Die Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland der sechziger Jahre: Eine Untersuchung hinsichtlich ihrer Beeinflussung durch Befreiungsbewegungen und -theorien aus der Dritten Welt [1 ed.] 9783428485567, 9783428085569

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Die Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland der sechziger Jahre: Eine Untersuchung hinsichtlich ihrer Beeinflussung durch Befreiungsbewegungen und -theorien aus der Dritten Welt [1 ed.]
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INGO JUCHLER

Die Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland der sechziger Jahre

Beiträge zur Politischen Wissenschaft Band 88

Die Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland der sechziger Jahre Eine Untersuchung hinsichtlich ihrer Beeinflussung durch Befreiungsbewegungen und -theorien aus der Dritten Welt

Von lngo Juchler

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Juchler, logo:

Die Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland der sechziger Jahre : eine Untersuchung hinsichtlich ihrer Beeinflussung durch Befreiungsbewegungen und-theorienaus der dritten Welt I von lngo Juchler.- Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Beiträge zur politischen Wissenschaft ; Bd. 88) Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08556-6 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0421 ISBN 3-428-08556-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Meinen Eltern

Danksagung

Ein Promotionsstipendium des Evangelischen Studienwerkes Villigst hat die Fertigstellung der vorliegenden Arbeit wesentlich erleichtert und es mir ermöglicht, einige dafiir notwendige Forschungsreisen zu unternehmen. Dem John F. Kennedy-Institut fiir Nordamerikastudien an der FU Berlin danke ich fiir die Zuerkennung eines Kurzzeitstipendiums zur Arbeit am Institut. Für ihre Gesprächsbereitschaft, fachliche Unterstützung und Zuspruch danke ich Heather Booth (Washington), Dr. Barbara Brick (Frankfurt a.M.), Prof. Dr. Clayborne Carson (Stanford), Ulrich Chaussy (München), Ronnie Davis (Berkeley), Gretchen Dutschke-Klotz (Hamburg), Eduardo Frank R. (Havanna), Prof. Dr. Robert K. Furtak (Landau), Prof. Dr. Imanuel Geiss (Bremen), Dr. Ingrid Gilcher-Holtey (Heidelberg), Tom Hayden (Sacramento), Prof. Dr. Martin Jay (Berkeley), Prof. Dr. Ekkehart Krippendorff (Berlin), Dr. Robert F. Lamberg (Frederiksberg), Dr. Siegward Lönnendonker (Berlin), Prof. Dr. Sven Papcke (Münster), Douglas Pike (Berkeley), Dr. Alexandervon Plato (Hagen), Astrid Proll (Hamburg), Prof. Dr. Robert J.S. Ross (Worcester), Dr. Dieter Rucht (Berlin), Prof. Dr. Sebastian Scheerer (Hamburg), Dr. Jochen Staadt (Berlin), Prof. Dr. Michael Vester (Hannover), Prof. Dr. Peter Waldmann (Augsburg) und Prof. Dr. Jean Ziegler (Genf). Weiterhin gilt mein Dank meinen Interviewpartnern Prof. Dr. Anatole Anton (San Francisco), Joe Blum (Berkeley), Prof. Dr. Detlev Claussen (Frankfurt a.M.), Prof. Dr. Todd Gitlin (Berkeley), Dieter Kunzelmann (Berlin), Osha Neumann (Berkeley), Dr. Bemd Rabehl (Berlin), Bill Starr (New York), Peter Wiley (San Francisco) und Karl-Dietrich Wolff (Frankfurt a.M.). Über die Klärung von themenspezifischen Fragen hinaus vermittelten sie mir als jemandem. der das hier zu untersuchende Zeitgeschehen nicht bewußt wahrnehmen konnte, ein lebendiges Bild von der damaligen politisch-gesellschaftlichen Atmosphäre sowie von den die Entwicklung der Studentenbewegungen motivierenden Ereignissen. Prof. Dr. Anatole Anton (San Francisco), Dr. Ronald Grele (New York) und Prof. Dr. Philip G. Altbach (Buffalo, N.Y.) bin ich neben ihrer fachlichen Unterstützung fiir ihre Einladung zu Vorträgen sehr verbunden.

8

Danksagung

Wolfgang van Straelen (Marburg) unterzog sich der Mühe, die Rohmanuskripte der vorliegenden Arbeit kritisch durchzusehen. Für zahlreiche Gespräche und die wissenschaftliche Betreuung der Arbeit gilt mein besonderer Dank Prof. Dr. Hans Karl Rupp (Marburg) und Prof. Dr. Frank Deppe (Marburg). Marburg, im September 1995

Ingo Juchler

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

Gegenstandsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

Forschungslage und Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

1.

Die Entwicklung der studentischen Protestbewegung in den Vereinigten Staaten in den frühen sechziger Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

1.1

Die Gründung des Studentenverbandes Students for a Democratic Society .

23

1.2

Port Huron und das Ideal einer "partizipatorischen Demokratie" . . . . . . . . .

26

1.3

Die Entwicklung der afro-amerikanischen Studentenorganisation Student Nonviolent Coordinating Committee und ihr Verhältnis zu den antikolonialen Befreiungskämpfen in Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3I

1.4

Der Einfluß der kubanischen Revolution auf die studentische Linke der frühen sechziger Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

2.

Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes auf die Entwicklung der studentischen Protestbewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: Zur militärischen Involvierung der USA in Vietnam . . . . . . . . . . . .

51 51

2.1

Die Auswirkungen des Vietnamkrieges auf die Students for a Democratic Society................ . .................. . ................. ..

55

2.1.1 Erste studentische Proteste und der "March on Washington for Peace in Vietnam" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

2.1.2 Der Kewadin-Konvent und die "International Days of Protest" . . . . . . . . . .

62

2.1.3 Die Kontaktaufnahme des SDS zur "anderen Seite" . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

2.2

Die Beschäftigung bundesdeutscher studentischer Aktivisten mit den politischen Entwicklungen in der Dritten Welt im Kontext der Eskalation des Vietnamkonflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

2.2.1 Die Anti-Tshombe-Demonstration in Westberlin und die Entwicklung einer "intemationalistischen" Perspektive bei der "Subversiven Aktion" . . . . . . .

74

10

Inhaltsverzeichnis

2.2.2 Die frühe Auseinandersetzung mit den Befreiungsbewegungen und -theoretikem der Dritten Welt im Kontext der Entwicklung der bundesdeutschen Studentenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3

81

Die politische Radikalisierung des amerikanischen SOS und die Rückwirkungen des Vietnamkrieges auf das Student Nonviolent Coordinating Comrnittee

94

2.3.1 Die maoistische Studentenorganisation May 2nd Movement und ihr Verhältnis zum SOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

2.3.2 Der Widerstand des SOS gegen die Rekrutierung und die politische Radikalisierung des Studentenverbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

2.3.3 Vietnamkriegsprotest und die .,koloniale" Situation der Afro-Amerikaner . .

103

2.3.4 Die Entstehung der BlackPower-Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

110

2.4

Die zunehmende Orientierung der Studentenbewegung in der Bundesrepublik an den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114

2.4.1 Die " Plakat-Aktion" und die Radikalisierung des Westberliner SOS-Landesverbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114

2.4.2 Der SDS-Kongreß "Vietnam- Analyse eines Exempels" . . . . . . . . . . . . . . .

118

3.

Die Radikalisierung der Studentenbewegungen: "Vom Protest zum

Widerstand" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

129

3.1

Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung . . . . . . . . . . . .

129

3 .1.1 Die Orientierung des SOS an den lateinamerikanischen Guerillabewegungen

129

Exkurs: Emesto Che Guevaras Guerillatheorie und das kuhanisehe Exempel

132

3 .1.2 Die Identifikation des SNCC mit den Befreiungsbewegungen der Dritten Welt

142

Exkurs: Emesto Che Guevaras Ideologem des "proletarischen Internationalismus" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

146

3 .1.3 Die Trikontinentale Konferenz in Havanna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163

3.1.4 Die Vertretung des SNCC auf der Konferenz der Lateinamerikanischen Solidaritätsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

173

3.1.5 Die Allianz des SNCC mit der Black Panther Party . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

184

3 .1.6 Die Zusammenarbeit des SDS mit der südvietnamesischen Nationalen Befreiungsfront und der sich radikalisierende Anti-Vietnamkriegsprotest des Studentenverbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

187

3 . I.7 Kubas Ausstrahlung auf die studentische Protestbewegung in den Vereinigten Staaten und westlicher "Revolutions-Tourismus" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Exkurs: Emesto Che Guevaras Projektion vom "neuen Menschen" und die kuhanisehe Wirtschaftsdebatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

3.2

Die Radikalisierung der bundesdeutschen Studentenbewegung . . . . . . . . . . . 224

3 .2 .I Die Gründung der Kommune I und deren Ausschluß aus dem SOS . . . . . . . 224

Inhaltsverzeichnis

11

3.2.2 Der Studentenkongreß "Hochschule und Demokratie - Bedingungen und Organisation des Widerstandes" und die Aufwertung des politischen Voluntarismus' . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 3.2.3 Die 22. ordentliche SDS-Delegiertenkonferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

241

3.2.4 Die Wahrnehmung der Black Power-Bewegung durch die bundesdeutsche Studentenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

249

4.

Das "revolutionäre" Selbstverständnis der Studentenbewegungen . . . .

257

4.1

Zur Entwicklung der bundesdeutschen Studentenbewegung . . . . . . . . . . . . .

257

4.1.1 Die Internationale Vietnam-Konferenz in Westberlin . . . . . . . . . . . . . . . . . .

257

4.1.2 Das Attentat auf Rudi Dutschke, Osterunruhen und eine Diskussion um die gegenwärtige "welthistorische Konstellation" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

269

4.1.3 Die Teilnahme einer SOS-Delegation an den IX. Weltjugendfestspielen in Sofia und die letzte ordentliche Delegiertenkonferenz des Studentenverbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

275

Zur Entwicklung der amerikanischen Studentenbewegung . . . . . . . . . . . . . .

280

4.2.1 Die militante Orientierung des SDS am SNCC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4.2

280

4.2.2 Besetzung und Streik an der Columbia University . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

285

4.2.3 Der Topos "Revolution" und die politische Ausrichtung des SDS an der Black Panther Party . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

295

4.2.4. Der studentische Protest während der Konventswoche der Demokratischen Partei in Chicago . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

300

4.2.5 Das SDS-Projekt einer "revolutionären Jugendbewegung" in den USA als Korrelat zu den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt . . . . . . . . . . . . .

306

5.

Spaltung und Niedergang des amerikanischen und des bundesdeutschen SDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

5.1

Zur Entwicklung der amerikanischen Studentenbewegung . . . . . . . . . . . . . .

313

5.1.1 Die Herausbildung eines studentischen Gegenmilieus in Berkeley und das " Berkeley Liberation Program" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3 13

5.1.2 Die Fraktionierung des amerikanischen SDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

319

5.1.3 Die "Allianz" der Weatherrnan-Fraktion mit den nationalen Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt und ihre Isolierung von der Studentenschaft . . .

327

5.2

Zur Entwicklung der bundesdeutschen Studentenbewegung . . . . . . . . . . . . .

349

5.2.1 Die Aktivitäten der studentischen Projektgruppen mit " intemationalistischem" Bezug und die Selbstauflösung des SDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

349

5.2.2 Die Herausbildung von terroristischen, an den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt orientierten "Stadtguerilla"-Gruppen in Westberlin . . . . . . . . .

359

12

lnhaltsve!Zeichnis

Schlußbetrachtung

385

Anhang ...... . ................. . ............... . . ........... .. ... ..

401

I.

Verzeichnis der Abkürzungen . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . .. . .. .. .. . . . 401

2.

Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405

2.1

Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405

2.1. 1 Archivalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 2.1.2 Befragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 2.1.3 Primärtexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 a) Studentenbewegung in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 b) Studentenbewegung in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . 415 c) Befreiungstheoretiker und-bewegungender Dritten Welt . . . . . . . . . . . . . 424 2.1.4 Quelleneditionen

428

2.2

429

Sekundärliteratur

2.2.1 Autobiographien, Memoiren und Biographien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 2.2.2 Darstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 a) Studentenbewegung in den Vereinigten Staaten und Neue Linke . . . . . . . 431 b) Studentenbewegung in der Bundesrepublik Deutschland und Neue Linke

443

c) Befreiungstheoretiker und-bewegungender Dritten Welt . . . . . . . . . . . . . 450 2.2.3 Gesellschaftstheoretiker moderner Industrienationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 2.2.4 Sonstige Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458

Einführung

Gegenstandsbereich Die sechziger Jahre erscheinen heute im historischen Rückblick als eine Zeit des weltweiten Aufruhrs und der Rebellion, sozial heterogen zusammengesetzte Bevölkerungsgruppen begehrten aus unterschiedlichen Motiven gegen die etablierten Ordnungen auf. So wurden die bereits seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges entbrannten Kämpfe nationaler und sozialrevolutionärer Befreiungsbewegungen in den Ländern der sogenannten Dritten Welt in dieser Dekade mit besonderer Heftigkeit gefuhrt, der Widerstand des "kleinen" Vietnam gegen die Weltmacht USA wurde zum Symbol dieses Kampfes. Des weiteren kam es derzeit in einzelnen ehemaligen sozialistischen Staaten zu Protesten gegen die als stalinistisch und bürokratisch kritisierten Regierungen der KPs. In der damaligen CSSR wuchs sich dieser Protest, der in besonderem Maße auch von Studenten getragen wurde, bis zum Sturz der Regierung Novotny und zum "Prager Frühling" mit dem Reformsozialisten Alexander Dubcek aus, bis diesem Experiment eines "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" durch die Truppen des Warschauer Paktes ein jähes Ende gesetzt wurde. Schließlich wurden auch die modernen westlichen Industrienationen in den sechziger Jahren von einer Welle des Aufruhrs erschüttert. Hier waren es besonders die Studentenbewegungen, welche das "Establishment" herausforderten und diese Gesellschaften mit ihren neuen Lebens- und Wertvorstellungen nachhaltig prägten. Hinsichtlich der Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik ist in diesem Kontext festzustellen, daß diese sich vom Beginn der Eskalation des Vietnamkonfliktes im Jahre 1965 an in ähnlicher Weise verbreiterten und inhaltlich-politisch ausrichteten. Die Studentenbewegung in den Vereinigten Staaten entwickelte sich zu Beginn der sechziger Jahre vornehmlich im Zusammenhang der Proteste der Bürgerrechtsbewegung gegen die Segregation im Süden des Landes. Die flir die spätere Studentenbewegung wichtigsten Studentenorganisationen, der Verband Students for a Democrarie Society (SDS) und das Student Nonviolent Coordinating Committee (SNCC), wurden im Februar und April des Jahres 1960 gegründet und arbeiteten in der Folgezeit insbesondere hinsichtlich der Beendigung der Rassendiskriminierung in den Vereinigten Staaten eng zusammen. Für die Herausbildung einer frühen studentischen Neuen Linken wurde des weiteren deren Auseinander-

14

Einftihrung

setzung mit der jungen kubanischen Revolution sowie mit der amerikanischen Regierungspolitik gegenüber den auf der Karibikinsel sich vollziehenden gesellschaftlichen Veränderungen relevant. Die Eskalation des Vietnamkonfliktes seitens der USA vom August 1964 an bildete schließlich das Agens sowohl zur personellen Verbreiterung der studentischen Oppositionsbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik als auch zu deren zunehmender Politisierung. Die engagierten Studenten beiderseits des Atlantiks setzten sich in der Folge einerseits verstärkt mit den eigenen gesellschaftlichen Mißständen und andererseits- vennittelt über den Vietnamkonflikt - mit den nationalen Befreiungsbewegungen der Dritten Welt allgemein auseinander, wobei die Rezeption der Schriften von Befreiungstheoretikern der Dritten Welt wie Emesto Che Guevara, Frantz Fanon und Lin Biao einen bedeutenden Faktor darstellte. Im Zuge der weiteren Beschäftigung der Aktivisten beider Studentenbewegungen mit dem Vietnamkrieg wurde dieser vonjenen zusehends als exemplarisch für die Haltung der westlichen Industriestaaten allgemein und der Vereinigten Staaten im besonderen gegenüber politisch-gesellschaftlichen Veränderungen in der Dritten Welt gewertet - die westliche Welt schien nach Einschätzung der politisierten Studenten nicht gewillt, sozialpolitische Veränderungen des bestehenden gesellschaftlichen Status quo in den (ehemaligen) Kolonialstaaten zuzulassen, was beispielhaft im Vietnamkonflikt zutage trat. Die von den studentischen Aktivisten sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in der Bundesrepublik initiierten und im Verlauf der Jahre 1965 bis 1967 sich stetig verbreitemden Protestaktionen gegen das militärische Engagement der USA in Vietnam zeitigten allerdings augenscheinlich keinerlei Wirkung auf die politischen Entscheidungsträger. In den Vereinigten Staaten selbst geriet das innenpolitische Klima neben der zunehmenden Vietnamkriegsopposition durch die seit 1965 regelmäßig im Sommer auftretenden "riots" der afro-amerikanischen Minderheit in den Ghettos der Großstädte noch zusätzlich unter Spannung. Die radikalisierten "weißen" amerikanischen Studenten traten dabei offen für die Forderungen der Afro-Amerikaner ein, wie sie insbesondere von SNCC mit der Initiierung der BlackPower-Bewegung fonnuliert worden waren. Der Auftritt des SNCC-Protagonisten Stokely Cannichael auf der Konferenz der Lateinamerikanischen Solidaritätsorganisation (OLAS) in Havanna im Sommer 1967, wo dieser eine "Allianz" zwischen den von Emesto Che Guevara beeinflußten lateinamerikanischen Guerillaorganisationen und der afro-amerikanischen Minderheit in den Vereinigten Staaten projektiert hatte, wurde wiederum von Teilen der "weißen" amerikanischen Studentenbewegung und insbesondere von den Protagonisten des SDS aufgegriffen - die radikalisierten SDS-Aktivisten identifizierten sich vor allem vom Sommer 1967 an verstärkt mit den Kämpfen der nationalen Befreiungsbewegungen der Dritten Welt, was weitreichende Folgen fiir die politische

Gegenstandsbereich

15

Ausrichtung und Praxis dieses bedeutendsten amerikanischen Studentenverbandes der sechziger Jahre zeitigen sollte. Auch die bundesdeutsche Studentenbewegung beziehungsweise deren wichtigster Verband, der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS), radikalisierte sich im Verlauf des Jahres 1967, wobei die Erschießung des FU-Studenten Benno Ohnesorg durch einen Polizeibeamten im Zusammenhang von studentischen Protestaktionen gegen den Besuch des Schahs im Juni des Jahres einen ausschlaggebenden Faktor bildete: Zum einen erfuhr die Protestbewegung dadurch eine enorme Verbreiterung auch über das Zentrum des Protestes in Westberlin hinaus, zum anderen bildete die von den studentischen Aktivisten empfundene zunehmende staatliche Repression gegen ihre Proteste für die Protagonisten des "antiautoritären" Flügels innerhalb des SDS den Anlaß, für die politische Praxis der Studenten eine Aufwertung des Voluntarismus zu propagieren und für ein dezidiert aktionistisches Konzept der Bewegung einzutreten. Dabei war die Orientierung der Protagonisten dieses SDS-Flügels an den Befreiungsbewegungen der Dritten Welt und insbesondere an dem Guerillatheoretiker Guevara von entscheidender Bedeutung. Die vom bundesdeutschen SDS organisierte Internationale VietnamKm?ferenz in Westberlin bildete im Februar 1968 den öffentlichen Ausdruck der auch von Teilen der bundesdeutschen Studentenbewegung vorgenommenen Identifikation mit den Kämpfen der Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt. Die in der Abschlußerklärung der Konferenz erhobene Forderung nach der Schaffung einer "zweiten Front" in den westlichen Industriestaaten zur Unterstützung der Befreiungsbewegungen allgemein und der südvietnamesischen Nationalen Befreiungsji·ont (FNL) im besonderen sollte von den radikalisierten Teilen sowohl der bundesdeutschen als auch der amerikanischen Studentenbewegung mit "internationalistischem" Bezug aufgegriffen werden und schließlich vom Ende des Jahres 1969 an zur Formierung von terroristischen .,Stadtguerilla"-Gruppen nach lateinamerikanischem Vorbild in den Industriestaaten USA und BRD führen. Die wichtigsten Verbände der amerikanischen wie auch der bundesdeutschen Studentenbewegung vermochten es im Jahre 1968 allerdings nicht, die erzielten Mobilisierungserfolge von breiteren Kreisen der Studentenschaft - in den Vereinigten Staaten in der Folge des Streiks an der Columbia University, des Demokratischen Konvents in Chicago und der zahllosen Protestaktionen gegen den Vietnamkrieg landcsweit, in der Bundesrepublik im Anschluß an das Attentat aufRudi Dutschke und die Protestaktionen während der zweiten und dritten Lesung zur Verabschiedung der Notstandsgesetze - zu nutzen und diese Studenten in einen verbindlichen organisatorischen Rahmen einzubeziehen sowie der Bewegung eine einheitl ichc politische Ausrichtung zu geben. Statt dessen diffundierte der bundesdeutsche SDS in verschiedene Stadtteil- und Projektgruppen. in maoistisch ausgerichtete Kader-Gruppen und andere Parteiorganisationen, und der amerikani-

16

Einführung

sehe SDS polarisierte sich in einen sich als Teil einer Revolutionären Jugendbewegung (RYM) verstehenden und in einen an der maoistischen Progressive Labor Party orientierten Flügel. Im Juni 1969 spaltete sich schließlich der amerikanische SDS entsprechend dieser Polarisierung, die Mehrzahl der an den Befreiungsbewegungen der Dritten Welt orientierten Anhänger der RYM-Fraktion bezeichnete sich nach ihrem programmatischen Statement fortan als Weatherman und richtete sich in politisch-ideologischer Hinsicht wie auch in ihrer Praxis in sehr ähnlicher Weise aus wie die im Kontext des Diffusionsprozesses der bundesdeutschen Studentenbewegung entstandenen militanten Gruppen. In der vorliegenden Arbeit sollen die Zusammenhänge zwischen den revolutionären Umbrüchen in der Dritten Welt und deren Theoretikern, insbesondere Ernesto Che Guevara, einerseits und der Entwicklung der amerikanischen wie der bundesdeutschen Studentenbewegung der sechziger Jahre andererseits untersucht werden. Ich gehe dabei von der Arbeitshypothese aus, daß die bedeutendsten Verbände der amerikanischen und der bundesdeutschen Studentenbewegung in ihrer politisch-theoretischen Ausrichtung wie auch in ihrer Praxis von den revolutionären Veränderungen in der Dritten Welt wesentlich geprägt wurden, die nationalen Befreiungsbewegungen in Afrika, Asien und Lateinamerika sowie die Existenz der jungen unabhängigen afrikanischen Staaten und die gesellschaftlichen Veränderungen auf Kuba mithin bedeutsame Rückwirkungen auf die politische Ausrichtung dieser Bewegungen zeitigten. In diesem Sinne soll die von Doug McAdam und Dieter Rucht für soziale Bewegungen in westlichen Industriestaaten jüngst festgestellte länderübergreifende "Diffusion" von "Movement Ideas" 1 durch die vorliegende Untersuchung auf die Beziehung von sozialen Bewegungen in der Dritten Welt zu sozialen Bewegungen in westlichen Industriestaaten erweitert werden: Die Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik der sechziger Jahre hatten Bestandteile der für die Befreiungsbewegungen der Dritten Welt konzipierten Theorien übernommen und fiir die eigene politische Ausrichtung und Praxis zu nutzen gesucht. Die Untersuchung dieses Aspektes der politisch heterogen ausgerichteten Studentenbewegungen2 erscheint mir vor allem deshalb von besonderer Bedeutung,

2

Das heißt die ,. Ideen" und "Taktiken" einer sozialen Bewegung eines Landes werden von einer ähnlich ausgerichteten Bewegung eines anderen Landes - oft auch um Jahre versetzt - übernommen. Siehe Doug McAdam/Dieter Rucht: The Cross-National Diffusion ofMovement ldeas, in: The Annals ofthe American Academy ofPolitical and Social Science, Vol. 528, 1993, S. 56-74; vgl. auch Donatella della Porta/Dieter Rucht: Left-Libertarian Movements in Context: A Comparison of ltaly and West Germany, 1965-1990 (=FS 111 91-102 des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung), Berlin 1991 , S. 39 f. Auf andere, die politische Entwicklung wie das äußere Erscheiungsbild der Studentenbewegungen gleichfalls prägende Aspekte wie etwa die Kritik am ,.etablierten" Liberalismus oder die breite " counterculture"-Bewegung in den Vereinigten Staaten, die Diskussion um die demokra-

Forschungslage und Methode

17

als die Eskalation des Vietnamkrieges einerseits den eigentlichen Katalysator fiir die Entwicklung einer breiten Studentenbewegung sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in der Bundesrepublik bildete, die Auseinandersetzung mit diesem Konflikt und den Kämpfen der nationalen Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt allgemein wie auch mit deren Theoretikern aber andererseits auch zu einer politischen Radikalisierung von Teilen der Studentenbewegungen sowie deren Identifikation mit diesen Kämpfen beitrugen, was schließlich zur Fonnierung von terroristischen "Stadtguerilla"-Gruppen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik fiihrte. Die Kämpfe nationaler Befreiungsbewegungen allgemein und der FNL im besonderen bildeten mithin zwar zum einen einen entscheidenden Impetus fiir die Entwicklung einer breiten studentischen Protestbewegung in den USA wie auch in der BRD. Zum anderen trug die Identifikation radikalisierter Teile der amerikanischen Studentenbewegung mit den Befreiungsbewegungen jedoch auch zur Spaltung des wichtigsten amerikanischen Studentenverbandes der sechziger Jahre und damit zum politischen Niedergang der dort bedeutendsten studentischen Organisation sowie zur Bildung terroristischer "Stadtguerilla"Gruppen bei, in der Bundesrepublik fonnierte sich im Kontext der sich auflösenden Studentenbewegung aufgrund dieser Identifikation mit den Befreiungsbewegungen der Dritten Welt eine terroristische Gruppierung, die insbesondere in den siebziger Jahren das innenpolitische Klima hierzulande nachhaltig prägen sollte.

Forschungslage und Methode

Die Literatur zur amerikanischen Studentenbewegung der sechziger Jahre ist inzwischen Legion. Sie reicht von umfassenden Gesamtdarstellungen der Entwicklung der "Neuen Linken" in den Vereinigten Staaten über autobiographische Rückblicke ehemaliger Bewegungsprotagonisten bis hin zu Einzeldarstellungen der die Studentenbewegung im besonderen Maße tragenden Organisationen SOS und SNCC. Im folgenden sollen deshalb nur die fiir unseren Untersuchungsbereich relevantesten Arbeiten Erwähnung finden. Mit den Arbeiten von Bacciocco und Ericson3 liegen zwei zeithistorische Untersuchungen vor, die einen guten Gesamtüberblick zur Entwicklungsgeschichte der amerikanischen Studentenbewegung im Zeitraum von 1960 bis 1970 bieten. Während Ericson vornehmlich der Organisationsgeschichte des SOS und diverser

3

tische Reformierung der Hochschulen, die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands oder die Verabschiedung der Notstandsgesetze in der Bundesrcpublik, kann dabei nur am Rande eingegangen werden. Edward J. Bacciocco: The New Left in America: Reform to Revolution, 1956 to 1970, Stanford 1974; Edward E. Ericson: Radicals in the University, Stanford 1975.

2 Juchler

18

Einftihrung

kleinerer" weißer" Studentenverbände nachgeht und deren Auseinandersetzungen mit den Universitätsverwaltungen darstellt, konzentriert sich Bacciocco auf die Entwicklung der beiden einflußreichsten Studentenverbände SOS und SNCC im Kontext der sich seit 1956 herausbildenden .,Neuen Linken". Eine Gesamtdarstellung der Entwicklung der studentischen Protestbewegung jüngeren Datums mit einem Schwerpunkt auf der Geschichte des SDS bietet Todd Gitlins Arbeir4, die allerdings aufgrunddes einstigen Engagements Gitlins beim SDS5 der Sachlichkeit eines Außenstehenden entbehrt und des öfteren memoirenhafte Züge annimmt. Gleichwohl gilt für diese wie auch für die Arbeit des einstigen SOS-Mitbegründers Tom Hayden6, daß sie sich für die Untersuchung der SOS-internen Diskussionen sowie der individuellen Motivation flir die politische Tätigkeit in dem Studentenverband als äußerst aufschlußreich erweisen. In diesem Zusammenhang ist auch die Darstellung von James Miller7 zu erwähnen, der die Geschichte des SDS entlang der individuellen politischen Entwicklung der SOSProtagonisten Paul Booth, Alan Haber, Tom Hayden und Paul Potter von der Gründung des Studentenverbandes bis zu dessen Höhepunkt nachzeichnet. Die umfassendste Untersuchung zur politischen Entwicklung des SDS von seiner Gründung bis zur Auflösung stellt die Arbeit von Kirkpatrick Sale dar. 8 Sie ist für eine zeithistorische Auseinandersetzung mit der amerikanischen Studentenbewegung der sechziger Jahre ebenso unentbehrlich wie die Arbeit von Clayborne Carson zur Verbandsgeschichte des SNCC. 9 Ergänzend zu der Untersuchung Carsons vermitteln die Arbeiten von Howard Zinn hinsichtlich der frühen politischen Entwicklung von SNCC 10 und von James Forman insbesondere für die Entwicklung einer internationalen Perspektive des afro-amerikanischen Studentenverbandes II einen beträchtlichen Erkenntnisgewinn. Die für den vorliegenden Untersuchungszusammenhang bedeutsame Interdependenz zwischen SDS und SNCC wird in der bereits erwähnten Arbeit von

4 5 6 7 8 9 I0 II

Todd Gitlin: The Sixties: Years of Hope, Days of Rage, New York 1989. Todd Gitlin war 1963/64 Präsident des SDS und bis zu dessen Niedergang aktives Mitglied des Studentenverbandes. Tom Hayden: Reunion: A Memoir, New York 1988. James Miller: Democracy ls in the Streets: From Port Huron to the Siege ofChicago, New York 1987. Kirkpatrick Sale: SDS. New York 1973. Clayborne Carson: ln Struggle: SNCC and the Black Awakening of the 1960s, Cambridge. Mass./London 1981. Howard Zinn: SNCC, the New Abolitionists, Boston 1964. James Forman: TheMakingof Black Revolutionaries. Seattle 21990.

Forschungslage und Methode

19

Bacciocco sowie von Susanne Kleemann erörtert 12• wobei letztgenannte allerdings eine hinreichende Trennung zwischen ihrem politischen Engagement und dem Untersuchungsgegenstand vermissen läßt. Die hier vorgestellten Arbeiten weisen zwar alle mehr oder weniger betont auf den Zusammenhang der Eskalation des Vietnamkrieges und der sich entwickelnden Studentenbewegung hin, und Michael Ferber/Staughton Lynd, Fred Halstead, Lawrence M. Baskir/William A. Strauss sowie Nancy Zaroulis/Gerald Sullivan beschreiben diesen Zusammenhang zum Teil eingehend im Kontext ihrer Darstellungen der breiten Vietnamkriegsopposition in den Vereinigten Staaten der sechziger Jahre 13 - eine spezielle Untersuchung dieses Themenbereichs steht allerdings noch aus. Des weiteren wird in den genannten Arbeiten zwar allgemein eine Orientierung der beiden wichtigsten Studentenverbände SNCC und SDS an den nationalen Befreiungsbewegungen und an den jungen unabhängigen Staaten in Afrika wie auch an den revolutionären Veränderungen in Kuba und deren Auswirkungen auf den lateinamerikanischen Subkontinent festgestellt. Der für Entwicklung und Niedergang der amerikanischen Studentenbewegung konstitutive Einfluß der Kämpfe der nationalen Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt wurde jedoch bisher noch nicht eingehend erörtert. Im Vergleich zur Behandlung der amerikanischen Studentenbewegung durch die Forschung wurde die bundesdeutsche Bewegung im politikwissenschaftlichen und zeithistorischen Forschungskontext bisher wenig untersucht. Die bislang einzige Gesamtdarstellung der bundesdeutschen Studentenbewegung der sechziger Jahre stellt die Dissertation von Gerhard Bauß aus dem Jahre 1977 dar. 14 In dieser Studie geht Bauß jedoch bezüglich der .. internationalistischen" Perspektive der bundesdeutschen Studentenbewegung nur vergleichsweise knapp auf deren Vietnamkriegsopposition ein und vernachläßigt gänzlich die Rezeption von Befreiungstheorien aus der Dritten Welt durch die Bewegung sowie deren Bezug zu lateinamerikanischen Guerillabewegungen. zur Black Power-Bewegung und zur Black Panther Party. Tilman Fichtcrs und Siegward Lönnendonkers Kleine Geschichte des SDSIS zeichnet die politische Entwicklung dieses für die bundesdeutsche Studcntenbe12 13

14

Susannc Kleemann: Ursachen und Formen der amerikanischen Studentcnopposition. Frankfurt/M. 1971. Michael Fcrher/Staughton Lynd: The Resistance, Anston 1971 ; Fred Halstead: Out Nnw! A Participant's Account of the American Movcmcnt Against the Vietnam War. Nt:w York 1978; Lawrence M. Baskir/William A. Strauss: Chance and Circumstance: The Dran. the War. and the Vietnam Generation, Ncw York 1978; Nancy Zarnulis/Gerald Sullivan: Who Spokc Up? American Protest Against the War in Vietnam, Garden City. N.Y. 1984. Gerhard ßauß: Die Studentenbewegung der sechzigcr .Jahre in der Bundesrepublik und Wcsthcrlin, Köln 1977.

20

Einfl.ihrung

wegung der sechziger Jahre bedeutsamsten Studentenverbandes von seiner Giiindung als sozialdemokratischer Hochschulverband im Jahre 1946 bis zu seiner Selbstauflösung 1970 nach, wenn auch nicht so umfassend wie Kirkpatrick Sales Arbeit über den amerikanischen SDS. 16 - Eine mit Todd Gitlins The Sixties oder Tom Haydens Reunion vergleichbare Arbeit eines ehemaligen bundesdeutschen Aktivisten der Studentenbewegung liegt bislang noch nicht vor. Neben einer Vielzahl von Zeitschriften- und Zeitungsartikeln zur fünfundzwanzigsten Wiederkehr von " 1968" erschien 1993 der von Franz Sclmeider herausgegebene Band Dienstjubiläum einer Revolte. 17 Darin wird unter anderem auch auf den Bezug der bundesdeutschen Studentenbewegung zu Befreiungsbewegungen und -theorien aus der Dritten Welt verwiesen, das Thema wird allerdings nur sehr oberflächlich behandelt. Claus Leggewies Untersuchung über die Unterstützung der algensehen Unabhängigkeitsbewegung durch linke Gruppen in der Bundesrepublik behandelt unter anderem ausführlich die einzige erwälmenswerte internationale Solidaritätsarbeit des SDS der fliihen sechziger Jahre l8, weshalb in der vorliegenden Arbeit die bundesdeutsche Studentenbewegung im Gegensatz zur ame.rikanischen erst vom Ende des Jahres 1964 an untersucht werden wird. Über die politisch-ideologische Beeinflussung der bundesdeutschen Studentenbewegung von der Mitte der sechziger Jahre an durch die nationalen Befreiungsbewegungen der Dritten Welt habe ich bereits eine kürzere Untersuchung vorgelegt.19 Die hier folgenden Abschnitte zur bundesdeutschen Studentenbewegung fußen zum Teil auf letztgenannter Arbeit, weshalb am gegebenen Ort des öfteren auf diese verwiesen werden wird. Es bleibt festzuhalten, daß wie im Falle der amerikanischen auch für die bundesdeutsche Studentenbewegung noch keine umfassende Untersuchung zum Einfluß nationaler Befreiungsbewegungen und-theoriender Dritten Welt auf diese Bewegung durchgeführt wurde. In der vorliegenden Arbeit sollen deshalb die Rückwirkungen der revolutionären Umbruche in Afrika, Asien und Lateinamerika 15 Tilman Fichter/Siegward Lönnendonker: Kleine Geschichte des SDS. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund von 1946 bis zur Selbstauflösung, Berlin 21979; künftig zitiert: Fichter/Lönnendonker 1979. 16 Zur frühen Geschichte dieses Studentenverbandes siehe Jürgen Briem: Der SDS. Die Geschichte des bedeutendsten Studentenverbandes in der BRD seit 1945, Frankfurt/M. 1976; und Tilman Fichter: SDS und SPD. Parteilichkeitjenseits der Partei, Opladen 1988. 17 Franz Schneider, Hg.: Dienstjubiläum einer Revolte. "1968" und 25 Jahre. Mit Beiträgen von Gerhard Hertel, Winfried Schlatlke, Franz Schneider, München 1993. 18 Siehe Claus Lcggcwic: Kofferträgcr. Das Algerien-Projckt der Linken im Adenauer-Deutschland, Berlin 1984, S. 59-80. 19 lngo Juchler: Rebellische Subjektivität und Internationalismus. Der Einfluß Herbert Marcuses und der nationalen Befreiungsbewegungen der sogenannten Dritten Welt auf die Studentenbewegung in der BRD, Marburg 1989.

Forschungslage und Methode

21

auf die amerikanische wie auf die bundesdeutsche Studentenbewegung und deren Rezeption der Schriften von Befreiungstheoretikern aus der Dritten Welt sowie die Folgen dieser Rezeption für die politische Praxis der Studentenbewegungen chronologisch untersucht werden. Die Entwicklung der beiden wichtigsten Studentenverbände für die amerikanische Studentenbewegung der sechziger Jahre, SDS und SNCC. wird dabei von deren Gründung im Jahre 1960 an behandelt werden, da zum einen die auch noch in den späten sechziger Jahren praktizierte politisch-ideologische Orientierung des SOS an SNCC nur auf dem Hintergrund der frühen Entwicklung der beiden studentischen Organisationen verständlich wird und zum anderen die Aktivitäten dieser beiden Studentenverbände sich bereits in den frühen sechziger Jahren unter anderem an den revolutionären Veränderungen in der Dritten Welt, insbesondere in Kuba und in Afrika, ausrichteten. Dagegen wird die Entwicklung der bundesdeutschen Studentenbewegung erst vom Ende des Jahres 1964 an erörtert werden. da die Beschäftigung eines kleinen Teils von SOS-Mitgliedern mit dem Algerienkrieg Anfang der sechziger Jahre bereits ausführlich von Claus Leggewie behandelt wurde (siehe oben) und eine intensive Auseinandersetzung mit den nationalen Befreiungsbewegungen und -theorien der Dritten Welt erst ab Mitte der sechziger Jahre erfolgte. Aufgrund der Bedeutung, die Ernesto Che Guevaras Schriften und sein Leben als Guerillero ftir einen Teil der radikalisierten studentischen Aktivisten beiderseits des Atlantiks insbesondere in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre hatten, werden des weiteren dessen Positionen und Projektionen hinsichtlich der "Kontinentalisierung" der kubanischen Revolution sowie der Schaffung eines "neuen Menschen" exkursartig vorgestellt werden- nicht zuletzt, um vor diesem Hintergrund das Bild der radikalisierten Studenten von Guevara zu entmythologisieren. Ich werde diese historiographische Untersuchung eines politisch-ideologischen Aspektes der Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik der sechziger Jahre chronologisch anlegen. Zur Darstellung der politischen Entwicklung der Studentenbewegungen und ihres ideologischen Bezuges zu Befreiungsbewegungen der Dritten Welt werde ich mich insbesondere auf Selbstzeugnisse der Bewegungen sowie auf Texte, die zu deren Selbstverständigung dienten. stützen.20 Hinsichtlich der Materialien der Studentenbewegungen werde ich deshalb auf Archivbestände zurückgreifen - für die bundesdeutsche Bewegung vor allem auf die Unterlagen des SOS-Bundesvorstandes und des 20

Eine ähnliche Vorgehensweise vertolgten !ring Fetscher. Herfried Münkler und Hannelore Ludwig mit der von ihnen so bezeichneten .,immanenten Methode", welche sie für ihre Untersuchung zu den Ideologien der Terroristen in der Bundesrepublik Deutschland anwandten. Siehe Iring Fetscher/Hcrfried Münklt:r/Hannelore Ludwig: Ideologien der Terroristen in der Bundesrepublik Deutschland, in: !ring Fetscher/Günter Rohrmoser: Ideologien und Strategien (=Analysen zum Terrorismus I), hg. v. Bundesministerium des lnncm. Opladen 1981, S. 29-37.

22

Einführung

Westberliner Landesverbandes, die inzwischen beim Zentralinstitut for sozialwissenschaftliche Forschung der FU Berlin zugänglich sind. Für die Untersuchung der amerikanischen Studentenbewegung werde ich insbesondere Primärquellen der Archive der Banerojt Library sowie des Indochina Archives der University of Califomia, Berkeley, der Hoover Institution on War, Revolution and Peace an der Stanford University, der Rare Book and Manuscript Library der Columbia University, des Tamiment Institute der New York University, des Schamburg Centers for Research in Black Culture, New York, sowie die von der State Historica/ Society of Wisconsin, Madison, mikroverfilmten Unterlagen des amerikanischen SDS heranziehen. Um die inhaltlich-politische Kongruenz wie auch die chronologische Koinzidenz der verschiedenen Entwicklungsphasen der amerikanischen und der bundesdeutschen Studentenbewegung zu veranschaulichen, werden die einzelnen Phasen der Entwicklungen in den USA und der Bundesrepublik nacheinander behandelt, und an gegebener Stelle wird auf ähnliche Entwicklungen in der jeweils anderen Bewegung hingewiesen. Die gemeinsamen politischen Entwicklungen der Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik hinsichtlich des hier zu untersuchenden Themenzusammenhanges werden in der die Arbeit abschließenden Schlußbetrachtung nochmals zusammengefaßt dargelegt.

1. Die Entwicklung der studentischen Protestbewegung in den Vereinigten Staaten in den frühen sechziger Jahren

1.1 Die Gründung des Studentenverbandes Students for a Democratic Society Als sich die Student League for Jndustrial Democracy (SLID), die Studentenorganisation der von Jack London und Upton Sindair im Jahre 1905 gegründeten und sozial-demokratisch bestinunten League for Industria/ Democracy (LID), im Januar 1960 in Students for a Democratic Society (SDS) umbenannte, war dies nicht lediglich eine Änderung des Namens, sondern drückte gleichsam symbolisch eine neue politische Haltung des Studentenverbandes aus. Von den Kampagnen und Aktionen ihrer afro-amerikanischen Konunilitonen gegen die Rassendiskriminierung im Süden beeindruckt, wollten die SOS-Mitglieder nun nicht länger dem von der Mutterorganisation vorgegebenen "quasi-aktivistischen" und "pädagogischen" 1 Ansatz folgen. Das Beispiel der vier afro-amerikanischen Studenten in Greensboro2 machte nicht nur im Süden, sondern auch unter den »weißen« Studenten an den Universitäten und Colleges im Norden der Vereinigten Staaten Schule: Auf den Campi gründeten sich "civil-rights clubs", Fonds zur Unterstützung der Aktionen wurden eingerichtet und lokale sit-ins sowie Fahrten in den Süden organisiert. Der SOS-Chronist Kirkpatrick Sale bemerkt in diesem Zusammenhang, daß die "alliance-in-action between Southern blacks and young Northern whites, founded on a principle that was both morally pure and politically powerful, gave the student movement a strength that it had never before experienced".3 Diesen politischen Aktivitäten seiner Mitglieder entsprechend organisierte der SDS vom 5. bis 7. Mai 1960 eine Conference on Human Rights an der University ofMichigan in Ann Arbor. Die vom ersten Präsidenten des Verbandes, Al an Haber, geleitete Konferenz führte ein breites Spektrum von Aktivisten der Civil RightsBewegung zusanunen. Zur Bedeutung der Konferenz stellte Sale fest: "Nothing very grand was decided, but important friendships were formed, a new sense of I 2 3

So die Charakterisierung der LIDdurch Bacciocco 1974, S. 109. Siehe hierzu ausfuhrlieh unten Abschnitt 1.3. Sale 1973, S. 23.

24

I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

commitment to civil-rights action was cemented, and SDS was set on a path of civil-rights support that provided it with much-needed visibility in the years ahead."4 Der SDS und das im April 1960 von afro-amerikanischen Studenten gegründete Student Nonviolent Coordinating Committee (SNCC) 5 arbeiteten in der Folgezeit eng zusammen, wobei der SDS im Norden anfangs als Korrelat zum SNCC im Süden erachtet wurde. Verkörpert wurde diese Allianz beispielhaft durch das SDS-Mitglied Tom Hayden, einem Graduierten der University of Michigan, welcher später zu einem der Protagonisten der Studentenbewegung werden sollte. Von Jack Kerouacs On the Road inspiriert, trampte Hayden ab Juni 1960 durchs Land, erfuhr in Berkeley vom Leben der Farmarbeiter, der Atomwaffenforschung und dem "House Un-American Activities Committee", nahm an einer Streikpostenkette mit Martin Luther King teil, traf sit-in-Führer aus den Südstaaten und kehrte schließlich als "political organizer" nach Ann Arbor zurück. 6 Das Jahr 1961 verbrachte Hayden als SDS-"field secretary" im Süden, wo er mit dem SNCC für die Wählerregistrierung der afro-amerikanischen Bevölkerung zusammenarbeitete. Hayden sandte regelmäßig Berichte über diese Aktivitäten an das "National Office" des SDS in New York, welches diese vervielfältigte und auf den Campi verteilen ließ. Nach einem Treffen mit SNCC-Aktivisten in Jackson, Mississippi, teilte Hayden dem SDS-Präsidenten Alan Haber mit, daß die politisch aktiven "weißen" Studenten im Norden ohne Zögern den Kampf der Afro-Amerikaner im Süden unterstützen sollten. Die Bürgerrechtsbewegung habe sich selbst in die "Revolution" verwandelt, welche die "weißen" Aktivisten immer erhofft hatten. Die afro-amerikanischen Studenten seien "miles ahead of us, looking back, chuckling knowingly about the sterility of liberal".7 Die engagierten "weißen" Studenten des Nordens sollten in Zukunft die "revolutionäre Sprache" ihrer afro-amerikanischen Kommilitonen im Süden übernehmen und diese in ihrem Kampf um Gerechtigkeit unterstützen, indem sie im ländlichen Süden präsent sind und mit den Afro-Amerikanern zusammenarbeiten.S Breite nationale Aufmerksamkeit wurde Tom Hayden und Paul Potter (später ebenfalls SDS-Präsident) zuteil, als sie in McComb, Mississippi, bei Auseinandersetzungen zwischen SNCC-Aktivisten und rassistischen "Weißen" verletzt und 4 5 6

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Ebenda, S. 24 f. Zur Gründung von SNCC siehe Zinn 1964, S. 32 ff.; und Carson 1981, S. 9 ff. Siehe Gitlin 1989, S. 54.- Zu den individuellen biographischen Folgen des Engagements für die Bürgerrechtsbewegung seitens .,weißer" studentischer Aktivisten siehe Doug McAdam: The Biographical Consequences of Activism, in: American Sociological Review, Vol. 54, 1989, S. 744-760. BriefTom Haydens an Alan Haber vom September 1961, zitiert nach Carson 1981, S. 176. Siehe ebenda.

1.1 Die Gründung des Studentenverbandes SDS

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dabei photographiert wurden. 9 Die von Hayden verfaßte und vom SDS 1962 herausgegebene Broschüre Revolution in Mississippi gibt ein lebendiges Bild der Auseinandersetzungen um Bürgerrechte im Süden der Vereinigten Staaten wieder und demonstriert die Verbundenheit von SDS und SNCC in diesem Kampf. I0 Die von Hayden projektierte Zusammenarbeit mit dem Civil Rights-Movement beziehungsweise SNCC im Süden der Vereinigten Staaten gegen die Segregation sollte für die kommenden Jahre zum Hauptbetätigungsfeld des SDS und zum ursprünglichen Auslöser des Free Speech-Movements in Berkeley 1964 geraten. Die radikal-demokratische und aktionistische Orientierung des SDS am SNCC war allerdings auch mit dem Streben verbunden, in Dingen, welche die eigene Organisationsstruktur und das innerverbandliehe Leben allgemein betrafen, eine gewisse Unabhängigkeit und Eigenständigkeil zu erreichen, was nolens volens zu Konflikten mit der Mutterorganisation LID führte. Letztere wurde nach Gitlin zu Beginn der sechziger Jahre nur noch durch einen "vigorous anti-Comrnunism" und der "celebration oftrade unions" zusammengehalten und war nicht viel mehr als ein "Briefkopf", ein "Budget" sowie ein "Exekutivkomitee" auf der Suche nach seiner Mitgliederschaft 11 Zu einer ersten Kraftprobe zwischen SDS und LID war es bereits 1961 gekommen, in deren Verlauf SDS-Präsident Alan Haber vorübergehend entlassen wurde. 12 Weiterhin versuchte die LID im seihen Jahr, die Abhaltung eines SDS-Konvents zu verbieten, womit sie allerdings ebenfalls scheiterte: Alan Haber verstand es, sich der SOS-Protagonisten Sharon Jeffrey, Bob Ross, Dickie Magidoff, Tom Hayden, Dorothy Dawson, Robb Burlage, Paul Potterund Rennie Davis zu versichern. Tom Hayden wurde schließlich im Dezember 1961 mit der Aufgabe betraut, für den SDS-Konvent im Juni 1962 in Port Huron, Michigan, ein "manifesto" zu entwerfen. 13 An jenem sollten sich aufs Neue die Geister scheiden. 14

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II 12 13 14

Potterstellte hierzu rückblickend fest : "With a blow across the kidneys, a cut lip, and a bloody nose ( ... ) two white boys had become a cause celebre. Just a few weeks before, in a neighboring county the Negro farmer Herbert Lee had been shot dead by a Mississippi State representativewithout any national notice whatsoever." Brief von Paul Potter an Norm Potter (1961 ), zitiert nach Gitlin 1989, S. 128. - Zum Fall Herbert Lees sieheRobert Moses: Mississippi: 1961-1962, in: Liberation, Januar 1970, S. 6-19. Tom Hayden: Revolution in Mississippi, New York 1962. - Bezeichnend flir die Wirkung des Engagements von SOS-Mitgliedern in den Südstaaten auf Studenten im Norden ist folgender Ausspruch von Betty Garman: "These reports were very important to me: that's really the reason I went into SDS." Zitiert nach Sale 1973, S. 36. Vgl. Gitlin 1989, S. 110. Vgl. Sale 1973, S. 30 ff.; und Gitlin 1989, S. II 0 f. Vgl. Gitlin 1989, S. II I. Zu den Differenzen und dem letztendlichen Bruch mit LID siehe ausführlich Sale 1973, S. 179 ff. und 237 ff.; sowie Miller 1987, S. 235.

26

I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

1.2 Port Huron und das Ideal einer "partizipatorischen Demokratie" Tom Hayden arbeitete die erste offizielle Stellungnahme des SDS für dessen Konvent vom ll. bis 15. Juni 1962 in Port Huron, Michigan, aus, wo diese von den 43 stimmberechtigten Delegierten angenommen wurde. 15 Das Dokument wurde in Zukunft Port Huron Statement genannt, in ihm waren die entscheidenden Weichenstellungen für die weitere politische Arbeit des SDS vorgegeben. In der Einleitung des Statements, welches sich als Agendafora Generation verstand, wurde festgestellt, daß insbesondere der Kampf im Süden der Vereinigten Staaten gegen "rassischen Fanatismus" und die durch die Kalte-Kriegs-Konfrontation entstandene Gefahr eines weltweiten Atomkrieges die Studenten animiert hatten, sich aktiv politisch zu engagieren. !6 Gegen die aus der Konfrontation der beiden Militärblöcke erwachsene Möglichkeit der Menschheit zur Selbstzerstörung steht nach Auffassung der Unterstützer des Port Huron Statements allerdings der Impuls hin zum "Leben" und "Aufbau", welcher in den "revolutionären Gefuhlen" vieler Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas sehr deutlich zum Ausdruck komme. Für die politisch-gesellschaftliche Situation in den Vereinigten Staaten selbst wurde deshalb im Statement gefolgert: "Against the individual initiative and aspiration, and social sense of organicism characteristic of these upsurges (der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas, I. J.), the American apathy and stalemate stand in embarrassing contrast." 17 Während sich die Welt in einem Transformationsprozeß befinde, würden die Vereinigten Staaten im Stillstand verharren. Zwar hätte die KennedyAdministration damit begonnen, ihre Politik gegenüber den kolonialen und unterdrückten Staaten zu ändern und beispielsweise die "Allianz für den Fortschritt" für Lateinamerika initiiert. Angesichts der von der amerikanischen Regierung unterstützten Invasion in Kuba im Aprill961 würden die kolonialen Völker jedoch darüber rätseln, ob die Vereinigten Staaten ihre alte imperialistische Außenpolitik tatsächlich geändert hätten. !8

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Der SOS-National Convention wurde einmal im Jahr durchgeführt; dort sollten die wichtigsten politischen Themen des Studentenverbandes diskutiert, dessen politische Ausrichtung festgelegt sowiedie siebzehn hauptamtlichen Mitarbeiterdes Verbandesgewählt werden.-Zum SOS-Konvent in Port Huron siehe ausführlich Sale 1973, S. 42 IT.; und Maurice lsserman: lf I Had a Hammer .. . The Death ofthe Old Left and the Birth ofthe New Left, New York 1987, S. 209 IT. Als Vertreter des bundesdeutschen SOS war Michael Vesterauf diesem Konvent anwesend. Siehe The Port Huron Statement, hg. v. SOS. Chicago 1962, S. 3; zur Diskriminierung der Afro-Amerikaner in den USA siehe besonders ebenda, S. 33 IT. Ebenda, S. 27 f. Siehe ebenda, S. 29 f. - Das Statement kritisiert in diesem Zusammenhang insbesondere, daß die Vereinigten Staaten zu keinem Zeitpunkt die Regierung Fidel Castros unterstützt habe.

1.2 Port Huron und "partizipatorische Demokratie"

27

Hinsichtlich der Interpretation des derzeitigen politischen Status quo der Vereinigten Staaten waren im Port Huron Statement im wesentlichen Positionen von C. Wright Mills übernommen worden.19 Das "amerikanische politische System", so heißt es im Statement, sei nicht das demokratische Modell, von welchem seine Lobredner stets sprächen. Vielmehr würde dieses System über die einzelnen Bürger hinweggehen, die politische Diskussion paralysieren und die unverantwortliche Macht militärischer und geschäftlicher Interessen unterstützen. 20 Gegen die Herrschaft einer kleinen Machtelite wird im Port Huron Statement emphatisch die Schaffung einer "partizipatorischen Demokratie" gefordert, politische Entscheidungen sollten von "public groupings" und nicht von einer mächtigen Minderheit getroffen werden. 21 Zu diesem Zweck sollten Institutionen geschaffen werden, "that engage people with issues and express political preference, not as now with huge business lobbies which exercise undemocratic power, but which carry political injluence ( ... )in national decision-making enterprise."22 Die Universität wurde im Port Huron Statement als "potential base and agency in a movement of social change" ausgemacht. Den politisch engagierten Studenten wird dabei als Vertretern der Neuen Linken eine aufklärerische Funktion zugesprochen: "From its schools and colleges across the nation, a militant left might awaken its allies, and by beginning the process towards peace, civil rights, and Iabor struggles, reinsert theory and idealism where too often reign confusion and political barter." 23 Abgestoßen von den politischen Machenschaften des "Big Business" respektive des "militärisch-industriellen Komplexes" wollten die Unterstützer des Port Huron Statement in Zukunft nach "wahren demokratischen Alternativen" zum gegenwärtigen gesellschaftlichen Status quo suchen. 24 Das Statement wurde damit zu dem wegweisenden Dokument der studentischen Neuen Linken in den Vereinigten Staaten der kommenden Jahre und zu einem der "erfolgreichsten radikalen Dokumente der amerikanischen Geschichte". 25

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23 24 25

Vgl. besonders C. Wright Mills: The Power Elite, New York 1956. -Zur Beeinflussung der frühen SOS-Protagonisten durch Mills siehe Hayden 1988, S. 77 ff.; und Miller 1987, S. 123 ff. Vgl. Port Huron Statement. a.a.O., S. 12 ff. Vgl. ebenda. Ebenda, S. 47 ( Hervorhebung im Original).- Weiter heißt es bezüglich dieser Institutionen, daß diese "around single issues (medical care, Iransportalion systems reform, etc), concrete interest (Iabor and minority group organizations), multiple issues or generat issues" organisiert werden sollten. Ebenda. Ebenda, S. 62.- Hier wird abermals der Bezug des Statements zu C. Wright Mills deutlich. Wir werden darauf im Zusammenhang des Mills'schen Letter to the New Left noch näher eingehen. Vgl. ebenda, S. 17 ff. So der Historiker Allen J. Matusow in The Unraveling of America: A History of Liberalism in the 1960s, New York 1986, S. 313; siehe auch Miller 1987, S. 142 ff. - Das Port Huron Statement erreichte in den ersten vier Jahren seines Erscheinenseine Auflage von 60.000 Exemplaren.

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I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

Ihre praktische Umsetzung sollten die theoretischen Verlautbarungen des SOSDokuments im Economic Research and Action Project (ERAP) finden. Die ursprüngliche Idee für das Projekt gründete wiederum in den praktischen Erfahrungen, welche SNCC-Aktivisten und ihre "weißen" Unterstützer von den Universitäten im Norden während ihrer Arbeit für die Civil Rights-Bewegung im Süden der Vereinigten Staaten gemacht hatten. Im August 1963 hatte Stokely Carmichael vom SNCC Tom Hayden vorgeschlagen, daß der SDS, entsprechend den vom SNCC im Black Belt unternommenen Organisierungsversuchen von Afro-Amerikanern für den Kampf um ihre Bürgerrechte, arme "Weiße" in den Großstädten des Nordens organisieren sollte.26 Hinter diesem Vorschlag verbarg sich bereits in Keimform die BlackPower-Idee: Die "weißen" Studenten sollten sich hinfort um die Organisierung, ,ihrer" Leute, insbesondere um arbeitslose Jugendliche in den Industriestädten kümmern und die Arbeit im Süden den Afro-Amerikanern überlassen. Der Grundgedanke für das ERAP war, durch die Arbeit von SDSlern in den Armenghettos des Nordens genuin demokratische Organisationen zu schaffen, welche letztlich einen sozialen Wandel in den USA herbeiführen sollten. Dabei hoffte man auch auf die Unterstützung des liberalen Bürgertums und der Gewerkschaften, welche durch die "new popular movements" aktiviert werden sollten: "A democratic insurgency could also provide for many middle class people a revived and inspiring vision of a humane society order- a vision that might stir them out of privatism. "27 In ihrem programmatischen Papier An Interracial Movement of the Poor? stellten die SDSler Tom Hayden und Carl Wittman zur Rolle der "weißen" Studentenschaft im Winter 1963/64 fest, daß diese als einer der ,.main catalysts of change" als Scharnier zwischen der Bewegung der Afro-Amerikaner im Süden, der (noch zu schaffenden) Bewegung der sozial Benachteiligten in den Großstädten des Nordens und dem "liberal establishment" (gemeint sind hier insbesondere Gewerkschaften und religiöse Gruppen) dienen müsse. Das institutionalisierte liberale Establishment sei zwar nicht primär an der Beendigung von Armut und Rassismus interessiert, doch, so die Verfasser weiter, "these are the most interested and committed of all our institutions, and we must find a close but critical relationship to them".28 26 Vgl. Gitlin 1989, S. 147. 27 America and the New Era, zitiert nach Richard Rothstein: ERAP: Evolution ofthe Organizers, in: Radical America, März/April 1968, S. 3.- Die vor allem von Richard Flacks konzipierte Schritt America and the New Era war auf dem SOS-Konvent 1963 als offizielles Verbandsdo28

kument angenommen worden und wurde unter dem bezeichnenden Titel "Son of Port Huron" bekannt. Vgl. Sale 1973, S. 90 ff. Vgl. Carl Wittmanffom Hayden, An lnterracial Movement ofthe Poor?, in: Mitchell Cohen/Dennis Haie, Hg.: The New Student Left: An Anthology, Boston 2)968, S. 211 ff.

1.2 Port Huron und ,.partizipatorische Demokratie"

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Mit einer Unterstützung über 5.000 Dollar von Seiten der United Automobile Workers2 9 startete das erste Projekt im September 1963 in Chicago unter der Leitung des jungen Studenten der University ofMichigan, Joe Chabot. Gleichwohl Joe Chabots Arbeitsbericht an das nationale Büro des SDS im November 1963 sehr düster ausfiel3°, wurde das Projekt im folgenden Jahr konzeptionell ausgearbeitet. Nach dem SDS-Konvent in New York vom 11. bis 14. Juni 1964 stand fest, daß die SOS-Aktivisten diesen Sommer zehn Projekte durchführen wollten. Zum Teil sollte dabei eine einzige Aufgabe angegangen werden, wie etwa in Chicago, wo die von Chabot begonnene Arbeit mit arbeitslosen" weißen" Jugendlichen nun als JOIN-Projekt3 1 mit tätiger Unterstützung der SOS-Protagonisten Todd Gitlin, Bob Ross und Lee Webb weitergeführt wurde. Darüber hinaus gab es sogenannte "multi-issued"-Projekte, welche sich in einem Bezirk gleich mehreren Aufgaben widmen sollten, etwa den jeweiligen Wohnverhältnissen, Mietpreisen, Arbeitsplätzen, Schulen sowie der Wohlfahrt. Für die Durchführung der Projekte stand den 125 Aktivisten die erstaunliche Summe von 20.000 Dollar zur Verfügung, welche insbesondere durch Spenden aufgebracht worden war. In einem offenen Brief an linke Zeitschriften hatten A. J. Muste und I. F. Stone des weiteren dazu aufgerufen, das ERAP "moralisch, intellektuell und finanziell" zu unterstützen.32 Durch die Projektarbeit in den verschiedenen Gemeinden sollten nach Auffassung Tom Haydens "community unions" entstehen, welche die Basis des projektierten "interracial movement of the poor" bilden sollten. Dabei wurden die "community unions" von Hayden als Alternative zu den vom Establishment vorgegebenen politischen Partizipationsmöglichkeiten gedacht: "Open and democratic, the community union offers arealalternative to the kind ofparticipation permitted in civil rights groups, trade unions, and Democratic Party machines...33 Nachdem bereits im Verlauf des Jahres 1964 interne Schwierigkeiten bei den einzelnen Projekten, insbesondere hinsichtlich der Verwirklichung des Anspruchs der SDSler nach "partizipatorischer Demokratie" bei ihrer Arbeit in den Armenvierteln, aufgetreten waren, trug schließlich die Eskalation des Vietnamkrieges seit Februar 1965 entscheidend dazu bei, daß sich viele SOS-Aktivisten aus ihren 29 30 31 32

33

Für ein "education and action program around economic issues". Siehe Sale 1973, S. I02. Vgl. ebenda, S. 103. JOIN steht fiir die Losung ,jobs or income now". Vgl. ausführlich Sale 1973, S. III tT. Weiterhin führt Hayden zum Charakter der "community union" aus: ,.lt might take a variety of forms: block clubs, housing committees, youth groups, etc. The union's insistence on the relevance of "little people", as weil as its positionoutside and against the normal channels, would create a rooted sense of independence among the members." Tom Hayden: The Politics of ,.The Movement", in: lrving Howe, Hg.: Radical Papers, Garden City, N.Y. 1966, S. 373; künftig zitiert: Hayden 1966.

30

I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

Projekten zuiiickzogen und sich auf das "neue" Thema Vietnam konzentrierten. 34 Die von Hayden programmatisch geforderte "Bewegung" zur Transformation der Gesellschaft, die ihre eigenen Gegen-Institutionen um die "community unions, freedom schools, experimental universities, community-formed police review boards" etc. bilden sollte, war zunächst gescheitert.35 Doch hatten die Erfahrungen mit ERAP gleichwohl dazu beigetragen, daß sich das Verhältnis des SDS gegenüber dem etablierten Liberalismus klärte 36 : Haydens dezidierte Forderung nach dem Aufbau einer "Gegenmacht" außerhalb der bestehenden politischen Institutionen war insbesondere auch eine Reaktion auf die Erfahrungen, welche sowohl die ERAP-Aktivisten im Norden37 wie auch die SNCC-Anhänger im Süden mit der Demokratischen Partei gemacht hatten. 38 So stellte sich beispielsweise nunmehr für Tom Hayden das liberale Establishment als "civilized barbarism" dar, da sich nach seiner Auffassung unter den respektiertesten und aufgeklärtesten Amerikanern zugleich auch die barbarischsten befinden. Zur Erklärung dieser These führte er an, daß unter den Mördern von "civil rights workers" auch angesehene Geschäftsmänner zu finden seien, im Norden ansässige Firmen den rassistischen Status quo im Süden stützten und die Vereinigten Staaten schließlich an der Ausbeutung der Dritten Welt beteiligt seien. 39 Auch wenn der Versuch des SDS, marginalisierte " Weiße" (und auch AfroAmerikaner) in den Großstädten des Nordens zu organisieren, scheiterte, so ist doch seine Wirkung auf die weitere politische Entwicklung der daran Beteiligten als sehr entscheidend anzusehen. Für viele der in der Studentenbewegung der späten sechziger Jahre Aktiven bildeten die beim ERAP gemachten Erfahrungen die Grundlage für ihr weiteres politisches Engagement.40 ERAP stellte den ersten 34

Vgl. hierzu Milton Viorst: Fire in the Streets: America in the 1960s, New York 1979, S. 191 f.; und Miller 1987,S. 214f. 35 Vgl. Hayden 1966, S. 373. 36 Vgl. Matusow 1986, S. 316. 37 Vgl. hierzu Rothstein 1968, S. 6 ff. 38 Zur Desillusionierung der Civil Rights- beziehungsweise SNCC-Aktivisten hinsichtlich der Demokratischen Partei im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die Nominierung eines afro-amerikanischen Kandidaten der Mississippi Freedom Democratic Party auf dem Demokratischen Parteikonvent 1964 in Atlantic City siehe Charles M. Sherrod: Mississippi at Atlantic City, in: Claybome Carson et al., Hg.: The Eyes on the Prize. Civil Rights Reader. Documents, Speeches, and Firsthand Accounts form the Black Freedom Struggle, 1954-1990, New York 1991, S. 186-189; Allen J. Matusow: From Civil Rights to BlackPower: The Case of SNCC, in: Barton Bernstein/Allen J. Matusow, Hg.: Twentieth-Century America: Recent Interpretations, New York 21979, S. 503 ff.; und Steve Max: The Mississippi Freedom Democratic Party: BackgroundandRecent Developments, New York 1964, in: SOS-Unterlagen der Social Action Collection des Archives of the State Historical Society of Wisconsin, Madison, mikroverfilmt; künftig zitiert: SOS papers, hier: Series 4B, No. 238. 39 Vgl. Hayden 1966, S. 362 ff. 40 Vgl. hierzu Paul Potter: A Name for Ourselves, Boston/Toronto 1971, S. 152 f.; sowie Matusow 1986, s. 342.

1.3 Die Entwicklung des SNCC

31

Versuch des SDS dar, politische Ideen (die insbesondere in den Dokumenten Port Huron Statement und America and the New Era festgehalten sind) systematisch in die Praxis umzusetzen. 41 Neben dem insbesondere im Norden und an der Ostküste aktiven Studentenverband SDS entwickelte sich an den Universitäten und Colleges im Süden der Vereinigten Staaten der mehrheitlich von afro-amerikanischen Studenten getragene Verband SNCC, welcher sich vor allem in der Bürgerrechtsbewegung aktiv engagierte. Die beiden Studentenverbände arbeiteten von ihrer Gründungsphase an kontinuierlich zusammen und bildeten im Kontext der sich entwickelnden Studentenbewegung die beiden wichtigsten studentischen Organisationen. Im folgenden Abschnitt wird deshalb die Gründung des SNCC sowie dessen frühe politisch-ideologische Orientierung an den antikolonialen Befreiungskämpfen in Afrika untersucht.

1.3 Die Entwicklung der afro-amerikanischen Studentenorganisation Student Nonviolent Coordinating Committee und ihr Verhältnis zu den antikolonialen Befreiungskämpfen in Afrika Am 1. Februar 1960 setzten sich vier schwarze Studenten in Greensboro, North Carolina, in den als "whites only" ausgewiesenen Bereich einer Cafeteria, um damit gegen die Segregation zu protestieren; sie ahnten dabei nicht, daß ihre Aktion zum Auslöser einer der größten afro-amerikanischen Protestbewegungen werden sollte. Der am Abend zuvor verabredeten gewaltlosen Aktion gegen die Rassentrennung schloß sich im Verlauf des Tages eine steigende Zahl meist afro-amerikanischer Studenten an und wurde auch an den folgenden Tagen wiederholt.42 Nachdem dieser Protest gegen die Segregation über die Medien auch in anderen Südstaaten bekannt geworden war, machte das Greensboroer Beispiel Schule: Während der beiden folgenden Wochen breiteten sich derartige sit-ins auf fiinfzehn weitere Städte in fiinf Südstaaten aus, und im Verlauf des folgenden Jahres hatten über 50.000 Menschen, zum größten Teil Afro-Amerikaner, an Demonstrationen gegen die Rassentrennung in Hunderten von Städten teilgenommen. Zwar waren bei diesen Aktionen zivilen Ungehorsams insgesamt über 3.600 41

42

Im Rahmen dieser Arbeit kann nicht ausführlicher auf dieses SOS-Projekt eingegangen werden; siehe hierzu weiterhin Andrew Kopkind: Of, By and For the Poor: The New Generation ofStudent Organizers, in: The New Republic, 19. Juni 1965, S.l5-19; Wini Breines: The Great Refusal: Community and Organization in the New Left, 1962-68, New York 1982, Kapitel VII; Todd Gitlin/Nanci Hollander: Uptown: Poor Whites in Chicago, New York 1970; James P. O' Brien: The New Left's Early Years, in: Radical America, Mai/Juni 1968, S. 1-25. Zu dem Greensboroer sit-in siehe ausfUhrlieh Carson 1981, S. 9 ff.

32

I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

Demonstranten vorübergehend festgenommen worden, doch hatten diese auch positive Resultate aufzuweisen: bis Ende 1961 war in einigen hundert Cafeterien die Segregation aufgehoben worden. 43 Die sit-in-Aktivisten hatten damit zugleich ein Zeichen für eine neue politische Kultur gesetzt: Die fiinfziger Jahre, gekennzeichnet durch ein hohes Maß an politischer Apathie respektive Angst vor staatlichen Repressionen, waren abgelöst worden durch einen neuen Stil politischer Aktivitäten, deren gesellschaftlicher Einfluß sich stetig erweiterte. Die meist von afro-amerikanischen Studenten geprägten Aktionen gegen die Rassentrennung zeitigten jedoch auch organisatorische Wirkungen auf die schwarze Bürgerrechtsbewegung selbst. Deren traditionelle Organisationen wie die National Association for the Advancement o.f Colored People (NAACP), der Congress o.f Racial Equality (CORE), die Urban League und die von Martin Luther King geleitete Southern Christian Leadership Conference (SCLC)44 versuchten in den Monaten nach dem Greensboroer sit-in die jungen Aktivisten in ihre Strukturen einzubinden - mit wenig Erfolg. Ella Baker, eine enge Mitarbeiterin M. L. Kings, organisierte mit finanzieller Unterstützung durch das SCLC vom 16. bis 18. April 1960 ein Treffen der studentischen sit-in-Protagonisten in Raleigh, North Carolina. Dort machten die jungen Aktivisten deutlich, daß sie nicht von einer der Bürgerrechtsorganisationen dominiert werden wollten. Statt dessen gründeten sie eine eigenständige Organisation, das Student Nonviolent Coordinating Committee (SNCC). Ihre aktionistischeund gewaltfreie Grundeinstellung brachten die SNCC-Mitglieder in ihrer Gründungserklärung Student Nonviolent Coordinating Committee Statement of Purpose zum Ausdruck, welche auf der Konferenz in Raleigh angenommen wurde und bis zur Entstehung der Black Power-Bewegung ihre Gültigkeit besaß. Das "philosophische oder religiöse Ideal der Gewaltfreiheit" wurde darin zur Grundlage der "Aufgabe", "Glaubensvoraussetzung" und "Handlungsweise" von SNCC erklärt.45

43 44

45

Vgl. Martin Oppenheimer: The Sit-ln Movement of 1960. Vorwort von David J. Garrow, Brooklyn, N.Y.I989;undZinn 1964,S.I6f. Zur Geschichte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und deren Organisationen siehe August Meier/Eiliott Rudwick: CORE: A Study in the Civil Rights Movement, 1942-1968, New York 1973; Thomas R. Brooks: Walls Come Tumbling Down: A History of the Civil Rights Movement 1940-1970, Englewood Cliffs, N.J. 1974; und Robert L. Allen: Black Awakening in Capitalist America: An Analytic History, Garden City, N.Y. 1970. Vgl. Student Nonviolent Coordinating Committee Statement of Purpose, in: The Eyes on the Prize, a.a.O., S. 119 f.

1.3 Die Entwicklung des SNCC

33

Auf der SNCC-Konferenz in Atlanta im Oktober 1960 standen die Schaffung einer organisatorischen Struktur sowie die weitere Klärung der Prinzipien des Studentenverbandes im Mittelpunkt der Debatten. In der Einladung zur Konferenz war von SNCC-Protagonisten bereits richtungsweisend hervorgehoben worden, daß der Verband .,action-oriented" bleiben müsse, da nach ihrer Überzeugung "truth comes from being involved and not from observation and speculation. We arefurther convinced that only mass action is strong enough to force all of America to assume responsibility and that nonviolent direct action alone is strong enough to enable all of America to understand the responsibility she must assume. "46 Darüber hinaus bildete die Schaffung einer permanenten organisatorischen Struktur in Form eines .,koordinierenden Komitees" das wichtigste Ergebnis der Oktober-Konferenz fiir die weitere Entwicklung des Studentenverbandes. Dieses Komitee setzte sich aus einem Repräsentanten jedes Südstaates sowie des District ofColumbia zusammen. Der spontane studentische Protest gegen die Rassentrennung konnte dadurch in Zukunft organisiert und koordiniert werden und sich auch anderen Bereichen rassischer Diskriminierung zuwenden. 4 7 Zu Beginn des Jahres 1961 gingen SNCC-Aktivisten bei Festnahmen im Zusammenhang mit ihrem Protest gegen die Segregation dazu über, sich nicht wie zuvor meist praktiziert vermittels der Hinterlegung einer Kaution einen Gefängnisaufenthalt zu ersparen, sondern blieben zur politischen Demonstration bewußt in Haft.48 Diese Kampagne, welche unter dem Motto .,jail, no bail" stand, wurde jedoch bald durch die ab dem Frühjahr durchgefiihrten "freedom rides" abgelöst. Mit den "freedom rides" sollte die Segregation in den Überlandbussen bekämpft werden, doch trafen die meist afro-amerikanischen Aktivisten dabei in den Südstaaten auf erheblichen, oftmals gewalttätigen Widerstand der" weißen" Bevölkerung.49 Letztlich war den .,freedom riders" in ihrem Kampf gegen die Segregation im Busverkehr allerdings doch Erfolg beschieden. Aufgrund ihres Drucks und der Intervention von Justizminister Robert Kennedy entschied die "Interstate Com46 47 48

49

"Nonviolence and the Achievement of Desegregation", zitiert nach Carson 1981, S. 27. Zur SNCC-Konferenz im Oktober 1960 siehe ausfUhrlieh ebenda, S. 27 ff. Vgl. hierzu den Bericht des CORE-Aktivisten Thomas Gaither, der in der Folge eines sit-ins zusammen mit einigen SNCC-Mitgliedem am I. Februar 1961 festgenommen worden war: Jailed-ln, in: Thomas R. Frazier, Hg.: Afro-American History Primary Sources, New York 1970, S. 405-416. Von CORE finanziell unterstützt und mit meist studentischen Teilnehmern, begann der erste .. freedom ride" am I. Mai 1961 in Washington. ln den Busbahnhöfen der Südstaaten wurden die Bürgerrechtler des öfteren von einem aufgebrachten rassistischen .. weißen" Mob empfangen, in Anniston, Alabama, wurde ein Greyhound-Bus sogar auf offener Strecke angegriffen und in Brand gesetzt. Vgl. hierzu ausfUhrlieh den Bericht William Mahoneys ln Pursuit ofFreedom, in: Liberation, September 1961, S. 3-6; Zinn 1964, S. 40 ff.; und Carson 1981, S. 31 ff.

3 Juchler

34

I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

merce Commission" am 22. September 1961, "that passengers in interstate carriers would be seated without regard to race and that such carriers could not use segregated tenninals".50 Von August 1961 an konzentrierten sich die Aktivitäten des SNCC auf die Registrierung der afro-amerikanischen Bevölkerung in Wahllisten im Südstaat Mississippi. Während dort 50% der wahlberechtigten "Weißen" fiir Wahlen registriert waren, waren es bei der afro-amerikanischen Bevölkerung lediglich 5 %, obgleich letztere 43% der Gesamtbevölkerung Mississippis ausmachten. 5I Auch hier stießen die Bürgerrechtsaktivisten auf starken Widerstand der" weißen" Bevölkerung, in Sclma, Alabama, kam es im Sommer 1963 zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen "weißen" Rassisten und Bürgerrechtlern. 52 Am 28. August 1963 fanden die Aktivitäten der verschiedenen Bürgerrechtsorganisationen mit dem beeindruckenden "March on Washington" mit etwa 250.000 Teilnelunerinnen und Teilnelunem ihren bisherigen Höhepunkt. Doch während Martin Luther King dort in seiner berühmt gewordenen visionären Rede I Have a Dream 53 eher optimistisch einer multikulturellen amerikanischen Gesellschaft das Wort redete, wurden auf der Kundgebung auch skeptische Stimmen laut. So stellte der derzeitige SNCC-Vorsitzende John Lewis, welcher bereits an den frühen sit-ins sowie den "freedom rides" teilgenommen hatte und heute als Kongreßabgeordneter fiir Georgia bei der demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus eine Führungsposition innehat, in seiner Rede fest, daß SNCC das von der KennedyAdministration geplante "Civil Rights"-Gesetz nicht mit gutem Gewissen unterstützen könne. Dieses Gesetz werde kleine Kinder und alte Frauen, welche sich an friedlichen Demonstrationen beteiligten, nicht vor Polizeihunden und Brandanschlägen schützen.54 Angesichts rassistischer Richter und deren Praxis seien die Bürgerrechtsgesetzte wertlos, und der SNCC-Präsident baute deshalb auf andere Kräfte: "The revolution is at hand, and we must free ourselves of the chains of political and economic slavery. The nonviolent revolution is saying, ( ... ) we will take matters into our own hands and create a source of power, outside of any national structure that could and would assurc us a victory...55 50 Zitiert nach John Hupe Frank! in: From Slavery to Freedom: A History ofNegro Americans, New 51 52 53

54 55

York 31969, S. 628. Vgl. Zinn 1964, S. 64. Vgl. ausführlich ebenda, S. 147 ff. In: Martin Luther King, Jr.: I Have a Dream. Writings and Speeches that Changed the World, San Francisco 1992, S. 101-106. John Lewis: Original Text ofSpeech tu Be Delivered at thc Lincoln Memorial (28. August 1963), in: Carson 1991, S. 163. - Der hier publizie11e Text wurde als SNCC-Flugblatt während der Demonstration verteilt, flir John Lewis" Rede allerdings abgcändc11. Ebenda, S. 164.

1.3 Die Entwicklung des SNCC

35

John Lewis beschloß seine Rede mit einem flammenden Appel an seine Mitstreiter, die rassistische Tradition der Südstaaten durch eine "gewaltfreie Revolution" selbst abzuschaffen und die Demokratie aufzubauen: "We don 't stop now. ( ... ) We shall pursue our own »scorched earth« policy and burn Jim Crow to the ground- nonviolently. We shall crack the South into a thousand pieces and put them back together in the image of democracy. We will make the action of the past few months Iook pretty. And I say to you, Wake Up America' .. 56

Die SNCC-Aktivisten sahen sich in dem von John Lewis formulierten Vorhaben, den Kampf gegen die Segregation und Armut unter der afro-amerikanischen Bevölkerung selbst in die Hand zu nehmen, insbesondere durch die antikolonialen Befreiungskämpfe in Afrika ermutigt. Das Beispiel der jungen schwarzen Führer gerade unabhängig gewordener afrikanischer Staaten inspirierte die SNCC-Mitarbeiter, und im Dezember 1963 kam es in Atlanta zu einem ersten Treffen zwischen SNCC-Vertretern und einem afrikanischen Befreiungsführer, dem kenianischen Vize-Präsidenten Oginga Odinga_57 Die ehemalige SNCC-Aktivistin Mary Elizabeth King beschreibt das Treffen mit Odinga als einen "Katalysator" fiir SNCC: "Our session with the former Mau Mau figure was a tinder that ignited SNCC to its wider circumference.'•58 Im Herbst 1964 nahm das SNCC die von Harry Belafonte (einem langjährigen SNCC-Anhänger) vermittelte Einladung der Regierung Guineas zu einem Besuch des afrikanischen Landes an. Die SNCC-Delegation setzte sich aus James Forman, John Lewis, Robert Moses, Julian Bond und anderen namhaften SNCC-Vertretern zusammen. Guineas Präsident Sekou Toure, ein Verteter des afrikanischen Sozialismus und der Bewegung der Blockfreien, empfing die Delegation am 26. September 1964 in Conakry und erklärte, daß zwischen dem Kampfvon SNCC in den Südstaaten und den gegenwärtigen Kämpfen in Afrika ein enger Zusammenhang bestehe. 59 Während der Rest der Delegation Anfang Oktober wieder in die USA zurückkehrte, unternahmen John Lewis und Donald Harris noch eine einmonatige Reise durch Liberia, Ghana, Sambia, Kenia, Äthiopien und Ägypten. Ihre Zusammenkünfte mit afrikanischen Studentenruhrem brachte sie zu der Überzeugung,

56 57

58 59

Ebenda, S. 165 (Hervorhebung im Original). Angesichts der Öffnung Jomo Kenyattas gegenüber dem Westen ab 1964 geriet allerdings Odinga, der politisch eher Sekou Toure und Kwame Nkrumah nahestand, zusehends in Opposition zu dessen Präsidentschaft und gründete Ende der sechziger Jahre die oppositionelle Kenya People's Union. Mary Elizabeth King: Freedom Song: A Personal Story of the 1960s Civil Rights Movement, New York 1987, S. 172. Vgl. James Forman: Student Nonviolent Coordinating Committee Brief Repon on Guinea, in: Carson 1991, S. 193; und Forman 1990, S. 408 ff.

36

I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

daß das SNCC dauerhafte Beziehungen zu den afrikanischen Staaten aufnehmen sollte. 60 Als sehr bedeutsam werteten Lewis und Harris rückblickend ihr ungeplantes Zusammentreffen mit Maleolm X in Nairobi. 61 Maleolm X, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits von der religiösen Nation of Islam Elijah Muhammads gelöst hatte, beeindruckte die SNCC-Mitglieder insbesondere durch seine panafrikanische Perspektive und vermittelte ihnen das Bewußtsein von der Notwendigkeit schwarzer Selbstverteidigung und rassischen Stolz. Zugleich war der Vorsitzende der Organization ofAfro-American Unity (OAU) sehr an einer Zusammenarbeit mit dem afro-amerikanischen Studentenverband interessiert.62 Auf dieser Grundlage intensivierten das SNCC und Maleolm X im Verlauf des Jahres 1964 ihre Kontakte: So finanzierte das SNCC im Dezember die Reise einer Delegation von 37 Jugendlichen aus McComb, Mississippi, nach New York, wo sie an zahlreichen Diskussionen in Harlem sowie an einer Veranstaltung mit Maleolm X teilnahmen. Letzterer verdeutlichte dabei seinen jungen Zuhörern insbesondere sein Verständnis von der internationalen Verbundenheit des Kampfes der Afro-Amerikaner in den Ver.einigten Staaten mit demjenigen in Afrika. Die Afro-Amerikanern in Mississippi, so Maleolm X, stünden nicht allein: "In my opinion, the greatest accomplishrnent that was made in the struggle ofthe black man in America in 1964 toward some kind of real progress was the successful linking together of our problern with the African problem, or making our problern a world problem."63 Am 4. Februar 1965 hielt Maleolm X auf Einladung von SNCC in Selma, Alabama, eine weitere Rede vor Demonstranten, die gegen die dortige Inhaftierung von Martin Luther King protestierten. 64 Maleolm X hatte seit seinen beiden Reisen in zahlreiche afrikanische Staaten und in den Mittleren Osten im Jahre 1964 das Problem des Rassismus in den Vereinigten Staaten zusehends im internationalen Zusammenhang betrachtet. So verglich er nunmehr die seiner Ansicht nach rassistische Politik der westlichen Staaten gegenüber dem Kongo mit derjenigen der "weißen" Bevölkerung gegenüber den Afro-Amerikanern in Mississippi und kam dabei zu dem Schluß, daß das Problem der Afro-Amerikaner in den Vereinigten Staaten "internationalisiert" werden müsse: 60 61 62 63 64

Siehe John Lewis/Donald Harris: .,The Trip" (1964), in: Carson 1991, S. 195 ff.; künftig zitiert: Lewis/Harris 1964; und Carson 1981, S. 134 f. Ygl. Lewis/Harris 1964,S. 197f. Ygl. Carson 1981, S. 135. Maleolm X: To Mississippi Youth (31. Dezember 1964), in: George Breitman, Hg.: Maleolm X Speaks: Selected Speeches and Statements, New York 1990, S. 143. Vgl. ebenda, S. 225.

1.3 Die Entwicklung des SNCC

37

"Now the African nations are speaking out and linking the problern of racism in Mississippi with the problern of racism in the Congo, and also the problern of racism in South Vietnam. lt's all racism. lt's all part ofthe vicious racist system that the Western powers have used to continue to degrade and exploit and oppress the people in Africa and Asia und Latin America during recent centuries."65

Dabei erachtete er die Rolle der Studenten beziehungsweise der Jugend allgemein als sehr bedeutsam fur die Veränderung des gesellschaftlichen Status quo. So hätten die Studenten in einigen Staaten der Revolution zum Durchbruch verholfen- "it was the students who brought about the revolution in the Sudan, who swept Syngman Rhee out of office in Korea, swept Menderes out in Turkey."66 Es seien weltweit besonders die "teen-agers", die in den gegenwärtigen Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung involviert seien. Für die Rolle der Jugendlichen in den Vereinigten Staaten stellte Maleolm X deshalb fest: "1 think young people here can find a powernd example in the young Simbas in the Congo and the young fighters in South Vietnam."6 7 Die sich entwickelnden engeren Beziehungen zwischen SNCC und Maleolm X fanden durch die Ermordung des afro-amerikanischen Führersam 21. Februar 1965 in New York einjähes Ende. Das politisch-ideologische Erbe von Maleolm X wurde jedoch im Zuge der sich verschärfenden Auseinandersetzungen um die rassische Diskriminierung der Afro-Amerikaner in den USA von den aufbegehrenden schwarzen Studenten in starkem Maße rezipiert- wir werden darauf noch zurückkommen. Die Afrikareise der SNCC-Aktivisten trug sehr zu einer wachsenden internationalen Sichtweise innerhalb des Studentenverbandes hinsichtlich ihres Kampfes in den USA bei. Lewis und Harris hatten während ihrer Reise Kontakte zu sechzehn afrikanischen Staaten geknüpft und schlugen nach ihrer Rückkehr in die USA die Einrichtung eines "internationalen Arms" des Verbandes, insbesondere die Schaffung eines "Afrikanischen Büros oder Sekretariats" vor. Damit sollte zum einen eine starke Verbindung zwischen dem .,Freedom Movement" in den Vereinigten Staaten und den "Liberation Movements" in Afrika hergestellt werden. Zum anderen sollte die Anwesenheit der zahlreichen afrikanischen Botschafter und Studenten in den USA in Zukunft genutzt werden, um Druck auf die amerikanische Regierung bezüglich ihrer Haltung gegenüber dem Kampf gegen die Segregation auszuüben.68 65 Interview der Station WBAI-FM mit Maleolm X (28. Januar 1965), in: ebenda, S. 217 f. 66 Interview with Maleolm X, in: The Young Socialist, April 1965, S. 4. - Vgl. in diesem 67

Zusammenhang auch den unten in Abschnitt 1.4. besprochenen Letter to the New Left von C. Wright Mills. Ebenda, S. 5.

38

I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

Das von Lewis und Harris projektierte internationale Sekretariat des SNCC wurde zwar erst im Mai 1967 als International Affairs Commission unter Vorsitz James Formans eingerichtet. Gleichwohl hatte die Reise durch verschiedene unabhängige afrikanische Staaten jedoch starke politische und emotionale Bindungen zwischen den SNCC-Mitarbeitem und dem schwarzen Kontinent geschaffen. Das Schicksal der Afro-Amerikaner, so John Lewis in einer Rede im Februar 1965, sei untrennbar mit demjenigen ihrer "schwarzen Brüder in Afrika" verbunden: .,lt matters not whether it is in Angola, Mozambique, South Africa, or Mississippi, Alabama, Georgia, and Harlem, U.S.A. The struggle is ( . .. ) the same ( ... ). 1t is a struggle against a vicious and evil system that is controlled and kept in order for and by a few white men throughout the world. "69 Während sich die SNCC-Aktivisten zu Beginn der sechziger Jahre verstärkt mit den antikolonialen Befreiungskämpfen beziehungsweise an den jungen unabhängigen Staaten in Afrika identifizierten, orientierten sich ihre "weißen" Kommilitonen in diesem Zeitraum vor allem an der kubanischen Revolution, was im folgenden näher untersucht werden soll.

1.4 Der Einfluß der kubanischen Revolution auf die studentische Linke der frühen sechziger Jahre Der Sieg der Rebellenarmee unter Fidel Castro über den kubanischen Diktator Fulgencio Batista im Jahre 1959 sollte in den darauffolgenden Jahrzehnten nicht nur fiir die politische Entwicklung Lateinamerikas von eminenter Bedeutung sein. Die politisch-ideologischen Entwürfe der jungen kubanischen Führung prägten darüber hinaus auch die Debatten westlicher Intellektueller und Studenten in den sechziger Jahren wesentlich. Für eine frühe politische Bestimmung der kubanischen Revolution durch die Neue Linke ist C. Wright Mills' Letter to the New Left von kaum zu überschätzender Bedeutung. Mills verfaßte diesen Brief im Juli 1960 als Antwort auf das von 68

69

Ygl. Lewis/Harris 1964, S. 198 tT. - Die politische Orientierung des SNCC an den antikolonialen Befreiungsbewegungen in Afrika wurde von den etablierten Medien mit Besorgnis zur Kenntnis genommen. So zitieren beispielsweise Rowland Evans und Robert Novakin ihrem Artikel Civil Rights - Danger Ahead in der Washington Post vom 2. Dezember 1964, S. A 21, einen SNCC-Aktivisten aus Mississippi mit den Worten: .,lfMississippi were an independent country, it would be in the middle ofan anti-colonial revolution today." Zwar sei der Staat Mississippi, so Evans und Novak weiter. Teil der Vereinigten Staaten, doch weise die .,Stimmung" der SNCC-Mitarbeiter und die von ihnen bei .,civil rights"-Aktionen angewandten Techniken .,alarmierende und beängstigende Parallelen" zu den revolutionären Bewegungen in Afrika auf. Zitiert nach Carson 1981, S. 136. - Nach Claybome Carsons Einschätzung vertraten zu dieser Zeit die meisten SNCC-Mitarbeiter die hier von John Lewis geäußerte Auffassung.

1.4 Der Einfluß der kubanischen Revolution

39

E. P. Thompson, Stuart Hall, Peter Worsley und anderen Vertretern der englischen Neuen Linken herausgegebene Buch Out ofApathy. Die Autoren hatten in diesem als erstes "New Left Book" angekündigten Band die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse sowohl in den westlich-kapitalistischen als auch in den sozialistischen Staaten kritisiert und nach Alternativen zu dem Zeitalter des ,.strident Stalinist" wie des ,.quiet Natopolitan" gesucht. E. P. Thompson wirft deshalb die Frage auf, ob eine neue Generation in Ost und West simultan mit dem westlichen Pessimismus und dem Autoritarisnius im Osten brechen kann, um das Bewußtsein fiir einen "sozialistischen Humanismus" zu entwickelnJO In seinem Brief an die englische New Left Review stellt Mills einleitend fest, daß ihm und den Autoren von Out of Apathy wesentliche .. Werte" gemeinsam sind. 71 Als das derzeit wichtigste Thema politischer Reflektion und Aktion macht der an der Columbia University lehrende Soziologe das "problem ofthe historical agency of change" aus, wobei er ,.change" als ,.social" und "institutional", mithin als "structural change" bestimmt. Mills konstatiert in diesem Zusammenhang, daß die ,.historic agencies of change" sowohl der Liberalen der kapitalistischen Gesellschaften als auch der Sozialisten fast aller Schattierungen nicht mehr ,.at once available and effective as our agency" zu sein scheinen. 72 Das Festhalten einiger Autoren der Neuen Linken an der ,.Arbeiterklasse" der fortgeschrittenen kapitalistischen Gesellschaften als dem .,historischen Subjekt" war Mills - und hier setzt er sich explizit von den Auffassungen E. P. Thompsons ab- unverständlichangesichtsdes eindrucksvollen historischen Belegs, welcher dieser Erwartung entgegen stünde. Diese ,.Metaphysik der Arbeiterklasse" sei ein Erbe des viktorianischen Marxismus, welcher heutzutage völlig wirklichkeitsfremd sei.73 Im Kontext des Problems des heutigen .. historischen Subjekts" hat sich Mills deshalb mit dem "kulturellen Apparat", den Intellektuellen beschäftigt - " as a possible, immediate, radical agency of change. " 74 Es sei die junge Intelligenzija rund um den Globus, welche aufbegehre und auf radikale Weise denke und handle. 70

71 72 73 74

Siehe E. P. Thompson: Outside the Whale, in: ders. et al.: Out of Apathy, London 1960, S. 191 f. - Thompson wählte den Titel seines Aufsatzes in Bezug zu George Orwells Essay Inside the Whale aus dem Jahre 1940, worin dieser einen pessimistischen Ausblick hinsichtlich der künftigen Möglichkeiten gesellschaftlicher Veränderungen geboten hatte. So heißt es bei Orwell beispielhaft: "Fortschritt und Reaktion haben sich beide als Schwindel herausgestellt. Scheinbar bleibt nichts übrig als Quietismus ( .. . ). Überlaß dich dem Weltgeschehen und hör auf, dagegen zu kämpfen oder so zu tun, als könntest du es beeintlussen." George Orwell: Im lnnem des Wals, in: ders.: Im lnnem des Wals. Erzählungen und Essays, Zürich 1975, S. 135. Siehe C. Wright Mills: Letter to the New Left. in: New Left Review, No. 5, September/Oktober 1960, S. 18; künftig zitiert: Mills 1960. Ebenda, S. 21. Ebenda, S. 22. - Vgl. dagegen E. P. Thompson: Revolution, in: ders. et al. 1960, S. 305 ff. Mills 1960, S. 22.

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I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

Als Beispiele fuhrt Mills den studentischen Aufruhr in der Türkei und Südkorea im Jahre 1960 an; das durchschnittliche Alter der siegreichen Rebellen in Kuba liege um die dreißig Jahre und die Revolution sei sicherlich gänzlich ohne eine "Arbeiterschaft als historisches Subjekt" durchgefiihrt worden. Weiterhin zählt Mills hierzu den Protest japanischer Studenten gegen die US-Militärbase in Okinawa, den Marsch der englischen Atomwaffengegner von Aldermaston nach London und die studentischen Aktivitäten im Süden der USA gegen die Segregation. Es seien Studenten, junge Professoren und Schriftsteller, die junge Intelligenz Polens, Ungarns und Rußlands gewesen, welche aus der Apathie ausbrächen. Nach Mills müssen deshalb diese neuen Generationen von Intellektuellen auf der ganzen Welt als "reallive agencies of historic change" untersucht werden.75 C. Wright Mills schloß seinen Letter to the New Left im Geiste der von ihm dargestellten neuen politischen Aufbruchstimmung: "lsn't all this, isn't it something ofwhat we are trying to mean by the phrase, "The New Left?" Let the old men ask sourly, "Out of Apathy- into what?" The Age ofComplacency is ending. Let the old women complain wisely about "the end of ideology." We are beginning to move again."76

Einen Monat nach Abfassung des Letter to the New Left reiste Mills nach Kuba und traf dort unter anderen mit Fidel Castro, Ernesto Che Guevara, Armando Hart und Carlos Franqui zusammen. Seine dort gewonnenen Eindrücke hielt er in Form eines fiktiven Briefes eines Kubaners an die US-Bürger fest, der zu einer emphatischen Anklage der Politik der Vereinigten Staaten gegenüber der jungen Revolution geriet. 77 Für Mills stellte das revolutionäre Kuba keinen historischen Sonderfall dar, sondern vertrat beispielhaft die Stimme der "hungry nations" Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Die Vereinigten Staaten bildeten nach Mills in diesem Kontext eine "reaktionäre Bedrohung", indem sie jedem wirklichen 75

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Ebenda, S. 23. - Als Zusatz gab Mills in diesem Zusammenhang die Empfehlung aus: "Forget Victorian Marxism, except whenever you need it; and read Lenin again (be careful) - Rosa Luxemburg, too." Die indifferente Einschränkung "whenever you need it" verdeutlicht, wie zurückhaltend Mills hinsichtlich der Gestaltung des Verhältnisses der Neuen Linken zur marxistischen Tradition zu diesem Zeitpunkt selbst war-ein Umstand, der auch an andererStelle seines Letter to the New Left zum Ausdruck kommt. Vgl. ebenda, S. 22. Ebenda, S. 23. "The end of ideology" ist eine Anspielung auf Daniel Beils gleichnamiges Buch, welches im seihen Jahr erschienen war. Siehe C. Wright Mills: Listen, Yankee. The Revolution in Cuba, New York 1960; künftig zitiert: Mills 1960a.- Mills' Arbeit land in der Folge vor allem unter der studentischen Neuen Linken Verbreitung; auf die Bedeutung von Listen Yankee für die Wahrnehmung der kubanischen Revolution durch die studentischen Aktivisten wiesen mich auch der spätere Herausgeber der SOS- und SNCC-nahen Zeitschrift The Movement, Joe Blum, und der inzwischen in Berkeley Soziologie lehrende spätere Präsident des SOS, Todd Gitlin, hin. Interview mit Joe Blum am 12. Oktober 1992 und mit Todd Gitlin am 5. Oktober 1992. Siehe in diesem Zusammenhang auch Jack Newtield: A Prophetie Minority. lntroduction by Michael Harrington, New York 1966, S. 107.

1.4 Der Einfluß der kubanischen Revolution

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Versuch, die für den größten Teil der Bevölkerung Lateinamerikas mißlichen Verhältnisse zu verändern, entgegentraten. Entsprechend würden die USA auch gegenüber Kuba eine konterrevolutionäre Position beziehen und eine Politik betreiben, welche die Kubaner an die Seite der Sowjets zwinge. Würde dagegen auf die Kubaner kein Druck von außen ausgeübt werden, so hätten sie gute Chancen, ihre sozialistische Gesellschaft weiterhin in "praktischer" wie "menschlicher" Weise aufzubauen. 78 In dem kubanischen Revolutionär sah Mills einen Menschen, der in neuer Weise linkes Denken und Handeln verkörpert, der weder Kapitalist noch Kommunist ist: "He is socialist in a manner, I believe, both practical and humane...79 Neben Mills reisten auch die Begründer und Herausgeber der linken Zeitschrift Monthly Review, Leo Huberman und Paul M. Sweezy, im Jahre 1960 nach Kuba. Ihr Bericht über das "neue" Kuba und ihre Analyse einer der "wichtigsten und einzigartigen Umwälzungen unserer Zeit" erschien zunächst in der Monthly Review und daraufhin auch in Buchform. 80 Sweezy, von Haus aus Wirtschaftswissenschaftler81, und Huberman richteten in ihrem Bericht ein Hauptaugenmerk auf die ökonomische Entwicklung des Landes und erachteten das "neue" Kuba als das sozialistische Beispiel für Lateinamerika. Die gesamte Wirtschaftspolitik der Inselrepublik stehe derzeit im Begriff, von einer "zentralen, obersten Instanz" in Form einer Plankommission aus geleitet zu werden- für die Autoren ein sicheres Indiz dafür, daß in Kuba der materielle Umbau zur Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft begonnen habe. 82 Über die kuhanisehe Revolution resümierten sie deshalb: "Ihr leuchtendes Beispiel beflügelt die Unterdrückten und die junge Generation der ganzen Welt, indem sie der Menschheit eine neue Gasse bahnt in eine hellere, sozialistische Zukunft."83 Paul A. Baran, Professor für Ökonomie an der Stanford University, unterstützte in seinen Aufsätzen84 zu den Veränderungen auf Kuba die Sichtweise Hubermans und Sweezys und kritisierte dabei insbesondere die Mills'sche Einschätzung der Bedeutung der Intellektuellen für revolutionäre Prozesse. 85 Der marxistischen Tradition entsprechend erklärte er die Klasse der Arbeiter beziehungsweise Bauern 78 79 80 81 82 83 84 85

Siehe Mills 1960a, S. 177 ff. Ebenda. Siehe Leo Huberman/Paul M. Sweezy: Cuba: Anatomy of a Revolution, New York 1960; dt.: Kuba. Anatomie einer Revolution, Frankfurt/M. 1968. Er gehörte von 1934 bis 1942 der Faculty of Economics an der Harvard University an. Siehe Huberman/Sweezy 1968, S. 168 f. Ebenda, S. 196. Siehe Paul A. Baran: Reflectionson theCuban Revolution, in: Monthly Review, Yol. 12, 1960/61, No. 9, S. 459-470 und a.a.O., No. 10, S. 518-529. Siehe ebenda, S. 462 f.

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I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

auch fiir die heutige Zeit zu dem historischen Subjekt revolutionärer Umwälzungen und beruft sich zur Unterstreichung dieser Auffassung auf eine Aussage Fidel Castros. 86 Schließlich sind in der Reihe der Intellektuellen, die bereits 1960 das kuhanisehe Experiment an Ort und Stelle in Augenschein nahmen und durch ihre Berichte das Bild der Neuen Linken von diesem Ereignis maßgeblich prägten, noch Sirnone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre anzufiihren. Carlos Franqui, der Direktor der kubanischen Zeitschrift Revolucion, hatte die beiden zu einem Besuch Ende 1959 nach Kuba eingeladen. Sartre und Beauvoir verbrachten im Februar und März 1960 fast vier Wochen auf der Insel und kamen dabei auch mehrmals mit Ernesto Che Guevara und Fidel Castro zusammen. Der französische Philosoph zeigte sich tief beeindruckt von den revolutionären Umwälzungen auf Kuba. Hinter diesen Veränderungen sah er nicht die treibende Kraft irgendeiner westlichen oder östlichen Ideologie, sondern die "humanistische Ideologie des Volkes" selbst. Aufgrund seiner existenzialistischen Sichtweise erkannte Sartre in der "hellen Praxis" der kubanischen Revolutionäre zugleich eine Veränderung der "Vorstellung vom Menschen", die gesellschaftlichen Umwälzungen gingen mit der Veränderung des Menschen selbst einher. 87 Sartre kam deshalb zu dem Schluß, daß sich zugleich mit der konkreten gesellschaftlichen Praxis in Kuba in Richtung Sozialisierung der Ökonomie die "Idee" von der neuen kubanischen Gesellschaft entwickle, der neue "Cuban man in action" also nicht einer bestimmten Ideologie folge, sondern diese durch seine gesellschaftliche Praxis erst schaffe.88 Sartres enthusiastischer Bericht über das revolutionäre Kuba erschien in den Vereinigten Staaten im Jahre 1961 in Buchform, wobei er in einem gesonderten Kapitel Ernesto Che Guevara als einen jungen revolutionären Führer charakterisierte, welcher über seine Arbeit nicht theoretisiere, sondern handle.89 Zusammenfassend läßt sich über die frühen Besuche der westlichen Intellektuellen und deren Beschreibung der gesellschaftlichen Umwälzungen in Kuba 86 87 88

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Castro hatte in einem Interview gegenüber Claude Bourdet vom France Observateur erklän, daß es vor allem die "Arbeiter, Bauern, Opfer des Kolonialismus und alle Ausgebeuteten" seien, welche heutzutage imstande wären, eine Revolution durchzuführen. Ebenda, S. 464. Siehe Jean-Paul Sanre: ldeology and Revolution, in: Studies on the Left, Vol. I. 1959/60, No. 3, s. 15. Siehe ebenda, S. 16; und Sirnone de Beauvoir: Der Lauf der Dinge, Reinbek 1992, S. 463 tT. Vgl. hierzu auch Jean-Paul Sanres Bericht über die kuhanisehe Revolution, in: Der Spiegel, Nr. 33, 10. August 1960, S. 49; sowie Jeannine Verdes-Leroux: La lune et le caudillo. Le reve des intellectuels et le regime cubain ( 1959-1971 ), Paris 1989. S. 212. Siehe Jean-Paul Sanre: Sanre on Cuba. New York 1961, S. 98 tT.; vgl. auch Annie Cohen-Solal: Sanre, Paris 1985, S. 509 ff.; und Verdes-Leroux 1989. S. 208 tT. - Zur späteren Enttäuschung der beiden französischen Intellektuellen über die gesellschaftliche Entwicklung in Kuba siehe Sirnone de Beauvoir: Alles in allem, Reinbek 1990, S. 415 f. und 469.

1.4 Der Einfluß der kubanischen Revolution

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festhalten, daß die junge Revolution von diesen entsprechend der jeweiligen politisch-ideologischen Einstellung interpretiert wurde. Die relativ offene, keiner dogmatischen Weltanschauung zuzuordnende politische Ausrichtung Kubas in den ersten beiden Jahren der Revolution erlaubte es den intellektuellen Besuchern der Insel, dort diejenigen gesellschaftlichen Entwicklungen zu erkennen und hervorzuheben, die ihrer eigenen weltanschaulichen Überzeugung entsprachen. Derunabhängige Radikale C. Wright Mills betonte die neue ideologische Ausrichtung der Revolution, die sich nicht unter eines der herkömmlichen Ideologiemuster subsumieren ließe und die er als praktischen Humanismus lobte. Dabei diente ihm die kuhanisehe Revolution als Exempel dafür, daß nicht länger die "Arbeiterklasse", sondern insbesondere Intellektuelle weltweit als "historical agency of change" anzusehen seien. Auch der Existenzialist Jean-Paul Sartre begrüßte dasFehlen jeglicher dominanten Ideologie im revolutionären Kuba und betonte vor allem die Veränderung des Menschen selbst durch gesellschaftliche Praxis. 90 Die marxistisch orientierten Herausgeber der Month/y Review, Sweezy und Huberrnan, setzten schließlich in ihren Arbeiten über die kuhanisehe Revolution den Akzent aufdie zunehmenden planensehen Momente des dortigen Wirtschaftssystems. Die zentrale Planwirtschaft wurde als das probate Mittel stilisiert, um in Kuba wie auch in anderen unterentwickelten Ländern der Dritten Welt die ökonomische Entwicklung in gerechter Weise voranzubringen. 91 Diese politisch-ideologischen Projektionen der Intellektuellen auf die im Umbruch begriffene Gesellschaft in Kuba wurden in ähnlicher Weise auch von den studentischen Aktivisten in den Vereinigten Staaten vorgenommen. Ganz im Sinne der von Mills im Letter to the New Left konstatierten weltweiten Bewegung der Intellektuellen interpretierten oppositionelle Studenten in den Vereinigten Staaten selbst die politischen Geschehnisse auf den Campi im Jahre 1960. Dale L. Johnson, ein graduierter Soziologiestudent der Stanford University, stellte in diesem Zusammenhang in seinem Artikel On the Jdeology ofthe Campus Revolution92 in 90

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C. Wright Mills, Jean-Paul Sartre und Sirnone de Beauvoir trafen im Juni 1961 in Paris zu einem Gespräch zusammen, wobei es insbesondere um die Entwicklungen auf Kuba ging. Über deren Einschätzung herrschte bei den Intellektuellen in hohem Maße Einmütigkeit. - Siehe hierzu Saut Landau: C. Wright Mills: The Last Six Months, in: Ramparts, August 1965, S. 49 f. Zur Wahrnehmung der kubanischen Revolution durch amerikanische Intellektuelle siehe weiterhin Waldo Frank: Cuba: Prophetie lsland, New York 1961; Norman Mailer: An Open Letter to John Fitzgerald Kennedy and Fidel Castro, in: ders.: The Presidential Papers, New York 1963, S. 63-78; Maurice Zeitlin/Robert Scheer: Cuba: Tragedy in Our Hemisphere, New York 1963; und Dave Dellinger: Cuba: Seven Thousand Miles from Horne, in: Paul Goodman, Hg.: Seeds ofliberation, New York 1964, S. 201-247. In: Sturlies on the Left, Vol. I, 1959/60, No. 4, S. 73-75; künftig zitiert: Johnson 1960. - Mit .,campus revolutions" bezeichnet Johnson die studentischen Proteste gegen die Reserve Officer Training Corps (ROTC) und die Untersuchungen des House Un-American Activities Committee (HUAC) sowie den Einsatz der Studenten flir die Bürgerrechte der Afro-Amerikaner. Ebenda. S. 73. - Wir werden auf diesen Vergleich unten noch ausflihrlicher zu sprechen kommen.

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I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

einem hohen Maße ideologische Gemeinsamkeiten zwischen der kubanischen Revolution und derjenigen an den amerikanischen Universitäten fest. Sowohl die kubanischen Revolutionäre als auch die Rebellen auf dem Campus seien harte "dissenters", bezüglich ihrer Überzeugungen fest und trotz der mächtigen Zwangsgewalt des amerikanischen Staates gewillt, in militanter Weise zu sprechen und zu handeln. Die wichtigste Gemeinsamkeit zwischen den "barbudos" in Kuba und den "campus revolutionaries" machte Johnson in der sie motivierenden "Ideologie" aus: Beide seien weder vom Sozialismus noch vom Liberalismus motiviert, gleichwohl sie Elemente von beiden Ideologien zu einer "erfrischenden Kombination aus Humanismus und Rationalismus" miteinander kombinierten. 93 Für die amerikanischen Studenten erklärte Dale Johnson weiterhin, daß die "old left" tot, die Studenten der stereotypen Antworten der Marxisten müde und von der Rhetorik der Liberalen angewidert seien. Zwar würden sie sich als "radikal" verstehen, die Orthodoxie des Marxismus dabei jedoch außen vor lassen, gleichwie sie sich zwar als "Liberale", an den derzeitigen politischen Status quo jedoch nicht gebunden fiihlten. Die "campus revolutionaries" seien mithin eklektisch- "willing to accept the best of both philosophies." 94 Die Einschätzung Dale Johnsons, in Kuba werde derzeit eine humanistische Alternative zu den bestehenden Gesellschaftsformen in Ost und West geschaffen, wurde auch vom englischen Sprachrohr der Neuen Linken, der New Left Review, geteilt. Die wichtigsten Ereignisse des Jahres 1960 innerhalb der internationalen sozialistischen Bewegung hätten, so die Herausgeber der Zeitschrift, in Kuba stattgefunden. Dabei erschwere die weltpolitische Konfrontation zwischen Ost und West den Kubanern, ihre Position der "aktiven Neutralität" zu verteidigen. Die Herausgeber befürchteten, daß die "libertären" und "humanistischen Werte", welche die kuhanisehe Revolution auszeichnen, zwischen den Fronten des Kalten Krieges zerrieben werden. 95 Dabei sahen sie insbesondere die Gefahr gegeben,

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Ygl. ebenda, S. 74. - Seymour M. Lipset stellte in diesem Zusammenhang zur Wirkung der kubanischen Revolution auf die amerikanischen Studenten fest: .,The triumph of the Castro movement, an event dominated by young men, produced an example of a revolution seemingly uncontaminated by Stalinism. Cuban events helped to generate thesensethat revolutionwas both possible and desirable as a way to eliminate social evils." Seymour M. Lipset: The Dimensions ofStudent lnvolvement, in: ders./Gerald M. Schaflander: Passion and Politics: Student Activism in America, Bostonrroronto 1971, S. 11 . Vgl. hierzu auch Fredric Jameson: Periodizing the 60s, in: Sohnya Sayres et al., Hg.: The 60s Without Apology, Minneapolis 1984, S. 181 f. Ygl. Johnson 1960, S. 75. Vgl. Editorial : The Siege ofCuba, in: New Left Review, No. 7, Januar/Februar 1961, S. 2. -Zur Verdeutlichung der politisch-ideologischen Position der Kubaner, die nach Ansicht der Herausgeber zwischen den beiden verfeindeten Blöcken liegt, wurde dem Artikel ein Auszug einer Rede Fidel Castros vom Sommer 1959 beigefügt. Dort heißt es unter anderem: .,Standing between the two political and economic ideologies or positions being debated in the world, we are holding

1.4 Der Einfluß der kubanischen Revolution

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daß Kuba durch den Druck der Vereinigten Staaten in die Abhängigkeit vom kommunistischen Lager gezwungen werde, was die Bereitschaft der Kubaner, andere Formen des Sozialismus und Marxismus zu diskutieren, hemmen, und der Offenheit der kubanischen Revolution ein Ende bereiten würde. 96 Auch die Herausgeber von Studies on the Left, graduierte Studenten der University of Wisconsin in Madison, sahen in Kuba eine "neue humanistische Gesellschaft" entstehen, deren Existenz sie als die wichtigste und zugleich am wenigsten verstandene soziale Entwicklung der jüngsten Geschichte charakterisierten.97 Die Wisconsiner Graduierten konfrontierten bei ihrer Diskussion der kubanischen Revolution insbesondere die in den USA vorherrschende KalteKriegs-Ideologie mit den sozialpolitischen Umbrüchen auf der Karibikinsel. Dabei kamen sie zu dem Schluß, daß das amerikanische Volk solange von den Geschehnissen in der Welt isoliert bleibe, bis es sich von seiner eigenen Ideologie, welche Kommunismus und "popular revolution" verteufelt, befreie. Für die amerikanischen Intellektuellen sei es höchste Zeit, diese, die neue Gesellschaft in Kuba bedrohende Ideologie herauszufordern, da sie die Chancen des Aufbaus einer humanistischen Gesellschaft in den Vereinigten Staaten selbst hintertreibe. 98 Gemeinsamkeit herrscht bei den Vertretern der Neuen Linken in England und den USA hinsichtlich der Einschätzung, in Kuba sei ein neues gesellschaftliches System im Entstehen begriffen, welches sich sowohl von dem bestehenden im Osten wie auch im Westen unterscheidet. Die kuhanisehe Alternative wird in Abgrenzung zur kapitalistischen wie zur sozialistischen Ordnung als "humanistisch" charakterisiert, wobei dieser Begriff allerdings nur annäherungsweise inhaltlich bestimmt wird.99

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our own positions. We have named it humanism, because its methods are humanistic, because we want to rid man of a11 fears, directives, or dogmatisms." Ebenda. Vgl. ebenda, S. 3. Vgl. Editors: The Cuban Revolution: The New Crisis in Cold War ldeology, in: Studies on the Left, Vol. I, 1959/60, No. 3, S. I ff.; zur Gründung und politischen Ausrichtung der Zeitschrift Studies on the Left siehe James Weinstein: Studies on the Left, in: Paul Buhle, Hg.: History and the New Left: Madison, Wisconsin, 1950-1970, Philadelphia 1990, S. 113-117. Vgl. ebenda, S. 2 f. So heißt es beispielsweise in dem Bericht Dave De11ingers: "Cuba has brought new freedom and dignity to its people and enriched the human heritage by its far-reaching economic and social changes." Dave De11inger: Cuba: America's Lost Plantations, in: New Left Review, No. 8, März/April 1961, S. 46. - Sau! Landau ste11te nach seinem dortigen Besuch fest: ,.Cuba is the first purposeful society that we have had in the Western hemisphere for many years- it's the first society where human beings are treated as human beings, where men have a certain dignity, and where this is guaranteed to them." Sau! Landau: Cuba: The Present Reality, in: New Left Review, No. 9, Mai/Juni 1961, S. 22. - Vgl. auch Stuart Hall/Norman Fruchter: Notes on the Cuban Dilemma, in: New Left Review, No. 9, Mai/Juni 1961, S. 2-11.

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I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

Darüber hinaus diente die junge Revolution in dem Drittweltland Kuba den westlichen Studenten wie Intellektuellen dazu, ihre eigenen gesellschaftspolitischen Vorstellungen und Wünsche auf das fremde, von der eigenen Lebens- und Erfahrungswelt weit entfernte Land zu projizieren. So stellt Date Johnson eine Analogie zwischen den kubanischen Revolutionären und den protestierenden Studenten auf den Campi in den Vereinigten Staaten her, die zwar bereits von C. Wright Mills in dessen Letter to the New Left assoziiert worden war, von Johnson jedoch gänzlich überstrapaziert wird, indem er die amerikanischen Studenten als "campus revolutionaries" bezeichnet und mit den kubanischen Guerilleros partiell gleichsetzt. Auch die Behauptung der Herausgeber von New Left Review, Kuba betreibe eine Politik der "aktiven Neutralität", ist eher deren Wunschdenken zuzuschreiben, als daß es den politischen Realitäten entsprochen hätte.IOO Angesichts des zunehmenden politischen Drucks der Vereinigten Staaten auf Kuba gründeten namhafte Schriftsteller und Intellektuelle, darunter Sirnone de Beauvoir, Truman Capote, Sidney Lens, Norman Mailer, Jean-Paul Sartre, Robert Taber sowie der afro-amerikanische NAACP-Aktivist Robert F. Williams in den USA im April 1960 das FairPlay for Cuba Committee (FPCC). 101 Dieses Komitee wurde insbesondere von Studenten auf den verschiedenen Campi getragen, zur Information über die Veränderungen in Kuba und als Diskussionsforum fiir die Aktivisten wurde vom FPCC die Zeitschrift Student Council herausgegeben. Den studentischen Kuba-Aktivisten ging es allerdings nicht nur um die Verteidigung und die Eigenständigkeit der Revolution auf der Insel. Vielmehr sahen sie sich durch die dortigen Veränderungen dazu inspiriert, den gesellschaftspolitischen Status quo im eigenen Land kritisch zu hinterfragen. Die erklärte Absicht der kubanischen Regierung, jegliche noch bestehende Form von Rassismus in Kuba zu beseitigen, mußte gerade bei aktiven Bürgerrechtlern in den USA auf Beifall stoßen. So erklärte denn auch Robert F. Williams, damals Vorsitzender der NAACP-Ortsgruppe in Monroe, North Carolina, in einer Rede an der Columbia University: "1 don't know what kind of "ism" they have in the Cuba oftoday, but whatever it is, we could use a little of it in the United States." 102 Williams geht bereits in dieser Rede so weit, den Kampf der Afro-Amerikaner in den USA mit demjenigen der Kubaner an der Seite Fidel Castros gegen Batista zu vergleichen - eine Position, die fünf Jahre später von der Black Power-Bewegung wieder aufgegriffen werden sollte. 100 Vgl. The Siege ofCuba, a.a.O., S. 2 f. I01 Zu den Aktivitäten des FPCC's und dessen Bedeutung fl.ir die Entwicklung der Neuen Linken in den Vereinigten Staaten siehe Van Gosse: Where the Boys Are: Cuba, Cold War America and the Making of a New Left, London/New York 1993, S. 13 7 ff. 102 Robert F. Williams: Rede an der Columbia University, zitiert nach Student Council, 25. Februar 1961, S. 2; Baneroll Library, University ofCalifornia, Berkeley, Social Protest Collection, Karton 9, Mappe 39; künftig zitiert: SPC. 9:39.

1.4 Der Einfluß der kubanischen Revolution

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Angeregt durch die öffentliche Diskussion um das kuhanisehe Experiment taten es viele Studenten den namhaften Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen gleich und unternahmen zu Beginn der sechziger Jahre eine Reise nach Kuba. 103 Studentische Organisationen wie die National Student Association und der SDS organisierten diese Reisen, bis die Restriktionsmaßnahmen der OS-Regierung dagegen im Jahre 1961 rigider wurden. Die amerikanischen Studenten kamen dort mit ihren kubanischen Kommilitonen zusammen und identifizierten sich - wie etwa der spätere SOS-Präsident Paul Potter-mit deren" Geist" und "Widerstand" gegen den "Koloß im Norden". 104 Anatole Anton, der an einer von der maoistisch bestimmten Progressive Labor Party organisierten Reise für Studenten nach Kuba im Sommer des Jahres 1963 teilgenommen hatte und dort mit Ernesto Che Guevara und Fidel Castro zusammengekommen war, führte in diesem Zusammenhang aus, daß ein wesentliches emotionales Moment für die Begeisterung der amerikanischen Besucher auf der revolutionären Karibikinsel die dort von Seiten der Kubaner den Studenten entgegengebrachte "Wärme" und "Freundschaft" ausgemacht hat. Des weiteren zeigten sich die amerikanischen Studenten nach Anton sehr beeindruckt von dem "revolutionären Enthusiasmus", der von den Kubanern aufgrund der erfolgreichen Verteidigung der Revolution während der Invasion in der Schweinebucht und der Raketenkrise ausging. IOS Auch Jerry Rubin, der zu einem Protagonisten des Vietnamkriegsprotestes wie der Studentenbewegung werden sollte, reiste im Jahre 1964 unter Mißachtung des Verbots der amerikanischen Regierung zusammen mit 83 Kommilitonen illegal über Prag nach Kuba. Dort habe ihnen Ernesto Che Guevara erklärt, daß er die Nordamerikaner beneide, da sie im Zentrum der "Schlacht" den wichtigsten Kampf von allen führten- "in the middle of the beast". 106 Durch die von den Vereinigten Staaten unterstützte Invasion von Exilkubanern in der Schweinebucht im April 1961 und die drohende Gefahr eines weltweiten Nuklearkrieges während der Raketenkrise im Oktober 1962 verbreitete sich zum einen das studentische Interesse an der Karibikinsel, zum anderen radikalisierten sich in Folge dieser Ereignisse viele "dissenters". 107 Über die Kritik an der 103 Dennis H. Wrong bemerkt zu den Reiseaktivitäten Sartres, Beauvoirs, Mills', Hubermans, Sweezys, Lawrence Ferlinghettis und des afro-amerikanischen Schriftstellers Leroi Jones kritisch, daß es sich dabei um ,.Pilgerfahrten" handelte. Siehe Dennis H. Wrong: The American Left in Cuba, in: Commentary, Februar 1962, S. 99 f. I04 Vgl. Gitlin 1989, S. 122. I05 Interview mit Anatole Anton am 28. September 1992. Anatole Anton lehrt heute Philosophie an der San Francisco State University. - Zur Progressive Labor Party und den von ihr organisierten studentischen Kuba-Reisen siehe unten Abschnitt 2.3.1. I06 Vgl. Jcrry Rubin: Do it! Scenarios ofthe Revolution, New York 1970, S. 20.- Vgl. hierzu auch David Caute: The Year of the Barricades: A Joumey Through 1968, New York 1988, S. 45. 107 In der San Francisco Bay Area wurde beispielsweise im Zusammenhang mit der Invasion das

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I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

Außenpolitik der USA gegenüber Kuba beziehungsweise der Dritten Welt allgemein gelangten viele Intellektuelle und Studenten zur Infragestellung des derzeitigen politisch-gesellschaftlichen Status quo in den USA selbst. So erklärte der an der Brandeis University lehrende Philosoph Herbert Marcuse in seiner Rede auf einer Protestveranstaltung gegen die Invasion der Vereinigten Staaten in der Schweinebucht vor seiner studentischen Zuhörerschaft, daß er sehr besorgt über die Konsequenzen sei, welche die US-Außenpolitik für das demokratische Gefüge der Vereinigten Staaten mit sich bringe. Marcuse stellte in diesem Zusammenhang fest: "What we see is a rapid transformation of our own society into an unfree society which already shows the tendencies we so valiantly deplore in other countries." 108 Statt der bisherigen Konfrontationspolitik der US-Regierung gegenüber Kuba forderte Marcuse die Aufnahme von Verhandlungen mit deren Führung, den Bruch der Allianzen mit Diktaturen weltweit sowie die "volle Unterstützung" sozialer Bewegungen, welche die Lebensbedingungen in den unterentwickelten Staaten verbessern wollten, auch wenn diese hierfür "soziale Institutionen und Beziehungen" einrichteten, die in den USA selbst nicht gebilligt würden. 109 Die erste große Demonstration gegen die US-Blockade während der Kuba-Krise von 1962 fand auf dem Campus in Ann Arbor, Michigan, dem damaligen Zentrum der SDS-Aktivitäten, statt. Die 400 Protestierer, darunter SDS-Präsident Tom Hayden, verbreiteten dabei ein Flugblatt mit der Forderung an ihre Regierung, die Sicherheit Kubas zu garantieren und die in den sechziger Jahren unvermeidlich aufkommenden Revolutionen in ganz Lateinamerika zu akzeptieren. 110 Demonstrationskonzept hin zu .. dramatic non-violent acts of civil disobedience" verändert. Auf einer Demonstration in San Francisco am 22. April 1961 kamen ca. 2.000 Studenten zusammen, was flir die damaligen Verhältnisse eine sehr hohe Beteiligung war. Während der dortigen Kundgebung wurde ein Grußtelegramm von C. Wright Mills verlesen, worin dieser erklärte: "Kennedy and Company have retumed us to barbarism. Schlesinger and Company have disgraced us intellectually and morally. I feel a desperate shame for my country. Sorry I cannot be with you. Were I physically able to do so, I would at this moment be fighting alongside Fidel Castro." Zitiert nach Arthur M. Schlesinger, Jr. : A Thousand Days: John F. Kennedy in the White House, London 1965, S. 259. Vgl. in diesem Kontext auch Gosse 1993, S. 216 ff.; Lawrence Lader: Power on the Left: American Radical Movements Since 1946, New York!London 1979, S. 172 f.; sowie Johnson 1960, S. 75. 108 Prof. Herbert Marcuse Speaking at Cuba Protest Meeting, Brandeis University, 3. Mai 1961, S. 3; Herbert-Marcuse-Archiv der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a.M., Werkmanuskripte, Nr. 0231.0 I. 109 Ebenda, S. 6. -Zur derzeitigen realen Bedrohung der kubanischen Revolution durch die Vereinigten Staaten siehe Taylor Branch/George Crile 111: The Kennedy Vendetta: How the CIA Waged a Silent War Against Cuba, in: Harper's Magazine, August 1975, S. 49-63; und Matusow 1986, s. 30 ff. 110 Vgl. Gitlin 1989, S. 99; und Mark Chesler/Richard Schmuck: Student Reactions to the Cuban Crisis and Public Dissent, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 28, 1964, S. 467-482. - Die Blockade-Gegner wurden daraufhin von Gegendemonstranten angegriffen und mit Eiern und

1.4 Der Einfluß der kubanischen Revolution

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Auf einer Kundgebung an der Harvard University forderte der dort lehrende und als ,.marxistische graue Eminenz" geltende Barrington Moore, Jr., seine studentische Zuhörerschaft auf, die kuhanisehe Revolution als die letzte in einer Kette zu betrachten, die ihren Ursprung in der französischen Revolution hatte und über die russische und chinesische ihren Fortgang nahm. Die Vereinigten Staaten stellten, so Moore weiter, gegenüber den "rückständigen Nationen" eine " Bastion der Reaktion" dar, weshalb der Protest gegen die amerikanische Politik in Kuba, wenn er denn Sinn machen sollte, die Form von "destructive criticism of a destructive system" annehmen müsse. Schließlich seien zur "Bewahrung der Welt simultane Revolutionen in den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion" notwendig. III Die "stehenden Ovationen" der Zuhörerschaft im Anschluß an die Rede Moores verdeutlichten, welchen emotionalen Effekt die Raketenkrise und die permanente Bedrohung der kubanischen Revolution durch die Vereinigten Staaten auf die Studenten ausübten. 112 Die akute Gefahr eines weltweiten nuklearen Krieges während der Kuba-Krise führte zu einer Entfremdung der SOS-Protagonisten von der demokratischen Kennedy-Administration, die sie für diese Gefahr verantwortlich machten. Paul Potter erklärte in diesem Zusammenhang, daß die Vereinigten Staaten "gezügelt" werden müßten, ihre Macht sei zur "Bedrohung" geworden. 11 3 Die Tatsache, daß die Führer der kubanischen Revolution, wie etwa Fidel Castro und Ernesto Che Guevara, ehemalige Studenten und Intellektuelle waren, trug nicht unwesentlich zur Identifikation vieler Studenten mit dem "neuen" Kuba bei. Durch den Sieg einer anfänglich sehr kleinen Gruppe von Kämpfern über die Armee des Diktators Batista wurde deren Führer Fidel Castro in einem " Zeitalter der charakterlosen bürokratischen Führer" zu einem "natürlichen Helden" der Neuen Linken. Die Jugendlichkeit der revolutionären Führung sowie deren unkonventionelles Auftreten auf der internationalen Bühne ließen sie zu einem Steinen beworfen. Ähnlich erging es auch den Besuchern einer Protestveranstaltung in Berkeley, die unter dem Motto .,Hands OffCuba" stattfand. Das politische Klima war zu dieser Zeit auch auf den Campi noch gänzlich vom Kalten Krieg geprägt. Vgl. ebenda, S. 99; sowie Miller 1987, S. 163; und W. J. Rorabaugh: Berkeley at War: The 1960s, New York!Oxford 1989, S. 8 f. III Vgl. Gitlin 1989, S. 100 f.; und Richard Flacks: Youth and Social Change, Chicago 1971, S. 79. 112 Der an der Kundgebung teilnehmende und spätere SOS-Präsident Todd Gitlin brachte diese Verbundenheit mit der kubanischen Revolution beispielhaft in den Worten zum Ausdruck: .,Revolutionary Cuba touched my heart." Gitlin 1989, S. 98. Siehe in diesem Kontext auch Highlights on Deterrence Week, in: SOS Bulletin, Nr. 2, 1962/63, S. 1-3; SOS papers, Series4A, No. 19; und Cuba Demonstration in Atlanta. in: ebenda, Nr. 3, Januar/Februar 1963, S. 5. 113 Nach der Raketenkrise hatte Paul Potter das Gefllhl, einer kleinen, aber sehr "gerechten" Minderheit anzugehören, die sich frustrierenderweise als unfähig erwiesen habe, andere Menschen zu überzeugen. Vgl. Paul Potter, undatierter Brief(Ende 1962), zitiert nach Gitlin 1989, S. 102. Siehe hierzu auch Martin Kenner: lntroduction, zu: ders./James Petras, Hg.: Fidel Castro Speaks, New York 1969, S. XI fT. 4 Iucbler

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I. Die Entwicklung der Protestbewegung in den USA

"Symbol der rebellischen Jugend" werden. 114 Die Studenten der frühen sechziger Jahre sahen in Castro, so Seymour M. Lipset in einem Rückblick über die Entwicklung der Studentenbewegung in den Vereinigten Staaten 1!5, einen "reinen, idealistischen Revolutionär", der weder mit der kommunistischen noch mit einer anderen traditionellen Bewegung der "old left" verbunden war. 116 Die von Kuba für die amerikanischen Studenten ausgehende Faszination sollte auch in den folgenden Jahre anhalten. - Um die Jahreswende 1964/65 trat allerdings Vietnam als weiteres Drittweltland in den Mittelpunkt des studentischen Interesses. Die militärische Eskalation des Vietnamkrieges sollte zum Katalysator der amerikanischen wie auch der bundesdeutschen Studentenbewegung werden.

114 Siehe Wrong 1962, S. 99. - Vgl. auch Sau! Landau/Eleanor Hakim: "Cuba, Si": The Eviction of the Yankees, in: Studies on the Left, Vol. I, 1959/60, No. 3, S. 86. 115 Seymour M. Lipset: Students' Opposition in the United States, in: Government and Opposition, Vol. I, 1966, S. 351-374; vgl. hierzu auch Maurice Zeitlin: A Cuban Journal, in: Root and Branch, Winter 1962, S. 48 f.- Die Zeitschrift Root and Branch, zu deren Herausgebern unter anderen David Horowitz, Robert Scheer, Sol Stern und Maurice Zeitlin zählten, stellte den kurzlebigen Versuch dar, in Berkeley neben der in Madison erscheinenden Studies on the Left ein weiteres Diskussionsforum der Neuen Linken zu etablieren. 116 Lipset vergleicht das affirmative Verhältnis der amerikanischen Neuen Linken in den frühen sechziger Jahren gegenüber Castro mit demjenigen der radikalen Jugend nach dem Ersten Weltkrieg gegenüber Lenin und den Bolschewiki. Doch im Unterschied zu den "aufgeblasenen Bürokraten", die derzeit die Sowjetunion und Osteuropa führten. sei Castro "rein", und man könnte in ihn und seine Bewegung "neue Hotl"nungen" setzen. Siehe ebenda, S. 357. ·· Dennis H. Wrong sah in FidelCastroden ersten Führer eines unterentwickelten Landes, der imstande war, westliche Intellektuelle zu einer "begeisterten Identifikation" mit ihm zu bewegen. Siehe Wrong 1962, S. 95. Siehe hierzu weiterhin auch John Patrick Diggins: The Rise and Fall of the American Left, New York 1992, S. 237 f.

2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes auf die Entwicklung der studentischen Protestbewegungen

Die Eskalation des Vietnamkonfliktes seit August 1964 durch die Vereinigten Staaten war fur die Entwicklung der studentischen Protestbewegung diesseits und jenseits des Atlantiks von ausschlaggebender Bedeutung. Im folgenden Exkurs sollen deshalb zunächst die wichtigsten Phasen des militärischen Engagements der Vereinigten Staaten in Vietnam bis hin zur Eskalation des Konfliktes kurz rekapituliert werden. I

Exkurs: Zur militärischen lnvolvierung der USA in Vietnam Nachdem die Genfer Indochina-Verhandlungen im Juli 1954 zur Einstellung der Kampfhandlungen in Vietnam, Kambodscha und Laos gefuhrt hatten und die ehemalige Kolonialmacht Frankreich sich im Oktober aus Hanoi zurückgezogen hatte, sahen sich die Vereinigten Staaten dazu veranlaßt, das somit entstandene "Machtvakuum" insbesondere südlich des 17. Breitengrades nicht China oder der Sowjetunion zu überlassen, sondern sich selbst zu engagieren. Noch im selben Jahr entsandte Präsident Dwight D. Eisenhower General J. Lawton Collins nach Saigon, um dort die Regierung Ngo Dinh-Diems des amerikanischen Beistandes -einschließlich einer Soforthilfe von einhundert Millionen Dollar- zu versichern. Während in der Folgezeit Nordvietnam unter der kommunistischen Regierung Ho Chi Minhs wirtschaftlich wie militärisch von der Sowjetunion unterstützt wird, nehmen sich die USA weiterhin der Regierung Diems an, glllichwohl diese zusehends offen diktatorisch auftrat. Im Zusammenhang mit der Entscheidung der Regierung in Hanoi, im Mekong-Delta siebenunddreißig bewaffnete Kompanien zu organisieren, beginnen in Südvietnam ab Oktober 1957 kommunistisch getragene Aufstände. Einen Monat, nachdem John F. Kennedy seinen republikanischen Ich stütze mich dabei im wesentlichen auf Gabrief Kolko: Vietnam: Anatomy of a War. 1940-1975, New York 1986; George MeT. Kahin: Intervention: How America Became lnvolved in Vietnam. New York 1986; Stanley Kamow: Vietnam: A History, New York 1991 ; undGeorge C. Herring: America's Longest War: The United States and Vietnam, 1950-1975, New York 1979.

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

Gegenkandidaten Richard Nixon im November 1960 mit einer hauchdünnen Mehrheit geschlagen hatte, wird in Hanoi die Front NationaldeLiberation (FNL) für Südvietnam gegründet, von dem Regime in Saigon als Vietcongl bezeichnet. Mit Hilfe der logistischen Unterstützung durch Nordvietnam über den sogenannten Ho-Chi-Minh-Pfad durch das neutrale Laos intensiviert die FNL zu Beginn der sechziger Jahre ihren Guerillakampf gegen die Regierung Diem, woraufhin die Kennedy-Administration ihrerseits letztere in verstärktem Maße unterstützt und bis 1963 11.000 Mann nach Südvietnam entsendet. Zu Beginn des Jahres 1962 wird das von der US- und der südvietnamesischen Regierung gemeinsam getragene "Strategie hamletprogram" gestartet. Ziel dieses Anti-Guerilla-Programmes war es, durch die Umsiedlung südvietnamesischer Bauern in von Palisaden umgebene, gesicherte Wehrdörfer der FNL die lebenswichtige Unterstützung durch die ländliche Bevölkerung zu entziehen. Mao Tse-tungs Lehre aus dem chinesischen Befreiungskrieg- der Guerillakämpfer müsse sich unter der ländlichen Bevölkerung bewegen können wie ein Fisch im Wasser, anderenfalls sei er zum Untergang verdammt- war hier von der "Gegenseite" beachtet worden.3 Dem "Strategie hamlet"-Programm war jedoch nicht zuletzt aufgrunddes passiven und aktiven Widerstandes der ländlichen Bevölkerung kein Erfolg beschieden gewesen. Nachdem die Führung in Hanoi gegen Ende des Jahres 1963 entschieden hatte, den Guerillakrieg der FNL verstärkt zu unterstützen, arbeitet das Pentagon im Juni des Jahres 1964 Pläne zur Bombardierung Nordvietnams aus. Bereits im Februar hatte eine "studies and observation group" (SOG) damit begonnen, im Rahmen einer als "OPLAN 34A" bezeichneten Maßnahme verdeckte Operationen gegen den Norden durchzufiihren. Diese "unconventional war task force" setzte sich zusammen aus Angehörigen der "special forces" und der CIA, welche vietname2

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"Viet-nam cong San", "Kommunisten von Vietnam". -Zur Organisationsstruktur sowie zur Politik der FNL siehe Douglas Pike: Vietkong. Organisation und Technik des revolutionären Befreiungskampfes, Wien/München 1968; Coung Ngo-Anh: Die Vietcong. Anatomie einer Streitmacht im Guerillakrieg. Vorwon von Wilfried von Bredow, München 1981; und Vo Nguyen Giap: Volkskrieg, Volksannee, München 1968. Angeregt durch den Bericht General Lansdales über die zunehmenden Aktivitäten der FNL in Südvietnam, hatte Präsident Kennedy die Abhandlungen Mao Tse-tungs und Emesto Che Guevaras über Guerillakriegsführung gelesen und das Militär angewiesen, dies ebenfalls zu tun. Auf seine Anordnung hin wurde ein spezielles "counter-insurgency program" eingerichtet; "subversive Aufstände" respektive "Befreiungskriege" wurden fürderhin als eine Hauptfonn "politisch-militärischer Konflikte" mit der gleichen Wichtigkeit wie konventionelle Kriege erachtet. Vgl. Barbara W. Tuchman: The March of Folly: From Troy to Vietnam, New York 1984, S. 286 tT.; TheodoreC. Sorensen: Kennedy, New York 1965, S. 629 tT.; und Jack Newfield: Roben F. Kennedy: A Memoir, New York 1978, S. 117. -Zur Ausbildung der amerikanischen "Special forces" in Fon Bragg in den frühen sechziger Jahren siehe George E. Smith: P.O.W.: Two Years with the Vietcong, Berkeley 1971, S. 33 tT.; sowie Panisanenkrieg, in: Der Spiegel, Nr. 19, 9. Mai 1962, S. 58-73.

2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

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sische Söldner anheuerten. Sämtliche Operationen der SOG, die fast über die gesamte Dauer des Vietnamkrieges durchgefiihrt wurden, bedurften der Billigung sowohl der Verteidigungs- und der Außenminister als auch des Weißen Hauses. Als der OS-Zerstörer Maddox am 31. Juli 1964 zu einer "DESOTO patrol'nthly Review, November 1966, S. 50-58. 186 The Basis of Black Power, in: SNCC Speaks For ltself, hg. v. SDS-Radical Education Project, Ann Arbor 1967, S. 2 ff.; NLC, box 57. 187 Nach Claybome Carson bestand der Anteil der "weißen" Mitglieder im SNCC zu diesem Zeitpunkt bereits ohnehin nur in "einigen Dutzend" Aktivisten, da viele die Organisation verlassen hatten, um sich gegen den Vietnamkrieg zu engagieren. Den Einfluß dieser im Studentenverband verbliebenen .. Weißen" auf dessen Politik schätzte Carson als sehr gering ein. Siehe Carson 1981, S. 198.

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

ourselves offfrom white people. We must form our own institutions, credit unions, co-ops, political parties, write our own histories." Zur Feststellung der eigenen Identität müßten die Afro-Amerikaner den Fragen nachgehen, wer und was sie eigentlich seien und welches ihr Verhältnis zu den Vereinigten Staaten und zur Welt sei. Die Verfasser des Positionspapiers antworteten darauf mit der Hinwendung zu und der Identifikation mit den "unterdrückten Völkern" der Dritten Welt: "The broad masses ofblack people react to American society in the same manner as colonial peoples react to the West in Africa, and Latin America, and had the same relationship - that of the colonized toward the colonizer." 188 Gleichwohl die Forderung der Atlanta Projekt-Mitglieder nach dem Ausschluß "weißer" SNCC-Mitarbeiter aus dem Studentenverband auf dem SNCC-Treffen im März 1966 abgelehnt worden war, hatte das Positionspapier in seiner separatistischen Ausrichtung doch den Auffassungen einer großen Zahl afro-amerikanischer SNCC-Mitglieder entsprochen !89, und das Problem wurde auch zwei Monate später während des SNCC-Mitarbeitertreffens in Kingston Springs sehr kontrovers diskutiert. Der spätere Vorsitzende der SNCC-International Affairs Commission, James Forman, hielt den Befurwortem der Ausgrenzung "weißer" Mitglieder dort entgegen, daß SNCC zunächst den "US-Imperialismus" und bestimmte "marxistische Konzepte" verstehen müsse, ehe es die Frage nach der Rolle von ,. Weißen" im "revolutionären Prozeß" lösen könne. Daraufbin wurde Forman von einer Reihe von Mitgliedern in heftiger Weise erwidert, daß Marx ein "Weißer" gewesen sei und SNCC deshalb nichts zu vermitteln hätte. 190 In der Wahl Stokely Carmichaels in Kingston Springs zum neuen Vorsitzenden des Studentenverbandes fanden die Diskussionen um eine radikalere Politik von SNCC ihren Widerhall. Carmichael bildete einen Ausdruck der Hoffnung vieler SNCC-Mitglieder darauf, daß SNCC als ersten Schritt zum Aufbau einer neuen sozialen Ordnung das politische Bewußtsein der Afro-Amerikaner "erwecken" könnte.19l Der neue SNCC-Vorsitzende war seit 1964 ein "full-time"-Arbeiter fur den Studentenverband, im Sommer 1965 widmete er sich der Wählerregistrierung in Lowndes County, einem hauptsächlich von afro-amerikanischen Farmern bewohnten ländlichen Bezirk zwischen Selma und Montgomery, Alabama. Nachdem 188 The Basis of Black Power, a.a.O., S. 4. - Hier tritt mit der Übernahme der Fanansehen Terminologie von der kolonisienen Welt als einer zweigeteilten abermals der Einfluß seiner Schrift Die Verdammten dieser Erde auf die Verfasser des Positionspapiers deutlich hervor. Vgl. Fanon 1961, S. 31 ff. 189 Vgl.Carson 1981,S.I99. 190 Vgl. Forman 1990, S. 450.- Forman erkläne sich dieses ,.niedrige ideologische Diskussionsniveau" mit einem "theoretischen Vakuum" bei SNCC: Der Studentenverband habe niemals eine systematische Schulung durchgefUhn, die Diskussionen würden deshalb lediglich die persönliche Meinung der daran Beteiligten widerspiegeln. 191 Vgl.Carson 1981,S. 211.

2.3 Politische Radikalisierung des SOS und des SNCC

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die Bürgerrechtsaktivitäten auch dort auf massiven "weißen" Widerstand stießen und während einer Demonstration am 20. August 1965 ein ("weißer") Bürgerrechtsaktivist erschossen worden war, entschloß sich das SNCC, eine unabhängige politische Partei auf Bezirksebene zu gründen. 192 Die neue Organisation nannte sich Lowndes County Freedom Organization (LCFO) und sollte bald unter dem Namen Black Panther Party (Alabama) bekannt werden. 193 Vorsitzender der LCFO wurde der siebenundreißigjährige Familienvater John Hulett, der bereits vor der Ankunft von SNCC im Bezirk politisch aktiv war und zusammen mit anderen lokalen Bürgerrechtsprotagonisten das Lowndes County Christian Movement for Human Rights gegründet hatte. 194 In seiner Rede während einer Veranstaltung zum Vietnamkrieg in Los Angeles am 22. Mai 1966 erklärte der Vorsitzende der Black Panther Party (Alabama), daß das Ziel der Partei nicht länger die Integration der Afro-Amerikaner in die amerikanische Gesellschaft, sondern die Erlangung der politischen Kontrolle über die lokalen Einrichtungen wie etwa Gerichte und Schulen in den mehrheitlich von Afro-Amerikanern bewohnten Bezirken sei. Die Menschen in Lowndes County seien immer nur gestoßen und zurückgedrängt worden; nun wollten sie nicht länger um politische Zugeständnisse "betteln" und wählten deshalb den schwarzen Panther zu ihrem Symbol: "He (der schwarze Panther, I. J.) never bothers anything, but when you start pushing him, he moves backwards, backwards, and backwards into his corner, and then he comesout to destroy everything that's before him." 195 Die von Stokely Carmichael mitinitiierte militante politische Organisation fand unter der afro-amerikanischen Bevölkerung des Lowndes County rege Unterstützung196, und ihr Erfolg nützte Carmichael bei seiner Kandidatur um den SNCCVorsitz gegen John Lewis in Kingston Springs. 197 Mit seiner Wahl leiteten die SNCC-Mitarbeiter einen neuen Abschnitt der Entwicklung des Studentenverbandes wie auch der gesamten afro-amerikanischen Bewegung in den Vereinigten 192 Welche Rolle dabei die Enttäuschung über das Verhalten des ,.demokratischen Establishments" spielte, wird in der Stellungnahme Frank Miles, einem Bewohner von Lowndes County, deutlich: "SNCC mentioned about the third party and we decided we would do it, because it didn't make sense for us to go join the Democratic party, when they were the people who had done the killing in the county and had beat our heads." Frank Miles in Lowndes County Freedom Organization Leaders Talk about Their Party, in: The Movement, Juni 1966, S. 3. 193 Huey P. Newton und Bobby Seale hatten schließlich das Symbol der Black Panther Party, Alabama, bei der Gründung der Black Panther Party for Self Defense in Oakland, Kalifomien, im Herbst 1966 übernommen. 194 Siehe ausfuhrlieh Carson 1981, S. 165 f. 195 John Hulett: How the Black Panther Party Was Organized, in: The Black Panther Party, New York 1966,S. 15. 196 Zu den politischen Zielen der LCFO siehe ausführlich Lowndes County Freedom Organization Pamphlet, in: Carson 1991, S. 269-272. 197 Vgl. Carson 1981, S. 200.

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Staaten ein. Nach Jahren des Protestes waren die Diskriminierung bei Wahlen und die Segregation in öffentlichen Einrichtungen-juristisch gesichert durch den Civil Rights Act (1964) und den Voting Rights Act (1965)-verschwunden. Damit hatte sich nach Auffassung des SNCC-Protagonisten James Forman die Situation der Afro-Amerikaner im Black Belt derjenigen in den afro-amerikanischen Ghettos der Industriestädte im Norden angeglichen: "The fundamentals of racism inadequate housing, Iack ofjobs, insufficient medical attention, inferior education - remained basically unchanged throughout black communities, whether in New York or Mississippi."l98

2.3.4 Die Entstehung der BlackPower-Bewegung Stokely Carmichaels während des "Mississippi March" im Juni 1966 aufgestellte Forderung nach "BlackPower" - einer verkürzten Form der von SNCCAktivisten in Alabama benutzten Phrase "black power for black people"- brachte die neue politische Haltung des Studentenverbandes sowie eines Teils der (vormaligen) Biirgerrechtsbewegung zum Ausdruck.l99 Im Juli 1966 erläuterte Carmichael erstmals näher, was das SNCC mit seinem neuen "Black Power-Konzept" erreichen wollte: Ziel von SNCC sei die Erreichung der "Freiheit" der Afro-Amerikaner durch die Aneignung von ökonomischer und politischer Macht auflokaler Ebene. Die Afro-Amerikaner sollten dort die Kontrolle über die lokale Regierung ausüben, wo sie eine Mehrheit der Bevölkerung darstellten. Aus einer Position der Stärke heraus könnten dann diese 198 Forman 1990, S. 458. 199 Der ,.Mississippi March" war nach einem Mordanschlag auf den afro-amerikanischen Studenten James Meredith von den Organisationen SNCC, SCLC und CORE organisiert worden. Meredith hatte mit einem Marsch quer durch Mississippi beweisen wollen, daß afro-amerikanische Einwohner ihre Bürgerrechte ohne Angst ausüben könnten. Zwar stimmten sowohl Martin Luther King als auch der Vorsitzende von CORE, Floyd McKissick, der Forderung von Stokely Carmichael nach der Beteiligung der ,.Deacons for Defense", einer afro-amerikanischen Selbstverteidigungsorganisation. an dem Marsch zu. Doch während King den von Carmichael propagierten Slogan "Black Power" als "unglückliche" Formulierung, die falsche ,.Konnotationen" hinsichtlich der Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt hervorrufen könne, ablehnte, unterstützte ihn der CO RE-Vorsitzende. Siehe Martin Luther King, Jr.: Where Do We Gofrom Here: Chaos or Community?, New York 1967, S. 29 ff.; zum Mississippi March siehe weiterhin Negro Marchers Ask ,.BlackPower", in: National Guardian, 25. Juni 1966, S. I und 8; Andrew Kopkind: The Birth of Black Power, in: Ramparts, Oktober 1966, S. 4-7; und Lewis 1970, S. 325 f.- Die Deacons for Defense propagierten das Recht der Afro-Amerikaner auf bewaffnete Selbstverteidigung und beriefen sich damit auf eine Tradition. die von dem Abolitionisten John Brown in den 1850er Jahren bis hin zu dem ehemaligen NAACP-Aktivisten Robert F. Williams reichte, der zu Beginn der sechziger Jahre dieses Recht zum Selbstschutz der Afro-Amerikaner einklagte. SieheRobert F. Williams: Negoes with Guns, hg. v. Mare Schleifer, New York 1962; und ders.: For ,.EtTective Self Defense", in: Meier/Rudwick/Broderick 1971, S. 360-372.

2.3 Politische Radikalisierung des SDS und des SNCC

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"Machtbasen" dafiir arbeiten, die staats- oder nationsweiten Muster der Unterdrückung durch Verhandlungen zu verändern. Den Minderwertigkeitsgefiihlen der Afro-Amerikaner gegenüber den "Weißen" sollten nach Ansicht des SNCC durch die Entwicklung eines "schwarzen Bewußtseins" begegnet werden.2 00 Letztlich ziele das BlackPower-Konzept des Studentenverbandes ab auf "the freeing of colonies - which is what the ghettos of this country, North and South, really are".2° 1 Mithin ging die Abkehr des SNCC vorn traditionellen Konzept der Bürgerrechtsbewegung, welches auf die Integration der Afro-Arnerikaner in die arnerikanische Gesellschaft auf gleichberechtigter Grundlage ausgerichtet war, einher mit der Übertragung gesellschaftlicher Zustände in der Dritten Welt auf die eigene Lebenssituation. "Befreiung" von rassisch bedingter Unterdrückung wurde von dem Studentenverband künftig im Kontext des von Frantz Fanon fiir die afrikanische Situation beschriebenen Verhältnisses zwischen Kolonisierten und Kolonialherren diskutiert. Der Bezug zum afrikanischen Kontinent im Rückgriff auf antikoloniale Befreiungstheorien von Fanon und Kwarne Nkrurnah wie auch über die Vermittlung von Maleolm X wurde fiir das SNCC ab dem Sommer 1966 identitätsstiftend. Die Mitarbeiter des Studentenverbandes empfanden sich als Angehörige der "schwarzen Kolonie" innerhalb des amerikanischen "Mutterlandes" analog der kolonisierten Völker Afrikas gegenüber den europäischen Kolonialmächten. 202 Auf diesem Hintergrund wurde vom SNCC auch der Vietnamkrieg interpretiert. In Berkeley sprach sich der SNCC-Vorsitzende Carmichael auf einer vorn SDS im Oktober 1966 organisierten Veranstaltung zum Black Power-Konzept vehement gegen den Wehrdienst von Afro-Arnerikanern aus, da diese nicht zu "schwarzen Söldnern" auf der Seite einer "Nation von Dieben" werden sollten.203 Nachdem die Afro-Amerikaner bisher von der" weißen" amerikanischen Gesellschaft ausgeschlossen waren, stelle sich das SNCC nun die Frage, ob diese noch länger 200 SNCC verstand darunter das Bewußtsein über und Stolz auf ,.schwarze Geschichte, Kultur und

Einrichtungen··. 201 Stellungnahme von Stokely Carmichael, Juni 1966, in: SNCC Speaks for ltself, a.a.O., S. 7. Das BlackPower-Konzept von SNCC kann im Rahmen dieser Arbeit nicht näher erörtert werden. Siehe hierzu weiterhin die Grundlagentexte Stokely Carmichael: What We Want, in: The New York Review of Books, 22. September 1966, S. 5-8; ders.: Toward Black Liberation, in: The Massachusetts Review, Vol. 7, 1966, S. 639-651; ders./Charles V. Hamilton: BlackPower: The Politics of Liberation in America. New York 1967. 202 Zur Rezeption der Schritien Frantz Fanons und Kwame Nkrumahs durch die SNCC-Aktivisten siehe weiterhin Forman 1990, S. 527 ff.; und William Brink/Louis Harris: Black and White: A Study of U.S. Racial Attitudes Today, New York 1967, S. 58 f. 203 Vgl. Stokely Carmichael, Rede auf der Konferenz. in: Berkeley Conference on Black Power and lts Challenges, hg. v. SDS-Berkeley, o.J. ( 1966), S. 2 ff.; NLC, box 57.

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

anstreben sollten, zu einem Teil dieser Gesellschaft zu werden, die einen "illegalen" und" unmoralischen" Krieg in Vietnam führe. Carmichaels Antwort auf diese Frage fiel eindeutig aus und bildet bereits den Vorschein auf die spätere Identifikation vieler SNCC-Aktivisten mit der FNL und anderen revolutionären Bewegungen in der Dritten Welt: "I do not wanttobeapart ofthe American pie! The American pie means raping South Africa, beating Vietnam, beating South America, raping the Philippines, raping every country you 've been in. I don 't want any of your blood-money- I don 't want it! Don 't wanttobe partofthat system!"204

Von den anderen Bürgerrechtsorganisationen unterstützte nur CORE das Black Power-Konzept von SNCC. Die insbesondere in den afro-amerikanischen Ghettos im Norden der USA aktive Organisation konnte die Zunahme urbaner afro-amerikanischer Militanz während der letzten beiden Jahre nicht ignorieren und hatte diese Militanz durch ihre Aktivitäten auch angeregt. 205 Auf dem Jahres-Konvent der Organisation im Juli 1966, an welchem Carmichael teilnahm und zum Black Power-Konzept Stellung bezog, war letzteres von den CORE-Delegierten gebilligt worden. Darüber hinaus stimmten diese mit SNCC in der Akzeptanz bewaffneter Selbstverteidigung durch Afro-Amerikaner sowie in ihrer offenen Opposition gegen den Vietnamkrieg überein. 206 Öffentliche Unterstützung erhielt das SNCCKonzept weiterhin von einer informellen Gruppe von achtundvierzig afro-amerikanischen Kirchenvertretern in einer in der New York llmes im Juli veröffentlichten Erklärung. 207 Mit dem wachsenden Selbstverständnis als Angehörige einer unterdrückten Kolonie innerhalb der Vereinigten Staaten ging auch die Ablehnung eines ursprünglichen Prinzips des Studentenverbandes einher, dem der "Gewaltfreiheit". So stellte Julius Lester anläßtich des Jahrestages der Aufstände in Watts vom August 1965 fest, daß die "Assimilation" der Afro-Amerikaner in den Vereinigten Staaten eine "Lüge", die USA kein "melting pot" seien. Die Tage der "freedom 204 Ebenda, S. 9. 205 Siehe Carson 1981, S. 223. -Zu dem afro-amerikanischen Aufstand in Watts im August 1965 siehe Jerry Cohen/William S. Murphy: Bum, Baby, Bum! The Los Angeles Race Riot, August 1965, New York 1966; und Lester A. Sobel, Hg.: Civil Rights 1960-66, New York 1967, S. 306 ff. 206 Vgl. Meier/Rudwick 1973, S. 414 f. 207 Siehe Black Power: Statement by National Committee of Negro Churchmen, in: New York Times, 31. Juli 1966, S. E 5. -Zur Reaktion der .,weißen" Medien aufdas BlackPower-Konzept siehe Paul Good: A White Look at Black Power, in: The Nation, 8. August 1966, S. 112-117; A .,Black Power" Speech That Has Congress Aroused, in: U.S. News & World Report, 22. August 1966, S. 6; Distorted Cry?, in: Newsweek, 8. August 1966, S. 54. -Innerhalb der Bürgerrechtsbewegung wurde das Konzept diskutiert von Bayard Rustin: .,Black Power" and Coalition Politics, in: Commentary, September 1966, S. 35-40; und David Danzig: In Defense of .,Black Power", in: ebenda, S. 41-46.

2.3 Politische Radikalisierung des SOS und des SNCC

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songs" und "the days of combating bullets and billy clubs with Love" seien vorbei. Dagegen würde nun von den afro-amerikanischen Aktivisten ,. Too much Iove I Too much Iove I Nothing kills a nigger like I Too much Iove" angestimmt werden. Der "black man" würde nunmehr ausschließlich in dem "framework ofhis own blackness" leben, und diese "blackness" verbinde ihn mit den Indianern in Peru, den Minenarbeitern in Bolivien, den afrikanischen und vietnamesischen "freedom fighters": "What they fight for is what the American black man fights for - the right to govern his own life.'•208 Die Abwendung des afro-amerikanischen Studentenverbandes von seinem ursprünglichen Prinzip der Gewaltfreiheit ging mit der expliziten Identifikation mit den nationalen Befreiungsbewegungen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas im darauffolgenden Jahr einher und sollte im Kontext der GLAS-Konferenz in Havanna auch fiir die "weiße" Studentenbewegung politisch bedeutsam werden. Auch fiir die Studenten in der Bundesrepublik wurde die Beschäftigung mit den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt sowie mit deren Theoretikern im Verlauf des Jahres 1966 zusehends relevanter. Im folgenden soll diese Entwicklung dargelegt und mit derjenigen in den Vereinigten Staaten in Beziehung gesetzt werden.

208 Julius Lester: The Angry Young Men of Maleolm X, in: Sing Out, Oktober/November 1966, S. 25. 8 Juchler

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

2.4 Die zunehmende Orientierung der Studentenbewegung in der Bundesrepublik an den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt 2.4.1 Die .. Plakat-Aktion" und die Radikalisierung des Westberliner SDS-Landesverbandes Im Umfeld der von Bernd Rabehl und Rudi Dutschke geleiteten Arbeitskreise Marxismus und Formierte Gesellschaft hatte man sich im Westberliner SDS bereits im Verlauf des Jahres 1965 mit den Möglichkeiten einer Verbindung der nationalen Befreiungskämpfe in der Dritten Welt mit der eigenen politischen Praxis in Westberlin beschäftigt. Zwar waren die Dutschke-Rabehl-Arbeitskreise mit dem Westberliner Landesverband des SDS assoziiert, doch wurden die entscheidenden ideologischen Fragen nicht innerhalb des Verbandes diskutiert. Vielmehr standen die Teilnehmer der Arbeitskreise noch in regem politischen Austausch mit anderen ehemaligen Mitgliedern der Subversiven Aktion in München, insbesondere mit Dieter Kunzelmann. 209 Als im Dunstkreis der Arbeitskreise von Dutschke und Rabehl sowie des Vietnam-Arbeitskreises um Jürgen Hodemann und Peter Gäng im Dezember 1965/Januar 1966 eine "Plakat-Aktion" im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg diskutiert und geplant wurde, waren deshalb nicht -wie eigentlich naheliegend- die SOS-Mitglieder in Westberlin um Unterstützung angegangen worden, sondern die alten Münchner Verbündeten von der (ehemaligen) Subversiven Aktion.2l0 Nachdem der Westberliner Plakatentwurf sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich seiner formalen Gestalt mit den Münchnern abgestimmt worden war, wurde in der Nacht vom 3. zum 4. Februar 1966 in sieben Westberliner Bezirken und auf dem Gelände der Freien Universität in geheimer Mission das Plakat mit folgendem Wortlaut geklebt: "Erhard und die Bonner Parteien unterstützen Mord Mord durch Napalmbomben! Mord durch Giftgas! Mord durch Atombomben! Die USAggression in Vietnam verstößt nicht gegen die Interessen des demokratischen Systems: 209 Auf dem Münchner Konzil der Subversiven Aktion im April 1965 war es zum Ausschluß Dieter Kunzelmanns aus der Gruppe gekommen. 210 ln einem Briefvom9. Januar 1966 halte Rudi Dutschkc entsprechend den Münchnern um Dieter Kunzelmann vorgeschlagen: "Haben heute mit Neuss ein Aktionsgespräch gehabt (Lelevre u.a.m.). Wollen mit Euch anläßlich des Beginns des neuen Nord-Vietnam-Bombardements eine Nacht-und-Nebel-Kiebeaktion tlir München und Berlin-West durchführen. Diese Sache darf nicht viel Zeit beanspruchen (für die Vorbereitung). Hier soll kein ,.zurück" in unretlektierte Praxis kreie11 werden, vielmehr mit Hilfe einer politischen Blitzaktion existentielles Engagement befestigt und durch Koordination Höchstmaf.l an Publizität erreicht werden (härtere koordinierte Aktionen müssen sich der amerikanischen Eskalation anpassen)." Brief Rudi Dutschkes an Dietcr Kunzelmann vom 9. Januar 1966; aus dem Nachlaß Rudi Dutschkes in Händt:n von Gretchcn Dutschke-Kiotz.

2.4 Bundesdeutsche Studentenbewegung und Befreiungsbewegungen

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Wer es wagt, sich aufzulehnen gegen Ausbeutung und Unterdrückung, wird von den Herrschenden mit Brutalität niedergemacht. Die Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas kämpfen gegen Hunger. Tod und Entmenschlichung. Die ehemaligen Sklaven wollen Menschen werden. Kuba, Kongo, Vietnam- die Antwort der Kapitalisten ist Krieg. Mit Waffengewalt wird die alte Herrschaft aufrechterhalten. Mit Kriegswirtschaft wird die Konjunktur gesichert. Ost und West arrangieren sich immer wieder auf Kosten der wirtschaftlich unterentwickelten Länder. Jetzt bleibt den Unterdrückten nur noch der Griffzur Waffe. Für sie heißt Zukunft: Revolution.' Wir sollen den Herrschenden beim Völkermord helfen. Deshalb beschwören sie das Gespenst der gelben Gefahr. Wie lange noch lassen wir es zu, daß in unserem Namen gemordet wird? Amis raus aus Vietnam- Internationale Befreiungsfront"211

Thematisch knüpften die Verfasser des Plakats damit an die bereits von den bundesdeutschen Schriftstellern in der Erklärung über den Krieg in Vietnam konstatierte Beziehung zwischen der Politik der eigenen Regierung Erhard und deljenigen der Vereinigten Staaten in Vietnam an. Während die Erklärung jedoch in einem aufklärerischen, zu zivilem Protest animierenden Duktus gehalten war, verwendeten die Verfasser des Plakats aufgrund ihrer Interpretation des Vietnamkonfliktes das Vokabular des Klassenkampfes: In Vietnam stehen sich die gegen herrschende Ausbeutung und Unterdrückung Aufbegehrenden und diejenigen, welche diesen Status quo erhalten wollen, gegenüber - der Klassenkampf im Marxschen Sinne zwischen nationaler Bourgeoisie und Proletariat verlagerte sich als Kampf unterdrückter gegen unterdrückende Völker auf die internationale Ebene. 21 2 Dabei vertraten die Verfasser des Plakats einea dezidierten "DritteWelt-Standpunkt", wie er insbesondere von Emesto Che Guevara und der chinesischen KP vertreten wurde: "Ost und West" hätten sich "auf Kosten der wirtschaftlich unterentwickelten Länder'' "arrangiert". Den Unterdrückten in der Dritten Welt verbleibe mithin als einzige Möglichkeit der Veränderung des bestehenden gesellschaftlichen Status quo die bewaffnete Revolution. Mit diesem Befreiungskampf solidarisierten sich die Verfasser des Plakats, wenn sie dieses als Internationale Befreiungsfront zeichneten. Damit wurde die auch gegenüber dem eigenen Westberliner SDS-Landesverband klandestin geplante und durchgeführte Plakat-Aktion zum ersten Zeugnis der Identifikation Westberliner beziehungsweise bundesdeutscher Studenten und Intellektueller mit dem nationalen und sozialrevolutionären Kampf eines Volkes in der Dritten Welt. Die "Nationale Befreiungsfront" Vietnams, welche die Schrift-

211 Zitiert nach Miermeister/Staadt 1980. S. 82. 212 Vgl. hierzu auch den oben bereits vorgestellten Artikel von Frank Deppe und Kurt Steinhaus Zur Vorgeschichte des "underdevelopment" und der "nationalen Befreiung", a.a.O., S. 13.

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

steller in ihrer unter anderem im Spiegel publizierten Erklärung über den Vietnamkrieg zum ersten Mal breiteren Bevölkerungskreisen vorgestellt hatten, verfugte nun zumindest in politisch-ideologischer Hinsicht über Verbündete in der Bundesrepublik. Knapp zwei Monate nach der Freiheitsglocken-Aktion Westberliner Zeitungen zur Solidaritätsbezeugung der Westberliner Bevölkerung mit dem von der alliierten Schutzmacht USA in Vietnam gefiihrten Krieg, zeigten einige Gegner des US-Engagements Flagge, indem sie sich ihrerseits auf die andere Seite der Konfliktparteien schlugen. Die Plakat-Aktion allerdings zeitigte weniger Wirkung nach außen-gegenüber der Westberliner Bevölkerung oder hinsichtlich der Mobilisierung fiir die erste größere Vietnam-Demonstration in der geteilten Stadt am darauffolgenden Tag (5. Februar 1966)- als vielmehr nach innen, auf den eigenen SDS-Landesverband. In Erwartung, daß die Plakat-Aktion innerhalb des Westberliner Verbandes nicht mehrheitsfähig gewesen wäre, hatten die ehemaligen "Subversiven" die Aktion von vornherein auch gegenüber diesem klandestin geplant und durchgefiihrt. Der Westberliner SDS-Landesverband war bis zu diesem Zeitpunkt dominiert von einer informellen Gruppierung, deren politische Wurzeln noch in der Zeit der politischen Orientierung des Verbandes an der SPD lagen, der sogenannten "AlteKeulen-Riege". Die Vertreter dieser informellen Gruppe plädierten während einer SDS-Sitzung nach der Plakat-Aktion dafiir, die daran beteiligten Westberliner SOS-Mitglieder in Abwesenheit aus dem Landesverband auszuschließen, was jedoch von der Mehrheit der jüngeren Mitglieder abgelehnt wurde. 21 3 Da die politische Begründung fiir die Plakat-Aktionaufgrund deren klandestiner Planung im Vorfeld der Aktion nicht diskutiert werden konnte, wurde sie auf der Landesvollversammlung des Westberliner SDS am 13. Februar von einem ihrer Protagonisten, Rudi Dutschke, nachgereicht. Zur politisch-ideologischen und moralischen Erklärung der illegalen Aktion zieht Dutschke dabei in seinem Referat explizit den Befreiungstheoretiker des algensehen Antikolonialkampfes, Frantz Fanon, heran. Damit unternimmt Dutschke erstmals den Versuch, dessen fiir die Kämpfe in der Dritten Welt konzipierte Theorie mit der politischen Praxis der Studenten in Westhertin zu verknüpfen. Da das Original-Manuskript des Referates verschollen ist, zitieren wir im folgenden nach Dutschkes Beitrag in dem Band Rebellion der Studenten oder Die neue Opposition:

213 Siehe hierzu das Interview mit Wolfgang Lefi:vre in Siegward Lönnendonker: Die Politik des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SOS), Landesverband Westberlin. Versuch einer Rekonstruktion der Entwicklung vom Dezember 1964 bis zum April 1967 unter besonderer Berücksichtigung von Organisation, Strategie und Taktik, Diplomarbeit an der FU Berlin 1970 (unveröffentlichte Hektographie), S. 54 f.

2.4 Bundesdeutsche Studentenbewegung und Befreiungsbewegungen

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"Wiederum .,diese Atmosphäre von Gewalt und Drohung, dieses Drohen mit Raketen erschreckt und verwirrt die Kolonisierten nicht. Die Kolonisierten sind zum erstenmal aufder Höhe ihrer Zeit. Man wundert sich manchmal, daß die Kolonisierten, anstatt ihrer Frau ein Kleid zu schenken, lieber einen Transistor kaufen. Sie leben in einer Weltuntergangsatmosphäre und glauben, daß ihnen nichts entgehen darf. Der Kolonisierte, der unterentwickelte Mensch ist heute ein :::oon po/itikon im umfassendsten Sinn des Wortes." Liegt hier nun bei mir jener Eskapismus vor, der die Bewegungen in der Dritten Welt heroisiert, keinen Bezug zur Problematik unseres hiesigen Tuns mehr findet? Nein, die flir die Revolutionierung der Welt konstitutive Funktion der Dritten Welt muß der historische Materialist aus der einzigartig sozi-ökonomischen Stellung dieser Totalität Armut und Entmenschlichung innerhalb der Weltgesellschaft erkennen. Hier arbeitet die Dialektik der .. wirklichen Armut", die im Weltmaßstab durch eine .. Dialektik der richtigen Einsicht" in den Metropolen der hochkapitalistischen Staaten vervollständigt werden muß, um jenes durchzusetzen, was Marx an Ruge das Bündnis von denkender und leidender Menschheit genannt hat. Der Kampf der Vietkong oder der MIR in Peru sind unsere Kämpfe, müssen bei uns tatsächlich über rationale Diskussion und prinzipiell illegale Demonstrationen und Aktionen in bewußte Einsicht umfunktionalisiert werden -eine riesige, fast unlösbare Aufgabe."214

Dariiber hinaus stellte Dutschke in seinem Rückblick auf die Plakat-Aktion fest, daß dabei erstmals versucht worden sei, die Guevarasche Fokustheorie "fiir die politische Praxis hier zu gewinnen". Wie die Guerillaeinheiten in Lateinamerika, so könnten studentische Oppositionsgruppen in der Bundesrepublik und Westberlin als subjektive Faktoren in den geschichtlichen Prozeß eingreifen und damit die "objektiven Bedingungen fiir die Revolution", welche vor diesem Eingreifen noch nicht reifzur Veränderung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse waren, selbst schaffen. 21 5 Die Plakat-Gruppe beschränkte sich folgtich nicht auf die durch die Zeichnung Internationale Befreiungsfront zum Ausdruck gebrachte Solidarität

214 Dutschke 1968a, S. 69 (Hervorhebung im Original). - Dutschkes Zitat aus Fanans Les damnes de Ia terre findet sich dort (Ausgabe 1981) S. 68. Zur weiteren Rezeption der Schriften Frantz Fanans durch die bundesdeutsche Studentenbewegung siehe auch Renale Zahar: Frantz Fanans antikolonialistisches Manifest, in: neue kritik, Nr. 38/39, Oktober/Dezember 1966, S. 46-49.Die von Dutschke hier angesprochene Heroisierung der Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt war zu diesem Zeitpunkt bereits von den ehemaligen Subversiven kontrovers diskutiert worden. Dieter Kunzelmann warnte beispielsweise von München aus am 21. September 1965 Rudi Dutschke in Westberlin: .,So begeistert ich Deinen Brieflas, so überrascht war ich darüber, daß Du an Deiner heroischen Verehrung der kolonialen Revolution festhälst Ihr Kampfist unser Kampf, aber wir dürfen ihn nicht mit dem verwechseln, den wir zu führen haben." Brief von Dieter Kunzelmann an Rudi Dutschke vom 21 . September 1965; aus dem Nachlaß Rudi Dutschkes in Händen von Gretchen Dutschke-Kiotz. 215 Weiterhin heißt es bei Dutschke in diesem Zusammenhang: .,Diese Frage stand in letzter Konsequenz auch hinter der Plakat-Aktion, steht heute noch hinter jeder Aktion. Haben wir bei allen unseren Aktionen von der permanenten Ohnmacht unserer politischen Arbeit auszugehen, oder haben wir einen historischen Zeitpunkt erreicht, an dem die subjektive schöpferische Tätigkeit der sich politisch kooperierenden Individuen über die Wirklichkeit und ihre Veränderbarkeil entscheidet?" Dutschke 1968a, S. 69 f. - Zur Guevaraschen Fokustheorie siehe ausführlich unten den Exkurs in Abschnitt 3.1.1.

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

und Identifikation mit den antikolonialen und sozialen Kämpfen in der Dritten Welt. Vielmehr wurde von dieser darüber hinaus erstmals in Westberlin respektive der Bundesrepublik damit der Versuch unternommen, die von den gesellschaftlichen Realitäten der Dritten Welt ausgehenden und zu deren Veränderung konzipierten Befreiungstheorien auf die hiesigen Verhältnisse zu transponieren. Im Westberliner Landesverband des SDS konnte sich die von Rudi Dutschke auf der Landesvollversammlung vom 13. Februar 1966 zur Diskussion gestellte politische Linie durchsetzen. Damit wurde ein innerverhandlicher Konflikt auf Bundesebene eingeleitet, was im folgenden im Zusammenhang mit dem vom SDS in Frankfurt a.M. im Mai 1966 durchgeführten Kongreß Vietnam- Analyse eines Exempels näher erörtert werden soll.

2. 4.2 Der SDS-Kongreß ., Vietnam -Analyse eines Exempels" Der SDS-Bundesvorstand (BV) verfolgte mit der Organisierung des VietnamKongresses insbesondere die Absicht, durch eine "grundliche wissenschaftliche Analyse" die Kritik an der US-Vietnampolitik zu präzisieren sowie die" Ursachen und Zusammenhänge des Krieges" zu klären. 216 Gegen diese rein "akademische" Ausrichtung des Kongresses durch den SDS-BV opponierte insbesondere der Westberliner SDS-LV. Letzterer vertrat seit der Plakat-Aktion und den um diese geführten Debatten eine explizit internationalistisch geprägte Politik, das heißt die Westberliner SDS-Aktivisten sahen ihre politische Arbeit seit dem Frohjahr 1966 stets in Verbindung mit den nationalen Befreiungskämpfen in der Dritten Welt. Entsprechend erklärte der Westberliner SDS in seiner Stellungnahme zu dem geplanten Kongreß, daß dieser die Funktion haben müsse, "die im internationalen Kontext schon bestehende anti-imperialistische Front auch in der Bundesrepublik aufzurichten beziehungsweise zu verstärken. ( ... ) Da der Kapitalismus international organisiert auftritt, können die partikularen (das heißt nationalen oder regionalen) Formierungserscheinungen wie die Notstandsgesetzgebung in der BRD nur im internationalen Rahmen bekämpft werden, das heißt die Opposition muß eine internationalistische sein."217 Entsprechend ihrer "revolutionär-internationalistischen" Ausrichtung wollten die Westberliner auf dem Kongreß nicht die Verwerflichkeit des militärischen Engagements der Vereinigten Staaten in Vietnam, sondern vielmehr den "revolu216 Vgl. SDS-BV: An den Leser, in: neue kritik, Nr. 34, Februar 1966, S. 2. 217 Stellungnahme des SDS-L V Westberlin zum Vietnam-Kongreß, in: SOS-Korrespondenz, Nr. 2, Juni 1966, S. 13f.

2.4 Bundesdeutsche Studentenbewegung und Befreiungsbewegungen

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tionären Krieg" der FNL im Kontext emanzipatorischer Bewegungen in der Dritten Welt untersuchen und diskutieren.218 Frank Deppe reiste daraufhin als Mitglied des von Helmut Schauer geleiteten SDS-BVs am 8. Mai 1966 nach Westberlin, um zwischen der Position des BVs und des Westberliner LVs hinsichtlich des vierzehn Tage später stattfindenden Kongresses zu vermitteln. Zwar konnten im Verlauf einer Diskussion Deppes mit dem Vorstand der Westberliner in einzelnen Punkten Einigkeit erzielt werden, doch machte ein von letzteren verfaßtes Flugblatt für die als Zielgruppe bestimmten Teilnehmer der Berliner Vietnam-Demonstrationen diese Bemühungen wieder zunichte. Die vom Westberliner SDS-Landesverband gezeichneten Informationen über Vietnam und Länder der Dritten Welt waren in einem emphatisch-revolutionären Duktus gehalten und standen damit im krassen Gegensatz zur aufklärerisch bestimmten Vietnam-Arbeit des SDS-BV. Der Bundesvorsitzende des SDS, Helmut Schauer, reagierte entspechend empört auf den Bericht Frank Deppes über die Unterredung mit den Westberlinern sowie deren geplantes Flugblatt und setzte sich sogleich telefonisch mit diesen in Verbindung, um sich gegen die Publikation der Informationen auszusprechen. Diese stellten "eine Provokation gegen jede wie auch immer geartete Opposition gegen die OS-Intervention" sowie "eine Verletzung der innerverbandliehen Demokratie" dar und stünden "im Widerspruch zur erklärten Politik des SDS".219 Inwieweit das vom Westberliner Landesverbandtrotz der Intervention Schauers herausgegebene Flugblatt Informationen über Vietnam und Länder der Dritten Welt von der vom BV des SDS vertretenen politischen Linie abwich, wird deutlich, wenn wir die dort zum Ausdruck gebrachten politisch-ideologischen Positionen mit denjenigen vergleichen, welche das Westeuropäische Studentenkomitee für den Frieden in Vietnam postulierte. Dieses Komitee war nach einer Tagung von Schüler- und Studentenverbänden aus Österreich, Frankreich, Schweden, Norwegen, den Niederlanden, Italien und der Bundesrepublik, zu welcher der SDS-BV Ende Februar 1966 nach Frankfurt/M. eingeladen hatte, konstituiert worden. Die in der Erklärung des westeuropäischen Studentenkomitees für den Frieden in Vietnam am 27. Februar 1966 zum Ausdruck gebrachten Forderungen können 218 Vgl. ebenda.

219 Vgl. ebenda, S. 16. - Siehe auch Frank Deppes Bericht über die Diskussion mit dem Vorstand

des Westberliner Landesverbandes, in: ebenda, S. 14 f. - Das Flugblatt des Westberliner Landesverbandes stieß auch bei verschiedenen SOS-Ortsgruppen auf Kritik. So faßte etwa die SOS-Gruppe Marburg nach einer Diskussion des Flugblattes während einer Mitgliederversammlung folgenden Beschluß: .,Der Bundesvorstand wird aufgefordert, notfalls durch Ausschluß der verantwortlichen Genossen, sicherzustellen, daß in Zukunft verbandsgefährdende Aktionen wie z.B. das Flugblatt ,.Information I" verhindert werden." Brief des Vorstandes der SOS-Gruppe Marburg an den SDS-BV vom 26. Mai 1966; Archiv des Zentralinstituts flir sozialwissenschaftliehe Forschung der FU Berlin (Zl 6), Ordner .. Vietnamkongreß, Frankfurt/M. 1966".

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

deshalb als Position des BV des SDS angesehen und zum Vergleich mit der Westberliner Haltung zum Vietnamkrieg herangezogen werden. In seiner Erklärung forderte das westeuropäische Studentenkomitee den "Abzug aller ausländischen Truppen aus Vietnam", den sofortigen "Zusammentritt einer Friedenskonferenz aller direkt oder indirekt beteiligten Mächte einschließlich der Nationalen Befreiungsfront Südvietnams" sowie das" Selbstbestimmungsrecht des Vietnamesischen Volkes in seinen inneren und äußeren Angelegenheiten und freie Wahlen entsprechend dem Genfer Abkommen". Die Studenten Westeuropas wurden deshalb dazu aufgerufen, "sich dieser Stellungnahme und der Bewegung für den Frieden in Vietnam anzuschließen, die von den amerikanischen Universitäten ausgegangen ist". 220 Demgegenüber steht die Haltung des "intemationalistischen" Westberliner SDS. In seinen Informationen über Vietnam und Länder der Dritten Welt vom Mai 1966 konstatierte dieser abgeklärt: ""Sofortige Einstellung der Bombenangriffe aufNordvietnam!" "Sofortiger Abzug der amerikanischen Truppen!": Vor dem Weißen Haus vorgetragen, das erklärtermaßen nach einem Waffenstillstand 20 Jahre in Südvietnam zu verbleiben gedenkt, nehmen diese Forderungen ihre Effektlosigkeit anscheinend von vornherein in Kauf.( ... ) Die einfache demokratische Moral aller Gutgesinnten, die an den Henker appellieren, sein Opfer doch laufen zu lassen, erscheint hier plötzlich als Ignoranz. die allein ihre saubere Weste vorzeigen will:'221

Die Protestbewegung gegen das militärische OS-Engagement in Vietnam müßte sich deshalb mit ihren Forderungen an die ,,rechte Adresse" wenden, da mit "den Henkern im Weißen Haus nicht mehr zu disputieren ist": " "Abzug der amerikanischen Truppen", ,.Freie Wahlen für Südvietnam", das sind Forderungen an den Vietcong, einen gerechten Frieden endlich zu erzwingen, Forderungen, die nicht hilflos bleiben in der Solidarität mit den Unterlegenen, die eine lahme deutsche Protestbewegung bis heute bejammerte, sondern die schlagkräftig werden in der Solidarität mit den Siegern, schlagkräftiger werden mit jedem abgeschossenen amerikanischen Flugzeug, mit jedem verbrannten Einberufungsbefehl. Was bis heute versäumt wurde, in den Verurteilten, die sich erfolgreich zur Wehr setzten, uns selbst wiederzuerkennen und sie darum nicht nur mit Jammer abzusingen. das ist endlich zu leisten. Unser richtig verstandenes Interesse, das einsieht, daß jeder Sieg der Vietcong ein Sieg ftir unsere Demokratie bedeutet, ist die Triebfeder der folgenden Blätter.''222 220 Erklärung des westeuropäischen Studentenkomitees für den Frieden in Vietnam vom 27. Februar 1966, in: neue kritik, Nr. 34, Februar 1966, S. 4. Dem ., westeuropäischen Studentenkomitee für den Frieden in Vietnam" gehörten neben den bundesdeutschen Organisationen SDS, SHB und LSD die Gruppen Verband sozialistischer Studenten Österreichs, die französische Federation des Groupes d'Etudes des Lettres, der schwedische Verband Clane. der norwegische Sosialistisk Studcntenforbund, der niederländische Verband Politeia sowie die Unione Goliardica ltaliana an. 221 Informationen über Vietnam und Länder der Dritten Welt, Nr. I, hg. v. SDS-Landesverband Westberlin, Flugblatt, Mai 1966; Archiv des Zl6, Ordner .. Vietnamkongrd3, Frankfurt/M. 1966".

2.4 Bundesdeutsche Studentenbewegung und Befreiungsbewegungen

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Die bereits während der Plakat-Aktion mit der Zeichnung Internationale Befreiungsfront zum Ausdruck gebrachte Identifikation mit dem bewaffneten Kampf der FNL wird hier wiederum augenfallig und als konkrete Gegenposition zur Solidarität der vorgeblich "lahmen deutschen Protestbewegung" gesetzt- dem Schlagwort "Frieden für Vietnam" wird von den Westberlinern die Fonnel "Sieg dem Vietcong" entgegengestellt. Die radikale Parteinahme der Westberliner SOS-Aktivisten erklärt sich- neben allen politischen und ideologischen Diskussionen - auch aus der politisch exponierten Stellung der geteilten Stadt. Hier polarisierte sich die Diskussion um das US-Engagement in Vietnam am ehesten und extremsten, die oben erörterte Freiheitsglocken-Aktion der Westberlin'(:r Tageszeitungen versus Plakat-Aktion stehen hierfür beispielhaft. Die von den Westberliner Tageszeitungen angemahnte Unterstützung für die militärischen Aktivitäten der Vereinigten Staaten in Vietnam fand ihr antagonistisches Korrelat in der Identifikation Westberliner Studenten mit der FNL.223

An dem in Frankfurt a.M. am 22. Mai 1966 tagenden Kongreß VietnamAnalyse eines Exempels nahmen schließlich neben Studenten auch Gruppen der Kampagne für Abrüstung, die Falken, die Natuifreundejugend sowie Gewerkschafter und Wissenschaftler teii. 224 Hinsichtlich der politischen Intentionen des Kongresses erklärte der SDS-BV in einer Presseerklärung, daß dort eine "Analyse" des Vietnamkrieges erarbeitet werden sollte, "die an diesem Modellfall Begriffe und Einsichten erbringen könnte, welche zum Verständnis der in vielen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas heranreifenden Sozialrevolutionen notwendig sind". Die Erklärung deutschsprachiger Schriftsteller und Intellektu222 Ebenda. 223 Der Schriftsteller Erich Fried drückte das Verhältnis zwischen dem geteilten Deutschland (einschließlich dergeteilten Stadt Berl in) und demgeteilten Vietnam, die polarisierten politischen Positionen hier und ihre Entsprechungen dort, in seinem Gedicht Gleichheit Brüderlichkeit aus: "Vietnam ist Deutschland I sein Schicksal ist unser Schicksal I Die Bomben für seine Freiheit I sind Bomben für unsere Freiheit( ... ) I Ein buddhistisches Westberlin I wäre nur kleine Schritte I entfernt von Hanoi I Zwar es gibt auch loyale Buddhisten I die nicht wie Berliner I den eigenen Nabel beschauen I und Spiele spielen vor denen I der Landesvaterschaft grauset I In Vietnam ists für derlei zu spät I dort schützt man mit Notstandsgesetzen I die Kinder und ihre Mütter I faßt sie sicher und hält sie warm I und erhält in ihnen I ein brennendes Wissen lebendig I daß die Zukunft die Wieder- I vereinigung sein muß in Freiheit I Was denen dort Ieures Recht ist I erreicht mit Mühe und Not / uns hier ist es billig / in Vietnam schlägt das Herz von Deutschland." Erich Fried: Gleichheit Brüderlichkeit, in: ders.: und Vietnam und, Berlin 1966, S. 55 f. 224 Als Diskussionsleiter und Referenten beteiligten sich Prof. Dr. Wolfgang Abendroth, Heinz Abosch, Conrad Ahlers, Prof Dr. Norman Birnbaum, Dr. Bo Gustafsson, Frank Deppe, Rüdiger Griepenburg, Prof. Dr. Jürgen Habermas, Dr. Arno Klönne, Prof. Dr. Herbert Marcuse, Dr. Oskar Negt, Prof. Dr. Theo Pirker, Helmut Schauer und Kurt Steinhaus. - Der Kongreß erhielt unter anderem auch Grußadressen von der SOS-Ortsgruppe an der Yale University sowie von Tom Hayden.

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

ellerüber den Krieg in Vietnam (siehe oben) sollte dem Kongreß als .,politische Plattform" dienen.225

Das Hauptreferat des Kongresses wurde von Herbert Marcuse zum Thema Die Analyse eines Exempels gehalten. Marcuse kam darin zu dem Schluß: "Vietnam ist zum Symbol geworden für die Zukunft der ökonomischen und politischen Repression, zum Symbol geworden für die Zukunft der Herrschaft der Menschen über den Menschen. Was würde der Sieg der nationalen Befreiungsbewegung in Vietnam bedeuten? Ein solcher Sieg würde bedeuten. und hier ist meiner Meinung nach der entscheidende Aspekt, daß eine elementare Rebellion von Menschen gegen den mächtigsten, technischen Repressionsapparat aller Zeiten erfolgreich sein kann:·226

Ausgehend von seinen Erfahrungen in den Vereinigten Staaten, machte Marcuse als Opposition in den westlichen Industriestaaten gegen die "Herrschaft der Menschen über die Menschen" insbesondere Intellektuelle und Jugendliche sowie ethnische Minderheiten aus: Die "Arbeiterklasse" sei dagegen- wie bereits im Eindimensionalen Menschen festgestellt - nicht nur "ideologisch", sondern auch auf der "materiellen Basis steigender Produktivität und eines steigenden Lebensniveaus" in das gesellschaftliche System integriert. Als Möglichkeit der Solidarität der oppositionellen Gruppen in den Industriestaaten mit den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt benannte Marcuse die "Solidarität der Vernunft und des Sentiments. Diese instinktive und intellektuelle Solidarität ist heute vielleicht die stärkste radikale Kraft, die wir haben." Diese Solidarität sollte ihren konkreten Ausdruck in der Arbeit an der "Befreiung des Bewußtseins und des Wissens" der Menschen in den modernen Industriestaaten finden.227 Seinen Vortrag abschließend, erklärte Marcuse, daß es die moralische Pflicht der Studenten wie der Lehrkörper an den Universitäten der Bundesrepublik sei, gegen den Vietnamkrieg zu opponieren. Die in diesem Zusammenhang von Marcuse konstatierte "Schuld" der Bewohner der westlichen Industriestaaten gegenüber den Ländern der Dritten Welt sollte für die Motivation und die Radikalisierung der oppositionellen Studenten in der Bundesrepublik wie in den Vereinigten Staaten einen bedeutsamen Faktor bilden, woraufunten noch ausführlicher eingegangen werden wird. Marcuse beschloß sein Referat mit dem Aufruf:

225 Siehe Studentenkongreß ,. Vietnam- Analyse eines Exempels", in: SOS-Informationen, Nr. 12,

14. Mai 1966, S. I f.; Archiv des Zl 6, Ordner "Vietnamkongreß, Frankfurt/M. 1966". 226 Herbert Marcuse: Die Analyse eines Exempels, in: neue kritik, Nr. 36/37. Juni/August 1966, S. 33.- Marcuse stimmte in diesem Zusammenhang mit den Auffassungen Frantz Fanons hinsichtlich der Bedeutung des Sieges einer Befreiungsbewegung in der Dritten Welt über eine Kolonialmacht flir den Kampf anderer Befreiungsbewegungen überein. Vgl. Fanon 1961, S. 59. 227 Siehe Marcuse 1966, S. 36 f.

2.4 Bundesdeutsche Studentenbewegung und Befreiungsbewegungen

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"Es gibt in der Geschichte eben so etwas wie Schuld, und es gibt keine Notwendigkeit, weder strategisch, noch technisch, noch national, die rechtfenigen könnte, was in Vietnam geschieht: das Abschlachten der Zivilbevölkerung. von Frauen und Kindern. die systematische Vernichtung von Nahrungsmitteln, Massenbombardierungen eines der ärmsten und wehrlosesten Länder der Welt- das ist Schuld, und dagegen müssen wir protestieren, selbst wenn wir glauben. daß es hoffnungslos ist, einfach um als Menschen überleben zu können und vielleicht für andere doch noch ein menschenwürdiges Dasein möglich zu machen. vielleicht auch nur, weil dadurch der Schrecken und das Grauen abgekürzt werden könnte, und das ist heute schon unendlich vieJ."22X

Der SOS-Bundesvorstand stimmte in seiner Schlußerklärung zu dem Kongreß mit den politischen Positionen Marcuses überein. Der Vietnamkrieg wurde dort als "nationaler und sozialer Befreiungskampf der südvietnamesischen Bevölkerung und zugleich als Akt politischer Notwehr" charakterisiert, der mögliche Sieg der FNL würde , , fiir andere Emanzipationsbewegungen einen neuerlichen Beweis für die Möglichkeit ihrer Befreiung" und einen "mächtigen Antrieb in ihrem Kampf' darstellen, die "Interventionspolitik der USA" bedrohe "nicht nur die Existenz des vietnamesischen Volkes", sie widerspreche auch den "elementaren Lebensinteressen der großen Mehrheit der Bevölkerung in den USA und den mit ihr verbündeten Ländern". Weiterhin erklärte der SDS-BV seine Solidarität mit den Forderungen der FNL sowie mit der amerikanischen Oppositionsbewegung gegen den Vietnamkrieg.229 Im Anschluß an den Kongreß fand von der Frankfurter Universität aus ein Demonstrationszug gegen den Krieg in Vietnam statt. Im Aufruf zu dieser Demonstration wurden die "Einstellung der Luftangriffe und Regelung des Konfliktes auf der Basis der Genfer Vereinbarungen", die" Solidarität mit der amerikanischen Opposition gegen den Vietnam-Krieg" sowie die Beendigung der "moralischen und finanziellen Unterstützung des Vietnam-Krieges durch die Bundesregierung" gefordert. 230 In der Folgezeit setzte bei den verschiedenen SOS-Ortsgruppen in der Bundesrepublik eine intensive Beschäftigung mit den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt allgemein und mit dem Vietnamkrieg im besonderen ein. Auf der 21. ordentlichen Delegiertenkonferenz (DK) des SOS vom 1. bis 4. September 1966 in Frankfurt a.M. fand diese Auseinandersetzung ihren Niederschlag im Beschlußprotokoll der DK, wo der politischen Entwicklung in Asien und Lateinamerika besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Der Vietnamkonflikt wurde 228 Ebenda, S. 38. 229 Bundesvorstand des SOS: Schlußerklärung zum SOS-Kongreß "Vietnam - Analyse eines Exempels", in: neue kritik, Nr. 36/37, Juni/August 1966, S. 38 ff. 230 Bundesvorstand des SOS: Aufruf zu einer internationalen Kundgebung gegen den Krieg in Vietnam, Mai 1966; Archiv des Zl 6, Ordner" Vietnamkongreß, Frankfurt/M. 1966".

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

dort als "Modellfall für älmliche - bereits sich entfaltende - Konflikte in den anderen halbkolonialen Agrarländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas" bestimmt, als "Modellfall kolonialer Revolution und Konterrevolution", in dem "bewußt das technische und taktische Instrumentarium gewonnen und vermittelt" würde, ,,das die erfolgreiche Bekämpfung sozialer Revolutionen nicht nur "hier und jetzt", sondern "immer und überall" ermöglichen" solle.231 Die intensive Auseinandersetzung der bundesdeutschen SOS-Aktivisten mit den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt kam bei einem Treffen zur Diskussion der weiteren Entwicklung des SDS und dessen politischer Praxis am bayerischen Kochelsee im Sommer 1966 deutlich zum Ausdruck.232 So stellten einige der Teilnehmer des Treffens rückblickend fest, daß dort "besonders stark ein Element in den Vordergrund" rückte: "die romantische Identifikation mit den Guerillas in der sog. Dritten Welt". 233 Angesichts der von Herbert Marcuse im Eindimensionalen Menschen konstatierten Systemkonformität der "Arbeiterklasse" in den fortgeschrittenen Industriegesellschaften sahen die Diskutanten am Kochetsee nur zwei Möglickeiten, gegen die bestehende gesellschaftliche Ordnung anzugehen: "Entweder als "Agenten der Dritten Welt" in Sabotagetrupps die Nervenpunkte der imperialistischen Kriegsmaschinerie anzugreifen oder selbst in Länder der Dritten Welt zu gehen und den Kampf an Ort und Stelle zu unterstützen. " 234 Die Teilnehmer dieser Diskussionsrunde kamen schließlich zu dem Entschluß, sich für die Gründung "revolutionärer Kommunen" in der Bundesrepublik einzusetzen, um von dort aus" systemverändernde Praxis" auszuüben. Dafür wurde das von Marcuse in dem von den SOS-Aktivisten zu dieser Zeit stark rezipierten Aufsatz Repressive Toleranz postulierte "Widerstandsrecht" fiir "überwältigte Minderheiten" in Anspruch genommen.235 231 Siehe SDS-BV, Hg.: Beschußprotokoll der 21. ordentlichen Delegiertenkonferenz des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes vom I. bis4. September 1966 in Frankfurt/M., Frankfurt/M. 1966, S. 5; Archiv des Zl 6, Ordner "21. Delegiertenkonferenz". 232 Daran beteiligt waren unter anderen Rudi Dutschke, Bemd Rabehl, Lothar Menne und Dieter Kunzelmann. Zu dem Treffen siehe weiterhin Fichter/Lönnendonker 1979, S. I00 ff.; und Chaussy 1993, S. 132 ff. 233 Kommune II: Versuch der Revolutionierung des bürgerlichen Individuums. Kollektives Leben mit politischer Arbeit verbinden, Berlin 1969, S. 17. 234 Ebenda. 235 Siehe Dieter Kunzelmann: Notizen zur Gründung revolutionärer Kommunen in den Metropolen (November 1966), in: Goeschel 1968, S. 105.- Vgl. Herbert Marcuse: Repressive Toleranz, in: Robert Paul Wolff/Barrington Moore/Herbert Marcuse: Kritik der reinen Toleranz, Frankfurt/M. 111988, S. 127; künftig zitiert: Marcuse 1965. Jürgen Habermas stellte in seinem Geleitwort zu dem Band Antworten auf Herber! Marcuse fest, daß dieser von einem Widerstandsrecht für überwältigte Minderheiten nur vor dem konkreten historischen Hintergrund des Kampfes unterdrückter rassischer Minderheiten in den Südstaaten der USA gesprochen habe. Im Hinblick auf

2.4 Bundesdeutsche Studentenbewegung und Befreiungsbewegungen

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Das erklärte Ziel der politischen Praxis der Kommune-Aktivisten wurde durch die Übernahme einer Forderung Emesto Che Guevaras zum Ausdruck gebracht: "Es ist der Mensch des 21. Jahrhunderts, den wir schaffen müssen . .. "236 Die späteren Kommunarden hatten diese Forderung Guevaras aus dessen Schrift Der Sozialismus und der Mensch in Kuba übernommen. Diese Schrift war (zusammen mit Guevaras Partisanenkrieg - eine Methode) im August 1966 erstmalig in deutscher Sprache als Sondernummer der Zeitschrift Facit, dem "Organ" des SDS in Köln, Bonn und München, erschienen. 237 Dabei verstanden die Kommunarden "ihren" Menschen des 21. Jahrhunderts insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Rezeption der Schriften Marcuses als einen Menschen, der "neue Bedürfnisse" sowie "Befriedigungsformen" und mithin das "richtige" Bewußtsein entwickelt hat.238 Die zunehmende Identifikation eines Teils der bundesdeutschen Studentenbewegung mit den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt im Verlauf des Jahres 1966 kam weiterhin mit der Gründung des Vietnam-Komitees for Frieden und Befreiungskampf durch SDS-Aktivisten in München im November 1966 zum Ausdruck. 239 Dieses Komitee hatte es sich zur Aufgabe gemacht, auf öffentlichen

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die sich radikalisierende Oppositionsbewegung in der Bundesrepublik heißt es bei Habermas weiter: .. Wo aber das Unrecht nicht manifest, die Empörung keine Reaktion von Massen ist, wo die Aufklärung den Parolen noch vorangehen und das Unerträgliche auf Definitionen noch warten muß, wo also mit einem Wort, der Begriff die Realität noch nicht durchdrungen hat, dort( ... ) bleibt Gewaltanwendung subjektiv und verfällt den Maßstäben der Moral." Jürgen Habermas, Hg.: Antworten aufHerbert Marcuse, Frankfurt/M. 41969, S. 16. -Zur Marcuse-Rezeption des bundesdeutschen SDS siehe Fichter/Lönnendonker 1979, S. I00 ff.; und Juchler 1989, S. 34 ff. und 64 ff. Kunzelmann 1966, S. 105 (Auslassung im Original). Siehe Emesto Che Guevara: Partisanenkrieg-eine Methode I Mensch und Sozialismus aufCuba, Facit-Reihe, Nr. I, Köln/München 1966. Siehe Kunzelmann 1966, S. I 00. - Marcuse hatte im Eindimensionalen Menschen festgestellt, daß bei der großen Mehrheit der Bevölkerung ein "falsches Bewußtsein" vorherrsche. Weiter heißt es bei Marcuse in diesem Zusammenhang: "Alle Befreiung hängt vom Bewußtsein der Knechtschaft ab, und das Entstehen dieses Bewußtseins wird stets durch das Vorherrschen von Bedürfnissen und Befriedigungen behindert, die in hohem Maße die des Individuums geworden sind." Herbert Marcuse: Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen lndustriegesellschaft, Neuwied/Berlin 1967, S. 16 und 27; künftig zitiert: Marcuse 1967. Das Komitee wurde offiziell im Anschluß an eine vom SOS, der Kampagne für Abrüstung und dem Arbeitskreis Sozialistischer Schüler organisierte Anti-Vietnamkriegsdemonstration in München am 28. November 1966 ins Leben gerufen. - Die SOS-Ortsgruppe München hatte sich bereits im April 1966 in einem Seminar zu den Themen "Anti-imperialistischer Befreiungskampf und Arbeiterbewegung" sowie" Vietnam und wir" intensiv mit Frantz Fanans Die Verdammten dieser Erde, Emesto Che Guevaras Partisanenkrieg-eine Methode, Lin Biaos Es lebe der Sieg im Volkskrieg!, den Programmen der FNL sowie der venezolanischen Guerilla und den Deklarationen von Havanna beschäftigt. Die Übersetzung der beiden Schriften Guevaras für die Facit-Reihe verdeutlichte weiterhin die "anti-imperialistische" Ausrichtung dieser SOS-Ortsgruppe. Im Jahre 1967 gründeten Mitglieder dieser Gruppe schließlich den Trikont Verlag, wo in der Folge insbesondere Schriften von Emesto Che Guevara, Fidel Castro, Regis Debray, Ho Chi Minh, Vo Nguyen Giap, James Forman, Stokely Carmichael und H. Rap Brown erschienen.

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2. Die Auswirkungen der Eskalation des Vietnamkonfliktes

Veranstaltungen und in Arbeitsgruppen Informationen über den Vietnamkrieg und dessen .,exemplarischen Charakter" zu verbreiten. Weiterhin trat das Komitee für den Einsatz aller "möglichen Mittel zum Protest gegen die US-Aggression" ein. Nach Auffassung der Münchner SDS-Aktivisten versuchten die Vereinigten Staaten, die soziale, wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit nicht allein in Vietnam, sondern in ganz Südostasien, Afrika und Lateinamerika zu verhindern. Sie erklärten deshalb ihrer Solidarität mit der FNL sowie mit allen Bewegungen in den Vereinigten Staaten, die gegen die" US-K.riegspolitik" und für die "Demokratisierung der sozialen Struktur" in den USA selbst kämpften, insbesondere mit denjenigen, die sich für den "Befreiungskampf der Schwarzen" einsetzten. Abschließend heißt es in einer Presseerklärung der Münchner SDSler zur Gründung des Komitees, die auch der National Office des amerikanischen SDS übermittelt wurde: "By combating this system here and now and by joining ranks for further struggles, we are acting at the sametime in a spirit of solidarity with the democratic movements in the USA and with the people of Asia, Africa, and Latin America." 240 SDS-National Secretary Greg Calvert übermittelte dem Münchner SDS im Gegenzug die Sympathien der SDS-National Office für den Münchner Protest gegen die "imperialistische" und "anti-demokratische" Politik der amerikanischen Regierung. Deramerikanische SDS, so Calvert weiter, fühle sich durch die Anstrengungen seiner Bundesgenossen in anderen Ländern ermutigt, "who bear the banner offreedom in the face ofthe destructive power ofthe American giant". Darüber hinaus äußerte der National Secretary gegenüber dem Münchner SDS sein Interesse an einem weiteren politischen Austausch zwischen den beiden Studentenorganisationen. 241 Mithin ist bezüglich der Entwicklung der amerikanischen wie der bundesdeutschen Studentenbewegung im Verlauf des Jahres 1966 festzuhalten, daß beide Bewegungen sich insbesondere aufgrund der weiteren Eskalation des Vietnamkonfliktes politisch radikalisierten. Dabei war für den amerikanischen SDS weiSiehe hierzu auch Verlagskooperative Trikont, Zum Problem revolutionärer Literaturproduktion, in: apo press (lnformationsdienst flir die Außerparlamentarische Opposition, München), Nr. 23/24, 8. August 1969, S. 25-29. 240 Vietnam Committee for Peace and the Liberation Struggle: Erklärung vom 28. November 1966; SDS papers, Series 3, No. 189. - Als "praktischen" Beitrag dieser proklamierten Solidarität mit den Befreiungsbewegungen der Dritten Welt initiierte das Vietnam-Komitee flir Frieden und Befreiungskampf zusammen mit dem SOS-Bundesvorstand von Januar 1967 an eine "Sammelaktion flir die FNL". Hinsichtlich des Effektes dieser Sammlung für die einzelnen SOS-Ortsgruppen stellten die beiden derzeitigen SOS-Bundesvorsitzenden Reinn1t Reiche und Peter Gäng einige Monate später fest, daß durch diese Aktion "viele kleine und dahinvegetierende SOSGruppen" wieder "mobilisiert" werden konnten. Reimut Reiche/Peter Gäng: Vom antikapitalistischen Protest zur sozialistischen Politik, in: neue kritik, Nr. 41, April 1967, S. 26. 241 Brief von Greg Calvert an die Münchner SOS-Gruppe vom 30. November 1966; SDS papers, Series 3, No. 189.

2.4 Bundesdeutsche Studentenbewegung und Befreiungsbewegungen

127

terhin die Beziehung zum SNCC sowie die persönliche Betroffenheit seiner Mitglieder durch eine mögliche Einberufung zum Militärdienst in Vietnam von wesentlicher Bedeutung. Dagegen rezipierten die Protagonisten des bundesdeutschen SDS bereits in dieser Phase die Schriften von Befreiungstheoretikern der Dritten Welt, insbesondere von Ernesto Che Guevara und Frantz Fanon, und suchten diese für ihre eigene politische Praxis zu nutzen. Damit verlief die Auseinandersetzung des bundesdeutschen SOS mit dem Vietnamkonflikt zwar auf einer ungleich abstrakteren, Vermittelteren Ebene als diejenige des amerikanischen Studentenverbandes. Gleichwohl bleibt jedoch an dieser Stelle festzuhalten, daß sowohl die beiden wichtigsten amerikanischen Studentenorganisationen, SOS und SNCC, als auch der bundesdeutsche SOS aufgrund ihrer Beschäftigung mit dem Vietnamkrieg beziehungsweise den nationalen Befreiungsbewegungen der Dritten Welt allgemein zur Jahreswende 1966/67 ähnliche politisch-ideologische Standpunkte entwickelt hatten. Von dieser Orientierung an den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt sollten auch für die weitere politisch-ideologische Entwicklung der Studentenbewegungen beiderseits des Atlantiks wesentliche Impulse ausgehen.

3. Die Radikalisierung der Studentenbewegungen: "Vom Protest zum Widerstand"

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

3.1.1 Die Orientierung des SDS an den lateinamerikanischen Guerillabewegungen

Die im Zuge des BlackPower-Konzepts vorgebrachte Aufforderung des SNCC an die "weiße" Neue Linke und insbesondere an ihren langjährigen Verbündeten SDS, sich um die "eigenen" politischen Belange zu kümmern, fand ihren Widerhall auf der ersten Regionalkonferenz des SDS-Radical Education Projects an der Princeton University im Februar 1967. SOS-National Secretary Greg Calvert betonte dort in seiner Rede die Verbundenheit des SDS gegenüber dem SNCC. Dieser habe dem "weißen" Studentenverband die Notwendigkeit verdeutlicht, künftig die "eigenen Leute" zu organisieren. Hauptaufgabe des SDS sei es nunmehr, ein "revolutionäres Bewußtsein" zu entwickeln, ein "Bewußtsein über die Bedingungen der Unfreiheit" in den Vereinigten Staaten selbst. Während das "liberale Bewußtsein" ein in "Aktion fiir Andere" übersetztes Gewissen darstelle, der "liberale Reformist" infolgedessen stets engagiert sei in "fighting someone else's battles", bedeute revolutionäres Bewußtsein die Wahrnehmung von sich selbst als "unfrei" und "unterdrückt". Letzteres fiihre mithin zum Kampf "for one 's own freedom in unity with others who share the burden of oppression." 1 Wenn allerdings -und hier tritt der theoretische Einfluß Herbert Marcuses auf den amerikanischen SDS deutlich zutage- in den USA keine "weiße" Massenbewegung aufgebaut werden könne, müßten sich die " Individuen" mit revolutionären Hoffnungen und Perspektiven an den Revolutionen in der Dritten Welt orientieren - "and develop those methodes of activity which will maximize the impact ofpeasant-based revolutions on the structure ofthe American imperialist monster". Falls in den Vereinigten Staaten keine "revolutionäre Klasse" zu finden sei, "then our only hope lies with extemal agencies, with revolutionary deveVgl. Greg Calvert: In White America. Rede an der Princeton University am 18. Februar 1967, in: ders./Carl Davidson: In White America - SDS & Radical Consciousness, hg. v. SDS-REP, Ann Arbor, März 1967, S. I; SPC, 16:25. 9 Juchler

130

3 ... Vom Protest zum Widerstand"

lopments in the Third World". 2 Vor diesem Hintergrund betonte Calvert für das weitere politische Vorgehen des SDS die Notwendigkeit, daß .,schwarze" wie "weiße" Amerikaner ihre gemeinsame Unterdrückung erkennen und ihre Forderungen nach Freiheit erheben müßten, um damit die Basis fiir eine Bewegung zu schaffen, welche die Vereinigten Staaten zu revolutionieren imstande sei. 3 Die politische Orientierung des SDS an der BlackPower-Bewegung sowie den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt ging im Verlauf des Jahres 1967 mit einer verstärkten Rezeption von Befreiungstheorien, insbesondere von Ernesto Che Guevara und Frantz Fanon, einher4- nach Edward Bacciocco stellte Guevaras Guerrilla Wm:fare neben Marcuses One-Dimensional Man in diesem Jahr die am meisten rezipierte politische Lektüre des SDS dar.5 Die zunehmende Orientierung von Teilen der amerikanischen Studentenbewegung und insbesondere des SDS an dem lateinamerikanischen Guerillatheoretiker Ernesto Che Guevara wurde einer breiten Öffentlichkeit durch einen Artikel Paul Hofmanns auf der Titelseite der New York nmes bekannt. Unter der Überschrift The New Left Turns To Mood o.f Violence In Place of Protest skizzierte Hofmann dort die Entwicklung der beiden wichtigsten Studentenorganisationen SDS und SNCC nach und ließ hinsichtlich der jetzigen Situation der Bewegung der Neuen Linken einige Aktivisten zu Wort kommen. Den Artikel einleitend, zitierte der New York Times-Mitarbeiterden SDS-National Secretary Greg Calvert mit den Worten: "We are working to build a guerrilla force in an urban environment. ( . . .) We are actively organizing sedition.''6 Falls derzeit ein .,dominanter Held" der Neuen Linken existiere, so Hofmann weiter, sei dies Ernesto Che Guevara. Eine erstaunlich hohe Zahl von jungen linken Intellektuellen würde den "Abenteurer" aus Argenlinien verehren, "rebellische Studenten" würden sich zu einem "cult ofthe "pure" man of revolutionary action", das heißt zu Guevara, bekennen, der vor mehr als zwei Jahren verschwunden sei und Gerüchten zufolge irgendwo in den Anden die Führung von Aufständen übernommen habe. Zur aktuellen Bedeutung 2 3 4

5 6

Ebcnda. Siehe ebcnda, S. 4. Vgl. Gitlin 1989, S. 246. · Über das Thema Guerillakrieg in Lateinamerika allgemein war in den der studentischen Ncuen Linken nahestehenden Zeitschritten seit dem Spätherbst des Jahres 1966 verstärkt berichtet worden. Siehe etwa Victor Passy: Reheis Concentrating on Education of Peasants and Workers: Peru Guerrillas Reorganizing Alter Setback. in: National Guardian, 22. Oktober 1966, S. 7; ders.: Brazil's Gucrrillas Secretly ßuilding Their Forces. in: ebenda, 17. Dezember 1966, S. 7. Vgl. Baccincco 1974, S. 186. Allen J. Matusow konstatierte in diesem Zusammenhang. daß Guevaras Schrift über den Guerillakrieg zu dieser Zeit zur " movement bible" geriet. Siehe Matusow 1986, S. 326. Paul llofmann: Thc Ncw Lcli Turns To Mood of Violcncc In Place of Protest. in: New York Timcs. 7. Mai 1967. S. I.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

131

von Guevara für die Politik des SDS zitierte Hofmann abermals Greg Calvert: "Che 's message is applicable to urban America as far as the psychology ofguerrilla action goes ... Che sure lives in our hearts.''7 Die Orientierung an "linken" und "anti-imperialistischen" Bewegungen in Lateinamerika sowie die noch aus den Zeiten der Bürgerrechtsbewegung der frühen sechziger Jahre stammenden engen Beziehungen zum SNCC bildeten für Paul Hofmann die ausschlaggebenden Faktoren fiir die von ihm nunmehr konstatierte Diskussion über die Anwendung von Gewalt auf dem Campus. Ernesto Che Guevaras Buch Guerril/a Warfare sei inzwischen zum Bestandteil der "Feldausrüstung" der "jungen Radikalen" geworden. 8 Einen Tag nach Hofmanns Artikel erschien ebenfalls in der New York 1imes ein Artikel von John Leo, der sich mit dem Verhältnis der "alten" zur "neuen" Linken in den Vereinigten Staaten beschäftigte. Den Anlaß hierzu bildete eine Konferenz der "demokratischen Linken" in New York, die unter anderen von Bayard Rustin, Michael Harrington und Irving Howe organisiert worden war. Die Teilnehmer dieser Konferenz, so Leo, zeigten sich über die gegenwärtige Entwicklung der Neuen Linken und insbesondere über deren "wachsende Faszination gegenüber Gewalt" besorgt. In diesem Zusammenhang kritisierte der langjährige Bürgerrechts-Aktivist Rustin die "neuen" Civil Rights-Akteure Stokely Carmichael von SNCC und Floyd McKissick von CORE, die nach seiner Auffassung nicht viel mehr als "Courage" besäßen. 9 SOS-National Secretary Greg Calvert reagierte auf den Artikel Paul Hofmanns mit einer Gegendarstellung im SOS-Organ New Left Notes. Calvert kritisierte dort den "Versuch" Hofmanns, das Gespräch mit ihm zur Darstellung der Neuen Linken als eine "terroristische Bewegung" zu benutzen. Gleichwohl stellte der SOS-National Secretary allerdings fest, daß junge Amerikaner, die fiir die radikale Transformation dieser Gesellschaft arbeiteten, den "guerrilla organizers" in der Dritten Welt in vielerlei Hinsicht ähnlich seien. Ihr Feind sei der gleiche, ob im Ghetto, an der Universität oder in einer bäuerlichen Gesellschaft: der "aggressivexpansive amerikanische Kapitalismus". Hinsichtlich der Darstellung Hofmanns, bei der Neuen Linken handle es sich um eine "terroristische Bewegung", konstatierte Calvert, daß die von jener geforderte radikale Lösung hinsichtlich gesellschaftlicher Veränderungen in den Vereinigten Staaten nicht die Anwendung 7 8 9

Ebenda (Auslassung im Original).-- Vgl. hierzu auch Greg Calven: Democracy from the Heart: Spiritual Values, Decentralism, and Democrarie ldealism in the Movement ofthe 1960s, Eugene 1991. s. 232 ff. Vgl. ebenda. John Leo: Trends ofNew Left Alarm lntellectuals ofthe Old, in: Ncw York Times, 8. Mai 1967, S. 33.

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3. ,. Vom Protest zum Widerstand"

.,konspirativer Gewalt" impliziere. Die Unterstützung der Rechte der Menschen, für ihre eigene Befreiung zu kämpfen, drücke keineswegs den Glauben an oder die Befürwortung von Gewalt aus, sondern lediglich den Glauben daran, daß, ,men should be free to determine the course oftheirown Jivesand thatthey must struggle together to eliminate the bases ofthe violence which oppresses them".10 Die vom SOS-National Secretary vorgenommene Identifikation mit den aufbegehrenden Afro-Amerikanem wie mit den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt und die damit einhergehende Legitimation "revolutionärer" Gewalt, welche die "unterdrückende" Gewalt letztlich abschaffen sollte, wurde für die künftige politisch-ideologische Ausrichtung des SDS symptomatisch. Zugleich geriet Ernesto Che Guevaras fiir Lateinamerika konzipierte Guerillatheorie für Teile der Studentenbewegung in den Vereinigten Staaten wie in der Bundesrepublik zur theoretischen Grundlage von Diskussionen um aktionistisch-voluntaristisch ausgerichtete Konzepte sowie späterhin um die Anwendung "revolutionärer Gewalt" in den westlichen Industriestaaten selbst. Im folgenden Exkurs sollen deshalb kurz die wichtigsten Axiome der Guevaraschen Guerillatheorie dargelegt werden.

Exkurs: Ernesto Che Guevaras Guerillatheorie und das kuhanisehe Exempel Der erste Beitrag Ernesto Che Guevaras zur Theorie der Guerillakriegsführung erschien etwa einen Monat nach dem siegreichen Einzug der Rebellenarmee unter Fidel Castro in Havanna am 8. Januar 1959. Unter dem Titel Was ist ein .. Guerillero''? 11 rechtfertigte Guevara in der Zeitschrift Revoluci6n (Organ der RebellenBewegung des 26. Juli) die Eroberung der politischen Macht durch die irreguläre Partisanenarmee. Ihrer Funktion nach sei die Guerilla die bewaffnete Avantgarde des Volkes im Befreiungskampf, und das Volk bilde die Grundlage der Guerilla. 12 Daraus leitete Guevara die politisch-moralische Legitimität der Guerilla ab: Als bewaffneter Arm des Volkes vertrete sie dessen eigentliche Interessen, Batistas Sturz habe dem Willen des Volkes entsprochen. 10 Greg Calvert: Response to the Sensational Press: Divide and Rute, in: New Lefl Notes, 22. Mai

II 12

1967, S. 2. Siehe hierzu auch den Briefvon SOS-Präsident Nick Egleson an die New York Times als Reaktion auf Hofmanns Artikel, in: ebenda, S. 2 und 8. Die New York Times unterließ es, diese Stellungnahmen zu veröffentlichen. - Nach Auffassung Todd Gitlins trug die Veröffentlichung von Artikeln wie demjenigen von Hofmann ihrerseits zu einem Anstieg der Militanz innerhalb der Studentenbewegung bei. Vgl. Todd Gitlin: The Whole World ls Watching: Mass Media in the Making and Unmaking of the New Left, Berkeley 1980, S. 185 ff. ln: Emesto Che Guevara: Guerilla - Theorie und Methode. Sämtliche Schriften zur Guerillamethode, zur revolutionären Strategie und zur Figur des Guerilleros, hg. v. Horst Kumitzky, Berlin 1968, S. 16-19; künftig zitiert: Guevara 1959. Vgl. ebenda, S. 16.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

133

In diesem Zusanunenhang pointierte er auch die besondere Bedeutung der revolutionären Disziplin und Moral für die Guerilla. Damit wollte er sich zum einen gegen die Gleichsetzung der politisch motivierten Guerilla mit Banditen und Straßenräuberbanden verwahren, zum anderen die grundsätzliche Differenz der Guerilla zur regulären Armee betonen: "Die Guerillaarmee, eine Volksarmee par excellence, muß in ihrer individuellen Zusanunensetzung die besten Tugenden der besten Soldaten der Welt besitzen."13 Deshalb müsse auch die Disziplin des Rebellen eine innerliche sein, welche die äußerlichen Formalitäten der regulären Armee überflüssig mache. Der Guerillero kämpfe nicht allein für einen politischen Führungswechsel, sondern insbesondere auch für die Veränderung der sozialen Verhältnisse der Majorität der Bevölkerung. Mit diesem kurzen Text verfaßte Guevara die erste theoretische Grundlegung seiner Guerillakonzeption. Der Guerillero wird sowohl in seiner Funktion als Kämpfer für die Veränderung des politischen Status quo als auch als revolutionärer Umgestalter der alten Gesellschaft charakterisiert. Entsprechend der in Kuba vorherrschenden Produktionsweise ist der Rebell ein Agrarrevolutionär. Die Betonung der bewußten Disziplin und Moral des Guerillero weist bereits auf die Vorstellungen Guevaras vom "neuen Menschen" hin. Darüber hinaus ist dieser Text vom Februar 1959 aber von besonderer Bedeutung, da Guevara hier den ersten Versuch zur Verallgemeinerung der Erfahrungen aus der kubanischen Revolution unterninunt - seine Rolle als Vordenker der zukünftigen politischideologischen Ausrichtung Kubas zeichnet sich bereits zu diesem Zeitpunkt ab. Zur Verdeutlichung dieses Sachverhaltes sei im folgenden die politische Entwicklung des Inselstaates unmittelbar vor der Revolution kurz ins Gedächtnis gerufen. Als Fidel Castro mit 82 Anhängern Ende 1956 von seinem mexikanischen Exil aus nach Kuba aufbrach, um dort der Diktatur Batistas ein Ende zu setzen, war sein oberstes Ziel die Wiederherstellung der repräsentativen Demokratie auf der Grundlage der Verfassung von 1940, welche von Batista im Zuge seines Staatsstreiches 1952 faktisch außer Kraft gesetzt worden war. Bereits in seiner berühmten Verteidigungsrede 14 vor Gericht, in der er sich für den fehlgeschlagenen Angriff auf die Moncada-Kaserne in Santiaga de Cuba am 26. Juli 1953 rechtfertigte, waren seine Hauptkritikpunkte an der Diktatur Batistas dessen Außerkraftsetzung der Verfassung sowie dessen korrupter und despotischer Herrschaftsstil gewesen. Im Verlauf des zwei Jahre andauernden Guerillakrieges - von der Landung der Partisanen mit der Granma am 2. Dezember 1956 bis zur Flucht Batistas in der Sylvesternacht 1958 in die Dominikanische Republik- waren die 13 Ebenda.

14

Siehe Fidel Castro: Die Geschichte wird mich freisprechen, Bellnhausen 1965.

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3. ,. Vom Protest zum Widerstand"

von Castro vor Gericht geäußerten Forderungen zur politischen Plattform sowohl der Guerilla der Bewegung des 26. Juli als auch einer breiten bürgerlichen Oppositionsbewegung im ganzen Land geworden. Entsprechend heißt es in dem von den Partisanen im Juli 1957 herausgegebenen Manifest der Sierra Maestra: "Quel peut etre le desir commun de tous les partis d'opposition, des regroupements revolutionnaires et les institutions civiques? Oe mettre fin au regime de Ia force, aux violations des droits individuels, a tous cesinfames delits et d'aboutir illa paix a laquelle tous aspirent par l'unique voie possible, Ia voie de Ia Constitution et de Ia democratie." 15

Vor diesem Hintergrund muß die kuhanisehe Revolution in erster Linie als nationale und radikal-demokratische, sozial-reformerische Züge aufweisende verstanden werden. Der Führer der Bewegung des 26. Juli, Fidel Castro, der nach der Flucht Batistas die politischen und administrativen Schlüsselpositionen von seinen Leuten besetzen ließ und damit faktisch die Macht im Staat innehatte, war zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich des von Kuba einzuschlagenden Weges noch indifferent. Die eindeutige Ausrichtung Kubas zu einer sozialistischen Gesellschaftsform fand erst nach Castros Besuch in den Vereinigten Staaten im April 1959 und der Einleitung der Agrarreform durch das Nationale Institut fiir Agrarreform im Mai desselben Jahres statt.16 Der eher im Hintergrund der politischen Bühne agierende Ernesto Che Guevara kann als der ideologische Kopf der sozialen und ökonomischen Neuordnung der kubanischen Gesellschaft angesehen werden. Die oben behandelte frühe Schrift Guevaras weist bereits die später von der kubanischen Regierung übernommenen politischen Zielvorstellungen auf und beschränkt sich insbesondere nicht auf die anstehenden Gesellschaftsveränderungen in Kuba. Vielmehr zeigte sich hier schon der Visionär Guevara, wenn er die soziale Umgestaltung Kubas nur im Zusammenhang mit ähnlichen Veränderungen auf dem gesamten lateinamerikanischen Kontinent zu denken bereit war. Für ihn hatte die kuhanisehe Revolution bereits im Februar 1959 Beispielcharakter für den Subkontinent, und er erachtete die revolutionäre Methode zur Erringung der Macht durch den bewaffneten irregulären Guerillakampf auch in anderen Staaten für anwendbar. Diese kurzen, direkt nach dem Sieg der Bewegung des 26. Juli aus dem Stegreif verfaßten Thesen arbeitete Guevara binnen Jahresfrist zu einem Handbuch für den Guerillakrieg aus. La guerra de guerrillas 17 bildet den Kern der Fokustheorie, I5

L'unite contre Ia dictature, in: Fidel Castro: Lesetapes de Ia revolution cubaine. Textes reunis et presentes par Michel Merlier, Paris 1964, S. 52 f. 16 lnstituto Nacional de Retorma Agraria (IN RA); vgl. hierzu besonders die Stellungnahmen Fidel Castros in den USA, in: Castro 1964, S. 84 ff. 17 Dt.: Der Guerillakrieg, in: Emesto Che Guevara: Guerilla - Theorie und Methode, a.a.O., S. 20-123; künftig zitiert: Guevara 1960.- DerCiausewitz-Forscher und Militärgeschichtler Wemer

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

135

welche später von Guevara und Regis Debray noch weiter überarbeitet werden sollte. Guevara entwickelt und behandelt hier alle wesentlichen Aspekte dieser Guerillakonzeption, für deren praktische Umsetzung er schließlich 1966 nach Bolivien ging und dort im Oktober 1967 den Tod fand. Ihrer politischen Bestimmung nach war die in handlichem Format hergestellte Schrift für Guerillagruppen des gesamten lateinamerikanischen Kontinents konzipiert. Kuba sollte den Aufständischen sowohl in methodisch-taktischer als auch in politisch-ideologischer Hinsicht als Beispiel dienen. Die drei wichtigsten Lehren, welche Guevara für die Guerillabewegungen aus den Erfahrungen der kubanischen Revolution ableitete, waren: "I. Die Kräfte des Volkes können einen Krieg gegen eine reguläre Armee gewinnen. 2. Nicht immer muß man warten, bis alle Bedingungen für eine Revolution gegeben sind, der aufständische Fokus kann solche Bedingungen selbst schaffen. 3. Im unterentwickelten Amerika müssen Schauplatz des bewaffneten Kampfes grundsätzlich die ländlichen Gebiete sein." 18

Vor allem die zweite Lehre sollte für die weitere Entwicklung der Guerillabewegungen in Lateinamerika, aber auch für die Guevara-Rezeption der Studentenbewegungen in den westlichen Industrienationen von immenser Wichtigkeit werden. Sie bildet auch die Grundlage für die sich im Verlauf der sechziger Jahre entwickelnden heftigen Polemiken zwischen den Anhängern der Fokustheorie auf der einen und den traditionellen Kommunistischen Parteien in Lateinamerika sowie den sozialistischen Staaten auf der anderen Seite. Seine eigenen voluntaristischen Thesen verteidigend, kritisierte Guevara in seinem Handbuch zum Guerillakrieg die "Pseudorevolutionäre, die ihre Untätigkeit mit Geschwätz über die Unbesiegbarkeit einer regulären Armee zu rechtfertigen suchen." 19 Ausgehend von seinen eigenen Partisanenerfahrungen mit der Bewegung des 26. Juli in Kuba, vertrat Guevara sein Postulat von der Guerilla als Avantgarde des unterdrückten Volkes, welche durch die Aufnahme des bewaffneten Kampfes gegen die Armee des jeweiligen Unterdrückers die revolutionären Bedingungen für den politischen Umsturz schaffen solle. Die Guerilla habe in diesem Prozeß eine Katalysatorfunktion zu erfüllen, indem sie auf die Polarisierung der gesellschaftlichen Kräfte hinarbeitet und dabei ausschlaggebende Bevölkerungsteile fur die Rebellion gewinnen kann. Darüber hinaus sollten die Guerilleros im Sinne der neu zu gestaltenden, postrevolutionären Gesellschaft als Erzieher des Volkes wirken:

18 19

Hahlweg urteilte über Guevaras Guerillakrieg, daß es sich dabei "geradezu (um) eine Felddienstordnung des Partisanenkrieges in nahezu vollendeter Behandlung des Stoffes'' handle. Wemer Hahlweg; Lehrmeister des kleinen Krieges. Von Clausewitz bis Mao Tse-tung und (Che) Guevara; Darmstadt 1968, S. 168. Guevara 1960, S. 23. Ebenda.- Siehe hierzu ausfUhrlieh die Ausführungen zur Trikontinentalen und zur OLAS-Konferenz, unten Abschnitt 3.1.3 und 3.1.4.

136

3. "Vom Protest zum Widerstand"

"Der Guerillero als der Reformer der Gesellschaft muß nicht nur durch sein persönliches Beispiel allen anderen Vorbild sein, sondern auch ständig unter den Massen ideologischerzieherisch arbeiten und ihnen seine während des Guerillakrieges gewonnenen Erfahrungen vermitteln. Diese Erfahrungen beeinflussen in günstiger Weise die Bewußtseinsbildung der Revolutionäre und stärken sie."20

In dieser Passage wird deutlich, wie nach der Auffassung Guevaras das Verhältnis zwischen Guerilla und Landbevölkerung beschaffen sein sollte. Guevara geht nicht von einer ebenbürtigen Beziehung zwischen den potentiellen "Befreiern" und den zu "Befreienden" aus, vielmehr erinnert das schulmeisterliche Auftreten der Guerilla an die Erfullung eines missionarischen Auftrags. Als Kontrast sei hier der afrikanische Befreiungstheoretiker Frantz Fanon angefuhrt, der das Verhältnis zwischen Revolutionär und Volk in anderer Weise gestaltet wissen wollte: "Die aus den Städten gekommenen Männer (das heißt die politischen Führer der Rebellion, I. J.) gehen jetzt in die Schule des Volkes, und gleichzeitig geben sie dem Volk eine politische und militärische Ausbildung."2 1 Bei Fanon klingen die Vorstellungen des jungen Marx hinsichtlich gesellschaftsverändemder Prozesse durch, wie dieser sie in der dritten These über Feuerbach formuliert hatte: "Die materialistische Lehre von der Veränderung der Umstände und der Erziehung vergiBt, daß die Umstände von den Menschen verändert und der Erzieher selbst erzogen werden muß."22 Guevara vemachläßigt das Problem der "Erziehung" der revolutionären Führer, uns wird diese Frage besonders im Zusammenhang mit Guevaras Menschenbild und Demokratieverständnis noch ausfuhrlieber beschäftigen.23 Im besonderen Maße hebt Guevara weiterhin auf die Notwendigkeit und Bedeutung der Disziplin im Guerillakrieg ab. Dabei geht es ihm nicht um eine formelle Disziplin, wie sie in der regulären Armee gefordert wird, vielmehr um eine bewußte, von den revolutionären Zielen der Guerilla bestimmte Selbstdisziplin: "Nur höchste Kampfmoral, eiserne Disziplin, die nicht zu erschütternde Überzeugung aller Kämpfer von der Gerechtigkeit der Sache, flir die sie ihr Leben einsetzen, und die hervorragenden persönlichen Eigenschaften ihrer Führer befähigen die Guerillabewegung besonders in der Anfangsperiode eines Guerillakrieges, alle Schwierigkeiten und Hindernisse erfolgreich zu überwinden: ·24

20 21 22 23 24

Ebenda, S. 53 f. Fanon 1961, S. 108. Kar! Marx: Thesen über Feuerbach, in: ders./Friedrich Engels: Werke, Bd. 3, Berlin 1983, S. 5 f. Siehe unten den Exkurs in Abschnitt 3.1.7. Ebenda, S. 104 f.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

137

Konsequenterweise sollen deshalb in der Guerillaarmee, in welcher die formellen Umgangsformen und Hierarchien der regulären Armee durch eine bewußte Disziplin ersetzt wurden, alle Partisanen gleichrangig behandelt werden. Dem Kommandanten wird nicht aufgrund seines Ranges per se Autorität zugestanden, vielmehr muß er sich diese durch äußersten persönlichen Einsatz und Selbstzucht erwerben. Der comandante muß selbst der vollkommenste Guerillero und seinen Kampfgefährten in allem ein Vorbild sein. Das pädagogische Verhältnis zwischen Guerilla und Volk ist auch für die Beziehungen innerhalb der Guerilla zwischen dem Befehlshaber und seinen Kombattanten konstitutiv: jener erzieht diese durch sein persönliches Beispiet.25 Guevaras La guerra de guerrillas hatte jedoch nicht nur einen instrumentellen Gebrauchswert als Anleitung zum Aufbau von Partisaneneinheiten und für das Gelingen von Guerillaoperationen. Der politische Gehalt der Schrift, die Thesen Guevaras bezüglich der weiteren politischen Entwicklung Lateinamerikas beziehungsweise der gesamten Dritten Welt sollten grundlegend werden für die kuhanisehe Außenpolitik bis in die späten sechziger Jahre und die gesamte Region über Jahre in Atem halten. Nach Guevaras Auffassung war das revolutionäre Kuba zum Symbol der Befreiung und der nationalen Unabhängigkeit geworden. Die kuhanisehe Revolution wird als Modellrevolution für den gesamten Kontinent vorgestellt, an ihr hätten die Völker Lateinamerikas erfahren, "wie sie durch den bewaffneten Volkskampf, beginnend in schwer zugänglichen Gebieten, die angeblich unbesiegbare Armee des Feindes erschöpfen und schließlich vernichten können". 26 Darüber hinaus stellte Guevara die gesellschaftlichen Umwälzungen in Kuba in den Zusammenhang mit den antikolonialen Befreiungskämpfen in Afri~a und Asien und wurde damit zum Vordenker der Trikontinentalen Konferenz: "Unter dem Ansturm der Völker, die fl.ir ihre nationale Unabhängigkeit kämpfen, bricht das Kolonialsystem zusammen. Sein voller Zusammenbruch ist unabwendbar. Über alle Schranken der Religion, der Sitten, Gebräuche und der ethnischen Besonderheiten hinweg reichen sich die Völker die Hände und vereinen sich zum gemeinsamen Kampf flir ihre nationale Unabhängigkeit, fur eine ungehinderte Entwicklung ihrer Wirtschaft und ihrer Kultur. In Bandung haben sich die Völker Asiens und Afrikas zum gemeinsamen Kampf verbunden, und durch ihre Hilfe ftir das revolutionäre Kuba bezogen sie die Völker der Länder Lateinamerikas in ihren Freundschaftsbund ein."27

An dieser Stelle soll nun der Frage nachgegangen werden, inwieweit diese Übertragung des kubanischen Revolutionsmodells auf den gesamten lateinameri25 Vgl. besonders ebenda, S. 62 und 67 f. 26 Ebenda, S. 115. 27 Ebenda, S. 113.

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3. ,. Vom Protest zum Widerstand"

kanischen Kontinent gerechtfertigt ist und wo dieser Gedanke henührt. Dem Guerillakampf der Bewegung des 26. Juli unter Führung Fidel Castros in Kuba lag kein ausgearbeitetes militärisch-politisches Konzept zugrunde. Zwar waren die späteren Partisanen der Sierra Maestra von einem ehemaligen Oberst der republikanischen Armee Spaniens, Alberto Bayo, vor ihrer Einschiffung nach Kuba in Mexiko geschult worden, doch war fur den Sturz des Dikatators Batista durch das Zusammenwirken der Guerilla mit der Opposition in den Städten ursprünglich ein viel kürzerer Zeitraum veranschlagt gewesen als der schließlich tatsächlich benötigte. Insofern war der zweijährige Guerillakampf in Kuba ad hoc improvisiert worden. Guevara unternahm dann nach der siegreichen Revolution insbesondere in seiner Schrift La guerra de guerri/las den Versuch, die während des Partisanenkampfes gemachten Erfahrungen zu systematisieren und eine gewisse Gesetzmäßigkeit daraus abzuleiten. Die auf diese Weise entstandene "Lehre" der Guerillakriegsführung sollte für den gesamten Subkontinent Gültigkeit besitzen. Diese Lehre Guevaras fur den politischen Umsturz ist allerdings nur vor dem Hintergrund der politisch-sozialen Entwicklung Kubas nach der Flucht Batistas zu verstehen. Kuba hatte bis zur Drucklegung von Guevaras Guerillakriegsschrift bereits eindeutig einen Weg eingeschlagen, der nicht dem herkömmlichen der übrigen lateinamerikanischen Staaten entsprach. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Umsetzung des Agrarreformgesetzes vom 17. Mai 1959 als Kernstück des revolutionären Programms der neuen Regierung unter Fidel Castro (Aufuebung aller Pachtverpflichtungen, Schaffung von Kooperativen etc.), aber auch die Hebung des allgemeinen Bildungsniveaus (tendenzielle Beseitigung des Analphabetismus). Die nach dem Besuch Castros in den USA im April 1959 sich stetig verschlechtemden Beziehungen Kubas zu dem ehemaligen Haupthandelspartner wurden durch einen zwischen Kuba und der UdSSR abgeschlossenen Handelsvertrag Anfang 1960 noch mehr belastet: Kuba bemühte sich fortan insbesondere hinsichtlich ökonomischer Hilfeleistungen fur den Aufbau seiner Wirtschaft mehr und mehr um Unterstützung aus dem sozialistischen Lager. In diesem Kontext nun spricht Guevara sehr harte Töne gegen die "US-Imperialisten", die nichts mehr furchteten, "als daß die anderen lateinamerikanischen Völker dem Beispiel Kubas folgen und ihre Geschichte selbst in die Hände nehmen".28 Für letztere ist die dem kubanischen Muster entsprechende revolutionäre Methode der Guerillakriegsfuhrung gedacht. Guevara vergißt oder unterschlägt bei dieser Übertragung jedoch - und das ist für die Bestimmung der Fokustheorie als zukünftige revolutionäre Interventionsmethode der Völker La28

Ebenda, S. 114 f.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

139

teinamerikas entscheidend-, daß die kuhanisehe Befreiungsbewegung den Sieg über die Diktatur Batistas nur mit Hilfe eines breiten Oppositionsbündnisses erreichen konnte. Die Unterstützung der Guerillas in den ländlichen Gebieten Kubas durch die demokratischen Kräfte in den Städten sowie durch die im US-amerikanischen Exil lebenden kubanischen Bürger war für den Ietztlichen Erfolg der Guerilla konstitutiv. Der militärische Sieg der Partisanenverbände über die reguläre Armee des Diktators wäre ohne die Unterstützung aus dem bürgerlich-demokratischen Lager nicht möglich gewesen. Dieser Aspekt wird von Guevara nicht erörtert, er konzentriert sich bei seinen Ausführungen ausschließlich auf den Guerillakampf und postuliert. daß der Guerillafokus allein durch die Aufnahme des Kampfes die Bedingungen für einen politischen Umsturz selbst schaffen kann. 29 Zwar bemerkte Guevara einschränkend, daß die Guerilla nicht die "Gesamtheit aller Bedingungen" schaffen könne. doch nahm er das Vorhandensein dieser strukturellen Voraussetzungen (wie etwa Armut unter der Landbevölkerung, Unzufriedenheit gegenüber der Regierung usw.). welche die "Bildung und Festigung eines ersten Fokus"30 ermöglichen, in ganz Lateinamerika als gegeben an. Guevara erachtete alle Völker des Subkontinents, ob sie unter einer repressiven Diktatur oder in einem Staat mit legaler demokratischer Verfassung lebten, als politisch unterdrückt und sozial ausgebeutet. Ziel des Guerillakampfes ist deshalb fur Guevara nicht die eventuelle Wiederherstellung einer demokratischen Verfassung oder die Einrichtung einer repräsentativen Demokratie in den Ländern Lateinamerikas, sondern die soziale Revolution. Da letzteres von der Bewegung des 26. Juli nicht von Anbeginn der Kampfhandlungen intendiert war, konnten die Rebellen auf die Unterstützung der bürgerlich-demokratischen Opposition Kubas bauen. Nicht so bei den von Guevara projektierten Revolutionen in Lateinamerika: Hier sollte allein der "Ruf des Volkes" (das Volk wird von Guevara gleichgesetzt mit der in sozialer Armut lebenden Majorität der Landbevölkerung) nach sozialer Gerechtigkeit und politischer Freiheit das Fundament fur eine soziale und politische Umwälzung bilden. In der Guerilla sollte das Volk seine Avantgarde erkennen und durch Unterstützung derselben dieser zum militärischen Sieg verhelfen. Die Billigung oder gar Unterstützung eines solchen Unterfangens seitens der bürgerlichen Kräfte des jeweiligen Landes schloß Guevara von vornherein aus, da eine soziale Revolution deren spezifischen Interessen zuwiderliefen. Entsprechend der ihnen zugrunde liegenden Logik sind diese Gedankenzüge Guevaras durchaus schlüssig: Wenn die bürgerlich-demokratischen Kräfte ihre Interessen durch die

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Ygl. ebenda, S. 23. Ebenda.

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3. "Vom Protest zum Widerstand"

von der Guerilla vorangetriebene soziale Revolution gefährdet wissen, so werden sie dies kaum unterstützen, im Gegenteil. Der Kardinalfehler Guevaras ist jedoch in dem Umstand zu suchen, daß er die Guerilla, welche unter bestimmten gesellschaftlichen Kräftekonstellationen und im Bund mit der bürgerlichen Opposition die Batista-Diktaturmilitärisch besiegen und die politische Macht im Staat übernehmen konnte, nun zum alleinigen und schließlich alles entscheidenen Faktor fiir die Veränderung des Status quo erklärte. 3J Die Begründung hierfiir findet sich in Guevaras Schrift Guerra de guerrillas: un metodo.3 2 Hier pointierte er nochmals die Bestimmung der Fokustheorie fiir den gesamten lateinamerikanischen Kontinent und verteidigte sie insbesondere gegenüber den KPs Lateinamerikas als den unter den gegenwärtigen Bedingungen einzig richtigen revolutionären Weg.33 Auch erachtete er dort wiederum die objektiven Bedingungen fiir die "Entfaltung des Kampfes" als ,.äußerst günstig". Es komme deshalb jetzt auf den festen Willen der Guerillaavantgarde an, die Revolution voranzutreiben: "Niemand kann sich um den Titel einer Avantgardepartei bewerben wie um ein offizielles Universitätsdiplom. Avantgardepartei sein heißt, an der Spitze der Arbeiterklasse stehen im Kampf um die Macht, es verstehen, sie zu deren Eroberung zu fuhren und dazu auch die kürzesten Wege zu finden. "34 Hinter der Propagierung des revolutionären Krieges in Lateinamerika verbarg sichjedoch nicht allein der hehre, gleichsam abstrakt moralische Wunsch Guevaras nach Befreiung der lateinamerikanischen Völker und der Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft. Vielmehr war Guevara zwischenzeitlich - nach der Wirtschaftsblockade und außenpolitischen Isolierung Kubas durch die Vereinigten Staaten, der Invasion in der Schweinebucht im April 1961 und der Raketenkrise im Oktober 1962 - zu der pragmatischen Auffassung gelangt, daß Kuba als

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32 33

34

Vgl. hierzu auch Boris Goldenberg: Kommunismus in Lateinamerika, Stuttgart 1971, S. 324-337. -Den Überraschungseffekt, mit dessen Hilfe die kuhanisehe Guerilla den militärischen Sieg über die offizielle Armee errungen hatte, konnten die nachfolgenden Partisanen in Lateinamerika nicht mehr nutzen: die jeweiligen Machthaber nahmen die Guerillaoperationen nun sehr ernst. Es wurden Spezialeinheiten der Armee zur Guerillabekämpfung ausgebildet, und auch die USA unterwiesen fortan verstärkt Elitetruppen in der "Counterguerrilla". Vgl. ausfUhrlieh Werner Hahlweg: Guerilla- Krieg ohne Fronten, Stuttgart 1968, S. 194 ff.; und Michael McCiintock: Instruments of Statecratl: U.S. Guerrilla Warfare, Conterinsurgency and Counterterrorism, 1940-1990, New York 1992, S. 161 ff.- Siehe in diesem Zusammenhang auch die bereits oben im Exkurs zur militärischen lnvolvierung der USA in Vietnam dargelegte Rezeption der Schriften Mao Tse-tungs und Erneste Che Guevaras durch Präsident John F. Kennedy. Dt.: Guerillakrieg: eine Methode, in: Erneste Che Guevara: Guerilla - Theorie und Methode, a.a.O., S. 124-142. Ebenda, S. 134. Ebenda, S. 128 und 130.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

141

einziges sozialistisches Land in dieser Region auf Dauer nicht in der Lage sei, sich zu behaupten respektive "sozialistisch" zu überleben: "Angesichts dieses amerikanischen Panoramas gestaltet sich die Erringung und Konsolidierung des Sieges in einem isolierten Land schwierig. Auf die Vereinigung der Repressionskräfte muß mit der Vereinigung der Volkskräfte geantwortet werden. In allen Ländern, in denen die Unterdrückung einen unerträglichen Grad erreicht, muß die Fahne der Rebellion aufgepflanzt werden, und diese Fahne wird auf Grund historischer Notwendigkeit kontinentale Züge tragen. Die Andencordillere ist berufen, die Sierra Maestra Amerikas zu sein, wie Fidel sagte; und all die riesigen Territorien, die dieser Kontinent umschließt, sind berufen, Schauplatz des Kampfes auf Leben und Tod gegen die Macht des Imperialismus zu sein."35

An dieser Stelle wird deutlich, daß die voluntaristische Bestimmung der Guerillakriegsmethode fur den lateinamerikanischen Kontinent nicht allein als Verkündigung der politischen Mission Guevaras und Castros fur ein sozialistisches Lateinamerika verstanden werden muß. Vielmehr stellen sich die Fokustheorie und ihre in den folgenden Jahren bis zur OLAS-Konferenz mit äußerstem Nachdruck betriebenen Umsetzungsbemühungen als Produkt der politischen Isolierung Kubas dar. Die Verbreitung des Guerillakrieges auf dem Kontinent erschien der kubanischen Führung als existentielle Aufgabe. 36 Der in der Fokustheorie propagierte politische Voluntarismus wurde im Verlauf der späten sechziger Jahre auch von den sich radikalisierenden Teilen der Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und in der Bundesrepublik aufgrund der Rezeption der Schriften Guevaras sowie Regis Debrays vertreten. Nach dem gewaltsamen Tode Guevaras bei dem Versuch, seine Guerillatheorie auf dem lateinamerikanischen Subkontinent in die Praxis umzusetzen, praktizierten schließlich Teile der Studentenbewegungen insbesondere in den Vereinigten Staaten einen ausgesprochenen "Guerilla-Kult", wobei die Auffassungen darüber, was eine "Guerillagruppe" in einem modernen Industriestaat charakterisieren soll, weit auseinandergingen.- Wir werden an gegebener Stelle darauf zurückkommen.

35 36

Ebenda, S. 136. Zur Weiterentwicklung der Guevaraschen Guerillatheorie in der Folge der gescheiterten Umsetzung der Kontinentalisierungsstrategie in Bolivien im Oktober 1967 siehe Timothy P. WickhamCrowley: Guerrillas und Revolution in Latin America: A Comparative Study of lnsurgents and Regimes since 1956, Princeton, N.J. 1992, S. 209 ff.; Jorge G. Castai\eda: Utopia Unarmed: The Latin American Left After the Cold War, New York 1993, S. 73 ff.; Klaus-Dieter Tangermann: Avantgarde und Massen im Mittelamerika. Die Fortschritte der Guerillatheorie seit Che Guevara: in: Probleme des Klassenkampfes 81, 1990, S. 146-168; und Wemer Mackenbach: Carlos Fonseca und der Sandinismus. Zum 30. Jahrestag der Gründung der FSLN, in: Das Argument, Nr. 188, 1991, S. 586 f.

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3 ... Vom Protest zum Widerstand"

3.1.2 Die ldent(fikation des SNCC mit den Befreiungsbewegungen der Dritten Welt

Das im Verlauf des Jahres 1966 stark herausgebildete Selbstverständnis von SNCC als einer Organisation, welche ihren politischen Kampf im Bund mit Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt führt, fand auf dem "SNCC statT meeting" im Mai 1967 in Atlanta seinen offiziellen Ausdruck. Der Studentenverband bezeichnete sich- in Abgrenzung zu ihrer bisherigen Betätigung als integrationsorientierte Civil Rights-Organisation- hinfort als "Human Rights Organization", welche sich nicht nur fur die Befreiung der schwarzen Bevölkerung in den USA einsetzte, sondern den "Befreiungskampf gegen Kolonialismus, Rassismus und ökonomische Ausbeutung in Afrika, Asien und Lateinamerika" unterstützen wollte.37 Darüber hinaus sollte bei den Vereinten Nationen ein Antrag auf einen ,,Non-Govemment Organization status" gestellt werden, und zugleich bekundete SNCC den Willen, mit Regierungen und Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt zusammenzuarbeiten. Zur Koordinierung dieser Aktivitäten wurde die SNCC-lnternational Affairs Commission mit Sitz in New York unter der Leitung von James Forman eingerichtet, der diese Position bis zum Sommer 1969 begleitete. Neuer Vorsitzender des Studentenverbandes wurde der SNCC-Vorsitzende von Alabama, H. Rap Brown, der auf einer Pressekonferenz am 12. Mai in Atlanta zu seiner Wahl erklärte, daß sich auch in Zukunft nichts an der BlackPower-Politik von SNCC ändern und der Studentenverband sich fur die Schaffung eines "strong nationwide black anti-draft program and movement" einsetzen werde. 38 Im Zusammenhang mit der proklamierten Allianz mit bewaffnet kämpfenden Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt relativierte der afro-amerikanische Studentenverband weiterhin das ursprüngliche SNCC-Prinzip der "Gewaltlosig37

38

Die entsprechende Resolution war von James Forman eingebracht worden, der sich dabei an Maleolm x· Kritik des Begriffes ,.civil rights" orientiert hatte. Siehe Forman 1990, S. 480. Maleolm X hatte in seiner Rede The Ballot or the Bulle! auf einer vom CORE organisierten Zusammenkunft im April 1964 daftir plädiert. den Kampf um .,civil rights" auf den um ,.human rights" auszudehnen, um dadurch die Anliegen der Afro-Amerikaner in den Vereinigten Staaten vor die Vereinten Nationen bringen zu können: .,Expand the civil-rights struggle to the Ievel of human rights, take it into the United Nations, where our African brothers can throw their weight on our side, where our Asian brothers can throw their weight on our side, where our Latin-American brothers can throw their weight on our side, and where 800 million Chinamen are sitting there waiting to throw their weight on our side." Maleolm X: The Ballot or the Bulle! (4. April 1964), in: Maleolm X Speaks, a.a.O., S. 35. Weiterhin konstatierte der neue SNCC-Vorsitzende in diesem Zusammenhang: .,We see no reason for black men, who are daily murdered physically and mentally in this country, to go and kill yellow people abroad, who have done nothing to us and are, in fact, victims of the same oppression that our brothers in Vietnam suffer." H. Rap Brown auf einer Pressekonferenz in Atlanta am 12. Mai 1967, zitiert nach Civil Rights, Volume 2, 1967-68, zusammengestellt von Steven D. Price, New York 1973, S. 118. - Siehe weiterhin das Interview mit H. Rap Brown in Atlanta vom I. Juni 1967, in: SNCC Speaks For ltsell: a.a .O., S. 8-12.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

143

keit". In der von SNCC in Atlanta verabschiedeten Resolution wurde diesbezüglich festgestellt: "( ... ) although our name indicates the original form of our struggle, we do not foreclose other forms ofstruggle ( . . .)."39- Die blutigen "riots" in den afro-amerikanischen Ghettos von Newark und Detroit sollten schon wenige Wochen später SNCC den Anstoß dafür liefern, diesem ursprünglichen Prinzip gänzlich abzuschwören und statt dessen den bewaffneten Guerillakampf in den Vereinigten Staaten zu fordern. Die Verbundenheit von SNCC mit den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt wurde von Vertretern des Studentenverbandes fortan auch auf zahlreichen internationalen Konferenzen vorgestellt und vertreten. So hatten sich Julius Lester und Charlie Cobb bereits im März 1967 an einer Untersuchungsgruppe des Bertrand Russel/ War Crimes Tribunal beteiligt, welche zur Aufgabe hatte, die in Nordvietnam durch OS-Bombardements angerichteten Schäden zu dokumentieren. Das SNCC wurde bei dervom 2. bis l 0. Mai 1967 in Stockholm stattfindenden ersten Sitzungsperiode des Russell-Tribunals über die amerikanischen Kriegsverbrechen in Vietnam offiziell durch seinen Vorsitzenden Stokely Carmichael als Mitglied des Tribunals repräsentiert, der allerdings von Courtland Cox vertreten wurde. 40 Des weiteren hatte James Forman als Leiter der SNCC-International Affairs Commission an dem von den Vereinten Nationen veranstalteten International Seminar on Apartheid, Racism, and Colonialism vom 24. Juli bis 10. August in Südafrika teilgenommen. 41 In dem dort von Forman vorgestellten Positionspapier heißt es, daß SNCC die Afro-Amerikaner in den Vereinigten Staaten als "kolonisiert" erachtet, die "Kolonie" innerhalb der USA ähnelte in vielerlei Hinsicht denjenigen in der Dritten Welt. Der weltweite Kampf gegen den Rassismus sei deshalb "unteilbar", wobei dem Kampf gegen die von Südafrika verfolgte "Herrenvolk mentality" höchste Priorität zukomme. SNCC sah darüber hinaus die verschiedenen Kämpfe auch insofern als miteinander verbunden an, als Erfolge in einem Land positive Auswirkungen auf die Auseinandersetzungen in anderen Ländern nach sich ziehen würden. 42 SNCC nahm hier eine Übertragung der von 39 40

41

Zitiert nach Forman 1990, S. 487. Siehe Julius Lester: Allls Weil, New York 1976, S. 136 ff.; Russell Stetler: Report from Hanoi, in: New Lefl Notes, 20. Januar 1967, S. 2. Zur ersten Sitzungsperiode des Russe II-Tribunals siehe Bertrand Russell/Jean-Paul Sartre: Das Vietnam-Tribunal oder Amerika vor Gericht, Reinbek 1968; David Dellinger: Report from the Tribunal, in: Liberation, April 1967, S. 7-13; sowie ders.: Report from the Trihunal .. ·ll, in: Liberation, Mai/Juni 1967, S. 7-14; und Carl Oglesby: Vietnam: This ls Gucrnica, in: New Lcft Notes, 25. September 1967, S. 4-6.- David Dellinger war Mitglied des Tribunals, der ehemalige SOS-Präsident Carl Oglesby war nach der ersten Tagung des Tribunals in London vom 13. bis 15. November 1966 ebenfalls als Mitglied kooptiert worden. Zuvor war Forman in Dar es-Salam bereits mit Tansanias Präsident Julius Nyerere zusammengekommen. Siehe Forman 1990, S. 482 ff.

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3 . .,Vom Protest zum Widerstand"

Frantz Fanon erstellten These, wonach der Sieg oder die Niederlage einer Befreiungsbewegung auch Rückwirkungen auf andere koloniale Kriegsschauplätze zeitige, auf den weltweiten Kampf gegen Rassismus vor.43 Zur Aufgabe des SNCC in diesem Kampf heißt es in dem Positionspapier weiterhin: "We accept our responsibility for the attack on the American front." Doch liege es in der Verantwortung deljenigen, die an dem jeweiligen "Frontabschnitt" kämpften, zu unterscheiden, welche Strategie und Taktik anzuwenden sei. 44 Hinsichtlich dieses letztgenannten Punktes begannen sich allerdings die Positionen des ursprünglich dezidiert fiir gewaltfreien Protest eintretenden Studentenverbandes denjenigen der bewaffnet kämpfenden Befreiungsbewegungen stetig anzunähern. Der sich seit Mitte der sechziger Jahre herausbildenden politisch-ideologischen Identifikation von SNCC mit den antikolonialen Befreiungskämpfen in Afrika folgte nun, im Sommer 1967, auch die Übernahme der Kampfpraktiken dieser Bewegungen in Form der Propagierung des Guerillakampfes in den Vereinigten Staaten durch das SNCC. Neben der generellen politischen Orientierung an den Befreiungsbewegungen und der Enttäuschung über die gescheiterten Partizipationsversuche hinsichtlich der Einflußnahme auf die Demokratische Partei bei deren Konvent im August 1964 in Atlanta durch die Mississippi Freedom Democratic Party, sind insbesondere die seit 1965 jeden Sommer weiter eskalierenden, ,riots" in den afro-amerikanischen Ghettos der Großstädte als Ursachen dieser Hinwendung zu gewaltsamen Formen des politischen Kampfes zu benennen. Stokely Carmichael erklärte in diesem Zusammenhang auf der in London stattfindenden Konferenz The Dialeefies ofLiberation im Juli 1967 erstmals, daß die Rebellionen in den großen afro-amerikanischen Ghettos in den USA nicht bloße "Unruhen" seien, sondern "schließlich zum Guerillakrieg fuhren werden".45 Die afro-amerikanischen Ghettos, so Carmichael weiter, seien " innere Kolonien" des "Imperialismus", deren Kampf um Befreiung in Beziehung stehe "zum Kampf gegen den Imperialismus auf der ganzen Welt". Zwar könnten die Afro-Amerikaner nicht auf militärischem Wege das ganze Land erobern, doch seien sie imstande, als "zersetzende Kraft" in den Städten zu wirken. Carmichael stellte den Teilnehmern an der Konferenz46 mithin ein arbeitsteiliges Modell fiir 42 "To win the battle there (in Südafrika, I. J.) is to hasten the victory in the U.S.A." SNCC-Positi43

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45

onspapier, vorgelegt auf dem International Seminar on Apartheid, Racism, and Colonialism in Südafrika, 24. Juli bis I 0. August 1967, publiziert in Forman 1990, S. 486-490, hier S. 489. Vgl. Fanon 1961, S. 59. Ygl. das SNCC-Positionspapier in Forman 1990, S. 489. Stokely Carmichael: Black Power, in: Dialektik der Befreiung, hg. v. David Cooper, Reinbek

1969, S. 29. 46 Neben Carmichael traten dort auch Herbert Marcuse, Paul Sweezy, Lucien Goldmann, John Gerassi, Paul Goodman, Gregory Bateson, Ronald Laing und David Cooper als Redner auf.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

145

den "Kampf gegen den Imperialismus" weltweit vor: "Während wir im Inneren zersetzen und nach dem Auge des Kraken zielen, hoffen wir darauf, daß unsere Brüder von außen her zersetzen, um den USA die Krakenarme abzureißen." Die Black Power-Bewegung habe als Katalysator nun die "zornige Jugend", das "wirkliche revolutionäre Proletariat" zusammengeführt, und dieses sei dazu bereit, "für die Befreiung unseres Volkes mit allen nötigen Mitteln zu kämpfen". Diese "ungestüme Jugend" sei" vonjenem Haß erfüllt", "den Che Guevara meint, wenn er sagt: "Haß ist ein Element des Kampfes, unnachgiebiger Haß gegen den Feind, der uns über die natürlichen Grenzen des Menschen hinaustreibt und uns in tüchtige, unbarmherzige, vorzügliche und kalte Tötungsmaschinen verwandelt".'47 Dabei wird die von den Afro-Amerikanem anzuwendende Gewalt von Carmichael als "Gegengewalt" legitimiert. Die "Weißen" seien das "gewalttätigste Volk, das die Erde gesehen hat", und die Afro-Amerikaner wollten diese Gewalt nicht länger nur hinnehmen: "Ich fürchte, die schwarzen Amerikaner können es sich nicht leisten, zu den Galgen zu marschieren, wie es die Juden getan haben. Wenn die USA, das weiße Amerika, Nazi spielen wollen, dann müssen sie sich sagen lassen, daß die schwarzen Amerikaner keine Juden sind, daß wir zurückschlagen werden, bis wir tot sind. " 48 In London nahm Stokely Carmichael die von Ralph Schoeman von der Bertrand Russell Peace Foundation übermittelte Einladung an, in Havanna an der Konferenz der Organizaci6n Latinoamericana de Solidaridad (OLAS) teilzunehmen. Auf der Trikontinentalen Konferenz waren ein Jahr zuvor die Vertreter von verschiedenen lateinamerikanischen Guerillagruppen dazu übereingekommen, diese Konferenz zur besseren Organisierung und Abstimmung der diversen Gue47

48

Ebenda, S. 35 f. - Das Zitat von Emesto Che Guevara hat Carmichael dessen Brief an das Exekutivsekretariat von OSPAAAL entnommen. Siehe Emesto Che Guevara: Brief an das Exekutivsekretariat von OSPAAAL. Schaffen wir zwei, drei, viele Vietnam' Eingeleitet und übersetzt von Gaston Salvatore und Rudi Dutschke (=Kleine Revolutionäre Bibliothek I), Berlin 2)968, S. 27; künftig zitien: Guevara 1967. James Forman stellte hinsichtlich der Bedeutung Guevaras für die aufbegehrenden afro-amerikanischen Jugendlichen fest : "Alle schwarzen Jugendlichen intensivienen 1967 das Studium der Revolution, und Guerillaführer wie Che Guevara wurden wichtiger für sie als jemals zuvor." James Forman: 1967: Höhepunkt des schwarzen Widerstandes. Ein historischer Exkurs 1947-1967, in: Gerhard Amendt, Hg.: Black Power. Dokumente und Analysen, Frankfun/M. 1970, S. 24. Ebenda, S. 38 f. - Carmichael rekurrien in seiner Rede des ötieren auch auf Fanon und Sanre. Siehe ebenda, S. 29 und 39. Sanre hatte ein emphatisches Vorwon zu Die Verdammten dieser Erde geschrieben und hinsichtlich der Situation der Kolonisierten festgestellt: .. Man bleibt entweder terrorisien oder wird selbst terroristisch. Das heißt: sich entweder den Auflösungsprozessen eines verfalschten Lebens überlassen oder die urspriingliche Einheit erringen. Wenn die Bauern zu den Waffen greifen, verbleichen die alten Mythen, die Tabus werden eins nach dem anderen umgestülpt: die Waffe des Kämpfers ist seine Menschlichkeit." Jean-Paul Sanre: Vorwon. zu: Fanon 1961, S. 19 f.

10 Juchler

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3... Vom Protest zum Widerstand"

rillaaktivitäten auf dem Subkontinent abzuhalten. Ernsto Che Guevara war, obwohl zu dieser Zeit bereits in Afrika und Bolivien als Guerillaführer tätig, der eigentliche Spiritus rector dieser beiden Konferenzen. Da dieser jedoch nicht nur maßgeblichen Einfluß auf Guerillabewegungen in der Dritten Welt, sondern in politisch-ideologischer Hinsicht auch auf die amerikanische wie die bundesdeutsche Studentenbewegung ausübte, sollen im folgenden Exkurs zunächst die Grundlagen seines Internationalismusverständnisses geklärt werden.

Exkurs: Ernesto Che Guevaras Ideologem des ..proletarischen Internationalismus" Der gebürtige Argentinier Guevara hatte bereits während seiner Studienzeit Chile, Peru, Kolumbien und Venezuela bereist, nach Abschluß seiner medizinischen Ausbildung im Jahre 1953 besuchte er dann auf einer weiteren Reise Bolivien, Peru, Ecuador und Costa Rica. 49 Im Januar 1954 gelangte Guevara mit seinem Reisegefährten Ricardo Rojo schließlich nach Guatemala. Dieses mittelamerikanische Land wurde seit 1951 von Präsident Jacobo Arbenz Guzman regiert, welcher zu jener Zeit im Begriff war, eine umfassende Agrarreform durchzufuhren. Dabei geriet er unweigerlich in einen Interessenkonflikt mit der US-amerikanischen United Fruit Compan_r•. US-Außenminister John Foster Dulles forderte 1954 bei der OAS ein Eingreifen gegen die angeblich kommunistische Führung Guatemalas, und schließlich stürzte Oberst Castillo Armas mit der Hilfe von in den USA ausgebildeten Truppen die Regierung Arbenz.50 Für Guevara, der sich zu diesem Zeitpunkt in Guatemala aufuielt, wurde diese von den USA indirekt unterstützte Intervention mit der Folge des Sturzes einer einwandfrei demokratisch gewählten Regierung zum Schlüsselerlebnis. Der Werdegang Guevaras als Sozialrevolutionär hatte hier seinen Ursprung, seine gesamte weitere politisch-ideologische Entwicklung war von diesem Ereignis geprägt. 51 Dem argentinischen Journalisten Jorge Ricardo Masetti gegenüber äußerte Guevara später während eines Interviews in der kubanischen Sierra Maestra im April 49 Vgl. hierzu die Beschreibungen von Guevaras Vater. in: Emesto Guevara Lynch: Mein Sohn Che, Harnburg 1986, passim. 50 Siehe ausfUhrlieh Philip B. Taylor, Jr.: The Guatemalan Affair: A Critique of United States Foreign Policy, in: The American Political Science Review, Vol. 50, 1956, S. 787-806; Cole

51

Blasier: The llovering Giant: U.S. Responses to Rcvolutionary Change in Latin America, Pittsburgh 197ft, S. 151-177; und Stcphcn Kinzcr/Stcphen Schlcsinger: The Untold Story ofthe American Coup in Guatemala. Garden City, N.Y. 1982. Vgl. hierzu Erncsto Che Guevara: Die Freiheil muß in jeder Region Lateinamerikas erkämpft werden, in: ders.: Schrilien zum Internationalismus (=Ausgewählte Werke in Einzelausgaben. ßd. 4), hg. v. Horst-Eckart Gross. Köln 1989, S. 12.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

147

1958, daß er zusammen mit einer Gruppe junger Männer versucht hatte, Widerstand gegen die Invasion zu leisten. Doch wären damals in Guatemala zu wenig Menschen bereit gewesen, gegen die Invasoren zu kämpfen. 52 Er selbst mußte schließlich nach Mexiko fliehen. Die guatemaltekischen Erlebnisse prägten Guevara dergestalt, daß er sich 1954 im Grunde jeder revolutionären Rebellengruppe hätte anschließen können, die gegen einen vermeintlichen lateinamerikanischen Tyrannen zu kämpfen sich anschickte. 53 Somit ist es einer Konvergenz von Charakter und Zufall zuzuschreiben, welche Guevara in seiner mexikanischen Zuflucht auf die Gruppe Exilkubaner um Fidel und Rau1 Castro stoßen ließ. Guevara war sehr schnell von deren Idee eingenommen, den durch einen Staatsstreich an die Macht gelangten und diktatorisch herrschenden Fulgencio Batista mittels eines bewaffneten Aufstandes zu stürzen. Mithin dachte Guevara bereits zu diesem Zeitpunkt in kontinentalen Dimensionen: Die kuhanisehe Revolution war fur ihn von Anbeginn nur ein Schritt hin zur Befreiung des gesamten Kontinents von Diktatur und Unterdrückung. 54 Er hob sich dadurch vom Führer der Bewegung des 26. Juli, Fidel Castro, ab- der Kubaner blieb auch nach der siegreichen Revolution zunächst dem Denken im nationalen Rahmen verhaftet, die von der Revolutionsregierung postulierte internationalistische Haltung gründete auf Guevaraschem Gedankengut. Wie Guevara die kuhanisehe Revolution nicht als isoliertes Phänomen sondern als Fanal fiir weitere sozialrevolutionäre Umbrüche auf dem gesamten Subkontinent wertete, so ordnete er diese in Lateinamerika aufziehenden Veränderungen wiederum in einen weltumspannenden Zusammenhang ein. Bereits einige Monate nach dem Sieg der kubanischen Rebellen veröffentlichte Guevara in der mexikanischen Zeitschrift Humanismo den Artikel .. Lateinamerika, vom afro-asiatischen Balkon aus betrachtet"55, in welchem er erstmals seine revolutionäre Perspektive für die gesamte Dritte Welt entwickelte. Guevara unternahm hier den ersten Versuch, eine Brücke zwischen den unabhängigen afrikanischen und asiatischen Staaten, die 1955 auf der Bandung-Konferenz ihre gemeinsamen Ziele und Interessen formuliert hatten, und dem lateinamerikanischen Kontinent zu schlagen. 56 52 53 54

55 56 !O•

Vgl. Jorge Ricardo Masetti: Los qut: luchan y los que lloran, Buenos Aires 1969, S. 82 tr. Cole Blasier bezeichnete in diesem Zusammenhang Emesto Che Guevara als .,human link" zwischen der guatemaltekischen und der kubanischen Revolution. Blasier 1976, S. 177. Zu einem Überblick über den Kampf der Bewegung des 26. Juli gegen die Diktatur Fulgencio Batistas sieheRobert Taber: M-26: Biography ofa Revolution, New York 1961; Ernst Halperin: Fidel Castro 's Road to Power, Cambridge, Mass. 1970: sowie Hugh Thomas: Cuba or The Pursuit of Freedom, London 1971, S. 824-1034. America desde el balcon afro-asiatico; im folgenden zitiert nach Latin America as Seen from the Afro-Asian Continent, in: Rolando E. Bonachea/Nelson P. Valdes, Hg.: Che: Se Ieeted Works of Emesto Guevara: Cambridge, Mass./London 1969. S. 43-45; künftig zitiert: Guevara 1959b. Zur Entwicklung der Bewegung der blockfreien Staaten sowie zur Konferenz in Bandung vom

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3. "Vom Protest zum Widerstand"

Fidel Castro wird dabei einem fiktiven Publikum aus Afrika und Asien als Führer der kubanischen Revolution vorgestellt. welche wiederum die Speerspitze einer kontinentalen lateinamerikanischen Revolutionsbewegung bilde. Rhetorisch stellt Guevara deshalb die Frage, ob Castro vielleicht "a man of flesh and blood like Sukarno, Nehru, or Nasser" sei. 57 Die Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas sieht Guevara aufgrund ihrer gemeinsamen kolonialen beziehungsweise neokolonialen Unterdrückung durch die hochindustrialisierten Länder des Nordens und ihres Kampfes für annähernd gleiche Ideale als geeint an. Er beschließt darum den Text mit dem Bild einer weltumspannenden Bruderschaft der Völker der Dritten Welt:"( ... ) I teil him (einem fiktiven Bewohner der Dritten Welt, I. J.) that I am his brother, one among many from this side of the world who await with infinite anxiety the moment when our continents will unite and destroy, once and for all, the anachronistic presence of colonialism. "58 Obgleich nun Guevara die kuhanisehe Revolution ab ovo stets im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Veränderungen sowohl auf dem lateinamerikanischen Kontinent wie auch in der Dritten Welt insgesamt betrachtete, so lassen sich doch zwei unterschiedliche Phasen seines intemationalistischen Engagements unterscheiden. Bis zum Herbst 1962 konzentrierte sich Guevara insbesondere darauf, der Kontinentalisierung des kubanischen Beispiels einen theoretisch-ideologischen Rahmen zu schaffen. Seit der Raketenkrise im Oktober 1962 und den daraus resultierenden politischen Differenzen zwischen der kubanischen und der sowjetischen Führung stand hingegen der Versuch im Mittelpunkt der außenpolitischen Aktivitäten Guevaras, Befreiungsbewegungen in Afrika, Asien und Lateinamerika in ihrem Kampf gegen koloniale beziehungsweise neokoloniale Abhängigkeitsverhältnisse und hinsichtlich eines gemeinsamen Ziels- der sozialen Revolution - zu einen. Im folgenden soll deshalb zunächst Guevaras Propagierung des kubanischen Exempels für revolutionäre Umwälungen auf dem Kontinent untersucht werden. Das wichtigste ideologische Moment von Guevaras Kontinentalisierungsbestrebungen macht die Rückbesinnung auf die Unabhängigkeitskämpfe der lateinamerikanischen Völker gegen die spanische Kolonialherrschaft im 19. Jahrhundert aus. Guevara sah sich selbst und Fidel Castro als die geistigen Nachfahren des legendären südamerikanischen Führers der Unabhängigkeitskriege, Sirnon 18. bis 24. April 1955 siehe William M. LeoGrande: Evolution ofthe Nonaligned Movement, in: Problems ofCommunism, Vol. 29, 1980, S. 35-52; Pierre Queuille: Histoire de l'afro-asiatisme jusqu'il Bandoung. La naissance du Tiers-Monde, Paris 1965; und Horst Sasse: Die asiatischafrikanischen Staaten auf der Bandung-Konferenz, Frankfurt/M./Berlin 1958. 57 Guevara 1959b, S. 44. 58 Ebenda, S. 45.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

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Bolivar, an. Waren es zu Bolivars Zeiten noch die spanischen Kolonialherren, welche die Völker Lateinamerikas politisch und wirtschaftlich unterdrückt hielten, so erkennt Guevara 150 Jahre später in den Vereinigten Staaten beziehungsweise im "nordamerikanischen Imperialismus" den Feind aller lateinamerikanischer Bestrebungen nach politischer Selbstbestimmung respektive den Verursacher der schweren Wirtschaftsmiseren des Subkontinents. 59 Damals wie heute stellt sich die lateinamerikanische Welt nach Guevaras Vorstellungen als dichotome dar: hier die immer noch politisch und wirtschaftlich unterdrückten Völker des Subkontinents, dort die Unterdrücker- früher in Gestalt der conquistadores, jetzt als Schergen großer Wirtschaftsunternehmen. Diese Orientierung an der politischen Tradition der Unabhängigkeitskriege und deren Heros Bolivar bildet einen gewichtigen Aspekt fur das Fuß fassen der Guevaraschen Befreiungsideologie auf dem Subkontinent. Das national-patriotische Gepräge dieser Tradition ist dabei fur die Popularität dieser Befreiungsideologie von ebensolcher Bedeutung wie die ihr inhärente einfache Unterscheidung zwischen Gut und Böse. Versinnbildlichte die Gestalt Sirnon Bolivars die Souveränitäts- und politischen Vereinigungsbestrebungen des Subkontinents, so steht der kuhanisehe Nationalheld Jose Marti beispielhaft fur den nationalen Unabhängigkeitskampf der Kubaner. Indem die Bewegung des 26. Juli und die nachmalige revolutionäre Führung Kubas an die Tradition Martis anknüpften, versuchten sie, die von ihnen eingeleiteten gesellschaftlichen Umwälzungen als bereits während der langen Kämpfe Kubas um nationale Unabhängigkeit angelegte geschichtliche Notwendigkeit zu legitimieren.60 Entsprechend dieser Rechtfertigung qua Historie sollte auch das Guevarasche Konzept der Kontinentalisierung der kubanischen Revolution vermittels des bewaffneten Guerillakampfes durch eine Anknüpfung an die antikolonialen Befreiungskriege Bolivars legitimiert werden. Die Bedeutung der Bolivarsehen Tradition fur Guevaras Kontinentalisierungskonzept läßt sich an Guevaras Verteidigung der politischen Programmatik Bolivars gegenüber Angriffen von Kar! Marx ablesen - dem unorthodoxen Kommunisten stand der Libertador insbesondere hinsichtlich lateinamerikanischer Problemstellungen näher als der Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus.61 59 Siehe Emesto Che Guevara: Der Einflußderkubanischen Revolution auflateinamerika, in: ders.: Schriften zum Internationalismus, a.a.O., S. 95 ff.; künftig zitiert: Guevara 1962. 60

61

Zur Bedeutung Jose Martis für die kuhanisehe Nation siehe John M. Kirk: Jose Marti: Mentor of the Cuban Nation, Tampa 1983. Vgl. Emsto Che Guevara: Notes for the Study of the ldeology of the Cuban Revolution, in: Bonachea/Valdes 1969, S. 49.

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Des weiteren gründet sich Guevaras Kontinentalisierungskonzept nicht so sehr auf genaue sozio-ökonomische Analysen der einzelnen Staaten Lateinamerikas, die wirtschaftliche Not des größten Teils der Bevölkerung des Subkontinents wird von ihm vielmehr a priori angenommen.62 Neben wirtschaftlicher Misere und politischer Unterdrückung macht Guevara noch den allen diesen Volkern gemeinsamen Feind in Gestalt der Vereinigten Staaten als weiteren gemeinsamen Nenner des Subkontinents aus: Strukturelle wirtschaftliche wie politische Unterdrückung und der "Koloß im Norden" als Feind aller Emanzipationsbestrebungen bilden die beiden grundlegenden Axiome des Guevaraschen Konzeptes. Davon ausgehend, stellt sich die Entwicklung von Alternativen zum lateinamerikanischen Status quo nach Guevaras Auffassung nunmehr als Aufgabe des subjektiven politischen Willens dar: Das kuhanisehe Beispiel habe gelehrt, daß das revolutionäre Bewußtsein, nach Guevara die wichtigste subjektive Bedingung für eine grundlegende Umwerfung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse in Lateinamerika, erst durch den bewaffneten Kampf selbst geschaffen werden kann.63 Die Möglichkeit, daß das kuhanisehe Exempel einer sozial-politischen Revolution a~f dem lateinamerikanischen Kontinent Schule machen könnte, wurde frühzeitig auch vom State Department in Erwägung gezogen. Dort kam man bereits im November 1959 zu dem Schluß, "daß das Weiterbestehen des CastroRegimes aufunabsehbare Zeit in Kuba in seiner gegenwärtigen Form sehr ernste negative Auswirkungen auf die Position der USA in Lateinamerika, gleichzeitig aber Vorteile für den internationalen Kommunismus nach sich ziehen würde".64 Die kuhanisehe Revolution bewirkte noch unter Präsident Dwight D. Eisenhower einen Kurswechsel der US-Lateinamerikapolitik, welcher dann insbesondere unter der Präsidentschaft John F. Kennedys politisches Profil gewinnen sollte. Als Antwort auf die verheerenden ökonomischen Verhältnisse auf dem Subkontinent begründete Eisenhower die Alliance for Progress - durch die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation sollte das Gros der lateinamerikanischen Bevölkerung davon abgehalten werden, sein Heil in einer sozialrevolutionär ausgerichteten Umwälzung nach kuhanisehern Muster zu suchen. Vier Monate nach seiner Wahl zum Präsidenten stellte Eisenhowers Nachfolger Kennedy das Konzept der Alianza para e/ Progreso anläßlich eines Empfangs lateinamerikanischer Diplomaten im Weißen Haus vor. Kennedy konstatierte dabei, daß große Bevölkerungsteile des Subkontinents unter unwürdigen Verhältnissen lebten, von Bildungs- und 62 Vgl. hierzu Emesto Che Guevara: Kuba - Historische Ausnahme oder Vorhut im Kampf gegen 63 64

den Imperialismus?, in: ders.: Schriften zum Internationalismus, a.a.O.. S. 35. Vgl. ebenda, S. 36 f. Memorandum von Außenminister Herteran den Präsidenten vom 5. November 1959 (freigegeben 1981 ), in: Czempiei/Schweitzer 1989, S. 234.

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Berufsmöglichkeiten ausgeschlossen seien und folglich deren Unzufriedenheit über die bestehenden Verhältnisse wüchse. Zur projektierten Beseitigung dieser Mißstände erklärte Kennedy: "I have called on all the people of the hemisphere to join in a new Alliance for Progress - "Alianza para Progreso" - a vast cooperative etTort, unparalleled in magnitude and nobility ofpurpose, to satisfy the basic needs ofthc American people for homes, work and land, health and schools- techo, trabajo y ticrra. salud y escuela:·6 5

Der US-Präsident kündigte den Ländern Lateinamerikas umfassende strukturelle wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen an, welche hinsichtlich der dazu von den Vereinigten Staaten bereitgestellten Ressourcen dem Europäischen Wiederauf bauprogramm gleichkommen sollten. Mit diesen Maßnahmen beabsichtigten die USA "to complete the revolution of the Americas - to build a hemisphere where all men can hope for a suitable standard of living- and all can live out their Jives in dignity and in freedom. ( ... ) But we call for social change by free men- change in the spirit ofWashington and Jefferson, ofBolivar and San Martin and Martinot change which seeks to impose on men tyrannies which we cast out a century and a half ago. " 66 Die letzte Passage war insbesondere auf die Staaten Kuba und Dominikanische Republik67 gemünzt, welche Kennedy zuvor explizit erwähnt und deren Bevölkerung er gewünscht hatte, sie möge sich bald wieder der "Gemeinschaft der freien Menschen" ("society offree men") anschließen können. Bezeichnend fiir Kennedys programmatische Rede ist dessen geschichtlicher Rekurs auf die Tradition der antikolonialen Befreiungskämpfe des gesamten Subkontinents. Die von Kennedy festgestellte geistige Einheit der Führer der nordamerikanischen und der lateinamerikanischen Unabhängigkeitsbewegungen sollte die historische Grundlage fiir eine politische wie wirtschaftliche Annäherung der beiden Amerikas nun in den sechziger Jahren bilden. Mithin rekurrieren sowohl US-Präsident John F. Kennedy wie auch der ideologische Kopf der kubanischen Führung. Ernesto Che Guevara. zur Untermauerung ihrer diametral verschiedenen politischen Konzepte ftir Lateinamerika auf die geschichtliche Tradition der antikolonialen Freiheitskämpfe des 18. und 19. Jahrhunderts. Eine gewisse Verwandtschaft des kubanischen Staatschefs Fidel Castro mit dem legendären Bolivar hatte Kennedy im übrigen bereits zu Zeiten 65

66 67

The "Alliance for Progress" Speech ( 13. März 1961). in: Presidelll Kennedy Speaks, o.O., o.J., S. 48. ·-Zum Konzept der Allianz flir den Fortschritt siehe weiterhin Yvonne Baumann: John F. Kennedy und "Foreign Aid". Die Auslandshilfepolitik der Administration Kennedy unter beson· derer Berücksichtigung des entwicklungspolitischen Anspruchs. Stuttgart 1990, S. 149 ff. Ebenda, S. 51 f. Seit ihrem Staatsstreich im Jahre 1930 herrschten die Brüder Rafael und Hector Trujillo Molina mit diktatorischer Gewalt in Santo Domingo.

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festgestellt, als er noch Senator in Massachusetts war: Castro, so Kennedy damals, sei ein Teil der Hinterlassenschaft Bolivars, "who led his men over the Andes Mountains, vowing "war to the death" against Spanish rule, saying, "Where a goat can pass, so can an army"."68 Die sozialrevolutionären Umwälzungen in Kuba wurden von Kennedy damals als Folge der in ganz Lateinamerika vorherrschenden miserablen sozio-ökonomischen Verhältnisse interpretiert. Kuba sei deshalb kein Einzelfall, und es bestünde die Gefahr für die gesamte Hemisphäre, daß die ,,Ideen" und "Kräfte", welche auf anderen Kontinenten für ähnliche "Stürme" wie auf der Karibikinsel sorgten, auch auf den Subkontinent übergreifen könnten. Folglich forderte Kennedy für die zukünftige Politik gegenüber den lateinamerikanischen Staaten: "( ... ) we can take the long-delayed positive measures that are required to enable the revolutionary wave sweeping Latin America to move through relatively peaceful channels and to be hamessed to the great constructive tasks at hand.''69 War die Antwort Guevaras auf die politische wie wirtschaftliche Unterdrückung des Subkontinents das Konzept der Kontinentalisierung der kubanischen Revolution, so erhoffte sich die Kennedy-Administration durch einen breiten Katalog insbesondere wirtschaftlicher Hilfsmaßnahmen, der materiellen Notlage der dortigen Bevölkerung beizukommen. Die kuhanisehe Revolution und ihre letztliehe Orientierung70 an den sozialistischen Staaten hatten die Vereinigten Staaten aufgeschreckt: Aus ihrer Sicht bestand nun die akute Gefahr, daß das von Präsident Dwight D. Eisenhower ursprünglich auf Südostasien gemünzte Prinzip der Dominotheorie nun quasi vor der eigenen Haustür zur Geltung kommen könnte. Die Alianza para el Progreso sollte dieser Gefahr entgegenwirken, indem sie ihr die materiellen Grundlagen zu entziehen trachtete. Das Forum für eine Diskussion der lateinamerikanischen Staaten über die Alliance for Progress bildete die Tagung des Consejo Interamericano Economico y Social (Interamerikanischer Wirtschafts- und Sozialrat) in Punta del Este (Uruguay) vom 5. bis 17. August 1961. 71 Kuba wird auf dieser Konferenz, gleichwohl 68 Kennedy ftihrte in diesem Kontext weiterhin zur kubanischen Revolution und deren Führer aus:

69 70 71

"Castro is also pan of the frustrationofthat earlier revolution which won its war against Spain but left largely untouched the indigenous feudal order." John F. Kennedy. zitien nach Allan Nevins. Hg.: The Strategy of Peace: Senator .lohn F. Kennedy, New York I960, S. 132 f. Ebenda, S. 133. Daßdie sozialrevolutionäre Führung Kubas sich nicht zwangsläufig an die sozialistischen Staaten des Ostens hätte richten müssen, wenn die USA ihr gegenüber eine andere Politik eingeschlagen hätten, wurde von Senator Kennedy hier ebenfalls zur Diskussion gestellt. Siehe hierzu ausführlich Octavio lanni: lmperialism and Diplomacy in lntcr-Amcrican Relations, in: Julio Cotler/Richard R. Fagen, Hg.: Latin America and the United States: The Changing Political Realities, Stanford 1974, S. 27 ff.; und Cuba at Punta del Este, Havanna 1962.

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zu diesem Zeitpunkt (vier Monate nach der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht) bereits deutlich war, daß die Republik der Allianz nicht beitreten würde, von Ernesto Che Guevara vertreten. Dieser versuchte in seiner Rede vor den Delegierten, die wirtschaftlichen Errungenschaften des revolutionären Kuba zu veranschaulichen und nutzte dieses Plenum zugleich, um nochmals die von den USA unterstützte Invasion in Kuba vom 4. Aprill96l zu verurteilen. Die politische Essenz seiner Ansprache bestand jedoch in der Ankündigung, daß das kuhanisehe Beispiel auf dem Subkontinent bald Schule machen werde: "Wir können nicht umhin, unser Beispiel zu exportieren, denn so wollen es die Vereinigten Staaten; unser Beispiel ist eine Idee und daher grenzüberschreitend."72 Die politisch-programmatische Antwort der kubanischen Führung auf den Vorstoß der USA mit der Alianza para el Progreso erfolgte ein halbes Jahr später mit der Veröffentlichung der Zweiten Deklaration von Havanna. Unverkennbar weist dieses Dokument als seinen geistigen Vater Guevara aus und verdeutlicht mithin aufs neue dessen ideologische Führung innerhalb der Revolutionsregierung in jener Zeit: Guevaras Fokustheorie kommt in diesem Dokument ebenso zum Tragen wie sein lateinamerikanisches Kontinentalisierungskonzept und seine weltumspannenden internationalistischen Vorstellungen - der Text stellt eine Zusammenfassung der Guevaraschen Revolutionstheorie in brevi dar. Nach Auffassung der Verfasser der Zweiten Deklaration waren die in Punta del Este versammelten Repräsentanten der lateinamerikanischen Staaten lediglich dienstbare "Lakaien" der dort herrschenden "Oligarchien", die unter dem Druck des "US-Imperialismus ( ... ) den Verzicht auf die nationale Souveränität unserer Völker" leisten und die "Verewigung des verhaßten Rechts auf Einmischung in die inneren Angelegenheiten Lateinamerikas" der USA annehmen sollten. Weiter heißt es in der Deklaration: "Das wäre die Unterwerfung der Völker unter den allgewaltigen Willen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, gegen die sich die Vorkämpfer unserer Unabhängigkeit, von Bolivar bis Sandino, mit ihrer ganzen Kraft von jeher erhoben haben." 73 Gegen diesen Ausverkauf jeglicher noch verbliebener nationaler Souveränität und zur Überwindung des herrschenden politischen und wirtschaftlichen Status quo propagierte die kuhanisehe Führung die kontinentale lateinamerikanische Revolution. Diese verursache die eigentliche Angst der "Ausbeuter und Unterdrücker", soll heißen der USA und der Oligarchien des gesamten Subkontinents. Die kuhanisehe Revolution sei letzteren speziell deshalb ein Dorn im Auge, weil 72 73

Emesto Che Guevara: Die "Allianz für den Fortschritr•- Kubas Standpunkt (8. August 1961 ). in: ders.: Schriften zum Internationalismus. a.a.O .. S. 91 f. Zweite Deklaration von Havanna (4. Februar 1962), in: Fidel Castro: Fanal Cuba. Reden und Schriften 1960-1962, Berlin 1963. S. 382.

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sie den Völkern Lateinamerikas ein Beispiel zur Überwindung der bestehenden Verhältnisse gegeben habe. Doch führt nach Auffassung der kubanischen Führung letztlich kein Weg an der Kontinentalisierung des kubanischen Exempels vorbei.74 Auch der Weg der lateinamerikanischen Revolution wird nach der .,Zweiten Deklaration" dem des kubanischen Beispiels entsprechen: Kleine Partisanengruppen sollen den Kampf beginnen und werden im Verlauf ihrer Aktivitäten immer mehr Zulauferhalten, wodurch schießlieh Schritt für Schritt die alte Macht zersplittert und letztlich besiegt werde. Die Bauern würden in diesem Kampf zwar die ausschlaggebende Macht und den größten Teil der Kämpfer stellen, doch müßten diese aufgrund der ihnen "aufgezwungenen Unwissenheit und Isolierung" von der "Arbeiterklasse" und den .,fortschrittlichen Intellektuellen" geführt werdenJ5 Die Fokustheorie müsse von entschlossenen Kämpfern in Lateinamerika hic et nunc aufgegriffen und in tätige Praxis umgesetzt werden, denn jeder weiter geduldete Aufschub der objektiv notwendigen Revolution bedeute im Grunde nur eine unnötige Verlängerung der leidvollen Situation der lateinamerikanischen Völker: "Die Pflicht eines jeden Revolutionärs ist es, der Revolution zum Durchbruch zu verhelfen. Es ist gewiß, daß in Amerika und in der Welt die Revolution siegen wird; aber es ist nicht Sache des Revolutionärs, sich vor seine Haustür zu setzen, um zu sehen, wie der Kadaver des Imperialismus vorbeigetragen wird. Die Rolle des Hiob paßt nicht flir einen Revolutionär. Jedes Jahr, das der Befreiung Amerikas gewonnen wird, bedeutet die Rettung von Millionen von Kindem fiirdas Leben, von Millionen von Begabungen fiirdie Kultur. Jedes Jahr, das die Revolution unnötig verliert, bedeutet ein Meer von Schmerzen, die den Völkern erspart bleiben können."76 74 75 76

Vgl. ebenda, S. 379. Vgl. ebenda, S. 393 f. Ebenda, S. 395. - Im spanischen Original heißt der erste Satz der hier zitierten Passage: "EI deber de todo revolucionario es hacer Ia revolucion·• - "Die Pflicht jedes Revolutionärs ist es, die Revolution zu machen." (Siehe Segunda Declaracion de Ia Habana, in: Declaraciones de Ia Habana y Santiago, Havanna 1976, S. 59). Die oben zitierte DDR-Ausgabe der Zweiten Deklaration von Havanna hat folglich eine weniger deutliche Übersetzung dieses Satzes gewählt, was vor dem Hintergrund der damals von der sowjetischen KP wie von der SED vertretenen Politik der friedlichen Koexistenz zu verstehen ist. Die Sowjetunion wie auch die sozialistischen Staaten Osteuropas lehnten die von der kubanischen Führung vertretene aktionistisch-voluntaristische Politik ftir Lateinamerika ab. Zwar flihrten diese Divergenzen letztlich nicht zu einem offiziellen Bruch der Beziehungen zwischen Havanna und Moskau, wohl aber zu Auseinandersetzungen zwischen den die sowjetische Politik vertretenden lateinamerikanischen KPs und der kubanischen Führung. Auf dem Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen brach die kuhanisehe Führung ihre Beziehungen zur KP Venezuelas ab, da letztere nicht den Kampf der am guevaristischen Konzept orientierten venezolanischen Guerillas unterstützen wollte (siehe hierzu ausfuhrlieh unten Abschnitt 3.1.4.).- Der dem voluntaristischen Guerillakonzept Guevaras entspechende Satz "Die Pflicht jedes Revolutionärs ist es, die Revolution zu machen" sollte im Verlauf der kommenden Jahre zum Motto sowohl der lateinamerikanischen Guerillas wie auch von Teilen der radikalisierten Studenten in den Vereinigten Staaten und in der Bundesrepublik werden (siehe unten die Abschnitte 4.1.1. und 4.2.2.).

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

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In der "Zweiten Deklaration von Havanna" werden diese für den gesamten Subkontinent geforderten bewaffneten Auseinandersetzungen darüber hinaus in den Kontext eines weltweiten revolutionären Kampfes zwischen den Völkern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas gegen "gewisse europäische Länder und die Vereinigten Staaten von Nordamerika" gestellt. 77 In seinem Aufsatz zur Taktik und Strategie der lateinamerikanischen Revolution, der zur Zeit der Raketenkrise von 1962 entstand, ging Guevara auf deren Eingebundenheit in einen internationalen revolutionären Zusammenhang näher ein: Kuba und Algerien seien Beispiele für den Erfolg des bewaffneten Kampfes zur Herbeiführung gesellschaftlicher Veränderungen. Gegenwärtig stünden Vietnam, Angola, Venezuela und Guatemala als sichtbare Repräsentanten der Völker dieser drei Kontinente, welche mittels sozialrevolutionärer Umwälzungen das alte Herrschaftssystem umzugestalten und eine Gesellschaft sozialistischer Struktur zu schaffen suchten.78 Wiewohl Guevara auch weiterhin der Verfechter der lateinamerikanischen Revolution bleiben und schließlich dafür auch sein Leben lassen sollte, bemühte er sich nach der Raketenkrise vom Oktober 1962 verstärkt um eine politische Annäherung aller Staaten und Fraktionen der Dritten Welt, welche sich um ihre nationale Unabhängigkeit respektive den Aufbau einer postrevolutionären Gesellschaft mit sozialistischer Struktur bemühten.79 Standen Kuba und Algerien beispielhaft für die Möglichkeit des erfolgreichen bewaffneten Kampfes gegen koloniale beziehungsweise neokoloniale Unterdrückung in Lateinamerika und Afrika, so wurde der Kampf der FNL in Südvietnam von Guevara mehr und mehr zum heroischen Exempel fiir den bewaffneten Kampf aller Guerillagruppen der Dritten Welt stilisiert- nicht zuletzt deshalb, weil die FNL in Vietnam gegen den "einzigen Feind Amerikas" kämpfe - den "nordamerikanischen Imperialismus". 80 Für den Kampf der Vietnamesen wie für alle Revolutionen der Völker der Dritten Welt stellte Guevara fest, daß diese notwendigerweise ein "Kampf auf 77 78 79

80

Vgl. ebenda, S. 372. -In einer Ansprache vor Angehörigen des Kubanischen Sicherheitsdienstes bezeichnete Guevara die "Zweite Deklaration von Havanna" als ,.Kommunistisches Manifest unseres Kontinents und unserer Epoche". Vgl. Guevara 1962, S. 121. Vgl. Ernesto Che Guevara: Taktik und Strategie der lateinamerikanischen Revolution, in: ders.: Schriften zum Internationalismus, a.a.O., S. 129; künftig zitiert: Guevara 1962a. Die Kubaner flihlten sich insbesondere durch die allein von Moskau getragene und ohne vorherige Konsultation mit dem karibischen Partner gefallte Entscheidung für den Abzug der Raketen hintergangen und im Stich gelassen. Entsprechend war die kuhanisehe Politik der folgenden Jahre darauf ausgerichtet, die außenpolitische Isolierung Kubas in der westlichen Hemisphäre durch die Unterstützung weiterer sozialrevolutionär bestimmter Revolutionen in Lateinamerika zu durchbrechen, um dadurch auch weniger abhängig vom Wohlwollen des großen Bruderstaates im Osten zu sein. Siehe lngo Juchler: Revolutionäre Hybris und Kriegsgefahr: Die Kuba-Krise von 1962, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 41. Jg.• 1993, Heft I, S. 93 ff. Guevara 1962, S. 95. Vgl. auch Ernesto Che Guevara: Ein Kampf auf Leben und Tod (20. Dezember 1963), in: ders.: Schrilien zum Internationalismus, a.a.O., S. 151 f.; künftig zitiert: Guevara 1963.

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3 . ., Vom Protest zum Widerstand"

Leben und Tod" sein müssen- "es gibt keine Alternative: Entweder der Sieg oder die totale Zerstörung sowie Jahre und Jahre der Herrschaft der imperialistischen Macht über die unterdrückten Völker."81 In seinem Vorwort zu Vo Nguyen Giaps Arbeit Volkskrieg, Volksarmee hob Guevara weiterhin den Beispielcharakter des Guerillakampfes der FNL hervor. 82 Die dort von Vo Nguyen Giap angesprochenen Probleme des revolutionären Volkskrieges in Vietnam erachtete Guevara auch als von besonderer Wichtigkeit für die Völker Lateinamerikas. 83 Obgleich der Kampf der FNL in Südvietnam auch in der Folgezeit von der kubanischen Führung stets als heroisch und beispielhaft für die Befreiungsbewegungen der Dritten Welt propagiert wurde, so blieb es doch im Grunde bei dieser theoretisch-ideologischen Solidarität. Die Aufgabe der praktischen Unterstützung hatten bereits die UdSSR und die VR China in effektiver Weise über Nordvietnam und den Ho-Chi-Minh-Pfad übernommen.S4 Anders gestalteten sich die Beziehungen Havannas zum afrikanischen Kontinent. 85 Erste freundschaftliche Kontakte zwischen der neuen kubanischen Regierung und afrikanischen und arabischen Staaten wurden bereits im Juni 1959 durch einen Besuch Ernesto Che Guevaras in Afrika hergestellt. Die sich auch im Verlauf der folgenden Jahre entwickelnden überaus guten Beziehungen zwischen der kubanischen Führung und prominenten afrikanischen Führern wie Kwame Nkrumah und Sekou Toure oder mit dem Präsidenten der Vereinigten Arabischen Republik, Gamal Nasser, sind auf deren gemeinsame Interessen zurückzuführen: Erklärtes Ziel dieser Führer war es, die Lebensbedingungen der Menschen ihrer nun unabhängigen Staaten zu verbessern und sich für die Erlangung der nationalen Souveränität der sich noch in kolonialer Abhängigkeit befindlichen Staaten Afrikas einzusetzen. In Ghana, wo sehr gute Beziehungen zu Präsident Kwame Nkrumah bestanden, errichteten die Kubaner 1961 ihr erstes militärisches Ausbildungslager in Afrika. Darüber hinaus war Kuba durch besonders enge Bande mit dem bewaffneten Kampf der Front de Liberation Nationale (FLN) in Algerien 81 82

83 84 85

Guevara 1963, S. 153. Vo Nguyen Giap hatte 1941 den Vietminh mitbegründet und war zur Zeit des Vietnamkrieges Verteidigungsminister sowie Oberbefehlshaber der nordvietnamesischen Streitkräfte. Der von Münchner SOS-Mitgliedern gegründete Trikont Verlag publizierte im Jahre 1968 Vo Nguyen Giaps Schrift Volkskrieg, Volksarmee, für deren kubanische Ausgabe Guevara dieses Vorwort verfaßt hatte. Vgl. Emesto Che Guevara: Vorwort, zu: People's War, People's Army, in: Bonachea/Valdes 1969, S. 149 ff. Siehe Kamow 1991, S. 346 ff. Für das Folgende siehe ausführlich Jorge I. Dominguez: To Make a World Safe for Revolution: Cuba's Foreign Policy, Cambridge, Mass. 1989, S. 113-146; und Carmelo Mesa-Lago/June S. Belkin, Hg.: Cuba in Africa, Pittsburgh 1982, dort besonders William M. LeoGrande: Cuban-Soviet Relationsand Cuban Policy in Africa, S. 13-49.

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gegen die französische Kolonialmacht verknüpft: Seit 1960 hatte der Karibikstaat die FLN mit Waffen und Versorgungsgütern unterstützt. Nach dem Sieg der Befeiungsfront im Jahre 1962 errichtete Kuba auch dort ein militärisches Ausbildungslager. Im Gegenzug stand Algeriens Staatspräsident Ben Bella Kuba in der äußerst prekären Situation der Raketenkrise im Oktober 1962 politisch zur Seite: Ben Bella reiste noch während der Krise von Washington aus, wo er sich zu einem Staatsbesuch aufgehalten hatte, direkt nach Havanna und erklärte dort: ,.So, wie Kuba Algerien großzügig geholfen hat, so hilft und wird Algerien Kuba helfen. " 86 Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Kuba und Algerien wurden insbesondere durch Ernesto Che Guevara weiter gepflegt, er besuchte den nordafrikanischen Staat in den folgenden Jahren wiederholt. so im Juli 1963 anläßlich eines Seminars über Wirtschaftsplanung und im April 1964 zu einem offiziellen Staatsbesuch. Auch seine ausgedehnte Afrikareise vom Dezember 1964 bis März 1965 hatte Algier zum Ausgangs- und Endpunkt. Bevor Guevara diese Reise antratt, hatte er bereits vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 11. Dezember 1964 mehr oder weniger deutlich werden lassen, welche Intentionen er mit dem Besuch zahlreicher afrikanischer Staaten verfolgte. Guevaras Rede vor der UNO stand ganz im Zeichen seiner weltumspannenden Befreiungsideologie für die Staaten der Dritten Welt. Der außenpolitische Vertreter Kubas erklärte vor diesem Weltforum, daß es keine .,friedliche Koexistenz" allein zwischen den ,.Mächtigen", das heißt zwischen den westlichen Staaten und den Ländern des Ostblocks, geben könne. Die ,.friedliche Koexistenz" müsse auch für die Staaten der Dritten Welt gelten, was jedoch in der politischen Praxis angesichts kolonialer und imperialistischer Ausbeutung beziehungsweise Unterdrückung nicht der Fall sei. 87 Diese Thesen implizierten eine Kritik an der offiziellen außenpolitischen Leitlinie der UdSSR und stellten die Forderung nach einer von den beiden Supermächten unabhängigen und eigenständigen Politik der Länder der Dritten Welt dar. Ideologisch stand Guevara damit der chinesischen KP-Führung weit näher als der wichtigsten wirtschaftlichen und militärischen Unterstützerin Kubas, der sowjetischen Führung.88 In seiner Rede vor der UNO galt das besondere Augenmerk des lnternationalisten den politischen Entwicklungen in Afrika. Neben den Zuständen in den 86 87 88

Zitiert nach Peter G. Baume: Fidel Castro. .,Maximo Lider" der kubanischen Revolution, München 1988, S. 473. Vgl. Emesto Che Guevara: Kuba- ein freies Land auf dem amerikanischen Kontinent, in: ders.: Schriften zum Internationalismus, a.a.O., S. 192 ff. Vgl. hierzu auch ebenda, S. 194. - AufGuevaras Position im sino-sowjetischen Konflikt kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht näher eingegangen werden. Es soll hier allerdings nicht unerwähnt bleiben, daß sich Guevara auf dem Podium der UNO energisch für die Aufnahme der VR China in die Versammlung der Vereinten Nationen einsetzte (vgl. ebenda, S. 200 Ir.).

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3. ., Vom Protest zum Widerstand"

portugiesischen Kolonien waren es vor allem die Ereignisse im Kongo. die Guevara in seiner Ansprache anprangerte. Nach Ansicht Guevaras war Moise Tshombe, der die Provinz Katanga aus dem seit 1960 unabhängigen Bundesstaat Kongo abgespalten und sich zum Präsidenten hatte wählen lassen, flir die Ermordung des Ministerpräsidenten der Zentralregierung, Patrice Lumumba, am 13. Februar 1961 verantwortlich gewesen. Guevara sah Tshombe als eine von den westlichen Staaten zum Zwecke der Aufrechterhaltung guter Geschäftsbeziehungen mit dem Kongo eingesetzte und unterstützte Marionette an und erklärte deshalb: "Alle freien Menschen der Welt müssen dazu beitragen, das Verbrechen im Kongo zu rächen. "89 Einige Tage nach seiner Ansprache vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen begann Guevara seine Reise durch Afrika wiederum mit einem Aufenthalt in Algerien. Im Mittelpunkt seiner Gespräche mit Algeriens Staatspräsident Ben Bella über allgemeine internationale und afrikanische Probleme stand die Schaffung einer Dritte-Welt-Bewegung blockfreier Staaten. Vorgespräche zu diesem Thema hatte Guevara bereits bei seinem offiziellen Staatsbesuch im März 1964 geführt. Guevara erkannte in dem afrikanischen Kontinent einen wichtigen Verbündeten für den bewaffneten Befreiungskampf Lateinamerikas - in Afrika und Lateinamerika sollte eine gemeinsame Front gegen die "imperialistischen Staaten Westeuropas und die USA" geschaffen werden. Der afrikanische Kontinent bot sich aufgrund der geringeren räumlichen Distanz zu Kuba beziehungsweise Lateinamerika besser für eine praktische, das heißt auch militärische Zusammenarbeit an, als beispielsweise Vietnam oder andere asiatische Staaten.90 Mit diesen fernöstlichen Staaten war jedoch gleichfalls ein politischer Schulterschluß geplant, was unten bei der Erörterung der Trikontinentalen Konferenz noch eingehender untersucht werden wird. Der offizielle Höhepunkt von Guevaras Afrikareise bildete sein Auftritt bei der 2. afro-asiatischen Wirtschaftskonferenz. Nun konnte er- knapp sechs Jahre nach seiner Schrift America desde el balcon afro-asüitico- realiter einer Zuhörerschaft dieser beiden Kontinente seine Vorstellungen von einer internationalistischen Zusammenarbeit der Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas unterbreiten. Zugleich legte er in seiner Rede vor den Konferenzteilnehmern am 24. Februar 89

90

Ebenda, S. 198. - Dieser Ausspruch Guevaras stellt bereits einen Verweis auf sein späteres praktisches Eingreifen in die Geschehnisse der zentralafrikanischen Region dar. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung der Ereignisse im Kongo für die Entwicklung der bundesdeutschen Studentenbewegung oben Abschnitt 2.2.1. Guevara brachte seine im Zusammenhang mit der geplanten Kooperation stehenden revolutionären Hoffnungen auch gegenüber der Witwe Frantz Fanons, Josie Fanon, in einem Interview am 23. Dezember 1964 in Algier zum Ausdruck. Siehe Interview with Josie Fanon, in: Bonachea!Valdes 1969, S. 401 f.

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1965 den nach seiner Auffassung von diesen Staaten einzuschlagenden eigenständigen dritten Weg dar- in deutlicher Abgrenzung zu den sozialistischen Staaten. Guevara wies sich vor seiner Zuhörerschaft, welche er als "liebe Brüder" ansprach, als der Vertreter eines Volkes von Amerika aus, das sowohl unterentwickelt als auch im Begriff sei, den Sozialismus aufzubauen. Vereint sah Guevara die Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas aufgrund ihrer gemeinsamen kolonialen Vergangenheit und ihres "gemeinsamen Strebens": der "Vernichtung des Imperialismus". In diesem "Kampf auf Leben und Tod" gebe es keine Grenzen und die "Durchführung des proletarischen Internationalismus" sei nicht nur eine "Pflicht für alle Völker, die um eine bessere Zukunft kämpfen, sie ist auch eine unausweichliche Notwendigkeit".91 Die sozialistischen Staaten beschuldigte Guevara in diesem Zusammenhang einer "stillschweigenden Komplizenschaft" mit den "Ausbeuterländem des Westens", da der Handel zwischen ersteren und den Staaten der Dritten Welt größtenteils auf der Grundlage von Weltmarktpreisen erfolge. Deshalb forderte er von den sozialistischen Staaten, daß diese in Zukunft den von den Ländern der Dritten Welt eingeschlagenen "Weg der Befreiung" durch die Aufbebung des Wertgesetzes beim Handel mit diesen Ländern unterstützen sollen.92 Die Probleme, welche sich sowohl den sozialistischen Staaten als auch den Ländern der Dritten Welt stellen, müßten von diesen beiden Staatenwelten entsprechend ihrer jeweiligen Möglichkeiten gemeinsam angegangen werden. Sozialistische Staaten und Dritte Welt sollten einen großen "kompakten Block" bilden, "der seinerseits neuen Ländern hilft, sich nicht nur von der politischen, sondern auch von der wirtschaftlichen Macht des Imperialismus zu befreien". In diesem Kontext erklärte Guevara weiterhin, daß Waffen keine Handelsware sein dürften, sie müßten "völlig kostenfrei" an die "Völker geliefert werden, die sie erbitten, um sie gegen den gemeinsamen Feind einzusetzen". Zugleich sollten die sozialistischen Staaten die unterentwickelten Länder der Dritten Welt mit den Errungenschaften der modernen Technik versorgen, da es letzteren nicht möglich sei, den "langen und langsamen Aufstieg der Menschheit vom Feudalismus zum Zeitalter der Atombombe und Automatik" nachzuvollziehen, denn "es wäre ein Weg mit unendlichen und zum Teil unnützen Opfem". 93

91 92 93

Vgl. Erncsto Che Guevara: Rede in Algier, in: Heinrich von Nussbaum, Hg.: Materialien zur Revolution in Reden, Aufsätzen, Briefen von Fidel Castro, Che Guevara, Regis Debray, Darmstadt 1968, S. 138 f.; künftig zitien: Guevara 1965. Ebenda, S. 140. Ebenda, S. 150 f.

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3. "Vom Protest zum Widerstand"

Zum Abschluß seiner Rede forderte Guevara vor den Delegierten aus afrikanischen und asiatischen Staaten die Institutionalisierung ihrer Beziehungen. Oberste Prämisse dafür, daß eine derartige "Union" wirklich zum "Instrument des Kampfes gegen den Imperialismus" werden könne, müsse die Einbeziehung der lateinamerikanischen Völker in diese Union sein. Zugleich müsse ein Bündnis der auf diese Weise vereinten Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas mit den sozialistischen Staaten geschlossen werden.94 Mit diesem Vorstoß, der mit der algerischen Führung abgesprochen war, hatte Guevara einer gemeinsamen Konferenz mit Vertretern aller Staaten und Gruppierungen der Dritten Welt den Weg bereitet, welche sich dezidiert für einen linkssradikalen Kurs entschieden hatten. Die schon sehr früh nach dem erfolgreichen Sieg über Batista von Guevara formulierte Vision eines politisch-ideologischen und praktischen Schulterschlusses der antikolonialen und sozialrevolutionären Kräfte der Dritten Welt war auf dem besten Wege zu ihrer Verwirklichung- zehn Monate nach Guevaras so programmatischer wie emphatischer Rede fand in Havanna tatsächlich eine Konferenz mit Delegierten aus den drei Kontinenten Afrika, Asien und Lateinamerika statt. Guevara kehrte Mitte März 1965 von seiner Afrikareise nach Havanna zurück. Von diesem Zeitpunkt an war er nie mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten, was schließlich die Weltpresse und politische Beobachter zu mancherlei Spekulationen über sein Verschwinden veranlaßte. So wurde vielerorts gemutmaßt, daß Castro aufDruck Moskaus hin Guevara "entmachtet" habe, da letzterer insbesondere in Afrika die sozialistischen Staaten zu sehr kritisiert habe. Auch Guevaras "verfehlte" Wirtschaftspolitik als Industrieminister und persönliche Differenzen mit Castro wurden als mögliche Ursachen für dessen "Amtsenthebung" angeführt. 95 Guevara formierte in der Folge eine Truppe kuhaniseher Guerilleros um sich und brach mit diesen im Juni 1965 auf, um die gegen die pro-westliche Regierung Moise Tshombes in der Republik Kongo kämpfenden Rebellen zu unterstützen. Dieses Unternehmen ist der festen Überzeugung Guevaras von der Möglichkeit und Notwendigkeit zuzuschreiben, daß nur der bewaffnete Kampf in Afrika wie in Asien und Lateinamerika den Weg für eine sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft bereiten kann, und daß dieser Kampf notwendigerweise international

94 Vgl. ebenda, S. 153 ff. 95 Es ist dies nicht der Rahmen, um den verschiedenen Versionen und Spekulationen über Guevaras

Abtreten aus der offiziellen kubanischen Politik nachzugehen. Als Einstieg für den" Geisterreigen um Che" seien die Guevara-Biographien von Daniel James: Che Guevara. Leben und Sterben eines Revolutionärs, München 1985, S. 445-491, und Elmar May: Che Guevara, Reinbek 1973, S. 87 f., sowie die fundierte Castre-Biographie von Boume 1988, S. 495 ff., empfohlen.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

161

geführt werden muß. In einem Brief Guevaras vom März 1965 an Carlos Quijano von der uruguayischen Wochenzeitschrift Marcha heißt es dazu: "Der Revolutionär, ideologischer Motor der Revolution innerhalb seiner Partei, verbraucht sich in dieser unablässigen Aktivität, die erst mit dem Tod endet, es sei denn, der Aufbau (des Sozialismus, I. J.) im Weltmaßstab ist erreicht. ( ... ) Alle und jeder einzelne von uns entrichtet pünktlich seinen Beitrag an Opfern in dem Bewußtsein, durch die Befriedigung der erfüllten Pflicht belohnt zu werden, mit allen gemeinsam dem neuen Menschen entgegenzugehen, der sich am Horizont abzeichnet."96

Während Guevara und seine kubanischen Mitstreiter von Tansania aus über den Tanganjika-See in das Rebellengebiet von Kinshasa vorstießen und sich dort mit den aufständischen Truppen vereinten, waren die Vorbereitungen für einen Schulterschluß der Befreiungsbewegungen in Afrika, Asien und Lateinamerika auch auf politischer Ebene in vollem Gange. Entsprechend der Guevaraschen Forderung in Algier nach der Schaffung einer "dreikontinentalen" gemeinsamen Front, hatte die IV. Afro-Asiatische Solidaritätskonferenz in Winneba (Ghana) beschlossen, im Januar 1966 eine Solidaritätskonferenz mit Delegierten aus Afrika, Asien und Lateinamerika in Havanna durchzuführen. Zur Vorbereitung dieser Konferenz wurde ein Komitee eingerichtet, welchem der marokkanische Oppositionspolitiker Mehdi Ben Barka vorstand.9 7 Die frühe Vision Guevaras von einem Zusammenschluß der" antikolonialen und anti-imperialistischen Bewegungen" der Völker der Dritten Welt war damit auf dem Weg zu ihrer Verwirklichung: politischideologisch auf der geplanten Konferenz in Havanna, praktisch durch das militärische Eingreifen einer kubanischen Guerillagruppe auf dem afrikanischen Kontinent. Im Verlauf der weiteren Radikalisierung von Teilen der Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und in der Bundesrepublik in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre sollten mehrere der hier aufgezeigten internationalistischen Topoi 96

97

Emesto Che Guevara: Der Sozialismus und der Mensch in Kuba, in: ders.: Ökonomie und neues Bewußtsein. Schriften zur politischen Ökonomie. Vorwort von Horst Kurnitzky und Alex Sc huben, hg. v. Horst Kumitzky, Berlin 1969, S. 154 und 156; künftig zitiert: Guevara 1965a. ln dem Insistieren aufeinen internationalen revolutionären Aktivismus kommt implizit auch eine Warnung Guevaras an die Adresse der kubanischen Führung unter Fidel Castro zum Ausdruck. So erklärte Guevara in dem Brief an Quijano weiterhin: ., Wenn sein (gemeint ist der " Revolutionär" im allgemeinen, I. J.) revolutionärer Eifer abstumpft, sobald die dringlichsten Aufgaben im lokalen Maßstab verwirklicht sind, und wenn erden proletarischen Internationalismus vergißt, dann hört die Revolution, die er leitet, auf, eine treibende Kraft zu sein, und sinkt in bequeme Schläfrigkeit ab ( ... )." Ebenda, S. 154. Zur Vorgeschichte der Trikontinentalen Konferenz siehe besonders Towards the First Tri-continental Conference. Bulletin Published By Chairmanship of the International Preparatory Committee of the First Solidarity Conference of the Peoples of Africa, Asia and Latin America and the Cuban National Committee, Havana 1965; Richard E. Kießler: Guerilla und Revolution. Parteikommunismus und Partisanenstrategie in Lateinamerika, Bonn-Bad Godesberg 1975, S. 332 ff.; und Juchler 1989, S. 48 f.

11 Juchler

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3. "Vom Protest zum Widerstand"'

Guevaras von jenen aufgegriffen und für ihre politisch-ideologische Entwicklung relevant werden. Diese Topoi sollen an dieser Stelle-zum Teil im chronologischen Vorgriff- kurz herausgestellt werden, im entsprechenden Untersuchungszusammenhang wird unten noch näher auf sie eingegangen werden. Entsprechend der Guevaraschen Weltsicht bildet der alle Völker der Dritten Welt gemeinsame Feind der "nordamerikanische Imperialismus", eine These, die von Teilen der Studentenbewegungen beiderseits des Atlantiks im Kontext der sich steigemden Eskalation des Vietnamkrieges geteilt werden sollte, wobei der Vietnamkrieg sowohl von Guevara wie auch von den radikalisierten Studenten als beispielhaft für den Umgang der Weltmacht USA mit antikolonialen beziehungsweise anti-neokolonialen Emanzipationsbewegungen erachtet wurde. Im Unterschied zur von der Sowjetunion und den traditionellen KPs in Lateinamerika vertretenen Politik der friedlichen Koexistenz postulierte Guevara als einzig möglichen Weg der politisch-ökonomischen Emanzipation der Völker der Dritten Welt die soziale Revolution, die notwendigerweise zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit der jeweiligen staatlichen Armee führen müsse. 98 Damit vertrat Guevara in dieser Hinsicht den damaligen Standpunkt der chinesischen KP, der auch von den sich radikalisierenden Teilen der Studentenbewegungen geteilt wurde. Weiterhin korrespondiert Guevaras Auffassung von der zentralen Bedeutung der Bildung des revolutionären Bewußtseins im revolutionären Kampf selbst mit derjenigen von den studentischen Protagonisten in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre vertretenen Position: In Zusammenhang mit Marcuses Feststellung im Eindimensionalen Menschen, wonach alle "Befeiung" vom "Bewußtsein der Knechtschaft" abhänge99 , versuchten letztere durch" bewußtseinsschaffende Aktionen" breitere Kreise über ihre politischen Auffassungen aufzuklären und darüber hinaus ihr eigenes "revolutionäres" Bewußtsein zu schärfen. Die in der Zweiten Deklaration von Havanna vertretene Auffassung, wonach jedes für die Revolution weiterhin verlorene Jahr Millionen Menschen das Leben kosten werde und wonach infolgedessenjetzt unmittelbar mit der Entwicklung des revolutionären Kampfes begonnen werden müsse, wurde in der Folge auch von westlichen Intellektuellen übernommen - der englische Philosoph Bertrand Russen postulierte in diesem Zusammenhang in seiner Grußbotschaft an die Trikontinentale Konferenz in Havanna die Notwendigkeit der Vereinigung oppositioneller Kräfte der westlichen Industriestaaten mit denjenigen in der Dritten 98 99

Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Position von Herbcrt Marcuse, in: ders.: Versuch über die Befreiung, Frankfurt/M. 51980, S. 124 tT.; künftig zitiert: Marcuse 1969. Siehe Marcuse 1967, S. 27.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

163

Welt "unter ein Programm des revolutionären Widerstandes gegen die Unterdrückung und gegen die Ungerechtigkeit", damit die Menschheit nicht länger unnötig zu leiden habe.IOO Auf dem Höhepunkt des Vietnamkonfliktes im Jahre 1968 vermeinten des weiteren auch studentische Aktivisten, in einem welthistorisch entscheidenden Zeitabschnitt zu leben: Für sie stellte sich subjektiv die Alternative, entweder durch ihr individuelles Eingreifen auf der Seite der FNL beziehungsweise der Befreiungsbewegungen der Dritten Welt allgemein den revolutionären Kräften zum Durchbruch verhelfen zu können, oder einer weiteren Periode der Ausbeutung und Unterdrückung dieser Völker beiwohnen zu müssen. Schließlich verstanden sich die radikalisierten Teile der Studentenbewegungen in den modernen Industriestaaten USA und Bundesrepublik Ende der sechziger Jahre als revolutionäres Korrelat zu der von Guevara projektierten "neuen Internationalen" der Befreiungsbewegungen der Dritten Welt. - Im folgenden soll allerdings zunächst auf die von Guevara in die Wege geleiteten Trikontinentale Konferenz sowie auf die Konferenz der Lateinamerikanischen Solidaritätsorganisation in Havanna und die Beteiligung des SNCC-Protagonisten Stokely Carmichael bei letzterer eingegangen werden.

3.1.3 Die Trikontinentale Konferenz in Havanna

Die "Solidaritätskonferenz der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas" fand vom3. bis 15. Januar 1966 in Havanna statt. Aus insgesamt 82 Ländern waren 483 Delegierte sowie 144 Beobachter und Gäste an der Konferenz beteiligt. Wie bisher auf den afro-asiatischen Solidaritätskonferenzen waren auch in Havanna neben Vertretern der verschiedenen Landessolidaritätskomitees, der Befreiungsbewegungen und Massenorganisationen auch Regierungsrepräsentanten einiger Staaten dieser beiden Kontinente anwesend. Aus Lateinamerika war keine offizielle Regierung- mit Ausnahme der kubanischen- vertreten. da diese Regierungen schlechterdings in Opposition zu den in Havanna zur Debatte stehenden weltrevolutionären Thesen standen. Dagegen waren Vertreter verschiedener linksradikaler Gruppierungen aus 19 lateinamerikanischen Staaten zugegen. Die UdSSR, die VR China, die Mongolische Volksrepublik, Nordkorea und Nordvietnam waren durch offizielle Delegationen ihrer Regierungen vertreten. 101

100 Siehe Bertrand Russell: Saluda al pueblo de Cuba en ocasion de Ia Tricontinental, in: Granma, 14. Januar 1966, S. 2; künftig zitiert: Russell 1966.

101 Vgl. Robe11 F. Lamberg: Lateinamerika und die Drei-Kontinente-Konferenz, in: Der Ostblock und die Entwicklungsländer 24, Juni 1966, S. 124.

164

3... Vom Protest zum Widerstand"

Im Mittelpunkt der Konferenz stand die Frage nach den Möglichkeiten, koloniale und neokoloniale Ausbeutungs- und Abhängigkeitsverhältnisse der drei ökonomisch unterentwickelten Kontinente gegenüber dem Westen zu beseitigen. Dabei fiel das Hauptaugenmerk der Konferenzteilnehmer auf die derzeit bewaffnet ausgetragenen Kämpfe in Vietnam und in den portugiesischen Kolonien Afrikas, Guinea-Bissau, Angola und Mosambik. 102 Hinsichtlich des Weges, aufwelchem die Emanzipation erreicht werden könnte und sollte, herrschte auf der Trikontinentalen Konferenz Einmütigkeit. Wie bereits von Emesto Che Guevara vor der UNO-Vollversammlung im Kontext seiner Solidaritätsadresse an die Völker der portugiesischen Kolonien in Afrika erklärt, konnte das Prinzip der friedlichen Koexistenz nach Auffassung der Teilnehmer der Konferenz in Havanna nicht für das Verhältnis zwischen Kolonie und Mutterland gelten. Amilcar Cabral, der maßgeblich an der Gründung der Befreiungsbewegungen PAIGC (Guinea-Bissau) und MPLA (Angola) beteiligt war 103, konstatierte in seinem Redebeitrag am 6. Januar, die "Erfahrung einiger Völker in Vergangenheit und Gegenwart" lehre, daß "Kompromisse mit dem Imperialismus das Gegenteil von dem bewirken, was sie erreichen sollen", und "der normale Weg der nationalen Befreiung, der den Völkern-durch die imperialistische Unterdrückung aufgezwungen wird, derbewaffnete Kampfist". 104 Die Einigkeit über den einzuschlagenden Weg des bewaffneten Kampfes gegen "imperialistische, kolonialistische und neokolonialistische Ausbeutung" bildet mithin auch den großen gemeinsamen Nenner der in Havanna versammelten revolutionären Gruppen und Bewegungen. Diese postulierten in ihrer "Erklärung der Solidaritätskonferenz der Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas" zum Abschluß der Trikontinentalen weiterhin, daß die "Bande der revolutionären und anti-imperialistischen Solidarität" nun fester geknüpft seien; der Ausbeutung ihrer Länder sagten sie den" Kampfbis in den Tod" an. Dem" Yankee-Imperialismus" 102 Zum antikolonialen Befreiungskampf in den portugiesischen Kolonien Afrikas siehe Gerard Chaliand: Guinee ,.portugaise" et Cap Vert en Iutte pour leur independance, Paris 1964; Basil Davidson: ln the Eyeofthe Storm: Angola's People. Garden City, N.Y. 1972; Eduardo Mondlane: Kampf um Mozambique, Frankfurt/M. 1970; und Marcelino dos Santos: Colonies portugaises: une guerre internationale, in: Panisans 59/60, 1971, S. 175-183. I03 Zur Rolle Amilcar Cabrals im Befreiungskampf gegen die portugiesische Kolonialmacht siehe Basil Davidson: The Liberation of Guine: Aspects of an African Revolution, Harmondsworth 1969, passim. I 04 AmilcarCabral: Grundlagen und Ziele der nationalen Befreiung im Verhältnis zur Sozialstruktur, in: ders.: Die Theorie als Waffe. Schriften zur Befreiung in Afrika, hg. v. der Amilcar-CabraiGesellschaft, Bremen 1983, S. 262 ( Hervorhebung im Original).- Cabral trug seinen Beitrag im Namen der Völker und nationalistischen Organisationen der portugiesischen Kolonien vor. Die drei großen Befreiungsbewegungen Guinea-Bissaus, Angolas und Mosambiks, PAIGC, MPLA und FRELIMO, hatten sich bereits 1961 anläßlich der ,.Konferenz der nationalistischen Organisation der Portugiesischen Kolonien" zusammengeschlossen. Vgl. Amilcar Cabral: Unity and Struggle: Speeches and Writings, London 1980, S. 251 ff.

3.1 Die Radikalisierung der amerikanischen Studentenbewegung

165

wird die Führungsrolle bei der Beherrschung und Ausbeutung der Völker in der Dritten Welt vorgeworfen, weshalb es eine .,entscheidende Frage fiir den vollständigen und endgültigen Sieg des anti-imperialistischen Kampfes in den drei Kontinenten" sei, dessen ,,Herrschaft( . . .) niederzureißen".I05 Diesem Verdikt über die Rolle der Vereinigten Staaten bei der Unterdrückung der Völker in der Dritten Welt konnten alle Teilnehmer der Konferenz, die Vertreter Afrikas, Asiens und Lateinamerikas ebenso wie die beiden verfeindeten großen sozialistischen Blöcke UdSSR und VR China zustimmen. Dennoch war eine von dem sino-sowjetischen Schisma ausgehende Spannung während der Trikontinentalen deutlich spürbar. I06 Weiterhin hoben die Konferenzteilnehmer die Bedeutung deijenigen: Länder hervor, welche der "Unterdrückung und Ausbeutung des Menschen durch den Menschen durch die Einfiihrung des Sozialismus" bereits ein Ende gemacht hätten. Sie würden den noch im Kampfbefindlichen Volkern der Dritten Welt als Beispiel dienen und darüber hinaus die fiir diesen Kampf notwendige Hilfe bereitstellen. Letztere wiederum könnten ihrerseits dazu beitragen, die oppositionellen Bewegungen in den westlichen Staaten zu stärken: Die Aktionen der FNL und der "heroische Widerstand" Nordvietnams "tragen dazu bei, das Kampfniveau und das politische Bewußtsein des Volkes der Vereinigten Staaten zu heben, das mit immer größerem Nachdruck seinen Widerstand gegen den Krieg zum Ausdruck bringt." 107 Die Brücke zwischen den Befreiungsbewegungen in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas und den Oppositionsbewegungen in den modernen westlichen Industrienationen, die hier von den Teilnehmern der Trikontinentalen Konferenz geschlagen wird, sollte in den beiden darauffolgenden Jahren auch von den radikalisierten Teilen der Studentenbewegungen in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik thematisiert werden. Im Zuge einer zunehmenden Identifikation mit den Befreiungsbewegungen in Vietnam, Lateinamerika und- insbesondere bei den afro-amerikanischen Studenten in den USA- Afrika, verstand ein I05 Erklärung der Solidaritätskonferenz der Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas vom 3. bis zum 14. Januar 1966 in Havanna, in: Europa-Archiv, Folge 19, 1966, S. D 509. 106 Siehe hierzu ausführlich Georges Albertini: La Conference de La Havane, in: Est & Quest, 15. März 1966, S. 1 li; Rarnon Gonzales de Mendoza: Nationale und internationale Aspekte der Drei-Kontinente-Konferenz in Havanna, in: Der Politologe, Nr. 21, 1966, S. 33 ff.; sowie Cecil Johnson: C'ommunist China & Latin America, 1959-1967, New York!London 1970, S. 165 f. I07 Erklärung der Solidaritätskonferenz der Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, a.a.O., S. D 511 .- Ein ausflihrlicher Bericht über den Konferenzverlauf findet sich in General Secretariat of the OSPAAAL. Hg.: First Solidarity C'onfen:nce of the Peoples of Africa, Asia and Latin America, Havana 1966; und Primera conferencia tricontinental, in: C'uba social ista, Februar 1966, S.

3-20.

166

3. "Vom Protest zum Widerstand"

Teil der Studenten die eigene Opposition mehr und mehr als verbunden mit den Kämpfen in der Dritten Welt. Neben der Erklärung der Konferenzteilnehmer zeitigte die Trikontinentale zwei praktische Ergebnisse. Zum einen wurde im Anschluß an die Konferenz das Exekutivsekretariat der Solidaritätsorganisation der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas (OSPAAAL) mit Sitz in Havanna eingerichtet. Erklärtes Ziel der Organisation, welcher Vertreter von Befreiungsbewegungen aus diesen drei Kontinenten angehörten, war es, die Kämpfe gegen den "Imperialismus, Kolonialismus und Neokolonialismus" zu koordinieren und zu intensivieren. Dabei wurde mit besonderem Nachdruck die Expansion von bewaffueten Guerillaaktivitäten propagiert, wobei Ernsto Che Guevaras Grundthese der Fokustheorie übernommen wurde, wonach die Guerilla selbst die objektiven Bedingungen für eine revolutionäre Umwälzung vielerorts erst herstellt.I08 Das zweite wichtige Ergebnis der Trikontinentalen Konferenz betrifft die Schaffung der lateinamerikanischen Solidaritätsorganisation (OLAS), ebenfalls mit Sitz in Havanna, deren Aktivitäten mit der OSPAAAL abgestimmt werden sollten: Für das kommende Jahr wurde die Abhaltung einer Solidaritätskonferenz mit Vertretern der verschiedenen lateinamerikanischen Guerillagruppen in Havanna beschlossen I09, welche insbesondere aufgrundder Beteiligung des SNCC-Protagonisten Stokely Carmichael für die Studentenbewegung in den USA von Bedeutung werden sollte.IIO 108 Vgl. Constituido el Secretariado Ejecutivo de Ia OSPAAAL. in: Boletin Tricontinental, Nr. 3, Juni 1966, S. I 0 f. -ln der Folgezeit wurde die Zeitschrift Tricontinental als theoretisches Organ vom Exekutivsekretariat der OSPAAAL in spanischer, englischer und französischer Sprache herausgegeben. Das von der Trikont Verlagskooperative in München initiierte Projekt der Herausgabe einer deutschen Ausgabe der Tricontinental mußte mangels der Unterstützung durch den bundesdeutschen SDS wieder aufgegeben werden. Einige SOS-Mitglieder, darunter Reimut Reiche und Bemd Rabehl, hatten zuvor auf einem .,Camp" in Kuba im Sommer 1968 zugesagt, daß der SOS den Vertrieb der Zeitschrift unterstützen werde. Siehe Karl-Dietrich Wolff, Hg.: Tricontinental. Eine Auswahl 1967-1970, Frankfurt/M. 1970, Anhang. 109 Siehe Lionel Soto: Die erste Konferenz der Völkerdreier Kontinente, in: Probleme des Friedens und des Sozialismus, Nr. 4, April 1966, S. 274 f. II 0 Neben der Herausgabe der Monatszeitschrift Tricontinental ist über die heutigen Aktivitäten der OSPAAAL wenig bekannt. Robert F. Lamberg teilte mir im Juli 1990 mit, daß die Organisation wie auch ihr Archiv dem kubanischen Staatssicherheitsdienst unterstehe. - Bei meinem Besuch im August/September 1990 konnte mir der damalige Leiter der Dokumentationsabteilung der OSPAAAL, Eduardo Frank R., zwar einige Materialien flir die vorliegende Arbeit zur Verfugung stellen, doch handelte es sich dabei um Quellen, die allesamt ohnehin öffentlich zugänglich sind. Andere flir den Untersuchungszusammenhang interessante Materialien befinden sich im Archiv der kubanischen KP und können derzeit nicht eingesehen werden. Der jetzige Generalsekretär der OSPAAAL, Rene Anillo Capote, war zu keinem Gespräch über die heutige Struktur der Organisation bereit. Nach Angaben von Eduardo Frank waren im Jahre 1990 Angola, die VR Kongo, Guinea, die DVR Korea, Vietnam und Syrien durch offizielle Regierungsrepräsentanten bei der Organisation vertreten. Eine an läßlich des fUnfundzwanzigsten Gründungsjubiläums von OSPAAAL erschienene Broschüre enthält keine Angaben zur heutigen Arbeit der Organisation.

3.1 Die Radika1isierung der amerikanischen Studentenbewegung

167

Die Trikontinentale Konferenz rief auch insbesondere bei Intellektuellen der westlichen Industrienationen beifällige Reaktionen hervor. So ließ etwa der englische Philosoph Bertrand Russell durch Robin Blackburn anläßlich der Solidaritätskonferenz eine Grußbotschaft an Kuba übennitteln. Russell erklärte darin unter anderem, daß die Völker, welche fiir ihre eigene Emanzipation in ihrem eigenen Land kämpften, dazu die einzigen Mittel benutzten, mit denen sie effektiven Widerstand gegen das in Washington konzentrierte .,industriell-militärische System" leisten könnten. Die weltweite revolutionäre Bewegung habe das Volk in den Vereinigten Staaten, welches nun eine Haltung ähnlich derjenigen der Völker in Asien annehme, ennutigt, offenen Widerstand gegenüber ihren Regierenden zu leisten. Weiter heißt es in der Grußbotschaft ,,Indem ich Sie heute grüße, sind meine Gedanken bei dem kubanischen Volk und seinem Heldentum, mit Fidel Castro und mit der großen internationalen revolutionären Figur, Che Guevara. Dies sind Männer, deren Beispiel überall von den kämpfenden Völkern gefolgt werden wird." 111 Darüber hinaus stellte der Philosoph die geistig-politische Verbindung zwischen den Kämpfen der Befreiungsbewegungen der Dritten Welt und den Aktivitäten der Studentenbewegung in den USA her. So heißt es nach der Feststellung Russells, daß das kuhanisehe Volk das Bewußtsein des nordamerikanischen wachgerüttelt habe: ,.Jede Universität, jede Schule, jede wichtige Stadt der Vereinigten Staaten sind Zeugen des populären Widerstandes des nordamerikanischen Volkes gegen den industriellen und militärischen Komplex, der sie regiert. Die neuerlichen Demonstrationen des Volkes der Vereinigten Staaten stellen einen Tribut an das kuhanisehe Volk dar, da die Forderungen, welche den Widerstand des nordamerikanischen Volkes motivieren, die gleichen sind, welche Kuba in der Praxis erreicht hat. ln der gleichen Weise, wie das Volk der Vereinigten Staaten militanter und stärker in seiner Opposition wird, und in der gleichen Weise, in welcher die Völker in der Welt dem kubanischen Beispiel folgen, wird das räuberische System, welches auf so gefahrliehe Weise den Weltfrieden in Gefahr bringt, vor dem Volk der Vereinigten Staaten und vor der Welt unterliegen:.J 12

Abschließend betonte Russell die Notwendigkeit des revolutionären Eingreifens in die Weltgeschichte, damit die Menschheit nicht noch länger unnötig zu leiden habe, wobei er auch auf die .,Zweite Deklaration von Havanna" rekurrierte: , , Wenn wir uns unter einem Programm des revolutionären Widerstandes gegen die Unterdrückung und gegen die Ungerechtigkeit vereinen, können wir die Mensch-

Siehe Rene Anillo Capote: 25th Anniversary of the First Tricontinenta1 Conference, hg. v. der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Harnburg 1991. 111 Russell 1966, S. 2. 112 Ebenda.

168

3. "Vom Protest zum Widerstand"

heit befreien. Wenn wir dies unterlassen, wird es die Menschheit sein, die leiden wird." 113 Der französische Verleger Fran~ois Maspero, derzusammen mit dem AlthusserSchüler und späteren Revolutionstheoretiker und -aktivisten Regis Debray als Beobachter bei der Solidaritätskonferenz zugegen war, würdigte insbesondere den politischen Einigungsversuch der bewaffnet kämpfenden Befreiungsbewegungen der drei vertretenen Kontinente. In seinem Bericht in der von ihm herausgegebenen linksradikalen Zeitschrift Parfisans heißt es in diesem Zusammenhang: "Ce qui s'est elabore ici, ce ne sont pas des recettes de victoires: c'est une strategie revolutionnaire mieux comprise qui doit permettre demain aux militants de ne pas Iutter isolement chacun dans son pays, mais de se sentir lie ad'autres luttes, mieux et davantage coordonnees." 114 In dem Zustandekommen der Konferenz in Havanna sah er weiterhin insbesondere einen "kubanischen Sieg". Kuba habe auf der Trikontinentalen Konferenz aufs Neue verdeutlicht, daß es - ohne sich in phraseologische Querelen zu verlieren (gemeint ist der sino-sowjetische Konflikt)- eine konkrete und praktische Stütze der weltweiten Revolution darstelle. Explizit würdigt Maspero in diesem Kontext wie bereits Bertrand Russell Ernesto Che Guevara als den Wegbereiter dieser kubanischen Haltung - "En affirmant son independance, elle (Kuba, I. J.) a affirme a nouveau sa position resolument intemationaliste, celle-la meme qu 'a toujours defendue Che Guevara." lt5 Auch aus den Vereinigten Staaten erhielt die Trikontinentale Konferenz Zuspruch: Das nationale Koordinationskomitee der Progressive Labor Party (PL) drückte in einem offenen Brief an die ,,Genossen, Brüder und Schwestern" der Konferenz seine Solidarität aus. Das Koordinationskomitee der PL grüßte die Teilnehmer der Trikontinentalen ,.aus dem Herzen des Imperialismus" und betonte, daß die USA, "Kopf der internationalen Repression und Konterrevolution", ihren "Terror" sowohl gegen die .. Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas" 116 wie auch gegen das eigene Volk richte. Die PL stellte sich dabei als eine Partei vor, welche vorwiegend die Interessen der afro-amerikanischen Arbeiter in den USA vertrete. Die Verhaftung ihres afro-amerikanischen Vizepräsidenten Bill Epton stellte die Partei in eine Reihe von Repressionsmaßnahmen des nordamerikanischen Staatsapparats, welche von der Ermordung Maleolm X' auf Geheiß der

113 114 115 116

Ebenda.- Vgl. insbesondere die Zweite Deklaration von Havanna, a.a.O., S. 395. Fran9; sowi.: Conrad Schuhlcr: Black Panther. Zur Konsolidierung des Klassenkampfes in den USA (=Trikont Schrilien zum Klassenkampf 12). Mlinch.:n 1969. 134 Zu den im Zuge des Diffusionsprozesses der bundesd.:utschen Stud.:nt.:nbcwegung entstandenen diwrsen .. revolutionären Gruppen" siehe ausführlich unten.

5.2 Zur Entwicklung der bundesdeutschen Studentenbewegung

355

solidarisch zu erklären. Nach Auffassung Horlemanns beziehungsweise der von ihm vertretenen Gruppierungen könnte diese Unterstützung der BPP durch die bundesdeutschen Aktivisten vermittelt auch den Kampf der FNL unterstützen: .,Diese Solidarität hilft nicht nur den nordamerikanischen Genossen, ihren Kampfmoralisch gestärkt fortzusetzen, diese Solidarität hilft auch unseren vietnamesischen Genossen, flir die eine Verschärfung der inneramerikanischen Widerspruche willkommen ist, weil sie dann um so bessere Erfolge im direkten anti-imperialistischen Kampf haben werden:·t35

Diese Orientierung bestimmter studentischer Projektgruppen in der Bundesrepublik und Westberlin an der radikalen afro-amerikanischen Bewegung in den Vereinigten Staaten ging auch mit einer verstärkten Rezeption von Artikeln des amerikanischen SDS (RYM-Fraktion), der dortigen "underground"-Zeitschriften sowie der verstärkten Wahrnehmung der amerikanischen Studentenbewegung allgemein einher. l36 Ähnlich den studentischen Aktivisten der RYM- und späteren Weatherman-Fraktion innerhalb des amerikanischen SDS solidarisierten sich auch bundesdeutsche studentische Akteure- wenngleich in sehr geringerem personellen Ausmaße- mit den militanten Kämpfen der BPP. So wird in einem weiteren von den Roten Zellen, dem Republikanischen Club sowie der Redaktion der Roten Presse Korrespondenz im Zusammenhang mit dem Moratorium Day in Westberlin am 15. November herausgegebenen Flugblatt der Kampf der BPP als beispielhaft für die eigene Politik erklärt: "Die Kämpfe der Black Panther Party in den USA sind ein Beispiel flir uns, wie der Kampf in den Metropolen des Kapitalismus zu führen ist." 137 - Im Umfeld der sich auflösenden Studentenbewegung sollte eine verschwindend kleine Minderheit im Frühjahr des folgenden Jahres die verbalradikalen Postulate in Solidarität mit der BPP- ähnlich wie die Weatherman-Frak135 Rede von Jürgen Hortemann auf der Moratorium Day-Veranstaltung in Westhertin am 15. November 1969, Faltblatt, hg. v. Rote Zellen an den Universitäten, Hochschulen und Akademien,

INFl, Redaktionsbeiräte der Rote Presse KmTespondenz und Agit 883. ·- Vgl. hierzu auch Moratorium Day. in: SOS-Info, Nr. 24, 17. November 1969, S. 2 f. 136 Siehe exemplarisch die (übersetzte) Publikation der aufdem National Council-TreiTen in Austin, Texas, im März 1969 verabschiedeten Resolution The ßlack Panther Party: Toward the Liberation of the Colony. in: Kommunistische Studentenzeitung, hg. v. SOS Tübingen, 9. Dezember 1969, S. 12-14 (zuerst veröffentlicht in den New Left Notes vom 4. April 1969. siehe oben Abschnitt 4.2.5.); und Tom Hayden: Die Freiheit kann nicht geknebelt werden'. in: ebenda, S. 15 f. (zuerst verölTentlieht unterdem Titel Freedom cannot be gagged!, in: Guardian, 8. November 1969, S. I, 4 und 14). Siehe weiterhin auch Reimut Reiche: Das Conspiracy-Eight-Trial und unsere Demonstration am 13. Dezember, in: Sozialistische Correspondcnz-lnli.l, Nr. 24. 6. Dezember 1969, S. 10; Helmut Reinicke: Berichte aus AmeriKKKa. in: Sozialistische C'lmespondenz-lnto. Nr. 34/35. 28. Februar 1970. S. 29 f.; und Kari-Oietrich WollT: Chicago 8. in: cbenda. Nr. 36, 7. März 1970, S. 24 f. 13 7 Flugblatt Von der Revolution in Vietnam lernen heißt: Den Klassenkampf im eigenen Land führen!. hg. v. Rote Zellen, Republikanischer Club, Rote Presst: Korrespondenz. Westbcrlin. 15. November 1969; Hoover Institutionon War. Revolution and Peace, Stanti.1rd Univcrsity: German Subject Colkction. box 84; kiintiig zitiert: GSC.

23°

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5. Spaltung und Niedergang des amerikanischen und des bundesdeutschen SDS

tion in den Vereinigten Staaten- wörtlich nehmen und den "bewaffneten Kampf" in Westberlin und in der Bundesrepublik aufnehmen. Die hier vorgestellten internationalistisch bestimmten Gruppierungen bildeten allerdings nur einen minoritären Ausschnitt aus dem gesamten Spektrum der sich insbesondere nach der 23. ordentlichen Delegiertenkonferenz des SDS entwickelnden organisatorischen Neuansätze im Zuge des Diffusionsprozesses der bundesdeutschen Studentenbewegung. Als überregionale Kommunikationsorgane dienten den verschiedenen lokalen Stadtteil-, Betriebs- und Projektgruppen sowie "Roten Zellen" neben den beiden SDS-Publikationsorganen neuekritikund SDS-Info Zeitschriften wie die seit Februar 1969 in Westberlinerscheinende Rote Presse Korrespondenz der Studenten-, Schüler und Arbeiterbewegung und Agit 883, das seit März 1969 in Frankfurt a.M. erscheinende Sozialistische Correspondenz-Info, das in Heidelberg publizierte Rote Forum (vormals forum academicum), die Hamburger APO-Press sowie die Münchnerapo press. Die diversen organisatorischen Neuansätze der sich im Spektrum des ehemaligen "antiautoritären" Lagers bildenden Projektgruppen und die Orientierung der "Traditionalisten" auf die DKP beziehungsweise deren studentische Organisationen brachten in der Folge den Zerfall des politisch bedeutsamsten Studentenverbandes der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte mit sich. Als überregionale studentische Organisation fristete der SDS, einst programmatisches wie organisatorisches Zentrum der studentischen Oppositionsbewegung in der Bundesrepublik, nach der 23. Delegiertenkonferenz nur noch ein Schattendasein. Im Rückblick auf die SOS-Aktivitäten nach der letzten Delegiertenkonferenz stellte Udo Knapp als Mitglied des letzten kommissarischen SOS-Bundesvorstandes fest, daß sich die "informellen Kader der SOS-Gruppen" in der "Phase der Basisgruppenpolitik" aufgespalten hätten- "alle Reorganisationsversuche für den SDS als das Bemühen, eine zentrale Ebene politischer Diskussion zwischen den Politisierten und den in den verschiedenen Bereichen praktisch arbeitenden Gruppen herzustellen, sind meist formalistisch geblieben und schon deswegen gescheitert." 138 Nach Auffassung dieses Mitglieds des kommissarischen SOS-Bundesvorstandes war das Ende des SDS mit der "wachsenden Identifizierung mit den Guerillas in den Befreiungsbewegungen der Dritten Welt" gekommen. Knapp erklärte in diesem Zusammenhang weiterhin: .,Der moralische Protest gegen den Krieg in Vietnam und die Identifizierung mit den Kampfformen der Guerillas, deren Symbole Ho und Che waren, bedeuteten den historischen Wendepunkt, an dem ein Teil von SOS-Genossen neben und im SOS erstmalig die Totalität von politischem Kampf an sich selbst in der Aufuebung der Trennung 138 Udo Knapp: Zur Auflösung des SOS-Bundesvorstandes, in: Sozialistische Correspondenz-lnfo, Nr. 38/39, 21. März 1970, S. 6.

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zwischen Freizeitpolitik und bürgerlicher Existenzweise realisierten. Die Genossen, die in diesen Aktionen begannen, ihre individuelle Emanzipation als politischen Kampf gegen die herrschenden Institutionen und gegen den SDS zu realisieren, waren diejenigen, die die massenhaften Mobilisierungengegen Springer und Notstandallerest ermöglichten." 139

Die letzten Delegiertenkonferenzen 140 seien, so Udo Knapp weiter, der "hilflose" Ausdruck der Tatsache gewesen, daß ,.über den SOS die politischen Fragestellungen der anti-autoritären Revolte und des anti-kapitalistischen Kampfes nicht zu lösen waren". 141 - Eine nach Ti! man Fichterund Siegward Lönnendonker ,.mehr oder minder zufällig zusammengewürfelte Versammlung" im Frankfurter Studentenhaus löste schließlich auf Antrag des kommissarischen Bundesvorstandsmitgliedes Udo Knapp am 21. März 1970 per Akklamation den SOS-Bundesvorstand und damit den SOS als Bundesverband auf.1 42 Die Heidelberger SDS-Hochschulgruppe, die als einzige SDS~Gruppe nach der Selbstauflösung des Bundesverbandes noch weiter gearbeitet hatte, wurde am 24. Juni 1970 vom baden-württembergischen Innenminister zusammen mit dem Publikationsorgan Rotes Forum nach Auseinandersetzungen zwischen Studenten und der Polizei verboten. 143 Den "einzigen antiautoritären Organisationsansatz von überregionaler Bedeutung", so Hans Manfred Bock. stellte in der Folge das im April 1969 in Offenbach gegründete Sozialistische Büro (SB) dar, woran sich Linkssozialisten, die nicht den Anschluß an die DKP suchten, orientierten. Die im SB organisierten Sozialisten wandten sich auch insbesondere gegen den Avantgarde-Anspruch der sich nunmehr herausbildenden diversen maoistischen Kader-Gruppen sowie gegen die von diesen vertretenen autoritären Organisationsstrukturen. 144 Nachdem auch der Vereinigungsversuch der zumeist aus dem ,.antiautoritären" Lager hervorgegangenen ,.Roten Zellen" an den Hochschulen sowie diverser Betriebsgruppen zu einer "sozialistischen Massenorganisation" bei der überregionalen Arbeitskonferenz der Roten Presse Korrespondenz in Westberlin Anfang 139 Ebenda, S. 9 (Hervorhebungen im Original). - Vgl. zu dieser Einschätzung Knapps auch SOS-Bundesvorstand: Die neue Radikalität, in: neue kritik, Nr. 51/52, Februar 1969, S. 3 ff. 140 Gemeint sind die Konferenzen in Frankfurt a.M. im September und in Hannover im November 1968, siehe oben Abschnitt 4.1.3. 141 Knapp 1970, S. 9. 142 Vgl. Fichter/ Lönnendonker 1979, S. 140; siehe auch Frank WollT: Zur Diskussion um die Autlösung des SOS-Bundesvorstandes, in: Sozialistische Correspondenz-lnfo. Nr. 36, 7. März 1970, S. 16-19. 143 Siehe hierzu die Dokumentation Entscheidungen, in: Kritische Justiz, Heft 3, Juli/September 1970, S. 345-350. 144 Siehe Bock 1976, S. 266; zum Selbstverständnis des SB siehe weiterhin Sozialistisches Büro, Hg.: Thesen des Sozialistischen Büros. OtTenbach 1975.

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Dezember 1969 gescheitert war1 45, wurde die bereits im Verlauf des Jahres 1969 erhobene Forderung nach der Aufbebung der "antiautoritären" Phase der Studentenbewegung146 mit der Neugründung diverser Partei-Aufbauorganisationen verwirklicht. 147 Die aus der im Herbst 1969 gegründeten Westberliner Projektgruppe Elektro-Industrie hervorgegangene Proletarische Linke/Partei-Initiative (PLIPI) sowie die Hamburger Proletarische Front (PF), die sich aus der von SOS-Mitgliedern im Februar 1970 gegründeten internationalistisch bestimmten Gruppe Trikont entwickelt hatte, orientierten sich auch weiterhin an der bereits von der Studentenbewegung diskutierten "revolutionären Räte-Idee". Allerdings wurde von den Anhängern beider Organisationen die Auffassung vertreten, "daß sich die Räte erst im Verlauf der Intensivierung der Massenkämpfe endgültig herausbilden würden, die zu betreiben Aufgabe einer parteiförmigen Kaderorganisation sei". 148 Dagegen orientierten sich die beiden von ehemaligen SOS-Protagonisten initiierten Organisationen Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) sowie der Kommunistische Bund Westdeutschland (KBW) am Maoismus und am Vorbild der KPCh. Von den ehemaligen Westberliner SOS-Aktivisten Christian Semler und Jürgen Horlemann im März 1970 als Kommunistische Partei Deutschlands/Aufbauorganisation (KPD/AO) insbesondere als Versammlung diverser studentischer ,.Roter Zellen" gegründet, kritisierte die seit Juli 1971 unter dem Namen KPD firmierende Partei im Gegensatz zur PLIPI und PF vor allem die affirmative Rezeption der Räte-Idee durch die Studentenbewegung. 149 Der KBW war Mitte Juni 1973 als Zusammenschluß verschiedener Kommunistischer Bünde unter maßgeblicher Beteiligung des ehemaligen Heidelberger SOS-Vorsitzenden Joscha Schmierer gegründet worden. Diese vier auf studentische Initiative zurückgehenden Neuansätze zur Organisation kommunistischer Parteien setzten sich kritisch mit der von Ernst Aust bereits am 31. Dezember 1968 gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML) I 50 sowie deren Ab145 Siehe hierzu die Ausgabe der Roten Presse Korrespondenz, Nr. 43/44/45, vom 19. Dezember 1969; SOS-Bundesvorstand: Arbeitskonferenz der RPK am 6./7. Dezember 1969 in Berlin, in: SOS-Info, Nr. 26/27, 22. Dezember 1969, S. 1-6; und Tilman Fichter/Siegward Lönnendonker:

Von der "Neuen Linken" zur Krise des Linksradikalismus, in: Die Linke im Rechtsstaat. Band

2: Bedingungen sozialistischer Politik 1965 bis heute, Berlin 1979, S. 112 ff.

146 Siehe Fritz Kramer: Die antiautoritäre Phase unserer Bewegung liquidieren, in: SOS-Info, Nr. 9, 20. März 1969, S. 3-10. 147 Fürdas Folgende siehe ausführlich Bock 1976, S. 264-280; und Gerd Langguth: Protestbewegung am Ende. Die Neue Linke als Vorhut der DKP, Mainz 1971 , S. 61-128. 148 Siehe Bock 1976, S. 268. - Zur Programmatik der beiden Organisationen siehe Plattform der

Proletarischen Linken/Paneiinitiative (PLIPI), in: Die Panei autbauen. Plattformen, Grundsatzerklärungen der KPD/AO, KPD/ML, KPD/ML - ZK-Linie, KPD/ML - Bolschewik-Linie, KPD/ML - Neue Einheit, Rote Garde, KB/ML, PLIPI, Proletarische Front, Berlin 1971, S. 19-41; und Programmatische Erklärung der Proletarischen Front, in: ebenda, S. 149-169. 149 Siehe Vorläufige Plattform der Aufbauorganisation für die Kommunistische Panei Deutschlands, in: ebenda. S. 5-18.

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spaltungen auseinander, wobei sich die Kritik der rätedemokratisch orientierten PF insbesondere auf deren "ML-Dogmatismus" bezog. 151 Schließlich sei an dieser Stelle auf den enormen Mitgliederzuwachs der Jungsozialisten in der Folge des Zerfallsprozesses der Studentenbewegung sowie der Bildung der sozialliberalen Koalition vom Oktober 1969 an hingewiesen - nach Tilman Fichter und Siegward Lönnendonker traten ab Herbst 1969 rund I 00.000 neue Mitglieder unter 35 Jahre in die SPD ein. I 52 Daneben bildeten sich für unseren thematischen Kontext bedeutsame aktionistisch bestimmte Gruppen im studentischen Milieu Westberlins vom Ende des Jahres 1968 an heraus, die sich vor allem an den Aktivitäten der nationalen Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt orientierten und die Anwendung von politisch motivierter Gewalt in der Bundesrepublik befürworteten. Diese Gruppierungen weisen darüber hinaus in politisch-ideologischer Hinsicht einschlägige Parallelen zur RYM- beziehungsweise Weatherman-Fraktion innerhalb des amerikanischen SDS auf und sollen im folgenden näher erörtert werden.

5.2.2 Die Herausbildung von terroristischen. an den B~freiungsbewegungen in der Dritten Welt orientierten .. Stadtguerilla "-Gruppen in Westher/in Nachdem ein kleiner Kreis studentischer Aktivisten bereits ab Januar 1968 an der materiell-praktischen Verwirklichung der auf der Internationalen VietnamKonferenz im Februar von verschiedenen studentischen Organisationen geforderten Schaffung einer ,.zweiten Front" zur Entlastung der FNL in Vietnam gearbeitet hatten und Rudi Dutschke zusammen mit Bahman Nirumand durch die Sprengung eines Antennenmastes des amerikanischen Senders AFN ein Zeichen gegen den Krieg in Vietnam setzen wollte (siehe oben), kam es am 2. April des Jahres realiter 150 Zur Programmatik der KPD/ML siehe deren Erklärung zur Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML), in: ebenda. S. 43-47. 151 Obgleich sich die hier angefuhrten K-Gruppen ebenso wie die Anhänger der PL-Fraktion des amerikanischen SOS an den Schriften Mao Tse-tungs respektive an der chinesischen .. Kulturrevolution" orientierten, sollen sie in der vorliegenden Arbeit nicht ausfuhrlicher behandelt werden, da es sich bei diesen Gruppierungen im wesentlichen um leninistisch organisierte und ausgerichtete Kaderorganisationen handelte, für welche die Schriften Mao Tse-tungs hinsichtlich der Politisierung und Organisierung des vermeintlichen "Proletariats" in den USA und der BRD von Erkenntnisinteresse waren und nicht Mao Tse-tung als Befreiungstheoretiker der Dritten Welt (wie etwa Lin Biao oder Emesto Che Guevara für die "intemationalistisch" ausgerichteten Teile der Studentenbewegungen). Zur ,.leninistischen Wende" von Teilen der bundesdeutschen Studentenbewegung siehe weiterhin Fuhrmann et al. 1989, S. 176 ff.; zur politischen Entwicklung der leninistisch-maoistischen Kaderorganisationen siehe Frank D. Karl: Die K-Gruppen. Entwicklung - Ideologie - Programme, Bonn 1976; und Wir warn die stärkste der Partein ... Erfahrungsberichte aus der Welt der K-Gruppen, Berlin 1977. 152 Siehe Fichter/Lönnendonker 1979. S. 143.

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5. Spaltung und Niedergang des amerikanischen und des bundesdeutschen SDS

zu einer ebenfalls durch den Vietnamkrieg motivierten militanten Aktion aus dem studentischen Spektrum. Das Westberliner SOS-Mitglied Gudrun Ensslin deponierte am Abend des 2. April zusammen mit Andreas Baader, Th01wald Proll und Horst Söhnlein in zwei Frankfurter Kauthäusern Brandsätze, die in der Nacht durch Zeitzünder ausgelöst wurden und einen Sachschaden von jeweils etwa 300.000 DM anrichteten, Personen kamen dabei nicht zu Schaden. Zum Motiv ftir diese Tat erklärte eine anonyme Anruferio gegenüber der Deutschen Presseagentur, die Anschläge seien aus Protest gegen den Vietnamkrieg ausgeführt worden; bereits am nächsten Tag wurden Ensslin, Baader, Proll und Söhnlein aufgrund eines "konkreten Hinweises" verhaftet. I53 Der Prozeß gegen die vier mutmaßlichen Brandstifter vor dem Landgericht Frankfurt a.M. vom 14. bis 31. Oktober 1968 fiel in eine Zeit, in welcher bereits etwa 2.000 Verfahren gegen studentische Aktivisten wegen ihrer Beteiligung an Aktionen der außerparlamentarischen Opposition anhängig waren. 154 Dem Frankfurter Prozeß wurde jedoch aufgrund des Tatvorwurfs auch über die Kreise der Studentenbewegung hinaus bundesweite Aufmerksamkeit zuteil. Der radikalisierte Teil der studentischen Aktivisten selbst erachtete die der Kautbausbrandstiftung Angeklagten als "seiner" Bewegung zugehörig. ISS Die insbesondere von Gudrun Ensslin dargelegten Motive furdie Brandstiftung verweisen in politischer Hinsicht auf die Bedeutung des Vietnamkriegs und in psychologischer auf die subjektiv empfundene Notwendigkeit, gegen diesen Krieg handeln zu müssen; ein Handeln, das sich nicht in der Beteiligung an scheinbar nichts bewegenden Demonstrationen oder ähnlichen Protesten erschöpfen, sondern durch eine spektakuläre Aktion breitere Kreise der bundesdeutschen Bevölkerung auf den Krieg in Indochina aufmerksam machen sollte. Hinsichtlich ihrer Motivation ftir die Brandanschläge hatte Gudrun Ensslin am dritten Prozeßtag erklärt: ,. Wir taten es aus Protest gegen die Gleichgültigkeit, mit der die Menschen dem Völkermord in Vietnam zusehen" und "Wir haben gelernt. daß Reden ohne 153 Siehe Mario Krebs: Ulrike Meinhof. Ein Leben im Widerspruch. Reinbek 1991. S. 167. 154 Siehe Gerhard Mauz: Studenten-Prozesse. Über Maß, in: Der Spiegel, Nr. 45, 4. November 1968. S. 76 f. ; und ders.: .,Mit voller Geisteskraft in ernster Sache", in: ebenda, Nr. 43, 21 . Oktober 1968, S. 74 und 77. - Zur tinanzieHen und politischen Unterstützung von ApO-Aktivisten bei Gerichtsverfahren war am 17. Juli 1968 in Frankfurt a.M. das Kuratorium .,Republikanische Hilfe" gegründet worden; Kuratoriumsmitglieder waren unter anderen Dr. Frank Benseler, Heinrich Hannover, Horst Mahler, Dr. Klaus Meschkat, Helmut Schauer, Dr. Jiirgen Seifert, Klaus Vack und Kari-Dietrich WollT. Siehe Republikanische Hilfe: Erklärung zur Gründung des Kuratoriums. Frankfun/M., 17. September 1968; SOS Series 3. No. 209. 155 So erklä11e beispielsweise der sowohl in der französischen wie in der bundesdeutschen Studcn· tenbewegung aktive Daniel Cohn-Bendit am Tage der Urtcilsverkündung vor dem Frankfu11er Landgericht mit Blick aufdie Angeklagten: .,Sie gehören zu uns." Siehe Kaulhausbrand. Polizei her, in: Der Spiegel, Nr. 45, 4. November 1968, S. 6 7; vgl. hierzu auch die unten angeführte Solidaritätserklärung des Westberliner SDS-Landcsverbandes.

5.2 Zur Entwicklung der bundesdeutschen Studentenbewegung

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Handeln unrecht ist." 156 Einige Tage nach der Urteilsverkündung gegen die vier Angeklagten unternahm Ensslin in einer Panorama-Sendung des NDR den Versuch, die Motive für den Anschlag und den Zusammenhang zwischen (brennenden) Kaufhäusern in der Bundesrepublik und dem Krieg in Vietnam ausführlicher darzulegen. Die dabei von Ensslin geäußerte Konsumkritik weist deutliche Parallelen zu der im Weatherman-Statement vertretenen Position des radikalisierten Teils der amerikanischen Studentenbewegung auf.157 Ensslin stellte in dieser Sendung fest: "Die Leute in unserem Land und in Amerika und in jedem westeuropäischen Land, die müssen fressen, sie müssen fressen, um nicht auf die Idee zu kommen nachzudenken, daß und was wirzum Beispiel mit Vietnam zu tun haben( ... ). Wunderbar-mir gefallen Autos auch, mir gefallen auch alle Sachen, die man in den Kauthäusern kaufen kann. Aber wenn man sie kaufen muß, damit man nicht zu Bewußtsein kommt, dann ist der Preis, den man daflir zahlt, zu hoch. Da braucht man dann nicht mehr nur nach Vietnam zu gucken, und sich das Elend da anzugucken; da reicht es dann, wirklich einen Blick auf unsere Gesellschaft zu werfen und die Bewußtlosigkeit zu sehen, die ich einfach menschenunwürdig nenne." I58

Entsprechend hatte auch der Verteidiger Gudrun Ensslins, Professor Ernst Heinitz, in seinem Plädoyer erklärt, Ensslin sei nicht nur" Überzeugungstäterin", sondern .,Gewissenstäterin". Es sei eine "Gewissensentscheidung" Ensslins gewesen, vermittels Brandstiftung die Öffentlichkeit aus ihrer Gleichgültigkeit gegenüber dem Vietnamkrieg aufrütteln zu wollen. 159 Des weiteren stellte Horst Mahler die Beweggründe seines Mandanten Andreas Baader für die Brandstiftung in den größeren Zusammenhang der bundesdeutschen studentischen Protestbewegung - eine .,junge Generation stelle sich gegen das Verhalten der Eltern, die in der NS-Zeit das millionenfache Verbrechen geduldet hätten und dadurch mitschuldig geworden wären. Die Protestbewegung würde deshalb nicht nachlassen, auf 156 Gudrun Ensslin, zitiert nach Stefan Aust: Der Baader-Meinhof-Komplex, Harnburg 3]986, S. 69 f. 157 Siehe oben Abschnitt 5.1.2. 158 Gudrun Ensslin in der Panorama-Sendung Nr. 208 vom 4. November 1968, zitiert nach Heiß und kalt. Die Jahre 1945-69, Berlin 1986, S. 513.- Siehe in diesem Zusammenhang auch Richard Hey: In der Hölle der Redlichen, in: Frankfurter Rundschau, 3. Dezember 1977, S. 111. 159 In ganz ähnlicher Weise erklärt die über die Reden Martin Luther Kings politisierte amerikanische

studentische Aktivistin Jane Alpert im Rückblick ihre Motivation, aus Protest gegen den Vietnamkrieg Ende 1969 und Anfang 1970 Bombenanschläge durchzuführen: "Wir haben uns entschieden, Bomben vor die Verwaltungsgebäude der Gesellschaften zu legen, die Kriegsmaterial produzierten und sich am Krieg bereicherten. ( ... ) Uns ging es darum, die Aufmerksamkeit der amerikanischen Öffentlichkeit auf dieses Problem zu lenken, da die Reden, Märsche, Meetings und der Appell an die Politiker offensichtlich nichts gebracht hatten." Jane Alpert im Interview mit Daniel Cohn-Bendit, in: ders.: Wir haben sie so geliebt, die Revolution, Frankfurt/M . 1987, S. 148. ··· Vgl. in diesem Kontext auch die oben in Abschnitt 4.1.1. dargelegte Begründung für die etwa einen Monat vor der Franktuner Kaufhausbrandstiftung von Rudi Dutschke und Bahman Nirumand geplante Sprengung eines Antennenmastes des amerikanischen Senders i\I'N in Saarbrücken.

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die heutigen Verbrechen. wie sie etwa in Vietnam veiiibt werden, hinzuweisen, um nicht wie die Elterngeneration ebenfalls Schuld auf sich zu laden:·l60 Bernward Vesper, der am vierten Prozeßtag ebenfalls vor dem Frankfurter Landgericht ausgesagt hatte, betonte im Nachwort des von ihm herausgegebenen Schlußwortes im Kaufhausbrandprozeß nochmals den Bezug zwischen dem derzeitigen Krieg in Vietnam und der faschistischen Terrorherrschaft der Nationalsozialisten, wie er von Teilen der Studentenbewegung hergestellt wurde - Vietnam sei das "Auschwitz der jungen Generation". der Vietnamkrieg nötige vor diesem Hintergrund die aus der jungen Generation stammenden studentischen Aktivisten gewissermaßen zum Eingreifen. 161 Der Westberliner SDS-Landesverband wies in seiner Solidaritätserklärung mit den vier Angeklagten insbesondere auf den Zusammenhang von .,kapitalistischer Warenproduktion und -konsumption" und dem ,. Völkermord in Vietnam" als notwendigem ,.Resultat der kapitalistischen Produktionsweise in ihrem höchsten, imperialistischen Stadium" hin. Der Vietnamkrieg sei lediglich der ,.offenherzige und brutale Ausdruck einer Gesellschaft( ... ), die bei uns mit einem rasch widerrufbaren System von Scheinfreiheiten das wahre Bedürfnis der Massen nach Selbstbestimmung niederzuhalten trachtet". Das .,Feuerwerk" in den Frankfurter Kaufhäusern sei ein "hilfloses Symbol" für die "Verbrechen" gewesen, ,.mit denen der Imperialismus uns täglich überzieht- eine Bagatelle". 162 Das Frankfurter Landgericht schätzte die Tat der vier Angeklagten allerdings ungleich schwerer ein und verurteilte sie am 31. Oktober 1968 zu drei Jahren Zuchthaus, ein Urteil, das nicht nur von der studentischen Oppositionsbewegung kritisiert, sondern auch von liberalen Medien als gänzlich überzogen eingeschätzt wurde. So erklärte etwa Rudolf Walter Leonhardt in der Zeit hinsichtlich des Urteils des Frankfurter Landgerichts: "Ich bezweifle, daß man heute noch jemanden, der ein Feuer gelegt hat, durch das niemand verletzt worden ist, mit drei Jahren Zuchthaus bestrafen darf. während jemand, der einen Menschen in voller Absicht schwer verletzt, im Bundesdurchschnitt mit weniger als einem Jahr Gefangnis davonkommt." 163

160 Zitiert nach Krebs 1991, S. 168. 161 Bemward Vesper: Nachwort, zu: Andreas Baader et al.: Vor einer solchen Justiz verteidigen wir uns nicht. Schlußwort im Kaufhausbrandprozeß (=Voltaire Flugschrift 27). Berlin 1968, S. 20. 162 Erklärung des Landesverbandes Berlin des SDS zum sogenannten Brandstiftungsprozeß. in: Baader et al. 1968, S. 27. 163 Rudolf Walter Leonhardt: Rebellen als Brandstifter, in: Die Zeit, Nr. 45. 8. November 1968, S. 17; siehe in diesem Zusammenhang des weiteren Uwe Nettelbeck: Der Frankfurter BrandstifterProzeß. Viermal drei Jahre Zuchthaus für eine sinnlose Demonstration, in: ebcnda. S. 17 f.; und Kauthausbrand. Polizei her. a.a.O.

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Bezeichnend für die Motivation dieser ersten militanten Aktion aus dem Umfeld der Studentenbewegung ist der dabei von den Aktivisten vorgenommene Bezug zwischen dem derzeitigen Krieg in Vietnam und der deutschen faschistischen Vergangenheit. Die an der Kaufhausbrandstiftung Beteiligten wollten angesichtsder in Vietnam begangenen KriegsgreueJ 164 nicht durch eine passive Haltung wie die Elterngeneration während der nationalsozialistischen Diktatur .. Schuld auf sich laden", sondern durch ihr Eingreifen zur schnelleren Beendigung des Krieges in Vietnam beitragen. Dieses vor allem psychologisch zu verstehende Motiv sollte auch bei der Herausbildung militanter ,.Stadtguerilla"-Gruppen Ende 1969 und zu Beginn des Jahres 1970 eine entscheidende Rolle spielen. So erklärte Till Meyer in diesem Zusammenhang rückblickend: .. Der anhaltende Völkermord der USA in Vietnam, die Tatsache, daß jenes Land, das dort unten barbarischen Massenmord beging, uns hier als Schutzmacht, als Vorbild, als ,. wahrer Freund" offeriert wurde,- dies ließ aus Ohnmacht Wut werden. Wir wollten aufkeinen Fall durch Passivität mitschuldig werden." 165 Das ehemalige RAF-Mitglied Lutz Taufer bezeichnete deshalb die Aufnahme des ,.bewaffneten Kampfes" in der Bundesrepublik im nachhinein als .. Versuch einer nachholenden Resistance". 166 Während die der Weatherman-Fraktion angehörenden "weißen" amerikanischen Aktivisten ein Schuldgefiihl insbesondere gegenüber den ihrer Ansicht nach vom "amerikanischen Imperialismus" ausgebeutet und unterdrückt gehaltenen 164 Gudrun Ensslin hatte zuvor unter anderem an der Publikation von ßertrand Russe II, Plädoyer für einen Kriegsverbrecherprozeß. Manifeste zum Vietnamkrieg (=Voltaire Flugschritt 5), Frankfurt/M. 2)968, mitgearbeitet. Zur Darstellung der von US-Militärs in Vietnam begangenen Kriegsgreuel durch Publikationen, die von den Aktivisten der Studentenbewegung rezipiert wurden, siehe weiterhin Günther Anders: Nümberg und Vietnam. Synoptisches Mosaik (=Voltaire Flugschrift 6), Berlin 2)968; Amo Ploog: Napalm macht frei (=Voltaire Handbuch 9), Frankfurt/M. 1968; Peter Weiss/Gunilla Palmstiema-Weiss: Bericht über die Angriffe der US-Luftwaffe und -Marine gegen die Demokratische Republik Viet Nam nach der Erklärung Präsident Johnsons über die ,.begrenzte Bomhardierung" am 31. März 1968 (=Voltaire Flugschriti 23), Berlin 1968; .. Riesenspaß beim Killen." Amerikanisches Gerichtsdokument über Kriegsmethoden in Vietnam, in: Der Spiegel, Nr. 16, 14. April 1969. S. 154; und Amerikanische Kriegsverbrechen in Vietnam. in: Der Spiegel, Nr. 49, I. Dezember 1969. S. 120-136. 165 Till Meyer: .. Konnten wir nicht der Funke sein, der zum Steppenbrand führt?", in: Frankfurter Rundschau, 3. Februar 1987. S. I0. Ti II Meyer war einer der späteren Mitbegründer der sich aus dem Umteld der Tupamaros Westberlin entwickelnden terroristischen .,Bewegung 2. Juni". Zur Diskussion des mit der Annahme einer ostentativ antifaschistischen Haltung einhergehenden .,Gefühls der moralischen Überlegenheit" bei der studentischen Oppositionsbewegung siehe Wemer Süß: Zum Verhältnis von Emanzipation und Gewalt in den außerparlamentarischen Oppositionen der ßundesrepublik, in: Albrecht Randelzhofer/Wemer Süß, Hg.: Konsens und Konflikt. 35 Jahre Grundgesetz, Berlin/New York 1985, S. 381. 166 Zitiert nach demkonkret-Gesprächmit Kari-Heinz Deli wo, Knut Folkens und Lutz Tauter ,.Sie wollen uns alle auslöschen", in: konkret, Juni 1992, S. II.- Vgl. in diesem Kontext auch Nitsch 1989, S. 13 f.; Hans-.loachim Klein: Rückkehr in die Menschlichkeit. Appell einesausgestiegenen Terroristen. Mit einem Nachwort von Daniel Cohn-Bendit, Reinbek 2)979. S. 131; sowie das Spiegel-Gespräch mit lrmgard Möller .. Ich will nicht anders Iehen", in: Der Spiegel, Nr. 21, 18. Mai 1992, S. 130.

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Völkern der Dritten Welt sowie gegenüber der afro-amerikanischen Minderheit in den USA entwickelt und daraus die Notwendigkeit zum militanten Eingreifen als "zweite Front" an der Seite der Afro-Amerikaner und der Befreiungsbewegungen der Dritten Welt abgeleitet hatten, war für die Entwicklung von politisch-ideologisch sehr ähnlich bestimmten Gruppen im Kontext der bundesdeutschen Studentenbewegung angesichts der nationalsozialistischen Vergangenheit die Angst, Schuld durch politische Passivität auf sich zu laden, zu einem entscheidenden psychologischen Motiv für den Aufbau militanter ,.Stadtguerilla"-Gruppen geraten. Norbert Elias hat das psychologische Phänomen des Schuldkomplexes der in den sechziger Jahren jungen Generation im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in der Bundesrepublik auch in anderen europäischen Staaten insbesondere aufgrund deren kolonialistischer Vergangenheit festgestellt. In seiner Arbeit über den bundesdeutschen Terrorismus als ,.Ausdruck eines sozialen Generationskonflikts" heißt es hierzu: " Der Schuldkomplex der jüngeren Generationen wegen der Untaten der Vater mag in Deutschland besonders ausgeprägt sein; aber man begegnet ihm in verschiedenen Abstufungen und Schattierungen, je nach den Umständen der Nationalgeschichte, auch in England. Frankreich, Holland. Belgien und vielleicht in anderen Ländern Europas. Der Machtschwund, den sie erlitten -das Ende der europäischen Vorherrschaft in der Welt und der relative Aufstieg von ehemals untergeordneten und abhängigen Staaten-. hat auch hier bei den jeweils jüngeren Generationen zu Haltungen und Einstellungen gefiihrt, die als eine Art von Distanzierungs- und Reinigungsritual in bezug auf die Sünden der Vater gelten können. Im Gegenschlag gegen die Herrschaftsattitüden der Vatergenerationen, die sich selbst-die herrschenden Europäer-, wie etablierte Gruppen es zu tun pflegen, nicht nur als machtstärkere, sondern zugleich auch als menschlich bessere und wertvollere Gruppen erlebten, neigen diese jungen Nachkriegsgenerationen vielfach dazu, nun gerade die unterdrückten Gruppen als die menschlich besseren und wertvolleren anzusehen."167

Einige Tage nach der Urteilsverkündung im Frankfurter Kaufhausbrandstifterprozeß kam die seit den Ereignissen im April des Jahres von Teilen der Studentenbewegung entwickelte Militanz anläßlich einer Demonstration aus Solidarität mit dem Rechtsanwalt, ehemaligen SOS- und nun ApO-Aktivisten Horst Mahler am 167 Elias 1989, S. 341. - Pascal Bruckner hat in diesem Kontext insbesondere hinsichtlich des französischen tiers mondisme konstatiert: "Nach dem zweiten Weltkrieg geboren zu sein, das bedeutete die Gewißheit, zum Bodensatz der Menschheit zu gehören, zu einem verabscheuungswürdigeil Milieu, das seit Jahrhunderten im Namen eines vermeintlich geistigen Abenteuers fast den ganzen Erdball erstickt. ( ... ) Die Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonien gibt uns aber eine Chance zur Wiedergutmachung: wir müssen uns nur auf seilen der kämpfenden Völker engagieren. dem Süden stets und überall dabei helfen, das goldene Kalb des Abendlandes zu schlachten. So hat die Geburt der Dritten Weh als politische Kraft eine neue Kategorie in die Welt gesetzt: den sühnenden politischen Aktivismus." Pascal Bruckner: Das Schluchzen des weißen Mannes. Europa und die Dritte Weh - eine Polemik, Berlin 1984, S. 8 f. Wir werden unten in der Schlußbetrachtung nochmals auf dieses psychologische Motiv der "Schuld" zu sprechen kommen.

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4. November 1968 offen zum Ausdruck. Während das Ehrengericht der Berliner Rechtsanwaltskammer im Berliner Landgericht auf Antrag des Generalstaatsanwaltes beim Berliner Kammergericht zu prüfen hatte, ob Horst Mahler anläßlich der Osterunruhen in der Folge des Mordanschlages aufRudi Dutschke als "ApOFührer" seine Anwaltswürde wie -pflichten "schuldhaft verletzt" habe und deshalb mit Berufsverbot zu belegen sei, lieferten sich außerhalb des Gerichtes studentische ApO-Aktivisten mit der Polizei die "blutigste Straßenschlacht in Westberlins Nachkriegsgeschichte". 168 In einem Flugblatt zu den Ereignissen vor dem Berliner Landgericht am Tegeler Weg rechtfertigte der Westberliner SDS die dort von seiten der Demonstranten angewandte Militanz als "Widerstand gegen die Polizei", welcher die studentischen Aktivisten aus der "Lage des duldenden Opfers" befreit habe. In völliger Verkennung der Realität wurde dort weiterhin erklärt, daß dieser "Widerstand" nicht allein von den ApO-Aktivisten, sondern auch von den "Iohnabhängigen Massen" verstanden werde. Wer dagegen eine" Widerstandsaktion gegen die Polizei als Abenteurertum" bezeichne, habe seinen "Bankrott als linke Organisation" bekannt. .. Militanz an sich" gebe es nicht, sondern Militanz sei im "Klassenkampf progressiv oder reaktionär nach den politischen Zielen" zu werten, denen sie dient. 169 Politische Unterstützung erhielten die Apologeten von zunehmend militanten Formen der politischen Auseinandersetzung seitens der studentischen Aktivisten auch von dem einstigen Exponenten der bundesdeutschen Studentenbewegung, Rudi Dutschke, der sich langsam von dem Attentat am Gründonnerstag 1968 erholte. In seinem Vorwort zu den beim Voltaire Verlag publizierten Briefen, die er nach dem Attentat erhalten hatte und die ein beredtes Zeugnis von der polarisierten Atmosphäre dieser Tage wiedergeben, konstatierte Dutschke, daß" unsere Alternative zu der herrschenden Gewalt" die sich "steigernde Gegengewalt" sei. 170 Zwar erklärte Dutschke wie bereits in seinem Spiegel-Gespräch 171 die 168 Siehe ApO: Nach vorn geträumt, in: Der Spiegel. Nr. 46, II. November 1968. S. 6 7; und Ti Iman Fichter/Siegward Lönnendonker: Berlin: Hauptstadt der Revolte, in: Michael Ruetz: .,Ihr müßt diesen Typen nur ins Gesicht sehen.. (Klaus Schütz, SPD). APO Berlin 1966-1969. Frankfurt/M. 1980. S. 168. 169 Westberliner SOS, Flugblatt vom 6. November 1968, gerichtet an .,Genossen und Kommilitonen.., zitiert nach Hochschule im Umbruch, Teil V, a.a.O., S. 115; siehe in diesem Zusammenhang auch den im seihen Tenor verfaßten Artikel Berlin: Leistungsbeweise der Gewalt in der .,underground..-Zeitschrift linkeck, Nr. 6, Dezember 1968, Reprint Berlin 1987, S. 3. - Auch andere Organisationen der ApO, wie etwa der Republikanische Club, werteten die militante Demonstration am Tegeler Weg als .,Erfolg.. flir die außerparlamentarische Bewegung, die exemplarisch gezeigt habe. daß sich I. Studenten nicht nur verprügeln ließen, sondern auch bereit seien, selber zu schlagen, und 2. die Polizei auch .,schlagbar.. sei. Siehe Solveig Ehrler: Demonstration und Gewalt, in: RC-Bulletin, Nr. 3. 7. November 1968. S. 1-3. 170 Siehe Rudi Dutschke: Ein Pamphlet. Vorwort, zu: Reisner 1968, S. V (Hervorhebungen im Original); künftig zitiert: Dutschke 1968b. 171 Siehe .,Wir fordern die Enteignung Axel Springers.., a.a.O., S. 32.

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Ennordung von einzelnen "Charaktennasken" in den "Metropolen" flir "konterrevolutionär"; es sei jedoch ein "Zeichen fiir die Niveau-Losigkeit unseres bisherigen Kampfes" gewesen, daß die "revolutionären Kräfte der Metropolen die einzigartige Chance der Erschießung des persischen "Herrschers", als er uns und andere besuchte, nicht ausnutzten". Der "praktische Internationalismus", so Dutschke in diesem Zusammenhang weiter, sei die "Bedingung fiir die Möglichkeit der notwendigen Weltrevolution. Die Pennanenz der chinesischen und kubanischen Revolution ist und wird erhalten, dennoch sind die "vielen Vietnams" unerläßlich, um Vietnam zu retten ( ... )." Allein die Schaffung einer "neuen Internationale" könne die "revolutionäre Dynamik aufbringen, die den schon lange anstehenden Sieg der Unterdrückten über ihre Unterdrücker ennöglichen" werde. Dutschke kam deshalb zu dem Schluß: "In den weltweiten Aktionen gegen die Erhaltung der etablierten Systeme liegt in einem tiefen, antiautoritären Sinne so etwas wie eine revolutionäre Globalstrategie, die pennanente Internationalisierung für den Sieg der "neuen Menschen des 21. Jahrhunderts" (Guevara)." 172 Mit dieser Projektion der Schaffung einer militanten "neuen Internationale", als deren Teil die bundesdeutschen studentischen Aktivisten sich an einer "revolutionären Globalstrategie" engagieren sollten, stand Rudi Dutschke im Einklang mit der etwas später im amerikanischen SDS von der RYM-Fraktion vertretenen Position- eine Position, die im folgenden auch eine wesentliche politisch-ideologische Legitimation fiir die Fonnierung von klandestin operierenden "Stadtguerilla"-Gruppen in Westberlin und in der Bundesrepublik wie auch in den Vereinigten Staaten bilden sollte. Im spezifischen studentischen Milieu Westberlins entwickelte sich in der Folgezeit ähnlich wie in den Hochburgen der studentischen Protestbewegung in den Vereinigten Staaten 173 eine subkulturell beeinflußte Politszene, die sowohl kulturrevolutionäre als auch politische Momente zu vereinen suchte. Diese "scene", wie sie im Jargon des subkultureilen Milieus genannt wurde, war allerdings nicht rein studentisch bestimmt, an ihr partizipierten auch Teile der nichtakademischen Jugend, etwa aus der sogenannten "Gammler-Bewegung", die sich in Westberlin um die Gedächtniskirche angesiedelt hatte. Zu den Gründen, welche diese aus der Unterschicht stammenden Jugendlichen dazu bewogen hatten, aus ihrem sozialen Umfeld auszuscheren, fiihrten Dieter Claessens und Karin de Ahna deren "Vereinzelung oder zumindest geringe Integration innerhalb der Arbeitswelt, Wohnsituation, Familie, wie sie oft typisch ist fiir die Situation des Arbeiters in der hochindustrialisierten Gesellschaft", an.I74 172 Dutschke 1968b, S. IX f. und XII ( Hervorhebung im Original). 173 Siehe oben Abschnitt 5.1 .1. 174 Siehe Dieter Claessens/Karin de Ahna: Das Milieu der Westberliner .. scene"und die "Bewegung

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Zu einem Kristallisationskern dieser amorphen .. scene" bildete sich die "Wieland-Kommune" heraus. 175 Ursprünglich von Mitgliedern universitärer "KapitalArbeitskreise" gegründet, zogen ab Ostern 1968 weitere Aktivisten der Studentenbewegung in die Wieland-Kommune ein und öffneten diese in der Folgezeit auch für nichtstudentische Kreise. 176 Als theoretischen Hintergrund für die politische Ausrichtung der in derund um die Wieland-Kommune Aktiven gibt Michael ("Bommi") Baumann zum einen die ,.Entwicklung der Gewalt innerhalb der ApO-Geschichte, der Studentenbewegung auf den Straßen", an: .. Ohnesorg, Rudi, diese ganze Kurve, daß der Staatsapparat gezeigt hat, er ist zu allem entschlossen. Wenn er irgendwo angeknackt wird, kommt sofort wieder das faschistische Gesicht hervor.'' 177 Zum anderen betonte Baumann die Bedeutung der Lektüre von Schriften von Befreiungstheoretikern der Dritten Welt (Ernesto Che Guevara, Regis Debray, Mao Tse-tung) und der militanten afro-amerikanischen Bewegung wie Robert F. Williams für die politisch-ideologische Orientierung der Angehörigen der Wieland-Kommune- Guevaras Motto .,Schaffen wir 2, 3, viele Vietnam" sei die .. zentrale Losung" gewesen.178 Vom Frühjahr 1969 an begann sich in Westberlin um den Kristallisationskern Wieland-Kommune der "Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen" zu fonnicren - diese Bezeichnung war zur ironischen Abgrenzung gegenüber dem derzeit in Westberlin um sich greifenden Gründungsfieber der maoistisch orien-

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2. Juni", in: Wanda von Baeyer-Katte et al.: Gruppenprozesse (=Analysen zum Terrorismus 3), hg. v. Rundesministerium des lnnem. Opladen 1982. S. I04. So benannt nach dem Wohnon der Kommunarden in der Wielandstraße in Charlottenburg. Zur Gründung und Entwicklung der Wieland-Kommune siehe Baumann 1982, S. 52 ff. Baumanns autobiographischer Bericht über die Zeit der Endphase der Studentenbewegung in Wcstberlin und über die einsetzende Formierung einer ..Stadtguerilla" stellt eines der wenigen Selbstzeugnisse über diese Entwicklungen dar. Peter Waldmann hat bereits in seiner Einleitung zu dem von ihm herausgegebenen Band Beruf: Terrorist. Lebensläufe im Untergrund, München 1993, S. 12 f.• auf die besonderen Schwierigkeiten beim Zugang zu inhaftienen oder bereits freigelassenen politischen Gewalttätern in der Bundesrepublik im Vergleich zu Militanten in anderen Staaten hingewiesen. Ähnlich verhält es sich mit Veröffentlichungen von in militanten Organisationen (ehemals) Aktiven. die zu einem besseren Verständnis der politischen und psychologischen Motive der (ehemals) Militanten beitragen könnten.-Zu Baumanns Werdegang im Kontext der Formierung militanter Gruppierungen in der Westberliner .. scene" siehe Uwe Backes: Biographisches Ponrät: Michael ("Rommi") Baumann. in: ders./Eckhard .!esse. Hg.: Jahrbuch Extremismus & Demokratie. Bd. I, Bonn 1989. S. 196-204. Baumann 1982. S. 53 f. Hinsichtlich der Bedeutung von polizeilichen Maßnahmen zur Zeit des Schah-Resuchs in Westbcrlin im Juni 1967 gegen die Aktivitäten der Studentenbewegung für die subjektive Radikalisicrungderdaran Beteiligten kam Peter Waldmann zu dem Schluß:., Während das intendierte Ziel der harten polizeilichen MaLlnahmen die rechtzeitige Eingrenzung der Bewegung dun:h Abschreckung von Mitläufern und noch Unentschiedenen war, bewirkten sie tatsächlich das Gegenteil. nämlich die Solidarisierung immer breiterer Teile der Studentenschaft mit den Protcstien:ndcn." Pcter Waldmann: Wann schlagen politische Protestbewegungen in Terrorismus um'1• in: Randelzhoti:r/Süß 1985. S. 412. Baumann 1982. S. 55.

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tierten K-Gruppen gewählt worden. In einem Flugblatt aus der Gründungszeit des "Zentralrats" erklärten die "Haschrebellen" hinsichtlich ihres Selbstverständnisses, daß sie sich als "militanten Kern der Berliner Subkultur" begriffen und dem "Polizei- und Dezernatsterror den aktiven Kampf' ansagten. Die "Rebellen" kämpften "gegen das moderne Sklavenhaltersystem des Spätkapitalismus" und für die "eigene freie Entscheidung über Körper und Lebensform". I 79 Neben dem intensiven Konsum von illegalen Drogen gehörte es zur Attitüde der " Haschrebellen", Privatbesitz abzulehnen und nicht länger einen festen Wohnsitz zu haben, sondern statt dessen in den diversen Wohnungen der breiten subkulturellen Politszene jeweils temporär begrenzte "Gastspiele" zu geben. Nach Dieter Claessens und Karin de Ahna konnte der "harte Kern" der "Haschrebellen" bereits auf eine relativ lange " revolutionäre Laufbahn" zurückblicken, "das heißt die meisten von ihnen haben die Entwicklung "der Bewegung" von Protest und Widerstand bereits ca. vier Jahre lang mitgemacht". Die bestimmende Idee der "Haschrebellen" sei die" Verbindung einer aufSelbstentfaltung, Selbstbefreiung abzielenden Lebensweise - getragen von der Grundstimmung des "karnevalistischen Weltgefühls" mit politischen, revolutionären Aktionen, in denen sich Kritik und Widerstand gegenüber bestimmten gesellschaftlichen Gegebenheiten in aller Deutlichkeit artikulieren sollen". 180 Aus dem" Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen" mit seinem militanten Kern in der Wieland-Kommune sollte sich in der Folgezeit die erste Keimform einer "Stadtguerilla" in Westberlin entwickeln. Die erste und einzige überregionale Veranstaltung, die von militanten, an den nationalen Befreiungsbewegungen der Dritten Welt orientierten Gruppen aus der Bundesrepublik und Westberlin organisiert worden war, stellte die sogenannte Ebracher ,.Knastwoche" vom 15. bis 19. Juli 1969 dar. Von den Münchner Veranstaltern im Umfeld des SDS war Ebrach (Landkreis Bamberg) gewählt worden, da in der dortigen Jugendvollzugsanstalt nach ihrer Ansicht der derzeit "einzige politische Gefangene" der Bundesrepublik, der Münchner SDS-Aktivist Reinhard Wetter, wegen Verstoßes gegen das Demonstrationsrecht einsaß. Zur "Knastwoche" kamen Aktivisten aus dem Umfeld des ,.Zentralrats der umherschweifenden Haschrebellen", der Staffelberg-Gruppe aus Frankfurt a.M. (näheres zu dieser Gruppierung siehe unten), Heidelberger Studenten und Münchner Kommunarden zusammen, um sich über die weitere Zukunft von militanten Aktionen in Westberlin und der Bundesrepublik auseinanderzusetzen. Sebastian Scheerer führte hierzu weiter aus: "In dieser Szene ging es ganz allgemein um Waffenbeschaffungen, also den Aufbau einer gewissen Infrastruktur, und um die I 79 Vgl. Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen: Es ist Zeit zu zerstören!, zitiert nach Baumann I 982, S. 60. 180 Claessens/Ahna 1982, S. I07f.

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Herstellung von Beziehungen zu Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt und zu ausländischen Stadtguerilla-Experimenten.'' 181 Nach Dieter Claessens und Karin de Ahna enthielt die "Teilnehmerliste" der Ebracher "Knastwoche" nahezu alle Namen der Mitglieder späterer terroristischer Organisationen. I 82 In politischer Hinsicht wurde die Veranstaltung nach Auffassung der daran Beteiligten allerdings eine "Pleite" 183 , was neben dem exzessiven Drogenkonsum auch mit der restriktiven Politik des Harnherger Landrats Otto Neukum, der den daran Beteiligten keine Erlaubnis zum Campieren erteilte, zuzuschreiben ist. I 84 Nichtsdestotrotz wurde das Treffen in Ehrach fiir die weitere Entwicklung "internationalistisch" bestimmter militanter Gruppen in Westhertin und in der Bundesrepublik von Bedeutung, da die dort anwesenden Aktivisten der Westberliner politischen Subkulturszene, darunter Dieter Kunzelmann, Ina Siepmann, Lena Conrad, Georg von Rauch, Albrecht Fichter und Thomas Weißbecker, mit einer Mailänder Gruppe bekannt wurden, über die sie schließlich auch mit palästinensischen Solidaritätsgruppen in Kontakt kamen. Diese Mailänder Anarchistengruppe, die sich" Uccelli" nannte, hatte die Westberliner fiir die Zeit nach dem "Knastcamp" nach Italien eingeladen, was von den Westberlinern auch gerne akzeptiert wurde. 185 Innerhalb der Westberliner Gruppe war bereits während der Fahrt nach Ehrach darüber diskutiert worden, nicht mehr nach Westhertin zurückzukehren, da gegen einige Aktivisten schon rechtskräftige Gerichtsverfahren aufgrund verschiedener politischer Aktionen abgeschlossen worden waren - fiir Dieter Kunzelmann lag bereits eine Ladung zum Strafantritt vor - , und die Betroffenen waren sich darüber einig, die Haftstrafen nicht freiwillig anzutreten. Während ihres ein- bis zweimonatigen Aufenthalts in Mailand kamen die Westberliner in Kontakt mit italienischen Palästina-Solidaritätsgruppen, die über sehr gute Kontakte zu palästinensischen Flüchtlingslagern in Jordanien verfugten und diese konkret medizinisch unterstützten, etwa indem italienische Medizinstudenten in den auf sich gestellten Flüchtlingslagern arbeiteten. Die Westberliner Aktivisten ließen sich in der Folge Schriften der palästinensischen Befreiungsbewegung übersetzen und führten mit den italienischen Solidaritätsgruppen intensive Diskussionen über die Lage der Palästinenser.

I 8 I Scheerer I 988, S. 290; vgl. hierzu auch den Aufruf des Zentralrats der umherschweifenden Haschrebe lien: Kommt zur roten Knastwoche nach Ebrach, in: Der Blues, a.a.O., S. 52 f. I 82 Siehe ClaessenslAhna 1982, S. 120. I 83 Siehe Redaktionskollektiv 883: Ebrach: eine Sauerei, in: Agil 883, Nr. 24, 24. Juli 1969, S. 4. I 84 Zur Ebracher "Knastwoche" siehe ausführlich Wemer Kohn et al., Hg.: ln Samberg war der Teufel los, Samberg 1993, S. 56-96. I 85 Für das Folgende stütze ich mich insbesondere auf das Interview mit Dieter Kunzelmann am 19. Aprill994. 24 Juchler

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Im Spätsommer 1969 schlossen sich die Westberliner Aktivisten einem unter anderen von den .. Uccelli" organisierten Unternehmen an, an dem sich auch junge Intellektuelle und Künstler aus der Bundesrepublik, etwa Wim Wenders, beteiligten. Die italienischen Politaktivisten hatten geplant, vom Hafen in Anzio aus mit einem Schiff nach Sizilien überzusetzen, um dort den Opfern einer Erdbebenkatastrophe zu helfen, die von den staatlichen Behörden keine nennenswerte Unterstützung erhielten. Die italienischen Aktivisten verstanden dieses Unternehmen als in der Tradition des ,.Zuges der Tausend" von Giuseppe Garibaldi stehend und wollten nach ihrem Einsatz im Erdbebengebiet mit einer dann breiteren Anhängerschaft einen ,.Marsch auf Rom" initiieren. Nachdem die politischen Aktivisten allerdings in Anzio keine Auslaufgenehmigung für ihr Schiff erhalten hatten, entschlossen sich die Westberliner Dieter Kunzelmann, Ina Siepmann, Lena Conrad, Georg von Rauch, Thomas Weißhecker und Albrecht Fichter, ihre zuvor in Mailand und Rom hergestellten Kontakte zu Palästinensern nutzend, mit einem ursprünglich für die Ebracher ,.Knastwoche" vomAStAder TU Berlin geliehenen Ford Transit nach Jordanien zu fahren, um dort palästinensische Flüchtlingslager zu besuchen. In Ankara machte die Gruppe Zwischenstation und bereitete ihren Aufenthalt durch die Lektüre einschlägiger Schriften zur politischen Geschichte des Nahostkonkflikts im dortigen Goethe-Institut vor. Nachdem die Westberliner schließlich in einem palästinensischen Flüchtlingslager bei Amman angekommen waren, führten sie unter anderem Diskussionen mit Vertretern palästinensischer Befreiungsbewegungen, insbesondere mit Repräsentanten der Al Fatah. In dem palästinensischen Lager kam es jedoch nicht, wie in der Sekundärliteratur angegeben 186, zu einer militärischen Ausbildung der Westberliner. Vielmehr war es nach Dieter Kunzelmann das Ziel des Aufenthaltes, eine Befreiungsbewegung der Dritten Welt zu "studieren". Zwar entwickelten die Westberliner während ihres etwa vierwöchigen Aufenthaltes das Bedürfnis. den Palästinensern in humanitärer Hinsicht zu helfen, doch hatte bis auf Ina Siepmann keiner der Aktivisten einen praktischen Beruf erlernt. Deshalb reiste die Gruppe Ende Oktober bis auf Siepmann, die auf Wunsch der Palästinenser im Lager zurückblieb und sich in der Folgezeitaufgrund ihrer Ausbildung als Pharmakologin im Bereich der medizinischen Versorgung engagicrte 187, nach Westberlin zurück. Während dieser Fahrt kam es unter anderem zur Diskussion über das weitere politische Engagement der Aktivisten, in deren Zusammenhang auch die Option 186 Vgl. Clacssens/ 1\hna I982, S. 121; Seileerer 19K!L S. 290; Hermann Hörtreiter: Oie Sprengstofl~ und Branddelikte deutscher ,.Tupamaros", in: Kriminalistik, IIen 2. Februar 1972. S. 57; und Kloke 1994, S. 165. 187 Nach Dieter Kunzclmann starh lna Siepmann wührend der Invasion israelischer Streitkräfte im Libanon im Sommer 1982.

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eines eventuellen "Abtauchens" in den Untergrund und der Aufbau einer "Stadtguerilla"-Gruppe erörtert wurde, doch blieben diese Diskussionen bis zur Rückkehr der Gruppe nach Westberlin Dieter Kunzelmann zufolge sehr ,. vage" und "abstrakt". Für die letztliehe Durchführung von militanten Aktionen als "Stadtguerilla"-Gruppe waren schließlich neben dem politischen Willen zur Schaffung einer "zweiten Front" aus Solidarität mit den Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt auch das Beispiel der in Uruguay und Brasilien aktiven Stadtguerilla-Organisationen l88 sowie eine gewisse Frustration radikalisierter Aktivisten über den Zerfall der breiten studentischen Protestbewegung von entscheidender Bedeutung. 189 Wesentlicher politisch-ideologischer wie praktischer Bezugspunkt der sich entwickelnden Westberliner "Stadtguerilla" waren- wie fiir die Weatherman in den Vereinigten Staaten- "Che Guevara, die Tupamaros in Uruguay und die Schriften lateinamerikanischer Genossen zur Focus-Theorie". 190 Fast täglich, so stellte Meyer rückblickend fest, konnte man derzeit vom praktischen Erfolg dieser Theorie lesen 191 , und flir die militanten Aktivisten stellte sich wie für die radikalisierten Teile der amerikanischen Studentenbewegung deshalb die Frage: 188 Zu politischer Entwicklung, theoretischer Konzeption und Aktivitäten lateinamerikanischer Stadtguerilla-Gruppen siehe Thomas C. Wright: Latin America in the Era ofthe Cuban Revolution. New York/Westpon/London 1991, S. 99-116; James Kohi/John Litt: Urban Guerrilla Warfare in Latin America, Cambridge, Mass./London 1974; und Alain Labrousse: Die Tupamaros. Stadtguerilla in Uruguay, München 1971. - Das von dem ehemaligen Politischen Sekretär der KP Brasiliens und Teilnehmer der OLAS-Konferenz Carlos Marighella für die brasilianische Stadtguerilla konzipie11e Minihandbuch des Stadtguerilleros (Juni 1969) sollte späterhin auch der RAF als Anleitung dienen. Siehe Carlos Marighella: Minihandbuch des Stadtguerilleros, in: Sozialistische Politik, Nr. 617, Juni 1970, S. 143-166; danach auch publizien in Marcio M. Alves/Conrad Detrez/Carlos Marighella: Zerschlagt die Wohlstandsinseln der Dritten Welt. Mit dem Handbuch des Guerilleros von Sao Paulo, Reinbek 1971. Zur Bedeutung von Marighellas Handbuch für den Autbau der logistischen Infrastruktur der RAF von August 1970 an siehe Butz Peters: RAF. Terrorismus in Deutschland, München 1993, S. 86 tT.; und Uwe Backes: Bleierne Jahre. Baader-Meinhof und danach (=Reihe Extremismus und Demokratie I), Erlangen/Bann/Wien 1991, S. 65. - Nach Rolf Tophoven lehnt sich das .. operative Konzept" der Anti-Terrorgruppe GSG 9 ebenfalls eng an Carlos Marighellas Handbuch an. Siehe Rolf Tophoven: GSG 9- Kommando gegen Terrorismus, Koblenz/Bonn 1977, S. 20. 189 Dieter Kunzelmann zufolge waren die an den militanten Aktionen der späteren Tupamaros Westberlin Beteiligten der subjektiven Überzeugung, sie seien ..das Häutlein der letzten Aut~ rechten" , die den von der antiautoritären Bewegung eingeschlagenen Weg konsequent fonführten. 190 Siehe Meyer 1987. 191 Die Aktivitäten der uruguayischen und brasilianischen Stadtguerilleros fanden derzeit insbesondere auch in studentischen oder von Studenten stark rezipienen Zeitschriften Beachtung. Siehe etwa Wolfgang Schöller: Tupamaro in Uruguay -- Guerilla im Apparat, in: Sozia listische Politik, Nr. 2, Juni 1969, S. 72-75 (auch nachgedruckt in Sozialistische Correspondenz-Info, Nr. 17, 18. Oktober 1969, S. 13-16); Carlos Marighella: Botschaft an die Brasilianer, in: Sozialistische Correspondenz-Info, Nr. 17. 18. Oktober 1969, S. 16-18; David Vinas: Die Tupamaros. in: links, Nr. 4, Oktober I 969, S. I 3 f.; Carios Maria Gutierrez: Tupamaros. Neue Methoden, Stadtguerilla, in: Kursbuch 18, Oktober 1969... Kursbogen"; Günter Matthias Tripp: Der Polizeimord an Carlos Marighella, in: Rote Presse Korrespondenz, Nr. 38, 7. November 1969, S. I und 9-11 (auch nachgedruckt in Sozia listische Correspondenz-Info, Nr. 21 , 15. November 1969, S. 7-1 0); Zum 24•

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"Konnte nicht das, was in Uruguay- einem Land mit stark europäischen Strukturenmöglich war, auch hier möglich sein?( ... ) Konnten wir nicht der Funke sein, der zum Steppenbrand führt?( ... ) War nicht Ches Losung: "Schafft zwei, drei, viele Vietnam" eine Aufforderung an uns, ein Signal an die Revolutionäre, die "im Herzen der Bestie" lebten? Wir jedenfalls nahmen es mit dem proletarischen Internationalismus ernst, wir waren willens, den USA zu zeigen, daß es auch hier einen zu allem entschlossenen Gegner gibt, und den Völkern im Kampf um Befreiung wollten wir zeigen, daß wir ihren Kampfverstehen als den unseren. Eine Welt, ein Feind." l92

Etwa zwei Jahre nach der Forderung von Rudi Dutschke und Hans-Jürgen Krahl auf der 22. Delegiertenkonferenz des SOS, den allerdings nicht militant gedachten "städtischen Guerillero" als "Organisator schlechthinniger Irregularität" zu schaffen, war mit der Bildung einer Westberliner "Stadtguerilla"-Gruppe eine erste militante Formation entstanden, die in Westberlin und in der Bundesrepublik die aus Lateinamerika übernommene Methode des bewaffneten städtischen Guerillakampfes praktizieren wollte. Als die fortan als "Palästina-Fraktion" benannte Gruppe Ende Oktober 1969 nach Westberlin zurückkehrte, ereignete sich innerhalb der um die Wieland-Kommune ze.ntrierten militanten Gruppen der politischen Subkultur nach Einschätzung von Baumann ein politischer "Bruch": "Die Palästina-Fraktion innerhalb der Gruppe hat denn gesagt, die Geschichte, so wie sie jetzt läuft, hat keinen Sinn. Wir müssen sofort konkret mit dem bewaffneten Kampfanfangen." 193 Tode von Carlos Marighella, in: SDS-lnfo, Nr. 24, 17. November 1969, S. 4 f.; TupamarosStadtguerilla in Uruguay, in: ebenda, S. 6-9; H.C.F. Mansilla: Akzentverschiebung in der revolutionären Strategie in Lateinamerika, in: Sozialistische Politik, Nr. 4, Dezember 1969, S. 114-117; und Fritz Kramer: Imperialismus und Revolution in Brasilien, in: Rotes Forum, 15. Dezember 1969, S. 3-11 . 192 Meyer 1987.- Die hier abermals zum Ausdruck gebrachte subjektive Einschätzung, wonach die Kämpfe nationaler Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt und ethnischer Minderheiten in den USA eine neue weltpolitische Situation und damit die Möglichkeit flir politische Aktivisten in der Bundesrepublik, ebenfalls an der Seite der Dritten Welt in die weltweiten Auseinandersetzungen eingreifen zu können, geschaffen hätten, wird von Thomas Ebermann im Rückblick gleichfalls als der damaligen weltpOlitischen Konstellation geschuldet erachtet. Ebermann stellte in diesem Kontext fest: "Ich weigere mich ja zu sagen, daß unsere Hoffnung, die Einkreisung der Metropolen möge mit unserer Mitwirkung gelingen, reiner Spinnkram war, sondern ich versuche einen Blick auf unsere Biografie und Geschichte zu behalten, der noch sieht, daß es einige Jahre lang wirklich auf des Messers Schneide stand, welche Kräfte sich in der Welt durchsetzen. Die Parole "Schafft zwei, drei, viele Vietnam" haben wir nicht gerufen, weil wir nicht ganz dicht waren, sondern da lag damals wirklich eine Chance." Thomas Ebermann, zitiert nach dem konkret-Gespräch mit Karl-Heinz Dellwo, Knut Folkerts und Lutz Taufer "Sie wollen uns alle auslöschen", a.a.O., S. 12.- Vgl. hierzu auch Fuhrmannet al. 1989, S. 174. 193 Baumann 1982, S. 77. Weiterhin erklärte Baumann in diesem Zusammenhang: .. Die Brüder aber haben nach ihrer Rückkehr gesagt. der neue Mensch -es ging ja dabei immer um die Veränderung der Menschen - entsteht im Kampf, mit der Waffe in der Hand. Das ist der Fanonsatz, .,als sie ihre Menschlichkeit entdeckten, holten sie ihre Waffen hervor". Das wurde für sie völlig realistisch, und mit dieser Message und dem totalen Willen zu kämpfen sind die Leute dann aus Palästina zurückgekommen." Ebenda, S. 75. Vgl. Fanon 1961, S. 36.

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Aufgrund des engen Bezuges zur palästinensischen Al Fatah richtete die sich fortan Tupamaros Westher/in nennende Gruppe ihre militante Praxis nicht länger an dem für die Studentenbewegung dominanten Thema Vietnamkrieg aus- das sich abzeichnende, fürdie FNL "siegreiche Ende des Krieges in Vietnam", so heißt es in einer Erklärung der Tupamaros Westberlin, sei der "Beginn des Vietnamkrieges auf allen Fronten". Der "Imperialismus" versuche seine "nächste entscheidende Niederlage" derzeit "unter Aufbietungall seiner Kräfte im Nahen Osten zu verhindern". 194 Dieser politischen Ausrichtung entsprechend traten die Tupamaros Westberlin mit einem gescheiterten Bombenanschlag aufdas jüdische Gemeindehaus in Westberlin am I 0. November 1969 (dem 31. Jahrestag der Pogromnacht gegen Juden in Deutschland) erstmals in Erscheinung. Zugleich wurden mehrere jüdische Mahnmale mit den Aufschriften "Schalom und Napalm" und ,.Al Fatah" beschmiert. Zur Begründung für diese Aktionen führten die Tupamaros Westberlin in ihrem Flugblatt Schalom & Napalm unter anderem an, daß das "rassistische und zionistische Israel ( ... ) mit Napalm, Phantoms und deutschen Panzern die Ölinteressen des Weltpolizisten im gesamten arabischen Raum" verteidigten. Dagegen habe der Kampf der Al Fatah "allen gezeigt, wie Imperialismus, Zionismus und das System in ihren eigenen Ländern zu bekämpfen sind. Die palästinensische Revolution ist der Ausgangspunkt einer umfassenden revolutionären Veränderung in allen arabischen Ländern." Die Aktionen der Tupamaros Westberlin seien nicht als "rechtsradikale Auswüchse zu diffamieren, sondern sie sind ein entscheidendes Bindeglied internationaler sozialistischer Solidarität". Der" wahre Antifaschismus", so heißt es in der Erklärung weiter, sei die "klare und einfache Solidarisierung mit den kämpfenden Feddayin. Unsere Solidarität wird sich nicht mehr mit verbal-abstrakten Aufldärungsmethoden a Ia Vietnam zufriedengeben, sondern die enge Verflechtung des zionistischen Israel mit der faschistischen BRD durch konkrete Aktionen schonungslos bekämpfen." Die Tupamaros Westberlin würden deshalb ihren Kampf gegen die "Faschisten im demokratischen Mantel" erweitern und damit beginnen, eine "revolutionäre Befreiungsfront in den Metropolen" aufzubauen. 195 Der versuchte Bombenanschlag auf das jüdische Gemeindehaus in Westberlin stieß allerdings nicht nur in der liberalen Öffentlichkeit auf Ablehnung, sondern erschien nach Sebastian Scheerer auch der politisierten Drogenszene "sehr befremdlich".196 Des weiteren lehnten die mit den Tupamaros Westberlin in ihrer 194 Schwarze Ratten TW (i.e. Tupamaros Westberlin): Flugblatt Schalom & Napalm, in: Agil 883. Nr. 40, 13. November 1969, S. 9. 195 Ebenda. - Ihr Selbstverständnis als "erster Kern der Stadtguerillas in den westlichen Metropolen"

machten die Tupamaros Westberlin weiterhin in ihrem eigenen Aufruf zu einer Vietnam-Demonstration in Westberlin ebenfalls im November 1969 deutlich, wobei sie ihre "kämpferische Solidarität" mit der FNL, Al Fatah. Tupamaros etc. verkündeten. Siehe Baumann 1982, S. 60 f.

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5. Spaltung und Niedergang des amerikanischen und des bundesdeutschen SDS

Kritik am "Zionismus" und der Unterstützung palästinensischer Guerillabewegungen übereinstimmenden studentischen Projektgruppen (siehe oben) den versuchten Bombenanschlag ab. In einer Erklärung des Frankfurter Palästina-Komitees heißt es in diesem Zusammenhang, daß die "Juden in der Diaspora" eine Terroraktion wie die gegen die jüdische Gemeinde nur "auf dem Hintergrund ihrer Verfolgung und Vernichtung als Juden" begreifen könnten, die •.Identifizierung jüdischer Institutionen mit zionistischen Basen" sei "selber eine rassistische, die den rassistischen Staat stärkt und nicht schwächt". 197 Gleichwohl kündigten die Aktivisten des Frankfurter Palästina-Komitees jedoch ihre Solidarität für den Fall an, daß sich die bei dem versuchten Bombenattentat Beteiligten vor Gericht verteidigen müßten. 198 Zur seihen Zeit und in inhaltlich sehr ähnlicher Ausrichtung wie ihre amerikanischen Kommilitonen wandte sich ein Teil der bundesdeutschen Studentenbewegung um den Sommer 1969 den als neues "revolutionäres Subjekt" ausgemachten gesellschaftlichen Randgruppen zu. Während in den Vereinigten Staaten die Weatherman-Fraktion das von ihr zu agitierende "revolutionäre Subjekt" insbesondere in radikalisierten Schülergruppen und (sub)proletarischen Jugendlichen zu erkennen venil.einte, die zusammen mit den ebenfalls marginalisierten und als revolutionäre Avantgarde erachteten militanten Afro-Amerikanern und dem radikalisierten Teil der •• weißen" Studentenbewegung zusammen eine revolutionäre Jugendbewegung (RYM) bilden sollten, orientierten sich die bundesdeutschen studentischen Anhänger der sogenannten "Randgruppenstrategie" auf die Politisierung von jugendlichen Heiminsassen, Schülern und sozial marginalisierten Jugendlichen. Eine aus diesen Überlegungen hervorgegangene Initiative stellt die sogenannte Staffelberg-Kampagne dar, an der sich nunmehr in Frankfurter Stadtteilgruppen engagierte ehemalige Aktivisten der Studentenbewegung beteiligten. Vor dem Hintergrund ihrer Kritik an den derzeitigen Lebensbedingungen von jugendlichen Heiminsassen wollten die studentischen Aktivisten die im Erziehungsheim Staffelberg in Hessen wohnenden Jugendlichen in ihrem Protest gegen die Zustände im Heim von Ende Juni 1969 an unterstützen und im weiteren auch- insbesondere vor dem theoretischen Hintergrund der Randgruppentheorie Herbert Marcuses 199 196 Scheerer 1988, S. 292. 197 Palästina-Komitee Frankfurt a.M.: Erklärung zum Bombenattentat auf das jüdische Gemeindehaus in Berlin, in: SDS-Info, Nr. 25, I. Dezember 1969, S. 29. 198 Ebenda, S. 30. 199 Zum theoretischen Einfluß Herbert Marcuses auf die Aktivisten der Staffelberg-Kampagne siehe Peter Brosch: Fürsorgeerziehung. Heimterror und Gegenwehr, Frankfurt/M. 1971, S. 93.- Zur Diskussion um die Randgruppentheorie innerhalb der sich auflösenden bundesdeutschen Studentenbewegung siehe Randgruppenkonferenz in Berlin. Berichte und Materialien, in: Rote Presse Korrespondenz, Nr. 54, 27. Februar 1970; und Christian Marzahn: Zur Diskussion einer sozialistischen Randgruppenstrategie, in: Sozialistische Correspondenz-lnfo, Nr. 36, 7. März 1970, SJ-5.

5.2 Zur Entwicklung der bundesdeutschen Studentenbewegung

375

- politisch agitieren. Zwar lehnte im Juli 1969 eine kleinere Gruppe in den wöchentlich tagenden "Fraktionssitzungen" der Frankfurter Stadtteilgruppen die weitere Unterstützung der Kampagne ab. da die Jugendlichen dem "Lumpenproletariat" angehörten, das "seit den Erfahrungen der Pariser Kommune als Reservoir der Handlanger der Konterrevolution. so auch des Faschismus" gelte.200 Dagegen argumentierte die der Mehrheitsfraktion angehörende Gruppe um Andreas Baader, der im Juni 1969. nach seiner vorläufigen Haftentlassung bis zum Urteil im Revisionsverfahren des Frankfurter Kaufhausbrandprozesses im November zusammen mit Gudrun Ensslin zur Staffelberg-Kampagne gestoßen war, daß die Rebellion der Jugendlichen "etwas prinzipiell Klassenkämpferisches" sei: ",Starten wir den Großangriff auf die Heime -machen wir die Heime leer und befreien wir das Heer der Hunderttausende von Heimgenossen', so lautet der radikalste Standpunkt dieser Gruppe. Sie glaubt zumindest einen guten Anteil dieser Hunderttausende von Jugendlichen für die linken Stadtteilgruppen in deutschen Großstädten gewinnen zu können."20 1 Nachdem im September 1969 ein Trägerverein gegrundet worden war, um von der Stadt Frankfurt a.M. und vom Landeswohlfahrtverband finanzielle Unterstützung zu erhalten, trat vor allem Gudrun Ensslin bei den diversen Behörden für die Unterstützung des Projektes wie auch für die Bereitstellung von Wohnungen ein. Mit Unterstützung des Leiters des Frankfurter Jugendamtes gelang es der Staffelberg-Gruppe bis November 1969, sechs Wohnungen anzumieten, in denen über dreißig Jugendliche in Wohnkollektiven zusammenleben konnten. Dabei fand insbesondere das Engagement von Ensslin beim Leiter des Jugendamtes wie auch beim Leiter des Diakonischen Werkes in Frankfurt Anerkennung, letzterer hätte sie nach einer Begnadigung als Sozialarbeiterin bei der Evangelischen Kirche angestellt. 202 Doch im November 1969 verwarf der Bundesgerichtshof die Revision des Brandstifterurteils. und die beiden in der Staffelberg-Kampagne Engagierten entschlossen sich zusammen mit Thorwald Proll unterzutauchen. Nachdem die Flüchtigen über mehrere Wochen hin in der Pariser Wohnung des in bolivianischer Haft einsitzenden Guerillatheoretikers Regis Debray verbracht hatten, reisten Gudrun Ensslin und Andreas Baader zusammen mit Thorwald Prolls Schwester Astrid weiter nach Italien203, wo sie Anfang Februar 1970 von der Ablehnung ihres 200 20 I 202 203

Zitiert nach Brosch 1971. S. I07. Ebenda, S. I08. Siehe Aust 1986, S. 81 f.; und Krebs 1991, S. 186 ff. Thorwald Proll wurde nach den Ausführungen von Stefan Aus\ in Straßburg "abgehängt", da er .. Baaders Einschätzung zufolge für ein konspiratives Leben nicht robust genug war". Er stellte sich später wie auch Horst Söhnlein zum Strafantritt Siehe Aust 1986, S. 84.

376

5. Spaltung und Niedergang des amerikanischen und des bundesdeutschen SDS

Gnadengesuches erfuhren, welches sie kurz vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofes eingereicht hatten und das vor allem vom Leiter des Frankfurter Jugendamtes unterstützt worden war. Kurz zuvor hatte ihnen Horst Mahler während eines Besuches davon berichtet, daß er derzeit in Westberlin eine militante Gruppe aufbaue, der sie sich anschließen könnten. 204 Gudrun Ensslin und Andreas Baader kehrten daraufbin noch im selben Monat nach Westberlin zurück und diskutierten im Kreis um Horst Mahler, dem unter anderen Ulrike Meinhof, Manfred Grashof, Astrid Proll und Petra Schelm angehörten205, die Möglichkeiten einer militanten, sozialrevolutionären Strategie, wobei sie sich insbesondere an der Politik der Black Panther Party sowie der lateinamerikanischen Stadtguerilla-Gruppen orientierten.206 In dieser Phase kam es auch zu einem Zusammentreffen der beiden Aktivisten der derzeit bereits agierenden "Stadtguerilla"-Gruppe der politischen Subkulturszene, Dieter Kunzelmann und Georg von Rauch, mit der Gruppe um Horst Mahler. Bei diesem Treffen sollte die Frage einer künftigen politischen und praktischen Zusammenarbeit erörtert werden. Nach Auskunft von Dieter Kunzelmann erwies sich im Verlauf der Diskussion eine derartige Kooperation jedoch aufgrund wesentlicher politischer wie organisationstheoretischer Differenzen zwischen der MahlerGruppe und den Vertretern der militanten Subkulturszene als nicht durchführbar: Während die Aktivisten der späteren RAF ihre Organisation nach dem Leninschen Prinzip des demokratischen Zentralismus als Kaderorganisation aufbauen und absolut konspirativ im Untergrund agieren wollten, war es eine politische Maxime der Tupamaros Westberlin, mit der breiteren politischen Subkulturszene weitestgehend im politischen Austausch zu bleiben, sich in dieser Szene "wie ein Fisch im Wasser" bewegen zu können und nicht unter absolut klandestinen Bedingungen ein völlig neues Leben führen zu müssen. 207 Damit waren auch bereits die grundlegenden Differenzen zwischen der späteren terroristischen "Bewegung 2. Juni", die sich in Westberlin ab Dezember 1971 aus dem Umfeld der Tupamaros Westberlin entwickelte, und der RAF benannt. Die "Bewegung 2. Juni" dominier204

205 206 207

Horst Mahler sollte im März 1970 in eine ähnliche .,existentielle Notlage" geraten wie die vormaligen Kauthausbrandstifter: Er wurde zu zehn Monaten Haft wegen Landfriedensbruch im Zusammenhang mit den Aktionen vor dem Springer-Hochhaus zu Ostern 1968 verurteilt, die zwar zu drei Jahren Bewährung ausgesetzt wurde, flir ihn allerdings den Ausschluß aus der Rechtsanwaltskammer und Berufsverbot bedeuteten. Siehe Krebs 1991, S. 203 f. Manfred Grashof war zuvor von Horst Mahler als politisch motivierter Bundeswehrdeserteur juristisch vertreten worden. Siehe Horst Mahler/Uirich K. Preuss/Deserteurs-Kollektiv: Big Lift oder Freiheit für die Deserteure (=Yoltaire Flugschrift 25), Berlin 1969. Siehe Horst Mahler in Axel Jeschke/Wolfgang Malanowski, Hg.: Der Minister und der Terrorist. Gespräche zwischen Gerhart Baum und Horst Mahler, Harnburg 1980, S. 14 tT.; und Krebs 1991,

S. 204.

Interview mit Dieter Kunzelmann am 19. April 1994.

5.2 Zur Entwicklung der bundesdeutschen Studentenbewegung

377

te späterhin den militanten Untergrund in Westberlin und ließ dort auch keine Operationen der RAF zu. 208 Anfang April 1970 wurde Andreas Baader schließlich verhaftet, und in der Gruppe um Horst Mahler und Gudrun Ensslin faßte man in der Folge den Entschluß, tn, Frank/Nage/, Herbert (Hg.): Subversive Aktion. Der Sinn der Organisation ist ihr Scheitern, Frankfurt/M. 1976. Carson, C1ayborne et al. (Hg.): The Eyes on the Prize. Civil Rights Reader. Documents, Speeches, and Firsthand Accounts form the B1ack Freedom Struggle, 1954-1990, New York 1991. Civil Rights, Volume 2, 1967-68, zusammengestellt von Steven D. Price, New York 1973.

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