Die Strafbarkeit des Selbstdopings: Strafrechtsdogmatische, verfassungsrechtliche und rechtspolitische Überlegungen zu §§ 3, 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5, Abs. 2, 7 Anti-Doping-Gesetz [1 ed.] 9783428559428, 9783428159420

Die Arbeit unterzieht die 2015 vollzogene Neuausrichtung der staatlichen Dopingbekämpfung auf den dopenden Sportler eine

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German Pages 308 [309] Year 2020

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Die Strafbarkeit des Selbstdopings: Strafrechtsdogmatische, verfassungsrechtliche und rechtspolitische Überlegungen zu §§ 3, 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5, Abs. 2, 7 Anti-Doping-Gesetz [1 ed.]
 9783428559428, 9783428159420

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Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 293

Die Strafbarkeit des Selbstdopings Strafrechtsdogmatische, verfassungsrechtliche und rechtspolitische Überlegungen zu §§ 3, 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5, Abs. 2, 7 Anti-Doping-Gesetz

Von

Carsten Kusche

Duncker & Humblot · Berlin

CARSTEN KUSCHE

Die Strafbarkeit des Selbstdopings

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begründet von Dr. Eberhard Schmidhäuser (†) em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Hamburg

Herausgegeben von Dr. Dres. h. c. Friedrich-Christian Schroeder em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg

und Dr. Andreas Hoyer ord. Prof. der Rechte an der Universität Kiel

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 293

Die Strafbarkeit des Selbstdopings Strafrechtsdogmatische, verfassungsrechtliche und rechtspolitische Überlegungen zu §§ 3, 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5, Abs. 2, 7 Anti-Doping-Gesetz

Von

Carsten Kusche

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT. Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Würzburg Die Juristische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat diese Arbeit im Jahre 2018 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 978-3-428-15942-0 (Print) ISBN 978-3-428-55942-8 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2018/2019 an der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg als Dissertation angenommen. Für die Druckfassung konnten Rechtsprechung und Literatur bis Dezember 2019 berücksichtigt werden. Mein erster und sehr herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Dr. Eric Hilgendorf für die hervorragende Betreuung der Arbeit, die sich in vielfältigen Anregungen und der Gewährung der für die Fertigstellung erforderlichen wissenschaftlichen Freiheit niederschlug. Herrn Professor Dr. Frank Zieschang danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Frau Professorin Dr. Susanne Beck, LL.M., und Herrn Professor Dr. Wolfgang Mitsch gilt mein Dank für ihre Gesprächsbereitschaft und die Bereitstellung von Diskussionsplattformen, deren Konsultation die Fertigstellung der Arbeit wesentlich gefördert hat. Bei Weitem nicht nur für das Korrekturlesen der Arbeit danke ich Herrn Dr. Berthold Haustein, Herrn Florian Ludwig, meinen beiden Schwestern Frau Dr. Christiane Kappes und Frau Dr. Carolin Sabel sowie insbesondere Frau Karen Ungerer. Mein innigster Dank gilt meinen Eltern Erika und Hans-Jürgen Kusche, die mich während meiner gesamten Ausbildung auf jede erdenkliche Weise unterstützt haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Würzburg, im Juli 2020

Carsten Kusche

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einführung

17

Kapitel 1 Grundlagen der sportrechtlichen Dopingbekämpfung und Vollzugsdefizit

19

A. Das sportrechtliche Anti-Doping-Regelwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 B. Ineffizienz des Dopingkontrollsystems als Auslöser staatlicher Einmischung . . . . . . 23 Kapitel 2 Die bisherige Straflosigkeit des Selbstdopings 23 A. Arzneimittelrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Kernstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 I. Körperverletzungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 II. Tötungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 III. Betrugsstrafbarkeit des Sportlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3. Vermögensverfügung, Schaden und subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . 31 C. Fazit: Nur lückenhafter Strafrechtsschutz gegen Doping vor Geltung des AntiDopG 32 Kapitel 3 Schließung der „Strafbarkeitslücke“ durch das AntiDopG

33

A. Entstehungsgeschichte des AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Vorgängerentwürfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Die Schaffung des AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 B. Der Regelungsgehalt des AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 I. Überblick über das AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Übernahme und Erweiterung der Verbote des AMG durch §§ 2, 4 AntiDopG

39

1. Die Verhaltensnorm des § 2 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Die Sanktionsebene des § 4 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Fazit: Keine wesentlichen Neuerungen im Dopingstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . 42

8

Inhaltsverzeichnis III. Das Verbot des Selbstdopings aus §§ 3, 4 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. § 3 AntiDopG als Verhaltens-, § 4 AntiDopG als Sanktionsnorm . . . . . . . . . . 43 2. Die Verbote des § 3 AntiDopG im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Das Anwendungsverbot nach § 3 Abs. 1 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Die Teilnahme- und Besitzverbote des § 3 Abs. 2, 4 AntiDopG . . . . . . . . 44 c) Der Wettbewerb des organisierten Sports i.S.d. § 3 Abs. 3 AntiDopG . . . . 44 Kapitel 4 Gang der Untersuchung – Auflösung methodischer Zirkelschlüsse bei Tatbestands- und Rechtsgutsanalyse

45

A. Problemaufriss: Unklarheiten auf Rechtsguts- und Tatbestandsebene . . . . . . . . . . . . 45 B. Gesetzesanalyse als Mittel der Rechtsgutsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 I. Genetisch-historische Rechtsgutsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 II. Systematische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 III. Tatbestandsanalyse als wichtigstes Mittel der Rechtsgutsbestimmung . . . . . . . . 48 C. Auswirkungen auf den Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 I. Tatbestandsanalyse vor Rechtsgutsdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 II. Zirkelschlussgefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Gefahren bei der Tatbestandsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2. Auflösung des Zirkelschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a) Abschichtung des Kerngehalts vom problematischen Einzelfall . . . . . . . . 51 b) Vorrang genetisch-historischer Auslegungsmethodik . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 III. Differenzierung zwischen Rechtsgutsermittlung und -bewertung . . . . . . . . . . . . 52 Teil 2 Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

53

Kapitel 1 Gesetzessystematik

53

Kapitel 2 Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

54

A. Das Anwendungsverbot, § 3 Abs. 1, Abs. 3 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 I. Der objektive Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Mittelbare Bezugnahme der staatlichen Doping-Definition auf die WADAVerbotsliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

Inhaltsverzeichnis

9

b) Dopingmittel i.S.d. Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) Umfassend verbotene Substanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) In allen Sportarten lediglich im Wettkampf verbotene Substanzen . . . 58 cc) Vom staatlichen Dopingverbot ausgenommene Substanzen . . . . . . . . . 59 c) Dopingmethoden i.S.d. Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Manipulation von Blut und Blutbestandteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Chemische und physikalische Manipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Gen- und Zelldoping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 d) Anwenden oder Anwenden-Lassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Keine medizinische Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 II. Der subjektive Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 1. Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Irrtum über die Verbotenheit angewendeter Mittel als Verbotsirrtum i.S.d. § 17 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Absicht der Verschaffung eines Vorteils in einem Wettbewerb des organisierten Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 b) Die Wettbewerbe i.S.d. Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Voraussetzungen der Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (1) Indizien für eine Beschränkung auf Verbandssport unter dem Dach von DOSB und IOC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (2) Organisation und Beauftragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (3) Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verbotsnorm durch Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (4) Systematische Unstimmigkeiten zwischen AntiDopG und §§ 265c, d StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 bb) Voraussetzungen der Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 B. Die Wettkampfteilnahme in gedoptem Zustand, § 3 Abs. 2 AntiDopG . . . . . . . . . . . 79 I. Der objektive Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 II. Der subjektive Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 C. Das Erwerbs- und Besitzverbot, § 3 Abs. 4 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 I. Der objektive Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Der subjektive Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Kapitel 3 Die Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG – Täterkreisbeschränkungen 83 A. Überblick über die Sanktionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

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Inhaltsverzeichnis

B. Selbstdoping als Sonderdelikt – § 4 Abs. 7 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 I. Die Verortung der Täterkreisbeschränkung im Deliktsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Die Gesetzestechnik als Indiz für eine objektive Strafbarkeitsbedingung . . . . 85 2. Strafrechtsdogmatische Argumente für eine Einordnung als Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Vorsatzrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) Unrechtsrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 II. Der Testpool-Athlet, § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 1. Der NADA-Testpool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Testpools ausländischer nationaler Anti-Doping-Agenturen . . . . . . . . . . . . . . 95 3. Kein Verweis auf Testpools nationaler Sportverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 III. Einnahmen von erheblichem Umfang, Nr. 2 – Ein versteckter Auffangtatbestand 96 1. Erzielen von Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Bezug der Einnahme zur sportlichen Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3. Erheblichkeit der Einnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Auffassungen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Eigene Auffassung – Auffangtatbestand für Mängel im Kontrollsystem 101 aa) Unergiebigkeit des Wortlauts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Systematische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (1) Die Systematik des § 4 Abs. 7 AntiDopG als Indiz für die Erfassung des Breitensports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (2) Die Systematik der Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG . . . . . . . . . 102 (3) Einnahmen erheblichen Umfangs und berufssportlicher Wettbewerb in § 265d StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (4) Der Begriff der „Erheblichkeit“ und des „bedeutenden Werts“ im StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (5) Das Mindestlohngesetz als Indiz für eine hohe Einkommensgrenze 110 (6) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 cc) Genetisch-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (1) Die Formel von der „maßgeblichen Leistung“ als Indiz für eine Kriminalisierung des Breitensports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (2) Strafwürdigkeitsüberlegungen als Indiz für eine restriktive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (a) Der finanzielle Anreiz des Dopings als Indiz für eine hohe Einkommensschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (b) Die öffentliche Wahrnehmung als Indiz für die Relevanz des sportlichen Niveaus auch bei Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

Inhaltsverzeichnis

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dd) Bestätigung genetisch-historischer Andeutungen zum Leistungsgedanken durch objektiv-teleologische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (1) Weitgehendes Leerlaufen der Einnahmeklausel bei Irrelevanz des sportlichen Niveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (a) Sozioökonomische Merkmale deutscher Spitzensportler . . . . . . 122 (b) Folgerungen für die Einnahmeklausel: Kein symbolisches Sonderstrafrecht für Amateurfußballer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (2) Schlussfolgerung: Nr. 2 als Auffangtatbestand für Mängel im Kontrollsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Teil 3 Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte

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Kapitel 1 Das geschützte Rechtsgut

133

A. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Rechtsgüterpluralismus und Schutzreflex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 B. Rechtsgutsbezogene Tatbestandsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Die Verbotsnorm des § 3 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Weitgehende Sportrechtsakzessorietät des Verbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Partieller Gesundheitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Indizwirkung des subjektiven Tatbestands zugunsten eines Sportrechtsguts 136 3. Zwischenergebnis: Andeutung eines Rechtsguts der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb durch § 3 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . 137 II. Die Sanktionsvorschrift des § 4 AntiDopG: Einnahmeklausel als schwaches Indiz für vorgelagerten Vermögensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 C. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I. Die Systematik des AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Hinweise aus § 1 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 a) Entkräftung wirtschaftlicher Schutzzwecküberlegungen . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Normative Absicherung eines Sportrechtsguts durch § 1 AntiDopG . . . . . 140 c) Konkretisierungshemmnis durch Schutzbündelkonstruktion . . . . . . . . . . . 141 d) Systematik der Norm als Indiz für hierarchisches Stufenverhältnis . . . . . . 142 2. Ausklammerung des „Zwischenziels“ des Gesundheitsschutzes . . . . . . . . . . . 143 3. Zwischenergebnis: Integrität des Sports als Rechtsgut, Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit als Angriffsrichtung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

12

Inhaltsverzeichnis II. Nebengesetzliche Verortung und §§ 265c, d StGB als Bestätigung der Systematik des AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

D. Genetisch-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 I. Ausdrückliches und zugleich unklares Bekenntnis zum Schutz der Integrität des organisierten Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 II. Finanzielle Begleitinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 E. Objektiv-teleologische Überlegungen zum Vermögensschutz: Profitgier als strukturelle Ursache des Dopingproblems? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 I. Dunkelfeldproblematik als Grundmangel rechtstatsächlicher Überlegungen . . . 151 II. Schlüssigkeit maßgeblichen Einflusses finanzieller Motive . . . . . . . . . . . . . . . . 152 III. Empirisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Kein Nachweis für mit finanziellen Gewinnen steigende Dopingaffinität . . . 152 2. Mittelbare Erkenntnisse aus Athletenbefragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 F. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Kapitel 2 Auswirkungen auf die Rechtsanwendung

161

A. Die Verbotsnorm des § 3 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 I. Anpassung der Tathandlung an das sportrechtliche Reglement . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Die medizinische Indikation bei leistungssteigernder „Nebenwirkung“ . . . . . . . 162 III. Bestätigung der Beschränkung auf beabsichtigte Manipulationen von Wettbewerben des Verbandssports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 IV. Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Doping und angestrebtem Vorteil? 164 B. Die Sanktionsnorm des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 C. Rechtswidrigkeit und Konkurrenzverhältnis zu § 2 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Teil 4 Bewertung der Selbstdopingdelikte

169

Kapitel 1 Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte

169

A. Gesetzgebungskompetenz des Bundes trotz Ausstrahlungen des Selbstdopingverbots in den Breitensport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 B. Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Gesetzlichkeit und Bestimmtheit als Garantiegehalt des Art. 103 Abs. 2 GG 172 2. Auslegungsfähigkeit als praktischer Maßstab der Bestimmtheit von Strafgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Inhaltsverzeichnis

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3. Die parlamentarische Grundentscheidung als Wahrung des Gesetzlichkeitsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 II. Verfassungskonformität der Bestimmung von Dopingmitteln und -methoden durch § 3 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1. Gesetzlichkeit der Tatmittelbestimmung bei Inkrafttreten des AntiDopG . . . 178 2. Zweifel an der Verfassungskonformität der Listenaktualisierung . . . . . . . . . . 179 a) Zulässigkeit außerparlamentarischer Listenaktualisierung nur bei weiten Spezifizierungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Wahrung innerstaatlicher Entscheidungsbefugnis nur bei formalistischem Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 3. Bestimmbarkeit der Öffnungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 III. Die Spitzensportlereigenschaft des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . 188 1. Zentrale Bedeutung der Rechtsnatur der Spitzensportlereigenschaft für die Reichweite von Art. 103 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2. Verfassungswidrigkeit bei Einstufung als Blankettmerkmal . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Hinreichende Bestimmbarkeit des Testpoolverweises . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Verfassungswidrigkeit mangels Erforderlichkeit gesetzgeberischen „Outsourcings“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Verfassungsverstöße durch Änderungen auf Ebene des Verweisungsobjekts 196 aa) Neustrukturierung der Kadersystematik im DOSB . . . . . . . . . . . . . . . . 196 bb) Unzulässige dynamische Verweisung auf privates Regelwerk . . . . . . . 197 cc) Verfassungsverstoß durch Leerlaufen des Verweisungsobjekts . . . . . . 199 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 3. Spitzensportlereigenschaft als verfassungskonformes rechtsnormatives Merkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 a) § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG als rechtsnormatives Merkmal . . . . . . . . . . . . . 200 b) Geltung des Art. 103 Abs. 2 GG nur für das formelle Gesetz . . . . . . . . . . 202 c) Vereinbarkeit des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG mit Art. 103 Abs. 2 GG . . . 203 IV. Auslegungsfähigkeit des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 C. Vereinbarkeit mit den Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 I. Die strafbewehrte Verhaltensnorm als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . 206 II. Kein Eingriff in Art. 9 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Schutzbereich: Rechtsetzungs- und Disziplinargewalt der Sportverbände . . . 208 2. Kein Eingriff in den Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 a) Kein Eingriff in Rechtsetzungskompetenz bei sportrechtsakzessorischer Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 b) Künftige Beeinträchtigungen der Verbandsstrafgewalt als nicht rechtfertigungsbedürftige Grundrechtsgefährdungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 III. Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Freiheit der Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

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Inhaltsverzeichnis IV. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Schrankenvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 2. Schranken-Schranke der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 a) Die legitimen Zwecke der strafbewehrten Selbstdopingverbote . . . . . . . . . 214 aa) Problemaufriss: Werthaltigkeit, Bestimmtheit und Abstraktionsgrad des Schutzzwecks als verfassungsrechtliche Kategorien? . . . . . . . . . . 214 bb) Keine rechtsverbindliche Wirkung strafbarkeitsbegrenzender Rechtsgutskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 cc) Kein unzulässiger Paternalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 dd) Kein unzulässiger Moralschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 ee) Abstrahierendes Rechtsgutsverständnis auf verfassungsrechtlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 (1) Rechtliche Chancengleichheit als hinreichende Zweckabstraktion 225 (2) Grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit gesamtgesellschaftlicher Auswirkungen des Dopings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (a) Das Gebot empirisch gestützter Schutzkonzepte . . . . . . . . . . . . 227 (b) Plausibilität als harte verfassungsrechtliche Grenze . . . . . . . . . . 228 (c) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 ff) Rechtsgutsakzessorische Berücksichtigungsfähigkeit von Schutzreflexen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 gg) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Die Geeignetheit der Maßnahme zur Zweckerreichung . . . . . . . . . . . . . . . 235 aa) Erwiesene Untauglichkeit als praktischer Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . 235 bb) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 c) Die Erforderlichkeit der Maßnahme zur Zweckerreichung . . . . . . . . . . . . . 237 aa) Weitgehendes Leerlaufen der Prüfungsstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 bb) Argumentationslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (1) Ineffektivität sportinterner Dopingbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . 238 (2) Prioritätenverschiebung in der Sportförderpolitik und Aufklärung als kriminalpolitische Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 aa) Das abstrakte Gewicht der legitimierenden Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . 242 bb) Die Intensität ihrer Betroffenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 (1) Massive Beeinträchtigung der Chancengleichheit . . . . . . . . . . . . . 244 (2) Keine nennenswerten gesamtgesellschaftlichen Schäden . . . . . . . . 244 (3) Eingeschränkte Bedeutung des Autonomiegedankens . . . . . . . . . . 246 (4) Vermögensinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 cc) Der erreichbare Zuwachs an Rechtsgüterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 (1) Limitierte Abschreckungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 (2) Zweifel an der moralischen Verbindlichkeit der Norm . . . . . . . . . 255

Inhaltsverzeichnis

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dd) Abstraktes Gewicht und (geringe) Intensität der Betroffenheit der entgegenstehenden Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 ee) Überschreiten der Zumutbarkeitsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 (1) (Versuchte) Teilnahme, §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (2) (Versuchte) Anwendung, §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 AntiDopG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 (3) Erwerb und Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Kapitel 2 Rechtspolitische Bewertung der Kriminalisierung

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A. Ablehnung der Schutzwürdigkeit überindividueller, gesamtgesellschaftlicher Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I. Sportbegeisterung in der Bevölkerung als Auslöser des Folgeinteresses von Wirtschaft, Medien und Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 II. Befriedigung der Folgeinteressen vornehmlich durch sportlichen Erfolg . . . . . . 266 III. Weitergabe mittelbaren Erfolgsdrucks an den und innerhalb des Sport(s) . . . . . 267 IV. Wertekollision mangels formaler Akzeptanz des Dopings in der Gesellschaft 268 V. Auflösung des Spannungsfelds durch symbolische Dopingbekämpfung . . . . . . . 270 VI. Ergebnis: Keine Strafschutzwürdigkeit überindividueller Schutzinteressen . . . . 273 B. Der Ausspruch des sozialethischen Vorwurfs durch den „Zweckveranlasser“ . . . . . . 273 I. Normative Verabsolutierung des Leistungsgedankens in der staatlichen Spitzensportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 II. Der Stellenwert des Anti-Doping-Kampfs im Bundeshaushalt . . . . . . . . . . . . . . 276 III. Ergebnis: Das AntiDopG als staatliche Symbolpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 C. Individual(vermögens)schutz zugunsten der sauberen Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . 278 Teil 5 Fazit

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307

Teil 1

Einführung Der Sport hat weltweit große gesellschaftliche Bedeutung. Er ist gesund, fördert das Miteinander und kann einen wertvollen Beitrag dazu leisten, dass junge Menschen lernen, Rückschläge im Leben zu akzeptieren und mit ihnen umzugehen. Sport schafft Begeisterungsfähigkeit und fördert die Bereitschaft, für das Erreichen eines Ziels mit Ausdauer zu kämpfen.1 Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Der Reiz des Sieges kann dazu verleiten, ihm alles unterzuordnen. Wo wettkampfmäßiger Sport und strenge Reglementierung des Leistungsvergleichs aufeinander treffen entsteht zwangsläufig die Gefahr, dem Erfolg durch Umgehung der Regeln auf die Sprünge zu helfen.2 „Doping“ dürfte in seinem Kern deshalb so alt sein wie der Wettkampfsport selbst.3 Bereits 1915 stand der Begriff im Rechtschreibduden.4 Das Phänomen ist bis heute von ungebrochener Aktualität.5 Das zeigt sich etwa am systematischen Doping in Russland, das bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi seinen Höhenpunkt erreichte.6 „Doping“ meint dem Duden zufolge im allgemeinen Sprachgebrauch die „Anwendung verbotener Substanzen (oder Methoden) zur (vorübergehenden) Steigerung der sportlichen Leistung“.7 Das materielle Kriterium zur Abgrenzung des Dopings von zulässigen Optimierungsmaßnahmen soll in der „unnatürlichen“ Steigerung der natürlichen Leistungsfähigkeit eines Sportlers liegen.8 Als „Doping“ begriffenen 1 Mit ähnlichen Überlegungen leitete die Bundesregierung 2015 ihre Überlegungen zur Notwendigkeit einer Verschärfung der strafrechtlichen Dopingbekämpfung ein, s. BT-Drs. 18/ 4898, S. 1. 2 Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, in: dies., Doping – Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 7. 3 Volkmer, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, AntiDopG, Vorb. Rn. 1; Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, in: dies., Doping – Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 7. 4 https://www.duden.de/rechtschreibung/Doping. 5 Blasius, Doping im Sport, S. V. 6 Einen Überblick über den russischen Dopingskandal verschaffen die sogenannten McLaren-Berichte. Sie sind in deutscher Übersetzung abrufbar als Ausschussdrucksache 18 (5) 199 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages unter https://www.bundestag.de/blob/ 503236/50b24df5ea15abff75877a30add5374b/uebersetzung-der-zusammenfassung-des-mclaren-report-data.pdf. 7 https://www.duden.de/rechtschreibung/Doping. 8 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 2; Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 7; ähnlich Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 3; Überblick zur Ge-

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Teil 1: Einführung

Praktiken ist außerdem gemeinsam, dass sie aufgrund oftmals schädlicher Wirkungen auf den menschlichen Körper auch die gesundheitserhaltende Funktion des Sports beeinträchtigen.9 Im Spitzensport gilt deshalb ein umfassendes Dopingverbot. Der Deutsche Olympische Sportbund als Dachvereinigung des organisierten Sports in Deutschland zählt rund 27 Millionen Mitgliedschaften.10 Die ökonomischen und politischen Funktionen, die der Sport darüber hinaus übernimmt, tun ihr Übriges dazu, dass sich auch der Staat für seine Dysfunktionen interessiert.11 Mit dem Strafrecht bekämpft er das Doping seit 1998.12 Dabei konzentrierte sich der Gesetzgeber bislang auf die Sanktionierung der Akteure aus dem Umfeld dopender Sportler, um die Strukturen des Dopings aufzubrechen. Nicht strafbar war die Vornahme von Dopingmaßnahmen durch den Athleten selbst. 2015 kam es zu einer Neuausrichtung der staatlichen Anti-Doping-Gesetzgebung. Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des (Artikel-)Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport vom 10. 12. 201513 das sogenannte Selbstdoping in dessen Artikel 1 – dem Anti-DopingGesetz (AntiDopG) – erstmals unter Strafe gestellt. Strafbar ist nach §§ 3, 4 AntiDopG unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung von Dopingmitteln und -methoden, die Teilnahme an einem sportlichen Wettkampf nach Anwendung dieser Praktiken und der vorgelagerte Erwerb oder Besitz von Dopingmitteln zu Selbstdopingzwecken. Das soll nach § 4 Abs. 7 AntiDopG allerdings nur für Spitzensportler und Athleten gelten, die durch den Sport „Einnahmen von erheblichem Umfang“ erzielen. Die Neukriminalisierung des Selbstdopings wurde in Politik und Rechtswissenschaft kontrovers diskutiert. Die Bandbreite der Reaktionen reichte von Glorifizierungen, die den Tag des Inkrafttretens als „sportpolitisch historische[s]“ Ereignis betrachteten,14 bis hin zu grundlegender Ablehnung.15 Während die einen16 im schichte des Dopingbegriffs bei Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 36 ff.; Deutsch, VersR 2008, 145. Unklarheiten im Einzelfall zwischen natürlicher und unnatürlicher Leistungssteigerung sind dabei vorprogrammiert; dazu Merkel, in: Hoven/Kubiciel, Korruption im Sport, S. 109 ff. 9 Einen Überblick über die mit dem Einsatz von Dopingmitteln verbundenen Gesundheitsgefahren verschafft das Institut für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln, s. https://www.dshs-koeln.de/institut-fuer-biochemie/doping-substanzen/nebenwirkungen-von-do pingmitteln/. 10 DOSB, Bestandserhebung 2019, S. 1. 11 Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 225. 12 Achtes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 07. 09. 1998, BGBl. 1998 I, S. 2649. 13 BGBl. 2015 I, S. 2210. 14 Maas, BT-Plenarprotokoll 18/137, 13433 (C); das Gesetz befürwortend etwa Heger, medstra 2017, 205; Haug/Martin, Causa Sport 2014, 345 (346 f.); Maihold, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 27; Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 2 ff.; Mortsiefer, SpuRt 2015, 2 (3); (deutlich) einschränkend auch Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 13; Momsen, KriPoZ 2018, 21 (24).

Kap. 1: Grundlagen der sportrechtlichen Dopingbekämpfung u. Vollzugsdefizit

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AntiDopG „erstmals ein gesetzliches Programm zur Dopingbekämpfung [erblicken], das spezifisch auf den Gegenstand bezogen und systematisch abgestimmt ist“, halten es die anderen17 für „unausgereift, unklar, unbestimmt [und] unverhältnismäßig“. Die Kritik am Gesetzgeber setzt im Wesentlichen an der gesetzestechnischen Ausgestaltung der Selbstdopingverbote und der damit verfolgten Zwecksetzung an. Was etwa „erhebliche Einnahmen“ sind, erscheint als unklar. In Frage gestellt wird auch, ob durch das AntiDopG ein ausreichend erkennbares und werthaltiges Rechtsgutskonzept geschaffen wurde. Es soll nach seinem § 1 durch die Bekämpfung des Dopings „die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler […] schützen, die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben […] sichern und damit zur Erhaltung der Integrität des Sports“ beitragen. Diese Überlegungen ergänzt der Gesetzgeber in der Entwurfsbegründung um die Vorbildwirkung von Spitzensportlern für junge Menschen, ihre Repräsentationsleistungen für den Staat und eine Bezugnahme auf vielfältige – gesamtgesellschaftliche wie individualisierte – wirtschaftliche Auswirkungen des Dopings.18 Kapitel 1

Grundlagen der sportrechtlichen Dopingbekämpfung und Vollzugsdefizit Dass Selbstdoping überhaupt ein Rechtsproblem ist, hat seinen Ursprung darin, dass sich der organisierte Sport dagegen ausgesprochen hat.19 Das Grundgesetz gewährt dem Einzelnen das Recht auf eine gesundheitsgefährdende Lebensführung.20 Auf privatrechtlicher Ebene sind die Akteure des Sports allerdings darin übereinkommen, dass der regelkonforme Wettstreit voraussetzt, dass keine Me-

15 Ablehnend etwa Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 193, 206 ff.; Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (168); Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4 ff.; DOSB, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 1 ff.; Greco/Roger, JZ 2016, 1125 (1127); Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4 ff.; Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 2 ff.; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2; tendenziell kritisch auch Jansen, GA 2017, 600 ff. 16 Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 2; dem zustimmend Geisler, in: Knierim/ Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 6. 17 Jahn, Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 12; Verfassungswidrigkeit mangels Schutzes eines anerkannten Rechtsguts konstatiert auch Mitsch, Exzessive Kriminalpolitik am Beispiel des AntiDopG, S. 11. 18 BT-Drs. 18/4898, S. 17, 22 f. 19 Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 41. 20 Dazu S. 212.

20

Teil 1: Einführung

thoden eingesetzt werden, welche die natürliche Leistungsfähigkeit des Sportlers steigern (und seine Gesundheit zugleich jedenfalls langfristig schädigen) können.

A. Das sportrechtliche Anti-Doping-Regelwerk Bis Ende des 20. Jahrhunderts war Anti-Doping-Politik Stückwerk der einzelnen sportlichen Disziplinen, ihrer Verbände und Nationen.21 Eine bestmögliche Dopingbekämpfung setzt aufgrund der Internationalisierung des Sportgeschehens indes eine grenzüberschreitende Ausrichtung voraus. In Reaktion auf die Dopingskandale im Radsport aus dem Sommer 1998 berief das Internationale Olympische Komitee (IOC) deshalb im Jahr 1999 die erste Weltkonferenz gegen Doping ein.22 Dort wurde die Schaffung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) beschlossen.23 Sie wurde als von den Sportverbänden institutionell unabhängige Stiftung schweizerischen Rechts gegründet und ist seitdem für die internationale Harmonisierung der Dopingbekämpfung zuständig.24 Das Welt-Anti-Doping-Programm der WADA besteht insbesondere aus dem Welt-Anti-Doping-Code (WADA-Code). Konkretisiert wird dieser durch sechs Ausführungsbestimmungen, die als „Internationale Standards“ bezeichnet werden. Der WADA-Code ist das grundlegende und sportartenübergreifend geltende Dokument der weltweiten Dopingbekämpfung.25 Rechtstechnisch enthält er keine allgemeingültige Begriffsbestimmung des Dopingverstoßes, sondern definiert ihn über ein Listenprinzip. Doping ist das Vorliegen einer der in Art. 2 des WADA-Codes bestimmten Tatbestände. Kern des sportrechtlichen Dopingverbots ist nach Art. 2.1 des WADA-Codes „das Vorhandensein eines verbotenen Stoffs, seiner Metaboliten oder Marker in der Probe eines Athleten“ bzw. nach Art. 2.2 die (versuchte) Anwendung eines verbotenen Stoffs oder einer verbotenen Methode. Einen sportrechtlichen Dopingverstoß stellen darüber hinaus zum Beispiel die „[u]nzulässige Einflussnahme […] auf einen Teil des Dopingkontrollverfahrens“ (Art. 2.5) oder der Besitz eines verbotenen Stoffs (Art. 2.6) dar. Ein Verstoß gegen den WADA-Code liegt nicht vor, wenn die Anwendung verbotener Stoffe oder Methoden auf einer medizinischen Ausnahmegenehmigung beruht (Art. 4.4). Das Sanktionssystem des WADA-Codes sieht bei Dopingverstößen insbesondere die Annullierung erzielter Ergebnisse (Art. 9, 10.1, 11) und bereits bei Erstverstößen bis zu vierjährige Sperren (Art. 10.2.1) vor. 21

Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 225. https://www.wada-ama.org/en/who-we-are. 23 https://www.wada-ama.org/en/who-we-are. 24 https://www.wada-ama.org/en/who-we-are; Blasius, Doping im Sport, S. 98. 25 WADA-Code 2015, S. 1. Am 01. 01. 2021 tritt der neue WADA-Code 2021 in Kraft. In Hinblick auf die im Folgenden dargestellten Grundlagen der sportrechtlichen Dopingbekämpfung enthält er – dem im Zeitpunkt der Drucklegung zugänglichen Entwurf zufolge – keine wesentlichen Neuerungen. 22

Kap. 1: Grundlagen der sportrechtlichen Dopingbekämpfung u. Vollzugsdefizit

21

Was ein verbotener Stoff oder eine verbotene Methode ist, regelt der Code nicht selbst. Sein Art. 4.1 verweist auf die sogenannte „Verbotsliste“,26 die von der WADA zumindest einmal jährlich als Internationaler Standard veröffentlicht wird. Kriterien für die Aufnahme von Stoffen oder Methoden auf die WADA-Verbotsliste sind deren Potenzial zur Steigerung der sportlichen Leistung oder zur Schädigung der Gesundheit und ein mit deren Anwendung verbundener Verstoß „gegen den in der Einleitung des Code beschriebenen Sportsgeist“ (Art. 4.3.1). Damit ein Stoff oder eine Methode in die Verbotsliste aufgenommen wird, muss die WADA feststellen, dass zwei dieser drei Kriterien erfüllt sind (Art. 4.3.1). Da allerdings der „Sportsgeist“ aus Werten wie beispielsweise „Ethik, Fairness und Ehrlichkeit[,] Gesundheit [und der] Anerkennung von Regeln und Gesetzen“ bestehen soll,27 bleibt offen, inwieweit ihm eine eigenständige Bedeutung zukommen soll. Denn ein Verstoß gegen den Sportsgeist dürfte sich anhand der vorgegeben Werte bei Vorliegen eines leistungssteigernden oder gesundheitsschädlichen Potenzials wohl stets bejahen lassen. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass Substanzen oder Methoden zumindest im Einzelfall allein deshalb in die Liste aufgenommen werden, weil sie (entweder) leistungssteigernd oder gesundheitsschädlich wirken können. Ergänzend kann die Verbotsliste Substanzen enthalten, die die Anwendung verbotener Stoffe oder Methoden verschleiern können (Art. 4.3.2). Da die WADA außerhalb des Verbandssports steht, gilt der WADA-Code für die Sportverbände und den einzelnen Sportler nicht unmittelbar.28 Seine Vorgaben und Rahmenvorschriften müssen deshalb von den Organisationen des Sports in eigene verbandsrechtliche Anti-Doping-Vorschriften übernommen werden.29 Verpflichtungen dazu sieht der Code in seinem Art. 20 zum Beispiel für das IOC, die internationalen Sportfachverbände und die nationalen Olympischen Komitees vor. Außerdem wird die Umsetzung der Anti-Doping-Strategien stets zur Bedingung der Anerkennung durch die übergeordnete Sportorganisation gemacht. So ist etwa nach Art. 20 des WADA-Codes und Regel 25 der Olympischen Charta die Einhaltung des WADA-Codes Voraussetzung für die Anerkennung eines internationalen Sportfachverbands durch das IOC. Internationale Fachverbände ihrerseits und Nationale Olympische Komitees – in Deutschland übernimmt diese Funktion der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) – müssen die Einhaltung des Codes ebenfalls zur Bedingung für die Aufnahme eines nationalen Fachverbands machen (Art. 20.3.2, 20.4.2 WADA-Code). Nahezu alle internationalen Sportfachverbände und Nationale Olympische Komitees haben sich mittlerweile zur Umsetzung des Codes verpflichtet.30 26

Näher dazu S. 54 ff. WADA-Code 2015, S. 3. 28 Lehner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1353. 29 Brägger/Scherrer, in: Nolte/Ragaller, Dopingbekämpfung im Kontext Olympischer Spiele, S. 19. 30 Lehner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1353; Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 226. 27

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Teil 1: Einführung

Auf nationaler Ebene muss der WADA-Code durch nationale Anti-Doping-Organisationen (NADOs) in einen jeweiligen nationalen Anti-Doping-Code umgesetzt werden.31 In Deutschland geschieht das durch den Nationalen Anti-Doping Code (NADA-Code) der Nationalen Anti Doping Agentur Deutschland (NADA).32 Während das mit dem WADA-Code verfolgte Ziel der internationalen Harmonisierung des Dopingkampfs bei einigen Bestimmungen des WADA-Codes einen Umsetzungsspielraum auf nationaler Ebene ausschließt, bietet der Code in anderen Bereichen Raum für eine gewisse Flexibilität. Aus Art. 23.2.2 WADA-Code ergibt sich, dass die Definition der Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmungen des Codes i.V.m. der Verbotsliste der WADA und die angeordneten Rechtsfolgen ohne Änderungen übernommen werden müssen. Der NADA-Code übernimmt deshalb die Verbote des WADA-Codes in Art. 2 und das Sanktionssystem in Art. 9 – 11. Die Verbotsliste der WADA ist nach Art. 4.1. Bestandteil des NADA-Codes. Da es sich auch bei der NADA um eine Stiftung privaten Rechts handelt, ist auch ihr Regelwerk nicht unmittelbar anwendbar. Für die nationalen Sportfachverbände erlangt der NADA-Code dadurch Geltung, dass sie sich durch individualvertragliche Abrede mit der NADA zur Umsetzung des NADA-Codes in das jeweilige Verbandsregelwerk verpflichten.33 Die Dopingverbote des WADA- und NADA-Codes gelten überdies unmittelbar nur für Spitzensportler. Das sind nach den Begriffsbestimmungen der Codes solche Athleten, die auf internationaler und nationaler Ebene an sportlichen Wettkämpfen teilnehmen.34 Die Einstufung eines Wettkampfs als eines solchen auf „internationaler“ bzw. „nationaler“ Ebene wird von den internationalen Fachverbänden bzw. den NADOs vorgenommen.35 Über die nationalen Fachverbände werden die Dopingverbote regelmäßig auch auf die ihm nachgeordneten Verbände erstreckt.36 Diese können die Dopingverbote überdies aus eigener Kompetenz in ihr Regelwerk übernehmen. Damit die Einhaltung des Dopingverbots kontrolliert werden kann, berechtigt Art. 5.2 des WADA- bzw. NADA-Codes die jeweiligen NADOs, internationale Sportfachverbände, Veranstalter großer Sportwettkämpfe wie das IOC und die WADA zur Vornahme von Dopingkontrollen. Vorgaben für die Ausgestaltung des Kontrollsystems finden sich im „Internationalen Standard für Dopingkontrollen und Ermittlungen“ (ISTI), der den NADOs bei der Ausgestaltung ihres Kontrollsystems 31

Art. 20.5.2 WADA-Code. Einen Überblick über die Organisationsstrukturen der nationalen Anti-Doping-Agenturen Australiens, der USA und ausgewählter europäischer Staaten verschafft die Ausarbeitung WD 10-3000-083/14 des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, Nationale Anti-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich. 32 Art. 18.1 NADA-Code. 33 Art. 18.3 NADA-Code, Begriffsbestimmungen, S. 122. 34 Anhang 1 des WADA-Codes (deutsche Fassung), Begriffsbestimmungen, „Athlet“, S. 91; Anhang 1 des NADA-Codes, Begriffsbestimmungen, „Athlet“, S. 113. 35 Anhang 1 des WADA-Codes (deutsche Fassung), Begriffsbestimmungen, „Athlet“, S. 91; Anhang 1 des NADA-Codes, Begriffsbestimmungen, „Athlet“, S. 113. 36 Art. 18.3 NADA-Code.

Kap. 2: Die bisherige Straflosigkeit des Selbstdopings

23

allerdings einen gewissen Spielraum zugesteht.37 Auf nationaler Ebene kann ein Sportverband auch aus eigener Kompetenz Dopingkontrollen anordnen.

B. Ineffizienz des Dopingkontrollsystems als Auslöser staatlicher Einmischung In der Theorie sieht das selbstgesetzte Recht des Sports also ein strenges, sanktionsbewehrtes Dopingverbot vor. Dass der Staat dennoch meint, dem Sport die Dopingbekämpfung nicht überlassen zu können, liegt daran, dass sie in der Praxis nicht funktioniert. Wie verbreitet Doping ist, ist empirisch nicht abschließend geklärt.38 Die Jahresstatistiken von WADA und NADA enthalten regelmäßig unter 2 % an Proben mit positivem Testergebnis.39 Davon erfasst sind auch Fälle, in denen die Anwendung aufgrund einer medizinischen Ausnahmegenehmigung erlaubt ist. Es besteht mittlerweile nahezu Einigkeit darüber, dass aus der äußerst niedrigen Anzahl aufgedeckter Dopingverstöße nicht auf das tatsächliche Ausmaß des Problems geschlossen werden kann.40 Anonyme Befragungen von Spitzensportlern mit Quoten von bis zu 40 % gedopter Athleten41 deuten auf ein massives Dunkelfeld hin. Kapitel 2

Die bisherige Straflosigkeit des Selbstdopings Dass der Staat das verbandsinterne Anti-Doping-Management durch den Griff zum Strafrecht zu unterstützen versucht, ist nicht ganz neu. Bereits vor Inkrafttreten des AntiDopG konnten Dopingpraktiken strafrechtliche Bedeutung erlangen. Das galt allerdings in erster Linie für das Umfeld gedopter Sportler. Sie selbst waren mit dem Strafrecht hingegen faktisch kaum greifbar.

37

Art. 4.3.2 des Internationalen Standards für Dopingkontrollen und Ermittlungen der WADA (ISTI); dazu S. 129 f. 38 S. 237 ff. 39 Die Dopingkontrollstatistiken von WADA und NADA sind abrufbar unter https://www. dshs-koeln.de/institut-fuer-biochemie/doping-substanzen/service-downloads/dopingkontrollenstatistiken/. Eine Auflistung der WADA-Ergebnisse der Jahre 2008 – 2018 findet sich in der WADA-Jahresstatistik für 2018, Executive Summary, S. 3. 40 Figura, Doping, S. 83; Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (193); Prokop, SpuRt 2012, 239; Treutlein, Doping-Magazin 2017, 164 (166). 41 S. 238 ff.

24

Teil 1: Einführung

A. Arzneimittelrecht42 Nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 2a; 6a Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) a.F.43 war bis 2015 unter Strafe gestellt, Arzneimittel i.S.d. § 6a Abs. 2 AMG zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben oder bei anderen anzuwenden. Das Selbstdoping durch den Sportler war vom Anwendungsverbot nicht erfasst.44 §§ 95 Abs. 1 Nr. 2b; 6a Abs. 2a S. 1 AMG a.F. pönalisierten den Erwerb oder Besitz von Arzneimitteln oder Wirkstoffen, die im Anhang zum AMG genannte Stoffe darstellten oder enthielten, zu Dopingzwecken im Sport in nicht geringer Menge. Das zielte – weil in Erwerb und Besitz größerer Mengen an Dopingmitteln ein Indiz für ein Handeltreiben gesehen wurde – ebenfalls auf die Eindämmung der Verbreitung von Dopingmitteln und nicht in erster Linie auf die Sanktionierung des Sportlers für sein Dopingvergehen ab.45 Als Rechtsgut der Vorschrift wurde überwiegend der Gesundheitsschutz angesehen.46

B. Kernstrafrecht I. Körperverletzungsdelikte Aus dem Kernstrafrecht kommt im Zusammenhang mit Doping vor allem den Körperverletzungstatbeständen der §§ 223 ff. Strafgesetzbuch (StGB) Bedeutung zu. Grundlegend ist dabei eine Differenzierung zwischen den Fällen, in denen sich ein über die Auswirkungen und Gesundheitsrisiken informierter Sportler eine Dopingsubstanz (vollverantwortlich) selbst beibringt und Konstellationen, in denen die Substanz von einem nicht vollverantwortlich handelnden Sportler selbst oder durch einen Dritten in den Körper des Athleten verbracht wird.47 Ersteres muss unter dem Aspekt der Körperverletzungsdelikte wegen des Wortlauts des § 223 StGB und des

42

Einzelne Dopingmittel können auch unter das Betäubungsmittelrecht fallen, s. S. 58. Zu den Änderungen des AMG durch das Gesetz zur Bekämpfung von Doping im Sport S. 38 ff. 44 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 817; Roxin, Samson-FS, S. 445 (446); Kudlich, JA 2007, 90 (92). 45 BT-Drs. 16/5526, S. 8 f.; Roxin, Samson-FS, S. 445 (446). 46 BT-Drs. 16/5526, S. 8 f.; Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 13 ff., dort auch zur Diskussion um die Konkretisierung des Schutzguts auf Individualgesundheitsschutz oder den Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit; Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 817 m.w.N.; s. aber etwa auch Freund, in: MüKo-StGB, Band 6, 2. Aufl., AMG, § 6a Rn. 1 ff. 47 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 813 f., dort auch zu Konstruktionen von Mit- und mittelbarer Täterschaft; in diese Richtung wohl auch Bottke, Kohlmann-FS, S. 85 (89); Heger, SpuRt 2007, 153; Jahn, ZIS 2006, 57 (58); SternbergLieben, ZIS 2011, 583 (583, 586). 43

Kap. 2: Die bisherige Straflosigkeit des Selbstdopings

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Grundsatzes der Straflosigkeit der Selbstschädigung straffrei sein.48 Nach allgemeinen Teilnahmegrundsätzen scheidet dann auch eine Strafbarkeit Dritter mangels tatbestandsmäßiger Haupttat des Sportlers aus.49 Als strafbare Körperverletzung kommen daher nur Fälle der Selbstverabreichung durch Athleten, die einem Verantwortlichkeitsdefizit unterliegen und die mit Tatherrschaft vorgenommene Beibringung von Dopingsubstanzen in den Körper eines anderen in Betracht.50 Das dürfte regelmäßig durch Trainer, Betreuer oder Teamärzte geschehen.51 Dopingmaßnahmen können die Tatbestände der Körperverletzungsdelikte verwirklichen, weil sie außer einer potentiellen Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit auch körperliche Nebenwirkungen i.S.d. § 223 StGB nach sich ziehen können, wie z. B. einen beschleunigten Puls, Übelkeit, Fieber, Muskelkrämpfe, Erbrechen, den Funktionsausfall von Niere oder Gallenblase, Herzschäden oder Gefäßveränderungen.52 Einzelne Dopingformen können auch unter die (Erfolgs-) Qualifikationen der §§ 224 ff. StGB fallen. Neben § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB kommt im Falle massiver Beeinträchtigungen des Herz-Kreislauf-Systems eine lebensgefährdende Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB in Betracht.53 Denkbar ist zudem der Eintritt schwerer Folgen i.S.d. § 226 StGB, insbesondere des Verlusts der Fortpflanzungsfähigkeit nach Abs. 1 Nr. 1.54 Allerdings ist festzuhalten, dass viele 48 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 813; Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1660; Sternberg-Lieben, ZIS 2011, 583. 49 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 813; Schild, Sportstrafrecht, S. 151; Sternberg-Lieben, ZIS 2011, 583 (586). 50 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 814 mit Fn. 349; Schild, Sportstrafrecht, S. 147; Schöch, Rössner-FS, S. 669 (673); Sternberg-Lieben, ZIS 2011, 583 (583, 586); in diese Richtung auch Joecks (Hardtung), in: MüKo-StGB, § 223 Rn. 39 f.; Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (721). 51 Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1702; Korff, Sportrecht, Rn. 393; zur Beteiligung von Medizinern an Dopingverstößen im Allgemeinen Kläber, Sportwiss 2012, 178. 52 Einen Überblick über die mit dem Einsatz von Dopingmitteln verbundenen Gesundheitsgefahren verschafft das Institut für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln, s. https://www.dshs-koeln.de/institut-fuer-biochemie/doping-substanzen/nebenwirkungen-von-do pingmitteln/; ferner Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 811 f. (allerdings skeptisch in Hinblick auf die Alternative der körperlichen Misshandlung); Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1700; Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 219 ff.; Korff, Sportrecht, Rn. 388; Schild, Sportstrafrecht, S. 142 f.; Roxin, Samson-FS, S. 445 (446); Schöch, Rössner-FS, S. 669 (673); Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (722); Kargl, NStZ 2007, 489 (490); unter Betonung des Erheblichkeitserfordernisses auch Ahlers, Doping und strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 32, 44. 53 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 812; Schild, Sportstrafrecht, S. 143; Schöch, Rössner-FS, S. 669 (673); Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (723); Kargl, NStZ 2007, 489 (490). 54 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 812; Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1700; Schild, Sport-

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Teil 1: Einführung

Dopingmaßnahmen zwar geeignet sein mögen, das körperliche Wohlbefinden oder die Gesundheit zu beeinträchtigen, dies aber zumeist nicht zwangsläufige Folge ihrer Anwendung ist.55 Die Intensität des Risikos einer Maßnahme wird etwa durch die Art des Dopingmittels, seine Dosierung, die Dauer der Einnahme und dadurch, ob es in Kombination mit anderen Mitteln eingenommen wird, bestimmt.56 Bereits die Feststellung des Eintritts einer kausal durch Doping bewirkten negativen Beeinträchtigung des Körpers des Athleten stellt daher eine erste Strafbarkeitshürde dar.57 Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der rechtfertigenden Wirkung einer vom Athleten erteilten Einwilligung in die Rechtsgutsverletzung.58 Scheitern kann sie in Dopingfällen typischerweise an fehlender Einsichtsfähigkeit minderjähriger59 Sportler, Willensmängeln aufgrund fehlender oder unvollständiger Aufklärung und einer etwaigen Sittenwidrigkeit der Tat.60 Als sittenwidrig gilt die Tat, wenn sie dem „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ widerspricht.61 Die Wertungsoffenheit dieser Konkretisierung lässt es als möglich erscheinen, bei der Bewertung der Sittenwidrigkeit der Tat auch den durch Doping bewirkten Verstoß gegen das „sportliche Ethos“ zu berücksichtigen.62 Jedenfalls wegen seiner Unbestimmtheit spricht allerdings vieles für eine restriktive Auslegung des Begriffs der Sittenwidrigkeit und eine Berücksichtigung nur solcher Überlegungen, die in Zusammenhang mit dem Rechtsgut stehen, das durch den verwirklichten Tatbestand geschützt wird.63 In Hinblick auf § 223 StGB liegt dann eine Orientierung an dem „Gewicht des jeweiligen tatbestandlichen Rechtsgutsangriffs unter Berücksichtistrafrecht, S. 143; Schöch, Rössner-FS, S. 669 (673); Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (723); Kargl, NStZ 2007, 489 (490). 55 Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (723). 56 Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 7. 57 Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (722 ff.); a.A. Schild, Sportstrafrecht, S. 143, mit Verweis auf die Strafbarkeit der versuchten Körperverletzung. 58 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 814 f.; Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1702; Roxin, Samson-FS, S. 445 (446). 59 Korff, Sportrecht, Rn. 395. 60 Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1702; Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (724). Überblick zur Sittenwidrigkeitsproblematik bei Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 815; Schild, Sportstrafrecht, S. 151 ff. 61 BGH NJW 1953, 473 (475); 2004, 1054 (1055 f.). 62 Darstellung bei Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (725); in diese Richtung tendiert wohl Kargl, NStZ 2007, 489 (491). 63 So zumindest im Grundsatz BGH NJW 2015, 1540 (1542); NStZ-RR 2018, 314 (315); aus dem Schrifttum Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 816; jedenfalls im Ergebnis auch Roxin, Samson-FS, S. 445 (446 f.); Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (725 f.); a.A. Kargl, NStZ 2007, 489 (491); anders Rössner, in: Adolphsen/ Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1702, der die Einwilligung jedenfalls vor Inkrafttreten des AntiDopG unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit generell als wirksam ansah, weil ein anderes Ergebnis der bisherigen Straflosigkeit des Selbstdopings widerspreche.

Kap. 2: Die bisherige Straflosigkeit des Selbstdopings

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gung des Umfangs der eingetretenen Körperverletzung und des damit verbundenen Gefahrengrads für Leib und Leben“ nahe.64 Sittenwidrigkeit des Dopings kann bei einem solchen Verständnis jedenfalls nicht ohne Weiteres angenommen werden.65 II. Tötungsdelikte Im Todesfall66 kann sich der die Dopingmaßnahme vornehmende Dritte wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Tötung nach § 212 Abs. 167, 222, 227 Abs. 1 StGB strafbar machen. Zumeist wird lediglich Fahrlässigkeit vorliegen, weil der die Leistungsförderung bezweckende Dritte regelmäßig auf das Ausbleiben des Todes als Auswirkung seiner Handlung vertrauen wird.68 Problematisch dürfte außerdem auch hier der Nachweis der Kausalität für den Erfolgseintritt sein.69 III. Betrugsstrafbarkeit des Sportlers Eine Strafbarkeit des gedopten Athleten konnte sich vor Inkrafttreten des AntiDopG insbesondere aus dem Betrugstatbestand des § 263 StGB ergeben. Der Duden definiert den Begriff des Betrugs als „bewusste Täuschung, Irreführung einer anderen Person“.70 Aufgrund dieses allgemeinen Sprachgebrauchs verwundert es nicht, dass Doping – das wegen seiner Sportrechtswidrigkeit notwendigerweise heimlich geschehen muss – in der Öffentlichkeit häufig als „Betrug“ bezeichnet wird. Diese 64 BGH NStZ-RR 2018, 314 (315); Hilgendorf/Valerius, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 5 Rn. 128; Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (725); für eine Orientierung an den Folgen des § 226 StGB bzw. ein Erfordernis schwerer Gesundheitsschäden Roxin, Samson-FS, S. 445 (446); Schöch, Rössner-FS, S. 669 (675); Knauer/Brose, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 223 Rn. 44, 84. 65 Roxin, Samson-FS, S. 445 (447); Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (726); deutlicher für eine rechtfertigende Wirkung der Einwilligung Schöch, Rössner-FS, S. 669 (673); a.A. wohl Kargl, NStZ 2007, 489 (491); Sternberg-Lieben, ZIS 2011, 583 (599 ff.). Dem steht die gesetzgeberische Wertung des § 3 AntiDopG künftig nicht entgegen, da die Vorschrift jedenfalls in erster Linie keinen Gesundheitsschutz bezweckt (dazu S. 133 ff.); a.A. Putzke, in: Lehner/ Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 78. Zur Diskussion um die Relevanz gesetzgeberischer Wertungen bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit im Allgemeinen BGH NJW 2015, 1540 (1543) und speziell auf die Dopingproblematik bezogen Freund, in: MüKo-StGB, Band 6, 2. Aufl., AMG, § 6a Rn. 5; Sternberg-Lieben, ZIS 2011, 583 (599 ff.). 66 Dass die Anwendung von Dopingmaßnahmen zum Tod führen kann, bezeichnet Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 179 in Hinblick auf die Vielzahl von Todesfällen im Sport, die in „direktem oder indirektem Zusammenhang“ mit Doping stünden als „wohl einhellige Meinung“; zurückhaltender Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 812, der das aber jedenfalls nicht für ausgeschlossen hält. 67 Theoretisch denkbar ist auch die Verwirklichung von Mordmerkmalen wie Heimtücke oder Habgier, so auch Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 194 ff. 68 Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 193. 69 Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 180 ff. 70 http://www.duden.de/rechtschreibung/Betrug.

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Teil 1: Einführung

Einordnung beruht indes auf einer sportethischen Betrachtung des Phänomens, die das Doping als die Werte des Sports zerstörende und damit verwerfliche Täuschung begreift.71 Der Straftatbestand des Betruges aus § 263 StGB deckt sich mit dem allgemeinen Sprachgebrauch insoweit, als dass auch er an eine Täuschung anknüpft. Weil § 263 StGB aber darüber hinaus auch den Eintritt eines Vermögensschadens erfordert, setzt ein durch Doping begangener Betrug durch den Sportler voraus, dass Dritte im Vertrauen auf die Dopingfreiheit des täuschenden Sportlers Vermögenswerte aufwenden.72 Das ist in Hinblick auf Arbeitgeber des Sportlers, Veranstalter von Sportwettkämpfen, Preisspender, Sponsoren, sportliche Konkurrenten und Zuschauer durchaus denkbar.73 Die tatbestandliche Struktur des § 263 StGB führt in Dopingfällen allerdings oftmals dazu, dass die Voraussetzungen des Betrugs nicht erfüllt oder zumindest nicht nachweisbar sind.74 1. Täuschung Bezugsgegenstand der Täuschung ist die Einhaltung der Dopingbestimmungen.75 Darüber kann der Sportler Vertragspartner wie Arbeitgeber, Wettkampfveranstalter oder Sponsoren ausdrücklich durch die Unterzeichnung einer Vertragsklausel zur Dopingfreiheit oder die wahrheitswidrige Verneinung einer Frage nach einem Verstoß gegen das Dopingverbot täuschen.76 Eine Erklärung zur Dopingfreiheit liegt auch in einer vom Sportler eingegangenen Verpflichtung zur Teilnahme an einem Wettkampf, weil in einem Vertragsschluss die stillschweigende Erklärung liegt, erfüllungsfähig und -willig zu sein und die Teilnahmeberechtigung an Sportwettkämpfen die Einhaltung der geltenden Dopingbestimmungen voraussetzt.77 Die 71

Schild, Sportstrafrecht, S. 158. Peukert, npoR 2015, 95 (96 f.). 73 Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 246; Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 140; Korff, Sportrecht, Rn. 398 ff.; Schild, Sportstrafrecht, S. 164; Valerius, Rissingvan Saan-FS, S. 717 (718); Heger, JA 2003, 76 (80); Jahn, JuS 2012, 181 (182); Kargl, NStZ 2007, 489 (491 ff.); Linck, NJW 1987, 2545 (2551). 74 Roxin, Samson-FS, S. 445 (447). 75 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 820 ff.; Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1704, 1710 und Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 79, 246 konkretisieren das für den Betrug zu Lasten des Sponsors, indem sie auf die Täuschung über die natürliche Leistungsfähigkeit abstellen; Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (718). 76 OLG Stuttgart SpuRt 2012, 74; Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 820 f.; Schild, Sportstrafrecht, S. 164; Jahn, Rössner-FS, S. 599 (604); Schöch, Rössner-FS, S. 669 (676). 77 Zur konkludenten Täuschung über Erfüllungsfähig- und -willigkeit durch Vertragsschluss allgemein Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 263 Rn. 159 ff.; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 263 Rn. 125; Perron, in: Schönke/Schröder, § 263 Rn. 16 f.; speziell zu Doping und Wettkampfanmeldung Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 76 f.; Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 157; Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (718); Heger, JA 2003, 76 (80); Kargl, NStZ 2007, 489 (491); tendenziell auch Schild, Sportstrafrecht, S. 164. Geht man 72

Kap. 2: Die bisherige Straflosigkeit des Selbstdopings

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Möglichkeit einer Täuschung von Vertragspartnern durch Unterlassen ließe sich begründen, wenn man vom Vorliegen eines besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien ausgeht.78 Schwieriger ist die Feststellung einer Täuschung Dritter, z. B. von Mitkonkurrenten oder Zuschauern. Vertreten wird, dass (auch) im Antreten zum Wettkampf eine schlüssige Erklärung zur Einhaltung des Dopingverbots liege.79 Das lässt sich allerdings mit dem Argument bezweifeln, dass in der Wettkampfteilnahme kein für die Verwirklichung des § 263 StGB erforderlicher kommunikativer Akt, sondern vielmehr bloßes Realhandeln liege.80 2. Irrtum Dass in Dopingfällen die Feststellung Probleme bereitet, dass durch die Täuschung des Sportlers ein Irrtum bei einem anderen hervorgerufen worden sei, veranschaulicht zweierlei: die Dimension des Dopingproblems im organisierten Sport und – damit untrennbar verbunden – die nur begrenzte Eignung des Betrugstatbestands, Dopingpraktiken wirksam zu bekämpfen. In der Theorie lässt sich das Vorliegen einer täuschungsbedingten Fehlvorstellung über die Dopingfreiheit zumindest in den Konstellationen des Betrugs zum Nachteil von Vertragspartnern ohne Weiteres begründen. Einem Irrtum unterliegt nämlich jedenfalls derjenige, der auf die Einhaltung des Vertrages vertraut, insbesondere, wenn er Dopingklauseln enthält. Auch Dritte könnten einem Irrtum unterliegen, wenn man davon ausgeht, dass alle aktiv und passiv am Wettkampf Beteiligten aufgrund einer im Antreten des Sportlers liegenden Erklärung die Vorstellung haben, dass „alles in Ordnung“ sei – mithin, dass die Dopingvorschriften eingehalten würden.81 Faktisch dürfte es zuweilen aber durchaus zweifelhaft sein, ob der Sportler durch sein Verhalten beim Getäuschten tatsächlich einen (nachweisbaren) Irrtum hervordavon aus, dass Sponsoren nur mit „sauberen“ Sportlern werben möchten, lässt sich so auch eine konkludente Täuschung des Sponsors durch Vertragsschluss begründen, s. Kindhäuser, in: NKStGB, § 263 Rn. 125; Schild, Sportstrafrecht, S. 168; in diese Richtung wohl auch Lackner/ Kühl, § 263 Rn. 9; skeptisch Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 263 Rn. 851 f. 78 So für den Sponsoringvertrag Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 106, 249; a.A. Schild, Sportstrafrecht, S. 168; auf den konkreten Inhalt des Vertrags abstellend Kargl, NStZ 2007, 489 (493); ablehnend im Verhältnis des Sportlers zu seinem Verein Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/ Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 821; offen gelassen von Heger, JA 2003, 76 (80). 79 So mit Beschränkung auf Vertragsverhältnisse OLG Stuttgart SpuRt 2012, 74 (75); Lackner/Kühl, § 263 Rn. 9; die Möglichkeit einer Täuschung Dritter nehmen an Schild, Sportstrafrecht, S. 164, 167; Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 67 ff., 75, 78. 80 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 821, 825 f.; Jahn, Rössner-FS, S. 599 (606 mit Fn. 28); Kudlich, SpuRt 2012, 54; in diese Richtung womöglich auch Roxin, Samson-FS, S. 445 (447). 81 Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 110 f.; a.A. Schild, Sportstrafrecht, S. 164.

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Teil 1: Einführung

ruft.82 Zweifel an der Wahrheit einer Tatsachenbehauptung schließen einen Irrtum nach herrschender Meinung zwar nicht aus.83 Ein solcher liegt deshalb schon vor, wenn der Getäuschte die Einhaltung der Dopingbestimmungen für möglich hält.84 Die Anwendung des Betrugstatbestandes auf Doping dürfte häufig aber jedenfalls auf strafprozessualer Ebene ins Stocken geraten. Eine Verurteilung des Sportlers setzt nämlich voraus, dass ausgeschlossen werden kann, dass der vermeintlich Getäuschte Kenntnis von der Anwendung von Dopingmaßnahmen hatte. Auf dieser strafprozessualen Ebene sind die Gründe für den Freispruch des Radrennfahrers Stefan Schumacher vom Vorwurf des Betrugs hinsichtlich von seinem Arbeitgeber gezahlter Gehälter angesiedelt.85 Schumacher war während der Tour de France 2008 mit dem Dopingmittel CERA gedopt.86 Wahrheitswidrig erklärte er auf Nachfrage des Geschäftsführers des organisatorischen Trägers des Rennstalls, dass er zu 100 % ausschließen könne, jemals mit CERA in Berührung gekommen zu sein.87 Im Strafprozess vor dem Landgericht Stuttgart ließ sich der Angeklagte dahingehend ein, dass Dopingfreiheit nur in der Außendarstellung die Maxime des Teams gewesen sei. Intern habe Übereinstimmung darüber bestanden, dass gute Platzierungen ohne Doping nicht zu erreichen seien.88 Die Geschäftsführung habe nicht nur Doping fördernde Strukturen im Team geschaffen, sondern auch Kenntnis davon gehabt, dass er – Schumacher – Dopingmittel angewendet hat.89 Das Gericht sah sich nicht in der Lage, Schumachers Aussagen zu widerlegen und ist zu seinen Gunsten davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer Kenntnis von der CERA-Anwendung hatte.90 Eine Verurteilung scheiterte deshalb bereits an der Feststellung eines Irrtums über die Einhaltung der Dopingbestimmungen.91 82

Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 263 Rn. 851; Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 821; Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1709; Schild, Sportstrafrecht, S. 164, 166; Schöch, Rössner-FS, S. 669 (676); Roxin, Samson-FS, S. 445 (447); Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (719); Linck, NJW 1987, 2545 (2551). Nicht verkannt werden soll, dass stets eine Einzelfallbetrachtung anzustellen ist, die über den pauschalen Verweis auf die allgemeine Verbreitung des Dopings hinausgehen muss, s. OLG Stuttgart SpuRt 2012, 74 (75); Lackner/Kühl, § 263 Rn. 19. 83 BGH NStZ 2003, 313 (314); Kindhäuser, in: NK-StGB, § 263 Rn. 176; Tiedemann, in: LK, § 263 Rn. 86; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht Besonderer Teil, § 20 Rn. 65. 84 Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1705; Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 246; Jahn, Rössner-FS, S. 599 (604); Kargl, NStZ 2007, 489 (492); Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (719). 85 LG Stuttgart SpuRt 2014, 209; die Verortung des Verurteilungshindernisses auf prozessualer Ebene betonen Jahn, Rössner-FS, S. 599 (604) und Kudlich, SpuRt 2014, 212 f. 86 LG Stuttgart SpuRt 2014, 209. 87 LG Stuttgart SpuRt 2014, 209. 88 LG Stuttgart SpuRt 2014, 209. 89 LG Stuttgart SpuRt 2014, 209. 90 LG Stuttgart SpuRt 2014, 209 (210). 91 LG Stuttgart SpuRt 2014, 209; das Gericht stellte darüber hinaus fest, dass in dieser Konstellation dann auch der Täuschungsvorsatz des Sportlers zu verneinen ist.

Kap. 2: Die bisherige Straflosigkeit des Selbstdopings

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3. Vermögensverfügung, Schaden und subjektiver Tatbestand Auch an seinen sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen kann eine Verurteilung des dopenden Sportlers wegen Betrugs scheitern. Das Vorliegen einer kausal durch Täuschung bewirkten Vermögensverfügung ist insbesondere in der Konstellation des Betrugs zum Nachteil Dritter problematisch.92 Als Anknüpfungspunkt der Vermögensverfügung eines Mitkonkurrenten käme das Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs auf das Siegerpreisgeld durch den ungedopten Zweiten in Betracht.93 Dagegen wird allerdings vorgebracht, dass das Bestehen dieses Anspruchs zunächst die Disqualifikation des Siegers voraussetze.94 Für eine Vermögensverfügung von Zuschauern ließe sich auf die Zahlung von Eintrittsgeldern oder das Unterlassen der Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen abstellen.95 Wenn die Zahlung des Eintrittsgeldes vor der täuschenden Wettkampfteilnahme erfolgt, ließe sich allerdings die Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung bestreiten96 und Rückerstattungsansprüche des Zuschauers gegen den Veranstalter, deren Geltendmachung unterlassen werden könnte, entstehen schon nicht. Denn einzelne Regelwidrigkeiten führen jedenfalls bei Durchführung von Dopingkontrollen nicht dazu, dass der Veranstalter seine vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Zuschauer auf regelkonforme Durchführung der Veranstaltung nicht erfüllt hätte.97

92 Vertragspartner des Sportlers verfügen durch den Abschluss von zu Zahlungen an den Sportler verpflichtenden Verträgen, das Unterlassen der Kündigung oder jedenfalls die Vertragserfüllung über ihr Vermögen, s. OLG Stuttgart SpuRt 2012, 74 (75); Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1707, 1710; Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 169, 171, 187; Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 148, 155, 158 f.; Schild, Sportstrafrecht, S. 165; Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (719); Heger, JA 2003, 76 (80); Kargl, NStZ 2007, 489 (492). 93 Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1708; Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 137 f.; Schild, Sportstrafrecht, S. 166; Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (721); Heger, JA 2003, 76 (81). 94 Heger, JA 2003, 76 (81); skeptisch auch Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (721); mit derselben Begründung gegen den Eintritt eines Vermögensschadens Roxin, Samson-FS, S. 445 (447). 95 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 826; Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1709; Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 177 f.; Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 145; Schild, Sportstrafrecht, S. 167. 96 Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 145; in diese Richtung wohl Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1709; Schild, Sportstrafrecht, S. 167. 97 Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 174 f.; Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 145 f.; Heger, JA 2003, 76 (82), der die Verortung dieser Überlegung auf Verfügungs- oder Schadensebene offenlässt; ähnlich, aber daraus auf das Fehlen eines Vermögensschadens schließend Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1709; Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (720).

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Teil 1: Einführung

Zuweilen wird eine Betrugsstrafbarkeit des dopenden Sportlers auch auf Ebene des Vermögensschadens abgelehnt.98 Geht der Sportler (fälschlich) davon aus, dass ein Beteiligter um die Anwendung von Dopingmaßnahmen wisse, fehlt es am Vorsatz.99 In Hinblick auf eine Täuschung von Mitkonkurrenten wird überdies die Stoffgleichheit zwischen eingetretenem Vermögensschaden und erstrebtem Vorteil abgelehnt.100 Denn der gedopte Sportler will sich nicht um den Anspruch des Mitkonkurrenten bereichern, sondern um die in der Regel vom Veranstalter ausgelobte Siegprämie.101

C. Fazit: Nur lückenhafter Strafrechtsschutz gegen Doping vor Geltung des AntiDopG Vor Inkrafttreten des AntiDopG wurde Doping lediglich durch das AMG ausdrücklich pönalisiert. Dadurch und über die §§ 223 ff. StGB erfasste der Strafgesetzgeber vor allem das den Sportler mit Dopingmitteln versorgende Umfeld.102 Die Strafbarkeit des Umgangs mit Dopingsubstanzen knüpfte stets an Umstände an, die über die Einnahme leistungssteigernder Präparate hinausgingen. Ein strafbewehrtes Verbot des bloßen Dopings durch den Sportler selbst existierte nicht. Die Strafbarkeit gedopter Athleten konnte sich in der Praxis allenfalls in Einzelfällen aus § 263 StGB ergeben. Das bisherige Regelungsregime bot mithin kein Instrumentarium zur vollumfänglichen Erfassung des Dopings durch das Strafrecht.103 Der Gesetzgeber hat diesen Umstand als Strafbarkeitslücke empfunden, die durch das AntiDopG geschlossen werden sollte.

98 Ein Schaden des Veranstalters durch Auszahlung einer Siegprämie wird abgelehnt von Lackner/Kühl, § 263 Rn. 56; skeptisch auch Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 263 Rn. 850; Heger, JA 2003, 76 (81); keinen Vermögensschaden von Zuschauern sehen Rössner, in: Adolphsen/ Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1709; Schild, Sportstrafrecht, S. 167 f.; Jahn, Rössner-FS, S. 599 (607); Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (720); jedenfalls skeptisch hinsichtlich einer Strafbarkeit zu Lasten des eigenen Teams Reinhart, in: Fritzweiler/ Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 822. 99 LG Stuttgart SpuRt 2014, 209. 100 Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 263 Rn. 912; Lackner/Kühl, § 263 Rn. 60; Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1708; Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 246; Schild, Sportstrafrecht, S. 167; Jahn, Rössner-FS, S. 599 (606); Valerius, Rissing-van Saan-FS, S. 717 (721). 101 Rössner, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1708; Cherkeh, Betrug durch Doping, S. 232; Schild, Sportstrafrecht, S. 167; Jahn, Rössner-FS, S. 599 (606). 102 Peukert, npoR 2015, 95 (96). 103 Reinhart, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 810; Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 15 f.

Kap. 3: Schließung der „Strafbarkeitslücke“ durch das AntiDopG

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Kapitel 3

Schließung der „Strafbarkeitslücke“ durch das AntiDopG A. Entstehungsgeschichte des AntiDopG Die Schaffung des AntiDopG ist das Ergebnis langjähriger Diskussion über die Strafwürdigkeit des Selbstdopings.104 Das deutsche Sportlerherz dürfte insbesondere durch das Bekanntwerden des Fuentes-Skandals rund um das ehemalige Radsportidol Jan Ullrich im Sommer 2006 getroffen worden sein. Die Aufdeckungen aus dem Bereich des Radsports erregten auch in der Politik große Aufmerksamkeit.105 Die Erkenntnis, dass es sich dabei nicht um Einzelfälle handelte, sondern Doping in internationalen Netzwerken betrieben wurde, in denen die Sportler bewusst und gewollt mitwirkten, wurde zum Anknüpfungspunkt diverser rechtspolitischer Reformbestrebungen.106 Dabei rückte auch der dopende Sportler als Zentralgestalt des Geschehens in das Blickfeld. Schon die Entstehungsgeschichte des AntiDopG ist dabei von divergierenden Schutzgutvorstellungen geprägt. I. Vorgängerentwürfe Der Freistaat Bayern brachte im Herbst 2006107 den Entwurf eines Anti-DopingGesetzes in den Bundesrat ein.108 Wegen „Sportbetrugs“ sollte sich u. a. strafbar machen, wer „seines Vermögensvorteils wegen an einem sportlichen Wettkampf 104

Schon um die Jahrtausendwende wurde eine Einführung der Strafbarkeit des Selbstdopings diskutiert, s. dazu beispielsweise die Beiträge von Fritzweiler, SpuRt 1998, 234 und Cherkeh/Momsen, NJW 2001, 1745. 105 Das zeigen exemplarisch die Ausführungen des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber und des seinerzeitigen sportpolitischen Sprechers der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hermann in: „Da muß ein Gesetz her“, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31. 07. 2006; der damaligen bayerischen Justizministerin Merk in der 825. Sitzung des Bundesrates am 22. 09. 2006, BR-Plenarprotokoll 825, 277 (A) und die Beratungen im Deutschen Bundestag zum 2007 in Kraft getretenen Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport, s. BT-Plenarprotokoll 16/108. 106 So ausdrücklich die Begründung des Entwurfs des 2007 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport, BT-Drs. 16/5526, S. 1; das zeigen auch die Ausführungen der damaligen bayerischen Justizministerin Merk in der 825. Sitzung des Bundesrates am 22. 09. 2006, BR-Plenarprotokoll 825, 277 (A); eine in diese Richtung veränderte Wahrnehmung des Dopingproblems in der Politik stellte Haas in einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen zu dem Thema Doping im Sportausschuss des Deutschen Bundestages, Protokoll-Nr. 16/17, S. 7 am 27. 09. 2006 fest. 107 Der Referentenentwurf des Bayerischen Justizministeriums für ein Sportschutzgesetz vom 30. 11. 2009 enthielt keine wesentlichen Änderungen des 2006 vorgeschlagenen „Sportbetrugs“, sondern ergänzte ihn in § 6 lediglich um eine Regelung zur Bestechlichkeit und Bestechung im Sport. 108 BR-Drs. 658/06.

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Teil 1: Einführung

teilnimmt und dabei ein Dopingmittel […] im Körper hat“.109 Damit sollte ein Vorfeldtatbestand zum Betrug geschaffen werden.110 Allerdings wurde als potentielles Rechtsgut trotz der Vermögensrelevanz der Vorschrift jedenfalls ausdrücklich nur die Chancengleichheit und Fairness im Sport benannt.111 Unter Strafe gestellt werden sollte zudem, es zu Dopingzwecken zu unternehmen, sich Dopingmittel zu verschaffen oder sie zu besitzen.112 Geschützt werden sollte dadurch neben der Chancengleichheit und Fairness mit der Gesundheit der Sportler und Vermögensinteressen Dritter ein „Bündel von […] Interessen“.113 Tatbestandlich in eine ähnliche Richtung ging der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus dem Jahr 2007, in das StGB einen Straftatbestand der „Verfälschung des wirtschaftlichen Wettbewerbs im Sport“ einzufügen.114 Strafbar sein sollte nach § 298a StGB-E, wer „auf einen sportlichen Wettbewerb, der für die Erwerbsaussichten der Teilnehmenden von bedeutendem wirtschaftliche[n] Wert ist, dadurch einwirkt, dass er im Wettbewerb […] verbotene Mittel (Dopingmittel) oder Methoden (Dopingmethoden) zur Leistungssteigerung nutzt […].“ Schutzgut der Norm sollte unter Ausblendung sportethischer Überlegungen allein der faire wirtschaftliche Wettbewerb im Sport sein.115 Durchsetzen konnte sich die Idee, den Sportler in das Zentrum des Dopingstrafrechts zu rücken, zunächst nicht. Vorläufig abgeschlossen wurde die Diskussion noch 2007 mit einer Entscheidung für die arzneimittelrechtliche Regulierung des Dopings durch Erweiterung des § 6a AMG um ein Besitzverbot für nicht geringe Mengen an Dopingmitteln.116 Bestrebungen, auch die gedopte Wettkampfteilnahme zu kriminalisieren, wurden verworfen. Bahnbrechende Fortschritte bei der Unterstützung des Sports in seinem Kampf gegen Doping im Leistungssport bewirkten die Novellierungen von 2007 nicht. Das zeigte sich etwa an der 2012 vorgelegten Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport. Zwar war ein deutlicher Zuwachs an durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen und erlassenen Urteilen wegen Verstößen gegen die um das Besitzverbot verschärften Dopingverbote aus § 6a AMG a.F. zu verzeichnen.117 Dabei handelte es sich aber überwiegend um Sachverhalte aus dem Breitensport.118 109

§ 5 Abs. 1, 2 Anti-Doping-Gesetz-E, BR-Drs. 658/06. BR-Drs. 658/06, S. 16 f. 111 BR-Drs. 658/06, S. 16. Die strafrechtstheoretische Einordnung von Vermögensinteressen in das Schutzkonzept des Entwurfs bleibt so unklar; Kudlich, SpuRt 2010, 108 (109) scheint im Vermögen das vom Sportbetrug der bayerischen Entwürfe geschützte Rechtsgut zu sehen. 112 § 4 Abs. 1 Nr. 4 Anti-Doping-Gesetz-E, BR-Drs. 658/06. 113 BR-Drs. 658/06, S. 14. 114 BT-Drs. 16/5938. 115 BT-Drs. 16/5938, S. 2. 116 BGBl. 2007 I, S. 2510; dazu S. 24. 117 Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport, S. 12 ff., 18 f., 52. 110

Kap. 3: Schließung der „Strafbarkeitslücke“ durch das AntiDopG

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Fortan verschwand die Diskussion um die Einführung eines Straftatbestandes des „Sportbetrugs“ – befeuert unter anderem durch den Freispruch Schumachers und die ersten Erkenntnisse über den russischen Dopingskandal – nicht mehr von der Tagesordnung. Die Fraktion der SPD wich im Mai 2013 mit ihrem Entwurf eines AntiDoping-Gesetzes119 in bemerkenswerter Weise von den bislang vorgestellten Gesetzentwürfen ab. Denn das von ihr vorgeschlagene Selbstdopingverbot wies jedenfalls tatbestandlich keine wirtschaftlichen Bezüge auf. Strafbewehrt sein sollte das an Sportler, „die an organisierten Sportwettbewerben teilnehmen“ gerichtete Verbot, Dopingmittel oder -methoden „zum Zweck des Eigendopings im Training oder Wettkampf anzuwenden“.120 Das Bedürfnis nach der Einführung eines Straftatbestandes wurde mit der schon 2006 vom Freistaat Bayern zur Legitimation einer Besitzstrafbarkeit vorgebrachten Idee eines Interessenbündels begründet, innerhalb dessen neben der Gesundheit der Sportler, dem Gedanken der Fairness und Chancengleichheit und dem Schutz finanzieller Interessen Dritter vor allem der „Schutz des fairen Wettbewerbs“ bzw. „lauteren sportlichen Wettbewerbs“ legitimierend wirken sollte.121 Flankiert wurde das vorgesehene Selbstdopingverbot durch die Strafbarkeit des Besitzes, Erwerbs, Einführens oder sonstigen Verschaffens auch geringer Mengen von Dopingmitteln.122 Dagegen123 stellten sich die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP – mit in Hinblick auf die spätere Regelung im AntiDopG bemerkenswerter juristischer Argumentation. Neben handwerklichen Mängeln und Vorteilen einer Aufgabenverteilung zwischen Sport und Staat behaupteten sie noch im Sommer 2013: „Der Forderung nach einer Strafbarkeit des uneingeschränkten Besitzes, Erwerbs oder der sonstigen Beschaffung von Dopingmitteln müsse entgegengehalten werden, dass aufgrund der nicht vorliegenden Suchtgefahr und der Pönalisierung von therapeutischen Mengen eine Strafbarkeit erst ab bestimmten Mengen möglich sei. Das Eigendoping von Athleten/-innen entspreche einer Selbstgefährdung, die (wie in anderen Lebensbereichen auch) grundsätzlich straffrei sei. Der faire sportliche Wettkampf könne als strafrechtliches Schutzgut nicht anerkannt werden.“124

118 Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport, S. 19 f., 23 f.; Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 19, der 2011 als Sachverständiger in die Evaluation der Gesetzesänderungen von 2007 einbezogen wurde, führt aus, dass die Auswertung des Zahlenmaterials nicht auf eine Differenzierung zwischen Breiten- und Spitzensport zugeschnitten worden sei. 119 BT-Drs. 17/13468. 120 §§ 2 Abs. 4; 3 Abs. 1 Nr. 4 Anti-Doping-Gesetz-E, BT-Drs. 17/13468. 121 BT-Drs. 17/13468, S. 8, 10 (Hervorhebung durch den Verfasser). 122 §§ 2 Abs. 3; 3 Abs. 1 Nr. 3 Anti-Doping-Gesetz-E, BT-Drs. 17/13468. 123 Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthielt sich, da ein seinerzeit im Bundesrat beratener Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg einen besseren Ansatz zur Lösung des Dopingproblems biete, s. BT-Drs. 17/14015, S. 5. 124 BT-Drs. 17/14015, S. 4.

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Teil 1: Einführung

Bereits wenige Monate später deutete sich im Koalitionsvertrag zwischen CDU/ CSU und SPD zur 18. Legislaturperiode dann aber bereits an, dass die Auffassung von der Strafwürdigkeit des Selbstdopings letztlich mehrheitsfähig werden würde. Darin heißt es: „Doping und Spielmanipulationen zerstören die ethisch-moralischen Werte des Sports, gefährden die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler, täuschen und schädigen die Konkurrenten im Wettkampf sowie die Veranstalter. Deshalb werden wir weitergehende strafrechtliche Regelungen beim Kampf gegen Doping und Spielmanipulation schaffen. Dazu kommen auch Vorschriften zur uneingeschränkten Besitzstrafbarkeit von Dopingmitteln zum Zweck des Dopings im Sport sowie zum Schutz der Integrität des sportlichen Wettbewerbs in Betracht.“125

Nicht mehr beraten wurde der Gesetzesentwurf des Bundesrates vom 15. 01. 2014,126 der eine Verortung des Selbstdopingverbots im AMG vorsah. „Einer Berufssport treibenden Person, in deren Körper sich ein Inhaltstoff eines Arzneimittels […] befindet“ oder die zuvor eine verbotene „Methode zur Manipulation von Blut oder Blutbestandteilen“ angewendet hat, sollte es strafrechtlich verboten sein, „an einem berufssportlichen Wettkampf teilzunehmen […]“.127 Rechtsgut dieser Verbote sollte der freie wirtschaftliche Wettbewerb sein.128 Die Einführung einer mengenunabhängigen Besitzstrafbarkeit sah der Entwurf nicht vor, da „Strafgrund […] hier nur die Absicherung sportlicher Fairness sein [könnte]. Die Fairness im Sport als solche ist aber kein durch den Staat mit strafrechtlichen Mitteln durchsetzbares Rechtsgut.“129 Einen Diskussionsbeitrag im Zuge des nun zu erwartenden Vorstoßes der Bundesregierung leistete der am 17. 03. 2014 vorgestellte bayerische Entwurf eines Sportschutzgesetzes.130 „Dopingbetrug“ sollte nach dem Entwurf begehen, wer „als Mitglied eines nationalen Sportkaders, einer Mannschaft einer nationalen Liga oder einer Nationalmannschaft oder wer als Person, die aus ihrer sportlichen Betätigung ein regelmäßiges Einkommen erzielt, an einem Wettkampf des organisierten Sports teilnimmt und dabei ein Dopingmittel […] zu Dopingzwecken im Sport im Körper hat oder unter Anwendung einer Dopingmethode zu Dopingzwecken im Sport an einem Wettkampf des organisierten Sports teilnimmt […]“.131

Auch entsprechende Handlungen in der Wettkampfvorbereitungsphase sollten strafbar sein.132 Diese Strafvorschrift bezweckte den Schutz des sportlichen Wett125

Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 138. BT-Drs. 18/294; die Stellungnahme der Bundesregierung findet sich dort auf S. 22. 127 §§ 6a Abs. 4, 5; 95 Abs. 1a Nr. 3 AMG-E, BT-Drs. 18/294. 128 BT-Drs. 18/294, S. 3. 129 BT-Drs. 18/294, S. 4. 130 Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Integrität des Sports (Sportschutzgesetz-E), Stand: 12. 03. 2014. 131 § 3 Abs. 1 Sportschutzgesetz-E. 132 § 3 Abs. 2 Sportschutzgesetz-E. 126

Kap. 3: Schließung der „Strafbarkeitslücke“ durch das AntiDopG

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bewerbs.133 Zum Schutz der Gesundheit sollte auch der Besitz bereits geringer Mengen von Dopingmitteln unter Strafe gestellt werden.134 II. Die Schaffung des AntiDopG In Umsetzung des Koalitionsvertrages wurde am 12. 11. 2014 der gemeinsame Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums für Gesundheit eines Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport der Öffentlichkeit vorgestellt.135 Herzstück des aufgrund von Folgeänderungen insbesondere im Arzneimittelrecht als Artikelgesetz ausgestalteten Entwurfs war die Pönalisierung des Selbstdopings durch das AntiDopG-E.136 Tatbestandliche Handlung sollte das Anwenden oder Anwenden-Lassen bestimmter Dopingmittel oder -methoden sein.137 Flankierend sah der Entwurf ein strafbewehrtes Verbot des Erwerbs und Besitzes von Dopingmitteln in beliebiger, also auch geringer Menge vor.138 Für diese Neuausrichtung der staatlichen Dopingbekämpfung wurde vorgebracht, dass die Maßnahmen des organisierten Sports angesichts der Dimension, die das Doping im Sport angenommen habe, nicht ausreichten.139 Gerade dopende Sportler zerstörten mit ihrem Verhalten die auf Fairness und Chancengleichheit beruhenden ethischen Werte des Sports.140 Die bisherige Straflosigkeit des Selbstdopings bedeute deshalb eine „nicht hinzunehmende Lücke im Bereich der Strafverfolgung.“141 Am 13. 05. 2015 brachte die Bundesregierung den Entwurf in den Bundestag ein.142 Einer ersten Beratung im Bundestag am 22. 05. 2015143 folgte am 17. 06. 2015 eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen im Sportausschuss.144 Dieser empfahl am 11. 11. 2015 mehrheitlich die Annahme des Gesetzesentwurfs in geänderter Fassung.145 Den markantesten Änderungsvorschlag stellte eine Erweiterung 133

Sportschutzgesetz-E, S. 43. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Sportschutzgesetz-E; zum Rechtsgut dort S. 36 f. Denkbar wäre eine Strafbarkeit des Sportlers auch nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Var. 7, 8 Sportschutzgesetz-E. 135 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2014/11/entwurf-des-anti-do ping-gesetzes-vorgelegt.html. 136 Artikel 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport, BTDrs. 18/4898; im Einzelnen S. 53 ff. 137 BT-Drs. 18/4898, S. 7 f. 138 BT-Drs. 18/4898, S. 3. 139 BT-Drs. 18/4898, S. 2. 140 BT-Drs. 18/4898, S. 22, 26. 141 BT-Drs. 18/4898, S. 19. 142 BT-Drs. 18/4898. 143 BT-Plenarprotokoll 18/107. 144 Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages. 145 BT-Drs. 18/6677, S. 2 ff. 134

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Teil 1: Einführung

der tauglichen Tathandlungen um die der Teilnahme an einem Wettkampf in gedoptem Zustand dar.146 Am 13. 11. 2015 wurde der Entwurf des Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport in der Ausschussfassung mit den Stimmen der Regierungsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE in der 137. Sitzung des Deutschen Bundestages beschlossen.147 Das AntiDopG als Artikel 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport trat am 18. 12. 2015 in Kraft.148

B. Der Regelungsgehalt des AntiDopG I. Überblick über das AntiDopG149 Mit der Schaffung des AntiDopG wurde die Dopingbekämpfung in Deutschland grundlegend neu geregelt. Es bündelt die Vorschriften gegen die Hintermänner und kriminellen Netzwerke sowie nun auch den dopenden Sportler in einem eigenständigen Spezialgesetz. Dessen Zielsetzung ist in § 1 AntiDopG ausdrücklich normiert. Dort heißt es: „Dieses Gesetz dient der Bekämpfung des Einsatzes von Dopingmitteln und Dopingmethoden im Sport, um die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler zu schützen, die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben zu sichern und damit zur Erhaltung der Integrität des Sports beizutragen.“

Zu diesem Zweck übernimmt und erweitert der Gesetzgeber die bisher im AMG geregelten Umgangs- und Fremdanwendungsverbote in § 2 AntiDopG. Die §§ 6a, 95 Abs. 1 Nrn. 2a, b AMG a.F. wurden deshalb durch Art. 2 Nrn. 2, 7a des Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport aufgehoben.150 Selbstdoping ist nach § 3 Abs. 1 und 2 AntiDopG künftig verboten, soweit sich Sportler damit einen Vorteil in einem organisierten Sportwettbewerb verschaffen möchten. Bei Vorliegen einer solchen Absicht dürfen Dopingmittel in beliebiger Menge darüber hinaus schon nicht besessen oder erworben werden (§ 3 Abs. 4 AntiDopG). § 4 AntiDopG stellt Verstöße 146

BT-Drs. 18/6677, S. 3. BT-Plenarprotokoll 18/137, 13447 (B). 148 Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport, BGBl. 2015 I, S. 2210. Das Gesetz zur Bekämpfung von Doping im Sport enthält aufgrund der Bündelung der Vorschriften zur Dopingbekämpfung in einem eigenständigen Gesetz außer dem AntiDopG (Artikel 1) Folgeänderungen im AMG (Artikel 2 und 3), der Dopingmittel-Mengen-Verordnung (Artikel 4), der Strafprozessordnung (Artikel 5) und der FIDE-Verzeichnis-Verordnung (Artikel 6). Artikel 7 enthält die nach Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG erforderlichen Angaben zur Einschränkung von Grundrechten. Nach Artikel 8 sind die Auswirkungen des Gesetzes innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zu evaluieren. 149 Die folgenden Ausführungen orientieren sich eng an der Gesetzesbegründung, s. BTDrs. 18/4898, S. 2 f.; s. ferner Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, Vorb. Rn. 2. 150 BGBl. 2015 I, S. 2210 (2216). 147

Kap. 3: Schließung der „Strafbarkeitslücke“ durch das AntiDopG

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gegen § 2 AntiDopG und für bestimmte Sportler auch gegen § 3 AntiDopG unter Strafe. § 5 AntiDopG regelt die Einziehung.151 § 6 AntiDopG enthält Verordnungsermächtigungen zur Konkretisierung (der nicht geringen Mengen) von Stoffen und Methoden, für welche die weitestgehend aus dem AMG bekannten Verbote des § 2 AntiDopG gelten. § 7 AntiDopG152 normiert u. a. die Verpflichtung zur Aufnahme eines Warnhinweises in der Packungsbeilage und der Fachinformation von Arzneimitteln dahingehend, dass die Anwendung des Mittels zu positiven Dopingkontrollergebnissen führen kann. Die §§ 8 ff. AntiDopG enthalten Ermächtigungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten von Sportlern. § 11 AntiDopG soll vor dem Hintergrund zunehmender Zweifel an der „Freiwilligkeit“ von Schiedsvereinbarungen die grundsätzliche Wirksamkeit des Abschlusses solcher Abreden zwischen Sportlern und Verbänden klarstellen.153 § 12 AntiDopG ermächtigt die Landesregierungen in Hinblick auf das zur Durchführung von Strafverfahren aus dem Dopingbereich erforderliche Spezialwissen154 zur Bündelung von Fachkompetenz durch die Schaffung gerichtlicher Spezialzuständigkeiten in Dopingsachen.155 II. Übernahme und Erweiterung der Verbote des AMG durch §§ 2, 4 AntiDopG 1. Die Verhaltensnorm des § 2 AntiDopG § 2 AntiDopG regelt den unerlaubten Umgang mit Dopingmitteln und die unerlaubte Fremdanwendung von Dopingmitteln und -methoden.156 § 2 Abs. 1 AntiDopG betrifft die unerlaubte Abgabe und Verteilung von Dopingmitteln sowie deren Vorbereitung. § 2 Abs. 2 AntiDopG regelt das Verbot der Anwendung von Dopingmitteln und -methoden bei einer anderen Person und § 2 Abs. 3 AntiDopG des Besitzes, Erwerbs und der Verbringung von Dopingmitteln in oder durch den Geltungsbereich des AntiDopG. Die Vorschrift übernimmt die bisherigen Dopingverbote aus § 6a AMG a.F. im Wesentlichen unverändert. Wie seine Vorgängervorschrift greift § 2 AntiDopG nur, wenn die verbotenen Verhaltensweisen zum Zweck des Dopings beim Menschen im

151

Bisher § 98a AMG a.F.; § 98 AMG. Bisher § 6a Abs. 2 AMG a.F. 153 BT-Drs. 18/4898, S. 38 f. 154 BT-Drs. 18/4898, S. 39. 155 S. etwa § 3a der Strafsachen- und Bußgeld-Zuständigkeitsverordnung Rheinland-Pfalz. 156 Näher zum Regelungsgehalt des § 2 AntiDopG Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 3 ff.; Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 1 ff.; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 2 Rn. 1 ff. 152

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Teil 1: Einführung

Sport vorgenommen werden.157 Neu ist, dass die Beschränkung der aus § 6a AMG a.F. bekannten Dopingverbote auf Arzneimittel durch die Bezugnahme des § 2 AntiDopG auf Dopingmittel und -methoden entfällt und weitere Tatbegehungsweisen in das Gesetz aufgenommen wurden. Die Ausdehnung der Verbotstatbestände auf der „Abgabeseite“ beruht auf der Auffassung des Gesetzgebers, dass sich die Regelungen des AMG als zu eng erwiesen hätten.158 § 2 Abs. 1 AntiDopG untersagt das Herstellen, Handeltreiben mit, Veräußern, Abgeben oder sonstige Inverkehrbringen und Verschreiben von Dopingmitteln.159 Die Einführung des Verbots des Herstellens von Dopingmitteln in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG soll insbesondere dem Wachstum des illegalen Marktes durch Zunahme von „Untergrundlaboren“ entgegenwirken, deren Produkte vom Gesetzgeber als häufig verunreinigt und daher besonders gesundheitsgefährdend wahrgenommen werden.160 Große Gewinnspannen zwischen Produktion und Endverkauf von Dopingmitteln motivierten den Gesetzgeber zu einer weiteren Neuerung.161 Der eigennützige, auf Umsatz gerichtete Vertrieb wird künftig von der Tatbestandsvariante des Handeltreibens, § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG, erfasst.162 Bisher ließ sich für den gewinnbringenden Vertrieb von Dopingmitteln insbesondere auf das Inverkehrbringen nach § 6a Abs. 1 AMG a.F., § 4 Abs. 17 AMG abstellen.163 Ein Handeltreiben i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG kann indes auch ohne ein für das nach alter Rechtslage zuweilen gefordertes Sachherrschaftsverhältnis auf der Ausgabeseite vorliegen.164 Die §§ 2 Abs. 1 Nrn. 3, 4; Abs. 2, 3 AntiDopG entsprechen im Wesentlichen den Verboten des § 6a AMG a.F. Durch die ausdrückliche Normierung des Verbots des 157

Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 2 Rn. 6 ff. Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 23, 28, 64 fordert einen Wettkampfbezug, da anderenfalls nur Beihilfe zur Selbstschädigung vorliege; in diese Richtung auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 54; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 7. 158 BT-Drs. 18/4898, S. 23. 159 Zu Konkurrenzfragen BGH NStZ-RR 2019, 86. 160 BT-Drs. 18/4898, S. 23; zustimmend Finken, PharmR 2016, 445 (446) und wohl auch Haug/Martin, Causa Sport 2014, 345 (350). 161 BT-Drs. 18/4898, S. 24. 162 BT-Drs. 18/4898, S. 24; ausdrücklich begrüßt wird die Einführung des Verbots des Handeltreibens vom Deutschen Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 8 und mit Verweis auf gestiegene Dopingfallzahlen beim Zoll von Haug/Martin, Causa Sport 2014, 345 (350); dazu empfiehlt sich der Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport, S. 22 f. 163 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 2 Rn. 11. 164 BT-Drs. 18/4898, S. 24; Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 6; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 2 Rn. 11; Finken, PharmR 2016, 445 (446); zum Sachherrschaftserfordernis nach § 4 Abs. 17 AMG s. Weber, BtMG, AMG, § 4 Rn. 44 ff. einerseits und Freund, in: MüKo-StGB, AMG, § 4 Rn. 22 ff. andererseits.

Kap. 3: Schließung der „Strafbarkeitslücke“ durch das AntiDopG

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Veräußerns und Abgebens von Dopingmitteln in § 2 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG, die sich durch ihre Uneigennützigkeit vom Handeltreiben abgrenzen,165 wird das aus § 6a Abs. 1 AMG a.F. bekannte Inverkehrbringen von Dopingmitteln zum Auffangtatbestand.166 In § 2 Abs. 1 Nr. 4 AntiDopG findet sich das Verbot des Verschreibens von Dopingmitteln wieder.167 Künftig normiert § 2 Abs. 2 AntiDopG das Verbot der Anwendung von Dopingmitteln bei anderen.168 § 2 Abs. 3 AntiDopG enthält in Anlehnung an § 6a Abs. 2a S. 1 AMG a.F. ein auf nicht geringe Mengen beschränktes Erwerbs- und Besitzverbot von Dopingmitteln.169 Als weiterer Vorfeldtatbestand zum Handel mit Dopingmitteln hinzugekommen ist deren Verbringen in oder durch den Geltungsbereich des AntiDopG, soweit es sich um eine nicht geringe Menge handelt (§ 2 Abs. 3 AntiDopG).170 2. Die Sanktionsebene des § 4 AntiDopG Verstöße gegen die Verhaltensnormen des § 2 AntiDopG sind durch § 4 Abs. 1 Nrn. 1 – 3 AntiDopG strafbewehrt. Wer gegen die Abgabe- und Verteilungstatbestände des § 2 Abs. 1 AntiDopG (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG), das Anwendungsverbot des § 2 Abs. 2 AntiDopG (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG) oder das Erwerbs-, Besitz- und Verbringungsverbot aus § 2 Abs. 3 AntiDopG (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG) verstößt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der in § 4 Abs. 1 AntiDopG festgelegte Strafrahmen entspricht dem aus § 95 Abs. 1 Nrn. 2a, b AMG a.F. § 4 Abs. 3 AntiDopG ordnet entsprechend § 95 Abs. 2 AMG die Strafbarkeit des Versuchs für Taten nach § 4 Abs. 1 AntiDopG und § 4 Abs. 4 AntiDopG171 an § 95 Abs. 3 S. 2 Nrn. 1, 2 AMG a.F. orientierte172 Straferschwerungsgründe an. Wesentlichste Neuerung ist, dass diese nicht mehr als Regelbeispiele eines besonders schweren Falls, sondern Qualifikationstatbestände 165 BT-Drs. 18/4898, S. 24; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 2 Rn. 11; jedenfalls für die Veräußerung auch Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 7. 166 BT-Drs. 18/4898, S. 24; Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 9; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 2 Rn. 13; Finken, PharmR 2016, 445 (446). 167 Bisher: § 6a Abs. 1 AMG a.F. 168 Bisher: § 6a Abs. 1 AMG a.F. 169 Skeptisch Peukert, npoR 2015, 95 (99). 170 Zustimmend Deutscher Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9; skeptisch Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 19. 171 Näher Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 35 ff.; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 12 ff. 172 Der aus dem AMG bekannte Straferschwerungsgrund der Abgabe und Anwendung von Dopingmitteln an Personen unter 18 Jahren ist um die Tatbestandsvarianten der Veräußerung und Verschreibung von Dopingmitteln an eine solche sowie die Anwendung einer Dopingmethode bei einer solchen Person erweitert worden (§ 4 Abs. 4 Nr. 2a AntiDopG).

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Teil 1: Einführung

ausgestaltet173 und dadurch174 künftig taugliche Vortaten für den Geldwäschetatbestand i.S.d. § 261 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB sind. § 4 Abs. 5 AntiDopG enthält einen Sonderstrafrahmen für minder schwere Fälle des § 4 Abs. 4 AntiDopG.175 In § 4 Abs. 6 AntiDopG werden auch fahrlässige Verstöße gegen die Verbote des § 2 AntiDopG unter Strafe gestellt.176 3. Fazit: Keine wesentlichen Neuerungen im Dopingstrafrecht Bei den Regelungen der §§ 2, 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AntiDopG handelt es sich im Kern um die Übernahme der Verbote aus den §§ 6a Abs. 1, 2a; 95 Abs. 1 Nrn. 2a, b AMG a.F. Die Vorschrift bezweckt weiterhin Gesundheitsschutz.177 Mangels Täterkreisbeschränkung können die Verbote des § 2 AntiDopG wie jene nach § 6a AMG a.F. auch vom Sportler verwirklicht werden; ausgerichtet sind sie indes auf Personen, deren tatbestandsmäßiges Verhalten nicht im Zusammenhang mit einer eigenen sportlichen Wettkampfteilnahme steht.178 Denn die Anwendung von Dopingmitteln ist nur bei anderen verboten. Die Selbstschädigung des Sportlers ist also gerade nicht erfasst. Auch das Erwerbs- und Besitzverbot hat nicht den Sportler im Blick. Verboten ist nur der Besitz größerer Mengen an Dopingmitteln, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass dieser die Gefahr der Weitergabe indiziere.179 Eine Neuausrichtung der strafrechtlichen Dopingbekämpfung ist mit der Einführung des § 2 AntiDopG mithin nicht verbunden.

173 BT-Drs. 18/4898, S. 30. Der Gesetzgeber stützt das insbesondere auf die These der Unangemessenheit der bloßen Indizwirkung von Regelbeispielen für beziehungsweise gegen eine Erhöhung des Strafrahmens; Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 35 beurteilt diese rechtstechnische Neuerung skeptisch. 174 Die Straferschwerungsgründe des § 95 Abs. 3 S. 2 Nrn. 1, 2 AMG a.F. führten wegen § 12 Abs. 3 StGB nicht zur Einstufung von Dopingstraftaten als Verbrechen; durch die Hochstufung zu Qualifikationsmerkmalen ist das jetzt anders, s. Hecker, in: Schönke/Schröder, § 12 Rn. 7 ff.; Radtke, in: MüKo-StGB, § 12 Rn. 14 ff.; Saliger, in: NK-StGB, § 12 Rn. 7 ff. 175 Solche hielt die Bundesregierung zunächst für „kaum denkbar“, s. BT-Drs. 18/4898, S. 30. Auf Anregung des Bundesrates (BT-Drs. 18/4898, S. 50) und des Sportausschusses (BTDrs. 18/6677, S. 4) wurde die Strafzumessungsregel schließlich eingeführt, um „in jedem Einzelfall schuldangemessene Strafen“ zu ermöglichen, s. BT-Drs. 18/6677, S. 4. 176 Zuvor: § 95 Abs. 4 AMG. 177 BT-Drs. 18/4898, S. 23; zu Erwerb und Besitz heißt es auf S. 26, es gehe um den Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit; dieser Auffassung hat sich auch der BGH angeschlossen, s. BGH PharmR 2018, 343 (344) mit Anm. Krüger; Putzke, NStZ 2018, 475; nur für Individualgesundheitsschutz jedenfalls im Kontext des § 1 AntiDopG Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 37. 178 Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (164). 179 BT-Drs. 18/4898, S. 26; so auch BGH PharmR 2018, 343 (344), der indes feststellt, dass das im Einzelfall nicht ausschließt, dass sich ein Athlet nach § 2 Abs. 3 AntiDopG auch dann strafbar macht, wenn er im konkreten Fall eine nicht geringe Menge an Dopingmitteln lediglich zum Eigengebrauch besitzt.

Kap. 3: Schließung der „Strafbarkeitslücke“ durch das AntiDopG

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III. Das Verbot des Selbstdopings aus §§ 3, 4 AntiDopG Den Kern der Neuausrichtung der Dopingbekämpfung durch das AntiDopG stellt der Straftatbestand des Selbstdopings dar. 1. § 3 AntiDopG als Verhaltens-, § 4 AntiDopG als Sanktionsnorm Geregelt ist er in den §§ 3, 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5, Abs. 2, 7 AntiDopG. § 3 AntiDopG enthält die Verhaltens- und § 4 AntiDopG die daran anknüpfenden Sanktionsnormen. Die Verbotsnormen des § 3 AntiDopG richten sich im Grundsatz an alle Sportler, die an organisierten Wettkämpfen teilnehmen. Strafbewehrt sind sie allerdings nur bei Verstößen durch bestimmte Sportler. § 3 AntiDopG enthält in Abs. 1 und 2 die Verbote des Anwendens oder AnwendenLassens von Dopingmitteln und -methoden und der gedopten Teilnahme an Sportwettbewerben. Flankiert werden sie in § 3 Abs. 4 AntiDopG durch das mengenunabhängige Verbot des Erwerbs oder Besitzes von Dopingmitteln. Sämtliche Verbote gelten nur, wenn durch die Tathandlungen ein Vorteil in einem Sportwettbewerb herbeigeführt werden soll, der in § 3 Abs. 3 AntiDopG definiert wird. In den § 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5, Abs. 2 AntiDopG sind Verstöße gegen das Selbstdopingverbot aus § 3 Abs. 1, 2 AntiDopG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, gegen das Erwerbs- und Besitzverbot des § 3 Abs. 4 AntiDopG mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. Strafbar machen können sich aufgrund der Täterkreisbeschränkung des § 4 Abs. 7 AntiDopG indes nach Nr. 1 nur Spitzensportler – das sind nach der gesetzlichen Festlegung solche Athleten, die als Mitglied eines Testpools im Rahmen des Dopingkontrollsystems Trainingskontrollen unterliegen – und Sportler, die aus der sportlichen Betätigung unmittelbar oder mittelbar Einnahmen von erheblichem Umfang erzielen (Nr. 2). § 4 Abs. 3 AntiDopG ordnet die Strafbarkeit des Versuchs in den Fällen des § 4 Abs. 1 AntiDopG an, also nur für das Anwendungs- und Teilnahmeverbot, nicht aber für Erwerb und Besitz nach § 4 Abs. 2 AntiDopG. Eine weitere Lockerung des Erwerbs- und Besitzverbots gegenüber den Anwendungs- und Teilnahmetatbeständen liegt darin, dass § 4 Abs. 8 AntiDopG nur für dieses eine Regelung zur tätigen Reue vorsieht. 2. Die Verbote des § 3 AntiDopG im Überblick a) Das Anwendungsverbot nach § 3 Abs. 1 AntiDopG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 AntiDopG verbieten das Anwenden oder AnwendenLassen eines Dopingmittels, das ein in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport genannter Stoff ist oder einen solchen enthält, sofern nicht dieser Stoff nach der Anlage I des Übereinkommens nur in bestimmten Sportarten oder nur in Wettkämpfen verboten ist und außerhalb eines Wettkampfs

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Teil 1: Einführung

angewendet wird. Hinzukommen muss, dass das Mittel ohne medizinische Indikation und in der Absicht angewendet wird, sich in einem Wettbewerb des organisierten Sports einen Vorteil zu verschaffen. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AntiDopG erweitert das Anwendungsverbot auf Dopingmethoden, die in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping aufgeführt sind, unter der Voraussetzung, dass auch ihre Anwendung ohne medizinische Indikation und in Vorteilsverschaffungsabsicht erfolgen muss. b) Die Teilnahme- und Besitzverbote des § 3 Abs. 2, 4 AntiDopG § 3 Abs. 2 AntiDopG untersagt die Teilnahme an einem Wettbewerb des organisierten Sports unter Anwendung von Dopingmitteln oder -methoden i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG, wenn diese Anwendung ohne medizinische Indikation geschieht und die Erlangung eines Wettbewerbsvorteils bezweckt. Durch diese Vorschrift soll nach dem Willen des Gesetzgebers eine Umgehung des Verbots aus § 3 Abs. 1 AntiDopG verhindert werden, die durch Vornahme von Anwendungshandlungen im Ausland als möglich erscheint.180 § 3 Abs. 4 AntiDopG enthält das Verbot, Dopingmittel i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AntiDopG zu erwerben oder zu besitzen, falls das bezweckt, sie ohne medizinische Indikation bei sich anzuwenden oder anwenden zu lassen und sich dadurch einen Vorteil in einem Wettbewerb des organisierten Sports zu verschaffen. c) Der Wettbewerb des organisierten Sports i.S.d. § 3 Abs. 3 AntiDopG Was ein Wettbewerb des organisierten Sports ist, bestimmt § 3 Abs. 3 AntiDopG. Die Selbstdopingverbote gelten danach nur für Sportveranstaltungen, die von einer (inter-)nationalen Sportorganisation oder in deren Auftrag oder mit deren Anerkennung organisiert werden (Nr. 1) und bei denen Regeln einzuhalten sind, die von einer (inter-)nationalen Sportorganisation mit verpflichtender Wirkung für ihre Mitgliedsorganisationen verabschiedet wurden (Nr. 2).

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BT-Drs. 18/6677, S. 11.

Kap. 4: Gang der Untersuchung

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Kapitel 4

Gang der Untersuchung – Auflösung methodischer Zirkelschlüsse bei Tatbestandsund Rechtsgutsanalyse Die überwiegend ablehnende Rezeption der Neukriminalisierung des Selbstdopings181 stützt sich im Wesentlichen auf zwei, in innerem Zusammenhang stehende Aspekte: zum einen auf Zweifel am geschaffenen Rechtsgutskonzept, zum anderen auf Skepsis gegenüber der gesetzestechnischen Ausgestaltung der Selbstdopingverbote. Die vorliegende Untersuchung nimmt das zum Anlass, die durch das Selbstdopingverbot geschaffene Rechtslage insbesondere aus dogmatischer Perspektive zu umreißen und unter Berücksichtigung rechtsgutsbezogener Überlegungen verfassungsrechtlich und kriminalpolitisch zu bewerten.

A. Problemaufriss: Unklarheiten auf Rechtsguts- und Tatbestandsebene Im Mittelpunkt der Kritik steht die These, dass das durch das AntiDopG geschaffene Rechtsgutskonzept nicht werthaltig genug sei, um den Einsatz des Strafrechts zu rechtfertigen. Dass – wie etwa § 1 AntiDopG andeutet – „Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben“ oder die „Integrität des Sports“ mit dem Strafrecht geschützt werden müssten, wirkt aus traditioneller, liberaler Perspektive tatsächlich befremdlich.182 Der Gedanke, dass ein Strafgesetz besonders wertvolle Interessen schützen müsse,183 schlägt sich mittelbar auch darin nieder, dass Teile der Rechtswissenschaft schon die Erkennbarkeit eines Schutzkonzepts in Zweifel ziehen. Bedenken in Hinblick auf die Klarheit des Rechtsgüterschutzes des AntiDopG sind zugleich eng mit einer kritischen Bewertung der gesetzestechnischen Ausgestaltung der Selbstdopingverbote verbunden. Das zeigt sich etwa an der Einnahmeklausel des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG. Auf Rechtsgutsebene bringt sie ein Schutzgut mit wirtschaftlichem Einschlag ins Spiel. Bei der Analyse des Regelungsgehalts der Vorschrift lässt sich nicht ohne Mühen bestimmen, was „Einnahmen von erheblichem Umfang“ sind. Es liegt dann nahe, zur Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf teleologische – also insbesondere rechtsgutsbezogene184 – Überlegungen abzustellen. 181 182 183 184

Näher S. 100 ff., 133 ff., 213 ff. Instruktiv Jansen, GA 2017, 600 (606 ff.). Näher S. 213 ff. S. 165 ff.

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Teil 1: Einführung

Werthaltigkeit und Erkennbarkeit des geschaffenen Rechtsgutskonzepts einerseits und Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote andererseits stehen also in innerem Zusammenhang. Das stellt diese Untersuchung vor die Frage, welcher dieser Ebenen sie sich zuerst widmen muss, um Unklarheiten beseitigen zu können.

B. Gesetzesanalyse als Mittel der Rechtsgutsbestimmung Die Antwort ergibt sich aus der Methodenlehre.185 Die Ermittlung des von einer Norm geschützten Rechtsguts ist selbst eine Auslegungsfrage, da es im Gesetz meist nicht ausdrücklich benannt wird.186 Überwiegend187 wird das geschützte Rechtsgut durch die Auslegung des jeweiligen Tatbestandes ermittelt.188 Das liegt auch nach hier vertretener Auffassung nahe.

185

Im Gegensatz zur Frage nach einer etwaigen strafbarkeitsbegrenzenden Funktion des Rechtsguts spielt die Methodik der Rechtsgutsbestimmung in der strafrechtlichen Literatur keine wesentliche Rolle. Das stellen Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 25; Pragal, Die Korruption innerhalb des privaten Sektors und ihre strafrechtliche Kontrolle durch § 299 StGB, S.134; Schüppen, Systematik und Auslegung des Bilanzstrafrechts, S. 96 mit Fn. 488 und speziell zum Kapitalanlagebetrug Jacobi, Der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs, S. 15 fest. 186 Hernández, Strafrechtlicher Vermögensschutz, S. 42; Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 289; zur Erkenntnis des Zwecks einer Norm als Ergebnis einer Auslegung allgemein Schlehofer, JuS 1992, 572 (576); dem zustimmend Herzberg, JuS 2005, 1 (8). Auf die bloße Andeutung des Rechtsguts im Tatbestand weisen Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 289 und Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, S. 71 hin. 187 Es scheint nicht abschließend geklärt zu sein, wie festgestellt werden kann, welche Rechtsgüter von einer Strafnorm geschützt werden. Darauf weisen Tiedemann, in: LK, 11. Aufl., Vor § 283 Rn. 54 und Pragal, Die Korruption innerhalb des privaten Sektors und ihre strafrechtliche Kontrolle durch § 299 StGB, S.134 hin. 188 Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 263 Rn. 1; Tiedemann, in: LK, Vor § 263 Rn. 20; Otto, Grundkurs Strafrecht – Die einzelnen Delikte, § 1 Rn. 14; Becker, Rechtsgutsbestimmung und Anwendungsbereich der Beteiligtentäuschung, S. 102 ff.; Berger, Der Schutz öffentlichen Vermögens durch § 263 StGB, S. 97; Mölders, Bestechung und Bestechlichkeit im internationalen geschäftlichen Verkehr, S. 84 f.; Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 289; Schultze, Die Betrugsnatur des Subventionsbetrugs, S. 56 f.; Lüttger, Jescheck-FS, S. 121 (129 f.); mit Einschränkungen auch Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 74, 78; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 25, 27; unausgesprochen vorausgesetzt wird die Anwendbarkeit der gängigen Auslegungsmethodik in den Überlegungen von Hassemer in seinem Sondervotum zur Inzest-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfG NJW 2008, 1137 (1143); Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 114c; Kudlich/Christensen, JA 2004, 74 (82); allgemeiner zur Anwendung der klassischen Auslegungsmethoden auf die Zweckermittlung Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 473 ff.; Grundlagen der Auslegungsmethodik finden sich bei Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 305 ff.; Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 41; Schwintowski, Juristische Methodenlehre, 4.4; Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 23; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 154 f.; Kudlich/Christensen, JA 2004, 74; Nestler, JURA 2018, 568.

Kap. 4: Gang der Untersuchung

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I. Genetisch-historische Rechtsgutsbestimmung Denn beispielsweise aus der Analyse von Gesetzgebungsmaterialien lassen sich – normtheoretisch indes nicht rechtsverbindliche – Schlüsse auf den Schutzzweck einer Norm ziehen, wenn sich der Gesetzgeber dort zu einem bestimmten Rechtsgut bekennt.189 II. Systematische Überlegungen In einem tendenziell nach der Angriffsrichtung gegliederten System, wie es der Besondere Teil des Strafgesetzbuches enthält, oder im Falle der Normierung einer Verbotsnorm oder ausdrücklicher Zweckbestimmungsklauseln in Nebengesetzen können auch der gesetzessystematischen Einordnung einer Vorschrift Indizien zur Ermittlung des Zwecks einer Vorschrift entnommen werden.190 An dieser Stelle wird deutlich, dass sich das in der Strafrechtswissenschaft allgegenwärtige „systemkritische“191 Rechtsgutsdenken auch auf die Frage ausgewirkt zu haben scheint, ob die Selbstdopingverbote ein erkennbares Rechtsgut schützen. Jahn beispielsweise meint, dass die Zwecksetzungsklausel des § 1 AntiDopG zur Rechtsgutsfrage „nichts bei[trägt]“.192 Auch die Argumentation Rössners wirkt so, 189 Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 108d; Tiedemann, in: LK, 11. Aufl., Vor § 283 Rn. 54; Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 294 mit Fn. 54 zu § 266a StGB; zur Bedeutung von Gesetzesmaterialien im Allgemeinen Waldhoff, in: Fleischer, Mysterium „Gesetzesmaterialien“, S. 75 ff. 190 Ausdrücklich für eine Rechtsgutbestimmung gerade über systematische Überlegungen Jacobi, Der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs, S. 20; zur Gliederung der Strafrechtsordnung nach Angriffsrichtungen Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht Besonderer Teil I, Einleitung Rn. 7 ff.; zur Indizwirkung der systematischen Einordnung einer Vorschrift in einen bestimmten Abschnitt eines Gesetzes dafür, dass die dort verorteten Vorschriften gemeinsame Schutzgüter aufweisen und zu Gegenbeispielen Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 107a, d; von Heintschel-Heinegg, in: BeckOK-StGB, § 1 Rn. 18 ff.; Schmitz, in: MüKoStGB, § 1 Rn. 83; tendenziell skeptisch gegenüber systematischer Argumentation mangels konsequenter Gliederung des Strafgesetzbuchs nach Schutzrichtungen Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, S. 72 f.; Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 292. 191 S. dazu statt vieler etwa Hassemer, Theorie und Soziologie des Verbrechens, S. 23 f., 27 ff.; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 4 f., 12; Überblick zur Rechtsgutsdiskussion bei Hefendehl/von Hirsch/Wohlers (Hrsg.), Die Rechtsgutstheorie; Hilgendorf, in: Hilgendorf/ Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 72 ff.; näher S. 213 ff. 192 Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6. Jahn spricht dort von der „inhaltlichen Legitimationsfrage“, die er aber sogleich mit der Rechtsgutsfrage gleichsetzt. Darauf, dass seine Überlegungen womöglich auf einem strafrechtsbegrenzenden Rechtsgutsverständnis beruhen, deutet sein Verweis auf Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 14 hin. Denn Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 16 begründet die nach seiner Auffassung nötige Differenzierung zwischen gesetzlicher Zielvorstellung und tatbestandslegitimierendem Rechtsgut gerade damit, dass nur so einem strafrechtskritischen Rechtsgutsverständnis genüge getan werden könne; wohl zurückhaltender als Jahn, da ergebnisorientierter, Momsen, KriPoZ

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Teil 1: Einführung

als lasse er sich bei der Bestimmung des Rechtsguts des AntiDopG vom Gedanken einer rechtfertigenden Wirkung193 des Rechtsguts leiten: In seiner Stellungnahme für die Anhörung im Sportausschuss des Deutschen Bundestages führt er zwar zunächst aus, dass „§ 1 die zu schützenden Rechtsgüter“ nenne.194 Bei seinen Ausführungen zur „[e]indeutige[n] Legitimation der Kriminalisierung des Eigendopings“ konzentriert er sich dann aber nahezu ausschließlich auf die Schutzwürdigkeit des in dieser Vorschrift gerade nicht aufgeführten wirtschaftlichen Wettbewerbs im kommerzialisierten Leistungssport.195 Dass die Systematik des (§ 1) AntiDopG für die Schutzzweckbestimmung – bei Jahn von vornherein und bei Rössner zumindest im Ergebnis – unbeachtlich sein solle, erschließt sich eher auf der Grundlage ergebnisorientierter als methodischer Herangehensweise.196 III. Tatbestandsanalyse als wichtigstes Mittel der Rechtsgutsbestimmung Oftmals dürfte das Schutzgut einer Vorschrift durch einzelne Normbestandteile – insbesondere einen etwaig erforderlichen tatbestandlichen Erfolg – angedeutet werden.197 Selbst wenn das nicht der Fall ist, kommt der Analyse des Tatbestands einer Strafnorm entscheidende Bedeutung für die Rechtsgutsbestimmung zu. Denn eine jede Rechtsnorm bezweckt in erster Linie, dass sie zur Anwendung kommt, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen.198 Ein Strafgesetz soll ein bestimmtes Interesse vor Beeinträchtigungen schützen. In einem zweckrationalen Strafrecht muss hinter dem gesetzgeberischen Anwendungsbefehl ein Interesse stehen, das durch Verwirklichung der Geltungsvoraussetzungen zumindest typischerweise gefährdet oder verletzt werden kann. Den Schutz welchen Interesses eine Strafnorm anstrebt, sollte sich daher gerade aus der Analyse der ihre Anwendbarkeit auslösenden Voraussetzungen ergeben.199 Was ein Strafgesetz bezweckt, ergibt sich also in 2018, 21 (23): „Ein eigenständiges Rechtsgut ,Integrität‘ ist durch § 1 des Gesetzes nicht geschaffen worden“. 193 Rössner begreift das Rechtsgutskonzept als „kriminalpolitischen Filter“, also wohl nicht als rechtsverbindliche Grenze gesetzgeberischen Handelns. 194 Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3. 195 Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4 f. Ob Rössner darin das tatsächlich geschützte Rechtsgut sah oder er als Sachverständiger im laufenden Verfahren zur Schaffung einer legitimen Schutzkonzeption beitragen wollte, lässt sich nicht abschließend bewerten. 196 Würdinger, JuS 2016, 1 (4 mit Fn. 68) spricht im Allgemeinen von einem „Trennungsprinzip der jur[istischen] Methodenlehre“; ähnlich für das Strafrecht womöglich auch Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 25 mit Fn. 140. 197 Auf die bloße Andeutung des Rechtsguts im Tatbestand weisen Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 289 und Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, S. 71 hin. 198 Herzberg, JuS 2005, 1 (7). 199 Schlehofer, JuS 1992, 572 (576); dem zustimmend Herzberg, JuS 2005, 1 (8); mit der Tatbestandsfassung argumentieren auch Hassemer, NJW 2008, 1137 (1142 ff.) in seinem abweichenden Sondervotum und Roxin, StV 2009, 544 ff., um ihre Kritik an der Entscheidung des

Kap. 4: Gang der Untersuchung

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erster Linie aus seinem Tatbestand.200 Der Wortlaut einer Strafvorschrift wird deshalb die grobe Schutzrichtung des Gesetzes andeuten und zugleich die Annahme solcher Schutzgüter ausschließen, für die sich im Wortlaut der Vorschrift keinerlei Anhaltspunkte finden.201

C. Auswirkungen auf den Gang der Untersuchung I. Tatbestandsanalyse vor Rechtsgutsdiskussion Für die vorliegende Untersuchung bedeutet das, dass sie vor einer Beteiligung an der Rechtsgutsdiskussion den Regelungsgehalt der Selbstdopingdelikte erschließen muss. II. Zirkelschlussgefahren Ein solches Vorgehen birgt allerdings die Gefahr zirkelschlüssiger Argumentation.202 1. Gefahren bei der Tatbestandsanalyse Ob ein bestimmtes Verhalten von den Selbstdopingverboten erfasst ist, bestimmt sich wesentlich durch die teleologische Auslegung des Tatbestands.203 Welcher Regelungsgehalt einem Tatbestandsmerkmal zukommt, wird also (auch) durch das Rechtsgut der Norm bestimmt. Welches Rechtsgut die Norm aber schützt, soll sich Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungskonformität der Strafbarkeit des Inzests zu untermauern. 200 Herzberg, JuS 2005, 1 (3, 7 f.). 201 Hernández, Strafrechtlicher Vermögensschutz, S. 42; Jacobi, Der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs, S. 20; Mölders, Bestechung und Bestechlichkeit im internationalen geschäftlichen Verkehr, S. 84; Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 291; Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, S. 71 f.; allgemeiner zum „Grundgedanken“ der Norm Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 475. 202 Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 74; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 25; Jacobi, Der Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs, S. 18; Mölders, Bestechung und Bestechlichkeit im internationalen geschäftlichen Verkehr, S. 85 f.; Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 289 f.; Schultze, Die Betrugsnatur des Subventionsbetrugs, S. 57. 203 Walter, in: LK, Vor § 13 Rn. 8; Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 73; Hilgendorf/Valerius, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 47; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 2, 4; Hassemer, Theorie und Soziologie des Verbrechens, S. 57; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 25; Hernández, Strafrechtlicher Vermögensschutz, S. 42; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 212; Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 287; Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, S. 67, 71.

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Teil 1: Einführung

zuvor aus ihren Tatbestandsmerkmalen ergeben haben. Damit verleitet die – unumgängliche – Berücksichtigung der Verbotsvorschrift bei der Rechtsgutsbestimmung dazu, die anschließende teleologische Auslegung eines Tatbestandsmerkmals mit einem diesem Merkmal bereits auf Ebene der Rechtsgutsbestimmung unterlegten Verständnis zu begründen.204 Besonders problematisch ist das, wenn man objektiv-teleologischen gegenüber subjektiv-teleologischen Auslegungstechniken den Vorrang einräumt und sie schließlich nicht von systemkritischem Rechtsgutsdenken trennt. Veranschaulichen lässt sich das am Gehalt des Merkmals der Einnahmen von „erheblichem“ Umfang. Ein systemkritisches Rechtsgutsverständnis dürfte dazu verleiten, „Fairness und Chancengleichheit“ im Sport als Schutzgut der Vorschrift skeptisch gegenüber zu stehen. Verbindete man diese strafrechtspolitische Grundhaltung mit der Behauptung, dass Sportler ausschließlich aus finanziellen Motiven dopten,205 wäre der Weg zu einem Rechtsgutsverständnis mit wirtschaftlichem Einschlag vorgezeichnet. Wer eine solche Auffassung vertritt, dürfte bei der diesen Erwägungen methodisch eigentlich voranzustellenden Auseinandersetzung mit dem Gehalt der Einnahmeklausel zu einer höheren Einkommensschwelle neigen als Vertreter systemimmanenter206 Rechtsgutskonzepte, die beispielsweise aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf die „Integrität des Sports“ in den Gesetzesmaterialien von einem durch den Gedanken von Fairness und Chancengleichheit geprägten Rechtsgut ausgehen.207 Zur Vermeidung zirkelschlüssiger Erkenntnisfindung wurde vorgeschlagen, für die Rechtsgutsermittlung diejenigen – „zweifelhaften“ – Tatbestandsmerkmale außen vor zu lassen, für deren Auslegung entscheidend auf das geschützte Rechtsgut abzustellen sei und nur aus den „bekannten Elementen einer Norm, ihren systematischen Bezügen und ihren Motiven“ auf das geschützte Rechtsgut zu schließen.208 204

Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 74. Dass Doping auch durch wirtschaftliche Überlegungen begünstigt wird, sieht auch der Gesetzgeber so; s. dazu S. 148 ff. 206 Näher S. 215 ff. 207 Das bedeutet nicht, dass die Bedeutung der Höhe von Einnahmen für ihre Anreizwirkung nach subjektiv-teleologischer Auslegung vollkommen unbeachtlich sein müsste; dazu S. 115 ff., 165 ff. 208 Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 290 f.; dem zustimmend Berger, Der Schutz öffentlichen Vermögens durch § 263 StGB, S. 99; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 25. Gänzlich skeptisch gegenüber einer Rechtsgutsbestimmung mithilfe des Wortlauts äußert sich Reischel, Wirtschaftskriminalität und Rechtsgut, S. 22 f., nach dessen Auffassung „der Wortlaut des Tatbestandes insoweit hilfreich [ist], als er in Abgrenzung zu anderen Strafvorschriften Hinweis auf einen anderen Schutzzweck sein kann. Einen Beweis für das jeweils geschützte Rechtsgut selbst kann der Wortlaut hingegen nicht erbringen, da das Rechtsgut als Auslegungsmaßstab für den Wortlaut herangezogen wird.“ Baumann/Weber/ Mitsch/Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 74 und Mölders, Bestechung und Bestechlichkeit im internationalen geschäftlichen Verkehr, S. 85 f. ziehen aus dem beschriebenen Zirkelschlüssigkeitsproblem die Konsequenz, dass die Erkenntnis des geschützten Rechtsguts möglichst nicht auf eine „teleologische Auslegung der Tatbestandsmerkmale“ gestützt werden 205

Kap. 4: Gang der Untersuchung

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Die Rechtsgutsbestimmung solle sich also nur auf eine Analyse solcher Tatbestandsmerkmale stützen, deren Bedeutungsgehalt schon aufgrund ihres Wortlauts, systematischer und historisch-genetischer Überlegungen als hinreichend bestimmt angesehen wird.209 Ein so hergeleitetes Rechtsgut könne dann zur Auslegung jener Tatbestandsmerkmale verwendet werden, die nur unter Berücksichtigung des geschützten Rechtsguts ausreichend scharfe Konturen zu erhalten scheinen. Dem wird man sich jedenfalls nicht anschließen können, soweit ein einzelnes Tatbestandsmerkmal vollumfänglich aus der Rechtsgutsanalyse ausgeschlossen werden soll. Dass der Gesetzgeber (irgend-)einen Zusammenhang zwischen dem Dopingproblem und der Kommerzialisierung des Sports sieht, lässt sich angesichts der Täterkreisbeschränkung des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG nicht ausblenden. Dieses Merkmal kann deshalb trotz seiner Unbestimmtheit bei der Rechtsgutsbestimmung der Selbstdopingverbote nicht von vornherein außer Acht gelassen werden.210 2. Auflösung des Zirkelschlusses a) Abschichtung des Kerngehalts vom problematischen Einzelfall Ob ein konkreter Fall vom Selbstdopingverbot erfasst ist, lässt sich aufgrund des Bedürfnisses teleologischer Tatbestandsauslegung regelmäßig erst nach Ermittlung des Rechtsguts (Teil 3) bestimmen. Das wiederum setzt die Durchdringung des Regelungsgehalts der Vorschrift (Teil 2) voraus. Es ist deshalb erstens ausgeschlossen, in Teil 2 der vorliegenden Untersuchung teleologisch mit einem gegebenen Rechtsgut der Vorschrift zu argumentieren. Einzelfallfragen, deren Behandlung sich nicht bereits aus Wortlaut, Systematik und historisch-genetischer Auslegung eindeutig ergibt, können zweitens erst nach Ermittlung des Rechtsguts (Teil 3, Kapitel 1) abschließend bewertet werden (Teil 3, Kapitel 2).211

solle. Jedenfalls bei Mölders, Bestechung und Bestechlichkeit im internationalen geschäftlichen Verkehr, S. 84 wird deutlich, dass damit nicht zwingend die Unbeachtlichkeit des Wortlauts der Vorschrift im Ganzen behauptet ist. 209 Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 290; im Allgemeinen für die Beschränkung auf die Analyse des Wortlauts des Gesetzes, historische und systematische Überlegungen zur Ermittlung des Zwecks einer Norm Herzberg, JuS 2005, 1 (3, 7 f.), der die teleologische Auslegungsmethode indessen ganz generell mit Skepsis betrachtet, s. Herzberg, NJW 1990, 2525. 210 Im Ergebnis ähnlich Schultze, Die Betrugsnatur des Subventionsbetrugs, S. 57, die einzelne Tatbestandsmerkmale ebenfalls nicht schon per se ausschließen, sondern tatbestandsbezogene Rechtsgutsbestimmungsversuche im Einzelfall darauf prüfen möchte, ob sie „tatsächlich das Rechtsgut mit etwas zu begründen versuchen, was sich erst aus dem Rechtsgut selbst herleiten lässt“. 211 Lüttger, Jescheck-FS, S. 121 (129); Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 473 f.

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Teil 1: Einführung

b) Vorrang genetisch-historischer Auslegungsmethodik Die vorliegende Untersuchung geht von einem relativen Vorrang subjektiv-teleologischer gegenüber objektiv-teleologischen Überlegungen aus.212 Worin der Kernbestand des Anwendungsbereichs der Selbstdopingverbote besteht, ist durch Analyse von Wortlaut und Systematik sowie genetisch-historische Auslegung zu ermitteln.213 Aus ihm ist dann das geschützte Rechtsgut des Delikts zu ermitteln. Objektiv-teleologische Überlegungen sind bei Tatbestandsanalyse (Teil 2) und Rechtsgutsbestimmung (Teil 3, Kapitel 1) damit nicht vollumfänglich ausgeschlossen. So können beispielsweise rechtstatsächliche Betrachtungen einen wertvollen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten, was der Gesetzgeber mit einer bestimmten Regelung bezweckt haben könnte.214 III. Differenzierung zwischen Rechtsgutsermittlung und -bewertung Das der Untersuchung zugrundeliegende größere Gewicht subjektiv-teleologischer gegenüber objektiv-teleologischer Methodik indiziert für die Analyse des Rechtsgutskonzepts des AntiDopG, dass Ermittlung und Bewertung weitestgehend getrennt werden müssen. Nach hier vertretener Auffassung ist die Ermittlung des Schutzkonzepts des AntiDopG eine methodische Frage (Teil 3, Kapitel 1). Ob die getroffene Regelung zulässig ist, ist ein davon zu trennendes Problem kriminalpolitischer oder gar verfassungsrechtlicher Dimension (Teil 4).215

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Überblick zur Diskussion um objektive und subjektive Auslegungstheorien bei Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 215 ff., 474 f. 213 Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 473 ff. 214 Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 475 f. 215 Scharfe Trennung etwa bei Pawlik, Küper-FS, S. 411 (427) zum Schutzkonzept bei der Bekenntnisbeschimpfung nach § 166 StGB.

Teil 2

Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote Kapitel 1

Gesetzessystematik Kernbestimmung des Dopingstrafrechts ist – sofern man den Sportler als Zentralgestalt des Geschehens begreift – fortan § 3 AntiDopG.1 Er enthält Verhaltensnormen, die das eigentliche Selbstdoping und den vorgelagerten Umgang durch Erwerb und Besitz von Dopingmitteln zu Selbstdopingzwecken verbieten.2 Daran knüpft die Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG an, die Verstöße gegen diese Verbote unter Strafe stellt. Die Anwendungs-, Teilnahme- und Umgangsverbote des § 3 AntiDopG setzen voraus, dass durch die (beabsichtigte) Verwendung eines verbotenen Dopingmittels oder einer solchen Dopingmethode, die nicht medizinisch indiziert ist, ein Vorteil in einem Wettbewerb des organisierten Sports erlangt werden soll.3 Dessen Definition findet sich in § 3 Abs. 3 AntiDopG. Welche Dopingmittel und -methoden nicht verwendet, erworben oder besessen werden dürfen, ergibt sich aus der Verweisung des § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport. Strafbar ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 AntiDopG zunächst, wer entgegen § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG ein Dopingmittel oder eine Dopingmethode bei sich anwendet oder anwenden lässt. § 4 Abs. 1 Nr. 5 AntiDopG stellt es unter Strafe, entgegen § 3 Abs. 2 AntiDopG an einem Wettbewerb des organisierten Sports teilzunehmen und § 4 Abs. 2 AntiDopG sanktioniert den Verstoß gegen die Umgangsverbote aus § 3 Abs. 4 AntiDopG. Die Strafbewehrungen gelten indes nur für den Täterkreis des § 4 Abs. 7 AntiDopG. Dessen Nr. 1 nimmt wiederum auf die Mitgliedschaft im Testpool eines Trainingskontrollsystems – also auf Regelwerke des Sports – Bezug. 1 So etwa Paeffgen/Zabel, in: NK-StGB, § 228 Rn. 111; Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 2; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 3; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 1; Bindels, in: Pfister, Das Anti-DopingGesetz, S. 9 (15); Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 8; Haug/Martin, Causa Sport 2014, 345 (346). 2 S. 43 ff. 3 S. 43 ff.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

Kapitel 2

Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG § 3 AntiDopG normiert das staatliche Dopingverbot. Es besteht aus einem Anwendungs- (Abs. 1), einem Teilnahme- (Abs. 2) und einem Erwerbs- bzw. Besitzverbot (Abs. 4).

A. Das Anwendungsverbot, § 3 Abs. 1, Abs. 3 AntiDopG I. Der objektive Tatbestand 1. Tathandlung Tathandlungen des Selbstdopings nach § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG sind das Anwenden und Anwenden-Lassen von in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping aufgeführten Stoffen und Methoden, soweit sie nicht nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Hs. 2 AntiDopG oder § 3 Abs. 1 S. 2 AntiDopG vom staatlichen Dopingverbot ausgenommen sind. a) Mittelbare Bezugnahme der staatlichen Doping-Definition auf die WADA-Verbotsliste Das AntiDopG definiert nicht selbst, was es unter „Doping“ versteht,4 sondern verweist auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping. Diese Anlage übernimmt die Verbotsliste der WADA.5 Die WADA-Verbotsliste und in der Folge auch der Anhang I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping enthalten eine Auflistung verbotener Substanzen und Methoden. Was in dieser Negativliste nicht aufgeführt ist, ist erlaubt. Diese Vorgehensweise hat den Nachteil, technischen Neuerungen nicht jederzeit gerecht werden zu können. Für sie spricht allerdings, dass zumindest im Grundsatz klar erkennbar ist, was verboten und was erlaubt ist.6 Anders als § 2 AntiDopG enthält § 3 AntiDopG keinen Hinweis auf die Geltung der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping „in der vom Bundesministerium des Innern jeweils […] bekannt gemachten Fassung“. Mit der Formel des „Übereinkommens gegen Doping“ verweist § 3 AntiDopG indes auf § 2 AntiDopG. Dessen sprachliche Fassung bezieht die jeweilige Bekanntmachung in 4

Zu den Schwierigkeiten einer allgemeingültigen Begriffsbestimmung S. 17 f., 67 ff., 178 ff. 5 BGBl. 2019 II, S. 1082; dazu S. 20 ff. 6 Kynast, Doping im Hochleistungssport, S. 7; Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 47; zur Kritik an einzelnen Öffnungsklauseln S. 185 ff.

Kap. 2: Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

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die gesetzliche Abkürzung des „Internationalen Übereinkommens“ ein. Das spricht dafür, dass auch § 3 AntiDopG nur auf die jeweils vom Bundesministerium des Innern bekannt gemachte Fassung des Übereinkommens verweist.7 Die Gesetzesbegründung zeigt, dass auch der Gesetzgeber von einem solchen Verweisungsverständnis ausgeht.8 § 6a AMG a.F. bezog das Dopingverbot auf Arzneimittel und Wirkstoffe. § 3 AntiDopG erweitert die tauglichen Tatmittel auf sämtliche Dopingmittel und -methoden. Das ist sachgerecht, da zu Dopingzwecken geeignete Maßnahmen keine Arzneimittel sein müssen.9 Erst durch das AntiDopG werden beispielsweise Nahrungsergänzungsmittel vollumfänglich vom staatlichen Dopingverbot erfasst.10 Außerdem können Dopingmethoden auch ganz ohne Wirkstoffe auskommen.11 Sie waren vom staatlichen Dopingverbot bislang nur mittelbar erfasst, wenn sie verbotene Stoffe enthielten.12 b) Dopingmittel i.S.d. Nr. 1 Die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping enthält – entsprechend der WADA-Verbotsliste – im Jahr 2020 insgesamt 11 Substanzklassen (S0-S9, P1). Die dort enthaltenen Substanzen sind allerdings nicht ohne Einschränkungen verboten. Solche ergeben sich für einige Substanzgruppen daraus, dass sie nur in bestimmten Sportarten und bzw. oder nur im Wettkampf verboten sind. Uneingeschränkt, also in und außerhalb von Wettkämpfen und in sämtlichen Sportarten verboten sind die Substanzklassen S0-S5. Für sämtliche Sportarten, aber nur im Fall der Verwendung im Wettkampf verbietet die Anlage I die Nutzung der Substanzklassen S6-S9. Nur in bestimmten Sportarten und in diesen überwiegend nur im Wettkampf verboten ist die Nutzung der Substanzklasse P1. § 3 Abs. 1 AntiDopG orientiert sich an dieser Differenzierung. Im Gleichlauf mit der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping nimmt § 3 Abs. 1 S. 2 AntiDopG die Anwendung der sportrechtlich nur im Wettkampf verbotenen Substanzen im Fall der Verwendung außerhalb der Wettbewerbs aus dem staatlichen Dopingverbot heraus. In Hinblick auf Stoffe, die nur in bestimmten Sportarten verboten sind, schränkt das AntiDopG den Geltungsbereich des Selbstdopingverbots weiter ein, als es in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping geregelt ist. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Hs. 2 AntiDopG sind diese Stoffe vom

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Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 9. BT-Drs. 18/4898, S. 27; dafür auch Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 31; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 2. 9 Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 3. 10 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 2. 11 BT-Drs. 18/4898, S. 25. 12 BT-Drs. 18/4898, S. 23. 8

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

staatlichen Dopingverbot vollständig ausgenommen – also auch in den Disziplinen, in denen das Sportrecht die Verwendung verbietet. aa) Umfassend verbotene Substanzen Staatlich wie sportrechtlich vollumfänglich, also in Training wie Wettkampf und in sämtlichen Sportarten, verboten ist die Verwendung der Substanzgruppen S0-S5. Dabei handelt es sich um nicht zugelassene, pharmakologisch wirksame Stoffe, die nicht für die therapeutische Anwendung zugelassen sind (S0), anabole Stoffe (S1), Peptidhormone, Wachstumsfaktoren, verwandte Stoffe und Mimetika (S2), Beta-2Agonisten (S3), Hormon- und Stoffwechsel-Modulatoren (S4) sowie Diuretika und Maskierungsmittel (S5).13 Generalklauselartig verboten ist über die Stoffgruppe S0 die Verwendung pharmakologisch wirksamer Stoffe, die in den folgenden Abschnitten der Verbotsliste nicht aufgeführt und zur Zeit der Geltung der Liste nicht durch eine staatliche Gesundheitsbehörde für die therapeutische Anwendung beim Menschen zugelassen sind. Das sind zum Beispiel in der präklinischen oder klinischen Entwicklung befindliche Arzneimittel oder solche, deren Entwicklung eingestellt wurde, Designerdrogen und nur für die Anwendung bei Tieren zugelassene Stoffe. Die Substanzklasse S1 verbietet die Verwendung anaboler Substanzen. Ihre klassische Ausprägung finden sie als anabole Steroide, die strukturell vom männlichen Sexualhormon Testosteron abgeleitet sind.14 Anabolika können den Aufbau von Muskelmasse oder eine Verringerung des Körperfettanteils erleichtern.15 Außerdem werden ihnen die Verursachung erhöhter Aggressivität, von Motivationsschüben und die Verbesserung der Regenerationsfähigkeit zugeschrieben.16 Anwendung sollen sie insbesondere in Sportarten finden, in denen es maßgeblich auf Schnell- und Maximalkraft ankommt.17Anabol-androgene Steroide (AAS, Substanzklasse S1, 1.) sind nicht nur verboten, wenn sie – wie zum Beispiel Stanozolol – vom Körper normalerweise nicht auf natürlichem Wege produziert werden, sondern auch, wenn sie auf natürlichem Wege produziert, aber exogen verabreicht werden, wie etwa Nandrolon oder Testosteron. Verboten sind darüber hinaus alle anderen anabolen Substanzen (S1, 2.), zum Beispiel Clenbuterol. Die Substanzklasse S2 verbietet die Verwendung von Erythropoetin (EPO) und Erythropoese-beeinflussender Substanzen (S2, 1.), Peptidhormonen und HormonModulatoren (S2, 2.), Wachstumsfaktoren und Wachstumsfaktor-Modulatoren 13

BGBl. 2019 II, S. 1082 ff. https://www.nada.de/medizin/im-krankheitsfall/verbotene-substanzen-und-metho den/; Aeschimann, Doping-Magazin 2017, 94 (95). 15 https://www.nada.at/de/medizin/risiken-nebenwirkungen/marketshow-anabole-substan zen; Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 26; Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 20; Blasius, Doping im Sport, S. 19. 16 Blasius, Doping im Sport, S. 20. 17 Blasius, Doping im Sport, S. 20. 14

Kap. 2: Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

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(S2, 3.) und anderer Substanzen „mit ähnlicher chemischer Struktur oder ähnlicher/ n biologischer/n Wirkung(en)“.18 Bekannteste Substanz aus dieser Verbotsklasse ist EPO. Dabei handelt es sich um ein körpereigenes Hormon, das die Produktion der den Sauerstoff im Körper transportierenden roten Blutkörperchen stimuliert.19 Durch künstliche EPO-Zufuhr soll die Sauerstofftransportkapazität erhöht werden.20 Die WADA-Verbotsliste enthält in Substanzklasse S3 zur Behandlung von Asthma eingesetzte Beta-2-Agonisten. Sie können stimulierend und anabol wirken.21 Ausgenommen vom Verbot sind Inhalationen von Salbutamol, Formoterol und Salmeterol, wenn sie bestimmte Dosen nicht überschreiten.22 Diese sportrechtliche Einschränkung des Verbots der Verwendung von Beta-2-Agonisten findet sich im Wortlaut des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AntiDopG nicht wieder, verbietet dieser doch die Anwendung einer jeden Substanz, die in der Anlage I aufgeführt ist.23 In Substanzklasse S4 sind bestimmte Hormon- und Stoffwechsel-Modulatoren aufgeführt, unter anderem Insuline (S4, 5.2) und seit 2016 das in Herzmitteln enthaltene Meldonium (S4, 5.3). Leistungsfördernde Wirkung wird ihm zugeschrieben, da es die Belastbarkeit und Regenerationsfähigkeit erhöhe.24 Diese Substanz war Gegenstand des ersten strafgerichtlichen Verfahrens nach §§ 3, 4 AntiDopG.25 Die Substanzklasse S5 verbietet bestimmte Diuretika und Maskierungsmittel „und andere Stoffe mit ähnlicher chemischer Struktur oder ähnlicher/n biologischer/n Wirkung(en)“.26 Diese Gruppe erfasst Substanzen, die eine Anwendung von Dopingmitteln verschleiern können.27 Diuretika etwa erschweren in Kombination mit hoher Flüssigkeitsaufnahme den Nachweis der Verwendung verbotener Sub18

Zu den mit dieser Öffnungsklausel verbundenen verfassungsrechtlichen Problemen S. 185. 19 https://www.nada.de/medizin/im-krankheitsfall/verbotene-substanzen-und-metho den/; Blasius, Doping im Sport, S. 24. 20 Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 38; Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 20; Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 229; Blasius, Doping im Sport, S. 24. 21 Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 44; Blasius, Doping im Sport, S. 30. 22 BGBl. 2019 II, S. 1084. 23 Zu den damit verbundenen teleologischen und verfassungsrechtlichen Problemen S. 161, 209 f. 24 Blasius, Doping im Sport, S. 34; zweifelnd Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 51. 25 Das Verfahren vor dem AG Tuttlingen endete mit einem Freispruch (zum Zeitpunkt der Drucklegung nicht veröffentlicht); Aufmerksamkeit erlangte Meldonium auch im Fall Sharapowa, dazu Mueller, Doping-Magazin 2017, 126. 26 Zu den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Problemen S. 185 f. 27 https://www.nada.at/de/medizin/risiken-nebenwirkungen/marketshow-diuretika-und-mas kierungsmittel; Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 54; Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 20.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

stanzen, indem sie die Konzentration des Urins verringern.28 Soweit sie erhöhten Wasserverlust herbeiführen, kann über Substanzklasse 5 außerdem auch das sog. „Gewichtmachen“ erfasst werden, bei dem durch kurzzeitige Gewichtsreduktion im Judo, Taekwondo oder Gewichtheben versucht wird, eine möglichst niedrige Gewichtsklasse zu erreichen.29 Im Übrigen entfalten sie indes keine originär leistungssteigernde Wirkung.30 bb) In allen Sportarten lediglich im Wettkampf verbotene Substanzen § 3 Abs. 1 S. 2 AntiDopG nimmt die Einnahme von Dopingmitteln vom Anwendungsbereich des staatlichen Dopingverbots aus, wenn sie sportrechtlich nur innerhalb des Wettbewerbs verboten sind, aber außerhalb eines Wettbewerbs angewendet werden.31 Damit soll sichergestellt werden, dass das staatliche nicht weiter geht als das sportrechtliche Dopingverbot.32 Im Wettkampf sind über alle Sportarten hinweg Stimulanzien (S6), Narkotika (S7), Cannabinoide (S8) und Glucocorticoide (S9) verboten. Typische Stimulanzien (S6) ähneln in ihrer chemischen Struktur körpereigenen Hormonen wie Adrenalin und können, zum Beispiel durch Verzögerung der Ermüdung oder das Hervorrufen eines Euphoriegefühls, kurzfristig die körperliche und psychische Leistungsfähigkeit erhöhen.33 Ähnliches gilt für die Substanzklasse der Narkotika (S 7), in der starke Schmerzmittel, aber auch harte Drogen wie Heroin aufgeführt sind. Substanzklasse S8 verbietet bestimmte Cannabinoide wie z. B. Marihuana. Auf der Dopingliste stehen sie, weil ihnen in niedriger Dosierung eine euphorisierende und enthemmende Wirkung zugeschrieben wird, welche die Risikotoleranz erhöhe.34 In der Praxis dürfte es sich indes häufig um Fälle handeln, in denen der Anwendende andere als

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Blasius, Doping im Sport, S. 36. Dazu Hertling, Doping-Magazin 2018, 3; Lehner, Doping-Magazin 2018, 38 ff., der de lege ferenda die Aufnahme des sog. „Gewichtmachens“ in die Liste verbotener Dopingmethoden fordert; in diese Richtung auch Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 229. 30 Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 54. 31 BR-Drs. 126/1/15, S. 2 f.; BT-Drs. 18/6677, S. 11. 32 BR-Drs. 126/1/15, S. 2 f.; BT-Drs. 18/6677, S. 11. Entgegen Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 19, § 3 Rn. 13 dürfte es sich dabei wohl um mehr als die Lösung eines „Scheinproblems“ handeln. Anders als WADA- und NADA-Code spricht § 3 AntiDopG nicht etwa von verbotenen Dopingmitteln. Vor Intervention des Bundesrates erfasste jedenfalls der Wortlaut des § 3 Abs. 1 AntiDopG die Verwendung einer jeden Substanz, die auf der WADA-Verbotsliste steht, unabhängig davon, ob sie nach dem sportrechtlichen Reglement umfassend oder nur eingeschränkt verboten ist, sodass als Strafbarkeitsausschluss lediglich auf subjektiver Ebene auf das Fehlen einer Vorteilsverschaffungsabsicht hätte abgestellt werden können. 33 https://www.nada.de/medizin/im-krankheitsfall/verbotene-substanzen-und-metho den/; https://www.nada.at/de/medizin/risiken-nebenwirkungen/marketshow-stimulanzien; Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 55; Blasius, Doping im Sport, S. 36. 34 Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 60. 29

Kap. 2: Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

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sportliche Ziele verfolgt.35 Glucocorticoide (S9) sind in Medikamenten gegen Asthma, Allergien und Entzündungen enthalten und sollen sich wegen ihrer entzündungshemmenden, antriebssteigernden und schmerzlindernden Wirkung zu Dopingzwecken eignen.36 In Substanzklasse S9 ist zum Beispiel Cortison aufgeführt. Verboten ist die Anwendung, wenn Glucocorticoide oral, intravenös, intramuskulär oder rektal verabreicht werden. Nicht verboten sind sonstige, nicht systemische Verabreichungsformen.37 Der Wortlaut des § 3 AntiDopG übernimmt diese Einschränkung der WADA-Verbotsliste nicht.38 cc) Vom staatlichen Dopingverbot ausgenommene Substanzen § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Hs. 2 AntiDopG nimmt Stoffe aus dem Anwendungsbereich des Selbstdopingverbots heraus, die nach der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping nur in bestimmten Sportarten verboten sind. Dabei handelt es sich im Jahr 2020 ausschließlich um Betablocker (P1),39 die überwiegend in Konzentrationssportarten und zumeist nur im Wettkampf verboten sind.40 BetaBlocker verringern die Herzfrequenz und den Blutdruck und können durch diesen beruhigenden Effekt41 in einigen Sportarten die Leistungsfähigkeit erhöhen.42 Die nur in bestimmten Sportarten untersagten Substanzen sind vom staatlichen Dopingverbot indes gänzlich ausgenommen. Begründet hat der Gesetzgeber das damit, dass diesen Stoffen für die Breite des Sports keine nennenswerte Bedeutung zukomme.43 c) Dopingmethoden i.S.d. Nr. 2 Umfassend, also jederzeit und in sämtlichen Sportarten, verboten ist nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AntiDopG die Anwendung und das Anwenden-Lassen von Dopingmethoden, die in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping aufgeführt sind. Die ausdrückliche Erfassung von Dopingmethoden stellt gegenüber dem auf Arzneimittel und bestimmte Wirkstoffe beschränkten Anwendungsbereich des AMG eine Erweiterung dar. Dadurch sollen Schutzlücken geschlossen werden, die sich daraus ergeben könnten, dass Dopingmethoden denkbar 35

Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 161 f. https://www.nada.de/medizin/im-krankheitsfall/verbotene-substanzen-und-metho den/; Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 62; Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 21; Blasius, Doping im Sport, S. 40. 37 Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 63. 38 Dazu S. 161 f. 39 Bis 2017 war in einigen Sportarten auch Alkohol verboten. 40 Zur Dopinganfälligkeit konzentrativer Präzisionssportarten Koch, Doping-Magazin 2017, 220. 41 Koch, Doping-Magazin 2017, 220. 42 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 3. 43 BT-Drs. 18/6677, S. 10. 36

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

sind, die keine Anwendung verbotener Stoffe voraussetzen.44 Insbesondere das Genund Zelldoping (M3) soll so vom staatlichen Dopingverbot erfasst werden.45 Nach der Anlage I verbotene Methoden sind daneben die Manipulation von Blut und Blutbestandteilen (M1) und die chemische und physikalische Manipulation (M2).46 aa) Manipulation von Blut und Blutbestandteilen Als unzulässige Dopingmethoden gelten die in den Nrn. 1 – 3 der Verbotskategorie M1 aufgeführten Manipulationen von Blut und Blutbestandteilen. Verboten sind: 1. Die Verabreichung oder Wiederzufuhr jeglicher Menge von autologem, allogenem (homologem) oder heterologem Blut oder Produkten aus roten Blutkörperchen jeglicher Herkunft in das Kreislaufsystem. 2. Die künstliche Erhöhung der Aufnahme, des Transports oder der Abgabe von Sauerstoff. Dazu gehören unter anderem […]. 3. Jegliche Form der intravaskulären Manipulation von Blut oder Blutbestandteilen mit physikalischen oder chemischen Mitteln. Praktische Relevanz und mediale Aufmerksamkeit erlangte in der jüngeren Vergangenheit insbesondere das in Nr. 1 aufgeführte sog. Blutdoping.47 Diese Dopingmethode dürfte insbesondere in Ausdauersportarten praktiziert werden.48 Sie erhöht die Aufnahme, den Transport oder die Freisetzung von Sauerstoff im Blut, steigert damit die Sauerstofftransportkapazität und in der Folge die sportliche Leistungsfähigkeit des Athleten.49 Leistungsfördernde Wirkung haben Bluttransfusionen außerdem, weil sie durch die Erhöhung des Blutvolumens die Wasserreserven des Körpers erhöhen.50 Untersagt sind Transfusionen von Eigenblut (autologes Blut), Fremdblut (homologes Blut) und Blut von Lebewesen anderer Gattung (heterologes Blut). Beim Eigenblutdoping wird dem Athleten in der Trainingsphase Blut abgenommen und kurz vor dem Wettkampf wieder zugeführt, sodass die Gesamtzahl der sauerstofftransportierenden roten Blutkörperchen im Zeitpunkt des Wettbewerbs 44

BT-Drs. 18/4898, S. 25 zu § 2 AntiDopG. BT-Drs. 18/4898, S. 25 zu § 2 AntiDopG. 46 BGBl. 2019 II, S. 1085. 47 Für den Fuentes-Skandal statt vieler https://www.sueddeutsche.de/sport/dopingprozessgegen-arzt-fuentes-gesteht-blutdoping-in-vielen-sportarten-1.1586312. 48 Blasius, Doping im Sport, S. 44; Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 94. 49 Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, Vor §§ 4 – 5 Rn. 7; Blasius, Doping im Sport, S. 43; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem AntiDoping-Gesetz, S. 100; Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 87, 89; Schulz, Doping als strafbare Gesundheitsgefährdung, S. 40. 50 Blasius, Doping im Sport, S. 43; Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 91. 45

Kap. 2: Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

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erheblich erhöht ist.51 Eigenblutdoping hat gegenüber Fremdblutanwendungen den Vorteil, dass die Gefahr von Unverträglichkeiten geringer und es derzeit nicht direkt nachweisbar ist.52 Nicht unter die Verbotsgruppe M1 fällt das Absolvieren eines Höhentrainings.53 In der Höhe enthält die Luft weniger Sauerstoff, worauf der Körper mit einer vermehrten Bildung roter Blutkörperchen reagiert.54 Diese Verbesserung des Sauerstofftransports ist nach ganz überwiegender Auffassung nicht verboten, da sie die Folge einer natürlichen Anpassung des Körpers an seine Umgebungsbedingungen darstellt.55 bb) Chemische und physikalische Manipulation Verboten sind außerdem: 1. Die tatsächliche oder versuchte unzulässige Einflussnahme, um die Integrität und Validität der Proben, die während der Dopingkontrollen genommen werden, zu verändern. Dazu gehören unter anderem der Austausch und/oder die Verfälschung einer Probe, zum Beispiel Zugabe von Proteasen zu einer Probe. 2. Intravenöse Infusionen und/oder Injektionen von insgesamt mehr als 100 ml innerhalb eines Zeitraums von 12 Stunden, es sei denn, sie werden rechtmäßig im Zuge von Krankenhausbehandlungen, chirurgischen Eingriffen oder klinischen diagnostischen Untersuchungen verabreicht. Die Verbotskategorie M2 erfasst zum Beispiel den Urinaustausch durch Katheterisierung oder Abgabe in einem Behälter mitgeführten (fremden) Urins, die Verdünnung des Urins oder des Blutes oder Manipulationen durch Zugabe von Chemikalien oder Waschmitteln, die verwendete Dopingmittel in der Probe durch Oxidations- und Abbauprozesse zersetzen.56 Die Vorschrift steht in engem inneren Zusammenhang mit der Verbotskategorie S5, die maskierende Substanzen enthält. § 3 AntiDopG verbietet ausschließlich die Anwendung in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping genannter Dopingmittel und -methoden. Das staatliche Dopingverbot beschränkt sich damit auf eine ausschnittsweise Erfassung des sportrechtlichen Dopingverbots. Nicht strafbar sind Verhaltensweisen, die zwar gegen Art. 2 des WADA- bzw. NADA-Codes verstoßen, aber nicht die

51 Blasius, Doping im Sport, S. 44; Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 100. 52 Blasius, Doping im Sport, S. 44 f.; Jelkmann, Doping-Magazin 2017, 128 (129). 53 Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 75; Blasius, Doping im Sport, S. 45. 54 Blasius, Doping im Sport, S. 45. 55 Blasius, Doping im Sport, S. 45; Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 107. 56 Körner, BtMG, 6. Aufl. 2007, Anhang D II, Rn. 69; Berninger, Der nationale AntiDoping-Code, S. 103; Blasius, Doping im Sport, S. 46; Schulz, Doping als strafbare Gesundheitsgefährdung, S. 42 f.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

Anwendung eines in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping genannten Mittels oder einer dort aufgeführten Methode voraussetzen. Das gilt zum Beispiel für die von Art. 2.5 der Codes erfassten Verhaltensweisen. Sie betreffen die (versuchte) unzulässige Einflussnahme auf einen Teil des Dopingkontrollverfahrens. Das betrifft nach dem Wortlaut der Codes „Handlungen, die das Dopingkontrollverfahren auf unzulässige Weise beeinflussen, die jedoch ansonsten nicht in der Definition der verbotenen Methoden enthalten wären.“57 Der Wortlaut spricht dafür, dass es sich bei Art. 2.5 um einen Auffangtatbestand handelt, der allerdings nicht sämtliche, sondern nur diejenigen Manipulationen erfasst, die nicht bereits Art. 2.2 unterfallen.58 In der Kommentierung der Verbotsziffer, die auf internationaler Ebene der Auslegung dient59 und Bestandteil des NADA-Codes ist60, heißt es indes, dass Art. 2.5 beispielsweise das „Zerbrechen der Flasche der B-Probe bei der Analyse der B-Probe oder die Veränderung einer Probe durch Zugabe einer Fremdsubstanz“ erfasse. Unklar bleibt zunächst, warum diese Verhaltensweisen nicht bereits eine unzulässige Einflussnahme auf die Integrität und Validität der Proben i.S.d. Art. 2.2 des Codes i.V.m. der Verbotsgruppe M2, Nr. 1 der Verbotsliste der WADA darstellen sollen. Unterstellte man das aber, bliebe fraglich, warum die Verfälschung von Urin als Dopingmethode i.S.d. Verbotsgruppe M2, Nr. 1 der Verbotsliste der WADA strafwürdig sein soll, das vorsätzliche Zerstören der B-Probe hingegen nicht. cc) Gen- und Zelldoping Als verbotenes Gen- und Zelldoping61 gelten die folgenden Methoden zur möglichen Steigerung der sportlichen Leistung: 1. Die Verwendung von Nukleinsäuren oder Nukleinsäure-Analoga, mit denen Genomsequenzen und/oder die Genexpression durch jegliche Mechanismen verändert werden können. Dazu gehören unter anderem Technologien für Geneditierung, Genstilllegung und Gentransfer. 2. Die Anwendung normaler oder genetisch veränderter Zellen. Zur Verbesserung der sportlichen Leistungsfähigkeit könnte durch Gendoping zum Beispiel auf das Muskelwachstum, die Energiebereitstellung oder den Sauer-

57 Hervorhebung durch den Verfasser. Dies und die im Folgenden dargestellte Bedeutung der Beeinträchtigung der B-Probe soll sich ab 01. 01. 2021 aus der Definition des Begriffs der Manipulation ergeben, s. Anhang 1 des Entwurfs des WADA-Codes 2021, Begriffsbestimmungen, „Tampering“, S. 94 mit Fn. 131. 58 So auch Berninger, Der nationale Anti-Dopng-Code, S. 151. 59 Art. 24 WADA-Code (ab 2021 wohl: Art. 26). 60 Art. 18.2 des NADA-Codes. 61 Eingehend Körner/Erber-Schropp, Gendoping – Herausforderung für Sport und Gesellschaft; Diehl/Zehner/Parzeller, StoffR 2016, 2 ff. und 235 ff.

Kap. 2: Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

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stofftransfer eingewirkt werden.62 Das im menschlichen Körper gebildete Myostatin hemmt das Muskelwachstum, sodass Muskeln nur im natürlich benötigten Ausmaß gebildet werden.63 Durch Gendoping könnte versucht werden, die Aktivität von Myostatin zu hemmen, um den Muskelaufbau zu stärken.64 Denkbar wäre auch die Regulierung der Blutbildung durch Gendoping-Techniken, also sog. EPO-Gendoping mittels des Präparats Repoxygen.65 Dass mit der Einstufung des Gendopings als verbotene Dopingmethode eine bereits flächendeckend angewendete Dopingmaßnahme erfasst wird, dürfte zweifelhaft sein. Die Gentherapie befindet sich noch in der Entwicklung und GendopingFälle sind bisher noch nicht nachgewiesen – was angesichts unausgereifter Nachweismethoden allerdings auch nicht überrascht.66 Im Grundsatz ist nichts dagegen einzuwenden, dass der Gesetzgeber einer denkbaren technischen Entwicklung durch das Recht vorgreift.67 Bei der Bewertung von Gendoping ist – ganz ungeachtet paternalistischer Überlegungen68 – zu berücksichtigen, dass es sich zumindest bei einigen Spielarten um eine außergewöhnlich kostenintensive Dopingmethode handeln dürfte. Damit spielt hier der Gedanke eine besondere Rolle, dass die Leistungsfähigkeit des Athleten in noch engerem Zusammenhang mit seinen finanziellen Mitteln steht als dies bei herkömmlichen Dopingmaßnahmen der Fall ist.69 Wie bei sonstigen Dopingmaßnahmen, die in engem Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung Kranker stehen, stellt sich gleichwohl auch beim Gendoping die Frage nach einer trennscharfen Abgrenzbarkeit sozial erwünschter von missbilligter Anwendung gentherapeutischer Maßnahmen. Dass sich der Gesetzgeber darüber keine 62 Blasius, Doping im Sport, S. 47 ff.; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-DopingGesetz, S. 100; Schulz, Doping als strafbare Gesundheitsgefährdung, S. 46. 63 Schulz, Doping als strafbare Gesundheitsgefährdung, S. 46; Diehl/Zehner/Parzeller, StoffR 2016, 2 (10). 64 Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 120; Parzeller, in: Körner/Erber-Schropp, Gendoping – Herausforderung für Sport und Gesellschaft, S. 218; Diehl/Zehner/Parzeller, StoffR 2016, 2 (10). 65 Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 120, Schulz, Doping als strafbare Gesundheitsgefährdung, S. 46; Parzeller, in: Körner/Erber-Schropp, Gendoping – Herausforderung für Sport und Gesellschaft, S. 218 f. 66 Blasius, Doping im Sport, S. 46, 50; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-DopingGesetz, S. 101; Körner/Symanzik, in: Körner/Erber-Schropp, Gendoping – Herausforderung für Sport und Gesellschaft, S. 1; Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 117 gehen indes davon aus, dass es bereits Missbrauch gebe; offen gelassen wird die aktuelle praktische Relevanz von Parzeller/Diehl/Zehner, StoffR 2016, 235 (236). 67 Begrüßt wird die ausdrückliche Aufnahme des Gendopings in das strafrechtliche Dopingverbot jedenfalls i.E. von Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 4; zurückhaltend auch von Parzeller/Diehl/Zehner, StoffR 2016, 235 (237); dass Gendoping eine realistische Option für die Zukunft werde betonen Scharf/Steinmann, Doping-Magazin 2016, 18 (20). 68 Dazu etwa Diehl/Zehner/Parzeller, StoffR 2016, 2 (11 f.). 69 Verallgemeinernd für sämtliche Enhancement-Maßnahmen findet sich diese kritische Überlegung bei Hilgendorf, Einführung in das Medizinstrafrecht, S. 123.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

durchschlagenden Gedanken gemacht hat, zeigt sich daran, dass er in der Entwurfsbegründung zum AntiDopG das Gendoping als „Steigerung der sportlichen Leistung durch eine nichttherapeutische Anwendung von Zellen, Genen, Genelementen oder der Regulierung der Genexpression“ bezeichnet und damit – vom Gesetzestext abweichend – eine seit 2009 ungültige Definition des „Gendoping“Begriffs der WADA übernimmt.70 d) Anwenden oder Anwenden-Lassen Tatbestandsmäßige Handlung des Dopingverbots des § 3 Abs. 1 AntiDopG ist das Anwenden oder Anwenden-Lassen dieser Dopingmittel oder -methoden. Der Gesetzgeber ist zutreffend davon ausgegangen, dass es für den Unrechtsgehalt des Geschehens im Grundsatz nicht darauf ankommt, ob der Sportler die Tathandlung eigenhändig vornimmt oder sich dazu eines Dritten bedient.71 Denkbare Drucksituationen, die auf Einflussnahmen durch das sportliche Umfeld beruhen, stellen keine speziellen Probleme gerade der passiven oder aktiven Anwendung dar und können auf Strafzumessungsebene berücksichtigt werden.72 Die Tathandlung des „Anwendens“ dürfte kaum abschließend zu bestimmen sein. Es bietet sich insoweit eine Orientierung an der Begriffsbestimmung der „Anwendung“ in Art. 2 S. 3 Nr. 24 des Internationalen Übereinkommens gegen Doping an. Danach bedeutet Anwendung das „Auftragen, die Einnahme, die Injektion oder den Gebrauch eines verbotenen Wirkstoffs oder einer verbotenen Methode auf jedwede Art und Weise“. Verboten ist im Ergebnis also jede Form der Nutzung eines Dopingmittels oder einer Dopingmethode am und im eigenen Körper,73 zum Beispiel durch Inhalieren oder Aufbringen des Mittels auf den Körper oder die Schleimhäute.74 Der Athlet „lässt“ eine Dopingmaßnahme bei sich anwenden, wenn nicht er, sondern ein Dritter die Handlung eigenhändig vornimmt.75 Es handelt sich damit bei der zweiten Tathandlungsalternative strukturell um eine Teilnahme an der Handlung eines anderen, die zur Täterschaft aufgewertet wird.76 Dabei wird es sich in nicht wenigen Fällen um ein unterlassungsähnliches, passives Dulden des Tuns eines 70

Kritisch in Hinblick auf die Rechtsklarheit des Verbots der Anwendung von GendopingMaßnahmen deshalb Parzeller, in: Körner/Erber-Schropp, Gendoping – Herausforderung für Sport und Gesellschaft, S. 240. 71 BT-Drs. 18/4898, S. 27; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 160. 72 Differenzierend Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 12. 73 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 8; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 160. 74 Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 11. 75 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 8; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 5. 76 Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (165).

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anderen handeln.77 Diese Variante dürfte im hochprofessionellen Sport keine Ausnahme darstellen, denn oftmals wird die Dopingbehandlung durch Ärzte oder medizinisch geschulte Betreuer vorgenommen werden.78 Täter des Selbstdopingdelikts ist auch in der Tatbestandsalternative des „Anwenden-Lassens“ allein der Sportler, der die Vornahme der Maßnahme durch einen anderen an sich geschehen lässt.79 Nicht erforderlich ist, dass der Athlet im Anschluss an einem Wettbewerb teilnimmt und durch Doping darin womöglich gar bessergestellt wird. Es handelt sich bei § 3 Abs. 1 AntiDopG also um einen Vorfeldtatbestand.80 2. Keine medizinische Indikation Die Strafbarkeit entfällt, wenn die Anwendung verbotener Maßnahmen medizinisch indiziert ist. Auch das Sportrecht sieht nach Art. 4.4. des WADA- bzw. NADA-Codes eine Ausnahme vom Dopingverbot vor, wenn eine medizinische Ausnahmegenehmigung vorliegt. Das ist sachgerecht, da Dopingmittel oftmals Arzneimittel sind81 und auch in der Verbotsliste aufgeführte Methoden therapeutischen Zwecken dienen können.82 Die Anwendung von zu Dopingzwecken geeigneten Mitteln oder Methoden ist medizinisch indiziert, wenn sie nach den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards der Medizin zur Heilbehandlung angezeigt ist.83 Beim Deliktsmerkmal der medizinischen Indikation handelt es sich um einen Tatbestandsausschluss.84 Was strafrechtliches Unrecht ist wird in typisierender Weise vom Tatbestand der Norm festgelegt.85 Durch den Tatbestand des Selbstdopings typisiertes strafrechtliches Unrecht ergibt sich indes nicht bereits aus der bloßen Einnahme einer Substanz, die in ihrer originären Zweckbestimmung oftmals der Besserung des Gesundheitszustands dient. Solche Verhaltensweisen sind – auch nach der ausdrücklich erklärten Auffassung des Gesetzgebers – sozialadäquat.86 77 Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (165); ähnlich Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem AntiDoping-Gesetz, S. 160. 78 Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 160. 79 Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 11. 80 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 33. 81 BT-Drs. 18/4898, S. 27. 82 Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 18. 83 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 9; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/ Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 12; ähnlich Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 164. 84 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 140; Haug/Martin, Causa Sport 2014, 345 (347). 85 Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 245; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 9. 86 BT-Drs. 18/4898, S. 27.

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Bereits das typische Unrecht des Selbstdopings setzt deshalb voraus, dass die Anwendung einer Substanz oder Methode andere als medizinische Zwecke verfolgt. Auf strafprozessualer Ebene kann diese Feststellung Schwierigkeiten bereiten. Ob eine medizinische Indikation vorlag, hat der Tatrichter im Einzelfall unter Heranziehung eines Sachverständigengutachtens zu entscheiden.87 Sportrechtliche (und damit in die Anlage I des Übereinkommens gegen Doping übernommene) Vermutungsregeln, die bei Überschreitung bestimmter Grenzwerte vom Athleten den Nachweis therapeutischer Zwecksetzung eines eingesetzten Behandlungsstoffs verlangen,88 entfalten vor dem Strafgericht keine verbindliche Wirkung.89 Im Zweifel ist eine medizinische Indikation anzunehmen und eine Tatbestandsverwirklichung ausgeschlossen.90 Es ist indes zu erwarten, dass dem (Nicht-)Vorliegen einer medizinischen Ausnahmegenehmigung in der Rechtsanwendung maßgebliche Bedeutung zugemessen werden wird.91 Das ist nicht unproblematisch. Zum einen wird in der Praxis von einem nicht zu vernachlässigenden Missbrauchsrisiko von medizinischen Ausnahmegenehmigungen zu Dopingzwecken ausgegangen,92 das so in das Strafrecht übertragen würde. Zum anderen stellt die medizinische Ausnahmegenehmigung in der Theorie sogar strengere Anforderungen an die medizinische Notwendigkeit der Behandlung als eine Indikation i.S.d. § 3 AntiDopG. Erforderlich ist nämlich, dass der Athlet eine „erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung erfahren [würde], wenn ihm die [v]erbotene Substanz oder die [v]erbotene Methode bei der Behandlung einer akuten oder chronischen Krankheit vorenthalten würde“.93 Dass die Voraussetzungen einer medizinischen Ausnahmegenehmigung nicht vorlagen, bedeutet also nicht, dass nicht dennoch ein therapeutischer Heilungserfolg bezweckt worden sein könnte. Faktische Indizwirkung dürfte außerdem das (Nicht-)Vorliegen eines ärztlichen Attests entfalten. Das ist nicht weniger problematisch, da davon ausgegangen wird, dass kollusives Zusammenwirken von Ärzten und Sportlern im 87

Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 10; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 2 Rn. 7 für das Fremddoping. 88 So etwa einzelne Beta-2-Agonisten der Substanzgruppe 3. 89 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 10. 90 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 9, 11; in diese Richtung auch Haug/ Martin, Causa Sport 2014, 345 (347). 91 Volkmer, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 85; Wußler, in: Erbs/ Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 6; offen gelassen von Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 165. 92 Zahlen zur weltweiten Erteilung von Ausnahmegenehmigungen finden sich bei Scheler, Doping-Magazin 2017, 138 (140). 2014 waren es 897, 2015 dann 1330. Die Zeiten der Medikation liegen nach Meutgens, Doping-Magazin 2016, 12 regelmäßig vor Wettkämpfen. Als „Legalisierungsstrategie“ bezeichnet er Ausnahmeatteste daher im Doping-Magazin 2018, 50; a.A. Haug/Martin, Causa Sport 2014, 345 (347), die in der medizinischen Ausnahmegenehmigung gerade einen Anknüpfungspunkt für eine praktikable Handhabung des Tatbestandsmerkmals der medizinischen Indikation erblicken. 93 Art. 1.1 (a) des Standards für medizinische Ausnahmegenehmigungen der NADA.

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Hochleistungssport keine Ausnahme darstellt.94 Wenn aber in einem solchen Fall ein Sportler ein ärztliches Attest vorweisen kann, dürfte es kaum gelingen, alle „vernünftigen Zweifel“ an der Unschuld des Athleten auszuräumen.95 II. Der subjektive Tatbestand Formal erst die Sanktionsnorm des § 4 Abs. 1 Nr. 4 AntiDopG i.V.m. § 15 StGB verlangt, dass ein Verstoß gegen das Anwendungsverbot vorsätzlich geschehen muss. Bereits die Verbotsnorm selbst fordert indes, dass der dopende Sportler die Dopingmaßnahme anwendet oder anwenden lässt, um sich dadurch in einem Wettbewerb des organisierten Sports einen Vorteil zu verschaffen. 1. Vorsatz a) Allgemeines Dass fahrlässige Dopingverstöße nicht erfasst sind, ergibt sich neben § 15 StGB auch aus einem Umkehrschluss aus § 4 Abs. 6 AntiDopG, der die Strafbarkeit fahrlässigen Handelns gerade nur in Bezug auf die Fremddopingverbote des § 2 AntiDopG normiert. Der subjektive Tatbestand setzt deshalb voraus, dass der Sportler in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping enthaltene Dopingmittel oder -methoden ohne medizinische Indikation vorsätzlich anwendet.96 Ist festgestellt worden, dass objektiv keine medizinische Indikation vorlag, dürfte der Nachweis der Kenntnis des Athleten über die fehlende medizinische Notwendigkeit der Behandlung regelmäßig erbracht werden können. Problematischer ist das Vorsatzerfordernis in Bezug auf die Anwendung verbotener Dopingmittel und -methoden. b) Irrtum über die Verbotenheit angewendeter Mittel als Verbotsirrtum i.S.d. § 17 StGB Im Einzelfall kann die Tatbestandsverwirklichung davon abhängen, welche Folgen Fehlvorstellungen darüber nach sich ziehen, dass eine angewendete Maßnahme Dopingmittel- oder methode i.S.d. § 3 Abs. 1 AntiDopG ist. Nicht unproblematisch ist in solchen Fällen der Bezugsgegenstand des Vorsatzes. 94 Zur strukturellen Mitverantwortung des sportlichen Umfelds für die Dopingproblematik S. 263 ff. 95 Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 165 meint deshalb, dass sich das Selbstdopingverbot in „(zahlreichen) streitigen Fällen […] als ,zahnloser Tiger‘ herausstellen“ werde. 96 BT-Drs. 18/4898, S. 27.

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Strafrechtsdogmatisch resultiert das Problem daraus, dass es keinen etablierten deskriptiven Begriff des Dopingmittels oder der Dopingmethode gibt. Auch § 3 Abs. 1 AntiDopG schafft einen solchen nicht, sondern verbietet die Anwendung eines Mittels, das ein „in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält“. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG legt deshalb nahe, dass der Athlet wissen müsse, dass die angewendete Substanz oder Methode in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping aufgeführt ist.97 Denkbar wäre indes auch, auf den Inhalt der Anlage abzustellen. Dann käme es darauf an, dass der Sportler weiß, welche Substanz er einnimmt.98 Letztlich untersagt die Vorschrift im Wesentlichen die Verwendung sportrechtlich verbotener Substanzen und Methoden. Insoweit erscheint die Verbotenheit des Mittels als weiterer denkbarer Bezugspunkt des Tatbestandsvorsatzes, wodurch die Tatmittel einen normativen Anstrich erhalten. Das wirft die Frage auf, ob es sich bei den Begriffen des „Dopingmittels“ und der „Dopingmethode“ wegen der weitgehenden Akzessorietät zum sportrechtlichen Dopingverbot um rechtsnormative99 oder wegen des formalen Verweises auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping um Blankettmerkmale handelt. Bedeutung hat das an dieser Stelle, da die überwiegende Auffassung den rechtlichen Wertungen des Täters für das Vorliegen des Tatbestandsvorsatzes bei normativen Tatbestandsmerkmalen eine höhere Bedeutung zumisst als bei Blankettmerkmalen.100 Ein klassischer Blanketttatbestand liegt vor, wenn ein gesetzliches Merkmal „aus sich heraus“ keinen Aufschluss über das Unrecht einer Tat gibt und die Vorschrift erst durch eine blankettausfüllende Norm „verstehbar“ wird.101 Das ist insbesondere der Fall, wenn ein Gesetz als Tatbestandsmerkmal einen Verstoß gegen eine genau bezeichnete andere Vorschrift enthält. Ein sinnvoller Gesamttatbestand ergibt sich dann erst aus einer Zusammenschau von Blankettgesetz und Verweisungsobjekt. In einem solchen Fall ist der Inhalt der Bezugsnorm deshalb unmittelbar in den Tatbestand „hineinzulesen“ und wird dadurch Bestandteil des Strafgesetzes.102 Für das Dopingverbot des § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG wäre dann also der Inhalt der Anlage I in das staatliche Dopingverbot zu inkorporieren. Die Zusammenschau von Verweisungs- und Ausfüllungsobjekt bedeutete, dass es beispielsweise „verboten

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Unklar Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 95, 232 f. Pfister, in: ders., Das Anti-Doping-Gesetz, S. 45 (56). 99 So Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 11 f. 100 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 363, 365; Walter, TiedemannFS, S. 969 (984); a.A. Kudlich/Og˘ lakciog˘ lu, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 58, 66 f.; Bülte, JuS 2015, 769 (776 f.); s. ferner S. 178 ff. 101 Bülte, JuS 2015, 769 (770, 772). 102 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 209; Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (971); Bülte, JuS 2015, 769 (773). 98

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[ist], EPO103 ohne medizinische Indikation […] anzuwenden oder anwenden zu lassen“. Für den Vorsatz zöge das nach sich, dass der Sportler zumindest in Kauf nehmen müsste, dass es sich bei der angewendeten Substanz um EPO handelt. Wüsste er das, aber nicht, dass EPO gelistet und damit verboten ist, schadete das nicht. Es läge dann ein nach § 17 StGB zu behandelnder Verbotsirrtum vor,104 weil nur die Substanz und nicht auch das Verbot ihrer Anwendung zum Tatbestandsmerkmal wird. Nicht jedes Tatbestandsmerkmal, das der Auslegung unter Zuhilfenahme von außerstrafrechtlichen Vorschriften bedarf, ist aber zwingend Blankettmerkmal.105 So beschreiben Tatbestände mit rechtsnormativen Merkmalen das mit Strafe bedrohte Verhalten „vollständig und ohne Bezugnahme auf andere Bestimmungen“.106 Sie nehmen nämlich nach überwiegender Auffassung lediglich Bezug auf eine bestimmte außerstrafrechtliche Rechtsfolge, nicht aber auch auf die zugrundeliegende Norm. Ein solches normatives Merkmal soll vorliegen, wenn es in der „sozialen Wirklichkeit“ ein „eigenständiges Dasein führt.107 Solche Tatbestandsmerkmale setzen voraus, dass sie aus sich heraus nicht „[v]öllig ,leer‘, also ohne eigenständigen Inhalt“ sind, sondern „ihre grundsätzlichen Umrisse auch ohne eine genaue Kenntnis der außerstrafrechtlichen Bewertung“ erkennen lassen.108 Das gilt zum Beispiel für die „Fremdheit“ einer Sache bei §§ 242, 303 StGB. Der Bürger weiß im Regelfall auch ohne Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch, ob eine Sache ihm oder einem anderen gehört. Das strafrechtliche Verbot ergibt sich bei einem solchen Verständnis nur aus dem strafgesetzlichen Merkmal selbst, sodass zur Konkretisierung dienende Vorschriften nicht Bestandteil des Strafgesetzes werden.109 Für den Vorsatz zieht das nach sich, dass der Täter nur die im Gesetz in Bezug genommene Rechtsfolge in sein Vorstellungsbild aufnehmen muss, nicht aber auch deren tatsächliche oder rechtliche Grundlagen.110 Die Rechtsfolge der Listung einer Substanz in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens liegt darin, dass ihr Einsatz – wenn nicht im Einzelfall einschlägige Grenzwerte unterschritten oder erlaubte Anwendungsformen gewählt werden – sportrechtlich verboten ist. Für den Dopingmittelbegriff hätte eine Einstufung als normatives Tatbestandsmerkmal deshalb zur Folge, dass § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG es verbiete, eine verbotene Substanz anzuwenden. Dem Täter müsste auf Vorsatzebene 103

Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping, Verbotsgruppe S2, 1. So Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 59. 105 Walter, Tiedemann-FS, S. 969 f. 106 BVerfG NJW 1988, 2593 (2594); so auch Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 295. 107 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 182 in Anlehnung an BGHSt 9, 358 (360 f.). 108 Bülte, JuS 2015, 769. 109 Bülte, JuS 2015, 769 (773). 110 Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, § 15 Rn. 103. 104

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deshalb im Ergebnis bewusst sein, dass er „etwas“ anwendet, das er nicht anwenden darf.111 Auf die Kenntnis des konkreten Stoffgehalts und seiner Erfassung durch die Anlage I käme es indes nicht an. Für eine Einstufung des Dopingmittelbegriffs als normatives Merkmal spricht, dass er in der Lebenswirklichkeit jedenfalls in Umrissen schon für sich allein einen bestimmten Bedeutungsgehalt aufweist. Der Begriff des „Dopings“ meint im allgemeinen Sprachgebrauch die „Anwendung verbotener Substanzen (oder Methoden) zur (vorübergehenden) Steigerung der sportlichen Leistung“.112 Der materielle Gehalt des Dopingunrechts soll – mag auch eine Spezifizierung dieses Kriteriums Schwierigkeiten bereiten – in der „unphysiologischen“ Steigerung der natürlichen Leistungsfähigkeit eines Sportlers liegen.113 Der Durchschnittsbürger hat also durchaus eine grundsätzliche Vorstellung vom Dopingmittelbegriff. Es lässt sich also nicht behaupten, dass § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG das Unrecht des Selbstdopingdelikts nicht zumindest in groben Zügen selbst skizziere. Dass das Gesetz mit der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping konkret auf eine andere Rechtsvorschrift verweist, spricht hingegen deutlich für eine Einstufung als Blankettmerkmal.114 Dass ein solches aus sich heraus überhaupt keinen Sinn ergeben dürfte, ist außerdem nicht zwingend. Als „verkappte“ Blankettmerkmale gelten solche Ausdrücke, die „zwar einen alltagssprachlichen Sinn haben, aber nicht in diesem Sinn gemeint, sondern gesetzlich dadurch definiert sind, dass auf eine Aufzählung der unter diesen Begriff fallenden Gegenstände verwiesen wird“.115 Für ein (zumindest verkapptes) Blankettmerkmal spricht, dass der Bedeutungsgehalt des Begriffs des Dopingmittels im Mikrokosmos des organisierten Spitzensports vom alltagssprachlichen Gebrauch abweicht.116 Dass eine Substanz leistungsfördernde Wirkung entfalten kann, ist keine hinreichende Bedingung des sportrechtlichen Dopingmittelbegriffs. Die Grenze der „Natürlichkeit“ der Verbesserungsmaßnahme ist außerdem so fließend, dass sie nach Auffassung des Sports jedenfalls für ein rechtliches Dopingverständnis kein taugliches Abgrenzungskriterium darstellt. Diese Nuancen in der Abgrenzung der erlaubten von der verbotenen Leistungssteigerung haben den Sport gerade dazu bewegt, das Do-

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Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 11 f.; s. dort aber auch Rn. 95. https://www.duden.de/rechtschreibung/Doping. 113 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 2; Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 7; ähnlich Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 3; Überblick zur Geschichte des Dopingbegriffs bei Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 36 ff.; Deutsch, VersR 2008, 145. 114 Im Allgemeinen wird dieser Schluss als zwingend angesehen von Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 182; in diese Richtung auch Kudlich/Og˘ lakciog˘ lu, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 54. 115 Puppe, in: NK-StGB, § 16 Rn. 19, 24. 116 Gegen einen ausreichenden Eigengehalt des Worts „Dopingmittel“ auch Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 52. 112

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pingverbot über ein Listenprinzip zu bestimmen. Dieses Prinzip „konkretisiert“ deshalb nicht lediglich, sondern konstituiert, was Doping ist. „Dopingmittel und -methoden“ i.S.d. Vorschrift sind deshalb Blankettmerkmale, die ihren Bedeutungsgehalt für das strafrechtliche Dopingverbot erst durch „Hineinlesen“ der Anlage I in die Verbotsnorm des § 3 AntiDopG erhalten.117 Das hat zur Folge, dass dem potentiellen Täter Wissenslücken über die Verbotenheit eines angewendeten Mittels auf Tatbestandsebene nicht zugutekommen. Denn anders als bei rechtsnormativen Merkmalen trifft den Normadressaten bei Blankettmerkmalen keine Wertungs-, sondern eine Subsumtionsaufgabe.118 Rechtspolitisch ist das nicht unproblematisch, da gerade die Anwendung des Listenprinzips zeigt, dass sich das objektiv-tatbestandliche Unrecht des Dopings insbesondere aus einem (bloßen) Verstoß gegen die Norm ergibt.119 Das Rechtsgefühl mag deshalb auf den ersten Blick dazu verleiten, auf Vorsatzebene Kenntnis vom Normverstoß zu verlangen. Allerdings setzt der objektive Tatbestand darüber hinaus auch das Fehlen einer medizinischen Indikation voraus. Auf subjektiver Ebene muss schließlich hinzukommen, dass das Mittel zur Verschaffung eines sportlichen Vorteils angewendet wird. Schon in der Verknüpfung der medizinisch nicht indizierten Maßnahme mit dem Zweck der Vorteilsverschaffung dürfte ein ausreichender materieller Unrechtskern liegen, der es rechtfertigt, Irrtümer über die rechtliche Verbotenheit nicht bereits auf der Tatbestands-, sondern erst der Schuldebene zu berücksichtigen. Die praktische Bedeutung der Frage, ob Irrtümer über die Verbotenheit eines Mittels oder einer Methode nach § 16 StGB oder § 17 StGB zu behandeln sind, dürfte im Übrigen überschaubar bleiben. Die Anzahl an Fallgestaltungen, in denen ein Athlet – ohne dass dies medizinisch indiziert wäre – ein Mittel anwendet, um sich einen sportlichen Vorteil zu verschaffen und dabei ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, dass es sich dabei nicht um ein verbotenes Dopingmittel handelt, dürfte gering sein.120 Regelmäßig dürfte der Vorsatz deshalb unabhängig davon zu bejahen sein, ob dafür Verbotskenntnis erforderlich ist. In der deutlichen Mehrzahl der Fälle wird mit einer Fehlvorstellung über die Verbotenheit einer Maßnahme zugleich auch 117 So i.E. auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 7; für §§ 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. 6a Abs. 1, 2 S. 1 AMG a.F. BGH NJW 2014, 325 f.; im Allgemeinen für die etwaige Einbeziehung von Verbotslisten in staatliche Dopingverbote Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 71. 118 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 209. 119 Zur These des Unrechts als bloßem Verstoß gegen gesetzliche Normen als Anknüpfungspunkt für eine etwaige Vorsatzrelevanz des Rechtsverstoßes s. die (ablehnende) Darstellung bei Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 157. 120 Eine „Dopingfalle“ sehen Krivec, Doping-Magazin 2017, 210 und Musiol, DopingMagazin 2016, 30 in der Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln, die verbotene Substanzen enthalten können.

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einhergehen, dass ihre Anwendung schon ohne Vorteilsverschaffungsabsicht geschieht.121 Das Fehlen dieser Absicht begründet indes unstreitig Straflosigkeit mangels Tatbestandsverwirklichung. 2. Absicht der Verschaffung eines Vorteils in einem Wettbewerb des organisierten Sports a) Allgemeines Der Sportler muss mit der Anwendung der Dopingmaßnahme beabsichtigen, einen Vorteil in einem Wettbewerb des organisierten Sports zu erlangen. Bei § 3 Abs. 1 AntiDopG handelt es sich um ein Delikt mit überschießender Innentendenz, da der objektive Tatbestand bereits mit Vornahme der Dopingmaßnahme vollendet ist und weder eine tatsächliche Teilnahme an einem Wettbewerb des organisierten Sports noch eine Besserstellung in ihm voraussetzt.122 Mit der erforderlichen Absicht ist nach hier vertretenem Verständnis gemeint, dass der Sportler in Hinblick auf seine Besserstellung mit direktem Vorsatz 1. Grades handelt.123 In Übereinstimmung mit der sportrechtlichen Begriffsbestimmung i.S.d. NADACodes ist nach der Gesetzesbegründung ein „Wettkampf“ bereits ein einzelnes Rennen oder ein einzelnes Spiel, auch wenn mehrere Einzelereignisse zu einer Gesamtwertung zusammengeführt werden.124 Ein Vorteil i.S.d. Norm ist die „mittels Doping erfolgende unlautere Besserstellung […] des Sportlers im sportlichen Wettbewerb, insbesondere durch bessere sportliche Ergebnisse aufgrund erhöhter Leistungsfähigkeit“.125 Der Athlet muss eine gerade durch das Doping bewirkte, also unlautere Leistungsverbesserung erstreben.126 Etwaige Einwände dergestalt, dass er sich keinen Vorteil verschaffen, sondern lediglich Chancengleichheit gegenüber 121

Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 233. Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 20; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 162; Heger, in: Pfister, Das Anti-Doping-Gesetz, S. 25 (36); Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3 f.; im Ergebnis auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 15; a.A. für § 3 AntiDopG-E wohl Mortsiefer, SpuRt 2015, 2. 123 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 37; Volkmer, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 88; Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 21; Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6; Wild, Rechtsprobleme des Dopings im deutschen Lizenzfußball, S. 266; unklar Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 7, der den Grad des erforderlichen direkten Vorsatzes nicht näher konkretisiert; skeptisch Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 16 im Kontext der Besitzstrafbarkeit nach § 3 Abs. 3 AntiDopG-E; a.A. Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 16. 124 BT-Drs. 18/4898, S. 28; NADA-Code 2015, Anhang 1, Begriffsbestimmungen, S. 124; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 24. 125 BT-Drs. 18/4898, S. 27; so auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 13; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 12; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (12). 126 BT-Drs. 18/4898, S. 27; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 7. 122

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seinen vermeintlich ebenfalls gedopten Konkurrenten herstellen wollte,127 greifen nicht durch. Einen „Vorteil“ beabsichtigt der Sportler bereits, wenn er bezweckt, eine bessere Leistung erbringen zu können als es ihm ohne Anwendung von Dopingsubstanzen möglich gewesen wäre.128 Bei Verschleierungsmaßnahmen129 will sich der Athlet dadurch einen Vorteil verschaffen, dass er die Aufdeckung seines Regelverstoßes und die damit verbundene sportrechtliche Sanktionierung verhindert. b) Die Wettbewerbe i.S.d. Abs. 3 Die Selbstdopingverbote gelten nur, wenn die erstrebten Vorteile in einem Wettbewerb des organisierten Sports erlangt werden sollen. Der Gesetzgeber will damit rein privates Sporttreiben ausklammern, das ohne die zumindest mittelbare Einbindung von Sportorganisationen durchgeführt wird. Welche Wettbewerbe solche des organisierten Sports sind, wird in § 3 Abs. 3 AntiDopG definiert.130 Danach beschränkt sich der Anwendungsbereich der Selbstdopingverbote auf beabsichtigte Manipulationen einer jeden Sportveranstaltung, die „1. von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation oder in deren Auftrag oder mit deren Anerkennung organisiert wird und 2.

bei der Regeln einzuhalten sind, die von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation mit verpflichtender Wirkung für ihre Mitgliedsorganisationen verabschiedet wurden.“

Damit ein Sportwettkampf dem Selbstdopingverbot unterfällt, müssen die Voraussetzungen der Nrn. 1 und 2 dem Wortlaut der Vorschrift zufolge kumulativ vorliegen.131 aa) Voraussetzungen der Nr. 1 (1) Indizien für eine Beschränkung auf Verbandssport unter dem Dach von DOSB und IOC Ein Wettbewerb des organisierten Sports i.S.d. Vorschrift setzt nach Nr. 1 zunächst voraus, dass an seiner Organisation eine Sportorganisation beteiligt ist. Schon das verursacht erste Auslegungsprobleme, da sich ein anerkanntes Verständnis des Begriffs „Sport“ bislang nicht herausgebildet hat. Der Duden bezeichnet damit „nach 127

Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (165). Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (165); ihnen zustimmend Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 163. 129 S. 57 f., 61 f. 130 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 38; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 27; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 8; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 173; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 9; Peukert, npoR 2015, 95 (100). 131 BT-Drs. 18/4898, S. 28; Heger, medstra 2017, 205 (213). 128

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

bestimmten Regeln (im Wettkampf) aus Freude an Bewegung und Spiel, zur körperlichen Ertüchtigung ausgeübte körperliche Betätigungen“.132 So eindeutig über eine solche Bestimmung „Kernsportarten“ wie Fußball oder Tennis erfasst werden mögen, so offen ist der Begriff in seinen Randbereichen, etwa bei Bodybuilding, Schach oder E-Sport. Bei Letzterem handelt es sich um wettkampfmäßiges Absolvieren von Computer- oder Videospielen.133 Ob es sich bei solchen Aktivitäten um Sport handelt, ist nicht nur für den Verbotstatbestand des § 3 AntiDopG, sondern über § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG auch die strafrechtliche Sanktionierung bedeutsam, da sich z. B. im Bodybuilding oder E-Sport nennenswerte Einnahmen erzielen lassen. Dass der Begriff des „Wettbewerbs des organisierten Sports“ durch eine Legaldefinition konkretisiert wird, bedeutet nicht, dass er nicht bereits seinerseits einen gewissen Kerngehalt vermitteln könnte, der bei der Ausfüllung der ihn konkretisierenden Legaldefinition zu berücksichtigen wäre.134 Der organisierte Sport wird in der Literatur ganz überwiegend mit dem pyramidal strukturierten Verbandssport gleichgesetzt, der international unter dem Dach des IOC und in Deutschland dem des DOSB ausgeübt wird.135 Dass nach der Entwurfsbegründung privates Sporttreiben aus dem Anwendungsbereich der Selbstdopingverbote herausgenommen werden soll, stützt diesen Gedanken. Deutsche Sportorganisation ist danach, wer Mitglied im DOSB ist. Für eine Übernahme dieses Begriffsverständnisses spricht, dass es das aus Art. 9 GG herzuleitende Recht eines jeden Vereins wahrt, sich eigene Regeln zu setzen.136 Erst die Mitgliedschaft im DOSB erfordert, dass ein Sportverband dem WADA-Code genügende Anti-Doping-Regelungen schafft.137 Insoweit stehen die weitestgehend mit einem Verstoß gegen das sportrechtliche Dopingverbot identische tatbestandliche Handlung und die Veranstaltung, in der sich dieser Verstoß auswirken soll, in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang. Bei einer solchen Argumentation lässt sich gegen eine etwaige Gleichsetzung von „organisiertem“ und Verbandssport nicht 132

https://www.duden.de/rechtschreibung/Sport. Brtka, GRUR-Prax 2017, 500; dazu im Kontext der §§ 265c, d StGB Schörner, HRRS 2017, 407 ff. 134 Methodisch geht auch Stam, NZWiSt 2018, 41 (46) zur Bestimmung der erheblichen Einnahme bei § 265d Abs. 5 Nr. 3 StGB diesen Weg; a.A. dazu wohl Krack, wistra 2017, 289 (296). 135 Adolphsen/Hoefer/Nolte, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 101 ff.; Englisch/Bagger von Grafenstein, in: Stopper/Lentze, Handbuch FußballRecht, S. 590 f.; Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 137 ff.; Blasius, Doping im Sport, S. 68; Fechner/Arnhold/Brodführer, Sportrecht, S. 32 ff.; Momsen-Pflanz, Die sportethische und strafrechtliche Bedeutung des Dopings, S. 27 f.; Görtz, Anti-Doping-Maßnahmen im Hochleistungssport aus rechtlicher Sicht, S. 37 ff., 43 ff.; Räker, Grundrechtliche Beziehungen juristischer Personen im Berufssport, S. 19; Vieweg, in: Steiner/ Walker, Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, S. 11 (13); nicht hergestellt wird dieser Zusammenhang im Kontext des § 265c StGB von Fischer, § 265c Rn. 5. 136 S. 208 ff. 137 Art. 20.4.2 des WADA-Codes. 133

Kap. 2: Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

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einwenden, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung des „Wettbewerbs des organisierten Sports“ im Rahmen der Schaffung des Tatbestands des Sportwettbetrugs (§ 265c Abs. 5 StGB) zögerte, den Begriff des Sports abschließend über eine DOSBMitgliedschaft zu bestimmen.138 Denn „Verlauf oder Ergebnis eines Wettkampfs“ lassen sich auf mannigfaltige Art und Weise „beeinflussen“, ohne dass damit ein Verstoß gegen Regeln verbunden sein müsste, deren absolute Geltung – wie es bei den Dopingregeln der Fall ist – von der Mitgliedschaft im DOSB abhängig wäre. Insoweit ergibt sich aus einem Vergleich der Tathandlungen, dass § 265c StGB ein weiteres Verständnis des Begriffs des „organisierten Sports“ ermöglicht als § 3 AntiDopG.139 Abschließend wird die These von der Beschränkung des staatlichen Dopingverbots auf den Verbandssport indes erst unter Berücksichtigung des von der Vorschrift geschützten Rechtsguts bewertet werden können.140 (2) Organisation und Beauftragung Die Veranstaltung, die durch Doping manipuliert werden soll, muss von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation selbst oder in deren Auftrag oder mit deren Anerkennung organisiert werden. Organisiert wird sie durch die Institution, die den Wettbewerb ausschreibt, durchführt und dessen Teilnehmer auswählt.141 Eine Beauftragung durch eine Sportorganisation i.S.d. Nr. 1 liegt vor, wenn sie einen Dritten zur Durchführung der Veranstaltung rechtswirksam verpflichtet.142 (3) Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verbotsnorm durch Anerkennung Der Begriff des organisierten Sportwettbewerbs beinhaltet keine Einschränkungen in Hinblick auf ein etwaig erforderliches sportliches Leistungsniveau.143 Erfasst ist „jede Sportveranstaltung“, falls sie von einer (inter-)nationalen Sportorganisation anerkannt wird. Der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG sollen nach dem Willen des Gesetzgebers über dieses Anerkennungsverhältnis auch Veranstaltungen regionaler oder sogar nicht in das System des organisierten Sports eingebetteter privater Veranstalter unterliegen, falls der jeweilige Wettbewerb von den zuständigen (inter-) nationalen Sportorganisationen anerkannt wird.144 Bereits nach Nr. 1 ausgeschlossen ist ein Sportwettbewerb nur, wenn diese nicht einmal mittelbar an der Veranstaltung

138

BT-Drs. 18/8831, S. 19. Wünschenswert ist ein unterschiedliches Begriffsverständnis des „Wettbewerb des organisierten Sports“ indes nicht, s. dazu S. 79. 140 S. 163 f. 141 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 11. 142 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 11. 143 So im Allgemeinen auch Schenk, Expertengespräch zur Dopinggesetzgebung am 26. September 2013 im Bundesministerium des Innern, Druckfassung, S. 44. 144 BT-Drs. 18/4898, S. 28; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 29; Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 43; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 9; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (10). 139

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

beteiligt sind.145 Der Gesetzgeber will damit etwa das Jogging im Park oder den Schulsport, Freizeitturniere oder vom organisierten Sport nicht anerkannte Firmenläufe ausschließen.146 (4) Systematische Unstimmigkeiten zwischen AntiDopG und §§ 265c, d StGB Besondere Bedeutung für die Bestimmung der erfassten Wettbewerbe kommt deshalb den Begrifflichkeiten der (inter-)nationalen Sportorganisation und der von ihr vorzunehmenden Anerkennung der Veranstaltung eines Dritten zu. (Inter-)Nationale Sportorganisationen sind jedenfalls das IOC, die jeweiligen nationalen, sportartübergreifenden Dachverbände und die internationalen, kontinentalen und nationalen Fachverbände der jeweiligen Disziplinen. Sportorganisationen i.S.d. Norm sind beispielsweise der DOSB, die FIFA, die UEFA und der DFB.147 Tatbestandlich erfasste Wettbewerbe sind damit insbesondere solche des Spitzensports wie etwa die „Olympische[n] und Paralympische[n] Spiele oder Jugendspiele, Weltspiele (World-Games), nationale oder internationale Meisterschaften, Spiele oder Wettkampfbetriebe einer nationalen oder internationalen Liga, nationale oder internationale Pokalwettbewerbe oder internationale Freundschaftsspiele“.148 Methodisch nicht widerspruchsfrei bestimmen lässt sich, ob mit nationalen Organisationen nur solche gemeint sind, die bundesweit tätig sind oder sämtliche Vereinigungen erfasst sind, deren Wirkungsbereiche im Bundesinneren liegen, beispielsweise also auch Regional-, Landes- oder Kreisverbände. Gerade am Betrieb der von den Regional- bzw. Landesverbänden organisierten Regional-, Verbandsund Landesligen im Fußball erhitzt sich die strafrechtliche Diskussion um die Einnahmeklausel nach § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG.149 Die Einbeziehung solcher Veranstaltungen hängt bei einem auf die Bundesebene beschränkten Verständnis einer „nationalen“ Sportorganisation bereits auf Ebene der Verbotsnorm davon ab, ob sie i.S.d. Vorschrift von einem Bundesverband „anerkannt“ werden. Der allgemeine Sprachgebrauch dürfte auf ein auf Bundesverbände beschränktes Verständnis der nationalen Organisation hindeuten.150 Gestützt wird das durch den Umstand, dass die Vorschrift auch von einem nationalen Verband „anerkannte“ Veranstaltungen erfasst und es in der Entwurfsbegründung heißt, dass deshalb auch 145

BT-Drs. 18/4898, S. 28, Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 30. BT-Drs. 18/4898, S. 28; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 30; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 9; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (10); Peukert, npoR 2015, 95 (100). 147 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 10. 148 BT-Drs. 18/4898, S. 28; so auch Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 25; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 29; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (10). 149 S. 99 ff. 150 Ähnlich im Rahmen der §§ 265c, d StGB Dittrich, ZWH 2017, 189 (194). 146

Kap. 2: Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

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„regionale Ligen [erfasst seien], wenn und soweit diese von den jeweils zuständigen (nationalen oder internationalen) Sportorganisationen im Vorfeld anerkannt worden sind.“151 Diese Überlegungen sprechen deutlich dafür, dass Wettbewerbe von Regional-, Landes-, Bezirks- oder Kreisverbänden lediglich auf abgeleitetem Weg über eine „Anerkennung“ zu tauglichen Sportveranstaltungen i.S.d. Norm werden. Dass ein solches Verständnis indes weder eindeutig noch folgenlos ist, ergibt sich aus der systematischen Auslegung der Vorschrift. Dazu ist ein Blick auf die Gesamtrechtsordnung durch Vergleich des § 3 Abs. 3 AntiDopG mit den §§ 265c, d StGB erforderlich. Während im Verbot des Sportwettbetrugs aus § 265c StGB ebenfalls von nationalen Sportorganisationen die Rede ist, verwendet der Straftatbestand der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben in § 265d StGB zur Bestimmung der erfassten Wettbewerbe den Begriff des „Sportbundesverbands“. Diese differenzierende Begriffsverwendung im Gesetzestext spricht dafür, dass jedenfalls der Gesetzgeber der §§ 265c, d StGB unter Sportbundesverbänden einerseits und nationalen Sportorganisationen andererseits verschiedene Organisationsebenen begreift. Das wird durch die Entwurfsbegründung bestätigt, welche überdies zeigt, was unter „Anerkennung“ i.S.d. § 265d StGB zu verstehen sein soll: „Im Gegensatz zu § 265c StGB-E ist der Tatbestand auf Wettbewerbe mit berufssportlichem Charakter beschränkt. Sportwettbewerbe, die von nationalen regionalen Sportorganisationen (z. B. einem Landes- oder Kreisverband) veranstaltet oder in deren Auftrag oder mit deren Anerkennung organisiert werden, fallen daher nicht unter den Tatbestand. Erforderlich ist zumindest die Anerkennung durch einen Bundesverband oder eine internationale Sportorganisation. Da die Spiele etwa der Kreis- oder Landesliga im Fußball von dem entsprechenden Kreis- oder Landesfußballverband ohne Einbindung des Deutschen Fußballbundes veranstaltet werden, fallen diese Sportveranstaltungen bereits deshalb aus dem Anwendungsbereich.“152

Diese vergleichenden Überlegungen führen zu folgender Erkenntnis: Es ist nicht möglich, ohne logische Brüche die Begriffe der „nationalen Sportorganisation“ und der „Anerkennung“ im AntiDopG und im StGB gleich auszulegen. Denn wenn mit den Erwägungen der Gesetzesbegründung zu §§ 265c, d StGB als „nationale“ Sportorganisation auch i.S.d. § 3 Abs. 3 AntiDopG eine jede nationale, womöglich auch nur regionale Sportorganisation gemeint wäre, wäre es – anders, als es in der Entwurfsbegründung zum AntiDopG vorausgesetzt wird – nicht erforderlich, dass deren Ligenbetrieb durch eine übergeordnete Instanz anerkannt wird. Denn wenn bereits der Regionalverband ein nationaler Verband i.S.d. AntiDopG wäre, würde der von ihm organisierte Ligabetrieb bereits originär allein durch seine Veranstaltung zum tatbestandlich erfassten Wettbewerb. Das soll er aber nach den Erwägungen des Gesetzgebers des AntiDopG nicht sein. Das spricht dafür, dass ein „nationaler“ Verband i.S.d. § 265c StGB etwas anderes sein muss als i.S.d. § 3 Abs. 3 AntiDopG. 151 152

BT-Drs. 18/4898, S. 28 (Hervorhebung durch den Verfasser). BT-Drs. 18/8831, S. 22 (Hervorhebung durch den Verfasser).

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

Interpretiert man nun – mit dem Willen des Gesetzgebers des AntiDopG und entgegen dem Begriffsverständnis bei §§ 265c, d StGB – den nationalen Verband i.S.d. AntiDopG als Bundesverband, kann man die vom Gesetzgeber des AntiDopG bezweckten Ergebnisse nur noch erreichen, indem man auch beim Begriff der Anerkennung vom Verständnis des Gesetzgebers der §§ 265c, d StGB abweicht. Anderenfalls ergäbe sich ein vom Gesetzgeber des AntiDopG nach hier vertretener Auffassung nicht gewolltes Ergebnis: Mangels Anerkennung durch den DFB wären beabsichtige Dopingmanipulationen im Ligenbetrieb jedenfalls von der 5. Liga abwärts bereits auf Ebene der Verhaltensnorm nicht vom Dopingverbot erfasst.153 Anders als bei § 265d StGB hat der Gesetzgeber des AntiDopG aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass sich das Dopingverbot des § 3 AntiDopG auf ein bestimmtes Leistungsniveau beschränken soll. Durch das Erfordernis der beabsichtigten Manipulation eines Wettbewerbs des organisierten Sports soll nach den Bekundungen der Entwurfsbegründung nur der private Sport aus dem Anwendungsbereich des Selbstdopingverbots ausgenommen werden.154 Der niederklassige Verbandssport wird in diesem Zusammenhang gerade nicht erwähnt. Der Wille des Gesetzgebers lässt sich nur realisieren, indem man entweder mit dem Begriffsverständnis des Gesetzgebers zu §§ 265c und d StGB, aber entgegen der Entwurfsbegründung des AntiDopG den regionalen Verband bereits als nationale Sportorganisation begreift oder – was auch angesichts eines weltweit fehlenden einheitlichen Lizenzierungsverfahrens155 näher liegt – zumindest den Begriff der Anerkennung weiter ausgelegt als in § 265d StGB, sodass neben dem Regional- auch etwa der Landes- oder Kreisliga-Betrieb vom DFB i.S.d. § 3 Abs. 3 Nr. 1 AntiDopG anerkannt wird. Eine formalistische Betrachtungsweise der „Anerkennung“ würde diesen Zielsetzungen hingegen nicht gerecht. Anerkannt i.S.d. § 3 Abs. 3 AntiDopG wird eine Sportveranstaltung durch eine übergeordnete Sportorganisation nach hier vertretener Auffassung deshalb bereits, wenn ihr Ausgang durch Akzeptanz der erzielten Ergebnisse mittelbare Auswirkungen auf das Verbandsgeschehen auf der höheren, zumindest nationalen Ebene haben kann.156 Das ist nicht nur bei der direkten Aufnahme der Sieger von Veranstaltungen eines Organisators unterer Ebene in die kommende Serie eines von einem Bundesverband organisierten Wettbewerbs der Fall.157 Anerkannt wird ein jeder Wettbewerb, der sich durch seine Ergebnisse in Folge des hierarchischen Verbandssystems mittelbar – und sei es nur langfristig durch Serienaufstiege – auf den Sportbetrieb einer nationalen Sportorganisation 153

Zur Erfassung durch die Sanktionsnorm S. 99 ff., 165 ff. BT-Drs. 18/4898, S. 28. 155 Bittmann/Nuzinger/Rübenstahl, in: BeckOK-StGB, § 265d Rn. 29. 156 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 11 fordert „bestimmte Mitsprache- und Mitwirkungsrechte“ der übergeordneten Institution. 157 Dazu bei § 265d StGB Bittmann/Nuzinger/Rübenstahl, in: BeckOK-StGB, § 265d Rn. 29.2. 154

Kap. 2: Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

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auswirken kann.158 Eine Begrenzung nach unten findet daher regelmäßig nicht statt. Auch die sonstige Anerkennung erbrachter Leistungen über Ergebnislisten reicht aus. Bei privaten (Lauf-)Veranstaltungen führt das etwa dazu, dass der DLV einen Marathon anerkennt, in dem er dessen Ergebnisse als Qualifikationsnormen für (inter-)nationale Wettbewerbe gelten lässt.159 Mit der Einführung der Strafvorschriften gegen Selbstdoping, Sportwettbetrug und Spielmanipulation dürfte der Gesetzgeber bezweckt haben, ein Gesamtkonzept eines neuen „Sportstrafrechts“ zu schaffen. Dass die dabei wortlautgleich verwendeten Begrifflichkeiten der „nationalen Sportorganisation“ und der „Anerkennung“ in AntiDopG und StGB unterschiedlich ausgelegt werden müssen, um dem jeweils erklärten Willen des Gesetzgebers gerecht zu werden, ist bedenklich. bb) Voraussetzungen der Nr. 2 Nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 AntiDopG ist zusätzlich erforderlich, dass bei einem solchen Wettkampf i.S.d. § 3 Abs. 3 Nr. 1 AntiDopG „Regeln einzuhalten sind, die von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation mit verpflichtender Wirkung für ihre Mitgliedsorganisationen verabschiedet wurden.“ Das ist der Fall, wenn die Nichteinhaltung der von der übergeordneten Instanz vorgegebenen Regeln sportrechtlich sanktioniert werden kann.160 Allein die Anwendung von Regelwerken der jeweiligen Fachverbände ist für die Einstufung eines Wettbewerbes als eines des organisierten Sports angesichts des Erfordernisses kumulativen Vorliegens der Nrn. 1 und 2 unbeachtlich.161 Wenn Wußler meint, dass „Jedermann zugängliche Massenveranstaltungen“ wie etwa Stadt-Marathon-Läufe (häufig) Sportveranstaltungen i.S.d. Norm seien,162 da bei ihnen die Regeln von (inter-)nationalen Sportorganisationen einzuhalten seien, trifft das deshalb nur zu, wenn diese die jeweiligen Veranstaltungen zumindest anerkannt haben.

B. Die Wettkampfteilnahme in gedoptem Zustand, § 3 Abs. 2 AntiDopG Durch das Verbot der Teilnahme am Wettkampf in gedoptem Zustand nach § 3 Abs. 2 AntiDopG soll einer möglichen Umgehung des Anwendungsverbots des § 3 Abs. 1 AntiDopG durch Vornahme der Tathandlung des Dopens im Ausland und

158

In Hinblick auf § 265d StGB skeptisch Bittmann/Nuzinger/Rübenstahl, in: BeckOKStGB § 265d Rn. 30. 159 Aufgeworfen wird die Problematik der Bedeutung privater Laufveranstaltungen von Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 23. 160 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 13. 161 BT-Drs. 18/4898, S. 28. 162 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 14.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

anschließende Wettkampfkampfteilnahme in Deutschland entgegengewirkt werden.163 I. Der objektive Tatbestand Der objektive Tatbestand der Vorschrift setzt voraus, dass der Sportler an einem Wettbewerb des organisierten Sports i.S.d. § 3 Abs. 3 AntiDopG164 teilnimmt und dies unter Anwendung eines Dopingmittels oder einer Dopingmethode geschieht. Diese Anwendung darf darüber hinaus nicht medizinisch indiziert sein.165 Eine Teilnahme an einer Veranstaltung des organisierten Sports liegt vor, wenn sich der Athlet aktiv am Wettkampfgeschehen beteiligt.166 Das tut er, wenn er in eine Auseinandersetzung mit seinen Konkurrenten eintritt, in dem er mit ihnen (um ein Spielgerät) kämpft oder im direkten oder bei einer Zeitnahme mittelbaren Vergleich gegen sie läuft oder fährt.167 Am Sportwettbewerb nimmt also teil, wer die betreffende Sportart unmittelbar ausübt.168 In Übereinstimmung mit der sportrechtlichen Begriffsbestimmung i.S.d. NADA-Codes ist ein „Wettkampf“ bereits ein einzelnes Rennen oder ein einzelnes Spiel, auch wenn mehrere Einzelereignisse zu einer Gesamtwertung zusammengeführt werden.169 Bei Veranstaltungen, die aus mehreren Einzelwettbewerben bestehen nimmt der Sportler also bereits mit dem erstmaligen Antritt am Wettkampf teil.170 Das Absolvieren aller Einzelwettbewerbe oder zumindest der Eingang in die abschließende Gesamtwertung ist nicht erforderlich. Nicht ausreichend sind dagegen die bloße Anmeldung zum Wettkampf und sonstige Vorbereitungshandlungen wie beispielsweise das Aufwärmtraining, selbst wenn es in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Wettkampfbeginn stattfindet.171 163

BR-Drs. 126/1/15, S. 1 f.; BT-Drs. 18/4898, S. 53; BT-Drs. 18/6677, S. 11. S. 73 ff. 165 S. 65 ff. 166 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 21; Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 30. 167 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 21. 168 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 23. 169 BT-Drs. 18/4898, S. 28; NADA-Code 2015, Anhang 1, Begriffsbestimmungen, S. 124; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 24. 170 Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 30; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 16. 171 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 22 f.; Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 30; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 167, dessen Kritik, dass aufgrund des späten Vollendungszeitpunkts Radrennfahrer bei grenzübergreifenden Rennen „nach dem Startschuss im laufenden Rennen vom Rad herunter“ geholt werden müssten, aufgrund der vorgelagerten Versuchsstrafbarkeit nach § 4 Abs. 3 AntiDopG ins Leere läuft; differenzierend Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 16; Heger, in: Pfister, Das Anti-Doping-Gesetz, S. 25 (35 f.) erwägt – ohne abschließend Stellung zu beziehen – einen Eintritt in das Versuchsstadium bereits mit Anmeldung zum 164

Kap. 2: Der Tatbestand der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG

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Die Wettkampfteilnahme muss unter Anwendung eines Dopingmittels oder einer Dopingmethode geschehen. Das bedeutet, dass Dopingmaßnahmen ihre Wirkungen im Zeitpunkt der Wettkampfteilnahme (noch) entfalten müssen.172 Nach Auffassung des Sportausschusses soll gar erforderlich sein, dass der Athlet im Moment der Wettkampfteilnahme unter der „unmittelbaren“ Wirkung eines Dopingmittels steht.173 Maßnahmen mit Langzeitwirkung soll das allerdings nicht ausschließen.174 Das spricht für eine weite Auslegung des geforderten unmittelbaren Wirkungszusammenhangs. Die gesetzestechnische Abkoppelung des Merkmals der medizinischen Indikation von der Tathandlung durch den Satzbau der Vorschrift könnte darauf hindeuten, dass es sich bei ihr vorliegend – anders als beim Anwendungsverbot – um eine objektive Strafbarkeitsbedingung handelt.175 Weil eine medizinisch indizierte Anwendung von Dopingmitteln nach Auffassung des Gesetzgebers sozialadäquat ist, verlangt ihre Unrechtsrelevanz in der Sache allerdings auch hier einen Tatbestandsausschluss. Für eine bewusste Abweichung in der dogmatischen Einordnung des Merkmals finden sich in den Gesetzesmaterialien auch keine Hinweise. Gesetzestechnisch wurde außerdem auch die Vorteilsverschaffungsabsicht aus der Beschreibung des Verbots ausgegliedert. Dass eine Absicht keine objektive Strafbarkeitsbedingung sein kann, unterstützt die These, dass der Gesetzgeber mit der Gesetzestechnik des § 3 Abs. 2 AntiDopG keine strafrechtsdogmatische Aussage treffen wollte. II. Der subjektive Tatbestand Dem vorsätzlich176 handelnden Sportler muss es darauf ankommen, durch die Anwendung der Dopingmaßnahme in dem Wettkampf, an dem er teilnimmt, einen sportlichen Vorteil zu erlangen.177 Auch bei § 3 Abs. 2 AntiDopG handelt es sich um ein Delikt mit überschießender Innentendenz.178 Daran ändert nichts, dass die Tatbestandsverwirklichung – anders als bei § 3 Abs. 1 AntiDopG – voraussetzt, dass der

Wettkampf oder, wenn diese im Ausland erfolgt, mit Grenzübertritt in die Bundesrepublik Deutschland. 172 Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 167 spricht von Nachweisbarkeit im Zeitpunkt der Wettkampfteilnahme. Das ist jedenfalls in Hinblick auf Nachtests unscharf. 173 BT-Drs. 18/6677, S. 11 (Hervorhebung durch den Verfasser); so auch Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 40. 174 BT-Drs. 18/6677, S. 11; dem zustimmend Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 40, Finken, PharmR 2016, 445 (448); s. dazu auch S. 164 f. 175 Zur Indizwirkung dieser Gesetzestechnik näher S. 85 f. 176 Formal ergibt sich das Vorsatzerfordernis erst aus § 4 Abs. 1 Nr. 5 AntiDopG. 177 Zur Vorteilsverschaffungsabsicht S. 72 ff. 178 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 10; Heger, medstra 2017, 205 (213); a.A. Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 37.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

gedopte Sportler an einem Wettbewerb teilnimmt.179 Der subjektiv überschießende Aspekt ergibt sich daraus, dass der objektive Tatbestand bereits mit Antritt zum Wettkampf verwirklicht ist.180 Ob es in seinem Verlauf zu einer sportlichen Positionierung des Athleten kommt, die er ohne Doping nicht erreicht hätte, ist unbeachtlich, solange er das durch das Doping erstrebt.181

C. Das Erwerbs- und Besitzverbot, § 3 Abs. 4 AntiDopG § 3 Abs. 4 AntiDopG verlagert die Strafbarkeit des Dopings in das Vorfeld der Anwendung von Dopingmaßnahmen. I. Der objektive Tatbestand Der objektive Tatbestand der Vorschrift setzt voraus, dass ein Sportler Dopingmittel erwirbt oder besitzt. Staatlich nicht verboten ist nach § 3 Abs. 4 S. 1, 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 Hs. 2 AntiDopG der Erwerb oder Besitz von Dopingmitteln, deren Anwendung das Sportrecht nur im Wettkampf oder in bestimmten Sportarten verbietet.182 Ein Erwerb liegt vor, wenn der Athlet auf abgeleitetem Wege eigene tatsächliche Verfügungsgewalt erlangt.183 Das setzt voraus, dass er durch den Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit Einverständnis des Vorbesitzers handelt.184 Der Sportler besitzt ein Dopingmittel, wenn er ein tatsächliches, von eigener Verfügungsmacht geprägtes Herrschaftsverhältnis zum Dopingmittel herstellt.185 II. Der subjektive Tatbestand Der subjektive Tatbestand setzt voraus, dass der Sportler vorsätzlich handelt und in der Absicht, die Dopingmittel, die er erworben hat oder besitzt, ohne medizinische 179

So aber Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 37. Das erforderliche „Pendant“ zum beabsichtigten Vorteil existiert auf objektiver Ebene nicht: so im Allgemeinen Zieschang, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 176. 181 So wohl auch, indes ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 3 Abs. 2 AntiDopG, Heger, in: Pfister, Das Anti-Doping-Gesetz, S. 25 (36). 182 Dazu S. 58 f.; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 32 f. 183 Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 27; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 34; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 168. 184 Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 19 für § 2 AntiDopG; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 34. 185 Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 27; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 35; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 171. 180

Kap. 3: Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG – Täterkreisbeschränkungen

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Indikation anzuwenden und sich durch diese Anwendung einen Vorteil in einem Wettbewerb des organisierten Sports zu verschaffen.186 Wie der Nachweis der Vorteilsverschaffungsabsicht in Zusammenhang mit dem Besitz eines Mittels, bei dem es sich oftmals um ein Arzneimittel handeln wird, ohne vernünftige Zweifel zur vollen Überzeugung eines Gerichts geführt werden soll, bleibt offen.187 Der Beweis der tatbestandlich erforderlichen Absicht setzt zumindest voraus, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein aufgefundenes Dopingmittel angewendet werden und dadurch ein sportlicher Vorteil in einem Wettbewerb erlangt werden sollte.188 Darauf, dass es in der Praxis stattdessen zu einer faktischen Beweislastumkehr kommen könnte, wird noch einzugehen sein.189 Kapitel 3

Die Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG – Täterkreisbeschränkungen A. Überblick über die Sanktionsnorm Das Selbstdoping wird durch § 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5 AntiDopG für Anwendung und Teilnahme und § 4 Abs. 2 AntiDopG für Erwerb und Besitz zur Straftat erhoben. Vorsätzliche (§ 15 StGB) Verstöße gegen § 3 Abs. 1, 2 AntiDopG werden mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei, der verbotene Umgang mit Dopingmitteln mit bis zu zwei Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft. Nach § 4 Abs. 3 AntiDopG ist die Tat auch im Versuch strafbar. Das gilt allerdings nicht für den Erwerbs- und Besitztatbestand des § 3 Abs. 4 AntiDopG, da die Anordnung der Versuchsstrafbarkeit auf Verstöße gegen § 4 Abs. 1 AntiDopG beschränkt ist. § 4 Abs. 8 AntiDopG normiert für Erwerb und Besitz gegenüber Anwendung und Teilnahme eine weitere Lockerung des staatlichen Strafanspruchs. Erwerb und Besitz von Dopingmitteln werden nicht bestraft, wenn der Sportler vor deren Anwendung die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Substanz freiwillig aufgibt. Sämtliche Strafvorschriften beanspruchen ihre Geltung nur, wenn der dopende Sportler die Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 AntiDopG erfüllt. Für Reichweite und Bewertung des strafrechtlichen Selbstdopingverbots kommt ihnen daher elementare Bedeutung zu. Die Vorschrift des § 4 Abs. 7 AntiDopG wird deshalb im Folgenden einer näheren Betrachtung unterzogen. 186

Unklar Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 19. Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 30; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 20; skeptisch zu Beweisfragen auch Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 172; Orth, in: Hoven/Kubiciel, Korruption im Sport, S. 125 (130). 188 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 20. 189 S. 260 ff. 187

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

B. Selbstdoping als Sonderdelikt – § 4 Abs. 7 AntiDopG Wegen Selbstdopings wird nur bestraft, wer „1. Spitzensportlerin oder Spitzensportler des organisierten Sports ist; als Spitzensportlerin oder Spitzensportler des organisierten Sports im Sinne dieses Gesetzes gilt, wer als Mitglied eines Testpools im Rahmen des Dopingkontrollsystems Trainingskontrollen unterliegt, oder 2.

aus der sportlichen Betätigung unmittelbar oder mittelbar Einnahmen von erheblichem Umfang erzielt.“

Diese beiden Tätergruppen können, müssen sich aber nicht überschneiden („oder“).190 I. Die Verortung der Täterkreisbeschränkung im Deliktsaufbau Die gesetzliche Regelung der Selbstdopingverbote lässt keine eindeutige systematische Einordnung des § 4 Abs. 7 AntiDopG in den Deliktsaufbau zu.191 In Betracht kommt eine Einstufung als objektives Tatbestandsmerkmal,192 sodass die Strafvorschriften des Selbstdopings als Sonderdelikte zu begreifen wären. Vertreten wird indes auch, dass es sich bei der Täterkreisbestimmung um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handele.193 Ein allgemeingültiges Kriterium zur Identifikation eines gesetzlichen Merkmals als objektive Bedingung der Strafbarkeit existiert nicht. Die von der herrschenden Meinung als objektive Strafbarkeitsbedingungen begriffenen194 Strafbarkeitsvoraussetzungen weisen erhebliche Verschiedenheiten auf.195 Möchte man sich der Frage deshalb methodisch nähern, liegt es nahe, die gängigen Auslegungsmittel fruchtbar zu machen.196 190

BT-Drs. 18/4898, S. 33; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (16). Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 113. 192 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 11, 17 f.; Wußler, in: Erbs/ Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 11; Heger, in: Pfister, Das AntiDoping-Gesetz, S. 25 (37); Wild, Rechtsprobleme des Dopings im deutschen Lizenzfußball, S. 264. 193 Dafür Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 23. Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 174 spricht ohne nähere Ausführungen von „eine[m] Strafausschließungsgrund“. 194 Die Existenzberechtigung objektiver Strafbarkeitsbedingungen im Allgemeinen und oftmals auch ihr Vorliegen im Einzelfall, etwa bei den §§ 231, 323a StGB, sind wegen Friktionen mit dem Schuldprinzip umstritten, s. etwa Walter, in: LK, Vor § 13 Rn. 181 ff.; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 23 Rn. 6 ff.; Bemmann, Zur Frage der objektiven Bedingungen der Strafbarkeit; Geisler, Zur Vereinbarkeit objektiver Bedingungen der Strafbarkeit mit dem Schuldprinzip; Rönnau, JuS 2011, 697. 195 Eisele, in: Schönke/Schröder, Vor § 13 ff. Rn. 124; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 555; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 23 Rn. 6. 196 Rogall, in: SK-StGB, Vor § 19 Rn. 67; Rönnau, JuS 2011, 697. 191

Kap. 3: Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG – Täterkreisbeschränkungen

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1. Die Gesetzestechnik als Indiz für eine objektive Strafbarkeitsbedingung Die Gesetzestechnik der Selbstdopingverbote könnte auf eine Einordnung der Täterkreisbeschränkung als objektive Strafbarkeitsbedingung hindeuten. Diese These lässt sich auf ihre dezentrale Stellung im Gesetz und den Wortlaut des § 4 Abs. 7 AntiDopG stützen. Auffällig ist zunächst die Stellung der Täterkreisbeschränkung im Normgefüge. Bei klassischen Sonderdelikten197 wie etwa den Amtsdelikten (§§ 331 ff. StGB) oder der Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) ist die Beschreibung der tauglichen Tatsubjekte gesetzestechnisch Teil des Verhaltensgebots. § 38 Abs. 1 WpHG a.F. liefert ein Beispiel dafür, dass der Subjektqualität selbst bei verschachtelten Blankettstrafgesetzen eine zentrale Stellung im Gesetzestext zugestanden werden kann. Die Verortung etwa der objektiven Strafbarkeitsbedingung der Zahlungseinstellung beim Bankrott198 nach § 283 StGB199 weicht von dieser Gesetzestechnik deutlich ab. Durch deren Normierung in § 283 Abs. 6 StGB wollte der Gesetzgeber auf die „besondere Rechtsnatur“ der Zahlungseinstellung hinweisen, was er dadurch zu bewerkstelligen meinte, dass das Gesetz „sie nicht in die Tatbestandsbeschreibung aufnimmt, sondern […] in einem besonderen Absatz […] behandelt.“200 Bemerkenswert ist deshalb, dass sich die Beschränkung des Kreises tauglicher Täter des Selbstdopingdelikts nicht an zentraler Stelle des § 3 AntiDopG oder zumindest des die Strafbewehrung des Selbstdopingverbots enthaltenden § 4 Abs. 1 AntiDopG, sondern im „abgelegenen“ § 4 Abs. 7 AntiDopG befindet.201 Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte des AntiDopG. Der bayerische Entwurf des § 3 eines Sportschutzgesetzes aus 2014 zeigt, dass sich eine etwaige Sonderdeliktseigenschaft des Selbstdopings gesetzestechnisch deutlich hätte kennzeichnen lassen. Strafbar machen sollte sich demnach u. a., „[w]er als Mitglied eines nationalen Sportkaders, einer Mannschaft einer nationalen Liga oder einer Nationalmannschaft oder wer als Person, die aus ihrer sportlichen Betätigung ein

197 So werden die folgenden Delikte jedenfalls von der h.M. eingestuft, s. Baumann/Weber/ Mitsch/Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 6 Rn. 39; Hilgendorf/Valerius, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 55; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 267; Wessels/ Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 55; Zieschang, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 37 f. 198 Heger, in: Lackner/Kühl, § 283 Rn. 26; Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, § 283 Rn. 59; Petermann, in: MüKo-StGB, § 283 Rn. 84. 199 Ähnlich auch § 104a StGB. 200 BT-Drs. 7/3441, S. 33. 201 Als Indiz für eine objektive Strafbarkeitsbedingung wird das gewertet von Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 210 und Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 11, die aber im Ergebnis beide von einer Eigenschaft der Täterkreisbeschränkung als Tatbestandsmerkmal ausgehen.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote regelmäßiges Einkommen erzielt, an einem Wettkampf des organisierten Sports teilnimmt und dabei ein Dopingmittel […] im Körper hat“.202

Für die Einstufung als objektive Strafbarkeitsbedingung könnte außerdem der Wortlaut der Norm sprechen.203 Wegen Selbstdopings „wird nur bestraft, wer“ Spitzensportler ist oder erhebliche Einnahmen generiert. Auf eine „Bestrafung“ abstellende Gesetzesformulierungen könnten als Hinweis darauf zu verstehen sein, dass sie außerhalb von Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld stehende „sonstige Voraussetzungen der Strafbarkeit“ beschreiben.204 Der Bankrott nach § 283 StGB ist „nur strafbar, wenn“ die objektive Strafbarkeitsbedingung des § 283 Abs. 6 StGB eingetreten ist. Dass einer solchen Wortlautargumentation indes nur indizielle Bedeutung zukommen kann, zeigen etwa die umstrittene Rechtsnatur der schweren Folge des § 231 StGB205 und § 14 Völkerstrafgesetzbuch.206 Wird die Verletzung einer Aufsichtspflicht nach dieser Vorschrift (nur) „bestraft, wenn der Untergebene eine Tat nach diesem Gesetz begeht“, so bezeichnet diese Tat nach wohl herrschender Meinung keine Strafbarkeitsbedingung, sondern ein Tatbestandsmerkmal.207 2. Strafrechtsdogmatische Argumente für eine Einordnung als Tatbestandsmerkmal Gewichtigere Lösungsansätze zur Bestimmung der Rechtsnatur der Täterkreisbeschränkung dürften die strafrechtsdogmatischen Grundlagen objektiver Strafbarkeitsbedingungen bieten. Unter deren Berücksichtigung erscheint eine Einstufung als Tatbestandsmerkmal als geradezu zwingend. Ausgangspunkt dieser These ist die Stellung objektiver Strafbarkeitsbedingungen außerhalb des Unrechtstatbestands.208

202 S. bereits S. 36 f.; die Tatbestandseigenschaft der Täterkreisbeschränkung wird dann auch in der Begründung des Entwurfs, dort S. 44 f., mehrmals erwähnt. Auch der Gesetzentwurf des Bundesrates, BT-Drs. 18/294, enthielt, wenn auch nicht ohne Binnenverweisung auskommend, in den §§ 6a Abs. 4, 5; 4 Abs. 42 bereits in der Verbotsnorm selbst die Täterkreisbeschränkung, s. dazu Jahn, Rössner-FS, S. 599 (612); s. dazu schon S. 36. 203 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 113. 204 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 7 Rn. 9, 13; in diese Richtung wohl auch Rönnau, JuS 2011, 697; dazu sogleich S. 87 ff. 205 Walter, in: LK, Vor § 13 Rn. 181 ff.; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 23 Rn. 12. 206 Walter, in: LK, Vor § 13 Rn. 185. 207 Weigend, in: MüKo-StGB, VStGB, § 14 Rn. 17, 22 f. 208 Eisele, in: Schönke/Schröder, Vor §§ 13 ff. Rn. 124; Walter, in: LK, Vor § 13 Rn. 181; Frister, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 21 Rn. 4; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 555; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 23 Rn. 1; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 29 f.; Rönnau, JuS 2011, 697; zu Bedenken gegen die Zulässigkeit objektiver Strafbarkeitsbedingungen s. die Nachweise in Fn. 194.

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a) Vorsatzrelevanz Eine wesentliche Besonderheit objektiver Bedingungen der Strafbarkeit liegt darin, dass ihr Eintritt aufgrund ihrer Stellung außerhalb des Tatbestandes nicht vom Vorsatz des Täters erfasst sein muss.209 Dagegen müssen dem Täter eines Sonderdelikts die seine Subjektqualität begründenden Umstände bekannt sein (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB). Die Gesetzesmaterialien nehmen zu einem etwaigen Vorsatzerfordernis in Hinblick auf § 4 Abs. 7 AntiDopG nicht ausdrücklich Stellung. Dass der Gesetzgeber aber von einem solchen ausgegangen sein dürfte, legen die Ausführungen zur Information von Sportlern über ihre Testpoolzugehörigkeit in der Entwurfsbegründung zu § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG nahe: „Die betroffenen Sportlerinnen und Sportler werden von der NADA über ihre Testpoolzugehörigkeit [und deren Ende] schriftlich oder elektronisch benachrichtigt […]. Somit ist für jede Sportlerin und jeden Sportler klar, ob eine Zugehörigkeit zu einem Testpool besteht.“210

b) Unrechtsrelevanz Entscheidend dürfte indes die unterschiedliche Bedeutung von Tatbestandsmerkmalen und objektiven Strafbarkeitsbedingungen für den materiellen Unrechtsgehalt einer Straftat sein. Es ist die Aufgabe des Tatbestandes, „aus der unendlichen Fülle menschlicher Verhaltensweisen […] diejenigen heraus[zu]heben, die von der regulären sozialen Ordnung [so] schwerwiegend abweichen“,211 dass sie (regelmäßig) Strafe verdienen. Er legt fest, was „den Diebstahl zum Diebstahl [und] den Betrug zum Betrug“212 macht – mithin: „was die Straftat ausmacht“. Der Tatbestand beschreibt folglich die Umstände, die den Strafwürdigkeitsgehalt einer bestimmten Deliktsart begründen.213 Was strafrechtliches Unrecht ist wird in typisierender Weise vom Tatbestand einer Strafnorm festgelegt.214 Das Vorliegen der besonderen Tätereigenschaften ist bei 209 Darin wird gar der rechtskonstruktive Sinn der Kategorie der objektiven Strafbarkeitsbedingungen gesehen, s. Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 557; Haß, Die Entstehungsgeschichte der objektiven Strafbarkeitsbedingung, S. 121 ff.; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 233; Rönnau, JuS 2011, 697 f. Zur verfassungsrechtlichen Kritik wegen Verstoßes gegen den Schuldgrundsatz s. die Nachweise in Fn. 194. 210 BT-Drs. 18/4898, S. 32 (Hervorhebung durch den Verfasser; im Entwurf § 4 Abs. 6 AntiDopG-E); so auch Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 113; Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 210; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 11. 211 Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 9. 212 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 10 Rn. 20. 213 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 10 Rn. 20. 214 Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 245; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 9.

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Sonderdelikten also unrechtsbegründend und Teil dessen, „was die Straftat ausmacht“. Die Ausgliederung objektiver Strafbarkeitsbedingungen aus dem Tatbestand hat deshalb zur Folge, dass sie nicht unrechtsbegründend sein können.215 Es kann sich bei ihnen nur um Strafbarkeitsvoraussetzungen handeln, nach deren gedanklichem Abzug immer noch ausreichendes strafwürdiges Unrecht verbleibt, weil sie ihrem Wesen nach nicht zum Unrechtstatbestand gehören.216 Bestimmungskriterium für die Rechtsnatur der Täterkreisbeschränkung des § 4 Abs. 7 AntiDopG ist damit insbesondere ihre Unrechtsrelevanz. Objektive Bedingung der Strafbarkeit wäre die Erfassung eines Sportlers durch § 4 Abs. 7 AntiDopG nach diesem Kriterium, falls schon die Verbotsnormen des § 3 AntiDopG das strafrechtliche Unrecht des Selbstdopings vollumfänglich beschrieben und die Täterkreisbeschränkung als unrechtsneutrale Strafbarkeitsvoraussetzung außerhalb des Unrechtszusammenhangs stünde.217 Das wäre anzunehmen, falls es nicht erst der Dopingmissbrauch gerade durch die in § 4 Abs. 7 AntiDopG bestimmten Sportler ist, der das Selbstdoping „zur Straftat macht“. Darauf deutet die Gesetzestechnik des AntiDopG hin, die das strafrechtliche Dopingverbot in die Verbotsnorm des § 3 AntiDopG und die Sanktionsvorschrift des § 4 AntiDopG unterteilt. Das spricht für eine herausgehobene Bedeutung bereits des Dopingverstoßes als solchem – unabhängig davon, wer ihn begeht. Der Gesetzgeber218 missbilligt Selbstdoping durch „Freizeitsportler“ einerseits und „Leistungssportler“ andererseits in der Entwurfsbegründung allerdings in deutlich abgestuftem Maß. Dass gerade Dopingverstöße von durch § 4 Abs. 7 AntiDopG erfassten Sportlern die maßgebliche Motivation des Gesetzgebers zur Schaffung des AntiDopG war, deutet sich bereits im Allgemeinen Teil der Entwurfsbegründung an, in dem es zur „Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen“ heißt: „Der Sport […] schafft Vorbilder für junge Menschen und ist durch die Sportlerinnen und Sportler mit ihren Spitzenleistungen zugleich Aushängeschild für Deutschland in der Welt. Bund, Länder und Kommunen unterstützen ihn deshalb mit umfangreichen öffentlichen Mitteln. Daneben ist der Sport auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. […] Bei der Chancengleichheit geht es neben der Chance auf den sportlichen Erfolg auch um die wirtschaftlichen Faktoren. Durch Gehälter, öffentliche Fördermittel, Start- und Preisgelder sowie Sponsorengelder eröffnet der Sport viele Einnahmemöglichkeiten. […] Das Doping geht zu Lasten der ehrlichen Konkurrenten, die im sportlichen Wettbewerb gegenüber den 215

Zum Unrechtsbegriff statt vieler Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 7 Rn. 7. Walter, in: LK, Vor § 13 Rn. 183; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 23 Rn. 12, 23; in diese Richtung auch Frister, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 21 Rn. 5 ff. 217 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 18. 218 Die Perspektive des Gesetzgebers blendet Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 113 bei seiner Kritik an der Erkennbarkeit der dogmatischen Stellung der Täterkreisbeschränkung aus. 216

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dopenden Sportlerinnen und Sportlern das Nachsehen haben. Getäuscht und geschädigt werden aber auch Veranstalter, Vereine, Sponsoren, Medien, die von dem Sportereignis berichten, Zuschauer und alle anderen, die in der Erwartung eines fairen sportlichen Wettbewerbs am Sport teilhaben, ihn verfolgen und Vermögenswerte aufwenden.“219

Der Eindruck, dass der Gesetzgeber dem Doping durch leistungsstarke und in der Öffentlichkeit stehende Sportler besondere Bedeutung zumisst verstärkt sich dadurch, dass deren Dopingverstöße dann auch bereits die Begründung der generellen Missbilligung des Selbstdopings durch die Verhaltensnorm des § 3 AntiDopG prägen. So wird bereits das Verbot des Selbstdopings als solches damit begründet, dass es „gerade die dopenden Sportlerinnen und Sportler selbst, insbesondere die in der Öffentlichkeit stehenden Leistungssportlerinnen und Leistungssportler, [sind,] die mit ihrem Verhalten die Integrität des organisierten Sports und dessen Glaubwürdigkeit zerstören“ und dass es im sportlichen Wettkampf „nicht zuletzt vielfach auch um wirtschaftliche Faktoren“ gehe.220 Wenn schon die Verbotswürdigkeit des Selbstdopings im Wesentlichen auf die öffentlichkeitsrelevanten und wirtschaftlichen Auswirkungen eines Dopingverstoßes gestützt wird, dürfte dessen Strafwürdigkeitsgehalt nicht ohne sie auskommen können. Dazu bekennt sich der Gesetzgeber – ohne allerdings auf die damit verbundenen Auswirkungen auf die Rechtsnatur des § 4 Abs. 7 AntiDopG einzugehen – sogar ausdrücklich: „Unrecht, das auch strafwürdig ist, wird in diesem Rahmen lediglich von den Sportlerinnen und Sportlern verwirklicht, die ihren Sport leistungs- und wettkampforientiert auf hohem Niveau betreiben bzw. erhebliche Einnahmen aus der sportlichen Tätigkeit ziehen.“221 An anderer Stelle heißt es gar: „Gerade die sich selbst dopenden Leistungssportlerinnen und Leistungssportler versinnbildlichen […] den Kern des Unrechts, wenn es um die Gefährdung der Integrität des organisierten Sports geht.“222

Vor diesem Hintergrund lässt sich als Argument für eine Einstufung der Täterkreisbeschränkung als objektive Strafbarkeitsbedingung nicht vorbringen, dass § 4 Abs. 7 AntiDopG „aus Gründen der Verhältnismäßigkeit“ eingefügt wurde.223 In einem solchen Verständnis könnte eine Auseinandersetzung mit der Idee liegen, dass objektive Strafbarkeitsbedingungen zwar nicht die Strafwürdigkeit, wohl aber -bedürftigkeit eines Verhaltens begründeten, weil die (generalpräventive) Notwendigkeit der Strafe von außerhalb des Unrechtstatbestands stehenden Umständen ab219

BT-Drs. 18/4898, S. 17, 22 f. (Hervorhebung durch den Verfasser). BT-Drs. 18/4898, S. 26 (Hervorhebung durch den Verfasser). 221 BT-Drs. 18/4898, S. 31 (Hervorhebung durch den Verfasser); wie hier auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 17 f., allerdings ohne Bezugnahme auf die ausdrückliche gesetzgeberische Berufung auf die Kategorie der Strafwürdigkeit: „Unrechtsneutralität hört sich anders an.“ 222 BT-Drs. 18/4898, S. 19. 223 BT-Drs. 18/4898, S. 31; so auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 18, der das allerdings für denkbar hält. 220

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

hängig sein könne.224 Unabhängig von beachtlichen Bedenken gegen ein solches Verständnis der Funktion objektiver Strafbarkeitsbedingungen225 hat sich der Gesetzgeber nach dem Gesagten deutlich zur Unrechtsrelevanz der Täterkreisbeschränkung bekannt. Schon nach dem subjektiven Willen des Gesetzgebers begründet sie deshalb bereits die Strafwürdigkeit und nicht erst die Strafbedürftigkeit des Selbstdopings. Hinzu kommt, dass die Einstufung der Täterkreisbeschränkung als Tatbestandsmerkmal ein Vorsatzerfordernis nach sich zieht. Darin dürfte eine gegenüber der Bestimmung als bloße Strafbarkeitsbedingung tendenziell täterbegünstigende Tatbestandsgestaltung liegen. Wenn sich der Gesetzgeber auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beruft, dürfte das deshalb im Grundsatz für eine Einstufung des § 4 Abs. 7 AntiDopG als Tatbestandsmerkmal sprechen.226 3. Schlussfolgerungen Bei der Täterkreisbeschränkung handelt es sich nach hier vertretener Auffassung deshalb um ein die tauglichen Tatsubjekte einschränkendes Tatbestandsmerkmal.227 Die Selbstdopingverbote des § 3 AntiDopG sind für sich genommen nicht strafbewehrt. Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 AntiDopG wirkt nicht strafschärfend, sondern -begründend. Deshalb handelt es sich bei den Straftatbeständen des Selbstdopings um echte Sonderdelikte.228 Die Vollendungsstrafbarkeit eines Sportlers setzt in der Folge voraus, dass er weiß, dass er tauglicher Täter ist.229 Umgekehrt sind bei irriger Annahme der eigenen Täterqualität seltene Fallkonstellationen untauglicher Versuche möglich.230 224 S. etwa Eisele, in: Schönke/Schröder, Vor §§ 13 ff. Rn. 124; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 214 ff.; in diese Richtung zielen wohl auch Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 556 und Rogall, in: SK-StGB, Vor § 19 Rn. 66; (ablehnende) Darstellungen bei Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 23 Rn. 37 ff.; Rönnau, JuS 2011, 697 (698). 225 Frister, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 21 Rn. 7 ff., Kap. 3 Rn. 3; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 23 Rn. 37 ff. 226 In diese Richtung wohl auch Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 11. 227 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 17 f.; Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 210; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 11; Heger, Doping-Magazin 2017, 39 (42). 228 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 11; Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 229. 229 Das wäre bei einer objektiven Strafbarkeitsbedingung nicht so, s. Kindhäuser/Hilgendorf, LPK-StGB, Vor § 13 Rn. 231; Walter, in: LK, Vor § 13 Rn. 181; Baumann/Weber/Mitsch/ Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 20 Rn. 8; Frister, Strafrecht Allgemeiner Teil, Kap. 21 Rn. 4; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 555; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 23 Rn. 30. Zur das Vorsatzerfordernis konkretisierenden Einstufung des TestpoolVerweises als Blankett- oder rechtsnormatives Merkmal S. 187 ff. 230 Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (167).

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Täter kann nur sein, wer die Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 AntiDopG erfüllt. Außenstehende können weder Mittäter noch mittelbare Täter sein.231 Auch in der Tatbestandsalternative des „Anwenden-Lassens“ kommt in Hinblick auf den die Dopingpraktik Anwendenden – Fremddoping nach §§ 2 Abs. 2, 4 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG ungeachtet – nur Teilnahme in Betracht.232 Die Täterqualität nach § 4 Abs. 7 AntiDopG ist nach hier vertretener Auffassung entgegen der überwiegenden Meinung kein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB.233 Dafür könnte zwar sprechen, dass der Gesetzgeber den von der Vorschrift erfassten Sportlern eine besondere Verantwortung für die Aufrechterhaltung der gesellschaftsdienlichen Funktionen des Sports zuschreibt.234 Das greift im Ergebnis aber nicht durch, da – worauf noch näher einzugehen sein wird – der Dopingverstoß eines Spitzensportlers nach gängiger sozialwissenschaftlicher Auffassung nicht allein das Ergebnis seines unbedingten Siegeswillens, sondern in den Strukturen des Hochleistungssports geradezu angelegt ist.235 Nicht selten ist er die Reaktion auf eskalierende Leistungsansprüche, zu denen aus originären Eigeninteressen auch das sportliche Umfeld der Athleten beiträgt. Dass dieses bei einer Einordnung des § 4 Abs. 7 AntiDopG als besonderes persönliches Merkmal privilegiert würde, wenn es vorsätzlich zu einem konkreten Dopingverstoß beiträgt, ist sachwidrig. II. Der Testpool-Athlet, § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG Strafbar sollen nach § 4 Abs. 7 Nr. 1 Hs. 1 AntiDopG zunächst Dopingverstöße von „Spitzensportlern“ des organisierten Sports sein. Den Begriff des „Spitzensportlers“ definiert das Gesetz in § 4 Abs. 7 Nr. 1 Hs. 2 AntiDopG. Als ein solcher gilt, „wer als Mitglied eines Testpools im Rahmen des Dopingkontrollsystems Trainingskontrollen unterliegt“. Die Täterkreisbestimmung des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG nimmt damit konkludent auf das Dopingbekämpfungsprogramm des Sports Bezug.236 Teil dessen ist nach Art. 5 des WADA- bzw. NADA-Codes die Durchführung von Dopingkontrollen in Wettkampf und Training. Der Gesetzgeber beschränkt sich bei der Kriminalisierung dopender Sportler auf diejenigen, die Trainingskontrollen unterliegen. Für den internationalen Hochleistungssport sieht Art. 5.2. des WADA-Codes vor, dass solche Kontrollen von allen nationalen Anti-Doping-Organisationen, internationalen Sportfachverbänden, Veranstaltern großer Sportwettkämpfe wie z. B. dem IOC und 231

Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 229. Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 229. 233 A.A. Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 81; Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 229; Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (166). 234 Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (166). 235 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 113 ff.; näher S. 263 ff. 236 BT-Drs. 18/4898, S. 31; zur dogmatischen Einstufung des Testpool-Verweises als Blankett- oder rechtsnormatives Merkmal S. 188 ff. 232

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

der WADA durchgeführt werden. Auf nationaler Ebene können Fachverbände darüber hinaus auch aus eigener Kompetenz Dopingkontrollen anordnen. 1. Der NADA-Testpool Der Gesetzgeber meint mit der Bezugnahme auf das Trainingskontrollsystem des Sports insbesondere das der NADA.237 Dem hat sich der deutsche Hochleistungssport nahezu vollumfänglich angeschlossen.238 Eine Ausnahme, auf die noch zurückzukommen sein wird, stellt etwa der Bereich des Profiboxens dar.239 Die für den konkreten Gehalt der Täterkreisbestimmung des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG letztlich maßgebliche240 Vorschrift des NADA-Codes ist dessen Art. 5.3 (.1). Er lautet: „5.3 Testpool und Pflicht der Athleten, sich Dopingkontrollen zu unterziehen 5.3.1 Die NADA legt in Abstimmung mit dem jeweiligen nationalen Sportfachverband den Kreis der Athleten fest, der Trainingskontrollen unterzogen werden soll. Hierfür meldet der jeweilige nationale Sportfachverband der NADA die Athleten, die gemäß den im Standard für Dopingkontrollen und Ermittlungen festgelegten Kriterien für die Zugehörigkeit zum Testpool der NADA infrage kommen, zum vereinbarten Zeitpunkt.“241

Der NADA-Code bestimmt also seinerseits nicht selbst, wer Trainingskontrollen unterliegt, sondern verweist auf eine Ausführungsbestimmung, den Standard für Dopingkontrollen und Ermittlungen242. In dessen Art. 2.3 heißt es: „2.3.1 Meldepflichtig für den [Registered Testing Pool] sind alle Athleten mit Kaderstatus eines nationalen Sportfachverbandes, die einem International Registered Testing Pool angehören sowie die A-Kader der Sportarten der Risikogruppe A. 2.3.2 Meldepflichtig für den [Nationalen Testpool] sind alle Athleten, die einem A-Kader einer Sportart der Risikogruppe B und C oder einem B-Kader der Sportarten der Risikogruppe A angehören, sowie alle Athleten des erweiterten Kreises der Mannschaft für die Olympischen Spiele. Die Meldung dieser Athleten des erweiterten Kreises hat bis spätestens sechs Monate vor Beginn der jeweiligen Spiele (Sommer/Winter) zu erfolgen. 2.3.3 Meldepflichtig für den [Allgemeinen Testpool] sind alle Bundeskaderathleten, die nicht bereits Mitglieder des [Registered Testing Pool] oder des [Nationalen Testpools] sind.

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BT-Drs. 18/4898, S. 32. 2016 hatten sich nach mündlicher Auskunft der NADA 52 von 62 im DOSB organisierten Spitzenverbände und die Ligaverbände der DFL und DEL dem Dopingkontrollsystem der NADA angeschlossen. 239 Schriftliche Auskunft der NADAvom 10. 07. 2018; s. auch https://www.sportschau.de/do ping/boxen-doping-hajo-seppelt-100.html; dazu S. 128 ff. 240 Zur dogmatischen Einstufung des Testpool-Verweises als Blankett- oder rechtsnormatives Merkmal S. 188 ff. 241 Vom Original abweichende Hervorhebung durch den Verfasser. 242 Stand: 01. 01. 2017. 238

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2.3.4 Meldepflichtig für den [Team Testpool] sind alle Athleten, die auf Grund einer Lizenz eines nationalen Ligaspielbetriebs spielberechtigt sind, soweit sie nicht bereits Mitglieder des [Registered Testing Pools, Nationalen Testpools] oder [Allgemeinen Testpools] sind. 2.3.5 Meldepflichtig für einen Testpool sind Athleten ohne Kaderstatus, die aufgrund einer Kontrollvereinbarung einer Organisation an das Trainingskontrollsystem der NADA angeschlossen sind und nicht den Regelungen der Artikel 2.3.1 bis Artikel 2.3.4 unterliegen.“243

§ 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG bestraft das Doping eines Sportlers, der „Mitglied [irgend]eines“ Testpools ist.244 Taugliche Täter sind also alle Athleten aus den fünf in Art. 2.3 des Standards aufgeführten Testpools. Die Unterscheidung zwischen den einzelnen Testpools hat Bedeutung für die Verteilung des Gesamtvolumens an Trainingskontrollen und die Ausgestaltung von Meldepflichten der Testpoolangehörigen,245 nicht aber für deren Täterqualität. In der Sache setzen sich die Testpools der NADA aus drei Sportlergruppen zusammen. Erfasst sind Bundeskaderathleten (Art. 2.3.1–2.3.3),246 Lizenzspieler nationaler Ligen (2.3.4) und Sportler, die aufgrund einer Vereinbarung ihres Verbandes mit der NADA an das Trainingskontrollsystem angeschlossen sind (Art. 2.3.5). In der öffentlichen Wahrnehmung stehen die Bundeskaderathleten, die durch die ersten drei Testpools (Registered Testing Pool, Nationaler Testpool, Allgemeiner Testpool) erfasst werden, im Vordergrund der Täterkreisbestimmung.247 Soweit es dabei um die im Hochleistungssport des Erwachsenenbereichs tätigen Athleten geht, verkörpern diese Athleten den Kreis der „Spitzensportler“, der sich wohl auch bei Bestimmung eines solchen Täterkreises über den allgemeinen Sprachgebrauch bilden würde. Da aber über den Allgemeinen Testpool alle Bundeskaderathleten erfasst sind, können sich auch jugendliche Nachwuchssportler strafbar machen, die in die Bundesförderung eingegliedert sind.248 Die Gruppe der Kaderathleten wird zunächst durch den Team Testpool erweitert und auf alle nicht bereits über einen Kaderstatus erfassten Lizenzspieler nationaler Ligen ausgedehnt, also zum Beispiel auf sämtliche – auch ausländische – Spieler der

243 Hervorhebung durch den Verfasser; zur Neustrukturierung der Kadersystematik seit 2018 S. 196. 244 Hervorhebung durch den Verfasser. 245 Art. 3 des Standards für Meldepflichten; Mortsiefer, SpuRt 2015, 2 (3). 246 Zur Neustrukturierung des Kadersystems S. 196. 247 Für Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 8 f. ist die Testpoolmitgliedschaft gleichbedeutend mit einer Bundeskader-Zugehörigkeit; in iurratio 2016, 94 und medstra 2017, 205 (213) setzt er die Testpools noch enger mit A- und B-Kader-Zugehörigkeit gleich; in diese Richtung auch Haug/Martin, Causa Sport 2014, 35 (347 mit Fn. 15): „In Deutschland sind dies alle Bundeskaderathleten“. Zu den mit der Neustrukturierung des Kadersystems verbundenen verfassungsrechtlichen Problemen S. 196 ff. 248 Dazu S. 196 f., 278 ff.

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1. und 2. Fußball-Bundesliga.249 Dem Wortlaut des Art. 2.3.4. des Standards für Dopingkontrollen ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob er auch die 3. Fußball-Liga der Herren erfasst. Dafür spricht ihre bundesweite Ausrichtung. Dass deren Akteure nach Auffassung des Gesetzgebers dennoch nicht durch § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG erfasst sein soll,250 lässt sich auf den Wortlaut des Standards für Dopingkontrollen gestützt nur dadurch erklären, dass die 3. Liga keine Lizenzliga i.S.d. Satzung des Deutschen Fußballliga e.V. ist.251 Bei einem solchen Verständnis sind die Akteure der 3. Liga nicht „auf Grund einer Lizenz“ spielberechtigt. Art. 2.3.5 des Standards für Dopingkontrollen und Ermittlungen erfasst, wie die dem Standard beigefügte Kommentierung erkennen lässt, u. a. Lizenzfahrer des Bundes Deutscher Radfahrer und „Elitepass“-Athleten der Deutschen Triathlon Union.252 Welchen Täterkreis Art. 2.3.5. des Standards darüber hinaus schafft, ist aus sich heraus nicht erkennbar, da es sich bei den Kontrollvereinbarungen zwischen NADA und Verbänden um vertragliche, nicht öffentlich einsehbare Abreden handelt. Strafbar machen kann sich nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG nur, wer Mitglied eines Testpools ist. Wann das der Fall ist regelt Art. 5.3.1 des NADACodes.253 Athleten sind „nach Festlegung der NADA dem Testpool […] zugehörig“ und zwar „für den im Standard für Meldepflichten festgelegten Zeitraum“. Anknüpfungspunkt für das Inkrafttreten des Testpools ist die nach Art. 5.3.1 des NADACodes erforderliche Meldung des Kreises der den Testpoolkriterien unterfallenden Athleten durch die jeweiligen nationalen Sportfachverbände an die NADA. Dass diese einen Sportler ihrem Trainingskontrollsystem unterwerfen kann, setzt also voraus, dass die Sportfachverbände ihren Meldepflichten nachkommen.254 Das kann nach Art. 2.3 des Standards für Meldepflichten am 30. November, 28./29. Februar, 31. Mai oder 31. August eines Jahres geschehen. Circa einen Monat nach der Meldung (1. Januar/1. April/1. Juli/1. Oktober) tritt der Testpool in Kraft. In zeitlicher Hinsicht ist tauglicher Täter mithin nicht bereits, wer die Voraussetzungen der Testpoolzugehörigkeit erfüllt – also etwa Kaderathlet ist – und auch noch nicht, wer der NADA bereits vom jeweiligen nationalen Sportfachverband als 249 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 23; Schmidt/Kober, in: Stopper/ Lentze, Handbuch Fußball-Recht, Kap. 26 Rn. 20. 250 BT-Drs. 18/4898, S. 32; so auch Schmidt/Kober, in: Stopper/Lentze, Handbuch FußballRecht, Kap. 26 Rn. 15, 20; Wild, Rechtsprobleme des Dopings im deutschen Lizenzfußball, S. 142 beurteilt die Subsumtion von Drittliga-Spielern unter den Team Testpool individualisierend danach, ob sie im konkreten Fall Lizenzspieler sind. Zwei schriftliche Anfragen bei der NADA führten zu widersprüchlichen Aussagen in Hinblick darauf, ob die Dritte Liga über den Team Testpool erfasst wird. 251 §§ 1; 4 Nr. 1a der Satzung der DFL e.V.; s. auch § 8 Nr. 3 der DFB-Spielordnung; a.A. Wild, Rechtsprobleme des Dopings im deutschen Lizenzfußball, S. 142. 252 Standard für Dopingkontrollen und Ermittlungen, Kommentar zu Art. 2.3.5, S. 4. 253 Hervorhebung durch den Verfasser. 254 Skeptisch in Hinblick auf Art. 3 GG deshalb Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 28.

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für die Zugehörigkeit zum Testpool infrage kommend gemeldet wurde.255 Der Testpool besteht nach seinem Inkrafttreten jeweils für 12 Monate. Ein früheres Ausscheiden aus dem Testpool kommt nur ausnahmsweise in Betracht, zum Beispiel beim Rücktritt eines Athleten.256 2. Testpools ausländischer nationaler Anti-Doping-Agenturen Nach dem gesetzgeberischen Willen257 und dem Wortlaut des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG sind nicht nur Sportler erfasst, die Trainingskontrollen der Nationalen Anti Doping Agentur Deutschland (NADA) unterliegen, sondern sämtliche Athleten, die von (irgend-)einer nationalen Anti-Doping-Agentur im Training kontrolliert werden können.258 Dadurch können zumindest die stärksten ausländischen Athleten der jeweiligen Fördersysteme bereits über eine Testpoolmitgliedschaft erfasst werden. Darauf, dass die offene Formulierung des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG nur bedingt zur Gleichstellung deutscher und ausländischer Spitzensportler führt, wird noch zurückzukommen sein.259 3. Kein Verweis auf Testpools nationaler Sportverbände Unklar ist, ob sich die Anwendbarkeit des Tatbestands auf Sportler beschränkt, die Testpools der nationalen Anti-Doping-Agenturen unterliegen. Durch die offene Formulierung „eines Testpools“ könnten darüber hinaus sämtliche Athleten erfasst sein, die Mitglieder eines Trainingskontrollsystems irgendeiner zu Trainingskontrollen befugten Organisation, beispielsweise eines nationalen Fachverbands, sind.260 Für Athleten mit zumindest nationalem Spitzenniveau ist das regelmäßig nicht entscheidungserheblich, weil sie in der Regel Teil des Kontrollsystems der jewei-

255

Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 24. Art. 2.3 des Standards für Meldepflichten. 257 BT-Drs. 18/4898, S. 32. 258 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 110; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 20; Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 211; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 7; Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem AntiDoping-Gesetz, S. 174; Deutscher Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 11; Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 11; Mortsiefer, SpuRt 2015, 2 (3); Parzeller/ Prittwitz, StoffR 2015, 2 (16); a.A. womöglich Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschaftsund Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 23; Thieme, DRiZ 2015, 10 (11), wenngleich eher zu vermuten sein dürfte, dass die Nennung nur der NADA nicht zum Umkehrschluss führen solle, dass ausländische NADOs nicht erfasst wären. Nur auf die NADA abstellend auch Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 8; Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 24; Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 5; Finken, PharmR 2016, 445 (448); für Unklarheit der Spitzensportler-Bestimmung Künast, DRiZ 2015, 301. 259 S. 128 ff. 260 S. 22 f. 256

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ligen nationalen Anti-Doping-Agenturen sind.261 Relevant wird die Frage aber, wenn Sportverbände ihr Kontrollsystem über die nationale Spitze hinaus ausweiten. Veranschaulichen lässt sich das an der 3. Fußball-Liga der Herren. Nach § 5 Nr. 1 S. 3 der Anti-Doping-Richtlinien des DFB können Dopingkontrollen auch für das Training von Drittliga-Mannschaften angeordnet werden. Ein Indiz dafür, dass der Gesetzgeber die „Spitzensportler“-Eigenschaft i.S.d. Nr. 1 nicht über den Kreis der den Testpools der nationalen Anti-Doping-Agenturen angehörigen Athleten hinaus auf ein niedrigeres Leistungsniveau erweitern wollte ist – wenn man unterstellt, dass er sich des Trainingskontrollsystems des DFB bewusst war – der Entwurfsbegründung zu entnehmen. Denn dort werden Drittliga-Fußballer gerade als Beispiel für diejenigen Sportler genannt, die erst über die Einnahmeklausel des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG zu tauglichen Tätern werden.262 Von § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG werden neben den Testpools der NADOs deshalb allenfalls – was nur selten entscheidungserheblich werden dürfte – solche internationaler Fachverbände erfasst. III. Einnahmen von erheblichem Umfang, Nr. 2 – Ein versteckter Auffangtatbestand Dem Testpool-Athleten wird nach § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG gleichgestellt, wer „aus der sportlichen Betätigung unmittelbar oder mittelbar Einnahmen von erheblichem Umfang erzielt“. Die Einnahmeklausel soll dem Umstand Rechnung tragen, dass auch außerhalb des Bereichs, der Trainingskontrollen unterliegt, „erhebliche wirtschaftliche Einnahmen erzielt werden können, die einen besonderen Anreiz dafür bieten können, zu verbotenen Dopingmitteln“ zu greifen.263 Welcher Anwendungsbereich der Strafbewehrung des Selbstdopingverbots dadurch über § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG hinaus verschafft wurde, ist höchst umstritten. Der Gehalt des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG wird deshalb im Folgenden einer eingehenden Analyse unterzogen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach der Ausfüllung des Begriffs der „Erheblichkeit“ der durch den Sport erzielten Einnahmen. 1. Erzielen von Einnahmen Erforderlich ist zunächst, dass der Sportler durch den Sport überhaupt Einnahmen erzielt. Relevante Einkünfte stellen neben Zuwendungen in Geld jedenfalls auch Vorteile in Geldeswert, also Leistungen mit Marktwert, dar.264 Solche Vorteile können in der Praxis vielfältiger Natur sein. Sie reichen von der Bereitstellung von Arbeitsplätzen bis zur unentgeltlichen Erstellung des Rohbaus eines Eigenheims

261 262 263 264

Zu Abweichungen S. 128 ff. BT-Drs. 18/4898, S. 32. BT-Drs. 18/4898, S. 32. Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 31.

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durch einen Bauunternehmer als Sponsorenleistung.265 Grundsätzlich können auch Nutzungen und Gutscheine, Sach- oder Naturalleistungen „Einnahmen“ i.S.d. Norm sein.266 Ein Sportler erzielt nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann „Einnahmen“, wenn er wiederholt wirtschaftliche Vorteile erlangt.267 Eine einmalige finanzielle Zuwendung oder ein ausnahmsweise erzieltes Preisgeld sind nicht erfasst.268 Ein Vorteil wird allerdings nicht erst bedeutsam, wenn er seiner Art nach wiederholt erlangt wird. Beispielsweise Sachleistungen dürften deshalb schon bei erstmaligem Zufluss erfasst sein, wenn der Sportler bereits in diesem Zeitpunkt auch anderweitig wirtschaftliche Vorteile – beliebiger Art – generiert.269 2. Bezug der Einnahme zur sportlichen Betätigung Die Einnahmen müssen „unmittelbar oder mittelbar“ aus der sportlichen Betätigung erzielt werden. Die Erfassung mittelbar durch den Sport erlangter Einnahmen erscheint angesichts des komplexen Entlohnungssystems im Sport als angebracht.270 Praxisrelevant dürften etwa Fälle sein, in denen Sportler nicht vom Verein selbst durch ein Gehalt entlohnt werden, sondern von dritter Seite Zuwendungen in Geld oder Geldeswert erhalten. Unmittelbarer Zahlungsgrund kann dann in solchen Fällen sein, dass der Athlet bei einem Sponsor angestellt ist und von ihm bezahlt wird.271 Mittelbar erzielte Einnahmen sind auch Sponsorengelder, Leistungen der Sportförderung (z. B. der Stiftung Deutsche Sporthilfe) und die Besoldungen, die staatlich geförderte Spitzensportler bei Bundespolizei, Zollverwaltung und Bundesverteidigungsministerium beziehen.272 Direkt aus dem Sport erwirtschaftet werden hingegen Start- und Preisgelder sowie eine etwaige Arbeitsvergütung durch den Verein.273 265

Steiner, ZRP 2015, 51 (53 mit Fn. 19). Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 31. 267 BT-Drs. 18/4898, S. 32. 268 BT-Drs. 18/4898, S. 32; dem zustimmend Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 216; dagegen Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (17). 269 Wohl a.A. für § 265d Abs. 5 Nr. 3 StGB Bittmann/Nuzinger/Rübenstahl, in: BeckOKStGB, § 265d Rn. 36.3. 270 In diese Richtung auch Sauer, Stellungnahme zum Entwurf der §§ 265c, d StGB, S. 9. 271 Kubiciel, Protokoll-Nr. 18/1113 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 25 zu §§ 265c, d StGB; jedenfalls davon, dass „über den Sport“ Arbeitsplätze vermittelt würden, sprechen Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 110 für das Gewichtheben. 272 BT-Drs. 18/4898, S. 32, allerdings ohne ausdrückliche Differenzierung zwischen mittelbaren und unmittelbar aus der sportlichen Betätigung resultierenden Einnahmen; wie hier Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 31; i.E. auch Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 9. 273 BT-Drs. 18/4898, S. 32, allerdings ohne ausdrückliche Differenzierung zwischen mittelbaren und unmittelbar aus der sportlichen Betätigung resultierenden Einnahmen; wie hier Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 31; i.E. auch Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 9. 266

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Ausreichend dürfte sein, dass Einnahmen aus Anlass der sportlichen Aktivität erzielt werden. Bei Arbeitsverträgen eines Sportlers mit einem außerhalb des Vereins stehenden Dritten kann eine Verquickung der Anstellung mit der sportlichen Betätigung etwa dadurch offensichtlich werden, dass die Anstellung befristet ist oder ihre Geschäftsgrundlage in der sportlichen Aktivität für den betreffenden Verein findet.274 In der Praxis kann in diesen Fällen die Feststellung, dass die Einnahmen mittelbar aus der sportlichen Betätigung erlangt werden durchaus problematisch werden. Das betrifft z. B. Fälle, in denen der Sportler in der Firma des Sponsors eine Tätigkeit ausübt, die seinen Fähigkeiten entspricht und das erlangte Entgelt (jedenfalls teilweise) rechtfertigt.275 Im Ergebnis dürfte es darauf ankommen, ob der Teil des Einkommens, der sich unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht rechtfertigen lässt, so groß ist, dass er sich nur noch als mittelbare Gegenleistung für sportliche Aktivität erklären lässt. Ein wirtschaftlicher Vorteil muss dagegen nicht in einem inneren Zusammenhang zur sportlichen Aktivität des Akteurs stehen. Deshalb sind etwa Einkünfte aus Werbeverträgen für ein Haarshampoo mittelbar aus dem Sport erzielt, obwohl der Sportler keine besondere Eignung zur Vermittlung der These besitzt, dass der Kauf gerade dieses Produkts angebracht sei. Es reicht aus, dass er den Werbevertrag nur erhält, weil er aufgrund seiner sportlichen Betätigung einen Marketingwert besitzt. Dieser Wert muss nicht ausschließlich auf sportlichem Erfolg basieren, sondern kann jedenfalls teilweise auch auf sonstiger, durch den Sport nur vermittelter Popularität gründen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Einzelfall „sportneutrale Faktoren wie gutes Aussehen, Charisma, Eloquenz [oder] Witzigkeit“ den eigentlichen Grund der Einnahmeverschaffung darstellen.276 Im Regelfall dürfte es aber so sein, dass diese Einnahmefaktoren nur zum Tragen kommen, weil der Athlet auf so hohem Leistungsniveau aktiv ist, dass ihn die dadurch vermittelte Bekanntheit als attraktiven Werbeträger erscheinen lässt.277 Das Verhältnis von Ursache und Wirkung kehrt Wußler um, wenn er meint, dass es für den Zusammenhang zwischen Sport und Werbeeinnahmen darauf ankäme, „dass die Einkünfte aus solchen Tätigkeiten eine zeitlich umfassende sportliche Betätigung des Athleten erst ermöglichen, indem ihm durch sie ein Einkommen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes zufließt“.278 Ein solches Verständnis bedeutete, dass nicht die Einnahme die Folge sportlicher Betätigung, sondern die Möglichkeit (umfassender) sportlicher Betätigung die Folge erlangter Einnahmen sein müsste. Das widerspricht dem Wortlaut des Gesetzes, der verlangt, dass Einnahmen „aus“ der 274

Kubiciel, Protokoll-Nr. 18/1113 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 25 zu §§ 265c, d StGB. 275 In diese Richtung Krack, wistra 2017, 289 (296) für § 265d StGB. 276 Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (166). 277 Zum Forschungsstand Bernnat/Klöcker, Der gesellschaftliche Wert des deutschen Spitzensports, S. 5, Abb. 2, S. 12; Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 8. 278 Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 9.

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sportlichen Betätigung erzielt werden müssen. Ein solches Erfordernis stellte auch sachlich kein angemessenes Auslegungskriterium dar. Denn auch der Millionenerbe kann sich umfassender sportlicher Betätigung widmen, ohne dass ernsthaft darüber diskutiert werden würde, dass er seine Erbschaft „aus der sportlichen Betätigung“ erlangt haben und damit zum tauglichen Täter des Selbstdopingdelikts geworden sein könnte. Ein Werbevertrag ist deshalb unabhängig davon, welche Auswirkungen er für die finanzielle Situation des Athleten hat, „aus“ der sportlichen Betätigung erlangt, wenn der Grund für seinen Abschluss auf Seiten des Vertragspartners zumindest mittelbar in den sportlichen Leistungen des Athleten liegt. Womöglich geht es Wußler mit dem Kriterium der „durch die Einnahme verschafften Zeit für sportliche Betätigung“ in der Sache um einen Gedanken, der nicht den Bezug der sportlichen Betätigung zur Einnahme, sondern deren Erheblichkeit betrifft: Ob eine Einnahme Zeit für eine – womöglich gar umfassende – sportliche Betätigung verschafft, ist eine Frage ihrer Höhe. 3. Erheblichkeit der Einnahme Entscheidend für die Beurteilung der Täterqualität eines dopenden Sportlers ist im Regelfall, ob die von ihm durch den Sport erzielten Einnahmen von „erheblichem Umfang“ sind. Was unter „erheblichen“ Einnahmen zu verstehen ist, ist allerdings unklar.279 Das Gesetz selbst enthält, ebenso wie der allgemeine Sprachgebrauch, kaum Anhaltspunkte: Der Duden meint, dass erheblich sei, was „beträchtlich; ins Gewicht fallend“ ist. Die Entwurfsbegründung trägt jedenfalls auf den ersten Blick nicht zu durchschlagenden Erkenntnissen bei. Erforderlich sein sollen „maßgebliche Leistungen […], die deutlich über eine bloße Kostenerstattung hinausgehen“.280 Gewonnen ist damit kaum etwas.281 Aus dieser Wendung ergibt sich zwar, dass es nicht ausreicht, wenn ein zugeflossener Vorteil isoliert betrachtet erheblich ist. Erforderlich ist jedenfalls, dass nach Abzug aufgewendeter Kosten beim Sportler ein „Plus“ verbleibt. Unklar bleibt aber, was eine als Plus verbleibende „maßgebliche“ Leistung ist, die „deutlich“ über eine bloße Kostenerstattung hinausgeht. Veranschaulicht werden soll der Gehalt der Einnahmeklausel nach Auffassung des Gesetzgebers dadurch, dass sie „beispielsweise“ „den gesamte[n] Bereich des organisierten Motorsports, des Profiboxens (mit der derzeitigen Ausnahme der Boxer der Sauerland Event GmbH) 279 Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 23; Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9; ähnlich Rübenstahl, JR 2017, 333 (336) für § 265d StGB; keine wesentlichen Probleme bei der Bestimmung des Täterkreises sehen hingegen Brill, SpuRt 2015, 153 (154); Heger, Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 14. 280 BT-Drs. 18/4898, S. 32. 281 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 33; Krack, wistra 2017, 289 (296) für §§ 265c, d StGB.

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sowie der 3. Fußball-Liga der Herren“ erfasse. Eine griffige Leitlinie für die Einzelfallbetrachtung ist so nicht vorgegeben. a) Auffassungen in der Literatur Die in der wissenschaftlichen Diskussion bislang vorgebrachten Konkretisierungsversuche der Erheblichkeitsklausel bestimmen den Täterkreis des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG deshalb – notgedrungen – maßgeblich darüber, ob absolut formulierte Einkommensgrenzen überschritten werden. Dabei weichen die vertretenen Grenzwerte deutlich voneinander ab. Putzke282 sieht den entscheidenden Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der „Erheblichkeit“ im Hinweis des Gesetzgebers,283 dass § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG u. a. Fußballer der 3. Liga der Herren erfassen solle. Das indiziere im Umkehrschluss, dass Regionalligaspieler (4. Liga) nicht erfasst sein sollten. Damit stelle die Einkommensschwelle zwischen der 4. und 3. Fußball-Liga der Herren einen tauglichen Anknüpfungspunkt zur Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze dar. Putzke geht für die Regionalliga im oberen Verdienstbereich von monatlichen Nettogehältern von 1.500 Euro aus. Da diese Akteure nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erfasst sein sollten, stelle ein Jahresgehalt von 18.000 Euro netto eine denkbare untere Erheblichkeitsschwelle dar.284 Heger bezeichnet die von § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG erfassten Sportler als „Profis“.285 Diesen Begriff versteht er allerdings nicht so, dass die Einkünfte aus sportlicher Betätigung zwingend die Haupteinnahmequelle des Athleten darstellen müssten. Wie Putzke richtet er besondere Aufmerksamkeit auf Regionalliga-Fußballer, die zumeist wenigstens vierstellige Beträge im Monat verdienten und „vom Gesetzeswortlaut […] eindeutig erfasst“ seien.286 Als taugliche Täter bezeichnet er allerdings darüber hinaus jedenfalls auch „einige Spieler in den Ligen darunter“.287 In Hinblick auf eine konkrete Bezifferung der Einkommensschwelle hält er sowohl eine Orientierung an den Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen aus §§ 850 ff. ZPO als auch am deutlich niedrigeren Grenzwert für geringfügige Beschäftigungen

282

Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 34. BT-Drs. 18/4898, S. 32. 284 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 34 ergänzt diese Überlegungen durch den Gedanken, dass auch eine jedenfalls dreimalige Zahlung zu jeweils mindestens 1.500 Euro ausreiche; dem zustimmend Weber, BtMG, AntiDopG § 4 Rn. 217. 285 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 8; so auch Pfister, in: ders., Das AntiDoping-Gesetz, S. 45 (55 f.). 286 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9; ähnlich Volkmer, in: Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 96: 1.000 Euro. 287 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9. 283

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nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV für möglich, womit sogar Einkünfte von monatlich 450 Euro ausreichten.288 Jahn289 dürfte die geringste Einkommensschwelle vertreten. Er stellt auf den Auslegungshinweis des Gesetzgebers ab, dass es sich bei den relevanten Einnahmen um solche handeln müsse, die über eine bloße Kostenerstattung hinausgehen.290 Eine absolute Grenze formuliert Jahn nicht. Die Bezugnahme auf ein bloßes (deutliches) Plus hat indes eine Erheblichkeitsgrenze zur Folge, die jedenfalls unter der von Putzke konstruierten liegen muss. In Bezug auf den Fußball führt das dazu, dass Jahn wie Heger Regionalliga-Spieler und jedenfalls einige 5.- und wohl auch 6.-LigaSpieler als von der Norm erfasst ansieht.291 Bei einem solchen Verständnis der Erheblichkeitsgrenze würde der Kreis der tauglichen Täter des Selbstdopingdelikts durch § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG gegenüber § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG massiv erweitert. Jahn rügt die Vorschrift deshalb als „willkürliche Überkriminalisierung des Amateursports“.292 b) Eigene Auffassung – Auffangtatbestand für Mängel im Kontrollsystem Bei der „Erheblichkeit“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Ob er im Einzelfall erfüllt ist, ist im Wesentlichen eine Tatfrage.293 Der Rechtsanwender wird sie wegen der Weite des Begriffs nicht ohne Bezugnahme auf das von der Vorschrift geschützte Rechtsgut beantworten können.294 Die vorliegende Untersuchung muss sich allerdings aus methodischen Gründen zunächst auf Erkenntnisse beschränken, die sich aus einer grammatischen, systematischen und genetisch-historischen Analyse des Gesetzesmerkmals herleiten lassen. Dabei ergänzt sie die Diskussion über die Ausfüllung der Erheblichkeitsklausel um einen bislang kaum beachteten Aspekt: die Frage, ob die Täterqualität eines dopenden Sportlers nach § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG neben der Höhe seiner Einnahmen auch davon abhängt, dass er – wie es eigentlich nur für den Testpool-

288 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9: 450 Euro; in diese Richtung auch Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 10; skeptisch Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 217; Hegers Bezugnahme auf die Pfändungsgrenzen nach §§ 850 ff. ZPO findet sich in medstra 2017, 205 (214). 289 Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 25 f. 290 BT-Drs. 18/4898, S. 32. 291 Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 26. Die von Jahn vorgenommene Differenzierung zwischen Oberliga und Verbandsliga ist insoweit nicht ganz eindeutig, da dies in einigen Bundesländern die 5. und 6. Ligen bezeichnet, in anderen Bundesländern Ober- und Verbandsliga hingegen einheitlich die 5. Liga kennzeichnen. 292 Damit schließt er sich dem Deutschen Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9 an. 293 BGH NJW 1987, 1833 (1834 f.). 294 S. 49 ff., 133 ff., 165 ff.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

Athleten i.S.d § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG charakterisch zu sein scheint – ein bestimmtes sportliches Leistungsniveau aufweist. aa) Unergiebigkeit des Wortlauts Die grammatische Auslegung ergibt keine tragfähigen Erkenntnisse. Die Klausel der „Einnahmen von erheblichem Umfang“ ist sprachlich so weit gefasst, dass sie für sich betrachtet keine Anknüpfungspunkte für eine Beschränkung des Täterkreises bietet.295 Ab wann eine Einnahme „ins Gewicht fällt“, ist ohne einen wortlautexternen Bemessungsmaßstab nicht zu bestimmen. bb) Systematische Überlegungen Erste Annäherungen an den Gehalt der Einnahmeklausel ermöglicht die systematische Auslegung. (1) Die Systematik des § 4 Abs. 7 AntiDopG als Indiz für die Erfassung des Breitensports Die Systematik des § 4 Abs. 7 AntiDopG spricht dagegen, dass es für die Einnahmeklausel auf ein bestimmtes Leistungsniveau des gedopten Athleten ankommt. Denn die Spitzensportlereigenschaft ist nach der insoweit eigentlich eindeutigen Gesetzestechnik auf § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG beschränkt. Das deutet im Umkehrschluss darauf hin, dass das Gesetz auch den Breitensport erfassen solle, wenn dort erhebliche Summen bewegt werden. (2) Die Systematik der Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG Über § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG soll dem Wortlaut nach die finanzielle Attraktivität der sportlichen Betätigung den Täterkreis beschränken. Auffällig ist, dass daran auch in § 4 Abs. 4 AntiDopG angeknüpft wird. Im Bereich des Fremddopings wirken das Erlangen eines „Vermögensvorteils großen Ausmaßes“ (§ 4 Abs. 4 Nr. 1c AntiDopG) und die „gewerbsmäßige“ Tatbegehung (§ 4 Abs. 4 Nr. 2b AntiDopG) strafschärfend. Der Gesetzgeber knüpft also in zwei Absätzen derselben Vorschrift zur Strafbegründung bzw. –schärfung jeweils an durch den Sport bzw. das Doping erzielte bzw. erstrebte wirtschaftliche Vorteile an, verwendet dabei aber unterschiedliche Formulierungen. Das könnte darauf hindeuten, dass auch die inhaltlichen Anforderungen an die Einnahmehöhe voneinander abweichen. In Hinblick darauf, dass § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG nur wiederholt erlangte Vorteile erfassen soll erscheint es zunächst bemerkenswert, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung der Sportausübung für den potentiellen Täter nicht von der im StGB gängigen296 und in § 4 Abs. 4 Nr. 2b Anti295

S. 99. S. etwa §§ 146 Abs. 2; 152a Abs. 3; 152b Abs. 2; 180a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1; 181a Abs. 2; 184b Abs. 2; 184c Abs. 2; 232 Abs. 3 Nr. 3; 236 Abs. 4 Nr. 1; 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; 253 296

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DopG verwendeten Formel der „Gewerbsmäßigkeit“ Gebrauch gemacht hat. Denn auch diese setzt zumindest die Absicht wiederholter Tatbegehung voraus.297 Der Gesetzgeber hätte die Strafbarkeit also auch auf Sportler beschränken können, die sportliche Betätigung gewerbsmäßig betreiben. Heger meint, dass dem Verzicht auf die Verwendung dieses Merkmals in § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG zu entnehmen sei, dass die erwirtschafteten Einkünfte „über die Mindestanforderungen an die Annahme von Gewerbsmäßigkeit merklich hinaus gehen müssen“.298 Diese Auffassung dürfte zutreffen. Gewerbsmäßig handelt allerdings bereits, wer sich aus der Tatbegehung eine nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will.299 Gewerbsmäßiges Handeln setzt nicht voraus, dass der Täter es wie einen Beruf betreibt und daraus seinen Unterhalt ganz bestreitet oder dass die erstrebten Vorteile zumindest die Haupteinnahmequelle des Täters darstellen sollen.300 In quantitativer Hinsicht muss es sich lediglich um eine Einnahmequelle „von einigem Umfang“ handeln.301 Zum gewerbsmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln hat der BGH ausgeführt, dass ein Gesamterlös in Höhe von 80 Euro dazu führe, dass die Feststellung der Gewerbsmäßigkeit einer „eingehenden Begründung“ bedarf.302 Selbst bei einer derart niedrigen Gewinnspanne handele es sich allerdings lediglich um einen „gegen eine derartige Absicht sprechenden Umst[and]“.303 Auch für Fischer bestehen in einem solchen Fall lediglich „Zweifel“ an der Gewerbsmäßigkeit.304 Dass solche Einnahmen nicht „erheblich“ i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG sind, dürfte zutreffen. Das besagt aber kaum etwas über die hier interessierende Frage, ob Einnahmen im mittleren dreistelligen Bereich oder mit Putzke erst solche im deutlich vierstelligen Bereich die Tätereigenschaft begründen. Der Gesetzgeber dürfte mit dem Verzicht auf den Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Übrigen nicht nur eine höhere Einkommensschwelle bezweckt haben. Der Wortlaut der EinnahmeAbs. 4; 260 Abs. 1 Nr. 1; 260a Abs. 1; 261 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4; 263 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5, 265e Nr. 2; 266a Abs. 4 Nr. 3; 267 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4; 275 Abs. 2; 276 Abs. 2; 284 Abs. 3 Nr. 1; 291 Abs. 2 Nr. 2; 292 Abs. 2 S. 2 Nr. 1; 300 Nr. 2; 303b Abs. 4 Nr. 2; 335 Abs. 2 Nr. 3. 297 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9. Zum Erfordernis der Absicht wiederholter Tatbegehung BGH NStZ 1995, 85; NJW 2012, 325 (328) zu § 260(a) StGB; BGH NStZRR 2008, 212; 2012, 279 zu § 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG; BGH NJW 2009, 3798 zu § 146 StGB; Bosch, in: Schönke/Schröder, § 243 Rn. 31; Fischer, Vor § 52 Rn. 61. 298 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9. 299 BGH NStZ 1995, 85; NJW 2012, 325 (328); Bosch, in: Schönke/Schröder, § 243 Rn. 31; Fischer, Vor § 52 Rn. 61; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 49; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 17. 300 BGH NStZ-RR 2008, 212; 2012, 279 zu § 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG; OLG Stuttgart NStZ 2003, 40 (41) zu § 373 Abs. 1 S. 1 AO; Fischer, Vor § 52 Rn. 61; Hefendehl, in: MüKoStGB, § 263 Rn. 967. 301 BGH NStZ 1995, 85 zu § 260 StGB; BGH NJW 2009, 3798 zu § 146 StGB; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 26. 302 BGH NStZ-RR 2008, 212 zu § 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG. 303 BGH NStZ-RR 2008, 212 zu § 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG. 304 Fischer, Vor § 52 Rn. 61.

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klausel zeigt darüber hinaus, dass – anders als bei gewerbsmäßigem Handeln305 – Einkünfte bereits tatsächlich erzielt worden sein müssen.306 Der Gesetzgeber hat sich auch nicht die Klausel des § 4 Abs. 4 Nr. 1c AntiDopG zum Vorbild genommen und normiert, dass unter den Täterkreis fällt, wer „aus der sportlichen Betätigung unmittelbar oder mittelbar Vermögensvorteile großen Ausmaßes“ erlangt. Wenn er in § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG stattdessen Einnahmen „erheblichen“ Ausmaßes verlangt, deutet das nach hiesigem Sprachverständnis auf eine niedrigere Einnahmeschwelle hin.307 § 4 Abs. 4 Nr. 1c AntiDopG entspricht § 95 Abs. 3 S. 2 Nr. 1c AMG a.F. Ein Vermögensvorteil sollte im Rahmen dieser Vorschrift regelmäßig erst von „großem Ausmaß“ sein, wenn er die Wertgrenze von 50.000 Euro überschritten hatte.308 Dafür, dass der Gesetzgeber die Vorschrift nun anders verstanden wissen will, liefert er in der Entwurfsbegründung keinen Anhaltspunkt.309 Dieser Wert wird sich bei § 4 Abs. 4 Nr. 1c AntiDopG indes auf eine Tat beziehen müssen.310 Aus einem Vergleich mit der Vorteilsklausel des § 4 Abs. 4 Nr. 1c AntiDopG ließen sich unmittelbare Schlüsse daher nur ziehen, wenn man meinte, dass jeder einzelne durch den Sportler erzielte Vorteil erheblich sein müsse. Ein solches Verständnis dürfte aber dem gesetzgeberischen Willen widersprechen, nachdem Einnahmen von erheblichem Umfang nur vorliegen sollen, wenn Vorteile wiederholt zufließen.311 Das spricht dafür, die zugeflossenen Vorteile auch in Hinblick auf ihre Erheblichkeit in der Zusammenschau zu betrachten. Es liegt nun aber auf der Hand, dass die Bedeutung der Höhe eines einzelnen Vorteils mit der Häufigkeit der Wiederholung seines Zuflusses schwindet. Dass der Gesetzgeber bei § 4 Abs. 4 Nr. 1c AntiDopG eine 305 BGH NStZ 1995, 85 zu § 260 StGB; BGH NJW 2009, 3798 zu § 146 StGB; BGH NStZRR 2011, 373 zu § 263 StGB; Bosch, in: Schönke/Schröder, § 243 Rn. 31; Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 263 Rn. 967; einschränkend Schmitz, in: MüKo-StGB, § 243 Rn. 41; a.A. Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 27. 306 Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 218; Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 10; Krack, wistra 2017, 289 (296) für § 265d StGB. 307 Heger, medstra 2017, 205 (214). 308 Mayer, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, § 45 Rn. 22; Raum, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, § 95 Rn. 51; Volkmer, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., AMG, § 95 Rn. 341; Weber, BtMG, AMG, § 95 Rn. 433; wohl niedriger Knauer, in: Spickhoff, Medizinrecht, AMG, § 95 Rn. 58. Zu berücksichtigen bleibt, dass es sich schon wegen der Rechtsnatur des § 95 Abs. 3 S. 2 Nr. 1c AMG als Regelbeispiel bei der genannten Summe nur um eine Richtschnur gehandelt haben kann. 309 BT-Drs. 18/4898, S. 30 f.; für eine Wertgrenze von weiterhin 50.000 Euro Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 44; Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 294; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 4 Rn. 15; für unklar hält den erforderlichen Gewinn Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 39. 310 So etwa BGH NJW 2012, 1015 (1016) und Krick, in: MüKo-StGB, § 300 Rn. 14 für §§ 370 AO, 300 StGB. 311 S. 97.

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Formulierung gewählt hat, die eine höhere Wertgrenze suggeriert als § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG verliert dadurch an Bedeutung. Das bedeutet indes nicht, dass dem systematischen Vergleich von § 4 Abs. 4 und Abs. 7 AntiDopG überhaupt keine Bedeutung zukäme. Angesichts des Durchschnittseinkommens der deutschen Bevölkerung erscheint es nicht als unangebracht, 50.000 Euro auch dann als Vermögensvorteil „großen Ausmaßes“ zu begreifen, wenn nicht ein einmaliges Ereignis, sondern das jährliche Einkommen in Rede steht. Es hätte lediglich eines klarstellenden Hinweises in der Gesetzesbegründung bedurft, dass das (große) Ausmaß der erzielten Einnahmen i.S.d. § 4 Abs. 7 AntiDopG durch eine Betrachtung der Einkünfte eines Kalenderjahres zu bestimmen sei. Als rare Erkenntnis der Auseinandersetzung mit der Systematik des § 4 AntiDopG lässt sich deshalb zumindest festhalten, dass sie auf eine unter 50.000 Euro jährlich liegende Einkommensgrenze hindeutet.312 (3) Einnahmen erheblichen Umfangs und berufssportlicher Wettbewerb in § 265d StGB Bei einer Ausweitung systematischer Überlegungen auf die Gesamtrechtsordnung gerät zunächst der Straftatbestand der Manipulation berufssportlicher Wettbewerbe aus § 265d StGB in den Blick. Die Formel der „Einnahmen von erheblichem Umfang“ findet sich dort mit identischem Wortlaut. In § 265d StGB soll sie den Begriff des „berufssportlichen Wettbewerbs“ konkretisieren. Notwendige Bedingung für das Vorliegen einer solchen Veranstaltung ist nach § 265d Abs. 5 Nrn. 1 und 3 StGB, dass sie von einem Sportbundesverband oder einer internationalen Sportorganisation anerkannt wird und an dem Wettbewerb „überwiegend Sportler teilnehmen, die durch ihre sportliche Betätigung unmittelbar oder mittelbar Einnahmen von erheblichem Umfang erzielen.“ Aus Auslegung und Zweckbestimmung der Erheblichkeitsklausel bei § 265d StGB zur Konkretisierung gerade eines berufssportlichen Wettbewerbs könnten sich Rückschlüsse auf die Bedeutung der Formulierung in § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG ergeben. Methodisch ist allerdings zu bedenken, dass § 265d StGB erst nach dem AntiDopG in Kraft trat.313 Es kann sich also allenfalls der Gesetzgeber des § 265d StGB gegen das Regelungsmuster des AntiDopG entschieden haben – nicht umgekehrt. Das Gebot der Erkennbarkeit des Rechts für den Bürger spricht allerdings dafür, die Berücksichtigung des § 265d StGB bei der systematischen Auslegung von § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG nicht pauschal zu verbieten. Sie führt indes ohnehin nur zu überschaubaren Erkenntnissen. Keine tragfähigen Rückschlüsse lassen sich daraus ziehen, dass § 265d StGB das Tatbestandsmerkmal des berufssportlichen Wettbewerbs geschaffen hat. Dieses hätte 312

So auch Heger, medstra 2017, 205 (214). Skeptisch im Allgemeinen Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 276 ff.; Waldhoff, in: Fleischer, Mysterium „Gesetzesmaterialien“, S. 75 (80 f.). 313

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

der Gesetzgeber zwar auch im AntiDopG verwenden können. Mit der Gesetzestechnik des § 265d StGB wären dann nach § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG Athleten strafbar, die „an berufssportlichen Wettbewerben teilnehmen“. Man könnte deshalb zu dem Schluss neigen, dass die Täter des Selbstdopings zumindest keine Berufssportler sein müssten.314 An der Konkretisierung des berufssportlichen Wettkampfs in § 265d Abs. 5 Nr. 3 StGB zeigt sich aber, dass der Gesetzgeber mit dem „Berufssport“ einerseits und „erheblichen“ Einnahmen andererseits nicht zwingend unterschiedliche Einkommensmaßstäbe verbindet. Denn ein „berufssportlicher“ Wettbewerb liegt bereits vor, wenn die an der Veranstaltung teilnehmenden Sportler überwiegend „Einnahmen von erheblichem Umfang“ erzielen. Für die Ausfüllung der Berufssportlichkeit verwendet der Gesetzgeber des § 265d StGB also gerade den Sprachgebrauch des AntiDopG. In der Entwurfsbegründung315 wiederholt er dann auch wörtlich die aus § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG bekannte Konkretisierungsformel von der „maßgeblichen Leistung“ und verweist ausdrücklich auf die Begründung des AntiDopG. Bemerkenswert ist zuletzt, dass sich dort die unzutreffende Aussage findet, dass das AntiDopG „in § 4 Absatz 7 Nummer 2 AntiDopG zur Bestimmung des berufssportlichen Charakters in gleicher Weise auf den Umfang der durch die sportliche Betätigung zu erzielenden Einnahmen abstellt“.316

Von Berufssport spricht § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG gerade nicht, sondern von „erheblichen“ Einnahmen. Es entsteht dadurch eher der Eindruck, dass der Gesetzgeber des § 265d StGB nicht wusste, was er zuvor in § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG geregelt hatte, als dass er die Anforderungen an die Erheblichkeit von Einnahmen bei § 265d StGB durch die Schaffung des Merkmals des berufssportlichen Wettkampfs von denen in § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG bewusst abgrenzen wollte. In welchem Verhältnis Berufssport und erhebliche Einnahmen stehen, lässt sich womöglich für § 265d StGB beantworten.317 Rückschlüsse auf das AntiDopG ergeben sich daraus aber nicht.318 Der Gesetzgeber hat im AntiDopG allerdings auch auf die Voraussetzung des § 265d Abs. 5 Nr. 1 AntiDopG verzichtet, nach der ein Wettbewerb zumindest von einem Sportbundesverband anerkannt sein muss. Das gesetzgeberische Verständnis der „Anerkennung“ i.S.d. § 265d StGB zieht nach sich, dass der Begriff des berufssportlichen Wettkampfs nur hochklassige Veranstaltungen erfasst.319 Der Umkehrschluss stützt die aus der Systematik des § 4 Abs. 7 AntiDopG hergeleitete

314

Stam, NZWiSt 2018, 41 (46). BT-Drs. 18/8831, S. 22. 316 BT-Drs. 18/8831, S. 22 (Hervorhebung durch den Verfasser). 317 Dazu Stam, NZWiSt 2018, 41 (46). 318 Zur Bedeutung des Verzichts auf die Berufssportklausel vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte S. 117. 319 Dazu schon S. 76 ff. 315

Kap. 3: Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG – Täterkreisbeschränkungen

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These, dass das sportliche Leistungsniveau des Sportlers für seine Tätereigenschaft i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 2 unbeachtlich sein müsse. (4) Der Begriff der „Erheblichkeit“ und des „bedeutenden Werts“ im StGB Wenn im Kernstrafrecht der Begriff „erheblich“ verwendet wird, betrifft das im Allgemeinen Teil insbesondere die verminderte Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) und die Gefahrenprognose in Hinblick auf die Begehung künftiger Straftaten, etwa bei freiheitsentziehenden Maßregeln (§ 63 ff. StGB), der Führungsaufsicht (§ 68 ff. StGB) und dem Berufsverbot (§ 70 ff.). Im Besonderen Teil des StGB spielt die Erheblichkeit zum Beispiel im Sexualstrafrecht eine Rolle. Als „sexuelle Handlungen“ gelten dort nur solche, „die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind“ (§ 184 h Nr. 1 StGB). Die Bankrottvorschrift des § 283 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt voraus, dass „erheblich unter […] Wert“ veräußert wird und Vorschriften zur Tätigen Reue erfordern die Verhinderung eines „erheblichen Schadens“ (§§ 306e, 314a, 320, 330b StGB). An die Eignung zur Herbeiführung solcher Schäden wird im Umweltstrafrecht angeknüpft (§§ 327 Abs. 2 S. 2, 328 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Zur Ausfüllung der Formel der „Erheblichkeit“ fallen Schlagworte wie „Gesamtwürdigung“,320 „Verhältnismäßigkeit“321 oder es wird verlangt, dass die in Rede stehende Rechtsgutsbeeinträchtigung „sozial nicht mehr hinnehmbar“ sein dürfe322. Bei § 283 Abs. 1 Nr. 3 StGB soll die Unterschreitung des Werts erheblich sein, „wenn sie dem Sachkundigen ins Auge springt“.323 Der Begriff der Erheblichkeit soll zuweilen lediglich dem Ausschluss reiner „Bagatelltaten“ dienen,324 wohingegen in anderen Fällen erheblich nur sein soll, was „gravierend“325 ist. Wenn § 329 Abs. 3 StGB voraussetzt, dass eine der dort genannten Tathandlungen den jeweiligen Schutzzweck „nicht unerheblich“ beeinträchtigt, soll das nach Fischer326 verdeutlichen, dass „nur schwerwiegende Fälle“ erfasst seien. Ein solcher „schwerwiegender Fall“ liege indes bereits bei einer Störung von „einer gewissen Intensität“ vor. Es lässt sich in der Gesamtschau kein gemeinsamer Nenner finden, nach dem „erheblich“ entweder nur ist, was als „eher viel“ gilt oder bereits alles ist, was nicht als „besonders wenig“ angesehen wird. Auch auf einen verbindenden Leitgedanken, der

320

Fischer, § 21 Rn. 7a. Fischer, § 184 h Rn. 2. 322 Fischer, § 184 h Rn. 5; zu § 184 h Nr. 1 StGB so auch jüngst BGH StV 2018, 237. 323 Kindhäuser, in: NK-StGB, § 283 Rn. 48; Petermann, in: MüKo-StGB, § 283 Rn. 35; Tiedemann, in: LK, § 283 Rn. 78a. 324 Fischer, § 64 Rn. 16, § 303b Rn. 10. 325 Fischer, § 267 Rn. 54. 326 Fischer, § 329 Rn. 11. 321

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

zur Konkretisierung im AntiDopG beitragen könnte, lassen sich die Interpretationen der Erheblichkeitsklauseln des StGB nicht zurückführen.327 Indizien für eine Auslegung des AntiDopG könnten sich allerdings aus denjenigen Erheblichkeitsklauseln des StGB ergeben, die (auch) in wirtschaftlichen Zusammenhängen eine Rolle spielen und in Wissenschaft und Praxis durch absolute Wertgrenzen konkretisiert werden. So setzen etwa die Vorschriften der Tätigen Reue nach §§ 306e, 314a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1, 320 Abs. 2, 3, 330b Abs. 1 StGB voraus, dass noch kein „erheblicher Schaden“ entstanden ist. Was mit einem „erheblichen Schaden“ gemeint ist, ist – jedenfalls soweit wirtschaftlich zu bewertende Sachschäden in Rede stehen – umstritten.328 Im Rahmen des § 306e StGB hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein „erheblicher Schaden“ an einem Wohngebäude durch teilweises Zerstören vorliegt, wenn 2.500 Euro zur Schadensbeseitigung erforderlich sind.329 Soweit im Übrigen absolute Wertgrenzen formuliert werden, entsprechen diese überwiegend330 denen, die zum Begriff des im Kernstrafrecht gängigen „bedeutenden Werts“ entwickelt wurden. Ausgangspunkt der Bestimmung des „bedeutenden Werts“ ist zumeist ein Vergleich mit der im Rahmen der Straßenverkehrsdelikte einschlägigen Wertgrenze, mit der sich auch der Bundesgerichtshof bereits auseinandergesetzt hat. Dieser und Teile der Literatur gehen bei den Straßenverkehrsdelikten davon aus, dass der „bedeutende Wert“ in Übernahme einer bereits in D-Mark-Zeiten formulierten Schadensgrenze bei 750 Euro anzusiedeln sei.331 Nicht nur, weil eine Erhöhung dieser Wertgrenze bereits aus inflationsbedingten Gründen angebracht sei,332 werden in Rechtsprechung und Literatur abweichende Auffassungen vertreten, nach denen von Wertgrenzen in Höhe von bis zu 1.300 Euro auszugehen ist.333 Will man das Mei327

Das überrascht allerdings nicht, da es sich dabei typischerweise um normative Tatbestandsmerkmale handelt, deren Bedeutung sich regelmäßig nur aus einem bestimmten Lebensund Normzusammenhang ergeben kann; dazu Schmitz, in: MüKo-StGB, § 1 Rn. 47. 328 Kargl, in: NK-StGB, § 314a Rn. 9; Wolff, in: LK, § 314a Rn. 9. 329 BGH NStZ 2003, 204 (206); Wolff, in: LK, § 314a Rn. 10 überträgt diese Wertgrenze auf 314a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 StGB. 330 Für ein Abstellen auf das Zerstören einer Sache bedeutenden Werts Heger, in: Lackner/ Kühl, § 306e Rn. 2; Heine/Bosch, in: Schönke/Schröder, § 314a Rn. 9 (gegen eine Orientierung am bedeutenden Wert bei § 306e StGB indes dies., § 306e Rn. 8); Heine/Schittenhelm, in: Schönke/Schröder, § 330b Rn. 3; Kargl, in: NK-StGB, § 314a Rn. 9; Wieck-Noodt, in: MüKoStGB, § 320 Rn. 13; a.A. (niedrigere Grenze) Krack, in: MüKo-StGB, § 314a Rn. 6; Wolff, in: LK, § 314a Rn. 10; gegen eine auf Wertgrenzen abstellende Betrachtung aufgrund unterschiedlicher Schutzrichtungen der §§ 306 ff. StGB Radtke, in: MüKo-StGB, § 306e Rn. 14. 331 BGH NJW 2003, 836 (837); NStZ-RR 2008, 289; NStZ 2011, 215; Fischer, § 315 Rn. 16a; Zieschang, in: NK-StGB, § 315 Rn. 46. 332 Pegel, in: MüKo-StGB, § 315 Rn. 75; a.A. aber BGH NStZ 2011, 215 (216) mit der in Hinblick auf seine Schutzrichtung zweifelhaften Überlegung, dass der Bestimmtheitsgrundsatz gegen eine Anpassung der Wertgrenze spräche. 333 OLG Hamm, Beschluss vom 02. 12. 2008, Az. 4 Ss 466/08, Rn. 27 bei juris: 1.300 Euro; Hecker, in: Schönke/Schröder, §§ 315 Rn. 14 verweist auf Heine/Bosch, in: Schönke/Schröder,

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nungsspektrum zum „bedeutenden Wert“ im Rahmen der Verkehrsdelikte mit einem Mittelwert zusammenfassen, dürfte ein Wert von 1.000 Euro angebracht sein. Für die Bestimmung des bedeutenden Werts bei § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 StGB wird ganz überwiegend auf die zu den Verkehrsdelikten vertretenen Auffassungen verwiesen.334 Das ist auch im Bereich der gemeingefährlichen Straftaten335 üblich.336 Dort finden sich allerdings zum Teil auch nach einzelnen Vorschriften divergierende Grenzwerte zur Bestimmung des „bedeutenden Werts“. Wenn solche vom Straßenverkehrsrecht abweichenden Grenzwerte formuliert werden, liegen sie stets über den für die §§ 315 ff. StGB angesetzten Beträgen. In der Kommentarliteratur finden sich beispielsweise Grenzwerte in Höhe von 1.500 bzw. 5.000 Euro bei § 305a StGB337, 2.500 Euro bei § 306 f StGB338 und 2.500 oder 5.000 Euro im Rahmen der §§ 307 ff. StGB.339 Für die Ausfüllung des „erheblichen Schadens“ im StGB bedeutet das im Ergebnis, dass er sich in einem Bereich von 750 bzw. 1.000 bis 5.000 Euro bewegt. Eine weitere möglicherweise „analogiefähige“ Wendung findet sich im Begriff des „bedeutenden Schadens“. Nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist in der Regel ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs, wer als Täter des § 142 StGB zumindest hätte wissen können, dass bei einem Unfall ein bedeutender Schaden an einer fremden Sache entstanden ist. In Rechtsprechung und Literatur finden sich regelmäßig Grenzwerte von mindestens 1.300 Euro.340 Jedenfalls im vierstelligen Bereich dürfte er auch im Rahmen des § 125a Nr. 4 StGB anzusiedeln sein, der die Herbeiführung eines solchen Schadens als Regelbeispiel eines besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs normiert. Vor §§ 306 ff. Rn. 15: 1.300 Euro; Pegel, in: MüKo-StGB, § 315 Rn. 75: „mindestens 1.000 Euro“. 334 Fischer, § 263 Rn. 223; Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 263 Rn. 986; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 263 Rn. 400; Lackner/Kühl, § 263 Rn. 66. 335 Wenn bei den Umweltstraftaten überhaupt zu absoluten Wertgrenzen Stellung genommen wird, geschieht dies tendenziell durch Verweis auf solche des Straßenverkehrsrechts, s. etwa Alt, in: MüKo-StGB, § 324a Rn. 24; § 325 Rn. 31; Fischer, § 328 Rn. 12; Heine/ Schittenhelm, in: Schönke/Schröder, § 325 Rn. 16; deutlich gegen Parallelen Heger, in: Lackner/Kühl, § 325 Rn. 13. 336 Fischer, §§ 306 f Rn. 5; 311 Rn. 5b; 312 Rn. 5; 313 Rn. 3; Heger, in: Lackner/Kühl, §§ 307 Rn. 3; 309 Rn. 3; 311 Rn. 5; Heine/Bosch, in: Schönke/Schröder verweisen im Rahmen der Vorschriften des 28. Abschnitts mit Ausnahme des § 308 StGB auf ihre einleitenden Ausführungen vor §§ 306 ff. Rn. 15, s. §§ 306 f Rn. 11; 307 Rn. 4; 308 Rn. 7; 309 Rn. 10; 311 Rn. 9; 312 Rn. 6; 313 Rn. 5. 337 Wieck-Noodt, in: MüKo-StGB, § 305a Rn. 12; Zaczyk, in: NK-StGB, § 305a Rn. 4. 338 Radtke, in: MüKo-StGB, § 306 f Rn. 22; Wolff, in: LK, § 306 f Rn. 19. 339 Krack, in: MüKo-StGB, § 307 Rn. 5; 308 Rn. 9; 309 Rn. 19; 311 Rn. 6; 312 Rn. 8; 313 Rn. 6: 5.000 Euro; Wolff, in: LK, §§ 307 Rn. 3 (5.000 Euro); 308 Rn. 8 (2.500 Euro); 313 Rn. 6 (2.500 Euro); s. indes auch BGH NJW 2017, 743 zu § 308 Abs. 1 StGB: 1.500 Euro. 340 Fischer, § 69 Rn. 29; für einen höheren Grenzwert etwa Böse, in: NK-StGB, § 69 Rn. 13; Kinzig, in: Schönke/Schröder, § 69 Rn. 39.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die zum „erheblichen Schaden“, „bedeutenden Wert“ und „bedeutenden Schaden“ vertretenen Grenzwerte – unterstellt man als „bedeutenden Wert“ im Rahmen der Verkehrsdelikte einen Mittelwert von 1.000 Euro als Meinungsbild – ausnahmslos mindestens doppelt so hoch sind, wie sie für den Begriff der „Einnahme von erheblichem Umfang“ etwa von Heger oder Jahn für möglich gehalten werden. Selbstredend können für eine bestimmte Norm ausgesprochene Wertgrenzen nicht unbenommen auf das AntiDopG übertragen werden, weil die Tauglichkeit einer Wertgrenze auf die hinter der Vorschrift stehenden Normzwecke und Schutzobjekte Rücksicht nehmen muss.341 Gesetzestechnische Ausdrücke werden in unterschiedlichen Kontexten verwendet, die unterschiedlichen Normzwecke haben Auswirkungen auf das Begriffsverständnis und Gesetze stammen aus unterschiedlichen Zeiten.342 Die Ausnahmslosigkeit, mit der im StGB wesentlich höhere Grenzwerte vertreten werden als für die „erheblichen Einnahmen“ in § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG, könnte aber zumindest ein Begründungserfordernis dafür aufstellen, warum gerade das AntiDopG eine so deutliche Abweichung von den im StGB vertretenen Grenzwerten erfordern soll. Man wird aber erneut berücksichtigen müssen, dass bei der Einnahmeklausel des AntiDopG keine einmaligen, sondern wiederholte Vermögensflüsse in Rede stehen.343 Dadurch verliert der Vergleich mit den Erheblichkeitsklauseln im StGB für das AntiDopG an Bedeutung. Wollte man ihnen dennoch etwas entnehmen, sprechen sie dafür, dass „erheblich“ i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG nur wäre, was jedenfalls einem monatlichen Betrag von 1.000 Euro, jährlich also 12.000 Euro entspricht. (5) Das Mindestlohngesetz als Indiz für eine hohe Einkommensgrenze Die Einnahmeklausel geht darauf zurück, dass es nach Auffassung des Gesetzgebers auch außerhalb des Trainingskontrollsystems Athleten gibt, die aufgrund der finanziellen Anreize des Sports zu Dopingmitteln greifen.344 Dem Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung ließen sich daher womöglich durch Überlegungen zur Geltung des Mindestlohns im Amateurfußball345 Auslegungshinweise für § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG entnehmen. In den 5. und 6. Ligen dürften regelmäßig Vergütungen zumindest zwischen 250 und 450 Euro monatlich346 und nicht selten auch darüber hinaus anzutreffen sein. Das ist der finanzielle Bereich, der von Heger oder Jahn als denkbare Erheblichkeitsgrenze i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG angesetzt wird. Seit dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) wird diskutiert, ob die Vergütung dieser Spieler dem 341

BGH NStZ 2003, 204 (206) Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 455. 343 S. 97. 344 BT-Drs. 18/4898, S. 32. 345 Instruktiv zuerst Walker, SpuRt 2015, 94; außerdem Czycholl, in: Buhl/Frieling et al., Der erwachte Gesetzgeber, S. 189. 346 Walker, SpuRt 2015, 94. 342

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gesetzlichen Mindestlohn unterfällt (§ 1 MiLoG). Setzt man ihre Einkünfte nämlich ins Verhältnis zur aufgewendeten Zeit, ergibt sich, dass ein so berechneter Stundenlohn einen etwaigen Anspruch aus § 1 MiLoG regelmäßig nicht erfüllt.347 Ein solcher Anspruch setzt indes voraus, dass es sich bei den in Rede stehenden Athleten um Arbeitnehmer handelt (§ 22 Abs. 1 S. 1 MiLoG) und § 22 Abs. 3 MiLoG nicht einschlägig ist, wonach die Vergütung „ehrenamtlich Tätiger“ durch das MiLoG nicht berührt wird.348 Ungeachtet der Frage einer konstitutiven oder rein deklaratorischen Bedeutung349 des § 22 Abs. 3 MiLoG besteht Einigkeit darüber, dass die Geltung des Mindestlohnanspruchs wesentlich350 davon abhängt, ob eine Erwerbsabsicht oder ideele Zwecke im Vordergrund der Aktivität stehen.351 Im Ergebnis streitet Ersteres für ein Arbeitsverhältnis, Letzteres für ein „Ehrenamt“, bei dem das „bürgerschaftliche Engagement“ im Vordergrund steht.352 Das bedeutet aber nicht, dass jede Vergütung das Vorliegen eines Ehrenamtes ausschließt.353 In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Entwurf des MiLoG heißt es dazu: „Von einer ,ehrenamtlichen Tätigkeit‘ im Sinne des § 22 Absatz 3 MiLoG sei immer dann auszugehen, wenn sie nicht von der Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleistung, sondern von dem Willen geprägt sei, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Liege diese Voraussetzung vor, seien auch Aufwandsentschädigungen […] unabhängig von ihrer Höhe, unschädlich.“354

Ein solches Überwiegen des sozialen Engagements soll nun gerade auch im bezahlten Sport möglich, wenn nicht gar der Regelfall sein. Wie weit das reichen soll, erschließt sich nach Blick in die Spielordnung355 des DFB. Diese unterteilt den Status 347

Walker, SpuRt 2015, 94. Zum Folgenden zuerst Walker, SpuRt 2015, 94 ff. 349 § 22 Abs. 3 MiLoG soll nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich klarstellenden Charakter haben und nicht etwa eine echte Bereichsausnahme regeln, weil die genannten Personen schon statusrechtlich nicht in einem Arbeitsverhältnis stünden, s. BT-Drs. 18/1558, S. 43; dem zustimmend Lakies, MiLoG, § 22 Rn. 11; Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, § 22 Rn. 151, 153; Walker, SpuRt 2015, 94 (95) und wohl auch Pötters, in: Thüsing, MiLoG, § 22 Rn. 47; a.A. wohl Müller-Glöge, in: MüKo-BGB, MiLoG, § 1 Rn. 13. 350 Eine Arbeitnehmereigenschaft von Sportlern kann trotz Vorliegens einer Erwerbsabsicht auch daran scheitern, dass keine persönliche Abhängigkeit des Sportlers besteht, s. BAG AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 51. 351 BAG NZA 2012, 1433 (1434); Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, § 22 Rn. 154; Greiner, NZA 2015, 285 (286); von Steinau-Steinrück, NJW-Spezial 2015, 178 (179). 352 Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, § 22 Rn. 152, 155; Pötters, in: Thüsing, MiLoG, § 22 Rn. 47 f.; Greiner, NZA 2015, 285 (286). 353 Franzen, in: Müller-Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, MiLoG, § 22 Rn. 4; Pötters, in: Thüsing, MiLoG, § 22 Rn. 47 f.; Greiner, NZA 2015, 285 (286). 354 BT-Drs. 18/2010, S. 15. 355 https://www.dfb.de/fileadmin/_dfbdam/176988-07_Spielordnung.pdf. 348

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von Fußballspielern in Amateure, Vertrags- und Lizenzspieler. Amateur ist, wer aufgrund seines Mitgliedschaftsverhältnisses Fußball spielt und als Entschädigung kein Entgelt bezieht, sondern seine nachgewiesenen Auslagen und allenfalls einen pauschalierten Aufwendungsersatz bis zu 249,99 Euro im Monat erstattet bekommt.356 Vertragsspieler erhalten dagegen mindestens 250,00 Euro monatlich.357 In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Entwurf des MiLoG heißt es zu solchen Konstellationen nun: „Auch Amateur- und Vertragssportler fielen nicht unter den Arbeitnehmerbegriff, wenn ihre ehrenamtliche sportliche Betätigung und nicht die finanzielle Gegenleistung für ihre Tätigkeit im Vordergrund stünde.“358

Nach dieser Auffassung sollen also auch Vertragssportler ihren Sport in erster Linie als Selbstzweck ausüben können.359 Das soll primär für Sportler gelten, deren Einkünfte die Grenze des § 8 Abs. 1 SGB IV nicht überschreiten.360 Das Überwiegen des sportlichen Selbstzwecks wird aber auch für Vertragsspieler diskutiert, die über 450 Euro verdienen.361 Sollte sich diese Rechtsauffassung 356

§ 8 Nr. 1 DFB-Spielordnung. Lizenzspieler ist, wer das Fußballspiel aufgrund eines mit einem Lizenzverein oder einer Kapitalgesellschaft geschlossenen schriftlichen Vertrages betreibt und durch Abschluss eines schriftlichen Lizenzvertrages mit der DFL Deutsche Fußball Liga zum Spielbetrieb zugelassen ist (§ 8 Nr. 3 der DFB-Spielordnung). 358 BT-Drs. 18/2010, S. 15 (Hervorhebung durch den Verfasser). Die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles meinte dazu: „Die Zukunft der Vertragsamateure im deutschen Sport ist gesichert. […] Das zeitliche und persönliche Engagement dieser Sportler zeigt eindeutig, dass nicht die finanzielle Gegenleistung, sondern die Förderung des Vereinszwecks und der Spaß am Sport im Vordergrund stehen. Für diese Vertragsspieler ist daher auch dann kein Mindestlohn zu zahlen, wenn sie mit einem Minijob ausgestattet sind“; http://www.bmas.de/Sha redDocs/Videos/DE/Artikel/Arbeitsschutz/zukunft-vertragsamateure-gesichert.html?nn=6754 6. Mit dem Begriff der „Vertragsamateure“ verwendet Nahles eine Formulierung aus § 15 Nr. 2 der DFB-Spielordnung a.F., die im Wesentlichen den Status bezeichnete, der nun den „Vertragsspielern“ zukommt. Selbstredend sind diese Aussagen nicht rechtsverbindlich, sondern stellen eine bloße Rechtsauffassung dar; s. dazu auch Walker, SpuRt 2015, 94 (97). 359 In diese Richtung aus der Literatur auch Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, § 22 Rn. 162; Greiner, NZA 2015, 285 (286); Schmidt, ArbRAktuell 2015, 261 (262); Zieglmeier, DStRBeihefter 2015, 81 (83 f.); im Ausgangspunkt auch Götz, JURA 2020, 44 (47); jedenfalls unkritisch Franzen, in: Müller-Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, MiLoG, § 22 Rn. 4a; a.A. Walker, SpuRt 2015, 94 ff. und für den Regelfall Reinecke, NJW 2018, 2081 (2087); zumindest skeptisch Lakies, MiLoG, § 22 Rn. 12. 360 Schmidt, ArbRAktuell 2015, 261 (263); Zieglmeier, DStR-Beihefter 2015, 81 (84 f.). 361 Greiner, NZA 2015, 285 (286); Zieglmeier, DStR-Beihefter 2015, 81 (83 f.), der aber für den Regelfall von einem Arbeitsverhältnis ausgeht; in diese Richtung womöglich auch Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, § 22 Rn. 155, 161. Die Auffassung, dass selbst bei Einnahmen im höheren dreistelligen Bereich die sportliche Betätigung als Selbstzweck im Vordergrund der Athletenmotivation stehen könne, wurde im Zusammenhang mit dem Arbeitnehmerstatus von Vertragsamateuren, die Gehälter von bis zu 1.550 DM monatlich ausschließlich Spesen und Prämien erhielten, auch bereits vom Bundesarbeitsgericht vertreten, s. BAG AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 51. Die Höhe dieser Vergütung spreche für sich gesehen noch nicht für ar357

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durchsetzen, spreche sie dafür, bei der Bestimmung der Erheblichkeitsklausel im AntiDopG eine wesentlich höhere als eine 450 Euro-Grenze anzusetzen. Sonst betrachtete man Einnahmen bis in den mittleren dreistelligen Bereich hinein einerseits als zu gering, um den Sportler ihretwegen zur Sportausübung zu animieren und andererseits dieselben oder jedenfalls unwesentlich höhere Summen als ausreichend hoch, um den Sportler ihretwegen zur Einnahme von Dopingsubstanzen zu motivieren. Wenn man davon ausgeht, dass ein Sportler seinen Sport nicht betreibt, weil er dafür 500 Euro bekommt, sondern weil er Spaß am Sport hat, den Vereinszweck fördern will und am Sportbetrieb womöglich sogar teilnehme, wenn er das Geld nicht bekäme, liegt es fern, anzunehmen, dass er wegen dieser Summe dann aber zu Dopingsubstanzen greifen wird. (6) Zwischenergebnis Das systematische Verhältnis von § 4 Abs. 7 Nrn. 1 und 2 AntiDopG deutet darauf hin, dass die Tätereigenschaft nach Nr. 2 unabhängig vom Leistungsniveau des Athleten sein könnte. Diese These wird durch einen Vergleich mit § 265d Abs. 5 Nr. 1 StGB gestützt. Die dort vorgesehene Beschränkung des Anwendungsbereichs auf hochklassige Wettbewerbe fehlt im AntiDopG. Insoweit scheint es so, als wolle der Gesetzgeber auch den bezahlten Breitensport erfassen. Mit der These der Irrelevanz sportlichen Niveaus eng verbunden ist der Gedanke, dass jedenfalls kein Berufssport erforderlich sei. Dafür spricht im Grundsatz, dass nur in § 265d Abs. 5 StGB, nicht aber auch in §§ 3, 4 Abs. 7 AntiDopG das Merkmal eines berufssportlichen Wettbewerbs enthalten ist. Die von § 265 d StGB ausgehende Indizwirkung ist dahingehend allerdings schwach. Denn der Gesetzgeber des § 265d StGB wollte mit der Verknüpfung von „berufssportlichem“ Wettbewerb und „erheblichen Einnahmen“ im StGB nicht bewusst von den im AntiDopG geschaffenen Anforderungen an die Einnahmeklausel abweichen. Systematische Überlegungen tragen zu einer Konkretisierung der erforderlichen Einnahmen im Einzelfall durch bestimmte, absolut formulierte Einkommensschwellen kaum bei. Der Gesetzgeber hat den Begriff des „Vermögensvorteils großen Ausmaßes“ in 4 Abs. 4 Nr. 1c AntiDopG, nicht aber in § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG verwendet. Lässt man methodische Bedenken gegen eine Gleichsetzung einmaliger mit wiederholten Vermögensflüsse(n) außen vor, ließe sich daraus schließen, dass die erforderlichen Einnahmen jedenfalls nicht auf einen Wert von 50.000 Euro jährlich hinauslaufen müssten. Eine Begrenzung der Einnahmeklausel nach unten ist ähnlichen Einwänden ausgesetzt. Wertgrenzen, die für Begriffe wie den „erheblichen Schaden“ oder „bedeutenden Wert“ im StGB vertreten werden, beitsvertragliche Bindungen. Im Folgenden führt das Gericht aus, dass es sich bei einer sportlichen Teilzeitbeschäftigung um eine Tätigkeit handele, die „typischerweise der sportl[ichen] Ertüchtigung als Freizeithobby dient und […] nicht unter dem vordringl[ichen] Gesichtspunkten [sic] des Gelderwerbs ausgeübt wird“; anders wohl SG Stade, Urteil vom 08. 11. 2016, Az.: S 1 KR 167/13.

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betreffen regelmäßig einmalige Schädigungs- oder Gefährdungsereignisse, während „erhebliche“ Einnahmen i.S.d. AntiDopG gerade wiederholt zufließen müssen. Blendet man das aus, spricht die ganz überwiegend362 im vierstelligen Bereich liegende Konkretisierung von Erheblichkeitsklauseln im Kernstrafrecht für ein Erfordernis von monatlichen Einkünften in Höhe von mindestens 1.000 Euro, jährlich also 12.000 Euro. Damit näherte man sich allerdings doch wieder einem Verständnis an, bei dem die sportbedingten Einnahmen bereits einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt leisten müssten. Die sich in der Diskussion um den Mindestlohn im Amateurfußball abzeichnende Rechtsanwendung spricht zumindest argumentativ dafür, Einnahmen im mittleren dreistelligen Bereich aus dem Anwendungsbereich des AntiDopG auszunehmen. Es erscheint nämlich als widersprüchlich, solche Einkünfte einerseits als zu gering zu betrachten, um Sportler ihretwegen zur Sportausübung zu animieren, anderseits aber als hoch genug einzustufen, um den Sportler zum Griff zu Dopingsubstanzen motivieren zu können. Die systematische Auslegung deutet nach alledem im Kern darauf hin, dass § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG keine Leistungssportlereigenschaft erforderte. Versuche, die erforderlichen Einnahmen durch systematische Überlegungen – insbesondere nach unten – abzugrenzen müssen sich auf sehr vage Zusammenhänge zwischen Gesamtrechtsordnung und AntiDopG stützen. Was die erhebliche von der unerheblichen Einnahme abgrenzen soll, bleibt unklar. Das ist in Anbetracht der Bedeutung, die der systematischen Auslegung aufgrund ihrer Normtextnähe zukommt,363 ernüchternd. cc) Genetisch-historische Auslegung Selbst die raren Erkenntnisse der systematischen Auslegung werden bei genetisch-historischer Betrachtung in Zweifel gezogen. Das betrifft insbesondere die These der Irrelevanz des sportlichen Leistungsniveaus von § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG erfasster Sportler. (1) Die Formel von der „maßgeblichen Leistung“ als Indiz für eine Kriminalisierung des Breitensports Dass es sich nach dem Willen des Gesetzgebers bei „erheblichen“ um „maßgebliche Leistungen handeln [muss], die deutlich über eine bloße Kostenerstattung hinausgehen“364 suggeriert nach hiesigem Sprachverständnis eine geringe Einkommensschwelle. Es soll ausreichen, wenn nach Abzug der Kosten ein „deutliches 362 Für die Straßenverkehrsdelikte ergibt sich das aus einem Mittelwert der vertretenen Auffassungen. 363 Allgemein zur gesteigerten Bedeutung positiv-rechtlicher Begründungen für die Rechtsgutsbestimmung Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 114c; Kudlich/Christensen, JA 2004, 74 (82). 364 BT-Drs. 18/4898, S. 32.

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Plus“ verbleibt. Diese Formel zieht die ohnehin nur mit sehr eingeschränkter Indizwirkung ausgestattete systematische Überlegung in Zweifel, dass die monatlichen Einnahmen zumindest an der Schwelle zu vierstelligen Beträgen stehen müssten. Erste genetisch-historische Überlegungen lassen es stattdessen als denkbar erscheinen, z. B. Amateurfußballer zu bestrafen, die in der 6. Liga 500 Euro verdienen. Die befürchtete Überkriminalisierung des Breitensports findet in der Spezifizierung des Begriffs der „Erheblichkeit“ der Einnahmen durch die Entwurfsbegründung also durchaus eine Stütze. (2) Strafwürdigkeitsüberlegungen als Indiz für eine restriktive Auslegung Eine Gesamtbetrachtung der gesetzgeberischen Überlegungen deutet indes darauf hin, dass eine flächendeckende Erfassung des Dopings im Amateurbereich nicht beabsichtigt ist. Um sich dem Maßstab anzunähern, anhand dessen zu beurteilen ist, ob eine Einnahme erheblich ist bietet sich eine Auseinandersetzung mit der Frage an, warum die Grenze der Strafwürdigkeit des Selbstdopings nach Auffassung des Gesetzgebers gerade (auch, § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG) dann erreicht sein soll, wenn durch den Sport erhebliche Einnahmen generiert werden. Der Gesetzgeber begründet das damit, dass auch außerhalb des Bereichs, der dem Trainingskontrollsystem unterliegt, „erhebliche wirtschaftliche Einnahmen erzielt werden können, die einen besonderen Anreiz dafür bieten können, zu verbotenen Dopingmitteln bzw. Dopingmethoden zu greifen“.365 Hinzu komme, dass es auch außerhalb des Kontrollsystems der Nr. 1 Sportler gebe, die „typischerweise mit ihren sportlichen Leistungen in der Öffentlichkeit“ stehen.366 In der Gesetzesbegründung findet sich also ein zwei-säuliges Argumentationsmodell: Doping soll auch für außerhalb des Testpoolsystems stehende Athleten strafbar sein, weil sie erstens so hohe Einnahmen generieren können, dass sich Doping für sie wirtschaftlich „lohnt“ und bzw. oder sie typischerweise derart in der Öffentlichkeit stehen, dass ihre Dopingverfehlungen der Integrität des Sports besonders schaden. Beide Argumentationen deuten auf eine restriktivere Auslegung des Erheblichkeitsmerkmals hin, als es Wortlaut und Systematik des § 4 Abs. 7 AntiDopG wie auch die Formel vom „deutlichen Plus“ nahelegen.367 (a) Der finanzielle Anreiz des Dopings als Indiz für eine hohe Einkommensschwelle Der Gesetzgeber meint, dass auch im nicht vom Trainingskontrollsystem erfassten Sport derart hohe Einnahmen erzielt werden könnten, dass sie zu Dopingverstößen verleiten. Doping ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers also das Ergebnis einer „Kosten-Nutzen“-Rechnung. Nach hier vertretener Auffassung liegt es eher fern, dass bereits die Möglichkeit der Erlangung mittlerer dreistelliger Beträge, 365

BT-Drs. 18/4898, S. 32 (Hervorhebung durch den Verfasser). BT-Drs. 18/4898, S. 32 (Hervorhebung durch den Verfasser). 367 In diese Richtung für den Gedanken des finanziellen Anreizes des Dopings auch Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9. 366

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die auch mit durchschnittlich einträglichen „Nebenjobs“ zu erwirtschaften sind, dazu führt, dass Sportler zu unerlaubten Substanzen greifen.368 Das wird an dem Beispiel des 6.-Liga-Fußballers – über dessen Tätereigenschaft im Gesetzgebungsverfahren kontrovers diskutiert wurde369 – besonders deutlich. Ihm dürfte es zuweilen ohne größeres Verhandlungsgeschick möglich sein, mittlere dreistellige Monatsgehälter zu generieren. Die medizinische Betreuung, die sportliche Infrastruktur im Umfeld des Akteurs und auch die individuelle Lebensführung dieser Sportler sind oftmals deutlich davon entfernt, als professionell bezeichnet werden zu können. Es erscheint als unwahrscheinlich, dass sie sich wegen des finanziellen Vorteils ohne Optimierung ihres Lebenswandels den mit Dopingsubstanzen verbundenen Gesundheitsgefahren aussetzen. Gestützt wird der Eindruck, dass der Gesetzgeber in der Sache von einer verhältnismäßig hohen Einkommensschwelle ausgeht, durch die Wahl der Beispiele, anhand derer er den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG zu veranschaulichen versucht. Als von der Vorschrift erfasste Sportler nennt die Gesetzesbegründung den „gesamte[n] Bereich des organisierten Motorsports, des Profiboxens (mit der derzeitigen Ausnahme der Boxer der Sauerland Event GmbH) sowie der 3. Fußball-Liga der Herren“.370 Mit dem Profiboxen und den Akteuren der 3. Fußball-Liga handelt es sich jedenfalls bei zwei der drei genannten Sportlergruppen um solche, deren Angehörige den Sport vollprofessionell betreiben, mit ihm allein also ihren Lebensunterhalt finanzieren können. Beim Fußball wählt der Gesetzgeber aus den diversen Leistungs-, Alters- und Geschlechtsklassen als Beispiel für den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG gerade die 3. Liga der Herren aus. Diese steht exemplarisch für die Professionalisierung des Fußballs in den letzten Jahrzehnten, wird in der im Jahr 2008 zur eingleisigen Spielklasse reformierten Liga doch mittlerweile auch offiziell Vollprofitum betrieben.371 Die aufgeführten Athletenkreise erwecken deshalb den Eindruck, als habe der Gesetzgeber bei § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG entgegen den Hinweisen der systematischen Auslegung und der Formel vom „deutlichen Plus“ womöglich doch Berufssportler vor Augen gehabt. So weit soll es aber nicht gehen. Zu einem etwaigen Arbeitsentgelt als Einnahme i.S.d. Norm heißt es: „Übt die Sportlerin oder der Sportler den Sport berufsmäßig aus, zählt auch die Arbeitsvergütung dazu.“372 Das deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgeht, dass Berufssport der einzige oder jedenfalls typische

368

Damit soll nicht verkannt werden, dass Doping auch im Freizeit- bzw. Breitensport ein Problem ist, s. S. 283 f. Eine andere Frage ist aber, ob im Amateurbereich gerade wegen des Geldes gedopt wird. 369 S. 99 ff. 370 BT-Drs. 18/4898, S. 32; zustimmend Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 215. 371 http://www.dfb.de/3-liga/ligainfos/historie. 372 BT-Drs. 18/4898, S. 32.

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Anwendungsfall der Vorschrift ist. Außerdem soll es gerade nicht auf die gesamtwirtschaftliche Situation des Sportlers ankommen.373 Gegen ein Berufssportserfordernis spricht auch, dass es sich gesetzestechnisch unproblematisch in den Wortlaut der Vorschrift hätte integrieren lassen können. Das zeigt sich am Vorgängerentwurf des Bundesrates aus dem Jahr 2014.374 Dieser beschränkte den Täterkreis des Selbstdopingdelikts auf „Berufssport treibende Personen“.375 Der Entwurf definierte eine Berufssport treibende Person u. a. als eine solche, die „wesentliche Teile ihres Einkommens“ durch den Sport erzielt. In der Entwurfsbegründung wurde dann auch zum Fall des Halbprofitums Stellung genommen, das über den Regionalliga-Fußball auch die Diskussion um § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG prägt. Einen „wesentlichen Teil“ des Einkommens sollten sportbedingte Einkünfte darstellen, wenn sie „die Hälfte eines für einen bescheidenen Lebenszuschnitt erforderlichen Einkommens ausmachen“.376 In eine ähnliche Richtung ging ein Antrag der Fraktion DIE LINKE aus dem Sommer 2014, der die Strafbarkeit des Eigendopings von Sportlern vorsah, „die durch ihre sportliche Tätigkeit regelmäßig Einnahmen erzielen, die einen wesentlichen Bestandteil am Gesamteinkommen ausmachen.“377 Verwendet der Gesetzgeber stattdessen den Begriff der Einnahme „erheblichen Umfangs“, spricht das für eine bewusste Entscheidung gegen das Erfordernis voll- oder zumindest semiprofessioneller Betätigung. Dann aber bleibt fraglich, warum der Gesetzgeber bei der exemplarischen Benennung der Sportlergruppen, die er durch Nr. 2 erfassen will, gerade Vollprofis anführt. (b) Die öffentliche Wahrnehmung als Indiz für die Relevanz des sportlichen Niveaus auch bei Nr. 2 Seinen Grund dürfte das darin finden, dass sie die zweite Säule der gesetzgeberischen Strafwürdigkeitsbegründung verkörpern: Ihre sportliche Betätigung wird von der Öffentlichkeit wahrgenommen – und zwar, weil auch sie auf höchstem Leistungsniveau Sport betreiben. Bereits in den einleitenden Überlegungen des Gesetzgebers zur Täterkreisbestimmung – die nicht zwischen § 4 Abs. 7 Nrn. 1 und 2 AntiDopG unterscheiden – heißt es, dass die Integrität des organisierten Sports „insbesondere durch das Ver-

373

BT-Drs. 18/4898, S. 32. S. 36. 375 BT-Drs. 18/294. 376 BT-Drs. 18/294, S. 17; Kauerhof, Causa Sport 2014, 127 (129 f.) hingegen meint, dass dieser Regelungsentwurf einem Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz „zumindest nahe“ kommt, da der „Berufssport“ ein konturenloser Begriff sei und sich „mit juristischen Mitteln nicht mehr definieren“ lasse, was ein bescheidener Lebenszuschnitt sei; skeptisch zu derartigen Bestimmungsversuchen auch Geiger, Schenk und Schild, in: Expertengespräch zur Dopinggesetzgebung am 26. 09. 2013 im Bundesministerium des Innern, Druckfassung, S. 44. 377 BT-Drs. 18/2308, abgelehnt nach Empfehlung des Sportausschusses, BT-Drs. 18/6678. 374

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halten der in der Öffentlichkeit wahrgenommenen Leistungssportler“ bedroht werde.378 Im Anschluss heißt es dann zwar, dass „Unrecht, das auch strafwürdig ist, […] lediglich von den Sportlerinnen und Sportlern verwirklicht [werde], die ihren Sport leistungs- und wettkampforientiert auf hohem Niveau betreiben bzw. erhebliche Einnahmen aus der sportlichen Tätigkeit ziehen“.379

Die Formulierung „bzw.“ vermittelt den Eindruck, als differenziere auch die Gesetzesbegründung entsprechend der Systematik des Gesetzes zwischen Leistungssportlern einerseits und „nur“ finanziell erfolgreichen Sportlern andererseits. Bei der These, dass Selbstdoping strafwürdig sei, wenn Sportler „erhebliche Einnahmen aus der sportlichen Tätigkeit ziehen“ handelt es sich allerdings zunächst einmal um eine Behauptung. Die im nächsten Satz folgende Begründung lautet: „Diese Sportlerinnen und Sportler stehen für den organisierten Sport, sie stellen Vorbilder dar und nehmen das Vertrauen in Anspruch, ihre sportlichen Erfolge mit lauteren Mitteln erlangt zu haben.“380

In der Begründung der Strafwürdigkeit der Verstöße beider Tätergruppen zeigen sich durch die Berufung auf eine Vorbildfunktion erste Bezüge zu einem die gesamte Täterkreisbestimmung aus § 4 Abs. 7 AntiDopG prägenden gehobenen sportlichen Leistungsniveau.381 Das setzt sich in den erläuternden Ausführungen des Gesetzgebers fort: „Für den Schutz der Integrität des organisierten Sports ist es dagegen nicht erforderlich, Sportlerinnen und Sportler zu bestrafen, die ihren Sport nur freizeitmäßig und ohne größere öffentliche Wahrnehmung ausüben sowie lediglich ein Niveau erreichen, bei dem mit dem Sport regelmäßig keine finanzielle Vorteile erlangt werden können“.382

Die Relevanz wirtschaftlicher Vorteile für die Strafwürdigkeit des Selbstdopings erstreckt sich in der Entwurfsbegründung – anders als im Gesetzestext – nicht auf den Einzel-, sondern beschränkt sich auf einen Regelfall. Der Maßstab, anhand dessen finanzielle Vorteile Selbstdoping zur Straftat machen, wird bestimmt über das „Niveau“, auf dem „regelmäßig“ finanzielle Vorteile erlangt werden können.383 Mit diesem Niveau kann nach hier vertretenem Verständnis nur das sportliche gemeint sein. Die einleitenden Ausführungen zur Begründung von § 4 Abs. 7 AntiDopG lassen also auch in Hinblick auf dessen Nr. 2 auf einen Zusammenhang der Täterkreisbeschränkung mit einem gehobenen sportlichen Leistungsniveau schließen.

378

BT-Drs. 18/4898, S. 31. BT-Drs. 18/4898, S. 31 (Hervorhebung durch den Verfasser). 380 BT-Drs. 18/4898, S. 31 (Hervorhebung durch den Verfasser). 381 Noch deutlicher wird die gesetzgeberische Verknüpfung der Vorbildfunktion mit dem Spitzensport auf S. 19. 382 BT-Drs. 18/4898, S. 31 (Hervorhebung durch den Verfasser). 383 Hervorhebung durch den Verfasser. 379

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Dafür sprechen auch die parlamentarischen Debatten im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens.384 Es fällt auf, dass es sich bei den Akteuren, deren Dopingverstöße die Notwendigkeit des AntiDopG veranschaulichen sollten, ausschließlich um solche handelt, die im Rampenlicht der Öffentlichkeit standen und eindeutig Spitzensportler waren: Lance Armstrong, Ben Johnson, Jan Ullrich und Diego Maradona.385 Dagmar Freitag (SPD) führt verallgemeinernd aus, auf welchem Terrain sich die sauberen Sportler bewegen, die durch das Doping ihrer Konkurrenten um den verdienten Erfolg gebracht werden: „Leidtragende […] sind die sauberen Athletinnen und Athleten. Sie werden um fast alles betrogen, für das sie jahrelang hart trainiert haben: um den unvergleichlichen Moment der Siegerehrung in einem voll besetzten Stadion, das Abspielen der Nationalhymne, Prämien, Werbeverträge.“386

Die Spitzensportlereigenschaft spielte in der parlamentarischen Diskussion selbst dann eine Rolle, wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen des Dopings strafbegründend wirken sollen. So fragt Reinhard Grindel (CDU/CSU): „Sind Sie nicht doch bereit, sich dem Gedanken etwas zu nähern, dass ein Lance Armstrong […] oder ein Olympiasieger […] als Vorbild für Kinder und Jugendliche – auch in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für den Sport – etwas anderes ist als ein normaler Freizeitläufer beim Berlin-Marathon?“387

In Hinblick auf den Täterkreis führt er aus: „Adressaten dieses Gesetzes sind ausschließlich Spitzensportler, die dem Testpool der NADA angehören oder in erheblichem Umfang ihre Einnahmen aus dem sportlichen Wettbewerb beziehen“.388

Einen Zusammenhang zwischen Einnahmeklausel und Spitzensport stellt auch Eberhard Gienger (CDU/CSU) her: „Der Gesetzgeber hat sich bewusst auf die Spitzensportler konzentriert, und zwar im Testpool der Nationalen Anti Doping Agentur. Aber auch jene Personen sind vom Gesetz betroffen, die durch Spitzensport Einnahmen von erheblichem Umfang erzielen. Schließlich ist es so, dass im Spitzensport durchaus hohe Preisgelder bei den Sportwettbewerben und dadurch auch Vermögensvorteile zu erzielen sind.“389

Es entsteht mithin der Eindruck, dass es jedenfalls vor den Augen der dem Gesetz Geltung verschaffenden Personen im Kern die Spitzensportlereigenschaft ist, die das 384 Nicht verkannt werden soll im Folgenden, dass Stellungnahmen einzelner Parlamentarier nur eingeschränkte Bedeutung zukommt, s. dazu Bleckmann, JuS 2002, 942. 385 Strenz, BT-Plenarprotokoll 18/107, 10269 (B); Maas, BT-Plenarprotokoll 18/137, 13433 (D). 386 BT-Plenarprotokoll 18/107, 10259 (A) (Hervorhebung durch den Verfasser). 387 BT-Plenarprotokoll 18/107, 10262 (A), (B) (Hervorhebung durch den Verfasser). 388 BT-Plenarprotokoll 18/137, 13446 (B) (Hervorhebung durch den Verfasser). 389 BT-Plenarprotokoll 18/137, 13443 (B) (Hervorhebung durch den Verfasser).

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Selbstdoping zur Straftat macht. Das wird zum Teil auch ganz ausdrücklich so formuliert. Eva Högl (SPD) meint: „Wir beziehen den Breitensport bewusst nicht ein, weil wir der Auffassung sind, dass es ganz entscheidend auf die Vorbildfunktion des Spitzensports ankommt.“390

Heiko Maas (SPD), seinerzeit Bundesjustizminister, stellt bei der abschließenden Beratung des Gesetzesentwurfs fest: „Mit dem heutigen Tag stellen wir klar: Ein Leistungssportler, der dopt, handelt kriminell.“391

Es findet sich in den Gesetzesmaterialien hingegen kein einziges Fallbeispiel dafür, dass der Gesetzgeber Sportler erfassen wollte, die zwar deutliche finanzielle Gewinne erwirtschaften, aber keinen Spitzensport betreiben bzw. nicht von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Musterbeispiel dafür, dass sich der Gesetzgeber nicht dazu bekennen wollte, auch Sportler unterhalb des Topniveaus zu erfassen, ist der Regionalliga-Fußballer. Während er in den Stellungnahmen der Sachverständigen Dreh- und Angelpunkt der Auseinandersetzung mit dem Erheblichkeitsmaßstab war, spielte er in der (protokollierten) politischen Diskussion überhaupt keine Rolle. Diese Zurückhaltung mag ihren Hauptgrund darin haben, dass sich der Gesetzgeber selbst nicht im Klaren darüber gewesen sein dürfte, auf welchem finanziellen oder sportlichen Niveau die Strafbarkeitsgrenze am Ende verlaufen soll und der Regionalliga-Fußballer diese Unklarheiten besonders anschaulich offenlegt. Das ändert aber nichts daran, dass es für die aus systematischen Gründen naheliegende Irrelevanz des sportlichen Leistungsniveaus keine Stütze in den Gesetzesmaterialien gibt, während es für die gegenteilige These an Nachweisen nicht mangelt. Die Bedeutung des gehobenen Leistungsniveaus für die Täterqualität nach § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG mag für die Frage der Erfassung eines Regionalliga-Akteurs womöglich noch begrenzt sein, weil es wegen des pyramidal aufgebauten Ligensystems im Sport und der hohen Anzahl aktiver Fußballer in Deutschland noch vertretbar sein dürfte, auch Regionalliga-Fußball als „Spitzensport“ zu begreifen. Für den Landesliga-Fußballer, der mit seinem monatlichen Salär die Sozialversicherungspflicht erreichen kann und deshalb nach in der Literatur vertretener Auffassung unter den Täterkreis fiele, gilt das mangels Spitzensportlereigenschaft aber sicher nicht mehr. Für ihn kommt es also entscheidend darauf an, ob die Erheblichkeitsklausel ein bestimmtes Leistungsniveau voraussetzt. (3) Zwischenergebnis Die genetisch-historische Auslegung ist in Hinblick auf eine Konkretisierung der erforderlichen Einnahmenhöhe unergiebig. Die Formel von der „maßgeblichen 390 391

BT-Plenarprotokoll 18/107, 10265 (B) (Hervorhebung durch den Verfasser). BT-Plenarprotokoll 18/137, 13433 (D) (Hervorhebung durch den Verfasser).

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Leistung, die deutlich über eine bloße Kostenerstattung hinausgehen“ muss, suggeriert eine niedrige Einkommensschwelle und eine bewusste Kriminalisierung auch des Breitensports. Die vom Gesetzgeber gewählten Anwendungsbeispiele und der Gedanke, dass Doping finanziell motiviert sei, konterkarieren das. Sie deuten auf eine hohe Einkommensschwelle hin. Weder die Auffassung, dass mittlere dreistellige Beträge ausreichen sollen noch Forderungen nach Einnahmen an der Schwelle zur Vollprofessionalität lassen sich deshalb aus genetisch-historischer Perspektive ohne logische Brüche begründen. Nach hier vertretenem Verständnis deutet die genetisch-historische Auslegung einen in der Diskussion bislang vernachlässigten Gedanken an. In Widerspruch zur gesetzlichen Systematik des § 4 Abs. 7 AntiDopG könnte nicht nur der Täterkreis des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG, sondern auch der durch Nr. 2 begründete an ein gehobenes Leistungsniveau anknüpfen. Das wird in der Entwurfsbegründung allerdings nur sehr vage angedeutet. Die Normtextnähe systematischer Argumentation führt dazu, dass diese bloßen Andeutungen in der Gesetzesbegründung allein nicht als geeignet erscheinen, die Einnahmeklausel um einen Leistungsgedanken zu ergänzen. Vertretbar wäre das aber, wenn die Andeutungen der Entwurfsbegründung bei objektiv-teleologischer Betrachtung an Gewicht gewinnen. dd) Bestätigung genetisch-historischer Andeutungen zum Leistungsgedanken durch objektiv-teleologische Betrachtung Gestützt wird die These von der Relevanz des sportlichen Leistungsniveaus auch bei der Einnahmeklausel durch rechtstatsächliche Überlegungen zu den Einkommensverhältnissen deutscher Spitzensportler und den Mängeln im Trainingskontrollsystem des Sports. (1) Weitgehendes Leerlaufen der Einnahmeklausel bei Irrelevanz des sportlichen Niveaus Dafür, dass die Einnahmeklausel an ein gehobenes sportliches Leistungsniveau anknüpft, spricht zunächst eine folgenorientierte Betrachtung. Unabhängig davon, ob man die maßgebliche Erheblichkeitsschwelle verallgemeinernd bei monatlichen Einkünften von 2.000 Euro, 1.000 Euro oder etwa nur 500 Euro ansetzt stellt sich die Frage, welchen Athletenkreis die Vorschrift erfassen soll, der nicht schon von § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG erfasst wäre. Die empirische Datenlage lässt nicht verlässlich auf die Einkommenssituation deutscher Sportler schließen.392 Sie deutet allerdings darauf hin, dass Athleten, die mit dem Sport nennenswerte Einnahmen erzielen können, regelmäßig bereits als

392 Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (189). Keine durchschlagenden Erkenntnisse ergeben sich aus den Beschäftigungsstatistiken der Bundesagentur für Arbeit. Diese erfassen nur Arbeitnehmer und enthalten deshalb keine Aussagen über selbständige Sportler.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

Spitzensportler i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG vom strafrechtlichen Selbstdopingverbot erfasst sind. (a) Sozioökonomische Merkmale deutscher Spitzensportler Mit der Einkommenssituation deutscher Elite-Sportler haben sich insbesondere Breuer/Wicker im Rahmen ihrer 2010 veröffentlichten Studie zur „Sportökonomischen Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland“ auseinandergesetzt.393 Darin wurden 1.133 Bundeskaderathleten zu ihren Einkünften (aus dem Sport) befragt.394 In der Summe kamen die teilnehmenden Athleten auf sportbezogene Einkünfte in Höhe von 757 Euro.395 Berücksichtigt man, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Einnahmen nur dann „von erheblichem Umfang“ i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG sein sollen, wenn sie „deutlich über eine bloße Kostenerstattung hinausgehen“396, müssen die monatlich anstehenden sportbedingten Ausgaben der befragten Spitzensportler von diesen Einkünften abgezogen werden.397 Damit verblieben den teilnehmenden Athleten im Ergebnis monatlich sportbedingte Einnahmen in Höhe von 514 Euro. Zu höheren Einkünften aus dem Sport, aber in der Stoßrichtung ähnlichen Ergebnissen kam 2013 eine Analyse von Breuer/Hallmann.398 Danach erzielten die teilnehmenden399 Bundeskaderathleten „durch ihren Sport“ ein monatliches Nettoeinkommen von 538 Euro.400 Ebenfalls 2013 kamen Schmidt/Saller zu Ergebnissen, die sie als Bestätigung der Studie von Breuer/Wicker aus 2010 ansahen: „35,0 % der Befragten haben ein Nettoeinkommen von weniger als 500 Euro im Monat zur Verfügung. Weitere 12,1 % verdienen zwischen 500 und 1.000 Euro im Monat, 9,9 % zwischen 1.001 und 1.500 Euro und 9,2 % zwischen 1.501 und 2.000 Euro.“401

393 Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland. 394 Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland. 395 Eine Aufschlüsselung der einzelnen Einkommenskategorien findet sich bei Breuer/ Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland, S. 18 f. 396 BT-Drs. 18/4898, S. 32. 397 Damit sind beispielsweise Fahrt- oder sonstige Reisekosten und Ausgaben für Ausrüstung oder Sportlernahrung gemeint, s. Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland, S. 27 f. Die Kosten des Sports lagen bei durchschnittlich 243 Euro. 398 Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports. 399 An der Studie nahmen 1154 Sporthilfe-Athleten teil, s. Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 52. 400 Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 52. 401 Schmidt/Saller, Kollege Spitzensportler: Chancen für Wirtschaft und Athleten, S. 3, 18. Erhoben wurden Daten von 1.006 Bundeskaderathleten. 25,9 % davon haben auf diese Frage keine Antwort gegeben.

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Der verhältnismäßig geringen Höhe dieser sportbedingten Einkünfte entsprechen die Ergebnisse zu neben dem Leistungssport betriebenen Tätigkeiten deutscher Bundeskaderathleten, die 2017 aus einer Studie von Breuer/Hallmann/Ilgner hervorgingen.402 Bemerkenswert an der sozioökonomischen Situation deutscher Leistungssportler ist zunächst, dass sich nur circa 4 % der teilnehmenden Kaderathleten als Profisportler bezeichneten.403 Schlägt man dem Lager der „Profis“ auch noch die Angehörigen von Bundeswehr und Bundespolizei zu, die durch die erhaltene Sportförderung oftmals faktisch Berufssport betreiben können,404 steigt der Anteil derer, die sich in den Jahren 2013 – 2015 vollständig auf ihren Sport konzentrieren konnten auf etwa ein Drittel der befragten Athleten.405 Deutlich häufigste Beschäftigung neben dem Leistungssport war bis 2015 über die Jahre hinweg die Ausbildung. So haben stets jeweils über 20 % der Befragten angegeben, Schüler oder Student zu sein.406 Nicht nur formal, sondern auch faktisch kommt der außersportlichen Betätigung eine nicht unerhebliche Bedeutung im Leben deutscher Spitzensportler zu. Im Durchschnitt investieren sie circa 32 Stunden pro Woche in den Leistungssport.407 2010 standen dem 27,0 Stunden Aufwand für Arbeit oder Ausbildung gegenüber.408 Breuer/Hallmann kamen 2013 gar zu einem Überwiegen des beruflichen Zeitaufwands.409 Dem entspricht das Ergebnis einer Gegenüberstellung der Einkommenskategorien, aus denen die befragten Athleten ihren Lebensunterhalt bestritten. Sportbedingten Einnahmen standen außerhalb des Sports erwirtschaftete Einkünfte in jedenfalls gleicher Höhe gegenüber.410 402 Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 28; Mehrfachnennungen waren möglich, s. dort Fn. 10. 403 2014: 3,8 %; 2015: 4,1 %; für die Jahre davor existierte diese Antwortoption noch nicht. 404 Jakob, Lebenswirklichkeiten im Spitzensport, S. 66 zeigt auf, dass der reguläre Dienst in Bundeswehr und -Polizei gegenüber dem Sport einen deutlich geringen Zeitanteil einnehmen kann. 405 Bundeswehrangehörige oder Berufssoldaten: 2009: 12,6 %; 2013: 20,4 %; 2014: 20,3 %; 2015: 20,0 %. Der Anteil derer, die für Polizei und Zoll arbeiten, liegt im Mittel im hohen einstelligen Bereich (2009: 5,1 %; 2013: 8,8 %; 2014: 9,8 %; 2015: 10,5 %). 406 Schüler: 2009: 29,4 %; 2013: 22,3 %; 2014: 24,3 %; 2015: 22,6 %; Student: 2009: 32,3 %; 2013: 26,8 %; 2014: 22,6 %; 2015: 23,5 %. Den Rest machen die klassische Erwerbstätigkeit als Angestellter (2009: 10,6 %; 2013: 10,7 %; 2014: 7,8 %; 2015: 7,8 %) und der Anteil sonstiger Auszubildender aus (2009: 7,7 %; 2013: 4,3 %; 2014: 4,2 %; 2015: 3,7 %). 407 2009: 31,8; 2013: 33,2; 2014: 31,6; 2015: 31,8; so Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 29 f.; Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland, S. 1, 9 f. 408 Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland, S. 1, 15 f. 409 Beruf: 27,7 Stunden; Sport: 25,6 Stunden; so Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 52. 410 Nach Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland, S. 1, 18 kamen die befragten Athleten 2009 – im Wesentlichen durch die Unterstützung durch Eltern oder nahestehende Personen (300 Euro) und Einkommen aus Arbeit oder sonstiger beruflicher Tätigkeit (769 Euro) – auf ein monatliches Gesamt-BruttoEinkommen von durchschnittlich 1.919 Euro. Daneben trugen auch noch die ausbildungsbe-

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In der Summe zeichnen die Ergebnisse der Evaluationen zur Lebenssituation deutscher Spitzensportler ein Bild, das von einem Nebeneinander von Sport und außersportlicher Betätigung gekennzeichnet ist. Die meisten der befragten Athleten sind keine Vollzeit-Athleten – und könnten sich das aufgrund von sportbedingten Einkünften von jedenfalls nicht wesentlich über 500 Euro auch gar nicht leisten. Diese Werte können allerdings nur eingeschränkte Geltung beanspruchen. Das ergibt sich in Hinblick auf die Einkünfte von Spitzensportlern schon daraus, dass es sich um bloße Durchschnittswerte einer Stichprobenerhebung handelt. Hinzukommt, dass sich unter den Studienteilnehmern stets ein großer Anteil an Nachwuchssportlern befand.411 Dass diese verhältnismäßig geringe Einkünfte aus dem Sport erzielen, liegt auf der Hand.412 Zumindest aber das Bild eines Nebeneinanders von Sport und Beruf dürfte von den vorliegenden Studien im Kern zutreffend gezeichnet werden. Dafür sprechen zum Beispiel Erhebungen des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes zu den Berufsbildern deutscher Olympiateilnehmer – also dem Nachwuchsbereich in aller Regel entwachsener Athleten. Der Anteil von „Profisportlern“413 an der deutschen Olympiamannschaft betrug 2016 in Rio 25,6 %, 2012 in London 11,6 %, in Peking 11,7 % und 2004 in Athen 18,4 %.414 Bei Berücksichtigung aller bei der

zogene Unterstützung, etwa durch BAföG oder Stipendien (38 Euro), und ein nicht näher konkretisiertes „sonstiges“ Einkommen (55 Euro) zum Gesamteinkommen bei; 2013 wurden Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 52 zufolge sportbedingte Nettoeinnahmen in Höhe von 538 Euro um außersportliche Nettoeinkünfte von durchschnittlich 542 Euro erweitert. 411 Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland, S. 4: 42,1 %; Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 52: 46,8 %; Schmidt/Saller, Kollege Spitzensportler: Chancen für Wirtschaft und Athleten, S. 16: 61,3 % der Befragten waren zwischen 16 und 22 Jahren alt. 412 Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (189). 413 Nach Dietz/Merz/Tabor, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2012, S. 6 war 2012 Kriterium für die Einstufung als Profisportler, dass der Athlet seinen „Sport als Beruf ausüb[t] und nicht auf externe Fördermaßnahmen angewiesen“ ist. 414 Schneider/Frenzel/Merz/Fischer, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2016, Tab. 1. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anteil an echten Profisportlern naturgemäß Schwankungen unterliegen dürfte, weil gerade Mannschaftsspielsportarten wie Fußball oder Handball einen hohen Anteil an Profis aufweisen. Deshalb schlägt die (Nicht-)Qualifikation eines solchen Teams prozentual deutlich zu Tage, s. Schneider/Frenzel/Merz/Fischer, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2016, Erläuterung zu Tab. 1; Dietz/Merz/Tabor, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2012, S. 9 f.; Tabor/Koglin/ Stolz, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2008, S. 10. Das zeigt sich etwa daran, dass 52 % der Profisportler, die 2016 an der Olympiade in Rio teilnahmen, den 2012 nicht teilnehmenden Sportarten Fußball, Handball und Golf entstammten, s. Schneider/Frenzel/Merz/Fischer, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2016, Erläuterung zu Tab. 1. Der deutliche Zuwachs an

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Bundeswehr und Bundespolizei angestellten Athleten ergebe sich ein etwa hälftiger Anteil an Olympiateilnehmern, die sich zumindest zeitweise vollständig dem Sport widmen können.415 Die andere Hälfte des Teams machten im Wesentlichen Studenten und Absolventen einer akademischen Ausbildung aus.416 Zwischen den einzelnen Sportarten variiert der Anteil an Akademikern dabei deutlich.417 Während er im Hockey,418 bei der Leichtathletik,419 dem Rudern420 und im Schwimmen421 (sehr) hoch ist, ist er im Fußball,422 Radsport,423 Tennis424 und Tischtennis425 deutlich unterdurchschnittlich. In den Sportarten, in denen der Akademikeranteil gering war, war statt dessen der Profianteil hoch.426 Diesen Ergebnissen ähneln die Erhebungen von Maennig427 zu Profisportlern im Teilnehmerfeld im Jahr 2016 lässt sich also nicht als Anhaltspunkt für eine etwaige Professionalisierung der deutschen Olympiamannschaft deuten. 415 Bundeswehr: 2016: 23,8 %; 2012: 31,0 %; 2008: 28,5 %; 2004: 34,1 %; Bundespolizei: 2016: 10,4 %; 2012: 11,1 %; s. Schneider/Frenzel/Merz/Fischer, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2016, Tab. 1; Maennig, London 2012, S. 1 nimmt für 2012 einen Anteil der Sportsoldaten an der Kaderstärke von 29 % an. 416 Rio 2016: 44 %; London 2012: 52,5 %; Peking 2008: 46,4 %; Athen 2004: 43,2 %, s. Schneider/Frenzel/Merz/Fischer, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2016, Tab. 1. Davon befindet sich der größte Teil noch im Studium (Anteil der Statusgruppe „Studierende an der Olympiamannschaft“: Rio 2016: 36,7 %; London 2012: 42,4 %; Peking 2008: 37,0 %; Athen 2004: 34,1 %). Maennig, London 2012, S. 1 nimmt für 2012 mit 35 % niedrigere Werte für die Statusgruppe „Studierende“ an. 417 Schneider/Frenzel/Merz/Fischer, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2016, Tab. 5; Dietz/Merz/Tabor, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2012, Tab. 5; Tabor/Koglin/Stolz, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2008, Tab. 3. Die Aussagekraft der Angaben ist dadurch beschränkt, dass die jeweilige Mannschaftsstärke sehr gering ist. Eine Indizwirkung ergibt sich aber daraus, dass es sich entweder um teilnahmestarke Sportarten handelt oder der Akademikeranteil über die Jahre konstant gering ist, so z. B. im Radsport, Tennis und Tischtennis. Sehr zurückhaltend in Hinblick auf eine etwaige Verallgemeinerbarkeit über das Olympiateam hinaus dennoch Dietz/Merz/Tabor, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2012, S. 10; Tabor/ Koglin/Stolz, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2008, S. 10. 418 2016: 88,9 %; 2012: 88,9 %; 2008: 86,1 %. 419 2016: 55,1 %; 2012: 51,9 %; 2008: 45,0 %. 420 2016: 74,4 %; 2012: 73,6 %; 2008: 56,0 %. 421 2016: 62,1 %; 2012: 59,2 %; 2008: 57,1 %. 422 2016: 11,4 %; 2008: 33,3 %. 423 2016: 9,0 %; 2012: 11,5 %; 2008: 14,3 %. 424 2016: 11,1 %; 2012: 0,0 %; 2008: 0,0 %. 425 2016: 0,0 %; 2012: 25 %; 2008: 0,0 %. 426 Dietz/Merz/Tabor, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2012, S. 10 f.; Tabor/Koglin/Stolz, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2008, S. 11 (Tennis, Tischtennis, Radsport). 427 Maennig, London 2012, S. 7.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

den Berufen der deutschen Medaillengewinner der Olympischen Sommerspiele 2012. Danach bezeichneten sich von 87 Medaillengewinnern acht Sportler (auch) als Profi.428 Davon kamen sechs Athleten aus Radsport oder Tischtennis. Die vorliegenden Studien deuten im Ergebnis – mögen ihnen auch keine verbindlichen Aussagen über konkrete Einkommensverhältnisse zu entnehmen sein – darauf hin,429 dass der deutsche olympische Sport in Hinblick auf die mit ihm verbundenen finanziellen Verdienstmöglichkeiten zweigeteilt ist und vollprofessioneller Berufssport jedenfalls nicht den Regelfall im Spitzensport darstellt. Das steht in Übereinstimmung mit der Ausgestaltung des Fördersystems der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Wegen „vollständig professioneller Strukturen und entsprechenden sportlichen Verdienstmöglichkeiten“ waren im Jahr 2018 nach überkommener Kadersystematik430 – lediglich – männliche und weibliche A-Kader im Ski Alpin und Springreiten, A- und B-Kader im Tennis der Herren und Damen, die männlichen A-Kader im Handball, Basketball und Eishockey sowie sämtliche männlichen Fußball-Kader von der finanziellen Förderung durch die Sporthilfe ausgeschlossen.431 (b) Folgerungen für die Einnahmeklausel: Kein symbolisches Sonderstrafrecht für Amateurfußballer Für die Einnahmeklausel des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG bedeutet das zunächst, dass sie mit der Begrifflichkeit des Berufssports zumindest rechtstatsächlich kaum sinnvoll auszufüllen sein dürfte. Denn selbst im Hochleistungssport ist die vollprofessionelle Sportausübung nicht der Regelfall.432 Geht man davon aus, dass mit dem Leistungsniveau auch die erzielbaren Einkünfte steigen dürfte Vollberufssport in den allermeisten Sportarten deshalb erst recht nicht unterhalb dieses Top-Niveaus betrieben werden können. Darum kann es bei Nr. 2 daher in der Sache nicht gehen.

428

Hinzu kamen 17 Sportsoldaten und 14 Polizisten. Auch diese Studien sind methodischen Ungewissheiten ausgesetzt. Als Student galt jedenfalls in der Erhebung von 2012 bereits, wer an einer Hochschule immatrikuliert war, s. Dietz/Merz/Tabor, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2012, S. 6. Ob wirklich studiert wurde, ergibt sich daraus nicht. Außerdem waren jedenfalls 2012 Mehrfachnennungen möglich. Gerade Bundeswehr- und Polizeiangehörige sollen gehäuft auch immatrikuliert gewesen sein (und in der Kategorie der Profisportler kam dies ebenfalls vor), s. Dietz/Merz/Tabor, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2012, S. 7, 9: 32,5 % der Bundeswehrangehörigen waren auch an einer Hochschule eingeschrieben. Tabor/Koglin/Stolz, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2008, S. 8 weisen auf die Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen Profisport im engeren Sinne und Sport als Nebenerwerbsquelle hin. 430 Zur Neustrukturierung des Leistungssportsystems S. 196. 431 Schriftliche Auskunft der Geschäftsleitung der Stiftung Deutsche Sporthilfe vom 11. 04. 2018. 432 Scherwolfe, Entlohnung von Profisportlern, S. 4 meint: „Profisport ist immer Hochleistungssport“. 429

Kap. 3: Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG – Täterkreisbeschränkungen

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Selbst wenn man aber mittlere dreistellige – geschweige denn sehr niedrige vierstellige – Beträge ausreichen lassen möchte, verbliebe für die Einnahmeklausel im Bereich des Breitensports wohl nur in wenigen Sportarten ein Anwendungsbereich. Das Ausmaß der Ökonomisierung einer Sportart hängt maßgeblich von der medialen Aufmerksamkeit ab, die dem Sport entgegen gebracht wird.433 Hinzu kommen unter dem Stichwort der „Liebhaberei“ zu erfassende Überlegungen, nach denen die Förderung des Sports nicht zuletzt durch individuelle Beziehungen potentieller Sponsoren zu einer bestimmten Sportart geprägt wird. Damit hängt das finanzielle Volumen, das in einzelnen Sportarten bewegt wird, nicht zuletzt von der gesellschaftlichen Stellung einer Sportart ab. So kommt es dazu, dass ein Großteil des Sponsoring-Volumens in Deutschland dem Fußball zugute kommt. 2014/2015 waren es 71 % des Gesamtvolumens.434 2016 engagierten sich einer Befragung von Entscheidungsträgern im Sportsponsoring aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zufolge 66 % in der Sportart Fußball. Auf Rang zwei folgte mit 26 % der Befragten Eishockey.435 Dass sich diese Wohlstandsverteilung in den Amateurbereich fortsetzt, liegt nahe. In der Sache liefe eine Einnahmeklausel, die allein auf das Erzielen dreioder niedriger vierstelliger Beträge abstellte, wohl weitestgehend auf ein Sonderstrafrecht für den gehobenen Amateurfußball hinaus. Das aber widerspreche nach hiesigem Verständnis dem gesetzgeberischen Willen. Denn es finden sich in den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mittelklassige Fußballer erfassen wollte. Selbst wenn man davon ausginge, dass neben Fußballern auch mittelklassige Athleten aus Handball, Tennis oder Basketball die erforderlichen Summen generieren könnten würde die Klausel zumindest in der praktischen Rechtsanwendung weitestgehend leerlaufen.436 Denn in diesen Bereichen dürfte zum einen oftmals bereits der Zufluss erheblicher Einnahmen nicht nachweisbar sein, da Zahlungen nicht selten ohne Kenntnis der Behörden fließen.437 Zum anderen ist davon auszugehen, dass es in den in Rede stehenden Ligen jedenfalls nicht zu regelmäßigen Dopingkontrollen kommt. In der 4. Liga des Fußballs, an der sich der Streit um den Anwendungsbereich der Einnahmeklausel entzündet, fand in der Saison 2017/2018

433 Hail, Spitzensport im Licht des Europäischen Kartellrechts, S. 41; zur Bedeutung der Nachfrage für die Attraktivität der Sportart Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 f. 434 Repucom n.d., Verteilung des Sportsponsoring-Volumens in Deutschland im Jahr 2014/ 2015 nach Sportarten. 435 Nielsen Sports, Sponsor-Trend 2017, S. 13. 436 Im Allgemeinen so auch Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9. 437 Bittmann/Nuzinger/Rübenstahl, in: BeckOK-StGB, § 265d Rn. 37 für § 265d Abs. 5 Nr. 3 StGB.

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

in insgesamt fünf Staffeln aus Kostengründen keine einzige Dopingkontrolle statt.438 Dass schon auf der Schwelle zum finanzstarken Profifußball nicht (konsequent) kontrolliert wird, deutet daraufhin, dass Dopingverstöße im mittelklassigen Fußball, Handball oder Tennis erst recht unbemerkt bleiben würden. Es erschließt sich unter rechtstatsächlichen Gesichtspunkten nach alledem nicht, welche Breitensportler durch eine Bezugnahme auf die „finanziellen Anreize“ des Dopings zu tauglichen Tätern des Selbstdopingdelikts gemacht werden sollen. (2) Schlussfolgerung: Nr. 2 als Auffangtatbestand für Mängel im Kontrollsystem Auch bei einer rechtstatsächlichen Betrachtung gerät deshalb die zweite Säule der Entwurfsbegründung in den Mittelpunkt: der Gedanke, dass sich auch die Strafwürdigkeit des Dopings von nicht über die Nr. 1 erfassten Sportlern aus der Öffentlichkeitswirksamkeit ihrer Aktivität ergibt. Einen relevanten praktischen Anwendungsbereich erhält die Einnahmeklausel, wenn man sie als Auffangtatbestand für Mängel im Dopingkontrollsystem des Hochleistungssports begreift. Durch ihn lassen sich Sportler erfassen, deren Dopingverstöße aufgrund ihres hohen Leistungsniveaus öffentlich wahrgenommen werden, die aber aus technischen Gründen nicht unter § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG subsumiert werden können. Dieser Gedanke verbindet subjektiv-teleologische und objektiv-teleologische Erwägungen. Das ergibt sich zunächst aus einem erneuten Blick auf die vom Gesetzgeber angeführten Sportlergruppen, die durch § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG erfasst werden sollen. Er nennt in diesem Zusammenhang den „gesamte[n] Bereich des organisierten Motorsports, des Profiboxens (mit der derzeitigen Ausnahme der Sauerland Event GmbH) sowie der 3. Fußball-Liga der Herren“. Zumindest beim Profiboxen und dem bundesweit eingleisigen Drittliga-Fußball handelt es sich per definitionem um Hochleistungssport. Während sich für den Drittliga-Fußball sogar bestreiten ließe, dass er vom Trainingskontrollsystem der NADA i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG nicht erfasst ist,439 sind Profiboxer nicht aus Leistungs-, sondern technischen Gründen nicht von der Testpool-Klausel erfasst. Denn der Profiboxsport hat sich dem Trainingskontrollsystem der NADA nicht angeschlossen.440 Eine Ausnahme galt zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens noch für die Sauerland Event GmbH, die mit der NADA eine – 2014 ausgelaufene – Vereinbarung über die Durchführung von Trainingskontrollen geschlossen hatte.441 Vor diesem Hintergrund ergibt es Sinn, dass die Athleten der Sauerland Event GmbH in der Entwurfsbegründung zu § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG im Rahmen einer „Rückausnahme“ Erwähnung finden, da sie 438

https://www.sueddeutsche.de/sport/doping-im-fussball-freifahrtschein-1.3990345. In der Saison zuvor waren es 350 in 1602 Partien (mit einer Teilnahme von jeweils mindestens 22 Akteuren); s. dazu auch S. 272. 439 S. 94. 440 S. 92. 441 Schriftliche Auskunft der NADA vom 13. 08. 2018.

Kap. 3: Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG – Täterkreisbeschränkungen

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zu diesem Zeitpunkt bereits von der Testpool-Klausel des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG erfasst waren. Auch der Motorsport wird über das Trainingskontrollsystem nicht erfasst, da die NADA in diesem Bereich nur Wettkampf- und nicht auch Trainingskontrollen durchführt.442 Ähnliche Überlegungen lassen sich bei Ausweitung der Betrachtung auf die internationale Ebene des Hochleistungssports anstellen. Der Gesetzgeber bekennt sich ausdrücklich dazu, dass er über die jeweiligen NADO-Testpools auch ausländische Spitzensportler nach Nr. 1 des § 4 Abs. 7 AntiDopG erfassen will. Welche Athleten sich in den jeweiligen Testpools ausländischer NADOs befinden, lässt sich indes nicht allgemeingültig bestimmen. Die Trainingskontrollsysteme der jeweiligen nationalen Anti-Doping-Agenturen sollen zwar durch die Vorgaben des Internationalen Standards für Dopingkontrollen und Ermittlungen (ISTI) der WADA harmonisiert werden. Das bedeutet aber nicht, dass den NADOs dadurch jeglicher Gestaltungsspielraum entzogen würde. WADA- und NADA-Code gelten unmittelbar nur für Athleten, die auf (internationaler oder) nationaler Ebene an Wettkämpfen teilnehmen.443 Die Einstufung eines Wettkampfs als eines solchen auf „nationaler“ Ebene wird dabei nicht von der WADA, sondern den NADOs vorgenommen.444 In Anerkennung endlicher finanzieller und organisatorischer Ressourcen wird ihnen durch WADA-Code und ISTI zugestanden, eigene Kriterien zur Bestimmung ihrer nationalen Spitzenathleten festzulegen.445 Der ISTI gibt lediglich vor, dass als nationale Spitzenathleten dem Trainingskontrollsystem regelmäßig solche Sportler unterfallen sollen, die auf dem „höchsten nationalen Level“ agieren. Dadurch sollen Athleten erfasst werden, die an nationalen Meisterschaften teilnehmen und bzw. oder ihr Land in internationalen Vergleichen repräsentieren sowie regelmäßig an internationalen Wettbewerben teilnehmen.446 Durch das Erfordernis der Umsetzung auf nationaler Ebene und dem den NADOs dabei zugestandenen Gestaltungsspielraum kann es in der Praxis aber zu deutlichen Unterschieden bei den nationalen Trainingskontrollsystemen kommen. Noch Ende 2007 hatten von 32 in einer Studie befragten NADOs neun überhaupt keinen „Registered Testing Pool“ errichtet, in dem die nationalen Top-Athleten erfasst werden sollen.447 Trainings-Testpools können außerdem unterschiedlich weit reichen. So soll die Anzahl der rechtlich vom Trainingskontrollsystem erfassten Athleten im Jahr

442

Schriftliche Auskunft der NADA vom 13. 08. 2018. Anhang 1 des WADA-Codes (deutsche Fassung), Begriffsbestimmungen, „Athlet“, S. 91; Anhang 1 des NADA-Codes, Begriffsbestimmungen, „Athlet“, S. 113; s. bereits S. 20 ff. 444 Anhang 1 des WADA-Codes (deutsche Fassung), Begriffsbestimmungen, „Athlet“, S. 91; Anhang 1 des NADA-Codes, Begriffsbestimmungen, „Athlet“, S. 113. 445 Art. 4.3.1, 4.3.2 b) ISTI. 446 Art. 4.3.2 b) ISTI. 447 Hanstad/Skille/Loland, Sport in Society 13 (2010), 418. 443

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Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

2012 in Deutschland bei ca. 8.500, in den USA hingegen nur bei 2.500 Sportlern gelegen haben.448 Dass sich die Dinge seitdem grundlegend gewandelt hätten, ist nicht ersichtlich. Zwei Tage vor Vorstellung des Referentenentwurfs des AntiDopG hat der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages im Rahmen einer Ausarbeitung über „Nationale Anti-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich“ festgestellt, dass „in vielen Fällen für die jeweilige NADO erhebliche Schwierigkeiten [bestünden], mit den vorhandenen Ressourcen – etwa Kontrollen oder Tests betreffend – ein effizientes Kontrollsystem zu etablieren“.449 Diese Feststellung überrascht bei Betrachtung der Unterschiede in der finanziellen Ausstattung der einzelnen NADOs nicht. 2016 betrug der Etat der deutschen NADA das Zehnfache des Budgets der polnischen nationalen Anti-Doping-Agentur, der rund 700.000 US-Dollar zur Verfügung standen.450 Auch diese Mittel dürften noch über jenen liegen, die in Kenia oder Äthiopien in das Dopingkontrollsystem investiert werden können.451 Dass nicht von einer weltweit einheitlichen Ausweitung des Trainingskontrollnetzes ausgegangen werden kann, ergibt sich also bereits aus faktischen Zwängen der Kontrollinstanzen.452 Es könnten sich in der Folge bei einer Beschränkung der Strafbarkeit auf Testpoolmitgliedschaften Situationen ergeben, in denen sich von zwei Sportlern, die das gleiche – sehr hohe – Leistungsniveau aufweisen, nur einer strafbar machen kann. Das kann, wenn man mit dem Gesetzgeber stets auf die öffentliche Wahrnehmung der Athleten abstellt, unbillig sein. Für solche Fälle bietet eine Auslegung der Einnahmeklausel als Auffangtatbestand für Mängel im Kontrollsystem einen denkbaren Ausweg.453 Dieser Gedanke wird zumindest von Reinhard Grindel (CDU/ CSU) in der öffentlichen Anhörung der Sachverständigen im Sportausschuss einmal sehr klar benannt: „Glauben Sie [die Sachverständigen] im Rahmen unbestimmter Rechtsbegriffe – wobei bemängelt wird, dass es da in der Begründung zu wenig präzise Hinweise gibt für die Auslegung – das kann man so machen, das geht auch als Auffangtatbestand vielleicht für 448 So Berninger, Der nationale Anti-Doping-Code, S. 131; grundsätzlichen Harmonisierungsbedarf schließt aus einem Vergleich der Organisationsstrukturen nationaler Anti-DopingAgenturen Westmattelmann, Doping-Magazin 2016, 28 ff.; in diese Richtung geht auch die Ausarbeitung WD 10 – 3000 – 083/14 des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, Nationale Anti-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich. 449 Ausarbeitung WD 10 – 3000 – 083/14 des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, Nationale Anti-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich, S. 16. 450 Westmattelmann, Doping-Magazin 2016, 28 (30). 451 Westmattelmann, Doping-Magazin 2016, 28 (30). 452 Unterschiedliches Niveau im weltweiten Anti-Doping-Kampf bemängeln Hertling, Doping-Magazin 2017, 119; Jakob, Doping-Magazin 2016, 26 (28); Jelkmann, Doping-Magazin 2017, 128 (131); Seppelt, Doping-Magazin 2017, 182 (185). 453 Genau umgekehrt konstruiert den „Auffangtatbestand“ Bindels, in: Pfister (Hrsg.), Das Anti-Doping-Gesetz, S. 9 (16 f.).

Kap. 3: Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG – Täterkreisbeschränkungen

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ausländische Sportler, die hier antreten und wenn es im Ausland eben keinen Testpool gibt?“454

ee) Ergebnis Die Erheblichkeitsklausel ist ein normatives Tatbestandsmerkmal, dessen Ausfüllung nicht ohne Wertungen (im Einzelfall) auskommt. Es ist dennoch zu erwarten, dass die Rechtspraxis eine allgemeine Linie entwickeln wird, nach der sich die Handhabung von § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG an absolut formulierten, monatlichen Einnahmehöhen orientiert. Die Gefahr, dass diese Linie Wertungen des Gesetzgebers durch Grundentscheidungen der Gerichte ersetzt, ist groß. Grammatische, systematische und genetisch-historische Auslegung sind in Hinblick auf eine Konkretisierung der Einnahmeklausel durch absolute, monatliche Einkommensschwellen unergiebig. Es lässt sich ohne logische Brüche weder behaupten, dass nur Bagatellfälle ausgeschlossen und Einkünfte im mittleren dreistelligen Bereich ausreichen sollen, noch, dass die Einnahmen im Regelfall so hoch sein müssten, dass der Sportler von ihnen seinen Lebensunterhalt zumindest in wesentlichen Teilen bestreiten kann. Die Ungewissheit über den Gehalt der Einnahmeklausel steigt, wenn man berücksichtigt, dass „Spitzensportler“ schon von Nr. 1 erfasst werden sollen. Die Lebens- und (begrenzten) Einkommensverhältnisse deutscher Spitzensportler deuten darauf hin, dass der Einnahmeklausel unabhängig davon, ob man mittlere drei- oder vierstellige Beträge verlangt, kaum ein gegenüber der Nr. 1 eigenständiger Anwendungsbereich im (Grenzbereich zum) Breitensport verbleiben dürfte. Ein von der Spitzensportlereigenschaft der Nr. 1 gänzlich unabhängiger Täterkreis soll durch Nr. 2 allerdings wohl gar nicht geschaffen werden. Die Entwurfsbegründung vermittelt den Eindruck, dass es in erster Linie die öffentliche Wahrnehmung von Dopingverstößen durch Leistungssportler ist, die den Gesetzgeber geleitet hat. Die Einnahmeklausel erscheint insoweit insbesondere unter Berücksichtigung rechtstatsächlicher Überlegungen als Auffangtatbestand für Mängel im Dopingkontrollsystem des Hochleistungssports. Eine auf lediglich angedeutete gesetzgeberische Motive gestützte Einschränkung des Täterkreises auf „Spitzensportler“ auch bei Nr. 2 läuft zumindest abstrakt Gefahr, dass sie – ähnlich der Behauptung eines gesetzgeberischen „Versehens“ – eine normtextnahe Auslegung aushebelt.455 Allerdings verliert die Problematik insoweit an Schärfe, als es sich hier um eine täterbegünstigende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 4 Abs. 7 AntiDopG handelt. Das Analogieverbot steht der hier befürworteten Auslegung also nicht entgegen. Abschließend kann zur These von der Einnahmeklausel als Auf454 Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 50 (Hervorhebung durch den Verfasser). Nicht unterschlagen werden soll an dieser Stelle, dass eben Reinhard Grindel an anderer Stelle betont, dass mit dem AntiDopG auch „das Rechtsgut des Vermögens“ geschützt werden solle, s. BT-Plenarprotokoll 18/137, 13446 (A) und S. 149. 455 So im Allgemeinen Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 72.

132

Teil 2: Der Regelungsgehalt der Selbstdopingverbote

fangtatbestand – und damit auch zu absolut formulierten Einnahmegrenzen für die Entscheidung des Einzelfalls – indes erst unter Berücksichtigung des Rechtsguts der Selbstdopingverbote Stellung genommen werden.456

456

S. 165 ff.

Teil 3

Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte Welches Schutzgutkonzept den Selbstdopingdelikten zugrunde liegt, ist umstritten.1 Der Bestimmung des geschützten Rechtsguts kommt für die Rechtsanwendung (Kapitel 2) und die Bewertung des AntiDopG elementare Bedeutung zu. Sowohl eine kriminalpolitische Analyse des AntiDopG (Teil 4, Kapitel 2) als auch verfassungsrechtliche Überlegungen (Teil 4, Kapitel 1) kommen nicht ohne Bezugnahme auf die durch das Gesetz geschützten Interessen aus. Abhängig vom eigenen Rechtsgutsverständnis kann die verfassungsrechtliche Bewertung sogar entscheidend davon abhängen, ob die Werthaftigkeit des geschaffenen Rechtsgutskonzepts den Einsatz des Strafrechts rechtfertigt. Diese Untersuchung beschränkt sich zunächst auf die Ermittlung des Rechtsguts der Selbstdopingdelikte (Kapitel 1). Ob die geschaffene Schutzgutkonzeption begrüßenswert bzw. überhaupt zulässig ist, ist ein in einem zweiten Schritt zu erörterndes Problem kriminalpolitischer oder gar verfassungsrechtlicher Dimension (Teil 4). Kapitel 1

Das geschützte Rechtsgut A. Methodik I. Grundlagen Es wurde bereits dargelegt, dass zum Rechtsgutskonzept, das den Selbstdopingverboten zugrunde liegt, methodengerecht nur mit auf die Auslegung des Tatbestands gestützten Argumenten Stellung genommen werden kann und dabei subjektiv-teleologischen gegenüber objektiv-teleologischen Überlegungen größeres Gewicht zukommt.2 Bei einer solchen Vorgehensweise ist nicht ohne Weiteres erkennbar, was Schutzgut der Selbstdopingdelikte ist. Der Tatbestand des § 3 AntiDopG orientiert sich weitestgehend am sportrechtlichen Dopingverbot. Die Zwecksetzungsklausel 1 2

S. 136 ff. S. 45 ff.

134

Teil 3: Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte

des § 1 AntiDopG deutet durch die Verwendung von Begrifflichkeiten wie „Fairness“, „Chancengleichheit“ und „Integrität des Sports“ auf den Schutz des Sports um seiner selbst willen hin. Hinzutreten könnte aufgrund der potentiellen Gesundheitsschädlichkeit von Dopingpraktiken eine Ausrichtung der Norm auf den Gesundheitsschutz von Sportlern, der ebenfalls in § 1 AntiDopG genannt ist. Richtet man den Blick auf die Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG, kommt durch die Einnahmeklausel des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG schließlich ein dritter Eckpfeiler mit wirtschaftlichem Einschlag ins Spiel. Das AntiDopG vermittelt damit den Eindruck eines unklaren Schutzkonzepts.3 II. Rechtsgüterpluralismus und Schutzreflex Das beruht auch darauf, dass § 1 AntiDopG und die Entwurfsbegründung einen potentiellen „Rechtsgüterpluralismus“4 schaffen, in dem das Verhältnis einzelner schutzwürdiger Interessen zueinander als ungeklärt erscheint.5 So wirft etwa die Zwecksetzungsklausel des § 1 AntiDopG die Frage auf, in welchem Verhältnis die Begrifflichkeiten von „Fairness“, „Chancengleichheit“ und „Integrität des Sports“ zueinander stehen.6 Die Entwurfsbegründung trägt außerdem eher zur Vernebelung als zur Spezifizierung etwaiger wirtschaftlicher Schutzzwecke bei, die durch § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG angedeutet werden: „Neben Fairness und Chancengleichheit geht es im sportlichen Wettkampf des organisierten Sports nicht zuletzt vielfach auch um wirtschaftliche Faktoren. Durch Gehälter, öffentliche Fördermittel, Start- und Preisgelder sowie Sponsorengelder eröffnet der Sport viele Einnahmemöglichkeiten. Mit Doping werden vor allem die ehrlichen Konkurrenten im sportlichen Wettbewerb getäuscht und geschädigt, die gegenüber den dopenden Sportlerinnen und Sportlern das Nachsehen haben. Geschädigt werden in der Regel aber auch die Veranstalter, die Sportvereine, die Sponsoren, die berichtenden Medien und nicht zuletzt die Zuschauer, die in der Erwartung eines fairen sportlichen Wettbewerbs Vermögenswerte aufwenden.“7

Dass sich der Gesetzgeber auf die Vielschichtigkeit der Auswirkungen von Dopingverstößen auf die Gesellschaft beruft, wirft die Frage nach der methodischen Abgrenzung bloßer Schutzreflexe von gesetzlichen Schutzzwecken auf.8 Auch insoweit dürfte im Grundsatz auf die gängige Auslegungsmethodik unter Vorrang 3 Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6 ff.; Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopGE, S. 2; Deutscher Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6; Meier, SpuRt 2016, 182 (185); Momsen, KriPoZ 2018, 21 (22); Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (5); Vagheit und Unbestimmtheit der „Integrität des Sports“ rügen bei den §§ 265c, d StGB etwa Feltes/Kabuth, NK 2017, 91 (93); Krack, wistra 2017, 289 (290); Swoboda/Bohn, JuS 2016, 686 (689). 4 Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 10. 5 So etwa Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (162) für Fairness und Chancengleichheit. 6 Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 2. 7 BT-Drs. 18/4898, S. 22 f. 8 Hernández, Strafrechtlicher Vermögensschutz, S. 44 f.

Kap. 1: Das geschützte Rechtsgut

135

subjektiv-teleologischer Überlegungen zurückzugreifen sein.9 Objektiv-teleologische Überlegungen dürften an dieser Stelle insbesondere im Rahmen einer empiriegestützten Betrachtung Bedeutung erlangen. Je enger die Verwirklichung eines Straftatbestands mit der faktischen Beeinträchtigung eines bestimmten Interesses oder der Verfolgung spezifischer Zwecke seitens des Täters verbunden ist, desto näher liegt es, dass der Gesetzgeber dieses Interesse durch Erlass der Strafnorm schützen bzw. die Verfolgung des erstrebten Zwecks verhindern will.10

B. Rechtsgutsbezogene Tatbestandsanalyse I. Die Verbotsnorm des § 3 AntiDopG 1. Tathandlung a) Weitgehende Sportrechtsakzessorietät des Verbots Die Tathandlungen der Verbotsvorschrift des § 3 AntiDopG beziehen sich auf die WADA-Verbotsliste und übernehmen im Wesentlichen auch deren Einschränkungen.11 Soweit die Verbotsliste der WADA bestimmte Substanzen oder Methoden nur im Wettkampf oder in bestimmten Sportarten untersagt koppelt auch § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Hs. 2, S. 2 AntiDopG das staatliche Verbot an die Beschränkungen der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping. Das von § 3 AntiDopG untersagte Verhalten ist weitestgehend also bereits sportrechtlich verboten.12 Dadurch fördert das AntiDopG zunächst einmal unmittelbar die Einhaltung der sportlichen Wettbewerbsregeln. Vereinzelt geht das staatliche Dopingverbot jedenfalls nach dem Wortlaut der Vorschrift indes über das Sportrecht hinaus, da Grenzwerte oder Verabreichungsformen in § 3 AntiDopG keine Rolle spielen.13 b) Partieller Gesundheitsschutz Mittelbar bewirkt das Verbot auch Gesundheitsschutz. Denn die Einnahme von Dopingsubstanzen ist regelmäßig potentiell gesundheitsschädlich. Damit eine Maßnahme in die WADA-Verbotsliste aufgenommen werden kann, ist aufgrund des 9

Zur Konkretisierung der Schutznormtheorie im Öffentlichen Recht durch Auslegung Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 350, 375. 10 In diese Richtung zumindest für den Zusammenhang von Schaden und Rechtsgut mit Unterschieden im Detail Tiedemann, in: LK, 11. Aufl., Vor § 283 Rn. 51/54; Momsen/Laudien, in: BeckOK-StGB, § 298 Rn. 7; Krüger, Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, S. 125; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 26; Schüppen, Systematik und Auslegung des Bilanzstrafrechts, S. 96; skeptisch Lüttger, Jescheck-FS, S. 121 (129). 11 S. 54 ff. 12 Zu einzelnen Abweichungen S. 54 ff. 13 Zum Bedürfnis teleologischer Begrenzung S. 161 f.

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unklaren Gehalts des „Verstoßes gegen den Sportsgeist“14 womöglich sogar ausreichend, dass sie gesundheitsschädlich ist. Das ist andererseits – wiederum aufgrund des Leerlaufens der Sportsgeistklausel – keine Voraussetzung für das sportliche Dopingverbot. Zum Beispiel ein Verstoß gegen die Verbotsgruppe M2 durch eine Einflussnahme auf Dopingproben kann ohne jegliche Gesundheitsgefahren ablaufen. 2. Indizwirkung des subjektiven Tatbestands zugunsten eines Sportrechtsguts Die primär sportrechtliche Ausrichtung der Verbotsvorschrift zeigt sich auch am Tatbestandsmerkmal der Vorteilsverschaffungsabsicht. Staatlich verboten sind die genannten sportrechtlichen Regelwidrigkeiten nur, wenn sie „in einem Wettbewerb des organisierten Sports einen Vorteil […]“ herbeiführen sollen. Der – womöglich gar regellose – Freizeitsport ist vom Selbstdopingverbot nicht erfasst. Dass § 3 AntiDopG überhaupt einen Zusammenhang zwischen einem Verstoß gegen sportrechtliche Dopingbestimmungen und einer (beabsichtigten) Wettkampfteilnahme erfordert, ist bemerkenswert. Anders liegt es bei § 2 AntiDopG.15 Verboten sind die dort beschriebenen Handlungen bereits, wenn sie zum Zweck des Dopings „im Sport“ vorgenommen werden. Die Vorschrift entspricht weitgehend § 6a AMG a.F., sodass davon auszugehen sein dürfte, dass dessen Auslegung auch für § 2 AntiDopG fruchtbar gemacht werden kann.16 Objektiv-tatbestandliche Handlungen waren nach § 6a AMG a.F. auch verboten, wenn sie nicht auf die Teilnahme an einem organisierten Wettkampf, sondern das Training ohne Wettkampfbezug oder eine sportliche Leistung in der Freizeit gerichtet waren.17 Der Gesetzgeber schränkt den Anwendungsbereich des Selbstdopingverbots gegenüber § 2 AntiDopG also über das Erfordernis des Wettkampfbezugs ein. Gerade in Hinblick auf die systematische Stellung der Vorschriften unmittelbar hintereinander dürfte das als bewusste gesetzgeberische Entscheidung einzustufen sein. Die Vorschrift setzt voraus, dass der Sportler beabsichtigen muss, sich „in“ dem, nicht „durch“ den oder „aufgrund eines“ Wettbewerb(s) einen Vorteil zu verschaffen. Die Verwendung des Wortes „in“ bezieht den Vorteil, dessen regelwidrige Erlangung verhindert werden soll, unmittelbar auf den sportlichen Wettkampf. Der 14

S. 21. BGH PharmR 2018, 343 mit Anm. Krüger und Putzke, NStZ 2018, 475; a.A. Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 47. 16 So jetzt auch BGH PharmR 2018, 343. 17 BT-Drs. 13/9996, S. 13; BGH NJW 2014, 325; NStZ 2012, 218 (219); 2010, 170; Heßhaus sowie Knauer, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl., § 6a AMG Rn. 2, § 95 AMG Rn. 43; Nickel sowie Raum, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, § 6a Rn. 10, § 95 Rn. 21; Volkmer, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., AMG, § 95 Rn. 102; Weber, BtMG, 4. Aufl., AMG, § 6a Rn. 40, § 95 Rn. 110; aufgrund von Rechtsgutserwägungen konsequenterweise einschränkend Freund, in: MüKo-StGB, AMG, 2. Aufl., § 6a Rn. 37 f. 15

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Wortlaut der Vorschrift enthält deshalb eine eindeutige Aussage dahingehend, dass das Gesetz, wenn es von „eine[m]“ Vorteil spricht, einen sportlichen meint. Es geht also nicht etwa um wirtschaftliche Vorteile. 3. Zwischenergebnis: Andeutung eines Rechtsguts der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb durch § 3 AntiDopG Die Verbotsnorm des § 3 AntiDopG schützt unmittelbar – wenn auch einerseits nicht vollumfänglich und andererseits teilweise überschießend – die Einhaltung der sportlichen Dopingverbote, also die faktische Wahrung der rechtlichen Chancengleichheit im organisierten Sport.18 Nur über die Sportrechtswidrigkeit der Anwendung von Dopingmaßnahmen bewirkt sie mittelbar auch partiellen Gesundheitsschutz. Eine gesetzgeberische Aufwertung des Interesses an regelkonformem Zustandekommen sportlicher Ergebnisse zum Rechtsgut vermutet Norouzi: Als potentielles Regelungsziel lasse § 3 AntiDopG den „Schutz der Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb vor regelwidrig erzielten Vorteilen“ erkennen.19 In eine ähnliche Richtung tendiert zumindest im Ausgangspunkt auch Heger. Ihm geht es in erster Linie um den „sportliche[n] Wettbewerb als durch die Wettkampfregeln konstituierte Institution“ mit den „rechtlichen Kernelementen der Chancengleichheit und der Fairness“.20 Zwei Komponenten bestimmen den Gehalt eines solchen Rechtsgutsverständnisses: Es geht um den organisierten Wettkampfsport und den Schutz der Regelhaftigkeit seiner Ausübung, die als wesentliches Abgrenzungsmerkmal zum Sport begriffen wird, der nicht konkurrenzorientiert betrieben wird. Für Heger bildet die Regelgebundenheit den Kern des Wettkampfsports, weil die Einhaltung der Regeln Teilnahmevoraussetzung und elementare Bedingung der – für den Wettkampfsport unbestreitbar wesensbildenden – Vergleichbarkeit der sportlichen Leistung ist: „[D]ie Einhaltung der Regeln durch die Wettkämpfer [begründet] erst den Charakter eines sportlichen Wettkampfs“.21 Geschütztes Rechtsgut ist nach einer 18

Ähnlich Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3. Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 2 f.; in diese Richtung auch Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 1 ff. und 59 ff.; Haug/Martin, Causa Sport 2014, 345 f.; i.E. auch Jansen, GA 2017, 600 (613 f.), indes als Teil eines dualistischen Rechtsgutskonzepts unter Einbeziehung von Vermögensschutz; für §§ 265 c, d StGB ähnlich Kubiciel, in: Hoven/Kubiciel, Korruption im Sport, S. 61 (70 f.). 20 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4 ff., 12. Bei Heger deutet sich eine Entwicklung von einem monistischen zu einem dualistischen Rechtsgutskonzept an. Im Gesetzgebungsverfahren lehnte er den Schutz des Vermögens als potentielles Rechtsgut ab, s. Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 5; im Doping-Magazin 2017, 39 (41) spricht er neben der Chancengleichheit dann aber von „(Mit-)Vermögensschutz“; noch deutlicher medstra 2017, 205 (209): Vermögen als „von der sportlichen Chancengleichheit mitgeschütztes Rechtsgut“; s. auch sogleich S. 138 f. 21 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4. 19

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solchen Auffassung nicht „der Sport“ bzw. die sportliche Betätigung als solche(r), sondern der organisierte Wettkampfsport als Institution.22 Meier schließt aus zivilrechtlicher Perspektive und der Sportrechtsakzessorietät des staatlichen Dopingverbots, dass § 3 AntiDopG den Schutz der Sportverbände bezwecke.23 Pfister weist darauf hin, dass der Sinn des sportlichen Wettstreits im – unverfälschten – Leistungsvergleich der Teilnehmenden liege und verknüpft den Schutz der Chancengleichheit deshalb mit konkreten Individualinteressen der sportlichen Konkurrenten des Gedopten.24 II. Die Sanktionsvorschrift des § 4 AntiDopG: Einnahmeklausel als schwaches Indiz für vorgelagerten Vermögensschutz Als gesetzestechnisches Argument für ein Sportrechtsgut lässt sich auf den ersten Blick auch die Ausgestaltung der Selbstdopingverbote in Form von Blankettgesetzen anführen. Das durch § 3 AntiDopG verbotene Verhalten wird durch §§ 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5; Abs. 2 AntiDopG strafrechtlich sanktioniert. Diese Verweisungstechnik wird etwa im Wirtschaftsstrafrecht häufig verwendet, um zu verdeutlichen, dass die strafrechtlichen Sanktionsnormen (lediglich) der Absicherung der vorgelagerten Verhaltensvorschriften dienen.25 Diese These lässt sich aber bei Berücksichtigung der Täterkreiskreisbeschränkung des § 4 Abs. 7 AntiDopG nicht ohne erheblichen Begründungsaufwand aufrechterhalten. Es ist zunächst nicht ersichtlich, warum der sportliche Wettbewerb nur durch die in § 4 Abs. 7 AntiDopG aufgeführten Sportler beschädigt werden könnte. Auf die Regelhaftigkeit der Sportausübung bezogene Rechtsgutserwägungen erforderten keine Einschränkung des Täterkreises.26 Das wird man allerdings noch mit dem Gedanken abtun können, dass der Gesetzgeber eben nur besonders gefährliche Angriffe auf den sportlichen Wettbewerb sanktionieren wolle. Die Täterkreisbeschränkung lässt sich dennoch nicht ohne logische Brüche in ein solches Konzept einordnen, da ihr Gehalt dabei nicht unberücksichtigt bleiben kann. Nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG scheint tauglicher Täter auch zu sein, wer ganz unabhängig von seinem sportlichen Leistungsniveau erhebliche Einnahmen erzielt. Der organisierte (Hochleistungs-)Sport könnte womöglich doch nicht um seiner selbst willen, sondern nur geschützt sein, weil in ihm wirtschaftlicher Wettbewerb stattfindet: Konkurrenten, Teams, Sponsoren oder Veranstalter können 22

Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 5 f. Meier, SpuRt 2016, 182 (183, 185); differenzierend Pfister, in: ders., Das Anti-DopingGesetz, S. 45 (51). 24 Pfister, in: ders., Das Anti-Doping-Gesetz, S. 45 (49), der darunter auch Vermögensinteressen als geschützt ansieht. 25 Kudlich/Og˘ lakciog˘ lu, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 46. 26 Ähnlich in Hinblick auf die von ihm als Rechtsgut herausgearbeitete Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3, 5 f. 23

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durch Doping zumindest potentiell in finanziellen Interessen geschädigt werden. Es überrascht deshalb nicht, dass Rössner dem Schutz des wirtschaftlichen Wettbewerbs die maßgebliche Legitimationswirkung der Selbstdopingdelikte zuschreibt und Heger sowie Jansen dualistische Rechtsgutskonzepte unter Einbezug des Schutzes von Vermögensinteressen zumindest in Erwägung ziehen.27 Solche Überlegungen sind im Wortlaut des Gesetzes angelegt. § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG liefert im Grundsatz tatsächlich ein starkes Indiz für eine Ausrichtung des Dopingverbots auf vorgelagerten Vermögensschutz. Die Systematik des § 4 Abs. 7 AntiDopG zeigt allerdings bereits, dass ein vorgelagerter Vermögensschutz allenfalls ergänzend zu einem Sportrechtsgut hinzutreten könnte. Denn die Tätereigenschaft des Spitzensportlers nach Nr. 1 ist mit Nr. 2 durch das Wort „oder“ verbunden und damit unabhängig von der finanziellen Lukrativität des Sporttreibens. Gesetzestechnisch gegen einen auch nur ergänzenden Schutz spricht indes, dass die tatbestandliche Fassung der Norm bei einem solchen Verständnis einen außergewöhnlich weit vorverlagerten Rechtsgüterschutz erzeugte. Ein Vermögensvorteil ist nämlich nicht nur objektiv nicht erforderlich, sondern muss durch das Doping auch nicht einmal subjektiv angestrebt werden. Wenn ein vorgelagerter Vermögensschutz bezweckt wäre, hätte es nahegelegen, zumindest ein Delikt mit dahin gehend überschießender Innentendenz zu schaffen.28 Ein weiteres Argument gegen die These eines (primär) vermögensorientierten Schutzkonzepts ergibt sich nach hier vertretener Auffassung aus dem Regelungsgehalt der Einnahmeklausel.29 Im Rahmen der Tatbestandsanalyse haben rechtstatsächliche Überlegungen gezeigt, dass die Vorschrift ihren eigentlichen Anwendungsbereich nicht bei besserverdienenden Breitensportlern außerhalb des Leistungssports haben dürfte, sondern bei Spitzensportlern, die nur aus technischen Gründen nicht in die Testpools der Nr. 1 fallen.30 Dass eine solche Auffangfunktion vom Gesetzgeber auch beabsichtigt gewesen sein dürfte, hat die genetisch-historische Auslegung angedeutet. Dass Sportler, die von Nr. 2 erfasst werden, zugleich erhebliche Einnahmen erzielen müssen, entfaltet zugunsten eines wirtschaftlich geprägten Rechtsguts nach hier vertretenem Verständnis deshalb nur eingeschränkte Indizwirkung.31

27 Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4 ff.; ebenso Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 151 f.; Heger, medstra 2017, 205 (209), anders noch im Gesetzgebungsverfahren, s. Fn. 20; Jansen, GA 2017, 600 (612 ff.); ähnlich Pfister, in: ders., Das Anti-Doping-Gesetz, S. 45 (49). 28 Ähnlich Mitsch, Exzessive Kriminalpolitik am Beispiel des AntiDopG, S. 12. 29 S. 114 ff.; zur methodischen Begründung dieses Vorgehens S. 45 ff. 30 S. 128 ff. 31 Dazu auch noch sogleich S. 148 ff.

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C. Systematische Auslegung Neben dem Tatbestand des Delikts selbst könnten die Systematik des AntiDopG und der Gesamtrechtsordnung Rückschlüsse auf das Schutzkonzept der Selbstdopingverbote ermöglichen. I. Die Systematik des AntiDopG 1. Hinweise aus § 1 AntiDopG Besondere Aufmerksamkeit verdient § 1 AntiDopG.32 Diese Vorschrift führt unter der amtlichen Überschrift „Zweck des Gesetzes“ ein Bündel von Interessen auf, dessen Schutz das AntiDopG dienen soll. Sie trägt damit einerseits zur Bestätigung der aus dem Tatbestand der §§ 3, 4 AntiDopG gewonnenen Erkenntnisse bei, verursacht allerdings anderweitig Unklarheiten. Die Norm lautet: „§ 1 Zweck des Gesetzes Dieses Gesetz dient der Bekämpfung des Einsatzes von Dopingmitteln und Dopingmethoden im Sport, um die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler zu schützen, die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben zu sichern u n d d a m i t zur Erhaltung der Integrität des Sports beizutragen.“33

a) Entkräftung wirtschaftlicher Schutzzwecküberlegungen Auffällig ist zunächst, dass die Zwecksetzungsklausel auf die Nennung finanzieller Interessen als Zweck des Gesetzes verzichtet. Das bekräftigt die These, dass der Gesetzgeber nicht primär gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen von Dopingverstößen vorgehen wolle.34 b) Normative Absicherung eines Sportrechtsguts durch § 1 AntiDopG Dass es hingegen jedenfalls auch um den Schutz des Sportwettbewerbs geht, wird durch die Konstruktion von Schutzinteressen wie der „Chancengleichheit bei Sportwettbewerben“ und der „Integrität des Sports“ im Grundsatz ebenfalls bestätigt. Dagegen wird in der Diskussion um die Schutzgüter des AntiDopG vorgebracht, dass sich aus der Zweckbestimmung eines Gesetzes nicht zwingend auf (legitime) Rechtsgüter schließen lasse, die durch im Gesetz enthaltene Strafvorschriften ge-

32 33 34

S. 12.

So auch Heger, medstra 2017, 205 (208). Hervorhebung durch den Verfasser. In diese Richtung auch Mitsch, Exzessive Kriminalpolitik am Beispiel des AntiDopG,

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schützt werden sollen.35 Tatsächlich muss nicht jeder Zweck, der in einer solchen „Präambel“ genannt wird, zugleich zwingend Rechtsgut einer jeden im Gesetz enthaltenen Strafnorm sein.36 Es entspricht etwa der überwiegenden Auffassung, dass geschütztes Rechtsgut des § 6a AMG a.F. trotz der auf das Interesse an einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung abstellenden Zweckbestimmungsklausel des § 1 AMG die Gesundheit war.37 Es ist außerdem möglich, dass in einem einheitlichen Regelungskomplex verortete Strafvorschriften unterschiedliche Rechtsgüter schützen.38 So weist beispielsweise § 184 StGB einen uneinheitlichen Schutzzweck auf.39 Die in § 1 AntiDopG aufgeführten werthaften Zustände sind deshalb nicht zwingend Rechtsgut einer (jeden) im AntiDopG enthaltenen Strafvorschrift. Durch die einleitende Bestimmung des § 1 AntiDopG ist die Zwecksetzung des AntiDopG nichtsdestotrotz positiv-rechtlich normiert. Eine auf die im Gesetzestext selbst genannten Werte abstellende Schutzgutbestimmung ist normstrukturell besonders abgesichert.40 § 1 AntiDopG muss deshalb bei der Suche nach dem Rechtsgut starke indizielle Bedeutung zukommen.41 c) Konkretisierungshemmnis durch Schutzbündelkonstruktion § 1 AntiDopG verkompliziert allerdings die Erkenntnis darüber, welche Werte des Sports und warum sie geschützt werden sollen. Unklar ist bereits im Ausgangspunkt, was sich hinter dem Begriff der „Integrität des Sports“ verbirgt. Das gilt auch für die Frage, in welchem Verhältnis sie zu den in § 1 AntiDopG ebenfalls genannten Werten der „Fairness“ und „Chancengleichheit“ steht sowie ob und gegebenenfalls wie sich „Fairness“ und „Chancengleichheit“ ihrerseits voneinander unterscheiden.

35 Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6. Ohne daraus auf die Unbeachtlichkeit des § 1 AntiDopG zu schließen weist auch Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3 auf die bloß indizielle Wirkung von Zweckklauseln hin; allgemein zur Unterscheidung von Rechtsgut und Zweckbestimmungsklausel unter der Prämisse eines strafbarkeitsbegrenzenden Rechtsgutskonzepts Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 14 ff. 36 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3. 37 BT-Drs. 13/9996, S. 13; BGH PharmR 2012, 158 (159): „jedenfalls vorrangiges Schutzgut“; Nickel, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, § 6a Rn. 2; Volkmer, in: Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 8. Aufl., AMG § 95 Rn. 84; a.A. Freund, in: MüKo-StGB, § 6a AMG Rn. 1 ff. (2. Aufl.). 38 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3. 39 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 184 Rn. 5; Heger, in: Lackner/Kühl, § 184 Rn. 1; Hörnle, in: MüKo-StGB, § 184 Rn. 1 ff. 40 Allgemein zur gesteigerten Bedeutung positiv-rechtlicher Begründungen für die Rechtsgutsbestimmung Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 114c; Kudlich/Christensen, JA 2004, 74 (82). 41 Dass Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6, das anders sieht, gründet womöglich gerade auf einem strafrechtsbegrenzenden Rechtsgutsverständnis, s. S. 47 f.

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Schließlich ließe sich § 1 AntiDopG als Argument auch für die Gesundheit als Schutzgut fruchtbar machen.42 In der Zusammenschau erzeugt § 1 AntiDopG den Eindruck eines Schutzgutskonzepts, das in unklaren Hierarchieverhältnissen Haupt- und Unterschutzgüter enthält. Rössner beispielsweise versteht die Formel so, dass die Norm als geschützte Rechtsgüter die „Gesundheit der Sportler und Sportlerinnen, Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben sowie die Erhaltung der Integrität des Sports“ nenne.43 Jahn kann aus § 1 AntiDopG hingegen keine Rechtsgutskonzeption herauslesen, da die Gesundheit der Sportler sowie Fairness und Chancengleichheit „in höchst unklarer Weise (,damit‘) […] in den Dienst eines Beitrags zur ,Erhaltung der Integrität des Sports‘“ gestellt würden.44 d) Systematik der Norm als Indiz für hierarchisches Stufenverhältnis Um das in § 1 AntiDopG enthaltene Interessenbündel auf seine Rechtsgutsqualität analysieren zu können, bietet sich die Aufschlüsselung der Vorschrift durch Betrachtung ihres systematischen Aufbaus an.45 Das Gesetz soll durch die Bekämpfung von Doping die Gesundheit der Sportler, Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben sichern und „damit“ die Integrität des (organisierten) Sports schützen. Das deutet darauf hin, dass sich die Integrität des Sports daraus ergeben solle, dass seine gesundheitsfördernde Wirkung sowie Fairness und Chancengleichheit im Wettbewerb gewährleistet werden. Dafür spricht auch die Bedeutung des Begriffs der „Integrität“ im allgemeinen Sprachgebrauch. Dort bedeutet Integrität so viel wie „Unbescholtenheit“ oder „Makellosigkeit“.46 Man kann sie aber auch als „bestmögliche Übereinstimmung der eigenen Werte mit der tatsächlichen Lebenspraxis“ verstehen.47 Übertragen auf die Integrität des (organisierten – § 3 AntiDopG) Sports bedeutete das, dass das Selbstdopingverbot eine bestmögliche Umsetzung des Strebens nach gleichen Wettkampfbedingungen und des gesundheitsfördernden Charakters des Sports als Grundwerte des organisierten Sports fördern solle, um so

42 Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 8, 24 ff. sieht in der Bekämpfung des Dopings als „instrumentalem“ Zweck eine weitere Ebene der gesetzgeberischen Zwecksetzung. 43 Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3 (der indes in der Folge im Wesentlichen nur noch vom Schutz des freien wirtschaftlichen Wettbewerbs spricht; s. dazu bereits S. 47 f.); ähnlich Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 1 unter Betonung des Autonomieschutzes „sauberer Sportler“. 44 Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6. 45 In diese Richtung im Grundsatz auch Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 8, wenngleich er meint, dass dieser Vorgehensweise im Ergebnis keine tragfähigen Erkenntnisse zu entnehmen seien. 46 https://www.duden.de/rechtschreibung/Integritaet. 47 Feltes/Kabuth, NK 2017, 91 (93).

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sein Wesen zu sichern. Gesundheit, Fairness und Chancengleichheit wären damit Bestandteile des Gehalts der „Integrität des organisierten Sports“.48 Nach hier vertretenem Verständnis lässt die Systematik der Vorschrift mithin auf eine zweistufige Zwecksetzung des Gesetzes schließen, die zugleich Bedeutung für die Bestimmung des Gehalts der Integrität des Sports hätte. Der Satzbau des § 1 AntiDopG legt es nahe, dass eine erste, hier als „Zwischenziel“ verstandene Motivation des Dopingverbots darin liege, die Gesundheit der Sportler und die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben zu schützen. Dass diese schon für sich werthaften Zustände nicht ausschließlich um ihrer selbst willen geschützt werden sollen, lässt sich dann der Passage „und damit zur Erhaltung der Integrität des Sports beizutragen“ entnehmen. Die „Erhaltung der Integrität des Sports“ wäre dann als das eigentliche „Ziel“ des Dopingverbots zu verstehen.49 Schädigungen der gesundheitsfördernden Funktion des Sports oder Beeinträchtigungen von Fairness und Chancengleichheit wären bei einem solchen Verständnis Angriffsformen, vor denen das Rechtsgut der Integrität des organisierten Sports geschützt werden sollte.50 2. Ausklammerung des „Zwischenziels“ des Gesundheitsschutzes Den Gedanken des Gesundheitsschutzes als potentiellem Bestandteil der Rechtsgutskonzeption der Selbstdopingdelikte wird man indes verwerfen müssen.51 Die Systematik des AntiDopG zeigt, dass der Gesetzgeber von einem geteilten Schutzkonzept der Vorschriften in § 2 AntiDopG einerseits, § 3 AntiDopG andererseits ausgeht.52 Der Bezug des Dopings zu einer Schädigung des sportlichen Wettbewerbs ist bei § 2 AntiDopG schwächer ausgeprägt als bei § 3 AntiDopG. Strafbar sind nach § 2 AntiDopG zunächst schon nicht Dopingverstöße des Sportlers selbst, sondern die Fremdanwendung und der Besitz nur nicht geringer Mengen an Dopingmitteln als Indiz für eine Verbreitungsgefahr. Anders als § 3 AntiDopG erfordert der Wortlaut des § 2 AntiDopG auch nicht, dass auf einen organisierten Sportwettbewerb ein48

In diese Richtung für das Verhältnis von Chancengleichheit und Fairness einerseits, Integrität des Sports andererseits wohl auch Bindels, in: Pfister, Das Anti-Doping-Gesetz, S. 9 (14); ähnlich Heger, medstra 2017, 205 (209). 49 Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 9 entnimmt eine ganz ähnliche Differenzierung zwischen „inneren“ und „Teilzwecken“ nicht schon § 1 AntiDopG, sondern erst der Gesetzesbegründung. 50 Rechtsgüter werden durch das Strafrecht regelmäßig nicht umfänglich, sondern nur gegen bestimmte Angriffe geschützt; ähnlich für Fairness und Chancengleichheit Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 52: „bereichsspezifischer Beitrag zur Integrität des Sports“; in Rn. 68 erhebt Nolte dann allerdings „die Dopingbekämpfung zu einem Strafrechtsgut“; vergleichbare Überlegung für §§ 265c, d StGB bei Kubiciel, KriPoZ 2018, 29 (31). 51 A.A., auf ein dualistisches Rechtsgutskonzept gestützt, Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 3 und womöglich auch Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 24 ff., 59 ff., 64: „untergeordnete Funktion“. 52 So i.E. auch Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 33.

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gewirkt werden soll.53 In der Gesetzesbegründung heißt es außerdem, dass die Vorschrift „in erster Linie dem Gesundheitsschutz“ diene.54 Dass in § 2 Abs. 1 und 2 AntiDopG wie in § 3 AntiDopG auf die Anwendung von Dopingmitteln und -methoden abgestellt wird, die der WADA-Verbotsliste entsprechen und deshalb auch allein durch ihre leistungssteigernde Wirkung strafbegründend wirken könnten, erscheint in einer Gesamtbetrachtung als unbeabsichtigte Inkonsequenz im Konzept des durch § 2 AntiDopG vermittelten Gesundheitsschutzes.55 Um abschließend zum Gesundheitsschutz Stellung nehmen zu können, sollen bereits an dieser Stelle erste Erkenntnisse aus der genetisch-historischen Auslegung einfließen: In der Entwurfsbegründung schweigt der Gesetzgeber nicht etwa nur dazu, ob durch die Selbstdopingverbote die Gesundheit geschützt werden solle, sondern lehnt das ausdrücklich ab.56 3. Zwischenergebnis: Integrität des Sports als Rechtsgut, Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit als Angriffsrichtung? Die systematischen Hinweise des § 1 AntiDopG verdichten sich damit auf die Existenz eines Sportrechtsguts. Es verbleiben allerdings Unklarheiten darüber, wie sich in einem solchen Schutzkonzept Fairness, Chancengleichheit und Integrität des Sports zueinander verhalten. Für Jahn handelt es sich bei Fairness und Chancengleichheit um „prototypische Beispiele für diffuse Universalrechtsgüter. Ihre Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit dürfte [….] sachlogisch vorgegeben sein.“57 Nourouzi58 sieht die Dinge ähnlich: „Die Bestimmung des gesetzlichen Schutzzwecks […] des § 3 Abs. 1 AntiDopG bleibt unklar. […] Die in § 1 AntiDopG angeführten […] Schlagworte von ,Fairness‘ und ,Integrität‘ des Sports haben keinen substanziellen Mehrwert, wenn es um Konturenschärfe geht. Sie sind Begriffe der Verhaltensethik, in die vieles hineingelesen werden kann.“59 53

BGH PharmR 2018, 343 (344) mit Anm. Krüger und Putzke, NStZ 2018, 475; skeptisch Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 64; differenzierend Putzke in: Lehner/Nolte/ Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 54. 54 BT-Drs. 18/4898, S. 23; zu Erwerb und Besitz nach § 2 Abs. 3 AntiDopG heißt es auf S. 26, es gehe um den Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit; dieser Auffassung hat sich auch der BGH angeschlossen, s. BGH PharmR 2018, 343 (344); nur für Individualgesundheitsschutz (jedenfalls im Kontext des § 1 AntiDopG) Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 37; Heger, medstra 2017, 205 (208). 55 Gestützt wird diese These dadurch, dass § 6 AntiDopG nur in Hinblick auf § 2 AntiDopG, nicht auch § 3 AntiDopG zur Ausdehnung des Dopingverbots aus Gründen des Gesundheitsschutzes ermächtigt; so auch Haug/Martin, Causa Sport 2014, 345 (350 mit Fn. 39); Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 223 hält das hingegen für ein Redaktionsversehen; skeptisch auch Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (18). 56 BT-Drs. 18/4898, S. 29. 57 Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 12. 58 Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 2. 59 Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 2.

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Was der Gesetzgeber mit dem Begriffspaar von „Fairness und Chancengleichheit“60 meint ergibt sich erst aus einer Zusammenschau von § 1 und § 3 AntiDopG. Ihr ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber rechtliche Fairness bzw. – besser61 – rechtliche Chancengleichheit sicherstellen möchte. Mit der Anknüpfung an das sportrechtliche Reglement zielt jedenfalls das Gesetz eindeutig auf einen Zustand, in dem für sämtliche Sportler – auch faktisch62 – dieselben Regeln gelten.63 § 3 AntiDopG will deutlich erkennbar Verstöße gegen den Kern des sportlichen Dopingverbots verbieten, wie ihn Art. 2.1, 2.2 des WADA-Codes verkörpern. Die gesetzliche Regelung bezieht sich deshalb nicht bloß auf eine moralische Fairness.64 Dass der Gesetzgeber den angestrebten Rechtsgüterschutz durch die „Fairnessklausel“ überhöht, bedeutet nicht, dass er ihn zugleich von der Sphäre des Rechts löste. Der zuweilen erhobene und mit der gesetzgeberischen Bezugnahme auf den Fairnessgedanken begründete Vorwurf der „Ethisierung des Rechtsgüterschutzes“65 findet im Gesetz bei einer Gesamtbetrachtung von § 1 und § 3 AntiDopG keine tragfähige Stütze.66 Aus der Schutzbündelkonstruktion des § 1 AntiDopG verbleiben bei Außerachtlassung sportethischer Fairnessüberlegungen, die keinen Niederschlag im Reglement finden, mithin die Schlagwörter der „rechtlichen Chancengleichheit“ und der „Integrität des Sports“. Die hier vertretene Auffassung zur Systematik des § 1 AntiDopG spricht im Grundsatz zunächst dagegen, im Schutz der „rechtlichen Chancengleichheit im Wettbewerb“ das bzw. ein eigenständige(s) Rechtsgut der Vorschrift zu sehen. Sie deutet eher darauf hin, dass das Selbstdopingverbot die 60

Hervorhebung durch den Verfasser. Auch Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (162) sehen keinen rechtlichen Unterschied zwischen Fairness und Chancengleichheit. 62 Die akzessorische Sicherungsfunktion des AntiDopG, das der formal unbestrittenen Geltung des sportrechtlichen Regelungswerks auch tatsächliche Durchsetzung verschaffen soll, betont Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 49. 63 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 62; Jansen, GA 2017, 600 (613 f.). 64 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 13; Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4; i.E. auch Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 30; ähnlich Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 42, der ein Überwiegen eines „formellen“ Fairnessverständnisses gegenüber dem partnerschaftlichen Umgang und dem „ritterlichen Geist“ feststellt; Kubiciel, KriPoZ 2018, 29 (31) zu §§ 265c, d StGB. 65 Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 7; in diese Richtung tendiert womöglich auch Jahn. Jedenfalls ließe sich die Ausführung in seiner Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 13, dass „anständiger und fairer Umgang untereinander […] zum Bereich bloßer moralischer Verpflichtungen“ gehöre so deuten, dass er die in der Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6 als Rechtsgut ausgemachte „Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben“ als moralische, nicht rechtliche Prinzipien begreift. 66 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4, 6; in diese Richtung wohl auch Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 62; i.E. ähnlich Jansen, GA 2017, 600 (613 f.). Die Gesetzesbegründung stellt hingegen durchaus moralische Bezüge her, s. BT-Drs. 18/4898, S. 27 ff.: Schutzgüter seien die Integrität des organisierten Sports und seine ethisch-moralischen Grundwerte wie Fairness und Chancengleichheit; s. sogleich S. 146 ff. 61

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Integrität des organisierten Sports vor einem Angriff gerade durch Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit im Wettbewerb schützen solle.67 II. Nebengesetzliche Verortung und §§ 265c, d StGB als Bestätigung der Systematik des AntiDopG Gestützt wird die These, dass die Selbstdopingverbote ein Sportrechtsgut – sei es das der Integrität des Sports oder jenes der rechtlichen Chancengleichheit – schützen, zunächst dadurch, dass sie in einem eigenständigen Nebengesetz geregelt worden sind, das sich ausschließlich der Bekämpfung von Missständen im Sport widmet. Ein systematischer Vergleich mit den Straftatbeständen des Sportwettbetrugs und der Manipulation berufssportlicher Wettbewerbe aus §§ 265c, d StGB erhärtet außerdem die These der Nachrangigkeit finanzieller Schutzzwecküberlegungen. Wenn der Gesetzgeber mit § 3 AntiDopG nur Vermögensschutz bezweckt hätte, hätte es nahegelegen, das Selbstdoping wie die §§ 265c, d StGB nicht in ein eigenes Gesetz, sondern in den 22. Abschnitt des StGB einzufügen. Das gilt jedenfalls bei behauptetem Überwiegen etwaigen Vermögensschutzes durch das AntiDopG auch bei einer dualistischen Rechtsgutskonzeption, denn §§ 265c, d StGB sollen ebenfalls nicht nur das Vermögen, sondern auch die Integrität des Sports schützen.68

D. Genetisch-historische Auslegung I. Ausdrückliches und zugleich unklares Bekenntnis zum Schutz der Integrität des organisierten Sports In der Entwurfsbegründung bekennt sich der Gesetzgeber ausdrücklich und mehrmals zum organisierten Sport als Bezugspunkt des Rechtsgüterschutzes,69 ohne dabei allerdings Klarheit über das Stufenverhältnis von Integrität und (Fairness und) Chancengleichheit zu schaffen. In der Begründung der Zwecksetzungsklausel des § 1 AntiDopG heißt es: „[…] Doping erschüttert die Grundlagen der Integrität, die maßgeblich auf Fairness und Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb beruhen“.70 Das wirkt so, als bestätige 67 Ähnlich Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 52: „bereichsspezifischer Beitrag zur Integrität des Sports“; in Rn. 68 erhebt er dann allerdings „die Dopingbekämpfung zu einem Strafrechtsgut“; vergleichbare Überlegungen bei Kubiciel, KriPoZ 2018, 29 (31) zu §§ 265c, d StGB. 68 BT-Drs. 18/8831, S. 12; für einen Vorrang des Vermögensschutzes Krack, wistra 2017, 289; kritisch Bittmann/Nuzinger/Rübenstahl, in: BeckOK-StGB, § 265d Rn. 2 f.; Fischer, § 265d Rn. 2 f.; Kubiciel, in: Hoven/Kubiciel, Korruption im Sport, 61 (66 f.); Tsambikakis, in: Hoven/Kubiciel, Korruption im Sport, S. 37 (55). 69 BT-Drs. 18/4898, S. 26, 27, 28, 29. 70 BT-Drs. 18/4898, S. 22 (Hervorhebung durch den Verfasser).

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die genetisch-historische Auslegung das zur Systematik des § 1 AntiDopG vertretene Verständnis eines Stufenverhältnisses von Chancengleichheit und übergeordneter Integrität. Dafür sprechen auch die einleitenden Ausführungen zur Verbotsnorm des § 3 AntiDopG: „Die Norm dient dem Schutz der Integrität des Sports“.71 Der Gesetzgeber benennt die Integrität des organisierten Sports also explizit als Schutzgut der Selbstdopingverbote. Dem hat sich die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur angeschlossen.72 Dagegen ist im Ausgangspunkt nichts einzuwenden, da bei einem neuen Gesetz, dessen „objektivierter“ Zweck sich noch nicht aufgrund gewandelter gesellschaftlicher Verhältnisse geändert haben kann, einer ausdrücklichen Zweckbestimmung in den Gesetzesmaterialien elementare Bedeutung für die Rechtsgutsermittlung zukommen muss. Zu den Umgangsverboten des § 3 Abs. 4 AntiDopG heißt es in der Entwurfsbegründung dann aber wenig später: „Schutzgüter sind – wie bei Absatz 1 – die Integrität des organisierten Sports und seine ethisch-moralischen Grundwerte wie Fairness und Chancengleichheit“.73 Die Entwurfsbegründung vermittelt in der Gesamtschau den Eindruck, dass der Gesetzgeber selbst kein Konzept zu einem etwaigen Hierarchieverhältnis zwischen rechtlicher Chancengleichheit und Integrität des Sports vor Augen hatte.74 Nicht klarer wird der „Integritätsgedanke“ dadurch, dass die Entwurfsbegründung es nicht bei einer Auseinandersetzung mit den Schutzinteressen belässt, die schon das Gesetz selbst in § 1 AntiDopG nennt. Sie bringt darüber hinaus etwa die Vorbildwirkung von Spitzensportlern für junge Menschen, die Repräsentationsfunktionen des Spitzensports für den Staat oder die Gefahren für die Sportförderung ins Spiel: „Nur wenn Fairness und Chancengleichheit gewährleistet sind, werden Nachwuchssportlerinnen und Nachwuchssportler für den Sport zu begeistern sein und den erheblichen zeitlichen und körperlichen Aufwand auf sich nehmen, um für Spitzenleistungen zu trai71

BT-Drs. 18/4898, S. 26. Für die Integrität des organisierten Sports als Rechtsgut Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 1; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/ Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 11; Schmahl, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 16; Tsambikakis, in: Hoven/Kubiciel, Korruption im Sport, S. 37 (44 mit Fn. 23); Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 3, der in Rn. 68 allerdings auch „die Dopingbekämpfung zu einem Strafrechtsgut“ erhebt. 73 BT-Drs. 18/4898, S. 28; nahezu wortlautgleich auch bereits S. 27 zum Anwendungsverbot und außerdem S. 29. 74 Auch an anderer Stelle suggeriert die Gesetzesbegründung ein Nebeneinander von „Fairness und Chancengleichheit“ und „Integrität des Sports“: „Sie [gedopte Sportler] bedrohen mit diesem Verhalten die Integrität des sportlichen Wettbewerbs und erschüttern dadurch seine [nicht: ihre] Grundlagen wie Fairness und Chancengleichheit“, s. BT-Drs. 18/4898, S. 1. In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Sportausschusses des Bundestages, BT-Drs. 18/ 6677, S. 8, wird schließlich dargelegt, dass nach Auffassung der CDU/CSU-Fraktion als Schutzgüter des Selbstdopingverbots „die ,Fairness und Chancengleichheit‘ sowie die Integrität des sportlichen Wettkamps gemeinsam herangezogen“ würden (Hervorhebung durch den Verfasser). 72

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nieren. Nur wenn der Sport dopingfrei ist, werden Zuschauer die Sportveranstaltungen besuchen und Medien von diesen berichten, lässt es sich rechtfertigen, dass der Staat den Spitzensport fördert, und wird es private Investitionen in den Sport geben.“75

Mangels Andeutung in Wortlaut und Systematik des Gesetzes wird man diese Werte zwar nicht zu einem eigenständigen Rechtsgut, sondern allenfalls zu einem Bestandteil der „Integrität“ des Sports erheben können. Dadurch vertiefen sich aber letztlich nur die durch die Zweckbestimmungsklausel des § 1 AntiDopG ausgelösten Zweifel an einer klaren Entscheidung des Gesetzgebers über die Frage, warum er den Angriff auf die rechtliche Chancengleichheit eigentlich verhindern will. So lässt sich kaum mehr behaupten, dass der Gesetzgeber den Wettbewerb nur um seiner selbst willen schützen wolle. Auch die Auffassungen, dass es dem Gesetzgeber in der Sache primär um die Interessen der fairen Teilnehmer oder der Verbände76 gehe verlieren durch Bezugnahmen auf „Repräsentationsfunktionen“ und „Vorbildwirkungen“ an Durchschlagskraft. Angesichts dessen überrascht selbst der Vorwurf nicht mehr, dass der Gesetzgeber bloßen Moralschutz betreibe. Es verstetigt sich damit eine bereits durch die Schaffung des § 1 AntiDopG eingeleitete Abstraktion der Schutzzwecküberlegungen des Gesetzgebers vom bloßen Verstoß gegen das sportrechtliche Dopingverbot. Was die „Integrität des organisierten Sports“ ausmachen soll, wird durch eine Anhäufung tangierter Interessen nicht klarer, sondern verwässert. Auf einen annähernd fassbaren Nenner lassen sie sich nur noch bringen, wenn man die „Integrität“ des organisierten Sports mit der Unversehrtheit sämtlicher denkbarer positiver Funktionen des (Leistungs-)Sports für die Gesellschaft gleichsetzt.77 II. Finanzielle Begleitinteressen Anders als zur Integrität des Sports und abweichend von der §§ 265c, d StGB zugrunde liegenden dualistischen Rechtsgutskonzeption78 bekennt sich der Gesetzgeber des AntiDopG nicht ausdrücklich zum Schutz durch Doping beeinträchtigter finanzieller Interessen als Rechtsgut der Vorschrift. Es bedarf deshalb erhöhten 75

BT-Drs. 18/4898, S. 27; ganz ähnlich auch dort S. 1, 17, 19. Gegen den Schutz der Sportverbände spricht außerdem, dass sie – setzt man sie nicht mit „Veranstaltern“ gleich – die einzige Einheit aus dem Sport sowie der staatlichen und privaten Sportförderung sind, deren durch Dopingverstöße beeinträchtigten Interessen in der Entwurfsbegründung nicht als Argument für die Notwendigkeit des Selbstdopingverbots bemüht werden, s. BT-Drs. 18/4898, S. 1, 17, 19, 23, 26. Das ist kein zwingendes Argument gegen einen etwaigen Verbandsschutz, stellt aber ein Begründungsbedürfnis dafür auf, dass gerade die wenigen unausgesprochenen Interessen Schutzgut sein sollen. 77 Für Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 51 geht es dem Gesetzgeber insbesondere um das Ansehen des Sports in der Öffentlichkeit. Für ihn ist die Integrität des Sports deshalb dessen „Glaub- bzw. Vertrauenswürdigkeit“. 78 BT-Drs. 18/8831, S. 1, 10, 12, 15, 20. Zu Zweifeln am Dualismus bei § 265c f. StGB S. 146 mit Fn. 68. 76

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Begründungsaufwands, um einen vorgelagerten Vermögensschutz auf genetischhistorische Überlegungen stützen zu können. Wirtschaftliche Auswirkungen des Dopings spielen in der Entwurfsbegründung eine bedeutende Rolle. So heißt es etwa, dass durch Doping „nicht nur die Konkurrenten im sportlichen Wettbewerb getäuscht und geschädigt [werden], sondern auch Veranstalter, Sportvereine, Sponsoren und Zuschauer, die im Vertrauen auf einen fairen sportlichen Wettbewerb Vermögenswerte aufwenden“.79

Dass der Gesetzgeber in diesen Einnahmemöglichkeiten einen „besonderen Anreiz“ sieht, zu Dopingpraktiken zu greifen, lässt sich ebenfalls als Indiz für ein Vermögensdelikt im engeren Sinne deuten.80 In der parlamentarischen Diskussion wird das vereinzelt ausdrücklich ausgesprochen. Der seinerzeitige Bundesjustizminister Heiko Maas meint: „[E]s geht vor allen Dingen auch darum, Betrug zu ahnden. Denn Doping ist nichts anderes als eine Spezialform des Betruges.“81 Noch deutlicher wurde Reinhard Grindel: „Für strafrechtliche Maßnahmen ist es nötig, Rechtsgüter zu benennen, die wir schützen wollen. Wer dopt, der betrügt und der mindert im Spitzensport die Verdienstmöglichkeiten von anderen Sportlern, der beschädigt Vermögensinteressen von Vereinen und Sportveranstaltern. Insofern ist es konsequent – das darf nicht übersehen werden –, dass wir das Rechtsgut des Vermögens auch mit dem vorliegenden Anti-Doping-Gesetz schützen wollen.“82

Normstrukturell findet ein vermögensbezogenes Rechtsgut seine einzige Stütze allerdings in der Einnahmeklausel des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG. Ein Vergleich der Tatbestandsfassung der Selbstdopingverbote mit den Vorgängerentwürfen des AntiDopG relativiert die Indizwirkung der Täterkreisbeschränkung für eine solche Schutzrichtung des AntiDopG: Der Gesetzgeber hätte auf die Schaffung der Einnahmeklausel verzichten und beispielsweise in Übernahme eines Bundesratsentwurfs von 2006 eine Wettkampfteilnahme des Athleten „seines Vermögensvorteils wegen“ verlangen können.83 In eine ähnliche Richtung ging der Entwurf eines Straftatbestands der „Verfälschung des wirtschaftlichen Wettbewerbs im Sport“.84 Strafbar sein sollte nach § 298a StGB-E, wer „auf einen sportlichen Wettbewerb, der für die Erwerbsaussichten der Teilnehmenden von bedeutendem wirtschaftlichem [sic] Wert ist, dadurch einwirkt, dass er im Wettbewerb […] verbotene Mittel […] zur Leistungssteigerung nutzt […].“

79 80 81 82 83 84

BT-Drs. 18/4898, S. 1, 17, 22 f. BT-Drs. 18/4898, S. 32. BT-Plenarprotokoll 18/107, 10252 (A). BT-Plenarprotokoll 18/137, 13446 (A). § 5 Abs. 1, 2 Anti-Doping-Gesetz-E, BR-Drs. 658/06; dazu schon S. 33 f. BT-Drs. 16/5938.

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Der Gesetzgeber des AntiDopG lässt es hingegen ausreichen, dass potentielle Täter des Selbstdopingdelikts „erhebliche Einnahmen“ erzielen – was wegen § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG nicht einmal notwendige Bedingung ist. Das akzentuiert die vermögensrechtlichen Aspekte des Dopings nach hier vertretenem Verständnis deutlich weniger, als es die Vorgängerentwürfe des AntiDopG taten. Auf Tatbestandsebene wurde überdies dargelegt, dass die genetisch-historische Auslegung der Einnahmeklausel des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG keine tragfähigen Argumente für die These enthält, dass sie den Anwendungsbereich der Selbstdopingverbote über den Hochleistungssport hinaus allein aufgrund der finanziellen Relevanz von Dopingverstößen erweitern solle.85 Dass sie dazu in der Praxis auch nur in seltenen Fällen in der Lage wäre, hat eine rechtstatsächliche Betrachtung der Täterkreisbestimmung des § 4 Abs. 7 AntiDopG gezeigt.86 Eine rechtsgutsbezogene Analyse der Entwurfsbegründung zu § 4 Abs. 7 AntiDopG kommt nicht zu anderen Ergebnissen. In Bezug auf die Einnahmeklausel der Nr. 2 meint der Gesetzgeber, dass eine Bestrafung von Sportlern, die nicht auf einem regelmäßig mit finanziellen Vorteilen verbundenen Niveau agieren, „[f]ür den Schutz der Integrität des organisierten Sports […] nicht erforderlich“ sei.87 Dass der Gesetzgeber selbst bei der Begründung der Einnahmeklausel auf die Integrität des Sports und nicht etwa den „wirtschaftlichen Wettbewerb“ abstellt, spricht deutlich für die These, dass es sich bei der Einnahmeklausel um einen Auffangtatbestand für § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG und nicht eine eigenständige Säule eines dualistischen Rechtsgutskonzepts handelt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Dopingverstößen erscheinen insoweit eher als Schutzreflex des Selbstdopingverbots. Zu einem Bekenntnis ihrer Rechtsgutsqualität konnte sich der Gesetzgeber nicht durchringen.88

E. Objektiv-teleologische Überlegungen zum Vermögensschutz: Profitgier als strukturelle Ursache des Dopingproblems? Tatbestandsstruktur, Systematik und genetisch-historische Auslegung sprechen nach hier vertretenem Verständnis in der Gesamtschau gegen einen vorgelagerten Vermögensschutz als Rechtsgut der Selbstdopingdelikte. Ein anderes Ergebnis könnte sich nur noch daraus ergeben, dass die für einen wirtschaftlichen Wettbewerbsschutz sprechenden Argumente durch objektiv-teleologische Überlegungen maßgeblich an Gewicht gewinnen.

85 86 87 88

S. 114 ff. S. 121 ff. BT-Drs. 18/4898, S. 31. So wohl auch Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 10, 44.

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Der Gesetzgeber meint, dass Doping vielfältige Schäden, u. a. bei Konkurrenten, Veranstaltern oder Sponsoren, nach sich ziehen könne.89 In einem auf präventiven Rechtsgüterschutz ausgerichteten Strafrechtssystem liegt es nahe, dass eine Strafvorschrift die Interessen schützen soll, die durch ihre Verwirklichung typischerweise beeinträchtigt werden.90 Dass durch Doping kausal herbeigeführte Vermögensschäden aber nur selten nachweisbar sind, hat den Gesetzgeber gerade zur Schaffung des Selbstdopingverbots bewogen.91 Mit empirisch-kausalen Schädigungszusammenhängen wird sich zugunsten eines etwaigen Vermögensschutzes also nicht argumentieren lassen. Mit einer zumindest potentiellen Schädigungseignung geht bei einem auf wirtschaftlichen Wettbewerb gerichteten Schutzkonzept spiegelbildlich indes auch die potentielle Vorteilsverschaffung auf Täterseite einher. Eng mit dem Gedanken einer schadensorientierten Rechtsgutsbestimmung verbunden ist deshalb eine rechtstatsächliche Betrachtung auf der Täterseite. Wenn eine Straftat stets oder zumindest typischerweise aus bestimmten Motiven heraus begangen wird, liegt es nahe, dass der Gesetzgeber auch die dem Täterhandeln zugrundeliegenden Motive missbilligt. Der Gesetzgeber meint, dass im Sport „erhebliche wirtschaftliche Einnahmen erzielt werden können, die einen besonderen Anreiz dafür bieten können, zu verbotenen Dopingmitteln bzw. Dopingmethoden zu greifen.“92 Ließe sich empirisch stützen, dass finanzielle Interessen eine Entscheidung für das Doping zumindest typischerweise prägten, spreche das nach hier vertretener Auffassung für deren gesetzgeberische Missbilligung und ein Schutzgut mit wirtschaftlichem Einschlag. I. Dunkelfeldproblematik als Grundmangel rechtstatsächlicher Überlegungen Die Frage nach den Gründen für das Auftreten eines Problems lässt sich indes ohne vollumfängliche Kenntnis seines Ausmaßes von vornherein nicht abschließend beantworten.93 Bekannt gewordene Dopingfälle können als Ausschnitte des Phänomens nur bedingt verallgemeinert werden. Angaben geständiger Athleten über ihre Motive können von der Verfolgung unmittelbarer Eigeninteressen oder dem Gedanken der sozialen Erwünschtheit einer bestimmten Aussagerichtung geleitet werden.94 Doping kann nach alledem wohl allenfalls erklärbar gemacht werden. Das bedeutet indes nicht, dass die Schlüssigkeit behaupteter Dopingmotive einer empi-

89

S. 148 f. S. 48 f. 91 S. 27 ff. 92 BT-Drs. 18/4898, S. 32 (Hervorhebung durch den Verfasser). 93 Dazu S. 23 f., 237 ff. 94 Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 88; in diese Richtung auch Dietz, Doping-Magazin 2017, 7 (8); Kläber, Doping-Magazin 2016, 22 (23). 90

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rischen Be- oder Entkräftigung – jedenfalls im besser erforschten Hochleistungsbereich95 – von vornherein entzogen wäre. II. Schlüssigkeit maßgeblichen Einflusses finanzieller Motive Das unmittelbare Motiv eines Sportlers für den Griff zu verbotenen Substanzen liegt im Streben nach Leistungssteigerung und – damit direkt verbunden – erhöhten Siegchancen.96 Zumindest im Berufssport liegt allerdings die Vermutung nahe, dass sich die Motivation des Sportlers zunehmend nicht mehr primär aus intrinsischen Anreizen speist, sondern der Sport als Einkommensquelle in den Vordergrund tritt.97 Der Anreiz, durch den Sport Einkünfte zu erzielen, soll – so wird es auch vom Gesetzgeber des AntiDopG vertreten – gesteigerte Bedeutung nicht zuletzt deshalb erlangen, weil vielen Leistungssportlern zunehmend bewusst werde, dass dadurch aufgrund einer Vernachlässigung außersportlicher Alternativen auch der finanzielle Grundstein für das Leben nach dem Sport gelegt werden müsse.98 Dass wegen der teilweise immensen Verdienstmöglichkeiten im Sport finanzielle Überlegungen Dopingverstöße entscheidend fördern können, liegt gedanklich also durchaus nahe. III. Empirisches Etwas überraschend ist, dass ein solcher Zusammenhang empirisch nicht belegt ist.99 1. Kein Nachweis für mit finanziellen Gewinnen steigende Dopingaffinität Da das Testsystem des Sports keine verlässlichen Aussagen über die Häufigkeit von Dopingverstößen vermittelt, lassen sich den offiziellen Dopingkontrollstatistiken des Sports keine durchschlagenden Erkenntnisse entnehmen. Doping scheint indes nicht nur in stark kommerzialisierten, sondern auch in Sportarten aufzutreten, 95

Zur Verbreitung von Doping im Freizeitsport Dietz, Doping-Magazin 2017, 7. Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 60; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 176. 97 Figura, Doping, S. 52; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 194; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 57, 65 spricht sich deutlich für den Einfluss ökonomischer Anreize auf eine Entscheidung für das Doping aus; zumindest überwiegend auf finanzielle Vorteile stützen auch Pfister, in: ders., Das Anti-Doping-Gesetz, S. 45 f. und Putzke, in: Lehner/ Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 1 ihre Überlegungen zu den Ursachen des Dopings. 98 BT-Drs. 18/4898, S. 19; Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 62, 135 f.; in diese Richtung auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 1. 99 Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (189 f.) m.w.N.; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 134 spricht davon, dass finanzielle Anreize allenfalls „eine gewisse Tendenz vermuten“ ließen; deutlich für einen solchen Zusammenhang indes Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 57, 65. 96

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die keine nennenswerten Einkommenschancen bieten.100 Das spricht im Ausgangspunkt gegen eine prägende Bedeutung ökonomischer Überlegungen im Entscheidungsspektrum dopinggeneigter Athleten. Eine Annäherung an die These, dass ökonomische Überlegungen maßgebliche Bedeutung für die Ausbreitung des Dopings zukomme, entnehmen Frenger/Pitsch/ Emrich den Ergebnissen ihres Vergleichs von Preisgeldstrukturen im Hochleistungssport mit der Einschätzung der Dopingaffinität olympischer Sportarten durch das Independent Observer Team der WADA im Rahmen der Olympischen Spiele 2008.101 Zwischen dem Mittelwert der Preisgelder, die in einer Sportart gezahlt werden, und der über die Einschätzung des Beobachter-Teams der WADA bestimmten Dopinganfälligkeit einer Sportart seien „signifikante Zusammenhänge“ festzustellen.102 Daraus schließen Frenger/Pitsch/Emrich, dass der „Annahme, dass mit wachsender Kommerzialisierung auch die Dopingaffinität in den Sportarten ansteigt, zuzustimmen“ sei.103 Allerdings bezeichnen sie diesen Zusammenhang als künstlich hervorgerufen, falls bereits die Bestimmung der Dopingaffinität durch das Observer-Team vom Grad der Kommerzialisierung der jeweiligen Sportart mit beeinflusst worden sei.104 Die Kriterien, anhand derer das Observer-Team das von Frenger/Pitsch/Emrich in Bezug genommene Gefährdungsschema erstellte, sind nicht ersichtlich.105 In den – allerdings erst 2014 veröffentlichten – ISTI Guidelines for Implementing an Effective Testing Program der WADA heißt es indes, dass finanzielle Anreize eine „signifikante“ Rolle bei der Entscheidung eines Athleten für Doping spielen könnten.106 Dass diese Grundsatzauffassung der WADA bereits 2008 bestand und in die Beurteilungen des Beobachter-Teams eingeflossen sind, erscheint als so wahrscheinlich, dass der von Frenger/Pitsch/Emrich hergestellte Zusammenhang

100

Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 226 f.; gegen finanzielle Anreize als Ursprung des Dopingproblems mangels wirtschaftlicher Attraktivität der meisten Sportarten Kassner, in: Hoven/Kubiciel, Korruption im Sport, S. 135 (137). 101 Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 ff. (192 ff., 196); vorsichtig zustimmend Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 227. Der Report des Beobachter-Teams ist abrufbar unter: https://www.wada-ama.org/sites/default/files/resources/files/WADA_IO_Re port_Olympic_Games_2008_EN.pdf. 102 Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (192, 196). 103 Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (197); zustimmend Rössner, in: Lehner/ Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 31; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 57, 65 und (zurückhaltend) Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 227. 104 Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (198); diese Einschränkung der Validität der Studie betont auch Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 227. 105 Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (193). 106 WADA, ISTI Guidelines for Implementing an Effective Testing Program, S. 11. Das sieht auch die NADA so: https://www.nada.de/doping-kontroll-system/trainingskontrollen/risi kogruppen/.

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zwischen Kommerzialisierung und Dopingaffinität zurückhaltend zu beurteilen ist.107 Der von den Anti-Doping-Agenturen – die NADA teilt die Grundsatzauffassung der WADA – angenommene Zusammenhang zwischen finanziellen Anreizen und Dopingverstößen scheint überdies jedenfalls kein herrschender zu sein. In der dreistufigen Risikoeinteilung der NADA lässt sich nämlich kein Muster erkennen, nach dem vermutlich finanzstärkere Sportarten tendenziell in höhere Risikostufen eingruppiert würden. So befinden sich die wohl im oberen Bereich der Finanzkraftskala zu verortenden Sportarten Fußball, Tennis, Basketball, Boxen und Handball in der mittleren Risikogruppe B, Golf und Tischtennis gar in der als am wenigsten gefährdet angesehenen Risikogruppe C.108 Im Grundsatz, wenngleich mit leichter Tendenz zu einer risikogeneigteren Bewertung, geht auch die Einstufung durch das Independent Observer-Team der WADA zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking in diese Richtung.109 Nach hier vertretener Auffassung deutet das darauf hin, dass es Risikofaktoren geben muss, die größere Bedeutung haben als die finanziellen Anreize des Dopings. Das spricht gegen wirtschaftliche Motive als primäre Dopingmotivation. Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Sieg und Niederlage im Sport über „Alles oder Nichts“ entscheiden und dies zunehmend auch in wirtschaftlicher Hinsicht gelten soll.110 Dafür, dass der Sieg für die ökonomische Situation von Spitzensportlern an Wichtigkeit gewonnen haben dürfte spricht beispielsweise die Entwicklung der Preisgeldverteilung bei der Tour de France. Der Anteil des Preisgeldes für den ersten Rang beim wichtigsten Radrennen der Welt hat sich von 1960 bis 2018 bei vergrößertem Fahrerfeld von circa. 5 % auf 22 % der Gesamtausschüttungssumme vervierfacht.111 Die sportartübergreifenden Erhebungen von Frenger/Pitsch/Emrich zu Preisgeldverteilungen auf den ersten zehn Plätzen bei 107 A.A. Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 31, der in der Studie einen Beleg für die Eignung des Strafrechts zur Durchsetzung des Dopingverbots sieht. 108 https://www.nada.de/fileadmin/user_upload/nada/DKS/160729_UEbersicht_Risikogrup pen.pdf. 109 Während Golf und Motorsport nicht bewertet und Tischtennis wie auch von der NADA in die niedrigste Risikostufe eingeordnet wurden, gruppierte das WADA-Team die von der NADA in die mittlere Risikogruppe B eingestuften Sportarten mit Ausnahme des Handballs („Low/Medium“ = zweitniedrigste Gefährdungsstufe) in die zweithöchste von fünf Risikostufen ein („Medium/High“), s. https://www.wada-ama.org/sites/default/files/resources/files/ WADA_IO_Report_Olympic_Games_2008_EN.pdf. 110 Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 7; Nagel/Conzelmann, Sport and Society 2006, S. 237 (244). 111 Eurosport n.d., Entwicklung des Preisgeldes bei der Tour de France von 1960 bis 2018; letour.fr. n.d., Anzahl der Starter und Finisher bei der Tour de France von 1950 bis 2018. Die letzte finanzielle Aufwertung des Sieges im Jahr 2013 von zuvor circa 14 % auf 22 % gründete indes nicht auf einer massiven Erhöhung der Ausschüttungssumme für den Erstplatzierten, sondern einer Kürzung des Gesamtpreisgeldes um mehr als ein Drittel von 3.200.000 Euro auf 2.023.300 Euro.

Kap. 1: Das geschützte Rechtsgut

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internationalen Wettbewerben deuten ebenfalls in diese Richtung. In der Gesamtschau haben sie für die Erhebungszeiträume 2007 und 2010 festgestellt, dass die Ausschüttungssummen im Verhältnis zur Platzierung nicht linear steigen, sondern, dass gerade auf den Podesträngen eine bessere Platzierung mit einem massiven Anstieg des Preisgeldes verbunden ist. So erhielten die Zweit- und Drittplatzierten über die Sportarten hinweg im Mittel lediglich 51,7 % und 31,9 % (2007) bzw. 26,3 % (2010) der Preisgelder der Sieger.112 Allerdings betonen Frenger/Pitsch/Emrich schon, dass sich insoweit in den verschiedenen Sportarten und sogar bei der Preisgeldverteilung innerhalb einer Sportart deutliche Unterschiede ergaben.113 Selbst bei Annahme eines monetären Sieg-Niederlage-Codes ergebe sich aus der Studie indes keine empirische Stütze für dessen dopingfördernde Wirkung. Frenger/Pitsch/Emrich kommen nämlich zum Ergebnis, dass sich ein Zusammenhang zwischen etwaigen Preisgeldspreizungen und der Dopingaffinität einer Sportart gerade nicht herstellen lasse.114 2. Mittelbare Erkenntnisse aus Athletenbefragungen Der Zusammenhang zwischen Geld und Sport, den Athleten selbst herstellen, spricht dafür, dass die finanziellen Anreize des Sports ein Motiv für Doping sein können. Dass es das einzige oder zumindest typische Motiv ist, ergibt sich daraus nicht. Breuer/Hallmann haben in ihrer Studie zu den „Dysfunktionen des Spitzensports“ deutsche Spitzenathleten zu den „Gründen für mögliches Fehlverhalten von Sportlern“ befragt. Damit waren zum Beispiel „Betrug“ oder Doping gemeint.115 88,6 % der Befragten erachteten einen nicht näher spezifizierten „Erfolgsdruck“ als mögliche Ursache von „Fehlverhaltensweisen“, 79,8 % den Druck durch Athleten, Trainer, Funktionäre oder Manager, 69,8 % das Streben nach Anerkennung, 57,7 % Existenzangst, 55,5 % Profitgier und 39,4 % fehlendes Unrechtsbewusstsein.116 Das zeigt, dass Spitzensportler wirtschaftliche Überlegungen durchaus als Gründe für Fehlverhaltensweisen erachten. Bemerkenswert ist aber ebenso, dass sie dem sportlichen und sozialen Druck gegenüber ökomischen Überlegungen eine größere Bedeutung zuschreiben. Das spricht eher dagegen, dass ökonomische Motive wesensmäßiger Bestandteil einer Entscheidung für Doping sein müssten. Mittelbar könnten dem Stellenwert ökonomischer Anreize im Motivationsspektrum von Leistungssportlern Indizien für oder gegen die prägende Bedeutung 112

Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (194 mit Abb. 1). Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (194, 198); s. auch dort S. 195 f., 200 mit Tab. A3. 114 Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (192, 196 f.). 115 Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 83. 116 Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 83 f. Abb. 63 mit Anhang Fragebogen, S. 94. 113

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Teil 3: Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte

finanzieller Überlegungen für die Ausbreitung des Dopings zu entnehmen sein.117 Schlüssig ist die These des Dopings als Wirtschaftskriminalität insbesondere aufgrund der Annahme zunehmender Bedeutung sportlichen Erfolgs als Einkommensquelle im Verlauf spitzensportlicher Karrieren. Dass die Struktur des deutschen Hochleistungssports nicht von berufsmäßiger Aktivität geprägt ist, wurde bereits dargelegt.118 Breuer/Hallmann/Ilgner zeigten aber zumindest, dass ökonomische Überlegungen für die Athleten im Karriereverlauf erheblich wichtiger werden und auch im Vergleich zu anderen Zielfaktoren ihres Schaffens an Bedeutung gewinnen. Das „finanzielle Auskommen“ und die „berufliche Perspektive“ spielen ihren Erhebungen zufolge zu Karrierebeginn eine deutlich untergeordnete Rolle im Motivationsspektrum der Athleten und belegen bei einer Bewertung von 10 sportlichen und sozialen Zielen die Wichtigkeitsränge 7 und 8.119 Im aktuellen bzw. bei befragten ehemaligen Kader-Athleten im letzten Förderungsjahr gewinnen diese Ziele bei absoluter Betrachtung am stärksten an Bedeutung für die Sportler.120 Es ist allerdings zu betonen, dass im Karriereverlauf nicht nur wirtschaftliche Überlegungen wichtiger werden, sondern alle Zielfaktoren einen gestiegenen Wichtigkeitswert aufweisen.121 Hinzukommt, dass insbesondere private, aber auch sportliche Ziele für die Athleten weiterhin wichtiger sind als (ökonomisch relevante) Karriereziele. So stehen die „berufliche Perspektive“ und das „finanzielle Auskommen“ im aktuellen bzw. letzten Förderjahr auf einem geteilten Wichtigkeitsrang 5 von 10, während etwa der „internationale sportliche Erfolg“ weiterhin höher positioniert auf Rang 3 notiert ist. Dafür, dass der Sport zum Mittel des Ziels der Einkommenserhöhung verkommt, enthält die Studie also keine durchschlagenden Anknüpfungspunkte.122 117

Keine auch nur mittelbaren Erkenntnisse können der Feststellung von Frick, in: Büch, Beiträge der Sportökonomik zur Beratung der Sportpolitik, S. 59 (67) entnommen werden, dass bei höher dotierten Wettbewerben bessere Leistungen gezeigt würden. Es bleibt nämlich unklar, ob die Leistungssteigerung bei hochbezahlten Veranstaltungen in erster Linie durch die motivationale Anreizwirkung der Preisgelder oder dadurch bewirkt wird, dass durch eine Selektion des Teilnehmerfeldes das objektive Leistungsvermögen der dort teilnehmenden Athleten höher ist. Frick meint a.a.O., dass sich beide Prozesse ergänzten. Für die These, dass eine etwaige Motivationswirkung von Preisgeldern Dopingverstöße nach sich zöge, gibt das nichts her. 118 S. 121 ff. 119 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 34, Tab. 5. Höhere Bedeutung hat bereits bei Karrierestart „der schulische/akademische/berufliche Erfolg“, s. ebenda. 120 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 37, Tab. 6: Mit 0,8 (berufliche Perspektive) und 0,7 Punkten (finanzielles Auskommen) weisen ökonomische Überlegungen den höchsten Zuwachs in der Wichtigkeitsskala auf; ähnlich starke Zuwächse verzeichnen die Werte zur Wichtigkeit der Beziehung zum Lebenspartner (0,6), der Verwirklichung von Hobbies (0,6) und eines möglichst geringen psychischen Drucks (0,6). 121 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 34, Tab. 5; S. 37, Tab. 6. 122 Gegen ein Verständnis, nach dem der Sport primär zur Einkommenserzielung betrieben würde spricht auch, dass, nach begrifflichen Assoziationen zum deutschen Spitzensport befragt,

Kap. 1: Das geschützte Rechtsgut

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In diese Richtung deuten auch die Ergebnisse, die Kämpfe in ihrer Studie zur Entwicklung der „Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren“ herausgearbeitet hat.123 Sie hat die Bedeutung der Motivationsfaktoren des „Spaßes an der Sportart“ und des Strebens nach „Niveauverbesserung“ (intrinsische Motivation) sowie des Strebens nach „Anerkennung“ und des Anreizes, „Geld [zu] verdienen“ (extrinsische Motivation) untersucht und festgestellt, dass in der Entwicklung der von ihr untersuchten spitzensportlichen Karrieren die Relevanz intrinsischer Motivation an Gewicht verliert, weil die Bedeutung des Spaßes an der Sportart deutlich abnimmt, und die der extrinsischen Motivation zunimmt, weil der Anreiz, Geld zu verdienen stark an Bedeutung gewinnt.124 Allerdings kann auch aus den Ergebnissen Kämpfes nicht etwa auf einen Austausch von Zwecksetzungen geschlossen werden. Denn der Spaß an der Sportart ist trotz seines Bedeutungsrückgangs im Verlauf der Karriere in sämtlichen Karrierestufen, also auch noch in der Hochleistungsphase, der wichtigste Motivationsfaktor.125 Gefolgt wird er in der Hochleistungsphase vom Streben nach Niveauverbesserung und Anerkennung.126 Dem Motivationsfaktor, durch den Sport „Geld [zu] verdienen“ haben die befragten Athleten über den gesamten Karriereverlauf hinweg und damit trotz eines starken Bedeutungszuwachses auch noch in der Hochleistungsphase die geringste Relevanz zugeschrieben.127 Mittelbar spricht das eher gegen eine prägende Bedeutung finanzieller Erwägungen bei einer Entscheidung für Doping. Unmittelbar mit der These steigender Anreizwirkung von wirtschaftlichen Erträgen für eine Doping-Entscheidung verbunden ist der Gedanke, dass sich die Zufriedenheit von Sportlern mit ihrer finanziellen Situation auf ihre Dopingneigung auswirken könnte.

der Anteil der von den Athleten geäußerten „monetären“ Assoziationen lediglich 3,0 % ausmachte, s. Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 53 Tab. 13. 123 Befragt wurden 156 Spitzensportler mit einem Durchschnittsalter von 23,97 Jahren, s. Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 288 f. 124 Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 297 f. mit Tab. 6 – 8, S. 301 f. mit Abb. 6 – 4, 6 – 5, S. 323. 125 Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 302 mit Abb. 6 – 5. 126 Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 302 mit Abb. 6 – 5. 127 Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 302 mit Abb. 6 – 5. Die Autorin weist indes darauf hin, dass die Motivation von Spitzensportlern dem zeitlichen Wandel unterliegen könne, S. 352. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass finanziellen Anreizen aufgrund der weiter vorangeschrittenen Kommerzialisierung des Sports mittlerweile eine noch größere Bedeutung zugemessen werden würde als es die von Kämpfe befragten Athleten im Jahr 2004 taten.

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Teil 3: Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte

Breuer/Hallmann/Ilgner zeigten zwar, dass die von ihnen befragten Spitzenathleten mit der Entwicklung ihres Einkommens nur bedingt zufrieden sind.128 Allerdings sind sie mit ihrer finanziellen Situation im Ergebnis trotzdem noch eher zufrieden als unzufrieden.129 Eine Erklärung für flächendeckendes Doping liefert diese Stimmungslage nicht. Das gilt auch für den Blick von Elite-Sportlern auf die Zeit nach dem Leistungssport.130 Bei Breuer/Hallmann/Ilgner gaben sie an, dass sie sich für die nachsportliche Karriere eher gut gerüstet sehen.131 Außerdem haben deutsche Spitzenathleten eher keine Angst vor der Zeit nach dem Spitzensport132 und das, obwohl sie der Aussage, ihre finanzielle Zukunft sei abgesichert ebenfalls eher nicht zustimmen.133 Dass in der Notwendigkeit der Schaffung einer finanziellen Perspektive für die Zeit nach dem Leistungssport ein tragender Grund für die Dimension des Dopingproblems liegt, findet in solchen Studien keine Stütze. 3. Zwischenergebnis Empirie-gestützte Argumentationen sind stets methodischen Unsicherheiten ausgesetzt.134 Dass finanzielle Anreize eine bedeutende Rolle bei der Ausbreitung des Dopings spielen können, soll durch eine Bezugnahme auf die vorliegenden Studien nicht bestritten werden. Eine Argumentationsstütze für ein Schutzgut mit wirtschaftlichem Einklang hätte aufgrund der entgegenstehenden Indizlage aber darüber hinaus gefordert, dass sich ein herrschender bzw. zumindest typischer Zusammenhang zwischen ökonomischen Anreizen des Sports und Dopingverstößen empirisch stützen ließe. Ein solcher Schluss aus den vorliegenden Erkenntnissen liegt nach hier vertretener Auffassung nicht nahe. 128

Tab. 6.

Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 37,

129 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 37, Tab. 6; weniger deutlich sind die Ergebnisse bei Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 32, Tab. 14. 130 Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland, S. 37 ff.; Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 30 f. 131 Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 31, Tab. 13 mit Anhang Fragebogen, S. 49. 132 Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 31, Tab. 13 mit Anhang Fragebogen, S. 49. 133 Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 31, Tab. 13 mit Anhang Fragebogen, S. 49. 134 Die zu Rate gezogenen Studienergebnisse könnten beispielsweise durch das relativ junge Alter der Befragten, das Phänomen der sozialen Erwünschtheit bestimmter Aussagerichtungen oder Stichprobenverzerrungen beeinflusst worden sein. Bei den Studien der Stiftung Deutsche Sporthilfe kommt hinzu, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass wegen Vollprofessionalisierung von der finanziellen Förderung ausgeschlossene Sportarten auch in den Studien unterrepräsentiert sind, diese also geprägt werden von Sportarten, in denen schon typischerweise nicht das „große“ Geld verdient wird.

Kap. 1: Das geschützte Rechtsgut

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F. Fazit Eine methodengerechte Vorgehensweise lässt eine eindeutige Bestimmung des den Selbstdopingverboten zugrundeliegenden Rechtsgutskonzepts nicht zu. Aus dem Katalog denkbarer Schutzgüter lassen sich die Gesundheit von Spitzensportlern und trotz § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG auch ein vorgelagerter Vermögensschutz ausschließen. Die Verbotsvorschrift des § 3 AntiDopG deutet mit der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb des organisierten Sports zunächst auf ein ausreichend konkretes Rechtsgut hin. Deutlich erkennbar ist aber aufgrund der Zweckbestimmungsklausel des § 1 AntiDopG und des ausdrücklichen Bekenntnisses in der Entwurfsbegründung, dass der Gesetzgeber das Rechtsgut der Selbstdopingverbote auf ein abstrakteres Niveau heben möchte. Den über den Schutz der Regelhaftigkeit des Ablaufs sportlicher Wettkämpfe hinausgehenden Gehalt des geschützten Sportrechtsguts beschreibt er mit dem Begriff der „Integrität des organisierten Sports“. Die Versuche, die gesamtgesellschaftliche Relevanz von Dopingverstößen etwa mit ihren Auswirkungen auf die Vorbildfunktion von Sportlern für die Jugend, die Sportförderung oder die Repräsentationsfunktionen des Spitzensports für den Staat zu begründen, verschleiern, warum der Gesetzgeber letztlich meint, die Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit durch Doping mit dem Strafrecht bekämpfen zu müssen. Es verbleibt bei einer Gesamtbetrachtung nur ein Verständnis, das eine Beeinträchtigung der „Integrität des Sports“ immer dann für möglich hält, wenn irgendeine gesellschaftsfördernde Funktion des Spitzensports potentiell gefährdet werden könnte. Ein solches Verständnis schafft ein äußerst vages Schutzkonzept. An dieser Stelle muss der die Anwendung der Selbstdopingverbote leitende Gehalt des geschaffenen Rechtsgutskonzepts spezifiziert werden. Da der Gesetzgeber den Schutzzweck einer Strafnorm zumindest im Gesetzestext regelmäßig allenfalls andeutet, dürfte in der Konkretisierung des Rechtsguts gar eine der wesentlichen Aufgaben der Strafrechtswissenschaft liegen.135 Nur bei Klarheit über die Zwecksetzung eines Gesetzes lässt sich ihm eine präzise Handlungsanweisung für die Rechtsanwendung entnehmen. Denn in Zweifelsfällen kommt die Praxis nicht ohne rechtsgutsbezogene Überlegungen aus, schon weil die teleologische Tatbestandsauslegung das gebietet.136 Es werden sich deshalb Fallkonstellationen ergeben, 135 Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, S. 71 und – im speziellen Zusammenhang mit der Integrität des Sports im Rahmen der §§ 265c, d StGB – Kubiciel, KriPoZ 2018, 29 (30). 136 Zur Bedeutung des Rechtsguts für die (teleologische) Auslegung Walter, in: LK, Vor § 13 Rn. 8; Hilgendorf/Valerius, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 47; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 2, 4; Hassemer, Theorie und Soziologie des Verbrechens, S. 57; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 25; Hernández, Strafrechtlicher Vermögensschutz, S. 42; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 212; Nelles, Untreue zum Nachteil von Gesellschaften, S. 287; Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, S. 67, 71.

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Teil 3: Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte

in denen sich die Rechtsprechung die Frage wird stellen müssen, ob ein in Rede stehendes Verhalten das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte beeinträchtigt. Ein Präzisierungsbedürfnis hinsichtlich des Schutzkonzepts der Selbstdopingdelikte scheint umso dringlicher, als sich – worauf noch zurückzukommen sein wird – empirisch kaum ermitteln lässt, ob und gegebenenfalls welche gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen Dopingverstöße haben.137 Die gesetzliche Fassung der Verbotsnorm des § 3 AntiDopG stellt den Rechtsanwender allerdings nicht in einem Maß vor die dargelegten Schwierigkeiten, das mit unklaren Schutzkonzepten üblicherweise verbunden ist. Die Unschärfe der durch die Zwecksetzungsklausel und die Entwurfsbegründung geschaffenen Rechtsgutsbestimmung steht in diametralem Gegensatz zur Spezifizierung des Tatbestands. Das als Selbstdoping verbotene Verhalten ist durch die Bezugnahme auf die WADAVerbotsliste im Grundsatz sehr konkret umschrieben. Es besteht letztlich kein ernsthafter Zweifel daran, dass Verhaltensweisen verboten sein sollen, die das sportrechtliche Dopingverbot faktisch unterlaufen.138 Dieser Gehalt des Zwecks der Selbstdopingverbote ist bestimmter als der diverser Schutzgüter des Kernstrafrechts.139 Eine hinreichend vorhersehbare und mit dem Willen des Gesetzgebers übereinstimmende Rechtsanwendung ist deshalb gewährleistet.140 Welche gesamtgesellschaftliche Bedeutung dem Sport zukommt und welche seiner Funktionen durch Doping beeinträchtigt werden, ist damit in erster Linie kein Problem der tatbestandlichen Anwendbarkeit und strafrechtsdogmatischen Einordnung der Selbstdopingdelikte, sondern – und darin dürfte auch der wesentliche Grund für die gesetzgeberische Abstraktion des Schutzzwecks der Integrität des Sports von der Regelhaftigkeit des Ablaufs des sportlichen Wettbewerbs liegen – der Werthaltigkeit des Schutzkonzepts.141 Ob die schädlichen Auswirkungen des Dopings den Einsatz des Strafrechts rechtfertigen, ist indes eine an anderer Stelle zu diskutierende kriminalpolitische wie auch verfassungsrechtlich bedeutsame Frage.142 Strafrechtliches Rechtsgut der Selbstdopingdelikte ist damit die faktische Geltung der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb des organisierten Sports.143 Der Gesetzgeber hält die Regelhaftigkeit des Ablaufs sportlicher Wett137 Norouzi, Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 49; näher dazu S. 214 ff.; 223 ff. 138 Ähnlich Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 13 ff., 24 ff.; Volkmer, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, AntiDopG, Vorb. Rn. 10. 139 Ähnlich Kubiciel, KriPoZ 2018, 29 (31) zu §§ 265c, d StGB. 140 Dazu etwa Kubiciel, KriPoZ 2018, 29 (30) zu §§ 265c, d StGB. 141 S. 214 ff., 223 ff.; 263 ff. 142 S. 214 ff., 223 ff.; 263 ff. 143 I. E. so auch Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3; ähnlich Freund, in: MüKoStGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 24 f., der indes unter Akzentuierung des individualschützenden Charakters des Dopingverbots vom Recht der regelkonform orientierten Sportler auf Teilnahme an einem dopingfreien Wettbewerb spricht und in den Rn. 59 ff. einen „untergeordneten“ Gesundheitsschutz nicht ausschließt; im Ausgangspunkt wie hier Heger, Stellungnahme zum

Kap. 2: Auswirkungen auf die Rechtsanwendung

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kämpfe gerade deshalb für strafwürdig, weil Dopingverstöße diverse Interessen verschiedenster gesellschaftlicher Akteure und nicht nur der einzelnen Konkurrenten gedopter Sportler beeinträchtigen. Es handelt sich bei dem Interesse an der faktischen Wahrung der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb damit positiv-rechtlich um ein kollektives Rechtsgut.144 Die gedopte Teilnahme an einem Wettbewerb nach § 3 Abs. 2 AntiDopG ist Verletzungsdelikt. Die Anwendungs-, Erwerbs- und Besitzverbote nach § 3 Abs. 1, 4 AntiDopG stellen abstrakte Gefährdungsdelikte dar. Das hier vertretene Rechtsgutskonzept führt dazu, dass – soweit ihnen nicht schon die Wortlautgrenze entgegensteht – teleologische Ausweitungen, insbesondere aber auch Reduktionen ausgeschlossen sind, die sich von der Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit lösen und auf eine (ausgeschlossene) Gefährdung einer der vielfältigen gesamtgesellschaftlichen Funktionen des organisierten (Spitzen-)Sports abstellen. Weil sich der Gesundheitsschutz und der Schutz wirtschaftlicher Interessen als bloße Schutzreflexe herausgestellt haben, gilt das auch für Überlegungen, die auf (eingetretene oder ausgebliebene) Gesundheits- oder Vermögensschäden abstellen. Dass diese Interessen bei einer verfasssungsrechtlichen und rechtspolitischen Betrachtungsweise nicht von vornherein unbeachtlich sein müssen, steht auf einem anderen Blatt (dazu Teil 4). Kapitel 2

Auswirkungen auf die Rechtsanwendung A. Die Verbotsnorm des § 3 AntiDopG I. Anpassung der Tathandlung an das sportrechtliche Reglement Die Tathandlung der Selbstdopingdelikte ist weitestgehend sportrechtsakzessorisch ausgestaltet. Abweichungen ergeben sich daraus, dass nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AntiDopG die Anwendung eines jeden Dopingmittels verboten ist, dass „ein in der Anlage […] aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält“. Das sportrechtliche Dopingverbot, an dem sich auch die Anlage I des Internationalen Übereinkommens orientiert, verbietet hingegen nicht jede Substanz pauschal und vollumfänglich.145 AntiDopG-E, S. 5 und insbesondere medstra 2017, 205 (209), dort aber zugleich mit einer hier abgelehnten Tendenz zu einer Ergänzung über einen „Mitvermögensschutz“ (dazu bereits S. 137 mit Fn. 20); noch deutlicher für ein dualistisches Rechtsgutskonzept – bestehend aus dem „Schutz des sportlichen Wettbewerbs, insbesondere der rechtlichen Chancengleichheit“ und Vermögensschutz – Jansen, GA 2017, 600 (613 f.). 144 A.A. Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 24; zur rechtspolitischen Legitimationswirkung gerade der individualschützenden Funktion rechtlicher Chancengleichheit S. 277 ff. 145 S. 54 ff.

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Teil 3: Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte

Vom Verbot der Anwendung von Stoffen der Substanzklasse S3 etwa sind Inhalationen von Salbutamol, Formoterol und Salmeterol ausgenommen, wenn sie bestimmte Dosen nicht überschreiten.146 Damit geht nach dem Wortlaut der Vorschrift das staatliche weiter als das sportrechtliche Dopingverbot. Stellt man als Zweck der Vorschrift auf die Sicherstellung der rechtlichen Chancengleichheit im Wettbewerb ab, ist das aus Rechtsgüterschutzerwägungen nicht erforderlich.147 Die überschießende Reichweite des Wortlauts der Vorschrift erscheint insoweit – auch unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Koppelung des Dopingverbots an die Einschränkungen der Verbotsliste – als gesetzgeberisches Versehen. Deshalb sollte bereits die Verwirklichung des objektiven Tatbestands des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AntiDopG mit teleologischer Begründung abgelehnt werden, wenn die in Anlage I genannten Höchstdosen nicht überschritten werden.148 In aller Regel dürfte bei Einhaltung der sportrechtlich vorgeschriebenen Höchstdosen überdies auch keine Vorteilsverschaffungsabsicht des Athleten anzunehmen sein. Soweit die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping das Verbot der Nutzung bestimmter Stimulanzien (S6) vom Überschreiten bestimmter Konzentrationen im Urin oder einer bestimmten Verabreichungsform abhängig macht, sollte das auch für das strafrechtliche Dopingverbot übernommen werden. Diese Überlegungen gelten auch für die Substanzklasse S9. Verboten ist die Anwendung, wenn Glucocorticoide oral, intravenös, intramuskulär oder rektal verabreicht werden. Nicht verboten sind sonstige, nicht systemische Verabreichungsformen.149 Das ist bei der Auslegung der Selbstdopingverbote zu übernehmen. II. Die medizinische Indikation bei leistungssteigernder „Nebenwirkung“ Der Wortlaut der Selbstdopingverbote verlangt, dass Dopingpraktiken „ohne“ medizinische Indikation vorgenommen werden. Damit sind sie tatbestandlich auch ausgeschlossen, wenn die Behandlung nicht nur zu einer Verbesserung des Gesundheitszustands, sondern auch der Leistungsfähigkeit eines Athleten führt. In Hinblick auf eine dadurch bewirkte potentielle Wettbewerbsverzerrung ist das nicht unproblematisch. Der Gesetzgeber hat dieses Problem gesehen. In der Ge146

BGBl. 2019 II, S. 1084. Zu den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Problemen S. 208 ff. 148 Zu den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Überlegungen S. 208 ff.; a.A. Parzeller/Prittwitz, StoffR 2009, 119 (124). Dagegen kann die durch Verweisung gesetzlich übernommene umgekehrte Vermutungswirkung der Anlage I, nach der die Überschreitung bestimmter Salbutamol- und Formoterol-Werte dem Athleten die Beweislast dafür auferlegt, dass diese Werte die Folge einer therapeutisch indizierten Inhalation sind, im Strafprozess keine Wirksamkeit entfalten; so auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 10; im Allgemeinen gegen die Übertragung von Beweislastregeln oder Beweisvermutungen aus anderen Rechtsgebieten in das Strafprozessrecht auch Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 2. 149 Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 63. 147

Kap. 2: Auswirkungen auf die Rechtsanwendung

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setzesbegründung heißt es dazu, dass Fälle nicht strafwürdig seien, in denen eine Maßnahme „zu dem Zweck angewendet wird, einen therapeutischen (Heilungs-) Erfolg herbeizuführen, […] selbst wenn damit als Nebenfolge“ ein sportlicher Vorteil verbunden ist.150 Der Wortlaut der Vorschrift erfordert allerdings bereits auf objektiver Tatbestandsebene Straflosigkeit sämtlicher Handlungen, die medizinisch indiziert sind und zwar auch dann, wenn keine prioritäre Heilbehandlung vorliegt, sondern jedenfalls auch eine Leistungssteigerung angestrebt wird. Diese Problematik sollte sich zwar theoretisch gar nicht erst ergeben können, da eine sportrechtliche medizinische Ausnahmegenehmigung voraussetzt, dass mit der Verwendung eines Medikaments „höchstwahrscheinlich keine zusätzliche Leistungssteigerung, außer der zu erwartenden Rückkehr zum normalen Gesundheitszustand“ verbunden ist.151 Dass Theorie und Praxis des sportrechtlichen Dopingverbots zuweilen nicht übereinstimmen, ist aber gerade der Ursprung der staatlichen Anti-Doping-Gesetzgebung überhaupt. Die medizinische Notwendigkeit der Anwendung von Arzneimitteln kann sich für den Athleten über die Wiederherstellung des körperlichen Normalzustands hinaus durchaus zu einem sportlichen Vorteil entwickeln.152 Zumindest in den Fällen, in denen eine medizinisch indizierte Maßnahme auch einen sportlichen Vorteil beabsichtigt, ist Straflosigkeit unter Berücksichtigung des Rechtsgut der Vorschrift sachwidrig.153 Sie lässt sich indes nicht durch teleologische Auslegung vermeiden, da sie nach hier vertretener Auffassung dem klaren Wortlaut und dem erklärten Willen des Gesetzgebers entspricht. Eine täterbelastende Analogie scheidet aus. III. Bestätigung der Beschränkung auf beabsichtigte Manipulationen von Wettbewerben des Verbandssports Die Auffassung, dass als „Wettbewerb des organisierten Sports“ nur eine Veranstaltung gelte, die unter dem Dach von DOSB oder IOC stattfindet,154 wird durch rechtsgutsbezogene Überlegungen bestätigt. Auf die Einbindung in den Verbandssport käme es nicht zwingend an, wenn Rechtsgut der Vorschrift die Gesundheit oder das Vermögen wäre. Gerade der E-Sport zeigt, dass erhebliche Gewinne auch außerhalb des verbandsmäßig organisierten Sports zu erzielen sind. Rechtsgut der Vorschrift soll aber die Integrität des organisierten Sports sein. Erkennbarer Kern dessen ist der Schutz der rechtlichen Chancengleichheit im 150 BT-Drs. 18/4898, S. 27 (Hervorhebung durch den Verfasser); so auch Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 18; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 6. 151 Art. 1.1 (b) des Standards für medizinische Ausnahmegenehmigungen der NADA. 152 Figura, Doping, S. 80 f. 153 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 37; in diese Richtung auch Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 24. 154 S. 73 ff.

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Teil 3: Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte

sportlichen Wettbewerb. Zwingend unterworfen sind dem tatbestandlich in Bezug genommenen Dopingverbot nur Mitglieder des Sportverbandssystems.155 Der diesem Reglement nicht zwingend unterworfene Sport erfordert aus Rechtsgüterschutzerwägungen heraus keinen strafrechtlichen Schutz. Zumindest die anerkennende Sportorganisation muss deshalb eine des organisierten Sports sein.156 Damit sind etwa Veranstaltungen aus dem Bodybuilding-Bereich, solange dieser nicht vom DOSB anerkannt wird, keine Wettbewerbe i.S.d. Norm.157 Nach im Jahr 2020 geltendem Recht nicht erfasst ist auch der E-Sport.158 IV. Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Doping und angestrebtem Vorteil? Das Anwendungsverbot aus § 3 Abs. 1 AntiDopG verlangt, dass der Sportler mit dem Doping einen Vorteil in „einem“ Wettkampf anstreben muss. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen Anwendung und einem bevorstehenden Wettbewerb muss deshalb nach einhelliger Meinung nicht bestehen.159 Das Selbstdopingverbot gilt auch in Trainings- und Ruhephasen.160 Das soll nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nur gelten, wenn dadurch beabsichtigt ist, einen Vorteil in einem bestimmten Wettbewerb zu erlangen.161 Diese Einschränkung ist bemerkenswert, dürften mit ihr doch nicht unerhebliche Friktionen verbunden sein. Das gilt insbesondere, wenn Dopingpraktiken in Rede stehen, die nicht nur kurz-, sondern langfristige Leistungsverbesserungen ermöglichen sollen, zum Beispiel durch die Ermöglichung eines erhöhten Trainingsumfangs. 155

S. 20 ff. Nur Indizwirkung schreibt dem Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-DopingGesetz, S. 174 zu. 157 Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 45; Brill, SpuRt 2015, 153 (154), der darin eine Strafbarkeitslücke erblickt; im Zusammenhang mit §§ 265c, d StGB so auch Stam, NZWiSt 2018, 41 (42); offen gelassen von Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 39; a.A. Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 173 f. 158 Zweifelnd Brtka, GRUR-Prax 2017, 500; zur Diskussion um die Aufnahme des E-Sports in den organisierten Sport https://www.dosb.de/ueber-uns/esport/. 159 BT-Drs. 18/4898, S. 27; Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 25; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 14; Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 20; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 7; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 12; Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (10); zur Erfassung durch § 3 Abs. 2 bereits S. 81. 160 BT-Drs. 18/4898, S. 27; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 14; Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 20; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 7; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 12. 161 BT-Drs. 18/4898, S. 27; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 12; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 7. 156

Kap. 2: Auswirkungen auf die Rechtsanwendung

165

Dann zielt die Dopingmaßnahme nicht auf die Besserstellung in einem bestimmten Wettbewerb, sondern eine generelle Leistungssteigerung. Straflosigkeit solcher Handlungen mutete unter Rechtsgüterschutzerwägungen in Hinblick auf die sogar langfristig erhoffte Wettbewerbsverzerrung befremdlich an.162 Diese Fälle müssen in der Rechtsanwendung – weil eine anschließende gedopte Teilnahme nach § 3 Abs. 2 AntiDopG zumindest nicht stets beweisbar sein wird – grundsätzlich erfasst werden.163 Je mehr man allerdings die Strafbarkeit des Selbstdopings von der Besserstellung in einem konkreten Wettbewerb entkoppelt, desto näher begibt man sich in den Bereich der Sanktionierung bloßer Selbstschädigung.164 Deshalb werden in diesen Fällen erhöhte Anforderungen an die Feststellung einer im Zeitpunkt der Handlung bestehenden generellen Vorteilsverschaffungsabsicht zu stellen sein.

B. Die Sanktionsnorm des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG Das hier vertretene Verständnis, nach dem § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG Auffangtatbestand für Mängel im Trainingskontrollsystem des Hochleistungssports (§ 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG) ist,165 ändert nichts daran, dass die so erfassten Sportler erhebliche Einnahmen erzielen müssen. Ein Verzicht auf diese gesetzlich vorgeschriebene Strafbarkeitsvoraussetzung führte zu einem Verstoß gegen das Verbot täterbelastender Analogie. Der Leistungsgedanke kann bei Nr. 2 nur notwendige, nicht aber auch hinreichende Bedingung der Täterqualität sein. Die Rechtsgutsanalyse hat indes bestätigt, dass der Gesetzgeber das Doping der von § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG erfassten Sportler nicht in erster Linie verbietet, weil sie erhebliche Einnahmen erzielen oder Schäden bei anderen verursachen.166 Darüber hinaus trägt sie zur Konkretisierung des erforderlichen Leistungsniveaus wenig bei. Rechtsgut der Vorschrift soll die „Integrität des organisierten Sports“ sein, deren Gehalt indes unklar bleibt.167 Dass der Täter Hochleistungssport betreiben muss, ergibt sich jedenfalls nicht originär aus diesem Schutzkonzept. Wenn der Gesetzgeber die Strafwürdigkeit des Dopings mit Schäden für die Sportförderung und Repräsentations- und Vorbildfunktionen zu begründen versucht, spricht das aber immerhin eher für als gegen eine rechtsgutsbezogene Restriktion des Anwendungsbereichs der Vorschrift durch den Leistungsgedanken. Eine konkrete Abgrenzung ergibt sich daraus aber nicht. Für die hier befürwortete Beschränkung 162

Kreuzer, ZRP 2013, 181 (183). S. bereits S. 81; zur verfassungsrechtlichen Relevanz der Erfassung des „Langzeitdopings“ S. 258 f. 164 Kreuzer, ZRP 2013, 181 (183) und ihm zustimmend Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 161. 165 S. 101 ff., insbesondere 128 ff. 166 S. 150 ff. 167 S. 146 ff. 163

166

Teil 3: Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte

rechtsgutsbezogener Argumentation auf die rechtliche Chancengleichheit gilt das ohnehin. In der Rechtsanwendung muss nach hier vertretenem Verständnis deshalb der aus der Tatbestandsanalyse hergeleitete Gedanke bestimmend sein, dass es dem Gesetzgeber nicht um eine Ausweitung des Täterkreises auf ein gegenüber den Testpool-Mitgliedern der Nr. 1 niedrigeres Leistungsniveau ging. Nr. 2 soll nach hier vertretener Auffassung der flächendeckenden Sanktionierung des Dopings im Hochleistungsbereich dienen, der im Wesentlichen bereits über Nr. 1 erfasst wird. Das Leistungsniveau der von § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG erfassten Athleten muss daher dem der von Nr. 1 erfassten Testpool-Athleten weitestgehend entsprechen. Je weniger sich ein Sportler in das Leistungsniveau der von Nr. 1 erfassten Sportler einfügt, desto unangemessener ist seine Bestrafung. Es dürften deshalb mit Ansteigen des sportlichen Leistungsniveaus geringere Anforderungen an die durch den Sport erzielten Einkünfte zu stellen sein. Für (ausländische) Spitzenathleten ist deshalb nicht auszuschließen, dass bereits monatliche Einkünfte im mittleren dreistelligen Bereich ausreichen. Je niedriger hingegen das Leistungsniveau ist, desto weniger greift der leitende Strafwürdigkeitsgedanke des Gesetzgebers zu § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG. In solchen Fällen gewinnt dann die flankierende Strafwürdigkeitserwägung des Gesetzgebers an Bedeutung, dass die durch den Sport zu erzielenden Einnahmen einen „besonderen Anreiz“ für den Griff zu Dopingpraktiken darstellen könnten. Vertritt man die Auffassung, dass nicht bereits durch beliebige Nebenjobs zu erzielende Einkünfte zu Dopingpraktiken verleiten,168 müssten sich die erforderlichen Einnahmen solchen annähern, die den Lebensunterhalt sichern und damit bei einer monatlichen Betrachtungsweise jedenfalls über 1.000 Euro liegen. Dass dies der Einnahmeklausel einen substanziellen Anwendungsbereich außerhalb des Leistungssports verschafft, wird diesseits bezweifelt. Ob Regionalliga-Fußballer vom Selbstdopingverbot erfasst sind, hängt damit entscheidend davon ab, welche Bedeutung der Rechtsanwender im Einzelfall den beiden Strafwürdigkeits-Säulen – des Leistungsgedankens und der Öffentlichkeitswirksamkeit seines Handelns einerseits, der wirtschaftlichen Einträglichkeit des Sporttreibens andererseits – zumisst. Legt man den Schwerpunkt auf die in der 4. Liga zu erzielenden Einkünfte, dürften sie oftmals taugliche Täter sein. Problematischer ist das, wenn man mit dem hier vertretenen Verständnis im Schwerpunkt auf das Leistungsniveau und die Öffentlichkeitswirksamkeit des sportlichen Tuns potentieller Dopingsünder abstellt. Die Tatbestandsanalyse deutet in Hinblick auf den Leistungsgedanken nach hier vertretenem Verständnis darauf hin, dass der Gesetzgeber nur absolute, mithin nationale und nicht darüber hinaus auch regionale Spitzensportler sanktionieren will. Die Wahrnehmung der Regionalligen durch die Öffentlichkeit könnte indes dafür sprechen, dass ihre Spieler regelmäßig von der Vorschrift erfasst sein sollten. Das lässt sich zwar nicht unbedingt mit den Besu168

S. 115 f.

Kap. 2: Auswirkungen auf die Rechtsanwendung

167

cherzahlen in den Stadien begründen. Denn der Zuschauerschnitt in den fünf Staffeln der 4. Liga lag in den Saisons 2017/2018 bei „nur“ 1.314, 2016/2017 bei 1.269 und 2015/2016 bei 1.224 Zuschauern.169 Die mediale Präsenz der Regionalligen zeichnet allerdings ein anderes Bild.170 In der Saison 2017/2018 wurden 42 Partien live im frei empfangbaren Fernsehen übertragen. Der Zuschauerschnitt lag dabei bei 240.000. Damit erreicht die Regionalliga ebenso viele Zuseher im Free-TV wie die 1. Eishockey-Liga (DEL)171 und deutlich mehr als die 1. Basketball-Bundesliga (BBL). Diese kam 2017/2018 mit 120.000 Zuschauern im Durchschnitt und der für den Basketball besten Einschaltquote seit der Saison 2013/2014 lediglich auf die Hälfte der Einschaltquoten der Fußball-Regionalliga.172 Nach hier vertretener rechtspolitischer Auffassung173 sollte die Einnahmeklausel indes restriktiv gehandhabt und auf Doping im absoluten Hochleistungssport beschränkt werden, das auch nach Auffassung des Gesetzgebers zumindest den Kern des strafwürdigen Unrechts verkörpert. Deshalb sollte Doping durch RegionalligaAkteure vom Anwendungsbereich der Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG ausgenommen werden.

C. Rechtswidrigkeit und Konkurrenzverhältnis zu § 2 AntiDopG Rechtsgut der Vorschrift ist die rechtliche Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb als kollektives Rechtsgut. Mangels Dispositionsbefugnis über dieses Schutzgut können sich Athleten Dopingverstöße nicht gegenseitig „zugestehen“.174 Die Straftatbestände der §§ 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AntiDopG, die sich auf die Verbote des § 2 AntiDopG beziehen, können tatbestandlich auch von Sportlern verwirklicht werden. Wertungsprobleme entstehen, wenn sich außerhalb des Täterkreises des § 4 Abs. 7 AntiDopG stehende Athleten an Dritte wenden, die an ihnen in der Folge Dopingpraktiken anwenden. Strukturell stellte das eine Anstiftung durch den Sportler zu der Straftat eines Dritten nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG dar. Die Täterkreisbeschränkung des § 4 Abs. 7 AntiDopG zeigt in Zusammenspiel mit der verselbständigten Teilnahmehandlung des „Anwenden-Lassens“ von Dopingmaß169

Die jeweiligen Zuschauerzahlen der fünf Regionalligen sind auf den jeweiligen Registerseiten der Staffeln Nord, Nordost, West, Südwest und Bayern abrufbar unter transfermarkt.de. 170 Die folgenden Zahlen entstammen einer schriftlichen Auskunft der übertragenden Sport1 GmbH. 171 Durchschnittsreichweite 2017/2018: 220.000; 2016/2017: 230.000. 172 In der Saison 2016/2017 lag die durchschnittliche Einschaltquote der BBL bei Sport1 bei 90.000 Zuschauern. 173 Näher S. 263 ff. 174 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 118; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 77.

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Teil 3: Das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte

nahmen nach § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG aber, dass das straflos sein soll.175 Als „notwendige Teilnahme“ ist diese Konstellation straffrei zu stellen.176 Konkurrenzfragen stellen sich insbesondere bei den Besitztatbeständen von § 4 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 AntiDopG.177 Bedeutsam sind sie, weil der Besitz des Spitzensportlers durch eine um ein Jahr niedrigere Höchststrafe privilegiert ist. Die dahinterstehende gesetzgeberische Logik spricht für ein Nebeneinander beider Straftatbestände.178 Denn § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG erfordert über die Anforderungen der Selbstdopingverbote hinaus den Besitz von Dopingmitteln in nicht geringer Menge, verbindet damit die Vermutung der Verbreitungsgefahr und zielt auf den Gesundheitsschutz.179 Dass dadurch Sportler erfasst werden können, die nur das Rechtsgut des § 3 AntiDopG beeinträchtigen wollen, ist die in der Rechtsanwendung hinzunehmende Folge der gesetzgeberischen Konstruktion des § 2 AntiDopG als auf Besitz beruhendes abstraktes Gesundheitsgefährdungsdelikts.180 Da diese Argumentation nicht greift, wenn der Spitzensportler Dopingmittel nur in geringer Menge bezieht, macht er sich in solchen Fällen nicht nur nicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG, sondern aufgrund der gesetzgeberischen Privilegierung des § 4 Abs. 2 AntiDopG gegenüber § 4 Abs. 1 AntiDopG auch nicht wegen einer Teilnahme an der Veräußerung durch einen anderen nach §§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG, 26 f. StGB strafbar.181

175

Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (165). Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (165). 177 Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (164). 178 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 133; in diese Richtung wohl auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 90; a.A. Heger, medstra 2017, 205 (213): Zurücktreten des § 4 Abs. 2 AntiDopG aufgrund niedrigerer Strafdrohung. 179 Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (165). 180 BGH PharmR 2018, 343 (344). 181 Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (165). 176

Teil 4

Bewertung der Selbstdopingdelikte Die Entscheidung des Gesetzgebers, Selbstdoping unter Strafe zu stellen, wird in der Rechtswissenschaft überwiegend ablehnend bewertet. Dabei wird nicht nur rechtspolitische Kritik an der Wahl des Strafrechts als Mittel zur Dopingbekämpfung geübt, sondern auch die Verfassungskonformität der Kriminalisierung in Frage gestellt. Kapitel 1

Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte Die strafbewehrten Selbstdopingverbote verbieten „Spitzensportlern“ und solchen Athleten, die „erhebliche Einnahmen“ erzielen, in der Absicht der Wettbewerbsverfälschung gegen das sportliche Regelwerk zu verstoßen. Schon durch die Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Athleten entfalten sie – wie jedes Strafgesetz – Grundrechtsrelevanz. Durch die gesetzestechnische Ausgestaltung des Täterkreises gerät außerdem Art. 103 Abs. 2 GG ins Blickfeld der Bewertung. Zuweilen werden darüber hinaus auch kompetenzrechtliche Einwendungen gegen die Ausgestaltung der Verbote erhoben, da jedenfalls die Verhaltensvorschrift des § 3 AntiDopG auch den Breitensport erfasst.

A. Gesetzgebungskompetenz des Bundes trotz Ausstrahlungen des Selbstdopingverbots in den Breitensport Nach Art. 70 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Für das Strafrecht tut es das im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 72 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 GG. Der Bundesgesetzgeber war deshalb für die Schaffung eines Straftatbestands des Selbstdopings im Grundsatz zuständig.1 § 3 AntiDopG verbietet Doping indes auch im Breitensport.2 Für gesetzliche Aktivitäten in diesem Bereich 1 2

Zuck, NJW 2014, 276 (278). S. 73 ff.

170

Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

sind die Länder zuständig.3 Das wirft die Frage auf, ob der Bund für die Schaffung der Verhaltensvorschrift des § 3 AntiDopG zuständig war und mit der Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG an sie anknüpfen durfte.4 Das Strafrecht knüpft als akzessorisches Sicherungsrecht regelmäßig an Lebenssachverhalte an, für deren sachliche Regelung die Länder zuständig sind.5 Damit Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 GG nicht leerläuft, muss es dem Bundesgesetzgeber grundsätzlich gestattet sein, Straftatbestände auch für Bereiche zu erlassen, die in die Sachkompetenz der Länder fallen.6 Dass durch § 3 AntiDopG auch die Gesetzgebungskompetenz der Länder betroffen ist, kann demnach nicht per se zur formellen Verfassungswidrigkeit der Vorschrift führen. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gestattet dem Bundesgesetzgeber allerdings nicht, Länderzuständigkeiten auszuhöhlen und eine in der Zuständigkeit der Länder liegende Materie in der Sache selbst zu regeln.7 Eine Gesamtbetrachtung der gesetzlichen Regelungen zum Selbstdoping spricht dagegen, dass deren Erlass eine Sache der Länder gewesen wäre. Zum einen betrifft schon § 3 AntiDopG nicht nur Kompetenzen der Länder, sondern auch des Bundes. Die Verhaltensvorschrift des § 3 AntiDopG verbietet Doping nicht nur im Breitensport, sondern auch im Spitzensport. Der Hochleistungssport fällt – etwa aufgrund seiner Repräsentationsfunktionen für den Staat nach innen und außen oder seiner bundesweiten Ausrichtung – in den Kompetenzbereich des Bundesgesetzgebers.8 Der Bund hat mit § 3 AntiDopG also nicht in eine alleinige Kompetenz der Länder eingegriffen, sondern allenfalls seine eigene Zuständigkeit überschießend ausgenutzt. Zum anderen dürften § 3 und § 4 AntiDopG in der Zusammenschau zu betrachten sein. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass einzelne Teilregelungen eines umfassenden Regelungskomplexes bei ihrer Zuordnung zu einem Kompetenzbereich nicht aus ihrem Regelungszusammenhang gelöst und isoliert für sich betrachtet werden dürfen.9 Wenn eine Zuordnung von Teilregelungen zu verschiedenen Kompetenzbereichen in Betracht kommt, soll aus dem Regelungszusam3

Steiner, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 87 Rn. 10. Zur Diskussion Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 59 ff. im Kontext der Zwecksetzung des AntiDopG nach § 1 AntiDopG; Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 21 f.; Heger, Doping-Magazin 2017, 39 (44). Da der Gesetzgeber das Dopingverbot gerade bewusst vom Arzneimittelrecht abgekoppelt hat, wird man seine Kompetenz nicht auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 AntiDopG stützen können, so auch Nolte, in: Lehner/ Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 64 f.; anders die Entwurfsbegründung, s. BT-Drs. 18/4898, S. 20. 5 von Coelln, NJW 2001, 2834 (2835). 6 BVerfG NJW 1968, 1083 (1085); Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 74 Rn. 14; Wittreck, in: Dreier, GG, Art. 74 Rn. 20. 7 BVerfG NVwZ 2004, 597 (603); Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 74 Rn. 14; Wittreck, in: Dreier, GG, Art. 74 Rn. 20. 8 Steiner, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 87 Rn. 7. 9 BVerfG NJW 1998, 1627; NJW 1999, 1095 (1097); NVwZ 2015, 582 (583). 4

Kap. 1: Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte

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menhang erschlossen werden, wo sie ihren Schwerpunkt haben.10 Dabei falle insbesondere ins Gewicht, wie eng die fragliche Teil- mit dem Gegenstand der Gesamtregelung verbunden ist.11 Eine enge Verzahnung und ein dementsprechend geringer eigenständiger Regelungsgehalt der Teilregelung spreche regelmäßig für ihre Zugehörigkeit zum Kompetenzbereich der Gesamtregelung.12 Dass das staatliche Dopingverbot blankettartig ausgestaltet ist, spricht im Grundsatz dafür, dass der Gesetzgeber dem Dopingverbot des § 3 AntiDopG als solchem einen – zumindest symbolischen – Wert zumisst. Ein eigenständiger Regelungsgehalt kommt ihm allerdings nur zu, falls man in § 3 AntiDopG ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB erblickt.13 Während der Gesetzgeber zu einer solchen Wirkung des § 3 AntiDopG keine Stellung nimmt, bekennt er sich deutlich dazu, dass in der Kriminalisierung von Leistungssportlern durch § 4 AntiDopG die maßgebliche Leistung des AntiDopG liege.14 Strafbar sind Dopingverstöße indes nicht für jedermann, sondern nur für von § 4 Abs. 7 AntiDopG erfasste Athleten. § 3 AntiDopG erhält seinen eigentlichen Anwendungsbereich damit erst durch die strafrechtliche Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG, die das Dopingverbot durch ihren Abs. 7 nach dem hier vertretenen Verständnis im Wesentlichen auf den in die Bundeskompetenz fallenden Hochleistungssport beschränkt.15 Dass gerade Dopingverstöße dieser Sportler die wesentliche Motivation der Schaffung des gesamten AntiDopG waren und den Gesetzgeber nicht nur in seinen Überlegungen zur Notwendigkeit des Einsatzes des Strafrechts nach § 4 AntiDopG, sondern schon zur Verbotsnorm des § 3 leiteten, wurde bereits dargelegt.16 Die Vorschrift ist deshalb nach hier vertretener Auffassung im Ergebnis so eng mit der Sanktionsnorm des § 4 AntiDopG verbunden, dass sie von der für deren Erlass gegebenen Gesetzgebungskompetenz gedeckt ist.17 10

BVerfG NJW 1998, 1627; NJW 1999, 1095 (1097). BVerfG NJW 1998, 1627; NJW 1999, 1095 (1097); NVwZ 2015, 582 (583). 12 BVerfG NJW 1998, 1627; NJW 1999, 1095 (1097); Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 70 Rn. 43. 13 Bejahend Meier, SpuRt 2016, 182 (185); 250 (253); zumindest für das Teilnahmeverbot des § 3 Abs. 2 AntiDopG Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 42; ablehnend wohl Heger, Doping-Magazin 2017, 39 (44). 14 BT-Drs. 18/4898, S. 3. 15 Ähnlich Heger, Doping-Magazin 2017, 39 (44); dazu, dass § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG keine Kriminalisierung des Breitensports bezweckt S. 101 ff. 16 S. 88 f. 17 Heger, Doping-Magazin 2017, 39 (44); i.E. auch Weber, BtMG, AntiDopG, Einl. Rn. 22 und wohl Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 22. Zuweilen vermittelt das Bundesverfassungsgericht den Eindruck, eine Zuordnung einer Teilregelung zum Kompetenzbereich des Schwerpunkts der Regelung setze voraus, dass eine gemeinsame Regelung unerlässlich sein müsse, s. BVerfG NJW 1998, 2128 (2129): „untrennbar miteinander verbunden“; ähnlich BVerfG NVwZ 2015, 582 (584). Dann könnte man vertreten, dass sich eine überschießende Anwendung des Selbstdopingverbots durch eine Beschränkung schon der Verbotsnorm auf den Hochleistungssport hätte vermeiden lassen. 11

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

B. Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG Die materielle Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingverbote setzt zunächst voraus, dass sie mit dem Bestimmtheits- und Gesetzlichkeitsprinzip des Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar sind.18 Die gesetzliche Fassung der Selbstdopingverbote nach §§ 3, 4 Abs. 7 AntiDopG ist davon geprägt, dass der Gesetzgeber ihre nähere Ausgestaltung anderen Normgebern und der Rechtsprechung überlässt. Was Dopingmittel i.S.d. § 3 Abs. S. 1 Nr. 1 AntiDopG und welche Athleten Spitzensportler i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG sind, wird maßgeblich durch Vorschriften außerhalb des AntiDopG (mit-)bestimmt. Zumindest dem Wortlaut nach neben Spitzensportlern sollen sich wegen Selbstdopings außerdem auch Athleten strafbar machen, die aus dem Sport erhebliche Einnahmen erzielen. Die Tatbestandsanalyse hat gezeigt, dass die Rechtsprechung bei der Konturierung dieses begrifflich äußerst weiten Merkmals im Wesentlichen auf sich gestellt ist.19 Das erweckt Zweifel daran, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des AntiDopG seiner Pflicht, die Strafbarkeit eines Verhaltens selbst und ausreichend erkennbar festzulegen, nachgekommen ist. I. Grundlagen 1. Gesetzlichkeit und Bestimmtheit als Garantiegehalt des Art. 103 Abs. 2 GG Nach Art. 103 Abs. 2 GG kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor sie begangen wurde. Für die vorliegende Untersuchung interessieren zwei Zwecke dieser Vorschrift. Zum einen schützt Art. 103 Abs. 2 GG den Normadressaten. Es soll für jedermann vorhersehbar sein, welches Verhalten bei Strafe verboten ist (Bestimmtheitsgrundsatz).20 Zum anderen soll sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber die abstrakt-generellen Voraussetzungen der Strafbarkeit selbst festlegt (Gesetzlichkeitsgrundsatz).21 Art. 103 Abs. 2 GG

18 Dogmatisch wird Art. 103 Abs. 2 GG in der Wissenschaft verbreitet als SchrankenSchranke der Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs verstanden, s. etwa Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 3; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 15; Appel, Verfassung und Strafe, S. 576. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof prüfen die Vorschrift indes regelmäßig isoliert, s. etwa BVerfG NJW 2010, 47; BGH NJW 2014, 3459; 2017, 2928. 19 S. 99 ff. 20 BVerfG NJW 2010, 47 (54); 2010, 3209 (3210); 2016, 3648 (3649); Hecker, in: Schönke/ Schröder, § 1 Rn. 16; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 87; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 28. 21 BVerfG NJW 2010, 47 (54); 2010, 3209 (3210); 2016, 3648 (3649); Hecker, in: Schönke/ Schröder, § 1 Rn. 16; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 87; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 57. Darüber hinaus enthält Art. 103 Abs. 2 GG mit dem Rückwirkungsverbot jedenfalls eine weitere Regel. Das Analogieverbot wird teilweise als eigenständiger Grundsatz, teilweise als Ausprägung des Bestimmtheitsgebots

Kap. 1: Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte

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verbietet es damit der vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt, über die Voraussetzungen einer Bestrafung zu entscheiden.22 Die Vorschrift dient damit der Herstellung von Rechtssicherheit, soll den Einzelnen vor richterlicher Willkür schützen sowie die Wahrung des Demokratie- und Gewaltenteilungsprinzips gewährleisten und ist damit Eckpfeiler eines rechtsstaatlichen Strafrechts.23 Aus strafrechtlicher Perspektive kommt hinzu, dass nur ein hinreichend genaues Gesetz verhaltenssteuernde, präventive Wirkung entfalten kann.24 Das bedeutet nicht, dass einem rechtsstaatlichen Strafrecht ein Gesetz am besten diente, das nicht mehr auslegungsfähig ist.25 Denn Art. 103 Abs. 2 GG bezweckt, dass die Strafrechtsanwendung für den Bürger vorhersehbar ist.26 Steigende Detailbestimmtheit geht indes zuweilen auf Kosten der Normenklarheit.27 Jäger bezeichnet dieses Phänomen als „Unterbestimmtheit durch Überbestimmtheit“.28 Außerdem erfordern auch die Vielgestaltigkeit des Lebens, der stete Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse und das Bedürfnis nach Herstellung von Gerechtigkeit im Einzelfall eine gewisse Flexibilität der Normanwendung.29 Der Gesetzgeber steht also vor der Aufgabe der Vereinigung von „Präzision und Flexibilität“.30 Um ihr gerecht werden zu können, darf der Gesetzgeber grundsätzlich auch in besonderem Maße auslegungsbedürftige Begriffe verwenden, wie sie insbesondere angesehen, s. etwa Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 47; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/ Henneke, GG, Art. 103 Rn. 3; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 14. 22 BVerfG NJW 2010, 47 (54); 2010, 3209 (3210); 2016, 3648 (3649). 23 So in unterschiedlichen Ausprägungen Hecker, in: Schönke/Schröder, § 1 Rn. 16; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 30 ff.; Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 26; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 3; Schmitz, in: MüKoStGB, § 1 Rn. 43; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 17; Krey/Esser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 103; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 5 Rn. 67. 24 Hecker, in: Schönke/Schröder, § 1 Rn. 16; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 30; Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 26; Schmitz, in: MüKo-StGB, § 1 Rn. 9. 25 Schmitz, in: MüKo-StGB, § 1 Rn. 44. Die Wegbereiter des Siegeszugs des Gesetzlichkeitsprinzips sahen das anders. Bei Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen, S. 13 heißt es: „Nicht einmal die Befugnis, das Strafgesetz auszulegen, kann bei den Strafrichtern beruhen, und zwar aus dem Grunde, weil sie nicht Gesetzgeber sind“. Ein solches Verständnis der Rollenaufteilung zwischen Gesetzgeber und Richter dürfte schon sprachtheoretisch ausgeschlossen sein, da Sprache stets mehrdeutig ist, s. Schmitz, in: MüKo-StGB, § 1 Rn. 44; Frister, Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Kap. Rn. 12. 26 BVerfG NJW 2010, 3209 (3210); 2016, 3648 (3650); BGH NJW 2014, 3459 (3460); in diese Richtung auch Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 41. 27 Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 34; Schmitz, in: MüKo-StGB, § 1 Rn. 46. 28 Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 34. 29 BVerfG NJW 2010, 3209 (3210); 2016, 3648 (3650); BGH NJW 2014, 3459 (3460); Hecker, in: Schönke/Schröder, § 1 Rn. 20; Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 19; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 66; Krey/Esser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 105. 30 Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 19; in diese Richtung auch Hecker, in: Schönke/ Schröder, § 1 Rn. 20; Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 33.

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

in Generalklauseln oder normativen Tatbestandsmerkmalen enthalten sind.31 Gegen die Schaffung der Erheblichkeitsklausel des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG sind deshalb nicht bereits per se Bedenken zu erheben. Die Vergesellschaftung unserer Lebenswelt und die subsidiäre Natur des Strafrechts lassen außerdem die Bezugnahme von Strafgesetzen auf außerstrafrechtliche Regelwerke als unumgänglich erscheinen. Der Strafgesetzgeber darf deshalb zur Vervollständigung eines Verbots jedenfalls im Grundsatz auf andere Regelwerke (auch eines anderen Normgebers) verweisen.32 Dass der Gesetzgeber zur Konturierung der Begriffe des Dopingmittels i.S.d. § 3 Abs. S. 1 Nr. 1 AntiDopG und des Spitzensportlers i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG auf außerstrafrechtliche Bezugsnormen abgestellt hat, führt deshalb ebenfalls nicht bereits aus grundsätzlichen Erwägungen zur Verfassungswidrigkeit der Selbstdopingdelikte. 2. Auslegungsfähigkeit als praktischer Maßstab der Bestimmtheit von Strafgesetzen Die Anforderungen an die Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes dürfen in der Praxis nicht überspannt werden.33 Es ist unvermeidlich, dass in Einzelfällen zweifelhaft ist, ob ein Verhalten noch unter den gesetzlichen Tatbestand fällt.34 Maßstab für die Erkennbarkeit der Strafbarkeit eines Verhaltens muss zwar in erster Linie der für den Adressaten erkennbare und verstehbare Wortlaut des gesetzlichen Tatbestands sein.35 Das Bundesverfassungsgericht vertritt allerdings die Auffassung, dass dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt werde, solange ein Begriff mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere also durch Heranziehen anderer Vorschriften desselben Gesetzes und durch Berücksichtigung des Normenzusammenhangs, oder sogar nur auf Grund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Auslegung und Anwendung der Norm ermöglicht, so dass der einzelne Bürger die Möglichkeit hat, den durch die Strafnorm geschützten Wert sowie das Verbot bestimmter Verhaltensweisen zu erkennen und die staatliche Reaktion vorauszusehen

31 BVerfG NJW 2010, 3209 (3210 f.); 2016, 3648 (3650); BGH NJW 2014, 3459 (3460); Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 103 Rn. 64; Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 33; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 40; Krey/Esser, Strafrecht Allgemeiner Teil, Rn. 105; Schmahl, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 58. 32 BVerfG NJW 2016, 3648 (3650); NZG 2018, 831 (832 f.); BGH NJW 2016, 1251 (1256); Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 57 f.; Schmitz, in: MüKo-StGB, § 1 Rn. 60. 33 BGH NJW 2016, 1251 (1256); Hecker, in: Schönke/Schröder, § 1 Rn. 19; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 66. 34 BVerfG NJW 2010, 47 (54); 2010, 3209 (3210); BGH NJW 2014, 3459 (3460); Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 66. 35 BVerfG NJW 2010, 3209 (3210); 2016, 3648 (3649 f.); Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 68.

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oder wenigstens das Risiko einer Bestrafung zu erkennen.36 Dabei kann auch der Kreis der Normadressaten Bedeutung für die Beurteilung der Erkennbarkeit des verbotenen Verhaltens erlangen und die Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG relativieren.37 Wie eng oder weit ein Normbestandteil auszulegen ist, ist eine Anwendungsfrage. Das Gesetz selbst soll Art. 103 Abs. 2 GG bereits genügen, wenn es nicht in einer Weise offen ist, dass es die Strafbarkeit „ohne vorgegebenes Maß in die Hände der Strafjustiz“ legt.38 Die Weite eines gesetzlichen Merkmals führt deshalb nach überwiegender Auffassung nicht zu einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG, wenn die Möglichkeit restriktiver Auslegung durch die Gerichte besteht.39 Selbst gesetzlich uferlose Tatbestandsmerkmale sollen so durch „jahrzehntelange gefestigte Rechtsprechung hinreichend präzisiert“ werden können.40 Ein Merkmal ist damit im Ergebnis ausreichend bestimmt, wenn es auslegungsfähig ist.41 Das Bundesverfassungsgericht interpretiert das Bestimmtheitsgebot damit letztlich als Forderung (lediglich) nach Bestimmbarkeit.42 Eine harte Grenze zur Verfassungswidrigkeit lässt sich deshalb nicht allgemein formulieren. Ob eine Strafvorschrift mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist, ist im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalls unter Berücksichtigung bestehender Regelungsalternativen festzustellen.43 Dabei muss der Gesetzgeber die Vorschrift so genau fassen, wie es nach der Natur des zu regelnden Sachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist.44 Nicht jede Gesetzesfassung, die das mögliche Maximum an Bestimmbarkeit verfehlt ist direkt verfassungswidrig.45 Man dürfte den Bestimmtheitsgrundsatz aber zumindest als Optimierungsgebot verstehen

36 BVerfG NJW 2010, 47 (54); 2016, 3648 (3650); BGH NJW 2014, 3459 (3460); Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 66 f. 37 BVerfG NJW 2010, 3209 (3211); BGH NJW 2014, 3459 (3460); Hecker, in: Schönke/ Schröder, § 1 Rn. 21; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 94; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 40; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 257; offen gelassen von BVerfG NJW 2016, 3648 (3651). 38 BVerfG NJW 2010, 47 (54). 39 BVerfG NJW 2010, 3209 (3211). 40 BVerfG NJW 1969, 1759; so auch Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 40; insgesamt ablehnend zur „Heilung“ unbestimmter Tatbestandsmerkmale durch die Rechtsprechung Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 96; Schmitz, in: MüKo-StGB, § 1 Rn. 52 ff. 41 BVerfG NJW 2010, 47 (54). 42 Hecker, in: Schönke/Schröder, § 1 Rn. 20. 43 BVerfG NJW 2010, 3209 (3211); BGH NJW 2014, 3459 (3460); Remmert, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 107. 44 BVerfG NJW 1996, 709 (710); 2010, 3209 (3210); 2016, 3648 (3649); BGH NJW 2014, 3459 (3460); in diese Richtung auch Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 41. 45 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 5 Rn. 77.

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können.46 Der Gesetzgeber sollte also etwa auf „wertausfüllungsbedürftige“ Begriffe, Generalklauseln oder Blankettmerkmale verzichten, wenn er (selbst) ohne Funktionsverlust präzisere Tatbestandsmerkmale verwenden könnte.47 3. Die parlamentarische Grundentscheidung als Wahrung des Gesetzlichkeitsgrundsatzes In seiner Ausprägung als Gesetzlichkeitsprinzip verlangt Art. 103 Abs. 2 GG, dass wesentliche Fragen der Strafwürdigkeit im demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess geklärt werden.48 Der Tatbestand einer Strafnorm muss deshalb durch das Parlament festgelegt werden. Der Gesetzgeber muss bei der Bestimmung strafwürdigen Unrechts allerdings auch außerstrafrechtliche Wertungen übernehmen dürfen, da seine Aufgabe ist, von der Gesellschaft als werthaltig eingestufte Interessen oder Zustände akzessorisch zu schützen.49 Ein unmittelbarer Verweis auf andere Normkonstrukte durch Blankettgesetzgebung bedeutet im Grundsatz lediglich den Verzicht darauf, den Text der Bezugsnorm in vollem Wortlaut in die Blankettnorm aufzunehmen.50 Solche Konstruktionen finden sich insbesondere in Bereichen des Nebenstrafrechts, bei denen die nähere Konkretisierung oftmals detailreicher Regelungsgebiete in Rede steht.51 Eine verfassungsgemäße Vervollständigung einer Strafnorm durch andere formelle Gesetze ist in Hinblick auf das Demokratieprinzip weitestgehend unproblematisch.52 Die Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes setzt dann voraus, dass deutlich erkennbar ist, auf welche Vorschriften verwiesen wird und Blankett- und Ausfüllungsvorschrift „summativ“ hinreichend bestimmt sind.53 Welcher Teil des Regelungskomplexes dem Straftatbestand die schärferen Konturen verleiht steht dabei im Belieben des Gesetzgebers.54 Das lässt sich nicht ohne Weiteres auf den Fall übertragen, dass ein anderer Normgeber den Straftatbestand ausfüllen soll. Im Ergebnis herrscht allerdings Ei46 Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 14a; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 41. 47 Hecker, in: Schönke/Schröder, § 1 Rn. 20; Schmitz, in: MüKo-StGB, § 1 Rn. 48. 48 BVerfG NJW 2010, 3209 (3210); 2016, 3648 (3649). 49 Kubiciel, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 24 Rn. 12 f.; Bülte, JuS 2015, 769. 50 BGH NJW 2017, 966 (967). 51 BGH NJW 2016, 1251 (1256). 52 Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 110; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 32; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 258. 53 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 259 f.; ähnlich Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 58; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 32. 54 Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 7.

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nigkeit darüber, dass jedenfalls zur Konkretisierung eines Straftatbestands blankettartig auch auf untergesetzliche Rechtsakte verwiesen werden kann.55 Gesetze i.S.d. Art 103 Abs. 2 GG sind deshalb auch Rechtsverordnungen, wenn sie den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG entsprechen.56 Dann müssen die „Voraussetzungen der Strafbarkeit“ sowie Art und Maß der Strafe für den Bürger allerdings schon im formellen Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sein und dürfen nicht erst aus der Verordnung erkennbar sein.57 Die Grundentscheidung darüber, welche Verhaltensweisen strafrechtlich verboten sind, muss das Parlament treffen.58 Rechtsverordnungen darf demzufolge „nur eine gewisse Spezifizierung des Tatbestands überlassen werden“.59 Was eine solche bloße „Spezifizierung“ ist wird indes nicht einheitlich beurteilt. Vertreten wird einerseits, dass dem Verordnungsgeber „kein relevanter Gestaltungsspielraum“ zukommen dürfe.60 Andere Stimmen meinen, dass sich der Gesetzgeber auf die „wesentlichen, für die Dauer gedachten Bestimmungen“ über die Voraussetzungen der Strafbarkeit beschränken könne61 oder die Beschränkung der Konkretisierungsbefugnisse der Exekutive zumindest „in der Praxis [nicht bedeute], dass der parlamentarische Gesetzgeber schon aus sich heraus verständliche Ge- und Verbote setzen müsste“.62

55 Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 29; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 58 f.; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 31; zur Diskussion, ob Art. 103 Abs. 2 GG einen „strengen“ Parlamentsvorbehalt enthält Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 103; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 57; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 264 ff. 56 BVerfG NJW 1962, 1339; NStZ-RR 2002, 22; BGH NJW 2016, 1251 (1256); Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 59; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 264. 57 BVerfG NJW 1962, 1339; NStZ-RR 2002, 22; BGH NJW 2016, 1251 (1256); Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 59; Schmitz, in: MüKo-StGB, § 1 Rn. 22; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 33. 58 BVerfG NJW 1998, 669 (670); Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 273; Bülte, JuS 2015, 769 (771). 59 BVerfG NJW 1998, 669 (670); NStZ-RR 2002, 22; BGH NJW 2016, 1251 (1256); Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 59; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 33; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 273 (Hervorhebung durch den Verfasser). 60 Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 111. 61 Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 103 Rn. 59. 62 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 273; dem zustimmend Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 330.

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II. Verfassungskonformität der Bestimmung von Dopingmitteln und -methoden durch § 3 AntiDopG Der Gesetzgeber hat die verbotenen Tatmittel nicht abschließend selbst bestimmt. Er verweist dazu blankettartig63 auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping, die eine Übernahme der WADA-Verbotsliste darstellt und neben ausdrücklich aufgeführten Substanzen auch Klauseln enthält, die eine Nutzung ähnlich wirkender oder strukturierter Mittel verbieten.64 Dass eine solche Umschreibung der verbotenen Tatmittel „gesetzlich bestimmt“ i.S.d. Art. 103 Abs. 2 GG ist, ist nicht frei von Zweifeln. 1. Gesetzlichkeit der Tatmittelbestimmung bei Inkrafttreten des AntiDopG Unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen demokratischen Legitimation des Dopingverbots begegnet die ursprüngliche Verweisung des § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping in der zu diesem Zeitpunkt im Bundesgesetzblatt 2014, Teil II, S. 484 ff. bekanntgemachten Fassung keinen durchgreifenden Bedenken. Die Bundesrepublik Deutschland hat das Internationale Übereinkommen gegen Doping im Jahr 2007 ratifiziert und sich damit völkerrechtlich an das Übereinkommen gebunden.65 Nach Artikel 4 Abs. 3 des Übereinkommens ist die Anlage I, die die WADA-Verbotsliste übernimmt, Bestandteil des Übereinkommens. Damit handelt es sich bei der gesetzlichen Bezugnahme auf die Anlage I nicht etwa um einen Verweis auf Privat-, sondern auf für die Bundesrepublik verpflichtendes Völkervertragsrecht.66 Durch Zustimmungsgesetz von 2007 hat der Deutsche Bundestag zunächst der Verbotsliste in ihrer ursprünglichen Fassung parlamentarische Legitimation verschafft. Zwar galt diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AntiDopG nicht mehr.67 Der Gesetzgeber wusste 2015 aber, welchen Inhalt die Verbotsliste in der seinerzeitigen Fassung hatte und konnte prüfen, ob sie einen tauglichen Anknüpfungspunkt eines staatlichen Dopingverbots darstellt.68 Er hätte stattdessen auch eine eigene, gegenüber dem sportrechtlichen Reglement eingeschränkte Verbotsliste als Geset63

S. 67 ff. S. 55 ff. 65 BGBl. 2007 II, S. 354; BT-Drs. 18/4898, S. 24. 66 Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 12; Adolphsen, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 57 (64). 67 In diese Richtung wohl auch Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 12 f. 68 Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 62 in der Dopingproblematik und BVerfG NJW 2016, 3648 (3650); BGH NStZ 2017, 234 (235); Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 247 f.; Ossenbühl, DVBl. 1967, 401 (402) für statische Verweisungen im Allgemeinen. 64

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zesanhang erstellen können. Vor diesem Hintergrund kann der formell-gesetzliche Verweis in § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG als generelle parlamentarische Zustimmung zum Inhalt der Anlage I in der im Bundesgesetzblatt 2014, Teil II, S. 484 ff. bekanntgemachten Fassung gewertet werden.69 In der Verweisungstechnik des § 3 Abs. 1 AntiDopG liegt mithin lediglich ein Verzicht des Gesetzgebers darauf, die für tauglich befundene Verbotsliste dem AntiDopG selbst als Anhang hinzuzufügen. 2. Zweifel an der Verfassungskonformität der Listenaktualisierung § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG verweist allerdings nicht nur auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes geltenden, sondern in der „jeweils […] bekannt gemachten Fassung“. Damit passt die Vorschrift das strafrechtliche Selbstdopingverbot an die stete Aktualisierung der Anlage I als Umsetzung der WADA-Verbotsliste an und enthält eine dynamische Verweisung.70 Die Akzessorietät der strafrechtlichen Dopingmittelbestimmung gegenüber jener durch die Anlage I des Internationalen Übereinkommens wird indes dadurch gelockert, dass nicht auf die jeweils geltende, sondern die vom Bundesministerium des Innern jeweils im Bundesgesetzblatt Teil II bekannt gemachte Fassung verwiesen wird.71 Der Bekanntmachung durch das Bundesministerium des Innern kommt damit seit Inkrafttreten des AntiDopG konstitutive Wirkung für den Begriff des Dopingmittels und der Dopingmethode zu.72 a) Zulässigkeit außerparlamentarischer Listenaktualisierung nur bei weiten Spezifizierungskompetenzen Dynamische Verweisungen sind verfassungsrechtlich problematisch, da sich der Inhalt des Verweisungsobjekts ändern und der Gesamttatbestand so eine vom parlamentarischen Anwendungsbefehl nicht mehr gedeckte Gestalt annehmen kann.73 Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG zeigt indes, dass eine Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen auf die Exekutive nicht schlechthin ausgeschlossen ist. Dass der parlamentarische Gesetzgeber die verbotenen Dopingmittel und -methoden nicht dau69

Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 10 für § 2 AntiDopG; so für §§ 95 Abs. 1 Nr. 2a; 6a Abs. 1, 2 S. 1 AMG a.F. auch BGH MedR 2014, 653 (654) mit abl. Anm. Freund, JZ 2014, 362 (363), der das für eine „blanke Fiktion“ hält. 70 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 7; Volkmer, in: Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 12 und Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 11 für § 2 AntiDopG; ohne Differenzierung zwischen § 2 AntiDopG und § 3 AntiDopG Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, Vor §§ 4 – 5 Rn. 2. 71 Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 23. 72 BGH NStZ-RR 2019, 86 (87); Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 11. 73 BVerfG NJW 2016, 3648 (3650); BGH NStZ 2017, 234 (235); Hassemer/Kargl, in: NKStGB, § 1 Rn. 22; Bülte, JuS 2015, 769 (772); Ossenbühl, DVBl. 1967, 401 (403 f.).

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erhaft selbst und abschließend bestimmt, ist sachlich begründet.74 Die Anpassung der Verbotsliste im Rahmen einer Bekanntmachung durch das Bundesministerium des Innern hat den Vorteil, dass schneller auf neue technische und medizinische Entwicklungen im Bereich der (Anti-)Dopingforschung reagiert werden kann.75 Für die Zulässigkeit dieser Arbeitsteilung spricht außerdem, dass ein Erfordernis abschließender legislativer Dopingmittelbestimmung dazu führen dürfte, dass sich der Gesetzgeber auf die Verwendung von Generalklauseln zurückzieht, was der durch Art. 103 Abs. 2 GG geforderten Erkennbarkeit des Verbots schädlich wäre.76 Diese sachlichen Erwägungen rechtfertigen die Delegation der Aktualisierung des Dopingmittelbegriffs auf die Exekutive allerdings nur, falls es sich bei den Bestimmungen der Verbotsliste lediglich um „Spezifizierungen“ des gesetzlichen Tatbestands handelt und nicht um einen so wesentlichen Bestandteil des strafrechtlichen Dopingverbots, dass er vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst geregelt werden muss.77 Für §§ 95 Abs. 1 Nr. 2a; 6a Abs. 1, 2 S. 1 AMG a.F. hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass „ohne Weiteres anzunehmen“ sei, dass durch Verweis auf den „Anhang des Übereinkommens gegen Doping […]“ die vorrangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten geblieben sei.78 Das Gericht hat allerdings nur zur demokratischen Legitimation des Dopingmittelbegriffs des Arzneimittelgesetzes im Zeitpunkt der Änderung des Gesetzes durch das Parlament Stellung genommen. Zur Beantwortung der Frage, ob ein „Outsourcing“ der Dopingmittelbestimmung durch die Legislative auch bei künftigen Änderungen der Verbotslisten gilt trägt die Entscheidung nichts bei.79 Die Rechtsprechung hat indes auch die nach Gesetzeserlass erfolgte Aufnahme von Stoffen in eine durch Rechtsverordnung geschaffene Liste gebilligt, aus der in Verbindung mit einem formellen Gesetz ein strafrechtliches Umgangsverbot resultiert.80 Eine Ermächtigung der Exekutive, im Wege der Rechtsverordnung Stoffe in die Anlagen zum Betäubungsmittelgesetz aufzunehmen, hat das Bundesverfassungsgericht mit der Begründung gerechtfertigt, dass 74

So das Kriterium bei BVerfG NJW 1998, 669 (671) für das Betäubungsmittelrecht. Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 16; Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 48; im Allgemeinen Bülte, JuS 2015, 769 (771). 76 Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 50. 77 Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 11. 78 BGH MedR 2014, 653 (654) mit krit. Anm. Freund, JZ 2014, 362. 79 Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 25; skeptisch zur Zulässigkeit einer dynamischen Verweisung auf die Anlage des Übereinkommens jüngst auch BGH NStZ-RR 2019, 86 (87). 80 BGH NJW 2016, 1251 (1256 f.) für die Zulässigkeit der Konkretisierung der „nicht zugelassenen Stoffe“ i.S.d. §§ 52 Abs. 2 Nr. 1; § 20 Abs. I Nr. 2, III des Vorläufigen Tabakgesetzes a.F. durch Rechtsverordnung; zur Benennung von Betäubungsmitteln i.S.d. § 1 Abs. 2, 3 BtMG a.F. durch Rechtsverordnung BVerfG NJW 1998, 669. 75

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„der Kreis der Stoffe, die für ein strafbewehrtes Umgangsverbot in Betracht kommen, durch den Inhalt des Gesetzes hinreichend erschlossen [wird]. Er ergibt sich vor allem aus dem Wortsinn des Begriffs ,Betäubungsmittel‘ sowie durch die in § 1 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 BtMG näher definierten Voraussetzungen, unter denen die Aufnahme in die Anlagen in Betracht kommt. Danach handelt es sich um Stoffe, die nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen ihrer Wirkungsweise eine Abhängigkeit hervorrufen können oder deren betäubende Wirkungen wegen des Ausmaßes einer mißbräuchlichen Verwendung unmittelbar oder mittelbar Gefahren für die Gesundheit begründen oder die der Herstellung solcher Betäubungsmittel dienen. Damit sind nicht nur charakteristische Merkmale der Betäubungsmitteleigenschaft bereits im formellen Gesetz hinreichend bestimmt umschrieben, auch die Zielsetzungen des Gesetzes, die Bekämpfung mißbräuchlicher Verwendung und der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, sind bereits in dem Gesetz im formellen Sinne enthalten. Die Aufgabe der Exekutive ist darauf beschränkt, durch Rechtsverordnung die Stoffe konkret zu benennen […]“.81

Anders als im Betäubungsmittelgesetz hat der Gesetzgeber des AntiDopG im formellen Gesetz nun keine abstrakten Kriterien vorgegeben, denen eine Substanz genügen muss, um das Dopingverbot auszufüllen.82 Es fehlt dem Dopingmittelbegriff deshalb an einem der Regelung im Betäubungsmittelgesetz entsprechenden äußeren formell-gesetzlichen Rahmen, der den Kreis potentiell verbotswürdiger Stoffe eingrenzt. Die parlamentarische Regelungsdichte ist beim Dopingmittelbegriff damit deutlich schwächer ausgeprägt als beim Betäubungsmittelbegriff. Dass die untergesetzliche Substanzliste lediglich „spezifiziert“, lässt sich deshalb für das Betäubungsmittelgesetz problemloser behaupten als für das AntiDopG. Ob sich zugunsten der Zulässigkeit der außerparlamentarischen Listenaktualisierung mit dem Wortsinn des Begriffs des Dopingmittels argumentieren lässt, hängt davon ab, welcher Grad an Spezifizierungskompetenzen dem untergesetzlichen Normgeber zugestanden wird. Dass die Formel der „unphysiologischen Steigerung der Leistungsfähigkeit“ das Phänomen des Dopings umfassend beschreiben könnte, hat die Geschichte des sportrechtlichen Dopingverbots widerlegt.83 Mit dem Wortsinn des formellen Gesetzesbegriffs „Dopingmittel“ lässt sich das tatbestandliche Merkmal also nur in groben Zügen beschreiben.84 Lehnte man als zulässige untergesetzliche Spezifizierung alles ab, was dem Verordnungsgeber irgendeinen „Gestaltungsspielraum“ verschaffte, läge hier eine unzulässige Verlagerung von Rechtsetzungskompetenzen vor. 81 BVerfG NJW 1998, 669 (670); die folgenden Überlegungen gründen auf denen von Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 51 ff. 82 Das verlangt Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 52 f. 83 In diese Richtung auch Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 55; Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 52 und i.E. Eschelbach, in: Graf/ Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 11; aufgrund dieser Formel meint indes Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 17, dass schon das Gesetz das Dopingverbot hinreichend erkennbar mache. 84 Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 52; skeptisch auch Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 11.

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Anderes dürfte gelten, wenn man nur eine politische Grundentscheidung durch den Gesetzgeber oder nur bzw. nicht einmal verlangt, dass das Verbot aus sich heraus „verstehbar“ sein müsse. Durch den ausdrücklichen Verweis auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens und die tatbestandlichen Einschränkungen der Verwendung von „Dopingmitteln“ in Hinblick auf nur in bestimmten Sportarten und lediglich im Wettkampf verbotene Substanzen macht der Gesetzgeber deutlich, dass er das sportrechtliche Dopingverbot flankieren möchte. Auch die Zielsetzungen des § 3 AntiDopG sind jedenfalls insoweit aus dem Gesetz erkennbar, als dass es die Werte des Sports schützen soll und die Anwendung von Dopingmitteln nicht etwa aus Gründen des Gesundheitsschutzes verboten wird.85 Damit lässt sich aus der Zusammenschau von Gesamttatbestand und Wortsinn des Begriffs klar erkennen, dass der Gesetzgeber die unnatürliche Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit verbieten will, soweit ihr durch das Sportrecht das Verdikt der Regelwidrigkeit verliehen wird. Damit schafft bereits das formelle Gesetz ein in seinen Grundzügen erkennbares Dopingverbot. (Nur) Bei einem weiten Verständnis der Spezifizierungsbefugnisse des außerparlamentarischen Normgebers lässt sich die Aktualisierung der Verbotsliste durch Bekanntmachung seitens des Bundesministeriums des Innern mit dem Parlamentsvorbehalt vereinbaren. b) Wahrung innerstaatlicher Entscheidungsbefugnis nur bei formalistischem Verständnis Dass die Aktualisierung der Verbotsliste nicht vom Parlament vorgenommen werden muss, führt indes nur zur Verfassungskonformität der Vorschrift, wenn die Geltung der Neuerungen der Verbotsliste auch tatsächlich von der Exekutive bestimmt und damit zumindest mittelbar demokratisch legitimiert wird. Der Gesetzgeber meint, dass die im AntiDopG angewandte Gesetzestechnik sicherstelle, dass es „einer innerstaatlichen deutschen Entscheidung vorbehalten [bleibt], inwieweit auch künftige Änderungen der Anlage I nach deutschem Recht strafrechtliche Relevanz haben“.86 Die jährlichen Aktualisierungen der WADA-Verbotsliste gelten als von der Konferenz der Vertragsstaaten genehmigt und ersetzen die bisherige Fassung der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping, wenn nicht zwei Drittel der Vertragsstaaten Einspruch gegen sie erheben (Art. 34 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2 des Übereinkommens). In Staaten, die dem Generaldirekter der UNESCO vorab notifiziert haben, dass sie die Änderungen der Verbotsliste nicht annehmen, treten diese ungeachtet der Genehmigung durch die Konferenz nicht in Kraft (Art. 34 85

In diese Richtung auch Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 16; näher S. 134 ff. BT-Drs. 18/4898, S. 24; für Verfassungskonformität – zuweilen bezogen auf § 2 AntiDopG – deshalb auch Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 23; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 2 Rn. 5; Deutscher Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 8; Finken, PharmR 2016, 445 (446); wohl auch Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 25. 86

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Abs. 3 S. 2 des Internationalen Übereinkommens gegen Doping). Diese Staaten bleiben an die nicht geänderte Fassung der Anlage I gebunden (Art. 34 Abs. 4 des Internationalen Übereinkommens gegen Doping). Für die innerstaatliche Geltung der aktualisierten Verbotsliste kommt es im Ergebnis also nicht auf die Genehmigung der Änderungen durch die Konferenz der Vertragsstaaten an.87 Die Auffassung des Gesetzgebers trifft also insoweit zu, als dass die Konferenz der Vertragsstaaten die Änderungen der Anlage I mit Wirkung für die Bundesrepublik nicht ohne deren Willen zur Geltung bringen kann.88 Der Staat besitzt allerdings keine vollständig autonome Bestimmungsgewalt über die Aktualisierungen der Verbotsliste. Das zeigt sich bei einem Blick auf die Substanzaufnahmekriterien für verbotene Dopingmittel. Diese entstammen Art. 4.3 des WADA-Codes. Die „charakteristischen Merkmale der [Doping]mitteleigenschaft“ legt hier also nicht etwa ein formelles Gesetz, sondern ein grundsätzlich veränderliches Regelwerk einer Organisation des privaten Schweizer Rechts fest. Das Bundesverfassungsgericht hat die Zulässigkeit der Benennung von Betäubungsmitteln durch Rechtsverordnung demgegenüber u. a. gerade damit begründet, dass die zugrundeliegenden Kriterien durch das Parlament festgelegt wurden.89 Die faktische Bestimmungsmacht der WADA schlägt auch auf den konkreten Inhalt der durch das Bundesministerium des Innern jeweils bekannt gemachten Fassung der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping durch. Schon das durch Art. 9 GG verbürgte Recht der Sportverbände zur Schaffung eines eigenen Regelwerks dürfte das Bundesministerium des Innern dazu verleiten, Einschränkungen der sportrechtlichen Dopingverbote auch auf den Tatbestand des § 3 AntiDopG zu übertragen. Erweiterungen der Anlage I dürften regelmäßig ebenfalls übernommen werden. Zum einen entspreche das einer konsequenten Ausrichtung des § 3 AntiDopG am sportrechtlichen Dopingverbot. Zum anderen sehen das AntiDopG und das Internationale Übereinkommen gegen Doping jedenfalls dem Wortlaut nach keine individuelle Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung einzelner Änderungen der Anlage I vor, wie es etwa bei einer Aktualisierung der 87

Wenn man mit der wohl überwiegenden Meinung den Begriff des „Hoheitsrechts“ auf unmittelbare Durchgriffsbefugnisse einer zwischenstaatlichen Einrichtung auf den Einzelnen beschränkt, dürfte das dazu führen, dass sich die außerparlamentarische Aktualisierung der Verbotsliste nicht auf Art. 24 GG stützen lässt. Hinzukommt, dass das AntiDopG die Geltung der jeweiligen Fassung der Anlage I für den Bürger über das Unterlassen eines Einspruchs in der Vertragsstaatenkonferenz hinaus von der „aktiven“ Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt durch das Bundesministerium des Innern abhängig macht. Eine Darstellung des verfassungsrechtlichen Meinungsstands zur Ausfüllung des Begriffs des „Hoheitsrechts“ findet sich etwa bei Calliess, in: Maunz/Dürig, Art. 24 I Rn. 41 ff.; Heintschel von Heinegg, in: BeckOK-GG, § 24 Rn. 8; Streinz, in: Sachs, GG, Art. 24 Rn. 12 ff. 88 Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 13 sieht deshalb den gebotenen nationalen Einfluss auf die Geltung der Änderungen als gewahrt an; in diese Richtung wohl auch Eschelbach, in: Graf/ Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 11. 89 Diesen Vergleich stellt auch Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 66 an.

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verbotenen Stoffe durch Rechtsverordnung im Betäubungsmittelrecht der Fall ist.90 Die Handlungsanweisung an das Bundesministerium des Innern beschränkt sich demnach darauf, die aktualisierte Anlage I zu veröffentlichen – oder das nicht zu tun.91 Wenn in einer aktualisierten Anlage I des Übereinkommens gegen Doping sowohl Erweiterungen als auch Einschränkungen des sportrechtlichen Dopingverbots enthalten sind, kann sich das Bundesministerium des Innern also nur für oder gegen beide Änderungen entscheiden. Es wird sich dann für die Annahme der aktualisierten Fassung entscheiden, um einen überschießenden Anwendungsbereich des staatlichen Dopingverbots gegenüber dem sportrechtlichen Regelwerk zu verhindern. In der Praxis dürften die Änderungen der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping durch das Innenministerium deshalb stets übernommen werden.92 Damit ist es – da die Anlage I die WADA-Verbotsliste übernimmt – faktisch eine demokratisch nicht legitimierte private Stiftung ausländischen Rechts, die mittelbar über die Tatmitteleigenschaft entscheidet.93 Die Bekanntmachung der jeweiligen Anlage I im Bundesgesetzblatt durch das Bundesinnenministerium erscheint damit eher als bloßer Formalakt denn als Ergebnis inhaltlicher Entscheidungsfindung. Das ist verfassungsrechtlich bedenklich, weil sich die faktische Entscheidungskompetenz der WADA aufgrund der Eigenschaft des Dopingmittelbegriffs als Blankettmerkmal stets im formell-gesetzlichen Verbotstatbestand niederschlägt.94 Die äußerst zurückhaltende Handhabung des Art. 103 Abs. 2 GG in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt allerdings vermuten, dass es in der Bekanntmachung durch das Bundesinnenministerium als Zwischenschaltungsakt eine ausreichende staatliche Legitimation der Aktualisierungen der Anlage I des Übereinkommens sehen wird.95 Argumentativ lässt sich das auf die Entscheidung des 90 Dass das Bundesinnenministerium dem aktualisierten Dopingmittelbegriff nicht durch eine Rechtsverordnung, sondern bloße Bekanntmachung Geltung verschafft, betrachtet Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 11, 14 f. als das eigentliche Problem der Rechtsetzungsdelegation. 91 Zumindest im Ausgangspunkt so jüngst auch BGH NStZ-RR 2019, 86 (87). 92 Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 94; zum AMG bereits Parzeller, StoffR 2011, 26 (30). 93 So bereits für das AMG Parzeller, StoffR 2011, 26 (38 f.). 94 So bereits für das AMG Parzeller, StoffR 2011, 26 (38 f.); skeptisch zur Gleichsetzung von Rechtsverordnung und Bekanntmachung durch den Gesetzgeber Weber, BtMG, AntiDopG, § 2 Rn. 11, 14 f.; zumindest für einen unmittelbaren Verweis auf Verbotslisten nichtstaatlicher Organisationen im Allgemeinen kritisch Kudlich, Protokoll-Nr. 16/17 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 5; a.A. – zuweilen bezogen auf § 2 AntiDopG – Striegel, in: Lehner/ Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 23; Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 2 Rn. 5; Deutscher Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 8; Finken, PharmR 2016, 445 (446); wohl auch Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 25 und im Allgemeinen für eine dynamische Bezugnahme auf die WADAVerbotsliste Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 337; Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 62. 95 Dafür jüngst BGH NStZ-RR 2019, 86 (87).

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demokratisch legitimierten Gesetzgebers stützen, den Straftatbestand des Selbstdopings sportrechtsakzessorisch auszugestalten. Zu dieser Abhängigkeit des staatlichen vom sportrechtlichen Dopingverbot hat sich das Parlament durch die Bezugnahme auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping als Übernahme der WADA-Verbotsliste und die tatbestandlichen Einschränkungen des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Hs. 2, S. 2 AntiDopG deutlich bekannt.96 Dann kann die Aufgabe der Exekutive auch nicht darüber hinausgehen, durch die fortwährende Bekanntmachung aktualisierter Verbotslisten die Sportrechtsakzessorietät der strafrechtlichen Dopingverbote zu wahren. 3. Bestimmbarkeit der Öffnungsklauseln Verfassungsrechtlich problematisch sind auch die in der Verbotsliste enthaltenen Öffnungsklauseln.97 Die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping bezeichnet nicht alle verbotenen Substanzen ausdrücklich. Die Substanzklassen S2 und S5 verbieten neben der Verwendung konkret benannter Substanzen auch die Nutzung solcher „mit ähnlicher chemischer Struktur oder ähnlicher/n biologischer/n Wirkung(en)“.98 Systematisch handelt es sich bei dieser Formel um einen Auffangtatbestand.99 Die Offenheit dieser Formulierung soll sicherstellen, dass neu entwickelte Substanzen von vornherein von den Dopinglisten erfasst werden, sodass Fortschritte in der Entwicklung von Dopingsubstanzen nicht stets eine Anpassung der Verbotslisten erfordern.100 Das ist sachgerecht. Dadurch wird das Listenprinzip allerdings seines maßgeblichen Vorteils – dem der Rechtssicherheit – ein Stück weit beraubt. Das Strafrecht gerät bei einer Anordnung von Ähnlichkeitsvergleichen in Konflikt mit dem Analogieverbot. Im Kernstrafrecht werden „innertatbestandliche Analogien“ allerdings überwiegend für zulässig gehalten.101 Nach §§ 315 Abs. 1 Nr. 4, 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB wird etwa bestraft, wer „einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt“ und nach § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB, wer „eine andere vergleichbare Handlung vornimmt“. Diese Formeln seien mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar, da die enumerativ aufgezählten Tatvarianten einen Vergleichsmaßstab für die „ähnlichen“ bzw. „vergleichbaren“ Handlungen darstellten und ihrerseits nur eine Erläuterung des Ober96

S. 54 ff.; in diese Richtung wohl auch Heger, medstra 2017, 205 (210). Zurückhaltend Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, Vor §§ 4 – 5 Rn. 6. 98 S. 56 ff. 99 So schon für die ehemalige Listenformulierung von „verwandten Verbindungen“ Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 229. 100 Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 71 f.; Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 228 f. 101 Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 40; Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 22; Eisele, Die Regelbeispielsmethode im Strafrecht, S. 405; Kühl, Geppert-FS, S. 311 (316) (Hervorhebung durch den Verfasser). 97

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begriffs der „Beeinträchtigung der Sicherheit des Verkehrs“ bzw. des „beharrlichen Nachstellens“ darstellten.102 Jedenfalls wenn schon der einende Obergriff hinreichend bestimmt sei, könne eine Konkretisierung des Verbots durch einzelne Verhaltensweisen nicht zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift führen.103 Überträgt man diese Überlegungen auf die Begrifflichkeiten von „Dopingmitteln und -methoden“ ergibt sich folgendes Bild: Bei den Substanzgruppen S2 und S5 gibt es – anders als etwa bei der Substanzgruppe S1 („Anabole Stoffe sind verboten.“) – keinen einenden Oberbegriff, der durch bestimmte Substanzen lediglich exemplifiziert wird. Es heißt dort für die Verbotsliste 2020 wörtlich: „Die folgenden Stoffe [S5: Diuretika und Maskierungsmittel] und andere Stoffe mit ähnlicher chemischer Struktur oder ähnlicher/n biologischer/n Wirkung(en) sind verboten: 1. […]“.

Anders als es für die Öffnungsklauseln des Kernstrafrechts vertreten wird existiert damit kein bereits für sich hinreichend bestimmter Oberbegriff der durch die Substanzgruppen S2 und S5 verbotenen Dopingmittel. Die Feststellung, ob eine Substanz eine ähnliche chemische Struktur aufweist oder ähnliche biologische Wirkungen entfaltet wie die explizit aufgezählten Stoffe erfordert darüber hinaus spezielle naturwissenschaftliche Fachkenntnisse, über die der durchschnittliche Spitzensportler nicht verfügt.104 Dass schon die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping dem Sportler einen tragfähigen Abgrenzungsmaßstab für die von den Öffnungsklauseln erfassten Substanzen und damit eine hinreichend konkrete Verhaltensanweisung vermittelt, kann deshalb in Zweifel gezogen werden.105 Die Bestimmtheit eines Tatbestandsmerkmals ist aber nicht isoliert, sondern unter Einbeziehung des Gesamttatbestands zu beurteilen, dessen Konturierung es dient. Die Öffnungsklauseln verbieten die Verwendung von Substanzen mit Struktur- und Wirkungsverwandtschaft106 zu ausdrücklich verbotenen Stoffen nur, wenn dies ohne medizinische Indikation und in der Absicht geschieht, durch die Anwendung einen 102

BGH NJW 1969, 1218 (1219); Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 22, indes skeptisch für das Nachstellen; ebenso Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht Besonderer Teil, § 9 Rn. 110. 103 So etwa Gericke, in: MüKo-StGB, § 238 Rn. 37 für die Nachstellung und Zieschang, in: NK-StGB, § 315 Rn. 17 für den gefährlichen Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr; im Ausgangspunkt auch Eisele, in: Schönke/Schröder, § 238 Rn. 23 f.; a.A. Greco, GA 2012, 452 (460 ff.): Geltung des „Verschleifungsverbots“ nicht nur für die Rechtsprechung, sondern auch -setzung. 104 Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 229. 105 Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 73; Schattmann, Betrug des Leistungssportlers im Wettkampf, S. 16 f., jeweils mit dem Ergebnis strafrechtlicher Unverwertbarkeit von Öffnungsklauseln; so i.E. wohl auch Heger, JA 2003, 76 (77); für zivilrechtliche Unwirksamkeit der Öffnungsklauseln Prokop, Grenzen der Dopingverbote, S. 229 f. 106 Schattmann, Betrug des Leistungssportlers im Wettkampf, S. 16.

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Vorteil in einem sportlichen Wettbewerb zu erlangen. Neben dieser Vorteilsverschaffungsabsicht fordert § 15 StGB, dass der Athlet in Bezug auf die Wesensverwandtschaft eines angewendeten Mittels mit einem aufgeführten – also verbotenen – Stoff vorsätzlich handelt. Ihm muss also zumindest bewusst sein, dass die angewendete Substanz so wirkt wie ausdrücklich auf der Dopingliste vermerkte Mittel. Die Gesamtfassung des Tatbestands stellt damit sicher, dass über die Öffnungsklauseln nur Umgehungsversuche erfasst werden. In diesen Fällen wird dem Athleten aber zumindest das Risiko eines Dopingverstoßes bewusst sein. Im Einzefall genügt das dem Bestimmtheitsgrundsatz.107 Nach hier vertretener Auffassung lassen sich die Öffnungsklauseln der Anlage I durch eine hinreichende Konturierung des verbotenen Verhaltens über den Gesamttatbestand deshalb verfassungsrechtlich gerade noch legitimieren. Das setzt allerdings voraus, dass die Praxis in einschlägigen Fällen keine Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen vornimmt. Es darf also nicht etwa aus der Verwendung einer Substanz, die einem enumerativ aufgezählten Stoff ähnelt, auf eine der Anwendung zugrundeliegende Vorteilsverschaffungsabsicht geschlossen werden. 4. Ergebnis Die Verweisung des § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping ist bedenklich. Gemessen an den in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Standards, nach denen Art. 103 Abs. 2 GG eher weit ausgelegt wird, ist allerdings davon auszugehen, dass sie als verfassungskonform eingestuft werden wird. Der parlamentarische Gesetzgeber hat sich den Inhalt der Verbotsliste zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zu eigen gemacht und ihm damit demokratische Legitimation verschafft. Problematischer ist die Aktualisierung des Dopingmittelbegriffs durch Bekanntmachung der novellierten Fassung der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping durch das Bundesministerium des Innern. Die Aktualisierung der Verbotsliste lässt sich als mit dem Parlamentsvorbehalt vereinbare bloße „Spezifizierung“ begreifen, wenn man die Kompetenzen der Exekutive insoweit extensiv auslegt und auf die deutlich erkennbare sportrechtsakzessorische Ausrichtung des § 3 AntiDopG abstellt. Dass die Exekutive dabei faktisch als Publikationsorgan der WADA fungiert, dürfte mit der Erwägung legitimiert werden, dass nur so die Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers für eine sportrechtsakzessorische Ausgestaltung der Selbstdopingverbote respektiert werden kann. Der Gesamttatbestand des § 3 AntiDopG stellt sicher, dass durch die Öffnungsklauseln der Verbotsliste nur Umgehungsversuche erfasst werden, bei denen Substanzen gerade deshalb eingesetzt werden, weil sie in ihrer Wirkung ausdrücklich

107

S. 174 f.

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verbotenen Mitteln ähneln. In solchen Einzelfällen ist ausreichend, dass dem Sportler das Risiko der Bestrafung bewusst sein wird. III. Die Spitzensportlereigenschaft des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG Verfassungsrechtlich problematisch ist auch die gesetzgeberische Bestimmung der Spitzensportlereigenschaft nach § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG. Strafbar sollen danach Dopingverstöße von „Spitzensportlern“ des organisierten Sports sein. Den Begriff des „Spitzensportlers“ definiert das Gesetz in § 4 Abs. 7 Nr. 1 Hs. 2 AntiDopG. Als ein solcher gilt, „wer als Mitglied eines Testpools im Rahmen des Dopingkontrollsystems Trainingskontrollen unterliegt“. Welche Athleten auch im Training kontrolliert werden richtet sich nach den Regelwerken des Sports. Art. 5.2 des WADA-Codes berechtigt insbesondere nationale Anti-Doping-Organisationen zur Durchführung von Dopingkontrollen zu jeder Zeit und an jedem Ort. Für den deutschen Spitzensport wird das Trainingskontrollsystem von der NADA organisiert. Sie normiert ihre Testpoolkriterien in Art. 2.3 des Standards für Dopingkontrollen. Damit entscheiden letztlich die Institutionen des Sports über die Tätereigenschaft des einzelnen Sportlers.108 Das kann unter zwei Gesichtspunkten Zweifel an der Vereinbarkeit des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG mit Art. 103 Abs. 2 GG erwecken. Zum einen stellt sich die Frage, ob mit der NADA und ausländischen NADOs private, zum Teil sogar ausländische private Organisationen die inhaltliche Reichweite eines Straftatbestands (mit-)bestimmen dürfen. Zum anderen liegt es nahe, die Regelwerke des Sports auch daran messen zu wollen, ob sie hinreichend bestimmt sind. 1. Zentrale Bedeutung der Rechtsnatur der Spitzensportlereigenschaft für die Reichweite von Art. 103 Abs. 2 GG Die mit dem Testpoolverweis verbundenen verfassungsrechtlichen Problemfelder finden ihren gemeinsamen Ursprung darin, dass das formelle Gesetz zur Konkretisierung der Spitzensportlereigenschaft auf außerstrafrechtliche Vorschriften verweist. Nach überwiegender Auffassung hängt indes bereits die Frage, ob das Verweisungsobjekt eines gesetzlichen Merkmals überhaupt an Art. 103 Abs. 2 GG zu messen ist davon ab, welche Rechtsnatur der Bezugnahme eines formellen Strafgesetzes auf eine außerstrafrechtliche Vorschrift zukommt. Ein klassischer Blanketttatbestand liegt vor, wenn ein gesetzliches Merkmal „aus sich heraus“ keinen Aufschluss über das Unrecht einer Tat gibt und die Vorschrift erst durch eine blankettausfüllende Norm „verstehbar“ wird.109 Das ist insbesondere der Fall, wenn ein Gesetz als Tatbestandsmerkmal einen Verstoß gegen eine genau 108 109

S. 91 ff. Bülte, JuS 2015, 769 (770, 772).

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bezeichnete andere Vorschrift enthält. Ein sinnvoller Gesamttatbestand ergibt sich dann erst aus einer Zusammenschau von Blankettgesetz und Verweisungsobjekt. In einem solchen Fall ist die Bezugsnorm deshalb unmittelbar in den Tatbestand „hineinzulesen“ und wird dadurch Bestandteil des Strafgesetzes.110 Für das Dopingverbot des § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG bedeutet das Zusammenlesen von Verweisungs- und Ausfüllungsobjekt beispielsweise, dass es „verboten [ist], EPO111 ohne medizinische Indikation […] anzuwenden oder anwenden zu lassen“. Nicht jedes Tatbestandsmerkmal, dass der Auslegung unter Zuhilfenahme von außerstrafrechtlichen Vorschriften bedarf ist aber zwingend Blankettmerkmal.112 So beschreiben Tatbestände mit rechtsnormativen Merkmalen das mit Strafe bedrohte Verhalten „vollständig und ohne Bezugnahme auf andere Bestimmungen“.113 Sie nehmen nämlich nach überwiegender Auffassung lediglich Bezug auf eine bestimmte außerstrafrechtliche Rechtsfolge, nicht aber auch auf die zugrundeliegende Norm. Ein solches normatives Merkmal soll vorliegen, wenn es in der „sozialen Wirklichkeit“ ein „eigenständiges Dasein“ führt.114 Das gilt zum Beispiel für die „Fremdheit“ einer Sache bei §§ 242, 303 StGB. Der Bürger weiß im Regelfall auch ohne Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch, ob eine Sache ihm oder einem anderen gehört. Bei normativen Tatbestandsmerkmalen „tut man [deshalb] so, als gäbe es die Vorfeldnormen gar nicht, sondern nur deren Rechtsfolge“.115 § 303 StGB lautet aus diesem Blickwinkel: „Wer eine Sache beschädigt, die im Ergebnis – aus welchem Rechtsgrund auch immer – einem anderen gehört [wird bestraft]“.116 Das strafrechtliche Verbot ergibt sich bei einem solchen Verständnis nur aus dem strafgesetzlichen Merkmal selbst, sodass zur Konkretisierung dienende Vorschriften nicht Bestandteil des Strafgesetzes werden.117 Idealtypisch ist diese Abgrenzung ebenso nachvollziehbar wie der von der überwiegenden Auffassung gezogene Schluss auf eine differenzierte Anwendbarkeit des Art. 103 Abs. 2 GG auf strafgesetzliche Bezugsnormen. Nach dem Gesagten erschließt sich, dass Bestimmtheits- und Gesetzlichkeitsgrundsatz nur für Ausfüllungsvorschriften von Blankettmerkmalen uneingeschränkt gelten sollen, nicht aber

110 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 209; Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (971); Bülte, JuS 2015, 769 (773). 111 Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping, Verbotsgruppe S2, 1. 112 Walter, Tiedemann-FS, S. 969 f. 113 BVerfG NJW 1988, 2593 (2594); so auch Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 295. 114 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 182 in Anlehnung an BGHSt 9, 358 (360 f.). 115 Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (971); in diese Richtung auch Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 294 ff. 116 Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (971). 117 Bülte, JuS 2015, 769 (773).

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auch für normative Tatbestandsmerkmale konkretisierende Bezugsvorschriften.118 Denn nur im ersten Fall wird die Bezugsvorschrift unmittelbarer Bestandteil des Strafgesetzes. Der Rechtsanwender soll aufgrund der abstrahierenden Lesart normativer Tatbestandsmerkmale hingegen auch in Hinblick auf die Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG nur an das Ergebnis, nicht aber auch den Normtext einer außerstrafrechtlichen Bezugsvorschrift gebunden werden.119 Mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar muss allein das gesetzliche (normative) Merkmal selbst sein.120 Damit liegt auf der Hand, dass die Bezugnahme des Gesetzgebers auf das Trainingskontrollsystem des Sports bei einer Einstufung als Blankettmerkmal größere verfassungsrechtliche Bedenken erweckte als bei einer Charakterisierung als normatives Tatbestandsmerkmal. Einigkeit über im Einzelfall belastbare Kriterien zur Abgrenzung von normativen und Blankettmerkmalen konnte bislang indes nicht erzielt werden.121 Allein durch eine formalistische Sichtweise und ein Abstellen auf das Vorliegen expliziter Verweisungen auf genau bezeichnete Vorschriften lassen sich Blankettgesetze nicht identifizieren.122 Denn oftmals dient eine Verweisung gerade der Gesetzesökonomie,123 die sich auch in einem pauschalen sprachlichen Verweis äußern kann. Gerade in Fällen konkludenter Verweisungen – wie sie auch in § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG enthalten sind – ist eine Einstufung als Blankettgesetz oder normatives Tatbestandsmerkmal zuweilen nicht mehr als eine „gefühlsmäßige Wertung“.124 So lässt sich einerseits behaupten, dass sich allein mit Blick in das Gesetz eben nicht erschließt, welche Gruppen von Sportlern sich nach § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG strafbar machen können. Letztlich entscheidet das nicht das Gesetz, sondern – abgesehen vom Erfordernis der tatsächlichen Aufnahme in einen Trainingstestpool – allein das Trainingskontroll-Regelwerk des Sports. Insoweit ist § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG jedenfalls nicht „vollständig aus sich heraus verstehbar“. Wenn die 118 BVerfG NJW 1988, 2593 (2594); BGH NStZ 2010, 632 (634); Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 351; Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 4, 26 f., 56; Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (977); Bülte, JuS 2015, 769 (773); Schröder, NZWiSt 2015, 321 (331). Das ist aufgrund fließender Übergänge zwischen Blanketten und normativen Merkmalen keinesfalls unumstritten, s. dazu die Nachweise bei Henckel, HRRS 2018, 273 (274). 119 Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 282. 120 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 302. 121 Appel, Verfassung und Strafe, S. 129; Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 282; Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 110; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 21; Kudlich/Og˘ lakciog˘ lu, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 55; Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (972 f.); Bülte, JuS 2015, 769 (772, 774). 122 Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 9; Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (973 f.); Bülte, JuS 2015, 769 (772). 123 Bülte, JuS 2015, 769 (772). 124 Bülte, JuS 2015, 769 (774).

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Strafbarkeit von Spitzensportlern inhaltlich letztlich durch die Regelwerke des Sports bestimmt wird, spricht das Rechtsgefühl dafür, dass diese auch den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG genügen müssten. Andererseits legt die Vorschrift fest, dass tauglicher Täter ist, wer Mitglied eines Testpools ist und deshalb Trainingskontrollen unterliegt. Das ist im Grundsatz bereits aus sich heraus „verstehbar“. Die Eingliederung in das Trainingskontrollsystem des Sports stellt darüber hinaus nicht lediglich eine Rechtsfrage, sondern einen Umstand in der tatsächlichen Lebenswelt dar, der aufgrund teils strikter Meldepflichten zur ständigen Erreichbarkeit für Dopingkontrollen mit immensen Einschränkungen der persönlichen Lebensführung verbunden sein kann. Deshalb lässt sich gut vertreten, dass der Testpoolmitgliedschaft ein „eigenständiges Dasein“ in der sozialen Wirklichkeit zukomme. Damit ist auch die vorliegende Untersuchung der Gefahr einer gefühlsmäßigen Einordnung der Rechtsnatur der Spitzensportlereigenschaft ausgesetzt. Sie erörtert die Verfassungskonformität des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG deshalb im Folgenden sowohl unter der Prämisse einer Einstufung als Blankettmerkmal als auch unter Zugrundelegung eines Verständnisses, das die Spitzensportlereigenschaft als normatives Tatbestandsmerkmal begreift. 2. Verfassungswidrigkeit bei Einstufung als Blankettmerkmal Betrachtete man § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG als Blankettmerkmal, wäre für den deutschen Sport insbesondere Art. 2.3 des Standards für Dopingkontrollen der NADA in das formelle Strafgesetz hineinzulesen. Er ersetzte dann die Formel von der Mitgliedschaft im Testpool der NADA. Das Strafgesetz stellt nach seinem eindeutigen Wortlaut allerdings nicht lediglich auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Eingruppierung, sondern die tatsächliche Mitgliedschaft in einem Testpool ab. Bei einem Zusammenlesen der Vorschriften müsste dieser Umstand berücksichtigt werden. § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG wäre dann – veranschaulicht an der Täterqualität eines ausländischen Bundesliga-Fußballers, der nach Art. 2.3.4 des Standards für Dopingkontrollen für die Aufnahme in das Trainingskontrollsystem gemeldet werden muss – wie folgt zu lesen: „(7) Nach Abs. 1 Nrn. 4,5 und Abs. 2 wird nur bestraft, wer 1. Spitzensportlerin oder Spitzensportler des organisierten Sports ist; als Spitzensportlerin oder Spitzensportler des organisierten Sports im Sinne dieses Gesetzes gilt ein Athlet, der auf Grund einer Lizenz eines nationalen Ligaspielbetriebs spielberechtigt ist, nicht bereits Mitglied des Registered Testing Pool, Nationalen Testpools oder des Allgemeinen Testpools ist und [Art. 5.3.1 des NADA-Codes] nach Festlegung durch die NADA dem Team Testpool zugehörig ist“.125

125

S. 92 ff.

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a) Hinreichende Bestimmbarkeit des Testpoolverweises Der Gesetzgeber muss bei einer blankettartigen Ausfüllung eines Strafgesetzes durch andere Vorschriften durch die Fassung der Verweisungsnorm hinreichend klar erkennen lassen, welche Regelungen das Strafgesetz im Einzelnen vervollständigen sollen.126 § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG verweist nun nicht explizit auf genau bezeichnete Regelwerke des Sports. Strafbarkeitskriterium ist vielmehr die Mitgliedschaft in einem Trainingstestpool des Dopingkontrollsystems des Sports. Aufgrund der Mehrfachzuständigkeit verschiedener Kontrollinstanzen ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, welche Regelwerke durch den Verweis in Bezug genommen werden.127 Bei der Ausfüllung eines Strafgesetzes durch ein anderes Parlamentsgesetz soll indes nicht erforderlich sein, dass das Blankettmerkmal die Ausfüllungsvorschrift exakt mit seinem Paragraphen benennt.128 Die gesetzestechnische Verknüpfung ist nur dann ungenügend, wenn sich nicht ermitteln lässt, auf welche Normen verwiesen werden soll.129 Die Erkennbarkeit der Verknüpfung erscheint zumindest unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgrundsatzes als tauglicher Maßstab auch eines Verweises auf privat gesetztes Recht. Dann würde die durch § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG vermittelte Verknüpfung von Blankett- und Ausfüllungsnorm dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen. Es ist klar erkennbar, dass insbesondere auf die Trainingstestpools der NADOs verwiesen werden soll. Nicht eindeutig bestimmen lässt sich zwar, ob darüber hinaus alle existenten Trainingstestpools erfasst sein sollen, also etwa auch die der (inter-)nationalen Fachverbände.130 Regelmäßig dürften die in diesen Testpools vertretenen Athleten allerdings bereits über die NADO-Testpools erfasst sein. Entscheidungserheblich ist die Frage einer etwaigen Ausweitung der Verweisung auf Verbandstestpools also nur in Einzelfällen, in denen das Kontrollsystem über die nationale Spitze hinaus ausgeweitet wird.131 Die gesetzliche Fassung des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG lässt den größten Teil von Vereinssportlern aus dem Anwendungsbereich der Strafbewehrung der Selbstdopingverbote herausfallen. Ebenso deutlich ist mit dem NADA-Testpool der „Kernbereich“ des Anwendungsbereichs des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG erkennbar.132 Für den Regelfall ist also erkennbar, ob die Vorschrift

126

BVerfG NJW 2016, 3648 (3650). S. 95 f. 128 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 259. 129 Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 229; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 260. 130 S. 95 f. 131 S. 95 f. 132 Ähnliche Argumentation im Kontext des § 266 StGB bei BVerfG NJW 2010, 3209 (3215). 127

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greift oder nicht.133 Das genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes. Zum einen ist er nämlich nach überwiegender Auffassung auch gewahrt, wenn in Einzelfällen lediglich das Risiko der Bestrafung erkennbar ist.134 Zum anderen können Bedenken, die die Weite eines Merkmals auslösen, durch weitgehende Einigkeit über einen engeren Bedeutungsgehalt ausgeräumt werden.135 Dass sich der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG über die NADA-Testpools hinaus auch auf nationale Fachverbandstestpools erstrecken soll, wird – soweit ersichtlich – nicht vertreten. Allein der Umstand, dass ein Gesetz bei extensiver Auslegung auch Fälle erfassen würde, die der Gesetzgeber nicht vor Augen hatte, führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift, wenn eine präzisierende Auslegung möglich ist.136 Jedenfalls bei einer einschränkenden Auslegung des Testpoolverweises auf die Trainingskontrollsysteme der Anti-Doping-Organisationen und internationalen Fachverbände ist der Verweisungsumfang hinreichend bestimmt. b) Verfassungswidrigkeit mangels Erforderlichkeit gesetzgeberischen „Outsourcings“ Problematischer ist aus der Perspektive des Gesetzlichkeitsprinzips, dass der personelle Anwendungsbereich des strafbewehrten Selbstdopingverbots letztlich durch Rechtssubjekte des Privatrechts bestimmt wird. Putzke hält eine Täterkreisbestimmung durch die NADA für zulässig und stützt das darauf, dass drei Vertreter des Aufsichtsrats der NADA dem Staat entstammen.137 Damit befinden sie sich unter den neun Mitgliedern des Aufsichtsrats allerdings in der deutlichen Minderheit. Der Aufsichtsrat der NADA lässt sich also nicht etwa als „verlängerter Arm des Staates“ begreifen. Hinzukommt, dass die NADA bei der Ausgestaltung der Trainingstestpools nur einen eingeschränkten Entscheidungsspielraum hat. Jedenfalls die Grundentscheidung über die Erfassung der nationalen Top-Sportler wird nämlich durch den Internationalen Standard für Dopingkontrollen und Ermittlungen (ISTI) der WADA getroffen.138 Für eine Legitimation der Täterkreisbestimmung durch Regelwerke ausländischer NADOs gibt die Besetzung des Aufsichtsrats der NADA von vornherein nichts her.139 Mit einer mittelbaren staatlichen Legitimation sportrechtlicher Regelwerke lässt sich eine etwaige Verfas133

Ähnliche Argumentation im Kontext des § 266 StGB bei BVerfG NJW 2010, 3209 (3215). 134 BVerfG NJW 2010, 3209 (3211). 135 BVerfG NJW 2010, 3209 (3211). 136 BVerfG NJW 2010, 3209 (3211). 137 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 26, ohne indes zur Einstufung der Spitzensportlereigenschaft als Blankett- oder rechtsnormatives Merkmal Stellung zu beziehen. 138 S. 22 f., 129. 139 Skeptisch dazu Deutscher Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 11; DOSB, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9 f.

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sungskonformität blankettartiger Verweisung auf das Trainingskontrollsystem nach hier vertretener Auffassung deshalb nicht begründen. Die Bewertung einer blankettartigen Verweisung auf NADO-Testpools scheint deshalb auf die Frage hinauszulaufen, ob rein privat gesetzte Regelwerke dazu geeignet sind, Blankettstrafgesetze unmittelbar auszufüllen. Die Kompetenzordnung des Grundgesetzes spricht im Grundsatz dagegen. Denn nach Art. 20 Abs. 1, 2 S. 1 GG muss sich die Ausübung aller Staatsgewalt zumindest mittelbar auf das Volk zurückführen lassen.140 Nach Art. 70 GG ist die Gesetzgebung Aufgabe von Bund und Ländern. Art. 103 Abs. 2 GG enthält für die Setzung von Strafrecht einen Parlamentsvorbehalt. Nach Art. 80 GG können Rechtsetzungsbefugnisse zwar auf die Exekutive, nicht aber auf Private übertragen werden. Die NADA, WADA oder internationale Sportfachverbände sind auch keine zwischenstaatlichen Einrichtungen, denen Rechtsetzungsbefugnisse nach Art. 24 GG übertragen werden könnten.141 Eine unmittelbare Außenwirkung privat gesetzten Rechts sieht das Grundgesetz also nicht vor. Eine strafrechtliche Relevanz solcher Regelwerke lässt sich dann erst recht nicht mit einer originären Rechtsetzungskompetenz Privater begründen.142 Die Verfassungskonformität blankettartiger Verweisung auf das Trainingskontrollsystem ließe sich deshalb allenfalls mit der Erwägung begründen, dass sich das Parlament die nichtstaatlichen Regelungen des Sports zu eigen gemacht habe.143 Für die Zulässigkeit einer solchen Vorgehensweise spricht, dass Rechtsgüter keine überpositiven, unveränderlichen Werte, sondern Interessen oder Zustände sind, die unsere Gesellschaft – vermittelt durch das Parlament – als werthaltig einstuft.144 Das Strafrecht schafft sich nicht seine eigenen Werte, sondern flankiert gesellschaftlichen Konsens mit seinen Mitteln.145 Wenn aber die Gesellschaft über die Strafschutzwürdigkeit von Werten oder Zuständen entscheidet, ist eine Verzahnung des Strafrechts mit außerstaatlichen Normsetzungen nicht von vornherein ein Mangel. Es kann zumindest sachgerecht sein, dass sich das Parlament zur Ausgestaltung einer

140

Huster/Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 62. Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 58; Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 26. 142 Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 58; Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 57 ff.; Parzeller, StoffR 2011, 26 (29) für die WADAVerbotsliste; im Allgemeinen auch Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 26; Ossenbühl, DVBl. 1967, 401 (402). 143 So für statische Verweisungen Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 26; gegen die Möglichkeit der (dynamischen) Verweisung auf Vorschriften von Institutionen des Sports für den Dopingmittelbegriff Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 68 ff.; s. ferner S. 196 ff. 144 Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 121 f. 145 Kubiciel, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 24 Rn. 12 f. 141

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gesetzlichen Regelung private Fachkompetenz aus dem jeweiligen Lebensbereich zunutze macht.146 Darauf, ob privat gesetztes Recht grundsätzlich geeignet ist, formelle Strafgesetze auszufüllen kommt es allerdings für die Beurteilung der Verfassungskonformität der Selbstdopingverbote nicht an. Denn jedenfalls im vorliegenden konkreten Fall wird der Verzicht des Gesetzgebers auf eine eigene Regelung durch Sacherwägungen nicht gerechtfertigt. Ob eine Strafvorschrift mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist, ist im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalls unter Berücksichtigung bestehender Regelungsalternativen festzustellen.147 Das Gesetzlichkeitsprinzip verlangt, dass der Gesetzgeber einen Tatbestand so genau regelt, wie es ihm mit Rücksicht auf die Materie möglich ist. Den Anwendungsbereich, den das Testpoolkriterium den Selbstdopingverboten verschafft, hätte der Gesetzgeber ohne Weiteres selbst normieren können. Das veranschaulicht ein Blick in die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Bayerische Entwurf eines Straftatbestands des „Dopingbetrugs“ aus 2014 enthielt folgenden Wortlaut: „Wer als Mitglied eines nationalen Sportkaders, einer Mannschaft einer nationalen Liga oder einer Nationalmannschaft […] an einem Wettkampf des organisierten Sports teilnimmt und dabei ein Dopingmittel […] im Körper hat […], wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“148

Dieser Entwurf regelt im Gesetz im Wesentlichen das Gleiche wie die NADA in Art. 2.3 des Standards für Dopingkontrollen. Insbesondere wird im Alternativentwurf aus 2014 mit den nationalen Sportkadern und den Akteuren bundesweiter Ligen der Kern der Sportler erfasst, deren Verstöße nach Auffassung des Gesetzgebers des AntiDopG die Strafwürdigkeit des Dopings ausmachen.149 In Nuancen mögen die Täterkreise des AntiDopG und des Alternativentwurfs voneinander abweichen. Dass diese Abweichungen unter dem Gesichtspunkt der Sachgerechtigkeit eine Verlagerung der Täterkreisbestimmung auf die NADOs erforderten, erschließt sich dadurch allerdings nicht. Es wird dem Gesetzgeber jedenfalls nicht darauf angekommen sein, etwa 15.000 Amateurradsportler des Bundes Deutscher Radfahrer zu erfassen, die aufgrund der Kontrollvereinbarungsklausel des Art. 2.3.5 des Standards für Dopingkontrollen zumindest in der Theorie meldepflichtig sind.150 Selbst wenn man eine größere Fachkompetenz der NADOs annimmt, wären etwaige, überschaubare Zugewinne in der Sachgerechtigkeit ins Verhältnis mit den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Nachteilen zu setzen. In einem demo146

So Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 26, der allerdings allenfalls statische Verweisungen für denkbar hält; s. dazu S. 196 ff. 147 BVerfG NJW 2010, 3209 (3211); BGH NJW 2014, 3459 (3460); Remmert, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 107. 148 S. bereits S. 36 (Hervorhebung durch den Verfasser). 149 S. 92 ff. 150 S. 94; dazu Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 28.

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kratischen Rechtsstaat ist die sachgerechteste im Ausgangspunkt selbstredend die beste Lösung. Die Anerkennung einer gesetzgeberischen „Einschätzungsprärogative“ in Hinblick auf die Sinnhaftigkeit einer Regelung – mit der die Strafgesetzgebung stets vor dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit, also letztlich vor dem Zugriff der Rechtsprechung geschützt wird – bezweckt allerdings nicht zuletzt die Wahrung der Gewaltenteilung. Sie ist damit auch Ausdruck des Respekts vor der Rechtsetzungskompetenz der Legislative. Das Argument der Sachgerechtigkeit ist deshalb eng damit verbunden, dass eine Regelung gerade durch den Gesetzgeber getroffen wird. Die schon kaum erkennbaren Vorteile in der Sachgerechtigkeit der unmittelbaren Rechtsetzung durch Private lassen sich jedenfalls dann nicht mehr legitimieren, wenn in die Bewertung einbezogen wird, dass es sich bei der Spitzensportlereigenschaft nach Auffassung des Gesetzgebers um das entscheidende Strafwürdigkeitskriterium handelt.151 Die Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG dürften mit der Bedeutsamkeit eines Regelungsaspekts für den Unrechtsgehalt einer Straftat steigen.152 Vorliegend ist es gerade die Spitzensportlereigenschaft, die aus einem verbotswürdigen ein strafwürdiges Verhalten macht und damit die Intensität des staatlichen Eingriffs in die Grundrechte der Sportler bedingt. Dass der Gesetzgeber das zentrale Strafwürdigkeitskriterium der Spitzensportlereigenschaft ohne wesentliche Nachteile auch selbst hätte konkretisieren können, führt dazu, dass eine blankettartige Verweisung auf die Testpoolkriterien privater Organisationen unzulässig wäre. c) Verfassungsverstöße durch Änderungen auf Ebene des Verweisungsobjekts Selbst wenn man annimmt, dass der Gesetzgeber blankettartig auf das Regelwerk des Sports verweisen darf, dürfte das nicht dazu führen, dass sich der parlamentarische Gesetzgeber seiner verfassungsrechtlichen Pflichten für die Zukunft entledigt. Hinreichend bestimmte Strafgesetzgebung bleibt nach dem Grundgesetz seine Aufgabe. Ihr kommt der Gesetzgeber jedenfalls dann nicht mehr nach, wenn der Inhalt eines Gesetzes nicht mehr mit seinem Willen übereinstimmt153 oder sich durch Änderungen auf Ebene des Verweisungsobjekts kein hinreichend konturierter Gesamttatbestand mehr ermitteln lässt. aa) Neustrukturierung der Kadersystematik im DOSB Die Bundeskader der deutschen Spitzenverbände wurden in der Vergangenheit insbesondere in A-, B- und C-Kader eingeteilt. Der A-Kader umfasste die Sportler, die aufgrund ihrer erbrachten Leistungen der Weltspitze angehören. Im B-Kader 151

S. 87 ff. Grundsätzlich für zulässig wird eine Differenzierung nach Normbestandteilen gehalten von Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 39. 153 Ossenbühl, DVBl. 1967, 401 (402). 152

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befanden sich „die Athleten, die die Altersgrenze der Nachwuchskader in der jeweiligen Sportart überschritten haben und die sportartspezifischen Leistungskriterien der Spitzenverbände für die Aufnahme in den B-Kader im Hinblick auf eine deutliche mittelfristige Perspektive zum Erreichen von internationalen Spitzenleistungen (A-Kaderkriterien) erfüllen“.154 Der C-Kader schloss den Juniorenbereich ab. Art. 2.3 des Standards für Dopingkontrollen orientiert sich an dieser Kadersystematik des deutschen Hochleistungssports.155 In Art. 2.3.1 und Art. 2.3.2 des Standards für Dopingkontrollen werden ausgewählte A- und B-Kaderathleten in den Registered Testing Pool und den Nationalen Testpool eingruppiert. Art. 2.3.3 erfasst alle anderen Bundeskaderathleten, die nicht bereits Mitglieder des Registered Testing Pool oder Nationalen Testpools sind. Die Ende 2016 in der DOSB-Mitgliederversammlung beschlossene Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung beinhaltet auch eine Anpassung der Kaderstrukturen und -definitionen des deutschen Spitzensports.156 Mit Wirkung zum 01. 01. 2018 wurde die bisherige Einteilung deutscher EliteAthleten in A-, B- und C-Kader abgelöst. Die bisherigen A-Kaderathleten werden nun dem Olympiakader zugeordnet. Ausgewählte Athleten aus den bisherigen B- und C-Kadern mit herausragender Leistungsperspektive befinden sich nun im Perspektivkader oder – soweit ausgewählte B-Kadersportler in Rede stehen – im Ergänzungskader. Die nicht bereits im Perspektivkader eingruppierten Athleten aus den bisherigen C-Kadern firmieren jetzt als Nachwuchskader 1. Für die vorliegende Untersuchung ist die Neustrukturierung der Kadersystematik aus zwei Gründen von Interesse. Zum einen führt sie zu einer Konzentration der Bundesförderung durch Ausdünnung der B-Kadergrößen.157 Zum anderen verweist der Standard für Dopingkontrollen vor seiner Anpassung an die neuen Kaderstrukturen mit der Bezugnahme auf die überkommene Kadersystematik seinerseits weiter auf nicht mehr existentes Binnenrecht des Sports. bb) Unzulässige dynamische Verweisung auf privates Regelwerk Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG ist Täter nur, wer im Zeitpunkt der Tathandlung im Training kontrolliert werden kann. Nicht erfasst ist also, wer in der Vergangenheit Trainingskontrollen unterzogen wurde, zum Zeitpunkt der Tat aber aus dem Kontrollsystem ausgeschieden ist. Da der Wortlaut im Strafrecht die äußerste Grenze zulässiger Auslegung markiert, müssen sich Ände154

DOSB, Anpassung der Kadersystematik zum 01. 01. 2015. S. 92 f.; DOSB, Anpassung der Kadersystematik zum 01. 01. 2015. 156 Die folgenden Ausführungen zur Neustrukturierung des Kadersystems sind dem Dokument DOSB, Anpassung der Kaderstrukturen/Kaderdefinitionen im Olympischen Sommerund Wintersport zum 01. 01. 2018 entnommen, soweit dies nicht anders gekennzeichnet ist; zur Leistungssportreform ferner S. 275 f. 157 BMI/DOSB, Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung, S. 18 f. 155

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rungen in der Ausrichtung des Trainingskontrollsystems auch auf die Reichweite des Selbstdopingtatbestands auswirken. Das strafrechtliche Analogieverbot stünde damit einer Einstufung der Bezugnahme auf das Kontrollsystem des Sports als statische Verweisung entgegen. Die Vorschrift enthielte bei einer Charakterisierung als Blankettmerkmal mithin eine dynamische Verweisung. Das ist bereits im Grundsatz verfassungsrechtlich problematisch. Denn bei dynamischen Verweisungen kann sich der Inhalt des Verweisungsobjekts ändern und der Gesamttatbestand so eine vom parlamentarischen Anwendungsbefehl nicht mehr gedeckte Gestalt annehmen.158 Das zeigen exemplarisch die Auswirkungen der unter Beteiligung des Bundesministeriums des Innern konzipierten und auf der Mitgliederversammlung des DOSB beschlossenen Leistungssportreform auf die Bundeskaderstrukturen. Diejenigen bisherigen B-Kaderathleten, die nicht als „ausgewählte“ Athleten den Perspektiv- und Ergänzungskadern unterfallen, scheiden aus der Bundesförderung aus.159 Seit Inkrafttreten des AntiDopG wurde die Anzahl der deutschen Bundeskader so bereits um 16 % reduziert.160 Mangels Testpoolmitgliedschaft sind diese Sportler keine tauglichen Täter der Selbstdopingdelikte mehr, soweit sie nicht nach Art. 2.3.4 oder Art. 2.3.5 des Standards für Dopingkontrollen dem Kontrollsystem unterliegen oder „erhebliche Einnahmen“ i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG erzielen. Jedenfalls bei einer dynamischen Verweisung auf Vorschriften eines anderen Normgebers handelt es sich nicht um eine bloße gesetzestechnische Vereinfachung, sondern um eine „versteckte Verlagerung von Gesetzgebungskompetenzen“, die sich als „unzulässige pauschale Blankoermächtigung“ entpuppen kann.161 Dynamische Verweisungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deshalb „zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber nur in dem Rahmen zulässig, den die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Bundesstaatlichkeit ziehen“.162 Das Demokratieprinzip dürfte erfordern, dass bei unmittelbaren Bezugnahmen auf privat gesetzte Regelwerke allenfalls statische Verweisungen zulässig sind.163 Denn Änderungen in Verweisungsobjekten von Blankettnormen verändern den Inhalt des formellen Strafgesetzes unmittelbar. Eine etwaige parlamentarische Legitimation durch ein „zu eigen Machen“ durch den Gesetzgeber entfällt. Anders als bei 158 BVerfG NJW 2016, 3648 (3650); Hassemer/Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 22; Bülte, JuS 2015, 769 (772); Ossenbühl, DVBl. 1967, 401 (403 f.). 159 Schriftliche Auskunft des Verbandsmanagements des DOSB. 160 DOSB, Fortschrittsbericht zur Leistungssportreform, S. 9. 161 BVerfG NJW 2016, 3648 (3651 f.); Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 248. 162 BVerfG NJW 2016, 3648 (3650) (Hervorhebung durch den Verfasser). 163 Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 26; Karpen, in: Rödig, Theorie der Gesetzgebung, S. 221 (238) und dem zustimmend Staats, in: Rödig, Theorie der Gesetzgebung, S. 244 (251).

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dynamischen Verweisungen auf Rechtsverordnungen sind die Schöpfer privater Regelwerke und damit auch diese selbst nach etwaigen Änderungen nicht einmal mehr mittelbar demokratisch legitimiert. Das verfassungsrechtliche Gebot demokratischer Legitimation staatlicher Strafgewalt lässt sich deshalb jedenfalls bei einer unmittelbaren Gesetzeswirkung privat gesetzter Vorschriften nicht mit einem Verweis auf ein etwaiges Bedürfnis flexibler Strafgesetzgebung aushebeln. Die dynamische Verweisung auf die veränderlichen Kontrollregelwerke des Sports wäre verfassungswidrig.164 cc) Verfassungsverstoß durch Leerlaufen des Verweisungsobjekts Ungeachtet der Frage demokratischer Legitimation von Änderungen auf Ebene des Verweisungsobjekts führte eine Einstufung der Spitzensportlereigenschaft als Blankettmerkmal auch aufgrund des Leerlaufens des Verweisungsobjekts zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift. Art. 2.3 des Standards für Dopingkontrollen ließe sich als Bezugsnorm eines Blankettstrafgesetzes nach Änderung der Kadersystematik nicht mehr ohne Verstoß gegen die Bindungen des Art. 103 Abs. 2 GG auslegen, da sich Fehlverweisungen in Blankettstrafgesetzen aufgrund des strafrechtlichen Analogieverbots kaum korrigieren lassen.165 In Art. 2.3.1. und 2.3.2 des Standards für Dopingkontrollen wird derzeit auf eine Einordnung der Athleten in A- und B-Kader abgestellt. Diese Systematik existiert nicht mehr. Wenn man § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG als Blankettmerkmal einstuft, beansprucht die strenge Wortlautbindung bei der Auslegung auch für den Standard für Dopingkontrollen als Verweisungsobjekt Geltung. Das ließe es nicht zu, die Bezugnahme des NADA-Regelwerks auf A- und B-Kader in der Rechtsanwendung durch ein „Hineinlesen“ von Olympia-, Perspektiv- und Ergänzungskader in den Standard für Dopingkontrollen zu ersetzen. Art. 2.3.3 des Standards für Dopingkontrollen bietet keinen Ausweg aus diesem Dilemma. Die Vorschrift erfasst nach Hs. 1 zwar alle Bundeskaderathleten. Nach Hs. 2 sind allerdings nur die Sportler erfasst, die nicht bereits Mitglieder des Registered Testing Pool oder des Nationalen Testing Pool sind. Diese Einschränkung könnte nicht durch täterbelastende analoge Rechtsanwendung ausgeblendet werden. Zuallerletzt wäre für den einfachen Rechtswender auch nicht erkennbar, welcher Sportlerkreis durch die Kategorie der „ausgewählten“ Athleten aus dem bisherigen B-Kader durch Zuordnung zu Perspektiv- oder Ergänzungskader künftig tauglicher Täter sein soll. 164

Im Allgemeinen in diese Richtung Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 26; für Verfassungswidrigkeit dynamischer Verweisungen auf privat gesetzte Regelwerke noch deutlicher Ossenbühl, DVBl. 1967, 401 (404). Bülte, JuS 2015, 769 (772) will verfassungsrechtlich problematische dynamische in statische Verweisungen umdeuten, wenn Art. 103 Abs. 2 GG das im Übrigen zulässt. Das kommt aufgrund des Wortlauts des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG jedenfalls für die Spitzensportlereigenschaft nicht in Betracht; auch im Grundsatz zu einer solchen Umdeutung skeptisch Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 337. 165 Schuster, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 4 Rn. 10.

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d) Zwischenergebnis § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG wäre als Blankettmerkmal verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG läge vor, da das Gesetzlichkeitsprinzip verlangt, dass der Gesetzgeber ein Tatbestandsmerkmal selbst bestimmt, wenn das gegenüber einer Auslagerung auf privat gesetzte Regelwerke ohne wesentliche Nachteile möglich ist. Hinzukommt, dass Änderungen in den Regelwerken des Sports aufgrund der dynamischen Natur der Verweisung demokratisch nicht legitimiert wären. Zuallerletzt stünde die Wortlautbindung bei der Auslegung einer sinnvollen Interpretation des zumindest bis 2020 geltenden Art. 2.3 des Standards für Dopingkontrollen entgegen, da dessen Bezugsgrößen aufgrund der Neustrukturierung der Kadersystematik im Rahmen der Leistungssportreform seit 2018 nicht mehr existieren. 3. Spitzensportlereigenschaft als verfassungskonformes rechtsnormatives Merkmal Normative Tatbestandsmerkmale stellen anders als Blankettgesetze lediglich auf die Rechtsfolge einer außerstrafrechtlichen Regelung ab. Als normatives Merkmal lautete § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG deshalb etwa: „(7) Nach Abs. 1 Nrn. 4, 5 und Abs. 2 wird nur bestraft, wer 1. Spitzensportlerin oder Spitzensportler des organisierten Sports ist; als Spitzensportlerin oder Spitzensportler des organisierten Sports im Sinne dieses Gesetzes gilt, wer im Ergebnis – aus welchem Rechtsgrund auch immer – Mitglied eines Trainingstestpools ist.“166

a) § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG als rechtsnormatives Merkmal Zur Abgrenzung von Blanketttatbeständen heißt es zuweilen, dass das Strafrecht das Ergebnis bei der Verwendung normativer Tatbestandsmerkmale „selbst“ bzw. „aus sich heraus“ finde,167 also eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber den außerstrafrechtlichen Bezugsnormen aufweise. Dieser Gedanke spricht gegen eine solche Charakterisierung der Spitzensportlereigenschaft. Das lässt sich an einem Vergleich des Selbstdopingdelikts mit dem Untreuetatbestand des § 266 StGB veranschaulichen, dessen Tatbestandsmerkmal der „Vermögensbetreuungspflicht“ nach überwiegender Auffassung kein Blankett-, sondern ein normatives Merkmal darstellt.168 Gegenüber den dort relevanten außerstrafrechtlichen Sorgfaltsanforderungen ist das Strafrecht nicht streng akzessorisch.169 Die Anwendung des § 266 StGB 166

So Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (971) für § 303 StGB. Appel, Verfassung und Strafe, S. 129; Tiedemann, Verfassungsrecht und Strafrecht, S. 40; ähnlich Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 338 für nichtstaatliche Regeln: „nicht mehr als eine widerlegliche Vermutung“. 168 BVerfG NJW 2010, 3209 (3213) mit insoweit zust. Anm. Safferling, NStZ 2011, 376 (377). 169 Safferling, NStZ 2011, 376 (377). 167

Kap. 1: Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte

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soll beschränkt werden auf Fälle „klarer und deutlicher (evidenter)“ Pflichtwidrigkeit170 oder „gravierender“ Pflichtverletzungen.171 Außerstrafrechtliche Regelungen schaffen in diesem Zusammenhang nur die „Grundlage für eine anschließende untreuespezifische Präzisierung“.172 Eine solche „letztinstanzliche“ Bestimmungsgewalt des Strafgesetzes enthält § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG nicht. Der Wortlaut des Gesetzes und der Wille des Gesetzgebers lassen eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Selbstdopingverbote beispielsweise auf Sportler, die in „herausgehobenen Testpools“ wie etwa dem Registered Testing Pool notiert sind, nicht zu. Wer deutscher Spitzensportler i.S.d. Vorschrift ist, entscheidet – abgesehen vom Erfordernis der tatsächlichen Testpoolaufnahme – allein das Regelwerk der NADA. Das ist dem Gesetzgeber auch bewusst. Zum einen zeigt sich das daran, dass er in der Entwurfsbegründung die groben Züge der Testpoolkriterien der NADA referiert.173 Zum anderen dient § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG nach hier vertretener Auffassung gerade dazu, die Lücken in der strafrechtlichen Erfassung dopender Spitzensportler zu schließen, die sich u. a. durch die akzessorische Ausrichtung des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG am NADA-Kontrollsystem ergeben: Diese liegen etwa im Bereich des Profiboxens, der 3. Fußball-Liga und im Motorsport.174 Damit zeigen die Erwägungen des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG, dass er selbst nicht davon ausgeht, dass das Gesetz dem Merkmal der Spitzensportlereigenschaft über die Testpoolkriterien der NADA hinaus eigene Konturen verschaffen könnte. Dem Regelwerk der NADA kommt damit eine gegenüber den außerstrafrechtlichen Verhaltensanforderungen i.S.d. § 266 StGB direktere Bindungswirkung für das Strafgesetz zu. In erster Linie wird zur Abgrenzung von Blankettmerkmalen indes auf die „Vollständigkeit“ des formellen Gesetzes abgestellt. Tatbestände mit normativen Merkmalen beschreiben das mit Strafe bedrohte Verhalten demnach „vollständig und ohne Bezugnahme auf andere Bestimmungen“.175 An eine solche Vollständigkeit der formell-gesetzlichen Regelungen sind allerdings keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Ein normatives Merkmal soll bereits vorliegen, wenn die „grundsätzliche Entscheidung“ über das strafbare Unrecht bereits vom Strafgesetz getroffen und nur Details einer außerstrafrechtlichen Wertung überlassen werden.176 Solche Tatbestandsmerkmale setzen lediglich voraus, dass sie aus sich heraus nicht „[v]öllig ,leer‘, also ohne eigenständigen Inhalt“ sind, sondern „ihre grundsätzlichen Umrisse auch ohne eine genaue Kenntnis der außerstrafrechtlichen Bewertung“ erkennen 170

BVerfG NJW 2010, 3209 (3215). Safferling, NStZ 2011, 376 (377). 172 BGH NStZ 2010, 632 (634). 173 BT-Drs. 18/4898, S. 32. 174 S. 128 ff. 175 BVerfG NJW 1988, 2593 (2594); so auch Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 295. 176 Bülte, JuS 2015, 769; Henckel, HRRS 2018, 273 (275). 171

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lassen.177 Dafür reicht es aus, wenn der Tatbestand im Grundsatz bereits „sinnvoll“ ist.178 Dass die Auslegung eines gesetzlichen Merkmals (zumindest in Grenzfällen) nicht ohne Bezugnahme auf andere Vorschriften auskommt, hindert eine Einstufung als normatives Tatbestandsmerkmal also nicht.179 Das spricht für eine Einstufung als normatives Tatbestandsmerkmal. Nach hier vertretener Auffassung hat der parlamentarische Gesetzgeber durch die Fassung des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG die Grundentscheidung über den erfassten Täterkreis selbst getroffen. Er sanktioniert Doping von „Spitzensportlern“. Bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch ist durch diese Formulierung eine Bestrafung des größten Teils aktiver Sportler ausgeschlossen. Das formelle Gesetz konkretisiert den personellen Anwendungsbereich darüber hinaus dadurch, dass als Spitzensportler solche Athleten anzusehen sind, deren Leistungen so stark sind, dass das Kontrollnetz des Sports sie über Wettkampfkontrollen hinaus durch Trainingskontrollen besonders engmaschig erfassen soll. Das Parlament hat die Tätereigenschaft i.S.d. § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG damit „zumindest im Kern [selbst] bestimmt“.180 Die konkrete Eingrenzung der von diesem System erfassten Sportler erscheint insoweit als – wenn auch im Einzelfall entscheidungserhebliches – technisches Detail. Die Spitzensportlereigenschaft des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG ist deshalb ein rechtsnormatives Merkmal. b) Geltung des Art. 103 Abs. 2 GG nur für das formelle Gesetz Die mit dem Testpoolverweis verbundenen verfassungsrechtlichen Probleme werden dadurch maßgeblich entschärft. Weil Tatbestände mit normativen Merkmalen das mit Strafe bedrohte Verhalten selbst „vollständig und ohne Bezugnahme auf andere Bestimmungen“ beschreiben,181 müssen allein die gesetzlichen Merkmale mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar sein, nicht aber darüber hinaus auch die zur Konkretisierung herangezogenen Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten.182 Zur mittelbaren Konkretisierung eines Tatbestandsmerkmals im Rahmen der Auslegung kann deshalb nach überwiegender Auffassung auch auf nichtstaatliche und auslän-

177

Bülte, JuS 2015, 769. Puppe, in: NK-StGB, § 16 Rn. 20; Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 225, 234; Schröder, NZWiSt 2015, 321 (331). 179 BVerfG NJW 1988, 2593 f.; Bülte, JuS 2015, 769 (774). 180 So im Allgemeinen Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 330. 181 BVerfG NJW 1988, 2593 (2594); so auch Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 295; Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 70. 182 Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 302. 178

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dische Regelwerke zurückgegriffen werden.183 Für außerstrafrechtliche Vorschriften gilt in diesem Fall auch das Analogieverbot nicht, solange das gesetzliche Merkmal selbst nicht entscheidend an Bestimmtheit verliert.184 c) Vereinbarkeit des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG mit Art. 103 Abs. 2 GG Die Spitzensportlereigenschaft selbst ist hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 103 Abs. 2 GG. Tauglicher Täter ist, wer als Testpoolmitglied Trainingskontrollen unterliegt. Der Sportler, dessen Schutz der Bestimmtheitsgrundsatz in erster Linie bezweckt, kann das Verhaltensgebot der §§ 3, 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG schon aufgrund des Gesetzes verstehen und befolgen. Da deutsche Elite-Athleten über ihre Testpoolmitgliedschaft von der NADA informiert werden, reicht ihnen ein Blick in das Gesetz, um zu erkennen, dass sie tauglicher Täter des Delikts sind. Dem Amateursportler zeigen ebenfalls die formell-gesetzliche Bezugnahme auf das Trainingskontrollsystem und darüber hinaus bereits der Begriff des „Spitzensportlers“, dass er von 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG nicht erfasst sein wird. Die Testpoolkriterien des Standards für Dopingkontrollen spielen für die Erkennbarkeit des Verbots für den Bürger deshalb keine maßgebliche Rolle. Auch der Rechtsanwender muss sich aufgrund des Wortlauts des Gesetzes an der tatsächlichen Mitgliedschaft eines Sportlers in einem Testpool orientieren. Relevanz entfalten die der Spitzensportlereigenschaft vorgelagerten Rechtsgrundlagen im Ergebnis nur, falls ein Sportler in einen Testpool eingruppiert wird, ohne dass die rechtlichen Voraussetzungen dafür vorlagen. Um das zu ermitteln, kann der Rechtsanwender die Regelwerke des Dopingkontrollsystems ohne strenge Wortlautbindung auslegen. Da Art. 103 Abs. 2 GG für diese nicht gilt, kann etwa Art. 2.3 des Standards für Dopingkontrollen – soweit dort in Art. 2.3.1, 2.3.2 und 2.3.3 auf eine Bundeskadereigenschaft abgestellt wird – entnommen werden, dass alle Sportler erfasst sein sollen, die nach neuer Kadersystematik als Olympia-, Perspektiv-, Ergänzungs-, Nachwuchs- oder Teamsportkader dem Registered Testing Pool, Nationalen Testpool oder dem Allgemeinen Testpool unterfallen.185 Bei fehlerhafter Testpoolaufnahme spricht der Zweck des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG dann für eine teleologische Reduktion der Vorschrift. Denn auf die Testpoolmitgliedschaft 183

BGH NStZ 2010, 632 (634); Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 446 f.; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 296 f.; Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (985); Bülte, JuS 2015, 769 (773); skeptisch Rönnau, NStZ 2011, 558. 184 Walter, Tiedemann-FS, S. 969 (977); Bülte, JuS 2015, 769 (773, 775); in diese Richtung auch Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, S. 295: Entfall der „zwingenden Bindung an den Gesetzeswortlaut“; Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät bei Straftatbeständen, S. 343. 185 Dazu DOSB, Anpassung der Kaderstrukturen/Kaderdefinitionen im Olympischen Sommer- und Wintersport zum 01. 01. 2018.

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stellt das Gesetz nicht um ihrer selbst willen, sondern nur deshalb ab, weil sie (nationales) Spitzenniveau typisiert und dieses nach Auffassung des Gesetzgebers von maßgeblicher Bedeutung für die Strafwürdigkeit des Dopings ist. Weist ein fehlerhaft in das Trainingskontrollsystem aufgenommener Athlet dieses Niveau nicht auf, ist sein Verhalten jedenfalls nach § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG nicht strafwürdig. Auch demokratietheoretische Bedenken gegen die Testpoolklausel – etwa aufgrund der Bezugnahme der Spitzensportlereigenschaft auf privat gesetzte Regelwerke oder der Ausdünnung der Bundeskadergrößen durch die Leistungssportreform – greifen nicht durch, wenn man ihr nur mittelbare Bedeutung für die Strafbarkeit von Spitzensportlern zumisst. Bedeutung und Tragweite der Spitzensportlereigenschaft hat der Gesetzgeber durch das hinreichend bestimmte Gesetz im parlamentarischen Willensbildungsprozess selbst und dauerhaft festgelegt.186 Das Parlament hat mit der Bezugnahme auf eine Testpoolmitgliedschaft im Trainingskontrollsystem allein in Deutschland aus 27 Millionen Mitgliedern des organisierten Sportsystems einen äußert geringen Bruchteil der aktiven Verbandssportler als taugliche Täter des Selbstdopingdelikts ausgewählt. Der staatenübergreifenden Dimension des Dopingproblems entspricht es, dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch die besten ausländischen Athleten von der Strafdrohung erfasst sein sollen. Welche Athleten das sind, hat er im Grundsatz selbst festgelegt. Dass die Weite der Anwendbarkeit eines Tatbestandsmerkmals nach Inkrafttreten eines Gesetzes mittelbar durch gesellschaftliche Veränderungen – zum Beispiel in der Wahrnehmung dessen, was „Spitzensport“ ist – beeinflusst wird, kann man als Ausdruck gebotener Flexibilität der Strafrechtssetzung ansehen. Es macht einen Unterschied, ob außerstaatliche Regelwerke nach Inkrafttreten eines Gesetzes einen Straftatbestand selbst unmittelbar verändern oder nur die Reichweite der Anwendbarkeit eines formell-gesetzlichen Merkmals beeinflussen. Es liegt aber zumindest in der Natur eines Gesetzes als abstrakt-generelle Regelung, dass deren Anwendbarkeit auf die Lebenswirklichkeit stets auf das Neue beurteilt werden muss. IV. Auslegungsfähigkeit des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG Ob die Einnahmeklausel mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist, ist umstritten.187 Die Gefahr, dass die Grundentscheidung über den Anwendungsbereich der Vorschrift erst durch die Gerichte getroffen wird, ist tatsächlich groß. Die Erkenntnisse grammatischer, systematischer und genetisch-historischer Auslegung sind in Hin186 BGH NStZ 2010, 632 (634) mit zustimmender Anm. Radtke, NStZ 2011, 556 (557) zu § 266 StGB. 187 Für ausreichende Bestimmtheit Heger und Rössner, Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 14, 51; i.E. trotz Skepsis auch Putzke, in: Lehner/ Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 32 ff.; für Verfassungswidrigkeit dagegen Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 24; in skeptischer Tendenz offen gelassen von Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (166); Steiner, ZRP 2015, 51 (53).

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blick auf eine Konkretisierung der Einnahmeklausel widersprüchlich.188 Es lässt sich ohne logische Brüche weder behaupten, dass nur Bagatellfälle ausgeschlossen und im Regelfall bereits Einkünfte im mittleren dreistelligen Bereich ausreichen sollen noch, dass die Einnahmen so hoch sein müssten, dass der Sportler von ihnen seinen Lebensunterhalt zumindest in wesentlichen Teilen bestreiten kann. Lehnte man die hier vertretene Interpretation der Einnahmeklausel als Auffangtatbestand ab,189 wäre zumindest der Entwurfsbegründung kein schlüssiges Konzept zu entnehmen, das der Einnahmeklausel zugrunde liegt. Dann legte sie – die Entwurfsbegründung – die Konkretisierung des § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG „ohne vorgegebenes Maß in die Hände der Strafjustiz.“190 Für das Gesetz gilt das aber selbst bei Ablehnung der hier vertretenen Auffassung nicht. Bei aller Offenheit des Begriffs der „Erheblichkeit“ ist dessen Gehalt, auch wenn er schon aufgrund seines normativen Charakters nicht „bestimmt“ sein kann, doch zumindest durch eine einschränkende, verfassungskonforme Auslegung bestimmbar. Der gesetzlichen Verknüpfung von sportlicher Betätigung, Einnahmenerzielung und Dopingverstoß als Tathandlung ließe sich zumindest der – nach hier vertretener Auffassung indes nicht leitende – Gedanke entnehmen, dass die Höhe der erzielbaren Einnahmen grundsätzlich geeignet sein müsse, eine maßgebliche Motivation zur Vornahme von Dopingverstößen zu schaffen. Das würde man zumindest im Vollprofibereich annehmen können. Die Möglichkeit einer solchen, im Gesetz angelegten Interpretation führt dazu, dass das Gesetz selbst bei Ablehnung der hier vertretenen Auffassung zumindest auslegungsfähig ist. Dass der Gesetzgeber nicht in der Lage war, einem seiner eigenen Auffassung nach für die Strafwürdigkeit des Selbstdopings entscheidenden Tatbestandsmerkmal eine klare Kontur zu verschaffen, ist Ausdruck bemerkenswert schlechter Begründungstechnik. Das überschreitet die Schwelle vom kriminalpolitischen zum verfassungsrechtlichen Mangel indes nicht.

C. Vereinbarkeit mit den Grundrechten Die strafbewehrten Selbstdopingverbote könnten allerdings in Konflikt mit den Grundrechten geraten – so etwa mit der Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 GG, da die Normierung und Durchsetzung des Dopingverbots eine originäre Aufgabe der Institutionen des Sports ist oder mit Art. 2 Abs. 1 GG, weil dem dopenden Athleten ein Recht auf eine gesundheitsgefährdende Lebensführung zusteht.

188 189 190

Eingehend S. 101 ff. Dazu S. 101 ff., insbesondere 128 ff. BVerfG NJW 2010, 47 (54).

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I. Die strafbewehrte Verhaltensnorm als Beurteilungsmaßstab Die Grundrechtskonformität von Strafgesetzen wird üblicherweise dreistufig geprüft. Unterschieden wird zwischen der Verfassungsmäßigkeit der ein bestimmtes Verhalten verbietenden Verhaltensvorschrift, ihrer Strafbewehrung und der konkreten Strafandrohung durch Freiheits- oder Geldstrafe.191 Dieser Differenzierung ist im Ausgangspunkt zuzustimmen, da sich gedanklich eine isolierte Grundrechtsrelevanz aller drei Ebenen feststellen lässt.192 Jede Verbotsvorschrift tangiert die allgemeine Handlungsfreiheit der Bürger aus Art. 2 Abs. 1 GG. Dass bereits die Verbotsnorm als solche legitimationsbedürftig ist, zeigt sich besonders deutlich an Vorschriften des Nebenstrafrechts, die nicht erst durch ihre strafrechtliche Sanktionierung Rechtswirkung entfalten.193 Als dem Schuld- und Strafausspruch durch den Richter vorausgehende „antizipierte“ Grundrechtseingriffe194 lassen sich auch die Strafbewehrung der Verhaltensvorschrift und die gesetzliche Androhung einer Freiheits- oder Geldstrafe werten; denn mit der Strafbewehrung ist eine Ermächtigung des Staates zu einem sozialethischen Vorwurf gegenüber dem Täter verbunden, der in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG eingreift und durch die Androhung einer Freiheits- oder Geldstrafe ist die Verwirklichung des verbotenen Verhaltens eng mit der Gefahr der Beeinträchtigung der Grundrechte auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG bzw. im Fall der Geldstrafe aus Art. 2 Abs. 1 GG verbunden.195 Schon diese Argumentation zeigt allerdings, dass Verhaltens- und Sanktionsnorm in ihren grundrechtsbeeinträchtigenden Wirkungen nicht isoliert nebeneinander stehen.196 So lässt sich etwa die Eingriffintensität einer Verhaltensvorschrift, die regelmäßig auf der Stufe der Angemessenheit eines Grundrechtseingriffs zu beurteilen ist, nicht ohne Berücksichtigung des Umstands begreifen, dass eine Zuwiderhandlung gegen die Verbotsnorm mit einer Geldstrafe oder gar dem Entzug der Freiheit sanktioniert werden kann.197 Die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen über 191 BVerfG NJW 1994, 1577; Appel, Verfassung und Strafe, S. 559 f.; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 8, 137. 192 So im Grundsatz auch Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 364; Puschke, Legitimation, Grenzen und Dogmatik von Vorbereitungstatbeständen, S. 157 f. 193 Kudlich, JZ 2003, 127 (129); Lagodny, in: Hefendehl/von Hirsch/Wohlers, Die Rechtsgutstheorie, S. 83 (84). 194 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 370. 195 BVerfG NJW 1994, 1577; BGH NJW 2014, 3459 (3461); Appel, Verfassung und Strafe, S. 575; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 127; Puschke, Legitimation, Grenzen und Dogmatik von Vorbereitungstatbeständen, S. 157 f.; Kudlich, JZ 2003, 127 (129). 196 Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 90 f.; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 364; Puschke, Legitimation, Grenzen und Dogmatik von Vorbereitungstatbeständen, S. 158; Kudlich, ZStW 127 (2015), 635 (648). 197 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 364; Puschke, Legitimation, Grenzen und Dogmatik von Vorbereitungstatbeständen, S. 158 f.

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die von der Verhaltensvorschrift betroffene Grundrechtsausübung wird also gerade durch die Strafandrohung beeinträchtigt.198 Erst daraus ergibt sich die besondere Intensität des durch das Verbot bewirkten Eingriffs in die Grundrechte des Bürgers.199 Zugleich strahlt die Verhaltensnorm auch auf die verfassungsrechtliche Beurteilung der Sanktionsnorm aus. Die Strafbewehrung eines Verhaltens als solche reagiert – anders als eine konkrete Sanktionierung durch den Richter – nicht auf kriminelles Verhalten, sondern will es von vornherein verhindern.200 Ihr Zweck besteht also in der Absicherung des Zwecks der Verhaltensvorschrift. Sie verfolgt letztlich denselben wie diese: präventiven Rechtsgüterschutz.201 Ob etwa die Androhung von Geld- oder Freiheitsstrafe zur Erreichung ihres Zwecks geeignet ist, kann ohne Bezugnahme auf die Geeignetheit der Verhaltensvorschrift nicht sinnvoll beurteilt werden.202 Auch die mit der Strafbewehrung verbundene Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts potentieller Straftäter lässt sich nicht ohne Rückkoppelung an die Verhaltensvorschrift bewerten. Der staatliche Vorwurf erschöpft sich in einem freiheitlichen Strafrecht nicht in der Berufung auf einen Verstoß gegen die Norm, sondern begründet sich materiell aus der Verletzung schützenswerter Interessen. Gerade in Hinblick auf die Intensität sozialethischer Missbilligung des Täterverhaltens kommt es entscheidend darauf an, welche Interessen es verletzt.203 In der vorliegenden Untersuchung werden die durch das Verbot des Selbstdopings aus § 3 AntiDopG und deren Strafbewehrung in § 4 AntiDopG bewirkten Grundrechtsbeeinträchtigungen deshalb in ihrem Zusammenwirken als strafbewehrte Verhaltensnorm betrachtet.204

198

Puschke, Legitimation, Grenzen und Dogmatik von Vorbereitungstatbeständen, S. 159. Puschke, Legitimation, Grenzen und Dogmatik von Vorbereitungstatbeständen, S. 159; ähnlich Kudlich, ZStW 127 (2015), 635 (648). 200 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 385. 201 Ähnlich Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 385; Puschke, Legitimation, Grenzen und Dogmatik von Vorbereitungstatbeständen, S. 163 ff. 202 Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 90; ähnlich Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 381. 203 Ähnlich Puschke, Legitimation, Grenzen und Dogmatik von Vorbereitungstatbeständen, S. 159. 204 So im Allgemeinen auch Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 866 f.; Puschke, Legitimation, Grenzen und Dogmatik von Vorbereitungstatbeständen, S. 162; in diese Richtung auch Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 91 f. 199

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II. Kein Eingriff in Art. 9 GG 1. Schutzbereich: Rechtsetzungs- und Disziplinargewalt der Sportverbände Nach Art. 9 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Als Vereinigung i.S.d. Vorschrift gilt jede Mehrheit von natürlichen oder juristischen Personen oder Personenvereinigungen, die sich für längere Zeit freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.205 Auf die Verfolgung eines bestimmten Zwecks kommt es nicht an.206Auch (deutsche) Sportorganisationen sind deshalb Vereinigungen i.S.d. Art. 9 GG mit dem Ziel, den Sportbetrieb zu organisieren und durchzuführen.207 Wegen des engen Zusammenhangs zwischen individueller und kollektiver Vereinigungsfreiheit schützt Art. 9 GG nicht nur das einzelne Mitglied, sondern auch die Vereinigung selbst.208 Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit gewährleistet den Sportverbänden eine „interne Organisationsautonomie“209. Diese beinhaltet insbesondere das Recht, sich eigene Regeln zu setzen.210 Den Sportverbänden kommt damit eine verfassungsrechtlich geschützte Kompetenz zur selbstbestimmten Schaffung einer Wettkampfordnung zu.211 Es ist deshalb Sache des Sports, Wertmaßstäbe zu entwickeln und festzulegen, was sportliche Fairness und verbotenes Doping ist.212 Das Recht zur Setzung einer Verhaltensregel entfaltete keine effektive Wirkung, wenn der rechtsetzenden Instanz nicht auch die Befugnis zustünde, sie durchzusetzen. Mit der Rechtsetzungskompetenz der Sportverbände geht deshalb das Recht zur Androhung und Durchsetzung von Sanktionen im Fall des Regelverstoßes einher.213

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BVerwG NJW 1998, 2545 f.; Cornils, in: BeckOK-GG, Art. 9 Rn. 5. Cornils, in: BeckOK-GG, Art. 9 Rn. 7. 207 Nolte, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 41; Steiner, NJW 1991, 2729 f. 208 BVerfG NJW 1990, 37 (38). 209 Sodan, GG, Art. 9 Rn. 5. 210 Cornils, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 9 Rn. 14; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 9 Rn. 84; Steiner, NJW 1991, 2729 (2730). 211 Hömig/Wolff, GG, Art. 9 Rn. 4; Nolte, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 42; Steiner, NJW 1991, 2729 (2730). 212 Fritzweiler, in: Fritzweiler/Pfisterer/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, S. 51 f.; Segerer, Wirkung der Grundrechte zwischen Sportlern, Sportvereinigungen und Staat, S. 131 f.; Morgenroth, ZStV 2014, 129 (130); Steiner, NJW 1991, 2729 (2730). 213 BGH NJW 1995, 583 (584); Nolte, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 42. 206

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2. Kein Eingriff in den Schutzbereich Dadurch, dass der Staat Selbstdoping zur Straftat erhoben hat, könnte er in das Recht der Sportverbände zur Normierung und Durchsetzung des Dopingverbots eingegriffen haben. a) Kein Eingriff in Rechtsetzungskompetenz bei sportrechtsakzessorischer Auslegung Gegen die Legitimität der strafrechtlichen Dopingverbote wird vorgebracht, dass sich der Gesetzgeber entgegen der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung anmaße, zu bestimmen, was sportlich „fair“ und was als Doping verboten ist.214 Jedenfalls bei einem sportethisch geprägten Rechtsgutskonzept oktroyiere der Staat dem Sport sein eigenes Werteverständnis auf.215 Diese Kritik blendet die konkrete Ausgestaltung der strafrechtlichen Selbstdopingverbote aus. § 3 AntiDopG bezweckt jedenfalls tatbestandlich nicht den Schutz einer diffusen Sportmoral, sondern der Regelhaftigkeit des Ablaufs sportlicher Wettbewerbe.216 Das zeigt sich insbesondere am strafrechtlichen Dopingmittelbegriff des § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG. Der Gesetzgeber hat weder eine eigenständige abstrakte Definition des Begriffs vorgenommen noch eine eigene Verbotsliste aufgestellt. Statt dessen hat er mit dem Verweis auf die Anlage I des Internationalen Übereinkommens mittelbar die WADA-Verbotsliste übernommen.217 Damit wird der staatliche durch den sportrechtlichen Dopingmittelbegriff bestimmt. Auf künftige Änderungen des sportrechtlichen Dopingverbots kann durch Bekanntmachung der erneuerten Fassung der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping reagiert werden. Durch die gesetzliche Fassung des § 3 AntiDopG hat der Gesetzgeber deshalb im Grundsatz sichergestellt, dass nicht er, sondern der Sport darüber entscheidet, was erlaubt und was verboten ist. Aus der Perspektive des Art. 9 GG liegt deshalb – mag das auch in Hinblick auf das Gesetzlichkeitsprinzip bedenklich sein – in der Bezugnahme des staatlichen Dopingmittelbegriffs auf die WADA-Verbotsliste die gebotene Anerkennung der Subsidiarität des staatlichen Schutzes gegen Doping.218 Dass der Sport künftig nicht mehr selbst entscheiden könnte, was erlaubt und was verboten sein soll, ist nicht ersichtlich.

214 Jahn, Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 13; Künast, DRiZ 2015, 301; so auch schon Kreuzer, ZRP 2013, 181 (183 f.). 215 Glocker, Die strafrechtliche Bedeutung von Doping, S. 286. 216 S. 54 ff., 135 ff. 217 S. 54. 218 Zur Problematik aus dem Blickwinkel des Art. 103 Abs. 2 GG S. 178 ff. Faktisch dürfte das auch für die meisten Sachverhalte aus dem Profiboxen gelten, übernimmt doch etwa die Voluntary Anti-Doping Association grundsätzlich zumindest auf der materiell-rechtlichen Verbotsebene die Nomenklatur verbotener Substanzen und Methoden der WADA-Verbotsliste.

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Im Einzelfall verschafft der Wortlaut des § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG dem staatlichen gegenüber dem sportrechtlichen Dopingverbot indes einen überschießenden Anwendungsbereich. Die Substanzklasse S3 der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping enthält zur Behandlung von Asthma eingesetzte Beta-2-Agonisten. Ausgenommen vom Verbot sind Inhalationen von Salbutamol, Formoterol und Salmeterol, wenn sie bestimmte Dosen nicht überschreiten.219 Das Verbot der Nutzung ausgewählter Stimulanzien (S6) wird vom Überschreiten bestimmter Konzentrationen im Urin oder einer bestimmten Verabreichungsform abhängig gemacht. In Substanzklasse S9 ist das Verbot oraler, intravenöser, intramuskulärer oder rektaler Verabreichung von Glucocorticoiden normiert. Nicht verboten sind sonstige, nicht systemische Verabreichungsformen.220 Diese Einschränkungen des sportrechtlichen Dopingverbots finden sich im Wortlaut des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AntiDopG nicht wieder, verbietet dieser doch die Anwendung einer jeden Substanz, die ein in der Anlage I aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält. Soweit in den vorgenannten Fällen das strafrechtliche Dopingverbot einschränkend ausgelegt wird und deshalb in der Rechtsanwendung nur sanktioniert wird, was auch sportrechtlich verboten ist, liegt kein Eingriff in die Rechtsetzungskompetenz der Sportverbände vor.221 b) Künftige Beeinträchtigungen der Verbandsstrafgewalt als nicht rechtfertigungsbedürftige Grundrechtsgefährdungen Die Vereinigungsfreiheit gewährleistet neben der Normsetzungskompetenz auch das Recht zur Durchsetzung des eigenen Regelwerks. Es ist nicht auszuschließen, dass es durch strafprozessuale Maßnahmen im Rahmen eines Ermittlungs- oder Hauptverfahrens zu Beeinträchtigungen des sportrechtlichen Sanktionsmanagements kommen wird.222 Denkbar ist beispielsweise, dass die Notwendigkeit einer strafprozessualen Beweiserhebungsmaßnahme durch Auswertung einer Blut- oder Urinprobe dazu führt, dass sie wegen der Unterbrechung der Beweiskette im sportrechtlichen Sanktionsverfahren unbrauchbar wird.223 Damit können die Strafvorschriften des AntiDopG ursächlich für eine Beeinträchtigung des Rechts der Sportverbände auf eine autonome Durchsetzung ihres Regelwerks werden. Nach dem modernen Eingriffsverständnis liegt in jedem staatlichen Handeln, das ein grundrechtlich geschütztes Verhalten unmöglich macht oder zumindest er219

BGBl. 2019 II, S. 1084. Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 63. 221 Ein solches Ergebnis ist aufgrund des Rechtsguts der rechtlichen Chancengleichheit auch teleologisch geboten, s. S. 161 f. 222 Zur Diskussion um gegenseitige Beeinträchtigungen der Sanktionsverfahren in Strafund Verbandsverfahren Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 115 ff.; Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 33 ff. 223 So etwa der einem Rechtshilfeersuchen Italiens zugrundeliegende Sachverhalt bei OLG Köln, SpuRt 2017, 251. 220

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schwert ein rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff.224 Ungeachtet terminologischer Unterschiede besteht außerdem Einigkeit darüber, dass als staatlicher Eingriff auch eine Maßnahme zu bewerten sein kann, die eine von mehreren Ursachen einer Grundrechtsbeeinträchtigung setzt.225 Es ist deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen, dass etwaige Beeinträchtigungen der Vereinigungsfreiheit im Strafprozess bereits die Legitimität der Strafnorm gegen Selbstdoping als solche in Zweifel ziehen. Eine staatliche Maßnahme ist im Grundsatz allerdings erst dann rechtfertigungsbedürftig, wenn sie – sei es auch vermittelt durch ein Folgeverhalten – tatsächlich zu einer Beeinträchtigung grundrechtlicher Freiheiten führt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen „bloße Grundrechtsgefährdungen im allgemeinen noch im Vorfeld verfassungsrechtlich relevanter Grundrechtsbeeinträchtigungen“.226 Sie sind deshalb nur „unter besonderen Voraussetzungen“ mit tatsächlichen Grundrechtsbeeinträchtigungen gleichzusetzen.227 Welche das sind, ist nicht abschließend geklärt.228 Für die Schutzpflichtdimension der Grundrechte hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass es auf die Art, die Nähe und das Ausmaß möglicher Gefahren sowie die Art und den Rang des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsguts ankomme.229 Bejaht hat es die Rechtfertigungsbedürftigkeit von Grundrechtsgefährdungen im Einzelfall insbesondere bei naheliegenden Gefahren für die durch Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG geschützten Rechtsgüter Leib und Leben.230 Das liegt nahe, da eine Verletzung dieser Rechtsgüter irreversibel ist und effektiver Grundrechtsschutz insoweit nur durch Prävention betrieben werden kann.231

224

Detterbeck, Öffentliches Recht, Rn. 282; Voßkuhle/Kaiser, JuS 2009, 313. Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, § 24 Rn. 7 bezeichnen diese Mitursächlichkeit als „mittelbaren Eingriff“; damit wird indes oftmals auch der Eintritt einer Grundrechtsbeeinträchtigung bei einem Dritten, der nicht Adressat der Maßnahme ist, bezeichnet, s. Voßkuhle/Kaiser, JuS 2009, 313; zur Uneinheitlichkeit der Terminologie Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 83. 226 BVerfG NJW 1979, 2349 (2350); 1984, 601 (Hervorhebung durch den Verfasser); Überblick zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Grundrechtsgefährdung bei Ossenbühl, Kriele-FS, S. 147 ff. 227 BVerfG NJW 1979, 2349 (2350); Jarass/Pieroth, GG, Vor Art. 1 Rn. 28; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III/2, S. 210; Hufen, Staatsrecht II, § 8 Rn. 11; Kloepfer, Verfassungsrecht Band II, § 51 Rn. 37; Sachs, Verfassungsrecht II, S. 134; Ossenbühl, Kriele-FS, S. 147 (158); Bethge, VVDStRL 57 (1998), 7 (43). 228 BVerfG NJW 1979, 2349 (2350); 1984, 601; 1988, 1651 (1655); Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III/2, S. 211; Ossenbühl, Kriele-FS, S. 147 (159). 229 BVerfG NJW 1979, 359 (363). 230 So etwa BVerfG NJW 1979, 2349 (2350): ernsthafte Befürchtung des Todes oder schwerwiegender Gesundheitsschäden; BVerfG NJW 1979, 2607: erhebliche Gefährdung von Leben und Gesundheit; s. dazu auch Bethge, VVDStRL 57 (1998), 7 (43). 231 Ähnlich Ossenbühl, Kriele-FS, S. 147 (158 f., 162). 225

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

Außerhalb nicht restitutionsfähiger Rechtsgüter dürfte eine restriktive Handhabung der Gleichsetzung von Grundrechtsgefährdungen mit tatsächlichen Beeinträchtigungen geboten sein.232 Damit bereits die Verursachung der Gefahr einer Grundrechtsbeeinträchtigung rechtfertigungsbedürftig ist, muss ihre Realisierung hinreichend konkret absehbar sein.233 Die „bloße Denkmöglichkeit etwaiger Grundrechtsbeeinträchtigungen [kann den Staat] noch nicht zur Passivität verpflichte[n]“.234 Unter dieser Prämisse führt die Möglichkeit der Beeinträchtigung der Sportgerichtsbarkeit durch eine Anwendung des AntiDopG nicht bereits zur Rechtfertigungsbedürftigkeit des Gesetzes. Im Grundsatz ist festzustellen, dass eine Verurteilung wegen Selbstdopings nicht zwingend zu einer Beeinträchtigung der Effektivität der Sportgerichtsbarkeit führt und sich auch nicht pauschal sagen lässt, in welcher Häufigkeit dies geschieht. Wodurch und in welcher Intensität das sportrechtliche Sanktionsmanagement im Einzelfall beeinflusst werden kann lässt sich nicht abstrakt, sondern nur durch die Beurteilung einer konkreten strafprozessualen Maßnahme ermitteln. Dass sich sowohl Wahrscheinlichkeit als auch Intensität einer etwaigen Grundrechtsbeeinträchtigung schon nicht bestimmen lassen, spricht dagegen, dass die Sanktionierungskompetenzen der Sportverbände schon eine Abwehr des strafrechtlichen Verbots als solchem gebieten. Insoweit zeigen sich Verflechtungen der materiellen Bedeutung der Grundrechtsgefährdung mit prozessualen Aspekten des Grundrechtsschutzes.235 Eine Verfassungsbeschwerde ist grundsätzlich unzulässig, wenn ein Grundrechtsträger durch die angegriffene Maßnahme nicht unmittelbar betroffen ist.236 Erst mit der Durchsetzung des materiellen Strafanspruchs des Staates im Strafverfahren ist die Gefahr einer Beeinträchtigung der Sportgerichtsbarkeit verbunden. Da sich das strafbewehrte Selbstdopingverbot nicht an die Sportverbände richtet, ist es ihnen zuzumuten, die Möglichkeit dieser Grundrechtsverletzung erst anzufechten, wenn sie sich durch Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens hinreichend konkretisiert hat. Der Gedanke eines Bedürfnisses präventiven Grundrechtsschutzes wirkt sich dann dergestalt aus, dass die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte – hier der Vereinigungsfreiheit – eine bestimmte Auslegung oder (Nicht-)Anwendung gesetzlicher Verfahrensregeln gebietet.237

232 Dreier, GG, Vorb. Rn. 125; Hufen, Staatsrecht II, § 8 Rn. 11: „schwere Gefährdung“; Bethge, VVDStRL 57 (1998), 7 (43). 233 Sachs, Verfassungsrecht II, S. 134; zumindest für die Konkretheit der Gefahr als maßgebliches Entscheidungskriterium auch Jarass/Pieroth, GG, Vor Art. 1 Rn. 28; Hufen, Staatsrecht II, § 8 Rn. 11; Kloepfer, Verfassungsrecht Band II, § 51 Rn. 37. 234 Sachs, Verfassungsrecht II, S. 135; ähnlich Ossenbühl, Kriele-FS, S. 147 (159, 162). 235 Ossenbühl, Kriele-FS, S. 147 (148). 236 Ossenbühl, Kriele-FS, S. 147 (148). 237 Ossenbühl, Kriele-FS, S. 147 (156).

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III. Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Freiheit der Person Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit. Das Grundrecht schützt jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt.238 Das Dopingverbot aus § 3 AntiDopG greift schon allein deshalb in Art. 2 Abs. 1 GG ein. Soweit Dopingmaßnahmen gesundheitsgefährdend sind, ergibt sich das auch daraus, dass Art. 2 Abs. 1 GG das Recht gewährleistet, über die eigene leiblichseelische Integrität und damit auch eine Selbstschädigung zu bestimmen.239 Mit einem staatlichen Dopingverbot wird in dieses Recht der Sportler eingegriffen. Selbst bei Annahme einer negativen Dimension des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ist in solchen Fällen Art. 2 Abs. 1 GG einschlägig, da dopende Sportler (zumindest im Regelfall) nicht handeln, um sich an der Gesundheit zu schädigen, sondern um einen sportlichen Vorteil zu erlangen und zwar möglichst ohne Realisierung des mit Dopingmaßnahmen verbundenen Gesundheitsrisikos.240 Durch die Strafbewehrung der Selbstdopingverbote in § 4 AntiDopG werden Verstöße gegen die Verbotsnormen sittlich missbilligt. Trotz des erst mit dem Urteilsspruch ergehenden Tadels des einzelnen Grundrechtsträgers wird üblicherweise bereits das Strafgesetz am allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gemessen.241 Verstöße gegen § 3 AntiDopG werden mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Deshalb beeinträchtigen die strafbewehrten Selbstdopingverbote auch das Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG und durch die Androhung einer Geldstrafe Art. 2 Abs. 1 GG. IV. Rechtfertigung Diese Eingriffe sind gerechtfertigt, wenn sie mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehen. Das setzt voraus, dass sie sich im Rahmen der durch das Grundgesetz gesetzten Schranken der beeinträchtigten Grundrechte halten.

238

BVerfG NJW 1994, 1577 (1578). Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 47; Striegel, in: Lehner/Nolte/ Putzke, AntiDopG, § 2 Rn. 7; Jahn, ZIS 2006, 57 (58); Peukert, npoR 2015, 95 (99); Steiner, NJW 1991, 2729 (2734); dogmatische Verortung in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG hingegen bei Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 71. 240 Zu dieser Differenzierung im Allgemeinen Kolbe, Freiheitsschutz vor staatlicher Gesundheitssteuerung, S. 172 ff. 241 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 370; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 127; Kudlich, JZ 2003, 127 (129). 239

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1. Schrankenvorbehalte Die Gewährleistung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG steht – da vorliegend auch in Hinblick auf die Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Strafbewehrung nicht der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist – lediglich unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der alle formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehenden Rechtsnormen zählen.242 Auch die Freiheit der Person ist nicht schrankenlos garantiert, sondern steht unter dem Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG.243 Letztlich sind die durch die strafbewehrten Selbstdopingverbote bewirkten Grundrechtseinschränkungen daher vor allem am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen.244 2. Schranken-Schranke der Verhältnismäßigkeit Der aus dem Rechtstaatsprinzip und den Grundrechten hergeleitete Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist das maßgebliche Kriterium bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Strafgesetzen.245 Er verlangt, dass die durch die strafbewehrten Selbstdopingverbote bewirkten Grundrechtseingriffe einen legitimen Zweck verfolgen, zu dessen Erreichung geeignet, erforderlich und angemessen sind.246 a) Die legitimen Zwecke der strafbewehrten Selbstdopingverbote Ordnet man die Kritik am den Selbstdopingdelikten zugrundeliegenden Rechtsgutskonzept in die Verfassungsdogmatik ein ergibt sich, dass die Ablehnung des AntiDopG im Kern auf der Auffassung beruht, dass es keinen legitimen Zweck verfolge. aa) Problemaufriss: Werthaltigkeit, Bestimmtheit und Abstraktionsgrad des Schutzzwecks als verfassungsrechtliche Kategorien? Die Skepsis gegenüber der Zwecksetzung der Selbstdopingdelikte wird im Wesentlichen damit begründet, dass das ihnen zugrundeliegende Rechtsgutskonzept 242 BVerfG NJW 1994, 1577 (1578); BGH NJW 2014, 3459 (3461); speziell zur Einschränkungsmöglichkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Murswiek/Rixen, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 103 ff. 243 BVerfG NJW 1994, 1577 (1578); BGH NJW 2014, 3459 (3461 f.). 244 BVerfG NJW 1994, 1577 (1578); BGH NJW 2014, 3459 (3462). 245 BVerfG NJW 1994, 1577 (1578 f.); Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 863; Schmahl, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 14; skeptisch Appel, Verfassung und Strafe, S. 97; Swoboda, ZStW 122 (2010), 24 (46 ff.); Vogel, StV 1996, 110 (113); Überblick bei Hilgendorf, in: Hilgendorf/ Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 52 ff. 246 Schmahl, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 14.

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erstens keine ausreichende Werthaltigkeit und bzw. oder zweitens keine ausreichende inhaltliche Bestimmtheit aufweise. Den dogmatischen Ausgangspunkt der auf die Werthaltigkeit des Schutzkonzepts gestützten Ablehnung reißt Mitsch an: „[I]ch halte dieses Gesetz für einen Kriminalisierungsexzess des Gesetzgebers. Daher stellt sich die Frage, worauf sich diese Bewertung gründet […]. Wie der Strafrechtsgesetzgebung von außen Grenzen gesetzt werden können, ist in einem freiheitlichen Rechtsstaat die Grundfrage des Strafrechts schlechthin. Der Gesetzgeber darf nicht schrankenlos Strafgesetze schaffen und es kann ein Strafgesetz nicht allein deshalb verfassungsrechtlich unangreifbar sein, weil der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeit gehandelt hat. Es gibt materielle Grenzen des Strafrechts, die in erster Linie vor der Schaffung neuer Strafgesetze oder der Erweiterung bestehender Strafgesetze ausgelotet werden müssen. Das Problem ist, dass niemand genau weiss, wo diese Grenzen verlaufen und wie sie sichtbar gemacht werden können. Seit langem fokussiert sich die Diskussion um diese Frage auf den Begriff des Rechtsgutes. Es herrscht heute weitgehend Einigkeit, dass das Strafrecht nur Rechtsgüterschutz bezwecken darf und dass ein Strafgesetz, für das sich kein Rechtsgut finden lässt, dessen Schutz es dienen kann, illegitim ist. Die neuen Straftatbestände des Antidopinggesetzes lassen sich nicht auf den Schutz eines anerkannten Rechtsgutes zurückführen und sind deshalb verfassungswidrig.“247

Daneben wird die ablehnende Rezeption des AntiDopG auch darauf gestützt, dass schon nicht ausreichend erkennbar sei, was sich überhaupt inhaltlich hinter den in § 1 AntiDopG aufgeführten Interessen „Fairness und Chancengleichheit“ und „Integrität des Sports“ verberge. Der Deutsche Richterbund merkt dazu noch recht zurückhaltend an: „Bei den Rechtsgütern ,Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben‘ und ,Integrität des Sports‘ handelt es sich um neue Schutzgüter, die bislang weder sprachlich noch in ihrer strafrechtlichen Funktionalität hinreichend bestimmt sind. Der Entwurf überlässt die nähere Beschreibung der Rechtsprechung und nimmt Rechtsunsicherheit in Kauf.“248

Bei Nourouzi heißt es bereits deutlicher: „Die Bestimmung des gesetzlichen Schutzzwecks […] des § 3 Abs. 1 AntiDopG bleibt unklar. […] Die in § 1 AntiDopG angeführten […] Schlagworte von ,Fairness‘ und ,Integrität‘ des Sports haben keinen substanziellen Mehrwert, wenn es um Konturenschärfe geht. Sie sind Begriffe der Verhaltensethik, in die vieles hineingelesen werden kann.“249

Für Jahn handelt es sich bei den in § 1 AntiDopG genannten Werten der Fairness und Chancengleichheit um „prototypische Beispiele für diffuse Universalrechtsgüter. Ihre Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit dürfte [….] sachlogisch vorgegeben sein.“250 247 Mitsch, Exzessive Kriminalpolitik am Beispiel des AntiDopG, S. 11 (Hervorhebung durch den Verfasser); zurückhaltender, aber ebenfalls skeptisch ders., KriPoZ 2019, 29 (32 f.). 248 Deutscher Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6. 249 Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 2. 250 Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 12; ähnlich Peukert, npoR 2015, 95 (97).

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In Rede steht insoweit die Frage nach dem zulässigen Abstraktionsgrad eines Rechtsguts. Jahn meint dazu betreffend das AntiDopG: „[Es] fehlt die tatbestandsumschreibende und -begrenzende Wirkung des Rechtsguts, die das BVerfG […] einfordert – und aus logischen Gründen auch einfordern muss, denn eine Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Mittel zur Erreichung des vom Strafgesetzgeber angezielten Zwecks ist sonst nicht möglich.“251

Noch verschärft werden die Zweifel an einem tragfähigen Rechtsgutskonzept der Selbstdopingverbote dadurch, dass sich Gesetz und Entwurfsbegründung nicht auf ein monistisches Rechtsgutskonzept beschränken, sondern zur Legitimation des AntiDopG gleich mehrere potentiell als Schutzgüter zu begreifende Interessen bzw. werthafte Zustände aufzählen, deren Verhältnis zueinander als unklar erscheint.252 Jahn spricht diesbezüglich von einem „konturenlosen Rechtsgüterpluralismus“ und der Deutsche Anwaltverein erblickt in der Fairness des Sports letztlich ein „Hybridrechtsgut, hinter dem sich völlig disparate Individualinteressen und diffuse öffentliche Erwartungen verbergen“.253 Die methodische Rechtsgutsanalyse hat zwar ergeben, dass sich die teleologische Tatbestandsauslegung auf eine Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb beschränken und die gesellschaftlichen Fernwirkungen von Dopingverstößen ausblenden sollte.254 Aufgrund ihrer Einstufung als bloße Schutzreflexe gilt das unbedingt auch für Vermögensinteressen und den Gedanken etwaigen Gesundheitsschutzes.255 Damit ist indes nicht gesagt, dass die vorgenannten mittelbaren Auswirkungen von Dopingverstößen zwingend auch bei der Beurteilung der Frage unbeachtlich sein müssten, ob der Einschränkung von Grundrechten durch die Selbstdopingdelikte hinreichend gewichtige Gründe zugrunde liegen. Das hängt allein davon ab, welche Anforderungen die Verfassung an die „Legitimität eines Zwecks“ als Ausgangspunkt der Prüfung der Verhältnismäßigkeit eines Grundrechtseingriffs stellt. bb) Keine rechtsverbindliche Wirkung strafbarkeitsbegrenzender Rechtsgutskonzepte Mit der steten Bezugnahme auf den Gedanken der Notwendigkeit eines legitimierenden Rechtsguts ist die Frage nach einer etwaigen Sonderstellung der zulässigen Zwecke eines Strafgesetzes aufgeworfen. Das Ziel eines jeden Gesetzes muss in verfassungsrechtlicher Hinsicht ganz unstreitig einer Zweck-Mittel-Relation standhalten. Verfassungsmäßig ist es nur, wenn die zur Erreichung des erstrebten

251

Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 12 (Hervorhebung im Original). S. 140 ff., 146 ff. 253 Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 7; Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 10. 254 S. 135 ff., insbesondere 159 ff. 255 S. 135 ff. 252

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Ziels bewirkten Eingriffe in die Grundrechte der Bürger angemessen sind.256 Weil aber Strafgesetze besonders gravierende Einschnitte in die Freiheitssphäre der Bürger bedeuten, meinen sogenannte „systemkritische Rechtsgutslehren“, dass an ihre Zwecke schärfere Anforderungen als an außerstrafrechtliche Vorschriften zu stellen seien.257 Oftmals ist nicht zweifelsfrei erkennbar, ob strafrechtsbegrenzende Rechtsgutskonzepte lediglich als kriminalpolitische Leitlinien verstanden werden sollen oder darüber hinaus verfassungsrechtliche Verbindlichkeit beanspruchen.258 In die Verfassungsrechtsdogmatik wären sie – soweit sie einen eigenen, über das im Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ohnehin enthaltene Abwägungserfordernis hinausgehenden Bedeutungsgehalt beanspruchen wollten – nicht erst auf Ebene der Angemessenheit eines strafgesetzlichen Grundrechtseingriffs, sondern bereits als Verschärfung der Anforderungen an die Verfolgung eines legitimen Zwecks einzubetten.259 Systemkritische Rechtsgutskonzepte haben ihre Wurzeln im Gedankengut der Aufklärung und leiten den Gehalt des „Rechtsguts“ mehr oder minder unmittelbar aus der Theorie vom Gesellschaftsvertrag ab. Besonders deutlich wird das – allerdings letztlich eher als kriminalpolitisches Postulat – bei Roxin, der sein Rechtsgutsverständnis auf die Aufgabe des Strafrechts stützt, den „Bürgern ein freies und friedliches Zusammenleben unter Gewährleistung aller verfassungsrechtlich garantierten Grundechte zu sichern“.260 „Zusammenfassend“ ließen sich Rechtsgüter deshalb als „Gegebenheiten oder Zwecksetzungen [beschreiben], die für die freie Entfaltung des Einzelnen, die Verwirklichung seiner Grundrechte und das Funktionieren eines auf dieser Zielvorstellung aufbauenden staatlichen Systems notwendig sind“.261 Auf den ersten Blick scheint eine solche Konzeption geeignet, Interessen wie die „Integrität des Sports“ oder die „rechtliche Chancengleichheit“ aus dem Kreis strafschutzwürdiger Rechtsgüter auszuscheiden. Rössner zeigt in der Auseinandersetzung mit dem AntiDopG indes – wohl unbeabsichtigt – eine der Schwächen strafrechtsbegrenzender Rechtsgutskonzepte auf. Ihre fehlende Positivierung führt zu einer nahezu beliebigen, ergebnisorientierten Dehnbarkeit ihrer Anwendungsweite. Das zeigt sich, wenn sich Rössner die Roxinsche Rechtsgutsdefinition in der Expertenanhörung des Sportausschusses zum AntiDopG explizit, allerdings mit 256

Näher S. 241 ff. Überblick zur Rechtsgutsdiskussion bei Hefendehl/von Hirsch/Wohlers (Hrsg.), Die Rechtsgutstheorie; Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 72 ff.; Mitsch, KriPoZ 2019, 29. 258 Appel, Verfassung und Strafe, S. 351; Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 116; ähnlich Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 218. 259 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 212. 260 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 7 f.; ähnlich Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 160 (166). 261 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 7 (Hervorhebung durch den Verfasser). 257

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einer unaufgedeckten Abweichung zu eigen macht: Rechtsgut sei, was der freien Entfaltung des Einzelnen oder dem Funktionieren des Systems „nützlich“ sei.262 Daran, dass der organisierte Sport mit 27 Millionen Mitgliedern in Deutschland eine soziale, der Gesellschaft dienliche Funktionseinheit ist, besteht mit Rössner tatsächlich „kein Zweifel“.263 Selbst bei einer Beschränkung zulässiger Rechtsgüter auf den Schutz unentbehrlicher Voraussetzungen des Miteinanders bliebe unklar, welche Interessen das sein sollen.264 Die Suche nach einer aussagekräftigen Bestimmung des Kreises strafschutzwürdiger Rechtsgüter steht vor dem Dilemma, entweder zu enge oder zu weite Definitionsversuche unternehmen zu müssen.265 Eine klassische, auf Verletzungen der Rechte anderer abstellende Bestimmung kann selbst Strafnormen, für deren Erlass aufgrund der Modernisierung und Vergesellschaftung unserer Lebenswelt unbestreitbare Bedürfnisse bestehen, oftmals nur über den Umweg mittelbarer Individualgefährdung legitimieren.266 Andererseits ist der Versuch einer dynamischen, für neue gesellschaftliche Entwicklungen offenen Begriffsbestimmung notwendigerweise mit einer Weite des Begriffs verbunden, die jegliche Konturenschärfe des Rechtsgutsbegriffs verschwinden lässt und sie damit einer kritischen Funktion berauben muss.267 Es ist strafrechtsbegrenzenden Rechtsgutslehren in der Folge bislang nicht gelungen, eine tragfähige Konzeption zu entwickeln, der verlässlich entnommen werden könnte, welche Interessen strafschutzwürdig sind und welche nicht.268 Hinzu kommt das Demokratiedefizit, das solche Konstrukte kennzeichnet. Verfassungsrechtlich liegt es jedenfalls nach Inkrafttreten des Grundgesetzes nahe, dass der parlamentarisch gewählte Gesetzgeber entscheidet, welche Interessen für die Gesellschaft so bedeutsam sind, dass sie strafrechtlichen Schutz verdienen.269 Rechtsgüter sind positiv bewertete Interessen oder Zustände.270 Es mag menschliche

262 Rössner, Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 27 (Hervorhebung durch den Verfasser). 263 Rössner, Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 27 (Hervorhebung durch den Verfasser). Nicht unterschlagen werden soll, dass Rössner im Nachgang durch Bezugnahme auf die Handlungsfreiheit derjenigen Sportler, die nicht dopen wollen, auch einen Bezug zur Grundrechtsverwirklichung des Einzelnen herstellt. 264 Hassemer, Theorie und Soziologie des Verbrechens, S. 64; Hilgendorf, NK 2010, 125 (128). 265 Hassemer, Theorie und Soziologie des Verbrechens, S. 62 ff.; Seher, in: Hefendehl/von Hirsch/Wohlers, Die Rechtsgutstheorie, S. 39. 266 Stratenwerth, Lenckner-FS, S. 377 (379). 267 Hassemer, Theorie und Soziologie des Verbrechens, S. 61, 64. 268 Hilgendorf, NK 2010, 125 (128). 269 Appel, Verfassung und Strafe, S. 387 ff.; Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 103. 270 Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 121.

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Interessen geben, die als solche von Natur aus vorgegeben sind.271 Rechtsqualität erlangen sie aber erst dadurch, dass sie ihnen vom Normgeber verliehen wird.272 Die Einstufung eines Zwecks als schützenswert ist mehr noch als die Eignung oder Erforderlichkeit einer seiner Verwirklichung dienenden Maßnahme eine Stellungnahme des Wertens oder Meinens. In einem demokratischen Rechtsstaat ist für diese Wertbildung der parlamentarische Gesetzgeber zuständig. Diese Auffassung vertritt auch das Bundesverfassungsgericht. In der Inzest-Entscheidung hat es betont, dass es „Sache des Gesetzgebers [ist], den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Er ist bei der Entscheidung, ob er ein bestimmtes Rechtsgut, dessen Schutz ihm wesentlich erscheint, gerade mit den Mitteln des Strafrechts verteidigen und wie er dies gegebenenfalls tun will, grundsätzlich frei […] Will man […] als legitime Rechtsgüter nur bestimmte ,Gegebenheiten des sozialen Lebens‘ anerkennen […] oder in anderer Weise von einem überpositiven Rechtsgutsbegriff ausgehen, so gerät ein solches Konzept – verstanden und angewendet als Element des verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs – in Widerspruch dazu, dass es nach der grundgesetzlichen Ordnung Sache des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ist, ebenso wie die Strafzwecke […] auch die mit den Mitteln des Strafrechts zu schützenden Güter festzulegen und die Strafnormen gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Diese Befugnis kann nicht unter Berufung auf angeblich vorfindliche oder durch Instanzen jenseits des Gesetzgebers ,anerkannte‘ Rechtsgüter eingeengt werden. Sie findet ihre Grenze vielmehr – auf dem Gebiet des Strafrechts wie anderswo – nur in der Verfassung selbst, wenn und soweit diese die Verfolgung eines bestimmten Zwecks von vornherein ausschließt.“273

Das strafrechtliche Rechtsgut ist damit zumindest verfassungsrechtlich nicht mehr als der Zweck der Norm. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber in der Schaffung strafschutzwürdiger Rechtsgüter grundsätzlich frei ist.274 Rechtswirksam kann er – soweit es um die bloße Zulässigkeit der Verfolgung eines bestimmten Zwecks als solchem geht – deshalb nur im unmittelbar durch die Verfassung vorgegebenen Rahmen kontrolliert werden. Danach ist grundsätzlich jedes öffentliche Interesse legitim, das nicht per se verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist.275 Einschränkungen können sich im Grundsatz daraus ergeben, dass die einzelnen Grundrechte unterschiedliche Schranken aufweisen.276 Die durch die Selbstdopingverbote regelmäßig betroffenen Grundrechte stehen allerdings nicht unter qualifizierten Schrankenvor-

271

Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 122. Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, S. 67 f.; Hilgendorf, in: Byrd/ Hruschka/Joerden, Jahrbuch für Recht und Ethik, Band 11, 2003, S. 83 (93); ders., NK 2010, 125 (128). 273 BVerfG NJW 2008, 1137 (1138) (Hervorhebung durch den Verfasser). 274 Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 126. 275 BVerfG NJW 2010, 47 (52); BGH NJW 2017, 2928 (2931); Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 212; Schmahl, in: Hilgendorf/ Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 15; Hilgendorf, NK 2010, 125 (129). 276 BVerfG NJW 2010, 47 (52); Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 117. 272

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

behalten. Per se unzulässig könnten sie deshalb nur sein, wenn sie das in einem eingeschränkten Grundrecht verkörperte Freiheitsprinzip als solches aufheben.277 cc) Kein unzulässiger Paternalismus Eine Aufhebung des Kerns der grundrechtlichen Freiheit durch die Schaffung der Selbstdopingdelikte kommt allenfalls in Hinblick auf die mit der Gesundheitsgefährlichkeit von Dopingmitteln verbundene Beeinträchtigung des Rechts auf Selbstbestimmung über die körperliche Unversehrtheit in Betracht. Gegen die Legitimität des AntiDopG wird zuweilen vorgebracht, dass es sich bei der Strafbarkeit des Selbstdopings um eine unzulässige Pönalisierung eigenverantwortlicher Selbstschädigung handele.278 Die Gesundheitsschädlichkeit von Dopingmaßnahmen rückt die Selbstdopingdelikte in die Nähe eines paternalistischen Schutzes des Bürgers vor sich selbst.279 Damit sind staatliche Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit seiner Bürger gemeint, die seinem Wohl dienen sollen, aber gegen oder ohne seinen Willen erfolgen.280 Sogenannter harter Paternalismus schützt den Bürger unter bewusster Beschränkung seiner Selbstbestimmungsfreiheit vor einem selbstschädigenden Verhalten, etwa unter Berufung auf dem entgegenstehende objektive Werte.281 Als weicher Paternalismus gilt demgegenüber eine Maßnahme, die sicherstellen soll, dass der Grundrechtsträger über eine Selbstschädigung autonom entscheiden kann.282 Er bezweckt damit nicht die Vermeidung der Selbstschädigung als solche, sondern den Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen.283 Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet in seinem Kern, dass der Einzelne über die Wahrung seiner körperlichen Integrität selbst entscheiden kann. Dass es mit dem Menschenbild des Grundgesetzes und der auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit ausgerichteten Stoßrichtung des Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar wäre, dem freiverant277

BVerfG NJW 2010, 47 (52). Aus verfassungsrechtlicher Perspektive Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 8; Peukert, npoR 2015, 95 (99); so bereits Kreuzer, ZRP 2013, 181 (183); aus strafrechtlicher Perspektive zumindest skeptisch auch Paeffgen/Zabel, in: NK-StGB, § 228 Rn. 111 f.; Bott/ Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (160) und bereits Kargl, NStZ 2007, 489 (490). 279 Überblick zur Paternalismusdiskussion bei Anderheiden et al., Paternalismus im Recht; Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus; von Hirsch/Neumann/ Seelmann, Paternalismus im Strafrecht. 280 Fateh-Moghadam, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 21 (22); Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 130. 281 Fateh-Moghadam, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 21 (24). 282 Fateh-Moghadam, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 21; Oswald, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 94 (119); Kirste, JZ 2011, 805 (806). 283 Fateh-Moghadam, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 21 (23). 278

Kap. 1: Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte

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wortlich Handelnden ein selbstschädigendes Verhalten allein um seines vermeintlichen Wohls willen zu verbieten, ist zweifelhaft.284 Läge der (einzige) Zweck der strafbewehrten Selbstdopingverbote darin, dopinggeneigte Sportler vor den mit dem Konsum von Dopingsubstanzen verbundenen Gesundheitsrisiken zu schützen, ließe sich womöglich bezweifeln, ob sie einen legitimen Zweck verfolgten.285 Die Rechtsgutsanalyse hat indes ergeben, dass dem Schutz der Gesundheit von Spitzensportlern für die Zwecksetzung der Selbstdopingverbote allenfalls eine untergeordnete Bedeutung zukommt.286 Es geht dem Gesetzgeber jedenfalls nicht primär darum, die Gesundheit regelkonform orientierter oder gar dopinggeneigter Athleten zu schützen. Die Selbstdopingverbote bewirken das nur reflexartig. In erster Linie bezwecken sie den Schutz des Sports durch die faktische Wahrung der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb. Nach Auffassung des Gesetzgebers schädigt Doping nicht nur den die Maßnahme vornehmenden Athleten selbst, sondern auch seine Konkurrenten, diverse Akteure aus der Welt des Sports und auch die gesellschaftlichen Funktionen des Sports. Dass sich der Einzelne selbst schädigen darf, bedeutet nicht, dass er in diesem Zustand an einem sportlichen Wettkampf teilnehmen darf, dessen Regeln die Anwendung zwar oftmals (auch) gesundheitsgefährdender, insbesondere aber zunächst leistungssteigernder Substanzen verbieten.287 Selbstdoping weist aufgrund des Verstoßes gegen das sportrechtliche Regelwerk nicht nur einen „Selbstverfügungssinn“, sondern insbesondere auch einen „Sozialschädigungssinn“ auf.288 Es lässt sich in Hinblick auf die vorrangige Schutzrichtung zugunsten der Aufrechterhaltung der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb bereits in Zweifel ziehen, ob staatlicher Paternalismus überhaupt vorliegt.289 Zumindest aber ist der Schutz der Regelhaftigkeit des Ablaufs sportlicher Wettkämpfe ein Ge-

284 Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 3; Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 25 f.; Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4. 285 In einem allein auf den Schutz des Bürgers vor sich selbst abstellenden Gesetz erblickt Hillgruber, Der Schutz des Menschen vor sich selbst, S. 120 f. eine Aufhebung des Freiheitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG und damit einen illegitimen Zweck; a.A. Fischer, Die Zulässigkeit aufgedrängten staatlichen Schutzes vor Selbstschädigung, S. 278; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 462 und Kolbe, Freiheitsschutz vor staatlicher Gesundheitssteuerung, S. 274 verorten das Problem auf Angemessenheitsebene. 286 S. 135 ff. 287 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4; Maihold, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 47. 288 Zu diesen Begrifflichkeiten im Allgemeinen Murmann, Die Selbstverantwortung des Opfers im Strafrecht, S. 270 f. 289 So etwa das Paternalismusverständnis von Hilgendorf, in: Kick, Glück. Ethische Perspektiven, S. 47 (53); die Zielrichtung der Maßnahme als Charakteristikum paternalistischen Handelns betont auch Neumann, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 245 (250).

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

meinschaftsbelang. Die Zwecksetzung der Selbstdopingverbote ist deshalb grundsätzlich geeignet, das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG einzuschränken.290 Daran ändert auch die faktisch gesundheitsschützende Wirkung der Selbstdopingverbote nichts. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es dem Gesetzgeber bei dem ohnehin nur reflexartigen Gesundheitsschutz von Sportlern gerade darum ginge, hart-paternalistisch den sich selbstbestimmt schädigenden „Überzeugstäter“ zu bevormunden. Mit dem Schutz der Regelhaftigkeit des Wettbewerbsablaufs gedanklich enger verbunden ist der Gedanke, dass diejenigen Athleten, die keine Dopingmittel nehmen wollen, vor faktischen Zwängen geschützt werden sollen, die mit einer flächendeckenden Verbreitung des Dopingmittelkonsums einhergehen könnten. Ob der Schutz der Autonomie von Spitzensportlern durch insoweit weichen Paternalismus zulässig ist, ist allein eine Frage der Angemessenheit des Eingriffs.291 dd) Kein unzulässiger Moralschutz In Anbetracht der Berufung des Gesetzgebers auf Fairness, Chancengleichheit und Integrität im Gesetzestext des § 1 AntiDopG oder die Vorbildwirkung von Spitzensportlern liegt es zwar nahe, dem Gesetzgeber die Schaffung bloßen, womöglich unzulässigen Moralschutzes vorzuwerfen.292 Die Rechtsgutsanalyse hat aber ergeben, dass die Selbstdopingverbote unmittelbar nur die Einhaltung der vereinbarten Wettkampfbedingungen und damit eine rechtliche, normative Fairness mit Auswirkungen in der Außenwelt schützen.293 Dass damit zugleich auch ethische Werte abgestützt werden mögen, spricht eher für als gegen die Legitimation einer solchen Zwecksetzung.294 Der Vorwurf, die Schaffung der Selbstdopingdelikte untergrabe eine zwingende „Trennung von Recht und Moral“ dürfte letztlich auch eher Ausdruck einer die Strafwürdigkeit des Selbstdopings ablehnenden Grundhaltung sein. Dass der Schutz des sportlichen Wettbewerbs keine unabdingbare Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinander in der Gesellschaft ist, kann aus verfassungsrechtlicher Perspektive indes nicht zur Unzulässigkeit 290 König, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 267 (279); ähnlich Steiner, NJW 1991, 2729 (2734); im Allgemeinen so auch Hillgruber, Der Schutz des Menschen vor sich selbst, S. 163; für die Zulässigkeit staatlicher Alkoholverbote Hilgendorf, in: Kick, Glück. Ethische Perspektiven, S. 47 (59). 291 Für die Strafbarkeit des Dopings im Speziellen Figura, Doping, S. 85 ff.; König, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 267 (281); Haug/ Martin, Causa Sport 2014, 345 (347); im Allgemeinen Murmann, Die Selbstverantwortung des Opfers im Strafrecht, S. 271; Fateh-Moghadam, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 21 (38); Oswald, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 94 (119). 292 So etwa der Deutsche Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 7; Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 12. 293 S. 135 ff. 294 Kubiciel, in: Hoven/Kubiciel, Korruption im Sport, S. 61 (71) für 265c, d StGB.

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bereits der gesetzgeberischen Zwecksetzung führen. Denn ein Verfassungsbezug des geschützten Rechtsguts ist bei Einschränkungen des Art. 2 Abs. 1 GG nicht erforderlich.295 ee) Abstrahierendes Rechtsgutsverständnis auf verfassungsrechtlicher Ebene Damit ist vorgezeichnet, dass aus der vielschichtigen Kritik an der Zwecksetzung des AntiDopG auf Ebene der Legitimität des Zwecks jener an der Erkennbarkeit des Schutzkonzepts die größte Bedeutung zukommt. Zumindest bei einer methodengerechten Vorgehensweise lässt sich nur ein unscharfes Rechtsgutskonzept herausarbeiten.296 Der Verbotsvorschrift des § 3 AntiDopG ist mit der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb des organisierten Sports ein ausreichend konkretes Schutzgut zu entnehmen und der teleologischen Auslegung zugrunde zu legen. Erkennbar ist allerdings aufgrund der Zweckbestimmungsklausel des § 1 AntiDopG und der Entwurfsbegründung, dass der Gesetzgeber das Rechtsgut der Selbstdopingverbote auf ein abstrakteres Niveau heben möchte. Den über den Schutz der Regelhaftigkeit des sportlichen Wettkampfs hinausgehenden Gehalt des geschützten Sportrechtsguts beschreibt er mit dem Begriff der Integrität des organisierten Sports. Die Versuche, die gesamtgesellschaftliche Relevanz von Dopingverstößen etwa mit ihren Auswirkungen auf die Vorbildfunktionen von Spitzensportlern für die Jugend oder die Repräsentationsfunktionen des Spitzensports für den Staat zu begründen, verschleiern, warum der Gesetzgeber letztlich meint, die Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit durch Doping mit dem Strafrecht bekämpfen zu müssen. Es verbleibt bei einer Gesamtbetrachtung der gesetzgeberischen Überlegungen nur ein Verständnis, das eine Beeinträchtigung der „Integrität des Sports“ immer dann für möglich hält, wenn irgendeine gesellschaftsfördernde Funktion des Spitzensports potentiell gefährdet werden könnte. Das ist insoweit nachvollziehbar, als dass Doping tatsächlich ein Phänomen ist, dessen Auswirkungen sich nicht auf das Zwei-Personen-Verhältnis von gedoptem Sportler und ungedoptem Konkurrenten beschränken.297 Mit der Auffassung des Gesetzgebers ist vielmehr davon auszugehen, dass Doping aufgrund der gestiegenen gesellschaftlichen Bedeutung des Sports und seiner Verflechtung mit der Privatwirtschaft vielfältige Interessen tangiert. Dass sich der Gesetzgeber nicht auf eine klare Rechtsgutsbestimmung besonnen hat, dürfte aber auch auf strategische Überlegungen zurückzuführen sein.298 Ein deutlich erkennbares Schutzkonzept hätte sich etwa durch ein Bekenntnis zu einem vorgelagerten Vermögensschutz oder den Schutz der Regelhaftigkeit des sportlichen Wettbewerbs unproblematisch konstruieren lassen. Der „erkennbaren Sonderstel295

Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 218. S. 133 ff. 297 Näher S. 225 ff. 298 So auch Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (163), die allerdings auf die Erleichterung von Beweisfragen und potentielle Kollektivstrafen abstellen. 296

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

lun[g]“ des Dopings mit „vielfältigen[,] auch wirtschaftlichen Implikationen“299 hätte jedenfalls in strafrechtsdogmatischer Hinsicht durch ein dualistisches Rechtsgutskonzept Genüge getan werden können. Dass der Gesetzgeber stattdessen die „Integrität des organisierten Sports“ zum Rechtsgut der Selbstdopingdelikte erhoben hat, dürfte nicht zuletzt auf das Bestreben zurückzuführen sein, Zweifeln an der Schutzwürdigkeit der betroffenen Interessen entgegentreten zu können. Das Gewicht, das in einer (verfassungsrechtlichen) Zweck-Mittel-Diskussion zugunsten des Einsatzes des Strafrechts zu Buche schlägt, lässt sich durch Abstraktion von Schutzzwecken zumindest im Grundsatz nahezu beliebig erhöhen. Es liegt nahe, dass der Gesetzgeber mit der Abkoppelung des Schutzzwecks der Selbstdopingdelikte von unmittelbaren Schäden und die Bezugnahme auf potentielle gesamtgesellschaftliche Auswirkungen des Dopings versucht hat, den in die Abwägung einzustellenden Wert staatlicher Dopingbekämpfung zu erhöhen. Dagegen ist im Ausgangspunkt nichts einzuwenden. Da der Gesetzgeber Rechtsgüter schafft, entscheidet im Grundsatz er darüber, wie konkret oder abstrakt der Schutzzweck einer Norm ist. Ein Rechtsgut ist kein überpositiv vorgegebenes Interesse, sondern geht daraus hervor, dass der Gesetzgeber einen konkreten Lebenssachverhalt aus bestimmten Gründen für regelungsbedürftig hält. Dass er ein Verhalten als sozialschädlich einstuft, kann auf der unmittelbaren Beeinträchtigung spezieller Individualinteressen, aber auch auf der Bewertung mittelbarer gesamtgesellschaftlicher Auswirkungen des Tuns beruhen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive kommt hinzu, dass der Gesetzgeber zur Schaffung verhältnismäßiger Strafgesetze die miteinander streitenden Vor- und Nachteile einer in Rede stehenden Vorschrift gegeneinander abwägen muss.300 Während ein spezifiziertes Schutzkonzept insbesondere einer verlässlichen teleologischen Auslegung durch die Praxis dienlich ist, gebietet die Verfassung, dass der Gesetzgeber vor Erlass einer Strafnorm sämtliche Auswirkungen seiner Regelung in den Blick nimmt, auch wenn sie nur mittelbar und vage mit der Tatbestandsverwirklichung im Einzelfall verbunden sind.301 Das Grundgesetz steht dem zulässigen Abstraktionsgrad eines Strafrechtsguts nach hier vertretener Auffassung dennoch nicht neutral gegenüber. Seinen Grund findet das darin, dass eine verfassungskonforme Beeinträchtigung der Grundrechte der Bürger zumindest eine „rationale“ Verknüpfung der grundrechtsrelevanten Maßnahme mit ihrem Ziel verlangt.302 Dieser Gedanke veranlasst indes zunächst zu einem Blick darauf, dass Beeinträchtigungen der rechtlichen Chancengleichheit – im Gegensatz zu den gesamt299

BT-Drs. 18/4898, S. 20. So im Allgemeinen etwa Leisner, in: Sodan, GG, Art. 20 Rn. 69. 301 In diese Richtung im Allgemeinen wohl auch Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, S. 70. 302 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 213. 300

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gesellschaftlichen Auswirkungen des Selbstdopings – mit der Tatbestandsverwirklichung auf das Engste verknüpft sind. (1) Rechtliche Chancengleichheit als hinreichende Zweckabstraktion Nicht von vornherein über jeden Zweifel erhaben ist die Zulässigkeit des hier vertretenen strafrechtsdogmatischen Schutzkonzepts, das auf die Wahrung der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb abstellt. Denn diese ist bei einer in der Folge zwingenden sportrechtsakzessorischen Auslegung der Selbstdopingverbote stets tangiert. Das wirft die Frage auf, ob eine Bezugnahme auf das Rechtsgut der rechtlichen Chancengleichheit aus verfassungsrechtlicher Perspektive unzulässig ist, da sie sich – im Gegenentwurf zur „Integrität des organisierten Sports“ – zu sehr an die bloße Tatbestandsverwirklichung anlehnt. Argumente für ein Erfordernis eines Mindestmaßes an Abstraktion eines strafgesetzlichen Schutzzwecks von der bloßen Tatbestandsverwirklichung ergeben sich zunächst aus Struktur und Begrifflichkeit der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Verhältnismäßigkeit eines Grundrechtseingriffs soll ihn rechtfertigen. Wenn aber der Eingriff gerechtfertigt werden muss, bedeutet das, dass er sich nicht selbst legitimieren kann.303 Der durch ein Strafgesetz bewirkte Eingriff in die Grundrechte der Bürger liegt in einem bestimmten Verhaltensver- bzw. -gebot. § 3 Abs. 1 AntiDopG gebietet: „Dope nicht!“. Dass sich ein Eingriff nicht selbst rechtfertigen kann, spricht dagegen, das Unterlassen des verbotenen Verhaltens zugleich als rechtfertigenden Zweck zu betrachten. Dopingfreier Sport als solcher darf bei einem solchen Verständnis nicht Ziel des Strafgesetzes, sondern muss Mittel zur Erreichung eines darüber hinausgehenden Zwecks sein.304 Für einen unterschiedlichen Gehalt von Grundrechtseingriff und rechtfertigendem Zweck305 lässt sich außerdem staatstheoretisch einwenden, dass der Staat ein Verbot nicht um seiner selbst willen normieren darf, sondern damit bezwecken muss, einen Effekt zu erzielen, der der Gesellschaft dienlich ist.306 In einem freiheitlichen, rechtsstaatlichen Strafrecht ergibt sich das Unrecht einer Straftat nicht aus dem bloßen Verstoß gegen die Norm, sondern aus dem materiellen Unrechtsgehalt eines Verhaltens. Durch das Erfordernis eines Mindestmaßes an Abstraktion auf Zweckebene wird der Gesetzgeber zu einer Auseinandersetzung mit der Frage veranlasst, warum er eine konkrete gesetzliche Regelung treffen will. Im Strafrecht bedeutet das, dass er sich darüber Gedanken machen muss, warum er der Auffassung ist, dass eine Gesellschaft ohne durch ein bestimmtes Verbot tangierte Phänomene wünschenswert ist.307 Das dürfte mit zunehmender Entfernung der Strafbarkeit eines Verhaltens von 303

Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 121. So für die „drogenfreie Gesellschaft“ Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 14. 305 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 120 ff. 306 Kubiciel, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 24 Rn. 32. 307 In diese Richtung auch Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 121 f.; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 14. 304

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

einer Verletzung hochrangiger Individualinteressen an Bedeutung gewinnen.308 Erforderlich dürfte deshalb zumindest in diesen Fällen sein, dass der erstrebte Zweck mehr ist als das Spiegelbild des Mittels, also des strafrechtlichen Verbots. Übertragen auf das Verbot des Selbstdopings bedeutet auch diese Überlegung, dass der mit der Pönalisierung des Selbstdopings verfolgte Zweck zumindest über das Ziel „dopingfreien Sports“ hinausgehen muss.309 Hohe Anforderungen dürfen an dieses Abstraktionserfordernis indes nicht gestellt werden. Anderenfalls würde vernachlässigt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Grundsatz jeder verfassungsrechtlich zulässige Zweck legitim ist. Das Mittel „Dopingverbot“ ermöglicht Sportlern, unter gleichen Wettkampfbedingungen in einen sportlichen Wettbewerb eintreten zu können. Nur eine solche faktische Chancengleichheit ergibt einen sinnvollen sportlichen Leistungsvergleich.310 Dem Gesetzgeber steht es frei, die Regelhaftigkeit des Ablaufs sportlicher Wettbewerbe als gesellschaftlich förderungswürdig einzustufen – schon allein, weil sich der Einzelne auch durch Teilnahme am sportlichen Wettkampf in seiner Persönlichkeit entfalten kann.311 Ob der gesellschaftliche Nutzen regelkonform ablaufender Sportwettkämpfe den Einsatz des Strafrechts rechtfertigt ist eine Frage des Gewichts, das ihm in der Abwägung der für und gegen das Dopingverbot sprechenden Überlegungen zukommt. Dass sich der Zweck der Straftatbestände der §§ 3, 4 AntiDopG darauf beschränkte, einen bloßen Verstoß gegen die Norm zu sanktionieren, lässt sich damit nicht behaupten. Schon die rechtliche Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb ist ein hinreichend abstrakter Schutzzweck der Selbstdopingverbote. (2) Grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit gesamtgesellschaftlicher Auswirkungen des Dopings Größere Bedenken ergeben sich gegenüber der gesetzgeberischen Proklamation der „Integrität des organisierten Sports“ als Rechtsgut der Selbstdopingverbote. Strafgesetze sollen bestimmte Interessen vor einer Beeinträchtigung schützen. Das verfassungsrechtliche Gebot rationaler Verknüpfung von Zweck und Mittel verlangt, dass zwischen Tatbestandsverwirklichung und Rechtsgutsbeeinträchtigung zumindest ein potentieller Ursachenzusammenhang besteht.312

308

Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 69. Ähnlich Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 121 für die Freiheitsstrafe, deren Zweck nicht allein sein dürfe, dem Täter die Freiheit zu entziehen. 310 Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 4. 311 Ähnlich in anderem Zusammenhang Nolte, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 1 Rn. 77; i.E. auch Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 24 f. 312 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 130. 309

Kap. 1: Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte

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(a) Das Gebot empirisch gestützter Schutzkonzepte Dieser potentielle Schädigungszusammenhang ist indes nicht lediglich Ausdruck „guter Kriminalpolitik“, sondern auch für die Verhältnismäßigkeit eines Strafgesetzes von großer Bedeutung. Wenn Strafgesetze bestimmte gesellschaftsschädliche Wirkungen vermeiden wollen, ist die Frage, ob sie zur Erreichung ihrer Zwecke geeignet und erforderlich sind, im Grunde eine empirische.313 Ihre Beantwortung setzt deshalb der Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach voraus, dass überprüfbar ist, ob und in welchem Maß ein Gesetz den erstrebten Zweck fördern kann.314 Für ein Verbotsgesetz folgt daraus im Umkehrschluss, dass überprüfbar sein muss, ob und in welcher Intensität ein durch das Gesetz verbotenes Verhalten den Gesetzeszweck überhaupt gefährden kann.315 Der Empirie-Bezug der Verhältnismäßigkeitsprüfung wirkt sich damit im Ergebnis schon auf die Legitimität eines gesetzlichen Zwecks aus.316 Ein empirischer Nachweis der (Intensität) der Schädigung der „Integrität des Sports“ durch Doping erscheint kaum möglich.317 Es lässt sich schon nicht verlässlich ermitteln, was diesen Wert ausmachen soll. Selbst wenn man das gesetzgeberische Integritätsverständnis mit dem hier vertretenen Verständnis auf sämtliche gesellschaftsschädlichen Folgen des Dopings erstreckt,318 bleibt unklar, in welcher Intensität sich Dopingverstöße auf die Unversehrtheit der gesellschaftlichen Funktionen des Sports auswirken. Erst recht gelten diese Überlegungen für die mit der Schaffung der §§ 3 Abs. 4; 4 Abs. 2 AntiDopG verbundene Vorverlagerung der Strafbarkeit durch bloßen Erwerb oder Besitz von Doping-

313

Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 172, 179; Hilgendorf, NK 2010, 125 (127). 314 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 213; Hilgendorf, NK 2010, 125 (129); im Allgemeinen für die Klarheit des gesetzlichen Zwecks als notwendige Bedingung der Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung Hassemer in seinem abweichenden Votum zur Inzest-Entscheidung des BVerfG in NJW 2008, 1137 (1142); in diese Richtung wohl auch Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII., Rn. 107; SchulzeFielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 181. 315 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 219 f. 316 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 130. Dass empirische Erkenntnisse für die Zulässigkeit einer Verknüpfung von Zweck und Maßnahme bedeutsam sind, sieht im Grundsatz auch das Bundesverfassungsgericht so. So stellt es etwa in seiner Inzest-Entscheidung bereits bei der Beurteilung der Legitimität der mit der Strafnorm verfolgten Zwecke auf empirische Untersuchungen über potentiell schädliche Auswirkungen inzestuöser Handlungen auf etwaige Schutzgüter der Vorschrift ab, s. BVerfG NJW 2008, 1137 (1139 f.); die Legitimität des Zwecks wird auch in BVerfG NJW 2008, 2409 (2412) mit dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand verknüpft. 317 Ähnlich Norouzi, Ausschuss-Protokoll Nr. 18/32, S. 49; ohne Einbettung der Rechtsgutskonkretisierung in die Verfassungsrechtsdogmatik Heger, Stellungnahme zum AntiDopGE, S. 4. 318 Oben S. 146 ff., 159 ff.

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

mitteln.319 Eine kritische, empirie-orientierte Eignungs- und Erforderlichkeitsprüfung ist so nicht möglich. Das ist verfassungsrechtlich problematisch. Mit der Vagheit und Vergeistigung vom Gesetzgeber behaupteter Schädigungszusammenhänge steigt die Schwierigkeit, die These eines potentiellen Ursachenzusammenhangs zwischen Tatbestandsverwirklichung und Rechtsgutsbeeinträchtigung zu widerlegen. Durch ungehemmte Abstraktion von Zwecksetzungen kann der Gesetzgeber der Rechtsprechung faktisch die Möglichkeit entziehen, ihrer Kontrollaufgabe nachkommen zu können. Wenn mit Recht die Gewaltenteilung bemüht wird, um dem Gesetzgeber bei der Verfolgung gesetzgeberischer Zwecke politischen Gestaltungsraum zu verschaffen, darf sie auch nicht ausgeblendet werden, wenn die verfassungsgemäßen Aufgaben der Judikative in Rede stehen. Ihre Kontrollkompetenz gewinnt gegenüber dem an die Legislative gerichteten Gestaltungsauftrag maßgeblich an Bedeutung, wenn sich eine Sachfrage von der wertenden auf eine empirische Ebene verschiebt. Das ist bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit einer gesetzlichen Maßnahme jedenfalls im Ausgangspunkt der Fall. Daraus ergibt sich, dass der zulässige Abstraktionsgrad eines gesetzlichen Zwecks nach oben begrenzt sein muss.320 (b) Plausibilität als harte verfassungsrechtliche Grenze In einem auf Vorbeugung von Rechtsgutsverletzungen ausgerichteten Strafrechtssystem, das seine Wirkung in einer zunehmend komplexen, vernetzten Lebenswelt entfalten soll, muss es allerdings möglich sein, – etwa durch abstrakte Gefährdungsdelikte – an einen begründeten Verdacht eines Risikozusammenhangs anzuknüpfen.321 Auch der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet, dass dem Gesetzgeber bei der Bewertung der tatsächlichen Gefährdungslage ein Einschätzungsspielraum eingeräumt wird.322 Wie weit das in der Rechtspraxis reicht, zeigt u. a. die Inzest-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: „Familien- und sozialschädliche Wirkungen des Geschwisterinzests mögen mit sozialwissenschaftlichen Methoden schwer von den Wirkungen anderer Einflüsse isolierbar und daher nicht ohne Weiteres greifbar sein […]. Dies ändert indes nichts an der Plausibilität der Annahme derartiger Wirkungen, wie sie auch in dem vom Senat in Auftrag gegebenen Gutachten des Max-Planck-Instituts dargestellt werden. Als negative Auswirkungen können sich danach ergeben: […]. Die empirischen Studien, auf deren Auswertung diese Erkenntnisse beruhen, werden zwar im Gutachten als nicht repräsentativ bewertet; sie zeigen aber, dass der Gesetzgeber sich nicht außerhalb seines Einschätzungsspielraums bewegt,

319

Skeptisch dazu im Allgemeinen bereits Kargl, NStZ 2007, 489 (490). Ähnlich aus strafrechtsdogmatischer Perspektive Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 2 Rn. 46 ff. 321 Appel, Verfassung und Strafe, S. 572 f.; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 173 ff.; in diese Richtung auch Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht Besonderer Teil, § 1 Rn. 7. 322 Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 173. 320

Kap. 1: Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte

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wenn er davon ausgeht, dass es bei Inzestverbindungen zwischen Geschwistern zu gravierenden familien- und sozialschädigenden Wirkungen kommen kann.“323

Faktisch kommt es gar zu einer „Beweislastumkehr“: Die gesetzgeberische Behauptung von Schädigungszusammenhängen ist zulässig, soweit nicht der Beweis des Gegenteils erbracht wird: „[U]nter besonderen Voraussetzungen [erscheinen] Fälle denkbar, in denen gesicherte kriminologische Erkenntnisse […] insoweit Beachtung erfordern, als sie geeignet sind, […] die getroffene Regelung als mögliche Lösung auszuschließen.“324

Diese Kompetenzverteilung erscheint in Hinblick auf die Gewaltenteilung unter der Voraussetzung als angemessen, dass die behaupteten Schädigungszusammenhänge auf „empirischer Basis […] zumindest anhand allgemeiner Gesetzmäßigkeiten plausibel gemacht werden“ können.325 (c) Subsumtion Unter dieser Prämisse können gesamtgesellschaftliche Auswirkungen von Dopingverstößen jedenfalls im Ausgangspunkt zugunsten der Legitimität der Selbstdopingdelikte in Stellung gebracht werden, auch wenn sie nur vage und mittelbar mit der Tatbestandsverwirklichung verbunden sind. Das gilt etwa für die Annahme, dass bleibende Gesundheitsschäden aufgrund der Umverteilung der dadurch entstehenden Kosten im Rahmen des Krankenversicherungssystems die Gesellschaft finanziell belasten.326 Dass Dopingskandale der Repräsentationsfunktion des Sports für den Staat schaden, ist eine zumindest in der Theorie ebenso plausible Annahme wie jene, dass der Spitzensport der Gesellschaft durch eine Vorbildwirkung seiner Akteure positive Werte vermittele.327 Solche Funktionen lassen sich nämlich zumindest nicht widerlegen. 2016 forschten Breuer, Hallmann und Illgner zur „Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland“.328 85,6 % 323

BVerfG NJW 2008, 1137 (1139) (Hervorhebung durch den Verfasser). BVerfG NJW 1979, 1039 (1040) (Hervorhebung durch den Verfasser); dazu Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 398; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 173. 325 Hörnle, Grob anstößiges Verhalten, S. 259; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 400; gegen das Erfordernis eines empirischen Nachweises des Schädigungszusammenhangs auch Appel, Verfassung und Strafe, S. 572 f.; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 173 ff.; in diese Richtung auch Arzt/ Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht Besonderer Teil, § 1 Rn. 7. 326 Im Allgemeinen für die Berücksichtigungsfähigkeit der durch Umverteilung im Rahmen des Krankenversicherungssystems bewirkten Belastungen der Allgemeinheit zu Lasten des Rechts auf Selbstschädigung Murmann, Die Selbstverantwortung des Opfers im Strafrecht, S. 277; a.A. Fischer, Die Zulässigkeit aufgedrängten staatlichen Schutzes vor Selbstschädigung, S. 282. 327 Dazu, dass Doping faktisch kaum geeignet scheint, die in Rede stehenden gesellschaftsdienlichen Funktionen des Sports entscheidend zu schwächen S. 244 f., 263 ff. 328 Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland. 324

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

der Befragten stimmten dabei der Aussage zu, dass deutsche Spitzensportler eine „Vorbildfunktion in Sachen Leistungswillen“ ausübten.329 82,9 % meinten, dass deutsche Athleten eine „Vorbildfunktion für die Vermittlung eines Gemeinschaftsgefühls“ erfüllten. 79,1 % stimmten dem auch in Hinblick auf eine „Vorbildfunktion in Sachen Fairness“ zu.330 Einer Studie von Breuer und Hallmann zu den „Dysfunktionen des Spitzensports“ zufolge meinen 94 % der Befragten außerdem, dass Doping gegen Werte wie Fairplay, Solidarität und Teamgeist verstoße und 90 %, dass es mit dem Gedanken des Leistungsprinzips unvereinbar sei.331 Man mag anzweifeln, ob aus diesen Ergebnissen auf eine generelle Ablehnung des Dopings durch die Bevölkerung geschlossen werden kann.332 Zumindest aber lassen sie die gesetzgeberische Annahme, dass Spitzensportlern in der Wahrnehmung der Bevölkerung eine Vorbildfunktion zukommt und diese Funktion durch Doping beeinträchtigt wird, als plausibel erscheinen. Dass Herbeiführung und Intensität etwaiger Beeinträchtigungen der gesellschaftsfördernden Funktionen des Spitzensports empirisch kaum belegbar sind, ist nach den vorgenannten Überlegungen keine Frage ihrer verfassungsrechtlichen Legitimität, sondern des Gewichts, das ihnen in einer Abwägung der für und gegen die Selbstdopingdelikte sprechenden Gründe zukommen kann.333 ff) Rechtsgutsakzessorische Berücksichtigungsfähigkeit von Schutzreflexen Neben dem unmittelbaren Schutz des sportlichen Wettbewerbs und den gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen seiner Verfälschung spielt auch die Vermögensrelevanz des Dopings eine Rolle in den Überlegungen des Gesetzgebers zur Strafwürdigkeit des Selbstdopings.334 Dopingmaßnahmen sind außerdem geeignet, die Gesundheit von Spitzensportlern zu schädigen. Nach hier vertretener Auffassung liegt den Selbstdopingdelikten indes ein auf den Schutz des Sports beschränktes monistisches Rechtsgutskonzept zugrunde. Jedenfalls für die Tatbestandsauslegung kommt es dabei entscheidend auf die Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb an.335 Die positiven Auswirkungen eines dopingfreien Sports auf die Gesundheit von Sportlern oder die Unverfälschtheit wirtschaftlicher Erwerbschancen im Sport sind aus strafrechtsdogmatischer Perspektive hingegen als bloße Schutzreflexe auszuscheiden.

329

Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 10. Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 10 f. (Hervorhebung durch den Verfasser). 331 Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 1. 332 S. 263 ff. 333 S. 244 ff. 334 S. 148 ff. 335 Dass das letztlich auch für die Verhältnismäßigkeit der Selbstdopingdelikte gilt, zeigt sich auf der Ebene der Angemessenheit: S. 241 ff. 330

Kap. 1: Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte

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Dass sich die hier als Schutzreflexe begriffenen Interessen nicht eindeutig als Rechtsgüter ausschließen lassen, führt zunächst nicht zur Verfassungswidrigkeit der Selbstdopingdelikte. Es ist klar ersichtlich, dass sie die rechtliche Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb schützen sollen. Die Legitimität eines verfassungsrechtlich zulässigen Zwecks entfällt nicht dadurch, dass nicht frei von Zweifeln ist, ob einer Strafvorschrift darüber hinaus ein zweites Schutzgut zugrunde liegt.336 Das muss jedenfalls gelten, wenn eine teleologische Auslegung widerspruchsfrei möglich ist. Für die Selbstdopingdelikte ist das der Fall, da eine verlässliche Auslegung möglich ist, die unter teleologischen Gesichtspunkten nur auf die Beeinträchtigung der rechtlichen Chancengleichheit abstellt.337 Damit rückt die Frage in den Vordergrund, ob die Schutzreflexe der Selbstdopingverbote einen Beitrag zur verfassungsrechtlichen Legitimation der Selbstdopingverbote leisten können. Die Bedeutung der strafrechtsdogmatischen Abgrenzung von Rechtsgütern und Schutzreflexen für das Verfassungsrecht wird – soweit ersichtlich – nicht offen diskutiert. Das dürfte auch daran liegen, dass diese Frage schnell durch eine Diskussion über den Vorrang objektiver oder subjektiver Gesetzesauslegung in den Hintergrund gedrängt wird.338 Das zeigt sich – ohne strafrechtlichen Einschlag – etwa an den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur gesetzlichen Altersgrenze für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung: „Die Altersgrenze dient einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut. Nach der Gesetzesbegründung soll mit den angegriffenen Regelungen die angestrebte, zur Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung vom Gesetzgeber für erforderlich gehaltene Beschränkung der Vertragsarztzahlen nicht nur zu Lasten der jüngeren Ärzte verwirklicht werden (vgl. BT-Dr […]). Es kann dahinstehen, ob dieser Zweck allein die Einführung der Altersgrenze rechtfertigen kann und ob überhaupt eine Beschränkung der Vertragsarztsitze verfassungsrechtlich zulässig ist. Denn das BVerfG prüft, ob eine gesetzliche Regelung verfassungsgemäß ist, unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, auch wenn sie in der Gesetzesbegründung keinen Niederschlag gefunden haben […]. Wie bei allen Altersgrenzen, die die Berufsausübung im höheren Alter einschränken, dienen die angegriffenen Regelungen auch dazu, den [sic] Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Berufstätigen ausgehen, einzudämmen. Hier geht es um Gefahren, die von nicht mehr leistungsfähigen Vertragsärzten für die Gesundheit der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten ausgehen […]. Die Tätigkeit als Vertragsarzt stellt hohe Anforderungen an die volle körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. […] Der Ge-

336 So auch BVerfG NJW 2010, 47 (53) für die Frage, ob § 130 Abs. 4 StGB neben dem öffentlichen Frieden auch die Würde der Opfer der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft schütze. 337 S. 159 ff. 338 In diese Richtung wohl auch Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 119 f., der darin ein Argument für ein weites verfassungsrechtliches Zweckverständnis sieht.

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

sundheitsschutz stellt ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut dar, das selbst erhebliche Einschränkungen der Berufswahlfreiheit […] rechtfertigen kann.“339

Unklar bleibt, ob das Bundesverfassungsgericht mit dem Gesundheitsschutz der Versicherten auf ein Interesse abstellt, das es unter Betonung objektiv-teleologischer Überlegungen zumindest auch als „Zweck“ der Vorschrift versteht. Der Duktus des Gerichts deutet indes darauf hin, dass das Gericht ganz unabhängig von einer methodenorientierten Zweckermittlung meint, die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift darauf stützen zu können, dass sie faktisch nun einmal die Gesundheit der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten schütze. Deutlicher – wenn auch nicht ausdrücklich – lassen sich die Ausführungen Lagodnys als Stellungnahme gegen eine verfassungsrechtliche Relevanz der strafrechtsdogmatischen Abgrenzung von Rechtsgut und Schutzreflex interpretieren: „Auszugehen ist […] erstens von dem oder den Zweck(en), die der Gesetzgeber selbst seiner Regelung zugrundegelegt hat. […] Führt die Verhältnismäßigkeits-Prüfung anhand keines dieser Zwecke zu einem positiven Ergebnis, so genügt es zweitens, wenn sich wenigstens ein weiterer Zweck finden läßt, der dann zu einer positiven Verhältnismäßigkeits-Prüfung führt. Ein solcher ,Ersatzzweck‘ kann auf verschiedene Weisen gefunden werden; letztlich auch von demjenigen selbst, der die verfassungsrechtliche Prüfung durchführt“.340

Ein solches Verständnis ist indes nicht unumstritten. Das Bundesverwaltungsgericht meint, dass „eine in Freiheitsrechte von Bürgern eingreifende Maßnahme […] nur dann verhältnismäßig [ist], wenn sie geeignet ist, den angestrebten Zweck zu fördern. Die Eignung der Maßnahme, irgendeinen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck zu fördern, genügt nicht.“341

Nach hier vertretener Auffassung spricht gegen eine vollständige Ausblendung der Legitimationswirkung von Schutzreflexen bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Strafnorm, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung ihrer Struktur nach die miteinander streitenden Vor- und Nachteile einer Regelung gegeneinander abwägt.342 Wenn durch ein weites Eingriffsverständnis nicht beabsichtigte Beeinträchtigungen eines Grundrechts rechtfertigungsbedürftig sind, müssen mit Kaspar „spiegelbildlich“ auch die lediglich faktisch eintretenden, aber nicht als Rechtsgut identifizierten positiven Auswirkungen der Norm Berücksichtigung finden.343 Eine Funktion des Gebots verhältnismäßiger Normsetzung mag 339

BVerfG NJW 1998, 1776 (1777) (Hervorhebung durch den Verfasser); bestätigt durch BVerfG NZS 2008, 311 f. 340 Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 311 (Hervorhebung durch den Verfasser). 341 BVerwG NVwZ 2004, 1131; dem zustimmend Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 118; Sachs, GG, Art. 20 Rn. 149. 342 So im Allgemeinen etwa Leisner, in: Sodan, GG, Art. 20 Rn. 69; das soll nicht verkennen, dass eine Abwägungszuständigkeit allein dem Gesetzgeber zukommt. 343 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 119 f., indes ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Kategorie der Schutzreflexe.

Kap. 1: Verfassungsmäßigkeit der Selbstdopingdelikte

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darin liegen, dass sich der Gesetzgeber vor Erlass eines Gesetzes Gedanken über die Notwendigkeit des staatlichen Eingriffs macht.344 Im Wesentlichen aber soll es sicherstellen, dass die den Einzelnen ereilenden Nachteile in einem angemessenen Verhältnis zu den für die Gesellschaft erreichbaren Vorteilen stehen. Es erschiene eher als formalistische Kontrolle der „Klugheit“ des Gesetzgebers denn als Erfordernis rechtsstaatlicher Beschränkung der Staatsgewalt, wenn ein Gesetz allein deshalb verfassungswidrig wäre, weil der Gesetzgeber die „richtige“ Begründung einer das Wohl der Gesellschaft mehrenden Maßnahme übersehen hat.345 Hinzukommt, dass die Komplexität der modernen Lebenswelt zur Folge hat, dass der Staat mit seiner Normsetzung zunehmend auf Phänomene mit komplexen gesellschaftlichen Auswirkungen reagieren muss. Wenn nicht gerade höchstpersönliche Individualrechtsgüter betroffen sind, ist es keine Seltenheit, dass durch ein strafrechtlich verbotenes Verhalten vielschichtige Interessen verletzt werden. Dass Strafvorschriften – mag dadurch auch die strafrechtsdogmatische Systematisierungsfunktion der Rechtsgutslehre beeinträchtigt werden – mehrere Rechtsgüter schützen dürfen, wird nicht ernsthaft bestritten.346 Der gesellschaftliche Nutzen, der auf verfassungsrechtlicher Ebene zugunsten eines Strafgesetzes in die Abwägung einzustellen ist, hängt faktisch indes nicht davon ab, ob die Methodenlehre eine Einstufung als Rechtsgut noch erlaubt oder schon erfordert, dass ein Interesse als „bloßer“ Schutzreflex eingestuft wird.347 Grundsätzlich können Schutzreflexe deshalb in die Abwägung der für und gegen eine gesetzliche Regelung streitenden Belange eingestellt werden. Das bedarf allerdings zweierlei Einschränkungen. Zum einen muss dabei die Gewaltenteilung gewahrt werden. Ein Ziel, dass der Gesetzgeber nicht erreichen will, wirkt nicht deshalb legitimierend, weil es der Rechtsanwender für erstrebenswert hält. Deshalb müssen jedenfalls der gesetzgeberischen Zwecksetzung widersprechende Auswirkungen der Norm ausgeblendet werden.348 Zum anderen hängt die Legitimationswirkung von Schutzreflexen davon ab, dass der Anwendungsbereich der in Rede stehenden Vorschrift überhaupt eröffnet ist. Ein Schutzreflex allein kann – jedenfalls in nach grammatischer, systematischer und genetisch-historischer Auslegung zweifelhaften Fällen – mangels Berücksichtigung bei der teleologischen Auslegung schon die Anwendbarkeit einer Vorschrift nicht auslösen. Wenn eine Norm aber nicht 344

Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 119. Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 311. 346 Dualistische Rechtsgutskonzeptionen wurden in der Rechtsprechung etwa durch BGH NJW 2005, 1876 für § 168 StGB und BVerfG NJW 2008, 1137 für § 173 Abs. 2 S. 2 StGB anerkannt; in verfassungsrechtlicher Betrachtung so auch Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 118; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 310; aus strafrechtlicher Perspektive Lüttger, Jescheck-FS, S. 121 (128); Kindhäuser, ZStW 103 (1991), 398 f. 347 In diese Richtung wohl auch Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 120. 348 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 120. 345

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anwendbar ist, kann sie ein Interesse – hier interessiert der Schutzreflex – nicht schützen. Wenn ein Schutzreflex nicht eintritt, kann er verfassungsrechtlich auch nicht legitimierend wirken. Insoweit streiten Schutzreflexe nur ergänzend und in dem Ausmaß für die Verfassungsmäßigkeit einer Norm, indem sie durch eine rechtsgutsbezogene Tatbestandsauslegung tatsächlich herbeigeführt werden können. Für die vorliegende Untersuchung schränkt dieser Gedanke die Berücksichtigung von Schutzreflexen nicht entscheidend ein. Absichtliche Dopingverstöße im organisierten Sport, die nur Vermögensinteressen Dritter oder die Gesundheit von Spitzensportlern beeinträchtigen, während eine Orientierung an der rechtlichen Chancengleichheit im Wettbewerb gegen die Anwendbarkeit der Selbstdopingtatbestände spricht, sind kaum denkbar. Legitime Zwecke der Selbstdopingverbote sind aus verfassungsrechtlicher Perspektive deshalb etwa auch der vorgelagerte Schutz von Vermögensinteressen und der Schutz der Gesundheit insbesondere der regelkonform orientierten Konkurrenten, die sich frei von tatsächlichen Zwängen gegen den Konsum von Dopingsubstanzen entscheiden können sollen.349 gg) Ergebnis Die Selbstdopingdelikte werden in erster Linie durch das Bestreben legitimiert, die rechtliche Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb auch faktisch durchzusetzen. Das ist ein legitimer Zweck, da die Verfassung ihn nicht ausschließt. Da ein mittelbarer, wenn auch vager Schädigungszusammenhang zumindest plausibel ist, können auch gesamtgesellschaftliche, die „Integrität des Sports“ gefährdende Auswirkungen von Dopingverstößen durch Spitzensportler in die Abwägung eingestellt werden. Deren Berücksichtigungsfähigkeit ist mangels empirischer Falsifizierung keine Frage der Legitimität der Zwecke der Selbstdopingdelikte, sondern erfährt ihre maßgebliche Einschränkung durch eine Beschränkung des Gewichts, mit dem sie auf Ebene der Prüfung der Angemessenheit zugunsten der Verfassungskonformität der Strafvorschriften zu Buche schlagen. Das Wesen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gebietet, dass der dem gesetzgeberischen Willen jedenfalls nicht widersprechende reflexartige Schutz von Vermögensinteressen Dritter und der Gesundheit von Spitzensportlern ebenfalls für die Zulässigkeit der Selbstdopingdelikte streitet. Der Legitimationswirkung des Gesundheitsschutzes steht der Vorwurf paternalistischen Strafrechts nicht entgegen, da die Selbstdopingverbote allenfalls weich-paternalistisch sicherstellen sollen, dass über die Anwendung von Dopingmaßnahmen frei von faktischen Zwängen entschieden werden kann.

349 BT-Drucks. 18/4898, S. 1; zum Autonomieschutz Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 19 ff.

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b) Die Geeignetheit der Maßnahme zur Zweckerreichung aa) Erwiesene Untauglichkeit als praktischer Maßstab Das Erfordernis der Geeignetheit eines Strafgesetzes zur Erreichung des mit ihm erstrebten Rechtsgüterschutzes ist jedenfalls bei Übernahme der Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts nicht geeignet, die Verfassungskonformität der Selbstdopingdelikte in Frage zu stellen.350 Eine staatliche Maßnahme ist danach zur Erreichung ihres Ziels geeignet, wenn sie den erstrebten Erfolg fördern kann.351 Das bedeutet, dass die bloße Möglichkeit der Zweckerreichung ausreichend ist.352 Bei der Beurteilung der Eignung des gewählten Mittels zur Erreichung der erstrebten Ziele steht dem Gesetzgeber darüber hinaus ein Beurteilungsspielraum zu.353 Ob er ihn überschritten hat, ist abhängig von der Natur des in Rede stehenden Sachbereichs, der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter und insbesondere den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden und deshalb nur in begrenztem Umfang überprüfbar.354 Ungeeignet ist eine Maßnahme nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Ergebnis erst, wenn die Förderung des verfolgten Zwecks ausgeschlossen ist.355 Die Strafbewehrung eines Verhaltens führt dazu, dass eine staatliche Maßnahme in der Praxis erst recht nicht als ungeeignet eingestuft wird. Selbst geringe Verurteilungszahlen lassen darauf nicht schließen. Das kann man entweder darauf stützen, dass auch eine ineffektive Strafverfolgung nicht völlig wirkungslos ist oder darauf, dass sich in ihnen gerade die generalpräventive, etwa abschreckende Wirkung der Strafbewehrung widerspiegele.356 Jedenfalls positive generalpräventive Wirkungen der Strafbewehrung durch Bestätigung der Normgeltung lassen sich faktisch nicht widerlegen, weil sie kaum messbar sind.357 Die strafbewehrten Selbstdopingverbote könnten zur Erreichung ihrer Ziele deshalb nur ungeeignet sein, falls schon das in § 3 AntiDopG normierte Dopingverbot als solches keinen regulativen Effekt erzielte. bb) Subsumtion Die Ausgestaltung der Selbstdopingverbote ist geeignet, die rechtliche Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb zu fördern. Das ergibt sich aus ihrer 350

So im Allgemeinen Vogel, StV 1996, 110 (113). BVerfG NJW 2008, 1137 (1138); BGH NJW 2014, 3459 (3462). 352 BVerfG NJW 2008, 1137 (1138). 353 BVerfG NJW 2008, 1137 (1138); BGH NJW 2017, 2928 (2931); Schmahl, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 15. 354 BVerfG NJW 2008, 1137 (1138). 355 BVerfG NJW 1963, 1243 (1246); Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 55; Vogel, StV 1996, 110 (113). 356 Appel, Verfassung und Strafe, S. 175 f. 357 Appel, Verfassung und Strafe, S. 176; Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 55; Vogel, StV 1996, 110 (113). 351

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sportrechtsakzessorischen Fassung und zeigt sich besonders deutlich am Teilnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 AntiDopG. Seine Tathandlung verletzt das Rechtsgut der rechtlichen Chancengleichheit bei der gebotenen einschränkenden Auslegung zwingend. Zur Gefährdung des Rechtsguts sind indes auch die Tathandlungen des Anwendungstatbestands des § 3 Abs. 1 AntiDopG und des Erwerbs- und Besitztatbestands des § 3 Abs. 4 AntiDopG geeignet. Das ergibt sich daraus, dass sich die gesetzliche Bestimmung der verbotenen Tatmittel an der WADA-Verbotsliste orientiert und diese zur Beeinflussung des sportlichen Wettbewerbs angewendet oder in Besitz genommen werden müssen.358 Der subjektive Tatbestand stellt sicher, dass eine Rechtsgutsbeeinträchtigung zumindest beabsichtigt sein muss. Damit folgt aus der Befolgung des Verbots durch den Normadressaten die Vermeidung der Beeinträchtigung des Rechtsguts. Auf Eignungsebene lässt sich gegen die Förderung der rechtlichen Chancengleichheit durch die Selbstdopingdelikte nicht einwenden, dass sie schon aufgrund der gesetzlichen Fassung der Norm nur ausschnittsweise geschützt werden kann.359 Es lässt sich zwar nicht ausschließen, dass das AntiDopG aufgrund der territorialen Begrenzung seiner Anwendbarkeit im internationalen Vergleich womöglich eher zu einer Benachteiligung deutscher Athleten führt.360 Zumindest auf nationaler Ebene aber kann das Gesetz die Chancengleichheit im Wettbewerb fördern. Es ist deshalb nicht völlig ungeeignet.361 Die Möglichkeit eines zumindest mittelbaren Schädigungszusammenhangs zwischen Dopingverstößen und den gesamtgesellschaftlichen Funktionen des Sports wurde bereits auf Zweckebene dargelegt. Die Selbstdopingverbote sind geeignet, diesen Auswirkungen entgegenzutreten. Das lässt sich auch nicht in Hinblick auf die Entfaltung der Schutzreflexe der §§ 3 Abs. 1, 2, 4; 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5, Abs. 2 AntiDopG widerlegen. Die Annahme, dass Spitzensportler faktischen Zwängen unterliegen, die sie zur Vornahme von Dopingmitteln veranlassen ist plausibel.362 Mit der Annäherung an die verengte Spitze im Hochleistungssport geht für den einzelnen Athleten einher, dass er für geringere Fortschritte größeren Aufwand betreiben muss.363 Das Leistungsniveau im Spit358

S. 54 ff. Ähnlich BVerfG NJW 2008, 1137 (1140). 360 Aus rechtspolitischer Sicht skeptisch deshalb Steiner, ZRP 2015, 51 f. 361 So i.E. auch Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 31 f. 362 Auf die Bedeutsamkeit des Autonomieschutzes als Bezugspunkt der Geeignetheit weich-paternalistischen Strafrechts weist Fateh-Moghadam, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/ Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 21 (38) hin. 363 Dilger/Tolsdorf, Schmollers Jahrbuch 130 (2010), 95 (108) ermittelten, dass die zeitliche Differenz zwischen den 30 besten männlichen 100 m-Läufern im Jahr 2004 bei 0,26 Sekunden lag; s. ferner Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 63, 121; Dietz, Doping-Magazin 2017, 7 (9); Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (191 f.); Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 42, 60; die Leistungsdichte im Spitzensport betont auch Bourg, Doping-Magazin 2017, 34 (35). 359

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zensport scheint den Grenzen des Möglichen zuweilen nahe gekommen zu sein.364 Diese Eskalation des Niveaus entwertet Training, Taktik und (legale) Technik als „natürliche“ Ressourcen und rückt die künstliche Leistungssteigerung in das Blickfeld der um Verbesserung bemühten Athleten.365 Es entspricht der überwiegenden Auffassung in der sozialwissenschaftlichen Forschung, dass in dieser Situation die Dopingdevianz der Konkurrenz einen maßgeblichen Anpassungsdruck auf den bislang sauberen Athleten ausübt.366 Ihm bieten sich in einem „dopingverseuchten“ Sport drei Möglichkeiten: Er kann ebenfalls dopen, erfolglos agieren oder seine Spitzensportkarriere beenden.367 Es besteht deshalb die begründete Annahme einer zumindest faktischen Beeinträchtigung der freien Entscheidungsfindung über die Anwendung von Dopingmaßnahmen.368 Dass Dopingverstöße sich außerdem zumindest potentiell auf die wirtschaftliche Einträglichkeit der sportlichen Betätigung der Konkurrenten, aber auch deren Teams, Sponsoren oder von Veranstaltern auswirken können, bedarf keiner näheren Erläuterung. c) Die Erforderlichkeit der Maßnahme zur Zweckerreichung Die Selbstdopingverbote müssten zur Erreichung ihrer Ziele überdies erforderlich sein.369 Ein Strafgesetz ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können.370 Die insbesondere durch die Androhung einer Freiheitsstrafe bewirkte Eingriffsintensität des Strafrechts führt dazu, dass ein Strafgesetz regelmäßig nicht erforderlich ist, wenn sich ihr Zweck ebenso gut durch zi364

Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 127; Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 104 f. mit Nachweisen zur Entwicklung der Weltrekorde in ausgewählten Disziplinen zwischen den Anfängen des 20. und 21. Jahrhunderts. 365 Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistungsdichte einer Sportart und deren Dopingbelastung stellt Simon, Doping-Magazin 2016, 4 (6) her; s. ferner Dilger/Tolsdorf, Schmollers Jahrbuch 130 (2010), 95 (112 f.); Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 121; Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 57; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 127; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 200; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 60; in diese Richtung auch Treutlein, Doping-Magazin 2017, 164 (166). 366 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 101; Bourg, Doping-Magazin 2017, 36; Haug/ Martin, Causa Sport 2014, 345 (347). 367 König, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 267 (280). 368 Im Speziellen zum Doping so auch König, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 267 (279); zur Eignung weich-paternalistischen Strafrechts im Allgemeinen Fateh-Moghadam, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 21 (38); Oswald, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 94 (119). 369 Ablehnend Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 18 ff.; skeptisch wohl auch Schmahl, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 16. 370 BVerfG NJW 2008, 1137 (1138); BGH NJW 2014, 3459 (3462).

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vilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Regelungen ohne Strafdrohung erreichen ließe.371 aa) Weitgehendes Leerlaufen der Prüfungsstufe Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt die Erforderlichkeit eines Strafgesetzes nicht voraus, dass außerstrafrechtliche Maßnahmen bereits versagt haben.372 Der Gesetzgeber muss also nicht erst sämtliche alternativen Lösungswege beschritten haben, bevor er zum scharfen Schwert des Strafrechts greift. Bei seiner ex ante-Beurteilung, ob mildere Mittel als der Einsatz des Strafrechts möglich sind, steht ihm darüber hinaus wie bei der Eignungsprüfung ein Beurteilungsspielraum zu.373 Weil die durch Strafgesetze bewirkte positive Generalprävention kaum messbar ist, lässt sich zugunsten einer gegenüber sonstigen staatlichen Maßnahmen strafrechtseigenen Wirkung stets vorbringen, dass sie stärkere normstabilisierende Wirkung entfalte.374 Insoweit resultiert aus dem Gedanken der „sittenbildenden Kraft“ des Strafrechts eine kaum zu widerlegende Vermutung zugunsten der Erforderlichkeit einer Strafrechtsnorm.375 Der aus der Perspektive einer liberalen Strafrechtstheorie überragend wichtige Ultima-ratioGrundsatz hat damit rechtspraktisch eher kriminalpolitische als verfassungsrechtliche Bedeutung.376 Die folgenden Überlegungen reißen die für und gegen eine eigenständige Schutzwirkung der strafbewehrten Selbstdopingverbote sprechenden Umstände deshalb zunächst nur kursorisch an.377 bb) Argumentationslinien (1) Ineffektivität sportinterner Dopingbekämpfung Für eine Verbesserung insbesondere des Schutzes vor Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit durch einen staatlichen Eingriff spricht, dass der Sport selbst nicht in der Lage zu sein scheint, die Dopingproblematik in den Griff zu bekommen. Das Sanktionensystem des Sports sieht zwar scharfe Kontrollpflichten und Sanktionen im Falle erwiesener Dopingverstöße vor.378 Deshalb wird vertreten, dass der Sport zur Bekämpfung des Dopings selbst und besser in der Lage sei als der

371 372 373 374 375 376 377 378

Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 57. Schmahl, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 16. BVerfG NJW 2008, 1137 (1138); BGH NJW 2017, 2928 (2931). So etwa das BVerfG in seiner Inzest-Entscheidung aus NJW 2008, 1137 (1141). So im Allgemeinen Swoboda, ZStW 122 (2010), 24 (47). Schmahl, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 16. Näher dazu im Rahmen der rechtspolitischen Bewertung S. 263 ff. S. 20 ff.

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Staat.379 Jedenfalls gegen die Strafbarkeit des Erwerbs und Besitzes von Dopingmitteln nach §§ 3 Abs. 4; 4 Abs. 2 AntiDopG greift diese Überlegung von vornherein nicht durch. Es ist statistisch erwiesen, dass die verbandsrechtliche Verfolgung des Verbots des Besitzes von Dopingmitteln nach Art. 2.6 des NADA-Codes faktisch leerläuft. Die NADA-Jahresberichte weisen nämlich seit 2012 kein einziges Verfahren wegen Besitzes von Dopingmitteln aus.380 In der Praxis dürfte das sportrechtliche Sanktionensystem indes auch in Hinblick auf die Anwendung von Dopingsubstanzen weitgehend leerlaufen, der durch die Anwendungs- und Teilnahmetatbestände der §§ 3 Abs. 1 und 2; 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5 AntiDopG entgegengewirkt werden soll. Die Jahresstatistiken der WADA weisen regelmäßig unter 2 % an positiven Testergebnissen aus.381 Dass diese Werte nicht der tatsächlichen Verbreitung des Dopings entsprechen dürften, hat etwa eine 2017 publizierte Studie von Ulrich, Pope et al. eindrucksvoll dargelegt.382 Die Wissenschaftler haben 2.167 von 5.187 Teilnehmern an den Leichtathletikweltmeisterschaften und den Pan-Arabischen Spielen 2011 anonym zur Vornahme von Dopingverstößen befragt.383 Mindestens 30 % der Teilnehmenden der Leichtathletikweltmeisterschaft und 45 % der Teilnehmer an den Pan-Arabischen Spielen gaben an, Dopingmittel eingenommen zu haben.384 Die bei den Wettkämpfen durchgeführten biologischen Testverfahren kamen hingegen auf 0,5 % positiver Proben bei den Weltmeisterschaften und 3,6 % bei den Pan-Arabischen Spielen.385 Dass diese Ergebnisse keinen unrühmlichen Einzelfall darstellen dürften, sondern von einem großen Dunkelfeld auszugehen ist,386 ist nicht nur überwiegende Auffassung in juristischer und sozialwissenschaftlicher Literatur,387 sondern wird selbst von (Kontroll-)Instanzen des Sports vertreten. Bereits 2012 bescheinigte der da379 Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, S. 153 ff.; Peukert, npoR 2015, 95 (97); Zuck, NJW 2014, 276 (281); in diese Richtung auch Jahn, SpuRt 2005, 141 (143); Kreuzer, Kriminalistik 2014, 358 (361); Steiner, ZRP 2015, 53. 380 NADA-Jahresberichte 2012, S. 15 f.; 2013, S. 12 f.; 2014, S. 12 f.; 2015, S. 11; 2016, S. 9; 2017, S. 9; 2018, S. 9. 381 Die Ergebnisse der Jahre 2008 – 2018 finden sich in der WADA-Jahresstatistik für 2018, Executive Summary, S. 3. 382 Ulrich/Pope et al., Sports Med 2018, 211 ff. 383 https://uni-tuebingen.de/newsfullview-landingpage/article/dopingstudie-hohe-dunkelzif fer-im-spitzensport.html. 384 https://uni-tuebingen.de/newsfullview-landingpage/article/dopingstudie-hohe-dunkelzif fer-im-spitzensport.html. 385 https://uni-tuebingen.de/newsfullview-landingpage/article/dopingstudie-hohe-dunkelzif fer-im-spitzensport.html. 386 Bei Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 82 mit. Tab. 15 gaben rund 6 % der befragten Spitzensportler die Einnahme regelmäßiger Dopingmittel zu, 54,4 % verneinten die Frage „ehrlich“ und 40,7 % gaben keine Antwort. 387 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 124; Blasius, Doping im Sport, S. 7; Figura, Doping, S. 83; Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 6; Simon, Doping-Magazin 2016, 4 (5) hält eine Dopingquote von 50 % bei „sämtliche[n] Sportarten im Weltspitzenbereich“ für realistisch.

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malige Präsident des Deutschen Leichtathletikverbands Prokop dem Dopingkontrollsystem, lediglich „die Spitze des Eisbergs zu erfassen“.388 Die Integritätseinheit des Internationalen Leichtathletikverbands IAAF hat in Reaktion auf die Dunkelzifferstudie von Ulrich, Pope et. al mitgeteilt, dass auch nach ihrer Auffassung die Anzahl der tatsächlich dopenden Sportler „signifikant höher“ sei als die Quote positiver Proben suggeriere389 und WADA-Generaldirektor Olivier Niggli fordert mehr Daten über die Häufigkeit von Doping, um beurteilen zu können, ob ergriffene Maßnahmen wirken.390 All das lässt die gesetzgeberische Auffassung, dass das sportrechtliche Sanktionensystem Doping allein nicht wirksam bekämpfen könne, zumindest als plausibel erscheinen. (2) Prioritätenverschiebung in der Sportförderpolitik und Aufklärung als kriminalpolitische Forderungen Dass Dopingverstöße durch das Dopingkontrollsystem des Sports kaum effektiv aufgedeckt werden, wird nicht zuletzt auch auf Schwierigkeiten beim Nachweis von Dopingsubstanzen zurückgeführt.391 In Anbetracht dessen erscheint der Anteil, der im Bundeshaushalt für die Anti-Doping-Analytik und -Forschung bereitgestellt wird, mit gut 1 % des Gesamtvolumens der Sportförderung durch das Bundesministerium des Innern in 2018 als deutlich ausbaufähig.392 Der durch die Selbstdopingverbote reflexartig bewirkte Gesundheitsschutz ließe sich auch ohne Einsatz des Strafrechts bewerkstelligen, indem das Bewusstsein über die mit Doping verbundenen Gesundheitsrisiken im Kreis der Athleten geschärft wird. Denn aus ihrer Sicht spricht in der Praxis vor allem diese Gefahr und nicht ein Verstoß gegen ein „Fairnessgebot“ gegen Doping. Dass Gesundheitsgefahren Sportler aber oftmals nicht von einem Regelverstoß durch Doping abhalten, soll nach verbreiteter Auffassung dadurch begünstigt werden, dass sie die Wahrscheinlichkeit des Eintritts und die Intensität möglicher Schäden unterschätzen oder darauf vertrauen, dass Schäden durch medizinische Betreuung zumindest kontrollierbar blieben.393 Hinzukomme, dass etwaigen Schäden, selbst wenn sie in Betracht gezogen werden, gegenüber dem aktuellen Erfolgsdruck ein geringeres Gewicht zugemessen

388

Prokop, SpuRt 2012, 239. http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/doping-studie-iaaf-raeumt-hohe-dunkelzif fer-ein-15175813.html. 390 https://www.aargauerzeitung.ch/sport/olivier-niggli-ist-der-hoechste-dopingjaeger-derwelt-fuer-die-russen-sind-wir-teil-eines-komplotts-132439865. 391 Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 48. 392 Näher S. 276 f. 393 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 114, 123; Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 63; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 140 f.; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 252; Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 19; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 61. 389

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werde, weil sie erst zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft in Erscheinung treten würden.394 Eindrucksvoll führt Whistleblower Jörg Jaksche dazu aus: „Ich war komplett in der Hand der Mediziner und kann nicht einmal sagen, was die genau mit uns gemacht haben. Ich habe einfach nur meinen Arm hingehalten und mich spritzen lassen. Dir bleibt auch gar nichts anderes übrig. Außerdem gehst du davon aus, dass die dir nichts geben, was dich positiv machen würde. Das ist ja die Hauptsorge eines Radfahrers. Du schaust dir die Historie des Teams an und siehst: In zehn Jahren haben die immer auf ihre Fahrer aufgepasst. Also wird dir auch nichts passieren. Gut möglich, dass sie mir drei Jahre lang das volle Programm verabreicht haben. Ich weiß es einfach nicht. Und ich wollte es auch nicht wissen: Mir ging es gut, ich war gesund und hatte einigermaßen gute Ergebnisse. Es war so eine Art Rund-um-sorglos-Paket.“395

Ein Ruf nach staatlicher Unterstützung der Aufklärung von Sportlern über die mit Doping verbundenen Gesundheitsgefahren oder nach Umverteilung der Sportfördergelder, womöglich sogar einem Überdenken des Repräsentationsbedarfs des Staates durch den Spitzensport mag berechtigt sein.396 Dass ein strafrechtliches Verbot keine gegenüber diesen Maßnahmen eigenständige Präventionswirkung entfaltet, lässt sich indes nicht mit verfassungsrechtlicher Verbindlichkeit behaupten. Diese Überlegungen müssen der kriminalpolitischen Bewertung der Selbstdopingdelikte überlassen werden.397 d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne Die Angemessenheit einer staatlichen Maßnahme verlangt, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für die Adressaten des Verbots nicht überschritten wird.398 Eine staatliche Maßnahme darf den Bürger mithin nicht übermäßig belasten (Übermaßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne).399 Für Strafgesetze folgt aus dem Schuldprinzip und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Schwere einer Straftat und das Verschulden des Täters zu der Strafe in einem gerechten Verhältnis stehen müssen.400 Tatbestand und Rechtsfolge müssen deshalb sachgerecht aufeinander abgestimmt sein.401 Das ist nicht der Fall, wenn die Strafandrohung nach Art und Maß des unter Strafe stehenden Verhaltens schlechthin unangemessen ist.402 394 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 114, 123; Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 63; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 140 f.; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 61. 395 Spiegel 27/2007, S. 64 (70). 396 Näher S. 263 ff. 397 S. 263 ff. 398 BVerfG NJW 1994, 1577; BVerfG NJW 2008, 1137 (1138). 399 BVerfG NJW 2008, 1137 (1138); BGH NJW 2014, 3459 (3462). 400 BVerfG NJW 2008, 1137 (1138); BGH NJW 2014, 3459 (3462). 401 BVerfG NJW 2008, 1137 (1138); BGH NJW 2014, 3459 (3462).

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Da Strafgesetze Rechtsgüterschutz bezwecken, bedeutet das, dass die von ihnen ausgehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen noch in einem angemessenen Verhältnis zum dadurch erreichbaren Rechtsgüterschutz stehen müssen.403 Nach hier vertretener Auffassung müssen in dem Rahmen, in dem das Strafgesetz Rechtsgüterschutz bewirkt, auch die schutzreflexartigen Auswirkungen der Vorschrift in die Betrachtung einbezogen werden.404 Auch auf Ebene der Angemessenheit einer staatlichen Maßnahme ist zu berücksichtigen, dass die Gewaltenteilung eine Begrenzung der Kontrolle gesetzgeberischer Entscheidungen gebietet. Was die „gerechteste“ oder „zweckmäßigste“ Lösung ist hat der parlamentarische Gesetzgeber zu entscheiden.405 Damit verlangt die Angemessenheit der Maßnahme letztlich nicht mehr als die Rationalität des Abwägungsvorgangs und -ergebnisses.406 aa) Das abstrakte Gewicht der legitimierenden Zwecke Die rechtliche Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb und auch der Sport als Institution haben keinen Verfassungsrang. Das Grundgesetz kennt trotz entsprechender Bestrebungen aus Sport und Politik derzeit kein Staatsziel „Sport“.407 Auch im Übrigen kann sich ein staatlicher Schutz des Sports nicht auf ein ausdrückliches verfassungsrechtliches Mandat stützen. Schon die verfassungsrechtliche Kompetenz des Bundes zur Förderung des Spitzensports ist ungeschrieben. Das positive Recht weist dem Schutz des sportlichen Wettbewerbs als solchem grundsätzlich also keine herausgehobene Bedeutung zu.408 Das gilt – blendet man einmal die Verknüpfung des Krankenversicherungssystems mit dem Sozialstaatsprinzip aus – auch für die mittelbaren gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen von Dopingverstößen, die aufgrund der gesetzgeberischen Abstraktion des geschützten Werts durch Proklamation des Schutzguts der „Integrität des Sports“ in die Betrachtung einbezogen werden sollen. Die staatliche Sportförderung dient im Wesentlichen den damit verbundenen Repräsentationsleistungen des Sports, sodass sie sich als Teil der Selbstdarstellung des Staates darstellt.409 Der sportliche Erfolg seiner Athleten dient insoweit als Ausdruck der allgemeinen Leistungsfähigkeit des Staates.410 Hinzukommt, dass erfolgreicher 402

BVerfG NJW 2008, 1137 (1138); BGH NJW 2014, 3459 (3462). BVerfG NJW 1994, 1577 (1582); Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 17 Rn. 58. 404 S. 229 ff.; ähnlich Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 120. 405 BVerfG NJW 1994, 1577 (1579). 406 Schmahl, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, § 2 Rn. 98. 407 S. dazu etwa BT-Drs. 17/6152; DOSB, Staatsziel Sport Positionspapier. 408 Ähnlich Feltes/Kabuth, NK 2017, 91 (96) für §§ 265c, d StGB. 409 Steiner, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 87 Rn. 7. 410 Steiner, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 87 Rn. 8. 403

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Spitzensport die Menschen begeistert, zueinander bringt und so einen Beitrag zur Schaffung eines Zusammengehörigkeitsgefühls erbringen kann.411 Es lässt sich außerdem vermuten, dass Hochleistungssportler Vorbildwirkung entfalten und es zu aktivierenden „Transferwirkungen“ zwischen Spitzen- und Breitensport kommt.412 Mittelbar kann so sogar die „Volksgesundheit“ angeregt werden. Durch einen Beitrag zur Motivation junger Menschen zum Eintritt in Sportvereine kann der Spitzensport auch mitursächlich für die Vermittlung von Werten durch den Breitensport werden.413 Der Staat hat nach alledem ein nicht bestreitbares Interesse daran, durch Förderung des Spitzensports zur Entfaltung der gesellschaftsdienlichen Funktionen des Spitzensports beizutragen. Verfassungsrechtlich ist das allerdings nur mittelbar gestützt. Ein deutlicher Grundrechtsbezug lässt sich demgegenüber insoweit herstellen, als dass die Wahrung der rechtlichen Chancengleichheit nicht zuletzt der Grundrechtsverwirklichung der Sportler dient. Denn der Einzelne kann sich auch durch Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen in seiner Persönlichkeit entfalten. Sport ist für viele Menschen, insbesondere für Hochleistungssportler, wesentlicher Lebensinhalt. In seiner individualschützenden Komponente wird das Rechtsgut der Selbstdopingdelikte deshalb durch Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gestützt. Noch klarer wird der Grundrechtsbezug in Hinblick auf die reflexartigen Auswirkungen eines staatlichen Dopingverbots. Durch die Förderung der faktischen Durchsetzung des Dopingverbots kann zur Reduktion von Drucksituationen beigetragen und die tatsächliche Entscheidungsfreiheit des einzelnen Athleten über den Verzicht auf die Einnahme gesundheitsschädlicher Substanzen gefördert werden. Dem Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG kommt in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes eine herausragende Bedeutung zu. Diese hohe Werthaltigkeit der körperlichen Integrität strahlt auch auf das Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG aus, über ihre Preisgabe selbstbestimmt zu entscheiden. Insoweit kommt dem Schutz der autonomen Entscheidung über die Einnahme von Dopingmitteln auf der Ebene abstrakter Gewichtung der betroffenen Interessen größte Bedeutung zu. Das kann seine grundrechtliche Fundierung darüber hinaus auch in Art. 12 GG finden, wenn Spitzenathleten ihren Sport als Beruf ausüben.414 Infolge der vielfältigen wirtschaftlichen Interessen von Sportvereinen, Veranstaltern oder Sponsoren kommt Art. 12 GG auch insoweit Bedeutung zu, als durch

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Ähnlich Steiner, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 87 Rn. 8. Breuer/Hallmann, Die gesellschaftliche Relevanz des Spitzensports in Deutschland, S. 13; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 223; Schmidt/Högele, Die gesellschaftliche Bedeutung von Vorbildern im Profifußball, S. 7; Steiner, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, § 87 Rn. 8, ders., NJW 1991, 2729 (2733 f.); in diese Richtung wohl auch Volkmer, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, AntiDopG,Vorb. Rn. 11. 413 Zu den wertbildenden Funktionen des Sports im Allgemeinen Steiner, SpuRt 2009, 222. 414 König, in: Fateh-Moghadam/Sellmaier/Vossenkuhl, Grenzen des Paternalismus, S. 267 (280); Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 5. 412

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Doping der wirtschaftliche Wettbewerb im Sport beeinträchtigt werden kann.415 Der Sport ist zu einem tragenden Wirtschaftsfaktor geworden. Das zeigt sich etwa daran, dass er bereits 2008 mit 3,3 % an der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung beteiligt war und damit eine ähnliche wirtschaftliche Bedeutung hat wie etwa der Fahrzeugbau.416 Das Sponsoring im Sport weist in Deutschland mit circa. 3,5 Milliarden jährlich das Zehnfache des Volumens des Kultursponsorings auf.417 Dem wirtschaftlichen Wettbewerb im Sport kommt gesellschaftlich mithin eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung zu. bb) Die Intensität ihrer Betroffenheit (1) Massive Beeinträchtigung der Chancengleichheit Allgemeingültige, empirisch belastbare Erkenntnisse über die Verbreitung von Doping im Spitzensport existieren zwar nicht.418 Die Dunkelfeldforschung deutet in der Gesamtschau indes auf eine massive Verbreitung des Dopings hin.419 Es ist deshalb von einer massiven Verletzungshäufigkeit auszugehen. Die damit verbundene Intensität der faktischen Beeinträchtigung der Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb ist hoch. (2) Keine nennenswerten gesamtgesellschaftlichen Schäden Das lässt sich für die gesamtgesellschaftlichen Funktionen des Spitzensports nicht feststellen. Die raren empirischen Erkenntnisse deuten eher darauf hin, dass sich zumindest die Intensität der durch Doping bislang bewirkten Beeinträchtigungen der gesellschaftlichen Funktionen des Spitzensports in überschaubaren Grenzen hält. 2012 glaubte der von Breuer und Hallmann in ihrer Studie zu den „Dysfunktionen des Spitzensports“ befragte Teil der Bevölkerung, dass 29 % der deutschen Spitzensportler regelmäßig zu Dopingmitteln greifen.420 Die gesellschaftliche Wahrnehmung des Dopingproblems im Spitzensport dürfte seitdem bis heute eher gestiegen sein. Eine relevante Schädigung der Vorbildfunktionen deutscher Spitzensportler in der gesellschaftlichen Wahrnehmung lässt sich indes nicht feststellen. Ein Vergleich der von Breuer, Hallmann (und Ilgner) ermittelten Zustimmungswerte in 415 Zur grundrechtsdogmatischen Verortung der Wettbewerbsfreiheit Di Fabio, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 116 m.w.N. 416 Statista, Anteile starker Branchen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland im Jahr 2010; Breuer/Wicker/Orlowski, Der Wert des Sports, S. 183; Kubiciel, KriPoZ 2018, 29 (30). 417 Statista, Sponsoringvolumen für Sport und Kultur in Deutschland von 2011 bis 2016. 418 Das behauptet selbst WADA-Generaldirektor Niggli nicht, s. https://www.aargauer zeitung.ch/sport/fuer-die-russen-sind-wir-teil-eines-komplotts-132439865; Frenger/Pitsch/ Emrich, Sportwiss 2012, 188 (193); Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 87 f.; in diese Richtung wohl auch Meutgens, Doping-Magazin 2018, 4. 419 S. 23, 237 f. 420 Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 1.

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der Bevölkerung zeigt zwar einen nicht unerheblichen Rückgang der Wahrnehmung einer Vorbildfunktion von Spitzensportlern „in Sachen Fairness“ von 87,2 % in 2011 auf 79,1 % in 2016.421 Damit schreiben aber immer noch vier von fünf Befragten dem Spitzensport eine Leitfunktion in Sachen Fairness zu. 81,3 % der Befragten meinen, dass deutsche Athleten moralisch integer handeln und die Einhaltung von Regeln des Fairplay beachten.422 Das spricht dagegen, dass die „Integrität“ deutscher Spitzensportler in der Wahrnehmung der Bevölkerung maßgeblich gelitten hätte.423 Das Interesse der von Breuer, Hallmann (und Ilgner) Befragten am Spitzensport ist seit 2011 sogar leicht gestiegen.424 Das ist in Anbetracht dessen, dass in diesen Zeitraum etwa die Aufdeckung des Skandals um flächendeckendes Doping in Russland fiel, bemerkenswert. Dass das Dopingproblem eine Gefahr für die Aufrechterhaltung der staatlichen Sportförderung ist, findet in der Realität erst recht keine Stütze. Ohne, dass es zu einer sichtbaren Eindämmung des Dopings gekommen wäre wurden die dem Bundesministerium des Innern für die (Spitzen-)Sportförderung zur Verfügung gestellten Mittel im Bundeshaushaltsplan seit Vorstellung des Referentenentwurfs des AntiDopG von rund 140 Millionen Euro für das Jahr 2014 auf 188 Millionen Euro in 2018 erhöht.425 In Hinblick auf die gesellschaftsdienlichen Funktionen des Sports dürfte es sich mithin eher um fiktive Szenarien einer offen zutage tretenden „Dopingepidemie“ im deutschen Spitzensport handeln als eine reale Gefährdungslage. Die potentiell gesellschaftsschädlichen Auswirkungen des Dopings können deshalb nur mit äußerst geringem Gewicht in die Abwägung eingestellt werden. Nicht entscheidend erhöht wird das Gewicht der für die Selbstdopingverbote sprechenden Erwägungen aus denselben Gründen durch die potentielle Belastung der Allgemeinheit durch finanzielle Umverteilungsmechanismen im Rahmen des Krankenversicherungssystems. Ob man die Rechtsgutskonzeption der Selbstdopingverbote nun auf die rechtliche Chancengleichheit beschränkt oder abstrahierend auf die Integrität des organisierten Sports abstellt, ist deshalb nicht von durchschlagender Bedeutung. Auf Ebene des Übermaßverbotes ist es aufgrund des Erfordernisses der Berücksichtigung des Grades der Beeinträchtigung der geschützten Interessen letztlich unerheblich, ob man die „rechtliche Chancengleichheit“ nun als „Angriffsrichtung“ auf das 421 Breuer/Hallmann, Die gesellschaftliche Relevanz des Spitzensports in Deutschland, S. 11; Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 12. 422 Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 17. 423 So i.E. auch Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 40. 424 60,1 % in 2016 gegenüber 57,1 % in 2011, s. Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 12; Breuer/Hallmann, Die gesellschaftliche Relevanz des Spitzensports in Deutschland, S. 11. 425 BGBl. 2018 I, S. 1126, Einzelplan 06, Titelgruppe 02; abrufbar unter https://www.bun deshaushalt.de/fileadmin/de.bundeshaushalt/content_de/dokumente/2018/soll/Bundeshaushalts plan-2018-Haushaltsgesetz-2018.pdf.

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Rechtsgut der Integrität des Sports oder als eigenständiges Rechtsgut selbst ansieht. Sie – die rechtliche Chancengleichheit – trägt unter Rechtsgüterschutzaspekten die wesentliche Begründungslast zugunsten der Zulässigkeit der Selbstdopingdelikte.426 (3) Eingeschränkte Bedeutung des Autonomiegedankens Hinzu tritt die Legitimationswirkung der Schutzreflexe. Das betrifft zunächst die Förderung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit des einzelnen Athleten über den Verzicht auf die Einnahme gesundheitsschädlicher Substanzen und damit den Gedanken des Autonomieschutzes. Es entspricht der überwiegenden Auffassung im sport- und sozialwissenschaftlichen Schrifttum, dass die (vermutete) Devianz der Konkurrenz einen maßgeblichen Anpassungsdruck auf den bislang sauberen Athleten ausübt.427 Der – zum Teil auch nur angenommene – Dopingmissbrauch im Athletenkreis soll dazu führen, dass der Eindruck beim Einzelnen entsteht, dass er ohne Doping keine Chance auf Erfolg habe, weil er sich dann nicht etwa nur keinen Vorteil verschaffe, sondern sich sogar in einer schlechteren Ausgangsposition befinde als die anderen Athleten.428 Damit sei im Laufe der Zeit aus einem „offensiven“, auf einen Vorteil ausgerichteten, ein „defensives“ Doping geworden, das der bloßen Nachteilsvermeidung diene.429 Dass sich die individuelle Entscheidung des Einzelnen nicht als „selbstbestimmte“ darstellen soll, wird in der sozialwissenschaftlichen Literatur im Wesentlichen auf den Gedanken zurückgeführt, dass es in der Entwicklung von Spitzensportkarrieren nicht selten zu einer kompromisslosen Ausrichtung der Lebensgestaltung auf den sport426

I. E. ähnlich Jansen, GA 2017, 600 (613 f.) aus kriminalpolitischer Perspektive. Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 23; Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 101. 428 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 101 f., 125 f.; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 200 f.; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 62; in diese Richtung deuten auch die von Wagner, in: Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 34 (35, 38) aufgezeichneten Ausführungen des geständigen Radsportlers Rolf Järmann, der davon spricht, dass er sich nach erfolgloser Dopingfreiheit die „Grundsatzfrage [gestellt habe]: höre [sic] ich auf mit dem Velofahren oder mache ich weiter, und zwar mit reelen Erfolgsaussichten? […] ich entschied mich fürs Weitermachen. Oder genauer: ich entschied mich für EPO“. Ähnlich äußerte sich Jörg Jaksche im Spiegel 27/2007, S. 64 (68) in seiner Antwort auf die Frage, wie sich zeitweise ungedoptes Fahren ausgewirkt habe: „Du hoffst von Tag zu Tag, dass das Tempo langsamer wird. […] Ich konnte nirgends mithalten und kam mir komplett überflüssig vor. Zum Schluss hatte ich Angst, sogar auf einer Eisenbahnbrücke abgehängt zu werden. Letztlich war ich über den Sturz sogar froh, ich hatte eine Ausrede. Was willst du sonst sagen? Du fährst als Kronprinz los und kommst als 80. in Paris an.“ Und weiter: „Es ist pervers, aber das Doping-System ist gerecht, weil alle dopen.“ Jan Ullrich meint im Focus 26/2013, S. 118 ff. auf die Frage, ob er gedopt habe, „[w]eil alle Radprofis dopten? [Antwort] Fast jeder hat damals leistungssteigernde Substanzen genommen. Ich habe nichts genommen, was die anderen nicht auch genommen haben. Betrug fängt für mich dann an, wenn ich mir einen Vorteil verschaffe. Dem war nicht so. Ich wollte für Chancengleichheit sorgen.“ 429 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 101 f., 125. 427

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lichen Erfolg kommen kann.430 Diese „biografische Engführung“ finde – so die These – ihre Ursache darin, dass die physischen und psychischen Anforderungen des (Nachwuchs-)Leistungssports gegenüber Beruf und Privatleben eine deutliche Schwerpunktsetzung zugunsten des Sports als Voraussetzung einer erfolgreichen Fortsetzung der sportlichen Karriere erforderten.431 Womöglich auch durch die Dopingdevianz der Konkurrenz bewirkte Misserfolge sollen deshalb oftmals nicht zu einer Abkehr vom Leistungssport, sondern einer kompromisslosen Intensivierung der Erfolgsbemühungen des Athleten führen.432 Dabei spiele – so sieht es auch der Gesetzgeber – nicht selten eine Rolle, dass vielen Leistungssportlern zunehmend bewusst werde, dass durch ihren sportlichen Erfolg aufgrund der Vernachlässigung außersportlicher Alternativen auch der finanzielle Grundstein für das Leben nach dem Sport gelegt werden müsse.433 Der Anpassungsdruck im Athletenkreis soll so nicht unwesentlich auch durch die Sorge um die nachsportliche Zukunft geprägt werden.434 Diese Überlegungen sind gedanklich schlüssig und dürften jedenfalls im Vollberufssport eine Erklärung dafür bieten, dass nicht wenige Athleten zu Dopingmitteln greifen, obwohl sie das aufgrund ihrer Gesundheitsgefährlichkeit eigentlich nicht möchten. Die vorliegenden empirischen Erkenntnisse über die Wahrnehmung der eigenen Lebenssituation durch deutsche Spitzensportler sprechen allerdings eher gegen eine flächendeckend empfundene Alternativlosigkeit der Anpassung an die Devianz der Konkurrenz. Die Bedeutung des Autonomiegedankens für die Rechtfertigung der Selbstdopingdelikte schränkt das maßgeblich ein. Es trifft zwar zu, dass die wöchentlichen Netto-Trainingsumfänge bereits im mittleren Juniorenalter im zweistelligen Stundenbereich liegen und sich der Trainingsaufwand in der höchsten Altersstufe der Bundesnachwuchsförderung nicht mehr signifikant von dem deutscher Weltklasseathleten unterscheidet.435 Dennoch 430

Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 51, 107 ff. So Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 43, 135; Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 124 spricht von einem „Koordinationsdilemma Schule-Leistungssport“; Nagel/Conzelmann, Sport and Society 2006, 237 (238); in diese Richtung auch DOSB, Nachwuchsleistungssportkonzept 2020, S. 17. 432 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 40, 53 f.; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 133; in diese Richtung wohl auch Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 199; a.A. Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 226. 433 BT-Drs. 18/4898, S. 19; Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 62, 107 ff., 135; in diese Richtung auch Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 1. 434 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 89. 435 Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 290 hat unter 156 Spitzensportlern mittlere wöchentliche Trainingsumfänge von 10,06 Stunden in der als „Entwicklungsphase“ bezeichneten Altersstufe zwischen circa 12 und knapp 18 Jahren ermittelt. Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland, S. 11 f. zeigen für das Jahr 2009 die Anpassung der Trainingsumfänge im Übergang vom Nachwuchs- in den Erwachsenenbereich auf: C-Kader: 17,1 431

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scheinen deutsche Spitzensportler eher eine überdurchschnittlich gute als eine unterdurchschnittliche Bildung zu besitzen. Während in Deutschland im Jahr 2014 28,8 % der Personen im Alter von mindestens 15 Jahren Fach- oder Hochschulreife besaßen,436 hatten unter den seinerzeit von Breuer/Hallmann/Ilgner befragten aktuellen Kader-Athleten 35,9 % das Abitur absolviert.437 Noch deutlicher werden die Unterschiede bei Betrachtung des Bildungstands der an der Studie teilnehmenden ehemaligen Kader-Athleten. Unter ihnen hatten 70,3 % der Befragten mindestens das Abitur absolviert.438 Diese massive Diskrepanz mag man noch mit dem methodischen Einwand relativieren, dass der Rücklauf unter den ehemaligen Athleten gering war und die Bereitschaft zur Förderung künftiger Athleten-Generationen durch die Teilnahme an einer Studie von einer hohen Bildung begünstigt werden dürfte, die damit in der Studie überrepräsentiert wäre.439 Auf ein verhältnismäßig hohes Bildungsniveau von Spitzensportlern deuten aber auch die Erhebungen von Schmidt/ Saller hin, nach denen 43,8 % der von ihnen befragten aktiven Kader-Athleten das Abitur bereits bestanden hatten.440 Dafür sprechen außerdem die Erhebungen des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes zu den Berufsbildern deutscher Olympiateilnehmer.441 Regelmäßig machen Studenten und Absolventen einer akademischen Ausbildung etwa die Hälfte des Olympia-Teams aus.442 Dass Dewenter/ Stunden; B-Kader: 19,1; A-Kader: 17,8; ähnliche Ergebnisse für die Hochleistungsphase ab circa 18 Jahren bei Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 290: 16,01 Stunden. 436 Statistisches Bundesamt, Bevölkerung nach Bildungsabschluss in Deutschland. 437 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, 2015, S. 20. Die weiteren Darstellungen zu den höchsten Bildungsabschlüssen von Breuer/Hallmann/ Ilgner wirken angesichts dessen, dass dort keine Trennung zwischen Schul- und beruflichen Bildungsabschlüssen vorgenommen wird, unklar. Unterstellte man, dass jeder Kader-Athlet nur einmal gezählt wird, also zum Beispiel Absolventen eines Hochschulstudiums oder Studenten nicht auch zu den Abiturienten gezählt würden, wären im Kreis der an der Studie teilnehmenden Kader-Athleten (angehende) Akademiker gegenüber der Durchschnittsbevölkerung noch sehr viel deutlicher überrepräsentiert. 438 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, 2015, S. 21. 439 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, 2015, S. 2, 9: Bei im Jahr 2014 etwa 3.800 geförderten Sporthilfe-Athleten und einer Grundgesamtheit der Studie von (vorbehaltlich mit mehreren E-Mail-Adressen verzeichneter Personen) 14.958 Athleten ergibt sich, dass der Fragebogen an circa 11.000 ehemalige Athleten versendet wurde. Bei 501 verwerteten Aussagen entspricht das einem Rücklauf von etwa 5 %. 440 Schmidt/Saller, Kollege Spitzensportler: Chancen für Wirtschaft und Athleten, 2013, S. 17. 441 S. 124 f. 442 Rio 2016: 44 %; London 2012: 52,5 %; Peking 2008: 46,4 %; Athen 2004: 43,2 %, s. Schneider/Frenzel/Merz/Fischer, Studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei den Olympischen Spielen 2016, Tab. 1. Davon befindet sich der größte Teil noch im Studium (Anteil der Statusgruppe „Studierende an der Olympiamannschaft“: Rio 2016: 36,7 %; London 2012: 42,4 %; Peking 2008: 37,0 %; Athen 2004: 34,1 %). Maennig, London 2012, S. 1 nimmt für 2012 mit 35 % niedrigere Werte für die Statusgruppe „Studierende“ an.

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Giessing bei einem Vergleich des Einkommens ehemaliger Leistungssportler mit den Einkünften von Nichtleistungssportlern mit vergleichbaren soziodemographischen, persönlichen und charakterlichen Eigenschaften einen positiven Effekt der Ausübung von Leistungssport auf das spätere Nettoeinkommen festgestellt haben,443 spricht außerdem in der Tendenz dagegen, dass sich aus etwaigen Schwierigkeiten der Vereinbarkeit sportlicher und außersportlicher Karriere während der Aktivität ergeben müsste, dass ursprünglich bestehende Berufschancen durch eine Konzentration auf die sportliche Laufbahn langfristig zwingend Schaden nehmen.444 Es deutet einiges darauf hin, dass eine solche Befürchtung auch nicht die Selbstwahrnehmung deutscher Spitzensportler prägt. Bei von Breuer, Hallmann und Ilgner in den Jahren 2009, 2013, 2014 und 2015 vorgenommenen Befragungen deutscher Kader-Athleten zu acht vorgegebenen Thesen zur Situation von Spitzensportlern erhielt die Aussage, dass man sich „gut gerüstet für die nachsportliche Karriere“ sehe über den gesamten Erhebungszeitraum hinweg die zweithöchste Zustimmungsquote unter den Athleten. Die Aussage, dass man „Angst vor der Zeit nach dem Leistungssport habe“ wies hingegen stets die geringste Zustimmungsquote auf.445 Bemerkenswert sind diese Wahrnehmungen insbesondere, weil sie geäußert 443

Dewenter/Giessing, Die Langzeiteffekte der Sportförderung – Auswirkung des Leistungssports auf den beruflichen Erfolg, S. 3, 16 f., 22 f., 27. 444 Sichere Rückschlüsse lassen sich aus methodischen Gründen aus der Studie nicht ziehen. So könnte die im Vergleich zu Nichtsportlern bessere Einkommenssituation der Athleten schon deshalb verzerrend wirken, weil nur Berufstätige in die Untersuchung einbezogen wurden, diejenigen, die den Sprung aus dem Sport in das „normale Berufsleben“ nicht geschafft haben, also von vornherein unberücksichtigt blieben; s. Dewenter/Giessing, Die Langzeiteffekte der Sportförderung – Auswirkung des Leistungssports auf den beruflichen Erfolg, S. 15. Im Übrigen greift auch für diese Studie die Überlegung, dass womöglich eher umsichtige Ex-Sportler an der Studie teilnahmen, die dann womöglich auch strukturell eher zur Generierung höherer Einkünfte in der Lage sind als andere Sportler. In der Tendenz gegen durchgreifende Nachteile einer spitzensportlichen Laufbahn für die nachfolgende Berufskarriere sprechen sich indes auch Nagel/Conzelmann, Sport and Society 2006, 237 ff. aus. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Karrieren der an dieser Studie teilnehmenden ehemaligen Athleten durch die Kommerzialisierungs- und Professionalisierungsentwicklung nach der Jahrtausendwende nicht mehr beeinflusst wurden, s. ebenda S. 257. 445 Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 31, Tab. 13. Die Werte der Erhebung von 2009 sind mit denen der Folgejahre nur bedingt vergleichbar, s. dort S. 27. Die Diskrepanz zwischen den Zustimmungswerten relativiert sich dadurch, dass die jeweiligen Zustimmungswerte lediglich Tendenzwahrnehmungen darstellen. Die Athleten fühlten sich also (lediglich) eher „gut gerüstet für die nachsportliche Karriere“ und hatten eher „keine Angst vor der Zeit nach dem Leistungssport“. Für die Daten aus 2009 findet sich bei Breuer/Wicker, Sportökonomische Analyse der Lebenssituation von Spitzensportlern in Deutschland, S. 39 f., Tab. 32, 33 indes auch eine Aufschlüsselung nach vollkommener Zustimmung oder Ablehnung zu den jeweiligen Statements, die die Tendenzwahrnehmungen nach hiesiger Interpretation eher verstärkt als abschwächt: Vollkommene Zustimmung zur These „Ich bin gut gerüstet für die nachsportliche Karriere“: 19,1 %; „Ich habe Angst vor der Zeit nach dem Leistungssport“: 9,4 %; vollkommene Ablehnung der These „Ich habe Angst vor der Zeit nach dem Leistungssport“: 31,9 %; „Ich bin gut gerüstet für die nachsportliche Karriere“: 11,1 %.

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wurden, obwohl die Sportler ihre finanzielle Zukunft eher nicht als abgesichert und auch in Hinblick auf ihr aktuelles persönliches Einkommen Verbesserungsbedürftigkeit (an-)sahen.446 Das indiziert, dass die Athleten sich ihrer verhältnismäßig guten Bildung bewusst sein dürften.447 In diese Richtung deuten auch die Erhebungen von Schmidt/Saller. Sie stellten fest, dass knapp 90 % der von ihnen befragten KaderAthleten es für eher oder sogar sehr wahrscheinlich halten, in der Zukunft in einem von ihnen bevorzugten Berufsfeld arbeiten zu können.448 Lediglich 3,1 % gaben hingegen an, dass sie ein Erreichen ihres Berufsziels für eher oder sehr unwahrscheinlich halten.449 Eine methodische Einschränkung der Validität dieser Ergebnisse ergibt sich daraus, dass die befragten aktiven Spitzensportler zum Zeitpunkt ihrer Befragung relativ jung waren. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass ihnen der Moment der Entdeckung gefühlter biografischer Engführung noch bevorstand. Die Studie von Breuer/Hallmann/Ilgner über die „Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland“, an der neben aktiven auch ehemalige Kader-Athleten teilnahmen, zeigt tatsächlich, dass die befragten Sportler mit der Entwicklung ihrer sportlichen und außersportlichen Karriere nur bedingt zufrieden sind.450 Allerdings spielt sich diese Stagnation auf einem verhältnismäßig hohen Niveau ab. Sowohl mit ihrem „internationalen sportlichen Erfolg“ als auch der beruflichen Karriere(-aussicht) sind die Sportler eher zufrieden als unzufrieden.451 Damit wird die These zweifelhaft, dass im Hochleistungssport angelangte Athleten die Fortführung ihrer Karriere auch bei etwaiger sportlicher Überforderung als alternativlos betrachteten, weil sie sich allein über den Sport definierten. Breuer, Hallmann und Ilgner ermittelten zwar, dass mit deutlich unter 10 % tatsächlich nur ein geringer Teil der ehemaligen Kader-Athleten ihre Laufbahn wegen erkannter

446 Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 30 f., Tab. 13; zweit- bzw. drittniedrigste Zustimmungsquote zur Aussage „Meine finanzielle Zukunft ist abgesichert“ (mit 2009: 2,1; ohne 2009: 2,13); S. 32, Tab. 14. 447 Dafür spricht auch, dass bei der Befragung zur Zufriedenheit mit den Indikatoren Schulund Berufsausbildung, Familienleben, Freizeit und persönlichem Einkommen die Zustimmung zur Zufriedenheit mit der eigenen Schul- und Berufsausbildung den höchsten Mittelwert erhielt, s. Breuer/Hallmann/Ilgner, Akzeptanz des Spitzensports in Deutschland, S. 32, Tab. 14. Bei Außerachtlassung der Werte für 2009 decken sich die Zustimmungswerte von „Schul- und Berufsausbildung“ und „Familienleben“. 448 Schmidt/Saller, Kollege Spitzensportler: Chancen für Wirtschaft und Athleten, S. 10, 17: sehr wahrscheinlich: 44,1 %; eher wahrscheinlich: 41,8 %. Die Stichprobengröße betrug 1.006 Personen. 449 Schmidt/Saller, Kollege Spitzensportler: Chancen für Wirtschaft und Athleten, S. 17. 11 % beantworteten die Frage nicht. 450 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 33 ff. 451 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 37, Tab. 6.

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Perspektivlosigkeit beendeten.452 Andererseits machten originär sport- oder körperbezogene Motive für das Karriereende mit 37 % auch in der Gesamtbetrachtung nur einen relativ geringen Anteil an den Gründen für die Beendigung der Karriere aus.453 Außersportliche Motive spielen demgegenüber eine bedeutendere Rolle.454 Am häufigsten haben die befragten Ex-Sportler ihre Laufbahn wegen des Studiums oder der sonstigen beruflichen Karriere beendet (37,1 %), wobei diese Entscheidung wesentlich durch die empfundene Unvereinbarkeit von Beruf und Hochleistungssport bestimmt wurde.455 Diese Überlegungen und auch der Umstand, dass lediglich 10,2 % der Athleten aus Altersgründen zurücktraten sprechen trotz methodischer Vorbehalte456 jedenfalls in der Tendenz auch bei in ihrer Karriere fortgeschrittenen Spitzensportlern gegen ein „krampfhaftes Festhalten“ an der Spitzensportkarriere und für ein Bewusstsein der Athleten für außersportliche Lebensalternativen. Dadurch verliert der Autonomiegedanke an Bedeutung. Die dem Grundgesetz zugrundeliegende Vorstellung des selbstbestimmten Menschen gebietet, dass ihm in Ausübung dieser Fähigkeit auch abverlangt wird, Drucksituationen Stand zu halten.457 Dass die tatsächliche Lebenssituation von Spitzensportlern diese Möglichkeit entscheidend einschränkt, konnte nicht ermittelt werden. Die These einer durch biografische Engführung von Spitzensportkarrieren herbeigeführten Alternativlosigkeit der Anpassung an die dopende Konkurrenz mag im Einzelfall und in hochkommerzialisierten Sportarten auch in beträchtlicher Häufigkeit eine Erklärung für Doping liefern. In der Gesamtschau lässt sich jedenfalls anhand rechtlicher Kriterien 452

Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 6. „Ziel erreicht“: 1,3 %; „Erfolgslosigkeit, keine Perspektive“ (4,6 %); „Probleme mit [dem] Verband [und] Nicht-Nominierung“ (4,3 %); „Gesundheit allgemein“: 6,1 %; „Alter“: 10,2 %; „Verletzung“: 10,5 %. 454 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 6. 455 Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 5 f. 456 Die Aussagekraft der Studienergebnisse ist zum einen aufgrund der offenen Fragestellung (Breuer/Hallmann/Ilgner, Erfolgsfaktoren der Athletenförderung in Deutschland, S. 81, Anhang Fragebogen) Unsicherheiten ausgesetzt. Es könnte sein, dass Athleten ihre Motive unter einem bestimmten, hier als „außersportlich“ interpretierten Beendigungsgrund zusammengefasst haben, obwohl auch sportliche Überlegungen in ihre Entscheidungen eingeflossen sind. Es kann also zum Beispiel nicht ausgeschlossen werden, dass ein Athlet angab, die berufliche Karriere vorantreiben zu wollen, obwohl er in der Sache zu diesem Schluss nur aufgrund einer Abwägung kam, deren Entscheidung durch altersbedingte Leistungseinbußen vorbestimmt war. Wenn aber ein Athlet solche Überlegungen nicht unter dem Schlagwort „sportliche Perspektivlosigkeit“ oder „Alter“, sondern dem der „beruflichen Karriere“ zusammenfasst, lässt sich daraus dennoch schließen, dass der außersportliche Werdegang als Alternative wahrgenommen wird. Zum anderen könnte die Struktur der Stichprobe die tatsächlich bestehende Motivationslage verzerren. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem kleinen Kreis von Ex-Spitzensportlern, die sich zur Teilnahme bereit erklärten, um solche handelt, die einen besonderen Weitblick – nicht nur in Hinblick auf ihre Verantwortung für künftige Athletengenerationen, weshalb sie an der Studie teilnahmen, sondern auch – sich selbst gegenüber besaßen mit der Folge, dass die eine duale Karriere priorisierenden Athleten in der Stichprobe überrepräsentiert gewesen sein könnten. 457 Murmann, Die Selbstverantwortung des Opfers im Strafrecht, S. 266. 453

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indes nicht behaupten, dass dem einzelnen Athleten nichts anderes bliebe, als sich der dopenden Konkurrenz anzupassen. Rechtspolitisch kann man die Selbstbestimmtheit der Entscheidung des Athleten als Argument für oder – wenn man vom Nichtstörer den Austritt aus der Welt des Leistungssports verlangt – gegen die Strafwürdigkeit des Selbstdopings ins Feld führen.458 Verfassungsrechtlich verringert sie das Gewicht der insoweit tangierten Interessen. Für das für die Selbstdopingverbote streitende Recht auf autonome Entscheidung über die Eingehung eines gesundheitlichen Risikos bedeutet das, dass seine konkrete Betroffenheit hinter seinem abstrakten verfassungsrechtlichen Gewicht deutlich zurückbleibt. (4) Vermögensinteressen Das gilt auch für die Gefährdung des Wirtschaftsfaktors Sport. Denn das Volumen der Sportförderung in Deutschland sinkt nicht, sondern steigt seit 2011 konstant an.459 Auf individueller Ebene der Akteure des Sports, insbesondere bei der sportlichen Konkurrenz, lassen sich hingegen jedenfalls potentiell erhebliche Beeinträchtigungen von Vermögensinteressen annehmen, auch wenn ein nachweisbarer Kausalzusammenhang insoweit regelmäßig nicht vorliegen wird.460 In Sportarten mit vollständig professionellen Strukturen können dadurch hauptberufliche Erwerbschancen massiv beeinträchtigt werden. Das gilt im deutschen Hochleistungssport allerdings nur für wenige Sportarten wie Fußball, Handball, Ski Alpin, Springreiten, Basketball oder Eishockey – und dort teilweise nur für herausgehobene Akteure. Relevante wirtschaftliche Vorteile können im deutschen Hochleistungssport insgesamt eher selten erzielt werden.461 cc) Der erreichbare Zuwachs an Rechtsgüterschutz Der mit der Schaffung der Selbstdopingverbote erreichbare Rechtsgüterschutz und der damit verbundene reflexartige Schutz von Gesundheit und Vermögensinteressen lässt sich im Wesentlichen auf die generalpräventive Wirkung von Strafgesetzen stützen. Als negative Generalprävention bewirken sie Abschreckung. Positive Generalprävention wird Strafgesetzen durch ihre normbestätigende Wirkung zugeschrieben. Speziell für das Selbstdoping im Spitzensport stehen diese Überlegungen allerdings auf brüchigem Fundament.

458 459 460 461

S. 278 ff. Statista, Sponsoringvolumen für Sport und Kultur in Deutschland von 2011 bis 2016. Zur Betrugsstrafbarkeit des dopenden Sportlers S. 27 ff. S. 121 ff.

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(1) Limitierte Abschreckungswirkung Nach dem Stand der Forschung kommt Strafgesetzen nicht primär aufgrund der in der Rechtsfolgenandrohung enthaltenen Strafhöhe, sondern im Wesentlichen aufgrund des Entdeckungsrisikos Abschreckungswirkung zu.462 Dass die Steigerung des Entdeckungsrisikos Rechtstreue fördert, dürfte für das Phänomen des Selbstdopings in besonderem Maße gelten.463 Doping im Spitzensport stellt sich nach gängiger Auffassung als Ergebnis einer rationalen Kosten-NutzenAbwägung dar.464 Gegenüber Sieg, Ruhm, Ehre und Geld besteht das dopinghemmende Risiko neben etwaigen Beschaffungskosten und Gesundheitsschäden auch in der Gefahr der Entdeckung des Regelverstoßes, wodurch der Sportler einen Verlust seines Ansehens erleiden und sich Rückzahlungsforderungen von Geldgebern ausgesetzt sehen könnte.465 Es ist davon auszugehen, dass Sportler grundsätzlich nicht dopen möchten.466 Das gründet auf der Annahme, dass sie die mit Dopingsubstanzen verbundenen Gesundheitsgefahren – soweit sie ihnen bewusst sind – nicht um ihrer selbst willen eingehen, sondern weil sie gewinnen wollen und meinen, dass dies ohne Doping nicht möglich sei. Ein wirksamer Kontrollmechanismus würde deshalb die vielen Athleten schützen, die Doping im Grundsatz ablehnen, weil sie nicht befürchten müssten, durch ihr regelkonformes Verhalten Nachteile zu erleiden. Dennoch ist zweifelhaft, ob die Furcht vor Entdeckung durch die strafbewehrten Selbstdopingverbote in relevantem Maße intensiviert wird. Für die Anwendungsund Teilnahmetatbestände der §§ 3 Abs. 1, Abs. 2; 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5 AntiDopG gründet das insbesondere darauf, dass sich Anfangsverdacht und Beweiswürdigung in einem Strafverfahren wegen Selbstdopings im Regelfall auf ein positives Testergebnis im Rahmen des sportrechtlichen Kontrollsystems werden stützen müssen.467 462

BMI/BMJ, Zweiter Periodischer Sicherheitsbericht, S. 101. Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 116; Bette, Doping-Magazin 2016, 10 (11); Figura, Doping, S. 92; Dilger/Tolsdorf, Schmollers Jahrbuch 130 (2010), 95 (102). 464 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 114, 137; Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 59; Figura, Doping, S. 63; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 140; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 200, 211; Dilger/Tolsdorf, Schmollers Jahrbuch 130 (2010), 95 (99); i.E. auch Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 31 f. 465 Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 60; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 140; Frenger/Pitsch/Emrich, Sportwiss 2012, 188 (190). 466 Krüger, in: Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 17. Der geständige Ex-Radprofi Rolf Järmann schätzte – aufgezeichnet von Wagner, in: Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 38 – für das Ende der 1990er Jahre, dass der größte Teil der Profis „quasi gezwungenermassen“ Dopingmittel eingenommen habe: „[I]ch schätze rund 80 Prozent. Sie nehmen zwar EPO, würden aber viel lieber ohne fahren.“ 467 Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 16; Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 27; Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, 463

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Problematisch ist daran zunächst, dass Spitzenathleten sportrechtlich nach Art. 5.3.2 des NADA-Codes gezwungen sind, anlasslos Proben abzugeben. Eine Verweigerung der Probeentnahme kann nach Art. 10.3.1 des NADA-Codes eine vierjährige Sperre nach sich ziehen. Gibt ein Athlet hingegen eine positive Probe ab, hat er selbst maßgeblich an seiner eigenen Überführung im Verbandsverfahren mitgewirkt. Das ist in Hinblick auf die Selbstbelastungsfreiheit des Angeschuldigten in einem Strafverfahren zumindest bedenklich. Die eingegangene sportrechtliche Verpflichtung ist zwar keine staatliche und der Athlet ist sie auch freiwillig eingegangen. Dem Spitzensportler bleibt als Alternative zur Anerkennung des Dopingkontrollsystems aufgrund der mittlerweile im Wesentlichen weltweiten Gültigkeit des WADA-Codes indes nur der Verzicht auf die Ausübung des Spitzensports.468 Aufgrund dieses faktischen Zwangs lässt sich nicht ohne Weiteres von der Hand weisen, dass im sportrechtlichen Verfahren abgegebene Dopingproben im Strafverfahren einem Beweisverwertungsverbot unterliegen könnten.469 Regelmäßig dürfte die Schwierigkeit indes schon in der Schöpfung eines Anfangsverdachts liegen.470 Ein positiver Dopingtest erscheint nach dem derzeitigen Stand der Dinge nämlich eher als „Zufallsfund“. Der Staat dürfte seinen Strafanspruch deshalb oftmals allenfalls durchsetzen können, wenn er andere – mittelbare – Hinweise aus dem Sport erhält.471 Ein Grund für die mangelhafte Bekämpfung des Dopings durch den Sport dürfte aber neben der Optimierungsbedürftigkeit der Nachweisbarkeit von Dopingverstößen gerade darin liegen, dass sich die Beteiligten im Spitzensport in einer gefühlten „Schicksalsgemeinschaft“ befinden, in der – wie noch zu zeigen sein wird – nur der Erfolg zählt und Doping zumindest als dessen Begleiterscheinung akzeptiert wird.472 Auch im Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des 2007 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport aus dem Jahr 2012 heißt es, dass die vermutete, besonders hohe Dunkelziffer im Bereich der Doping-Kriminalität darauf beruhe, dass es aufgrund

AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 41; Bott/Mitsch, KriPoZ 2016, 159 (163); Jakob, Doping-Magazin 2017, 22 (25, 27); Momsen, KriPoZ 2018, 21 (24). 468 Ähnlich auch BGH NJW 2016, 2266 (2271) im „Fall Pechstein“: „freiwillig, aber fremdbestimmt“. 469 Für ein Beweisverwertungsverbot Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 126 ff.; in diese Richtung auch Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 12; Deutscher Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 5; Jahn, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 27 ff.; Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, Vor §§ 1 ff. Rn. 39; dagegen Hauptmann/Rübenstahl, MedR 2007, 271 (279); Heger, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 12; Steiner, ZRP 2015, 51 (52); offen gelassen von Geisler, in: Knierim/Oehmichen/Beck/Geisler, Gesamtes Strafrecht aktuell, Kap. 13 Rn. 17 f.; Lutz, HRRS 2016, 23 (26 f.). 470 Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 9. 471 Wußler, DRiZ 2017, 10 (11); in diese Richtung wohl auch Vesper, Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 24. 472 Blasius, Doping im Sport, S. 7; näher S. 263 ff.

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besonders ausgeprägter Abschottung der Beteiligten kaum zu Anzeigen aus dem Milieu komme und „sich kaum einer der Beteiligten als Opfer fühlt.“473 Hinweise aus dem Sport erscheinen in Hinblick auf den Erwerbs- und Besitztatbestand der §§ 3 Abs. 4; 4 Abs. 2 AntiDopG als noch unwahrscheinlicher. Der Besitz von Dopingmitteln ist zwar nach Art. 2.6 des NADA-Codes auch sportrechtlich verboten. Anders als in Hinblick auf die unerlaubte Anwendung von Dopingmaßnahmen existieren insoweit aber schon keine Ermittlungsbefugnisse der Kontrollinstanzen des Sports.474 Rechtsvergleichende Überlegungen sprechen – will man im Mangel an Fallzahlen nicht gerade den Beweis der Wirksamkeit der Pönalisierung erblicken – ebenfalls gegen einen effektiven Zugriff des Strafrechts auf den dopenden Sportler. Eine Abfrage des Bundesministeriums des Innern hat ergeben, dass es in den regelmäßig den Besitz und oder den Konsum von Dopingmitteln strafrechtlich sanktionierenden Staaten Dänemark, Frankreich, Italien, Portugal und Schweden zwischen 2009 und 2013 zu keiner einzigen Verurteilung eines Sportlers gekommen ist.475 Im Ergebnis bleibt damit offen, woraus eine Erhöhung der Aufdeckungsgefahr von Dopingverstößen durch Schaffung eines strafbewehrten Selbstdopingverbots resultieren soll.476 (2) Zweifel an der moralischen Verbindlichkeit der Norm Strafnormen entfalten präventive Wirkung insbesondere, wenn sie vom Normadressaten als moralisch verbindlich empfunden werden.477 Die Selbstdopingverbote dürften also insbesondere befolgt werden, falls sie auf tatsächlich gelebter sportethischer Praxis basierten. Das erscheint als zweifelhaft, da nicht nur der einzelne Athlet, sondern auch sein sportliches Umfeld in erster Linie am Erfolg interessiert ist. Verstärkt wird diese Leistungsbezogenheit der sportlichen Wertmaßstäbe dadurch, dass auch die am Spitzensport interessierten Gesellschaftsakteure – seien es die Medien, die Wirtschaft, das Publikum und nicht zuletzt der Staat – auf „Zweitklassigkeit“ zumindest auf lange Sicht mit Nichtachtung reagieren.478 Vieles spricht deshalb für eine der normstabilisierenden Wirkung der Strafbewehrung der Selbstdopingverbote entgegenstehende Unterwanderung des Fairness- durch den Leistungsgedanken.479 473 Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport, S. 10. 474 Darauf weisen Maihold, Mortsiefer und Rössner hin, s. Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 28, 30 f. 475 Nachrichtlicher Hinweis des Bundesministeriums des Innern, Expertengespräch zur Dopinggesetzgebung am 26. 09. 2013, Druckfassung, S. 64. 476 Für eine negative generalpräventive Wirkung hingegen Bindels, in: Pfister (Hrsg.), Das Anti-Doping-Gesetz, S. 9 (24). 477 Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, S. 402. 478 S. 263 ff. 479 A.A. Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6.

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Empirisch beweisbar ist diese These indes von Natur aus nicht. Mit verfassungsrechtlicher Verbindlichkeit lässt sie sich der Vermutung normstabilisierender Wirkung eines jeden Strafgesetzes deshalb nicht entgegengehalten. Ihre maßgebliche Bedeutung entfaltet sie mithin auf der Ebene der rechtspolitischen Bewertung der Selbstdopingdelikte.480 dd) Abstraktes Gewicht und (geringe) Intensität der Betroffenheit der entgegenstehenden Grundrechte Die Weite des Schutzbereichs des Art. 2 Abs. 1 GG gebietet, dass die allgemeine Handlungsfreiheit zugunsten verfassungsgemäßer Ziele des Gemeinwohls grundsätzlich eingeschränkt werden kann. Soweit Dopingmaßnahmen gesundheitsgefährdend sind und das Recht auf Selbstbestimmung über die eigene körperliche Integrität eines dopinggeneigten Sportlers betroffen ist, kommt Art. 2 Abs. 1 GG demgegenüber bei abstrakter Betrachtung eine deutlich gesteigerte Bedeutung zu. Auf Rechtsfolgenseite ist das Recht auf Freiheit der Person im Ausgangspunkt von überragender Wichtigkeit. Die Intensität der Beeinträchtigung des Rechts zur Selbstschädigung ist indes gering. Im absoluten Regelfall ist die Anwendung von auf der Verbotsliste notierten Substanzen oder Methoden im Spitzensport Mittel zum Zweck der Herbeiführung des sportlichen Erfolgs. Damit erscheint eine etwaige Selbstschädigung primär als unerwünschte Nebenfolge angestrebten sportlichen Erfolgs. Wer schneller, stärker oder ganz allgemein „besser“ werden will, dürfte kaum zugleich erstreben, seinen Körper zu schädigen. Dass nur solche Fälle erfasst werden, stellt die gesetzliche Fassung der Selbstdopingdelikte durch das Erfordernis der Vorteilsverschaffungsabsicht in einem sportlichen Wettbewerb sicher. Es sind kaum Fälle denkbar, in denen der Tatbestand der Selbstdopingverbote verwirklicht wird und sich der Athlet zugleich um seiner selbst willen schädigen will. Die Gesundheitsschädlichkeit des Dopings streitet über den Autonomiegedanken deshalb noch eher für als gegen die Strafbarkeit des Selbstdopings. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Athlet sportrechtlich auf sein Recht auf Selbstschädigung verzichtet hat. Darin liegt zwar kein Grundrechtsverzicht des Sportlers gegenüber dem Staat, da dem Erklärungsgehalt der Bindung an die Dopingverbote nur der Wille zur Einhaltung der Wettkampfbedingungen, nicht aber auch eine Zustimmung zur strafrechtlichen Sanktionierung eines diesbezüglichen Verstoßes durch den Staat als Dritten entnommen werden kann.481 Der privatrechtlichen Verzichtserklärung kommt aber Bedeutung für die Abwägung zu. Der Sportler darf sich ohnehin nicht dopen. Er hat sich trotz faktischer Verhandlungsschwäche

480

S. 263 ff. Zum Grundrechtsverzicht im Allgemeinen Sachs, GG, Vorb. Abschnitt I Rn. 52 ff.; Fischinger, JuS 2007, 808. 481

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rechtlich freiwillig für eine Unterwerfung unter die Dopingregeln entschieden.482 Die mitgliedschaftliche oder vertragliche Bindung an die Dopingregeln ist das Ergebnis der privatautonomen Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Athlet und Verbänden als Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit. Das kann bei einer gegen die Zulässigkeit der Selbstdopingdelikte ins Feld geführten Argumentation mit der Autonomie des Sportlers (über die Wahrung körperlicher Integrität) nicht ausgeblendet werden. Die Erwartung, dass sich die Teilnehmer eines Wettkampfs an die vorgeschriebenen Regeln halten ist im Grundsatz keine übermäßige Einschränkung des Freiheitsraums des Einzelnen.483 Dass dem Sportler die Erfüllung dieser Verhaltenserwartung trotz eines etwaigen Anpassungsdrucks durch die Dopingdevianz der Konkurrenz grundsätzlich möglich ist, wurde bereits dargelegt.484 Die Intensität der mit der Rechtsfolgenandrohung verbundenen Grundrechtseingriffe ist ebenfalls vergleichbar gering. Der Strafrahmen der angedrohten Freiheitsstrafe orientiert sich in Hinblick auf die Strafrahmenuntergrenze am gesetzlichen Mindestmaß. Regelmäßig dürfte es außerdem – wenn der Dopingverstoß einmal erwiesen ist – schon gar nicht zur Verhängung einer Freiheitsstrafe kommen, da eine sportrechtliche Sperre bei der Strafzumessung mildernd zu berücksichtigen ist und angesichts des in Art. 10.2.1.1 des NADA-Codes vorgesehenen Regelstrafrahmens von vier Jahren bereits für einen (vorsätzlichen) Erstverstoß kaum von einer relevanten Wiederholungsgefahr ausgegangen werden kann.485 ee) Überschreiten der Zumutbarkeitsgrenze Die Selbstdopingdelikte sind verhältnismäßig im engeren Sinne, wenn das konkrete Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe dazu führt, dass die Schwere der damit verbundenen Grundrechtsbeeinträchtigungen die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschreitet.486 Besondere Bedeutung hat für den Maßstab dieser Bewertung, dass der Rechtsprechung als Ausfluss der Gewaltenteilung keine Abwägungs-, sondern nur eine Kontrollkompetenz zusteht. Das führt dazu, dass die Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung einen Verstoß gegen das Übermaßverbot erst begründet, wenn sie den Zuwachs an Rechtsgüterschutz deutlich überwiegt.487 Im Ausgangspunkt ist dazu festzustellen, dass die rechtliche Chancengleichheit durch Doping einer intensiven Gefährdung ausgesetzt wird. Der durch die Strafbewehrung des Selbstdopings erreichbare Rechtsgüterschutz ist indes gering, dürfte er sich doch im Wesentlichen auf eine nicht messbare normstabilisierende Wirkung der Verbote stützen. 482 BGH NJW 2016, 2266 (2271) für die Zulässigkeit der Unterzeichnung einer Schiedsvereinbarung als Teilnahmebedingung (Fall Pechstein). 483 BGH NJW 1995, 583 (584). 484 S. 246 ff. 485 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 103. 486 BVerfG NJW 1994, 1577 (1579); 2008, 1137 (1138). 487 BVerfG NJW 1994, 1577.

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

Die für die Legitimität der Selbstdopingdelikte streitenden Schutzreflexe und die dem entgegenstehenden Interessen begegnen sich zumindest in ihrer konkreten Betroffenheit auf verhältnismäßig niedrigem Niveau. Die empirische Datenlage enthält keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass der durchschnittliche deutsche Spitzensportler mangels außersportlicher Lebensalternativen zwingend in Kauf nehmen müsse, was der sportliche Erfolg verlangt. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes ist ein strafrechtliches Einschreiten zugunsten des regelkonform orientierten Athleten damit nicht übermäßig dringlich. Das gilt jedenfalls auch für den Schutz des Sports als Wirtschaftsfaktor, da er unter dem Dopingproblem faktisch nicht leidet. Eine intensive Beeinträchtigung kann im Grundsatz für die hochrangige Freiheit des Sportlers festgestellt werden, in einem dopingfreien und damit rechtlich fairen Wettbewerb wirtschaftliche Einkünfte zu erzielen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das im deutschen Hochleistungssport jedenfalls vollprofessionell nur selten möglich ist. Die Argumentationskraft des gegen die Legitimität der Selbstdopingdelikte sprechenden Rechts auf Selbstschädigung ist gering. Die gesetzliche Fassung der Tatbestände stellt sicher, dass dessen Kern – die Schädigung der Gesundheit als Selbstzweck der Handlung – kaum jemals betroffen sein wird. Hinzukommt, dass der Sportler der Einschränkung seines Selbstschädigungsrechts zugestimmt hat. Die Erwartung, dass er sich daran hält, ist die logische Konsequenz rechtlich freiverantwortlichen Handelns. Tut er das nicht, sieht die Rechtsfolgenandrohung die Möglichkeit milder Sanktionierung vor. (1) (Versuchte) Teilnahme, §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 AntiDopG Diese Überlegungen führen dazu, dass jedenfalls der Teilnahmetatbestand der §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 Nr. 5 AntiDopG verhältnismäßig ist. Mit dem Erfordernis der Wettkampfteilnahme realisiert sich die mit der Anwendung von Dopingmaßnahmen verbundene Gefahr, dass es zu einer Verzerrung der Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb kommt. Der Verstoß gegen die Dopingregeln wirkt sich hier unmittelbar auf das Wettkampfgeschehen aus. Dass der Tatbestand nicht erfordert, dass aus ihm tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil resultiert, ist aufgrund der Schwierigkeit des Nachweises eines solchen Kausalzusammenhangs sachgerecht. Die Versuchsstrafbarkeit nach § 4 Abs. 3 AntiDopG ist jedenfalls bei restriktiver Interpretation des Vollendungszeitpunkts und konsequenter Anwendung des § 22 StGB ebenfalls verfassungsgemäß. Nach hier vertretener Auffassung liegt eine Teilnahme an einer Veranstaltung des organisierten Sports erst vor, wenn sich der Athlet aktiv am Wettkampfgeschehen beteiligt.488 Das tut er, wenn er in eine Auseinandersetzung mit seinen Konkurrenten eintritt, in dem er mit ihnen (um ein Spielgerät) kämpft oder im direkten oder bei einer Zeitnahme mittelbaren Vergleich gegen sie läuft oder fährt. Nicht ausreichend sind dagegen die bloße Anmeldung zum Wettkampf und sonstige Vorbereitungshandlungen wie beispielsweise das Auf488

S. 80.

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wärmtraining.489 Der verfassungsrechtlich erforderliche Bezug des tatbestandlichen Verhaltens zu einer denkbaren Rechtsgutsbeeinträchtigung ergibt sich für den Versuch aus einer strikten Anwendung des § 22 StGB.490 Danach überschreitet der Täter die Schwelle zum unmittelbaren Ansetzen nicht etwa bereits mit der Anmeldung zum Wettkampf, sondern erst, wenn dem Laufen, Spielen oder Kämpfen gegen die Konkurrenz nach seiner Vorstellung keine wesentlichen Zwischenschritte mehr bevorstehen.491 Das ist frühestens beim Aufwärmen in der Arena der Fall. In einem solchen Fall hängt die faktische Beeinträchtigung der rechtlichen Chancengleichheit in aller Regel nur noch vom Zufall ab. (2) (Versuchte) Anwendung, §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 AntiDopG Die Vorverlagerung der Strafbarkeit gegenüber einer tatsächlichen Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit in einem konkreten Wettbewerb durch Pönalisierung bereits der Anwendung von Dopingmaßnahmen ist unter Zugrundelegung der auf die Regelhaftigkeit des Ablaufs sportlicher Wettkämpfe abzielenden gesetzgeberischen Schutzkonzeption nachvollziehbar. Ob man das auf eine gesteigerte Effektivität des sportlichen Dopingkontrollsystems in der Trainingsphase stützen kann, ist – ungeachtet etwaiger Zweifel an der Legitimität einer primär Beweiszwecken dienenden Strafvorschrift – zweifelhaft. Entgegen der Vermutung, dass die Etablierung eines Traininigskontrollsystems die Dopingbekämpfung gegenüber einem auf Wettkampfkontrollen beschränkten AntiDoping-Kampf entscheidend voranbringen könne,492 indizieren die Teststatistiken der NADA nämlich eher eine (deutlich) höhere Wirksamkeit von Wettkampfkontrollen.493 Die Vorverlagerung der Strafbarkeit lässt sich unter Rechtsgüterschutzaspekten allerdings jedenfalls damit begründen, dass die Chancengleichheit auch mittelbar und langfristig ohne einen konkreten Bezug zur Teilnahme an einem bestimmten Wettkampf beeinträchtigt werden kann. Nicht selten sollen Dopingpraktiken die 489

Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 22 f.; Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 30; differenzierend Wußler, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AntiDopG, § 3 Rn. 16. 490 Dafür ohne verfassungsrechtliche Bezüge auch Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 76; Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 4 Rn. 66, 70; Weber, BtMG, AntiDopG, § 4 Rn. 226. 491 Heger, in: Pfister, Das Anti-Doping-Gesetz, S. 25 (35 f.) erwägt – ohne abschließend Stellung dazu zu beziehen – hingegen bereits mit Anmeldung zum Wettkampf oder, wenn diese im Ausland erfolgt, mit Grenzübertritt in die Bundesrepublik Deutschland einen Eintritt in das Versuchsstadium. 492 S. etwa Steiner, NJW 1991, 2729 (2736). 493 NADA-Jahresberichte 2015, S. 8, 11; 2016, S. 6, 9; 2017, S. 6, 9; 2018, S. 9; Skepsis gegenüber einer höheren Effektivitität von Trainingskontrollen auch bei Meutgens, DopingMagazin 2017, 6 und Simon: http://www.n-tv.de/sport/-Perverser-geht-es-fuer-Athleten-fastnicht-article11763196.html.

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

Erhöhung des Trainingsumfangs ermöglichen.494 In diesen Fällen wird also sogar eine langfristige Wettbewerbsverzerrung angestrebt.495 Ob diese Fälle bereits von § 3 Abs. 2 AntiDopG oder allein von § 3 Abs. 1 AntiDopG erfasst werden können, hängt von der Interpretation des Merkmals der Teilnahme „unter Anwendung“ in § 3 Abs. 2 AntiDopG ab.496 Diese Fallkonstellation zeigt indes jedenfalls, dass eine nur auf die Teilnahme an einem Wettkampf abstellende Betrachtung das Phänomen des Selbstdopings nicht vollumfänglich erfasst. Mit der Anordnung der Versuchsstrafbarkeit entfernt sich der Anwendungsbereich zunehmend von der tatsächlichen Wettbewerbsverzerrung. Man wird das weniger mit einer eigenständigen, spezifisch auf die Dopingproblematik abgestimmten Schutzfunktion des Verbots im Versuchsstadium als damit rechtfertigen können, dass aufgrund der verhältnismäßig geringen Intensität der Beeinträchtigung der entgegenstehenden Grundrechte nicht ersichtlich ist, dass die für die Strafbarkeit des Selbstdopings ins Feld geführten Überlegungen nunmehr deutlich weniger ins Gewicht fielen. Das setzt aber voraus, dass die Rechtsanwendung nicht schon aus dem bloßen Besitz von Dopingmitteln einen Versuch ihrer Anwendung konstruiert. (3) Erwerb und Besitz Äußerst problematisch ist indes die Erwerbs- und Besitzstrafbarkeit nach §§ 3 Abs. 4; 4 Abs. 2 AntiDopG.497 Es handelt sich gegenüber der unmittelbaren Verzerrung der Chancengleichheit durch die Teilnahme am Wettbewerb um einen Vorbereitungstatbestand des Vorbereitungsdelikts der Anwendung von Dopingmaßnahmen aus § 3 Abs. 1 AntiDopG.498 Eine strafwürdige Rechtsgutsgefährdung bereits durch Erwerb und Besitz lässt sich allenfalls mit der Überlegung begründen, dass nach gängiger sozialwissenschaftlicher Auffassung schon der bei anderen vermutete Verstoß maßgeblichen Dopingdruck ausübe499 und der Glaube an die Notwendigkeit eigener Anpassung an die Devianz der anderen schon dadurch gefördert werden kann, dass Dopingmittel überhaupt im Umlauf sind.500 Dieser Zusammenhang ist aber sehr vage und setzt voraus, dass der Einzelne seinen sportrechtlich verbotenen Besitz bekannt werden 494

S. 164 f. Kreuzer, ZRP 2013, 181 (183). 496 S. 81, 164 f. 497 Skeptisch auch Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 28; Heger, Protokoll-Nr. 18/32 des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, S. 13; Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 8. 498 So BGH NJW 2014, 3459 (3465) für § 89a StGB. 499 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 101, 138. 500 Mit dieser Argumentation lässt sich auch ein mittelbarer Autonomieschutz unter Gesundheitsaspekten nicht von vornherein ausschließen; jedenfalls i.E. gegen eine Verknüpfung von Besitzstrafbarkeit und Gesundheitsautonomieschutz Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 48. 495

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lässt. Dass allein mit Erwerb und Besitz eine strafwürdige Rechtsgutsgefährdung verbunden ist, erscheint eher als Fiktion. Der praktische Zweck dieser Vorverlagerung dürfte auch weniger im Rechtsgüterschutz als in der Ermöglichung eines frühzeitigen Einsatzes strafprozessualer Ermittlungsmaßnahmen liegen.501 Dem steht gegenüber, dass sie – wenn der Besitz von Dopingmitteln einmal bekannt werden sollte – aufgrund der Tatbestandsstruktur des § 3 Abs. 3 AntiDopG jedenfalls im Einzelfall die reale Gefahr schafft, Spitzensportler einem unberechtigten Dopingvorwurf auszusetzen.502 Die Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestages Freitag meint etwa: „Warum, wenn nicht zu Zwecken der unerlaubten Leistungssteigerung, sollte ein Athlet solche Substanzen besitzen?“503

Diese Vermutung trifft für den Regelfall zu, ist der Besitz von Dopingmitteln doch bereits sportrechtlich verboten. Dass es sich bei Ihnen oftmals um Arzneimittel handelt, dürfte allerdings dazu führen, dass Sportler sie dennoch zuweilen aus sozialadäquaten Gründen besitzen, z. B. für Familienangehörige.504 Da der objektive Tatbestand des § 3 Abs. 3 AntiDopG nun aber allein den Besitz eines Dopingmittels verlangt, liegen zumindest rufschädigende Ermittlungsverfahren nahe und sind Fehlurteile aufgrund faktischer Beweislastumkehr zulasten des besitzenden Sportlers zumindest denkbar.505 Diesem Gedanken wird man zwar entgegenhalten müssen, dass ein Verstoß der Judikative gegen Recht und Gesetz schwerlich zur Verfassungswidrigkeit eines fehlerhaft angewendeten Gesetzes führen kann. Er verdeutlicht aber, dass die Verwirklichung des objektiven Tatbestands der §§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 2 AntiDopG von einer Rechtsgutsverletzung sehr weit entfernt ist. Der Besitz von Dopingmitteln ist, soweit sie Arzneimittel sind, als solcher sogar unrechtsneutral. Dieser weitgehenden Vorverlagerung steht allenfalls ein marginaler Zuwachs an Rechtsgüterschutz gegenüber. Man wird von der Rechtspraxis einen äußerst restriktiven Umgang mit der Annahme einer Vorteilsverschaffungsabsicht verlangen müssen. Deshalb muss bereits die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens auf belastbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Vorteilsverschaffungsabsicht gestützt werden.506 Nur aufgrund der Möglichkeit einschränkender Auslegung des subjektiven Tatbestands und weil eine tatschuldangemessene Verurteilung eine

501

Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 8; Zuck, NJW 2014, 276 (281). Jahn, Stellungnahme zum Anti-DopG-E, S. 15 ff. 503 Freitag, DRiZ 2015, 300. 504 Jahn, Stellungnahme zum Anti-DopG-E, S. 15. 505 Jahn, Stellungnahme zum Anti-DopG-E, S. 16 f.; Norouzi, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 6; skeptisch auch Rössner, Stellungnahme zum Anti-DopG-E, S. 8; Hauptmann/ Rübenstahl, MedR 2007, 271 (277) sehen in Absichtsklauseln hingegen eher eine Gefahr durch Schutzbehauptungen. 506 Ähnlich Heger, medstra 2017, 205 (215). 502

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

Freiheitsstrafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung praktisch ausschließt, ist der Erwerbs- und Besitztatbestand gerade noch verfassungsmäßig.507 3. Zwischenergebnis Die Schaffung der strafbewehrten Selbstdopingverbote ist trotz der damit verbundenen antizipierten Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, das Recht der Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG und aufgrund der fakultativen Androhung einer Geldstrafe in Art. 2 Abs. 1 GG keine unverhältnismäßige Einschränkung der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit und – soweit Dopingmaßnahmen gesundheitsschädigend sind – des Rechts auf Selbstbestimmung über eine gesundheitsgefährdende Lebensweise. V. Ergebnis Die §§ 3 Abs. 1, 2, 4; 4 Abs. 1 Nrn. 4, 5, Abs. 2 AntiDopG verletzen die vorgenannten Grundrechte nicht. In den Fällen, in denen ein dopender Athlet maßgebliche wirtschaftliche Vorteile aus seiner sportlichen Betätigung zieht und Art. 12 GG einschlägig ist, ergibt sich nichts anderes. Im Mikrokosmos Berufssport überwiegt das Interesse der regelkonform orientierten Sportler an Teilnahme an einem regelkonformen Wettkampf unter gleichen Bedingungen jenes des dopenden Athleten, sich nicht an die vereinbarten Regeln halten zu müssen, erst recht.508 Das Verbot des Selbstdopings aus § 3 AntiDopG ist auch außerhalb des Hochleistungsbereichs verfassungskonform. Dort begegnen sich die jeweiligen Interessen in noch geringerer Betroffenheit. Dass sich die Verbotswürdigkeit des Dopingverstoßes des Amateursportlers – wenn man nicht sogar gerade dem Breitensport Vorbildfunktionen zuschreibt und darauf abstellt, dass epidemisches Doping im Amateurbereich erst recht die Allgemeinheit belasten würde – von vornherein nicht mit dessen „gesamtgesellschaftlichen“ Auswirkungen begründen lässt, fällt bereits deshalb nicht ins Gewicht, weil dieser Gedanke schon nicht tragend für die Verfassungskonformität der Strafbewehrung des Selbstdopings durch Leistungssportler ist. Man wird zugunsten des Verbots zwar außerdem auch nicht mit der Überlegung argumentieren können, dass durch das Verbot die selbstbestimmte Entscheidung des Sportlers über die Ablehnung von Dopingmaßnahmen geschützt werden solle. § 3 AntiDopG ist damit – auch, weil im Amateursport regelmäßig keine Dopingkon507 Für Verfassungsmäßigkeit Weber, BtMG, AntiDopG, § 3 Rn. 46; Heger, in: Pfister (Hrsg.), Das Anti-Doping-Gesetz, S. 25 (40); dagegen Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 48; skeptisch Eschelbach, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, AntiDopG, § 4 Rn. 29. 508 BGH NJW 1995, 583 (584); Mann, in: Sachs, GG, Art. 12 Rn. 104.

Kap. 2: Rechtspolitische Bewertung der Kriminalisierung

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trollen vorgenommen werden – auf Ebene des Breitensports im Wesentlichen eine symbolische Bekräftigung des sportrechtlichen Dopingverbots. Das belastet den Amateursportler aber nicht übermäßig, da eine Verbotsverletzung staatlich nicht sanktioniert wird.509 Eine selten denkbare, aber etwa im Amateurfußball konstruierbare Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB ändert daran nichts, da die Vermögensrelevanz des Dopingverbots dann auch zu dessen Gunsten streitet. Kapitel 2

Rechtspolitische Bewertung der Kriminalisierung Die vorangegangenen verfassungsrechtlichen Überlegungen haben gezeigt, dass das Gewicht sowohl der für als auch gegen die Pönalisierung des Selbstdopings ins Feld geführten Interessen gering ist. Das zeichnet die Linie der rechtspolitischen Bewertung der Kriminalisierungsentscheidung vor.

A. Ablehnung der Schutzwürdigkeit überindividueller, gesamtgesellschaftlicher Interessen Die gesetzgeberische Auffassung von der Strafwürdigkeit des Selbstdopings stützt sich insbesondere auf die Vielschichtigkeit der Auswirkungen, die Doping im Spitzensport nach sich ziehen kann. Der Gesetzgeber meint: „Der Sport […] schafft Vorbilder für junge Menschen und ist durch die Sportlerinnen und Sportler mit ihren Spitzenleistungen zugleich Aushängeschild für Deutschland in der Welt. Bund, Länder und Kommunen unterstützen ihn deshalb mit umfangreichen öffentlichen Mitteln. Daneben ist der Sport auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. […] Durch Gehälter, öffentliche Fördermittel, Start- und Preisgelder sowie Sponsorengelder eröffnet der Sport viele Einnahmemöglichkeiten. […] Das Doping geht zu Lasten der ehrlichen Konkurrenten […]. Getäuscht und geschädigt werden aber auch Veranstalter, Vereine, Sponsoren, Medien, die von dem Sportereignis berichten, Zuschauer und alle anderen, die in der Erwartung eines fairen sportlichen Wettbewerbs am Sport teilhaben, ihn verfolgen und Vermögenswerte aufwenden.“510

Und weiter: „Nur wenn Fairness und Chancengleichheit gewährleistet sind, werden Nachwuchssportlerinnen und Nachwuchssportler für den Sport zu begeistern sein und den erheblichen zeitlichen und körperlichen Aufwand auf sich nehmen, um für Spitzenleistungen zu trainieren. Nur wenn der Sport dopingfrei ist, werden Zuschauer die Sportveranstaltungen

509 510

A.A. Parzeller/Prittwitz, StoffR 2015, 2 (12). BT-Drs. 18/4898, S. 17, 22 f. (Hervorhebung durch den Verfasser).

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

besuchen und Medien von diesen berichten, lässt es sich rechtfertigen, dass der Staat den Spitzensport fördert, und wird es private Investitionen in den Sport geben.“511

In der Wahrnehmung des Gesetzgebers steht damit die gesamtgesellschaftliche Relevanz der Wahrung rechtlicher Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb im Vordergrund. Es handelt sich bei ihr de lege lata um ein kollektives Rechtsgut.512 Das ist im gedanklichen Ansatz nicht zu bemängeln, da Doping aufgrund der gestiegenen gesellschaftlichen Bedeutung des Sports nicht nur die sportliche Konkurrenz – also ein Zwei Personen-Verhältnis –, sondern tatsächlich zumindest potentiell vielfältige Interessen tangieren kann. In einem dem Gemeinwohl dienenden Strafrechtssystem ist es nicht von vornherein ein Mangel, in Abkehr von traditionalistischem, monistisch-personalen Rechtsgutsdenken den Selbstdopingverboten ein heterogenes Schutzkonzept zu unterlegen, das sämtliche negativen Auswirkungen eines verbotswürdigen Verhaltens berücksichtigt. Die vorangegangenen Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit der durch die Schaffung der Selbstdopingdelikte bewirkten Grundrechtseingriffe haben allerdings bereits gezeigt, dass an einer den Einsatz des Strafrechts rechtfertigenden Intensität der gesellschaftsschädlichen Auswirkungen des Selbstdopings erhebliche Zweifel bestehen. Es wurde dargelegt, dass sich die für die Legitimität der Selbstdopingdelikte streitenden „integritätsgefährdenden“, gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des Dopings zumindest in ihrer konkreten Betroffenheit auf niedrigem Niveau bewegen.513 Die vom Gesetzgeber bemühten Schädigungsszenarien beschreiben eher eine fiktive denn reale Gefährdungslage: Die Begeisterung der Bevölkerung für den Spitzensport und die Förderbereitschaft des Staates sind derzeit nicht ernstlich in Gefahr. Auch der Sport als Wirtschaftsfaktor, der insoweit reflexartig geschützt wird, leidet faktisch nicht. Das weckt aus rechtspolitischer Perspektive bereits im Ausgangspunkt Zweifel daran, dass es geboten wäre, zur Vermeidung der vom Gesetzgeber ins Feld geführten gesamtgesellschaftlichen Schäden das Strafrecht einzusetzen. Diese verfestigen sich, wenn man einen Blick auf die Gründe der – erkennbarer Dopingprobleme im Spitzensport zum Trotz – weitgehenden Unversehrtheit der gesamtgesellschaftlichen Funktionen des Spitzensports wirft. Sie erschließen sich durch eine Analyse der strukturellen Ursachen des Dopings im Hochleistungsbereich. Auch wenn die individuelle Entscheidung des dopenden Athleten jedenfalls im juristischen Sinne zumeist selbstbestimmt sein wird, ist sie nicht allein das Ergebnis der kompromisslosen Erfolgsorientierung des einzelnen Sportlers. Mit den Worten von Bette und Schimank verursachen gerade die nach Auffassung des Gesetzgebers in schutzwürdigen Interessen gefährdeten Gesellschaftsakteure einen mittelbaren,

511 512 513

BT-Drs. 18/4898, S. 27; ganz ähnlich auch dort S. 1, 17, 19. S. 160 f. S. 244 ff.

Kap. 2: Rechtspolitische Bewertung der Kriminalisierung

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„strukturellen“ Dopingzwang.514 Das betrifft zum einen die Akteure des Sports, also das unmittelbare sportliche Umfeld von Spitzensportlern und die Verbände, zum anderen aber auch die am Sport interessierten externen Gesellschaftsakteure. Massenmedien, Wirtschaft, das Publikum und nicht zuletzt der Staat schaffen durch ihre vielschichtigen Einwirkungen und Interessen eine dopingfördernde Gemengelage. Daraus entsteht ein unausgesprochener Wertekonsens, der Doping als Mittel zur Erreichung sportlichen Erfolgs als oberstem Leitwert zumindest unausgesprochen in Kauf nimmt. I. Sportbegeisterung in der Bevölkerung als Auslöser des Folgeinteresses von Wirtschaft, Medien und Politik Die intrinsische Leistungsorientierung von Spitzensportlern wird maßgeblich durch die Rahmenbedingungen intensiviert, auf die sie im Kontext einer etwaigen Entscheidung über die Einnahme von Dopingsubstanzen treffen. Ausgangspunkt ist dabei das immense Interesse der breiten Bevölkerung am Spitzensport. Dieses rückt ihn in das Blickfeld weiterer Umfeldakteure. Dass sich seit Aufzeichnung der Einschaltquoten in Deutschland unter den zehn meistgesehenen TV-Sendungen ausschließlich Übertragungen von Turnierspielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft befinden,515 veranschaulicht, dass das Sportpublikum eine so große Zielgruppe darstellt, dass sie für Vertreter unterschiedlichster Gesellschaftsbereiche interessant wird.516 Weil sich ein Großteil der Bevölkerung für den Sport begeistert, interessieren sich auch Massenmedien, Wirtschaft und Politik für ihn.517 Dabei wirken Medien und Wirtschaft in der Nutzung des Publikums zu eigenen Zwecken im Wesentlichen zusammen. Das Sponsoring von Sportlern oder die Schaltung von Werbung im Rahmen von Sportveranstaltungen ist für Unternehmen interessant, weil sie davon ausgehen, dass sich die eigene Marke – durch mediale Berichterstattung vermittelt – im Bewusstsein der Bevölkerung verankern lasse.518 514

Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 174; Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 23 (Hervorhebung durch den Verfasser). 515 https://www.focus.de/sport/fussball/wm-2014/wm-die-top-10-quoten-aller-zeiten-imdeutschen-fernsehen_id_3989104.html. 516 Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 26. 517 Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 26; Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 13; DOSB-Beratungskommission Doping in Deutschland, Abschlussbericht, S. 12; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 240; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 51. 518 Bernnat/Klöcker kommen in ihrer Studie „Der gesellschaftliche Wert des deutschen Spitzensports. Ziele, Ergebnisse und Trends der Wirtschaft bei der Unterstützung des Spitzensports in Deutschland“, S. 4 f. zu dem Ergebnis, dass 96,2 % der von ihnen befragten Unternehmen mit ihrem Sponsoring in erster Linie „Imageziele“ verfolgen. Darunter fällt auch die „generelle Steigerung des Bekanntheitsgrads“. In diese Richtung gehen auch die Erhebungen von Nielsen Sports, Sponsor-Trend 2017, S. 7, nach denen 72 % (Höchstwert) der Befragten

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

Das ist plausibel. Eine Erhebung des Karlsruher Forschungsinstituts IFM-Medienanalysen soll ergeben haben, dass die Übertragung der Tour de France 1997 insgesamt 4041 Minuten Sendezeit enthielt, in denen das Logo der Deutschen Telekom zu sehen war.519 In der Folge sei der Bekanntheitsgrad der Marke in Deutschland von 44 % – vor der Tour – auf 96 % gestiegen.520 Aufgrund dieser Effektivität des Sportsponsorings überrascht sein massives Volumen nicht. Im Jahr 2014 wurden dafür in Deutschland drei Milliarden Euro investiert.521 In der Folge sind Medienanstalten ihrerseits bereit, beispielsweise für den Erhalt von Fernsehübertragungsrechten immense Summen zu bezahlen. So haben sich die Einnahmen aus dem Verkauf der TV-Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga seit ihrer Gründung vertausendfacht und die Milliarden-Grenze mittlerweile überschritten.522 Hinzu tritt wegen der Ausstrahlungswirkung des Spitzensports mit der Politik ein dritter Akteur, der auf den Sport einwirkt. Dieser kann für den Staat wertvolle Repräsentationsaufgaben übernehmen.523 Sportliche Erfolge oder Großereignisse eignen sich etwa dafür, gegenüber dem In- und Ausland Leistungsfähigkeit und Stärke zu symbolisieren oder in der Bevölkerung ein positives Nationalgefühl zu wecken.524 In der Folge ist – worauf noch zurückzukommen sein wird – der Staat bereit, den Spitzensport mit beträchtlichen Beträgen zu fördern: 2018 enthielt der Bundeshaushaltsplan einen Etat des Bundesministeriums des Inneren zur Förderung des Sports in Höhe von 188.068.000 Euro.525 II. Befriedigung der Folgeinteressen vornehmlich durch sportlichen Erfolg Die Verwirklichung der Interessen der Akteure, die sich mit dem Sport umgeben, setzt regelmäßig besondere Leistungsstärken der in Bezug genommenen Athleten „Imageziele“ und 68 % (Rang zwei) anstrebten, „Bekanntheitsziele“ zu fördern; Studie einsichtig in Statista, Dossier Sportsponsoring, S. 11. 519 Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 56. 520 Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 56. 521 Statista, Dossier Sportsponsoring, S. 6. Für die Jahre bis 2016 wurde ein Anstieg auf 3,5 Milliarden Euro prognostiziert, s. ebenda S. 37. 522 Im ersten mit dem DFB geschlossenen TV-Vertrag verpflichtete sich die ARD zur Zahlung von 647.000 Deutsche Mark, s. DFB A-Z, S. 89. In den Saisons 2017/2018 bis 2020/ 2021 erzielt die Deutsche Fußball-Liga durch den Verkauf von TV-Rechten pro Jahr Einnahmen in Höhe von 1,159 Milliarden Euro, s. Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehübertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga in Deutschland von 2000/2001 bis 2020/2021 (in Millionen Euro), Statista, abrufbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6750/um frage/entwicklung-der-tv-einnahmen-der-bundesliga/. 523 Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 228. 524 Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 27 f.; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 229; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 52. 525 BGBl. 2018 I, S. 1126, Einzelplan 06, Titelgruppe 02; näher zur finanziellen Förderung des Sports durch den Bund S. 273 ff.

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voraus. Das gilt für die Interessen des Staates, weil dessen Repräsentation durch den Sport am besten gelingt, wenn seine Athleten erfolgreich sind. Als Paradebeispiel für die Repräsentationsfunktion sportlicher Erfolge taugt der Medaillenspiegel bei Olympischen Spielen. Ähnliches gilt für Sponsoren aus der Wirtschaft. Zumindest Teilassoziationen des über das Sportsponsoring zu vermittelnden Images der Marke dürften in Dynamik und Leistungsbereitschaft liegen.526 Diese Werte lassen sich am einfachsten über erfolgreiche Athleten vermitteln. Auch die Medien sind für die Verfolgung ihrer Ziele wesentlich auf Erfolg und Leistung der in ihrem Blickfeld befindlichen Athleten angewiesen. Denn quotenträchtig sind insbesondere spektakuläre, emotionalisierende Ereignisse. Der Sport erfüllt diese Kriterien insbesondere durch seinen Leistungsbezug: Sieg und Niederlage entscheiden über „Alles oder Nichts“ und Rekorde wie auch außergewöhnliche Wettbewerbsgestaltungen erfüllen die Forderung nach spektakulären Neuigkeiten.527 Wirkliche Aufmerksamkeit erlangen in der Regel nur herausragende Leistungen.528 III. Weitergabe mittelbaren Erfolgsdrucks an den und innerhalb des Sport(s) Die zur Befriedigung ihrer originären Eigeninteressen auf sportliche Höchstleistungen angewiesenen Gesellschaftsakteure geben den Erfolgsdruck an die Akteure des Sports weiter. Das kann unmittelbar gegenüber den Sportlern oder über die Verbände geschehen. Auch diese stehen in Konkurrenz zueinander. Innerhalb einer Sportart auf internationaler und auch auf nationaler Ebene ringen Dach- und Fachverbände um das Interesse der Zuschauer und deshalb auch der Medien, der Wirtschaft und des Staates.529 Den Maßstab zur Verteilung von Aufmerksamkeit bildet nicht nur gegenüber den einzelnen Athleten, sondern auch den Dach- und Fachverbänden des Sports insbesondere der sportliche Erfolg, da er die jeweiligen Umfeldinteressen zu verwirklichen hilft.530 526 Bette/Schimank, Doping im Hochleistungssport, S. 103, 149; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 224; Nagel/Conzelmann, Sport and Society 2006, 237 (245). 527 In diese Richtung auch Schellhaaß, in: Büch, Beiträge der Sportökonomik zur Beratung der Sportpolitik, S. 27 (28). 528 Blasius, Doping im Sport, S. 73; DOSB-Beratungskommission Doping in Deutschland, Abschlussbericht, S. 13; für einen Zusammenhang zwischen Leistungsniveau und Medieninteresse auch Frick, in: Büch, Beiträge der Sportökonomik zur Beratung der Sportpolitik, S. 59 (62). 529 Bette/Schimank, in: Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 102; Figura, Doping, S. 71; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 143; Schellhaaß, in: Büch, Beiträge der Sportökonomik zur Beratung der Sportpolitik, S. 27 (30). 530 Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 31 f.; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 143; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 217; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 65; in diese Richtung auch die DOSB-Beratungskommission Doping in Deutschland, Abschlussbericht, S. 13 f.

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Das äußert sich – auch dies verdient eine gesonderte Betrachtung – auf staatlicher Ebene insbesondere in der Koppelung von Fördergeldern an (die Perspektive) internationale(r) Erfolge der Sportler und Verbände.531 Die Wirtschaft beschränkt sich bei der Unterstützung des Sports regelmäßig ebenfalls auf die erfolgreichen Athleten und Verbände.532 Die Medien verstärken diese Leistungsorientierung, da sie sich in ihrer Berichterstattung auf der Suche nach spektakulären Nachrichten auf Sieger und Rekorde konzentrieren.533 Sie wirken dabei auch mit den Verbänden zusammen. Im gemeinsamen Streben nach Leistung und Aufmerksamkeit kommt es zu eskalierenden Anforderungen an Qualifikationsnormen und immer anspruchsvolleren Wettbewerbsgestaltungen, z. B. durch Zerstückelung des Terminkalenders.534 Auch das unmittelbare sportliche Umfeld des Athleten bleibt davon nicht unbeeindruckt. Der dem organisierten Sport vermittelte Leistungsdruck trifft nicht nur die Verbände, sondern auch Trainer, Manager oder Teamleiter, die durch Anteile an Preis- oder Werbegeldern ihrer Athleten nicht selten unmittelbare Eigeninteressen an deren Erfolgen haben.535 Der einzelne Athlet stößt im Spitzensport letztlich unweigerlich auf „eskalierende“ Leistungsansprüche.536 IV. Wertekollision mangels formaler Akzeptanz des Dopings in der Gesellschaft Das schafft für alle Akteure widersprüchliche Verhaltenserwartungen.537 Ein direktes Interesse an Doping hat das Umfeld des Sports zwar nicht. Medien interessieren sich in erster Linie für Einschaltquoten und Erträge und Sponsoring betreibende Unternehmen sowie der Staat für Imageziele, nicht aber für bestimmte sportliche Leistungswerte. Da Doping Erfolge wahrscheinlicher machen kann, ist es den Interessen der Umfeldakteure des Sportlers aber mittelbar förderlich. Denn Staat und Wirtschaft erreichen Imageziele besser durch erfolgreiche Athleten und für die Verbände gilt das, weil Doping ihre Athleten leistungsfähiger macht und deshalb in 531 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 13, 216; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 230; dazu S. 273 ff. 532 Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 28; Pfister, in: Pfister, Das AntiDoping-Gesetz, S. 45; in diese Richtung auch Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 60; Dilger/Tolsdorf, Schmollers Jahrbuch 130 (2010), 95 (101). 533 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 127; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 234 f. 534 Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 218. 535 Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 34; Bette/Schimank, in: Gamper/ Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 98; Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 48 f.; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 134 f.; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 212; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 58. 536 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 111 ff., 122, 213, 234; Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 94, 96. 537 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 159, 201.

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Hinblick auf den für den „Ressourcenbezug“538 von außen entscheidenden Wert sportlichen Erfolgs vorteilhaft ist.539 Eine einseitige Ausrichtung ihres Handelns an der Erwartung bestmöglicher Leistung unter Vernachlässigung sportethischer Grundsätze ist ihnen allerdings nicht möglich.540 Das beruht auf der fehlenden Bereitschaft der breiten Masse, Doping im Sport bewusst als gängige Methodik zu akzeptieren.541 Es dürfte nämlich in der Wahrnehmung des Publikums – im Ausgangspunkt542 – negativ konnotiert sein. 94 % der von Breuer/Hallmann befragten Bevölkerung meinte, dass Doping gegen Werte wie Fairplay, Solidarität und Teamgeist verstoße.543 Hinzu kommt, dass sich das Interesse des Zuschauers am Sport wesentlich auf dessen prinzipielle Ergebnisoffenheit stützt, die durch Doping jedenfalls potentiell gefährdet wird.544 Deshalb schadet Doping den Förderern des Sports, wenn es öffentlich bekannt wird. Das gilt für die Interessen des Staates und der Wirtschaft, weil sich ein positives Image über Werbeträger, mit denen negativ besetzte Assoziationen verbunden werden, kaum vermitteln lässt.545 Auch den Zwecken der Medien soll – ungeachtet der Attraktivität skandalträchtiger Vermarktung des Einzelfalls – jedenfalls weit verbreitetes Doping abträglich sein. Wenn nämlich Doping in der Wahrnehmung des Publikums die Chancengleichheit nachhaltig zu verzerren beginne, bestehe mittelfristig die Gefahr, dass das Interesse am Spitzensport und in der Folge TV-Einschaltquoten zurückgehen.546 Man wird zwar feststellen können, dass gerade der deutsche Investigativ-Journalismus um Hajo Seppelt im russischen Dopingskandal wesentlich zur Aufklärung beigetragen hat und auch im Übrigen an vorderster Front agiert. Insoweit ist eine deutliche Sensibilisierung zumindest in Teilen der Medienlandschaft festzustellen. Daran, dass die Quotenabhängigkeit der Medien dennoch

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Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 174, 224. Bette/Schimank, in: Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 102; Figura, Doping, S. 71; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 66. 540 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 211; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 143. 541 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 209. 542 S. aber sogleich S. 272. 543 Breuer/Hallmann, Dysfunktionen des Spitzensports, S. 1, 25 ff. 544 Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 25; Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 99; für einen Zusammenhang zwischen Zuschauerinteresse und Unsicherheit des Spielausgangs im Allgemeinen auch Scherwolfe, Entlohnung von Profisportlern, S. 6; s. aber auch S. 272: Es erscheint als plausibel, dass Dopingpraktiken jedenfalls unausgesprochen akzeptiert werden. 545 Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 28; Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 56; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 227. 546 So i.E. Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 30 f., 173; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 237; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 72; s. aber auch S. 272. 539

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eine grundsätzlich positive Wahrnehmung des Spitzensports erfordert, ändert das allerdings nichts. V. Auflösung des Spannungsfelds durch symbolische Dopingbekämpfung Es erscheint deshalb als konsequent, dass sich die Förderer des Sports in der öffentlichen Diskussion gegen Doping aussprechen und von als Dopingsünder entlarvten Athleten distanzieren.547 Diese Stoßrichtung ist damit zwangsläufig auch für die auf die Aufrechterhaltung der Förderung angewiesenen Verbände vorgegeben.548 Weil die Sinnhaftigkeit des Engagements aller Akteure letztlich aber nur vom Fortbestand des Zuschauerinteresses abhängt,549 spricht vieles für eine übereinstimmende Interessenlage, nach der weniger die künstliche Leistungssteigerung an sich, sondern im Wesentlichen die umfassende Aufdeckung des Dopings schadet.550 Es liegt nahe, dass offiziell Dopingfreiheit proklamiert, in der Sache aber dem Erfolg ein höherer Stellenwert zugeschrieben wird.551 Dabei geht es – in der Sprache der Strafrechtsdogmatik – weniger um eine aktive und absichtliche Förderung des Dopings, sondern eher ein zumindest (bewusst) fahrlässiges Hinwegsehen über die eigene Mitverantwortung für die Schaffung eines strukturellen Dopingproblems. Diese Entscheidung äußert sich auf Ebene der Verbände zumindest dadurch, dass sie Qualifikationsnormen aufstellen, von denen oftmals behauptet wird, dass sie ohne Doping kaum zu schaffen seien.552 Dicht gedrängte Terminkalender verbessern zwar Vermarktungschancen, verkürzen zugleich aber auch die Regenerationszeiten für die Athleten.553

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Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 153, 200. Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 24, 200 ff. 549 Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 225. 550 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 115, 159, 209, 211; Daumann, Die Ökonomie des Dopings, S. 56 f.; Figura, Doping, S. 71 f.; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 219, 227; Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 31 f.; in diese Richtung auch Bourg, Doping-Magazin 2017, 34 (38); Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 66, 77. 551 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 159, 210 ff., 214 ff. 552 Bette, in: Höfling/Horst, Doping – warum nicht?, S. 33; Bette, Doping-Magazin 2016, 10 (11); Bette/Schimank, in: Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 103; Höfling, in: ders./Horst, Doping – warum nicht?, S. 8; Krüger, in: Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 26; Lehner, Doping-Magazin 2016, 57; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 218; in diese Richtung Singler, Doping und Enhancement, S. 170 und die DOSB-Beratungskommission Doping in Deutschland, Abschlussbericht, S. 15. 553 Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 218. 548

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Ob das Dopingkontrollsystem des Sports – wie es nicht selten behauptet wird – bewusst ineffektiv ausgestaltet wird,554 lässt sich kaum überprüfen. Zumindest aber lässt sich nicht bestreiten, dass das Anti-Doping-Management des Sports ein erhebliches Risiko von Interessenkonflikten schafft. So liegt die Sanktionierung von Dopingverstößen im Rahmen des Ergebnismanagements auf internationaler Ebene bei den Fachverbänden bzw. bei den Olympischen Spielen grundsätzlich dem IOC. In erster Linie sind diese Institutionen an der Begeisterung der Masse für von ihnen organisierte Sportevents mit heroischen Leistungen der Athleten interessiert. Dass dieses Interesse jenes an effektiver Dopingbekämpfung nicht selten zu überlagern scheint, zeigt sich ungeachtet des diskussionsbedürftigen Umgangs des IOC mit dem russischen Dopingskandal etwa daran, dass die Aufsehen erregende Dunkelzifferstudie von Ulrich, Pope et al. erst nach jahrelangem Rechtsstreit mit dem die Validität der Ergebnisse anzweifelnden Leichtathletik-Weltverband IAAF veröffentlicht werden konnte.555 Es ist deshalb zu begrüßen, dass zumindest in Deutschland eine zunehmende Verlagerung des Ergebnismanagements auf die NADA stattfindet. Allerdings sind auch WADA und NADA nur formal unabhängige Kontrollinstanzen. So war der bis 2019 amtierende WADA-Präsident Reedie zugleich IOC-Mitglied und der Präsident des DOSB sowie der Bundesminister des Innern oder eine von ihnen benannte Person sind Mitglieder des Aufsichtsrats der NADA. WADA-Generaldirektor Niggli meint, dass es „normal [ist], dass jene, welche dich finanzieren, auch etwas am Tisch zu sagen haben.“556 Dem wird man nicht widersprechen können. Es liegt dann allerdings äußerst nahe, dass die Aufrechterhaltung des Interesses an sportlicher Höchstleistung Eingang in die Handlungsmaximen von WADA und NADA findet. Selbst DOSBPräsident Hörmann ist der Auffassung, dass der von ihm geführte Dachverband des organisierten deutschen Sports aus dem NADA-Aufsichtsgremium austreten sollte.557 Dass die WADA die Suspendierung der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA im Herbst 2018 zumindest vorübergehend aufhob, obwohl die dafür gesetzten Bedingungen der Anerkennung des McLaren-Reports und die Verschaffung uneingeschränkten Zugangs zum ehemals WADA-akkreditierten Moskauer Kontrolllabor zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt waren, ist in Hinblick auf einen glaub-

554 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 15, 196, 217 f.; Haug, Doping – Dilemma des Leistungssports, S. 137 f.; Wollin, Doping – der Drang zum Betrug, S. 66; gegen ein Interesse der Verbände an flächendeckender Aufdeckung auch Sucec/Raschka, Doping-Magazin 2018, 48 (49); a.A. wohl BGH NJW 2016, 2266 (2269) („Fall Pechstein“). 555 https://www.focus.de/sport/mehrsport/leichtathletik-doping-studie-etwa-40-prozent-derathleten-bei-leichtathletik-wm-2011-gedopt_id_7526536.html; dazu S. 239 f. 556 https://www.aargauerzeitung.ch/sport/olivier-niggli-ist-der-hoechste-dopingjaeger-derwelt-fuer-die-russen-sind-wir-teil-eines-komplotts-132439865. 557 So Hörmann auf einem Symposium zum AntiDopG, veranstaltet am 31. 10. 2016 vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

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haften Anti-Doping-Kampf nicht förderlich.558 Es entsteht nach alledem zumindest der Eindruck, dass sich die Schärfe der Kontroll- und Sanktionsvorschriften des Sports und die tatsächlich erbrachten Anstrengungen zur effektiven Dopingbekämpfung nicht immer decken.559 Das geschieht faktisch auch im Zusammenspiel mit der Wirtschaft (und – worauf noch einzugehen sein wird – dem Staat). Das jährliche Gesamtvolumen des Sportsponsorings betrug in Deutschland bereits 2014 rund drei Milliarden Euro. Sauberer Sport scheint den Akteuren der Wirtschaft indes zumindest keine finanzielle Unterstützung wert zu sein. Anders lässt es nicht interpretieren, dass der Jahresbericht der NADA für das Jahr 2018 die Zuwendungen der Wirtschaft mit 0 Euro ausweist.560 In der 4. Fußball-Liga kam es aufgrund mangelnder finanzieller Ressourcen in der Saison 2017/2018 zu keiner einzigen Dopingkontrolle.561 Fußballsport und Wirtschaft sahen sich nicht in der Lage, die nach Angaben der NADA zur Aufrechterhaltung des überschaubaren Testniveaus von 350 Kontrollen aus der Vorsaison erforderlichen Aufwendungen in Höhe von 140.000 Euro aufzubringen.562 Was das über den Wert des Anti-Doping-Kampfs aussagt, erschließt sich, wenn man sich bewusst macht, dass die Regionalligen die Schwelle zum Übertritt in den offiziellen Profifußball bilden: In der 3. Liga wurde in den Saisons 2013/2014 bis 2016/2017 stets ein Gesamtumsatz von über 150 Millionen Euro erwirtschaftet.563 Nach alledem erscheint eine umfassende Dopingbekämpfung für Sport und Wirtschaft als Interesse von letztlich deutlich untergeordneter Bedeutung. Das bringt das Gesamtkonstrukt des Spitzensports solange nicht entscheidend ins Wanken, wie auch das Interesse des Publikums an der Auseinandersetzung mit der Dopingproblematik ein oberflächliches ist.564 Dass die beobachtbaren Auswirkungen des Dopingproblems auf das Interesse der Bevölkerung am Spitzensport und dessen gesellschaftsdienliche Funktionen gering sind, wurde bereits dargelegt.565 In der Realität scheint Dopingfreiheit auch für das Sportpublikum nur einen formalen Wert darzustellen, der es nicht daran hindert, die Verabsolutierung der sportlichen Leis-

558 Das meint auch die NADA: https://www.nada.de/nada/aktuelles/news/newsdetail/news/ detail/News/nada-statement-zur-aktuellen-entscheidung-der-wada-bezueglich-der-code-compli ance-der-rusada/. 559 Bette, Doping-Magazin 2017, 106 f.; Treutlein, Doping-Magazin 2017, 164 (171); Simon, Doping-Magazin 2017, 194. 560 NADA-Jahresbericht 2018, S. 15; kritisch insoweit auch Meutgens, Doping-Magazin 2017, 6. 561 https://www.sueddeutsche.de/sport/doping-im-fussball-freifahrtschein-1.3990345. 562 https://www.sueddeutsche.de/sport/doping-im-fussball-freifahrtschein-1.3990345. 563 DFB-Saisonreport 3. Liga 2016/2017, S. 53. 564 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 159, 206 ff.; Pagel, Doping-Magazin 2017, 201. 565 S. 244 ff.

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tung durch seine fortwährende, im Wesentlichen unkritische Begeisterung für Spitzenleistungen faktisch zu fördern.566 VI. Ergebnis: Keine Strafschutzwürdigkeit überindividueller Schutzinteressen Die vorgenannten Überlegungen zielen nicht darauf ab, das in Sport, Wirtschaft und Publikum vorherrschende Leistungsprinzip als „unethisch“ zu geißeln. Sie zeigen aber zum einen, dass Doping derzeit kaum geeignet zu sein scheint, das Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft am Spitzensport entscheidend zu gefährden. Zum anderen ergibt sich aus ihnen, dass die Doping-Entscheidung des Einzelnen nicht zuletzt die Reaktion auf ein Systemproblem des modernen Spitzensports ist,567 für dessen Verfestigung die vom Gesetzgeber als schutzwürdig erachteten Gesellschaftsakteure eine maßgebliche Mitverantwortung tragen. Dass sie in ihren an den Sportler gerichteten Verhaltenserwartungen letztlich dem sportlichen Erfolg den Vorrang einräumen, spricht nach hier vertretener rechtspolitischer Auffassung gegen die Strafschutzwürdigkeit ihrer Interessen.

B. Der Ausspruch des sozialethischen Vorwurfs durch den „Zweckveranlasser“ Für die Legitimität der staatlichen Sportförderung als potentiellem Teil des gesetzgeberischen Schutzkonzepts und die Bedeutung ihrer Mitverantwortlichkeit für das Dopingproblem im Hochleistungssport tritt im Rahmen der Bewertung der Kriminalisierungsentscheidung des Gesetzgebers ein entscheidender Aspekt hinzu: Es ist der Staat, der durch Erlass der strafbewehrten Selbstdopingverbote ein sozialethisches Unwerturteil ausspricht. I. Normative Verabsolutierung des Leistungsgedankens in der staatlichen Spitzensportförderung Die staatliche Spitzensportförderung erfolgt auf der Grundlage des Programms des Bundesministeriums des Innern zur Förderung des Leistungssports sowie sonstiger zentraler Einrichtungen, Projekte und Maßnahmen des Sports auf natio566 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 206 f.; Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 240; ähnlich Tsambikakis, in: Hoven/Kubiciel, Korruption im Sport, S. 37 (46); für steigendes Zuschauerinteresse bei steigendem Leistungsniveau im Allgemeinen auch Scherwolfe, Entlohnung von Profisportlern, S. 6. 567 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 16; zustimmend Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 211; DOSB-Beratungskommission Doping in Deutschland, Abschlussbericht, S. 15; in diese Richtung auch Singler, Doping und Enhancement, S. 170 f.; Rössner, Doping-Magazin 2017, 225 (226).

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naler und internationaler Ebene mit Rahmenrichtlinien (Leistungssportprogramm) vom 28. September 2005. Das Leistungssportprogramm enthält die Grundsätze der staatlichen Leistungssportförderung. Einen dieser Eckpfeiler soll die Dopingbekämpfung darstellen.568 Das Leistungssportprogram sieht deshalb insbesondere eine Unterstützung von NADA und WADA, etwa durch Förderung der Prävention im Rahmen der AntiDoping-Forschung, Erziehung, Aufklärung und Dopinganalytik vor.569 Der deutsche Hochleistungssport soll indes nicht nur dopingfrei, sondern vor allem erfolgreich sein. Die staatliche Förderung setzt voraus, dass an ihr „ein erhebliches Bundesinteresse“ besteht.570 Dieses Bundesinteresse soll sich „insbesondere auf die mit der Ausübung des Spitzensports verbundene gesamtstaatliche Repräsentation der Bundesrepublik Deutschland im In- und Ausland“ stützen.571 Zwangsläufig setzt eine solche Zielsetzung eine Ausrichtung der Förderung an der absoluten Leistungsspitze voraus. Folgerichtig ist „Ziel der Sportförderung, eine herausragende Vertretung der Bundesrepublik Deutschland an internationalen Wettbewerben im In- und Ausland sicherzustellen“ und eine „Entwicklung deutscher Leistungssportlerinnen und Leistungssportler vom Nachwuchs bis zur Weltspitze“ zu fördern.572 Dabei ist der Kampf der Disziplinen um staatliche Aufmerksamkeit in den Zuwendungsvoraussetzungen des Leistungssportprogramms explizit angelegt. Wenn sich die Subventionierung nach der zu fördernden Sportart richtet, sollen insbesondere die Leistungsstärke im internationalen Vergleich und die Entwicklungsaussichten der jeweiligen Disziplin berücksichtigt werden.573 In der Praxis wurden die Bundesfachverbände bislang im Wesentlichen durch eine Grundförderung und die Zuwendung von darüber hinausgehenden Projektmitteln für eine gezielte Olympiavorbereitung unterstützt.574 Die Grundförderung diente der mittelfristigen Grundlagenarbeit der Verbände im Bereich des Leistungssports für den Zeitraum eines olympischen Zyklus.575 Dabei sah der mit dem DOSB als In568

Leistungssportprogramm, GMBl. 2005 I, S. 1270, A. 5. Leistungssportprogramm, A. 5. 570 Leistungssportprogramm, A. 571 Leistungssportprogramm, A., 2.1. Das schlägt sich auch in der Entwurfsbegründung des AntiDopG nieder, in der es heißt, dass der Sport durch die „Sportler mit ihren Spitzenleistungen […] Aushängeschild für Deutschland in der Welt“ sei, BT-Drs. 18/4898, S. 1. 572 Leistungssportprogramm, A., 2.1. 573 Leistungssportprogramm, B., 4.3. Die internationale Leistungsstärke wirkt sich auch auf Umfang und Höhe der Zuwendungen aus: 5.2.1., Abs. 3. 574 S. etwa das Haushaltsgesetz 2017, BGBl. I 2017, S. 3016, Einzelplan 06, S. 15, Titelgruppe 02, Ziffer 681 21 – 322. 575 BMI/DOSB, Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung, S. 9; Bundesrechnungshof, Abschließende Mitteilung an das Bundesministerium des Innern über die Prüfung der Förderung der Spitzensportverbände, S. 4, 12; abrufbar unter https://www. bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/pruefungsmitteilungen/langfassungen/langfas sungen/2014-pm-foerderung-der-spitzensportverbaende-pdf. 569

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teressenvertreter des organisierten Sports vereinbarte Berechnungsschlüssel der den Verbänden zur Verfügung gestellten Mittel die Berücksichtigung der Anzahl der Wettbewerbe einer Disziplin im olympischen Wettkampfprogramm, der Anzahl der nominierten Athleten und die Anzahl erreichter Medaillen bei den beiden letzten olympischen Spielen vor.576 Gewichtet wurden diese Kriterien vom Bundesministerium des Innern im Verhältnis 1:1:3. Damit wurde also der vergangene sportliche Erfolg als Ausschüttungskriterium bewusst hervorgehoben.577 Diese Grundförderung wurde durch eine jährliche Projektförderung ergänzt, deren Beträge sich an zwischen dem DOSB und seinen Mitgliedsverbänden geschlossenen Zielvereinbarungen in Hinblick auf konkrete Medaillenziele (London 2012) bzw. Medaillenkorridore (Rio 2016) orientierten.578 Gegenüber dem Bundesrechnungshof haben einige Verbände angegeben, dass sie in der Hoffnung auf den Erhalt höherer Projektmittel ihre Medaillenziele besonders ambitioniert formuliert hätten.579 Die Koppelung staatlicher Unterstützung an geleisteten bzw. erwarteten sportlichen Erfolg ist zwar eine konsequente Umsetzung des Strebens nach Repräsentation staatlicher Stärke durch den Spitzensport. Zugleich lässt sich aber kaum bestreiten, dass die staatlichen Förderbedingungen massiven Leistungsdruck auf die Spitzenverbände ausüben. Der Staat und der DOSB als Dachverband des organisierten Sports sind – in Zeiten öffentlich bekannten systematischen Dopings in Russland – indes der Auffassung, dass die bestehende Leistungsorientierung der staatlichen Sportförderung zur Aufrechterhaltung internationaler Konkurrenzfähigkeit des deutschen Hochleistungssports weiter intensiviert werden müsse. Ende 2016 beschloss die Mitgliederversammlung des DOSB auf der Grundlage eines gemeinsamen Papiers von DOSB und Innenministerium das Konzept zur Leistungssportreform.580 Diese zielt auf eine deutliche Konzentration der staatlichen Sportförderung. Das äußert sich neben der Reduzierung der Anzahl an B-Kader-Athleten auch im Entfall der bislang aus Grundund Projektförderung bestehenden Fördersystematik.581 Ersetzt wird sie künftig durch eine am Medaillenpotenzial orientierte Einteilung in sogenannte Fördercluster.582 Disziplinen mit wenig oder keinem Medaillenpotenzial sollen künftig 576 BMI/DOSB, Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung, S. 9; Bundesrechnungshof, Abschließende Mitteilung an das Bundesministerium des Innern über die Prüfung der Förderung der Spitzensportverbände, S. 12. 577 Bundesrechnungshof, Abschließende Mitteilung an das Bundesministerium des Innern über die Prüfung der Förderung der Spitzensportverbände, S. 12. 578 Bundesrechnungshof, Abschließende Mitteilung an das Bundesministerium des Innern über die Prüfung der Förderung der Spitzensportverbände, S. 14 f. 579 Bundesrechnungshof, Abschließende Mitteilung an das Bundesministerium des Innern über die Prüfung der Förderung der Spitzensportverbände, S. 15. 580 https://www.dosb.de/leistungssport/leistungssportreform/. 581 BMI/DOSB, Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung, S. 11, 14. 582 BMI/DOSB, Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung, S. 14.

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grundsätzlich keine dauerhafte Spitzensportförderung mehr erhalten.583 Der seinerzeitige Bundesinnenminister Thomas de Maizière bekannte sich zwischen der Veröffentlichung des Referentenentwurfs des AntiDopG im November 2014 und seiner Einbringung in den Bundestag im Mai 2015 ausdrücklich zur Verschärfung der mit staatlicher Förderung verbundenen Leistungsansprüche: „Die harte Währung der Förderung sind auch Medaillen“.584

Bereits die normative Grundkonzeption der staatlichen Sportförderung deutet also auf eine deutliche Priorisierung der staatlichen Verhaltensanforderungen an den Spitzensport zugunsten einer verabsolutierten Leistungsorientierung hin.585 II. Der Stellenwert des Anti-Doping-Kampfs im Bundeshaushalt Seit dem Ausschluss Jan Ullrichs von der Tour de France 2006 hat der Staat die finanzielle Förderung des Spitzensports nicht etwa reduziert, sondern trotz der Ineffektivität der sportinternen Dopingbekämpfung massiv intensiviert. Der im Wesentlichen der Unterstützung des Hochleistungssports dienende Sporthaushalt des federführend für den Spitzensport verantwortlichen Bundesministeriums des Innern ist seit 2007 von 110.688.000 Euro über 140.005.000 Euro im Jahr der Vorstellung des Referentenentwurfs des AntiDopG bis 2017 um rund 33 % auf 167.693.000 Euro gestiegen. Der Soll-Wert für das Jahr 2018 lag nach einer weiteren deutlichen Erhöhung bei 188.068.000 Euro.586 Die bisherige Erfolglosigkeit des Anti-DopingKampfs hat also entgegen den vom Gesetzgeber ins Feld geführten Bedrohungsszenarien nicht nur keine Reduzierung des staatlichen Sportsponsorings bewirkt, sondern nicht einmal dessen massive Intensivierung verhindert. Seit 2007 sind bei Betrachtung der absoluten Werte zwar auch die Mittel zur Unterstützung der Dopingbekämpfung von 1.166.000 Euro auf 7.249.000 Euro in 2018 um ein Vielfaches erhöht worden.587 Das ist begrüßenswert. Setzt man diese Zahlen allerdings in ein Verhältnis zur Entwicklung des Gesamtetats des Sporthaushalts, relativiert sich der Eindruck intensivierter finanzieller Bemühungen um bahnbrechende Fortschritte im Anti-Doping-Kampf deutlich. Zwischen 2008 und 2014, dem Jahr, in dem die Politik zu der Auffassung gelangte, dass dem Doping im Spitzensport nur noch mit dem Strafrecht beizukommen sei, ist der Anteil der Zuwendungen des Bundes für die Dopingbekämpfung am Sportgesamthaushalt um 583

S. 15.

BMI/DOSB, Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung,

584 https://www.dosb.de/en/leistungssport/olympische-spiele/news/news-detail/news/poli tik-und-sport-starten-leistungssportreform/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_ pi1%5Baction%5D=detail&cHash=257b550e3d58a098a08c1f6748b5c065. 585 Meutgens, Doping-Magazin 2017, 196 (197); Zurawski, Doping-Magazin 2016, 8 (9). 586 BGBl. 2018 I, S. 1126, Einzelplan 06, Titelgruppe 02. 587 BGBl. 2006 I, S. 3346, Einzelplan 06, Titelgruppe 01; BGBl. 2018 I, S. 1126, Einzelplan 06, Titelgruppe 02.

Kap. 2: Rechtspolitische Bewertung der Kriminalisierung

277

rund 0,6 % gesunken.588 Verfassungsrechtlich mag es kein Erfordernis des Nachweises erwiesener Untauglichkeit milderer Mittel geben, bevor der Staat zum Strafrecht greifen darf. Zumindest rechtspolitisch ist aber kaum nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber es vor der Schaffung der strafbewehrten Selbstdopingverbote unterlassen hat, die Effektivität einer Reform seiner Sportförderung zugunsten einer nachhaltigen Verbesserung der Rahmenbedingungen des Anti-Doping-Kampfs zu eruieren. Daran hat sich auch im Zuge des Inkrafttretens des AntiDopG nichts geändert. 2012 verkörperte der Anti-Doping-Kampf rund 2,5 % des Gesamtetats des Sporthaushalts des Bundesministeriums des Innern.589 Seit Inkrafttreten des AntiDopG waren es bis 2018 stets rund 3, 8 %.590 Ein der Herausbildung der parlamentarischen Überzeugung von der Strafwürdigkeit des Selbstdopings entsprechendes finanzielles Bekenntnis, dem Wert dopingfreien Sports zum Durchbruch verhelfen zu wollen, sieht anders aus. Besonders deutlich wird die Zurückhaltung des Bundes bei Aufschlüsselung der Einzelposten der staatlichen Zuschüsse für den Anti-DopingKampf. Die Steigerung des Gesamtvolumens der Zuwendungen des Bundes für die Dopingbekämpfung hat insbesondere zu einer Erhöhung der Anzahl an Dopingkontrollen geführt. Diese begrüßenswerte Entwicklung ist ohne eine Steigerung der Effektivität des Testverfahrens allerdings nicht erfolgversprechend. Zu einer Erhöhung der Soll-Ausgaben für Analytik und Anti-Doping-Forschung ist es ebenso wie für Präventionsmaßnahmen seit 2009 indes nicht gekommen – und zwar nicht relativ betrachtet, sondern in Euro.591 III. Ergebnis: Das AntiDopG als staatliche Symbolpolitik Wie die Wirtschaft, die Medien und das Publikum interessiert sich der Staat in erster Linie für den Erfolg seiner sportlichen Repräsentanten. Dazu hat er sich durch Neuausrichtung der staatlichen Sportförderung deutlich bekannt. Die Leistungsansprüche des Staates sind die logische Konsequenz der mit dem Sportsponsoring verfolgten Repräsentationsziele, setzen aber unweigerlich eine strukturelle Mitursache für Doping im Spitzensport. Gegenüber einer Reduzierung der eigenen Ansprüche an die Repräsentationsleistung des Sports oder einer Intensivierung der finanziellen wie strukturellen Dopingprävention ist die Strafbewehrung des Selbstdopings die kostengünstigere Alternative. Unter diesem Blickwinkel ist auch die kommunikative Kraft des Strafrechts kaum geeignet, der Strafbewehrung des 588 BGBl. 2007 I, S. 3227, Einzelplan 06, Titelgruppe 01; BGBl. 2014 I, S. 914, Einzelplan 06, Titelgruppe 02. 589 BGBl. 2011 I, S. 2938, Einzelplan 06, Titelgruppe 01. 590 BGBl. 2015 I, S. 2378; BGBl. 2016 I, S. 3016; 2018 I, S. 1126; jeweils Einzelplan 06, Titelgruppe 02. 591 Analytik und Forschung: BGBl. 2008 I, S. 2899, Einzelplan 06, Titelgruppe 01: 2.066.000 Euro; BGBl. 2018 I, S. 1126, Einzelplan 06, Titelgruppe 02: 2.066.000 Euro. Dopingprävention: 300.000 Euro (ebenda).

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Teil 4: Bewertung der Selbstdopingdelikte

Selbstdopings durchschlagende Legitimation zu vermitteln. Die Schaffung des AntiDopG erscheint in erster Linie als eine die Intensivierung der leistungsbezogenen Sportförderung absichernde gesetzgeberische Floskel. Eine glaubhafte gesellschaftliche Ächtung kompromisslosen Erfolgsstrebens im Leistungssport vermittelt sie nicht. Deshalb erscheint zum einen der Schutz der Legitimität der staatlichen Sportförderung als ein Belang, der zur rechtspolitischen Begründung der Selbstdopingdelikte wenig beitragen kann. Zum anderen wird deutlich, dass der Staat mit der Kommunikation der „sozialethischen Verwerflichkeit“ des Befolgens eines unbedingten Siegeswillens einen Anspruch an den Spitzensport stellt, den er selbst kaum erfüllt.

C. Individual(vermögens)schutz zugunsten der sauberen Konkurrenz Letztlich stört sich nach alledem vor allem der saubere Athlet am Dopingverstoß des Konkurrenten. Damit verbleibt – auch wenn das nicht der gesetzgeberischen Schutzkonzeption entspricht592 – mit Freund die individualschützende Funktion der Selbstdopingdelikte als derzeit einzig tragfähiger rechtspolitischer Argumentationsstrang zugunsten der Kriminalisierung des Selbstdopings im Spitzensport.593 Die Strafbarkeit des Selbstdopings schützt die autonome Entscheidung des Einzelnen über den Verzicht auf Dopingmaßnahmen zugunsten einer gesunden Lebensweise und ermöglicht dem Spitzensportler, sich durch Teilnahme an einem regelkonform ablaufenden Wettbewerb in seiner Persönlichkeit und womöglich auch beruflich zu entfalten. Es wurde bereits dargelegt, dass der strukturelle Dopingdruck im Spitzensport die autonome Entscheidungsbefugnis des Sportlers im Regelfall jedenfalls nicht übermäßig einschränkt. Rechtspolitisch lässt sich diese Feststellung sowohl als Argument für als auch gegen eine Kriminalisierung des Selbstdopings ins Feld führen. Mit einer äußerst liberalen Sichtweise ließe sich argumentieren, dass es dem Einzelnen freistehe, sich dem strukturellen Dopingdruck durch Rückzug aus dem Leistungssport zu entziehen.594 Das überhöht indes die abwehrrechtliche Funktion des Strafrechts als Schutzmaßnahme vor überschießender staatlicher Machtausübung. Strafgesetzen kann abhängig vom in Rede stehenden Lebenssachverhalt ebenso wie dem sonstigen Recht auch die Aufgabe zukommen, die freie Entfaltung des Einzelnen zu fördern. In der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist der regelkonform orientierte Sportler als Nichtstörer grundsätzlich schutzwürdiger als derjenige, der sich nicht an 592

S. 159 ff. Freund, in: MüKo-StGB, AntiDopG, § 1 – 4 Rn. 24, der indes bereits de lege lata von Individualrechtsgüterschutz ausgeht; s. bereits S. 160 f. mit Fn. 143, 144. 594 So Ott, Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des Selbstdopings, S. 150 ff. 593

Kap. 2: Rechtspolitische Bewertung der Kriminalisierung

279

die vereinbarten Wettkampfregeln hält. Die Interessen des dopinggeneigten Athleten spielen in der Bewertung der Strafwürdigkeit des Selbstdopings im Leistungssport deshalb keine tragende Rolle. Eine andere Frage ist, ob Intensität und Werthaltigkeit der beeinträchtigten Interessen auf Seiten des regelkonform orientierten Athleten strafrechtlichen Schutz gebieten. Das wird nicht selten auf eine spitzensporttypische Verquickung von Sport und Beruf gestützt.595 Dem ist insoweit zustimmen, dass kein Zweifel daran bestehen dürfte, dass in einzelnen Disziplinen durch Doping konkrete, massive wirtschaftliche Erwerbschancen in strafwürdiger Weise beeinträchtigt werden können. Das ist aber selbst bei Beschränkung der Betrachtung auf den durch die Straftatbestände des AntiDopG geschützten Athletenkreis die Ausnahme. Der Täterkreis und spiegelbildlich auch der Kreis potentiell schutzwürdiger Opfer des Selbstdopings im Spitzensport wird im Wesentlichen durch die Mitgliedschaft in den Testpools der NADA bestimmt. Darin befanden sich im Jahr 2016 rund 9.000 Athleten.596 Auch wenn sich diese Anzahl durch die Auffangfunktion der Einnahmeklausel moderat erhöhen wird, ist schon im Ausgangspunkt von einem äußert kleinen personellen Schutzbereich der Selbstdopingdelikte auszugehen. Hinzukommt, dass es sich bei den Mitgliedern der Testpools neben den Akteuren der Lizenzligen insbesondere um Bundeskaderathleten handelt. 2018 wurden 3.057 Sportler in die Bundesförderung berufen.597 Dass vollprofessionelle Betätigung selbst dort die Ausnahme darstellen dürfte, wurde bereits dargelegt.598 Als Bundeskader-Athleten sind im Übrigen nicht nur Sportler mit aktuellem Medaillen- oder Finalplatzniveau Testpoolmitglieder, sondern alle Bundeskader-Athleten, also auch Nachwuchssportler. Der Kreis der durch die Selbstdopingdelikte in existentiellen finanziellen Interessen geschützten Sportler reduziert sich dadurch weiter. Strukturell ist Doping im Hochleistungssport nach hier vertretener Auffassung in der Gesamtschau kein Phänomen, dessen Bekämpfung aufgrund seiner Vermögensrelevanz den Einsatz des Strafrechts verlangte.

595

So etwa Rössner, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 5. https://www.nada.de/doping-kontroll-system/beteiligte-am-kontrollprozess/athletinnenathleten/. 597 DOSB, Fortschrittsbericht zur Leistungssportreform, S. 9. 598 S. 121 ff. Skeptisch deshalb auch Mitsch, KriPoZ 2019, 29 (32). 596

Teil 5

Fazit Die strafbewehrten Selbstdopingverbote des AntiDopG sind jedenfalls in ihrer konkreten Ausgestaltung Ausdruck eines kritikwürdigen Selbstverständnisses des parlamentarischen Gesetzgebers. Er überlässt es Rechtsprechung und Rechtswissenschaft, mit dem Tatbestandsmerkmal der „Einnahmen von erheblichem Umfang“ aus § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG einem nach eigenem Bekunden entscheidenden Strafwürdigkeitskriterium die grundlegenden Konturen zu verschaffen. Das verbindet er mit der Proklamation eines Rechtsguts – jenem der „Integrität“ des organisierten Sports –, dessen Gehalt schon unklar und dessen Schädigung kaum je nachweisbar ist. Damit vernachlässigt er nicht nur seine originäre Aufgabe, über die wesentlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit selbst zu entscheiden, sondern erschwert zugleich eine effektive Kontrolle durch die Judikative. Denn gerade die Erhöhung der geistigen Abstraktion eines gesetzgeberischen Schutzzwecks ist aufgrund der mit ihr verbundenen Vergesellschaftung der negativen Auswirkungen des verbotenen Verhaltens potentiell geeignet, den Strafwürdigkeitsüberlegungen des Gesetzgebers in einer Diskussion um die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes von Strafrecht ein kaum zu überwindendes Gewicht zu verleihen. Die Schwelle der Verfassungswidrigkeit übertritt das nicht. Für § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG ergibt sich das schon daraus, dass nicht das Gesetz, sondern erst die bemerkenswert unklare Entwurfsbegründung die maßgebliche Unsicherheit über den Gehalt der Einnahmeklausel schafft. Bei aller Offenheit des Begriffs der „Erheblichkeit“ ist ihr Anwendungsbereich, auch wenn dieser schon aufgrund des normativen Charakters der Einnahmeklausel nicht „bestimmt“ sein kann, durch eine einschränkende Auslegung doch zumindest bestimmbar. Der gesetzlichen Verknüpfung von sportlicher Betätigung, Einnahmenerzielung und Dopingverstoß als Tathandlung ließe sich zumindest der – nach hier vertretenem Verständnis der gesetzgeberischen Strafwürdigkeitsüberlegungen indes nur nachrangige – Gedanke entnehmen, dass die Höhe der erzielbaren Einnahmen grundsätzlich geeignet sein müsse, eine maßgebliche Motivation zur Vornahme von Dopingverstößen zu schaffen. Die Möglichkeit einer solchen, im Gesetz angelegten Interpretation führt dazu, dass das Gesetz zumindest auslegungsfähig ist. Der Gesetzesbegründung lässt sich allerdings – wenn auch nur durch Andeutungen, deren Sinn sich erst unter Berücksichtigung rechtstatsächlicher Überlegungen zum Dopingkontrollsystem des Spitzensports erschließt – eine andere Zwecksetzung der Einnahmeklausel entnehmen. Dem Gesetzgeber geht es bei § 4 Abs. 7 Nr. 2 AntiDopG

Teil 5: Fazit

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nicht primär um den Vermögensbezug des Selbstdopings und damit womöglich gar eine Kriminalisierung auch des bezahlten Amateursports, sondern darum, Selbstdoping durch Hochleistungssportler lückenlos zu erfassen. Die Vorschrift begründet nach hier vertretener Auffassung deshalb einen Auffangtatbestand für Mängel im Dopingkontrollsystem des Spitzensports. Die Abstraktion des durch die Selbstdopingverbote geschützten Rechtsguts zur „Integrität des organisierten Sports“ findet eine sachliche Stütze darin, dass es sich beim Doping im Spitzensport strukturell nicht um ein Vermögensdelikt im klassischen Sinne handelt. Die Versuche des Gesetzgebers, die gesamtgesellschaftliche Relevanz von Dopingverstößen etwa mit ihren Auswirkungen auf die Vorbildfunktion von Sportlern für die Jugend, die (private und öffentliche) Sportförderung oder die Repräsentationsfunktionen des Spitzensports für den Staat zu begründen, verschleiern allerdings, warum er letztlich meint, die Verzerrung der rechtlichen Chancengleichheit durch Doping mit dem Strafrecht bekämpfen zu müssen. Es verbleibt bei einer Gesamtbetrachtung nur ein Verständnis, das eine Beeinträchtigung der „Integrität des Sports“ immer dann für möglich hält, wenn irgendeine gesellschaftsfördernde Funktion des Spitzensports potentiell gefährdet werden könnte. Die Unschärfe der durch die Zwecksetzungsklausel des § 1 AntiDopG und die Entwurfsbegründung geschaffenen Rechtsgutsbestimmung steht indes in diametralem Gegensatz zur Spezifizierung des Tatbestands durch § 3 AntiDopG. Es besteht letztlich kein ernsthafter Zweifel daran, dass Verhaltensweisen verboten sein sollen, die das sportrechtliche Dopingverbot faktisch unterlaufen. Welche gesamtgesellschaftliche Bedeutung dem Sport zukommt und welche seiner Funktionen durch Doping beeinträchtigt werden, ist damit in erster Linie kein Problem der tatbestandlichen Anwendbarkeit und strafrechtsdogmatischen Einordnung der Selbstdopingdelikte, sondern der Werthaltigkeit des Schutzkonzepts. Strafrechtliches Rechtsgut der Selbstdopingdelikte und Maßstab teleologischer Auslegung ist damit allein die faktische Geltung der rechtlichen Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb des organisierten Sports. Auch auf verfassungsrechtlicher Ebene werden die Selbstdopingverbote in erster Linie durch das Bestreben legitimiert, die rechtliche Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb auch faktisch durchzusetzen. Dort kommt allerdings hinzu, dass der Gesetzgeber zur Schaffung verhältnismäßiger Strafgesetze die miteinander streitenden Vor- und Nachteile einer in Rede stehenden Vorschrift gegeneinander abwägen muss. Während ein spezifiziertes Rechtsgutskonzept insbesondere einer verlässlichen teleologischen Auslegung durch die Praxis dienlich ist, gebietet die Verfassung, dass der Gesetzgeber vor Erlass einer Strafnorm sämtliche Auswirkungen seiner Regelung in den Blick nimmt, auch wenn sie nur mittelbar und vage mit der Tatbestandsverwirklichung im Einzelfall verbunden sind. Da ein solcher, potentieller Schädigungszusammenhang zumindest plausibel ist, können im Ausgangspunkt auch gesamtgesellschaftliche, die „Integrität des Sports“ gefährdende Auswirkungen von Dopingverstößen durch Spitzensportler in die Abwägung eingestellt werden. Deren Berücksichtigungsfähigkeit erfährt allerdings durch das geringe Gewicht, mit dem sie auf Ebene der Prüfung der Angemessenheit zugunsten der

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Teil 5: Fazit

Verfassungskonformität der Strafvorschriften zu Buche schlagen, eine maßgebliche Einschränkung. Das ergibt sich daraus, dass auf Ebene des Übermaßverbotes der Grad der konkreten Beeinträchtigung der geschützten Interessen zu berücksichtigen ist. Eine substanzielle Gefährdung der gesellschaftsdienlichen Funktionen des Spitzensports lässt sich bislang nicht feststellen. Ob man die Rechtsgutskonzeption der Selbstdopingverbote nun auf die rechtliche Chancengleichheit beschränkt oder abstrahierend auf die Integrität des organisierten Sports abstellt, ist für die Verfassungskonformität der Strafvorschriften deshalb im Ergebnis nicht von durchschlagender Bedeutung. Die rechtliche Chancengleichheit trägt unter Rechtsgüterschutzaspekten – um die Schutzreflexe des Autonomie- und Individualvermögensschutzes ergänzt – die wesentliche Begründungslast zugunsten der Zulässigkeit der Strafbewehrung des § 3 AntiDopG. Die für und gegen die Kriminalisierung des Selbstdopings ins Feld geführten Interessen bewegen sich jedenfalls in ihrer konkreten Betroffenheit auf niedrigem Niveau. Ein der Verfassungskonformität der Vorschriften entgegenstehendes deutliches Überwiegen der durch die Selbstdopingdelikte beeinträchtigten Grundrechte ist nicht ersichtlich. Für den Erwerbs- und Besitztatbestand gilt das allerdings nur bei äußerst restriktiver Tatbestandsauslegung und Strafzumessung. Gemessen an den Maßstäben der verfassungsgerichtlichen Praxis sind auch die Testpool-Klausel des § 4 Abs. 7 Nr. 1 AntiDopG und die Bestimmung der verbotenen Dopingmittel und Dopingmethoden aus § 3 Abs. 1 S. 1 AntiDopG verfassungskonform. Das gilt allerdings nur bei Einstufung der Spitzensportlereigenschaft als normatives Tatbestandsmerkmal – also nicht auch bei Einordnung als Blankettmerkmal – und wenn man den Umstand, dass die Exekutive bei der Aktualisierung der Verbotsliste faktisch als Publikationsorgan der WADA fungiert, mit dem Gedanken rechtfertigt, dass dieses Vorgehen die Folge der Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers für eine sportrechtsakzessorische Ausgestaltung der Selbstdopingverbote ist. Die Legitimität der Selbstdopingdelikte ist nach alledem in erster Linie eine rechtspolitische Frage. Die Umfeldakteure des Sportlers, die Wirtschaft, die Bevölkerung und der Staat sind durch Doping im Spitzensport in ihren Interessen derzeit weniger stark beeinträchtigt, als es die in der Gesetzesbegründung entworfenen Bedrohungsszenarien suggerieren. Ob man die gesetzgeberische Kriminalisierungsentscheidung mit der hier vertretenen Skepsis gegenüber dem Schutz der (Vermögens-)Interessen der gesellschaftlichen „Splittergruppe: Spitzensportler“ ablehnt oder das Strafrecht als ein Instrument der sozialen Steuerung unter vielen begreift, ist für eine rechtspolitische Bewertung, die sich an der Lösung des sachlichen Problems orientiert, letztlich nicht entscheidend. Über allem schwebt nämlich, dass die bloße Kriminalisierung des Selbstdopings als solche keinen entscheidenden Fortschritt in der Bekämpfung des Dopings im Spitzensport wird leisten können. Durch die Überlagerung des Fairness- durch den Leistungsgedanken im System des Spitzensports – wozu alle am Spitzensport in-

Teil 5: Fazit

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teressierten Gesellschaftsakteure beitragen – sehen sich Bemühungen um Fortschritte in der Effektivität des sportinternen Kontrollsystems nicht nur biologischen, sondern auch strukturellen Widerständen ausgesetzt. Solange sich das nicht ändert, kann das Strafrecht in seiner auf das Entdeckungsrisiko gestützten Funktion als abschreckende Maßnahme wenig ausrichten. Zugleich wird deutlich, wie brüchig das Fundament einer durch die Selbstdopingdelikte vermittelten positiven Generalprävention ist. Wenn der „Sieg-Niederlage-Code“ das im Spitzensport alles überstrahlende Merkmal ist,1 ist letztlich „Leistung um jeden Preis“ der entscheidende, in der Mikro-Gesellschaft „Spitzensport“ positiv besetzte Wert. Eine Abweichung von der Rechtsnorm ist damit nicht zwingend auch Abweichung von den Werten der Teilgesellschaft Spitzensport.2 So erklärt sich wohl auch, dass das Unrechtsbewusstsein vieler geständiger Dopingsünder als formales erscheint: Der Akteur weiß, dass er Verbotenes getan hat, wertet sein Handeln aber nicht als „unfair“ oder zumindest als notwendige Begleiterscheinung spitzensportlicher Betätigung.3 Geradezu exemplarisch dafür ist das „Schuldeingeständnis“ Jan Ullrichs: „[Frage] Haben Sie jemals gedopt? [Antwort] Auch ich habe unerlaubte und falsche Entscheidungen in meiner Karriere getroffen. Geschädigt oder betrogen habe ich niemanden. […] Ich habe nichts genommen, was die anderen nicht auch genommen haben. […] Der große Sieg kommt am Ende immer nur über Talent, Leistungsfähigkeit, Teamspirit und Siegeswille.“4

Vieles spricht deshalb dafür, dass den Selbstdopingdelikten die gegenüber einer normbestätigenden Funktion wesentlich anspruchsvollere Aufgabe zu teil werden wird, wertbildend wirken zu müssen. Damit obliegt ihnen eine Mammutaufgabe, die sie allein kaum bewältigen werden können. Die Schaffung des AntiDopG muss daher den Auftakt bilden zu einer umfassenden Dopingbekämpfungspolitik, die eine Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kontrollinstanzen des Sports, aber auch eine Stärkung ihrer Unabhängigkeit sowie eine Intensivierung der Präventionsarbeit umfassen muss. Ganz ausmerzen lassen wird sich Doping nicht, da die Feststellung des „Besseren“ wesensbestimmender Bestandteil sportlicher Betätigung ist5 und die Versuchung unerlaubter Leistungssteigerung ihren Reiz deshalb nie ganz verlieren wird. Erschwerend kommt hinzu, dass sich unbedingtes Leistungsstreben zunehmend in der gesamten Gesellschaft Bahn bricht.6 Der medizinisch-technische Fortschritt wird 1 Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 12, 91, 114; Kämpfe, Intrinsische und extrinsische Motivation im Verlauf von Spitzensportkarrieren, S. 94, 96. 2 In diese Richtung wohl auch Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 16, 122; Singler, Doping und Enhancement, S. 171. 3 Ähnlich Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 226; Blasius, Doping im Sport, S. 73; Krüger, in: Gamper/Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 18; Brand, Doping-Magazin 2018, 14 (17) (für den Breitensport). 4 Focus 26/2013, S. 118 ff. 5 Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG, § 3 Rn. 1. 6 Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 146.

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Teil 5: Fazit

nicht mehr nur im Sport, sondern auch in anderen Lebensbereichen zur Verbesserung der Fähigkeiten gesunder Menschen genutzt.7 Schönheitsoperationen sind gängige Praxis und die Einnahme konzentrationsfördernder Mittel erfreut sich steigernder Beliebtheit.8 Es ist bemerkenswert, dass bei der Bewertung künstlicher Leistungssteigerung inner- und außerhalb des Sports mit zweierlei Maß gemessen wird. Während Doping im Sport jedenfalls in der Außendarstellung als – sogar strafwürdiges – Übel bezeichnet wird, ist der Begriff des „Enhancement“ tendenziell positiv besetzt.9 Künstliche Unterstützung der Leistungsfähigkeit scheint außerhalb des Sports gesellschaftlich grundsätzlich akzeptiert zu sein.10 Das bedeutet nicht, dass Doping im Hochleistungssport freigegeben werden sollte. Das ist keine Alternative, weil dadurch die Chancengleichheit und die Gesundheitsförderung als zentrale Werte des Sports torpediert würden.11 Zuweilen – insbesondere von überführten Dopingsündern – wird vertreten, dass Doping „nur die Maßstäbe, nicht aber die Verhältnisse verzerre“ und der Beste damit immer der Beste bliebe.12 Schon allein, weil es sich bei Dopingmitteln oftmals um Arzneimittel handelt, deren Nebenwirkungen bekanntermaßen unterschiedlich ausfallen können, führte eine Freigabe des Dopings jedenfalls die Gefahr herbei, dass nicht der Athlet mit den von Grund auf besten Voraussetzungen, sondern der Sportler gewinnt, der mit den Nebenwirkungen der verwendeten Mittel am besten zurechtkommt.13 Auch unter gesundheitlichen Aspekten geht eine Forderung nach Freigabe fehl. Es mag sein, dass heutiger Leistungssport von Belastungen geprägt ist, die teilweise eher gesundheitsschädlich denn -fördernd sind. Das bedeutet aber nicht, dass eine gesellschaftliche Fehlentwicklung nach sich ziehen müsste, dass ein positiv besetzter Wert in Gänze über Bord zu werfen wäre.14 7

Hilgendorf, Einführung in das Medizinstrafrecht, S. 121. Nachweise bei Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 148 ff. 9 Müller, Doping und dopingäquivalentes Verhalten, S. 146; in diese Richtung auch Figura, Doping-Magazin 2016, 29 (31 f.). 10 Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 14 f.; in diese Richtung auch Figura, Doping-Magazin 2016, 29 (31 f.). 11 In diese Richtung i.E. auch Bette/Schimank, Die Dopingfalle, S. 202; Figura, DopingMagazin 2016, 29 (33); Rössner, Doping-Magazin 2017, 225. 12 Der ehemalige Radprofi Rolf Järmann meint – aufgezeichnet von Wagner, in: Gamper/ Mühlethaler/Reidhaar, Doping. Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 39 – in Zusammenhang mit seinem EPO-Missbrauch, dass „selbst ohne jedes Dopingmittel […] die gleichen Fahrer vorne liegen“ würden; in diese Richtung auch die geständigen deutschen ExProfis Jörg Jaksche im Spiegel 27/2007, S. 64 (78): „Es ist pervers, aber das Doping-System ist gerecht, weil alle dopen“ und Jan Ullrich im Focus 26/2013, S. 118 ff.: „Ich habe nichts genommen, was die anderen nicht auch genommen haben. […] Ich wollte für Chancengleichheit sorgen. Der große Sieg kommt am Ende immer nur über Talent, Leistungsfähigkeit, Teamspirit und Siegeswille“; wie hier bereits Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 18. 13 Figura, Doping, S. 84; Schöffel/Groneberg/Thielemann/Ekkernkamp, Schwarzbuch Doping, S. 18; Bourg, Doping-Magazin 2017, 34 (37). 14 In diese Richtung auch Figura, Doping, S. 85. 8

Teil 5: Fazit

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Eine nachhaltige Dopingbekämpfung bedürfte insbesondere einer ehrlichen Diskussion um den tatsächlichen Wert der Dopingfreiheit in unserer Gesellschaft. Faktisch scheinen die strukturellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des Spitzensports Dopingverstöße zuweilen eher zu begünstigen als zu verhindern.15 Sportliche Leistungen werden auch dann bewundert, wenn sie sich mit der natürlichen menschlichen Leistungsfähigkeit nicht mehr erklären lassen.16 Mit der Anerkennung der Grenzen menschlicher Leistungsfähigkeit durch den organisierten Sport und die Gesellschaft wäre bereits viel gewonnen.17 Ob sich die Einsicht durchsetzen wird, dass es irgendwann nicht mehr schneller, weiter oder höher geht, bleibt abzuwarten.

15

Nationaler Dopingpräventionsplan, S. 4 f. Deutscher Richterbund, Stellungnahme zum AntiDopG-E, S. 3; Lehner, in: Adolphsen/ Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis, Rn. 1344 f. 17 Nationaler Dopingpräventionsplan, S. 4. 16

Literaturverzeichnis Alle Internetquellen wurden – soweit nicht anders gekennzeichnet – zuletzt am 13. 01. 2020 abgerufen. Aargauer Zeitung: Olivier Niggli ist der höchste Dopingjäger der Welt: „Für die Russen sind wir Teil eines Komplotts“, abrufbar unter: https://www.aargauerzeitung.ch/sport/fuer-die-russensind-wir-teil-eines-komplotts-132439865 Adolphsen, Jens/Nolte, Martin/Lehner, Michael/Gerlinger, Michael (Hrsg.): Sportrecht in der Praxis, 1. Auflage, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 2011 Aeschimann, Walter: Doping und die Rolle der Pharmaindustrie, in: Doping-Magazin 2017, 94 Ahlers, Rainer: Doping und strafrechtliche Verantwortlichkeit, Nomos Verlagsgesellschaft, 2. Auflage, Baden-Baden 1998 Anderheiden, Michael/Heinig, Hans Michael/Bürkli, Peter/Kirste, Stephan/Seelmann, Kurt (Hrsg.): Paternalismus und Recht, Mohr Siebeck, Tübingen 2006 Appel, Ivo: Verfassung und Strafe. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen staatlichen Strafens, Duncker & Humblot, Berlin 1998 Arzt, Gunther/Weber, Ulrich/Heinrich, Bernd/Hilgendorf, Eric: Strafrecht Besonderer Teil, Verlag Ernst und Werner Gieseking, 3. Auflage, Bielefeld 2015 Baumann, Jürgen/Weber, Ulrich/Mitsch, Wolfgang/Eisele, Jörg: Strafrecht Allgemeiner Teil, Verlag Ernst und Werner Gieseking, 12. Auflage, Bielefeld 2016 Beccaria, Cesare: Von den Verbrechen und von den Strafen, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 1764 Becker, Matthias A.: Rechtsgutsbestimmung und Anwendungsbereich der Beteiligtentäuschung gem. § 145 d Abs. 2 Nr. 1 StGB, Justus Liebig-Universität Giessen, Gießen 1992 Bemmann, Günter: Zur Frage der objektiven Bedingung der Strafbarkeit, Verlag Schwartz & Co., Göttingen 1957 Berger, Sebastian: Der Schutz öffentlichen Vermögens durch § 263 StGB: Zur Anwendbarkeit des § 263 StGB und zum Vorliegen eines Vermögensschadens bei Angriffen auf inländisches öffentliches Vermögen sowie auf Vermögen der Europäischen Gemeinschaften, Centauraus Verlag, Herbolzheim 2000 Berninger, Anja: Der nationale Anti-Doping-Code, Universität Zürich, Zürich 2012 Bernnat, Rainer/Klöcker, Philipp: Der gesellschaftliche Wert des deutschen Spitzensports. Ziele, Ergebnisse und Trends der Wirtschaft bei der Unterstützung des Spitzensports in Deutschland, 2012; abrufbar unter: https://www.sporthilfe.de/fileadmin/pdf/Studien/Der_ge sellschaftliche_Wert_des_deutschen_Spitzensports_2012.pdf Bethge, Herbert: Der Grundrechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1998), 7

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Stichwortverzeichnis Auffangtatbestand – Einnahmeklausel als 96 ff., 128 ff., 150, 165 ff., 204 f. – siehe auch Erheblichkeit von Einnahmen Ausländische Spitzensportler 91 ff., 95, 120 ff., 129 ff., 165 ff., 188 ff. Besonderes persönliches Merkmal, keine Täterqualität 91 Beweisprobleme 83, 127 f., 228 f., 261 – siehe auch Welt-Anti-Doping-Agentur (Testergebnisse) Blankettmerkmal – Dopingmittelbegriff als 67 ff. – Verfassungsmäßigkeit 172 ff. Boxen 92, 99, 116, 128 ff. Chancengleichheit 45 ff., 50, 133 ff., 137 ff., 140 ff., 159 ff., 208 ff., 214 ff., 223 ff., 241 ff., 263 ff., 280 ff. – siehe auch „Integrität“ des Sports Dopingbegriff 17 f., 20 ff., 54 ff., 67, 70 ff., 161 f., 178 ff., 209 f. Drittliga-Fußball 94, 96, 99 f., 116, 128 ff., 272 Einkommen von Spitzensportlern 99 ff., 121 ff., 138 ff., 150 ff., 165 ff., 204 f., 246 ff. Empirie 23, 121 ff., 150 ff., 226 ff., 235, 247 ff. Erheblichkeit von Einnahmen 19, 45 ff., 83 ff., 96 ff., 128 ff., 138 f., 165 ff., 204 f. Fairness siehe Chancengleichheit und „Integrität“ des Sports Finanzierung des Anti-Doping-Kampfs 240 f., 271 ff.

Gefährdungsdelikt 160 f., 228, 260 f. Gesellschaftliche Ursachen des Dopings 91, 150 ff., 246 ff., 255, 264 ff. – siehe auch Motive für Dopingverstöße Gesundheitsschutz 19 ff., 25 f., 36 ff., 135 f., 142 ff., 159 – siehe auch Paternalismus und (Recht auf) Selbstschädigung „Integrität“ des Sports 19, 45 ff., 115 ff., 133 ff., 140 ff., 159 ff., 213 ff., 222 ff., 242 ff., 280 ff. Langzeitwirkung von Dopingmaßnahmen 81, 164 f., 259 f. Leistungssportreform 196 ff., 204, 273 ff. Moralschutz (kein) 36 f., 145 ff., 222 f., 244 f. Motive für Dopingverstöße 50, 110 ff., 114 ff., 150 ff., 246 ff., 264 ff., 273 ff. – siehe auch Einkommen von Spitzensportlern und Gesellschaftliche Ursachen des Dopings Motorsport 99, 116, 128 ff. Nationale Anti-Doping-Agentur 22, 129 f., 263 ff., 271 ff. – NADA-Code 22, 61 ff., 254 ff. – Standard für Dopingkontrollen und Ermittlungen 92 – Testergebnisse siehe Welt-Anti-DopingAgentur – Testpool 87, 91 ff., 119 ff., 128 ff., 188 ff. – siehe auch Spitzensportler Normatives Tatbestandsmerkmal 67 ff., 172 ff., 188 ff., 200 ff. Paternalismus 220 ff., 246 ff. – siehe auch Selbstschädigung

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Stichwortverzeichnis

Rechtsgut 33 ff., 45 ff., 133 ff., 161 ff., 214 ff., 278 Regionalliga-Fußball und mittelklassiger Sportbetrieb 76 ff., 100 f., 114 ff., 120, 126 ff., 165 ff., 271 f. Schutzreflex 33 ff., 45 ff., 134 ff., 214 ff., 230 ff., 242 ff., 278 ff. Selbstschädigung, Recht auf 19, 24 f., 42, 164 f., 213, 220 f., 234, 256 ff. – siehe auch Paternalismus Spitzensportler 22, 83 ff., 91 ff., 114 ff., 119 ff., 165 ff., 188 ff. Sportbegriff 73 ff. Verletzungsdelikt 160 f. Vermögen siehe wirtschaftlicher Wettbewerb

Welt-Anti-Doping-Agentur 20 ff., 153 f., 187 f., 194, 271 ff. – Internationaler Standard für Dopingkontrollen (ISTI) 22 f., 129, 193 – Testergebnisse 23, 239, 254, 259 – WADA-Code 20 ff., 61 f., 74, 91 f., 129, 145, 183, 254 – WADA-Verbotsliste 20 ff., 54 ff., 61 f., 135, 178 ff., 187 f., 209 f. Wirtschaftlicher Wettbewerb 47 ff., 121 ff., 138 ff., 146 ff., 165 ff., 230 ff., 242 ff., 246 ff., 262, 265 ff., 278 ff. – siehe auch Einkommen von Spitzensportlern