Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919: Ein systematischer Überblick [Reprint 2020 ed.]
 9783111649948, 9783111266480

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Erster Teil. Die geschichtliche Entwicklung der neuen Reichsverfassung
Zweiter Teil. Das Recht der Verfassungsurkunde
Schluss

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Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. Angost 1919 Ein systematischer Überblick von

Dr. Fritz Stier-Somlo ordentlicher Professor des öffentlichen Rechts und der Politik an der Universität Cöln

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Bonn 1919 A. Marcus & E. W e b e r s Verlag (Dr. j u r . Albert Ahn)

Nachdruck verboten. Alle Hechte, besonders das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.

Herrn Geheimem Regierungsrat

Professor Dr. jur. et phil. Christian Eckert

dem ersten Rektor der neuerstandenen Universität Cöln

in herzlicher Freundschaft

Inhaltsverzeichnis. '

Seit«

Vorwort

VII

Erster Teil. Die geschichtliche Entwicklung der nenen ReichsYCrfassnng. I. A b s c h n i t t . Die Zeit v o m Herbst 1918 bis zur E i n b e r u f u n g der Nationalversammlung II. A b s c h n i t t . Der Z u s a m m e n t r i t t der v e r f a s s u n g g e b e n d e n Nationalversammlung Das Gesetz über die vorläufige Reichsg-ewalt vom 10. Febr. 1919 III. A b s c h n i t t . Die a m t l i c h e n R e i c h s v e r f a s s u n g s e n t w ü r f e und der G a n g der B e r a t u n g e n IV. A b s c h n i t t . D a s Ü b e r g a n g s e e s e t z v o m 4. Marz 1919. L e g a l i s i e r u n g d e s vor- und nachrevolution&ren R e c h t s V. A b s c h n i t t . Die g e s e t z g e b e r i s c h e Arbeit a n der R e i c h s v e r f a s s u n g .

1 IS 18

27

50 69

Zweiter Teil. Das Recht der Verfassnngsnrknnde. I. A b s c h n i t t . Die R e c h t s q u e l l e n des V e r f a s s u n g s r e c h t s und die Verfassungsurkunde II. A b s c h n i t t . Die r e c h t l i c h e Natur deg D e u t s c h e n R e i c h s III. A b s c h n i t t . Unitarismus, F o e d e r a l i s m u s , Partikularismus. Zentralis a t i o n und D e z e n t r a l i s a t i o n IV. A b s c h n i t t . DaB g e l t e n d e V e r f a s s u n g s r e c h t über d a s V e r h ä l t n i s des R e i c h s zu den Ländern V. A b s c h n i t t . Die n a t ü r l i c h e n Grundlagen des R e i c h s Staatsangehörige)

(Gebiet

und

72 76

84

90

103

-

VI

-

Erstes Hauptstöck. Das Gebiet

103 Zweites Hauptstück.

Die Reichsangehörigen Erste Abteilung. Die Rechte der Reichsangehörigen Zweite Abteilung. Die Pflichten der Reichsangehörigen VI. A b s c h n i t t Die Organisation des Reichs Erstes Hauptstück. Grundsätzliches Zweites Hauptstück. Der Reichspräsident Drittes Hauptstück. Die Reichsregierung Viertes Hauptstück Der Reichstag Fünftes Hauptstück. Der Reichsrat VII. A b s c h n i t t . Die Staatsfunktionen Erstes Hauptstück. Die Gesetzgebung Zweites Hauptstück. Die Rechtsprechung Erste Abteilving. Die Gerichte Zweite Abteilung. Die Richter Drittes Hauptstück. Die Verwaltung Schluss

107 107 129 129 129 130 139 143 150 162 152 156 166 157 158 159

Vorwort. Auch der Weltkrieg und die deutsche Revolution von 1918 werden Geschichte werden. Sie liegen hinter uns. Deutschlands Zukunft liegt vor uns. Ihr zu dienen hat auch die Reichsverfassung die hohe Sendung. Sie gibt nicht nur das Gerüst für den Bau des Hauses, das sich das deutsche Volk neu errichtet, sondern auch die rechtlich geheiligten Formen seiner Grundeinrichtungen, die feste Stütze staatlicher Ordnung und Wirkungsmöglichkeit, die wohlerwogene Verteilung der unentbehrlichen Machtbefugnisse zur Leitung des Staates, die Abgrenzung der Lebenskreise von Einzelperson und Gemeinschaft. Sie prägt die grossen Grundsätze, die die Beziehungen beider beherrschen sollen, gewährt damit gleichzeitig Spiegelbilder des demokratisch-sozialen, nunmehr in Deutschland waltenden politischen Geistes. Die Aufgabe der vorliegenden Schrift ist, den Inhalt der Reichsverfassung, in ein wissenschaftliches System des Staatsrechts eingegliedert, in grossen Zügen vorzuführen. Es sollen hier nicht die politischen Strömungen verfolgt werden, die die Grundeinstellung beherrscht und zur Fassung der Bestimmungen geführt haben. Dieser interessante Vorwurf scheidet hier ebenso aus, wie die Absicht, jede einzelne Vorschrift auf ihren praktischen Wert zu prüfen, ihre Tragweite bis ins Einzelne zu bestimmen. Die vorangeschickte Darstellung der geschichtlichen Entwicklung der Reichsverfassung will das Verständnis für das geltende Recht durch die Einsicht in den Werdegang des Zustandegekommenen erschliessen und fördern. Ein Teil des hierbei erörterten Verfassungsrechts bleibt auch nach Verkündung der Reichsverfassung von unmittelbar praktischer Bedeutung. Die Gesetzgebungsarbeiten sind, ohne dass sie überall angemerkt wären, verwertet, wissenschaftlich beachtliches Schrifttum ist berücksichtigt und bearbeitet, juristische Konstruktion der neuen Einrichtungen in bescheidenem Masse versucht worden. Diese Schrift ist eine Vorarbeit zu grösseren über Deutschlands neue Verfassung, vorläufig — ein Überblick. C ö l n , den 2. September 1919. Fritz Stier-Somlo.

Erster Teil. Die geschichtliche Entwicklung der neuen Reichsverfassung.

I. Abschnitt.

Die Zeit vom Herbst 1918 bis zur Einberufung der Nationalversammlung. 1. Mit dem an den damaligen Reichskanzler Grafen von Hertling gerichteten kaiserlichen Erlass vom30.September 1918, der einer Botschaft an das deutsche Volk und den Reichstag gleichkam, begann die grundlegende Änderung der bisherigen .Reichsverfassung. Der Kaiser erklärt: „Ich wünsche, dass das deutsche Volk wirksamer als bisher an der Bestimmung der Geschicke des Vaterlandes mitarbeite. Es ist daher mein Wille, dass Männer, die vom Vertrauen des Volkes getragen sind, im weiten Umfang teilnehmen au den Rechten und Pflichten der Regierung. Ich bitte Sie, Ihr Werk damit abzuschliessen, dass Sie die Geschäfte weiterführen und die von mir gewollten Massnahmen in die Wege leiten, bis ich den Nachfolger f ü r Sie gefunden habe. Ihren Vorschlägen hierfür sehe ich entgegen." Die vieldeutige Forderung der „Demokratie" fand hier staatsrechtlichen Widerhall. Ein Systemwechsel in der Richtung der parlamentarischen Regierungsweise! Welche in der Kriegslage, in der Stimmung des deutschen Volkes, in seinem politischen Reifegrade, in der Lage der Parteien und Klasseu liegenden Gründe dazu geführt haben, scheidet aus dieser, die staatsrechtliche Entwicklung zeigenden Darstellung aus und muss rein geschichtlichen und politischen Erörterungen vorbehalten werden. Aber der Geist politischer Umwandlung weht fühlbar in der Programmrede, die der neue Reichskanzler Prinz Max von Baden am 5. Oktober 1918 gehalten hat. Er spricht von „grundlegender Umgestaltung der politischen StenBer. = Stenographische Berichte der Sitzungen Deutschen verfassunggebenden Nationalversammlung 1919. Stier Somlo, Reichsrerfasstwg 1

der

2 Erster Teil. Die geschichtl. Entwicklung S .210, ist auch dafür, dass die „Freistaaten' ihren Wirkungskreis behalten und ihn möglichst frei auf ihre Weise ausfüllen. Aber dazu sei nicht nötig, dass das zu formalen Rechten und Sonderrechten dieser Staaten gestaltet sei, noch dass ihren Regierunge« rechtliche Macht gegeben werde über die Ausübung der Reichsgewalt. Auch er scheint es zu bemängeln, dass die Zustimmung de» Staatenausschusses wie ehemals rechtliche Bedeutung hat für die Gesetzes vorlagen, die die Regierung dem Reichstage machen will, für das Zustandekommen von Reichsgesetzen, für Kriegserklärung und Friedensschluss, für Verträge mit fremden Staaten. Immerhin sieht, wie A p e l t , Das Werden der neuen Rcichsverfassung, DJZ 1918, Sp. 205, richtig herausgefühlt hat, das Oesetz über die vorläufige Reichsgewalt das Deutsche Reich nicht etwa als durch die Ereignisse der Revolution in seine Teile zerfallen an, die durch Verträge neu verbunden werden müssten, sondern es geht von ihm als von einer bestehenden staatsrechtlichen Einheit aus und will nur die Brücken schlagen, die in die alte Organisation gerissen worden sind. 2) StenBer. S. 36 C, D.

II. Abschnitt

Das Gesetz über die vorläufige Ueichsgcwalt.

2&

A r b e i t e r - u n d S o l d a t e n r a t e ü b e r t r a g e n e G e w a l t in die Hände der deutschen Nationalversammlung; z w e i t e n s , dass er die E i n g l i e d e r u n g d e r A r b e i t e r u n d S o l d a t e n r ä t e in d i e k ü n f t i g e R e i c h s v e r f a s s u n g zur Stärkung der Arbeitervertretung und ihrer Produktionsinteressen sowie zur volkstümlichen Gestaltung des Wehrwesens verlangt; d r i t t e n s , dass er die schädliche Wiedererstarkung einzelstaatlicher Hobeitsrechte, die über die Geltendmachung landsmannschaftlicher Selbstverwaltungs- und Kulturinteressen hinausgehn, auf das entschiedenste bekämpft. Am selben Tage wurde der Volksbeauftragte E b e r t von der Nationalversammlung mit 277 der abgegebenen 328 gültigen Stimmen zum R e i c h s p r ä s i d e n t e n gewählt. Er legte sein Abgeordneteumandat für die Nationalversammlung nieder und berief auf Grund des § 8 des Gesetzes über die vorläufige Reichsgewalt ein R e i c h s m i n i a t e r i u m , zu dessen Präsidenten Scheidemann. Da auch der Abg. Dr. David zum Reichsminister (ohne Portefeuille) berufen wurde, legte er am 13. Februar das Amt des Präsidenten der Nationalversammlung nieder. An seine Stelle wurde am 14. Februar der Abg. F e h r e n b a c h zum Präsidenten, der Abg. S c h u l z (Ostpreussen) zum Vizepräsidenten gewählt. Am 21. Februar wurde in allen drei Beratungen das Gesetz über G e w ä h r u n g e i n e r E n t s c h ä d i g u n g an die M i t g l i e d e r der v e r f a s s u n g g e b e n d e n N a t i o n a l V e r s a m m l u n g angenommen, das dann, vom 22. Februar 1919 datiert, verkündet wurde 1 ). 1) RGBl. S. 241. Es bestimmt folgendes: Die Mitglieder der Nationalversammlung erhalten für die Dauer der Versammlung sowie 8 T a g e nach deren Schluss freie Fahrt auf den deutschen Eisenbahnen sowie vom 1. Februar 1919 ab eine monatliche Aufwandsentschädigung von monatlich 1000 M., die an jedem Mon'atsersten im Voraus zu zahlen ist. Tritt die Nationalversammlung länger als eine Woche zu einer Vollsitzung nicht zusammen, während einer ihrer Ausschüsse tagt, erhalten desseu Mitglieder ausser der Aufwandsentschädigung ein Tagegeld von 20 M. f ü r jeden T a g der durch das Sitzlingsprotokoll des Ausschusses nachgewiesenen Anwesenheit (§§ 1, 2). Für jeden Tag, an dem ein Mitglied der Nationalversammlung der Vollsitzung ferngeblieben ict, wird von der Entschädigung ein Betrag von 30 M. abgezogen. Dieser Abzug findet aber nicht statt, wenn der Abgeordnete am gleichen T a g e einer Ausschussitzung als Mitglied (also nicht als Gast oder Zuhörer) angewohnt hat, oder wenn das Fernbleiben durch Krankheit oder durch Geschäfte im Interesse der Nationalversammlung veranlasst ist. Die Entscheidung darüber, ob diese Voraussetzungen vorliegen, steht dem Präsidenten der Nationalversammlung zu, der auch die Bestimmung über den Nachweis der Anwesenheit trifft ( § 3 , § & Satz 1). Wenn eine „Beurlaubung' durch den Präsidenten erfolgt,

26 Erster Teil. Die geschichtl. Entwicklung d. neuen ReiehsverfassungAm 21. Februar 1919 wurde endlich der verfassunggebenden Nationalversammlung der E n t w u r f e i n e r V e r f a s s u n g d e s D e u t s c h e n R e i c h e s zur Bescblussfassung vorg e l e g t 1 ) . Vor dem Bericht über seine ä u s s e r e n Schicksale ist auf den sog. v o r l ä u f i g e n E n t w u r f d e r k ü n f t i g e n R e i c h s v e r f a s s u n g , dessen schon kurz Erwähnung geschah, einzugehn 2 ). Der materielle Inhalt des e n d g ü l t i g e n amtlichen Entwurfs ergibt sich aus dem Zusammenhang mit der Darstellung der nunmehr geltenden Rcichsverfassung. so ist daher stets eine begründete Abwesenheit anzunehmen. Natürlich ist, wenn ein Mitglied der Nationalversammlung nachträglich eintritt oder vorzeitig ausscheidet, die Entschädigung nach der Dauer seiner Zugehörigkeit zur Nationalversammlung zu bemessen. Der Präsident setzt die Entschädigung für jedes Mitglied der Nationalversammlung fest und weist sie an (8 4, § 5 Satz 2). Die sogenannten Doppelmandatare betrifft die Vorschrift, dass einMitglied der Nationalversammlung in seiner Eigenschaft als Mitglied einer anderen Körperschaft, wenn beide Körperschaften gleichzeitig versammelt sind, nur für diejenigen Tage Vergütung beziehen darf, f ü r welche ihm auf Grund des Gesetzes vom 22. Februar 1919 ein Abzug von der Entschädigung gemacht ist, oder eine Entschädigung nicht gewährt wird wegen nachträglichem Eintreten oder vorzeitigem Ausscheiden. Auch darf der Abgeordnete in seiner Eigenschaft als Mitglied einer anderen politischen Körperschaft während der Dauer der freien Fahrt auf den Eisenbahnen keine Eisenbahnfuhrkosten annehmen (§ 6 Abs. 1). Unter politischer Körperschaft wird hier nur ein anderes Parlament zu verstehen sein, nicht etwa irgend eine Räteorganisation. Die Nationalversammlung gilt im Sinne dieser Bestimmung nicht als versammelt, wenn sie länger als eine Woche zu keiner Vollsitzung zusammentritt (Abs. 2 daselbst). Um nicht nach den Vermögens- oder Einkommensverhältnissen verschiedene Gruppen von Abgeordneten zu schaffen, ist vorgesehen, dass ein Verzicht auf die Aufwandsentschädigung nicht zulässig ist. Übrigens ist letztere auch nicht übertragbar (§ 7). Stirbt ein Mitglied der Nationalversammlung ..unter Hinterlassung eines Ehegatten, so kann die Zahlung an diesen erfolgen, ohne dass dessen Erbrecht nachgewiesen zu werden braucht. Das gilt also auch beim Tode eines weiblichen Abgeordneten. Das Gesetz trat am 22. Februar in Kraft. 1) Drucksache Nr. 59. 2) Vgl. oben S. 17. Als zeitlich erster legte ich am 22. Dez. 1918 der Öffentlichkeit einen vollständigen Entwurf einer Reichsverfassung vor in der Schrift „Verfassungsurkunde der Vereinigten Staaten von Deutschland (Demokratische Reichsrepublik)" Tübingen, 1919, J. C. B. Mohr (Dr. Paul Siebeck), Vgl. darüber Richard H e t z , Deutsche Rundschau (Berlin) Mai 1919 S. 319 ff. Die in meiner Schrift festgehaltene Grundauffassung eines Bundesstaates mit Berücksichtigung eines ausreichenden Föderalismus habe ich ausgebaut in den Abhandlungen „Die neue Reichsverfassung. Grundsätze und Umrisse" in der Kölnischen Zeitung vom 8., 9. und 10. Januar 1919, Nrn. 18, 23, 24. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem ersten Entwurf des Staatssekretärs Dr. Preuss findet sich von mir in der Aufsatzreihe „Die künftige Verfassung des deutschen Reichs" in der Kölnischen Zeitung vom 8., 9. und 10. Februar 1919, Nrn. 92,

III. Abschnitt Die amtl.Reicbsverfass.-Entwürfe u. d . G a n g d. Berat. 27 III. A b s c h n i t t .

Die amtlichen Reicheverfassungsentwürfe und der Gang der Beratungen. 1. Der Staatssekretär Dr. Preuss hatte eineu vorläufigen E n t w u r f , der übrigens nur einen allgemeinen T e i l enthielt, verfasst und mit einer D e n k s c h r i f t im R e i c h s a n z e i g e r vom 2 0 . Januar 1 9 1 9 veröffentlicht 1 ). D e r Entwurf zerfiel in vier Abschnitte, von denen der e r s t e „ D a s R e i c h und die deutschen Freistaaten" behandelte. Er ist nur im Z u s a m m e n h a n g e mit den leitenden G e d a n k e n j e n e r D e n k s c h r i f t verständlich. Sie kennzeichnet die bisherige R e i c h s Verfassung als den V e r s u c h Bismarcks, die Formen des Föderalismus zu benutzen, um in ihnen die preussische H e g e m o n i e f e s t zu verankern, der die Verbindung des deutschen Kaisertums und der preussischcn Krone nur den äusseren Glanz und das feierliche Gepränge g e g e b e n , während ihr die wirkliche Macht und Kraft die Das künstliche Konstruktion des Bundesrats gesichort habe. 96, 98. Einiges davon ist hier weiter uute.n w i e d e r g e g e b e n . Es sind d a n n noch erschienen: Kurt L ö w e n s t e i n u n d Fritz S t e r n , Entwurf einer deutschen V e r f a s s u n g (Königsberg i. Pr., T e l e m a n n ) 24 S . ; A. R o t h , Entwurf einer V e r f a s s u n g des Deutschen Reichs (Mannheim 1919, J. Bensheiiner, 31 S.); Die deutsche Nation, E i n e Zeitschrift f ü r Politik, S o n d e r h e f t : E n t w u r f f ü r die V e r f a s s u n g des n e u e n deutschen Reichs, Ende D e z e m b e r 1918, 31 S . ; Entwurf einer V e r f a s s u n g des Deutschen Reichs, h e r a u s g e g e b e n vom Verfassungsausschuss des Vereins Recht u n d Wirtschaft e. V. in Berlin (Verlag v o n Reimar H o b b i n g in Berlin), 39 S. Die hierzu fehlende Beg r ü n d u n g hat teilweise nachgeliefert der Mitbeavbeiter j e n e s E n t w u r f s Erich K a u f m a n n in der Schrift: G r u n d f r a g e n der k ü n f t i g e n R e i c h s v e r f a s s u n g (Berlin 1919, Vossische B u c h h a n d l u n g ) 52 S. sowie im März-Heft 1919 der Zeitschrift: Recht u n d Wirtschaft. Zu b e a c h t e n s i n d f e r n e r noch W e c k , Die n e u e Reichs Verfassung. Ein Vorschlag. 1919; B i n d i n g , Die staatsrechtliche V e r w a n d l u n g des deutschen Reichs (Leipzig, 1919, Emanuel Reinicke) 50 S.; T h o m a , D e u t s c h e Verfassungsproblerne, Annalen f. soz. Politik usw. Bd. 6 S. 409 ff.; J l e i n e c k e , B e m e r k u n g e n zum Entw. der Reichsverf., F e b r u a r h e f t e der „Deutschen Politik*; H ü b n e r , W a s verlangt Deutschlands Zuk u n f t von der n e u e n Reichsverfassung, 1919; Kleinere Aufsätze v o n G e r l a u d, Preuss. Verw -Bl. Bd. 40 S. 321; v. M i l t n e r , Leipz. Zeitachr. f. d. Recht, 1919, Sp. 169. Bezüglich der Kritik des v o r l ä u f i g e n E n t w u r f s der Reichsverfassung von Dr. P r e u s s s. u n t e n S. 39 ff. 1) H e r a u s g e g e b e n im A u f t r a g e des Rcichsamts des I n n e r n , Verlag von Reimar Hobbing in Berlin. Eine a n d e r e A u s g a b e erschien als Teil des Deutschen Geschichtskalenders im Verlage Felix Meiner-Leipzig u n t e r dem Titel: Der Entwurf der deutschon Reichsv e r f a s s u n g ( J a n u a r 1919).

28 ErsterTeil. Die geschieht]. Entwicklung d. neuen Reichs Verfassung.

Reich wurde gegründet auf den Bund der Dynastien und Regierungen mit der unvermeidlichen Zutat des demokratisch gestalteten Reichstages. Demgegenüber müsse die neue deutsche Republik unzweifelhaft als ein im wesentlichen einheitlicher Volksstaat auf das freie Selbstbestimmungsrecht der deutschen Nation in ihrer Gesamtheit gegründet werden. Anstelle der Untertänigkeit unter eine Dynastie trete das nationale Selbstbewusstsein eines sich selbst organisierenden Staatsvolkes. Die deutsche Republik — und darin wird sie durch den dem Charakter der Revolution entsprechenden Gedanken fortschreitender Sozialisierung bestärkt — könne nur die demokratische Selbstorganisation des deutschen Volkes als einer politischen Gesamtheit sein. Das neue Reich könne selbstverständlich kein Bund der Fürsten und einzelstaatlichen Regierungen sein, aber es k ö n n e e b e n s o w e n i g a u s e i n e m B u n d e d e r b i s h e r i g e n E i n z e l s t a a t e n in i h r e r n e u e n G e s t a l t a l s F r e i s t a a t e n h e r v o r g e h e n . Das Entscheidende sei nicht das Dasein dieser Einzel Staaten, sondern des deutschen Volkes selbst als einer geschichtlich gegebenen politischen Einheit. Es gebe so wenig eine preussische oder bayrische wie eine lippische oder reussische Nation, sondern nur eine d e u t s c h e , die sich in der deutschen demokratischen Republik ihre politische Lebensform gestalten soll. Wenn sich die bisherigen 25 Einzelstaaten in ihrer Verfassung und in ihrem territorialen Bestände ohne Rücksicht auf die künftige Reichsgestaltung jetzt nach der Revolution wieder konsolidieren, so sei die Möglichkeit freier Bahn für die politische Selbstorganisation des ganzen deutschen Volkes nach den inneren Lebensnotwendigkeiten des modernen Nationalstaates wieder beseitigt. Es würde eine geschichtlich verhängnisvolle, tragische Verschuldung des deutschen Volkes bedeuten, wenn es die glückliche Beseitigung seiner 22 Dynastien nicht besser für die neue Gestaltung seines politischen Schicksals zu verwerten wüsste als durch Schaffung eines Bundes von 25 Freistaaten. Es könne dem neuen deutschen Volksstaate zwar nichts ferner liegen, als sich dem Zuge des deutschen Volksgeistes zu widersetzen, der eine Abneigung gegen unbeschränkte Zentralisierung allen öffentlichen Lebens und gegen eine mechanische Leitung aller Verwaltung von einem einzigen Mittelpunkte aus besitzt. Aber das Eigenleben vornehmlich auf kulturellem Gebiet und in den Formen einer frei entwickelten Selbstverwaltung stehe nicht im Widerspruch mit der notwendigen und unentbehrlichen Staatseinheit in allen fttr das Gemeinleben des gesamten deutschen Volkes entscheidenden politischen und wirtschaftlichen Dingen. Wohl aber stehe

III. Abschnitt. Die amtl. Reichsverfass.-Entwürfe u. d. Gang d.Berat. 29 damit in kaum überwindlichem Gegensatze die überkommene Gestaltung der bisherigen Einzelstaaten, in deren Abgrenzung die natürlichen Zusammenhänge der Landschaften und Stämme mit ihrer kulturellen Eigenart keineswegs auch nur annähernd tum Ausdrucke gelangten. Die Denkschrift entwickelt hierbei den Gedanken, dass die Einzelstaaten vielmehr samt und sonders l e d i g l i c h Zufallsbildungen rein dynastischer Hauspolitik seien, die fast überall die natürlichen Zusammenhäng« der Landschaften und Stämme willkürlich durchschneiden, Zusammengehöriges trennen und Unzusammengehöriges verbinden. Nur die Republik habe die Möglichkeit, aber auch die Pflicht, Zusammengehöriges wieder zu vereinen; das gelte auch f ü r die innere Gliederung der deutschen Landschaften und Stämme zu autonomem Eigenleben innerhalb des einheitlichen Reichsstaates. Als Kernproblem der künftigen inneren Gestaltung Deutschlands ist die Frage nach dem Fortbestande eines preussischen Einheitsstaates innerhalb der künftigen deutschen Republik bezeichnet und diese Frage wird nach eingehender geschichtsphilosophischer Betrachtung verneint, die Umgestaltung der territorialen Gliederung des Reichs auf Grund freier Selbstbestimmung der Bevölkerungen nach ihren wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnissen und Neigungen verlangt, unter Leitung, Vermittlung und Sanktionierung des Reichs. Diesen hier nur in knappster Form wiedergegebenen Gedanken entsprechen die im ersten Entwurf vorgesehenen Bestimmungen, von denen bier nur die wichtigsten hervorgehoben werden können. A l l e S t a a t s g e w a l t l i e g t b e i m d e u t s e b e n V o l k e (§ 2 Abs. 1). Das Deutsche Reich soll bestehen aus seinen bisherigen Gliedstaaten sowie aus den Gebieten, deren Bevölkerung kraft des Selbstbestimmungsrechts Aufnahme in das Reich begehrt und durch ein Reicbsgesetz aufgenommen wird (§ 1). Die Staatsgewalt wird in Reichsangelegenbeiten durch die auf Grund der Reichsyerfassung bestehenden Organe ausgeübt, in Landesangelegenheiten durch die deutsche Freistaaten nach Massgabe ihrer Landesverfassungen (§ 2 Abs. 2). Dem deutschen Volk« steht es frei, o h n e R ü c k s i c h t a u f d i e b i s h e r i g e n L a n d e s g r e n z e n , neue deutsche Freistaaten innerhalb des Reichs zu errichten, s o w e i t d i e S t a m m e s a r t d e r B e v ö l k e r u n g , d i e w i r t s c h a f t l i c h e n V e r h ä l t n i s s e und geschichtlichen Beziehungen die Bildung solcher Staaten nahelegen. Neu errichtete Freistaaten sollen mindestens zwei Millionen Einwohner umfaisen. Die Vereinigung mehrerer Gliedstaaten zu einem neuen Freistaat geschieht durch Staats•ertrag zwischen ihnen, der der Zustimmung der Volksver-

30 ErsterTeil. Die geschichtl. Entwicklung d. neuen Reiehsverfasung\.

tretungen und der Reichsregierung bedarf. Will sich die Bevölkerung eines Landesteils aus dem bisherigen Staatsverbande loslösen, um sich mit einem oder mehreren anderen deutschen Freistaaten zu vereinigen oder einen selbständigen Freistaat innerhalb des Reichs zu bilden, so bedarf es hierzu einer Volksabstimmung. Sie wird auf Antrag der zuständigen Landesregierung oder der Vertretung eines oder mehrerer Selbstverwaltungskörper, die mindestens ein Viertel der unmittelbar beteiligten Bevölkerung umfassen, von der Reichsregierung angeordnet und von den zuständigen Landesbehörden durchgeführt. Entstehen bei der Zerlegung oder Vereinigung deutscher Freistaaten Streitigkeiten über die Vermögensauseinandersetzung, so entscheidet hierüber auf Antrag einer Partei der Staatsgerichtshof für das deutsche Reich (§ 11). Die Abgrenzung zwischen Reich und Freistaaten war in der Denkschrift nach der Idee geplant, dass für die Funktionen höchstpotenzierter Selbstverwaltung die kleinsten der bisherigen Einzelstaaten viel zu klein, der Grossstaat Preussen aber viel zu gross und in sich selbst zu verschiedenartig ist. Alle der nationalen Gemeinschaft als solcher natürlich zufallenden staatlichen Funktionen müsse die Verfassung der Republik im Reiche schärfer, ausschliesslicher und klarer, als die bisherige Reichsverfassung, konzentrieren. Dagegen finde die Autonomie und Selbstverwaltung der engeren Verbände, aufsteigend von den Gemeinden, ihre Krönung und vollste Entfaltung in den Freistaaten, die eben deshalb nach der Natur ihrer Bevölkerung und nach ihrer wirtschaftlichen Struktur innerlich einheitliche Gebilde sein müssen. Deshalb müssen Reichsangelegenheiten, die ausschliesslich der Gesetzgebung und Verwaltung des Reichs unterliegen, sein: Die Beziehungen zum Ausland, die Verteidigung des Reichs zu Lande, zu Wasser und in der Luft, die Zölle, der Handel einschliesslich des Bank- und Börsenwesens, sowie des Münz-, Mass- und Gewichtswesens, des öffentlichen Verkehrswesens und zwar die Eisenbahnen, soweit sie bisher Staatsbahnen waren — „der schwere Fehler, der einst durch die Ablehnung des Reichseisenbahnwesens begangen wurde, inuss endlich wieder gut gemacht werden"; — die Binnenschiffahrt auf den mehreren deutschen Freistaaten gemeinsamen Wasserstrassen ; die Post- und* Telegraphie — „für das bayerische und württembergische Postreservat ist kein Platz mehr" — und der Verkehr mit Kraftfahrzeugen zu Lande und in der Luft (§ 3). In die gesetzgeberische Zuständigkeit des Reichs werden dann, was dem bisherigen Rechte entspricht, verwiesen:

III. Abschnitt. Dio amtl. Reichsverfass.-Entwürfe u. d. Gang d.Berat. 31 Die Staatsangehörigkeit, die Freizügigkeit, das Armenwesen, das Passwesen, die Fremdenpolizei, die Ein- und Auswanderung; das bürgerliche Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren, das Versicherungswesen; aber auch das Arbeiterrecht, insbesondere Arbeiterversicherung und Arbeiterschutz; das Gewerberecht, die Seeschiffahrt, das Enteignungsrecht für Reichszwecke, das Presse-, Vereins- und Versammlungs- und das Gesundheitswesen. Neu ist und von besonderer Bedeutung die Zuständigkeit bezüglich der für das Reich zu erhebenden Steuern und Abgaben sowie der Einrichtung von Betrieben für Reichszwecke, des Enteignungsrechts für diese, der Bodengesetzgebung, sowie Kirche und Schule (§ 4). Auf diese letzteren ist, auch hier unter möglichster Anlehnung an die eigene Ausdrucksweise des E n t w u r f s und der Denkschrift, einzugehen. a) Die ungeheuerliche finanzielle Belastung, unter deren furchtbarem Drucke die deutsche Republik ihr Dasein beginnt, macht es von vornherein unmöglich, irgendwelche zur Tragung dieser Last in grösserem Umfange geeignete Objekte grundsätzlich den R e i c h s f i n a n z e n zu entziehen. Das Reich muss unbedingt den Vortritt haben, um überhaupt bestehen zu können. Die Freistaaten, ebenso wie die kommunalen Selbstverwaltungskörper, müssen sich mit ihrem Finanz- und Steuerwesen in den Rahmen des Reichsfinanzsystems einpassen, indem sie einmal vom Reiche nicht beanspruchte Quellen f ü r sich erschliessen und sodann auf gewisse Reichssteuern Zuschläge legen können, innerhalb der vom Reiche zu normierenden Grenze. Ferner wird hier die Sozialisierungspolitik, die Einführung grosser Monopole, eventuell auf dem W e g e der Enteignung, die Reichstätigkeit bedeutsam ausdehnen, ohne jedoch die ergänzende Tätigkeit der Einzelstaaten auszuschliessen. b) Die B o d e n g e s e t z g e b u n g als Gebiet der Sozialpolitik bedürfe in ganz besonderem Masse der Mitarbeit der Einzelstaaten und kommunalen Selbstverwaltungskörper, könne jedoch der allgemeinen Leitung und Normierung durch das Reich nicht entraten. Zur Wiederbevölkerung des platten Landes, zur Vermehrung landwirtschaftlich tätiger Arbeitsk r ä f t e sowie zur Erhöhung des landwirtschaftlichen Bodenertrages ist im Wege umfassender Innensiedlung die bestehende Grundbesitzverteilung in den Gebietsteilen zu ändern, in denen eine gesunde Mischung von Gross-, Mittel- und Kleinbesitz noch nicht besteht. Unwirtschaftlich genutzter Grossgrundbesitz, insbesondere der gebundene, ist zur Begründung ländlicher Heimstätten aufzu-

32 Erster Teil. Die geschieht!. t .

> ¡ei. luntr d. neuen Reichsrerfassung.

teilen, wenn nötig, im Wege der Enteignung. Mittel- und Kleingrundbesitz sind durch Schutz gegen Aufsaugung und Bewucherung zu festigen (§ 28). c) Bei der Regelung des Verhältnisses des Staates zu S e h u l e u n d K i r c h e dürfe die Eigenart der verschiedenen Landschaften und Stämme, die f ü r eine Verletzung dieser ideellen Werte mit Recht ganz besonders empfindlich ist, keineswegs durch eine unverständig zentralisierende und schematisierende Gesetzgebung und Verwaltung verletzt werden; gerade auf diesen Gebieten müsse auf sie die schonendste Rücksicht genommen werden. Aber bei der grundlegenden Bedeutung dieser Gegenstände, insonderheit der Volksbildung auf allen ihren Stufen, von der Elementarbis zur Hochschule, f ü r das ganze Gemeinleben, f ü r den geistigen und sittlichen Gehalt des Reiches dürfe sich dieses nicht mit seiner bisherigen Ohnmacht bescheiden; es müsse vielmehr auch hier die allgemeinen, dem ganzen deutschen Volke gemeinsamen Grundlinien ziehen, innerhalb deren der Eigenart und dem Eigenleben der engeren Gemeinschaften freier Spielraum zu fruchtbarer und ihren Empfindungen entsprechender Betätigung zu geben ist: Jeder Deutsche hat volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die freie Ausübung gottesdienstlicher Handlungen ist innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung gewährleistet. Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit gezwungen werden. Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung oder seine Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft zu offenbaren. Die Behörden haben nicht das Recht, danach zu fragen. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig, ist aber den allgemeinen Gesetzen unterworfen. Keine Religionsgemeinschaft geniesst vor anderen Vorrechte durch den Staat. Über die Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche wird ein Reicbsgesetz Grundsätze aufstellen, deren Durchführung Sache der deutschen Freistaaten ist (§ 19). Der Unterricht soll allen Deutschen gleichmässig nach Massgabe der Befähigung zugänglich sein (§ 20 Abs. 2) 1 ). Weiterhin ist das Verhältnis von Reich und Einzelstaaten von dem Gedanken beeinflusst, dass die Reicbsgesetzgebung auf die Organisation der Einzelstaaten und ihrer Gemeinden eine gewisse Einwirkung ausüben müsse, wenn auch beschränkt 1) Die §§ 19, 20 und 28 sind bereits in dem zweiten Abschnitt über die Grundrechte des deutschen V e c k , Das Streikrecht der Beamten in Preusscn, DJZ. 1919 Sp. £96; K u l e m a n n , Das Streikrccht der Eisenbahner, daselbst Sp. 663; H i i f n e r , Streikrecht und Koalitionsvecht der Beamten? Leipziger Zeitschi-, f. Deutsches Recht 1919 Sp. 843;

V. Abschnitt. Die. natürl. Grundlagen d. Reichs. Grundrechte.

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B. B e a m t e n v e r t e t u n g e n nach näherer reichsgesctzlicber Bestimmung; C. G r u n d s ä t z l i c h e L e b e n s l ä n g l i c h k e i t d e r A n s t e l l u n g , Regelung von Ruhegehalt unu Hinterbliebenen Versorgung; D. U n v e r l e t z l i c h k e i t d e r „wohlerworbenen Rechte"1). Für d : e vermögensrechtlichen Ansprüche steht der R e c h t s w e g o f f e n , kann also nicht durch Verwaltungsinstanzen oder -Massnahmen verschränkt werden. E. A m t s e n t h e b u n g , v o r l ä u f i g e l i n d e n d g ü l t i g e V e r s e t z u n g in d e n R u h e s t a n d o d e r in e i n a n d e r e s A m t mit geringerem Gehalt h a b e n g e s e t z l i c h e Voraussetzungen; F. B e s c h w e r d e w e g und Wiederaufnahmeverf a h r e n (dies ist neu!) sind gegen j e d e s dienstliche Straferkenntnis zu eröffnen. G. In die N a c h w e i s e ü b e r d i e P e r s o n d e s B e a m t e n sind Eintragungen von ihm ungünstigen Tatsachen erst vorzunehmen, wenn dein Beamten Gelegenheit gegeben war, sich über sie zu äussern. H. Dem Beamten ist E i n s i c h t in s e i n e P e r s o n a l n a c h w e i s e zu gewähren 2 ). v. T i e d e m a n n , Koalitionsrecht und Streik der Beamten, Kölner Tageblatt vom 10. April 1919; die Ausführungen in der Deutsehen Allgemeinen Zeitung vom 26. April 1919 Nr. 200; S t ie r - S o in 1 o, Zum Streikrecht der Beamten, im roten „Tag"1 vom 1. Mai 1919, Nr. 92. 1) Die Wissenschaft hat hingst nachgewiesen, dass die Unterscheidung der „wohlerworbenen" und der auf Gesetz beruhenden Rechte unhaltbar ist; es gibt nur b e s t e h e n d e oder auch schlechthin subjektive Rechte. Vgl. G e o r g M e y e r , Der Staat und die erworbenen Rechte, 1897. 2) Wie die Politisch-Parlamentarischen Nachrichten vom 27. Aug. 1919 dazu berichten, bezieht sich die Einsichtnahme auf Personalakten der Eeamten, die vom November an 191S geführt worden sind. Ältere Akten sollen geschlossen werden. Der ^ orsitzende des Beamtenausschusses wird jeweils Einsicht in die Personalakten eines Beamten nur so weit nehmen können, als ihm dazu von dem in Frage kommenden Beamten die Genehmigung erteilt worden ist. Infolge der im Text erörterten Grundrechte steht nunmehr a l l e n Beamten der Aufstieg bis zu den höchsten Staatsämtern offen. Hierzu bemerkt P o s s e , Staat und Beamte, Köln. Zeitung vom 28. August 1919, Nr. 755, es werde auch von vielen der jetzt so oft gescholtenen „alten" Beamten nicht bestritten, dass eine vorurteilslose Anwendung der Grundsätze der Art. 128 und 130 dazu beitragen muss, der Gesamtheit der Beamten ihre Arbeitsfreudigkeit zu erhalten und damit ein ungehemmtes Laufen der Staatsmaschine herzustellen und dass unter der Herrschaft des alten Systems leider allzu häufig und nicht zum Vorteil der Sache gegen diese heute als selbstverständlich erscheinenden Maximen Verstössen wurde. Besonders wichtig wird natürlich

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Zweiter Teil. Das Recht der Verfassungsurkunrle.

12. Auch den B e r u f s s o l d a t e n wird die Unverletzlichkeit der „wohlerworbenen Rechte" und die Offenhaltung des Rechtswegs für die vermögensrechtlichen Ansprüche besonders gewährleistet 1 ). 13. Den G e m e i n d e n u n d G e m e i n d e v e r b ä n d e n wird das R e c h t d e r S e l b s t v e r w a l t u n g innerhalb der Schränken der Gesetze reichsrechtlich zugesichert (Art. 127). 14. Das V e r h ä l t n i s v o n S t a a t u n d K i r c h e 2 ) haben die F r a g e d e r V o r b i l d u n g - d e r B e a m t e n werden. 8. auch v. H a . m a . c k , Sozialisten als Beamte, in der „Glocke" vom 2 Aug. 1919, Nr. 188. — A l l e ö f f e n t l i c h e n B e a m t e n und Angehörigen der Wehrmacht s i n d a u f d i e V e r f a s s u n g z i r b e e i d i g e n . Wenn in den bestehenden Gesetzen die Eidesleistung- unter Benutzung- einer religiösen Eidesform vorgesehen ist, kann die Eidesleistung rechtswirksam auch in der Weise erfolgen, dass der Schwörende unter Weglassung der religiösen Eidesform erklärt: „Ich schwöre 0 . Im übrigen bleibt der in den Gesetzen vorgesehene. Inhalt des Eides unberührt (Art. 176, 177). Die hier vorgesehene V e r o r d n u n g d e s R e i c h s p r ä s i d e n t e n vom 14. August 1919 (RGBl. S. 1419) bestimmt: »Artikel 1. Alle öffentlichen Beamten und Angehörigen der Wehrmacht sind unverzüglich auf die Verfassung des Deutschen Reichs zu vereidigen, und zwar leisten 1. die Reichsbeamten den Eid: „Ich schwöre Treue der Verfassung, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung meiner Amtspflichten". 2. Alle übrigen ölfentlic.hen Beamten den Eid: „Ich schwöre Treue der Reichs Verfassung:". 3. Die. Angehörigen der Wehrmacht den Eid: „Ich schwöre Treue der Reichsverfassung und gelobe, dass ich als tapferer Soldat das Deutsche. Reich und seine gesetzin ässigen Einrichtungen jederzeit schützen, dem Reichspräsidenten und nieinen Vorgesetzen Gehorsam leisten will". Art. 2. Die Landesregierungen können an Stelle der Eidesleistung nach Artikel 1 Ziffer 2 anordnen, dass in den Diensteid, den die Beamten nach Landesrecht zu leisten haben, die Worte eingesetzt werden: „Treue der Reichsverfassung". Artikel 3. In gleicherweise sind künftig alle neuernannten öffentlichen Beamten und alle Angehörigen der Wehrmacht vor dem Dienstantritte zu vereidigen. Artikel 4. Die von den Beamten und den Angehörigen der Wehrmacht unterzeichneten Kachweise über die Eidesleistung sind zu verwahren". 1) Im übrigen wird ihre Stellung durch Reichsgesetz geregelt. 2) Diese Grundfrage hier eingehend zu erörtern ist nicht am Platze. Aus der Literatur sei nur einige neuere Literatur hervorgehoben: Die drei, gleichlautend Die Trennung von Staat und Kirche benannten Schriften von Otto M a y e r , Joh. Viktor B r e d t und Z s c h a r n a c k ; Zur Neuordnung des Kirchenwesens im deutschen Volkstaate, herausgegeben von Friedrich T h i m m e und Ernst R o l f f s ; B e r n e r , Das landesherrliche Kirchenregiraent; S c h r ö r s , Katholische Staatsauffassung. Kirche und Staat. Nach den prinzipiellen Grundlagea dargestellt, besonders S. 87 ff.; Z i m m e r m a n n , S. J., Trennung von Kirche und Staat — sämtlich 1919.. Ferner K a h l , Die Trennung von Staat und Kirche, DJZ. 1919 Sp. 123; M e u r e r , Die Kirchenfrage im Verfassungsausschuss daselbst Sp. 383.

V. Abschnitt. Die natiirl. Grundlagen d. Reichs. Grundrechte.

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eine Reihe von Bestimmungen zum Gegenstande, die freilich mit „Grundrechten der Deutschen" nur entfernt etwas zu tun haben. Fürderhin besteht k e i n e S t a a t s k i r c h e . J e d e Religionsgesellschaft ') erwirbt die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des b ü r g e r l i c h e n Rechts, ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Rechts, verleiht ihre Amter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde. Sie bleibt Körperschaft des ö f f e n t l i c h e n Rcchts, soweit sie es bisher w a r : eine Religionsgesellschaft, die bisher keine Körperschaft des öffentlichen Rechts war, erhält diese Rechtsstellung auf ihren Antrag, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der D a u e r bietet. Diese Regelung ist nach Ausgleich vieler Meinungsverschiedenheiten zustande gekommen. Die Absicht aller beteiligten Kreise ging in der Nationalversammlung zweifellos dahin, die Religionsgemeinschaften »als Körperschaften des öffentlichen Rechts anzuerkennen, womit der Grundgedanke sich auch im neuesten Deutschland durchgerungen hatte, dass Religion n i c h t Privatsache, sondern einen Teil unserer Rechtskultur sei. Aber auch hier tauchte dann die F r a g e auf, ob es sich dabei um Körperschaften mit obligatorischem Charakter handle, die mittelbare Staatsaufgaben erfüllen. E s gibt auch öffentliche Körperschaften, die ihre Rechte auf Verleihung stützen, für die der Verleihuugsakt und seine Grenzen massgebend sind. Eine gesetzliche Begriffsbestimmung für die Körperschaft des öffentlichen Rcchts zu finden, war bisher nicht möglich. Die Folgerungen aus dem nunmehr hinsichtlich Staat und Kirche geformten Verfassungsbestimmungen zu ziehen, muss Wissenschaft und Verwaltungspraxis, unter Umständen auch der Rechtsprechung und einer späteren Gesetzgebung überlassen bleiben. — Schliessen sich mehrere öffentliche Religionsgesellscharten zu einem Verbände zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlichrechtliche Körperschaft. Von grösster Tragweite ist, dass R e l i g i o n s g e s e l l s c h a f t e n , welche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, b e r e c h t i g t s i n d , auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Massgabe der landesrechtlichen Bestimmungen S t e u e r n z u e r h e b e n . — Den Religionsgesellschaften sind die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen. E s ist vor allem an geistliche Orden zu denken. (Art. 137 Abs. 1—7.) Zur Durchführung dieser Bestimmungen ist die Landesgesetzgebung be1) Vgl. oben S. 114.

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Zweiter Teil.

Das Recht der Verfassungsurkunde.

rufen. Sie hat auch die Aufgabe, die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden S t a a t s l e i s t u n g c n an die Religionsgesellschaften a b z u l ö s e n . Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf. D a s E i g e n t u m und andere R e c h t e der R e l i g i o n s g e s e l l s c h a f t e n und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen werden gewährleistet. (Art. 138). Bis zum Erlass eines diesem Artikel gemässen Reichsgesetzes bleiben die b i s h e r i g e » Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften bestehen (Art. 173). 15. Der Abschnitt „ B i l d u n g u n d S c h u l e " innerhalb der Grundrechte und Grundpf'ichten verspricht zunächst, auch der W i s s e n s c h a f t und ihrer Lehre Schutz zu gewähren und an ihrer P f l e g e teilzunehmen. (Art. 142). A. Beim S c h u l w e s e n gilt es, für öffentliche Anstalten zu sorgen. Bei ihrerer Errichtung wirken Reich, Länder und Gemeinden zusammen. (Art. 143 Abs. 1). Jenes ßteht unter der, durch hauptamtlich tätige, fachmännisch vorgebildete Beamte ausgeübten A u f s i c h t d e s S t a a t e s 1 ) , der die Gemeinden daran beteiligen kann. B . Die Idee der E i n h e i t s s c h u l e ist hier aufgenommendie verschiedenen Schularten sollen in eine organische Verbindung gebracht und ausgestaltet werden. Auf einer G r u n d s c h u l e , die für alle gemeimsam ist, baut sich das mittlere und höhere Schulwesen auf. Dabei ist die Mannigfaltigkeit der Lebensberufe massgebend (Art. 146 Abs. 1). C. Das sogenannte S c h u l k o m p r o m i s s zwischen Zentrum, Sozialdemokratie und Deutsch-Demokraten kommt in einer Reihe von Vorschriften zum Ausdruck. Innerhalb der Gemeinden sind auf Antrag von Erziehungsberechtigten Volksschulen ihres Bekenntnisses oder ihrer Weltanschauung einzurichten, soweit hierdurch ein geordneter Schulbetrieb nicht beeinträchtigt wird. Der Wille der Erziehungsberechtigten ist möglichst zu berücksichtigen 2 ). Der R e l i g i o n s u n t e r r i c b t ist ordentliches Lehr1) Hier muss erst die landesrechtliche Regelung: eingreifen. Vgl. K o c h , Zur Aufhebung de.- geistlichen Ortssohula.ufsicht, Preuss. Verw.-Bl. Bd. 40 S. 169; S c h ü r z , Die preussische Schule und diesozialistische Repuolik, daselbst S. 193. 2) Art. 146 Abs. 2. Das Nähere bestimmt die Landesgeset/.g e b u n g nach den Grundsätzen eines Reichsgosetzes. B i s z u s e i n e m E r l a s s b l e i b t e s b e i d e r b e s t e h e n d e n R e c h t s l a g e . Das Gesetz hat Gebiete des Reichs, in denen eine nach Bekenntnissen nicht getrennte Schule besteht, b e s o n d e r s zu berücksichtigen. A r t . 174. Vgl. H u g g e r , Um die christliche Schule, l l J19, besonder» S. 19 ff.

V. Abschnitt.

Die n.-itiirl. Grundlagen d. Reichs. Grundrechte. 121

fach der Schu'e m i t A u s n a h m e d e r b c k e n n t n i s f r e i e n (weltlichen) S c h u l e ; seine Erteili'ng wird im Rahmen der Schulgesetzgebung geregelt E s gibt also Simultanschnlen als die Normaiformen, daneben besteht noch die konfessionelle u n d die bekenntnisfreie Schule, in der Religionsunterricht nicht ordentliches Lehrfach ist. Der Religionsunterricht wird in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der betreffenden Religionsgesellscbaft unbeschadet des Aufsichtsrechts des Staates erteilt; dies und die Vornahme kirchlicher Verrichtungen bleibt der Willenserklärung (gemeint ist wohl Willensentschluss) der Lehrer, die Teilnahme an religiösen Unterrichtsfächern und an kirchlichen Feiern und Handlungen der Willenserklärung desjenigen überlassen, der über die religiöse Erziehung des Kindes zu bestimmen hat 1 ). D. Der s o z i a l e Cuarakter der Neuregelung kommt in der U n e n t g e l t l i c h k e i t d e r L e h r m i t t e l in den Volksschulen lind Fortbildungsschulen 2), in der Aufnahme eines Kindes in eine bestimmte Schule nach Anlage und Neigung, o h n e die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung der Eltern massgebend sein zu lassen (Art. 146 Abs. 1 Satz 2), in dem Fortfall der P r i v a t v o rschule (Art. 147 Abs. 3) und in der Vorschrift zur Geltung, dass für den Zugang Minderbemittelter zu den mittleren und höheren Schulen durch Reich, L ä n d e r und Gemeinden ö f f e n t l i c h e M i t t e l b e r e i t z u s t e l l e n sind, insbesondere E r z i e h t i n g s b e i h i l f e n f ü r d>e Eltern von Kindern,, die zur Ausbildung auf mittleren und höheren Schulen für geeignet crachtet werden, bis zur Beendigung der Ausbildung. All diese finanziellen Leistungen des Staates sind nicht grundsätzlicher Natur, sondern hängen von der Leistungsfähigkeit des Gemeinwesens ab. Es kann die Durchführung möglicherweise zu einer starken Verminderung der Bildungsanstalten führen. Denn wenn sie unentgeltlich sein sollen, werden die Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung noch höher sein und noch schwerer aufgebracht werden können, als bisher. E. Die ebenfalls noch landesrechtlicbe Ordnung des P r i v a t s c h u l w e s e n s ist teilweise in die Reichsverfassung übernommen. Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn Pri1) Art. 146 Abs 2, 149 Abs. 1 und 2- vgl. auch Art. 136 Abs. 4, Art. 141. 2) Art. 143 Abs. 3. Die erforderlichen Bestimmungen tnnss. noch die L a n d e s g e s e t z g e b u n g erlassen!

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Zweiter Teil.

Das Recht der Verfassungsurktincle.

vatschulen in ihren L e h m d e n und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. P r i v a t e V o l k s s c h u l e n 1 ) sind nur zuzulassen, wenn für eine Minderheit von Erziehungsberechtigten, deren Willen zu berücksichtigen ist, eine öffentliche Volksschule ihres Bekenntnisses oder ihrer Weltanschauung in der Gemeinde nicht besteht und die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt. Für private Schulen, die nicht als Ersatz für öffentliche Schulen dienen, verbleibt es beim geltenden (Landes-)Recht (Art. 147 Abs. 2 und 4). F. Für a l l e Schulen gilt als Leitmotiv, dass in ihnen sittliche Bildung, staatsbürgerliche Gesinnung, persönliche und berufliche Tüchtigkeit im Geiste des deutschen Volkstums nnd der Völkerversöhnung zu erstreben, Staatsbürgerkunde nnd Arbeitsunterricht ! ) Lehrfach ist. Jeder Schüler erhält bei Beendigung der Schulpflicht einen Abdruck der Verfassung. (Art. 148 Abs. 1 und 2). G. Die Lehrerbildung ist nach den Grundsätzen, die für die höhere Bildung allgemein gelten, für das Reich einheitlich zu regeln. Die Lehrer an öffentlichen Schulen haben die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten 3). H. Für die H o e h s e h u 1 e n ist dem Reiche die Zuständigkeit zur Aufstellung von Grundsätzen im Wege der Gesetzgebung (Art. 10 Nr. 2) gewährt und die Erhaltung der theologischen Fakultäten bestimmt (Art. 149 Abs. 3). 16. Der K u n s t , die „frei" ist, gewährt der Staat (Reich oder Land oder beide?) sowohl im allgemeinen, wie auch durch das Urheberrecht, durch zwischenstaatliche Vereinbarungen und auch ihren Denkmälern Schutz und nimmt an 1} Erfahrungsgemäss .sind sin meist konfessionelle Schulen. Deshalb auch der bezeichnende Satz (Art. 148 Abs. 2), dass in ö f f e n t l i c h e n Schulen beim Unterricht Bedacht zu nehme» ist, dass die Empfindungen Andersdenker nicht verletzt werden. In P r i v a t s c h u l e n setzt man also Anwesenheit von Andersdenkenden n i c h t voraus. 2) Richtig ist nur, dass es Lehrfach werden soll; insofern liegt auch hier nur eine Richtlinie vor. Die Idee des Arbeilsunterrichts wird hauptsächlich von dem Pädagogen K e r s c h e u s t e i n e r verfochten. 3) Art. 143 Abs. 2 und 3. In manchen Staaten sind sie bisher noch Gemeindebeamte.

V. Abschnitt. Die natürl. Grundlagen d. Reichs. Grundrechte,

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ihrer P f l e g e teil. Die A b w a n d e r u n g deutseben Kunstbesitzes in d a s Ausland b a t das Reich zu verhüten 1 ). 17. Aus dem, „ W i r t s c h a f t s l e b e n " tiberschriebenen A b s c h n i t t 2 ) ist d e r Gewährleistung des E i g e n t u m s und des E r b r e c h t s bereits g e d a c h t . Im übrigen finden sich dort folgende R e g e l u n g e n : A. W i r t s c h a f t l i c h e F r e i h e i t u n d V e r t r a g s f r e i h e i t sind a u s d r ü c k l i c h zu Leitsternen erhoben (Art. 151, 152). a) Die V e r t r a g s f r e i h e i t gilt „im W i r t s c h a f t s v e r k e h r " ü b e r h a u p t , „nach Massgabe der Gesetze". D i e s e haben bekanntlich in dem berühmten Titel VII der G e w e r b e o r d n u n g zu d a u e r n d e r und immer s t ä r k e r e r B e s c h r ä n k u n g der Vertragsfreiheit g e f ü h r t . Bei der sozialistisch gerichteten Reichsverfasaung w e r d e n die hier vorgesehenen Gesetze sicherlich weitere E i n e n g u n g e n der V e r t r a g s f r e i h e i t mit sich bringen. Natürlich ist W u c h e r v e r b o t e n ; worin er besteht, sagt die Verfassung n i c h t ; bürgerliches und S l r a f r e c h t haben f ü r sich d a r ü b e r zu entscheiden. Dass R e c h t s g e s c h ä f t e , die gegen die guten Sitten Verstössen, nichtig sind, w i r d ausdrücklich bestimmt, doch ergibt sich d a s schon aus dem BGB. b) Die w i r t s c h a f t l i c h e F r e i h e i t des Einzelnen ist gesichert in den Grenzen, die durch den Satz g e z o g e n - s i n d : „Die O r d n u n g des W i r t s c h a f t s l e b e n s muss den Grundsätzen der G e r e c h t i g k e i t mit dem Ziele der Gewährleistung eines menschenw ü r d i g e n Daseins f ü r alle entsprechen." Das ist nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern setzt auch den G e g e n 1) Art. 142, lf>0, 15S. Freilich, wie gut die Bestimmung über Schutz und Pflesre der Kunst gemeint s