicklung von Marktstrategien und um die Ausarbeitung und Umsetzung von Beschlüssen geht.

IV. Die Tarifverträge ("collective bargaining agreements")84 der amerikanischen Profi-Ligen und ihre Beteiligten 1. Allgemeine Rechtsnatur von Tarifverträgen unter Beachtung des Amerikanischen Gesetzes betr. die Arbeitsbeziehungen ("National Labor Relations Act")

Es kann nicht die Aufgabe dieser Untersuchung sein, den Tarifvertrag im amerikanischen Recht und die hierzu zahlreich vertretenen arbeitsrechtlichen Theorien85 darzustellen. Die vorliegende Untersuchung soll sich vielmehr darauf beschränken, die tarifvertraglichen Auseinandersetzungen, deren Abschlüsse und Inhalte unter Berücksichtigung des die Kollektivarbeitsbeziehungen regelnden "National Labor Relations Act" im Hinblick auf die in den amerikanischen Profi-Ligen existenten Regelungen und Praktiken einschließlich der Transfermechanismen zu beleuchten. Im amerikanischen Recht versteht man im allgemeinen unter einem Tarifvertrag - dem deutschen Recht vergleichbar86 - einen schriftlichen Kollektivvertrag zwischen tariffähigen Parteien zur Regelung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Er ist das Ergebnis von Tarifverhandlungen ("collective bargaining") zwischen einer Gewerkschaft als einer kollektiven Einheit und einer Arbeitgeberorganisation eines bestimmten Industriezweiges zwecks Vereinbarung von Löhnen, Arbeitszeiten und anderen Beschäftigungsbedingungen. 87 Die hierdurch begründeten Rechtsbeziehungen zwischen den Spielergewerkschaften und den Ligen als Arbeitgeberorganisationen werden überlagert von dem arbeitsrechtlich kodifizierten "National Labor Relations Act"88 aus

84 Im folgenden "CBA". In arbeitsrechtlicher Hinsicht besteht in der deutschen Literatur Uneinigkeit über die richtige Übersetzung des Begriffs. CBA wird teilweise mit "Gesamtarbeitsvertrag", "Tarifvertrag" oder "Kollektivvereinbarung" übersetzt; vgl. hierzu A. Kamphenkel, Betriebsstillegungen, S. 35 m.w.N. 85 Vgl. in Übersicht bei P. Gassner, Kollektivmacht, S. 11 ff. m.w.N. 86 C. McClure, Arbeitnehmer in den USA, S. 102 ff.; vgl. auch J. I. Case Comp. v. NLRB, 312 U.S. 332 (1944).

87 So Yasser/McCurdy/Goplerud, Sports, S. 183. 88 Im folgenden NLRA. K Trommcr

114

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

der Ära Roosevelt89 , der 1935 vom Kongreß verabschiedet wurde. 90 Nach seinem Hauptinitiator benannt, trägt er dem juristischen Sprachgebrauch in den Vereinigten Staaten entsprechend die Bezeichnung "Wagner Act". Er ist einer der tragenden Säulen des bundesrechtlich91 kodifizierten Arbeitsrechts und wird demnach auch "Magna Charta der Arbeitsgesetzgebung" genannt.92 Intention des Gesetzes war die Anerkennung der Gewerkschaften zur Stärkung der Gewerkschaftsbewegung und die Sicherung der Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer.93 Er garantiert Arbeitnehmern "das Recht, sich zusammenzuschließen, Gewerkschaften zu bilden, ihnen beizutreten oder sie zu unterstützen, durch Vertreter ihrer eigenen Wahl kollektiv zu verhandeln und zum Zwecke kollektiver Verhandlungen oder gegenseitiger Hilfe oder gegenseitigen Schutzes gemeinschaftlich zu handeln ( ... )".94 Vor diesem Hintergrund bezeichnet man Tarifverhandlungen ("collective bargaining") als einen bilateralen Prozeß zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber unter dem Schutz des NLRA.95 Bei der Aushandlung und Einigung der Tarifverträge steht die Frage im Vordergrund, welche Regelungsinhalte Gegenstand des kollektiven Arbeitsvertrages werden sollen. Im Hinblick darauf werden die Tarifregelungen in zwei Kategorien, nämlich in zwingende ("mandatory") und fakultative ("permissive subjects of bargaining") eingeteilt.96 Als zwingende Tarifregelungen definiert der NLRA "Lohn- und Arbeitszeitregelungen und andere Arbeitsbe-

89 Vgl. die Präambel des NFL CBA 1993: "This Agreement, which is the product of bona fide, arm's-Ienghts collective bargaining, is made and entered into on the 6th day of March, 1993, in accordance with the provisions of the National Labor Relations Act,

( ... )." 90

29 U.S.c. §§ 141-187.

91 Anders als das bundesdeutsche ist das amerikanische Arbeitsrecht sowohl landesrechtlich als auch bundesrechtlich kodifiziert. Insoweit konstituiert Art. 6 Abs. 2 der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika durch die "supremacy"-Klausel eine Subsidiarität dergestalt, daß das Kollektivarbeitsrecht der einzelnen Bundesstaaten nur dann zum Tragen kommt, wenn Bundesgesetze die zu beantwortende Frage nicht abschließend regeln, vgl. hierzu A. Kamphenkel, Betriebsstillegungen, S. 32 ff. 92

Vgl. E. Kröller, Arbeitsmarkt, S. 71.

93 Gern. § 2 Abs. 3 NLRA sind Arbeitnehmer grds. alle Personen, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung verpflichtet sind. Vgl. zu den Rechten der Arbeitnehmer umfassend C. McClure, Arbeitnehmer in den USA, S. 41 ff.

94

Vgl. § 7 NLRA, 29 U.S.C. § 157.

95 Vgl. Brown v. Pro Football, Inc., 50 F.3d 1041, 1051 (D.C. Cir. 1995). 96

WeistartlLowell, Sports, S. 813.

IV. Die Tarifverträge ("collective bargaining agreements")

115

dingungen",97 während die fakultativen solche Regelungen betreffen, die auf freiwilliger Basis vereinbart werden. 98 Hinsichtlich der fakultativen Tarifregelungen können die Verhandlungsparteien zwar Vorschläge unterbreiten, ein Anspruch auf Einigung besteht indes nicht. Sind die Tarifparteien einmal in Tarifverhandlungen eingetreten, so trifft sie nach § 8 lit. a, d NLRA die Verpflichtung, über die zwingenden Arbeitsbedingungen bona tide i.S.v. "good faith"99 zu verhandeln. lOo Diese Pflicht, Kollektivverhandlungen zu führen, drückt sich aus in regelmäßigen Treffen zu angemessenen Zeiten und in dem Willen, zur Einigung über Löhne, Arbeitszeiten und andere Beschäftigungsbedingungen zu kommen. lol Verstöße gegen diese Pflicht können als unlautere Verhaltensweisen lO2 ("unfair labor practices") von dem zur Durchführung des NLRA beauftragten "National Labor Relations Board"103 getadelt werden. Als unabhängige Bundesbehörde hat er die Aufgabe, die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen und ein durch das NLRA legitimiertes Handeln der Arbeitgeber und Gewerkschaften zu gewährleisten und zu überwachen. 104 Hierzu ist der Board mit quasi-richterlichen Befugnissen ausgestattet lO5 und kann daher unter

97 Vgl. § 8 lit. (d) NLRA, 29 U.S.C. § 158. 98

Berry/Gould NIStaudohnr, Labor Relations, S. 32.

99 Eine wörtliche Übersetzung von "good faith" in "Treu und Glauben" bzw. "gutgläubig" wird zu Recht von A. Kamphenkel, Betriebsstillegungen, S.38 m.w.N., unter Hinweis auf deren Verwendung im deutschen Rechtssystem im Rahmen eines vollständig anderen Rechtsproblems verneint. 100 Vgl. NBA v. Williams, 45 F.3d 684 (2nd Cir. 1995); Brown v. Pro Football, Inc., 50 F.3d 1041, 1051 (D.C. Cir. 1995).

101 Vgl. § 8 lit. d NLRA: "To bargain collectively is the performance of the mutual obligation of the employer and the representative of the employees to meet at reasonable times and confer in good faith with respect to waiges, hours, and other terms of conditions of employment, or any question arising thereunder, and the execution of a written contract incorporating any agreement reached if requested by either party but such obligation does not compel either party to agree to a proposal or require the making of a concession." 102 § 8 lit. a, b NLRA. Zur Übersetzung vgl. näher A. Kamphenkel, Betriebsstillegungen, S. 36 ff. m.w.N.; vgl. hierzu im übrigen WeistartlLowell, Sports, S. 803 ff. 103 Im folgenden NLRB. 104 Sachlich zuständig ist der NLRB dann, wenn das Bundesarbeitsrecht betroffen ist. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitskonflikt den Handel zwischen den einzelnen Bundesstaaten und damit die verfassungsrechtlich verankerte Bundesregelungsmaterie der "Commerce Clause" nach Art. I Sec. 8 Clause 3 der amerikanischen Verfassung tangiert. Vgl näher bei K. Biedenkopf, Gewerkschaft, S. 188 f. s*

116

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

Zugrundelegung eines umfangreichen Fallrechtes im Wege eines gerichtsähnlichen Verfahrens über Einzelfragen im Lichte des NLRA entscheiden. 106 Die Befugnis des NLRB zur Verhinderung resp. Verfolgung von unlauteren Arbeitskampfmethoden und deren Ahndung kann auch grds. nicht durch im Tarifvertrag kollektiv installierte Schiedsgerichte eingeschränkt werden. 107 Der NLRB bleibt selbst dann zur letztendlichen Entscheidung befugt, wenn die streitenden Parteien ihr Schiedsverfahren beendet haben und ein Schiedsurteil ergangen ist. Allerdings übt der NLRB in solchen Fällen Zurückhaltung, wenn die Parteien übereinstimmend ein solches Schiedsverfahren durchlaufen haben und das Urteil den Vorgaben des NLRA entspricht. 108

2. Sportgeschichtliche EntwickJung der Tarifverträge und deren Bedeutung im Sport

Heutzutage bestehen keine Zweifel, daß die Tarifvertragsbeziehungen zwischen den Sportgewerkschaften und den Ligen im amerikanische Profis port unter den Schutz des NLRA fallen. I09 In ihrer Eigenschaft als ausschließliche tariffähige Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmervertretung llO haben sie in der Vergangenheit entsprechend zahlreiche Tarifverträge geschlossen. Doch Tarifverhandlungen allgemein stellen einen relativ neuen Prozeß in der Welt des Sports dar. Erst im Laufe der Zeit, als sich in den fünfziger Jahren die Spieler der

105 WeilerlRoberts, Sports, S. 207. Zu den Kompetenzen des NLRB vgl. näher bei M.J. Greenberg, Sports Law, S. 76 f.; YasserlMcCurdylGoplerud, Sports, S.184.; BerrylGould lV/Staudohar, Labor Relations, S. 33. 106 Vgl. Powell v. NFL, 930 F.2d 1293, 1305 (8th Cir. 1989); ferner K. BiedenkopJ, Gewerkschaft, S. 188 ff. 107 Vgl. § 10 lit. a NLRA: " ... shall not be affected by any other means of adjustment or prevention that has been or may be established by agreement, law, or otherwise." 108

M. J. Greenberg, Sport Law, S. 77 f.

109 Zur historischen Entwicklung der Tarifbeziehungen im amerikanischen Sport vgl. E. Lock, Duke LJ. 1989,339 (359 ff.). 110 Vgl. die Präambel des NFL Collective Bargaining Agreement 1993: "This agreement ( ... ) is made by and between the National Football League Management Council ['Management Council' or 'NFLMC'], which is recognized as the sole and exclusive bargaining representative of present and future employer member Clubs of the National Football League ['NFL' or 'League'], and the National Football League Players Association ['NFLPA'], which is recognized as the sole and exclusive bargaining representative of present and future employee players in the NFL in a bargaining unit

( ... )."

IV. Die Tarifverträge ("collective bargaining agreements")

117

einzelnen Ligen zu Spielergewerkschaften zusammenschlossen, wurden die Arbeitsbeziehungen zwischen den Klubeignern und den Spielern durch Tarifverträge verbindlich geregelt.

a) Die Spielergewerkschaften ("player associations") Bis zu den ersten Tarifverhandlungen war es indes für die Spieler ein zäher Kampf, sich zunächst einmal gewerkschaftlich organisieren zu können. Sie hatten seit jeher gegen den Widerstand der allmächtigen Klubeigner zu kämpfen, die stets darauf bedacht waren, insgesamt die Einflußnahme der Athleten zu beschränken. Dahinter stand freilich der Gedanke, auf diesem Wege die Lohnkosten kontrollieren und die Wechselbestrebungen eindämmen zu können. Doch schon sehr früh zeigten die Spieler Solidarität, wenn es darum ging, von der Liga bzw. den Klubeignern unterdrückte Spielerinteressen durchzusetzen. Bereits im 19. Jahrhundert gründeten sie Spielervereinigungen in verschiedensten Variationen, deren Aktivitäten allerdings durchweg von kurzlebiger Dauer waren. 111 Dies änderte sich erst in den fünfziger Jahren, als im Rahmen der allgemeinen Konsolidierung der wichtigsten Sportligen eine Reihe von Aktiven begann, sich mit der Idee einer Spielervertretung zu befassen. Die erste Gewerkschaft, die "Major League Players Association", wurde 1954 gegründet, gefolgt von der "National Football League Players Association"112, die sich 1956 konstituierte. Die "National Basketball Association Players Association"l13 und die "National Hockey League Players Association" 114 folgten dem Trend 1962 bzw. 1967. Eine förmliche Anerkennung durch den NLRB war damit aber noch nicht erreicht. Der NLRB zögerte noch mit seiner Ent-

111 Bereits 1885 konstituierte sich die "National Brotherhood of Baseball Players" als geheime Organisation, um ein Jahr später, letztendlich erfolglos, die von den Klubeignern einseitig auferlegten Gehaltsobergrenzen anzufechten. Nachfolgeorganisationen wie die "League of Protective Players" (1899-1902), die "Fraternity of Professional Players of America" (1912-1918) und die "American Baseball Guild" (1946) bildeten ebenfalls nur kurze Erscheinungen in der damaligen Sportlandschaft, vgl. hierzu Berry/ Gould N/Staudohar, Labor Relations, S. 51 f.; R. C. Berry, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. I, § 4.01 [1]. 112 Im folgenden NFLPA. Zur Geschichte der NFLPA vgl. L. S. Sobel, Professional Sports, S. 275 ff.; Berry/Gould N/Staudohar, Labor Relations, S. 96 ff. l13 Im folgenden NBAPA. 114 Im folgenden NHLPA. Wesentliches Entscheidungsorgan der Gewerkschaft ist der "Wxecutive Board", der aus Spielervertretern eines jeden Klubs besteht. Hinzu kommt ein "Executive Committee", das aus'fünf NHL Spielern besteht, die als "Officer" fungieren, vgl. L. S. Sobel, Professional Sports, S. 274 f.

118

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

scheidung, die sich konstituierenden Interessenvertretungen der Spieler als Gewerkschaft und damit als Arbeitnehmervertretung für Tarifverhandlungen unter den Schutz des NLRA zu stellen. Grund für diese Zurückhaltung war die Tatsache, daß der NLRA erst dann Anwendung findet, wenn gewerkschaftliche Aktivitäten eines entsprechenden Industriezweiges den bundesrechtlich geregelten "interstate commerce" tangieren. 115 Geprägt war diese Haltung vor allem von der nach wie vor umstrittenen Rechtsprechung des "Supreme Court", der in den 20er Jahren den Baseball-Sport als eine Anomalie betrachtet hatte, die nicht unter "business" oder "interstate commerce" zu subsumieren sei. Dort stünden nicht produktbezogene Leistungen im Vordergrund, die den Handel zwischen den (Bundes-)Staaten beeinträchtigen würden. 116 Vor diesem Hintergrund befreite der "Supreme Court" den Baseball-Sport vom Anwendungsbereich des amerikanischen Kartellrechts. Erst 1969 entschloß sich der NLRB im Rahmen seiner unabhängigen Entscheidungskompetenz, den Baseball-Sport als einen Industriezweig zu betrachten, der sehr wohl den "interstate commerce" tangiere und somit unter den Anwendungsbereich des NLRA zu subsumieren sei. ll7 Ein entsprechendes Bekenntnis gab der "Board" dann auch hinsichtlich des Footballs ab. 118 Die Rechtsprechung paßte sich dieser Betrachtungsweise in bezug auf alle Team-Sportarten mit Ausnahme des Baseballs an. 119 Im Zuge dieser Entwicklung wurden die einzelnen bereits vorher gegründeten Gewerkschaften sodann als tariffähige Arbeitnehmervertretungen ("bargaining representatives") anerkannt. Für die Arbeitsbeziehungen im Profisport brach nunmehr eine neue Ära an. 120 Auf der Seite der Akteure standen nunmehr funktionsfähige Gewerkschaften, die schon in den ersten Tarifverträgen den Klubeignern gewichtige Zugeständnisse hinsichtlich eines garantierten Mindestlohns, einer Pensionsregelung sowie einer Gehaltsfortzahlung und Kostenübernahme bei Verletzungen abringen konnten. In der Folgezeit verstanden es die Gewerkschaften, sich zunehmend zu etablieren. Schließlich entwickelten sie sich bis heute zu einer gegengewichtigen Marktmacht, 121 die auf dem

115

NLRB v. Fainblatt, 306 V.S. 601, 607 (1939).

Federal Baseball Club of Baltimore; Inc. v. Nat.League of Prof. Baseball Clubs, 259 V.S. 200,209 (1922). 116 117

180N.L.R.B.189, 192 f. (1969).

118

203 N.L.R.B. 165 (1973).

119 Vgl. Flood v. Kuhn, 407 V.S. 258, 282 (1972); Haywood v. NBA, 401 V.S. 1204 (1971); Philadelphia World Hockey Club, Ine. v. Philadelphia Hockey Club, Ine., 351 F. Supp. 462 (E.D. Pa. 1972). 120

W. T. Championjr., Sports Law, S. 435 ff.; WeistartlLowell, Sports, S. 778.

121

So J. K. Galbraith, American Capitalism, S. 118.

IV. Die Tarifverträge ("collective bargaining agreements")

119

Spielermarkt durch Verhandlungen, Streiks und Musterprozesse zahlreiche, ursprünglich den Spielern einseitig auferlegte Restriktionen entschärfen konnte. 122 b) Die Tarifverträge in den amerikanischen Profi-Ligen

Diese Entwicklung der Gewerkschaften brachte für die bedeutenden TeamSportarten grundlegende Änderungen mit sich. Die Arbeitsbedingungen der Akteure wurden von nun an im Wege tarifvertraglicher Beziehungen ausgehandelt und durchgeführte Arbeitskampfmethoden mußten sich an den Vorschriften des NLRA messen lassen können. 123 Die ersten Tarifabschlüsse folgten auf dem Fuße. Pionierdienst leisteten die NBA und die NBAPA, die bereits 1967 ihren ersten Tarifvertrag abschlossen. Die NFL und die NFLPA folgten dem Trend 1968. Die NHL paßte sich dieser Entwicklung erst später an. Erst 1975 konnten sich die NHL und die NHLPA über einen umfassenden Tarifvertrag einigen. Im Gegensatz zu den früher abgeschlossenen NFL-, NBA- und MLBTarifverträgen konnte indes dieser Tarifvertrag für sich in Anspruch nehmen, bereits weitere, bedeutende Vertragsregelungen hinsichtlich der Rekrutierung von College-Spielern ("college draft") , der Vertragsoptionen ("option clauses"), der freien Transfermöglichkeit der Spieler ("free agency") und der Entschädigungen für Spielertransfers ("free agent compensation") zu enthalten. Diese Regelungsgegenstände flossen erst später in die NFL-, NBA- und MLBTarifverträge ein. So schlossen die NHL seit ihrem ersten Tarifvertrag im Jahre 1975 bis heute weitere fünf, die NFL ebenfalls fünf,124 und die NBA zehn 125 Tarifverträge ab, um die Rahmenbedingungen für den Berufsstand des Spielers weitläufig festzulegen und stets neu zu definieren. 126 Obwohl die Regelungsstrukturen in allen bedeutenden Team-Sportarten durchweg vergleichbar sind, ist der Anwendungsbereich auf die jeweilige Sportart begrenzt. Die einzelnen Ligen schließen mit den Gewerkschaften jeweils separate Tarifverträge ab. Für den Industriezweig Profisport bestehen somit mehrere selbständige Kollektivverträge, was für die tarifvertragliche

122 Vgl. S. Pariasca, Kartelle, S. 167. 123 Vgl. hierzu WeistartlLowell, Sports, S. 778 ff. 124 Vgl. die Übersicht bei G. A. Uberstine, in: ders. (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 1, § 6.02[2]. 125 Dazu im Überblick M. T. Doyle, Computer & High Tech. LJ. 1111995, 403

(404 f.). 126

M. J. Greenberg, Sports Law, S. 24.

120

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

Landschaft in den Vereinigten Staaten einzigartig ist. 127 Einzigartig ist ebenfalls, daß das individuelle Gehalt des einzelnen Spielers aus den tarifvertraglichen Einigungen ausgenommen ist. Zwar werden, wie noch zu zeigen sein wird, im Rahmen der tarifvertraglichen Einigungen überwiegend Obergrenzen für Spielergehälter ("salary cap") festgelegt. Die individuellen Gehälter sind jedoch Gegenstand der einzelnen arbeitsvertraglichen Verhandlungen zwischen Spieler und Klub. Die Bedeutung und Brisanz dieser Umstände wird im Laufe der Untersuchung offensichtlich. Produkt der Tarifverhandlungen ist schließlich ein verbindliches Vertragswerk, das im gegenseitigen Einverständnis den Umfang der Beziehungen zwischen den Ligaklubs und den angestellten Berufsspielern ("players") auf kollektiver Basis definiert 128 und deren Rechte und Pflichten für die Laufzeit des Vertrages im weitesten Sinne festlegt. 129 Blickt man auf die nun seit dreißig Jahren andauernden tarifvertrag lichen Beziehungen in den Sportligen zurück, stellt man fest, daß im Mittelpunkt der widerstreitenden Interessen der beteiligten Tarifparteien im wesentlichen Fragen der "free agency" standen. Dieses Recht eines Spielers zum Klubwechsel ohne Einschränkung blieb bis heute Dauerstreitpunkt, wie die weiteren Ausführungen belegen werden. aa) Die NFL-Tarifverträge In der NFL handeln seit 1968 die NFLPA und das NFL-Management in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen die Rahmenbedingungen für den Berufsstand des NFL-Spielers aus. Resultat dieser regelmäßigen Konsultationen sind - einschließlich dem am 6. Mai 1993 in Kraft getretenen - insgesamt fünf Tarifverträge. Den ersten Tarifvertrag ("NFL CBA 1968"), dessen Wirksamkeit bis zum 1. Februar 1970 befristet war, schlossen die NFLPA und die Klubeigner am 15. Juli 1968. Über den zweiten Tarifvertrag ("NFL CBA 1971") einigten sich die Parteien am 17. Juli 1971; er lief am 30. Januar 1974 aus. Als die nachfolgenden Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag zu keinerlei Einigung führten, kam es zu den ersten Arbeitskämpfen. Die Spieler zogen in einen fünfwöchigen vorsaisonalen Streik. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung standen die Vorschriften über die "free agency", die damals durch die sog. "Rozelle Rule" geprägt waren. Danach war der Wechsel eines

127

Yasser/McCurdy/Goplerud, Sports, S. 184.

128

W. T. Championjr., Sports Law, S. 44.

129 Inwieweit sich aus dem Tarifvertrag ein Individualrecht des einzelnen Arbeitnehmers ableiten läßt, wird in der amerikanischen Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet; vgl. hierzu umfassend P. Gassner, Kollektivmacht, S. 11 ff.

IV. Die Tarifverträge ("collective bargaining agreements")

121

"free agent" zu einem anderen Team von der Zahlung einer Entschädigung ("compensation") an den bisherigen Klub abhängig, deren Höhe u.U. durch die Liga festgesetzt wurde. Der Streik selbst verlief für die Spieler fruchtlos, denn die Klubeigner erwiesen sich gegenüber der damals noch recht unprofessionell organisierten Gewerkschaft als überlegen. Unnachgiebig zogen die Spieler mit ihrer Forderung nach freier Transfermöglichkeit vor Gericht, und es kam zum ersten großen juristischen Machtkampf zwischen Spielern und der Liga. In dem berühmten Verfahren "Mackey"130 verklagten die Spieler die NFL wegen Verletzung geltenden Kartellrechts. Die Spieler obsiegten in beiden Instanzen; infolgedessen wurde die "Rozelle Rule" für rechtswidrig erklärt. Vor diesem Hintergrund kehrten die Parteien zurück zum Verhandlungstisch und schlossen am 1. März 1977 den dritten Tarifvertrag ("NFL CBA 1977"). Wichtigste Errungenschaft der Gewerkschaft war die Schaffung des sog. "Unrestricted Free Agent" als eines Spielertyps, der unter bestimmten Voraussetzungen den Klub ohne Einschränkungen verlassen konnte. Quasi als Ausgleich hierfür wurden die Systeme des ,,right of frrst refusal" und "draft choice compensation" in den neuen Tarifvertrag miteinbezogen, wonach den bisherigen Klubs bei Abgang eines Spielers wahlweise ein Optionsrecht zur befristeten Weiterbeschäftigung oder eine Entschädigungsleistung zustand. Doch auch diese neu ausgehandelten Bedingungen konnten die Spieler nicht zufrieden stellen. So wechselte im Zuge des NFL CBA 1977 lediglich ein Spieler den Klub, wo eine entsprechende Ausgleichszahlung fällig wurde. 13 I Mit entsprechenden Vorstellungen und Forderungen ging die Gewerkschaft nach Ablauf des NFL CBA 1977 in die neuen Tarifverhandlungen. Aus der Sicht der Gewerkschaft resp. der Spieler verliefen diese recht unergiebig, denn die Arbeitgeber lehnten weitere Zugeständnisse hinsichtlich der "free agency" kategorisch ab. Die Liga sollte in der Folgezeit auf eine harte Probe gestellt werden. Um ihrer Forderung nach einer uneingeschränkten Wechselmöglichkeit Nachdruck zu verleihen, zogen die Akteure während der Saison 1982/83 in einen Siebenundfünfzig-TageStreik. 132 Betroffen war nun erstmals der Spielbetrieb, infolgedessen sieben Spieltage abgesagt werden mußten. Doch auch diesmal verfügten die Klubeigner über den längeren Atem. Die Solidarität unter den Spielern wich, und der Streik mußte für beendet erklärt werden. Man einigte sich schließlich am 11. Dezember 1982 über den Abschluß eines neuen Fünfjahres-Tarifvertrages ("NFL CBA 1982"), dessen Regelungen die Parteien bis zum 31. August 1987

130 Mackey v. NFL, 407 F. Supp. 1000 (D. Minn. 1975); 543 F.2d 606 (8th Cir. 1976); vgl. hierzu ausführlich unten § 6 IV 2b und V 2. 131 Siehe bei R. C. Berry, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 1, § 4.02[3].

132 Vgl. hierzu ausführlich Berry/Gould N/Staudohar, Labor Relations, S. 123 ff.

122

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

binden sollte. Bis auf die Anhebung der für das Entstehen der "draft choice compensation" maßgeblichen Gehaltsgrenze des wechselnden Spielers brachte der neue Tarifvertrag keine wesentlichen Veränderungen in bezug auf den NFL CBA 1977 mit sich. Bis zum Abschluß des letzten und zugleich aktuellen Tarifvertrages ("NFL CBA 1993") sollten sechs Jahre vergehen, die von Arbeitsniederlegungen und zahlreichen Musterprozessen geprägt waren. Es ließ nämlich nicht lange auf sich warten, bis die Spieler nach Ablauf des NFL CBA 1982 erneut in den Streik zogen. Sie forderten unverändert vehement die Aufhebung sämtlicher Wechselrestriktionen. Vom Arbeitskampf betroffen war der Spielbetrieb der Saison 1987. Doch die Wirkung des eingeleiteten Vierundzwanzig-Tage-Streiks verpuffte schon bald, als die Klubeigner kurzerhand den Spielbetrieb mit Mannschaften fortführten, die aus rekrutierten Ersatzspielern zusammengestellt wurden. 133 Lediglich für einen Spieltag blieben die Stadien leer. Abermals wich die Solidarität unter den Spielern, und selbst Mega-Stars in der Szene wie Joe Montana 134 oder Lawrence Taylor l35 mußten einsehen, daß den allmächtigen Klubeignem auf diesem Wege kein Paroli geboten werden konnte. Sich dieser Tatsache bewußt, suchten die Spieler bzw. die Gewerkschaft ihr Heil auf der juristischen Ebene und leiteten in der Folgezeit weitere Musterprozesse l36 ein. Sämtliche Klagen stützten sich auf kartellrechtliche Bestimmungen, mit denen die z.T. seit Jahrzehnten angewandten Spielerrestriktionen unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten angefochten wurden. Obwohl die Gewerkschaft dabei respektable Erfolge erzielen konnte - einigen Spielern wurden z.T. horrende Schadensersatzleistungen wegen entgangener Gewinne zugesprochen -, \37 konnten die Transfersysteme der kartellrechtlichen Prüfung standhalten. Die z.T. langjährigen und enorm kostenaufwendigen Verfahren sollten die Streitlust der Beteiligten in der Folgezeit bremsen. Insbesondere die NFLPA sah sich angesichts zunehmender Vermarktungsinteressen in einem Konflikt. Eine effiziente Vermarktung konnte freilich nur in Kooperation mit

\33

Vgl. bei J. Plassmann, NFL, S. 211.

134 Viermaliger "Super Bowl"-Gewinner mit den "San Francisco 4gers" und einer der populärsten "Quarterbacks", der 1979 in der 3. Runde an 82. Stelle als CollegeSpieler der Notre Dame University rekrutiert wurde. 135 Berühmter "Linebacker" der "New York Giants", der zweimal (1986 und 1990) den "Super Bowl" gewinnen konnte und 1981 in der 1. Runde als 2. "Pick" als CollegeSpieler der University of Nort Carolina rekrutiert wurde. 136 Powell v. NFL, 678 F. Supp. 777 (D. Minn. 1988); 888 F.2d 559 (8th Cir. 1989); McNeil v. NFL, 764 F. Supp. 1351 (D. Minn. 1991); Brown v. Pro Football, 782 F. Supp. 125 (D.D.C. 1991). \37

McNeil v. NFL, 764 F. Supp. 1351 (D. Minn. 1991).

IV. Die Tarifverträge ("collective bargaining agreements")

123

der NFL verwirklicht werden. 138 Beide Parteien sahen sich daher veraniaßt, neue Tarifverhandlungen aufzunehmen. Ergebnis dieser Konsultationen war der fünfte und zugleich letzte Tarifvertrag ("NFL CBA 1993") in der NFL, über dessen Regelungsgehalt sich die Liga und NFLPA am 6. Mai 1993 einigten. Gern. Art. LVII Abs. 2 NFL CBA 1993 hat dieser eine Laufzeit bis zum 1. März 2000. Im Konflikt der widerstreitenden Interessen - dem Bestreben der Klubeigner nach Kontrolle der Lohnkosten und Reglementierung der Spielerwechsel einerseits und dem Interesse der Gewerkschaft resp. Spieler an einer Aufhebung sämtlicher finanzieller und transferrelevanter Restriktionen andererseits - wurde ein Komprorniß gefunden, dessen Inhalt auf einen Nenner gebracht wie folgt lautet: Den Spielern wird eine - an in der NFL absolvierte Spielzeiten ("accrued season") gekoppelte - abgestufte freie Wechselmöglichkeit zugestanden; 139 im Gegenzug wird aber eine budgetierte Obergrenze für die Summe aller Spielergehälter eines Klubs ("salary cap") eingeführt. Gezeichnet durch die turbulenten Aktionen der zurückliegenden Jahren vereinbarten die Tarifparteien weiterhin den Ausschluß von Arbeitskampfmethoden wie Streik ("no-strike-clause") und Aussperrungen sowie die Beschränkung von Klagemöglichkeiten gegen tarifvertraglich ausgehandelte Vereinbarungen. 14O

bb) Die NBA-Tarifverträge Seit Abschluß des ersten Tarifvertrages im Jahre 1967 handelten NBA und die NBAPA insgesamt zehn Tarifverträge aus. 141 Sämtliche Tarifverhandlungen waren, ähnlich denen der NFL, stets geprägt von widerstreitenden Interessen. Obwohl auch hier über die Voraussetzungen eines Spielers für einen Klubwechsel heftigst gestritten wurde, blieb die Regelung über die Höhe der Gehaltsobergrenzen besonders kontrovers. Das Gehaltsniveau der Spieler erreichte nämlich nicht zuletzt aufgrund der ansteigenden Popularität der NBA in den sechziger und siebziger Jahren für damalige Verhältnisse astronomische Höhen. Forciert wurde diese Entwicklung durch die permanenten Abwerbungsversuche der 1967 gegründeten Konkurrenzliga "American Basketball Association",142 die in Anbetracht finanzstarker Klubeigner um die Gunst der 138

J. Plassmann, NFL, S. 212.

139 Siehe unten § 5 III 2. 140 Vgl. Art. IV NFL CBA 1993. 141 Vgl. die Übersicht bei M. T. Doyle, Computer & High Tech. L.J. 1111995, 403 (404 f.); M. Hertz, Marq. Sports LJ. 5/1995, 251 (252 f.). 142 Im folgenden ABA.

124

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

attraktiven NBA-Spieler buhlte und die Gehaltsstrukturen der NBA aufbrach. Ermutigt durch diese lukrativen Offerten, bestanden die Profis daher vehement auf der Aufhebung sämtlicher Wechselrestriktionen. Der Interessenwiderstreit spitzte sich dramatisch zu, als die NBA zu Beginn der siebziger Jahre Interesse an einer Fusion mit der ABA signalisierte. Gegen eine solche Fusion sprach sich indes die NBAPA aus. Sie befürchtete neben dem Verlust von Arbeitsplätzen auch eine Verschlechterung ihrer Verhandlungs position und strengte in der Folgezeit eine Kartellklage gegen die beabsichtigte Fusion an. 143 Gleichzeitig wurden die seinerzeitigen Wechselinstrumentarien des "reserve system" sowie des "salary cap system" unter kartellrechtlichen Aspekten angefochten. Nach Jahren zäher Verhandlungen erließ Richter Robert L. Carter am 14. Februar 1975 zugunsten der Gewerkschaft eine Vorabentscheidung ("preliminary decision"), die für den weiteren Verlauf des Verfahrens und für die kommenden Tarifverträge von entscheidender Bedeutung sein sollte. Sowohl die beabsichtigte Fusion als auch das "reserve"- und "draft-system" seien nicht Gegenstände verbindlicher, gegenseitiger Kollektivverhandlungen zwischen den Klubeignern und den Gewerkschaften l44 und stünden daher nicht mit den kartellrechtlichen Anforderungen in Einklang. Schließlich wurde der Prozeß durch einen umfangreichen Vergleich, den sog. "Robertson Settlement Agreement", beigelegt, der für die nächsten zehn Jahre richtungsweisend sein sollte. Zwar konnte nunmehr die beabsichtigte Fusion erfolgen, jedoch mußte die NBA Modifikationen hinsichtlich des "draft" - und des "reserve-system" in Kauf nehmen, die in die Tarifverträge NBA CBA 1976 und NBA CBA 1980 einflossen. Nach Ablauf des NBA CBA 1980 startete die NFL sodann in die Saison 1982/83 ohne gültigen Tarifvertrag. Zu diesem Zeitpunkt litt die NBA noch unter den Folgen des Konkurrenzkampfes mit der ABAI45. Nicht wenige Klubs gerieten angesichts sinkender Zuschauerzahlen und TV -Einschaltquoten und des enormen Gehaltsniveaus in wirtschaftliche Schwierigkeiten. l46 Vor diesem Hintergrund war die Einführung einer "salary cap" unerläßlich, um einen finanziellen Zusammenbruch der Liga zu vermeiden. Nur auf diesem Wege konnte die Liquidität der Liga auf längerer Sicht gesichert und für eine sportli-

143 Vgl. Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867 (S.D.N.Y. 1975). 144 So führte Richter Carter in der Begründung aus: "I concIude at least tentatively since the record is not yet complete, that the reserve cIause, the player draft and the merger of a non-competition agreement are not mandatory subjects of collective bargaining.", vgl. 389 F. Supp. 867, 890 (S.D.N.Y. 1975). 145

T. Steinberg, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports,

146

D. Rothstein, U. Miami Ent. Sports L. Rev. 1l/l994, 251 (253).

Vol. 2, § 7.01 [1].

IV. Die Tarifverträge ("collective bargaining agreements")

125

che Ausgeglichenheit gesorgt werden. 147 Trotz zunächst heftigen Widerstands der Spieler installierten NBA und NBAPA sodann in dem 1983 geschlossenen NBA CBA 1983 erstmals die Einführung einer "salary cap", die das Gehaltsbudget eines Klubs limitierte. Als Ausgleich wurde den Spielern eine prozentuale Beteiligung an den Einnahmen aus dem Ticketverkauf sowie aus den Verträgen mit lokalen Fernseh- und Rundfunkstationen zugebilligt. Die "salary cap" sollte aber bis dato stets der umstrittenste Regelungspunkt im Rahmen der Tarifverhandlungen bleiben, schränkt er doch die Spieler hinsichtlich ihrer Möglichkeiten ein, ihren Marktwert frei auszuhandeln. 148 Jedenfalls floß diese Gehaltsregelung, wenn auch modifiziert,149 abermals in den am 1. November 1988 neu geschlossenen NBA CBA 1988 ein, der am 23. Juni 1994 auslief. Der Weg zum Abschluß des nunmehr aktuellen NBA CBA 1995 war gepflastert mit kontroversen tarifvertraglichen Auseinandersetzungen zwischen den Tarifparteien. Zu unterschiedlich waren die Vorstellungen der Parteien über die Rahmenbedingungen für den Berufsstand der Spieler. Als die Tarifverhandlungen - insbesondere über die kartellrelevanten Mechanismen der "draft", "free agency" und "salary cap" - in eine Sackgasse gerieten und die Spieler sich weigerten, bis zum förmlichen Ablauf des NBA CBA 1988 weiter zu verhandeln, starteten die NBA -Teams eine Gegenoffensive und erstritten eine gerichtliche Feststellung ("declaratory judgement") dahingehend, daß die umstrittenen Systeme seinerzeit geltendem Kartellrecht entsprächen. 150 Zur Aufnahme weiterer Verhandlungen aufgefordert, vereinbarten am 28. Oktober 1994 NBA und NBAPA ein "no-Iockout"- und "no-strike"-Abkommen, das im Endeffekt den NBA CBA 1988 bis zum Abschluß der Saison 1994/95 verlängerte. Die Saison endete schließlich ohne den Abschluß eines neuen Tarifvertrages. Die Klubeigner schlugen in der Folgezeit eine Anhebung der "salary cap" vor, was jedoch bei der Spielergewerkschaft keine Akzeptanz fand. Am 12. Juni 1995 drohten die Klubs erstmals mit einer Aussperrung,151 falls man 147 D. Rothstein, U. Miami Ent. Sports L. Rev. 11/1994,251 (252); Daspin D. A., Ind. LJ. 6211986, 95 (122).

148 Vgl. Bridgeman v. NBA, 675 F. Supp. 960 (D.N.J. 1987). Bei dieser Klage handelte es sich um eine sog. "class action", eine Gruppenklage mehrerer Spieler, die jedoch mit dem sog. "Bridgement Stipulation and Settlement Agreement" beigelegt wurde, in dem der NBA die weitere Durchführung einer modifizierten "salary cap" erlaubt wurde. Dieser Vergleich wurde zum Gegenstand des folgenden NBA CBA 1988 gemacht, vgl. bei M. Hertz, Marq. Sports L.J. 5/1995, 251 (254). 149 Siehe bei Yasser/McCurdy/Goplerud, Sports, S. 188. 150 Vgl. NBA v. Williams, 857 F. Supp, 1069 (S.D.N.Y. 1994); 45 F.3d 684 (2nd Cir. 1995). Siehe hierzu auch M. T. Doyle, Computer & High Tech. L.J. 1995,403 ff. 151 Zur Zulässigkeit von Aussperrungen vgl. American Ship Bldg. Co. v. NLRB, 380 U.S. 300, 310 f. (1962).

126

§ 4 Organisation und Rechtsnatur der amerikanischen Profi-Ligen

sich nicht bis zum Ende der "playoffs" 1995 einigen würde. Als die Spieler resp. die Gewerkschaft weitere Zugeständnisse ablehnten, ließen die Klubeigner auf ihre Drohung Taten folgen und sperrten am 1. Juli 1995 erstmals in der Geschichte der NBA die Akteure aus. Schließlich konnten sich NBA und NBAPA am 18. September 1995 über ein Vertragswerk einigen, das unter dem Motto steht: "free agency", also freie Wechselmöglichkeit des Spielers nach Ablauf seines Vertrages, unter Beibehaltung der "salary cap" und Anhebung der Beteiligung der Spieler an den Einnahmen. 152 Der NBA CBA 1995 hat eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2001. 153 cc) Die NHL-Tarifverträge Die tarifvertragliche Geschichte der NHL liest sich nicht ganz so dramatisch wie die der NFL oder die der NBA. Zwar kollidierten auch hier die unterschiedlichen Interessen zwischen der Gewerkschaft resp. den Spielern und den Klubeignern. Jedoch fand man i.d.R. trotz entgegenstehender Interessen im Rahmen tarifvertraglicher Verhandlungen recht schnell zu einem Konsens. So gelangte man beispielsweise entgegen aller Befürchtungen beim NHL CBA 1986 bereits nach vier Tagen Verhandlungen zu einer Einigung. 154 Wesentlich komplizierter stellten sich die Tarifverhandlungen zu dem nun aktuellen NHL CBA 1995 dar. Wie in der NBA sind auch in der NHL die Gehälter in den letzten Jahren dramatisch angestiegen. Auslöser dieser Entwicklung war ein Wechsel an der Gewerkschaftsspitze, die sich nun für eine Anpassung der Gehälter an die anderen Profi-Ligen einsetzte. 155 Vor diesem Hintergrund wurden die Stimmen der Klubeigner nach einer Gehaltsobergrenze immer lauter. Mit entsprechenden Zielvorgaben ging das NHL-Management in die Verhandlungen und stieß auf breite Ablehnung der Gewerkschaft. Die Liga drohte mit einer Aussperrung, wenn es nicht in Kürze zum Abschluß eines Tarifvertrages kommen würde, der sich an dem der NBA orientiere. In der Tat kam es in der Folgezeit zur ersten Aussperrung in der Geschichte der NHL, die bei sämtlichen Beteiligten Spuren hinterließ. Die Klubeigner verzeichneten aufgrund der verkürzten Saison Verluste in Millionenhöhe; die Spieler erlitten enorme Gehaltseinbußen. Erst nach über drei Monaten Aussperrung kamen die Parteien am 11. Januar 1995 zu einer Einigung, die zu folgendem Komprorniß führte:

152

Siehe im Überblick bei M. J. Greenberg, Supplement, S. 33 ff.

153

Art. XXXVIII Abs. I NBA CBA 1995.

154 R. C. Berry, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 1, § 4.02[3].

155

Vgl. bei S. J. Bartlett, Marq. Sports L.J. 411993, 1.

I. Die Rekrutierung von College-Nachwuchs spielern

127

Keine Obergrenze der Spielergehälter; lediglich für die Profi-Neulinge ("rookies") wurde ein Gehaltsmaximum eingeführt.

§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge Die in der Vergangenheit abgeschlossenen Tarifverträge der einzelnen Ligen weisen durchweg ähnliche Regelungsstrukturen auf. Hierfür ist sicherlich ein gewisser gegenseitiger Lemprozeß verantwortlich, in dem Entwicklungen und Tendenzen der doch im wesentlichen auf gleicher Basis funktionierenden Ligen jeweils für sich fruchtbar gemacht wurden. Neben allgemeinen Vorschriften betr. z.B. die Durchführung l56 , die Laufzeit l57 und die gegenseitige Anerkennung als ausschließliche Verhandlungspartner 158 enthalten die z.T. zweihundert Seiten starken Tarifverträge auch Regelungen über Drogenprogramme 159 , Rentenpläne l60 , Klubdisziplin l61 , Schiedsverfahren l62 , Arbeitskämpfe l63 und Spieleragenten. 164 Im folgenden soll sich die weitere Untersuchung auf diejenigen Regelungen beschränken, die im Hinblick auf die Transfennechanismen Relevanz erfahren.

I. Die Rekrutierung von College-Nachwuchsspielern ("college draft") 1. Einleitung

Bei der Rekrutierung ("draft") handelt es sich um ein alljährliches Auswahlverfahren im US-Sport, bei dem sich die Klubs mit den besten College-Spie-

156

Vgl. Art. 11 NFL CBA 1993.

157

Art. LVIII NFL CBA 1993, Art. 2 NHL CBA 1995.

158

Vgl. Art. 2 NHL CBA 1995.

159

"anti-drug prograrn", vgl. Art. XXXIII NBA CBA 1988.

160 "pension plan", vgl. Art. 21 NHL CBA 1995; "retirement plan", vgl. Art. XLVII NFL CBA 1993. 161

"club discipline", vgl. Art. VIII NFL CBA 1993.

"arbitration", vgl. Art. 17 NHL CBA 1995, Art. IX Abs. 6, X Abs. 7 NFL CBA 1993; Art. XXXI NBA CBA 1995. 162 163

Art. IV NFL CBA 1993, Art. 7 NHL CBA 1995.

164

Art. XXXV NBA CBA 1995, Art. VI NFL CBA 1993.

128

§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

lern aus den amerikanischen Universitäten, den sog. ,,rookies",165 verstärken. Rekrutiert werden dürfen nur Spieler, die bisher noch keinen Profi-Vertrag unterschrieben haben. 166 Die Reihenfolge dieser "Auktion" bemißt sich anhand eines komplizierten, ausgeklügelten Systems, das von Liga zu Liga differiert. Generell wählen die Klubs in umgekehrter Reihenfolge der Plazierung der abgelaufenen Saison aus dem Pool der Profianwärter, d.h. der Letztplazierte hat das erste Wahlrecht ("pick"), der "champ" der abgelaufenen Saison wählt zuletzt. Dieses Procedere wird je nach Liga mehrere Runden wiederholt. Sind also die entsprechend der Anzahl der mitwirkenden Klubs begehrten "first round picks" gewählt, beginnt der Klub mit dem Erstwahlrecht erneut, bis die "second round picks" komplett sind. 167 Dieses Auswahlverfahren wiederholt sich entsprechend in den veranschlagten Runden. Auf diesem Wege werden die College-Spieler auf die Teams der Ligen aufgeteilt, ohne daß sie selbst Einfluß nehmen können, bei welchem Team sie ihre Profikarriere starten. 168 Sind die Spieler einmal von einem Klub rekrutiert worden, gehen die Rechte an dem Spieler exklusiv auf diesen Klub über,169 d.h. der rekrutierte College-Spieler darf nur mit diesem Klub einen Vertrag schließen. Das den "rookie" wählende Team besitzt demnach ein exklusives Verhandlungsrecht mit dem Nachwuchsspieler. Diese "draft rights" sind handelbar und können demnach an andere Klubs im Rahmen von Spielertransaktionen abgetreten werden. 170 Die Motive hierfür können vielfältig sein. So kann z.B. ein Klub, um in den Genuß eines wertvollen "drafts" zu kommen, zwei niedrigere "picks" eintauschen. Umgekehrt kann auch ein Klub einen hohen "pick" gegen niedrigere "picks" eintauschen. 171 Es besteht auch die Möglichkeit, zugunsten eines hohen "picks" künftige "draft rights" abzutreten. Des weiteren kann ein "draft right" gekauft

165 Zum Sichtungsverfahren vgl. G. A. Uberstine, in: ders. (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 1, § 6.04[1]. 166 Die einzelnen Ligen haben z.T. unterschiedliche Zugangskriterien, vgl. beispielsweise für die NHL Art. 8.4. NHL CBA 1995. 167 Art. 8.2. NHL CBA 1995, Art. XVI Abs. 2 NFL CBA 1993. 168 J. D. Schneider, 64 S. Ca!. L. Rev. 1991,797 (801). 169 Vgl. Art. XVI Abs.3, 4 NFL CBA 1993, Art. 8.6. NHL CBA 1995, Art. X Abs. 3 lit. a NBA CBA 1995. 170 Vgl. Art. XVI Abs. 7 NFL CBA 1993, Art. 8.8. NHL CBA 1995, Art. X Abs. 7 NBA CBA 1995. 171 Ein solcher Handel würde sich folgendermaßen lesen: "The Dallas Cowboys used the No. 20 pick to select Kevin Pritchett, a defensive tackle from Mississippi State, then traded the rights to sign Pritchett to Detroit for the Lions' second, third- and fourthround pick.", vgl. bei S. Pariasca, Kartelle, S. 170.

I. Die Rekrutierung von College-Nachwuchsspielern

129

werden. l72 Diese mannigfaltigen Gestaltungsmöglichkeiten führen im Ergebnis dazu, daß die eigentlich vorgesehene Reihenfolge der "draft choice" in den seltensten Fällen eingehalten wird. 173 Eine weitere Besonderheit ist die Institution der "draft choice compensation". 174 Hierdurch werden unter komplizierten Regularien Klubs entschädigt, wenn ein "Restricted Free Agent" das Angebot eines anderen Klubs annimmt und zu diesem wechselt. Der frühere Klub erhält vom neuen Klub eine Entschädigung dergestalt, daß dieser künftige "draft rights" an den bisherigen Klub abtritt. 175 Die NBA sieht ein solches System nicht vor. Ebenfalls uneinheitlich wird die Gehaltsgestaltung der "rookies" gehandhabt. Während NFL und NHL eine Begrenzung der Eingangsgehälter l76 vorsehen, hat die NBA bislang hierauf verzichtet. 177 Erst in dem im September 1995 geschlossenen NBA CBA 1995 wurde eine Obergrenze für die Gehälter der ,,rookies" installiert. 178 Insgesamt betrachtet erfuhren die traditionellen "draft systems" in der Vergangenheit des öfteren Modifikationen. Forciert durch eingeleitete Musterprozesse l79 und den Druck liberal verfahrender Konkurrenzligen wie der ABA im Basketball oder der AFL resp. USFL im Football, die die Zugangsvoraussetzungen für erfolgshungrige College-Spieler lockerten, sahen sich die Klubeigner in der Folgezeit zu immer mehr Zugeständnissen gezwungen. Mit Blick auf weitgehend ähnliche Verfahrensregelungen soll stellvertretend für alle Ligen die NFL-"draft" näher beleuchtet werden.

172

Siehe hierzu WeistartlLowell, Sports, S. 504.

173

Vgl. ausführlich bei J. Plassmann, NFL, S. 233.

174 Vgl. Art. XVI Abs.2, 10, XVIII Abs. 2 NFL CBA 1993, Art. 8.3.,10.2. lit. a ii NHL CBA 1995, Art. lAbs. 2lit. q NFL CBA 1993, Art. I NHL CBA 1995. 175

Vgl. Art. XIX Abs. 2lit. b NFL CBA 1993.

176

Sog. "entering player pool", vgl. Art. XVII NFL CBA 1993, Art. 9.3. NHL CBA

1995. 177 So zahlen z.B. die "Milwaukee Bucks" dem Newcomer Glenn "Big Dog" Robinson ein Jahresgehalt von nicht weniger als 7,28 Mio. USD, vgl. US-Sport, 1/95, S. 68 f.

178

Siehe unten § 5 11 2.

179 Smith v. Pro-Football, Inc., 593 F.2d 1173 (D.C. Cir. 1978); Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867 (S.D.N.Y. 1975). 9 Trommcr

130

§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

2. Das gegenwärtige "draft system" der Ligen, dargestellt anhand der NFL-"draft"

Die "draft" in der NFL findet alljährlich im Frühjahr an zwei hektischen Tagen statt. Der genaue Tennin wird vom "Commissioner" bestimmt. Austragungsort war in den letzten Jahren das Marriot Marquis Hotel in New York City. Die "draft" besteht aus derzeit sieben Runden zuzüglich einer bestimmten Anzahl von "compensatory draft selections".180 Die jeweilige Wahl ist für den "ge-drafteten" Spieler bindend. Der Klub ist angehalten, dem gewählten Spieler einen Einjahresvertrag l81 mit einem im Tarifvertrag festgelegten Mindestgehalt l82 anzubieten. Zwar bleibt es dem Spieler frei, den angebotenen Vertrag anzunehmen; lehnt er aber die Offerte ab, behält der Klub weiterhin exklusiv die Rechte an ihm. 183 Diese Rechte können an einen anderen Klub abgetreten werden. 184 Läßt sich der Spieler von einem Team verpflichten, das nicht Mitglied der NFL ist, so verbleiben dem "draftenden" Klub die Rechte an dem Spieler für weitere drei Jahre. 185 Unterschreibt der Spieler bis zu einer bestimmten Frist keinen Vertrag, so ist ihm untersagt, in der NFL Football zu spielen. 186 Er kann sodann erst wieder im Rahmen einer neuen "draft" berücksichtigt werden. Wird ein College-Spieler in der "draft" nicht berücksichtigt, so darf er mit jedem Klub in Verhandlungen treten, ohne irgendwelchen Einschränkungen zu unterliegen. 187

11. Die Festlegung von Gehaltsobergrenzen ("salary cap") Die Festlegung oder Vereinbarung von Gehaltsobergrenzen ("salary cap") wurde in allen Profi-Ligen stets von kontroversen Diskussionen, Prozes-

180 Art. XVI Abs. 2 NFL CBA 1993. 181 Art. XVI Abs. 3 NFL CBA 1993. In der NHL hingegen werden die "rookies" je nach Eintrittsalter in die Liga für eine bestimmte Zeit an den Klub gebunden. So erhalten Spieler, deren Eingangsalter zwischen 18 und 21 Jahren liegt, einen DreijahresVertrag, während ein 24jähriger Spieler lediglich ein Jahr gebunden wird, vgl. Art. 9.1. lit. b. NHL CBA 1995. 182 Art. XVII NFL CBA 1993. 183 Art. XVI Abs. 4lit. b NFL CBA 1993. 184 Art. XVI Abs. 7 NFL CBA 1993. 185 Art. XVI Abs. 5lit. a NFL CBA 1993. 186 Art. XVI Abs. 4lit. c NFL CBA 1993. 187 Art. XVI Abs. 11 NFL CBA 1993.

11. Die Festlegung von Gehaltsobergrenzen ("salary cap")

131

sen 188 und massiven Arbeitskämpfen begleitet. Insoweit kollidierte das Interesse der Klubeigner an einer möglichst restriktiven Gehaltspolitik mit dem Bestreben der Akteure, ihren Marktwert möglichst frei aushandeln zu können. Auf diesem Wege wollten sie an dem wirtschaftlichen Profit des big business "Football" partizipieren. Sie sind es letztendlich, die mit ihren individuellen Leistungen ein Millionenpublikum zu begeistern und die Zuschauernachfrage zu steigern verstehen. Dieses Publikum ist bereit, für seine Stars und Teams jährlich Millionenbeträge auszugeben. Die Stadionkapazitäten sind von Spieltag zu Spieltag nahezu ausgelastet,189 und die Vennarktungserlöse erreichen astronomische Dimensionen. 190 Vor diesem Hintergrund stiegen im Zuge der wachsenden Popularität die Gehaltsansprüche der Akteure. 191 Zu welchen Folgen allerdings eine unkontrollierte Gehaltspolitik von Klubs führen kann, zeigte exemplarisch die NBA Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre. l92 Der Kampf um die begehrten Top-Spieler ließ das Gehaltsniveau derart ansteigen,193 daß die Etats diese Kostenexplosion z.T. nicht kompensieren konnten. Die Existenz der gesamten Liga war gefährdet. Vor diesem Hintergrund forderten die Klubeigner durchweg eine Limitierung der Personalausgaben, die sich dann schließlich in Fonn der "salary cap", wenn auch unterschiedlich ausgestaltet, in den wichtigsten Sportligen etablieren konnte. Lediglich der aktuelle Tarifvertrag der NHL sieht nur eine Gehaltsobergrenze für Profi-Neulinge vor. 194

188 Vgl. Wood v. NBA, 602 F. Supp. 525 (D.C.N.Y. 1984),809 F.2d 954 (2nd Cir. 1987); Bridgeman v. NBA, 675 F. Supp. 960 (D.NJ. 1987). 189 So ist beispielsweise das Stadion "Lambeau Field" der am Super Bowl XXXI teilnehmenden "Green Bay Packers" seit 36 Jahren bei jedem Heimspiel ausverkauft. Auf der Warteliste für Saison-Abonnements stehen derzeit 26.000 Personen, von denen 1996 gerade einmal 5 eine Dauerkarte zugesprochen wurde; vgl. FAZ v. 7.1.1997, S.20. 190 Allein aus dem Souvenirverkauf erzielte die NFL Einnahmen von ca. drei Mrd. USD, vgl. US-Sport 2/95, 77. 191 1994 betrug das durchschnittliche Gehalt eines NFL-Spielers 0,73 Mio. USD. Aber auch die Spieler anderer Profi-Ligen stehen dem in gar keiner Weise nach. So betrug das Durchschnittsgehalt eines NBA-Spielers 1994 gar 1,38 Mio. USD, das eines Baseball-Spielers 1,2 Mio. Dollar und das eines NHL Spielers immerhin noch 525.000 USD, vgl. bei G. Lentze, Marq. Sports L.J. 6/1995, 65; ferner M. J. Greenberg, Supplement, S. 160. 192 Siehe oben § 4 IV 2b. 193 Vgl. hierzu J. E. Levine, Cardozo Arts & Ent. L.J. 11/1992, 71 (74); J.

Plassmann, NBA, S. 249.

194 Nach Art. 9.3. NHL CBA 1995 beträgt das Gehalt eines Profi-Neulings im "draft year" 1995 0,85 Mio. USD und im Jahre 2000 1,075 Mio. USD. Im Gegensatz hierzu 9*

132

§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge 1. Die NFL-"salary cap"

Die tarifvertraglichen Direktiven hinsichtlich der Berechnung und Höhe der "salary cap"195 sind umfassend in den Art. XXIV und XXXVIII NFL CBA 1993 geregelt. Die Berechnung erscheint trotz der detaillierten Normierung recht plausibel. Grundgedanke ist, einen variablen Prozentsatz 196 der ligaweiten Bruttoeinnahmen als den maßgeblichen Betrag heranzuziehen, der den Teams für Spielergehälter in einem Ligajahr ("league year")197 zur Verfügung steht. Die ligaweiten Bruttoeinnahmen ("defined gross revenues") setzen sich im wesentlichen zusammen aus den Erlösen aus dem Ticketverkauf einschließlich der Einnahmen aus der Vermietung der "luxury boxes" 198 und den Erlösen aus dem Verkauf der Übertragungsrechte. 199 Von den Bruttoeinnahmen werden jedoch eine Reihe von Einnahmequellen - wie z.B. Einnahmen aus den lokalen Übertragungsrechten, Parkgebühren sowie Einnahmen aus Lizenzgeschäften der NFL Properties - in Abzug gebracht. 200 Bevor der ermittelte Betrag durch die Anzahl der Mitgliederklubs geteilt wird, werden zuvor die an die Spieler

verdienen die gedienten NHL-Profis ein Vielfaches. Insgesamt verdienten 1995 661 Profis 452 Mio. USD. Im Durchschnitt verdient ein NHL-Profi 686.838 Tausend USD, die Personalkosten eines Klubs liegen bei durchschnittlich 17,38 Mio. USD. TopVerdiener der Liga ist Wayne Gretzky, der bei den "Los Angeles Kings" 1995 6.54 Mio. USD verdiente, vgl. US-Sport, 2/95, S. 92 f. 195 Vgl. die Definition in Art. lAbs. 3 lit. at NFL CBA 1993: ,,'Salary Cap' means the absolut maximum amount of salary that each club may pay or be obligated to pay or provide to players or Player Affiliates, or may pay or be obligated to pay third parties at the request of and for the benefit of Players or Player Affiliates, at any time during a particular League year, in accordance with the rules set forth in Art. XXIV (Guaranted League-wide Salary, Salary Cap & Minimum Team Salary), ifapplicable." 196 Für das Jahr 1994 wurde eine "cap" von 64% der Umsätze aktiviert. Damit lag der Anteil der Spielergehälter an den Bruttoeinnahmen im Jahr 1994 bei 1.092 USD. Bis zum Jahre 1999, dem letzten Jahr des NFL CBA 1993, soll sich der Anteil auf 62% einpendeln, vgl. Art. XXIV Abs. 4 NFL CBA 1993. 197 ,,'League Year' means the period from February 20 of one year through and including February 19 of the folowing year, or such other one year period to which the NFL and the NFLPA may agree.", vgl. Definition in Art. lAbs. llit. g NFL CBA 1993. 198 Allein das Stadion des unangefochtenen Etat-Multis "Dalias Cowboys" umfaßt insgesamt 148 Luxus-Logen, deren Vermietung einen erheblichen Teil zu dem im Jahre 1994 erwirtschafteten Etat, also die Summe aller finanziellen Umsätze und Aufwendungen, von 238 Mio. USD beitrug. 199 Siehe hierzu oben § 4 I 2. 200 Vgl. Art. XXIV Abs. I lit. a ii NFL CBA 1993; siehe auch bei J. Plassmann, NFL, S. 213 f.

H. Die Festlegung von Gehaltsobergrenzen ("salary cap")

133

auszuzahlenden "benefits"201 abgezogen. Der Quotient entspricht dann der "salary cap", also der Summe, die von den Klubs als Spielergehälter ausgeschüttet werden kann. Den Teams standen nach dieser Berechnungsmethode für das Jahr 1994 jeweils 34,6 Mio. USD202 und für das Jahr 1995 37,1 Mio. USD an Spielergehältern zur Verfügung. Tarifvertraglich wird dabei sowohl den Klubs ("minimum team salary")203 als auch den Spielern ("minimum salary")204 ein Mindestsalär garantiert. Als wohl entscheidender Faktor stellt sich bei Vertragsabschlüssen mit den Spielern der sog. "signing bonus" dar. Hierbei handelt es sich um eine Art Handgeldzahlung, die bei Vertragsabschluß zugesagt wird. Diese Geldprämie wird zwar bei Vertragsunterzeichnung komplett ausgezahlt, aber buchungstechnisch über die Laufzeit des Vertrages scheibchenweise auf das reglementierte Gehaltsbudget verteilt. Dieses System gerät immer mehr unter Kritik, denn es erlaubt finanzstarken Klubs, den begehrten Spielern millionenschwere Offerten zu unterbreiten. Einige Teams wenden so real wesentlich mehr an Spielergehältern auf, als ihnen durch die "salary cap" vorgegeben ist. 205 Vor diesem Hintergrund sind auch Vertragsabschlüsse mit utopisch klingenden Gehaltsvereinbarungen zu erklären. Finanziell schwächere Klubs können bei diesem Millionenpoker um die besten Spieler nicht mithalten und könnten so über kurz oder lang finanziell und sportlich ins Hintertreffen geraten. Genau

201 Hierbei handelt es sich um Lohnnebenkosten wie z.B. Rentenzahlungen, Krankheitskosten oder Umzugs- und Reisekosten, vgl. Art. XXIV Abs. 1 lit. b NFL CBA 1993. 202 So zahlten beispielsweise die "San Francisco 4gers" im Jahre 1994 ihren 57 Spielern im Schnitt 0,55 Mio. USD. Die Topverdiener, wie der "quarterback" Steve Young oder der "wide receiver" Jerry Rice, partizipierten an dem Budget allein mit 4,525 Mio. bzw. 2,380 Mio. USD per anno, vgl. US-Sport 1195,24. 203 Vgl. hierzu die Definition in Art. lAbs. 3 lit. an NFL CBA 1993: ,,'Minimum Team Salary' means the minimum amount that each Team must pay in Salaries during a League Year, if applicable, as set fortb in Art. XXIV (Guaranted League-wide Salary, Salary Cap & MinimumTeam Salary, Section 5." Das Mindestsalär für auszuschüttende Gehälter an die Spieler beträgt 50% der ligaweiten Einnahmen nach dem gleichen Berechnungsmodus, vgl. Art. XXIV Abs. 5 lit. a NFL CBA 1993. 204 Das Mindestgehalt ist gestaffelt nach gespielten Spielzeiten, vgl. Art. XVIII Abs.3 i.V.m. XXXVIII Abs. 1, 2 NFL CBA 1993 und steigt progressiv äquivalent zu der "salary cap". 205 So schütteten die "Dallas Cowboys" 1995 statt der erlaubten 37,1 Mio. USD 62,4 Mio. USD aus, von denen allein 41 Mio. USD in Form von "signing bonuses" geleistet wurden, vgl. Sport Bild, 14.2. 1996, S. 68.

134

§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

das sollte aber durch die "salary cap", die im übrigen im Ligajahr 1999 letztmals angewandt wird,206 vermieden werden.

2. Die NBA-"salary cap"

Auf einer ähnlichen Berechnungsgrundlage basiert die "salary cap"-Berechnung in der NBA. Auch hier fließen die ligaweiten Einnahmen aus den Verkäufen von Eintrittskarten und Übertragungsrechten in den Berechnungsfaktor "basketball related income" ein. Hinzu treten ein Teil der Einnahmen aus der Vermietung der "luxury suites" und eine Reihe weiterer Erlöse,207 so daß bei einem kalkulierten Einnahmenzuwachs von 8% pro Jahr eine "salary cap" pro Team von 24,3 Mio. USD für die Saison 1996/97, bis 28 Mio. USD für die Saison 2000/01 garantiert wird. 208 Ebenfalls in den Tarifvertrag mit eingebettet ist erstmals eine sog. "rookie scale".209 Sie schreibt den finanziellen Rahmen vor, in dem sich die Gehaltsverhandlungen zwischen den rekrutierten "rookies" und den Klubs bewegen kann. Für den dabei garantierten Dreijahres-Vertrag der "rookies"210 ist auf diesem Wege sowohl eine Ober- als auch eine Untergrenze des jeweiligen Salärs installiert. 2l1

3. Die NHL-,,salary cap"

In der NHL ist im Gegensatz zu der NFL und NBA keine Gehaltsmaximierung vorgesehen. Das Gehalt des einzelnen Spielers orientiert sich am Marktwert, der zwischen den Vertragsparteien frei ausgehandelt werden kann. 212

206 Vgl. Art. LVI Abs. 1 NFL CBA 1993. 207 Vgl. zum Katalog der zu berücksichtigenden Einnahmen Art. VII Abs. 1 NBA CBA 1995. 208 Art. VII Abs. 2 lit. a NBA CBA 1995. Seit ihrer Einführung im Jahre 1983 hat sich die "salary cap" von damals 3,6 Mio. (JSD damit um mehr als 600% erhöht. 209 Vgl. "Exhibit B" NBA CBA 1995. 210 Vgl. Art. VIII Abs. I lit. a NBA CBA 1995. 211 Vgl. Art. VIII Abs. 1 lit. b i.V.m. "Exhibit B" NBA CBA 1995; so steht beispielsweise einem 1994 rekrutierten "first round rookie" für seinen Dreijahres-Vertrag ein Mindestgehalt von 5,688 Mio. USD zu, maximal jedoch 8,532 Mio. USD; vgl. hierzu auch M. J. Greenberg, Supplement, S.35 ff. 212 Im Rahmen der Vertrags- resp. Gehaltsverhandlungen werden die Akteure fast ausschließlich von sog. "agents" vertreten; zum Verhältnis Spieler/"agent" und

III. Die freie Transfermöglichkeit ("free agency")

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Hiervon profitieren freilich neben den "shooting stars" insbesondere auch die Altstars, die die Publikumsmasse zu begeistern wissen. Für die ,,rookies" hingegen gilt eine Ausnahme. Sie sind gestaffelt nach Eintrittsalter in die Liga und Vertragsdauer als "Group I Players" den sog. "compensation limits" unterworfen und können lediglich ein tarifvertraglich festgelegtes Jahressalär erzielen, das sich während der Laufzeit des Tarifvertrages proportional steigert. Von dieser Restriktion sind sie erst dann befreit, wenn sie den Status eines sog. "Free Agent" erlangen. III. Die freie Transfermöglichkeit ("free agency") Unter "free agency" versteht man gemeinhin die Möglichkeit eines Spielers, den Klub nach Ablauf seines Spieler-Vertrages zu wechseln. 213 Ob der Spieler entschädigungsfrei, also uneingeschränkt ("unrestricted") den Klub wechseln kann, hängt von der Einstufung des Spielers in einzelne, zwischen den verschiedenen Ligen variierende Spielerkategorien ("Unrestricted Free Agent" oder "Restricted Free Agent") ab. Dies gilt ebenfalls für die Frage, ob der Klub u.U. noch Rechte an dem Spieler geltend machen kann dergestalt, daß dieser seine Dienste ungeachtet vorliegender Wechsel angebote weiterhin seinem Klub zur Verfügung stellen muß. Die "free agency" ist für Profisportier von enormer Wichtigkeit. Durch sie hat der Profisportier die Möglichkeit, seine zeitlich begrenzte Profikarriere nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Er kann seinen Arbeitsplatz frei bestimmen und besitzt die Möglichkeit - wenn auch durch eine etwaige "salary cap" beschränkt - seinen Marktwert frei auszuhandeln. 214 Diese Möglichkeiten würden etwa einem rekrutierten Spieler versagt bleiben, wenn der Klub die an ihm durch die "draft" erworbenen Rechte zeitlich unbeschränkt ausüben könnte. Unter diesen Umständen wäre er gezwungen, zeit seiner Karriere für diesen Klub zu spielen. In Anbetracht dessen waren die Spieler seit jeher an einer Aufhebung sämtlicher Restriktionen interessiert und bestanden bis dato beharrlich auf einer freien Wechselmöglichkeit. Doch wie bei der "draft" und der "salary cap" kollidierten diese Forderungen mit dem Interesse der Klubeigner, eine sehr restriktive Personalpolitik zu betreiben. Zu ersten gewichtigeren Zugeständnissen sahen sich die Klubeigner erst im Zuge der aufkommenden tarifvertraglichen Konsultationen gezwungen, im Rahmen derer die Gewerkschaften stets vehement die Aufhebung sämtlicher Wechsel"agent"/Liga vgl. S. J. Barlett, Marq. Sports LJ. 411993, 1 ff.; D. B. Falk, Marq. Sports LJ. 3/1992,1 ff.; G. Cohen, Marq. Sports L.J. 411993,149 ff. 213 So S. H. Chalian, St. John's L. Rev. 67/1993, 593; ebenfalls R. E. Bartok, Duke L.J. Nr.2/1991, 503; J. S. Shapiro, Fordham L. Rev. 6111993, 1203 (1204). 214

S. H. Chalian, St. John's L. Rev. 67/1993, 593 (594).

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§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

restriktionen einforderten. Unterstrichen wurden diese Forderungen durch die Einleitung mehrere kartellrechtlicher Musterprozesse,215 in denen nicht selten die Spieler resp. die Gewerkschaften juristische Erfolge erzielen konnten. Insoweit flossen über die Jahre hinweg ständig neu definierte Wechselvarianten in die tarifvertraglichen Einigungen der Ligen ein. 216

1. Chronik

Die folgenden Ausführungen sollen zunächst die Chronik der in der Vergangenheit praktizierten Wechselvarianten aufzeigen, mit denen Spieler möglichst langfristig an Teams gebunden und Wechselbestrebungen erschwert werden sollten. Vor diesem Hintergrund sollen im Anschluß der Charakter und das Ausmaß der aktuellen Wechselrestriktionen verdeutlicht werden.

a) "Reserve clause" Die "reserve clause", die ausschließlich im Baseball und Eishockey Anwendung fand,217 band einen Spieler auf unbegrenzte Zeit an den ihn beschäftigenden Klub. Unter diesem "reserve system"218 enthielt jeder Spieler-Vertrag eine Klausel, wonach der Klub den auslaufenden Vertrag einseitig um ein weiteres Jahr zu denselben oder modifizierten Bedingungen erneuern konnte. 219 Hatten sich Spieler und Klub nicht bis zum Ablauf des Optionsjahres über den Abschluß eines neuen Vertrages geeinigt, so konnte sich der Klub abermals auf diese Option berufen, denn diese war erneut Gegenstand des "neuen" Vertrages geworden. 22o Das hieß im Ergebnis, daß der Spieler auf unbeschränkte Zeit der 215 Vgl. beispielsweise Mackey v. NFL, 407 F. Supp. 1000 (D. Minn. 1975); 543 F.2d 606 (8th Cir.); Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867 (S.D.N.Y. 1975); 479 F. Supp. 65 (S.D.N.Y. 1979). 216 Vgl. die Übersicht bei YasserlMcCurdylGoplerud, Sports, S. 186 f. 217 Vgl. hierzu näher WeistartlLowell, Sports, S. 502. 218 Zur Entstehungsgeschichte vgl. L. S. Sobel, Professional Sports, S. 83 ff. 219 Vgl. beispielhaft § 10 lit. a des ehemaligen Baseball Contracl: "On or before January 15 of the next year following the last playing season covered by this contract, the club may tender to the Player a contract for the term of that year by mailing the same to the Player at his address following his signature hereto, ( ... ). ( ... ) the Club shall have the right by written notice to the Player at said address to renew this contract for the period of one year on the same terms, ( ... )." 220 Die vertragliche Interpretation der "option clause" war in der Frage streitig, ob sich diese lediglich auf ein Jahr beschränkte oder dahingehend auszulegen war, daß

III. Die freie Transferrnöglichkeit ("free agency")

137

Inanspruchnahme der Option seitens des Klubs ausgeliefert war. 221 Diese Vertragskonstellation gab dem Spieler nur drei Möglichkeiten: Entweder zeit seiner Karriere für denselben Klub zu spielen, zu hoffen, daß er im Rahmen der "assignment rights" an einen anderen Klub abgetreten wird, oder in den Ruhestand zu gehen. 222 Die "reserve clause" konnte sich dann auch nicht lange behaupten. Im Eishockey fand dieses Wechselsystem ein Ende in dem Verfahren Philadelphia World Hockey Club, Inc. v. Philadelphia Hockey Club, Inc.,223 als die mit der NHL konkurrierende "World Hockey Association" ("WHA") Anfang der siebziger Jahre im Rahmen ihrer Abwerbungsversuche etablierter NHL-Spieler diese ermutigte, die ,,reserve clause" zu mißachten. Im Rahmen einer einstweiligen Verfügung untersagte der "United States District Court for the Eastern District of Pennsylvania" der NHL die weitere Anwendung der "reserve clause".224 Im weiteren Verlauf des Verfahrens 225 wurde das ,,reserve system" im Wege einer vergleichsweisen Erledigung durch das "right of renewal" ersetzt. Hierbei handelt es sich wie bei der im folgenden zu behandelnden "option clause" um eine einseitige Option des Klubs, den Vertrag um maximal ein Jahr zu erneuern. Nach Ablauf der Optionssaison erhielt der Spieler sodann den Status eines "Free Agent".226 Machte der Klub von seiner Option keinen Gebrauch, konnte der Spieler den Klub ebenfalls verlassen. Im Basketball wurde das "reserve system" durch den NBA CBA 1976 eliminiert. In diesem Tarifvertrag verständigten sich NBA und NBAP A erstmals über die Einführung eines "right of first refusal system", nachdem zuvor Richter Carter

diese fortwährend seitens der Klubs in Anspruch genommen werden konnte. Vgl. Centra! New York Basketball, Inc. v. Barnett, 181 N.E. 2d 506, 509 ff. (Court of Common Pleas of Ohio 1961), Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867, 891 (S.D.N.Y. 1975). Vgl. hierzu auch umfassend WeistartlLowell, Sports, S. 285 ff. 221 In diesem Zusammenhang wurde nicht selten von einer vertraglichen Sklaverei gesprochen, vgl. beil. D. Schneider, S. Ca!. L. Rev. 64/1991, 797 (809) m.w.N. 222 So R. E. Bartock, Duke L.J. Nr. 2/1991,503 (509). 223 Philadelphia World Hockey Club v. Philadelphia Hockey Club, 351 F. Supp. 462 (E.D. Pa. 1972). Siehe auch Boston Professional Hockey Ass'n v. Cheevers & Sanderson, 348 F. Supp. 261 (D. Mass. 1972). 224 Richter Higginbotham führte in diesem Zusammenhang aus: "It is hereby ordered that the National Hockey League, its member clubs and teams, ( ... ) are preliminary enjoined from further prosecuting ( ... ) to andlor to enforce the so-called "reserve clause" ( ... ) of the National Hockey League Standard Player's Contract, against any player ( ... )", vgl. Philadelphia World Hockey Club, Inc. v. Philadelphia Hockey Club, Inc., 351 F. Supp. 462, 519 (E.D. Pa. 1972). 225 Vgl. hierzu WeistartlLowell, Sports, S. 514 ff. 226 Vgl. S. H. Chalian, St. John's L. Rev. 67/1993, 593 (610).

138

§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

in dem Verfahren Robertson v. NBA227 seine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des "reserve systems" mit dem Kartellrecht mitgeteilt hatte. 228

b) "Option clause" Bei der "option clause" handelte es sich um eine modifizierte Fonn der "reserve clause", die vorwiegend im Football Berücksichtigung fand. 229 Sie war Regelungsgegenstand eines jeden Spieler-Vertrages. Lehnte der Spieler nach Ablauf seines Vertrages das neuerliche Angebot seines Klubs ab, so stand dem Klub eine einseitige Option zu, sich die Dienste des Spielers dennoch zu sichern. Die Inanspruchnahme der Option durch die Klubs war jedoch im Gegensatz zu der "reserve clause" auf maximal ein Jahr begrenzt. Entsprechend der Unklarheiten hinsichtlich der Interpretation der "reserve clause" wurden nunmehr ausdrückliche Fonnulierungen in die Verträge aufgenommen. Nach Ablauf des Optionsjahres bekam der Spieler sodann den Status eines "Free Agent", d.h. er konnte uneingeschränkt den Klub wechseln. Diesen Status mußte der Akteur sich indes teuer erkaufen, denn entschied er sich, das Optionsjahr wahrzunehmen, mußte er eine Kürzung seines Gehalts i.H.v. 10% in Kauf nehmen. 23o Darüber hinaus bestand die Gefahr von Verletzungen, durch die das Interesse anderer Klubs an den Spielern hätte verloren gehen oder entscheidenden Einfluß auf bevorstehende Gehaltsverhandlungen hätte nehmen können.23\ Insoweit befanden sich die Klubs stets in einer besseren Verhandlungsposition, wenn es um den Abschluß eines weiteren Vertrages ging. Heutzutage ist die "option clause" die Ausnahme. Sie wurde tarifvertraglich aus den Regelungsinhalten der Spieler-Verträge ausgenommen. Soll eine "option clause" dennoch Gegenstand des Spieler-Vertrages werden, so bedarf es hierzu eines separaten Zusatzes. 232

227 Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867 (S.D.N.Y. 1975). 228 "I must confess that it is difficult for me to conceive of any theory or set of circumstances pursuant to which the college draft, blacklisting, boycotts, and refusals to deal could be saved from Sherrnan Act condemnation, even if defendants were able to prove at trial their high1y dubious contention that these restraints were adopted at the behest of the Players Association.", vgl. Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867, 893 (S.D.N.Y.1975). 229 Siehe hierzu S. H. Chalian, St. John's L. Rev. 67/1993, 593 (611). 230 Vgl. L. S. Sobe/, Professional Sports, S. 109. 231 Siehe hierzu L. S. Sobel, Professional Sports, S. 109. 232 Vgl. Art. XV Abs. 1 NFL CBA 1993: "Commencing with the execution of this Agreement, the option clause contained in the NFL Player Contract shall be discon-

III. Die freie Transfermöglichkeit ("free agency")

139

c) "Rozelle Rule" Die nach dem damaligen "Commissioner" der NFL Pete Rozelle benannte "Rozelle Rule"233 war eine, wenn auch nur vorübergehende, Errungenschaft der Klubeigner, die unbeschränkte Wechselmöglichkeit ("unrestricted free agency system") zu umgehen. 234 Ihr Anwendungsbereich beschränkte sich auf den Football. Die "Rozelle Rule" war nicht das Ergebnis tarifvertraglicher Verhandlungen zwischen Spieler und Management, sondern eine einseitige Initiative der Klubeigner, die im Jahre 1963 in den "NFL Constitutions and Bylaws" verankert wurde. 235 Danach bekam zwar der Spieler nach Ablauf seines Vertrages den Status eines "Free Agent" und konnte den Klub wechseln. Der neue Klub war jedoch angehalten, eine angemessene Entschädigung ("compensation") in Fonn von Spielern oder "draft rights" an den bisherigen Klub zu leisten. Über Art oder Höhe der Entschädigung mußten die am Wechsel beteiligten Klubs sich verständigen. 236 . Für den Fall, daß eine gütliche Einigung zwischen den Klubs nicht erzielt werden konnte, war der "Commissioner" dazu berechtigt, abschließend und für alle Beteiligten verbindlich dem ehemaligen Klub eine Entschädigung zuzusprechen. Die Spieler sahen in der "Rozelle Rule" eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung ihrer freien Wechselmöglichkeit. Durch die "Rozelle Rule" würden sich die Klubs zu einem Spielertransfer nur dann veranIaßt fühlen, wenn eine angemessene Entschädigungsvereinbarung zwischen den beteiligten Klubs in Aussicht stünde oder sie das Risiko

tinued. Any option clause must be negotiated as a separate addendum to the revised NFL Player Contract form. Any negotiated option clause must state the dollar amount(s) to be paid to the player during the option year." 233 Vg!. näher J. D. Schneider, S. Ca!. L. Rev. 6411991, 797 (813 ff.); P. N. Katz, Comp. Lab. L. 15/1994,371 (387 ff.); E. Garvey, Duke L.J. 1989,328 (332). 234 Zur "Rozelle Rule" vg!. ausführlich M. Truelock, SMU L. Rev. 47/1994, 1917 (1925 ff.). 235 Art. XII, 12.1 (H) NFL Const. (1963): "Any Player, whose contract with a League has expired, shall thereupon become a free agent and shall no longer be considered a member of the team of that club following the expiration date of such contract. Whenever a Player, becoming a free agent in such manner, thereafter signs a contract with a different club in the League, then, unless mutually satisfactory arrangements have been concluded between two League clubs, the Commissioner may name and then award to the former club one or more players, from the Active, Reserve, or Selection List (including future selection choices) of the acquiring club as the Commissioner in his sole discretion deerns fair and equitable; any such decision by the Commissioner shall be final and conclusive." 236 Eine solche Entschädigungsleistung konnte in Form von "draft rights" oder durch die Abtretung von Rechten an anderen Spielern ("assignment of rights") geleistet werden, vg!. hierzu WeistartlLowell, Sports, S.503.

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§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

einer ungewissen Festsetzung durch den Commissioner auf sich nehmen würden. Schließlich klagten die Spieler in dem berühmten Verfahren Mackey v. NFL mit Erfolg gegen die umstrittene Regelung wegen Verletzung geltenden Kartellrechts. 237

d) "Right offirst refusal compensation system" Quasi als Ausfluß des Verfahrens Mackey v. NFL nahmen neue Wechselinstrumentarien Einzug in die folgenden Tarifverträge der NFL: Man verständigte sich erstmals im NFL CBA 1977 über die Einführung des sog. "right of first refusal compensation system". Die anderen Ligen schlossen sich im Laufe der Zeit diesem System an, das bis heute im wesentlichen die Wechselsysteme der NBA und der NHL prägt. Bei dem "right of first refusal" handelte es ähnlich der "reserve" - bzw. "option clause" um eine Option des Klubs, sich die Dienste eines wechselbereiten "Free Agent" nach Ablauf seines Vertrages um ein weiteres Jahr zu sichern. Der Unterschied zu den früheren Optionsmechanismen bestand darin, daß der Klub für den Fall, daß seinem Spieler von einem anderen Klub ein Vertragsangebot ("offer") unterbreitet wurde, mit diesem Angebot gleichziehen konnte ("qualifying offer"). Hierfür war und ist dem Klub eine im Tarifvertrag festgelegte Frist gesetzt. 238 In unmittelbarem Zusammenhang mit dem "right of first refusal" stand ein sog. "compensation scherne". Unterbreitete der Klub dem wechselbereiten "Free Agent" innerhalb dieser bestimmten Frist kein adäquates Angebot, so konnte dieser den Klub nunmehr als "Free Agent" wechseln. Seinem bisherigen Arbeitgeber stand sodann eine tarifvertraglieh festgeschriebene Entschädigung ("compensation")239 zu, die vom neuen Klub etwa in Form von "draft picks"24O oder anderen Spie-

237 Vgl. Mackey v. NFL, 407 F. Supp. 1000 (D. Minn. 1975); 543 F. 2d 606 (8th Cir. 1976). Siehe unten § 6 IV 2b dd; V 2. 238 Vgl. hierzu R. E. Bartok, Duke LJ. Nr. 2/1991, 503 (511 ). 239 Die NBA gebrauchte in der Zeit von 1976 bis 1980 ein der "Rozelle Rule" ähnliches "compensation system", wonach der "Commissioner" bei Uneinigkeit der beiden beteiligten Klubs über die Höhe und Art der Entschädigung verbindlich entscheiden konnte. Seit 1981 fielen die Entschädigungsleistungen bei einem Wechsel weg, vgl. bei R. C. Berry, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 1, § 4.05[3]; R. E. Bartok, Duke L.J. Nr. 211991, 503 (515); J. D. Schneider, S. Cal. L. Rev. 6411991, 797 (828). In der NHL entschied über die Entschädigung anstelle des "Commissioner" ein neutrales Schiedsgericht, vgl. hierzu S. H. Chalian, St. John's L. Rev. 67/1993,593 (620). 240 So im Football, vgl. z.B. Art. XV NFL CBA 1982.

III. Die freie Transfennöglichkeit ("free agency")

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lem 241 geleistet werden konnte. Die Höhe der "compensation" hing von den geleisteten Spielzeiten und der Höhe des Angebots ab und variierte von Liga zu Liga. 242 Der Spielerwechsel erhielt damit den Charakter eines Tauschgeschäftes. Obgleich diese Neuerung auf den ersten Blick Fortschritte versprach, sollte der Durchbruch zur uneingeschränkten Transfermöglichkeit den Akteuren auch durch dieses Systeme verwehrt bleiben. 243

e) "Plan Bfree agency" Bei dem "Plan B free agency"244 handelte es sich um einen Versuch der NFL, der Liga ein Transfersystem zur Verfügung zu stellen, das den Bedürfnissen sowohl der Spieler als auch der Klubeigner entgegenkommen sollte. Er wurde durch die NFL im Februar 1989 eingeführt, als der NFL CBA 1982 ausgelaufen war. Die Gewerkschaft und die NFL konnten sich damals über den Abschluß eines neuen Tarifvertrages nicht einigen. Ungeachtet dessen wurde in der Folgezeit das in dem NFL CBA 1982 vereinbarte "free agency system", das von dem "right of first refusal compensation system" geprägt war, weiter praktiziert. Als die Spieler vor Gericht zogen,245 führte die NFL kurzerhand einseitig den "Plan B free agency" ein, der nach ihrer Auffassung den kartellrechtlichen Anforderungen entsprach. Danach wurde den Teams gestattet, ab Saisonbeginn 1989/90 siebenunddreißig Spieler ihres Kaders 246 zu bestimmen, die nach wie vor den Wechselrestriktionen des NFL CBA 1982 unterworfen wur-

241 So früher in der NBA, vg!. umfassend bei R. E. Bartok, Duke L.I. Nr.2/1991, 503 (515). 242 So stand beispielsweise im Football einem Klub bei Wechsel eines "Free Agent" mit dreijähriger Spielpraxis und einem angebotenen Gehalt von 200.000 bis 249.999 USD eine "compensation" in Fonn von je einer "lst & 2nd round choice" zu, vg!. umfassend bei R. E. Bartok, Duke L.I. Nr. 2/1991, 503 (512). 243 So erhielt beispielsweise in der NFL im Laufe des NFL CBA 1982 von 1.415 "Free Agents" nur ein Akteur eine Offerte eines anderen Klubs, vg!. WeilerlRoberts, Sports, S. 189. 244 Vg!. näher M. Truelock, SMU L. Rev. 4711994, 1917 (1938 f.); J. D. Schneider, S. Ca!. L. Rev. 64/1991, 797 (816); S. H. Chalian, St. Iohn's L. Rev. 67/1993, 593 (618). 245 Powell v. NFL, 678 F. Supp. 777 (D. Minn. 1988); 888 F.2d 559 (8th Cir. 1989), siehe hierzu näher § 6 V 2. 246 Der Kader bestand seinerzeit aus 57 Spielern, vg!. bei J. D. Schneider, S. Ca!. L. Rev. 6411991, 797 (816).

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§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

den ("restricted players").247 Lief deren Vertrag aus, erhielten sie zwar den Status eines "Free Agent" mit der Folge, daß sie den Klub wechseln konnten. Der Klub war jedoch im Hinblick auf das "right of fIrst refusal system" und das "compensation scheme system" entsprechend den tarifvertraglichen Vorgaben berechtigt, entweder eine Entschädigung zu verlangen oder sich die Dienste des Spielers für eine weiteres Jahr zu sichern. Die übrigen zwanzig Spieler des Kaders sollten den Klub als "Unrestricted Free Agent" ohne Einschränkungen wechseln können, auch wenn ihr Vertrag noch nicht abgelaufen war. Dem ehemaligen Klub stand weder ein Optionsrecht noch eine Entschädigungsleistung zu. Für die Transfers wurde dabei eine Frist vom 1. Februar bis zum 1. April gesetzt. Wurde der "Unrestricted Free Agent" innerhalb dieser Frist von keinem anderen Klub verpflichtet, so fIelen die Rechte an dem Spieler an den bisherigen Klub zurück, wenn sein Vertrag noch nicht abgelaufen war. Andernfalls behielt er den Status eines "Unrestricted Free Agent", wenn sein bisheriger Klub nicht innerhalb von 15 Tagen ihm ein "qualifying offer" unterbreitet hatte. Bereits im ersten Jahr seiner Anwendung fand der "Plan B free agency" enormen Anklang und führte zu einem regelrechten Wechselszenario, das in der Geschichte der NFL einzigartig war. Von den 619 "ungeschützten" Spielern wechselten 229 den Klub. 248 1991 wechselten immerhin noch 139 Akteure innerhalb der Frist den Klub. Doch was auf den ersten Blick als Durchbruch zur uneingeschränkten Wechselmöglichkeit aussah, entpuppte sich insbesondere für die wechselwilligen Stars der Liga als wenig fortschrittlich. Diese wurden freilich auf die Liste der 37 Spieler gesetzt, auf deren Dienste das Team nicht verzichten wollte. Ihr Wechsel als "Restricted Free Agent" zu einem anderen Klub hing somit nach wie vor vom Ablauf ihres Vertrages und ggfls. von der Leistung einer Entschädigung ab, wenn der bisherige Klub mit dem vorliegenden Angebot nicht gleichzog. Daher kam diese Erneuerung in erster Linie den weniger populären Spielern zugute, die meist über wenig Spielpraxis verfügten und daher aus der Sicht der Klubeigner entbehrlich waren. Für sie zahlte sich der Wechsel auch fInanziell aus, denn im Zuge des "Plan B free agency" stiegen die Gehälter der Spieler rasant an. Die gewechselten Akteure konnten nicht selten einen Gehaltszuwachs von über hundert Prozent verzeichnen. 249 Doch in Anbetracht dieser Zweiklassen-Gesellschaft blieb dieses Sy247 Vgl. bei R. E. Bartok, Duke L.J. Nr. 211991, 503 (512). 248 G. R. Uberstine, in: ders (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 1, § 6.08[2a]. 249 Robert Banks, ein "seventh round draft pick" der "Houston Oilers" in 1987, spielte 1988 bei den "Houston Oilers" aufgrund einer Verletzung lediglich 14 Spiele und kassierte hierfür 70.000 USD. Im ersten Jahr des "Plan B" wechselte er zu den "Cleveland Browns" und unterschrieb einen Zweijahres-Vertrag, der ihm durchschnittlich 332.500 USD pro Jahr einbrachte. In 1991, als er bei den "Cleveland Browns" nicht

III. Die freie Transfennöglichkeit ("free agency")

143

stern in der Folgezeit sehr kontrovers. 25o In der Tat wechselte unter dem "Plan B free agency" kein "Restricted Free Agent" den Klub. 251 Erst 1993 wurde der "Plan B free agency" durch das nunmehr geltende, in dem NFL CBA 1993 vereinbarte Wechselsystem abgelöst.

2. Die gegenwärtigen Transfermechanismen

a) Football Das "free agency system" erfuhr durch den NFL CBA 1993 eine erhebliche Lockerung. Doch eine völlige Aufhebung der Wechselrestriktionen konnte die Gewerkschaft den Klubeignem auch diesmal nicht abringen. Die Spieler werden, gestaffelt nach geleisteten Spielzeiten ("accrued season"),252 in verschiedene Spielerkategorien eingestuft. Insoweit sind in erster Linie der "Unrestricted Free Agent" und der "Restricted Free Agent" zu unterscheiden.

aa) "Restricted Free Agent" Jeder Spieler, der drei Spielzeiten in der NFL absolviert hat und dessen Vertrag abgelaufen ist, erhält den Status eines "Restricted Free Agent" ("RFA").253 Er besitzt grds. ein freies Wechselrecht. Jeder andere Klub kann an

auf der Liste der 37 "geschützten" Spielern stand, kehrte er zu den "Houston Oilers" zurück und erhielt für einen Einjahres-Vertrag 475.000 USD, vgl. bei G. A. Uberstine, in: ders. (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 1, § 6.08[2a); vgl. hierzu auch S. H. Chalian, St. John's L. Rev. 6711993, 593 (618). 250 McNeii v. NFL, 790 F. Supp. 871 (D. Minn. 1992); 764 F. Supp. 1351 (D. Minn. 1991); siehe hierzu näher unten § 6 V 2. In Jackson v. NFL, 802 F. Supp. 226 (D. Minn. 1992), erwirkten zehn "Free Agents" im Wege einer einstweiligen Verfügung ein Verbot der NFL, diese für eine Zeit fünf Tagen auf die Liste des "Plan B" zu setzen. In dieser Frist wechselten immerhin sechs Spieler das Team. In Reggie White v. NFL, 822 F. Supp. 1389 (D. Minn. 1993); 41 F.3d 402 (8th Cir. 1994), wurde den klagenden Spielern Schadensersatz wegen entgangener Einnahmen zugesprochen. 251 Vgl. bei R. E. Bartok, Duke L.J. 1991,503 (513). 252 Vgl. die Definition in Art. lAbs. 2 lit. n NFL CBA 1993: ,,' Accrued Season' means any playing season for which a player received credit with respect to his qualifications for Unrestricted Free Agency or Restricted Free Agency, as described in Art. XIX (Veteran Free Agency)." 253 Art. XIX Abs. 2 lit. a NFL CBA 1993; vgl. hierzu die Definition in Art. lAbs. 2 lit. ad NFL CBA 1993: ,,'Restricted Free Agent' means a Veteran who has three or more Accrued Seasons and who completes perfonnance of his Player Contract, but who

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§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

diesen Spieler herantreten und ihm ein Vertrags angebot unterbreiten. Die Wechselfreiheit des "RFA" ist jedoch, wie die Bezeichnung schon vennuten läßt, nicht unbeschränkt. Dem bisherigen Klub ("prior club") stehen insoweit die Rechte des "right of first refusal" und/oder der "draft choice compensation" zur Verfügung, als er sich die Dienste des Spielers ein weiteres Jahr sichern bzw. eine adäquate Entschädigung in Fonn von "drafts" im Falle des Wechsels verlangen kann. Will der Klub von diesen Rechten Gebrauch machen, so hat er dem Spieler am ersten Tag der "signing period" ein an dem ursprünglichen Gehalt des Spielers orientiertes Vertragsangebot ("qualifying offer") zu unterbreiten. 254 Bemüht sich ein anderes Team um die Dienste des wechselbereiten Spielers und beabsichtigt der "RFA" das Angebot anzunehmen, so hat er seinem bisherigen Arbeitgeber sein Wechselinteresse durch ein dem Tarifvertrag als Anlage beigefügtes, vorfonnuliertes Fonnular ("offer sheet") zu bekunden. 255 Dieses sowohl vom Spieler als auch von dem neuen Klub zu unterschreibende Fonnular soll den bisherigen Klub über das offerierte Gehalt nach § 5 des NFL Player Contract, die zugesagten finanziellen Vorteile wie z.B. "bonuses" und die vorgenommenen Modifikationen und Zusätze des NFL Player Contract unterrichten. 256 Hierdurch soll dem bisherigen Team zum einen die Möglichkeit gegeben werden, sich auf den bevorstehenden Wechsel einzurichten und nach entsprechendem Ersatz umzuschauen. Zum anderen kann der Klub innerhalb der Grenzen der "salary cap" ausloten, ob dem wechselwilligen Spieler ein adäquates Vertragsangebot unterbreitet werden kann. Zieht der bisherige Klub nämlich mit dem Vertragsangebot gleich, so muß der "RFA" vorerst an alter Wirkungsstätte bleiben. 257 Hierüber hat der Klub den

is still subject of First Right of Refusal and or Draft Choice Compensation in favor of his Prior Club." 254 Vgl. beispielsweise Art. XIX Abs.2 lit. b (i) (3): "In order to receive the following specified Rights of First Refusal and/or Draft Choice Compensation with respect to a [RFA], the Prior Club of a [RFA] must tender the player a Qualifying Offer on or before the first date of the Restricted Free Agent Signing Period, as folIows: ( ... ) Right of First Refusal and One First Round Draft Selection: one year Player Contract with a Paragraph 5 Salary of at least (a) $600,000, or (b) 110% of the player's prior year's Paragraph 5 Salary, whichever is greater; ( ... )." 255 Vgl. Art. XIX Abs. 3 lit. a NFL CBA 1993: "When a [RFA] receives an offer to sign a Player Contract from any Club ( ... ), which offer the Player desires to accept, he shall give to the Prior Club a completed certificate (... ) (the "Offer Sheet")." 256 Vgl. Art. XIX Abs.3 lit. e LV.m. Anlage D NFL CBA 1993; dabei darf der "RFA" nur ein "offer sheet" unterzeichnen, vgl. Art. XIX Abs. 3lit. d NFL CBA 1993. 257 Vgl. J. Plassmann, NFL, S. 212 f. Diesen Weg beschritten beispielsweise 1993 die "Pittsburgh Steelers", um ihren "quarterback" Neil O'Donnel zu halten, dem von den "Tampa Bay Buccaneers" ein mit 8,175 Mio. USD bezifferter Dreijahres-Vertrag

III. Die freie Transfermöglichkeit ("free agency")

145

Spieler innerhalb von sieben Tagen nach Erhalt des "offer sheet" durch das ebenfalls im Tarifvertrag als Anlage beigefügte Formular ("first refusal exerci se notice") zu benachrichtigen. 258 Macht er von dieser Option keinen Gebrauch ("no first exercise notice")259 oder ist ihm die Offerte des neuen Klubs zu hoch, so kann er bei entsprechend großzügiger "qualifying offer" von dem neuen Klub Entschädigung in Form von "draft picks" verlangen. 26O Zieht der bisherige Klub sein "qualifying offer" zurück, so erhält der "RFA" unmittelbar den Status eines "Unrestricted Free Agent", ohne Beschränkungen hinsichtlich seiner Wechselmöglichkeit zu unterliegen. 261 Für das endgültige Aushandeln der Spieler-Verträge und deren Unterzeichnung wird allgemein eine Frist von mindestens sechzig Tagen gesetzt, die meist zwischen Mitte Februar und Mitte April liegt ("signing period").262 Kommt es innerhalb der "signing period" zu keinem Vertragsabschluß und läßt der "RFA" u.U. weitere Fristen zur möglichen Vertragsunterzeichnung fruchtlos verstreichen, so läuft er u.U. Gefahr, daß das alleinige Recht zum Vertragsabschluß wieder an den alten Arbeitgeber zurückfällt resp. er für die NFL ein Spielverbot erhält. 263

bb) "Unrestricted Free Agent" Als "Unrestricted Free Agent" ("UFA") wird der Spieler eingestuft, dessen Vertrag abgelaufen ist und der vier Spielzeiten in der NFL absolviert hat. 264 Im angeboten worden war; vgl. bei G. A. Uberstine, in: ders. (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 1, § 6.07[2]. 258 Vgl. Art. XIX Abs. 3 lit. b NFL CBA 1993: "If the Prior Club gives the [RFA] a 'First Refusal Exercise Notice' substantially in the form of Appendix E, attached hereto, within seven days from the date Prior Club receives an Offer Sheet, ( ... ), such [RFA] and the Prior Club shall be deemed to have entered into a binding agreement, which they shall promptly formalize in a Player Contract, containing ( ... )." 259 Art. XIX Abs. 3 lit. c NFL CBA 1993. 260 Hat beispielsweise der Klub dem "RFA" 0,6 Mio. USD oder, sofern höher, 110% seines früheren Gehaltes angeboten, so steht ihm gegenüber dem neuen Klub ein Entschädigungsanspruch in "Höhe" einer "First Round Draft Selection" zu, vgl. Art. XIX Abs. 2 lit. b (i) (3) i. V.m. Abs. 3 lit. c NFL CBA 1993; zum Procedere vgl. auch J. Plassmann, NFL, S. 212 f. 261 Art. XIX Abs. 21it. g NFL CBA 1993. 262 Vgl. hierzu G. A. Uberstine, in: ders. (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 1, § 6.07[2]. 263 Vgl. Art. XIX Abs. 2lit. (h) (i) NFL CBA 1993. 264 Vgl. Art. XIX Abs. 1 lit. (a) NFL CBA 1993; vgl. auch die Definition in Art. I Abs.2 lit. (z) (ab) NFL CBA 1993: ,,'Unrestricted Free Agent' means a Veteran who 10 Trommcr

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§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

Gegensatz zu einem "RFA" ist ein "UFA" in seiner Wechselmöglichkeit unbeschränkt, d.h. er kann nach Ablauf seines Vertrages mit Klubs seiner Wahl Vertragsverhandlungen aufnehmen und entsprechende vertragliche Bindungen eingehen. Sofern individualvertraglich nichts anderes vereinbart ist,265 stehen seinem bisherigen Arbeitgeber keinerlei Optionen etwa in Form eines ,,right of first refusal" zur Verfügung. Des weiteren kann der Wechsel nicht von einer "draft choice compensation" abhängig gemacht werden. 266 Eine Vertragsunterzeichnung bei einem anderen Klub kann aber wie beim "RFA" nur innerhalb einer bestimmten Frist ("signing period") erfolgen. Sollte er in dieser Zeit keinen Vertrag paraphiert haben, fallen die Rechte an seiner Verpflichtung wieder exklusiv an seinen bisherigen Klub zurück, sofern dieser ihm ein an seinem letzten Salär orientiertes Vertragsangebot unterbreitet hat. 267 Die Laufzeit des Vertrages bliebe indes auf ein Jahr beschränkt. Nimmt er diese Offerte nicht innerhalb einer tarifvertraglich festgelegten Frist an, so unterliegt er bis zum Beginn der nächsten Saison einem NFL-Spielverbot. 268

cc) "Franchise Player" In dem tarifvertraglichen Gerangel um die "free agency" konnten die Klubeigner der Gewerkschaft ein weiteres Zugeständnis abringen. Hält ein Klub einen "UFA" für das Team für unentbehrlich, so kann der Klub jährlich zwischen dem 1. und 15. Februar einen "UFA" zum "Franchise Player" benennen. 269 Nimmt ein Klub diese Option wahr, hat das für den Spider zur Folge, daß ihm grds. ein Klubwechsel verwehrt bleibt und er dem Klub ein weiteres Jahr seine Arbeitskraft zur Verfügung stellen muß.270 Allerdings wird sein completes performance of his Player Contract, and who is no longer subject to any exclusive negotiating rights, right of first refusal, or draft choice compensation in favor of his Prior Club." 265 Vgl. Art. XIX Abs. 5lit. a (ii) NFL CBA 1993. 266 "Such Player shall be completely free to negotiate and sign a Player Contract with any Club, and any Club shall be completely free to negotiate and sign a Player Contract with such player, without penalty or restrictions, including, but not limited to, draft choice compensation between Clubs or First Refusal Rights of any kind, subject to the signing period set forth below.", vgl. Art. XIX Abs. llit. a S. 2 NFL CBA 1993. 267 Art. XIX Abs. 1 lit b (i) NFL CBA 1993. 268 Art. XIX Abs. 1 lit b (ii) NFL CBA 1993. 269 Vgl. Art. XX Abs. 1 NFL CBA 1993. 270 Hiervon ausgenommen sind Spieler, die als Kläger Partei in verschiedenen Gruppenklagen ("class actions") gegen die NFL waren, vgl. Art. XX Abs. 13 NFL CBA 1993.

III. Die freie Transfennöglichkeit ("free agency")

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möglicherweise unfreiwilliger Verbleib üppig entlohnt. Das Gehalt des "Franchise Player" ist nämlich auf den Durchschnitt der fünf bestbezahlten Spieler auf seiner Position tarifvertraglich festgeschrieben worden. 271 Übersteigen jedoch 120% seiner vorherigen Bezüge dieses Durchschnittsgehalt, so soll dieser Betrag maßgebend sein. 272 Obwohl seit Bestehen dieser Möglichkeit kein Klub hiervon Gebrauch gemacht hat, erwies sich für die Klubs allein die Drohung der Benennung eines wechselbereiten "UFA" als "Franchise Player" als probates Mittel, den Spieler zur Verlängerung seines Vertrages zu bewegen. 273

dd) "Transition Player" Anstelle eines "Franchise Players" kann ein Klub jährlich einen für ihn besonders wichtigen "UFA" zum "Transition Player"274 bestimmen.275 Finanziell ist dies für den Klub kostengünstiger, denn im Gegensatz zum "Franchise Player" hat ein "Transition Player" tarifvertraglich lediglich Anspruch auf das Durchschnittsgehalt der zehn bestbezahlten Spieler auf seiner Position, oder, wie beim "Franchise Player", auf 120% seines Vorjahressalärs. Im Gegensatz zum "Franchise Player" ist ihm aber grds. ein Teamwechsel nach Ablauf seines Vertrages gestattet. 276 Demgegenüber steht seinem Klub indes wie bei einem "RFA" die Option zu, sich über das ,,right of first refusal system" die Dienste seines Akteurs für ein weiteres Jahr zu sichern. Dabei läuft der Klub Gefahr, u.U. ein Gehalt zahlen zu müssen, das sowohl über dem oben definierten

271 In 1994 betrug das durchschnittliche "top-five salary" der Saison 1993 eines "quarterback" 5.251 Mio., das eines ,,running backs" 3.466 Mio. und das eines "wide receiver" 2.278 Mio. USD, vgl. G. A. Uberstine, in: ders. (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. I, § 6.07[5). 272 Art. XX Abs. 2 lit a, c (i) NFL CBA 1993. 273 G. A. Uberstine, in: ders. (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. I, § 6.07[5]. 274 Vgl. hierzu Art. XX Abs. 3 NFL CBA 1993. 275 In dem Jahr 1993 konnten zwei und im Jahr 1994 ein "Transition Payer" zusätzlich zum "Franchise Player" erklärt werden. Im letzten Jahr des NFL CBA 1993, also 1999, kann ebenfalls neben einem "Franchise Player" ein "Unrestricted Free Agent" zum "Transition Player" erklärt werden, vgl. Art. XX Abs. 3 lit. (a) NFL CBA 1993. 276 Vgl. Art. XX Abs. 5 S. 1 NFL CBA 1993: "Any Player designated as a Transition Player shall, at the expiration of his prior year Player Contract, be pennitted to negotiate a Player Contract with any Club." 10"

148

§ 5 Die transferrelevanten Regelungen der Tarifverträge

Durchschnittsgehalt als auch über 120% des Vorjahresgehalts liegt. 277 Ob dies möglich ist, hängt nicht zuletzt vom Budget innerhalb der "salary cap" ab. 278 ee) "Veterans with less than three accrued seasons" Zuletzt soll noch kurz auf die Spieler eingegangen werden, die weniger als drei Spielzeiten in der NFL absolviert haben. 279 Bei ihnen handelt es sich im wesentlichen um rekrutierte ,,rookies", deren anfängliche (Einjahres-)Verträ· ge280 ausgelaufen sind. Diese Spieler dürfen nach Ablauf ihres Vertrages nur mit ihrem früheren Klub verhandeln, wenn dieser ihnen bis zu einer bestimmten Frist einen Einjahres-Vertrag unterbreitet. Um sich der Dienste dieser Spieler weiterhin zu versichern, müssen sie in diesem Zusammenhang den Spielern die tarifvertraglich festgesetzten Mindestgehälter offerieren. Unterbleibt ein Vertragsangebot seitens des Klubs oder zieht er ein solches zurück, so steht dem Akteur ein uneingeschränktes Wechselrecht zu. Dabei finden weder die Vorschriften über das "right of first refusal" noch die über der "draft choice compensation" Anwendung. 28t ff) Auswirkungen Die Liberalisierung des "free agency system" durch den NFL CBA 1993 wirkte sich für die Spieler insgesamt positiv aus. Zwar unterliegen die "Veterans with less than accrued seasons" und die "RFA" nach wie vor den verschiedenen Optionsmöglichkeiten der Klubeigner. Jedoch ist der Zeitraum, innerhalb dessen sie das Team nicht wechseln dürfen, recht überschaubar. Nach vier Spielzeiten erhalten sie den Status eines "UFA". Insbesondere die "RFA" wurden für diese Einbuße282 finanziell entschädigt. Das durchschnittliche Jahresgehalt der "RFA" stieg innerhalb einer Saison von 1992 bis 1993 um

277

Vgl. hierzu auch die Erläuterungen vonJ. Plassmann, NFL, S. 213.

278 Zum "Transition Player" vgl. ausführlich G. A. Uberstine, in: ders. (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. I, § 6.07[4]. 279

Vgl. hierzu Art. XVIII Abs. 2 NFL CBA 1993.

280

Art. XVI Abs. 3 NFL CBA 1993.

28t

Art. XVIII Abs. 2 S. 2 NFL CBA 1993.

Wechselten 1993 im ersten Jahr des NFL CBA 1993 noch 11 "RFA" das Team, kam 1994 von den 109 "RFA" kein einziger in den Genuß, das Team wechseln zu können. 35 "RFA", deren Verträge zur Saison 1994 ausliefen, verblieben schließlich bei ihren alten Klubs, vgl. bei M. J. Greenberg, Supplement, S. 215 f. 282

III. Die freie Transfennöglichkeit ("free agency")

149

166%.283 Eine ähnliche Entwicklung durchlief das Gehaltsniveau der "UFA". Sie konnten in dem gleichen Zeitraum einen Gehaltszuwachs von über 100% von 517.000 USD auf 1,04 Mio. USD verzeichnen. Im Gegensatz zu den "RFA" erhielten sie schließlich das zusätzliche Privileg, wofür Spieler und Gewerkschaften über Jahre hinweg gekämpft hatten: Die uneingeschränkte Wechselmöglichkeit. Von den 655 Spielerverträgen, die zum Februar 1994 ausliefen, profitierten 412 Spieler dahingehend, daß sie den Status eines "UFA" erhielten. Von ihrer freien Wechselmöglichkeit machten bis zum Juni 1994 immerhin 95 Spieler - z.T. auf spektakuläre Weise - 284 Gebrauch. 285 Lediglich drei "Transition Players" wechselten 1994 den Klub.

b) Eishockey Die tarifvertraglichen Regelungsgehalte hinsichtlich der "free agency" im Eishockey286 finden sich umfassend in Art. 10 NHL CBA 1993. Vergleichbar mit den Vorgaben in dem NFL CBA 1993 unterscheidet der NHL CBA 1995 zwischen "UFA" und "RFA", die in einzelne Untergruppen aufgeteilt werden. Jedoch im Gegensatz zu den Mechanismen in der NFL orientiert sich der relevante Spielerstatus in der NHL nicht nur an geleisteten Spielzeiten. Vielmehr knüpft die Zweiteilung auch an das Alter des Spielers zu einem bestimmten Stichtag an.

aa) "Restricted Free Agent" Zu der Kategorie "RFA"287 werden im wesentlichen die Spieler der Gruppe 11 ("Group 11 Players and Free Agents")288 gezählt. Die Qualifizierung erfolgt

283 Betrug das durchschnittliche Jahressalär eines "Restricted Free Agent" 1992 noch 0,29 Mio. USD, wurde er 1993 bereits mit durchschnittlich 0,78 Mio. USD entlohnt, vgl. bei M. J. Greenberg, Supplement, S. 22l. 284 Tim Donald von den "Arizona Cardinals" wechselte 1993 zu den "San Francisco 4gers" und unterschrieb einen Fünfjahres-Vertrag, der ihm insgesamt 12,7 Mio. USD einbrachte. Bei den "Cardinals" mußte sich Donald zuvor mit "nur" 0,85 Mio. USD begnügen, vgl. bei M. J. Greenberg, Supplement, S. 22l. 285 Vgl. bei M. J. Greenberg, Supplement, S. 218. 286 Vgl. zu den früheren Systemen umfassend T. Steinberg, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 7.07. 287 Vgl. auch die Definition in Art. 1 NHL CBA 1993: ,,'Restricted Free Agent' means a player whose Player Contract has expired, but who is still subject to a right of

150

§ 5 Die transferre1evanten Regelungen der Tarifverträge

unter Heranziehung des Alters im Jahr der ersten Vertragsunterzeichnung ("fIrst contract signing age") und der abgeleisteten Spiele ("professional experience") in der NHL. Als Stichtag für die Bestimmung des Alters ist der 15. September des Kalenderjahres festgesetzt. Beispielsweise fällt gem. Art. 10 lit. a (i) (A) NHL CBA 1995 unter der Gruppe 11 ein Spieler, der im Jahr der ersten Vertragsunterzeichnung zwischen 18 und 21 Jahren war und nicht mehr als drei Jahre "professional experience" in der NHL aufweisen kann. 289 In seiner Wechselfreiheit ist der "RFA" in gleicher Weise beschränkt wie ein "RFA" in der NFL. Insoweit kann auf die Modalitäten der Wechselmechanismen hinsichtlich des ,,right of fIrst refusal"290 und der "fIrst refusal exercise notice" der NFL verwiesen werden. Kurz gesagt: Der Spieler ist zwar nach Ablauf seines Vertrages grds. frei. Unterbreitet ihm aber sein bisheriger Arbeitgeber eine am Vertrags angebot des neuen Klubs orientierte, adäquate Offerte, muß er für ein weiteres Jahr an alter Wirkungsstätte bleiben. 291 Andernfalls kann er den Klub wechseln; infolgedessen steht seinem bisherigen Klub gegenüber dem neuen Klub ein Anspruch auf eine Entschädigung in Fonn von "draft choices" zu. 292

bb) "Unrestricted Free Agent" Auch hier unterscheidet sich das System nur unwesentlich von dem der NFL. Die nach Alter und abgeleisteten Spielzeiten unterschiedlich eingestuften293 "UFA"294 sind jeweils nach Ablauf ihrer Verträge in ihrer Wechselmög-

first refusal andlor draft choice compensation in favor of his Prior Club as described in Art. 10 ('Free Agency')." 288 Vgl. Art. 10.2. Jit. a (i) (A) NHL CBA 1995. 289 Die "professional experience" wird nach abgeleisteten Spielen beurteilt, die wiederum vom Alter abhängen. Einem achtzehn oder neunzehnjährigen Spieler wird ein Jahr "Professional Experience" gutgeschrieben, sofern er unter seinem Kontrakt in einer Saison zehn oder mehr Spiele absolviert hat, vgl. Art. 10.2. Jit. a (i) (A) NHL CBA 1995. 290 Vgl. die Definition in Art. 1 NHL CBA 1995: ,,'right of first refusal' means the right of a Club, (... ), to retain the services of certain players by matching offers made to those players." 291 Vgl. Art. 10.2. Jit. a LV.m. 10.3. NHL CBA 1995. 292 Vgl. Art. 10.5. NHL CBA 1995, vgl. auch die Definition in Art. 1 NHL CBA 1995: ,,'draft choice compensation' means the right of any Club pursuant to Section 10.5 to receive draft pick(s) from another Club, to compensate the Club for the loss of a Restricted Free Agent." 293 Insoweit sind vier Gruppen von Spielern zu unterscheiden: Zum einen die "Group III Players and Free Agents", die während der Laufzeit des CBA 1993 31 resp.

III. Die freie Transfermöglichkeit ("free agency")

151

lichkeit frei. Danach können sie nach Gutdünken bei jedem anderen Klub anheuern. Der Wechsel darf weder durch ein ,,right of first refusal" noch durch irgendwelche Ausgleichsforderungen des bisherigen Klubs beschränkt werden. Die Institutionen eines "Franchise Players" oder "Transition Players" sind der NHL im Gegensatz zur NFL fremd. c) Basketball

Mit dem Abschluß des CBA NBA 1995 errangen die Spieler resp. die Gewerkschaft ihren größten Erfolg seit dem Bestehen der tarifvertraglichen Konsultationen mit der Arbeitgeberseite. Erstmals in der Geschichte der NBA können alle Spieler einschließlich der ,,rookies" nach Ablauf ihres Vertrages ohne Einschränkungen das Team wechseln. Sämtliche Spieler erhielten mit Beginn der Saison 1996/97 den Status eines "UFA" , sofern ihr Vertrag abgelaufen ist. 295 Zugleich wurde tarifvertraglich vereinbart, daß mit Inkrafttreten des NBA CBA 1995 kein Spielervertrag mehr ein "right of first refusal" oder andere Wechselbeschränkungen des Spielers enthalten darf. 296 Wie sich diese Entwicklung auf die NBA auswirken wird, bleibt abzuwarten.

32 Jahre alt sein und mindestens vier Spielzeiten in der NHL absolviert, die "Group V Free Agents", die unabhängig vom Alter mindestens zehn "professional seasons" gespielt sowie die "Group VI Free Agents", die mindestens 25 Jahre alt sein und mindestens drei "professional seasons" gespielt haben müssen, vgl. Art. lO.!. lit. a, b, c NHL CBA 1995. 294 Vgl. die Definition in Art. I NHL CBA 1995: ,,'Unrestricted Free Agent' means a player who (a) has either signed a Player Contract or whose Player Contract has expired, or has been terminated or bought out by a Club; and (b) who otherwise is not subject to anything negotiating rights, right of first refusal, or draft choice compensation in favor of any Club (including, without limitation, players referred to in Section 10.1 or 10.2 (a) (iv) or a player who becomes an unrestricted free agent as a result of a Club exercising ist walkaway rights under Article 12)." 295

Art. XI Abs. I NBA CBA 1995.

"No Player Contract, or any Renegotiation, Extension, or amendment of a Player Contract, executed after the date of this Agreement, may include any individually right of first refusal or other limitation on player movement ( ... ).", vgl. Art. XI Abs. 2 lit. a NBA CBA 1995. 296

152

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

§ 6 Die Transfermechanismen und Ligapraktiken

im Lichte der amerikanischen Rechtsprechung I. Rechtliche Prolegomena: Einführung in das amerikanische Rechtssystem

Bevor die zu den Ligapraktiken ergangene Rechtsprechung der amerikanischen Gerichte im einzelnen erläutert wird, soll zunächst ein knapper Blick auf die allgemeine Struktur des amerikanischen Rechtssystems geworfen werden, in der die Rechtsprechung eine übergeordnete Rolle spielt. Das amerikanische Rechtssystem ist im wesentlichen geprägt vom altenglischen "common law". Unter "common law" versteht man das aus der Rechtsprechung sich ergebende Recht ("Richterrecht"). Sein Schwerpunkt liegt mithin auf der Rechtssetzung durch den Richter, dessen Bündel von Entscheidungen ein Fallrecht ("case law")297 entstehen läßt. Durch einzelne Entscheidungen und durch die Anwendung dieser Entscheidungen auf andere Fälle entwikkelt es sich stets weiter. Dabei schreibt der Grundsatz der bindenden Kraft der Präjudizien ("stare decisis") vor, daß die jeweiligen Untergerichte auf einzelstaatlicher und bundesstaatlicher Ebene an die Entscheidungen der Obergerichte gebunden sind. 298 Von dem einmal aufgestellten Präjudiz dürfen i.d.R. nur die Obergerichte abweichen, um dadurch u.U. neues Recht zu schaffen. 299 Die Vielzahl von Entscheidungen, "die je eine einzelne konkrete Fallfrage betreffen, deren Lösungen aber für alle späteren gleichgelagerten Streitfragen verbindlich sind",3oo formen sich so zu verbindlichen Rechtsnormen. Dem Richter kommen damit sowohl Rechtsprechungs- als auch Rechtssetzungsbefugnisse zu, was am Beispiel des noch später zu behandelnden amerikanischen Kartellrechts ("Antitrustrecht") verdeutlicht wird. Ergänzt bzw. unterstützt wird die richterliche Rechtsfortbildung durch den Gesetzgeber, der durch Verabschiedung konkreter Gesetze u.a. regulierend eingreift. Insoweit korrespondiert das "common law" mit dem sog. "statute law", das den Gegensatz zum "common law" bildet. In einigen, insbesondere neuen Rechtsbereichen, stellt die Gesetzgebung ein generalklauselartiges Regelwerk zur Verfügung, dessen Ausfüllung den Gerichten übertragen wird. Der Gesetzgeber wird jedoch auch

297 Zur Abgrenzung der Begriffe "common law" und "case law" vgl. P. Hay, Einführung, S. 7. 298 Zum Instanzenzug auf einzel- und bundesstaatlicher Ebene vgl. P. Hay, Einführung, S. 38 ff.; D. Blumenwitz, Einführung, S. 29 f. 299 Zu der Frage, was konkret als bindendes Präjudiz zu betrachten ist, vgl. D.

Blumenwitz, Einführung, S. 31 ff. 300

E. Curti, Antitrustrecht, S. 8.

H. Die amerikanischen Ligapraktiken und das Kartellrecht

153

dann aktiv, wenn die Änderung einer institutionalisierten (höchstrichterlichen) Rechtsprechung aufgrund geänderter gesellschafts- und wirtschaftpolitischer Entwicklungen notwendig iSt. 301 Die Auslegung des Gesetzes ist dann wieder ~ache der Gerichte, wobei die Rechtsprechung zu einer bestimmten Norm als Präjudiz wiederum die Untergerichte in späteren Fällen bindet. Verläßt die Rechtsprechung die vom Gesetzgeber vorgegebenen Direktiven, kann dieser wiederum durch Gesetz regulierend eingreifen. 302 Obwohl das amerikanische Recht grds. den Traditionen des "common law" folgt, nahm die Bedeutung des "statute law" seit Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika zu. Im Laufe des 20. Jahrhunderts gewann das "statute law" immer mehr an "Popularität". Diese Entwicklung führte letztendlich dazu, daß sich das amerikanische Rechtssystem bis heute zu einem gemischten Rechtssystem formte, wobei aber "die Betonung auf dem fallrechtlichen Aspekt verbleibt".303 Die folgenden Ausführungen zur kartellrechtlichen Beurteilung der amerikanischen Ligapraktiken werden zeigen, daß etwa die einschlägigen Gesetzeswerke bei der Rechtsforschung in einer Art Wechselspiel stets im Zusammenhang mit den richterlichen Auslegungsdirektiven zu betrachten sind. 304

11. Die vorrangige Beurteilung der amerikanischen Ligapraktiken aus dem Blickwinkel des Kartellrechts ("antitrust law") Die Regeln und Praktiken innerhalb der amerikanischen Profi-Ligen sind bis in die heutige Zeit Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren gewesen. Im Hinblick auf die im Vordergrund der Untersuchung stehenden, oben aufgezeigten Wechselrestriktionen stand dabei nicht etwa ein dem Art. 12 GG vergleichbares Grundrecht im Blickpunkt der gerichtlichen Auseinandersetzungen. Zwar existieren auch in den Vereinigten Staaten bürgerliche Grundrechte. Sie sind entweder in der Verfassung verankert - hier kommen in erster Linie die durch die verfassungsrechtliche Rechtsprechung des "Supreme Court" stets fortgebildeten ersten zehn Zusatzartikel ("amendments") der Bundesverfassung in Be-

30\ Vgl. die Ausführungen des "Supreme Court" zur der sog. "baseball exemption" in der Sache Radovich v. NFL, 352 U.S. 445, 452, 450 ff. (1957). Eine Änderung der seit 1922 existierenden Rechtsprechung zur kartellrechtlichen Befreiung des Baseballs könne nur durch einen Legislativakt herbeigeführt werden, vgl. hierzu näher unten § 6 H.

302

P. Hay, Einführung, S. 10.

303

P. Hay, Einführung, S. 3.

304 Kritisch hierzu G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.02.

154

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

tracht, die sog. "bill of rights" _305 oder leiten sich aus der Bundesgesetzgebung ab, die ihrerseits auf der Bundesverfassung beruht. 306 Ein an die Gewährleistungsdimensionen des Art. 12 GG angelehntes, für das Arbeits- und Wirtschaftsrecht zentrales Freiheitsrecht, das dem einzelnen die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit zur materiellen Sicherung seiner individuellen Lebensgestaltung ermöglicht, ist dem amerikanischen Recht indes fremd. Im Zentrum der gerichtlichen Entscheidungsfindung stand vielmehr zunächst das Vertragsrecht ("contract law"). Streitgegenständlich waren stets die Bestrebungen der Klubs, dem Netzwerk der Wechselrestriktionen, allen voran dem "reserve system", Geltung zu verschaffen, um die wechsel willigen Spieler zur Einhaltung ihrer Verträge anzuhalten. Diese wiederum, mit lukrativen Vertragsangeboten vor Augen, versuchten oftmals in vertragswidriger Weise, diese Einschränkungen zu umgehen. 307 Das amerikanische Kartellrecht ("antitrust law") hingegen wurde erst mit Ende der sechziger Jahre zunehmend relevant. Zu dieser Zeit konnten sich die amerikanischen Profi-Ligen zunehmend wirtschaftlich konsolidieren. Der Professionalisierungs- und Kommerzialisierungsprozeß schritt voran, und die Nachfrage nach dem Unterhaltungsgut "Profisport" wuchs auf den relevanten, profitablen Absatzmärkten, wie dem Markt für Eintrittskarten, dem Markt für Fernsehrechte sowie dem Markt für das Sponsoring. In diesem Zusammenhang versuchen die Klubs resp. die Ligen in ihrer Funktion als (alleinige) Anbieter von Ligaspielen und Nachfrager auf dem Spielermarkt bis heute, diese Märkte zu kontrollieren und zu steuern, um nicht zuletzt in Anbetracht stetig steigender TV - und Werbeeinnahmen in Milliardenhöhe den Kreis derjenigen, die in den Genuß des Profits kommen sollen, so klein wie möglich zu halten. Zu diesem Zweck treffen die Klubs zahlreiche Absprachen, die regulierend auf die Marktverhältnisse Einfluß nehmen. Im Vordergrund stehen dabei insbesondere Vereinbarungen über den Spielermarkt, die die Aufteilung desselben durch die "draft" und die Festlegung der Wechselrestriktionen durch die "free agency" vor Augen haben. Darüber hinaus treffen die Klubs Absprachen über die relevanten Absatzmärkte betr. Eintrittskarten, TV-Rechte und Sponsoring. Ausgestattet mit dem alleinigen Recht zur Vergabe der für den Spielbetrieb erforder-

305 Vgl. hierzu näher R. Parker, Verfassungsrecht, S. 56 ff.; E. Freund, Das öffentliche Recht, S. 42 ff. 306

Vgl. P. Hay, Einführung, S. 31 f.

307 Vgl. beispielsweise Dallas Cowboys Football, Inc. v. Harris, 348 S.W.2d 37 (Tex. Civ. App. 1961); Minnesota Muskies, Inc. v. Hudson, 294 F. Supp. 979 (M.D.N.C. 1969); Central New York Basketball, Inc. v. Bamett, 181 N.E. 2d 506 (Court of Common Pleas of Ohio, Cuyahoga County, 1961); Huston Oilers, Inc. v. Neely, 361 F.2d 36 (10th Cir. 1966).

II. Die amerikanischen Ligapraktiken und das Kartellrecht

155

lichen "franchises" regeln die Ligen ferner den Zutritt Dritter zu den Ligaspielmärkten. Hinter den jeweiligen Zusammenschlüssen der Sportunternehmen zu einer Liga unter gleichzeitiger Anerkennung gemeinsam aufgestellter Richtlinien und vertraglicher Absprachen können daher durchweg Monopole, Kartelle bzw. Kartellvereinbarungen vermutet werden, die auf die relevanten Märkte in wettbewerbswidriger Weise einwirken. 30s Vor diesem Hintergrund wurden die Ligen mit zahlreichen Kartellverfahren überzogen, in denen die Ligaregelungen und -praktiken auf dem kartellrechtlichen Prüfstein standen. 309 Vor allem die Spieler, z.T. unterstützt durch die Gewerkschaften, leiteten mehrere Musterprozesse ein, um die zahlreichen Wechselrestriktionen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten anzufechten. 310 In diesem Zusammenhang bemühten sich die Ligen "NFL", "NHL" und "NBA" bislang vergebens, denselben kartellrechtlich privilegierten Status zu erlangen, wie ihn die Baseball-Liga "MLB" seit 1922 genießt. Insoweit sind nach der bis heute höchst umstrittenen Rechtsprechung des "Supreme Court" die Baseballklubs im Gegensatz zu ihren Pendants in den anderen Ligen hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten von den kartellrechtlichen Beschränkungen befreit (sog. "baseball exemption"). Der "Supreme Court" entschied seinerzeit im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen "reserve system", daß "professional baseball" nicht den "interstate commerce" berühre und befreite den Baseball insgesamt vom Antitrustrecht. 311 Trotz der bestehenden Parallelen zu den anderen Team-Sportarten

30S Zur wettbewerbspolitischen Beurteilung der Profi-Ligen vgl. umfassend S. Pariasca, Kartelle, 1993, die in diesem Rahmen die Kartellabsprachen der Profi-Ligen ökonomisch analysiert. 309 So sah sich allein die NFL seit 1966 nicht weniger als 60 Kartellverfahren ausgesetzt, vgl. G. R. Roberts, in: Staudohar/Mangan (Hrsg.), The Business of Professional Sports, S. 135; zur kartellrechtlichen Beurteilung von Ligaverbindungen im australischen Rugby Football vgl. M. Krogmann, SpuRt 1998, 51 ff.

310 Vgl. Wood v. NBA, 602 F. Supp. 525 (D.C.N.Y. 1984); 809 F.2d 954 (2d Cir. 1987); McCourt v. Califomia Sports, Inc., 600 F.2d 1193 (6th Cir. 1979); Smith v. Pro Football, Inc., 420 F. Supp. 738 (D.D.C. 1976); 593 F.2d 1173 (D.C. Cir. 1978); Kapp v. NFL, 390 F. Supp. 73 (N.D. Cal. 1974); 536 F.2d 644 (9th Cir. 1978), Mackey v. NFL, 407 F. Supp. 1000 (D. Minn. 1975); 543 F.2d 606 (8th Cir. 1976); Powell v. NFL, 678 F. Supp. 777 (D. Minn. 1988); 888 F.2d 559 (8th Cir. 1989); Bridgeman v. NBA, 675 F. Supp. 960 (D.N.J. 1987); Zimmerman v. NFL, 632 F. Supp. 398 (D.D.C. 1986); Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867 (S.D.N.Y. 1975); 479 F. Supp. 65 (S.D.N.Y. 1979); 625 F.2d 407 (2d Cir. 1980). 311 Vgl. Federal Baseball Club of Baltimore v. National League of Professional Baseball Clubs, 259 U.S. 200, 209 (1922). Der "Supreme Court" bestätigte diese Auffassung in zwei weiteren Verfahren, vgl. Toolson v. New York Yankees, 346 U.S. 356 (1953) sowie Flood v. Kuhn, 407 U.S. 258 (1972). Zur "baseball exemption" vgl. näher J. P. Bauer, Tenn. L. Rev. 60/1993, 263 (264ff.); S. H. Chalian, St. John's L. Rev.

156

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

verweigerte der "Supreme Court" indes eine Erweiterung der "exemption" auf andere Ligen, insbesondere auf den Football. Vielmehr verwies er auf die Legislative. Nur durch einen entsprechenden Legislativakt des Kongresses könne mit Blick auf die langjährige Rechtsprechung eine Korrektur der kartellrechtlichen Rechtslage herbeigeführt werden. 312 Ein gesetzgeberisches Tätigwerden des Kongresses ist aber bislang nicht signalisiert worden, und einer Korrektur durch die Untergerichte steht der Grundsatz der bindenden Kraft der Präjudizien ("stare decisis") entgegen. 313 Die Kartellverfahren selbst erforderten mit Blick auf die seit den siebziger Jahren zunehmenden tarifvertraglichen Beziehungen zwischen Liga und Gewerkschaft eine immer komplexer werdende Priifung,314 und die Entscheidungen hinterließen bei den Beteiligten nicht selten einen Hauch von Ungewißheit hinsichtlich der Frage, ob sich die Ligen im Rahmen der gesetzlichen und gerichtlichen Vorgaben hielten. 315 Einer klaren und stringenten Kartellrechtsdogmatik standen dabei nicht selten die z.T. unterschiedlichen Auffassungen der zur Entscheidung berufenen Richter entgegen. 316 Eine zwischen den Gerichten übereinstimmende und folgerichtige Entscheidungsfindung wird darüber hinaus durch die eigentümliche, sich von der sonstigen "world of business" unterscheidende Geschäfts- und Organisationsstruktur der Ligen erschwert, die zum einen überbetriebliches Kooperations- und andererseits Konkurrenzdenken erfordert. Hinzu kommt die Brisanz, daß die kartellrechtlichen "sport cases" stets einer breiten öffentlichen Anteilnahme ausgesetzt, nicht selten politisch belastet oder ökonomisch für eine bestimmte Region oder eine Gruppe von Personen von enormer Bedeutung sind. 317 Schließlich fließen in

67/1993,593 (600 ff.); S. J. Foraker, S. Cal. L. Rev. 59/1985, 157 (160 f.); S. F. Ross, Emory LJ. 39/1990,463 (471).

312 Radovich v. NFL, 352 U.S. 445, 450 ff. (1953). 313 Gleichwohl teilte in dem Verfahren Piazza v. Major League Baseball Richter Padova seine Auffassung mit, daß die vom "Supreme Court" im Jahre 1922 konstituierte "baseball exemption" lediglich auf das damalige Wechselsystem "reserve system" Anwendung finde, nicht aber auf die im Verfahren streitgegenständlichen "relocation restrictions" eines Klubs, vgl. 831 F. Supp. 420, 437, 438 f. (E.D. Pa. 1993). 314 Vgl. WeilerlRoherts, Sports, S. 65. 315 Vgl. G. R. Roherts, Geo. LJ. 75/1986,19 f. 316 Vgl. bei G. R. Roherts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.01. 317 Vgl. hierzu das Verfahren Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n. v. NFL, 726 F.2d 1381 (9th Cir. 1984), in dem es um den Einspruch der NFL gegen den Umzug der "Oakland Raiders" in den zweitgrößten Wirtschaftsraum der USA, Los Angeles, ging.

III. Relevante Grundstrukturen des amerikanischen Kartellrechts

157

die kartellrechtliche Beurteilung noch eine Reihe von Befreiungstatbeständen ein, die die Anwendung des Kartellrechts ausschließen. So kam beispielsweise die NFL in den Genuß zweier Befreiungen durch Legislativakte des Kongresses, womit ihr zum einen die ligaweite zentrale Vermarktung der Übertragungsrechte 318 und zum anderen die Fusion mit der Konkurrenzliga "American Football League" im Jahre 1966 gestattet wurde. 319 Insgesamt betrachtet können diese Faktoren auf den Ausgang eines Prozesses entscheidenden Einfluß nehmen. So ist das Sportrecht in den Vereinigten Staaten wie kein anderes wohl das Rechtsgebiet, in dem die kartellrechtliche Dogmatik schwer erfaßbar ist und die Ausgänge der Prozesse stets ungewiß sind. 32o

111. Relevante Grundstrukturen des amerikanischen Kartellrechts 1. Die föderale Struktur der amerikanischen Kartellgesetzgebung ("federal-/state antitrust law")

Dem bundesstaatlichen Prinzip folgend ist nach der amerikanischen Verfassung die Gesetzgebungskompetenz aufgeteilt zwischen dem Bund und den Bundesstaaten. Im Vordergrund der Kompetenzverteilung stehen die einzelnen Staaten, bei denen die Grundsatzkompetenz liegt. 321 Der Bund ist zur Gesetzgebung nur auf den Gebieten befugt, die ihm durch die amerikanische Verfassung, insbesondere durch Art. I Section 8, zugewiesen wurde. Hinsichtlich des Kartellrechts besteht dabei die Besonderheit, daß beide Kompetenzen in direkte Konkurrenz treten, d.h. sowohl dem Bund als auch den Bundesstaaten kommen Gesetzgebungszuständigkeiten zu. Insoweit ist zwischen dem "state anti trust law" und dem "federal anti trust law" zu unterscheiden. 322 Der Grund für diese Überschneidung liegt in der sog. "commerce clause" des Art. I Section 8 Abs.3 der amerikanischen Verfassung, die maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Kompetenzverteilung hinsichtlich der Regelungen bezüglich des Handels und der Wirtschaft ist, denen das Antitrustrecht materiell-rechtlich zuzu-

318 Sog. "Sports Broadcasting Act" aus dem Jahre 1961, 15 U.S.c. § 1291; vgl. hierzu näher unten § 6 IV 2a. 319

Vgl. 15 U.S.C. § 1292.

320 Vgl. G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.01.; vgl. auch M. J. Greenberg, Sports Law, S. 5 f. 321 Vgl. das zehnte "amendment" zur Verfassung: "The power not delegated to the United States by the Constitution, nor prohibited by it to the States, are reserved to the States respectively, or to the people." 322

Zur Abgrenzung vgl. auch 1 Trade Regulation Reporter §§ 960, 965 und 970.

158

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

ordnen ist. 323 Die als Generalklausel zu qualifizierende "commerce clause" begründet dabei die ausschließliche Bundeszuständigkeit für den Außenhandel und den zwischenstaatlichen Handel. Unter zwischenstaatlichem Handel wird der Handel zwischen den Bundesstaaten verstanden (sog. "interstate commerce"). Betrifft also die Regelungsmaterie einen Handel, der sich innerhalb der Staatsgrenzen eines Bundesstaates abspielt, bleibt die Gesetzgebungskompetenz bei dem jeweiligen Bundesstaat, während der staatenübergreifende Handel in das Kompetenzgefüge des Bundes fällt. Der Bund, namentlich der "congress" als gesetzgebende Körperschaft, hat von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht und eine Reihe von Antitrustgesetzen erlassen. Erste gesetzgeberische Maßnahme war der Erlaß des Shennan Act von 1890. 324 Ihm folgten im wesentlichen der Clayton Act aus dem Jahre 1914,325 durch den der Shennan Act Änderungen und Ergänzungen erfuhr. Im selben Jahr wurde der Federal Trade Commission Act verabschiedet,326 der primär die Schaffung einer staatlichen Aufsichts- und Verfolgungsbehörde ("Federal Trade Commission") im Auge hatte. 327 Das "state antitrust law" geriet trotz zahlreich

323 In die Materie der "commerce clause" fällt neben dem Antitrustrecht noch das Wettbewerbsrecht ("competition law"), das Patentrecht ("patent law") und das Urheberrecht ("copyright law"), die allesamt ausdrücklich nach Art. I Section 8 Abs. 8 der Verfassung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes zugeordnet sind, vgl. E. Curti, Antitrustrecht, S. 14. 324 "An act to protect trade and commerce against unlawful restraints and monopolies.", 26 Stat. 209, as amended, 15 U.S.C.A. §§ 1-7.

325 "An act to supplement existing laws against unlawful restraints and monopolies, and for other purposes.", 15 U.S.C.A. §§ 12-17. Änderungen und Ergänzungen erfuhr der Clayton Act durch den Robinson-Patman Discrimination Act, 15 U.S.C. §§ 13, 13 a, b, 21a (1936), den Celler-Kefauver Act von 1950 und durch den Hart-Scott-Rodino Act von 1976, 15 U.S.C. §§ 1311-1314. 326 "An act to create a Federal Trade Commission, to define ist powers and duties, and for other purposes.", 15 U.S.C.A. §§ 41-58 (1914). 327 Die aus mehreren Abteilungen bestehende "Commission" untersucht und verfolgt in erster Linie Verstöße gegen den Clayton Act und wird entweder aus eigener Initiative oder aufgrund einer Weisung des "attorney general" des lustizministeriums tätig. Sie kontrolliert mit begrenzten Mitteln das Handeln von Unternehmen auf ihre Vereinbarkeit mit den antitrustrechtlichen Direktiven und ist befugt, gerichtsähnliche Verfügungen ("order to cease and desist") zu erlassen, mit denen Unternehmen i.S.d. Einhaltung der Antritrustgesetze gewisse Handlungen verboten oder vorgeschrieben werden können, vgl. § 5 lit. a (6) des F.T.C.A. Diese "order" können durch die Gerichte vollstreckt werden. Zwischen der F.T.C. und dem lustizministerium, das ebenfalls Aufsichts- und Verfolgungsfunktionen wahrnimmt, besteht eine kooperative Aufgabenverteilung. Zur Zuständigkeit und Befugnis der F.T.C.A. vgl. ausführlich E. Curti, Antitrustrecht, S. 35 f.; K. Fahrendorf, Antitrustrecht, S.5; ferner GelihornlKovacic, Antitrust Law, S. 29 f.

III. Relevante Grundstrukturen des amerikanischen Kartellrechts

159

einzelstaatlicher ergangener Gesetze unter Berücksichtigung der expandierenden, staatenübergreifenden Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft hinsichtlich seiner Relevanz im Laufe der Zeit mehr und mehr ins Hintertreffen. Zwar richten sich die Antitrustgesetze der Bundesstaaten im wesentlichen nach dem ,,federal antitrust law" aus, dennoch sind Divergenzen wegen der individualregelnden Inhalte vorhanden. Darauf konnten sich nicht zuletzt die Unternehmen einstellen, die nach einem erfolgten Verbot in einem Bundesstaate kurzum ihren Sitz in einen anderen verlegten, in dem das kartellrechtliche Verhalten nicht sanktioniert wurde. 328 Auf den Bereich des Sports übertragen, kommt ausschließlich das "federal anti trust law", namentlich der Sherman Act und der Clayton Act, zur Anwendung. Grund hierfür ist die Struktur der Ligen mit ihren bundesstaatsübergreifenden Implikationen. Die nationen weite Anwendung ihrer Regelungen und Praktiken auf alle Teams dient der Aufrechterhaltung des Wettbewerbs sowohl zwischen den Spielern als auch den Teams. Eine Zersplitterung der Ligastrukturen auf der Basis der bundesstaatlichen kartellrechtlichen Vorgaben würde den Erfolg der Ligen gefährden. Hinzu käme eine uneinheitliche "state antitrust"-Rechtsprechung, wodurch letztendlich die Klubs zur Aufrechterhaltung eines geordneten Spielbetriebes und zur konformen Durchführung des gesamten Unternehmens gezwungen wären, sich dem jeweiligen restriktivsten Recht unterzuordnen. Vor diesem Hintergrund gab es im amerikanischen Profisport kein Verfahren, in dem "state antitrust law" letztendlich zur Anwendung kam. Vielmehr wurde das "state antitrust law" von den Gerichten stets für unanwendbar erklärt. Grundlage für diese Betrachtungsweise ist das Urteil des "Supreme Court of the United States" in dem Verfahren Flood v. Kuhn aus dem Jahre 1972,329 in dem das oberste Gericht der Vereinigten Staaten die Auffassung des Berufungsgerichts in diesem Verfahren bestätigte, daß der zwischenstaatliche Handel dem einzelstaatlichen Interesse an dem Regelungsbedürfnis des "baseball reserve system" überwiege und damit die "commerce clause" die Anwendung von "state antitrust law" ausschließe. 33o Die übrigen Gerichte hielten sich freilich an diese höchstrichterlichen Vorgaben auch in bezug auf die anderen Team-Sportarten. 331 Lediglich in dem Verfahren Partee v.

328

Vgl. E. CUTti, Antitrustrecht, S. 15.

329

407 U.S. 258 (1972).

330 "Hence, as the burden on interstate commerce outweights the states ' interests in regulating baseball's reserve system, the Commerce Clause precludes the application here of state antitrust law.", vgl. Flood v. Kuhn, 443 F.2d 264, 268 (2d. Cir. 1971). 331 Zum Basketball vgl. Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867 (S.D.N.Y. 1975); für den Football Matuszak v. Houston Oilers, Inc., 515 S.W.2d 725, 729 (Tex. Civ. App. 1974); vgl. hierzu auch Weiler/Roberts, Sports, S. 124.

160

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

San Diego Chargers Football CO.332 zeichnete sich eine andere Entwicklung ab. Dennis Partee, ein Spieler der San Diego Chargers, bezweifelte vor dem "District Court" zunächst erfolgreich die Vereinbarkeit des NFL "reserve system" mit dem "state antitrust law" des Staates Kalifornien. 333 In der Berufung vor dem "Supreme Court of California" führte das oberste Staatsgericht dann aus, daß nicht jede Anwendung von "state power" auf den "interstate commerce" unwirksam sei. Vielmehr seien "state statutes" dann heranzuziehen, wenn dies ein legitimes, lokales öffentliches Interesse erfordert und der "interstate commerce" hierdurch nur unwesentlich beeinträchtigt würde. Die Sachlage soll sich aber anders darstellen, wenn die Einschränkungen des "interstate commerce" außer Verhältnis zum lokalen öffentlichen Interesse stünden. 334 Diese Voraussetzungen bejahte der "Supreme Court of California" und hob die vorinstanzliche Entscheidung auf. 335 Im Zuge der nicht nur im Sportrecht zahlreich ergangenen Antitrusturteile bildete sich das Antitrustrecht stets fort. Die (Bundes-)Rechtsprechung trug somit erheblich zur Ausgestaltung des antitrustrechtlichen Regelungsrasters bei und kam ihrer Aufgabe zur richterlichen Gesetzgebung im wesentlichen nach. Hierdurch wurden die recht knapp gefaßten, wichtigsten kodifizierten Gesetzeswerke wie der Sherman Act und der Clayton Act klarer konturiert, die im folgenden als die für das Sportrecht relevanten materiell-rechtlichen Plattformen des "federal anti trust law" einschließlich der sich in diesem Zusammenhang ergebenden prozessualen Möglichkeiten näher dargestellt werden sollen.

2. Überblick über das relevante kartellrechtIiche Normengefiige

Im Vergleich zum GWB stellen die Antitrustgesetze eine kleine und komprimierte Ordnung geschriebenen Rechts dar, deren Bestandteile sich in ihrem Anwendungsbereich vielfach überschneiden. Im Vordergrund aller bisherigen kartellrechtlichen Klagen gegen die amerikanischen Profi-Ligen stand dabei der Sherman Act. Das Gesetz war die erste gesetzgeberische Reaktion gegen

332

Vg!. 34 Cal.3d 378, 194 Cal.Rptr. 367, 668 P.2d 674 (S.o. Ca!. 1983).

333 Wesentliche Regelungsmaterie ist der sog. "Cartwright Act", vg!. in Deering's Califomia Codes Annotated, Business And Professions Code, §§ 16700 ff. 334 "A state statue must be upheld if it regulated even-handedly to effectuate a legitimate local public interest, and ist effects on interstate commerce are only incidental ( ... ) unless the burden imposed on such commerce is c1early excessive in relation to the putative local benefits.", vg!. Partee v. San Diego Chargers Football Co., 668 P.2d 674, 677 (S.Ct. Ca!., 1983); vg!. hierzu auch L. J. Tobin-Rubio, U. Miami L. Rev. 41/1987, 1185 (1198 ff.). 335

Vg!. bei WeilerlRoberts, Sports, S. 122 ff.

III. Relevante Grundstrukturen des amerikanischen Kartellrechts

161

das gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer stärker aufkommende wettbewerbswidrige Verhalten durch Unternehmen bzw. Unternehmensverbindungen und deren zunehmende Anhäufung von Macht. Das "common law" nämlich war mangels konkreter, gerichtlicher Konflikte zwischen den Unternehmen nicht in der Lage, die Bildung dieser marktbeherrschenden Giganten einzudämmen. So war die Gesetzgebung ("legislation") gefragt, durch zwingendes Recht entscheidende Akzente zu setzen, um so einer staatlichen Wirtschaftsbeeinflussung Konturen verleihen zu können. 336 Der Sherman Act ist im wesentlichen geprägt von zwei Tatbeständen eines wettbewerbswidrigen und ungesetzlichen Verhaltens. § 1 S. 1 Sherman Act erfaßt wettbewerbsbeschränkende Abreden zwischen mehreren Unternehmen (Kartellverbot), indem er jede Vereinbarung, jeden Zusammenschluß in Form eines "trust" oder in anderer Form sowie jedes verschwörerische Zusammenwirken zum Zwecke einer Beschränkung des Wirtschaftsverkehrs zwischen den Einzelstaaten oder mit fremden Nationen als ungesetzlich erklärt. 337 § 2 Sherman Act verbietet hingegen das wettbewerbsbeschränkende Verhalten durch "das Monopolisieren und den Versuch hierzu" ("Monopolverbot").338 Verstöße gegen dieses Monopolverbot können mit Geld- oder Freiheitsstrafen sanktioniert werden 339 , deren Androhung und Festsetzung "zur Verstärkung der Wirkung der Antitrustnormen in präventiver Richtung"34O dient. Zur Einleitung der strafrechtlichen Verfahren ist die "Antitrust Division" als Spezialabteilung des amerikanischen lustizministeriums ("U.S. Department of Justice") zuständig. 341 Das Mini-

336 Vg!. hierzu Gellhorn/Kovacic, AntitrustLaw, S. 15. 337 "Every contract, combination in the fonn of trust or otherwise, or conspiracy, in restraint of trade or commerce among the several States, or with foreign nations, is decIared to be illega!.", § I S.1 Shennan Act. 338 "Every person who shall monopolize, or attempt to monopolize, or combine or conspire with any other person or persons, to monopolize any part of trade or commerce among the several States, ( ... )." § 2 Shennan Act. 339 Vg!. beispielsweise § 1 S. 2 Shennan Act: "Every person who shall make any contract or engage in any combination or conspiracy hereby decIared to be illegal shall be deemed guilty for a felony, and, on conviction thereof, shall be punished by fine not exeeding $ 10,000,000 if a corporation, or, if any other person, $ 350,000, or by imprisonment not exeeding three years, or by both said punishment, in the discretion of the court." 340 Vg!. E. Curti, Antitrustrecht, S. 63. 341 Funktional zuständig ist der Generalstaatsanwalt ("general attomey"), der im Gerichtsverfahren als Vertreter der Behörde auftritt. Die Ennittlungsbefugnisse der "antitrust division" sind durch den Antitrust Civil Process Act vom 19.9.1962, und durch den Hart-Scott-Rodino Antitrust Improvements Act vom 30.9.1976, 15 U.S.c. 1311-1314, abschließend geregelt. Unterstützt wird das Ministerium von der "Federal 11 Trornmcr

162

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

sterium als Verfolgungs- und Aufsichtsbehörde ist darüber hinaus nach § 4 Sherman Act zivilrechtlich befugt, gerichtliche Verfügungen auf Unterlassung ("preliminary injunction") der gesetzwidrigen Handlungen zu erwirken. Ist die rechtswidrige Verletzung des Sherman Act einmal festgestellt und hat ein Dritter hierdurch einen adäquat kausalen Schaden erlitten, kann dieser über § 4 Clayton Act342 dreifachen Schadensersatz ("treble damages") verlangen. 343 Begehrt der Kläger die Feststellung des kartellrechtswidrigen Verhaltens, so steht ihm die Feststellungsklage ("dedaratory judgement") zur Verfügung. Neben den Sherman Act treten ergänzend Vorschriften des "Clayton Act", der einzelne Verbotstatbestände formuliert, die die Gerichte nicht ohne weiteres aufgrund des Sherman Act erfassen konnten. Während der Sherman Act nämlich vorwiegend bereits bestehende monopolistische Zustände bekämpft, stehen beim Clayton Act die Methoden im Blickpunkt, durch welche Monopole erst geschaffen werden können. 344 Besondere Aufmerksamkeit verdient § 7 Clayton Act345 , der das Verbot von Unternehmenszusammenschlüssen sowohl durch Anteilserwerb als auch durch Vermögenserwerb zum Regelungsgegenstand hat, wenn diese zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs oder zur Errichtung eines Monopols führen können. 346 Deuten sich monopolistische Schädigungshandlungen an, kann nach § 16 Clayton Act im Wege einer Art einstweiliger Verfügung eine Unterlassung ("injunctive relief') beantragt werden.

Trade Commission", die vornehmlich Verstöße gegen den den Sherman Act ergänzenden Clayton Act verfolgt, vgl. näher K. Fahrendorf, Antitrustrecht, S. 5 f.; F. Engelmann, Monopole, S. 45 f. 342 "Any person who shall be injured in his business or property by reason of anything forbidden in the antitrust laws may sue therefor in any district court of the Uni ted States in the district in which the defendant resides or is found or has an agent, without respect to the amount in controversy, and shall recover threefold the damages by hirn sustained, and the cost of suit, incJuding a resonable attorney' s fee." 343 Vgl. hierzu näher Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL, 726 F.2d 1381,1386 (9th Cir. 1984); USFL v. NFL, 634 F. Supp. 1155 (S.D.N.Y. 1986). 344 Zum Normengefüge des Clayton Act vgl. näher A. Stille, Kartellrechtsstreitigkeiten, S. 46 ff.; GelihornlKovacic, Antitrust Law, S. 29.

345 Vgl. § 7 S. 1 Sherman: "That no corporation engaged in commerce shall acquire, directly or indirectly, the whole or any part of the stock or other share capital and no corporation subject to the jurisdiction of the Federal Trade Commission shall acquire the whole or any part of the assets of another corporation engaged also in commerce, where in any line of commerce in any section of the country, the effect of such acquisition may be substantially to lessen competition, or to tend to create a monopoly." 346

Vgl. O. Sandrock, Vertikale Konzentrationen, S. 97.

IV. Der Shennan Act und die amerikanische Sportrechtsprechung

163

IV. Der Sherman Act als zentraler Pfeiler im amerikanischen KarteUrecht unter Berücksichtigung der wesentlichen Konturen in der amerikanischen Sportrechtsprechung Bezogen auf die sportrechtlichen Kartellverfahren bleibt auf Tatbestandsebene trotz aller zwischenzeitlich ergangenen Modifikationen und Ergänzungen der Shennan Act entscheidender materiell-rechtlicher Anknüpfungspunkt, an dessen Vorgaben sich die kartellrelevante Praxis der Ligen hinsichtlich ihrer Strukturen, Regelungen und Operationen messen lassen muß.

1. Die Ratio des Sherman Act

Mit dem Shennan Act stellte der Gesetzgeber ein verbindliches Verhaltensmuster zur Verfügung, das quasi als Rahmengesetz sehr allgemein und vage fonnuliert war. Der Kartellrechtsverstoß war durch eine schlichte Subsumtion des Sachverhaltes unter das Gesetz nicht zu ennitteln. Vor dem Hintergrund, daß nach den Regeln des "common law" das legislativ geschaffene Recht nur Rechtsquelle zweiten Ranges ist, waren demnach die Gerichte gefragt, die Verletzungstatbestände unter Heranziehung des Sinns und Zwecks des Gesetzes näher zu fixieren, um so das Gesetz konkret auszugestalten und eine einheitliche Gerichtspraxis bei der Beseitigung von Wettbewerbsbeschränkungen und Monopolbildungen zu gewährleisten. 347 Die interpretierenden Richtersprüche hatten anhand der kritischen Tatbestandsmerkmale "contract, combination, ( ... ) or conspiracy" und ,,restraint of trade" LS.d. § 1 Shennan Act sowie "monopolize" i.S.d. § 2 Shennan Act zu erfolgen. Für das Verständnis der ergangenen, aufzuzeigenden sportrechtlichen Kartellurteile ist es unerläßlich, zumindest die Grundstrukturen der vorgenommenen Interpretationsansätze aufzuzeigen, in deren Lichte die Entscheidungen ergingen. Einig war sich die gesamte Jurisprudenz, daß eine Auslegung des Shennan Act im Sinne eines freien Wettbewerbs ("competition") erfolgen müsse,348 denn der Shennan Act hat zweifelsohne die Förderung und Regelung des freien Konkurrenzkampfes vor Augen. Der im Vordergrund stehende Begriff "competition" war und ist aber wiederum selbst ausfüllungsbedürftig, und seine Ver-

347

M. J. Greenberg, Sports Law, S. 5 f.

348 Vgl. bei H. Bärmann, Antitrustrecht, S. 6; M. Truelock, SMU L. Rev. 47/1994, 1917 (1918); vgl. auch United States v. Colgate, 250 U.S. 300, 307 (1919); Mitsubishi Motors Corp. v. Soler Chysler-Plymouth, 473 U.S. 614,635 (1985); Fishman v. Estate of Wirtz, 807 F.2d 520, 536 (7th Cir. 1986). 11"

164

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

wendung ließ die ursprüngliche Intention nach Ennittlung des eigentlichen Sinns und Zwecks des Shennan Act undeutlich werden. Darüber hinaus waren die einzelnen vertretenen Ansichten nicht zuletzt auch Ausdruck einer gewissen politischen Einstellung der Richter, die diese häufig in ihre Entscheidungsabwägungen mit einfließen ließen. 349 Trotz aller Divergenzen konnte sich zunächst im Zuge der wirtschaftstheoretischen und -politischen Diskussionen eine Lehre herausbilden, die unter der Bezeichnung "Populist School" zusammengefaßt wurde. Im Vordergrund ihrer Betrachtung hinsichtlich des Begriffs "competition" standen allgemein- und gesellschaftspolitische Zielsetzungen. 35o Dem Motiv des amerikanischen Kongresses zum Erlaß des Shennan Act folgend,351 sollte der "durchschnittliche" oder ,,kleine" Amerikaner vor dem "big business" geschützt werden. 352 Als kartellrechtswidrig wurden danach alle wettbewerbsrelevanten Maßnahmen betrachtet, die diesen Zielsetzungen widersprachen. Unter dem Eindruck einer leidenden US-amerikanischen Wirtschaft zu Beginn der siebziger Jahre wuchs indes die Kritik an der restriktiven "Populist School" in Lehre und Politik. Im Zuge dieser wirtschaftlichen Entwicklung fonnierte sich zunehmend die liberalere Lehre der "Chicago School",353 deren Vertreter kritisierten, daß die antitrustrechtliche Politik und Gerichtspraxis zu sehr allgemein- und gesellschaftspolitisch orientiert sei. Bei der Auslegung und Anwendung der Antitrustnonnen seien vielmehr verbraucherorientierte Zielsetzungen ins Kalkül zu ziehen. Allgemein- und gesellschaftspolitische Aspekte, die beim Erlaß der Antitrustnonnen im Vordergrund standen, müßten mit Blick auf die wirtschaftsökonomische Entwicklung zugunsten einer wohlfahrtsökonomischen bzw. verbraucher- und produktorientierten ("consumer welfare") Zielsetzung weichen. 354 Allein das Wohlergehen der Verbraucher müsse das primäre Ziel antitrustrechtlicher Nonnen sein. 355 Die Rechtsprechung schloß sich dieser Lehre an und stellte schon bald in folgenden Entscheidungen klar, daß die wirtschaftliche Effizienz eines wettbewerbsrelevan349 Vgl. hierzu G. R. Robem, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.02. 350 Vgl. hierzu K. G. Elzinga, U. Pa. L. Rev. 125/1977, 1191, 1192. 351 Vgl. bei M. J. Greenberg, Sports Law, S. 6; o. Sandrock, Vertikale Konzentration, S. 49. 352 Vgl. hierzu E. M. Fox, Cal. L. Rev. 75/1987, 917 ff.; K. G. Elizinga, U. Pa. L. Rev. 125/1977, 1191 ff.; E. Fox/Sullivan, N. Y. U. L. Rev. 62/1987, 936 ff. 353 Vgl. R. A Posner, U. Ch. L. Rev., 127/1978/79,92 ff. 354 G. R. Robem, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, § 19.02; L. B. Schwartz, U. Pa. L. Rev. 127/1978/79, 1076 ff.; vgl. ferner Brown v. Pro Football, Inc., 50 F.3d 1041, 1054 (D.C. Cir. 1995). 355 Vgl. ausführlich M. C. Grauer, Mich. L. Rev. 82/1983, 1 (9 ff.).

IV. Der Shennan Act und die amerikanische Sportrechtsprechung

165

ten Handeins allein entscheidend sei. Dabei müsse eine Abwägung vorgenommen werden, in deren Rahmen die wettbewerbsfördernden ("procompetitive") und -beeinträchtigenden ("anticompetitive") Auswirkungen des relevanten Verhaltens gegenübergestellt werden müßten. 356 Als "procompetitive" sollen danach alle wettbewerbsrelevanten Maßnahmen betrachtet werden, solange sie die Preise mindern und/oder die Qualität des Produkts steigern und damit den Verbrauchern zugute kämen. 357 Wie noch zu zeigen sein wird, sollte die dogmatische Entwicklung des Antitrustrechts von der gesellschaftsorientierten "Populist School" zur verbraucherorientierten "Chicago School" für die im Zuge der siebziger Jahre aufkommenden sportrechtlichen Kartellverfahren Bedeutung erlangen. Mit diesen neuen Zielsetzungen mußte nämlich eine neue Marktdefinition einhergehen, so daß die angefochtenen Spielerrestriktionen wettbewerbsrechtlich in einem anderen Licht erschienen.

2. Die tatbestandliche Ausgestaltung des Sherman Act und seine konkrete Anwendbarkeit auf die Regelungen und Praktiken der amerikanischen Profi-Ligen

Im Vordergrund der gerichtlichen Untersuchung des Sherman Act steht zunächst die Frage, ob die streitbefangenen Regelungen oder Praktiken der ProfiLigen im Lichte des § 1 oder § 2 Sherman Act zu beurteilen sind. Insoweit unterscheiden die ersten beiden Vorschriften des Sherman Act zwischen pluralistischem und monopolistischem Geschäftsgebaren. Während § 1 Sherman Act alle Verträge ("contracts"), Zusammenschlüsse ("combinations") und geheimen Absprachen ("conspiracies"), die den Handel beeinträchtigen (,,restraint of trade"), unter Strafandrohung verbietet, bestraft § 2 Sherman Act hingegen das Monopolisieren ("monopolizing"), den Versuch hierzu ("attempt to monopolize") und die Zusammenschlüsse zum Zwecke der Monopolisierung innerhalb irgendeines Teils der Wirtschaft ("combine or conspire ... to monopolize any part of commerce"). § 1 Sherman Act erfordert also im Gegensatz zu § 2 Sherman Act notwendigerweise mindestens zwei unterschiedliche Rechtssubjekte, die Partei eines den Handel beeinträchtigenden, wettbewerbswidrigen

356 Vgl. Continental T.V., Inc. v. GTE Sylvania Inc., 433 U.S. 36, 51 ff. (1917); Reiter v. Sonotone Corp., 442 U.S. 330, 343 (1979); Copperweld Corp. v Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 767 ff. (1984); Reiter v. Sonotone Corp., 442 U.S. 330, 343 (1979); zu der Entwicklung vgl. auch ausführlich o. Sandrock, Vertikale Konzentrationen, S. 41 ff. m.w.N. 357 Vgl. Town of Concord v. Boston Edison Co., 915 F.2d 17,21 f. (Ist Cir. 1990); Interface Group, Inc. v. Massachusetts Port Auth., 816 F.2d 9, 10 (1st Cir. 1987).

166

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

Verhaltens sind. 358 Im Rahmen dieser Abgrenzung wird zu prüfen sein, ob die von den Mitgliederklubs gemeinsam angewandten Regelungen oder Praktiken lediglich der Liga als geschlossene rechtliche Einheit ("single entity") oder den einzelnen Klubs als selbständige Rechtssubjekte zugerechnet werden können. Im erstgenannten Fall kann dann kartellrechtlicher Prüfungsmaßstab allenfalls § 2 Sherman Act, nicht aber § 1 Sherman Act sein. 359

a) Das Monopolverbot des § 2 Sherman Act Das Monopolisieren i.S.d. § 2 Sherman Act setzt das Verhalten eines Unternehmens voraus, auf einem relevanten Markt eine beherrschende Stellung einzunehmen und diese gegen Konkurrenten zu behaupten. 360 Die hieraus resultierende Macht, Preise festzusetzen und andere Wettbewerber auszuschließen, läßt nach der ständigen Rechtsprechung des "Supreme Court" ein Monopol entstehen. 361 Der die absolut beherrschende Stellung ausdrückende Marktanteil muß dabei nicht notwendigerweise 100% betragen. 362 Entscheidend ist, daß der Marktanteil des Unternehmens in keinem adäquaten Verhältnis zum Marktanteil seiner Mitbewerber steht, sondern diesen bei weitem übertrifft. Zur vollendeten Tatbestandsverwirklichung muß entsprechend dem Wortlaut ("to monopolize") noch subjektiv ein Gesamtplan ("specific intent") hinzutreten, der darauf gerichtet ist, die beherrschende Stellung auf dem relevanten Markt zu erlangen,363 um Preise bestimmen, Produktionen begrenzen und die Qualität der Güter reduzieren zu können. Erst die rechtswidrige Herbeiführung oder Aufrechterhaltung eines Monopols begründet die durch § 2 Sherman Act ver-

358 Vgl. M. D. Blechmann, in: Frankfurter Kommentar, GWB, Ausland USA Tz. 3. 359 Vgl. J. L. Brock, U. Chi. L. Rev. 52/1985, 999; M. S. Jacobs, Ind. L.J. 67/1991, 25 (26 f.); Weiler/Roberts, Sports, S. 384. 360 Eastman Kodak Co. v. Image Technical Service, Inc., 112 S.Ct. 951 (1992); United States v. Grinnell Corp., 384 U.S. 563, 570 f. (1966); vgl. auch Gellhorn/ Kovacic, Antitrust Law, S. 94 f. 361 "Monopoly power is the power to control prices or exclude competition.", vgl. United States v. Grinnel Corp., 384 U.S. 563, 571 (1966). 362 Vgl. hierzu United States v. E. I. DuPont de Nemours and Company, 118 F. Supp. 41 (1911), in dem der "Supreme Court" unter Heranziehung der Umstände des Einzelfalls das Vorliegen eines Monopols bei einem Marktanteil von 68% verneint hat. Bei 90% sei ein Monopol hingegen sicher anzunehmen, vgl. United States v. Aluminium Company of America, 148 F.2d 416, 429 (2nd Cir. 1945). 363 Vgl. G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.03[1]; H. Bärmann, Antitrustrecht, S. 39.

IV. Der Shennan Act und die amerikanische Sportrechtsprechung

167

botene Monopolisierung,364 wodurch sich die Monopolisierung i.S.v. § 2 Sherman Act von der "mißbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung" i.S.d. im deutschen Kartellrecht vergleichbaren § 22 GWB unterscheidet. § 22 GWB als eine der zentralen Vorschriften des GWB läßt die Entstehung marktbeherrschender Stellungen grundsätzlich zu, unterwirft diese aber lediglich einer Mißbrauchskontrolle (§ 22 Abs. 5 GWB). Die Abgrenzung des relevanten Marktes, auf dem sich das beklagte Unternehmen kartellrechtswidrig verhält, erfolgt - ähnlich wie im bundesdeutschen Kartellrecht - 365 nach sachlich-gegenständlichen ("product market") und territorialen Aspekten ("geographic market").366 Deren Bestimmung und Eingrenzung kommt nicht selten im Rahmen der gerichtlichen Untersuchung zentrale Bedeutung zu. Der Sherman Act gibt nämlich mit Blick auf seine allgemeine Formulierung diesbezüglich nichts her. Insoweit ist die Rechtsprechung vor die Aufgabe gestellt, den jeweiligen relevanten Markt im Einzelfall abzugrenzen und sodann zu bestimmen, ab welchem Grad von Marktanteil das Monopolisieren verwirklicht ist. Die Rechtsprechung läßt sich bei der Abgrenzung des "product market" im wesentlichen von der "reasonable interchangeability of use"-Lehre 367 leiten, die starke Parallelen zu dem im bundesdeutschen Kartellrecht vorherrschenden Konzept der funktionellen Austauschbarkeit aufweist. Danach werden Produkte, die unter vernünftigen Gesichtspunkten aus der Sicht des Verbrauchers für den gleichen Zweck austauschbar sind, einem gemeinsamen Markt zugeordnet. 368 Die Bestimmung des relevanten "geographic market"369 bereitet dann keine Schwierigkeiten, wenn das beklagte Unternehmen das Produkt nationenweit den Verbrauchern anbietet. Der relevante Markt ist dann die gesamte Nation. Andererseits kann sich der relevante Markt auf kleinste Gebiete wie Städte, mehrere Städte, einen Bundesstaat oder gar mehrere

364 Vgl. United States v. Grinnel Group Corp., 387 U.S. 563, 570 (1966). 365 Vgl. W. Möschel, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), GWB, § 22 Rdn. 23 ff. 366 Vgl. Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL, 726 F.2d 1381, 1392 (9th Cir. 1984); ferner D. E. Lazaroff, Fordham L. Rev. 53/1984,157 (207) m.w.N. 367 Diese Lehre ist mit der im deutschen Kartellrecht bekannten Lehre der "funktionellen Austauschbarkeit" vergleichbar, vgl. O. Sandrock, Vertikale Konzentrationen, S. 113. 368 Vgl. United States v. DuPont du Nemours & Co., 351 U.S. 377, 394 ff. (1956); United States v. Grinnel Corp., 384 U.S. 563, 571 ff. (1966); United States v. Philadelphia Nat'l Bank, 374 U.S. 321, 356 (1963); vgl. ferner GellhornlKovacic, Antitrust Law, S.100; S. Pariasca, Kartelle, S. 111 ff.; zum Bedarfsmarktkonzept vgl. KG WuW/E OLG 995, 996; KG WuW/E OLG 1745, 1748. 369 Vgl. hierzu ausführlich HaylHilkelNelson, Chicago-Kent L. Rev. 6411988,

711 ff.

168

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

Bundesstaaten beschränken. Entscheidend für die Bestimmung können "Transportkosten und Transportfähigkeit, lokale Bedeutung des Gutes, natürliche, verkehrsmäßige, zeitbedingte und rechtliche Schranken für Angebot und Nachfrage, beschränkte Auswirkung des Kundendienstes und örtlich begrenzte Nachfrage" sein. 37o Jedenfalls lassen sich verbindliche Konturen des jeweiligen relevanten Marktes nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles bestimmen. Die zur Bestimmung und zur verbindlichen Entscheidung berufene Rechtsprechung läuft hierbei trotz aller Bemühungen Gefahr, den Rahmen des relevanten Marktes entweder zu weit oder zu eng abzustecken, was mit Blick auf die tatsächlichen Umstände zu sachwidrigen Urteilen führen kann. 371 Aus diesem Grunde sah sich die Rechtsprechung zunehmend veraniaßt, ihr Hauptaugenmerk weniger auf die Bemessung des erforderlichen Marktanteils als auf den Gebrauch bzw. Mißbrauch der vorhandenen Monopolmacht zu richten. 372 Insgesamt ist der Tatbestand des § 2 1. Var. Sherman Act erfüllt,373 wenn der Unternehmer auf einem relevanten Markt eine absolute Machtstellung vorsätzlich erlangt hat, diese aufrecht hält oder erweitert hat, ohne daß diese Stellung lediglich das Ergebnis eines Strebens nach technischem oder kaufmännischem Fortschritt, also rechtswidrig ist. 374 Überträgt man diese Tatbestandsvoraussetzungen auf die Regelungen und Praktiken der amerikanischen Profi-Ligen, lassen sich durchweg monopolistische Strukturen feststellen. Das gilt vor allem für die Märkte für Eintrittskarten und für Übertragungsrechte, innerhalb derer die Klubs resp. die Ligen MonopolsteIlungen einnehmen. Insoweit sind zum einen die Mitgliederklubs durch die im Ligavertrag fixierten Gebietsschutzklauseln375 als Markteintrittsbarrieren vor regionalen Marktzutritten anderer Teams aus der eigenen Liga geschützt. Als alleiniger Anbieter des Ligaspiels kommt dem ortsansässigen Klub

370

Vgl. die Aufzählung bei H. Bärmann, Antitrustrecht, S. 75 f.

371

Vgl. hierzu ausführlich O. Sandrock, Vertikale Konzentrationen, S. 113 f.

372 Diesbezüglich kritisch die Literatur, vgl. bei W. E. Kovacic, Iowa L. Rev. 7411989, 1105 (1136 ff.) m.w.N. 373 Der Versuchstatbestand des § 2 Sherman Act blieb angesichts der fast ausschließlich vollendeten Monopolverhalten weitestgehend unausgefüllt und verlor an praktischer Relevanz, vgl. Gellhorn/Kovacic, Antitrust Law, S. 153 f; ferner G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.03[ I]. 374

Vgl. United States v. Grinnel Corp., 384 U.S. 563, 570 f. (1966).

375

Siehe oben § 4 I 1.

IV. Der Shennan Act und die amerikanische Sportrechtsprechung

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in diesem Zusammenhang ein Angebotsmonopol für die Eintrittskarten ZU. 376 Eine Konkurrenz beim Absatz von Eintrittskarten ist insoweit ausgeschlossen,377 so daß die Klubs in ihren zugewiesenen Metropolen über einen Marktanteil von 100% verfügen. Darüber hinaus haben die in den Metropolen bereits ansässigen Klubs durch exklusive Langzeitverträge mit dem örtlichen Stadionbetreiber sog. strategische Markteintrittsbarrieren errichtet, durch die ein anderes Team etwa einer sich formierenden Konkurrenzliga378 vom Eintritt in den lokalen Markt ausgeschlossen wird. Letztlich beanspruchen die Ligen auf dem Markt für Übertragungsrechte durch ihre jeweilige zentrale Vergabepolitik für den nationalen Bereich eine Monopolstellung. Durch die kollektive Vergabe der Senderechte an die bedeutendsten Fernsehstationen, die die jeweilige Sportart exklusiv zu den beliebtesten Sendezeiten übertragen, wird der Marktzutritt potentieller Konkurrenzligen so gut wie ausgeschlossen. 379 Trotz dieser augenscheinlichen monopolistischen Strukturen hielten sich die sportrelevanten Antitrustverfahren, die im Lichte des § 2 Sherman Act zu entscheiden waren, quantitativ in Grenzen. 380 Der Grund hierfür liegt in der praktischen Relevanz des § 2 Sherman Act, der letztendlich auf eine gerichtliche Verfügung mit dem Inhalt abzielt, Zusammenschlüsse von Unternehmen zum Zwecke der Vermeidung von Konkurrenz aufzulösen. 381 Infolgedessen standen auch nicht die hier vordergründig zu untersuchenden Wechselmechanismen der Ligen im Mittelpunkt der richterlichen Subsumtion unter § 2 Sherman Act, gegen die sich etwa Spieler oder Gewerkschaften kartellrechtlich zur Wehr setzten. Die "draft"- oder die "free agency"-Systeme waren bzw. sind als Kartellvereinbarungen der Ligaorganisationen vielmehr im Lichte des § I Sherman

376 Zur Monopolstellung der Klubs auf dem Markt für Eintrittskarten vgl. ausführlich S. Pariasca, Kartelle, S. 105 f. 377 Die direkte Konkurrenz zweier in derselben Metropole angesiedelter Teams, wie die "San Francisco 4gers" und die "Oakland Raiders" einerseits und die "New York Yets" und die "New York Giants" andererseits, wird durch deren jeweilige Aufteilung in die verschiedenen Subligen abgeschwächt, vgl. Art. IV, 4.4 lit. (e), (f) NFL Const. (1988). 378 Vgl. hierzu Hecht v. Pro-Football, Inc., 570 F.2d 982 (D.C. Cir. 1977); ferner S. Pariasca, Kartelle, S. 207 f. 379 Vgl. hierzu USFL v. NFL, 634 F. Supp. 155 (S.D.N.Y. 1986); 842 F.2d 1335 (2d Cir. 1988); vgl. hierzu näher § 6 IV 2a. 380 Vgl. den Überblick bei G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, § 19.03[2]. 381 Vgl. Northern Securities Company v. United States, 193 U.S. 197 (1904); United States v. Aluminium Co. of Amerika, 148 F.2d 416 (1945); United States v. E. 1. Du Pont Co., 188 F. 127 (1911).

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§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

Act dahingehend zu untersuchen, ob sie als "agreements" den freien Handel ("interstate commerce") in wettbewerbswidriger Weise beeinträchtigen. Die klassische "Klientel" des § 2 Sherman Act bildeten vielmehr Personen, die sich bei dem Zutritt zu den relevanten sportspezifischen Märkten als aktuelle oder potentielle Konkurrenten Eintrittsbarrieren382 gegenübersahen. Hierzu zählten insbesondere Klubeigner, die sich vergebens um eine "franchise" einer Liga in einer Metropole bemühten. 383 Aber auch die mit finanzstarken Investoren ausgestatteten Konkurrenzligen,384 die sich in den jeweiligen Sportarten neu formierten, riskierten kostspielige Antitrustverfahren,385 wenn die etablierten Ligen keine Kooperationsbereitschaft zeigten.

382 Zu der Bedeutung und den Arten von Markteintrittsbarrieren vgl. näher S. Pariasca, Kartelle, S. 82 f. 383 Vgl. Hecht v. Pro-Football, Inc., 570 F.2d 982 (D.C. Cir. 1977), cert. denied, 436 U.S. 956 (1978), in dem es um die kartellrechtliche Rechtmäßigkeit eines exklusiven Stadion-Langzeitvertrages der "NFL-Washington Redskins" ging, durch den die Ansiedlung einer "franchise" der Konkurrenzliga AFL quasi unmöglich wurde. 384 Die NFL sah sich in ihrer nun mittlerweile sechsundsiebzigjährigen Geschichte gleich mehreren Konkurrenzligen ausgesetzt. Allein eine unter dem Namen American Football League (AFL) agierende Gegenliga unternahm bis 1940 gleich drei vergebliche Versuche. 1946 wurde mit acht Teams die landesweite AIl-American Football Conference (AAFC) gegründet, die bis 1949 ihren Spiel betrieb aufrechterhalten konnte. Den erfolgreichsten Versuch unternahm 1960 die vierte AFL, die bis zu ihrer Fusion mit der NFL im Jahre 1966 zum ernsthaften Konkurrenten avancierte. 1974 folgte die World Football League (WFL), die bereits 1975 Konkurs anmeldete. Den bislang letzten ernsthaften Versuch unternahm im Jahre 1983 die United States Football League (USFL), die insgesamt drei Meisterschaften ausspielte. Die seit 1995 ausschließlich aus europäischen Teams bestehende World League kann nicht als Konkurrenzliga bezeichnet werden. Die NBA hatte ihren größten Konkurrenten in der American Basketball Association (ABA), die zwischen 1967 bis 1976 immerhin neun Spielzeiten ausspielte und letztendlich in der NBA nach erfolgter Fusion aufging. Zuvor trat für lediglich eine Saison (1961162) die American Basketball League (ABL)in Erscheinung. Die NHL sah sich in ihrer bislang achtzigjährigen Geschichte lediglich der World Hockey Association (WHA) ausgesetzt, die nach sechs Spielzeiten 1979 mit der NHL fusionierte; vgl. hierzu ausführlich WeilerlRoberts, Sports, S. 444 f.; BerrylGould lVlStaudohar, Labor Relations, S. 5 f., 92 ff. 385 Vgl. United States Football League v. NFL, 634 F. Supp. 155 (S.D.N.Y. 1986); 842 F.2d 1335 (2d Cir. 1988); AFL v. NFL, 205 F. Supp. 60 (D. Md. 1962); 323 F.2d 124 (4th Cir. 1963); Philadelphia World Hockey Club v. Philadelphia Hockey Club, 351 F. Supp. 462 (E.D. Pa. 1972).

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aa) American Football League v. NFL386 In dem Verfahren der 1959 gegründeten AFL gegen die NFL ging es im wesentlichen um die Konkurrenz der beiden Ligen um die Ansiedlung von "franchises" in dafür geeigneten Metropolen. Im Vordergrund der gerichtlichen Betrachtung stand dabei die Bestimmung des hierfür relevanten "geographic market", um feststellen zu können, ob die etablierte NFL durch ihre "franchise"-Politik eine beherrschende MarktsteIlung eingenommen habe. Zum Gründungszeitpunkt der klagenden AFL operierte die NFL mit zwölf Teams in elf Städten, darunter die Metropolen New York, Los Angeles und San Francisco. Zu diesem Zeitpunkt kündigte sie eine Erweiterung der Liga um zwei weitere Teams in Dallas und Houston an, für die entsprechende ·"franchises" vergeben werden sollten. Die "Dallas Cowboys" nahmen dann auch ab der Saison 1960 an der NFL-Championship teil. Als bekannt wurde, daß das vorgesehene Team in Houston mangels Stadion nicht spielen könne, trat die NFL an die Eigentümer der der AFL angeschlossenen "Minneapolis Vikings" heran. Die Klubeigner der "Minneapolis Vikings", die bereits ihr Lizenzgeld an die AFL geleistet hatten, zogen sich daraufhin aus dem geplanten Teilnehmerkreis der AFL zurück und sagten ihre Teilnahme der NFL für die Saison 1961 zu. So nahm die AFL ohne Team in Minneapolis ab der Saison 1960 ihren Spielbetrieb mit acht Teams u.a. in Dallas, Houston, New York, Los Angeles und Oakland auf, die parallel zur NFL gegeneinander antraten. Damit kam es in der Saison 1960 in den Städten New Y ork, Dallas, Los Angeles und in der San Francisco-Oakland Metropole zur direkten Konkurrenz zwischen den dort angesiedelten Teams beider Ligen. Die AFL strengte in der Folgezeit eine Kartellklage gegen die NFL an, die sie in beiden Instanzen verlor. Die NFL resp. ihre Mitgliederklubs hätten die Metropolen, so die AFL, in denen erfolgreich ein Team operieren könne, monopolisiert. Gerade die Lizenzvergabe für die Städte Dallas und Minneapolis zu einer Zeit, als die AFL sich gerade konstituierte, stelle eine widerrechtliche Ausübung von monopolistischer Macht dar, wodurch die AFL vom relevanten Markt ausgeschlossen werden sollte. Die NFL hielt dem entgegen, daß die Erweiterung der NFL bereits vor der Gründung der AFL beschlossen worden sei und die Erweiterung zum Wettbewerb mit der AFL beitrüge. Beide Instanzen zogen zur Bestimmung des relevanten Marktes für den Football-Betrieb geographische Aspekte heran. Der "District Court" führte im

386 Vgl. 205 F. Supp. 60 (D. Md. 1962); 323 F.2d 124 (4th Cir. 1963).

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wesentlichen aus, daß sich der relevante Markt an den für den erfolgreichen Betrieb eines Teams erforderlichen Zuschauern orientiere, um deren Gunst die Ligen konkurrierten. Als potentielle Football-Metropolen in den USA kämen demnach einunddreißig Metropolen in Betracht, die basierend auf der Volkszählung von 1960 eine Population von mehr als 700.000 Einwohnern aufwiesen. Der "Court of Appeal" bestätigte diese Auffassung, bezeichnete den relevanten Markt aber als amerikaweit ("nationwide"). Jedenfalls besitze ein Team, das in einer Stadt einmal angesiedelt sei, eine "natural monopoly", gleichgültig, ob es der AFL oder der NFL angeschlossen sei. Dem Inhaber dieser "natural monopoly" sei es aber nicht zuzumuten, diese Marktstellung zugunsten eines "newcomers" aufzugeben, es sei denn, sie werde zur Erlangung eines Wettbewerbsvorteils mißbraucht. Ist der Wettbewerber einmal im Besitz dieser "natural monopoly", kann er sie mit fairen Mitteln verteidigen. Jedenfalls bedeute allein die Tatsache, daß die NFL bereits vor der Gründung der AFL Teams in Metropolen installiert habe, nicht, daß die NFL eine Monopolmacht mit der Absicht ausgeübt habe, die Gründung einer neuen Liga zu verhindern. Der für die Beurteilung maßgebliche § 2 Sherman Act sei jedenfalls unter keinem Gesichtspunkt verletzt worden. In der Folgezeit betrieben die NFL und die AFL einen ruinösen Wettbewerb, unter dem insbesondere die nunmehr aus zwölf Teams bestehende AFL wirtschaftlich litt. Schließlich kündigten AFL und NFL nach zähen Geheimverhandlungen im Jahre 1966 eine Fusion an, in deren Rahmen sämtliche AFLKlubs in die NFL aufgenommen wurden. 387 Für dieses Privileg bekamen die Klubs jeweils 18 Mio. USD in Rechnung gestellt. Bis 1970 sollten beide Ligen ihre Meisterschaften noch getrennt ausspielen, an deren Ende die "champs" der Ligen in einem NFL-AFL-Championship-Game aufeinandertreffen sollten. So kam es am 15. Januar 1967 zum ersten Aufeinandertreffen der beiden Meister, welches sich im Laufe der Zeit unter der Bezeichnung "Super Bowl" zum größten Sportspektakel der Vereinigten Staaten entwickelte. 388

387 Die kartellrechtlich bedenkliche Fusion der beiden Ligen wurde auf Antrag durch den Kongreß durch Gesetz von der Anwendung des Kartellrechts befreit, vgl. 15 U.S.C. 1291: ,,[The antitrust law] shall not apply to a joint agreement by which the member of to or more professional footballieagues ( ... ) combine their operations in an expanded single league ( ... ), if such agreement increases rather than decreases the number of professional football clubs so operating, and the provisions of which are directly relevant thereto."; vgl. hierzu G. R. Roherts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.06[3]; W. T. Champion jr., Sports Law, S.58, Yasserl McCurdylGoplerud, Sports, S. 172. 388

Vgl. hierzu BowylKniuerlRosenstein, American Football, S. 28.

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bb) Uni ted States Football League v. NFL389 In dem Verfahren USFL v. NFL ging es im wesentlichen um die Frage, ob die NFL durch den kollektiven Verkauf der Übertragungsrechte an die Fernsehsender CBS, NBC und ABC für die Jahre 1982 bis 1986 den Markt für Übertragungsrechte monopolisiert und hierdurch der Anfang der achtziger Jahre gegründeten Konkurrenzliga USFL den Zugang versperrt habe. Damit hatte es folgende Bewandtnis: Bis zu dem Verfahren United States v. NFL390 im Jahre 1953 besaß jedes NFL-Team das Recht, seine Spiele individuell an die Fernsehstationen zu verkaufen. Begrenzt wurde dieser Wettbewerb lediglich durch die Absprache der Klubeigner, die Spiele nicht in die Heimterritorien der anderen Klubs übertragen zu lassen. Hierdurch sollten konkurrierende Programmangebote ausgeschlossen werden. Das "Justice Department" wertete diese Regelung als eine horizontale Absprache, durch die der Markt für Übertragungsrechte in wettbewerbswidriger Weise auf die Ligamitglieder aufgeteilt wird. Es verklagte die NFL wegen Verletzung des § 1 Sherman Act. Das Gericht gab der Klage statt und verbot der NFL die Aufstellung von Regelungen, durch die eine Übertragung in die Heimterritorien anderer Klubs ausgeschlossen wurde. Das Recht zum Verkauf der Übertragungsrechte blieb weiterhin bei jedem einzelnen Klub. Die 1959 gegründete Konkurrenzliga AFL hingegen verkaufte bereits 1960 die Übertragungsrechte kollektiv an den Sender ABC, der die Spiele amerikaweit übertrug. Durch die lukrativen Einnahmen der AFL beeindruckt, beschlossen 1961 auch die NFL-Klubs, die Fernsehrechte nunmehr für alle NFLSpiele zentral zu vermarkten. In diesem Rahmen wurden den Klubs ihre individuellen Vergaberechte entzogen ("television restriction"), und die Vergabeentscheidung wurde auf die NFL verlagert. Auf der Grundlage dieser Entscheidung verkaufte die NFL 1961 erstmals die Senderechte in einem Paket an den Sender CBS, der die NFL-Spiele nationenweit übertrug. Als Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der zentralen Vermarktung mit kartellrechtlichen Bestimmungen und den gerichtlichen Vorgaben aus dem Verfahren United States v. NFL laut wurden,391 wandte sich die NFL an den

389 Vgl. 634 F. Supp. 155 (S.D.N.Y. 1986),842 F.2d 1335 (2d Cir. 1988); vgl. hierzu auch T. N. Rosenbaum, U. Miami L. Rev. 41/1987, 729 (757 ff.); WeilerlRoberts, Sports, S. 444 f. 390 Vgl. 116 F. Supp. 319 (E.D. Pa. 1953). 391 Vgl. United States v. NFL 11, 196 F. Supp. 445 (E.D. Pa. 1961); vgl. hierzu auch

J. P. Bauer, Tenn. L. Rev. 6011993,263 (270 ff.).

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Kongreß. Dieser befreite aus sportpolitischen Gründen die zentrale Vermarktung der nationenweiten Übertragungsrechte durch den NFL-TV-Vertrag über den sog. "Sports Broadcasting Act" aus dem Jahre 1961 per Gesetz392 vom Anwendungsbereich des Antitrustrechts und privilegierte damit die zentrale Verwertungsform der Fernsehrechte. 393 Zu Beginn der achtziger Jahre, als die USFL gegründet wurde, hatte die NFL ihre Übertragungsrechte als Paket für fünf Jahre von 1982 bis 1986 an die wichtigsten Fernsehstationen ABC, CBS und NBC verkauft. Die Fernsehsender waren dem Inhalt der Verträge nach keinesfalls nur an die NFL gebunden, d.h. die Stationen konnten gegebenenfalls auch Spiele anderer Ligen zu Zeiten übertragen, in denen keine NFL-Spiele stattfanden. Die USFL nahm ihren Spielbetrieb mit zwölf Teams 1983 auf. Ihr Konzept hieß "Frühlings-Fußball". Um eine direkte Konfrontation mit der etablierten Liga NFL zu vermeiden, wurden die Spiele für die Monate März bis Juli angesetzt. Mit dem Sender ABC wurde ein Vierjahres- und mit dem Kabelsender ESPN ein Zweijahres-Vertrag geschlossen. Im August 1984 beschlossen die Klubeigner, den Spielbetrieb der USFL ebenfalls in den Herbst zu verlegen und somit auf direkten Konfrontationskurs zur NFL zu gehen. Diese Vorgehensweise verletzte die vertragliche Absprache mit dem Sender ABC, der seinerseits gegenüber der NFL vertraglich verpflichtet war. Schon bald stellten sich erste Mißerfolge ein. Die Übermacht der NFL war zu groß. Die Einschaltquoten der USFL-Spiele sanken, und die Zuschauerzahlen blieben hinter den Erwartungen zurück. Der etablierten Liga NFL konnte auf dem Markt kein Paroli geboten werden. In der Folgezeit zogen nicht wenige Klubeigentümer ihr finanzielles Engagement zurück, weswegen für die Saison 1986 nur noch acht Teams zur Verfügung standen. Schließlich mußte der Spielbetrieb aufgegeben werden. Der Verlust der Klubs belief sich in den drei Jahren auf $ 130 Mio. Die USFL zog vor Gericht und verklagte die NFL verbunden mit Feststellungs- und Unterlassungsanträgen auf Schadensersatz wegen Verletzung kartellrechtlicher Bestimmungen des Sherman Act.

392 Vgl. 15 U.S.C. § 1291 Sec. I: "The antitrust laws ( ... ) shall not apply to any joint agreement by or among persons engaging in or conducting the organized professional team sports of football, baseball, basketball or hockey, by which any league of clubs ( ... ) seIls or otherwise transfers all or any part of the rights of such league's member clubs in the sponsored telecasting of the games ( ... ) engaged in or conducted by such clubs." 393 Zur Legalisierung der zentralen Vermarktung durch den "Sports Broadcasting Act" vgl. näher WeilerlRoberts, Sports, S.484; GarrettlHochberg, Ind. L.J. 59/1983, 155 (186 ff.); T. N. Rosenbaum, U. Miami L. Rev. 41/1987, 729 (769 ff.); S. F. Ross, Emory L.J. 39/1990, 463 (468 ff.); ferner M. Stopper, Ligasport, S. 139 ff.

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Im Verfahren machte die USFL im wesentlichen geltend, die NFL habe aufgrund ihrer umfangreichen TV-Verträge mit den bedeutendsten Fernsehsendern den Zutritt zur Übertragung von Footballspielen im Herbst monopolisiert. Diese Tatsache sei das Ergebnis eines auf die Fernsehsender ausgeübten Drukkes, mit der USFL keinen TV-Vertrag für den Herbst abzuschließen. Die fraglichen TV-Verträge der NFL würden jeder anderen Football-Liga die Möglichkeit nehmen, ihre Spiele übertragen zu lassen und sich dem Publikum zu präsentieren, was für einen erfolgreichen Wettbewerb unerläßlich sei. Hierdurch seien auch die für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebes erforderlichen TVEinnahmen ausgeblieben.l.ü. sehe der "Sports Broadcasting Act" von 1961 die Freistellung vom Antitrust lediglich für einen TV-Vertrag mit einem Fernsehsender vor. Mit ihren multivertraglichen Vereinbarungen mit mehreren Sendern habe die NFL darüber hinaus gegen die gerichtlichen Vorgaben aus dem Verfahren United States v. NFL aus dem Jahre 1953 verstoßen. Die Klage wurde in beiden Instanzen abgewiesen. Das Eingangsgericht sah es zwar als erwiesen an, daß die NFL in einigen Punkten § 2 Sherman Act zuwidergehandelt habe;394 dem Hauptargument der AFL hinsichtlich der TVVerträge folgte es indes nicht. Folglich setzte das Gericht den geforderten Schadensersatz i.H.v. 440 Mio. USD auf die symbolische Summe von einem Dollar fest. Das Berufungsgericht bestätigte die Auffassung des Eingangsgerichts, daß die TV-Verträge der NFL nicht Ausdruck einer Monopolisierung des "television submarket" gewesen seien. Die NFL habe nicht die Monopolmacht besessen, eine konkurrierende Liga vom Abschluß eines TV-Vertrages abzuhalten. Die USFL sei zu keinem Zeitpunkt irgendwe1chen Markteintrittsbarrieren ausgesetzt gewesen. Vielmehr habe sich die USFL durch ihr Verhalten den wirtschaftlichen Schaden selbst zugefügt. Die USFL hätte sich bei ihrer Entscheidung, den Spielbetrieb ebenfalls in den Herbst zu verlegen, nicht darauf verlassen dürfen, adäquate lukrative TV-Verträge für den Herbst abzuschließen. Auch seien die TV-Verträge der NFL entgegen der Auffassung der USFL nicht exklusiv gewesen. Bezogen auf die begehrte Spielzeit im Herbst wäre die USFL spätestens nach deren Ablauf im Jahre 1986 in der Lage gewesen, Verträge mit gleichem Inhalt abzuschließen. I.ü. habe die Möglichkeit bestanden, die Übertragungsrechte an Kabelkanäle zu verkaufen. Entscheidend sei auch, daß die NFL die TV-Verträge bereits vor Gründung der USFL abgeschlossen habe. Entgegen der Auffassung der USFL gebe der Wortlaut des

394 Dabei ging es im wesentlichen um das Bemühen der NFL, solvente Klubeigner, wie beispielsweise Donald Trump von den "New Jersey Generals", abzuwerben oder die Spielergehälter bei gleichzeitiger Erweiterung des Spielerkreises in die Höhe zu treiben, um so die meisten begehrten Collegespieler im Rahmen der "draft" für sich gewinnen zu können, vgl. bei WeilerlRoberts, Sports, S. 483 f.

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"Sports Broadcasting Act" auch keinen Hinweis auf eine Beschränkung des Anwendungsbereichs, daß lediglich ein TV-Vertrag der NFL vom Antitrustrecht befreit sei. All diese Umstände würden zu dem Ergebnis führen, daß die NFL hinsichtlich der TV-Verträge weder eine beherrschende Rolle auf dem "television submarket" eingenommen, noch die Absicht besessen habe, die USFL von diesem Markt auszuschließen. b) Das Kartellverbot des § 1 Sherman Act

Während bei § 2 Sherman Act das Monopolverhalten der Ligen im Zentrum der gerichtlichen Untersuchung steht, können unter § 1 Sherman Act solche Regelungen und Praktiken der Ligen subsumiert werden, die in wettbewerbswidriger Weise den freien Handel beschränken. Anknüpfungspunkte für eine solche kartellrechtliche Betrachtungsweise bieten die zahlreich getroffenen Absprachen der Klubs, mit denen sie regulierend auf die relevanten Absatzund Nachfragemärkte Einfluß nehmen. Hierzu zählen nicht nur die im Vordergrund der Untersuchung stehenden Regelungen wie die "draft" und die "free agency", die als sog. "player allocation rules" die Aufteilung des Spielermarktes unter den Ligamitgliedern zum Inhalt haben. Kartellrechtliche Beachtung müssen auch solche Absprachen finden, die den Wettbewerb unter den Ligamitgliedern regeln. Zu denken ist dabei insbesondere an die sog. "owner and franchise restrictions" und an die "television restrictions", die wettbewerbspolitisch die Konkurrenz der Ligamitglieder untereinander auf den relevanten Absatzmärkten tangieren. Hinter diesen Absprachen lassen sich daher Kartellvereinbarungen vermuten, die den Tatbestand eines "agreement in restraint of trade" i.S.d. § 1 Sherman Act erfüllen.

aa) "Agreement" Unter "conspiracy" LS.d. § 1 Sherman Act ist ein (geheimes) abgestimmtes Zusammenwirken mehrerer Personen zu verstehen. Der Begriff hat einen strafrechtlichen Charakter und erfordert daher ein gesetzwidriges Verhalten. Mit den anderen Tatbestandsvarianten "contract" und "combination" hat es gemeinsam, daß die Aktion notwendigerweise ein Handeln mehrerer Personen bedingt. Deshalb werden in der Kartellrechtspraxis überwiegend die drei Tatbestandsvarianten nicht gegeneinander abgegrenzt, sondern unter dem Begriff des "agreement" zusammengefaßt. 395 Dieses "agreement" ist nicht formal in 395 Vgl. GellhornlKovacic, Antitrust Law, S.225; K. Fahrendorf, Antitrustrecht, S.7m.w.N.

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dem Sinn zu verstehen, daß etwa - wie es der Vertragsbegriff des § 1 GWB erfordert - 396 an § 145 ff. BGB angelehnte Voraussetzungen i.S. einer Willenseinigung, wie es die sog. "Teerfarben-Entscheidung" des BGH hervorhebt,397 erfüllt sein müssen. 398 Unter "agreement" soll vielmehr eine wissentliche Teilnahme mehrerer an einem gemeinsamen Plan oder Vorhaben zu einem gemeinsamen Zweck verstanden werden. Ob und inwieweit diese Grundsätze auf die Sportligen mit Blick auf ihre Organisationsform als "joint venture" überhaupt anzuwenden sind, ist indes seit jeher umstritten. Die Rechtsprechung selbst schien mit der Entscheidung in Copperweld v. Independence Tube COrp.399 für die Ligen neue Maßstäbe zu setzen. In diesem Verfahren ging es um die Frage, ob wettbewerbsbeschränkende horizontale Absprachen zwischen einer Muttergesellschaft und ihren Tochtergesellschaften als widerrechtliche "agreements" LS.v. § 1 Sherman Act zu betrachten seien. Der "Supreme Court" verneinte dies und begründete seine Entscheidung damit, daß Mutter- und Tochterunternehmen wirtschaftlich betrachtet eine Unternehmenseinheit ("single enterprise" oder "single entity") bildeten. Ihre Absprachen untereinander dienten der Verfolgung und Förderung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen. 400 Dabei müsse das kartellrechtliche Handeln LS.v. § 1 Sherman Act losgelöst von der formalen Struktur des Unternehmens betrachtet werden. 401 Sei das relevante Wettbewerbsverhalten danach wirtschaftlich nur dem gesamten Unternehmen als solches zuzurechnen, wie dies hier der Fall sei,

396 Vgl. zum Vertragsbegriff des § 1 GWB näher U. Immenga. in: Immengal Mestmäcker (Hrsg.). GWB, § 1 Rdn. 109 ff. 397 In dieser Entscheidung des BGH. WuWElE BGH 1147. 1153. wurde der Anwendungsbereich des § 1 GWB dahngehend näher bestimmt. indem "i.S. eines Oberbegriffes (... ) von verschiedenen Formen bewußt gleichförmigen Verhaltens gesprochen [wirdl. wobei im einzelnen ein auf Einigung beruhendes Verhalten. aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen und sonstige bewußt gleichförmiges Verhalten nebeneinander gestellt werden", vgl. U. Immenga. in: ImmengalMestmäcker (Hrsg.). GWB. § 1 Rdn.104.

398 H. Bärmann. Antitrustrecht. S. 2. 399 467 U.S. 752 (1984).104 S.Ct. 2731 (1984); vgl. hierzu näher J. L. Brockjr., U. Chi. L. Rev. 52/1985. 999 (1002 ff.). 400 "A parent and its wholly owned subsidiary have a complete unity of interest. Their objectives are common, not disparate; their general corporate actions are guided or determined not two seperate consciousnesses. but one .... vgl. 104 S.Ct. 2731. 2742

(1984). 401 104 S.Ct. 2731, 2743 (1984). Vgl. hierzu auch Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL. 519 F. Supp. 581. 582 (C.D. Ca!. 1981): "On its face. the NFL certainly appears to be an association of seperate business entities rather than one single enterprise ... 12 Trommcr

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könne kartellrechtlicher Prüfungsmaßstab mangels Beteiligung mehrerer niemals § 1 Sherrnan Act, allenfalls § 2 Sherman Act sein. 402 Dahingehend argumentierte bereits zuvor die NFL in den Verfahren North American Soccer League v. NFL 403 und Los Angeles Memorial Colliseum Comm'n v. NFL,404 als gewisse ligarechtliche "owner and franchise restrictions" als tatbestandliche "agreements" auf dem kartellrechtlichen Prüfstein des § 1 Sherrnan Act standen. Eine solche Betrachtungsweise wie die des "Supreme Court" i.S. Copperweld wäre den Ligen freilich zugute gekommen, denn wettbewerbsrelevante Absprachen wie "price fixings" oder "market allocations", die im Lichte des § 1 Sherman Act zu beurteilen waren, wurden stets restriktiver beurteilt als solche, die auf eine Monopolisierung i.S.d. § 2 Sherrnan Act abzielten. Der Grund liegt u.a. in dem den "agreements" i.S.d. § 1 Sherman Act innewohnenden wettbewerbsfeindlichen Risiko, durch kollektive Absprachen freie Entscheidungen unabhängiger Personen auf einem Markt in bezug auf Preise und Produkte zu eliminieren. 405 Daher bezog die NFL den Standpunkt, daß die einzelnen Klubs zwar als selbständige Rechtssubjekte am Wirtschaftsleben teilnähmen, sie seien jedoch durchweg in ein übergeordnetes "joint venture" eingebettet, als deren Mitglieder sie keine Wettbewerber im klassischen Sinne seien. Das zeige sich insbesondere daran, daß sie eine gemeinsame Ligapolitik betreiben müßten, um den Verbraucher überhaupt das Produkt der Liga "Football" auf den Märkten anbieten zu können. Die notwendig gemeinsame Produktion von "Football" impliziere daher eine Unternehmenseinheit ("single entity"), in die :;ich die Klubs einordnen müßten. 406 In diesem Rahmen bestehe zwischen ihnen eine wirtschaftliche Abhängigkeit, die sich u.a. darin zeige, daß auf horizontaler Basis zwischen den Klubs eine umfassende Einnahmenverteilung stattfinde. Für den wirtschaftlichen Erfolg der Liga seien daher kollektive Entscheidungen und Abreden unerläßlich. Diese Entscheidungen und Abreden dürften bei der kartellrechtlichen Rechtmäßigkeitsprüfung aber nur dem ,joint venture" "league" als relevante "single entity" zugerechnet werden.

402 Dahingehend entschied auch das "Eight Circuit Court of Appeal", als es die Anwendung von § 1 Sherman Act auf die gemeinsame Tätigkeiten von einander unabhängigen körperschaftlich strukturierten Energie- und Versorgungsuntemehmen ausschloß, vg!. City of Mt. Pleasant v. Associated Cooperative, Inc. 838 F.2d 268 (8th Cir. 1988). 403 670 F.2d 1249 (2d. Cir. 1982). 404 519 F. Supp. 581 (C.D. Ca!. 1981); 726 F.2d 1381 (9th Cir. 1984). 405 Vg!. hierzu WeilerlRoberts, Sports, S. 384. 406 Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL, 519 F. Supp. 581,583 (C.D. Ca!. 1981).

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Die "single entity"-Theorie fand breite Unterstützung in der Literatur,407 die nicht erst seit dem Copperweld-Urteil die dort aufgestellten Grundsätze mit Blick auf die organisatorischen Parallelen auf die Sportligen als "joint venture" übertragen haben wollte. Die Gerichte in den o.g. Verfahren vermochten indes dieser "single entity"Argumentation nicht zu folgen. Unter Berufung auf die bis dahin ständige höchstrichterliche Rechtsprechung des "Supreme Court"408 stellten sie die einzelnen Klubs als selbständige Rechtssubjekte der Liga bei der kartellrechtlichen Beurteilung, ob ein "agreement in restraint of trade" vorliegt, in den Vordergrund. 409 Auf ihre Absprachen finde § 1 Sherman Act jedenfalls dann Anwendung, solange sie voneinander unabhängige Rechtspersonen seien. Das gelte selbst dann, wenn die Klubs in ein ihnen gemeinsam gehörendes "joint venture" eingebunden seien. Dieser Trend hält bis heute an. In konsequenter Rechtsprechung wurde den Ligen entgegen anhaltender Kritik aus der Literatur bis heute der Status einer "single firm" verweigert. 410 Sämtliche Entscheidungen waren vielmehr geprägt von einer "plural entity"-Betrachtung, im Rahmen derer die Ligen als pluralistische Gebilde, bestehend aus mehreren selbständigen Unternehmen, gekennzeichnet wurden. 411 Auch der Hinweis der NFL auf die Rechtsprechung des

407 M. C. Grauer, Mich. L. Rev. 82/1983, 1 (23 ff.); G. R. Roberts, U. C. L. A. L. Rev. 32/1984, 219 ff.; J. C. Weistart, Duke LJ. 6/1984, 1013 (1060 ff.); G. R. Roberts, Tu!. L. Rev. 60/1986, 562 (586 ff.); kritisch L. Goldman, Tu!. L. Rev. 63/1989, 751 ff.; ablehnend M. S. Jacobs, Ind. L.J. 67/1991,25 (30 ff.).

408 Vg!. Timken Roller Bearing Co. v. United States, 341 V.S. 593 (1951); KieferStewart Co. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 340 V.S. 211 (1951); Vnited States v. Yellow Cab Co., 332 V.S. 218 (1947); Broadcast Music, Inc. v. CBS, 441 U.S. 1 (1979); Vnited States v. Sealy, Inc., 388 V.S. 350 (1967); Associated Press v. Uni ted States, 326 U.S. 1 (1945). 409 Vg!. Los Angeles Memorial Coliseum Comm'n v. NFL, 519 F. Supp. 581, 583 ff. (C.D. Ca!. 1981); 726 F.2d 1381, 1388 f. (9th Cir. 1984); NASL v. NFL, 670 F.2d 1249, 1257 (2d. Cir. 1982). 410 Vg!. Wood v. NBA, 809 F.2d 954, 958 f. (2nd Cir. 1987); Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867, 892 f. (S.D.N.Y. 1975); Vnited States v. NFL, 116 F. Supp. 319, 321 (E.D. Pa 1953); Kapp v. NFL, 390 F. Supp. 73, 80 ff. (N.D. Ca!. 1974); Smith v. NFL, 593 F.2d 1173, 1177 (D.C. Cir. 1978); Sullivan v. NFL, 34 F.3d 1091, 1099 (1st Cir. 1994). 411 Smith v. Pro Football, Inc., 593 F.2d 1173, 1177 (D.C. Cir. 1978); Mackey v. NFL, 543 F.2d 606,616; Linsemann v. World Hockey Ass'n, 439 F. Supp. 1315, 1320 (D. Conn. 1977); Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867, 892 f. (S.D.N.Y. 1975); Kapp v. NFL, 390 F. Supp. 73, 80 ff. (N.D. Ca!. 1974); Philadelphia World Hockey Club, Inc. v. Philadelphia Hockey Club, 351 F. Supp. 462, 503 f. (E.D. Pa. 1972); Vnited States v.

12"

180

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

"Supreme Court" in Sachen Copperweld konnte die Untergerichte nicht dazu bewegen, die "single entity"-Theorie auf die Ligen anzuwenden. 412 Doch entsprechende Tendenzen sind erkennbar,413 und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann die "single entity"-Theorie in bezug auf die Ligen bei der kartellrechtlichen Rechtsprechung Berücksichtigung findet. Bis dahin müssen indes die umfangreichen wettbewerbsrelevanten Absprachen der Klubs im Rahmen ihrer Ligaorganisation im Lichte des § 1 Sherman Act als "agreements" qualifiziert werden. .

bb) "In restraint of trade" Zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Sherman Act müssen diese "agreements" zu einem "restraint of trade", also einer Wettbewerbsbeschränkung führen. Die Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals durchlief im "common law" eine grundlegende Wandlung. Während man früher hierunter lediglich die nichtige und unerzwingbare ("unforceable") vertragliche Nebenabrede mit dem Inhalt verstand, im Interesse seines Vertragspartners nicht in der gleichen Branche tätig zu werden, wurden mit dem fortschreitenden Wettbewerb auch gegenseitige Verpflichtungen von Unternehmen erfaßt, auf bestimmte Wettbewerbsmaßnahmen oder auf jeden Wettbewerb zu verzichten. 414 Heute reicht für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals allein die Feststellung eines "agreements" mit der Absicht ("intent"), den Wettbewerb zu beschränken. Eine tatsächliche Wettbewerbsbeschränkung braucht nicht eingetreten zu sein. Die Wettbewerbsbeschränkung muß lediglich notwendige Folge der Durchführung des "agreements" sein. 415 Ob die zu beurteilende Verhaltensweise mit der Aufrechterhaltung eines freien und vollständigen Wettbewerbs vereinbar ist,416 muß dabei anhand des Einzelfalles gerichtlich festgestellt werden. Eine bloße tatbestandliche Subsumtion unter die Norm ist indes mit Blick auf die weite Fassung des Gesetzeswortlautes nicht möglich. Zieht man nämlich den bloßen NFL, 116 F. Supp. 319, 321 (E.D. Pa. 1953); Wood v. NBA, 809 F.2d 954, 958 f. (2d Cir. 1987). 412 Vgl. SulIivan v. NFL, 34 F.3d 1091, 1099 (Ist Cir. 1994). 413 Im Verfahren Chicago Professional Sports v. NBA, 961 F.2d 677 (7th Cir. 1992), gab der Richter zur Kenntnis, daß die NBA sich nicht auf die "single entity"-Doktrin berufen habe und er nur deshalb der NBA den Status als "single firm" im Lichte des § 1 Sherman Act versagt habe. 414 Zur geschichtlichen Entwicklung vgl. F. Enge/mann, Monopole, S. 34. 415 Vgl. Associated Press v. United States, 326 U.S. 1, 12 f. (1945). 416

L. Loevinger, WuW 1964,588 (597).

IV. Der Sherman Aet und die amerikanisehe Sportreehtspreehung

181

Wortlaut heran, so drängt sich die Rechtsfolge auf, daß jede Wettbewerbs behinderung hiervon erfaßt wird. Deshalb muß zur Entscheidung im Einzelfall der Sinn und Zweck des Gesetzes herangezogen werden, um verbindlich über den wettbewerbsbeschränkenden Charakter des Verhaltens i.S.d. § I Sherman Act urteilen zu können. Losgelöst von einer bloßen tatbestandlichen Interpretation nahm daher die Rechtsprechung zur Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit mit der sog. "rule of reason"-Doktrin eine Formel zur Hand, anhand derer sie entscheiden konnte, welche Verhaltensweisen von den Bestimmungen des Sherman Act erfaßt werden und welche nicht.

cc) "Rule of reason"-Doktrin als Instrument zur Entscheidung im Einzelfall Die ,,rule of reason"-Doktrin entwickelte die Rechtsprechung bereits im Rahmen des Verfahrens Standard Oil Co. v. United States. 417 Nach der ,,rule of reason" sind Verhaltensweisen grds. rechtswidrig, d.h. sie verstoßen gegen das Antitrustrecht, wenn sie als unzulässige ("unreasonable") bzw. ungebührliche ("undue") Wettbewerbsbeschränkung zu werten sind. 418 Zur Beurteilung steht dem zur Entscheidung berufenen Gericht ein Beurteilungsspielraum zur Verfügung, im Rahmen dessen die wettbewerbsfördemden ("procompetitive") und die wettbewerbs beeinträchtigenden ("anticompetitive") Implikationen des jeweils wettbewerbsrelevanten Verhaltens miteinander abzuwägen sind,419 wobei Ziel, Ausmaß und Wirkung der Beschränkung des Wettbewerbs in die Abwägung mit einzubeziehen sind. Das Ergebnis ist als "unreasonable" zu betrachten, wenn die wettbewerbsbeeinträchtigenden Aspekte überwiegen. 42o Dabei ist unbeachtlich, "ob dieser nachteilige Charakter in ihrer besonderen Natur, ihrem Erfolg oder in der durch sie manifestierten Absicht liegt."421 Eine Untersu-

417 221 U.S. 1 (1911). 418 Vgl. bei E. Curti, Antitrustrecht, S. 47; H. Bärmann, Antitrustrecht, S. 7. 419 Vgl. National Soc'y of Professional Eng'rs v. United States, 435 U.S. 679, 686 f. (1978); Arizona v. Marieopa County Medical Society, 457 U.S. 332 (1982); ferner Smith v. Pro Football, Ine., 593 F. 2d 1173, 1183 (D. C. Cir. 1978): "Under this rule, the fact finder weighs all the eircumstanees of the case in deciding wether a restrictive practiee should be prohibit as imposing an unreasonable restraint on eompetition."; vgl. hierzu aueh R. Whish, Competition Law, S. 19 f. 420 Siehe Monahan's Marine, Ine. v. Boston Whaler, Ine., 866 F.2d 525, 526 f. (Ist Cir. 1989); Business Eleetronies Corp. v. Sharp Eleetronics Corp., 485 U.S. 717, 723 (1988). 421 Vgl. J. C. Pelegrine, Federal Antitrust, S. 18: "The test of wether a combination restraints eompetition depends not only upon the ultimate results, but also on the illegal

182

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

chung in dieser Hinsicht erübrigt sich aber, wenn eine Verhaltensweise bereits ihrer wettbewerbsfeindlichen Natur wegen schlechthin ("per se"), also unwiderlegbar vermutet, als rechtswidrig zu bezeichnen ist. 422 Dann greift die ebenfalls von der Rechtsprechung entwickelte absolute Verbotsregel der "per se"Doktrin. Betrachtet danach das Gericht das Verhalten bereits auf Tatbestandsebene als "per se violation", kommt es auf die Frage, ob es "unreasonable", also rechtswidrig ist, nicht mehr an. Allein das tatbestandliche Vorliegen eines schlechthin wettbewerbswidrigen Verhaltens reicht zur Verurteilung. Als typische "per se violations" wurden beispielsweise horizontale Preisvereinbarungen,423 Marktaufteilungen,424 Produktionsbeschränkungen und Kollektivboykotte ("group boycotts")425 angesehen. 426 Die insgesamt vorzunehmende Beurteilung, ob das relevante Verhalten als ,,reasonable" oder gar als "per se violation" zu behandeln ist, hat jedoch stets im Lichte der Ratio des Sherman Act zu erfolgen. Wie bereits erwähnt, sollte die dogmatische Entwicklung des Antitrustrechts von der "Populist School" zur liberaleren "Chicago School" auch an den sportrechtlichen Kartellverfahren nicht spurlos vorbeigehen. Zum einen mußten die Kläger, die in den Regelungen oder Praktiken der Ligen einen Kartellverstoß sahen, neben der Verletzung kartellrechtlicher Tatbestände von nun an darlegen, daß das relevante Verhalten unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls wettbewerbseinschränkend und somit für die Verbraucher nachteilig war. Zum anderen rückten die wettbewerbsrechtlich zu beurteilenden Regelungen und Praktiken mit Blick auf die Organisationsstrukturen der Sportligen als "joint ventures" in ein anderes Licht. Unter der "Populist School" wurde der Wettbewerbsbegriff noch so weit definiert, daß quasi alle horizontalen "agreements" i.S. v. § 1 Sherman Act als illegal befunden wurden, wenn hierdurch der Wettbewerb auf einem relevanten Markt nur irgendwie vermindert wurmotives of the combination irrespective of results."; ferner Vnited States v. American Tobacco Co., 221 V.S. 106 (1910); vgl. auch E. Curti, Antitrustrecht, S. 47. 422 Vgl. hierzu Northern Pacific v.Vnited States, 356 V.S. 1,5 (1957), in dem das "Supreme Court" ausführte: "There are certain agreements or practices which because of their pernicious effect on competition and lack of any redeeming virtue are conclusively presumed to be unreasonable and therefore illegal without elaborate inquiry as to the precise harm they have caused or the business excuse for their use." 423 Vgl. hierzu Vnited States v. Socony-Vacumm Albrecht v. The Herald Co., 390 V.S. 145 (1961).

on Co., 310

V.S. 150 (1940);

424 Vgl. Vnited States v. Arnold, Schwinn & Co., 388 V.S. 365 (1967). 425 Hierunter versteht man den gemeinsamen Versuch eines Kollektivs von Wettbewerbern, andere potentielle Wettbewerber von ihrem Markt auszuschließen, vgl. Smith v. Pro Football, Inc., 593 F.2d 1173, 1178 (D.C. Cir. 1978). 426 Vgl. hierzu Smith v. Pro Football, Inc., 593 F. 2d 1173, 1178 (D. C. Cir. 1978); Klor's, Inc. v. Broadway-HaIe Stores, 359 V.S. 207 (1059).

IV. Der Sherrnan Act und die amerikanische Sportrechtsprechung

183

de. 427 Das galt insbesondere für "joint ventures", und zwar unabhängig davon, ob das "agreement" eine Monopolmacht entstehen ließ, einen Preisanstieg oder eine Qualitätsabnahme der Produkte verursachte. 428 Nach dieser Betrachtungsweise waren Kartellverstöße bei "joint ventures" geradezu indiziert, denn ihre Gründung, verbunden mit den getroffenen Absprachen unter den Mitgliedern, ließ die Minderung eines potentiellen Wettbewerbs, die Aufteilung eines relevanten Marktes und Kollektivboykotte als "per se" -Verstöße naheliegen. Diese restriktive "per se"-Beurteilung gab die Rechtsprechung im Zuge der "chicago school" immer mehr auf und verlagerte ihr Gewicht zunehmend auf eine "consumer welfare"-orientierte ,,role of reason"-Analyse, die auch in den. hier zu betrachtenden Sportrechts-Fällen Einzug nahm. 429

dd) Anwendbarkeit Es bestehen keine Zweifel, daß eine Reihe von Absprachen der Ligen als wettbewerbs beschränkende Kartellvereinbarungen ("agreements in restraint of trade") zu werten sind. Dies trifft vor allem auf die ligarechtlichen "owner and franchise restrictions" zu, mit denen der Wettbewerb unter den Ligamitgliedern z.T. eliminiert wird. So wird beispielsweise der Ligagesamtmarkt durch die Umzugs- und Gebietsschutzklauseln 430 räumlich auf die Klubs als Kartellmitglieder aufgeteilt ("Marktaufteilungskartell").431 Die hierdurch in dem jeweiligen Territorium begründete Monopolstellung eines Klubs hat zur Folge, daß ein Wettbewerb unter den Klubs um den Absatz von Tickets ausgeschaltet wird. Für den Nachfrager hat dies zur Konsequenz, daß der ansässige Klub überhöhte Ticketpreise durchsetzen kann, die unter Wettbewerbsbedingungen nicht möglich wären. 432 So verhält es sich ebenfalls im Hinblick auf die zentrale Vennarktung der Fernsehrechte. Ein Wettbewerb zwischen den Klubs um

427 G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.04[1]. 428 United States v. Sealy 388 U.S. 350 (1967); United States v. Topco Associates, Inc,405 U.S. 596 (1972). 429 Siehe Smith v. Pro Football, Inc., 593 F.2d 1173, 1177 ff. (D.C. Cir. 1978); Mackey v. NFL, 543 F.2d 606, 613 ff. (8th Cir. 1976); Kapp v. NFL, 390 F. Supp. 73, 79 ff. (N.D. Cal. 1974). 430 Siehe oben § 4 I 1. 431 Vgl. S. Pariasca, Kartelle, S. 226; BerrylGould NIStaudohar, Labor Relations,

S.5.

432 Vgl. R. G. Noll, in: Adams (Hrsg.), The Structure of American Industry, S. 348 (383); S. Pariasca, Kartelle, S. 226.

184

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

den Verkauf der TV-Rechte ihrer Spiele findet wegen der zentralen Verkaufszuständigkeit der NFL nicht statt. 433 Die hierdurch eingenommene Monopolstellung ermöglicht es der Liga daher, die Übertragungsrechte zu überhöhten Preisen zu veräußern. Den hiergegen erhobenen Klagen, mit denen die Ligen überzogen wurden, konnten sie sich - nicht selten überraschend - überwiegend erfolgreich zur Wehr setzen. 434 Im Hinblick auf die "television restrictions" waren die Ligen bereits durch den "Sports Broadcasting Act" kartellrechtlich privilegiert. Im übrigen argumentierten die Ligen im Rahmen ihrer Verteidigung435 schwerpunktmäßig mit ihrer einzigartigen Organisationsstruktur. Angelehnt an die "single entity" -Theorie 436 stellten die Ligamitglieder unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Einbindung in ein "joint venture" wirtschaftlich betrachtet keine Wettbewerber im eigentlichen Sinne dar ("no competition-argument").437 Mangels eines vorhandenen Wettbewerbs könnten ihre Regelungen und Praktiken daher nicht wettbewerbs beschränkend ("anticompetitive") sein. Zum anderen plädierten sie für eine "per se lawful"-Behandlung im Rahmen einer "rule of reason"-Analyse. Schließlich wiesen sie darauf hin, daß die Klubs sportlich und wirtschaftlich betrachtet voneinander abhängig seien, um das Produkt den Verbrauchern attraktiv anbieten zu können. Jeder Eingriff in den Zirkel des internen Finanzierungssystems würde zwangsläufig den Erfolg der Liga im Absatz ihres Produktes gefährden. 438 Vor diesem Hintergrund sind nur zwei Verfahren erwähnenswert, in denen die Ligapraktiken für kartellrechtswidrig befunden wurden. Während es in dem Verfahren NASL v. NFL439 um die Rechtmäßigkeit des sog. "cross ownership ban"44O ging, betraf das bereits vielfach zitierte Verfahren Los Angeles Memo-

433 Siehe hierzu G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.04[2HaHii]. 434 Vgl. Levin v. NBA, 385 F. Supp. 149 (S.D.N.Y. 1974); Mid-South Grizzlies v. NFL, 550 F. Supp. 558 (E.D. Pa. 1982), 720 F.2d 722 (3d Cir. 1983); San Francisco Seals v. NHL, 379 F. Supp. 966 (C.D. Cal. 1979). 435 Vgl. hierzu ausführlich G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, § 19.04[3]. 436 Siehe hierzu oben § 6 IV 2b. 437 Siehe beispielsweise Sullivan v. NFL, 34 F.3d 1091, 1099 (1st Cir. 1994). 438 Vgl. NASL v. NFL, 670 F.2d 1249, 1251 (2d Cir. 1982). 439 670 F.2d 1249 (2d. Cir. 1982). 440

Siehe oben § 4 I 1.

IV. Der Sherman Act und die amerikanische Sponrechtsprechung

185

rial Coliseum Comm'n v. NFL 441 das Verbot der "Oakland Raiders", ihren Spielbetrieb nach Los Angeles zu verlegen. Die angewandten Praktiken wurden in beiden Fällen als "unreasonable restraint of trade" betrachtet. Zu einer gleichen Beurteilung muß man hinsichtlich der im Vordergrund der Untersuchung stehenden Spielerrestriktionen ("player restraints") gelangen. Mit den Regelungen der "draft" und der "free agency" trafen die Ligen in der Vergangenheit Absprachen, durch die die Spieler auf die an der Liga teilnehmenden Klubs quasi aufgeteilt wurden ("allocation rules").442 Im Gegensatz zu den "owner and franchise"- und "television restrictions" betreffen diese Absprachen aber nicht die Angebotsseite der Ligen, sondern regeln die Konkurrenzbeziehung der Klubs als alleinige Nachfrager ("monopsony") auf dem Spielermarkt. 443 Durch die Aufstellung und Kontrolle dieser festen Zugangsund Wechselsysteme wird freilich der Nachfragewettbewerb der Klubs um die begehrten Akteure beeinträchtigt,444 denn bleibt ein Spieler trotz Ablaufs seines Vertrages einem Klub weiterhin zugeordnet, weil beispielsweise diesem Klub die alleinige Option der Vertragsverlängerung zukommt, wird eine bestehende Wettbewerbslage aufrechterhalten. Dies geht selbstverständlich auch zu Lasten der Spieler, die bestrebt sind, auf einem freien Markt ihren Arbeitsplatz wählen und ihren Marktwert frei aushandeln zu können. Der Marktwert eines Spielers schlägt sich im Gehalt des Akteurs nieder. Die Gehälter dürften aber unter dem Wettbewerbsniveau liegen, wenn die Spieler einem Nachfragekartell gegenüberstehen, von dessen Entscheidung es überhaupt abhängt, ob der Spieler an dem Spielbetrieb teilnehmen kann. 445 Dies gilt vor allem für die "rookies", die nach überstandenem Auswahlverfahren am Anfang ihrer Karriere vor den ersten Gehaltsverhandlungen stehen. Nehmen sie das Angebot ihres 441 726 F.2d 1381 (9th Cir. 1984). 442 Hiervon abzugrenzen sind die sog. "exclusionary mies", mit denen Nachwuchsspielern von vornherein der Zutritt zur jeweiligen Liga versperrt wird. Z.T. wurde die Erteilung der Spiellizenz von einer vierjährigen Absolviemng des College abhängig gemacht, vgl. Denver Rockets v. All-Pro Management, Inc., 325 F. Supp. 1049 (C. D. Cal. 1971). In Linsemann v. World Hockey Association, 439 F. Supp. 1315 (D. Conn. 1977), ging es um die Frage, ob die Spielberechtigung von einem gewissen Alter abhängig gemacht werden kann. In Bowman v. NFL, 402 F. Supp. 754 (D. Minn. 1975) war streitgegenständlich das den NFL-Teams auferlegte Verbot, Spieler der gescheiterten Konkurrenzliga USFL während der laufenden Saison der NFL einzusetzen. 443 Zum Nachfragemonopol der Ligen vgl. S. H. Chalian, St. John's L. Rev. 67/1993,593 (624); S. Pariasca, Kartelle, S. 171 ff.; Berry/Gould lV/Staudohar, Labor Relations, S. 5. 444 Vgl. G. R. Roherts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.04[3]. 445 Siehe hierzu BaumolIBlinder. Economics, S. 819.

186

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

"Käufers" nicht an, laufen sie Gefahr, ihre Karriere unnötig zu verzögern. Scheitern nämlich die Vertragsverhandlungen, so kann der Spieler u.U. erst wieder bei der nächsten "draft" in einem Jahr berücksichtigt werden. Hierdurch würde der Spieler allerdings an Spielpraxis verlieren und sich womöglich als schwieriger Arbeitnehmer erweisen. 446 Im Ergebnis bleibt ihm somit wenig Verhandlungsspielraum, und er muß u.U. ein Gehalt akzeptieren, das dem Wettbewerbsniveau nicht entspricht. 447 Auf diesem Wege findet eine Umverteilung des Einkommens von den Akteuren zu den Klubunternehmen statt. 448 Das Gefälle der Gehälter nach unten - je nach Spielstärke und Nachfrage wird allerdings begrenzt durch die nunmehr tarifvertraglich ausgehandelten Mindestgehälter der "rookies". 449 Für die sog. "free agents" stellt sich die Verhandlungsposition im Hinblick auf die Gehälter nach der Einführung tarifvertraglicher liberalerer Wechselrestriktionen weitaus günstiger dar. Zwar unterliegen eine Reihe von Spielern ("Restricted Free Agents") - mit Ausnahme in der NBA _450 auch nach Ablauf ihrer Verträge weiterhin gewissen Wechselbeschränkungen. Allerdings können sie ihren Arbeitgebern nunmehr ein an der Offerte des neuen Klubs orientiertes Gehalt abverlangen, wenn sich der bisherige Klub die Dienste des Spielers für ein weiteres Jahr sichern möchte. Mit der Installation des "Restricted Free Agent" wurde zumindest der in der Vergangenheit, insbesondere unter der "reserve rule", praktizierte Nachfragewettbewerb um reservierter Spieler liberalisiert. Bis dahin konnten sich die Klubunternehmen z.T. nach freiem Gutdünken über die Wechselbestrebungen der Spieler hinwegsetzen und einseitig deren auslaufende Verträge um ein Jahr verlängern. Zur Rechtfertigung der wettbewerbsbeeinträchtigenden Spielerrestriktionen argumentierten die Ligen durchweg mit denselben, bereits oben geschilderten sowohl sportlich als auch ökonomisch ausgerichteten Wettbewerbsargumenten. Die Spielerrestriktionen wurden insbesondere mit dem Bestreben gerechtfertigt, zwischen den Klubs eine sportliche Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, die von der Finanzkraft, dem Renommee oder dem Standort der Klubs unabhängig

446

Vgl. H. Fischer, Sport und Geschäft, S. 78.

447 Weniger spektakulär sieht freilich die Verhandlungsposition bei den Stars unter den ,,rookies" aus; zu den wettbewerbsrelevanten Auswirkungen des Nachfragekartells auf die Gehälter vgl. näher S. ParIasca, Kartelle, S. 171. 448

Vgl. S. ParIasca, Kartelle, S. 173.

449

Siehe hierzu oben § 5 11.

450

Siehe oben § 5 2 c.

IV. Der Shennan Act und die amerikanische Sportrechtsprechung

187

sein SOIl.451 Nur eine sportlich ausgeglichene Liga452 garantiere eine Vielzahl spannender Begegnungen, die die Attraktivität einer Liga ausmache. 453 Auf diesem Wege könne das Produkt der Ligen "Football", "Basketball" oder "Eishockey" auf Dauer den Konsumenten attraktiv dargeboten werden. Hinter dieser Argumentation steht das Ziel, unter den Ligamitgliedern eine wirtschaftliche Stabilität durch eine gleichmäßige Einnahmenverteilung zu gewährleisten. Diese wirtschaftliche Ausgeglichenheit wäre gefährdet, wenn ein Team oder wenige Teams den sportlichen Wettbewerb dominierten. Die sportliche Dominanz eines oder weniger Teams führt automatisch zur Erhöhung deren Erlöspotentials, mit dem sie ihre Teams mit den besten Spielern ausstatten könnten. Hierdurch verlöre die Liga an Attraktivität, womit eine Abnahme der Produktqualität einherginge. Das hätte zur Folge, daß die Nachfrage der Stadionbesucher, Fernsehanstalten und Sponsoren und damit der Erlös der Liga zurückginge. Nicht alle Teams könnten auf Dauer diese Einnahmenverluste wirtschaftlich verkraften und wären infolgedessen gezwungen, über kurz oder lang aus dem Spielbetrieb auszuscheiden. Mit Blick auf die sportlich wie wirtschaftlich auf Gegenseitigkeit beruhende Abhängigkeit wäre aber damit gleichzeitig der wirtschaftliche Erfolg der finanzstarken Klubs gefährdet, die, um das Unterhaltungsgut Sport anzubieten zu können, auf Konkurrenten nicht verzichten können. 454 Jeder wirtschaftlich erlittene Schaden oder Verlust tangierte daher die Stabilität und den Erfolg der anderen Ligateilnehmer und damit den der Liga insgesamt. Vor diesem Hintergrund seien Institutionen wie die "draft" und die "free agency" unerläßlich, um über eine umfassende Kontrolle der Spieler hinsichtlich ihres Einsatzes, ihrer Transfermöglichkeit und ihrer Gehälter einen Ausgleich der Spielstärken unter den Ligateilnehmern zu gewährleisten. Darüber hinaus biete durch die "salary cap" eine restriktive Gehalts-

451 Vgl. hierzu Berry/Gould N/Staudohar, Labor Relations, S. 103 f.; J. Plassmann, NFL, S.233; Cassing/Douglas, Southern Economic Journal, 47/1980, 110 (120); kritisch El-HodirilQuirk, Journal of Political Economy 79/1971, 1302 (1313 ff.). 452 Vgl. Philadelphia World Hockey Club, Inc. v. Philadelphia Hockey Club, Inc., 351 F. Supp. 462, 486 (E. D. Pa. 1972): "Competitive balance occurs when there is a relative parity among the member teams and ( ... ) each team has the opportunity of becoming a contender over a reasonable cycle of years and a reasonable chance of beating any other team on any given night." 453 Vgl. Mackey v. NFL, 543 F.2d 606, 621 (8th Cir. 1976); McCourt v. California Sports, Inc., 460 F. Supp. 904, 909 (E.D. Mich. 1978). 454

geht.

Vgl. S. Pariasca, Kartelle, S. 102 f., die auf diese Wirkungskette ausführlich ein-

188

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

politik dafür Gewähr, daß eine wirtschaftliche Chancengleichheit hinsichtlich des Wettbewerbs um die Verpflichtung der besten Spieler besteht. 455 Die Spieler betrachteten die "draft"-Regelungen und die verschiedenen Spielarten der "free agency" durchweg als kartellrechtswidrige Absprachen der Ligaklubs. 456 Durch die "agreements", auf dem relevanten Nachfragemarkt auf jeden Wettbewerb zu verzichten, bleibe es den Spielern verwehrt, ihre am tatsächlichen Marktwert orientierten Gehaltsvorstellungen durchzusetzen und damit auch an den Profitsteigerungen der Ligen zu partizipieren. 457 Darüber hinaus werde ihnen durch die kontrollierten Zugangs- und Wechselmechanismen die freie Entscheidung abgeschnitten, wo sie ihren Arbeitsplatz aufnehmen wollen. Die kartellrechtliche Diskussion dieser Nachfrageregelungen im Lichte des § 1 Sherman Act hat freilich an Schärfe verloren, seitdem mit Beginn der achtziger Jahre die Spielergewerkschaften neue "free agency"- und "draft"-Regelungen gegenüber den Ligen durchsetzen konnten, die das Ergebnis umfangreicher Tarifkonsultationen waren. Die Regelungen wurden in der Folgezeit zumeist der aktuellen Rechtsprechung angepaßt und flossen modifiziert in neue Tarifverträge ein. Kartellrechtlich wurden die Gerichte seitdem zunehmend mit der Frage konfrontiert, ob die streitgegenständlichen (Tarifvertrags-)Regelungen unter Berücksichtigung des arbeitsrechtlichen Bezuges durch die sog. "labor exemption" von den kartellrechtlichen Vorschriften befreit sind. Die tatbestandliehe Prüfung der Regelungen an den Tatbestandsmerkmalen "agreement in restraint of trade" i.S.d. § 1 Sherman lebt in diesem Zusammenhang erst dann wieder auf, wenn der Befreiungstatbestand der "labor exemption" verneint wird. 458 Vor diesem Hintergrund soll auf die Verfahren, die in dem kollektivarbeitsrechtlichen Kontext "labor exemption" entschieden wurden, erst nach Darstellung der arbeitsrechtlichen Bezüge zum "antitrust law" eingegangen werden. Im folgenden sollen die zwei wichtigsten Entscheidungen dargestellt werden, die sich mit den "player restraints", wie die "draft" oder die "free agency", im Lichte der "rule of reason" beschäftigten.

455 Offenbar untermauert wird diese These durch das sportliche Abschneiden der "Packers" aus der nordamerikanischen "Kleinstadt" Green Bay, die im Januar 1997 das "XXXI Super Bowl"-Finale gewannen. Lt. Aussage des Klubeigners Bad Harlan ist dieser Erfolg nicht zuletzt auf die "salary cap" zurückzuführen, die es ermöglicht, mit sportlichen Giganten wie Dallas zu konkurrieren; vgl. FAZ v. 7.1.1997, S. 20. 456

Vgl. Smith v. Pro Football, 420 F. Supp. 738, 741 (D.D.C. 1976).

457

Vgl. NBA v. Williams, 45 F.3d 684, 687 (2d Cir. 1995).

458

Siehe hierzu unten § 6 V.

IV. Der Sherman Act und die amerikanische Sportrechtsprechung

189

Bei den anhängig gemachten Verfahren handelte es sich durchweg um KarteIlklagen von Spielern, die, verbunden mit Unterlassungsanträgen, Schadensersatz wegen entgangener Gewinne einforderten. Materiell-rechtlich hing der Ausgang der Verfahren im wesentlichen von der Frage ab, inwieweit die Absprachen der Klubs untereinander "agreements" i.S.d. § 1 Sherman Act darstellten und einen zwischen ihnen bestehenden freien Wettbewerb in rechtswidriger Weise ("unreasonable") beschränkten ("in restraint of trade"). Die Urteile können mit Blick auf den enormen Umfang nur stark gekürzt und in ihrem wesentlichen Gehalt wiedergegeben werden. (1) Mackey v. NFL (Teil 1)459

Im Verfahren Mackey v. NFL ging es um die Vereinbarkeit der "Rozelle Rule"460 mit § 1 Sherman ACt. 461 Die Kläger, sechzehn aktive und ehemalige NFL-Spieler, klagten vor dem "District Court of Minnesota" auf Schadensersatz und Unterlassung wegen Verletzung des § 1 Sherman Act. Durch die einseitige Einführung und Anwendung der "Rozelle Rule" seien sie widerrechtlich in ihrer Wechselmöglichkeit beschränkt worden, wodurch ihnen ein näher bezifferter Schaden entstanden sei. Die "Rozelle Rule" stelle eine rechtswidrige Wettbewerbsbeeinträchtigung i.S.d. § 1 Sherman Act dar. Die Klagen hatten Erfolg. Der erstinstanzliche "District Court" wertete die "Rozelle Rule" als eine rechtswidrige Handelsabsprache ("concerted refusal to deal") und als Kollektivboykott ("group boycott"), die "per se" gegen § 1 Sherman Act verstießen. Den Spielern werde durch die Regelung das Recht verwehrt, ihre Arbeitskraft auf einem freien Markt anbieten und in diesem Rahmen ihren Marktwert frei aushandeln zu können. Durch die "Rozelle Rule" würden sich die Klubs zu einem Spielertransfer nur dann veranIaßt fühlen, wenn eine angemessene Entschädigungsvereinbarung zwischen den beteiligten Klubs in Aussicht stünde oder sie das Risiko einer ungewissen Festsetzung durch den Commissioner auf

459

407 F. Supp. 1000 (D. Minn. 1975); 543 F.2d 606 (8th Cir. 1976).

460 Siehe hierzu oben § 5 III lc. 461 Die Vereinbarkeit der "Rozelle Rule" mit § 1 Sherman Act war bereits zuvor schon in den Verfahren Kapp. v. NFL, 390 F. Supp. 73 (N.D. Ca!. 1974), und Bryant v. NFL, Docket No. CV 75-2543 (C.D. Ca!. July 30, 1975), Gegenstand einer kartellrechtlichen Untersuchung. Bei diesen Verfahren handelte es sich jedoch lediglich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren ("preliminary injunction"), bzw. um ein beschleunigtes Verfahren ("summary judgement"). In beiden Verfahren wurde eine Verletzung des § 1 Sherman Act bejaht.

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§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

sich nähmen. 462 Die Berufung der NFL vor dem ,,8th Cir. Court of Appeals" blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht verwarf zwar die "per se"-Betrachtung des "District Court" als unangemessen, bejahte indes im Rahmen der ,,rule ofreason"-Doktrin unter Heranziehung der Argumentation des "District Court" eine "unreasonable restraint of trade".463 Die "per se"-Regel finde Anwendung zwischen Wettbewerbern im klassischen Sinne. Dies treffe auf die NFL unter Berücksichtigung ihrer Organisationsform als "joint venture" nicht uneingeschränkt zu. 464 In diesem Zusammenhang billigte das Gericht der NFL sogar ein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung einer Wettbewerbsfähigkeit unter den Teams zu. Die "Rozelle Rule" ginge jedoch in ihrer Anwendung zu weit, um die u.U. legitimierten Absichten zu rechtfertigen und damit als "reasonable" erscheinen zu können. Von ihr betroffen seien nämlich ausnahmslos alle NFL-Spieler. Die "Rozelle Rule" wurde aber eingeführt, um zu verhindern, daß sich um solvente Teams sämtliche Star-Spieler der Liga versammeln. 465

(2) Smith v. Pro-Football. Inc. 466 Zeitlich parallel zum Verfahren Mackey v. NFL sah sich die NFL einem weiteren Kartellverfahren ausgesetzt. In Smith v. NFL ging es erstmals um die Rechtmäßigkeit der "college draft".467 Zu diesem Zeitpunkt war die "college draft" noch nicht Gegenstand eines Tarifvertrages. Nach den Regularien gingen die Rechte an dem Spieler exklusiv auf den diesen erwerbenden Klub über. Gesichert wurde dieses Recht durch die sog. "no-tampering rule" der NFL, wonach es keinem Klub gestattet war, vor der "draft" mit den zukünftigen NFL-Profis in Verhandlungen zu treten. Der Kläger, James (Yazoo) Smith, wurde 1968 als "twelfth pick" in der ersten Runde von den "Washington Redskins" rekrutiert. Smith unterschrieb bei den "Redskins" den obligatorisch

462 407 F. Supp. 1000, 1007 (D. Minn. 1975). 463 543 F.2d 606, 620 ff. (8th Cir. 1976): "Significantly deters clubs from negotiating with and signing free agents; (... ) that players are denied the right to seil their services in a free market, which results in lower salaries; (... ) and that absent the Rozelle Rule, there would be increased movement in interstate commerce of players from one club to another." 464 543 F.2d 606,619 (8th Cir. 1976). 465 543 F.2d 606, 621 f. (8th Cir. 1976). 466 420 F. Supp., 738 (D.D.C. 1976); 593 F.2d 1173 (D.C. Cir. 1978); zum Verfahren vgl. näher M. C. Grauer, Mich. L. Rev. 8211983,1 (37 ff.). 467 Siehe hierzu oben § 5 I.

IV. Der Sherman Act und die amerikanische Sportrechtsprechung

191

angebotenen Einjahresvertrag mit der Option für den Klub, den Vertrag einseitig zu verlängern. Aufgrund einer in einem Saisonspiel erlittenen Genickverletzung mußte Smith seine Karriere bereits nach der Saison 1968 beenden. Die Redskins zahlten ihm zusätzliche $ 19.800 zu seinem Gehalt. Dabei handelte es sich um den Betrag, den Smith erhalten hätte, wenn er das Optionsjahr seines Vertrages zu Ende gespielt hätte. Zwei Jahre später verklagte er die Redskins und die NFL wegen Verletzung kartellrechtlicher Vorschriften auf Schadensersatz. Das "draft" -System verhindere, daß ein Spieler auf einem freien Markt die Vertrags inhalte einschließlich seines Marktwertes frei aushandeln könne. Ein solcher frei ausgehandelter Vertrag hätte adäquate Bestimmungen enthalten können, die den Einkommensverlust im Falle einer Verletzung hätten ausgleichen können. 468 Die Klage hatte Erfolg. Der "District Court" wertete das "draft"-System als eine völlige Abschlußverweigerung ("refusal to deal") und damit als einen widerrechtlichen "group boycott". Unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung sei dieses Verhalten bereits wegen seiner wettbewerbsfeindlichen Natur "per se" als rechtswidrig zu bezeichnen. 469 Die Berufung der NFL blieb ohne Erfolg. Zwar wies das Berufungsgericht im Lichte der "Mackey"-Entscheidung die "per se"-Haltung des "District Court" zurück; es befand aber, daß das "draft"-System insgesamt "unreasonable" i.S.d. ,,rule of reason"-Doktrin sei. Entgegen der Auffassung des Eingangsgerichts handele es sich nicht um einen klassischen "group boycott",470 denn die NFL-Klubs seien nicht Wettbewerber im wirtschaftlichen Sinne. Der Zusammenschluß der NFLKlubs sei auch nicht zum Zwecke des Ausschlusses von potentiellen Mitbewerbern erfolgt. Insbesondere habe Smith nicht mit den NFL-Klubs in Wettbewerb treten wollen. Auch deren Verweigerung, mit ihm u.U. schon im Vorfeld zu verhandeln, habe keine Auswirkungen auf die Qualität des Produkts "Football" gehabt. Vielmehr diene die "draft" der Aufrechterhaltung einer sportlichen Wettbewerbsfähigkeit und damit auch der Produktqualität. Dies seien allerdings keine wirtschaftlich orientierten, sondern sportliche W ettbewerbsaspekte, die im Rahmen der wirtschaftsorientierten "rule of reason"-Analyse unbeachtlich seien. 471 Diese Analyse falle schließlich zu Lasten der NFL aus. Die "draft" bewirke die Eliminierung des Wettbewerbs zwischen den

468

420 F. Supp. 738, 741 (D.D.C. 1976).

469 420 F. Supp., 738, 744 (D.D.C. 1976): "This outright, undisguised refusal to deal constitutes a group boycott in its classic and most pemicious form, a device which has long been condemned as a per se violation of the antitrust laws."

470 Siehe Def. oben unter Fßn. 425. 471 593 F.2d 1173, 1186 (8th Cir. 1978).

192

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

Klubs um die Dienste der College-Spieler. 472 Dieser wettbewerbsbeschränkende Effekt sei als eine "unreasonable restraint of trade" zu betrachten. In der Literatur wurden diese beiden Entscheidungen kritisiert. 473 Die Gerichte hätten im Rahmen ihrer "rule of reason"-Analyse die "consumer welfare"-Zielsetzungen nicht hinreichend gewürdigt. Bei dieser verbraucherorientierten Analyse sei nämlich entscheidend, ob der Verbraucher in irgendeiner Weise begünstigt werde. Insoweit hätten die sportlichen Wettbewerbsargumente der Ligen Berücksichtigung finden müssen. Wenn nämlich die Praxis der Ligen eine Verbesserung der Produktqualität und/oder eine Stabilisierung der Preise garantiere, müsse dies als wettbewerbsfördemd und damit als "reasonable" im Lichte der "rule of reason" gewertet werden. V. Die arbeitsrechtliche Freistellung vom amerikanischen Kartellrecht ("Iabor exemption") Seitdem die geltenden Spielerrestriktionen das Ergebnis arbeitsvertraglicher Kollektivverträge zwischen den Spielergewerkschaften und den Managements der Ligen sind, kann man freilich den Standpunkt vertreten, daß die getroffenen Regelungen allein das arbeitsrechtliche Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und damit ausschließlich das Arbeitsrecht als abgeschlossenes Rechtsgebiet betreffen. In der Tat wurden die zur Entscheidung berufenen Gerichte mit dieser interdisziplinären Frage dann auch zunehmend konfrontiert. Für sie erübrigte sich dann eine am Wettbewerb orientierte, mitunter komplizierte ökonomische ,,rule of reason"-Analyse, wenn die streitbefangenen Regelungen unter einen der sog. arbeitsrechtlichen Befreiungstatbestände ("labor exemptions") subsumiert werden konnten. Insoweit sind bei der kartellrechtlichen Rechtmäßigkeitsprüfung arbeitsrechtliche Befreiungstatbestände zu beleuchten, die zum einen auf kodifiziertem Recht ("statutory exemption") und zum anderen auf fortentwickeltem Richterrecht ("nonstatutory exemption") beruhen. Diese Befreiungstatbestände bilden die Schnittstelle zwischen Arbeits- und Kartellrecht und werden unter der Bezeichnung "labor exemption" zusammengefaßt.

472

593 F.2d 1173, 1186 (8th Cir. 1978).

G. R. Roherts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.05[3][a); M. C. Grauer, Mich. L. Rev. 82/1983, 1 (39 ff.). 473

V. Die arbeitsrechtliche Freistellung vom Antitrustrecht

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1. Gesetzliche Freistellung ("statutory labor exemption")

Normative Aufhänger für die gesetzlichen Befreiungstatbestände vom Kartellrecht sind die §§ 6 und 20 Clayton Act474 und der Norris-LaGuardia Act. 475 Die Vorschriften befassen sich mit der Stellung der Gewerkschaften unter dem Antitrustrecht und nehmen die Gewerkschaften ausdrücklich von der Anwendung der Antitrustgesetze aus. Während § 6 S. 2 Clayton Act expressis verbis hervorhebt, daß die Gewerkschaften nicht unter "combinations or conspiracies in restraint of trade" zu subsumieren sind,476 verbietet § 20 Clayton Act unter Anlehnung an den Norris-LaGuardia Act477 den Gerichten des Bundes, in Streitigkeiten zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern über Arbeitsbedingungen gerichtliche Verfügungen zu erlassen. 478 Historischer Anknüpfungspunkt für den Erlaß dieser Normen war der Streit, ob die Gewerkschaften angesichts steigender wirtschaftlicher Einflußnahme wie Unternehmer dem Antitrustrecht zu unterwerfen sind. Die Befürworter zielten dabei insbesondere auf die kollektiven Streiks und Boykotte ab, die gleichfalls zur Beschränkung des zwischenstaatlichen Handelns geeignet seien. Der Wortlaut des Sherman Acts gab jedenfalls mangels Regelung zur Beantwortung dieser Frage nichts her. 479 Als die Bundesgerichte zunehmend dazu übergingen, die Verbotsvorschriften des Sherman Act auch auf die Gewerkschaften anzuwenden,48o entschloß sich der Kongreß entgegen zunächst anhaltender Kritik in der Rechtsprechung zum Erlaß dieser Schutzvorschriften für die Gewerkschaften. Gesetzgeberisches Motiv war dabei die Förderung und Stärkung der Gewerkschaftsbewegung, deren Existenz ohne eine Freistellung vom Antitrustrecht gefährdet gewesen wäre. 481 Dieser Betrachtungsweise schloß sich in der Folgezeit auch die Recht-

474 15 U.S.c. § 17 (1914) bzw. 20 U.S.C. § 52 (1932). 475 29 U.S.C. §§ 101-115 (1932). 476 ,,( ... ) nor shall such organizations, or the members thereof, be held or construed to be illegal combinations or conspiracies in restraint of trade under the antitrust laws.", 15 U.S.c. § 17. 477 29 U.S.C. 101. 478 ,,No restraining order or injunction shall be granted ( ... ) in any case between an employer and employees ( ... ) unless to prevent irreparable injury to property.", 29 U.S.C. §52. 479 Vgl. hierzu K. Biedenkopf, Gewerkschaft, S. 232. 480 Vgl. United States v. Workingmen's Amalgamated Council, 54 F. 994 (1893); Loewe v. Lawlor, 208 U.S. 274 (1907). 481 Siehe Gellhorn/Kovacic, Antitrust Law, S.485; zur Entstehungsgeschichte der arbeitsrechtlichen Vorschriften des Clayton Act vgl. ausführlich G. R. Roherts, Geo. L.J. 75/1986,19 (40 ff.). 13 Trommcr

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§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

sprechung an. 482 Vor diesem Hintergrund sind daher die Gewerkschaften einschließlich ihrer einseitigen Aktivitäten vom Antitrustrecht befreit, solange letztere nicht als Maßnahme oder Absprache einer Gewerkschaft mit einem Dritten zu qualifizieren sind. 483 Im sportrechtlichen Kontext war die ursprüngliche Streitfrage, ob gewisse Gewerkschaftsaktivitäten vom Anwendungsbereich des "antitrust law" auszunehmen seien, nicht relevant. In den einschlägigen sportrechtlichen Verfahren ging es vielmehr um die Frage, ob sich auf diese arbeitsrechtlichen Bestimmungen ebenfalls die Arbeitgeberorganisationen, namentlich die Ligen berufen können. In diesem Zusammenhang erlangte § 6 S. 1 Clayton Act Aufmerksamkeit, in dem es um die rechtliche Natur der Arbeitskraft geht. Gemäß § 6 S. 1 Clayton Act ist die Arbeitskraft keine Handelsware im Sinne des Antitrustrechts. 484 Vor diesem Hintergrund ist der Gedanke nicht fernliegend, daß demnach die rein das Arbeitsverhältnis betreffenden und von den Arbeitgebern z.T. einseitig auferlegten Spielerrestriktionen keine den zwischenstaatlichen Handel beeinflussenden Wettbewerbsbeschränkungen darstellen und somit kraft Gesetzes vom Anwendungsbereich des "antitrust law" ausgeschlossen seien. 485 Dieser von der NFL vertretenen Auffassung erteilte der ,,8th Circuit Court of Appeals" in dem bereits geschilderten Verfahren Mackey v. NFL486 eine Absage. Unter Heranziehung historischer Argumente und Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung 487 führte das Gericht im wesentlichen aus, daß sich auf den gesetzlichen Befreiungstatbestand des § 6 S. 2 Clayton Act ausschließlich die Gewerkschaften stützen könnten, wenn einzig und allein eine einseitige gewerkschaftliche Maßnahme relevant sei. Die Arbeitgeber bzw. deren Organisationen könnten sich allenfalls auf die "nonstatutory exemption" berufen, wenn die streitgegenständlichen Regelungen Gegenstände eines

482 Vgl. United States v.Hutcheson, 312 U.S. 219 (1941); Allen Bradley Co. v. Local Union No. 3, 325 U.S. 797 (1945); Apex Hosiery Co. v. Leader, 310 U.S. 469 (1940); H.A. Artists & Assoc., Inc. v. Actor's Equity Ass'n, 451 U.S. 704 (1981). 483 Siehe Connell Constr. Co., Inc. v. Plumbers & Steamfitters Local No. 100, 421 U.S. 616,622 (1975); Bridgeman v. NBA, 675 F. Supp. 960, 964 (D.N.J. 1987). 484 "The labor of a human being is not a commodity or article of commerce.", 15 U.S.c. § 17. 485 Vgl. G. R. Roberts, in: Uberstine (Hrsg.), Law of Professional and Amateur Sports, Vol. 2, § 19.06[4][a] [i]. 486

543 F.2d 606 (8th Cir. 1976).

487 United States v.Hutcheson, 312 U.S. 219, 232 (1941); Allen Bradley Co. v. Local Union No. 3, International Brotherhood of Electrical Workers, 325 U.S. 797, 810 (1945).

V. Die arbeitsrechtliche Freistellung vom Antitrustrecht

195

"union-employer agreement" seien. 488 Bei der "statutory exemption" stünde jedenfalls allein der Schutz gewerkschaftlicher Aktivitäten im Vordergrund. 489 In dem Verfahren Bridgeman v. NBA bekräftigte der "District Court of New Jersey" diese richterliche Interpretation. 490

2. Richterrechtliche FreisteUung ("nonstatutory exemption")

Wesentlich mehr Aufmerksamkeit als die "statutory exemption" verdient in den sportrechtlichen Verfahren bis heute die Rechtsfigur der richterlich entwickelten,491 von der "statutory exemption" abgeleiteten "nonstatutory exemption".492 Als Schnittstelle zwischen Arbeits- und Kartellrecht dient diese richterrechtliche Spielart der "labor exemption" dem Ziel, die Tarifparteien zu umfangreichen Tarifverhandlungen unter dem National Labor Relations Act zu bewegen. 493 Die hierdurch erzielten kollektivarbeitsrechtlichen Vereinbarungen ("union-management agreements") werden sodann von der Anwendung kartellrechtlicher Vorschriften ausgenommen,494 wenn sie das Produkt von "good faith negotiations" sind. Kurzgefaßt findet von der Sache her die "nonstatutory exemption" auf solche Regelungen Anwendung, die zwar durchaus wettbewerbsbeschränkend, also "in restraint of trade" i.S.d. Antitrustrechts sind, aber als bilaterale Tarifvertragsregelungen ausschließlich die Parteien des Tarifvertrages betreffen. Werden diese im Lichte des Arbeitsrechts zu beurteilenden Voraussetzungen bejaht, entzieht sich der Sachverhalt einer kartellrechtlich orientierten richterlichen "rule of reason"-Prüfung. 495 Auf diesem Wege kamen nunmehr auch die Arbeitgeber in den Genuß des antitrustrechtlichen

488 543 F.2d 606, 611 f. (8th Cir. 1976). 489 Kritisch hierzu Weiler/Roberts, Sports, S. 169 ff. 490 Bridgeman v. NBA, 675 F. Supp. 960, 963 f. (D.N.J. 1987). 491 Apex Hosiery Co. v. Leader, 310 U.S. 469 (1940); United Mine Workers v. Pennington, 381 U.S. 657 (1965); Local Union No. 189, Amalgamated Meat Cutters & Butcher Workmen of North America v. Jewel Tea Co., 381 U.S. 676 (1965). Zur Entstehungsgeschichte vgl. D. A. Daspin, Ind. L.J. 6211986, 95 (101 ff.). 492 Zu den Unterschieden zur "statutory exemption" vgl. im einzelnen M. Truelock, SMU L. Rev. 47/l994, 1917 (1921) m.w.N. 493 S. J. Foraker, S. Cal. L. Rev. 59/1985,157 (161); J. C. Latimer, Cath. U. L. Rev. 44/l994, 205 (212); J. S. Shapiro, Fordham L. Rev. 61/1993,1203 (1205). 494 Zum Verhältnis Arbeits- und Kartellrecht im deutschen Rechtssystem vgl. näher unten § 9 11 la, b. 495 Vgl. Brown v. Pro Football, Inc., 116 S.Ct. 2116, 1996 U.S. LEXIS 4047, 1, 10 (1996). /3*

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§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

Befreiungsbonusses, der ihnen durch die "statutory exemption" verwehrt blieb.496 Von dieser Entwicklung versuchten freilich die Managements der Ligen zu profitieren, die in der Folgezeit redlich bemüht waren, ihren wettbewerbs beeinträchtigenden Spielerrestriktionen unter dem Deckmantel der richterrechtlichen "nonstatutory exemption" Geltung zu verschaffen. Ob sich die vereinbarten resp. angewandten Spielerregelungen in dem von den Gerichten abgesteckten Rahmen hielten, war in der Vergangenheit mitunter heftig umstritten. Hierzu trug nicht zuletzt die fehlende sportorientierte Rechtsprechung des "Supreme Court" bei, dessen "non sports decisions" regelmäßig in einem anderen Kontext zu beurteilen waren als die wettbewerbsrechtlich unterschiedlich zu beleuchtenden "sports cases". Aus diesem Grunde mangelte es an verbindlichen Vorgaben für die nun zunehmend aufkommenden Kartellverfahren im Lichte der arbeitsrechtlichen "nonstatutory exemption". 497 Sportrechtlichen Pionierdienst leistete in diesem Zusammenhang der ,,8th Circuit Court of Appeals" im Verfahren Mackey v. NFL. In dem Spannungsfeld einer kartellrechtlichen Rechtmäßigkeitsprüfung unter der "rule of reason"-Doktrin und den kollektivarbeitsrechtlichen Vorschriften des National Labor Relations Act stand erstmals die Anwendung der "nonstatutory exemption" in einem sportrechtlichen Kontext auf dem Prüfstein. a) Mackey v. NFL (Teil 2)498 Die wechselrelevante "Rozelle Rule"499 war seit 1963 Bestandteil der "NFL Constitutions and Bylaws". Ihr Ursprung war also nicht das Ergebnis kollektiver Vereinbarungen zwischen Liga und Gewerkschaft, sondern vielmehr eine einseitige Aktion der Klubeigner zur Eindämmung der Wechselbestrebungen der Spieler. Als 1968 zwischen der Liga und der Gewerkschaft der erste Tarifvertrag geschlossen wurde, nahm dieser auf die "NFL Constitutions and ByIaws" ausdrücklich Bezug. Es wurde vereinbart, daß Änderungen der "free agent ruIes" während der Laufzeit des Tarifvertrages ausgeschlossen seien. Eine solche Bezugnahme fehlte indes in dem darauffolgenden NFL CBA 1970. Dieser enthielt hingegen einen von jedem NFL-Spieler zu unterzeichnenden

496 Vgl. E. Lock, Duke LJ., 339 (353); WeistartlLowell, Sports, S.527; ferner Scooper Dooper v. Kraftco Corp., 494 F.2d 840, 847 (3d Cir. 1974). 497 Vgl. M. S. Hobel, N.Y.U.L. 57/1982,164 (175). 498 543 F.2d 606 (8th Cir. 1976). 499 Vgl. hierzu oben § 5 III lc.

V. Die arbeitsrechtliche Freistellung vom Antitrustrecht

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einheitlichen "standard player contract", der wiederum auf die NFL-Satzungen Bezug nahm. Durch die Unterzeichnung wurden die Akteure an diese verbindlich gebunden. Auf diese Umstände berief sich jedenfalls die NFL in ihrer Verteidigung. Sie vertrat die Auffassung, daß die streitgegenständliche Transferregelung nunmehr Gegenstand kollektiver Vereinbarungen zwischen Liga und Gewerkschaft geworden sei. Danach unterläge diese Regelung mit Blick auf den rein arbeitsrechtlichen Charakter nicht den kartellrechtlichen Bestimmungen. Vor diesem Hintergrund könne sich die NFL auf die "nonstatutory exemption" berufen. 5OO Die Kläger hingegen waren der Ansicht, daß es sich bei der "Rozelle Rule" um eine einseitige, außervertragliche Regelung handele, die einer uneingeschränkten Kartellprüfung unterläge. Die Klagen hatten in beiden Instanzen Erfolg. Der ,,8th Circuit Court" stellte im Rahmen dieser Entscheidung drei Voraussetzungen auf, unter welchen Umständen die "nonstatutory exemption" zur Anwendung kommen solle: 501 Erstens, die streitgegenständlichen Regelungen dürften lediglich die zwei Tarifparteien berühren. Zweitens, bei der Regelung müsse es sich um einen zwingenden Regelungsgegenstand betr. die Arbeitsbedingungen ("mandatory subject of collective bargaining")502 handeln, worunter insbesondere die Löhne zu zählen seien; und schließlich drittens, die Regelung müsse das Produkt einer "bona fide arm's length bargaining", also einer auf Treu und Glauben beruhenden, von gegenseitiger Unabhängigkeit geprägten Tarifverhandlung503 sein. Der ,,8th Circuit Court" hielt diese Voraussetzungen für nicht gegeben. Unstreitig berühre die "Rozelle Rule" ausschließlich die Tarifparteien. Sie sei auch entgegen der Auffassung des "District Court" ein "mandatory subject of collective bargaining", weil die "Rozelle Rule" als Transferbeschränkungen unmittelbar die Löhne beeinflussen würde. Sie sei jedoch nicht das Produkt einer "bona fide arm's length bargaining". Die "Rozelle Rule" sei seit ihrer Geltung den Spielern resp. der zu diesem Zeitpunkt recht instabilen Gewerkschaft vielmehr einseitig auferlegt worden und bestünde in der ursprgl. Form fort, ohne daß die Spieler hiervon profitiert hätten. An diesem Ergebnis würden auch die Bezugnahmen in den CBAs NFL 1968 und 1970 nichts ändern.

500 543 F.2d 606, 611 (8th Cir. 1976). SOl

543 F.2d 606, 614ff. (8th Cir. 1976); zum sog. "Mackey-Test" vgl. ausführlich

M. S. Hobel, N.Y.U.L. Rev. 57/1982, 164 (179 ff.).

502 Siehe hierzu oben § 4 IV 1. 503 Vgl. insoweit auch die Präambel des CBA NFL 1993: "This Agreement, which is the product of bona fide, arm's length collective bargaining, (... )."

198

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

In dem etwa gleich gelagerten Verfahren McCourt v. California Sports, Inc. & The Los Angeles Kings stand die ,,nonstatutory exemption" erneut im Mittelpunkt der gerichtlichen Auseinandersetzung. b) McCourt v. California Sports, Inc. & The Los Angeles Kings 504 Rogatien Vachon bekam 1978 nach sechs Jahren Klubzugehörigkeit bei den "Los Angeles Kings" den Status eines "Free Agent". Er unterschrieb anschließend bei den "Detroit Red Wings" einen Fünfjahres-Vertrag. Nach dem "compensation system" waren die "Red Wings" zu einer Entschädigungsleistung an den bisherigen Klub verpflichtet, die nach Maßgabe des § 9A der "NHL Bylaws" in Form von "players", "draft picks" oder "cash" geleistet werden konnte. Auf § 9A der "Bylaws" wurde durch den seinerzeitigen Tarifvertrag und durch § 17 des "standard player's contract" als "fair and reasonable terms of employment" Bezug genommen. Im Rahmen der Tarifverhandlungen hatte sich die Gewerkschaft zuvor geweigert, die Entschädigungsregelung des § 9A "NHL-Bylaws" in den Tarifvertrag mit einzubeziehen. Die NHL hatte jedoch mit Erfolg auf die Beibehaltung des "compensation system" bestanden. Im Unterschied zur "Rozelle Rule" im Football setzte die Entschädigung aber nicht der "Commissioner", sondern ein neutraler Schiedsrichter ("arbitrator") fest. In diesem Fall sprach der "arbitrator" den "Los Angeles Kings" den "rookie"-Spieler Dale McCourt zu, der in seinem "rookie"-Jahr die "scorer"Liste bei den "Red Wings" anführte. Gegen diese Vorgehensweise wandte sich McCourt mit einer Kartellklage. Das Gericht 1. Instanz hielt das "free agent compensation system" für "per se illegal". Eine Anwendung der "nonstatutory exemption" schloß es mangels "bona fide arm's 1ength bargaining" über das "compensation system" aus. Die Berufung der Beklagten vor dem ,,6th Circuit Court of Appeal" hatte Erfolg. Das Gericht führte im wesentlichen aus, daß keine Vorschrift des Arbeitsrechts eine Tarifpartei zwinge, sich über "mandatory subjects of collective bargaining" zu einigen. Fließe aber eine Regelung, über die vorher verhandelt wurde, in den Tarifvertrag ein, bedeute dies die Zustimmung beider Parteien zu dieser Regelung. Hieran müßten sich die Tarifparteien dann festhalten lassen. Das gelte auch für den zwischen den Parteien erstmals abgeschlossenen Tarifvertrag, in dessen Rahmen in "good faith" verhandelt wurde. Daß die Klausel in Anbetracht einer gewissen überlegenen Verhandlungsposition seitens der NHL quasi ungeändert in den Tarifvertrag

504

600 F.2d 1193 (6th eir. 1979).

V. Die arbeitsrechtliche Freistellung vom Antitrustrecht

199

einfloß, ließe entgegen der Auffassung des Gerichts 1. Instanz nicht den Schluß zu, daß hierüber keine "good faith collective bargaining" stattgefunden hätte. 505 Mit diesen zwei Entscheidungen vollzog sich quasi die Institutionalisierung der "nonstatutory exemption" im sportrechtlichen Kontext. 506 Doch ihre Anwendung, Auswirkung und Reichweite blieb auch in der Folgezeit zwischen Liga und Gewerkschaft höchst kontrovers. Um die Institution "nonstatutory exemption" taten sich daher weitere komplexe Rechtsfragen auf, wodurch die Rechtsprechung Gelegenheit erhielt, ihre bis dahin recht vagen Konturen näher zu definieren. Zu klären war u.a. die Frage, ob die weitere bzw. modifizierte Anwendung der ursprünglich durch Tarifvertrag legitimierten Spielerrestriktionen auch dann unter dem kartellrechtlichen Schutz der "nonstatutory exemption" stehen, wenn der Tarifvertrag ausgelaufen ist und aufgenommene Verhandlungen in eine Sackgasse {"impasse")507 geraten sind. Die Frage war insofern interessant, als die "labor exemption" grds. nur auf solche Spielerrestriktionen Anwendung findet, die das Produkt einer "bona fide arm's length bargaining" sind.508 Hierzu bedarf es aber einer Zustimmung der Tarifparteien resp. der Spielergewerkschaft, die bei einseitiger Auferlegung und Anwendung der Restriktionen nach Ablauf des Tarifvertrages als solche nicht vorliegt. Des weiteren war zu beleuchten, inwieweit sich die Erklärung der Gewerkschaft, auf ihre Rechte und Stellung als Tarifvertragspartei zu verzichten ("decertification"), auf die Tarifbeziehungen und damit auf die Anwendung der "nonstatutory exemption" auswirkt. Klarheit hierüber sollten die Verfahren Powell v. NFL509 bzw. McNeil v. NFL bringen.

505 600 F.2d 1193, 1203 (6th Cir. 1979). 506 Vgl. hierzu noch Zimmerman v. NFL, 632 F. Supp. 398 (D.D.C. 1986). 507 Zur Definition vgl. 163 N.L.R.B. 475,478 (1967): ,,'Impasse' describes a phase in labor negotiations when, despite vigouros good faith bargaining, the parties reach a stalement and have little or no hope of reaching an agreement."; ferner NLRB v. TexTan, Inc. 318 F.2d 472, 482 (5th Cir. 1963); vgl. hierzu auch J. S. Shapiro, Fordham L. Rev. 61/1993,1203 (1218 ff.). 508 Vgl. McCourt v. California Sports, Inc., 600 F.2d 1193, 1203 (6th Cir. 1979); Mackey v. NFL, 543 F.2d 606, 614 f. (8th Cir. 1976); Robertson v. NBA, 389 F. Supp. 867, 884ff. (S.D.N.Y. 1975). 509 Die Auswirkungen des Ablaufs eines Tarifvertrages auf die "nonstatutory exemption" war bereits in dem beschleunigten Verfahren Bridgeman v. NBA, 675 F. Supp. 960 (D.N.J. 1987) streitgegenständlich. Der Rechtsstreit erledigte sich durch den Abschluß eines neuen NBA CBA 1988. Aufgrund des summarischen Charakters dieses Verfahrens soll auf eine Darstellung hier verzichtet werden und stattdessen auf die Präzedenzentscheidung in Powell v. NFL eingegangen werden.

200

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

c) Powell v.

NFL510

Am 31. August 1987 lief der NFL CBA 1982 aus. Andauernde Tarifverhandlungen über den Abschluß eines neuen Tarifvertrages verliefen vorerst ergebnislos. Ungeachtet dieser Tatsache führte die NFL die bisherige Praxis auch in der darauffolgenden Saison fort und konfrontierte die wechselbereiten "Free Agents" mit dem restriktiven ,,right of first refusal compensation system", das seine Legitimation in dem ausgelaufenen NFL CBA 1982 fand. Gegen diese Vorgehensweise wandten sich die klagenden Spieler vergebens. Die Klagen hatten keinen Erfolg. Der ,,8th Circuit Court of Appeals" führte unter Heranziehung der "Mackey"-Entscheidung im wesentlichen aus, daß die "nonstatutory exemption" grds. auch nach Ablauf des Tarifvertrages Anwendung finden könne. Voraussetzung sei, daß zwischen den Tarifparteien ungeachtet des Ablaufs des alten Tarifvertrages weiterhin tarifvertragliche Beziehungen bestünden ("ongoing collective bargaining relationship"), die u.U. zum Abschluß eines neuen Tarifvertrages führen könnten. 511 Daher seien die weiter angewandten Praktiken weiterhin von der "nonstatutory exemption" gedeckt, solange sie mit den ursprünglich vereinbarten Regelungen identisch seien oder sich an dem letzten, im Rahmen der Tarifverhandlungen unterbreiteten Angebot orientierten. Losgelöst vom Antitrustrecht seien die Streitfragen auch dann lediglich im Lichte des Arbeitsrechts unter dem Aspekt einer "unfair labor practice" zu lösen. 512 Hieran ändere sich auch nichts, wenn die Tarifverhandlungen in eine Sackgasse ("impasse") geraten seien, denn dann befinde man sich in Verhandlungen über den Abschluß eines Tarifvertrages, die ebenfalls ausschließlich das Arbeitsrecht beträfen. 513 Diese praktische Anwendung der "nonstatutory exemption" durch das ,,8th Circuit Court" kam freilich der NFL zugute. Die Spieler waren quasi vor die Entscheidung gestellt, entweder die Transferrestriktionen auf unbeschränkte Zeit zu akzeptieren oder zu versuchen, die tarifvertragliche Ebene als Basis der "nonstatutory exemption" zu entflechten. Entsprechende Maßnahmen ergriff die Gewerkschaft, als das "NFLPA Executive Committee" der NFL ihre Ab-

510

678 F. Supp. 777 (D. Minn. 1988); 930 F.2d 1293 (8th Cir. 1989).

511

930 F.2d 1293, 1303 (8th Cir. 1989).

512 Vor diesem Hintergrund und unter Berufung auf den Norris-LaGuardia Act versagte der "District Court" in einer zweiten Entscheidung den Erlaß einer einstweiligen Verfügung ("preliminary injunction"), 690 F. Supp. 812 (D. Minn. 1988). 513 Vgl. 930 F.2d 1293, 1295 ff. (8th Cir. 1989); ferner NLRB v. V.S. Sonics Corp., 312 F.2d 610, 615 (Ist Cir. 1963); NLRB v. Intracoastal Terminal Inc., 286 F.2d 954, 958 (5th Cir. 1961); American Fed'n ofTeievision & Radio Artists v. NLRB, 395 F.2d 622 (D.C. Cir. 1968).

v. Die arbeitsrechtliche Freistellung vom Antitrustrecht

201

sicht mitteilte, von weiteren Tarifverhandlungen mit der NFL Abstand zu nehmen. Mehr als 60% aller NFL-Spieler wählten sodann die NFLPA als ihre Arbeitnehmervertretung für Tarifverhandlungen ab. Entsprechend änderte die NFLPA ihre Satzung. Pro forma waren damit die unter Aufsicht des "National Labor Relations Board" stehenden tarifvertraglichen Beziehungen zwischen der Liga und der Gewerkschaft beendet. Für die Spieler war damit der Weg geebnet, in eigener Sache gegen die Spielerrestriktionen kartellrechtlich vorzugehen. Inwieweit sich die mangelnde "bargaining relationship" auf die Anwendung der "nonstatutory exemption" auswirkte, beschäftigte den "District Court ofMinnesota" in dem Verfahren McNeil v. NFL. d) McNeil v. NFL514 Freeman McNeil und sieben andere "Free Agents", deren Verträge am 1. Februar 1990 endeten, wandten sich mit ihrer Klage gegen die bestehenden Transferrestriktionen, die zu diesem Zeitpunkt von dem ,'plan B free agency" geprägt waren, und verklagten die NFL auf Schadensersatz wegen entgangener Gewinne. Die Spieler argumentierten dahingehend, daß mangels tarifvertraglicher Beziehungen die "nonstatutory exemption" unanwendbar sei, so daß die Transferrestriktionen eben nicht von einer kartellrechtlichen Rechtmäßigkeitsprüfung befreit seien. Die NFL war der Auffassung, daß einzig und allein der "National Labor Relations Board" befugt gewesen sei, der NFLPA den Status als Gewerkschaft abzusprechen. Daher bestünden tarifvertragliche Beziehungen fort. Ungeachtet dessen müsse unter Berücksichtigung der Powell-Entscheidung die "nonstatutory exemption" fortgelten. Den Klagen wurde stattgegeben. Das "Plan B free agency system" stehe nicht mit § 1 Sherman Act in Einklang. Eine Anwendung der "nonstatutory exemption" sei ausgeschlossen. Diesbezüglich führte das Gericht aus, daß es hierfür an der in der "Mackey"Entscheidung aufgestellten Voraussetzung tarifvertraglicher Beziehungen fehle. Diese seien durch die Niederlegung des Mandates der NFLPA als Arbeitgebervertretung für Arbeitnehmer entfallen. Unter Heranziehung höchstrichterlicher Rechtsprechung515 fuhr das Gericht fort, daß der Status als Tarifpartei nicht notwendigerweise von der Zustimmung des NLRB abhänge. Entscheidend sei, ob eine Mehrheit der Mitglieder diese als ihre tarifvertragliche Interessenvertretung betrachte. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht mehr vor. 514 764F. Supp. 1351 (D. Minn. 1991). 515 "The existence of a bargaining relationship does not depend on NLRB certification, but rather depends on whether a majority of employees in a bargaining unit supports a particular union as their bargaining representative.", NLRB v. Local 103, International Association of Bridge, 434 U.S. 335, 334 (1987).

202

§ 6 Die amerikanische Sportrechtsprechung

Auch sei der Gedanke aus der Powell-Entscheidung, daß die "nonstatutory exemption" anwendbar sei, solange arbeitsrechtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden könnte, nicht anwendbar. Mangels tarifvertraglicher Beziehungen sei nämlich ein Rechtsschutz im Lichte des "labor law" ausgeschlossen. Trotz dieser - für die NFL nachteiligen - Entscheidung ist festzuhalten, daß die Institutionierung der "nonstatutory labor exemption" bislang mehr den Ligen zum Vorteil gereichte als den Gewerkschaften resp. den Spielern. Für eine kartellrechtliche Privilegierung der für die Spieler relevanten Regelungen reichte bislang durchweg das Vorhandensein tarifvertraglicher Beziehungen zwischen den Ligen und den Gewerkschaften auf der Grundlage eines Tarifvertrages. Auch ein u.U. bereits abgelaufener Tarifvertrag bzw. das Erreichen einer Sackgasse im Rahmen tarifvertraglicher Konsultationen zwecks Abschluß eines neuen Tarifvertrages vermochte bislang an dem kartellrechtlichen Bonus der Ligen nichts zu ändern. 516 Vor diesem Hintergrund sind selbst dann von den Klubeigentümern einseitig beschlossene, den Spielern auferlegte Spielerrestriktionen von einer kartellrechtlichen Prüfung befreit, solange sie im Rahmen der tarifvertraglichen Verhandlungen als deren "last best bargaining offer" zu kennzeichnen sind. Die Sachlage soll sich erst dann anders darstellen, wenn die Ligaorganisationen gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen verstoßen oder die Gewerkschaft, wie im Fall McNeil v. NFL, ihre Stellung als Arbeitnehmervertretung der Spieler aufgibt ("decertification"). Nochmals bestätigt wurden diese Grundsätze im wesentlichen durch aktuelle Entscheidungen,517 darunter auch die des "Supreme Court" in Sachen Brown v. NFL,518 in der der "Supreme Court" die Bedeutung der "nonstatutory exemption" als Instrumentarium der Förderung kollektivarbeitsvertraglicher, von einer kartellgerichtlichen Prüfung befreiter "labor-management negotiations", hervorhebt. 519

516 Vgl. Powell v. NFL, 930 F.2d 1293 (8th Cir. 1989); NBA v. Williams, 45 F.3d 684, 692 (2d Cir. 1995); kritisch J. S. Shapiro, Fordham L. Rev. 61/1993, 1203 (1224 f.); E. Lock, Duke L.J. 1989, 339 (376); M. Truelock, SMU L. Rev. 47/1994, 1917 (1936 f.). 517 Vgl. Brown v. NFL, 50 F.3d 1041 (D.C. Cir. 1995); NBA v. Williams, 45 F.3d 684 (2d Cir. 1995). 518 116 S.Ct. 2116 (1996). 519 Vgl. 116 S.Ct 2116, 1996 U.S. Lexis 4047, 1, 10: "The implicit ("nontatutory") exemption interpretes the labor statute in accordance with this intent, namely, as limiting an antitrust court's authority to determine, in the area of industrial conflict, what is or not a "reasonable" practice."; siehe ferner Connell Constr. Co. v. Plumbers & Steamfitters Local Union No. 100,421 U.S. 616, 622 (1975).

3. Teil

Möglichkeiten der Übertragbarkeit der amerikanischen Ligapraktiken auf die Verhältnisse im deutschen und europäischen Profifußball § 7 Der Adaption des Transfersystems entgegenstehende

verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

I. Verfassungsrechtliche Bedenken im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG 1. "Draft"-System

Sieht man einmal davon ab, daß der verbandsrechtlichen Einführung einer wie auch immer im Detail ausgestalteten Rekrutierung durch den DFB bereits faktisch entgegenstünde, daß es an einer wie in den VSA existierenden "College League" als Nachwuchsliga fehlt, l würden ihr darüber hinaus verfassungsrechtlich nicht zu nehmende Hürden entgegenstehen. Praktischer Anknüpfungspunkt für die verfassungsrechtliche Prüfung wäre ein auf den Statuten des DFB beruhendes Auswahlsystem, wonach die Vereine in umgekehrter Reihenfolge des vorangegangenen Saisonabschlusses aus dem Pool der "Profi"-Anwärter wählen könnten. 2 Das hätte u.V. zur Folge, daß beispielsweise ein begehrter Nachwuchsspieler trotz gegenseitigen Verpflichtungsinteresses mit einem Verein wie dem "FC Bayern München" seiner Tätigkeit bei einem nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sportlich unattraktiveren Verein nachgehen müßte, weil dieser aufgrund seiner Vorjahresplazierung das erste Zugriffsrecht auf diesen Spieler hätte. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung würde man eingangs abermals auf die sichere Erkenntnis stoßen, daß eine wie auch immer geartete, das Arbeitsverhältnis betreffende Regelung dem durch Art. 12 Abs. 1 GG ver-

1 Die vom DFB beabsichtigte Einführung einer Junioren-Bundesliga, in der vornehmlich Spieler im Alter zwischen 19 und 23 Jahren zum Einsatz kommen sollen, könnte indes ein erster Schritt hierzu sein, vgl. FAZ v. 18.4.1997, S. 37. 2 Zur konkreten Ausgestaltung der "draft" in den amerikanischen Profi-Ligen siehe oben § 51.

§ 7 Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

204

brieften Grundrecht auf Freiheit der Arbeitsplatzwahl - sei es auf dem Wege der unmittelbaren oder mittelbaren Drittwirkung _3 hinreichend Rechnung tragen müßte. 4 Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, daß die Freiheit der Berufswahl losgelöst von fremdem Willen erfolgen5 und sich als ein Akt der Selbstbestimmung darstellen 6 soll. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben könnten nicht etwa dadurch umschifft werden, daß man sich formal auf den Standpunkt stellt, die in den Anwärter-Pool gelangten Spieler seien keine Berufstätigen, sondern allenfalls noch auszubildende Spieler, die in dem ihnen zugewiesenen Verein ihre Ausbildungsstätte fänden. Eine solche Auffassung würde verkennen, daß Art. 12 Abs. 1 GG im Rahmen seines umfassenden Schutzcharakters auch die freie Wahl der Ausbildungsstätte schützt und sich als einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheie auf sämtliche Dimensionen beruflicher Betätigungen erstreckt.8 Im Ergebnis bedarf es keiner großartigen Ausführung, um schnell feststellen zu können, daß ein (verbandsrechtlich) aufdiktiertes Zuweisungssystem wie die "draft" in das Recht auf freie Arbeitsplatzwahl unverhältnismäßig eingreifen würde. Als potentieller Arbeitsplatz käme dabei nur die Mitwirkung im Team des speziell ins Auge gefaßten Vereins, nicht etwa die Liga als Kollektiv in Frage. Unter Arbeitsplatz i.S.v. Art. 12 Abs.1 GG versteht man nämlich den Ort, an welchem der einzelne einen gewähltem Beruf in concreto nachgehen möchte. 9 Das ist indes der Verein, wo der Fußballspieler seinen Arbeitspflichten unter den gerade dort vorgefundenen und erwünschten Arbeitsbedingungen nachkommen muß. Die konkreten Zuweisungsregeln würden sich in der Systematik des Art. 12 GG wie die Transferregeln 10 als objektive Berufszulassungsregeln präsentieren. Sie würden für das Recht, den konkreten Arbeitsplatz frei zu wählen, Anforderungen und Voraussetzungen aufstellen, die mit der persönlichen Qualifikation des Nachwuchsspielers nichts zu tun hätten. Der Nachwuchsspieler hätte jeden-

3

Vgl. hierzu oben § 2 I 4.

4

Vgl. BAG NJW 1962, 1981 (1982).

5

Vgl. BVerfGE 13, 181 (185); 58, 358 (363 f.).

6 Vgl. BVerfGE 7, 377 (403); 13, 181 (185); 58, 358 (363 f.); vgl. hierzu auch P. J. Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn. 56.

7

BVerfGE 7, 377 (400 ff.); 33, 303 (329 f.).

8

Vgl. R. Scholz, in: MaunzlDürig (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn. 14.

9

BVerfGE 84, 133 (146); P. J. Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 12 Rdn. 64

10

Siehe oben § 2 I 4.

m.w.N.

I. Bedenken im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG

205

falls auf die jeweilige Tabellensituation des für ihn in Frage kommenden Vereins, die diesen erst berechtigt, ihn zu rekrutieren, keinen Einfluß. Dieser Faktor ist aber vom Zufall geprägt und somit von der sportlichen Qualifikation des Spielers unabhängig. Der mit der "draft" verfolgte Zweck, die sportliche Wettbewerbsfähigkeit der Klubs unabhängig von deren Finanzkraft, Renommee oder Standort zu sichern, mag zwar ähnlich wie bei den Transferregeln vom Ansatz her durchaus berechtigt sein. Es besteht dennoch kein Zweifel, daß den gegenüber den Transferregeln noch restriktiveren "draft"-Regelungen gleichfalls die Fähigkeit abgesprochen werden müßte, im Rahmen einer gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung dem für das Arbeits- und Wirtschaftsleben zentralen und umfassenden Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG 11 hinreichende Geltung verschaffen zu können.

2. "Free agency"-System

Rechtlich unbedenklich wäre sicherlich hingegen die Übernahme der Figur des "Unrestricted Free Agent". Hierbei handelt es sich um einen Spieler, dessen Vertrag abgelaufen ist und der keinerlei Wechselbeschränkungen unterliegt. 12 Infolgedessen würde das Recht des Spielers auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nicht tangiert werden. Ein solcher Spieler wäre gerade der Prototyp von Berufsspieler, den die Entscheidungen in Sachen "Bosman" und "Kienass" vor Augen haben. Als problematischer dürfte sich dagegen die (statutarische) Übernahme des Spielertyps eines "Restricted Free Agent" gestalten. Ein solcher Spieler ist nach dem amerikanischen Modell der Option des alten Klubs ausgesetzt, sich die Dienste des u.U. wechselwilligen Spielers trotz Ablaufs des Vertrages um ein weiteres Jahr sichern zu können, sofern er mit dem Angebot eines um den Spieler konkurrierenden anderen Klubs gleichzöge. 13 Insoweit würden die gleichen Wirksamkeitsbedenken auftauchen, wie sie z.T. bereits im Rahmen der rechtlichen Prüfung des § 11 DFB-Mustervertrages geäußert wurden. 14 Auch hier würde der Arbeitnehmer mit einer ("Mustervertrags"-)Regelung belastet werden, die ihn - trotz Ablaufs seines Vertrages - an der freien Wahl des Arbeitsplatzes hinderte. Die Klausel würde nämlich Bedingungen für einen

11

BVerfGE 63, 266 (286); 81,242 (254).

12

Siehe oben § 5 III 2a, b.

13

Siehe oben § 5 III 2a, b.

14

Siehe oben § 3 III 5d.

206

§ 7 Verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

Arbeitsplatzwechsel aufstellen, auf die der Spieler keinen Einfluß hätte. Insoweit wäre der "Restricted Free Agent" der Willkür seines Arbeitgebers ausgesetzt, ob dieser die Option wahrnimmt oder nicht. Erst im letzteren Falle könnte er von seinem verfassungsrechtlich verbrieften Recht auf freien Arbeitsplatzwechsel Gebrauch machen. Es würde daher gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen, wenn der Spieler seinen Arbeitsplatz trotz Ablaufs seines Vertrages nicht frei wählen könnte, solange nicht Bedingungen erfüllt wären, auf die der Arbeitnehmer keinen Einfluß nehmen kann. Dies führt zu einer unzumutbaren Bindung des Arbeitnehmers an seinen Arbeitgeber,15 die auch nicht etwa durch überragende Interessen des DFB oder der Vereine zu rechtfertigen wäre. Insoweit kann auf die Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Transferregeln verwiesen werden. 16 Da sich die Wechselmöglichkeiten nach Ablauf des Vertrages bei einem "Veteran with less than three accrued seasons" noch restriktiver gestalten 11 als bei einem "Restricted Free Agent", kann hier im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nichts anderes gelten.

3. Zwischenergebnis

Als Zwischenergebnis bleibt somit festzuhalten, daß einer isolierten Übernahme der in den amerikanischen Profi-Ligen herrschenden Transfersysteme die verfassungsrechtlich verbürgte Gewährleistung der freien Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 Abs. 1 GG entgegenstünde. Lediglich der Spielertyp des "Unrestricted Free Agent" könnte verfassungsrechtlich unbedenklich in das verbandsrechtliche Regelungsgefüge des DFB übernommen werden.

11. Gemeinschaftsrechtliche Bedenken im Lichte des Art. 48 EGV 1. "Draft"-System

Die mit einer nationalen Einführung des "draft"-Systems verbundenen notwendigen Änderungen der verbandsrechtlichen Regelungen könnten nicht ungeachtet EG-rechtlicher Vorschriften vorgenommen werden. Mehr als ein Indiz für den EG-rechtlichen Bezug nationaler verbandsrechtlicher Regelungen war freilich das "Bosman" -Verfahren, dem letztlich auch die nationalen Statuten

15 Vgl. R. Scholz, in: MaunliDürig, GG, Art. 12 Rdn. 50; BGHZ 94, 248 (256). 16 Siehe oben § 2 I 4. 11 Siehe oben § 5 III 2a.

II. Gemeinschaftsrechtliche Bedenken im Lichte des Art. 48 EGV

207

des belgischen Verbandes zugrunde lagen. Die für den Wechsel eines Spielers in einen anderen Mitgliedsverband maßgeblichen Reglements der FIFA oder UEFA sind nämlich nicht unmittelbar anwendbar, sondern vielmehr in die Satzungen der nationalen Verbände eingebettet, die allein befugt sind, sie zur Anwendung zu bringen und die Beziehungen zwischen den Vereinen und den Spielern zu regeln. 18 Bereits faktisch wäre jedenfalls mit Blick auf den international ausgerichteten europäischen Berufsfußball der praktische Anwendungsbereich einer solchen Rekrutierung - im Gegensatz zu den amerikanischen Verhältnissen, wo es in den Anrainerstaaten an ernstzunehmenden Nachfragern in bezug auf die Spieler der US-Profi-Ligen mangelt - nicht etwa auf ein nationales Territorium eingrenzbar. Vielmehr würde ein solches System eine grenzüberschreitende Ausrichtung erfordern, um überhaupt im Gesamtgefüge des europäischen Fußballs überlebensfähig sein zu können. Unabhängig von der Frage, ob ein solches Rekrutierungssystem überhaupt auf dem europäischen Sektor faktisch durchführbar wäre, stünden einer Einführung der "draft" - wie Art. 12 Abs. 1 GG auf nationalem Sektor - die Vorgaben des Art. 48 EGV entgegen. Der europarechtliche Bezug wäre aus der Sicht eines deutschen Nachwuchsspielers unzweifelhaft hergestellt, wenn ihm der Wechsel zu einem ausländischen EG-Verein nur deshalb verwehrt bliebe, weil er kraft der auf Verbandsrecht beruhenden schematischen "draft"-Regelung einem nationalen Verein trotz Ablauf seines Vertrages weiterhin zugeordnet bliebe, weil diesem die alleinigen Rechte der Vertragsverlängerung zustünden. 19 Ein sich so gestaltender Sachverhalt würde unmittelbar den auch im Privatverhältnis anwendbaren20 Art. 48 EGV auf den Plan rufen, der - wie im Rahmen der "Bosman"-Entscheidung hinreichend dargelegt - jede Beschränkung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern in der EU erfaßt. Subsumiert man den geschilderten Ausgangsfall unter die vom EuGH in Sachen Bosman für den Bereich des Sports zur Anwendung des Art. 48 EGV aufgestellten Voraussetzungen, können diese ohne weiteres bejaht werden, wenn man auch hier richtigerweise davon ausginge, daß sich das "draft"-System im Bereich des Profifußballs bewegte. Ein vertragsloser Berufsfußballspieler würde nämlich daran gehindert werden, sein Herkunftsland zu verlassen, um seine Tätigkeit bei einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Verein ausüben zu können, ohne daß die Beeinträchtigung der Freizügigkeit gerechtfertigt wäre. Insoweit kann vollinhaltlich auf die im Zusammenhang mit der "Bosman"-Entscheidung gemachten Ausführungen verwiesen werden.

18

Bzgl. des DFB vgl. § 28 Nr. 3 LSt.

19

Siehe oben § 5 I 2.

20

Siehe hierzu oben § 3 II 1b.

208

§ 8 Der deutsche Berufsfußball nach amerikanischem Vorbild

2. "Free agency"-System

Wie aus nationaler verfassungsrechtlicher Sicht wäre auch aus dem europarechtlichen Blickwinkel des Art. 48 EGV die Figur des "Unrestricted Free Agent" unbedenklich, denn ein solcher Spieler unterliegt nach Ablauf seines Vertrages keinerlei Wechsel beschränkungen. Nicht haltbar wäre dagegen der Spielertyp des "Restricted Free Agent", wenn die Optionsklausel nicht individualvertraglich, sondern im Wege einer Mustervertragsklausel in die Vertrags landschaft Einzug nehmen würde. Der Spieler wäre nämlich durch die Verlängerungsoption daran gehindert, nach Vertragsablauf den Verein zu wechseln, und somit seiner Möglichkeit beraubt, einer entgeltlichen unselbständigen Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat nachzugehen.

3. Zwischenergebnis

Als Zwischenergebnis bleibt somit festzuhalten, daß den Anforderungen des Art. 48 EGV lediglich die Spielerfigur des "Unrestricted Free Agent" genügen würde.

§ 8 Der deutsche Berufsfußball unter Zugrundelegung amerikanischer Strukturen Will man die in den USA praktizierten Wechselmechanismen auf die deutschen Verhältnisse übertragen, würden einem solchen Unterfangen nach den vorstehenden Ausführungen bereits auf der verfassungsrechtlichen Stufe Art. 12 Abs. 1 GG entgegenstehen. Hinzu träten die europarechtlichen Bedenken im Lichte des Art. 48 EGV. Eine von den amerikanischen Gesamtstrukturen losgelöste isolierte Übertragung der "draft"- und "free agency"-Regelungen ist daher bereits aus verfassungs- resp. EG-rechtlicher Sicht nicht möglich, wenn sie den Spielern auf statutarischem Weg auferlegt werden sollte. Es fragt sich aber, wie es sich rechtlich verhalten würde, wenn man nicht nur einzelne Aspekte der amerikanischen Strukturen auf die Verhältnisse im deutschen resp. europäischen Berufsfußball zu übertragen versuchte, sondern eine Adaption der Gesamtstrukturen der amerikanischen Profi-Ligen einschließlich der tarifvertraglichen Beziehungen ins Auge faßte. Dabei würde die Beurteilung von Transferregeln im Rahmen tarifvertraglicher Absprachen eine neue Ausgangssituation erfahren. Zudem könnten die in den USA seit Jahrzehnten praktizierten Mechanismen wie die durch Tarifverträge begrenzten Spielergehälter bzw. die Praktiken der umfassenden Einnahmenumverteilung innerhalb der Liga

I. AusgJiederung der Lizenzspielerabteilungen

209

Aussicht auf sportliche und wirtschaftliche Stabilität versprechen. Bemerkenswert ist, daß die im Rahmen der "Bosman"-Entscheidung - und vom EuGH gar selbst über den Verweis auf die Schlußanträge des Generalanwalts Lenz _21 aufgeworfenen Alternativen zum Transfersystem auf diese in der Tat milderen Mittel zum Zwecke der Aufrechterhaltung eines sportlichen und finanziellen Ausgleichs hinweisen. 22 Mit einer Adaption der amerikanischen Ligastrukturen müßten indes tiefgreifende, für den deutschen Fußball insgesamt revolutionäre Neustrukturierungen einhergehen. Angesichts der auf den ultimativen Profit und Kommerz ausgerichteten amerikanischen Ligen müßten zunächst die antiquierten Vereinsstrukturen der Bundesligaklubs überdacht werden, deren satzungsrechtliche Vorgaben des ideellen Fußballbetriebs mit den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben der Lizenzabteilungen kollidieren. Sodann müßte über eine wirtschaftlich ausgerichtete, den Marktverhältnissen angepaßte Ligaorganisation nachgedacht werden, die - besetzt durch professionelle Führungsgremien - einerseits den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Mitglieder zu fördern in der Lage ist, zugleich aber den Breitensport nicht vernachlässigt. Letztlich müßten sich die Spieler professionell in einer Gewerkschaft organisieren, die als gegengewichtige Marktmacht mit der Liga als Arbeitgebervertretung die für die Spieler maßgeblichen Arbeitsbedingungen in Tarifverträgen aushandelt. I. Ausgliederung der Lizenzspielerabteilungen aus den Vereinen und deren Umwandlung in Kapitalgesellschaften Während in den US-amerikanischen Ligen die Klubs durchweg als Wirtschaftsunternehmen auch in den hierfür passenden Rechtsfonnen geführt werden,23 sind die Bundesligavereine nach wie vor in die antiquierte Rechtsfonn des Idealvereins i.S.v. § 21 BGB gekleidet, bei dem der ideelle Fußballbetrieb - namentlich die Pflege des Amateurfußballs - satzungs mäßig im Vordergrund steht. Es ist aber ein offenes Geheimnis, daß die Bundesligavereine über ihre ursprünglichen idealen Zwecksetzungen hinaus - zumindest gleichrangige wirtschaftliche, unternehmerische Tätigkeiten entfalten, im Rahmen derer sie durch Merchandising,24 Sponsoring und den Verkauf von Eintrittskarten Erlöse

21 Vgl. EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4921 (5072), Tz. 110. 22 Siehe oben § 3 II 2b, IV. 23 Vgl. oben § 4 I I. 24 So erzielte der "BV Borussia Dortmund" in der Saison 1996/97 allein durch den Verkauf von Fanartikeln einen Umsatz von 23 Mio. DM, vgl. FAZ v. 24.11.1997, S. 37. 14 Trommcr

210

§ 8 Der deutsche Berufsfußball nach amerikanischem Vorbild

in Millionenhöhe erzielen.25 Mit ihren Millionen-Etats sind die Sportvereine der Bundesligen heute durchweg Wirtschaftsunternehmen, die als eingetragene Vereine gleichwohl Gesetzesbestimmungen unterliegen, die aus der Jahrhundertwende stammen.26 Insoweit ist man sich heute darüber einig, daß eine sog. "Rechtsformverfehlung" vorliegt,27 da der Umfang der grds. nur als Nebenzweck zulässigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe der Lizenzspielerabteilungen gegenüber dem ideellen Hauptzweck keine untergeordnete Rolle mehr spielt (sog. "Nebenzweckprivileg").28 Dem steht auch nicht entgegen, daß die Amateurabteilungen mit nahezu 100% aus den Einnahmen der Profiabteilungen finanziert werden. Die Lizenzspielerabteilungen haben sich innerhalb des Vereinsgefüges weitestgehend verselbständigt, so daß sie Selbstzweck geworden sind. 29 Die einzige nach dem Gesetz rechtmäßige Rechtsfolge wäre daher der Entzug ihrer Rechtsfähigkeit. 3D Nicht nur vor diesem Hintergrund dachten in der jüngsten Vergangenheit nicht wenige Vereine über mögliche Rechtsformalternativen nach. 3l An Dynamik gewinnt die Diskussion auch angesichts der erheblichen Verschuldung32 der Vereine mit ihrem wachsenden Bedarf an alternativen Kapitalressourcen, denn mit dem Wegfall der zuvor als immaterielle Wirtschaftsgüter zu aktivierenden Transferentschädigungen33 ist ein Großteil der Aktivposten ihrer Bilanz ersatzlos weggefallen.

25 Zu den Einnahmequellen der Lizenzspielerabteilungen vgl. näher K. Schmidt, Vereinsrecht, S. 197. 26 Vgl. B. Reichert, in: Grunsky (Hrsg.), Der Sportverein in der wirtschaftlichen Krise, S. 1 (4). 27

Vgl. A. Malatos, Berufsfußball, S. 65 m.w.N.

28 Vgl. K.-W. Knauth, Rechtsformverfehlung, S. 54 ff., 68 ff.; C. Fuhrmann, SpuRt 1995, 12 f.; K. J. Hopt, BB 1991, 778 (780); A. Raupach, SpuRt 1995, 241 (244); SteinbecklMenke, NJW 1998,2169 (2170 f.). Zum Nebenzweckprivileg vgl. ausführlich D. Heckelmann, AcP 179 (1979), S. 1 ff. (22 ff.); zu den haftungsrechtlichen Folgen vgl. A. Malatos, Berufsfußball, S. 66; F. Kebekus, Rechtsform des Idealverein, S. 20 f. 29 C. Fuhrmann, SpuRt 1995, 12 f. 3D Vgl. ausführlich F. Kebekus, Rechtsform des Idealverein, S. 49 ff.; ferner D.

Heckelmann, AcP 179 (1979), S. 1 ff. (51); C. Fuhrmann, SpuRt 1995, 12 (13); P. W. Heermann, ZIP 1998, 1249 (1257).

3l Vgl. FAZ v. 1.3.1997, S.31; v. 10.4.1997, S.32; v. 18.6.1997, S.32; v. 18.7.1997, S. 29; v. 31.7.1997, S. 24. 32 Lt. jüngsten Angaben des DFB belaufen sich die Verbindlichkeiten der Profiklubs auf ca. 500 bis 600 Mio. DM., vgl. FAZ v. 25. l.l 997, S. 33. 33 Siehe hierzu oben § 3 III 6.

I. Ausgliederung der Lizenzspielerabteilungen

211

Daß aber ein System existieren kann, das einerseits von Transferentschädigungen in Geld unabhängig ist und andererseits das gewünschte finanziell und sportlich ausgeglichene Niveau unter den Mitgliedern in Aussicht stellen kann, zeigt sich am Modell der amerikanischen Profi-Ligen. Anders als in der Bundesliga steht hier das Prinzip der Gewinnmaximierung im Vordergrund, dem nicht nur auf kollektiver Ebene gefolgt wird. Auch die der Wirtschaftsrealität angepaßten Klubs nehmen als Wirtschaftsunternehmen individuell umfassend am Wettbewerb teil, um auf den relevanten Märkten auf breitester Front gewinnorientiert agieren zu können. Dies ist freilich nur im Rahmen adäquater Rechtsformen möglich, die es erlauben, neue Kapitalquellen zu erschließen, Gewinne zu reinvestieren und Investitionsanreize zu schaffen. Bleiben einkalkulierte Gewinne aus oder wird das Gewinngefälle zwischen den Klubs zu groß, bietet ihnen der umfassende Finanzausgleich dennoch eine verläßliche Basis, um zumindest den Spielbetrieb aufrechterhalten zu können. Einem solchen gewinn- und kapitalorientierten Marktverhalten steht in der bundesdeutschen Berufsfußballandschaft - anders als in den im Fußball derzeit führenden europäischen Nachbarländern wie England, Spanien oder Italien, wo die Klubs längst überwiegend in Kapitalgesellschaften umgewandelt worden sind _34 noch der vornehmlich in den Vereinsstrukturen ideell betriebene Berufsfußball im Wege. Insbesondere unter dem Aspekt der Kapitalbeschaffung und angesichts der prosperierenden internationalen Konkurrenz 35 nehmen daher die Bestrebungen nach einer Ausgliederung der Lizenzspielerabteilungen aus dem Gesamtverein und deren Umwandlung in Kapitalgesellschaften schwerpunktmäßig in Form einer AG - immer konkretere Formen an. 36 In der Tat dürften sich durch die Gründung einer Kapitalgesellschaft ganz andere Kapitalflüsse und Marktchancen ergeben, die durch professionelle Führungsgremien voll ausgeschöpft werden könnten. Die Zeichen der Zeit haben schon einige Vereine erkannt, indem sie ihre Marketing- und Merchandising-Abteilungen aus den Vereinen in Gebilde wie das einer Werbe-GmbH ausgegliedert haben. Insoweit zeichnet sich bereits gegenwärtig eine schleichende Umwandlung ab.

34 Vgl. hierzu in ÜbersichtA. Malatos, Berufsfußball, S. 69 ff.; K. J. Hopt, BB 1991, 778 (781); ferner A. Galli, SpuRt 1998,18 ff. 35 So wird beispielsweise der Wert des an der Börse notierten, in Großbritannien wirtschaftlich und sportlich führenden Fußballklubs "Manchester Uni ted" auf 1 Mrd. DM taxiert, dessen liquide Mittel bis zum Jahre 1999 auf 47 Mio. Pfund steigen sollen, vgl. FAZ v. 8. und 10.4.1997, S. 22 bzw. 32. 36 Zu den verschiedenen Ausgliederungsmodellen vgl. näher F. Kebekus, Rechtsform des Idealverein, S. 63 ff.; SteinbeckJMenke, NJW 1998, 2169 (2170); P. w. Heermann, ZIP 1998, 1249 (1250 ff.). 14*

212

§ 8 Der deutsche Berufsfußball nach amerikanischem Vorbild

Jedenfalls böten ausgegebene Aktien37 mit Blick auf die zunehmende Kommerzialisierung des Sports einen Investitionsanreiz für mögliche Sponsoren oder andere Kapitalanieger aus der Wirtschaft oder Industrie. Dabei müßte freilich der Gefahr vorgebeugt werden, daß durch den Erwerb der Aktienmehrheit eine Kapitalkonzentration auf eine Person oder wenige Personen stattfindet,38 die zu einer einseitigen Beherrschung des Unternehmens führen könnte. Freilich ließe sich eine solch möglichst breit gefächerte Umwandlung der Lizenzspielerabteilungen in Kapitalgesellschaften nicht ad hoc realisieren. Angesichts der bislang vorherrschenden antiquierten Vereins strukturen und des starken Kapitalgefälles zwischen den Bundesligavereinen müßte eine Umwandlung im Einzelfall geprüft und sodann wirtschaftlich verträglich vorgenommen werden. In der Fußball-Bundesliga dürften derzeit allenfalls eine Handvoll Vereine in der Lage sein, den Sprung zu börsennotierten Unternehmen zu vollziehen. 39 Für die übrigen Vereine könnten für den eigentlichen Umwandlungsprozeß nach französischem Vorbild Übergangszeiten gewährt werden. 40 Die gegenwärtig geführte Strategiediskussion kann aber nicht unabhängig vom DFB geführt werden. Der Weg des "going public" wäre nämlich nur im Wege einer Statutenänderung des DFB realisierbar, denn gemäß §§ 5c, 7 Nr. la LSt kann derzeit nur ein eingetragener Verein am Spielbetrieb der Fußball-Bundesliga teilnehmen. Gleichwohl wird sich der DFB dem sich abzeichnenden Trend der Rechtsformgestaltung und den immer lauter werdenden Forderungen der wirtschaftlich mächtigen Vereine nach dem "going public" nicht entziehen können, zumal der DFB mit Blick auf die aktuelle Diskussion um die Gründung einer "closed-circuit-Europa-Liga"41 immer mehr in Zugzwang gerät. Vor diesem Hintergrund wird eine entsprechende Änderung des Lizenzspielerstatuts bei der nächsten Sitzung des Bundestages des DFB im Oktober 1998 nur noch reine Formsache sein.

37 Vgl. eingehend F. Kebekus, Rechtsform des Idealvereins, 1991; K. J. Hopt, BB 1991,778 (781) m.w.N. 38 Vgl. K. J. Hopt, BB 1991,778 (779); ferner A. Raupach, SpuRt 1997, 241 (246). 39 Pressemeldungen zufolge rechnet der "FC Bayern München" bereits mit einer

Umwandlung des Vereins in eine AG zum 1. Juli 1999, vgl. FAZ v. 18.7.1997, S. 29.

40 In Frankreich ist die Umwandlung der Profiabteilungen in Aktiengesellschaften unter den o.g. Bedingungen gesetzlich vorgeschrieben, vgl. näher A. Malatos, Berufsfußball, S. 76 f.

41 Insoweit haben Vertreter von 15 europäischen Spitzenklubs, darunter der "FC Bayern München", bei einem Geheimtreffen in London im Juli 1998 über entsprechende Planungen beraten, vgl. FAZ v. 20.7.l998, S. 30.

II. Die Neugrundung einer Profi-Liga unter Einbeziehung des DFB

213

11. Die Neugründung einer Profi-Liga unter Einbeziehung des DFB Korrespondierend mit der Umwandlung der einzelnen Bundesliga-Vereine in Kapitalgesellschaften wäre - ähnlich wie im deutschen Eishockey bzw. Basketba1l42 oder nunmehr im Fußball auf europäischer Ebene - eine organisatorische Trennung der Bundesliga vom DFB anzustreben. Die Gründung einer eigenständigen Profi-Liga nach amerikanischem Vorbild unter eigener Regie hätte zum Ziel, den professionellen Berufsfußballsport in Deutschland zu organisieren und wirtschaftlich zu sichern. Damit könnte eine längst fällige Trennung vom ideell geprägten Amateurbereich erreicht und so den Besonderheiten des immer mehr am Kommerz ausgerichteten Profifußballs Rechnung getragen werden. 43 Für eine selbständige Profi-Liga böte sich angelehnt an die amerikanischen Erscheinungen als Organisationsform ein Gemeinschaftsunternehmen an, das sich als freiwilliger Verbund der Profiklubs präsentieren könnte. Auf der Grundlage der nichtrechtsfähigen "non profit"-Organisation könnte zugunsten der Ligamitglieder markt- und gewinnorientiert gewirtschaftet werden, ohne an Gemeinnützigkeit orientierten satzungsrechtlichen und! oder gesetzlichen Stringenzen unterworfen zu sein.

1. Einbindung des DFB

Daß aber ein solches Unterfangen nicht ohne adäquate Berücksichtigung und Teilnahme des DFB vonstatten gehen kann, liegt auf der Hand. Es stünde schon rein faktisch nicht zu erwarten, daß der DFB den Lizenzfußball als seine Vereinseinrichtung zugunsten einer finanziell, organisatorisch und administrativ unabhängigen Einrichtung aufgäbe, die sich zudem eine eigene Regelungsund Strafkompetenz zuweisen würde. Hierfür ist der Amateur- mit dem Profisport unter traditionell zentralistischer Verwaltung des DFB zu sehr verschmolzen und die Amateur-Lobby in den Entscheidungsgremien zu stark vertreten, als daß eine demokratische Entscheidung zugunsten einer selbständigen ProfiLiga zu erwarten wäre. Eine Absplitterung des Berufsfußballs vom DFB wäre daher nur unter umfassender Berücksichtigung des Amateur- bzw. Breitensports sowohl in finanzieller als auch in sportlicher Hinsicht möglich. Daher

42 ,,1997 beschloß der Deutsche Basketball-Bund (DBB) die organisatorische Trennung der Bundesliga vom Dachverband, vgl. FAZ v. 2.6.1997, S. 33. Zur Errichtung einer professionellen Sportorganisation im Eishockey vgl. N. Hiedl, SpuRt 1998, 191 ff."

43 Im europäischen Vergleich ist Deutschland das einzige Land, wo der Amateurund Berufsfußball nicht getrennt, sondern gemeinsam und zentralistisch vom Verband geregelt und verwaltet werden, vgl. A. Malatos, Berufsfußball, S. 50 f.

214

§ 8 Der deutsche Berufsfußball nach arnerikanischem Vorbild

würde auch der Wunschtraum einer selbständigen Profi-Liga, unter Ausschluß der Auf- und Abstiegsregelung eine - wie in den USA praktizierte und auf europäischer Ebene geplante _44 "closed-circuit-Veranstaltung"45 zu verkörpern, kaum realisierbar sein. 46 Der Zugang zu dem Markt für Top-Spiele müßte daher nach wie vor auch den Vereinen der nachgeordneten Ligen offenstehen. Dabei müßte in Kauf genommen werden, daß somit einer an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen orientierten und wirtschaftenden Profi-Liga ein Stück Planungssicherheit verlorengehen würde. Jedenfalls käme auch im Hinblick auf die exklusive Mitgliedschaft des DFB in den supranationalen Verbänden der UEFA und FIFA eine eigenständige Profi-Liga nicht umhin, im Rahmen ihrer Ausgestaltung den DFB in die Entscheidungs- und Fachgremien der Profi-Liga mit hinreichenden Kontroll- und Regelungskompetenzen zu integrieren. Nur über den DFB kann eine Teilnahme an den für die Profiklubs lukrativen, von der UEFA veranstalteten Europapokal-Wettbewerben erreicht werden. Daher könnte neben einer fortbestehenden Mitgliedschaft der Profiklubs auch - ähnlich wie in England oder in Frankreich _47 an eine Mitgliedschaft der Profi-Liga als solche im DFB gedacht werden. Zweifelsohne müßte dem DFB im Hinblick auf die Nationalmannschaft auch weiterhin die alleinige Vertretung des deutschen Fußballs obliegen. Zu klären bliebe nur die Frage der Abstellung der Nationalspieler von den ProfiVereinen zur Nationalmannschaft. 2. Nachwuchsrörderung

Bei der Gründung einer selbständigen Profi-Liga dürfte der Aspekt der Nachwuchsförderung nicht vernachlässigt werden, denn der Spitzensport ist auf adäquaten Nachwuchs angewiesen. Nicht zuletzt sind es auch junge aufsteigende Talente, die zur Attraktivität des Berufsfußballs beitragen und die Nachfrage am Produkt "Fußball" beeinflussen. Darüber hinaus erweisen sie sich als vorzügliche Verrnarktungsobjekte, die neue Publikumsschichten anlocken und neue Sponsorenkreise eröffnen können. Junge Nachwuchsspieler bieten also genügend Anreize, um die Basisvereine weiterhin zu subventionie-

44

Vgl. oben § 8 I.

45 Vgl. hierzu LuckiKriwat, in: Vieweg (Hrsg.), Sponsoring im Sport, S. 9 (10). 46 Dahingehende Überlegungen stellten in der jüngsten Vergangenheit Führungspersänlichkeiten der Bundesliga an; vgl. FAZ v. 14.8.1997, S. 27.

47 Vgl. A. Malatos, Berufsfußball, S. 34 und 46.

11. Die Neugrundung einer Profi-Liga unter Einbeziehung des DFB

215

ren, damit sich Talente entwickeln und sportlich durchsetzen können. Der Subventionsfluß könnte beispielsweise über eine an den Verband zu entrichtende Abgabe erreicht werden, wenn die Bundesliga-Klubs ungeachtet ihrer Mitgliedschaft in der neuen Profi-Liga weiterhin Mitglieder des DFB bzw. seiner Regionalverbände blieben. Alternativ könnte an einen Kooperationsvertrag zwischen Profi-Liga und DFB gedacht werden, innerhalb dessen beispielsweise ein bestimmter Prozentsatz der ligaweiten Einnahmen etwa aus der Vermarktung der Fernsehrechte in die Amateurklassen fließt. Zusätzlich bliebe es nach englischem Vorbild den einzelnen Profiklubs unbenommen, bestimmte unterklassige Vereine zu finanzieren, um als Gegenleistung auf dort entdeckte und ausgebildete Talente Zugriff nehmen zu können. 48

3. Der Ligavertrag

Die Strukturen innerhalb der Liga und die Rechtsbeziehungen der Klubs untereinander müßten durch einen Ligavertrag fixiert werden, der u.a. Aussagen über die Bildung und Zuständigkeiten der Führungs- und Entscheidungsgremien, die Rechte und Pflichten der Mitglieder, die Vermarktungsstrategien, die auf die Ligaerlöse anzuwendenden Verteilungsschlüssel, den Meisterschaftsmodus und die Sportgerichtsbarkeit enthält. Als durchaus schwierig dürfte sich dabei die Einigung über die Art und Weise der Vermarktung hinsichtlich der Fernsehübertragungsrechte einschließlich ihrer Erlösverteilung gestalten. Verfolgt man nach amerikanischem Vorbild als primäres Ziel eine - für die Aufrechterhaltung eines finanziellen und sportlichen Gleichgewichts erforderliche - umfassende Einnahmenverteilung auf breitester Front, böte sich auch hier eine zentrale Vermarktung durch die Liga an, die die Einnahmen sodann zu gleichen Teilen an die Vereine unabhängig ihrer Bildschirmpräsenz verteilt. Für den Bereich der BundesligaFernsehrechte war dies bislang auch gängige Praxis,49 die den Vorteil hat, daß die Klubs von Saison zu Saison mit einem festen und kalkulierbaren Einnahmeposten rechnen können. Anders als bei den Sportarten in den USA existieren jedoch im Berufsfußball neben den nationalen Wettbewerben auch internationale Wettbewerbe, nämlich die Europapokal-Wettbewerbe. Der Verteilungsmodus erhält hier indes eine andere Ausgangsposition, da sich nur wenige Klubs für diese sowohl sportlich als auch finanziell lukrativen Wettbewerbe qualifizieren können. Folgerichtig partizipierten die am Europapokal teilneh-

48 So verfährt der englische Traditionsklub "FC Liverpool" mit dem drittklassigen "FC Crewe Alexandra", vgl. FAZ v. 18.2.1997, S. 33.

49 Vgl. hierzu näher unten § 9 11 2b.

216

§ 8 Der deutsche Berufsfußball nach amerikanisehern Vorbild

menden und nicht teilnehmenden Bundesliga-Vereine auch nur zu ungleichen Teilen an den jährlichen Einnahmen aus der zentralen Vergabe der Europapokal-Fernsehrechte. 5o Mit Urteil vom 11. Dezember 1997 hat indes der BGH in letzter Instanz dem DFB die bis dahin ausgeübte zentrale Vergabepraxis der Übertragungsrechte für die Heimspiele der teilnehmenden Bundesliga-Klubs untersagt. 51 Wirtschaftlich nachzuvollziehen ist daher die im Anschluß an die BGH-Rechtsprechung bei den mehr oder weniger regelmäßig an den europäischen Wettbewerben teilnehmenden Bundesliga-Klubs aufgekommene Euphorie, die Europapokal-Heimspiele nunmehr in eigener Regie vermarkten zu können, um die "Früchte der Arbeit alleine ernten" und ehrgeizige Projekte wie beispielsweise den Bau neuer Multi-Media-Stadien realisieren zu können. 52 Es steht aber zu erwarten, daß eine Einzelvermarktung zu noch größeren Erlösdifferenzen zwischen den Ligateilnehmern führen 53 und das ohnehin bestehende Einnahmen- und Kapitalgefälle noch deutlicher zutage treten lassen würde. Für diese Annahme spricht, daß finanzschwache Vereine ihren Gesamtetat fast zur Hälfte mit den Einnahmen aus der zentralen Vergabepraxis der Femsehrechte durch den DFB decken. 54 Sollte sich zudem noch auf dem nationalen Sektor die Einzelvermarktung durchsetzen, wäre im Sinne einer sportlich und finanziell ausgewogenen Liga unter den Ligamitgliedern eine interne Abrede vonnöten, die eine angemessene Verteilung der aus der Einzelvermarktung resultierenden Erlöse von den finanzstarken zu den finanzschwachen Klubs im Wege von Abgaben ("TV-Abgabepflicht" oder "Liga-Steuer") regelt. Nur auf dem Wege eines solchen auf dem Solidaritätsprinzip beruhenden Geldkreislaufes wäre eine wirtschaftlich gesunde Basis sämtlicher Mitglieder und damit die Existenz der Liga gesichert. 55 Freilich müßte dabei die Höhe einer solchen "TV -Abgabe" oder "Liga-Steuer" für die den "Fonds" finanzierenden Klubs flexibel und verträglich gestaltet werden, um einen solchen Solidarpakt in Anbetracht einer zu hohen Abgabenlast nicht von vornherein durch ein Aussche-

50 Zum Verteilungsmodus vgl. K. Stockmann, ZIP 1996,411 (413); M. Stopper, Ligasport, S. 33; vgl. hierzu auch näher unten § 9 11 2. 51

Siehe hierzu näher unten § 9 11 2a.

So plant beispielsweise der "Fe Bayern München" den Bau eines reinen Fußballstadions mit einem Fassungsvermögen von mindestens 80.000 Zuschauern, dessen Finanzierung angewsichts eines veranschlagten Investitionsvolumens von ca. 50 Mio. DM durch eine individuelle Fernsehvermarktung im Verbund leichter zu realisieren wäre, vgl. FAZ v. 15.9.1997, S. 31. 52

53

Vgl. S. Parlasca, Kartelle, S. 150.

54

Vgl. M. Stopper, Ligasport, S. 37.

55

Zur sog. "Fonds-Lösung" vgl. näher unten § 9 11 2a.

11. Die Neugründung einer Profi-Liga unter Einbeziehung des DFB

217

ren einzelner Klubs zu gefährden.56 Um aber Verschleierungen hinsichtlich der realen Einnahmen aus der Einzelvermarktung57 entgegenzutreten, könnten die Klubs über diese Abrede verpflichtet werden, die Verwertungsverträge vorzulegen. Aber in Anbetracht der gesicherten Aussicht auf eine feste Einnahmengröße für jeden am Liga-Wettbewerb teilnehmenden Klub sollte dennoch Ziel einer selbständigen Liga die zentrale Vermarktungspolitik sein, die aber - wie noch im folgenden zu zeigen sein wird _58 anders als in den USA auf kartellrechtliche Bedenken stößt. Der Ligavertrag sollte zudem Regelungen enthalten, die sich mit den Geschäftszweigen Marketing, (Sport-)Sponsoring59 und Lizenzierung befassen. Diese Bereiche bilden in den amerikanischen Ligen ebenfalls gewichtige Posten der ligaweiten Einnahmenumverteilung. Wer in den USA als Sponsor einer Liga werben oder Artikel mit dem Logo versehen will, bedarf einer Lizenz der eigens für die Vermarktung gegründeten Organisationszweige wie der NFL- oder NBA-Properties. 60 Dieser sich im Bereich Berufsfußball bietende zentrale Vermarktungsbereich ist in der Bundesrepublik zumindest auf LigaEbene bislang nicht ausreichend erschlossen worden. Erstmals seit ihrer Gründung im Jahre 1963 erhielt die Bundesliga mit Beginn der Saison 1996/97 nun ihr eigenes Logo, womit die Vermarktung des Gesamtproduktes Bundesliga vorangetrieben werden soll. In dem Ligavertrag zu klären bliebe aber die Abgrenzung der Ligavermarktung gegenüber dem Recht des einzelnen Klubs an der eigenen Vermarktung, da einige Vereine bereits frühzeitig den Markt des "Merchandising" entdeckt und erschlossen haben. 61

56 Der Präsident des finanzstarken "FC Bayern München", Franz Beckenbauer, hat bereits die Erwartungen an einen solchen Solidarpakt nach dem Ende der zentralen Vermarktung gedämpft. Es könne nicht sein, "daß die Großen die Kleinen pausenlos subventionieren.", vgI. FAZ v. 20.12.1997, S. 30. 57 Nach Auskunft der Ufa sei damit zu rechnen, daß ein durchschnittliches Europapokalspiel unter deutscher Beteiligung in Zukunft über die Einzelvermarktung drei bis vier Mio. DM "einspielen" wird; bei einem Spitzenspiel, etwa einem UEFA-PokalFinale, sei ein Preis von maximal 10 Mio. DM zu erwarten, vgI. FAZ v. 13.12.1997, S.32. 58

Zur karteIlrechtlichen Zulässigkeit vgI. unten § 9 11 2.

59 Zu den verschiedenen Erscheinungsformen des Sportsponsoring vgI. statt vieler R. Mehlinger, SpuRt 1996, 164 ff. und 197 ff. 60 So verzeichnete die NFL-Properties 1993 einen Jahresumsatz i.H.v. § 2,5 Mrd. USD, vgI. J. Plassmann, NFL, S. 202. 61 Vorreiter der Liga im Merchandising ist mit einem Jahresumsatz von 30 Mio. DM der "FC Bayern München", der gleichzeitig mit knapp 50.000 Mitgliedern auch der größte Sportverein in Deutschland ist, vgI. FAZ v. 28.5.1996, S. 28.

218

§ 8 Der deutsche Berufsfußball nach amerikanischem Vorbild

Nicht zuletzt bliebe noch zu hinterfragen, ob und inwieweit sich ein an der NFL-Praxis orientierter Verteilungs schlüssel auf die Einnahmen aus den Tikketverkäufen der Liga-Klubs installieren ließe. Will man nämlich die Ligamaxime im Sinne einer umfassenden Einnahmenumverteilung auf alle Erlösressourcen übertragen, bestünde hier erheblicher Regelungsbedarf. Anders als in der NFL, wo die Gastmannschaft i.H.v. 40% an den Ticketeinnahmen des Gastgebers partizipiert,62 stehen den Heimmannschaften im Rahmen des Bundesliga-Wettbewerbs nach Abzug eines geringen DFB-Anteils nahezu 100% der Ticket-Einnahmen ZU. 63 Demgegenüber findet im Rahmen des DFBPokalwettbewerbs zwischen den beteiligten Mannschaften eine Einnahmenteilung im Verhältnis 50:50 statt.64 Zwar wäre ein solcher, dem Finanzausgleich der Klubs dienender Verteilungsschlüssel mehr als erstrebenswert. Er ließe sich aber anders als in den USA - wo die Klubs eine annähernd gleiche Auslastung der Zuschauerkapazitäten erreichen - in einer deutschen Fußballprofi-Liga angesichts der enormen Marktgrößenunterschiede zwischen den Klubs und mit den damit einhergehenden Erlösunterschieden kaum realisieren. 65 Realisierbarer erscheint daher die auch im Zuge des "Bosman"-Verfahrens erwähnte Verteilungsvariante, von den Einnahmen einer Begegnung 50% dem Heimverein und 25% dem Gastverein zuzusprechen. Die übrigen 25% könnten an die Liga gezahlt werden, die den Betrag unter den übrigen Mitgliederklubs verteilt. 66 111. Abschluß eines umfassenden Tarifvertrages Der Abschluß eines Tarifvertrages zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Profifußballspieler wäre ein Novum in der bundesdeutschen Profifußballandschaft. Anders als in den US-amerikanischen Ligen wird der arbeitsrechtliche Status der Profi-Akteure nicht durch kollektivvertragliche Regelungen, sondern im Rahmen eines verschachtelten Dreiecksverhältnisses nach Maßgabe statutarischer Verbandsregelungen definiert, zu dem sich ein Individualarbeitsvertrag zwischen Spieler und Verein gesellt. 67 Aus der Sicht der Profispieler wäre deshalb der Abschluß eines Tarifvertrages wünschenswert,

62 Vgl. Art. XIX, 19.1 NFL Const. (1988), siehe hierzu oben § 4 1 2. 63 Vgl. § 48 Nr. 2 Durchführungsbestimmungen/DFB. 64 Vgl. § 67 Nr. 2 Durchführungsbestimmungen/DFB. 65 Vgl. hierzu S. Pariasca, Kartelle, S. 119 f. 66 Vgl. bei GA Lenz, Schlußanträge, in: EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. 1-1995, 4932 (5018), Fußn. 299. 67 Siehe hierzu oben § 1 IIl.

III. Abschluß eines umfassenden Tarifvertrages

219

um auf diesem Wege der einseitigen Regelungsanmaßung der Vereine resp. des Verbandes hinsichtlich der Arbeitsbedingungen begegnen und dem Rechtsstatus des Berufsfußballspielers eine einheitliche Grundlage verschaffen zu können. 68 Das würde jedoch voraussetzen, daß der DFB sich seiner zahlreichen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Spieler entledigen und diese auf die Liga als Arbeitgeberkoalition übertragen müßte. Bliebe nämlich der Berufsspieler uneingeschränkt der Verbandsmacht des DFB unterworfen, müßten wesentliche Arbeitsbedingungen aus dem Tarifvertrag mit der Profi-Liga ausgespart werden. 69 Das würde indes den Sinn und Zweck eines Tarifvertrages aus der Sicht der Spieler mehr als in Frage stellen, der darin bestünde, zu ihrem kollektiven Schutze prinzipiell auf sämtliche Arbeitsbedingungen, denen sie unterliegen, notfalls durch Streik Einfluß nehmen zu können. 7o

1. Die Tarifparteien

Als Tarifvertragsparteien kommen nur unabhängige Vereinigungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Betracht, die auf die Realisierung der in Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG genannten Ziele, nämlich die Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, ausgerichtet sind.71 Als potentielle, gemeinhin als Koalitionen zu bezeichnenden Vereinigungen kämen im Rahmen der kollektivrechtlichen Grundbeziehungen im Profifußball die Profi-Liga auf der Arbeitgeber- und eine Spielergewerkschaft auf der Arbeitnehmerseite in Frage. Die Profi-Liga würde sich dabei als eine tariffähige73 Arbeitgebervereinigung i.S.v. § 2 Abs. 1 TVG präsentieren,74 unter der sich die professionellen

68

So schon B. Preis, Lizenzspieler, S. 117.

Zu denken ist dabei insbesondere an den zwischen dem DFB und dem Spieler zu schließenden Lizenzvertrag, der die Rechte und Pflichten des Spielers als Lizenzspieler, seine Unterwerfung unter die Satzung, das Lizenzspielerstatut, die Ordnungen des DFB und die Entscheidungen der DFB-Organe regelt, vgl. § II Nr. 3 LSt. 69

70 Vgl. B. Preis, Lizenzspieler, S. 117; dahingehend auch A. Malatos, Berufsfußball, S.163.

71 Zum Koalitionsbegriff vgl. statt vieler W. Höfling, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 9 Rdn.53. 72

Vgl. BAGE 58,138 (142); R. Scholz, HdbStR VI, § 151 Rdn. 26.

73 Zum Zusammenhang der Tariffähigkeit zur Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG vgl. BVerfGE 58, 233 (24); ferner R. Scholz, in: HdbStR VI, § 151 Rdn. 66.; F.·J. Poschenrieder, Sport als Arbeit, S. 234 f.; A. Badura, Staatsrecht, S. 201.

220

§ 8 Der deutsche Berufsfußball nach amerikanischem Vorbild

Klubs als jeweilige Arbeitgeber versammeln und die die Interessenvertretung der Liga-Klubs zur satzungsmäßigen Aufgabe hätte.7 5 Zur kollektiven Interessenwahrnehmung der Spieler müßte sich in Deutschland eine professionelle Spielergewerkschaft als gewichtige Gegenmacht zur Profi-Liga zunächst erst etablieren. Anders als in den meisten europäischen Nachbarländem76 existiert nämlich - rein tatsächlich betrachtet - derzeit keine streikfähige Spielergewerkschaft. Offenkundig wird dies durch die Satzung der 1987 ins Leben gerufenen Vereinigung der Vertragsfußballspieler (vdv) als Berufsverband, in der die Arbeitskampfbereitschaft - die rechtlich nicht notwendiges Element des verfassungsrechtlichen Koalitionsbegriffes des Art. 9 Abs.3 GG ist _77 vor allem in Form des Streiks78 nicht vorgesehen ist. Eine Änderung ist auch nicht absehbar, zumal eine ins Auge gefaßte Satzungsänderung hinsichtlich der Aufnahme des Streikrechts in die Satzung im November 1996 verschoben wurde.79 Doch ohne das kollektive Druckmittel des Streiks wird man nicht in der Lage sein, einer Profi-Liga regelmäßige Konsultationen über die Arbeitsbedingungen der Profis abverlangen und den Abschluß von Tarifverträgen institutionalisieren zu können. 8o

74 Zu den Voraussetzungen der Arbeitgebervereinigung vgl. näher Löwisch/Rieble, TVG, § 2 Rdn. 1 ff.; zum DFB als tariffähige Arbeitgebervereinigung i.S.v. § 2 TVG vgl. näher F.-J. Poschenrieder, Sport als Arbeit, S. 234 ff.; B. Preis, Lizenzspieler, S. 120 ff.; A. Malatos, Berufsfußball, S. 162.; L. Füllgraf, Der Lizenzfußball, S. 93 ff. 75 Zur Tariffähigkeit einer Profi-Liga in Deutschland unter Hinweis auf die Verhältnisse im europäischen Ausland vgl. A. Malatos, Berufsfußball, S. 162. 76 Zur gewerkschaftlichen Organisation der Berufsfußballspieler in anderen europäischen Fußballändern vgl. A. Malatos, Berufsfußball, S. 154 ff. 77

Vgl. BVerfGE 18, 18 (30 ff.).

78 Zu den Voraussetzungen eines rechtmäßigen Streiks von Profifußballern vgl. J. Schneider, SpuRt 1996, 118 (119 f.). 79 Vgl. FAZ v. 6.11.1996, S. 39; ferner Wir Profis, Ausg. Nov. 1996, S. 12 ff.; anders dagegen die Vereinigung der Eishockeyprofis (vde), die sich in § 2 ihrer Satzung zum Streikrecht bekannt hat.

80 Zum Streikrecht von Berufssportlern vgl. näher F.-J. Poschenrieder, Sport als Arbeit, S. 242 ff.

III. Abschluß eines umfassenden Tarifvertrages

221

2. Die wesentlichen Inhalte des Tarifvertrages

a) Einführung von Gehaltsobergrenzen

Zur Regulierung der durch die "Bosman"-Entscheidung explodierten Personalkosten könnte eine tarifvertraglieh festgelegte Obergrenze der Gehaltsbudgets der Klubs nach amerikanisehern Vorbild beitragen.8 1 Gesichert durch die umfassende Einnahmenumverteilung könnte die Liga vor einem ruinösen Kampf der unterschiedlich finanzkräftigen Klubs um die besten Spieler bewahrt werden. Der Anreiz zu einem aus rein finanziellen Gründen ins Auge gefaßten Wechsel eines begehrten Spielers würde jedenfalls hierdurch gemildert werden, wenn er die gleichen Konditionen bei seinem alten Klub - was dieser im Rahmen des Budgets ausloten müßte - geboten bekäme, wobei es jedem Klub je nach Finanzausstattung mit Blick auf § 4 Abs. 3 TVG unbenommen bliebe, mit dem einen oder anderen Starspieler ein höheres Gehalt und damit eine günstigere Regelung als die im Tarifvertrag zu vereinbaren.8 2 Gleichzeitig müßten die von dem Wechsel betroffenen Vereine nicht an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gehen, um den u.U. von ihnen selbst ausgebildeten Spieler halten zu können. Die Kostenregulierung durch Gehaltsobergrenzen stellt jedenfalls mehr als ein taugliches Mittel dar, einige Klubs angesichts ihrer akuten Überschuldung vor dem endgültigen finanziellen Ruin und dem Abrutsch in die sportliche Bedeutungslosigkeit zu bewahren. b) Die Vereinbarung von Transferregeln

Selbstverständlich bliebe es den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer Autonomie grds. unbenommen, auch Transferregeln tarifvertraglieh zu formulieren, die - angelehnt an die alte Rechtslage - Ablösesummen bei einem Wechsel vorschreiben. Ebenfalls könnten Mechanismen wie die "draft" oder die "free agency" tarifvertraglieh installiert werden. Erinnert sei an dieser Stelle auch an das von der UEFA ausgearbeitete Modell des Ausbildungsverhältnisses für Jungprofis, das bei einem vorzeitigen Wechsel des Nachwuchsspielers eine Ausbildungsentschädigung vorsieht. 83 Zu hinterfragen wäre allerdings, ob man die bisherige Beurteilung von wie auch immer gearteten Ablösesummen

81

Siehe oben § 5 11.

82

Zum sog. "Günstigkeitsprinzip" vgl. näher KempenlZachert, Tarifvertragsgesetz,

§ 4 Rdn. 160 ff. 83

Siehe oben § 3 III 2b.

222

§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

als verfassungs- resp. EG-widrige Privatregelungen allein dadurch umgehen könnte, daß die Tarifvertragsparteien quasi die Flucht in die Tarifautonomie antreten, um auf dieser Basis gleichlautende Absprachen treffen zu können. Dieser Frage soll allerdings an dieser Stelle nicht vorgegriffen, sondern vielmehr im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der adoptierten Ligastrukturen nachgegangen werden. 84

§ 9 Die rechtliche Beurteilung transferrelevanter Tarifvertragsregelungen sowie der zentralen Vermarktung der Fernsehrechte nach amerikanischem Vorbild I. Die verfassungs- bzw. EG-rechtliche Beurteilung von transferrelevanten Tarifvertragsregelungen 1. Transferregeln als Tarifvertragsvereinbarung im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG

Im Rahmen der nach Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Tarifautonomie85 nehmen die Tarifvertragsparteien ihre kollektivrechtliche Gestaltungsbefugnis wahr, um die gegenseitigen Rechte und Pflichten im Hinblick auf die Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu regeln. Es liegt dabei auf der Hand, daß die nach Maßgabe des Tarifvertragsgesetzes geschaffenen Regelungen über den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen berufsregelnden Charakter aufweisen. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG86 ist dabei wegen der Gleichgewichtigkeit der Tarifparteien zunächst davon auszugehen, daß bei einer Gesamtbetrachtung der tariflichen Regelungen die Arbeitnehmerinteressen angemessen berücksichtigt wurden. Für die Tarifvertragsregelungen besteht insoweit eine materielle Richtigkeitsgewähr. Sie haben die Vermutung für sich, daß sie den Interessen beider Seiten gerecht werden und keiner Seite ein für die andere Seite unzumutbares Übergewicht vermitteln. Wegen der verfassungsrechtlich garantierten Gestaltungsfreiheit der gleichberechtigten Tarifvertragsparteien unterliegen die Tarifverträge daher nur in beschränktem Maße der gerichtlichen Kontrolle. 87 Einer Tarifnorm kann dennoch trotz dieser Gestal-

84 Siehe unten § 9 I. 85 Zur Ausgestaltung der Tarifautonomie vgl. näher W. Höfling, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 9 Rdn. 84 ff.; ferner P. J. Tettinger, Jura 1981, 1 (4). 86 Vgl. 38,118 (129); 49, 281 (287). 87 Vgl. BAGE 49, 281 (286 f.).

I. Verfassungs- bzw. EG-rechtliche Hürden

223

tungsfreiheit im Wege der Rechtskontrolle die Anerkennung abgesprochen werden, wenn sie zu einer grundlegenden Schlechterstellung von Arbeitnehmern im Vergleich zu einer sachlich vertretbaren Lösung führt. 88 Daher sind tarifvertragliche Normen insbesondere dahin zu untersuchen, ob sie gegen die Verfassung, insbesondere gegen Grundrechte verstoßen. 89 Will man daher in legitimer Weise wie auch immer geartete berufsbeeinträchtigende Transferregeln zum Gegenstand tarifvertraglicher Regelungen machen, kann an der Frage der Bedeutung des für die Arbeitnehmer zentralen Grundrechts des Art. 12 Abs. 1 GG im Verhältnis zu den Tarifnormen nicht vorbeigegangen werden. Vielmehr sind Art. 12 Abs. 1 GG und das Gruppengrundrecht des Art. 9 Abs. 3 GG in einem unauflösbaren funktionellen Zusammenhang zu sehen. 9o Insoweit kommt Art. 12 Abs. 1 GG die Funktion zu, gegenüber der privaten Macht der Tarifvertragsparteien eine Schutznorm bzw. den subjektiven Gegenpol der Normunterworfenen zu bilden.91 Dies ruft die Frage nach der Art und Weise der Bindungswirkung der Grundrechte - und damit auch des Art. 12 Abs. 1 GG - auf dem tarifvertraglichen Sektor auf den Plan. 92 Anknüpfungspunkt für eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien bzw. -normen ist Art. 1 Abs.3 GG, der die Grundrechtsbindung der staatlichen Gewalt konstituiert. In diesem Zusammenhang besteht Uneinigkeit darüber, ob man die Normsetzungsbefugnisse der Koalitionen als "Gesetzgebung" und damit als Ausübung hoheitlicher Gewalt i.S.v. Art. 1 Abs.3 GG werten kann. 93 Einer solchen Sichtweise erteilt die staatsrechtliche Literatur überwiegend eine Absage. Zwar gesteht man den Tarifvertragspartnern die durch Art. 9 Abs. 3 GG grundrechtlich abgesicherte Fähigkeit zu, im Wege eines Vertrages objektives, autonomes Recht zu setzen. 94 Die Fähigkeit,

88

Vgl. BAGE 22,144 (152).

89 Vgl. BAGE 22, 144 (151 ff.); 38, 118 (129); 49, 281 (287); ferner F. Gamillscheg, Arbeitsrecht, S. 103; LöwischlRible, TVG, § 2 Rdn. 155; SäckerlOetker, Tarifautonomie, S. 242 ff. 90 Vgl. R. Scholz, Koalitionsfreiheit, S.372; ders., ZfA 1981, 265 (292 f.); P. Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 378. 91

Vgl. U. Hannig, Die Berufsfreiheit, S. 47.; SäckerlOetker, Tarifautonomie, S. 252.

92 Zur Bindung von Tarifnormen an Grundrechte vgl. ausführlich P. Lerche, in: FS Steindorff, S. 897 ff.; ferner SäckerlOetker, Tarifautonomie, S. 242 ff.

93 So das BAG und die herrschende arbeitsrechtliche Literatur im Wege der "Delegationslehre", vgl. BAGE 1, 258 (262); 11, 135 (138); 20, 175 (218, 225); ferner A. Söllner, Grundriß des Arbeitsrechts, S. 32 f.; M. Lieb, Arbeitsrecht, S. 139 f.; F. Gamillscheg, Arbeitsrecht, S. 104; Wiedemann/Stumpf; Tarifvertragsgesetz, Einl. Rdn. 57; ferner P. Lerche, in: FS Steindorff, S. 896 (905). 94

Vgl. BVerfGE 4, 96 (106); 18,18 (26); 28, 295 (305); 34, 307 (316 f.).

224

§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

Tarifverträge mit normativer Wirkung abzuschließen, sei aber keine staatlich abgeleitete, hoheitliche Rechtssetzungsbefugnis, sondern vielmehr Ausfluß kollektiver Privatautonomie im Rahmen grundrechtlieh legitimierter Freiheitsausübung. 95 Das bedeute aber nicht gleichzeitig, daß die Tarifautonomie etwa der Berufsfreiheit automatisch vorgehe. Der Grundrechtsposition der tarifgebundenen Mitglieder, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen, müsse vielmehr dadurch Rechnung getragen werden, daß Art. 9 Abs. 3 GG einerseits und die einzelnen Grundrechte der Arbeitnehmer andererseits im Wege der Abwägung zum Ausgleich zu bringen sind. 96 Aus diesem Blickwinkel wird daher die Kollisionsproblematik unter dem Aspekt der Grundrechtswirkung im Privatrecht betrachtet. Damit gestaltet sich die Ausgangslage identisch mit der, wie sie bei den berufs beeinträchtigenden , auf Verbandsrecht beruhenden Transferregelungen vorgefunden wurde. Auch hier bedurfte es eines Abwägungs- und Harmonisierungsvorgangs zwischen kollidierenden Grundrechtspositionen, nämlich zwischen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 9 Abs. 1 GG. Vor diesem Hintergrund kann daher für tarifvertragliehe Regelungen insofern nichts anderes gelten, als sie gleichfalls im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG auf ihre Verfassungskonformität hin zu überprüfen sind.97 Unter Heranziehung der gängigen Harmonisierungsinstrumente wie der praktischen Konkordanz98 bzw. des angemessenen und schonenden Ausgleichs,99 denen auch im wesentlichen das Bundesverfassungsgericht folgt,IOO sind daher im Wege der Abwägung Art. 9 Abs.3 GG einerseits und Art. 12 Abs. 1 GG andererseits unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen.\01 Als Plattform dieses Abwägungsvorgangs ist freilich die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Drei-Stufen-Theorie I02 als besondere Ausprägung des

95 Vgl. W. Höfling, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 1 Rdn.88 und Art. 9 Rdn.93; K. Stern, StaatsR IIIIl, § 73, S. 1277; C. Stark, in: MangoldtiKlein (Hrsg.), GG, Art. 1 Rdn. 161; R. Scholz, in: MaunliDürig (Hrsg.), GG, Art. 9 Rdn. 301, 357; T. Maunz, MaunliDürig (Hrsg.), GG, Art. 1 Rdn. 16.; H. D. Jarass, NZA 1990,505 (508); vgl. auch Löwisch/Rieble, TVG, § 1 Rdn. 172. 96 K. Stern, StaatsR IIIIl, § 73, S. 1278; F. Hufen, NJW 1994, 2913 (2921); W. Höfling, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 9 Rdn. 93.

97 Vgl. BAG NZA 1990,850 (855). 98 Vgl. K. Hesse, Grundzüge, Rdn. 317. 99 .. Vgl. P. Lerche, Ubennaß, S. 153. 100 Vgl. BVerfGE 30, 173 (195); 39, 1 (43); 77, 240 (255); 81, 278 (293). 101 Vgl. K. Stern, StaatsR HIlI, § 73, S. 1278. \02 Vgl. BVerfGE 7, 377 (404 ff.); siehe hierzu auch oben § 2 I 4.

I. Verfassungs- bzw. EG-rechtliche Hürden

225

Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes heranzuziehen,103 wobei sich auch hier synonym zur Legitimationsproblematik im Rahmen des autonomen Verbandsrechts - eine schematische, an Gemeinwohlerwägungen orientierte Übertragung verbietet. Als Aspekte möglicher Legitimation für Eingriffe in die Berufsfreiheit können daher nur solche dienen, die von den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt sind und damit der Wahrung und Förderung der "Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen" dienen. 104 Das hat zur Folge, daß sich etwaige, in das Regelungsgefüge des Tarifvertrages eingebettete Transferregeln, die gleichfalls als objektive Berufszulassungsregelungen zu kennzeichnen wären, nicht durch nachweisbare oder höchstwahrscheinliche Gefahren für überragend wichtige Gemeinschaftsgüter rechtfertigen lassen würden.! 05 Zur Legitimation bedürfte es vielmehr der Geltendmachung von überragend wichtigen Gründen, die in der nach Art. 9 Ab. 3 GG vorgegebenen Sachmaterie der "Arbeits- und Wirtschaftbedingungen" wurzeln. Vor diesem Hintergrund gibt es keinen Zweifel, daß Regelungen wie die "draft" oder Tranferregeln, die eine Transferentschädigung trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsehen, auch im Wege tarifvertraglicher Einigungen in die Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes zu Lasten des Arbeitnehmers unzumutbar eingreifen würden. Will man im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung solche Regelungen nicht bereits auf der Stufe der Erforderlichkeit scheitern lassen, bedürfte es zu ihrer Rechtfertigung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit i.e.S. zunächst koalitionsspezifischer, überragend wichtiger Gründe, um anschließend der Frage nach dem verhältnismäßigen Ausgleich zwischen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 9 Abs. 3 GG nachgehen zu können. Ersteres dürfte sich als offensichtlich aussichtslos erweisen. Das Standardargument, daß Mechanismen wie die "draft" oder an Ablösesummen anknüpfende Transferregeln zur Sicherung und Aufrechterhaltung eines sportlichen und finanziellen Gleichgewichts innerhalb einer Liga beitrügen, könnte allenfalls zur Rechtfertigung koalitionsfremder Ziele Bestand haben. Art. 9 Abs. 3 GG hat nämlich in erster Linie die Schaffung einer autonomen Ordnung des Arbeitslebens vor Augen. 106 Die sachlich-gegenständlichen Inhalte der zentralen, in Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG genannten Begriffe der "Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen" zielen daher in erster Linie auf den Arbeitsmarkt ab und

103 Siehe BVerfGE 13, 97 (104); 19, 330 (337); ferner P. J. Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 ff. (122 f.); K. M. Meessen, JuS 1982,397 (397). 104 Vgl. R. Waltermann, Berufsfreiheit, S. 107; Säcker/Oetker, Tarifautonomie, S. 264 f.; W. Blomeyer, ZfA 1980, 1 (30). 105 Vgl. BVerfGE 7,377 (408). !06 Vgl. BVerfGE 44, 322 (341 f.). 15 Trommcr

226

§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

dienen nicht etwa unternehmerischen, geschweige denn sportlichen Zielsetzungen. Doch auch wenn man die "draft" oder etwaige Transferregeln als von dem Begriffspaar "Arbeits- und Wirtschafts bedingungen" erfaBte Regelungsaspekte qualifiziert, unter denen der Arbeitnehmer abhängige Arbeit leistet und der Arbeitgeber Arbeitnehmer beschäftigen darf,107 würden keine überragend wichtigen Belange der im Zentrum von Art. 9 Abs. 3 GG stehenden Sachmaterie ersichtlich sein, auf die sich die Tarifparteien bei der Legitimationsproblematik berufen könnten. Ganz im Gegenteil, denn die mit einer "draft" oder mit Transferregeln einhergehenden Einschnitte in die freie Wahl des Arbeitsplatzes haben weder den Schutz der Arbeitskraft, den Abbau oder die Verhinderung von Arbeitslosigkeit noch den Schutz eines Berufsstandes als traditionelle Aufgaben der Koalitionen vor Augen, die als Legitimationsaspekte in Frage kämen. 108 Angesichts der enormen Eingriffsintensität zu Lasten der Arbeitnehmer müssen daher auch dem koalitionsspezifischen Regelungbedürfnis im Wege der Abwägung durch Art. 12 Abs. I GG selbst Schranken gesetzt werden, wenn die verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte der Arbeitnehmer - wie hier - gänzlich leerlaufen und das Grundrecht insgesamt an Bedeutung verliert. Um der im Rahmen des Art. 12 Abs. I GG verbürgten Teilgarantie zur Aufgabe und zum Wechsel des Arbeitsplatzes höchstmögliche Geltung zu verschaffen, muß das Geltungsbedürfnis des Art. 9 Abs. 3 GG für die konkret zu entscheidende Frage der tarifvertraglichen Regelung von Transferregeln zurückgedrängt und dem für das Arbeits- und Wirtschaftsleben zentralen umfassenden Grundrecht der Berufsfreiheit höheres Gewicht verliehen werden. Der sich an Art. 12 Abs. I und Art. 9 Abs. 3 GG orientierenden Abwägung würde indes eine andere Beurteilungsgrundlage verliehen werden, wenn man das von der UEFA vorgeschlagene Ausbildungsmodell für Nachwuchsspieler l09 und das hierfür vorgesehene Regelungsraster gleichfalls in einen tarifvertraglichen Rahmen einbetten würde. Anknüpfungspunkt für den notwendigen verfassungsrechtlichen Abwägungs- und Harmonisierungsvorgang wäre danach die vorgesehene Rückzahlungsklausel, die zum Tragen kommen würde, wenn ein Nachwuchsspieler nach Beendigung der Ausbildungsphase seinen ausbildenden Verein verließe. Laut dem Vertragsmodell hätte dieser sodann Anspruch auf Rückzahlung der für den wechselnden Spieler verauslagten Ausbildungs- und Fortbildungskosten. Demnach könnte aufgrund der vertraglichen Absprache der Nachwuchsspieler den Verein nach Ablauf der Ausbildungspha-

107 Vgl. R. Scholz, ZfA 1990,377 (395); G. Müller, Arbeitskampf, S. 28. 108 Vgl. hierzu Säcker/Oetker, Tarifautonomie, S. 276 ff. 109

Siehe oben § 3 III 2b.

1. Verfassungs- bzw. EG-rechtliche Hürden

227

se nur dann verlassen, wenn der neue Verein oder er selbst die Forderung des Ausbildungsvereins ausgleicht. Das Bundesarbeitsgericht hat zur Zulässigkeit der Rückzahlung von Ausbildungs- oder Fortbildungskosten im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG wiederholt ausgeführt, daß es eine Rückzahlungsklausel, die die vom Arbeitgeber verauslagten Ausbildungskosten betrifft, trotz der darin liegenden (freiwilligen) Beschränkung des Arbeitnehmers in der freien Wahl des Arbeitsplatzes nur dann für mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar hält, wenn diese Beschränkung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach Treu und Glauben dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten sei und einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers nicht entspräche. Die für den Arbeitnehmer tragbaren Bindungen seien "aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ( ... ) zu ermitteln."110 Dabei habe sich die Interessenabwägung insbesondere daran zu orientieren, "ob und inwieweit der Arbeitnehmer durch die Aus- und Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt habe. Eine Kostenbeteiligung [sei] ihm um so eher zuzumuten, je größer für ihn der mit der Aus- oder Fortbildung verbundene berufliche Vorteil ist" .111 Auf diese Grundsätze nimmt auch das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Vereinbarung über die Rückzahlung von Studienförderungsmitteln bei vorzeitigem Ausscheiden des Geförderten Bezug. Danach soll durch die in den sog. "Femmeldeaspirantenverträgen" I 12 getroffenen Rückzahlungsklauseln eine tatsächliche Behinderung in der freien Wahl des Arbeitsplatzes nur dann eintreten und sollen diese Klauseln nur dann einer Prüfung auf ihre Zumutbarkeit bedürfen, "wenn die zurückzuerstattenden Zuwendungen eine solche Höhe erreicht haben, daß der Betroffene hierdurch von der Möglichkeit der Rückerstattung aus faktischen Gründen auf die Alternativleistung 'Betriebstreue' abgedrängt" würde. l13 Die vom Bundesverwaltungsgericht angesprochene "Betriebstreue" betrifft dabei die Frage, welche Dauer der sich an die Ausbildung anschließenden planmäßigen Beschäftigung dem Auszubildenden angesonnen werden kann, ohne gegen Art. 12 Abs. 1 GG zu verstoßen. Für die Beurteilung orientiert sich das Bundesverwaltungsgericht an der Dauer der vorangegangenen Ausbildungszeit und hält diese als maßgeblichen Zeitrahmen für eine gedachte planmäßige Beschäftigung für verfassungskonform. 114 Die dem Ausgebildeten

15*

110

Vgl. nur BAG NZA 1995,727 (728) m.w.N.

111

BAG NZA 1995, 727 (728).

112

Vgl. hierzu auch B VerwG NJW 1982, 1412 f.

113

Vgl. BVerwGE 30, 65 (70).

114

Vgl. BVerwGE 30, 65 (72).

228

§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

aufgebürdete Dauer der "Betriebstreue" sei auch verhältnismäßig, da während der Dauer der Ausbildung nur der Auszubildende Vorteile erlange, ohne seinerseits dem Arbeitgeber für ihn verwertbare Leistungen zu erbringen. 115 Allerdings läßt sich diese Rechtsprechung nur mit Einschränkungen auf den Sport, insbesondere auf den Mannschaftssport, übertragen. In den entschiedenen Fällen wurden durchweg jene Aufwendungen für erstattungsfähig erachtet, die dem einzelnen aus- oder weitergebildeten Arbeitnehmer persönlich zuzuordnen waren. Insoweit führt das BAG in Sachen "Kienass" aus, daß bei Sportarten, die ( ... ) als Mannschaftssport ausgeübt und trainiert werden, ( ... ) eine solche persönliche Zuordnung in der Regel nicht möglich sei. 116 Zudem würden die auf den Berufssportler entfallenden Aufwendungen sofort genutzt, nämlich im Rahmen der jeweiligen Spiele innerhalb der jeweiligen Saison. In der Tat kann kaum geleugnet werden, daß es Nachwuchsspieler gibt, die bereits im frühen Alter über hervorragende fußballerische Fähigkeiten verfügen, von denen der ausbildende Verein nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich frühzeitig profitiert. Die Praxis hat dennoch in der Vergangenheit gezeigt, daß ein Nachwuchsspieler i.d.R. "behutsam" an den Profifußball herangeführt werden muß, um sich auf dem Markt "Profi-Liga" auf Dauer etablieren zu können. Nicht jeder Jungprofi kommt dabei zu regelmäßigen Einsätzen; seinen Stammplatz muß er sich in dem Kollektiv gegenüber erfahrenen Spielern hart erkämpfen. Reift der Auszubildende auf diesem Wege zu einem Jungstar heran und löst sich dieser unmittelbar nach Abschluß der Ausbildung von seinem Vertrag, ohne zuvor seinem Arbeitgeber verwertbare Dienstleistungen von angemessener Zeit erbracht zu haben, entspricht es einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers, für die Aus- und Weiterbildung eine angemessene Entschädigung zu erhalten. Das gilt um so mehr, wenn - was nicht selten vorkommt - der ausbildende Verein als Sprungbrett von Nachwuchsspielern für den Wechsel zu sportlich und wirtschaftlich lukrativeren Vereinen oder ausländischen Ligen genutzt wird. Dann kann insgesamt mit Fug und Recht behauptet werden, daß der Nachwuchsspieler von seiner Ausbildung durchweg profitiert hat. Was die persönliche Zuordnung der erstattungsfähigen Aufwendungen anbelangt, ist es nicht ganz nachzuvollziehen, warum bei einer Ausbildung im Mannschaftssport die Kosten des Trainers, der Unterbringung z.B. in einem Trainingslager oder der Benutzung der spezifischen Einrichtungen nicht gleichfalls in bezug auf den einzelnen verhältnismäßig zu ermitteln und abwälzbar sein sollen. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei einer Aus- oder Wei-

115

Vgl. BVerwGE 30, 65 (71).

116

Vgl. BAG, Urteil v. 20.11.1996, Az.: 5 AZR 518/95, SpuRt 1997,95 (98).

I. Verfassungs- bzw. EG-rechtliche Hürden

229

terbildung etwa in einer universitären oder betrieblichen Einrichtung, in der gleichfalls kollektiv aus- und weitergebildet wird. Hält man also die dem Auszubildenden angesonnene "Betriebstreue" in angemessene Grenzen - was unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BVerwG mit Blick auf die ins Auge gefaßte Ausbildungszeit von drei Jahren der Fall wäre -, würde sich die Auferlegung der angemessenen Rückzahlung von Aus- und/oder Weiterbildungskosten unter Zugrundelegung des Grundsatzes von Treu und Glauben für den ausgebildeten Spieler im Rahmen des Zumutbaren bewegen, ohne daß das verfassungsrechtlich verbriefte Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes gänzlich ins Leere liefe. An dieser Beurteilung änderte sich auch nichts, wenn sich die Rückzahlungspflicht aus einer tarifvertraglichen Nonn ergäbe. 117 Wie bereits ausgeführt, sind die auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfenden, zulässigen tarifvertraglichen Bindungen der Arbeitnehmer aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung zu ennitteln. Sind daher dem Arbeitnehmer sowohl die Bindungsdauer als auch die Höhe der Erstattungspflicht nach Treu und Glauben zuzumuten, würde das durch Art. 12 Abs. 1 GG verbürgte Recht des Arbeitnehmers auf Aufgabe und Wechsel des Arbeitsplatzes auch hier nicht leerlaufen bzw. gegenüber dem Koalitionsgrundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG nicht völlig an Bedeutung verlieren.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht stünde daher der Einführung eines Ausbildungssystems nach dem Modell der UEFA auf tarifvertraglicher Basis nichts entgegen.

2. Transferregeln als Tarifvertragsvereinbarung im Lichte des Art. 48 EGV

Nicht erst seit dem "Bosman"-Urteil steht fest, daß Art. 48 EGV nicht nur für behördliche Maßnahmen gilt, sondern sich auch auf Vorschriften anderer Art erstreckt, die der kollektiven Regelung unselbständiger Arbeit dienen. 118 Insoweit führte der EuGH bereits in Sachen "Walrave und Koch" aus, daß angesichts der mannigfaltigen Regelungen der Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten durch Gesetze, Verordnungen und teilweise durch von Privatpersonen geschlossene Verträge die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personenverkehr gefährdet wäre, "wenn die Beseitigung der staatlichen Schranken dadurch in ihren Wirkungen wieder aufgehoben

117 Zur Rückzahlung von Fort- oder Weiterbildungskosten aufgrund Tarifvertrages vgl. BAG NZA 1996,437 ff.; NZA 1997,663 ff. 118

Vgl. EuGH, Rs. C-415/93, Bosman, Sig. 1-1995, 4921 (5066), Tz. 83.

230

§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

würde, daß privatrechtliche Vereinigungen ( ... ) kraft ihrer rechtlichen Autonomie derartige Hindernisse" aufrichteten. 119 Gestützt wird diese Sichtweise durch das sekundäre Freiheitsrecht der vom Rat erlassenen VO 1612/68 120 als Konkretisierung des Art. 48 EGV, die zur Erfüllung des in Art. 48 EGV vorgegebenen Auftrages zur Verwirklichung der Freizügigkeit dient. Besondere Aufmerksamkeit kommt vor dem Hintergrund der tarifvertraglichen Ausgestaltung der Transferregeln dem Art. 7 Abs. 4 dieser Verordnung zu, der alle Einzel- oder Kollektivvereinbarungen über den Zugang zu Arbeitsverhältnissen und deren Ausgestaltung, die EG-Ausländer diskriminieren, für "von Rechts wegen nichtig" erklärt. 121 Durch die Erweiterung des Art. 48 EGV von einem Diskriminierungs- hin zu einem umfassenden Beschränkungsverbot sind damit die Berufsfußballspieler als Begünstigte der Freizügigkeit nach Art. 48 EGV auch vor tarifvertraglichen Regelungen geschützt, wenn diese einen Berufsfußballspieler daran hindern, sein Herkunftsland zu verlassen, um in einem anderen Mitgliedstaat einer unselbständigen Tätigkeit nachzugehen. Wendet man diese Grundsätze auf Transferregeln sowie auf die Institution der "draft" an, wird schnell deutlich, daß diese auch als tarifvertragliehe Vereinbarungen vor Art. 48 EGV keinen Bestand haben können, wenn sie den Wechsel eines Spielers trotz Ablauf seines Vertrages in einen anderen Mitgliedstaat behindern. Angelehnt an die Ausführungen zur Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG dürfte hingegen der tarifvertrag lichen Einführung eines Ausbildungsmodells Art. 48 EGV nicht entgegenstehen, zumal der EuGH in Sachen "Bosman" die Entschädigung für Ausbildungskosten für zulässig erachtet hat.

3. Zwischenergebnis

Auch auf einer kollektiven Vertrags basis in Gestalt eines Tarifvertrages könnten damit weder die bisherigen Transferregeln noch die amerikanischen Mechanismen mit Ausnahme des "Unrestricted Free Agent" rechtliche Wirksamkeit in Anspruch nehmen. Anders gestaltet sich die rechtliche Beurteilung eines Ausbildungsverhältnisses, das - anders als die bisherigen Transferregeln

119

Vgl. EuGH, Rs. 36174, Walrave und Koch, Sig. 1974, 1405 (1419 f.).

120 Vgl. ABI. 1968, L 257 ff. Vgl. hierzu näher T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1432 ff. Hinsichtlich der Anwendbarkeit der va auf den Berufsfußball vgl. PetzoldlSaJaris, EuR 1982,76 (77); M. Hilf, NJW 1984,517 (519). 121 Zur Anwendung des Art. 48 EGV auf Diskriminierungen durch tarifvertragliche Regelungen vgl. EuGH, Rs. C-214194, Ingrid Boukhalfa, NZA 1996,971 ff.

11. Kartellrechtliche Hürden

231

- bei einem frühzeitigen Wechsel des Spielers auf eine legitime Ausbildungsentschädigung abzielt, die der EuGH ihrer Art nach gebilligt hat.

11. Die kartellrechtIiche Beurteilung transferrelevanter Ausbildungsregeln sowie der zentralen Vermarktung der Fernsehrechte 1. Transferrelevante Ausbildungsregeln als karteUrechtlich privilegierte Tarifvereinbarungen

a) Anwendbarkeit des § 1 GWB

Anknüpfungspunkt für eine kartellrechtliche Beurteilung von Transferregeln überhaupt ist der Umstand, daß mit den diesbezüglich getroffenen Absprachen die Konkurrenzbeziehung der Klubs als potentielle Nachfrager auf dem Spielermarkt geregelt wird. Durch die Aufstellung und Kontrolle von festen Wechselsystemen, die an den Wechsel eines Spielers trotz Ablaufs des Vertrages Bedingungen etwa in Gestalt der Zahlung von Ausbildungs-, Förderungs- oder Ablöseentschädigungen knüpfen, wird der Nachfragewettbewerb der Klubs um die begehrten Akteure beeinträchtigt. 122 Insoweit kann auf die Ausführungen im Rahmen der kartellrechtlichen Betrachtung der amerikanischen Profi-Ligen uneingeschränkt verwiesen werden. 123 Im Lichte des § 1 GWB stellt sich indes die Frage, ob die den Spielermarkt betreffenden Kartelle überhaupt vom Anwendungsbereich des GWB erfaßt werden, denn von den Tatbestandsmerkmalen des § 1 GWB "Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen" werden ausschließlich entgeltliche Austauschgeschäfte von der Art eines Kauf-, Miet,Pacht-, Werk-oder Lizenzvertrages erfaßt. 124 Das Aufstellen von Transferregeln, sei es auf statutarischem oder tarifvertraglichem Terrain, betrifft aber mit Blick auf den Arbeitnehmerstatus 125 der Berufsfußballspieler unstreitig den Bereich der Arbeitsleistung und zielt auf die Gestaltung von Arbeitsverhältnissen von Arbeitnehmern ab. Dies gilt insbesondere hinsichtlich eines Ausbildungsverhältnisses, das darauf angelegt ist, die für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit notwendigen Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang 122 Vgl. Huber/Baums, in: Glassen/v. Hahn u.a. (Hrsg.), FK zum GWB, Bd.2, § 1 Rdn. 381; B. Preis, Lizenzpieler, S.55. Zu den wettbewerbsschädlichen Vereinbarungen von Ligaorganisationen auf dem Spielermarkt vgl. eingehend S. Pariasca, Kartelle, S. 161 ff.

123

Vgl. oben § 6 IV 2b.

124

Vgl. U. Immenga, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), GWB, § 1 Rdn. 313.

125

Zum Arbeitnehmerstatus vgl. oben § 1 III 2.

§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

232

zu vermitteln. Abreden über den Abschluß oder Inhalt von Arbeits- oder Dienstleistungsverhältnissen werden aber vom Kartellverbot nicht erfaßt. 126 Der Markt für gewerbliche Leistungen i.S.v. § I GWB wird daher von den Transferregeln unter Berücksichtigung ihrer arbeitsrechtlichen Bezüge nicht berührt. 127 Insoweit betreffen die Transferregeln einzig und allein den Arbeitsmarkt als kartellrechtlichen Ausnahmebereich des GWB.128 Von diesem kartellrechtlichen Ausnahmebereich wird auch das hier zu behandelnde kollektive Arbeitsrecht mitumfaßt, das auch als Recht für Wettbewerbsbeschränkungen bezeichnet wird. 129 Tarifverträge sind als Mittel des kollektiven Aushandeins von Arbeitsbedingungen dem Kartellverbot entzogen. 130 Darüber hinaus gelten Gewerkschaften nicht als Unternehmer i.S.v. § 1 GWB,131 da sie keine wirtschaftlichen Leistungen auf dem Markt anbieten. \32 Vor diesem Hintergrund würden der kollektiven Einführung eines Ausbildungsverhältnisses für Profifußballer, bezogen auf den nationalen Sektor, keine kartellrechtlichen Hindernisse nach § 1 GWB entgegenstehen. Auf diesem Wege würde der Profifußball in Deutschland kartellrechtlich in ähnlicher Weise privilegiert werden, wie dies in den USA über die Anwendung der Rechtsfigur der "nonstatutory labor exemption" der Fall iSt. 133

126 Vgl. statt vieler U. Immenga, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), GWB, § 1 Rdn. 321 m.w.N. 127 Vgl. Huber/Baums, in: Glassen/v. Hahn u.a. (Hrsg.), FK zum GWB, Bd. 2, § 1 Rdn. 381; B. Preis, Lizenzspieler, S. 56 f.; J. Wertenbruch, EuZW 1996,91. 128 Vgl. U. Immenga, Arbeitsmarkt, S. 9 ff. m.w.N. 129

B. Rüthers, Tarifmacht, S. 15.

130 Vgl. Huber/Baums, in: Glassen/v. Hahn u.a. (Hrsg.), FK zum GWB, Bd.2, § 1 Rdn. 78, 220; M. Kulka, WuW 1987,5 (7). 131 Huber/Baums, in: Glassen/v. Hahn u.a. (Hrsg.), FK zum GWB, Bd.2, § 1 Rdn. 76, 220; V. Emmerich, Kartellrecht, S. 38 f.

\32 Differenzierend U. Immenga, Arbeitsmarkt, S. 41, 45 ff., im Hinblick auf die Ladenschlußzeiten, wenn Gewerkschaften "direkt in den Marktprozeß eingreifen"; ferner U. Immenga, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 1 Rdn. 83.

133 Siehe hierzu oben § 6 V 2.

II. Kartellrechtliche Hürden

233

b) Anwendbarkeit des Art. 85 EGV

Aus europarechtlicher Sicht könnte sich die kartellrechtliche Beurteilung des Ausbildungssystems indes anders gestalten. 134 Da der Spielermarkt kein rein nationaler, sondern zumindest auch ein europäischer Markt ist,135 könnten die transferrelevanten Tarifvertragsregeln dem EG-Kartellrecht unterfallen, in dessen Rahmen Art. 85 EGV zentrale Bedeutung zukommt. Anders als § 1 GWB zielt der Anwendungsbereich des Art. 85 EGV nicht lediglich auf Waren oder gewerbliche Leistungen ab. Art. 85 EGV setzt statt dessen eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten voraus, der den gesamten Wirtschaftsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten umfaßt. 136 Unter Teilnahme arn Wirtschaftsverkehr im weiten Sinne wird dabei auch das Angebot von Arbeitsleistungen auf dem Arbeitsmarkt und die Nachfrage nach diesen subsumiert. 137 Gleichwohl liegt auch im Bereich des EG-Kartellrechts für tarifvertragliche Absprachen über Arbeitsbedingungen ein arbeitsrechtlicher Ausnahmebereich vor. Die Kommission geht jedenfalls ohne Begründung davon aus, daß sich Art. 85 und 86 EGV nicht mit arbeitsrechtlichen Angelegenheiten befassen. 138 Da tarifvertragliche Regelungen über Ausbildungsverhältnisse auch nicht über die eigentliche Gestaltung der Arbeitsverhältnisse hinausgehen, ist die Annahme einer Ausnahme von diesem Befreiungsgrundsatz ausgeschlossen. Wie auf dem nationalen Sektor würde daher die tarifvertragliche Einführung eines Ausbildungsverhältnisses auch aus dem Blickwinkel des EG-Rechts kartellrechlich privilegiert sein.

2. Die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte

Die wirtschaftliche Bedeutung der zentralen Vergabe der Fernsehrechte für eine (selbständige) Liga und ihre Teilnehmer liegt angesichts der Millionenein-

134 Zur EG-kartellrechtlichen Beurteilung von Transfersystemen vgl. W. Weiß, SpuRt 1998,97 ff.; R. Streinz, SpuRt 1998,1 (91 ff.). 135

Vgl. J. Wertenbruch, EuZW 1996, 91.

Vgl. EuGH, Rs. 172/80, Züchner/Bayeriche Vereinsbank, Slg. 1981, 2021 (2032). 136

137

Vgl. EuGH, Rs. 13176, DonaJMantero, Sig. 1976, 1333 (1340).

138

Vgl. hierzu näher GleisslHirsch, EG-Kartellrecht, Art. 85 Rdn. 20.

234

§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

nahmen auf der Hand. 139 Allerdings rückt in letzter Zeit die kartellierte Vergabepraxis von Fernsehrechten im Sportbereich auch (kartell-)rechtlich zunehmend in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. 14O In Deutschland und in Europa ist gegenwärtig ein gewisser Trend zu verzeichnen, daß Kartellbehörden und Gerichte zunehmend dazu übergehen, die Sportverbände bei der zentralen Verwertung der TV-Rechte aus kartellrechtlichen Gründen zu beschneiden. In diesem Trend spiegelt sich freilich der zwischen den privaten und öffentlichen Rechtenachfragern hart umkämpfte Markt 141 um den Erwerb exklusiver Übertragungsrechte wider, der insbesondere in Deutschland in den letzten 20 Jahren enorm an Dynamik gewann. 142 In diesem Zusammenhang wird die noch ausstehende Entscheidung der EU-Kommission über die Beschwerden 143 mehrerer TV-Sender gegen die von der UEFA durchgeführte Vermarktung der "Champions League"l44 mit Spannung erwartet. Richtungsweisend war bereits die am 11. Dezember 1997 verkündete und aufsehenerregende Entscheidung des BGH,145 mit der dem DFB in letzter Instanz l46 untersagt wurde, zentral Verträge über Fernsehübertragungen von Europapokalheimspielen deutscher Lizenzspielervereine für den deutschen Markt auszuhandeln und abzuschlie-

139 So erhält der DFB von der Saison 1997/98 an allein für die Vergabe der Bundesliga-Fernsehrechte von der Sportrechteverwertungsgesellschaft ISPR im Rahmen eines bis zum Jahre 2000 laufenden Vertrages jährlich 180 Mio. DM. Hinzu treten jährlich 75 Mio. DM des Pay-TV-Senders Premiere für zwei Originalübertragungen pro Spieltag, vgl. FAZ v. 26.8.1996, S. 25. 140 Vgl. ausführlich M. Stopper, Ligasport, 1997; P. W. Heermann, ZHR 1997, 665 ff.; V. M. Jänisch, GRUR 1998,438 ff. 141 Vgl. BKartA WuW/E 2273, mit der die Behörde zum Schutze privater Konkurrenten die Durchführung des zwischen dem DSB und den öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF geschlossenen "Globalvertrages" untersagte; vgl. hierzu näher P. J. Tettinger, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.), Rundfunk im Wettbewerbsrecht, S. 147 ff.; ferner V. Emmerich, in: Steiner (Hrsg.), Sport und Medien, S. 57 ff.; zum Recht auf (entgeltspflichtige) Kurzberichterstattung durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten im Fernsehen, über das das BVerfG mit Urteil v. 17.2.1998 entschieden hat, vgl. P. J. Tettinger, SpuRt 1998, 109 ff. 142 Vgl. hierzu die Ausführungen bei M. Stopper, Ligasport, S. 30 ff. 143 Vgl. Art. 3 Abs. 2lit. b VO Nr. 17/62. 144 Vgl. hierzu näher M. Schimke, Sportrecht, S. 178 ff.; J. Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1418,1425). 145 BGH NJW 1998,757 ff.; hierzu kritisch V. M. Jänisch, GRUR 1998,438 ff. 146 Das BKartA hatte mit Beschluß vom 2.9.1994, BKartA WuW 1995, 160 ff., die zentrale Vermarktung untersagt, wogegen der DFB Beschwerde beim Kammergericht einlegte, die mit Beschluß vom 8.11.1995 als unbegründet zurückgewiesen wurde, vgl. KG, Beschluß vom 8.11.1995, SpuRt 1996, 199 ff.

II. Kartellrechtliche Hürden

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ßen. Insoweit würde den veranstaltenden Lizenzligavereinen das Recht genommen, derartige Verträge selbst auszuhandeln und abzuschließen. Damit wurde gleichzeitig der zum Ende der Saison 1997/98 auslaufende, den Vereinen jährlich an die 60 Mio. DM bringende l47 Europapokal-Vetrag des DFB mit den Rechteagenturen UfailSPR für rechtswidrig erklärt, womit - nach Wegfall der Transferentschädigungen - ein weiterer tragender Finanzierungspfeiler der Lizenzabteilungen der Klubs zu Fall gebracht und der auf dem Soli" daritätsprinzip aufbauende Geldkreislauf der Liga empfindlich berührt worden ist. a) Die zentrale Vermarktung der Europapokal-Heimspiele

Der BGH bestätigte mit dem Beschluß vom 11. Dezember 1997 die Untersagungsverfügung des BKartA gegen die seit der Saison 1989/90 gängige Praxis des DFB, auf der Grundlage des § 3 Nr. 2 und 6 LSt die Fernsehrechte für die Liveübertragungen von Heimspielen deutscher Europapokal-Teilnehmer zentral an TV-Sender zu vergeben. Das Bundeskartellamt stellte sich seinerzeit auf den Standpunkt, daß der Beschluß des DFB-Beirats vom 22.4.1989 und die auf diesen Beschluß beruhenden Regelungen des § 3 Nr.2 148 und 6 LSt l49 geeignet seien, die Verhältnisse auf dem deutschen Markt für Fernsehübertragungsrechte an Sportveranstaltungen durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen. In der Tat besteht kein Zweifel, daß die "gegen Entgelt gewährte Erlaubnis, ein Fußballspiel für das Fernsehen aufzunehmen und diese Bilder zu übertragen, ( ... ) eine gewerbliche Leistung i.S.d. § 1 I 1 GWB" ist. 150 Mit der BGH-

147 Nach dem Geldverteilungsschlüssel wurde nach Abzug einer lO%igen Gebühr an die UEFA der Rest etwa im Verhältnis 7:3 an die am Wettbewerb teilnehmenden und an die übrigen Lizenzligavereine verteilt, wobei die 18 Zweitliga-Klubs eine Pauschale von je 183.000,00 DM erhielten, zum Verteilungsmodus vgl. K. Stockmann, ZIP 1996, 411 (413); M. Stopper, Ligasport, S. 33. 148 "Das Recht, über Fernseh- und Rundfunkübertragungen von Bundesligaspielen und internationalen Wettbewerbsspielen mit Lizenzligamannschaften Verträge zu schließen, besitzt der DFB." 149 "Die Verhandlungen führt der Liga-Ausschuß, sofern der Wettbewerb ausschließlich Lizenzligavereinen vorbehalten ist, im übrigen der DFB-Vorstand, bei Spielen der Endrunde um den DFB-Vereinspokal unter Mitwirkung von Vertretern des LigaAusschusses. " 150 BGH NJW 1998,756 (757). Zum Begriff der gewerblichen Leistung vgl. näher U. Immenga, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 1 Rdn. 318 ff.; ferner BGH WuW/E 2627, 2634 - Sportübertragungen.

236

§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

Entscheidung wurde gleichfalls klargestellt, daß es sich bei den Lizenzvereinen um Unternehmen LS.d. § 1 GWB handelt, da diese, ungeachtet ihrer Rechtsform, unter Zugrundelegung einer funktionalen Betrachtungsweise in vielfältiger Weise am geschäftlichen Verkehr und damit am Wettbewerb teilnehmen. 151 Folgerichtig handelt es sich beim DFB auch um eine Vereinigung dieser Unternehmen LS.d. § 1 GWB,152 die durch ihre Organe Beschlüsse faßt und durchführt, die die wirtschaftliche Betätigung der Lizenzligavereine beeinflussen. 153 Der BGH bejahte auch zu Recht den wettbewerbsbeschränkenden Charater des Beiratsbeschlusses und der durch ihn geschaffenen Bestimmungen des § 3 Nr. 2 und 6 LSt. Eine Wettbewerbsbeschränkung liegt vor, wenn aktuelle oder potentielle Wettbewerber ihre Handlungsfreiheit hinsichtlich wenigstens eines Wettbewerbsparameters beschränken. Für den kartellierten Fernsehrechteverkauf ist dabei entscheidend, wer Veranstalter und damit originärer Inhaber der Übertragungsrechte iSt. 1S4 Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist Veranstalter, wer in organisatorischer und finanzieller Hinsicht für die Veranstaltung verantwortlich ist, wer deren Vorbereitung und Durchführung übernimmt und dabei das unternehmerische Risiko trägt. 155 Nach zu teilender Auffassung des BGH-Senats sind die einzelnen Vereine jedenfalls Mitveranstalter und damit auch Inhaber der Verwertungs- und Übertragungsrechte, in deren Händen die organisatorische Verantwortung für die Durchführung des Wettkampfes liegt. 156 Ihnen allein obliegt es, als Eigentümer oder Mieter der Stadien auf ihre Kosten dafür Sorge zu tragen, daß der Veranstaltungsort den verbandsrechtlichen und gesetzlichen Durchführungs- und Sicherheitsbestimmungen entspricht. Sie treffen eigenverantwortlich die Entscheidungen über die Preise der Eintrittskarten und über die Vermarktung der Werbeflächen im Stadion. Allein der Umstand, daß dem DFB im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Koordinierungsaufgaben zukommen, begründe noch nicht dessen Status als Mit151 KG, SpuRt 1996, 199 (200) unter Hinweis auf BGH WuW/E 2406, 2408 - Inter Mailand-Spiel; BGH NJW 1998,756 (757 f.). 152 BGH NJW 1998, 756 (757). Zum Begriff der Vereinigung vgl. näher U. Immenga, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), GWB, § 1 Rdn. 101 ff. 153 Vgl. BKartA WuW 1995, 160 (167). 154 BGH WuWIE 2627, 2634; BGH GRUR 1971, 46, 47; M. Stopper, Ligasport,

S. 79 ff.

155 Vgl. BGHZ 27, 265 f.; 39, 352 (354 ff.); BGH NJW 1970, 2060; KG WuW/E OLG 5565, 5573; zum Veranstalterbegriff vgl. auch ausführlich M. Stopper, Ligasport, S. 79 ff.

156 Vgl. BKartA WuW 1995, 160 (168); KG, SpuRt 1996, 199 (200); ferner M. Schimke, Sportrecht, S. 177; J. Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1420).

11. Kartellrechtliche Hürden

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veranstalter. 157 Hiergegen spricht eindeutig das allein auf den Schultern der Vereine lastende wirtschaftliche Risiko der einzelnen Spiele. Steht damit fest, daß die einzelnen Vereine jedenfalls Mitveranstalter sind, liegt durch den bisher praktizierten kartellierten Fernsehrechteverkauf im Fußball die Wettbewerbsbeschränkung auf der Hand. Dem einzelnen Verein als Veranstalter wird nämlich unfreiwillig das Recht abgeschnitten, die ihm originär zustehenden Rechte unter eigener Regie u.U. an den Meistbietenden zu veräußern, wodurch jeglicher Substitutionswettbewerb im Hinblick auf die Preise und Konditionen ausgeschlossen 158 und der Markt für Übertragungsrechte spürbar 159 beeinflußt wird. Der damit insgesamt vorliegende Verstoß gegen § 1 GWB ist auch nicht über die der amerikanischen "rule of reason"-Doktrin ähnelnden 160 Immanenztheorie zu rechtfertigen. Hiernach können wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen oder Beschlüsse der Anwendung des § 1 GWB dann entzogen sein, wenn sie aus einem Rechtsverhältnis notwendigerweise folgen. 161 Übertragen auf den kartellierten Fernsehrechteverkauf hätte das zur Voraussetzung, daß sich die zentrale Vermarktung der UEFA-Pokal-Fernsehrechte als eine immanent hinzunehmende Wettbewerbsbeschränkung darstellen müßte, ohne die die Durchführung der Fußballwettbewerbe nicht möglich bzw. der Bestand der deutschen Liga gefährdet wäre. Hiergegen spricht zum einen, daß bis zur Spielzeit 1989/90, als die Fernsehrechte - wie auch heute in den meisten europäischen Nachbarländern - individuell vermarktet wurden, keine Anzeichen ersichtlich waren, daß der Bestand der Liga und/oder die Teilnahme deutscher Klubs an dem europäischen Wettbewerb gefährdet waren. Zum anderen wird darauf hingewiesen, daß es realistische Alternativen zur kartellierten Ver157 BGH NJW 1998,756 (758), ferner KG, SpuRt 1996, 199 (200); K. Stockmann, ZIP 1996,411 (414); M. Schimke, Sportrecht, S. 177; S. Pariasca, Kartelle, S. 147; J. Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1420). Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH die Frage, ob der UEFA neben den Vereinen ein Mitveranstaltungsrecht an diesen Begegnungen zusteht, vgl. BGH NJW 1998, 756 (759). Praktisch dürfte diese offene Frage kaum Bedeutung erlangen, da die UEFA schon kurz nach der Entscheidung ihr mangelndes Interesse an einer Veranstalterpostion bekundete, vgl. FAZ v. 13.12.1997, S. 32. 158 BGH NJW 1998,756 (758); BKartA WuW 1995, 160 (168); KG, SpuRt 1996, 199 (200); ferner S. Pariasca, Kartelle, S. 147. 159 BGH NJW 1998,756 (758). Zum Grad der Beeinflussung i.S.e. Spürbarkeit vgl. näher U. Immenga, in: ImmengalMestmäcker (Hrsg.), GWB, § 1 Rdn. 336 ff. 160 Zur Anwendbarkeit der "rule of reason"-Doktrin im deutschen Kartellrecht vgl. U. Immenga, in: ImmengalMestmäcker (Hrsg.), GWB, § 1 Rdn.226; ferner Huber/ Baums, in: Glassen/v. Hahn u.a. (Hrsg.), FK zum GWB, § 1 Rdn. 32. 161 Vgl. hierzu ausführlich U. Immenga, in: ImmengalMestmäcker (Hrsg.), GWB, § 1 Rdn. 351 ff.

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§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

marktung gibt, um den wirtschaftlichen Bestand einer Liga garantieren zu können. Als eine solche wird die Errichtung eines etwa aus Livespielabgaben der Europapokal-Teilnehmer finanzierten Fonds vorgeschlagen, aus dem die übrigen Ligateilnehmer nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel bedient werden. 162 Will man aber auf dem System der zentralen Vermarktung der EuropapokalFernsehrechte beharren, käme als letzter Rettungsanker nur noch die FreisteIlung nach Art. 85 Abs. 3 EGV in Frage. 163 Wenig hilfreich ist demgegenüber die durch das sechste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in § 31 GWB n.F. geregelte, am 1.1.1999 in Kraft tretende Legalisierung der zentralen Vermarktung von Fernsehrechten durch Sportverbände, die stark an die amerikanische Regelung im "Sports Broadcasting Act" erinnert. 164 Dieser Ausnahme-Tatbestand kann allenfalls nur einen geschlossenen deutschen Markt abdecken. Im Zeitalter des europäischen "Fernsehens ohne Grenzen", in dem sowohl die Europapokal- als auch die BundesligaRechte von ausländischen Sendern erworben und in Deutschland sowie in anderen Ländern ausgestrahlt werden können, kann von einem geschlossenen deutschen Markt indes nicht mehr die Rede sein,165 womit das europäische Kartellrecht angesprochen wird. Verstößt die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte gegen § 1 GWB, liegt ein Verstoß gegen Art. 85 Abs. 1 EGV bei einem die europäischen Grenzen tangierenden Sachverhalt mehr als nahe. 166 Da aber dem deutschen Gesetzgeber im Hinblick auf das europäische Kartellrecht selbstverständlich keinerlei Regelungskopetenz zusteht, kann dem DFB nur eine durch die europäische Kommission ausgesprochene Freistellung der Zentralvermarktung nach Art. 85 Abs. 3 EGV vom europäischen Kartellverbot helfen. Zu klären wäre dabei zunächst die Anwendbarkeit der EG-rechtlichen Kartellnormen sowie deren vorrangige Geltung gegenüber dem nationalen Kartellrecht. 162 BKartA WuW 1995, 160 (173); KG, SpuRt 1996, 199 (203); ferner J.

Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1422).

163 Vgl. hierzu überzeugend J. Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1418 ff.); ablehnend P. W. Heermann, ZHR 1997,665 (677 ff.). 164 Siehe hierzu oben § 6 IV 2a. 165 So lag beispielsweise dem DFB bei der letzten Vergabe der Bundesliga-Rechte für den Pay-TV-Bereich ein Angebot eines ausländischen Senders (CLT/Luxemburg) vor. Zudem hat ein italienischer Sender die Rechte für die Ausstrahlung des UEFACup-Heimspiels des "FC Schalke" 04 gegen "Inter Mailand" vom deutschen Zentraleinkäufer UfaiISPR erworben, vgl. FAZ v. 5.2.1998, S. 39. 166 Vgl. auch V. M. Jänisch, GRUR 1998,438 (444).

II. Kartellrechtliche Hürden

239

Die in der Bundesrepublik als unmittelbar geltendes Recht zu beachtende zentrale Vorschrift des Art. 85 Abs. I EGV untersagt "alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken". Hierfür ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH bereits ausreichend, daß die betreffende Maßnahme aufgrund der gesamten Umstände geeignet ist, unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder der Möglichkeit nach den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. 167 Vor diesem Hintergrund ist die Tatbestandsmäßigkeit zu bejahen, wenn ein EG-ausländischer TV-Sender als potentieller Nachfrager vom Wettbewerb um die Verwertungsrechte auf dem nationalen Sektor aufgrund einer Beschlußfassung einer Unternehmensvereinigung, wie sie der DFB darstellt,168 ausgeschlossen wird. 169 Spätestens seit der sog. "Walt Wilhelm"-Entscheidung des EuGH ist auch die vorrangige Geltung des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem jeweiligen nationalen Kartellrecht geklärt. Danach sind nämlich "Normenkonflikte zwischen Gemeinschafts- und innerstaatlichem Kartellrecht ( ... ) nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts zu lösen".170 Ein Kartell kann daher durchaus Gegenstand zweier paralleler Verfahren sein, von denen das eine nach Art. 85 EGV vor den Gemeinschaftsbehörden, das andere nach staatlichem Recht vor den nationalen Behörden stattfindet. Ergibt sich sodann "im Verlauf eines innerstaatlichen Verfahrens, daß die Kommission möglicherweise ein das gleiche Kartell betreffendes, anhängiges Verfahren durch eine Entscheidung abschließen wird, mit der die Wirkungen einer Entscheidung der staatlichen Behörden nicht vereinbar wären, so haben diese Behörden die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen".l7l Im übrigen haben die nationalen Behörden den Wirkungen der Kommissionsentscheidung Rechnung zu tragen. In Das bedeutet, daß eine Freistellungsentscheidung nach Art. 85 Abs. 3 EGV durch

167 Vgl. EuGH, Slg. 1966, LTMIMBU, Rs. 56/65, 281 (303); Slg. II 1991, BBC, Rs. 70/89,535 (566 ff.); Slg. II 1991, Petrofina, Rs. 2/89, 1091 (1159). 168 Vgl. statt vieler M. Stopper, Ligasport, S. 96, 164. 169 Vgl. hierzu näher M. Schimke, in: ders. (Hrsg), Sport in der Europäischen Union, S. 178 f.; J. Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1418 ff.); M. Schimke, in: ders. (Hrsg.), Sport in der Europäischen Union, S. 31 ff. (38 f.). 170 Vgl. EuGH, Slg. 1969, Walt Wilhelm, Rs. 14/68, 1 (14). 171 Vgl. EuGH, Slg. 1969, Walt Wilhelm, Rs. 14/68, 1 (14). 172

Vgl. EuGH, Slg. 1969, Walt Wilhelm, Rs. 14/68, I (14).

240

§ 9 Die rechtliche Beurteilung amerikanischer Strukturen

ihre vorrangige Wirkung gar unmittelbar auf rechtskräftige Entscheidungen nationaler Instanzen durchschlagen würde dergestalt, daß die diesen zugrunde liegenden Verfahren zumindest wieder aufgegriffen werden müßten. Würde demnach die EG-Kartellbehörde aus wirtschaftspolitischen Gründen eine Freistellung nach Art. 85 Abs. 3 EGV erteilen,173 würde sie einer nationalen Untersagungsverfügung nach §§ 1, 37a GWB - und damit faktisch der Entscheidung des BGH vom 11. Dezember 1997 - weitgehend den Boden entziehen. 174

b) Die zentrale Vermarktung der Bundesliga-Fernsehrechte Die kartellrechtliche Zulässigkeit der zentralen Vermarktung der Fernsehrechte für die Bundesligaspie1e l75 beurteilt sich aus einem anderen Blickwinkel. Hier dient die zentrale Vergabe der Fernsehrechte nicht nur dem Schutz des Profifußballs, sondern gleichfalls dem des Amateurfußballs. Darüber hinaus soll durch eine von der Attraktivität der Begegnung unabhängige, zeitversetzte Übertragung der Spiele sowohl die gleichmäßige Zuschauerresonanz als auch eine ausgewogene Vermarktungs möglichkeit der Vereine im Hinblick auf die Trikot- und Stadionwerbung gesichert werden. Zu diesem Zweck dürfen anders als bei den UEFA-Cup-Heimspielen die Spiele von den Sendern grundsätzlich l76 nicht live, sondern nur als Zusammenfassungen - und zwar sämtlicher Spiele - übertragen werden. Unverschlüsselte Live-Übertragungen einzelner oder sämtlicher Spiele bürgen die Gefahr in sich, daß die Zuschauernachfrage in den Bundesliga- sowie in den Amateurstadien zurückginge,177 was zu nicht unerheblichen Einnahmeverlusten führen würde. Betroffen hiervon wären vor allem die Spiele der der 1. Bundesliga nachgeordneten Ligen, deren Zuschauernachfrage durch attraktive Live-Berichterstattungen der Elite-Liga beeinträchtigt würde. Läge zudem die Vermarktung individuell bei den einzelnen Vereinen, würden die einzelnen Ligamitglieder nur in unterschiedlich starkem Maße von den Erlösen profitieren. Die Nachfrage nach dem Sende-

173

Siehe hierzu überzeugend J. Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1423 ff.).

174 Zum Verhältnis der Freistellungsentscheidung zu nationalen Entscheidungen vgl.

Gleiss/Hirsch, EG-Kartellrecht, Einl C Rdn. 66 ff.

175 Vgl. hierzu ausführlich P. W. Heermann, ZHR 1997, 665 (675 f.); M. Stopper, Ligasport, S. 33; V. M. Jänisch, GRUR 1998,438 (441 ff.). 176 Als Ausnahme gelten die Rechte der Sender Sat. I und Premiere, die pro Saison fünf ausgewählte Spiele bzw. pro Spieltag zwei Spiele an verschiedenen Tagen live übertragen dürfen, siehe hierzu J. Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1418). 177 Zu den Wirkungen der Bundesliga-Liveberichterstattungen im Fernsehen vgl. ausführlich S. Pariasca, Kartelle, S. 151 ff. m.w.N.

1I. Kartellrechtliche Hürden

241

recht für eine Spitzenbegegnung oder einen Spitzenklub generell wäre ungleich höher gegenüber der für eine sportlich weniger brisante Begegnung oder einen sportlich kaum attraktiven Klub. Solche würden daher Gefahr laufen, von dem Markt zumindest dann verdrängt zu werden, wenn sie für ihr Angebot keinen nachfragerelevanten Gegner präsentieren können. Zudem würde das Prinzip der gleichen Vermarktungschance der Klubs erschüttert werden, denn Klubs mit stark frequentierter TV-Präsenz würden zwangsläufig höhere Sponsorenund Werbeeinnahmen erzielen können. Die Erlösdifferenzen zwischen den Ligamitgliedern würden noch stärker zutage treten mit der Folge, daß der gesamte Wettbewerb der Liga durch den wirtschaftlich bedingten Ausfall von Mitgliedern über kurz oder lang gefährdet wäre. Vor diesem Hintergrund erweist sich die kartellierte Vermarktung der Bundesliga-Fernsehrechte - anders als die der Europapokal-Heimspielrechte - als notwendige Wettbewerbsbeschränkung, um den Bestand und die Wirksamkeit des Ligawettbewerbs aufrechtzuerhalten. 178 Sie muß daher im Lichte der bereits angesprochenen Immanenztheorie als ein auf vertraglicher Absprache beruhendes kartellkonformes Instrument qualifiziert werden, dem gegenüber dem Wettbewerbsgebot ausnahmsweise höheres Gewicht zu verleihen ist. c) Fazit

Eine sich neu organisierende Profi-Liga könnte aus dem kartellrechtlichen Winkel betrachtet durchaus auf eine Fortführung der bislang praktizierten Vermarktung der Fernsehrechte als Mittel der effektiven Einnahmenumverteilung der Liga bauen, es sei denn, daß einzelne "tonangebende" Klubs wie etwa "Bayern München" oder "Borussia Dortmund" die finanziellen Vorteile einer individuellen Vermarktung allein für sich fruchtbar machen wollen. In diesem Fall böte sich als ernsthafte Alternative die bereits oben angesprochene 179 "Fonds-Lösung" an, im Rahmen derer sich die an dem Europapokal teilnehmenden Klubs zu einer verträglichen, prozentual gestaffelten TV-Abgabepflicht an die Liga verpflichten könnten. Nur durch eine sich hieran anschließende Verteilung der Abgaben an die übrigen Klubs könnte der Geldkreislauf und damit das wirtschaftliche Überleben der Liga und ihrer Mitglieder auf Dauer garantiert werden.

178

Vgl. hierzu die Ausführungen von J. Wertenbruch, Z1P 1996, 1417 (1422 f.).

179

Siehe oben § 8 II 3 sowie § 9 II 2a.

16 Trommcr

4. Teil

Schluß betrachtung Die Ära des der Aufrechterhaltung eines finanziellen und sportlichen Gleichgewichts innerhalb einer Liga dienenden, herkömmlichen Transfer- und Ablösesystems ist seit der "Bosman"-Entscheidung auf europäischer und der "Kienass"-Entscheidung auf nationaler Basis vorbei. Die verfassungs- bzw. EG-rechtlichen Bestimmungen verbieten nunmehr auch im Bereich des (Profi-) Sports jegliche Beschränkung der freien Wahl des Arbeitsplatzes bzw. der Arbeitnehmerfreizügigkeit, sofern die angestellten Profiportier arbeitsvertraglich nicht mehr an ihre Klubs gebunden sind. Entgegenlautende statutarische Verbandsregelungen sind unwirksam. Alle Überlegungen, diesen Ist-Zustand im Wege effektiver justitieller Abhilfe beseitigen oder durch Umgehungen resp. Mißbrauch unterlaufen zu wollen, erwiesen sich bis heute als untaugliche Mittel bzw. waren nur von kurzlebiger Dauer. Auch das frühzeitig als Transferersatz erkorene Modell der Langzeitoder Rentenverträge für begehrte Spieler ist, wie gezeigt, 1 mit zu vielen Risiken behaftet, als daß die Klubs auf einer solchen Basis langfristig verläßlich wirtschaften könnten. Keine zwei Jahre nach der Verkündung der "Bosman"-Entscheidung hat sich dann auch die Szenerie in der Statuten-Landschaft der nationalen und internationalen Verbände radikal gewandelt. Im Zuge der notwendigen statutarischen Änderungen können heute die Verbandssatzungen nur noch rudimentäre Überbleibsel des alten Transfersytems verzeichnen. Insoweit wurde den gerichtlichen Forderungen weitestgehend Rechnung getragen. Die großen Profiteure dieser revolutionären Entwicklung waren und sind freilich die Akteure. Konnten nämlich die Vereine bisher die für einen Spieler gezahlte Transferentschädigung als immaterielles Wirtschaftsgut auf der Aktivseite ihrer Bilanz verbuchen und damit Kreditsicherheiten bieten, fließt dieses Kapital nunmehr im Wege der Umverteilung in Form von üppigen Millionen-Gehältern direkt in die Taschen der nach Vertragaablauf nunmehr ablösefrei zur Verfügung stehenden Spieler. Insoweit vollzog sich eine Kostenumverteilung von den "Spieler"-Abschreibungen zu den Personalkosten, die angesichts der um das

1

Siehe oben § 3 In 5a.

Schlußbetrachtung

243

Siebenfache erhöhten Beitragsforderungen der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) für die meisten Klubs der Bundesliga über kurz oder lang wirtschaftlich kaum zu finanzieren sein dürften. Doch bislang ist der prophezeite finanzielle Kollaps der Klubs und damit der gesamten Bundesliga ausgeblieben. Vielmehr könnte man gar mit Blick auf die im Vorfeld der Saison 1997/98 veröffentlichten Zahlen mit Fug und Recht behaupten, daß sich der Fußballprofisport in Deutschland als flexibel genug erwiesen hat, um sich auf die neue Situation einzustellen. Danach konnten die Etats der 18 Klubs der 1. Bundeliga einen Zuwachs von über 20% zum Vorjahr und von über 80% zu den vergangenen Jahren verzeichnen, so daß in der Boom-Branche Bundesliga in der Saison 1997/98 ca. 630 Mio. DM umgesetzt wurden. 2 Allein die Branchenführer der Szene, "Bayern München" und "Borussia Dortmund" , rechneten in der Saison 1997/98 jeweils mit Gesamtumsätzen von bis zu 150 Mio. DM, wobei Vermarktung und Merchandising geade bei diesen Klubs zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ein Ende der Einnahmensteigerung ist nicht abzusehen. Das gilt um so mehr, als die Klubs auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom Dezember 1997 in Sachen zentraler Vermarktung die Femsehrechte nunmehr individuell vermarkten können, woaus sich der "Fe Bayern München" schon jetzt Einnahmen in einer Größenordnung von 550 bis 600 Mio. DM verspricht. 3 Diese Zahlen dürfen dennoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß die Gesamtverschuldung der Bundesliga auf über eine halbe Milliarde Mark angewachsen ist und daß von der sich abzeichnenden Entwicklung der fortschreitenden Individualvermarktung auf breitester Front nur wenige Klubs hinreichend profitieren dürften. Insoweit besteht die Gefahr, daß die Erlösunterschiede zwischen den Bundesligaklubs noch größer werden. Sollten in naher Zukunft die noch vor der "Bosman"-Entscheidung gezahlten, aktivierten Transfersummen gänzlich abgeschrieben sein, wird zudem das bereits vorhandene Kapitalgefälle zwischen den Klubs noch krasser zutage treten. Nur wenige Klubs dürften über andere Kapitalressourcen wie vereinseigene Stadien oder sonstige Immobilien verfügen. Eine ausreichende Kapitalausstattung ist aber unabdingbare Voraussetzung zur Erlangung von Krediten, die die Vereine zur Finanzierung des Spielbetriebs benötigen. Bleiben die Kredite aus, werden eine Reihe von Klubs mittelfristig erhebliche Liquiditäts- und Vermögensprobleme bekommen. Scheidet aber ein Klub aus dem Kollektiv "Liga" aus, würde mit Blick auf die gegenseitige sportliche und wirtschaftliche Abhängigkeit die wirtschaftliche Stabilität der anderen Ligateilnehmer tangiert werden. Soll daher die Existenz einer ganzen Liga nicht in Gefahr geraten, muß über Alternativen nachgedacht

16*

2

Vgl. FAZ v. 1.8.1997, S. 27.

3

Vgl. FAZ v. 18.7.1997, S. 29.

244

Schluß betrachtung

werden, die im Sinne einer sportlich und finanziell ausgewogenen Liga die von Haus aus bestehenden Unterschiede in der Finanzausstattung ausgleichen, Anreize zur Talentsuche bieten und dabei den sportlichen Unterbau einer ProfiLiga nicht aus den Augen verlieren. Auf der Suche nach adäquaten Alternativmodellen hat der Blick auf die nordamerikanischen Profi-Ligen ergeben, daß die dort praktizierten Mechanismen und Ligapraktiken durchweg diskutable Ansätze hinsichtlich einer Übertragbarkeit auf die bundesdeutschen Verhältnisse bieten. Zwar wäre eine gänzliche Adaption des amerikanischen Ligasystems unter Berücksichtigung des in Europa herrschenden grenzüberschreitenden Marktes einschließlich seiner zwingend zu beachtenden verfassungs-, EG- und kartellrechtlichen Nonnen schier unmöglich. Aus nationaler bundesdeutscher Sicht könnten jedoch Teilaspekte in die aktuelle, recht dynamisch geführte Diskussion über die Neustrukturierung der noch unter ideellen Aspekten geführten Vereine bzw. Verbände eingebettet und für sich fruchtbar gemacht werden. Hierzu zählt beispielsweise das System der auf breitester Front praktizierten, umfassenden Erlösverteilung unter den Mitgliederklubs, das zur Aufrechterhaltung eines finanziellen und sportlichen Gleichgewichts in den amerikanischen Profi-Ligen seit jeher erfolgreich betrieben wird. Durch die Gründung einer sich am amerikanischen Modell orientierenden, von den veralteten Verbandsstrukturen losgesagten, neu organisierten Profi-Liga könnten mit Blick auf die stets wachsende Wirtschaftskraft des professionellen (Fußball-)Sports neue Erlösressourcen erschlossen und gleichzeitig eine Anpassung des Profifußballs an die auf Kommerz und Profit ausgerichtete Realität erreicht werden. Nicht realisierbar wäre dabei eine Profi-Liga im Sinne einer "closed-circuit-Veranstaltung", die den sportlichen Auf- und Abstieg der Klubs ausschließen würde. Mit der Gründung einer selbständigen Profi-Liga könnte eine - zeitlich und wirtschaftlich vertretbare - flächendeckende Umwandlung der Profi-Vereine bzw. deren Lizenzspielerabteilungen in Kapitalgesellschaften mit den hierfür vorgesehenen Binnenstrukturen ins Auge gefaßt werden, die den Klubs neue Perspektiven bezüglich der notwendigen Kapitalbeschaffung und der optimalen Vermarktung böte. Der Trend zur Umstrukturierung ist jedenfalls gerade im Hinblick auf die Branchenführer der Fußballszene mehr als spürbar, so daß die kommenden Spielzeiten wohl zunehmend von Strategiediskussionen begleitet sein werden. Der Abschluß eines umfassenden Tarifvertrages mit einer professionell organisierten Spielergewerkschaft als zugleich gegengewichtige Marktmacht zur Liga hätte insbesondere im Hinblick auf die Spieler den Vorteil, daß ihr (Rechts-)Status im wesentlichen unter Vermeidung des verschachtelten Dreiecksverhältnisses Verband/Verein/Spieler einheitlich gestaltet werden könnte. Zur Begrenzung der für die Klubs kaum noch zu finanzierenden Personal-

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kosten könnten in diesem Rahmen budgetierte Gehaltsobergrenzen ("salary cap") vereinbart werden, wobei vereinzelte individuelle Gehaltsvereinbarungen nach deutschem Tarifrecht möglich wären. Hingegen scheitert der Versuch der Adaption der verschiedenen Varianten der freien Wechselmöglichkeit ("free agency") einschließlich des Systems der Rekrutierung von Nachwuchsspielem ("draft"). Sowohl Art. 12 Abs. 1 GG als auch Art. 48 EGV erweisen sich im Lichte der "Bosman"- und "Kienass"Rechtsprechung hierfür als rechtlich unüberwindbare Hürden, gleichgültig, ob man sie auf statuarischem Wege oder im Rahmen eines für die amerikanischen Ligen üblichen Tarifvertrages zu installieren versucht. Einzig und allein die Spielerfigur des "Unrestricted Free Agent" würde den rechtlichen Direktiven Rechnung tragen können. Verfassungs- und EG-rechtlich realisierbar wäre gleichfalls die tarifvertragliche Einführung des von der UEFA ins Auge gefaßten Ausbildungssystems für Jungprofis, wonach dem ausbildenden Klub bei vorzeitigem Wechsel des Nachwuchsspielers zumindest eine Ausbildungsentschädigung zustehen soll. Es besteht dennoch kein Zweifel, daß dieses Modell allein den durch die Urteile in Sachen "Bosman" und "Kienass" hervorgerufenen tiefen Einschnitt in das Finanzierungssystem des Profifußballs nicht zu kompensieren vermag.

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17 Trommel'

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Sachwortverzeichnis agreement 176 ff. agreement in restraint of trade 180 f. allocation rules 185 American Football Conference 102 Anschaffungskosten 41; 42; 96 antitrust law 153 ff. Arbeitgebervereinigung 209; 219 Arbeitnehmer 23; 37; 44; 58; 62; 78; 93; 110; 114;205;223;226 Arbeitsplatz 44; 45; 46; 135; 185; 188;204;206 Arbeitsplatzwechsel 37; 46; 206 arbitrator 198 assignability of contracts 111 attempt to monopolize 165 Ausbildungsentschädigung 53; 54; 74; 81; 83; 221; 231 Ausbildungskosten 226; 227; 230 Ausbildungsstätte 204 Ausbildungsverhältnis 221; 230; 231; 232;233 Ausbildungsvertrag 82 Ausländerklausel 55; 56; 75; 88 Auslandsparken 92 f. Aussperrung 123; 125; 126 Ausstiegsklausel 91; 92 bargaining representatives 118 baseball exemption 155 Beirat 31; 80; 94 Berufsausübung 45; 46 Berufsausübungsregelung 46 Berufsfreiheit 45; 47; 48; 50; 51; 89; 204;224;225;226 Berufswahlregelung 46; 204 Berufszulassungsvoraussetzung 49; 204;225 Beschränkungsverbot 62; 63; 76; 230 best interest clause 109 Betriebstreue 227;228;229 Board of Govemors 112

17*

bona fide arm's lenghts bargaining 197ff. Bundesliga-Femsehrechte 215; 240 f. Bundestag 31 Chicago School 164; 165 closed-circuit 212; 214 collective bargaining agreements 113 ff. college draft 127 ff. commerce clause 158; 159 Commissioner 108 ff. compensation limits 135 consumer welfare 164; 183 cross ownership ban 184 defined gross revenues 132 Deutscher Fußball-Bund 26 ff. draft choice compensation 129; 144; 146; 148 Diskriminierungsverbot 62; 63 "DonälMantero" 57; 61 draft picks 140; 145 draft rights 128; 129 draft system 130 ff.; 203; 206 Drittwirkung 45; 46; 60 ff.; 70; 204 Ein-Platz-Prinzip 28 Einzelvermarktung 216 Erlaubnisvertrag 36 Federal Trade Commission 158 Femsehrechte 24; 105; 154; 173; 174; 193; 215; 216; 231 ff. FIFA 32 first refusal exercise notice 145; 150 franchise 107 Franchise Player 146 free agency 135 ff.; 205; 208 - NBA 151 - NFL 143 ff. - NHL 149f.

260

Sachwortverzeichnis

free agent compensation 119 Freigabeerklärung 47; 53; 55; 65 Freizügigkeit 58; 60; 62 ff.; 79; 86; 93;207;230 Gebietsschutzklauseln 104; 168 Gehaltsobergrenzen 130 ff.; 221 geographie market 167; 171 grievance arbitration 110 horne territories 104 Immanenztheorie 237; 241 Inländerdiskriminierung 87 ff. interstate commerce 118; 155 "Kienass"-Entscheidung 24; 40; 50 ff. Koalition (Art. 9 Abs. 399) 219 f.; 226 Konkordanz 70; 224 labor exemption 188; 192 ff. Liga-Ausschuß 32; 34; 38; 41 Ligavertrag 102;215 Lizenzentzug 34; 98 Lizenzfußballspieler 32; 35 ff. Lizenzierungsausschuß 35 Lizenzierungsverfahren 35; 43; 98 Lizenzspielerabteilung 209 ff. Lizenzvereine 31; 32; 34; 37 ff.; 234; 236 Lizenzvertrag 34; 35 f.; 52; 231 mandatory subject of collective bargaining 197 Marktaufteilungskartell 183 minimum salary 133 minimum team salary 133 Mitveranstalter 236; 237 Monopolverbot 159; 166 ff. Musterarbeitsvertrag 38; 94 f. Nachwuchsförderung 70; 214 Nachwuchsspieler 97; 128; 203 f.; 214 National Football Conference 102 National Football League 101 ff. National Football League Management Council 110 National Labor Relations Act 113 ff. National Labor Relations Board 115; 200

Nebenzweckprivileg 210 NFL Constitution and Bylaws 102 no-strike-clause 123 no-tampering rule 190 no-trade ciause 111 nonstatutory exemption 192; 195 ff. offer sheet 144 optionciause 111; 112; 119; 138 ownership and franchise restrictions 103 "per se"-Verstoß 182; 183; 190; 191 piek 128 Plan B free agency 141 ff. player associations 117 ff. Pool-System 80 Populist School 164 f.; 182 product market 167 Privatautonomie 30; 48; 90; 224 qualifying offer 140; 142; 144; 145 "Reasonable Interchangeability of Use"-Lehre 167 RechtfertigungsgTÜnde 49; 66 ff. Rechtsformverfehlung 210 refusal to deal 189; 191 relocation 103; 109 reserve system 124; 136 ff. restraint of trade 180 f.; 183; 188 ff. Restricted Free Agent 143 ff.; 149; 205;208 right of frrst refusal 121; 137; 140 f. Robertson Settlement Agreement 124 rookies 127 ff. Rozelle Rule 120; 139 f.; 189 f. Rückzahlungsklausel 226 f. salary arbitration 110 salary cap 111; 120; 123; 130 ff. - NBA 134 - NFL 132 ff. - NHL 134f. signing bonuses 111; 144 single enterprise 177 single entity 177 ff.; 184 Spielergewerkschaft 117 ff.; 219 f. Spielerlaubnis 32; 38; 40; 42; 86; 96 Spiellizenz 38; 55

Sachwortverzeichnis Sports Broadcasting Act 174; 175; 184;238 statutory exemption 193 ff. standard player contract 110; 198 Streikfähigkeit 220 Streikrecht 220 Stufentheorie 49; 224 Subsidiaritätsprinzip 68 Tarifautonomie 222; 224 Tarifparteien 219 ff. Tarifverhandlungen 113 ff. Tarifvertrag 113 ff.; 218 ff. - NBA 123 ff. - NFL 120 ff. - NHL 126 f. television restrictions 173; 176; 184; 185 Transferentschädigung 30; 40 ff.; 83 ff.; 210 Transferliste 32; 39 f.; 53 Transferperioden 40; 48 Transition Player 147; 151

261

U.S. Department of Justice 161 Übertragungsrechte 132; 134; 157; 168; 169; 173; 175; 215; 216; 234; 235;236 UEFA 33 unfair labor practices 115; 200 union-employer agreement 195 union-management agreement 195 Unrestricted Free Agent 121; 135; 145 f.; 150 f.; 205; 206; 208; 230 Veranstalter 236 f. Verbandsautonomie 30 Verbandsgewalt 29 Vereinigung der Vertragsfußballspieler (vdv) 220 Vereinigungsfreiheit 68 ff. Veteran with less than three accrued seasons 148 "Walrave und Kock" 37; 61; 62; 229 Zentrale Vermarktung 157; 174; 183; 215; 216; 233 ff.