Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds nach § 100 Abs. 5 AktG: Ein Paradigmenwechsel im Aktienrecht [1 ed.] 9783428533831, 9783428133833

Seit dem 29.05.2009 müssen kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften gem. § 100 Abs. 5 AktG mindestens einen unabhäng

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Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds nach § 100 Abs. 5 AktG: Ein Paradigmenwechsel im Aktienrecht [1 ed.]
 9783428533831, 9783428133833

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Mathias Habersack, Peter O. Mülbert und Uwe H. Schneider

Band 186

Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds nach § 100 Abs. 5 AktG Von

Claudia Nowak

Duncker & Humblot · Berlin

CLAUDIA NOWAK

Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds nach § 100 Abs. 5 AktG

Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Mathias Habersack, Prof. Dr. Peter O. Mülbert und Prof. Dr. Uwe H. Schneider

Band 186

Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds nach § 100 Abs. 5 AktG Ein Paradigmenwechsel im Aktienrecht

Von

Claudia Nowak

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt hat diese Arbeit im Wintersemester 2009/2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 17 Alle Rechte vorbehalten © 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-13383-3 (Print) ISBN 978-3-428-53383-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-83383-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für Sirko

Geleitwort Der Aufsichtsrat steht aufs Neue im Rampenlicht der rechtspolitischen Diskussion. Vorausgegangen waren Bedenken, die Mitglieder würden ihre Aufgaben nicht mit dem notwendigen Sachverstand wahrnehmen. Diese Mängel in der Corporate Governance der deutschen Unternehmen verlangten breitflächige Studien und ein Eingreifen des Gesetzgebers. Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25.05.2009 begann sodann eine Reihe von Reformen. Es folgten weitere Änderungen durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) und durch das Aufsichtsstärkungsgesetz. Dabei wurden nicht nur die mangelnde Sachkunde und fehlende praktische Erfahrung als Problem identifiziert, sondern auch Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern als Ursachen für fehlerhafte Entscheidungen. Die zur Überwachung der Geschäftsführung verpflichteten Organmitglieder hätten – so wird vorgetragen – häufig geschäftliche oder private Beziehungen zu den Geschäftsleitern unterhalten, die zu abhängigen Entscheidungen geführt hätten. Weitere Probleme wurden ausgemacht: Ehemalige Vorstandsmitglieder wechselten unmittelbar nach ihrer Amtszeit in den Aufsichtsrat und übernahmen dort den Vorsitz. Als Problem wurde in solchen Fällen gesehen, dass sich die vergangenheitsbezogene Überwachung auf die frühere Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds bezog und dass Schadensersatzansprüche der Gesellschaft aus früheren eigenen Pflichtverletzungen nicht durchgesetzt wurden. Überlagert wurde die nationale Diskussion durch die internationalen Entwicklungen im Recht des monistischen Systems. Sie zwangen dazu, sich mit der Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder auseinander zu setzen. So war vor den gesetzlichen Änderungen des § 100 Abs. 5 AktG keine Regelung im Aktienrecht zu finden, die eine einflussfreie Entscheidung der Aufsichtsratsmitglieder tatsächlich absicherte bzw. die persönliche Unabhängigkeit der Organmitglieder forderte. Das hat sich geändert. Nun regelt das Aktiengesetz für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften die Besetzung des Aufsichtsrats mit mindestens einem Mitglied, welches nicht nur über den nötigen Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen muss, sondern welches auch – wie das Gesetz es formuliert – unabhängig zu sein hat. Aber was heißt „unabhängig“? Die vorliegende Dissertation von Claudia Nowak sucht den unbestimmten Rechtsbegriff der Unabhängigkeit vor dem Hintergrund der internationalen Diskussion zu beleuchten und zu konturieren. Zentrale Frage ist es, unter welchen Voraussetzungen ein Aufsichtsratsmitglied un-

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Geleitwort

abhängig ist. Für Deutschland ist dabei zu bedenken, dass sich der Aufsichtsrat in der Regel aus Anteilseignervertretern und Arbeitnehmervertretern zusammensetzt. Geklärt werden auch besondere Sachverhaltslagen, insbesondere die Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern bei Konzernlagen. Und was sind die Rechtsfolgen fehlender Unabhängigkeit? Die Verfasserin untersucht die für die Unternehmenspraxis besonders bedeutsame Frage der Anfechtbarkeit von Wahlbeschlüssen der Hauptversammlung bei einer im Sinne des § 100 Abs. 5 AktG fehlerhaften Besetzung des Aufsichtsrats. Hier kommt sie zum Ergebnis, dass trotz der systematischen Stellung der Vorschrift diese zwar keine Inkompatibilitätsnorm darstelle. Wohl begründe sie aber eine Sorgfaltsanforderung für den Aufsichtsrat, wenn der Hauptversammlung bestimmte Personen zur Bestellung in den Aufsichtsrat vorgeschlagen werden. Würden hierbei, so lautet ihre These, die normativen Vorgaben missachtet, so führe dies zur Anfechtbarkeit des Beschlusses der Hauptversammlung. Die mit Blick auf missbräuchliche Anfechtungsklagen mühsam geschlossenen gesetzlichen Lücken drohen daher erneut aufzubrechen. Kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften ist daher zu raten, die Anforderungen des § 100 Abs. 5 AktG genau einzuhalten. Ich wünsche der Arbeit die verdiente Aufmerksamkeit und Berücksichtigung in der künftigen Rechtsanwendung und Rechtsfortbildung. Darmstadt/Mainz, im April 2010

Uwe H. Schneider

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2009/2010 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden für die Veröffentlichung aktualisiert. Mein herzlichster Dank gilt an erster Stelle meinem Doktorvater Professor Dr. Dr. h.c. Uwe H. Schneider. Er regte nicht nur das Dissertationsthema an, sondern begleitete mich über die Zeit meiner Lehrstuhltätigkeit in jeder Hinsicht fürsorglich und gab mir die notwendigen Freiräume, die zur Vollendung der Arbeit notwendig waren. Die lehrreichen und schönen Jahre an seinem Lehrstuhl werde ich in bester Erinnerung behalten. Herrn Junior-Professor Dr. Heribert M. Anzinger danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und die hilfreichen Hinweise zur Gliederung der Arbeit. Darüber hinaus möchte ich besonders auch Herrn Professor Dr. Mathias Habersack und Herrn Professor Dr. Peter O. Mülbert für die Aufnahme meiner Arbeit in die Schriftenreihe des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giround Kreditwesens der Johannes Gutenberg-Universität Mainz danken. Herrn Dr. Tobias Brouwer und Dr. Wolfram Huwer danke ich für die freundliche Unterstützung und für die guten Tipps zu Beginn der Arbeit. Ferner standen mir Herr Stefan Holzner, LL.M. und Frau Isabelle Schleiter während meiner Lehrstuhltätigkeit hilfsbereit zur Seite und waren immer als geschätzte Gesprächspartner verfügbar. Besonderer Dank gilt meinen Eltern Renate und Siegmar Nowak, meinen Großeltern sowie meiner Schwester Annett Joyeux, die mich alle nicht nur in der Zeit der Entstehung dieser Arbeit in jeglicher Hinsicht rat- und tatkräftig unterstützt haben. Auch meine Studienfreunde und Referendariatskollegen, insbesondere Peggy Hädicke, Romy Schreiber und Robert Pache, haben auf unterschiedliche Weise zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Gewidmet ist die Arbeit meinem Verlobten, Herrn Sirko Leonhardt, der mit seiner großartigen Unterstützung, nicht nur beim Korrekturlesen, maßgeblich zur Vollendung der Arbeit beigetragen hat. Darmstadt, April 2010

Claudia Nowak

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel Einführung

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§1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Problemstellung und Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21 21 23

§2

Die Funktion des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Überwachungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überwachungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung der Begriffe Geschäftsführung und Geschäftsleitung a) Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Leitung der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beratung des Vorstands als zukunftsbezogene Überwachung . . . . . 3. Begrenzung der Überwachungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Überwachung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Überwachungsadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Überwachungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Überwachungsmaßstab – Unternehmensinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtmäßigkeit des Vorstandshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit . . . . . . . . 3. Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Vorstands . . . . . . . . . . . a) Unternehmensinteresse als Eigeninteresse der Gesellschaft? . . b) Shareholder Value oder Stakeholderinteressen? . . . . . . . . . . . . . c) Unternehmensinteresse im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24 25 26 26 27 28 29 30 30 32 33 36 36 38 38 39 40 43

B. Die Personalkompetenz des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Bestellung und Anstellung der Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . 1. Die Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Persönliche Voraussetzungen und Bestellungshindernisse . . . . . b) Amtszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Geschäftsordnung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Anstellungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Anstellungsvertrag im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 46 46 46 47 47 48 49

12

Inhaltsverzeichnis II. Die Abberufung und Kündigung der Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . 1. Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51 51 52

C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

2. Kapitel

§3

Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder vor den jüngsten Gesetzesänderungen

56

Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder nach dem Aktiengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

A. Persönliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

B. Strukturelle Unabhängigkeit des Überwachungsorgans vom Geschäftsleitungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

C. Unabhängigkeit durch Ausgestaltung des Aufsichtsratsamtes als Nebenamt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hauptberufliches Mandat als Gefahr für die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mehrfachmandate als Gefahr für die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzernmehrfachmandate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Doppelmandate in Wettbewerbsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entsandte Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schuldrechtliche Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Unternehmensmitbestimmung – gesetzliches Votum gegen unabhängige Aufsichtsratsmitglieder? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats im Anwendungsbereich der Mitbestimmungsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die persönlichen Voraussetzungen für Arbeitnehmervertreter nach den Mitbestimmungsgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Arbeitnehmervertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Arbeitnehmereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Der mitbestimmungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60 61 65 65 66 67 68 69 71 72 72 73 75 75 76 76 76 78

Inhaltsverzeichnis (2) Voraussetzungen für die Wählbarkeit in den Aufsichtsrat nach den Mitbestimmungsgesetzen . . . . . . . . (a) Volljährigkeit und einjährige Unternehmenszugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Weitere Wählbarkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . bb) Die leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Gewerkschaftsvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das weitere Mitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Modifikation der aktiengesetzlichen Bestimmungen für Arbeitnehmervertreter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Modifikation des § 105 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse . . . . . . . . . . . . . . . aa) Pflicht zur Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse bei organfremdem Handeln? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verpflichtung aus § 116 i.V. m. § 93 AktG? . . . . . . . . . (2) Der Umfang der organschaftlichen Treuepflicht . . . . . (3) Insbesondere: Der Umfang der Streikteilnahme . . . . . c) Der Umfang der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Geheimnisse und vertrauliche Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grenzen der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§4

13

79 79 81 83 84 84 86 86 87 87 88 88 89 90 92 92 93 95

D. Persönliche Unabhängigkeit als satzungsmäßige Anforderung an Aufsichtsratsmitglieder? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

E. Beachtung der persönlichen Unabhängigkeit durch das Gericht? . . . . . . .

98

F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

Das unabhängige Aufsichtsratsmitglied nach § 6 Abs. 2a InvG . . . . . . . . . 100 A. Kapitalanlagegesellschaften als besondere Kapitalgesellschaften . . . . . . . . 100 B. Das unabhängige Aufsichtsratsmitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Begriff der Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirtschaftliche Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Emotionale Abhängigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mindestens ein unabhängiges Mitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101 102 102 103 104

C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 §5

Die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 A. Die Entstehung des DCGK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

14

Inhaltsverzeichnis B. Rechtscharakter des DCGK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzeswiederholungen und Anregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Faktischer Befolgungszwang der Kodexempfehlungen . . . . . . . . . . 2. Normative Wirkung der Kodexempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107 108 108 109 111

C. Unabhängigkeit nach dem DCGK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendungsbereich des DCGK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaften im Anwendungsbereich des § 161 AktG . . . . . . . . . 2. Anwendung des DCGK auf andere nicht börsennotierte Gesellschaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unabhängigkeit als unbestimmter Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit der Profilanforderungen der Kommissionsempfehlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einschätzungsspielraum des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fehlende Einflussmöglichkeit auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nur konkrete Interessenkonflikte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Offenlegung der Aufsichtsratseinschätzung? . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eine „ausreichende Anzahl“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114 114 114 115 116 116 117 119 119 120 120 121

D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 3. Kapitel Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds nach dem neuen § 100 Abs. 5 AktG §6

125

Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 A. Legaldefinition in § 264d HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Organisierter Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ – Die Vorgaben der Abschlussprüferrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 C. Richtlinienkonforme Umsetzung der europäischen Vorgaben? . . . . . . . . . . I. Pflicht zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses? . . . . . . . . . . . . . . . II. Planwidrige Regelungslücke im Bezug auf öffentliche Unternehmen? D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §7

129 129 132 132

Unabhängigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 A. Die Intention des deutschen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

Inhaltsverzeichnis B. Die europäische Grundlage der Vorschrift – Die Kommissionsempfehlung (2005/162/EG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungscharakter und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beobachtung der Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überwachungsprobleme im monistischen und dualistischen System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Prinzipal-Agent Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterschiedliche Ansätze im monistischen und dualistischen System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überwachungslücken im monistischen System . . . . . . . . . . (1) Independent Directors in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Großbritannien und der Combined Code . . . . . . . . . . . bb) Überwachungsprobleme im deutschen Aufsichtsratssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entwicklungen im gemeinschaftlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Profilanforderungen des Anhangs II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kein Vorstandsmitglied (Anhang II Nr. 1 lit. a) . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zeitgleiche Mandate in Vorstand und Aufsichtsrat derselben Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kein ehemaliges Vorstandsmitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vor- und Nachteile einer unmittelbaren Wechselpraxis . . . bb) Die neue gesetzliche Regelung der Wartefrist . . . . . . . . . . . cc) Auslegung des § 100 Abs. 5 AktG im Lichte des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorstandsmandate in verbundenen Gesellschaften . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Arbeitnehmer (Anhang II Nr. 1 lit. b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die fingierte Unabhängigkeit nach Nr. 1 lit. b) . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzlich anerkanntes System der Arbeitnehmervertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Angemessener Schutz vor ungerechtfertigter Behandlung (1) Analogie zu § 15 KSchG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausreichender Schutz durch § 26 MitbestG und § 9 DrittelbG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Führungskräfte der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusätzliche Vergütung in erheblichem Umfang (Anhang II Nr. 1 lit. c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusätzliche Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

135 135 135 137 137 138 138 138 140 142 142 145 146 147 147 148 148 150 150 151 152 152 153 154 154 155 156 156 158 158 160 161

16

Inhaltsverzeichnis aa) Erfolgsbezogene Vergütungsmodelle nach dem Aktiengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder mittels Aktienoptionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vergütung durch schuldrechtliche Nachbildungen von Aktienoptionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Andere erfolgsbezogene Vergütungsmodelle . . . . . . . . bb) Feste Vergütungsbestandteile als zusätzlich? . . . . . . . . . . . . cc) Beratungshonorare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Arbeitnehmervergütung als zusätzlich? . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutender Umfang der erfolgsabhängigen Vergütung . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anteilseigner mit Kontrollbeteiligung (Anhang II Nr. 1 lit. d) . . . . a) Intention der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausreichender Schutz der Minderheitsaktionäre durch das deutsche Konzernrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutz der Minderheitsaktionäre ohne das Bestehen eines Beherrschungsvertrages – das Ausgleichssystem der §§ 311 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bestehen einer Abhängigkeitslage i. S. d. § 17 AktG . . (2) Verbot der Veranlassung nachteiliger Rechtsgeschäfte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Schutz durch den Abhängigkeitsbericht? . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schutz der Minderheitsaktionäre im Vertragskonzern . . . . (1) Grenzen der Weisungsbefugnis des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schutz der Minderheitsaktionäre durch den Beherrschungsvertrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine entsandten Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Keine Geschäftsverhältnisse von bedeutendem Umfang (Anhang II Nr. 1 lit. e) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Relevante Geschäftsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beratungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Beratungsverträge mit dem Aufsichtsratsmitglied . . . (2) Beratungsverträge mit Gesellschaften an denen das Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Beratungsverträge mit verbundenen Unternehmen . . .

162 163 164 165 167 167 168 169 169 170 171 172 172

173 174 178 179 180 182 182 184 186 187 188 189 189 190 190 191 192

Inhaltsverzeichnis

6.

7.

8.

9.

(4) Auslegungs- und Durchsetzungsprobleme des § 114 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kreditverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der aktiengesetzliche Kreditbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Umgehungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Einwilligungsvorbehalt des § 115 AktG . . . . . . . . . . . . (4) Kreditverträge als neutrale Geschäfte i. S. d. Kommissionsempfehlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Andere geschäftliche Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutender Umfang des Geschäftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . (1) Beteiligung am Geschäftspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Finanzieller Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wartezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kein Partner oder Angestellter des Abschlussprüfers (Anhang II Nr. 1 lit. f) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gleichzeitige Wahrnehmung des Abschlussprüfer- und Aufsichtsratsmandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Befangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausschluss von Wirtschafts- und Buchprüfungsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Aufsichtsratsmandat eines Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . b) Angestellte des Abschlussprüfers als abhängige Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Angestellte und Partner des ehemaligen Abschlussprüfers . . . . aa) Wartezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abhängigkeit des ehemaligen Abschlussprüfers? . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Überkreuzverflechtungen (Anhang II Nr. 1 lit. g) . . . . . . . . . a) Verbot der Überkreuzverflechtungen nach dem Aktiengesetz . . b) Andere bedeutsame Verbindungen nach der Kommissionsempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amtszeitbegrenzung (Anhang II Nr. 1 lit. h) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Amtszeitbegrenzung nach dem Aktiengesetz . . . . . . . . . . b) Begrenzung durch die Kommissionsempfehlung . . . . . . . . . . . . Kein Verwandtschaftsverhältnis (Anhang II Nr. 1 lit. i) . . . . . . . . . . a) Relevanter Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahme für Familienunternehmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

193 194 195 195 196 196 197 198 199 199 200 201 202 203 203 204 204 205 205 205 206 207 207 209 209 209 210 211 211 211 212 212 212 213

18

Inhaltsverzeichnis 10. Keine Verbindung zu Wettbewerbsunternehmen (Erwägung 7) . . . a) Interessenkonflikte bei Beziehungen zum Wettbewerber . . . . . b) Definition des Wettbewerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

214 215 215 217

C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 §8

Zwingende Anzahl unabhängiger Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 A. Zuständigkeit des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 B. Fehlender Einfluss des Aufsichtsrats auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

4. Kapitel

Rechtsfolgen §9

223

Auswirkungen auf den Wahlbeschluss der Hauptversammlung . . . . . . . . . 224 A. Nichtigkeit des Wahlbeschlusses gem. § 250 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 I. Inkompatibilität bei schweren Interessenkonflikten? . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. § 100 Abs. 5 AktG als strukturelle Vorschrift i. S. d. § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 B. Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses gem. § 251 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anfechtungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verletzung der Einberufungsvorschriften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verletzung des § 100 Abs. 5 AktG durch den Vorschlagsbeschluss des Aufsichtsrats? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Modifikation der Vorschlagspflicht durch § 100 Abs. 5 AktG b) Nichtigkeit des Vorschlagsbeschlusses des Aufsichtsrats . . . . . 3. Verletzung des Auskunftsrechts der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grenzen des Auskunftsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wesentlichkeit der unterbliebenen Information . . . . . . . . . . . . . . II. Anfechtungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen der Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

226 226 226 227 227 228 229 229 231 231 232

C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 § 10 Die gerichtliche Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 § 11 Nachträglich eintretende Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 A. Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 B. Verweigerung der Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 § 12 Haftung des unabhängigen Finanzexperten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

Inhaltsverzeichnis

19

5. Kapitel Schluss

238

§ 13 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 A. Der unabhängige Finanzexperte gem. § 100 Abs. 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslegung des Unabhängigkeitskriteriums im Sinne der Kommissionsempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die einzelnen Kriterien des Profilkatalogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einschätzung der Unabhängigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds . . .

239 239 240 241

B. Rechtsfolgen einer Verletzung der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 § 14 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

1. Kapitel

Einführung § 1 Einleitung A. Problemstellung und Ziel der Arbeit Seit dem 29.05.2009 gelten für kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG, § 12 Abs. 4 EGAktG. Danach muss mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats unabhängig sein und über Sachverstand auf dem Gebiet Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen. Ergänzt wird diese Anforderung durch § 107 Abs. 4 AktG, der bei einem durch den Aufsichtsrat eingerichteten Prüfungsausschuss die zwingende Mitgliedschaft dieses unabhängigen Finanzexperten vorschreibt. Eingeführt wurden die Vorschriften durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25.05.2009,1 womit der deutsche Gesetzgeber seine Pflicht zur Umsetzung europäischer Vorgaben erfüllen wollte. Art. 41 der Abschlussprüferrichtlinie2 regelt verbindlich, dass in Unternehmen von öffentlichem Interesse ein Prüfungsausschuss einzurichten ist, der mit mindestens einem unabhängigen und sachverständigen Mitglied besetzt sein muss. Anlass zu dieser Gesetzgebung war der Zusammenbruch des US-amerikanischen Energiekonzerns Enron. Das Unternehmen war durch erhebliche Bilanzmanipulationen in die Krise geraten. Nicht nur dem beteiligten Abschlussprüfer wurden Vorwürfe gemacht. Nach dem fast zeitgleichen Zusammenbruch des amerikanischen Telekomunternehmens WorldCom wurde klar, dass auch das unternehmensinterne Überwachungssystem erhebliche Schwachstellen aufwies. Dies veranlasste nicht nur den US-amerikanischen Gesetzgeber zur Schaffung von Regelungen, die die Interessenneutralität der unternehmensinternen Überwachungsentscheidung sichern sollten. Auch die Europäische Kommission gab, als Reaktion auf Enron, eine Empfehlung3 heraus, die die Unabhängigkeit von nicht geschäftsführenden 1 Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) v. 25.5.2009 (BGBl. I S. 1102). 2 Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.5. 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates, ABl. Nr. L 157 v. 9.6.2006, S. 87. 3 Empfehlung der Kommission vom 15. Februar 2005 zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern/börsennotierter Gesellschaften

22

1. Kap.: Einführung

Direktoren bzw. Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften gewährleisten sollte. Zur Auslegung des nunmehr im Aktiengesetz geregelten Begriffs „Unabhängigkeit“ verweist sowohl der deutsche Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung zum BilMoG4 als auch der europäische Gesetzgeber in der Abschlussprüferrichtlinie5 auf die am 15. Februar 2005 erlassene Empfehlung der Europäischen Kommission. Die Kommission definiert Unabhängigkeit nicht nur generell als die „Abwesenheit signifikanter Interessenkonflikte“, sondern hat im Anhang II einen detaillierten Profilkatalog angefügt, der zur Auslegung des Unabhängigkeitskriteriums herangezogen werden soll. Der unabhängige Finanzexperte hat damit die Aufgabe die Richtigkeit und Verlässlichkeit von veröffentlichten Finanzinformationen zu garantieren, um damit das Vertrauen in die Finanzmärkte zu sichern. Die ausdrückliche gesetzliche Forderung nach mindestens einem unabhängigen und sachverständigen Mitglied im Aufsichtsrat ist ein aktiengesetzliches Novum. Inkompatibilitätsregelungen für Aufsichtsratsmitglieder waren und sind im Aktiengesetz nur spärlich zu finden. Die Gefahr von Interessenkonflikten hat keine Auswirkung auf das Mandat des Betreffenden, sondern wird vielmehr als Folge der Nebenamtstätigkeit des Aufsichtsratsmandats hingenommen. Beziehungen zu Vorstandsmitgliedern, Wettbewerbsunternehmen oder Großaktionären verhindern also nicht die Bestellung als Aufsichtsratsmitglied oder stellen einen wichtigen Grund zur gerichtlichen Abberufung dar. Gegenteilige Auffassungen, wie beispielsweise die des OLG Hamm,6 das in seinem Beschluss die Besetzung des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft im faktischen Konzern nur mit Vertretern des Großaktionärs für unzulässig einstufte und die Mitgliedschaft einer relativ neutralen Person im Verhältnis zum herrschenden Unternehmen für notwendig erachtete, wurden heftigst kritisiert. Das Aktienrecht sehe es vielmehr als selbstverständlich an, dass Aufsichtsratsmitglieder zwischen unterschiedlichen Rollen trennen und weisungsfrei ihren Aufgaben nachgehen könnten, so dass es auf die Verhinderung von Interessenkonflikten bei der Mandatierung einer Person gar nicht ankäme. Dieses Dogma hat sich nun durch die Einführung des § 100 Abs. 5 AktG zumindest für ein Aufsichtsratsmitglied einer kapitalmarktorientierten Aktiengesellschaft gewandelt. Über einen Verweis in § 52 Abs. 1 GmbHG findet die Vorschrift auch auf den obligatorischen oder fakultativen Aufsichtsrat der GmbH sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs-/Aufsichtsrats (2005/162/EG), ABl. Nr. L 52 v. 25.2.2005, S. 51. 4 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 101. 5 Erwägung 24 der Abschlussprüferrichtlinie (2006/43/EG), (o. Fußn. 2). 6 OLG Hamm, Beschl. v. 3.11.1986 – 8 U 59/86 (Banning), AG 1987, 38 = WM 1987, 35.

§ 1 Einleitung

23

Anwendung, soweit die Gesellschaft unter die Definition des § 264d HGB subsumiert werden kann. Die nachfolgende Untersuchung soll jedoch auf die Anforderungen an den unabhängigen Finanzexperten einer kapitalmarktorientierten Aktiengesellschaft begrenzt bleiben, was aber nicht bedeutet, dass nicht auch Parallelen zu anderen kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften für die Wahl des unabhängigen Finanzexperten gezogen werden können. Ziel der Arbeit ist es, die in § 100 Abs. 5 AktG definierten Voraussetzungen für mindestens ein Aufsichtsratsmitglied näher zu untersuchen. Der Schwerpunkt der Ausführungen soll in der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Unabhängigkeit“ liegen. Nur am Rande werden die fachlichen Anforderungen, die das Gesetz an das Mitglied nach § 100 Abs. 5 AktG stellt, beleuchtet. Zu fragen ist nicht nur nach der inhaltlichen Bedeutung des Unabhängigkeitspostulats. Insbesondere auch die systematische Einordnung der Vorschrift und die Folgen ihrer Verletzung sollen untersucht werden.

B. Gang der Untersuchung Um die Bedeutung des Unabhängigkeitskriteriums analysieren zu können, wird in § 2 zunächst die Funktion des Aufsichtsrats in der Gesellschaft dargestellt. Insbesondere die Frage in wessen Interesse der Aufsichtsrat seine gesetzliche Aufgabe erfüllt, ist für die Frage, inwieweit eine Neutralität von anderen Interessen gefordert werden muss, ausschlaggebend. Besondere Aufmerksamkeit wird daher nicht nur den Pflichten und dem Handlungsmaßstab des Aufsichtsrats gewidmet, sondern vor allem die nähere Auslegung des Begriffs „Unternehmensinteresse“ ist dafür unerlässlich. Daran anschließend befasst sich das erste Kapitel mit der Rechtslage vor Inkrafttreten des § 100 Abs. 5 AktG. Sowohl die Regelungen die durch das BilMoG ins Gesetz Eingang gefunden haben, aber auch die Vorschriften des Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG)7 werden hier nicht mit betrachtet, um den vom europäischen Gesetzgeber veranlassten Paradigmenwechsel im deutschen Aktiengesetz zu veranschaulichen. Es werden die damals und auch heute noch geltenden rechtlichen Voraussetzungen, die das Aktiengesetz und die Mitbestimmungsgesetze für Aufsichtsratsmitglieder regeln dargestellt und interpretiert. Zum Vergleich wird auf die spezialgesetzliche Vorschrift des § 6 Abs. 2a InvG eingegangen, die bereits zu damaligem Zeitpunkt die Wahl von mindestens einem Mitglied des Aufsichtsrats vorschrieb, dass von den Aktionären, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der Gesellschaft unabhängig sein muss. Abschließend für dieses Kapi7 Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31.7.09 (BGBl. I S. 2509).

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1. Kap.: Einführung

tel sollen dann noch die Regeln guter Unternehmensführung betrachtet werden. Insbesondere auf Ziff. 5.4.2 des Deutschen Corporate Governance Kodex, der die Besetzung des Aufsichtsrats mit einer ausreichenden Anzahl unabhängiger Mitglieder empfiehlt, ist hier einzugehen. Hauptteil der Arbeit ist das zweite Kapitel, das sich der nach dem BilMoG und dem VorstAG bestehenden Rechtslage widmet. Nach einer kurzen Erläuterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift bildet die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Unabhängigkeit“ den Kern der Ausführungen. Hier sollen zunächst kurz die Beweggründe für eine Forderung nach Unabhängigkeit dargestellt werden, um dann unter dieser Prämisse die historische Entwicklung des Kriteriums nachzuvollziehen. Schwerpunkt der Arbeit ist die Auslegung des Unabhängigkeitskriteriums anhand der in der Abschlussprüferrichtlinie und der Gesetzesbegründung zum BilMoG genannten Kommissionsempfehlung vom 15. Februar 2005. Insbesondere die detaillierten Profilanforderungen in Anhang II der Empfehlungen sollen näher untersucht werden, um Aktiengesellschaften, die einen unabhängigen Finanzexperten im Aufsichtsrat haben müssen, Leitlinien zur Auslegung dieser gesetzlichen Vorschrift an die Hand zu geben. Beleuchtet werden dabei auch vergleichbare internationale Regelungen. Zum Ende des Untersuchungsabschnitts wird problematisiert, wie die in § 100 Abs. 5 AktG geforderte Besetzung mit einem Aufsichtsratsmitglied realisiert werden soll. Besonders die systematische Stellung der Norm im Aktiengesetz ist hierfür heranzuziehen. Im vorletzten Kapitel werden die Rechtsfolgen, die sich aus einer Verletzung von § 100 Abs. 5 AktG ergeben können, untersucht. Zu unterscheiden sind die Folgen, die sich durch eine Verletzung von § 100 Abs. 5 AktG bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder ergeben – also die Auswirkungen auf den Wahlbeschluss der Hauptversammlung. Des Weiteren sind die Rechtsfolgen zu thematisieren, die sich aus einem Verlust der Unabhängigkeit während der Amtszeit ergeben können. Im letzten Teil dieses Kapitels soll dann noch kurz die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder und insbesondere des unabhängigen Finanzexperten angeschnitten werden. Mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und einem Ausblick im vierten Kapitel endet die Arbeit.

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats Historisch wurde dem Aufsichtsrat die gesetzliche Aufgabe zugesprochen, die „Geschäftsführung der Gesellschaft in allen Zweigen der Verwaltung“ zu überwachen (Art. 225a ADHGB 1870). Tatsächlich entwickelte sich aber der als Überwachungsorgan vorgesehene Aufsichtsrat zum Geschäftsführungs- bzw. Herrschaftsorgan in der Aktiengesellschaft.8 Ursächlich dafür waren neben der

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats

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Besetzung des Aufsichtsrats mit Gründungs- und Großaktionären9 auch die gesetzlichen Regelungen für die sog. „verkürzte Generalversammlung“. Diese ließen eine klare Aufgabenabgrenzung zum Vorstand vermissen,10 so dass die bestehende Satzungsfreiheit es den Aktionären im Aufsichtsrat ermöglichte, sich weitestgehende Rechte zu sichern. Besonders die Großaktionäre missbrauchten diese Möglichkeit, um eigene Interessen in der Gesellschaft durchzusetzen. Erst im AktG von 1937 wirkte man dieser Entwicklung entgegen und stärkte die Stellung des Aufsichtsrats als Überwachungsorgan. Zusätzlich zu der in § 95 Abs. 1 AktG 1937 geregelten Überwachungsaufgabe wurde in Absatz 5 festgeschrieben, dass „Maßnahmen der Geschäftsführung [. . .] dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden [können]“.11 Die Überwachungsfunktion ist heute, über die Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft hinaus, unzertrennlich mit dem Gesellschaftsorgan „Aufsichtsrat“ verbunden.12 In wessen Interesse der Aufsichtsrat diese Aufgabe ausübt und welche konkreten Pflichten und Rechte das Aktiengesetz dafür regelt, soll nachfolgend untersucht werden.

A. Die Überwachungsfunktion Das Aktiengesetz definiert die Aufgabe des Aufsichtsrats damals wie heute folgendermaßen: „Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen“, § 111 Abs. 1 AktG. Gesetzlich verpflichtet ist der Aufsichtsrat als Kollegialorgan; jedoch kann er gem. § 107 Abs. 3 AktG „aus seiner Mitte einen oder mehrere Ausschüsse bestellen“, denen er Aufgaben zur Beratung oder zum Beschluss überträgt.13 Bei größeren Aufsichtsräten ist die Übertragung einzelner Aufgaben auf Ausschüsse nicht nur sinnvoll, sondern entspricht auch den Grundsätzen guter Unternehmensführung, wie Ziff. 5.3 DCGK zeigt. Durch das BilMoG wurde § 107 Abs. 3 AktG erweitert, so dass ausdrücklich die Einrichtung eines Prüfungsausschusses angeregt wird, der sich der „Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des 8 Lutter in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, S. 389 (392); Lieder in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, S. 318 (361). 9 Die zwingende Voraussetzung der Aktionärseigenschaft für das Aufsichtsratsmandat wurde erst mit der 2. Aktienrechtsnovelle des ADHGB vom 18. Juli 1884 abgeschafft. Dazu: Lutter in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, S. 389 (392); Lieder, Aufsichtsrat im Wandel, S. 148 ff. 10 Lieder, Aufsichtsrat im Wandel, S. 352; Lutter in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, S. 389 (392). 11 Lieder, Aufsichtsrat im Wandel, S. 353; Lutter in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, S. 389 (407). 12 Siehe dazu insbesondere zum fakultativen Aufsichtsrat der GmbH: Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 51. 13 Gittermann in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 6 Rn. 21 ff.

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1. Kap.: Einführung

internen Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems“ widmen und sich mit der „Abschlussprüfung, [. . .] insbesondere der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und der vom Abschlussprüfer zusätzlich erbrachten Leistungen“ befassen soll.14 Die Neuregelung in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG ändert aber nichts an der bestehenden Rechtslage.15 Die allgemeine Überwachungsaufgabe steht nur dem Aufsichtsrat als Ganzes zu. Dies ergibt sich zwar nicht direkt aus § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG, da § 111 Abs. 1 AktG hier nicht ausdrücklich genannt wird, wohl aber aus der gesetzlichen Funktion des Aufsichtsrats als Überwachungsorgan.16 Die Übertragung weiterer Überwachungsaufgaben sollte daher nur nach eingehender Prüfung vorgenommen werden; denn es bleibt dabei, dass nur einzelne Überwachungstätigkeiten auf (erledigende) Ausschüsse delegierbar sind, die auch auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder übertragen werden können, wie beispielsweise die Kontrolle von „Büchern und Schriften“ der Gesellschaft.17 Die Gesamtverantwortung verbleibt aber trotz Delegation beim Kollegialorgan.18 I. Überwachungsgegenstand § 111 Abs. 1 AktG definiert als Überwachungsgegenstand ausdrücklich die Geschäftsführung. Überwachungsadressat ist damit der Vorstand als Geschäftsführungsorgan, § 77 Abs. 1 AktG. Zu diesem Zweck gibt das Aktiengesetz dem Aufsichtsrat spezielle Überwachungsinstrumente an die Hand, die weiter unten19 kurz erläutert werden sollen. Zunächst ist aber die Frage zu klären, welche Bedeutung der gesetzliche Begriff „Geschäftsführung“ hat. Ist danach der Aufsichtsrat verpflichtet, alle Maßnahmen des Vorstands zu überwachen oder müssen aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung des Aufsichtsratsmandats Einschränkungen gemacht werden? 1. Abgrenzung der Begriffe Geschäftsführung und Geschäftsleitung Geschäftsführung wird als jedwede tatsächliche oder rechtsgeschäftliche Tätigkeit für die Aktiengesellschaft definiert, unabhängig davon, ob diese reinen Innencharakter aufweist oder sich auch auf das Außenverhältnis der Gesell14 Zur Akzeptanz des in Ziff. 5.3.2 DCGK empfohlenen Prüfungsausschusses: Peemöller/Warnke, DB 2005, 401; Quick/Höller/Koprivica, ZCG 2008, 25. 15 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 102; dazu: Velte, NZG 2009, 737. 16 Kropff, RegBegr. AktG, § 107 S. 149 f.; Hüffer, AktG, § 107 Rn. 9; Mertens in: KK AktG, § 107 Rn. 130. 17 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 9 [„Hilfstätigkeiten“]; Gittermann in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 6 Rn. 18, 27. 18 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 9. 19 Vgl. 1. Kapitel § 2 A. III.

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schaft zu Dritten bezieht.20 Der Vorstand ist gesetzlich aber nicht nur zur Geschäftsführung befugt. § 76 Abs. 1 AktG spricht dem Gesellschaftsorgan zusätzlich die „Leitung“ der Aktiengesellschaft in „eigener Verantwortung“ zu. Auch wenn die Begriffe Geschäftsführung und Geschäftsleitung häufig synonym verwendet werden, sind sie nach herrschender Ansicht21 nicht deckungsgleich. Vielmehr bildet „Geschäftsführung“ den Oberbegriff, der die Geschäftsleitung als herausgehobenen Teilbereich beinhaltet.22 a) Geschäftsführung Fraglich ist nun, ob die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats dahin zu interpretieren ist, dass eine Verpflichtung zur Überwachung aller Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands geregelt werden sollte. Der Gesetzgeber verwendet in § 111 Abs. 1 AktG nämlich den Begriff der „Geschäftsführung“ und nicht den der „Geschäftsleitung“. Bei einer streng am Wortlaut orientierten Auslegung der Vorschrift wäre der Aufsichtsrat also nicht nur auf den herausgehobenen Teilbereich des Vorstandshandelns beschränkt sondern verpflichtet, alle Maßnahmen des Vorstands zu kontrollieren. Dieses Ergebnis verträgt sich aber nicht mit dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Nebenamtscharakter des Aufsichtsratsmandats. Mit der Streichung des früheren Zusatzes „in allen Zweigen der Verwaltung“23 sollte der Aufsichtsrat ja gerade in seiner Kontrolltätigkeit entlastet werden und nicht auf die Überwachung jeglicher Einzelmaßnahmen bezogen bleiben. Zusätzlich deuten die in § 90 Abs. 1 AktG geregelten Berichtsgegenstände darauf hin, dass „Überwachung der Geschäftsführung“ als „Überwachung der Geschäftsleitung“ verstanden werden muss. Der Vorstand muss den Aufsichtsrat nämlich nur über „grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung“ unterrichten, nicht aber über sämtliche Maßnahmen informieren.24 Daher unterliegen im Grundsatz nur Geschäftsleitungsentscheidungen i. S. d. § 76 AktG der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats.25 20 Hüffer, AktG, § 77 Rn. 3; Mertens in: KK AktG, § 77 Rn. 2; Kort in: Großkomm. AktG, § 77 Rn. 3. 21 Statt vieler: Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG § 76 Rn. 14. 22 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 7; Mertens in: KK AktG, § 76 Rn. 4; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 18; Wiesner in: MünchHdb. AG, § 19 Rn. 13. 23 So die Fassung in § 246 HGB a. F. bis zum AktG 1937, vgl. § 95 Abs. 1 AktG 1937. Die Streichung wurde schon im Entwurf zum AktG von 1930 beabsichtigt. Dazu: Lutter in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, S. 389 (400, 407); auch: Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3. 24 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 111 Rn. 8. 25 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 3 Rn. 63; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 111 Rn. 160 f. [unterscheiden nach Überwachungspflicht i. S. d. § 76 AktG, bejahen aber ein Überwachungsrecht i. S. d. § 77 AktG]; Wolff in: Henn/Frodermann/Jannott, Hdb. AktR, 8. Kap. Rn. 2; a. A. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 66 ff.; Mertens in: KK AktG, § 111 Rn. 11.

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b) Leitung der Aktiengesellschaft Inhaltlich bestimmt sich die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats nun danach, welche Maßnahmen und Entscheidungen des Vorstands unter den Begriff der „Geschäftsleitung“ zu subsumieren sind. Nach einhelliger Ansicht bilden die Unternehmensplanung, die Unternehmenskoordination sowie die Unternehmenskontrolle und die Führungsstellenbesetzung den Kern der Leitungsaufgabe.26 Maßnahmen in diesen Bereichen unterliegen der organschaftlichen Verantwortung des Vorstands und können nicht an untere Führungsebenen delegiert werden. Diese betriebswirtschaftliche Definition von Leitung wird aus der normativen Sicht ergänzt, denn zu den Leitungsaufgaben gehören auch die dem Vorstand durch das Gesetz übertragenen Pflichten.27 Losgelöst vom Merkmal der Delegationsfähigkeit muss der Aufsichtsrat aber auch wesentliche Einzelmaßnahmen, die für die Gesellschaft besonders bedeutend sind oder denen ein ungewöhnliches Risiko innewohnt, überwachen.28 Insoweit ist der Überwachungsgegenstand – Geschäftsleitung – letztendlich doch im weiten Sinn der „Geschäftsführung“ auszulegen. Die Anknüpfung der Überwachungspflicht am Begriff der Geschäftsleitung ist jedoch passender als die Orientierung am Geschäftsführungsbegriff des § 77 Abs. 1 AktG,29 der jegliches Handeln des Vorstands erfasst. Es könnte nämlich der Eindruck entstehen, der Aufsichtsrat sei auch zur Überwachung von anderen Geschäftsführungsaufgaben des Vorstands, z. B. im Rahmen des laufenden Tagesgeschäfts, befugt. Das ist aber wegen des Geschäftsführungsverbots gem. § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG gerade nicht der Fall.30 Die Frage nach dem Überwachungsgegenstand ist aber nicht mit der Frage nach der Überwachungsintensität zu verwechseln. Letztere betrifft die Kontrollhäufigkeit sowie die Kontrolldichte und ist von der wirtschaftlichen Situation und dem Geschäftsfeld, in dem die Gesellschaft tätig ist, abhängig. In besonders risikoreichen Branchen31 muss der Aufsichtsrat den Vorstand intensiver 26 Spindler in: MüKo AktG, § 76 Rn. 16; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 8; Semler in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 1 Rn. 72 ff.; Goette in: FS 50 Jahre BGH, S. 123 (125) [„Unternehmerfunktion“]; andere Abgrenzung, i. E. wohl aber auch: Fleischer in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 1 Rn. 15; ders. in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 7 ff.; ders. ZIP 2003, 1 (5) [„Verantwortungsbereiche als unentziehbare und unübertragbare Leitungsaufgaben [. . .]: Planungs- und Steuerungsverantwortung, Organisationsverantwortung, Finanzverantwortung und Leitungsverantwortung“]. 27 Siehe dazu: Fleischer in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrechts, § 1 Rn. 16; Kort in: Großkomm. AktG, § 76 Rn. 35. 28 Henze, BB 2000, 209 (213 f.); Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3. 29 A.A. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 67 f. 30 Vgl. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 3 Rn. 65; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 111 Rn. 28; Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 43. 31 Verringerung der aktiengesetzlich zulässigen Mandatszahl für Banken und Versicherungen in § 36 Abs. 3 Satz 6 KWG, § 7a Abs. 4 Satz 4 VAG; siehe auch: BaFin,

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überwachen als in risikoärmeren. Grundsätzlich darf er sich aber auf die Entgegennahme und Prüfung der Vorstandsberichte beschränken und muss sich nur stichprobenartig von der ordnungsgemäßen Geschäftsleitung des Vorstands überzeugen.32 Eine erweiterte Überwachungspflicht33 des Aufsichtsrats besteht aber dann, wenn sich das Unternehmen in einer Krise befindet oder dem Aufsichtsrat konkrete Gründe bekannt werden, die auf fehlerhafte Maßnahmen des Vorstands hindeuten. 2. Beratung des Vorstands als zukunftsbezogene Überwachung Um Schaden von der Gesellschaft fernzuhalten bedarf es nicht nur der (vergangenheitsbezogenen) Kontrolle; vielmehr muss auch eine zukunftsgerichtete Überwachung der Geschäftsleitung stattfinden. Im Gesetz wird das durch § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG deutlich, der hinsichtlich der beabsichtigten Geschäftspolitik und anderer grundsätzlicher Fragen der Unternehmensplanung eine Berichtspflicht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat normiert. Den Aufsichtsrat trifft daher innerhalb seines Überwachungsauftrags eine Beratungspflicht gegenüber dem Vorstand, die sich in ihrem Umfang nicht von der nachträglichen Kontrolle unterscheidet.34 Konkret bedeutet das, dass der Aufsichtsrat den Vorstand bei seinen Leitungsentscheidungen beraten muss, wobei aber mit Blick auf den Nebenamtscharakter des Aufsichtsratsmandats keine zu umfangreiche und detaillierte Beratung geschuldet ist.35 Zudem besteht hier für den Aufsichtsrat ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum, so dass er selbst entscheiden kann, ob er sich zu einer geplanten Maßnahme des Vorstands äußert oder nicht36 oder ob es sich bei bestimmten Geschäften um wesentliche Maßnahmen handelt, die unter einen Zustimmungsvorbehalt gestellt werden sollten.

Merkblatt zur Kontrolle von Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gem. KWG und VAG v. 22.02.2010 [Vorbereitung und Teilnahme an Sitzungen des Kontrollorgans genügt nicht zur Erfüllung der Überwachungsaufgabe]; dazu auch: Uwe H. Schneider/Nowak in: FS 50 Jahre DVFA e. V. (im Erscheinen). 32 Mertens in: KK AktG, § 111 Rn. 42; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 111 Rn. 25. 33 Semler, Leitung und Überwachung, § 7 Rn. 253 ff.; LG München I, Urt. v. 31.5. 2007 – 5 HK O 11977/06, AG 2007, 827. 34 BGHZ 114, 127 (129 f.); Semler, NZG 2007, 881 (882). 35 Vgl. oben zur Überwachungsintensität: 1. Kapitel § 2 A. I. 1. b); Mertens in: KK, AktG, § 111 Rn. 34. 36 BGHZ 135, 244 (255) = ZIP 1997, 883 (ARAG/Garmenbeck); Semler, NZG 2007, 881 (882).

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1. Kap.: Einführung

3. Begrenzung der Überwachungsaufgabe Die Einwirkungen des Aufsichtsrats auf den Vorstand, seien sie präventiver oder repressiver Art, sind durch das Geschäftsführungsverbot des § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG begrenzt. Der Aufsichtsrat darf sich nicht mithilfe seiner Einwirkungsinstrumente an die Stelle des Vorstands setzen und dessen Leitungsverantwortung faktisch aushebeln. Das würde, trotz der im beschränkten Maße gesetzlich zugestandenen „Mitgeschäftsführungsbefugnisse“37 des Aufsichtsrats, der gesetzlichen Funktion des Organs entgegenstehen38 und letztendlich zu Überwachungslücken führen, da eine klare Trennung von Überwachung und Geschäftsführung nicht mehr möglich wäre.39 4. Überwachung im Konzern Aufgrund der fehlenden Rechtssubjektsqualität des Konzerns verfügt dieser nicht über einen „Konzernaufsichtsrat“, der sämtliche Vorstände der einzelnen Konzerngesellschaften zu überwachen hat. Der Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft überwacht vielmehr nur die Leitungsmaßnahmen und Entscheidungen des Vorstands der eigenen Gesellschaft. Die einheitliche Leitung, die das Wesensmerkmal eines Konzerns i. S. d. § 18 Abs. 1 AktG darstellt, erweitert den unternehmerischen Handlungsspielraum40 des Vorstands der Obergesellschaft in der Weise, dass nicht nur für das eigene Unternehmen Leitungsmaßnahmen getroffen werden, sondern gleichzeitig auch für abhängige Unternehmen, sei es in allen oder auch nur in einzelnen zentralen Unternehmensbereichen.41 Das erweitert zugleich den Überwachungsgegenstand des Aufsichtsrats der Konzernobergesellschaft, da dieser mit dem Geschäftsleitungsgegenstand des Vorstands kongruent ist.42 Aber auch wenn keine einheitliche Leitung besteht, gehört die gewissenhafte Ausübung der Beteiligungsrechte43 zu den überwachungsfähigen Geschäftsleitungsaufgaben des Vor37 Siehe dazu: Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 47 ff.; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 16; siehe Sondernorm: § 32 MitbestG. 38 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 111 Rn. 20. 39 Siehe zur historischen Entwicklung des Aufsichtsrats als Überwachungsorgan: 1. Kapitel § 2. 40 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 4 Rn. 132; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 279; Sven H. Schneider/Uwe H. Schneider, AG 2005, 57 (58) m.w. N. 41 Siehe zum weiten und zum engen Konzernbegriff: Emmerich/Habersack, KonzernR, § 4 Rn. 12 ff. 42 H.M. siehe: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 4 Rn. 132; Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621 (624 f.); Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 111 Rn. 369 ff.; Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 52; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 111 Rn. 85 ff.; Vetter in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börs. AG, § 26 Rn. 8. 43 Emmerich/Habersack, KonzernR, § 24 Rn. 18; Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 53; Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621 (624); Hüffer, AktG, § 76 Rn. 17a.

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stands der Obergesellschaft. Der Aufsichtsrat hat darauf zu achten, dass der Vorstand das Beteiligungsvermögen gewinnbringend verwaltet.44 Davon abzugrenzen ist die Frage, ob der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Überwachungspflicht dafür zu sorgen hat, dass der Vorstand des herrschenden Unternehmens die abhängigen Gesellschaften unter eine einheitliche Leitung zusammenbringt, mithin eine zentrale Ausrichtung des Konzerns anstrebt. Das kann nur dann zu bejahen sein, wenn den Vorstand seinerseits eine Pflicht zur einheitlichen Konzernleitung trifft. Eine Konzernleitungspflicht des Vorstands der Obergesellschaft kann dabei aus zwei Perspektiven beleuchtet werden. Zum einen geht es um die Pflicht des Vorstands des herrschenden Unternehmens gegenüber seiner eigenen Gesellschaft und zum anderen um die Pflicht zur Konzernleitung im Verhältnis zur abhängigen Gesellschaft. Während letztere Verpflichtung überwiegend abgelehnt wird,45 besteht über den Umfang der Konzernleitungspflicht46 des Vorstands gegenüber der eigenen Gesellschaft Streit. Eine Ansicht verweist auf den unternehmerischen Entscheidungsspielraum des Vorstands, der auch im Bezug auf die Konzernleitung bestehe und grundsätzlich zu respektieren sei, selbst wenn eine dezentrale Konzernführung vorgezogen würde.47 Die Gegenauffassung plädiert für eine umfassendere Konzernleitungspflicht, wenn dem Vorstand die entsprechenden rechtlichen Konzernleitungsmittel an die Hand gegeben seien. Eine weitergehende Konzernleitungspflicht48 des Vorstands gegenüber seiner eigenen Gesellschaft wäre dann nur bei bestehendem Beherrschungsvertrag vorstellbar, da nur hier dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft Weisungen auch entgegen dem Ge44

Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 279. Krieger in: MünchHdb. AG, § 69 Rn. 24; Hüffer, AktG, § 311 Rn. 8; Koppensteiner in: KK AktG, § 311 Rn. 152; Emmerich/Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 311 Rn. 10; a. A. Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621 (630); Besonderheiten können sich im Vertragskonzern ergeben: Spindler in: MüKo AktG, § 76 Rn. 51; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbHKonzernR, § 309 Rn. 31. 46 Statt vieler: Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 72; Löbbe, Unternehmenskontrolle, S. 235 f. 47 Krieger in: MünchHdb. AG, § 69 Rn. 24; Kropff in: MüKo AktG, § 311 Rn. 273; Semler, Leitung und Überwachung, § 9 Rn. 280; Spindler in: MüKo AktG, § 76 Rn. 49; Martens, ZHR 159 (1995), 567 (577); a. A. Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621 (625) [sonst überwachungsfreier Raum]; Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, ZIP 2007, 2061 (2063) [„Konzernleitung erschöpft sich aber nicht in der Beteiligungsverwaltung“]. 48 Emmerich/Habersack, KonzernR, § 24 Rn. 18 [Ausschluss einer Pflicht zur „breitflächigen und intensiven Konzernleitung“ im faktischen Konzern]; Mertens in: KK AktG, § 76 Rn. 55; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 17; Sven H. Schneider/Uwe H. Schneider, AG 2005, 57 ff. [„Zu den Mindestaufgaben der Konzernleitung gehören nur eine konzernweite Finanzierung, konzernweite Personalentscheidungen, welche die Konzernleitung sichern, ein konzernweites Risikoüberwachungssystem, eine konzernweite Compliance-Ordnung und ein konzernweites Informationssystem.“]. 45

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1. Kap.: Einführung

sellschaftsinteresse erteilt werden können, § 308 Abs. 1 AktG. Demgegenüber fehlt es im faktischen Konzern an einer rechtlich gesicherten Leitungsmacht der herrschenden Gesellschaft; denn der Vorstand der abhängigen Gesellschaft ist hier nur berechtigt, nicht aber verpflichtet, den Vorgaben des Vorstands des herrschenden Unternehmens zu folgen, § 311 Abs. 1 AktG.49 Im Ergebnis sind Konzernleitungsentscheidungen des Vorstands unternehmerische Entscheidungen, die vom Aufsichtsrat zu respektieren sind. Nicht nur die Organisation des Unternehmens unterliegt der Leitungsverantwortung des Vorstands, sondern auch die Ausgestaltung der Konzernbeziehungen.50 Es liegt im Ermessen des Vorstands, ob er nachgeordnete Gesellschaften unter einheitlicher Leitung des herrschenden Unternehmens zusammenfasst oder ob er es bei der bloßen Abhängigkeitslage belässt. Der Aufsichtsrat darf seine Überzeugungen hier ebenso wenig an die Stelle der Vorstandsentscheidungen setzen, wie das auch im konzernfreien Unternehmen der Fall ist.51 Er hat aber darauf zu achten, dass der Vorstand das Beteiligungsvermögen der Obergesellschaft gewinnbringend verwaltet. Im Einzelfall kann die engere (Weisungs-)Bindung einer lukrativen Tochtergesellschaft an die Konzernmutter die einzig richtige Entscheidung sein, so dass das unternehmerische Ermessen des Vorstands auf Null reduziert wird. Der Vorstand ist dann gegenüber der herrschenden Gesellschaft verpflichtet, einen Beherrschungsvertrag mit der abhängigen Gesellschaft abzuschließen und der Aufsichtsrat muss darauf hinwirken, dass der Vorstand dieser Verpflichtung auch nachkommt. Da dieser Fall aber nur selten eintreten wird, hat der Aufsichtsrat seine Überwachung darauf zu beschränken, dass der Vorstand den Konzern angemessen organisiert und die abhängigen Gesellschaften im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten kontrolliert. Darüber hinaus hat er den Vorstand bei der Festlegung der konzernweiten Unternehmensstrategie zu beraten und auf Gefahren hinzuweisen, die sich von Seiten der abhängigen Unternehmen für die Obergesellschaft ergeben könnten.52 II. Überwachungsadressat Vom Aufsichtsrat überwacht werden zunächst die Entscheidungen des Vorstands als Gesamtorgan, also die Entscheidungen der Vorstandsmitglieder in ihrer Gesamtheit.53 Demgegenüber obliegt es in erster Linie dem Vorstand bzw. den einzelnen Vorstandsmitgliedern, sich wechselseitig bei ihrer Aufgabenerfüllung zu überwachen. Das ist insbesondere bei der vorstandsinternen Aufgaben49

Emmerich/Habersack, KonzernR, § 24 Rn. 17. So auch Semler, Leitung und Überwachung, § 9 Rn. 280. 51 Dazu näher unten: 1. Kapitel § 2 A. IV. 3. 52 Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 284. 53 Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 23; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 3 Rn. 67. 50

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats

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übertragung auf einzelne Mitglieder (Ressortverteilung) der Fall.54 Der Aufsichtsrat wird dadurch aber nicht davon entbunden, die Entscheidungen des einzelnen Vorstandsmitglieds und die gegenseitige Kontrolle der Vorstandsmitglieder zu überwachen.55 Er darf sich jedoch zunächst darauf beschränken, seine Beanstandungen gegenüber dem Organ „Vorstand“ zu äußern. Erst wenn dieses Vorgehen nicht zur Beseitigung des Mangels geführt hat, kann sich der Aufsichtsrat auch an das einzelne Vorstandsmitglied wenden.56 Die Überwachung leitender Angestellter auf den unteren Führungsebenen obliegt nicht dem Aufsichtsrat sondern dem Vorstand.57 Ein teilweise befürworteter Überwachungsdurchgriff bei Führungskräften auf zweiter Ebene,58 die ohne den Vorstand selbständig Entscheidungen treffen können, würde dem aktienrechtlichen Zuständigkeitssystem entgegenstehen59 und widerspräche dem Nebenamtscharakter des Aufsichtsratsmandats. Deshalb obliegt auch die Kontrolle der Vorstände abhängiger Gesellschaften im Konzern dem Vorstand des herrschenden Unternehmens.60 III. Überwachungsinstrumente Zur Erfüllung seiner gesetzlichen Überwachungsaufgabe stehen dem Aufsichtsrat bestimmte Überwachungsinstrumente zur Verfügung, die der Vollständigkeit halber hier kurz dargestellt werden sollen. Die zentrale Informationsquelle bilden die Vorstandsberichte nach § 90 AktG als Mindestkommunikation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat,61 welche bei Konzernobergesellschaften konzernweit auszugestalten sind.62 Die Informationspflicht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat ist dabei umfassend, so dass 54

Spindler in: MüKo AktG, § 77 Rn. 59; Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 23. Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 24. 56 v. Schenck in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 29; Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 24; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 3 Rn. 67. 57 v. Schenck in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 30; Hoffmann-Becking in: MünchHdb. AG, § 29 Rn. 24; Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 25. 58 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG § 111 Rn. 9; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 90; Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 103. 59 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG § 111 Rn. 9; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten § 3 Rn. 68. 60 Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621 (625); Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 80; v. Schenck in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 7 Rn. 39. 61 Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 153. 62 Siehe § 90 Abs. 1 Satz 2 und § 90 Abs. 3 AktG sowie auch Ziff. 3.4 DCGK [„Unternehmen“ wird im DCGK i. S. v. „Konzern“ verstanden, Präambel DCGK]. 55

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1. Kap.: Einführung

nur solche Informationen nicht weitergegeben werden müssen, die offensichtlich irrelevant für die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats sind.63 Zusätzlich hat der Aufsichtsrat ein Einsichts- und Prüfungsrecht gem. § 111 Abs. 2 AktG, das unabhängig vom Vorstand wahrgenommen werden kann, auch wenn in der Praxis die Vorstandsberichte häufig den Anlass zur genaueren Überprüfung der enthaltenen Informationen liefern. Nach herrschender Meinung beinhaltet dies auch das Recht, im Rahmen der Prüfung oder Einsichtnahme ergänzende Fragen an Mitarbeiter zu stellen.64 Darüber hinaus wird ein Recht zur Befragung von dem Vorstand nachgeordneten Mitarbeitern nur als ultima ratio angenommen, nämlich wenn der Verdacht besteht, dass der Vorstand Informationen bewusst verweigert oder falsche Informationen weitergibt.65 Die Einrichtung von ständigen Informationsquellen unterhalb der Vorstandsebene wird dem Aufsichtsrat von der (noch) herrschenden Meinung versagt.66 Jedoch mehren sich die Stimmen, die einen erweiterten Informationsanspruch des Aufsichtsrats, auch am Vorstand vorbei, annehmen. Im Blick auf die zwingende Einrichtung einer „Whistleblowing“67-Stelle im Prüfungsausschuss nach Sec. 301 SarbanesOxley-Act 200268 soll der Aufsichtsrat auch nach deutschem Recht berechtigt sein, Informationen von Angestellten entgegenzunehmen, die auf Missstände im Unternehmen oder auf von Mitarbeitern oder Vorstandsmitgliedern begangene Straftaten hinweisen.69 Im Konzernverbund ist der Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft nicht berechtigt, die „Bücher und Schriften“ der Konzerngesellschaften einzusehen. Er

63 Bruder, Insiderinformationen, S. 10; Marsch-Barner in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 12 Rn. 30; Lutter, Information und Vertraulichkeit, § 3 Rn. 138. 64 Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 128; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, § 11 Rn. 311; Dreher in: FS Ulmer, S. 86 (96); Leyens, Information des Aufsichtrats, S. 176. 65 Lutter, Information und Vertraulichkeit, § 11 Rn. 313; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 135; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 111 Rn. 258; Semler, Leitung und Überwachung, § 6 Rn. 172 ff. [aber „Vorrecht“ des Vorstands zur Informationsbeschaffung]; Hoffmann-Becking in: MünchHdb. AG, § 29 Rn. 24; Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 158; Kropff, NZG 2003, 346 (349). 66 Lutter, Information und Vertraulichkeit, § 11 Rn. 319; ders. in: FS Hüffer, S. 617. 67 Zum Whistleblowing: Uwe H. Schneider/Nowak in: FS Kreutz, S. 855. 68 „Each audit committee shall establish procedures for – (A) the receipt, retention, and treatment of complaints received by the issuer regarding accounting, internal accounting controls, or auditing matters; and (B) the confidential, anonymous submission by employees of the issuer of concerns regarding questionable accounting or auditing matters“. 69 Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 200; Sven H. Schneider, Informationspflichten, S. 106 f.; Huwer, Prüfungsausschuss, S. 212; Lanfermann/Maul/Eggenhofer, BB 2003, 1289 (1292); Roth, AG 2004, 1 (8); a. A. Theisen, BB 2003, 1426 (1429) [Prüfungsausschuss kein Audit Committee im US-amerikanischen Sinne – geringere Kompetenzen des Prüfungsausschusses].

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats

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kann aber den Vorstand, dem die Kontrolle der Vorstände der abhängigen Gesellschaften obliegt, dazu anhalten, sofern nicht die Interessen der abhängigen Gesellschaften entgegenstehen.70 Neben den Überwachungsinstrumenten zur Informationsversorgung hat der Aufsichtsrat auch die Möglichkeit, Entscheidungen des Vorstands zu „korrigieren“ oder in eine bestimmte Richtung zu lenken. Zu diesem Zweck kann er beispielsweise gem. § 111 Abs. 3 AktG die Hauptversammlung einberufen. Praxisrelevanter ist aber die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, die auch konzernweit festgelegt werden können.71 Daneben bestehen noch andere gesetzliche Befugnisse, die der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Überwachungsaufgabe ausübt, wie z. B. die Prüfung des Jahresabschlussberichts gem. § 171 AktG oder die Beauftragung des Abschlussprüfers nach § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG. Dem Aufsichtsrat obliegt bei der Auswahl der einzelnen Überwachungsinstrumente ein Ermessen. Er muss aber nach pflichtgemäßer Abwägung der widerstreitenden Interessen das für die konkrete Situation passende Mittel auswählen.72 Insbesondere darf die einvernehmliche Zusammenarbeit mit dem Vorstand nicht ohne Grund durch übermäßige Kontrollen gefährdet werden.73 Eine derartige Überwachungspraxis könnte einen Schaden für die Gesellschaft nach sich ziehen, für den die Aufsichtsratsmitglieder haftbar gemacht werden könnten.74 Grundsätzlich stehen die Überwachungsinstrumente dem Aufsichtsrat als Kollegialorgan zu; bestimmte Aufgaben können aber auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder übertragen werden. Beispielsweise kann ein Aufsichtsratsmitglied jederzeit vom Vorstand einen Bericht „über Angelegenheiten der Gesellschaft, über ihre rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sowie über geschäftliche Vorgänge bei diesen Unternehmen [verlangen], die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluss sein könnten“, § 90 Abs. 3 Satz 1 AktG.75 Des Weiteren kann ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied zur Wahrnehmung des Einsichts- und Prüfungsrechts berechtigt werden, § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG. Darüber hinaus darf es sich aber keine Kontrollbe-

70

Uwe H. Schneider in: FS Hadding, S. 621 (629). Siehe dazu: Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 116; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 290 ff. 72 Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 164. 73 Siehe auch Ziff. 3. DCGK; Mertens in: KK AktG, § 111 Rn. 42; Drygala in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 111 Rn. 26; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 6 Rn. 243. 74 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 6 Rn. 243. 75 Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz – TransPuG) vom 19.7.2002 (BGBl. I S. 2681); RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 14. 71

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1. Kap.: Einführung

fugnisse anmaßen, die dem Aufsichtsrat als Organ zustehen; tut es dies doch, rechtfertigt das unter Umständen die gerichtliche Abberufung.76 IV. Überwachungsmaßstab – Unternehmensinteresse „Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.“ Das schließt nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG mit ein, dass sie frei von Interessenkonflikten auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft handeln, kurzum im Unternehmensinteresse entscheiden. Tun sie dies nicht, verletzen sie ihre organschaftliche Pflicht, § 93 Abs. 2 AktG. Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, möglichen Pflichtverletzungen des Vorstands intensiv nachzugehen;77 denn auch er ist über § 116 AktG an das Wohl der Gesellschaft gebunden. Kommt er nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis, dass der Vorstand seine Pflichten tatsächlich verletzt hat, muss er die Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Vorstand geltend machen, notfalls auch auf gerichtlichem Wege. Bei dieser Entscheidung steht dem Aufsichtsrat kein unternehmerischer Ermessensspielraum zu,78 der die Nichtgeltendmachung der Ansprüche trotz erfolgter Pflichtverletzung seitens des Vorstands zulassen würde. Vielmehr gebietet die Bindung an das Unternehmenswohl die Wiederherstellung des geschädigten Gesellschaftsvermögens.79 Lediglich bei gewichtigen Gründen kann der Aufsichtsrat von der Geltendmachung der Ansprüche gegen den Vorstand absehen.80 Für die Überwachungsentscheidung des Aufsichtsrats ist also die konkrete Bedeutung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Unternehmensinteresse“ richtungsweisend, so dass nachfolgend nähere Ausführungen dazu erfolgen sollen. 1. Rechtmäßigkeit des Vorstandshandelns Der Aufsichtsrat hat die Vorstandsentscheidungen als erstes auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Der Vorstand muss bei der Geschäftsführung die 76 OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 1.10.2007 – 20 W 141/07, NZG 2008, 272 = AG 2008, 456. 77 Siehe dazu die erweiterte Überwachungspflicht des Aufsichtsrats: 1. Kapitel § 2 A. I. 1. b). 78 A.A. Paefgen, AG 2008, 761 (769); Mertens in: FS K. Schmidt, S. 1183 (1195). 79 BGHZ, 135, 244 (255) = ZIP 1997, 883 (ARAG/Garmenbeck); Koch, AG 2009, 93 (96 f.). 80 Diese Gründe müssen aber das Gesellschaftsinteresse an der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche überwiegen oder „zumindest gleichwertig“ sein. Hier kommen insbesondere negative Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit bzw. das Ansehen der Gesellschaft in der Öffentlichkeit oder die Beeinträchtigung des Betriebsklimas in Betracht. Siehe BGHZ 135, 244 (255) = ZIP 1997, 883 (ARAG/Garmenbeck); Götz, NJW 1997, 3275 (3277) [nur gewichtige Gründe; große Öffentlichkeitswirksamkeit einer Schadensersatzklage genügt nicht].

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats

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Gesetze befolgen; denn die Verletzung gesetzlicher Vorschriften ist nie im Unternehmensinteresse. Das gilt auch dann, wenn der durch den Gesetzesverstoß errungene Vorteil für die Gesellschaft den durch die Sanktionierung des Verstoßes entstandenen Schaden überwiegt.81 Ein Handeln im Unternehmensinteresse ist aber nicht nur ausgeschlossen, wenn Gesetze verletzt werden, die als Gebotsoder Verbotsnormen die Gesellschaft verpflichten. Dem Vorstand sind ebenfalls Entscheidungen entzogen, die in den Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung fallen. Maßnahmen, die unter Missachtung der Zuständigkeitsvorschriften veranlasst werden, sind ebenfalls keine unternehmerischen Entscheidungen zum Wohl der Gesellschaft. Dabei sind nicht nur die in § 119 Abs. 1 AktG aufgeführten Entscheidungsgegenstände der Entscheidungsgewalt des Vorstands entzogen. Die Rechtsprechung ordnet dem Zuständigkeitsbereich der Aktionäre weitere (ungeschriebene) Entscheidungskompetenzen zu, die entweder die Mitverwaltungsrechte der Anteilseigner in wesentlichem Umfang berühren82 oder den Verkehrswert und die Verkehrsfähigkeit der Aktien beeinträchtigen.83 Zieht der Vorstand diese Entscheidungen an sich ohne Befassung der Hauptversammlung, liegt kein Handeln im Unternehmensinteresse vor. Auch die Satzungsbestimmungen, insbesondere die Grenzen des vorgegebenen Unternehmensgegenstands und der Gesellschaftszweck84, müssen eingehalten werden.85 Entscheidungen, die außerhalb des verfolgten Gesellschaftszwecks und außerhalb des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands liegen, sind keine unternehmerischen Entscheidungen des Vorstands und verstoßen gegen § 82 Abs. 2 i.V. m. § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG.86 81 Zum Problemkreis „nützliche Pflichtverletzung“: Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 32; ders. ZIP 2005, 141; Paefgen, Unternehmerische Entscheidung, S. 24; Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 74 ff.; Bayer in: FS K. Schmidt, S. 85. 82 BGHZ 159, 30 (Gelantine) = NZG 2004, 571 (573); BGHZ 83, 122 (Holzmüller) = NJW 1982, 1703; Habersack, AG 2005, 137 ff.; siehe auch zur ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz bei Beteiligungsveräußerung BGH, Beschl. v. 20.11. 2006 – II ZR 226/05, NZG 2007, 234; dazu: Hofmeister, NZG 2007, 47; OLG Hamm, Urt. v. 19.11.2007 – 8 U 216/07, ZIP 2008, 832. 83 BGHZ, 153, 47 (Macrotron) = NJW 2003, 1032 (1034); zum Downlisting: Seibt/ Wollenschläger, AG 2009, 807. 84 §§ 23 Abs. 3 Nr. 2, 119 Abs. 1 Nr. 5 AktG. Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck sind nicht notwendigerweise identisch. Vielmehr wird der Unternehmensgegenstand durch den allgemeineren Gesellschaftszweck bestimmt und dient diesem als Mittel, Schilling, BB 1997, 373 (375). 85 LG Köln, Urt. v. 23.11.2007 – 82 O 214/06, AG 2008, 327 (331) = CCZ 2008, 113 m. Anm. Micker [„nur vorübergehende Unterschreitung des Unternehmensgegenstandes kann zulässig sein“]. 86 Verstöße gegen Gesetz und Satzung machen den Vorstand im Verhältnis zur Gesellschaft haftbar, § 93 AktG. Sie begründen aber nicht die Rechtsunwirksamkeit des getätigten Geschäfts. Eine Nichtigkeit wegen Handelns „ultra-vires“ kennt das deutsche Recht, im Unterschied zum anglo-amerikanischen Recht nicht: Kropff, RegBegr. AktG, § 82 S. 103 [Beschränkungen des Umfangs der Vertretungsbefugnis sind als Be-

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1. Kap.: Einführung

2. Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit Sorgfältig ist die Vorstandsentscheidung nur dann wenn sie auf einer angemessenen Informationsgrundlage basiert. Dazu muss der Vorstand sein Unternehmen den Aufgaben entsprechend organisieren87 und insbesondere ein angemessenes unternehmensinternes Berichtswesen einrichten. Der Aufsichtsrat ist dann verpflichtet zu prüfen, ob der Vorstand ein geeignetes Risikomanagementsystem88 implementiert hat und dafür Sorge trägt, dass die Unternehmensangestellten nicht gegen Ver- oder Gebotsnormen verstoßen.89 In jedem Fall hat der Aufsichtsrat jedoch darauf zu achten, dass die Entscheidungen des Vorstands nicht den Bestand des Unternehmens und seine dauerhafte Rentabilität gefährden. 3. Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Vorstands Ist die Vorstandsentscheidung unter obigen Kriterien nicht zu beanstanden, stellt sich weiter die Frage nach den Grenzen des durch die eigenverantwortliche Leitungsmacht zugebilligten weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraums.90 Der Aufsichtsrat darf eine vertretbare unternehmerische Entscheidung des Vorstands nämlich nicht einfach ersetzen, wenn er mit der Maßnahme nicht einverstanden ist.91 Anders herum darf er aber auch nicht die nähere Kontrolle des der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts mit der Begründung ablehnen, dass eine genaue Beurteilung der Vorstandsentscheidung wegen des weiten Ermessensspielraums des Vorstands letztendlich unerheblich sei92 oder sich schränkungen der Geschäftsführungsbefugnis zu interpretieren]. Vom BGH wurde das in der Vergangenheit nur bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts bejaht, BGHZ 20, 119. 87 Semler, Leitung und Überwachung, § 6 Rn. 184 f.; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 111 Rn. 21. 88 Gem. § 91 Abs. 2 AktG ist nach h. M. ein allgemeines System, mithilfe dessen bestandsgefährdende Risiken aufgedeckt werden können, ausreichend. Es genügt die Einrichtung einer internen Revision bzw. Controlling-Abteilung, Theusinger/Liese, NZG 2008, 289 (290); Weber-Rey, AG 2008, 345; a. A. LG München I, Urt. v. 5.4. 2007 – 5 HK O 15964/06, NZG 2008, 320 [für allgemeines Risikomanagement mit Dokumentationspflicht]. 89 Die Pflicht des Vorstands zur Einrichtung einer Compliance-Organisation durch den Vorstand ist umstritten: dafür: Uwe H. Schneider, ZIP 2003, 645 (648); Bürkle, BB 2005, 565 (570); Spindler in: MüKo AktG, § 76 Rn. 17; zurückhaltender: Fleischer, CCZ 2008, 1 (3); ders. in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 8 Rn. 43 ff.; dagegen: Hauschka, ZIP 2004, 877 (882); ders. in Hauschka, Corporate Compliance, § 1 Rn. 23; Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Ziff. 4.1.1 Rn. 603. 90 Semler in: FS Ulmer, S. 627 (631 ff.); Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 111 Rn. 16; Goette in: FS 50 Jahre BGH, S. 123 (129). 91 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 111 Rn. 17. 92 Semler, Leitung und Überwachung, § 6 Rn. 193; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 111 Rn. 306.

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats

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auf eine reine Missbrauchskontrolle93 beschränken. Inwieweit jedoch dem unbestimmten Rechtsbegriff „Wohle des Unternehmens“ eine konkrete Entscheidungsrichtung entnommen werden kann, soll nachfolgend untersucht werden. a) Unternehmensinteresse als Eigeninteresse der Gesellschaft? Nach herrschender Ansicht führt die Ausrichtung des Unternehmensinteresses am Gesellschaftszweck und am Unternehmensgegenstand nicht zu der Anerkennung eines überindividuellen oder herausgehobenen Eigeninteresses der Gesellschaft.94 Vielmehr kann das Unternehmensinteresse nicht unabhängig von den am Unternehmen beteiligten Interessenträgern ermittelt werden.95 Danach müssen die Gesellschaftsorgane ihre Ermessensentscheidungen nicht nur am Anteilseignerinteresse ausrichten, sondern auch die Interessen der Arbeitnehmer, der Öffentlichkeit und unter Umständen die Interessen von Lieferanten und Kunden in den Entscheidungsfindungsprozess integrieren. Der in der deutschen Aktiengesellschaft grundsätzlich angelegte Interessenpluralismus spiegelt sich ebenfalls in der Besetzung des Aufsichtsrats wieder, in den nicht nur die Aktionäre ihre Vertreter „entsenden“ können, sondern auch Arbeitnehmer und die Träger der öffentlichen Hand. Als Minimalvorgabe für die Entscheidungen der Gesellschaftsorgane sind der Bestand und die dauerhafte Rentabilität des Unternehmens96 bzw. eine nachhaltige Wertschöpfung97 bindend. Wie darüber hinaus die abzuwägenden Interessen zu gewichten sind,98 ist umstritten.

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Säcker/Rehm, DB 2008, 2814 (2817). So wohl aber: Mülbert, ZGR 1997, 129 (141 ff.); ders., Aktiengesellschaft, S. 138 f. 95 Auch nach der Rechtsprechung wird Gesellschaftsinteresse und Unternehmensinteresse nicht in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Siehe dazu: BGHZ 64, 325 (331) = NJW 1975, 1412 [Unternehmensinteresse]; BGHZ 71, 40 (44); 83, 319 (321); 136, 133 (Siemens/Nold) = DStR 1997, 1460 (1462) [Gesellschaftsinteresse]. Aus strafrechtlicher Sicht: BGHSt 50, 331 (Mannesmann) = NJW 2006, 522 (524). Zum Unternehmensinteresse: Hüffer, AktG, § 76 Rn. 12b; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 27; Seibt in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 76 Rn. 12; Goette in: FS 50 Jahre BGH, S. 123 (127); Mertens in: KK AktG, § 76 Rn. 11, 16; Kort in: Großkomm. AktG, § 76 Rn. 52 ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 52; Semler in: Leitung und Überwachung, § 11 Rn. 365. 96 Mertens in: KK AktG, § 76 Rn. 10; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 13 ff.; Goette in: FS 50 Jahre BGH, S. 123 (127); Spindler in: MüKo AktG, § 76 Rn. 74; Kort, in: Großkomm. AktG, § 76 Rn. 52; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 24 ff.; OLG Hamm, Urt. v. 10.5.1995 – 8 U 59/94, AG 1995, 512 (514). 97 Siehe die Definition von Unternehmensinteresse in der Präambel Abs. 2 DCGK. 98 Eine Abwägung der Interessen ist aber dann nicht möglich, wenn Schutzgesetze beispielsweise zugunsten der Arbeitnehmer eingreifen. Das sind gebundene Entscheidungen des Vorstands, die einen Entscheidungsspielraum nicht eröffnen. 94

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1. Kap.: Einführung

b) Shareholder Value oder Stakeholderinteressen? Während teilweise davon ausgegangen wird, der Vorstand sei primär dem Aktionärsinteresse und damit der Maximierung des Marktwerts des einzelnen Gesellschaftsanteils verpflichtet99 (Shareholder Value),100 geht die andere Auffassung davon aus, dass die Interessen der verschiedenen Gruppen nicht in einer Hierarchie zueinander stehen,101 sondern im Konfliktfall durch „praktische Konkordanz“ in Ausgleich zu bringen seien. Für eine Bevorzugung der Aktionärsinteressen spräche nach erster Auffassung, dass die Aktiengesellschaft vorrangig eine „Veranstaltung der Aktionäre“ sei.102 Diese trügen ein größeres Risiko als die sonstigen an der Gesellschaft beteiligten Gruppen. Auch die Bindung des Vorstands an den Gesellschaftszweck führe zu einer vorrangigen Beachtung der Anteilseignerinteressen. Die Ausrichtung der Gesellschaft als erwerbswirtschaftliches Unternehmen würde den Gesellschaftszweck auf dauerhafte Rentabilität festlegen, aus der die Pflicht des Vorstands resultiere, seine Entscheidungen gewinnmaximierend, also im Interesse der Anteilseigner zu treffen. Zudem seien die gesetzlichen Neuerungen durch das KonTraG103 ein Hinweis auf die besondere Berücksichtigung der Aktionärsinteressen.104 Schlussendlich würden die Interessen der Arbeitnehmer, der Gläubiger und der Öffentlichkeit durch die Bindung des Vorstands an Gesetz und Satzung ausreichend gewahrt.105

99 Dazu siehe Mülbert, ZGR 1997, 129 (130 ff.); ders., Börsenzeitung v. 18.2.2004, Nr. 33 S. 2; Kort in: Großkomm. AktG, § 76 Rn. 54, 64 [„Orientierung des Vorstands am shareholder value [sei] geboten]; Seibt in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 76 Rn. 12 [„Gewichtungsvorsprung der Aktionärsinteressen“]; Fleischer, AG 2001, 171 (181). 100 Das „Shareholder Value“-Konzept wird unterschiedlich verstanden. Ursprünglich geprägt wurde der Begriff in der Betriebswirtschaft von Rappaport, der darunter das Interesse der Aktionäre an der Marktwertmaximierung des Unternehmens durch die Erzielung eines möglichst hohen Aktienkurses verstand. Gesellschaftsrechtlich steht der Begriff „shareholder value“ eher für die Bevorzugung der finanzwirtschaftlichen Interessen der Aktionäre. Siehe dazu: Mülbert, ZGR 1997, 129 (130 ff.); Schilling, BB 1997, 373 (374). 101 H.M.: Mertens in: KK AktG, § 76 Rn. 11, 19; K. Schmidt, GesR, § 28 II 1a, S. 805 f.; Paschke in: Schwerdtfeger, GesellschaftsR, § 76 AktG Rn. 18; Hopt, ZGR 1993, 534 (536). 102 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 31, 33; ders. in: Hommelhoff/Hopt/ v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 185 (195 f.). 103 Siehe insb. § 71 Abs. 1 Nr. 8 und § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG die durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.4.1998 (BGBl. I S. 786) eingeführt wurden. 104 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 32 f.; Spindler in: MüKo AktG, § 76 Rn. 77. 105 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 31; ders. in: Hommelhoff/Hopt/ v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 185 (195).

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats

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Die andere Ansicht stellt auf die Weitergeltung der noch im § 70 AktG 1937 normierten Gemeinwohlklausel ab. Mit der Nichtaufnahme dieser Klausel in § 76 Abs. 1 AktG sollte nicht die ausschließliche Berücksichtigung der Anteilseignerinteressen normiert, sondern lediglich eine freie Ermessensausübung ermöglicht werden, ohne dass die Geschäftsleitung eine bestimmte Rangfolge der Interessen zu beachten habe.106 Schließlich sei der Vorstand auch durch die Sozialbindung des in der Aktie verkörperten Eigentums der Anteilseigner an die Beachtung der Gemeinwohlinteressen gebunden, denn seine Kompetenz könne nicht über die Bindung der Aktionäre an Art. 14 Abs. 2 GG hinausgehen.107 Für eine gleichwertige Berücksichtigung der Anteilseignerinteressen und der Arbeitnehmerinteressen sprächen auch die Mitbestimmungsregelungen, die eine Vertretung der Arbeitnehmerinteressen im Aufsichtsrat sicherstellen. M. E. kann eine alleinige Ausrichtung des Vorstands am Marktwertmaximierungsgedanken aus dem Gesetz nicht gefolgert werden. Insbesondere die Bindung des Vorstands an die dauerhafte Rentabilität der Gesellschaft kann nicht zugleich als Verhaltensmaxime im Sinne des Shareholder Value-Konzepts gewertet werden.108 Die erhebliche „Manipulierbarkeit“ des Börsenkurses, die kürzlich erst wieder am Beispiel der Volkswagen AG beobachtet werden konnte,109 spricht gegen eine primäre Ausrichtung des Unternehmens daran. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Entscheidungen, die lediglich die Steigerung des Marktwertes des Unternehmens zum Ziel haben, die Gefahr bergen, dass der Vorstand für die Gesellschaft risikoreiche und bestandsgefährdende Entscheidungen trifft, indem er beispielsweise in lukrative Papiere investiert, die letztendlich zur Insolvenz des Unternehmens führen können,110 oder langfristige 106

Mertens in: KK AktG, § 76 Rn. 16; Kropff, RegBegr. AktG, § 76 S. 98. Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 14; Mertens in: KK AktG, § 76 Rn. 32; BVerfGE 50, 290 (Mitbestimmungsurteil) = NJW 1979, 699 (702 ff.); vgl. auch Spindler, Gutachten Unternehmensinteresse, S. 12. 108 So aber Schilling, BB 1997, 373 (375). 109 In Verbindung mit sog. ungedeckten Leerverkäufen: „VW-Aktie springt über 1000 Euro“, Börsenzeitung v. 29.10.08, Nr. 209 S. 1; „Analysten bezeichnen VW-Aktie als überbewertet“, Börsenzeitung v. 27.09.08, Nr. 188, S. 18. 110 Siehe dazu auch die Entwicklung der Bankenkrise und die Debatte zur erfolgsabhängigen Vorstandsvergütung: Lutter, ZIP 2009, 197; Wilsing/Kleißl, BB 2008, 2422; Brigitte Zypries: „Chefetagen dürfen keine Kuschelecken sein“ v. 29.01.2009 [„Ich habe den Eindruck, dass manche Vorstände sich nur so lange für das Unternehmen verantwortlich fühlen, wie sie in ihm beschäftigt sind“], abrufbar unter: www.bundesregierung.de; siehe auch Neuregelung des § 87 Abs. 1 S. 2, 3 AktG durch VorstAG (o. Fußn. 7): „Die Vergütungsstruktur ist bei börsennotierten Gesellschaften auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten. Variable Vergütungsbestandteile sollen daher eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben“, BT-Drucks. 16/13433; für Banken und Versicherungen: Entwurf eines Gesetzes über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen, BT-Drucks. 17/454; vlg. auch: Uwe H. Schneider/Nowak in: FS 50 Jahre DVFA e. V. (im Erscheinen). 107

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1. Kap.: Einführung

Investitionen in ertragsschwache Unternehmensbereiche zugunsten kurzfristiger Gewinne zurückfährt oder sogar ganz einstellt.111 Die durch das KonTraG112 ins Aktiengesetz eingefügten Vorschriften zum Rückerwerb eigener Aktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) sowie die Möglichkeit Führungskräften Aktienoptionen einzurichten (§ 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG) sprechen ebenfalls nicht für eine zwingende Ausrichtung des unternehmerischen Ermessens am Shareholder Value-Konzept.113 Diesen Vorschriften kann im Hinblick auf das Unternehmensinteresse kein genereller Vorrang der Aktionärsinteressen abgerungen werden, da der Vorstand nicht frei über den Rückerwerb eigener Aktien entscheiden kann. Zum einen ist der Eigenerwerb als dauerhaftes Kurspflegemittel ausgeschlossen.114 Zum anderen ist der Rückerwerb entweder an einen damit verfolgten Zweck oder an die Ermächtigung der Hauptversammlung gebunden. Der Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung eröffnet dem Vorstand den Entscheidungsrahmen, eigene Aktien zur Belebung des Börsenhandels oder zur Steigerung der Akzeptanz der Aktie zu erwerben.115 Die Aktionäre geben dem Vorstand jedoch selbst den „Auftrag“, vorrangig im Aktionärsinteresse zu handeln. Das dem Vorstand von der Hauptversammlung gegebene Entscheidungsfenster ist aber sowohl zeitlich als auch der Höhe nach begrenzt116 und kann somit keine generelle Aussage über die vom Vorstand zu beachtenden Interessen liefern. Ebenfalls greift der Einwand, die Belange der Arbeitnehmer, der Gläubiger bzw. der Öffentlichkeit seien genügend über entsprechende Schutzgesetze geschützt, zu kurz. Schutzgesetze sollen einen Minimalschutz bestimmter Interessengruppen sichern, verbieten aber keine darüber hinausgehende Beachtung dieser Interessen. Auch die Nichteinführung der ehemalig in § 70 AktG 1937 vorhandenen Gemeinwohlklausel in § 76 Abs. 1 AktG spricht nicht gegen eine gleichberechtigte Beachtung sämtlicher Interessen. Der Gesetzgeber wollte nur der Annahme einer nicht gewollten Rangfolge der Interessen vorbeugen und nicht den Vorstand primär an die Verfolgung von Aktionärsinteressen binden.117

111 Siehe dazu auch das Geschäftsmodell das vielfach von Private Equity verfolgt wird: Uwe H. Schneider, NZG, 2007, 888; zur Superdividende: Habersack in: FS K. Schmidt, S. 523 (524). 112 KonTraG (o. Fußn. 103). 113 So aber: Mülbert in: FS Röhricht, S. 421 (434). 114 § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 AktG; RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 115 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 116 Die Geltungsdauer des Ermächtigungsbeschlusses wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.07.2009 (BGBl. I S. 2479) von maximal 18 Monate auf fünf Jahre erhöht, RegBegr. ARUG, BT-Drucks. 16/11642, S. 8, 25. 117 Vgl. Mülbert, ZGR 1997, 129 (148); Mertens in: KK AktG, § 76 Rn. 16; Spindler, Gutachten Unternehmensinteresse, S. 14.

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats

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Im Ergebnis kann man dem Gesetz keine konkreten Richtungsvorgaben für die ermessensgetragene Vorstandsentscheidung entnehmen. Ob er die Interessen der Anteilseigner, Arbeitnehmer oder der Öffentlichkeit118 mit seinen Handlungen verfolgt, liegt in seinem unternehmerischen Ermessen und ist durch die konkreten Umstände bedingt. Das muss auch der Aufsichtsrat respektieren.119 Die vorrangige Beachtung von Aktionärsinteressen kann weder aus dem Gesetz noch aus wirtschaftlichen Erwägungen hergeleitet werden, selbst wenn dieses Ergebnis mit Blick auf die Breite der Entscheidungspalette des Vorstands unbefriedigend ist.120 Eine Verpflichtung auf das Shareholder Value-Konzept sei lediglich dann denkbar, wenn eine satzungsmäßige Festsetzung des Marktwertmaximierungsgedankens für zulässig erachtet würde.121 Die Gegenauffassung lehnt das aber zu Recht als zu starke Eingrenzung der Leitungsaufgabe des Vorstands ab. Zudem ist eine primäre Ausrichtung der Gesellschaft auf die Aktionärsinteressen nicht mit dem im Aufsichtsrat angelegten Interessenpluralismus vereinbar, da sonst auch die Arbeitnehmervertreter dem Vorstand zu marktwertmaximierenden Entscheidungen raten müssten. Auch die Regierungskommission DCGK hat sich gegen das Shareholder Value-Konzept ausgesprochen und betont, dass es einer guten Corporate Governance entspricht, wenn „die berechtigten Interessen aller Anspruchsgruppen, [. . .], angemessen und ausgewogen [berücksichtigt]“ 122 werden. In Ziff. 4.1.1 DCGK wird daher die gesetzliche Verpflichtung des Vorstand wiedergegeben, das Unternehmen „im Unternehmensinteresse, also unter Berücksichtigung der Belange der Aktionäre, seiner Arbeitnehmer und der sonstigen dem Unternehmen verbundenen Gruppen (Stakeholder)“, zu leiten. c) Unternehmensinteresse im Konzern Im Unternehmensverbund stellt sich nun die Frage, ob Vorstand und Aufsichtsrat der herrschenden Gesellschaft neben dem zu beachtende Unternehmensinteresse auch an ein davon zu unterscheidendes „Konzerninteresse“ gebunden sind. Für den Vertragskonzern könnte letzteres aus § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG gefolgert werden, da Weisungen nicht nur zur Beachtung der „Belangen des herrschenden Unternehmens“ erteilt werden können, sondern auch zur Beachtung der Belange konzernverbundener Unternehmen. Die Begründung des

118 Siehe zu „Corporate Social Responsibility“ und Unternehmensspenden: Fleischer, AG 2001, 171. 119 Siehe zur Zweckmäßigkeit der Vorstandsentscheidung: 1. Kapitel § 2 A. IV. 2. 120 Siehe zur Kritik: Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 28. 121 Vgl. Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 35; Mülbert in: FS Röhricht, S. 421 (440). 122 Ausführungen von Klaus-Peter Müller, Vorsitzender der Regierungskommission DCGK anlässlich der 8. Konferenz DCGK am 19.6.2009 in Berlin, S. 5, abrufbar unter: www.corporate-governance-code.de.

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Regierungsentwurfes zu § 311 AktG lässt ebenfalls darauf schließen, wenn sie zwischen den „Interessen des herrschenden Unternehmens oder des Konzerns“123 unterscheidet. Insofern entsteht der Eindruck, „Konzerninteresse“ sei als ein über das Interesse des herrschenden Unternehmens hinausgehendes Interesse zu verstehen. „Konzerninteresse“ ist aber kein von den einzelnen Gesellschaften und ihrer Interessenträger losgelöstes Verbandsinteresse.124 Ein übergeordnetes Eigeninteresse wird schon bei der konzernfreien Gesellschaft überwiegend abgelehnt;125 das muss erst recht für den Konzern gelten, der lediglich als wirtschaftliche Einheit gesehen wird, nicht aber selbst Rechtssubjektsqualität besitzt. Im Vertragskonzern ist gem. § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG die Erteilung von Weisungen auch im Interesse anderer Konzerngesellschaften möglich. Das bedeutet aber nicht, dass ein vom Interesse der Obergesellschaft unterschiedliches „Konzerninteresse“ besteht; denn letztendlich stellt eine Weisung, die direkt eine Konzerngesellschaft bevorzugt, immer auch einen indirekten Vorteil des herrschenden Unternehmens dar.126 § 308 AktG hat nur die unmittelbare Begünstigungswirkung einer Weisung im Blick und soll nicht die Obergesellschaft dazu zwingen, generell die Interessen der abhängigen Gesellschaften zu berücksichtigen. Das herrschende Unternehmen wird nur nach § 309 AktG dazu verpflichtet, bei der Erteilung von Weisungen die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Nur in diesem Rahmen sind die Interessen der Konzerngesellschaften zu beachten.127 Eine über die Schadensersatzverpflichtung hinausgehende Berücksichtigung der Interessen der Konzerngesellschaften ist nicht gefordert. Außerhalb des Vertragskonzerns bleibt der Vorstand der abhängigen Gesellschaft auf das Wohl seiner eigenen Gesellschaft verpflichtet. Er hat darauf zu achten, dass die Einflussnahme des herrschenden Unternehmens nicht zum Nachteil der Gesellschaft ausgeübt wird. Nur wenn der Nachteil ausgleichsfähig ist, darf er ein für die Gesellschaft nachteiliges Rechtsgeschäft vornehmen. Für die herrschende Gesellschaft ergibt sich aus § 311 Abs. 1 AktG ein grundsätzliches Schädigungsverbot.128 D.h. Vorstand und Aufsichtsrat der Obergesellschaft müssen prüfen, ob die zu veranlassende Maßnahme zu einem Nachteil 123

Kropff, RegBegr. AktG, § 311 S. 407. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 246 ff. 125 Siehe oben unter: 1. Kapitel § 2 A. IV. 3. a). 126 Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325 (331); Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 182; Löbbe, Unternehmenskontrolle, S. 51 f. 127 Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 308 Rn. 49; siehe dazu auch unter: 3. Kapitel § 7 B. II. 4. b) aa) (1) (b). 128 Kropff, RegBegr. AktG, § 311 S. 407 f. 124

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bei der abhängigen Gesellschaft führt und ob dieser Nachteil ausgleichsfähig ist bzw. von der Obergesellschaft binnen eines Geschäftsjahres auch ausgeglichen werden kann. Ist das nicht der Fall, muss die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen unterbleiben, da es sich sonst nach § 317 und § 117 AktG129 gegenüber dem abhängigen Unternehmen schadensersatzpflichtig macht. Eine über die Prüfung einer möglichen Schadensersatzpflicht hinausgehende Beachtung der Interessen der abhängigen Gesellschaften ist beim herrschenden Unternehmen im faktischen Konzern nicht angezeigt. Etwas anderes ergibt sich möglicherweise aus den Mitbestimmungsgesetzen für die Belange der Arbeitnehmer in den abhängigen Gesellschaften. Nach § 5 MitbestG und § 2 DrittelbG gelten die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen130 als Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens und sind somit auch an der Wahl der Arbeitnehmervertreter in der Obergesellschaft beteiligt. Durch diese Zurechnung sollte verhindert werden, dass der Einfluss der Arbeitnehmervertreter in den abhängigen Gesellschaften durch die Leitungsentscheidungen der herrschenden Gesellschaft konterkariert werden.131 Die Arbeitnehmervertreter in der Konzernobergesellschaft sind daher auch von den Arbeitnehmern der Tochter- und Enkelgesellschaften legitimiert, was bedeutet, dass diese bei ihren Entscheidungen auch die Belange der Arbeitnehmerschaft in den abhängigen Konzerngesellschaften berücksichtigen können.132 Im Ergebnis haben die Organmitglieder der Konzernobergesellschaft nicht nur die Interessen der an ihrem Unternehmen beteiligten Gruppen zu beachten, sondern auch die Interessen der Konzerngesellschaften, wenn Weisungen erteilt oder Maßnahmen zum Nachteil einer abhängigen Gesellschaft veranlasst werden. Das bedeutet aber nicht, dass ein neben dem Interesse der Obergesellschaft stehendes „Konzerninteresse“ anzunehmen ist. Wie der Überwachungsrahmen des Aufsichtsrats durch die einheitliche Leitung erweitert wird,133 so wird auch das von den Organen der Obergesellschaft zu beachtende Interesse durch die Konzernlage modifiziert. „Konzerninteresse“ ist damit nichts anderes als das

129 H.M. siehe dazu: Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 311 Rn. 88; Kropff in: MüKo AktG, § 317 Rn. 106; wohl auch: Koppensteiner in: KK AktG, § 311 Rn. 164. 130 Die mitbestimmungsrechtlichen Normen knüpfen die Zurechnungsfiktion nicht an die Abhängigkeit, sondern an das Bestehen eines Konzerns i. S. d. § 18 Abs. 1 AktG und damit an die ausgeübte einheitliche Leitung. 131 Vgl. Löbbe, Unternehmenskontrolle, S. 54; Koberski in: WWKK, MitbestR, § 5 MitbestG Rn. 7; Semler, Leitung und Überwachung, § 11 Rn. 358; BVerfGE 50, 290 (Mitbestimmungsurteil) = NJW 1979, 699. 132 Löbbe, Unternehmenskontrolle, S. 54; Semler, Leitung und Überwachung, § 11 Rn. 357; a. A. Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325 (328). 133 Siehe unter: 1. Kapitel § 2 A. I. 4.

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durch die Konzernierung veränderte Unternehmensinteresse der Konzernobergesellschaft.134

B. Die Personalkompetenz des Aufsichtsrats Die Bestellung und die Abberufung des Vorstands obliegt nach § 84 AktG ebenfalls dem Aufsichtsrat. Die Personalhoheit des Aufsichtsrats über den Vorstand hat ihre Ursache nicht nur in der „Schwerfälligkeit“ der Hauptversammlung, was Personalentscheidungen anbelangt.135 Vor allem soll damit eine vertrauensvolle und effektive Zusammenarbeit der Gesellschaftsorgane zum Wohle des Unternehmens136 gesichert werden, da sich der Aufsichtsrat „seinen Wunschkandidaten“ aussuchen kann. Die Personalkompetenz des Aufsichtsrats hinsichtlich der Besetzung des Vorstands ist daher Teil der Überwachungsfunktion und soll deswegen nachfolgend kurz erläutert werden. I. Die Bestellung und Anstellung der Vorstandsmitglieder In § 84 Abs. 1 AktG unterscheidet das Gesetz zwischen der organschaftlichen Bestellung zum Vorstandsmitglied und der rechtsgeschäftlichen Anstellung.137 Sowohl für das organisationsrechtliche Verhältnis als auch für den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags weist das Gesetz dem Aufsichtsrat die Zuständigkeit zu. Mit dem korporationsrechtlichen Akt der Bestellung ist der Eintritt in die organschaftlichen Rechte und Pflichten als Vorstandsmitglied verbunden, während beispielsweise Vergütungsvereinbarungen Gegenstand des Anstellungsvertrages sind.138 1. Die Bestellung a) Persönliche Voraussetzungen und Bestellungshindernisse Bei der Bestellung der Vorstandsmitglieder sind die persönlichen Voraussetzungen in § 76 Abs. 3 AktG zu beachten. Danach können nur natürliche Personen, die unbeschränkt geschäftsfähig sind, Mitglied des Vorstands werden. Zudem sind Personen, die unter einem Einwilligungsvorbehalt i. S. d. § 1903 BGB stehen, vom Vorstandsmandat ausgeschlossen. Ebenfalls besteht bei Personen, 134 H.M.: Semler, Leitung und Überwachung, § 11 Rn. 367; Löbbe, Unternehmenskontrolle, S. 58; Koppensteiner in: KK AktG, § 308 Rn. 38; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325 (331). 135 Kort in: Großkomm. AktG, § 84 Rn. 2; vgl. Spindler in: MüKo AktG, § 84 Rn. 1. 136 Siehe auch Ziff. 3.1 DCGK. 137 § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG. 138 Kort in: Großkomm. AktG, § 84 Rn. 17, 19; Seibt in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 84 Rn. 19, 29.

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die einem verwaltungs- oder strafgerichtlichen Berufsverbot unterliegen, ein Bestellungshindernis. Außerdem verhindert eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer in §§ 283 bis 283d StGB geregelten Straftaten die Bestellung. Die Bestellungsverbote in § 76 Abs. 3 Satz 3 AktG a. F. wurden durch das MoMiG139 in Angleichung an § 6 Abs. 2 GmbHG erweitert.140 Danach führt auch eine Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung, wegen falscher Angaben nach § 399 AktG oder § 82 GmbHG, wegen unrichtiger Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG oder § 17 PublG genauso zum Ausschluss der Bestellung wie Verurteilungen wegen einer Straftat nach den §§ 263 bis 264a oder §§ 265b bis 266a StGB, soweit eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verhängt wurde, § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AktG. b) Amtszeit Die Bestellung der Vorstandsmitglieder erfolgt nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG auf höchstens fünf Jahre. Die Wahl der konkreten Amtsdauer wird damit in das pflichtgemäße Ermessen des Aufsichtsrats gestellt. Fraglich ist aber, ob es eine Mindestgrenze bzw. eine grundsätzliche Regelamtszeit gibt unterhalb derer die Vorstandsbestellung pflichtwidrig erfolgt. Teilweise wird davon ausgegangen, dass Amtszeiten unter einem Jahr nur in Ausnahmefällen zulässig seien.141 Eine andere Ansicht wiederum geht davon aus, dass grundsätzlich nur die Höchstdauer von fünf Jahren verhältnismäßig sei, wenn nicht gewichtige Gründe für eine kürzere Amtsperiode sprächen. Eine geringere Amtszeit würde die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vorstands gefährden.142 Im Ergebnis kann aber kein genereller Wert für die Regelamtszeit festgelegt werden unterhalb derer die Bestellung pflichtwidrig wäre. Vielmehr ist das von der Situation der Gesellschaft und von den Aufgaben, die das zu bestellende Vorstandsmitglied erfüllen soll, abhängig. Die Entscheidung über die Länge der Amtszeit liegt im unternehmerischen Ermessen des Aufsichtsrats. c) Geschäftsordnung des Vorstands Die umfassende Personalkompetenz des Aufsichtsrats hinsichtlich der Vorstandsbestellung wird auch durch die zwingende Vorschrift des § 77 Abs. 2 139 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 23.10.2008 (BGBl. I S. 2026). 140 RegBegr. MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 52, 32 f. 141 Seibt in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 84 Rn. 14; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rn. 12; Kort in: Großkomm. AktG, § 84 Rn. 65 f.; vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.6.1972 – 8 U 74/73, AG 1973, 310 (311) [keine „Probezeit“ bei Vorstandsmitgliedern]. 142 Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 139; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 7 Rn. 356.

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AktG deutlich. Der Vorstand hat nur dann die Möglichkeit sich selbst eine Geschäftsordnung zu geben, wenn der Aufsichtsrat keine Geschäftsordnung erlassen hat und das Recht zum Erlass auch nicht dem Aufsichtsrat durch die Satzung übertragen worden ist.143 Ist letzteres aber der Fall, darf sich der Vorstand selbst dann keine Geschäftsordnung geben, wenn der Aufsichtsrat untätig bleibt.144 Auch ergänzende Geschäftsordnungsregelungen durch den Vorstand sind nicht zulässig, soweit dem Aufsichtsrat oder der Hauptversammlung gem. § 77 Abs. 2 Satz 2 AktG die Geschäftsordnungskompetenz zugewiesen wurde.145 2. Das Anstellungsverhältnis Im Gegensatz zur organschaftlichen Bestellung, die zwingend dem Aufsichtsrat als Gesamtorgan obliegt, kann der (eigenverantwortliche) Abschluss des Anstellungsvertrages grundsätzlich auf einen Ausschuss delegiert werden.146 Das ergibt sich aus § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG, der lediglich den korporationsrechtlichen Akt nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG als nicht übertragbare Aufgabe nennt, nicht aber die Regelung zum Anstellungsvertrag in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG einbezieht. In größeren Aktiengesellschaften wird regelmäßig der Personalausschuss mit Fragen des Anstellungsvertrages und insbesondere auch der Vorstandsvergütung befasst sein.147 Nach neuer Gesetzeslage ist jedoch die abschließende Entscheidung über die Festsetzung der Vorstandsvergütung zwingend dem Aufsichtsratsplenum vorbehalten.148 Durch das VorstAG149 wurde § 87 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG in den Katalog des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG integriert, so dass der Vergütungsausschuss in diesem Bereich nur noch vorbereitende Funktion erfüllen kann.150 Darüber hinaus kann aber die genaue Ausgestaltung des Anstellungsvertrages weiterhin auf Ausschüsse delegiert151 und 143

Hüffer, AktG, § 77 Rn. 19 [subsidiäre Erlasskompetenz des Vorstands]. Steinbeck, Überwachungspflicht S. 145; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rn. 59. 145 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 77 Rn. 63. 146 Die Vertretung der Gesellschaft bei Abschluss des Anstellungsvertrags gegenüber Vorstandsmitgliedern obliegt dem Aufsichtsrat nach § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V. m. § 112 AktG. 147 Siehe auch Ziff. 4.2.2 DCGK und die Empfehlung der Kommission (2005/162/ EG) (o. Fußn. 3), Anhang I, 3. 148 Wagner/Wittgens, BB 2009, 906 (908); Hohenstatt, ZIP 2009, 1349 (1355); zur Aufsichtsratsverantwortlichkeit bei externen Vergütungsberatern: Fleischer, BB 2010, 67; Baums, AG 2010, 53. 149 VorstAG (o. Fußn. 7). 150 RegBegr. VorstAG, BT-Drucks. 16/12278, S. 7; vgl. auch Ziff. 4.2.2 DCGK; auch: Thüsing, AG 2009, 517 (524); ders. Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG), BT-Drucks. 16/12278, S. 18; Seibert, WM 2009, 1489 (1491). 151 Seibert, WM 2009, 1489 (1491). 144

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mit entsprechender Bevollmächtigung auch auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder sogar Dritte übertragen werden. Voraussetzung für eine wirksame Vertretung ist aber ein Aufsichtsratsbeschluss, der die essentialia negotii des Anstellungsvertrages hinreichend bestimmt.152 Da der Anstellungsvertrag und das korporationsrechtliche Verhältnis nebeneinander stehen, gilt die Höchstgrenze der Bestellungsdauer von fünf Jahren nicht automatisch für den Anstellungsvertrag. § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG sieht aber auch für diesen eine fünfjährige Befristung vor, da sonst die Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrats bei der Wiederbestellung des Vorstandsmitglieds beeinträchtigt sein könnte.153 Für diesen Fall kann im Vertrag aber eine Verlängerungsklausel vorgesehen werden.154 3. Der Anstellungsvertrag im Konzern Von dem Abschluss des Anstellungsvertrags durch bevollmächtigte Dritte ist die Problematik des Drittanstellungsvertrags abzugrenzen. Der Vertrag besteht hier nicht mit der Gesellschaft, bei der der Betreffende als Vorstandsmitglied bestellt ist, sondern mit einem Dritten, beispielsweise dem herrschenden Unternehmen. Die Zulässigkeit solcher Drittanstellungsverträge ist umstritten, wenngleich § 285 Satz 1 Nr. 9 lit. a HGB155 von ihrer Existenz auszugehen scheint. Die Gesetzesbegründung schweigt jedoch dazu. Vielmehr wird an dieser Stelle nur auf Drittleistungen nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 und § 33 Abs. 3 (jetzt § 33d) WpÜG verwiesen.156 Letztendlich normiert § 285 Satz 1 Nr. 9 lit. a HGB nur die Pflicht zur Angabe solcher Leistungen, um bestehende Interessenkonflikte beim Vorstandsmitglied offen zu legen.157 Der Vorschrift kann aber keine generelle Aussage zur Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen entnommen werden, die Diskussion hat sich also nicht mit Einführung der Norm erledigt.158 152 Köhler, NZG 2008, 161 f.; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rn. 37; Hüffer, AktG § 112 Rn. 5. 153 Mertens in: KK AktG, § 84 Rn. 50; Bürgers/Israel in: Bürgers/Körber, AktG, § 84 Rn. 16. 154 Bürgers/Israel in: Bürgers/Körber, AktG, § 84 Rn. 16; Hüffer, AktG, § 84 Rn. 15; vgl. BAG, Urt. v. 26.8.2009 – 5 AZR 522/08, ZIP 2009, 2073 [zur Wirksamkeit unbefristeter Dienstverträge]. 155 „Leistungen, die dem einzelnen Vorstandsmitglied von einem Dritten im Hinblick auf seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied zugesagt oder im Geschäftsjahr gewährt worden sind“ eingefügt durch Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz (VorstOG) v. 3.8.2005 (BGBl. I S. 2267). 156 Beschlussempfehlung VorstOG, BT-Drucks. 15/5860, S. 10. 157 Beschlussempfehlung VorstOG, BT-Drucks. 15/5860, S. 10. 158 Für GmbH-Geschäftsführer zulässig: BAG, Urt. v. 13.2.2003 – 8 AZR 654/01, ZIP 2003, 1010 (1014); Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbH, § 35 Rn. 183; ders., GmbHR 1993, 10 (13 f.).

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Eine Ansicht159 verneint mit Hinweis auf die mögliche Gefährdung der eigenverantwortlichen Leitungsmacht generell die Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen. Demgegenüber vertritt eine andere Auffassung,160 dass dort wo die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vorstands durch die Weisungsbefugnis des herrschenden Unternehmens eingeschränkt sei, es Raum für den Abschluss eines Drittanstellungsvertrags gäbe. Im Vertragskonzern sei die eigenverantwortliche Leitung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft aufgrund der Weisungsbefugnis der Obergesellschaft ohnehin eingeschränkt. Zudem zeige die in § 100 Abs. 2 Satz 2 AktG enthaltene Privilegierung von Konzernmandaten, dass die Wahrnehmung von Aufgaben in abhängigen Gesellschaften typischerweise zum Aufgabenbereich des Vertretungsorgans des herrschenden Unternehmens gehöre.161 Im faktischen Konzern müsse die Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen aber verneint werden, da es hier bei der eigenverantwortlichen Leitung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft bliebe. Die gegenteilige Meinung162 geht darüber hinaus auch in anderen Fällen von der Zulässigkeit eines Drittanstellungsvertrages aus, soweit die Pflicht und das Recht des Vorstands zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft nicht durch vertragliche Verpflichtungen zu Dritten überlagert oder verdrängt werden würde. Im Ergebnis ist zumindest im Vertragskonzern die Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen zu bejahen, da hier die Eigenverantwortlichkeit des Vorstands der abhängigen Gesellschaft aufgrund der Weisungsbefugnis der Obergesellschaft ohnehin eingeschränkt ist. Auch die in § 100 Abs. 2 Satz 2 AktG enthaltene Privilegierung von Konzernmandaten zeigt, dass die Wahrnehmung von Aufgaben in der abhängigen Gesellschaft typischerweise zum Aufgabenbereich des Vertretungsorgans des herrschenden Unternehmens gehört163 und dort am besten bei der Vergütung berücksichtigt werden kann. Demgegenüber ist die Zulässigkeit eines Drittanstellungsvertrags im faktischen Konzern abzulehnen, da es hier bei der eigenverantwortlichen Leitung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft bleibt. Erst recht gilt das für Anstellungsverträge mit konzernfremden Dritten.164

159 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 47; Spindler in: MüKo AktG, § 84 Rn. 66. 160 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rn. 39; Hüffer, AktG, § 84 Rn. 14. 161 Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 18; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 40. 162 Seibt in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 84 Rn. 26; Wiesner in: MünchHdb. AG, § 21 Rn. 3; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 7 Rn. 431; Jooß, Drittanstellung, S. 239 [Drittanstellungsvertrag grundsätzlich zulässig]. 163 Vgl. Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 18; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 40. 164 Vgl. Spindler in: MüKo AktG, § 84 Rn. 66.

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II. Die Abberufung und Kündigung der Vorstandsmitglieder 1. Abberufung Die Abberufung des Vorstandsmitglieds obliegt als „actus contrarius“ zur organschaftlichen Bestellung ebenfalls dem Aufsichtsrat als Gesamtorgan, § 84 Abs. 3 AktG. Die Delegation der Abberufungsentscheidung ist gem. § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG unzulässig. Eine Abberufung kommt aber nur dann in Betracht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher kann nach § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG insbesondere dann bejaht werden, wenn das Vorstandsmitglied eine grobe Pflichtverletzung begangen hat oder zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung unfähig ist oder wenn die Hauptversammlung dem Vorstandsmitglied das Vertrauen entzogen hat und dieser Vertrauensentzug nicht offensichtlich nur von unsachlichen Gründen getragen wird. Im Übrigen ist ein wichtiger Grund immer dann gegeben, wenn die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist.165 Ob diese Voraussetzung im Einzelfall vorliegt, muss anhand einer Interessenabwägung ermittelt werden. Dabei ist es streitig, ob auch die Belange des abzuberufenden Vorstandsmitglieds in die Abwägung einzubeziehen sind. Während eine Auffassung dies verneint und nur die Interessen der Gesellschaft in die Betrachtung einbezieht,166 geht die herrschende Meinung davon aus, dass die Interessen des abzuberufenden Vorstandsmitglieds in die Abwägung einzustellen sind,167 selbst wenn Gesellschaftsinteressen schwerer wiegen als die des Organmitglieds.168 Die erste Auffassung wird damit begründet, dass die Interessen des Abzuberufenden genügend auf der Ebene der Kündigung des Anstellungsvertrages berücksichtigt würden.169 Bei der organschaftlichen Bestellung sei dagegen nur das Interesse der Gesellschaft erheblich; davon ginge auch § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG aus, der ausschließlich deren Interessen im Blick habe.170 Die Gegenauffassung argumentiert, dass die Abberufung eine Behinde165 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rn. 99; Fonk in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 9 Rn. 304; Hüffer, AktG, § 84 Rn. 26; Kort in: Großkomm. AktG, § 84 Rn. 140; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 39; Wiesner in: MünchHdb. AG, § 20 Rn. 21; BGH, Hinweisbeschl. v. 23.10.2006 – II ZR 298/05, ZIP 2007, 119; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.3.2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211 (212). 166 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rn. 100 f.; Wiesner in: MünchHdb. AG, § 20 R 44; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 7 Rn. 365; Thüsing in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rn. 9. 167 BGH, Urt. v. 7.6.1962 – II ZR 131/61, WM 1962, 811 (812); OLG Stuttgart, Urt. v. 13.3.2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211 (212). 168 Kort in: Großkomm. AktG, § 84 Rn. 141; Hüffer, AktG, § 84 Rn. 26; Mertens in: KK AktG, § 84 Rn. 103. 169 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rn. 101. 170 Thüsing in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 5 Rn. 9.

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1. Kap.: Einführung

rung des beruflichen Fortkommens für Vorstandsmitglieder bedeuten könne171 und sich die Beachtung der Interessen der Organmitglieder schon aus der Treuebindung zur AG ergäbe. Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, dass die Abberufung von Vorstandsmitgliedern, entgegen dem Eindruck den das Gesetz in § 84 Abs. 3 AktG vermittelt, an geringere Voraussetzungen geknüpft ist als die Kündigung des Anstellungsvertrages nach § 626 BGB.172 Das darf aber nicht dazu führen, dass der Aufsichtsrat sich unliebsamer Vorstandsmitglieder einfach entledigen kann. Ein Vorstand, über dem das Damoklesschwert der Abberufung schwebt, wird sich kaum ausreichend mit seiner Leitungsverantwortung auseinandersetzen. Seitens des Aufsichtsrats würde das eine zu große Einmischung in die Geschäftsführung des Vorstands bedeuten, die gerade durch § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG verhindert werden soll. Sind Aufsichtsrat und Vorstand unterschiedlicher Ansicht über die zu verfolgende Geschäftspolitik, kann das allein nicht als wichtiger Grund genügen.173 Als Minimalvoraussetzung muss dem Vorstand ein vorwerfbares Verhalten anzulasten sein, um seine Abberufung zu rechtfertigen. Darüber hinaus ist nur das Wohl der Gesellschaft bei der Frage nach dem wichtigen Grund maßgeblich. 2. Kündigung Das Anstellungsverhältnis ist ein Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Auf ihn sind die Vorschriften der §§ 611 ff. und § 675 BGB anwendbar.174 Die Wirksamkeit des Anstellungsvertrags wird durch die organschaftliche Abberufung nicht berührt. Das wird auch aus § 84 Abs. 3 Satz 5 AktG deutlich, der für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag die allgemeinen Vorschriften für anwendbar erklärt. Eine Beendigung des Vertragsverhältnisses kann demnach nur durch Kündigung erreicht werden und folgt nicht schon aus der Abberufung des Vorstandsmitglieds. In der Regel wird jedoch der wichtige Grund, der zur Abberufung befugt, auch einen Kündigungsgrund im Sinne des § 626 BGB darstellen.175 Zwar sind bei einer außerordentlichen Kündigung die Interessen des Vorstandsmitglieds in die Interessenabwägung einzubeziehen; die Rechtsprechung stellt aber wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses keine zu hohen Anforderungen an die außerordentliche Beendigung 171

Janzen, NZG 2003, 468 (470); Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 161 (162). Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 7 Rn. 365. 173 OLG Hamm, Urt. v. 7.1.1991 – 8 U 155/90, AG 1991, 399 (400 f.); Tschöpe/ Wortmann, NZG 2009, 161 (166); Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rn. 113 [auch keine Abberufung auf Druck Dritter]. 174 Spindler in: MüKo AktG, § 84 Rn. 50. 175 Seibt in: K. Schmidt/Lutter, § 84 Rn. 63; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rn. 143. 172

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats

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des Anstellungsvertrages.176 Um dieser Zweigleisigkeit des organschaftlichen Verhältnisses und des Anstellungsvertrages zu entgehen, kann der Anstellungsvertrag auch unter der auflösenden Bedingung eines wirksamen organschaftlichen Verhältnisses gem. § 158 BGB geschlossen werden.177

C. Ergebnis Sowohl aus historischer Sicht als auch heute ist die gesetzliche Aufgabe des Aufsichtsrats die Überwachung der Geschäftsführung. Der Begriff Geschäftsführung in § 111 Abs. 1 AktG ist aber nicht gleichbedeutend mit dem in § 77 Abs. 1 AktG. Der Aufsichtsrat ist weder verpflichtet noch berechtigt jede Einzelmaßnahme des Vorstands, besonders im Bereich des täglichen Tagesgeschäfts, zu überwachen. „Geschäftsführung“ ist in § 111 Abs. 1 AktG vielmehr im Sinne der Geschäftsleitung gem. § 76 Abs. 1 AktG zu interpretieren. Damit fallen insbesondere Maßnahmen des Vorstands im Bereich der Unternehmensplanung, Unternehmenskoordination, Unternehmenskontrolle und der Führungsstellenbesetzung in den Überwachungsbereich des Aufsichtsrats. Zusätzlich muss der Aufsichtsrat wesentliche Einzelmaßnahmen kontrollieren, die für die Gesellschaft besonders bedeutend sind und denen ein ungewöhnliches Risiko anhaftet. Die geforderte Intensität der Überwachung hängt dabei von der wirtschaftlichen Situation und dem Geschäftsfeld ab, in dem die Gesellschaft tätig ist. Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats ist aber nicht nur vergangenheitsbezogen. Um Schaden von der Gesellschaft fernzuhalten ist der Aufsichtsrat auch verpflichtet, den Vorstand in seinen Geschäftsleitungsangelegenheiten zu beraten. Hier steht dem Aufsichtsrat ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu, so dass er selbst entscheiden kann, ob und wie ausführlich er sich zu einer geplanten Maßnahme des Vorstands äußert. Im Konzernverbund erweitert sich der Überwachungsgegenstand des Aufsichtsrats der Obergesellschaft proportional mit dem Geschäftsleitungsgegenstand des Vorstands. Es gibt im Konzern keinen „Konzernaufsichtsrat“, der über die Vorstände der abhängigen Unternehmen wacht. Vielmehr ist der Aufsichtsrat der Obergesellschaft nur zur Überwachung seines Vorstands berechtigt und verpflichtet. Wie der Vorstand des herrschenden Unternehmens die Konzernbeziehungen im Einzelnen ausgestaltet, ist seine ermessensgetragene Leitungsentscheidung. Eine Pflicht, den Konzern in bestimmter Weise zu leiten, besteht 176 Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 161; LG Berlin, Urt. v. 3. 7. 2002 – 2 O 358/ 01, BKR 2002, 969 (970). 177 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 84 Rn. 42; Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 161 (162) [dann müssen aber bei der Abberufung die Interessen des Vorstandsmitglieds berücksichtigt werden].

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1. Kap.: Einführung

weder gegenüber der eigenen Gesellschaft noch gegenüber den abhängigen Gesellschaften. Überwachungsadressat ist nur der Vorstand. Demgegenüber ist der Aufsichtsrat nicht berechtigt, leitende Angestellte auf unteren Führungsebenen zu kontrollieren, selbst wenn sie befugt sind, selbstständig Entscheidungen zu treffen. Die Kontrolle dieser Führungskräfte auf zweiter Ebene obliegt allein dem Vorstand. Zentrale Informationsquelle des Aufsichtsrats zur Erfüllung seiner Überwachungspflicht bilden die Vorstandsberichte gem. § 90 AktG. Sie sind die Mindestkommunikation, die zwischen Aufsichtsrat und Vorstand stattzufinden hat. Des Weiteren steht dem Aufsichtsrat ein Einsichts- und Prüfungsrecht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft nach § 111 Abs. 2 AktG zu. Die Einrichtung von ständigen Informationsquellen unterhalb des Vorstands und die Befragung von Mitarbeitern sind nach (noch) herrschender Ansicht dem Aufsichtsrat als Überwachungsinstrumente verwehrt. Lediglich im Rahmen des Einsichtsund Prüfungsrechts sind dem Aufsichtsrat ergänzende Fragen an Angestellte erlaubt. Die Überwachungsinstrumente stehen dem Aufsichtsrat als Kollegialorgan zu; nur dort, wo die Wahrnehmung durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder gesetzlich vorgesehen ist, können diese auch auf einzelne übertragen werden. Zentrale Handlungsmaxime für die Gesellschaftsorgane ist das Unternehmensinteresse. Geschäftsleitungsmaßnahmen des Vorstands müssen in erster Linie rechtmäßig sein und dürfen nicht gegen Gesetze verstoßen. Das gilt auch dann, wenn der durch die Gesetzesverletzung errungene Vorteil für die Gesellschaft den entstandenen Schaden überwiegt. Auch Entscheidungen, die außerhalb des satzungsmäßig vorgegebenen Unternehmensgegenstands liegen oder die gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Aktiengesetzes verstoßen, sind keine Entscheidungen zum Wohle des Unternehmens. Zudem muss die Vorstandsentscheidung auf ihre Ordnungs- und Zweckmäßigkeit bzw. Wirtschaftlichkeit hin überprüft werden. Das bedeutet, dass der Vorstand sein Unternehmen den Aufgaben entsprechend organisieren und insbesondere auf die Einrichtung eines angemessenen unternehmensinternen Berichtswesens und Risikomanagementsystems hinwirken muss. In jedem Fall hat der Aufsichtsrat darauf zu achten, dass die Entscheidungen des Vorstands nicht den Bestand des Unternehmens und seine dauerhafte Rentabilität gefährden. Darüber hinaus sind die Handlungsvorgaben, die aus dem Begriff „Unternehmensinteresse“ hergeleitet werden können, nicht eindeutig. Das Wohl der Gesellschaft stellt sich als ein abzuwägendes Interessenkonglomerat der am Unternehmen beteiligten Interessengruppen dar. Eine alleinige oder vorrangige Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre vor den Interessen der Stakeholder kann aus dem Gesetz nicht geschlossen werden. Vielmehr geht das Gesetz davon aus, im Konfliktfall die Interessen der verschiedenen Gruppen in Ausgleich zu bringen. Das stellt nunmehr auch Ziff. 4.1.1 DCGK klar. Im Konzernverbund

§ 2 Die Funktion des Aufsichtsrats

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gibt es kein vom Interesse der Obergesellschaft losgelöstes „Konzerninteresse“. Genauso wie sich der Aufgabenbereich des Vorstands und des Aufsichtsrats durch die Konzernlage verändert, wird auch das zu beachtende Interesse modifiziert. „Konzerninteresse“ ist damit nichts anderes als das durch die Konzernierung veränderte Unternehmensinteresse der Obergesellschaft. Als Ausprägung der Überwachungsaufgabe steht dem Aufsichtsrat auch die Personalhoheit über den Vorstand zu. Das Gesetz unterscheidet zwischen organschaftlicher Bestellung und rechtsgeschäftlicher Anstellung. Während der korporationsrechtliche Akt der Bestellung zwingend dem Aufsichtsrat als Gesamtorgan übertragen ist, kann der Abschluss des Anstellungsvertrages prinzipiell auf Ausschüsse oder bei entsprechender Bevollmächtigung auch auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder sogar Dritte übertragen werden. Diese Möglichkeit zur Übertragung des Vertragsabschlusses wird teilweise dahin interpretiert, dass zumindest im Vertragskonzern der Anstellungsvertrag des Vorstands der abhängigen Gesellschaft auch von der Konzernobergesellschaft abgeschlossen werden kann. Die Zweigleisigkeit von Anstellungsvertrag und korporationsrechtlichem Verhältnis führt dazu, dass die Höchstgrenze der Bestellungsdauer von fünf Jahren nicht automatisch für den Anstellungsvertrag gilt. Der Anstellungsvertrag wird daher in der Praxis häufig unter der auflösenden Bedingung eines wirksamen organschaftlichen Verhältnisses geschlossen. Es kommt dann nur noch auf das organschaftliche Verhältnis an. Der Vorstand kann aber nur dann vom Aufsichtsrat abberufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher kann außer in den Fällen des § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG nur dann angenommen werden, wenn die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist. Streitigkeiten bezüglich der zu verfolgenden Geschäftspolitik zwischen Vorstand und Aufsichtsrat genügen aber nicht, um eine Abberufung des Vorstands zu rechtfertigen. Vielmehr ist allein das Wohl der Gesellschaft für die Beurteilung des wichtigen Grundes von Belang.

2. Kapitel

Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder vor den jüngsten Gesetzesänderungen Vor den jüngsten Änderungen regelte das Gesetz nur wenige Grundvoraussetzungen, die für alle Aufsichtsratsmitglieder gleichermaßen galten. Nur in § 6 Abs. 2a Satz 1 InvG fand sich zu diesem Zeitpunkt schon eine gesetzliche Regelung für Kapitalanlagegesellschaften, die speziell für ein Aufsichtsratsmitglied die Unabhängigkeit „von den Aktionären, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der Kapitalanlagegesellschaft“178 vorschrieb. Anderen Aktiengesellschaften wurde durch den Deutschen Corporate Governance Kodex lediglich empfohlen, für eine „ausreichende Anzahl“ von unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern zu sorgen.179 Es blieb den Unternehmen aber selbst überlassen und rechtlich folgenlos, wenn sie dieser Empfehlung nicht entsprachen. Insoweit stellt sich die Frage, ob und inwieweit das Gesetz und der Deutschen Corporate Governance Kodex zur Verhinderung von Interessenkonflikten bei Aufsichtsratsmitgliedern nach damaliger Rechtslage beitrugen. Die gesetzlichen Änderungen, die durch das BilMoG180 und durch das VorstAG181 erfolgten, sollen an dieser Stelle außer Betracht bleiben, um die Entwicklung im Recht des Aufsichtsrats zu verdeutlichen.

§ 3 Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder nach dem Aktiengesetz Eine unabhängige Entscheidung setzt erstens Urteilsfähigkeit182 voraus. Das bedeutet, dass Aufsichtsratsmitglieder fachlich in der Lage sein müssen, die für 178

Die Vorschrift gilt über § 106a InvG auch für Investmentaktiengesellschaften. Ziff. 5.4.2 DCGK: „Um eine unabhängige Beratung und Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat zu ermöglichen, soll dem Aufsichtsrat eine nach seiner Einschätzung ausreichende Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören. Ein Aufsichtsratsmitglied ist als unabhängig anzusehen, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet. Dem Aufsichtsrat sollen nicht mehr als zwei ehemalige Mitglieder des Vorstands angehören. Aufsichtsratsmitglieder sollen keine Organfunktion oder Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern des Unternehmens ausüben.“ 180 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG (o. Fußn. 1). 181 Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung – VorstAG (o. Fußn. 7). 182 Vgl. Quick, BFuP, 58 (2006), 42; ders. DBW 62 (2002), 622 (623). 179

§ 3 Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder

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die Gesellschaft richtigen Handlungsmöglichkeiten zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Dazu sollten Aufsichtsratsmitglieder einen bestimmten Mindeststandard an Fähigkeiten und Kenntnissen erfüllen,183 um ihren Aufgaben ohne fremde Hilfe184 sachgerecht nachzukommen.185 Das Gesetz forderte bis zu den jüngsten Gesetzesänderungen keine spezifischen fachlichen Qualifikationen bei Aufsichtsratsmitgliedern.186 Während einerseits davon ausgegangen wurde, dass die Besetzung des Aufsichtsrats mit erfahrenen Generalisten ausreichend sei, bildete sich andererseits aber die Auffassung heraus, dass zumindest der Aufsichtsrat als Gesamtorgan eine gewisse fachliche Kompetenz besitzen müsse und dass daher im Gremium auch Mitglieder vertreten sein sollten, die über Sonderqualifikationen und Spezialkenntnisse verfügten.187 Die zweite Voraussetzung ist die Urteilsfreiheit,188 d.h. die Möglichkeit, frei von Rollen- und Interessenkonflikten sachgerecht entscheiden zu können. Um dies zu erreichen gibt es einerseits die Möglichkeit Inkompatibilitätsvorschriften zu schaffen, um schon die Entstehung konkreter Interessenkonflikte beim Entscheidungsträger zu verhindern. Hier stellt das Gesetz sicher, dass der Betreffende nicht in Konfliktlagen gerät, die die Gefahr einer sachfremden Entscheidung bergen. Beispielhaft sind hierfür die Befangenheitsvorschriften in den Prozessordnungen,189 aber auch in den kommunalen Landesgesetzen.190 Ande183 Mindestqualifikationen variieren nach Größe und Art des überwachten Unternehmens, Semler in: FS K. Schmidt, S. 1489 (1503); Lutter, ZIP 2003, 417 (418). Dazu gehört es auch, dass Aufsichtsratsmitglieder die im Unternehmen übliche Korrespondenzsprache beherrschen, a. A. Dreher in: FS Lutter, S. 357 (361 ff.) der auf die Übersetzung der Arbeitsunterlagen verweist, die aber nicht unbeträchtliche Kosten verursachen dürfen. 184 Siehe aber die Möglichkeit bei konkreten Fragen Sachverständige und Berater hinzuzuziehen, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG. Eine ständige Beratung ist aber ausgeschlossen, Habersack in: MüKo AktG, § 111 Rn. 135; BGHZ 85, 293 (Hertie) = NJW 1983, 991. 185 Potthoff/Trescher, Aufsichtsratsmitglied, Rn. 805; Hommelhoff, ZGR 1983, 551 (572); Lutter, ZIP 2003, 417 (418); BGHZ 85, 293 (Hertie) = NJW 1983, 991 [„Gebot persönlicher und eigenverantwortlicher Amtsausübung“ verbietet generelle Übertragung von Aufsichtsratsaufgaben auf Dritte, § 111 Abs. 5 AktG]. 186 Säcker, AG 2004, 180 (181 f.) [„Das Aufsichtsratsmitglied ist der erfahrene Generalist, der von fast allem fast nichts mehr versteht.“]; Wardenbach, Interessenkonflikte, S. 183; Potthoff/Trescher, Aufsichtsratsmitglied, Rn. 806 f. 187 Semler/Wagner in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 2 Rn. 81 ff.; Säcker, AG 2004, 180 (181 f.); Lutter, ZIP 2003, 417 (418); Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 1 Rn. 25 [für die Erstellung eines Besetzungsplans]; Hommelhoff, ZGR 1983, 551 (572 f.); Kremer in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Ziff. 5.4.1 Rn. 1015; Wardenbach, Interessenkonflikte, S. 280 f.; v. Werder, AG 2004, 166 (169) [„anforderungsgerechte Besetzung“]; Dreher in: FS Boujong, S. 71 (78 ff.) [Sonderqualifikationen verstoßen nicht gegen Gleichheitsgrundsatz]; Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1038); a. A. Sünner, ZIP 2003, 834 (835 f.). 188 Vgl. Quick, BFuP, 58 (2006), 42. 189 §§ 41 ff. ZPO, §§ 22 ff. StPO, § 54 Abs. 1 VwGO i.V. m. §§ 41 ff. ZPO.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

rerseits kann das Gesetz auch dem Entscheidungsträger selbst die Pflicht auferlegen, sachgerecht und frei von jeglichen Einflüssen zu urteilen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach und entsteht daraus ein Schaden, macht er sich haftbar. Inwieweit der Gesetzgeber des Aktiengesetzes die Urteilsfreiheit bei Aufsichtsratsmitgliedern geschützt hat und ob diese Regelungen ausreichend sind, soll nachfolgend untersucht werden. Die Urteilsfähigkeit bzw. die Anforderungen an die fachlichen Voraussetzungen fließen dabei nur am Rande in die Betrachtung ein.

A. Persönliche Voraussetzungen Als persönliche Voraussetzung normiert § 100 Abs. 1 AktG, dass Aufsichtsratsmitglieder nur natürliche und unbeschränkt geschäftsfähige Personen sein können. Personen, die gem. § 1903 BGB unter Einwilligungsvorbehalt stehen, sind vom Mandat ausgeschlossen. Dagegen regeln die § 100 Abs. 2 und § 105 Abs. 1 AktG genau genommen keine persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder sondern Hinderungsgründe. Auffällig ist, dass an Vorstandsmitglieder höhere Anforderungen gestellt werden als an Aufsichtsratsmitglieder. Insbesondere hindert eine Verurteilung zu den in § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AktG genannten Straftaten zwar die Bestellung zum Vorstandsmitglied, nicht aber die Wahl in den Aufsichtsrat. Mit Blick auf die „Zuverlässigkeit“191 und die Vorbildfunktion192 der Aufsichtsratsmitglieder ist das bedenklich.

B. Strukturelle Unabhängigkeit des Überwachungsorgans vom Geschäftsleitungsorgan Im dualistischen System wird im Vergleich zum monistischen Modell häufig die strukturelle Unabhängigkeit der Gesellschaftsorgane voneinander als ausreichend erachtet, um sachgerechte Entscheidungen der Aufsichtsratsmitglieder zu sichern.193 Strukturelle Unabhängigkeit ist dabei als Verbot der gleichzeitigen Tätigkeit auf Seiten des Überwachungs- und Geschäftsführungsorgans zu verste190 Art. 49 BayGO; § 18 BW GemO; § 28 BrandbGO; § 25 HGO; § 31 GO LSA; § 24 KV MV; § 26 NGO; § 31 GO NRW; § 22 GO RPF; § 20 SächsGemO; § 22 GO SH; § 27 KSVG SL; § 38 ThürKO. 191 Angelehnt an den Zuverlässigkeitsbegriff des § 35 GewO. 192 Deshalb werden auch gern ehemalige Vorstandsvorsitzende in den Aufsichtsrat gewählt. Siehe dazu: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 1 Rn. 2; DSW-Aufsichtsratsstudie 2006, abrufbar unter: www.dsw-info.de/DSW-Aufsichtsratsstudie-2006.805. 0.html; ebenso: Studie Hans-Böckler-Stiftung, Ehemalige Vorstände als Kontrolleure, abrufbar unter: www.boeckler.de/pdf/pm_2004_11_17_studie.pdf. 193 Cromme, Vortrag über den Stand und die Entwicklung von Corporate Governance in Deutschland, Rede v. 23.6.2006, S. 8 f., abrufbar unter: www.corporate-govern ance-code.de.

§ 3 Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder

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hen. Das Aktiengesetz schließt es zwar nicht aus, dass ein Aufsichtsratsmitglied als Stellvertreter für fehlende oder verhinderte Vorstandsmitglieder in den Vorstand bestellt wird; die Aufsichtsratstätigkeit kann dann aber nicht mehr ausgeübt werden, § 105 Abs. 2 Satz 3 AktG. Jedoch beschränkte sich der Gesetzgeber nicht darauf, nur die gleichzeitige Ausübung von Vorstands- und Aufsichtsratsmandat in einer Gesellschaft auszuschließen. Zusätzlich darf ein Aufsichtsratsmitglied auch nicht zeitgleich Prokurist oder ein zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter der Gesellschaft sein, § 105 Abs. 1 AktG. Im Unternehmensverbund wird die Trennung von Überwachtem und Überwacher durch § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG erreicht. Die Vorschrift verbietet die gleichzeitige Wahrnehmung eines Mandats im Aufsichtsrat der herrschenden Gesellschaft und als gesetzlicher Vertreter der abhängigen Gesellschaft, unerheblich, ob eine einheitliche Leitung der Obergesellschaft gegeben ist oder nur eine Abhängigkeitslage besteht.194 Außerhalb des Konzerns soll § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AktG Interessenkonflikten vorbeugen, die dadurch entstehen können, dass sich Überwachender und Überwachter in anderen Kapitalgesellschaften wechselseitig gegenüberstehen. Zusätzlich erhoffte sich der Gesetzgeber mit diesem Verbot der Überkreuzverflechtungen, den kleinen Kreis der Träger von Aufsichtsratsmandaten erweitern zu können.195 Zweck dieser Regelungen ist die strikte Trennung von Überwachtem und Überwacher um die Kontrolle eigener Entscheidungen zu verhindern. Dies zog Lange für die Annahme einer Analogie für den in der Praxis üblichen Ämterwechsel heran. Danach sei auch der unmittelbare Übergang vom Vorstand in den Aufsichtsrat unzulässig, da man Überwachung nicht nur personen- sondern auch gegenstandsbezogen verstehen müsse.196 Dem ist jedoch, nach hier behandeltem Gesetzesstand, nicht zu folgen. Der Wortlaut von § 105 Abs. 1 AktG ist eindeutig. Nur die zeitgleiche („zugleich“) Bekleidung von Vorstands- und Aufsichtsratsamt wird unter das Verbot gestellt.197 Für eine Analogie zu den Inkompatibilitätsvorschriften im Aktiengesetz fehlte es an einer Regelungslücke.198 Nur dem Gesetzgeber ist es vorbehalten, weitere Personengruppen vom Aufsichtsratsmandat auszuschließen.199 194 Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 24; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 51. 195 Kropff, RegBegr. AktG, § 100 S. 136. 196 Lange, NZG 2004, 265 (268). 197 Spindler in: Spindler/Stilz, § 105 Rn. 2; LG München I, Urt. v. 15.4.2004 – 5 HK O 10813/03, ZIP 2004, 853 (855). 198 Viciano Gofferje, Unabhängigkeit, S. 183 [die Abschaffung von § 248 Abs. 3 HGB a. F., wonach ausgeschiedene Vorstandsmitglieder der vorherigen Entlastung bedurften um ein Aufsichtsratsamt zu übernehmen, ist wohl eher als vom Gesetzgeber gewollte Erleichterung des Ämterwechsels anzusehen].

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

Im Ergebnis beschränkte sich der Gesetzgeber des Aktiengesetzes darauf, Inkompatibilitätsvorschriften für Aufsichtsratsmitglieder zu schaffen, die die strukturelle Trennung von Überwachungs- und Geschäftsführungsorgan gewährleisten sollten. Interessenkonflikte werden also nur insoweit ausgeschlossen, wie sie bei gleichzeitiger Zugehörigkeit zum Geschäftsführungs- und zum Überwachungsorgan entstehen können. Andere Rollenkonflikte führen dagegen nicht zum gesetzlichen Ausschluss eines Kandidaten. Hier bleibt es den Aktionären überlassen, wen sie in den Aufsichtsrat wählen, § 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG.

C. Unabhängigkeit durch Ausgestaltung des Aufsichtsratsamtes als Nebenamt? Zu einer wirkungsvollen Überwachung gehört es nicht nur, dass Aufsichtsratsmitglieder fachlich befähigt sind, die Vorgänge in einer Gesellschaft nachzuvollziehen. Unerlässlich ist vielmehr auch unternehmerische Erfahrung, die den Betreffenden ein Gefühl für versteckte Risiken und Geschäftschancen vermittelt.200 Aus diesem Grund gestaltete der Gesetzgeber das Aufsichtsratsmandat als Nebenamt aus. Deutlich wird das beispielsweise an § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AktG; denn ein Aufsichtsratsmitglied darf neben seinem Mandat noch neun weitere Aufsichtsratsmandate innehaben.201 Nach § 100 Abs. 2 Satz 2 AktG bleiben davon sogar fünf Mandate anrechnungsfrei, wenn es sich um einen gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens im Aufsichtsrat von Tochtergesellschaften handelt.202 Im Konzern kann daher ein Vorstandsmitglied der Obergesellschaft bis zu 15 Aufsichtsratsmandate gleichzeitig wahrnehmen. Der Nebenamtscharakter wird auch in § 105 Abs. 2 Satz 4 AktG deutlich. Aufsichtsratsmitglieder sollen nicht gezwungen sein, ein konkurrierendes Amt wegen der Abordnung in den Vorstand aufgeben zu müssen.203 Daher gilt das Wettbewerbsverbot für Vorstandsmitglieder gem. § 88 AktG nicht für Aufsichtsratsmitglieder, die stellvertretend im Vorstand tätig sind. Auch § 115 Abs. 1 Satz 5 AktG204 geht davon aus, dass sich Aufsichtsratsmitglieder in der Regel nicht hauptberuflich im Aufsichtsrat engagieren. Das ergibt sich auch aus der gesetz199 Siehe zur jetzt geltenden Karenzzeit für ehemalige Vorstandsmitglieder gem. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG, eingefügt durch das VorstAG (o. Fußn. 7). 200 Semler/Wagner in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 2 Rn. 79. 201 Vgl. Probst/Theisen, Der Aufsichtsrat 2009, 66 [Panel-Befragung: 51,1 % der Befragten hält 1–3 Überwachungsmandate, 17,8 % 7-12 Mandate]. 202 Die gleichzeitige Mandatschaft im Aufsichtsrat der Ober- und Untergesellschaft fällt dagegen nicht unter § 100 Abs. 2 Satz 2 AktG, Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 18 f.; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 42. 203 Habersack in: MüKo AktG, § 105 Rn. 34. 204 „Betreibt das Aufsichtsratsmitglied ein Handelsgewerbe als Einzelkaufmann“.

§ 3 Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder

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lich vorgesehenen Häufigkeit von Aufsichtsratssitzungen. § 110 Abs. 3 Satz 1 AktG normiert für große börsennotierte Aktiengesellschaften vier Aufsichtsratssitzungen pro Kalenderjahr. Bei nichtbörsennotierten Gesellschaften reduzieren sich die vorgeschriebenen Sitzungen auf zwei im Kalenderjahr, § 110 Abs. 3 Satz 2 AktG. Die Ausgestaltung des Aufsichtsratsmandats als Nebenamt hat aber nicht nur den Vorteil, dass Aufsichtsratsmitglieder die Möglichkeit haben, die für das Amt notwendigen Erfahrungen zu sammeln. Der Nebenamtscharakter birgt auch die Gefahr, dass Dritte Einfluss auf die Überwachungstätigkeit nehmen können. Ist das Aufsichtsratsmitglied zusätzlich Arbeitnehmer der Gesellschaft oder Aufsichtsratsmitglied bei einem Wettbewerbsunternehmen, ist es schwer die einzelnen Rollen abzugrenzen und Interessenkonflikte sachgerecht zu lösen. Der Gesetzgeber erwartet aber, dass Aufsichtsratsmitglieder das können und stellt sie unter die haftungsbewährte Verpflichtung, im Unternehmensinteresse zu handeln, §§ 116 i.V. m. 93 Abs. 1 AktG. Daraus folgt, dass Aufsichtsratsmitglieder ihrer Überwachungstätigkeit weisungsfrei nachzukommen haben. Pflichtverletzungen gegenüber der Gesellschaft können nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass damit Handlungsvorgaben im Verhältnis zu Dritten entsprochen wurde.205 Welche genauen Auswirkungen der Nebenamtscharakter nun auf die Entscheidungen der Aufsichtsratsmitglieder hat, soll nachfolgend näher betrachtet werden. I. Hauptberufliches Mandat als Gefahr für die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds? Rechtspolitische Bestrebungen, auf gesetzlichem Wege den Einsatz von Aufsichtsratsmitgliedern bei ihrer Überwachungstätigkeit zu intensivieren, hatten bislang keinen Erfolg. Anträge206 zur Verringerung der zulässigen Mandatszahl in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AktG auf fünf Aufsichtsratsmandate wurden im Gesetzgebungsprozess abgelehnt.207 Lediglich die doppelte Anrechnung von Vorsitzmandaten kam in § 100 Abs. 2 Satz 3 AktG durch das KonTraG ins Gesetz.208 Auch die jüngsten Vorschläge,209 die gesetzlich vorgeschriebene Man205 BGH, Urt. v. 21.12.1979 – II ZR 244/78 (Schaffgotsch), NJW 1980, 1629 (1630). 206 Baums, ZIP 1995, 11 (17); Lutter, ZHR 159 (1995), 287 (302); SPD-Fraktionsentwurf, BT-Drucks. 13/367, S. 2; Gesetzesantrag Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 561/ 97, S. 1; Gesetzesentwurf des Bundesrats, BT-Drucks. 13/9716, S. 1; im Überblick auch: Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 48. 207 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 15. 208 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 16. 209 Dem Antrag der FDP-Fraktion („Professionalität und Effizienz der Aufsichtsräte deutscher Unternehmen verbessern“ v. 12.11.2008, BT-Drucks. 16/10885), dem Vorschlag die Mandatszahl auf fünf Mandate pro Aufsichtsratsmitglied herabzusenken,

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

datszahl von Aufsichtsratsmitgliedern herabzusenken, blieben erfolglos. Der Nebenamtscharakter des Aufsichtsratsmandats wurde damit durch die Legislative bekräftigt,210 auch wenn nunmehr in Ziff. 5.4.5 DCGK empfohlen wird, nicht mehr als drei Aufsichtsratsmandate wahrzunehmen.211 Das mag auch daran liegen, dass teilweise davon ausgegangen wird, dass der Nebenamtscharakter des Aufsichtsratsmandats zur Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds von der zu kontrollierenden Gesellschaft beitrage.212 Die aus der Nebenamtlichkeit resultierende Unvoreingenommenheit trüge nämlich zu einer objektiven und sachgerechten Ausführung der Überwachungsaufgabe mehr bei als eine hauptberufliche Aufsichtsratstätigkeit.213 Die dauerhafte Zusammenarbeit von Vorstand und Aufsichtsrat berge die Gefahr einer Vermischung von Geschäftsführung und Überwachung, so dass eine objektive Kontrolle durch den Aufsichtsrat nicht mehr gewährleistet sei.214 Zusätzlich würde die Gesellschaft auch mit hohen Kosten für die hauptamtlich tätigen Aufsichtsratsmitglieder belastet.215 Außerdem fehle es ohnehin an fähigen Persönlichkeiten,216 so dass Mehrfachmandate unbedingt notwendig seien, nicht zuletzt, weil vielfach nur so Konflikte zwischen den Beteiligten zufriedenstellend gelöst werden könnten.217 Das Argument, dass es für eine hauptberufliche Ausgestaltung des Aufsichtsratsmandats an ausreichend fähigen Personen fehle, überzeugt nicht. Eine „Be-

wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht entsprochen, BT-Drucks. 16/13433, BRDrucks. 592/09. Auch der Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder auf maximal 16 zu reduzieren, wurde bislang nicht im Gesetz umgesetzt, vgl. Union will Größe der Aufsichtsräte beschränken, FAZ v. 02.09.09, abrufbar unter: www.faz.net; vgl. Gesetzesantrag vom Bundesland Nordrhein-Westfalen v. 6.3. 2009, BR-Drucks. 211/09; demgegenüber aber: Koalitionsvereinbarung 2009–2013, S. 751 ff. [Gespräche über die Größe von Aufsichtsräten angekündigt]; zuletzt: Antrag Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drucks. 17/794). 210 Siehe aber die Sondervorschriften für den Versicherungs- und Bankenbereich in § 36 Abs. 3 Satz 6 KWG, § 7a Abs. 4 Satz 4 VAG [jeweils maximal fünf Kontrollmandate], eingeführt durch Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht v. 29.07.09 (BGBl. I S. 2305); dazu auch: Uwe H. Schneider/Nowak in: FS 50 Jahre DVFA e. V. (im Erscheinen). 211 Vgl. auch Ziff. 5.2.1 Public Corporate Governance Kodex des Bundes (PCGK v. 30.06.09), abrufbar unter: www.bundesfinanzministerium.de; dazu: Caruso, NZG 2009, 1419. 212 Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 166. 213 Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 166; Frey, DStR 1995, 1320 (1324); Scheffler, ZGR 1993, 63 (74). 214 Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 166; Frey, DStR 1995, 1320 (1324); Scheffler, ZGR 1993, 63 (74). 215 Frey, DStR 1995, 1320 (1324). 216 Röller, AG 1994, 333 (335); Frey, DStR 1995, 1320 (1324). 217 Röller, AG 1994, 333 (335).

§ 3 Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder

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rufsausbildung“ ist auch für Aufsichtsratsmitglieder denkbar,218 selbst wenn die notwendigen Erfahrungen nicht erlernbar sind219 sondern erst im Berufsleben erworben werden müssen. In Anbetracht der vielfältigen Aufgaben und der großen Verantwortung, die Aufsichtsratsmitglieder für ein Unternehmen tragen, ist es verwunderlich, dass der Gesetzgeber bis zum Inkrafttreten des BilMoG220 keine rechtlichen Anforderungen an die fachliche Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern gestellt hat.221 Die Besetzung des Aufsichtsrats mit erfahrenen Generalisten ist besonders bei börsennotierten Gesellschaften nicht mehr zeitgemäß und wird der gesetzlichen Überwachungsaufgabe nicht gerecht.222 Aufsichtsratsmitglieder können sich im Schadensfall nicht damit exkulpieren, dass sie relevante Unternehmensprozesse nicht verstanden haben.223 Sie müssen sich weiterbilden und die notwendigen fachlichen Kenntnisse erlangen. Angeboten werden mittlerweile Zertifizierungskurse224 und Trainingsseminare für Aufsichtsratsmitglieder.225 Zusätzlich gibt es einen Verein für Aufsichtsratsmitglieder, der ähnlich anderen Berufsverbänden, seinen Mitgliedern Zugang zu Fachinformationen und -veranstaltungen bietet.226 Das Vertrauen auf die Kompetenz anderer Aufsichtsratsmitglieder bei „Erledigung“ der gesetzlichen Überwachungsaufgabe schützt nicht vor den Haftungsfolgen, so dass Aufsichtsratsmitglieder gerade im eigenen Interesse darauf bedacht sein sollten, sich die notwendigen fachlichen Qualifikationen anzueignen. 218 Thümmel, Der Aufsichtsrat 2007, 65; Kämpfer, Vortrag im Rahmen des DAI-Seminars „Neue Anforderungen an Aufsichtsräte“ – „Regulierung der Aufsichtsratstätigkeit – Quo vadis?“ v. 08.06.2009, Frankfurt/M. [Corporate Secretaries als neue Berufsgruppe]. 219 Semler/Wagner in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 2 Rn. 79. 220 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG (o. Fußn. 1). 221 Vgl. nur in einigen Landesbank- und Sparkassengesetzen: § 12 Abs. 1 SpkG NRW, § 11 Abs. 1 SpkG MV, Art. 10 Abs. 1 BaySpkG, Art. 10 Abs. 4 THSparkStVG, § 9 Abs. 2 LBWG; durch Aufsichtsstärkungsgesetz (o. Fußn. 210) auch in § 36 Abs. 3 KWG; § 7a Abs. 3, 4 VAG. 222 Lutter, ZIP 2003, 417 (418) [de lege lata Forderung nach optimaler Zusammensetzung des Aufsichtsrats]; ders. DB 2009, 775 (778); ders. EuZW 2009, 799 (802); zu konkret erforderlichen Fähigkeiten eines Aufsichtsratsmitglieds: Bihr/Blättchen, BB 2007, 1285 (1285 f.); siehe auch die Überlegungen der Regierungskommission DCGK über die Aufnahme einer Kodexempfehlung zur Fort- und Weiterbildung von Aufsichtsräten, Pressemitteilung v. 11.02.2010, abrufbar unter: www.corporate-governancecode.de. 223 Vgl. „Aufsichtsrat Ahnungslos“, Handelsblatt v. 11.07.09, abrufbar unter: www. handelsblatt.com/unternehmen/strategie/aufsichtsrat-ahnungslos;2431193. 224 Vgl. Handelsblatt v. 2.12.2007, abrufbar unter: www.handelsblatt.com/unterneh men/strategie/aufsichtsrat-mit-tuev-plakette;1360019;3. 225 Deutsche Agentur für Aufsichtsräte, abrufbar unter: www.aufsichtsrats-agentur. de. 226 Vereinigung deutscher Aufsichtsräte e. V., www.vdar.de; Financial Experts Association e. V., www.financialexperts.eu.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

Ein Bedarf für fachlich und zeitlich professionalisierte Aufsichtsratsmitglieder ist also vorhanden und kann auch nicht mit den hohen Kosten für die Gesellschaft abgelehnt werden. Fachlich qualifizierte Aufsichtsratsmitglieder müssen entsprechend dem Umfang ihrer Tätigkeit entlohnt werden,227 nicht zuletzt weil ein Anreiz geschaffen werden sollte, genügend Zeit in die Überwachungsaufgabe zu investieren. Die höhere Ausgabenbelastung könnte durch ein Herabsetzen der in § 95 AktG geregelten Zahl der Aufsichtsratsmitglieder kompensiert werden.228 Das hätte auch den Vorteil, dass innerhalb des Aufsichtsrats effektiver gearbeitet werden könnte und weniger Entscheidungen in Ausschüssen vorbereitet werden müssten.229 Problematisch ist jedoch die „Betriebsblindheit“, die bei einem hauptberuflichen Mandat entstehen kann. Eine zu enge Verbindung zwischen den Gesellschaftsorganen kann einer sachgerechten Überwachung des Vorstands abträglich sein. Dem Aufsichtsratsmitglied bleiben möglicherweise wichtige Erkenntnisse verborgen, die es bei anderen Mandaten hätte gewinnen können. Auf der anderen Seite ist die umfassende Kenntnis vom eigenen Unternehmen für die Überwachungsaufgabe essentiell. Die „Innenansicht“ befähigt das Aufsichtsratsmitglied erst zur sachgerechten Einschätzung, wo die Probleme im Unternehmen liegen und sich bestandsgefährdende Gefahren entwickeln können. Daher ist es besonders wichtig, in die Überwachungstätigkeit ausreichend Zeit zu investieren. Vor allem der Aufsichtsratsvorsitzende sollte sich hauptberuflich in der Gesellschaft engagieren, da die lediglich doppelte Anrechnung von Vorsitzmandaten der realen Arbeitsbelastung dieses Amtes kaum Rechnung trägt.230 Um der „Betriebsblindheit“ entgegenzuwirken, könnte die Wiederwahl der Aufsichtsratsmitglieder begrenzt werden oder eine „interne Rotation“ auf der Position des Vorsitzenden festgeschrieben werden. 227 Bihr/Blättchen, BB 2007, 1285 (1291); „Aufsichtsrat Ahnungslos“, Handelsblatt v. 11.07.09, abrufbar unter: www.handelsblatt.com/unternehmen/strategie/aufsichtsratahnungslos;2431193. 228 Dem Vorschlag der FDP-Fraktion (o. Fußn. 209) zur Verringerung der Größe der Aufsichtsräte auf maximal 12 Mitglieder, wurde nicht entsprochen, BT-Drucks. 16/13433, BR-Drucks. 592/09. Auch der Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder auf maximal 16 zu reduzieren, wurde bislang nicht im Gesetz umgesetzt, vgl. „Union will Größe der Aufsichtsräte beschränken“, FAZ v. 02.09.09, abrufbar unter: www.faz.net; vgl. aber aber Koalitionsvereinbarung 20092013, S. 751 ff. [Gespräche über Größe der Aufsichtsräte angekündigt]. 229 „Aufsichtsrat Ahnungslos“, Handelsblatt v. 11.07.09, abrufbar unter: www.han delsblatt.com/unternehmen/strategie/aufsichtsrat-ahnungslos;2431193. 230 Vgl. Potthoff, DB 1995, 163 [berufsmäßiger Aufsichtsratsvorsitzender]; Scheffler, DB 2000, 433 (434) [Vorsitz mehr als der doppelte Zeitaufwand eines normalen Aufsichtsratsmitglieds]; Heermann, WM 1997, 1689 (1692); so grundsätzlich auch der Gesetzgeber in RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 16 [„Es wäre wünschenswert, und im Einzelfall kann es sogar geboten sein, dass der Aufsichtsratsvorsitzende zumindest bei börsennotierten Gesellschaften sich diesem Amt hauptberuflich widmet“].

§ 3 Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder

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Im Ergebnis führt eine weitere Steigerung des zeitlichen Engagements der Aufsichtsratsmitglieder, notfalls auch auf gesetzlichem Wege, weniger zum Verlust der Unvoreingenommenheit als vielmehr zu gewissenhaften und sachgerechten Entscheidungen.231 Die Ausschöpfung der möglichen Höchstmandatszahl fördert nämlich nicht nur den „Blick über den Tellerrand“ sondern führt vor allem zur Vernachlässigung der Überwachungspflichten, die im schlimmsten Fall die Insolvenz des Unternehmens zur Folge haben können. II. Mehrfachmandate als Gefahr für die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds? Problematisch ist die Ausgestaltung des Aufsichtsratsmandats als Nebenamt auch bei Doppel- und Mehrfachmandaten. Zu denken ist hier vor allem an Doppelmandate im (faktischen) Konzern und in Wettbewerbsunternehmen. 1. Konzernmehrfachmandate Mehrfachmandate in Konzernunternehmen sind durch § 100 Abs. 2 Satz 2 AktG explizit erlaubt, soweit es sich um den gesetzlichen Vertreter der herrschenden Gesellschaft im Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaften handelt. Auch eine Mehrfachmitgliedschaft im Aufsichtsrat der herrschenden und der abhängigen Gesellschaft ist durch das Gesetz nicht verboten. § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG schließt lediglich die gleichzeitige Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat des herrschenden Konzernunternehmens und zum Vorstand oder als Geschäftsführer einer abhängigen Gesellschaft aus. Problematisch sind diese Doppelmitgliedschaften im Bereich des faktischen Konzerns. Während § 308 Abs. 1 AktG es dem herrschenden Unternehmen im Vertragskonzern erlaubt, dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft Weisungen zu erteilen, ist dieses Konzernleitungsmittel im faktischen Konzern nicht verfügbar. Die einheitliche Leitung wird bei Fehlen eines Beherrschungsvertrages durch Doppel- und Mehrfachmandate in den Aufsichtsräten der abhängigen Gesellschaften gewährleistet. Jedoch verbieten die §§ 311 ff. AktG eine für die abhängige Gesellschaft nachteilige Einflussnahme, sofern die Nachteile nicht ausgleichsfähig sind oder nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen werden, § 317 Abs. 1 Satz 1 AktG.232 Sowohl Vorstands- als auch Aufsichtsratsmitglieder der abhängigen Gesellschaft bleiben auf das Unternehmensinteresse ihrer Gesellschaft verpflichtet – unabhängig davon, ob sie als Organmitglieder des herrschenden Unternehmens 231 Vgl. daher Aufsichtsstärkungsgesetz (o. Fußn. 210), § 36 Abs. 3 Satz 6, § 7a As. 4 Satz 4 VAG; auch: Uwe H. Schneider/Nowak in: FS 50 Jahre DVFA e. V. (im Erscheinen). 232 Hüffer, AktG, § 311 Rn. 25; § 317 Rn. 4.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

die dort getroffenen Entscheidungen zu beachten haben.233 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Ausgleichssystem der §§ 311 ff. AktG.234 § 311 Abs. 1 Satz 1 AktG geht von der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Beeinflussung aus235 und lässt Schadensersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft nur beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen entfallen, § 317 AktG. Anders als im Vertragskonzern kann sich der Vorstand der abhängigen Gesellschaft nicht darauf berufen, die Maßnahme sei durch das herrschende Unternehmen vorgegeben gewesen. Und auch der Aufsichtsrat muss sorgfältig prüfen, ob darin nicht eine rechtswidrige Veranlassung seitens des herrschenden Unternehmens liegt.236 Natürlich dürfen die Organmitglieder der abhängigen Gesellschaft die Vorgaben des herrschenden Unternehmens auf ihre Vereinbarkeit mit den Interessen der abhängigen Gesellschaft prüfen und diese bei positivem Ergebnis auch verfolgen. Fraglich ist aber, ob für die abhängige Gesellschaft sachgerechte und objektive Entscheidungen getroffen werden können, wenn das herrschende Unternehmen seine Organmitglieder auf die Durchführung einer Maßnahme drängt. 2. Doppelmandate in Wettbewerbsunternehmen Ähnlich ist die Lage bei Mehrfachmandaten in Wettbewerbsunternehmen, wenn ein Aufsichtsratsmitglied wegen seiner gleichzeitigen Tätigkeit im Vorstand eines Konkurrenzunternehmens über relevante Brancheninformationen verfügt, die im anderen Unternehmen noch nicht bekannt sind. Das Gesetz sieht auch für diese besonders konfliktträchtige Situation keine Inkompatibilität vor. Ein Wettbewerbsverbot, ähnlich dem wie es für Vorstandsmitglieder in § 88 AktG geregelt ist, gibt es für Aufsichtsratsmitglieder nicht. Eine analoge Anwendung der Vorschrift ist vom Gesetzgeber nicht gewollt, da er auch für den Fall des § 105 Abs. 2 AktG in Satz 4 ausdrücklich die Nichtgeltung von § 88 AktG normiert. Aufsichtsratsmitglieder sollen durch die vorübergehende Bestellung zum Vorstandsmitglied nicht gezwungen werden, eine Tätigkeit beim Wettbewerber aufzugeben.237 Das muss erst recht gelten, wenn es sich „nur“ um konkurrierende Aufsichtsratsmandate handelt.

233 H.M.: Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 311 Rn. 10; Koppensteiner in: KK AktG, § 311 Rn. 139; Krieger in: MünchHdb. AG, § 69 Rn. 23 ff.; Kropff in: MüKo AktG, § 311 Rn. 312; Uwe H. Schneider/Nowak in: FS v. Rosen, S. 577 (585). 234 So aber: Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 329 f.; Götz, ZGR 1990, 633 (650 f.) [geschützt ist Eigeninteresse nicht Eigenwille der abhängigen Gesellschaft]. 235 Kropff, RegBegr. AktG, § 311 S. 407 f. 236 Koppensteiner in: KK AktG, § 311 Rn. 140; Löbbe, Unternehmenskontrolle, S. 346 ff. 237 Habersack in: MüKo AktG, § 105 Rn. 34; vgl. Uwe H. Schneider, BB 1995, 365 (367 f.).

§ 3 Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder

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Auch die Begründung einer Unvereinbarkeitsregel238 aus der Loyalitätspflicht des Aufsichtsratsmitglieds zur Gesellschaft führt nicht weiter. Der Gesetzgeber hat sich mit der Einführung der Vorschrift des § 125 Abs. 1 Satz 5 AktG durch das KonTraG239 gegen weitere Inkompatibilitätsvorschriften entschieden240 und die Beurteilung eines Kandidaten in erster Linie der Hauptversammlung überlassen.241 Die §§ 124 Abs. 3 Satz 4,242 125 Abs. 1 Satz 5 AktG regeln dafür die notwendigen Inhalte des Wahlvorschlags für die Aufsichtsratswahl. Danach muss der Wahlvorschlag nicht nur den Namen und den Wohnort der vorgeschlagenen Kandidaten enthalten, sondern zusätzlich den ausgeübten Beruf. § 125 Abs. 1 Satz 5 AktG bestimmt darüber hinaus für börsennotierte Gesellschaften, dass Angaben zu Mitgliedschaften in anderen gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten dem Wahlvorschlag beizufügen sind. Des Weiteren „sollen“ auch Angaben zu vergleichbaren Mitgliedschaften in in- und ausländischen Kontrollgremien von Wirtschaftsunternehmen beigefügt werden.243 Der Gesetzgeber hat sich damit für eine einzelfallgerechte Lösung durch Entscheidung der Hauptversammlung entschieden und einer starren gesetzlichen Regelung, sei es im Rahmen einer Verbotslösung244 oder einer Untersagungslösung,245 eine Absage erteilt.246 3. Ergebnis Aufsichtsratsmitglieder haben ihre Überwachungsentscheidung im Unternehmensinteresse zu treffen, § 116 i.V. m. § 93 Abs. 2 AktG. Das bedeutet, dass sie bei dieser Aufgabe nicht an Vorgaben Dritter gebunden sind. Weisungen im 238 So Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, § 1 Rn. 22; Lutter in: FS Beusch, S. 509; Säcker in: FS Rebmann, S. 781 (788 f.); Wardenbach, Interessenkonflikte, S. 99; Martinek, WPR 2008, 51 (55 ff.); Reichert/Schlitt, AG 1995, 241 (245 ff.). 239 § 125 Abs. 1 Satz 3 AktG i. d. F.d. KonTraG (o. Fußn. 103). 240 Siehe dazu: § 25a GWB im Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion, BT-Drucks. 13/ 367, S. 13; ebenfalls: § 100 Abs. 2 Nr. 4 und 5 AktG im Gesetzesantrag des Landes Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 561/97, S. 1 f.; Antrag Fraktion Bündnis90/Die Grünen, BT-Drucks. 13/7737, Ziff. 3.2. 241 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 17 [Entscheidung kann den Eigentümern und der Rechtsprechung im Rahmen des § 104 AktG überlassen werden]. 242 § 124 Abs. 3 Satz 3 a. F. 243 Siehe dazu: Mülbert/Bux, WM 2000, 1665. 244 Stellungnahme Adams zur „Die Macht der Banken“ – Anhörung im Bundestag, ZBB 1994, 77 (83); § 100 Abs. 2 Nr. 4, 5 AktG Gesetzesantrag des Landes Rheinland-Pfalz (o. Fußn. 240). 245 Baums, ZIP 1995, 11 (17); Stellungnahme Baums zur „Die Macht der Banken“ – Anhörung im Bundestag, ZBB 1994, 86 (98); Seibert, ZBB 1994, 349 (352); § 25a GWB im Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion (o. Fußn. 240). 246 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 17; kein Raum für Analogie: Langenbucher, ZGR 2007, 571 (585).

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

Sinne von bindenden Handlungs- und Abstimmungsvorgaben mit haftungsrelevanter Folgepflicht kann es deshalb bei Aufsichtsratsmitgliedern nicht geben. Umgekehrt ergibt sich daraus aber nicht, dass der Betreffende aus dem Verhältnis zum Wettbewerbsunternehmen oder zur Konzerngesellschaft keinen Pflichten unterliegt, die möglicherweise mit seiner weisungsfreien Überwachungsaufgabe in der Gesellschaft kollidieren können. Eine sachgerechte und objektive Entscheidung treffen zu können erscheint in dieser Lage schwierig, erst recht wenn die Konsequenzen betrachtet werden, die sich aus einer pflichtwidrigen Handlung ergeben können: Einerseits droht dem Aufsichtsratsmitglied ein Schadensersatzanspruch, wenn es nicht im Sinne der zu überwachenden Gesellschaft entscheidet. Andererseits muss ein Vorstandsmitglied des herrschenden Unternehmens nicht nur mit der Abberufung als Aufsichtsratsmitglied der abhängigen Gesellschaft rechnen,247 sondern auch die Abberufung als Vorstand des herrschenden Unternehmens in Kauf nehmen, wenn es sich weigert, die Zustimmungsentscheidung des Aufsichtsrats der herrschenden Gesellschaft im Aufsichtsrat der Tochterunternehmen durchzusetzen.248 In dieser Situation ist es nachvollziehbar, dass objektive Entscheidungen – auch bei gehöriger Anstrengung der Organmitglieder – nur selten getroffen werden können. In einem ähnlichen Rollenkonflikt befinden sich auch Doppelmandatsträger in Wettbewerbsunternehmen, denn das Aufsichtsratsmitglied kann die im anderen Unternehmen erlangten Informationen nicht einfach vergessen. III. Entsandte Aufsichtsratsmitglieder Die Satzung kann für bestimmte Aktionäre eine Entsendeberechtigung begründen, ohne dass es auf den gehaltenen Stimmenanteil ankäme, § 101 Abs. 2 AktG.249 Ursprünglich sollte die Regelung der öffentlichen Hand einen gewissen Einfluss auf die Besetzung der Gesellschaftsorgane in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen einräumen.250 Nach der gesetzlichen Ausgestaltung kann das Entsenderecht aber auch anderen Aktionären eingeräumt werden.251 Während das Verhältnis zwischen privatrechtlichem Aktionär und entsandtem Aufsichts247 Die Abberufung erfolgt dann über die Hauptversammlung gem. § 103 Abs. 1 AktG, in der das herrschende Unternehmen aufgrund seiner Beteiligung häufig die Versammlungsmehrheit haben wird. 248 Zu den Voraussetzungen einer Abberufung von Vorstandsmitgliedern: 1. Kapitel § 2 B. II. 1. 249 Zur Vereinbarkeit des Entsenderechts mit der Kapitalverkehrsfreiheit: BGH, Beschl. v. 8.6.2009 – II ZR 111/08 (ThyssenKrupp), AG 2009, 694. 250 Kropff, RegBegr. AktG § 101 S. 138; Lieder, Aufsichtsrat im Wandel, S. 297 f.; ders., ZHR 172 (2008), 306 (322); Seeling/Zwickel, BB 2008, 622. 251 Das Entsenderecht wird häufig zur Abschreckung potentieller Anteilserwerber eingesetzt oder als Korrelat zu Sonderleistungen privater Gesellschafter, Seeling/Zwickel, BB 2008, 622; Möslein, AG 2007, 770 (771 f.) m.w. N.

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ratsmitglied schuldrechtlicher Natur ist,252 werden von der öffentlichen Hand oft Beamte und Angestellte in die Aufsichtsräte entsandt, wobei hier einige wenige Inkompatibilitätsvorschriften vorwiegend253 für oberste Bundes-254 und Landesbeamte255 bestehen. 1. Öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis In den kommunalen Vorschriften der Länder,256 aber auch in § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO, ist die Regelung zu finden, dass öffentlich-rechtliche Körperschaften sich nur dann an privatwirtschaftlichen Unternehmen beteiligen dürfen, wenn ein angemessener Einfluss der öffentlichen Hand besteht. Dieser wird häufig durch eine landesgesetzlich geregelte Weisungsbefugnis sichergestellt,257 die im Konflikt zur Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmandats steht. Eine Ansicht258 löst diesen Zwiespalt zugunsten des gesellschaftsrechtlichen Verhältnis252 Habersack in: MüKo AktG, § 101 Rn. 46; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 101 Rn. 155. 253 Siehe auch für Mitglieder des BKartA, § 51 Abs. 5 GWB. 254 Art. 55 Abs. 2 GG [Bundespräsident]; Art. 66 GG [Bundeskanzler, Bundesminister]; § 7 ParlStG i.V. m. § 5 Abs. 1 BMinG [parlamentarische Staatssekretäre]; aber Möglichkeit zur Ausnahmegenehmigung: Art. 66 GG. 255 Art. 64 Abs. 3 LVerf. NRW; Art. 34 LVerf. SchlesHols.; Art. 57 BV; Art. 34 Abs. 2 LV Niedersachsen; Art. 53 Abs. 2 LVerf. BaWü; Art. 113 Abs. 2 LV Bremen; Art. 40 Abs. 1 LV Hamburg; Art. 45 Abs. 1 LV MV; Art. 67 Abs. 1 LV S-H; Art. 95 LV Brandb.; Art. 62 Abs. 2 LVS; Art. 72 Abs. 2 LV Thür; aber Möglichkeit zur Ausnahmegenehmigung: Art. 64 Abs. 3 LVerf. NRW; Art. 57 BV; Art. 34 Abs. 2 LV Niedersachsen; Art. 53 Abs. 2 LVerf. BaWü; Art. 113 Abs. 2 LV Bremen; Art. 40 Abs. 2 LV Hamburg; Art. 45 Abs. 1 LV MV; Art. 67 Abs. 1 LV S-H; Art. 95 LV Brandb.; Art. 62 Abs. 2 LVS; Art. 72 Abs. 2 LV Thür. 256 Art. 94 Abs. 1 Nr. 2 BayGO; § 103 Abs. 1 Nr. 3 BW GemO; § 102 Nr. 2 Brandb. GO; § 122 Abs. 1 Nr. 3 HGO; § 117 Abs. 1 Nr. 3 HGO; § 69 Abs. 1 Nr. 3 KV MV; § 109 Abs. 1 Nr. 6 NGO; § 108 Abs. 1 Nr. 6 GO NRW; § 87 Abs. 1 Nr. 3 RPF GemO; § 96 Abs. 1 Nr. 3 SächsGemO; § 102 Abs. 1 Nr. 3 GO SH; § 110 Abs. 1 Nr. 3 KSVG SL; § 73 Abs. 1 Nr. 3 ThürKO; siehe auch die Entbindung von der Schweigepflicht nach § 394 f. AktG. 257 Art. 93 Abs. 2 Satz 3 BayGO; § 104 Abs. 1 Satz 3 BW GemO; § 104 Abs. 1 Satz 4 BrandbGO; § 125 Abs. 1 Satz 4 HGO; § 119 Abs. 1 Satz 5 GO LSA; § 71 Abs. 1 Satz 5 KV MV; § 111 Abs. 1 Satz 2 NGO; § 113 Abs. 1 Satz 1 GO NRW; § 88 Abs. 1 Satz 6 GemO RPF; § 98 Abs. 1 Satz 6 SächsGemO; § 104 Abs. 2 i.V. m. § 25 Abs. 1 GO SH; § 114 Abs. 1 Satz 3 KSVG SL; § 74 Abs. 1 Satz 1 ThürKO; Weisungsbefugnis der Beamtengesetze: § 55 S. 2 BBG; § 73 S. 2 SächsBG, Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BayBG, § 63 Satz 2 NGB, § 55 S. 2 BG LSA, § 58 Satz 2 ThürBG, § 70 Satz 2 HBG, § 20 Satz 2 LBG Brandb., § 59 Satz 2 LBG M-V, § 67 Satz 1 LBG SH, § 58 Satz 2 LBG NRW, § 69 Satz 2 SBG, § 65 Satz 2 LBG RhP, § 60 Satz 2 HmbBG. 258 Hüffer, AktG, § 394 Rn. 29 f.; Lutter, ZIP 2007, 1991; Lutter/Grunewald, WM 1984, 385 (396); Säcker in: FS Rebmann, S. 781 (793); Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 101 Rn. 77; Kannen, Aufsichtsräte in kommunalen Unternehmen, S. 59 f.; Maier, Beamte als Aufsichtsratmitglieder, S. 204; Raiser, ZGR 1978, 391 (404); Bäcker in: FS Schwark, S. 101 (109); Henze, Der Aufsichtsrat 2009, 49.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

ses. Weisungen seien danach generell unzulässig, weil sie im Widerspruch zur Höchstpersönlichkeit des Aufsichtsratsmandats stünden. Die gegenteilige Auffassung259 bejaht auch über das Gesellschaftswohl hinweg eine Weisungsbindung der von der öffentlichen Hand entsandten Aufsichtsratsmitglieder. Die vermittelnde Meinung260 verneint den Weisungscharakter nur dann, wenn die Handlungsvorgabe mit dem Wohl der Gesellschaft nicht vereinbar sei.261 Sei eine Harmonisierung beider Verhältnisse möglich, dann dürfe auch die Weisung des Entsendeberechtigten berücksichtigt werden. Festzuhalten ist, dass öffentlich-rechtliche Weisungsbefugnisse nicht die Pflicht des Aufsichtsratsmitglieds überlagern können, sich am Interesse der Gesellschaft zu orientieren. Ein Sondergesellschaftsrecht für die öffentliche Hand wurde schon frühzeitig vom BGH abgelehnt.262 Eine Pflichterfüllung gegenüber dem Dienstherrn kann keine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft rechtfertigen.263 Für die Gesellschaft nachteilige Weisungen darf das Aufsichtsratsmitglied unter keinen Umständen befolgen. Jedoch besteht bei öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften die gesetzliche Verpflichtung,264 sich einen angemessenen Einfluss auf die Unternehmen zu sichern an denen sie beteiligt sind. Sonst könnten sich Kommunen ihrer verfassungsrechtlichen Aufgaben durch Übertragung auf private Rechtsträger entledigen.265 Daraus ist zu folgern, dass 259 Stober, NJW 1984, 449 (455); für Aufsichtsratsmitglieder einer kommunalen Einmann-GmbH: Schwintowski, NJW 1995, 1317 (1318 f.); Altmeppen, NJW 2003, 2561 (2564 f.). 260 VG Arnsberg, Urt. v. 13.7.2007 – 12 K 3965/06, ZIP 2007, 1988 (1990), OVG Münster, Beschl. v. 12.12.2006 – 15 B 2625, NVwZ 2007, 609 [„die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung auf das Wohl der Gesellschaft begrenzt die Weisungsgebundenheit“]; OVG Münster, Urt. v. 24.4.2009 – 15 A 2592/07 (Rev. anhängig beim BVerwG unter Az. 8 B 78/09), AG 2009, 840 (844); Uwe H. Schneider, ZGR 1977 335 (340); Uwe H. Schneider/Nowak in: FS v. Rosen, S. 577 (592); Schwintowski, NJW 1995, 1316 (1321); Schön, Kommunale Aufsichtsratsmitglieder, S. 46 f.; Meier, NZG 2003, 54 (60); ähnlich Säcker in: FS Rebmann, S. 781 (793) [unverbindliche Empfehlung]; Decher, ZIP 1990, 277 (280 f.); Oebbecke in: Hoppe/Uechtritz, Hdb. Komm. Unternehmen, § 9 Rn. 40. 261 Siehe zu den Interessenkonflikten bei Staatsunternehmen: Uwe H. Schneider, AG 2005, 493; Oebbecke in: Hoppe/Uechtritz, Hdb. komm. Unternehmen, § 9 Rn. 40. 262 Vgl. BGHZ 69, 334 (VEBA) = NJW 1978, 104 (105). 263 BGH, Urt. v. 21.12.1979 – II ZR 244/78 (Schaffgotsch), NJW 1980, 1629 (1630). 264 Siehe § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO; ebenso landesrechtliche Vorschriften: Art. 94 Abs. 1 Nr. 2 BayGO; § 103 Abs. 1 Nr. 3 BW GemO; § 102 Nr. 2 Brandb. GO; § 122 Abs. 1 Nr. 3 HGO; § 117 Abs. 1 Nr. 3 HGO; § 69 Abs. 1 Nr. 3 KV MV; § 109 Abs. 1 Nr. 6 NGO; § 108 Abs. 1 Nr. 6 GO NRW; § 87 Abs. 1 Nr. 3 RPF GemO; § 96 Abs. 1 Nr. 3 SächsGemO; § 102 Abs. 1 Nr. 3 GO SH; § 110 Abs. 1 Nr. 3 KSVG SL; § 73 Abs. 1 Nr. 3 ThürKO. 265 Schwintowski, NJW 1995, 1316 (1320); vgl. auch Präambel des Public Corporate Governance Kodex des Bundes (PCGK v. 30.06.09), abrufbar unter: www.bun desfinanzministerium.de [Beteiligungen des Bundes an Unternehmen in der Erfüllung

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das Aufsichtsratsmitglied in den Grenzen des Unternehmensinteresses die Pflicht hat,266 Weisungen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu befolgen. Aus Art. 31 GG kann jedenfalls kein genereller Ausschluss des Weisungsrechts hergeleitet werden; denn Art. 31 GG greift nur dann ein, wenn eine Normenkollision gegeben ist. Wenn eine Weisung aber mit dem Unternehmensinteresse vereinbar ist, fehlt es gerade an einer solchen.267 Letztendlich wird auch aus § 394 f. AktG eine Privilegierung des öffentlich-rechtlichen Entsendeberechtigten deutlich, denn die organschaftliche Verschwiegenheitspflicht wird hier zugunsten öffentlich-rechtlicher Berichtspflichten eingegrenzt, was den Entsandten zusätzlich an das Interesse der entsendungsberechtigten Körperschaft bindet. 2. Schuldrechtliche Verträge Ähnlich ist die Lage bei schuldrechtlichen Verträgen zwischen Entsendeberechtigtem und entsandtem Aufsichtsratsmitglied. Häufig besteht in diesem Verhältnis ein Arbeitsvertrag, der ein Direktions- und Weisungsrecht des Entsendungsberechtigten gegenüber dem Entsandten begründet, aber auch Geschäftsbesorgungsverträge und Auftragsverhältnisse sind denkbar.268 Das Aufsichtsratsmitglied ist zwar im gesellschaftsrechtlichen Verhältnis auf das Unternehmensinteresse verpflichtet, wenn die Vorgaben des Entsenders dem aber nicht entgegenstehen kann eine Berücksichtigung seiner Interessen nicht verboten werden. Insbesondere führt die vertragliche Verpflichtung, Weisungen zu befolgen, die auch auf die Aufsichtsratstätigkeit ausstrahlen können, nicht zur Nichtigkeit des schuldrechtlichen Vertrages. Weder die § 116 i.V. m. § 93 AktG sind als gesetzliche Verbotsvorschriften i. S. d. § 134 BGB zu qualifizieren noch ergibt sich dies aus § 111 Abs. 5 AktG, da das vertragliche Weisungsrecht eben nicht gegenüber der betreffenden Person als Aufsichtsratsmitglied besteht, sondern den Entsandten in seiner Eigenschaft als Beauftragter oder Arbeitnehmer trifft. Ob das Aufsichtsratsmitglied seine vertraglichen Pflichten erfüllen kann, ist letztendlich keine Frage der Wirksamkeit des Vertrages sondern der Schadensersatzpflicht; denn nach der Schuldrechtsreform führen schuldrechtliche Verpflichtungen zu unmöglichen Leistungen nicht mehr zur Nichtigkeit des Vertrages. Mit Blick auf den Zweck und den Einfluss des Entsendeberechtigten ist davon auszugehen, dass das entsandte Aufsichtsratsmitglied innerhalb des Unterspezifischer Aufgaben des Bundes (öffentlicher Auftrag)]; siehe auch: Uwe H. Schneider/Nowak, FS v. Rosen, S. 577 (591). 266 So auch: OVG Münster, Beschl. v. 12.12.2006 – 15 B 2625, NVwZ 2007, 609 = ZIP 2009, 1718; OVG Münster, Urt. v. 24.4.2009 – 15 A 2592/07 (Rev. anhängig beim BVerwG unter Az. 8 B 78/09), AG 2009, 840 (844). 267 Uwe H. Schneider/Nowak in: FS v. Rosen, S. 577 (592). 268 Habersack in: MüKo AktG, § 101 Rn. 46.

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nehmensinteresses das Recht hat, die Interessen des Entsenders zu beachten. Die Gegenauffassung lässt sich nur schwer mit der Intention des Gesetzgebers begründen, der das Entsenderecht zur Einflusssicherung des Entsendeberechtigten in der Gesellschaft vorsah.269 Zudem wäre es widersprüchlich, das entsandte Aufsichtsratsmitglied einerseits von der Folgepflicht gegenüber Weisungen des Entsendungsberechtigten zu befreien, auf der anderen Seite die Entscheidung über die Beendigung des Aufsichtsratsmandats aber dem Entsendeberechtigten zu überlassen. § 103 Abs. 2 Satz 1 AktG erfordert nicht einmal einen wichtigen Grund zur Abberufung des entsandten Aufsichtsratsmitglieds. Vielmehr kann der Entsandte „jederzeit abberufen und durch ein anderes [Aufsichtsratsmitglied] ersetzt werden“. Daher muss es dem Aufsichtsratsmitglied erlaubt sein, die Entscheidung zu wählen, die beiden Verhältnissen gerecht wird. Es darf aber einer Weisung im schuldrechtlichen Verhältnis nur dann entsprechen, wenn es nach sorgfältiger Prüfung dazu kommt, dass diese mit dem Unternehmensinteresse vereinbar ist. 3. Ergebnis Besonders entsandte Aufsichtsratsmitglieder finden sich häufig in einer Pflichtenkollision wieder, wenn sie in der Rolle als Aufsichtsratsmitglied weisungsfrei zum Wohl der Gesellschaft entscheiden sollen, andererseits aber als Beamter die Weisungen der Kommune beachten müssen. Das Gesetz hilft ihnen in dieser Konfliktsituation nicht, sondern verschärft den persönlichen Entscheidungsdruck in Richtung der Weisungsbefolgung; denn dem Entsendeberechtigten wird durch die gesetzliche Regelung die jederzeitige Abberufung „seines“ Mitglieds ermöglicht. Letztendlich hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eines satzungsmäßigen Entsenderechts auch gerade dazu geschaffen, den Einfluss der öffentlichen Hand auf gemein- oder gemischtwirtschaftliche Unternehmen zu sichern. Würde man nun gänzlich die Wirksamkeit öffentlich-rechtlicher Weisungen im gesellschaftsrechtlichen Verhältnis verneinen, ignoriert man nicht nur die aktiengesetzliche Intention, sondern entlässt die Kommunen auch aus ihrer grundgesetzlichen Verpflichtung. IV. Die Unternehmensmitbestimmung – gesetzliches Votum gegen unabhängige Aufsichtsratsmitglieder? Der Begriff der Arbeitnehmermitbestimmung kann in zweierlei Bedeutung verwendet werden. Von der nachfolgend näher zu untersuchenden Unterneh269 Vgl. Kropff, RegBegr. AktG, § 101 S. 138; Godin/Wilhelmi, AktG 1937, § 88 S. 296; Lieder, ZHR 172 (2008), 306 (322 f.); ders., Aufsichtsrat im Wandel, S. 297 f.; Seeling/Zwickel, BB 2008, 622.

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mensmitbestimmung gemäß den Mitbestimmungsgesetzen270 ist die betriebliche Mitbestimmung abzugrenzen. Während letztere sich mit dem Unternehmen in seiner Funktion als Arbeitgeber befasst und sich mit Fragen zum Arbeitsverhältnis und der Organisation der Arbeit beschäftigt,271 bezeichnet die Unternehmensmitbestimmung die Einflussnahme der Arbeitnehmer über den Aufsichtsrat auf die Geschäftsleitung des Unternehmens.272 Gerade im Bereich der „paritätischen“ Besetzung des Aufsichtsrats mit Arbeitnehmervertretern wurde die Verfassungsmäßigkeit der Unternehmensmitbestimmung bezweifelt. Das BVerfG erachtete das MitbestG273 aber für verfassungsgemäß: Zum einen besteht keine Parität in der Entscheidungsfindung, da dem Aufsichtsratsvorsitzenden „im Konfliktfall“ der „ausschlaggebende Einfluss“ zusteht und somit auf der Anteilseignerseite ein Übergewicht gegeben ist.274 Zum anderen schließt der „geringe personale Bezug des Anteilseigentums [im Sinne eines] Auseinanderfallen[s] von Gebrauch des Eigentums und Verantwortung für diesen Gebrauch“ sowie die „bedeutende soziale Funktion des Anteilseigentums“ eine Verletzung von Art. 14 GG als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung aus.275 Inwieweit die Unternehmensmitbestimmung als gesetzliches Votum gegen unabhängige Aufsichtsratsmitglieder verstanden werden kann, soll nachfolgend untersucht werden. Dazu ist zunächst auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats im Anwendungsbereich der Mitbestimmungsgesetze einzugehen, bevor die persönlichen Voraussetzungen betrachtet werden, die für eine Wählbarkeit in den Aufsichtsrat vorliegen müssen. 1. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats im Anwendungsbereich der Mitbestimmungsgesetze Für mitbestimmungsfreie Aktiengesellschaften normiert § 95 Satz 1 AktG, das der Aufsichtsrat (grundsätzlich) aus drei Mitgliedern besteht. Bei höherem Grundkapital kann die Mitgliederzahl durch die Satzung auf bis zu 21 Mitglie-

270 Praktische Bedeutung haben heute das MitbestG und das DrittelbG. Ausführungen zum MontanMitbestG und MitbestErgG werden hier hauptsächlich wegen dem für die Unabhängigkeit interessanten „weiteren Mitglied“ gemacht. Demgegenüber bleiben das MgVG (Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung) und das SEBG (Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft) von der Darstellung ausgeschlossen. 271 Wißmann in: WWKK, MitbestR, Vorbem. Rn. 10. 272 Wißmann in: WWKK, MitbestR, Vorbem. Rn. 1. 273 Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz – MitbestG) v. 4.5.1976, BGBl. I S. 1153. 274 BVerfGE 50, 290 = NJW 1979, 669. 275 BVerfGE 50, 290 = NJW 1979, 669 (704).

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

der festgelegt werden. Voraussetzung bleibt aber, dass die Mitgliederzahl durch drei teilbar sein muss, § 95 Satz 3 AktG. In den Mitbestimmungsgesetzen, die durch § 96 Abs. 1 AktG für anwendbar erklärt werden, wird die im Aktiengesetz geregelte Aufsichtsratszusammensetzung teilweise modifiziert. Im Anwendungsbereich des DrittelbG276 bleibt es bei der zahlenmäßigen Grundkonzeption des § 95 AktG. Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften277 und Gesellschaften mit beschränkter Haftung,278 die in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen, müssen zu einem Drittel mit Arbeitnehmern besetzt sein, § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 i.V. m. § 4 Abs. 1 DrittelbG. Soweit Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen, ist nicht mehr das DrittelbG sondern das MitbestG anwendbar. Das MitbestG verändert die zahlenmäßige Zusammensetzung des Aufsichtsrats, um eine „paritätische“ Mitbestimmung zu erreichen. Gegliedert nach der Anzahl der Arbeitnehmer im Unternehmen ist hier eine Besetzung des Aufsichtsrats mit 12, 16 oder 20 Mitgliedern vorgesehen, wovon jeweils die Hälfte Arbeitnehmervertreter sein müssen, § 7 Abs. 1 MitbestG. Für Unternehmen der Bergbau- und Stahlindustrie mit mehr als 1000 Arbeitnehmern279 regelt das MontanMitbestG280 eine Besetzung des Aufsichtsrats mit 11 Mitgliedern, § 4 Abs. 1 MontanMitbestG. Satzungsmäßige Abweichungen sind insoweit möglich, dass ein Aufsichtsrat mit 15 oder 21 Mitgliedern gebildet werden kann, sofern das entsprechende Grundkapital vorhanden ist.281 Von den 11 Mitgliedern zählen jeweils vier zu den Arbeitnehmervertretern und zu den Anteilseignervertretern. Zusätzlich werden drei weitere Mitglieder gewählt, wobei der Wahlvorschlag für eines dieser drei weiteren Mitglieder aufgrund eines Beschlusses der übrigen Aufsichtsratsmitglieder ergehen soll, §§ 4, 8 Abs. 1 und 2 MontanMitbestG. Nachdem durch die Entflechtung der Montankonzerne durch die Alliierten sich immer mehr Obergesellschaften bildeten, die selbst nicht unter das MontanMitbestG fielen, unterwarf das MitbestErgG282 auch 276 Zweites Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat (Drittelbeteiligungsgesetz – DrittelbG) v. 18.5.2004 (BGBl. I S. 974). 277 Auch Aktiengesellschaften mit weniger als 500 Arbeitnehmern fallen in den Anwendungsbereich vom DrittelbG, soweit sie vor dem 10.08.1994 eingetragen wurden und keine Familiengesellschaften sind, § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG. 278 Diese haben gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG einen Aufsichtsrat obligatorisch zu bilden. 279 § 1 Abs. 1 i.V. m. Abs. 2 MontanMitbestG. 280 Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (Montan-Mitbestimmungsgesetz) v. 21.5.1951 (BGBl. I S. 347). 281 § 9 MontanMitbestG. 282 Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen

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diese Gesellschaften den Mitbestimmungsregeln.283 Die Anwendbarkeit des MitbestErgG auf die Obergesellschaft ist nur dann ausgeschlossen, wenn sie entweder selbst unter das MontanMitbestG fällt (§ 2 MitbestErgG) oder wenn der Unternehmenszweck des Konzerns nicht durch die abhängigen Unternehmen im Sinne des MontanMitbestG gekennzeichnet ist, §§ 3 f. MitbestErgG. Ist danach die Anwendbarkeit des MitbestErgG auf die Obergesellschaft zu bejahen, setzt sich der Aufsichtsrat aus 15 Mitgliedern zusammen; bei entsprechendem Grundkapital kann die Satzung die Mitgliederzahl auch auf 21 erhöhen, § 5 Abs. 1 MitbestErgG. Da gegenwärtig aber nur noch wenige Unternehmen284 unter den Anwendungsbereich des MontanMitbestG und des MitbestErgG fallen, soll nachfolgend der Schwerpunkt der Ausführungen beim MitbestG und beim DrittelbG liegen. 2. Die persönlichen Voraussetzungen für Arbeitnehmervertreter nach den Mitbestimmungsgesetzen Das Aktiengesetz unterscheidet zwischen Anteilseignervertretern und Arbeitnehmervertretern. Für letztere ergeben sich die „anderen persönlichen Voraussetzungen“ aus den Mitbestimmungsgesetzen, § 100 Abs. 3 AktG. Damit wird klar, dass die in §§ 100, 105 AktG geregelten Voraussetzungen grundsätzlich auch für Arbeitnehmervertreter gelten. Welche weiteren Voraussetzungen nun die Mitbestimmungsgesetze für die Wählbarkeit der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat regeln, soll nachfolgend untersucht werden. a) Die Arbeitnehmervertreter Der Begriff der Arbeitnehmervertreter ist irreführend, da die Mitbestimmungsgesetze teilweise auch die Wahl von leitenden Angestellten und Gewerkschaftsvertretern285 in den Aufsichtsrat vorsehen. Daher soll an dieser Stelle dargestellt werden, wer nach den einzelnen Mitbestimmungsgesetzen als Arbeitnehmervertreter gewählt werden kann.

und Stahl erzeugenden Industrie (Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz) v. 7.8. 1956, BGBl. I S. 707. 283 Wißmann in: WWKK, MitbestR, Vorbem. Rn. 13. 284 Ca. 50 Unternehmen im Jahr 2004, Kommission Mitbestimmung (BDA), Mitbestimmung modernisieren, S. 4. 285 § 7 Abs. 1 MitbestG; §§ 4 Abs. 1 lit. b) i.V. m. § 6 Abs. 3 MontanMitbestG; §§ 5 Abs. 1 lit b) i.V. m. § 6 Abs. 1 MitbestErgG; wohl auch bei übrigen Mitgliedern nach § 4 Abs. 2 Satz 2 DrittelbG.

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aa) Arbeitnehmer (1) Arbeitnehmereigenschaft Zwingende Voraussetzung für die Wählbarkeit in den Aufsichtsrat ist die Arbeitnehmereigenschaft. Arbeitnehmer werden durch § 3 Abs. 1 DrittelbG, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MitbestG und § 5 Abs. 5 MitbestErgG im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG definiert. Zwar fehlt im MontanMitbestG eine entsprechende Regelung, jedoch ist auch hier der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff anwendbar.286 (a) Der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff § 5 Abs. 1 BetrVG definiert Arbeitnehmer nur als „Arbeiter und Angestellte“. Eine konkrete Bezeichnung der Voraussetzungen der Arbeitnehmereigenschaft kann dem BetrVG aber nicht entnommen werden. An dieser Stelle ist auf den allgemeinen Arbeitnehmerbegriff zurückzugreifen. Danach ist Arbeitnehmer, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines Anderen in persönlicher Abhängigkeit zur Leistung fremdbestimmter Arbeit verpflichtet ist.287 Unter persönlicher Abhängigkeit wird die arbeitsvertragliche Weisungsbindung an den Arbeitgeber verstanden. Die Arbeitnehmereigenschaft ist daher umso eher anzunehmen, je stärker die Weisungsbindung ausgeprägt ist und je weniger Freiräume zur Erbringung der Arbeitsleistung bestehen.288 Durch § 5 Abs. 2 BetrVG wird der Arbeitnehmerbegriff weiter konkretisiert. Danach sind zum einen Organmitglieder des gesetzlichen Vertretungsorgans einer juristischen Person oder Gesellschafter einer OHG oder anderer Personengesamtheiten, soweit sie zur Vertretung oder zur Geschäftsführung durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag befugt sind, vom Arbeitnehmerbegriff ausgeschlossen. Da diese Personen schon wegen fehlender persönlicher Abhängigkeit keine Arbeitnehmer sind, ist die Aufzählung in § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BetrVG lediglich deklaratorisch. Konstitutiv ausgeschlossen wird durch § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG aber die Arbeitnehmereigenschaft von Personen, deren Beschäftigung in erster Linie nicht ihrem Erwerb, sondern vorwiegend karitativen und religiösen Zwecken dient. Nach Nr. 4 sind zudem solche Personen nicht vom betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff erfasst, die durch die Beschäftigung vorwiegend geheilt, wiedereingewöhnt oder erzogen werden sollen. Ihre Be286

Oetker in: Großkomm. AktG, § 1 MontanMitbestG Rn. 2. BAG, Urt. v. 12.9.1996 – 5 AZR 104/95, NZA 1997, 600; Wlotzke/Preis, BetrVG, § 5 Rn. 5 m.w. N. 288 Die Arbeitnehmerschaft wird auch in Abgrenzung zur selbständigen Tätigkeit ermittelt, deren Definition aus § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB hergeleitet wird. Siehe dazu: Preis in: ErfK, § 611 Rn. 59; Koch in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 2–4; Kloppenburg in: Düwell, BetrVG, § 5 Rn. 12. 287

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schäftigung erfolgt vorrangig aus therapeutischen Gründen und bietet nicht die Gewähr, die Interessen der übrigen Arbeitnehmer im nötigen Maße vertreten zu können. Darüber hinaus sind Ehegatten, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft289 mit dem Arbeitgeber leben, keine Arbeitnehmer, da bei ihnen die Gefahr einer Vermischung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen innerhalb der betrieblichen Interessenvertretung besteht.290 Soweit der Arbeitgeber keine natürliche Person ist, soll § 5 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG auch analog auf die gesetzlichen Vertreter Anwendung finden.291 Zusätzlich muss der Arbeitnehmer betriebszugehörig sein.292 Das kann nur bejaht werden, wenn die Person in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber steht und ihre Arbeitsleistung innerhalb der Betriebsorganisation erbringt.293 Ist ein Arbeitnehmer in verschiedenen Konzernunternehmen angestellt und dort auch tätig, ist er in jedem dieser Betriebe als Arbeitnehmer einzustufen.294 Ist der Beschäftigte im Betrieb der herrschenden Gesellschaft und gleichzeitig in einer abhängigen Gesellschaft als gesetzlicher Vertreter tätig, dann entfällt aufgrund der Organschaft die Arbeitnehmereigenschaft in der abhängigen Gesellschaft. Im herrschenden Unternehmen ist er aber als (betriebszugehöriger) Arbeitnehmer einzustufen.295 Anders gestaltet sich das, wenn ein Fall der sog. Konzernleihe296 vorliegt. Hier besteht in der Regel nur ein Arbeitsvertrag mit der verleihenden Obergesellschaft. Ist der Arbeitnehmer jedoch dauerhaft in die Betriebsorganisation des entleihenden abhängigen Unternehmens eingegliedert, ist die Einordnung als Arbeitnehmer der verleihenden oder entleihenden Gesellschaft umstritten.297 Im Ergebnis wird in dieser Konstellation die Arbeitnehmereigenschaft nur bei dem Unternehmen angenommen, mit dem der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag abgeschlossen hat.298 Damit ist der Beschäftigte nur im herrschenden Unternehmen als betriebszugehöriger Arbeitnehmer zu qualifizieren.

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I. S. v. § 1619 BGB. Preis in: Wlotzke/Preis, § 5 BetrVG Rn. 48. 291 Koch in: ErfK § 5 BetrVG Rn. 16; Preis in: Wlotzke/Preis, § 5 BetrVG Rn. 49 m.w. N. 292 V. Hoyningen-Huene in: MünchHdb. ArbR, § 299 Rn. 38; Kloppenburg in: Düwell, BetrVG, § 5 Rn. 7 ff. 293 BAG Beschl. v. 25.2.1998 – 7 ABR 11/97, NZA 1998, 838; Kloppenburg in: Düwell, BetrVG, § 5 Rn. 7. 294 Preis in: Wlotzke/Preis, BetrVG, § 5 Rn. 32; Koch in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 9. 295 Koberski in: WWKK, MitbestR, § 3 MitbestG Rn. 20. 296 Koch in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 9; Preis in: Wlotzke/Preis, BetrVG, § 5 Rn. 32. 297 Siehe zur Problematik des echten und unechten Leiharbeitsverhältnisses: Preis in: Wlotzke/Preis, BetrVG, § 5 Rn. 32, 27 ff. m.w. N. 298 So auch: Preis in: Wlotzke/Preis, BetrVG, § 5 Rn. 31 m.w. N. 290

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(b) Der mitbestimmungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff Zur Definition der Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der Mitbestimmungsgesetze wird auf § 5 Abs. 1 BetrVG verwiesen. Das bedeutet, dass der mitbestimmungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff im Ansatz dem betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff entspricht. Lediglich in § 3 Abs. 1 DrittelbG fehlt ein expliziter Ausschluss der in § 5 Abs. 2 BetrVG bezeichneten Personen. Der Gesetzgeber wollte aber im Anwendungsbereich des DrittelbG keinen neuen Arbeitnehmerbegriff kreieren,299 so dass auch hier grundsätzlich vom Arbeitnehmer im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne auszugehen ist.300 Im Gegensatz zum betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff, der auf die Betriebszugehörigkeit301 der Arbeitnehmer abstellt, greifen die Mitbestimmungsgesetze zur Ermittlung der (passiv) wahlberechtigten Arbeitnehmer am weiteren Begriff des Unternehmens an.302 In den Aufsichtsrat einer Gesellschaft können daher nur Arbeitnehmer gewählt werden, die ihre Arbeitsleistung in unternehmenszugehörigen Betrieben erbringen. Der Begriff des Unternehmens wird an dieser Stelle grundsätzlich synonym für Gesellschaft verwandt.303 Nur bei Aufsichtsratswahlen im herrschenden Konzernunternehmen ist der Unternehmensbegriff weiter zu verstehen. Das ergibt sich beim MitbestErgG304 aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes und beim MitbestG und MontanMitbestG aus den gesetzlichen Fiktionen.305 Danach gelten die Arbeitnehmer in Betrieben der Konzernunternehmen als Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens. Das bedeutet einerseits, dass die Beschäftigten der abhängigen Unternehmen bei Ermittlung der für die Anwendbarkeit der Mitbestimmungsgesetze relevanten Arbeitnehmerzahl zu den Arbeitnehmern der herrschenden Gesellschaft hinzugerechnet werden und andererseits, dass in den Aufsichtsrat der Obergesellschaft auch Arbeitnehmer der Tochtergesellschaften gewählt wer299 Dies ist nur eine deklaratorische Verweisung, da der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff übernommen werden sollte, Kleinsorge in: WWKK, MitbestR, § 3 DrittelbG Rn. 5; Henssler in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 3 DrittelbG Rn. 3; Gach in: MüKo AktG, § 3 DrittelbG Rn. 2. 300 RegBegr. DrittelbG, BT-Drucks. 15/2542, S. 12; Arbeitnehmerbegriff im BetrVG 1952: Oetker in: Großkomm. AktG, § 76 BetrVG 1952 Rn. 8; Boewer/Gaul/Otto, GmbHR 2004, 1065; Seibt, NZA 2004, 767 (769). 301 Betrieb ist eine „organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt“, st. Rspr. BAG, vgl. BAGE 79, 47 = NZA 1995, 906 (907); BAGE 109, 332 = NZA 2004, 618. 302 § 4 Abs. 2 DrittelbG, § 7 Abs. 1, 2 und 3 MitbestG, § 6 Abs. 1 MontanMitbestG. 303 Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 1 MitbestG Rn. 35. 304 § 6 Abs. 2 MitbestErgG. 305 § 5 Abs. 1 MitbestG; § 1 Abs. 4 MontanMitbestG, der als Voraussetzung für den Eintritt der Fiktion an das Bestehen eines Konzernbetriebsrats anknüpft.

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den können. Im Anwendungsbereich des DrittelbG ergibt sich dies aus § 2 Abs. 1.306 Ein Unterschied besteht hier nur bei der Zurechnung der Arbeitnehmer abhängiger Unternehmen, wenn die Obergesellschaft nicht selbst dem Anwendungsbereich des DrittelbG unterliegt. Nach § 2 Abs. 2 DrittelbG zählen zur herrschenden Gesellschaft nur die Arbeitnehmer abhängiger Unternehmen, die entweder eingegliedert wurden oder mit denen ein Beherrschungsvertrag geschlossen wurde. Im Gegensatz zu den anderen Mitbestimmungsgesetzen führt eine faktische Konzernbeziehung hier nicht zum Erreichen des für die Anwendbarkeit des DrittelbG maßgeblichen Schwellenwerts bei der Obergesellschaft, § 1 Abs. 1 DrittelbG.307 Bei Gesellschaften im Anwendungsbereich des DrittelbG können auch leitende Angestellte, Gewerkschaftsvertreter oder andere unternehmensexterne Personen als Arbeitnehmervertreter gewählt werden, soweit ein Aufsichtsrat mit 9 bis 21 Mitgliedern zu bilden ist und diese von berechtigten Personen zur Wahl vorgeschlagen wurden.308 § 4 Abs. 2 Satz 2 DrittelbG schreibt nämlich nur die Wahl von mindestens zwei Arbeitnehmern des Unternehmens vor, für die restlichen Sitze der Arbeitnehmervertreter entfällt dann die Unternehmenszugehörigkeit als Wählbarkeitsvoraussetzung. (2) Voraussetzungen für die Wählbarkeit in den Aufsichtsrat nach den Mitbestimmungsgesetzen (a) Volljährigkeit und einjährige Unternehmenszugehörigkeit Nach § 7 Abs. 3 MitbestG, § 4 Abs. 3 DrittelbG und § 6 Abs. 2 MitbestErgG können unternehmenszugehörige Arbeitnehmer nur dann in den Aufsichtsrat gewählt werden, wenn sie volljährig sind und eine einjährige Unternehmenszugehörigkeit aufweisen. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Arbeitnehmer auch ein Jahr in dieser Gesellschaft beschäftigt worden sein muss. Auf die einjährige Wartefrist sind auch Zeiten in anderen Unternehmen anzurechnen, dessen Arbeitnehmer nach den Mitbestimmungsgesetzen wahlberechtigt sind.309 Bei Arbeitnehmern der Konzernobergesellschaft sind daher die Arbeitszeiten in 306 Oetker in: ErfK, § 2 DrittelbG Rn. 12 f.; ders. in Großkomm. AktG, § 76 BetrVG 1952 Rn. 58; Kleinsorge in: WWKK, MitbestR, § 2 DrittelbG Rn. 22; Koberski in: WWKK, MitbestR, § 5 MitbestG Rn. 27; Seibt, NZA 2004, 767 (770); RegBegr. DrittelbG, BT-Drucks. 15/2542, S. 10 ff. [„redaktionelle Neufassung“]. 307 Kleinsorge in: WWKK, MitbestR, § 2 DrittelbG Rn. 25 f.; Götze/Winzer/Arnold, ZIP 2009, 245 (246 f.); OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.10.2005 – 3 W 136/05 (Eckes), ZIP 2005, 1966. 308 § 6 DrittelbG; siehe dazu: Henssler in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 4 DrittelbG Rn. 13; Boewer/Gaul/Otto, GmbHR 2004, 1065 (1067). 309 § 2 DrittelbG, §§ 4, 5 MitbestG, § 7 MitbestErgG.

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den Tochterunternehmen anrechenbar.310 Demgegenüber müssen die Arbeitnehmer der abhängigen Gesellschaften bereits ein Jahr in diesem Unternehmen tätig gewesen sein, um in dessen Aufsichtsrat gewählt werden zu können; denn Arbeitszeiten in anderen Tochterunternehmen oder auch im herrschenden Unternehmen werden an dieser Stelle nicht angerechnet. Anderes gilt nur, wenn man das Bestehen eines Konzerns im Konzern311 bejaht. Dann sind auch die Arbeitnehmer der Enkelgesellschaften bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter in der Tochtergesellschaft wahlberechtigt, wenn letzterer durch die Obergesellschaft ein „eigener Entscheidungsspielraum eingeräumt und ihr insoweit Leitungsmacht bezüglich nachgeordneter Unternehmen übertragen wurde“.312 Somit können auch Arbeitszeiten in der Enkelgesellschaft bei der Ermittlung der Zugehörigkeitsdauer zum Tochterunternehmen hinzugezählt werden. Voraussetzung ist aber, dass die Beschäftigungszeiten unmittelbar aufeinander folgen, d.h. keine zwischenzeitliche Beschäftigung bei nicht abhängigen Unternehmen bestand.313 Von der Problematik des Konzerns im Konzern ist die Anwendbarkeit des MitbestG auf die einer ausländischen Gesellschaft nachgeschaltete deutsche Zwischengesellschaft abzugrenzen.314 § 5 Abs. 3 MitbestG enthält eine Sondervorschrift, die eingreift, wenn das herrschende Unternehmen entweder aufgrund seiner Rechtsform oder wegen des ausländischen Gesellschaftssitzes nicht in den Anwendungsbereich des MitbestG fällt.315 Dann gilt das der (ausländischen) Konzernleitung am nächsten stehende deutsche Unternehmen als herrschendes Unternehmen. Hier ist umstritten, ob es für die gesetzliche Fiktion genügt, dass die deutsche Tochtergesellschaft an den nachgeordneten Unternehmen kapitalmäßig beteiligt ist,316 oder ob darüber hinaus auch die Ausübung

310 Siehe aber eingeschränkte Anwendbarkeit des Gesetzes auf Obergesellschaften, die selbst nicht dem DrittelbG unterfallen, § 2 Abs. 2 DrittelbG, 2. Kapitel § 3 C. IV. 2. a) aa) (1) (b). 311 Während diese Rechtsfigur im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum abgelehnt wird, erfährt sie im mitbestimmungsrechtlichen Schrifttum überwiegend Zuspruch. Siehe für Gesellschaftsrecht: Emmerich/Habersack, KonzernR, § 4 Rn. 21 ff.; für Mitbestimmungsrecht: Kleinsorge in: WWKK, MitbestR, § 2 DrittelbG Rn. 17; Emmerich/Habersack, KonzernR, § 4 Rn. 23 ff., 50 ff. 312 Zuletzt: OLG München, Beschl. v. 19.11.2008 – 31 Wx 99/07, ZIP 2008, 2414 (2415). 313 § 4 Abs. 3 Satz 3 DrittelbG, § 7 Abs. 3 Satz 3 MitbestG und § 6 Abs. 2 Satz 3 MitbestErgG. 314 Siehe zur Problematik: Götze/Winzer/Arnold, ZIP 2009, 245 (247). 315 Koberski in: WWKK, MitbestR, § 5 MitbestG Rn. 52; Götze/Winzer/Arnold, ZIP 2009, 245 (247). 316 Koberski in: WWKK, MitbestR, § 5 Rn. 59; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 21.4.2008 – 20 W 342/07, ZIP 2008, 878; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 21.4.2008 – 20 W 8/07 (Asklepios), ZIP 2008, 880; Gach in: MüKo AktG, § 5 MitbestG Rn. 38.

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einer Leitungsfunktion317 zu fordern ist. Geht man von der Zulässigkeit des Konzerns im Konzern aus, ist eine gesetzliche Fiktion des Konzernverhältnisses, die auf die eigene Leitungsmacht der Zwischengesellschaft abstellt, überflüssig; denn dies ist bereits Voraussetzung für das Vorliegen eines Konzerns im Konzern.318 Das bedeutet wiederum, dass es für § 5 Abs. 3 MitbestG genügt, wenn die deutsche Tochtergesellschaft ausschließlich kapitalmäßig an den Enkelgesellschaften beteiligt ist. Eine Anrechnung der Beschäftigungszeiten ist damit auch dann möglich, wenn der Arbeitnehmer zuvor in einer nachgeordneten Gesellschaft einer deutschen Zwischengesellschaft tätig war, unabhängig davon, ob diese gegenüber dem nachgeordneten Unternehmen eigene Leitungsfunktion wahrnimmt oder lediglich kaptialmäßig beteiligt ist. (b) Weitere Wählbarkeitsvoraussetzungen Des Weiteren werden die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 BetrVG für anwendbar erklärt.319 Damit soll die Wählbarkeit von Personen ausgeschlossen werden, denen infolge strafrechtlicher Verurteilung die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkannt wurde.320 Außerdem normiert § 4 Abs. 4 DrittelbG als Besonderheit die Besetzung des Aufsichtsrats unter Beachtung des unternehmensinternen Geschlechterverhältnisses.321 Unter den Aufsichtsratsmitgliedern sollen Frauen und Männer entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Unternehmen vertreten sein. Die Vorschrift übernimmt die bis dahin in § 76 Abs. 2 Satz 4 BetrVG 1952 enthaltene Regelung in modifizierter Form. Im Unterschied zur Vorgängernorm geht § 4 Abs. 4 DrittelbG aber nicht mehr davon aus, dass nur in Betrieben, deren Arbeitnehmer über die Hälfte aus Frauen bestehen, mindestens eine Frau als Arbeitnehmervertreter gewählt werden soll. Vielmehr stellt die aktuelle Regelung auf das konkrete Geschlechterverhältnis im Unternehmen ab, wobei nicht nur aktiv wahlberechtigte Arbeitnehmer322 zu beachten sind, sondern sämtliche 317 Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, § 5 MitbestG Rn. 70; Oetker in: ErfK, § 5 MitbestG Rn. 21. 318 Gach in: MüKo AktG, § 5 MitbestG Rn. 38; Koberski in: WWKK, MitbestR, § 5 MitbestG Rn. 59. 319 Gem. § 4 Abs. 3 Satz 4 DrittelbG, § 7 Abs. 3 Satz 4 MitbestG und § 6 Abs. 2 Satz 4 MitbestErgG. 320 § 8 Abs. 1 Satz 3 BetrVG i.V. m. § 45 StGB. 321 Siehe nunmehr auch zur ähnlichen Regelung in § 36 Abs. 3 i.V. m. § 6 SEBG. 322 Aktive Wahlberechtigung besteht grundsätzlich bei Volljährigkeit ohne Beachtlichkeit der Betriebs- bzw. Unternehmenszugehörigkeit. Nur bei Leiharbeitnehmern besteht eine „Wartefrist“ von 3 Monaten, § 7 Satz 2 BetrVG i.V. m. § 5 Abs. 2 DrittelbG, § 10 Abs. 2, § 18 MitbestG, § 8 Abs. 2, § 10g MitbestErgG. Im Rahmen des MontanMitbestG wählt der Betriebsrat die vorgeschlagenen Kandidaten, die dann von der Hauptversammlung mit Bindung an den Wahlvorschlag gewählt werden, § 6 Abs. 1 und 6 MontanMitbestG.

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Beschäftigte.323 Da § 4 Abs. 4 DrittelbG aber nur eine Ermessensvorschrift ist, bleibt ein Abweichen von der verhältnismäßigen Besetzung sanktionslos, so dass es sich hierbei nicht um eine echte Wählbarkeitsvoraussetzung handelt. Andere Voraussetzungen stellen die Mitbestimmungsgesetze nicht auf. Weder wird die deutsche Staatsangehörigkeit als Voraussetzung für das Aufsichtsratsmandat vorgeschrieben, so dass auch ausländische Arbeitnehmer gewählt werden können, wenn sie in einem inländischen unternehmensangehörigen Betrieb beschäftigt sind,324 noch kann die Wählbarkeit verneint werden, weil der Kandidat Mitglied im Betriebsrat ist. Nur teilweise wird gegen eine Doppelmitgliedschaft im Aufsichtsrat und im Betriebsrat vorgebracht, dass sie zu Interessenkonflikten zwischen dem Unternehmensinteresse und dem Interesse einzelner Betriebe führen könnte. Zudem könne die „Sympathie, die sich ein Geschäftsführungsmitglied oder leitender Angestellter im Umgang mit dem Betriebsrat erworben hat, auf die Wahlentscheidung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat [durchschlagen]“.325 Die herrschende Meinung326 geht aber richtigerweise davon aus, dass eine zeitgleiche Betriebsratsmitgliedschaft für die Aufsichtsratstätigkeit unschädlich ist. Die Mitbestimmungsgesetze regeln die Wählbarkeitsvoraussetzungen für Arbeitnehmervertreter abschließend, wovon auch § 100 Abs. 3 AktG ausgeht. Eine strikte Trennung von betrieblicher Mitbestimmung und Unternehmensmitbestimmung wollte das Gesetz nicht erreichen, denn dann hätte es die Inkompatibilität von Aufsichtsratsmandat und Betriebsratsmitgliedschaft geregelt.327 Auch das BVerfG sieht in der gleichzeitigen Mitgliedschaft im Betriebsrat und im Aufsichtsrat keine verfassungswidrige Kumulation von Mitbestimmungsrechten.328 Nicht selten wird eine Doppelmitgliedschaft im Aufsichtsrat und im Betriebsrat eines Unternehmens praktisch sinnvoll sein, da es die „Sachkunde der Arbeitnehmervertreter [fördert] und die Gefahr von Friktionen zwischen der betrieblichen Mitbestimmung und der Unternehmensmitbestimmung [vermindert]“.329

323 Kleinsorge in: WWKK, MitbestR, § 4 DrittelbG Rn. 33; Henssler in: Ulmer/Habersack/Henssler, § 4 DrittelbG Rn. 16; Oetker in: ErfK, § 4 DrittelbG Rn. 11. 324 Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 7 MitbestG Rn. 36. 325 Siehe dazu: Reuter, AcP 179 (1979), 509 (564 f.); Ulmer/Habersack in: Ulmer/ Habersack/Henssler, MitbestR, § 6 MitbestG Rn. 51 a. E. [de lege ferenda gegen eine Doppelmitgliedschaft]. 326 Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 37; Gach in: MüKo AktG, § 7 MitbestG Rn. 28; Oetker in: Großkomm. AktG, § 7 MitbestG Rn. 16. 327 Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 6 MitbestG Rn. 51. 328 Siehe dazu: BVerfGE 50, 290 = NJW 1979, 699 (700); Wißmann in: WWKK, MitbestR, Vorm. Rn. 10; § 7 MitbestG Rn. 37. 329 Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 7 MitbestG Rn. 37; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 1 Rn. 20.

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bb) Die leitenden Angestellten Im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn zählen leitende Angestellte nicht zu den Arbeitnehmern. Das wird ausdrücklich in § 5 Abs. 3 BetrVG geregelt. Die Mitbestimmungsgesetze sehen aber teilweise etwas anderes vor. Während im Anwendungsbereich des DrittelbG leitende Angestellte explizit in § 3 Abs. 1 als Arbeitnehmer ausgeschlossen sind, zählen sie nach der Definition des Mitbestimmungsgesetzes in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 dazu. Das ist auch gem. § 5 Abs. 5 MitbestErgG der Fall, wo der ausschließende Verweis auf § 5 Abs. 3 BetrVG fehlt.330 Im MontanMitbestG ist dagegen der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff anwendbar, so dass leitende Angestellte hier nicht als Arbeitnehmervertreter wählbar sind.331 Leitender Angestellter ist nach § 5 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 BetrVG derjenige, der nach seinem Arbeitsvertrag und nach der Stellung im Unternehmen oder Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung berechtigt ist oder eine Generalvollmacht oder im Verhältnis zum Arbeitgeber eine nicht unbedeutende Prokura hat. Grundsätzlich ist die Stellung als leitender Angestellter dann zu bejahen, wenn der Betreffende regelmäßig Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt. Dabei muss er Entscheidungen entweder weisungsfrei treffen oder sie zumindest maßgeblich beeinflussen dürfen. Nach § 5 Abs. 4 BetrVG sind zu den leitenden Angestellten im Zweifel diejenigen zu zählen, die entweder durch eine in § 5 Abs. 4 Nr. 1 BetrVG näher bezeichnete Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden sind, die einer Leitungsebene angehören, auf der überwiegend leitende Angestellte vertreten sind oder wenn diese nach ihrem regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt als leitende Angestellte eingestuft werden können. § 5 Abs. 4 BetrVG stellt aber nur eine gesetzliche Auslegungshilfe für § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG dar. Erst wenn in diesem Rahmen Zweifel über die Einordnung als Arbeitnehmer oder leitender Angestellter bestehen, darf Absatz 4 herangezogen werden. Da das MitbestG und das MitbestErgG leitende Angestellte unter den Begriff der Arbeitnehmer definieren, ergeben sich hier keine Unterschiede zu den bereits oben dargestellten weiteren Wählbarkeitsvoraussetzungen.332

330 Oetker in: Großkomm. AktG, § 5 MitbestErgG Rn. 6 f.; Mertens in: KK AktG, Anh. § 117 D MitbestErgG Rn. 11. 331 Oetker in: Großkomm. AktG, § 1 MontanMitbestG Rn. 2; ders. in: ErfK, § 1 MontanMitbestG Rn. 1; Mertens in: KK AktG, Anh. § 117 C MontanMitbestG Rn. 19. 332 Siehe unter: 2 Kapitel § 3 C. IV. 2. a) aa) (2) (b).

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cc) Die Gewerkschaftsvertreter Für Gewerkschaftsvertreter333 sehen die Mitbestimmungsgesetze keine Wählbarkeitsvoraussetzungen vor. Lediglich der Wahlvorschlag muss von einer im Unternehmen oder in abhängigen Unternehmen vertretenen Gewerkschaft erteilt worden sein.334 Die Zugehörigkeit des Kandidaten zu einer unternehmensinternen Gewerkschaft ist nicht notwendig.335 Deshalb können sowohl unternehmensangehörige Arbeitnehmer als auch andere unternehmensexterne Personen zum Gewerkschaftsvertreter vorgeschlagen werden. Das Gesetz verbietet insbesondere nicht die Wahl von gewerkschaftlichen Funktionsträgern in den Aufsichtsrat.336 Ebenfalls ist die Nominierung ausländischer Belegschaftsvertreter möglich.337 Da es bei Gewerkschaftsvertretern an einem gesetzlichen Verweis auf § 8 Abs. 1 BetrVG fehlt, behindert auch eine strafrechtliche Verurteilung zu der Nebenfolge aus § 45 StGB nicht die Wahl in den Aufsichtsrat.338 b) Das weitere Mitglied Das MontanMitbestG und das MitbestErgG haben gegenwärtig kaum noch praktische Bedeutung – trotzdem ist die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach diesen Gesetzen für das hier behandelte Thema interessant. Beide Gesetze schreiben nämlich das Vorhandensein eines „weiteren Mitglieds“ im Aufsichtsrat vor, welches weder Repräsentant einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung der Arbeitgeber oder einer Spitzenorganisation dieser Verbände sein darf oder zu diesen in einem ständigen Dienst- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis steht oder im Laufe des letzten Jahres vor der Wahl eine Stellung als Anteilseignervertreter oder weiteres Mitglied auf der Seite der Anteilseignervertreter inne gehabt hat oder in dem Unternehmen als Arbeitnehmer tätig oder daran in besonderem Maße wirtschaftlich interessiert ist.339 333 Lediglich im DrittelbG ist die Wahl von Gewerkschaftsvertretern nicht vorgesehen. Da jedoch nur mindestens 2 Arbeitnehmer gewählt werden müssen, können in Aufsichtsräten mit 9 bis 21 Mitgliedern für die zusätzlichen Arbeitnehmervertreter auch Gewerkschaftsvertreter gewählt werden, siehe unter: 2. Kapitel § 3 C. IV. 2. a) aa) (1) (b). 334 §§ 7 Abs. 4, 16 Abs. 2 MitbestG, § 6 Abs. 3 MitbestErgG. Im MontanMitbestG obliegt das Vorschlagsrecht der Spitzenorganisation nach vorheriger Beratung mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften, § 6 Abs. 3 MontanMitbestG. 335 Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 7 MitbestG Rn. 38; a. A. Kempen, NZA 2005, 185 (192). 336 Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 7 MitbestG Rn. 79; Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 7 MitbestG Rn. 39. 337 Das wird häufig in internationalen Unternehmen der Fall sein. Siehe dazu: Gentz, NZA 2000, 3 (5). 338 Henssler in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 7 MitbestG Rn. 77. 339 § 4 Abs. 2 MontanMitbestG i.V. m. § 5 Abs. 1 und 3 MitbestErgG.

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Das (neutrale) weitere Mitglied340 sollte nach der Intention des Gesetzgebers die vertrauensvolle Zusammenarbeit von Anteilseignervertreter und Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat fördern und die Entscheidungsfähigkeit des Aufsichtsrats gewährleisten.341 Mit den in § 4 Abs. 2 MontanMitbestG geregelten zusätzlichen Voraussetzungen342 sollte die Unabhängigkeit des „11. Manns“ von beiden Seiten erreicht werden.343 Im Gesetzgebungsprozess wurden die zuerst gestellten strengen Anforderungen an das weitere Mitglied aber wieder gelockert. Laut § 7 des Regierungsentwurfes zu MontanMitbestG sollte das weitere Mitglied „allgemeines Vertrauen besitzen, sich im wirtschaftlichen Leben bewährt haben, möglichst besondere Erfahrungen in dem Wirtschaftszweig aufweisen und seiner Persönlichkeit nach geeignet sein, bei Meinungsverschiedenheiten“ ausgleichend tätig zu werden.344 Diese, wenn auch nur in einer SollVorschrift vorgesehenen Voraussetzungen für den „11. Mann“ wurden letztendlich nicht Gesetz. Die Befürchtungen, dass damit der Kreis der in Frage kommenden Personen für diesen Aufsichtsratsposten erheblich dezimiert werden würde, waren zu groß.345 Dennoch sollte das weitere Mitglied diesen Anforderungen genügen – nicht durch gesetzliche Normierung von persönlichen Voraussetzungen, sondern indirekt durch die Regelung des Wahlverfahrens.346 Der Wahlvorschlag muss nämlich von den übrigen, bereits gewählten Aufsichtsratsmitgliedern mit der Mehrheit aller Stimmen beschlossen werden. Jedenfalls bedarf es der Zustimmung von mindestens je drei Mitgliedern der Arbeitnehmervertreter und der Anteilseignervertreter, § 8 Abs. 1 MontanMitbestG. Kommt ein Wahlvorschlag nicht zustande, wird ein Vermittlungsausschuss gebildet, der dem Wahlorgan drei Personen zur Wahl vorschlägt, § 8 Abs. 2 und 3 MontanMitbestG. Das Wahlorgan ist nicht an den Wahlvorschlag gebunden; es darf aber die Kandidaten nur aus wichtigem Grund ablehnen. § 8 Abs. 3 Satz 2 MontanMitbestG hält einen wichtigen Grund „insbesondere“ dann für gegeben, wenn der Vorgeschlagene nicht 340 Das MontanMitbestG schreibt eigentlich in § 4 Abs. 1 drei weitere Mitglieder vor, wovon jeweils eines auf der Anteilseignerseite und auf der Arbeitnehmerseite steht. Auch diese müssen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 MontanMitbestG erfüllen. Nachfolgend soll es aber nur um das „neutrale“ weitere Mitglied in § 4 Abs. 1 lit. c MontanMitbestG gehen. 341 Mertens in: KK AktG, Anh. § 117 C MontanMitbestG Rn. 15; Müller/Lehmann, MontanMitbestG, § 4 Rn. 7. 342 Auch für das weitere Mitglied gelten die aktienrechtlichen Vorschriften gem. §§ 100, 105. 343 Müller/Lehmann, MontanMitbestG, § 4 Rn. 6; Oetker in: Großkomm. AktG, § 4 Rn. 4 MontanMitbestG; ders in: ErfK, § 4 MontanMitbestG Rn. 3. 344 Siehe Regierungsentwurf zum Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen des Bergbaus sowie der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 30.1.1951 in: Kötter, MitbestR, S. 185. 345 Kötter, MitbestR, § 4 Anm. 7. 346 Kötter, MitbestR, § 4 Anm. 7.

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die „Gewähr für ein gedeihliches Wirken für das Unternehmen“ bietet. Der Ablehnungsbeschluss der Hauptversammlung ist mit Gründen zu versehen, § 8 Abs. 3 Satz 3 MontanMitbestG. Zwar verbietet das Gesetz in § 104 Abs. 3 Nr. 1 AktG eine gerichtliche Bestellung des „weiteren Mitglieds“; dem Gericht kommt aber über § 8 Abs. 3 Satz 4 MontanMitbestG die Entscheidungsgewalt über die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbeschlusses zu. Erst wenn die Ablehnung rechtswidrig war, hat die Hauptversammlung bindend einen der drei Vorgeschlagenen zu wählen. Die Besetzung des Aufsichtsrats mit einem weiteren Mitglied konnte sich im MitbestG nicht durchsetzen. Zwar war die praktische Bedeutung des weiteren Mitglieds als Letztentscheidungsinstanz eher gering, da aus Sorge vor Vertrauensverlusten die Entscheidung nur selten dem weiteren Mitglied übertragen wurde.347 Die Sachverständigenkommission unter dem Vorsitz von Kurt Biedenkopf entschied sich aber dennoch für ein Mitbestimmungsmodell, das die Wahl von zwei weiteren Mitgliedern vorsah.348 Der Gesetzgeber lehnte dies aber zugunsten einer paritätischen Besetzung des Aufsichtsrats ohne „weitere Mitglieder“ ab. Auch das kann als Entscheidung der Legislative gegen interessenneutrale Aufsichtsratsmitglieder verstanden werden. 3. Modifikation der aktiengesetzlichen Bestimmungen für Arbeitnehmervertreter? Die §§ 100, 105 AktG gelten für alle Aufsichtsratsmitglieder und damit auch für die Arbeitnehmervertreter. Das ergibt sich schon aus § 100 Abs. 3 AktG, der bezüglich der „anderen“ persönlichen Voraussetzungen die Mitbestimmungsgesetze für anwendbar erklärt, die ihrerseits wieder auf das Aktiengesetz verweisen.349 Dennoch stellt sich die Frage, ob die aktienrechtlichen Voraussetzungen durch die Unternehmensmitbestimmung modifiziert werden. Besonders die Bindung der Arbeitnehmervertreter an das Unternehmensinteresse ist hier von Bedeutung und soll nachfolgend näher beleuchtet werden. a) Modifikation des § 105 Abs. 1 AktG Im Anwendungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes wird die strenge organisatorische Trennung zwischen Geschäftsleitung und Überwachung zugunsten des wählbaren Kreises der leitenden Angestellten gelockert.350 Als Ausnahme 347

Siehe dazu: Mertens in: KK AktG, Anh. § 117 C MontanMitbestG Rn. 15. Siehe dazu: Wißmann in: WWKK, MitbestR, Vorbem. Rn. 17. 349 So in: § 2 MontanMitbestG, ähnlich in: § 6 Abs. 1 MitbestG. 350 Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 6 Rn. 52; Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 6 MitbestG Rn. 49. 348

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zu § 105 Abs. 1 AktG regelt § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG die Wählbarkeit von Prokuristen in den Aufsichtsrat. Ausgeschlossen sind hiernach nur die Prokuristen, die dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ direkt unterstellt sind und Prokura für den gesamten Geschäftsbereich des Organs haben. Das gilt entgegen dem Wortlaut der Vorschrift auch für Handlungsbevollmächtigte, sofern sie nicht der direkt dem Vertretungsorgan nachgeordneten Leitungsebene angehören; denn eine unterschiedliche Behandlung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten ist nach dem gesetzgeberischen Ziel der Vorschrift nicht zu erklären.351 b) Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse Die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nehmen innerhalb des Aufsichtsrats keine Sonderstellung ein, sondern sind wie die Anteilseignervertreter an das Unternehmensinteresse gebunden. Das ergibt sich zum einen aus den §§ 116, 93 Abs. 2 AktG, die die Haftung auch für Arbeitnehmervertreter vorsehen, wenn diese nicht zum Wohl der Gesellschaft gehandelt haben und das Unternehmen dadurch geschädigt wurde. Zum anderen müssen auch die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmerseite gem. § 111 Abs. 5 AktG ihr Mandat höchstpersönlich ausüben, so dass sie im Verhältnis zur Gesellschaft keinen Weisungen Dritter unterliegen.352 Um die Arbeitnehmervertreter vor Beeinflussungen über die Weisungsbindung im Arbeitsverhältnis zu schützen, normieren die Mitbestimmungsgesetze Benachteiligungs-353 und teilweise Begünstigungsverbote.354 Zudem wird auch aus § 6 Abs. 2 Satz 2 MontanMitbestG die Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse deutlich, wenn den Spitzenorganisationen ein Einspruchsrecht gegen einen vorgeschlagenen Kandidaten gewährt wird, der „nicht die Gewähr bietet zum Wohle des Unternehmens“ im Aufsichtsrat mitzuarbeiten. aa) Pflicht zur Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen? Es stellt sich aber die Frage, ob die Arbeitnehmervertreter innerhalb der Grenzen des Unternehmensinteresses355 vorrangig die Arbeitnehmerinteressen im Aufsichtsrat zu vertreten haben. Dies könnte sich aus dem Zweck der Unter351 Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 6 MitbestG Rn. 51; Oetker in: Großkomm. AktG, § 6 MitbestG Rn. 17; Mertens in: KK AktG, Anh. § 117 B § 6 MitbestG Rn. 2. 352 Insofern deklaratorisch: § 4 Abs. 3 MontanMitbestG; § 5 Abs. 4 MitbestErgG; Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 77 f.; Siebel/v. Schenck in: Semler, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglied, § 5 Rn. 7; Dreher, JZ 1990, 896; Uwe H. Schneider/ Nowak in: FS v. Rosen, S. 577 (581 f.). 353 § 26 MitbestG, § 9 DrittelbG. 354 § 9 DrittelbG. 355 Siehe dazu oben unter: 1. Kapitel § 2 A. IV.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

nehmensmitbestimmung ergeben, die die institutionelle Absicherung der Berücksichtigung von Arbeitnehmerbelangen im Blick hatte.356 Jedoch kann allein daraus keine Pflicht der Arbeitnehmervertreter hergeleitet werden, nur die Arbeitnehmerinteressen im Aufsichtsrat zu verfolgen. Zum einen widerspricht dies der gesetzlichen Ausgestaltung des Aufsichtsratsamtes als höchstpersönliches und weisungsfreies Mandat. Zum anderen kann die Auswahl der relevanten Arbeitnehmerbelange im Einzelfall schwierig sein, da diese nicht immer klar von anderen Interessen abgegrenzt werden können und teilweise im Widerspruch zueinander stehen, wenn die Interessen einzelner Arbeitnehmergruppen miteinander kollidieren. Daher sind Arbeitnehmervertreter nur berechtigt, die Interessen der Belegschaft in die Entscheidungsprozesse des Aufsichtsrats einzubringen, sie müssen es aber nicht.357 In der Regel werden sie sich aber für die Arbeitnehmer stark machen, da ihnen sonst die Abberufung droht oder die Wiederwahl in den Aufsichtsrat verweigert wird.358 bb) Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse bei organfremdem Handeln? Als Aufsichtsratsmitglied ist der Betreffende bei seinen Handlungen und Entscheidungen an das Unternehmensinteresse gebunden. Doch wie ist das bei Tätigkeiten außerhalb der Organstellung zu beurteilen? Muss auch im Verhältnis zu Dritten das Wohl der Gesellschaft beachtet werden? Problematisch ist dies nicht nur bei Arbeitnehmervertretern, die zugleich Betriebsratsmitglied oder Gewerkschaftsfunktionär sind. Auch auf Seiten der Anteilseignervertreter stellt sich das gleiche Problem, wenn sie bei einem Wettbewerbsunternehmen tätig sind oder von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in den Aufsichtsrat entsandt wurden. Exemplarisch für diese Fragestellung war der Fall eines stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden, der zugleich als Gewerkschaftsvorsitzender zur Bestreikung eines für seine Gesellschaft strategisch wichtigen Unternehmens aufrief.359 Daher soll das Problem an dieser Stelle, unter dem Aspekt der Zulässigkeit der Streikteilnahme von Arbeitnehmervertretern untersucht werden. (1) Verpflichtung aus § 116 i.V. m. § 93 AktG? Die Missachtung des Unternehmensinteresses kann nach § 116 i.V. m. § 93 AktG nur dann eine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft darstellen, 356

So: Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 95. So auch: Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 93a. 358 Sog. Klientelproblematik: v. Werder, AG 2004, 169 (171). 359 Siehe zum Fall Bsirske: Möllers, NZG 2003, 697; Kempen in: Gedächtnisschrift Heinze, S. 437. 357

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wenn der Betreffende als Aufsichtsratsmitglied gehandelt hat. Die Vorschriften bejahen nämlich eine Pflichtverletzung ausdrücklich nur dann, wenn die Aufsichtsratsmitglieder bei „ihrer“ Aufgabenerfüllung sorgfaltswidrig gehandelt haben. Eine Bindung an das Unternehmensinteresse bei organfremdem Handeln kann daraus aber nicht hergeleitet werden.360 (2) Der Umfang der organschaftlichen Treuepflicht Im Verhältnis zu Dritten kann jedoch die organschaftliche Treuepflicht361 die Aufsichtsratsmitglieder zur Förderung des Gesellschaftswohls zwingen. Abgeleitet wird diese Verpflichtung aus der in Kapitalgesellschaften bestehenden Einflussmöglichkeit Dritter auf das Vermögen der Gesellschaft (Fremdorganschaft). Vorstandsmitglieder sind deshalb außerhalb der Organfunktion zur Berücksichtigung der Gesellschaftsinteressen verpflichtet.362 Das soll nach einer Auffassung auch für Aufsichtsratsmitglieder gelten,363 da diese über §§ 111 ff. AktG ebenfalls die Möglichkeit zur Einflussnahme haben.364 Die herrschende Meinung365 lehnt die Übertragung der gesteigerten Treuepflicht des Geschäftsleitungsorgans auf das Aufsichtsratsmitglied aber zu Recht ab. Die Gegenansicht verkennt den gesetzlichen Unterschied zwischen dem hauptberuflichen Amt des Vorstandsmitglieds und dem nebenamtlichen Aufsichtsratsmandat.366 Besonders deutlich wird das bei den Arbeitnehmervertretern, die das Aufsichtsratsmandat ja gerade wegen der hauptberuflichen Stellung als Arbeitnehmer des Unternehmens innehaben. Außerhalb der Aufsichtsratstätigkeit muss daher das Gesellschaftswohl nicht aktiv gefördert werden, da hier lediglich die Rücksichtnahme auf das Unternehmensinteresse angezeigt ist,367 so dass es genügt, wenn der Betreffende 360 Mertens in: KK AktG, § 93 Rn. 28; Oulds, Interessenkonflikte, S. 32 f.; Fleck in: FS Heinsius, S. 89 (90 ff.); Ulmer, NJW 1980, 1603 (1606); Dreher, JZ 1990, 896 (900). 361 Potthoff/Trescher, Aufsichtsratsmitglied, Rn. 923; Wiedemann in: FS Heinsius, S. 949 (950 f.); Möllers, NZG 2003, 697; Hopt in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 144. 362 Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rn. 102; Spindler in: MüKo AktG, § 93 Rn. 93. 363 Edenfeld/Neufang, AG 1999, 49 (51 f.); Mertens in: KK AktG, Anh. § 117 B § 25 MitbestG Rn. 13. 364 Vgl. Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 116 Rn. 56; Möllers, NZG 2003, 697; Wiedemann in: FS Heinsius, S. 949 (951). 365 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 116 Rn. 56; Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 47 m.w. N.; Hüffer, AktG, § 116 Rn. 4; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 116 Rn. 177 f.; Marsch-Barner in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 12 Rn. 100 f.; Dreher, JZ 1990, 896 (900); Fleck in: FS Heinsius, S. 89 (91); differenzierte Darstellung bei: Krebs, Interessenkonflikte, S. 96 ff. 366 Vgl. § 88 Abs. 1, § 105 Abs. 2 AktG; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 116 Rn. 56; Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 47 f.; Fleck in: FS Heinsius, S. 89 (90 f.). 367 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 116 Rn. 56; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 116 Rn. 178 [allg. Rücksichtspflicht].

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das Interesse der Gesellschaft nicht aus den Augen verliert und es bei seinen Handlungen mit berücksichtigt. (3) Insbesondere: Der Umfang der Streikteilnahme Der Konflikt zwischen Aufsichtsratstätigkeit einerseits und Arbeitnehmerstellung andererseits wird besonders im Arbeitskampf akut. Hier stellt sich die Frage, ob sich ein Aufsichtsratsmitglied an Arbeitskampfmaßnahmen der Arbeitnehmerseite beteiligen darf oder ob ihm dies aufgrund der organschaftlichen Treuebindung zur Gesellschaft verwehrt ist. Die herrschende Meinung sieht zumindest bei einer passiven Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik368 keine Treuepflichtverletzung des Aufsichtsratsmitglieds;369 denn die Förderung des Gesellschaftswohls sei außerhalb der Organstellung nicht angezeigt. Ein vollständiges Teilnahmeverbot würde die Arbeitnehmervertreter außerdem in die Rolle des Streikbrechers drängen und den Rückhalt und das Vertrauen der Arbeitnehmer in „ihre“ Aufsichtsratsmitglieder schwächen.370 Darüber hinaus verliert ein Arbeitnehmer durch die Wahl in den Aufsichtsrat auch nicht die Arbeitnehmereigenschaft und sein grundgesetzlich geschütztes Recht aus Art. 9 Abs. 3 GG.371 Umstritten ist jedoch die Zulässigkeit einer über die Vorenthaltung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung hinausgehenden Beteiligung am Streik. Zum Teil372 wird vertreten, die organschaftliche Treuepflicht suspendiere das aktive Streikteilnahmerecht der Arbeitnehmervertreter nicht; denn Art. 9 Abs. 3 GG schütze nicht nur das Recht zur passiven Teilnahme an Streiks sondern auch die aktive Beteiligung daran.373 Das Aufsichtsratsmitglied verletzte nur dann seine Pflicht gegenüber der Gesellschaft, wenn es sein Amt (aktiv) dazu benutzt Streikforderungen durchzusetzen.374 Die Gegenauffassung verneint ein

368 Die Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik ist immer eine Treuepflichtverletzung, Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 48; Möllers, NZG 2003, 697 (701). 369 Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis Rn. 756 [gänzlicher Ausschluss des Streikrechts für Arbeitnehmervertreter nicht mehr vertretbar]; Möllers, NZG 2003, 697 (698); Oetker in: GroßKomm. AktG, § 26 MitbestG Rn. 17 m.w. N.; Nagel, Mitbestimmung, S. 274 ff. m.w. N. 370 Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, Rn. 756; ähnlich: Gaumann/Schafft, DB 2000, 1514 (1518). 371 Möllers, NZG 2003, 697 (698); Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis Rn. 756. 372 Möllers, NZG 2003, 697 (699); Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, Rn. 756; Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 119; Hanau/Wackerbarth, Unternehmensmitbestimmung, S. 80. 373 Vgl. Kempen in: Gedächtnisschrift Heinze, S. 437 (441); Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 118.

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aktives Streikteilnahmerecht, 375 da dies der Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an das Unternehmensinteresse widerspräche. Zudem würde die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Aufsichtsrat gestört, wenn Arbeitnehmervertreter zum Streik aufrufen und sich an der Streikplanung beteiligen dürften.376 Eine „Sonderbehandlung der Arbeitnehmervertreter verstieße [auch] gegen den Grundsatz gleicher Rechte und Pflichten aller Aufsichtsratsmitglieder“.377 Die letzte Auffassung verkennt, dass Aufsichtsratsmitglieder außerhalb ihrer Organtätigkeit berechtigt sind, eigene oder die Interessen Dritter zu verfolgen.378 Fraglich ist nur, wo die Berechtigung zur eigenständigen Interessenverfolgung endet und die Treuepflicht zur Gesellschaft in den Vordergrund tritt. Die Bejahung eines aktiven Streikrechts führt jedenfalls nicht zu einer gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßenden „Sonderbehandlung“ der Arbeitnehmervertreter; denn Anteilseignervertretern ist die Unterstützung von Streikabwehrmaßnahmen auf Arbeitgeberseite auch nicht versagt. Auf der Seite der Arbeitnehmervertreter würde aber eine Interessenvertretung in ihrer Bedeutung leer laufen, wenn sie nicht die Interessen ihrer Wähler aktiv unterstützen dürfte. Außerdem ist ein dem § 74 Abs. 2 BetrVG entsprechendes Arbeitskampfverbot für Aufsichtsratsmitglieder im Gesetz nicht zu finden. Zwar kann aus dieser Vorschrift kein direkter Schluss auf die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gezogen werden, da es sich beim Betriebsrat um eine dem Arbeitgeber gegenüberstehende Arbeitnehmervereinigung handelt, während der Aufsichtsrat als Gesellschaftsorgan einen Teil des Arbeitgebers bildet. Die Tatsache, dass § 74 Abs. 2 BetrVG das individuelle Recht der Betriebsratsmitglieder zur (aktiven) Streikteilnahme unberührt lässt,379 kann aber auch für Aufsichtsratsratsmitglieder fruchtbar gemacht werden. Das verfassungsmäßig garantierte aktive Streikrecht der Arbeitnehmer bleibt auch während der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat bestehen und wird nicht durch die allgemeine Treuepflicht des Aufsichtsratsmitglieds zur Gesellschaft ausgehebelt.380 374 Oetker in: KK AktG, § 26 MitbestG Rn. 17; Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, Rn. 757; Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 48; Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG, Rn. 119; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 116 Rn. 179; Ulmer, NJW 1980, 1603. 375 Mertens in: KK AktG, Anh. § 117 B § 25 MitbestG Rn. 13; Edenfeld/Neufang, AG 1999, 49 (51); Vetter in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börs. AG, § 27 Rn. 63; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 908 [Zurückhaltung bei aktiver Streikteilnahme]; Ruzik, NZG 2004, 455 (457). 376 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 908. 377 Edenfeld/Neufang, AG 1999, 49 (51 f.). 378 Habersack in: MüKo AktG § 116 Rn. 48; Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG, Rn. 119. 379 Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 119. 380 So aber: Edenfeld/Neufang, AG 1999, 49 (52); a. A. Höfling in: Sachs, GG, Art. 9 Rn. 104 [Arbeitskampffreiheit hat keinen „Kernbereich“, auf den der verfassungsrechtliche Schutz reduziert sein könnte]; ebenso: Hanau/Wackerbarth, Unterneh-

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Die aktive Streikteilnahme ist jedoch nicht grenzenlos zulässig. Die Pflicht des Aufsichtsratsmitglieds zur Rücksichtnahme auf das Gesellschaftsinteresse ist nämlich dann verletzt, wenn das Organmandat ausgenutzt wird, um Arbeitnehmerforderungen im Arbeitskampf durchzusetzen oder wenn die Beteiligung am Streik zu unverhältnismäßig hohen Schäden bei der Gesellschaft führt.381 Aufsichtsratsmitgliedern ist es weder erlaubt, unternehmensinternes Wissen auszunutzen, um die Arbeitnehmer in eine verbesserte Verhandlungsposition zu bringen382 noch sollten sie übertriebene Forderungen der Arbeitnehmer unterstützen. Im Übrigen ist aber ein Aufruf zu kurzen Warnstreiks durch einen Gewerkschaftsvorsitzenden nicht als Treuepflichtverstoß zu werten, wenn der Gesellschaft darüber hinaus keine weiteren Nachteile entstanden sind. c) Der Umfang der Verschwiegenheitspflicht Auch wenn die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer unter einem höheren Legitimationsdruck stehen als die Anteilseignervertreter, gelten für sie keine Besonderheiten im Bezug auf die aktienrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung.383 Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aufsichtsratsmitglieder verbietet in dieser Hinsicht eine Bevorzugung der Arbeitnehmervertreter.384 Nur in engen Grenzen kann die Weitergabe von Informationen an die Belegschaft gestattet sein. Diese sollen nachfolgend herausgearbeitet werden. aa) Geheimnisse und vertrauliche Angaben § 116 i.V. m. § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG verpflichtet die Aufsichtsratsmitglieder zur Geheimhaltung von vertraulichen Angaben und Geheimnissen der Gesellschaft. Ob im Einzelfall eine Tatsache geheimhaltungsbedürftig ist, muss anhand des objektiven Gesellschaftsinteresses ermittelt werden.385 Weder der Vormensmitbestimmung, S. 69 (Fußn. 277); BVerfG, Beschl. v. 14.11.1995 – 1 BvR 601/ 92, NJW 1996, 1201 (1202). 381 Möllers, NZG 2003, 697 (701); Kempen in: FS Heinze, S. 437 (441 f.); differenzierend dazu: Jacklofsky, Arbeitnehmerstellung, S. 141 ff. 382 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 908; Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 48. 383 Insoweit nur deklaratorisch: § 4 Abs. 3 MontanMitbestG auch i.V. m. § 5 Abs. 4 MitbestErgG. 384 Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 99; siehe aber die gesetzliche Sonderregelung für entsandte Beamte gem. § 394 f. AktG; vgl. zur Verschwiegenheitspflicht kommunaler Aufsichtsratsmitglieder auch: v. Kann/Keiluweit, DB 2009, 2251. 385 Lutter, Information und Vertraulichkeit, § 15 Rn. 409; Spindler in: Spindler/ Stilz, § 116 Rn. 89; BGHZ 64, 325 (329); Wiesner in: MünchHdb. AG, § 25 Rn. 42; Hüffer, AktG § 93 Rn. 7; Hopt in: Großkomm. AktG, § 93 Rn. 191; Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 52.

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stand oder die Satzung können Tatsachen formal zu Geheimnissen erklären noch sind Regelungen, die sämtliche unternehmensinternen Informationen unter die Verschwiegenheitspflicht stellen, wirksam.386 Ein Interesse der Gesellschaft an Geheimhaltung kann nämlich nur bei nicht offenkundigen Tatsachen bejaht werden, so dass es an dieser Stelle besonders auf den Umfang des Personenkreises ankommt, dem die Tatsache bekannt ist. An den Begriff der „Tatsache“ sind jedoch im Unterschied zum strafrechtlichen Tatsachenbegriff keine überhöhten Anforderungen zu stellen,387 so dass auch geäußerte Meinungen eines Organmitglieds geheimhaltungsbedürftig sein können.388 Demgegenüber sind Tatsachen, die zwar offenkundig sind, deren öffentliche Mitteilung sich aber für die Gesellschaft nachteilig auswirken könnte, als „vertrauliche Angaben“ einzustufen.389 Nach § 116 Satz 2 AktG sind die Aufsichtsratsmitglieder insbesondere auch zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Damit soll aber keine gesonderte Schweigepflicht der Aufsichtsratsmitglieder normiert sondern nur die „elementare Verpflichtung zur Verschwiegenheit“ noch einmal ausdrücklich verdeutlicht werden.390 bb) Grenzen der Verschwiegenheitspflicht Aufsichtsratsmitglieder sind danach nur berechtigt offenkundige Informationen und Tatsachen, deren Veröffentlichung sich nicht nachteilig auf die Gesellschaft auswirken kann, weiterzugeben. Andere unternehmensinterne Informationen dürfen weder gegenüber Behörden oder gar der Öffentlichkeit noch gegenüber anderen organfremden Personen offenbart werden, selbst wenn es sich dabei um Gesetzesverstöße von Mitarbeitern handelt. Nur ausnahmsweise kann die Informationsweitergabe an öffentliche Stellen zur Schadensabwehr geboten sein, wenn sonst der Gesellschaft ein erheblicher Schaden entstehen würde.391 In sämtlichen anderen Fällen ist der Beachtung der unternehmensinternen Informationsordnung der Vorrang zu geben.392 Als gesetzliches Vertretungsorgan ist nämlich nur der Vorstand zur Informationsweitergabe nach außen berechtigt. Ob 386 Hoffmann-Becking in: MünchHdb. AG, § 33 Rn. 49; Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 53. 387 Siehe beispielsweise zum strafrechtlichen Tatsachenbegriff in § 186 StGB der von Werturteilen abzugrenzen ist: Lencker in: Schönke/Schröder, StGB, § 186 Rn. 3. 388 Lutter, Information und Vertraulichkeit, § 15 Rn. 411. 389 Lutter, Information und Vertraulichkeit, § 16 Rn. 453; Spindler in: Spindler/ Stilz, § 116 Rn. 91; Hüffer, AktG, § 116 Rn. 7; Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 54. 390 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 18. 391 Uwe H. Schneider/Nowak in: FS Kreutz, S. 855 (858); Mertens in: KK AktG, § 116 Rn. 17; Säcker, NJW 1986, 803 (804 f.). 392 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 6 Rn. 284; Uwe H. Schneider/Nowak in: FS Kreutz, S. 855 (858).

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

und welche unternehmensinternen Informationen an Dritte oder die Öffentlichkeit weitergegeben werden, ist seine unternehmerische Entscheidung, die der Aufsichtsrat zu respektieren hat.393 Die Vorstandsentscheidung kann damit nur auf die Einhaltung der Grenzen der Business Judgment Rule hin überprüft werden, da dem Aufsichtsrat in diesem Fall kein eigener Beurteilungs- oder Ermessenspielraum zusteht.394 Eine Information darf auch nicht schon deshalb weitergegeben werden, weil der Informationsempfänger seinerseits zur Geheimhaltung verpflichtet ist.395 Für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bedeutet das, dass sie auch den zur Verschwiegenheit verpflichteten Betriebsratsmitgliedern396 keine unternehmensinternen Informationen zuspielen dürfen, selbst wenn es sich um geplante Stilllegungs- und Rationalisierungsmaßnahmen handelt.397 § 79 Abs. 1 Satz 4 BetrVG regelt nur eine Ausnahme von der Schweigepflicht der Betriebsratsmitglieder gegenüber den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat und hat keine Ausstrahlungswirkung auf die aktienrechtliche Pflicht, die das Schweigegebot auch gegenüber dem Betriebsrat regelt.398 Aus der institutionellen Mitbestimmung kann ebenfalls keine Berichterstattungs- oder Rechenschaftspflicht der Arbeitnehmervertreter gegenüber ihren Wählern hergeleitet werden;399 denn auch die Aktionäre der Gesellschaft haben keinen Auskunftsanspruch gegenüber „ihren“ Aufsichtsratsmitgliedern. Nach § 80 Abs. 2 BetrVG ist der Betriebsrat „rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber“ zu informieren, soweit dies zur Durchführung seiner Aufgaben notwendig ist.400 Ähnliches gilt für den Wirtschaftsausschuss,401 der gem. § 106 393 Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 52 f. [Wunsch auf Geheimhaltung durch Vorstand als Indiz für Verschwiegenheitspflicht]; Linker/Zinger, NZG 2002, 497 (502). 394 H.M.: Spindler in: Spindler/Stilz, § 116 Rn. 86; Hoffmann-Becking in: MünchHdb. AG, § 33 Rn. 50; Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 104; Hüffer, AktG, § 116 Rn. 7; a. A. Mertens in: KK AktG, § 116 Rn. 46 [für Ermessensspielraum]. 395 A.A.: Reich/Lewerenz, AuR 1976, 353 (360); Nagel, BB 1979, 1799 (1803 f.); Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, Rn. 554. 396 Betriebsratsmitglieder sind gem. § 79 Abs. 1 BetrVG zur Geheimhaltung verpflichtet. Die Verletzung der Verpflichtung ist nach § 120 BetrVG strafbewährt. 397 Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 112; a. A. Köstler/Zachert/ Müller, Aufsichtsratspraxis, Rn. 554 [keine Informationsbarriere zwischen Arbeitnehmervertreter und Betriebsrat]. 398 Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 116 Rn. 222; Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 112. 399 Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 109; Hanau/Wackerbarth, Unternehmensmitbestimmung, S. 69; a. A. Nagel, BB 1979, 1799 (1803 f.); Reich/Lewerenz, AuR 1976, 353 (358 f.). 400 Kania in: ErfK, § 80 BetrVG Rn. 19; Preis in: Wlotzke/Preis, BetrVG, § 80 Rn. 24 ff. 401 Der Wirtschaftsausschuss ist in Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern zu bilden, § 106 Abs. 1 BetrVG.

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Abs. 2 BetrVG durch den „Unternehmer“ über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens zu unterrichten ist.402 Nach der aktiengesetzlichen Kompetenzverteilung ist für die Information der Arbeitnehmergremien damit der Vorstand zuständig. Arbeitnehmervertreter dürfen sich auch hier nicht zum „Unternehmenssprecher“ gerieren und sich Vorstandsrechte anmaßen.403 Nur wenn der Vorstand seine gesetzlichen Informationspflichten verletzt, kann ein „Nothilferecht“ der Arbeitnehmervertreter angenommen werden, das die Informationsweitergabe erlaubt. Jedoch ist dies nur im Wege der „Ersatzvornahme“ zulässig,404 so dass die Arbeitnehmervertreter die Information nur dann weiterleiten dürfen, wenn der Vorstand seiner Pflicht auch nach Aufforderung durch den Aufsichtsrat nicht nachgekommen ist. 4. Ergebnis Arbeitnehmervertreter befinden sich ebenfalls in einem Rollenkonflikt, der ihre Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt. Als Arbeitnehmer sind sie gegenüber dem Arbeitgeber und damit letztendlich gegenüber dem Vorstand weisungsgebunden. Zwar regeln die Mitbestimmungsgesetze Benachteiligungsverbote (§§ 26 MitbestG, 9 DrittelbG), die die Arbeitnehmervertreter sowohl in der Position als Aufsichtsratsmitglied als auch als Arbeitnehmer der Gesellschaft gegen Behinderungen und Benachteiligungen schützen sollen und ausdrücklich auch für die berufliche Entwicklung gelten. Die Möglichkeit der Beeinflussung über ungerechtfertigte Begünstigungen ist aber nicht lückenlos ausgeschlossen. Nur § 9 DrittelbG normiert ein Begünstigungsverbot, das jede Begünstigung des Arbeitnehmervertreters erfasst. Demgegenüber ist im Bereich des Mitbestimmungsgesetzes die Begünstigung eines Arbeitnehmers wegen seiner Aufsichtsratsstellung nicht untersagt. Die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes gewährt den benachteiligten Arbeitnehmern in diesem Fall nur einen Anspruch auf die gleiche Leistung, verhindert aber nicht schon per Gesetz die Wirksamkeit der Besserstellung. Darüber hinaus wird das in § 105 Abs. 1 AktG verankerte Trennungsgebot zwischen Geschäftsführungs- und Überwachungsorgan durch das Mitbestimmungsgesetz aufgeweicht; denn nach § 6 Abs. 2 MitbestG können auch Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte als Vertreter der leitenden Angestellten in 402 Die Informationspflicht entsteht aber nicht erst bei einer endgültigen Entscheidung des Vorstands, sondern schon mit dem Entschluss zur Planung und umfasst alle für die Beratung notwendigen Informationen, Kania in: ErfK, § 106 BetrVG Rn. 4 ff.; Preis in: Wlotzke/Preis, BetrVG, § 106 Rn. 6; Willemsen/Lembke in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht, § 106 BetrVG Rn. 34. 403 Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 112. 404 Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 109 f.; Koberski in: WWKK, MitbestR, § 25 MitbestG Rn. 112.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

den Aufsichtsrat gewählt werden. Die für eine objektive Überwachungsentscheidung notwendige Distanz zur Geschäftsführung ist an dieser Stelle nicht mehr gewährleistet. Die unabhängige Überwachungsentscheidung ist aber nicht nur durch die Nähe zum Vorstand beeinträchtigt. Problematischer ist vielmehr die Beziehung der Arbeitnehmervertreter zur Belegschaft des Unternehmens oder zur Gewerkschaft. Sie fühlen sich häufig ihrer Wählerschaft gegenüber verpflichtet, weil sie nur nebenberuflich als Aufsichtsratsmitglied tätig sind, aber als Betriebsratsmitglied oder Gewerkschaftsvertreter hauptberuflich mit den Problemen der Belegschaft konfrontiert werden und dem Druck ausgesetzt sind, im Arbeitnehmerinteresse zu handeln. Das Gesetz erwartet zwar, dass Arbeitnehmervertreter diesem Druck widerstehen können und in der Rolle als Aufsichtsratsmitglied allein zum Wohl der Gesellschaft entscheiden – realistisch ist diese Erwartung aber nicht. Der Streikaufruf eines Gewerkschaftsvorsitzenden, der im Aufsichtsrat des wesentlichen Geschäftspartners vertreten ist, ist nur exemplarisch dafür, dass die Grenzen des noch Zulässigen in einer solchen konfliktgeladenen Situation schnell überschritten werden können. Der Gesellschaft droht in diesem Fall ein erheblicher Schaden, denn bei der Streikorganisation wird der Gewerkschaftsvertreter nur schwerlich die Unternehmensinterna vergessen können. Letztendlich kann auch die Nichtübernahme des neutralen „weiteren Mitglieds“ in das Mitbestimmungsgesetz als Entscheidung des Gesetzgebers gegen (persönlich) unabhängige Aufsichtsratsmitglieder gesehen werden. Die anfangs aufgeworfene Frage kann also nur dahingehend beantwortet werden, dass auch die Unternehmensmitbestimmung als gesetzliches Votum gegen interessenneutrale Aufsichtsratsmitglieder zu werten ist.

D. Persönliche Unabhängigkeit als satzungsmäßige Anforderung an Aufsichtsratsmitglieder? Möglicherweise kann aber über Satzungsregelungen das gleiche Ergebnis erreicht werden wie die gesetzlichen Befangenheitsvorschriften es für andere Entscheidungsträger vorsehen. In Frage steht hier die Zulässigkeit eines satzungsmäßigen Anforderungskataloges für sämtliche Aufsichtsratsmitglieder. Das Gesetz schränkt jedoch die satzungsmäßige Festlegung von persönlichen Voraussetzungen ein. Nach § 100 Abs. 4 AktG kann die Satzung nur für Aufsichtsratsmitglieder, die ohne Bindung an den Wahlvorschlag von der Hauptversammlung405 gewählt werden und für entsandte Aufsichtsratsmitglieder persönliche Wählbarkeitsvoraussetzungen regeln. Für Arbeitnehmervertreter hingegen schei405 Bindung an den Wahlvorschlag besteht nur gem. §§ 6 und 8 MontanMitbestG, § 101 Abs. 1 Satz 2 AktG.

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det diese Möglichkeit aus, da sonst die Mitbestimmungsgesetze unterlaufen werden könnten.406 Für entsandte Aufsichtsratsmitglieder können aber jegliche Voraussetzungen geregelt werden.407 Zurückhaltung muss bei den von der Hauptversammlung zu wählenden Mitgliedern geübt werden, wenn von der Festlegung der persönlichen Voraussetzungen eine unangemessene Beschränkung des wählbaren Personenkreises ausgehen408 bzw. damit ein Quasi-Entsenderecht409 konzipiert werden würde. Zulässige Anknüpfungspunkte sind jedoch die berufliche Qualifikation, Sachkunde oder ein bestimmter Wohnsitz. Demgegenüber ist bei der Regelung eines bestimmtes Mindest- oder Höchstalters410 bzw. Geschlechts411 auf die Vorschriften des AGG zu achten. Das Benachteiligungsverbot in § 7 AGG gilt gem. § 6 Abs. 3 AGG ebenfalls für Organmitglieder und damit auch für Aufsichtsratsmitglieder,412 so dass eine bevorzugte Behandlung wegen des Alters oder Geschlechts nur im Rahmen des § 20 AGG keine Gesetzesverletzung darstellt. Dagegen sind negative Satzungsbestimmungen in der Form, dass ehemalige Vorstandsmitglieder nicht in den Aufsichtsrat gewählt werden können oder dass Funktionen bei Wettbewerbsunternehmen zum Ausschluss der Wählbarkeit führen, nicht nur unbedenklich, sondern mit Blick auf die Vermeidung von Interessenkonflikten sogar wünschenswert.413

406 Kleinsorge in: WWKK, MitbestR, § 4 DrittelbG Rn. 31; Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 6 MitbestG Rn. 47. 407 Da es dem Satzungsgeber auch freisteht, Entsenderechte zu regeln: Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 40 [fordert aber unternehmensbezogene Relevanz]; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 100 Rn. 38. 408 Drygala in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 100 Rn. 21; Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 41. 409 Z. B. bei Familienangehörigkeit, siehe dazu Hüffer, AktG, § 100 Rn. 9 m. w. N.; Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 41. 410 So Peltzer, DCGK-Leitfaden, Rn. 277; siehe aber auch Ziff. 5.2.2 PCGK (o. Fußn. 211), der die Festlegung einer angemessenen Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder empfiehlt. 411 Siehe die Bestrebungen der Regierungskommission DCGK zur Stärkung der Aufsichtsratsdiversität, indem eine angemessene Vertretung von Frauen im Aufsichtsrat erreicht werden soll: Pressemitteilungen v. 16.01.2009 und 11.02.2010 abrufbar unter: www.corporate-governace-code.de. Im Kodex selbst wurde bislang darauf verzichtet eine Frauenquote im Aufsichtsrat zu empfehlen. Es soll vielmehr nur auf Vielfalt bei der Besetzung geachtet werden, Ziff. 5.4.1 DCGK. Siehe dazu aber Ziff. 5.2.1 PCGK (o. Fußn. 211), der die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen bei der Besetzung des Überwachungsorgans regelt. Dazu auch: Frost/Linnainmaa, AG 2007, 601; Strüwing, AG 2008, R214; Kocher, BB 2010, 264. 412 Bauer/Arnold, AG 2007, 807; Lutter, BB 2007, 725 (730); Krause, AG 2007, 392 (393); siehe auch: Bauer/Arnold, ZIP 2008, 993. 413 Vetter in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börs. AG, § 25 Rn. 15; Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 41; Dreher in: FS Boujong, S. 71 (74); siehe auch Ziff. 5.4.2 a. E. und Ziff. 5.4.4 DCGK.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

E. Beachtung der persönlichen Unabhängigkeit durch das Gericht? Nicht nur die Hauptversammlung, sondern auch das Gericht ist bei der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern an die gesetzlichen Vorgaben der §§ 100, 105 AktG gebunden. Darüber hinaus müssen die Mitbestimmungsgesetze und die satzungsmäßig festgelegten persönlichen Anforderungen beachtet werden, § 104 Abs. 4 AktG. Im Übrigen trifft das Gericht seine Entscheidung aber mit pflichtgemäßem Ermessen, ohne an den Vorschlag des Antragsstellers gebunden zu sein.414 Es ist daher durchaus möglich, dass das Gericht von der Bestellung der vorgeschlagenen Person zu Gunsten eines Dritten abweicht, bei dem im Gegensatz zum vorgeschlagenen Kandidaten keine Interessenkonflikte zu befürchten sind.415 In der Literatur wird teilweise davon ausgegangen, dass bei konfliktgefährdeten Doppelmandaten, wie beispielsweise der Tätigkeit bei einem Wettbewerber, ein Bestellungshindernis bestehe.416 Das Gesetz verbietet solche Mandatslagen aber nicht, sondern sieht diese grundsätzlich als vereinbar mit dem Aufsichtsratsmandat an. Nur wenn die Bestellung den Belangen der Gesellschaft entgegensteht, weil das bestellte Mitglied aufgrund einer unlösbaren Pflichtenkollision seinen Aufgaben nur bedingt oder gar nicht nachkommen kann, muss sie unterbleiben.417 Gravierende Interessenkonflikte genügen aber nicht, um den Betreffenden für das Mandat auszuschließen, wenn dargelegt wird, dass diese Pflichtenkollisionen im Einzelfall lösbar sind.418 Das gilt ebenfalls für die gerichtliche Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds.419

414 BayObLG, Beschl. v. 20.8.1997 – 3Z BR 193/97, ZIP 1997, 1883 (1884); OLG Dresden, Beschl. v. 30.9.1997 – 15 W 1236/97, NZG 1998, 108; Hüffer, AktG, § 104 Rn. 5; Habersack in: MüKo AktG, § 104 Rn. 31. 415 Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806 (1811); vgl. Habersack in: MüKo AktG, § 104 Rn. 33 [Unabhängigkeit im Auswahlermessen berücksichtigungsfähig]. 416 Lutter/Kirschbaum, ZIP 2005, 103 (105); Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, § 1 Rn. 21 ff.; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 100 Rn. 30. 417 OLG Schleswig, Beschl. v. 26.4.2004 – 2 W 46/04, NZG 2004, 669 (670) = ZIP 2004, 1143; LG Hannover, Beschl. v. 12.3.2009 – 21 T 2/09 (Continental/Schaeffler), AG 2009, 341 = ZIP 2009, 760 (762); vgl. LG Hamburg, Beschl. v. 15.9.1989 – 64 T 9/89 (HEW/Jansen), ZIP 1990, 102; OLG Hamburg, Beschl. v. 23.1.1990 – 11 W 92/ 89 (HEW/Jansen), ZIP 1990, 311; Habersack in: MüKo AktG, § 104 Rn. 31; Decher, ZIP 1990, 277 (282) [Konfliktfalle]. 418 LG Hannover, Beschl. v. 12.3.2009 – 21 T 2/09 (Continental/Schaeffler), AG 2009, 341 = ZIP 2009, 760 (762). 419 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 103 Rn. 35; Habersack in: MüKo AktG, § 103 Rn. 42.

§ 3 Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder

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F. Ergebnis Vor den jüngsten Änderungen mussten alle Aufsichtsratsmitglieder gleichermaßen die aktiengesetzlichen Anforderungen erfüllen. Darüber hinausgehende Voraussetzungen waren nur für die Arbeitnehmervertreter nach den Mitbestimmungsgesetzen geregelt. Es fanden sich jedoch keine Vorschriften, die die Aufsichtsratsmitglieder vor „befangenen“ Entscheidungen bewahren sollten. Durch die §§ 100, 105 AktG wurde in erster Linie nur die organisatorische Trennung von Geschäftsführungs- und Überwachungsorgan abgesichert, die zwar auch eine gewisse Unabhängigkeit vom Vorstand zur Folge hatte; die aus anderen Beziehungen resultierenden Rollenkonflikte in der Person eines Aufsichtsratsmitglieds konnten aber weder der Wahl des Betreffenden entgegenstehen noch die gerichtliche Abberufung rechtfertigen. Nur wenn der Betreffende dauerhaft einer gravierenden und unlösbaren Pflichtenkollision erlegen war, bejahte die Rechtsprechung die Unvereinbarkeit mit dem Aufsichtsratsmandat. Interessenkonflikte werden bei Organmitgliedern durch die gesetzliche Ausgestaltung des Aufsichtsratsmandats als Nebenamt sogar begünstigt. Privilegierte Mehrfachmandate im Konzern, das satzungsmäßige Entsenderecht und die Arbeitnehmermitbestimmung drängen die Aufsichtsratsmitglieder häufig in Rollenkonflikte, die sie in dieser Position nur zum Wohl der Gesellschaft auflösen dürfen. Doch dies ist nicht immer als Widerspruch zu werten. Das Unternehmensinteresse ist kein herausgehobenes Eigeninteresse der Gesellschaft, sondern muss anhand der am Unternehmen beteiligten Interessenträger ermittelt werden. Anteilseignervertreter, Arbeitnehmer, Vertreter von Geschäftspartnern aber auch entsandte Beamte und Politiker repräsentieren im Aufsichtsrat die Interessen ihrer Gruppe und sind nach der gesetzlichen Konzeption eben nicht dazu angehalten, interessenneutral zu entscheiden. Sinnwidrig wäre es sonst der öffentlichen Hand die Einflussnahme über satzungsmäßige Entsenderechte zu ermöglichen, wenn der entsandte Entscheidungsträger dessen Interessen gar nicht beachten dürfte und sinnwidrig wäre es auch, Arbeitnehmer im Aufsichtsrat zuzulassen, die die Wünsche ihrer Wählerschaft auf Unternehmensebene nicht unterstützen dürften. Die Höchstpersönlichkeit und Weisungsfreiheit des Aufsichtsratsmandats ist daher nicht so zu verstehen, dass das Organmitglied die Interessen seiner Gruppe gar nicht beachten darf. Vielmehr soll damit nur die Eigenverantwortlichkeit des Aufsichtsratsmitglieds für seine Entscheidungen zum Ausdruck gebracht und es ihm ermöglicht werden, folgenfrei entgegen der Vorgaben des Vertretenen im Überwachungsgremium abzustimmen. Die Aufsichtsratsmitglieder sollen nämlich nicht blind die Interessen ihrer Gruppe vertreten, sondern selbst entscheiden, weil nur sie die notwendige Innenansicht vom Unternehmen haben. Spiegelbildlich zum Unternehmensinteresse hat der Gesetzgeber den Aufsichtsrat daher als Interessenvertretungsorgan420 aus420 Vgl. auch: Bezzenberger/Keul in: FS Schwark, S. 121 (131) [Repräsentationsorgan]; Bihr/Blättchen, BB 2007, 1285 (1290).

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

gestaltet, der Entscheidungen treffen soll, die einen Konsens der am Unternehmen beteiligten Interessengruppen darstellen. Dies kann aber nur dann funktionieren, wenn die Aufsichtsratsmitglieder die Interessen ihrer Wählerschaft oder Entsender im Aufsichtsrat im Rahmen des Unternehmensinteresses auch verfolgen dürfen und eben nicht interessenneutal entscheiden müssen.

§ 4 Das unabhängige Aufsichtsratsmitglied nach § 6 Abs. 2a InvG Die aktiengesetzlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder wurden vor den jüngsten Änderungen in Bezug auf die Unabhängigkeit nur im Rahmen des Investmentgesetzes modifiziert. § 6 Abs. 2a InvG regelt nach wie vor, dass „§ 101 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 des Aktiengesetzes [. . .] auf eine Kapitalanlagegesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft mit der Maßgabe anzuwenden [ist], dass die Hauptversammlung mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats zu wählen hat, das von den Aktionären, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der Kapitalgesellschaft unabhängig ist.“ Für Investmentaktiengesellschaften gilt das ebenfalls nach § 106a InvG.421 Warum die Anwesenheit eines unabhängigen Mitglieds, im Unterschied zu den aktiengesetzlichen Vorgaben, bei Investmentgesellschaften für notwendig erachtet wurde und wer in diesem Zusammenhang als „unabhängig“ anzusehen ist, soll im Folgenden untersucht werden.

A. Kapitalanlagegesellschaften als besondere Kapitalgesellschaften Eine Kapitalanlagegesellschaft (KAG) kann nur in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gegründet werden (§ 6 Abs. 1 Satz 2 InvG), wobei auch bei der GmbH zwingend ein Aufsichtsrat zu bilden ist, § 6 Abs. 2 InvG. Der Geschäftsgegenstand der KAG wird gesetzlich auf die Verwaltung von Investmentvermögen begrenzt, § 6 Abs. 1 Satz 1 InvG. Das Unternehmensinteresse einer KAG ist daher weitestgehend mit dem Anlegerinteresse gleichzusetzen. Das folgt nicht nur aus dem Wesen der KAG als Treuhänderin der ihr anvertrauten Anlegergelder,422 sondern wird auch aus dem Investmentgesetz selbst deutlich. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG ist die KAG verpflichtet „bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im ausschließlichen Interesse ihrer Anleger [. . .] zu handeln“ und gem. § 9 Abs. 3 InvG „so organisiert [zu] sein, dass das Risiko von Interessenkonflikten 421 Aufgrund der nach wie vor geringen Bedeutung der Investmentaktiengesellschaft sollen die nachfolgenden Ausführungen auf die KAG beschränkt werden. 422 Köndgen/Schmies in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 113 Rn. 33.

§ 4 Das unabhängige Aufsichtsratsmitglied nach § 6 Abs. 2a InvG

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zwischen der Gesellschaft und den Anlegern [. . .] möglichst gering ist“. Daneben wird auch von allen Aufsichtsratsmitgliedern erwartet, dass sie „ihrer Persönlichkeit und ihrer Sachkunde nach die Wahrung der Interessen der Anleger gewährleisten.“ § 6 Abs. 3 InvG stellt damit im Vergleich zur aktiengesetzlichen Rechtslage qualifizierte Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder, die danach nicht nur über theoretische Kenntnisse auf dem Anlagegebiet der KAG verfügen sondern diesbezüglich auch praktische Erfahrungen mitbringen müssen.423 Diese Voraussetzungen müssen aber nicht bei jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied vollständig erfüllt sein; denn auch hier kommt es auf die Gesamtkompetenz des Überwachungsorgans an,424 so dass mangelnde praktische Erfahrungen bei einem Aufsichtsratsmitglied nicht sofort eine gesetzeswidrige Besetzung des Aufsichtsrats nach sich ziehen, die von der BaFin angemahnt werden könnte.425

B. Das unabhängige Aufsichtsratsmitglied Das Investmentgesetz regelt als Ausgleich für die mangelnde Mitbestimmung der Anleger bei der Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder die Bindung dieser an das Anlegerinteresse.426 Die Aufsichtsratsmitglieder einer KAG müssen deshalb die Maßnahme wählen, die die Fondinhaber am meisten begünstigt.427 Unterstützt werden soll diese Entscheidungsrichtung durch die Regelung in § 6 Abs. 2a Satz 1 InvG, die ebenfalls zur Stärkung der Anlegerinteressen geschaffen wurde.428 Der Gesetzgeber wollte damit der gängigen Praxis entgegenwirken, Aufsichtsratsmandate in der KAG an Mitarbeiter der Konzerngesellschaften zu vergeben.429 Missbrauchsfälle, bei denen Aufsichtsratsmitglieder entgegen den Anlegerinteressen gehandelt hätten, sind bis zur Neuregelung durch das Investmentänderungsgesetz430 zwar nicht öffentlich bekannt geworden,431 die Vorschrift sollte aber den „bösen Schein“ der Befangenheit vermindern.432 423

Baur in: Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 20 Rn. 237. Vgl. für die Aktiengesellschaft: Semler/Wagner in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 2 Rn. 81 ff.; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG § 100 Rn. 29; Säcker, AG 2004, 180 (181); Lutter, ZIP 2003, 417 (418); Hommelhoff, ZGR 1983, 551 (572 f.); für Banken: Hingst/Himmelreich/Krawinkel, WM 2009, 2016 (2018); Fischer, ZIP 2004, 2169 (2170). 425 Zu den Aufsichtsmaßnahmen der BaFin: Schäfer, Fund Governance, S. 216 ff. 426 Baur in: Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerechts, § 20 Rn. 237; Zeller in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 4 Rn. 2. 427 Baur in: Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 20 Rn. 237, 259. 428 Vgl. RegBegr. InvÄndG, BT-Drucks. 16/5576, S. 2, 48, 60. 429 Schäfer, Fund Governance, S. 222 f. 430 Gesetz zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften (Investmentänderungsgesetz) v. 21.12.2007 (BGBl. I S. 3089). 431 Was auch am hohen Prozessrisiko für Haftungsklagen der Anleger liegen kann. Siehe dazu: Schmolke, WM 2007, 1909 (1910); Roegele/Görke, BKR 2007, 393 (395). 424

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

I. Der Begriff der Unabhängigkeit Im Unterschied zur damaligen aktiengesetzlichen Rechtslage musste nach dem Investmentgesetz zumindest ein Mitglied des Aufsichtsrats besondere Voraussetzungen erfüllen. Dieses Aufsichtsratsmitglied hatte zu diesem Zeitpunkt schon von den Aktionären, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der KAG unabhängig zu sein. Verbundene Unternehmen sind dabei im Sinne des § 15 AktG zu definieren, während zu den Geschäftspartnern sämtliche natürliche oder juristische Personen, zu denen Geschäftsbeziehungen jeglicher Art unterhalten werden, zählen.433 Soweit also die verwahrende Depotbank nicht schon als verbundenes Unternehmen einzuordnen ist,434 sind ihre Mitarbeiter aber wegen der geschäftlichen Beziehungen zur KAG als unabhängiges Aufsichtsratsmitglied ausgeschlossen.435 1. Wirtschaftliche Unabhängigkeit Geschäftliche Verbindungen können die Urteilsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds besonders beeinträchtigen, wenn finanzielle Anreize bestehen, nicht im Interesse der Anleger, sondern im Interesse eines oder mehrerer Dritter zu handeln. Der Gesetzgeber versteht die in § 6 Abs. 2a Satz 1 InvG geregelte Unabhängigkeit deshalb „insbesondere als wirtschaftliche Unabhängigkeit“.436 Danach ist regelmäßig derjenige als wirtschaftlich abhängig einzustufen, der in den letzten vier Jahren vor seiner Bestellung im Mittel mehr als 30 Prozent seiner gesamten Einnahmen von einem Aktionär, einem verbundenen Unternehmen oder einem Geschäftspartnern der KAG erzielt hat.437 Nach dieser Formulierung („oder“) scheint es für die Unabhängigkeit unschädlich zu sein, wenn der Betreffende diese Grenze mit Einnahmen von unterschiedlichen Seiten überschreitet. Im Einzelfall ist aber darauf zu achten, dass die unterschiedlichen „Geldgeber“ nicht doch in einem „Lager“ stehen und ein gemeinsames Interesse vertreten. Demgegenüber kann auch bei Unterschreitung der 30 ProzentGrenze eine wirtschaftliche Abhängigkeit entstehen, wenn die Einnahmen zwar von unterschiedlichen Geschäftspartnern stammen, diese aber in der Sache die gleiche Anreizwirkung schaffen. Ausschlaggebend für die Beurteilung der wirt-

432 So: Schäfer, Fund Governance, S. 224 f.; Schmolke, WM 2007, 1909 [„Nährboden von Interessenkonflikten“]. 433 RegBegr. InvÄndG, BT-Drucks. 16/5576, S. 60. 434 Schmolke, WM 2007, 1909 (1910). 435 Rechtsverhältnis zwischen KAG und Depotbank ist nach allgemeiner Ansicht ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag. Siehe dazu: Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn.12.152. 436 RegBegr. InvÄndG, BT-Drucks. 16/5576, S. 60. 437 RegBegr. InvÄndG, BT-Drucks. 16/5576, S. 60.

§ 4 Das unabhängige Aufsichtsratsmitglied nach § 6 Abs. 2a InvG

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schaftlichen Abhängigkeit ist damit weniger die Überschreitung einer starren Einnahmegrenze als vielmehr die Umstände des Einzelfalls, die eine pauschale Lösung verbieten. Der in der Gesetzesbegründung angeführte Umfang der Einnahmen ist damit nur als Richtwert zu verstehen.438 2. Emotionale Abhängigkeit? Der Gesetzgeber bezieht sich in der Gesetzesbegründung ausdrücklich nur auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit, so dass es fraglich ist, ob auch andere abhängigkeitsbegründenden Sachverhalte, wie z. B. persönliche Beziehungen, von dieser Regelung erfasst sind. Die Formulierung in der Gesetzesbegründung439 ist dafür offen, so dass teilweise davon ausgegangen wird, dass auch andere Kriterien und insbesondere persönliche Verbindungen zum Ausschluss des Betreffenden als unabhängiges Mitglied führen könnten.440 Die Gesetzesbegründung bietet jedoch keine Anhaltspunkte für diese Auslegung. Der Gesetzgeber betont vielmehr, dass die Dauer oder der (zeitliche) Umfang einer geschäftlichen Beziehung nicht für die Beurteilung der Unabhängigkeit ausschlaggebend sein soll.441 Das kann nur so verstanden werden, dass gerade persönliche Beziehungen, die im Laufe einer umfangreichen geschäftlichen Beziehung entstehen können, nicht zum Ausschluss als unabhängiges Aufsichtsratsmitglied führen sollen. Daher muss davon ausgegangen werden, dass § 6 Abs. 2a Satz 1 InvG die Unabhängigkeit nur eingeschränkt regelt und persönliche Beziehungen aus der Betrachtung ausklammert. Persönliche Beziehungen können aber im Rahmen von § 6 Abs. 3 Satz 1 InvG berücksichtigt werden. Danach „sollen“ sogar alle Mitglieder des Aufsichtsrats einer KAG „ihrer Persönlichkeit [. . .] nach die Wahrung der Interessen der Anleger gewährleisten“. Die Aufsichtsratsmitglieder müssen demnach vor allem fachlich angesehen und integer sein.442 Persönliche Beziehungen, die die Integrität des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds wegen zu befürchtender Interessenkonflikte erschüttern können, sollen zur Ablehnung eines Kandidaten führen.443 Aus dieser Vorschrift ergibt sich zwar kein Bestellungshindernis, wenn der Ruf des Betreffenden zweifelhaft ist, die Gefahr der Verhängung einer auf438

RegBegr. InvÄndG, BT-Drucks. 16/5576, S. 60 [„regelmäßig“]. § 6 Abs. 2a InvG meint „insbesondere“ die wirtschaftliche Unabhängigkeit, BTDrucks. 16/5576, S. 60. 440 Schäfer, Fund Governance, S. 226 ff. [Zur Konkretisierung des Unabhängigkeitserfordernisses können die für die Mitglieder des Sachverständigenausschusses von Immobilienfonds geltenden Kriterien herangezogen werden.] 441 RegBegr. InvÄndG, BT-Drucks. 16/5576, S. 60. 442 Zeller in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 4 Rn. 3. 443 Ähnlich: Zeller in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 4 Rn. 3 der zur Erfüllung der Anforderungen nur die Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder genügen lässt. 439

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

sichtsrechtlichen Maßnahme durch die Bundesanstalt kann hier jedoch auch richtungsweisend wirken.444 II. Mindestens ein unabhängiges Mitglied § 6 Abs. 2a Satz 1 InvG modifiziert die aktiengesetzlichen Anforderungen nur für ein Mitglied im Aufsichtsrat. Die übrigen Aufsichtsratsmitglieder müssen den im InvG geregelten Unabhängigkeitsstandard nicht erfüllen. Der Blick auf ausländische Rechtsordnungen zeigt aber, dass „höhere Quoten“ durchaus üblich sind. So verlangt z. B. Sec. 80a-10 (a) ICA445 das „No registered investment company shall have a board of directors more than 60 per centum of the members of which are persons who are interested persons of such registered company.“ Nach Sec. 80a-2 (a) (19) ICA sind insbesondere mit der Fondgesellschaft verbundene Personen oder Personen, die gegenwärtig oder in naher Vergangenheit mit der Fondgesellschaft in einer Geschäftsverbindung von gewissem Gewicht stehen oder standen, als „interested“ einzustufen.446 Die gesetzliche Regelung in § 6 Abs. 2a Satz 1 InvG steht jedoch im Einklang mit den damals geltenden BVI-Wohlverhaltensregeln447 und dem Corporate Governance-Kodex für Asset Management-Gesellschaften,448 wonach ebenfalls nur mindestens ein Aufsichtsratsmitglied unabhängig sein muss. Als unabhängiges Aufsichtsratsmitglied kommt aber nur ein Anteilseignervertreter in Betracht. Dies wird durch den Verweis auf § 101 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AktG deutlich; denn die Hauptversammlung ist nach dem Aktiengesetz nicht zur Wahl der Arbeitnehmervertreter berechtigt.449 Zudem wird durch § 6 Abs. 2a Satz 1 InvG die Wahlfreiheit der Hauptversammlung eingeschränkt, so dass mindestens ein Aufsichtsratsmitglied bestellt werden muss, dass die dort geregelten Voraussetzungen erfüllt. Ist auch der letzte vorgeschlagene Kandidat nicht als wirtschaftlich unabhängig einzustufen, ergibt sich aus der Norm ein Bestellungshindernis für diesen. 444

Vgl. zur Vorgängernorm: Zeller in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 4 Rn. 6. Investment Companies Act 1940, abrufbar unter: www.sec.gov. 446 Schmolke, WM 2007, 1909 (1911). 447 Ziff. IIa Nr. 8, 2. Spiegelstrich der Wohlverhaltensregeln des Bundesverbandes Investment und Asset Management e. V. v. 1.3.2006; die neue Fassung v. 15.01.2010 die seit 20.01.2010 auch von der BaFin zur Auslegung des InvG herangezogen wird, ist abrufbar unter: www.bvi.de/de/bvi/leitlinien_standards/wohlverhaltensregeln. 448 Ziff. 2.1.3 des Corporate Governance-Kodex für Asset Management-Gesellschaften in der Fassung v. 27.4.2005, abrufbar unter: www.ecgi.org/codes/all_codes.php. 449 Die Sonderstellung der Arbeitnehmervertreter wird auch in § 6 Abs. 4 InvG deutlich, der die Anforderungen an die Sachkunde und Persönlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gem. § 6 Abs. 3 InvG für Arbeitnehmervertreter, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz (DrittelbG) gewählt wurden, ausschließt. Diese Vorschrift wurde schon im KAGG heftig kritisiert, Zeller in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, § 4 Rn. 12. 445

§ 5 Die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex

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C. Ergebnis Kapitalanlagegesellschaften sind mit Aktiengesellschaften nach dem Aktiengesetz kaum vergleichbar, so dass aus der spezialgesetzlichen Vorschrift des § 6 Abs. 2a InvG keine allgemeinverbindlichen Prinzipien für Aufsichtsratsmitglieder anderer Gesellschaften hergeleitet werden können. Der Geschäftsgegenstand von Investmentgesellschaften ist gesetzlich auf die Verwaltung von Investmentvermögen festgelegt. Das Investmentgesetz betont an mehreren Stellen die Ausrichtung der KAG und ihrer Organe an den Interessen der Fondanleger. Die Interessen der Aktionäre und anderer Stakeholder treten hierzu in den Hintergrund und stehen eben nicht gleichberechtigt auf derselben Stufe. Strukturell bedenklich ist es dann aber, dass diejenigen, deren Interessen vorrangig zu beachten sind, auf die Besetzung des Aufsichtsorgans und damit letztendlich auch auf die Geschäftsführung keinen Einfluss haben. Die mangelnde Einwirkungsmöglichkeit der Anleger versuchte das Gesetz nicht nur dadurch zu kompensieren, dass Investmentgesellschaften nach § 5 InvG der behördlichen Aufsicht unterliegen. Der Gesetzgeber wollte auch in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht die Beachtung der Anlegerinteressen absichern und regelte die Voraussetzung der Unabhängigkeit zumindest für ein Aufsichtsratsmitglied. Die Hauptversammlung ist damit bei der Wahl der Anteilseignervertreter nicht frei, sondern wird durch den Verweis auf § 101 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz AktG gebunden, mindestens ein Aufsichtsratsmitglied, das die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2a InvG erfüllt, zu bestellen. Das wiederum verpflichtet den Aufsichtsrat, mindestens einen unabhängigen Kandidaten zur Wahl vorzuschlagen. Das Gesetz klammert jedoch persönliche Beziehungen bei der Betrachtung der Unabhängigkeit aus und legt den Fokus auf die wirtschaftliche bzw. finanzielle Unabhängigkeit von den in der Norm genannten Gruppen. Das unabhängige Aufsichtsratsmitglied darf danach in den letzten vier Jahren vor seiner Bestellung nicht mehr als durchschnittlich 30 Prozent seiner gesamten Einnahmen von Aktionären, verbundenen Unternehmen oder den Geschäftspartnern der KAG bezogen haben, wobei der Umfang nur als Richtwert zu verstehen ist. Es kommt hier weniger auf die Überschreitung der Grenze als vielmehr darauf an, ob von den zusätzlichen Einnahmen eine Anreizwirkung ausgeht, die die Gefahr von pflichtwidrigen Entscheidungen birgt. Das unabhängige Aufsichtsratsmitglied ist damit als Garant für Entscheidungen im Sinne der Anlegerinteressen zu sehen und dient der unerlässlichen Vertrauensbildung und Vertrauenssicherung am Anlagemarkt.

§ 5 Die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) Ziff. 5.4.2 DCGK empfiehlt, dass dem „Aufsichtsrat eine nach seiner Einschätzung ausreichende Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören“ soll. Da-

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

nach ist ein Aufsichtsratsmitglied als „unabhängig anzusehen, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet“. Konkretisiert wird diese Regelung teilweise durch den Kodex selbst, indem der empfiehlt, dass dem Aufsichtsrat „nicht mehr als zwei ehemalige Mitglieder des Vorstands“ angehören und zum anderen die Aufsichtsratsmitglieder auch keine „Organfunktion oder Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern des Unternehmens“ ausüben sollen. Welche weiteren Anforderungen sich daraus für die Aufsichtsratsbesetzung ergeben können und welche Folgen die Nichtbeachtung der Kodexregelungen für die Aktiengesellschaften haben kann, soll nachfolgend näher untersucht werden.

A. Die Entstehung des DCGK Im Zuge der weltweiten Corporate Governance Bewegung wurden auch in Deutschland rechtspolitische Überlegungen zur Verbesserung der Unternehmensführung angestellt. Insbesondere nach der Unternehmenskrise der Philipp Holzmann AG im Jahre 1999 stand die Funktionsfähigkeit des dualistischen Systems erneut auf dem Prüfstand. Wie könnten die Defizite des deutschen Systems behoben werden, um es im Wettbewerb mit dem monistischen System zu stärken? Und wie könnte die Position deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb um Kapitalgeber verbessert werden?450 Die Antwort auf diese Fragen war die Kodifizierung eines einheitlichen Regelwerks, welches Anregungen und Empfehlungen zur Verbesserung der Unternehmensführung enthält und die wesentlichen Normen des Aktiengesetzes für ausländische Investoren verständlich wiedergeben sollte.451 Um Verwirrungen durch die Anwendbarkeit mehrerer Regelungskataloge zu verhindern, schlug die von der Bundesregierung im Jahr 2000 einberufene Regierungskommission Corporate Governance unter Leitung des Rechtswissenschaftlers Theodor Baums (Baums-Kommission)452 in ihrem Anschlussbericht die Ausarbeitung eines einheitlichen Deutschen Corporate Governance Kodex vor;453 denn zuvor wurden bereits zwei Kodexentwürfe454 veröffentlicht, die

450 Auftrag des Bundeskanzlers an die Regierungskommission Corporate Governance mit Schreiben v. 29.5.2000 bei: Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, S. 1. 451 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769 S. 21; Cromme, Rede anlässlich der Veröffentlichung des Entwurfs des Deutschen Corporate Governance Kodex v. 18.12. 2001, S. 2, abrufbar unter: www.corporate-governance-code.de; Uwe H. Schneider/ Strenger, AG 2000, 106; Peltzer/v. Werder, AG 2001, 1; Seibert, BB 2002, 581. 452 Mitglieder siehe: Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, S. 3. 453 Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, S. 52.

§ 5 Die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex

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sich nicht nur im Umfang unterschieden, sondern auch in ihrer grundsätzlichen Konzeption. Der Bericht der Baums-Kommission beinhaltete aber nicht nur konkrete Empfehlungen für die Inhalte eines Deutschen Corporate Governance Kodex. Darüber hinaus sah er auch konkrete Änderungsvorschläge für das Aktiengesetz vor, die vor allem eine Stärkung des deutschen Aufsichtsratssystems bezweckten.455 Im Jahre 2001 bildete das Bundesministerium der Justiz die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (Kodexkommission) unter Leitung von Gerhard Cromme, die einen einheitlichen Deutschen Corporate Governance Kodex erarbeiten sollte. Mitglieder der Regierungskommission waren und sind herausragende Persönlichkeiten der Wissenschaft, aber vor allem der Wirtschaft,456 die vielfach schon im Rahmen der Baums-Kommission an der Entwicklung eines einheitlichen Regelwerks mitgewirkt hatten. Am 23.01. 2002 wurde der Deutsche Corporate Governance Kodex von der Kodexkommission verabschiedet und am 26.02.2002 auf der Webseite der Kommission veröffentlicht. Die Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger erfolgte am 30.09.2002.457 Inhaltlich konnten viele Empfehlungen der Baums-Kommission integriert werden. Seitdem wird der Deutsche Corporate Governance Kodex durch die ständige Regierungskommission weiterentwickelt458 und vor dem Hintergrund nationaler und internationaler Entwicklungen flexibel und bedarfsorientiert angepasst.459

B. Rechtscharakter des DCGK Die Entstehungsgeschichte des Deutschen Corporate Governance Kodex macht deutlich das es sich hierbei nicht um ein formelles Gesetz handelt, da der Kodex nicht vom parlamentarischen Gesetzgeber erlassen wurde. Auch die Veröffentlichung des Deutschen Corporate Governance Kodex durch das Bundesministerium der Justiz im amtlichen Teil des elektronischen Bundesanzeigers ändert daran nichts, obwohl damit eine gewisse Legitimationswirkung verbun454 Zu den Inhalten des „Code of Best Practice“ (sog. Frankfurter Grundsätze) siehe Uwe H. Schneider/Strenger, AG 2000, 106; zu den Inhalten des „German Code of Corporate Governance des Berliner Initiativkreises“ siehe Peltzer/v. Werder, AG 2001, 1. 455 Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, S. 21 ff. 456 Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Vorbem. Rn. 9; Mitglieder 2001: Cromme, Rede v. 18.12.2001 (o. Fußn. 451), Anhang; derzeitige Mitglieder der Regierungskommission, abrufbar unter: www.corporate-governance-code.de. 457 Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Vorbem. Rn. 37. 458 Aktuelle Fassung des DCGK v. 18.06.2009 und ältere Fassungen unter: www. corporate-governance-code.de. 459 Präambel DCGK; Cromme, Rede v. 18.12.2001, S. 2 (o. Fußn. 451); RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 21; zu den aktuellen Änderungen: Weber-Rey, WM 2009, 2255; v. Kann/Keiluweit, DB 2009, 2699.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

den war. Ein Gesetz im materiellen Sinne stellt der Kodex ebenfalls nicht dar, weil es an einem auf einer verfassungsmäßigen Ermächtigungsgrundlage basierenden Erlass fehlt; er kann auch nicht als Gewohnheitsrecht oder Handelsbrauch i. S. d. § 346 HGB in das deutsche Rechtsquellensystem eingeordnet werden.460 Zwar wird der Kodex häufig mit technischen Regelwerken privater Sachverständigengremien verglichen,461 eine ähnliche verbindliche Regelungswirkung wird ihm aber nicht zugesprochen, so dass der Deutsche Corporate Governance Kodex selbst keine Pflicht zur Befolgung seiner Inhalte statuiert. I. Gesetzeswiederholungen und Anregungen Bei den einzelnen Kodexregelungen ist zwischen wiederholendem Gesetzesrecht, Empfehlungen und Anregungen zu unterscheiden. Viele Kodexregelungen wiederholen teilweise sprachlich vereinfacht und deshalb missverständlich oder fehlerhaft geltendes Gesetzesrecht.462 Hier ergibt sich die Verpflichtung zur Einhaltung aus dem Gesetz und nicht etwa aus dem Kodex. Zudem beinhaltet der Kodex Anregungen, die durch die Worte „sollte“ oder „kann“ gekennzeichnet sind. Anregungen formulieren nach der Kodex-Kommission noch keine allgemein akzeptierten Best Practice Regeln, so dass hiervon ohne Weiteres abgewichen werden kann.463 II. Empfehlungen Die im Kodex enthaltenden Empfehlungen, die durch die Verwendung des Wortes „soll“ gekennzeichnet sind,464 müssen ebenfalls nicht befolgt werden. Jedoch begründet § 161 Abs. 1 Satz 1 AktG eine Erklärungs- und Bekanntmachungspflicht für Vorstand und Aufsichtsrat bestimmter Gesellschaften.465 Diese unterliegen der Verpflichtung jährlich zu erklären, dass den „Empfehlungen [. . .] entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden und warum nicht.“ Eingefügt wurde die Regelung durch das 460 Hüffer, AktG, § 161 Rn. 4; Ulmer, ZHR 166 (2002) 150 (159 f.); Borges, ZGR 2003, 508 (515 ff.); a. A. Peltzer, NZG 2002, 10 (11); Kort in: FS K. Schmidt, S. 945 (955 ff.); Lutter in: KK AktG, § 161 Rn. 11. 461 Kort in: FS K. Schmidt, S. 945 (958 f.); Lutter in: FS Huber, S. 871 (873). 462 Semler in: MüKo AktG, § 161 Rn. 26; Ulmer, ZHR 166 (2002), 150 (153). 463 Präambel DCGK; RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 21. 464 Präambel DCGK. 465 Siehe den erweiterten Anwendungsbereich nicht mehr nur auf börsennotierte Aktiengesellschaften sondern nun auch auf „Gesellschaften, die ausschließlich andere Wertpapiere als Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Sinn des § 2 Abs. 5 des WpHG ausgegeben haben und deren ausgegebene Aktien auf eigene Veranlassung über ein multilaterales Handelssystem im Sinn des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 des WpHG gehandelt werden“, § 161 Abs. 1 Satz 2 AktG.

§ 5 Die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex

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Transparenz- und Publizitätsgesetz, um den Empfehlungen des DCGK einen besonderen „Nachdruck“ zu verleihen.466 Am Rande soll hier nur erwähnt werden, dass das BilMoG die Erklärungspflicht in Umsetzung von Art. 46a Abs. 1 Buchst. b der Abänderungsrichtlinie467 weiter verschärft hat, indem nicht mehr nur die bloße Einhaltung oder Nichteinhaltung erklärt werden muss, sondern darüber hinaus Gründe für die Nichteinhaltung anzugeben sind.468 Des Weiteren ist nach § 161 Abs. 2 AktG die Erklärung ebenfalls nicht mehr nur den Aktionären zugänglich zu machen, sondern muss auf der Internetseite der Gesellschaft dauerhaft veröffentlicht werden. Da dies in der Vergangenheit von den Unternehmen bereits so gehandhabt wurde, ergeben sich zumindest hinsichtlich der Veröffentlichungsmodalitäten keine Probleme für die Praxis.469 1. Faktischer Befolgungszwang der Kodexempfehlungen Der Gesetzgeber wollte mit der Offenlegungsverpflichtung den Empfehlungen des DCGK einen „besonderen Nachdruck“ verleihen. Die Erklärungspflicht soll demnach nicht nur der Information der ausländischen Anleger und des Kapitalmarkts dienen, sondern auch eine gewisse Lenkungswirkung zur Einhaltung der Best Practice Regeln erzeugen.470 Insofern geht von der Erklärungspflicht eine faktische Zwangswirkung zur Einhaltung der Kodexempfehlungen aus, selbst wenn die Befolgung der Empfehlungen an sich freiwillig bleibt.471 Dafür sprechen auch die empirischen Studien über die Akzeptanz der Empfehlungen, die seit Einführung der Erklärungspflicht durchgeführt werden.472 Die Offenlegungspflicht trägt erheblich zur Einhaltung der Empfehlungen bei, denn die Ak-

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RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 21. Richtlinie 2006/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 zur Änderung der Richtlinie des Rates 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss, 86/635/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen, ABl. Nr. L 224 v. 16.8.2006, S. 1. 468 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 103 f.; siehe auch die Neueinführung einer Erklärung zur Unternehmensführung im Lagebericht nach § 289a HGB, RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 11, 77. 469 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 104. 470 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 21. 471 Hüffer, AktG, § 161 Rn. 4 [Geltungsanspruch mit Ausstiegsklausel]; Ulmer, ZHR 166 (2002), 150 (160) [„Opt out“-Lösung und mittelbare Rechtsquelle]; Seidel, ZIP 2004, 285 (290) m.w. N.; Wolf, ZRP 2002, 59 (60). 472 Zuletzt: v. Werder/Talaulicar, DB 2009, 698; vgl. dies. DB 2008, 825; dies. DB 2007, 869. 467

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

zeptanz bei den erklärungsfreien Anregungen ist niedriger.473 Jedoch befolgen die Unternehmen nicht unterschiedslos jede Empfehlung gleichermaßen. So war beispielsweise die Akzeptanz der Begrenzung des Wechsels ehemaliger Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsrat relativ gering.474 Auch die Empfehlung zum angemessenen Selbstbehalt bei D&O-Versicherungen für Organmitglieder wurde in der Vergangenheit nicht in gleichem Maße angenommen wie andere Kodexempfehlungen.475 Die faktische Bindungswirkung der Wohlverhaltensregeln wird teilweise, sofern man vom öffentlich-rechtlichen Charakter des Regelwerks ausgeht,476 mit Blick auf die Verfassungsmäßigkeit kritisch betrachtet. Problematisch sei dies besonders, wenn den Empfehlungen im Rahmen der Auslegung gesetzlicher Generalklauseln Bindungswirkung zugesprochen würde. Könnten sich Organmitglieder schon durch die bloße Einhaltung der Empfehlungen in den „Safe Harbour“477 des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG begeben, stelle dies nach einer Auffassung einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar, der einer gesetzlichen Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedürfe.478 Dem ist zu entgegnen, dass die Kodexempfehlungen keine normative Pflicht zur Befolgung begründen und es den Unternehmen frei steht, diese einzuhalten. Daran hat sich auch durch die neu eingeführte Begründungspflicht479 nichts geändert – selbst wenn man eine Verstärkung des faktischen Befolgungszwangs bejahen mag.480 Die Empfehlungen sollen nach wie vor nur eine „Hilfestel473 Siehe Kodex-Report 2009 (o. Fußn. 472): Empfehlungen: DAX: 94,9 %, TecDAX: 83,3 %, MDAX: 90,7 %, SDAX: 84,3 %; Anregungen: DAX: 86,1 %, TecDAX: 66,1 %, MDAX: 78 %, SDAX: 61,4 %. 474 Ziff. 5.4.4 Satz 1 DCGK (o. Fußn. 472): DAX: 81,5 %. 475 Ziff. 3.8 DCGK (o. Fußn. 472): DAX: 81,5 %; an dieser Stelle ist nunmehr auch der Gesetzgeber tätig geworden: § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG zum Selbstbehalt bei D&OVersicherungen von Vorstandsmitgliedern, § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG zum anschließenden Wechsel von Vorstandsmitgliedern in den Aufsichtsrat, Änderungen durch das VorstAG (o. Fußn. 7); vgl. auch zur Zulässigkeit einer Selbstbehalt-Versicherung: Uwe H. Schneider/Nowak in: FS 50 Jahre DVFA e. V. (im Erscheinen). 476 Str.: Seidel, ZIP 2004, 285 (289) [zurechenbare staatliche Maßnahme]; Wolf, ZRP 2002, 59 (60) [private Selbstregulierung unter staatlicher Mitwirkung]; Heintzen, ZIP 2004, 1933 (1938) [Verwaltungsvorschriften vergleichbares öffentlich-rechtliches soft law]; siehe auch Beschlussempfehlung TransPuG, BT-Drucks. 14/9079, S. 18 [Rechtskontrolle des Kodex durch BMJ]; a. A. Seibt, AG 2002, 249 (250) [privates, demokratisch nicht legitimiertes Regelwerk]; Claussen/Bröcker, DB 2002, 1199 [private Verhaltensregeln]. 477 Vgl. RegBegr. UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. 478 Siehe dazu: Seidel, ZIP 2004, 285 (290 f.); ähnlich Hüffer, AktG, § 161 Rn. 4 [Verstoß gegen Gesetzesvorbehalt]; Wolf, ZRP, 2002, 59 (60); so wohl auch: Tödtmann/Schauer, ZIP 2009, 995 (996); a. A. Heintzen, ZIP 2004, 1933 (1936) [§ 161 AktG als gesetzliche Grundlage ausreichend]; Semler in: MüKo AktG, § 161 Rn. 44 f. [wirtschaftlicher Druck führt nicht zu Legitimationsdefizit]. 479 Siehe dazu die Untersuchung von v. Werder/Talaulicar/Pissarczky, AG 2010, 62.

§ 5 Die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex

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lung“ zur Verbesserung der Unternehmensführung darstellen481 und Raum für eine unternehmensindividuelle Ausgestaltung der Corporate Governance belassen.482 Eine umfassende und vollständige Einhaltung der Kodexempfehlungen durch die Unternehmen ist weder vom Gesetzgeber beabsichtigt, noch durch die Erklärungs- und Begründungspflicht483 des § 161 AktG gegeben. Insbesondere an §§ 93 Abs. 2 Satz 3, 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG wird deutlich, dass der Gesetzgeber vielmehr selbst tätig wird, soweit Empfehlungen nach seiner Auffassung nicht ausreichend befolgt werden. Außerdem zeigt die geringere Akzeptanz der Wohlverhaltensregeln in kleineren Unternehmen,484 dass diese in der Praxis nicht unreflektiert eingehalten sondern unternehmensbezogen umgesetzt werden. Die herrschende Meinung485 geht zwar davon aus, dass weder die Einhaltung noch die Nichteinhaltung der Empfehlungen zu einer pauschalen Annahme oder dem Ausschluss der Business Judgment Rule führen und vielmehr anhand des Einzelfalles geprüft werden muss, ob § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG erfüllt ist. Das bedeutet aber nicht, dass die Wohlverhaltensregeln nicht zur Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabs als Auslegungshilfe herangezogen werden dürfen.486 Sie sind in Fachkreisen erarbeitet und allgemein anerkannt,487 so dass es letztendlich auch zu mehr Rechtssicherheit führt, wenn ihre Einhaltung ein sorgfältiges Verhalten der Organmitglieder indiziert; denn diese können sich dann ein Stück weit darauf verlassen, pflichtgemäß zu handeln, wenn sie ihr Unternehmen entsprechend den Kodexempfehlungen organisieren. 2. Normative Wirkung der Kodexempfehlungen Von der faktischen Zwangswirkung der Kodexempfehlungen ist die rechtliche Bindung zu unterscheiden, die dann eintritt, wenn Empfehlungen in die Satzung 480 So auch Kort in: FS K. Schmidt, S. 945 (961 f.) [keine Verfassungswidrigkeit auch nach Einführung der Begründungspflicht in § 161 Abs. 1 AktG]. 481 Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Präambel Rn. 84. 482 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 21. 483 Zur neu eingeführten Begründungspflicht: v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2009, 1149; Mutter, ZIP 2009, 750; Ihrig, ZIP 2009, 853. 484 Siehe Kodex-Report 2009 (o. Fußn. 472). 485 Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Vorbem. Rn. 57, 3. Teil Rn. 1622 ff.; Ulmer, ZHR 166 (2002), 150 (166 f.); Semler in: MüKo AktG, § 161 Rn. 37; Borges, ZGR 2003, 508 (521); Hanfland, Haftungsrisiken, S. 204; Kort in: FS K. Schmidt, S. 945 (958, 960 f.); a. A. Seibt, AG 2002, 249 (251); Claussen/Bröcker, DB 2002, 1199 (1205); vgl. auch: Uwe H. Schneider/Strenger, AG 2000, 106 (109). 486 Siehe dazu: v. Treuberg/Zitzmann in: Pfitzer/Oser/Orth, Hdb. DCGK, S. 34; Lutter in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 123 (132 f.) [Indizwirkung]; Kort in: FS K. Schmidt, S. 945 (959). 487 Semler in: MüKo AktG, § 161 Rn. 26; Ulmer, ZHR 166 (2002), 150 (166 f.); Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Präambel Rn. 84, 3. Teil Rn. 1622 ff. m.w. N.; v. Treuberg/Zitzmann in: Pfitzer/Oser/Orth, Hdb. DCGK, S. 34.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

oder die Geschäftsordnungen aufgenommen wurden.488 Die Organmitglieder haften dann wegen Verletzung der Ordnungsbestimmungen.489 Darüber hinaus ist es problematisch, inwieweit die Kodexempfehlungen normative Wirkung entfalten können. Einigkeit besteht darin, dass ein haftungsrelevanter Verstoß gegen § 161 AktG dann gegeben ist, wenn der vergangenheitsbezogene Teil der Entsprechenserklärung (Wissenserklärung) wahrheitswidrig abgegeben wurde, also die Kodexempfehlungen trotz positiver Entsprechenserklärung in der Vergangenheit nicht umgesetzt wurden. Umstritten ist dagegen, ob sich Vorstand und Aufsichtsrat durch die Entsprechenserklärung auch für die Zukunft binden, so dass die Kodexempfehlungen dementsprechend eingehalten werden müssen. Die Lösung ist davon abhängig, ob man dem zukunftsbezogenen Teil der Entsprechenserklärung (Absichtserklärung) eine Bindungswirkung zuspricht, die nur durch eine unterjährige Berichtigung der Erklärung gelöst werden kann. Fraglich ist also, ob § 161 AktG eine Pflicht zur unterjährigen Korrektur der Entsprechenserklärung normiert. Eine Ansicht490 geht davon aus, dass von der Absichtserklärung ohne die Pflicht zur unterjährigen Berichtigung abgewichen werden dürfte. Die geänderte Einstellung zu den Kodexregeln sei dann erst bei der Wissenserklärung der nächsten Entsprechenserklärung zu berücksichtigen.491 Das werde auch aus dem Wortlaut des § 161 AktG deutlich, der nur eine jährliche Abgabe der Entsprechenserklärung fordere. Außerdem käme dem DCGK keine Gesetzeswirkung zu, daran änderten auch die Pflichten aus § 161 AktG nichts. Ein Verstoß der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gegen die Vorschrift sei danach nur dann zu bejahen, wenn die zukunftsgerichtete Aussage vorsätzlich falsch abgegeben worden sei.492 Die Gegenauffassung fordert im Interesse der Anleger und des Kapitalmarktes eine unterjährige Korrektur der Entsprechenserklärung, wenn davon abgewichen wird.493 488

Vgl. Claussen/Bröcker, DB 2002, 1199. Semler in: MüKo AktG, § 161 Rn. 195. 490 LG München I, Urt. v. 22.11.2007 – 5 HK O 10614/07 („MAN“), ZIP 2007, 2360 = BB 2008, 10 m. Anm. Thümmel; LG Düsseldorf, Urt. v. 7.11.2007 – 41 O 122/03 [DCGK kein Gesetz]; KG Berlin, Urt. v. 26.5.2008 – 23 U 88/07; Seibt, AG 2002, 249 (254), Heckelmann, WM 2008, 2146 (2148 f.). 491 LG München I, Urt. v. 22.11.2007, BB 2008, 10 (12) m. Anm. Thümmel (o. Fußn. 490). 492 KG Berlin, Urt. v. 26.5.2008 – 23 U 88/07. 493 BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, DB 2009, 500 = ZIP 2009, 460 (465); BGH, Urt. v. 21.09.2009 – II ZR 174/08, BB 2009, 2725; OLG München, Urt. v. 6.8.2008 – 7 U 5628/07 (MAN), ZIP 2009, 133 (136); Ringleb in: Ringleb/Kremer/ Lutter/v. Werder, DCGK, 3. Teil Rn. 1579; Semler in: MüKo AktG, § 161 Rn. 117, 121; Spindler in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 161 Rn. 43; Seibert, BB 2002, 581 (583) [repetierende Dauererklärung]; Lutter, ZHR 166 (2002), 523 (534); ders. in: FS Huber, S. 871 (873) [Selbstbindung]; van Kann/Eigler, DStR 2007, 1730 (1734 f.); Hanfland, Haftungsrisiken, S. 203 f.; Vetter, NZG 2008, 121 (122); ders., NZG 2009, 561 (566); Mock, ZIP 2010, 15 (16); Schüppen, „Abhängigkeit von Mitgliedern des Aufsichtsrats 489

§ 5 Die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex

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M. E. ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift – Transparenz der Unternehmensführung und Information der Anleger und des Kapitalmarktes – eine Verpflichtung zur unterjährigen Abänderung der Entsprechenserklärung. Unternehmen könnten sich sonst eine bessere Position am Kapitalmarkt verschaffen, wenn sie nur erklärten sich an die Empfehlungen halten zu wollen, obwohl dann unterjährig davon abgewichen wird. Eine „Berichtigung“ der Absichtserklärung im Rahmen des vergangenheitsbezogenen Teils der Entsprechenserklärung im nächsten Jahr kann den Kapitalmarkt im Einzelfall mehrere Monate darüber im Unklaren lassen, ob und wie die Kodexempfehlungen in der Gegenwart befolgt werden.494 Zudem ist der Nachweis einer vorsätzlich falsch abgegebenen Absichtserklärung in der Praxis kaum zu führen.495 Außerdem geht auch der Gesetzgeber von einer unterjährigen Berichtigung der Absichtserklärung aus, wenn er den zukunftsbezogenen Erklärungsteil als „unverbindliche Absichtserklärung“ verstanden wissen will, die „jederzeit korrigiert oder zurückgenommen“ werden kann.496 Nur eine unterjährige Änderung der Entsprechenserklärung kann daher „eventuelle Haftungsgefahren“ ausschließen.497 Sofern die Änderung eine erhebliche Kursrelevanz entfalten kann, ergibt sich eine Pflicht zur unterjährigen Berichtigung der Entsprechenserklärung schon aus § 15 WpHG; wobei dies aber selten zu bejahen sein wird.498 Deshalb entfalten die Kodexempfehlungen dann rechtliche Bindungswirkung, wenn ihre Einhaltung erklärt wurde und keine unterjährige Berichtigung der Entsprechenserklärung erfolgt ist. Vorstand und Aufsichtsrat haben sich insoweit der Einhaltung der Kodexregeln unterworfen. Wird einer Empfehlung nachträglich, trotz positiver Erklärung, nicht entsprochen, stellt das eine Verletzung der Erklärungspflicht aus § 161 AktG dar, die nicht nur zu einem Schadensersatzanspruch der Gesellschaft499 gegen pflichtvergessene Organmitglieder führen, son-

vor Gericht“, Börsenzeitung v. 4.3.2009, Nr. 43, S. 2; Rosengarten/Schneider, ZIP 2009, 1837 (1843) [obwohl dann der vergangenheitsbezogenen Erklärung kein neuer Erklärungswert beizumessen ist]. 494 Vgl. Spindler in: K. Schmidt/Lutter, § 161 Rn. 43; Semler in: MüKo AktG, § 161 Rn. 117. 495 Lutter, ZHR 166 (2002), 523 (532); Kiethe, NZG 2003, 559 (563). 496 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 22; Spindler in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 161 Rn. 43. 497 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 22. 498 Für generelle Kursrelevanz: Claussen/Bröcker, DB 2002, 1199 (1204); ähnlich Ulmer, ZHR 166 (2002), 150 (168 f.) [Wertsteigerung der Aktien]; a. A.: Borges, ZGR 2003, 508 (533); Hüffer, AktG, § 161 Rn. 28; Nowak/Rott/Mahr, ZGR 2005, 252 (254) [keine signifikante Kursreaktion bei Akzeptanz]; siehe auch: Bernhardt, BB 2008, 1686 (1690); Kort in: FS K. Schmidt, S. 945 (947). 499 van Kann/Eigler, DStR 2007, 1730 (1735); Spindler in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 161 Rn. 64; Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, 3. Teil Rn. 1572; Vetter, NZG 2008, 121 (123); a. A. Hüffer, AktG, § 161 Rn. 25 ff.

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

dern auch die Anfechtbarkeit gefasster Entlastungs-500 und Wahlbeschlüsse der Hauptversammlung501 nach sich ziehen kann. Teilweise wird auch eine Außenhaftung der Organmitglieder502 oder eine Haftung der Gesellschaft503 gegenüber Aktionären und Anlegern befürwortet.

C. Unabhängigkeit nach dem DCGK I. Anwendungsbereich des DCGK Der Deutsche Corporate Governance Kodex richtet sich in erster Linie an börsennotierte Gesellschaften,504 wobei § 161 Abs. 1 AktG für Vorstand und Aufsichtsrat bestimmter Aktiengesellschaften eine Pflicht zur Abgabe einer Entsprechenserklärung normiert. Andere nicht börsennotierte Gesellschaften sind hingegen frei in der Befolgung der Kodexempfehlungen. Jedoch empfiehlt die Regierungskommission DCGK auch diesen die Beachtung des Kodex.505 1. Gesellschaften im Anwendungsbereich des § 161 AktG § 161 Abs. 1 Satz 1 AktG normiert für börsennotierte Aktiengesellschaften die Pflicht zur Abgabe einer Entsprechenserklärung und richtet sich dabei direkt an Vorstand und Aufsichtsrat. Der Begriff „börsennotiert“ wird in § 3 Abs. 2 AktG legal definiert. Darunter zählen „Gesellschaften, deren Aktien zu einem Markt zugelassen sind, der von staatlich anerkannter Stelle geregelt und überwacht wird, regelmäßig stattfindet und für das Publikum mittelbar oder unmittelbar zugänglich ist“. Als so beschriebener Markt kommt der regulierte Markt i. S. d. §§ 32 ff. BörsG in Betracht, nicht hingegen der Freiverkehr nach § 48 BörsG.506 500 BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, DB 2009, 500 = ZIP 2009, 460 (465); Mutter, ZGR 2009, 789 (795 ff.); Goslar/v.d. Linden, NZG 2009, 1337; vgl. auch bei nicht abgegebener Entsprechenserklärung: OLG München, Urt. v. 19.11.2008 – 7 U 2405/08, BB 2009, 1096. 501 OLG München, Urt. v. 6.8.2008 – 7 U 5628/07, ZIP 2009, 133 (136); Vetter, NZG 2008, 121 (126). 502 Zivilrechtliche Prospekthaftung: Ulmer, ZHR 166 (2002), 150 (168 f.); Hanfland, Haftungsrisiken, S. 235 ff.; a. A.: Borges, ZGR 2003, 508 (530 f.); Hüffer, AktG, § 161 Rn. 30; Kort in: FS K. Schmidt, S. 945 (947 f.). 503 § 37b WpHG: vgl. Borges, ZGR 2003, 508 (533); Hüffer, AktG, § 161 Rn. 28; Hanfland, Haftungsrisiken, S. 227 ff.; siehe bereits: Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, S. 201; siehe aber zur Kursrelevanz (o. Fußn. 498). 504 v. Werder in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Präambel Rn. 128 [AG, KGaA, SE]. 505 Vgl. Präambel DCGK; v. Werder in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Präambel Rn. 134. 506 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 12; Hüffer, AktG, § 3 Rn. 6.

§ 5 Die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex

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Das BilMoG hat in Umsetzung von Art. 46a Abs. 3 Abänderungsrichtlinie507 den sachlichen Anwendungsbereich des § 161 AktG dahingehend erweitert, dass auch Vorstand und Aufsichtsrat anderer Gesellschaften, die ausschließlich andere Wertpapiere als Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG ausgegeben haben und deren ausgegebene Aktien auf eigene Veranlassung über ein multilaterales Handelssystem im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 WpHG gehandelt werden, der Erklärungspflicht unterliegen. Damit sind nunmehr auch (nicht börsennotierte) Aktiengesellschaften erfasst, die andere Wertpapiere, beispielsweise Schuldverschreibungen, zum Handel am organisierten Markt zugelassen haben, wenn gleichzeitig ihre Aktien auf eigene Veranlassung im Freiverkehr gehandelt werden.508 2. Anwendung des DCGK auf andere nicht börsennotierte Gesellschaften? Auch für Gesellschaften,509 die nicht der Erklärungspflicht des § 161 Abs. 1 AktG unterliegen, kann die Beachtung der Empfehlungen des DCGK vorteilhaft sein. Davon ging ebenfalls der Berliner Initiativkreis aus, der in Abschnitt VII. des „German Code of Corporate Governance (GCCG)“510 eine grundsätzliche Übertragung der Governancestandards auf geschlossene Gesellschaften empfahl, soweit sie für diese Gesellschaftsformen sachgerecht sind. Als Best Practice Standards können die Kodexempfehlungen bei diesen Unternehmen zur Verbesserung der Unternehmensführung und -überwachung herangezogen werden. Eine Unternehmensleitung mit offenem Bekenntnis zu den Empfehlungen des Kodex kann nicht nur den Zugang zu Bankkrediten verbessern, wenn im Rahmen der Bonitätsprüfung eine kodexentsprechende Managementstruktur zu einer positiven Bewertung des Unternehmens führt.511 Auch bei der Bewertung der Gesellschaftsanteile bzw. bei der Finanzierung durch Venture Capital512 ist die Einhaltung der Kodexempfehlungen zur Gewinnung von Investoren sinnvoll. Zudem wird das Unternehmen bei Kunden, Lieferanten und anderen Stakeholdern interessanter, da die Befolgung von Corporate Governance Grundsätzen für eine gute Unternehmensstruktur spricht und Garant einer langfristigen und erfolgreichen Geschäftsbeziehung sein kann.513 Die Einhaltung „passender“ Kodex-

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Abänderungsrichtlinie (2006/46/EG) (o. Fußn. 467). RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 104. 509 Beispielsweise für die GmbH mit faktischem oder obligatorischem Aufsichtsrat: Raschig, Corporate Governance, S. 94. 510 Siehe Empfehlungen des GCCG: Peltzer/v. Werder, AG 2001, 1 (6 ff.). 511 v. Werder in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Präambel Rn. 134; Raschig, Corporate Governance, S. 131 f. 512 Siehe dazu: Möller/Schilder, BB 2007, 2753 (2754). 513 Zu den Vorteilen der Kodexempfehlungen für nicht börsennotierte Unternehmen: Raschig, Corporate Governance, S. 126 ff. 508

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

empfehlungen ist aber auch deswegen empfehlenswert, weil Gerichte im Rahmen der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe darauf zurückgreifen könnten.514 Bei Unternehmen mit mehrheitlicher Beteiligung des Bundes gilt der Deutsche Corporate Governance Kodex ebenfalls nicht. Auf diese ist jedoch seit dem 30.06.09 der Public Corporate Governance Kodex515 anwendbar, der die Prinzipien des DCGK teilweise aufgreift und auf die öffentlichen Unternehmen anpasst. II. Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder Die Empfehlung zur „ausreichende[n]“ Besetzung des Aufsichtsrats mit unabhängigen Mitgliedern in Ziff. 5.4.2 DCGK wurde in die Fassung vom 2.6.2005 des Kodex516 integriert. Doch auch in der ursprünglichen Kodexfassung vom 26.2.2002 wurde in Ziff. 5.4.1 gefordert, dass bei Vorschlägen zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern darauf geachtet werden soll, dass jederzeit Mitglieder des Aufsichtsrats „hinreichend unabhängig“ sind. Problematisch war hier die Auslegung des Unabhängigkeitsbegriffs, vor allem in Kombination mit der Relativierung „hinreichend“.517 Ziff. 5.4.2 DCGK i. d. F. v. 26.2.2002 konkretisierte das Unabhängigkeitskriterium nur dahingehend, dass zur Sicherung der unabhängigen Beratung und Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat nicht mehr als zwei ehemalige Vorstandsmitglieder dem Aufsichtsrat angehören und auch keine Organ- oder Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern ausgeübt werden sollten. 1. Unabhängigkeit als unbestimmter Begriff Seit der Kodexfassung vom 2.6.2005 enthält Ziff. 5.4.2 DCGK eine Definition des Unabhängigkeitsbegriffs. Danach ist ein Aufsichtsratsmitglied „als unabhängig anzusehen, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet.“ Für die nähere Auslegung dieser Empfehlung können, trotz fehlender Normenqualität des Kodex, die üblichen Auslegungsmethoden herangezogen werden.518 Erkennbar stand die Kommissionsempfehlung vom 15.2.2005519 Pate für die Regelung.520 Die in Ziff. 13.1 der Kommissionsempfehlung enthaltene 514 v. Werder in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Präambel Rn. 134; vgl. auch unter: 2. Kapitel § 5 B. II. 1. 515 PCGK (o. Fußn. 211). 516 Änderungshistorie und ältere Fassungen unter: www.corporate-governancecode.de. 517 Peltzer, NZG 2004, 509 (510). 518 Seibt, AG 2003, 465 (471); vgl. Lieder, NZG 2005, 569 (570). 519 Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3).

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Definition geht aber über die Regelung in Ziff. 5.4.2 DCGK hinaus und sieht ein Mitglied des Aufsichtsrats dann als unabhängig an, „wenn es in keiner geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung zu der Gesellschaft, ihrem Mehrheitsaktionär oder deren Geschäftsführung steht, die einen Interessenkonflikt begründet, der sein Urteilsvermögen beeinflussen könnte.“ Des Weiteren sind in Anhang II der Kommissionsempfehlung konkrete „Situationen“ aufgeführt, von denen „gemeinhin angenommen“ werden kann, dass sie „Anhaltspunkte“ für die Feststellung der Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern liefern können. a) Anwendbarkeit der Profilanforderungen der Kommissionsempfehlung?521 Die Profilanforderungen zielen darauf ab, das Aufsichtsratsmitglied umfassend vor sämtlichen Beeinträchtigungen der Entscheidungsfreiheit zu schützen und fokussieren nicht nur auf die Beziehung zum Geschäftsführungsorgan, sondern behandeln auch die Verbindungen zu Arbeitnehmern und Geschäftspartnern der Gesellschaft, zum Abschlussprüfer und zum Kontrollaktionär. Nach der Art der Bindung können die Anforderungen in drei große Gruppen eingeteilt werden, nämlich die finanzielle, emotionale und vor allem die strukturelle Abhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds betreffend. Das Aufsichtsratsmitglied soll bei seiner Entscheidung nicht durch finanzielle Anreize fehlgeleitet werden. Geschäftsverhältnisse zur Gesellschaft oder zu Konzernunternehmen sind danach genauso wie erfolgsabhängige Vergütungen in die Betrachtung einzubeziehen. Eine Gefahr für die Urteilsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds ergibt sich hier in der Regel aber erst dann, wenn ein gewisser Umfang überschritten ist, mithin von den Einnahmen eine erhöhte Anreizwirkung ausgeht, im Eigen- bzw. Drittinteresse zu handeln. In die Gruppe der strukturellen Abhängigkeit sind die Beziehungen zum Überwachungssubjekt oder zu anderen Interessenvertretern einzuordnen. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zum Geschäftsführungsorgan. Verhindert werden sollen vor allem Interessenkonflikte die dadurch entstehen, dass der Überwachende sich entweder gleichzeitig oder zeitversetzt selbst kontrolliert. Für ehemalige Vorstandsmitglieder lässt die Kommissionsempfehlung die Abhängigkeit in der Regel erst dann entfallen, wenn sie nach Verstreichen einer fünfjährigen Wartefrist in den Aufsichtsrat wechseln.522 Aber auch Arbeitnehmer sind 520 So auch: Hüffer, ZIP 2006, 637 (638); Kremer in: Ringleb/Kremer/Lutter/ v. Werder, DCGK, Ziff. 5.4.5 Rn. 1037; Lieder, NZG 2005, 569. 521 Ausführlich unter: 3. Kapitel § 7 B. II. 522 Ziff. 5.4.4 DCGK wiederholt die neu in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG eingeführte Vorschrift, die eine zweijährige Wartefrist für ehemalige Vorstandsmitglieder

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

grundsätzlich abhängig, wenn nicht die in Anhang II Nr. 1 lit. b) geregelte Fiktion erfüllt ist. Daneben werden Beziehungen zum Kontrollaktionär oder zum Abschlussprüfer für die Urteilsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds genauso als problematisch angesehen wie Überkreuzverflechtungen oder eine zu lange Amtsdauer. Ergänzt wird diese Betrachtung um persönliche Beziehungen zu Vorstandsmitgliedern oder zu anderen nach dem Profilkatalog abhängigen Personen. Die Regierungskommission DCGK hat sich entgegen dem Anliegen der Kommission bewusst gegen die Aufnahme detaillierter Kriterien in den Kodex entschieden. Traditionell wird im dualistischen System Unabhängigkeit als Unabhängigkeit vom Geschäftsführungsorgan verstanden. Das würde aber bereits mit der gesetzlich geregelten organisatorischen Trennung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat erreicht.523 Problematisch wurde hierzulande nur der Wechsel von ehemaligen Vorstandsmitgliedern in den Aufsichtsrat gesehen, so dass Ziff. 5.4.2 DCGK die Begrenzung auf maximal zwei ehemalige Vorstandsmitglieder im Aufsichtsrat empfiehlt.524 Darüber hinaus wird in Ziff. 5.4.3 DCGK angemahnt, dass der Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat nicht die Regel sein soll. Die Beziehungen zu anderen Interessengruppen konnte die Regierungskommission nicht ohne weiteres als schlechte Corporate Governance deklarieren. Die Unabhängigkeit von der Arbeitnehmerschaft des Unternehmens stünde im Widerspruch zur gesetzlich geregelten Unternehmensmitbestimmung und die Beziehungen zu Kontrollaktionären konnten aufgrund gesetzlicher Privilegierung nicht als Bad Practice eingestuft werden. Darüber hinaus wurde die Entscheidung damit begründet, dass Großaktionäre in deutschen Unternehmen eine wichtige Rolle spielten und der konzernrechtliche Minderheitenschutz hierzulande vorbildlich geregelt wäre.525 Im Unterschied zur Kommissionsempfehlung, die Unabhängigkeit als die „Abwesenheit jeglicher signifikanter Interessenkonflikte“ versteht, beschränkt sich der Kodex auf die Betrachtung der „geschäftlichen oder persönlichen Beziehungen“ zum Vorstand bzw. der Gesellschaft und unterstreicht damit den gesetzlichen Nebenamtscharakter des Aufsichtsratsmandats. Diese Einschätzungen der Kodexkommission müssen bei der vorsieht und empfiehlt darüber hinaus, dass der Wechsel in den Aufsichtsratsvorsitz „eine der Hauptversammlung zu begründende Ausnahme sein“ soll. 523 Vgl. Cromme, Vortrag, S. 8 f. (o. Fußn. 193); siehe auch v. Hein, Rezeption, S. 264 [grundsätzlich Hinnahme von konfliktgefährdeten Situationen – im Gegensatz zu amerikanischen Regeln]. 524 Dies ist bei Banken und Versicherungsunternehmen nunmehr gesetzlich vorgeschrieben, § 7a Abs. 4 Satz 3 VAG, § 36 Abs. 3 Satz 5 KWG, Aufsichtsstärkungsgesetz (o. Fußn. 210). 525 Dazu: Cromme, Vortrag, S. 8 f. (o. Fußn. 193), so ebenfalls: Kremer in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Ziff. 5.4.2 Rn. 1038; Lieder, NZG 2005, 569 (571); Vetter, BB 2005, 1689 (1691).

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Auslegung des Unabhängigkeitsbegriffs in Ziff. 5.4.2 DCGK berücksichtigt werden.526 Lediglich am Rande, in Erwägungsgrund 7 wird in der Kommissionsempfehlung erwähnt, dass in die Unabhängigkeitsbetrachtung auch enge Verbindungen zu einem Konkurrenten des Unternehmens einfließen sollen. Interessenkonflikte, die durch Beziehungen zu Wettbewerbsunternehmen entstehen können, waren auch im Rahmen des Aktiengesetzes lange Zeit Auslöser von Reformdiskussionen. Die Kodexkommission empfahl deshalb schon vor Erlass der Kommissionsempfehlung, dass Aufsichtsratsmitglieder keine Organfunktionen oder Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern ausüben sollen. b) Einschätzungsspielraum des Aufsichtsrats Welche Aufsichtsratsmitglieder unabhängig sind, soll sowohl nach der Kommissionsempfehlung527 als auch nach dem DCGK der Aufsichtsrat „nach seiner Einschätzung“ selbst festlegen. Die Hauptversammlung bleibt nach wie vor frei in ihrer Entscheidung und ist nicht an den Wahlvorschlag gebunden, wenngleich eine vom Vorschlag des Aufsichtsrats abweichende Wahl in der Praxis selten vorkommen wird.528 Erklären Vorstand und Aufsichtsrat nach § 161 AktG die Entsprechung bezüglich dieser Kodexempfehlung, ergeben sich daraus nur Modifikationen der gesetzlichen Aufsichtsratspflichten. Der Aufsichtsrat muss sich intensiv mit den vorzuschlagenden Kandidaten auseinandersetzen und Informationen einholen, die eine Beurteilung der möglichen Interessenkonflikte erlauben. Dazu gehören nicht nur die nach § 125 Abs. 1 Satz 5 AktG geforderten Angaben, sondern auch Verwandtschaftsverhältnisse zu Vorstandsmitgliedern sind nachzufragen. Ratsam kann es hier sein, eine entsprechend in Ziff. 7.2.1 DCGK für den Abschlussprüfer empfohlene Unabhängigkeitserklärung auch für Aufsichtsratskandidaten einzuholen. Bei der Beurteilung der Unabhängigkeit sind jedoch die Wertungen der Kodexkommission zu beachten. Der Aufsichtsrat verletzt seine durch § 161 AktG i.V. m. Ziff. 5.4.2 DCGK modifizierte Vorschlagsverantwortung nicht schon deshalb, weil er ein Vorstandsmitglied der Muttergesellschaft als unabhängiges Aufsichtsratsmitglied einstuft. aa) Fehlende Einflussmöglichkeit auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter Problematisch ist diese Regelung im Bezug auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter, da der Aufsichtsrat hier keine Mitwirkungsrechte hat. Die Arbeitneh526

Lieder, NZG 2005, 569 (570). Ziff. 13.2 Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 528 Vgl. Krieger in: FS Ulmer, S. 365 (368) [Ziff. 5.4.2 DCGK kann nur die Hauptversammlung umsetzen]. 527

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

mervertreter sind damit nicht nach der Einschätzung des Aufsichtsrats unabhängig. Teilweise529 wird daraus gefolgert, dass die unabhängigen Mitglieder nur auf Seiten der Anteilseignervertreter zu „rekrutieren“ seien. Die Gegenauffassung530 bezieht auch die Arbeitnehmervertreter in den Kreis der möglichen unabhängigen Mitglieder mit ein, wenn außer der Arbeitnehmereigenschaft keine weiteren Kriterien vorliegen, die die Abhängigkeit des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds begründen. Dieser Ansicht ist zuzustimmen, da andernfalls die Vorschriften der Unternehmensmitbestimmung als schlechte Corporate Governance zu werten wären, was einen unerträglichen Normenwiderspruch zur Folge hätte. Letztendlich steht dieses Ergebnis auch im Einklang mit Anhang II Nr. 1 lit. b) der Kommissionsempfehlung, die die Unabhängigkeit der Arbeitnehmer fingiert, wenn sie im Rahmen der Unternehmensmitbestimmung in den Aufsichtsrat gewählt wurden. Eine Abschaffung der grundsätzlich gewollten Arbeitnehmermitbestimmung sollte mit der Kommissionsempfehlung nämlich nicht erreicht werden. bb) Nur konkrete Interessenkonflikte? Aus dem Wortlaut der Kodexempfehlung wird teilweise gefolgert, dass nur bestehende Interessenkonflikte die Unabhängigkeit entfallen lassen könnten, während demgegenüber die Kommissionsempfehlung auf konfliktgefährdete Beziehungen abstellt. Daher sollen potentielle Interessenkonflikte nicht genügen um die Unabhängigkeit zu verneinen, wenn sie konkret noch nicht vorliegen.531 Dem kann nicht zugestimmt werden. Schließlich geht auch Ziff. 5.4.1 DCGK davon aus, dass der Aufsichtsrat bei Vorschlägen zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder auf potentielle Interessenkonflikte achten soll. Im Rahmen der Unabhängigkeitsempfehlung von Ziff. 5.4.2 DCGK kann dann nichts anderes gelten,532 wenn es Zweck der Empfehlung ist, eine dauerhaft unabhängige Beratung und Überwachung des Vorstands zu erreichen. c) Offenlegung der Aufsichtsratseinschätzung? Anschließend stellt sich die Frage, ob die „Einschätzung“ des Aufsichtsrats ein rein organinterner Vorgang ist oder ob die Hauptversammlung davon in 529 Hüffer, ZIP 2006, 637 (639); Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 56; Vetter, BB 2005, 1689 (1691); Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 194; Ehlers/Nohlen in: GS Gruson, S. 107 (112). 530 Lieder, NZG 2005, 569 (571); Kremer in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Ziff. 5.4.2 Rn. 1040; Spindler, ZIP 2005, 2033 (2040); Seibt, AG 2003, 465 (476); Oberhofer, Unabhängigkeit, S. 139; wohl auch: OLG München, Urt. v. 6.8.2008 – 7 U 5628/07, ZIP 2009, 133 (135) [Gesamtbetrachtung des Aufsichtsrats]. 531 So: Kremer in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, Ziff. 5.4.2 Rn. 1039. 532 Vgl. Pfitzer/Höretz in: Pfitzer/Oser/Orth, DCGK, S. 179.

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Kenntnis gesetzt werden muss. Ziff. 13.3 der Kommissionsempfehlung sieht eine solche Offenlegung zwar vor, eine dementsprechende Empfehlung fehlt aber im DCGK. Der Hauptversammlung soll nach Ziff. 5.4.4 lediglich begründet werden, wenn bisherige Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsrat wechseln. Darüber hinaus soll der Aufsichtsrat nach Ziff. 5.5.3 DCGK in seinem Bericht an die Hauptversammlung nur über aufgetretene Interessenkonflikte bei amtierenden Aufsichtsratsmitgliedern informieren.533 Es wird also weder eine Begründung im Bezug zum unabhängigen Kandidaten empfohlen, noch wird die Identifizierung der „Unabhängigen“ im Wahlvorschlag angeregt. Ob eine Offenlegung der Einschätzung gegenüber der Hauptversammlung wirklich die Gefahr einer Klassenbildung im Aufsichtsrat birgt,534 ist zu bezweifeln. Es signalisiert jedoch den Aktionären und auch potentiellen Investoren, dass auf gute Corporate Governance bei der Unternehmensorganisation geachtet wird, so dass schon deshalb eine Offenlegung gegenüber der Hauptversammlung zu empfehlen ist. 2. Eine „ausreichende Anzahl“ Um sicherzustellen, dass mit Interessenkonflikten, in welche die Mitglieder der Unternehmensleitung involviert sind, ordnungsgemäß verfahren wird, soll nach Ziff. 4 der Kommissionsempfehlung eine ausreichende Anzahl unabhängiger Mitglieder im Aufsichtsrat vertreten sein. Auch Ziff. 5.4.2 DCGK regelt keine Mindestanzahl von unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern, sondern überlässt es dem Aufsichtsrat, was nach seiner Einschätzung eine „ausreichende Anzahl“ ist.535 Demgegenüber hatte der Aktionsplan der Kommission536 noch die Mehrheit an unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern gefordert.537 In der Kommissionsempfehlung wurde davon abgewichen, da die Vorgaben sowohl für das monistische als auch für das dualistische System gelten und die jeweiligen systemischen Besonderheiten berücksichtigt werden sollten.538 Eine mehrheitliche Besetzung mit unabhängigen Mitgliedern ist aber nur im Board-System sinnvoll, 533 Siehe dazu: BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, DB 2009, 500 = ZIP 2009, 460 (464). 534 So die Stellungnahme der Group of German Experts on Corporate Law zum Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa v. 4.11.2002, ZIP 2003, 863 (869). 535 Siehe auch: Erwägungsgrund 8 Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 536 Mitteilung der Kommission an den Rat und das europäische Parlament – Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan v. 21.5.2003, KOM(2003)284. 537 Aktionsplan, S. 17 (o. Fußn. 536). 538 Erwägungsgrund 8 Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3).

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

da dort Unternehmensführung und Unternehmenskontrolle im selben Organ stattfinden. Beim Aufsichtsratssystem wird zum einen die unabhängige Kontrolle schon durch die institutionelle Trennung von Geschäftsleitungs- und Überwachungsorgan erreicht, so dass die mehrheitliche Besetzung des Aufsichtsrats mit unabhängigen Mitgliedern für das dualistische System als nicht notwendig erachtet wurde.539 Zum anderen widerspricht eine mehrheitlich mit unabhängigen Mitgliedern geforderte Besetzung auch der gesetzlichen Ausgestaltung des Aufsichtsrats als Interessenvertretungsorgan, jedenfalls dann, wenn man den Unabhängigkeitsmaßstab der Kommissionsempfehlung anlegt und auch Vertreter des Großaktionärs als abhängig betrachtet. Welche Anzahl letztendlich „ausreichend“ ist, kann nicht pauschal bestimmt sondern muss unternehmensabhängig540 ermittelt werden. Zum Teil wird sogar davon ausgegangen, dass im Einzelfall auch eine „Nullpräsenz“ genügen könne.541 Das widerspricht jedoch dem Wortlaut der Empfehlung, so dass mindestens ein unabhängiges Mitglied im Aufsichtsrat erforderlich ist, um der Empfehlung in Ziff. 5.4.2 DCGK entsprechen zu können.542 Die Einhaltung wird jedenfalls schwer damit zu rechtfertigen sein, dass im konkreten Fall kein unabhängiges Aufsichtsratsmitglied „ausreichend“ war.

D. Ergebnis Der Deutsche Corporate Governance Kodex ist kein normativ verbindliches Regelwerk. Nach zahlreichen Unternehmenskrisen sollten deutschen Unternehmen vielmehr eine „Anleitung“ zur Verbesserung ihrer Unternehmensführung und -organisation an die Hand bekommen. Daneben sollte die Stellung inländischer Unternehmen im internationalen Wettbewerb um Kapital verbessert und das dualistische System den ausländischen Investoren in verständlicher Form näher gebracht werden. Der Kodex enthält daher nicht nur Anregungen und Empfehlungen zur Verbesserung der Corporate Governance sondern gibt stellenweise auch die aktiengesetzlichen Vorschriften wieder. Flankierend führte der Gesetzgeber in § 161 AktG eine Erklärungspflicht über die Einhaltung oder Nichteinhaltung der Kodexempfehlungen für Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften ein. Durch das BilMoG 539

Lieder, NZG 2005, 569 (570, 572); vgl. Spindler, ZIP 2005, 2033 m.w. N. v. Werder/Wieczorek, DB 2007, 297 (302) [Größe des Aufsichtsrats ausschlaggebend]. 541 Hüffer, ZIP 2006, 637 (641). 542 Hüffer, ZIP 2006, 637 (641); Lieder, NZG 2005, 569 (572); vgl. auch: OLG München, Urt. v. 6.8.2008 – 7 U 5628/07, ZIP 2009, 133 (135); a. A. Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 56 [mehr als ein Mitglied im Aufsichtsrat nach MitbestG und MontanMitbestG notwendig]; v. Werder/Wieczorek, DB 2007, 297 (302) [außerhalb von Konzernkonstellationen zumindest die Hälfte der Aktionärsvertreter angemessen]. 540

§ 5 Die Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex

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wurde diese Pflicht nicht nur inhaltlich erweitert, so dass nun zusätzlich eine Begründung abgegeben werden muss, wenn Empfehlungen nicht eingehalten wurden oder werden. Erweitert wurde die Vorschrift auch im Bezug auf ihren Anwendungsbereich, so dass auch Vorstand und Aufsichtsrat bestimmter nicht börsennotierter Aktiengesellschaften nunmehr erklärungspflichtig sind, § 161 Abs. 1 Satz 2 AktG. Die gesetzliche Erklärungspflicht führt zwar zu einem gewissen (faktischen) Befolgungszwang, die Verfassungswidrigkeit des Deutschen Corporate Governance Kodex kann daraus aber nicht hergeleitet werden, da die Unternehmen die Empfehlungen nicht unreflektiert annehmen. Durch den Deutschen Corporate Governance Kodex wird vielmehr sogar die Rechtssicherheit verstärkt; denn die Empfehlungen können als konkrete Wohlverhaltensstandards bei der Auslegung gesetzlicher Rechtsbegriffe herangezogen werden. Umgekehrt bedeutet es aber nicht, dass sich Unternehmen und deren Organmitglieder rechtswidrig verhalten, wenn sie die Kodexempfehlungen nicht einhalten. Der Deutsche Corporate Governance Kodex zwingt nicht zur Befolgung und auch über § 161 AktG wird grundsätzlich keine rechtliche Zwangswirkung erreicht. Normative Wirkung können die Kodexempfehlungen nur über die Abgabe einer positiven Entsprechenserklärung im Wege der Selbstbindung von Vorstand und Aufsichtsrat entfalten. Die Organmitglieder sind dann verpflichtet, entweder die Empfehlungen zu befolgen oder unterjährig eine Abweichungserklärung abzugeben. Diese Bindungswirkung der Kodexempfehlungen kann jedoch nur bei Gesellschaften eintreten, die entweder direkt oder über gesetzliche Verweisungen zur Abgabe einer Entsprechenserklärung gem. § 161 AktG verpflichtet sind. Anderen Gesellschaften wird die Beachtung der Empfehlungen durch den Kodex nur nahe gelegt. Anlass für die Empfehlung in Ziff. 5.4.2 DCGK war die Kommissionsempfehlung vom 15. Februar 2005. Im Gegensatz zur europäischen Vorgabe, die Unabhängigkeit als die „Abwesenheit jeglicher Interessenkonflikte“ versteht, geht der Deutsche Corporate Governance Kodex davon aus, dass ein Aufsichtsratsmitglied dann als unabhängig anzusehen ist, „wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet.“ Die Regierungskommission verzichtete bewusst auf die Übernahme der detaillierten Anforderungen aus Anhang II der Kommissionsempfehlung, auch weil diese der Historie nach den Eindruck erwecken, vorrangig für das monistische System entwickelt zu sein und die Besonderheiten des deutschen Aufsichtsratssystems nur am Rande zu beachten. Im Übrigen können sich die Wohlverhaltensregeln nur innerhalb der gesetzlichen Regelungen bewegen. Der Aufsichtsrat ist aktiengesetzlich als Interessenvertretungsorgan ausgestaltet, dessen Funktionsweise zumindest durch die mehrheitliche Besetzung mit unabhängigen Mitgliedern gestört sein könnte. In diesem Fall ist eine Disparität zwischen Arbeitnehmer- und Anteilseignerinteressen

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2. Kap.: Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder

zu befürchten, da die Vertreter der Arbeitnehmer nach der Kommissionsempfehlung als unabhängig gelten, die Vertreter des Großaktionärs aber nicht. Die Regierungskommission geht davon aus, dass Unabhängigkeit in Einklang mit den Vorgaben des Aktiengesetzes nur als die Trennung von Geschäftsleitungs- und Überwachungsorgan verstanden werden kann. Der Kodex behandelt deshalb im Unterschied zur Kommissionsempfehlung nur die Interessenkonflikte, die sich aus einer (zeitversetzten) personellen Verflechtung zwischen beiden Gesellschaftsorganen ergeben können. Andere konfliktgefährdete Situationen, wie beispielsweise bestehende Verbindungen zum Kontrollaktionär werden ausdrücklich aus der Betrachtung ausgeklammert, da hier bereits gesetzliche Regelungen zum Minderheitenschutz ausreichend beitrügen. Nur die in der Kommissionsempfehlung am Rande erwähnten Beziehungen zu Konkurrenzunternehmen werden im Deutschen Corporate Governance Kodex noch konkret benannt. Organfunktionen und Beratungsaufgaben eines Aufsichtsratsmitglieds bei wesentlichen Wettbewerbern waren aber auch schon im Rahmen des Aktiengesetzes Anstoß für Reformdiskussionen, da sie schwere Konfliktsituationen bei Aufsichtsratsmitgliedern auslösen können, die die Niederlegung des Mandats zur Folge haben. Letztendlich führte die Kommissionsempfehlung nur zur Integration einer allgemeinen Definition in den Kodex, die außer der Beziehung zum Vorstand oder der Gesellschaft sämtliche anderen Verbindungen der Aufsichtsratsmitglieder ausgeklammert ließ. Diese Entscheidung der Regierungskommission muss bei der Auslegung der Unabhängigkeit in Ziff. 5.4.2 DCGK berücksichtigt werden. Der Aufsichtsrat handelt deshalb nicht pflichtwidrig wenn er trotz positiver Entsprechenserklärung einen Vertreter der herrschenden Gesellschaft als unabhängig einstuft. Dieses Ergebnis steht zwar im Einklang mit den aktiengesetzlichen Vorgaben, verhält sich jedoch zu den Erwartungen der ausländischen Aktionäre widersprüchlich. Bei der zunehmenden Globalisierung der Märkte bestimmt das monistische System das Unternehmensbild, so dass ausländische Investoren von anderen Corporate Governance-Standards ausgehen und oft enttäuscht sind über die doch übliche interessengeleitete Besetzung des Aufsichtsrats in deutschen Unternehmen.543 Um die Position an ausländischen Kapitalmärkten nicht zu verschlechtern, kann es für deutsche Unternehmen aber trotzdem ratsam sein, über die Empfehlungen des DCGK hinaus, die Profilanforderungen der Kommissionsempfehlung zu berücksichtigen.

543 Pressekonferenz DSW und ECGS am 20.08.2008, abrufbar unter: www.dswinfo.de; auch: in FAZ v. 22.08.2008, Nr. 196, S. 21; Handelsblatt v. 22.08.2008, Nr. 163, S. 30.

3. Kapitel

Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds nach dem neuen § 100 Abs. 5 AktG § 100 Abs. 5 AktG lautet: „Bei Gesellschaften im Sinn des § 264d des Handelsgesetzbuches muss mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen.“ Damit wurde Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 Abschlussprüferrichtlinie544 durch das BilMoG545 umgesetzt. Art. 41 gibt den Mitgliedsstaaten die Einrichtung, Ausgestaltung und die Aufgaben von Prüfungsausschüssen in „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ vor. Die Abschlussprüferrichtlinie soll zu einer weiteren Stärkung der Abschlussprüfung beitragen, damit Bilanzskandale zukünftig verhindert werden können und das Vertrauen des Kapitalmarktes in die Verlässlichkeit des Jahresabschlusses von Unternehmen wiederhergestellt wird.546 Das erfordert nicht nur die Reform des externen sondern auch die Stärkung des internen Kontrollsystems. „Damit der Prüfungsausschuss seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann, muss ihm zumindest ein unabhängiges, in der Rechnungslegung und/oder Abschlussprüfung sachverständiges Mitglied angehören.“547 Welche konkreten Voraussetzungen § 100 Abs. 5 AktG an die Aufsichtsratsbesetzung stellt und insbesondere welche Kandidaten als unabhängig angesehen werden können, soll nachfolgend thematisiert werden.

§ 6 Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft A. Legaldefinition in § 264d HGB Die Besetzung des Aufsichtsrats mit einem unabhängigen Finanzexperten ist nach § 100 Abs. 5 AktG für „Gesellschaften im Sinn des § 264d des Handelsgesetzbuches“ vorgeschrieben. Die ebenfalls durch das BilMoG eingeführte Vorschrift enthält eine Legaldefinition des Begriffs „kapitalmarktorientierte Ka544

Abschlussprüferrichtlinie (2006/43/EG), (o. Fußn. 2). Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (o. Fußn. 1). 546 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates v. 16.3. 2004, KOM(2004) 177, S. 2. 547 Siehe dazu: Richtlinienvorschlag, KOM(2004) 177, S. 9 (o. Fußn. 546). 545

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

pitalgesellschaften“. 548 Eine Kapitalgesellschaft ist danach kapitalmarktorientiert, „wenn sie einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes durch von ihr ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes in Anspruch nimmt oder die Zulassung solcher Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt beantragt hat.“ I. Organisierter Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG Für den Begriff des „organisierten Marktes“ nimmt § 264d HGB Bezug auf § 2 Abs. 5 WpHG. Die dort geregelte Definition des organisierten Marktes entspricht dem in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 Finanzmarktrichtlinie 549 definierten „geregelten Markt“.550 Zur wörtlichen Abgrenzung dieses Begriffes im Unterschied zum „geregelten Markt“ i. S. d. BörsG verwendete der Gesetzgeber im WpHG aber die Bezeichnung des „organisierten Marktes“.551 Ein organisierter Markt liegt dann vor, wenn ein multilaterales Handelssystem i. S. d. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 WpHG betrieben wird,552 welches „durch staatliche Stellen“ genehmigt, geregelt und überwacht wird. Unter den Begriff des organisierten Marktes sind danach Börsen zu definieren, da zu ihren Aufgaben die Regelung und Überwachung eines multilateralen Systems gehört, § 2 Abs. 1 BörsG. Dabei ist aber zwischen den einzelnen Börsensegmenten zu unterscheiden, denn der Handel im regulierten Markt553 bedarf der Zulassung oder Einbeziehung der Wertpapiere i. S. d. §§ 32 ff. BörsG. Demgegenüber ist dies beim Handel im Freiverkehr nach § 48 BörsG nicht notwendig; letzterer ist kein organisierter Markt i. S. d. § 264d HGB.

548

RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 63. Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinie 85/611/ EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. Nr. L 145 v. 30.4.2004, S. 1. 550 RegBegr. FRUG, BT-Drucks. 16/4028, S. 15. 551 RegBegr., BT-Drucks. 13/7142, S. 103. 552 Assmann in: Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 2 Rn. 159; Fuchs in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 142; Bröcker in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 19. 553 Zusammenlegung des amtlichen und des regulierten Marktes durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) vom 16.7.2007 v. 19.7.2007 (BGBl. I S. 1330). § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V. m. § 16 BörsG enthält die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer BörsO. Diese können zusätzlich weitere Pflichten für Emittenten vorsehen. So z. B. sieht die Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) in §§ 60 ff. weitere Zulassungsvoraussetzungen für die Teilbereiche des regulierten Marktes (General Standard und Prime Standard) vor. Im Teilbereich des Prime Standard bestehen über die gesetzlichen Mindestanforderungen weitere Zulassungsfolgepflichten für Emittenten, §§ 63 ff. BörsO FWB. 549

§ 6 Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft

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II. Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG Die Einstufung als kapitalmarktorientiert setzt zudem voraus, dass die von der Kapitalgesellschaft ausgegebenen Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind oder zumindest die Zulassung beantragt wurde. Dabei definiert § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG unter den Wertpapierbegriff „alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren, [. . .] die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind“. Insbesondere fallen Aktien, andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Zertifikate, die Aktien vertreten und Schuldtitel unter den Wertpapierbegriff. § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG stellt dabei auf die freie Handelbarkeit auf den Finanzmärkten als Wesensmerkmal ab und geht damit über den Anwendungsbereich des § 264d HGB hinaus,554 da nach letzter Vorschrift nur solche Aktiengesellschaften kapitalmarktorientiert sind, die ihre Wertpapiere auf einem organisierten Markt handeln oder die Zulassung der Wertpapier auf einem solchen Markt beantragt haben. Die Voraussetzung des Handelns auf einem organisierten Markt schränkt also den Wertpapierbegriff i. S. d. § 264d HGB ein. III. Ergebnis Im Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften i. S. d. § 3 Abs. 2 AktG muss daher mindestens ein sachverständiges unabhängiges Mitglied vertreten sein.555 Diese Voraussetzung kann aber auch für nicht börsennotierten Aktiengesellschaften und auch GmbHs556 gelten, wenn diese kapitalmarktorientiert sind, weil sie Unternehmensanleihen ausgegeben haben, die auf dem organisierten Markt gehandelt werden oder weil sie die Zulassung solcher verbriefter Schuldverschreibungen beantragt haben.

B. „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ – Die Vorgaben der Abschlussprüferrichtlinie Die Einrichtung eines Prüfungsausschusses mit mindestens einem unabhängigen Finanzexperten sieht Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Abschlussprüferrichtlinie bei „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ vor. Besonders bei die554 Siehe aber noch Wertpapierbegriff des § 2 Abs. 1 WpHG i. d. F. nach 2. FFG vom 26.7.1994 (BGBl. I S. 1749); Assmann in: Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 1. Aufl. 1995, § 2 Rn. 6 f. 555 Siehe aber die Zulassungsvoraussetzungen nach BörsZulV: Mindesteigenkapital bzw. voraussichtlicher Aktienkurs i. H. v. 1,25 Mio.; mindestens 3 Jahre Bestand; Streubesitzquote i. H. v. 25 %. 556 Vgl. Uwe H. Schneider in: Scholz, GmbHG, § 52 Rn. 42.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

sen Unternehmen sollten die Bestimmungen über die Abschlussprüfung verschärft werden, deren Wertpapiere notiert sind oder die nach Art ihrer Tätigkeit oder nach ihrer Größe von öffentlichem Interesse sind.557 Art. 2 Nr. 13 der Abschlussprüferrichtlinie definiert „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ als „Unternehmen, die unter das Recht eines Mitgliedsstaates fallen und deren übertragbare Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassen sind, Kreditinstitute im Sinne von Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute558 und Versicherungsunternehmen im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/647/EWG“. Daher haben nach der Abschlussprüferrichtlinie nicht nur kapitalmarktorientierte Gesellschaften i. S. d. § 264d HGB einen Prüfungsausschuss zu bilden, sondern auch „Kreditinstitute“559 und „Versicherungsunternehmen“,560 sofern sie nicht schon unter den Begriff der kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaft fallen. Art. 41 Abs. 6 Buchst. d sieht aber eine Ausnahme von der Einrichtung eines Prüfungsausschusses bei Kreditinstituten vor, „deren Anteile nicht zum Handel auf einem geregelten Markt eines Mitgliedsstaates561 zugelassen sind und die dauernd oder wiederholt ausschließlich Schuldtitel ausgegeben haben, vorausgesetzt der Gesamtnominalwert aller derartigen Schuldtitel liegt unter 100 Mio. EUR und [es wurde kein] Prospekt562 [. . .] veröffentlicht.“ Diese Befreiungsmöglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber in § 324 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB in Anspruch genommen.563 Zweck der Regelung ist es, die Verpflichtung zur Bildung eines Prüfungsausschusses nur auf solche Kreditinstitute zu beschränken, die im wesentlichen Umfang Schuldtitel auf einem geregelten Markt ausgegeben haben. Der Gesetzgeber geht aber davon aus, dass der Anwendungsbereich dieser Befreiungsmöglichkeit marginal sein wird, weil die meisten Kreditinstitute über einen Aufsichtsrat verfügen.564 Die Befreiung von der Bildung eines Prüfungsausschusses ist also nicht mit einer Befreiung der Einhaltung von § 100 Abs. 5 AktG gleichzusetzen. Die Abschlussprüferrichtlinie sieht in Art. 41 Abs. 6 Buchst. b auch eine Befreiungsmöglichkeit vor, wenn es sich um Unternehmen handelt, „die im Sinne 557

Richtlinienvorschlag, KOM(2004) 177, S. 4 (o. Fußn. 546). ABl. Nr. L 207 v. 18.8.2003, S. 1. 559 Dieser Begriff des Kreditinstituts entspricht weitestgehend dem Begriff in § 1 KWG. Siehe dazu: Schäfer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 10 ff. 560 Ausgeschlossen sind danach aber die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit i. S. v. Art. 3 der Richtlinie 73/239/EWG. 561 I. S. v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG. 562 I. S. d. Richtlinie 2003/71/EG. 563 Vgl. dazu auch: Habersack, AG 2008, 98 (99). 564 Siehe dazu: RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 93. 558

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von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 85/611/EWG Organismen für gemeinsame Anlagen sind“. Danach können Organismen, „deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikobetreuung in Wertpapieren anzulegen“ und „deren Anteile auf Verlangen der Anteilinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden“ von der Pflicht, einen Prüfungsausschuss einzurichten, befreit werden. Der deutsche Gesetzgeber sieht an dieser Stelle keine Notwendigkeit einer Befreiungsregelung, da Investmentfonds hierzulande als Sondervermögen und nicht als Kapitalgesellschaft ausgestaltet sind. Bei Investmentaktiengesellschaften 565 bliebe es hingegen bei den aktienrechtlichen Vorschriften.566 Gleichermaßen gilt dies für KAGs, da diese nach § 6 Abs. 1 InvG nur in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gegründet werden dürfen und schon deshalb zwingend über einen Aufsichtsrat verfügen.567 § 100 Abs. 5 AktG wird jedoch im Rahmen von Investmentgesellschaften durch die spezielle Vorschrift des § 6 Abs. 2a Satz 1 InvG verdrängt.

C. Richtlinienkonforme Umsetzung der europäischen Vorgaben? I. Pflicht zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses? Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Abschlussprüferrichtlinie normiert für jedes Unternehmen von öffentlichem Interesse die Pflicht, einen Prüfungsausschuss einzurichten („hat einen Prüfungsausschuss“). Dabei weist die Richtlinie in Art. 41 Abs. 2 dem Prüfungsausschuss insbesondere die Aufgaben zu: – den Rechnungslegungsprozess zu überwachen; – die Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, gegebenenfalls des internen Revisionssystems und des Risikomanagementsystems, zu überwachen; – die Abschlussprüfung des Jahres- und des konsolidierten Abschlusses zu überwachen; – die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft, insbesondere die von diesen für das geprüfte Unternehmen erbrachten zusätzlichen Leistungen, zu überprüfen und zu überwachen.

565 Investmentaktiengesellschaften sind als geschlossener Fond ausgestaltet und fallen daher nicht unter den Anwendungsbereich der Richtlinie 85/611/EWG, Art. 2 Abs. 1; RegBegr. InvModG, BT-Drucks. 15/1553, S. 104. 566 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 94. 567 Für die GmbH nach § 6 Abs. 2 InvG.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

§ 107 Abs. 3 Abs. 2 AktG belässt aber dem Aufsichtsrat die Organisationsentscheidung und normiert keine Pflicht zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses in kapitalmarktorientierten Aktiengesellschaften. Der Gesetzgeber verweist hierbei auf Erwägungsgrund 24 der Richtlinie, der es im Kompromiss mit dem dualistischen System erlaube, die Aufgaben des Prüfungsausschusses dem Aufsichtsrat als Ganzes zu übertragen.568 Ob darin eine richtlinienkonforme Umsetzung der Abschlussprüferrichtlinie gesehen werden kann, ist fraglich. Zwar ist dem Gesetzgeber zuzustimmen, dass Erwägungsgrund 24 der Abschlussprüferrichtlinie es in das Belieben der Mitgliedstaaten stellt, ob die vorgesehenen Aufgaben des Prüfungsausschusses auch vom Aufsichtsrat als Ganzes wahrgenommen werden können. Demgegenüber sieht Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie aber eine Pflicht zur Schaffung eines Prüfungsausschusses jedenfalls für „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ vor.569 Eine Befreiung von der Einrichtungspflicht ist nach Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 2 i.V. m. Art. 2 Abs. 1 Buchstabe f der Richtlinie 2003/71/EG570 nur für „kleine und mittlere Unternehmen“ vorgesehen.571 Danach kann der Aufsichtsrat als Kollegialorgan die Aufgaben des Prüfungsausschusses nur wahrnehmen, wenn es sich um eine Gesellschaft handelt, die „laut ihrem letzten Jahresabschluss bzw. konsolidierten Abschluss zumindest zwei der nachfolgenden drei Kriterien“ erfüllt: „eine durchschnittliche Beschäftigtenzahl im letzten Geschäftsjahr von weniger als 250, eine Gesamtbilanzsumme von höchstens 43.000.000 EUR und eine Jahresnettoumsatz von höchstens 50.000.000 EUR“. Darüber hinaus ist eine Befreiung von der Bildung eines Prüfungsausschusses nur gem. Art. 41 Abs. 6 der Richtlinie möglich, wenn es sich um Tochterunternehmen,572 OGAWs,573 Emittenten von Asset Backed Securities574 und nicht börsennotierte Kreditinstitute575 im Sinne des Art. 41 Abs. 6 Buchst. d handelt.576

568 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 101; vgl. Nonnenmacher/Pohle/ v. Werder, DB 2009, 1447 (1448); Lanfermann/Röhricht, BB 2009, 887. 569 Vgl. Report on the application by the Member States of the EU of the Commission Recommendation on the role of non-executive or supervisory directors of listed companies and on the committees of the (supervisory) board, SEC(2007) 1021 v. 13.7. 2007, S. 8, abrufbar unter: www.europa.eu. 570 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11. 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, ABl. L 345 S. 64 v. 31.12. 2003, S. 70. 571 Vgl. Ehlers/Nohlen in: GS Gruson, S. 107 (121). 572 I. S. d. Art. 1 der Konzernbilanzrichtlinie 83/349/EWG. 573 Siehe oben unter: 3. Kapitel § 6 B. 574 Siehe dazu die Befreiung gem. § 324 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB. 575 Siehe oben unter: 3. Kapitel § 6 B. 576 Habersack, AG 2008, 98.

§ 6 Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft

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Bei anderen Unternehmen von öffentlichem Interesse bleibt es der Richtlinie nach bei der Einrichtungspflicht;577 denn auch aus Art. 41 Abs. 5 der Richtlinie ergibt sich nichts anderes.578 Diese Vorschrift gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, von den Bestimmungen der Abschlussprüferrichtlinie abzuweichen, wenn Unternehmen von öffentlichem Interesse mit einem Gremium, das einem Prüfungsausschuss obliegende Aufgaben erfüllt, ausgestattet sind. Bei diesem „Gremium“ handelt es sich aber gerade nicht um den Aufsichtsrat. Das wird aus der der Abschlussprüferrichtlinie vorausgegangene Kommissionsempfehlung vom 15.2.2005579 deutlich, die in Ziff. 1.3.2 die Möglichkeit vorsieht, die innerhalb des Aufsichtsrats einzurichtenden Ausschüsse ganz oder teilweise durch andere Gremien außerhalb des Aufsichtsorgans zu ersetzen. In dieser Weise ist auch Art. 41 Abs. 5 der Abschlussprüferrichtlinie zu verstehen, so dass dort nur außerhalb des Aufsichtsrats zu bildende Gremien eine Befreiung von der Einrichtung eines Prüfungsausschusses auslösen können. Vielmehr soll mit dem Prüfungsausschuss ein effektives Kontrollgremium etabliert werden, das professioneller und zuverlässiger die ihm übertragenen Überwachungsaufgaben bewältigen kann. Sogar der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Aufsichtsrat mit 21 Mitgliedern diese Aufgaben nicht zufriedenstellend zu lösen vermag, so dass nur ein kleines Gremium dieser Aufgabe gewachsen sein wird.580 Zwar steht diese Form der Umsetzung im Einklang mit der aktiengesetzlichen Organisationsautonomie des Aufsichtsrats, es widerspricht m. E. aber dem Zweck der Richtlinie, die Effektivität des internen Kontrollsystems zu stärken.581 Nur wenn de lege ferenda eine Verringerung der Mitgliederzahl im Aufsichtsrat durchgesetzt werden könnte, wäre diesem Zweck auch durch die Umsetzung in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG Genüge getan.582

577 Vgl. Richtlinienvorschlag KOM(2004) 177 S. 9 (o. Fußn. 546); Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur gesetzlichen Abschlussprüfung v. 16.3.2004, MEMO04/60, S. 10, abrufbar unter: http://europa.eu/rapid; a. A. Habersack, AG 2008, 98 (100 f.); Huwer, Prüfungsausschuss, S. 379; Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1024); Ehlers/Nohlen in: GS Gruson, S. 107 (121); Velte, StuB 2009, 342 (343). 578 Habersack, AG 2008, 98 (100 f.); Huwer, Prüfungsausschuss, S. 379. 579 Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 580 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 102; vgl. auch: Thüsing, AG 2009, 517 (524); ders., Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) (BT-Drucks. 16/12278), S. 18; Lanfermann/Röhricht, BB 2009, 887; Quick/Höller/Koprivica, ZCG 2008, 25. 581 So wohl auch: Quick/Höller/Koprivica, ZCG 2008, 25 (26) [Entscheidungsfreiheit börsennotierter AG zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses durch Abschlussprüferrichtlinie obsolet]. 582 Zu den gescheiterten Vorschlägen, die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder zu reduzieren (o. Fußn. 209): FDP-Fraktion [12 Mitglieder] und CDU/CSU [16 Mitglieder]; vgl. dazu auch: Seibert, DB 2009, 1167 (1170); sowie die Bestrebungen bei mitbestimmten Aufsichtsräten: Habersack, ZIP Beilage, 48/2009, 1 (4).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

II. Planwidrige Regelungslücke im Bezug auf öffentliche Unternehmen? Art. 2 Nr. 13 der Abschlussprüferrichtlinie stellt es den Mitgliedstaaten frei, auch andere Unternehmen zu Unternehmen von öffentlichem Interesse zu bestimmen, wenn aufgrund der Art der Tätigkeit, der Größe oder der Zahl der Beschäftigten eine erhebliche öffentliche Bedeutung besteht. Zu denken ist hier an öffentliche Unternehmen auf Bundes- oder Landesebene sowie an kommunale Unternehmen, die in privatrechtlicher Form betrieben werden. Teilweise583 wird daher bei diesen Unternehmen die analoge Anwendung von § 100 Abs. 5 AktG angenommen. Dem ist zu entgegnen, dass es hier bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Der deutsche Gesetzgeber hat sich im BilMoG für den kapitalmarktorientierten Anknüpfungspunkt entschieden und die Möglichkeit, die Art. 2 Nr. 13 der Abschlussprüferrichtlinie eröffnet, nicht wahrgenommen. Eine analoge Anwendung des § 100 Abs. 5 AktG auf öffentliche Unternehmen, die nicht kapitalmarktorientiert sind, ist deshalb abzulehnen.584

D. Ergebnis § 100 Abs. 5 AktG beinhaltet nur für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften die Voraussetzung, dass mindestens ein unabhängiges sachverständiges Mitglied im Aufsichtsrat vertreten sein muss. Welche Kapitalgesellschaften unter „kapitalmarktorientiert“ zu fassen sind, definiert § 264d HGB. Eine Kapitalmarktorientierung ist gegeben, wenn die Gesellschaft einen organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG durch von ihr ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG in Anspruch nimmt oder die Zulassung solcher Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt beantragt hat. Danach sind in jedem Fall börsennotierte Aktiengesellschaften i. S. d. § 3 Abs. 2 AktG verpflichtet, ein unabhängiges Mitglied im Aufsichtsrat zu haben. Daneben können auch nicht börsennotierte Aktiengesellschaft und GmbHs kapitalmarktorientiert sein, wenn sie beispielsweise Unternehmensanleihen ausgegeben haben, die auf einem organisierten Markt gehandelt werden. Die Voraussetzungen in § 100 Abs. 5 AktG wurden im Wege der Umsetzung von Art. 41 der Abschlussprüferrichtlinie ins Aktiengesetz integriert. Die Abschlussprüferrichtlinie sieht in Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 zwingend die Einrichtung eines Prüfungsausschusses für „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ vor. Die Richtlinie definiert solche Unternehmen vor allem als Unternehmen, deren übertragbare Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten 583

Hauptmann/Nowak, Der Konzern 2008, 426 (434). Hier sollen Interessenkonflikte aber nach Ziff. 5.2.1 PCGK (o. Fußn.211) Beachtung finden, jedoch nur solche die einen wesentlichen, nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt begründen. 584

§ 7 Unabhängigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff

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Markt zugelassen sind. Auch Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen zählen grundsätzlich dazu. Nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers steht es den Mitgliedsstaaten frei, zusätzlich andere Unternehmen zu „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ zu bestimmen, wenn sie aufgrund der Art der Tätigkeit, der Größe oder der Zahl der Beschäftigten erhebliche öffentliche Bedeutung haben. Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung aber für die kapitalmarktorientierte Ausrichtung entschieden, so dass beispielsweise öffentliche Unternehmen, soweit sie nicht kapitalmarktorientiert sind, nicht den Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG unterliegen. M. E. widerspricht aber die Umsetzung im Bezug auf die Einrichtung eines Prüfungsausschusses dem Wortlaut und Zweck der Abschlussprüferrichtlinie. Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie normiert nämlich die Pflicht zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses für Unternehmen von öffentlichem Interesse. Der deutsche Gesetzgeber belässt dem Aufsichtsrat aber seine Organisationsautonomie, so dass dieser selbst entscheiden kann, ob er einen Prüfungsausschuss einrichten will, dem er die in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG genannten Aufgaben überträgt. Dabei geht der Gesetzgeber selbst davon aus, dass große Aufsichtsräte diese Aufgaben wohl kaum zufriedenstellend und effektiv lösen können. Gerade mit Blick auf den Zweck der Richtlinie – die Stärkung des internen Kontrollsystems – hätte dann aber eine Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Bildung eines Prüfungsausschusses normiert werden müssen, sofern die Richtlinie für die Mitgliedsstaaten keine Befreiung davon vorsieht.

§ 7 Unabhängigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff § 100 Abs. 5 AktG regelt in Abkehr von den sonstigen aktiengesetzlichen Vorgaben besondere Voraussetzungen, die zwingend nur ein Aufsichtsratsmitglied erfüllen muss. Bei Aufsichtsratswahlen nach dem 29.05.2009 muss die Besetzung des Aufsichtsrats mit mindestens einem Mitglied erfolgen, das nicht nur den geforderten Sachverstand in Rechnungslegung oder Abschlussprüfung mitbringt, sondern zusätzlich unabhängig ist. Welchen Ursprung die Forderung nach mehr Unabhängigkeit bei der unternehmensinternen Überwachung hat und welche konkreten Anforderungen sich aus der Gesetzesänderung für die Aktiengesellschaften bei der Besetzung des Aufsichtsrats ergeben, soll nachfolgend näher dargestellt werden. Kern der Untersuchung ist dabei die Kommissionsempfehlung vom 15. Februar 2005,585 auf die nicht nur die Gesetzesbegründung zu § 100 Abs. 5 AktG verweist sondern auch die europäische Abschlussprüferrichtlinie.586

585 586

Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). Abschlussprüferrichtlinie (2006/43/EG), (o. Fußn. 2).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

A. Die Intention des deutschen Gesetzgebers Durch § 100 Abs. 5 AktG wollte der deutsche Gesetzgeber Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 der Abschlussprüferrichtlinie umsetzen,587 der die Besetzung des Prüfungsausschusses mit mindestens einem unabhängigen Mitglied vorschreibt. Für die Bildung und Arbeitsweise der Prüfungsausschüsse wird in Erwägungsgrund 24 der Richtlinie auf die Kommissionsempfehlung vom 15. Februar 2005 verwiesen,588 so dass mittelbar auch für die Auslegung der „Unabhängigkeit“ die Kommissionsempfehlung zur Anwendung kommt. Davon geht auch der Gesetzgeber im BilMoG aus,589 betont jedoch sowohl die im dualistischen System bestehende organisatorische Trennung von Geschäftsführung und Überwachung als auch die Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex in Ziff. 5.4.2, bei der ebenfalls nur die Beziehungen zum Vorstand und der Gesellschaft erwähnt werden.590 Demgegenüber will die Kommission Unabhängigkeit als die „Abwesenheit jeglicher signifikanter Interessenkonflikte“591 verstanden wissen und bezieht beispielsweise auch Verbindungen zum Mehrheitsaktionär in die Betrachtung mit ein. Im Einklang mit den europäischen Vorgaben soll der Aufsichtsrat selbst festlegen, was unter Unabhängigkeit zu verstehen ist. Die Kommissionsempfehlung und insbesondere der detaillierte Profilkatalog dienen nur der Hilfestellung um mögliche Risiken für die Überwachungstätigkeit aufzudecken.592 Zwingend ist die Einhaltung der Kriterien aus Anhang II der Kommissionsempfehlung nicht; vielmehr soll „inhaltlichen Aspekten Vorrang vor formalen Kriterien“ gegeben werden. Der Gesetzgeber weist jedoch darauf hin, dass eine Abweichung nur in begründeten Fällen eine gegensätzliche Entscheidung rechtfertigen kann.593 Der deutsche Gesetzgeber geht damit wie schon zuvor die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex davon aus,594 dass Unabhängigkeit im Aktienrecht vorrangig als Unabhängigkeit von der Gesellschaft und dem Vorstand zu verstehen ist. Beziehungen zu anderen Interessengruppen indizieren nicht automatisch eine Entscheidung gegen die Unabhängigkeit des Kandidaten. Insbesondere Verbindungen zum Mehrheitsaktionär werden auch vom Gesetzgeber bewusst ausgeklammert, da er diese im Vergleich zum Referenten587

RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 101. Abschlussprüferrichtlinie (2006/43/EG), (o. Fußn. 2). 589 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 102. 590 Siehe den Unterschied zum Referentenentwurf BilMoG, der die Definition aus Ziff. 13.1 der Empfehlung (o. Fußn. 3) inklusive der Beziehungen zum Mehrheitsaktionär übernommen hatte: dazu auch Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1025 f.). 591 Erwägungsgrund 7, Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 592 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 102. 593 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 102; Erwägungsgrund 18, Ziff. 13.2 Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 594 Siehe 3. Kapitel § 5 C. II. 1. a). 588

§ 7 Unabhängigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff

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entwurf in der Gesetzesbegründung nicht mehr benennt. Ob diese gesetzliche Intention letztendlich nicht durch eine europarechtskonforme Auslegung zu korrigieren ist, soll nachfolgend geklärt werden.

B. Die europäische Grundlage der Vorschrift – Die Kommissionsempfehlung (2005/162/EG) Wie bereits erwähnt, verweist die Abschlussprüferrichtlinie nur mittelbar über die Anforderungen an Prüfungsausschüsse, auch bezüglich der Unabhängigkeit auf die Kommissionsempfehlung. In Geschäftsbereichen, in denen ein besonders hohes Konfliktpotential besteht, sollte eine ausreichende Zahl unabhängiger Direktoren oder Aufsichtsräte tätig sein.595 Daher wird nicht nur für die Angelegenheiten der Bestellung und Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung die Bildung eines Ausschusses empfohlen, der mehrheitlich mit unabhängigen Mitgliedern besetzt ist;596 auch für die Abschlussprüfung wird dies zur Stärkung des unternehmensinternen Kontrollsystems angeregt, wobei der Prüfungsausschuss sogar ausschließlich mit unabhängigen Mitgliedern besetzt sein soll.597 Was in diesem Zusammenhang unter Unabhängigkeit zu verstehen ist und wie sich die europäischen Vorgaben auf die Auslegung der aktiengesetzlichen Norm auswirken, wird nun behandelt. I. Regelungscharakter und Anwendungsbereich Die Kommission wählte zur Regelung des Unabhängigkeitskriteriums den Weg der Empfehlung, so dass aufgrund des unverbindlichen Charakters des Regelungsinstruments (Art. 288 AEUV (ex-Art. 249 EG)) keine Pflicht der Mitgliedsstaaten zur Umsetzung oder Anwendung der Empfehlungsinhalte besteht. Grundsätzlich sind diese damit frei in ihrer Regelungsentscheidung und können auch Besonderheiten in den nationalen Rechtsordnungen berücksichtigen. 1. Beobachtung der Umsetzung Jedoch folgt schon aus der Empfehlung selbst, dass die Verbindlichkeit der Regelungsinhalte nicht mit dem Charakter des Regelungsinstruments übereinstimmen. Aus Ziff. 14 der Empfehlung wird deutlich, dass die Kommission die Umsetzung der vorgegebenen Inhalte erwartet; denn sie behält sich weitere

595

Erwägungsgrund 9, Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). Nominierungs-, Vergütungs- und Prüfungsausschuss: Erwägungsgrund 9, Ziff. 7, Anhang I, Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 597 Nr. 4.1 Anhang I, Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 596

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

Maßnahmen vor, sofern die festgelegten Grundsätze nicht ab dem 30. Juni 2006 in den Mitgliedsstaaten Anwendung finden. Am 13.7.2007 folgte dann die Veröffentlichung des Untersuchungsberichts zur Umsetzung der Kommissionsempfehlung in den Mitgliedsstaaten. Der Bericht basiert auf der Auswertung ausgefüllter Fragebögen von 21 Mitgliedsstaaten.598 Im Ganzen bewertete die Kommission die Umsetzung der Empfehlung positiv. Kritisiert wird aber die Umsetzung der Empfehlung in Deutschland im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten. Während die meisten Mitgliedsstaaten konkrete Unabhängigkeitskriterien in nationales Recht aufgenommen haben,599 hat Deutschland in Ziff. 5.4.2 DCGK eine generelle Definition von Unabhängigkeit implementiert.600 Insbesondere wird die Unabhängigkeit vom Mehrheitsaktionär nicht gefordert.601 Es werden auch keine konkreten Angaben über die Anzahl der unabhängigen Mitglieder gemacht. Während die Empfehlung in Ziff. 5.4.2 DCGK lediglich eine „ausreichende“ Anzahl empfiehlt, werden in anderen Mitgliedsstaaten teilweise abhängig von der Eigentümerstruktur oder der Größe der Gesellschaft konkrete Zahlen vorgeschrieben oder Angaben über das Verhältnis der unabhängigen Mitglieder gemacht.602 Die Kommission betonte in ihrem Bericht abermals die Notwendigkeit der Trennung von Geschäftsführung und Aufsicht zur Förderung der Unabhängigkeit, so dass auch im dualistischen System die Einführung einer Karenzzeit für ehemalige Vorstandsmitglieder gefordert wird.603 Darüber hinaus kritisierte die Kommission auch die Umsetzung der Offenlegungsanforderungen. Ebenfalls besteht im Bereich der Bildung von Ausschüssen nach wie vor Regelungsbedarf. Die obligatorische Einrichtung eines Prüfungsausschusses für börsennotierte Gesellschaften wurde durch die Abschlussprüferrichtlinie bereits eingeführt.604 Die Einrichtung von Vergütungsausschüssen ist aber nur in Deutschland als Empfehlung vorgesehen. Im Ergebnis gibt es aus Sicht der Kommission insgesamt noch Verbesserungsmöglichkeiten bei der Umsetzung, so dass verbindliche Regelungen auch im

598 Bulgarien, Zypern, Tschechien, Portugal, Rumänien und Spanien sind nicht erfasst, Untersuchungsbericht, SEC(2007) 1021, S. 3 (o. Fußn. 569). 599 Daneben haben nur die Slowakei und Malta noch eine generelle Definition: Untersuchungsbericht, SEC(2007) 1021, S. 7 (o. Fußn. 569). 600 Siehe dazu: DCGK in der Fassung vom 21.05.03, abrufbar unter: www.corpo rate-governance-code.de. 601 Cromme, Vortrag, S. 8 f. (o. Fußn. 193). 602 Irland und Großbritannien stellen auf die Größe der Gesellschaft ab, während Frankreich die Anzahl unabhängiger Mitglieder auf die Eigentümerstruktur bezieht. Belgien, Dänemark, Polen und die Niederlande geben eine konkreten Anzahl vor oder bestimmen eine Minimalgrenze bzw. legen ein bestimmtes Verhältnis fest, Untersuchungsbericht, SEC(2007) 1021, S. 7 (o. Fußn. 569). 603 Untersuchungsbericht, SEC(2007) 1021, S. 6 (o. Fußn. 569); siehe aber nun die durch das VorstAG eingeführte Regelung in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG. 604 Untersuchungsbericht, SEC(2007) 1021, S. 8 (o. Fußn. 569).

§ 7 Unabhängigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff

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Hinblick auf konkrete Unabhängigkeitskriterien durch eine weitere Richtlinie nicht unwahrscheinlich sind.605 2. Überwachungsprobleme im monistischen und dualistischen System Insbesondere die Umsetzung der Kommissionsempfehlung in Deutschland wird durch die Kommission bemängelt. Es wurden keine konkreten Unabhängigkeitskriterien geregelt und die Beziehung zum Mehrheitsaktionär bewusst ausgeklammert. Warum die offensichtlich als verbindlich angesehenen Regelungsinhalte nicht durch eine Richtlinie vorgegeben wurden, sondern eine unverbindliche Empfehlung gewählt wurde, ist nachfolgend zu untersuchen. Dazu soll jedoch zunächst einmal weiter ausgeholt und die Überwachungsprobleme in den jeweiligen europäischen Gesellschaftssystemen dargestellt werden, bevor die Erwägungen der Kommission zur Verabschiedung einer Empfehlung nachzuvollziehen sind. a) Der Prinzipal-Agent Konflikt Ausgangspunkt der Forderung nach persönlich unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern ist der Interessenkonflikt zwischen Geschäftsleitung und Kapitalgeber. Während der Geschäftsführer grundsätzlich an der Maximierung seines Einkommens und an der Sicherung seines Arbeitsplatzes bzw. an Prestige- und Machtmehrung interessiert sein wird, strebt der Kapitalgeber die langfristige Maximierung seines eingebrachten Kapitals an.606 Dieser Konflikt wird durch ein Informationsgefälle zu Lasten des Kapitalgebers verstärkt, der regelmäßig kein gesteigertes Interesse an der Überwachung des Agenten haben wird, soweit die Kosten der Informationsbeschaffung den individuellen Nutzen der Information übersteigen.607 Auf dieses Problem der Trennung von Eigentum und Herrschaftsgewalt in Unternehmen haben erstmals Berle und Means in ihrer Unter605 In Zusammenarbeit mit dem Europäischen Corporate Governance Forum soll die weitere Angleichung der nationalen Corporate Governance Kodizes beobachtet werden, bevor weitere Maßnahmen erörtert werden sollen. Siehe dazu: Untersuchungsbericht SEC(2007) 1021, S. 10 (o. Fußn. 569); Fischer zu Cramburg, NZG 2007, 619. Siehe auch Nr. 23 der Entschließung des Europäischen Parlaments zu den jüngsten Entwicklungen und den Perspektiven des Gesellschaftsrechts (2006/2051(INI)) v. 4.7.2006, [Unabhängigkeit statt über Empfehlung durch Richtlinie regeln], abrufbar unter: http://europa.eu. 606 Lenfter, Einflüsse Corporate Governance, S. 33 ff.; Lieder, Aufsichtsrat im Wandel, S. 629. 607 Die Informationsbeschaffung wird in Unternehmen mit Streubesitzquote gänzlich entfallen, während sich das Informationsgefälle bei Gesellschaften mit Großaktionär zu Lasten der Minderheitsaktionäre entwickeln wird. Siehe dazu: Hopt in: FS Wiedemann, S. 1013 (1015 f.); ders. in: FS Canaris, Bd. 2, S. 105 (110 ff.).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

suchung aus dem Jahre 1932 hingewiesen.608 Sie analysierten die Besitzverhältnisse von den damals 200 größten US-amerikanischen Aktiengesellschaften und kamen zu dem Ergebnis, dass in vielen Unternehmen kein Aktionär einen größeren Anteil am Aktienkapital besaß und damit die Aktionäre praktisch aus der Kontrolle und der Einflussnahme über ihr Vermögen gedrängt wurden. b) Unterschiedliche Ansätze im monistischen und dualistischen System Im monistischen System besteht im Unterschied zum dualistischen System nur ein Verwaltungsorgan (board of directors), was nicht nur für die Geschäftsführung zuständig ist, sondern in dem zugleich die Überwachung stattfindet, wenn auch durch unterschiedliche Personen; denn innerhalb des Boards wird zwischen geschäftsführenden Direktoren (executive directors) und nicht geschäftsführenden Direktoren unterschieden, wobei nur letztere für die Überwachung zuständig sind. Der Board bestellt dann die Executive Officers, wobei dem Chief Executive Officer (CEO), der nicht selten gleichzeitig Vorsitzender (Chairman) des Board of Directors ist, die Hauptverantwortung für das Tagesgeschäft zukommt.609 Demgegenüber finden im dualistischen System Geschäftsführung und Überwachung in getrennten Organen statt. Schon aufgrund dieser strukturellen Trennung wird eine gewisse Unabhängigkeit der Überwachungs- von der Geschäftsführungsebene erreicht,610 wenngleich diese aber durch die zeitversetzte personelle Verflechtung der beiden Organe wieder ein Stück weit beseitigt wird. Im monistischen und dualistischen System ergeben sich aufgrund der unterschiedlichen Konzeption auch unterschiedliche Überwachungslücken. Wie in den unterschiedlichen Rechtsordnungen auf die aufgetretenen Missstände reagiert wurde, soll nachfolgend dargestellt werden. aa) Überwachungslücken im monistischen System (1) Independent Directors in den USA Als Reaktion auf die Unternehmenszusammenbrüche des Energiekonzerns Enron und des Telekommunikationsunternehmens WorldCom wurde im Jahre 2002 der „Public Company Accounting Reform and Investor Protection Act 2002“,611 benannt nach seinen „Erfindern“ Senator Paul S. Sarbanes und dem 608 Berle/Means, The Modern Corporation and Private Property, S. 66 ff.; Lieder, Aufsichtsrat im Wandel, S. 628. 609 Berrar, Entwicklung Corporate Governance, S. 37; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 605; Gruson/Kubicek, AG 2003, 337 (343). 610 So wohl auch: Leyens, RabelsZ 67 (2003), 57 (89) [„Kompetenzakkumulation [lädt zum] Machtmissbrauch [ein]“]; RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 101. 611 Sarbanes-Oxley-Act 2000, abrufbar unter: http://www.sec.gov/about/laws/soa 2002.pdf.

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Mitglied des US-Repräsentantenhauses Michael Oxley,612 verabschiedet. Ursache der Unternehmensinsolvenzen waren unter anderem erhebliche Bilanzmanipulationen, so dass der Sarbanes-Oxley Act als Artikelgesetz vor allem Änderungen im Securities and Exchange Act of 1934 vorsah, die dem Schutz der Anleger dienen sollten und eine verbesserte Publizität kapitalmarktorientierter Gesellschaften bezweckten.613 In diesem Zusammenhang wurden nicht nur kapitalmarktrechtliche Vorschriften reformiert, sondern es wurden auch Regelungen für das Gesellschaftsrecht getroffen. Der Sarbanes-Oxley-Act schreibt mittelbar die Einrichtung eines Prüfungsausschusses (Audit Committee) bei börsennotierten Gesellschaften vor.614 Es ist aber nicht verpflichtend, ein Audit Committee aus der Mitte des Board of Directors zu bilden. Auch der Verwaltungsrat als Ganzes kann die dem Audit Committee zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen.615 Das Audit Committee hat die Aufgabe, das Rechnungswesen, das Finanzberichtswesen und die Prüfung der Unternehmensabschlüsse zu überwachen. In Sec. 301 ist die Zusammensetzung des Audit Committee folgendermaßen vorgeschrieben: „Each member of the audit committee of the issuer shall be a member of the board of directors of the issuer, and shall otherwise be independent.“ Die Unabhängigkeit ist nach dem Sarbanes-Oxley-Act dann ausgeschlossen, wenn das Ausschussmitglied zusätzliche Leistungen des Unternehmens erhält, die nicht auf der Grundlage des Organverhältnisses gezahlt werden oder wenn es sich um eine dem Unternehmen oder einer Tochtergesellschaft nahe stehende („affiliated“) Person handelt.616 Das im Sarbanes-Oxley-Act vorgegebene Unabhängigkeitskriterium wird

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Merkt/Göthel, US-Gesellschaftsrecht, Rn. 41. Am Anfang des SOA heißt es: „An Act to protect investors by improving the accuracy and reliability of corporate disclosures made pursuant to the securities laws, and for other purposes.“ 614 Sec. 301 SOA: „. . . the Commission shall, by rule, direct the national securities exchanges and national securities associations to prohibit the listing of any security of an issuer that is not in compliance with the requirements of any portion of paragraphs (2) through (6); . . .“; siehe dazu auch die Verordnung der SEC vom 9.4.2003, SEC Release 33-8220, 34-47654, abrufbar unter: http://www.sec.gov/rules/final/338220.htm. 615 Sec. 205 SOA: „. . . AUDIT COMMITTEE. – The term ,audit committee‘ means – (A) a committee (or equivalent body) established by and amongst the board of directors of an issuer for the purpose of overseeing the accounting and financial reporting processes of the issuer and audits of the financial statements of the issuer; and (B) if no such committee exists with respect to an issuer, the entire board of directors of the issuer.“; Menzies, Sarbanes-Oxley-Act, S. 57; Block, BKR 2003, 774 (778). 616 Sec. 301 SOA: „(B) CRITERIA. – In order to be considered to be independent for purposes of this paragraph, a member of an audit committee of an issuer may not, other than in his or her capacity as a member of the audit committee, the board of directors, or any other board committee – (i) accept any consulting, advisory, or other compensatory fee from the issuer; or (ii) be an affiliated person of the issuer or any subsidiary thereof.“ 613

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

durch die Verordnung der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) konkretisiert.617 Die SEC betont aber, dass die Unabhängigkeitskriterien lediglich Mindestanforderungen sind und die Börsenordnungen618 schärfere Regelungen vorsehen können. (2) Großbritannien und der Combined Code In Großbritannien begann die Entwicklung bereits Anfang der 90er Jahre.619 Die unter der Mitwirkung der Londoner Börse gegründete sog. Cadbury Commission empfahl in ihrem Abschlussbericht 1992 zur Verbesserung der Unternehmensüberwachung vor allem die Trennung der Ämter des CEO und des Chairman, um einer Machtkonzentration entgegenzuwirken.620 Zudem sollte mindestens die Mehrheit der non-executive Directors im Board unabhängig vom Unternehmen sein.621 Außerdem wurde die Einrichtung eines Audit Committees nach amerikanischem Vorbild favorisiert, das ausschließlich mit non-executive Directors besetzt sein sollte, die mehrheitlich unabhängig sind.622 Die Erklärung über die Einhaltung des Codes bzw. die Begründung der Nichteinhaltung wurde im Jahr 1993 für börsennotierte Unternehmen zwingend.623 Der „Hampel-Report on Corporate Governance“624 konkretisierte viele Regelungen des Cadbury Reports anhand der Erfahrungen, die in dieser Zeit mit den Empfehlungen gemacht wurden. Daraus wurde, durch Zusammenfassung des Cadbury-Reports und des Greenbury-Reports,625 der Combined Code626 erarbei617

Verordnung der SEC (o. Fußn. 614); Gruson/Kubicek, AG 2003, 337 (341 f.). Siehe beispielsweise die Regelungen der New Yorker Stock Exchange (NYSE) – Listed Company Manual: Sec. 303A.01 setzt einen mehrheitlich mit unabhängigen Direktoren besetzten Board voraus, während 303A.07 (a) für alle Mitglieder des Audit Committee die Unabhängigkeit fordert, abrufbar unter: www.nyse.com. Die Börsenordnung der NYSE schreibt aber bereits seit 1978 das Vorhandensein von Audit Committees mit ausschließlich unabhängigen Mitgliedern vor: siehe Ziff. 4.33 Cadbury Report. 619 Siehe dazu: Sick, Corporate Governance, S. 111 ff. 620 Cadbury-Report: 1.2 Code of Best Practice i.V. m. Ziff. 4.9 des Reports, abrufbar unter: www.ecgi.org/codes/documents/cadbury.pdf; siehe auch: Berrar, Entwicklung Corporate Governance, S. 139; Sick, Corporate Governance, S. 113 f. 621 Ziff. 4.12 Cadbury-Report (o. Fußn. 620): „This means that apart from their directors’ fees and shareholdings, they should be independent of management an free form any business or other relationship which could materially interfere with the exercise of their independent judgement. It is for the board to decide in particular cases whether this definition is met.“ 622 Ziff. 4.35 (a) Cadbury Report (o. Fußn 620). 623 Vgl. Weber-Rey/Kellett, AG 2003, R508. 624 Abrufbar unter: www.ecgi.org/codes/documents/hampel_index.htm. 625 Der Greenbury-Report aus dem Jahre 1995 beschäftigte sich vornehmlich mit Transparenz- und Offenlegungsempfehlungen für Managervergütungen. Abrufbar unter: www.ecgi.org/codes/documents/cadbury.pdf. 626 Abrufbar unter: www.frc.org.uk/corporate/combinedcode.cfm. 618

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tet.627 Die Anerkennung des Combined Codes ist seit 2000 Zulassungsvoraussetzung der Londoner Börse.628 Die bereits im Cadbury-Report enthaltene Empfehlung zur Trennung von CEO und Vorsitz des Board of Directors wurde beibehalten.629 Zudem sollte der Verwaltungsrat einer börsennotierten Gesellschaft ein Audit Committee mit mindestens drei non-executive Directors einrichten, die unabhängig sind und wovon mindestens ein Mitglied über ökonomischen Sachverstand verfügen muss.630 Im Combined Code von 2003 wurden als Antwort auf Enron und WorldCom631 erstmals ausführliche Unabhängigkeitskriterien aufgelistet. In Ziff. A.3.1 CC heißt es nach wie vor: „The board should identify in the annual report each non-executive director it considers to be independent. The board should determine whether the director is independent in character and judgement and whether there are relationships or circumstances which are likely to affect, or could appear to affect, the director’s judgement. The board should state its reasons if it determines that a director is independent notwithstanding the existence of relationships or circumstances which may appear relevant to its determination, including if the director: – has been an employee of the company or group within the last five years; – has, or has had within the last three years, a material business relationship with the company either directly, or as a partner, shareholder, director or senior employee of a body that has such a relationship with the company; – has received or receives additional remuneration from the company apart from a director’s fee, participates in the company’s share option or a performance-related pay scheme, or is a member of the company’s pension scheme; – has close family ties with any of the company’s advisers, directors or senior employees; – holds cross-directorships or has significant links with other directors through involvement in other companies or bodies; – represents a significant shareholder; or – has served on the board for more than nine years from the date of their first election.“ 627 Schneider, DB 2000, 2413 (2415 f.); Berrar, Entwicklung Corporate Governance, S. 140 f.; Sick, Corporate Governance, S. 116. 628 Schneider, DB 2000, 2413 (2416). 629 Ziff. A.2.1 Combined Code 2003: „The roles of chairman and chief executive should not be exercised by the same individual.“ 630 Ziff. C.3.1 Combined Code 2003: „The board should establish an audit committee of at least three, or in the case of smaller companies two, members, who should all be independent non-executive directors. The board should satisfy itself that at least one member of the audit committee has recent and relevant financial experience.“ 631 Siehe dazu: Sick, Corporate Governance, S. 117 ff.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

bb) Überwachungsprobleme im deutschen Aufsichtsratssystem Während das Board-System sich durch die Schaffung eines (zusätzlichen) Überwachungsgremiums der Struktur des dualistischen Systems annäherte, kam in Deutschland durch die Unternehmenskrisen in den 90er Jahren die Frage auf, ob nicht das angelsächsische Board-Model zur Verhinderung von Überwachungsmängeln übernommen werden sollte.632 Untersuchungen konnten jedoch keine systemische Unterlegenheit des Aufsichtsratssystems gegenüber dem Board-Modell feststellen.633 Vielmehr wurde die Ursache der mangelhaften Überwachungsleistung des Aufsichtsrats im geringen Einsatz der Aufsichtsratsmitglieder gesehen.634 Ziel des Gesetzgebungsprozesses war es deshalb, das Engagement der Aufsichtsratsmitglieder weiter zu stärken. So wurde zum einen die Sitzungsfrequenz des Aufsichtsrats in börsennotierten Gesellschaften von zwei Sitzungen pro Jahr auf zwei Sitzungen pro Kalenderhalbjahr ausgeweitet, § 110 Abs. 3 AktG,635 und der Anrechnungsfaktor von Vorsitzmandaten auf die zulässigen Mandatszahl verdoppelt, § 100 Abs. 2 Satz 3 AktG.636 Zum anderen wurden die Informationspflichten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat klar umrissen und erweitert637 und die Stellung des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gestärkt.638 Demgegenüber ist der Gesetzgeber der Forderung nach einem gesetzlichen Verbot von Doppelmandaten bei Wettbewerbsunternehmen nicht nachgekommen.639 Vielmehr sollte die Entscheidung der Rechtsprechung überlassen bleiben, ob ein Aufsichtsratsmitglied wegen erheblicher Interessenkonflikte vom Aufsichtsratsmandat ausgeschlossen sein sollte.640 3. Entwicklungen im gemeinschaftlichen Recht Auf europäischer Ebene bestanden die Schwierigkeiten darin, eine Harmonisierung der beiden Gesellschaftsstrukturen zu erreichen. Der frühere Versuch einer gesellschaftsrechtlichen Vollharmonisierung scheiterte vor allem an den Unterschieden in den Unternehmensverfassungen, die in langer gewachsener Tradition etabliert wurden und nicht einfach aufgegeben werden wollten. So sah 632

Siehe dazu im Ganzen: Röller, AG 1994, 333 (334). Jungmann, ECFR 2006, 426 (462); Leyens, RabelZ 67 (2003), 57 (96); siehe auch: Stellungnahme Group of German Experts on Corporate Law zum Bericht der Expertengruppe, ZIP 2003, 863 (869); vgl. Bezzenberger/Keul in: FS Schwark, S. 121 (124). 634 Theisen, AG 1989, 161 (167); Leyens, RabelZ 67 (2003), 57 (60 f.). 635 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 16. 636 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 15 f. 637 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 13 ff. 638 RegBegr. TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 14. 639 Siehe dazu oben unter: 2. Kapitel § 3 C. II. 2. 640 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 17. 633

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der Richtlinienvorschlag für eine Strukturrichtlinie641 zwar vor, dass Gesellschaften zwischen dem dualistischen und dem monistischen System wählen konnten. Das monistische System wurde aber mit Merkmalen ausgestattet, die zu einer Angleichung an das dualistische System führen sollten.642 Auch die Regelung der Arbeitnehmermitbestimmung auf Unternehmensebene643 zeigte die unüberwindbaren Gegensätze zwischen den Mitgliedsstaaten und den unterschiedlichen Gesellschaftsstrukturen auf,644 so dass die Kommission nach dem Scheitern der Strukturrichtlinie645 von einer Vollharmonisierung des Gesellschaftsrechts abging und den Weg einer selektiven Mindestharmonisierung beschritt.646 Um nach dem Scheitern der Strukturrichtlinie eine Weiterentwicklung der gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen zu erreichen, setzte die Kommission im September 2001 „die hochrangige Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts“ ein.647 Im Lichte der amerikanischen Unternehmenszusammenbrüche wurde im April 2002 die Aufgabenstellung an die Wintergruppe um die Behandlung weiterer Fragen im Bereich Corporate Governance erweitert.648 Die Expertengruppe sollte die Kommission zusätzlich zu Fragen der Unternehmensverfassung und des Audits beraten und dabei insbesondere auf „die Rolle der Mitglieder des Board of Directors, die nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind; die Rolle der Aufsichtsorgane; das Entgelt für die Unternehmensführung sowie die Zuständigkeit des Managements bei der Erstellung der Finanz641 Vorschlag für eine fünfte gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates nach Art. 54 EWG-Vertrag über die Struktur der Aktiengesellschaft sowie die Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe v. 9.10.1972, ABl. Nr. C 131, v. 13.12.1972, S. 49; siehe auch Fassung v. 20.11.1991, abgedr. in: Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, S. 176. 642 Kottke, Harmonisierung, S. 48; Kolvenbach, DB 1983, 2235 (2240). 643 Kottke, Harmonisierung, S. 51 f.; Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, S. 172. 644 Kottke, Harmonisierung, S. 52, Kolvenbach, DB 1983, 2235. 645 Mitteilung der Kommission v. 21.12.2001 – Vorschläge die von der Kommission zurückgezogen werden – überholte Vorschläge, KOM(2001) 763, S. 22, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu. 646 Kottke, Harmonisierung, S. 56. 647 „Kommission setzt hochrangige Expertengruppe ein“, v. 4.9.2001, IP/01/1237 abrufbar unter: http://europa.eu/rapid; Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa v. 4.11.2002, S. 1, 140, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/in ternal_market/company/docs/modern/report_de.pdf; siehe zum Fragenkatalog der Expertengruppe und Stellungnahme der Group of German Experts on Corporate Law, ZIP 2002, 1310; zur Stellungnahme auf den Bericht der Expertengruppe: Group of German Experts on Corporate Law, ZIP 2003, 863. 648 Siehe dazu: „Kommissionsdienststellen veröffentlichen Analyse der Auswirkungen des Enron-Zusammenbruchs“ v. 18.4.2002, IP/02/584, abrufbar unter: http://europa. eu/rapid/; Bericht Expertengruppe, S. 141 f. (o. Fußn. 647).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

informationen“ eingehen.649 Im November 2002 präsentierte die Expertengruppe ihren Abschlussbericht. Sie empfahl der Kommission, nach den Erfahrungen mit der Strukturrichtlinie, keines der beiden Systeme in Europa verbindlich vorzuschreiben. Vielmehr sollte die Wahl zwischen beiden Systemen, wie es bei der Europäischen Gesellschaft eingeführt wurde, erhalten bleiben. Als Ursache der amerikanischen Unternehmensskandale identifizierten die Experten vor allem die mangelnde Überwachung durch die nichtgeschäftsführenden Direktoren, die man in den USA bereits zum Anlass nahm, die gesetzlichen Anforderungen an die Unabhängigkeit dieser Direktoren zu erhöhen.650 Der Expertenbericht empfahl daher, dass in „börsennotierten Unternehmen [. . .] Beschlüsse über die Bestellung und Bezahlung von Direktoren und die Prüfung des Rechnungsabschlusses [. . .] ausschließlich von nichtgeschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsräten gefasst werden, von denen die meisten unabhängig sind.“651 Dafür sollte die Kommission „rasch“ eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten formulieren, die den Begriff „Unabhängigkeit“ näher definiert.652 Insbesondere „gewisse Beziehungen zum Unternehmen, zur Geschäftsführung oder zu Mehrheitsaktionären“ könnten die Unabhängigkeit beeinträchtigen. Nach Ansicht der Expertengruppe sollte eine Liste der Beziehungen aufgenommen werden, die der Unabhängigkeit von nichtgeschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsräten entgegensteht. Besonders Arbeitnehmer und Berater des Unternehmens werden im Bericht genannt, aber auch Personen mit leistungsabhängiger Vergütung, Überkreuzverflechtungen oder Aktionäre mit mindestens 30% des Aktienkapitals sowie andere persönliche und familiäre Beziehungen sollten in der Liste enthalten sein.653 Die Empfehlungen der Expertengruppe wurden in den Aktionsplan der Kommission aufgenommen. „In börsennotierten Gesellschaften sollten Entscheidungen in wichtigen Bereichen, in denen sich geschäftsführende Direktoren klar in einem Interessenkonflikt befinden (Entgelte der Direktoren und Beaufsichtigung der Jahresabschlussprüfung) ausschließlich von nicht geschäftsführenden Aufsichtsräten getroffen werden, die mehrheitlich unabhängig sind.“654 Die weltweiten Bilanzskandale655 hatten das Vertrauen in die Märkte erschüttert,656 so dass Maßnahmen getroffen werden mussten um dieses wiederherzustellen. Die 649

IP/02/584 (o. Fußn. 648); Bericht Expertengruppe, S. 141 f. (o. Fußn. 647). Bericht Expertengruppe, S. 64 (o. Fußn. 647). 651 Bericht Expertengruppe, S. 11, 64 (o. Fußn. 647). 652 Bericht Expertengruppe, S. 11 (o. Fußn. 647). 653 Siehe dazu: Bericht Expertengruppe, S. 65 f. (o. Fußn. 647). 654 Aktionsplan, KOM(2003) 284, Ziff. 3.1.3. S. 17 (o. Fußn. 536). 655 Europäische Bilanzskandale: niederländisches Handelsunternehmen Ahold und italienischer Nahrungsmittelkonzern Parmalat. 656 Aktionsplan KOM(2003) 284, Ziff. 3.1.3. S. 18 (o. Fußn. 536); Untersuchungsbericht, SEC(2007) 1021, S. 3 (o. Fußn. 647). 650

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im Aktionsplan angekündigte Stärkung der Unabhängigkeit der Überwachungspersonen wurde dann mit der Empfehlung vom 15. Februar 2005 umgesetzt.657 4. Ergebnis Das Kriterium der persönlichen Unabhängigkeit ist als amerikanisches „Allheilmittel“658 gegen die missbräuchliche Machtausübung der geschäftsführenden Direktoren vorwiegend als Weiterentwicklung des monistischen Systems zu verstehen.659 Durch das Erfordernis eines Audit Committee bzw. eines Prüfungsausschusses wird ein „de-facto-Aufsichtsrat“660 geschaffen, der über unabhängige Mitglieder verfügen muss. Im dualistischen System besteht nach wie vor die Überzeugung, dass die Unabhängigkeit der Überwachung bereits durch die systemimmanente strukturelle Trennung von Aufsichts- und Geschäftsführungsorgan erreicht wird.661 Die auch im Aufsichtsratssystem zu findenden Überwachungslücken verortete man vielmehr in dem mangelnden Engagement der Überwacher als in der persönlichen Abhängigkeit von anderen Interessengruppen. Vielmehr ist das Überwachungsorgan hierzulande als Interessenvertretungsorgan ausgestaltet und erlaubt neben der Aufsichtsratstätigkeit die Ausübung weiterer Mandate. Ungeachtet dieser Unterschiede hat die Kommission unter dem Eindruck der Enron-Krise das Unabhängigkeitskriterium aber für beide Systeme übernommen und detailliert geregelt. Der Geltungsanspruch besteht demnach, selbst wenn aus der historischen Entwicklung anderes geschlossen könnte, auch gegenüber dem Aufsichtsratssystem. Über die deutsche Unternehmensmitbestimmung hinaus bleiben andere systemimmanente Besonderheiten unberücksichtigt, so dass auch Beziehungen zum herrschenden Unternehmen im Konzern grundsätzlich in die Betrachtung einzubeziehen sind. Nur dann, wenn konkreter Umstände vorliegen, die im Einzelfall eine interessengerichtete Entscheidung als wenig wahrscheinlich erscheinen lassen, kann eine Abweichung zum Kriterienkatalog begründet sein. Der unverbindliche Charakter des Regelungsinstruments täuscht über die Verbindlichkeit der Empfehlungsinhalte hinweg. Die Kommission hat sowohl in 657 Vgl. Aktionsplan, KOM(2003) 284, Ziff. 3.1.3. S. 18 (o. Fußn. 536); Erwägungsgrund 2, Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 658 Hopt in: FS Canaris, Bd. 2, S. 105 (116). 659 v. Hein, Rezeption, S. 264; Hopt in: FS Canaris, Bd. 2, S. 105 (116). 660 Leyens, RabelsZ 67 (2003), 57 (98); vgl. Baums, Aufsichtsrat nützlich, schädlich, überflüssig?, abrufbar unter: www.jura.uni-frankfurt.de; Block, BKR 2003, 774 (778); Davis, ZGR 2001, 268 (283). 661 Stellungnahme Group of German Experts on Corporate Law zum Bericht der Expertengruppe, ZIP 2003, 863 (869); auch schon zum DCGK: Cromme, Vortrag, S. 8 f. (o. Fußn. 193).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

Ziff. 14 der Empfehlung als auch durch die am 13.7.2007 veröffentlichte Untersuchung gezeigt, dass ihr die Umsetzung der Kriterien besonders am Herzen liegt und notfalls verbindliche Maßnahmen folgen werden, falls die festgelegten Grundsätze nur ungenügend in nationales Recht überführt werden. Die Wahl des Regelungsinstruments war vielmehr durch vergangene Erfahrungen geprägt, als dass damit über die Verbindlichkeit der Regelungsinhalte Aussagen getroffen werden sollten; denn die Kommission wählte diesen Weg nur deshalb, weil hiermit losgelöst von einer Einigung der Mitgliedsstaaten die Harmonisierung des europäischen Gesellschaftsrechts vorangetrieben werden konnte. Darüber hinaus hat die Interpretation des deutschen Gesetzgebers auch deswegen keine einschränkende Wirkung,662 weil nationale Gerichte dazu verpflichtet sind, unverbindliche Empfehlungen bei der Auslegung des Rechts heranzuziehen. Basiert wie bei § 100 Abs. 5 AktG die Regelung auf einer Richtlinie, die ihrerseits zur Auslegung auf eine Empfehlung verweist, dann ist diese Empfehlung, trotz ihres unverbindlichen Charakters bei der europarechtskonformen Auslegung der Norm zu berücksichtigen.663 Letztendlich ergibt sich auch aus dem Konkretisierungsgrad der im Anhang II geregelten Anforderungen eine Indizwirkung für die Abhängigkeit der Personen, die sich in den genannten Situationen befinden. Die Rechtsprechung muss daher im Rahmen des § 100 Abs. 5 AktG die Definition der Unabhängigkeit nach der Kommissionsempfehlung beachten und darf sich nicht auf das eingeschränkte Verständnis des deutschen Gesetzgebers beziehen. II. Die Profilanforderungen des Anhangs II In Ziff. 13.1 der Empfehlung wird ein Mitglied des Aufsichtsrats dann als unabhängig eingestuft, „wenn es in keiner geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung zu der Gesellschaft, ihrem Mehrheitsaktionär oder deren Geschäftsführung steht, die einen Interessenkonflikt begründet, der sein Urteilsvermögen beeinflussen könnte.“ Kurz gesprochen: Unabhängigkeit ist als die „Abwesenheit jeglicher signifikanter Interessenkonflikte“ 664 zu definieren und damit auch im dualistischen System durchaus sinnvoll.665 Ob es sich im konkreten Fall um ein unabhängiges Mitglied handelt oder nicht, kann gem. Ziff. 13.2 der Empfehlung anhand der Leitlinien in Anhang II ermittelt werden. Dabei können die „Umstände, die zur Charakterisierung der Unabhängigkeit relevant erscheinen, [. . .] von Gesellschaft zu Gesellschaft [. . .] variieren“. Der umfas662

So auch: Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1026). EuGH, Urt. v. 13.12.1989, Rs. C-322/88 (Grimaldi), Slg. 1989, I-4407 = NZA 1991, 283; Kottke, Harmonisierung, S. 101. 664 Erwägungsgrund 7, Empfehlung der Kommission (2006/162/EG), (o. Fußn. 3). 665 Vgl. Hopt in: FS Canaris, Bd. 2, S. 105 (117); Habersack, NZG 2004, 1 (5) [im Ansatz Unabhängigkeit zu begrüßen]. 663

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sende Kriterienkatalog in Anhang II soll daher, gleich einem Prüfungsschema, „aufschlussreiche Anhaltspunkte für die Feststellung liefern, ob ein Aufsichtsratsmitglied als unabhängig angesehen werden kann.“666 Der Aufsichtsrat ist aber nicht frei in seiner Entscheidung über die Unabhängigkeit eines Kandidaten. Anhang II führt vielmehr Situationen auf, die man „normalerweise als materielle Interessenkonflikte potenziell herbeiführend anerkennt.“667 Der Kriterienkatalog hat also auch aufgrund seiner detaillierten Ausgestaltung Indizwirkung für die Abhängigkeit der betreffenden Person, so dass hier nur unter konkreten Umständen des Einzelfalls eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Betreffenden ausgeschlossen sein kann. Welche Umstände zur Abweichung führen können, soll nachfolgend näher bei den einzelnen Kriterien geprüft werden. 1. Kein Vorstandsmitglied (Anhang II Nr. 1 lit. a) Nr. 1 lit. a) sieht vor: „Die betreffende Person darf kein geschäftsführendes Verwaltungsrats- bzw. Vorstandsmitglied der Gesellschaft oder einer verbundenen Gesellschaft sein, und sie darf in den vergangenen fünf Jahren kein solches Amt ausgeübt haben.“ a) Zeitgleiche Mandate in Vorstand und Aufsichtsrat derselben Gesellschaft Im deutschen System ist die gleichzeitige Wahrnehmung eines Mandats im Geschäftsführungs- und Überwachungsorgan bereits seit der 2. Aktienrechtsnovelle des ADHGB vom 18. Juli 1884 gesetzlich verboten.668 § 105 Abs. 1 AktG schließt es aus, dass ein Aufsichtsratsmitglied zeitgleich ein Vorstandsmandat in der gleichen Gesellschaft innehat. Darüber hinaus darf das Aufsichtsratsmitglied auch nicht als Prokurist oder als zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter zum Geschäftsführungsbereich der Gesellschaft gehören. Zwar ist die Vertretung von Vorstandsmitgliedern durch Aufsichtsratsmitglieder nach § 105 Abs. 2 AktG nicht ausgeschlossen; die Separierung der Überwachungs- von der Geschäftsführungssphäre erfolgt aber dadurch, dass die Stellvertretung nur für höchstens ein Jahr zulässig ist und das Aufsichtsratsmandat in dieser Zeit kraft Gesetzes ruht. Ein Verstoß gegen § 105 führt nach einhelliger Auffassung669 auch zur Nichtigkeit des Wahlbeschlusses der Hauptversammlung gem. § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG. 666 Anhang II Nr. 1, Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3); vgl. auch RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 102. 667 Ziff. 13.2, Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 668 Art. 225a ADHGB; siehe dazu: Lieder, Aufsichtsrat im Wandel, S. 151. 669 Näher dazu unten: 4. Kapitel § 9 A.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

b) Kein ehemaliges Vorstandsmitglied Die Kommission versteht die Trennung von Chief Executive Officer (CEO) und Board Chairman als zentrales Element zur Stärkung einer unabhängigen Überwachung der Geschäftsführung,670 und zwar nicht nur mit Blick auf eine zeitgleiche Tätigkeit. Das wird durch die Befürwortung einer fünfjährigen Wartefrist deutlich, wobei sich die Kommission hier erkennbar an den Listing Standards der NYSE sowie den Empfehlungen des Combined Codes und der Expertengruppe orientiert hat.671 Auch hierzulande war der unmittelbare Wechsel ehemaliger Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsrat umstritten. aa) Vor- und Nachteile einer unmittelbaren Wechselpraxis Besonders in DAX-Unternehmen war die Praxis, ehemalige Vorstandsmitglieder unmittelbar in den Aufsichtsrat zu wählen, trotz der Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex ungebrochen. Es war auch keine Seltenheit, dass zwei oder mehr ehemalige Vorstandsmitglieder im Aufsichtsrat vertreten waren.672 Vor allem dem Vorstandsvorsitzenden wurde mit der direkten Überleitung seines Mandats in das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden gern eine besondere Ehre erwiesen673 – und das nicht nur, wenn er sich besonders um das Unternehmen verdient gemacht hat.674 Diese unmittelbare Wechselpraxis wurde aber nicht durchweg negativ bewertet. Eine Auffassung ging davon aus, dass ehemalige Vorstandsmitglieder im Aufsichtsrat zur effektiven Unternehmensüberwachung beitrügen, da ihnen die Gesellschaft gut bekannt sei und sie wüssten, auf welche Sachverhalte besonders geachtet werden müsse.675 Außerdem wurden ehemalige Vorstände im Auf-

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Untersuchungsbericht, SEC(2007) 1021, S. 6 (o. Fußn. 569). Vgl. Corporate Governance Rule Proposals Reflecting Recommendations from the NYSE Corporate Accountability and Listing Standards Committee as approved by the NYSE Board of Directors August 1, 2002, abrufbar unter: www.nyse.com/pdfs/ corp_gov_pro_b.pdf; Bender/Vater, DStR 2003, 1807 (1808 f.); Ziff. A.2.2 i.V. m. A.3.1 Combined Code 2003; Sick, Corporate Governance, S. 118; Bericht Expertengruppe, S. 66. (o. Fußn. 647). 672 Siehe dazu: Rang, Studie der Hans-Böckler-Stiftung, „Ehemalige Vorstände als Kontrolleure“ v. 1.11.2004, S. 9, abrufbar unter: www.boeckler.de/pdf/pm_2004_11_ 17_studie.pdf. 673 So z. B. bei Bayer AG; ThyssenKrupp AG; E.ON AG; Deutsche Lufthansa AG; Commerzbank AG; BASF SE (Stand: 2008); zu älteren Erhebungen: Bender/Vater, DStR 2003, 1807 (1808); DWS-Aufsichtsratsstudie von 2006, abrufbar unter: http:// www.dsw-info.de/DSW-Aufsichtsratstudie-2006.805.0.html; Studie der Hans Böckler Stiftung vom 01.11.2004, Ehemalige Vorstände als Kontrolleure, abrufbar unter: www. boeckler.de/pdf/pm_2004_11_17_studie.pdf. 674 Bender/Vater, DStR 2003, 1807 (1808); vgl. Semler in: ArbHdb. Aufsichtsratsmitglied, § 4 Rn. 22 [Wechsel nur wenn Vorstand sich verdient gemacht hat]. 671

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sichtsrat als „Wettbewerbsvorteil“ bewertet, da sie über umfassende Kenntnisse der Branche und des Unternehmens verfügten und damit den neuen Vorstand effektiv und problemorientiert beraten könnten.676 Auch könne die Gesellschaft so wichtiges Know How und notwendige Kontakte im Unternehmen halten. Zudem gewährleiste die personelle Kontinuität eine langfristige und einheitliche Ausrichtung des Unternehmens am Markt. Die Gegenansicht betont die Gefahren, die in der Überwachung eigener Entscheidungen liegen.677 Die Kontrollfunktion des Aufsichtsrats sei erheblich gefährdet und die Nichtgeltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Ex-Vorstand wäre zu befürchten.678 Außerdem könne dies einer Neuausrichtung des Unternehmens entgegenstehen, so dass notwendige strukturelle Maßnahmen unterblieben und verfehlte Unternehmensstrategien weiter verfolgt würden.679 M. E. ist die Besetzung des Aufsichtsrats nach dem Motto: „bekannt und bewährt“ nicht die beste Entscheidung für ein Unternehmen. Zwar kann ein möglicher Wechsel des Vorstandsvorsitzenden in den Aufsichtsrat dazu beitragen, eine langfristige und nachhaltige Unternehmensstrategie zu verfolgen; die Gefahren, die sich aus einer derartigen Besetzung des Aufsichtsrats für die Überwachung der Gesellschaft entwickeln können, sind aber nicht von der Hand zu weisen. Ein starker ehemaliger Vorstandsvorsitzender wird auch im Aufsichtsrat versuchen, seine Geschäftspolitik weiterzuführen, so dass die notwendige Neuausrichtung der Gesellschaft am Markt an dessen Widerstand scheitern könnte. Im schlimmsten Fall entstehen daraus erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftsorganen, die das Unternehmen schwächen und es somit zu einer „beliebten Beute“ für Hedgefonds und Private Equity machen. Des Weiteren ist die Gefahr einer pflichtwidrigen Abwendung von drohenden Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen das ehemalige Vorstandsmitglied gegeben. Jedenfalls werden frühere Entscheidungen kaum mit der gebotenen Sorgfalt kontrolliert, wenn der ehemalige Vorstandsvorsitzende nun Vorsitzender des Aufsichtsrats ist. 675 Vgl. Rode, BB 2006, 341 (342); Dreher in: FS K. Schmidt, S. 233 (242); Wagner/Wittgens, BB 2009, 906 (909); Krieger in: FS Hüffer, S. 521. 676 Claussen/Bröcker, AG 2000, 481 (490) [Konkurrenzvorteil von Großbanken mit ehemaligen Vorständen gegenüber Landesbanken mit Politiker]; Schiessl, AG 2002, 593 (598); vgl. LG München I, Urt. v. 5.11.2009 – 5 HK O 15312/09, BB 2010, 885. 677 Lange, NZG 2004, 265 (267). 678 Lange, NZG 2004, 265 (267); Rode, BB 2006, 341 (342); Semler in: ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 4 Rn. 21; Kehler, Unabhängigkeit, S. 89; vgl. Thüsing, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) (BT-Drucks. 16/12278), S. 18; RegBegr. VorstAG, BT-Drucks. 16/13433, S. 17. 679 Lieder, NZG 2005, 569 (572 f.); Roth/Wörle, ZGR 2004, 565 (586); Lange, NZG 2004, 265 (266).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

bb) Die neue gesetzliche Regelung der Wartefrist Unter der Einwirkung der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG680 eine zweijährige Wartefrist für Vorstandsmitglieder börsennotierter Gesellschaften vorgeschrieben, bevor sie in den Aufsichtsrat der Gesellschaft wechseln dürfen.681 Die Empfehlungen des Deutschen Corporate Covernance Kodex zum Wechsel eines Vorstandsmitglieds in den Aufsichtsrat682 wurden in vielen Unternehmen nicht eingehalten, was vor allem auch daran gelegen haben mag, dass es dem Aufsichtsrat tatsächlich nicht möglich war, den Wunsch des Vorstandsmitglieds abzulehnen.683 Daher sah sich nunmehr auch der Gesetzgeber in der Pflicht eine Regelung zu treffen. § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG sieht dann eine Ausnahme von der zweijährigen Karenzzeit vor, wenn die Wahl des ehemaligen Vorstandsmitglieds auf Vorschlag von Aktionären erfolgt, die mehr als 25 Prozent der Stimmrechte an der Gesellschaft halten. Das Bestellungshindernis sollte nach der Gesetzesbegründung auf börsennotierte Gesellschaften beschränkt sein, bei denen bedingt durch die Eigentümerstruktur ein „systematisches Kontrolldefizit“684 besteht. Demgegenüber soll es in Familiengesellschaften oder Gesellschaften mit Großaktionär weiterhin möglich sein, die Kenntnisse und Fähigkeiten eines verdienten Vorstandsmitglieds weiter zu nutzen.685 cc) Auslegung des § 100 Abs. 5 AktG im Lichte des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG? Damit stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber nunmehr auch für § 100 Abs. 5 AktG eine Aussage treffen wollte. Ist ein ehemaliges Vorstandsmitglied schon dann nicht mehr abhängig, wenn es zwei Jahre nach seinem Ausscheiden in den Aufsichtsrat bestellt bzw. vor Ablauf der Wartefrist auf Vorschlag der Aktionäre gewählt wird? Die Kommissionsempfehlung geht von einer fünfjährigen Karenzzeit aus.686 Dies ist mit Blick auf die fünfjährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gem. § 93 Abs. 6 AktG sinnvoll. Zumindest für die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden sollte daher die fünfjährige Wartefrist eingehalten werden, bevor dessen Unabhängigkeit bejaht wird, 680

VorstAG (o. Fußn. 7). Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung: Sünner, AG 2010, 111. 682 Ziff. 5.4.2, 5.3.2, 5.4.4 DCGK. 683 RegBegr. VorstAG, BT-Drucks. 16/13433, S. 17; vgl. Seibert, WM 2009, 1489 (1492 f.). 684 RegBegr. VorstAG, BT-Drucks. 16/13433, S. 17. 685 RegBegr. VorstAG, BT-Drucks. 16/13433, S. 17. 686 Vgl. dazu Antrag Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drucks. 17/794) [Erhöhung der Karenzzeit auf 5 Jahre]. 681

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erst recht, wenn es sich um den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden handelt;687 denn dieser Position ist ein Wissensvorsprung gegenüber den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern immanent, der nicht nur aus der besonderen Berichtspflicht des § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG resultiert, sondern auch wegen des erhöhten Engagements des Vorsitzenden in der Gesellschaft zu bejahen ist. Bei den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern kann auch eine kürzere Wartefrist genügen, um die Gefahren von Interessenkonflikten zu minimieren.688 Der Gesetzesentwurf zum VorstAG ging noch von der Einführung einer dreijährigen Karenzzeit aus689 und hätte damit den nunmehr geltenden Vorgaben der NYSE für ehemalige Executive Officers gelisteter Gesellschaften entsprochen, Sec. 303A.02 (b).690 Im Einzelfall kann aber auch die zweijährige Wartezeit ausreichen, um die mit dem Wechsel verbundenen Gefahren für die Überwachungseffektivität zu verringern. In die Abwägung sollten immer die Größe und Art des Unternehmens sowie die Persönlichkeit des Betreffenden und seine vorherige Position im Vorstand einbezogen werden. Bietet die Person danach nicht die Gewähr für sachgerechte Entscheidungen, sollte entweder eine längere Wartefrist gewählt oder ein anderes Aufsichtsratsmitglied als das unabhängige auserkoren werden. c) Vorstandsmandate in verbundenen Gesellschaften Nach der Kommissionsempfehlung sind auch Vorstandsmitglieder von abhängigen Gesellschaften nicht unabhängig, soweit die fünfjährige Karenzzeit noch nicht verstrichen ist. Eine kürzere Frist ist nach oben genannten Maßstäben möglich. Sofern es um das zeitgleiche Innehaben von Vorstandsmandat in der abhängigen Gesellschaft und Aufsichtsrat in der Obergesellschaft geht, greift § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG ein, der die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat entgegen dem Organisationsgefälle verbietet. Demgegenüber ist die „Entsendung“ von Vorstandsmitgliedern der herrschenden Gesellschaft in abhängige Gesellschaften als Mittel zur einheitlichen Konzernleitung in Deutschland anerkannt. Da hier die gleiche Problematik wie bei Anteilseignern mit Kontrollbeteiligung eingreift, soll an dieser Stelle auf die Ausführungen zu Nr. 1 lit. d) verwiesen werden.691 687 So auch: Schiessl, AG 2002, 593 (598); Lieder, NZG 2005, 569 (573); Lange, NZG 2004, 265 (267 f.); in diesem Sinne auch die Empfehlung in Ziff. 5.4.4 DCGK; vgl. auch für den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses die Empfehlung in Ziff. 5.3.2 DCGK; siehe auch Möllers/Christ, ZIP 2009, 2278 (2279) [unzureichende Umsetzung der europäischen Vorgaben]. 688 Vgl. Berrar, NZG 2001, 1113 (1119). 689 RegBegr. VorstAG, BT-Drucks. 16/12278, S. 3. 690 NYSE, Listed Company Manual (o. Fußn. 618); Rule 10A-3 (b) (iv) (C) zum Exchange Act (o. Fußn. 614); Gruson/Kubicek, AG 2003, 337 (351); vgl. auch Ziff. 5605 (a) (2) (C) NASDAQ Manual (o. Fußn. 690). 691 Siehe unten: 3. Kapitel § 7 B. II. 4.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

d) Ergebnis Im Zuge der aktuellen Banken- und Finanzkrise hat nunmehr auch der Gesetzgeber reagiert und in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG für alle Vorstandsmitglieder börsennotierter Gesellschaften eine zweijährige Wartefrist geregelt, bevor sie in den Aufsichtsrat wechseln dürfen. Das Gesetz normiert davon aber eine Ausnahme, die vor allem für Familienunternehmen und Unternehmen mit Großaktionärsstruktur eingreift. Hier kann ein Quorum von 25 Prozent stimmberechtigter Aktionäre, wenn sie mit der Arbeit der ehemaligen Vorstandsmitglieder zufrieden sind und deren Know How weiter im Unternehmen halten wollen, diese zur Wahl in den Aufsichtsrat vorschlagen. Der Wechsel ehemaliger Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsrat vor Ablauf der zweijährigen Frist ist also nicht ausgeschlossen. Ehemalige Vorstandsmitglieder sind besonders aufgrund ihrer Erfahrungen und Kenntnisse für die Position des unabhängigen Sachverständigen prädestiniert. Vor Ablauf der zweijährigen Wartezeit werden aber die Gefahren überwiegen, die zur Abhängigkeit des Betreffenden führen. Davon geht ebenfalls der deutsche Gesetzgeber aus, wenn er eine zweijährige Karenzzeit in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG regelt. Umgekehrt bedeutet das aber nicht, dass ein ehemaliges Vorstandsmitglied nach Verstreichen dieser Frist automatisch unabhängig ist. Die Kommissionsempfehlung sieht eine fünfjährige Cooling-Off-Periode vor, die mit Blick auf die gesetzliche Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche der Gesellschaft auch hierzulande sinnvoll ist. Nur wenn der Betreffende nach seiner Persönlichkeit und der vorherigen Position im Vorstand die umfassende Gewähr für einflussfreie und sachgerechte Entscheidungen bietet und keine anderen Umstände dagegen sprechen, kann auch eine zweijährige Karenzzeit für ehemalige Vorstandsmitglieder genügen. In der Regel wird jedoch, gerade wegen der besonders betonten Trennung von Vorstand und Aufsichtsrat, die fünfjährige Wartefrist einzuhalten sein, bevor der Betreffende als unabhängiger Finanzexperte im Aufsichtsrat tätig werden darf.

2. Kein Arbeitnehmer (Anhang II Nr. 1 lit. b) Nr. 1 lit b) des Anhangs II der EU-Empfehlung lautet: „der nicht geschäftsführende Direktor bzw. das Aufsichtsratsmitglied darf in der Gesellschaft oder einer verbundenen Gesellschaft nicht als Arbeitnehmer beschäftigt sein und auch in den vergangenen drei Jahren nicht als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sein, es sei denn, er gehört nicht zu den Führungskräften der Gesellschaft und ist im Rahmen eines gesetzlich anerkannten Systems der Arbeitnehmervertretung, das einen angemessenen Schutz vor missbräuchlicher Entlassung und sonstiger ungerechter Behandlung bietet, in den Verwaltungs-/Aufsichtsrat gewählt worden.“

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Grundsätzlich schätzt die Kommission Arbeitnehmer der Gesellschaft oder verbundener Unternehmen als abhängig ein. Das gilt auch für ehemalige Arbeitnehmer, wenn sie in den vergangenen drei Jahren dort beschäftigt waren. Doch berücksichtigt die Empfehlung die deutsche Besonderheit der Unternehmensmitbestimmung und fingiert die Unabhängigkeit,692 sofern es sich: – um die Wahl im Rahmen eines gesetzlich anerkannten Systems der Arbeitnehmervertretung handelt, – angemessener Schutz vor missbräuchlichen Entlassungen oder sonstigen ungerechtfertigten Behandlungen gegeben ist und – der Arbeitnehmer nicht zu den Führungskräften gehört. a) Definition des Arbeitnehmers Die Kommissionsempfehlung unterscheidet nicht zwischen Arbeitnehmern und leitendem Angestellten. Vielmehr wird nur auf das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses abgestellt, ohne dass es auf die inhaltliche Ausgestaltung oder auf die vertraglich geregelten Befugnisse des Einzelnen ankäme. Im Unterschied zum deutschen Recht693 sind damit auch leitende Angestellte als „Arbeitnehmer“ zu qualifizieren, denn andernfalls würde der ausdrückliche Ausschluss der „Führungskräfte der Gesellschaft“ als unabhängige Arbeitnehmer ins Leere gehen. Demgegenüber sind die teilweise nach den Mitbestimmungsgesetzen zu wählenden Gewerkschaftsvertreter häufig nicht in der Gesellschaft oder in konzernverbundenen Unternehmen beschäftigt. Es ist daher fraglich, ob sie ebenfalls als „Arbeitnehmer“ in die Unabhängigkeitsfiktion einbezogen werden können. Unabhängig wären sie nämlich, in Anbetracht der erheblichen Interessenkonflikte694 denen sie besonders im Arbeitskampf ausgesetzt sind, sonst nicht.695 Die Lösung ist davon abhängig, wie der europäische Gesetzgeber den Begriff 692 Siehe auch: Bericht Expertengruppe (o. Fußn. 647), S. 65 [völliger Ausschluss der Arbeitnehmer als Aufsichtsratsmitglieder zu weit gehend]; vgl. auch: IOSCO, Board independence of listed companies – Final report, S. 35 [Abhängigkeit von Arbeitnehmervertretern aber dann, wenn andere Kriterien eingreifen], abrufbar unter: www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD238.pdf. 693 Siehe oben unter: 2. Kapitel § 3 C. IV. 2. a). 694 Zunehmend wird auch im deutschen Mitbestimmungssystem die zwingende Wahl von unternehmensexternen Gewerkschaftsvertretern als überholt abgelehnt und eher eine Zuwahllösung ähnlich der im DrittelbG befürwortet: Raiser, Verhandlungen des 66. DJT, S. B 98, B 101; Reichold, JZ 2006, 812 (819), v. Werder, BCCG – Modernisierung der Mitbestimmung, S. 19, Stellungnahme der Vertreter der Unternehmen, Bericht Biedenkopf II Kommission, S. 55 (62), Adams, ZIP 2006, 1561 (1565); a. A. Vitols, Beteiligung der Arbeitnehmervertreter, S. 34 [gewerkschaftliche Präsens bremst Corporate Governance nicht]. 695 Siehe dazu unter: 2. Kapitel § 3 C. IV. 3. b) bb).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

„Arbeitnehmer“ definiert. Der Richtlinienentwurf zur Einführung einer europaweiten Mitbestimmung sah nur die Beteiligung von Arbeitnehmern der Gesellschaft am Aufsichtsorgan vor, nicht aber die Wahl von Gewerkschaftsvertretern.696 Auch in § 2 Abs. 1 SEBG wird in Umsetzung der Richtlinie 2001/86/ EG,697 „Arbeitnehmer“ nur als „Arbeiter und Angestellte einschließlich der [. . .] leitenden Angestellten“, die im Unternehmen beschäftigt sind, definiert. Die Unabhängigkeitsfiktion der Kommissionsempfehlung greift daher nicht für Gewerkschaftsvertreter ein. Diese sind nach wie vor als abhängig einzustufen und kommen in der Regel nicht als unabhängiger Finanzexperte in Frage. Nach der Kommissionsempfehlung sind zudem ehemalige Arbeitnehmer des Unternehmens oder verbundener Unternehmen als abhängig zu qualifizieren, soweit die Wartefrist von drei Jahren nicht eingehalten wurde. Davon gehen auch die Anforderungen der NYSE an börsennotierte Unternehmen aus.698 Demgegenüber sieht der Combined Code in Ziff. A.3.1699 ebenso wie die Expertengruppe700 sogar eine fünfjährige Karenzzeit für Arbeitnehmer vor. Für das deutsche Recht ist die Wartefrist jedoch weitestgehend ohne Anwendungsbereich, da Arbeitnehmer in der Regel nur im Rahmen der Mitbestimmungsgesetze in den Aufsichtsrat gewählt werden, die eine einjährige Unternehmenszugehörigkeit des Arbeitnehmers fordern. b) Die fingierte Unabhängigkeit nach Nr. 1 lit. b) Die ursprünglich geforderte mehrheitliche Besetzung mit unabhängigen Mitgliedern701 wäre mit der deutschen paritätischen Unternehmensmitbestimmung nicht vereinbar gewesen. Daher sieht die Kommissionsempfehlung einen Kompromiss vor, der die Unabhängigkeit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat fingiert. Nachfolgend soll untersucht werden, inwieweit diese Fiktion für die nach den Mitbestimmungsgesetzen zu wählenden Arbeitnehmervertreter gilt. aa) Gesetzlich anerkanntes System der Arbeitnehmervertretung Arbeitnehmer gelten nur dann als unabhängig, wenn sie „im Rahmen eines gesetzlich anerkannten Systems der Arbeitnehmervertretung“ in den Aufsichts696 Vgl. Art. 4b f. Strukturrichtlinie, Lutter, Europäisches Gesellschaftsrecht, S. 179; Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 744 ff. 697 Richtlinie 2001/86/EG des Rates zur Ergänzung des Status der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABl. Nr. L 294 v. 10.11. 2001, S. 22. 698 303A.02 (b) (i) Listed Company Manual (o. Fußn. 618); vgl. auch Ziff. 5605 (a) (2) (A) NASDAQ Manual (o. Fußn. 618). 699 Combined Code, abrufbar unter: www.frc.org.uk/corporate/combinedcode.cfm. 700 Bericht Expertengruppe, S. 66 (o. Fußn. 647). 701 Aktionsplan, KOM(2003) 284, S. 17 (o. Fußn. 536).

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rat gewählt wurden. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat müssen also im Rahmen der Unternehmensmitbestimmung in den Aufsichtsrat bestellt worden sein. Werden sie dagegen außerhalb der Mitbestimmungsgesetze gewählt, was nach herrschender Meinung702 möglich ist, dann bleibt es in der Regel bei der Abhängigkeit.703 Die Mitbestimmungsgesetze sehen aber nicht nur die Wahl der Arbeitnehmer der eigenen Gesellschaft in den Aufsichtsrat vor. Im herrschenden Konzernunternehmen sind auch die Arbeitnehmer abhängiger Gesellschaften wahlberechtigt, sofern sie eine einjährige Unternehmenszugehörigkeit vorweisen können.704 Dasselbe gilt bei Tochtergesellschaften mit eigenverantwortlichem Entscheidungsspielraum bezüglich der Arbeitnehmer abhängiger Enkelgesellschaften (Konzern im Konzern).705 Damit fallen auch die Arbeitnehmer dieser verbundenen Gesellschaften unter die Unabhängigkeitsfiktion der Kommissionsempfehlung. bb) Angemessener Schutz vor ungerechtfertigter Behandlung Die Unabhängigkeit der Arbeitnehmervertreter kann nur dann bejaht werden, wenn sie ihre Entscheidungen als Aufsichtsratsmitglied ohne Beeinflussung durch den Arbeitgeber und damit durch den Vorstand treffen können. Deshalb tritt die Unabhängigkeitsfiktion nach der Kommissionsempfehlung nur dann ein, wenn ein „angemessener Schutz vor missbräuchlicher Entlassung und sonstiger ungerechter Behandlung“ besteht. § 26 MitbestG und § 9 DrittelbG regeln deshalb ein Benachteiligungsverbot, dass die Behinderung und die Benachteiligung der Arbeitnehmervertreter bei ihrer Tätigkeit untersagt. Das gilt ausdrücklich auch für die berufliche Entwicklung. Darüber hinaus schützt § 9 DrittelbG die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmervertreter gegen die Einflussnahme durch Begünstigungen seitens des Arbeitgebers. Im Rahmen des Mitbestimmungsgesetzes greift hierfür der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ein. Der Unterschied besteht darin, dass § 9 DrittelbG die Begünstigung direkt verbietet, während der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungs702 Zulässigkeit freiwilliger Zuwahl: Hoffmann-Becking, MünchHdb. AG, § 28 Rn. 42 m.w. N. [aber keine paritätische Besetzung bei Anwendbarkeit DrittelbG]; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 96 Rn. 32; Ihrig/Schlitt, NZG 1999, 333 (334); BGH, Urt. v. 3.7.1975 – II ZR 35/73, NJW 1975, 1657; Henssler in: FS Westermann, S. 1019 (1021 f.); Wahlers, ZIP 2008, 1897 (1900 f.); kritisch: Hüffer, AktG, § 251 Rn. 2. 703 Siehe zur Zulässigkeit von Stimmbindungsverträgen: Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 96 Rn. 32; Ihrig/Schlitt, NZG 1999, 333 (335); Wahlers, ZIP 2008, 1897 (1902 f.); a. A. Hüffer, AktG, § 251 Rn. 2; Mertens in: KK AktG, § 96 Rn. 16. 704 Siehe zu den Voraussetzungen: 2. Kapitel § 3 C. IV. 2. a) aa) (2) (a). 705 Vgl. oben zur Zulässigkeit des Konzerns im Konzern: 2. Kapitel § 3 C. IV. 2. a) aa) (1).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

grundsatz nur den benachteiligten Arbeitnehmern einen Anspruch auf Gleichstellung gewährt.706 Im Vergleich zu § 15 Abs. 1 KSchG wird aber deutlich, dass § 26 MitbestG und § 9 DrittelbG den Arbeitnehmer nicht generell vor „Entlassung“ schützt. Vielmehr muss dieser die Rechtswidrigkeit der arbeitsvertraglichen Kündigung darlegen und beweisen.707 Da gem. § 24 MitbestG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch gleichzeitig die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat endet,708 könnte damit Druck auf die Arbeitnehmervertreter ausgeübt werden. Es steht deshalb in Frage, ob der Schutz der Arbeitnehmervertreter gem. § 26 MitbestG und § 9 DrittelbG im Sinne der Kommissionsempfehlung „angemessen“ ist. (1) Analogie zu § 15 KSchG? Ein angemessener Schutz würde aber dann bestehen, wenn das für Betriebsratsmitglieder geltende absolute Kündigungsverbot des § 15 Abs. 1 KSchG analog auf Arbeitnehmervertreter anwendbar wäre. Damit sei eine ordentliche Kündigung gänzlich ausgeschlossen und eine außerordentliche Kündigung bedürfte eines wichtigen Grundes und der Zustimmung des Aufsichtsrats. Die herrschende Meinung709 verneint aber eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 15 KSchG auf Aufsichtsratsmitglieder eröffnen würde. Dem ist zuzustimmen, da sich der Gesetzgeber in § 26 MitbestG und § 9 DrittelbG bewusst für einen relativen Kündigungsschutz bei Arbeitnehmervertretern entschieden hat. In der Praxis wird dieses Problem häufig damit gelöst, dass Betriebsratsmitglieder in den Aufsichtsrat gewählt werden; auf diese ist § 15 KSchG direkt anwendbar. (2) Ausreichender Schutz durch § 26 MitbestG und § 9 DrittelbG? Die arbeitsvertragliche Kündigung von Arbeitnehmervertretern ist also nicht gänzlich ausgeschlossen. § 26 MitbestG und § 9 DrittelbG verhindern nur die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen eines Sachverhalts, der sich im Rahmen des Organverhältnisses ereignet hat. Damit darf der Arbeitnehmer beispielsweise nicht gekündigt werden, weil er im Aufsichtsrat der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den amtierenden Vorstandsvor706 Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 26 MitbestG Rn. 3; Kleinsorge in: WWKK, MitbestR, § 9 DrittelbG Rn. 13. 707 Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 26 MitbestG Rn. 18. 708 Henssler in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 24 MitbestG Rn. 1; Oetker in: ErfK, § 24 MitbestG, Rn. 1; vgl. auch § 17 MitbestG und § 7 DrittelbG. 709 Wißmann in WWKK, MitbestR, § 26 MitbestG Rn. 17 m.w. N.; Henssler in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 26 Rn. 13; Gach in: MüKo AktG, § 26 Rn. 11; Oetker in: Großkomm. AktG, § 26 MitbestG Rn. 12.

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sitzenden zugestimmt hat. Auch eine Abmahnung wäre in diesem Fall rechtswidrig. Problematisch ist es aber, dass die Kündigung des Arbeitnehmers wegen arbeitsvertraglicher Gründe zulässig bleibt. Hier ist dann der Arbeitnehmervertreter für den Umstand beweispflichtig, dass die Kündigungsgründe nur vorgeschoben sind und tatsächlich eine Maßregelung wegen des Verhaltens als Organmitglied erfolgen sollte. Gelingt ihm dieser Beweis, ist der Arbeitgeber nach den Grundsätzen der abgestuften Beweispflicht angehalten, diese Kausalitätsvermutung zu entkräften.710 Kann der Arbeitgeber glaubhaft darlegen, dass dem Arbeitnehmer wegen arbeitsvertraglichen Gründen gekündigt wurde, ist weiter zu prüfen, ob die arbeitsvertragliche Pflichtverletzung nicht zugleich eine Organpflichtverletzung darstellt. In diesem Fall muss die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflicht am Maßstab des § 103 Abs. 3 AktG geprüft werden, da es sonst dem Vorstand möglich wäre, durch die Kündigung des Arbeitnehmers gleichzeitig das Ausscheiden aus dem Aufsichtsratsamt zu erreichen,711 obwohl er für die gerichtliche Abberufung des Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat nicht einmal vorschlagsberechtigt ist. Eine andere Lösung würde zu Wertungswidersprüchen führen und die arbeitsvertragliche Pflichtverletzung höher einstufen als die Verletzung organschaftlicher Pflichten.712 Kommt man danach zu dem Ergebnis, dass eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt wurde, muss die durch die Kündigung verursachte Beendigung des Aufsichtsratsmandats in der Interessenabwägung nach § 1 KSchG oder § 626 BGB berücksichtigt werden. Das gilt umso mehr bei einer betriebsbedingten Kündigung, bei der schon keine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegt.713 Es kann also festgestellt werden, dass Arbeitnehmervertreter durch die § 26 MitbestG und § 9 DrittelbG angemessen vor Beeinflussungen ihrer Aufsichtsratstätigkeit geschützt werden.714 Ein absoluter Kündigungsschutz ist nicht von der Kommissionsempfehlung gefordert.715 Letztendlich ist ein relativer Kündigungsschutz auch sinnvoll, da die Arbeitnehmervertreter nur nebenamtlich als Aufsichtsratsmitglieder tätig sind. Sie sollten durch ihr Amt im Aufsichtsrat 710 Vgl. Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 26 MitbestG Rn. 18; Köstler/Zachert/ Müller, Aufsichtsratspraxis, Rn. 741. 711 Henssler in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 24 MitbestG Rn. 1; Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 24 MitbestG Rn. 3; vgl. auch BAG, Beschl. v. 23.10. 2003 – 2 ABR 59/07, NZG 2009, 669 (671). 712 Zur arbeitsvertraglichen und organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht: Uwe H. Schneider/Nowak in: FS Kreutz, S. 855 (856 ff.). 713 Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 26 MitbestG Rn. 19; Gach in: MüKo AktG, § 26 MitbestG Rn. 13; Henssler in: Ulmer/Habersack/Henssler, MitbestR, § 26 MitbestG Rn. 14; Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, Rn. 744; Oetker in: Großkomm. AktG, § 26 MitbestG Rn. 14. 714 So auch: Lieder, NZG 2005, 569 (571). 715 Vgl. Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 26 MitbestG Rn. 17.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

nicht dazu verleitet werden, ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu vernachlässigen oder gar zu verletzen. (3) Keine Führungskräfte der Gesellschaft Problematisch ist auch das letzte Merkmal – „nicht zu den Führungskräften der Gesellschaft“ gehörend. Diese Anforderung kann als Erweiterung zu Nr. 1 lit. a) verstanden werden, so dass nicht nur (ehemalige) Vorstandsmitglieder als unabhängige Aufsichtsratsmitglieder ausscheiden sondern auch die Beschäftigten unterhalb der Vorstandsebene. Die Gefahr der Kontrolle eigener Entscheidungen besteht hier ebenfalls, soweit der Vorstand der nachgeordneten Ebene Aufgaben zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen hat. Fraglich ist aber, ob auch die nach dem MitbestG und dem MitbestErgG zu wählenden leitenden Angestellten das Merkmal der in Nr. 1 lit. b) geregelten Fiktion erfüllen.716 Insbesondere nach dem MitbestG ist der Kreis der nicht wählbaren Führungskräfte eingeschränkt, da in Abweichung zu § 105 Abs. 1 AktG auch Prokuristen passiv wahlberechtigt sind, soweit sie nicht unmittelbar dem Vorstand unterstellt sind und zur Ausübung der Prokura für den gesamten Geschäftsbereich des Vorstands ermächtigt wurden.717 Das gilt gleichermaßen für Handlungsbevollmächtigte.718 Im Ergebnis ist die Unabhängigkeitsfiktion aber auch auf leitende Angestellte anwendbar,719 wenn sie nicht in der dem Vorstand unmittelbar nachgeordneten Führungsebene beschäftigt sind und damit nicht direkt mit Führungsaufgaben betraut werden. Letztendlich ist die Unabhängigkeit aber umso eher zu bejahen, je weiter die Angestellten von der Vorstandsebene entfernt tätig sind. c) Ergebnis Die Kommission lässt im Ergebnis die Frage nach der tatsächlichen Unabhängigkeit von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat offen720 und beschränkt sich darauf, Vereinbarkeit mit den Regeln der deutschen Unternehmensmitbestimmung zu schaffen. Als unabhängig gelten danach nur die Arbeitnehmer, die nach den Mitbestimmungsgesetzen in den Aufsichtsrat gewählt wurden. Leitende Angestellte, die unmittelbar auf der dem Vorstand nachgeordneten Führungsebene mit Führungsaufgaben betraut sind sowie Gewerkschaftsvertreter 716 Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 MitbestG ist ein leitender Angestellter zwingend in den Aufsichtsrat zu wählen. 717 § 6 Abs. 2 MitbestG. 718 Wißmann in: WWKK, MitbestR, § 6 MitbestG Rn. 51; Oetker in: Großkomm. AktG, § 6 MitbestG Rn. 17; Mertens in: KK AktG, Anh. § 117 B § 6 MitbestG Rn. 2. 719 A.A. wohl: Spindler, ZIP 2005, 2033 (2040). 720 Kort, AG 2008, 137 (144).

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sind von der Unabhängigkeitsfiktion nicht erfasst und können in der Regel nicht die Position des unabhängigen Finanzexperten bekleiden. Anders ist das für die übrigen, nach den Mitbestimmungsgesetzen gewählten Arbeitnehmer zu sehen, auch wenn hierzulande die Unternehmensmitbestimmung,721 gerade wegen den (abhängigen) Entscheidungen der Arbeitnehmervertreter ausschließlich im Sinne der Belegschaft zu entscheiden und ihrem mangelnden Engagement hinsichtlich anderer Themen, stark kritisiert wurde. Zudem beklagte man häufig die mangelnde Qualifikation der Arbeitnehmervertreter, die vermehrt aus interessenpolitischen Gründen in den Aufsichtsrat gewählt wurden, als dass die fachliche Eignung ausschlaggebend für die Entscheidung war.722 Der Gesetzgeber lässt die Arbeitnehmervertreter für die Funktion als unabhängiger Finanzexperte auch nicht wegen fehlendem Sachverstands außen vor. Vielmehr werden die notwendigen Kenntnisse ausdrücklich auch Angestellten aus den Bereichen Rechnungswesen und Controlling sowie Betriebsräten zugetraut, die sich im Zuge ihrer Tätigkeit diese Kenntnisse durch Weiterbildung angeeignet haben.723 Positiv zu bewerten ist dabei, dass diese Arbeitnehmer nicht nur über das theoretische Wissen verfügen, sondern darüber hinaus auch die internen Unternehmensabläufe kennen und somit zu einer effektiveren Überwachung beitragen können.724 Mit Blick auf die Globalisierung der Kapitalmärkte wächst jedoch die Angst, dass sich die Unternehmensmitbestimmung zum Standortnachteil für Deutschland725 entwickelt und inländische Unternehmen im Wettbewerb um Kapitalgeber hinten anstehen.726 Zwar sieht beispielsweise die amerikanische Securities 721 In der Vergangenheit wurden die Auswirkungen der Unternehmensmitbestimmung auf die Unternehmen häufig untersucht, ohne eindeutige empirische Ergebnisse für deren Nutzen: Kronberger Kreis, Unternehmensmitbestimmung, S. 32 ff.; Stettes, Arbeitnehmermitbestimmung, S. 3; Klös/Stettes, Wirtschaftsdienst 2006, 691 (693). 722 v. Werder, Modernisierung der Mitbestimmung, S. 9 ff.; ders. AG 2004, 166; siehe auch BDA, Modernisierung der Mitbestimmung, S. 6 ff.; Adams, ZIP 2006, 1561 (1562 f.). 723 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 102; vgl. LG München I, Urt. v. 5.11.2009 – 5 HK O 15312/09, BB 2010, 885. 724 Stellungnahme der Vertreter der Arbeitnehmer, Biedenkopf II Kommission, S. 67; DBA, Mitbestimmung auch ökonomisch ein Erfolgsmodell, S. 3; Bertelsmann/ Böckler, Mitbestimmung, S. 2 ff.; Klebe/Köstler in: FS Wissmann, S. 443 (445 ff.). 725 Stettes, Arbeitnehmermitbestimmung, S. 1; ders. AG 2007, 611; Klös/Stettes, Wirtschaftsdienst 2006, 691 (694); a. A. DGB, Mitbestimmung auch ökonomisch ein Erfolgsmodell, S. 4; v. Werder, BCCG – Modernisierung der Mitbestimmung, S. 26; Adams, ZIP 2006, 1561 (1565.); vgl. auch Entscheidungen des EuGH zur Sitzverlegung: EuGHE 1999, I/1459 (Centros) = NJW 1999, 2027; EuGHE 2002, I/9919 (Überseering) = NJW 2002, 3614; EuGHE 2003, I/10155 (Inspire Art) = BB 2003, 2195; siehe aber: EuGH, Urt. v. 16.12.08 – Rs. C 210/06 (Cartesio), NZG 2009, 61. 726 Pressekonferenz DSW und ECGS am 20.08.2008 (Fußn. 543); auch: in FAZ v. 22.08.2008, Nr. 196, S. 21; Handelsblatt v. 22.08.2008, Nr. 163, S. 30 [Arbeitnehmervertreter als abhängig]; Stettes, Arbeitnehmermitbestimmung, S. 1 [Mitbestimmung als

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and Exchange Commission (SEC) diesbezüglich Sonderregelungen für ausländische Emittenten vor.727 Im Zuge der weltweiten Corporate Governance Debatte wird die Besetzung von Aufsichtsräten deutscher Unternehmen mit Arbeitnehmervertretern aber kritisch gesehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Unternehmensmitbestimmung gänzlich mit Corporate Governance Grundsätzen unvereinbar ist;728 zumindest die paritätische Mitbestimmung gilt aber zunehmend als „überlebt“.729 Zur Modernisierung der Mitbestimmung wird daher häufig eine Verhandlungslösung730 ähnlich den Regelungen im SEBG mit gesetzlicher Auffangregelung im Stil des „drittelparitätischen“ Systems731 favorisiert. Aber auch die Auslagerung der Mitbestimmung auf ein neues Organ732 ist de lege ferenda im Gespräch. 3. Zusätzliche Vergütung in erheblichem Umfang (Anhang II Nr. 1 lit. c) Nach Nr. 1 lit. c) sind Aufsichtsratsmitglieder dann als abhängig zu qualifizieren, wenn sie „von der Gesellschaft oder einer verbundenen Gesellschaft [eine] zusätzliche Vergütung in bedeutendem Umfang erhalten oder erhalten haben, mit Ausnahme einer Vergütung für die Tätigkeit als [. . .] Aufsichtsratsmitglied. Als zusätzliche Vergütung gelten insbesondere Aktienoptionen und sonStandortnachteil]; ders. AG 2007, 611; Klös/Stettes, Wirtschaftsdienst 2006, 691 (694); BDA, Mitbestimmung modernisieren, S. 7 [keine Akzeptanz im Ausland]; a. A. DGB, Mitbestimmung auch ökonomisch ein Erfolgsmodell, S. 4 [Mitbestimmung kein bedeutsamer Standortnachteil; Arrangement ausländischer Investoren mit Mitbestimmung]. 727 Siehe Rule 10A-3 (b) (iv) (C) zum Exchange Act (o. Fußn. 614): „An employee of a foreign private issuer who is not an executive officer of the foreign private issuer is exempt from the requirements of paragraph (b)(1)(ii) of this section if the employee is elected or named to the board of directors or audit committee of the foreign private issuer pursuant to the issuer’s governing law or documents, an employee collective bargaining or similar agreement or other home country legal or listing requirements.“; Gruson/Kubicek, AG 2003, 331 (350). 728 Siehe Teil 1, Ziff. IV OECD-Grundsätze 2004, abrufbar unter: www.oecd.org; vgl. auch: Säcker in: FS Richardi, S. 711. 729 v. Werder, BCCG – Modernisierung der Mitbestimmung, S. 26.; 166. 730 Raiser, Gutachten 66. DJT, S. B 67 ff.; Stellungnahme der Vertreter der Unternehmen, Biedenkopf II Kommission, S. 55 (60 ff.); BDA, Modernisierung der Mitbestimmung, S. 28 ff.; Klebe/Köstler in: FS Wissmann, S. 443 (455); Seibt, AG 2005, 413 (414); Wolf in: FS Wissmann, S. 489 (494); Arbeitskreis „Unternehmerische Mitbestimmung“, ZIP 2009, 885. 731 v. Werder, BCCG – Modernisierung der Mitbestimmung, S. 20; Reichold, JZ 2006, 812 (820); Adams, ZIP 2006, 1561 (1567 f.) [aber erst ab 5.000 Arbeitnehmer]; Stellungnahme der Vertreter der Unternehmen, Kommissionsbericht, S. 55 (65); BDA, Modernisierung der Mitbestimmung, S. 28 ff.; Wolf in: FS Wissmann, S. 489 (502). 732 v. Werder, BCCG – Modernisierung der Mitbestimmung, S. 3; ders, AG 2004, 166 (172); Lieder, NZG 2005, 569 (571); Säcker, AG 2004, 180 (185 f.), ders. in: FS Richardi, S. 711 (732); Kirchner, AG 2004, 197 (198 ff.).

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stige erfolgsbezogene Vergütungen. Im Rahmen eines Pensionsplans gezahlte Festbeträge (einschließlich nachträglicher Vergütungen) für frühere Dienstleistungen für die Gesellschaft sind hiervon ausgenommen (sofern diese Vergütung nicht in irgendeiner Weise an die weitere Erbringung von Leistungen für die Gesellschaft gebunden ist).“ a) Zusätzliche Vergütung Nach der Kommissionsempfehlung lösen zusätzliche Entgelte, die von der Gesellschaft oder von verbundenen Unternehmen an das Aufsichtsratsmitglied gezahlt werden, die Abhängigkeit aus, wenn diese im bedeutenden Umfang gewährt werden. Insbesondere Aktienoptionen und sonstige erfolgsabhängige Vergütungen können die Abhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds indizieren, aber auch bei variablen Pensionszahlungen an ein nunmehr im Aufsichtsrat tätiges ehemaliges Vorstandsmitglied ist dies der Fall;733 davon ging auch schon die Expertengruppe aus.734 Dementsprechend bejaht der Combined Code in Ziff. A.3.1 die Abhängigkeit des Betreffenden, „if the director has received or receives additional remuneration from the company apart from a director’s fee, participates in company’s share options or a performance-related pay scheme, or is a member of the company’s pension scheme“. Ähnliche Regelungen sehen ebenfalls die SEC735 und die NYSE736 vor. Zweck dieser Anforderung ist der Schutz der Urteilsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds gegen die finanzielle Einflussnahme durch das Geschäftsführungsorgan. Erfolgsorientierten Vergütungsmodellen ist es nämlich immanent, dass der Vorstand einen gewissen Einfluss auf die Vergütungsparameter hat. Besonders stark ist dieser bei ausschließlich aktienkursorientierten Vergütungen, da der Vorstand für die Außendarstellung des Unternehmens zuständig ist und diese für die Bewertung der Aktie am Markt Relevanz hat. Andererseits kann die Ausrichtung der Aufsichtsratsvergütung am Unternehmenserfolg auch sinnvoll sein, um das Überwachungsengagement der Aufsichtsratsmitglieder über finanzielle Anreize zu erhöhen. Ein generelles Verbot dieser Vergütungsbestandteile ist daher nicht zu befürworten. Davon geht auch die Kommissionsempfehlung aus, indem sie die Beurteilung der Unabhängigkeit eines Kandidaten am „bedeutenden Umfang“ der variablen Vergütung festmacht. Bevor jedoch geklärt werden soll, in welchem Rahmen dem unabhängigen Finanzexperten erfolgsabhängige Vergütungen gewährt werden können, soll zunächst das aktiengesetzliche System der Aufsichtsratsvergütung dargestellt werden. 733 734 735 736

Gruson/Kubicek, AG 2003, 337 (350) [nur Festbeträge sind unproblematisch]. Bericht Expertengruppe, S. 66 (o. Fußn. 647). Rule 10A-3 (b) (1) (ii) (A) zum Exchange Act (o. Fußn. 614). Sec. 303A.02 (b) (ii) Listed Company Manual (o. Fußn. 618).

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aa) Erfolgsbezogene Vergütungsmodelle nach dem Aktiengesetz Nach § 113 AktG kann Aufsichtsratsmitgliedern für ihre Tätigkeit eine Vergütung gewährt werden, die in der Satzung festgesetzt ist oder von der Hauptversammlung per Beschluss bewilligt wurde. Da es nach herrschender Meinung737 bei Aufsichtsratsmitgliedern an einem vertraglichen Anstellungsverhältnis neben dem Organverhältnis fehlt, ergibt sich der Vergütungsanspruch direkt aus dem Amtsverhältnis i.V. m. der Satzung oder dem Bewilligungsbeschluss der Hauptversammlung.738 Nach § 113 Abs. 1 Satz 3 AktG soll die Vergütung „in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen.“ Das wiederholt auch der Deutsche Corporate Governance Kodex in Ziff. 5.4.6 und bestimmt, dass die Vergütung „der Verantwortung und dem Tätigkeitsumfang der Aufsichtsratsmitglieder sowie der wirtschaftlichen Lage und dem Erfolg des Unternehmens Rechnung“ tragen muss. Ziff. 5.4.6 Abs. 2 DCGK empfiehlt daher, Aufsichtsratsmitglieder nicht nur mit einer Festvergütung abzugelten, sondern auch eine erfolgsbezogene Vergütung zu gewähren, die sich am langfristigen Unternehmenserfolg orientiert.739 Zur Förderung der Transparenz soll aber die individualisierte Aufgliederung der Vergütungsbestandteile im Corporate Governance Bericht erfolgen.740 Fraglich ist jedoch, ob sämtliche Vergütungsparameter zur Berechnung des erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteils herangezogen werden dürfen. Untersucht werden soll nachfolgend, ob der deutsche Gesetzgeber einer finanziellen Beeinflussung der Aufsichtsratsmitglieder durch den Vorstand selbst in gewissem Maße vorgebeugt hat.

737 Hüffer, AktG, § 113 Rn. 2; Drygala in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 113 Rn. 6; Habersack in: MüKo AktG, § 101 Rn. 67; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 101 Rn. 8 m.w. N.; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 101 Rn 91; a. A. Mertens in: KK AktG, § 101 Rn. 5. 738 Hüffer, AktG, § 113 Rn. 2; Drygala in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 113 Rn. 6, Hoffmann-Becking, MünchHdb. AG, § 33 Rn. 10. 739 In der Praxis ist eine Kombination üblich, aber teilweise auch nur die Gewähr einer Festvergütung. Siehe: Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 7. Str. ob ausschließlich erfolgsabhängige Vergütung zulässig ist: bejahend: Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 113 Rn. 38; dagegen: Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 10. 740 Nach § 285 Nr. 9 HGB sind nur die Gesamtbezüge des Aufsichtsrats im Anhang auszuweisen. Eine Aufschlüsselung einzelner Vergütungsbestandteile besteht danach nur für Vorstandsmitglieder, § 285 Nr. 9a HGB, RegBegr. VorstOG, BT-Drucks. 15/5860, S. 10. Auch aus der Satzung oder dem Hauptversammlungsbeschluss müssen sich nur die Höhe der gesamten Festvergütungen und die Berechnungsgrundlage für die variablen Bestandteile ergeben. Eine Aufschlüsselung für jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 29, 35; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 113 Rn. 91; Hüffer, AktG, § 113 Rn. 3; Mertens in: KK AktG, § 113 Rn. 30; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 113 Rn. 23.

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(1) Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder mittels Aktienoptionen? Das Aktiengesetz sieht in § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG die Gewährung von Aktienbezugsrechten in Verbindung mit einer bedingten Kapitalerhöhung nur für Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens vor. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Aufsichtsratsmitglieder scheitert trotz des offenen Wortlauts der Vorschrift („soll“) am abschließenden Charakter der Norm.741 Eine analoge Anwendung ist mangels planwidriger Regelungslücke abzulehnen. Zwar sah der Referentenentwurf des KonTraG zu § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG742 noch die „Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Organmitglieder der Gesellschaft“ vor. Der DAV wies jedoch in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf darauf hin, dass damit auch Aufsichtsratsmitglieder von der Vorschrift erfasst seien.743 Daraufhin konkretisierte der Gesetzgeber die Vorschrift, so dass nunmehr Bezugsrechte nur als Vergütung für Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer verbundener Unternehmen gewährt werden können.744 Demgegenüber wurde früher teilweise745 die Möglichkeit der Gewährung von Aktienoptionen in Verbindung mit dem Rückerwerb eigener Aktien als zulässig angesehen. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG binde die Ermächtigung der Hauptversammlung zum Rückerwerb eigener Aktien an keinen Zweck. Lediglich der Handel in eigenen Aktien sei gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 AktG ausgeschlossen, so dass der Rückerwerb der Aktien auch zum Zweck der Gewährung von Bezugsrechten an Aufsichtsratsmitglieder erfolgen könne. Insbesondere der BGH746 ist dem entgegengetreten und sah im Verweis auf § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG nicht bloß eine „partielle Rechtsfolgenverweisung“ auf die inhaltlichen Anforderungen für den Hauptversammlungsbeschluss; vielmehr müsste auch die personelle Beschränkung des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG beachtet werden, so dass ein Rückerwerb eigener Aktien zur Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern ebenso ausgeschlossen sei wie eine bedingte Kapitalerhöhung. „Offensichtlich hat der Ge-

741 Veil in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 192 Rn. 10; Hüffer, AktG, § 192 Rn. 8; Fuchs in: MüKo AktG, § 192 Rn. 36; BGHZ 158, 122 = NZG 2004, 376. 742 RefE KonTraG, ZIP 1996, 2129 (2137). 743 DAV, Stellungnahme zum RefE des KonTraG, ZIP 1997, 163 (173). 744 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 23. 745 Fischer, ZIP 2003, 282 (283) [Verweis in § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG alternativ, so dass bei Aktienoptionen für Aufsichtsratsmitglieder nur § 186 Abs. 3, 4 AktG Anwendung findet]; Hoff, WM 2003, 910 (913 f.) [partielle Rechtsfolgenverweisung]; Lutter in: FS Hadding, S. 561 (568 f.); Schaefer, NZG 1999, 531 (533); OLG Schleswig, Urt. v. 19.9.2002 – 5 U 164/01, NZG 2003, 176 (178). 746 BGHZ 158, 122 = NZG 2004, 376; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19j; Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 17; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 113 Rn. 41; Spindler in: Spindler/Stilz, § 113 Rn. 49 f.; Vetter in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börs. AG, § 29 Rn. 42.

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setzgeber eine – der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats u. U. abträgliche747 – Angleichung der Vergütungsinteressen von Vorstand und Aufsichtsrat mit Ausrichtung auf Aktienoptionen und damit auf den Aktienkurs, der durch gezielte Sachverhaltsgestaltungen des Managements inner- oder außerhalb der Legalität beeinflussbar und erfahrungsgemäß auch sonst nicht immer ein zuverlässiger Maßstab für den inneren Wert und den langfristigen Erfolg eines Unternehmens ist, jedenfalls bisher nicht für angebracht erachtet.“748 Der Gesetzgeber hat sich der Auffassung des BGH angeschlossen und in der Gesetzesbegründung zu § 221 Abs. 4 Satz 2 AktG klargestellt, dass auch der Rückerwerb eigener Aktien zur Gewährung von Aktienoptionen an Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen ist. Der Verweis auf § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG ist sowohl in § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG als auch in § 221 Abs. 4 Satz 2 AktG nur so zu verstehen, dass ebenfalls der Kreis der möglichen Bezugsberechtigten berücksichtigt werden muss.749 Damit ist die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern mit Aktienoptionen gänzlich ausgeschlossen. (a) Sonderfälle Das gilt auch für ehemalige Vorstände und Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, obwohl sie in dieser Eigenschaft nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG bezugsberechtigt wären.750 Eine Angleichung der Vergütungsinteressen von Vorstand und Aufsichtsrat ist hier ebenso zu befürchten,751 so dass es keinen Unterschied macht aus welchem Verhältnis das Bezugsrecht stammt.752 Bei Arbeitnehmervertretern besteht zudem die Gefahr, dass sich der Vorstand bei problematischen Projekten die Zustimmung der Arbeitnehmerbank mittels Ausgabe von Aktienoptionen „erkauft“; denn die Entscheidung welcher einzelne Mitarbeiter in das Optionsprogramm einbezogen werden soll, liegt grundsätzlich beim Geschäftsführungsorgan.753 Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die Vergütung mittels Aktienoptionen auch für Doppelmandatsträger im Konzern ausgeschlossen ist. Eine Ansicht754 747 Stellungnahme DAV, ZIP 1997, 163 (173); Bender/Vater, DStR 2003, 1807 (1811). 748 BGHZ 158, 122 = NZG 2004, 376 (377). 749 RegBegr. UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 25. 750 Die als Vergütung gewährten Aktienoptionen können aber beim Wechsel in den Aufsichtsrat als Abfindungsanspruch in der Höhe des Optionswerts geltend gemacht werden: Spindler in: Spindler/Stilz, § 113 Rn. 52; Habersack, ZGR 2004, 721 (727); ders in: MüKo AktG, § 113 Rn. 18. 751 Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 18; ders. ZGR 2004, 721 (727). 752 So aber: Spindler in: Spindler/Stilz, § 113 Rn. 52. 753 Die Hauptversammlung ist nach § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG nur verpflichtet, die Bezugsrechte gruppenmäßig aufzuteilen; die konkrete Benennung bezugsberechtigter Personen ist dabei nicht notwendig. 754 Hüffer, AktG, § 192 Rn. 21; Fuchs in: MüKo AktG, § 192 Rn. 88.

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geht davon aus, dass Vorstandsmitglieder der herrschenden Gesellschaft nicht deswegen vom Bezugsrecht ausgeschlossen seien, weil sie zugleich ein Aufsichtsratsmandat in der abhängigen Gesellschaft innehätten. Die Gegenauffassung755 betont den gesetzgeberischen Willen, so dass die Gewährung von Bezugsrechten auch in diesem Fall nicht möglich sei. Die Gesetzesbegründung zu § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG schweigt dazu und erwähnt lediglich, dass „Doppelbezüge von Vorständen, die zugleich gesetzlicher Vertreter in Töchtern sind, tunlichst zu meiden sind“.756 Das Problem ist aber differenziert zu betrachten. Nur soweit die Vertreter des herrschenden Unternehmens mit Aktienoptionen der Tochtergesellschaft vergütet werden,757 stellt sich die Lage wie oben dar; denn dann erhält der Betreffende Bezugsrechte auf Aktien der Gesellschaft, deren Geschäftsführung er kontrollieren soll. Dies hat der Gesetzgeber ausschließen wollen, so dass in diesem Fall keine Vergütung mittels Aktienoptionen der abhängigen Gesellschaft möglich ist. Wird der Doppelmandatsträger aber mit Aktienoptionen der herrschenden Gesellschaft vergütet, ist weniger der Interessengleichlauf mit dem geschäftsführenden Organ der zu überwachenden Gesellschaft problematisch als vielmehr die Nähe zum herrschenden Unternehmen. Dieser Loyalitätskonflikt ist im Konzernverbund aber immanent, so dass in diesem Fall kein Bezugsrechtsverbot besteht. (b) Vergütung durch schuldrechtliche Nachbildungen von Aktienoptionen? Ob auch schuldrechtliche Nachbildungen von Aktienoptionen als aktienkursorientierte Aufsichtsratsvergütung ausgeschlossen sind, ist umstritten. Bei sog. Phantom Stock Options oder Stock Appreciation Rights erhält der Begünstigte kein Bezugsrecht auf Aktien, sondern eine Barvergütung, die auf der Kursentwicklung der Aktie basiert.758 Nach einer Ansicht759 bestünden schuldrechtlichen Nachbildungen gegenüber die gleichen Bedenken, wie bei der Vergütung mittels Aktienoptionen. Ein Interessengleichlauf von Vorstand und Aufsichtsrat über gleichlaufende Vergütungsmodelle solle verhindert werden.760 Die gegen755

Rieckers in: Spindler/Stilz, § 192 Rn. 62. RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 23. 757 Für die Zulässigkeit: Krieger in: MünchHdb. AG, § 63 Rn. 31; Martens in: FS Ulmer, S. 399 (415 f.); a. A. aber RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 24 [„Eine Bezugsberechtigung von Organen der Mutter auf Aktien der Tochter sieht die Entwurfsregelung nicht vor.“]. 758 Meyer/Ludwig, ZIP 2004, 940 (944); Baums in: FS Claussen, S. 1 (6). 759 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 851; BGHZ 158, 122 = NZG 2004, 376 (377); Habersack, ZGR 2004, 721 (731 f.); Meyer/Ludwig, ZIP 2004, 940 (944); Paefgen, WM 2004, 1169 (1173). 760 BGHZ 158, 122 = NZG 2004, 376 (377); Habersack, MüKo AktG, § 113 Rn. 14; ders. ZGR 2004, 721 (731 f.); Meyer/Ludwig, ZIP 2004, 940 (944); Paefgen, WM 2004, 1169 (1173); Röhricht, VGR 2004, S. 1 (16). 756

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teilige Auffassung761 argumentiert mit der Bindung des Aufsichtsrats an Aktionärsinteressen und sieht aktienorientierte Vergütungsbestandteile als zulässig an. Zudem stelle der Aktienkurs einen besseren Berechnungsparameter dar als andere Kennzahlen;762 denn die Kursentwicklung der Aktie könne in Relation zur Entwicklung eines Marktindexes gesetzt und um allgemeine Markteinflüsse bereinigt werden.763 Letztendlich führten die unterschiedlichen Aufgabenbereiche von Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu einem generellen Verbot aktienkursorientierter Vergütung für Aufsichtsratsmitglieder; gefordert sei vielmehr nur, dass die Berechnungsgrößen nicht identisch seien.764 Die gesetzliche Wertung spricht, im Einklang mit der Rechtsprechung, gegen eine aktienkursorientierte Vergütung bei Aufsichtsratsmitgliedern. Schuldrechtliche Nachbildungen sind den gleichen Bedenken ausgesetzt wie Aktienoptionen selbst. Es fragt sich, ob derartige Vergütungsmodelle nicht schon als „Umgehung“765 der gesetzlichen Vorschriften ausgeschlossen sind. Das ist zumindest dann der Fall, soweit der Aktienkurs die Hauptberechnungsgrundlage für die erfolgsabhängige Vergütung darstellt. Die Gefahren für die Kontrollfunktion des Aufsichtsrats sind bei schuldrechtlichen Nachbildungen von Aktienoptionen ungleich höher, da das Aufsichtsratsmitglied hier nicht einmal das Veräußerungsrisiko aus dem Aktienverkauf trägt. Die Barvergütung kommt ihm zum Fälligkeitstermin entsprechend dem Aktienkurs zugute, ohne dass es zusätzlich einer Wertrealisierung über den Verkauf der Aktien bedürfe. Zudem gibt der Aktienkurs vorrangig die Erwartungen der Anleger bezüglich des Unternehmens wieder, nicht aber unbedingt den derzeitigen wirtschaftlichen Erfolg. Insbesondere die Manipulierbarkeit des Aktienkurses macht diesen nicht zu einem geeigneten Vergütungsparameter für Aufsichtsratsmitglieder, die den Entscheidungen des Vorstands, wenn nötig, entgegentreten sollen. Im Ergebnis wird auch bei Vorstandsmitgliedern die Eignung ausschließlich aktienkursorientierter Vergütungsmodelle angezweifelt, da hiermit keine Anreizwirkung für langfristig orientierte Entscheidungen geschaffen wird.766 Daher müssen solche Vergütungsmodelle erst recht für Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen sein.

761 Vetter, ZIP 2008, 1 (5); Hüffer, AktG, § 113 Rn. 10; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 113 Rn. 54; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155 (178 ff.); Vetter in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börs. AG, § 29 Rn. 43; Bürgers, NJW 2004, 3022 (3025 f.). 762 Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155 (178 ff.). 763 Bösl, BKR 2004, 474 (476 f.). 764 Bösl, BKR 2004, 474 (477). 765 Habersack, ZGR 2004, 721 (731 f.); siehe zur Umgehung besonders im Steuerund Kapitalmarktrecht: Uwe H. Schneider/Anzinger, ZIP 2009, 1. 766 RegBegr. VorstAG, BT-Drucks. 16/12278, S. 1 [Börsenkurs als kurzfristiger Anreizparameter].

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(2) Andere erfolgsbezogene Vergütungsmodelle Aus § 113 AktG wird sichtbar, dass für Aufsichtsratsmitglieder nicht alle erfolgsabhängigen Vergütungsparameter ausgeschlossen sind. Das Aktiengesetz sieht in § 113 Abs. 3 explizit die Beteiligung der Aufsichtsratsmitglieder am Jahresgewinn der Gesellschaft vor. Die Vorschrift ist nach herrschender Meinung nicht abschließend, so dass die Vergütung auch anhand anderer erfolgsabhängiger Parameter berechnet werden kann,767 solange sie angemessen die „Lage der Gesellschaft“ berücksichtigt. Um für Aufsichtsratsmitglieder eine Anreizwirkung im Gleichlauf mit dem Unternehmensinteresse zu schaffen, sollte aber die im Deutschen Corporate Governance Kodex empfohlene Ausrichtung am „langfristigen Unternehmenserfolg“ bei der Wahl der Vergütungsparameter beachtet werden. Wie bereits dargestellt ist eine dementsprechende Anreizwirkung bei hauptsächlich auf dem Aktienkurs basierenden Vergütungsmodellen nicht gegeben. Das bedeutet aber nicht, dass der Aktienkurs der Gesellschaft überhaupt nicht bei der Berechnung berücksichtigt werden darf.768 Als zulässiger Anknüpfungspunkt für eine variable Vergütung wird einerseits die Dividende erachtet, wobei Sonderdividenden nicht mit zu berücksichtigen sind.769 Andererseits ist nach herrschender Meinung770 auch die Berechnung anhand anderer Ergebniszahlen des Unternehmens, wie z. B. dem Cash Flow oder dem EBIT anerkannt. bb) Feste Vergütungsbestandteile als zusätzlich? Sowohl die Expertengruppe als auch die Kommissionsempfehlung gehen davon aus, dass „zusätzliche Vergütungen“ im Sinne erfolgsabhängiger Leistungen an Aufsichtsratsmitglieder verstanden werden müssen. Demgegenüber können Festbeträge als Vergütung für das Aufsichtsratsmandat grundsätzlich bedenkenlos gewährt werden, was auch aus der Ausnahmeregelung („im Rahmen eines Pensionsplans gezahlte Festbeträge“)771 deutlich wird. Es drängt sich aber die 767 Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 15; Hüffer, AktG, § 113 Rn. 10; Mertens in: KK AktG, § 113 Rn. 37; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 113 Rn. 35; Drygala in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 113 Rn. 28, 32; Semler/Wagner in: Semler/v. Schenk, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 34; zur Vergütung in den DAX-Gesellschaften: Gehrling, ZIP 2004, 549. 768 Marsch-Barner in: FS Röhricht, S. 401 (417); Hüffer, AktG, § 113 Rn. 10; a. A. wohl Röhricht, VGR 2004, 1 (16) [Kontrolleur und Kontrollierter dürfen nicht „aus derselben Quelle trinken“]. 769 Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 15; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.1998 – 17 U 33/98, NZG 1999, 595 f. m.w. N.; Hoffmann-Becking, NZG 1999, 797 (800 f.). 770 Hüffer, AktG, § 113 Rn. 10; Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 16; MarschBarner in: FS Röhricht, S. 401 (417); Bischof, BB 2006, 2627 (2628); a. A. Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 113 Rn. 43 [ausgerichtet auf Geschäftsjahr in Konkurrenz zum Gewinnanspruch des Aktionärs]; ebenso: Krieger in: FS Röhricht, S. 349 (359). 771 Nr. 1 lit c) des Anhang II der Empfehlung (2005/162/EG), (o. Fußn. 3).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

Frage auf, ob auch „zusätzliche“ Festbeträge die Abhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds auslösen können. Zu denken ist hier an Sitzungsgelder oder an Nebenleistungen wie Versicherungsbeiträge für D&O Versicherungen. Die Gewährung eines Sitzungsgeldes an Aufsichtsratsmitglieder kann dann als zusätzliche Vergütung gesehen werden, wenn damit nicht nur Auslagen erstattet werden sollen, sondern darüber hinaus auch der zeitliche Aufwand für die Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen abgegolten wird.772 Insoweit handelt es sich dann um einen „Bonus“ für eine Leistung, die dem Aufsichtsratsmitglied schon aufgrund seines Mandats obliegt773 und eigentlich mit der Aufsichtsratsvergütung abgegolten sein müsste. Eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder ergibt sich daraus aber nicht; denn die Gewährung des Sitzungsgeldes ist an die Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen geknüpft und fällt in die Zuständigkeit der Hauptversammlung.774 Eine Einflussnahmemöglichkeit des Vorstands besteht an dieser Stelle nicht. Die Prämien für eine D&O-Versicherung werden nach herrschender Meinung775 schon nicht als Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds angesehen, da sie überwiegend im Interesse der Gesellschaft abgeschlossen werden. Gefahren für das Unternehmen können sich dennoch ergeben; denn ohne die Vereinbarung eines angemessenen Selbstbehalts ist die Anreizwirkung für sorgfältige Entscheidungen geringer.776 Deshalb empfiehlt auch Ziff. 3.8 DCGK die Vereinbarung eines solchen für Aufsichtsratsmitglieder. cc) Beratungshonorare Honorare, die die Gesellschaft dem Aufsichtsrat aus einem Gutachter- oder Beratungsvertrag zahlt, sind nicht als zusätzliche Vergütung im Sinne des Nr. 1 lit. c) zu qualifizieren. Zwar hat der Vorstand hier ebenfalls die Möglichkeit Einfluss auf das Aufsichtsratsmitglied zu nehmen, da nur der Abschluss des 772 Das ist die Regel: Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 11; Semler/Wagern in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10 Rn. 44. 773 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 886. 774 Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 11; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 113 Rn. 29; Hüffer, AktG, § 113 Rn. 2b; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 113 Rn. 29. 775 Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 13; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 113 Rn. 53; Spindler in: Spindler/Stilz, § 113 Rn. 16; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 845, § 13 Rn. 1026; Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, 3.8 Rn. 517; siehe auch Schreiben BMF IV C5 – S 2332-8/02 v. 24.2.2002, Erlass FinMin. Niedersachsen v. 25.1.2002 – S 2332 – 161 – 35/S 2245 – 21 31 2, DB 2002, 399 [nicht einkommenssteuerpflichtig]; a. A. Hüffer, AktG, § 113 Rn. 2a; Drygala in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 113 Rn. 12; Seibt, AG 2002, 249 (258). 776 Vgl. auch RegBegr. VorstAG zu § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG, BT-Drucks. 16/ 13433, S. 17.

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Dienst- oder Werkvertrages gem. § 114 AktG der Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats unterliegt, nicht hingegen dessen Beendigung. Für die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds problematisch sind diese Verträge aber nicht wegen des Gleichlaufs der Vergütungsinteressen von Vorstand und Aufsichtsrat, sondern weil mit dem Geschäftsverhältnis ein Eigeninteresse des Aufsichtsratsmitglieds an der Fortführung der Geschäftsverbindung auch zu Lasten der Gesellschaft begründet wird. Die Einnahmen aus Beratungs- und Gutachterverträgen sind daher im Rahmen der Nr. 1 lit. e) zu berücksichtigen. dd) Arbeitnehmervergütung als zusätzlich? Grundsätzlich können auch Lohnzahlungen der Gesellschaft an Arbeitnehmervertreter als „zusätzlich“ qualifiziert werden. Dieses Verständnis würde aber mit der in Nr. 1 lit. b) geregelten Unabhängigkeitsfiktion für Arbeitnehmervertreter kollidieren. Schließlich geht man auch beim amerikanischen Vorbild777 davon aus, dass Lohnzahlungen an Arbeitnehmer nicht unter den Begriff der „zusätzlichen Vergütung“ von Aufsichtsratsmitgliedern fallen.778 b) Bedeutender Umfang der erfolgsabhängigen Vergütung Nach der Kommissionsempfehlung indizieren „zusätzliche Vergütung[en]“ nicht generell die Abhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds. Hinzukommen muss, dass diese auch in einem bedeutenden Umfang gewährt werden oder wurden. Die NYSE geht von der Abhängigkeit des non-executive Directors aus, wenn dieser innerhalb der letzten drei Jahre während einer Zeitspanne von zwölf Monaten eine Vergütung von mehr als 120.000 US-Dollar779 von der Gesellschaft erhalten hat.780 Nicht zu berücksichtigen sind hierbei nur Vergütungen, die für die Tätigkeit als Direktor oder Ausschussmitglied gewährt werden oder Zahlungen für frühere Dienstleistungen.781 Gegen die Festsetzung einer starren Grenze wird häufig eingewandt, dass sie nicht zu erfolgsbezogenen Vergütungen passe, 777

Rule 10A-3 (b) (1) (ii) (A) zum Exchange Act (o. Fußn. 614). Gruson/Kubicek, AG 2003, 337 (351) [„fee“ als ungewöhnlicher Begriff für Lohnzahlungen]; vgl. Lieder, NZG 2005, 569 (571). 779 Dieser Betrag wurde durch die NYSE heraufgesetzt. Früher war ein absoluter Betrag von 100.000 US-Dollar vorgeschrieben, vgl. Gruson/Kubicek, AG 2003, 337 (350). 780 Sec. 303A.02 (b) (ii) Listed Company Manual (o. Fußn. 618): „[. . .] has received, during any twelve-month period within the last three years, more than $120,000 [. . .]“; vgl. auch Ziff. 5605 (a) (2) (B) NASDAQ Manual (o. Fußn. 690). 781 So wird in den Niederlanden bspw. davon ausgegangen, dass nur angemessene Vergütungen aus der Betrachtung ausgeschlossen sind, vgl. IOSCO, Board independence of listed companies – Final report, S. 35, abrufbar unter: www.iosco.org/li brary/pubdocs/pdf/IOSCOPD238.pdf. 778

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

da die endgültige Höhe der Vergütung zum Zeitpunkt der Gewährung noch nicht feststehe.782 Sofern deutsche Unternehmen an der NYSE notiert sind oder die Zulassung beantragen wollen, müssen sie diese Voraussetzungen aber erfüllen. Die Gewährung von variablen Vergütungen könnte durch die Satzung oder einen Hauptversammlungsbeschluss auf einen Höchstbetrag begrenzt sein. In Anlehnung zu den Vorschriften der NYSE sind 120.000 Euro als absolute Grenze durchaus sinnvoll, zumal die Festlegung eines Höchstbetrags auch zu mehr Rechtssicherheit führt, da ein Aufsichtsratsmitglied nicht nachträglich durch seine Vergütung abhängig werden kann. Die Frage, ob die erfolgsabhängig gewährten Vergütungsbestandteile der Höhe nach „bedeutend“ sind, kann nicht ohne Vergleich zur Fest- bzw. zur Gesamtvergütung des Aufsichtsratsmitglieds beantwortet werden. Daher ist zu der oben befürworteten absoluten Grenze auch eine relative Grenze zu beachten. Bei aktienkursbasierten Vergütungsmodellen wurde früher die Unbedenklichkeit teilweise bei einem Umfang von einem Viertel bis zu einem Drittel der Gesamtvergütung angenommen.783 Ein dementsprechender Rahmen dürfte auch bei der Auslegung von Nr. 1 lit. c) der Kommissionsempfehlung anzuwenden sein. Empfehlenswert ist daher die Begrenzung der variablen Vergütungsbestandteile auf ein Drittel der Festvergütung bzw. einem Viertel der Gesamtvergütung. Die maximale Höhe der erfolgsabhängigen Vergütung von 120.000 Euro kann dem unabhängigen Finanzexperten also nur dann gewährt werden, wenn seine Festvergütung auf 360.000 Euro und mehr festgesetzt wurde. Andersherum bedeutet das, dass bei einer Festvergütung von 60.000 Euro die variablen Vergütungsbestandteile auf 20.000 Euro begrenzt werden müssen, um nicht nachträglich die Abhängigkeit des unabhängigen Mitglieds auszulösen. c) Ergebnis Nach dem Aktiengesetz können Aktienoptionen für Aufsichtsratsmitglieder weder mit bedingtem Kapital noch mit zurückerworbenen eigenen Aktien unterlegt oder durch die Begebung von Wandel- oder Optionsanleihen verwirklicht werden.784 Auch schuldrechtliche Nachbildungen von Aktienoptionen sind nach der Intention des Gesetzgebers und der Rechtsprechung erfasst, da hier nicht nur die gleiche Gefahr der Angleichung von Vergütungsinteressen von Vorstand und Aufsichtsrat wie bei der Gewährung von Aktienoptionen besteht, sondern auch weil diese Geschäfte als Umgehung der aktienrechtlichen Vorschriften zu interpretieren sind. Die Anknüpfung der Vergütung an den Unternehmenserfolg 782

Peltzer, NZG 2004, 509 (511). Vetter, ZIP 2008, 1 (5) [1/3]; Lutter in: FS Hadding, S. 561 (573) [1/4]. 784 Habersack in: MüKo AktG, § 113 Rn. 17, 19; BGHZ 158, 122 = NZG 2004, 376; Bender/Vater, DStR 2003, 1807 (1810 f.). 783

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ist aber gesetzlich nicht gänzlich ausgeschlossen, da hiervon auch positive finanzielle Anreize zu ordnungsgemäßer und sorgfältiger Aufsichtsratstätigkeit ausgehen können. Das Aktiengesetz nennt insbesondere die Vergütung durch einen Anteil am Jahresgewinn (§ 113 Abs. 3 AktG). Aber auch die Ermittlung auf Grundlage der Dividende oder anderen Ergebniszahlen ist nicht ausgeschlossen. Daneben bleibt die Einbeziehung des Aktienkurses in die Berechnungsgrundlagen zulässig, sofern das Vergütungsmodell nicht hauptsächlich auf diesem basiert. Auch wenn der nationale Gesetzgeber die potentiellen Interessenkonflikte erkannt hat, die sich durch eine Vergütung anhand des Aktienkurses entwickeln können, hat er die Einflussmöglichkeiten des Vorstands auf die Bezügehöhe der Aufsichtsratsmitglieder nicht generell beseitigt. Denn der Erfolg des Unternehmens ist maßgeblich durch das Geschäftsführungsorgan bewirkt, egal auf welchen Ergebniszahlen sich die Vergütung begründet. Die Kommissionsempfehlung knüpft deshalb für das unabhängige Mitglied die Zulässigkeit variabler Vergütungen an die Stärke der finanziellen Anreizwirkung. Nur wenn erfolgsabhängige Vergütungskomponenten in „bedeutendem Umfang“ gewährt werden, lösen sie die Abhängigkeit des Betreffenden aus. Hierbei ist nicht nur auf die Einhaltung einer absoluten Grenze von 120.000 Euro zu achten, sondern auch die Relation zur Fest- bzw. Gesamtvergütung muss im Blick behalten werden. Es empfiehlt sich daher für den unabhängigen Finanzexperten die variable Vergütung auf ein Drittel der Fest- bzw. ein Viertel der Gesamtvergütung zu begrenzen, wobei auch Bezüge von verbundenen Unternehmen einzubeziehen sind. 4. Anteilseigner mit Kontrollbeteiligung (Anhang II Nr. 1 lit. d) Nach Nr. 1 lit. d) sind auch Personen abhängig, die „ein Anteilseigner mit einer Kontrollbeteiligung [sind] oder einen solchen vertreten“. Kontrolle soll nach der Kommissionsempfehlung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der 7. Richtlinie 83/349/EWG des Rates785 verstanden werden. Eine Kontrollbeteiligung liegt danach vor, wenn ein Unternehmen (Mutterunternehmen): a) die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre eines Unternehmens (Tochterunternehmens) hält, b) das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Aufsichtsorgans eines Unternehmens (Tochterunternehmen) zu bestellen oder abzuberufen und gleichzeitig Aktionär dieses Unternehmens ist,

785

S. 1.

Konzernrechnungslegungsrichtlinie (83/349/EWG), ABl. Nr. L 193 v. 18.7.1983,

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

c) das Recht hat, auf ein Unternehmen (Tochterunternehmen), dessen Aktionär es ist, einen beherrschenden Einfluss aufgrund eines mit diesem Unternehmen geschlossenen Vertrags auszuüben, oder d) Aktionär eines Unternehmens ist und aa) allein durch die Stimmrechte die Mehrheit der Mitglieder des Aufsichtsorgans dieses Unternehmens (Tochterunternehmen) bestellt worden ist oder bb) aufgrund einer Vereinbarung mit anderen Aktionären dieses Unternehmens allein über die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre dieses Unternehmens (Tochterunternehmens) verfügt. a) Intention der Kommission Nach der Kommissionsempfehlung gefährden Beziehungen zu einem Kontrollaktionär die Urteilsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder. Ein ausreichender Schutz der Minderheitsaktionäre sei dann nicht mehr gewährleistet.786 Dies sah auch die Expertengruppe so. Zwar ist eine Aktionärsstruktur mit einem oder wenigen Großaktionären durchaus als vorteilhaft anzusehen, da diese in der Regel gut über die Geschäfte des Unternehmens Bescheid wissen und im Vergleich zu Unternehmen mit hoher Streubesitzquote die Führungskräfte genau überwachen. Das führt aber zu Konflikten mit Minderheitsaktionären, denen diese Überwachungsmöglichkeit fehlt und deren Interessen durch mindestens ein unabhängiges Mitglied im Aufsichtsrat zu wahren sind.787 b) Ausreichender Schutz der Minderheitsaktionäre durch das deutsche Konzernrecht? In Deutschland hat sich nicht nur die Regierungskommission DCGK und der Gesetzgeber gegen die Übernahme dieser Profilanforderung entschieden, auch in der Literatur regte sich heftiger Widerstand.788 Betont wurde dabei immer wieder, dass Aktionärsstrukturen mit einem oder mehreren Großaktionären hierzulande erwünscht seien und Unabhängigkeit im dualistischen System als Unabhängigkeit von der Geschäftsführung verstanden würde, was im Übrigen auch 786 Ziff. 13.1, Erwägungsgrund 7, Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3). 787 Bericht Expertengruppe, S. 62 ff. (o. Fußn. 647). 788 Stellungnahme Group of German Experts on Corporate Law, ZIP 2003, 863 (869); Hüffer, ZIP 2006, 637 (642); Wirth, ZGR 2005, 327 (339); Spindler, ZIP 2005, 2033 (2041); Habersack, ZHR 168 (2004), 373 (377 f.); Lieder, NZG 2005, 569 (571 f.); DAV, ZIP 2003, 1909 (1910); Stellungnahme BDI/Bankenverband/DAI/ DIHK/GDV, NZG 2004, 1052 f.; Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341 (346); vgl. Martens, ZHR 159 (1995), 567 (587).

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die OECD so sähe.789 Darüber hinaus beeinträchtige dieser Unabhängigkeitsstandard das Grundrecht des Mehrheitsaktionärs auf den Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG);790 denn dieser trage aufgrund seiner Beteiligungshöhe ein hohes unternehmerisches Risiko und habe deshalb schon ein berechtigtes Interesse an der Überwachung der Geschäftsleitung.791 Letztendlich sei dem Schutz der Minderheitsaktionäre durch das aktienrechtliche Ausgleichssystem Genüge getan,792 so dass es keines weitergehenden Schutzes bedürfe. In dieser Argumentation schwingt die Besorgnis mit, dass die faktische Konzernierung durch die Besetzung des Aufsichtsrats mit einem unabhängigen Mitglied eingeschränkt werden könnten und insbesondere in mitbestimmten Unternehmen eine Durchsetzung der Konzerninteressen gegenüber den Arbeitnehmervertretern erschwert werden würde. Ob und inwieweit der Minderheitenschutz im deutschen Konzernrecht tatsächlich ausreicht, um Benachteiligungen außenstehender Aktionäre zu vermeiden, soll im Folgenden untersucht werden. Der Begriff der Kontrollbeteiligung ist nach der Kommissionsempfehlung als Kontrolle eines Aktionärs über das Aufsichtsorgan einer anderen Gesellschaft zu verstehen, sei es, weil die Mehrheit der Mitglieder des Organs durch den Aktionär bestellt wurden, oder sei es, weil ihm ein Unternehmensvertrag beherrschenden Einfluss verleiht.793 In ähnlicher Weise knüpft das deutsche Aktienkonzernrecht den Schutz von Minderheitsaktionären an das Bestehen eines Beherrschungsvertrages oder an eine Abhängigkeitslage. Daher soll bei der nachfolgenden Untersuchung zwischen faktischem Konzern und Vertragskonzern unterschieden werden. aa) Schutz der Minderheitsaktionäre ohne das Bestehen eines Beherrschungsvertrages – das Ausgleichssystem der §§ 311 ff. AktG Zum Schutz der Minderheitsaktionäre und der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft sehen die §§ 311 ff. AktG Regelungen vor, die die Einflussnahme des herrschenden Aktionärs begrenzen sollen. Danach ist es nach § 311 Abs. 1 AktG dem herrschenden Unternehmen grundsätzlich verboten, die abhängige Gesellschaft zu einem für sie nachteiligen Rechtsgeschäft zu veranlassen. Nur im Einzelfall ist es erlaubt, dass die Organmitglieder der abhängigen Gesell-

789 Teil 1, VI. E, OECD-Grundsätze 2004, abrufbar unter: www.oecd.org; Cromme, Vortrag, S. 8 f. (o. Fußn. 193). 790 Habersack, ZHR 168 (2004), 373 (378); Lieder, NZG 2005, 569 (571 f.). 791 Lieder, NZG 2005, 569 (571 f.). 792 Hüffer, ZIP 2006, 637 (642); Kehler, Unabhängigkeit, S. 125; v. Werder/Wieczorek, DB 2007, 297 (302). 793 Vgl. die Konzernrechnungslegungsrichtlinie (83/349/EWG), (o. Fußn. 785).

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

schaft im Interesse des herrschenden Unternehmens handeln dürfen, wenn die Vermögensinteressen der abhängigen Gesellschaft gewahrt werden. (1) Bestehen einer Abhängigkeitslage i. S. d. § 17 AktG Das Regelungssystem der §§ 311 ff. AktG knüpft an das Bestehen einer Abhängigkeitslage nach § 17 AktG an, die grundsätzlich immer dann besteht, wenn ein herrschendes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar auf ein abhängiges Unternehmen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Das Bestehen eines (faktischen) Konzerns i. S. d. § 18 AktG ist also nicht erforderlich. Jedoch wird regelmäßig bei bestehender Abhängigkeitslage wegen der in § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG geregelten Vermutung auch ein Konzern gegeben sein. Im nächsten Schritt ist daher zu vergleichen, wann in den Fällen der Konzernrechnungslegungsrichtlinie auch eine Abhängigkeitslage nach deutschem Konzernrecht zu bejahen ist. a) Dem Mehrheitsaktionär ist es regelmäßig möglich, aufgrund seiner Beteiligung an der Gesellschaft über die Hauptversammlung die personelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu bestimmen und damit mittelbar über die Bestellung des Vorstands zu entscheiden; § 17 Abs. 2 AktG vermutet die Abhängigkeit daher bei Mehrheitsbeteiligung widerleglich. Bei der Ermittlung des Mehrheitsbesitzes kommt es aber nicht darauf an, ob das herrschende Unternehmen selbst die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte eines anderen Unternehmens hält. Auch Anteile von anderen abhängigen Gesellschaften oder Anteile, die auf Rechnung für das Unternehmen gehalten werden, sind diesem gem. § 16 Abs. 1 und 4 AktG zuzurechnen, so dass eine Gesellschaft auch dann im Mehrheitsbesitz des Unternehmens stehen kann, wenn sie nicht selbst, sondern über Tochtergesellschaften Anteile an der Gesellschaft hält.794 Der Mehrheitsbesitz ist jedoch nur Anknüpfungspunkt der Abhängigkeitsvermutung in § 17 Abs. 2 AktG, so dass letztere auch bei bestehendem Mehrheitsbesitz grundsätzlich widerlegbar ist. Jedoch wird das nur schwer gelingen, wenn Vertrauensleute des Mehrheitsaktionärs im Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft vertreten sind. Es kommt nämlich nicht darauf an, dass der Mehrheitsaktionär auch die Mehrheit im Aufsichtsrat hat.795 Vielmehr muss das Fehlen sonstiger Beherrschungsmittel nachgewiesen werden, um die Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG zu widerlegen.796 794 Vgl. Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 16 Rn. 16a. 795 Beispielsweise wenn in einer mitbestimmten Gesellschaft noch ein Entsenderecht eines anderen Aktionärs besteht. Vgl. auch: BVerfGE 98, 145 = NZG 1998, 942 (944). 796 Hüffer, AktG, § 17 Rn. 19; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 17 Rn. 36 ff.; Krieger in: MünchHdb. AG, § 68 Rn. 59; BVerfGE 98, 145 = NZG 1998, 942 (944); Bayer in: MüKo AktG, § 17 Rn. 95.

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b) Die Konzernrechnungslegungsrichtlinie geht von einer Kontrolle durch einen Aktionär auch dann aus, wenn dieser das Recht hat, die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen. In Betracht kommen hier vorrangig satzungsmäßige Bestimmungen, da die Richtlinie an anderer Stelle ausdrücklich vertragliche Vereinbarungen anspricht. Ein satzungsmäßiges Recht zur Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern regelt das Aktiengesetz in § 101 Abs. 2 AktG. Es kommt dabei nicht auf die Beteiligungshöhe des Aktionärs an, so dass auch Minderheitsaktionären ein Entsenderecht797 eingeräumt werden kann. Die Satzung kann dem Aktionär das Recht aber nur begrenzt einräumen, so dass dieser höchstens ein Drittel798 der Aufsichtsratsmitglieder bestimmen darf. Der Gesetzgeber wollte damit die Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern sichern und verhindern, dass der Aufsichtsrat nur vom entsendeberechtigten Aktionär zusammengesetzt wird.799 In mitbestimmungsfreien Gesellschaften dürfen daher nur ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder vom Entsendeberechtigten bestimmt werden. In mitbestimmten Aktiengesellschaften sind dafür nur die an die Anteilseignervertreter entfallenden Aufsichtsratsmandate relevant, so dass in Gesellschaften, die unter das MitbestG fallen, höchstens ein Sechstel der Aufsichtsratsmitglieder bestellt werden können und im Rahmen des DrittelbG nur zwei Neuntel. Ein Entsenderecht, dass einem Aktionär das Recht einräumt, die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder zu bestimmen, ist nach dem Aktiengesetz unzulässig.800 Das bedeutet aber nicht, dass ein Entsenderecht nicht zur Annahme einer Abhängigkeitslage führen kann.801 Sind daneben Umstände gegeben, die eine verlässliche Einflussnahme rechtlicher oder tatsächlicher Art des Entsendeberechtigten auf die Gesellschaft ermöglichen, kann die Abhängigkeit gem. § 17 Abs. 1 AktG bejaht werden;802 beweispflichtig ist dafür aber die abhängige Gesellschaft.

797 Zur Vereinbarkeit des aktienrechtlichen Entsenderechts mit der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 56 Abs. 1 EG: Neumann/Ogorek, NZG 2008, 892; Möslein, AG 2007, 770. 798 Siehe zur Aufhebung von § 4 Abs. 1 VWGmbHÜG durch Änderungsgesetz v. 8.12.2008 (BGBl. I S. 2069); EuGH, Urt. v. 23.10.2007 – Rs. C-112/05, ABl. Nr C 315 v. 8.12.07, S. 5 = ZIP 2007, 2068. 799 Der Entwurf zum AktG 1965 enthielt noch den Vorschlag eine Begrenzung des Entsenderechts gänzlich aufzugeben. Siehe dazu: Kropff, RegBegr. AktG, § 101 S. 138; Habersack in: MüKo AktG, § 101 Rn. 53. 800 Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 17 Rn. 20. 801 Auch öffentlich-rechtliche Körperschaften unterfallen dem Unternehmensbegriff: BGHZ 69, 334 (VEBA) = NJW 1978, 104; BGHZ 175, 365 (UMTS) = WM 2008, 787 (788). 802 Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 17 Rn. 18 ff.; Bayer in: MüKo AktG, § 17 Rn. 32 f.; Krieger in: MünchHdb. AG, § 68 Rn. 42, 47; BGHZ 135, 107 = AG 1997, 374 (376) [Abhängigkeit der VW-AG vom Land Niedersachsen].

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

c) Eine Kontrollbeteiligung ist auch demjenigen zuzusprechen, dessen Stimmrechte in der Hauptversammlung zur Wahl der Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder führen. Dabei sieht die Richtlinie803 vor, dass die Mitgliedsstaaten die Annahme einer Kontrollbeteiligung davon abhängig machen können, dass auf den Aktionär 20 Prozent oder mehr der Stimmrechte entfallen. Demgegenüber definierte die Expertengruppe Aktionäre mit bedeutendem Anteil danach, ob sie allein oder gemeinsam mindestens 30 Prozent des Aktienkapitals des Unternehmens halten.804 Der Sarbanes-Oxley-Act805 regelt demgegenüber die Abhängigkeit einer „affiliated person“,806 die nach den Anforderungen der SEC dann nicht bejaht werden soll, wenn sie einem Anteilseigner nahe steht, der weniger als 10 Prozent der Stimmrechte hat.807 Die Konzernrechnungslegungsrichtlinie gibt jedoch nur einen Grenzwert vor, verlangt aber nicht, dass die Mitgliedsstaaten die Definition der Kontrollbeteiligung auch daran festmachen. Das Aktiengesetz knüpft die Abhängigkeit nicht an das Erreichen einer bestimmten Beteiligungshöhe. Für die Bejahung einer Abhängigkeitslage ist vielmehr notwendig, dass ein Aktionär die Möglichkeit hat, beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben. Bei einer Minderheitsbeteiligung ist das jedenfalls dann der Fall, wenn diese sich aufgrund der regelmäßigen Hauptversammlungspräsenz wie eine Mehrheitsbeteiligung auswirkt. Bei einer durchschnittlichen Hauptversammlungspräsenz in den DAX-30 Unternehmen von ca. 54 Prozent808 kann auch eine Minderheitsbeteiligung von unter 30 Prozent des Aktienkapitals genügen, um die Mehrheit der Anteilseignervertreter zu wählen. Jedoch strebt der Gesetzgeber durch das ARUG809 eine Stärkung der Hauptversammlungspräsenz an, so dass in Zukunft höhere Beteili-

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Konzernrechnungslegungsrichtlinie (83/349/EWG), (o. Fußn. 785). Bericht Expertengruppe, S. 67 (o. Fußn. 647). 805 Sec. 301 (10A (m) (3) (B) (ii)) Sarbanes-Oxley-Act 2002; Rule 10A-3 (b) (1) (ii) (B) zum Exchange Act (o. Fußn. 614). 806 Zur Definition: Peltzer, NZG 2004, 509 (510); Gruson/Kubicek, AG 2003, 337 (341); Willms in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 14 Rn. 24; Block, BKR 2003, 774 (781). 807 „Under the safe harbor as adopted, a person who is not an executive officer or a shareholder owning 10% or more of any class of voting equity securities of a specified person will be deemed not to control such specified person.“, SEC Release No. 33-8220; 34-47654. 808 Hauptversammlungspräsenz der DAX-30 Unternehmen (1998–2008), abrufbar: www.dsw-info.de. 809 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.07.2009, BGBl. I S. 2479; § 118 Abs. 1 AktG [Möglichkeit der Online-Teilnahme an der Hauptversammlung], § 118 Abs. 2 AktG [Zulassung der Briefwahl] § 124a AktG [erleichterte Informationsbeschaffung für Aktionäre börsennotierter AGs durch Internetveröffentlichung im Vorfeld der HV]; dazu: Seibert/Florstedt, ZIP 2008, 2145; zum RefE: Drinhausen/Keinath, BB 2008, 1238; Noack, NZG 2008, 441. 804

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gungen notwendig sein könnten, um die Abhängigkeit nach § 17 Abs. 1 AktG zu bejahen. d) Einem Aktionär kann auch durch vertragliche Vereinbarungen das Recht zustehen, die Mehrheit der Mitglieder des Aufsichtsrats zu bestellen.810 In Betracht kommen hier Stimmbindungsverträge, die die beteiligten Aktionäre dazu verpflichten, ihr Stimmrecht in der Hauptversammlung in einer bestimmten Weise auszuüben. Derartige schuldrechtliche Verpflichtungen sind grundsätzlich zulässig, sofern die Grenzen des § 136 Abs. 2 AktG beachtet werden. Danach kann sich ein Aktionär nicht wirksam dazu verpflichten, sein Stimmrecht weisungsgebunden auszuüben, wenn die Gesellschaft oder deren Organmitglieder Vertragspartner sind. Zum Zweck des Umgehungsschutzes fallen auch Verträge mit abhängigen Unternehmen unter das Verbot. Demgegenüber sind Stimmbindungsverträge mit anderen Aktionären zulässig, sofern nicht besondere Vorteile für die Stimmausübung gewährt werden (sog. Stimmenkauf) oder damit eine Umgehung des in § 136 Abs. 1 AktG geregelten Verbots des Richtens in eigener Sache bezweckt wird.811 Ein Aktionär kann dabei sein Stimmverhalten auch einseitig den Weisungen eines anderen Aktionärs unterstellen. Umstritten ist es, ob Stimmrechte aus Stimmbindungsverträgen bei der Ermittlung der Stimmenmehrheit nach § 16 Abs. 1 und 4 AktG hinzugerechnet werden dürfen. Der abhängigen Gesellschaft bliebe so der Nachweis einer Beherrschungsmöglichkeit durch einen Aktionär erspart, wenn die aus Stimmbindungsverträgen resultierenden Stimmen zur Stimmenmehrheit eines Aktionärs führen würden. Die herrschende Meinung812 geht aber davon aus, dass die Stimmenmehrheit gem. § 16 AktG anteilsmäßig vermittelt sein muss, so dass die bloß schuldrechtliche Berechtigung über ein Stimmrecht zu verfügen nicht genügen soll, die Abhängigkeitsvermutung nach § 17 Abs. 2 AktG auszulösen. Jedoch werden Stimmbindungsverträge, die zur Stimmenmehrheit bei einem Aktionär führen, regelmäßig nach § 17 Abs. 1 AktG zur Abhängigkeit führen. Darüber hinaus ist es möglich, auch bei bestehender Minderheitsbeteiligung durch Stimmbindungsverträge i.V. m. einer Hauptversammlungsmehrheit einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft zu erlangen.

810 Vgl. Art. 1 Abs. 1 Buchst. b und Buchst. d Unterbuchst. bb Konzernrechnungslegungsrichtlinie (83/349/EWG), (o. Fußn. 785). 811 Schröer in: MüKo AktG, § 136 Rn. 62 ff.; Hüffer, AktG, § 133 Rn. 28; vgl. auch zu den Grenzen in Stimmrechtskonsortien: BGH, Urt. v. 24.11.2008 – II ZR 116/08, AG 2009, 163. 812 Koppensteiner in: KK AktG, § 16 Rn. 43; Krieger in: MünchHdb. AG, § 68 Rn. 33; Windbichler in: Großkomm. AktG, § 16 Rn. 38; a. A.: Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 16 Rn. 25; Bayer in: MüKo AktG, § 16 Rn. 41, 48.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

(2) Verbot der Veranlassung nachteiliger Rechtsgeschäfte? § 311 Abs. 1 AktG regelt ein grundsätzliches Verbot der nachteiligen Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft.813 Die Organmitglieder bleiben damit wie in einer konzernfreien Gesellschaft dem Interesse ihrer Gesellschaft verpflichtet. Das gilt auch für die vom Kontrollaktionär gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder, die dessen Interessen nur innerhalb der Grenzen des Unternehmensinteresses der abhängigen Gesellschaft beachten dürfen. Stellt sich heraus, dass die vom herrschenden Unternehmen angestrebte Maßnahme zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft ist, darf sie nicht vorgenommen werden. Von diesem Verbot macht § 311 Abs. 1 und 2 AktG eine Ausnahme, wenn die Vermögensinteressen der abhängigen Gesellschaft dadurch gewahrt werden, dass der durch ein veranlasstes Rechtsgeschäft erlittene Nachteil bis zum Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen wird. Damit wird den Organmitgliedern des abhängigen Unternehmens erlaubt, im Einzelfall das Interesse des herrschenden Unternehmens zu berücksichtigen und zwar auch dann, wenn es dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft entgegensteht. Das befreit aber weder den Vorstand noch den Aufsichtsrat, sowohl des abhängigen als auch des herrschenden Unternehmens davon, genau zu prüfen, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen. Ist eine nachteilige Maßnahme zu bejahen, ist des Weiteren zu untersuchen, ob der Nachteil ausgleichsfähig ist und ob der dadurch erlittene Vermögensverlust auch bis zum Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen wird. Ergeben sich bei sorgfältiger Prüfung Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass der Nachteilsausgleich bis zum Ende des Geschäftsjahres unwahrscheinlich ist, muss das Rechtsgeschäft unterbleiben.814 Im Unterschied zum Vertragskonzern sind die Organmitglieder der abhängigen Gesellschaft nicht verpflichtet, bei Vorliegen der Voraussetzungen die Interessen der herrschenden Gesellschaft zu verfolgen.815 Jedoch werden die Doppelmandatsträger dem herrschenden Unternehmen gegenüber verpflichtet sein,

813 Kropff, RegBegr. AktG, § 311 S. 407 f.; Altmeppen, ZHR 171 (2007), 320 (340); Uwe H. Schneider in: FS Raiser, S. 341 (348). 814 BGH, Urt. v. 1.12.2008 – II ZR 102/07 (MPS), AG 2009, 81 (82) [kein Nachteil bei Ausreichung eines unbesicherten Darlehens an die Muttergesellschaft bei vollwertigem Rückzahlungsanspruch]; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 311 Rn. 44; Kropff in: MüKo AktG, § 317 Rn. 20. 815 H.M.: Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 311 Rn. 10; Koppensteiner in: KK AktG, § 311 Rn. 139; Krieger in: MünchHdb. AG, § 69 Rn. 23 ff.; Kropff in: MüKo AktG, § 311 Rn. 312; Uwe H. Schneider/Nowak in: FS v. Rosen, S. 577 (585); Altmeppen, ZHR 171 (2007), 320 (334); a. A. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 329 f.; Götz, ZGR 1990, 633 (650 f.) [Pflicht zur Befolgung der Vorgaben des herrschenden Unternehmens].

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die Unternehmensstrategie auch in der abhängigen Gesellschaft durchzusetzen. Obwohl diese Verpflichtung im Verhältnis zur abhängigen Gesellschaft keinen Bestand hat, werden Doppelfunktionäre trotzdem die Entscheidungsalternative wählen, die den Vorgaben des herrschenden Unternehmens entspricht. Durch die personellen Verflechtungen verdichtet sich also das im Gesetz geregelte Recht, die Interessen der Obergesellschaft zu beachten, zu einem faktischen Befolgungszwang, so dass die Interessen der abhängigen Gesellschaft leicht aus den Augen verloren werden können. (3) Schutz durch den Abhängigkeitsbericht? Die durch die personelle Besetzung des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft gesicherte Durchsetzung der Interessen der Obergesellschaft kann im erheblichen Widerspruch zu den Interessen der abhängigen Gesellschaft und denen der Gläubiger und Minderheitsaktionäre stehen. Wie gesehen sind Doppelmandatsträger gerade keine unabhängigen Kontrolleure, sondern werden in erster Linie zur Durchsetzung der Konzernstrategie in den Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft „entsandt“. Für die Gläubiger und außenstehenden Aktionäre ist häufig nicht sichtbar, welche nachteiligen Maßnahmen vom herrschenden Unternehmen vorgegeben werden und ob der Nachteil ausgeglichen wurde. Die Gefahr einer unbemerkten „Ausplünderung“ der abhängigen Gesellschaft ist damit groß, nicht zuletzt weil auch bilanzielle Spielräume zur Verschleierung von nachteiligen Maßnahmen genutzt werden können. § 312 AktG sieht aber zur Verbesserung der Informationsgrundlage für Gläubiger und Minderheitsaktionäre816 die Pflicht des Vorstands der abhängigen Gesellschaft vor, innerhalb der ersten drei Monate des Geschäftsjahres einen Abhängigkeitsbericht zu erstellen. In diesem sind sämtliche Rechtsgeschäfte und Maßnahmen, die im Zusammenhang mit „dem herrschenden Unternehmen oder einem mit ihm verbundener Unternehmen“ stehen „oder auf Veranlassung oder im Interesse dieser Unternehmen“ getroffen wurden, detailliert nach den „Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft“ aufzuführen, § 312 Abs. 1 und 2 AktG. Problematisch ist es jedoch, dass vom Gesetzgeber keine Offenlegung des Berichts gegenüber den Minderheitsaktionären vorgesehen wurde und anstelle dessen die Geheimhaltungsinteressen der beteiligten Unternehmen höher bewertet werden.817 Zum Schutz der außenstehenden Aktionäre sieht das Gesetz lediglich die Prüfung des Berichts durch den Aufsichts816 Kropff, RegBegr. AktG, § 312 S. 411; Hüffer, AktG, § 312 Rn. 1; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 312 Rn. 2. 817 Kropff, RegBegr. AktG, § 312 S. 411; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 312 Rn. 5; Emmerich/Habersack, KonzernR, § 26 Rn. 3; Hüffer, AktG, § 312 Rn. 38.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

rat818 und den Abschlussprüfer819 vor. Zwar ist die Schlussbemerkung des Vorstands nach § 312 Abs. 3 Satz 3 AktG im Lagebericht zu veröffentlichen und die Prüfungsergebnisse des Aufsichtsrats müssen zusammen mit dem Vermerk des Abschlussprüfers in den Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung820 eingefügt werden; das bietet aber keinen ausreichenden Schutz für die Minderheitsaktionäre.821 Eine Sonderprüfung kann nach § 315 Satz 1 AktG nämlich nur dann von einem Minderheitsaktionär beantragt werden, wenn der Abschlussprüfer den Bestätigungsvermerk versagt oder eingeschränkt hat oder wenn der Aufsichtsrat Einwendungen gegen die Erklärung des Vorstands erhebt oder der Vorstand selbst erklärt, dass nachteilige Maßnahmen nicht ausgeglichen wurden. Diese Voraussetzungen werden aber so gut wie nie gegeben sein.822 Ob es den außenstehenden Aktionären aber gelingt, bei mangelnder Publizität des Abhängigkeitsberichts Tatsachen darzulegen, die einen hinreichenden Verdacht einer pflichtwidrigen Nachteilszufügung nahelegen,823 ist fraglich. Letztendlich muss dann auch noch der Schwellenwert des § 142 Abs. 2 AktG überwunden werden, um eine Sonderprüfung wirksam beantragen zu können. Damit wird die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen das herrschende Unternehmen und gegen den Vorstand der eigenen Gesellschaft nach § 317 AktG für die Minderheitsaktionäre nahezu unmöglich.824 (4) Zwischenergebnis Das konzernrechtliche Schutzsystem in §§ 311 ff. AktG mag zwar weltweit vorbildlich sein,825 einen ausreichenden Schutz vor intransparenten Benachteiligungen der abhängigen Gesellschaft durch den Kontrollaktionär kann es aber nicht gewähren, so dass Vertreter des herrschenden Unternehmens grundsätzlich abhängig sind.826 Das gesetzliche System des Einzelausgleichs wird auch in Deutschland häufig kritisiert, da es mit erheblichen Abgrenzungs- und vor al818 § 314 AktG; siehe insbesondere zur Prüfungsintensität des Aufsichtsrats: Vetter, ZHR 171 (2007), 342 (364) [Prüfung des Abhängigkeitsberichts nicht einmal gesonderter TOP]. 819 § 313 AktG. 820 §§ 314 Abs. 2 i.V. m. § 171 Abs. 2 AktG. 821 Vetter, ZHR 171 (2007), 342 (365 ff.) [Offenlegungspflicht de lege ferenda]. 822 Emmerich/Habersack, § 26 Rn. 35; ähnlich Uwe H. Schneider, AG 2008, 305 (309) [hohe Hürde nicht leicht zu überwinden]; vgl. RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 25. 823 RegBegr. KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 25; vgl. LG Münster, Beschl. v. 19.1.2000 – 21 T 1/99, AG 2001, 54. 824 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.4.1988 – 19 W 32/86, WM 1988, 1052 (1057). 825 Vgl. Lutter in: FS K. Schmidt, S. 1065 (1066) [Konzernrecht nur in wenigen Ländern].

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lem Durchsetzungsproblemen zu kämpfen hat.827 Es ist bereits schwierig festzustellen, ob und wann eine Veranlassung seitens der herrschenden Gesellschaft vorliegt.828 Minderheitsaktionäre, die das Ausmaß der Beziehungen zum herrschenden Unternehmen nicht kennen, können nicht entscheiden, ob eine Veranlassung seitens des Großaktionärs zur Entscheidung der Geschäftsleitung geführt oder ob diese ohne Beeinflussung entschieden hat. Hier hilft zwar die von der herrschenden Meinung angenommene Vermutung weiter, die zu Lasten des herrschenden Unternehmens von einer Veranlassung ausgeht, wenn eine für die abhängige Gesellschaft nachteilige Maßnahme vorgelegen hat.829 Probleme ergeben sich jedoch dann wieder, wenn der nachteilige Charakter eines Rechtsgeschäfts nicht eindeutig bestimmt werden kann, etwa weil nur eine Gefährdung der Vermögenslage830 eingetreten ist, ohne das eine konkrete Minderung im Gesellschaftsvermögen festgestellt werden kann, oder weil bilanzielle Spielräume dazu genutzt wurden, Vermögensnachteile zu verschleiern. Darüber hinaus trägt auch der Abhängigkeitsbericht nicht zum Schutz der Minderheitsaktionäre bei, selbst wenn die Pflicht zur Erstellung eines detaillierten Berichts häufig zur Begrenzung des Einflusses der Obergesellschaft führt. Dieses praktische Hindernis gleicht aber nicht das Informationsdefizit der außenstehenden Aktionäre aus, so dass es mindestens eines unabhängigen sachverständigen Mitglieds im Aufsichtsrat bedarf, der die Interessen der Minderheitsaktionäre wahrt; denn letztendlich deutet die geringe Befassung der Gerichte mit Rechtsproblemen des faktischen Konzerns831 nicht auf die Funktionalität des Schutzsystems der §§ 311 ff. AktG hin, sondern ist vielmehr auch der mangelnden Publizität des Abhängigkeitsberichts geschuldet.

826 Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 3.11.1986 – 8 U 59/86 (Banning), AG 1987, 38 = WM 1987, 35 [mindestens ein relativ neutrales Mitglied im Aufsichtsrat einer abhängigen Konzerngesellschaft]. 827 Emmerich/Habersack, KonzernR, § 24 Rn. 4; Kropff in: MüKo AktG, Vor § 311 Rn. 23 ff.; Hommelhoff, ZHR 156 (1992), 295 (313); vgl. Vetter, ZHR 171 (2007), 342 (368). 828 Hommelhoff, ZHR 156 (1992), 295 (313). 829 Krieger in: MünchHdb. AG, § 69 Rn. 76, Hüffer, AktG, § 311 Rn. 20 f.; vgl. Kropff in: MüKo AktG, § 311 Rn. 85 ff.; a. A. für Beweis des ersten Anscheins: Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 311 Rn. 33; Koppensteiner in: KK, § 311 Rn. 10. 830 Hüffer, AktG, § 311 Rn. 25; BGHZ 141, 79 = AG 1999, 372; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 311 Rn. 39; BGH, Urt. v. 1.12.2008 – II ZR 102/07 (MPS), AG 2009, 81 [aber keine konkrete Vermögensgefährdung bei Ausreichung eines unbesicherten Darlehens an Muttergesellschaft bei vollwertigem Rückzahlungsanspruch]. 831 So Kropff in: MüKo AktG, Vor § 311 Rn. 29.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

bb) Schutz der Minderheitsaktionäre im Vertragskonzern Kontrolle hat auch derjenige, der aufgrund eines abgeschlossenen Vertrags dazu berechtigt ist, einen beherrschenden Einfluss auf eine (abhängige) Gesellschaft auszuüben. Dabei stellt es die Richtlinie den Mitgliedsstaaten frei, ob auch Verträge mit Nichtaktionären genügen sollen, um eine Kontrolle zu bejahen.832 Der aktienrechtliche Konzernbegriff verlangt aber immer eine gesellschaftsrechtlich vermittelte Einflussmöglichkeit,833 so dass Verträge mit Nichtaktionären, selbst wenn diese eine erhebliche Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft geben, nicht genügen. Das Aktiengesetz sieht in § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG die Möglichkeit vor, dass eine (abhängige) Gesellschaft die Leitung ihres Unternehmens vertraglich einem anderen Unternehmen unterstellen kann. Der Beherrschungsvertrag gewährt der Obergesellschaft in Verbindung mit § 308 AktG ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft und sichert so die Durchsetzung der Interessen der Muttergesellschaft in der Untergesellschaft. Daneben treten die Interessen der außenstehenden Aktionäre erheblich in den Hintergrund, so dass auch im Vertragskonzern der ausreichende Schutz der Minderheitsaktionäre fraglich erscheint. (1) Grenzen der Weisungsbefugnis des herrschenden Unternehmens a) Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft ist verpflichtet, die Weisung des herrschenden Unternehmens zu befolgen, unabhängig davon, ob diese einen Vorteil oder einen Nachteil für sein Unternehmen bedeutet. Nur Weisungen, die offensichtlich nicht den Belangen des herrschenden Unternehmens oder konzernverbundener Unternehmen dienen, darf er zurückweisen, § 308 Abs. 2 Satz 2 AktG. Zwar bleiben auch im Vertragskonzern die einzelnen Gesellschaften rechtlich selbständig, die Organmitglieder der abhängigen Gesellschaften werden durch die Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens aber weitestgehend von der Beachtung der Interessen ihrer Gesellschaft befreit. § 308 AktG soll dem herrschenden Unternehmen eine straffe Konzernleitung ermöglichen, die nicht durch die Weigerung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft zur Ausführung der angewiesenen Maßnahmen konterkariert werden soll.834 Daher 832 Die Konzernrechnungslegungsrichtlinie wurde durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLG) vom 19.12.1985 in das deutsche Recht umgesetzt. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie findet sich weitestgehend in § 290 HGB wieder. 833 Hüffer, AktG, § 17 Rn. 8; Bayer in: MüKo AktG, § 17 Rn. 29; Koppensteiner in: KK AktG, § 17 Rn. 58 f.; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbHKonzernR, § 17 Rn. 15; BGHZ 90, 381 = NJW 1984, 1893 (1896); OLG Frankfurt, Urt. v. 22.12.2003 – 19 U 78/03, AG 2004, 567 (568). 834 Vgl. Kropff, RegBegr. AktG, § 308 S. 403; Koppensteiner in: KK AktG, § 308 Rn. 65.

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hat der Vorstand der abhängigen Gesellschaft nur zu prüfen, ob die Schranken des Weisungsrechts eingehalten werden, insbesondere keine existenzgefährdenden Weisungen835 durch das herrschende Unternehmen erteilt wurden. Er ist aber nicht verpflichtet, sich beim herrschenden Unternehmen über den „Konzernvorteil“ einer Maßnahme zu vergewissern,836 vielmehr darf er seine Prüfung darauf beschränken, ob sich aus den vorliegenden Materialien ergibt, dass die Weisung offensichtlich nicht im Interesse des herrschenden Unternehmens837 erteilt wurde. Da der Vorstand der abhängigen Gesellschaft nicht die Möglichkeit hat, nachteilige Weisungen zu verweigern, sofern sie nicht offensichtlich gegen das Konzernwohl erteilt wurden, muss die Beachtung der Interessen der abhängigen Gesellschaft im Vertragskonzern weitestgehend der herrschenden Gesellschaft auferlegt werden. Daher kann sich, entgegen der herrschenden Meinung,838 die Rechtswidrigkeit einer Weisung nicht nur aus der Überschreitung der Grenzen des § 308 AktG ergeben, sondern ist auch bei einem Sorgfaltspflichtverstoß des herrschenden Unternehmens gegenüber der abhängigen Gesellschaft zu bejahen, so dass sich § 309 AktG als zusätzliche Schranke des Weisungsrechts darstellt.839 Daher verletzt der Vorstand der herrschenden Gesellschaft auch dann seine Pflichten, wenn er zwar eine mit § 308 AktG vereinbare Weisung erteilt, diese aber nicht der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entspricht und die abhängige Gesellschaft schädigt. b) Die Interessen der Minderheitsaktionäre sind jedoch nicht nur durch das umfassende Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens beeinträchtigt. Auch ohne Weisungen sind die Organmitglieder der abhängigen Gesellschaft durch den Beherrschungsvertrag dazu verpflichtet,840 das Interesse der Konzernobergesellschaft zu wahren und insbesondere keine den Konzern schädigende Maßnahmen zu veranlassen.841 Durchgesetzt wird ein „konzernfreundliches“ 835 Hüffer, AktG, § 308 Rn. 19; Altmeppen in: MüKo AktG, § 308 Rn. 148 [Grenze: evidenter Rechtsmissbrauch]; Koppensteiner in: KK AktG, § 308 Rn. 50 m.w. N.; Altmeppen, ZHR 171 (2007), 320 (327 f.) [keine Existenzgefährdung, da Verlustübernahme gem. § 302]. 836 Koppensteiner in: KK AktG, § 308 Rn. 66; Hüffer, AktG, § 308 Rn. 22. 837 Zum „Konzerninteresse“: 1. Kapitel § 2 A. IV. 2. c). 838 H.M., die nur rechtswidrige Weisungen als sorgfaltswidrig einordnet: Altmeppen in: MüKo AktG, § 309 Rn. 68; Koppensteiner in: KK AktG, § 309 Rn. 11; Krieger in: MünchHdb. AG, § 70 Rn. 160. 839 Vgl. Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 309 Rn. 28 ff. [Doppelfunktion der Sorgfaltspflichtverletzung]; Kropff, RegBegr. AktG, § 309 S. 404 [Verantwortlichkeit mit Leitungsmacht verknüpft]. 840 H.M. Koppensteiner in: KK AktG, § 308 Rn. 71; Hüffer, AktG, § 308 Rn. 20; Altmeppen in: MüKo AktG, § 308 Rn. 153 ff.; Wardenbach, Interessenkonflikte, S. 136 f. 841 Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 308 Rn. 54 [nur Verbot direkt schädigender Maßnahmen].

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

Verhalten der abhängigen Gesellschaft mittels personeller Verflechtung der Gesellschaftsorgane, wobei diese mit Blick auf § 309 Abs. 1 AktG nicht unproblematisch sind;842 denn die Vorschrift schreibt nur bei der ausdrücklichen Erteilung von Weisungen die Beachtung der Sorgfaltspflicht vor. Die Unzulässigkeit der personellen Verbindungen kann daraus aber nicht geschlossen werden, denn letztendlich privilegiert das Gesetz Konzernmandate sogar in § 100 Abs. 2 Satz 2 AktG. Ungeachtet des theoretischen Rechtsstreits, ob § 309 Abs. 1 AktG entsprechend eingreift, wenn nachteilige Maßnahmen über Doppelmandatsträger durchgesetzt wurden,843 hat die Vorschrift kaum praktische Bedeutung. Zwar ist nach § 309 Abs. 4 AktG auch der einzelne Minderheitsaktionär zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruches aktiv legitimiert.844 Diesem wird es in der Praxis aber kaum möglich sein, die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gegen die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens darlegen und beweisen zu können, da er in der Regel die Konzerninterna nicht kennt.845 Daher stellt auch eine entsprechende Anwendung des § 309 Abs. 1 AktG keinen ausreichenden Schutz der Minderheitsaktionäre vor Beeinflussungen durch den Großaktionär dar. (2) Schutz der Minderheitsaktionäre durch den Beherrschungsvertrag? Die außenstehenden Aktionäre sind während des Bestehens eines Beherrschungsvertrages kaum gegen die Beeinträchtigungen ihrer Interessen durch den Kontrollaktionär geschützt. Die Weisungsbefugnis, die § 308 AktG dem herrschenden Unternehmen eröffnet, gibt diesem die Möglichkeit der umfassenden Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft, die noch durch die personellen Verflechtungen verstärkt wird. Daher soll nachfolgend untersucht werden, ob die Interessen der außenstehenden Aktionäre durch den Beherrschungsvertrag ausreichend geschützt sind und damit der „Interessenüberhang“ des herrschenden Unternehmens ausgeglichen wird. a) Der Beherrschungsvertrag bedarf nach § 293 Abs. 1 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung, um wirksam zu werden. Dabei kann der Zustimmungsbeschluss nur mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals gefasst werden. Die Regelung soll verhindern, dass sich der Großaktionär über die personelle Besetzung der Gesellschaftsorgane der abhängigen Gesellschaft letztendlich selbst die umfas842

Vgl. Koppensteiner in: KK AktG, § 308 Rn. 26. Bejahend: Hüffer, AktG, § 309 Rn. 12; Emmerich/Habersack, KonzerR, § 23 Rn. 59; a. A.: Altmeppen in: MüKo AktG, § 309, 145 ff.; Krieger in: MünchHdb. AG, § 70 Rn. 160. 844 Gesetzliche Prozessstandschaft: Hüffer, AktG, § 309 Rn. 21a. 845 Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 309 Rn. 2, 36. 843

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sende Einwirkungsmöglichkeit auf diese sichern kann, ohne dass an der Entscheidung die außenstehenden Aktionäre beteiligt sind. Jedoch geht der Gesetzgeber davon aus, dass nicht nur die außenstehenden Aktionäre stimmberechtigt sind, sondern auch der Vertragspartner selbst,846 so dass das Zustimmungserfordernis als Schutz der Minderheitsaktionäre fehlgeht. b) Zum Schutz der außenstehenden Aktionäre sieht das Aktiengesetz aber einen angemessenen finanziellen Ausgleich im (isolierten) Beherrschungsvertrag vor, § 304 Abs. 1 Satz 2 AktG. Den außenstehenden Aktionären muss dabei ein bestimmter jährlicher Gewinnanteil garantiert werden, was zu einer Aufstockung der Dividende führt, wenn diese am Ende des Geschäftsjahres hinter dem garantierten Betrag zurückbleibt (Dividendengarantie).847 Bei einem zusätzlich abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag entfällt der Bilanzgewinn in der verpflichteten Gesellschaft, so dass ein Dividendenanspruch der Aktionäre nicht entsteht.848 In diesen Fällen schützt § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG die außenstehenden Aktionäre dadurch, dass der andere Vertragsteil auf die Anteile am Grundkapital bezogene, wiederkehrende Ausgleichszahlungen an die Aktionäre zu leisten hat. Sieht der Vertrag keine Ausgleichsregelungen vor, so ist dieser nach § 304 Abs. 3 AktG nichtig. Das gilt auch dann, wenn der Ausgleichsanspruch nicht gegenüber dem herrschenden Unternehmen besteht, sondern lediglich die abhängige Gesellschaft verpflichtet.849 Demgegenüber führt die Unangemessenheit der Ausgleichszahlung, auch wenn sie offensichtlich ist, nicht zur Nichtigkeit des Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages und kann auch keine Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses rechtfertigen;850 § 304 Abs. 3 Satz 3 AktG verweist die außenstehenden Aktionären hierfür auf das Spruchverfahren. Andere Mängel in der Beschlussfassung851 können aber von den außenstehenden Aktionären nach den allgemeinen Vorschriften geltend gemacht werden. Die Anfechtungsklage bewirkt jedoch keine Registersperre, so dass der Unternehmensvertrag auch bei erfolgter Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses eintragungsfähig ist.852 Außenstehende Aktionäre können aber im Wege des 846 Kropff, RegBegr. AktG, § 293 S. 380; Altmeppen in: MüKo AktG, § 293 Rn. 41; Hüffer, AktG, § 293 Rn. 9. 847 Krieger in: MünchHdb. AG, § 70 Rn. 77; Emmerich/Habersack, KonzernR, § 21 Rn. 5. 848 Emmerich/Habersack, KonzernR, § 21 Rn. 3; Koppensteiner in: KK AktG, § 304 Rn. 31. 849 Krieger in: MünchHdb. AG, § 70 Rn. 108; Koppensteiner in: KK AktG § 304 Rn. 26; Bilda in: MüKo AktG, § 304 Rn. 195; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 304 Rn. 78. 850 Hüffer, AktG, § 304 Rn. 21; Koppensteiner in: KK AktG, § 304 Rn. 107. 851 Nach § 304 Abs. 3 Satz 2 AktG ist lediglich § 243 Abs. 2 AktG als Anfechtungsgrund ausgeschlossen. 852 Das Registergericht soll aber die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage prüfen und seine Entscheidung darauf aufbauen. Siehe dazu: Altmeppen in: MüKo AktG,

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einstweiligen Rechtsschutzes ein Eintragungsverbot erreichen.853 Darüber hinaus ist die Eintragung zwar im Bezug auf die Wirksamkeit des Vertrages konstitutiv, heilende Wirkung entfaltet sie aber nicht,854 so dass auch ein nach der Eintragung ausgesprochenes stattgebendes Anfechtungsurteil weiterhin zur Nichtigkeit des Vertrages führt. c) Die außenstehenden Aktionäre können sich auch für das Ausscheiden aus der Gesellschaft entscheiden. Nach § 305 Abs. 1 AktG muss der Beherrschungsoder der Gewinnabführungsvertrag ein Abfindungsangebot des herrschenden Vertragspartners enthalten. Zwar macht eine fehlende Abfindungsregelung den Vertrag im Unterschied zum Fehlen der Ausgleichsregelung nicht nichtig und führt insbesondere nicht zur Anfechtbarkeit des Zustimmungsbeschlusses;855 jedoch sind die außenstehenden Aktionäre dadurch geschützt, dass sie gegen eine unangemessene oder fehlende Abfindungsregelung im Spruchverfahren vorgehen können.856 (3) Zwischenergebnis Zur Wirksamkeit des Beherrschungsvertrages muss die Hauptversammlung diesem mit einer drei Viertel Mehrheit zustimmen. Zwar sind hier nicht nur die außenstehenden Aktionäre stimmberechtigt, sondern auch der Vertragspartner selbst. Die Vermögensinteressen der außenstehenden Aktionäre werden aber durch die inhaltlichen Anforderungen an den Vertrag geschützt. Das Gesetz sieht nämlich vor, dass der Vertrag Ausgleichs- und Abfindungsregelungen für außenstehende Aktionäre enthalten muss. Diesen steht es dann frei, ob sie in der Gesellschaft verbleiben und zur Kompensation ihrer Vermögensnachteile Ausgleichszahlungen des anderen Vertragspartners akzeptieren oder ob sie gegen eine angemessene Abfindung aus der Gesellschaft ausscheiden. Damit sind die Minderheitsaktionäre im Vertragskonzern ausreichend geschützt. Denn ein über das Vermögensinteresse hinausgehender Herrschaftsanspruch besteht auch in einer konzernfreien Gesellschaft nicht, in der sich die Minderheit ebenfalls dem Willen der Mehrheit beugen muss. Es ist deshalb nicht erkennbar, in welcher (zusätzlichen) Sicht Minderheitsaktionäre im Vertragskonzern durch eine unabhängige Besetzung des Aufsichtsrats geschützt werden müssen. § 294 Rn. 31; Koppensteiner in: KK AktG, § 304 Rn. 25; Krieger in: MünchHdb. AG, § 70 Rn. 56. 853 § 294 Abs. 2 AktG; Altmeppen in: MüKo AktG, § 294 Rn. 33; Hüffer, AktG § 294 Rn. 15. 854 Hüffer, § 294 Rn. 18, Koppensteiner in: KK AktG, § 294 Rn. 36. 855 Kropff, RegBegr. AktG, § 305 S. 399; Koppensteiner in: KK AktG, § 305 Rn. 138. 856 § 305 Abs. 5 AktG, Krieger in: MünchHdb. AG, § 70 Rn. 125; Kropff, RegBegr. AktG, § 305 S. 399.

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cc) Ergebnis Die europarechtskonforme Auslegung des § 100 Abs. 5 AktG gebietet es, dass zum Schutz der Minderheitsaktionäre auch die Beziehungen zum Kontrollaktionär beim unabhängigen Aufsichtsratsmitglied berücksichtigt werden. Eine Kontrollbeteiligung ist zum einen dann gegeben, wenn ein Aktionär die Möglichkeit hat, die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, sei es weil er die Mehrheit der Aktien hält oder über die Hauptversammlungsmehrheit verfügt oder weil der durch Stimmbindungsverträge mit anderen Aktionären dazu berechtigt ist. In diesen Fällen ist nach deutschem Recht ein faktischer Konzern gegeben, der das Ausgleichssystem der §§ 311 ff. AktG zur Anwendung bringt. Zum anderen liegt eine Kontrollbeteiligung aber auch dann vor, wenn ein Aktionär aufgrund eines Unternehmensvertrages dazu berechtigt ist, beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben. Hier ist ein Vertragskonzern gegeben, bei dem § 308 Abs. 1 AktG dem herrschenden Unternehmen ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft eröffnet. Die Beziehungen zwischen der Gesellschaft, dem Kontrollaktionär und den Minderheitsaktionären ist also nicht gleich zu bewerten, so dass auch mit Blick auf die Unabhängigkeit zu differenzieren ist. Wird den Interessen der Minderheitsaktionäre nämlich schon durch gesetzliche Regelungen entsprochen, dann ist ein genereller Ausschluss des Vertreters des Kontrollaktionärs von der Position des unabhängigen Finanzexperten nicht zu rechtfertigen. Insbesondere beim Vertragskonzern kehrt sich die durch Anhang II Nr. 1 lit. d) eröffnete Indizwirkung ins Gegenteil um. Der Vertreter des herrschenden Unternehmens im Vertragskonzern ist daher grundsätzlich als unabhängig anzusehen, soweit keine anderen Umstände vorliegen, die dagegen sprechen. Denn die Einflussmöglichkeit des herrschenden Unternehmens wird durch den Abschluss des Beherrschungsvertrages durch die übrigen Aktionäre legalisiert, da die Hauptversammlung diesem mit einer drei Viertel Mehrheit zustimmen muss. Darüber hinaus werden die Vermögensinteressen der Minderheitsaktionäre durch zwingend zu vereinbarende Ausgleichszahlungen bzw. Dividendengarantien oder bei ausscheidewilligen Aktionären durch Abfindungsregelungen geschützt. Ein über diese Vermögensinteressen hinausgehender Schutz der außenstehenden Aktionäre besteht auch in einer konzernfreien Gesellschaft nicht, so dass kein Grund ersichtlich ist, diesen auf den Vertragskonzern auszuweiten. Anders ist das jedoch im faktischen Konzern zu bewerten. Die Interessen der außenstehenden Aktionäre werden hier nicht ausreichend gegen die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen geschützt. Daran ändern auch die §§ 29 ff. und §§ 35 ff. WpÜG nichts, die den Minderheitsaktionären lediglich eine „Ausstiegsmöglichkeit“ eröffnen, wenn der Großaktionär die Beteiligungsschwelle von 30 Prozent überschreitet. Bei Verbleib in der Gesellschaft greift dann nur noch das Ausgleichssystem der §§ 311 ff. AktG ein, das mit erhebli-

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chen Abgrenzungs- und Durchsetzungsproblemen zu kämpfen hat. Insbesondere die durch personelle Verflechtungen veranlassten Rechtsgeschäfte werden nach außen häufig nicht erkennbar sein. Aber auch die mangelnde Publizität des Abhängigkeitsberichts erschwert die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen. Im Ergebnis bedarf es daher im faktischen Konzern eines unabhängigen Mitglieds im Aufsichtsrat, das auch die Interessen der Minderheitsaktionäre berücksichtigt. Der Vertreter des herrschenden Unternehmens wird hier nur in Ausnahmefällen als unabhängiger Finanzexperte in Frage kommen. c) Keine entsandten Aufsichtsratsmitglieder Von Anhang II Nr. 1 lit. d) der Kommissionsempfehlung nicht erfasst, ist das im Aktiengesetz geregelte Entsenderecht, da dieses nicht zur Bestellung der Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder berechtigt, sondern nur zur Entsendung von maximal einem Drittel der Anteilseignervertreter. Das bedeutet aber nicht, dass entsandte Aufsichtsratsmitglieder unproblematisch für die Position des unabhängigen Finanzexperten in Frage kommen. Der Katalog in Anhang II der Kommissionsempfehlung hat nämlich keinen Anspruch darauf, abschließend zu sein. Vielmehr können auch andere signifikante Interessenkonflikte zur Abhängigkeit führen. Hier bestehen zum einen die bereits oben angesprochenen Konflikte zwischen den Interessen des Kontrollaktionärs und den Interessen der übrigen Aktionäre; denn auch ein Entsenderecht eines Aktionärs kann zur Bejahung eines faktischen Konzerns führen.857 Darüber hinaus wird durch die gesetzliche Ausgestaltung des Entsenderechts, insbesondere durch die erleichterte Abberufungsmöglichkeit in § 103 Abs. 2 AktG, der Entscheidungsdruck im Interesse des Entsendungsberechtigten zu handeln noch vergrößert. Bei Entsenderechten der öffentlichen Hand verdichtet sich die Weisungsbefugnis aus dem beamtenrechtlichen Verhältnis sogar zu einer Pflicht des Aufsichtsratsmitglieds, die Vorgaben der entsendeberechtigten Körperschaft im Aufsichtsrat des Unternehmens zu befolgen.858 Tut er das nicht, droht ihm nicht nur die Abberufung als Aufsichtsratsmitglied sondern auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der öffentlichen Hand aus dem kommunalen Verhältnis,859 wenn er die Möglichkeit hatte die Weisung der Gebietskörperschaft im Rahmen des Unternehmensinteresses zu berücksichtigen. Soweit sich das Unternehmen also nicht zu 100 Prozent in der Hand einer Kommune befindet, sondern noch andere Aktionäre beteiligt sind, müssen deren Interessen

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Vgl. oben unter: 3. Kapitel § 7 B. II. 4. b) aa) (1). Vgl. oben unter: 2. Kapitel § 3 C. III. 1. 859 Vgl. zum Verstoß gegen Rückbindungsvorbehalte: Oebbecke in: Hoppe/Uechtritz, Hdb. komm. Unternehmen, § 9 Rn. 51. 858

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ebenfalls Berücksichtigung finden. Daher ist das entsandte Aufsichtsratsmitglied in diesem Fall grundsätzlich als abhängig einzustufen.860 5. Keine Geschäftsverhältnisse von bedeutendem Umfang (Anhang II Nr. 1 lit. e) Nach Nr. 1 lit. e) des Anhang II darf „die betreffende Person [. . .] zu der Gesellschaft oder einer verbundenen Gesellschaft kein Geschäftsverhältnis in bedeutendem Umfang unterhalten oder im letzten Jahr unterhalten haben und zwar weder direkt noch als Partner, Anteilseigner, Direktor oder als leitender Angestellter eines Unternehmens oder einer Organisation, das/die ein solches Geschäftsverhältnis zu der Gesellschaft unterhält. Dies schließt die Stellung als bedeutender Anbieter von Waren oder Dienstleistungen (einschließlich finanzieller, rechtlicher oder beratender Art) ein sowie die als bedeutender Abnehmer und als Organisation, die von der Gesellschaft oder ihrer Gruppe Leistungen in bedeutendem Umfang erhält.“ a) Relevante Geschäftsverhältnisse Geschäftliche Verbindungen können die Urteilsfreiheit des Aufsichtsratsmitglieds beeinträchtigen, wenn insbesondere finanzielle Anreize bestehen, nicht im Interesse der Gesellschaft, sondern im eigenen Interesse zu handeln. Davon geht auch die Kommission aus, wenn sie die Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern auch dann bedroht sieht, wenn sie entweder persönlich ein Geschäftsverhältnis mit der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen unterhalten oder, ohne direkt Vertragspartner zu sein, bei dem Geschäftspartner eine einflussreiche Stellung innehaben. Ähnliches schreiben die NYSE861 und der Combined Code862 für börsennotierte Gesellschaften vor. Unerheblich ist dabei die Art des Geschäftsverhältnisses, so dass jegliche geschäftliche Verbindungen, sei es als Kunde, Lieferant, Kreditgeber oder Berater der Gesellschaft, erfasst sind. Berücksichtigt werden müssen aber nicht nur entgeltliche Leistungen, auch die Beteiligung an einer sozialen Organisation kann die Abhängigkeit des Betreffenden begründen, wenn die Gesellschaft diese oder „ihrer Gruppe“ in 860

Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1032) [Abhängigkeit zu vermuten]. Sec. 303A.02 (a) Listed Company Manual (o. Fußn. 618): „No director qualifies as ,independent‘ unless the board of directors affirmatively determines that the director has no material relationship with the listed company (either directly or as a partner, shareholder or officer of an organization that has a relationship with the company).“ 862 Ziff. A.3.1 CC: „has, or has had within the last three years, a material business relationship with the company either directly, or as a partner, shareholder, director or senior employee of a body that has such a relationship with the company“. 861

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

bedeutendem Umfang mit Spenden oder Sponsoring fördert.863 Bevor aber auf den für das unabhängige Mitglied zulässigen Umfang eingegangen wird, sollen zunächst einzelne Geschäftsverhältnisse daraufhin untersucht werden, ob der deutsche Gesetzgeber Regelungen geschaffen hat, die eine Einschätzung des Aufsichtsratsmitglieds als abhängig verhindern können. aa) Beratungsverträge Beratungsverträge sind nicht nur wegen des finanziellen Eigeninteresses des Aufsichtsratsmitglieds am Fortbestand des Vertrages mit der Gesellschaft problematisch. Gravierend ist ebenso, dass sich das Organmitglied durch die vertragliche Beratungsleistung auf die Seite des Vorstands stellt und damit in die Verlegenheit gerät, eigene Entscheidungen überprüfen zu müssen.864 Darüber hinaus hat es der Vorstand als Geschäftsführungsorgan in der Hand, lukrative Verträge mit den Aufsichtsratsmitgliedern abzuschließen. Aufgrund dieser vielschichtigen Konfliktpotentiale bezieht auch die SEC „advisory fees“ oder „consulting fees“, die durch den Emittenten an das Aufsichtsratsmitglied gezahlt werden, in die Betrachtung zur Unabhängigkeit ein.865 Ebenfalls geht die Expertengruppe davon aus, dass „Personen, die vom Unternehmen oder seinen Führungskräften Beratungshonorare oder ein anderes Entgelt beziehen“, abhängig sind.866 (1) Beratungsverträge mit dem Aufsichtsratsmitglied Der deutsche Gesetzgeber hat diese Gefahren teilweise erkannt und regelt in § 114 AktG, wie mit Verträgen zwischen der Gesellschaft und einem Aufsichtsratsmitglied zu verfahren ist. Danach bedürfen Dienst- oder Werkverträge der Zustimmung des Aufsichtsrats, sofern sich das Aufsichtsratsmitglied damit zu einer Tätigkeit „höherer Art“ verpflichtet. Verträge, deren Erfüllung besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern und die eine gehobene Vertrauensstellung voraussetzen, sind zustimmungspflichtig.867 Das ist insbesondere bei Dienstoder Werkverträgen mit Rechtsanwälten,868 Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern der Fall. 863

Zu den gesellschaftsrechtlichen Grenzen von Spenden: Säcker, BB 2009, 282. Vgl. zum gleichen Problem bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften: Quick, DBW 62 (2002), 622; ders. BfuP 58 (2006), 42. 865 Rule 10A-3 (b) (1) (ii.) (A.) zum Exchange Act (o. Fußn. 614). 866 Bericht Expertengruppe, S. 66 (o. Fußn. 647). 867 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 114 Rn. 13; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 114 Rn. 10. 868 Problematisch beim Anwalt sind die berufsrechtlichen Regelungen in §§ 45 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 2 BRAO; dazu: Müller, NZG 2002, 797 (798 f.). 864

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Zustimmungsfähig sind aber nur Verträge, in denen sich das Aufsichtsratsmitglied zu Tätigkeiten „außerhalb“ seiner Organfunktion verpflichtet. Beratungsleistungen, die schon im Rahmen der organschaftlichen Überwachungsaufgabe geschuldet sind, dürfen nicht zum Vertragsgegenstand gemacht werden. Andernfalls ist der Vertrag gem. §§ 113, 114 AktG i.V. m. § 134 BGB nichtig.869 Dass gilt auch dann, wenn der Vertragsgegenstand und die Vergütung nicht genau bestimmbar sind.870 Teilweise wird jedoch davon ausgegangen, dass Verträge im Überwachungsbereich des Aufsichtsrats zulässig seien, wenn die vereinbarte Beratungsleistung in ihrer Intensität über die als Organmitglied zu erbringende Tätigkeit hinausgehe. Als Abgrenzungskriterium sei die „Beratungstiefe“ ausschlaggebend, so dass Beratungs- und Gutachterverträge dann zulässig seien, wenn Fragen eines speziellen Fachgebiets betroffen sind.871 Diese Auffassung verkennt, dass ein Aufsichtsratsmitglied seine Spezialkenntnisse auch im Rahmen seiner organschaftlichen Beratungspflicht zur Verfügung stellen muss,872 denn Aufsichtsratsmitglieder werden ja gerade wegen ihrer fachlichen Fähigkeiten in den Aufsichtsrat gewählt,873 so dass es nicht darauf ankommen kann, wie zeitintensiv die Klärung einer Frage erscheint. Insbesondere birgt das Kriterium der „Beratungstiefe“ die Gefahr der Umgehung der aktienrechtlichen Vorschriften und der Vergütungskompetenz der Hauptversammlung.874 (2) Beratungsverträge mit Gesellschaften an denen das Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist Ist das Aufsichtsratsmitglied nicht selbst Geschäftspartner, sondern wird der Vertrag mit einer Gesellschaft abgeschlossen, an denen das Aufsichtsratsmitglied lediglich beteiligt ist, greift das Zustimmungserfordernis des § 114 AktG 869 Zuletzt: BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = DStR 2007, 122 (124); Hopt/Roth in: GroßKomm. AktG, § 114 Rn. 13; Habersack in: MüKo AktG, § 114 Rn. 22; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 114 Rn. 15; vgl. BGH, Beschl. v. 27.4.2009 – II ZR 160/ 08, DB 2009, 1870 = BB 2009, 2113 [Bereicherungsanspruch des Aufsichtsratsmitglieds kommt dann nur noch für Tätigkeiten außerhalb der organschaftlichen Tätigkeit in Betracht]; zur Rechtsprechungsübersicht: Henze in: FS Gauweiler, S. 611 (616). 870 Habersack in: MüKo AktG, § 114 Rn. 25; Semler, NZG 2007, 881 (883); Peltzer, ZIP 2007, 305 (308); v. Bünau, Beraterverträge, S. 45 f.; BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = DStR 2007, 122 (124); OLG Hamburg, Urt. v. 17.1.2007 – 11 U 48/06, AG 2007, 408; OLG Frankfurt, Urt. v. 21.9.2005 – 1 U 14/05, ZIP 2005, 2322 (2323); Breuer/Fraune in: Heidel, AktG, § 114 Rn. 8 [„zum üblichen Stundensatz“ ohne Bezifferung oder Möglichkeit abweichender Pauschalhonorare genügt nicht]. 871 Zur „Beratungstiefe“: Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87 (95 f.); Weiss, BB 2007, 1853 (1854 f.). 872 Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 114 Rn. 20; Semler, NZG 2007, 881 (883 f.). 873 Vgl. Peltzer, ZIP 2007, 305 (306); Oberhofer, Unabhängigkeit, S. 180. 874 BGHZ 168, 188 = ZIP 2006, 1529 = DStR 2006, 1610 (1612).

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nicht ein. Hier ist nicht nur die Gefahr der Umgehung der Vergütungskompetenz der Hauptversammlung weiterhin gegeben; die durch § 114 AktG eingeschränkte Einflussmöglichkeit des Vorstands auf die Aufsichtsratsmitglieder lebt ebenfalls wieder auf, so dass aufgrund der finanziellen Anreize Überwachungslücken zu befürchten sind. Die herrschende Meinung875 geht deshalb davon aus, dass auch diese Verträge grundsätzlich unter die Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats fallen. Im Einzelnen ist es aber streitig, bei welcher Beteiligung des Aufsichtsratsmitglieds § 114 AktG eingreifen soll. Während eine Auffassung sämtliche Verträge mit Gesellschaften, denen ein Aufsichtsratsmitglied angehört, darunter subsumiert,876 stellt die Gegenauffassung auf das Maß der Beteiligung des Aufsichtsratsmitglieds und auf die Vergütungshöhe ab.877 Die Rechtsprechung sieht die Umgehungsgefahr nicht nur dann, wenn das Aufsichtsratsmitglied Alleingesellschafter der Kapitalgesellschaft ist. Auch mittelbare Zuwendungen seien eine Gefahr für die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats, so dass § 114 AktG nur dann nicht eingreife, wenn es sich „abstrakt betrachtet [um] ganz geringfügige878 Leistungen handelt oder wenn sie im Vergleich zu der [. . .] Aufsichtsratsvergütung einen vernachlässigenswerten Umfang haben.“879 Demgegenüber wird in der Literatur teilweise eine wesentliche Beteiligung des Aufsichtsratsmitglieds an der Gesellschaft verlangt.880 (3) Beratungsverträge mit verbundenen Unternehmen Inwieweit Beratungsverträge mit Konzernunternehmen dem Zustimmungsvorbehalt des § 114 AktG unterliegen, ist ebenfalls umstritten.881 Der Wortlaut der Vorschrift erfasst nur Verträge mit der eigenen Gesellschaft. Der Zweck der 875 Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 114 Rn. 42; Vetter, AG 2006, 173 (177); v. Schenck, DStR 2007, 395 (397); Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87 (106); HoffmannBecking in: FS K. Schmidt, S. 657 (662 f.); OLG Frankfurt, Urt. v. 21.9.2005 – 1 U 14/05, NZG 2006, 29 f. [analoge Anwendung § 114 AktG]; BGHZ 168, 188 = ZIP 2006, 1529 = DStR 2006, 1610 (1612); BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = DStR 2007, 122 (124). 876 Semler, NZG 2007, 881 (887). 877 Vetter, AG 2006, 173 (177) [auch bei 10% Beteiligung möglich]; ders. in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börs. AG, § 30 Rn. 10 f.; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 114 Rn. 9; Lutter in: FS Westermann, S. 1171 (1180); BGHZ 168, 188 = ZIP 2006, 1529 = DStR 2006, 1610 (1612) [Alleingesellschafter]; BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = DStR 2007, 122 (124) [50 % Beteiligung]; OLG Frankfurt, Urt. v. 21.9. 2005 – 1 U 14/05, NZG 2006, 29 f. 878 BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = DStR 2007, 122 (123) [Beratungsentgelt i. H. v. 125.000 Euro bei hälftiger Beteiligung an der Gesellschaft jedenfalls nicht mehr geringfügig]. 879 BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = DStR 2007, 122 (123); Vetter, AG 2006, 173 (177). 880 Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87 (106); so auch: Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 114 Rn. 42; Hoffmann-Becking in: MünchHdb. AG, § 33 Rn. 41.

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Norm gebietet es aber, die Zustimmungspflicht auch auf Verträge mit verbundenen Unternehmen auszudehnen, soweit eine Beeinflussung durch das zu überwachende Organ zu befürchten ist. Danach fallen jedenfalls Verträge eines Aufsichtsratsmitglieds der Obergesellschaft mit Tochtergesellschaften in den Anwendungsbereich des § 114 AktG.882 In anderen Fällen muss nach den konkreten Umständen geprüft werden, ob der Vorstand Einflussmöglichkeiten auf den Abschluss des Vertrages hat oder ob mit dem Vertragsabschluss der Zustimmungsvorbehalt des § 114 AktG umgangen werden sollte.883 (4) Auslegungs- und Durchsetzungsprobleme des § 114 AktG Die „unsachliche Beeinflussung“ von Aufsichtsratsmitgliedern durch „ungerechtfertigte Sonderleistungen“ wurde vom deutschen Gesetzgeber zwar erkannt,884 weshalb die Einflussmöglichkeiten des Vorstands durch einen gesetzlichen Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats zurückgedrängt werden sollten. Die Vorschrift verhindert jedoch nicht, dass Aufsichtsratsmitglieder durch den Vertragsabschluss mit ihrer Aufsichtsratstätigkeit in Konflikt geraten. Zwar muss der Aufsichtsrat bei seiner Prüfung eventuelle Interessenkonflikte beim betreffenden Aufsichtsratsmitglied beachten; das Aktiengesetz geht aber davon aus, dass sich Aufsichtsratsmitglieder trotzdem pflichtgemäß verhalten können. Im Ergebnis muss daher nur dann die Zustimmung versagt werden, wenn gravierende Pflichtenkollisionen zu befürchten sind, nicht aber, wenn die Beratungsleistung in gleicher Güte auch von einem Dritten erbracht werden könnte.885 Darüber hinaus findet § 114 AktG unmittelbar nur bei Verträgen mit dem Aufsichtsratsmitglied selbst Anwendung. Inwieweit der Zustimmungsvorbehalt auch bei potentiellen „Umgehungskonstellationen“, etwa durch Zwischenschaltung einer Beratungsgesellschaft oder durch Verträge mit Konzerngesellschaften eingreift, ist umstritten. Die Rechtsprechung geht jedenfalls davon aus, dass Verträge mit Dritten nur dann zustimmungsfrei sind, wenn das Aufsichtsratsmitglied daraus Leistungen unterhalb einer Geringfügigkeitsschwelle empfängt. 881 H.M. Vetter in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börs. AG, § 30 Rn. 9; HoffmannBecking in: MünchHdb. AG, § 33 Rn. 41; ders. in: FS K. Schmidt, S. 657 (664 f.); Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87 (107); Lutter in: FS Westermann, S. 1171 (1181 ff.); Hüffer, AktG, § 114 Rn. 2b; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 114 Rn. 7; v. Bünau, Beraterverträge, S. 58 ff.; a. A. Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 114 Rn. 44. 882 Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 114 Rn. 7; Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87 (105 f.) 883 Hoffmann-Becking in: MünchHdb. AG, § 33 Rn. 41. 884 Kropff, RegBegr. AktG, § 114, S. 158. 885 Habersack in: MüKo AktG, § 114 Rn. 29; Kropff in: Semler/v. Schenk, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 8 Rn. 165; a. A. wohl Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 114 Rn. 50.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

Hierbei ist aber nicht im Einzelnen geklärt, wann diese Schwelle überschritten ist. Problematisch ist zudem die mangelnde gerichtliche Kontrolle dieser Verträge, so dass die Dunkelziffer fehlerhafter Beratungsverträge sehr hoch eingeschätzt wird.886 Die praktische Möglichkeit der Aufsichtsratsmitglieder, sich unter Verstoß gegen § 114 AktG lukrative Beratungs- und Gutachterverträge versprechen zu lassen, besteht also weiterhin. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die übrigen Aufsichtsratsmitglieder dem Vertrag mit dem Betreffenden nur deshalb zustimmen, weil sie Verstimmungen im Gremium vorbeugen wollen. Nach dem aktienrechtlichen Kompetenzsystem wäre eigentlich ein Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung passender gewesen.887 Dies wäre aber nachteilig für den Abschluss von Beratungsverträgen gewesen, da diese somit erheblich erschwert worden wären.888 Letztendlich verhindert die Norm die tatsächliche Einflussnahme des Vorstands auf die Aufsichtsratsmitglieder nicht vollumfänglich. § 114 AktG sieht nämlich nur beim Abschluss eines Vertrages die Mitwirkung des Aufsichtsrats vor, nicht hingegen auch bei dessen Beendigung. Das Festhalten am Vertrag seitens der Gesellschaft liegt damit nach wie vor im Einflussbereich des Vorstands. (5) Zwischenergebnis Im Ergebnis bedeutet das, dass Beratungs- und Gutachtenverträge in der Regel zur Abhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds führen – und zwar unabhängig davon, ob der Aufsichtsrat dem Vertrag zugestimmt hat.889 Der gesetzliche Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats beschränkt nämlich nur die Einflussmöglichkeiten des Vorstands auf die Aufsichtsratsmitglieder mittels Inaussichtstellung lukrativer Verträge. Die besonders bei umfangreichen Dienstleistungsverträgen bestehende Konfliktsituation sich zum einen durch die Beratungstätigkeit auf die Seite des Überwachungsadressaten zu begeben und zum anderen dann die eigenen empfohlene Entscheidungen im Aufsichtsrat kontrollieren zu müssen, wird durch § 114 AktG nicht verhindert. Eine Ausnahme von der abhängigkeitsauslösenden Wirkung ist daher nur bei einem für die Beantwortung einer 886 Peltzer, ZIP 2007, 305 (306); v. Bünau, Beraterverträge, S. 50 f. [Schutz zweifelhaft]; deshalb wird in Ziff. 5.4.2 PCGK (o. Fußn. 211) empfohlen, dass Beratungsverträge und sonstige Dienstverträge mit Mitgliedern des Überwachungsorgans nicht abgeschlossen werden. 887 So auch SPD-Fraktion, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung von Transparenz und Beschränkung von Machtkonzentration in der deutschen Wirtschaft (Transparenz- und Wettbewerbsgesetz), ZIP 1995, 332 (333). 888 Kropff, RegBegr. AktG, § 114, S. 158. 889 Ziff. 5.4.6 Abs. 3 DCGK empfiehlt die Offenlegung von Vergütungen, die für die Erbringung anderer persönlicher Leistungen, insbesondere Beratungsleistungen von der Gesellschaft gezahlt werden.

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punktuellen Frage erteilten Gutachtenauftrags denkbar, da Interessenkonflikte hier nicht im gleichen Maße wie bei umfassenden Beratungsverträgen entstehen. Letztendlich sollten mit dem Abschluss von Beratungsverträgen zumindest beim unabhängigen Finanzexperten auch deswegen Zurückhaltung geübt werden, da hier der Verdacht aufkommen könnte, der Finanzexperte hätte den Vertragsabschluss aufgrund seines besonderen Sachverstands erhalten. Wäre dies aber der Fall, dann ist der Vertrag wegen Umgehung des § 113 AktG nichtig, da das unabhängige Mitglied seine Spezialkenntnisse schon bei der Aufsichtsratstätigkeit einbringen muss und dafür keine „zusätzliche Vergütung“ erhalten darf. bb) Kreditverträge Der deutsche Gesetzgeber hat nicht nur die Einflussmöglichkeit des Vorstands auf die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats über finanzielle Anreize erkannt. Umgekehrt sollte auch verhindert werden, dass Aufsichtsratsmitglieder ihre Stellung ausnutzen, um sich von der Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand, Kredite in unangemessener Höhe bewilligen zu lassen, ohne ausreichende Sicherheiten dafür zu gewähren.890 Daher unterliegen auch Kreditverträge gem. § 115 AktG einem Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats. (1) Der aktiengesetzliche Kreditbegriff Um diesen Schutzzweck zu erreichen, wird der Begriff des Kredits in der Vorschrift weit ausgelegt, so dass nicht nur Darlehen i. S. d. § 488 BGB unter den Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats fallen sondern jegliche zeitweise Kaufkraftüberlassung an das Aufsichtsratsmitglied.891 Daher bedürfen auch Warenkreditverträge, Abzahlungskredite, Ratenzahlungsgeschäfte, die Nichtgeltendmachung von sicheren Ansprüchen gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied oder die Gewährung von Sicherheiten durch die Gesellschaft der Zustimmung des Aufsichtsrats.892 Selbst Kleinkredite sind, im Unterschied zur Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder, für Aufsichtsratsmitglieder ausnahmslos zustimmungspflichtig.893 Nur bei Warenkrediten, die ein Aufsichtsratsmitglied als Einzelkaufmann bzw. als gesetzlicher Vertreter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft abschließt, besteht eine Ausnahmeregelung. Deren Zweck es ist, den Wa890 Kropff, RegBegr. AktG, § 115 S. 160; Vetter in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börs. AG, § 30 Rn. 19. 891 Spindler in: MüKo AktG, § 89 Rn. 8; Lwowski/Wunderlich in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, BankR Hdb, § 75 Rn. 1; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 115 Rn. 18. 892 Spindler in: MüKo AktG, § 89 Rn. 10, 14; Drygala in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 115 Rn. 3. 893 Habersack in: MüKo AktG, § 115 Rn. 7; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 115 Rn. 18, 24.

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renverkehr der Gesellschaft nicht unnötig dadurch zu erschweren, dass ein Aufsichtsratsmitglied als gesetzlicher Vertreter eines Abnehmers erst die Zustimmung des Aufsichtsrats einholen muss, um sich im Geschäftsverkehr übliche Warenkredite bewilligen zu lassen.894 Jedoch ist der Anwendungsbereich der § 115 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 3 Satz 2 AktG eng begrenzt, so dass Kredite, die für geleistete Dienste oder zur Beschaffung von Maschinen und Rohstoffen vergeben werden, nach dem Gesetzgeber nicht mehr unter den Begriff des Warenkredits zählen.895 (2) Umgehungstatbestände Um missbräuchliche Umgehungen zu verhindern, sind nach § 115 Abs. 2 AktG auch Kredite an nahe stehende Personen der Aufsichtsratsmitglieder dem Zustimmungsvorbehalt unterworfen. Zudem fallen Kreditvereinbarungen mit Aufsichtsratsmitgliedern von Konzernunternehmen darunter. Bei der Kreditvergabe des herrschenden Unternehmens an Aufsichtsratsmitglieder der abhängigen Gesellschaft wäre sonst die wirtschaftliche Abhängigkeit derjenigen Personen zu befürchten, die die Einhaltung konzernrechtlicher Schutzvorschriften zu überwachen haben.896 Anders herum wäre bei der Kreditgewährung der abhängigen Gesellschaft an das herrschende Unternehmen eine Umgehung des § 115 Abs. 1 Satz 1 AktG zu befürchten, da der Vorstand der herrschenden Gesellschaft die Kreditvergabe an ein Aufsichtsratsmitglied durch das abhängige Unternehmen veranlassen könnte. § 115 Abs. 3 Satz 2 AktG privilegiert daher nur Kredite an verbundene Unternehmen, die im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs vergeben werden, nicht aber Kredite, die zur Umgehung des Einwilligungsvorbehalts des Aufsichtsrats gewährt werden.897 (3) Einwilligungsvorbehalt des § 115 AktG Das Gesetz verlangt bei der Kreditgewährung an Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich eine Einwilligung des Aufsichtsrats, d.h. die vorherige Zustimmung zum Vertragsabschluss und regelt dazu in § 115 Abs. 1 Satz 3 und 4 die formellen Anforderungen an den Aufsichtsratsbeschluss. Danach kann die Einwilligung nur für bestimmte Kreditgeschäfte oder Arten von Kreditgeschäften erteilt werden und zwar maximal für drei Monate im Voraus; dem Vorstand kann also keine zeitlich unbegrenzte Generalermächtigung für den Abschluss von Kreditgeschäften mit Aufsichtsratsmitgliedern gewährt werden. Außerdem muss sich der Aufsichtsrat mit den Inhalten der Kreditgewährung befassen und 894 895 896 897

Kropff, RegBegr. AktG, § 115 S. 160. Kropff, RegBegr. AktG, § 115 S. 160. Habersack in: MüKo AktG, § 115 Rn. 13. Habersack in: MüKo AktG, § 115 Rn. 12.

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muss in einem ausdrücklichen Beschluss Regelungen über die Verzinsung und die Rückzahlung des Kredits treffen. Fehlt der Einwilligungsbeschluss des Aufsichtsrats ganz oder ist er fehlerhaft, folgt daraus aber nicht die Nichtigkeit des Vertrages, sondern nur die sofortige Fälligkeit des Rückzahlungsanspruches. Daneben hat der Aufsichtsrat gem. § 115 Abs. 4 AktG aber auch die Möglichkeit, der Kreditgewährung nachträglich zuzustimmen. (4) Kreditverträge als neutrale Geschäfte i. S. d. Kommissionsempfehlung? § 115 AktG hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie sie schon bei § 114 AktG beschrieben wurden. Der gesetzlich festgeschriebene Einwilligungsvorbehalt des Aufsichtsrats bietet keinen ausreichenden Schutz vor Interessenkonflikten, so dass auch Kreditverträge in die Betrachtung zur Unabhängigkeit einzubeziehen sind. Zwar muss der Aufsichtsrat einerseits seine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen treffen und darauf achten, dass die Kreditgewährung unter den marktüblichen Konditionen abgeschlossen wird898 und andererseits sind die im Geschäftsjahr gewährten Kredite gem. § 285 Nr. 9c HGB im Anhang zum Jahresabschluss zu veröffentlichen. Das bedeutet aber nicht, dass der Aufsichtsrat auch in tatsächlicher Hinsicht durch die Regelung veranlasst wird, die Einwilligung zu verweigern, wenn durch die Kreditvergabe zu befürchten ist, dass beim betreffenden Aufsichtsratsmitglied erhebliche Interessenkonflikte entstehen. Insbesondere der wirtschaftlichen bzw. finanziellen Abhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds wird durch den Einwilligungsvorbehalt nicht ausreichend vorgebeugt. Ein Aufsichtsrat wird seinem Mitglied nämlich nur schwer den Kredit versagen können, wenn dieses sich in einer Notsituation befindet. Ähnlich ist die Lage, wenn der Aufsichtsrat nachträglich über die Kreditgewährung entscheiden soll. Mit Blick auf die Rechtsfolge des § 115 Abs. 4 AktG wird dann wohl häufig die Genehmigung erteilt werden, weil dem Aufsichtsratsmitglied nur ungern zugemutet werden soll, den Kreditbetrag sofort zurückzuzahlen. Letztendlich ist fraglich, ob der Aufsichtsrat überhaupt in der Lage ist, eine objektive Entscheidung über eines seiner Mitglieder zu treffen. Selbst wenn das betreffende Aufsichtsratsmitglied von der Beschlussfassung ausgeschlossen ist,899 wird man trotzdem Spannungen im Gremium vermeiden wollen und damit möglicherweise die Grenzen des Zulässigen überschreiten.900 898 Habersack in: MüKo AktG, § 115 Rn. 20; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 115 Rn. 35. 899 Habersack in: MüKo AktG, § 115 Rn. 17; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 115 Rn. 27; Mertens in: KK AktG, § 115 Rn 5; Spindler in: Spindler/Stilz, § 115 Rn. 13; a. A. Marsch-Barner in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 12 Rn. 119. 900 Sec. 402 Sarbanes-Oxley-Act verbietet daher gänzlich die Kreditvergabe an Organmitglieder. Dazu: Willms in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 14 Rn. 68 f.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

cc) Andere geschäftliche Verbindungen Nach der Kommission müssen sämtliche geschäftliche Verbindungen in die Betrachtung zur Unabhängigkeit einbezogen werden, an denen das Aufsichtsratsmitglied auch auf Seiten des Geschäftspartners beteiligt ist. Hierzulande werden insbesondere Mehrfachmandate von Bankenvertretern901 kritisch gesehen.902 Diese werden häufig in die Aufsichtsräte deutscher börsennotierter Unternehmen gewählt, um der Gesellschaft die notwendige Kreditlinie zu erhalten; denn eine Bank wird in der Regel nur dann zu umfangreichen Investitionen bereit sein, wenn sie auch die Kontrolle darüber behält.903 Daneben sind Bankenvertreter auch wegen ihren fachliche Qualifikation und der Branchenkenntnis beliebte Aufsichtsratsmitglieder.904 Umgekehrt führt das aber bei den betreffenden Personen nicht selten zu erheblichen Interessenkonflikten, die darauf beruhen, dass wenige Großbanken ihre Vertreter in die Aufsichtsräte sämtlicher börsennotierter Unternehmen „entsenden“.905 Besonders bei feindlichen Übernahmen können unlösbare Interessenkonflikte beim Doppelmandatsträger entstehen, wenn die Bank auch die Bietergesellschaft bei der Übernahme berät.906 Der Bankenvertreter kann im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft nicht einfach „vergessen“, dass ein anderes Unternehmen die Übernahme mithilfe „seiner“ Bank plant907 – vielmehr zwingt die organschaftliche Treuepflicht, die Zielgesellschaft über die Maßnahmen der Bietergesellschaft zu informieren. Auf der anderen Seite trifft den Betreffenden wiederum die Pflicht, seiner Bank von geplanten Abwehrmaßnahmen zu berichten und damit der Übernahme zum Erfolg zu verhelfen. Der Bankenvertreter kann in dieser Situation unter keinen Umständen rechtmäßig handeln, so dass ihm nur noch die Niederlegung des Auf901 Hohe Anzahl von Bankenvertretern in deutschen Aufsichtsräten: Roth/Wörle, ZGR 2004, 565 (58 f.) [jeder sechste Kapitalvertreter]; Lutter, NJW 1995, 2766; Heermann, WM 1997, 1689. 902 In Frankreich und den Niederlanden sind bedeutsame Verbindungen zu Banken ausdrücklich benannt, vgl. IOSCO, Board independence of listed companies – Final report, S. 36, abrufbar unter: www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD238.pdf. 903 Vgl. zu Bankenvertretern im Aufsichtsrat: Roth/Wörle, ZGR 2004, 565 (598). 904 Werner, ZHR 145 (1981), 252; Lutter, NJW 1995, 2766 (2767); ders. ZHR 145 (1981), 224 (228); Heckenroth, AG 2003, 33 (34); Heermann, WM 1997, 1689 (1690). 905 Vgl. Lutter, NJW 1995, 2766 (2767); ders. ZHR 145 (1981), 224 (230 ff.); Hopt, ZGR 2002, 333 (364) [Interessenkonflikte bei Universalbankensystem systemimmanent]; Heermann, WM 1997, 1689 (1692); a. A. Werner, ZHR 145 (1981), 252 (268) [Interessenkonflikte keine echten Pflichtenkollisionen]. 906 Beispiele: Übernahme Thyssen durch Krupp; Übernahmeversuch der Schering AG durch Merck KGaA; vgl. Hopt, ZGR 2002, 333 (365); Mense, Mehrfachmandate, S. 86; vgl. LG Hannover, Urt. v. 12.3.2009 – 21 T 2/09 (Continental/Schaeffler), AG 2009, 341 = ZIP 2009, 760 (762 ff.); Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 915 ff. 907 Semler/Stengel, NZG 2003, 1 (4); Möllers, ZIP 2006, 1615 (1616).

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sichtsratsmandats bleiben wird. Aber nicht nur bei feindlichen Übernahmen können die Interessen der Bank den Interessen der Gesellschaft entgegenstehen. Insbesondere wenn durch notwendige Investitionen die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft verschlechtert wird, kann kein einheitliches Verhalten des Bankenvertreters mehr erfolgen; denn im Aufsichtsrat müsste er der Maßnahme zwar zustimmen, im Verhältnis zur Bank aber dafür sorgen, dass die Rückzahlung des Kredits sofort fällig gestellt wird. Deshalb kommen auch Bankenvertreter, trotz ihrer Qualifikation für das Mandat des unabhängigen Finanzexperten nicht in Betracht. b) Bedeutender Umfang des Geschäftsverhältnisses Der für den unabhängigen Finanzexperten zulässige Umfang von Geschäftsverhältnissen zur Gesellschaft ist nicht allein nur quantitativ an der wirtschaftlichen Dimension der geschäftlichen Verbindung zu ermitteln. Vielmehr ist auch die Stellung des Aufsichtsratsmitglieds beim Geschäftspartner in die Betrachtung einzubeziehen, da Anreize zur Verletzung der Überwachungspflichten auch von nichtmonetären Zielen, wie Reputation und Erhalt der Position beim Geschäftspartner ausgehen können. Daher muss auf erster Stufe zunächst die Art der Beteiligung beim Geschäftspartner betrachtet werden, bevor dann auf zweiter Stufe die finanzielle Anreizwirkung untersucht werden soll. (1) Beteiligung am Geschäftspartner Grundsätzlich ist die Abhängigkeit des Betreffenden um so eher zu bejahen, je enger er selbst auf Seiten des Geschäftspartners am Vertragsschluss mitgewirkt hat oder die Möglichkeit dazu hat. Für die Position als unabhängiger Sachverständiger sind daher gesetzliche Vertreter oder leitende Angestellte eines konkreten oder potentiellen Geschäftspartners ausgeschlossen. Hier besteht zum einen die Gefahr der Ausnutzung unternehmensinternen Wissen um den Geschäftspartner in eine verbesserte Verhandlungsposition zu bringen. Zwar drohen in diesem Fall strafrechtliche Konsequenzen.908 Ein Missbrauch der unternehmensinternen Kenntnisse kann dadurch aber nicht in allen Fällen verhindert werden, da die Entdeckungswahrscheinlichkeit in diesem Bereich sehr gering ist, so dass davon kaum verhaltensregulierende Wirkung ausgeht. Zum anderen ist zu befürchten, dass die Überwachungstätigkeit in der Gesellschaft zugunsten des Geschäftspartners ausgeübt wird, so dass mögliche Schadensersatzansprüche 908 § 404 Abs. 2 AktG [Verletzung der Geheimhaltungspflicht]. Ein unbefugtes Ausnutzen soll aber nicht schon dann gegeben sein, wenn das Aufsichtsratsmitglied als Vorstand des Geschäftspartners betriebliche Informationen für den Geschäftsabschluss nutzt. Nur wenn dabei die Interessen der Gesellschaft, bei der das Aufsichtsratsmandat besteht, überschritten werden, greift § 404 Abs. 2 AktG ein, Schaal in: MüKo AktG, § 404 Rn. 48; vgl. Fleck in: FS Heinsius, S. 89 (99).

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der Gesellschaft gegen den Vertragspartner nicht oder nicht ausreichend verfolgt werden. Letztendlich verfolgt das Gesetz den Gedanken der Unvereinbarkeit von unterschiedlichen organschaftlichen Mandaten bei beiden Geschäftspartnern auch bei § 319 Abs. 4 HGB. Danach ist eine Prüfungsgesellschaft als abhängig zu qualifizieren und von der Bestellung als Abschlussprüfer ausgeschlossen, wenn ein Aufsichtsratsmitglied als gesetzlicher Vertreter in der Prüfungsgesellschaft tätig ist. Dies muss dann erst recht für den unabhängigen Finanzexperten im Aufsichtsrat gelten. Anders kann das bei Aufsichtsratsdoppelmandaten beurteilt werden. Zwar besteht auch hier die Möglichkeit, über die Beratungsfunktion des Aufsichtsrats und über Zustimmungsvorbehalte Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen. Im Unterschied zur Stellung als gesetzlicher Vertreter ist die Konfliktgefahr aber geringer, da zum einen selten eine direkte Beteiligung am Vertragsabschluss gegeben sein wird und zum anderen das Aufsichtsratsmitglied nicht hauptberuflich einer anderen Gesellschaft verpflichtet ist. Die Treuebindung zur Gesellschaft ist nämlich bei gesetzlichen Vertretern stärker ausgeprägt als bei Aufsichtsratsmitgliedern,909 so dass insbesondere in erster Situation ein starker Anreiz besteht, die Aufsichtsratspflichten zu Gunsten der Pflichterfüllung beim Geschäftspartner zu verletzen. Ein Aufsichtsratsmandat beim Geschäftspartner führt daher nicht grundsätzlich zur Abhängigkeit des Betreffenden. Davon geht letztendlich auch die Kommissionsempfehlung aus, die die Zulässigkeit geschäftlicher Verbindungen für das unabhängige Mitglied vor allem an die finanzielle Anreizwirkung knüpft. Darüber hinaus muss auch die Form der Beteiligung am Geschäftspartner betrachtet werden. Ein unbeschränkt haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft wird im Zweifel eher „geneigt“ sein, seine Aufsichtsratspflichten zu verletzen, als der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, der grundsätzlich „nur“ seine Einlage verliert.910 Dennoch sieht § 319 Abs. 4 AktG zur Sicherung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers vor, dass Beteiligungen über 20 Prozent am Geschäftspartner sich negativ auf die Bestellung der Prüfungsgesellschaft auswirken. Die gleiche Schwelle kann auch für den unabhängigen Finanzexperten fruchtbar gemacht werden, so dass kapitalmäßige Beteiligungen am Geschäftspartner über 20 Prozent grundsätzlich die Abhängigkeit des Betreffenden auslösen. (2) Finanzieller Umfang Ist das betreffende Aufsichtsratsmitglied nicht schon wegen der Art seiner Beteiligung am Geschäftspartner für die Position des unabhängigen Finanzex909 Möllers, ZIP 2006, 1615; zur Treuebindung bei organfremden Handeln: 2. Kapitel § 3 C. IV. 3. b) bb) (2). 910 Vgl. BGH, Urt. v. 21.12.1979 – II ZR 244/78 (Schaffgotsch), NJW 1980, 1626.

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perten ausgeschlossen, kommt es auf der zweiten Stufe auf den wirtschaftlichen Umfang der Geschäftsbeziehung an. Beispielsweise für Vorstandsmitglieder sieht das Aktiengesetz in § 89 Abs. 1 Satz 5 die Gewährung von Kleinkrediten bis zu einem Monatsgehalt als unbedenklich an, wobei sich das Monatsgehalt aus einem Zwölftel der Jahresbezüge einschließlich Tantieme und Sachleistungen ergibt;911 diese Grenze wurde in der Literatur912 häufig als zu niedrig kritisiert. Demgegenüber wird in § 6 Abs. 2a InvG die wirtschaftliche Abhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds bejaht, wenn dieses in den letzten vier Jahren vor seiner Bestellung im Mittel mehr als 30 Prozent seiner Gesamteinnahmen von einer in der Vorschrift genannten Gruppe erzielt hat.913 Auch ein Abschlussprüfer darf gem. § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 HGB nicht mehr als 30 Prozent seiner Gesamteinnahmen aus seiner beruflichen Tätigkeit von der zu prüfenden Kapitalgesellschaft erhalten, um unabhängig zu sein. § 319a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB setzt diese Grenze jedoch für die Abschlussprüfung bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften auf 15 Prozent der Gesamteinnahmen herab. In Anbetracht dessen, dass ausländische Regelungen noch strengere Maßstäbe ansetzen,914 sollte hierzulande zumindest der unabhängige Finanzexperte nicht mehr als 15 Prozent seiner Gesamteinnahmen von einem Geschäftspartner der Gesellschaft erhalten. c) Wartezeit Die Kommissionsempfehlung sieht zudem eine Wartezeit von einem Jahr für abgeschlossene Geschäftsverhältnisse vor. Demgegenüber regelt der Combined Code, dass ein unabhängiger Direktor in den letzten drei Jahren keine Geschäftsbeziehung zur Gesellschaft unterhalten haben darf.915 Mit Blick auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftspartner überzeugt die dreijährige Wartefrist;916 jedoch sollten die Anforderungen nicht überzogen werden. Insbesondere, wenn sich aus der früheren geschäftlichen Beziehung keine Gefahren mehr für die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds herleiten lassen, 911 Hüffer, AktG, § 89 Rn. 3; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, § 89 Rn. 8; Spindler in: MüKo AktG, § 89 Rn. 20; Oltmanns in: Heidel, AktG, § 89 Rn. 4. 912 Mertens in: KK AktG, § 89 Rn. 12 [unrealistisch niedrige Freigrenze]. 913 RegBegr. InvÄndG, BT-Drucks. 16/5576, S. 60. 914 Siehe beispielsweise Ziff. 5605 (a) (2) (D) NASDAQ Manual (o. Fußn. 690): „a director who is, [. . .] a partner in, or a controlling Shareholder or an Executive Officer of, any organization to which the Company made, of from which the Company received, payments for property or services in the current of any of the past three fiscal years that exceed 5 % of the recipient´s consolidated gross revenues for that year, or $200,000 [. . .]“. 915 Ziff. A.3.1 CC: „has, or has had within the last three years, a material business relationship with the company either directly, or as a partner, shareholder, director or senior employee of a body that has such a relationship with the company“. 916 Siehe die regelmäßige Verjährungsfrist in § 195 BGB.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

weil beispielsweise vertraglich ein wirksamer Haftungsausschluss vereinbart wurde, besteht kein Grund, die Abhängigkeit auch noch nach Abwicklung des Geschäftsverhältnisses weiter zu bejahen. d) Ergebnis Durch die Kommissionsempfehlung werden sämtliche Geschäftsverhältnisse des Aufsichtsratsmitglieds mit der Gesellschaft in die Betrachtung einbezogen, egal ob sie direkt mit dem Organmitglied abgeschlossen wurden oder mit einer Gesellschaft bestehen, an der das Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist. Unerheblich ist es darüber hinaus ob der Vertrag zur Erbringung einer gegenseitigen entgeltlichen Leistung verpflichtet oder ob es sich um Spenden an eine wohltätige Organisation handelt, bei der sich das Aufsichtsratsmitglied engagiert. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch für bestimmte Verträge einen Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats geregelt, um Interessenkonflikten der betreffenden Aufsichtsratsmitglieder vorzubeugen. Während § 114 AktG nach gesetzgeberischer Intention verhindern will, dass der Vorstand die Überwachungstätigkeit der Aufsichtsratsmitglieder über die Inaussichtstellung lukrativer Beratungsverträge beeinflusst, soll durch § 115 AktG vorrangig der Missbrauch der Aufsichtsratsstellung zur Erlangung ungerechtfertigter Kredite unterbunden werden. Diese aktiengesetzlichen Vorschriften haben aber nicht nur mit erheblichen Umgehungs- und Durchsetzungsproblemen zu kämpfen. Darüber hinaus ist fraglich, ob die übrigen Aufsichtsratsmitglieder überhaupt dazu in der Lage sind, objektiv über einzelne Mitglieder zu entscheiden, so dass Beratungs- und Kreditverträge, trotz des Zustimmungsvorbehalts des Aufsichtsrats in die Betrachtung zur Unabhängigkeit einzubeziehen sind – mithin also keine neutralen Geschäfte im Sinne des Anhangs II Nr. 1 lit. e) darstellen. Beratungs- und Gutachtenverträge sind aber nicht nur wegen der oben genannten Einflussmöglichkeit des Vorstands problematisch. Bei umfangreichen Dienstleistungsverträgen stellt sich das beratende Aufsichtsratsmitglied zudem auf die Seite des Überwachungsadressaten, so dass hier die Gefahr der Kontrolle eigenen empfohlener Entscheidungen im Aufsichtsrat besteht. Beratungsverträge sollten daher grundsätzlich nicht mit dem unabhängigen Finanzexperten abgeschlossen werden. Eine Ausnahme ist nur bei der Erteilung eines Gutachtenauftrags bezogen auf eine punktuelle einzelne Frage denkbar. Jedoch sollte mit Blick auf die Zustimmungsfähigkeit des Vertrages zurückhaltend vorgegangen werden, insbesondere wenn der besondere Sachverstand des unabhängigen Mitglieds zur Begutachtung erforderlich ist. Daneben sollten auch Bankenvertreter, trotz ihrer Spezialkenntnisse nicht als unabhängiger Finanzexperte vorgeschlagen werden. Bei sämtlichen anderen Geschäftsverhältnissen kommt es letztendlich auf den bedeutenden Umfang an. Im Unterschied zu Anhang II Nr. 1 lit. c) ist hierbei

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aber nicht nur die wirtschaftliche Dimension zu betrachten. Auf der ersten Stufe muss zunächst die Art der Beteiligung beim Geschäftspartner betrachtet werden, bevor dann auf zweiter Stufe die finanzielle Anreizwirkung untersucht wird. Insbesondere gesetzliche Vertreter des Geschäftspartners und leitende Angestellte, die dort auf den oberen Führungsebenen mit Führungsaufgaben betraut sind, kommen in der Regel als unabhängiger Finanzexperte nicht in Betracht. Das Gleiche gilt für Gesellschafter, wenn der Geschäftspartner als Personengesellschaft organisiert ist oder wenn bei einer Kapitalgesellschaft Beteiligungen in Höhe von über 20 Prozent gehalten werden. Bei Beteiligungen unterhalb dieser Schwelle und bei Aufsichtsratsdoppelmandaten ist des Weiteren der finanzielle Umfang für die Beurteilung der Unabhängigkeit heranzuziehen. Im Einklang mit § 319a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB, der die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers bei kapitalmarktorientierten Unternehmen regelt, sollte auch der unabhängige Finanzexperte nicht mehr als 15 Prozent seiner gesamten Einnahmen von einem Geschäftspartner der Gesellschaft erhalten. 6. Kein Partner oder Angestellter des Abschlussprüfers (Anhang II Nr. 1 lit. f) Nach Nr. 1 lit. f) des Anhangs II darf ein Aufsichtsratsmitglied auch nicht „Partner oder Angestellter des derzeitigen oder früheren externen Abschlussprüfers der Gesellschaft oder einer verbundenen Gesellschaft sein und darf diese Position auch in den letzten drei Jahren nicht inne gehabt haben“, um als unabhängig zu gelten. a) Gleichzeitige Wahrnehmung des Abschlussprüfer- und Aufsichtsratsmandats Das Aktiengesetz sieht keine Inkompatibilitätsvorschriften vor, die eine gleichzeitige Wahrnehmung des Abschlussprüfer- und des Aufsichtsratsmandats bei ein und derselben Gesellschaft verbieten. Demgegenüber regelt das Handelsgesetzbuch ausführlich, in welchen Situationen ein Abschlussprüfer von der Prüfung ausgeschlossen ist. Der Aufsichtsrat muss die in §§ 319 f. HGB geregelten Ausschluss- und Befangenheitsgründe sorgfältig prüfen, bevor er einen Abschlussprüfer der Hauptversammlung zur Bestellung vorschlägt.917 Ziff. 7.2.1 DCGK empfiehlt hierfür, dass der Aufsichtsrat bzw. der Prüfungsausschuss vor der Unterbreitung des Wahlvorschlags vom vorgesehenen Prüfer eine sog. Unabhängigkeitserklärung918 einholt, in der sämtliche relevante Beziehungen zwi-

917 Der Prüfungsauftrag an den Abschlussprüfer wird gem. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG vom Aufsichtsrat erteilt. 918 Zum Inhalt: Kremer in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, 7.2.1 Rn. 1358; Stürz/Harms in: Pfitzer/Oser/Orth, DCGK, S. 290 f.

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schen der Prüfungsgesellschaft und der zu prüfenden Gesellschaft offengelegt werden sollen. Bevor aber die Unabhängigkeit aus der Sicht des Aufsichtsratsmitglieds zu beurteilen ist, soll zunächst dargelegt werden, in welchen Situationen schon nach den handelsrechtlichen Vorschriften keine gleichzeitige Wahrnehmung beider Mandate möglich ist. aa) Ausschlussgründe § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB919 schließt Personen als Abschlussprüfer aus, die Mitglied des Aufsichtsrats in der zu prüfenden Kapitalgesellschaft oder eines Unternehmens sind, das mit der zu prüfenden Kapitalgesellschaft verbunden ist. Damit ist die gleichzeitige Wahrnehmung eines Abschlussprüfermandats und eines Aufsichtsratsmandats in der gleichen Gesellschaft ausgeschlossen. Ferner können Aufsichtsratsmitglieder von Tochterunternehmen nicht als Abschlussprüfer der Muttergesellschaft fungieren.920 Zudem ist derjenige nach § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 HGB als Prüfer ausgeschlossen, der eine Person beschäftigt, die Aufsichtsratsmitglied in der zu prüfenden Gesellschaft oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen ist. Des Weiteren sind Wirtschafts- oder Buchprüfer von der Abschlussprüfung ausgeschlossen, wenn sie mit einem Aufsichtsratsmitglied der zu prüfenden Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens den Beruf gemeinsam ausüben, § 319 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. HGB. Daher verhindert die Aufsichtsratsmitgliedschaft des Sozius in der Tochtergesellschaft auch die Bestellung des Wirtschaftsprüfers in der Muttergesellschaft.921 bb) Befangenheit Neben den gesetzlich geregelten Ausschlussgründen kann die Bestellung als Abschlussprüfer ebenfalls durch Befangenheit gem. § 319 Abs. 2 HGB ausgeschlossen sein. Insbesondere Beziehungen geschäftlicher, finanzieller oder persönlicher Art können diese begründen, so dass auch die Aufsichtsmitgliedschaft naher Familienangehöriger922 oder Freunde923 in der zu prüfenden Gesellschaft der Bestellung dieses Prüfers entgegenstehen.924 919 § 319 HGB wurde durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) v. 4.12.2004 (BGBl. I S. 3166) neu gefasst. § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB entspricht dabei weitestgehend den § 319 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 HGB a. F. Siehe dazu: RegBegr. BTDrucks. 15/3419, S. 39. 920 Hier gilt aber der bilanzrechtliche Konzernbegriff des § 271 Abs. 2 i.V. m. § 290 HGB. 921 § 43a Abs. 4 i.V. m. § 44b Abs. 1 WPO: Wirtschaftsprüfer dürfen ihren Beruf mit natürlichen Personen [. . .], die der Berufsaufsicht einer Berufskammer eines freien Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegen und ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Strafprozessordnung haben, örtlich und überörtlich in Gesellschaften bürgerlichen Rechts (Sozietäten) gemeinsam ausüben.

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cc) Ausschluss von Wirtschafts- und Buchprüfungsgesellschaften Bei der Beauftragung von Wirtschafts- und Buchprüfungsgesellschaften gilt nach § 319 Abs. 4 HGB nichts anderes. Insbesondere Doppelmandate925 in der zu prüfenden Gesellschaft und in der Prüfergesellschaft führen zum Ausschluss von der Abschlussprüfung. Das gleiche gilt, wenn ein Aufsichtsratsmitglied der zu prüfenden Gesellschaft Anteile in Höhe von 20 Prozent an der Prüfungsgesellschaft hält oder sonst irgendwie auf das Prüfungsergebnis Einfluss nehmen könnte, sei es als beschäftigter Gesellschafter oder als Angestellter. dd) Aufsichtsratsmandat eines Angestellten Für die Bestellung der Prüfungsgesellschaft ist es unschädlich, wenn ein Angestellter ein Aufsichtsratsmandat in der zu prüfenden Gesellschaft innehat, dieser bei der Prüfung aber weder in verantwortlicher Position beschäftigt ist noch sonst Einfluss auf das Prüfungsergebnis nehmen kann; denn Sinn und Zweck der §§ 319 f. HGB ist es, Personen von der Abschlussprüfung auszuschließen, die aufgrund ihrer Beziehungen zur prüfenden Gesellschaft nicht die Gewähr für objektive und unbefangene Entscheidungen bieten. Wenn aber keine Einflussmöglichkeit auf das Prüfungsergebnis gegeben ist, besteht auch kein Grund, die betreffende Gesellschaft als Abschlussprüfer auszuschießen.926 b) Angestellte des Abschlussprüfers als abhängige Aufsichtsratsmitglieder Die Kommissionsempfehlung geht umgekehrt aber sehr wohl davon aus, dass sämtliche Angestellten der Prüfungsgesellschaft als Aufsichtsratsmitglieder der zu prüfenden Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens abhängig 922 Empfehlung der Kommission v. 16.5.2002 Unabhängigkeit des Abschlussprüfers in der EU – Grundprinzipien (2002/590/EG), ABl. Nr. L 191 v. 19.7.2002, S. 46: „umfasst normalerweise Eltern, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner, Kinder und andere abhängige Angehörige. Je nach kulturellem und gesellschaftlichem Umfeld der Prüfung kann er jedoch auch Familienmitglieder mit zwar geringerem Verwandtschaftsgrad, aber nicht zwangsläufig weniger engen Beziehungen zu dem Betreffenden umfassen, wie frühere Ehegatten oder Lebenspartner und Ehegatten und Kinder von Familienangehörigen.“ 923 Art. 22 Abs. 2 Abschlussprüferrichtlinie (2006/43/EG) (o. Fußn. 2) [Vertrautheit oder eine Vertrauensbeziehung genügt]; Empfehlung der Kommission (2002/590/EG), (o. Fußn. 922), B. 6. Nr. 3, S.29; RegBegr. BilReG, BT-Drucks. 15/3419, S. 25. 924 Siehe dazu auch: RegBegr. BilReG, BT-Drucks. 15/3419, S. 40. 925 Das Aufsichtsratsmandat eines gesetzlichen Vertreters der Wirtschaftsprüfergesellschaft schließt die Bestellung nach § 319 Abs. 4 Satz 1 i.V. m. Abs. 3 HGB aus, während Aufsichtsratsdoppelmandate von § 319 Abs. 4 Satz 2 i.V. m. Abs. 3 HGB ausgeschlossen sind. 926 Vgl. auch für § 319 Abs. 3 Nr. 4 HGB: Ebke in: MüKo HGB, § 319 Rn. 68; Zimmer in: Großkomm. HGB, § 319 Rn. 47.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

sind.927 Dieses Ergebnis klingt zwar mit Blick auf obige Feststellung928 zunächst widersprüchlich, überzeugt aber bei genauerer Betrachtung. Die Forderung nach persönlicher Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder soll diesen eine interessenneutrale Ermittlung des Gesellschaftswohls ermöglichen. Diese Fähigkeit kann durch die Beziehung zum derzeitigen Abschlussprüfer beeinträchtigt sein, ohne dass es darauf ankäme, in welcher Position der Betreffende beim Prüfer beschäftigt ist. Probleme ergeben sich dann bereits im Vorfeld der Bestellung, da der Aufsichtsrat nicht nur für die Wahl des Abschlussprüfers durch die Hauptversammlung gem. § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG vorschlagsberechtigt ist, sondern dem gewählten Prüfer auch den Prüfungsauftrag erteilt, § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG. Dem Betreffenden wird es in dieser Lage regelmäßig schwerfallen, sich für eine andere Prüfungsgesellschaft als die eigene zu entscheiden. Darüber hinaus ist der Aufsichtsrat gem. § 171 AktG für die Prüfung des Jahresabschlusses und des dazugehörigen Lageberichts sowie des Gewinnverwendungsvorschlags zuständig. Die Aufsichtsratsmitglieder dürfen sich dabei nicht nur auf die Meinung des Abschlussprüfers verlassen, sondern müssen den Jahresabschluss und den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers selbst kritisch überprüfen.929 Im Regelfall wird dazu nur ein sachverständiges Aufsichtsratsmitglied fähig sein, dessen Urteilsvermögen nicht durch die Beziehung zur Prüfungsgesellschaft beeinträchtigt ist. Daher müssen auch Angestellte des derzeitigen Abschlussprüfers grundsätzlich als abhängig angesehen werden, wenn sie im Aufsichtsrat des zu prüfenden Unternehmens bzw. eines verbundenen Unternehmens ein Mandat innehaben. c) Angestellte und Partner des ehemaligen Abschlussprüfers Die Kommissionsempfehlung schließt auch Partner und Angestellte früherer Abschlussprüfer als unabhängige Aufsichtsratsmitglieder aus und sieht eine Wartefrist von drei Jahren vor. Ebenso gehen die Zulassungsanforderungen der NYSE davon aus, dass Partner und Angestellte des internen oder externen Abschlussprüfers, die innerhalb der letzten drei Jahre bei der Abschlussprüfung im Unternehmen mitgearbeitet haben, nicht unabhängig sind.930 927 Vgl. auch Sec. 303A.02 (b) (iii) (A) NYSE Listed Company Manual (o. Fußn. 618), wo das ebenfalls grundsätzlich ausgeschlossen ist, ohne Rücksicht auf die Mitarbeit bei der Abschlussprüfung. 928 3. Kapitel § 7 B. II. 6. a) dd). 929 Euler/Müller in: Spindler/Stilz, AktG, § 171 Rn. 10; Kropff in: MüKo AktG, § 171 Rn. 78; Hüffer, AktG, § 171 Rn. 5; Schulz in: Bürgers/Körber, § 171 Rn. 3; Velte, AG 2009, 102 (103). 930 Sec. 303A.02 (b) (iii) (D) Listed Company Manual (o. Fußn. 618): „(A) The director is a current partner or employee of a firm that is the company’s internal or external auditor; (B) the director has an immediate family member who is a current partner of such a firm; (C) the director has an immediate family member who is a

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aa) Wartezeit Die Kommissionsempfehlung betrachtet unterschiedslos alle Partner und Angestellten des früheren Abschlussprüfers als abhängig, wenn diese vor Ablauf der Wartefrist in den Aufsichtsrat wechseln und zwar auch dann, wenn die Beziehung zum ehemaligen Abschlussprüfer nicht mehr besteht. Hier muss die Weite des Unabhängigkeitskriteriums gerade mit Blick auf die geforderte Qualifikation des unabhängigen Aufsichtsratsmitglieds teleologisch eingeschränkt werden. Interessenkonflikte bei dem Betreffenden sind dann nicht zu befürchten, wenn dieser nicht mehr beim früheren Abschlussprüfer beschäftigt ist und auch bei früheren Prüfungen keinen Einfluss hatte. Die NYSE geht ebenfalls davon aus, dass es einer dreijährigen Wartefrist nur bei Personen bedarf, die an Prüfungen der betreffenden Gesellschaft beteiligt waren.931 Besteht keine „nennenswerte Verbindung“932 mehr zur Prüfungsgesellschaft, gibt es keinen Grund, fachlich qualifizierte Personen länger als nötig von der Position des unabhängigen Finanzexperten auszuschließen. Insbesondere wenn alle Forderungen und Verbindlichkeiten sowie ähnliche finanzielle Ansprüche und Verpflichtungen gegenseitig erfüllt sind, wäre die Einhaltung einer dreijährigen Wartefrist nur unnötige Förmelei. Demgegenüber bleibt es bei Personen, die in irgendeiner Weise an der Prüfung beteiligt waren, auch nach dem Ausscheiden aus der Prüfungsgesellschaft bei der dreijährige Wartefrist. Das gilt ebenso für die derzeitigen Mitarbeiter des früheren Abschlussprüfers; hier ist die dreijährige Frist933 wegen der Regelverjährungszeit möglicher Schadensersatzansprüche aus dem Abschlussprüfervertrag einzuhalten.934 bb) Abhängigkeit des ehemaligen Abschlussprüfers? Demgegenüber erfasst die Kommissionsempfehlung nicht den Fall, dass ein ehemaliger Abschlussprüfer selbst in den Aufsichtsrat wechselt. In Umsetzung von Art. 42 Abs. 3 der Abschlussprüferrichtlinie regelt aber § 43 Abs. 3 WPO935 eine zweijährige Wartefrist, bevor der Betreffende im geprüften Untercurrent employee of such a firm and personally works on the listed company’s audit; or (D) the director or an immediate family member was within the last three years a partner or employee of such a firm and personally worked on the listed company’s audit within that time.“ 931 Sec. 303A.02 (b) (iii) (D) Listed Company Manual (o. Fußn. 618). 932 Vgl. Empfehlung der Kommission (2002/590/EG), (o. Fußn. 922), Teil B.3.3. 933 A.A. Kehler, Unabhängigkeit, S. 143 [5 Jahre Karenzzeit]. 934 §§ 323 Abs. 1 Satz 3 HGB i.V. m. § 195 BGB; zur Frage der Schadensersatzpflicht eines Wirtschaftsprüfers gegenüber Gläubigern und Anteilserwerbern: BGH, Urt. v. 15.12.2005 – III ZR 424/05, WM 2006, 423 (425); BGHZ 138, 262 = NZG 1998, 437. 935 „Wer Abschlussprüfer eines Unternehmens im Sinne des § 319 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches war oder wer als verantwortlicher Prüfungspartner im Sinn

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

nehmen eine „wichtige Führungstätigkeit“ ausüben darf. Die Regelung soll verhindern, dass der ehemalige Abschlussprüfer durch seinen Einfluss im Unternehmen vergangenes Fehlverhalten verschleiern kann.936 Daher stellt sich die Frage, ob auch Aufsichtsratsmandate von dieser Vorschrift umfasst sind. Nach dem deutschen Gesetzgeber ist eine Beschränkung lediglich auf die erste und zweite Führungsebene eines Unternehmens zu statisch und würde Umgehungen geradezu herausfordern;937 insoweit könnte die Vorschrift auch Aufsichtsratsmandate erfassen. Die dem § 43 Abs. 3 WPO zugrunde liegende Regelung des Art. 42 Abs. 3 Abschlussprüferrichtlinie regelt aber nur den Wechsel in „wichtige Führungsposition[en]“ der geprüften Gesellschaft.938 Daneben sieht die Kommissionsempfehlung zur Unabhängigkeit der Abschlussprüfer in Teil B.3.4. eine zweijährige Wartefrist nur für den Wechsel in „Managementpositionen mit Schlüsselqualifikationen“ vor. Diese werden von der Kommission als „jede Position beim Prüfungsmandanten, die die Verantwortlichkeit für grundlegende Managementpositionen umfasst, z. B. Vorstandsvorsitzender oder Finanzvorstand“,939 definiert. Damit ist der Wechsel des Abschlussprüfers in den Aufsichtsrat der geprüften Gesellschaft nicht von § 43 Abs. 3 WPO940 erfasst und in diesem Rahmen ohne Wartezeit möglich. Dieses Ergebnis bezüglich des unabhängigen Finanzexperten überzeugt nicht; denn die Gefahr der Verschleierung von vergangenem Fehlverhalten besteht im dualistischen System auch gerade im Aufsichtsrat als unternehmensinternem Kontrollorgan. Die Kommissionsempfehlung muss daher so verstanden werden, dass auch ehemalige Abschlussprüfer (und nicht nur seine Partner oder Angestellte) als unabhängige Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen sind, soweit die Wartefrist von drei Jahre noch nicht verstrichen ist.

des § 319a Abs. 1 Satz 5, Abs. 2 Satz 2 des Handelsgesetzbuches bei der Abschlussprüfung eines solchen Unternehmens tätig war, darf dort innerhalb von zwei Jahren nach der Beendigung der Prüfungstätigkeit keine wichtige Führungstätigkeit ausüben.“ 936 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 109. 937 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 109. 938 Siehe auch Art. 40 (d) Richtlinienvorschlag Abschlussprüferrichtlinie, KOM (2004) 177 (o. Fußn. 546). 939 Glossar, Empfehlung der Kommission (2002/590/EG), (o. Fußn. 922), S. 55. 940 Ob die Umsetzung von Art. 42 Abs. 3 der Abschlussprüferrichtlinie im Berufsstandsrecht richtlinienkonform ist, darf bezweifelt werden. Die Kommission wollte ersichtlich auch die Verschleierung vergangenen Fehlverhaltens erfassen (so jedenfalls RegBegr. BT-Drucks. 16/10067, S. 109, Empfehlung (2002/590/EG) Teil B.3.4.; dagegen: Stellungnahme WPK zum BilMoG v. 14.01.2008; abrufbar unter: www.wpk.de/ stellungnahmen/S. 12 f.) und nicht nur den Schutz des aktuellen Abschlussprüfers bezwecken. Dann wäre aber die Umsetzung im Gesellschaftsrecht notwendig gewesen, um ehemalige Abschlussprüfer gänzlich auszuschließen. Denn eine Umgehung der Vorschrift wäre möglich, wenn die WPO nicht mehr anwendbar ist, weil beispielsweise auf die Bestellung als Wirtschaftsprüfer gem. § 19 WPO verzichtet wurde. Eine Verschleierung von Fehlverhalten ist in diesem Fall aber immer noch möglich.

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d) Ergebnis Die gleichzeitige Wahrnehmung eines Aufsichtsrats- und Abschlussprüfermandats bei derselben Gesellschaft ist bereits durch §§ 319 f. HGB weitestgehend ausgeschlossen. Nur das Aufsichtsratsmandat eines Angestellten ist für die Bestellung der Prüfungsgesellschaft unschädlich, wenn dieser weder in verantwortlicher Position beim Prüfer beschäftigt ist, noch sonst Einfluss auf das Prüfungsergebnis nehmen kann. Diese Konstellation löst umgekehrt aber die Abhängigkeit des Betreffenden im Aufsichtsrat aus, da der Finanzexperte nicht durch die Beziehung zum Abschlussprüfer in seiner Urteilsfreiheit eingeschränkt sein soll, sondern vielmehr selbst und kritisch den Jahresabschluss prüfen soll. Die unterschiedslose Abhängigkeit sämtlicher Partner und Angestellter des früheren Abschlussprüfers muss aber mit Blick auf die geforderte Sachkunde des unabhängigen Aufsichtsratsmitglieds eingegrenzt werden. Die Einhaltung der dreijährigen Wartefrist soll vor allem der Verschleierung von möglichen Schadensersatzansprüchen vorbeugen. Besteht diese Gefahr aber nicht, weil entweder der Betreffende nicht mehr beim früheren Abschlussprüfer beschäftigt ist und auch keinen Einfluss auf die Prüfung hatte oder weil sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften erfüllt sind bzw. ein wirksamer Haftungsausschluss vereinbart wurde, kommen diese Personen auch für die Position als unabhängiger Finanzexperte in Betracht. Das Gleiche gilt auch für den ehemaligen Abschlussprüfer, der zwar von der Kommissionsempfehlung nicht ausdrücklich benannt wird, der aber aufgrund der gleichen Gefährdungslage genauso behandelt werden muss wie seine Partner und Angestellten. 7. Keine Überkreuzverflechtungen (Anhang II Nr. 1 lit. g) Nach Nr. 1 lit. g) darf das unabhängige Mitglied des Aufsichtsrats „kein geschäftsführender Direktor bzw. Vorstandsmitglied in einer anderen Gesellschaft sein, in der ein geschäftsführender Direktor bzw. Vorstandsmitglied der Gesellschaft ein nicht geschäftsführender Direktor bzw. Aufsichtsratsmitglied ist; es darf keine anderen bedeutsamen Verbindungen zu geschäftsführenden Direktoren der Gesellschaft durch die Beteiligung in anderen Gesellschaften oder Organisationen unterhalten. a) Verbot der Überkreuzverflechtungen nach dem Aktiengesetz In Deutschland ist das Verbot der Überkreuzverflechtung in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AktG geregelt. Danach kann nicht Mitglied des Aufsichtsrats sein, „wer gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist, deren Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft angehört“. Der Gesetzgeber des Aktien-

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

gesetzes von 1965 wollte damit Überwachungslücken des Aufsichtsrats entgegenwirken, die dadurch entstehen können, dass der Überwachende an anderer Stelle die Rolle des Überwachten einnimmt.941 Zusätzlich sollte die Regelung einer übermäßigen Konzentration wirtschaftlicher Macht in der Hand eines verhältnismäßig kleinen Personenkreises entgegenwirken942 und den für die Aufsichtsratsmandatschaft in Frage kommende Personenkreis erweitern.943 Heutzutage wird die Vorschrift aber eher als Regelung zur Vermeidung von Interessenkonflikten bei Aufsichtsratsmitgliedern interpretiert und als Beitrag zur Sicherung effektiver Aufsichtsratsarbeit verstanden.944 b) Andere bedeutsame Verbindungen nach der Kommissionsempfehlung Von der Inkompatibilitätsvorschrift des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AktG sind aber nur Mandate als gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft erfasst; andere Verflechtungen sind nicht ausgeschlossen. Insbesondere ist es den Aufsichtsratsmitgliedern nicht verwehrt, mit einem Vorstandsmitglied der Gesellschaft eine Personengesellschaft zu gründen. Auch ein Zusammentreffen im Vorstand eines Vereins oder eine Überkreuzverflechtung mit dem Vorstand einer Genossenschaft sind für die Wahl als Aufsichtsratsmitglied in der Aktiengesellschaft unschädlich.945 Die Kommissionsempfehlung geht aber über das aktiengesetzliche Überkreuzverflechtungsverbot hinaus und bezieht auch andere bedeutsame Verbindungen zu Vorstandsmitgliedern in die Betrachtung ein, die durch die „Beteiligungen in anderen Gesellschaften oder Organisationen unterhalten“ werden. Die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats kann nämlich nicht nur dadurch beeinträchtigt sein, dass die Überwachungssituation umgekehrt in einer anderen Kapitalgesellschaft vorliegt; auch die Zusammenarbeit in anderen Organisationsformen kann die Kontrollbereitschaft eines Aufsichtsratsmitglieds erheblich herabsetzen, vor allem, wenn dabei persönliche Beziehungen946 entstanden sind oder aufgrund der Position ein gegenseitiges Druckmittel gegeben ist. Daher löst das Zusammentreffen mit Vorstandsmitgliedern in anderen Gesellschaftsformen oder Organisationen grundsätzlich die Abhängigkeit des Betreffenden aus, was umgekehrt aber nicht bedeutet, dass keine Ausnahmen hiervon nach den konkreten Umständen des Einzelfalls möglich sind. 941 Vgl. Kropff, RegBegr. AktG, § 100, S. 136; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 58. 942 Lieder, Aufsichtsrat im Wandel, S. 438 f. 943 Kropff, RegBegr. AktG, § 100, S. 136. 944 Lieder, Aufsichtsrat im Wandel, S. 439; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 10; Drygala in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 100 Rn. 10; Hüffer, AktG, § 100 Rn. 1; Bürgers/Israel in: Bürgers/Körber, § 100 Rn. 6. 945 Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 28; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 100 Rn. 24. 946 Säcker, AG 2004, 180 (183) [Männerfreundschaften als Überwachungsrisiko].

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c) Ergebnis Überkreuzverflechtungen sind schon nach § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AktG bei Aufsichtsratsmitgliedern ausgeschlossen, soweit die Überwachungssituation umgekehrt in einer anderen Kapitalgesellschaft besteht. Darüber hinaus bezieht die Kommissionsempfehlung für den unabhängigen Finanzexperten auch das Zusammentreffen mit Vorstandsmitgliedern in anderen Organisationsformen in die Betrachtung ein. Hier kommt es nicht nur darauf an, dass ein gegenseitiges Druckmittel besteht, was die jeweilige Überwachungstätigkeit beeinträchtigen könnte. Auch persönliche Beziehungen, die sich durch die gemeinsame Arbeit in anderen Gesellschaften gebildet haben, müssen zur Abhängigkeit des Betreffenden führen. Ausnahmen von dieser „Vermutung“ sind also nur insoweit denkbar, soweit durch die Zusammenarbeit weder persönliche Verbindungen entstanden sind, noch sonst gegenseitige Abhängigkeitssituationen oder Einflussmöglichkeiten bestehen. 8. Amtszeitbegrenzung (Anhang II Nr. 1 lit. h) Nach den Profilanforderung der EU-Empfehlung darf das unabhängige Aufsichtsratsmitglied auch nicht „länger als drei Amtszeiten [. . .] tätig gewesen sein (bzw. nicht länger als 12 Jahre, wenn das einzelstaatliche Recht Amtszeiten von sehr kurzer Dauer vorsieht).“ a) Keine Amtszeitbegrenzung nach dem Aktiengesetz Nach § 102 Abs. 1 AktG können Aufsichtsratsmitglieder maximal für fünf Jahre bestellt werden. Da das Aktiengesetz aber nur die Höchstdauer einer Amtsperiode zwingend festschreibt, kann die Satzung auch eine kürzere Amtszeit festgelegen.947 Demgegenüber wird die Wiederwahl der Aufsichtsratsmitglieder nicht begrenzt,948 was in der Praxis häufig zu langen Amtszeiten führt. Das hat aber nicht nur den Vorteil, dass die unternehmensspezifischen Kenntnisse der Aufsichtsratsmitglieder weiterhin für die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats genutzt werden können; insbesondere „Betriebsblindheit“ und eine mangelnde Distanz zum Vorstand sind die Nachteile einer langjährigen Amtsdauer, die auch in Deutschland zu Regelungsvorschlägen949 für eine Amtszeitbegrenzung geführt haben. Der altersbedingte Verlust der Leistungsfähigkeit stellt ebenfalls eine Gefahr für die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats dar, 947

Siehe dazu: Habersack in: MüKo AktG, § 102 Rn. 2, 8. Habersack in: MüKo AktG, § 102 Rn. 20; Hopt/Roth/Peddinghaus in: Großkomm. AktG, § 102 Rn. 42. 949 Scheffler, DB 2000, 433 [maximal 4 Amtszeiten]; so auch: Oberhofer, Unabhängigkeit, S. 201. 948

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

so dass Ziff. 5.4.1 DCGK empfiehlt, bei der Auswahl der vorzuschlagenden Kandidaten das Alter zu berücksichtigen.950 Eine Begrenzung der Wiederwahl hat zudem den Vorteil, dass das Unternehmen im „Trend der Zeit“ bleibt und nicht veraltete Ansichten zu einer Entwicklungsstagnation führen. b) Begrenzung durch die Kommissionsempfehlung Die Kommissionsempfehlung sieht für das unabhängige Aufsichtsratsmitglied eine Begrenzung auf drei Amtszeiten vor; bei kürzeren einzelstaatlichen Amtsperioden sollte eine absolute Grenze von 12 Jahren aber nicht überschritten werden. Demgegenüber regelt der Combined Code für unabhängige nicht geschäftsführende Direktoren eine generelle Amtszeitbegrenzung auf neun Jahre,951 die so auch von ausländischen Investoren angenommen wird.952 Im deutschen Recht können die Amtsperioden der einzelnen Mitglieder variieren, weil das Gesetz nur eine Höchstgrenze von fünf Jahren vorsieht. Im Falle der höchstmöglichen Amtsdauer träte die Abhängigkeit dann nach 15 Jahren – mit Beginn der vierten Amtszeit – ein, während beispielsweise bei einer dreijährigen Amtsdauer unproblematisch noch eine vierte Amtszeit möglich wäre. Es ist aber nicht die Häufigkeit der Wiederwahl für die Beurteilung der Unabhängigkeit entscheidend, sondern die Länge der gesamten Amtszeit. Mit Blick auf die Gefahren, die sich aus einer zu langen Amtszeit für die Überwachungstätigkeit ergeben können, ist zumindest für die Position des unabhängigen Finanzexperten die 12jährige Amtsdauer einzuhalten.953 9. Kein Verwandtschaftsverhältnis (Anhang II Nr. 1 lit. i) Die letzte Profilanforderung im Anhang II bestimmt, dass auch enge Familienangehörige eines geschäftsführenden Direktors bzw. Vorstandsmitglieds oder von Personen, die sich in einer der unter Nr. 1 lit. a) bis h) beschriebenen Positionen befinden, als abhängig gelten. a) Relevanter Personenkreis Nicht nur familiäre Bindungen zu einem Vorstandsmitglied können die Kontrollbereitschaft eines Aufsichtsratsmitglieds erheblich beeinflussen. Auch ver950

Scheffler, DB 2000, 433 [generelle Altersgrenze 70 Jahre]. Ziff. A.3.1. CC. 952 Pressekonferenz DSW und ECGS am 20.08.2008 (Fußn. 543); auch: in FAZ v. 22.08.2008, Nr. 196, S. 21; Handelsblatt v. 22.08.2008, Nr. 163, S. 30 [ausländische Investoren betrachten Amtszeiten von über 9 Jahren kritisch]. 953 Vgl. Amtszeitgrenze in anderen Ländern: IOSCO, Board independence of listed companies – Final Report, S. 37 f., abrufbar unter: www.iosco.org/library/pubdocs/ pdf/IOSCOPD238.pdf 951

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wandtschaftliche Beziehungen zu Personen, die nach Nr. 1 lit. a) bis Nr. 1 lit. h) als unabhängiges Aufsichtsratsmitglied ausgeschlossen wären, können zu erheblichen Überwachungslücken führen. So kann eine Geschäftsbeziehung eines Verwandten zur Gesellschaft die Abhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds begründen; Familienangehörige des ehemaligen Abschlussprüfers sind als Aufsichtsratsmitglieder ebenfalls abhängig. Auch der Combined Code und die NYSE erweitern die Unabhängigkeitsanforderungen auf Familienangehörige des Direktors.954 Der Begriff „nahe Familienangehörige“ wird in der Kommissionsempfehlung zur Unabhängigkeit des Abschlussprüfers definiert.955 Davon sind „normalerweise Eltern, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner, Kinder und andere abhängige Angehörige“ umfasst. Je nach kulturellem oder gesellschaftlichem Umfeld können auch Familienmitglieder mit geringerem Verwandtschaftsgrad darunter gezählt werden, wobei es aber immer auf die Enge der emotionalen Bindung zu dem Betreffenden ankommt. Daher können nach der Kommission auch frühere Ehegatten oder Lebenspartner sowie Ehegatten und Kinder von Familienangehörigen unter diese Definition fallen. Das deutsche Recht versteht den Begriff der Familienzugehörigkeit ebenfalls weit, wenn es um den gesetzlichen Ausschluss von Mitwirkungsrechten geht; insbesondere die Befangenheitsvorschriften der Prozessordnungen956 machen das deutlich, aber auch aus ähnlichen Regelungen in den kommunalen Vorschriften der einzelnen Bundesländer957 lässt sich dies ableiten. Im Ergebnis kann die Abhängigkeit also umso eher angenommen werden, je näher der Verwandtschaftsgrad ist und umso enger die emotionale Bindung zum Betreffenden ist.958 b) Ausnahme für Familienunternehmen? Familienunternehmen sind nicht nur kleine regional tätige Unternehmen, sie können auch börsennotiert sein.959 Besonders dann besteht die Notwendigkeit, den familiären Einfluss nicht nur über die Hauptversammlung zu sichern, sondern das Unternehmen auch auf der Ebene der Unternehmensführung bzw. Unternehmenskontrolle nach Familiengrundsätzen und Familientraditionen auszurichten.960 Ob die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie als persönliche 954

Ziff. A.3.1 CC; Sec. 303A.02 NYSE Listed Company Manual (o. Fußn. 618). Empfehlung der Kommission (2002/590/EG), (o. Fußn. 922), Anhang, 6. 956 §§ 41 ff. ZPO, §§ 22 ff. StPO, § 54 Abs. 1 VwGO i.V. m. §§ 41 ff. ZPO. 957 Art. 49 BayGO; § 18 BW GemO; § 28 BrandbGO; § 25 HGO; § 31 GO LSA; § 24 KV MV; § 26 NGO; § 31 GO NRW; § 22 GO RPF; § 20 SächsGemO; § 22 GO SH; § 27 KSVG SL; § 38 ThürKO. 958 Lieder, NZG 2005, 569 (572). 959 Aufstellung der 500 größten Familienunternehmen unter: www.familienunter nehmen.de. 960 Wiedemann/Kögel, Familienunternehmen, § 2 Rn. 4 ff. 955

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

Voraussetzung für Aufsichtsratsmitglieder nach § 100 Abs. 4 AktG in die Satzung aufgenommen werden darf, ist umstritten.961 Eine Besetzung des Aufsichtsrats mit Familienangehörigen eines Aktionärs ist aber über die Aufnahme eines Entsenderechts grundsätzlich möglich.962 Vielfach wird Familienunternehmen eine Sonderstellung gegenüber anderen kapitalmarktorientierten Unternehmen zugesprochen.963 Ein Überwachungsdefizit, wie es sich bei Publikumsgesellschaften in der Vergangenheit oft gezeigt hat, ist bei ihnen selten zu finden.964 Daher wird für diese Unternehmen oft eine Ausnahme bezüglich der Unabhängigkeitsanforderungen für Aufsichtsratsmitglieder gefordert.965 Jedoch geht auch der Kodex für Familienunternehmen in Ziff. 4.2.2 davon aus, dass externe Mitglieder im Kontrollorgan vertreten sein sollen, um eine effektive Kontrolle der Unternehmensleitung zu sichern.966 Die Situation von Familienunternehmen ist mit Gesellschaften vergleichbar, die über einen Mehrheitsaktionär verfügen, so dass nur ein geringer Streubesitzanteil besteht.967 Eine besondere Behandlung dieser Unternehmen im Rahmen der Unabhängigkeitsvorschriften ist daher nicht angezeigt; hier sollte ebenfalls mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats kein Familienangehöriger sein. 10. Keine Verbindung zu Wettbewerbsunternehmen (Erwägung 7) Die in Deutschland besonders umstrittene Praxis der Mehrfachmandate in Wettbewerbsunternehmen wurde nicht als Profilanforderungen aufgenommen, was daran liegt, dass die Kommission vorrangig den Schutz der (Minderheiten-) Aktionäre und anderer Stakeholder im Auge hatte,968 also auf die Verhinderung des klassischen Prinzipal-Agent Konflikts abzielte,969 während „Wettbewerbs961 Bejahend: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 1 Rn. 24; a. A. Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 41; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 105; Mertens in: KK AktG, § 100 Rn. 28. 962 Lieder, ZHR 172 (2008), 306 (323); Möslein, AG 2007, 770 (771); Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 101 Rn. 102. 963 Wiedemann/Kögel, Familienunternehmen, § 2 Rn. 11 ff.; Bernhardt, ZHR 159 (1995), 310 (320); siehe auch die durch das VorstAG eingeführte Regelung in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG, die lt. Gesetzesbegründung insbesondere Familienunternehmen privilegieren soll, BT-Drucks. 16/13433, S. 18. 964 Bernhardt, ZHR 159 (1995), 310 (321); vgl. Lange, BB 2005, 2585 (2586 ff.). 965 Spindler, ZIP 2005, 2033 (2042); Maul, BB 2005, Beilage Nr. 19, S. 5; Maul/ Lanfermann, BB 2004, 1861 (1864); vgl. Lange, BB 2005, 2585 (2590); vgl. Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1028). 966 Siehe dazu unter: www.kodex-fuer-familienunternehmen.de 967 Vgl. Lange, BB 2005, 2585 (2587); ders. in: FS Hennerkes, S. 135 (140); Oberhofer, Unabhängigkeit, S. 203. 968 Siehe dazu: Erwägungsgrund 1, 7, 18, Empfehlung der Kommission (2005/162/ EG), (o. Fußn. 3). 969 Langenbucher, ZGR 2007, 571 (589).

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verbote“ für Aufsichtsratsmitglieder der Ausnutzung der Organstellung zugunsten des Wettbewerbers entgegenwirken sollen.970 Lediglich Erwägungsgrund 7 der Kommissionsempfehlung weist im Zusammenhang mit der Definition von Unabhängigkeit darauf hin, dass auch „jenen Gefahren [die Aufmerksamkeit] gewidmet werden [sollte], die aus der Tatsache herrühren, dass ein Vertreter im Aufsichtsrat enge Verbindungen mit einem Konkurrenten des Unternehmens hat.“ a) Interessenkonflikte bei Beziehungen zum Wettbewerber Besonders Doppelmandatsträger in Konkurrenzunternehmen können erheblichen Interessenkonflikten ausgesetzt sein, die eine Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats unmöglich machen.971 Zwar ist ein Aufsichtsratsmitglied außerhalb seiner Organbeziehung zur Gesellschaft nicht in gleicher Weise wie ein Vorstandsmitglied an die Beachtung des Gesellschaftsinteresses gebunden; aber auch Aufsichtsratsmitglieder dürfen ihre Organstellung nicht zum Vorteil Dritter ausnutzen und insbesondere keine unternehmensinternen Informationen der Gesellschaft beim Wettbewerber offenbaren, so dass diesem die Wahrnehmung der Geschäftschancen der Gesellschaft ermöglicht wird.972 Bei Doppelmandaten in Wettbewerbsunternehmen besteht grundsätzlich eine „Konfliktfalle“,973 die nicht mit dem Hinweis auf das Unternehmensinteresse der jeweiligen Gesellschaft gelöst werden kann. Denn niemand ist in der Lage, das, was er in einem Bereich gehört hat, bei Behandlung einer gleichartigen Angelegenheit im anderen Unternehmen zu „vergessen“.974 Eine objektive Entscheidung kann der Doppelmandatsträgers weder bei der Beratungstätigkeit noch bei der Abstimmung über zustimmungsbedürftige Maßnahmen im Aufsichtsrat treffen.975 b) Definition des Wettbewerbers Hinsichtlich der Ausprägung der Wettbewerbsbeziehung macht die Kommissionsempfehlung keine Vorgaben. In Erwägungsgrund 7 wird lediglich eine 970

Langenbucher, ZGR 2007, 571 (589). Siehe insbesondere bei Bankenvertretern: 3. Kapitel § 7 B. II. 5. a) cc). 972 Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 47; Spindler in: Spindler/Stilz, § 116 Rn. 59; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 116 Rn. 179, 184 ff. 973 Decher, ZIP 1990, 277 (287); Wardenbach, Interessenkonflikte, S. 65; vgl. Martinek, WRP 2008, 51 (54 ff.). 974 Semler/Stengel, NZG 2003, 1 (4); Möllers, ZIP 2006, 1615 (1616). 975 Exemplarische für dieses Problem ist das Beispiel von Lutter, dass ein Aufsichtsratsmitglied von Daimler-Benz zugleich Aufsichtsratsmitglied bei VW ist und darüber im Aufsichtsrat von Daimler-Benz entscheiden soll, ob eine Expansion in den Markt für Kleinfahrzeuge durch das Unternehmen erfolgen soll; siehe in: Lutter in: FS Beusch, S. 509. 971

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

enge Verbindung mit einem Konkurrenten als Gefahr für die objektive Aufsichtsratstätigkeit angesehen. Wie der Begriff des Konkurrenten auszulegen ist, kann der Empfehlung aber nicht entnommen werden. Demgegenüber sollen gem. Ziff. 5.4.2 DCGK keine Organ- und Beratungsfunktionen bei „wesentlichen“ Wettbewerbern des Unternehmens ausgeübt werden. Konzerngesellschaften sind dabei nach der Systematik des Kodex als Wettbewerber ausgeschlossen,976 so dass das relevante Geschäftsfeld des Unternehmens nur unter Einbeziehung der Geschäftstätigkeit der Konzernunternehmen zu ermitteln ist. Wann jedoch eine wesentliche Wettbewerbsbeziehung vorliegt, ist schwierig festzustellen. Einerseits kann auf das Kerngeschäftsfeld beider Unternehmen abgestellt werden, so dass eine relevante Wettbewerbsbeziehung nur dann vorliegt, wenn die Unternehmen sich in diesem Bereich als Konkurrenten gegenüber stehen. Andererseits ist die Bestimmung eines Kerngeschäftsfeldes bei stark diversifizierten Konzernen kaum möglich, da hier mehrere kleinere Geschäftsfelder bestehen. Hier muss es dann genügen, dass Wettbewerbsbeziehungen in einem nicht unwesentlichen Geschäftsbereich gegeben sind.977 Nach einem früheren Gesetzesentwurf978 sollten Doppelmandate von Aufsichtsratsmitgliedern nur bei im Kerngeschäftsfeld konkurrierenden Unternehmen generell verhindert werden.979 Das Vorliegen einer maßgeblichen Konkurrenzsituation sollte mithilfe der Umsatzerlöse der jeweiligen Tätigkeitsbereiche bestimmt werden. Nur soweit in einem Tätigkeitsfeld über 15 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet würden, sollte dies als wesentlich eingestuft werden; partielle Konkurrenzen in kleineren Produktfeldern sollten danach unschädlich sein.980 Eine andere Auffassung bejaht eine wesentliche Wettbewerbssituation, wenn ca. 1/3 oder 1/4 des Konzernumsatzes betroffen ist.981 Alterna976 Nach der Präambel des DCGK wird für Regelungen, die nicht nur die Gesellschaft selbst, sondern auch ihre Konzernunternehmen betreffen, der Begriff „Unternehmen“ statt „Gesellschaft“ verwendet. 977 Kremer in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, 5.4.2 Rn. 1051; vgl. auch Beispiele bei Uwe H. Schneider, BB 1995, 365 (369). 978 Entwurf für ein Gesetz zur Steigerung der Effizienz von Aufsichtsräten und zur Begrenzung von Machtkonzentration bei Kreditinstituten infolge von Unternehmensbeteiligungen, BT-Drucks. 13/9716. Der Gesetzesantrag wurde vom Bundesland Rheinland-Pfalz eingebracht, BR-Drucks. 561/97. Das Gesetzgebungsverfahren ist aber im Jahre 1998 gescheitert. 979 § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG-E im Entwurf eines Gesetzes zur Steigerung der Effizienz von Aufsichtsräten und zur Begrenzung der Machtkonzentration bei Kreditinstituten infolge von Unternehmensbeteiligungen, BT-Drucks. 13/9716; siehe auch: Hopt/Roth, Großkomm. AktG, § 100 Rn. 181; Marsch-Barner in: Semler/v. Schenck, Aufsichtsratsmitglieder, § 12 Rn. 143; Vetter in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börs. AG, § 25 Rn. 18. 980 BT-Drucks. 13/9716, S. 12. 981 Kremer in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, 5.4.2 Rn. 1052; Seibt, AG 2003, 465 (475).

§ 7 Unabhängigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff

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tiv wird zur Auslegung des Begriffes „Wettbewerb“ auch auf die einschlägigen Branchenindizes an den Börsen verwiesen.982 Demgegenüber hat Lutter vorgeschlagen, dass eine Konkurrenzsituation dann anzunehmen sei, wenn das betreffende Marktsegment für das jeweilige Unternehmen nicht nur eine untergeordnete Rolle spiele. Ob das im Einzelfall vorliege, sollte daran gemessen werden, ob das Unternehmen sich ohne wesentliche Änderungen seines Charakters aus dem betreffenden Marktsegment zurückziehen könne.983 Eine unproblematische Ermittlung des wesentlichen Wettbewerbers wird letztendlich aber durch keine Methode ermöglicht;984 jedoch können sie dem Aufsichtsrat bei seiner Beurteilung, ob ein Kandidat wegen einer anderweitigen Mandatierung als abhängig gelten soll, Anhaltspunkte bieten. Für das Mandat des unabhängigen Finanzexperten sollten aber sämtliche Organ- und Beratungsfunktionen bei Wettbewerbsunternehmen, unabhängig ob eine wesentliche Konkurrenzsituation besteht, ausgeschlossen sein. c) Ergebnis Beziehungen des Aufsichtsratsmitglieds zu Wettbewerbsunternehmen werden von der Kommissionsempfehlung nur am Rande erwähnt, was damit zu tun hat, dass dieses Problem Resultat der nationalen Ausgestaltung des Aufsichtsratsmandats als Nebenamt ist und nicht dem klassischen Prinzipal-Agent Konflikt entspringt. Ziff. 5.4.2 DCGK empfiehlt jedoch, dass Aufsichtsratsmitglieder generell keine Organ- oder Beratungsfunktion bei wesentlichen Wettbewerbern des Unternehmens ausüben sollen. Für den unabhängigen Finanzexperten kommt es aber nicht auf die Wesentlichkeit der Wettbewerbsbeziehung zwischen den Unternehmen an, hier muss wegen der erheblichen Interessenkonflikte jede Organfunktion bzw. Beratungstätigkeit zur Abhängigkeit des Betreffenden führen.

C. Ergebnis Unabhängigkeit wird aus nationaler und europäischer Sicht, trotz des Verweises der Gesetzesbegründung auf die Kommissionsempfehlung, in unterschiedlicher Weise definiert. Der deutsche Gesetzgeber betont vor allem, dass Unabhängigkeit hierzulande als unabhängig vom Geschäftsführungsorgan und der Gesellschaft verstanden wird. Demgegenüber versteht die Kommission Unabhängigkeit als die „Abwesenheit jeglicher signifikanter Interessenkonflikte“ und bezieht auch Verbindungen zum Mehrheitsaktionär in die Betrachtung mit ein. Was unter Unabhängigkeit im Einzelnen zu verstehen ist, soll im Einklang mit 982 983 984

Berrar, NZG 2001, 1113 (1118). Lutter in: FS Beusch, S. 509 (514). Vgl. Kritik bei: Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 100 Rn. 80.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

den europäischen Vorgaben der Aufsichtsrat selbst festlegen, wobei die Kommissionsempfehlung und insbesondere der detaillierte Profilkatalog nur der Hilfestellung dient, um mögliche Risiken für die Überwachungstätigkeit aufzudecken. Das bedeutet aber nicht, dass der deutsche Gesetzgeber seine Auffassung anstelle derer des europäischen Gesetzgebers setzen darf. § 100 Abs. 5 AktG setzt Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 der Abschlussprüferrichtlinie um und muss europarechtskonform ausgelegt werden. Selbst wenn aus historischer Sicht das Unabhängigkeitskriterium zur Schließung der Überwachungslücken im monistischen System entwickelt wurde, begreift es die Kommission dennoch umfassend und sieht deren Anwendung auch für das dualistische System vor. Der gem. Art. 288 AEUV (ex-Art. 249 EG) unverbindliche Charakter des Regelungsinstruments bedeutet nicht, dass die Mitgliedsstaaten nicht angehalten wären, die Empfehlung bei der Umsetzung europäischen Rechts zu beachten; denn schon im Jahre 1989 hat der EuGH entschieden, dass nationale Gerichte die Pflicht haben, auch Empfehlungen bei der Auslegung des nationalen Rechts heranzuziehen. Europarechtskonform ist das Unabhängigkeitskriterium in § 100 Abs. 5 AktG also nur im Sinne der Kommissionsempfehlung auszulegen, so dass insbesondere den Profilanforderungen Indizwirkung zukommt, die nur unter konkreten Umständen eine abweichende Einschätzung des Aufsichtsrats erlauben. Für die Position des unabhängigen Finanzexperten sind daher in der Regel: 1. ehemalige Vorstandsmitglieder ausgeschlossen, soweit sie dieses Amt in den letzten fünf Jahren ausgeübt haben. Nur wenn der Betreffende nach seiner Persönlichkeit und der vorherigen Position im Vorstand die umfassende Gewähr für einflussfreie und sachgerechte Entscheidungen bietet und keine anderen Umstände dagegen sprechen, kann auch eine zweijährige Karenzzeit genügen. 2. Arbeitnehmer ausgeschlossen, soweit sie nicht im Rahmen der Mitbestimmungsgesetze in den Aufsichtsrat gewählt wurden. Betroffen sind davon insbesondere Gewerkschaftsvertreter und Führungskräfte, die direkt unterhalb der Vorstandsebene mit Führungsaufgaben betraut sind. 3. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die über ein Drittel der Fest- bzw. über ein Viertel der gesamten Aufsichtsratsvergütung oder mehr als 120.000 Euro erfolgsabhängig vergütet werden. 4. Vertreter des Kontrollaktionärs ausgeschlossen, soweit es sich um einen faktischen Konzern handelt. 5. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die Geschäftsverhältnisse zur Gesellschaft in bedeutendem Umfang pflegen. Nur bei Geschäftsverhältnissen, in denen das Aufsichtsratsmitglied kein gesetzlicher Vertreter bzw. leitender Angestellter des Geschäftspartners ist und auch keine persönlich haftende Gesellschafterstellung oder eine Beteiligung von über 20 Prozent am Geschäftspartner

§ 8 Zwingende Anzahl unabhängiger Mitglieder

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vorliegt, kommt es auf den finanziellen Umfang der Geschäftsbeziehung an. Abhängig bleibt dann nur noch derjenige, der mehr als 15 Prozent seiner Gesamteinnahmen vom Geschäftspartner erzielt. 6. Partner und Angestellte des derzeitigen oder früheren Abschlussprüfers sowie der frühere Abschlussprüfer selbst ausgeschlossen, soweit diese vor Ablauf von drei Jahren in den Aufsichtsrat wechseln. Ausnahmen sind hiervon nur insoweit möglich, dass keine Gefahr der Verschleierung potentieller Schadensersatzansprüche gegen den Abschlussprüfer mehr gegeben ist. 7. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die in einer anderen Gesellschaft mit einem Vorstandsmitglied zusammenarbeiten. 8. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, deren Amtszeit in der Gesellschaft länger als 12 Jahre andauert. 9. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die in einem Verwandtschaftsverhältnis zu obigen Personen stehen. 10. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die eine Organfunktion oder Beratungstätigkeit bei einem Wettbewerber innehaben.

§ 8 Zwingende Anzahl unabhängiger Mitglieder Der deutsche Gesetzgeber fordert in § 100 Abs. 5 AktG, dass mindestens ein unabhängiges sachverständiges Mitglied im Aufsichtsrat vertreten sein muss. Demgegenüber forderte die Kommission im Aktionsplan985 noch eine mehrheitlich unabhängige Besetzung des Überwachungsorgans. In der Abschlussprüferrichtlinie geht der europäische Gesetzgeber aber nunmehr davon aus, dass es zur Stärkung des unternehmensinternen Kontrollsystems auch genügt, wenn mindestens ein Mitglied des Prüfungsausschusses diese Voraussetzungen erfüllt. Eine mehrheitliche oder ausreichende Besetzung mit unabhängigen Mitgliedern, wie sie ebenfalls in der Kommissionsempfehlung vom 15. Februar 2005986 gefordert wurde, ist nicht zwingend, aber unter Gesichtspunkten der Best Practice durchaus „erwünscht“.987

A. Zuständigkeit des Aufsichtsrats Sowohl die Kommissionsempfehlung als auch der deutsche Gesetzgeber gehen davon aus, dass der Aufsichtsrat selbst feststellen soll, wer unabhängig ist. 985

Aktionsplan Ziff. 3.1.3., S. 17 (o. Fußn. 536). Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3), S. 55. 987 Vgl. Ziff. 5.4.2 DCGK; Pressekonferenz DSW und ECGS am 20.08.2008 (Fußn. 543); auch: in FAZ v. 22.08.2008, Nr. 196, S. 21; Handelsblatt v. 22.08.2008, Nr. 163, S. 30. 986

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

Dies ist hierzulande problematisch, denn ob der Aufsichtsrat letztendlich über ein unabhängiges sachverständiges Aufsichtsratsmitglied verfügt, liegt nach dem Aktiengesetz nicht in der Entscheidungsgewalt des Aufsichtsrats, sondern fällt in den Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung. Diese wählt die Aufsichtsratsmitglieder, ohne an den Wahlvorschlag des Aufsichtsrats gebunden zu sein. Dem Aufsichtsrat steht weder das Recht zur Kooptation zu, noch kann er Aktionäre vertraglich verpflichten, eine bestimmte Person zu wählen; auch die Einführung bindender Vorschlagsrechte durch die Satzung ist ausgeschlossen.988 Damit ist es denkbar, dass der Aufsichtsrat einer kapitalmarktorientierten Gesellschaft im Ergebnis doch nicht über einen unabhängigen Finanzexperten verfügt. Es ist daher fraglich, ob die Umsetzung des Unabhängigkeitskriteriums in § 100 AktG richtlinienkonform erfolgte. Vorzugswürde wäre hier eine Normierung entsprechend § 6 Abs. 2a InvG989 gewesen, bei der der Hauptversammlung die Wahl eines unabhängigen sachverständigen Mitglieds vorgeschrieben wird. In der Regel wird die Hauptversammlung jedoch dem Wahlvorschlag des Aufsichtsrats folgen, so dass es letztendlich kaum darauf ankommen wird, dass der Aufsichtsrat nicht die Bestellungsbefugnis für das unabhängige Mitglied hat.990 § 100 Abs. 5 AktG muss damit als „Sorgfaltsanforderung“ des Aufsichtsrats interpretiert werden, sich im Gremium mit möglichen Interessenkonflikten eines vorzuschlagenden Kandidaten auseinanderzusetzen. Wird der Aufsichtsrat insgesamt gewählt, so hat der Wahlvorschlag an die Hauptversammlung mindestens ein unabhängiges sachverständiges Mitglied zu enthalten. Stehen dagegen nur einzelne Aufsichtsratsmandate zur Wahl, muss der Aufsichtsrat nach der bestehenden Besetzung entscheiden, ob es eines unabhängigen Mitglieds bedarf.

B. Fehlender Einfluss des Aufsichtsrats auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter Problematisch ist zudem, dass der Aufsichtsrat keinen Einfluss auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter hat, so dass sich die Frage stellt, ob nur ein Anteilseignervertreter als unabhängiger Finanzexperte in Frage kommt. Der Gesetzgeber geht im Einklang mit der Kommission davon aus, dass auch Arbeitnehmer-

988 Habersack in: MüKo AktG, § 101 Rn. 11 ff.; vgl. Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1032). 989 „§ 101 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 des Aktiengesetzes ist auf eine Kapitalanlagegesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Hauptversammlung mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats zu wählen hat, das von den Aktionären, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der Kapitalanlagegesellschaft unabhängig ist.“ 990 Lutter, EuZW 2009, 799 (803 [eine Art Kooptation].

§ 8 Zwingende Anzahl unabhängiger Mitglieder

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vertreter die von § 100 Abs. 5 AktG geforderte Voraussetzungen erfüllen können. Anhang II der Empfehlung vom 15. Februar 2005 geht jedenfalls von der Unabhängigkeit der Arbeitnehmervertreter aus und die Gesetzesbegründung zu § 100 Abs. 5 AktG sieht insbesondere fachkundige Angestellte aus den Bereichen Rechnungswesen und Controlling, aber auch Betriebsräte, soweit sie sich die entsprechenden Kenntnisse im Zuge ihrer Tätigkeit angeeignet haben, als sachverständig an.991 Daher kann das unabhängige Mitglied auch aus den Reihen der Arbeitnehmervertreter rekrutiert werden. Der Gesetzgeber erwähnt zwar ausdrücklich nur die Verpflichtung des Aufsichtsrats, sich der Unabhängigkeit der vorgeschlagenen Kandidaten bewusst zu werden. § 100 Abs. 5 AktG gilt aber nach den Mitbestimmungsgesetzen auch für den Vorschlag zur Wahl der Arbeitnehmervertreter. Das wird zumindest aus § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 DrittelbG deutlich, die § 100 AktG ohne Einschränkung auch bei der Bildung eines obligatorischen Aufsichtsrats in der GmbH für anwendbar erklären. Im Ergebnis bedeutet das, dass in mitbestimmten Gesellschaften sowohl der Aufsichtsrat als auch das vorschlagsberechtigte Quorum der Arbeitnehmer nach § 100 Abs. 5 AktG dazu verpflichtet sind, mindestens einen unabhängige Sachverständigen zur Wahl in den Aufsichtsrat vorzuschlagen.

C. Ergebnis Wer unabhängig ist, entscheidet sowohl nach deutscher Gesetzesbegründung als auch nach europäischer Vorgabe der Aufsichtsrat nach eigenem Ermessen. § 100 Abs. 5 AktG zwingt aber nicht die Hauptversammlung dazu, den vom Aufsichtsrat vorgeschlagenen unabhängigen Kandidaten zu wählen. Diese bleibt gem. § 101 Abs. 1 AktG vielmehr frei in der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder. Jedoch wird die Hauptversammlung dem Vorschlag des Aufsichtsrats in der Regel folgen, so dass es tatsächlich nicht darauf ankommen wird, dass diesem nicht die Bestellungsbefugnis bezüglich des unabhängigen Finanzexperten zukommt. § 100 Abs. 5 AktG verpflichtet also den Aufsichtsrat, seinen Wahlvorschlag entsprechend sorgfältig zu formulieren. Wird der Aufsichtsrat insgesamt gewählt, so hat der Wahlvorschlag mindestens einen unabhängigen sachverständigen Kandidaten zu enthalten. Stehen dagegen nur einzelne Mandate zur Wahl, muss der Aufsichtsrat nach der bestehenden Besetzung entscheiden, ob es eines unabhängigen Mitglieds bedarf.

991 BT-Drucks. 16/10067, S. 102; vgl. Peltzer, NZG 2009, 1041 (1043) [leitender Angestellter aus dem Rechnungswesen bestinformiertes Mitglied des Aufsichtsrats]; aber: besondere Anforderungen an den Sachverstand gem. § 36 Abs. 3 KWG, § 7a Abs. 1, 4 VAG eingefügt durch Aufsichtsstärkungsgesetz (o. Fußn. 210); vgl. auch LG München I, Urt. v. 5.11.2009 – 5 HK O 15312/09, BB 2010, 885.

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3. Kap.: Die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds

§ 100 Abs. 5 AktG richtet sich aber nicht nur an den Aufsichtsrat. Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass auch Arbeitnehmervertreter sachverständig sein können. Das kann nur so verstanden werden, dass auch die vorschlagsberechtigen Arbeitnehmer an die Beachtung des § 100 Abs. 5 AktG gebunden sind. Im Ergebnis müssen daher in mitbestimmten Gesellschaften sowohl der Aufsichtsrat als auch die vorschlagsberechtigten Arbeitnehmer jeweils einen unabhängigen Finanzexperten zur Wahl vorschlagen.

4. Kapitel

Rechtsfolgen Interessenkonflikte der Aufsichtsratsmitglieder werden durch das Aktiengesetz grundsätzlich hingenommen. Aufsichtsratsmitgliedern wird zugetraut, dass sie zwischen den mit verschiedenen Interessenlagen verbundenen Rollen differenzieren können992 und den Konflikt zu Gunsten des jeweiligen Unternehmensinteresses auflösen. Daher stellt ein weiteres Mandat bei einem Wettbewerber oder eine geschäftliche Beziehung zum Großaktionär grundsätzlich keinen wichtigen Grund zur Abberufung dar und hindert auch nicht die gerichtliche Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds.993 Interessenkonflikte führen regelmäßig nur dann zur Versagung des Mandats, wenn sich der Betreffende in einer dauerhaften unlösbaren Pflichtenkollision befindet, die ihm die Amtsausübung gänzlich unmöglich macht.994 Hier ist das betreffende Aufsichtsratsmitglied verpflichtet, das Mandat niederzulegen, wenn es erkennt, dass es sich in einer „Konfliktfalle“ befindet, die es ihm nicht mehr ermöglicht, eine Pflicht zu erfüllen ohne eine andere Rechtspflicht zu verletzten.995 In anderen Fällen, insbesondere bei einzelnen (schlichten) Interessenkonflikten, besteht nach herrschender Meinung996 nur ein Stimmverbot, was aus einer Analogie zu § 34 BGB 992

Dreher, JZ 1990, 869 (900); Deckert, DZWIR 1996, 406 (409). Vgl. LG Hannover, Beschl. v.12.3.2009 – 21 T 2/09 (Continental/Schaeffler), AG 2009, 341 = ZIP 2009, 760 (762). 994 LG Hannover, Beschl. v.12.3.2009 – 21 T 2/09 (Continental/Schaeffler), AG 2009, 341 = ZIP 2009, 760 (762); OLG Hamburg, Beschl. v. 23.1.1990 – 11 W 92/89 (HEW/Jansen), ZIP 1990, 311 (313); OLG Schleswig, Beschl. v. 26.4.2004 – 2 W 46/ 04, ZIP 1990, 1143 (1144); BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, DB 2009, 500 = ZIP 2009, 460 (464) [nicht nur vorübergehender auf weite Teile der Organtätigkeit erstreckender Interessenkonflikt]; Semler/Stengel, NZG 2003, 1 (6); Reichert/Schlitt, AG 1995, 241 (245 ff.); Deckert, DZWIR 1996, 406 (409); Habersack in: MüKo AktG § 100 Rn. 72; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 927; a. A. Dreher, JZ 1990, 869 (902) [Stärke des Konflikts entscheidend]; ähnlich Möllers, ZIP 2006, 1616 (1619). 995 Deckert, DZWIR 1996, 406 (409); Marsch-Barner in: Semler/v. Schenck, ArbHdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 12 Rn. 146; Hoffmann-Becking in: MünchHdb. AG, § 33 Rn. 67; Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 72; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 926; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 100 Rn. 30; vgl. auch Empfehlung in Ziff. 5.5.3 DCGK. 996 Deckert, DZWIR 1996, 406 (409); Habersack in: MüKo AktG, § 100 Rn. 70 f.; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 905; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 58 f.; Mertens in: KK AktG, § 108 Rn. 49; a. A. Dreher, JZ 1990, 869 (900 ff.) 993

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4. Kap.: Rechtsfolgen

i.V. m. dem Grundsatz des Verbots des Richtens in eigener Sache hergeleitet wird, oder zumindest die Pflicht des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds zur Stimmenthaltung. In besonderen Einzelfällen kann darüber hinaus auch ein (teilweiser) Ausschluss des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds von einer Aufsichtsratssitzung oder vom Informationsfluss in Betracht kommen.997 Der Ausschluss vom Aufsichtsratsmandat ist nach dem Aktiengesetz aber nur die Ausnahme, mögen die Interessenkonflikte beim Betreffenden auch erheblich sein. Bei dem unabhängigen Finanzexperten, der nach § 100 Abs. 5 AktG im Aufsichtsrat vertreten sein muss, ist dies umgekehrt. Hier führen konkrete, aber auch potentielle Interessenkonflikte grundsätzlich zum Verlust der Unabhängigkeit. Welche Rechtsfolgen das Aktiengesetz dann daran knüpft, soll nachfolgend untersucht werden. Bevor aber die Konsequenzen näher betrachtet werden, die sich aus einer nachträglich eintretenden Abhängigkeit des ursprünglich unabhängigen Finanzexperten ergeben können, soll zunächst geklärt werden, welche Folgen es hat, wenn kein unabhängiges Aufsichtsratsmitglied im Aufsichtsrat vertreten ist.

§ 9 Auswirkungen auf den Wahlbeschluss der Hauptversammlung A. Nichtigkeit des Wahlbeschlusses gem. § 250 AktG? Ist kein unabhängiges Mitglied in den Aufsichtsrat gewählt worden, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen sich daraus für den Wahlbeschluss der Hauptversammlung ergeben. Das Aktiengesetz sieht in § 250 Abs. 1 AktG die Nichtigkeitsfolge vor, wenn der Wahlbeschluss gegen die dort geregelten Gründe verstößt. Die Vorschrift hat grundsätzlich abschließenden Charakter und dient der Rechtsicherheit und der Rechtsklarheit, indem Verstöße gegen Normen, die die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und das Organisationsgefälle in der Aktiengesellschaft sichern sollen, die Nichtigkeit des Wahlbeschlusses nach sich ziehen. § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG sieht die Nichtigkeit des Wahlbeschlusses dann vor, wenn „die gewählte Person nach § 100 Abs. 1 und 2 bei Beginn ihrer Amtszeit nicht Aufsichtsratsmitglied sein kann.“ Obwohl die Vorschrift nur § 100 Abs. 1 und 2 AktG erwähnt und abschließenden Charakter hat, geht die herrschende Meinung davon aus, dass auch Verstöße gegen § 105 AktG zur sofortigen Nichtigkeit des Wahlbeschlusses führen.998 Fraglich ist es daher, ob [enge Auslegung des Stimmverbots, nicht bei allen erheblichen Interessenkonflikten]; Ulmer, NJW 1980, 1603 (1605). 997 Semler/Stengel, NZG 2003, 1 (3 f.); Uwe H. Schneider/Nowak in: FS v. Rosen, S. 577 (590); Mertens in: KK AktG, § 109 Rn. 8; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, § 12 Rn. 905; a. A. Dreher, JZ 1990, 869 (901) [kein Teilnahmeverbot].

§ 9 Auswirkungen auf den Wahlbeschluss der Hauptversammlung

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auch § 100 Abs. 5 AktG zu den aktienrechtlichen Organisationsvorschriften zählt und die fehlende Erwähnung in § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG als redaktionelles Versehen des Gesetzgebers gewertet werden kann. I. Inkompatibilität bei schweren Interessenkonflikten? Der abschließende Charakter von § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG wurde vor der Einführung des § 100 Abs. 5 AktG teilweise dann verneint, wenn ein Aufsichtsratsmitglied eines Wettbewerbers in den Aufsichtsrat einer Gesellschaft gewählt wurde. In einer Analogie zu §§ 100, 105 AktG i.V. m. § 250 AktG sollte dieser Wahlbeschluss dann nichtig sein.999 Dies wurde damit begründet, dass für derartige Mehrfachmandate im Gesetz eine Regelungslücke bestehe. Interessenkonflikte, wie sie bei einer Konkurrenzsituation entstünden, seien den im Gesetz geregelten Inkompatibilitätsvorschriften vergleichbar, so dass ein Aufsichtsratsmitglied des Wettbewerbers nicht wirksam gewählt werden könne.1000 Nach den Änderungen der gesetzlichen Vorschriften durch das KonTraG war die Annahme einer Regelungslücke aber nicht mehr haltbar. Vielmehr hatte sich der Gesetzgeber gegen die Einführung einer starren Inkompatibilitätsvorschrift ausgesprochen.1001 II. § 100 Abs. 5 AktG als strukturelle Vorschrift i. S. d. § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG? Nach neuer Gesetzeslage könnte jedoch die Nichtigkeit des Wahlbeschlusses aus § 100 Abs. 5 AktG i.V. m. § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG analog hergeleitet werden, soweit kein unabhängiges Mitglied im Aufsichtsrat vertreten ist. Der systematischen Stellung nach könnte § 100 Abs. 5 AktG durchaus als Inkompatibilitätsvorschrift eingestuft werden. Die Nichtbenennung in § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG wäre dann als redaktionelles Versehen des Gesetzgebers zu werten. Dem Charakter des § 100 Abs. 5 AktG als strukturelle Vorschrift steht jedoch der Beurteilungsspielraum des Aufsichtsrats bei der Auslegung des Unabhängigkeitskriteriums entgegen. Die schwere Rechtsfolge der Nichtigkeit passt nicht zu Vorschriften mit unbestimmten Rechtsbegriffen, bei denen eine Verletzung 998 Hüffer, AktG, § 250 Rn. 2, 11; wobei die dogmatische Begründung divergiert: siehe auch Stilz in: Spindler/Stilz, § 250 Rn. 18 m.w. N.; LG München I, Urt. v. 15.4. 2004 – 5 HK O 10813/03, ZIP 2004, 853 (855). 999 Vor den Änderungen des KonTraG: Lutter in: FS Beusch, 1993, S. 509 (518); Wardenbach, Interessenkonflikte, S. 61; Säcker in: FS Rebmann, S. 781 (788 ff.); Reichert/Schlitt, AG 1995, 241 (244); nach den Änderungen: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten, 4. Aufl. 2002, Rn. 21; Lutter/Kirschbaum, ZIP 2005, 103 (105). 1000 Siehe dazu: Säcker in: FS Rebmann, S. 781 (788 ff.); Lutter in: FS Beusch, S. 509 (517 f.). 1001 Siehe ausführlich unter: 2. Kapitel § 3. C. II. 2.

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4. Kap.: Rechtsfolgen

der Norm nicht offensichtlich ist, denn mangelnde Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wären sonst die Konsequenz. Das wird auch in § 250 Abs. 1 AktG deutlich, der die Generalklauseln des § 241 Nr. 3 und 4 AktG als Nichtigkeitsgründe für Wahlbeschlüsse ausschließt. Eine planwidrige Regelungslücke muss deshalb hier ausgeschlossen werden, so dass ein Verstoß gegen die § 100 Abs. 5 AktG nicht zur Nichtigkeit des Wahlbeschlusses der Hauptversammlung führt.1002 Das Unabhängigkeitserfordernis ist daher nicht als Inkompatibilitätsvorschrift zu verstehen.

B. Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses gem. § 251 AktG I. Anfechtungsgründe Eine direkte Verletzung des § 100 Abs. 5 AktG durch den Hauptversammlungsbeschluss kann nicht geltend gemacht werden, da die Hauptversammlung nicht an die Beachtung der Vorschrift gebunden ist.1003 Nach der Gesetzesbegründung soll die Norm nur den Aufsichtsrat verpflichten, sich über bestehende Interessenkonflikte bei vorzuschlagenden Kandidaten klar zu werden. Anders als es die systematische Stellung und der Wortlaut der Vorschrift es vermuten lassen würden,1004 normiert § 100 Abs. 5 AktG damit einen Sorgfaltsmaßstab für den Aufsichtsrat bei der Erstellung des Wahlvorschlags. Demgegenüber bleibt die Hauptversammlung aber in ihrer Wahlentscheidung frei, da sie nicht verpflichtet wird, das vom Aufsichtsrat vorgeschlagene unabhängige sachverständige Mitglied zu wählen. Ein anderes Ergebnis hätte nur mit einer Änderung des § 101 Abs. 1 AktG erreicht werden können. Eine Verletzung von § 100 Abs. 5 AktG kann daher nur in Verbindung mit einer anderen Gesetzesverletzung geltend gemacht werden. Nachfolgend sollen die in Frage kommenden Vorschriften näher untersucht werden. 1. Verletzung der Einberufungsvorschriften? Eine Anfechtung des Wahlbeschlusses wegen Verletzung der Informationspflichten aus §§ 124, 125 AktG kommt nicht in Betracht, wenn der Kandidatenvorschlag für das unabhängige Mitglied nicht gekennzeichnet wurde. Zwar geht die Kommissionsempfehlung in Ziff. 13.3.1 davon aus, dass bei der Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds offengelegt werden sollte, ob diese Person als unabhängig anzusehen ist; aber weder der deutsche Gesetzgeber noch die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex ist dieser Aufforde1002 1003 1004

So auch: Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1032). Ähnlich: Gruber, NZG 2008, 12 (14). Vgl. v. Laak, AG 2009, R248.

§ 9 Auswirkungen auf den Wahlbeschluss der Hauptversammlung

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rung bislang gefolgt. Das BilMoG hat die Bekanntmachungspflichten des Aufsichtsrats im Vorfeld der Hauptversammlung nicht erweitert.1005 Nach § 124 Abs. 3 Satz 3 AktG muss der Wahlvorschlag des Aufsichtsrats nach wie vor nur den Namen, ausgeübten Beruf und den Wohnort des Kandidaten enthalten. In börsennotierten Gesellschaften sind darüber hinaus nur zusätzliche Angaben über weitere Mitgliedschaften in anderen gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten erforderlich, § 125 Abs. 1 Satz 3 AktG.1006 2. Verletzung des § 100 Abs. 5 AktG durch den Vorschlagsbeschluss des Aufsichtsrats? Ob auch ein gesetzeswidrig zustande gekommener Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats gem. § 251 Abs. 1 AktG als Anfechtungsgrund geltend gemacht werden kann, ist mit Blick auf Satz 2 der Vorschrift fraglich. Danach kann die Anfechtung des Wahlbeschlusses nur dann auf einen gesetzeswidrig zustande gekommenen Wahlvorschlag gestützt werden, wenn die Hauptversammlung an die Wahlvorschläge gebunden ist; eine Bindung der Hauptversammlung besteht aber bei der Wahl der Anteilseignervertreter gerade nicht. Trotzdem geht die herrschende Meinung1007 davon aus, dass auch fehlerhafte Beschlussvorschläge des Aufsichtsrats eine Anfechtung des Wahlbeschlusses der Hauptversammlung rechtfertigen können, da der Aktionär dadurch regelmäßig in seiner Entscheidung beeinträchtigt sein wird. Deshalb kann auch die Verletzung des § 100 Abs. 5 AktG durch den Beschlussvorschlag als Gesetzesverletzung i. S. d. § 251 Abs. 1 AktG geltend gemacht werden.1008 a) Modifikation der Vorschlagspflicht durch § 100 Abs. 5 AktG § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG normiert nicht nur das Recht des Aufsichtsrats, der Hauptversammlung Vorschläge für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern zu unterbreiten, sondern beinhaltet auch eine Vorschlagspflicht.1009 § 100 Abs. 5 AktG modifiziert diese Pflicht in der Art, dass der Aufsichtsrat darauf achten muss, dass mindestens ein sachverständiges unabhängiges Mitglied im Gre1005

v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2009, 1601. Angaben zu Mitgliedschaften in vergleichbaren in- und ausländischen Kontrollgremien von Wirtschaftsunternehmen liegen im Ermessen des Aufsichtsrats, vgl. dazu: Mülbert/Bux, WM 2000, 1665; siehe aber die besondere Hinweispflicht des Kreditinstituts dem Aktionär gegenüber nach § 128 Abs. 2 Satz 6 AktG. 1007 Kubis in: MüKo AktG, § 124 Rn. 67; Marsch-Barner in: FS K. Schmidt, S. 1109 (1111); Ziemons in: K. Schmidt/Lutter, § 124 Rn. 18; OLG München, Urt. v. 6.8.2008 – 7 U 5628/07, ZIP 2009, 133 (135). 1008 Auch: Bröcker/Mosel, GWR 2009, 132; Habersack, AG 2008, 98 (106); Ehlers/Nohlen in: GS Gruson, S. 107 (118); Widmann, BB 2009, 2602 (2603). 1009 Hüffer, AktG, § 124 Rn. 13; Kubis in: MüKo AktG, § 124 Rn. 46. 1006

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mium vertreten ist. Stehen alle Aufsichtsratsmandate zur Wahl, muss der Beschlussvorschlag mindestens einen unabhängigen Kandidaten enthalten; sind dagegen nur einzelne Organmitglieder zu bestellen, muss nach der bestehenden Besetzung entschieden werden, ob es eines unabhängigen Mitglieds bedarf. Der Aufsichtsrat darf sich dabei nicht darauf verlassen, dass auf der Seite der Arbeitnehmervertreter ein sachverständiges unabhängiges Mitglied in den Aufsichtsrat gewählt wird, vielmehr hat er selbst mindestens einen geeigneten Kandidaten vorzuschlagen. b) Nichtigkeit des Vorschlagsbeschlusses des Aufsichtsrats Ist kein unabhängiges Mitglied im Aufsichtsrat vertreten und wird auch nicht zur Wahl vorgeschlagen, so stellt dies einen Inhaltsmangel dar, der zur Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses führt.1010 Der Gesetzgeber eröffnet dem Aufsichtsrat aber einen Beurteilungsspielraum bezüglich der Unabhängigkeit. Eine Verletzung von § 100 Abs. 5 AktG ist nur dann zu bejahen, wenn die dadurch gezogenen Grenzen überschritten wurden.1011 Den Profilanforderungen in Anhang II der Kommissionsempfehlung kommt dabei Indizwirkung zu.1012 Zwar führt nicht jede Unterschreitung der Wartefrist oder jede Überschreitung des „bedeutenden Umfangs“ pauschal zur Abhängigkeit des Kandidaten, da der Aufsichtsrat bei der Beurteilung die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen soll; eine Verletzung des Beurteilungsspielraums wird aber regelmäßig dann anzunehmen sein, wenn bei dem unabhängigen Mitglied Interessenkonflikte zu befürchten sind, die eine interessenneutrale Ermittlung des Unternehmensinteresses nicht mehr gewährleisten. Im Ergebnis wird die Unabhängigkeit umso weniger fehlerfrei angenommen werden können, je erheblicher die bei einem Kandidaten zu befürchtenden Interessenkonflikte sind. Der Aufsichtsrat kann seine abweichende Einschätzung letztendlich nur dann erfolgreich rechtfertigen, wenn Tatsachen vorliegen, die trotz möglicher Interessenkonflikte die Gewähr dafür bieten, dass der Kandidat seine Entscheidungen im Aufsichtsrat am Gesellschaftsinteresse orientieren wird und insbesondere Eigen- und Drittinteressen bei der Mandatswahrnehmung hinten anstellen kann. Daher muss der Aufsichtsrat sorgfältig prüfen, ob der vorgesehene Kandidat die Qualifikations- und Unabhängigkeitsanforderungen auch erfüllt. Insbeson1010 Habersack, MüKo AktG, § 108 Rn. 80 f. m.w. N.; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 108 Rn. 154; BGHZ 135, 242 (ARAG/Garmenbeck) = NJW 1997, 1926 (1927 f.); a. A. Hüffer, AktG, § 108 Rn. 18 [Sorgfaltspflichtverstoß führt nicht zur Nichtigkeit], § 100 Rn. 15; ebenso Kindler, ZHR 162 (1998), 101 (114 ff.); vgl. auch v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2009, 1601 (1603) [für § 100 Abs. 5 AktG]. 1011 Vgl. Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 108 Rn. 71; Habersack in: MüKo AktG, § 108 Rn. 80. 1012 Vgl. auch: Ehlers/Nohlen in: GS Gruson, S. 107 (116) [Auslegung nationaler Umsetzungsvorschriften im Lichte der Kommissionsempfehlung].

§ 9 Auswirkungen auf den Wahlbeschluss der Hauptversammlung

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dere handeln die Aufsichtsratsmitglieder sorgfaltswidrig, wenn sie die erforderlichen Informationen nicht beiziehen. An dieser Stelle empfiehlt es sich, vom vorgeschlagenen Kandidaten eine Unabhängigkeitserklärung einzuholen, die der nach Ziff. 7.2.1 DCGK empfohlenen Erklärung für den Abschlussprüfer ähnelt. Darin sollte der vorgesehene Kandidat die nach der Kommissionsempfehlung relevanten Beziehungen offenlegen und so dem Aufsichtsrat die Prüfung ermöglichen. 3. Verletzung des Auskunftsrechts der Aktionäre § 251 Abs. 1 Satz 3 AktG erklärt § 243 Abs. 4 AktG für anwendbar. Damit kann auch die Verletzung des Auskunftsrechts der Aktionäre zur Anfechtung des Wahlbeschlusses führen. Nach § 131 Abs. 1 AktG steht den Aktionären in der Hauptversammlung ein Auskunftsrecht zu, wenn die Auskunft „zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist“.1013 Bei der Aufsichtsratswahl wird eine Beurteilung der vorgeschlagenen Kandidaten aber regelmäßig nicht mit den nach §§ 124, 125 AktG erteilten Mindestinformationen möglich sein, so dass Fragen der Aktionäre zu den einzelnen Kandidaten erwartet werden müssen. Wird die Frage des Aktionärs zu einem Kandidaten in der Hauptversammlung aber nicht beantwortet, kann daraus die Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses resultieren. a) Grenzen des Auskunftsanspruchs Welche Informationen im Einzelnen gefordert werden können, ist nach der Frage des Umfangs der Vorbereitungspflicht des Vorstands zu beantworten; denn außerhalb des gesetzlich geregelten Auskunftsverweigerungsrechts des Vorstands aus § 131 Abs. 3 AktG folgert die herrschende Meinung1014 aus dem Wortlaut des § 131 Abs. 1 AktG noch eine zeitliche Beschränkung des Auskunftsanspruchs der Aktionäre. Ein Auskunftsrecht besteht danach nur auf Informationen, die „in der Hauptversammlung“ erteilt werden können. Zwar sind Aktionäre nicht dazu verpflichtet, Fragen im Vorfeld der Hauptversammlung anzukündigen,1015 vielmehr muss sich der Vorstand pflichtgemäß auf eventuelle 1013

Zur richtlinienkonformen Auslegung des § 131 AktG: Kersting, ZIP 2009,

2317. 1014 BayObLG, NJW-RR 1996, 679 (682) m.w. N.; LG Bielefeld, Urt. v. 10.1.2008 – 10 O 72/07; Hüffer, AktG, § 131 Rn. 10 m.w. N.; Semler in: MünchHdb. AG, § 37 Rn. 41 a. A. Meilicke/Heidel, DStR 1992, 72 (74) [Auskunft auch nach der Hauptversammlung]. 1015 Kubis in: MüKo AktG, § 131 Rn. 29 [Obliegenheit]; ebenso Hüffer, AktG, § 131 Rn. 8; Semler in: MünchHdb. AG, § 37 Rn. 21; Meilicke/Heidel, DStR 1992, 72 (74); BGHZ 32, 159 = NJW 1960, 1150 (1152 f.); a. A. OLG Frankfurt, Urt. v. 1.7.1998 – 21 U 166/97, NZG 1999, 119 (121) [Pflicht zur Ankündigung bei Vorbereitung an-

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Fragen der Aktionäre vorbereiten. Andererseits bedeutet das aber nicht, dass jede unbeantwortete Frage zur Verletzung des Auskunftsanspruchs des fragenden Aktionärs führt. Eine Verletzung des Auskunftsrechts ist nur dann gegeben, wenn zugleich der Vorstand seine Pflicht zur Vorbereitung der Hauptversammlung verletzt hat. Dabei endet diese Pflicht nicht mit Beginn der Hauptversammlung; auch währenddessen muss der Vorstand dafür sorgen, dass Informationen kurzfristig beschafft werden können.1016 Durch § 100 Abs. 5 AktG werden nun auch Informationen über die Unabhängigkeit eines vorgeschlagenen Kandidaten bereitgehalten werden müssen. Der Vorstand hat sich insbesondere beim Aufsichtsrat darüber zu erkundigen, welche Kandidaten als unabhängig eingeschätzt wurden und warum.1017 Er muss aber auch darüber hinausgehende Informationen beschaffen, die zur Beurteilung der Unabhängigkeit und eventueller Interessenkonflikte relevant sein könnten. Zwar ist dem Aufsichtsrat durch den Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum bezüglich der Unabhängigkeit eines Kandidaten eingeräumt worden; das bedeutet aber nicht, dass die Aktionäre an die Beurteilung des Aufsichtsrats gebunden sind. Diese müssen sich selbst ein Bild darüber machen können, ob ein Kandidat als unabhängig angesehen werden kann oder nicht. Eine Vorbereitung des Vorstands anhand des Kriterienkatalogs der Kommissionsempfehlung wird daher regelmäßig angezeigt sein. Fragen zu früheren Tätigkeiten der vorgeschlagenen Kandidaten oder zu derzeitigen geschäftlichen Beziehungen zur Gesellschaft werden grundsätzlich beantwortet werden müssen und bedürfen keiner vorherigen Ankündigung des Aktionärs.1018 Das gilt ebenso für Fragen nach der fachlichen Qualifikation und den beruflichen Erfahrungen, insbesondere auf den Gebieten der Rechnungslegung und Abschlussprüfung.

hand notwendiger Unterlagen]; LG Essen AG 1999, 329 (332 f.) [Treuepflichtverletzung des Aktionärs]. 1016 Hüffer, AktG, § 131 Rn. 9; Heidel in: Heidel, AktG, § 131 Rn. 14; BGHZ 32, 159 = NJW 1960, 1150 (1152 f.); OLG Brandenburg, Urt. v. 6.6.2001 – 7 U 145/00, AG 2003, 328; LG Essen AG 1999, 329 (332 f.); Semler in MünchHdb. AG, § 37 Rn. 21. 1017 Zwar ist nicht der Aufsichtsrat auskunftsverpflichtet. In der Praxis wird der anwesende Aufsichtsratsvorsitzende aber regelmäßig die Antworten geben, die sich der Vorstand dann konkludent zu Eigen machen wird. Siehe dazu: Marsch-Barner in: FS K. Schmidt, S. 1109 (1115); Kubis in: MüKo AktG, § 131 Rn. 20; Decher in: Großkomm. AktG, § 131 Rn. 91. 1018 Semler in: MünchHdb. AG, § 37 Rn. 12; Siems in: Spindler/Stilz, AktG, § 131 Rn. 32; Kubis in: MüKo AktG, § 131 Rn. 54; Marsch-Barner in: FS K. Schmidt, S. 1109 (1113 f.) m.w. N.; Decher in: Großkomm. AktG, § 131 Rn. 197; LG Hannover, Beschl. v. 19.08.2009 – 23 O 90/09, AG 2009, 914 [umfassendes Auskunftsrecht über wirtschaftliche Interessen des Kandidaten]; a. A. LG Bielefeld, Urt. v. 10.1.2008 – 10 O 72/07 [Frage nach der früheren Tätigkeit als unvorhersehbar].

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b) Wesentlichkeit der unterbliebenen Information § 251 Abs. 1 Satz 2 AktG erklärt § 243 Abs. 4 AktG für anwendbar. Damit sind Verletzungen des Auskunftsrechts nur dann erfolgreich anfechtbar, wenn ein „objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte.“ Zumindest Informationen, die für eine Beurteilung anhand des Kriterienkatalogs der Kommissionsempfehlung relevant sind, werden immer objektiv wesentlich sein.1019 Zu beachten ist aber, dass eine Informationsverweigerung nach der Rechtsprechung dann nicht relevant ist, wenn die verlangte Information unproblematisch aus anderen Quellen erlangt werden konnte; denn als Beurteilungsmaßstab ist auf einen objektiv urteilenden Aktionär abzustellen, der aufmerksam am öffentlichen Leben teilnimmt.1020 Sind die nachgefragten Tatsachen Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung gewesen, so liegt kein anfechtbarer Verstoß des Auskunftsrechts vor, wenn diese Informationen in der Hauptversammlung verweigert wurden. Demgegenüber kann die Frage eines Aktionärs über bestehende Interessenkonflikte aber dann nicht als unwesentlich zurückgewiesen werden, wenn zusätzlich die konkrete Einschätzung des Kandidaten durch den Aufsichtsrat erfragt wurde; denn diese wird regelmäßig nicht in den Medien behandelt worden sein.1021 II. Anfechtungsgegenstand Bei einer Verletzung des Auskunftsrechts wird die Anfechtung regelmäßig auf den Gegenstand begrenzt sein, zu dem der Vorstand eine Information pflichtwidrig verweigert hat. Das bedeutet, dass unbeantwortete Fragen zu einem vorgeschlagenen Kandidaten nur die Anfechtung dieses Wahlakts rechtfertigen können, nicht hingegen die Anfechtung der Wahl anderer Kandidaten, bei denen eine Auskunftspflichtverletzung nicht vorlag.1022 Problematischer ist das, wenn die Nichtigkeit des Vorschlagsbeschlusses wegen Verletzung von § 100 Abs. 5 AktG geltend gemacht wird. Hier stellt sich dann die Frage, ob der gesamte Aufsichtsratsbeschluss von der Nichtigkeitsfolge betroffen ist oder ob aus § 139 BGB eine Teilnichtigkeit hergeleitet werden kann, die nur den Vorschlag

1019

Vgl. Hüffer, MüKo AktG, § 251 Rn. 8; Semler in: MünchHdb. AG, § 37

Rn. 12. 1020 BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, DB 2009, 500 = ZIP 2009, 460 (464); OLG Frankfurt/M., Urt. v. 17.07.2007 – 5 U 229/05, ZIP 2007, 1463 (1465), Casper/ Eberspächer, WuB II A. § 241 AktG 1.08; vgl. BGHZ 160, 385 = WM 2004, 2489 (2490). 1021 Vgl. BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, DB 2009, 500 = ZIP 2009, 460 (464). 1022 Kubis in: MüKo AktG, § 131 Rn. 150.

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4. Kap.: Rechtsfolgen

des letzten Kandidaten erfasst.1023 Nach § 100 Abs. 5 AktG ist nur die Besetzung des Aufsichtsrats mit einem unabhängigen sachverständigen Mitglied zwingend vorgeschrieben. Darüber hinaus bleibt die Wahl von abhängigen Aufsichtsratsmitgliedern zulässig, so dass der Vorschlag der übrigen Kandidaten nicht zu beanstanden ist. Im Ergebnis ist damit der Wahlvorschlag des Aufsichtsrats nur bezüglich des letzten Kandidaten nichtig, so dass nur dessen Wahl wirksam angefochten werden kann. Anders ist das nur zu beurteilen, wenn das unabhängige Mitglied auf andere Weise identifiziert werden kann,1024 etwa weil sich die Aktionäre in der Hauptversammlung erkundigt haben, welcher Kandidat vom Aufsichtsrat als das unabhängige Mitglied vorgesehen ist. Hier kann dann dessen Wahl direkt angefochten werden, wenn die Unabhängigkeit dieses Kandidaten nicht gegeben ist. III. Rechtsfolgen der Anfechtung Durch das stattgebende Anfechtungsurteil wird der Wahlbeschluss ex tunc nichtig.1025 Damit wird die bis zum rechtskräftigen Urteil bestehende wirksame Organstellung rückwirkend beseitigt. Teilweise1026 wurde wegen der damit verbundenen erheblichen Rechtsunsicherheit die kassatorische Wirkung nur für die Zukunft bejaht. Die herrschende Meinung1027 sieht aber in der ex nunc-Wirkung einen Verstoß gegen die rechtlichen Folgen einer Anfechtung. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Anfechtung des Wahlbeschlusses gegenüber dem allgemeinen Prinzip der rückwirkenden Vernichtung von Hauptversammlungsbeschlüssen eine abweichende Regelung treffen wollte. Dem Schutzbedürfnis Dritter könne auch auf anderem Wege Genüge getan werden.1028 Dem ist zwar grundsätzlich zuzustimmen. Die ex tunc-Wirkung der Anfechtung ist aber andererseits mit erheblicher Rechtsunsicherheit verbunden.1029 Das 1023 Vgl. Habersack in: MüKo AktG, § 108 Rn. 84; BGHZ 124, 111 = NJW 1994, 520 (523); Wardenbach, Interessenkonflikte, S. 302; Spindler in: Spindler/Stilz, § 108 Rn. 80. 1024 Wohl auch Habersack, AG 2008, 98 (106); a. A. Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1033); Gruber, NZG 2008, 12 (14). 1025 Stilz in: Spindler/Stilz, § 252 Rn. 6; Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806 (1807); Heidel in: Heidel, AktG, § 252 Rn. 7; Schwab in: K. Schmidt/Lutter, § 252 Rn. 3. 1026 Siehe die Nachweise bei: Hopt/Roth, Großkom. AktG, § 101 Rn. 228; siehe zu Reformbestrebungen des Arbeitskreis Beschlussmängelrecht, AG 2008, 617 [de lege ferenda ex-tunc Wirkung nur bei schwerwiegenden Beschlussmängeln]; für die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Organstellung: Happ in: FS Hüffer, S. 293. 1027 Hopt/Roth in: Großkomm. AktG § 101 Rn. 228 m.w. N.; Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806 (1807); Marsch-Barner in: FS K. Schmidt, S. 1109 (1117). 1028 Siehe dazu: Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806 (1807); siehe auch: Kropff, RegBegr. AktG, § 244, S. 331.

§ 9 Auswirkungen auf den Wahlbeschluss der Hauptversammlung

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Anfechtungsurteil kann sich durch die rückwirkende Vernichtung der Organstellung auch auf andere Beschlüsse auswirken. So kann beispielsweise die Bestellung und Anstellung der Vorstandsmitglieder betroffen sein.1030 Dieses „Szenario“ wird gerade bei professionellen Anfechtungsklägern auf Interesse stoßen;1031 auch wenn es bei Aufsichtsratswahlen grundsätzlich an der rechtlichen oder tatsächlichen Registersperre als „Hebel“ gegen die Gesellschaft fehlt, hat die unsichere Lage über die Wirksamkeit der Organbestellung trotzdem einen hohen Lästigkeitswert. Es ist daher zu befürchten, dass durch die Einführung von § 100 Abs. 5 AktG die Anfechtung von Wahlbeschlüssen der Hauptversammlung tendenziell steigen wird.1032

C. Ergebnis Ist im Aufsichtsrat kein unabhängiger Finanzexperte vertreten, führt dies zwar nicht zur Nichtigkeit des Wahlbeschlusses, wohl aber zu Anfechtbarkeit nach § 251 Abs. 1 AktG. § 100 Abs. 5 AktG kann aber nicht direkt durch den Wahlbeschluss verletzt werden, da die Hauptversammlung nicht Adressat der Regelung ist. Vielmehr wird nur der Aufsichtsrat verpflichtet, sich über bestehende Interessenkonflikte bei dem unabhängigen Kandidaten bewusst zu werden. § 100 Abs. 5 AktG ist daher nicht als Inkompatibilitätsvorschrift einzuordnen, sondern regelt die vom Aufsichtsrat bei der Erstellung des Wahlvorschlags zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen. Fehlt im Wahlvorschlag des Aufsichtsrats ein unabhängiges sachverständiges Mitglied, führt dies zur Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses, da durch diesen § 100 Abs. 5 AktG verletzt wurde. Die herrschende Meinung geht trotz des Wortlauts in § 251 Abs. 1 AktG davon aus, dass fehlerhafte Beschlussvorschläge des Aufsichtsrats auch dann zur Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses führen, wenn die Hauptversammlung nicht an den Vorschlag gebunden ist, denn auch hier ist der Aktionär regelmäßig in seiner Entscheidung beeinträchtigt. Darüber hinaus ist eine Anfechtung wegen Verletzung des Auskunftsrechts der Aktionäre denkbar, wenn Fragen, die die Unabhängigkeit eines Kandidaten betreffen, vom Vorstand in der Hauptversammlung nicht beantwortet wurden. 1029 Siehe zur Möglichkeit eines Bestätigungsbeschlusses gem. § 251 Abs. 1 Satz 3 i.V. m. § 244 AktG und einer aufschiebend bedingten gerichtlichen Bestellung nach § 104 Abs. 1 AktG analog: Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806; Marsch-Barner in: FS K. Schmidt, S. 1109 (1119 ff.). 1030 Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806 (1808). 1031 Vgl. Kuthe, FAZ v. 08.04.2009, Nr. 83, S. 21; Kocher/Bedkowski, BB 2009, 235; a. A. Widmann, BB 2009, 2602 (2603) [Risiko erfolgreicher Anfechtungsklage gering]. 1032 Die Untersuchung von Baums/Keinath/Gajek ermittelte aus 97 untersuchten Verfahren zumindest 13, die die Anfechtung des Wahlbeschlusses zum Gegenstand hatten, ZIP 2007, 1629 (1639 f.).

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4. Kap.: Rechtsfolgen

Soweit nicht schon aus den in der Hauptversammlung gegebenen Informationen deutlich wird, welcher Kandidat das nach § 100 Abs. 5 AktG geforderte unabhängige sachverständige Mitglied sein soll, ist zumindest die Wahl des letzten Kandidaten anfechtbar, wenn kein Aufsichtsratsmitglied unabhängig ist. Die Wahl der anderen Aufsichtsratsmitglieder kann demgegenüber nicht beanstandet werden, da das Gesetz nur mindestens einem Mitglied die Erfüllung der besonderen Anforderungen auferlegt. Wegen der rückwirkenden Vernichtung der Organstellung ist zu befürchten, dass besonders professionelle Anfechtungskläger eine Verletzung von § 100 Abs. 5 AktG durch den Wahlvorschlag geltend machen werden. Dem Aufsichtsrat einer kapitalmarktorientierten Aktiengesellschaft ist daher zu raten, das Anfechtungsrisiko einzugrenzen, indem der Kandidat für den unabhängigen Finanzexperten offen gelegt und die Entscheidung in der Hauptversammlung begründet wird.1033

§ 10 Die gerichtliche Bestellung Das Gesetz stellte bislang weder erhöhte Anforderungen an die fachliche Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder noch wurde verlangt, dass Aufsichtsratsmitglieder frei von Interessenkonflikten sein mussten. Zwar entscheidet das Gericht gem. § 104 AktG nach pflichtgemäßem Ermessen und ist insbesondere nicht an den Bestellungsantrag gebunden. In der Vergangenheit wurde aber regelmäßig dem Antrag entsprochen, sofern die Ausübung des Aufsichtsratsamtes nicht wegen unlösbaren Pflichtenkollisionen beim betreffenden Kandidaten ausgeschlossen war.1034 § 100 Abs. 5 AktG verpflichtet nun auch dass Gericht, einen unabhängigen Finanzexperten zu bestellen, sofern dieser im Aufsichtsrat nicht mehr vorhanden ist. Über die bestehende Besetzung des Aufsichtsrats und über die Eignung des zu bestellenden Kandidaten hat sich das Gericht regelmäßig im Rahmen einer persönlichen Anhörung der Beteiligten zu vergewissern.1035 Ist danach die Position des unabhängigen Aufsichtsratsmitglieds zu besetzen, muss die gerichtliche Entscheidung anhand der Profilanforderungen der Kommissionsempfehlung getroffen werden.1036 1033 Vgl. Matyschok, Vortrag im Rahmen des DAI-Seminars „Hauptversammlung 2010 – neue Anforderungen“ am 17.09.09; Bröcker/Mosel, GWR 2009, 132 (134); a. A. v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2009, 1601 [Bezeichnung des unabhängigen Finanzexperten nicht hilfreich, da mehrere Aufsichtsräte die notwendigen Qualifikationen besitzen]. 1034 Vgl. LG Hannover, Beschl. v. 12.3.2009 – 21 T 2/09 (Continental/Schaeffler), AG 2009, 341 = ZIP 2009, 760 (762 ff.). 1035 § 104 AktG i.V. m. §§ 375 Nr. 3, 34 FamFG; OLG Dresden, Beschl. v. 30.9. 1997 – 15 W 1236-97, NJW-RR 1998, 830 (831); Habersack in: MüKo AktG, § 104 Rn. 38; Spindler in: Spindler/Stilz, AktG, § 104 Rn. 22. 1036 Vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.1989, Rs. C-322/88 (Grimaldi), Slg. 1989, I-4407 = NZA 1991, 283.

§ 11 Nachträglich eintretende Abhängigkeit

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§ 11 Nachträglich eintretende Abhängigkeit Das Aufsichtsratsmitglied kann seine persönliche Unabhängigkeit nach dem Amtsantritt wieder verlieren, indem es beispielsweise ein Mandat als gesetzlicher Vertreter bei einem Kunden der Gesellschaft annimmt oder in den Aufsichtsrat eines Konkurrenzunternehmens gewählt wird. Fraglich ist hierbei, welche Konsequenzen dann für die Aufsichtsratstätigkeit in der Gesellschaft drohen.

A. Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds Die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung kann zwar ohne einen wichtigen Grund erfolgen, § 103 Abs. 1 AktG; in der Praxis hat das aber kaum praktische Bedeutung. Vielmehr wird eine gerichtliche Abberufung auf Antrag des Aufsichtsrats gem. § 103 Abs. 3 AktG in Frage kommen, soweit die nachträglich eingetretene Abhängigkeit einen wichtigen Grund darstellt. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds gerechtfertigt ist, wenn das Verbleiben im Amt bis zum Ablauf der Amtszeit für die Gesellschaft nicht zumutbar ist.1037 Eines krass gesellschaftswidrigen Verhaltens des betreffenden Organmitglieds, das dessen Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat schlechthin untragbar erscheinen lässt,1038 bedarf es aber nicht mehr. Vielmehr ist ein wichtiger Grund auch dann gegeben, wenn das Aufsichtsratsmitglied seine Organpflichten gröblich verletzt hat und damit eine erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats einhergeht, die eine Schädigung der Gesellschaft erwarten lässt.1039 Die Kommissionsempfehlung sieht vor, dass das unabhängige Aufsichtsratsmitglied auch während seiner Organtätigkeit dazu verpflichtet sein soll, seine „Unabhängigkeit in Bezug auf Bewertung, Entscheidung und Handeln unter allen Umständen zu wahren“ und insbesondere „keine unangemessenen Vergünstigungen anzustreben oder entgegenzunehmen, die als Gefährdung [der] Unabhängigkeit angesehen werden könnten“.1040 Dem unabhängigen Mitglied kommt nach der Intention des europäischen Gesetzgebers eine Garantiefunktion für die Richtigkeit und Verlässlichkeit von veröffentlichten Finanzinformationen der Gesellschaft zu.1041 Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn ein Auf1037 OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 1.10.2007 – 20 W 141/07, NZG 2008, 272; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.11.2006 – 8 W 388/06, NZG 2007, 72; Hüffer, AktG § 103 Rn. 10; Hopt/Roth in: Großkomm. AktG, § 103 Rn. 56 f.; Mertens in: KK AktG, § 103 Rn. 32. 1038 BGHZ 39, 116 (123). 1039 Vgl. OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 1.10.2007 – 20 W 141/07, NZG 2008, 272. 1040 Empfehlung der Kommission (2005/162/EG), (o. Fußn. 3), Anhang II, Nr. 2. 1041 Vgl. Aktionsplan (o. Fußn. 536), S. 17 f.

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4. Kap.: Rechtsfolgen

sichtsratsmitglied zwar bei seiner Bestellung unabhängig sein müsste, während seiner Amtsstellung aber nicht dazu verpflichtet wäre, unabhängigkeitsgefährdende Beziehungen zu meiden. Das unabhängige Mitglied unterliegt daher einer höheren Treuebindung zur Gesellschaft als die übrigen Aufsichtsratsmitglieder.1042 Es muss auch bei Tätigkeiten außerhalb der Organstellung sorgfältig prüfen, ob damit ein Verlust seiner Unabhängigkeit einhergeht. Dazu gehört es auch, die Meinung der übrigen Aufsichtsratsmitglieder einzuholen, wenn durch den Abschluss eines Vertrages oder die Annahme eines weiteren Mandats die Abhängigkeit zu befürchten ist.1043 Beseitigt das Aufsichtsratsmitglied pflichtwidrig seine Unabhängigkeit und resultiert daraus eine Verletzung des § 100 Abs. 5 AktG, so ist die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats gestört und rechtfertigt die Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds.1044

B. Verweigerung der Entlastung Die nachträgliche Abhängigkeit des sachverständigen Mitglieds kann insbesondere zur Verweigerung der Entlastung führen. Anlässlich der Entlastungsentscheidung muss der Vorstand gem. § 120 Abs. 3 AktG den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Bericht des Aufsichtsrats gem. § 171 Abs. 2 AktG der Hauptversammlung vorlegen. Zwar ist die personelle Zusammensetzung des Gesamtaufsichtsrats nur nach § 285 Nr. 10 HGB anzugeben, so dass insbesondere kein Hinweis auf das unabhängige Mitglied erfolgen muss.1045 Anders ist das aber bei der Zusammensetzung der Aufsichtsratsausschüsse, da gem. § 289a Abs. 2 Nr. 3 HGB auch „nähere Spezifizierungen“ zur Unabhängigkeit der Ausschussmitglieder in die Erklärung zur Unternehmensführung aufzunehmen sind.1046 Darüber hinaus soll der Aufsichtsrat nach Ziff. 5.5.3 DCGK in seinem Bericht an die Hauptversammlung über aufgetretene Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern und deren Behandlung informieren. Zusätzlich ist den Aktionären auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, ob ein unabhängiges Mitglied nach wie vor vom Aufsichtsrat als unabhängig eingeschätzt wird und warum. Sind die Aktionäre gegenteiliger Auffassung, können sie die Entlastung verweigern.1047

1042

Ähnlich Lanfermann/Röhricht, BB 2009, 887 (889). Vgl. auch Ziff. 5.5.2 DCGK, der ein Offenlegung von Interessenkonflikten im Aufsichtsrat vorsieht. 1044 Ähnlich: Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1035); a. A. v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2009, 1601 (1602). 1045 A.A. Lanfermann/Röhricht, BB 2009, 887 (888). 1046 RegBegr. BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 78. 1047 Vgl. Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1035). 1043

§ 12 Haftung des unabhängigen Finanzexperten

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§ 12 Haftung des unabhängigen Finanzexperten Eine Haftung des unabhängigen Mitglieds kommt nicht nur in Betracht, wenn es sorgfaltswidrig seine Abhängigkeit herbeigeführt hat und der Gesellschaft daraus ein Schaden entstanden ist; auch ein Übernahmeverschulden kann zu Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft führen, wenn die Unabhängigkeit oder der erforderliche Sachverstand zum Zeitpunkt der Mandatsannahme nicht gegeben waren1048 und das Aufsichtsratsmitglied dies erkennen musste.1049 Demgegenüber können sich auch die übrigen Aufsichtsratsmitglieder schadensersatzpflichtig machen, wenn sie ihre Vorschlagspflicht verletzen.1050 Soweit der Gesellschaft ein Schaden entstanden ist, kann auch eine Haftung wegen Nichtabberufung des nachträglich abhängig gewordenen Aufsichtsratsmitglieds in Betracht kommen.1051

1048 Vgl. aber für § 36 Abs. 3 Satz 1 KWG, § 7a Abs. 4 Satz 1 VAG das Merkblatt zur Kontrolle von Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gem. KWG und VAG der BaFin v. 22.02.2010, der die Nachschulung von Aufsichtsratsmitglieder innerhalb von sechs Monaten nach Bestellung vorsieht. 1049 Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1035 f.). 1050 Kropff in: FS K. Schmidt, S. 1023 (1035); Hüffer, AktG § 100 Rn. 15. 1051 Vgl. Habersack in: MüKo AktG, § 116 Rn. 35.

5. Kapitel

Schluss § 13 Zusammenfassung Seit dem 29.05.2009 müssen bei Aufsichtsratswahlen in kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG beachtet werden, § 12 Abs. 4 EGAktG. Mindestens ein unabhängiger Finanzexperte muss danach im Aufsichtsrat dieser Gesellschaften vertreten sein bzw. für die Neuwahl vorgeschlagen werden. Vor den jüngsten Gesetzesänderungen (BilMoG, VorstAG) war nur in § 6 Abs. 2a InvG die Unabhängigkeit von einem Aufsichtsratsmitglied gefordert worden. Die Hauptversammlung von Kapitalanlagegesellschaften wurde durch die Vorschrift dazu verpflichtet, mindestens ein Aufsichtsratsmitglied zu wählen, das von den Aktionären, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der Gesellschaft unabhängig ist. Unabhängigkeit ist in diesem Zusammenhang als wirtschaftliche Unabhängigkeit von den genannten Personen zu verstehen, da die Investmentgesellschaften in erster Linie die Interessen ihrer Anleger verfolgen sollen und nicht die Interessen der Shareholder bzw. anderer Stakeholder. § 6 Abs. 2a InvG war damit speziell für Investmentgesellschaften geschaffen worden und konnte nicht für andere Aktiengesellschaften fruchtbar gemacht werden. Für letztere wurde lediglich im Deutschen Corporate Governance Kodex empfohlen, dass eine nach der Einschätzung des Aufsichtsrats ausreichende Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder unabhängig sein sollte. Die Regierungskommission DCGK wollte damit die Inhalte der Kommissionsempfehlung vom 15. Februar 2005 umsetzen, modifizierte jedoch das in der Empfehlung enthaltene Verständnis von Unabhängigkeit, so dass beispielsweise Verbindungen zum Mehrheitsaktionär nicht schädlich waren für die Unabhängigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds. Der Regelung in Ziff. 5.4.2 DCGK kam aber nur insoweit normative Wirkung zu, wie sich die Gesellschaftsorgane durch eine positive Entsprechenserklärung selbst gebunden hatten. Dem Aufsichtsrat musste also nur dann mindestens ein unabhängiges Mitglied angehören, wenn gem. § 161 AktG die Einhaltung dieser Empfehlung erklärt worden war. Im Aktienrecht war vor den jüngsten Gesetzesänderungen also keine Regelung zu finden, die das Gebot einer einflussfreien Entscheidung der Aufsichtsratsmitglieder tatsächlich absicherte. Die Entstehung von Interessenkonflikten wurde nicht, wie das bei anderen Entscheidungsträgern der Fall ist, gesetzlich

§ 13 Zusammenfassung

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durch Inkompatibilitäts- oder Befangenheitsvorschriften abgesichert. Der Nebenamtscharakter des Aufsichtsratsmandats, die Möglichkeit von Mehrfachmandaten, satzungsmäßige Entsenderechte aber auch die Arbeitnehmermitbestimmung drängten die Aufsichtsratsmitglieder häufig in Interessenkonflikte, die diese unter Abgrenzung ihrer verschiedenen Rollen auflösen mussten. Taten sie das nicht und verletzen dabei ihre gegenüber der Gesellschaft bestehenden Pflichten, hafteten sie nach § 116 i.V. m. § 93 Abs. 1 AktG.

A. Der unabhängige Finanzexperte gem. § 100 Abs. 5 AktG § 100 Abs. 5 AktG regelt nun, in Abkehr von sonstigen aktiengesetzlichen Vorgaben, besondere Voraussetzungen, die zwingend nur ein Aufsichtsratsmitglied erfüllen muss. Der deutsche Gesetzgeber wollte damit Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 der Abschlussprüferrichtlinie umsetzen, der die Besetzung des Prüfungsausschusses mit mindestens einem unabhängigen Mitglied vorschreibt. Für die Bildung und Arbeitsweise der Prüfungsausschüsse wird in Erwägungsgrund 24 der Richtlinie auf die Kommissionsempfehlung vom 15. Februar 2005 verwiesen, so dass mittelbar auch für die Auslegung der „Unabhängigkeit“ die Kommissionsempfehlung und insbesondere der detaillierte Profilkatalog heranzuziehen ist. Der deutsche Gesetzgeber klammerte aber wiederum Beziehungen zu bestimmten Interessengruppen aus und verwies darauf, dass Unabhängigkeit im dualistischen System als Unabhängigkeit von der Gesellschaft und dem Vorstand verstanden wird. 1. Auslegung des Unabhängigkeitskriteriums im Sinne der Kommissionsempfehlung Zwar wurde das Kriterium der Unabhängigkeit vor allem für das monistische System entwickelt, um aufgetretene Überwachungslücken zu schließen; die Regelungsinhalte der Kommissionsempfehlung gelten aber für beide Systeme, so dass die Einschränkungen des nationalen Gesetzgebers unerheblich sind. Das gilt umso mehr, da die Regelung in § 100 Abs. 5 AktG auf europäischen Vorgaben beruht. Der unverbindliche Charakter einer Empfehlung bedeutet dabei nicht, dass die Mitgliedsstaaten bei der Auslegung vorgegebener Normen frei sind. Der EuGH entschied bereits im Jahr 1989, dass nationale Gerichte die Pflicht haben, auch unverbindliches europäisches Recht bei der Auslegung heranzuziehen. Europarechtskonform ist das Kriterium der Unabhängigkeit in § 100 Abs. 5 AktG im Lichte der Kommissionsempfehlung auszulegen, so dass Unabhängigkeit als die „Abwesenheit jeglicher signifikanter Interessenkonflikte“ verstanden werden muss.

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5. Kap.: Schluss

2. Die einzelnen Kriterien des Profilkatalogs Die Kommissionsempfehlung und insbesondere der Profilkatalog in Anhang II haben für die Auslegung des unbestimmten Begriffs „Unabhängigkeit“ in § 100 Abs. 5 AktG Indizwirkung, da hierin Situationen aufgeführt sind, die „normalerweise als materielle Interessenkonflikte potentiell herbeiführend anerkannt“ werden können. Das bedeutet, dass der Aufsichtsrat nur in begründeten Einzelfällen von den Einschätzungen der Kommissionsempfehlung abweichen darf. Für die Position des unabhängigen Finanzexperten sind daher in der Regel: 1. ehemalige Vorstandsmitglieder ausgeschlossen, soweit sie dieses Amt in den letzten fünf Jahren ausgeübt haben. Nur wenn der Betreffende nach seiner Persönlichkeit und der vorherigen Position im Vorstand die umfassende Gewähr für einflussfreie und sachgerechte Entscheidungen bietet und keine anderen Umstände dagegen sprechen, kann auch eine zweijährige Karenzzeit genügen. 2. Arbeitnehmer ausgeschlossen, soweit sie nicht im Rahmen der Mitbestimmungsgesetze in den Aufsichtsrat gewählt wurden. Betroffen sind davon insbesondere Gewerkschaftsvertreter und Führungskräfte, die direkt unterhalb der Vorstandsebene mit Führungsaufgaben betraut sind. 3. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die über ein Drittel der Fest- bzw. über ein Viertel der gesamten Aufsichtsratsvergütung oder mehr als 120.000 Euro erfolgsabhängig vergütet werden. 4. Vertreter des Kontrollaktionärs ausgeschlossen, soweit es sich um einen faktischen Konzern handelt. 5. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die Geschäftsverhältnisse zur Gesellschaft in bedeutendem Umfang pflegen. Nur bei Geschäftsverhältnissen, in denen das Aufsichtsratsmitglied kein gesetzlicher Vertreter bzw. leitender Angestellter des Geschäftspartners ist und auch keine persönlich haftende Gesellschafterstellung oder eine Beteiligung von über 20 Prozent am Geschäftspartner vorliegt, kommt es auf den finanziellen Umfang der Geschäftsbeziehung an. Abhängig bleibt dann nur noch derjenige, der mehr als 15 Prozent seiner Gesamteinnahmen vom Geschäftspartner erzielt. 6. Partner und Angestellte des derzeitigen oder früheren Abschlussprüfers sowie der frühere Abschlussprüfer selbst ausgeschlossen, soweit diese vor Ablauf von drei Jahren in den Aufsichtsrat wechseln. Ausnahmen sind hiervon nur insoweit möglich, dass keine Gefahr der Verschleierung potentieller Schadensersatzansprüche gegen den Abschlussprüfer mehr gegeben ist. 7. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die in einer anderen Gesellschaft mit einem Vorstandsmitglied zusammenarbeiten.

§ 13 Zusammenfassung

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8. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, deren Amtszeit in der Gesellschaft länger als 12 Jahre andauert. 9. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die in einem Verwandtschaftsverhältnis zu obigen Personen stehen. 10. Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen, die eine Organfunktion oder Beratungstätigkeit bei einem Wettbewerber innehaben. 3. Einschätzung der Unabhängigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds Wer unabhängig ist, entscheidet der Aufsichtsrat nach eigenem Ermessen. § 100 Abs. 5 AktG zwingt daher nicht die Hauptversammlung das vom Aufsichtsrat ausgewählte unabhängige Mitglied zu wählen, auch wenn die Hauptversammlung dem Vorschlag des Aufsichtsrats in den meisten Fällen folgen wird. Die Vorschrift ist daher nur so zu verstehen, dass sie den Aufsichtsrat dazu verpflichtet den Wahlvorschlag für die Hauptversammlung entsprechend sorgfältig zu formulieren. Wird der Aufsichtsrat insgesamt gewählt, so hat der Wahlvorschlag mindestens einen unabhängigen sachverständigen Kandidaten zu enthalten. Stehen dagegen nur einzelne Mandate zur Wahl, muss der Aufsichtsrat nach bestehender Besetzung entscheiden, ob es eines unabhängigen Mitglieds bedarf. § 100 Abs. 5 AktG richtet sich aber nicht nur an den Aufsichtsrat; auch die Arbeitnehmer müssen einen unabhängigen Finanzexperten aus ihren Reihen zur Wahl vorschlagen. Denn sowohl die Europäische Kommission als auch der deutsche Gesetzesgeber gehen davon aus, dass Arbeitnehmer für die Position des unabhängigen Finanzexperten in Frage kommen.

B. Rechtsfolgen einer Verletzung der Norm Ist im Aufsichtsrat kein unabhängiger Finanzexperte vertreten, führt dies zwar nicht zur Nichtigkeit des Wahlbeschlusses, wohl aber zu Anfechtbarkeit nach § 251 Abs. 1 AktG. § 100 Abs. 5 AktG kann aber nicht direkt durch den Wahlbeschluss verletzt werden, da die Hauptversammlung nicht Adressat der Regelung ist. Vielmehr wird nur der Aufsichtsrat verpflichtet, sich über bestehende Interessenkonflikte bei dem unabhängigen Kandidaten bewusst zu werden. § 100 Abs. 5 AktG ist daher nicht als Inkompatibilitätsvorschrift einzuordnen, sondern regelt die vom Aufsichtsrat bei der Erstellung des Wahlvorschlags zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen. Fehlt im Wahlvorschlag des Aufsichtsrats ein unabhängiges sachverständiges Mitglied, führt dies zur Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses, der wiederum zur Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses der Hauptversammlung führt. Darüber hinaus ist eine Anfechtung wegen Verletzung des Auskunftsrechts der Aktionäre denkbar, wenn Fragen, die die Unab-

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5. Kap.: Schluss

hängigkeit eines Kandidaten betreffen, vom Vorstand in der Hauptversammlung nicht beantwortet wurden. Wird nicht schon in der Hauptversammlung deutlich, welcher Kandidat für die Position des unabhängigen Finanzexperten in Frage kommt, ist zumindest die Wahl des letzten Kandidaten anfechtbar, wenn dieser nicht unabhängig ist. Die Wahl der anderen Aufsichtsratsmitglieder kann demgegenüber nicht beanstandet werden, da das Gesetz nur mindestens einem Mitglied die Erfüllung der besonderen Anforderungen auferlegt. Der unabhängige Finanzexperte hat aufgrund der Garantiefunktion, die mit seiner Position verbunden ist, auch während seines Mandats die Pflicht seine Unabhängigkeit zu bewahren. Damit geht eine im Vergleich zu den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern gesteigerte Treuepflicht bei organfremden Handeln einher. Verletzt er diese Pflicht drohen ihm nicht nur Schadensersatzansprüche der Gesellschaft sondern auch die Abberufung als Aufsichtsratsmitglied.

§ 14 Ausblick Das Unabhängigkeitskriterium ist als Paradigmenwechsel im Recht des Aufsichtsrats zu werten. Die interessengesteuerte Besetzung des Überwachungsgremiums wird zwingend für ein Mitglied aufgehoben, dass nunmehr interessenneutral die Geschäftsführung kontrollieren soll, um damit die Richtigkeit und Verlässlichkeit von veröffentlichten Finanzinformationen der Gesellschaft zu garantieren. Die Garantiefunktion die mit der Position des unabhängigen Finanzexperten verbunden ist, bedeutet aber auch eine gesteigerte Treuebindung zur Gesellschaft, die dazu führt, dass dieser abhängigkeitsgefährdende Nebentätigkeiten ablehnen muss. Damit ist auch der Nebenamtscharakter des Aufsichtsratsmandats in dieser Position erheblich eingeschränkt, was ebenfalls zu einer Durchbrechung des Grundsatzes gleicher Rechte und Pflichten für alle Aufsichtsratsmitglieder führt. Den kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften ist daher zu empfehlen, die besondere Stellung des unabhängigen Finanzexperten auch in der Vergütungshöhe zu berücksichtigen, um kompetente Persönlichkeiten für den Aufsichtsrat gewinnen zu können.1052 Insbesondere kommt das unabhängige Mitglied als Aufsichtsratsvorsitzender in Betracht, da es aufgrund des eingeschränkten Nebenamtscharakters dieser Position und der nach § 107 Abs. 4 AktG zwingenden Mitgliedschaft im Prüfungsausschuss seine Tätigkeit nahezu als Hauptberuf ausüben muss. Im Übrigen ist ein unabhängiger Aufsichtsratsvorsitzender auch aus Corporate Governance Gesichtspunkten positiv zu werten. 1052 Vgl. Haarmann in: FS Hüffer, S. 243 (256); Kort in: FS Hüffer, S. 483 (488 ff.) [besondere Funktionen gesondert vergütungsfähig].

§ 14 Ausblick

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Darüber hinaus ist den Gesellschaften i. S. d. § 264d HGB zu empfehlen den unabhängigen Finanzexperten spätestens in der Hauptversammlung zu benennen. § 100 Abs. 5 AktG hat mit einige Auslegungsproblemen zu kämpfen, so dass sich hier möglicherweise ein neues Betätigungsfeld für räuberische Aktionäre eröffnet hat. Dieser Anfechtungsgefahr kann aber durch die Offenlegung des unabhängigen Mitglieds und einer Begründung der Aufsichtsratsentscheidung begegnet werden. Möglicherweise kommen auch mehrere Personen, die die Anforderungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllen, für die Aufsichtsratsmandatschaft in Frage. Letzteres ist auch deswegen zu empfehlen, weil ansonsten der besondere Sachverstand und die Garantiefunktion des einen Aufsichtsratsmitglieds möglicherweise zu einem minderen Überwachungsengagement der übrigen Aufsichtsratsmitglieder führen könnten.

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Sachwortverzeichnis Abänderungsrichtlinie 109, 115 Abberufung 51 ff., 235 f. – Aufsichtsratsmitglieder 22, 35 f., 68, 72, 88, 98 f. 157, 188, 223, 235 f., 237, 242 – Vorstandsmitglieder 46, 51 ff., 68 Abhängigkeitsbericht 179 ff., 188 Abhängigkeitslage 32, 59, 173 ff., siehe auch Konzern – Faktischer Konzern Abschlussprüfer 21, 26, 35, 117 ff., 129, 180, 200 ff., 203 ff., 213, 219, 229, 240 – Angestellte 205 ff., 219 – Ausschlussgründe, 204 – Befangenheit 204 f. – Ehemaliger 207 f., 213 – Wirtschaftsprüfergesellschaften 129, 190, 200, 204 ff., 209 Abschlussprüferrichtlinie 21, 22, 24, 125, 127 ff., 205, 207, 208, 218, 219, 239 Aktionsplan der Kommission 121, 144, 145, 154, 219, 235, 248 Altersgrenze 97, 211 f. Amtszeit 24, 47, 51, 55, 211 f., 219, 224, 235, 241 Anfechtung 185 f., 226 ff., 233 f., 241, 243 – Gegenstand 231 f. – Gründe 226 ff. – Rechtsfolgen 232 f. Anhang siehe Jahresabschluss Anstellungsverhältnis 46 ff. – Drittanstellungsvertrag 49 f., 55 – Gesellschaft 46, 48 ff., Arbeitnehmerinteressen 39 ff., 77, 87 ff., 96

Arbeitnehmervertreter, 72 ff., 98, 99, 104, 117, 118, 119, 120, 123, 124, 143, 144, 152 ff., 163 f., 169, 173, 218, 220 ff., 228, 239 ff. – Arbeitnehmer 39, 61, 72 ff., 76 ff. – Gewerkschaftsvertreter 75, 79, 84, 88, 92, 96, 153, 154, 158, 218, 240 – Leitende Angestellte 75, 79, 83, 86, 95, 153, 158, 199 – Wählbarkeitsvoraussetzungen 75 ff. ARUG 42, 176 Audit Committee siehe Prüfungsausschuss Aufsichtsrat 24 ff. – Ausschüsse 21 f., 25, 26, 48, 55, 64, 85, 135, 136, 139, 169, 236, siehe auch Prüfungsausschuss – Funktion 23 ff., 36, 46 ff., 53 ff. – Gesamtverantwortung 26, 28, 51 – Geschäftsführungsverbot 28, 30, 52 – Kollegialorgan 25 f., 35, 48, 51, 54, 55, 57, 130 – Sitzungen 29, 61, 142, 168, 224 – Zusammensetzung 57, 61, 64, 73 ff., 101, 121 f., 125, 133, 174, 224, 236 – Zuständigkeit 25 f., 33, 46, 219 ff. Aufsichtsratsmandat 59 ff., 99 – Hauptberufliches Mandat 60, 61 ff. – Höchstpersönlichkeit 57, 69, 70, 87, 88, 99 – Konzernmandate 59 f., 165, siehe auch Mehrfachmandate – Nebenamtlichkeit 22, 27, 29, 33, 60 ff., 65 ff., 89, 96, 98, 99, 118, 157, 210, 215, 217, 239, 242 – Niederlegung 223 – Ruhen 147

268

Sachwortverzeichnis

– Vorsitz 58, 61, 64, 73, 88, 118, 138, 141, 142, 148 ff., 230, 242 Aufsichtsratsmitglieder 56 ff., 100 ff., 146 ff. – Entsandte Aufsichtsratsmitglieder 68 ff., 88, 96 f., 99, 178, 188 f. – Organfremdes Handeln 88 ff., 242 – Persönliche Voraussetzungen 58 ff. – Vorbildfunktion 58 – Weiteres Mitglied 74, 84 ff., 96 Aufsichtsstärkungsgesetz 62, 63, 65, 118, 221 Außenstehende Aktionäre siehe Minderheitsaktionäre Banning-Beschluss (BGH) 22, 181 Baums-Kommission 106 f., 114 Bedeutender Umfang 169 f., 199 ff. Befangenheit 57, 96, 101, 213, 239 Beherrschungsvertrag 31, 32, 65, 79, 173, 182 ff. – Abfindung 186 – Abschluss 184 ff. – Ausgleichszahlung 185 – Dividendengarantie 185 – Nichtigkeit 185 Benachteiligungs- und Begünstigungsverbote 87, 95, 97, 155, 173, 180 Beratung 29, 32, 53, 57, 93, 106, 116, 119, 120, 124, 168 f., 190 ff., 200 f., 215 ff., 219, 241 – Honorare 168 f., 190 – Verträge 168 f., 190 ff., 200 Best Practice Regeln siehe DCGK – Empfehlungen Bestellung – Aufsichtsratsmitglieder 22, 58 ff., 66, 86, 98, 101, 102, 105, 175, 188, 220, 221, 223, 226, 236 – Bestellungshindernisse 46 f., 58 ff., 98, 103, 104, 150 – Gerichtliche Bestellung 86, 98 f., 233, 234

– Vorstandsmitglieder 46 ff., 51, 55, 58, 66, 135, 144, 174, 233 Betrieb 77 f., 81 ff. Betriebsratsmitgliedschaft 82, 88, 94, 96, 156, 159, 221 Betriebsverfassungsrecht 72 f., 76 f., 78, 83, 94 f. Biedenkopf-Kommission 86, 153, 159, 160 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) 21, 24, 25, 26, 56, 63, 109, 115, 122, 125 ff. Board System siehe monistisches System Börsennotierte Aktiengesellschaft 22, 61, 63, 67, 114, 122, 127, 132, 136, 139, 140, 141, 142, 144, 150, 152, 154, 189, 198, 213, 227, Business Judgment Rule 94, 110, 111, siehe auch Haftung Combined Code 140 f., 148, 154, 161, 189, 201, 212, 213 Compliance 36 ff. – Compliance-Organisation 38, 54 – Whistleblowing siehe dort Continental/Schaeffler-Urteil (BGH) 98, 198, 223, 234 Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) 25, 43, 54, 62, 105 ff., 136, 162, 168, 172, 203, 212, 216, 217, 229, 236, 238, – Anregungen 106, 108, 110, 122 – Anwendungsbereich 114 ff. – Ausreichende Anzahl 24, 56, 105, 116, 121 f., 135, 136, 238 – Befolgungszwang 109 ff. – Empfehlungen 106, 107, 108 ff., 114, 115, 122, 123, 146, 148, 150 – Entstehung 106 ff. – Ermessen 119 f. – Gesetzeswiederholungen 108 – Normative Wirkung 111 ff. – Offenlegung 109, 120 f., 136

Sachwortverzeichnis – Rechtscharakter 107 ff. Dualistisches System 58, 106, 118, 121, 122, 130, 134, 136, 137 ff., 142 f., 145, 172, 208, 218, 239 D&O-Versicherung 110, 168 Entlastung 114, 236, Entsprechenserklärung, 108 ff., 112 ff., 114 f., 122, 123, 140, 238, siehe auch Deutscher Corporate Governance Kodex Erklärung zur Unternehmensführung 109, siehe auch Jahresabschluss Familienunternehmen 152, 213 f. Frauenquote 81, 97 Fremdorganschaft 89, siehe auch Prinzipal-Agent Konflikt Gemeinwohlklausel 41 f. Geschäftsführungsverbot 28, 30, 52 Geschäftsverhältnisse 117, 169, 189 ff., 218, 240 – Beratungsverträge 190 ff. – Kreditverträge 195 ff. – Sonstige 198 Gesellschaftszweck 37, 39, 40 Gewinnabführungsvertrag 185, 186, siehe auch Beherrschungsvertrag Gleichbehandlungsgrundsatz 92, 95, 155 f. GmbH 22, 47, 74, 100, 115, 127, 132, 221 Grimaldi-Urteil (EuGH) 146, 234 Haftung 61, 63, 68, 87, 112, 113, 114, 237, siehe auch Business Judgment Rule – ARAG/Garmenbeck-Urteil 29, 36, 228 – Aufsichtsratsmitglieder 35 f., 58, 61, 63, 67 f., 71, 88, 92, 110, 114, 239 – Entsprechenserklärung 112 f. – Konzern 44 f., 66 – Nützliche Pflichtverletzung 37, 54

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– Vorstandsmitglieder 36 ff., 110, 150 Handlungsbevollmächtigte 59, 87, 95, 147, 158 Harmonisierung 142 ff. Hauptversammlung 35, 37, 42, 46, 48, 51, 67, 86, 96, 100, 104, 114, 119, 174, 186, 224 ff. – Auskunftsanspruch 120 f., 229 ff. – Bericht des Aufsichtsrats 180, 236 – Beschluss 114, 119, 147, 162, 163, 170, 186, 220, 224 ff. – Einberufung 35, 119, 206 – Zuständigkeit 37, 42, 51, 67, 96, 100, 119, 163, 168, 170, 175, 184, 186, 191, 194, 203, 220, 224 ff. Hauptversammlungsmehrheit 176 f., 187, siehe auch Abhängigkeitslage High Level Group (Expertengruppe) 143 ff., 148, 154, 161, 167, 172, 176, 190 Holzmüller-Urteil (BGH) 37 Independent Directors 104, 135, 138 ff., 140 f., 144, 169, Informationsordnung 33 ff., 93 ff., 119, 137, 142, 229 ff. – Aufsichtsrat 33 ff., 54, 92, 119, 215, 224, 226 – Entscheidungsgrundlage 36, 38, 54, 119, 226, 229 ff. – Konzern 34 f., 179 f. – Vorstandsberichte 27, 29, 33 f., 35, 54, 151 Inkompatibilität 22, 57, 59, 60, 66, 67, 69, 82, 203, 210, 225, 226, 233, 239, 241 Interessenkonflikte 22, 36, 49, 56, 57, 59, 60, 61, 82, 88 ff., 97 ff., 117 ff., 123 f., 132, 134, 142, 146, 147, 151, 153, 171, 188, 193, 195, 197, 198, 202, 207, 210, 215 f., 220, 223 ff., 234, 237 ff. Investmentaktiengesellschaft 56, 100 IOSCO 153, 169, 198, 212

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Sachwortverzeichnis

Jahresabschluss 35, 109, 125, 130, 144, 162, 180, 197, 206, 209, 236 Kapitalanlagegesellschaft 56 ff., 100 ff. Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft 21, 22, 23, 125 ff., 133, 139, 201, 203, 214, 220, 234, 238, 242 Kommissionsempfehlung (2005/162/ EG) 24, 116 ff., 131, 133, 134, 135 ff., 226, 228 ff., 234 f., 238 ff. – Anwendungsbereich 135 ff. – Profilanforderungen 146 ff. – Regelungscharakter 135 ff. KonTraG 40, 42, 61, 67, 163, 225 Kontrollbeteiligung 117, 118, 124, 151, 171 ff., 188, 218, 240 Kontrollsystem 25, 125, 130, 131, 133, 135, 220, siehe auch Aufsichtsrat Konzern 22, 30 ff., 33, 43 ff., 49 ff., 53, 59, 60, 65 ff., 68, 78 ff., 99, 102, 118, 145, 151, 164, 173 ff., 218 – Ausgleichssystem 32, 44, 65 f., 173 ff., 180 f., 187 – Beherrschungsvertrag siehe dort – Drittanstellungsvertrag siehe dort – Faktischer Konzern 22, 32, 44 f., 50, 65, 173 ff., 188, 218, 240 – Vertragskonzern 31 f., 43 f., 50, 55, 65 f., 178, 182 ff., 187 Konzern im Konzern 80, 155 Konzerninteresse 43 ff., 55, 65 f. Konzernleihe 77 Konzernleitungspflicht 31 f., 53 f. Konzernrechnungslegungsrichtlinie 171 ff., 182 Kreditverträge siehe Geschäftsverhältnis Kündigung – Arbeitnehmervertreter 156 f. – Vorstandsmitglieder 51 f. Lagebericht siehe Jahresabschluss Leitende Angestellte 33, 34, 54, 69, 75, 79, 83, 86, 95, 153, 158, 199

Mehrfachmandate 62, 65 ff., 99, 145, 198 ff., 205, 214, 225 – Bankenvertreter 198 f. – Entsandte Aufsichtsratsmitglieder 68 ff., 72, 96 f., 188 f. – Konzernmandate 50, 59, 60, 65 f., 68, 151, 164 f., 178 f., 184, 188 – Wettbewerbsunternehmen 22, 61, 66 f., 68, 97, 98, 119, 142, 214 ff., 219, 223, 225, 241 Mehrheitsaktionär 117, 134, 136 f., 146, 150, 174, 184, 187, 214, 217, 223, 238, siehe auch Kontrollbeteiligung Minderheitsaktionäre 118, 172 f., 179 ff. Mindestkenntnisse 57, 101, 141, 159, siehe auch Qualifikation Mitbestimmung 41, 45, 72 ff., 78 ff., 119, 152 ff., 220, siehe auch Arbeitnehmervertreter MoMiG 47 Monistisches System 58, 104, 106, 121, 137 ff., 142, 143, 145, 148, 218, Nichtgeschäftsführende Direktoren 140 f., 152, 169, 212, siehe auch Independent Directors NYSE Listed Company Manual 140, 148, 151, 154, 161, 169, 170, 189, 206, 207, 213 OECD-Grundsätze 160, 173 Öffentliche Unternehmen 39, 68 ff., 99, 132 f., 188 f. OGAW 126, 129 Organisierter Markt 126 Personalkompetenz 46 ff., 55 Pflichtenkollision 72, 98, 99, 223 Pflichtverletzung 36 ff., 87 ff., 108 f., 110 ff., 114 f., 178 f., 226 ff., 235 ff. – Aufsichtsratsmitglied 25 ff., 35, 36 ff., 47, 53 f., 58, 61, 65, 67 f., 70 ff., 87 ff., 93 ff., 119, 157, 188, 191, 197, 199, 200, 223 f., 226 ff., 235 ff., 237

Sachwortverzeichnis – Vorstandsmitglied 31 f., 33, 36 ff., 44, 46, 50 f., 54, 150, 179 ff., 182 f. Phantom Stock Options 165 Prinzipal-Agent Konflikt 137 ff., 214, 217 Profilanforderungen 117 ff., 134, 146 ff. Prokura 59, 87, 95, 147, 158 Prüfungsausschuss 21 f., 25, 26, 34, 125 f., 128, 129 ff., 134, 135, 139, 145, 203, 219, 239, 242 – Aufgaben 25 f., 129 f., 133 – Delegation 26, 28 – Einrichtungspflicht 129 ff., 133 – Zusammensetzung 21, 139, 242 Public Corporate Governance Kodex (PCGK) 62, 70, 97, 116, 132, 194 Qualifikation 56 f., 62 ff., 85, 97, 101, 103, 191 Räuberische Aktionäre 185, 233, 234, 243 Regierungskommission DCGK 43, 63, 97, 106 f., 114, 118, 123 f., 134, 172, 226, 238 Sarbanes-Oxley Act 34, 138 ff., 176, 197 Satzung 25, 37, 40, 43, 48, 54, 68, 72 ff., 93, 96 ff., 99, 111, 162, 170, 175, 212, 214, 220, 239 Schaffgotsch-Urteil (BGH) 61, 70, 200 Securities and Exchange Act 139 Sonderprüfung 180 Stimmbindungsverträge 177, 187, siehe auch Abhängigkeitslage Stimmenthaltung 224 Stimmverbot 223 Streikteilnahme 88, 90 ff. TransPuG 35, 93, 106 ff., 142, Trennungsgebot 59, 95, 99, 118, 122, 134, 136, 138, 145, 147, 152, 224

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Treuepflicht 67, 89 ff., 198, 200, 236, 242 Überkreuzverflechtung 59, 118, 144, 209 ff. Überwachung 24 ff., 62 ff. – Adressat 26, 32 ff., 54, 194, 202 – Gegenstand 26 ff., 30 f., 53 – Grenzen 30 – Instrumente 26, 33 ff., 54 – Intensität 28, 53 – Konzern 30 ff., 44 f., 53 f. – Lücken 30, 138 ff., 145, 192, 210, 213, 218, 239 – Maßstab 36 ff., siehe auch Unternehmensinteresse Ultra-Vires-Lehre 37 UMAG 110, 164 Umgehung 166, 170, 177, 191, 192, 193, 195, 196 ff., 202, 208 UMTS-Urteil (BGH) 175 Unabhängiger Finanzexperte 125, 127, 146 ff., 219 ff. – Einschätzung 119 ff., 219 ff., 227 ff. – Garantiefunktion 22, 235 – Gesetzgebungsanlass 127 ff. – Mindestanzahl 212 ff., 219 ff. Unabhängigkeit 22, 26, 58 ff., 60 ff., 101 ff., 116 ff., 146 ff. – Emotionale 103, 117, 212 f. – Strukturelle 58 ff., 60, 117, 138, 145, 147 ff., 152 ff., 171 ff., 203 ff., 209 ff., 211 f. – Wirtschaftliche 102 f., 104, 117, 160 ff., 189 ff. Unabhängigkeitserklärung 119, 229 Unternehmen von öffentlichem Interesse 125, 127 ff. Unternehmensgegenstand 37, 39 Unternehmensinteresse 36 ff., 54, 61, 65, 67, 70 ff., 82, 86, 87 ff., 96, 167, 178, 188, 215, 223, 228 – Grenzen 38 f., 178 – Investmentgesellschaften 100

272

Sachwortverzeichnis

– Rangfolge 39 ff. – Shareholder 40 ff., 54, 105, 238 – Stakeholder 40 ff., 54, 87 ff., 105, 115, 214, 238 Unternehmensskandale 21, 106, 122, 125, 138, 141, 142, 143, 144, 145 Unternehmenszugehörigkeit 78, 79 ff. Unternehmerische Entscheidung 30 ff., 38, 94, siehe auch Business Judgment Rule Urteilsfähigkeit 56 ff., siehe auch Qualifikation Urteilsfreiheit 57 f., 102, 117 f., 161, 172, 189, 209, siehe auch Unabhängigkeit

Wahlbeschluss 114, 147, 226 ff., 224 ff., siehe auch Hauptversammlung

VEBA-Urteil (BGH) 70, 175 Vergütung 41, 46, 48, 50, 64, 160 ff., 191 ff., 218, 240 – Aktienoptionen 42, 160 f., 163 ff., 170 – Arbeitnehmervergütung 169 – Ausschuss 48 f., 135, 136 – Beratungshonorare 168, 200 – Erfolgsabhängige 41, 162 ff. – Feste Bestandteile 167 f. Verschwiegenheitspflicht 71, 92 ff. VorstAG 23, 24, 41, 48, 56, 60, 110, 131, 136, 149, 150, 151, 166, 168, 214, 238 Vorstand 25 ff. – Bestellungshindernis 46 f. – Ehemaliger 148 ff. – Entscheidung 36 ff. – Geschäftsführung 26 f., 47 f., 51, 53, 62 – Geschäftsleitung 28 f., 30 ff., 50, 52, 53, 54 – Konzernüberwachung 34 f., 44 f. – Organinterne Überwachung 32 f. – Persönliche Voraussetzungen 46 f. – Ressortverteilung 32

– Konzern 31 f., 43 ff., 50, 65, 182 ff., siehe auch Konzern – Vertragskonzern

– Anfechtbarkeit 226 ff. – Nichtigkeit 224 ff. ahlvorschlag 67, 74, 84 f., 96, 119, 121, 220, 226 ff. – Inhalt 67, 74, 220, 227 – Sorgfaltsanforderung 220 f., 226, – Vorschlagspflicht 227, 237 Wartezeit 136, 150, 151, 152, 154, 201 f., 207 f., 218, 240 Weisungen 68 ff., 182 ff. – Aufsichtsratsmitglieder 22, 61, 67 f., 68, 69 ff., 76, 83, 87, 88, 95, 99, 188 f.

Wertpapierbegriff 127, siehe auch kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaft Wettbewerbsunternehmen 22, 61, 66 f., 68, 97, 98, 106, 116, 119, 142, 214 ff., 219, 223, 225, 235, 241 Wettbewerbsverbot 60, 66 Whistleblowing 34, 54, 93 Winter-Gruppe siehe High Level Group Wirtschaftsausschuss 94 f. Wohl der Gesellschaft siehe Unternehmensinteresse Wohlverhaltensregeln siehe DCKG – Empfehlungen Zusammenarbeit Vorstand und Aufsichtsrat 35, 46, 52, 62, 64 Zuständigkeit 33, 54, 46 ff., 95, 194 – Aufsichtsrat 33, 46, 48, 206, 219 f – Hauptversammlung 37, 168, 175, 191 f., 220 – Vorstand 33, 41, 95, 161 Zustimmungsvorbehalt 29, 35, 192 ff., 195 ff., 200, 202