Die Schöpfer des Kunstmarkts: Von den Anfängen in der Antike bis zur Digitalisierung in der Gegenwart 9783839464526

Der Kunstmarkt sorgt mit immer neuen Preisrekorden für Furore. Welche Strategien hinter dem Verkaufen und Sammeln von Ku

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Die Schöpfer des Kunstmarkts: Von den Anfängen in der Antike bis zur Digitalisierung in der Gegenwart
 9783839464526

Table of contents :
Inhalt
Einleitung
1 Die Antike
2 Europa vom Mittelalter bis zur Renaissance
3 Das 17. Jahrhundert
4 Das 18. Jahrhundert
5 Das 19. Jahrhundert
6 Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
7 Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts
8 Das 21. Jahrhundert
9 Ausblick
10 Anhang
Anmerkungen

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Harriet Häußler Die Schöpfer des Kunstmarkts

Image Band 217

Für Aeneas

Harriet Häußler schrieb ihre Promotion über Anselm Kiefer und seinen Skulpturenzyklus »Die Himmelspaläste«. Seit 2009 lehrt, berät und veröffentlicht die Kunsthistorikerin zum Kunstmarkt und zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.

Harriet Häußler

Die Schöpfer des Kunstmarkts Von den Anfängen in der Antike bis zur Digitalisierung in der Gegenwart

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: //dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2023 transcript Verlag, Bielefeld Alle Rechte vorbehalten. Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld Umschlagabbildung: »Die Gemäldegalerie von Jan Gildemeester Jansz«, Adriaan de Lelie, 1794-1795, Öl auf Holz, 63.7 cm x 85.7 cm, Rijksmuseum Amsterdam, CC0 1.0 Universal (CC0 1.0), Public Domain Dedication Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar https://doi.org/10.14361/9783839464526 Print-ISBN 978-3-8376-6452-2 PDF-ISBN 978-3-8394-6452-6 Buchreihen-ISSN: 2365-1806 Buchreihen-eISSN: 2702-9557 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: https://www.transcript-verlag.de Unsere aktuelle Vorschau finden Sie unter www.transcript-verlag.de/vorschaudownload

Inhalt

Einleitung .................................................................................7 1

Die Antike Die Anfänge des internationalen Kunstmarktes ....................................... 11

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Europa vom Mittelalter bis zur Renaissance Der erste professionelle Kunsthändler und der Proto-Kapitalismus .................... 15 2.1 Das Mittelalter: Die Kunst der Kirche und des Adels ................................... 15 2.2 Die Renaissance .....................................................................18

3

Das 17. Jahrhundert Kunstlotterien, Massenproduktion und der erste Künstler als Selbstvermarkter ....... 27 3.1 Das Goldene Zeitalter in den Niederlanden........................................... 27 3.2 Das übrige Europa: Anfänge eines internationalen Kunsthandels .................... 37 4

Das 18. Jahrhundert Die Entwicklung des modernen Kunstmarktes ....................................... 39 4.1 Einführung ......................................................................... 39 4.2 England im 18. Jahrhundert: Sotheby’s, Christie’s und der erste Art Consultant ......... 41 4.3 Frankreich im 18. Jahrhundert: Das erste Power Couple der Kunstwelt................ 45 4.4 Vielstaaterei und Aufklärung im Deutschland des 18. Jahrhunderts ................... 50 5

Das 19. Jahrhundert Das Jahrhundert des Bürgertums und der Museen ................................... 57 5.1 Einführung ......................................................................... 57 5.2 London im 19. Jahrhundert: Die ersten Mega-Galeristen und ihre »sensation pictures« ............................................................... 60 5.3 Paris im 19. Jahrhundert: Paul Durand-Ruel, der Vater der Impressionisten ........... 68 5.4 Berlin im 19. Jahrhundert: Louis Sachse, Eduard Arnhold und James Simon........... 74

5.5 New York im 19. Jahrhundert: Die Robber Barons des Gilded Age als Gründer der amerikanischen Kunstszene......................................... 83 6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 8

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts Die Avantgarde und zwei Weltkriege ................................................. 89 Einleitung .......................................................................... 89 New York bis 1945: Der Einfluss der Frauen und die Armory Show 1913 ................ 90 London bis 1945: Joseph Duveen – der wichtigste Kunsthändler aller Zeiten .......... 98 Paris bis 1945: Picassos Händler – Vollard, Wildenstein, Rosenberg und Kahnweiler... 105 Berlin bis 1933: Flechtheim und Cassirer, von Bode und Liebermann .................. 116 Der deutsche Kunstmarkt in der Diktatur: Die NS-Zeit............................... 123 Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Kunst als global vermarktetes Produkt .............................................. 131 Einleitung .......................................................................... 131 New York nach 1945: Von Guggenheim über Janis und Castelli zu Gagosian .......... 132 Neue Wege im London der Nachkriegszeit: Von Lloyd über Wilson zu d’Offay ..........142 Der Aufschwung des Rheinlands: Stünke, Schmela, Zwirner und die Ludwigs ..........154 Die DDR – sozialistische Kunst und staatliche Devisenbeschaffung .................. 168

8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7

Das 21. Jahrhundert Spezialisierung und Digitalisierung der Märkte.......................................173 Einleitung ..........................................................................173 Kunst als Anlageobjekt..............................................................175 Galeristen als Art Consultants und Künstler als Marken...............................178 Der Boom der Gegenwartskunst und des Kunsttourismus ............................ 181 Die Macht der Auktionshäuser.......................................................187 Neue Gesetze und Vorschriften: Das Ende des Booms? ............................. 193 Digitale Innovationen in der Zeit der Pandemie ......................................197

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Ausblick .......................................................................... 209

10 Anhang ............................................................................ 211 10.1 Literaturverzeichnis ................................................................ 211 10.2 Abbildungsverzeichnis ............................................................. 235 Anmerkungen .......................................................................... 237

Einleitung

Immer wieder werden auf dem Kunstmarkt Rekordpreise für Kunstwerke erzielt. Im Jahr 2021 wurden für ein einzelnes sogenanntes NFT, »Everydays: The First 5000 Days« des US-amerikanischen, digitalen Künstlers Beeple, mehr als 69 Mio. US-Dollar bezahlt, 2022 war es ein Bild von Andy Warhol, »Sage Blue Marilyn Monroe« von 1964, das nahezu 200 Mio. US-Dollar erlöste und damit das höchste Ergebnis für Warhol und zudem für einen Künstler des 20. Jahrhunderts erreichte.1 Angesichts der neuen Kunstgattung NFT, der immer höheren Rekorde insbesondere für Kunst des 20. Jahrhunderts und der zunehmenden Dominanz der Auktionshäuser wird schnell übersehen, dass der Kunstmarkt sich zwar beständig erneuert, im Grunde genommen aber seit Jahrhunderten denselben Prinzipien folgt. Die Grundprinzipien des Kunsthandels beziehen sich seit der Antike auf das Dreieck Künstler, Händler und Sammler, in dessen Zentrum sich das Kunstwerk befindet. Wenngleich in der Tagespresse der Kunstmarkt immer wieder mit Rekorden oder Skandalen in Verbindung gebracht wird, beruht der Handel mit Kunst seit jeher auf dem Agieren von Menschen, die sich mit kostbaren, ästhetisch außergewöhnlichen, aufregenden, machtdemonstrierenden, schönen, erhabenen oder schlichtweg beeindruckenden Kunstwerken aus der eigenen oder einer fremden Kultur umgeben wollen. Dass dabei Beweggründe wie Investitionsbereitschaft, Machtdemonstration, Distanzierungswille oder Exklusivität, der Wunsch, Kunstwerke im Privaten für sich zu behalten oder sie mit der Öffentlichkeit zu teilen, eine Rolle spielen ist naheliegend. Ungewöhnlicherweise beschäftigen sich gerade die Wissenschaftler, die die Kunst und ihre Geschichte erforschen, selten oder überhaupt nicht mit dem Kunstmarkt. Noch im 21. Jahrhundert erklärte der Dekan der Fakultät, an der ich jahrelang über den Kunstmarkt Vorträge und Seminare hielt, dass der Kunstmarkt als Hochschuldisziplin nur eine »Hilfswissenschaft« sei, der Wappenkunde vergleichbar. In der Kunstgeschichte und -wissenschaft, insbesondere in Deutschland und Kontinentaleuropa, wird der Einfluss des Kunstmarktes auf die Entstehung und Rezeption von Kunst zumeist verneint oder verleugnet. In Deutschland gab es bis zum Jahr 2022 nur eine einzige Juniorprofessur zum Thema Kunsthandel.2 An einigen wenigen Institutionen finden von Zeit zu Zeit Vorträge, Workshops oder

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Die Schöpfer des Kunstmarkts

Konferenzen statt. Dies ist umso überraschender, als man in Deutschland an 80 Universitäten und Akademien Kunstgeschichte studieren kann. Seit Jahren halte ich an deutschen Universitäten Seminare und Vorträge zum Thema Kunstmarkt. Mit großer Verwunderung und Interesse hörten Studierende der Kunstgeschichte hier oft erstmals, dass unser heutiger Kunstkanon, wie wir ihn aus den meisten der öffentlich zugänglichen Museen kennen, das Ergebnis des Sammelns einzelner Persönlichkeiten ist, und dass die Zusammenstellung der aktuell als »klassisch« betrachteten Kunst meist durch den Einfluss einiger weniger Protagonisten entstanden ist. Dies waren in früheren Jahrhunderten häufig Kaiser, Könige, Fürsten oder andere staatliche wie auch kirchliche Würdenträger, die in ihrer Person Privates und Öffentliches vereinten. Seit dem Beginn der Moderne vor etwa zweihundert Jahren haben jedoch zahlreiche vermögende bürgerliche Sammler durch ihre Schenkungen das Bild stark geprägt, das wir heute von der Kunstgeschichte haben. Es überrascht kaum, dass in den USA die ersten Untersuchungen zum Kunstmarkt erschienen, die sich nicht nur mit tagesaktuellen Rekordpreisen beschäftigten. So gibt es heute zu einzelnen Epochen zunehmend nähere Untersuchungen wie z.B. zum Goldenen Zeitalter in den Niederlanden. Bis heute hat jedoch noch niemand versucht, einen Überblick über die Geschichte des Kunstmarktes seit den ersten schriftlichen Aufzeichnungen zu geben. Ich wage diesen Schritt nun, da ich davon überzeugt bin, dass der gegenwärtige Kunstmarkt besser verstanden werden kann, wenn man seine Anfänge kennt – dann wird klar, dass vieles, was wir als Sensation oder unangenehme Entwicklung sehen wie z.B. Höchstpreise für Einzelwerke, in der Geschichte wiederholt vorgekommen ist. Immer wieder erlebe ich Erstaunen von Seiten kunstinteressierter Journalisten, Kunstkritiker, Sammler und Künstler, wenn ich in meinen Vorträgen und Beratungen auf einzelne Begebenheiten in der Geschichte des Kunstmarktes verweise. Um bestimmte Zusammenhänge zu verstehen, sollten wir der Entstehung des modernen Kunstmarktes nachgehen. Dass die Verbindung von Kunst und Markt bis zum heutigen Tag äußerst komplex gestaltet ist, erkennen wir bereits daran, wie der gegenwärtige Kunstmarkt sowohl von der Luxus- als auch der Massenkonsumgesellschaft geprägt wird. Grundsätzlich strebt die westliche Gesellschaft unserer Zeit danach, das Individuum aus der Masse hervorstechen zu lassen. Auf der einen Seite werden als »einzigartig« vermarktete Kunstwerke für extrem hohe Preise versteigert – denken wir an den Sensationspreis für das Gemälde »Salvator Mundi« von Leonardo da Vinci, das mit einem öffentlich erzielten Verkaufspreis von mehr als 450 Mio. US-Dollar den bis heute höchsten Preis für ein einzelnes Werk erreichte. Auf der anderen Seite gab es noch nie so viele Internetplattformen und Onlinegalerien wie heute,3 von denen Millionen von Kunstwerken angeboten und verkauft werden. Wie der Kunstmarkt funktioniert und wie er sich im Laufe der Zeiten verändert hat, soll anhand eines kurz gehaltenen, aber zeitlich umfassenden Panoramas nachvollzogen werden. Wir betrachten, mit welchen Verkaufsstrategien und Aus-

Einleitung

stellungsprogrammen, mit welcher architektonischer Gestaltung und welchen Veranstaltungen Kunsthändler, Galeristen und Auktionatoren ihre Ziele seit Jahrhunderten verfolgen und wie Sammler darauf reagieren.

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1 Die Antike Die Anfänge des internationalen Kunstmarktes

Zu dem Zeitpunkt, in dem erstmals Kunstwerke gehandelt werden, beginnt die ambivalente Verbindung von Kunst und Geld, die von zwei Gegensätzen geprägt ist. Auf der einen Seite findet sich die Kunst, die mit dem Reinen, Erhabenen, Immateriellen und Schöpferischen assoziiert wird. Auch der Gedanke der Originalität und der Exklusivität wird häufig mit Kunst in Verbindung gebracht. Auf der anderen Seite ist das Geld, das für das Materielle, Profane steht und für jedermann zugänglich ist. Ein zweiter wesentlicher Aspekt betrifft den Moment, in dem ein Gegenstand oder eine Dienstleistung zu einem bestimmten Preis angeboten und verkauft wird. In diesem Augenblick treten die Ware oder Leistung aus dem Bereich des Verkäufers heraus und treffen auf die Öffentlichkeit bzw. auf den möglichen Käufer. Die Anfänge für diese Verbindung von Kunst und Geld und das Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage für Kunstobjekte führen zum Entstehen des ersten Kunstmarktes. Archäologische Ausgrabungen zeigen, dass bestimmte Kunstwerke, Schmuck und Luxusobjekte für den häuslichen Gebrauch schon vor mehr als zweitausend Jahren über weite Strecken hinweg gehandelt und vertrieben wurden.1 Die alte Seidenstraße, die den europäischen Mittelmeerraum mit Ostasien verband, ist ein prägnantes Beispiel für den regen Warentausch seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. über Tausende Kilometer hinweg. Dass das heutige China eine neue Seidenstraße plant und zum Großteil bereits umgesetzt hat, spiegelt die lange Tradition der transkontinentalen Handelsverbindungen wider.2 Der erste überlieferte Handel, der sich auf Kunst spezialisierte, geht auf die Phönizier zurück, die im 1. Jahrtausend v. Chr. als Händler- und Seefahrervolk bekannt wurden. Als die Warenvielfalt zunahm, und neben Naturprodukten auch künstlerische Objekte gehandelt wurden, spezialisierten sich einige Kaufleute auf bestimmte Warengruppen und Absatzorte. Ton- und Glasobjekte, Möbel, Schmuck und Bilder wurden nachweislich schon früh von Spezialisten gehandelt. Nach den Phöniziern beherrschen im Mittelmeer die Hellenen den Kunsthandel. Hafenstädte wie Piräus, Korinth, Delos oder Milet wurden in der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. zu regen Umschlagplätzen für Luxus- und damit auch für Kunstgüter. Bis heute im 21. Jahrhundert sind es gleichfalls immer wieder Hafenstädte wie New York, London, Hong

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Kong oder Schanghai, die direkt am Meer liegen, oder auch Städte, die an großen Flüssen liegen, wie Paris oder Köln, in denen sich Kunstmarktzentren entwickeln. Mit dem Handel hängt die Logistik eng zusammen, der Warenverkehr wird somit seit der Antike vom Schiffsverkehr dominiert. Trotz der Erfindung neuer Transportmittel wie Flugzeug, Eisenbahn und Auto ist es bis heute das Schiff, mit dem Transportwege über die Meere vorrangig bewerkstelligt und die meisten Waren weltweit verteilt werden. Dieser Umstand wurde in der Zeit der Pandemie um 2020 der Öffentlichkeit nur wieder stärker bewusst, als das Schließen wichtiger Häfen zu weltweiten Lieferengpässen führte. Aber nicht nur der globale Schiffsverkehr entwickelte sich bereits in vorchristlicher Zeit, es etablierten sich zudem der mobile Warenverkauf auf ephemeren Marktplätzen sowie vereinzelt der stationäre Handel mit einem feststehenden Laden. Damit werden zwei bis heute etablierte Verkaufsorte für Kunst entwickelt: der Verkaufsstand auf einer für kurze Zeit stattfindenden Messe und das Ladenlokal, die heutigen Galerieräume. Im vorchristlichen Griechenland und Rom kommt es nachweislich zur Entwicklung der ersten seriellen Massenanfertigung von Kunstgütern. Je mehr Regionen die Römer im ersten Jahrhundert n. Chr. um das Mittelmeer herum eroberten, desto größer wurde der Warenverkehr von Kunstgütern. Erfolgreiche römische Patrizier strebten nach dem Besitz fremdländischer Werke, um ihren Wohlstand, ihre Bildung und politische Macht zur Schau zu stellen. In den ersten schriftlich überlieferten Zeugnissen wird bereits dieses Streben nach Luxus und Kunst kritisiert. Beispielsweise warnt Plinius im ersten Jahrhundert n. Chr. vor der »Einfuhr von eroberten Standbildern und Gemälden«, da sie zum »Verfall der Sitten« beitragen würden.3 Plinius stellt sich zudem als Erster die Frage, wie die Preise für Kunstwerke gebildet werden und nennt auch als einer der Ersten konkrete Verkaufspreise: Marcus Agrippa, »ein Mann von mehr einfachem als feinerem Geschmack«, habe von den Kyzikenern zwei Bilder gekauft, »einen Aias und eine Aphrodite, für 1.200.000 Sesterzen«.4 Sensationspreise für Kunstwerke wurden also schon früh beim Namen genannt. Für Plinius ist klar, dass die Identität und der Ruf des Künstlers sowie das Sujet wichtige Faktoren für die Preisbildung sind. In der römischen Antike gab es ebenso bereits Phasen, in denen bestimmte Gattungen besonders beliebt waren. Die Nachfrage nach Szenen des täglichen Lebens, aus der Mythologie, Porträts und Landschaften veränderte sich im Wandel der Zeit. In einer kurzen Episode von Martials Epigrammen, ebenfalls aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., wird der Kunst- und Antiquitätenmarkt in Rom detailliert beschrieben.5 Es wird offensichtlich, dass sich bereits zu diesem Zeitpunkt römische Händler auf eine kleine Warengruppe an Kunstobjekten spezialisiert hatten: Diese reicht vom Kunstgewerbe wie Tischen und Stühlen bis hin zu Bronzeskulpturen oder Pokalen und Schmuck. In einer weiteren römischen Quelle wird ein bis heute aktueller Aspekt des Kunsthandels deutlich. In der Beschreibung eines römischen

1 Die Antike

Galeriebesuches heißt es bei Titus Petronius Arbiter: »Hier sah ich Werke aus der Hand des Zeuxis […], betrachtete Entwürfe des Protogenes, […] sah ich ein Bild des Apelles.«6 Titus Petronius nennt mehrere bedeutende Künstler der griechischen Antike: Zeuxis, Protogenes und Apelles. Der potentielle Kunstkäufer gibt sich im Sinne des Namedroppings als Kenner und Experte mit fundierten Kenntnissen einer komplexen Materie aus. Wenn heute Sammler von ihren Galeriebesuchen berichten, könnten ihre Berichte an den des Titus Petronius erinnern. Wir bräuchten nur die antiken Künstlernamen durch die von Rembrandt, Monet oder Picasso auszutauschen. Zu derselben Zeit, als immer mehr Römer nach den gleichen Gütern strebten – zumeist nach älteren vorrömischen, griechischen Bronzen, z.B. aus Korinth – entwickelte sich eine ebenfalls bis heute bestehende Problematik innerhalb des Kunstmarktes: Es bildete sich ein Markt der Fälschungen und manipulierten Provenienzen. In der Antike lassen sich bereits vier der heute gängigen fünf Vermarktungswege von Kunstwerken nachweisen: 1. der Eigenverkauf des Künstlers als Produzent, 2. der Verkauf in einem festen Ladenstandort, 3. der Handel an einem mobilen Ort wie einem Marktplatz oder als Straßenhändler und 4. die Veräußerung in einer öffentlichen Auktion. Nur der fünfte Marktplatz, die digitale Welt im Internet, hat sich erst in den letzten zwanzig Jahren etabliert. Insbesondere der Auktionsweg hat sich im römischen Handel weitreichend entfaltet. Bis zum heutigen Tag spielen Kunstauktionen eine tragende Rolle auf dem Kunstmarkt. Antike Quellen datieren die ersten Versteigerungen in das 5. Jahrhundert v. Chr. – von Herodot kennen wir Beschreibungen von mesopotamischen Heiratsmärkten, auf denen junge Mädchen versteigert wurden. In den homerischen Epen sind die zahlreichen Sklavenauktionen in Griechenland überliefert, auf der griechischen Insel Delos fand der zentrale Sklavenmarkt für Griechen und Römer statt. Die Römer führten den Auktionshandel schließlich im großen Stil ein, sie versteigerten nicht nur Menschen, sondern vermehrt auch Waren und dementsprechend auch Kunstwerke.7 Einen großen Markt bot ihnen dabei die Versteigerung von Kriegsbeute. Im römischen Reich geschah dies »sub haste« – unter der Lanze, um anschließend die Beutestücke in einem Triumphzug durch die Straßen Roms zu führen. So verkauften die römischen Soldaten ihre Kriegsbeute an denjenigen, der am meisten für die Ware bot. Von dem lateinischen Wort »augere« – vermehren, vergrößern – leitet sich auch der Begriff »Auktion« ab. Weitere grundsätzliche Begriffe und Organisationen haben sich aus dem antiken, römischen Markt bis heute tradiert. Der feste Ort für Auktionen war das »atrium auctionarium«, einige heutige Auktionshäuser nennen ihre Verkaufssäle »Atrien«. Zudem trägt das Pult des Auktionators heute ebenfalls einen lateinischen Namen, es wird »rostrum« (Tribüne) genannt. Über die römischen Auktionen wissen wir, dass nach Bekanntmachungen auf den Straßen und nach den Ausrufern, die über die Zeit und den Ort der kommenden Versteigerung Auskunft gaben, ein »argentarius« die Aufsicht über die Gesamtauktion im

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Sinne eines Bankiers führte. Der eigentliche Auktionator kassierte vom Meistbietenden den vereinbarten Kaufpreis. Auf diesen mussten zusätzlich ca. 1 % an Gebühren und Auktionssteuern für den Staat abgetreten werden. Heute wird auf den Hammerpreis das Aufgeld für das Auktionshaus in Höhe von 12 % bis 30 % sowie die Mehrwertsteuer in Höhe von bis zu 27 % (das ist aktuell der höchste Mehrwertsteuersatz in der EU in Ungarn) fällig.

2 Europa vom Mittelalter bis zur Renaissance Der erste professionelle Kunsthändler und der Proto-Kapitalismus

2.1 Das Mittelalter: Die Kunst der Kirche und des Adels Nach dem Untergang des Weströmischen Reichs im 5. Jahrhundert – das Jahr 476 n. Chr. mit der Absetzung des Kaisers Romulus Augustulus wird häufig als Endpunkt des Imperium Romanum angesehen – übernahm in der westlichen europäischen Welt die römisch-katholische Kirche nicht nur die religiöse, sondern auch die kulturelle, politische und wirtschaftliche Führung. Damit zeigt sich auch eine grundsätzliche Veränderung im Kunsthandel. Nun dominieren Auftragsarbeiten der Kirche und des Adels entsprechend der präferierten christlichen Bildthemen, säkulare Sujets finden sich in der Zeit bis zur Wiederentdeckung des antiken Gedankenguts in der Neuzeit eher selten. Künstler agieren während des Mittelalters fast ausschließlich in geschlossenen Handelsräumen wie Klosterwerkstätten oder in Ateliers von Adligen. In den letzten Jahren, seit etwa der Jahrtausendwende, werden zunehmend Dokumente ausgewertet, die Aufschluss über die Beziehungen der verschiedenen Berufsgruppen mit ihren jeweiligen Auftraggebern geben. Für den Hof von d’Este in Ferrara gibt es beispielsweise für die Zeit zwischen 1471–1560 eine gute Quellenlage, was die Art der Beziehung zum Hof, die genaue Tätigkeit, die Herkunft und die Bezahlung der Künstler angeht.1 Zum Verkauf ohne Auftraggeber, d.h. über den mittelalterlichen Handel von »freien« Kunsthändlern, lässt die bisherige Quellenlage darauf schließen, dass einzelne Kunstwerke auch über reisende Händler vertrieben wurden, wie dies z.B. im Buchhandel nachgewiesen werden konnte. Generell zählt die künstlerische Arbeit im Mittelalter genauso wie nahezu alle Handwerksberufe zu den reglementierten Berufen und unterliegt damit zahlreichen Vorschriften und Regularien. Die Mehrzahl der Künstler wurde bis in das 15. Jahrhundert hinein in Bezug auf ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Kollegen, Auftraggebern und den wenigen Vermittlern von den entsprechenden Gilden und Zünften streng beaufsichtigt. Grundsätzliche Regeln sowie Preise werden von

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diesen in detaillierten Verträgen festgesetzt. Selbst die »freien« Künstler sowie ihre Vermittler hatten sich strengen Vorgaben zu unterwerfen – »Alle Kunstverkäufer [mussten] Mitglied der örtlichen Lukasgilden sein.«2 . So wurde beispielsweise der spätmittelalterliche Kunstmarkt in Brügge durch vier grundsätzliche »Artikel« des Hofes von Burgund aus dem Jahr 1466 reguliert. Sie bestimmten, unter welchen Bedingungen der Künstler oder Kunsthändler ökonomisch tätig werden durfte und der Markt abgeschottet wurde:3 1. Jeder Künstler darf nur ein Geschäft in Brügge unterhalten – zwei Standorte sind verboten. 2. Kein Werk darf auf der Straße verkauft werden. 3. Kunsthändler dürfen nur »gute« Bilder zu den Geschäftszeiten (mit Ausnahme des jährlichen Marktes) und innerhalb ihres eigenen Hauses unter der Kontrolle der Korporation verkaufen. 4. Für den Verkauf innerhalb von Brügge dürfen keine Kunstwerke von außerhalb importiert werden. Insbesondere die Preisgestaltung und der Verdienst der Künstler unterlagen einer durch die Zünfte geordneten Kategorisierung. Bis in das 15. Jahrhundert hinein wurden die Preise für Kunstwerke in der Regel wie folgt berechnet: Zunächst wurde der reine Materialwert eines Werkes herangezogen und kalkuliert, anschließend wurde die Technik beurteilt, in der das Werk hergestellt wurde (grafisch, skulptural, malerisch), und zuletzt wurde die Ausführung begutachtet. Diese preisbildenden Faktoren veränderten sich im Verlauf der Geschichte – bis hin zur Gegenwart, in der das »konzeptionelle Vermögen« des Künstlers und weniger seine praktische Umsetzung, also seine ideelle Meisterschaft vor seine technischen Fertigkeiten für die Preisbestimmung relevant erscheinen. Der Materialaufwand findet heute teilweise sogar überhaupt keine Berücksichtigung mehr in der Preisbestimmung, wenn nicht mehr nur »arme« Materialien verwendet werden (wie Pappe, Abfälle oder Naturmaterialien), sondern letztlich überhaupt keine materielle Gestalt mehr existiert – wie dies als einer der Ersten der amerikanische Künstler Sol LeWitt oder in der Gegenwartskunst der deutsche Performance-Künstler Tino Sehgal in seinem Schaffen zeigt. Auch die neue digitale Kunst wie die NFTs existiert im eigentlichen Sinne nur mehr immateriell. Sie ist nicht mehr haptisch wahrnehmbar, sondern kann nur audio-visuell begriffen werden, insofern ein geeignetes Abspielgerät wie ein Bildschirm oder Smartphone zur Verfügung steht. Im Wesentlichen fand daher eine Entwicklung von materieller zu immaterieller Kunst statt. Für den mittelalterlichen Kunstmarkt hingegen blieb das verwendete Material der für die Preisbildung entscheidende Faktor. Damit verbunden ist auch die Tatsache, dass der Preis für den Eigentümer möglichst deutlich als substantieller Wert sichtbar gemacht werden sollte. Das Kunstwerk sollte teuer bzw. kostbar wirken4 und damit seiner Rolle als Statussymbol gerecht werden. Mit dieser Rolle verbunden sollte Kunst das jeweilige Vermögen seines Eigentümers widerspiegeln. Ein weiteres wichtiges Kriterium des mittelalterlichen Kunstsammelns war der Umstand, dass es keine klare Trennung zwischen dem heute als »privat« bezeichneten Sammeln und dem »öffentlichen« Sammeln eines weltlichen oder klerikalen Herr-

2 Europa vom Mittelalter bis zur Renaissance

schers gab. Die Schätze der Sammler lassen sich dementsprechend nicht in persönlichen, dynastischen oder allgemein kirchlichen Besitz aufteilen. Nichtsdestotrotz finden sich bereits im 15. Jahrhundert Sammlungen, die stark von dem jeweiligen Charakter des Sammlers geprägt waren. So konnte nachgewiesen werden, dass z.B. Herzog Philipp III. von Burgund einen gewissen Teil seiner Bibliothek geerbt, einen anderen Teil jedoch selbst in Auftrag gegeben und sogar auf dem freien Markt gekauft hatte. Und auch bei der Sammlung des Herzogs Jean de Berry, des dritten Sohnes des französischen König Johann II., lassen sich Neuerungen feststellen: So wurden die gesammelten Objekte in ihren Inventarverzeichnissen nicht mehr nur nach Sachgruppen unterteilt. Auch die Herkunft, d.h. die Provenienz der Werke sowie das Entstehungsdatum von Gemälden wurde aufgelistet. Gold- und Silberschätze wurden nicht mehr nur »nach ihrem Gewicht bemessen, sondern nach ihrer Herstellungstechnik und ihren Verzierungen.«5 An den beiden Beispielen sehen wir, dass sich Neuerungen im Kunstmarkt feststellen lassen, wenn sich der Umgang der Sammler mit der Kunst verändert. Im 15. Jahrhundert gesellen sich als wertbildende Faktoren neben den reinen Materialwert andere Eigenschaften, die ein Kunstwerk wertvoll machen: Die handwerkliche Meisterschaft trat zunehmend in den Vordergrund, aber auch die Provenienz, d.h. der oder die Vorbesitzer. Und der Entstehungsort oder die Herkunft des bildenden Künstlers werden immer wichtiger. Zu einer nicht zu unterschätzenden Veränderung im Kunstmarkt führte die Durchsetzung des Papiers anstelle des Pergaments als Bildträger. Papier war in der Produktion deutlich günstiger als Pergament, so dass es sich im 15. Jahrhundert allmählich in Europa durchsetzte. Auch die Erfindung des Holzschnittes, des Kupferstiches sowie der Druckerpresse und die revolutionäre Erfindung des modernen Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern – letztere durch Johannes Gensfleisch (»Gutenberg«) – nahmen Einfluss auf die Produktion von Kunstwerken. Erstmals konnten breitere Bevölkerungsschichten Bildwerke privat erwerben. Bis zur Entstehung der Einblattholzschnitte im 15. Jahrhundert besaßen vor allem Klerus und Adel originäre, christliche Kunstwerke, erst ab der Mitte des 15. Jahrhunderts – das früheste als Kupferstich hergestellte und heute erhaltene Blatt datiert von 1446 – konnten Künstler auch in größerer Stückzahl und für einen günstigeren Produktionspreis Werke für die breitere Bevölkerung herstellen. An der Schwelle zur Renaissance stehende einflussreiche Künstler wie Albrecht Dürer (1471–1528) nutzten diese technischen Erfindungen sogleich bewusst für ihre eigene künstlerische Entwicklung. Dürer erhob Holzschnitt und Kupferstich zu einem eigenständigen Medium. Er entwarf bekannte grafische Meisterwerke wie die Zyklen »Die Apokalypse« von 1496–1498 oder »Marienleben« von 1502–1505. Aber auch einzelne Blätter wie »Ritter, Tod und Teufel« von 1513 oder »Melencolia I« von 1514 wurden schon Zeit seines Lebens in hohen Auflagen verkauft. Den Vertrieb seiner eigenen grafischen Zyklen organisierte er zudem selbst über einen eigenen Verlag, er verkaufte diese

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dann über den Buchhandel. Albrecht Dürer ist damit ein frühes Beispiel eines Künstlers, der mit großem kommerziellem Erfolg seine Werke in hoher Auflage an einen verhältnismäßig großen Käuferkreis verkaufte. Die Weiterentwicklungen der Papierherstellung als auch der vereinfachte und vergünstigte Vertrieb von Druckgrafik führten dazu, dass sich künstlerische Entwicklungen sehr viel schneller und weiter in Europa verbreiten konnten. Der Zugang zum Kunstwerk wurde erheblich erleichtert, neben das Unikat trat die Edition und damit ein günstigeres, zumeist auch im Format leichter zugängliches Kunstwerk. Mit den technischen Erneuerungen ging eine Veränderung der Gesellschaft, Ökonomie und Politik einher. In den Städten etablierte sich die Bürgerschicht als soziale Schicht zwischen Bauern und Oberschicht. Den Künstlern eröffnete sich ein größerer Markt. Aufgrund dieser vielfältigen Verschiebungen entwickelte sich ab etwa 1400 die heute als Renaissance bekannte Epoche, die für den Kunstmarkt weitreichende Veränderungen mit sich brachte.

2.2 Die Renaissance Der Nukleus der Renaissance lässt sich in Florenz ausmachen. Von hier aus entwickelte sich unter der Herrschaft der Fürsten de’ Medici eine nie zuvor gesehene Blüte der Stadtkultur, die alle Gesellschaftsbereiche umfasste: in der Wirtschaft, insbesondere im Bankwesen, in der Literatur und in der Philosophie (hier vor allem die Wiederbelebung der griechischen und römischen Antike), in der Architektur und in der Kunst, aber auch in der Wissenschaft, Technik und in der »Weltentdeckung« – die Ausbeutung des heutigen Amerika beginnt mit der ersten Reise des Genueser Christoph Kolumbus im Jahr 1492. Zeitlich versetzt verändert die in Norditalien etablierte neue Epoche auch das übrige Europa, wodurch auch der Kunstmarkt grundlegende Züge entwickelt, die bis heute gültig sind.

2.2.1 Italien: Kunst im Proto-Kapitalismus und die ersten Berufskunsthändler Da Italien im 15. Jahrhundert keinen Zentralstaat bildete, sondern sich die einzelnen Städte unter verschiedenen Fürsten entwickelten, entfaltete sich in dieser Zeit eine Kultur zahlreicher dynastischer Privatsammlungen. In Städten wie Florenz, Venedig oder Bologna herrschten Patrizierfamilien wie die de’ Medici, die Borgia, die Borghese oder die Farnese, die neben Kirche und Adel als dritte Gruppe von möglichen Auftraggebern für Kunst auftraten. Der sogenannte Handels- oder »Proto«Kapitalismus entstand als neue Form der Volkswirtschaft neben der Feudalherrschaft, in dem das Kapital gleichwertig neben menschlicher Arbeit als gewinnbringender Faktor noch mehr Kapital generieren sollte. Das neu entstandene Bankwe-

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sen führte dabei zu einem geografisch und quantitativ vergrößerten Markt – gut über das Wasser zu erreichende Regionen wie die Seerepublik Venedig und Flandern beherrschten den Austausch von Gedanken- und Handelsgütern. Der neue Weg – Kapital durch Handel zu erwerben – bot auch nicht Adlig- oder Klerikalgeborenen zunehmend die Möglichkeit, ökonomisch und sozial aufzusteigen. Das Kunstwerk erfüllt nun weitere Funktionen, in dem es nicht mehr vorrangig eine Glaubensausrichtung oder die dynastische Überlegenheit demonstrierte wie im mittelalterlichen Klerus oder Adel. Vielmehr sollte hierdurch die neu erworbene, meist wirtschaftliche Macht kundgetan werden. Aus diesem Grund konkurrierten auch zahlreiche Renaissance-Sammlungen teils sehr direkt miteinander. Wer welche Rarität oder Kuriosität als Erster in seinem »Museum« oder »Theatrum« zusammengestellt hatte, präsentierte diese in den neu entstehenden Kunst- oder Wunderkammern einem ausgewählten Publikum.6 Dieser Wettstreit zwischen einzelnen Familien findet sich in den nachfolgenden Jahrhunderten immer wieder, besonders ausgeprägt in den USA im 19. Jahrhundert, als auch dort einige Sammler große Vermögen erwirtschafteten und durch Kunst ihren neu geschaffenen Reichtum darstellen wollten. In der Renaissance sollte die Zusammenschau von Kunst und Natur neben der Demonstration der neuen sozialen und ökonomischen Stellung auch die damals bekannte Welt projizieren. Es entstand ein neuer Sammlertyp, der sein Wissen und seinen Geschmack in den gesammelten Objekten zum Ausdruck bringen wollte. Mit Hilfe der Objekte suchte er zudem seinen Platz in der Gesellschaft. Es kam zu einer Explosion an Sammlungsgründungen und -erweiterungen. Als eine wichtige Konsequenz des veränderten Sammelns entwickelte sich der Beruf des professionellen Kunsthändlers. Der niederländische Maler Hubert Goltzius berichtete davon, dass er auf seinen Reisen durch Europa zwischen 1556 und 1560 fast 1000 Sammlungen kennengelernt hätte.7 Erstmals seit der römischen Antike entwickelte sich wieder eine richtige Sammelkultur, die nicht mehr nur auf einige wenige Herrscher und die religiösen Oberhäupter beschränkt war. Dabei nahm zum einen die Quantität der Sammlungen zu, zum anderen wurden diese auch immer heterogener. Von dem Bologneser Arzt und Philosophen Ulisse Aldrovandi gibt es Zeugnisse, die besagen, dass er mehr als 8000 Temperazeichnungen und mehr als 11.000 konservierte Tiere, Früchte und Mineralien sowie 7000 getrocknete Pflanzen besessen haben soll. Um 1600 zählte seine Sammlung 20.000 Objekte.8 Die fürstlichen und bürgerlichen Wunderkammern umfassten nicht selten mehrere Tausend Objekte. Durch die Entdeckung des neuen Kontinents Amerika wurden täglich unbekannte und seltene Objekte in die europäischen Häfen verschifft. Wissenschaftler erweiterten auf bisher unvergleichbare Weise ihren Horizont, fast jährlich kam es zu grundlegenden Entdeckungen in den Naturwissenschaften.

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Der alle Bereiche umfassende aufstrebende Handel, der den Kunstmarkt ebenfalls mit sich riss, verlangte nach einem neuen Typus des Kunstvermittlers. Konsequenterweise entwickelte sich in der Renaissance daher das Verhältnis Künstler – Sammler neu. Der Beruf des Kunsthändlers etablierte sich als anerkannte Profession. Es ist Giorgio Vasari, dem »ersten« Kunsthistoriker aus Florenz, dem wir einige Informationen über den »ersten« Kunsthändler der Neuzeit verdanken. In seinen Viten von 1550 wird Giovanni Battista della Palla (1489–1532) mehrfach erwähnt. Della Palla agierte wie Vasari in Florenz und verkaufte als Patrizier sowohl zeitgenössische als auch antike Kunst. Er exportierte einige wichtige Werke an den französischen König Franz I. wie etwa die Skulptur »Herkules« von Michelangelo. Vasari berichtet in seinen Viten von mehreren solcher nicht in Auftrag gegebenen, frei auf dem Markt verkauften Kunstwerken. Die »Kundenproduktion« wandelt sich hier nachweislich in eine »Marktproduktion« um.9 In die italienische Renaissance fällt dementsprechend auch der erste überlieferte Verkauf eines Porträts von Tizian nicht an den Dargestellten selbst, sondern an einen Sammler, den Herzog von Urbino im Jahr 1536.10 Vasari übte nachweislich auch als Erster Kritik an der Internationalisierung des Handels, insbesondere an einem Export von nationalem Kulturgut. In seinen Viten wird della Palla kritisiert, weil er wertvolle Kunstwerke aus Italien an den französischen König Franz I. verkauft habe. Vasari zitiert einen Zeitgenossen: »Wie, Giovanni Battista, du elender Trödler […], du willst dich erfrechen, die Schmuckstücke herauszureißen [und] willst unsere Stadt berauben ihrer schönsten Besitztümer, damit fremde Gegenden und die Häuser unserer Feinde dadurch ausgeschmückt werden sollen!«11 In dieser Zeit lassen sich auch die ersten Reaktionen auf den Lebensstil einiger Bürger nachweisen. In Florenz kritisierte der Dominikaner Girolamo Savonarola das Luxusleben der Oberschicht, nördlich der Alpen trat Martin Luther mit Kritik in die Öffentlichkeit. Als Symbol des Luxus wurden in Florenz auch erstmals wertvolle Kunstgegenstände öffentlich verbrannt. Savonarolas Verbrennung von 1497 erscheint als ein Vorbote des reformatorischen Bildersturmes, der ganz Europa umfasste und zwischen 1522 und 1566 wütete. Zahllose Gemälde, Skulpturen, Altäre und andere religiöse Bildnisse wurden zerstört – ein Teil jedoch wurde verkauft. Bisher nicht handelbare, religiöse Kunstgegenstände konnten dementsprechend erstmals von Bürgern erworben werden. Der Bildersturm löste eine nie zuvor dagewesene Verbreitung von Kunstwerken in der breiteren Bevölkerung aus. Eine zweite wichtige Persönlichkeit neben della Palla, die den Kunsthandel nördlich und südlich der Alpen eng verband, war ein weiterer italienischer Kunsthändler, Jacopo Strada (1507–1588). Sein Wirken wird mit den Karrieren eines Duveen oder Wildenstein im 20. Jahrhundert verglichen. Strada begann seine Karriere 1546 in Nürnberg, wo er als Hofkammerpräsident für den damals reichsten Mann der Welt, Hans Jacob Fugger, arbeitete. Für seinen Arbeitgeber suchte er euro-

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paweit Kunstgegenstände, insbesondere antike Skulpturen, Münzen und wertvolle Bücher. Im Laufe seines Lebens arbeitete Strada für Papst Pius III., den österreichischen Kaiser Ferdinand I., dessen Sohn und Nachfolger Kaiser Maximilian II. sowie für Kaiser Rudolf II., wiederum der Nachfolger und Sohn von Maximilian II. 1566 wird Strada von diesem zu seinem Schwager, dem bayerischen Herzog Albrecht V., nach München geschickt, wo er als Kurator, Einkäufer und Bauberater für dessen Sammlung, dem »Antiquarium«, tätig war. 1568 gelang Strada einer der wichtigsten Kunstankäufe seiner Zeit: Für Albrecht V. erwarb er die hervorragende Sammlung des Venezianers Andrea Loredan, zu der neben zahlreichen Fragmenten und Bronzen 91 Büsten, 43 Skulpturen und Torsi, 33 Reliefs sowie eine Sammlung von ca. 2500 griechischen und römischen Münzen zählten. Der Kaufpreis in Höhe von 7000 Dukaten wurde in Raten bezahlt.12

Tizian: Jacopo Strada, 1567/1568

Aus dem erhaltenen Briefwechsel zwischen Jacopo Strada und Herzog Albrecht V. wird die Arbeitsweise des Kunsthändlers klar. Strada berichtete dem bayerischen Herzog von Kunstwerken, die er in bestimmten Häusern oder Ateliers gesehen hatte.13 Hier lässt sich ein Vergleich zu dem bekanntesten Kunsthändler der Gegenwart, Larry Gagosian, ziehen, der ebenfalls Listen von Kunstwerken erstellte, die er in bestimmten Häusern von Sammlern registriert hatte.

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Strada verschickte auch Inventarlisten von verfügbaren Sammlungen an seine Auftraggeber – insofern ähnelt sein Vorgehen dem eines Joseph Duveen, der 350 Jahre später ebenfalls Inventare von italienischen Sammlern erstellte und an potentielle Kunden versandte. Strada überwachte selbst die Restaurierung antiker Kunstwerke. Er ließ sogar einige der bedeutendsten Werke aus der Sammlung Loredan über Wien – nach einem Restaurierungsaufenthalt in seinem dortigen Haus – weiter nach München verschicken.14 Ein weiterer Vergleich mit einem späteren Kunsthändler liegt nahe, wenn Stradas besondere Vorgehensweise der Dokumentation näher betrachtet wird. So ließ er zahlreiche Zeichnungen und Beschreibungen von Sammlungen und Häusern anfertigen, die er als Inspiration für die neuen Sammlungsräume von Albrecht V. vorschlug, so z.B. vom Palazzo del Té in Mantua oder von antiken und modernen Monumenten in Rom. Neben dieser umfangreichen Sammlung von Zeichnungen bedeutender Bauwerke, Gemälden und Dekorationen hatte Strada eine beeindruckende Bibliothek zusammengestellt. Der Italiener ähnelt in diesem Vorgehen der französischen Familie Wildenstein, insbesondere Daniel Wildenstein (1917–2001), der eine Aufsehen erregende Kollektion an Büchern und wissenschaftlichen Dokumenten in seinem 1970 gegründeten Wildenstein-Institut zusammengestellt hatte. Wenngleich Stradas Geschäftstätigkeit in vielerlei Hinsicht Merkmale eines »modernen« Kunsthändlers aufweist – angefangen von seiner internationalen Reisetätigkeit über das Vermitteln von bedeutenden Kunstsammlungen bis hin zur allgemeinen Kunst-Beratertätigkeit – fehlt ihm das grundsätzliche Handlungsmuster eines modernen Kunsthändlers. So ist nicht bekannt, dass er über einen eigenen umfangreichen Bestand an Kunstwerken, die für den Verkauf vorgesehen waren, verfügte. Sein Kapital investierte er in das Anfertigen von Zeichnungen bzw. Kopien, in die Bezahlung seiner Assistenten (sie werden »senzali« oder »Unterkäufer« genannt) und nur gelegentlich in den Ankauf von Arbeiten.15 Für die Entwicklung des Kunstmarktes in der Renaissance lassen sich zusammenfassend einige Charakteristika festhalten. Es sind insbesondere die gesellschaftlichen, ökonomischen, religiösen und politischen Veränderungen, die dazu führen, dass eine breitere Bevölkerungsschicht mit dem Sammeln von Kunstgegenständen beginnt. Nicht nur verfügte die neu entstandene Schicht des Bürgertums über das Kapital, Kunst zu erwerben. Auch änderte sich grundsätzlich die Einstellung der Gesellschaft gegenüber der Kunst. Der Kunstgegenstand war nicht mehr nur ein Mittel zum Zweck – ein religiöses Anschauungsobjekt als Resultat einer rein handwerklichen Leistung. Das Werk selbst wurde zu einem Ausdruck schöpferischer Tätigkeit. Der Künstler war nicht mehr ein Handwerker, sondern ein kreatives Individuum, das ein eigenes physisches und geistiges Produkt schuf. Konsequenterweise konnte für ein solches Produkt auch der Preis deutlich über den reinen Materialwert und die Arbeitsleistung hinaussteigen. Die veränderte Einstellung dem Kunstwerk gegenüber zeigt sich auch darin, dass das Ansammeln von

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Kostbarkeiten durch den nichtadligen und nichtklerikalen Bürger kein Anzeichen mehr von »Avaratia«, der Habgier als einer der sieben Todsünden war, sondern ganz im Gegenteil sogar ein Symbol dafür darstellte, sich die Weltschöpfung ins eigene Haus zu holen. Die Idee der Kunst- und Wunderkammer bestand im Wesentlichen darin, die göttliche Schöpfung für und bei sich im Privaten nachzubilden. Die Reformation um 1525 veränderte die europäische Theologie nachhaltig. Konsequenterweise konnten sich dadurch einzelne Gattungen weiterentwickeln, die zuvor eine geringere Anerkennung hatten. Durch den drastischen Rückgang von Aufträgen für religiöse Kunst traten neben das religiöse Andachtsbild mit der Darstellung von Heiligen, Kreuzigungen und der Heiligen Familie die Gattungen Stillleben, Porträts und Landschaften als Abbilder der Wirklichkeit. Zudem führte eine Rückbesinnung auf die Antike zu eigenen Bildformen. Zahlreiche mythologische Szenen wurden nun in Malerei, Grafik und Skulptur dargestellt. Für die Anfänge des freien Marktes lagen die Schwierigkeiten bei den rudimentären Aspekten des Handels: 1. große technische Probleme: Der Transport war gefährlich, langwierig, umständlich und teuer. Ständig gab es eine Bedrohung durch das Wetter, die schlechte Infrastruktur und die allgegenwärtigen Straßenräuber. Gemälde wurden für den Transport immer wieder vom Rahmen abgenommen, eingerollt und in Tonnen gesteckt auf Kutschen oder Schiffen zum Zielort befördert. Auch antike Statuen wurden nicht selten in kleinere, handlichere Stücke zersägt, die am Lieferort wieder zusammengesetzt werden mussten. 2. juristische Probleme: Es gab kein Grenzen überschreitendes Rechtssystem, der Betrug war vielfältig. Es wurden anstatt der Originale nicht selten nur Repliken – »Fälschungen« – verkauft, beschädigte Ware übergeben oder es wurde nicht die vereinbarte Geldsumme bezahlt. Mit ähnlichen Problemen mussten sich die Marktakteure dieser Zeit auch außerhalb Italiens nördlich der Alpen auseinandersetzen.

2.2.2. Nördlich der Alpen: Erste Systematisierung und Entstehung großer Sammlungen Die besondere politische Situation in Italien bereitete der Renaissance ihre Grundlage mit der Ausbildung des ersten »freien« Kunstmarktes sowie mit dem Entstehen des Berufs Kunsthändler. Die Karrieren von Giovanni Battista della Palla und Jacopo Strada machten schon bald offensichtlich, dass die Gedanken der Renaissance und der veränderten Rolle von Kunst schnell auch nördlich der Alpen auf fruchtbaren Boden fielen. Neben den erwähnten Herrschern wie den Habsburgern in Wien, München und Prag mit Albrecht V. und Rudolph II. als besondere Ausprägung des neuen Sammlertypus finden sich insbesondere in Flandern und Holland seit dem 16. Jahrhundert neue Sammler-, Händler- und Künstlertypen, die zum »Goldenen Zeitalter« im 17. Jahrhundert führten. Zahlreiche Veränderungen, welche kurz nach der Verbreitung des neuen Gedankengutes südlich der Alpen in die Regionen nörd-

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lich der Alpen auf große Akzeptanz stießen, wurden in Antwerpen oder Amsterdam umgesetzt – diese Erneuerungen beziehen sich auf das Bankwesen (Einführung der doppelten Buchführung), den Handel, aber auch die Präsentation von Waren. Seit dem 16. Jahrhundert finden sich feste Orte für den Kunsthandel, also mithin überdachte, beständige Räume, häufig in der Nähe von Börsen oder Markthallen. In Antwerpen öffnete z.B. die Börse 1540 ihre obere Galerie für den Verkauf von Kunstwerken.16 Der Maler Bartholomäus de Momper pachtete die Galerie für seinen Kunsthandel. Auch in Amsterdam befindet sich neben dem Haupteingang der Börse ab dem 16. Jahrhundert eine Kunsthandlung, in Utrecht oder Den Haag mieteten sich die Kunstverkäufer in Zunftsäle und Versammlungsstätten ein. Der Kunstmarkt konnte sich in dieser Region im darauffolgenden »Goldenen Zeitalter« in vielerlei Hinsicht weiterentwickeln, da auch die Kolonialmacht Niederlande zu einem der mächtigsten Handelsländer der Welt wurde. Für die Renaissance nördlich der Alpen gilt, dass sich hier – insbesondere in Frankreich – eine eigene Gesetzeslage für einen wichtigen Teilbereich des Kunstmarktes ausprägte, die bis ins 20. Jahrhundert Gültigkeit besaß. Es geht um die besondere Art des Verkaufens auf einer öffentlichen Auktion. Über das Auktionswesen im Mittelalter gibt es nur wenige Überlieferungen wie z.B. die Verordnung von Saint-Louis aus dem Jahr 1254, nach der spezielle Gerichtsdiener – Offiziere der Rute und des Pferdes – gerichtlich legitimierte Schuldtitel eintreiben sollten. Sie konfiszierten, assistierten bei der Versiegelung der Wohnungen von Verurteilten und etablierten sich im Haus eines Schuldhäftlings als Schutz seines Eigentums. Sie führten zudem die Zwangsversteigerungen für Gläubiger durch. Eine große Systematisierung des Auktionswesens fand jedoch erst in der Renaissance in Frankreich statt. 1552 erlässt Heinrich II. von Frankreich ein Edikt, in dem Auktionatoren – sogenannte »maîtres priseurs-vendeurs« – genaue Pflichten und Rechte zugeordnet wurden. Die Versteigerungen mussten öffentlich stattfinden und frei zugänglich sein. Diese Art des öffentlichen Verkaufens sollte zur Etablierung eines gerechten Preises führen, Angebot und Nachfrage wurden damit publik. Die Auktionatoren bekamen damit als einzige Berufsgruppe das Recht, Besitztümer – meist von Verstorbenen – öffentlich zu versteigern. Das Interessante an dem Edikt ist, dass es nach nur einer Überarbeitung im Jahr 1803 in Frankreich unverändert bis ins Jahr 2001 galt. Nur lizenzierte Versteigerer aus Frankreich durften Auktionen durchführen.17 Und der einzig erlaubte Auktionsort war das »Hôtel Drouot« in Paris. Erst nach der Reform des Ediktes 2001 durften internationale Auktionshäuser in Frankreich auktionieren. Eine weitere Neuheit des Kunstmarktes dieser Epoche sind die besonders in Holland und Flandern durchgeführten »Kunstlotterien«, die erstmals für das 15. Jahrhundert nachgewiesen werden konnten und zunehmend in Mode kamen. Bei der Kunstlotterie, die zunächst vom Magistrat genehmigt werden musste, traten

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nicht die Kunsthändler selbst oder die Lukasgilde, sondern zumeist die einzelnen Künstler als Organisatoren auf.18 Wurden die Kunstauktionen unter der Aufsicht der örtlichen Lukasgilden häufig auf den Freitagsmärkten abgehalten, so konnten die Kunstlotterien auch außerhalb eines Marktes stattfinden. Auch in Deutschland finden sich zur Zeit der Renaissance die ersten Nachweise öffentlicher Versteigerungen. Wenngleich die Deutsche Hanse – als Vereinigung verschiedener Seestädte seit dem 13. Jahrhundert – ab dem 15. Jahrhundert aufgrund zahlreicher innerer und äußerer Probleme an Bedeutung verlor, finden zu dieser Zeit an ihren Seehäfen nachweislich öffentliche Auktionen von Gütern aus anderen Ländern statt. Eine Regelung wie in Frankreich gab es jedoch nicht, Kunstlotterien lassen sich hier nicht genauso häufig nachweisen wie in Flandern oder Holland. Auf deutschem Gebiet sind es vor allem zwei Nürnberger Bürger, deren Kunstsammlungen bereits zu Lebzeiten große Bekanntheit erlangten und die zu einer neuen Generation von Auftraggebern und Sammlern zählten: Willibald Imhoff (1519–1580) und Paulus II. Praun (1548–1616).19 Der etwas jüngere Imhoff hatte von seinem Großvater Willibald Pirckheimer eine beachtliche Sammlung geerbt, die er umfassend erweiterte. Am Ende seines Lebens besaß er neben Gemälden von Hans Holbein, Lucas Cranach und Tizian auch die größte jemals bestehende Sammlung an Werken von Albrecht Dürer. Die zweite bemerkenswerte Sammlung der nördlichen Renaissance stammt ebenfalls von einem Nürnberger, dem Kaufmann Paulus II. Praun. Das sogenannte »Praunsche Kabinett« bestand von 1616 bis 1801 und gilt als die »größte bürgerliche Kunstkammer des 16. Jahrhunderts in Deutschland.«20 Erst als die Familie in wirtschaftliche Schwierigkeiten kam, entschied sie sich, die mehr als 10.000 Objekte umfassende Sammlung aufzulösen. Praun besaß zu seinem Todeszeitpunkt neben zahlreichen Edelsteinen mehr als 250 Gemälde italienischer und altdeutscher Meister, rund 1200 Handzeichnungen, 6000 Kupferstiche sowie 300 Skulpturen. Durch das Herstellen von Faksimiledrucken seit 1775 wurde das Praun’sche Kabinett weit über Nürnberg hinaus bekannt. Johann Wolfgang von Goethe sah 1797 als einer der Letzten das Kabinett bei seinem Aufenthalt in Nürnberg, bevor es in Teilen verkauft wurde.

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3 Das 17. Jahrhundert Kunstlotterien, Massenproduktion und der erste Künstler als Selbstvermarkter

3.1 Das Goldene Zeitalter in den Niederlanden Das 17. Jahrhundert gilt in der Kunst zu Recht als »das Goldene Zeitalter« der Niederlande, da die niederländische Republik zu der Zeit eine politische und ökonomische Weltmacht wurde. Im Vergleich zu den Nachbarländern konnten die Niederlande durch zahlreiche technologische Fortschritte u.a. im Handel (das schloss in dieser Zeit auch den Sklavenhandel mit ein), in der Landwirtschaft, im Fischfang und Schiffsbau, in der Industrie, der Textilherstellung und der keramischen Industrie und sogar im Dienstleistungssektor eine hohe Produktivität erreichen. Der Wettbewerbsvorteil führte zu starken Exporten auf dem Weltmarkt. Der Bereich der Kunst war daher nur einer von vielen Sektoren, die in dieser Zeit florierten. Es entstand erstmals ein interkontinentaler Güterverkehr. Durch den allgemein zunehmenden Wohlstand veränderte sich die Struktur der Gesellschaft tiefgehend, in der der Adel nur mehr eine geringe Rolle spielte und sich das niederländische Pro-Kopf-Einkommen zum höchsten in Europa entwickelte. Die Niederlande waren zu dem Zeitpunkt »die am stärksten urbanisierte Region Europas«.1 Es entstanden erstmals gänzlich bürgerliche Strukturen, nicht zuletzt dadurch bedingt, dass aufgrund der kleinen Flächengröße des Landes kaum einzelne Adlige großen Grundbesitz besaßen und sich kein Monopol in der Agrarproduktion wie in den übrigen europäischen Ländern ausbilden konnte. Zahlreiche Städte schufen sich ihre eigenen Gerichtsbarkeiten und erhielten soziale wie ökonomische Freiheiten. Die Kirche verlor ebenso wie der Adel sichtbar an Macht und Einfluss. Die Bürger wiederum suchten für ihr erwirtschaftetes Vermögen nach alternativen Anlageformen, da keine größeren Ländereien zur Verfügung standen. Neben klassischen Geldanlagen wie Aktien und Handelsbeteiligungen wurde Kunst zunehmend zum Spekulationsund Investitionsgut genauso wie andere heute als extravagant angesehene Anlagen wie Tulpenknollen.

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Adriaen van Ostade: Der Maler in seiner Werkstatt, 1663

Wenngleich es keine gesicherte Datenlage gibt, so gehen heutige Schätzungen über die Gesamtproduktion von Bildwerken während des »Goldenen Zeitalters« von bis zu zehn Millionen Bildern aus, je nachdem, ob dritt- oder viertrangige Gemälde mitgerechnet werden. Einige Experten sind der Auffassung, dass von den Meisterwerken etwa ein Drittel und von der Gesamtproduktion wohl weniger als ein Prozent erhalten geblieben ist.2 Vergleichsweise groß war auch die Menge an gesammelten Kunstwerken in den Niederlanden selbst. Aus Notariatsarchiven lässt sich ableiten, wie hoch die Anerkennung der im Inland geschaffenen Kunst auch im Binnenmarkt war und damit im Land verblieb und nicht exportiert wurde. »Bis zu 50.000 Bilder sollen nach Schätzungen in der Mitte des 17. Jahrhunderts allein in Delft gehangen haben; in den 1124 ausgewerteten Delfter Inventaren der Jahre 1610 bis 1679 werden 18.969 Bilder aufgeführt […].«3 Delft zählte zu dieser Zeit neben Amsterdam zum wichtigsten Produktionsort, insbesondere die »Delfter Fayencen« wurden weltweit exportiert, ebenso wie sich die »Delfter Malerschule« mit Jan Vermeer, Carel Fabritius und Pieter de Hooch als wichtige Vertreter der holländischen Malerei national und international einen Namen machte. Mit der wachsenden Menge an Sammlern und der gestiegenen Kunstproduktion stieg die Anzahl der bildenden Künstler. Für einige niederländische Städte gibt es Überlie-

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ferungen, wie viele Maler in der Lukasgilde registriert waren. Nach Schätzungen war einer von etwa 2000 Einwohnern in den Städten als Maler tätig.4 Angesichts dieser Zahlen ist offensichtlich, wie sehr die Niederlande auch die Herstellung, den Handel und Export von Kunstwerken geprägt hat. Zu Recht kann gesagt werden, dass die niederländische Republik für die christliche Welt für diesen Zeitraum als der Kunstproduzent schlechthin gelten kann. Amsterdam blieb dementsprechend bis in die 1770er Jahre das wichtigste Kunstzentrum der westlichen Welt, bis es von London überholt wurde. Im »Goldenden Zeitalter« veränderten sich aber nicht nur die Quantität und die Handelswege für Kunstwerke, sondern erneut auch das Verständnis von Kunst an sich. Dafür lassen sich heute vielfältige Gründe finden, die nicht allein mit der erstarkten Wirtschaft zusammenhängen. Denn bis heute gilt: Die gute Wirtschaftslage eines Landes ist grundlegend, aber nicht ausschlaggebend für die Entwicklung des Kunsthandels. Am Anfang der Herausbildung eines neuen Kunstkonzeptes im 17. Jahrhundert steht die veränderte Geisteshaltung, die ihren Ursprung in der Renaissance hat: Kunst, d.h. insbesondere die Malerei, wird nicht mehr nur als Handwerk verstanden, sondern auch als freie Kunst angesehen. Zudem entwickelt sich eine neue wohlhabende Bürgerschicht, die in vielerlei Hinsicht ihren Lebensstil dem des Adels anpassen will. Zwischen Bürgertum und Adel findet eine »Annäherung in Mentalität und Geschmack«5 statt. Diese veränderte Einstellung zur Kunst in seinem Verständnis liefert jedoch nur eine der vielen Erklärungen für die rasante Entwicklung des Kunstmarktes im Goldenen Zeitalter. Nicht zu unterschätzen ist auch die Bedeutung der technischen Erneuerungen. Insbesondere der Einfluss der Druckgrafik auf die exponentielle Verbreitung von Bildern ist hoch einzuschätzen. Neue Erfindungen verkürzten die Arbeitszeit und förderten dadurch die Produktivität der Künstler. Hier ist besonders die sogenannte »tonalistische Malerei« zu nennen. Ausschlaggebend für ihre Entwicklung waren Esaias van de Velde (1590/91-1630) und Jan Porcellis (1609–1645). Durch die tonalistische Malerei, bei der die Natur vor allem in Grau-, Braun- und Gelbtönen gemalt wurde und die lineare Zeichnung der manieristischen Vorgänge fehlte, konnten Gemälde wesentlich schneller angefertigt werden – teils malte Porcellis ein Bild innerhalb nur eines Tages.6 Ein zweiter ebenfalls technischer Aspekt der gestiegenen Produktivität ist der mit der neuen Käufergruppe der Bürger einhergehende Bestimmungsort der Bilder: Es sind nun mehr die kleineren Bürgerhäuser, für die Kunstwerke nachgefragt werden und nicht mehr die großteils herrschaftlichen, adligen Wohnräume in Schlössern. Künstler passten ihre Formate konsequenterweise der neuen Umgebung an. Aufgrund der technischen Erneuerungen konnten Kunstwerke daher nicht nur schneller hergestellt werden, auch die deutlich kleineren Formate führten

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zu einer höheren Produktivität, die wiederum mit niedrigeren Verkaufspreisen einherging. Der dritte Aspekt betrifft die in vielen Bereichen des Wirtschaftslebens einsetzende Spezialisierung. So wie in bestimmten Industriebereichen ebenfalls geschehen, fand in der Kunst eine Spezialisierung auf einzelne Bildmotive statt: Flora, Fauna, Porträts, Landschaften, Schiffe, fast alle von bürgerlichen und adligen Käufern gleichfalls nachgefragte Sujets werden von mehreren Malern in Gemeinschaftswerken umgesetzt, so dass ein Gemälde nicht mehr nur aus einer Hand stammte, sondern von mehreren Künstlern hergestellt wurde. Das 17. Jahrhundert bietet hier einen Vorgriff auf Arbeitstechniken und -bedingungen, die besonders von Künstlern seit den 1960er Jahren genutzt werden – Andy Warhol oder heute Damien Hirst haben in ihrem Studio bzw. in ihrer »Factory« zahlreiche Künstler angestellt, die ebenfalls nur bestimmte Arbeiten ausführen. Die Auswirkungen dieser ersten Blüte des Marktes waren vielfältig. Die Künstler boten ihre Ware nicht nur zunehmend auf dem freien Markt an, sondern auch der Verkaufsort und die Verkaufswege veränderten sich. Ein wichtiger Handelsort wurden die zu festen Zeiten stattfindenden Jahrmärkte, die einen Vorläufer der heutigen Messen darstellen. Dort konnte jeder Besucher während der Marktzeiten Kunst kaufen. Dies taten dann auch andere an dem Markt teilnehmende Berufsgruppen, ohne dass es einer besonderen Zulassung für den Erwerb von Kunst bedurfte. Ein Metzger, Bäcker oder Bauer konnte als Marktteilnehmer ebenso direkt von den Malern Kunst kaufen wie ein höher gestellter Besucher. Hier war auch ein unkompliziertes Kennenlernen möglich, so dass Bilder direkt beim Künstler für bürgerliche Privathäuser, städtische Rathäuser, aber auch für soziale Einrichtungen in Auftrag gegeben werden konnten. Vergleichbar dem heutigen Kunstmarkt kam es auch zu Überschneidungen zwischen Auftraggebermarkt und freiem Markt. Einige Maler sicherten ihren Käufern zudem vertraglich eine Art Vorkaufsrecht für ihre Werke zu, »um dadurch den freien Markt zu umgehen.«7 Wir hatten bereits gesehen, dass die Märkte selbst teils streng reguliert und die Gesetze wesentlich früher als im 17. Jahrhundert aufgestellt worden waren. In den bereits erwähnten Artikeln des Hofes von Burgund aus dem Jahr 1466 wurde exakt geregelt, wer, wann, wo welche Kunstwerke in Brügge verkaufen durfte. Die Mitglieder der Kunstkorporation kontrollierten auch die Qualität der öffentlich ausgestellten Kunstwerke – es hieß, dass nur »gute« Bilder angeboten werden dürften. Dieses Vorgehen erinnert stark an das »Vetting Commitee« einer heutigen Kunstmesse wie der TEFAF in Maastricht. In dieselbe Zeit fällt auch der Nachweis einer ersten auf Kunst spezialisierten Messe: 1460 fand auf dem Grundstück der »Liebfrauenkathedrale« in Antwerpen erstmals ein überdachter Markt – ein sogenannter »Pand« – statt, der vorrangig dem Verkauf von Kunst gewidmet war.8 Aus demselben Jahr 1460 datiert zudem die erste Nennung eines professionellen Kunsthändlers in den Niederlanden.9 Der Beruf des »kunstverkopers« bildete sich im 17. Jahrhun-

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dert weiter heraus, als die wachsende Diversifizierung des Marktes mit allgemeinen Professionalisierungs- und Spezialisierungsbewegungen auf Seiten der Vermarkter einherging. Bei dieser Entwicklung spielten die Lukasgilden eine große Rolle, da sich hier erstmals Künstler und Händler auf genauere Regularien einigten. Der Kunsthändler hatte anfangs nicht nur die als »hohe Kunst« bewerteten Gemälde, sondern häufig auch Gebrauchskunst wie bemaltes Geschirr oder Schmuck im Angebot. Meist waren diese »kunstverkoper« selbst Maler und damit häufig Mitglieder der Lukasgilden ihrer jeweiligen Stadt. Auch berühmte internationale Künstler der Zeit versuchten, in den Niederlanden Kunst von sich selbst sowie von Kollegen zu verkaufen. Von Albrecht Dürer ist bekannt, dass er in den Niederlanden Werke von Kollegen wie Hans Baldung Grien zum Verkauf anbot.10 Im Goldenen Zeitalter wurden neben den Malern auch andere Berufe zunehmend im Kunsthandel aktiv: Trödler, die bei Nachlassversteigerungen alle Arten von Waren, auch Kunstwerke zu niedrigen Preisen verkauften; Handwerker wie Drucker, Rahmenmacher, Juweliere oder Stecher, die dem Kunsthandel im Nebenerwerb nachgingen, da sie bereits beruflich mit Kunsthandwerk zu tun hatten oder Buchhändler und Gastwirte, die Kunst in ihren Läden oder Gaststätten zeigten und zum Kauf anboten. Zwei weitere Verkaufskanäle, die in dem vorherigen Kapitel zur Renaissance nördlich der Alpen vorgestellt wurden, wurden insbesondere im 17. Jahrhundert in den Niederlanden zunehmend beliebt: einerseits die Auktion und andererseits die Lotterie. Das Auktionswesen erlebte seine erste Blüte in der niederländischen Republik nicht zuletzt aufgrund der neu erschlossenen internationalen Handelswege. Insbesondere Güter aus fernen Ländern, vor allem aus den holländischen Kolonien, wurden öffentlich versteigert. Auch die Begrifflichkeit veränderte sich in dieser Zeit. Im 17. Jahrhundert wurde zunehmend von »auction« gesprochen, nachdem der Dichter William Warner das lateinische Wort »auctio« 1595 mit »auction« ins Englische übersetzt hatte.11 Die Auktionsleidenschaft entfachte im Goldenen Zeitalter Bietgefechte um viele Waren, am bekanntesten ist sicherlich die Tulpenmanie. Zahlreiche Bürger investierten astronomisch hohe Summen in diese Pflanze, die zu einem Spekulationsobjekt geworden ist. Mit der Zunahme an Auktionen für alle Arten von Waren wuchs auch die Anzahl von Kunstauktionen, was zu einer größeren Bekanntheit von Künstlern allgemein führte. Im 17. Jahrhundert bildete sich in den Niederlanden neben der Tulpenmanie auch eine »Lotteriemanie« heraus. Die Lotterie war ursprünglich von der Regierung geplant, »um Geld für die Armenfürsorge zu beschaffen«.12 Die zunehmend beliebter werdenden Kunstlotterien von Werken bekannter Maler führten zu einer Popularisierung der Kunst. Es waren jedoch nicht nur Regierungsvertreter oder die örtlichen Gilden, die Lotterien ins Leben riefen, sondern auch Kunsthändler. »Auch [sie] experimentierten mit diesen Vermarktungsmethoden, wobei sie ihre Kunst in Kombination mit Musik, Spielen, Getränken, Essen und Tabak als Pauschalangebot ver-

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trieben. Nicht zuletzt erlebten traditionellere Verkaufsorte wie Messen und offene Ateliers eine neue Blüte.«13 Die Parallelen zu heutigen Veranstaltungen oder Kunstevents sind offensichtlich. Auch heute verbinden Händler ihre Tätigkeit als Kunstverkäufer mit zahlreichen nicht-künstlerischen Angeboten. So werden in Galerien Cafés, Restaurants und Shops betrieben, ihre Ausstellungsräume werden zugleich für verschiedene musikalische, literarische, aber auch sportliche Workshops oder Events genutzt. In der Betrachtung von vier Persönlichkeiten des 17. Jahrhunderts lassen sich weitere Parallelen zwischen dem Goldenen Zeitalter und der Gegenwart herausstellen: Rembrandt als Künstler und Unternehmer, Gerrit und Hendrick van Uylenburgh, Johannes de Renialme sowie Melchior Forchoudt als Händler. Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606–1669) unterhielt während seiner Hauptschaffensphasen ein großes und produktives Atelier. Für den aus Leiden stammenden Maler war der Umzug 1631 nach Amsterdam von entscheidender Bedeutung für seine Karriere. Dort kaufte er sich in das Geschäft von Hendrick van Uylenburgh (um 1584–1661) ein, dem zu dieser Zeit führenden Kunsthändler der Stadt. Bis 1635 lebte Rembrandt bei dem Kunsthändler, ein Jahr zuvor hatte er Uylenburghs Nichte Saskia, eine Bürgermeistertochter, geheiratet. Der Einfluss Uylenburghs auf Rembrandts Schaffen in dieser Zeit ist nicht zu unterschätzen. Während der vier Jahre bei ihm schuf der Maler die Hälfte aller Porträts seines gesamten Oeuvres. Der Händler vermittelte ihm in dieser Zeit zahlreiche Aufträge.14 Die auch als »Uylenburgh-Phase« bekannte Zeit von 1631 bis 1634 zählt mit einer zweiten Periode um 1661 zu den produktivsten Rembrandts. Van Uylenburgh ermutigte die Künstler, mit denen er zusammenarbeitete, grundsätzlich, sowohl Grafiken als auch Gemälde in größeren Mengen anzufertigen. Ein Vergleich mit der Vorgehensweise zeitgenössischer Galerien liegt nahe. Einflussreiche Händler des 20. und 21. Jahrhunderts wie Marlborough Fine Art in London – hier standen Künstler wie Francis Bacon oder Henry Moore unter Vertrag – oder Michael Werner – von ihm werden zeitgenössische Maler wie Peter Doig vertreten – verpflichteten ebenfalls ihre Künstler, ausnahmslos mit ihnen zusammen zu arbeiten. Finanziert mit einem hohen Kredit kaufte Rembrandt 1639 ein opulentes Stadthaus, in dem er selbst ein Atelier und einen Laden eröffnete. In diesem befindet sich bis heute das Museum »Het Rembrandthuis«. Indem der Maler fortan einzig mit seinem Vornamen »Rembrandt« signierte, wollte er sich mit den berühmten Renaissance-Malern Leonardo, Raffael, Michelangelo und Tizian auf eine Stufe stellen.15 Rembrandt erschuf aus seiner Person eine eigene Marke. Insbesondere durch eine weite Verbreitung seiner Radierungen wurde er international bekannt. Im Gegensatz zu vielen Zeitgenossen wie etwa seinem erfolgreichen, ersten Schüler Gerard Dou kalkulierte er die Verkaufspreise für seine Werke nicht nach der traditionellen Gildenmanier, nach der der Materialwert kombiniert mit der geleisteten Arbeitszeit den Verkaufspreis ergab. »Wertmaßstäbe [wie] die aufgewendete Zeit und die

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naturähnliche Vollendung – lehnte Rembrandt für sich ab.«16 Wenngleich das traditionelle Kriterium des Gewichtes und des verwendeten Materials eines Kunstwerkes für Rembrandt nicht für die Preisbildung herangezogen wurde, berücksichtigte er zumindest das Kriterium des Formates seiner Werke, um einen angemessenen Angebotspreis zu finden. Svetlana Alpers findet für diese eigenständige, von den Konventionen der Zeit losgelöste Herangehensweise den Begriff pictor economicus, sie bezeichnet Rembrandt als einen »Unternehmer in Sachen Selbst.«17 Die Werke des Künstlers wurden durch die atypische Malweise, den Rembrandtschen Farbauftrag, durch die Signatur, aber auch durch das gewählte Motiv als ikonischer »Rembrandt« unverwechselbar. Seine Marketingstrategie lässt sich in diesem Zitat von Alpers über Rembrandt zusammenfassen: »Ich male (bzw. Ich male mich), also bin ich.«18 Ein Vergleich mit bekannten Künstlern des 20. und 21. Jahrhunderts wie Andy Warhol, Joseph Beuys oder Damien Hirst liegt nahe. Rembrandt zeigte sich selbst Zeit seines Lebens häufig in zahlreichen Selbstporträts in verschiedenen Rollen. Erhalten geblieben sind von Rembrandt etwa achtzig Selbstporträts. Auch können Parallelen zu den zahlreichen Selbstporträts von Künstlern des vergangenen oder derzeitigen Jahrhunderts gezogen werden: Erinnert sei hier an die »Self Portraits«-Serie von Warhol aus den 1960er und 1980er Jahren, an einige Beuys-Aktionen in den 1970er Jahren, in deren Zentrum der Künstler selbst steht, oder an die zahlreichen Gemälde, Fotografien und Skulpturen von Damien Hirst aus den letzten dreißig Jahren. Rembrandt nahm eine weitere Entwicklung der Gegenwart vorweg, indem er seinen Marktwert durch – wie es heute bezeichnet wird – »Öffentlichkeitsarbeit« steigerte. So versuchte er auf Auktionen, den Preis seiner eigenen Drucke zu erhöhen. Über die Vermarktung seines »Hundertguldenblattes« schreibt Alpers: »Im 18. Jahrhundert schrieb der Kunstliebhaber und Sammler Mariette, daß Rembrandt selbst auf einer Auktion einen Abzug seiner eigenen Radierung Christus heilt die Kranken zu diesem extrem hohen Preis« gekauft habe.19 Durch den Rückkauf seiner eigenen Grafik verfolgte Rembrandt zwei Ziele. Zum einen konnte er durch einen auf einer öffentlichen Auktion erzielten Preis seinen Sammlern zeigen, dass seine Arbeiten einen hohen Wert besitzen. Zum anderen reduzierte er durch derartige Rückkäufe das Angebot, durch die Verknappung erreichte er eine weitere Wertsteigerung. Wie erwähnt war Rembrandt eng verbunden mit dem Kunsthandel von Hendrick van Uylenburgh und dessen ältestem Sohn Gerrit van Uylenburgh (ca. 1625–1679), die maßgeblich an seinem ökonomischen Erfolg sowie an dem von Künstlern wie Ferdinand Bol oder Jürgen Ovens beteiligt waren.20 Zwischen 1625 und 1675 führten Vater und Sohn die wichtigste Kunsthandlung Amsterdams sowie parallel eine Künstlerwerkstatt, die vier Jahre lang von Rembrandt geleitet wurde. Die van Uylenburghs kauften und verkauften bekannte italienische Alte Meister sowie bedeutende Gegenwartskünstler wie Anthonis van Dyck oder Jacob Jordaens.

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Als nach dem Tod Lucas van Uffelens 1637 seine Sammlung auf den Markt kam, nahm Hendrick van Uylenburgh einen Kredit zur Finanzierung auf, um einige der Meisterwerke von Raffael, Tizian, Ribera und van Dyck zu erwerben.21 Sein Sohn Gerrit war zudem Mitglied der Kommission, die den Inhalt des sogenannten »Dutch Gift« im Jahr 1660 zusammenstellte. Beim »Dutch Gift« handelt es sich um eine aus 28 Renaissance-Gemälden und 12 antiken Skulpturen bestehende Kunstsammlung, die auf Initiative des Amsterdamer Bürgermeisters dem englischen König Karl II. als Schenkung angeboten wurde, um die Beziehung zwischen den Ländern zu verbessern. Die Schenkung wurde jedoch nie durchgeführt. Letztendlich erwarben die Niederlande die für den englischen König bestimmten Werke. Trotz jahrelanger großer ökonomischer Erfolge litt Gerrit van Uylenburgh unter dem zweiten Englisch-Niederländischen Krieg (1665–1667) und den dadurch bedingt fallenden Preisen. 1675 musste er Konkurs anmelden und zog nach London, wo er bis zu seinem Tod als »Surveyor of the King’s Pictures« arbeitete.22 Zu erwähnen ist der ebenfalls in Amsterdam ansässige Johannes de Renialme (ca. 1600–1657), der ab etwa 1635 bis zu seinem Tod neben van Uylenburgh den nationalen Kunstmarkt stark beeinflusste. Er war u.a. der Vermarkter von Rembrandt, Jan Miense Molenaer und Jan Lievens, zugleich handelte er mit internationalen Meistern wie Albrecht Dürer. Für Renialme lassen sich verschiedenartige Aktivitäten im Kunstmarkt nachweisen: Er kaufte Werke direkt aus Künstlerateliers wie auch auf Auktionen. Zugleich war er Auftraggeber bei Malern für Sammler und beschäftigte Kopisten, die für ihn Abbildungen von zum Verkauf stehenden Originalen anfertigten. Interessant zu erwähnen ist, dass mehrere Bestandslisten des Inventars von de Renialme erhalten sind. Eine Inventarliste datiert von 1640 (149 Arbeiten), die zweite aus seinem Todesjahr 1657 (mit 559 Werken).23 Zudem existiert noch eine Liste an Gemälden, die de Renialme 1650 an den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg geschickt hatte. Diese Liste ist auch insofern aufschlussreich, als sie eine Einteilung der Kunstwerke in Gattungen vornimmt. Zugleich lässt sich an den Preisen die unterschiedliche Wertschätzung der Werke ablesen. Die teuersten niederländischen Historienbilder auf dieser Liste datieren aus dem 15. und 16. Jahrhundert und stammen von Jan Swart van Groningen. Sie wurden 1657 auf 200 bzw. auf 400 fl. (Gulden) geschätzt.24 »Unter den Landschaftsgemälden war das teuerste Bild von Claude Lorrain, dessen Wert 1657 auf 500 fl. taxiert wurde. Die Werke des schon zu Lebzeiten sehr beliebten Meisters müssen in Holland sehr selten gewesen sein.«25 Das Hauptwerk des Sterbeinventars ist mit einem Wert von 1500 fl. ein Gemälde von Rembrandt, sein »Christus und die Ehebrecherin« von 1644. Bemerkenswert ist bei diesem Vergleich, dass keine wesentlichen Veränderungen zwischen den Listen von 1650 und 1657 festzustellen sind. Die meisten der dem Kurfürsten angebotenen Werke befanden sich noch in de Renialmes Besitz, als er verstarb. Der Kurfürst hatte demzufolge nicht mehr bei dem Händler gekauft. Bei der Auswertung der Sterbeliste fällt zudem auf, dass

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von den 559 Arbeiten 342 Werke »auf einen Wert von 40 fl. [Gulden] oder weniger geschätzt wurden. 258 Arbeiten wurden gar auf 25 fl. oder weniger taxiert.«26 Ein Großteil des Inventars bestand am Ende seines Lebens dementsprechend aus preiswerten Gemälden. Zugleich war die Preisspanne zwischen den günstigen Werken für unter 25 fl. und Rembrandts Christusbild für 1500 fl. sehr groß. Der vierte Protagonist des Goldenen Zeitalters agierte von Antwerpen aus. Guillam Forchoudt d.Ä. (1608–1678) stand im Zentrum des Kunsthandelsimperiums der Familie Forchoudt. Der Vater Melchior († 1633), ein Holzkunsthandwerker und Händler, stammte ursprünglich aus dem schlesischen Breslau. Er war der Gründer des Kunsthandels in Antwerpen, von wo aus die Familie im 17. Jahrhundert nach Europa und Südamerika expandierte. Der Handel Forchoudt ist ein frühes Beispiel für ein Kunstgeschäft, das bereits Niederlassungen in Paris, Lissabon und Cádiz betreibt, wobei ihr Handel nicht nur traditionelle Kunstwerke wie Gemälde, sondern auch Juwelen, Perlen, Gewürze und Rohstoffe wie Silber, Gold, Wolle, Leder sowie Tabak umfasste. Zu ihren Höchstzeiten arbeiteten bis zu 60 Maler für die Forchoudt.27 Ebenso international wie ihre Künstlerschaft war auch der Kundenkreis der Forchoudt: Die einzelnen Filialen berieten und verkauften vor allem an die höfische Gesellschaft in Europa, an deutsche Fürstentümer, den französischen Hof, nach Lothringen, Oranien oder nach Wien. Aus der untersuchten Korrespondenz der Forchoudt-Familienmitglieder untereinander lässt sich eine eigene »Warenkunde« der Genres herausarbeiten. Hieran schließt sich die Frage, inwieweit der Kunstmarkt des Goldenen Zeitalters auch die Hierarchien innerhalb der Gattungen verändert hat. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass alleine die Tatsache der großen Produktion und Verbreitung von niederländischer Kunst in ganz Europa daraufhin weist, dass sich der Geschmack der Sammler generell internationalisiert hatte. Bei der genaueren Beantwortung der Frage nach Verschiebungen innerhalb der Gattungshierarchien helfen die Auswertungen von einigen Inventaren aus dieser Zeit. Die größtenteils ausgewerteten Inventare der Städte Delft und Amsterdam lassen auf deutliche Veränderungen im Laufe des 17. Jahrhunderts schließen. Nicht nur gab es Präferenzen entsprechend der religiösen Orientierung einer Familie: »Bei den Reformierten unter den Sammlern überwogen die Landschaften und Stillleben, bei den Katholiken noch die biblischen Themen.«28 Allgemein lässt sich festhalten: »Der bürgerliche Käufer bevorzugte Gattungen und Themen, die er verstehen und bezahlen konnte.«29 Im 17. Jahrhundert verringerte sich der Anteil der Historienbilder zugunsten von Landschaften und Genremalerei. Anfang des 17. Jahrhunderts besteht nahezu die Hälfte der in Delfter Nachlässen untersuchten Gemälde aus Historienbildern, am Ende des Jahrhunderts sind es nur noch 10–15 %. »Aber die Niederländer hängten sich natürlich nicht nur Historien oder Landschaften an die Wände. Porträts nahmen lange Zeit die dritte Position hinter diesen beiden Sujets ein, bis sie im ausgehenden 17. Jahrhundert von den Genredarstellungen über-

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holt wurden.«30 Dieser Trend – weg von biblischen Themen hin zu Landschaften und Genredarstellungen – war eine wichtige Konsequenz der neuen bürgerlichen Käuferschicht. Die Bilder berichteten nun von ihrem eigenen Leben, ihrer Arbeit und ihren Festen. Die neue Gesellschaftsschicht versuchte, über ihre Bildwerke eine gemeinsame Sprache zu finden, zu der Kunst in verschiedener Ausprägung zählte. Das Streben nach einer kollektiven Ausdrucksform in der Kunst, was die Technik, die Sujets, die Formate oder die Herkunft betraf, half der neuen bürgerlichen Gesellschaftsschicht nach dieser Interpretation bei der Selbstvergewisserung und Identitätsfindung. Der Bürger trat selbstbewusst neben die bisherigen Schichten Adel und Klerus. Für die Gesamtheit der Gesellschaft lassen sich noch weitere Entwicklungen aufzeigen: »Allein in den wertvolleren Inventaren« lassen sich »Gemälde historischen, mythologischen oder allegorischen Inhalts«31 finden. Die Kunst dient hier als Unterscheidungssymbol der vermögenderen und damit häufig gebildeteren Schicht, die die verschlüsselten Inhalte nur dank ihrer Bildung verstehen konnten. Bemerkenswert erscheint bei der Auswertung der Inventare zudem, dass in Amsterdam auch die günstigeren Bilder von weitgehend unbekannten Künstlern signiert wurden. Dies ist ein Zeichen dafür, dass das Kriterium der Authentizität in allen Segmenten an Bedeutung zunahm. Die Signatur wurde jedoch nicht nur von den Käufern als preisbeeinflussendes Kriterium bewertet, auch die Malergilden selbst beabsichtigten, die Signatur im Sinne einer gesicherten Herkunftsbezeichnung als Qualitätssymbol durchzusetzen. Ähnlich wie heute gab es Ausnahmen, die sich den neuen Regeln entgegenstellten. So baute Peter Paul Rubens eine eigene »Fabrik« auf, bei der seine persönliche Signatur keine Bedeutung mehr hatte. In der Form einer »Factory«, die an Andy Warhol und das New York der 1970er Jahre denken lässt, gründete Rubens eine Gemäldefabrik, in der seine Mitarbeiter auf bestimmte Sujets spezialisiert waren wie Landschaften, Porträts, Blumen, Stillleben oder Tiere. Seine Bilder setzten sich aus in Arbeitsteilung vollzogenen Teilschritten zusammen. Von mehreren Tausend Werken, die ihm zugeschrieben und heute erhalten sind, tragen dabei nur fünf die Signatur von Rubens. Allein die Tatsache, dass ein Werk aus seiner Werkstatt kam, galt als Qualitätskriterium, auch wenn er persönlich vielleicht nur die zugrundeliegende Ölskizze oder eine Retusche ausgeführt hatte. Aus dieser Zeit der frühen massenhaften Produktion von Kunst datieren auch die ersten umfangreichen Werkverzeichnisse bzw. »Catalogues Raisonnés«. Am bekanntesten ist sicherlich Carel van Manders »Schilder-Boeck« von 1604, das in der Tradition von Giorgio Vasaris »Künstlerbeschreibungen« steht. Van Mander hat die für ihn wichtigsten Maler mit Beschreibungen ihrer Leben und Werke zusammengestellt, wobei neben Künstlern der Antike und italienischen RenaissanceMalern auch niederländische und deutsche Künstler vorgestellt werden. Dabei reichen die Beschreibungen der letzteren in die Gegenwart hinein, so werden auch

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Zeitgenossen van Manders wie Bartholomäus Spranger oder Abraham Bloemaert aufgeführt.32 Mit einer solchen Künstleraufstellung und -beschreibung konnte ein Sammler erste Informationen über einen Künstler erhalten – heute können zahllose Informationen zu Künstlern online abgerufen werden, im 17. Jahrhundert galt das »SchilderBoeck« als das Standardwerk schlechthin. Allerdings lässt sich kaum einschätzen, wie weit diese Publikation tatsächlich in den bürgerlichen und adligen Haushalten verbreitet war. Als Michael North die Bibliothek eines renommierten Sammlers aus dieser Zeit, Herman Becker, auswertet, hat er dort nicht van Manders Künstlerviten gefunden.33

3.2 Das übrige Europa: Anfänge eines internationalen Kunsthandels Obgleich das Goldene Zeitalter seinen Ursprung und Höhepunkt in Bezug auf die Entwicklung des Kunstmarktes in der niederländischen Republik fand, lassen sich in dieser Zeit auch im übrigen Europa bedeutende Veränderungen feststellen. Insbesondere in Frankreich zeichnet sich ab, dass Paris zu einem Zentrum der Kunstvermarktung avancieren wird. Die zahlreichen Aufträge des absolutistischen Königs Ludwig XIV. (1638–1715) für Bauten, Gemälde, Möbel und sonstige Kunstwerke begründeten nicht nur den europäischen Barock, sondern führten auch zu einem ersten Boom des französischen Kunstmarktes. Bereits zu dem Zeitpunkt, als er zum König gekrönt wurde, gab es in Paris 120 offiziell vereidigte Auktionatoren (»huissiers-priseurs«). Aus Frankreich ist zudem der erste illustrierte Versteigerungskatalog mit 290 Gemälden und Grafiken aus dem Jahr 1699 überliefert.34 In Paris finden sich in dieser Zeit einige bedeutende Persönlichkeiten, die in ihrem Auftreten auf dem Kunstmarkt an Personen unserer Zeit erinnern. Everhard IV. Jabach (1618–1695) ist eine dieser internationalen Akteure. Ähnlich dem Niederländer Hendrick van Uylenburgh unterhielt Jabach ein internationales Handelsnetzwerk für seine Sammlerobjekte. Jabach stammte ursprünglich aus Köln. 1638 eröffnete er sein Handelsgeschäft in Paris, wo er 1647 das Bürgerrecht erhielt. Zu seinen prominentesten Kunden zählte Frankreichs wichtigster Kunstsammler dieser Zeit, Kardinal Mazarin. Jabach handelte vorrangig mit Alten Meistern wie den Italienern Tizian und Veronese oder den Deutschen Lucas Cranach und Hans Holbein. Aber auch die Gemälde von Zeitgenossen wie Peter Paul Rubens bot er zum Verkauf an. Zugleich war Jabach der wichtigste Händler und Sammler von Handzeichnungen. Seine hohe gesellschaftliche Stellung lässt sich daran erkennen, dass sowohl der berühmte Maler Charles Le Brun als auch der französische Hofmaler Hyacinthe Rigaud, dessen Bildnis von Ludwig XIV. weltbekannt ist, Porträts von ihm bzw. seiner Familie anfertigten. Aufgrund finanzieller Exzesse musste Jabach jedoch 1662 einen Großteil seiner Sammlung verkaufen. Durch die Vermittlung Colberts wurden mehr als 5500

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Zeichnungen und 100 Gemälde für gut 220.000 Livres35 an Ludwig XIV. verkauft, die bis heute in der Sammlung des Louvre sind. Erstaunlicherweise stellte Jabach in kurzer Zeit eine zweite Kunstsammlung zusammen, so dass er wieder Meisterwerke wie einen Flügelaltar von Jan van Eyck besaß – nach wenigen Jahren gehörten ihm erneut mehr als 600 Gemälde und 4000 Zeichnungen.36

4 Das 18. Jahrhundert Die Entwicklung des modernen Kunstmarktes

4.1 Einführung Das Ende des Goldenen Zeitalters geht einher mit dem für die niederländische Republik kritischen Jahr 1672, als das Land von England, Frankreich und den angrenzenden deutschen Feudalmächten angegriffen wurde. Das kulturelle und wirtschaftliche Ende der Republik fallen mit bedeutenden philosophischen, politischen und sozialen Bewegungen zusammen, die das gesamte 18. Jahrhundert als das »siècle philosophique« erscheinen lassen. In Frankreich kommt es zur Französischen Revolution, der ersten großen bürgerlichen Revolution in Europa, die die Abschaffung der Monarchie zur Folge hat. Deutschland wiederum ist in zahlreiche Kleinstaaten zersplittert. Hier herrscht erst mit Friedrich dem Großen in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts zumindest in Preußen wieder eine gewisse Stabilität. England wird nicht nur durch seine militärische Vorherrschaft auf See und seine Stellung als »British Empire« die weltweit bedeutendste politische Kraft, sondern auch durch die früh einsetzende industrielle Produktionsweise zur global wichtigsten Handelsnation. Das British Empire wird für zahlreiche Intellektuelle während der Revolutionszeit auf dem Festland zur neuen Heimat. Über die globalen Handelslinien werden alle denkbaren Gegenstände aus Asien, Afrika und Amerika importiert, so dass London zu einem »Melting Pot« der damaligen Kulturen wird. Das 18. Jahrhundert als das philosophische Zeitalter ist nicht ohne die Gedankenwelt der Aufklärung zu begreifen. Mit diesem Begriff wird eine neue Geisteshaltung bezeichnet, bei der durch bewusstes, rationales Denken tradierte Strukturen überwunden werden sollen. Der Begriff bezieht sowohl soziale, politische und kulturelle wie auch allgemein geistige Reformbewegungen mit ein. Das Ziel ist es, neues Wissen zu generieren und an die Allgemeinheit weiter zu geben und Standesgrenzen zum Wohle aller zu überwinden. Damit ging eine größere Wertschätzung der Naturwissenschaften, der Natur- und Menschenrechte allgemein sowie eine größere religiöse Toleranz einher. Auch die Ausbildung der »Nation« und das Entstehen der ersten »Nationalstaaten« beeinflussten die Kultur und damit auch den Kunstmarkt. Das weiter erstarkende Bürgertum versucht den Adel nicht nur

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zu kopieren, sondern zu übertreffen. Die neue Käuferschicht fragt die vormals insbesondere für den Adel bestimmten exklusiven Luxusgegenstände wie Kunstwerke nach. Dabei durchdringt die Rationalisierung der Denkweise auch das Käuferverhalten. Die Intellektualisierung größerer Bevölkerungsschichten verläuft parallel zu einer zunehmenden Ästhetisierung auf der philosophischen Ebene sowie zu einer quantitativen Vermehrung von Wohlstand. Die Industrialisierung erlaubt es, frühere vorrangig für Adel und Klerus bestimmte Luxusgegenstände auch dem Bürgertum zugänglich zu machen, so z.B. Seife oder bestimmte Kleidungsstücke. Standesgrenzen, die durch Objekte symbolisch nach außen getragen wurden, werden erstmals teilweise überwunden. In dieser Zeit entstehen auch weitere umfangreichere Catalogues Raisonnés, d.h. komplette Werkverzeichnisse mit Zuschreibungen von Werken, Kommentaren zum Schöpfer, zum Entstehungsjahr oder zum möglichen Preis. Diese Entwicklung geht einher mit dem vorherrschenden lexikografischen und enzyklopädischen Zeitgeist. Mit den neuen Geisteshaltungen, der Industrialisierung und einer zunehmenden Globalisierung findet im 18. Jahrhundert die Zeit der Kunst- und Wunderkammern ihr Ende. Zuvor hatte der Sammler seine Zusammenstellung im Ganzen als Zeichen seiner Weltkenntnis und als Ausdruck der Welt – des Makrokosmos – in seinem häuslichen Mikrokosmos verstanden. Jetzt will er nicht mehr nur Schätze zusammenstellen, sondern er zielt auf die Darstellung seiner Kennerschaft – die gesammelte Kunst erhält einen ostentativen Charakter. Dabei wurde dem einzelnen Objekt auch eine veränderte Wertschätzung entgegengebracht. Gemälden und Skulpturen wurde zunehmend eine moralische und intellektuelle Wirkung zugesprochen. Mit dieser Veränderung ging der Drang der von der Aufklärung überzeugten Herrscher einher, zumindest eine Auswahl ihrer Sammlungen einem Teil des Volkes zugänglich zu machen. Das 18. Jahrhundert ist zudem das erste Jahrhundert, über das quantitativ und qualitativ besseres Quellenmaterial überliefert wurde. Zahllose schriftliche Dokumente wurden über den Kontinent und über England in die Welt verschickt. Der Buchdruck, der mit Gutenberg 1450 in Deutschland begann und sich bis ins 19. Jahrhundert weltweit durchsetzte, führte dabei in Europa zu einer eigenen Druckindustrie. Der Buchmarkt wuchs dementsprechend im 18. Jahrhundert massiv. Von den neu gegründeten Auktionshäusern, aber auch von den alteingesessenen Gilden sind noch zahlreiche Auktionskataloge aus dieser Zeit erhalten.1 Das 18. Jahrhundert ist zudem aus dem Bedürfnis der veränderten Diskussionskultur heraus – ein Meinungsaustausch über die Kunst wird populär – auch das Jahrhundert, in dem die moderne Kunstkritik ihren Ursprung findet. Es gibt nun eine eigene Kunstrhetorik. Gemäß diesem neuen Zeitgeist werden Künstler zunehmend in Kategorien und Systeme unterteilt. Gut einhundert Jahre nach Carel van Manders »Schilder-Boeck« von 1604 veröffentlicht 1708 der Franzose Roger de Piles seinen »Cours de peinture

4 Das 18. Jahrhundert

par principes avec une balance de peintres«, in dem 58 der bekanntesten Künstler in einem Ranking aufgeführt werden.2 Wenngleich sich der Kunstmarkt in den einzelnen Ländern unterschiedlich entwickelte, gilt für das gesamte 18. Jahrhundert, dass Händler und Auktionshäuser ihre Gewinne hauptsächlich mit Kunst der Vergangenheit erzielten. Erst im 19. Jahrhundert wird wieder vermehrt lebenden Künstlern die Möglichkeit geboten, Zeit ihres Lebens so vermögend und berühmt zu werden wie einige Künstler im Goldenen Zeitalter oder der Renaissance.

4.2 England im 18. Jahrhundert: Sotheby’s, Christie’s und der erste Art Consultant England entwickelt sich im 18. Jahrhundert zu dem fortschrittlichsten Land weltweit und zur ersten Industrienation überhaupt. Hier entstand der globale Kapitalismus. Das erste Britische Empire existierte zwischen 1583 und 1783 (Unabhängigkeitsjahr der heutigen USA), das zweite bis zum Ende Napoleons 1815. Der Wechsel zwischen diesen Weltreichen fand in dem nun betrachteten Jahrhundert statt und bot die Grundlage für das größte Kolonialreich aller Zeiten – 1922 beherrschte das Britische Empire ein Viertel der Erdfläche, d.h. jeder vierte Mensch der damaligen Weltbevölkerung war »britisch«. Die Hauptstadt des nach dem »Act of Union« im Jahr 1707 gegründeten Königreichs Großbritannien wurde London, das bereits 1066 die Hauptstadt des Königreichs England wurde. Bereits im Jahr 1800 lebten hier mehr als eine Million Einwohner. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde London das wichtigste Finanzzentrum der Welt. Geld, weltweite Handelsrouten, die nahezu alle in London zusammenliefen, riesige Kolonien und eine erstarkende Bürgerschicht veränderten die Marktbedingungen tiefgreifend, auch für den Handel mit Kunst. Bereits seit 1650 lassen sich Kunstversteigerungen in England nachweisen. Die Insel zählt daher neben den Niederlanden zu den frühen Kunstauktionsländern. Einer der ersten englischen und heute noch überlieferten Auktionskataloge aus dem Jahr 1686 zeigt, dass nicht nur ein lokales Publikum über Kunstverkäufe informiert werden sollte, sondern durch das Verschicken des Katalogs auch Käuferschichten außerhalb Londons angesprochen wurden.3 Christopher Cock (ca. 1690–1748) ist ein früher Protagonist des Londoner Auktionsmarktes. Er wurde zum ersten führenden Auktionator seiner Zeit. In den 1720er Jahren gründete er seinen »Great Room« bzw. »Cock’s« als das erste Versteigerungshaus für Kunst in London.4 In den 1730er und 1740er Jahren fanden in der britischen Hauptstadt jährlich bereits regelmäßig zwischen fünf und zehn Gemäldeauktionen statt.5 Auch die beiden heute noch existierenden und den globalen Markt dominierenden Auktionshäuser Christie’s und Sotheby’s wurden im 18. Jahrhundert in London

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gegründet. 1744 eröffnete Samuel Baker das heute unter dem Namen Sotheby’s bekannte Auktionshaus. Fast 200 Jahre lang wurde das Geschäft vom Bücher- und Handschriftenhandel bestimmt. Mit dem Umzug von Sotheby’s nach Mayfair im Jahr 1917 wurde auch die Fokussierung auf das Kunstgeschäft vollzogen. Das zweite einflussreiche Kunstversteigerungshaus Christie’s wurde 1766 von James Christie (1730–1803) eröffnet, der schnell im Kunsthandel bekannt wurde. So versteigerte er die Nachlässe berühmter Zeitgenossen wie Thomas Gainsborough oder Joshua Reynolds oder vermittelte große Sammlungsbestände an die wichtigsten Persönlichkeiten seiner Zeit: 1778/79 handelte Christie beispielsweise den Verkauf der Sammlung des ersten britischen Premierministers, Sir Robert Walpole (1676–1745), im Auftrag von dessen Enkel an die russische Zarin Katharina I. aus.6 Die Sammlung galt als eine ihrer beeindruckendsten in Europa und ist bis heute Bestandteil der Eremitage in St. Petersburg. Christie profitierte enorm von der im Anschluss an die Französische Revolution 1789 einsetzenden Emigration zahlreicher französischer Adliger nach London. Eine große Anzahl an Kunstobjekten aus französischen Schlössern kam auf den Markt. So verkaufte das Auktionshaus 1795 auch die Sammlung von Madame du Barry, der berühmten Mätresse Ludwig XV., die zwei Jahre zuvor in Paris hingerichtet worden war. Bereits 1792 hatte du Barry James Christie in London aufgesucht, um bei ihm ihre zunächst gestohlenen und dann in England wiedergefundenen Juwelen versteigern zu lassen. Im 18. Jahrhundert entwickelte das Haus nachweislich als erstes Handelshaus allgemein geltende Regelungen und bot in regelmäßigen Abständen Kunstwerke auf Auktionen an. Der Einfluss dieser Entwicklung reichte bis nach Frankreich, wo sich kurz nach der Gründung von James Christie 1778 die Pariser Kunstversteigerer zu einem Kollektiv zusammenschlossen. Das Auktionswesen und der gesamte britische Kunstmarkt werden im 18. Jahrhundert von den Importen kontinentaleuropäischer Altmeister nach England dominiert. Wohlhabende Engländer gingen auf ihrer »Grand Tour« in Italien häufig auf Suche nach Kunstwerken, die sie zu Hause verkaufen wollten. Immer mehr Adlige blieben dabei für einige Jahre in Italien und verkauften von dort aus an ihre Landsleute wie z.B. Charles Talbot, der Duke of Shrewsbury (1660–1718), der während seines Rom-Aufenthaltes zwischen 1701 und 1704 als Kunsteinkäufer agierte.7 Besonders aktiv war auch der Brite Thomas Jenkins (1722–1798), dessen Karriere in Rom zunächst als Maler begann. Als Antikenhändler beherrschte er später nahezu den römischen Kunstmarkt, wobei er auch in päpstlichen Kreisen verkehrte:8 So verkaufte er Antiken aus der Sammlung von Papst Sixtus V. an Papst Clemens XIV., auch dessen Nachfolger Papst Pius VI. kannte er gut. Zudem traf er auf bekannte deutsche Persönlichkeiten und Italienreisende dieser Zeit wie Johann Joachim Winckelmann und Johann Wolfgang von Goethe.

4 Das 18. Jahrhundert

Arthur Pond: Selbstporträt, 1739

Nicht nur das wachsende Auktionswesen beeinflusste den englischen Kunstmarkt der Zeit. Auch die Gründung der »Royal Academy of Arts« im Jahr 1768 durch König George III. unter der Leitung von Joshua Reynolds ist in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen. Nicht nur war die Entscheidung, zwei lebende Malerinnen in die Akademie aufzunehmen – Angelika Kauffmann und Mary Moser –, als sehr modern anzusehen, auch die Möglichkeit, dass lebende Künstler in der jährlichen Sommerausstellung ihre Arbeiten zum Verkauf anbieten konnten, wertete vor allem die Gegenwartskunst auf. Neben Galerien und Auktionshäusern etablierte sich die Royal Academy of Arts als weiterer Ort, an dem regelmäßig Kunst von einer breiten Öffentlichkeit betrachtet und erworben werden konnte. Bis heute ist die sogenannte »Summer Exhibition« der Academy für jeden kostenfrei zugänglich und dient als Verkaufsausstellung. Der zeitgleich mit der Gründung der Academy einsetzende Boom britischer Kunst führte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zur Bildung der »English School.« Mit ihren bedeutendsten Vertretern Joshua Reynolds, Thomas Gainsborough, George Stubbs, William Hogarth, John Constable und später auch Joseph William Turner dominierte sie bis Anfang des 19. Jahrhunderts den britischen Kunstmarkt. Ein wichtiger Zeitgenosse von Christopher Cock war der Maler, Grafiker und Kunstberater Arthur Pond (ca. 1701–1758), der den damaligen Kunstmarkt gleich-

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falls erheblich beeinflusste. 1725 reiste Pond nach Rom, wobei er auf dem Rückweg in Paris Pierre-Jean Mariette (1694–1774) kennenlernte, einen einflussreichen Händler und Sammler niederländischer, italienischer und französischer Zeichnungen und Drucke. Bis zum Lebensende standen beide in regem Austausch miteinander.9 Von dem Franzosen übernahm und verbreitete Pond eine neuartige Bewertung der Qualität von Kunst. Mariette hatte das Konzept der »hand« entwickelt, das heißt, er untersuchte die künstlerische Handschrift, um einem bestimmten Künstler aus stilistischen Gründen ein Kunstwerk, das keine Signatur trug, zuordnen zu können. Mit Hilfe dieser Stilkritik schätzten Mariette und Pond ein Werk als authentisch ein oder nicht. Sofern Mariette ein Werk einem bestimmten Künstler namentlich zusprach und diese Zuordnung mit seiner eigenen Signatur auf dem Kunstwerk bestätigte, wurde dies von seinen Zeitgenossen als Authentizitätsbeweis gewertet. Mariette war der Ansicht, dass es zuverlässiger sei, wenn nicht ein Künstler einen anderen Kollegen beurteilt, sondern ein unabhängiger Kenner. Pond übernahm diese Idee von Mariette und untersuchte gleichfalls Altmeister, die keine Signatur trugen oder eine lückenhafte Provenienz aufwiesen. Wenn Pond nun ein Altmeistergemälde mit seiner eigenen Unterschrift versah und damit die Echtheit für einen bestimmten Künstler bestätigte, wurde dies zunehmend als Nachweis der Authentizität gewertet. Noch heute lassen sich einige Zeichnungen in Museen mit seiner Signatur finden.10 Die Erfindung dieses Authentizitätsbeweises steht auch im Zusammenhang mit Ponds händlerischen Geschick, aufgrund dessen er zurecht als erster Kunstberater bezeichnet werden kann. Für das Jahr 1740 lässt sich beispielsweise sein Verkauf einer Skizze eines Altmeisters an einen englischen Sammler mit einem ungewöhnlich hohen Gewinn von 350 Prozent innerhalb eines Monats nachweisen.11 Mit Arthur Pond zeichnet sich bei den Kunsthändlern ein weiterer Trend ab, der bis heute anhält. Pond war nicht mehr nur Maler und Grafiker, der zum hauptberuflichen Händler und Sammler wurde, sondern auch Kunsthistoriker und Autor, der seine Erkenntnisse publizierte. So veröffentlichte er Zeit seines Lebens umfangreiche Untersuchungen zu Arbeiten von Nicolas Poussin und Claude Gelée. Im 20. und 21. Jahrhundert finden sich mit dem »Institut Wildenstein« in Paris oder dem »Hauser & Wirth Institute« in New York bedeutende Institutionen, die von Kunsthändlern gegründet wurden und zahlreiche wissenschaftlich fundierte Werkverzeichnisse und Kataloge veröffentlichen. Eine weitere Besonderheit, die im 18. Jahrhundert in England beginnt und ein Kennzeichen des modernen Kunstmarktes ist, ist die deutliche Zunahme an Händlern für Gegenwartskunst einerseits und die Idee der engen Verknüpfung von Kunst und Vergnügen andererseits. Eine schillernde Persönlichkeit ist Jonathan Tyers (1702–1767), der 1728 für dreißig Jahre in London ein Stück Land pachtete, auf dem er die heute noch bekannten »Vauxhall Gardens« erschuf. Die Vauxhall Gardens wurden 1859 geschlossen und später deutlich verkleinert als öffentlicher Park mit dem Namen »Vauxhall Pleasure Garden« wiedereröffnet. Zuerst war die-

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ser Garten im Sinne eines Vergnügungsparks im Jahr 1661 eröffnet worden und im Laufe der Jahre zu einer Art Bordell verkommen. Innerhalb von wenigen Jahren gestaltete Tyers die Gärten dank einiger Künstler in die »Vauxhall Gardens« um. Man konnte hier flanieren, Konzerte hören, in den »supper rooms« speisen, Feuerwerke und Ballonfahrten beobachten. 1736 eröffnete Tyers hier einen Raum, in dem er die Werke der Vauxhall Gardens-Künstler Joseph Highmore, Francis Hayman und William Hogarth zum Verkauf anbot. Tyers als Initiator der Gärten gilt bis heute als einer der Gründer der »Wiege der modernen Malerei und Architektur«.12 In den Gärten wurde der Verkauf von Gegenwartskunst erstmals professionell mit dem Vergnügungsgedanken verknüpft. Die letzte Persönlichkeit, die aus dieser Zeit im Vereinigten Königreich vorgestellt werden soll, ist der irische Arzt Sir Hans Sloane (1660–1753), der nicht als Händler, sondern als Sammler und Stifter die Grundlage für eines der auch heute noch bedeutendsten, öffentlich zugänglichen Museen gelegt hat. Mit der neuen Geisteshaltung der Epoche der Aufklärung und der damit verbundenen zunehmenden Bedeutung der Wissenschaft wurde erstmals eine grundlegende Systematik in die Kunstsammlungen eingeführt. An die Stelle des aus der Natur übernommenen chaotischen Ordnungsprinzips der früheren Wunderkammern tritt im 18. Jahrhundert eine Grundordnung, ein Erforschen, Beschreiben, Formalisieren und Kategorisieren sowohl der Natur als auch der Kultur. Als Sloane seine Sammlung von mehr als 71.000 Objekten der britischen Nation schenkt, werden die Grundlagen für das British Museum, die British Library und das Natural History Museum gelegt. Mit Sloane beginnt eine Entwicklung, die heute weltweit zu beobachten ist: Die individuelle Sammlerpersönlichkeit vererbt oder schenkt seine Sammlung der öffentlichen Hand, sei es an ein Land, eine Stadt oder eine staatliche Institution, so dass diese jedem zugänglich wird. Interessanterweise lassen sich in den letzten zweihundert Jahren immer wieder an verschiedenen Orten solche Museumsgründungen zu Boomzeiten finden: Wurde in Deutschland das 19. Jahrhundert sogar als »Museumszeitalter« bezeichnet, so lässt sich dieser Begriff auf die Gegenwart in China übertragen, wo in den vergangenen zehn Jahren zahlreiche Museen privat gegründet wurden.

4.3 Frankreich im 18. Jahrhundert: Das erste Power Couple der Kunstwelt Das Frankreich des 18. Jahrhunderts war stark von der französischen Revolution geprägt. Durch die politischen Ereignisse vor, während und nach der Revolution wurde eine zuvor nicht vorstellbare Zahl an Kunstwerken verkauft, gestohlen und verschleppt. Bis heute sind die Folgen dieser Zeit Gegenstand von Diskussionen ge-

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genwärtiger Politik, insbesondere was die Rückgabe der napoleonischen Raubkunst betrifft. Edme-François Gersaint (1694–1750) prägte den Kunstmarkt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entscheidend mit, zumal er den neuen Typus des gesellschaftlich veränderten Kunsthändlers personifizierte.13 Unter dem neuen »Rationalisierungsdruck des philosophisch-ästhetischen Zeitalters« hat sich der Künstler zunehmend in einen Intellektuellen verwandelt.14 Gersaint kann als erster französischer Händler gelten, der detaillierte Kataloge seiner Verkaufsobjekte herausgab – seine Publikationen waren sowohl für den Verkauf im Ladenlokal als auch für öffentliche Versteigerungen bestimmt. In seinen Broschüren wurden die Werke nicht nur genau beschrieben, sondern der jeweilige Künstler erhielt auch eine kunsthistorische Einordnung. In seinem Verkaufsraum im Herzen von Paris kaufte der französische Adel seit 1718 Kunst ein. Das Gemälde »Das Ladenschild des Kunsthändlers Gersaint« von Antoine Watteau aus dem Jahr 1720 gibt einen Eindruck dieses frühen Pariser Verkaufsraumes wieder. Auf Watteaus Bild erkennt man, wie einem Kunden von der Frau des Geschäftsinhabers, Louise-Marie Gersaint, ein Spiegel sowie Toilettenartikel gezeigt werden. »Wie so viele Gefährtinnen von Kunsthändlern zu allen Zeiten half auch sie im Laden ihres Mannes aus.«15 Der Kunsthändler selbst wird von Watteau als typischer »marchand-amateur« dargestellt. Galant hält er das ovale, mythologische Bild mit einer erklärenden Geste, um es einem Kundenpaar zu zeigen. Im Bild kommt auch der neue Zeitgeist zum Ausdruck: Die Kunden scheinen sich ernsthaft mit der Kunst auseinanderzusetzen und darüber miteinander zu diskutieren. Als nächste Figuren soll das vielleicht erste »Power Couple«16 der Kunstwelt beschrieben werden: die Malerin Élisabeth Vigée Le Brun (1755–1842) und ihr Mann Jean-Baptiste Pierre Le Brun (1748–1813) aus Paris. Letzterer vereinte in sich – wie für die Zeit üblich – mehrere Funktionen: Er war Maler, Händler und Sammler. Beide Eheleute stammten aus Künstlerfamilien, sein Vater war der Großneffe des bekannten »Versailles«-Malers und Hofkünstlers von Ludwig XIV., Charles Le Brun. Élisabeths Vater, Louis Vigée, war ebenfalls Maler. Jean-Baptiste Le Brun verdiente mit seinem Handel und den Porträts seiner Frau ein Vermögen. Er restaurierte Alte Meister und verkaufte sie in seinem 1778 erworbenen, luxuriösen Verkaufsraum im Zentrum von Paris, den er bedeutungsvoll »Salle Lebrun« nannte.17 Insbesondere handelte Le Brun in großem Stil mit den Niederländern des 17. Jahrhunderts, über die er ein dreibändiges Kompendium »Galerie des peintres flamands, hollandais et allemands« herausgab. Aufgrund seiner umfangreichen Beratertätigkeit bezeichnete er sich selbst als »Conservateur privé« der Sammlung des Duc d’Orléans und des Comte d’Artois, dem zukünftigen König Charles X. Die Revolution 1789 führte dann dazu, dass seine monarchistische Frau emigrierte. Von dem Vermögen, das sie in Frankreich mit ihren Porträts verdient hatte – sie spricht selbst von einer Million Francs – konnte sie nichts nach England mitnehmen, da ihr

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Mann das Geld zuvor bereits ausgegeben hatte. Aufgrund seiner finanziellen Misswirtschaft war Le Brun 1791 gezwungen, sein gesamtes Hab und Gut zu versteigern, um eine Insolvenz abzuwenden. Sein Freund Jacques-Louis David benötigte in der Revolutionszeit sein Fachwissen, um die zahlreichen Kunstwerke der Adligen zu bewerten und das Projekt eines Nationalmuseums umzusetzen. Für dieses Museum – den heutigen Louvre – erwirbt Le Brun bedeutende Kunst u.a. von Rembrandt und Rubens. Auch nach dem Niedergang Davids und Robespierres bleibt Le Brun ein wichtiger Berater der Revolutionskommission – 1794 wird die Scheidung von der nach London emigrierten Élisabeth wirksam, ein Jahr später ist Le Brun »commissaire-expert du musée« und unterteilt die Sammlung des Louvre als erster Kurator in die drei Kategorien italienische, nördliche und französische Kunst.

Vigée Le Brun: Selbstporträt, 1790

Erst mit dem Aufstieg Napoleons 1799 endet Le Bruns Karriere in der französischen Regierung. Aufgrund seines Lebensstils hochverschuldet ist er gezwungen, 1807 seine Villa und den »Salle Lebrun« an seine Ex-Frau zu verkaufen. Élisabeth Vigée Le Brun erweist sich in England als bessere Geschäftsfrau als er – in ihren Erinnerungen bezeichnet sie ihren früheren Ehemann als »Dandy, Frauenschwarm, opportunistischen Jakobiner, unehrenhaften Händler und Manipulator«.18 Trotz dieser so schonungslos beschriebenen Schwächen ist es Jean-Baptiste Le Brun zu

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verdanken, dass die von Gersaint etablierte Ausweitung der Tätigkeit des Kunsthändlers als Experte und Berater in ihm einen Nachfolger gefunden hat. Auch Le Brun publizierte moderne Auktions- und Ausstellungskataloge, in denen nicht nur grundlegende Informationen wie Größe und Urheber eines Werkes genannt wurden, sondern weitere Details wie kunsthistorische Hintergründe zum Künstler, Werk oder bisher erzielte Preise. Darüber hinaus ist ihm die Wiederentdeckung bestimmter Maler in Frankreich wie Holbein, Ribera und Louis Le Nain zu verdanken. Zudem zählt er zu den ersten Händlern, von denen eine schriftliche Empfehlung überliefert ist, in denen Kunst als Investment empfohlen wird: »Es lohnt sich, versichert der Händler Lebrun 1780 in einem Katalogvorwort, in Kunst zu investieren, denn der Wiederverkauf beschert Gewinn.«19 War Le Brun der erste »commissaire-expert« des Louvre, so wurde DominiqueVivant Baron Denon (1747–1825) von Napoleon 1802 zum ersten »Directeur général du Musée central des Arts« (dem heutigen Louvre) ernannt. Dank der Revolution und der Herrschaft Napoleons entstand das erste öffentlich zugängliche Museum in Frankreich – der Eintritt in das Musée central war nicht mehr vom sozialen Status abhängig. Baron Denon ordnete während seiner Amtszeit die Sammlungen neu und unterstützte ähnlich wie Le Brun eine moderne Systematisierung: Er stellte die Werke nach kunsthistorischen Prinzipien zusammen – und »nicht nach persönlichem Geschmack. […] Leitprinzip bei der Organisation der Säle waren nationale Schulen und ihre stilistische Entwicklung. Das grand système der Naturwissenschaften hatte endlich auch die Kunstbetrachtung durchdrungen.«20 Mit der napoleonischen Gründung des Musée central des Arts erhielt auch die Gegenwartskunst eine politische Förderung. Künstler wie Jacques-Louis David (1748–1825) erhielten zahlreiche öffentliche Aufträge. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts waren es die Alten Meister, insbesondere Bilder aus dem Goldenen Zeitalter, die vom Adel nachgefragt wurden. Dank der in der zweiten Hälfte zunehmenden patriotischen Gesinnung wurde verstärkt französische und damit nationale Malerei von der neuen Elite verlangt. Werke von Gegenwartskünstlern wie Jean-Baptiste Greuze, Jean-Honoré Fragonard und Hubert Robert konnten ähnlich hohe Preise erzielen wie zuvor nur Arbeiten von Meistern der italienischen Renaissance oder niederländische bzw. flämische Künstler. Wenngleich die Revolution einen ersten Höhepunkt dieser nationalen Gesinnung markierte und damit eine Neubewertung nationaler Kunst bewirkte, so führte sie 1789 auch zu einem jähen Zusammenbruch des Kunstmarktes. Seit 1700 war die Anzahl der öffentlichen Versteigerungen in Frankreich stetig gestiegen. Von durchschnittlich fünf Auktionen pro Jahr um 1760 nahm die Anzahl auf etwa dreißig pro Jahr um 1780 zu.21 »Zwischen 1750 und 1779 fanden 581 öffentliche Versteigerungen in Paris statt, die einen gewaltigen Bilderumsatz bewirkten und Paris, neben Amsterdam und Den Haag, zum wichtigsten Markt für niederländische Kunst machten.«22 Mit dem gestiegenen Umsatz ging auch ein verstärktes Auftreten von

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»Sammler-Mäzenen« einher, zu denen Sammler wie der Comte de Caylus oder der Bankier Pierre Crozat sowie der bereits im Zusammenhang mit Arthur Pond erwähnte Experte, Händler und Schriftsteller Pierre-Jean Mariette zählen. Der Comte de Caylus (1692–1765) war nicht nur selbst Kupferstecher, Sammler, Künstlerfreund und Mitglied der »Académie royale de peinture et de sculpture«, wo er zahlreiche Vorträge insbesondere zur Kunst der Antike hielt. Er wurde auch zu einem der bekanntesten Kunstkenner seiner Zeit, der mäzenatisch eine Vorreiterrolle übernahm. So begründete er 1759 den nach ihm benannten Kunstpreis »Prix Caylus«, der bis 1968 jährlich vergeben wurde. Der Bankier Pierre Crozat (1661/1665-1740) stellte in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts eine der wichtigsten kontinentalen Kunstsammlungen überhaupt zusammen. In seinem Anwesen in Paris trafen sich bekannte Künstler, Kunstkritiker und Händler seiner Zeit. Er unterstützte junge Künstler wie insbesondere Natoire, François Boucher oder Jean-Antoine Watteau. Der Comte de Caylus sowie Pierre-Jean Mariette zählten zu seinen regelmäßigen Salongästen. Ein Sammelschwerpunkt von Crozat war die italienische Kunst, insbesondere die venezianische Schule. Etwa fünfzig Arbeiten finden sich jeweils aus der flämischen und holländischen Schule. Für uns interessant ist auch die spätere Geschichte der Sammlung. Nach seinem Tod 1740 erbte sein Neffe Louis François Crozat die Sammlung, die als die wohl »herrlichste Sammlung, die es je in Frankreich gegeben hatte«23 bezeichnet wurde. Als Crozat 1750 starb, wurde die Sammlung geteilt: Ein Teil wurde 1750/1751 versteigert, die beiden übrigen Teile gingen an seinen Neffen Louis-François Crozat. Nach dessen Tod ging die Kunstsammlung an dessen Sohn Louis-Antoine Crozat, den Baron de Thiers (1699–1770). Der Baron sammelte selbst weiter und erbte zudem die Sammlung seines kinderlosen Bruders Joseph-Antoine Crozat. Nachdem der Baron de Thiers 1770 gestorben war, boten seine Töchter die im Familienbesitz verbliebenen, mehr als 320 hauptsächlich französischen Gemälde der Zarin Katharina II. in Russland an, die das Kaufangebot 1771 annahm. »Damit ging die bedeutendste Gemäldesammlung, die es im 18. Jahrhundert in Frankreich gab, an die Kaiserin von Rußland über.«24 Die öffentliche Reaktion auf den Verkauf ist eine schon früh dokumentierte Diskussion des Begriffs »nationales Kulturgut«. Zwar wurde noch versucht, Ludwig XV. vom Ankauf der Sammlung zu überzeugen. Da dieser jedoch nicht über genügend Kapital verfügte, wurden die französischen Meisterwerke von Claude Lorrain, Nicolas Poussin und Antoine Watteau an die russische Zarin exportiert. Ein weiterer Franzose, der für das 18. Jahrhundert repräsentativ betrachtet wird, ist der bereits mehrfach erwähnte Pierre-Jean Mariette, der im Zusammenhang mit seinem englischen Kollegen Arthur Pond und der Entwicklung des Konzeptes der »hand«-Zuordnung vorgestellt worden war. Sein Expertenwissen insbesondere zu Altmeistergrafiken ließen ihn zum Berater zahlreicher Zeitgenossen werden, wie von dem Comte de Caylus und Pierre Crozat, für die er Kataloge erstellte, Werke er-

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warb und in allgemeinen, ästhetischen Fragen beriet. 1741 erstellte Mariette zudem den ersten im heutigen Sinne »modernen« Verkaufskatalog zu Crozats gesammelten Werken. Wie bei Pond wird Mariettes Sammlerstempel zu einer Art Authentizitäts- und Qualitätsnachweis, der bis heute hohe Bedeutung hat. Nach dem Verkauf des Familiengeschäftes, einer Druckerei, 1750 konzentrierte sich Mariette auf das Sammeln, Handeln und Erforschen von Kunst. Er erwarb bedeutende Drucke, Zeichnungen, Gemälde, Bronzen und Terrakotten, insbesondere der italienischen Renaissance. Heute sind diese Bestandteil der wichtigsten Grafiksammlungen weltweit wie z.B. der Pariser Bibliothèque Nationale oder dem Harvard University Art Museum. Die Bedeutung seiner Sammlung ist auch heute noch gut nachvollziehbar, da sie hervorragend dokumentiert wurde. Ein Jahr nach seinem Tod wurde die Sammlung 1775 verkauft – ein Exemplar des Verkaufskataloges befindet sich im Bostoner Museum of Fine Arts.

4.4 Vielstaaterei und Aufklärung im Deutschland des 18. Jahrhunderts Deutschland ist in dieser Zeit in zahlreiche kleine Staaten unterteilt, in denen sich der Kunstmarkt äußerst unterschiedlich entwickelt, entsprechend den lokalen Gegebenheiten und individuellen Zielen des jeweiligen Herrschers. Der Kunstmarkt verändert sich analog zur Politik: Preußen steigt im 18. Jahrhundert machtpolitisch auf und bildet mit dem Haus Habsburg den preußisch-österreichischen Dualismus, der bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts bestehen bleibt. In Preußen steht zudem mit Friedrich dem Großen in der 2. Jahrhunderthälfte eine Sammlerpersönlichkeit an der Spitze, die aktiv den Kunstmarkt mitbestimmt. In einigen Residenz- und Handelsstädten erlebt der Handel mit Kunst eine erste Hochphase: Dazu zählen Köln, Frankfurt a.M., Weimar, Hamburg und Leipzig.25 Mit den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen findet auch ein Wechsel in der Hierarchie der Gattungen der Malerei statt: Neben die dominierende Historie mit der Darstellung staatstragender Ereignisse treten vermehrt die privateren Gattungen Landschaften, Genreszenen und Porträts. Es entsteht eine neue Lust am Sammeln und Präsentieren. Der einzelne Fürst oder Herzog, aber auch der zu Wohlstand gekommene Kaufmann will mittels der Kunst seine Stellung manifestieren. Die Kunst soll dabei nicht mehr in der privaten, geheimen Wunderkammer bzw. in einem Kabinett einem elitären Zirkel gezeigt werden, sondern die neue ökonomische, soziale und politische Stellung repräsentieren. Kunstwerke werden im 18. Jahrhundert nicht mehr nur zur Ausstattung einzelner Räume gesammelt, sondern es werden zunehmend Gebäude – eigene Galerien – für die Präsentation von Sammlungen errichtet. Einer der ersten, der eine Galerie in diesem Zeitgeist erbauen lässt, ist der Kurfürst und Erzbischof von Mainz, Lothar Franz von Schönborn (1655–1729), der nach der Krönung von Kaiser Karl VI.

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1711 mit seinem Dankeslohn das Schloss Weißenstein bei Bamberg errichten lässt. Von Schönborn beabsichtigt, das Schloss mit den Werken im Sinne eines Gesamtkunstwerkes zu schmücken. Selbst die Rahmung der Bilder wird von ihm vorgegeben und vereinheitlicht. 1715 ist die Galerie fertiggestellt und ungefähr 450 Gemälde, zumeist religiöser Natur aus Deutschland, Italien und den Niederlanden, werden in einer Gesamtschau gehängt.26 Bereits 1710 hatte auch in der Residenzstadt Düsseldorf der Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, Jan Wellem genannt (1658–1716), seine Sammlung in ein öffentliches Kunstmuseum umgewandelt.27 Aus der kleinen, von ihm dort vorgefundenen kurfürstlichen Sammlung im Düsseldorfer Schloss machte Jan Wellem eine bekannte Kollektion, die »Düsseldorfer Gemäldegalerie« mit mehr als 300 bedeutenden Gemälden u.a. von Peter Paul Rubens, Anthonis van Dyck, Diego Velázquez und Paris Bordone sowie dem Passionszyklus von Rembrandt.28 Die Neuartigkeit der Düsseldorfer Galerie bestand zum einen darin, dass sie von einem breiteren Publikum besichtigt werden konnte und zum anderen darin, dass die Ordnung nicht nur nach ästhetischen, sondern auch nach geschichtlich-inhaltlichen Kriterien erfolgte. Wellems Sammlung wurde später mit den anderen Kunstsammlungen weiterer Wittelsbacher in der Münchner Residenz vereinigt und bildet den Grundstock der 1836 eröffneten Alten Pinakothek. Die dritte Persönlichkeit, die schon früh eine eigene Galerie für ihre bedeutende und umfangreiche Sammlung errichten ließ, ist der Sachse Heinrich Graf von Brühl (1700–1763), der als Premierminister auch die Kunstsammlungspolitik August III. beeinflusste. 1746 wurde die »Brühlsche Galerie« für seine Gemäldesammlung als eigenständiger Bau in Dresden von Johann Christoph Knöffel erbaut. 1887 wurde sie für den Neubau der Kunstakademie abgerissen. Die Qualität und Quantität seiner Kunst ist gut belegt, da nach seinem Tod Katharina die Große die Gemälde für die Eremitage in Sankt Petersburg erwarb. Unter den meist niederländischen, italienischen und französischen Gemälden befanden sich mehrere Werke von Philips Wouwerman, Peter Paul Rubens, Rembrandt und Jacob van Ruisdael.29 Die gut 600 holländischen, flämischen und französischen Arbeiten bilden einen bis heute bedeutenden Bestandteil der Eremitage in Sankt Petersburg sowie des Puschkinmuseums in Moskau. Von Schönborn, Wellem und von Brühl können als Repräsentanten für den Typus des neuen adligen Sammlers gelten, der einen begrenzten, elitären Kreis an seiner Kunst teilhaben lassen wollte und sich einen eigenen Galeriebau an ihrem Schloss zu Repräsentationszwecken errichten ließen. Im 18. Jahrhundert findet dieses Beispiel weitere Nachahmer, so dass am Ende dieser Entwicklung das gänzlich öffentlich zugängliche Museum des 19. Jahrhunderts steht. Für Deutschland im 18. Jahrhundert lassen sich aufgrund einiger ausgewerteter Inventare nicht nur von Adligen, sondern auch von Bürgern die Größenordnungen der in der neu entstandenen Mittelschicht vorhandenen Kunstsammlungen er-

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messen. Thamer beispielsweise verweist auf seine Auswertung von Kölner Inventaren und bestimmt die durchschnittliche Sammlungsgröße der betrachteten Inventare in dieser bürgerlich geprägten und wirtschaftsstarken Stadt auf 600 Gemälde.30 Es gibt jedoch auch Nachweise von wesentlich umfangreicheren Sammlungen, über deren Eigentümer jedoch heute nichts Weiteres mehr bekannt ist. Dazu zählt die Kollektion des Kölner Hofkammerrates Damian von Altstätten, dessen Sammlung in einem Auktionskatalog nachgewiesen werden kann. Dort werden 2250 Bilder aufgelistet.31 Das Inventar des Leipziger Kaufmanns und Großsammlers Gottfried Winckler (1731–1795) dokumentiert zum Todeszeitpunkt mehr als 1300 Gemälde, 2400 Handzeichnungen und 80.000 Kupferstiche.32 Um den Bedarf der neuen Nachfrage von adligen wie auch bürgerlichen Großsammlern zu decken, entwickelten sich in einigen deutschen Staaten auch die ersten als industriell zu nennenden Kunsthandelsimperien wie beispielsweise die von Friedrich Johann Justin Bertuch (1747–1822). Bertuch beschäftigte zu Höchstzeiten in seinem Unternehmen in Weimar bis zu 500 Mitarbeiter. Seine Firma war nicht nur Verlag, Druckerei und Künstleratelier, sondern produzierte als Manufaktur auch massenhaft Dekorationsartikel wie künstliche Blumen oder Kacheln. Auch als Verleger war Bertuch Pionier: Seit 1786 gab er die erste Illustrierte Europas heraus, das »Journal des Luxus und der Moden«. Von Weimar aus vertrieb Bertuch in großen Mengen Repliken von Antiken, Kupferstiche, Kunstdrucke und Spielkarten, vor Ort organisierte er zudem Lotterien für Bücher und Kunstgegenstände – es wurden dabei auch Originale wie beispielsweise Werke des Bildhauers Martin Gottlieb Klauer verlost. Als zweites bedeutendes deutsches Kunstunternehmen des 18. Jahrhunderts ist »Artaria« zu nennen, das 1765 von dem aus Italien stammenden Giovanni Casimiro Artaria (1725–1797) in Mainz als Verlag gegründet wurde. Es kamen weitere Niederlassungen hinzu, besonders die Wiener Gründung im Jahr 1770 hatte weitreichende Bedeutung, da von dort aus Verlag, Buchverkauf und Kunsthandel stark expandierten. Der Sohn des Gründers, Dominico Artaria, beliefert die Höfe in Kassel, Darmstadt, München, Wien und Weimar. Artaria vertrieb in seinem Musikverlag die Werke der wichtigsten Musiker der Zeit; Joseph Haydn, Christoph Gluck, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven und Franz Schubert publizieren hier.33 In größerem Umfang werden in der Kunsthandelssparte zudem Kupferstiche von Zeitgenossen europaweit vertrieben. Artaria wird erst 2012 komplett aufgelöst. Neben diesen Kunstindustriellen finden sich im 18. Jahrhundert auch vermehrt Kunsthändler, die teils nur regional oder national agierten. Der Däne Gerhard Morell (1710–1771) vertreibt ab 1750 von Hamburg aus Werke, die er häufig auf holländischen Auktionen gekauft hat und Johann Georg Wille (1715–1808) arbeitete als deutscher Kupferstecher und Kunsthändler erfolgreich von Paris aus.34 Parallel zur Zunahme an Kunsthändlern lassen sich vermehrt Nachweise für öffentliche Auktionen und Messen finden. Auktionen wurden in Zeitungen ge-

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zielt inseriert und beworben, die Anzahl der Auktionskataloge als »Informationsund Prestigegegenstand« nahm beständig zu.35 Sie zeigen zudem, dass sich eine gemeinsame, für eine breitere Öffentlichkeit verständliche Sprache für Kunst entwickelt hat. Auch die Weiterentwicklung von Kunstmessen fällt in diese Zeit. Aus den Niederlanden wurde die Idee einer temporären, reinen Verkaufsausstellung nach Deutschland importiert. Insbesondere in Frankfurt a.M. entwickelte sich im 18. Jahrhundert ein Zentrum für Messen. »In Frankfurt versuchten schon sehr früh vor allem niederländische Künstler zur Messezeit ihre Produkte zu verkaufen. Die großen Versteigerungen fanden in der Regel während der Messezeiten statt.«36 Für den Kunstmarkt im deutschsprachigen Raum des 18. Jahrhunderts ist darüber hinaus die außergewöhnliche Persönlichkeit Friedrich II. von Preußen von Bedeutung, der in Berlin und Potsdam eine rege Bautätigkeit mit einer großen Nachfrage nach Kunsthandwerkern entfaltete. Das Schloss Sanssouci aus dem Jahr 1747 zählt zu den bekanntesten bis heute erhaltenen Bauwerken aus seiner Regierungszeit. In Berlin gab es zu dieser Zeit keinen nennenswerten Kunsthandel, obwohl sich die Einwohnerzahl im 18. Jahrhundert mehr als verdreifacht hatte. 1800 zählte die Stadt mehr als 170.000 Einwohner.37 Kunstwerke wurden als Nebenwaren häufig von Buchhändlern verkauft, die nicht nur mit Publikationen handelten, sondern auch mit Zeichnungen, Holzschnitten und Kupferstichen. Seit seiner Krönung erwarb Friedrich II. aus seinen Residenzen in Berlin und Potsdam heraus bevorzugt geschlossene Sammlungen auf dem europäischen Markt. Wie seine Zeitgenossin Katharina II. versuchte er selten, nur ein einzelnes Kunstwerk zu kaufen. Insbesondere Sammlungen von renommierten Persönlichkeiten standen in seinem Interesse. 1741/1742 kaufte er beispielsweise die Sammlung des französischen Kardinals Melchior de Polignac, 1764 die Gemmensammlung des Barons Philipp von Stosch. Aus den erworbenen Sammlungen wählte sich Friedrich II. einzelne Werke aus, denen er einen besonderen Platz zuwies. So lässt er die antike Bronzeskulptur »Betender Knabe« in den Garten von Schloss Sanssouci stellen, sie stammte aus der erwähnten Sammlung des Kardinals de Polignac und war seit ihrer Ausgrabung und Erstpräsentation in Venedig im Jahr 1503 bereits Teil einiger bekannter Kunstsammlungen gewesen. Bei seinen Ankäufen ließ sich der preußische König von bekannten Kunstagenten beraten. Zu diesen zählten Francesco Algarottti (1712–1764), der auch für die Vermittlung der de Polignac-Sammlung verantwortlich war, sein Hofmaler Antoine Pesne und sein Architekt Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff.38 Ab 1755 übte Johann Ernst Gotzkowsky (1710–1775) größeren Einfluss auf die Ankaufspolitik des Königs aus. Die Sammlung von Friedrich II. wurde dank Gotzkowsky insbesondere um niederländische, italienische und französische Historienmalerei erweitert.39 Gotzkowsky hatte als Berliner Unternehmer mit mehr als 1500 Angestellten in seinen Samt- und Seidenfabriken sowie Manufakturen für Schmuckdosen und Uhren eine eigene Kunstsammlung aufgebaut, bevor er selbst zum Kunsthändler

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wurde. Ab 1755 sollte er für Friedrich II. Gemälde für Schloss Sanssouci erwerben. In einer späteren Auflistung befanden sich alle von den zunächst für den König reservierten 108 Gemälden noch im Besitz von Gotzkowsky. Friedrich der Große hatte ihm diese doch nicht abgekauft, da seine Mittel für den Siebenjährigen Krieg benötigt wurden. Zu den Werken zählten Bilder von Peter Paul Rubens, Rembrandt, Anthonis van Dyck, aber auch nationale Zeitgenossen wie Balthasar Denner oder Christian Seybold. Der Übergang vom 18. in das 19. Jahrhundert ist im deutschsprachigen Raum besonders geprägt von der Ausbildung des Nationalismus, der sich auch in der Kunst zeigt. Seit Friedrich II. und dem Erstarken Preußens sowie dem Entstehen des preußisch-österreichischen Dualismus bildete sich eine deutsche Nationalsprache und -literatur heraus. Die Idee eines nationalen Kulturguts, die sich auch in dem aktuellen, seit 2016 geltenden Kulturgutschutzgesetz wiederfindet, bildet sich in der Zeit zwischen 1775 und 1815. Die Ära der Aufklärung und Säkularisation mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803/1804 als Höhepunkt der Auflösung von kirchlichen Gütern führte zu einem grundsätzlich anderen Verständnis von Kunst. Religiöse Kunst konnte häufig nur vor der Zerstörung gerettet werden, in dem sie als künstlerische Kunst deklariert wurde. Auch wurde vermehrt von Bürgern gesammelt, die einerseits ihren neuen sozialen Status in der Kunst repräsentiert sahen, andererseits danach strebten, ihrem patriotischen Empfinden Ausdruck zu verleihen. Die Namen der damaligen Sammler sind in Deutschland noch heute dank der nach ihnen benannten Museen bekannt: Die Kölner Ferdinand Franz Wallraf sowie die Brüder Sulpice und Melchior Boisserée oder der Frankfurter Johann Friedrich Städel. Allen ist gemein, dass sie Kunst nicht nur aus privaten Sammlungen und von Kunsthändlern kauften, sondern auch Werke explizit aus Kirchenbesitz erwarben, um diese vor der Vernichtung zu bewahren. Dementsprechend groß ist auch die Bandbreite des jeweiligen Sammelgutes. Als 1802/1803 in Köln die große Säkularisierung der Klöster und Kirchen stattfand, stellte Wallraf seine beeindruckende Sammlung zusammen: Er hinterließ bei seinem Tod 1824 eine Kunstsammlung mit mehr als 5000 Gemälden und Handzeichnungen sowie mehr als 41.000 Kupferstichen und Holzschnitten, eine Antikensammlung mit 38 Skulpturen und Tausende von geschnittenen Steinen, Münzen und Waffen.40 Die Brüder Boisserée wiederum hatten zwar auch die Wahrung religiöser Kunst vor der Verschleppung durch die Franzosen bzw. vor der Zerstörung in Köln als Hauptmotiv zum Ziel, jedoch konzentrierten sie sich auf die altdeutsche und niederländische Malerei vom späten 13. bis zum 16. Jahrhundert. Dabei standen sie auch unter dem Einfluss von Friedrich Schlegel, der bis 1808 in Köln weilte und Beschreibungen der mittelalterlichen Werke aus der Boisserée-Sammlung anfertigte.41 Die Brüder Boisserée wurden in ihrem Tun von der sich neu bildenden Ideologie der Romantik geleitet, nach der Kunst eine Art Religionsersatz wurde. Die mittelalterliche, deutsche Kunst war die Verbindung zur eigenen deutsch-

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nationalen Vergangenheit. Das Kunstsammeln wurde für die Brüder Boisserée auch zu einer Art Unterstützung der nationalen Bewegung. Der dritte Sammler, der um die Jahrhundertwende eine beeindruckende Sammlung aufbaute, ist der Frankfurter Johann Friedrich Städel. Am Ende seines Lebens besaß er eine umfangreiche Sammlung an Gemälden, Kupferstichen, Handzeichnungen und Antiken. Zudem gründete er die bis heute existierende Kunstakademie bzw. Zeichenschule »Städel« sowie eine Stiftung zur Betrachtung von Kunst – die erste öffentliche Kunstsammlung für die Frankfurter Bürgerschaft mit einem klar definierten Zweck: »Junge Künstler und Frankfurter Bürger sollten hier zur Kunstmehrung und Kunstausbildung, insgesamt zur Hebung des Geschmacks, unentgeltlich in Malerei, im Kupferstechen, aber auch in Mathematik und Baukunst unterrichtet werden.«42 Dem nationalen Bestreben entsprechend hatte Städel insbesondere deutsche Barockmaler sowie zeitgenössische, deutsche Kunst neben Niederländern und Italienern gesammelt. Das 18. Jahrhundert steht damit am Anfang einer neuen gesellschaftlichen Revolution auch in Hinblick auf die Verteilung, Präsentation und den Handel mit Kunst. Im 19. Jahrhundert entfalten sich diese Anfänge, so dass es in einigen Ländern zur Etablierung einer ausgebildeten Museums- und Galerielandschaft kommt.

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5 Das 19. Jahrhundert Das Jahrhundert des Bürgertums und der Museen

5.1 Einführung Mit der Säkularisation und der Industrialisierung veränderten sich tausend Jahre alte Besitzverhältnisse. Das Bürgertum erlebte einen durchgreifenden, ökonomischen und gesellschaftspolitischen Wachstumsschub, der von einer enormen Urbanisierungswelle begleitet wird. Die Flucht in die Stadt führte zur Geburt der ersten Metropolen und zu einer weitaus größeren Konzentration von Vermögen auf kleinerem Raum als es zuvor beim Adel mit seinen großzügigen Ländereien erkennbar war. Die Einstellung zur Kunst wandelt sich ebenfalls grundlegend, als nun die Schätze in räumlicher, zeitlicher und wirtschaftlicher Hinsicht für ein breiteres Publikum zugänglich gemacht wurden. Für den Kunstmarkt im 19. Jahrhundert gilt damit der neue Grundsatz: Die Kunst geht an die Öffentlichkeit. Sie wurde zudem ein Medium der Kommunikation, des Austauschs philosophischen, ästhetischen und nationalen Gedankenguts, das einer kleineren Öffentlichkeit in Salons oder auch einer größeren Öffentlichkeit an neuen Gemeinschaftsorten als Diskussionsgegenstand diente. Das 19. Jahrhundert ist daher auch die Zeit, in der an zahlreichen Orten im deutschsprachigen Raum Museums- und Kunstvereine gegründet werden. Die ältesten Kunstvereine sind in Deutschland die Nürnberger Albrecht-Dürer-Gesellschaft (seit 1792), der Hamburger Kunstverein (seit 1817) sowie der Badische Kunstverein in Karlsruhe (1818). Parallel dazu gab es einen ersten Höhepunkt an Museumsgründungen, wobei Kunstvereine häufig als Vorreiter für diese fungierten: 1837 wurde beispielsweise in Leipzig ein Kunstverein gegründet, aus dem sich 1848 ein Museum entwickelte.1 Die Kunstvereine wurden neben den Verkaufsgalerien zu Orten, an denen sich der Bürger bilden und informieren konnte. Sie unterstützten daher mehr oder weniger direkt den Kunsthandel, da ihre Mitglieder häufig zu Kunden ortsansässiger Galeristen wurden. Die neu gegründeten Museen und ihre häufig bürgerlichen Stifter verstanden sich dabei zunehmend als Erzieher der neuen Öffentlichkeit. Dieser Wille zeigte sich auch darin, dass Ausstellungen und Präsentationen zunehmend mit Kommentaren versehen waren, die in Katalogen, Zeitschriften und Zeitungen publiziert und

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diskutiert wurden. Das 19. Jahrhundert ist damit auch das große Jahrhundert der Kunstkritik. Die für die Öffentlichkeit bestimmten Sammlungen zeugten dabei auch von dem sich verstärkt etablierenden Selbstbewusstsein eines mit Rechten und Pflichten für seine Stadt, Region oder sein Land betrauten Bürgers. Für unser heutiges Verständnis des Kunstmarkts des 19. Jahrhunderts ist wichtig, dass es wiederholt einzelne Sammler waren, die eine große Anzahl an Kunstwerken kauften und dann einem Museum stifteten. Bis heute beruhen zahlreiche öffentliche Institutionen auf der Zusammenführung ursprünglich privater Sammlungen. Wenn ein öffentliches Museum überhaupt über einen hinreichenden Ankaufsetat verfügte, war es meist ein Individuum, das über den Ankauf entschied – sei es der Direktor oder der verantwortliche Kurator. Ein prägnantes Beispiel für eine solche vom individuellen Kunstverständnis des entscheidenden Museumsleiters geprägte Sammlung ist die Sammlung der Berliner Nationalgalerie, die maßgeblich von Hugo von Tschudi (1851–1911) gestaltet wurde. Von Tschudi war ab 1896 Direktor der Nationalgalerie Berlin und unterstützte in dieser Position fundamental den französischen Impressionismus. Er setzte in dieser Funktion außergewöhnliche Einzelanschaffungen wie beispielsweise den Erwerb des Gemäldes »Im Wintergarten« von 1879 von Édouard Manet durch, das das erste Werk des Künstlers war, das jemals von einem Museum erworben wurde. Das 19. Jahrhundert wird zu Recht als »Museumszeitalter« beschrieben. Neben Hugo von Tschudi finden sich in Europa zahlreiche Museen, die auf die Tätigkeit oder die Sammlungen einzelner Persönlichkeiten zurückgehen. In Hamburg ist dies von Tschudi vergleichbar Alfred Lichtwark (1852–1914), der erste Direktor der dortigen Kunsthalle, der großen Einfluss ausübte. In Paris geht beispielsweise das Museum Cernuschi, in München die Sammlung Schack, in Leipzig diejenige von Maximilian Speck von Sternburg oder in Aachen das Suermondt-Museum auf private Sammler zurück. Die zahlreichen technischen Erneuerungen beeinflussten auf verschiedene Weise auch den Kunstmarkt. Besondere Bedeutung für die Entwicklung des Kunstmarktes hatten dabei sechs Erfindungen: 1. Die Erfindung der Lithografie bzw. des Steindruckes im Jahr 1798 durch Alois Senefelder, die im 19. Jahrhundert das einzige Druckverfahren war, mit dessen Hilfe Farbdrucke in hohen Auflagen produziert werden konnten; 2. die Erfindung der Dampflokomotive und -schiffe; 3. alle Erfindungen neuer Kommunikationsmittel wie Morse oder das Telefon mit dem ersten transatlantischen Telefonkabel; 4. die Erfindung des elektrischen Lichtes bzw. insbesondere der Glühbirne im Jahr 1879; 5. das Entstehen der Fotografie seit 1826 und zuletzt 6. die zahlreichen Erneuerungen im Bereich des Künstlerbedarfes bzw. der chemischen Zusammensetzung von Farbe. Diese technischen Fortschritte bewirkten grundsätzlich eine Demokratisierung der Kunst sowie eine Vergrößerung des Kunstmarktes. Mit der vermehrten Verbreitung von Lithografien bzw. farbigen Steindrucken veränderte sich auch das Ver-

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hältnis zwischen Unikat und Edition. Immer höhere Preise für Unikate standen neben geringeren Preisen für Editionen, die dank der neuen technischen Vervielfältigungsmöglichkeiten günstiger hergestellt und einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden konnten. Auch die dampfbetriebenen Fahrzeuge wie Lokomotiven oder motorisierte Schiffe brachten für die breite Bevölkerung große Vorteile. Das Transportgut konnte größer und schwerer sein als es die bisherigen Verkehrsmittel wie z.B. Kutschen zugelassen hatten. Zudem kam es zu weniger starken Einflüssen der jeweiligen Witterung – eine Maschine arbeitet unabhängiger von Temperatur, Feuchtigkeit und sonstigen Umweltbedingungen als ein Tier. Zudem konnten Pünktlichkeit, Sicherheit und Geschwindigkeit erhöht werden. Erst seit der Ausbreitung eines umfangreichen Schienen- und Schifffahrtnetzes war es möglich, die Transportlogistik sicherer und zuverlässiger zu planen. Die dritte oben genannte Erfindung bezieht sich auf das »Telephon« als Verbreitung von Sprachnachrichtungen über weite Entfernungen von Philipp Reis im Jahr 1861.2 Die Kommunikation wurde durch diese bahnbrechende Erfindung schneller, sicherer und globaler. Die vierte Erfindung war die des elektrischen Lichtes bzw. der Glühbirne durch Thomas Edison (1847–1931) im Jahr 1879. Seit der flächendeckenden Verbreitung zunächst von Gaslampen und schließlich von elektrischem Licht veränderte sich das öffentliche und private Leben grundsätzlich, da man nicht mehr von den natürlichen Lichtverhältnissen abhängig war. Es konnte auch nachts gearbeitet und im öffentlichen und privaten Raum gelebt werden. Nicht nur veränderte sich dadurch das Arbeitsleben grundlegend, da es nun zu Schichtarbeitszeiten und damit zu einem Arbeiten rund um die Uhr kam. Es entstand auch ein eigenes »Nachtleben« im Gegensatz zum Leben am Tag, insbesondere in den sich rasch vergrößernden, industriellen Ballungsgebieten und Städten. Die Wirkung dieser neuen nächtlichen Kultur auf die Künstler war äußerst vielschichtig – das neue Sujet des »Nachtbildes« reflektierte die dunklen und frivolen Seiten des städtischen Lebens.3 Großen Einfluss auf die Kunst und den Kunstmarkt übte zudem die Erfindung der Fotografie aus. 1826 stellte Joseph Nicéphore Niépce (1765–1833) im Heliografieverfahren das vermutlich erste Schwarzweißfoto der Welt her. 1837 verbesserte Louis Jacques Daguerre das Verfahren – die »Daguerreotypien« kamen von Frankreich aus in Europa und Amerika in Mode. Bereits im Jahr 1861 schuf der Schotte James Maxwell die erste Farbfotografie. Durch die Entwicklung dieser leicht reproduzierbaren Bilder veränderte sich das Seh-, Sozial- und Kommunikationsverhalten. So konnten sich fast alle Bevölkerungsschichten zunehmend mit fotografischen Bildern ausstatten. Nicht nur wurden Porträtfotos als Alternative zur Porträtmalerei beliebt, so dass auf das Porträtieren beschränkte Künstler Absatzverluste erlitten. Auch konnte sich nun jedermann Kunst in Form von abfotografierten Kunstwerken zu Hause aufhängen. Reproduktionen beliebter Kunstwerke wurden weltweit vermarktet. Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass Kunst generell dank der Fotografie allgegenwärtiger und demokratischer wurde. Zuletzt soll auf die vielfältigen technischen Erneuerun-

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gen im Künstlerbedarf hingewiesen werden, von der insbesondere die impressionistisch und zunehmend im Freien malenden Künstler erheblich beeinflusst wurden. Am Anfang stand das industrielle Herstellen von vorgrundierten und gespannten Leinwänden, zunächst in London, ab 1840 wurden sie in den USA und ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Europa vertrieben.4 Die Künstler hatten durch die bereits auf Keilrahmen aufgespannten und vorgrundierten Leinwände sowohl zeitliche als auch finanzielle Vorteile. Der Nachteil lag darin, dass die Bilder nun vorwiegend in standardisierten Normformaten bearbeitet wurden. Ein weiterer Entwicklungsschritt war die Erfindung der Zinntube bzw. die 1841 patentierte und vom amerikanischen Maler John G. Rand von London aus verkaufte Farbtube, die die Maler von den praktischen Problemen befreite, wenn sie ihre Farben in unpraktischen, schlecht zu transportierenden Gläsern oder Beuteln zum Schutz vor dem Austrocknen tragen mussten, wenn sie im Freien arbeiten wollten.5 Neben der Erfindung der neuen Tubenverpackung für Farben gab es gleichfalls eine noch nie zuvor dagewesene Menge an neuen Farben, die die chemische Industrie nun anbot, denn viele Pigmente konnten jetzt auf industriellem Weg hergestellt werden.

5.2 London im 19. Jahrhundert: Die ersten Mega-Galeristen  und ihre »sensation pictures« London dominierte im 19. Jahrhundert den internationalen Kunstmarkt. Gab es 1820 in der Stadt kaum zehn Kunsthändler, die im Handelsregister als solche registriert waren, so waren es zwanzig Jahre später bereits 160.6 Im gesamten 19. Jahrhundert wuchs London in jeglicher Hinsicht: Die Bevölkerungszahl versechsfachte sich zwischen 1800 und 1900, bis sie 1910 mehr als 7 Millionen erreicht hatte. London blieb als Hauptstadt des Britischen Weltreiches bis 1925 die größte Stadt der Welt.7 Neben den dargestellten technischen Neuerungen war das 19. Jahrhundert politisch in England zunächst stark von der Französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen geprägt. Viele insbesondere französische Kontinentalaristokraten mussten ihre Kunstsammlungen in Frankreich zurücklassen oder waren gezwungen, Teile ihrer Sammlungen, die sie mitnehmen konnten, in England zu verkaufen. Dadurch erfuhr der Auktionsmarkt einen in England noch nicht erlebten Boom. Zugleich kam es zunehmend zu Verkäufen bedeutender Sammlungen, die sich über mehrere Tage und sogar Wochen erstreckten, da eine neue Generation an Erben ihre Vermögen, die häufig auch in Kunst angelegt waren, aufgrund ihres kostspieligen Lebensstils verkaufen mussten. Berühmte Beispiele sind der Verkauf der Kunstsammlung von William Beckford im Jahr 1823, der 41 Tage lang dauerte oder die vielleicht bedeutendste Auktion der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus dem Nachlass des bekannten Politikers, Künstlers und Begründer der Neogotik, Horace

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Walpole.8 Er hinterließ einer entfernten Verwandten sein berühmtes, im neogotischen Stil erweitertes Anwesen »Strawberry Hill«, dessen Inventar nach ihrem Tod 1842 innerhalb von sieben Wochen versteigert wurde: Die »Strawberry Hill Auktion« zählt damit bis heute zu den längsten, jemals in England durchgeführten Kunstauktionen. Die Gründe für die Dominanz des englischen Kunstmarktes in der westlichen Welt im 19. Jahrhundert sind vielschichtig und hängen mit dem bedeutenden, auch juristischen und ökonomischen Einfluss des riesigen Reiches in den ehemaligen Commonwealth-Ländern zusammen. Der Kunstmarkt konnte erst dank eines solchen Landes mit seinen globalen Verkehrsnetzen zu einer relevanten Wirtschaftsgröße aufsteigen. London wurde zu einem Handelsplatz für Kunstwerke aus der ganzen Welt – auch aus fernen Ländern wie Afrika und Asien wurden nach Eroberungen und Kolonialisierung zahlreiche Werke auf die Insel transportiert. Die Folgen dieser globalen Verschiebung von Kunstwerken sind bis in die Gegenwart zu spüren, zumal deren weiterer Verbleib in Großbritannien ethisch, moralisch und juristisch zu begründen ist und weiterhin kontrovers diskutiert wird. Beispielsweise sei an den »Parthenon-Fries« – die »Elgin Marbles« – aus Athen erinnert, der von Griechenland zurückgefordert wird oder an die Ausstattung des kaiserlichen Sommerpalastes in Peking, die von Chinesen im Westen aufgekauft und allmählich nach China zurückgeführt wird. Konsequenterweise brachte England im 19. Jahrhundert einige der größten Kunsthändler hervor, die es seit dem Entstehen des globalen Kunstmarktes gab. Dazu zählt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der schottische Kunsthändler William Buchanan (1777–1864). England verdankt Buchanan nicht nur ein Erstarken des Londoner Kunstmarktes, sondern auch die Rezeption und Anerkennung spanischer Altmeister, womit insbesondere die Werke der Barockmaler des 17. Jahrhunderts wie Bartolomé Esteban Murillo und Diego Velázquez gemeint sind. Buchanan konnte während der Napoleonischen Kriege von 1807 bis 1812 über seine Kontakte in Spanien zahlreiche Arbeiten nach Großbritannien exportieren, wobei er auch den Umstand der vielen Kriege nutzte, in Folge derer Adlige sich von ihren Meisterwerken trennen mussten. Aus Buchanans Korrespondenz lässt sich einiges über seinen Kunsthandel erfahren.9 Um sich einen Überblick über das aktuelle Angebot zu machen, forderte Buchanan seinen Londoner Agenten Daniel Stewart auf, sich bei dem Auktionshaus Christie’s alle Kataloge der Hauptgemäldeverkäufe geben zu lassen. Zudem sollte sich Stewart alle möglichen Informationen im Auktionshaus beschaffen, wie z.B. welche Lose unverkauft blieben, wer die Unterbieter auf Werke waren oder wer im Endeffekt den Zuschlag erhalten hatte.10 Aus Buchanans Notizen wird deutlich, dass er die Reihenfolge seiner Kaufangebote wohl überlegte. In den Schriften des Händlers wird auch klar, aus welchen Gründen er welchem Kunden ein bestimmtes Kunstwerk anbietet. So schreibt er, dass Bildmotive der Jugend und Schönheit eher für ältere Sammler geeignet seien. Die

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Jungfrau mit Kind oder Venus und Cupid seien für Ältere interessanter als der Hl. Hieronymus oder der Hl. Franziskus.11 Als bemerkenswert kann zudem gelten, wie genau Buchanan die Provenienz eines Werkes erforschte und diese als Verkaufsargument verwendete – bis heute hat die Provenienz einen großen Einfluss auf den Wert und Preis eines Werkes. Aus Buchanans Erinnerungen lässt sich des Weiteren erkennen, wie er über große Entfernungen hinweg Werke anbot und verkaufte. Zum einen ließ er häufig am Lagerort des zu verkaufenden Kunstwerkes Skizzen bzw. Kopien von ortsansässigen Künstlern anfertigen. Diese wurden meist in Drucke umgewandelt, damit sie aus London heraus zeitgleich an mehrere Interessenten verschickt werden konnten. Dies bedeutet, dass Meisterwerke in Italien von dortigen Zeitgenossen kopiert, gedruckt und dann nach London verschickt wurden, von wo aus die Werke verteilt wurden.12 Buchanan versandte zudem, ohne eine direkte Aufforderung dazu erhalten zu haben, Angebote von Kunstwerken an mögliche Interessenten, wenn er über deren Vorlieben für eine spezifische Art von Kunst informiert worden war. Zu den bemerkenswertesten dieser »blinden« Angebote zählte sein Angebot an Napoleon im Jahr 1804: In dem Jahr, in dem dieser sich zum Kaiser der Franzosen krönte, bot ihm Buchanan das Bild »Die Plage von Ashdoth« (1631) von Nicolas Poussin an, obwohl Napoleon nicht zu seinem Kundenkreis zählte und sich England zu diesem Zeitpunkt mit Frankreich im Krieg befand. Buchanan hatte über seine Informanten erfahren, dass Napoleon in Rom Interesse an Werken dieser Art gezeigt und einige Bilder gekauft hatte.13 Wenngleich Napoleon dieses Werk nicht von ihm erwarb, ist allein die Tatsache des unaufgeforderten Angebots interessant. Auch wurde bekannt, dass Buchanan häufig störende oder »unsaubere« Stellen auf Gemälden selbst mit seinem Taschenmesser reinigte, um sie für Interessenten frischer wirken zu lassen.14 Neben Buchanan sollten der Kunsthändler John Smith und seine Söhne hervorgehoben werden. Das, was Buchanan für die Rezeption der spanischen Malerei in England bewirkte, tat John Smith (1781–1855) für die niederländische und flämische Kunst.15 Smith kann zu Recht als erster Kunsthändler bezeichnet werden, der die wissenschaftliche Idee des Catalogue Raisonné als Verkaufsmedium genutzt hat. Zusammen mit seinen Söhnen bildete er eine Dynastie an Kunsthändlern, die von 1801 bis 1924 dauerte. Sein wichtigstes Werk war der neunbändige Katalog »A catalogue raisonné of the works of the most eminent Dutch, Flemish, and French painters«, der zwischen 1829 und 1842 erschienen ist.16 Zu Smiths Kunden zählten die bedeutendsten Sammler seiner Zeit aus dem Adel, der Politik, der Wirtschaft und dem Bankenwesen: der Prinzregent (später Georg IV.), der Duke of Wellington, die Dukes von Bute, Landsdowne und Northwick. Aber auch Großsammler und Premierminister Sir Robert Peel und Mitglieder der Bankiersfamilien Rothschild, Baring und Hope kauften bei Smith Kunst. Er und seine Söhne waren für drei Generationen kuratorisch beratend tätig für die berühmte Sammlung von Lord Ellesmere im Brid-

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gewater House sowie für Lord Ashburtons anerkannte Sammlung im Bath House am Piccadilly. John Smith gelang es wiederholt, Meisterwerke zu hohen Preisen zu verkaufen wie im Jahr 1824 »Das Porträt der Susanna Lunden« (ca. 1622–1625) von Peter Paul Rubens an Sir Robert Peel oder im Jahr 1846 Sandro Botticellis »Madonna das schlafende Christuskind anbetend« (ca. 1485) an Lord Northwick.17 Im 19. Jahrhundert wurden jedoch nicht nur die Altmeister aus den Niederlanden im großen Stil gesammelt, sondern auch französische Kunst. Eine der wertvollsten Sammlungen französischer Kunst aus dem 18. Jahrhundert stellten die beiden Briten Lord Hertford – der vierte Marquis von Hertford und Earl of Yarmouth (1800–1870) – sowie sein illegitimer Sohn Sir Richard Wallace (1818–1890) zusammen. Der Name Wallace ist bis heute bekannt, da sich die »Wallace Collection« noch immer im Familienbesitz befindet und in Hertford House, London, öffentlich zugänglich ist.18 Lord Hertford galt zu seiner Zeit als der größte Sammler des Jahrhunderts.19 Sein Teil der Sammlung von etwa 250 Gemälden, der in seiner Pariser Wohnung zu sehen war, wurde zu Lebzeiten 1867 auf vier bis fünf Mio. Francs geschätzt.20 Als Richard Wallace 1871 anlässlich seiner Erhebung zum Baronet seine Sammlung in London ausstellte, listete sein mehr als hundert Seiten umfassender Katalog mehr als 2000 Kunstwerke auf.21 In der Sammlung befanden sich Arbeiten von Poussin, Lancret, Watteau und Fragonard sowie flämische und holländische Werke von Rubens, Rembrandt, van Dyck, Teniers, Terborch, de Hooch und Frans Hals. Wallace hatte zugleich englische Künstler wie Reynolds und Gainsborough sowie spanische wie Murillo und Velázquez gesammelt. Die »Wallace Sammlung« zeigt, wie große Sammlungen Einfluss auf die Rezeption bestimmter Künstler und Kunstrichtungen ausüben können. Als Wallace und der Marquis von Hertford in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen, französische Gemälde aus dem 18. Jahrhundert zusammenzustellen, hatten die von ihnen in größerem Umfang gesammelten Künstler wie Watteau und Boucher in Frankreich noch keine große Anerkennung erfahren. Bekannte Kunstkritiker der Zeit wie Étienne-Jean Delécluze schätzten die Gemälde Watteaus als »fratzenhafte und manierierte Pastorale« ein oder beschimpften die Künstler: Beispielsweise nannte der bekannte Schriftsteller Maxime du Camp, der bei Gustave Le Gray Fotografieunterricht genommen hatte und mit Gustave Flaubert nach Ägypten gereist war, Bouchers Arbeiten »Zoten.«22 In der Zeit des Klassizismus und der Enzyklopädisten wie Denis Diderot sowie der Romantik unter Delacroix wurde die französische Kunst des vergangenen Jahrhunderts weitgehend kritisch betrachtet, obgleich Maler wie Watteau und insbesondere Boucher noch zu ihren Lebzeiten hochgeschätzt gewesen waren: Boucher war seit 1765 der erste Hofmaler von Ludwig XV. und seit 1761 Rektor der königlichen Akademie. Als Wallace und Hertford seine Werke jedoch fast ein Jahrhundert später erwarben, hatten sich die Vertreter des Klassizismus gegen diese inzwischen als seicht, verspielt, leichtlebig und frivol geltende Malerei gewandt. Erst zum Ende des 19. Jahrhunderts hin wurden Künst-

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ler wie Boucher wieder geschätzt. Hier stellt sich die Frage, inwieweit bedeutende Sammler wie Wallace und Hertford zu dieser Wiederanerkennung beigetragen haben.

John Prescott Knight: Ernest Gambart, ca. 1860

Eine weitere Persönlichkeit hat nachweislich die dynamische Entwicklung des Kunstmarktes im England in der Zeit von Wallace und Hertford – insbesondere zwischen 1850 und 1870 – maßgeblich mitgeprägt: Ernest Gambart (1814–1902). Als gebürtiger Belgier eröffnete er zunächst 1833 in Paris ein eigenes Druck- und Papiergeschäft, bevor er sich 1840 in England niederließ. Ab 1844 agierte er aus London heraus als Herausgeber, Im- und Exporteur von Drucken sowie als Mittler zwischen England und dem Kontinent. Gambart wurde der führende Vermarkter der Grafik von wichtigen britischen und kontinentaleuropäischen Künstlern seiner Zeit: Lawrence Alma-Tadema, John Everett Millais oder William Holman Hunt veröffentlichten ihre Grafiken bei Gambart. Innerhalb weniger Jahre baute Gambart ein internationales Netzwerk aus Künstlern, Händlern, Kritikern und Unterstützern insbesondere aus der weiterhin erstarkenden Bürgerschaft bzw. der neu entstehenden Mittelklasse der Industriellen Revolution auf. Dazu zählten Kritiker wie John Ruskin und Frederic George Stephens sowie »Star-Künstler« wie William Turner, Dante Gabriel Rossetti oder William Powell Frith. Nicht nur zeigte Gambart die Präraffaeli-

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ten, er war auch der erste Händler in England, der regelmäßig lebende, kontinentaleuropäische Künstler in London ausstellte. Des Weiteren war es Gambart, der den gebürtigen niederländischen Maler Sir Lawrence Alma-Tadema (1836–1912) in den englischen Kunstmarkt einführte.23 Alma-Tadema zählte Zeit seines Lebens zu den berühmtesten Malern aus Großbritannien – er war ein Superstar vergleichbar einem Jeff Koons oder Gerhard Richter heute. Gambart lernte 1864 Lawrence AlmaTadema in Antwerpen kennen. Von da an baute er den jungen Maler systematisch zu einer Art Marke auf. Zunächst bestellte er 24 Gemälde bei ihm und organisierte eine Ausstellung in London. 1870 zog Alma-Tadema nach London, wo Gambart bei ihm sogleich weitere 48 Gemälde in Auftrag gab. Nur neun Jahre später wurde AlmaTadema als Ausländer in die Royal Academy aufgenommen. 1882 zeigte die Grosvenor Gallery 185 Werke von ihm in einer umfangreichen und vielbeachteten Einzelpräsentation. Seine Bekanntheit lässt sich auch international daran erkennen, dass er bis zu seinem Tod in weitere europäische Kunstakademien aufgenommen wurde: Alma-Tadema wurde Mitglied in den Akademien in Berlin, München, Madrid, Wien und Paris. Lawrence Alma-Tadema ist ein Beispiel für eine im 19. Jahrhundert von einem Händler systematisch geförderte, international berühmte Marke. Er wurde zu dem Symbol für ästhetische Antikenmaler. In dieser Zeit wurden mehrere Künstler von ihren Händlern als Vertreter bestimmter Bildmotive vermarktet. Neben Alma-Tadema können beispielhaft die Tierbilder von Thomas Sidney Cooper oder die Schlachtenbilder von Elizabeth Southerden Thompson als »Markenkunstwerke« im ökonomischen Sinne aufgefasst werden. Gambarts Verkaufstalent lässt sich nicht nur an der Anzahl der verkauften Kunstwerke ablesen, sondern auch an den hohen Aufschlägen, die er beim Weiterkauf von den Sammlern verlangte und auch erhielt. So kaufte Gambart das Bild »Blue Bower« des Präraffaeliten Dante Gabriel Rossetti für 200 Pfund und verkaufte es an den Sammler Sam Mendel für 1500 Pfund weiter.24 Dabei wurden sowohl er als auch seine Künstler vermögend. Gambart war einer der ersten Händler, der bewusst auf den gewachsenen Einfluss von Auktionshäusern einging. Ihm war die Bedeutung von Auktionsergebnissen für den Markt seiner Künstler bewusst. So kaufte er selbst Werke seiner Künstler zu hohen Preisen auf Auktionen ein, um Sammlern den vermeintlich durchgesetzten, objektiven Marktwert ihrer Künstler öffentlich demonstrieren zu können. Diese Auktionsergebnisse verstärkten das Vertrauen in Gambarts Gespür für Gegenwartskunst. Gambarts Wirken hat bis heute Spuren hinterlassen. Abgesehen von der bereits erwähnten Hochphase von Niederländern im Goldenen Zeitalter, hatten zeitgenössische Künstler nie zuvor eine solche öffentliche Aufmerksamkeit erreichen können wie unter Gambart. Seine regelmäßigen Ausstellungen führten dazu, dass Künstler nicht nur höhere Preise erzielen konnten, sondern auch ihre künstlerische Produktion erhöhen mussten.25 Gambart verdiente dabei in einem Verwertungszyklus auf dreierlei Weise Geld: Zunächst bot er das Original-Gemälde an. Zweitens konnte

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der interessierte Besucher, falls er über weniger Kaufkraft verfügte, einen Druck des Gemäldes erwerben. Und zum Dritten verlangte Gambart Eintrittsgelder für »Sensationsausstellungen«. Um das Originalgemälde zu sehen, mussten Besucher einen Shilling Eintritt bezahlen. Diese Praxis wurde als »sensation pictures« bezeichnet. Die entsprechenden Werke waren nicht nur besonders großformatig und farbenprächtig, sondern sie zeigten häufig unbekleidete Damen, weswegen sie als sensationell galten. Wenn pro Besucher ein Shilling Eintrittsgeld bezahlt wurde, konnten pro Tag etwa 20–30 Pfund eingenommen werden. Zusätzlich zu den Eintrittsgeldern stiegen die Einkünfte aus dem Verkauf der Grafiken des ausgestellten Werks. Am Ende des Vermarktungszyklus stand der Verkauf des Gemäldes selbst. Zum Teil waren die Einkünfte aus Eintrittsgeldern und Grafikverkauf bereits so hoch, dass das Kunstwerk letztendlich sogar einem Museum gestiftet werden konnte.26 Auch das Copyright wurde von Gambart verwertet. Beispielsweise bezahlte er 1500 Pfund für das Copyright des Gemäldes »Derby Day« von William Powell Frith, was nahezu dem Verkaufspreis des Originals entsprach.27 Wenn der Druck je nach Format zwischen drei und acht Pfund kostete, konnte Gambart ab einer Verkaufszahl von etwa 300 Grafiken den Preis für das Copyright einspielen und Gewinn erzielen. Bei angenommenen circa 20–30 Pfund Eintrittsgeldern pro Tag verdiente er mit dem Eintritt für eine vierwöchige Ausstellung ungefähr 900 Pfund. Wenngleich diese Praxis des kostenpflichtigen Eintritts heutzutage nicht mehr üblich ist, so finden sich Parallelen zum heutigen Kunstmarkt. In Galerien, Kunsthandlungen, privaten und öffentlichen Institutionen werden häufig geradezu durchgängig zur Gewinnmaximierung Grafiken, Poster oder Editionen zu günstigen Preisen angeboten. Gambarts Marketingstrategie der »sensation pictures« fand erst zur Jahrhundertwende ein Ende, als die Erfindung des Films bzw. des Kinos die Massen begeistern konnte. 1895 wurde in Berlin weltweit erstmals ein kommerzieller Film vorgeführt, was zu einem Boom an Kinopalästen in den Großstädten bis in die 1930er Jahre führte.28 Auch die Vermarktung von Grafiken veränderte sich durch die Erfindung weiterer fotografischer Techniken, so dass der von Gambart konzipierte Vermarktungszyklus nicht ins 20. Jahrhundert weitergetragen werden konnte. Aufgrund der allgemeinen Entwicklung des Marktes erhielt Gambart nach und nach auch ernsthafte Konkurrenz. Thomas Agnew (1794–1871) zog 1860 aus Manchester, wo er 1817 einen Grafikhandel eröffnet hatte, nach London. Die Agnew’s Gallery befindet sich immer noch in der britischen Hauptstadt, sie wurde jedoch nach fast zweihundert Jahren in Familienbesitz 2013 verkauft.29 Im 19. Jahrhundert beriet die Agnew’s Gallery die Großsammler Edward Cecil Guinness, Alfred Beit, Alfred und Ferdinand de Rothschild, später auch Henry Clay Frick und König George V. Der zweite Konkurrent Gambarts in London wurde der Deutsche Louis Victor Flatow (1820–1867), der 1835 nach England emigrierte. Flatow konzentrierte sich wie Gambart auf den Markt mit Zeitgenossen. Beide konkurrierten darum, wer das teu-

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erste Werk eines britischen Gegenwartskünstlers verkauft habe. Auch Flatow entwickelte Einkommensquellen, die über den Verkauf des Kunstwerkes hinausgingen. Dies zeigt sich exemplarisch an Flatows Vermarktung eines Werks von Frith: Flatow hatte dem Maler William Powell Frith im Jahr 1862 für 4500 Pfund das Gemälde »The Railway Station« unmittelbar nach dessen Vollendung abgekauft. Zusätzlich bezahlte Flatow dem Maler 750 Pfund dafür, dass das Werk nicht in der Royal Academy Ausstellung gezeigt werden durfte, sondern nur in seiner Galerie und in denjenigen Räumen, die er als Händler bestimmte.30 Das Werk wurde in seiner Galerie in London ausgestellt und dort von gut 83.000 Besuchern gesehen, die einen Shilling pro Person Eintritt bezahlten. Das neue Meisterwerk von Frith hatte ungewöhnlich viele Besucher angezogen, da es nicht wie üblich in der Sommerausstellung der Royal Academy zu sehen war, sondern nur in den Räumen des Kunsthändlers. Nach der Galerieausstellung ging das Gemälde weiter auf Reisen in die englische Provinz, aber auch nach Paris und Philadelphia in den USA.31 Frith schätzte, dass Flatow etwa 30.000 Pfund allein an Eintrittsgeldern für die Ausstellungen der »Railway Station« eingenommen hatte.32 Sowohl Louis Victor Flatow als auch Ernest Gambart sind im 19. Jahrhundert Ausnahmeerscheinungen, was ihren Umsatz, ihre globale Präsenz sowie ihre unternehmerische Kreativität angeht. An dem Vorgehen beider Händler lassen sich Grundzüge des heutigen Geschäfts erkennen: stärkere Bedeutung von Gegenwartskunst, hoher Aufpreis beim Wiederverkauf, ein Händler, der wie seine Künstler selbst zur Marke wird, und ein deutlich vergrößerter Markt mit zunehmender Internationalisierung und gestiegenem Einfluss von Auktionshäusern. Zudem hat sich bei den beiden Protagonisten Gambart und Flatow – vergleichbar der heutigen Situation zwischen den bekannten Kunsthändlern David Zwirner und Larry Gagosian – eine starke Konkurrenzsituation entwickelt. Beide Händler erkannten, dass eine exklusive Präsentation eines bekannten Künstlers der Zeit auch Begehrlichkeiten beim Sammler wecken kann. Nur in den Ausstellungsräumen von Flatow konnte das lang ersehnte Werk von Frith gesehen werden, nicht in der dem breiten Publikum zugänglichen, kostenlosen Royal Academy, die bis heute unter königlicher Schirmherrschaft steht. Damit boten bereits im 19. Jahrhundert private Kunsthändler dem lebenden Künstler eine Alternative zu den offiziellen Ausstellungshäusern wie Akademien oder Salons – in der heutigen Zeit können Galerieausstellungen sogar Museumsausstellungen in Umfang und Bedeutung überbieten. Anhand einer Werbeaktion eines weiteren Künstlers des 19. Jahrhunderts lässt sich eine neue Vermarktungsstrategie erkennen, wie sie heute nahezu global immer wieder angewendet wird. Nachdem der Zeitungsinhaber Sir William Ingram das Gemälde »Bubbles« von John Everett Millais (1829–1896) aus dem Jahr 1886 erworben hatte, verkaufte er es an den Direktor der Seifenfabrik »A & F Pears«, Thomas Barratt, weiter. Bestandteil des Verkaufs war nicht nur das Kunstwerk selbst,

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sondern auch das dazu gehörende Copyright. Barratt wollte nun ein Detail an dem Bild ändern und es dann zu Werbezwecken weiterverwenden. Dazu wurde die Einwilligung von Millais eingeholt, die er auch erteilte. Zunächst war auf dem Gemälde der Enkel des Malers zu sehen, wie er eine Seifenblase in die Luft schweben lässt. Durch Hinzufügen eines Seifenbarrens mit dem klar lesbaren Aufdruck der Seifenmarke »Pears« zu Füßen des Jungen wird das Kinderporträt zu einem Werbeplakat. Das Bild wurde massenhaft als Plakat gedruckt und vertrieben. An diesem Umgang mit einem Original wird die neue Einstellung dem künstlerischen Ursprung gegenüber offensichtlich. Die Veränderung von Millais’ »Bubbles« zu reinen Werbezwecken mit dem Hinzufügen des zu verkaufenden Produktes »Seife« ist ein Novum. Der Künstler akzeptiert, dass sein Werk zu Werbezwecken verändert werden darf. Heute finden sich zahlreiche Künstler, die nicht nur einer nachträglichen Modifizierung ihres Kunstwerkes zu Werbezwecken zustimmen, sondern die bereits von Anfang an Werbematerial entwerfen – Künstler wie Damien Hirst, Jeff Koons oder Takashi Murakami können als bekannte Protagonisten des 21. Jahrhunderts aufgeführt werden. Die Seifenwerbung von Millais ist daher in vielerlei Hinsicht auch ein Hinweis auf eine veränderte Kunstwahrnehmung. In relativ kurzer Zeit änderte sich zudem die Bewertung der englischen Gegenwartskunst. Arbeiten der Präraffaeliten, die in den 1870er Jahren für sehr hohe Preise verkauft wurden, verloren nach der Jahrhundertwende deutlich an Wert. Diese Entwicklung steht sicherlich auch im Zusammenhang mit einer bedeutenden juristischen und gesellschaftlichen Veränderung am Ende des 19. Jahrhunderts in England, als zahlreiche große Kunstvermögen von Adligen den Markt in London mit Werken geradezu überschwemmten. Zwischen 1882 und 1890 wurden verschiedene »Settled Land Acts« erlassen, die den häufig aristokratischen Großgrundbesitzern mit über Jahrzehnten gewachsenen Kunstsammlungen mehr Möglichkeiten boten, ihre Kunst zu steuerlichen Zwecken zu nutzen. Sie durfte nun verkauft werden, um mit dem Erlös Steuern zu bezahlen.33 Einige sensationelle Auktionen fanden unter anderem deswegen in der Zeit nach 1882 statt. Die »Hamilton Palace Auction« beispielsweise dauerte 17 Tage und brachte bei Christie’s in London einen Umsatz von 400.000 Guinees ein. Erwähnenswert sind auch die sehr umfangreichen Versteigerungen »Leigh Court Auction« von 1884 und »Dudley Auction« von 1892.

5.3 Paris im 19. Jahrhundert: Paul Durand-Ruel, der Vater der Impressionisten In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der Kunstmarkt in Paris ein verhältnismäßig unbedeutender Markt. Vereinzelt gab es private Sammler, die sich auf ein einzelnes Sammlungsgebiet konzentrierten. Zum Beispiel sammelte der Franzose Eudoxe Marcille (1814–1890) Werke nationaler Künstler des vorangegangenen Jahr-

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hunderts. Als er starb, hinterließ er 5000 Gemälde, von denen fast 4000 aus dem Frankreich des 18. Jahrhunderts stammten. Dies war mehr, »als sämtliche große europäische Museen zusammengenommen, der Louvre eingeschlossen, an französischen Gemälden aus dem 18. Jahrhundert besaßen.«34 Marcilles Sammlung an Werken von Watteau, Chardin, Boucher oder Fragonard suchte ihresgleichen. Erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts setzte sich ein Händler durch, der die nationalen Künstler auch international vertreiben konnte. Im Zuge dieser Entwicklung wurde Paris zu einem Handelsplatz, der neben London in seiner Wirk- und Anziehungskraft bestehen konnte. Dieser Kunsthändler, der bis heute als der Inbegriff des modernen Galeristen gilt, war der gebürtige Pariser Paul Durand-Ruel (1831–1922). Durand-Ruel führte in den Kunstmarkt nicht nur bis heute geltende Gepflogenheiten ein, seine Arbeit ist auch untrennbar mit der Entwicklung der ersten und weltweit bekanntesten Kunstrichtung der Moderne verbunden, dem Impressionismus. Auch heute noch lässt sich konstatieren, dass es kaum einen Händler gab, der so eng mit einer künstlerischen Richtung verbunden war wie Durand-Ruel mit dem Impressionismus. Der Beginn von Durand-Ruels Kunsthändlerkarriere lag in dem von seinem Vater 1833 in Paris gegründeten Geschäft für Malutensilien. Zu dieser Zeit gab es in Paris wenige reine Bilderhändler.35 Bei seinem Vater wurden Bilder mit anderen Waren zusammen angeboten, seien es Farben, Pinsel, Schreibwaren oder Luxusgegenstände wie Kunstgewerbeobjekte. Der Vater akzeptierte zudem als Bezahlung für Arbeitsmaterialien Gemälde und Grafiken von Künstlern.36 Früh lernte Paul Durand-Ruel daher Maler kennen, die bei seinem Vater einkauften, wie Théodore Rousseau, Jean-François Millet oder Charles-François Daubigny. Als er 1859 dann seine erste eigene Galerie eröffnete, bestand sein Programm aus diesen Künstlern, die er schon Jahre lang persönlich kannte. Er zeigte Arbeiten von Gustave Courbet, Charles-François Daubigny oder Camille Corot und Théodore Rousseau. Von dem letzteren erwarb er zudem kurz vor dessen Tod 1867 den kompletten Atelierbestand. Für 81 Gemälde und Ölskizzen bezahlte Durand-Ruel die relativ hohe Summe von 100.000 Francs, obgleich Rousseau noch weit davon entfernt war, ein anerkannter Künstler zu sein.37 Durand-Ruel ging dabei ein erhebliches Risiko ein. Neben Beständen aus Künstlerateliers erwarb er zudem komplette Sammlungen bedeutender Persönlichkeiten wie die Sammlung eines Bruders von Napoleon.38 Sukzessive baute er einen umfangreichen und vielfältigen Bestand auf. 1867 bezog er in Paris aufwendigere Räume und ab 1869 gab er die Zeitschrift »Revue internationale de l’art et de la curiosité« heraus, die erstaunlicherweise in mehreren Städten Europas vertrieben wurde, in Paris, London, Turin, Florenz, Wien und Frankfurt. Ergänzt wurde die Zeitschrift von einer Reihe öffentlicher Vorträge.39

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Paul Durand-Ruel, 1910

1870 entschied sich Durand-Ruel mit dem Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges, seine Pariser Galerie zu schließen und nach London zu gehen, wo er in ausgezeichneter Lage auf der New Bond Street weitere Ausstellungsräume eröffnete. Zu dieser Zeit weilten auch Charles-François Daubigny, Claude Monet und Camille Pissarro in London. In den 1870er Jahren begann Durand-Ruel, Werke von Pissarro und Monet zu kaufen. Für Monet bedeutete dies seine finanzielle Rettung. Die Beziehung zwischen Monet und Durand-Ruel war von einer besonderen Art, da der Galerist auf die künstlerische Produktion des heute so bekannten Malers Einfluss nahm. Durand-Ruel ermutigte ihn, Landschaften in Serien zu malen, zu verschiedenen Jahreszeiten und in verschiedenen Lichtsituationen. 1870/1871 und nachfolgend dreimal in den Jahren 1899 und 1901 hatte Monet in London gemalt und immer wieder die Themse als Sujet gewählt. Anfangs war der Verkauf dieser Arbeiten relativ schleppend, ein größerer kommerzieller Erfolg stellte sich erst sehr viel später ein. 1904 zeigte Paul Durand-Ruel in seiner neuen Pariser Galerie in der Ausstellung »Claude Monet: Ansichten der Themse« 37 verschiedene Perspektiven des Londoner Flusses. Erst in der Einzelausstellung wurden die Arbeiten teilweise schon zum Zweifachen des Einkaufspreises verkauft.40 Später wird sich Monet von Durand-Ruel zugunsten dessen Pariser Konkurrenten, der Galerie Bernheim-Jeune, trennen. Seine nächste Gemäldeserie über Venedig stellte der Künstler dann 1912 bei Bernheim-Jeune aus. 1872 entdeckte Durand-Ruel im Londoner Atelier von Alfred Stevens Édouard Manet, aus dessen Atelier er alle verfügbaren Bilder erwarb. Für 51 Gemälde Manets,

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darunter den »Guitarero«, den »Spanischen Tänzer« und eine »Stierkampfszene«, bezahlte er insgesamt 35.000 Francs, was einem Durchschnittspreis von mehr als 600 Francs und damit dem Zwei- bzw. Dreifachen des Preises für Arbeiten von Monet entsprach.41 Hierdurch ging Durand-Ruel ein ähnlich hohes Risiko ein wie beim Galeriebestand von Rousseau. Neben den Arbeiten von Rousseau, Manet, Monet und Pissarro erwarb er in größeren Stückzahlen Werke von Degas, Sisley und Renoir. So konnte er in den ersten Jahren seiner Galerietätigkeit in London (1870–1875) in insgesamt zehn Ausstellungen mehr als 1200 Bilder seiner impressionistischen und akademischen Maler zeigen.42 Zu dieser Zeit schlossen sich in Paris einige der jungen Maler zur Gruppe der »Société Anonyme Coopérative d’Artistes Peintres, Sculpteurs, Graveurs etc.« zusammen. Als der Kritiker Louis Leroy diese erste von insgesamt acht »Impressionisten«-Ausstellungen, die 1874 bei dem Fotografen Nadar stattfand, in der Zeitschrift »Charivari« zynisch abwertend besprach, gab er den dreißig Künstlern den Namen »Impressionistes«, womit die neue Stilrichtung ihre Bezeichnung erhielt.43 Den Begriff »Impressionisten« leitete Leroy dabei von Monets Gemälde »Impression – Sonnenaufgang« ab, das dieser vom Hafen von Le Havre gemalt hatte.44 Die zweite Impressionisten-Ausstellung im Jahr 1876 fand in Durand-Ruels Pariser Galerieräumen statt, wodurch die Künstler ein noch größeres Publikum ansprechen konnten und Durand-Ruel noch enger mit der neuen Stilrichtung assoziiert wurde.45 Als sich Durand-Ruel den impressionistischen Malern zuwandte, herrschte ein relativ einheitliches Meinungsbild: Vor allem die akademischen Maler wie Meissonier, Cabanel, Gérome oder Bouguereau waren beim Publikum beliebt. Sie erhielten die Medaillen der Akademien und wurden durch staatliche Ankäufe gefördert. Durand-Ruel konnte finanziell nur bestehen, indem er weiterhin neben den Impressionisten die ihm so lange bekannten Vertreter der Schule von Barbizon wie Corot, Millet, Courbet oder Daubigny anbot. Seine Geschäftsidee bestand darin, dass die neue impressionistische Kunst in seinen Räumen neben Werken von bereits auf dem Markt etablierten Künstlern präsentiert wurde. Aus dem Handel mit den etablierten Künstlern stammte auch der größte Anteil an seinem Umsatz.46 Für einige Künstler wie für Corot war er der wichtigste Geschäftspartner. 1872 erwarb er Werke von Jean-François Millet für insgesamt 390.000 Francs, 1873 bezahlte er für das Gemälde »Der Tod des Sardanapal« von Delacroix 96.000 Francs.47 Aus dem Vergleich wird deutlich, dass ein einziges Bild von Delacroix fast denselben Wert hatte wie 81 Gemälde von Rousseau. Um weitere Kundschaft für sich gewinnen zu können, eröffnete Durand-Ruel sogar in Kriegszeiten zusätzlich eine dritte Galerie in Brüssel. Als 1875 auf einer Auktion im Pariser Hôtel Drouot Werke von Renoir, Monet, Morisot und Sisley angeboten wurden, ersteigerte er zahlreiche Gemälde, um die Preise zu stabilisieren.48 1883 widmete er Monet, Renoir, Pissarro und Sisley ihre ersten Einzelausstellungen. In dem Jahr fand auch seine erste Reise in die USA statt, wodurch zum ersten Mal im-

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pressionistische Werke auf amerikanischem Boden gezeigt wurden. Die Reise ging auf die Initiative der amerikanischen Malerin Mary Cassatt zurück, dank der er von einem der Direktoren der »American Art Association« nach New York eingeladen wurde, wo er 300 Gemälde zeigen und einige davon verkaufen konnte. Dieser Schritt in die USA fiel mit der Zeit seiner höchsten Verschuldung zusammen. Im Jahr 1884 hatte er »nicht weniger als eine Million Goldfrancs Schulden«.49 Durand-Ruel kam zunehmend in Bedrängnis, da er Werke seiner neuen Maler kaum gewinnbringend verkaufen konnte. Er musste Gemälde von Corot, Delacroix und Rousseau mit Verlust und oft zur Hälfte des Ankaufspreises verkaufen, um liquide zu bleiben.50 Die nächste Ausstellung in New York 1885 eröffnete ihm eine völlig neue vermögende Kundschaft und er konnte erstmals mehrere impressionistische Werke nach Amerika verkaufen. Von den 300 verschifften Arbeiten stammten lediglich 50 von etablierten Künstlern, 250 Werke waren impressionistisch: So bot er 38 Gemälde von Renoir, 48 von Monet, 23 von Degas, 42 von Pissarro, 15 von Sisley und einige Werke von Berthe Morisot, Mary Cassatt und Seurat an. Durand-Ruel konnte ungefähr 20 % der Werke – bezogen auf den Umsatz durch Verkäufe – in die USA vermitteln.51 Durand-Ruel etablierte sich damit als einer der ersten europäischen Händler, die in den USA nicht nur Alte Meister anboten.52 Finanziell stark unter Druck geraten eröffnete er 1887 trotzdem neben seinen Galerien in Paris, London und Brüssel auch in New York Verkaufsräume. Diese Galeriegründung war notwendig geworden, da die bei der ersten Ausstellung Durand-Ruels in New York erteilte Ausnahme bezüglich der Steuerregelung nicht mehr galt. Ab sofort musste auf alle in die USA importierten Werke ein Einfuhrzoll bezahlt werden, nicht mehr nur auf die endgültig verkauften Arbeiten.53 Durand-Ruel hatte nun eine erhebliche Einfuhrsteuer in Höhe von 30 % auf alle, auch die unverkauften Kunstwerke zu bezahlen. Daher entschied er sich, diese in den USA zu belassen und in einer eigenen Galerie dauerhaft anzubieten. Von dort aus verkaufte er die Werke seiner Impressionisten und altbekannten Künstler wie Courbet und Rousseau, aber auch von Altmeistern wie El Greco, Rembrandt oder Goya.54 Bis heute unerreicht hinsichtlich ihrer Bedeutung für eine sehr frühe, vielbeachtete Sammlung an impressionistischen Werken ist die Kollektion von Louisine und Henry Osborne Havemeyer (1847–1907). Beraten von ihrer Freundin Mary Cassatt erwarb Louisine bereits 1877 Arbeiten von Edgar Degas und Claude Monet. Louisine war nicht nur mit Cassatt befreundet, sondern lernte auch einige andere Maler persönlich kennen wie z.B. James McNeill Whistler, dessen Werke sie ebenfalls sammelte. Ein Großteil ihrer Sammlung befindet sich heute im Metropolitan Museum of Art in New York. Dank der Sammelleidenschaft von Amerikanern wie ihnen konnte Durand-Ruel das Interesse an den Impressionisten auch in Europa steigern. Obgleich 1892 als erstes impressionistisches Gemälde Renoirs »Jeunes Filles au piano« vom französischen Staat für das Musée Luxembourg angekauft worden war, dauerte es bis weit ins 20. Jahrhundert, bis die Stilrichtung auch von öffentlicher Seite

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anerkannt wurde.55 Denn als 1894 der Sammler und Maler Gustave Caillebotte seine Sammlung von 65 impressionistischen Gemälden dem französischen Staat schenken wollte, nahm dieser nur einen Teil der Werke fast widerstrebend an. Beinahe wären Renoirs »Moulin de la Galette«, Manets »Balkon«, Cézannes »Blick auf L’Estaque« oder Monets »Regatta in Argenteuil« vom Staat abgewiesen worden. Der Handel zwischen den USA und Europa wurde von Durand-Ruel darüber hinaus vertieft, indem er den intellektuellen Austausch förderte. So gab Durand-Ruel seit 1890 die erste transkontinentale, französisch-amerikanische Kunstzeitschrift mit dem Titel »L’Art dans les Deux Mondes« in einer Auflage von 10.000 Exemplaren heraus. 1894 gelang es ihm, seine Schulden zu begleichen. Die von ihm 1905 organisierte Impressionisten-Ausstellung in den Londoner »Grafton Galleries« wird mit 300 Werken von Degas, Manet, Monet, Renoir, Pissarro und Sisley als eine der eindrucksvollsten Ausstellungen dieser Stilrichtung bewertet. 12.000 Besucher sahen die Ausstellung.56 Nachdem sich 1913 Durand-Ruel aus dem aktiven Geschäft zurückzog, gründeten seine beiden Söhne Joseph und Georges eine neue Firma. Später übernahm Charles, der älteste von Josephs Söhnen, die Galerie. Die New Yorker Niederlassung von Durand-Ruel schloss erst 1950. Aus seinem Archiv, das bis heute einsehbar ist, wird klar, wie viele Werke durch seine Hände gegangen sind.57 Zwischen 1891 und 1922 erweiterte der Händler seinen Bestand um fast 12.000 Bilder. Darunter befanden sich mehr als 1000 Gemälde von Monet, ungefähr 1500 von Renoir, jeweils mehr als 400 von Degas, Sisley und Boudin, circa 800 von Pissarro, fast 200 von Manet und knapp 400 von Mary Cassatt.58 Die Bedeutung Durand-Ruels für den modernen Kunsthandel spiegelt sich in seiner über Jahrzehnte entwickelten Marketingstrategie am deutlichsten wider. Viele Aspekte seiner Strategie haben sich in den letzten hundert Jahren in der globalen Kunstwelt durchgesetzt. 1. Der Händler zahlt regelmäßige Stipendien bzw. eine Art Gehalt an seine Künstler. Einerseits können diese dadurch durchgängig arbeiten, andererseits sind sie eng an ihren Kunsthändler als Hauptvermittler bzw. finanziellen Geschäftspartner gebunden und fühlen sich im besten Fall dazu moralisch und wirtschaftlich verpflichtet. Auch animierte Durand-Ruel seine Künstler, Werke in verschiedenen Formaten oder in Serien anzufertigen, damit er in seinen Galerieausstellungen ein größeres Spektrum an Arbeiten anbieten konnte – von der günstigen Lithografie bis hin zum großformatigen Gemälde. 2. Die Künstlernamen selbst werden zu eigenen Waren- bzw. Markennamen, indem sie eine starke Präsenz in den Galerien und Galeriepublikationen erhalten. Bis heute geben wie Durand-Ruel zahlreiche Galerien eigene Zeitschriften heraus. 3. Durch sein regelmäßiges Auftreten, Beobachten und auch Mitbieten auf Auktionen, auf denen Werke seiner Künstler versteigert wurden, ermöglichte Durand-Ruel seinen Künstlern eine nie zuvor erreichte Preisstabilität, da der Preis auf Auktionen scheinbar objektiv entstanden und auf jeden Fall öffentlich zu sehen war. Preise, die er in seiner Galerie nur einem kleinen Kreis gegenüber kommunizierte, konnten durch die in öf-

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fentlichen Auktionen erzielten Verkaufsergebnisse bestätigt werden. 4. Er verlangte keine Eintrittsgebühr mehr für seine Ausstellungen. Bis heute sind Ausstellungen in kommerziellen Galerien für den Besucher kostenfrei. Diese Idee der kostenlosen Kunstpräsentation scheint sich zudem auf Museen und Institutionen zunehmend auszudehnen. In vielen Ländern sind heute auch Museen kostenlos zu besuchen. 5. Durand-Ruel veränderte die bis dato geltende Art der »Petersburger Hängung« grundlegend, in dem er nicht mehr alle Wände vollflächig mit Werken bestückte, sondern einige wenige Bilder auf Augenhöhe zeigte. Auch diese Innovation ist inzwischen Tradition geworden, es findet sich weltweit kaum mehr eine Hängung von Werken, die der bis ins 19. Jahrhundert üblichen Petersburger Hängung entspricht. Neben Paul Durand-Ruel traten allmählich auch andere Händler in den Impressionistenmarkt ein. Die beiden Pariser Händler Georges Petit (1856–1920) und Theo van Gogh (1857–1891) begannen ebenfalls, Werke der Impressionisten auszustellen, wobei sich insbesondere Petit zu Durand-Ruels bedeutendstem Rivalen entwickelte, da dieser ab 1885 Monet und ab 1886 Alfred Sisley übernahm. Trotz der zahlreichen Höhen und Tiefen in der Karriere von Paul Durand-Ruel gilt, dass er neben Ernest Gambart zu den wichtigsten Händlern des 19. Jahrhunderts zählt, wobei auch sein enges internationales Netzwerk beeindruckend war. Nicht nur mit Sammlern, Museumsdirektoren und Kunstkritikern in den USA, sondern auch in Deutschland verband ihn eine langjährige Beziehung. Er arbeitete regelmäßig mit Paul Cassirer, Max Liebermann, Hugo von Tschudi und Harry Kessler in Berlin zusammen. Einer der Gründe für die Ausrichtung nach Deutschland war die Offenheit der institutionellen Käufer, da deutsche Museen zu den ersten Käufern impressionistischer Werke überhaupt zählten.

5.4 Berlin im 19. Jahrhundert: Louis Sachse, Eduard Arnhold und James Simon Im 19. Jahrhundert kam es für das heute als Deutschland bezeichnete Gebiet zu großen politischen und sozialen Veränderungen. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, das seinen Ursprung im Spätmittelalter hatte und sich dabei nie als Nationalstaat verstand, endete nach den Koalitionskriegen und dem Sieg Napoleons im Jahr 1806. Erst nach dessen Niederlage schlossen sich 1815 im Wiener Kongress die deutschen Einzelstaaten zum Deutschen Bund zusammen. 1871 wurde das Deutsche Reich gegründet, das mit dem Ersten Weltkrieg 1918 endete. Obgleich das Deutsche Reich nicht im imperialistischen Wettbewerb mit anderen europäischen Großmächten mithalten konnte, holte es in seiner wirtschaftlichen Entwicklung auf. Bürger wurden zu tragenden Schichten im wirtschaftlichen, politischen und sozialen Sinne, die dem Adel und Klerus deren bisher geltende Machtposition streitig machten. Es entstand ein Besitz- und Bildungsbürgertum, das maßgeblich Kunst, Musik,

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Architektur und die Geistesgeschichte mitprägte. Die Erfindung des Nationalstaates war eine logische Konsequenz aus der neuen kommerziell-politischen Macht dieser sozialen Schicht. Wie London und Paris erfuhr auch Berlin mit der wachsenden Bedeutung seiner politischen Macht eine ungeahnte wirtschaftliche Prosperität, so dass die Stadt ab 1877 zur ersten Millionenstadt im Deutschen Reich avancierte. Der Kunstmarkt entwickelte sich etwas zeitverzögert zur Wirtschaft. Wenngleich die Industrialisierung bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begonnen hatte, gab es noch keine professionellen Kunsthändler in Berlin. Zur Zeit der Romantik und des Klassizismus des preußischen Architekten Karl Friedrich Schinkel und des Berliner Bildhauers Johann Gottfried Schadow bildeten sich in Berlin die ersten Kunstsalons wie diejenigen von Henriette Herz (1764–1847) und von Rahel Varnhagen von Ense (1771–1833), bei denen die Vertreter der romantischen Epoche zusammenkamen und über Kunst und neue Künstler diskutierten. Der erste moderne und international ausgerichtete Kunsthandel entstand daher nahezu »ohne örtliches Vorbild, gewissermaßen aus dem Nichts.«59 Die Bedeutung des gebürtigen Berliners Louis Friedrich Sachse (1798–1877) als erstem professionellen Kunsthändler Berlins wurde erst in den letzten Jahren herausgestellt.60 Sachse war zunächst drei Jahre lang bis 1822 Privatsekretär von Wilhelm von Humboldt. Anschließend absolvierte er in Berlin, Paris und München eine Ausbildung zum Lithografen. 1828 eröffnete er zusammen mit seinem Bruder Eduard in Berlin das lithografische Institut »L. Sachse & Co.« Er importierte damit eine Idee aus Frankreich nach Berlin: Die deutsche Erfindung der Lithografie von Alois Senefelder war in Paris zu einem Experimentierfeld für Künstler geworden.61 1832 erteilte Sachse dem erst 17jährigen Maler Adolph von Menzel lithografische Aufträge für seinen Verlag und Handel, weswegen er auch als der Entdecker von Menzel gilt. Ab 1835 stellte Sachse in seinem Institut Gemälde und Grafiken aus, so dass er ein Jahr später an seine Frau schrieb: »Du weißt, dass nicht meine Lithographie, sondern mein Bildergeschäft jetzt das Wesentliche ausmacht.«62 Aufgrund seiner zahlreichen Aufenthalte in Paris machte er sich auch mit der 1839 erfundenen Daguerreotypie vertraut. Er war der Erste, der in Berlin Daguerreotypien anfertigte und zum Verkauf anbot. Auf seinen Reisen nach Paris wurde Sachse zudem immer wieder von Berliner Künstlern wie Adolph von Menzel oder Karl Blechen begleitet, so dass diese französische Kollegen treffen konnten. Er fungierte damit zugleich als Bindeglied zwischen der Berliner und der Pariser Künstlerszene. 1853 eröffnete Sachse schließlich seine »Permanente Gemäldeausstellung« mit dem Fokus auf internationale und nationale Gegenwartskunst, was für Berlin ein Novum war. Bis zu Sachses Eröffnung gab es alle zwei Jahre Ausstellungen der königlichen Akademie sowie des örtlichen Kunstvereins, in deren Rahmen zeitgenössische Kunst gezeigt wurde. Sachse hatte bis 1865 nach eigenen Angaben »viertausend Werke von 1207 Künstlern«63 gezeigt, darunter nicht nur französische Künstler wie die bekannten

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Salongrößen und Romantiker oder die Maler der Schule von Barbizon, sondern auch Vertreter der Düsseldorfer Schule und lokale Künstler wie besonders Adolph von Menzel. Ab 1856 arbeitete auch Louis Friedrich Sachses Sohn Louis Alfred (1834–1897) im Geschäft mit, bevor dieser 1861 die Firma übernahm. Nach dem Umzug 1874 in neue Ausstellungsräume änderte sich nicht nur der Name – nun »Sachse’s Internationaler Kunstsalon« –, es wurden zunehmend Kunstwerke in den vom Sohn organisierten »Kunst-Versteigerungen« verkauft.64 Es scheint heute so, als hätte Louis Sachse sich durch seinen Konkurrenten Rudolph Lepke (1845–1904) herausgefordert gefühlt, da dieser ebenfalls begonnen hatte, neben seinen Galerieausstellungen Auktionen durchzuführen. Mit dem Deutsch-Französischen Krieg endete der Erfolg von Sachses Kunsthandlung. Obgleich er noch eine eigene Zeitschrift, den »Kunst-Correspondenz,« herausgab, um ein größeres Publikum zu erreichen, war das Interesse an französischer Kunst deutlich gesunken und deren Verkauf erschwert. 1875 musste das Unternehmen Konkurs anmelden. Für seinen Sohn war es im Folgejahr besonders schwer zuzusehen, als Rudolph Lepke, ihr größter Konkurrent, den Nachlass der Sachses versteigerte. Rudolph Lepke gilt heute als Gründer des ersten professionellen Kunstauktionshauses in Berlin. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts fanden in der preußischen Hauptstadt fast keine Kunstauktionen statt. In London agierten wie gezeigt bereits seit dem 18. Jahrhundert die beiden Auktionshäuser Sotheby’s und Christie’s als Versteigerer für Bücher, Möbel, Kunstgewerbe, künstlerische Grafiken und Gemälde. Paris zog fast hundert Jahre später nach, als dort im Jahr 1852 das bis heute existierende Auktionshaus Hôtel Drouot gegründet wurde. Rudolph Lepkes Anfänge ab 1865 liegen nach einer Ausbildung zum Buchhändler im familiären Kunsthandel. Seit 1869 gab es einen festen Verkaufsraum, den »Gemäldesalon Lepke«, den Rudolph mit seinem Vater und Onkel gemeinsam leitete. Nach deren Tod 1885 wurde der Salon von Rudolph alleine weitergeführt und in »Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus« umbenannt. Seit den Anfängen hielt Rudolph Lepke an verschiedenen Orten in Berlin Kunstauktionen ab. Lepke trat zu Beginn als »vielbegehrter Auctionator« mit wechselnden, temporär gemieteten Verkaufsorten auf. In den drei Jahrzehnten zwischen 1865 und 1895 erschienen 1000 Auktionskataloge.65 Bereits die erste Auktion war der bedeutenden Pannebergschen Gemäldesammlung gewidmet. Die Spezialisierung auf das Versteigern kompletter Sammlungen und Nachlässe – wie auf den Nachlass der Sachses – sowie von zeitgenössischer Kunst führte dazu, dass jährlich durchschnittlich 50 Katalogauktionen – zum Teil mit aufwendiger Illustrierung der Lose – zusätzlich zu den Auktionen ohne Katalog stattfanden.66 Im Jahr 1900 verkaufte Lepke sein Auktionshaus an die Brüder Adolf und Gustav Wolffenberg und seinen Mitarbeiter Hans Carl Krüger. Bis zum Ersten Weltkrieg dominierte das Unternehmen den Berliner Kunstauktionsmarkt, dann übernahmen Paul Cassirer und Hugo Helbing die Führung. 1935 wurde Hans Carl Krüger alleiniger Inhaber des Hauses im Sinne der »Arisierung«, die jüdischen

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Brüder Wolffenberg emigrierten in die Schweiz.67 Bis 1938 hatte sich das Auktionshaus auch am Verkauf jüdischen Bürgern geraubter Kunstwerken beteiligt.68 Nach der Zwangsräumung 1938 schloss es endgültig seine Türen.

Louis Sachse: Porträt nach Franz Krüger, ca. 1850

Mit den beiden Pionieren Louis Sachse und Rudolph Lepke hat der Kunstmarkt in Berlin in der Gründerzeit parallel zur Entstehung großer Privatvermögen nicht nur national, sondern auch international an Bedeutung gewonnen. Jedoch kann erst um 1900 in Berlin von einem lebendigen Kunstmarkt gesprochen werden.69 Nach den großen Veränderungen des Marktes in der Zeit des Nationalsozialismus und während der Teilung Deutschlands in West und Ost sollte es noch bis an das Ende des 20. Jahrhunderts dauern, bis sich in Berlin wieder ein Markt für Gegenwartskunst entwickeln konnte. Beide Epochen – die NS-Zeit sowie die der DDR – werden in separaten Kapiteln näher beleuchtet. In der Zeit zwischen Sachses Galeriegründung 1853 und Lepkes letzter Auktion 1900 eröffneten andere Händler und Auktionatoren ihre Räume in Berlin, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Schon 1860 eröffnete Hermann Amsler (1835–1881) zusammen mit Theodor Ruthardt in der Mitte Berlins eine Kunsthandlung, die sich auf den Verkauf grafischer Werke spezialisierte und bis 1929 als »Königliche Hof-

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kunsthandlung« weitergeführt wurde. Während ihrer Tätigkeit verkauften Amsler und Ruthardt jedoch nicht nur an den Hof, sondern auch an das erstarkende Bürgertum. Sie veröffentlichten die im unteren und mittleren Preissegment angesiedelten sogenannten »Amslerdrucke«, Reproduktionen nach Kupferstichen, Holzschnitten und Handzeichnungen Alter Meister.70 Die Kunsthandlung vereinte in sich Verlag, Antiquariat und Auktionshaus. 75 Auktions- und Lagerkataloge wurden von ihr veröffentlicht, die als »Hilfsbücher zur Kenntnis der alten und neuen Meister graphischer Kunst« genutzt wurden.71 Im Bereich der Grafik traten der Hofantiquar Emanuel Mai (1812–1897) und Albert Cohn (1827–1905) sowie die »Danzsche Antiquariats- und Kunsthandlung« in Berlin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Kunstmarkt auf. Die Entwicklung dieser Unternehmen zeigt, dass das Bürgertum mit einem kleineren Ankaufsetat Neukunden für Grafiken und Kunstdrucke hervorbrachte. Nach diesem Blick auf Berliner Kunsthändler werden nun einige Sammler und Museumsdirektoren der Stadt Berlin vorgestellt. Eduard Arnhold (1849–1925) gilt heute als bedeutendster Privatsammler und Mäzen der Moderne in Berlin. Ihm gehörte die künstlerisch wertvollste Privatsammlung moderner Kunst in Deutschland, wie es bereits sein Zeitgenosse Hugo von Tschudi, der damalige Direktor der Berliner Nationalgalerie, beschrieb.72 Die hohe Summe von rund drei Mio. Mark investierte Arnhold für etwa 200 Gemälde und 70 Skulpturen, wobei er nicht nur niederländische und italienische Renaissance-Malerei sammelte, sondern auch Impressionisten wie Monet, Manet, Renoir, Pissarro oder Degas. Er zählte zu Durand-Ruels ersten ausländischen Kunden in Paris, die ein Werk von Monet erwarben.73 Zudem sammelte er Werke deutscher Zeitgenossen, von Arnhold Wilhelm Trübner und Fritz von Uhde oder von Vertretern der Berliner Sezession – Ludwig von Hofmann, Ulrich Hübner – sowie von den »Deutsch-Römern« Anselm Feuerbach und Arnold Böcklin.74 Mit Max Liebermann war Arnhold eng befreundet. Ihren Höhepunkt fanden seine Ankäufe zwischen 1907 und 1910 mit dem Ziel, dass der Betrachter einen Überblick über die Kunstentwicklung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhalten sollte.75 Arnhold sammelte jedoch nicht nur ungewöhnlich vielfältig und zeitgenössisch, er war auch der größte bürgerliche Kunstmäzen seiner Zeit, da er rund ein Viertel seines Vermögens für kulturelle und karitative Projekte stiftete. Einige existieren bis heute, wie die Villa Massimo in Rom, die er 1910/1911 erbauen ließ und dem preußischen Staat verbunden mit einem Kapital für Stipendien schenkte.76 Arnhold förderte die Kunst sowohl durch Künstlerstipendien als auch über den direkten Ankauf herausragender Arbeiten. Zusammen mit drei weiteren Berliner Kunstfreunden, Ernst und Robert von Mendelssohn sowie Hugo Oppenheim, stiftete er 1896 das Gemälde »Im Wintergarten« von Édouard Manet der Nationalgalerie. Hugo von Tschudi, der im selben Jahr Direktor der Nationalgalerie geworden war und kurz danach mit Max Liebermann nach Paris reiste, hatte die vier Herren um die Stiftung gebeten.

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Die Nationalgalerie war, wie bereits im Zusammenhang mit von Tschudi erwähnt, damit das erste Museum der Welt, das ein Werk von Manet ankaufte.77 Da diese Neuerwerbung in einer Ausstellung in Berlin öffentlich präsentiert wurde, unterstützte Arnhold damit auch unmittelbar die Durchsetzung des Impressionismus im deutschsprachigen Raum. Berliner Künstler, die sich die Werke der Franzosen in Berlin ansehen konnten, wurden nachhaltig in ihrem eigenen Schaffen inspiriert – es entstand der deutsche Impressionismus mit seinen drei Hauptvertretern Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt, wobei Liebermann als Künstler und zugleich Sammler eine besondere Rolle innehatte. Für Tschudi und Arnhold fungierte er als eine Art Initiator in die Werke von Monet und Manet. Das Ehepaar Carl (1842–1894) und Felicie Bernstein (1852–1908) sollte kurz erwähnt werden, da es die erste bedeutende Privatsammlung impressionistischer Gemälde im deutschsprachigen Raum zusammengestellt hat. Als Initialzündung der Sammlung gilt ihre Reise nach Paris im Jahr 1882 zu Carl Bernsteins Cousin Charles Ephrussi, der ursprünglich ein Bankier war und ab 1894 die bekannte Kunstzeitschrift »Gazette des Beaux-Arts« herausgab. Ephrussi unterstützte impressionistische Künstler sowohl durch regelmäßige Beiträge in der »Gazette« wie auch durch Ankäufe. Er erwarb u.a. Werke von Édouard Manet, Claude Monet, Edgar Degas und Pierre-Auguste Renoir.78 Über seine familiäre Verbindung zu Carl Bernstein in Berlin übte er zudem Einfluss auf die Verbreitung des Impressionismus im deutschsprachigen Raum aus. Nachdem das Ehepaar Bernstein in Ephrussis Pariser Wohnung impressionistische Arbeiten von Monet, Manet und Pissarro gesehen hatte, fingen diese ebenfalls an, impressionistische Kunst zu sammeln und in Berlin auszustellen. Allerdings reagierten dort viele Künstler und Kunstkritiker zunächst negativ auf die neue französische Kunst. Beispielsweise soll Adolph von Menzel zu Felicie Bernstein über die impressionistischen Gemälde gesagt haben: »Haben Sie wirklich Geld für den Dreck gegeben?«79 Als zehn Werke aus der Sammlung Bernstein neben 23 weiteren Leihgaben von Paul Durand-Ruel in der Berliner Galerie von Fritz Gurlitt 1883 gezeigt wurden und damit die erste Impressionistenausstellung im deutschsprachigen Raum zusammengestellt war, wurden diese Bilder wegen »mangelndem technischem Können,« »unangemessener Sujets« und fehlendem »geistigen Gehalt« kritisiert.80 Nichtsdestotrotz begann mit dieser Ausstellung eine intensive, öffentliche Auseinandersetzung mit dem Impressionismus. Dass es in Berlin bereits vor den genannten Pionieren einige Bürger gab, die sich ebenfalls auf Gegenwartskunst konzentrierten, jedoch nicht aus Frankreich, sondern aus dem deutschsprachigen Raum, lässt sich an der Kunstsammlung des Berliner Kaufmanns und Bankiers Johann Heinrich Wilhelm Wagener (1782–1861) erkennen. Wagener sammelte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu seinem Tod mehr als 260 Gemälde, von denen die meisten von zeitgenössischen Künstlern der Berliner, Düsseldorfer und Münchner Schulen sowie von Landschaftsmalern aus dem

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deutschsprachigen Raum, der Schweiz, Frankreich und Belgien stammten. In seinem Testament bestimmte er, dass der preußische Staat mit der Auflage, »für die ungetrennte Erhaltung, Aufstellung und Benutzung der Sammlung« Sorge zu tragen, Alleinerbe werden sollte.81 Kurz nach seinem Tod wurde das »Wagenersche und National-Galerie« genannte Museum in Berlin eröffnet – nach der Fertigstellung des in »Alte Nationalgalerie« umbenannten Museums zog die Sammlung 1876 auf die Museumsinsel, wo sie noch heute zu finden ist. Neben Wagener gab es noch weitere Sammler von Gegenwartskunst in Berlin, die zur allgemeinen Entwicklung der Kunstszene beigetragen haben. So hat um 1900 die Bankiersfamilie von Mendelssohn gleichfalls einige große Mäzene für die Kunst hervorgebracht. Insbesondere Robert von Mendelssohn (1857–1917) war für den Kunstmarkt in Berlin entscheidend. So zählte er einerseits zu den großen Käufern französischer Werke u.a. von Pissarro, Manet und van Gogh. Andererseits trat er auch als Stifter in die Öffentlichkeit. Wie erwähnt schenkte er der Nationalgalerie mit Arnhold zusammen Édouard Manets Gemälde »Im Wintergarten«, weitere Arbeiten von Charles-François Daubigny, Paul Cézanne und Max Liebermann gingen durch ihn in Berliner Museen.82 Interessant ist auch, dass Robert von Mendelssohn zur Mitwirkung an der Tschudi-Spende aufgefordert wurde. Bei der »Tschudi-Spende« handelte es sich um die in München ansässige »Stiftung zum dauernden Gedächtnis Hugo von Tschudis«. Hugo von Tschudi (1851–1911) war zunächst Assistent von Wilhelm von Bode an der Berliner Gemäldegalerie und ab 1896 Direktor der dortigen Nationalgalerie. In den Kreis der Berliner KunstGesellschaft war er fest integriert. Eduard Arnhold und die Mendelssohns unterstützten ihn finanziell, Galeristen wie Paul Cassirer und Alfred Flechtheim berieten ihn ebenso wie Kunstkritiker und Museumsleute – u.a. Julius Meier-Graefe und Alfred Lichtwark. Nachdem er für von Bode zu einem ernsthaften Konkurrenten im Wetteifern um die Gunst der Berliner Mäzene geworden war, wechselte von Tschudi 1909 als Direktor der Staatlichen Galerien nach München, wo er in regem Austausch mit Künstlern wie Wassily Kandinsky und Galeristen wie Heinrich Thannhauser trat. Nach knapp zwei Jahren in München verstarb von Tschudi. Viele der von ihm ausgewählten Werke für die Münchner Neue Pinakothek konnten im Rahmen der »Tschudi-Spende« 1912 posthum angekauft werden. Die Spende wurde dabei vor allem von ihm nahestehenden Berliner Stiftern wie den Mendelssohns finanziert.83 Dadurch gelangten erstmals Werke französischer Impressionisten und Postimpressionisten in die 1853 in München eröffnete Neue Pinakothek. Bemerkenswert ist hierbei, dass die Sammlung der heutigen Pinakothek der Moderne, die erst 1945 begründet wurde und im Jahr 2002 einen eigenen Bau erhielt, als symbolisches, erstes Sammlungsgemälde ein Werk aus der Tschudi-Spende aufgenommen hat, das fauvistische Bild »Stillleben mit Geranien« von Henri Matisse aus dem Jahr 1910.84

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Mit Hugo von Tschudi richtet sich unser Blick auf den zweiten großen Museumsmann in Berlin, Wilhelm von Bode (1845–1929), der ebenfalls einen enormen Einfluss ab 1890 als Leiter der Berliner Gemäldegalerie und ab 1905 als Generaldirektor der Königlichen Museen zu Berlin auf die deutsche Museums- und Kunstlandschaft ausübte und zu Recht als »Bismarck der Berliner Museen« bezeichnet wurde. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Berliner Kunstszene rasant. Der Berliner Kunstverein wurde 1825 als einer der ersten deutschen Kunstvereine überhaupt gegründet – Nürnberg war der erste 1792.85 Ein Museumsprogramm wurde ab 1830 geplant und etwa ein Jahrhundert lang verfolgt. Von Bode war auch für eigene Museumsgründungen verantwortlich, 1904 initiierte er das heutige BodeMuseum als Kaiser-Friedrich-Museum auf der Museumsinsel, wo er als Generaldirektor die Ankäufe und damit die Grundlage der heutigen Bestände entscheidend mitprägte. Sein Engagement und seine enge Vernetzung in die Wirtschaftselite, d.h. insbesondere zu Sammlern, Künstlern und zur Familie des Kaisers führten zur Blütezeit der Berliner Sammlerkultur. Von Bode baute ein internationales Netzwerk von Sammlern, Kunsthändlern, Künstlern und Kunstkritikern auf. Er schuf ein Klima, in dem das Mäzenatentum in Kooperation mit dem Kaiserhaus gedeihen konnte. Allein in seiner ersten Ausstellung mit Alten Meistern, die von Bode 1883 anlässlich der Silberhochzeit des Preußischen Kronprinzenpaares in Berlin aus Privatbesitz bestritten hatte, waren gut 150 Kunstwerke aus mehr als 50 Privatsammlungen von ihm zusammengetragen worden.86 Die Eröffnung des »KaiserFriedrich-Museums« bzw. des heutigen Bode-Museums im Jahr 1904 unterstrich die Bedeutung Berlins als neue Kunstmetropole. Wie weitreichend von Bodes Tun war, zeigt sich auch an seiner zweiten wichtigen Gründung. Seit 1897 gibt es den von ihm initiierten »Verein der Freunde des Kaiser-Friedrich-Museums.« Bis heute verfolgt der Verein das Ziel, die Gemäldegalerie und Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin sowohl ideell als auch materiell zu unterstützen. Beispielhaft seien nun zwei bedeutende Sammler vorgestellt, die wie Arnhold und das Ehepaar Bernstein für den Berliner Kunstmarkt im 19. Jahrhundert von großer Bedeutung waren und dabei eng mit Wilhelm von Bode zusammenarbeiteten: Oskar Hainauer und James Simon. Der Berliner Bankier Oskar Hainauer (1840–1894) hatte als Repräsentant des Pariser Bankhauses Rothschild in Berlin seine Sammlung und deren Präsentation in einem zentral gelegenen Haus nach Pariser Vorbildern ausgerichtet. Nachdem Hainauer um 1870 die Bekanntschaft von Wilhelm von Bode gemacht hatte, zählte er zu dessen engem Kreis an Privatsammlern, die auch von diesem beraten wurden. Hainauers Sammlung italienischer Renaissance-Künstler, deutscher und niederländischer Gemälde war von durchgehend hoher Qualität. Für den Berliner Kunstmarkt dieser Epoche ist seine Sammlung auch dahin gehend von besonderer Bedeutung, da seine Witwe Julie Hainauer diese nach dem Tod ihres Mannes 1894 nicht an die Berliner Museen verkaufte, obwohl von Bode den Sammlungskatalog

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ihres Mannes verfasst und die Sammlung selbst für herausragend befunden hatte. Oskar Hainauer hatte seiner Frau vor seinem Tod geraten, die Sammlung für nicht weniger als 3 Mio. Mark zu verkaufen.87 Von Bode konnte ihr jedoch nur 1,25 Mio. Mark bieten. Er warnte Julie Hainauer zugleich, dass diese sein Kaufangebot nicht ablehnen dürfte, sonst würde sie in Missgunst des Kaisers fallen. Trotz dieser Warnung verkaufte Hainauers Witwe die Sammlung nicht an von Bode, sondern an den englischen Händler Joseph Duveen, auf den im nächsten Kapitel näher eingegangen wird. Die Sammlung verkaufte sie dabei zu einem Moment, als von Bode im Sommer des Jahres 1906 nicht in Berlin weilte und sie von dem jungen Duveen in Berlin besucht wurde. Duveen war umgehend dorthin gefahren, nachdem er von dem anstehenden Verkauf der Sammlung über einen österreichischen Mittelsmann gehört hatte.88 Für die komplette Sammlung bot ihr Duveen vier Mio. Mark, also mehr als das Dreifache als von Bode.89 Von ihm zeitlich unter Druck gesetzt, akzeptierte die Witwe den Preis und verkaufte an Duveen. Bereits kurz nach Eintreffen der Hainauerschen Werke in der Londoner Galerie konnte der Galerist die italienischen Renaissance-Skulpturen für einen Betrag an die Amerikaner Benjamin Altman, Peter A.B. Widener und John Pierpont Morgan verkaufen, der den Einkaufspreis der gesamten Sammlung überstieg.90 Die übrigen Werke der Hainauer-Sammlung bot Duveen bis zum Ende seines Lebens an. Einige Jahre nach Hainauer gelangten auch die Industriellen James (1851–1932) und Eduard Simon (1864–1929) in den Kreis von Wilhelm von Bode. Die beiden Cousins hatten Europas größtes Baumwollunternehmen aufgebaut und unterstützten die Berliner Museen auf äußerst großzügige Weise, wobei sie von dem Museumsmann von Bode jahrelang beraten wurden. Die Schwerpunkte der Sammlung von Eduard Simon waren die italienische Renaissance und das 18. Jahrhundert. James Simon war früh zu dem Entschluss gekommen, verschiedene Gattungen und Epochen systematisch zu sammeln, um sie zu einem späteren Zeitpunkt den Berliner Museen zu schenken. Simons Schenkungen von mehr als 10.000 Objekten verteilen sich heute auf sieben Staatliche Museen in Berlin.91 Die erste Großschenkung fand anlässlich der Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Museums 1904 statt, als James Simon dem heutigen Bode-Museum seine Renaissance-Sammlung übergab. Bereits zur Museumseröffnung wurden die gut 500 Werke in einem eigenen Raum, dem Kabinett James Simon, gezeigt. Zuvor 1898 hatte Simon die »Deutsche Orientgesellschaft« (DOG) gegründet. Ab 1911 finanzierte er Grabungen in Ägypten, wo die heute im Neuen Museum auf der Museumsinsel präsentierte Büste der Nofretete entdeckt wurde. Die zweite Großschenkung fand 1918 kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges statt, als Simon den Berliner Museen weitere 350 Werke vor allem der deutschen und niederländischen, spätmittelalterlichen Holzplastik schenkte.92 Simon gilt heute als einer der wichtigsten Unterstützer der Berliner Museen, dem nach einer langen Phase des Vergessens und der Unterdrückung in der Zeit des Nationalsozialismus und der deutschen Teilung erst ab 1973 und insbesondere ab 2019

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wieder Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Dem heutigen Berliner ist er als Stifter der Nofretete-Büste sowie als Namensgeber des neuen Eingangsgebäudes der Museen auf der Museumsinsel – der 2019 eröffneten »James-Simon-Galerie« – im Bewusstsein. Die Vorstellung dieser wichtigen Berliner Sammler und Kuratoren macht deutlich, dass viele Kunstwerke, die heute in den Staatlichen Museen in Berlin ausgestellt werden, auf das Engagement einzelner Mäzene und Museumsdirektoren zurückgehen. Ein Blick in die USA zeigt, dass dort gleichfalls der Ursprung der heute öffentlich zugänglichen Museen häufig auf einzelne Persönlichkeiten zurückzuführen ist. Im Gegensatz zu Berlin wurden diese Pioniere jedoch prominent in der Öffentlichkeit geehrt, sei es mit nach ihnen benannten Museumstrakten, Galerien oder Programmen. Dies geschah und geschieht auch vor dem Hintergrund, dass sie den heutigen Besucher zu eigenem Engagement anregen sollen.

5.5 New York im 19. Jahrhundert: Die Robber Barons des Gilded Age als Gründer der amerikanischen Kunstszene Insbesondere in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine bemerkenswerte Kunstszene in den ehemaligen Kolonien Großbritanniens, was mit dem starken Wirtschaftswachstum einerseits und dem neuen Selbstbewusstsein gegenüber dem ehemaligen Herrscher, dem Königreich Großbritannien, andererseits zusammenhängt. Die USA hatten 1776 England gegenüber ihre Unabhängigkeit erklärt. Bis zum Bürgerkrieg 1861–1865 fand vorrangig in den Nordstaaten eine schnelle Industrialisierung mit dem Bau zahlreicher Fabriken statt. Nach der Abschaffung der Sklaverei wurden die USA großflächig industrialisiert, was vom Ausbau eines riesigen Eisenbahn- und Straßennetzes begleitet wurde. Mit dem Ende der als »Frontier« bezeichneten Zivilisationsgrenze und der Auflösung des sogenannten »Indianer-Territoriums« 1890 war der Aufstieg der USA zur Weltmacht unaufhaltsam.93 Bis heute findet sich eine hohe Konzentration von Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft insbesondere in den ehemaligen Nordstaaten an der Ostküste mit New York und Boston als Zentren. Zunächst entwickelte sich der Kunstmarkt von der Seite der Sammler her, wobei von Beginn an eine große Tendenz zur Stiftung von Sammlungen an die Öffentlichkeit vorherrschte. Früh gab es ein erstes großes Museum in den USA. Es wurde von dem Maler Charles Willson Peale (1741–1827) 1784 nur acht Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung in Philadelphia gegründet. Von 1790 bis 1800 war Philadelphia die größte Stadt der USA und deren Hauptstadt, nachdem zunächst New York City 1788 bis 1790 die erste Hauptstadt des Landes war. Erst 1800 wurde Washington zur Hauptstadt der USA benannt. Das von dem Künstler in Philadelphia gegründete Museum, das auch als das »schönste« Museum im achtzehnten Jahrhundert be-

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zeichnet wurde,94 diente Peale dabei als Einnahmequelle. Obgleich das Haus keinerlei finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite erhielt, konnte Peale solide Einnahmen mit den Eintrittspreisen erzielen, da die Ausstellung auf großes Interesse in der Bevölkerung stieß. Es zeigte eine naturhistorische Sammlung von mehr als 100.000 Stücken, darunter befanden sich auch knapp 270 Gemälde sowie hunderte Vögel, Muscheln und sogar zwei Mammut-Skelette.95 Nach Peales Tod 1827 wurde die Sammlung aufgelöst. Peale gründete noch eine zweite Institution, die im Gegensatz zum Museum bis heute noch existiert, die »Pennsylvania Academy of the Fine Arts«. 1805 initiierte er die Akademie, die als älteste und noch heute bestehende Kunstschule sowie als das älteste Museum für Bildende Künste in Amerika gilt.96 Dass Philadelphia, Boston und New York, die auch zu den frühesten besiedelten Gebieten der USA zählen, ab etwa 1800 kulturell und intellektuell orientierte Bürger anzogen, zeigt sich auch an der Anzahl der Buchhändler. In New York sind 1800 bereits sechzig Buchhändler niedergelassen, was zum Vergleich ungefähr der Anzahl im damaligen Berlin entspricht.97 Innerhalb kurzer Zeit wurde New York zum Zentrum des amerikanischen Buchmarktes, was es bis heute geblieben ist. 1802 wurde hier auch nach dem Vorbild der Londoner »Royal Academy« die »American Academy of Fine Arts« mit dem Ziel gegründet, die Bildenden Künste aktiv zu unterstützen. Wenngleich sie 1841 wieder aufgelöst wurde, führten ihre Aktivitäten dazu, dass auch in anderen Städten ähnliche Ziele verfolgt wurden. Die vielen Neugründungen von Akademien und Museen in dieser Zeit scheinen bis heute als Vorbild für zeitgenössische Institutionen in den USA zu wirken, wobei die Unterschiede zu europäischen Museen groß bleiben. Bis heute werden Museen in den USA häufig von Personen geführt, die eine wirtschaftliche Ausbildung hatten. Die Wirtschaftlichkeit einerseits und die Zusammenarbeit mit der museumsnahen Umgebung andererseits sind zwei zentrale Stützen amerikanischer Museen. Besucher sollen möglichst aus allen Schichten, Bevölkerungs- und Altersgruppen kommen. Zahlreiche Freiwillige übernehmen verschiedene Aufgaben im Museum, täglich sind große Gruppen von Kindern und Jugendlichen anzutreffen. Mittels öffentlicher und oft kostenloser, für jeden Bürger zugänglicher Ausstellungen, Vorträge sowie Kunst- oder Geschichtsunterricht soll eine breite Bürgerschicht von klein auf gebildet werden. Dabei scheinen bis heute viele wohlhabende Amerikaner dem Vorbild Peales zu folgen, indem sie ein eigenes Privatmuseum gründen oder einen Teil ihrer Sammlung einem Museum schenken, wobei der Gedanke der Wirtschaftlichkeit auch öffentlich diskutiert und gefördert wird. Wie groß im 19. Jahrhundert noch der europäische Einfluss war, zeigt sich daran, dass zumindest die ersten Galerien in den USA von Deutschen, Franzosen oder Engländern gegründet wurden. Beispielsweise geht die bekannte Galerie M. Knoedler & Co. Gallery auf deutsche Gründer zurück. 1846 eröffnet die Pariser Galerie Goupil & Cie. eine Niederlassung in New York, 1852 wird der junge Michel Knoedler (1823–1878) aus Baden-Württemberg der dortige Leiter. 1857 kauft er Adolphe Gou-

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pil die amerikanische Niederlassung ab. Sein Sohn Roland Knoedler eröffnet weitere Zweigstellen der Galerie in Paris (1895), Pittsburgh (1897) und London (1908). Die Kunsthandlung ist zunächst führend im Verkauf Alter Meister, ab 1900 wird allmählich zeitgenössische Kunst eingeführt. Erst nach 165 Jahren schließt die Galerie 2011, nachdem sie in einen Fälscherskandal verwickelt war.98 Wie erwähnt eröffnete auch der Franzose Paul Durand-Ruel 1887 eine Galerie in New York. Dies geschah, nachdem bereits 1886 sein englischer Konkurrent Joseph Duveen dort eine Niederlassung gegründet hatte. Interessant ist auch die Gründung der »Düsseldorf Gallery« in New York. 1849 eröffnet der Amerikaner John G. Boker die Galerie, nachdem er zwanzig Jahre lang in Düsseldorf gelebt hatte. In seinen New Yorker Räumen wurde dementsprechend auch die rheinische Malerschule mit Künstlern wie Johann Peter Hasenclever und Andreas Achenbach vertrieben. Neben diesen Aspekten ist ein weiteres Charakteristikum des nordamerikanischen Kunstmarkts der heutigen Zeit historisch im 19. Jahrhundert begründet. Bis heute lassen sich amerikanische Privatsammler häufig von Experten beraten. Zu den ersten nordamerikanischen Kunstberatern und -verkäufern, die keine eigenen permanenten Verkaufsräume unterhielten, zählt Samuel Putnam Avery (1822–1904).99 Zunächst arbeitete Avery als Grafiker für verschiedene Magazine und Verlage. Ab den 1850er Jahren begann er, direkt von Künstlern Werke anzukaufen und an Verleger oder Bekannte zu vermitteln. In seiner New Yorker Wohnung veranstaltete er verschiedene Salons, 1864 öffnete er seinen sogenannten »Art Room«. 1867 wurde er als Verantwortlicher für das amerikanische Kunstdepartment bei der Weltausstellung in Paris nominiert, da er als Experte der zeitgenössischen amerikanischen Kunstszene galt. Seitdem beriet er zahlreiche bedeutende Kunden wie William H. Vanderbilt, A.T. Stewart und William T. Walters insbesondere beim Ankauf amerikanischer Kunst. Sein Einfluss auf den Kunstmarkt weitete sich aus, als er 1870 zu den Mitgründern des Metropolitan Museum of Art in New York gehörte, wo er als der einflussreichste Kunstberater des Museums galt.100 Dank seiner Verbindungen vermittelte er einige Sammlungen seiner Kunden als Leihgaben oder Schenkungen an das Museum wie z.B. die Sammlung moderner Malerei des Eisenbahnunternehmers William H. Vanderbilt. Vor seinem Tod schenkte dieser seine Sammlung von mehr als 17.000 Kupferstichen und Lithografien der New York Public Library, wo sie sich noch heute befindet. Avery reiht sich ein in eine lange Liste von Sammlern in den USA, die Zeit ihres Lebens bereit waren, einen Teil oder ihre gesamte Sammlung einem Museum und damit der Öffentlichkeit zu stiften. Mit dem Kunstsammeln war häufig der Gedanke verbunden, dass der einzelne zu Wohlstand gekommene Bürger seine Individualität und seine persönlichen Präferenzen der Öffentlichkeit demonstrieren wollte. Einige Sammler halfen dank dieses Mäzenatentums und der daraus resultierenden Sichtbarkeit verschiedener Kunstrichtungen bzw. Künstler, den Kunstmarkt in New York und damit der USA zu einem der größten weltweit zu entwickeln. Fakt ist,

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dass das wirtschaftlich und kulturell dominante Amerika, wie es sich heute präsentiert, in der sogenannten »Gilded Age« von einer Reihe von Persönlichkeiten geformt wurde, die mehr oder weniger direkt Einfluss auf den Kunstmarkt genommen haben. Viele dieser Sammler waren »Selfmade«-Männer. Vier bedeutende Persönlichkeiten werden näher betrachtet, neben Cornelius Vanderbilt, Andrew Carnegie und John Pierpont Morgan auch John D. Rockefeller. Vanderbilt war Reeder und Eisenbahnpionier, Carnegie Stahlmagnat, Morgan Bankier und Rockefeller Ölbaron. Cornelius Vanderbilt (1794–1877) ging als »Eisenbahnkönig« in die Wirtschaftsgeschichte der USA ein. Wenngleich er selbst nicht sammelte, sondern sich sein karitatives Engagement auf eine Universität und die Kirche konzentrierte, war sein unternehmerisches Tun äußerst wichtig für den Kunstmarkt in den USA. Dank seiner Dampfschifffahrt sowie seines Eisenbahnnetzes, das erstmals die wichtigsten Städte des großen Landes miteinander verband, konnten Personen und Waren wesentlich berechenbarer, sicherer und schneller transportiert werden. Nur dank Vanderbilts Verkehrsnetz konnte der Kunstmarkt florieren, da erst durch die von ihm geschaffenen neuen Schienenwege größere Mengen großformatiger und schwerer Arbeiten sicherer über Tausende von Kilometern transportiert werden konnten. Andrew Carnegie (1835–1919) zählt zu den bekanntesten Sammlern dieser Zeit, da seine »Carnegie Hall« in New York auch heute noch als eines der wichtigsten Konzerthäuser der Welt gilt. Carnegie, der sein Vermögen hauptsächlich in der Stahlindustrie verdient hatte und zu den größten Mäzenen seiner Zeit zählte – im Wissenschaftsbereich spendete er u.a. das Geld für mehr als 2500 Bibliotheken, für Universitäten sowie für die Ausbildung von Lehrern –, war auch der Gründer der »Carnegie International«, einer regelmäßig stattfindenden Ausstellung von zeitgenössischer Kunst. 1896 fand diese Ausstellung in Pittsburgh das erste Mal statt.101 Die Reihe dieser Ausstellungen mit Gegenwartskunst sollte die Bevölkerung informieren und bilden und damit das Verständnis für zeitgenössische Kunst stärken. Carnegie beabsichtigte durch die regelmäßig stattfindenden Ausstellungen und den Ankauf der »Old Masters of tomorrow« aus den jeweiligen Präsentationen, eine erste Sammlung moderner Kunst in den USA aufzubauen. Die Idee seiner »Carnegie International« hat sich seitdem weltweit durchgesetzt und wird nun eher als Biennale oder Triennale, je nach Rhythmus der Ausstellung, bezeichnet. Bis heute finden diese Ausstellungen zur Gegenwartskunst in Pittsburgh statt. Das entsprechende Museum hat mittlerweile über 300 Werke aus den bisherigen Präsentationen angekauft, beginnend mit den beiden ersten Erwerbungen durch Andrew Carnegie persönlich: Winslow Homers Gemälde »Das Wrack« von 1896 und James McNeill Whistlers Bild »Porträt des Señor Pablo de Sarasate« von 1884.102 Ein weiterer bedeutender Entwickler der Kunstszene dieser Zeit ist der Bankier John Pierpont Morgan (1837–1913), der nach den Börsenkrisen 1895 und 1907 durch den Aufkauf von Staatsanleihen die USA vor dem Staatsbankrott gerettet hatte. Seine umfangreiche Kunst- und Büchersammlung, die er neben seiner Tätigkeit als

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Präsident des New Yorker Metropolitan Museum of Art von 1904 bis 1913 aufbaute, stiftete er der von ihm gegründeten »Pierpont-Morgan-Library«. Als Morgan starb, hatte seine Privatsammlung aus Kunstwerken, Schmuck und Handschriften einen Wert, der heute etwa 840 Mio. US-Dollar entspricht. »Sein sonstiges Vermögen wird mit heute 1,2 Milliarden Dollar angegeben.«103 Als letzter amerikanischer Sammler sei John D. Rockefeller (1839–1937) kurz porträtiert, der als erster Milliardär und reichster Mensch der Neuzeit gilt.104 Mit seinem Geschäftspartner Henry Morrison Flagler gründete er die Standard Oil Company, die bis zu ihrer Zerschlagung im Jahr 1911 das größte Erdölraffinerieunternehmen der Welt war. John D. Rockefeller selbst wurde bereits Zeit seines Lebens zu einer Legende – für den Kunstmarkt selbst war sein Wirken insofern von immenser Bedeutung, als sowohl sein einziger Sohn John D. Rockefeller Junior (1874–1960) als auch sein Enkel David Rockefeller (1915–2017) zu den größten Kunstsammlern und Mäzenen des 20. Jahrhunderts zählen und insbesondere die New Yorker Öffentlichkeit bis zum heutigen Tag von ihren Ankäufen profitiert. John D. Rockefeller Jr. sammelte mit dem Vermögen seines Vaters vor allem Alte Meister wie Duccio di Buoninsegna oder Francisco de Goya, während seine Frau Abigail »Abby« Aldrich Rockefeller (1874–1948) die Gegenwartskunst bevorzugte. Das erste zeitgenössische Werk erwarb sie 1924, ein Aquarell des deutschen Expressionisten Erich Heckel. Es folgten Arbeiten von Pablo Picasso, Vincent van Gogh, Edgar Degas, Paul Cézanne, Henri Matisse, Henri Toulouse-Lautrec und Wassily Kandinsky. Rockefellers Gattin war neben ihrer wichtigen Multiplikatorrolle als Sammlerin auch Mitgründerin des Museum of Modern Art in New York, das 1929 mit Alfred Barr als erstem Direktor eröffnete. Bereits Zeit ihres Lebens schenkte Abby Rockefeller dem Museum ungefähr 2000 Gemälde, Skulpturen und Zeichnungen. Einige Werke übergab sie auch an andere Museen wie das Metropolitan Museum of Art und das Cloisters (beide in New York) sowie an das Rhode Island School of Design Museum auf Rhode Island. Die beiden anderen Mitinitiatorinnen des Museums of Modern Art waren Lillie P. Bliss (1864–1931) und Mary Quinn Sullivan (1877–1939). Die drei Damen Rockefeller, Bliss und Sullivan galten als die »Unbezwingbaren Ladies« der Kunstszene. Auch Lillie P. Bliss vererbte nach ihrem Tod zahlreiche Kunstwerke u.a. von Cézanne, Picasso, Matisse, Modigliani und Gauguin an das Museum of Modern Art. Mary Quinn Sullivan wurde zusätzlich als Mitgründerin des Indianapolis Museum of Art und als Leiterin einer eigenen Galerie ab 1932 mit ihrer Mitarbeiterin, der später berühmt gewordenen Betty Parsons, bekannt. Über das Museum of Modern Art übten die drei Amerikanerinnen Rockefeller, Bliss und Sullivan somit großen Einfluss insbesondere auf den New Yorker Kunstmarkt aus. Künstler, deren Werke vom Museum of Modern Art angekauft bzw. dort ausgestellt wurden, erfuhren damals wie heute eine direkte Wertschätzung, was sich häufig an steigenden Preisen zeigt. Abigails Erbe lebte noch bis ins 21. Jahrhundert in der sammlerischen Tätigkeit eines ihrer fünf Söhne weiter. David Rockefeller wurde als »Titan der Kunst« be-

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zeichnet, als nach seinem Tod im New Yorker Auktionshaus Christie’s 2018 seine Privatsammlung versteigert wurde.105 Mit dem Verkauf der Werke von Claude Monet oder Henri Matisse wurden nicht nur Weltrekordpreise erzielt, der Gesamterlös war zudem der höchste, der je mit einer einzigen Privatsammlung erreicht wurde. Die Einnahmen der mehrere Teile umfassenden Auktion kam ausschließlich »gemeinnützigen Zwecken zugute«.106 Als David Rockefeller mit 101 Jahren starb, endete der Einfluss der Familie Rockefeller auf die amerikanische Kunstszene.

6 Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts Die Avantgarde und zwei Weltkriege

6.1 Einleitung Das 20. Jahrhundert wird in zwei Hälften unterteilt, da der Zweite Weltkrieg auch für den Kunstmarkt eine dramatische Zäsur bedeutet. Die Zeit zwischen 1900 und 1945 ist von den beiden Weltkriegen geprägt, als die jahrhundertelang geltende Weltordnung auf den Kopf gestellt wird. Zu den tiefgreifenden Veränderungen in vielen Ländern zählen die Abschaffung der Monarchie und die Anerkennung der Frau als dem Mann ebenbürtig. Neben diesen gesellschaftlichen und politischen Veränderungen wird die betrachtete Zeit von vier bis heute nachwirkenden Entwicklungen beeinflusst, die auch den Kunstmarkt nachhaltig verändert haben: 1. von zahlreichen Erfindungen und neuen Technologien in den Bereichen Medizin, Raumfahrt, Elektronik und Kommunikation 2. von der Entwicklung der Demokratie als politischem System (Weimarer Republik) 3. vom Ende der Kolonialzeit und schließlich 4. von den politischen Extremsituationen des Nationalsozialismus und Faschismus, die durch Massenmord, Flucht und Vertreibung zu der größten Völkerwanderung der Neuzeit führten. Viele Händler, Künstler und Sammler flüchteten in der Zwischen- und in der Kriegszeit aus Europa – insbesondere aus Deutschland – nach Amerika, wo sie die neuen europäischen Kunstrichtungen bekannt machten. Dazu zählen beispielsweise Curt Valentin, Justin Thannhauser, Karl Nierendorf und Pierre Matisse. Als vielleicht wesentlichste Erneuerung in der Kunstgeschichte dieser Zeit kann sicherlich neben dem Entstehen der zahlreichen Ismen wie Futurismus, Expressionismus, Symbolismus oder Fauvismus die Schöpfung der abstrakten Kunst angesehen werden. So galt lange Zeit der russische Maler Wassily Kandinsky (1866–1944) als Urheber des ersten abstrakten Kunstwerkes der Welt. Er selbst datierte sein erstes rein abstraktes, unbetiteltes Aquarell von 1913 auf das Jahr 1910 vor. Heute gilt die schwedische Malerin Hilma af Klint (1862–1944) als Urheberin des ersten abstrakten Bildes, das mit »Ursprüngliches Chaos Nr. 16« betitelt und 1906/1907 entstanden ist. Da af Klint jedoch eine weitaus geringere Wirkung auf

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ihre Kollegen hatte als Kandinsky – auch durch ihr Geschlecht bedingt –, wurde Kandinsky für die Erfindung der Abstraktion berühmt. Die Zeit dieser Avantgarde-Kunst der Vorkriegszeit gilt auch als diejenige Periode, in der erstmals zahlreiche Ausstellungen präsentiert wurden, die zunächst ohne wirtschaftlichen Zweck ausgerichtet wurden, da sie vorrangig der Verbreitung und Durchsetzung der neuen Kunst dienen sollten. Dazu zählen die Überblicksausstellungen moderner Kunst in Deutschland, die unter dem Titel »Sonderbund Westdeutscher Kunstfreunde und Künstler« stattfanden. Die erste Ausgabe wurde 1908 in Düsseldorf gezeigt; ihren wichtigsten Auftritt hatte sie vier Jahre später 1912 in Köln, als Werke der drei bereits verstorbenen Väter der Moderne Vincent van Gogh, Paul Cézanne und Paul Gauguin gezeigt wurden. Das Jahr 1913 ist ein weiteres bedeutendes Jahr für die Kunstgeschichte und den Kunstmarkt, da an diesem Jahr häufig der Beginn der Moderne in Amerika festgemacht wird. 1913 fand erstmals die sogenannte »International Exhibition of Modern Art« – oder auch populär »Armory Show« – statt, zuerst in New York und anschließend in Chicago und Boston. Der Kunstmarkt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist von der Durchsetzung der Avantgarde-Kunst geprägt, die erstaunlicherweise von Amerika aus in Richtung Europa verlief. Dies bedeutet, dass die moderne Kunst – Abstraktion, Expressionismus, Fauvismus – zwar in Europa geschaffen, jedoch häufig von Amerika aus vermarktet wurde. Die moderne Kunst setzte sich weltweit erst durch, als die Amerikaner begannen diese zu kaufen. Es wird sich zeigen, dass auch der wohl bekannteste Künstler des 20. Jahrhunderts – Pablo Picasso – seinen kommerziellen Erfolg nicht zuletzt den Amerikanern verdankte, da er früh in amerikanischen Sammlungen wie der von Gertrude Stein vertreten war. Diese Entwicklung führte auch dazu, dass New York den beiden wichtigsten Handelsplätzen für Kunst – Paris und London – ihre bisherige Vormachtstellung streitig machte. Bis zur Jahrtausendwende 2000 blieb New York nahezu konkurrenzlos der wichtigste Umschlagplatz für Kunst. Erst im 21. Jahrhundert verschieben sich die Machtverhältnisse erneut.

6.2 New York bis 1945: Der Einfluss der Frauen und die Armory Show 1913 Bis 1900 waren Paris und London die beiden Metropolen, in denen sich internationale Künstler, Händler und Sammler trafen. Amerikanische Sammler fuhren häufig zum Kunstkauf an die Orte, an denen die neue Avantgarde entstand. Der boomende Import europäischer Kunst in die USA wurde zudem durch eine veränderte Steuerregelung in Amerika begünstigt. Galt 1897 noch das »US Revenue Act«, nach dem 20 % Einfuhrsteuer auf jedes Kunstwerk fällig wurde, das in die USA eingeführt wurde, so wurde dieses Gesetz 1909 abgemildert, indem Kunst, die älter als 100 Jahr war, nun steuerfrei importiert werden konnte.1 Dies führte zu einem ungewöhnlich

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hohen und bis heute nicht mehr erreichten Boom des Kunstmarkts für Alte Meister, die aus Europa in die USA exportiert wurden. Das Wirken der an diesem Transfer beteiligten Kunsthändler ist bis in unsere Zeit noch in den bedeutenden Museen der USA nachzuvollziehen. Die erwähnten Händler Joseph Duveen und Roland Knoedler, aber auch Jacques Seligman sowie Georges und Daniel Wildenstein verkauften in dieser Zeit Kunst aus Europa im Wert von mehreren Millionen Dollar in die USA.2

Gertrude Vanderbilt Whitney, ca. 1909

Da Amerika ein Einwanderungsland war und es demzufolge keine jahrhundertealte Tradition der Bürgerschicht geben konnte, war nicht nur die soziale Mobilität erstaunlich hoch, auch die Rolle der Frau änderte sich grundlegend. Erstmals in der Geschichte des Kunstmarktes traten in Amerika Frauen als bedeutende Akteure auf dem Kunstmarkt auf: als Sammlerinnen, die mit viel Geld Kunst erwarben, über das sie durch Heirat oder Geburt verfügten, als Künstlerinnen, die erfolgreich ihre Kunst verkauften oder als Galeristinnen, die wirtschaftlichen Einfluss ausüben konnten. In Europa finden sich dem entgegengesetzt erst nach dem Zweiten Weltkrieg bekanntere Kunsthändlerinnen, Künstlerinnen und Sammlerinnen. Das Kapitel über New York bis 1945 beginnt daher auch mit einer der wichtigsten Sammlerinnen der USA überhaupt, mit Gertrude Vanderbilt Whitney (1875–1942). Ihr Name ist heute noch bekannt, da nach ihr das »Whitney Museum of American Art« in New York benannt wurde. Als die bereits von Geburt an wohlhabende Toch-

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ter Gertrude Vanderbilt 1896 den reichen Erben Harry Whitney heiratete, verfügte sie über ein ansehnliches Vermögen. Früh wollte sie Bildhauerin werden, weshalb sie auch an der Art Students League of New York studierte. Obgleich sie einige öffentliche Aufträge und Einzelausstellungen (u.a. im Art Institute of Chicago) hatte sowie einen regen Austausch mit bekannten Zeitgenossen wie Auguste Rodin pflegte, hatte sie aufgrund ihres enormen Reichtums große Schwierigkeiten, ihre eigene Karriere als Künstlerin voranzubringen. Daher verlegte sie sich auf die Rolle einer Mäzenin und unterstützte besonders Künstlerinnen. 1908 eröffnete sie die »Whitney Studio Gallery« in New York, eine Art Künstler-Club, in dem Werke ausgestellt wurden und ein intellektueller Austausch stattfinden konnte. 1922 finanzierte sie das Kunstmagazin »The Arts«. Nachdem ihr Mann 1930 gestorben war, erbte sie sein Vermögen. Kurz darauf 1931 gründete sie das »Whitney Museum of American Art«, da das Metropolitan Museum of Art ihr Angebot, ihre Sammlung an moderner Kunst als Geschenk anzunehmen, abgelehnt hatte mit dem Argument, es wolle keine amerikanische Kunst in die Museumssammlung aufnehmen. Whitneys Sammlung aus fast 700 Kunstwerken bestand jedoch vorrangig aus Vertretern der amerikanischen Moderne. So entschied sie sich dazu, ein eigenes Museum zu gründen. Ihre Assistentin Juliana Force wurde die erste Museumsdirektorin. Das Whitney Museum hatte u.a. das Ziel, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass auch die amerikanische Kunst auf Augenhöhe mit der europäischen Kunst betrachtet werden könne. Bis heute hat das Whitney Museum diese Vorreiterrolle inne, amerikanischen Künstlern ihre erste substantielle Museumsausstellung zu ermöglichen. Bedeutende Amerikaner wie Jasper Johns, Nam June Paik, Cindy Sherman und Paul Thek hatten im Whitney ihre ersten musealen Überblicksausstellungen. Als Gertrude Whitney 1942 starb, vermachte sie dem Museum eine hohe Summe. Heute besitzt das Museum mehr als 24.000 Kunstwerke, die von mehr als 3500 Künstlern aus den USA geschaffen wurden.3 Gertrude Whitney war nicht die einzige Amerikanerin, die bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts Kunst sammelte. Die bekannte Schriftstellerin und Verlegerin Gertrude Stein (1874–1946) entdeckte ebenfalls die Gegenwartskunst für sich, jedoch die europäische. Schon früh erwarb Stein als Amerikanerin in Paris Werke der dortigen Avantgarde. Nachdem sie sich 1903 in Paris niedergelassen hatte, unterhielt sie in ihrer Wohnung mit ihrem Bruder Leo und ihrer Lebensgefährtin Alice B. Toklas zusammen einen Salon, in dem zu dieser Zeit nur ein kleiner Kreis bekannter Künstler wie Henri Matisse, Georges Braque und Pablo Picasso zusammenkam. Früh kaufte das Geschwisterpaar Stein Arbeiten von diesen Künstlern, neben weiteren von Paul Cézanne, Claude Monet und Paul Gauguin. Als Gertrude Stein 1913 in New York die Armory Show besuchte, schrieb sie den einzigen begleitenden, literarischen Beitrag für diese wichtige Ausstellung, bei der erstmals Werke von Avantgarde-Künstlern aus Europa in größerem Umfang in New York zu sehen waren. Gertrude Stein zählt damit zu den größten Unterstützern eines aktiven transatlanti-

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schen Austauschs zwischen Paris und New York zu ihrer Zeit. Amerikanische Kunstinteressierte konnten sich in ihrem Pariser Salon in persönlichen Gesprächen über die französische Kunstszene der Moderne informieren. Gertrude Steins Vermittlerrolle zwischen den Kontinenten ist nicht zu unterschätzen, da in ihrem Salon über die Jahre zahlreiche Amerikaner erstmals mit der französischen Avantgarde in Berührung kamen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden einige der auch heute noch bekanntesten Museen der USA in New York gegründet.4 Das Solomon R. Guggenheim Museum geht auf Solomon Robert Guggenheim (1861–1949) zurück, die ungewöhnlich starke Expansionspolitik des Museums wird gar als »Guggenheim-Prinzip« bezeichnet.5 Als der vermögende Guggenheim in den 1890er Jahren begann Kunst zu sammeln, interessierte er sich vorrangig für Alte Meister. Erst ab 1926, als er die Baronin Hildegard (»Hilla«) Rebay von Ehrenwiesen (1890–1967) kennenlernte, sammelte er auch Werke zeitgenössischer, europäischer Künstler. Von Rebay war als junge Frau selbst als Malerin abstrakter Bilder künstlerisch tätig. Später wurde sie zu einer der bekanntesten Förderinnen der gegenstandslosen, »non-objective« Malerei in New York. Dem Einfluss der Baronin auf den Mäzen wurde erst in jüngster Zeit besonders nachgegangen u.a. wurde sie in der Ausstellung »Art of Tomorrow« des Guggenheim Museums im Jahr 2005 gewürdigt.6 Guggenheim begann 1930 nach seinem Besuch im Dessauer Atelier von Wassily Kandinsky Werke des Künstlers zu erwerben. In demselben Jahr zeigte er dann erstmals Kandinskys abstrakte Gemälde in seinem New Yorker Apartment. Sieben Jahre später gründete er mit Hilla von Rebay als Gründungsdirektorin die »Solomon R. Guggenheim Foundation«. 1939 eröffnete die Stiftung in New York das »Museum of Non-Objective Art«, zunächst in angemieteten Räumen.7 1943 beauftragte Guggenheim den amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright mit einem Museumsneubau. Erst zehn Jahre nach dem Tod des Mäzens eröffnete das Museum 1959 im Herzen der Stadt. New York wurde mit Guggenheim und von Rebay erstmals zu einem kunstökonomisch bedeutsamen Handelsplatz nicht mehr nur für europäische Altmeister, sondern auch für abstrakte und zeitgenössische Kunst. Ein weiterer amerikanischer Sammler, dessen Einfluss auf den Kunstmarkt auf dem gesamten nordamerikanischen Kontinent nicht zu unterschätzen ist, führt uns wieder nach Philadelphia: der exzentrische Arzt, Pharmakologe und Chemiker Dr. Albert C. Barnes (1872–1951). Nachdem er mit dem deutschen Chemiker Hermann Hille 1899 ein Antiseptikum entwickelt und damit ein Vermögen verdient hatte, begann Barnes ab 1912 in Gegenwartskunst zu investieren. In Paris, wo er auch die Geschwister Stein in ihrem Salon traf, erwarb er zahlreiche Werke von Renoir, van Gogh, Sisley, Gauguin, Pissarro, Monet, Seurat und Degas. Wie bereits bei Paul Durand-Ruel gesehen trat die Künstlerin Mary Cassatt als Vermittlerin zwischen dem amerikanischen Sammler und den französischen Händlern auf und beriet Barnes beim Ankauf impressionistischer Werke. Dabei förderte Barnes die Künstler nicht

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nur durch Ankäufe ihrer Werke, sondern beauftragte diese auch direkt, z.B. Henri Matisse für eine Wand in der Barnes Foundation in Philadelphia. 1932 vollendete Matisse das auf die Wand gemalte Triptychon »The Dance II«. Zwischen 1912 und 1951 stellte Barnes eine umfangreiche Kunstsammlung insbesondere der Moderne zusammen, zu denen neben Tausenden Gemälden aus dem 16. bis 18. Jahrhundert 181 Werke von Renoir, 69 von Cézanne, 59 von Matisse, 46 von Pissarro, 18 von Rousseau sowie Arbeiten von van Gogh, Degas, Monet, Seurat und Modigliani zählten.8 Dazu kamen Stücke von afro-amerikanischen Künstlern, »Native American Pottery«, Schmuck, Möbel und Kunstgewerbe. Barnes kann damit zurecht als einer der wichtigsten Förderer von Avantgarde-Kunst gelten. Ohne ihn wäre die Durchsetzung der impressionistischen und modernen Kunst in den USA wesentlich langsamer gewesen. Das weitere Wirken von Barnes besteht darin, dass er als einer der Ersten mit dem Kunstsammeln einen als geradezu extrem zu bezeichnenden, pädagogischen Ansatz verfolgte. So stellte er als einer – möglicherweise sogar als erster – Unternehmer Kunst in seiner Pharmafabrik aus. Seine Arbeiter konnten die Werke jedoch nicht nur betrachten, sondern auch an den regelmäßig stattfindenden Vorlesungen teilnehmen. Ab 1922 führte Barnes in seiner Fabrik in Philadelphia die »Erwachsenenbildung« ein. Damit ermöglichte er der Arbeiterschaft einen direkten, kostenlosen Zugang zur ästhetischen Bildung. Dem entgegengesetzt reglementierte er jedoch den Zugang zur Foundation für Wissenschaftler und Intellektuelle. Erst wurde es Künstlern verboten, sich die Werke anzusehen, dann Kunstkritikern, schlussendlich durften auch keine Kunsthändler, Sammler bzw. Angehörige der »Society« seine Werke sehen.9 So wies Barnes beispielsweise auch den berühmten Schweizer Architekten Le Corbusier ab.10 Trotz oder gerade auch wegen dieser Restriktionen wurde die Barnes Sammlung weit über die USA hinaus bekannt. Viele der von ihm gesammelten impressionistischen und postimpressionistischen Gemälde zählen bis heute zu den bekanntesten Werken dieser Epoche. Seine Idee der Erwachsenenbildung breiter und benachteiligter Bevölkerungsschichten hat sich nicht nur in den USA weit verbreitet, in vielen Ländern gibt es spezielle Förderprogramme für die allgemeine Bevölkerung. War 1912 für Barnes das Jahr, mit dem seine Kunstleidenschaft begann, so war das Jahr 1913 der Zeitpunkt, in dem New York eine hohe Aufmerksamkeit in der Kunstwelt zuteil wurde. Die Wirkung der Armory Show kann nur als langfristig und weitreichend bewertet werden. In der Ausstellung von zeitgenössischen Gemälden und Skulpturen waren in New York unter dem Titel »The International Exhibition of Modern Art« gut 1250 Werke der fast 300 Künstler einen Monat lang in der Halle des 69. Regiments der Nationalgarde – der »69th Regiment Armory« – zu sehen, während wenig später in Chicago eine Auswahl von knapp 700 Werken drei Wochen lang im Art Institute präsentiert wurde. In Boston, dem dritten Ausstellungsort der Show, wurden noch 250 Werke in der »Copley Society of Art« ausgestellt.11 In der Armory Show wurde dem amerikanischen Publikum erstmals in großem Umfang

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und Spektrum die europäische Moderne präsentiert. Mit den Arbeiten von Künstlern wie Pablo Picasso, Georges Braque, Claude Monet, Édouard Manet, Vincent van Gogh, Paul Gauguin, Marcel Duchamp, Henri Matisse oder Wassily Kandinsky erhielten die Amerikaner einen Überblick über den Impressionismus, Post-Impressionismus, Symbolismus und Kubismus. Das Bemerkenswerte an der Armory Show waren sowohl die Qualität als auch die Quantität der mehr als tausend Kunstwerke – es war die weltweit größte Ausstellung moderner Kunst.12 Die vorherigen Präsentationen europäischer Gegenwartskunst in New York waren wesentlich kleiner: ab 1887 in Paul Durand-Ruels New Yorker Galerie oder ab 1905 in der Galerie »291« von Alfred Stieglitz, ebenfalls in New York. Finanziert werden konnte die Armory Show, die von der kurz zuvor gegründeten Künstlervereinigung »Association of American Painters and Sculptors« initiiert wurde, dank einiger weniger Mäzene – Gertrude Vanderbilt Whitney und Lillie P. Bliss wurden bereits erwähnt, Mabel Dodge Luhan und Isabella Stewart Gardner sind zwei weitere einflussreiche Sammlerinnen, die die Armory Show finanziell unterstützten. Auch sollte erwähnt werden, dass der Galerist Alfred Stieglitz sowie die beiden Künstler Claude Monet und Odilon Redon als Sponsoren der Show auftraten. Als Käufer von Werken sind der besprochene Albert Barnes, aber auch Henry Frick, Daniel H. Morgan und wieder Lillie Bliss, die 26 Bilder von Cézanne erwarb,13 hervorzuheben. Das Metropolitan Museum of Art zählte ebenfalls zu den Erwerbern einiger Werke. Es bezahlte den höchsten Preis für ein Kunstwerk, das auf der Show verkauft wurde: Das Gemälde »Colline des pauvres« von Paul Cézanne ging für 6700 Dollar als erstes Bild dieses Künstlers in ein amerikanisches Museum.14 Etwa ein Sechstel der Exponate – ca. 250 Arbeiten – wurde verkauft.15 Dementsprechend gering war der durchschnittliche Umsatz für die ausstellenden Händler: »Außer Vollard setzte keiner der aus Europa beliefernden Händler mehr als zweieinhalbtausend Dollar um. Die Deutschen Uhde und Goltz erreichten nur einige hundert Dollar, Thannhausers Einnahmen beliefen sich auf ganze 55,45 Dollar.«16 Diesem kurzfristigen wirtschaftlichen Misserfolg stand jedoch der große mediale und langfristige ökonomische Erfolg gegenüber. Die Show war äußerst wichtig für die Durchsetzung der Avantgarde-Kunst in den USA und in Europa. Zunächst liegt dies an der großen Besucherzahl. Die Ausstellung zog an allen drei Standorten zusammen gut 300.000 Besucher an. Zugleich wurde ausgesprochen umfangreich über die Ausstellung in den Medien berichtet, wobei jedoch die Mehrheit der Berichte negativ ausfiel.17 Einige wenige wichtige Persönlichkeiten der New Yorker Gesellschaft hingegen bewerteten die Ausstellung überaus positiv. Mabel Dodge Luhan schrieb beispielsweise an Gertrude Stein, dass die Armory Show »das wichtigste öffentliche Ereignis seit der Unabhängigkeitserklärung« sei.18 Der Mitorganisator und Laudator der Eröffnungsrede, der New Yorker Anwalt John Quinn, betonte ebenfalls die immense Bedeutung der Show: »Dieser Abend wird ein Markstein nicht nur für die Geschichte der modernen und amerika-

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nischen Kunst, sondern für die moderne Kunst im allgemeinen sein.«19 Ein anderer zeitgenössischer Kommentar lautete: »›Wir haben die Entwicklung zur modernen Kunst verschlafen‹, schrieb ein Amerikaner aus Paris an seine Malerkollegen daheim, ›ich werde nun helfen, alles zu tun, damit meine Landsleute aufwachen.‹«20 Wie umstritten die Kunst indes war, zeigt sich auch in diesen beiden Zitaten: »Für einen Journalisten waren Künstler wie Duchamp und Matisse ›verrückte Terroristen‹, welche ›die Welt auf den Kopf stellen wollten‹, während ein kunstbegeisterter Bankier trocken feststellte: ›Die Welt ist nicht in Ordnung, und diese Männer wissen es.‹«21 Die Nachwirkung der Armory Show zeigte sich teils direkt, vor allem aber indirekt in den darauffolgenden Jahren. Zum einen kam es zu zahlreichen Neugründungen kommerzieller Galerien in New York. Zum anderen nahm die Anzahl an Sammlern und amerikanischen Museen, die begannen Gegenwartskunst zu kaufen, rapide zu. Wie langfristig die Entwicklungen dieser Zeit waren, zeigt sich auch an dem oben erwähnten Alfred Stieglitz (1864–1946), der als Fotograf, Galerist, Publizist und Verleger tätig war und als einer der wichtigsten Wegbereiter junger Kunst in New York gilt. 1905 hatte er mit seinem Freund Edward Steichen zusammen die »Little Galleries of the Photo-Secession« in der Fifth Avenue gegründet – als Galerie »291«, der Hausnummer des Ladengeschäftes, wurde sie berühmt.22 Bis zur Schließung der Galerie »291« im Jahr 1917 zeigte Stieglitz impressionistische Werke u.a. von Pierre-Auguste Renoir, Édouard Manet, Henri Toulouse-Lautrec und Paul Cézanne, Skulpturen aus Afrika, Pablo Picasso und die Gemälde seiner Frau Georgia O’Keeffe. Stieglitz präsentierte die zweite der beiden einzigen Ausstellungen, die Henri Matisse Zeit seines Lebens außerhalb Frankreichs hatte, in seiner Galerie. Neben Stieglitz gab nur Paul Cassirer in Deutschland Matisse die Möglichkeit, Werke außerhalb seines Heimatlandes zu zeigen und zu verkaufen. Auch eröffnete Stieglitz die erste Einzelausstellung von Paul Cézanne in den USA. Und wahrscheinlich war Stieglitz auch der Erste, der in den USA Werke von Picasso präsentierte. Gesichert ist, dass Stieglitz die ersten amerikanischen Einzelausstellungen der Künstler Constantin Brancusi, Georges Braque, Gino Severini und Georgia O’Keefe ausrichtete. In zwei weiteren von Stieglitz gegründeten Galerien, der »Intimate Gallery«, die von 1925 bis 1929 bestand, und in der wesentlich größeren Galerie »An American Place«, die von 1929 bis zu seinem Tod 1946 bestand, fokussierte sich Stieglitz darauf, moderne, amerikanische Künstler auszustellen: allen voran Georgia O’Keeffe, Marsden Hartley und Arthur G. Dove. Stieglitz arbeitete jedoch nicht nur als Händler, der die europäische »revolutionäre« Kunst in die USA importierte, sondern er war auch als Verleger tätig. So war er 1896 maßgeblich an der Gründung des »Camera Club of New York« beteiligt. Den Newsletter des Clubs entwickelte er weiter zu dem Magazin »Camera Notes«, das ab 1897 erschien und bald als »the finest photographic magazine in the world« be-

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zeichnet wurde.23 Ab 1903 publizierte Stieglitz viermal jährlich das Magazin »Camera Work«, das bis 1917 existierte und neben Artikeln über zeitgenössische Fotografien auch Kritiken und Reproduktionen avantgardistischer Künstler enthielt. In den 53 Ausgaben der Zeitschrift lässt sich der Übergang von der Jahrhundertwende bis zur Moderne bis heute foto- und kunsthistorisch nachvollziehen.24 Auch heute noch wird der Begriff »Camera Work« wiederholt von Fotogalerien, -museen und -zeitschriften verwendet. Während der Galerietätigkeit von Stieglitz, insbesondere nach der Armory Show und dem Ersten Weltkrieg, mehren sich in New York die Galeriegründungen. Vor und nach der Großen Depression in den 1930er Jahren werden Galerien wie die »Downtown Gallery« von Edith Halpert 1926 bzw. ihre »American Folk Art Gallery« 1929 gegründet, in der ausschließlich amerikanische Gegenwartskunst gezeigt wird. Halperts Galeriekünstler Max Weber, Alfred Maurer und Charles Sheeler zählen zu den ersten USA-Künstlern, die eine mit der ihrer europäischen Kollegen vergleichbare Stellung einforderten. Halperts Galerie war auch die erste kommerzielle Galerie im New Yorker Stadtteil Greenwich Village, der sich insbesondere in den 1960er Jahren zum Zentrum der Beat-Szene entwickelte und bis heute als Konzentrationspunkt für Künstler und Literaten gilt. Andere Händler wie der Amerikaner Julien Levy und seine gleichnamige Galerie konzentrierten sich auf andere Kunstströmungen wie den Surrealismus und wagten zugleich den Schritt, Kunst in den neuen Medien zu vermarkten. Seine »Julien Levy Gallery«, die zwischen 1931 und 1948 bestand, gilt heute als erster kommerzieller Handelsplatz für künstlerische Fotografie und Experimentalfilme in den USA.25 Zugleich setzte sich der Trend fort, dass europäische Galeristen in New York Niederlassungen gründeten. So führte Pierre Matisse, der Sohn von Henri Matisse, von 1932 bis zu seinem Tod 1989 eine Galerie in New York.26 Auch ein Deutscher übte erheblichen Einfluss auf die amerikanische Kunstwelt der Zeit aus: Wilhelm Valentiner (1880–1958) ging 1908 dank der Vermittlung von Wilhelm von Bode, bei dem er als Assistent gearbeitet hatte, als Kurator an das Metropolitan Museum of Art in New York. 1913 gründete Valentiner die Zeitung »Art in America«, die bis heute regelmäßig erscheint. Valentiner gilt als der Erfinder der sogenannten »Blockbuster«Ausstellung, wie wir sie heute kennen, da er 1909 als Kurator des Metropolitan Museum of Art für die Ausstellung zum Goldenen Zeitalter der Niederländer anlässlich des 300. Geburtstages des Entdeckers des Hudson Rivers, Henry Hudson, und des 100. Jahrestages der Erfindung des Raddampfers verantwortlich war. Die niederländischen Alten Meister, die aus nordamerikanischen Sammlungen geliehen waren, zogen in nur fünf Wochen mehr als 200.000 Besucher an. Nach seiner erzwungenen Rückkehr nach Deutschland während des Ersten Weltkrieges kehrte Valentiner 1921 wieder in die USA zurück, wo er mehrere Museen bei Ankäufen insbesondere von Alten Meistern beriet – er übte damit als einer der Ersten den Beruf des »Art Consultant« aus, der sich in den letzten Jahrzehnten als eigenes Berufsbild entwi-

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ckelt hat. Bis zu seinem Tod 1958 war Valentiner an vielen Museen in den USA tätig, so am Detroit Institute of Arts als Leiter, am Los Angeles County Museum of Art und dem J. Paul Getty Museum als Kurator sowie am North Carolina Museum of Art als Gründungsdirektor.27 Valentiner konnte somit als deutscher Experte für Alte Meister sein Wissen in die USA exportieren. Mit dem zunehmenden Austausch zwischen Europa und Amerika sowohl auf kommerzieller als auch kuratorischer Ebene fand zunächst ein Wissenstransfer von der Alten in die Neue Welt statt. Nach der Armory Show nahmen die öffentlichen Debatten zu, auf welchem Kontinent die umfangreicheren, bedeutenderen Sammlungen an Gegenwartskunst zu finden seien. Der bekannte Künstler Marcel Duchamp hielt bei der Jubiläumsfeier zur Armory Show fünfzig Jahre später, 1964, eine Rede, in der er betonte, dass innerhalb eines halben Jahrhunderts (1913 bis 1963) seit der Armory Show die USA sowohl in Privatsammlungen als auch in Museen die besten Zusammenstellungen weltweit an moderner Kunst zusammengetragen hätten.28 Eindeutig ist zumindest, dass seit 1913 die USA mit New York als Zentrum auf dem internationalen Kunstmarkt die Vorherrschaft nach und nach für sich beanspruchte, und ab dem Zweiten Weltkrieg auch offenkundig den Markt dominierte.

6.3 London bis 1945: Joseph Duveen – der wichtigste Kunsthändler aller Zeiten Das Kapitel beginnt mit dem Händler Joseph Duveen (1869–1939), der in dieser Zeit sowohl in London als auch in New York der wichtigste Kunsthändler war. Bereits zu Lebzeiten war der Brite eine Legende, 1919 wurde er zum »Knight Bachelor« geadelt und 1927 zum »Baronet of Millbank« erhoben. Joseph »Joe« Duveen war der älteste Sohn von Joseph Joel Duveen, der 1879 in London einen Antiquitätenhandel eröffnete und dabei von seinem jüngeren Bruder Henry unterstützt wurde, worauf der Geschäftsname »Duveen Brothers« zurückzuführen ist.29 1886 wurde die New Yorker Filiale, die dort bereits seit 1877 asiatisches Porzellan vertrieb, in eine Kunsthandlung umgewandelt. 1897 wurde schließlich eine weitere Filiale in Paris eröffnet. Bereits mit 17 Jahren trat 1886 der älteste Sohn Joseph in den Antiquitätenhandel ein. Von 1909 bis zu seinem Tod 1939 leitete er das Unternehmen als dessen Präsident. Kurz nach seinem Eintritt in die Firma folgten auch die ersten großen bedeutenden Ankäufe durch die »Duveen Brothers«: Sie erwarben zahlreiche Alte Meister 1890 in der Auktion des »Mulgrave Castle« und 1892 bei der »Murrieta«-Versteigerung, beide bei Christie’s London.30 Auf den Ankauf der Hainauer-Sammlung durch die Duveen Brothers im Jahr 1906 wurde bereits im Kapitel über den Berliner Kunstmarkt des 19. Jahrhunderts eingegangen. Lediglich ein Jahr später wurde der noch umfangreichere Kauf der Sammlung von Rodolphe Hirsch Kann durchgeführt.31 Gemeinsam mit seinem On-

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kel Henry erwarb Joseph die Kollektion, die Rodolphe Hirsch Kann (1845–1905) innerhalb von gut zwanzig Jahren zusammengestellt hatte. Dabei verhandelten sie nicht direkt mit Kanns Erben, sondern agierten über die Vermittler René Gimpel und Nathan Wildenstein, zu denen im nächsten Kapitel näheres zu erfahren ist. Duveen bezahlte den sensationellen Betrag von 4,2 Mio. US-Dollar für Kanns Sammlung, die zu den wichtigsten Kunstkollektionen Europas zählte. Neben elf Gemälden von Rembrandt hatte Kann Arbeiten von Peter Paul Rubens, Anthonis Van Dyck, Frans Hals, Jan Vermeer, Domenico Ghirlandaio, Franciso Goya, Diego Vélazquez und französische Meister wie François Boucher, Jean-Antoine Watteau und JeanHonoré Fragonard gesammelt – dazu kamen noch zahlreiche andere Sammlungsobjekte wie feinste Möbel, Elfenbein- und Bronzeskulpturen, chinesische Kleinfiguren, Uhren und Vasen. Die Auflistung aller Arbeiten der von ihnen angekauften Kann-Sammlung füllten bei den »Duveen Brothers« vier großformatige Ankaufsbände. Als die Presse in London und Paris von dem Ankauf erfuhr, kam es im August 1907 zu einem öffentlichen Aufschrei: Nicht nur war der Kaufpreis außergewöhnlich, auch die Tatsache, dass ein Brite dank der Vermittlung der beiden Franzosen Wildenstein und Gimpel diese urfranzösische Sammlung gekauft hatte, wurde heftig diskutiert.32 Innerhalb der beiden darauffolgenden Jahre konnte Joseph Duveen Arbeiten aus dieser Kollektion für mehr als vier Mio. Dollar, und damit für den Ankaufspreis, verkaufen – Käufer waren wohlhabende Amerikaner wie John Pierpont Morgan, Archer Milton Huntington, Benjamin Altman und Joseph E. Widener. Duveen konnte hier einen ähnlich schnellen und großen Verkaufserfolg verzeichnen wie beim Weiterverkauf der Berliner Sammlung Hainauer. Das Besondere an Duveens Verkaufsstrategie war, dass er die Werke an ihrem Ursprungsort in Kanns Pariser Stadtpalais hängen ließ und diese dort den Interessenten anbot.33 Auch im weiteren Karriereverlauf konnte Duveen erfolgreich große Sammlungskomplexe verkaufen wie beispielsweise an Henry Clay Frick den »Fragonard«-Raum von J.P. Morgan, wie er im New Yorker Metropolitan Museum of Art ausgestellt worden war und wie er heute noch in der Flick Collection in New York zu sehen ist.34 An diesem Beispiel wird deutlich, dass bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus einem öffentlich zugänglichen Museum Werke verkauft wurden. Bis heute werden solche Verkäufe möglichst diskret abgewickelt, jedoch ist es eine Tatsache, dass derartige Museumsverkäufe seit mehr als hundert Jahren stattfinden. Die Bedeutung Duveens für den transatlantischen Kunstmarkt war immens. Das »Konzept Duveen« bestand in einer einfachen Erkenntnis: Europa auf der einen Seite besaß sehr viel Kunst und Amerika auf der anderen Seite verfügte über sehr viel Geld. Duveens Erfolg beruhte auf dieser einfachen Beobachtung. Früh wurde Duveen zu einer Legende, er verkaufte »nicht Bilder, sondern Unsterblichkeit«.35 Duveens amerikanische Käufer gaben über Jahre hinweg hohe Summen bei ihm aus. So ist bekannt, dass das Ehepaar Arabella und Henry Edwards Huntington allein in den Jahren 1908 bis 1917 Kunst für mehr als 21 Mio. US-Dollar bei Duveen eingekauft

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hat.36 Von der legendären Sammlung von Andrew A. Mellon stammte die Hälfte der erworbenen Werke von Duveen. Dies ist umso bemerkenswerter, als Mellons Sammlung die Grundlage für die National Gallery of Art in Washington bildet. Das bedeutet in der Konsequenz, dass Duveens Einfluss auf die amerikanische Öffentlichkeit und deren Wissen über europäische Meisterwerke bis heute nachwirkt. Bedeutende Werke, die Duveen an Sammler wie Mellon verkauft hat, sind bis zum heutigen Tag diejenigen Kunstobjekte, die Amerikaner in ihren Museen betrachten können. Nach vorsichtigen Schätzungen der Verkäufe von Duveen in amerikanische Sammlungen kann davon ausgegangen werden, dass etwa 75 Prozent der dortigen Bestände an herausragenden italienischen Altmeistern von Joseph Duveen exportiert wurden. Amerikanische Kunstinteressierte erfahren in Bezug auf die Bildung ihres Wissens über europäische Altmeister eine Prägung nach dem »Duveen-Geschmack«.

Joseph Duveen, 1st Baron Duveen, 1920er Jahre

Duveens einzigartiger Erfolg als Kunsthändler beruhte zu einem großen Teil auf seinem weit verzweigten Netzwerk an Informanten: Auf der eine Seite fanden sich diejenigen, die an ihn ihre Werke verkaufen wollten oder mussten, auf der anderen Seite sind die potentiellen Abnehmer dieser Arbeiten. Beide Netzwerke baute er systematisch mit Hilfe einiger weniger Persönlichkeiten auf. So waren für ihn

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in England Adlige wie Lord Esher, der Privatsekretär von Edward, dem Prince of Wales, oder Lord Farquhar, der Bankier von König George V., sowie Lee Lord of Fareham, ein Sammler, Admiral, Diplomat und Professor für Militärstrategie, der später dem Board of Trustees der National Gallery vorstehen und einer der drei Gründerväter des Courtauld Institutes werden sollte, tätig. Diese Adligen konnten ihm sagen, welches Adelshaus in finanzielle Schwierigkeiten geraten war und Teile aus seiner Kunstsammlung verkaufen musste. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor von Duveens Erfolg war zudem, dass er nicht alleine agierte, sondern auf seine Familie an den verschiedenen Niederlassungen seines Handels zurückgreifen konnte. Sein Onkel, sein Neffe, sein Cousin – zeitweise umfasst das Familiennetzwerk »ein Dutzend aktive Angehörige«, die mit Joseph Duveen zusammenarbeiten.37 Des Weiteren kamen noch zahlreiche teilweise langjährige Kooperationen mit Kunsthändlerkollegen wie den bereits erwähnten René Gimpel oder Nathan Wildenstein sowie einige ausgewählte Kunstexperten zum Tragen. Zu diesen letzten zählte der litauischdeutsch-amerikanische Kunsthistoriker Bernard Berenson (1865–1959), der selbst eine Ikone der Kunstwelt des 20. Jahrhunderts ist. Der in die USA emigrierte und dort an der Harvard Universität in Boston studierte Kunsthistoriker Berenson galt zu seiner Zeit als Koryphäe, als der Renaissance-Experte schlechthin. Bis heute bilden einige von Berensons Publikationen wie sein Buch »North Italian Painters of the Renaissance« von 1907 die Basis für die Renaissance-Forschung. Wenn Berenson ein Werk einem bestimmten Renaissance-Künstler zu- oder absprach, änderte sich dementsprechend der Wert des Bildes. Zu Beginn seiner Tätigkeit als Berater, Händler und Vermittler stand seine Verbindung zu Isabella Stewart Gardner, einer Sammlerin und Unterstützerin der Armory Show. Berenson kaufte nach seinem Studienabschluss in den 1890er Jahren für die wohlhabende Sammlerin in Italien für einige Millionen US-Dollar Werke der Renaissance ein. In der Zeit zwischen 1911 und 1937 verdiente Berenson mehr als 8 Mio. US-Dollar, bereits 1908 konnte er sich daher die Villa »I Tatti« bei Florenz leisten, in der er mit seiner Frau seit 1900 wohnte und die heute ein Zentrum der Harvard Universität für Renaissance-Forschung ist.38 Berenson erhielt von Duveen eine Art Erfolgsprovision: In ihrem Abkommen von 1912 bestimmten sie, dass »BB« (wie Berenson genannt wurde) einen vorab definierten Prozentsatz – zwischen 10 und 25 Prozent des Verkaufspreises – erhalten würde, wenn Duveen ein Werk verkaufte, das der Erstgenannte mit einem Authentizitätsnachweis versehen hatte.39 Die gemeinsamen Transaktionen wurden anschließend in einem Buch (»the X Book«) festgehalten, zu dem nur Duveen und sein engster Mitarbeiter Edward Fowles Zugang hatten.40 Die Zusammenarbeit zwischen dem Gelehrten und dem Händler dauerte bis 1937, als sich beide uneins über die Zuschreibung des Werkes »Die Anbetung der Hirten (Allendale-Geburt)« aus den Jahren 1505–1510 waren. Das Gemälde war eines der letzten bedeutenden Werke, das Duveen verkaufte. Bei der Auseinandersetzung stand Duveens Meinung, es hande-

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le sich um ein Werk von Giorgione – wie die heutige Forschung es sieht – der Ansicht Berensons gegenüber, der behauptete, es sei ein Werk von Tizian.41 Duveen ließ sich nicht nur von Bernard Berenson beraten, sondern auch von Wilhelm von Bode, den er ebenfalls für seine Beratertätigkeit vergütete. Diese Beziehung bestand auch über viele Jahre, wenngleich ihre Anfänge mit der HanauerSammlung in Berlin schwierig waren. Joseph Duveen beriet Morgan, Frick, Huntington, Mellon oder Kress nicht nur beim Aufbau von Kunstsammlungen, sondern auch bei der Vermittlung von zinslosen Krediten, bei Bauvorhaben oder der Inneneinrichtung, der Herstellung von aufwendigen Repliken der Werke oder von Katalogen. Er erteilte ihnen dabei zudem Ratschläge, die sie für die Nachwelt durch Museumsstiftungen unvergesslich machten: Indem Duveen die Öl-, Stahl-, Zeitungs-, Eisenbahn- und Informationsdienstmogule überredete, ihre Sammlungen so zu gestalten, dass sie eines Tages einem öffentlichen Museum gestiftet werden können, unterstrich er einerseits seine Legitimation, ihnen nur die besten – und teuersten – Kunstwerke anzubieten, andererseits verschaffte er ihnen »Unsterblichkeit« sowie große Steuervorteile. Seine Beratung war, wie Philip Hook es formulierte, »genius.«42 Dass er wiederholt von anderen verklagt wurde und selbst Geschäftspartner verklagte, ist belegt. Das Jahr 1909 markierte für ihn ein Wendejahr, da wie anfangs erwähnt Kunstwerke ab diesem Jahr, die älter als 100 Jahre waren, aus Europa steuerfrei in die USA exportiert werden konnten. In demselben Jahr erließ das Vereinigte Königreich ein weiteres Steuergesetz, infolgedessen Überseeniederlassungen von genuin britischen Firmen auch in Großbritannien Steuern zahlen sollten. Dadurch bedingt verlagerte Duveen sein Geschäft aus London nach Paris und New York. In der Folge des britischen Gesetzes nahm der transatlantische Handel mit Altmeistern von London und Paris in Richtung New York enorm zu. Zur Einführung des Gesetzes 1909 begann zudem der amerikanische Zoll zu überprüfen, ob New Yorker Kunsthandlungen sämtliche Kunstwerke rechtmäßig eingeführt hatten. In einem Prozess mit der amerikanischen Regierung stellte sich nun heraus, dass Duveen jahrelang zwei Buchhaltungsbücher geführt hatte: ein realitätsgetreues und eines, das für Zollerklärungen manipuliert worden war.43 Nachdem er 1910/1911 verurteilt wurde und 10 Mio. US-Dollar nachzahlen sollte, konnte er aufgrund seines Einflusses und der Argumentation seiner Rechtsanwälte diese Summe auf 1,2 Mio. US-Dollar reduzieren.44 Duveen hat Zeit seines Lebens ebenso wie sein kunsthistorischer Berater Berenson die Altmeister wie die Holländer oder die Renaissance-Künstler hochgeschätzt. Beiden missfiel es, wenn einer ihrer Kunden jüngere oder sogar zeitgenössische Künstler kaufte.45 Die einzigen unmittelbaren Konkurrenten von Duveen waren dementsprechend nicht Galeristen und Händler lebender Künstler wie der Impressionisten-Händler Durand-Ruel, sondern Kollegen, die auch Alte Meister anboten. Dazu seien zwei Kunsthandlungen in London vorgestellt, die mit Duveen

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zusammen die Stadt zu einem zentralen Handelsplatz für Altmeister machten: die Agnew’s Gallery und Colnaghi. »Agnew’s« wurde wie im vorherigen Kapitel dargelegt 1817 von Thomas Agnew als Kunsthandlung in Manchester gegründet, 1860 zog sie nach London um. Im 19. Jahrhundert konzentrierte sich das Geschäft auf viktorianische Zeitgenossen, ab der hier betrachteten Zeit bis zum heutigen Tag auf Alte Meister. Bis zum Jahr 2013 wurde die Kunstgalerie von Familienmitgliedern geführt. Sir William Agnew (1825–1910) und Lockett Agnew (1858–1918) bauten den Handel zum führenden Altmeistergeschäft um, das sowohl britische als auch amerikanische Großsammler beriet. Zu diesen zählten insbesondere Edward Cecil Guinness, Alfred de Rothschild und König George V. sowie die erwähnten Amerikaner Henry Clay Frick, Paul Mellon (der Sohn von Andrew W. Mellon) und Samuel Henry Kress. Agnew’s war sowohl ein Konkurrent, den Duveen mehrfach aus dem Geschäft mit bestimmten Bildern drängen wollte, als auch ein Partner, mit dem er zusammenarbeitete. Die zweite Kontrahentin von Duveen war die Kunsthandlung »Colnaghi«, die als älteste kommerzielle Galerie der Welt gilt.46 1760 wurde sie in Paris von Anthony Torre gegründet, bereits 1767 zog sie nach London um. Lange war das Geschäft bekannt für den Vertrieb von Grafiken. Paul Colnaghi (1751–1833) gab ihm den Namen, als er ab 1785 mit Torre in London zusammenarbeitete. Die Ausrichtung der Galerie änderte sich grundlegend, als 1894 Otto Gutekunst (1865–1939) begann, in London zu arbeiten und dort bis zu seinem Tod als Direktor tätig war.47 Mit ihm verschob sich das Geschäft in Richtung Altmeister. Zudem öffnete sich der Kundenkreis hin zu den bereits mehrfach zitierten Amerikanern Isabella Stewart Gardener, Henry Clay Frick, Robert Sterling Clark und Andrew W. Mellon. Gutekunsts erste wichtige Neukundin war Isabella Stewart Gardener, die zwar nicht direkt bei ihm und damit bei Colnaghi einkaufte, aber in großem Umfang indirekt über Bernard Berenson. Beide – Gutekunst und Berenson – können als Hauptberater Gardeners gelten. Gardeners Sammlung, die die Grundlage für das in Boston zwischen 1896 und 1903 erbaute »Isabella Stewart Gardener Museum« bildet, darf bis heute nicht in ihrer Zusammensetzung oder Präsentation verändert werden. Als ihr gemeinhin wichtigster Ankauf gilt das Gemälde »Der Raub der Europa« von Tizian von 1560–1562, das wohl bedeutendste italienische Renaissance-Gemälde in Amerika. Gutekunst und Colnaghi waren ebenfalls für den Verkauf von Bildern von Rembrandt und Vermeer an die Berliner Gemäldegalerie über deren Direktor Wilhelm von Bode verantwortlich. Colnaghi wirkte auch an dem sogenannten »Eremitage-Deal« in den Jahren 1930 bis 1932 mit. 1929 hatte die Sowjetunion entschieden, Meisterwerke aus der Petersburger Eremitage zu veräußern. Das erste Konvolut von 250 Gemälden erwarb der armenische Industrielle und Großsammler Calouste Gulbenkian (1869–1955), der als reichster Mann der Welt starb.48 Gulbenkian brachte sie neben Tausenden von weiteren Werken von der Antike über Meisterwerke von Rubens, Rembrandt, Turner oder Degas bis zu seinen Zeitgenossen in seine Stiftung »Fundação Calous-

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te Gulbenkian« ein, die die Basis des 1969 eröffneten Museum Calouste Gulbenkian in Lissabon bildet.49 1930 wurden dann Colnaghi in London und Knoedler in New York gefragt, ob sie weitere Werke aus der Eremitage ankaufen wollten. Gemeinsam erwarben sie Meisterwerke von Sandro Botticelli, Anthonis van Dyck, Tizian, Giovanni Battista Tiepolo, Jan van Eyck und Peter Paul Rubens. Zahlreiche Gemälde gingen teilweise über amerikanische Privatsammlungen in öffentliche Museen, wo sie sich noch heute befinden. Beispielsweise stiftete Andrew A. Mellon 21 Gemälde aus der Eremitage an die National Gallery of Art in Washington. Andere Werke gingen an das Amsterdamer Rijksmuseum und an das Metropolitan Museum of Art.50 So befinden sich viele der Meisterwerke aus der Petersburger Eremitage heute in Lissabon, Washington, Amsterdam und New York. Der Kunstmarkt im London der 1920er und 1930er Jahre war nicht nur von den genannten herausragenden Altmeister-Händlern geprägt, sondern auch von einigen Galeristen, die sich im weniger lukrativen Geschäft mit zeitgenössischer Kunst engagierten. Die »Leicester Galleries« wurden z.B. 1902 von Cecil und Wilfred Phillips gegründet.51 Bis 1977 wurden hier mehr als 1400 Ausstellungen mit dem Fokus auf moderne britische Künstler wie Henry Moore, Robert Medley, Jacob Epstein oder Christopher Nevinson gezeigt. Für Henri Matisse und Camille Pissarro waren die Leicester Galleries ihr erster Ausstellungsort für Einzelpräsentationen in London. Insbesondere zwischen den Weltkriegen fanden hier bedeutende Ausstellungen statt: 1919 Matisse, 1921 Picasso, 1922 Degas, 1923 van Gogh, 1924 Gauguin und 1925 Cézanne.52 Auch die »Mayor Gallery« konzentrierte sich von Beginn an auf Gegenwartskunst, als sie 1925 von Fred Mayor gegründet wurde. Vor dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er eng mit Paul Guillaume in Paris zusammen, weswegen er französische Zeitgenossen wie Pablo Picasso, Georges Braque oder Fernand Léger in London präsentieren konnte. Hier hatten Künstler wie Paul Klee, Francis Bacon oder Max Ernst ihr Debut in London. Seit den 1970er Jahren wird die Galerie von seinem Sohn James Mayor weitergeführt. Der Schwerpunkt änderte sich fortwährend und reicht von der amerikanischen Pop Art und der Konzeptkunst bis zum Abstrakten Expressionismus. Hugh Lane war ein weiterer Händler der Zeit, der in England französische Künstler zeigte. An ihm lässt sich der große Einfluss einer einzelnen Persönlichkeit auf eine Region besonders gut nachvollziehen. Lane war Ire (1875–1915) und setzte sich erst in kommerzieller und dann in gesellschaftlicher Hinsicht sehr für den französischen Impressionismus ein. 1905 hatte er in Paul Durand-Ruels Londoner Niederlassung Werke von Monet, Manet, Pissarro, Renoir und Degas entdeckt.53 Zunächst arbeitete Lane bei Colnaghi im Altmeistergeschäft. Für die Nachwelt ist seine Initiative von Interesse, die wohl weltweit erste öffentliche Galerie für moderne Kunst gegründet zu haben. 1908 eröffnete er in Dublin die »Municipal Gallery of Modern Art«, die heute »Dublin City Gallery The Hugh Lane« heißt und häufig

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nur »The Hugh Lane Gallery« genannt wird. Da die Galerie neben bedeutenden impressionistischen Werken auch das Atelier und Archiv von Francis Bacon als Schenkung erhalten hat, ist sie bis heute ein wichtiger Ort in Irland für Gegenwartskunst. Dies ist dabei nur einem einzelnen Protagonisten zu verdanken, Hugh Lane. Der Kunsthändler soll auch einen großen Einfluss auf einen heute wesentlich bekannteren Sammler moderner, französischer Malerei ausgeübt haben. Samuel Courtauld (1876–1947) soll begonnen haben, sich für die Impressionisten zu interessieren, nachdem er 1917 eine Ausstellung bedeutender Werke aus dem Nachlass von Hugh Lane in der Londoner Tate Gallery gesehen hatte. Ab 1922 baute Courtauld eine Sammlung mit Impressionisten und Post-Impressionisten auf, zu denen hervorragende Gemälde von Toulouse-Lautrec, Renoir, Cézanne, Gauguin, Manet oder Degas sowie ein einziges Bild von Picasso zählten. 1923 stiftete Courtauld eine erhebliche Summe an den »Courtauld Fund«, mit dem die National Gallery und die Tate Gallery in London den Ankauf moderner französischer Bilder realisieren konnten. Courtauld ließ sich Zeit seines Lebens von dem britischen Kunsthändler Percy Moore Turner (1877–1950) beraten, der seit 1897 in London die »Independent Gallery« führte.54 Turner war sowohl als direkter Verkäufer von Arbeiten an Courtauld tätig, als auch als sein Vermittler. Auch half dieser ihm dabei eine Idee zu verwirklichen, die sich 1930 bei Courtauld und einigen anderen Händlern und Kritikern herauskristallisiert hatte. Man wollte ein wissenschaftliches, der breiten Öffentlichkeit zugängliches Institut gründen, in dem Kunstgeschichte auf hohem, wissenschaftlichem Niveau gelehrt und gelernt werden konnte. Unterstützt wurde Courtaulds Gedanke von Lord Lee of Fareham, einem der bereits erwähnten Berater von Joseph Duveen, sowie von Sir Robert Witt, einem Rechtsanwalt und Sammler von Altmeisterzeichnungen.55 Alle drei Gründerväter – Lee, Witt und Courtauld – brachten ihr jeweiliges Vermögen und Wissen ein, um das erste Institut ins Leben zu rufen, in dem die Geschichte der Kunst als Universitätsfach angeboten wurde. 1931 schenkte Courtauld überdies das Gebäude am Portman Square und einen Teil seiner Kunstsammlung der Londoner Universität. 1933 konnte das Institut dank der von Courtauld zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel auch die Privatbibliothek des Hamburger Kunsthistorikers Aby Warburg ankaufen. Bis 1989 blieb das Institut in Courtaulds ursprünglichem Bau, dann zog »The Courtauld« in das wesentlich größere Somerset House um, wo die Galerie bis heute ansässig ist.

6.4 Paris bis 1945: Picassos Händler – Vollard, Wildenstein, Rosenberg und Kahnweiler Muss ein Kapitel über London mit Duveen beginnen, so sollte das Kapitel mit dem Fokus Paris bis 1945 mit der Wildenstein-Familie anfangen. In der Literatur wird folgender Vergleich zwischen dem Engländer und dem Franzosen gezogen: »Nach

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dem Tod von Joseph Duveen war Georges Wildenstein ohne jeden Zweifel der bedeutendste Kunsthändler der Welt.«56 Georges Wildenstein ist dabei nur ein Händler in der langen Familiengeschichte, die ihren Anfang mit Nathan Wildenstein im 19. Jahrhundert nimmt und mit David Wildenstein in das 21. Jahrhundert weitergetragen wird. Nathan Wildenstein (1851–1934) verließ 1870 seine elsässische Heimat, um in Paris ein Krawattengeschäft zu eröffnen. Eine Kundin bat ihn überraschenderweise darum, für sie ein Gemälde von Anthonis van Dyck zu verkaufen. Damit beginnt die Kunsthändlerdynastie, die bis heute für den französischen und nordamerikanischen Markt von großer Bedeutung ist. 1878 beginnt Nathan, in einem kleinen Apartment französische Malerei des Alten Régimes – Boucher, Fragonard, Chardin, Pater oder Nattier – zu vermitteln, 1890 eröffnet er seine erste Galerie im Zentrum von Paris. Bereits um 1900 zählte Nathan Wildenstein zu den fünf bedeutendsten Kunsthändlern von Paris, 1903 gründet er in New York mit seinem Partner Ernest Gimpel (dem Vater von René Gimpel) die Galerie »E. Gimpel & Wildenstein in New York«, die bis 1919 bestand. 1905 zieht Nathan Wildenstein in ein Pariser Palais in der Rue La Boétie.

Daniel und Georges Wildenstein, frühe 1950er Jahre

Sowohl Nathan als auch sein Sohn Georges (1892–1963) hatten ein ungewöhnliches Verkaufstalent. Beide erzielten wiederholt Margen in Höhe des Zwei- bis Fünfzehnfachen des Einkaufspreises, teilweise innerhalb von wenigen Wochen.57 Diese Margen waren für die Zeit sowohl vor als auch nach den Weltkriegen selbst für seinen Konkurrenten Duveen nicht die Regel. Darüber hinaus kann zu Nathan Wil-

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denstein festgehalten werden, dass er maßgeblich an dem deutlichen Preisanstieg der Werke französischer Kunst des 18. Jahrhunderts beteiligt war. Nathan erreichte diese Preissteigerung insbesondere dadurch, dass er – Joseph Duveen vergleichbar – europäische Altmeister an wohlhabende Amerikaner exportierte. Dass gerade die französische Kunst des 18. Jahrhunderts auf besonders starkes Interesse in den USA stieß, ist sicherlich auch den vorherrschenden Sujets zu verdanken. Amerikaner wollten ihren Reichtum demonstrieren und sich einen ihrer neuen gesellschaftlichen Position angemessenen Rahmen schaffen. Dazu eigneten sich die anmutigen, verspielten Kompositionen eines Boucher oder Fragonard hervorragend. Unter Nathans Sohn Georges Wildenstein, der ab 1910 mitarbeitete und 1934 nach dem Tod seines Vaters die Leitung übernahm, wird das Geschäft zunehmend internationalisiert, 1925 wird eine Filiale in London und 1929 in Buenos Aires eröffnet. Die New Yorker Galerie entwickelt sich zu einem der weltweit größten Umschlagplätze für Altmeister. Jährlich kaufte Georges Wildenstein gut tausend Kunstwerke. Es wird berichtet, dass er »in seinen Lagern nie weniger als 25 Courbets, 20 Renoirs, 15 Pissarros und je 10 Cézannes, van Goghs, Gauguins und Corots« bereit hielt.58 Georges Wildenstein war auch derjenige, der zusammen mit Paul Rosenberg, dem zweiten großen Kunsthändler in Paris, Pablo Picasso von 1918 bis 1932 vertrat, nachdem Picassos zweiter Hauptgalerist, der Deutsche DanielHenry Kahnweiler, im Ersten Weltkrieg Frankreich aufgrund seiner Nationalität verlassen musste. Zur Beziehung zwischen Wildenstein, Picasso und Rosenberg ist eine interessante Anekdote überliefert. Georges Wildenstein hatte auf seinem Schreibtisch zwei Telefone: Das eine verband ihn direkt mit Paul Rosenberg, das andere direkt mit dem Atelier von Picasso.59 Die Beziehung zwischen Wildenstein und Picasso endete erst im Jahr 1932, als Georges Wildenstein eine Affäre mit der Gattin von Paul Rosenberg hatte und dieser davon erfuhr.60 Nathan Wildenstein hatte sich im Pariser Kunstmarkt einen ausgezeichneten Ruf für den Handel mit französischer Kunst des 18. Jahrhunderts aufgebaut. Sein Sohn erweiterte die Ausrichtung der Galerie dahingehend, dass er in den 1920er Jahren nicht nur italienische, spanische und niederländische Gemälde, sondern auch Hunderte von impressionistischen Arbeiten kaufte. Dabei lehnte sein Vater den Handel mit lebenden Künstlern grundsätzlich ab. Nathan Wildenstein hatte seinen jungen Enkel Daniel davor gewarnt, nur mit Werken verstorbener Künstler zu handeln.61 Bis heute liegt der Schwerpunkt der Galerie auf dem Handel mit historischen Künstlern. Eine weitere Tradition innerhalb der Familie bestand in der Informationspolitik: Die Wildensteins zählen zu den verschwiegensten Galeristen überhaupt, Georges wurde zurecht als der »diskreteste Händler der Welt«62 bezeichnet. Er war auch maßgeblich an dem Aufbau eines umfangreichen Archivs über und von Künstlern, Kunstkritikern und Kunsthändlern beteiligt. So erwarb er das Archiv von Paul Durand-Ruel sowie das des Renoir- und SisleyExperten François Daulte.63 Diese Aktivitäten führte sein Sohn, Daniel Wildenstein

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(1917–2001), fort, indem er 1970 in Paris die »Fondation Wildenstein« gründete – seit 1990 wurde das Haus unter dem Namen »Wildenstein Institute« bekannt. Im Jahr 2016 gründete wiederum der Sohn von Daniel Wildenstein, Guy Wildenstein (*1945), mit dem deutschen Software-Unternehmer und Gründer des Potsdamer Museum Barberini Hasso Plattner zusammen das »Wildenstein Plattner Institute« mit Standorten in New York, Paris und Berlin. Das »WPI« gilt in der Öffentlichkeit als Nachfolger des Archivs, das Daniel Wildenstein Jahrzehnte zuvor gegründet hatte. Es umfasst heute mehr als 400.000 Bände, 20.000 Catalogues Raisonnés, hunderttausende Versteigerungs- und Museumskataloge, sowie eine Fotothek mit über Hunderttausenden von Abbildungen.64 Auch hat das Institut seit seinem Bestehen mehr als 50.000 Ausstellungen gezeigt. Die Wildensteins gelten bis heute als anerkannte Experten für einige der wichtigsten Künstler weltweit wie Gauguin, Monet, Renoir und Manet. In nahezu allen Auktionen weltweit, in denen hochpreisige Werke der Impressionisten angeboten werden, wird entweder auf ein Werkverzeichnis verwiesen, das vom Wildenstein Institute herausgegeben wurde, oder es findet sich in Katalogeinträgen der Satz: »Dieses Werk wird in den derzeit vom Wildenstein Institute vorbereiteten Werkkatalog aufgenommen.«65 Zu den wichtigsten Catalogues Raisonnés der Wildensteins zählen diejenigen über Claude Monet, Jean-Honoré Fragonard, Jean Siméon Chardin, François Boucher, Camille Pissarro, Pierre-Auguste Renoir, Kees Van Dongen, Paul Gauguin, Édouard Manet, Auguste Rodin und Diego Vélazquez sowie Jasper Johns und Tom Wesselmann. In den vergangenen Jahrzehnten gab es zahlreiche Gerichtsentscheidungen zur Aufnahme von Werken in die »Wildenstein Catalogues Raisonnés«. Immer wieder wird darüber gestritten, ob ein bestimmtes Werk in das Wildenstein-Werkverzeichnis von diesem aufgenommen werden muss, wenn es eine begründete Expertenmeinung dazu gibt. Mehrfach weigerte sich das Wildenstein Institut in den letzten Jahren, bestimmte Werke als Original eines Künstlers anzuerkennen, selbst wenn es dazu von hochrangigen Kunsthistorikern entsprechende Expertisen gab. Der Ruf der Wildenstein-Familie hat besonders in den letzten Jahren erheblich gelitten, als die Witwe Sylvia Roth-Wildenstein (1933–2010), die zweite Ehefrau von Daniel Wildenstein, mit dessen Söhnen aus der ersten Ehe – Alec (1940–2008) und dem heutigen Direktor Guy Wildenstein – um das Erbe von Daniel Wildenstein stritt. In dem jahrelangen Streit, der auch über den Tod von Sylvia Roth-Wildenstein im Jahr 2010 hinaus fortgeführt wurde,66 stellte sich heraus, dass ein Großteil des Wildenstein-Vermögens in den als Steuerparadiesen bekannten Inselstaaten Guernsey, den Bahamas und den Cayman-Inseln angelegt ist. Für das auf rund vier Mrd. Euro geschätzte Erbe von Daniel Wildenstein wurden in Frankreich jedoch kaum Steuern gezahlt. Der Vorwurf der Steuerhinterziehung und die Androhung, mehr als 550 Mio. Euro Steuern nachzuzahlen, wurden jedoch in einem spektakulären Gerichtsurteil im Jahr 2017 fallengelassen.67 Im Zuge der Verhandlung wurde allerdings bekannt, dass bei den Durchsuchungen im Pariser Lager zahlreiche

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Kunstwerke u.a. von Edgar Degas oder Berthe Morisot auftauchten, die deren Eigentümer teilweise seit Jahrzehnten vermissten.68 Die Streitigkeiten um einige dieser Kunstwerke werden teils unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgeführt. Vorwürfe an die Wildensteins, illegal zu handeln, werden bereits seit Jahrzehnten erhoben. Wie erwähnt hatte Georges Wildenstein vor dem Zweiten Weltkrieg ein umfangreiches Netzwerk von Informanten aufgebaut: In Tokio, Zürich, London, Brüssel, Rom, Amsterdam, New York, Santiago de Chile und in Buenos Aires agierten Zwischenhändler, die ihn und seinen Sohn Daniel über potentielle Ankäufe und Verkäufe schnellstmöglich informieren sollten. 1956 wurde Georges Wildenstein angeklagt, die Telefonleitung seines New Yorker Konkurrenten Knoedler abgehört zu haben. Die Klage endete in einer Entschuldigung Wildensteins. Bevor es auf dem Kunstmarkt den Begriff des »Art Marketing« gab, nutzten Georges und Daniel Wildenstein bereits viele Möglichkeiten, um über eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit und ein eigenes Branding Einfluss auf den Markt auszuüben. Dazu gehörte auch das Ziel, die Kunstgeschichtsschreibung mitprägen zu wollen. Seit 1929 gab Georges Wildenstein die 1859 gegründete, hochangesehene französische Fachzeitschrift für Kunstgeschichte »Gazette des Beaux-Arts« heraus.69 Mit ihrer Hilfe band er Kunstexperten wie Bernard Berenson an sich und seine Galerie. Berenson hatte bereits 1912 erste Aufsätze für die »Gazette des Beaux-Arts« geschrieben. 1945 setzte Wildenstein ihn als Experten für italienische Gemälde der Renaissance ein. Mit Georges Tod übernahm Daniel Wildenstein die Herausgeberschaft des Fachblattes (bis zu seinem eigenen Tod 2001). Daniels Erben, seine Söhne Guy und Alec, stellten die Zeitschrift jedoch im Jahr 2002 ein. Unter Daniel wurde auch der Hauptsitz der Galerie von Paris nach New York verlegt, parallel eröffnete eine Filiale in Tokio. Eine weitere Neuerung des Enkels von Nathan war, dass die Galerie Wildenstein in New York mit der Pace Gallery von Arne Glimcher eine umfassende Kooperation einging; die zu »PaceWildenstein« fusionierte Galerie bestand von 1993 bis 2010. Die Bedeutung von Paris in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts soll hier nicht nur anhand der Geschichte der Familie Wildenstein exemplarisch dargestellt werden. Drei weitere Händler werden vorgestellt, die ebenfalls einen nicht unerheblichen Anteil am Bedeutungszuwachs der französischen Metropole zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts hatten. Es sind Ambroise Vollard, Daniel-Henry Kahnweiler und Paul Rosenberg. Diese drei Händler eint, dass sie mit dem wohl bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts in Paris zusammengearbeitet haben: Pablo Picasso. Der Spanier zählte zu Lebzeiten und bis in das 21. Jahrhundert hinein zu den wirtschaftlich und kunsthistorisch wichtigsten Schöpfern des 20. Jahrhunderts und hat maßgeblich zur Entwicklung des internationalen Kunstmarktes und zur Herausbildung eines ersten modernen »Superstars« unter den Künstlern geführt. Ambroise Vollards Tätigkeit (1865–1939) ist für die Karriere von Pablo Picasso insbesondere deswegen von großer Bedeutung, da er diesem in Paris seine erste

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Einzelausstellung ausgerichtet hat. Nachdem Vollard zunächst in einer »Union Artistique« gearbeitet hatte, machte er sich 1893 mit 28 Jahren mit einer eigenen Galerie selbständig. Bereits zwei Jahre später zeigte er eine Einzelausstellung mit Werken von Paul Cézanne. Für fast zehn Jahre hielt Vollard de facto ein Monopol auf die Vermarktung von Gemälden und Zeichnungen Cézannes.70 Er hatte nicht nur direkt nach dem Tod des Künstlerbedarfshändlers Père Tanguy (1825–1894), der anfangs Cézannes einziger Kontakt in Paris war, aus dessen Nachlass neben Arbeiten von Vincent van Gogh und Paul Gauguin auch zahlreiche Cézanne-Werke erworben, sondern er kaufte auch direkt aus dem Atelier des Künstlers in der Provence heraus Werke. Nahezu ein Drittel von Cézannes Oeuvre ging in dieser Zeit durch die Hände von Vollard.71 Auch andere wichtige Gegenwartskünstler wie André Derain, Henri Matisse, Georges Rouault und Maurice de Vlaminck stellten bei Vollard bereits in jungen Jahren ihre Arbeiten aus. Sein Geschäftsgebaren war wie bei seinen Kollegen Duveen und Wildenstein nicht selten radikal. Überliefert ist etwa die Geschichte, dass Vollard bei der ersten Galeristin in Paris, Berthe Weill, nach einer harten Verhandlung ein Gemälde von Odilon Redon zu einem sehr niedrigen Preis gekauft hatte und dann zu Redon ging, um diesem davon abzuraten, weiterhin mit Weill zusammenzuarbeiten, da diese seine Preise »ruinieren« würde.72 1901 zeigte Ambroise Vollard 65 Gemälde und eine große Gruppe an Zeichnungen von Pablo Picasso in Paris, was den Beginn einer langen Zusammenarbeit einerseits und einer unglaublichen Künstlerkarriere andererseits nach sich zog. Die Beziehung zwischen Vollard und Picasso war jedoch keineswegs geradlinig. Hatte Vollard dessen frühe Werke unterstützt, so schätzte er nicht mehr Picassos Oeuvre aus der Blauen Periode. Erst die Arbeiten der Rosa Periode wurden von Vollard wieder ab 1906 gehandelt. Picassos kubistisches Werk wurde von diesem wieder nicht unterstützt, wenngleich er das kubistische Porträt von sich, das Picasso 1910 von ihm gemalt hatte, 1912 für 3000 Francs an den Russen Ivan Morozov verkaufte.73 Vollard war in seiner Auswahl der Künstler sehr volatil und band sich nur selten für längere Zeit an einen Künstler. Ein weiteres Beispiel war seine Zusammenarbeit mit Henri Matisse. Auch diesem richtete er 1904 seine erste Einzelausstellung in Paris aus. Da die Kooperation aber nicht weitergeführt wurde, ging Matisse 1909 mit Vollards Pariser Konkurrenten Bernheim-Jeune einen Vertrag ein. Für unsere Betrachtung ist eine besondere Begebenheit von weitreichender Bedeutung. Über Matisse lernte Vollard 1905 den fauvistischen Maler André Derain kennen. Nicht nur kaufte Vollard für 3300 Francs – also nur wenig mehr als die Summe, die der Galerist für sein Picasso-Porträt verlangt hatte – 89 Gemälde direkt aus dem Atelier Derains. Auch wird Vollard durch eine Ausstellung inspiriert, direkten Einfluss auf die Produktion von Derain ausüben zu wollen. Bei dem Blick auf die Karriere von Paul Durand-Ruel wurde auf die kommerziell erfolgreiche Ausstellung von Werken Claude Monets im Jahr 1904 in Paris hingewiesen. Vollard besuchte diese Ausstellung bei seinem Pariser Kollegen und war von der dort gezeigten Bilderse-

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rie der Londoner Themse von Monet derart beeindruckt, dass er Derain vorschlug, ebenfalls eine Serie über die Architektur Londons anzufertigen.74 Derain reiste daraufhin in die britische Metropole. Nach diesem Aufenthalt entstehen 1905/1906 Derains Londoner Bilder-Serien »London Bridge«, »View of the Thames« und »Charing Cross Bridge.« Es sind dieselben Motive, die Monet vor ihm gemalt hatte. Vollard nahm damit direkten Einfluss auf die Sujetwahl seines Künstlers. Zur selben Zeit versuchte auch Vollards deutscher Konkurrent in Paris, Daniel-Henry Kahnweiler, seinen Hauptkünstler ebenfalls davon zu überzeugen, eine Serie von London-Bildern zu erschaffen. Picasso lehnte diese Idee jedoch für sich ab, so dass es zwar Darstellungen Londons aus der Hand Monets und Derains gibt, jedoch nicht von Picasso. Wie bei anderen erfolgreichen Händlern in New York und London ist auch bei Vollard die Marge beim Verkauf sehr hoch. Beispielsweise kaufte der Franzose 1906 ein Selbstbildnis von Paul Gauguin für 600 Francs. Weniger als zwei Monate später verkaufte er die Arbeit für 3500 Francs an den Prince de Wagram. Ein zweites Beispiel war der Ankauf von zwei Landschaften von Paul Cézanne bei dessen Schwager im Dezember 1899 für insgesamt 600 Francs. Eine der beiden Landschaften verkaufte Vollard 1906 für einen erheblichen, jedoch nicht genau überlieferten Aufschlag an den deutschen Sammler Karl Osthaus, die zweite Landschaft verkaufte er 1922 an Coe of Cleveland für mehr als 100.000 Francs.75 Vollards Leistung als Händler kann insbesondere dahingehend gewürdigt werden, dass er einerseits einzelnen Künstlern eine erste Präsentation in Paris ermöglicht hatte wie Picasso oder Matisse, und er andererseits bewusst ein Künstlermonopol aufgebaut hatte – wie bei Paul Cézanne. In großem Umfang förderte er seine Künstler, indem er zahlreiche internationale Kontakte aus seiner Pariser Galerie pflegte und diese auch großzügig mit zahlreichen Leihgaben und Kooperationsverträgen an sich band. Mit Paul Cassirer in Berlin, mit Roger Fry in London und mit einigen der Initiatoren der Armory Show in New York 1913, wohin er auch Werke verkaufte, arbeitete Vollard intensiv zusammen. Bei diesen genau dokumentierten Erfolgen bleibt unbeachtet, dass Vollard auch mit vielen Künstlern zusammenarbeitete, die heute nicht mehr bekannt sind. In den sehr regen Ausstellungsjahren zwischen 1894 und 1911 zeigte er Künstler wie Paul Vogler, René Seyssaud oder Pierre Laprade und eben nicht nur Cézanne, Picasso, van Gogh und Gauguin. Mit diesem aktiven und breit gefächerten Angebot an Künstlern scheint Vollard ebenfalls heutige Geschäftspraktiken vorwegzunehmen, da in der Gegenwart einflussreiche Händler gleichfalls durch einen ausgesprochen großen Künstlerstamm auffallen, zu dem sowohl bekannte wie auch unbekanntere Künstler zählen. Dass Vollard sich in seiner späteren Karriere dazu berufen sah, seine Erlebnisse mit Cézanne, Renoir und Degas niederzuschreiben und zu veröffentlichen, kann heute als ein hervorragendes Marketingkonzept verstanden werden, das auch noch im 21. Jahrhundert umgesetzt wird, wenn Händler ihre Biographien veröffentlichen.

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Der zweite Händler, der im 20. Jahrhundert die Pariser Kunstwelt entscheidend mitgeprägt hatte, ist der Deutsche Daniel-Henry Kahnweiler (1884–1979).76 Seine Nähe zu Picasso kommt wie bei Vollard und dessen Bildnis in dem berühmten Porträt zum Ausdruck, das Picasso 1910 im kubistischen Stil von ihm geschaffen hat. Die Analogie zu Vollard lässt sich fortführen, zumal auch Kahnweiler über sein Leben geschrieben hat: 1961 veröffentlichte er seine Biographie »Meine Maler – Meine Galerien«. Der ursprünglich aus Mannheim stammende Galerist eröffnete 1907 in Paris mit erst 23 Jahren seine erste Galerie. Während seiner langjährigen Tätigkeit musste er zweimal ins Exil gehen, was ihn nachhaltig prägte. Im Ersten Weltkrieg musste er als Deutscher – als »Feind« – Frankreich verlassen. Sein gesamter Galeriebestand von mehr als 800 Arbeiten der kubistischen Vorkriegszeit wurde konfisziert und in den 1920er Jahren öffentlich versteigert. Im Zweiten Weltkrieg wiederum wurde er als Jude erneut diffamiert, er konnte im Schweizer Exil überleben. Diesmal konnte er seine Galerie vor dem erneuten Schließen retten, indem er sie rechtzeitig an eine »Arierin«, seine Schwägerin Louise Leiris, verkaufte. 1946 musste er daher zum dritten Mal neu beginnen. 1907 hieß die Galerie »Daniel-Henry Kahnweiler«, 1920 nach seinem Partner »Simon« und 1946 »Louise Leiris«. In die Kunstgeschichte ging er ein, da er für eine bestimmte Zeit die gesamte Produktion einiger Künstler durch eine Exklusivvertretung kontrollierte. Seit der Nachkriegszeit war er der wichtigste Händler Picassos, zuvor war er schon der Hauptgalerist von Künstlern wie Georges Braque, Juan Gris, Fernand Léger, Maurice de Vlaminck und anderen gewesen. So heißt es zutreffend: »Denn lieber kauft er ›Künstler‹ als einzelne Bilder.«77 In der Auktion, in der in den 1920er Jahren sein Galeriebestand veräußert wurde, wurde offensichtlich, dass er von seinen kubistischen Künstlern teilweise komplette Werkreihen gekauft hatte. Über sich selbst sagte er, dass er neben Durand-Ruel und Vollard der einzige Händler in Paris sei, der Gemälde gekauft habe, die niemand haben wollte und die deswegen entweder nicht oder zu einem sehr geringen Preis verkauft wurden. Kahnweiler führte mehrere Gepflogenheiten in den Kunstmarkt ein, die heute noch gelten. So beharrte er erstens bei seinen Künstlern auf dem Vorkaufsrecht, dass er als Erster neue Werke sehen und bewerten dürfe. Zweitens beanspruchte er für sich das Monopol, die Preise zu bestimmen – der Künstler hatte auf die Preisfindung zumeist nur marginalen Einfluss. Und drittens bestand er im Handel mit seinen Kunden darauf, dass diese seinen kompletten Bestand und Künstlerstamm berücksichtigen sollten. Dieses sogenannte »Huckepack-Verfahren« bedeutet konkret: Wer bei ihm eine Arbeit von Picasso kaufen wollte, musste Werke eines weniger bekannten Künstlers dazu kaufen.78 In die Kunstgeschichte ging Kahnweiler zudem als der wichtigste Wegbereiter des Kubismus ein, er war der »Händler des Kubismus«, einem Durand-Ruel als »Galerist des Impressionismus« vergleichbar. Seinen Ruf hat er auch durch seine Publikation »Der Weg zum Kubismus« untermauert, die 1920 erschien. In diesem Buch unterscheidet er als erster Kunstkritiker den analytischen vom synthetischen Ku-

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bismus. Zu Beginn seiner Karriere als Galerist kaufte Kahnweiler in Paris auf dem »Salon des Indépendants« Werke von André Derain und Maurice de Vlaminck. 1907 lernte er Picasso kennen. Ähnlich wie vor ihm Durand-Ruel nahm Kahnweiler eine bestimmte Anzahl von Künstlern fest in sein Programm auf und unterstützte sie regelmäßig finanziell. Beispielsweise unterzeichnete Picasso 1910 einen auf drei Jahre angelegten Exklusivvertrag mit Kahnweiler. In dem Vertrag wurden nicht nur der exklusive Vertrieb durch Kahnweilers Galerie festgelegt, sondern auch die Preise für die Werke: Eine Zeichnung Picassos kostete 100 Francs, ein größeres Gemälde 3000 Francs.79 Noch zwei Jahre zuvor hatte Picasso für eine Zeichnung nur 50 Francs verlangt.80 Diese enge geschäftliche Bindung zwischen Galerist und Künstler bestand auch zwischen Georges Braque, Juan Gris, André Derain, Maurice de Vlaminck und Fernand Léger auf der einen Seite und Kahnweiler auf der anderen Seite. Der Galerist machte den Künstlern klar, dass er die Werke zum Doppelten des Einkaufspreises anbieten würde. Diese Verdoppelung ist bis heute die gängigste Vereinbarung zwischen Galerist und Künstler, was die Aufteilung des Erlöses angeht: Wenn der Galerist ein Werk für 1000 EUR im Atelier einkauft, wird er es in den meisten Fällen für 2000 EUR in der Galerie anbieten. Wenngleich diese Exklusivvertretung bei Kahnweiler ein Novum war, so imitierte er andere Geschäftspraktiken von DurandRuel. Kahnweiler baute ein enges internationales Netzwerk mit anderen Händlern auf. Er arbeitete mit den Deutschen bzw. deutschen Muttersprachlern Cassirer, von Bode sowie Berenson zusammen und kooperierte intensiv mit Alfred Flechtheim in Düsseldorf und Berlin. Die transatlantische Kunst-Brücke baute Kahnweiler über einen Vertrag mit der »Washington Square Gallery« in New York auf. Kahnweiler beteiligte sich auch an der berühmten Armory Show 1913 in New York sowie an den beiden von Roger Fry organisierten Ausstellungen zu den Post-Impressionisten 1910 und 1912 in den »Grafton Galleries« in London. Kahnweiler erreichte durch sein internationales Netzwerk, dass seine kubistischen Künstler vielfältige Plattformen erhielten – und zwar auch in denjenigen Ländern, in denen es eine offenere Haltung der zeitgenössischen Kunst gegenüber gab wie in den USA oder Deutschland. Während des Ersten Weltkrieges, anlässlich dessen Kahnweilers Galeriebestand konfisziert wurde, übernahmen französische Kollegen »seine« Künstler. Juan Gris wechselte zu Léonce Rosenberg, die beiden Rosenberg-Brüder übernahmen Braque und Vlaminck, Derain ging zu Paul Guillaume. Als Kahnweiler nach dem Ersten Weltkrieg 1920 seine zweite »Galerie Simon« wiedereröffnete, wandte er sich dem Verlegen von Künstlerbüchern und -grafiken zu. Die neuen Kunstrichtungen – deutscher Expressionismus, Fauvismus, Futurismus oder Surrealismus – wollte er nicht ähnlich intensiv unterstützen wie den Kubismus. 1937 erwarb Kahnweiler die französische Staatsbürgerschaft, was ihn jedoch nicht vor seiner zweiten Zäsur bewahrte, als er seines jüdischen Glaubens wegen erneut ins Exil gehen musste. Wenngleich er durch die Übergabe der Galerie an seine »arische« Schwägerin Louise Leiris verhindern konnte, dass der Galeriebestand erneut konfisziert wurde, konnte

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er bis 1945 als Exilant auf dem Land in Frankreich nicht als Kunsthändler arbeiten. Nach dem Kriegsende wagte er einen dritten Neuanfang und wurde mit der Galerie »Louise Leiris« zum weltweiten Haupthändler Picassos. Die Künstlervertretung war durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen worden, Kahnweiler verkaufte die Werke des Spaniers nur von 1907 bis 1914. In den Zwischenkriegsjahren wurde dieser insbesondere von Paul Rosenberg und Georges Wildenstein vertreten. Um wieder die Exklusivrechte nach 1945 zu erlangen, musste Kahnweiler daher zunächst in den USA Sam Kootz und in Frankreich Louis Carré ablösen. Nach dieser Ablöse hielt Kahnweiler die Exklusivrechte für Picasso von 1947 bis zu seinem Tod 1979. Während dieser Hauptvertretungszeit war der Händler häufig mit Fälschungen seines Künstlers konfrontiert. Um dieser Flut zu begegnen, führte er eine moderne Technik ein, die bis heute in den großen Galerien gang und gäbe ist: die professionelle Reproduktionsfotografie. Bevor ein Kunstwerk das Atelier von Pablo Picasso verließ, wurde es von einem Fotografen in druckfähiger Qualität fotografiert und in Kahnweilers Galerie archiviert. Dieses Filmarchiv ist bis heute von unschätzbarem Wert. Abschließend kann zu Kahnweiler festgehalten werden, dass er einige grundsätzliche wichtige Neuerungen eingeführt hat wie die Idee der Exklusivvertretung eines Künstlers, den Aufbau eines Fotoarchivs und das schnelle Agieren auf veränderte soziale und politische Situationen. Kahnweilers Verdienst ist es, dass er entgegen der vorherrschenden Meinung eine junge Kunstrichtung – den Kubismus – in vielerlei Hinsicht förderte. Ohne ihn hätte sich der Kubismus weder kommerziell noch kunsthistorisch international durchsetzen können. Allerdings war er einem Vollard vergleichbar nicht willens, verschiedenen aufstrebenden Kunstströmungen die gleiche Unterstützung zukommen zu lassen. Hörte bei Vollard das Verständnis bei der abstrakten Kunst auf, so wollte Kahnweiler die auf den Kubismus folgenden, neuen Kunstrichtungen, insbesondere den Abstrakten Expressionismus nicht mehr fördern. Damit bleibt die Erkenntnis, dass einige der bedeutendsten Händler häufig nur die Künstler einer einzigen, zumeist ihrer eigenen Generation allumfassend förderten. Der dritte wichtige Händler von Picasso in Paris ist der bereits erwähnte Paul Rosenberg (1881–1959).81 Rosenberg arbeitete mit dem Künstler von 1919 bis 1945 zusammen. Zunächst nahm sein älterer Bruder Léonce Rosenberg (1879–1947) Picasso in seiner Galerie »L’Effort Moderne« unter Vertrag, nachdem Kahnweiler Frankreich aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges verlassen musste. Picasso wechselte nach dem Krieg zu dem jüngeren Bruder Paul, da sich dieser in der Zwischenzeit in der französischen Metropole zu einem einflussreichen Kunsthändler für Altmeister entwickelt hatte. Franzosen wie Ingres, Delacroix und Corot, aber auch einige Impressionisten wurden von Paul Rosenberg erfolgreich verkauft. Dabei kooperierte er intensiv mit Georges Wildenstein. Bis heute finden sich immer wieder zwei Galeristen, die sich in einer Stadt die Verkaufsrechte für einen lebenden Künstler oder den

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Nachlass eines verstorbenen Künstlers teilen. Dies ist umso eher möglich, je größer der Markt für einen Künstler ist und je vielfältiger ein Galerist auf dem Markt aufgestellt ist. Wildenstein konnte Picasso mit seinen Galerien in New York und London andere Vertriebswege eröffnen als Rosenberg – so zeigte Wildenstein 1923 die erste transatlantische Einzelausstellung des Künstlers in den USA, nachdem Alfred Stieglitz erstmals überhaupt Arbeiten von Picasso in New York präsentiert hatte. Wie zuvor bei Gambart und Alma-Tadema oder bei Durand-Ruel und Monet gesehen übte Rosenberg nachweislich Einfluss auf die Kunst des Spaniers aus. Er konnte ihn davon überzeugen, sich vom Kubismus zu lösen – damit tat Picasso genau das Gegenteil dessen, was Kahnweiler ihm empfohlen hatte.82 Auch ermöglichte Rosenberg dem Künstler den Eintritt in die französische Haute Volée, was von dessen Ehefrau Olga begleitet und gefördert wurde. Es war zudem Rosenberg, der Picasso darin ermutigte, sein Nachbarhaus in der Rue La Boétie zu beziehen.83 Seit Picassos erster Ausstellung bei Paul Rosenberg im Jahr 1919 stellte er keine kubistischen Werke mehr aus – in dieser ersten gemeinsamen Kooperation zeigte er 167 Zeichnungen und Aquarelle, die aus der Blauen und Rosa Periode stammten. Rosenberg stellte nun diese Werke Picassos in einen Kontext mit älteren Franzosen wie Ingres, Delacroix, aber auch mit Renoir, Pissarro oder Toulouse-Lautrec. Insbesondere der neue Einfluss Ingres’ auf die realistischen und klassizistischen Porträts des Malers in den 1920er Jahren überrascht. Hier ist erneut ein direkter Einfluss eines Händlers auf das Werk eines Künstlers zu vermuten. Rosenbergs Einfluss auf die Karriere des Malers ist nicht zu unterschätzen, da er ihn in ein internationales Vertriebsnetzwerk integriert hatte – die großen Museums- und Verkaufsausstellungen in den 1930er Jahren in Zürich, New York oder Hartfort wären ohne den Galeristen nicht möglich gewesen. Die Zeit Picassos mit Rosenberg resultierte jedenfalls darin, dass der Spanier zu einem international anerkannten, von Sammlern nachgefragten Maler geworden war. Paul Rosenberg machte aus dem »schwierigen Kubisten« einen »Malerstar«.84 Paris hatte sich in der betrachteten Zeit zu einem der wichtigsten Kunstmarktzentren der Welt entwickelt. Die vorgestellten Galeristen und Künstler bilden naturgemäß nur einen kleinen Teil des Marktes der französischen Hauptstadt ab. So gab es eine immer größer werdende Anzahl an Galeristen, Künstlern, Kritikern und Sammlern, die aktiv am Marktgeschehen beteiligt waren. Dazu zählten ehemalige Zirkusclowns wie Clovis Sagot, der Schriftsteller Leopold Zborowski, die erste Galeristin Berthe Weill – die die erste Einzelausstellung von Amedeo Modigliani zu seinen Lebzeiten organisierte – oder der ursprünglich als Versicherungsagent arbeitende Paul Guillaume, der sich früh für afrikanische Kunst interessierte. Weitere Deutsche versuchten in Paris ihr Glück wie Jacques Seligmann (1858–1923), der 1880 zusammen mit seinem Kunden Edmond de Rothschild eine erste Galerie und 1900 mit seinen Brüdern zusammen eine zweite Galerie, die Jacques Seligmann & Cie. Galerie, eröffnete. Ab 1904 unterhielt er zudem in New York eine Filiale, von wo

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aus er den Ankauf des weltberühmten Bildes »Les Demoiselles d’Avignon« von Pablo Picasso aus dem Nachlass von Jacques Doucet (1853–1929) tätigte. Das Bild gilt heute als Ikone der Moderne und wurde 1937 von Jacques’ Sohn Germain Seligmann (1893–1978) an das Museum of Modern Art in New York weiterverkauft, wo es sich noch heute befindet.85

6.5 Berlin bis 1933: Flechtheim und Cassirer, von Bode und Liebermann Zwischen der Ernennung Berlins 1871 zur Reichshauptstadt und der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 entwickelte sich die Stadt zu einem bedeutenden Handelsplatz für Kunst. Der wirtschaftliche Aufstieg des Deutschen Reiches in der Gründerzeit beeinflusste das Wachstum des Geschäfts mit der Kunst. Der große Einschnitt in den Kunstmarkt durch die Nationalsozialisten führte zur Aufteilung der Geschichte des Berliner Kunstmarktes in zwei Perioden: der Zeit bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 und in die Jahre von 1933 bis 1945. Die Geschichte des Kunstmarktes in Berlin begann relativ spät. Erst Louis Friedrich Sachse machte mit seiner Galeriegründung im Jahr 1853 Berlin überhaupt zu einem Handelsplatz für Kunst. »Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus« dominierte ab 1885 bis zum Ersten Weltkrieg den Markt für Kunstauktionen. 1895 gab es erst zwei größere kommerzielle Galerien in Berlin, 1900 waren es acht.86 Berlin positionierte sich damit auf dem europäischen Kunstmarkt als dritter Handelsplatz hinter London und Paris. Nichtsdestotrotz fand in dieser Zeit ein kleiner »Boom« statt. Als der nächste wichtige Kunstauktionator nach Rudolph Lepke ist der Münchner Hugo Helbing (1863–1938) aufzuführen, der zunächst in der bayerischen Stadt 1885 die »Kunsthandlung Hugo Helbing« gründete und ab 1906 in seiner Berliner Niederlassung öffentliche Versteigerungen durchführte. Heute sind rund 800 Auktionskataloge von ihm bekannt.87 Der Münchner arbeitete dabei mit den beiden wohl wichtigsten Händlern dieser Zeit in Berlin zusammen: mit Paul Cassirer und Alfred Flechtheim. Da Helbing wie Flechtheim jüdischen Glaubens war, endete auch seine Tätigkeit auf Druck der Nationalsozialisten, bis ihm 1935 die Versteigerungserlaubnis entzogen wurde. 1938 verstarb er nach Misshandlungen in der Reichspogromnacht, sein Nachfolger und Sohn Fritz wurde in Auschwitz ermordet. Bevor diese dunkle Zeit in Deutschland begann, hatten sich in Berlin einige der wichtigsten Händler niedergelassen, die moderne, avantgardistische Kunst aktiv förderten. Aus diesem Kreis werden die beiden Persönlichkeiten Alfred Flechtheim und Paul Cassirer näher betrachtet.

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Alfred Flechtheim, ca. 1910

Alfred Flechtheim (1878–1937) agierte auf dem Markt in verschiedenen Rollen, erst als Kunstsammler, dann als Händler, Galerist und Verleger.88 Einen Wendepunkt in seinem Leben bedeutete seine Paris-Reise im Jahr 1906, als er nicht nur die deutsche Künstlerkolonie im Café du Dôme, sondern auch französische Künstler wie Henri Matisse und spätere Kollegen wie Daniel-Henry Kahnweiler kennenlernte. Zunächst begann er, als typischer »Marchand-Amateur«89 wichtige Arbeiten für seine eigene Privatsammlung zusammenzustellen: Früh kaufte er Werke von Vincent van Gogh, Paul Cézanne, Pablo Picasso und Georges Braque, von den Mitgliedern des »Blauen Reiter« (Gabriele Münter, Wassily Kandinsky und Alexej von Jawlensky) und von Vertretern des Rheinischen Expressionismus wie Heinrich Campendonk und August Macke. Im Jahr der Armory Show in New York 1913 eröffnete Alfred Flechtheim dann seine erste eigene Galerie für Gegenwartskunst in Düsseldorf, nachdem er an der Konzeption und Organisation der »Sonderbund«-Ausstellung in Köln beteiligt gewesen war. Im Ersten Weltkrieg war Flechtheim dazu gezwungen, große Teile seiner Galeriebestände und Privatsammlung in Berlin bei Hugo Helbing und Paul Cassirer versteigern zu lassen. Nach der Wiedereröffnung des Düsseldorfer Hauptsitzes 1919 folgten bald weitere Dependancen: 1921 in Berlin und Frankfurt, 1922 in Köln und Wien. Unterstützt wurde er in der Berliner Niederlassung von dem jüngeren Bruder Daniel-Henry Kahnweilers, Gustav Kahnweiler (1895–1989), in

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Wien bestanden enge Beziehungen zu Kahnweilers Pariser Nachfolgegalerie »Galerie Simon«. Der Berliner Standort entwickelte sich für Flechtheim zu einem wichtigen Ort, da ihn hier nicht nur sein enger Freund Paul Cassirer unterstützte, sondern sich auch nach und nach einige der bedeutendsten Sammler moderner Kunst niederließen. Beide Händler, Cassirer wie Flechtheim, förderten deutsche, französische und spanische Gegenwartskünstler, wenngleich Flechtheim im Gegensatz zu Cassirer zum bedeutendsten deutschen Kunsthändler des Fauvismus und des Kubismus avancierte. Dies lag auch in seinem sehr engen Geschäftsverhältnis zu Daniel-Henry Kahnweiler begründet. Das Spektrum der von Flechtheim vertretenen Künstler ist bis heute beeindruckend: Es reichte von den Vertretern des »Sturms« (Herwarth Walden) und des »Café du Dôme« (Rudolf Levy, Albert Weisgerber) über den rheinischen Expressionismus (Heinrich Campendonk, Paul Adolf Seehaus, August und Helmuth Macke sowie Heinrich Nauen), den deutschen Expressionismus (Max Beckmann, Karl Hofer), der Neuen Sachlichkeit (Georg Grosz), des Bauhaus (Oskar Schlemmer) und des Blauen Reiters (Paula Modersohn-Becker, Wassily Kandinsky) bis hin zu Künstlern wie Willi Baumeister, Max Ernst, Paul Klee und Edvard Munch. Auch die französische Moderne war auf eindrucksvolle Weise präsent. Seine Zusammenarbeit mit André Derain, Georges Braque, Juan Gris, Fernand Léger, Georges Rouault, Henri Rousseau, Maurice de Vlaminck, Giorgio de Chirico und Pablo Picasso kulminierte 1929 in einer sensationellen, fast 500 Werke umfassenden Überblicksausstellung mit dem Titel »Seit Cézanne in Paris.« Diese Präsentation wäre nicht möglich gewesen ohne sein enges Netzwerk mit Daniel-Henry Kahnweiler, Paul Rosenberg, Christian Zervos, Paul Durand-Ruel, Ambroise Vollard sowie mit Heinrich und Justin Thannhauser aus München (die auch ab 1927 in Berlin ansässig waren). Über diese Kollegen, die zugleich Konkurrenten im Wettbewerb um Kunden waren, erwarb Flechtheim immer wieder Werke von Cézanne, van Gogh oder Gauguin. Dies führte dazu, dass es in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg niemanden gab, der so viele Werke von Picasso besaß wie Flechtheim. Aus Flechtheims Archiv ist heute bekannt, dass zum Zeitpunkt der Pablo Picasso-Ausstellung 1927 in seiner Berliner Galerie vier deutsche Museen Werke des Künstlers besaßen: Hamburg, Elberfeld, Frankfurt und Halle.90 Ohne Flechtheims Wirken hätte sich Picasso jedenfalls in Deutschland nicht in einer so hohen Geschwindigkeit durchsetzen können. Nur dank des frühen Ankaufs zahlreicher Werke des Spaniers durch Flechtheim konnte die hiesige Sammlerschaft über Jahrzehnte hinweg mit der Bildsprache Picassos vertraut gemacht werden. Auch das Durchsetzen anderer Künstler wie Max Beckmann oder Paul Klee hätte sich ohne sein Tun sicherlich verzögert. Flechtheims Wirken lässt sich auch daran messen, wie sehr er seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 in den Fokus der Anfeindungen geriet. Für die Nazis war die Person Flechtheim der Inbegriff der verhassten, jüdischen Kunstelite. Es erschienen zahlreiche hetzerische Aufsätze, die Flechtheim diskreditieren sollten.91 Die Nationalsozialisten sprachen von einem »System Flechtheim,« das sie zu zerstören such-

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ten. Für das Plakat der Ausstellung »Entartete Kunst« aus dem Jahr 1937 wählten die Nazis sogar ein Porträt eines Mannes aus, der dem Galeristen sehr ähnlich sah. Bis 1941 wurde das Plakat in zwölf Städten gezeigt, wenngleich der Händler bereits 1937 im Londoner Exil verstorben war. Der Hass auf Flechtheim muss ausgesprochen groß gewesen sein, verkörperte er doch einen Typus des Kunsthändlers, der in vielerlei Hinsicht bemerkenswert war. An vorderster Stelle standen für Flechtheim immer die Künstler, die er nur nach ihren Fähigkeiten, nicht nach ihrer Nationalität oder Herkunft bewertete. Diese große Nähe zu seinen Künstlern zeigt sich auch darin, dass er Zeit seines Lebens mindestens von acht Künstlern, darunter von Otto Dix und Rudolf Belling, porträtiert worden ist. Flechtheim war der gesellige Künstlerfreund-Galerist, der nicht nur Mitglied in zahlreichen Vereinen war, sondern selbst unzählige Einladungen zu Vorträgen, Publikationen, Abendessen und Feiern aussprach. In seinen Galerien traf sich eine international ausgerichtete Gesellschaft, seine Bälle und Partys verdeutlichen eindringlich, wie Berlin in den Goldenen Zwanziger Jahren in seiner besten Ausprägung als Kunstmetropole gewesen war. Überdies war er seit 1921 Verleger des galerieeigenen Magazins »Der Querschnitt« sowie Autor zahlreicher Texte über Kunst, das Sammeln, Boxen oder den Tanz.92 Wie stark die Aura Flechtheims bis heute wirkt, zeigt sich auch an dem bisher größten Fälscherskandal des 21. Jahrhunderts. Der Betrüger Wolfgang Beltracchi kopierte das Etikett von Flechtheim und klebte es auf die Rückseite der von ihm geschaffenen Fälschungen, so dass diese als vermeintliche Originale aus einer erfundenen »Sammlung Jäger« angeboten wurden.93 Nicht nur Auktionshäuser wie Christie’s und Lempertz schätzten die Werke als Originale ein, auch Experten wie Werner Spies vertrauten der Aura Flechtheims. Dass bis heute der Umgang mit Flechtheims Nachwirken von großer Brisanz ist, zeigt sich zudem an der Diskussion um die Ausstellung »Alfred Flechtheim.com/Kunsthändler der Avantgarde«, die die 2013 online gestellte Plattform zum Thema hatte, an der 15 deutsche Museen unter der Leitung der Bayerischen Staatsgemäldesammlung beteiligt waren. Die Nachkommen Flechtheims wurden nicht in das Projekt miteinbezogen. Nicht nur diese Tatsache wurde von seiner Familie kritisiert, sondern auch, dass einige Angaben falsch seien.94 Fest steht: Bis heute ist der Verbleib von Werken aus Flechtheims Privatsammlung und dem Galeriebestand nicht vollständig geklärt. Darüber hinaus ist weiterhin umstritten, inwieweit bestimmte Werke in deutschen Museen seinen Erben zugesprochen und restituiert werden sollten. Ein besonders enger Freund und Partner Flechtheims in Berlin war Paul Cassirer (1871–1926). Nach einem Studium der Kunstgeschichte in München gründete Paul mit seinem Cousin Bruno Cassirer in Berlin 1898 die »Bruno & Paul Cassirer, Kunstund Verlagsanstalt«. Auf den Vorschlag von Max Liebermann hin wurden beide 1899 geschäftsführende Sekretäre mit einem Sitz im Vorstand der ebenfalls ein Jahr zuvor gegründeten Künstlergruppe »Berliner Secession«. Die Secession verstand sich als Gegenpol zur konservativen akademischen Künstlergruppe, die von Anton von

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Werner und Kaiser Wilhelm II. angeführt wurde. Mit der Übernahme dieser Position als Sekretäre zeigte sich die Verknüpfung verschiedener Rollen, die die Cassirers im Markt einnahmen, denn als Geschäftsführer erhielten sie zugleich 5 % Verkaufsprovision der von der Secession veräußerten Kunstwerke.95 In ihren Galerieräumen vermarkteten sie zudem zahlreiche Secessionskünstler. Trotz des Interessenkonfliktes blieben sie in ihren Ämtern, so übernahm Paul Cassirer sogar 1909 den 1. Vorsitz der Berliner Secession. Erst 1913 wurde er abgewählt, nachdem er in der von ihm organisierten Sommerausstellung keine jungen Nachwuchskünstler ausstellen wollte. Die Cassirers hatten sich mit ihrer Galeriegründung 1898 genau das Jahr ausgesucht, in dem in Berlin erstmals an verschiedenen Orten wichtige Erstpräsentationen stattfanden. Bei »Keller & Reiner« wurden erstmals impressionistische Künstler wie Claude Monet, Alfred Sisley, Pierre-Auguste Renoir oder Paul Signac – teils aus dem Besitz von Paul Durand-Ruel – in Deutschland gezeigt, im Kunstsalon »Ribera« wurden Arbeiten der Worpsweder Maler Fritz Overbeck und Otto Modersohn vorgestellt. Die Cassirers zeigten in ihren Räumen, die sie von dem belgischen Architekten und Designer Henry van de Velde innenarchitektonisch ausstatten ließen und »Salon« nannten, Maler, die einen eigenen deutschen Impressionismus hervorgebracht hatten, Max Slevogt, Max Liebermann und Lovis Corinth. Die drei Künstler wurden von Paul Cassirer mit der Bezeichnung »Dreigestirn des Deutschen Impressionismus« beworben. Die von ihm geprägte Begrifflichkeit wird später auch offiziell von Kunsthistorikern übernommen. Nach der Trennung der beiden Cousins im Jahr 1901 führte Paul die Kunsthandlung und Bruno den Verlagsteil jeweils allein fort. Die enge Verbindung, die Paul zu seinen Künstlern hatte, zeigt sich daran, dass er der einzige Kunsthändler war, der je vom »Deutschen Künstlerbund« als Mitglied aufgenommen wurde. Dieser Bund, der 1903 auf Initiative von Harry Graf Kessler u.a. von Liebermann, Corinth und Slevogt gegründet wurde, richtete sich wie die Berliner Secession als überregionale Künstlervereinigung gegen den offiziellen, akademischen Kunstbetrieb der Zeit. Da Paul Cassirer nicht nur Mitglied bzw. Förderer dieser beiden Vereinigungen war, sondern in Berlin den französischen Impressionismus ausstellte, zog er sich den persönlichen Unwillen Kaiser Wilhelm II. zu. Mit seinem 1908 gegründeten Literaturverlag und dem Verlegen expressionistischer Autoren wie Ernst Barlach wandte er sich ebenfalls gegen die vorherrschende, kaiserliche Kunstauffassung. Cassirer erreicht damit in kurzer Zeit eine so große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, dass seine Räume als der Ort schlechthin für deutsche und französische Moderne in Berlin wahrgenommen werden. Da Cassirer eng mit Pariser Kollegen wie DurandRuel, Vollard und Kahnweiler zusammenarbeitete und Werke ihrer vorrangig französischen Künstler in die deutsche Hauptstadt importierte, wurde seine Galerie in Berlin als »die Fortsetzung der Rue Lafitte« in Paris bezeichnet.96 Cassirer wurde zu einer Art deutschem Pendant des Franzosen Paul Durand-Ruel, insbesondere was

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die Nähe und Kontinuität in der Zusammenarbeit mit lebenden Künstlern betraf. So war Cassirer auch für die Durchsetzung von Matisse und Cézanne bedeutsam, da er beiden ihre erste Einzelausstellung in Deutschland ausrichtete. Edvard Munch widmete er sogar sechs Ausstellungen innerhalb von gut zwei Jahren.97 Und zwischen 1901 und 1914 zeigte Cassirer sensationelle fünfzehn Einzelausstellungen mit Werken von Vincent van Gogh. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden gar 151 Werke von van Gogh in seinem Kunstsalon präsentiert.98 Diese Retrospektive wurde von einer ersten Gesamtausgabe der Briefe von Vincent und Theo van Gogh begleitet, wobei das Buch bis heute eine wichtige Quelle für die van Gogh-Forschung bildet.99 Paul Cassirer wurde damit zum wichtigsten Händler von Vincent van Gogh in Deutschland. Am Beispiel von van Gogh lässt sich überdies sein Einfluss auf die Arbeit von Gegenwartskünstlern nachvollziehen. Erst durch Cassirers Wanderausstellungen mit Werken von van Gogh u.a. 1905 in der Galerie Arnold in Dresden konnten dortige Künstler die neue Bildsprache van Goghs kennenlernen. Insbesondere in Dresden stieß diese auf großes Interesse. Künstler, die kurz vor der van Gogh-Ausstellung im November bereits im Juni des Jahres 1905 die Künstlergruppe »Die Brücke« gegründet hatten, wurden von den Formen und Farben des Niederländers in ihrer Gestaltung wesentlich beeinflusst. Der in seiner Farbgebung besonders starke, typische deutsche Expressionismus um die »Brücke«-Künstler Erich Heckel, Ernst-Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Otto Mueller und Max Pechstein wäre ohne Vincent van Gogh und Paul Cassirer anders verlaufen. Auch die Rezeption der modernen Kunst und das ökonomische und museale Durchsetzen einiger Gegenwartskünstler hätte sich ohne Cassirer anders gestaltet. Von Max Liebermann beispielsweise verkaufte er Zeit seines Lebens mehr als 2300 Arbeiten und erzeugte damit einen Markt für diesen bis heute wichtigsten deutschen Impressionisten. Neben seiner Tätigkeit als Galerist agierte Cassirer zudem als erfolgreicher Auktionator. Er hatte mit dem Münchner Versteigerer Hugo Helbing zusammen den Galeriebestand von Alfred Flechtheim verkauft. Das Auktionshaus konnte seine Position international ausbauen, nachdem Cassirer in Amsterdam 1923 eine Zweigstelle gegründet hatte. Paul Cassirer übte in seinen Rollen als Händler, Galerist und Auktionator nicht nur Einfluss auf den Kunstmarkt aus, sondern auch in seiner Funktion als Verleger. Nach dem Ende des Wettbewerbsverbots, das er mit seinem Cousin Bruno bei der Trennung vereinbart hatte, gründete er 1908 seinen eigenen Verlag, die »PAN-Presse«, in der in erster Linie impressionistische und expressionistische Schriften veröffentlicht wurden. Auch als Verleger war Cassirer sehr produktiv: Zwischen 1909 und 1921 veröffentlichte er 19 Bände u.a. mit Grafiken von Lovis Corinth, Jules Pascin, Ernst Barlach und Max Pechstein. 1926 beging Cassirer Selbstmord. Kurz vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1932/1933 organisierten seine ehemaligen Mitarbeiter Walter Feilchenfeldt und Grete Ring, die Nichte von Max Liebermann, in seinem Salon drei Ausstellungen mit über 400 Werken unter dem Titel »Lebendige

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deutsche Kunst«, die die Moderne Kunst noch einmal bewusst in den Vordergrund stellten und ein letztes Mal Werke von Vertretern des Expressionismus, des Bauhaus und der Neuen Sachlichkeit zeigten, bevor diese als »Entartete Kunst« von den Nazis diffamiert, zerstört oder verkauft wurden. Der »Paul Cassirer Verlag« existierte noch bis 1933, sein Salon bis 1935, wenngleich schon 1933 viele Kunstwerke von Walter Feilchenfeldt in die 1923 gegründete Galerieniederlassung in Amsterdam transportiert worden sind. Hier bleibt die »Galerie Paul Cassirer« noch bis 2011 bestehen. Grete Ring gründet 1937 in London die »Paul Cassirer Ltd.«, die später von Marianne Feilchenfeldt geführt und erst 1975 geschlossen wird. Was von Paul Cassirer in Erinnerung bleibt, ist seine Erfindung eines deutschen Händlertums analog zum französischen »marchand créateur.«100 In seinen aufwendig von Henry van de Velde gestalteten Räumen wurde eine neue moderne Atmosphäre geschaffen, in der es nicht nur um das Ausstellen von Aufsehen erregender Kunst ging, sondern darum, den Besuchern in vielfältiger Weise – wie man heute sagen würde – ein möglichst langes Entertainment zu bieten. Seine Räume wurden optimal beleuchtet: Sie hatten nicht nur Oberlicht, sondern waren mit zahlreichen elektrischen Lampen ausgestattet. Gemäß eines Reiseführers dieser Zeit musste ein Besucher für den Eintritt in eine Ausstellung bei Paul Cassirer 1 Mark bezahlen oder er konnte ein Jahresabonnement für 3 Mark erwerben.101 An dieser Preisgestaltung ist ersichtlich, dass es dem Galeristen darum ging, seine Kunden zu regelmäßigen Besuchen in seinen Räumen zu animieren. Er bot Vorträge von bekannten Kunstkritikern wie insbesondere Julius Meier-Graefe, aber auch Musikaufführungen, Dichterlesungen und den Verkauf von Büchern bzw. die Nutzung seiner Bibliothek und Leseräume. Vergleichbare Konzepte werden auch in der heutigen Zeit umgesetzt. Neben Cassirer und Flechtheim waren weitere Galeristen in Berlin tätig, die ebenfalls Einfluss auf den Kunstmarkt ausübten. Dazu zählt die Galerie von Herwarth Walden (1878–1941), der ab 1910 im Selbstverlag als Herausgeber der Zeitschrift »Der Sturm. Wochenschrift für die Kultur und die Künste« den expressionistischen Künstlern ein Sprachrohr gab. Aus dieser Publikation heraus entwickelte sich ab 1912 eine kommerzielle Galerie, die als Unterstützer des Expressionismus, Futurismus und Kubismus fungierte. Insbesondere die Künstler, die expressionistisch arbeiteten, wurden unter dem Begriff des »Sturm« ähnlich einer kommerziellen Marke neuen Sammlerkreisen bekannt. Neben der »SturmZeitschrift« (1910) und »Sturm-Galerie« (1912), dem »Sturm-Verlag« (1914), der »Kunstschule Der Sturm« (1916) gab es auch eine »Sturm-Buchhandlung« (1917), »Sturm-Abende«, an denen Gedichte vorgetragen wurden sowie eine »SturmBühne« (1918), wo avantgardistische Theaterstücke aufgeführt wurden.102 Wie bei Flechtheim und Cassirer endete auch die Aktivität von Herwarth Walden mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Die letzte Ausgabe des »Sturm« erschien 1932, kurz darauf emigrierte Walden als überzeugter Kommunist nach Moskau, wo er jedoch als vermeintlicher, deutscher Spion inhaftiert wurde und verstarb.

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Abschließend muss festgehalten werden, dass keine bedeutende Galerie aus der Zeit vor der Machtergreifung Hitlers auch nach 1945 in Berlin weitergeführt wurde. Paul Cassirer starb 1926, sein Bestand konnte von Walter Feilchenfeldt im Exil gerettet werden, Alfred Flechtheim verstarb 1937 im Londoner Exil, zahlreiche andere Händler wurden vertrieben oder ermordet.

6.6 Der deutsche Kunstmarkt in der Diktatur: Die NS-Zeit Mit Hitlers Machtergreifung im Jahr 1933 änderte sich der Kunstmarkt in Deutschland grundlegend. Zahlreiche Galeristen wurden aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit ins Exil oder in den Tod getrieben. Andere Händler hingegen nutzten das Unrecht, um mit den Nationalsozialisten Geschäfte zu betreiben. Grundsätzlich sollte der Kunstmarkt wie jeder andere Markt in der NS-Diktatur total kontrolliert und gleichgeschaltet werden. Alle Märkte sollten sowohl ideologisch als auch wirtschaftlich von der Spitze her gelenkt werden, um die Gesamtziele der Partei zu unterstützen. Für den gescheiterten Maler Adolf Hitler war das Feld der Kunst von hoher persönlicher Bedeutung. Seine Äußerungen zur Kunst waren, seitdem er 1925/1926 »Mein Kampf« verfasst hatte, von extremer Brutalität. Er spricht von den »krankhaften Auswüchse[n] irrsinniger und verkommener« Künstler.103 Als Führer müsse es seine Aufgabe sein, zu »verhindern, dass ein Volk dem geistigen Wahnsinn in die Arme getrieben werde«.104 Daher wurden die diffamierten Akteure des Kunstmarktes – d.h. zusammenfassend formuliert jüdische Bürger, »entartet« arbeitende moderne Künstler, homosexuelle Künstler – zunächst mit einem Berufsverbot versehen, in den nächsten Stufen folgten Vermögensentzug und Vertreibung, die letzte Stufe war Mord.105 In dieser Hinsicht teilte sich der Kunstmarkt in der Zeit der Diktatur wie folgt auf: Auf der einen Seite wurden bestimmte Kunsthändler damit beauftragt, die Arbeiten der »entarteten« Kunst zu verkaufen. Auf der anderen Seite erwarb Hitler zur Verwirklichung seiner Idee eines »Führermuseums« im österreichischen Linz gemäß des »Sonderauftrags Linz« ausgewählte Werke, die ihm nur eine kleine Gruppe von Kunsthändlern direkt anbot und verkaufte. Auch einige seiner Gefolgsleute – allen voran Hermann Göring – erwarben in dieser Zeit Kunst bzw. organisierten den Raub von Werken Verfolgter aus Deutschland, Frankreich und anderen besetzten Gebieten. Von Göring ist bekannt, dass er seit 1940 und der Besetzung Frankreichs mehr als zwanzigmal das Depot im Pariser Jeu de Paume besuchte, wo der für den Raub in Frankreich zuständige »Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg« (ERR) die französischen Kunstsammlungen aus jüdischem Besitz zusammentragen ließ.106 Bei Kriegsende umfasste Görings Kunstsammlung mehr als tausend Gemälde und Hunderte von Skulpturen, Tapisserien, antiken Möbeln und kunstgewerblichen Objekten.

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Adolf Hitler und Hermann Göring kauften vornehmlich von zwei Personen Kunstwerke: Maria Almas-Dietrich und Karl Haberstock. Maria Almas-Dietrich, geb. Dietrich (1892–1971) führte seit 1921 in München die Galerie »Almas«, die als Kunsthandlung für Teppiche und Antiquitäten gegründet wurde. Der Name leitet sich von ihrem türkisch-jüdischen Ehemann ab, Ali Almas (den türkischen Namen übersetzte er später in Elias Diamant), den sie kurz nach der Geschäftsgründung heiratet. Seinetwegen konvertiert sie auch zum jüdischen Glauben.107 Bereits 1926 trennen sich die beiden, so dass sie spätestens seit diesem Zeitpunkt mit ihrer Galerie an einem neuen Standort eigenständig agiert und »als beruflich selbstständige, finanziell erfolgreiche, autofahrende Frau«108 beschrieben wird. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde das »Reichskulturkammergesetz« erlassen, demzufolge alle deutschen Kunsthändler Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste (RdbK) werden sollten. Almas-Dietrich distanziert sich wieder vom Judentum und verbleibt weiterhin in München als Kunsthändlerin. 1934 lernt sie Heinrich Hoffmann, den Leibfotografen von Adolf Hitler, kennen. Hoffmann und Hitler kannten sich wohl seit 1922, sie wurden enge Freunde und hatten beide eine Vorliebe für deutsche Gemälde des 19. Jahrhunderts. 1935 kam Almas-Dietrich über Hoffmann in direkten Kontakt mit Hitler.109 Als wahrscheinlich erstes Gemälde von einigen hundert Kunstwerken, die sie dem Diktator bis 1944 insbesondere aus ihrem Spezialgebiet der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts verkaufen sollte, gilt das Porträt »Kaiser Wilhelm und Kaiser Friedrich« (ca. 1888) von Franz von Lenbach.110 Auch die »Toteninsel« von Arnold Böcklin aus dem Jahr 1883 verkauft Almas-Dietrich 1936 an Hitler, es war »eines der Lieblingsbilder Hitlers und für das Reichskanzlerpalais bestimmt«.111 Ein weiteres favorisiertes Bild Hitlers, Anselm Feuerbachs »Nanna« von 1861, wurde ebenfalls von der Münchnerin etwas später an den Diktator verkauft – beide Werke, die »Toteninsel« und die »Nanna«, befinden sich heute in der Alten Nationalgalerie in Berlin. Hitler baute nicht nur seine Privatsammlung über Almas-Dietrich auf. Er hatte sich zudem entschieden, in seiner bevorzugten österreichischen Stadt Linz sein »Führermuseum« von seinem wichtigsten Architekten Albert Speer bauen zu lassen. Um die Museumssammlung aufzubauen, richtete er den »Sonderauftrag Linz« ein, zu dessen Sonderbeauftragtem 1939 Hans Posse (1879–1942) ernannt wurde. Posse überblickte als Sonderbeauftragter sämtliche Angebote, die für das »Führermuseum« gemacht wurden. Almas-Dietrich konnte über Jahre hinweg als Einzige direkt an Hitler bzw. an den Chef der Parteikanzlei, Martin Bormann, verkaufen, ohne ihre Angebote vorab von Posse genehmigen zu lassen. Auch nach Posses Tod 1942 musste sie seinem Nachfolger Hermann Voss (1884–1969) keine Rechenschaft abgeben, sondern konnte direkt mit dem Diktator Geschäfte machen. Wie das möglich war, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Auch die genaue Anzahl der Kunstwerke, die Almas-Dietrich an Hitler veräußert hat, ist schwer zu bestimmen, da die Angaben stark schwanken: Zwischen 270 und 930 Kunstwerke soll sie an Hitler verkauft haben112 – insbeson-

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dere Deutsche Meister des 19. Jahrhunderts wie Arnold Böcklin, Anselm Feuerbach, Adolph Menzel oder Hans Thoma. Gänzlich geklärt werden kann auch nicht, warum Hitler trotz seiner absoluten Machtposition bereit war, die sehr hohen Preise zu bezahlen, die Almas-Dietrich verlangte. Aus den Archiven wird offensichtlich, dass der »Aufschlag, den sie Bestellern und Erwerbern berechnete, mindestens 50 % des Einkaufspreises [betrug], doch mehr noch liebte sie dessen Verdoppelung.«113 Sophia Barth schreibt: »Im Vergleich zu anderen Kunsthändlern forderte sie extrem hohe Provisionen, meist bis zu 50 %. Im Linz-Report sind außerdem 38 Fälle mit 100 % und sechs mit über 300 % angegeben.«114 Ob Hitler die Preisaufschläge akzeptierte, weil er von Almas-Dietrichs Angeboten begeistert war und aufgrund seiner privaten Einnahmen über ein hohes Vermögen verfügte, das er bereitwillig in seiner Ansicht nach herausragende Kunst investieren wollte, ob er der Entstehung der Sammlung durch die Bewilligung hoher Marktpreise einen legalen Anschein geben wollte oder ob dem noch andere Gründe zugrunde lagen, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Sicher ist, dass Almas-Dietrich nur ein Kollege aus München ernsthaft Konkurrenz machte, was den Verkauf an Hitler angeht: Karl Haberstock (1878–1956). Nach der Eröffnung eines Geschäfts für Porzellan und Luxusgüter in Würzburg führte Haberstock ab 1908 in Berlin eine Galerie ebenfalls mit dem Schwerpunkt auf deutsche Künstler des 19. Jahrhunderts wie Wilhelm Leibl, Wilhelm Trübner, Arnold Böcklin und Anselm Feuerbach. 1933 wird Haberstock Mitglied der NSDAP und der von Joseph Goebbels eingesetzten »Kommission zur Verwertung der Produkte entarteter Kunst«. Haberstock hatte bereits ab 1936 und damit vor dem Inkrafttreten des »Sonderauftrages Linz« direkt an Hitler verkauft. Als das erste von ihm an den Diktator verkaufte Werk gilt »Venus und Amor« von Paris Bordone (um 1550/1560). Ab 1939 wurde Haberstock der Haupthändler für das Linzer Führermuseum. Über seine Gefolgsleute ermächtigte sich Hitler zum »größten Kunstraub aller Zeiten«.115 Für beide Beauftragte – Haberstock und Almas-Dietrich – gilt, dass sie zur Erfüllung des »Sonderauftrages Linz« ein besonderes Geschäftsgebaren zeigten. Sie hatten de facto Zugriff »auf das gesamte NS-Kunstraubgut aus Österreich und der Tschechoslowakei, seit 1939/1940 auch aus Polen, Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und der Sowjetunion«.116 So lässt sich für beide Händler nachweisen, dass sie insbesondere aus Frankreich zahlreiche Kunstwerke unter den bekannten Umständen gekauft bzw. geraubt hatten. Almas-Dietrich soll »in Frankreich zwischen 1940 und 1944 insgesamt 320 Kunstwerke von 109 Händlern gekauft haben.«117 Als Haberstock 1940 in Paris die Galerie Wildenstein »arisieren« sollte, begann er, mit dessen neuem Besitzer Roger Dequoy zu verhandeln. Als der erste Handel zwischen Georges Wildenstein und Karl Haberstock über Roger Dequoy gilt der Verkauf des Gemäldes »Reiter am Strand« von Paul Gauguin, das zunächst aus dem Wallraf-Richartz-Museum in Köln als »entartete« Kunst entfernt und dann an den US-amerikanischen Schauspieler Edward G. Robinson verkauft

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worden war.118 Im weiteren Verlauf des Zweiten Weltkrieges hat Wildenstein aus seinem US-Exil über seinen Pariser Partner Roger Dequoy mehrfach mit Karl Haberstock Geschäfte gemacht. Almas-Dietrich und Haberstock stehen für die eine Seite des nationalsozialistischen Kunstmarktes. Die andere Seite bezieht sich nicht mehr auf die Förderung der als kanonisch eingestuften Werke deutscher Künstler, sondern auf die Vernichtung der als entartet diffamierten Kunst. Hitler und seine Anhänger verfolgten im Kunstmarkt dieselben Prinzipien, die sie in allen anderen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens praktizierten. Zur Gleichschaltung und Unterwerfung unter die nationalsozialistische Ideologie gehörte die Förderung des einen im Gleichzug mit der Vernichtung des anderen. Joseph Goebbels wurde die Aufgabe übertragen, die »entartete« Kunst zu vernichten oder aus ihrer kommerziellen Verwertung Profit zu schlagen. Denn im Vorfeld des Krieges wollten die Nationalsozialisten mit den Werken der »entarteten Kunst« Geld einnehmen. Dazu hatte Goebbels vier Kunsthändler ausgewählt, die Werke der »entarteten Kunst« ins Ausland verkaufen sollten: Bernhard Böhmer, Karl Buchholz, Hildebrand Gurlitt und Ferdinand Möller. Alleine im Sommer 1937 wurden etwa 21.000 Kunstwerke aus staatlichen Museen unter der Prämisse der Vernichtung des »Entarteten« entfernt. Die Aktion wurde erst im Mai 1938 in dem »Gesetz über die Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst« legalisiert. Etwa 650 dieser Kunstwerke wurden in der bekannten Wanderausstellung »Entartete Kunst« gezeigt, die zwischen 1937 und 1941 an zwölf Standorten zu sehen war und mehr als zwei Millionen Besucher angezogen haben soll.119 Besonders der Auftakt der Ausstellung 1937 in München gilt als Höhepunkt des propagandistischen Umgangs mit Kunst in der Nazi-Diktatur, da die Werke der »entarteten« Künstler von beispielsweise Emil Nolde, Max Beckmann, Marc Chagall, Karl Schmidt-Rottluff oder Erich Heckel der Öffentlichkeit zeitgleich mit der »Ersten Großen Deutschen Kunstausstellung« präsentiert wurden. Sahen mehr als zwei Millionen Besucher die ungefähr 650 »entarteten Kunstwerke«, so wurden die mehr als 12.000 Exponate der »Deutschen Kunstausstellung« von lediglich 600.000 Menschen besucht.120 Das Konvolut aller beschlagnahmten Werke der »entarteten Kunst« wurde ab 1937 aufgeteilt in Werke, die zerstört und solche, die verkauft werden sollten. Die vier Händler Böhmer, Buchholz, Gurlitt und Möller organisierten die bis heute bekannte Auktion in Luzern. Nur drei Monate vor Kriegsbeginn im Juni 1939 wurde eine Auswahl an Werken bei dem Schweizer Auktionator und Händler Theodor Fischer zum Verkauf angeboten. Karl Haberstock hatte dabei den Kontakt zwischen dem Schweizer und den vier Deutschen hergestellt. Bei der Auktion wurden 125 Werke zum Kauf angeboten, die zuvor in der großen Münchner Ausstellung zu sehen waren. Die Versteigerung war jedoch kommerziell wenig erfolgreich. Beispielsweise hatte das bekannte Bild »Ecce Homo« von Lovis Corinth im Jahr 1926 50.000 Reichsmark ge-

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kostet. Bis zu seiner Beschlagnahmung hing es in der Berliner Nationalgalerie. Auf der Luzerner Auktion wurde es für nur 8000 Schweizer Franken an das Kunstmuseum Basel verkauft. Die niedrigen Erlöse lagen daran, dass Händler und Sammler »die Auktion zum Teil boykottiert [hatten], als durchgesickert war, wohin der Erlös tatsächlich fließen würde. Nicht jedes der 125 Werke wurde verkauft, 38 erzielten nicht einmal das Mindestgebot. Den Verkaufserlös von 500.000 Schweizer Franken überwies Fischer vertragsgemäß auf ein Londoner Konto.«121 Aufgrund dieses Misserfolges wurde die Idee entwickelt, unter Beteiligung der Öffentlichkeit einen Scheiterhaufen mit Werken der »entarteten« Kunst anzuzünden. Im März desselben Jahres sollte es eine öffentliche Verbrennung von mehr als 5000 Werken in der »Alten Feuerwache« in Berlin gegeben haben – allerdings fand diese Verbrennung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, was erstaunlich wirkt, da die frühere Bücherverbrennung von 1933 unter reger Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt wurde. Um die Mechanismen des Kunstmarkts im Nationalsozialismus begreiflich zu machen, soll auch auf die sehr unterschiedlichen Biografien der vier maßgeblichen Kunsthändler eingegangen werden. Bernhard Böhmer (1892–1945) war ursprünglich Maler und Bildhauer; auch war er ein enger Freund des vom Nazi-Regime verschmähten Ernst Barlach. Obgleich er zahlreiche Werke von Barlach vor der Zerstörung retten konnte, nutzte er die Nazi-Zeit, um selbst unter diesen Umständen zu einem Vermögen zu gelangen. Diese Ambivalenz seiner Person – Retter und Profiteur – wurde durch die neuere Forschung bestätigt.122 Karl Buchholz (1901–1992) hat ebenfalls nicht nur zur Zerstörung der »entarteten« Kunst beigetragen, sondern auch zur Förderung einzelner künstlerischer Positionen. Ursprünglich Buchhändler eröffnete er 1925 in Berlin eine Buchhandlung, die er 1934 um eine Galerie für zeitgenössische Kunst erweiterte. Diese wurde von Curt Valentin, der ein enger Mitarbeiter von Alfred Flechtheim war, etwa zwei Jahre lang geleitet. Valentin musste wie auch Flechtheim aus Deutschland fliehen. In New York eröffnete Valentin gemeinsam mit Buchholz 1937 die Galerie »Buchholz Gallery – Curt Valentin«. Aufgrund einer Genehmigung von deutscher Seite erhielt Buchholz die Erlaubnis, Werke der »entarteten« Kunst über diese New Yorker Zweigstelle zu verkaufen. Was folgte, war nicht nur der Ausverkauf der ungewollten Kunst, sondern auch eine allmähliche Etablierung der deutschen Moderne in den USA. Insbesondere Werke aus ehemaligem Museumsbesitz wurden beschlagnahmt, über Karl Buchholz ›verwertet‹ und nach New York zu Curt Valentin exportiert. In seiner Berliner Galerie hörte mit dem Weggang Valentins in die USA jedoch keineswegs der Ausstellungsbetrieb für »entartete« Künstler auf. Buchholz unterteilte nun seine Ausstellungen in »offizielle«, also genehmigte Präsentationen, für die Kataloge gedruckt und Pressearbeit gemacht wurden, und in »private«, also vor der Nazi-Diktatur geheim gehaltene Ausstellungen, die nur einem kleinen Kreis an Interessierten vorgestellt wurden.123 Zur ersten Gruppe

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zählten vorwiegend Künstler, die selbst zeitweise NSDAP-Mitglieder waren wie Herbert Garbe oder Emil von Hauth, aber auch Künstler wie Karl Schmidt-Rotluff, von dem mehr als 600 Werke aus deutschen Museen konfisziert wurden und dem Malverbot erteilt worden war. Zur zweiten Gruppe der »privaten Schattenausstellungen« gehörten dann diejenigen Künstler, die von den Nationalsozialisten verfolgt und mit einem Berufs- bzw. Ausstellungsverbot bestraft wurden wie Max Beckmann oder Käthe Kollwitz. Im Vergleich zu den drei anderen Haupthändlern der »entarteten« Kunst war Karl Buchholz der kommerziell erfolgreichste Verkäufer. Insgesamt generierte er mit dem Verkauf der für ihn bestimmten 706 Werke Deviseneinnahmen in Höhe von nahezu 20.000 US-Dollar.124 Diese Einnahmen entsprachen fast der Hälfte der insgesamt mit dem Verkauf »entarteter« Kunst erzielten knapp 44.000 Dollar.125 Von den 706 ihm für den Verkauf zugewiesenen »entarteten« Arbeiten hatte Buchholz 644 für Curt Valentin in New York bestimmt, womit auch die hohen Einnahmen in US-Dollar erklärt werden können. Der dritte Händler war Hildebrand Gurlitt (1895–1956), dessen Sohn Cornelius im Jahr 2012 mit dem sogenannten »Schwabinger Kunstfund« in den Fokus der Öffentlichkeit gelangte: Aus seiner Münchner Wohnung wurden mehr als 1200 Werke von der Zollfahndung unter dem Vorbehalt der Überprüfung von Restitutionsansprüchen beschlagnahmt.126 Hildebrand Gurlitt stammte aus einer teils jüdischen Familie und war als studierter Kunsthistoriker in seiner Position als Leiter von Museen und Kunstvereinen jahrelang ein Förderer der modernen Kunst. In Zwickau und Hamburg zeigte er Ausstellungen mit Werken u.a. von Oskar Kokoschka, Lovis Corinth, Ernst Ludwig Kirchner, Wassily Kandinsky und Käthe Kollwitz. Von 1938 bis 1941 war er im Rahmen der »Aktion entarteter Kunst« wie Buchholz und Böhmer mit dem Verkauf und dem Tausch konfiszierter Kunstwerke betraut. 1943 wurde er durch den erwähnten Nachfolger Posses, den Sonderbeauftragten Hermann Voss, zu dessen akkreditiertem Ankäufer für Linz in Paris ernannt. Obwohl auch Gurlitt der Verkauf der beschlagnahmten Kunst im Inland untersagt war, verkaufte er innerhalb des Deutschen Reiches weiter moderne Kunst: sechs Gemälde von Otto Dix, Erich Heckel, Karl Hofer, Heinrich Campendonk und Georg Schrimpf an Josef Haubrich in Köln oder das expressionistische Gemälde »Marschlandschaft mit rotem Windrad« von Karl Schmidt-Rottluff an Bernhard und Margit Sprengel in Hannover.127 Auch für Gurlitt gilt, dass er einerseits kommerziell von seiner Position als beauftragter Kunsthändler profitierte, er andererseits für die Erhaltung einiger bedeutender Arbeiten verantwortlich war. Diese Ambivalenz lässt sich ebenfalls für den vierten Händler der »entarteten« Kunst nachweisen: Ferdinand Möller (1882–1956) hat wie Gurlitt auch entgegen der Vorgaben der Nationalsozialisten zahlreiche »entartete« Kunstwerke im Inland verkauft oder selbst behalten. Möller eröffnete nach einer Ausbildung als Buchhändler 1917 erst in Breslau und 1918 in Berlin eine eigene Galerie.128 Auch er hatte früh Verbindungen in die USA aufgebaut. So organisierte er zusammen mit dem erwähnten

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Wilhelm Valentiner 1923 in New York eine Ausstellung zur deutschen Gegenwartskunst. Bereits vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten zählte Möller damit zu den wichtigsten Vermarktern der Bauhaus-Künstler Lyonel Feininger, Paul Klee, Oskar Schlemmer und Wassily Kandinsky sowie der »Brücke«-Künstler Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Ernst-Ludwig Kirchner. Während der NS-Zeit wurde Möller als Experte für diese Kunst zum Verwerter der beschlagnahmten Kunstwerke ernannt. Aus dem Konvolut der »entarteten« Kunst wählte Möller 1941 fast 100 Gemälde und Skulpturen sowie mehr als 600 Arbeiten auf Papier aus, die von Künstlern stammten, die er seit 1917 vertrat.129 Einen Teil dieser Werke verkaufte er nicht ins Ausland, sondern behielt sie im Deutschen Reich, sei es in Eigenbesitz oder durch Verkauf an deutsche Sammler. In der Nachkriegszeit siedelte Möller 1949 nach Köln über, wo er fast siebzigjährig wieder eine eigene Galerie eröffnete, die er bis zu seinem Tod 1956 führte. Für alle vier betrachteten Kunsthändler Buchholz, Böhmer, Gurlitt und Möller kann zusammenfassend gelten, dass sie sich bereits vor dem Verkauf der Werke der »entarteten« Kunst mit diesen auseinandergesetzt hatten und sie durchweg in Doppelrollen agierten. Für die Gesamtbetrachtung des Kunstmarkts im Nationalsozialismus gilt, dass Adolf Hitler und seine Gefolgsleute den Einfluss der Kunst auf die Bevölkerung als sehr hoch einstuften. Es steht außer Zweifel, dass die Nationalsozialisten den Kunstmarkt auch deswegen so stark kontrollierten, um an die dringend benötigten Devisen zu kommen. Zugleich diente ihnen die Kunst zur Versinnbildlichung ihrer eigenen Ideologie. Zur Darstellung ihrer Weltsicht eigneten sich vorrangig realistische, heroisierende Maler der eigenen Nationalität. Die langfristige Konsequenz der faschistischen Diktatur war, dass die zahlreichen jüdischen Händler, Galeristen, Verleger, Künstler, Autoren, Kritiker, Sammler und Mäzene und ihr ökonomischer, kreativer und intellektueller Beitrag in Deutschland fehlten. Aus dem nationalsozialistischen Deutschland flohen Justin Thannhauser, Bruno Cassirer, Harry Graf Kessler, Alfred Flechtheim, die Brüder Kahnweiler, Curt Valentin, Fritz Nathan, Herwarth Walden und viele andere Kunsthändler. Der Verlust an Sammlern war nicht weniger gering. Beispielsweise gingen die wichtigsten Sammler deutscher Expressionisten, Robert Graetz und Ismar Littmann, ebenfalls ins Exil. Einigen Flüchtenden gelang es Kunstwerke mitzunehmen, die sie dann im Exil veräußern mussten. Es erstaunt daher nicht, dass das New Yorker Auktionshaus Parke-Bernet, das 1937 gegründet wurde, mitten im Krieg 1941 mit einer Umsatzsteigerung um 54 % im Vergleich zum Vorjahr hervorragende Ergebnisse erwirtschaftet hatte.130 Der Exodus vieler jüdischer Händler, Galeristen, Künstler und Sammler ins Ausland hatte weitreichende Konsequenzen für die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Zum einen wurde der ohnehin schon wachsende amerikanische Kunstmarkt durch die Neuankommenden weiter gefördert, zum anderen bildeten sich auch in kleineren Ländern, die nahe an Deutschland liegen, wie der Schweiz

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oder den Niederlanden, wichtige Standorte heraus. Beide Entwicklungen können als Konsequenzen der Vertreibung jüdischer Akteure in der NS-Diktatur gesehen werden. Auch heute noch werden einige der wichtigsten globalen Kunstmessen nahe der deutschen Grenze, jedoch nicht in Deutschland abgehalten, wie z.B. die TEFAF im niederländischen Maastricht oder die Art Basel im schweizerischen Basel.

7 Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Kunst als global vermarktetes Produkt

7.1

Einleitung

Die ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte sind weltweit geprägt vom Wiederaufbau der durch den Krieg und die Diktatur zerstörten Strukturen, wobei der Zweite Weltkrieg auch die größte Völkerwanderung seit dem Mittelalter ausgelöst hatte. Alleine in Zentraleuropa waren mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht oder vertrieben, was etwas mehr als 10 % der Bevölkerung des Kontinents ausmachte. Zu Recht spricht man beim 20. Jahrhundert auch vom »Jahrhundert der Flüchtlinge«.1 In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu bahnbrechenden, technischen Erfindungen, die das Leben der Menschen und damit auch die Entwicklung des Kunstmarktes tiefgehend geprägt haben. Dazu zählt in erster Linie die Erfindung des Computers und der damit zusammenhängenden Künstlichen Intelligenz. Zwei Meilensteine waren die Erfindung der ersten mechanischen und elektrisch betriebenen Rechenmaschine »Z1« von Konrad Zuse 1938 sowie die Entwicklung des »Electronical Numerical Integrator and Computer« (ENIAC) 1946. Ab den 1960er Jahren spielten Computer in der Arbeitswelt eine zunehmend wichtige Rolle. IBM, Olivetti und Hewlett-Packard produzierten immer kleinere Computer, die die elektronische Datenverarbeitung ermöglichten. Um das Jahr 2000 herum ist der Computer bereits allgemein in das berufliche und private Leben integriert. Die zweite bedeutsame Erfindung am Ende des 20. Jahrhunderts war das Internet. Ab 1981 konnten Universitäten Datenmengen elektronisch miteinander austauschen. Damit einher ging auch die Erfindung der »E-Mail«. Ab 1989 wurde das Internet über die Universitäten hinaus einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die dadurch begonnene Digitalisierung erreichte einen ersten wesentlichen Entwicklungsschritt. Auch der Kunstmarkt erlebte in der Zeit zwischen 1945 und 2000 tiefgreifende Veränderungen. In vielen Ländern mussten sich nach der Zerstörung durch die Weltkriege ökonomische und soziale Strukturen bilden, die das Kunstschaffen und damit auch das Handeln mit Kunst ermöglichten. Nach der grundlegenden Unterdrückung und Zerstörung der abstrakten Kunst in der Nazi-Diktatur musste die

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Kunst erst wieder an den Aufbruch der Avantgardebewegung der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts anknüpfen. Kunstströmungen wie die Abstraktion und der Abstrakte Expressionismus der 1950er und 1960er Jahre wurden geradezu zu einem Synonym für die wieder gewonnene Kunstfreiheit.

7.2 New York nach 1945: Von Guggenheim über Janis und Castelli zu Gagosian Die USA konnten aufgrund ihrer relativen Distanz zum Kriegsgeschehen auf den anderen Kontinenten aus einer starken wirtschaftlichen und politischen Position heraus ihre Weltmarktstellung nach dem Zweiten Weltkrieg weiter ausbauen. Das im Vergleich zur europäischen und asiatischen Bevölkerung weniger traumatisierte amerikanische Volk übte auf der kulturellen Ebene gleichfalls starken Einfluss auf die gesamte westliche Welt aus. Die sich neu herausbildende Konsumgesellschaft führte bereits in den 1950er und 1960er Jahren zur Schaffung neuer Ikonen des alltäglichen Lebens. Künstler wie Andy Warhol verliehen den neuen Marken bis heute nachwirkende Bilder: Verschiedene Produkte des Konsums wie Lebens- (Campbell’s Soup Cans) oder Putzmittel (Brillo), Autos (Beetle) oder die neue führende Weltwährung selbst (US-Dollar) wurden von Warhol in seriellen Siebdrucken dargestellt. Mit dem Entstehen neuer Kunstströmungen wurde New York zum wichtigsten Zentrum nicht nur der zeitgenössischen Kunst, sondern auch der Alten Meister. Diese Entwicklung zeichnete sich bereits frühzeitig ab, da viele bedeutende Kunstakteure vor, während oder nach dem Krieg aus dem alten und zerstörten Europa in die USA vor den Nationalsozialisten flohen oder aus wirtschaftlichen Gründen exilierten. Ohne die zahlreichen jüdischen Händler, Galeristen, Künstler und Sammler aus Deutschland und anderen europäischen Ländern wäre der Aufbau des amerikanischen Kunstmarktes langsamer verlaufen. Insbesondere das Bauhaus übte einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Bildung der amerikanischen Kunstszene aus. 1919 wurde das Bauhaus in Weimar von Walter Gropius (1883–1969) im Sinne einer neuen, ganzheitlich geprägten Kunstakademie gegründet. Zahlreiche Bauhaus-Künstler wie Walter Gropius selbst, Josef Albers, László MoholyNagy oder auch Ludwig Mies van der Rohe emigrierten in die USA. 1933 – im Jahr der Machtübernahme durch Adolf Hitler – wurde in North Carolina das legendäre »Black Mountain College« von dem Altphilologen John Andrew Rice gegründet, wo es bis 1957 bestand. Am College wurde eine Verbindung von Kunst und Wissenschaft betrieben, die es in der Form in den USA noch nie zuvor gegeben hatte. Rice holte einige der bedeutendsten Bauhaus-Lehrer an das College, wo sich bald die neue Avantgarde Amerikas zusammenfand. Als Dozenten unterrichteten hier John Cage, Merce Cunningham, Lyonel Feininger (auch er kam nach einem langen Aufenthalt in Deutschland zurück in die USA), Willem de Kooning und Robert Motherwell;

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Cy Twombly und Robert Rauschenberg studierten semesterweise am College. Der erste Performance-Künstler überhaupt, der Schweizer Bauhaus-Künstler Xanti Schawinsky (1904–1979), führte 1952 im Speisesaal des Black Mountain College die berühmte Kunst-Performance »Theater Piece No. 1« auf.2 Schawinskys Schaffen führte zur neuen Kunstströmung des »Happening« und »Fluxus«, dessen Zentrum sich in den folgenden Jahren in New York bildete. In North Carolina nahm jedoch nicht nur die Performance-Kunst ihren Anfang, auch der Gedanke des Bauhauses, die verschiedenen Kunstbereiche miteinander zu kombinieren sowie eine ganzheitliche Ausbildung anzubieten, wurde in Amerika fortgeführt und neu umgesetzt. Architektur, Produktdesign und Theater wurden in die Kunstlehre des Colleges mitaufgenommen. Hier beeinflussten die zahlreichen ehemaligen Bauhaus-Künstler aus Deutschland zudem viele andere geflüchtete und häufig von den Nationalsozialisten als »entartet« verfemte Avantgarde-Künstler wie Max Beckmann, Max Ernst, Miró oder Fernand Léger. Neben die emigrierten Künstler traten überdies die geflohenen Kunsthändler, Sammler und Galeristen. Persönlichkeiten wie Paul Rosenberg, Justin Thannhauser oder Curt Valentin ließen sich in New York nieder und gründeten dort neue Galerien. Dadurch wurde die amerikanische Metropole um Persönlichkeiten mit großer Erfahrung im internationalen Kunstmarkt des alten Europas bereichert. Mit der Neuansiedlung und dem längeren, wenn nicht gar ständigen Verbleib dieser Persönlichkeiten in den USA erhielt das noch junge Amerika die Möglichkeit, einerseits auf Erfahrungen sowohl ökonomischer als auch kultureller Natur zurückgreifen zu können und andererseits eine eigene Identität mit neuen »symbolischen Ausdrucksformen«3 herauszubilden. Insbesondere die revolutionären Gedanken, die das Bauhaus im Produktdesign, der Fotografie und Architektur hervorgebracht hatte, fielen in den USA auf fruchtbaren Boden. Um die Anfänge des New Yorker Nachkriegskunstmarktes exemplarisch darzustellen, werden vier ausgewählte Persönlichkeiten dieser Zeit vorgestellt: Peggy Guggenheim und Betty Parsons sowie Samuel Kootz und Sidney Janis. Danach werden Leo Castelli und Larry Gagosian besprochen, deren Wirken bis in die Jetztzeit reicht, zumal der Letztgenannte aktuell der mächtigste Galerist weltweit ist. Peggy Guggenheim (1898–1979) agierte als Galeristin, Sammlerin und Museumsgründerin. Allein mit der Verknüpfung dieser drei Aktivitäten kann sie als Prototyp eines neuen Kunstmarktakteurs gelten. Noch vor dem Krieg 1938 eröffnete Guggenheim in London ihre erste eigene Galerie mit einer Einzelpräsentation von Zeichnungen Jean Cocteaus, der sie in Anlehnung an die französische Galerie Bernheim-Jeune den Namen »Guggenheim Jeune« gab. Dabei war ihr der französische Objektkünstler und Maler Marcel Duchamp ein enger Berater – er wies sie in die einzelnen Kunstrichtungen dieser Zeit ein.4 In der nur 18 Monate lang betriebenen Galerie in London zeigte Guggenheim Werke u.a. von Wassily Kandinsky, Miró, Constantin Brancusi oder der Malerin Sophie Taeuber-Arp. Das öffentlich weit

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verbreitete Unverständnis für Avantgarde-Kunst zeigt sich auch bei den englischen Zollbehörden, als Guggenheim die überwiegend aus Frankreich importierte Kunst nach London einführen wollte. Die Behörden »behaupteten, dass es sich bei diesen Arbeiten nicht um Kunstwerke handle und sie deshalb als einzelne Stücke aus Holz, Marmor, Bronze usw. verzollt werden müssten. Die bei der Einführung von Kunstausstellungen übliche Zollermäßigung könne nicht gewährt werden.«5 Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges schloss Guggenheim die Galerie in England und ging nach Paris. Dort erwarb sie einen Großteil ihrer Sammlung von mit ihr persönlich bekannten Künstlern wie Kandinsky, Georges Braque, Pablo Picasso, Marc Chagall, Salvador Dalí, Marcel Duchamp, Alberto Giacometti oder Paul Klee. Ihr Leitspruch beim Aufbau ihrer Sammlung mitten im Krieg war: »Kaufe jeden Tag ein Bild!«6 Auch während ihrer Pariser Zeit stieß sie an vielen Stellen auf Ablehnung. So äußerte sich der damalige Konservator am Museum Luxembourg, Robert Rey, dass die von Peggy Guggenheim gesammelten Werke es nicht wert seien, vor den Deutschen gerettet zu werden.7 1942 begann ihre zweite Phase als Kunsthändlerin, nachdem sie 1941 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung mit dem surrealistischen Maler Max Ernst aus Paris nach New York geflohen war. Kurz nach der gemeinsamen Flucht heirateten die beiden. Im Oktober 1942 eröffnete sie mit einer umfangreichen Ausstellung ihre zweite Galerie in New York, die sie »Art of This Century« nannte: In der Eröffnungsausstellung, die von einem Sammlungskatalog mit einem Vorwort von André Breton und einem Cover von Max Ernst begleitet war, zeigte sie insgesamt 171 Werke von 68 Künstlern. Eine von Guggenheim selbst häufig erzählte Anekdote des Eröffnungsabends bezieht sich auf den Schmuck, den sie während der Veranstaltung trug. An einem Ohr hing ein Ohrring von Yves Tanguy, an dem anderen ein Ohrring von Alexander Calder.8 Damit brachte sie ihre Begeisterung sowohl für den Surrealismus als auch für die Abstraktion zum Ausdruck. Besonders an dieser Geste war überdies, dass der Einfluss des europäischen Surrealismus auf den amerikanischen Abstrakten Expressionismus ein eigenes Bild erhielt. Peggy symbolisierte dabei zudem einen neuen Typus der »Frau im Kunstmarkt«. Denn in ihrer Galerie »Art of This Century« zeigte sie Einzelausstellungen von Künstlerinnen wie Janet Sobel und Irene Rice Pereira sowie Gruppenausstellungen mit Werken von mehr als 30 Künstlerinnen. In ihren Räumen trat die junge amerikanische zunehmend neben die europäische Kunst, Werke von Künstlerinnen wurden Arbeiten von Künstlern gegenübergestellt. Peggys Galerie wurde zu einem »Melting Pot« für den transatlantischen Kunstaustausch, dessen weitreichende Folgen für viele mit der Gründung der Armory Show im Jahr 1913 gleichgesetzt wurden. Guggenheims Einfluss auf die Kunst bestand jedoch nicht nur darin, die Exponate zum Verkauf anzubieten und damit die Künstler in die Öffentlichkeit zu bringen, sondern auch in eigenen Ankäufen, wodurch die entsprechenden Künstler in ihrem Schaffen direkt unterstützt wurden. Am Beispiel von Jackson Pollock

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wird dieser Einfluss Peggy Guggenheims besonders deutlich. 1943 zeigte Peggy die erste von insgesamt vier Einzelausstellungen mit Gemälden von Pollock, zugleich förderte sie ihn ab dieser Zeit mittels eines monatlichen Stipendiums.9 Gemäß ihrer Angaben erhielt der bekannteste Vertreter des Abstrakten Expressionismus 150 Dollar monatlich von ihr sowie eine Gewinnbeteiligung, falls sie seine Werke verkaufte. Zudem gab Peggy bei ihm das größte Wandgemälde in Auftrag, das er je geschaffen hatte. Das in Öl auf Leinwand gemalte »Mural« betitelte Gemälde war für Peggys New Yorker Townhouse 1943 entstanden und stellte in Pollocks Malweise den Übergang von der surrealistischen Abstraktion hin zu seinem »Action Painting« dar.10 Guggenheims Auftrag zeigt ein weiteres Mal in der Geschichte des Kunstmarktes, dass auch im 20. Jahrhundert Auftragskunst nicht nur für die kommerzielle, sondern auch für die künstlerische Existenz von Künstlern von nicht zu unterschätzendem Wert sein kann. Peggy Guggenheim kann mit Recht eine überragende Rolle im Entstehungsprozess des Abstrakten Expressionismus zugesprochen werden. Ohne ihre Galerie hätten sich Künstler wie Motherwell, Rothko, Reinhardt oder besonders Pollock nicht in einer solchen Intensität befruchten und austauschen können. Dass Guggenheims Tätigkeit bis ins 21. Jahrhundert nachklingt, liegt auch an ihrem letzten Wirkungsort Venedig. Da ihre Galerie »Art of This Century« keinen Gewinn erwirtschaftete und der Zweite Weltkrieg beendet war, entschied sie sich, nach Europa zurückzukehren. 1948 stellte sie im griechischen Pavillon auf der Biennale in Venedig Teile ihrer Sammlung aus, wodurch Werke von Jackson Pollock, Mark Rothko und Arshile Gorky erstmals in Europa zu sehen waren. Kurz darauf, 1949, erwarb sie in Venedig einen Palazzo aus dem 18. Jahrhundert, in dem sie bis zu ihrem Tod hauptsächlich als Mäzenin lebte. Bis heute ist hier die »Peggy Guggenheim Collection« unter der Führung der »Solomon R. Guggenheim Foundation« untergebracht. Die bei ihr unter Vertrag stehenden Künstler verließen nach und nach ihre Galerie. Fast alle Künstler gingen zu Samuel Kootz, nur Jackson Pollock wechselte zu der zweiten großen Galeristin dieser Zeit, Betty Parsons. Betty Parsons (1900–1982) hatte nach dem Kriegsende 1946 ihre eigene Galerie in New York eröffnet.11 Sie war Malerin und Bildhauerin, ihre Galerie verstand sie zu Beginn als eine Art »Produzentengalerie«. Anfangs willigte sie nur unter der Bedingung ein, Werke von Jackson Pollock in ihrer Galerie auszustellen, wenn er die Kosten dafür selbst tragen würde. Nur ein Werk wurde von ihm in seiner ersten Ausstellung bei Parsons 1951 verkauft, die übrigen Gemälde und Gouachen gingen wieder zurück nach Venedig zu Peggy Guggenheim.12 Trotz dieser anfänglichen Schwierigkeiten wurde Parsons als Galeristin von Pollock und den anderen Vertretern des Abstrakten Expressionismus wie Mark Rothko, Barnett Newmann, Hans Hofmann, Ad Reinhardt und Clyfford Still bekannt. Ihre wichtigsten Künstler wurden unter dem Titel »The Four Horsemen« von ihr vermarktet, worunter die vier Maler Pollock, Rothko, Still und Newman verstanden wurden. In ihren Räumen hatten eini-

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ge dieser Künstler ihre ersten Einzelausstellungen wie z.B. 1950 Barnett Newman, mit dem Parsons zwar eine lange Freundschaft verband,13 dem sie jedoch nach den schlechten Kritiken zur Ausstellung acht Jahre lang keine öffentliche Präsentation seiner Werke mehr anbot. Betty Parsons konnte von dem Wirtschaftsaufschwung in den USA der Nachkriegszeit erheblich profitieren, da mehr Amerikaner zu Wohlstand kamen und einige von ihnen in Kunst investierten. Bis zu ihrem Tod arbeitete sie als Galeristin in New York. Zwei weitere Kunsthändler der unmittelbaren Nachkriegszeit spielten neben Guggenheim und Parsons eine große Rolle bei der Entwicklung des Kunstmarktes in New York: Sam Kootz und Sidney Janis. Sam Kootz (1898–1982) war zunächst Anwalt, bevor er 1942 eine Ausstellung mit Abstrakten Expressionisten im Kaufhaus Macy’s kuratierte. In demselben Jahr veröffentlichte er sein Buch »New Frontiers in American Painting«, womit er zu den Ersten zählte, die die Gruppe der Abstrakten Expressionisten näher beschrieb. Nach Kriegsende 1945 eröffnete er seine eigene Galerie, in der er bis 1966 Arbeiten von Amerikanern wie Robert Motherwell, aber auch von Europäern wie Fernand Léger ausstellte. 1947 konnte er Pablo Picasso die erste Retrospektive in den USA nach dem Krieg ausrichten. Zehn Jahre lang arbeitete Kootz mit Kahnweiler zusammen und vertrat Picasso sogar zeitweise in den USA.14 Der zweite wichtige Mann in New York war Sidney Janis (1896–1989). Auch er eröffnete bereits in den 1940er Jahren als über Fünfzigjähriger seine eigene Galerie, die »Sidney Janis Gallery«. Zuvor hatte er neben seiner Tätigkeit als Schuh- und Hemdenverkäufer begonnen, mit seiner Frau Harriet zusammen eine eigene Sammlung zeitgenössischer Kunst aufzubauen. Nachdem er Chairman des Ankaufskomitees des Museum of Modern Art wurde, nahm er eine führende Rolle bei der Beschaffung und Finanzierung einer der wichtigsten Leihgaben des Museums in der Nachkriegszeit ein: Das Meisterwerk »Guernica« von Pablo Picasso konnte dank seines Mitwirkens von 1939 bis 1981 in New York ausgestellt werden, bevor es nach dem Ende der Franco-Diktatur nach Spanien in das Museo Reina Sofia gebracht wurde, wo es bis heute zu sehen ist. Sidney Janis gelang es, in seiner Galerie, die er von 1948 bis zu seinem Tod führte, eine bahnbrechende Zusammenstellung von amerikanischen und europäischen Künstlern zu zeigen. Aus Frankreich importierte er Werke für zahlreiche Gruppenausstellungen von musealer Qualität wie »Les Fauves« im Jahr 1950, »Brancusi to Duchamp« 1951, Josef Albers 1952, »French Masters« und »International Dada (1916–1923)« beide im Jahr 1953. Ab 1952 wandte sich Janis der amerikanischen Gegenwartskunst zu. Schnell wurde er zu einem der bedeutendsten Vertreter des Abstrakten Expressionismus, als er von Betty Parsons zunehmend amerikanische Künstler übernahm wie Jackson Pollock, Willem de Kooning, Mark Rothko oder Robert Motherwell. Pollock widmete er drei Einzelausstellungen, 1952 zum ersten Mal. Eine große Strahlkraft – einem »Erdbeben gleich«15 – ging auch von seiner »International Exhibition of the New Realists« mit 54 internationalen Künstlern im Jahr

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1962 aus, als bei ihm u.a. Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Tom Wesselmann und George Segal ausstellten. Heute wird diese Präsentation als die erste Ausstellung von Pop Art angesehen. Janis erhob sich dadurch in den Augen einiger Kunstkritiker auf eine Stufe mit Joseph Duveen: Das, was Duveen für die Alten Meister war, sei Janis für die Gegenwartskunst.16 In dieser wichtigen Ausstellung, in der die europäischen neben den amerikanischen »New Realists« zu sehen waren, sahen die meisten Besucher und Kritiker bei den Amerikanern mehr Innovationskraft und Energie als bei ihren französischen Künstlerkollegen. Allerdings stieß die Realisten- bzw. Pop Art-Ausstellung auf nicht unerheblichen Widerstand bei einigen seiner Abstrakten Expressionisten. Aus Protest verließen nach der Ausstellung vier Expressionisten – Guston, Motherwell, Gottlieb und Rothko – die Galerie von Janis, nur de Kooning blieb ihm aus dieser Gruppe treu. Die Ausstellung war jedoch nicht nur für die Abstrakten Expressionisten geradezu ein Schock, sondern auch für die französischen Vertreter des Neuen Realismus, die den amerikanischen Pop Art-Künstlern in der Galerie gegenübergestellt worden waren. Drei Vertreter der »Nouveau Réalistes« – Martial Raysse, Jean Tinguely und Niki de Saint-Phalle – reisten aus Frankreich zur Präsentation nach New York, wo sie auf die farbigen, klaren und teils in ihren Formen sehr reduzierten Werke von Warhol, Wesselmann und Lichtenstein trafen. In der Gegenüberstellung wirkten ihre Werke »klein, staubig und antik« sowie weniger »aggressiv« als die der Amerikaner.17 Damit hatte die junge, amerikanische erstmals die europäische Gegenwartskunst in den Augen der Kunstkritik und des Publikums an Aufmerksamkeit übertroffen, was einen Meilenstein in der Kunstgeschichte und dementsprechend auch eine Zäsur auf dem Kunstmarkt bedeutete. Denn von diesem Zeitpunkt an wurde Kunst nicht mehr nur aus Europa in die USA exportiert, sondern Kunst wurde in den USA selbst produziert, vermehrt innerhalb des Binnenmarktes und sogar nach Europa verkauft. Amerikanische Sammler konnten nun Werke nationaler Künstler kaufen. Damit wurde letztlich der Kunstmarkt in den USA gestärkt und derjenige in Europa geschwächt. Die europäische Arroganz gegenüber kulturellen Produkten aus Amerika schwand allmählich, jetzt wurde Kultur auch aus den USA nach Europa exportiert. Der Beitrag von Sidney Janis zur Initiation dieses Prozesses kann als außerordentlich hoch bewertet werden. Neben Sidney Janis war ein zweiter Galerist in den USA maßgeblich am Erfolg der Pop Art beteiligt: der legendäre Leo Castelli. Leo Castelli (1907–1999) arbeitete nach einem Rechtsstudium zunächst im Versicherungswesen, bevor er sich der Kunst zuwandte und 1939 in Paris mit dem Architekten René Drouin seine erste von insgesamt sieben Galerien, die er Zeit seines Lebens gründen sollte, eröffnete. Bis heute existiert die Galerie in New York, sie wird von seiner dritten und letzten Ehefrau, Barbara Bertozzi Castelli, geleitet.18 Mit seiner ersten Ehefrau, Ileana Sonnabend (1914–2007), die später ebenfalls eine bekannte Galeristin wurde, floh Castelli aufgrund seines jüdischen Glaubens

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1941 von Paris nach New York. Sidney Janis vergleichbar sammelte er in den USA zunächst Erfahrungen als Kunstsammler und Ausstellungsmacher. In einem Interview 1969 erklärte Castelli, dass er nach dem Krieg genau die Aktivitäten von Peggy Guggenheim studiert habe. Durch sie und durch den Kunstkritiker Clement Greenberg sei er in engeren persönlichen Kontakt mit Künstlern gekommen.19 Für seinen Einstieg in die Kunstszene war Castellis Mitgliedschaft im sogenannten »Artist’s Club« von großer Bedeutung. Ab Herbst 1949 trafen sich in New York mehrere Künstler und Intellektuelle regelmäßig zum Gedankenaustausch. Es gab nur drei Mitglieder in diesem Club, die keine Künstler waren: Leo Castelli, seine Frau Ileana und der Händler Charles Egan. Robert Rauschenberg, Ad Reinhardt, Franz Kline, Mark Rothko und Willem de Kooning sowie unregelmäßig Jackson Pollock trafen sich sechs Jahre lang an drei Abenden in der Woche.20 Mit »The Club« wurde das Stadtviertel »East Village« in New York zu einer Art amerikanischem »Montmartre«. 1951 finanzierte Castelli eine Gruppenausstellung für die Mitglieder des »Clubs«, die als »Ninth Street Show« in die Kunstgeschichte eingehen sollte. Mit dieser Show formierte sich die »New York School«. An der Präsentation beteiligten sich namhafte Abstrakte Expressionisten wie Robert Motherwell – gegen den Willen seines Händlers Sam Kootz –, Willem de Kooning, Jackson Pollock und Hans Hofmann, insgesamt zeigten neunzig Künstler ihre Werke. Castelli bezeichnete in einem Interview 1969 diese Ausstellung als seinen persönlichen ersten »Salon des Indépendants« in New York – mit der Bezeichnung stellte er eine Analogie zu den französischen Impressionisten am Ende des 19. Jahrhunderts her. Die Arbeiten in der »Ninth Street Show« waren durchweg abstrakt – auch Künstler, die später figurativ arbeiteten wie Joan Mitchell oder Larry Rivers, malten zu dieser Zeit abstrakt. Erst sechs Jahre später im Februar 1957 eröffnete der 50jährige Castelli in seiner Wohnung seine erste Galerie in New York mit zwei großen Arbeiten von Jackson Pollock und Robert Delaunay, was wiederum einer demonstrativen Gegenüberstellung von Amerika und Europa gleichkam. Bereits ein Jahr später zeigte Castelli seine Künstler-Entdeckung Jasper Johns. Wenngleich die meisten seiner Künstler mindestens zwanzig Jahre jünger waren als er selbst, verband ihn eine enge Beziehung zu seinen amerikanischen und europäischen Künstlern wie Robert Rauschenberg, James Rosenquist, Cy Twombly, Frank Stella, Alberto Giacometti, Marcel Duchamp oder Andy Warhol. Analog dem großen Galeristen der Impressionisten Paul Durand-Ruel teilte Castelli die Verkaufserlöse mit seinen Künstlern nach einem festen Schema auf. Häufig wird der Erlös halbiert, einige wenige Künstler erhalten 60 % und Castelli 40 %. Neben diesem Abrechnungsschema entwickelte Castelli auch das System der »consignments« mit »friendly galleries«, bei dem die Zweitgalerie, die die Kunstwerke über Castelli erhielt, 30 % des Verkaufspreises behalten konnte, Castelli selbst 20 % und der Künstler 50 %. Der Anteil des Umsatzes nahm seit Mitte der 1970er Jahre stetig zu. »Um 1980 herum soll der durchschnittliche Jahresgewinn bei drei Millionen Dollar gelegen haben.«21 Castelli schickte etwa 70 % der ihm überlassenen Kunst an

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seine mit ihm verbundenen »friendly galleries«, von denen die eine Hälfte in Europa (London, Köln und Turin), die andere in anderen amerikanischen Städten (Los Angeles, Dallas und Miami) ansässig war. Damit wurde sein Kunsthandel zunehmend zu einer Art Zwischenlieferant. Neben der Hauptgalerie gründete er 1969 in New York eine zweite Galerie, die »Castelli Graphics«, in der vorrangig Papierarbeiten, Editionen, Künstlerbücher und Fotos angeboten wurden. Die Periode zwischen 1960 und 1980 zählt zu den bedeutendsten in Castellis Karriere. Nahezu alle großen Künstler der Zeit stellten bei ihm aus bzw. waren bei ihm unter Vertrag: Roy Lichtenstein, James Rosenquist, Frank Stella, Cy Twombly und Andy Warhol seit 1964, Dan Flavin, Donald Judd und Robert Morris seit 1965, die Postminimalisten Bruce Nauman, Richard Serra und Keith Sonnier kurz darauf, ab 1971 und nach dem Umzug in größere Galerieräume, die erst die raumgreifenden Installationen der Konzeptkünstler ermöglichen konnten, wurden Joseph Kosuth, Hanne Darboven und Lawrence Weiner seine Galeriekünstler sowie Ellsworth Kelly und Claes Oldenburg. Die Liste der Künstler lässt sich fortsetzen mit Jasper Johns, Robert Rauschenberg, John Chamberlain, Christo, Richard Artschwager, Ed Ruscha, Kenneth Noland, James Turrell, Julian Schnabel und David Salle. Castellis Künstlerstamm in dieser Zeit wurde in seiner Bedeutung für den internationalen Kunstmarkt denjenigen Ausstellungen gleichgesetzt, die Ambroise Vollard zwischen 1894 und 1911 mit seinem Künstlerstamm in Paris gezeigt hatte. Als Wendepunkt in Castellis Galeristenkarriere gilt das Jahr 1964, als der noch junge Robert Rauschenberg den Großen Preis der Biennale von Venedig erhielt. Diese Preisvergabe bedeutete zugleich ein politisches Statement, indem eine Art Gleichrangigkeit zum Ausdruck kam, die amerikanische Gegenwartskunst konnte mit der europäischen ernsthaft konkurrieren. Mit diesem Preis begann auch Castellis sukzessiver Aufbau seiner Künstler sowie seiner eigenen Person als Stars. Castelli nutzte alle damaligen Kanäle des Marketings, er hatte zahlreiche Interviews im Radio, den Printmedien und im Fernsehen.22 Leo Castelli hat einige bedeutende Gepflogenheiten in den Kunstmarkt eingeführt, die heute fest etabliert sind: Seit seiner Zeit im »Club« baute er ein enges Netzwerk mit Museumskuratoren auf. Mit dem Gründungsdirektor des Museum of Modern Art in New York, Alfred Barr, der 1964 der »United States Commissioner« für die Biennale in Venedig war, als Rauschenberg den Großen Preis gewann, und mit Henry Geldzahler, dem gut vernetzten Kurator für amerikanische Kunst des 20. Jahrhunderts am Metropolitan Museum of Art, arbeitete Castelli viele Jahre lang eng zusammen. Castelli professionalisierte mit diesen bewusst geförderten Verbindungen zu wichtigen Museumsleuten und Kuratoren das Vorgehen, das bereits von Durand-Ruel, Vollard, Duveen, Wildenstein und Cassirer Jahrzehnte zuvor praktiziert wurde, als diese »Vorgänger« sich ebenfalls um die zeitgenössischen Museumsdirektoren bemühten.23 Zweitens baute Castelli – Wildenstein in Paris vergleichbar – ein hervorragendes Archiv mit Fotografien für seine Künstler auf, die er jederzeit

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für Kritiker, Kunsthistoriker und Museen bereithielt, um für museale Ausstellungen und deren Kataloge schnell hinreichend Material über seine Künstler liefern zu können. Drittens wurden die Räume seiner Galerie mit den Jahren immer größer, technisch stattete er sie nach und nach musealen Räumen vergleichbar aus. Mit diesen großzügigen Räumlichkeiten untermauerte Castelli die Bedeutung New Yorks als das neue Kunstmarktzentrum. Als er 1971 im Erdgeschoss am West Broadway eine neue Galerie eröffnete, zog die Galerie seiner ersten Frau – die Sonnabend Gallery – direkt über ihm ein. Bis heute finden sich in den Metropolen der Welt solche Cluster von Galerien, sei es in New York oder Los Angeles, in London, Berlin, Hong Kong oder Schanghai. Die vierte große Veränderung im Markt erreichte Castelli als Einwanderer aus Europa, indem er den Kunstmarkt geografisch gesehen »umdrehte«. Mit ihm begann ein Verkauf amerikanischer Kunst nach Europa – bis zum heutigen Tag übertrifft dieser Verkaufsweg von Gegenwartskunst der USA zu europäischen Sammlern denjenigen Weg der Alten Meistern aus Frankreich, Italien und Deutschland in Richtung USA. Diese Umkehrung der Machtverhältnisse lässt sich auch an den vier größten Kunden von Castelli festmachen. Er selbst erzählte: »Meine Karriere als Galerist wurde bestimmt von vier wichtigen Namen: von den Sculls, den Tremaines, dem Grafen Panza di Biumo und etwas später von Herrn Professor Dr. Ludwig aus Aachen.«24 Am Anfang waren es zwei amerikanische Ehepaare, der Taxiunternehmer Robert Scull mit seiner Frau Ethel und der Lampenfabrikant Burton Tremaine mit seiner Ehefrau Emily, die bei Castelli zahlreiche Werke kauften, danach kamen der italienische Weinhändler Panza di Biumo und der deutsche Industrielle Peter Ludwig als Großkunden zu Castelli. Nachdem Castelli in den 1980er Jahren gleich drei neue Galerien in New York eröffnet hatte, begannen einige seiner Künstler, zu anderen Galerien zu wechseln, z.B. ging Rauschenberg zur Galerie Knoedler, Donald Judd, Julian Schnabel, Dan Flavin, Richard Serra, John Chamberlain und Claes Oldenburg verließen Castelli, um mit Arne Glimcher von der Pace Gallery zusammenzuarbeiten. Der letzte Vertreter des New Yorker Kunstmarktes, der repräsentativ für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts vorgestellt wird, und der derzeit als der umsatzstärkste Galerist der Welt gilt, ist Larry Gagosian (*1945). Seine Karriere ist anfänglich eng mit der von Leo Castelli verwoben. Für manche galt Castelli gar als sein Mentor. Heute unterhält Gagosian mit seinen 21 Galerien mit mehr als 20.000 qm² Ausstellungsfläche und über 300 Vollzeitmitarbeitern in elf Städten auf drei Kontinenten (New York, Los Angeles, San Francisco, London, Paris, Bourget, Genf, Basel, Rom, Athen und Hong Kong) ein noch nie zuvor gesehenes Kunstimperium in seinen Händen. Er gilt zu Recht als der einflussreichste und mächtigste Kunsthändler des 21. Jahrhunderts, der einen geschätzten Jahresumsatz von 1 Milliarde US-Dollar erwirtschaftet.25 Zu den von ihm vertretenen Programmkünstlern zählen die wichtigsten und teuersten Künstler unserer Zeit wie Ed Ruscha, Richard Serra, Anselm Kiefer, Takashi Murakami oder Jenny Saville. Zugleich ist Gagosian

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auch als Händler tätig bzw. vertritt die Nachlässe zahlreicher verstorbener Künstler – auch hier ähnelt die Auswahl der Künstler einer Who-is-Who-Liste der wichtigsten Protagonisten des 20. und 21. Jahrhunderts: Den verstorbenen Künstlern Francis Bacon, Roy Lichtenstein, Pablo Picasso, Cy Twombly und Andy Warhol wurden in den vergangenen Jahren umfangreiche, häufig retrospektiv gehaltene Ausstellungen in den Gagosian Galleries weltweit ausgerichtet. Die Karriere von Larry Gagosian begann in den 1970er Jahren in Kalifornien, wo er nach kleinen Erfolgen als Posterverkäufer am Strand 1977 seine erste Galerie für zeitgenössische Kunst in San Francisco eröffnete. Er selbst sieht die Räume, die er 1980 in Los Angeles eröffnete, als seine erste »professionelle« Galerie an. Zu seinen anfänglichen Erfolgen zählte die Eröffnung seiner New Yorker Räume im Jahr 1985 mit Werken aus der Sammlung des Unternehmerpaars Burton und Emily Tremaine. Überraschenderweise war kein einziges der Exponate verkäuflich, dafür war das Marketing aufwendig konzipiert. Der Ausstellungskatalog war in Hochglanz gedruckt, die Show wurde ein Erfolg oder, wie es in der Presse wiederholt hieß, ein »Hit«.26 Mit dieser explizit »nicht-kommerziellen« bzw. »kunsthistorisch« zu bezeichnenden Ausstellung wollte Gagosian der New Yorker Öffentlichkeit zeigen, dass er mit den wichtigsten Sammlern der Stadt eng assoziiert ist. Der Tremaine-Ausstellung folgten weitere nicht-kommerzielle Ausstellungen zu Willem de Kooning, Pablo Picasso und Roy Lichtenstein, die mit unverkäuflichen Leihgaben bestückt waren. Nachdem es Gagosian 1986 gelungen war, einige der bis dato wenig beachteten »Oxidation Paintings« von Andy Warhol an renommierte Sammler und Händler (Thomas Ammann, Asher Edelmann und Charles Saatchi) zu verkaufen, war Leo Castelli von dem erfolgreichen Verkäufer Gagosian beeindruckt.27 Dies führte zu einer Kooperation, bei der die beiden von 1989 bis 1995 im New Yorker Viertel SoHo eine gemeinsame Galerie unterhielten, wobei die meisten Arbeiten, die Larry Gagosian verkaufte, aus Castellis Inventar stammten.28 Im Eröffnungsjahr der gemeinsamen Räume mietete Gagosian zusätzliche Räume in der Madison Avenue, die für ihn zu einer Art »Flagshop Store« wurden. In einem Interview nach der Eröffnung verwies er darauf, dass er keine Künstler direkt unter Vertrag habe, sondern er ausschließlich als Händler auf dem Zweitmarkt tätig sei. Ab dieser Zeit um 1989 begann Gagosian, von anderen Galerien in New York Künstler abzuwerben. Sein Argument für einen Wechsel in seine Galerie war häufig, dass er die Kunstwerke für einen höheren Preis verkaufen könnte. Von der erfolgreichen Galeristin Mary Boone übernahm er Künstler wie David Salle, Philip Taaffe und Eric Fischl – einige Beobachter betrachteten dieses Abwerben als besonders aggressiv. Von Castelli wechselte Cy Twombly zu Gagosian, mit dem dieser fünf seiner acht Galerien in Europa in den nächsten Jahrzehnten eröffnen sollte. Insbesondere bezüglich der Kooperation zwischen Gagosian und Twombly lässt sich nachweisen, dass der Einfluss eines Galeristen auf das Werk eines Künstlers erheblich sein kann – vergleichbar dem Einfluss Durand-Ruels auf Monet oder Voll-

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ards auf Derain. So überredete Larry Gagosian den Künstler, vor jeder Galerieeröffnung in Europa für die jeweilige Eröffnungsausstellung neue Werke zu schaffen. Kritiker meinen, dass ohne den Einfluss Gagosians das Spätwerk Twomblys deutlich kleiner ausgefallen wäre.29 In den 1990er Jahren fokussierte sich Gagosian immer wieder darauf, die Preise für Kunstwerke aus seinem eigenen oder aus Castellis Inventar für ein Mehrfaches des durchschnittlichen Marktpreises anbieten und verkaufen zu können. Er war sich dessen bewusst, dass kontinuierlich steigende Preise eine große psychologische Wirkung auf Käufer haben. Bis heute gilt, dass Gagosian keine Künstler vom Anfang ihrer Karriere an aufbaut, sondern er sie erst dann in sein Galerieprogramm aufnimmt, wenn sie von Kollegen bereits bis zu einem bestimmten Öffentlichkeitsgrad bekannt gemacht worden sind. Neben dem Jahr 1989, als die Expansionspolitik Gagosians mit der zweiten Niederlassung in New York in Kooperation mit Castelli begann, wird für seine Händlerkarriere das Jahr 1996 als »Wendejahr« angesehen. Kurz nach der Eröffnung der Niederlassung in Beverly Hills, Los Angeles, zeigte Gagosian die Gruppenausstellung: »Leo Castelli: An Exhibition in Honor of His Gallery and Artists«. Die exponierten Werke stammten entweder von Künstlern, die von Castelli repräsentiert, oder bei ihm wiederholt ausgestellt worden waren.30 Die Präsentation wurde als eine Art »Staffelübergabe« der führenden Rolle auf dem amerikanischen Kunstmarkt des greisen Leo Castelli an den jungen Larry Gagosian gesehen. Ab diesem Moment war offensichtlich, dass Gagosian die Rolle des führenden Galeristen in den USA anstrebte. Seit dem Tod Castellis 1999 hält Gagosian diese Position bis heute inne, wenngleich er in den letzten Jahren Konkurrenz von Europäern erhalten hat.

7.3 Neue Wege im London der Nachkriegszeit: Von Lloyd über Wilson zu d’Offay In der britischen Metropole agierten in der Nachkriegszeit einige Persönlichkeiten, die eine weit über ihr Land hinausreichende Wirkung auf den Kunstmarkt ausübten. Dazu zählen die Gründer der »Marlborough Fine Art Gallery« Frank Lloyd und Harry Fischer sowie Peter Wilson, der den globalen Auktionsmarkt nachhaltig verändert hat. Das Kapitel schließt mit dem Galeristen Anthony d’Offay, der in der Zeit von 1965 bis 2001 aus London weltweit agierte. Die Marlborough Fine Art Galerie wurde nach Kriegsende 1946 von Frank Lloyd (1911–1998) und Harry Fischer (1903–1977) in Mayfair mitten im Zentrum Londons eröffnet. Frank Lloyd war zu seiner Zeit der »vielleicht größte Kunsthändler der Welt«, seine Galerie galt als der »vermögendste und wichtigste Kunsthandel auf der Welt«.31 Die Entwicklung von Frank Lloyds Galerie wird heute als prototypisch für weltweit agierende Galerien angesehen, die das Geschehen auf dem Kunstmarkt global beeinflussen können. Lloyd hat den modernen Kunstmarkt in seinen bis

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heute sichtbaren Charakteristika geradezu erfunden. Frank Lloyd stammte aus einer alten, drei Generationen umspannenden Wiener Antiquitätenhändlerfamilie, während Fischer Erfahrungen als Händler antiquarischer Bücher mitbrachte.32 Beide mussten im Zweiten Weltkrieg aufgrund ihres jüdischen Glaubens aus dem von den Nationalsozialisten besetzten Österreich fliehen, sie lernten sich in der Britischen Armee im Exil kennen. Lloyd und Fischer nannten ihre Galerie »Marlborough« nach dem Herzogtum »Marlborough« im englischen Wiltshire, um ihrem Handel einen aristokratischen Anschein zu geben. 1948 verband sich die Galerie tatsächlich mit dem Adel, als sich David Somerset, der Duke of Beaufort, zu Lloyd und Fischer gesellte. Zu Beginn handelten die drei vorrangig mit Kunstwerken des 19. Jahrhunderts. Neben beeindruckenden Ausstellungen zu Impressionisten und Post-Impressionisten wie einer vollständigen Sammlung aller Bronzeplastiken von Edgar Degas 1951 oder einer sehr frühen Präsentation von 35 Keramiken von Pablo Picasso 1954 wurden zahlreiche Werke von Mary Cassatt, Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir und Vincent van Gogh ausgestellt. Ein großer Verdienst der Marlborough Gallery war die Einführung von Kunst des 20. Jahrhunderts aus Deutschland in den Londoner Kunstmarkt. Die vielleicht wichtigste Ausstellung über den deutschen Expressionismus und die Avantgarde-Kunst aus Deutschland war die Gruppenausstellung »Art in Revolt: Germany 1905–1925« im Jahr 1959, auf die in den 1960er Jahren Ausstellungen über das Bauhaus, die Brücke, Wassily Kandinsky und Kurt Schwitters folgten. In den 1960er Jahren führten Lloyd, Fischer und Somerset Gegenwartskunst aus Großbritannien in das Galerieprogramm ein. Britische Nachkriegskünstler wie Henry Moore, Lynn Chadwick, Barbara Hepworth und vor allem Francis Bacon wurden in den neuen Räumen ab 1960 in retrospektiven oder kollektiven Ausstellungen gezeigt. 1961 wurde die erste umfangreiche Einzelausstellung von Jackson Pollock in Europa mit 62 Werken präsentiert. Im Oktober 1963 eröffnete die Marlborough Gallery als »Marlborough-Gerson Gallery« in New York eine Niederlassung, mit der nicht nur Künstler aus der Gerson Gallery wie Naum Gabo, David Smith und Jacques Lipchitz übernommen wurden, sondern auch Künstler aus anderen Galerien: Beispielsweise wechselten Robert Motherwell von Sidney Janis und Larry Rivers von Tibor de Nagy zu Marlborough. Mit der New Yorker Niederlassung wurde die Marlborough Gallery zur flächenmäßig größten Galerie ihrer Zeit.33 Durch die Vertretung weiterer Abstrakter Expressionisten wie insbesondere Mark Rothko und Philip Guston sowie durch die Übernahme einiger der bedeutendsten Nachlässe nicht nur in den USA wie diejenigen von Jackson Pollock, Franz Kline, Ad Reinhardt und Kurt Schwitters wurde die Marlborough Gallery in den 1960er Jahren zu der vielleicht mächtigsten Galerie der westlichen Welt. Zeitweise unterhielten Lloyd und Fischer Niederlassungen in London, New York, Rom, Zürich, Toronto und Montreal. In diesem Jahrzehnt entwickelte sich überdies einer ihrer britischen Künstler zu einem weltweit anerkannten Maler: Francis Bacon (1909–1992) unterschrieb 1958 einen Zehnjahresvertrag mit Marlborough, in dem

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einerseits die Galerie zusagte, die Spielschulden des Malers zu begleichen und in dem andererseits Bacon versprach, der Galerie jährlich eine bestimmte Anzahl an Bildern zu übergeben. Die Preise für Werke von Bacon waren zu Beginn ausgesprochen moderat, verglichen mit den heutigen Auktionsergebnissen. Wenngleich der Vertrag 1968 endete, blieb Bacon bis zu seinem Tod 1992 bei Marlborough. Zum Höhepunkt des Markteinflusses der Galerie verließ Harry Fischer Marlborough, um in London die »Fisher Fine Arts« zu gründen. Den größten Bruch in seiner Galeriekarriere erlebte Marlborough mit einem Skandal, der sich zwischen 1972 und 1975 um den Nachlass von Mark Rothko rankte und als der Kunstprozess des Jahrhunderts bekannt wurde.34 Nachdem Rothko 1970 gestorben war, hinterließ er gut 800 Gemälde, die von einem Trustee betreut werden sollten, der der Marlborough Gallery und damit Frank Lloyd nahestand. Einige Hundert dieser Gemälde wurden für einen niedrigen Preis innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes an die Galerie verkauft. 1972 verklagte die zwanzigjährige Tochter des verstorbenen Malers, Kate Rothko, auch im Namen ihres minderjährigen Bruders den Trustee und die Galerie mit dem Vorwurf, dieser Verkauf sei nicht rechtmäßig vonstattengegangen, da sie als Nachlasserbin übervorteilt worden sei. Bei den Gerichtsverhandlungen wurde öffentlich, wie die Galerie ihre Geschäfte über einen Standort in Liechtenstein abwickelte. Der Ruf Lloyds wurde weiter geschwächt, nachdem er einem Journalisten in einem Interview antwortete, er würde Geld und keine Kunst sammeln.35 1975 endeten die Gerichtsverhandlungen mit einer Niederlage der Galerie. Marlborough wurde dazu verurteilt, mehr als 9 Mio. US-Dollar an Rothkos Kinder zu zahlen. Zugleich endeten die Verträge der Galerie mit dem Rothko-Estate, der danach von der Pace Gallery übernommen wurde. In den darauffolgenden Jahren verlor Marlborough weitere Künstler, so gingen die Estates von Motherwell, Gottlieb und David Smith an den Konkurrenten Knoedler. Darüber hinaus wurde das RothkoGerichtsurteil von anderen Nachlässen als Exempel genutzt, ihrerseits Regressansprüche an Marlborough zu stellen. Die Estates von Naum Gabo, Kurt Schwitters und Francis Bacon versuchten gleichfalls, von der Galerie hohe Zahlungen zu erhalten, scheiterten jedoch vor den Gerichten. Nachdem Frank Lloyd in den 1960er Jahren nach New York umgezogen ist und sein Neffe Pierre Levai (*1937) die dortige Niederlassung übernommen hatte, wurde Franks Sohn Gilbert Lloyd (*1940), der seit 1963 mitarbeitete, 1972 sein Nachfolger in London. Bis 1991 leitete Gilbert die britische Hauptgalerie. Unter ihm fanden trotz des Rothko-Skandals einige bahnbrechende Ausstellungen statt. Die Retrospektive »Schwitters in Exile« im Jahr 1981 eröffnete einen neuen Blick auf das Spätwerk des Künstlers, das daraufhin eine Neubewertung erfuhr. Ein weiterer Generationenwechsel fand 2019 statt. Zunächst leitete Max Levai (*1988), der Sohn von Pierre Levai, der Großneffe von Frank Lloyd, seit 2012 die Abteilung für Gegenwartskunst in der New Yorker Galerie. 2019 hat er mit erst 31 Jahren die Leitung von Marlborough Fine Art übernommen. 2020 verließ er das Unternehmen jedoch wieder.36 Bis heute zählt die Galerie zu den wichtigen

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Akteuren im Markt, sie unterhält aktuell Niederlassungen in New York, London, Madrid und Barcelona. Durch die Aufteilung in »Marlborough New York« und »Marlborough London« wird ein wesentlicher Aspekt jedoch offensichtlich. Der Markt funktioniert in den USA immer noch anders als in Europa. Die Eröffnung der Niederlassung in New York in den 1960er Jahren markierte den Wechsel der Machtverhältnisse zwischen Alter und Neuer Welt. Der Kunstmarkt in New York hat denjenigen in London übertroffen. Frank Llyod kann als einer der wichtigsten Prototypen für den modernen Kunsthändler gelten. Zunächst hat er sich einige Geschäftspraktiken von Paul DurandRuel und Joseph Duveen angeeignet und miteinander kombiniert. So übernahm er deren Idee von Künstlerverträgen, mit deren Hilfe er über Jahre hinweg Künstler fest an seine Galerie gebunden und ihnen dadurch ihre Arbeit finanziell ermöglicht hat. Francis Bacon beispielsweise, der aufgrund seiner Spiel- und Alkoholsucht immer wieder in finanzielle Schwierigkeiten geriet, hätte ohne seine Galerie nicht weiterarbeiten können. Ein weiterer Aspekt betrifft die Sichtbarkeit der Galerie. Nicht nur hatte Marlborough mehrere Niederlassungen in verschiedenen Metropolen, auch nahm die Galerie von Anfang an regelmäßig an den neu gegründeten Kunstmessen teil, so auch an der ersten Ausgabe der Art Basel im Jahr 1970. Mit den Messen ging eine weitere Gepflogenheit des sonst eher für Konsumgüter geltenden Wirtschaftsbereiches in das Galeriegeschäft über: Ausstellungseröffnungen wurden als »Show« zelebriert. Die Besucher bei einer Eröffnung wollten häufig keine Kunst erwerben, sondern den besonderen »Glamour Effect« des Eröffnungsevents miterleben. Als Marlborough beispielsweise im November 1963 ihre New Yorker Niederlassung eröffnete, kamen so viele Schaulustige, dass man im Gedränge weder die ausgestellten Bilder noch die anderen Besucher sehen konnte.37 Mit dieser Globalisierung und Kommerzialisierung der Galerie nahm Frank Lloyd die Entwicklung der kommenden Jahrzehnte vorweg. Neben Lloyd gab es einen weiteren Protagonisten dieser Entwicklung, den Engländer Peter Cecil Wilson (1913–1984). In seiner Funktion als Auktionator veränderte er das Auktionswesen nachhaltig. Wilson, der aus der britischen Upper Class stammte, begann seine Karriere bei einem Londoner Versteigerungshaus für Münzen. Nach Erfahrungen in der Öffentlichkeitsarbeit wechselte er 1936 zum Londoner Auktionshaus Sotheby’s, dessen Teilhaber er 1939 wurde, nachdem seine Frau geerbt hatte. Unter seiner Leitung von 1958 bis 1980 wandelte sich Sotheby’s von einem national bedeutenden Auktionshaus zu einem weltweit tätigen Unternehmen – Sotheby’s selbst spricht über die Zeit der 1950er und 1960er unter Wilson von »The Great Change: Stars in the Gallery«38 . Eine der ersten wichtigen Neuerungen bei Sotheby’s, die Wilson in den 1930er Jahren zu verantworten hatte, war die Vermarktung einer Sammlung von antiken Ringen, der »Guilhou Collection«. Für die Vermarktung der Auktion schaltete Wilson großformatige Werbeanzeigen

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mit Highlights aus der Sammlung – heute ist die allumfängliche Werbung für Auktionen üblich, im Jahr 1938 war dieses Vorgehen jedoch neu.39

Peter Wilson, 1959

Der erwähnte fundamentale Umbau des Hauses Sotheby’s begann in mehreren Schritten nach dem Krieg. Wilson gelang es, die Münzsammlung des ägyptischen Königs Farouk in einer sensationellen Auktion im Jahr 1954 bei Sotheby’s zu versteigern. Der Verkauf gilt heute noch als eine der bedeutendsten Auktionen des letzten Jahrhunderts, da zahlreiche private Kunden die kostbaren Stücke zu verhältnismäßig niedrigen Preisen erwarben.40 Erstmals wurden neue Kunden aus der internationalen Sammlerschaft auf Sotheby’s und dessen breitgefächertes Angebot aufmerksam. Zugleich führte er eine Praxis in das Auktionswesen ein, die bis heute umgesetzt wird, wenngleich sie nicht unumstritten ist: die Vereinbarung einer garantierten Preiszusage – einer Garantie für die Einlieferer. Die britische Adelsfamilie Proctor-Beauchamp besaß ein Gemälde von Nicolas Poussin, die »Anbetung der Hirten« von 1633/1634, das ihr seit 1796 gehörte und das über Sotheby’s in London versteigert werden sollte. Für den Verkauf des Bildes wurde mit dem Einlieferer eine sogenannte »Garantie« vereinbart. Dies bedeutet, dass der Einlieferer in jedem Fall eine vorab vereinbarte Summe vom Auktionshaus erhält, auch wenn sich das Werk nicht verkaufen sollte. Zunächst wurden 15.000 Pfund als Garantiesumme verhandelt.41 Der Verkäufer, Proctor-Beauchamp, setzte Wilson jedoch unter Druck und drohte, das Werk zurückzuziehen, falls die Summe nicht erhöht werden würde. Wilson erhöhte die Garantie daraufhin auf 35.000 Pfund. Bei der Auktion lag jedoch das Höchstgebot nur bei 29.000 Pfund – Sotheby’s musste den Versteige-

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rungserlös dementsprechend um 6000 Pfund aufstocken, um den Einlieferer Proctor-Beauchamp bezahlen zu können. Obgleich das Geschäft für das Auktionshaus offensichtlich mit einem Verlust ausging, hatte Wilson zugleich viel gewonnen: In der Öffentlichkeit, die nichts von der vertraulich behandelten Garantie und dem realisierten Verlust erfuhr, wurden Wilson und Sotheby’s als die Person und der Ort bekannt, mittels derer für einen Altmeister eine außergewöhnlich hohe Summe erzielt werden konnte. Das Auktionshaus positionierte sich damit im Kunstmarkt als eine Institution, an der dem Handel vergleichbar hohe Verkaufspreise im Spitzensegment des Marktes realisiert werden konnten. Wilson hat mit der Praxis der Garantie ein starkes Verhandlungsinstrument für Auktionshäuser geschaffen, das bis zum heutigen Tag eingesetzt wird, um konkurrierende Häuser von einem potentiellen Geschäft abzuhalten und Einlieferer zu überzeugen, die sich am ungewissen Ausgang einer öffentlichen Versteigerung stören. Der Verkauf des Gemäldes von Nicolas Poussin war jedoch nicht mit der hohen Ausschüttung an den Einlieferer beendet. Nach der Auktion stellte sich heraus, dass der Verkauf an den Höchstbietenden zurückgenommen werden musste, da das britische Kulturgutschutzgesetz den Export des Werkes an den ausländischen Käufer verhinderte, indem er ihm keine Ausfuhrgenehmigung erteilt hatte. Ein Jahr später, 1957, wurde das Bild mit Hilfe der finanziellen Unterstützung von verschiedenen Fonds von der National Gallery in London angekauft, wo es sich auch heute noch befindet.42 In demselben Jahr wurde der dritte Schritt im Umbau des Auktionswesens vollzogen. 1957 fragten die Nachlassverwalter des verstorbenen New Yorker Bankiers Wilhelm Weinberg bei drei Auktionshäusern an, ob sie Interesse am Verkauf seiner Gemäldesammlung hätten: Sotheby’s, Christie’s – beide in London – und Parke-Bernet Galleries in New York.43 Die Reaktionen fielen höchst unterschiedlich aus. Christie’s antwortete zurückhaltend und höflich, die schriftliche Antwort erreichte die New Yorker Anwälte erst drei Monate später. Parke-Bernet wollte die Versteigerung durchführen, das Haus verlangte aber eine Kommission in Höhe von 23,5 %, was für die damaligen Verhältnisse sehr hoch war. Und für Sotheby’s antwortete Peter Wilson per Telefon schon am Tag der Anfrage – und verlangte eine Kommission von nur 8 %. Der Auktionsort London hatte 1957 noch den großen Vorteil, dass es im Gegensatz zu New York keine Auktionssteuer gab. Sotheby’s erhielt den Zuschlag. Für Wilson war die WeinbergSammlung interessant, da sie nicht nur aus Impressionisten und Postimpressionisten bestand, sondern zudem zehn Bilder von Vincent van Gogh beinhaltete. Das Besondere an diesen van Gogh-Bildern war, dass sie in einem Film über den Künstler gezeigt worden waren, der ein Jahr zuvor in den USA gedreht worden war. Dieser Film, »Lust for Life« mit Kirk Douglas als Vincent van Gogh in der Hauptrolle, zeigte die zehn Bilder aus der Weinberg-Sammlung. Wilson hatte erkannt, dass er mit dieser Versteigerung insbesondere in den USA große Aufmerksamkeit erregen konnte. Die Versteigerung wurde nach außen hin zu einer Verschmelzung von Hollywood und Impressionismus. Als die Vorbesichtigung in London stattfand, erreichte Wil-

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son mit seiner Werbeagentur sogar, dass die englische Königin, Queen Elizabeth II., die Werke in der Vorbesichtigung ansah. Den Erinnerungen von Robert Lacey zufolge war dies jedoch unbeabsichtigt:44 Die Einladung zur Vorbesichtigung war eigentlich für das Magazin »Queen« bestimmt – und wurde wohl nur versehentlich an die Königin persönlich verschickt. Wenngleich sie nicht zur Auktion erschien, bedeutete ihr Auftreten bei der Vorbesichtigung eine enorme Imagesteigerung für Sotheby’s. Mit der Anwesenheit der Königin bei der Vorbesichtigung und dem Bezug zwischen van Gogh, Kirk Douglas und Sotheby’s wurde ein neuer Hype um die Auktion erzeugt. Zuvor verliefen Auktionen weitestgehend unter Ausschluss einer größeren Öffentlichkeit und daher meist unspektakulär. Ein eingeweihter, zumeist professioneller Kreis an Bietern, die häufig Händler waren, ersteigerte Kunstwerke aus Nachlässen oder überschuldeten Haushalten. Bis in die 1950er Jahre hinein wurde Kunst in erster Linie wegen eines der vier sogenannten »D«s eingeliefert: »Tod, Scheidung, Schulden, Verzweiflung von Kunsthändlern« (»death, divorce, debt, desperation of dealers«). Viele Händler nutzten Versteigerungen, um sich von Kunstwerken aus ihrem Inventar zu trennen, die sie selbst nicht verkaufen konnten. Auf der Seite der Käufer standen gleichfalls vorrangig professionelle Händler, die die ersteigerten Werke an ihre Privatsammler weitervermittelten. Mit der Weinberg-Auktion verwandelte Peter Wilson die Auktion in ein glamouröses Event. Es ging nicht mehr nur um einen professionellen Kunsthandel zwischen Eingeweihten, sondern um ein gesellschaftliches Ereignis mit großer Publikumsbeteiligung und Außenwirkung. Damit fand ein Umbau des Hauses Sotheby’s auf beiden Seiten statt, sowohl auf der des Einlieferers, als auch auf der des Erwerbers. Mit der Weinberg-Versteigerung begann der erste Boom einer spezifischen Kunstrichtung auf dem Kunstmarkt in der Moderne. Der Impressionismus wurde zu der begehrten Epoche von Sammlern weltweit, die jahrzehntelang bei Auktionen für immer neue Rekorde sorgen sollte. Ein Jahr nach der Weinberg-Versteigerung fand eine weitere Auktion statt, die in die Geschichte des Kunstmarktes einging: der Goldschmidt-Verkauf. 1958 wurde Wilson Chairman von Sotheby’s. In diesem Jahr entwickelte er mit dem Verkauf von sieben impressionistischen Werken aus der Sammlung des Bankiers Jakob Goldschmidt sein Marketingkonzept weiter. So verlegte Wilson die Versteigerung in den Abend, in der Einladung zur Auktion verlangte er zudem, dass die geladenen Gäste Dinnerjackets tragen sollten.45 Damit wandelte er die Versteigerung weiter um in Richtung eines gesellschaftlichen Ereignisses – bei einer Kunstauktion mitzubieten wurde nun einem Opern-, Theater- oder Bankettereignis gleichgesetzt. Zudem wurde man persönlich vom Auktionator eingeladen, der Kunde fühlte sich geschmeichelt und fühlte sich weniger als potentieller Marktteilnehmer verstanden, denn als ausgesuchter »Freund« Wilsons. Des Weiteren erweckte die Verknappung von lediglich sieben Werken in einer einzelnen Auktion den Eindruck, jedes der sieben Gemälde – drei waren von Édouard Manet, zwei von Paul Cézanne, je eines von Vin-

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cent van Gogh und Pierre-Auguste Renoir – sei ein Meisterwerk. Der Eindruck wurde durch den aufwendig gestalteten, farbigen Begleitkatalog untermauert, der untypisch für diese Zeit war, da es in den 1950er Jahren häufig nur kleine Schwarzweißkataloge gab. Kataloge waren in dieser Epoche selten farbig illustriert, da sie sich an ein begrenztes Fachpublikum richteten, das über ein gewisses Vorwissen verfügte und sich bei den Vorbesichtigungen die Werke persönlich ansah. Auch beauftragte Wilson eine hausfremde PR-Agentur mit der Werbung für den Goldschmidt-Verkauf, so dass schon einen Monat vor der Auktion zahlreiche Artikel und Anzeigen in Zeitschriften und Zeitungen in 23 Ländern erschienen waren.46 Als die Auktion am 15. Oktober 1958 stattfand, musste die Polizei die Menschenmenge vor Sotheby’s Londoner Zentrale in geordnete Bahnen lenken. Im Auktionssaal wurden Berühmtheiten wie der Van-Gogh-Darsteller Kirk Douglas, Anthony Quinn, Dame Margot Fonteyn oder Lady Churchill gesehen. Andere Hollywood-Größen wie der Schauspieler Edward G. Robinson waren per Telefon mit den Mitarbeitern von Sotheby’s verbunden. Es war auch die erste Auktion, an der Bieter per Telefonübertragung in London und New York an der Versteigerung partizipieren konnten.47 Wilson ließ zudem die komplette Auktion im Fernsehen per Live-Übertragung ausstrahlen, was für diese Zeit höchst ungewöhnlich war und das Vorgehen der im Internet live gezeigten Versteigerungen im 21. Jahrhundert vorwegnahm. Obgleich die Versteigerung nur 21 Minuten lang dauerte, erbrachten die sieben Werke zusammen 781.000 GBP, vier der Arbeiten erzielten jeweils Rekordergebnisse für die Künstler, bei drei der Gemälde wurden Summen oberhalb der magischen Grenze von 100.000 GBP erreicht.48 Alle Werke bis auf eines wurden an Amerikaner verkauft, nur der Renoir ging an einen Europäer. Wilson ist es als erstem Auktionator gelungen, professionelles Marketing in das Auktionswesen einzuführen. Seit den 1960er Jahren wurden die Versteigerungen zunehmend als »Events« vermarktet. Als Sotheby’s in New York beispielsweise eine französische Impressionisten-Auktion durchführte, wurde der Auktionsraum zu einem typischen Montmartre-Café umgebaut. Die vier Auktionen der Memorabilien des weltbekannten Impresarios Sergej Diaghilev wurden 1967/1968 nicht in den Räumen von Sotheby’s durchgeführt, sondern in den entsprechenden Theatern in London und Paris. Hier wurden die Lose dem Publikum nicht nur von Sotheby’sMitarbeitern vorgestellt, sondern an einem Abend tanzten vor den Augen der Bieter und der Schwester der Königin, Princess Margaret, die die damalige Präsidentin der Ballettschule war, Studierende der Royal Ballet School.49 Auch nutzte Wilson wiederholt das Fernsehen als Werbeträger. Weitere wichtige Schritte beim Umbau des Auktionswesens durch Wilson war der Ankauf des amerikanischen Auktionshauses Parke-Bernet Galleries im Jahr 1964 durch Sotheby’s. Parke-Bernet wurde 1937 in New York gegründet und hatte in den 1950er Jahren große Erfolge erzielt. Allerdings erwies sich eine unmittelbar nach dem Krieg mit dem Vermieter vereinbarte Umsatzbeteiligung am Erlös des Auktionshauses als verheerend für die finanzielle

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Situation des Hauses in den 1960er Jahren. Nach mehreren Übernahmeversuchen durch Wilson wurde der Verkauf nach dem Suizid des Eigentümers 1964 realisiert. Bis 1983 firmierte Sotheby’s unter dem Namen Sotheby Parke Bernet, erst der nachfolgende Chairman Alfred Taubman änderte den Namen in die noch heute geltende Firmenbezeichnung »Sotheby’s« um. Durch die Übernahme von Parke-Bernet expandierte das Haus stark auf dem amerikanischen Kontinent, da es dessen über Jahrzehnte aufgebaute Kundenkontakte übernommen hatte. Die Öffnung des Auktionswesens für das breite Publikum gelang Wilson mit einer weiteren »Erfindung«. 1973 begann er, die Schätzpreise der angebotenen Lose in den Katalogen zu veröffentlichen.50 Zuvor wurden die Lose wie dargelegt in den entsprechenden Versteigerungskatalogen vorrangig einem Fachpublikum vorgestellt, weshalb die schriftliche Nennung der aufzurufenden Schätzpreise nicht erforderlich schien. Nun sollten auch Laien bzw. Privatsammler als Kunden angeworben und zum Mitbieten animiert werden, d.h. man musste dem weniger Kunsterfahrenen eine gewisse Vorstellung von den zu erwartenden Preisen vermitteln. Damit einher ging auch, dass die Losbeschreibungen immer ausführlicher wurden. Die Auktionskataloge wurden aufwendiger, sie erhielten detaillierte Beschreibungen und farbige Illustrationen, auch Angaben zu Provenienz, Literatur oder Ausstellungshistorie finden sich dort vermehrt seit den 1970er Jahren. Wurden in den 1960er Jahren im Auktionskatalog auf jeder Seite zwischen fünf und zehn Losen zumeist ohne Abbildung vorgestellt, so konnte seit den 1970er Jahren in einem Katalog ein einziges Los bereits über mehrere Seiten hinweg beschrieben und bebildert vorgestellt werden. Der private Interessent sollte möglich viele Informationen für seine Kaufentscheidung erhalten. In diese Zeit fällt darüber hinaus eine weitere Erneuerung: Auktionshäuser erstellten nun Zustandsberichte einzelner Lose, die von einem Interessenten angefordert werden konnten. Peter Wilson strebte danach, einen breiter ausgerichteten, internationalen Kundenstamm aufzubauen. Seiner Ansicht nach gab es neben dem Interesse an Kunst als ästhetischem Gegenstand und als Medium zur Distinktion eine weitere Motivation, die zum Kunstkauf anregen konnte: das Streben nach Gewinn durch Investition. Kunst sollte daher möglichst nicht nur von Sotheby’s selbst als Sachwert, als potentielles Investment beworben werden. Daher unterstützte Wilson die Idee seines Mitarbeiters Stanley Clark, der als professioneller Pressefachmann galt, den sogenannten »Times-Sotheby’s Art Index« zu gründen, der als eine Art »Dow Jones der Kunst« aufgebaut sein sollte.51 Der neuartige Index sollte sich von der Idee her an der Darstellung der Gewinnentwicklungen von börsennotierten Unternehmen orientieren. Für jede Kunstkategorie – es gab insgesamt zwölf Kategorien wie Alte Meister oder Impressionisten – sollte eine jährliche Performance in einem Diagramm abgebildet werden. Monatlich wurde eine Kategorie in einem solchen Diagramm in der »Times«, der »New York Times« und der »Connaissance des Arts« publiziert.52 Der »Times-Sotheby’s Art

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Index« existierte von 1967 bis 1971.53 Wilson beendete die Publikation des Index, als das Diagramm keine durchweg positiven Aufwärtsbewegungen mehr in der Preisentwicklung zeigte – dies hing u.a. damit zusammen, dass zeitgenössische Kunst nicht als eine eigene Kategorie mitaufgenommen worden war, die ab den 1970er Jahren einen rasanten Boom erlebte. Festzuhalten bleibt, dass Sotheby’s mit diesem Index ein erstes Instrument geschaffen hat, Kunst als Investment zu bewerben. Der Index sollte dem Laien zeigen, dass die Preisentwicklung von Kunst durch messbare Kriterien bestimmt werden kann. Ein privater Investor könnte in Kunst vermeintlich genauso investieren wie in eine an der Börse gehandelte Aktie. Dass Sotheby’s auch heute noch an diesem Investmentgedanken als Werbemittel festhält, zeigt sich daran, dass es den »Sotheby’s Mei Moses« Index gibt, auf den im letzten Kapitel näher eingegangen wird. Obgleich Wilson die Gegenwartskunst nicht in den ersten Kunstindex als eigene Kategorie aufgenommen hatte, war er es, der zeitgenössischen Werken erstmals eine eigene Auktion widmete. 1970 wird zum ersten Mal in der Geschichte des modernen Auktionswesens von Sotheby Parke Bernet in New York eine ausschließlich auf zeitgenössische Kunst spezialisierte Auktion durchgeführt. In dieser Auktion wurde erstmals eine Arbeit von Andy Warhol versteigert, der in den darauffolgenden Jahren zu einem der meist auktionierten Künstlern der Welt wird. Erst Jahre später wird publik, dass die Arbeit unverkauft blieb und Sotheby’s sowohl den Käufernamen als auch den Preis erfunden hatte.54 Wenngleich diese Auktion nicht die Erwartungen Wilsons erfüllte, war sie zukunftsweisend. Drei Jahre später gelang der Gegenwartskunst der offizielle Durchbruch im Auktionswesen, als die Sammlung des New Yorker Taxi-Unternehmers Robert Scull versteigert wurde. Das Ehepaar Scull hatte hauptsächlich Werke des Abstrakten Expressionismus (Willem de Kooning, Barnett Newman, Mark Rothko, Franz Kline) und der Pop Art (Jasper Johns, Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Claes Oldenburg, James Rosenquist) gesammelt. Fünfzig Werke aus der Sammlung wurden 1973 bei Sotheby Parke Bernet mit einem großen Aufwand wie einem farbig illustrierten Katalog mit Aufklappseiten und Vorbesichtigungen an mehreren Orten in Europa und Amerika versteigert.55 Der Gesamterlös lag bei 2,2 Mio. US-Dollar, es wurden durchweg die oberen Schätzpreise erzielt. Unter anderem aufgrund dieses unerwartet hohen Versteigerungserlöses wurde die Scull-Auktion auch als »Beginn des neuen Kunstmarktes« bezeichnet, wobei es auch negative Stimmen gab.56 Den Sculls wurde vorgeworfen, mit der Versteigerung den größtmöglichen Profit erzielen zu wollen, ohne die Künstler selbst daran zu beteiligen. Die Künstler würden »ausgebeutet«.57 Angesichts der enormen Preissteigerungen einiger Werke ist diese Kritik nachvollziehbar. Beispielsweise hatten die Sculls das Bild »Double White Map« von Jasper Johns 1965 für 10.000 US-Dollar gekauft, in der Auktion acht Jahre später wurde es für 240.000 US-Dollar verkauft. Ein zweites Beispiel ist »Thaw« von Robert Rauschenberg, das 1958 für 900 US-Dollar erworben und fünfzehn Jahre später für 85.000 US-Dollar versteigert wurde.58 Ab diesem

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Zeitpunkt begannen Sotheby’s und auch Christie’s, eigene Abteilungen für zeitgenössische Kunst in New York und London aufzubauen.59 Mit der Neuerfindung des modernen Auktionsmarktes durch Peter Wilson ging eine extreme Bedeutungszunahme von Auktionshäusern insgesamt einher. In den Jahrzehnten zuvor bestimmten Händler, Galeristen, Künstler und Sammler die Regeln des Kunsthandels. Nach Wilson standen Auktionshäuser im Zentrum des Marktes. Reagierten vor ihm Auktionshäuser auf Händler, so müssen sich Händler bis zum heutigen Tag dem starken Druck von Seiten der Auktionshäuser stellen. Die Expansionspolitik der Häuser lässt sich exemplarisch an den zahlreichen Niederlassungen ablesen, die Sotheby’s in immer kürzeren Zeitabständen gründete: New York 1955, Hong Kong 1973, Indien 1992, China 2012. In diesen Orten finden heute regelmäßig etwa 250 Auktionen jährlich in mehr als 70 verschiedenen Kategorien von Sotheby’s statt – im Jahr 2022 umfasst das Netzwerk 80 Büros in 40 Ländern mit neun Verkaufsräumen und drei Standorten nur für Private Sales.60 Die letzte Persönlichkeit, die im Zusammenhang mit dem Kunstmarkt in London in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorgestellt wird, ist Anthony d’Offay (*1940). Nach dem Kunststudium an der Universität in Edinburgh ging d’Offay 1963 nach London, wo er zunächst Händler für seltene Buchausgaben und Zeichnungen wurde. 1965 öffnete er seine erste Galerie, in der er vorrangig historische Kunst des 19. Jahrhunderts zeigte wie »Englische Freunde von Paul Gauguin« oder »Fantasie in der viktorianischen Malerei«. Einen ersten Wendepunkt nahm sein Kunsthandel, als er 1968 die Ausstellung »Schauspieler und Kurtisanen, japanische Drucke von 1770 bis 1800« zeigte und Werke nach Japan verkaufte, ein Land, mit dem ihm bis heute enge und persönliche Beziehungen verbinden.61 1977 heiratet er Anne Seymour, die mehrere Jahre lang als Kuratorin für Gegenwartskunst an der Tate tätig war und ihn ermutigte, sich auf zeitgenössische Kunst zu konzentrieren. 1980 eröffnet d’Offay seine zweite Galerie mit dem Schwerpunkt Gegenwartskunst. Von Beginn an sind Künstler aus Deutschland für das Ehepaar d’Offay von großer Bedeutung, was dreißig Jahre nach Kriegsende ungewöhnlich ist. Mit Joseph Beuys wurde sogar die neue Galerie 1980 eröffnet. Weitere Künstler wie Gerhard Richter, Anselm Kiefer oder Sigmar Polke folgten im Ausstellungsprogramm. Konsequenterweise war auch die letzte Ausstellung der Galerie einem Deutschen gewidmet. 2001 schloss die Galerie mit einer Ausstellung zu Anselm Kiefer. In den Jahren zwischen 1980 und 2001 stellte Anthony d’Offay die weltweit wichtigsten Gegenwartskünstler aus, neben den erwähnten Deutschen vor allem Briten wie Richard Long, Gilbert & George, Rachel Whiteread und Richard Hamilton sowie die Amerikaner Willem de Kooning, Jeff Koons, Roy Lichtenstein, Bruce Nauman, James Turrell, Cy Twombly und Andy Warhol. Aus einem Interview mit d’Offay wird offensichtlich, wie er in der Tradition von Galeristen steht, die das Schaffen von Künstlern direkt beeinflusst haben analog zu Durand-Ruel und Monet, Vollard und Derain, Guggenheim und Pollock oder Cassirer und Liebermann. Auf die Frage des Galeristen, was

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Andy Warhol in London zeigen wolle, antwortete ihm dieser: »Egal, was Du möchtest. Sag’ mir, was Du willst und ich werde es machen.«62 Das Ergebnis war eine Serie von Selbstporträts Warhols.63 Die entsprechende Ausstellung »Andy Warhol: Self Portraits (Fright Wigs)« im Jahr 1986 war die einzige Ausstellung zu Lebzeiten des Künstlers, die sich ausnahmslos dem Thema der Selbstbildnisse widmete.64 Hervorzuheben ist, dass d’Offay bestimmte künstlerische Positionen auch entgegen der herrschenden Meinung gefördert hat, selbst wenn deren Verkäuflichkeit anfangs keineswegs hoch eingeschätzt wurde. Dazu zählte beispielsweise, dass in den 1990er Jahren die Malerei für nahezu »tot« erklärt worden war. Trotzdem vertrat d’Offay einige der wichtigsten und primär als Maler arbeitende Künstler wie Gerhard Richter oder Lucian Freud. Neben diesen heute als Weltstars geltenden Künstlern setzte sich d’Offay mit jungen Kunstströmungen des eigenen Landes auseinander. So repräsentierte er die Künstler Ron Mueck und Rachel Whiteread, die unter der Bezeichnung der »Young British Artists (YBA’s)« bekannt wurden, nachdem sie an der Gruppenausstellung »Sensation« in der Royal Academy of Arts in London, im Hamburger Bahnhof in Berlin und im Brooklyn Museum in New York 1997 teilgenommen hatten. Bis heute ist der Einfluss Anthony d’Offays auf die kulturelle Bildung der Öffentlichkeit, insbesondere in Großbritannien, als besonders hoch einzuschätzen. Dies liegt zum einen daran, dass zahlreiche Museen für Gegenwartskunst bei ihm jahrelang eingekauft haben. In einem Interview von 2016 erklärt er, dass mehr als die Hälfte der Kunstwerke im letzten Jahr seiner Galerietätigkeit 2001 an Museen verkauft worden sei.65 Diese Ausrichtung auf öffentliche Kunstinstitutionen als Käufer war ungewöhnlich und bedeutet, dass ein relativ großer Anteil an Kunstwerken, die heutzutage ausgestellt werden und das Bild der Öffentlichkeit von der Gegenwartskunst dementsprechend prägen, durch die Galerie von d’Offay gegangen ist. Zum anderen beendete der Galerist im Jahr 2001 zwar seine Tätigkeit als Kunsthändler. Allerdings hat er im Jahr 2008 Teile seiner Kunstsammlung zu einem sehr geringen Preis im Rahmen seiner »d’Offay Donation« an die National Galleries of Scotland in Edinburgh und die Tate Gallery in London verkauft. Die beiden Institutionen erstatteten ihm nur die Ankaufspreise für die Werke in Höhe von 28 Mio. Britische Pfund und bezahlten nicht den damaligen Marktwert der Sammlung in Höhe von 125 Mio. Britische Pfund.66 Die einzelnen Werke wurden in verschiedene »ARTIST ROOMS« aufgeteilt. Mittlerweile beinhaltet die Sammlung der »Artist Rooms« mehr als 1600 Kunstwerke von 42 Künstlern. 44 Mio. Besucher haben die 143 Präsentationen in 77 Museen und Galerien in Großbritannien bisher gesehen. Die Wahrnehmung der Besucher fällt insofern positiv aus, als mehr als 90 % der Befragten nach ihrem Museumsbesuch angaben, dass die Erfahrung mit den »Artist Rooms« ihre Ansichten über Kunst verändert hätte.67 Anthony d’Offays öffentliches Ansehen erlitt jedoch 2017/2018 großen Schaden, nachdem Anschuldigungen ehemaliger Mitarbeiterinnen wegen sexueller Belästi-

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gung gegen ihn bekannt wurden, woraufhin der ehemalige Galerist seine Rolle als Kurator der »Artist Rooms« niedergelegt hat.68 Obgleich weiterhin kein Kontakt zwischen Anthony d’Offay und der Tate bzw. den National Galleries besteht, laufen sämtliche Leihanfragen des Projektes weiterhin über das Büro Anthony d’Offays.

7.4 Der Aufschwung des Rheinlands: Stünke, Schmela, Zwirner und die Ludwigs Konnte Berlin als der für den deutschen Kunstmarkt repräsentative Standort in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts charakterisiert werden, so gilt dies nicht mehr für die Zeit nach dem Ende der NS-Diktatur und des Zweiten Weltkrieges. Die Hauptstadt des ehemaligen Deutschen Reiches wurde in weiten Teilen im Krieg zerstört und war für fast ein halbes Jahrhundert immer wieder ein neuralgischer Angelpunkt des Ost-West-Konfliktes. 1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland (BRD) gegründet, die rheinische Provinzstadt Bonn wurde neue Bundeshauptstadt. Durch die Teilung Deutschlands musste Westdeutschland zum einen ohne seine bisherige Hauptstadt Berlin und zum anderen ohne die wirtschaftlich starken Gebiete im Osten wie die Messe- und Handelsstadt Leipzig oder dem reichen Schlesien und Ostpreußen seine Wirtschaft von Neuem aufbauen. Waren Schlesien und Ostpreußen die Hauptlieferanten für Lebensmittel im Vorkriegsdeutschland gewesen, so war das Rheinland die »Fabrik« des Landes. Die älteste kontinentaleuropäische Fabrik, eine Baumwollspinnerei, entstand hier bereits 1783.69 Im 19. Jahrhundert finden sich am Rhein immer mehr Produktionsstätten im Textilgewerbe, Farbenfabriken, die zeitweise größte Glasfabrik weltweit, die Stahlindustrie, der Bergbau und die Waschmittel-Fabrik von Fritz Henkel. An diese Tradition knüpfte nach dem Zweiten Weltkrieg die wieder aufkommende Industrie an. Auch auf dem Kunstmarkt versuchte man, an die Zeit vor der NS-Diktatur anzuschließen. Die Restauration der klassischen Moderne stand im Vordergrund – man wollte die deutsche und internationale Avantgarde wieder ausstellen. Dies wurde nirgendwo sichtbarer als auf der ersten »Documenta« 1955 in Kassel. Auf die Initiative des Kunstprofessors Arnold Bode (1900–1977) wurde in dieser ersten Großausstellung für Gegenwartskunst in Deutschland der Schwerpunkt auf diejenigen Künstler der 1920er und 1930er Jahre gelegt, die unter dem nationalsozialistischen Regime besonders zu leiden hatten. Bode versuchte, die durch die Nationalsozialisten verfolgte Avantgarde nach Deutschland zurückzuholen und einem größeren Publikum vorzustellen. Erinnert sei daran, dass die Documenta die erste große Ausstellung für Gegenwartskunst auf deutschem Boden nach der Entartete Kunst-Ausstellung 1937 war. Als Vorbild diente Bode die mehrfach erwähnte Armory Show von 1913. Auf der Documenta 1955 wurden in den 100 Ausstellungstagen von Bode – beraten von Werner Haftmann – Werke von 148 Künstler ausgestellt, vorrangig von Vertretern

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des Expressionismus, Futurismus, Konstruktivismus und Kubismus. Die Abstraktion bzw. die abstrakte Malerei stand hier deutlich im Vordergrund, Pablo Picasso wurde mit acht Werken, Wassily Kandinsky sogar mit 15 Gemälden als wichtige Wegbereiter der Abstraktion vorgestellt. Dem Trend der Documenta 1955 entsprechend erwarben auch zahlreiche Museen in den 1950er und 1960er Jahren hauptsächlich expressionistische Kunstwerke.70 Die Vertreter der Künstlergruppe »Brücke« wurden gar »als kulturelles Aushängeschild des demokratischen Deutschlands benutzt.«71 Wie tiefgreifend die Instrumentalisierung der einst verfemten Kunst ging, zeigt sich daran, wie Leihgaben für Westberliner Ausstellungen als Zeichen eines »freien« Berlins propagiert wurden. Ein Ausstellungskatalog der Nationalgalerie von 1960 trug den Titel: »Berlin: Ort der Freiheit für die Kunst.« Ein anderes Beispiel ist die Aussage des Berliner Senators für Volksbildung, Joachim Tiburtius, anlässlich einer Nolde-Ausstellung in West-Berlin im Jahr 1962, dass die Leihgaben westdeutscher Museen ein »Beweis der Zugehörigkeit zu uns und unserer Stadt in schwerer Zeit« seien.72 Die Gründung des BrückeMuseums 1967 war ein weiterer Schritt in der Entwicklung Berlins, zu einem kulturellen Schaufenster der Bundesrepublik zu werden. Auf der Documenta II im Jahr 1959, die ebenfalls von Arnold Bode geleitet wurde, stand gleichfalls die Abstraktion im Vordergrund, jedoch nicht nur aus Deutschland – Willi Baumeister, Ernst Wilhelm Nay oder Wols waren die bekanntesten Vertreter –, sondern vor allem aus den USA. In der Presse wurde gar von einer »Invasion« gesprochen, als die für deutsche Verhältnisse großformatigen Werke der amerikanischen Künstler wie Jackson Pollock, dem sogar ein eigener Saal gewidmet wurde, Alexander Calder, Sam Francis, Willem de Kooning, Barnett Newman, Robert Motherwell oder Mark Rothko in Kassel präsentiert wurden.73 Die Documenta II zeigt, dass der abstrakte Expressionismus der Nachkriegszeit einerseits zu einem Symbol für Freiheit wurde, andererseits er auch den Willen der westdeutschen Kunstpolitik ausdrückte, wieder mit anderen westlichen Metropolen wie New York oder Paris auf Augenhöhe kommunizieren zu wollen. Die Abstraktion war darüber hinaus auch ein Gegenbild zum sozialistischen Realismus der DDR. Für den Kunstmarkt der Bundesrepublik bedeutete dies, dass vorrangig nationale und internationale abstrakte Malerei gehandelt wurde sowie die Werke derjenigen Künstler, die vor dem Zweiten Weltkrieg zunächst die Avantgarde bildeten, bevor sie im Nationalsozialismus verboten oder vernichtet wurden. Eine wichtige Rolle auf der Documenta spielte ab 1959 als Bodes Berater der rheinische Kunsthändler Hein Stünke (1913–1994), der unmittelbar nach Kriegsende 1945 seine Galerie für moderne Kunst »Der Spiegel« in Köln eröffnete.74 Bis zu seinem Tod 1994 leitete er die Galerie, die bis 2021 von einem Nachfolger weitergeführt wurde.75 Zu Beginn etablierte sich die Galerie zunächst als Ort der zeitgenössischen Grafik, sie wurde zum Marktführer für Gegenwartsgrafik in Deutschland. Eng arbeitete »Der Spiegel« mit deutschen Abstrakten und Surrealisten zu-

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sammen wie mit Ernst Wilhelm Nay, Hann Trier, Georg Meistermann, Wols, Hans Hartung und Max Ernst, später auch mit Markus Lüpertz und HAP Grieshaber. Aus Frankreich vervollständigten Henri Laurens, Fernand Léger, Pablo Picasso und Victor Vasarely das »Spiegel«-Programm ebenso wie dem Trend der Zeit entsprechend Künstlerkollektive wie »Cobra«. Anfang der 1950er Jahre gründete Stünke überdies einen eigenen Verlag »Der Spiegel«. Seit 1969 veröffentlichte er zusätzlich die »Spiegelschriften,« in denen Autoren und Künstler wie Max Ernst, Paul Éluard oder Marcel Duchamp publizierten. Neben dieser Editions- und Verlagsarbeit eröffnete er einen dritten Geschäftszweig, die »Werkstätten für Druckerei und Buchbinderei, Rahmen- und Kleinmöbelbau«. In den Höchstzeiten seines Markterfolges beschäftigte Stünke in seinen verschiedenen »Spiegel«-Firmen gut 50 Mitarbeiter. Einige seiner Produkte wurden unter bestimmten Markennamen weit über das Rheinland hinaus bekannt, so der »Documenta-erprobte Wechselrahmen ›Modell Kassel‹, auch ›Kasselblock‹ genannt, der bis in die siebziger Jahre weite Verbreitung erfuhr.«76 Stünke erweiterte sein Angebot auf dem Kunstmarkt um eine zusätzliche Leistung, indem er Authentifizierungen von Kunst anbot, darüber hinaus war er kulturpolitisch aktiv. Auf der zweiten Ausgabe der Documenta 1959 war Stünke für die Abteilung der Druckgrafik nach 1945 verantwortlich. Anstatt von Bode ein Honorar zu verlangen, bat Stünke ihn um die Erlaubnis, einen Grafikstand betreiben zu dürfen. Auf diesem eigenen »Stand« auf der Documenta II verkaufte Stünke mit großem Erfolg seine Grafikeditionen. Grafikhändler nahmen in dieser Zeit an verschiedenen Kunstmessen teil, wie der seit 1956 stattfindenden Deutschen Kunst- und Antiquitätenmesse in München, der seit 1962 ausgerichteten Stuttgarter Antiquariatsmesse oder dem seit 1963 organisierten »Salon international des Galeries Pilotes« in Lausanne, zu dem »Der Spiegel« 1966 eingeladen worden war. Es war der Grafikstand auf der Documenta II, der Stünke dazu motivierte, eine eigene Messe explizit für Gegenwartskunst auszurichten. Dabei wurde er von Rudolf Zwirner (*1933) unterstützt, der bei ihm ein Volontariat abgeschlossen hatte, bevor er in den Galerien von Gerd Rosen in Berlin und Heinz Berggruen in Paris arbeitete. Zwirner wurde 1959 von Bode zum Generalsekretär der Documenta II ernannt. Der Erfolg von Stünkes Grafikstand sowie die Erfahrungen, die Zwirner selbst während der Documenta gesammelt hatte, motivierten diesen, nur zwei Monate nach dem Ende der Documenta II in Essen eine eigene Galerie zu eröffnen. Für den Kunstmarkt von nachhaltiger Bedeutung war der Zusammenschluss von Zwirner und Stünke einige Jahre später 1966, als sie in Köln die erste Messe für Gegenwartskunst organisierten. Mit 16 weiteren von ihnen eingeladenen Galeristen gründeten sie in Köln den »Verein progressiver deutscher Kunsthändler«. Nur dank der Trägerschaft eines gemeinnützigen Vereins konnten sie öffentliche Fördergelder für die Gründung einer Messe erhalten. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem damaligen Kölner Kulturdezernenten Kurt Hackenberg durfte der neue Kunsthändler-Verein den Kölner Gürzenich, eine im Rheinland bekannte mittelalterliche Festhalle in der Altstadt, gegen das Abtreten

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der Eintrittsgelder an die Stadtkasse ohne Mietgebühr für ihre Veranstaltung nutzen.77 Im September 1967 fand in Köln die weltweit erste Messe für moderne und zeitgenössische Kunst, der Kunstmarkt Köln ’67, statt. »Bei Preisen zwischen 20,DM für Grafiken und 60.000,- DM für Spitzenwerke wurde in nur fünf Tagen der damals sensationelle Rekordumsatz von rund einer Million DM erzielt.«78 Auch der Besuchererfolg, es kamen 15.000 Besucher, überraschte die teilnehmenden Galeristen. Der Hamburger Hans Neuendorf registrierte während des fünftägigen Kunstmarkt Köln ’67 auf seinem Stand mehr Besucher als in einem gesamten Jahr in seiner Galerie. Der Erfolg der Messe zeigte sich im Nachgang vor allem darin, dass auch andere Galeristen, die nicht dem Verein progressiver deutscher Kunsthändler angehörten, an dem Kunstmarkt teilnehmen wollten. Der Kunstmarkt änderte in den darauffolgenden Jahren mehrmals seinen Namen und Standort, die letzte und damit 55. Ausgabe der Art Cologne fand 2021 nach zweijähriger Unterbrechung durch die Pandemie in reduzierter Form mit 150 teilnehmenden Galerien und mehr als 34.000 Besuchern wieder statt. Da das Profil des Kunstmarkt Köln ’67 anfangs nur auf deutsche Galeristen ausgerichtet war, war es nur konsequent, dass 1970 in der Schweiz die Art Basel gegründet wurde. Messegründungen in anderen europäischen Ländern folgten wie die FIAC 1973 in Paris oder die Artefiera 1974 in Bologna. Wenngleich es während der Pandemie zu vielen Absagen und Verschiebungen von Kunstmessen weltweit gekommen ist, bleiben diese bis heute ein wichtiger Marktplatz für Kunsthändler, Galeristen und Sammler. Auch in Wuppertal, einem vor dem Krieg bedeutenden industriellen Standort im Rheinland, kam es 1949 zur Neueröffnung einer wichtigen Galerie: Der Architekt Rolf Jährling (1913–1991) wurde in seiner Galerie »Parnass« zu einem entscheidenden Förderer des rheinischen Kunstmarktes in den Jahren 1949 bis 1965, ab 1954 wurde er dabei von seiner Frau Anneliese unterstützt.79 Mit dem Namen der Galerie assoziierte Jährling wahrscheinlich das Pariser Künstlerviertel Montparnasse. Wenngleich zu Beginn der Fokus der Galerie auf der klassischen Moderne lag und Jährling den Anschluss an die Avantgardekunst der Vorkriegszeit suchte, verschob sich sein Programm in den 1950er Jahren in Richtung französische Gegenwartskünstler des Tachismus und der École de Paris sowie des deutschen Informel.80 Zu den ersteren zählten Künstler wie Pierre Soulages oder Serpan, zu den letzteren Emil Schumacher, Wols, Hans Hartung, Gerhard Hoehme und Peter Brüning. Über das Rheinland hinaus bekannt wurde »Parnass« vor allem aufgrund Jährlings Tätigkeit in seinen letzten drei Jahren als Galerist von 1962 bis 1965. In dieser entscheidenden Phase wurde die Galerie zu einem frühen Förderer der Fluxus-Bewegung. Aufsehen erregte insbesondere die Ausstellung »Kleines Sommerfest – Après John Cage« 1962, als bei »Parnass« ein Konzert u.a. mit Nam June Paik und Jed Curtis stattfand. Weitere markante Ausstellungen waren im Jahr 1963 Wolf Vostells »9-Nein-Décollagen«-Happening, bei der eine Kollision zwischen einem Mercedes Benz und einer Lokomotive auf einem Eisenbahngleis in Wuppertal stattfand sowie die Ausstellung

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»Exposition of Music – Electronic Television« von Nam June Paik, in der erstmals bearbeitete Fernsehgeräte als Bestandteil eines Kunstwerkes präsentiert wurden. Als Abschiedsveranstaltung ging 1965 das legendäre »24-Stunden-Happening« in die Kunstgeschichte ein, als Joseph Beuys, Bazon Brock, Charlotte Moorman, Nam June Paik, Eckart Rahn, Tomas Schmit und Wolf Vostell rund um die Uhr Happenings veranstalteten. Insbesondere dieses letzte Happening, das auch als »Höhe- und zugleich Wendepunkt der Fluxus-Bewegung in Deutschland« gilt, ging sowohl in die kunst- als auch in die bundesrepublikanische Fernsehgeschichte ein. Rolf Jährling hatte wie viele andere Unterstützer und Teilnehmer der Fluxus-Bewegung die öffentlichen Medien in das Happening miteinbezogen. Das ARD-Fernsehen war bei der Aktion dabei und strahlte eine zehnminütige Reportage darüber aus.81 Neben Stünke und Jährling war es der Rheinländer Alfred Schmela (1918–1980), der für die Kunstgeschichte und den Kunstmarkt der Zeit von großer Bedeutung war.82 Nach einem Examen als Ingenieur in Köln studierte Schmela Malerei in Düsseldorf und Paris. 1957 eröffnete er mit knapp vierzig Jahren seine erste Galerie in der Düsseldorfer Altstadt: ein nur zehn Quadratmeter großes Ladenlokal. Seine Entscheidung, nicht Maler, sondern Galerist zu werden, erklärte er in diesem Satz: »Wenn ich nicht der beste Künstler bin, will ich der beste Galerist sein!«83 Innerhalb kurzer Zeit etablierte sich die Galerie Schmela als einer der wichtigsten Treffpunkte für deutsche und internationale Gegenwartskunst am Rhein. Die Eröffnungsausstellung war dem damals noch unbekannten Franzosen Yves Klein gewidmet. Es folgten weitere Ausstellungen mit Werken beispielsweise der Künstler der ZEROGruppe Heinz Mack und Otto Piene, die in derselben Straße wie die Galerie ihre Künstlergruppe gegründet hatten und 1961 eine ZERO-Veranstaltung mit ZEROFest in der Düsseldorfer Altstadt präsentierten. Schmela richtete 1960 Gotthard Graubner seine erste und Gerhard Richter 1964 seine zweite Einzelausstellung aus. Joseph Beuys hatte hier 1965 seine erste Ausstellung in einer kommerziellen Galerie mit dem Titel »Irgendein Strang…« und der Aktion »Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt«. Die zweite Phase von Schmelas Galerietätigkeit dauerte von Anfang 1967 bis Anfang 1971, als er von seiner Privatwohnung aus agierte.84 In seiner Wohnung zeigte er Werke von Antoni Tàpies (1968), Lucio Fontana (1968), Walter Pichler (1969), Robert Filliou (1969) und mehrfach Joseph Beuys wie 1969 mit der Ausstellung »Fond III von Joseph Beuys«. Die dritte und letzte Phase von Schmelas Galerietätigkeit begann 1971 mit der Eröffnung des Wohn- und Galeriegebäudes in der Mutter-Ey-Straße. Das Haus wurde von Alfred Schmela und dem holländischen Architekten Aldo van Eyck geplant und gebaut und gilt »als erstes kombiniertes Galerie- und Wohngebäude in Deutschland.« Heute steht es unter Denkmalschutz und gehört seit 2013 der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, von der es unter dem Namen »Futur 3« als Veranstaltungs- und Gästehaus genutzt wird. Wenngleich Schmela nie in das Haus einzog, erscheint die Idee der Kombination beider Bereiche als eine Vorwegnahme eines Trends, wie

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er in den 1980er und 1990er Jahre im Rheinland und dann auch nach der Wende in Berlin zu finden ist. Die Eröffnungsausstellung 1971 wurde von Joseph Beuys mit der Installation »Barraque D’Dull Odde« bestritten, die zu seinen persönlichsten Installationen zählt – Beuys bezeichnete sie als »Arbeitsplatz eines Wissenschaftlers/Künstlers«. Schmela verkaufte die Installation während der Ausstellung an den Krefelder Sammler Walther Lauffs, der sie dem Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld schenkte, wo sie sich noch heute in dem ursprünglichen Zustand findet, wie Beuys sie persönlich aufgebaut hatte. Vier Jahre später eröffnete Schmela 1975 im Herrenhaus des Lantzschen Parks in Düsseldorf eine weitere Galerie – die »Galerie im Park« –, wobei er insbesondere den Garten zu einem Skulpturenpark mit Werken internationaler Künstler umgestaltete. In der Lantzschen Villa zeigte Schmela Ausstellungen mit Arbeiten von Andy Warhol, Joseph Beuys und Günther Uecker. Für die Nachwelt von Bedeutung bleibt Alfred Schmelas Verdienst, dass er einerseits zahlreiche bedeutende Künstler aus dem Ausland wie Yves Klein, Christo, Sam Francis, Kenneth Noland, Jackson Pollock oder Morris Louis ins Rheinland geholt hatte. Andererseits konnte er aufgrund seiner persönlichen Kontakte viele im Rheinland arbeitende Künstler wie Joseph Beuys, Gerhard Richter oder Günther Uecker im europäischen und nordamerikanischen Kontext publik machen. Bemerkenswert an seiner Tätigkeit war zudem, welche Vertriebswege er früh testete. So ist kaum bekannt, dass er nicht nur als Galerist, sondern auch als Auktionator Kunst vertrieb. In seiner »Auktion 1. Moderne Kunst«, die im Jahr 1963 in seiner Wohnung stattfand, wurden herausragende Arbeiten von Künstlern zum Verkauf angeboten, mit denen er zusammenarbeitete wie beispielsweise Joseph Beuys, Jean Fautrier, Sam Francis oder Heinz Mack. Zur Auktion kamen darüber hinaus auch Werke von bedeutenden Künstlern, mit denen Schmela nie direkt kooperiert hatte wie Jackson Pollock oder Pablo Picasso. Die Idee, Anfang der 1960er Jahre in seiner Düsseldorfer Privatwohnung eine öffentliche Auktion mit internationaler Gegenwartskunst durchzuführen, erscheint als Vorwegnahme der 1970er Jahre, als in New York in der bekannten Auktion der Sammlung Scull 1973 gleichfalls marktfrische Kunst versteigert wurde. Wie bedeutend die Tätigkeit von Alfred Schmela für seine Zeit war, wird zugleich an seinem Kundenstamm deutlich. Zu seinen Großkunden zählten die wichtigsten deutschen Sammler: der Darmstädter Karl Ströher, der Hannoveraner Bernhard Sprengel und der Aachener Peter Ludwig, auch einige der einflussreichsten Museumsleiter wie Paul Wember aus Krefeld oder Johannes Cladders aus Mönchengladbach erwarben bei Schmela Arbeiten.85 Das Andenken Alfred Schmelas lebt nach seinem Tod durch seine Familie weiter. Von 1980 bis 2008 leitete eine seiner beiden Töchter, Ulrike Schmela, die »Galerie Schmela« weiter. Für Aufsehen erregte im Jahr 2007 der Verkauf des Galeriearchivs aus den 1960er bis 1980er Jahren an das amerikanische Getty Research Institute in Los Angeles.86 Zum 100. Geburtstag Alfred Schmelas im Jahr 2018 erinnert eine Gedächtnisausstellung in der Kunst-

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sammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf an diesen Ausnahmegaleristen, der mit dem Ausspruch: »Dat Bild is juut!«87 als rheinische Persönlichkeit bekannt wurde.

Alfred Schmela, 1961

Eine weitere rheinischen Familie übte großen Einfluss auf den deutschen Kunstmarkt der Nachkriegszeit aus: die Familie Hanstein mit ihrem Auktionshaus Lempertz in Köln, das im Jahr 2020 sein 175. Firmenjubiläum feierte und in sechster Generation innerhalb einer Familie geführt wird, womit es das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz ist.88 Lempertz Einflussbereich erstreckt sich darüber hinaus mit ihrer Niederlassung in Brüssel seit 1992 erfolgreich in den Beneluxraum hinein. Aus den zahlreichen bedeutenden Auktionen, die Lempertz in der Nachkriegszeit durchführte, soll kurz auf eine bestimmte Versteigerung verwiesen werden, die in dieser Zeit für den Umgang deutscher Kunsthändler mit dem nationalsozialistischen Erbe symptomatisch ist. Es geht um die Versteigerung der Sammlung von Albert Speer, dem maßgeblichen Architekten Hitlers in der NS-Zeit, der ab 1938 eine größere Sammlung deutscher Romantiker wie Arnold Böcklin, Karl Friedrich Schinkel und Jakob Philipp Hackert zusammengestellt hatte. Albert Speer, sein Testamentsvollstrecker Robert Frank und der damalige Leiter

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des Hauses Lempertz, Henrik Hanstein, einigten sich darauf, die Sammlung über Lempertz anonym öffentlich zu versteigern, also ohne Hinweis auf die Provenienz »Albert Speer«. Nach der Auktion 1979 wurde Speer der Verkaufserlös in bar ausgezahlt, »offenbar an der Familie vorbei, um davon seine heimliche Geliebte zu finanzieren: ›Nein, er hat nie eine Unterschrift geleistet‹, erinnert sich Hanstein. Knapp eine Million Mark flossen auf diese Weise in Speers Kasse.« 89 Aus dem Geschäft zwischen Lempertz und Speer wird offensichtlich, dass einerseits in der Nachkriegszeit der Versuch unternommen wurde, schnell wieder einen regulären Kunsthandelsbetrieb zu unterhalten, andererseits wurden jedoch Konflikten vermieden, die aus der Offenlegung von Verbindungen resultieren konnten, die zwischen dem Nachkriegsdeutschland und dem nationalsozialistischen Dritten Reich existierten. Die Auszahlung des Verkaufserlöses von Lempertz an Speer in Höhe von einer Million D-Mark in bar wäre nach heutiger Gesetzgebung nicht mehr möglich – auf die jüngste Gesetzgebung in Deutschland wird im letzten Kapitel näher eingegangen. Die rheinischen Galeristen Hein Stünke (*1913), Rolf Jährling (*1913) und Alfred Schmela (*1918) wurden vor oder während des Ersten Weltkrieges geboren. Die nächsten Protagonisten des Kunstmarktes waren teils globaler aufgestellt und wurden vor oder zu Beginn des Zweiten Weltkriegs geboren: Rudolf Zwirner (*1933), Michael Werner (*1939), Konrad Fischer (1939–1996) und Gerry Schum (1938–1973). Rudolf Zwirner (*1933, Berlin) unterhielt von 1959 bis 1992 eine der wichtigsten Kunsthandlungen Westdeutschlands.90 Nach den bereits erwähnten Anfängen Zwirners in Hein Stünkes Galerie »Der Spiegel« sowie auf der Documenta II in Kassel eröffnete Zwirner zunächst in Essen 1959 seinen ersten Raum. Hier präsentierte er 1961 die erste Einzelausstellung von Cy Twombly in Deutschland. Weitere Ausstellungen folgten zu Ernst Wilhelm Nay, Antoni Tàpies oder Jesús Rafael Soto. 1962 zog der Galerist nach Köln um, wo er ein Jahr später in seinen Räumen die erste Aktion von Joseph Beuys zeigte, bei der das Material Fett eine wichtige Rolle spielte. Früh trat er über Konrad Klapheck mit der Pariser Galeristin und ehemaligen Frau von Leo Castelli, Ileana Sonnabend, in Kontakt. Über Sonnabend erwarb Zwirner ab 1964 Arbeiten von Jim Dine, Roy Lichtenstein, George Segal und Andy Warhol, ein Jahr später zeigte er die erste Einzelausstellung von René Magritte in Deutschland. Die Bandbreite von Zwirners Programm erweiterte sich in demselben Jahr um Fluxus-Aktionen, als er Nam June Paik und Charlotte Moorman präsentierte, die bereits in Bezug auf das 24 Stunden-Happening in der Wuppertaler »Parnass«-Galerie erwähnt wurden.91 In die Kunstgeschichte ging eine bis heute bekannte Installation bei Zwirner im Jahr 1967 ein, als Andy Warhol die Galeriewände mit seiner berühmten »Cow«-Wandtapete beklebte und mit Helium gefüllte Luftballons in der Form von Silberkissen durch den Galerieraum schwebten.92 Neben seiner Bedeutung als Kulturpolitiker – er war wie erwähnt Mitgründer des Kunstmarkt Köln ’6793 – und Galerist war es auch seine Rolle auf dem Sekundär-

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markt, die immer wieder Aufsehen erregte. Beispielsweise bezahlte Zwirner 1970 bei einer Auktion in den New Yorker Parke-Bernet Galleries den zu diesem Zeitpunkt noch nie für einen lebenden, amerikanischen Künstler realisierten Preis von 75.000 US-Dollar für das Gemälde »Brushstroke« von Roy Lichtenstein. Die 45.000 US-Dollar, die Zwirner für Claes Oldenburgs Skulptur »Stove« bezahlte, bedeuteten ebenfalls einen Auktionsrekord für eine Skulptur eines lebenden, amerikanischen Künstlers. Die Reaktionen amerikanischer Kollegen wie des berühmten Leo Castelli auf den Verkauf nach Europa waren alles andere als positiv. Castelli mahnte, dass Amerikaner niemals so wichtige Werke von Lichtenstein und Oldenburg ins Ausland exportieren dürften.94 In Deutschland verkaufte Zwirner die bekannten Pop Art-Werke zum Großteil an das legendäre rheinische Sammlerpaar Peter und Irene Ludwig, die auch als »die deutschen Guggenheims« bezeichnet wurden.95 Über die Beziehung zwischen den beiden heißt es zutreffend: »Mit seinem wichtigsten Sammler Peter Ludwig füllte er [Rudolf Zwirner] ein ganzes Museum.«96 Der Kontakt zu Ludwig kam über einen anderen Sammler, Wolfgang Hahn (1924–1987), zustande, der nicht dieselbe Medienpräsenz wie die Ludwigs erfahren hatte und Zwirners erster wichtiger Kunde war. Hahn war Gemälde- und Chefrestaurator am Kölner Wallraf-Richartz-Museum sowie Gründungs- und Vorstandsmitglied der »Gesellschaft für Moderne Kunst« am Museum Ludwig, die seit 1994 bis heute jährlich den Wolfgang-Hahn-Preis Köln an bedeutende Künstler und Künstlerinnen vergibt. Wolfgang Hahn sammelte internationale zeitgenössische Kunst u.a. von Joseph Beuys, Raymond Hains, Yves Klein, Jean Tinguely, Nam June Paik und Gilbert & George, darüber hinaus initiierte er auch neue Werke wie das Werk »A Square Removal from a Rug in Use« von Lawrence Weiner von 1969 oder »Hahns Abendmahl« des Objektkünstlers Daniel Spoerri von 1964. 1978, als er schwer erkrankt war, unterschrieb Hahn einen Kaufvertrag, in dem die Republik Österreich für den damals hohen Preis von zwei Mio. DM 385 Werke insbesondere des Nouveau Réalisme und des Fluxus von ihm abkaufte. Seine Heimatstadt konnte bzw. wollte die Sammlung nicht für diesen Preis erwerben, wenngleich heute ein einzelnes Hauptwerk bereits höher einzuschätzen ist als der Gesamtwert aller Arbeiten. Ein Jahr später wurde die Sammlung Hahn im neu eingerichteten Museum des 20. Jahrhunderts im Palais Liechtenstein in Wien ausgestellt. 2003 kaufte Österreich weitere Werke aus der Sammlung an, 2005 schenkte seine Witwe Hildegard Hahn zudem noch seine Bibliothek.97 Für den rheinischen Kunstmarkt von Bedeutung war, dass Wolfgang Hahn sehr früh, bereits 1968, an seinem Arbeitsplatz, dem Wallraf-Richartz-Museum, Werke aus seiner Sammlung gezeigt hatte. Die Ausstellung seiner Kunst wurde wiederum u.a. von Peter und Irene Ludwig besucht. Peter (1925–1996) und Irene (1927–2010) Ludwig hatten in der Nachkriegszeit mit ihren Schokoladenfabriken (mit Marken wie Lindt oder Trumpf) ein Industrieimperium aufgebaut. Ohne Wolfgang Hahns Ausstellung im Kölner WallrafRichartz-Museum hätte Ludwig wahrscheinlich die Initialzündung für sein großes

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Engagement in Köln gefehlt. Auch die Aktivität eines weiteren Sammlers war für das Ehepaar Ludwig nicht unbedeutend. Josef Haubrich (1889–1961) hatte eine hervorragende Sammlung expressionistischer Kunst zusammengestellt. Die Werke der »Brücke«-Künstler sowie von Otto Dix, Marc Chagall, Heinrich Campendonk, Max Ernst oder James Ensor schenkte Haubrich direkt nach dem Krieg 1946 der Stadt Köln. Ab 1957 fanden sie zunächst im Wallraf-Richartz-Museum (heute ist hier das Museum für Angewandte Kunst beheimatet) und ab 1986 in dem Neubau des »Doppelmuseums« Wallraf-Richartz-Museum und Museum Ludwig (seit 1994 nur mehr Museum Ludwig) einen dauerhaften Ort. Einen Großteil der Kunst, die Rudolf Zwirner in seiner Kölner Galerie ausgestellt hatte, befindet sich heute in einem der 31 Museen, in denen Werke aus der Sammlung Ludwig ausgestellt werden. In Deutschland, Schweiz, Österreich, Ungarn, Kuba, Russland und China sind Teile der Sammlung Ludwig zu sehen, wobei sogar zwölf Museen den Namen »Ludwig« tragen. Alle Ludwig-Museen wurden in den zwei Jahrzehnten zwischen 1976 und dem Todesjahr von Peter Ludwig 1996 gegründet.98 Nicht nur die Quantität der Werke in der Ludwig-Sammlung – die Schätzung geht von insgesamt etwa 50.000 Objekten aus99 –, sondern auch die Qualität und Bandbreite der von ihnen als »Weltkunst« bezeichneten Zusammenstellung sucht ihresgleichen. Angefangen bei der mittelalterlichen Kunst über Handschriften, präkolumbianische Kunst, nationale und internationale Gegenwartskunst aus den USA, der DDR, der Sowjetunion oder dem Ostblock trugen Peter und Irene Ludwig auch die größte private Sammlung eines einzelnen herausragenden Künstlers zusammen: Ihre Sammlung von Picasso-Werken ist die drittgrößte Picasso-Kollektion der Welt. Ludwigs Verdienste bestanden darin, neu gegründete Museen mit Kunst auszustatten und damit der deutschen Öffentlichkeit Zugang zu vor Ort bisher nicht bekannter Kunst zu ermöglichen. Die Pop Art-Kollektion der Ludwigs ist bis heute die weltweit größte außerhalb der USA. Ihr besonderes Engagement für Gegenwartskunst hat sicherlich dazu beigetragen, dass Werke von Tom Wesselmann, Roy Lichtenstein, Jasper Johns, Andy Warhol und Robert Indiana in Deutschland bekannt wurden. Auch der amerikanische Minimalismus wurde von den Ludwigs durch zahlreiche Ankäufe von Werken u.a. von Donald Judd oder Carl André unterstützt, was in der Öffentlichkeit nicht gleichermaßen bekannt ist, da diesen Künstlern in Deutschland bis heute weniger Beachtung geschenkt wird als den Pop Art-Künstlern. Die Ludwigs erwarben eine ungewöhnlich große Bandbreite an Gegenwartskunst – so befinden sich auch Arbeiten von Mark Rothko, Frank Stella, Morris Louis oder Jackson Pollock in ihrer Sammlung. Darüber hinaus scheint ihre Förderung der regionalen Kunst heute großteils in Vergessenheit geraten zu sein: Viele Werkblöcke aus ihrer Sammlung, die von rheinischen Künstlern wie Joseph Beuys, Martin Kippenberger und Rosemarie Trockel stammen, werden nicht mehr regelmäßig ausgestellt. Zu ihren Lebzeiten war der Einfluss der

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Ludwigs auf den rheinischen Kunstmarkt ungewöhnlich groß. Einerseits kauften sie vorrangig bei lokalen Galerien, anderseits stellten sie die Werke früh vor Ort in den lokalen Museen aus. Häufig wurden die Werke dann im nächsten Schritt dem ausstellenden Museum geschenkt. Diese Vorgehensweise sucht bis heute ihresgleichen. Die erste Schenkung fand 1976 mit 350 Werken als Grundstein für das noch zu errichtende Museum Ludwig statt, 1994 folgte die zweite Schenkung mit 90 Arbeiten von Pablo Picasso und 2001, nach Ludwigs Tod, übergab seine Witwe sensationelle 774 Exponate ebenfalls von Picasso dem Kölner Museum.100 Den Abschluss dieser Schenkungsreihe bildete Irene Ludwigs Testament im Jahr 2010, als die Mäzenin der Stadt Köln das vollständige Konvolut von mehr als 400 vor- und nachrevolutionären, russischen Avantgarde-Werken vermachte, darunter herausragende Arbeiten von Kasimir Malewitsch, Alexander Rodtschenko und Natalia Gontscharowa. Mit den zahlreichen Schenkungen wurde Kunst aus so verschiedenen Strömungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wie der amerikanischen Pop Art, der Minimalismus oder die russische Avantgarde. Ungewöhnlicherweise richtete sich der Blick der Ludwigs auch auf die Kunst aus der DDR. Bereits zu Lebzeiten wurden Ludwigs »Einkaufsreisen in die DDR« als »unverständlich« angesehen.101 Ihrem Verständnis der Weltkunst gemäß ergab der Ankauf der DDR-Kunst jedoch durchaus Sinn. Es ging ihnen grundlegend darum, mit ihrer Sammlung über Grenzen hinaus »die kulturelle ästhetische Tendenz einer Zeit erfassen zu können.«102 Gezielt erwarben die Sammler zahlreiche Werke aus der ehemaligen DDR und Sowjetunion sowie aus anderen Staaten des Ostblocks wie Bulgarien. 1983 übergaben die Ludwigs ihre gut 600 Werke umfassende Kollektion von Künstlern aus der DDR an das von ihnen gegründete »Ludwig Institut für Kunst der DDR« in Oberhausen. Mit diesem Schritt betrieben sie eine Form von privater Kulturpolitik, da sie den Austausch zwischen West- und Ostdeutschland direkt förderten. 2009 wird das Ludwig Institut für Kunst der DDR in Oberhausen jedoch aufgelöst. Ludwigs Verdienst bleibt indessen, dass er mit seinen Ankäufen in der DDR und der Gründung dieses Institutes bereits vor dem Mauerfall Werke von DDR-Künstlern wie Bernhard Heisig, Werner Tübke, Willi Sitte oder Wolfgang Mattheuer in den Westen holte. Dass der Transfer auch in die andere Richtung ging, wird daraus ersichtlich, dass er bereits 1977 Werke von Pablo Picasso und der amerikanischen Pop Art an Museen in der DDR lieh und er 1991 in Budapest »das erste Museum einer westlichen Sammlung im früheren Ostblock«103 eröffnete. Das Nachwirken der Ludwigschen Sammlertätigkeit ist bis zum heutigen Tag zu spüren. Das Ehepaar hat erheblich dazu beigetragen, dass die Gegenwartskunst museumstauglich wurde. Ihre großzügigen Schenkungen scheinen bis heute andere Sammler darin zu ermutigen, es ihnen gleichzutun. Auch der Galerist Michael Werner (*1939) stiftete einen Teil seiner Sammlung einem Museum. Seine Karriere beginnt früh, als er 1963 zusammen mit Benjamin Katz

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die Galerie »Katz und Werner« in Berlin gründet. Dank gezielter Provokationen erreichte die Galerie schnell eine gewisse Bekanntheit in der Öffentlichkeit.104 Als das Gemälde »Die große Nacht im Eimer« von Georg Baselitz aus dem Jahr 1962/1963, das sich heute im Museum Ludwig in Köln befindet, in der Galerie ausgestellt wurde, informierte Michael Werner selbst die Presse und schaltete die Polizei ein.105 Ein Jahr später eröffnete Michael Werner seine erste eigene Galerie in Berlin, den »1. Orthodoxen Salon.« Nach den Berliner Anfängen zog Werner 1968/69 ins Rheinland, wo er neben Baselitz verstärkt weitere junge Maler wie Markus Lüpertz, Jörg Immendorf, Sigmar Polke und A.R. Penck ausstellte. Dank seiner engen persönlichen Kontakte zu Ileana Sonnabend in Paris sowie zu Marian Goodman und Mary Boone – beide in New York – erreichte er in den 1980er Jahren, dass seine Künstler auch international zunehmend bekannt wurden. Gerade die Epoche während seiner Ehe mit Boone zwischen 1984 und Anfang der 1990er Jahre,106 in die seine Galeriegründung 1990 in New York fällt, war für seine Künstler eine äußerst erfolgreiche Zeit. Dies hing sicherlich auch mit Mary Boone selbst zusammen, die im Jahr 1982 auf dem Cover des »New York Magazine« als »New Queen of the Art World« bezeichnet wurde und als die Erfinderin der »Galeristin als Werbemarke« gilt.107 Dem neuen Werbekonzept entsprechend hat auch ihr damaliger Ehemann Michael Werner seine Künstler als Marken beworben. Seine Maler, die als »Boys« bezeichnet wurden, wurden unter dem Titel der »Neuen Figuration aus Deutschland« als geschlossene Gruppe vermarktet. Bis heute ist Werner im Kunstmarkt aktiv, seine New Yorker und seine Kölner Galerien existieren weiterhin. Von 2009 bis 2016 unterhielt er zusätzlich die Niederlassung »Veneklasen/Werner« in Berlin. Seit 2012 hat er einen Ausstellungsraum im Londoner Viertel Mayfair. Er selbst lebt seit 2002 vorrangig in Brandenburg, wo er 1999 das Schloss Märkisch Wilmersdorf erworben hat.108 In der Öffentlichkeit diskutiert wurde seine Schenkung von mehr als 120 Kunstwerken an das Pariser Musée d’art moderne de la Ville de Paris im Jahr 2012.109 Werners Verdienst bleibt, dass er eine Gruppe deutscher Künstler erfolgreich im Ausland vermarkten konnte. Vergleichbar ist dieses Vorgehen mit dem von Paul Durand-Ruel, der ebenfalls seine nationalen französischen Impressionisten im Ausland verkaufte. Michael Werner war zudem der erste Deutsche, der in der Nachkriegszeit in New York eine Galerie eröffnete, die über mehrere Jahrzehnte erfolgreich auf dem Markt bestehen konnte – »Michael Werner Gallery« existiert in New York seit mehr als dreißig Jahren. Er ist damit nach den ersten Gründern im 19. Jahrhundert wie Knoedler der erste deutsche Kunsthändler, der in New York langfristig Erfolg hatte.110 Konrad Fischer (1939–1996) wiederum verfolgte eine grundlegend andere Strategie als Werner, da er amerikanische Künstler nach Deutschland holte. Fischer startete seine Karriere wie Alfred Schmela als Maler. Er war eng mit Sigmar Polke und Gerhard Richter verbunden. Mit Richter hatte er 1963 eine Ausstellung in einem Düsseldorfer Möbelhaus organisiert, deren Auftakt in die deutsche Kunstgeschichte als

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Geburtsstunde des »Kapitalistischen Realismus« eingehen sollte. Da er jedoch nicht vom Verkauf seiner Bilder leben konnte, gründete Fischer 1967 in Düsseldorf eine Galerie, in der vorrangig Künstler der amerikanischen Minimal, Concept und Land Art einen Ausstellungsort fanden. Sol LeWitt, Bruce Nauman, Richard Long, On Kawara, Lawrence Weiner, Donald Judd und Carl André wurden hier – häufig erstmals in Deutschland – gezeigt. Eng arbeitete Fischer mit den Galerien Angela Westwater in New York und Gian Enzo Sperone in Turin zusammen. Ihm ist es zu verdanken, dass Düsseldorf zu einem frühen Ort der amerikanischen Minimal, Concept und Land Art in Europa wurde. Nach seinem Tod 1996 übernahm seine Frau Dorothee Fischer (1937–2015) die Galerie und führte sie in seinem Sinne mit den meisten Künstlern u.a. mit Carl André, Sol LeWitt, Richard Long, Bruce Nauman, Gregor Schneider und Thomas Schütte bis zu ihrem eigenen Tod weiter. 2015 setzte sich die Familiengeschichte fort, als die Tochter von Konrad und Dorothee, Berta Fischer (*1973), die wie ihr Vater Künstlerin ist, die Geschäfte sowohl im Hauptsitz in Düsseldorf als auch in der Niederlassung in Berlin, die seit 2007 existiert, übernahm. Auch sie führt das Programm konsequent fort und zeigt Minimal, Concept und Land Art sowie die Arte Povera, wenngleich sie einige neue Künstlerpositionen ins Programm aufgenommen hat. Wie lange die Beziehungen zwischen der Galerie und einigen ihrer Künstler bestehen, zeigt sich beispielsweise daran, dass sowohl die Düsseldorfer Galerie 1967 als auch die Berliner Räume 2007 mit einer Einzelausstellung von Carl André eingeweiht wurden. Eine ähnliche Anerkennung, wie sie die Galerie Konrad Fischer für ihre Unterstützung der amerikanischen Concept und Minimal Art in Deutschland gebührt, sollte auch Gerry Schum (1938–1973) für sein sehr frühes Engagement für die Videokunst gewährt werden.111 Schum hatte die Idee, dass der Film selbst zu Kunst werden sollte und nicht mehr nur dokumentarisch über Kunst berichtet. In den Jahren zwischen 1967 und 1970 konzipierte der Avantgardegalerist eine Fernsehserie mit vier Folgen, in denen die Werke von Künstlern dem Zuschauer vorgestellt werden sollten, ohne dass ein erklärendes Wort vom Künstler selbst oder dem Moderator dazu gesagt werden sollte. Von den vier angedachten Folgen wurden jedoch nur die beiden ersten realisiert. In der ersten Folge, die unter dem Titel »Land Art« vom »Sender Freies Berlin« finanziert und vom WDR 1969 ausgestrahlt wurde, zeigte Schum acht herausragende Künstler mit ihren Arbeiten: Richard Long in England, Barry Flanagan in Holland, Robert Smithson in New York, Walter de Maria und Michael Heizer, beide im amerikanischen Kalifornien. In der zweiten Folge wurden Werke u.a. von den Deutschen Joseph Beuys und Ulrich Rückriem und den Amerikanern Lawrence Weiner und Richard Serra präsentiert. Nachdem die beiden letzten Folgen nicht mehr von einem Fernsehsender finanziert wurden, gründete Gerry Schum zusammen mit seiner Frau Ursula Wevers (*1943) die »videogalerie schum«, die bis zum Tod Schums Videoeditionen von Künstlern der Avantgarde der 1970er Jahre produzierte und verkaufte. Es war die erste Galerie weltweit, die Videoarbeiten als

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eigenständige Kunstgattung auffasste und einem Gemälde oder einer Skulptur vergleichbar auf dem Kunstmarkt veräußern wollte. Wie schwierig dieser Anfang war, zeigt sich an einem zeitgenössischen Presseartikel, in dem einerseits auf die Preise der käuflichen Videoarbeiten, andererseits auf die Neuartigkeit der Technik an sich sowie auf den sehr hohen Preis der zum Betrachten der Kunstwerke notwendigen Ausstattung verwiesen wird. Obgleich die einzelnen Video-Tapes von Rinke, Buren, Ruthenbeck oder Beuys nur zwischen 550 und 9800 DM kosteten, sei die Anschaffung der zum Abspielen notwendigen Geräte unverhältnismäßig teuer: »Interessierte Sammler müssen allerdings zuerst etwa 3500 Mark für die VideorecorderAnlage ausgeben. Die Geräte gibt es seit vier Jahren auf dem deutschen Markt.«112 In dem Presseartikel wird zudem auf ein Vorgehen verwiesen, dass auch für den heutigen Kunstmarkt von großer Bedeutung ist. Der Frage nach dem Nachweis der Authentizität des Kunstwerkes. Denn die von Gerry Schum angebotenen Videobänder wurden zusammen mit signierten Zertifikaten der Künstler verkauft.113 Wenngleich Schums neuartige Sichtweise von Videoarbeiten als Kunst von ihm einem internationalen Publikum vorgestellt wurde – so auch auf der Biennale in Venedig und der Documenta 5 in Kassel 1972 –, scheiterte die damalige Durchsetzung der Videokunst an den finanziellen Umständen. Nur wenige Sammler erwarben bei ihm Videoarbeiten, das Museum Krefeld unter der Leitung von Paul Wembers war eine der wenigen öffentlichen Institutionen, die ihn unterstützten. 1973 nahm sich der Galerist das Leben. Es dauerte noch einige Jahrzehnte, bis Video-Künstler und deren Galeristen nennenswerte Einnahmen aus dem Verkauf von Videoarbeiten erzielen konnten – erst der amerikanische Videokünstler Bill Viola (*1951) konnte zwei Jahrzehnte nach Schum auf dem Kunstmarkt höhere Preise erzielen.114 Neben den Erfolgen der überwiegend rheinischen Programmgaleristen und Kunsthändler bewegten sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vereinzelt renommierte Berater aus anderen Teilen Deutschlands mit ihren Kunden im Spitzenmarkt. In Berlin konzipierte Heiner Bastian (*1942) die Sammlung von Erich Marx, die umfangreiche Werkgruppen bedeutender amerikanischer Künstler wie Andy Warhol, Cy Twombly und Robert Rauschenberg enthält.115 Aus Frankfurt vermittelte Christoph Graf Douglas (1948–2016) seltene Hauptwerke aus dem Besitz berühmter Adelsfamilien wie den Welfen, dem Haus Baden oder dem Haus Hessen. Die bekannte »Darmstädter Madonna« von Hans Holbein dem Jüngeren aus der Sammlung des Hauses Hessen verkaufte er z.B. an den Unternehmer und Sammler Reinhold Würth.116 Durch die beiden letztgenannten Berater Bastian und Graf Douglas fanden in Deutschland in der betrachteten Zeit hochpreisige Privatverkäufe statt, die üblicherweise in New York, Paris oder London abgewickelt wurden.

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7.5 Die DDR – sozialistische Kunst und staatliche Devisenbeschaffung Erblühte der Kunsthandel der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik insbesondere im Rheinland, so lag dies nicht nur an der hohen Wirtschaftskraft der Region, die durch das Wirtschaftswunder erstarkt war, sondern auch an der geopolitisch begründeten Lage im Westen des Landes, in der der Handel mit den europäischen und amerikanischen Ländern möglich war. Im Osten konnte dieser europäisch-amerikanisch ausgerichtete Handel nicht stattfinden, da der Eiserne Vorhang die Welt entzweite. Die Planwirtschaft, die eingeschränkte Reisefreiheit und die von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) bis ins kleinste Detail vorgegebene Lebensweise beeinträchtigten bekanntermaßen die Entwicklung der DDR und ihrer Wirtschaft. Nichtsdestotrotz gab es auch in der DDR, die von der Gründung im Jahr 1949 über den Bau der Mauer 1961 bis hin zu ihrem Zusammenbruch 1990 bestand, einen regulierten und exportorientierten Markt für Kunst. Erst in jüngster Zeit wird der Umgang mit dem Verkauf von Kunst und Antiquitäten in der DDR erforscht. In den Jahren 2018–2020 fanden einige Ausstellungen zu diesem Thema statt: im Museum der bildenden Künste in Leipzig (»DDR auf Wänden«), im Kunstpalast Düsseldorf (»Galerie Berlin. Galerie Barthel + Tetzner. Utopie und Untergang. Kunst in der DDR«), im Museum Barberini Potsdam (»Künstler aus der DDR. Werke aus der Sammlung des Museum Barberini«) oder im Ernst Barlach Haus Hamburg (»Kosmos Ost. Kunst in der DDR 1949–1989. Das Albertinum Dresden zu Gast«). 2019 erschien Sabine Tauschers aufschlussreiche Dissertation: »Zwischen Ideologie und Kommerz: Der Kunstmarkt der DDR am Beispiel der Gegenwartskunst des Staatlichen Kunsthandels 1974–1990«. 2020 wurde das Buch »Auf der Suche nach Kulturgutverlusten. Ein Spezialinventar« publiziert, in dem Kunst dokumentiert wurde, die während der Zeit der DDR systematisch bei privaten Sammlern konfisziert worden war. Erst dank dieser Forschungen kann der Kunstmarkt in der DDR genauer rekonstruiert werden. Nach der sogenannten »Formalismus-Debatte« wurde der »Sozialistische Realismus nach sowjetischem Vorbild« den Künstlern ab 1951 vorgegeben. Dieser Realismus sollte »parteilich, volksnah und mit positiver Botschaft« versehen sein, damit die Kunst einen Beitrag »zu einer Bewusstseinsbildung in sozialistischem Sinne« leisten konnte.117 Dazu wurden einerseits auch Laien aufgefordert, selbst kreativ zu werden – »Greif zur Feder, Kumpel!« – andererseits wurden Künstler, die in diesem Sinne ideologiekonform arbeiteten, mit Aufträgen und Auszeichnungen versehen und konnten ein von finanziellen Schwierigkeiten verschontes Berufsleben führen – im Vergleich zum Westen gab es daher »sehr viele hauptberufliche Künstler, etwa 6.000« in der DDR.118 Künstler wurden grob in zwei Gruppen aufgeteilt: in diejenigen, die im Sinne des Regimes arbeiteten und dementsprechend grundsätzlich gut versorgt wurden und in diejenigen, die faktisch mit einem Berufsverbot versehen waren und

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nur im Privaten künstlerisch tätig sein konnten, da sie nicht gemäß der politischen Vorgaben arbeiteten. Um den sozialistischen Kunstmarkt planwirtschaftlich organisieren zu können, wurde ein Kontrollorgan geschaffen. 1974 wurde der »VEH Bildende Kunst und Antiquitäten«119 gegründet, der als »Staatlicher Kunsthandel der DDR« bezeichnet wurde und dem Ministerium für Kultur unterstellt war. Mit diesem Unternehmen sollten »sowohl der Handel mit Kunst als auch die Produktionsbedingungen für Künstler und die Entwicklung der kunsthandwerklichen Produktion verbessert werden.«120 Zu dieser Firma gehörten »Galerien für zeitgenössische Kunst und Kunsthandwerk, Briefmarken- und Münzfachgeschäfte, der Antiquitätenhandel und der Werkstattbereich.« Zahlreiche Galerien, Werk- und Produktionsstätten wurden eingegliedert. Dies bedeutete, dass nicht nur bereits bestehendes Volkseigentum, sondern auch alte Familienbetriebe in den Staatshandel übernommen wurden und den Familien ihr Besitz, insbesondere der Kunstbestand ihrer Handelsfirmen entwendet wurde.121 Der Staatliche Kunsthandel legte sämtliche Grundlagen des Kunstmarktes in Zielvorgaben fest, wie »die Jahrespläne der Galeriearbeit, insbesondere die Ausstellungspläne und die Pläne der kunstpropagandistischen Arbeit; die Auftragspolitik des Staatlichen Kunsthandels, einschließlich künstlerischer Entwicklungsaufträge für die betriebseigenen Werkstätten sowie Beratung zu Fragen der Ankaufs- und Auftragspolitik.«122 In den 27 Galerien für Gegenwartskunst, den zehn Antiquitätenhandlungen und den Werkstätten in der DDR konnte konsequenterweise kein freier Kunstmarkt bestehen. Die Struktur des Staatlichen Kunsthandels war äußerst komplex. Verantwortliche des Staatlichen Kunsthandels sprachen im Westen kaum über ihre verschiedenen Funktionen. Gemäß der Erkenntnis in den Findbüchern besaß diese Organisation die »Vollmacht einer staatlichen Außenhandelsfunktion für den Export von Gegenwartskunst gegen konvertierbare Devisen«.123 Eines ihrer Hauptziele bestand darin, der DDR Devisen zu besorgen. Kito Nedo beschreibt den Zweck des Staatlichen Kunsthandels 2019 wie folgt: »Obwohl der Fokus auf dem Inland lag, war der Staatliche Kunsthandel auch im Westen aktiv, um harte Währung zu verdienen«.124 Dazu nahm der Staatliche Kunsthandel – westlichen Galerien vergleichbar – an internationalen Messen teil. Sowohl auf der Kölner Art Cologne als auch auf der Schweizer Art Basel unterhielt der Staatliche Kunsthandel Stände und bot Werke u.a. von Bernhard Heisig, Willi Sitte, Wolfgang Mattheuer und Werner Tübke zum Verkauf an.125 Als Peter Ludwig in den 1970er und 1980er Jahren begann, in der DDR Kunst zu kaufen, wurde er von Rüdiger Küttner, dem damaligen Leiter der Abteilung »Internationale Beziehungen« des Staatlichen Kunsthandels, durch Künstlerateliers in der DDR geführt.126 Küttner hatte in einem Interview selbst einen Hinweis auf eine zweite Organisation in der DDR gegeben, die für den Kunstmarkt ebenfalls von großer Bedeutung war: auf die »Kunst- und Antiquitäten GmbH«. Er erklärte 1990: »Der Bereich Antiquitäten ist nicht zu verwechseln mit der Kunst- und

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Antiquitäten-GmbH von Herrn Schalck-Golodkowski. Das muss hier besonders bemerkt werden, weil hier immer wieder Verwechslungen zu unseren Ungunsten entstehen.« Diese von Küttner erwähnte Firma war Bestandteil einer größeren Organisation, die in der DDR »schnell zum Synonym für Macht und Moneten« wurde127 . Im »Ministerium für Innerdeutschen Handel, Außenhandel und Materialversorgung«, das von 1949 bis 1990 bestand, wurde 1966 zunächst der Bereich »Kommerzielle Koordinierung« (KoKo) gegründet. Sein Ziel war es, durch eine gezielte Koordinierung aller Arten von kommerziellen Tätigkeiten einen Gewinn außerhalb des Staatsplanes zu erzielen – vereinfacht zusammengefasst, war die KoKo für den inoffiziellen Handel mit dem kapitalistischen Ausland zuständig. Ab 1967 wurde die KoKo von Alexander Schalck-Golodkowski geleitet, wobei es eine enge Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit gab. SchalckGolodkowski war nicht nur der höchstdekorierte Staatssekretär in der DDR und stellvertretender Minister für Außenhandel, sondern auch ZK-Mitglied, Oberst im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und einer der wichtigsten Wirtschaftsfunktionäre des Landes. Anlässlich für die Gründung der KoKo wird das Konzert von Louis Armstrong im Jahr 1965 in Ost-Berlin angesehen. Der DDR-Führung wurde offenkundig, dass die Bezahlung eines bekannten ausländischen Künstlers in Devisen den Haushalt eines geschwächten Staates stark beanspruchen kann. So zumindest beschreibt es Uwe Hartmann vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste im Jahr 2020: »Louis Armstrong war der erste Künstler, der klar machte, wie stark der Haushalt der DDR belastet wird, wenn einem Weltstar die Gage in Dollar zu zahlen ist. Bei späteren Gastspielen wurde ein Teil der Gage durch Kunst und Antiquitäten erstattet.«128 Um die Beschaffung von Kunstgegenständen zur Verwertung ins Ausland effizienter organisieren zu können, wurde in der KoKo innerhalb der Hauptabteilung I neben 34 weiteren Institutionen die Firma »Außenhandelsbetrieb Kunst- und Antiquitäten-GmbH« (KuA) 1973 gegründet. Der Außenhandelsbetrieb, der als »Internationale Gesellschaft für den Export und Import von Kunstgegenständen« mit Sitz in Mühlenbeck (ab 1978) fungierte, wurde 1990 aufgelöst.129 Wie eng die KuA, die KoKo und die Stasi zusammenarbeiteten, zeigt sich allein an den zahlreichen Funktionen, die Schalck-Golodkowski in seiner Person vereinte. Über die KuA und deren enge Verstrickung mit der Stasi gibt es mittlerweile einige Erkenntnisse – insbesondere Dank des 2020 erschienenen »Findbuches zur DDR-Raubkunst«. Es wurde offensichtlich, »wie systematisch die DDR-Staatssicherheit auf dem Kunstmarkt Regie führte«130 und die Voraussetzungen für Verkäufe schuf. Zunächst stellte sie möglichst viele Informationen über in der DDR bestehende private Kunstsammlungen zusammen. Dann wurde eine Wohnungsskizze des Sammlers in Auftrag gegeben und die Sammlung in Augenschein genommen. Lohnte sich der potentielle Verkauf der Stücke ins Ausland, wurde der entsprechende Sammler als »Steuerbetrüger« oder »Staatsfeind« diffamiert. Ihm wurde Steuerhinterziehung vorgeworfen, bei ihm eingebrochen

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oder die Sammlung wurde einfach konfisziert. Häufig entsprach ihr vermeintlicher Wert genau der »Steuerschuld«, sie wurde dann zur KuA abtransportiert.131 Peter Dittmar beschreibt das weitere Prozedere: »Und der bisherige Eigentümer musste noch froh sein, wenn er nicht zusätzlich zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Auf diese Weise kamen auch die letzten privaten Antiquitätenhändler in der DDR um ihr Geschäft und um ihren Besitz. Und die K & A zu geschätzten jährlichen Einnahmen von 60 Millionen Mark.«132 Das Bemerkenswerte an diesem Prozedere war dabei, dass der Verkauf in den Westen diesem besonders zuvorkommend ermöglicht wurde – die sonst üblichen Bedenken über Westkontakte finden sich offiziell nicht. So heißt es in einem Prospekt der KuA: »Wir übernehmen für Sie die Zollabfertigung und auf Wunsch auch den Transport bei uns gekaufter Stücke von Haus zu Haus. […] Verkauf in frei konvertierbarer Währung.«133 Dem potentiellen, westlichen Kunden wurde hier offenbart, dass das Hauptinteresse des Verkaufs bei den Einnahmen von Devisen lag, und es keinerlei Probleme bei einem Export von potentiell national wertvollem Kulturgut geben würde. Aufgrund dieses fehlenden Schutzes von Eigentum konnten Interessierte aus dem Westen in der DDR so gut wie uneingeschränkt einkaufen. Joachim Menhausen sagte dazu im DDR-Fernsehen: »Es kamen Gruppen in Omnibussen aus Westberlin, es gab also einen speziellen Kunsttourismus nach Mühlenbeck.«134 Das Interesse der DDR an den Einnahmen von Devisen stand ganz eindeutig über demjenigen des nationalen Kulturgutes bzw. der ursprünglichen Eigentumsverhältnisse. Der staatliche Kunsthandel wurde zur Devisenbeschaffung instrumentalisiert, der Handel wurde zum Exportgeschäft. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass sich die DDR auch mittels anderer Organisationen und Waren auf vergleichbar illegale und korrupte Weise Devisen beschafft hat. Die KoKo »verdiente beim Häftlingsverkauf, verscherbelte Waffen und verschleuderte Antiquitäten – in toto 50 Milliarden Mark holte Schalck nach eigener Rechnung fürs Regime herein. Das Netz seiner mehr als 220 Tarnfirmen überspannte die ganze Erde. […] Die KoKo, wichtigste Wirtschaftsmacht der DDR, verfügte über rund 1000 Konten.«135 Aus diesen Tatsachen wird ersichtlich, dass die KoKo das Hauptorgan einer staatlich organisierten »Beschaffungskriminalität« war.136 Vor diesem Hintergrund wird auch klar, warum einige Künstler weitgehend ignoriert wurden und ungestört in der DDR arbeiten konnten. Wenn sich ein Künstler dazu entschieden hatte, nicht im Sinne der DDR-Propaganda zu arbeiten, bedeutete das nicht zwangsläufig, dass ihm ein Berufsverbot drohte. Erst wenn seine Arbeit grundsätzlich gegen die Ideologie der DDR verstieß, drohte die tägliche Auseinandersetzung mit der Bürokratie eines Überwachungsstaates und der Kampf um »Ausstellungsgenehmigungen, Druckerlaubnisse, Papierzuteilungen und dergleichen«.137 Es fand ein »künstlerischer Exodus«138 statt, der von bekannten Künstlern wie Gerhard Richter, A.R. Penck, Günther Uecker, Gerhard Hoehme über Gotthard Graubner zu heute in Vergessenheit geratenen Künstlern

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reichte. Aber nicht nur Künstler verließen die DDR, auch zahlreiche Kunsthändler und Galeristen mussten ihre Tätigkeit einstellen, wenn sie nicht bereit waren, sich dem Staatlichen Kunsthandel der DDR unter Küttners Leitung unterzuordnen. Allein in Dresden, in der erst wieder in den 1990er Jahren die Kunstszene erblühte, mussten Gerhard Butze, Horst Kempe, Helmuth Meissner und Gerhard Patzig ihre Geschäfte aufgeben.139 Da junge Kunst aus der DDR im Westen weniger bekannt war als Arbeiten von berühmten Vorkriegskünstlern oder Alten Meistern, kam es zu einer paradoxen Situation auf dem DDR-Kunstmarkt. Gegenwartskunst der DDR war bedeutsam günstiger als Alte Meister, daher versprach sie deutlich weniger Deviseneinnahmen als arrivierte Kunst. Aus dieser Situation heraus wurden insbesondere in den 1980er Jahren Galerien gegründet, die dem heutigen Verständnis nach als Produzentengalerien bezeichnet werden können. Als Beispiel sei die »Galerie Oben« genannt, die von 1979 bis 1987 in Chemnitz von Gunar Barthel betrieben wurde. Barthel berichtete, dass er zwei Übernahmeversuche durch den Staatlichen Kunsthandel durch »beharrliches Lavieren erfolgreich abgewehrt« hatte.140 Ein Grund für die gescheiterte Übernahme lag sicherlich daran, dass die von Barthel vertretenen Künstler bei möglichen Verkäufen in den Westen kaum Deviseneinnahmen versprachen, also ökonomisch irrelevant waren. Festzuhalten bleibt daher, dass durch die Bedingungen im Kunstmarkt im sozialistischen System der DDR der Handel mit junger, unbekannter Kunst »in kunstökonomischer Hinsicht einen relativ größeren Freiheitsraum genoß als die Veräußerung alter Gemälde und Plastiken oder von Antiquitäten.«141 Wie groß jedoch die Bedrohung der Galeristen blieb, wurde teils erst nach der Wiedervereinigung deutlich, als die Akteneinsicht in Stasi-Unterlagen möglich wurde. Erst dann wurde beispielsweise bekannt, dass der Sekretär der »Galerie Oben« in der Zeit zwischen 1972 und 1978, also noch vor der Zeit von Barthels, Georg Brühl, jahrelang für die Stasi tätig war. Als IM »Peter« konnte Brühl von der Künstlerszene in Chemnitz aus direkt berichten.142

8 Das 21. Jahrhundert Spezialisierung und Digitalisierung der Märkte

8.1 Einleitung Das neue Jahrtausend ist inzwischen mehr als zwanzig Jahre alt. Obgleich bisher mit Ausnahme des Ukrainekriegs kein Krieg mit globalen Auswirkungen begonnen hat und es auf den ersten Blick scheinbar keine bahnbrechenden, neuen Technologien gibt, die mit den zahlreichen Erfindungen und Entdeckungen im 19. Jahrhundert vergleichbar sind (Flugzeug, Elektrizität, Eisenbahn, Röntgenstrahlen oder Bakterien), hat sich die Welt im Privaten und Öffentlichen in Deutschland und der Welt trotzdem immens verändert. In den letzten zwei Dekaden kam es geopolitisch zu zahlreichen Verschiebungen. In Europa fand im Jahr 2004 eine Erweiterung der Europäischen Union in Richtung Osten statt, so dass sich seitdem 28 Länder in ihren Grundregeln absprachen – ob in der Wirtschaft, Politik, Bildung oder im militärischen Bereich. 2016 verkleinerte sich die Union jedoch, als das erste Mal seit ihrer Gründung ein Land – das Vereinigte Königreich mit dem Brexit – wieder aus der EU ausschied. Neben diesen eurozentrischen Aspekten kam es seit der Jahrtausendwende zu einer Neuordnung zwischen den ehemaligen Supermächten des 20. Jahrhunderts. Rangen während der Zeit des Eisernen Vorhangs die USA mit der Sowjetunion um die globale Vorrangstellung, so sind es jetzt China und die USA, die vor allem hinsichtlich ihrer Gesellschaftsform Diktatur oder Demokratie, aber auch ökonomisch, politisch, gesellschaftlich, kulturell und wissenschaftlich um die globale Führungsposition kämpfen. Es findet eine bahnbrechende geopolitische Verschiebung in Richtung Asien statt – nicht ohne Grund sprechen einige Ökonomen in Bezug auf das 21. Jahrhundert vom »asiatischen Jahrhundert.«1 Darüber hinaus wachsen neue Generationen heran, deren Identitäten und individuelle Lebensausrichtung immer schneller zu wechseln scheinen: Nach der »Generation X« bzw. »Generation Golf«, die zwischen 1965 und 1980 geboren wurde, kam die »Generation Y« der »Digital Natives« bzw. der »Millenials«, die zwischen 1980 und 1995 geboren wurden und der erste Jahrgang ist, der in einer digitalen Welt aufgewachsen ist. Die »Generation Y« wird häufig mit der englischen Aussprache des Buchstaben »Y« – »why« – charakterisiert. Sie stelle alles in Frage und suche nach Selbstver-

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wirklichung – die große Ich-Bezogenheit führte auch zur Bezeichnung »Generation Me«.2 Arbeit solle »sinnstiftend« sein und im Ausgleich zu Familie und Freizeit stehen, dabei nehmen soziale Netzwerke zunehmend einen wichtigen zeitlichen Aspekt des täglichen Lebens ein. Eine besondere Veränderung besteht in einem der heutigen Lebensziele: Anstatt nach Profit strebe die Generation Y zunehmend nach Aufmerksamkeit, insbesondere in den sozialen Netzwerken. In der darauffolgenden »Generation Z«, die zwischen 1995 und 2010 Geborenen, scheinen sich einige dieser Ziele ins Negative zu verändern. Für diese Generation scheint »Arbeit nur ein Mittel zum Zweck« zu sein, »Z« sei »arbeitsscheu«, »verwöhnt oder verwirrt« bzw. bestünde aus »radikale[n] Egoisten«.3 Für die Betrachtung des Kunstmarktes der vergangenen zwanzig Jahre ist diese zugespitzte Charakterisierung der neuen Generationen insofern von Bedeutung, als genau diese Generation zu den neuen Sammlern, Galeristen, Kunsthändlern und Künstlern auf dem Markt zählt. Beeinflusst wird der Alltag dieser Generation und damit auch das Marktgeschehen von einer nahezu jeden Lebensbereich durchdringenden technologischen Erneuerung: dem Internet. Damit verbunden sind eine ständige Erreichbarkeit, eine allseits mögliche mobile Kommunikation und Informationsbeschaffung zu jedem Zeitpunkt und von jedem Ort der Erde aus. Es ist bereits offensichtlich, dass sich die Menschheit durch eine solche Erfindung langfristig und tiefgreifend verändert. Einige Neurologen wie Manfred Spitzer warnen vor dem zunehmenden Einfluss der diversen, digitalen Kommunikationsmittel wie Smartphone, Tablet, PC, Notebook, Fernsehen, DVD oder Spielkonsolen auf die Gehirn- und Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Risiken und Chancen, die mit den neuen Medien und anderen technologischen Erfindungen wie autonomem Fahren in Zusammenhang stehen, werden daher zunehmend auch unter dem Aspekt der »Technikfolgenabschätzung« untersucht und bewertet.4 Der Handel verändert sich dabei ebenso wie die Menschen selbst, die im Internet kaufen und verkaufen. Auch der private wie öffentliche Umgang mit Geld hat sich in den letzten Jahren radikal geändert. Dies hängt mit der Einführung des Euro als europäischer Währung im Jahr 1999 als Buchgeld und im Jahr 2002 als Bargeld in zunächst 13 Ländern Europas zusammen. Heute gehören 19 EU-Staaten der »Eurozone« an.5 Eine der Konsequenzen der Währungsunion ist das Abbilden völlig unterschiedlicher Volkswirtschaften in einer einzigen Währung. Ein Ausgleich der heterogenen Wirtschaftsleistung innerhalb dieser 19 Länder ist nicht mehr mit Hilfe einer Ab- oder Aufwertung verschiedener Währungen möglich. Zudem kam es 2008/2009 im Rahmen der heute als »Subprime Crisis« bezeichneten Weltwirtschaftskrise zu einer bisher noch nicht da gewesenen Geldvermehrung sowie -vernichtung.6 Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden hochspekulative, neue Geldprodukte erfunden sowie zahllose Kredite für Immobilien in vielen Ländern der Erde, allen voran in den USA, bewilligt, ohne die Kreditnehmer hinreichend auf ihre langfristige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu überprüfen. Durch die Geldpolitik der letzten zwanzig Jahre in zahlreichen

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westlichen, d.h. europäischen wie amerikanischen Ländern, wurde die Geldmenge in historisch gesehen unbekannte Höhen erweitert. Der Kunstmarkt erschien in dieser Zeit der Geldvermehrung als vergleichsweise stabiler Investitionsmarkt. Immer wieder wird Kunst in den letzten Jahren in einem Atemzug mit Immobilien, Edelmetallen oder Weinen als alternative Anlageform aufgeführt.

8.2 Kunst als Anlageobjekt Seit der Jahrtausendwende wird Kunst immer häufiger als »Investment« im Sinne eines »Asset«, eines Anlageobjektes, betrachtet. Diese Sichtweise fand sich bereits im Frankreich des 18. Jahrhunderts, als der französische Kunsthändler Charles Le Brun in einem seiner Kataloge dafür geworben hatte, in Kunst zu investieren. Spätestens seit Beginn des modernen Kunstmarktes im Zeitalter der Industrialisierung wurde die Verknüpfung von Kunst und Investment häufiger assoziiert, insbesondere als die Robber Barons in den USA mit ihrem neu geschaffenen Vermögen Kunstwerke auch im Sinne von Investments erwarben. Begleitet wurde diese Neubewertung von Kunst dabei zunehmend von dem steigenden Bedürfnis, Statistiken, Zahlen und Preise zu veröffentlichen und die Kunst sowie ihre Schöpfer in scheinbar objektivierbare Ranglisten einzuordnen. Eine neue Dynamik bekam diese Entwicklung im rheinischen Nachkriegsdeutschland. 1971 veröffentlichte der Kölner Wirtschaftsjournalist Willi Bongard (1931–1985) einen alle 14 Tage erscheinenden Newsletter mit dem Titel »Art Aktuell«, der eine Mischung aus ökonomischer Analyse und Berichten aus der Kunstwelt darstellte. Zu Beginn verkaufte Bongard den Newsletter an Abonnenten in einer Auflage von 500 Stück für 100 US-Dollar im Jahr. Die Reaktionen darauf fielen dabei jedoch nicht nur positiv aus, er wurde auch »als meistgehaßter Mann der deutschen Kunstszene«7 bezeichnet, da seine Bewertungen einzelner Künstler als nicht objektiv angesehen wurden. Aus dem Newsletter heraus entwickelte Bongard eine Liste der seiner Einschätzung nach weltweit wichtigsten Künstler: Der sogenannte »Kunstkompass« war geboren. Damit wurden Künstler aufgrund einiger Kennzahlen in ein Wertesystem eingegliedert. Dass diese Wertung kritisch zu sehen ist, wird bereits daran offensichtlich, dass die Teilnahme an der alle fünf Jahre stattfindenden »Documenta« in Kassel einem Künstler 300 Punkte in Bongards Wertesystem einbrachte, die Teilnahme an der zweijährig stattfindenden Biennale in Venedig hingegen nur 50 Punkte.8 Nach dem Tod Bongards 1985 führte seine Frau Linde Rohr-Bongard die Arbeit fort, bis heute erscheint der Kunstkompass in verschiedenen Magazinen (»Manager-Magazin«, »Weltkunst«, »Bilanz« und »Capital«) und enthält eine Rangliste der wichtigsten Künstler weltweit. Das Jahr 2002 markiert einen weiteren Wendepunkt in der Geschichte der Kunstmarktanalyse, als zwei Wirtschaftsprofessoren in New York auf die Idee

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kamen, Kunstwerke wie Firmenbeteiligungen zu betrachten und einen speziellen Index für Kunst entwickelten. Der von Jianping Mei und Michael Moses erarbeitete »Mei Moses Fine Art Index« erlangte innerhalb kurzer Zeit internationale Bekanntheit. Er wurde in von der Finanzwelt gelesenen Zeitungen wie der »Financial Times« oder dem »Wall Street Journal« publiziert.9 Mei, der in den 1960er Jahren in China geboren wurde, kam nach seinem Studium der Mathematik an der chinesischen Fudan University Ende der 1980er Jahre in die USA, um dort sein Studium der Wirtschaftswissenschaften fortzusetzen und zu promovieren. Heute lebt er wieder in China, wo er an der 2002 in Peking gegründeten CKGSB (Cheung Kong Graduate School of Business) Professor für Finanzen ist.10 Bevor er den Mei Moses Index entwickelte, lag sein Forschungsschwerpunkt auf neuen Finanzprodukten bzw. modernen Investmentstrategien. Sein Kollege Michael Moses war Professor für Operatives Management an der New Yorker Stern School of Business sowie Mitgründer einer Kunstberatungsfirma. Allein die ursprüngliche Webseite des von Mei und Moses entwickelten Index – »art as an asset« – verweist auf die Zielgruppe: Mit dem Index sollen Investoren angesprochen werden, die danach streben, mit Kunstkäufen Gewinne zu erzielen. Der Mei Moses Index bildet die Verkaufspreise ab, die ein und dasselbe Gemälde innerhalb eines Zeitraumes von mehreren Jahren auf Auktionen erzielen konnte. Zahlreiche Kunstwerke wurden innerhalb der letzten Jahrzehnte mehrfach verkauft. Anhand der schwankenden Verkaufsresultate mit steigenden oder sinkenden Preisen für ein bestimmtes Kunstwerk können Aussagen über die Preisentwicklung verschiedener Künstler oder Epochen gemacht werden. Da nur die Verkaufspreise bei Auktionen veröffentlicht werden, eignen sich nur diese nachgewiesenen Ergebnisse, um einen Preisverlauf von Kunstwerken aufzustellen. Die realisierten Verkaufspreise der Galerien bleiben nahezu grundsätzlich unveröffentlicht. Mittlerweile wurden im Index mehr als 80.000 Auktionsergebnisse aus zwei Jahrhunderten erfasst, die Analysen über die Preise von Kunstwerken zulassen.11 Im Jahr 2016 wurde der Wiederverkaufsindex dann von Sotheby’s gekauft. Die jetzt »Sotheby’s Mei Moses Indices« genannten Darstellungen der Preisbewegungen einzelner Kunstwerke werden von dem Auktionshaus als ein weiterer Baustein betrachtet, um seinen Kunden eine möglichst fundierte Marktanalyse anzubieten, die diese letztlich zur Beteiligung am Auktionsmarkt animieren soll. Die scheinbar in objektiven Zahlen und Tabellen dargelegten Wertsteigerungen der verkauften Arbeiten sollen dem potentiellen Kunden suggerieren, dass sich Kunst als Alternative zum Aktienmarkt und zu Börseninvestitionen anbietet. Es überrascht übrigens nicht, dass es das Auktionshaus Sotheby’s war, das den Mei Moses Index gekauft hat – wir hatten bereits gesehen, dass schon in den 1960er Jahren der ehemalige Leiter des Hauses, Peter Wilson, mit dem »TimesSotheby’s Art Index« einen ersten Versuch einer Übersicht der Auktionsergebnisse erstellt hatte, um seinen Kunden eine scheinbar objektive Preis- und damit auch Marktentwicklung für Kunstwerke anbieten zu können.

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Der Mei Moses Index ist nur eine von vielen Entwicklungen im 21. Jahrhundert, die auf eine größere Transparenz von Preisen für Kunstwerke einerseits und auf die Bewertung von möglichen Preissteigerungen oder -senkungen andererseits abzielen. Dank der von dem Franzosen Thierry Ehrmann im Jahr 1987 entwickelten Firma »Artprice« kann heute jeder, der Zugang zum Internet hat, für eine moderate Gebühr Einblick in die weltweit größte Online-Datensammlung von Auktionsergebnissen für Kunstwerke erhalten. Im Jahr 2022 sind nach Angaben von Artprice mehr als 30 Mio. Auktionsergebnisse seit 1983 und Indizes für über 790.000 Künstler aus gut 6400 Auktionshäusern einsehbar. Zudem wurden alte Archive von Auktionsergebnissen wie dem »Mireur« für Auktionen der Jahre 1700 bis 1900 oder dem »Mayer« aus der Zeit zwischen 1962 und 1987 von Artprice katalogisiert und digital bearbeitet. Damit sind erstmals für jeden Interessenten Auktionsergebnisse aus mehreren Jahrhunderten miteinander vergleichbar. Seit dem Jahr 2002 wird von Artprice zusätzlich zu dieser riesigen Datenbank jährlich ein »Art Market Report« herausgegeben. Seit der Auktionssaison 2006/2007 veröffentlicht das Unternehmen darüber hinaus einen separaten Bericht über den Handel mit Gegenwartskunst, den »Contemporary Art Market Report« bzw. seit 2015 einen Überblick über die halbjährliche Entwicklung auf dem globalen Kunstmarkt, den »Semi-annual Art Market Report«. Wenngleich Artprice die erste Plattform dieser Art war, stellt sie seit einiger Zeit nicht mehr die einzige Quelle für Kunstmarktanalysen dar. Seit dem Jahr 2002 gibt die 1988 gegründete und immer wieder als größte Kunstmesse der Welt bezeichnete TEFAF im niederländischen Maastricht einen jährlichen Bericht über den globalen Kunstmarkt heraus, den »TEFAF Art Market Report«.12 Von 2005 bis 2015 war die irische Ökonomin Clare McAndrew für diesen jährlichen, makroökonomisch ausgerichteten Bericht verantwortlich. 2016 kaufte die Art Basel Clare McAndrew die Rechte für den Kunstmarktbericht ab, so dass die Publikation seitdem als »The Art Basel and UBS Gobal Art Market Report« erscheint.13 Die TEFAF wiederum reagierte auf den Wechsel von McAndrew zur Art Basel, indem sie nun Reports veröffentlicht, die jeweils auf ein einziges Thema spezialisiert sind: 2018 war dies ein Bericht über »Art Dealer Finance«, 2019 zum Thema »The Chinese Art Market Report« und zuletzt wurden im »Art Patronage Report 2020« Kunstfördermöglichkeiten analysiert.14 Weder im Pandemiejahr 2021 noch 2022 erschien von der TEFAF noch einmal ein Bericht. Mit der zunehmenden Bewertung von Kunst als Asset Class finden sich in der gegenwärtigen Presse auch vermehrt Begriffe, die der Finanzwelt und sonstigen Wirtschaftszweigen entnommen wurden. Dazu zählt das Wort »Flipping«, das ursprünglich aus der Immobilienwirtschaft stammt und heute wiederholt im Zusammenhang mit dem Kunsthandel gebraucht wird. Ein Vermögenswert unterliegt dem Flipping, wenn es innerhalb von sehr kurzer Zeit zum Weiterverkauf und zur Gewinnmaximierung kommt. Wird ein Kunstwerk nach kürzester Haltedauer weiterverkauft und erzielt der Verkäufer dabei einen hohen Spekulationsgewinn, so

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wird vermehrt von Kunst-Flipping gesprochen. Allerdings ist noch nicht grundlegend untersucht worden, inwieweit heute Kunst generell oder nur zeitgenössische Kunst schneller wiederverkauft wird als in den Jahrzehnten zuvor.

8.3 Galeristen als Art Consultants und Künstler als Marken Der Begriff »Art Consultant« existiert bereits seit dem 18. Jahrhundert, als damit die Tätigkeit des britischen Kunstexperten Arthur Pond beschrieben wurde, der Echtheitszertifikate ausstellte und die Methode der »hand« des französischen Experten Pierre-Jean Mariette übernommen hatte. Im 19. Jahrhundert traten Akteure wie Samuel Putnam Avery auf, der »inoffiziell« als der führende Kunstberater des von ihm mitbegründeten Metropolitan Museum of Art in New York galt. Wilhelm Valentiner wiederum konnte als einer der ersten modernen »Art Consultant« des 20. Jahrhunderts vorgestellt werden. Seine Vermittlerrolle – insbesondere was den transatlantischen Handel zwischen den USA und Europa betrifft – belegt, inwieweit eine Person, ohne einen eigenen Galerieraum zu führen, als Berater erfolgreich Kunstwerke vermitteln konnte. Ganz im Sinne eines modernen Art Consultant suchte Valentiner für einen exklusiven Interessentenkreis Werke auf dem Markt. Aktuell findet sich geradezu eine Flut von verschiedenen Beratern auf dem internationalen Kunstmarkt. Dies mag mit einem Trend der letzten Jahre in der westlichen Welt zusammenzuhängen, dass man sich für nahezu jeden Lebensbereich einen »Consultant« buchen kann: Ob es um Kinder, Tiere, Nahrungsmittel, Einrichtungen, Gärten, Lernen, Schulen, Universitäten oder Partnerschaften geht, bei jeder Entscheidung im modernen Leben kann man sich von einem Experten beraten lassen. Die Nachfrage nach Art Consultants hängt zweifellos mit der zunehmenden Komplexität unseres modernen Lebens zusammen. Das Angebot an Waren und Dienstleistungen hat eine noch nie zuvor erlebte Quantität erreicht. Beispielsweise bietet ein durchschnittlicher Supermarkt in Deutschland aktuell etwa 40.000 verschiedene Produkte an.15 Dank der erwähnten Datenbanken zu Auktionsergebnissen wie Artprice sowie den von Galerien und Auktionshäusern zunehmend im Internet angebotenen Kunstwerken hat heutzutage ein Kunstinteressent Zugang zu einer unglaublichen Anzahl von Informationen über Künstler, Kunstwerke sowie deren Preise und Verkaufs- bzw. Ausstellungsorte. Ein Art Consultant scheint angesichts dieser Informationsflut eine Orientierung anzubieten. Er soll ein bestimmtes Kunstwerk und dessen Angebotspreis analysieren, um eine Kaufentscheidung zu erleichtern. Eine Kunstinvestition soll einer Aktieninvestition vergleichbar nach bestimmten Kriterien getroffen werden. Sicherlich steht die Entwicklung des Berufsbildes »Art Consultant« auch im Zusammenhang mit weiteren Tendenzen heutiger Lebensentwürfe: der Mobilität und der Schnelllebigkeit bzw. Unverbindlichkeit. Personen und Güter wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten auf eine nie

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zuvor dagewesene Art und Weise um den Globus geschickt. Mitarbeiter von großen Firmen wurden fast täglich an ihre globalen Einsatzorte entsandt, sie lebten geradezu in Flugzeugen und Hotels. Zur Herstellung einfacher Produkte wiederum wurden Zutaten teils Tausende Kilometer weit transportiert – die Skandale um Lebensmittel scheinen bislang ohne weitreichende Konsequenzen zu bleiben. Erinnert sei an verunreinigte Erdbeeren in deutschen Schulessen, die aus China importiert worden waren.16 In diesem Zusammenhang hat auch das Phänomen der Schnelllebigkeit und Unverbindlichkeit in allen möglichen sozialen und ökonomischen Aspekten zugenommen. Da die Komplexität zugenommen und die Übersichtlichkeit abgenommen hat, binden sich Menschen heutzutage selten langfristiger: Weder an einen Partner, noch an einen Arbeitgeber oder eine bestimmte Wohnumgebung. Auch in dieser Hinsicht ist die Frage berechtigt, ob sich der obige Trend in der Haltedauer von Kunstwerken bemerkbar macht. Tauschen heutige Sammler ihre Arbeiten häufiger aus als früher, weil sich ihre privaten, partnerschaftlichen, ökonomischen oder räumlichen Lebensumstände schneller ändern? Die Datenlage ändert sich heutzutage zudem sehr schnell. In diesem Zusammenhang ist es wenig überraschend, dass sich sowohl die Datenbanken als auch die Berater zunehmend spezialisieren und vermehren. Die Quellenangabe des neuesten Reports »The Art Market 2022« umfasst beispielsweise mittlerweile zehn Seiten, die Analyse verwertet mehrere Millionen Dateneinträge aus zahlreichen Quellen (wie die Datenbanken »Artory« oder »AMMA«).17 Die wesentliche Frage für die aktuelle Entwicklung des Berufs Art Consultant bleibt, inwieweit sich der traditionelle Galerist zunehmend als Berater definiert und er dabei seine bisherige Tätigkeit der neuen Situation anpasst. Denn die Galerie als historischer Begegnungs- und Verkaufsort für Kunst hat sich seit der Jahrtausendwende fundamental verändert. Sehr treffend hat dies der britische Kunsthistoriker Philip Hook formuliert: Heutzutage spricht der Galerist selbst oft nicht mehr von seiner »gallery«, sondern vielmehr von seinem »space«:18 Der Verkaufsort ist zu einem möglichst neutralen, vom Konsum befreiten »Raum« mutiert. Auch Begrifflichkeiten wie »verkaufen« und »kaufen« vermeidet der heutige Händler zunehmend, er »platziert« Kunstwerke oder »beschafft« sich eine Arbeit.19 Im Englischen wird der neue Charakter noch offensichtlicher, hier wird von »place« und »source« gesprochen, wobei das Wort »source« auch die Bedeutung »Quelle« hat. Der Galerist betont mit diesem Begriff, dass er direkt an der Quelle der Kunstproduktion agiert, indem er unmittelbar vom Künstler das Werk erhält. Mit dem Begriff des »Platzierens« wird darüber hinaus hervorgehoben, dass der Galerist nicht an den erstbesten Interessenten verkauft, der den Kaufpreis aufbringen kann, sondern dass er mit langfristiger Strategie ein Werk an den für seinen Künstler idealen Sammler oder das passendste Museum vermittelt. Es haben sich jedoch nicht nur die Begrifflichkeiten verändert, auch die Räumlichkeiten und die Bedeutung der wichtigen Akteure des Kunstmarktes unterliegen

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einem neuartigen Trend. Galerieräume, »Spaces«, werden immer größer und beeindruckender. Historisch bedeutende Händler wie Ambroise Vollard stellten Anfang des 20. Jahrhunderts Kunst auf kaum 30 qm Fläche aus, Alfred Schmela im Nachkriegsdeutschland sogar auf nur 10 qm. Einige der heutigen Megagalerien betreiben Räume, die größer sind als die Ausstellungsräume staatlicher Museen. Beispielsweise kann die Pace Gallery ihre Ausstellungen weltweit in zehn Gebäuden mit einer Fläche von mehr als 17.700 qm zeigen, davon nimmt allein ihr 2019 eröffneter Hauptsitz in New York fast 7000 qm ein. Auch der immer wieder als mächtigster Kunsthändler des 21. Jahrhunderts bezeichnete Larry Gagosian kann in seinen 21 Niederlassungen weltweit mehr als 20.000 qm bespielen.20 Zu dieser Entwicklung gehört, dass sich die größten globalen Galerien den Museen gegenüber als ebenbürtige Akteure auf dem Kunstmarkt verstehen. Zahlreiche Ausstellungen, die Pace, Gagosian, Hauser & Wirth oder David Zwirner in New York oder London in den letzten Jahren gezeigt haben, sind auf musealem Niveau. Dazu gehören nicht nur die erwähnten räumlichen Bedingungen, sondern auch die Qualität und Quantität der Exponate. Zu diesen als »Blockbuster« zu bezeichnenden Galerieausstellungen mit Werken von Pablo Picasso, Roy Lichtenstein oder Gerhard Richter erscheinen umfangreiche, aufwendig bebilderte Kataloge mit teils wissenschaftlichen Texten. In einigen Galerien arbeiten Hunderte von Mitarbeitern an Ausstellungen, wie sie im 20. Jahrhundert vorrangig in großen Museen realisiert wurden. Die Vermarktung eines einzelnen Künstlers geschieht hier analog zu der eines Konsumartikels. Als die Gagosian Gallery dem 2011 verstorbenen, US-amerikanischen Künstler Cy Twombly 2019 in London eine umfangreiche Skulpturenausstellung widmete, wurde diese Gelegenheit dazu genutzt, den zweiten und letzten Band des Catalogue Raisonné der Skulpturen der Öffentlichkeit zu präsentieren. Außerdem wurde ein temporärer Pop-up-Shop »Cy Twombly at Gagosian Gallery« in unmittelbarer Nähe zur Galerie eingerichtet, in dem während der Dauer der Galerieausstellung eine große Auswahl an Editionen und Merchandisingprodukten von und über den Künstler angeboten wurde.21 Angesichts dieser Vermarktung können erneut historische Parallelen gezogen werden: zu den »Sensation Pictures« des 19. Jahrhunderts. Auch damals verwertete der frühe Starhändler Ernest Gambart die Werke seines Malerstars Lawrence Alma-Tadema auf vielerlei Wegen: mit Eintrittspreisen für den Ausstellungsbesuch sowie dem Verkauf des Originals, der Grafiken und der Editionen. Im Zuge dieser Entwicklung macht sich weltweit eine weitere Erneuerung auf dem Kunstmarkt bemerkbar, die sich sowohl auf die Künstler als auch auf die Galerien bezieht. Es wird eine Fülle an Werbe- und Informationsmaterial hergestellt, die sowohl in gedruckter als auch in digitaler Form veröffentlicht wird. Künstler drucken selbst Plakate, Karten, Flyer und unterstützen vielfach selbst Katalogproduktionen zu Ausstellungen. Galerien lassen ebenfalls eine große Anzahl an Produkten anfertigen. Neben den Künstlerkatalogen sind es zunehmend eigene Galeriezeitun-

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gen oder -zeitschriften oder Tragetaschen und kleine Mitbringsel wie Stifte, Radiergummis oder Schlüsselanhänger. Digitales Material, das dem Kunstinteressierten auf Webseiten, Viewing Rooms oder bei Online Viewings angeboten wird, ergänzt diese Produkte. Das Angebot an Büchern, Katalogen und Zeitschriften erscheint als ein Mittel, dem Kunden in der heutigen ephemeren Erlebniswelt etwas Haptisches und damit ein dauerhaftes Gut in die Hände zu geben. Zugleich wirkt ein gefülltes Bücherregal zum entsprechenden Künstler wie eine Art Bestätigung für den Sammler, dass die entsprechende Kunst von hoher kunsthistorischer und wissenschaftlicher Qualität ist, was sich wiederum langfristig in steigenden Preisen widerspiegeln könnte. Publikationen zu wenigen bekannten Künstlern alleine wie Picasso, Warhol, Koons oder Richter können mehrere Meter Bücherregale füllen. Wenn zudem Galeriemitarbeiter exklusiven Kunden zu Ausstellungseröffnungen Taschen mit Printund sonstigen Produkten als Geschenke übergeben, erscheinen das Kunstwerk und damit auch der Künstler gleichfalls einem Produkt vergleichbar, das es zu entdecken lohnt. Der Kunstinteressierte, der als potentieller Konsument umworben wird, erhält Material zum »Testen« des Produktes.

8.4 Der Boom der Gegenwartskunst und des Kunsttourismus Ein zweiter wesentlicher Aspekt hängt eng mit der Idee der Kunst als Anlageobjekt zusammen: die Entwicklung der Kunstmessen und des Kunsttourismus. Wie bereits dargelegt, gibt es bereits seit Jahrhunderten Messen, auf denen Kunst zum Kauf angeboten wurde. Die erste nichtkommerzielle Blockbuster-Ausstellung mit Gegenwartskunst, die Armory Show im Jahr 1913, hinterließ in New York und in Europa tiefe Veränderungen im Ausstellungswesen. Auch die in ihrem Umfang und ihrer Dauer neuartige Documenta begründete im Jahr 1955 die beschriebene Entwicklung. Die Idee einer auf Gegenwartskunst spezialisierten Messe bedeutet einen weiteren Schritt in die heutige Zeit. 1967 fand mit dem Kunstmarkt Köln ’67 die erste Messe für Gegenwartskunst im Rheinland statt, die in zweierlei Hinsicht ein Novum bedeutete: 1. Es wurde ausnahmslos Gegenwartskunst gezeigt. 2. Es wurde nur Bildende Kunst wie Gemälde, Grafik oder Skulpturen angeboten (und keine Bücher, Kunstgewerbe, Möbel oder Designobjekte). Damit wurde die Gegenwartskunst, die per se nicht auf eine Provenienz oder auf bekannte Bewertungsgrundlagen zurückgreifen kann, weiter in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Der zeitgenössischen Kunst wurde damit eine deutliche Aufwertung zugesprochen, vergleichbar derjenigen, als Peter Wilson begann, aktuelle, erst wenige Jahre alte Werke zeitgenössischer Künstler zu versteigern. Mit den medial umfangreich vermarkteten Auktionen mit Gegenwartskunst wie bei dem Sammlerpaar Scull wurde in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass man Gegenwartskunst günstig einkaufen und innerhalb von wenigen Jahren teuer verkaufen konnte. Die starken Preissteigerun-

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gen der 1960er und 1970er Jahre für Werke von Andy Warhol, Jasper Johns oder Roy Lichtenstein führten dazu, Kunst zunehmend als Spekulationsobjekt zu betrachten. Relevant ist hierbei besonders, dass die Anfangspreise für noch unbekannte, junge Kunst durchweg günstig sind. Bemerkenswert ist dabei auch, dass die Entwicklung der amerikanischen Kunst in den 1960er und 1970er Jahren stark nach Europa ausstrahlte. Andy Warhol zeigte am eindringlichsten, dass Suppendosen, Waschpulver, Autos und andere Alltagsprodukte Bildgegenstand werden konnten. Andere europäische Künstler taten dasselbe, nur in ihrer eigenen Bildsprache wie z.B. Sigmar Polke, der mit seinen Werken mit Würsten, Computern oder Preisschildern als »Konsumkritiker« in die deutsche Kunstgeschichte einging. In dem Moment, in dem Alltagsgegenstände zum Bildobjekt werden, wird der Zugang zu Kunst deutlich erleichtert. Auch nicht dem Bildungsbürgertum angehörige Kunstinteressierte können ein dergestaltetes Kunstwerk verstehen. Dies soll nicht bedeuten, dass Gegenwartskunst grundsätzlich einen leichteren Zugang bietet, aber der Bildgegenstand auf einem zeitgenössischen Werk ist häufig zugänglicher als auf einem Altmeister, insbesondere dann, wenn das im historischen Kontext Dargestellte aufgrund fehlender religiöser oder literarischer Bildung nicht mehr verstanden werden kann. Nachdem auch in hohen Auflagen produzierte Werke wie beispielsweise Multiples von Joseph Beuys oder Siebdruckeditionen von Andy Warhol innerhalb von wenigen Jahren in ihrem Preis deutlich gestiegen waren, konnten sich zunehmend »Normalverdienende« vorstellen, Kunst nicht nur aus ästhetischen, sondern auch aus finanziellen Gründen zu kaufen. Konsequenterweise wurden die traditionell intransparent gehaltenen Preise immer häufiger veröffentlicht. Auch dieser Prozess begann in den 1960er und 1970er Jahren, als auf dem Kunstmarkt Köln ’67 erstmals alle ausstellenden Galerien die Preise ihrer Kunstwerke veröffentlichen mussten und als Peter Wilson ab 1973 in den Auktionskatalogen von Sotheby’s Schätzpreise publizieren ließ. Infolgedessen konnten nunmehr zahlreiche Besucher der Messe bzw. Empfänger der Auktionskataloge Preise miteinander vergleichen. Dieser Prozess hat sich im 21. Jahrhundert nochmals verändert, da Preise für Kunst nun weltweit und jederzeit digital über Suchmaschinen einsehbar sind. Durch die Digitalisierung im 21. Jahrhundert wiederum können die Preise in Sekundenschnelle und unabhängig von Ort und Zeit miteinander verglichen werden. Wie bei einer Aktie kann der tagesaktuelle »Kurs« eines Kunstwerkes eingesehen werden. Dass sich mit dieser Neubewertung von Kunst auch der Beruf des Galeristen grundsätzlich gewandelt hat, zeigt sich an der hochgradigen Professionalisierung einiger Megagalerien. Die Vermarktung eines bekannten Künstlers ist nicht mehr nur durch eine einzige Person möglich. Auch hier sei ein Vergleich erlaubt: Als Daniel-Henry Kahnweiler Pablo Picasso nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit vertrat, hatte er fast ausschließlich nur mit Louise Leiris zusammengearbeitet. Das Dreiergespann Kahn-

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weiler, Leiris und Picasso organisierte den Verkauf und die Ausstellungen des erfolgreichsten Künstlers des 20. Jahrhunderts. Heutzutage arbeiten nicht selten mehrere hundert Mitarbeiter für einen Galeristen und dessen Künstlerpool – besonders offensichtlich ist dies in den vielen Niederlassungen eines Larry Gagosian, David Zwirner oder Iwan Wirth, bei denen ein Mitarbeiter für nur einen bestimmten Bereich der Vermarktung eines Künstlers zuständig ist. Unter der Leitung der Direktoren für Verkauf, Presse, Veröffentlichungsrecht, Forschung oder Bücher finden sich zahlreiche hierarchisch gestaffelt weitere Mitarbeiter.22 Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Gegenwartskunst als Investitionsgut, das von einem breiteren Publikum gesammelt wird, erscheint es nachvollziehbar, dass aktuell die wichtigsten Galerien vorrangig mit Gegenwartskunst handeln. Da zudem zeitgenössische Kunst in großer Quantität vorhanden ist – jedenfalls im Vergleich zu Altmeistern, die per se in begrenzter Zahl erhalten und verfügbar sind – vergrößern einige wenige Galerien ihren Einfluss und werden teilweise zu Monopolisten. Larry Gagosian ist ein Beispiel für einen höchst einflussreichen Händler, der seit vier Jahrzehnten immer wieder aktuellen Trends folgt und eigene Trends setzt. Gagosian scheint als Händler auch die Vermarktungsund Vertriebswege für Kunst auf eine zuvor nicht dagewesene Weise zu revolutionieren. Dies trifft beispielsweise auf seinen Umgang mit sozialen Medien zu. Auf der Webseite seiner Galerie kann der Besucher auf acht verschiedenen Plattformen Informationen zur Galerie erhalten. Die Galerie informiert regelmäßig u.a. auf Facebook, Twitter oder WeChat über Galeriekünstler, -ausstellungen oder -publikationen.23 Jeder Interessent kann zudem zwischen verschiedenen Newslettern wählen: Es gibt einen wöchentlichen Newsletter, einen Newsletter zum Galeriemagazin »Gagosian Quarterly«, der mittlerweile 2 x im Monat erscheint, wöchentliche »Online Viewing Rooms« und allgemeine monatlich erscheinende »News« zum Gagosian Shop und den »Events«. Zusammengerechnet verschickt die Gagosian Gallery an ihre Abonnenten bis zu 13 Newsletter im Monat. Zu dieser Informationsflut addieren sich noch die zahlreichen Druckerzeugnisse, die ebenfalls digital begleitet werden. Damit treibt die Gagosian Gallery eine Entwicklung zu einem Höhepunkt, die vor mehr als hundert Jahren bei Paul Durand-Ruel, Alfred Flechtheim, Alfred Stieglitz oder Paul Cassirer begann, als diese gleichfalls regelmäßig Galeriezeitschriften herausgaben. Der Webauftritt der Gagosian Gallery zeigt bereits ein wichtiges Ziel des Galeristen: Er will seine Kundschaft dazu anregen, vollends in seine Kunstwelt einzutauchen. Gagosian bietet dieser dazu eine große Anzahl an Informationen, so dass seine Aktivitäten genau verfolgt werden können. An einem Punkt hat Gagosian diesen Gedanken auf die Spitze getrieben. Im Jahr 2012 fand in allen damaligen Niederlassungen der Galerie ein und dieselbe Ausstellung statt: Es wurde eine Auswahl aus der Gemäldeserie »Spot Paintings« von Damien Hirst aus den Jahren 1986 bis 2011 gezeigt. Als Werbeaktion wurde einem Besucher ein Präsent übergeben, wenn die-

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ser alle elf involvierten Galerieräume während der Laufzeit der Ausstellung besucht hat. Der Besucher wird hier direkt zum Kunsttourismus aufgerufen. Die Hirst-Ausstellung wird bei Gagosian zum mehrwöchigen Kunstevent, wenn der Besucher alle ausstellenden Galerien aufsucht, um am Ende ein Geschenk der Galerie als eine Art »Prämie« zu erhalten. Bei einer zweiten Mega-Galerie findet sich eine vergleichbare Marktpräsenz, die jedoch anders gestaltet ist: die Galerie »Hauser & Wirth«, die von den beiden Schweizern Manuela und Iwan Wirth im Jahr 1992 gegründet wurde. Das Ehepaar, das als das Power Couple des 21. Jahrhunderts beschrieben werden kann und insgesamt 18 Galerien weltweit betreibt, unterhält wie Larry Gagosian Galerieräume in den wichtigsten Metropolen der Welt wie New York, London, Zürich und Hong Kong. Zusätzlich dazu zeigt das Ehepaar Wirth jedoch auch an mehreren kleinen, exklusiven Orten Kunst, wie beispielsweise in den saisonal relevanten Schweizer Luxus-Ski-Orten St. Moritz oder Gstaad bzw. auf Menorca oder in Monaco. Darüber hinaus haben sie die von ihnen als »hospitality business« bezeichnete Initiative gegründet, zu der Hotels und Restaurants auf dem Land in England, Schottland und Los Angeles zählen. Das als »Hauser & Wirth Somerset« vermarktete, seit 2014 geöffnete Bauernhaus, das ungefähr 200 km südwestlich von London liegt, ist besonders hervorzuheben, da den Kunden der Galerie hier mehrere Dienstleistungen gleichzeitig angeboten werden. In Somerset findet sich ein Ensemble aus Kunsthalle, Restaurant, Museumsshop und Boutiquewohnungen. Bereits innerhalb des ersten Jahres kamen fast 130.000 Besucher und 100 Schulklassen nach Somerset.24 Eng arbeitet die Galerie mit Schulen und der regionalen Bevölkerung zusammen: »Man kann filzen, korbflechten, etwas über Heilkräuter lernen und seine Kinder in Kunstkurse schicken.«25 Die Integration mit der ländlichen Umgebung scheint erfolgreich zu sein: »Taxifahrer, Anstreicher, Schulkind – fast jeder hier ist jetzt ein bisschen Hauser & Wirth.«26 Käufer können hier ungestört von der Ablenkung durch – in den Großstädten präsente – Konkurrenten in Ruhe Kunst betrachten und erwerben. Die Galerie bietet ihren Besuchern auf dem historischen Bauernhof die Möglichkeit, in dem angeschlossenen Boutique-Hotel zu übernachten, eigene Bio-Produkte zu verköstigen und in direkten Kontakt mit Künstlern zu treten, die hier im Rahmen eines »Artist-in-Residence«-Programm der Galerie für einige Sommerwochen arbeiten. Mit der Idee, sowohl Sammler als auch Künstler außerhalb des klassischen Kunstmarktkontextes zusammentreffen und einen außergewöhnlichen Ort erleben zu lassen, wird ein weiterer Trend im 21. Jahrhundert unterstützt. Da es teilweise eine erheblich größere Nachfrage nach Werken von bestimmten Künstlern gibt, als entsprechende Künstler diese liefern können, wurden immer häufiger sogenannte »Wartelisten« für interessierte Sammler erstellt. Nach bestimmten Kriterien beurteilt, konnte ein Interessent vom Galeristen auf dieser Liste höher oder niedriger positioniert werden, um dann eine neue Arbeit aus dem Künstleratelier angeboten

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zu bekommen. Diese Praxis bedeutete bei äußerst nachgefragten Künstlern, dass ein wichtiges Museum auf der Liste besonders hoch angesiedelt wurde, danach folgten die bedeutenden Großsammler, die teils eigene Privatmuseen betreiben, und am Ende der Liste befanden sich die potentiellen Neukunden eines Künstlers. Auf diese Weise wurden immer wieder Werke verkauft, die noch nicht fertiggestellt waren, d.h. der Sammler wusste nicht, was er eigentlich genau erwarb. Dass diese Listen und diese Verkaufspraxis selbstverständlich immer wieder zu Unstimmigkeit, und sogar zu Rechtsstreitigkeiten führen können, ist verständlich.27 Der Ort Somerset erscheint in dieser Hinsicht als ein Gegenentwurf zu den Wartelisten und zum »blinden« Vorabverkauf von Werken, da eine möglichst große Nähe zwischen dem Käufer und dem Schaffenden hergestellt werden kann. Dank dieser vielfältigen Angebote an den entsprechenden Örtlichkeiten des Anwesens – Restaurant, Hotel, Seminarräume oder Institut – ist Somerset mittlerweile als Kunstzentrum bekannt geworden, in dem trotz der regen Aktivitäten dem eingeladenen Sammler, Künstler oder Kurator mehr exklusive, konzentrierte und ruhige Beschäftigung mit Kunst ermöglicht werden kann als in der Metropole London. Zu Recht kann über »Hauser & Wirth Somerset« gesagt werden, dass es sich um ein »imagepflegendes Entschleunigungs-Statement« handelt, das jedem Interessenten ein scheinbar persönliches und spezialisiertes Angebot bietet. Die folgende Kritik ist gleichfalls berechtigt: »Natürlich ist das Kunstzentrum letztlich eine feudale Konstruktion, eine adrette Oberschichtsfantasie von Rückzug und Ruhe in einer Zeit, in der der Kunsthandel immer mehr einem überhitzten Börsenparkett ähnelt.«28 Mit dieser Kritik wird wiederum der Bezug zu Kunst als Investment hergestellt, zumal »Hauser & Wirth Somerset« als Gegenentwurf zu einer Gagosian Galerie im Zentrum New Yorks und als Symbol eines unaufdringlichen, eleganten Verkaufsstils erscheint. Im 21. Jahrhundert wurde Kunst auf nie zuvor erreichte Weise in der Welt hinund herbewegt genauso wie sich die einzelnen Akteure noch nie zuvor so häufig zu bestimmten Zeitpunkten in verschiedenen Zentren zusammengefunden haben. Dies hängt zunächst mit den technischen und ökonomischen Gegebenheiten zusammen. Dank der Liberalisierung des Flugverkehrs ist der Lufttransport in immer neue Höhen aufgestiegen. Da zudem der Markt der Günstigairlines wie Ryanair und Easyjet insbesondere in Europa florierte, waren Flugreisen in den letzten zwanzig Jahren so günstig wie nie zuvor. Dass der Kunstmarkt hiervon nicht ausgenommen ist, zeigt sich an dem oben erwähnten Kunsttourismus genauso wie an dem Trend des »Messezeitalters« in den ersten zwei Dekaden dieses Jahrhunderts. Wie erwähnt, kam es in den 1960er und 1970er Jahren zu vielen Neugründungen, die unter dem Begriff der »kunstkommerziellen Vereinsbildungen«29 subsumiert werden können. 1961 wird in New York die »Art Dealers Association of America« gegründet, in Köln 1966 der »Verein progressiver deutscher Kunsthändler,« dem 1973 »die Europäische Kunsthändlervereinigung« folgt. Nahezu parallel entstehen zahlreiche Kunstmessen, Biennalen, Triennalen und Quadriennalen. Die Geschich-

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te der Kunstmessen wurde bereits skizziert: Sie beginnt mit dem Kunstmarkt Köln ’67, der zur Gründung der Art Basel und der Internationalen Kunst- und Informationsmesse, beide 1970, führte, und wird fortgesetzt von der Eröffnung der wichtigsten Kunstmesse weltweit im Jahr 1988, der European Fine Art Fair – TEFAF in Maastricht. Bis zum Jahr 2020 fanden in fast jeder Metropole mindestens eine, wenn nicht gar drei oder vier zum Teil parallel verlaufende Kunstmessen statt. Immer häufiger wurden Galeristen de facto zu »Messe-Galeristen«,30 man sprach sogar vom »Zeitalter der Kunstmessen.«31 Im ersten Nachpandemiejahr 2022 finden nach einer zweijährigen Pause wieder gut 20 wichtige Kunstmessen statt, wenngleich der Kalender noch nicht derselbe wie vor der Pandemie ist.32 So fand die TEFAF 2022 im Juni – anstatt wie bis 2020 – im März statt. Gewiss bieten Messen einige Vorteile: So können zahlreiche Werke in relativer räumlicher Nähe und anhand der Originale direkt miteinander verglichen werden, Sammler und Galerist können sich unmittelbar kennenlernen und austauschen. Das Angebot sowie die Persönlichkeit des meist selbst anwesenden Händlers werden dem Publikum zugänglich gemacht. Auch der Kontakt zu den Händlerkollegen intensiviert sich dank dieser internationalen Marktplätze, es kann zu neuen Kooperationen und Vertretungen von Künstlern an verschiedenen Orten kommen, der Binnenhandel zwischen den Galerien erhöht sich maßgeblich. Diesen Vorteilen stehen zugleich wesentliche Nachteile gegenüber. Die zahllosen Reisen können ermüden, die Kosten erhöhen den Verkaufsdruck. Zudem bedarf es einer gewissen Vor- und Nachbearbeitungszeit für Messen, die in den Galeriealltag eingeplant sein muss. Die Einstellung der Händler zu den Messen ist verständlicherweise zwiespältig. Auf der einen Seite wollen viele Galeristen auf den bedeutendsten Messen zugelassen werden, teilweise müssen sie sich mehrere Jahre lang oder gänzlich vergeblich um die Teilnahme an einer der Top-Messen bewerben, um vom Auswahlkomitee zugelassen zu werden. Auf der anderen Seite werden Galeristen auch dazu gedrängt, an weniger bedeutenden kleineren Messen teilzunehmen, um ihnen dann einen Zugang zur Art Basel, Frieze oder TEFAF zu ermöglichen. Nicht selten nehmen dank dieses paradoxen Systems einige Galerien jährlich an mehr als zehn Messen teil. Konsequenterweise können die begehrtesten Künstler einer solchen Galerie nicht genügend Werke anfertigen, um in einem Jahr sowohl eine Einzelausstellung in der Galerie als auch mehrere Messebeteiligungen zu realisieren. Dies führt dann zu den erwähnten Wartelisten von Künstlern. Im Großen und Ganzen hat sich in den letzten Jahren ein eng getakteter Kunst-Kalender entwickelt, in dem die Messen eine zentrale Rolle spielen. Zu den Messeterminen kommen noch die weiteren als unverzichtbar geltenden »Must-Events« der Kunstszene: die Blockbuster-Ausstellungen sowie die Auktionstermine. Zu den ersteren zählen die großen Biennalen, wie die Biennale von Venedig, die seit 1895 alle zwei Jahre stattfindet und damit die älteste Biennale der Welt ist. Die 59. Biennale di Venezia wurde im April 2022 eröffnet, den Kern der

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Ausstellung bildet immer die kuratierte Gruppenausstellung im Arsenale, zu der sich die Einzelpräsentationen in den 80 Pavillons der verschiedenen Länder gesellen.33 Die Biennale fand aufgrund der pandemiebedingten Verschiebung auf das Jahr 2022 zeitgleich mit der vielleicht größten Gegenwartsschau weltweit statt, der 15. Documenta in Kassel. Zu diesen beiden Blockbuster-Ereignissen gesellen sich weitere Veranstaltungen: Allein in Venedig kommen das Musikfestival (seit 1930), das Filmfestival (seit 1932), das Theaterfestival (seit 1934) und die Architekturbiennale (seit 1975) dazu.34 Um sich das immense Wachstum der Veranstaltungsarten Messen, Blockbuster-Ausstellungen, Biennalen und Auktionen besser vorstellen zu können, werden exemplarische Zuwachsraten genannt: Gab es um 1985 acht internationale Biennalen, so waren es zehn Jahre später bereits 49 und im Jahr 2013 sogar zwischen 150 und 200. Ähnliches gilt für Messen mit dem Fokus auf Gegenwartskunst (wozu zahlreiche Messen wie die TEFAF nicht zählen, die auch zeitgenössische Kunst, überwiegend aber ältere Kunst zeigen). Gemäß des »Art Market 2022«-Berichtes gab es 2019 insgesamt 387 Kunstmessen, im Jahr 2000 waren es nur etwa 55. Bis 2019 fanden im Durchschnitt mehr als sieben Messen pro Woche statt.35 Es werden hier noch die Zahlen von 2019 genommen, da sich wie erklärt nach der zweijährigen Pandemie 2022 der Messekalender noch nicht wieder normalisiert hat.36 Zusätzlich zu diesen Terminen für Messen kommen im Kunstkalender noch die Termine für die Vorbesichtigungen und Versteigerungen der bedeutenden Auktionshäuser. Sammler, Galeristen und Händler reisen zu den wichtigen »Evening Sales« in die entsprechenden Kunstmarktzentren New York, London und Hong Kong, meist mindestens zweimal im Jahr (im Frühjahr und im Herbst), zumal die Auktionen häufig von einem umfangreichen Programm begleitet werden. Angesichts der Tatsache, dass eine einzige nichtkommerzielle Ausstellung wie die Documenta, die alle fünf Jahre stattfindet, fast 900.000 Besucher anlockt und jede einzelne der großen Kunstmessen zwischen 60.000 und 80.000 Gäste hat, 37 wird deutlich, wie viele Reisen im 21. Jahrhundert im Namen der Kunst unternommen werden. Angesichts des kontinuierlichen Wachstums in beiden Segmenten – den Biennalen und den Kunstmessen – kann gesagt werden, dass sich die Entwicklung der »biennalization« der 1990er Jahre in eine Bewegung der »fairalization« in den 2010er Jahren verwandelt hat.38

8.5 Die Macht der Auktionshäuser Mit dem Bedeutungszuwachs der Gegenwartskunst eröffnet sich auch den Auktionshäusern ein neuer Bereich, in dem sie neben den Galeristen tätig werden konnten. Innerhalb der letzten Jahre entwickelte sich das Auktionsgeschäft zu einem einflussreichen Wirtschaftszweig mit einigen wenigen Protagonisten. Ihr Anteil am globalen Umsatz mit Kunst beträgt stabil zwischen einem Drittel und

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knapp der Hälfte. Der Jahresumsatz mit Kunst in allen Sektoren – Auktionen, Privat- und Galerieverkäufe – betrug zwischen 2010 und 2021 durchschnittlich etwa 60 Mrd. US-Dollar. Es gab einen deutlichen Rückgang im ersten Pandemiejahr 2020 auf 50,3 Mrd. US-Dollar von 64,4 Mrd. US-Dollar vom Vorjahr 2019, der jedoch schnell wieder 2021 aufgeholt wurde, als 65,1 Mrd. US-Dollar erzielt wurden. Der Rückgang durch die Pandemie ist dabei deutlich geringer ausgefallen als durch die globale Finanzkrise 2008/2009, als der jährliche Umsatz 2009 nur mehr 39,5 Mrd. US-Dollar betragen hat. Der Anteil der öffentlichen Auktionen mit Kunst an diesen Jahresumsätzen betrug 2019 39 % (25,4 Mrd. US-Dollar), 2020 35 % (17,9 Mrd. US-Dollar) und 2021 40 % (26,3 Mrd. US-Dollar). Dabei teilt sich der Auktionsmarkt auf nur wenige Häuser auf. 2021 erzielten zwei Häuser – Christie’s und Sotheby’s – zusammen mehr als die Hälfte des globalen jährlichen Auktionsumsatzes mit Kunst in Höhe von 26,3 Mrd. US-Dollar: Sotheby’s hatte einen Umsatz von 7,3 Mrd. US-Dollar, was auch den höchsten Umsatz in der Firmengeschichte seit 1744 bedeutete, Christie’s von 7,1 Mrd. US-Dollar.39 Überraschenderweise erreichten zwei weitere westliche Häuser im Jahr 2021 Umsätze von mehr als einer Milliarde US-Dollar: Heritage Auction of Dallas versteigerte Kunst in Höhe von 1,4 Mrd. US-Dollar, Phillips von 1,2 Mrd. US-Dollar. Auf den dritten Platz kam das chinesische Auktionshaus Poly Auction mit einem Umsatz von 1,8 Mrd. US-Dollar. Sein chinesischer Konkurrent China Guardian konnte Kunst für etwa 923 Mio. US-Dollar verkaufen. Diese Zahlen bestätigen die Rangliste der Häuser vor Beginn der Pandemie, als die beiden chinesischen Häuser China Guardian und Poly Auction auf den Rängen 3 und 4 der weltweit umsatzstärksten Auktionshäuser standen. Sie erreichten in kurzer Zeit diese bedeutenden Plätze auf der weltweiten Rangliste und konkurrieren mit wesentlich traditionsreicheren Häusern wie Christie’s (1766), Sotheby’s (1744), Phillips (seit 1796), Bonhams (1793), dem Dorotheum (1707) oder Ketterer Kunst (1954). Die beiden so unterschiedlichen Unternehmen aus China lassen sich wie folgt charakterisieren. Poly Auction gehört zur größeren »China Poly Group Corporation«, einem mehr als 100 weitere Firmen umfassenden Staatsbetrieb, der vorrangig für die Verteidigungsindustrie Chinas verantwortlich ist.40 Begonnen hatte das Staatsunternehmen 1984 mit dem Verkauf von Waffen für die chinesische Volksbefreiungsarmee. In den 1980er Jahren begann das Unternehmen, die Gewinne aus dem Waffengeschäft in andere Wirtschaftszweige wie Hotels und Immobilien zu investieren. 1999 fand eine Öffnung hin zum Kulturbereich statt, als die China Poly Group Corporation in Peking das Poly Museum eröffnete, in dem bedeutende nationale Kulturgüter Chinas ausgestellt werden.41 Der Einstieg in den Kunsthandel folgte wenige Jahre später, als 2005 das Auktionshaus Poly Auction gegründet wurde. Der Teil der »Auction« ist dabei selbst wiederum in den größeren Verbund »Poly Culture & Arts Co. Ltd.« eingegliedert, zu dem weitere Firmen des kulturellen Lebens gehören, die z.B. Theater betreiben oder chinesische Antiken verwalten. Als Staatsunternehmen genoss Poly Auction von Anfang an ein hohes Anse-

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hen bei nationalen Kunden.42 Bis heute gehört das Auktionshaus mehrheitlich der Volksrepublik China. Neben dem Vertrauensvorsprung bei seinen Landsleuten kann Poly Auction zudem aufgrund seiner engen Beziehungen zur chinesischen Regierung Kulturgüter leichter im- und exportieren.43 Diese Vorteile beschleunigten das rasante Wachstum des Auktionshauses, so dass es innerhalb kurzer Zeit den bereits 1993 gegründeten Konkurrenten im eigenen Land, China Guardian, immer wieder von seiner Führungsposition verdrängen konnte. China Guardian hat eine vollkommen andere Struktur. Es ist das älteste Kunstauktionshaus Chinas, das heute noch existiert. 1993 wurde es von Chen Dongsheng (*1957) gegründet, der wie die Gründer von Poly Auction ebenfalls mit einflussreichen Politikern Chinas verbunden ist, so ist er mit einer Enkelin von Mao Zedong verheiratet.44 Chen hatte sich für sein Unternehmen Sotheby’s als Vorbild genommen. Mit einer Kamera filmte er den Ablauf einer Sotheby’s-Auktion in Hong Kong, um Details festzuhalten, von denen er sich für seine Firma zahlreiche Anregungen erhoffte.45 Bis Mitte der 2000er Jahre war China Guardian das führende Auktionshaus Chinas. Bereits 1996 hatte der Unternehmer das Versicherungsunternehmen »Taiking Life Insurance Co.« gegründet. 2016 kaufte China Guardian 24 % Aktienanteile an der Versicherungsfirma Taiking Life, zeitgleich wurde diese zu 13,5 % Miteigentümer von Sotheby’s.46 Über seine Versicherungsfirma wurde China Guardian damit Miteigentümer von Sotheby’s, das 2019 von dem französischen Medienunternehmer Patrick Drahi gekauft und von der Börse genommen wurde. Seitdem ist keine Beteiligung Chen Dongshengs an Sotheby’s mehr bekannt. Mit der Vorstellung der beiden großen chinesischen Auktionshäuser wird auch auf eine Verschiebung der weltweiten Marktanteile verwiesen. Drei Länder teilen sich seit Jahren den Markt untereinander auf: die USA, China und UK. Die USA halten seit 2012 ungefähr 40 %, China und UK jeweils etwa 20 % am globalen Umsatz mit Kunst. Der Rest verteilt sich auf mehrere Länder wie Frankreich, Deutschland, Schweiz und Italien. Kontinuierlich steigen die Umsätze, die mit chinesischen Künstlern erwirtschaftet wird. Im aktuellen Marktreport von 2021 stammen drei der zwanzig umsatzstärksten Künstler aus China.47 Zhang Daqian, Zao Wou-Ki und Qi Baishi sind die Pablo Picassos, Andy Warhols und Cy Twomblys aus China. Diese Zahlen überraschen, da China erst seit wenigen Jahren in den globalen Kunstmarkt aufgestiegen ist, während es in den UK mit den beiden im 18. Jahrhundert gegründeten Häusern Christie’s und Sotheby’s als Vorreiter bereits seit mehr als 200 Jahren einen florierenden Kunstmarkt gibt. Dies hängt vielleicht mit dem großen Nachholbedarf Chinas zusammen, mittels Kunst die eigene Identität zu finden. China hat innerhalb der letzten hundert Jahre eine radikale Verwandlung erlebt, die in den vergangenen zwanzig Jahren weiter an Dynamik gewonnen hat. Mittlerweile ist das Land führend in der Digitalisierung der Gesellschaft. Hier scheint die Kunst als authentizitätsbildendes, greifbares Objekt eine hohe Bedeutung zu haben. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass es in den vergangenen Jahren in China zu zahlrei-

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chen Museumsneugründungen durch Privatpersonen gekommen ist. Schätzungen gehen davon aus, dass von den etwa aktuell 5000 Museen in China 1500 Museen in Privatbesitz sind.48 Aus den vielen kleineren und mittleren musealen Neugründungen im Reich der Mitte sticht das Ehepaar Liu Yiqian (*1963) und Wang Wei (*1963) hervor, das ähnlich wie das deutsche Sammlerpaar Irene und Peter Ludwig mehrere Museen gegründet hat. Die unter dem Namen »Long Museum« privat geführten, großzügigen Räume befinden sich in den chinesischen Metropolen Schanghai und Chongqing und zählen zu den größten Privatmuseen Chinas.49 Seit 1993 sammeln Liu und Wang chinesische und westliche Kunst mit einem Fokus auf die Gegenwart. Die Weltrekordpreise, die beide für Kunst bezahlen, zogen im Westen große Aufmerksamkeit auf sich. In einem Interview spricht Liu davon, dass seine Museen eine Lücke im kulturellen Leben Chinas füllen sollen50 – auch hier findet sich eine grundlegende Parallele zu den Initiativen der rheinischen Ludwigs, die in den 1980er und 1990er Jahren ebenfalls Lücken in den Sammlungsbeständen der öffentlichen Institutionen schlossen. Nach westlichen Schätzungen ist die chinesische Sammlerschaft überwiegend jung. Bei Sotheby’s heißt es: »23 Prozent der chinesischen Kunstkäufer auf Auktionen sind jünger als 40 Jahre, wie das seit 1973 in Hong Kong aktive Auktionshaus Sotheby’s kürzlich registrierte.«51 Der Wille der jungen Sammlergeneration, die eigene chinesische Kunst im Ausland bekannt zu machen, zeigt sich beispielsweise an Adrian Cheng (*1979), der der designierte Erbe der Firma »New World Development Company« ist, einem milliardenschweren Konglomerat von Immobilien, Warenhäusern, Hotels und Dienstleistungsunternehmen in Hong Kong. Cheng gründete im Jahr 2010 die Plattform »K11 Art Foundation«, deren erklärtes Ziel es ist, chinesische Künstler in internationale Museen zu bringen.52 Adrian Cheng kooperiert mit zahlreichen renommierten internationalen Museen: der Royal Academy of Arts, den Serpentine Galleries und dem Institute of Contemporary Arts in London, dem Centre Pompidou, Palais de Tokyo und Musée Marmottan Monet in Paris, der Fundació Gala-Salvador Dalí an verschiedenen Standorten in Spanien und dem New Museum, Museum of Modern Art sowie MoMA PS1 in New York.53 Chinesische Sammler gehen wie westliche Kunstbegeisterte davon aus, dass mit zeitgenössischer Kunst mehr Geld verdient werden kann als mit alter Kunst. Die Preise für Werke junger, noch relativ unbekannter Künstler sind anfangs relativ niedrig, der Käufer kann mit dem Künstler direkt in Kontakt treten und über diesen sowie dessen Galeristen die Karriere eventuell mitbeeinflussen. Fälschungen oder problematische Provenienzen sind nahezu ausgeschlossen. Darüber hinaus können nur lebende Künstler neue Exponate für die zahllosen Biennalen, Auktionen und Messen liefern. Diese unterschiedlichen Gründe führten dazu, dass es im 21. Jahrhundert zu einem »Hype« um Nachkriegs- und Gegenwartskunst kam. Ein aktuelles Beispiel ist die Versteigerung des Porträts »Shot Sage Blue Marilyn« aus dem Jahr 1964 von Andy Warhol, das im Mai 2022 von Christie’s New York für fast

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200 Mio. US-Dollar versteigert wurde.54 Das ist der höchste Preis für ein Werk des 20. Jahrhunderts und der zweithöchste Preis für ein Kunstwerk, das auf einer Auktion erzielt wurde – nur der »Salvator Mundi« von Leonardo Da Vinci wurde teurer verkauft, gleichfalls von Christie’s New York im Jahr 2017 für 450 Mio. US-Dollar.55 Eine der Gründe für den hohen Verkaufserlös von Warhols Marilyn-Porträt liegt in der Provenienz. Der Verkäufer ist die »Thomas und Doris Amman Foundation Zürich«, das Geschwisterpaar zählte zu den wichtigsten Kunsthändlern in der Schweiz. Das Porträt befand sich seit dem Ankauf durch die Galerie Amman in den frühen 1980er Jahren in deren Besitz. Dieser Rekordpreis ist nur mehr ein weiterer Beleg dafür, wie wertvoll eine hervorragende Provenienz eines Kunstwerkes von einem verstorbenen Künstler in der jetzigen Zeit sein kann. Da bisher lediglich für das Vorjahr 2021 alle Auktionsergebnisse vorliegen, kann für das Jahr 2022 nur geschätzt werden, dass auch in dem Jahr der Bereich der Nachkriegs- und Gegenwartskunst den Hauptanteil am Umsatz mit Bildender Kunst ausmachen wird. Von den 26,3 Mrd. US-Dollar Umsatz auf Kunstauktionen fielen im Jahr 2021 etwa 12 Mrd. US-Dollar auf Werke der Bildenden Kunst, der Rest teilt sich auf in dekorative und antike Kunst – gemäß den Berechnungen von Clare McAndrew für den Kunstmarktbericht der Art Basel.56 Artprice kommt sogar auf einen Gesamtumsatz von 17,1 Mrd. US-Dollar für Werke der Bildenden Kunst.57 Wenngleich sich die Anteile der Nachkriegskunst an den Gesamtverkäufen in den beiden Berichten nicht unerheblich unterscheiden – der Art Basel-Bericht errechnet einen Anteil von 55 % der Nachkriegskunst am Umsatz für Bildende Kunst, Artprice kommt auf einen Anteil von 43 % – so sind sich beide Berichte darin einig, dass die Kunstwerke, die nach 1945 entstanden sind, den größten Verkaufsanteil innehaben.58 Der Art Basel-Bericht detailliert seine Berechnungen noch dahingehend, dass im Jahr 2021 Kunst, die erst in den letzten zwei Jahrzehnten entstanden ist, im Wert von 2,5 Mrd. US-Dollar verkauft worden sei. Ein weiterer Trend zeichnet sich in beiden Berichten ab: Der Anteil der Private Sales am Gesamtumsatz von Auktionshäusern stabilisiert sich auf hohem Niveau. Christie’s erwirtschaftete im Jahr 2021 mit Private Sales 1,7 Mrd. US-Dollar, sein Konkurrent Sotheby’s 1,3 Mrd. US-Dollar.59 Beide Firmen dringen immer weiter in das ureigene Geschäft von Händlern und Galeristen vor. Diese Entwicklung ist relativ neu und begann kurz vor der Jahrtausendwende, als Sotheby’s 1990 gemeinsam mit dem New Yorker Händler William Acquavella die Galerie »Acquavella Modern Art« gründete und sie den Bestand der Pierre Matisse Gallery aufkauften. Das Inventar von Henri Matisses Sohn umfasste mehr als 2300 Werke u.a. von Miró, Dubuffet und Chagall und wurde innerhalb der folgenden Jahre erfolgreich verkauft.60 1996 folgte der Ankauf der »André Emmerich Gallery« durch Sotheby’s, ein Jahr später erwarb das Haus die Hälfte von »Deitch Projects«.61 Allerdings erfüllten die beiden letzten Investitionen nicht die Erwartungen, 1998 wurde die André Emmerich Gallery geschlossen, 1999 die Anteile an den Deitch Projects verkauft.62 Eine weitere

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Expansion in das Privatgeschäft folgte im Jahr 2006, als Sotheby’s die niederländische Kunsthandlung »Noortman Master Paintings« erwarb.63 Die Altmeisterhandlung wurde ebenfalls nur kurze Zeit von Sotheby’s gehalten und Ende 2013 komplett geschlossen bzw. aufgelöst.64 Kurz zuvor im Jahr 2011 hatte Sotheby’s eine andere Strategie gewählt, um offensiver mit seinem Privatkundengeschäft zu werben, indem die Firma eine eigene Galerie, den Raum »S/2«, in New York eröffnete. Der auch als »Gallery« bezeichnete Raum »S/2« gegenüber dem Hauptsitz ist seitdem nur für Ausstellungen bestimmt, in denen Werke in »Private Sales« angeboten werden. Dort finden keine Vorbesichtigungen zu Auktionen oder Versteigerungen statt. Mittlerweile hat Sotheby’s vier solcher Galerieräume in New York, East Hampton, London und Hong Kong eröffnet.65 Die Investitionen in den Private Sales-Bereich scheinen sich gelohnt zu haben, der Umsatz dieses Bereiches steigerte sich im Jahr 2021 wie erwähnt auf 1,3 Mrd. US-Dollar, er macht damit fast ein Fünftel des Jahresumsatzes des Hauses in Höhe von 7,3 Mrd. US-Dollar aus.66 Dass der Drang in das Privatgeschäft weiter besteht, zeigt sich auch daran, dass Sotheby’s 2016 die Beratungsfirma »Art Agency Partners« für fünfzig Mio. Dollar erworben hat.67 Auch bei seinem Konkurrenten Christie’s ist eine vergleichbare Verlagerung in Richtung Privatgeschäft zu erkennen. 1993 kaufte Christie’s die Londoner Galerie »Spink & Sons«, die sich auf den Verkauf von Sammlerstücken wie Münzen, Banknoten, Aktien und Briefmarken spezialisiert hatte und stark auf dem asiatischen Markt agierte.68 Drei Jahre später kaufte Christie’s in New York ein Stadthaus, das als separate Galerieeinheit betrieben wurde.69 Bereits im Jahr 2001 wurden die Räume wieder aufgegeben und der »Private Sales«-Bereich in den Hauptsitz im Rockefeller Center verlegt.70 2007 wurde mit dem Ankauf der Galerie »Haunch of Venison« ein Tabubruch vollzogen, da hierüber der direkte Eingriff eines Auktionshauses in den Primärmarkt vollzogen wurde. Über »Haunch of Venison« als Primärmarktgalerie hatte Christie’s Zugriff auf die Ateliers einiger zeitgenössischer Künstler erhalten. Allerdings wurde die Zusammenarbeit nach sechs Jahre beendet.71 In der Begründung der Geschäftsaufgabe wurde von Christie’s besonders darauf verwiesen, wie stark der »Private Sales«Bereich innerhalb der letzten Jahre gewachsen sei. Der Umsatz betrug 2021 wie erwähnt 1,7 Mrd. US-Dollar, was bei dem Gesamtumsatz von 7,1 Mrd. US-Dollar einen Anteil von gut 23 % ausmacht.72 Diese Zahlen verweisen darauf, dass es in den letzten zwei Jahrzehnten zu starken Verschiebungen im Kunstmarkt gekommen ist. Die Auktionshäuser nehmen erstens einen immer größeren Anteil am Kunstmarkt allgemein ein, zweitens besetzen sie mit dem Angebot von Gegenwartskunst und dem Ausbau des Private Sales-Geschäftes immer mehr Marktanteile der Kunsthändler und Galeristen sowohl auf dem Primär- als auch auf dem Sekundärmarkt. Auktionshäuser sind daher auch zu deren Konkurrenten geworden.

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8.6 Neue Gesetze und Vorschriften: Das Ende des Booms? Der in vielerlei Hinsicht boomende, globale Kunstmarkt erlebte bereits vor der Pandemie im Jahr 2020 eine deutliche Verlangsamung des Wachstums. Dies hängt maßgeblich mit den veränderten Rahmenbedingungen der Gesetzeslage in einigen Ländern, allen voran in Deutschland und Großbritannien zusammen. In vielen Ländern kam es in den letzten zehn Jahren zu erheblichen regulatorischen Eingriffen in den Handel, die politisch motiviert waren. So trat in Deutschland im August 2016 eine aktualisierte Fassung des bis dahin geltenden Kulturgutschutzgesetzes in Kraft. Eine erste Regelung bestimmter Ausfuhrbeschränkungen von Kulturgütern gab es in Deutschland bereits seit 1919, von 1955 bis 2016 galt das »Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung«. Dahinter steht die Idee, dass jedes Bundesland ein eigenes Verzeichnis für national wertvolle Kulturgüter führt, in das Werke eingetragen werden, die vor einer Abwanderung aus Deutschland geschützt werden sollen. Sichtet man beispielsweise das Verzeichnis für das Bundesland Berlin, so finden sich hier offenkundig bedeutende Werke wie Max Liebermanns frühes Gemälde »Kleinkinderschule in Amsterdam« von 1880.73 Andere Werke erscheinen zumindest »regional«, wenn nicht auch »national« bedeutsam wie Eduard Gaertners »Ansicht Berlins vom Dach der Werderschen Kirche« von 1834.74 Allerdings finden sich in dem Register auch Objekte, bei denen sich kaum eine regional oder gar national wichtige Rolle feststellen lässt wie die Papierarbeit »Große Frau im schwarzen Kleid« von Ernst Ludwig Kirchner (um 1908).75 Dies verdeutlicht die Schwierigkeit zu definieren, welche Kunstgegenstände von herausgehobener, nationaler und identitätsstiftender Bedeutung für die deutsche Kultur sind. Grundsätzlich gilt seit 2016 das aktualisierte Gesetz, demzufolge die nationale Bedeutung von Werken möglichst objektiv überprüft werden soll, sofern bestimmte Altersund Wertgrenzen überschritten werden. Gemäß der Übersicht dieser Alters- und Wertgrenzen für die Ausfuhr von Kulturgut nach § 24 des Kulturgutschutzgesetzes sind »Bilder und Gemälde, die nicht dem Urheber gehören« zu überprüfen, die bezogen auf die Ausfuhr aus dem EU-Binnenmarkt älter als 50 Jahre sind und mehr als 150.000 EUR Wert haben bzw. in Hinsicht auf eine Ausfuhr aus Deutschland innerhalb der EU älter als 75 Jahre sind und mehr als 300.000 EUR wert sind.76 Was bei dieser Regelung auffällt, ist die Tatsache, dass Deutschland trotz seiner EU-Mitgliedschaft keinen freien Handelsverkehr mit anderen EU-Staaten mehr ermöglicht. Eine Konsequenz der Neufassung des Gesetzes ist daher, dass der bisherige unkomplizierte Warenverkehr mit Kunstwerken innerhalb des europäischen Binnenmarktes beschränkt wurde.77 Historisch bedingt gab es immer wieder Kritik an der Abwanderung von nationalem Kulturgut ins Ausland. Länder wie Italien erließen früh entsprechende Ausfuhrverbote – im Jahr 1820 wurde dort das »Edikt Pacca« verabschiedet, das sich als Erweiterung und Abschwächung des 1802 verabschiedeten »Edikt Doria-Pamphi-

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li« verstand, welches ein striktes Exportverbot von Antiken aus der Stadt Rom und dem Vatikan bedeutete.78 Damit wurden bereits vor 200 Jahren zwei Ziele formuliert, die auch für das deutsche Kulturgutschutzgesetz gelten: 1. Die Regierung will eine Abwanderung von für das eigene Land wertvollen Kulturgütern verhindern. 2. Der Staat zielt auf eine Inventarisierung von Privatsammlungen ab, um für weitere zukünftige Zwecke wie Steuerberechnungen eine Grundlage zu erhalten. In dem aktuellen deutschen Gesetz ist eine Vorgabe für eine weitere Rechtsangelegenheit integriert, deren Bedeutung auch in anderen Ländern stetig zunimmt: der Handel mit Raubkunst im Zusammenhang mit Geldwäsche. Daher wurde bereits ein Jahr nach dem Inkrafttreten des aktualisierten Kulturgutschutzgesetzes in Deutschland das »Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten« – kurz »Geldwäschegesetz« – erlassen, mit dem Ziel, illegal erwirtschaftetes Geld aus Drogen-, Raubkunst-, Menschen-, Waffenhandel oder Steuerhinterziehung zu lokalisieren und das weitere Verbleiben in der legalen Wirtschaft zu verhindern. Seit 2017 nimmt das Gesetz jedoch nicht mehr nur Banken, Versicherungen, Anwälte, Makler und Steuerberater in die Pflicht, sondern auch alle »Personen, die gewerblich mit Gütern handeln«, sprich auch Kunsthändler und Auktionshäuser.79 Die wichtigste Änderung besteht darin, dass der potentielle Kunde – der Sammler und damit im juristischen Sinn der Vertragspartner – einer hinreichenden Prüfung unterzogen werden muss, bevor es zum Verkauf eines Kunstwerkes kommt. Die Identität des Sammlers muss vor dem Verkaufsabschluss überprüft werden.80 Zudem gilt die Grenze, ab der diese Überprüfung stattfinden muss, nicht mehr nur für Barzahlungen ab 10.000 EUR, sondern für sämtliche Verkäufe ab dieser Höhe, unabhängig davon, ob diese z.B. mit Kreditkarte oder per Überweisung erfolgen. In der Praxis bedeutet dies, dass die Ausweise von Kaufinteressenten gesichtet, kopiert und für fünf Jahre aufbewahrt werden müssen. Insbesondere bei größeren Auktionen bedeutet dies einen hohen bürokratischen Aufwand, da der Händler vor der Versteigerung nicht wissen kann, wer den Zuschlag erhalten wird und er de facto von jedem Teilnehmer an der Auktion die Ausweise registrieren muss. Auch Verkäufe an Unternehmen werden aufwendiger, da das entsprechende Handels- oder Transparenzregister eingesehen werden muss, um den verantwortlichen Gesellschafter bzw. wirtschaftlich Berechtigten zu ermitteln. Der Kunsthändler bzw. Auktionator wird durch das Gesetz zusätzlich dazu verpflichtet, »die Geschäftsbeziehung mit der gebotenen Sorgfalt auf das Geldwäscherisiko« zu durchleuchten.81 Er muss also, bevor es überhaupt zu einem Verkauf eines Kunstwerks im Wert von mehr als 10.000 EUR kommt, den Kunden sowie dessen Verdienstquellen analysieren und bei Verdacht die Daten der Financial Intelligence Unit (FIU) in Köln im Rahmen seiner »Verdachtsmeldepflicht« angeben.82 Die beiden neuen Gesetze – das Kulturgutschutzgesetz sowie das Geldwäschegesetz – führten dazu, dass sich der Kunstmarkt bei immer komplexeren, bürokratischeren Bedingungen der neuen Situation anpassen musste. Im geschäftlichen Alltag bedeutet die aktuelle Gesetzeslage, dass Galerist und Kunde sich als

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potentielle Vertragspartner bereits vor einem möglichen Verkauf gegenseitig überprüfen und sie sich über das angebotene Exponat eingehend informieren müssen. Der Verkäufer muss die Identität des Sammlers vorab prüfen, indem er dessen Ausweis kopiert; er kennt dann dessen Alter, Wohn- und Geburtsort sowie seinen vollständigen Namen. Darüber hinaus muss der Galerist die Herkunft der Bezahlung für ein Kunstwerk bewerten und als unverdächtig einstufen. Auch das zu verkaufende Oeuvre muss ausreichend untersucht und unter dem Aspekt der möglichen nationalen Bedeutung analysiert werden. Bei Verdacht soll der zuständige Sachverständigenrat zu Hilfe gerufen werden, um dem potentiellen Käufer einen Verkauf mit Exportgenehmigung anbieten zu können. Im Juni 2021 wurde die Bundesregierung von der FDP-Fraktion zur Wirkung des Kulturgutschutzgesetzes befragt. Deren Antwort ist der aktuellste Kommentar zu Konsequenzen des aktualisierten Gesetzes: »Nach Inkrafttreten des Kulturgutschutzgesetzes im August 2016 sind 14 Eintragungen in ein Landesverzeichnis national wertvollen Kulturgutes vorgenommen worden. […] Nach Angaben der Bundesregierung kam es seit Inkrafttreten des Kulturgutschutzgesetzes bis Ende Juni 2020 zu 61 Sicherstellungen infolge einer verbotswidrigen Ein- oder Ausfuhr von Kulturgütern.«83 2019 wurden vom Kulturstaatsministerium einige Zahlen veröffentlicht, die besagen, dass es zwischen Mitte 2016 und Anfang 2019 jährlich zu »950 Verfahren mit Kunstgütern für den EU-Binnenmarkt sowie 1200 für die Ausfuhr in Drittstaaten« gekommen sei.84 Was in beiden Kommentaren fehlt, ist ein Gesamtüberblick über den deutschen Kunstmarkt der Jahre vor und nach dem Inkrafttreten des Gesetzes. Denn einige Händler haben auf die Veränderungen vorausschauend reagiert, indem sie entweder Niederlassungen im Ausland gegründet, Kunstlager angemietet oder ihr Deutschlandgeschäft verändert haben – indem sie hier verstärkt zeitgenössische Kunst anboten. Eine tiefgreifende Analyse der Auswirkungen der deutschen Gesetzgebung ist letztlich wesentlich komplexer, als es die wenigen Zahlen von staatlicher Seite vermitteln können. Auch in anderen Ländern kam es zu vergleichbar einschränkenden Gesetzgebungen wie z.B. in Großbritannien, wo im Januar 2020 ein besonders striktes Gesetz gegen Geldwäsche in Kraft getreten ist. Der Galerist, Händler oder Auktionator muss sich bei Kunstverkäufen über 10.000 EUR sicher sein, wer genau sein Kunde ist und bei Verdacht auch überprüfen, woher die Finanzierung für den Ankauf generiert wird. Interessant ist, dass diese Prüfung nicht nur bei vollzogenem Handel, sondern auch im Vorhinein bei einer »möglichen« Kooperation durchgeführt werden muss.85 Diese Regelung gilt überdies auch für Händler, die von außerhalb Großbritanniens einreisen und hier beispielsweise im Rahmen einer Kunstmesse ihre Werke anbieten und verkaufen.86 Auch das Kulturgutschutzgesetz in Großbritannien blickt wie in Deutschland auf eine lange Historie zurück. Es hat seinen Ursprung im »Ancient Monuments Protection Act« aus dem Jahr 1882,87 seit 2000 wurde es mehrfach aktualisiert.88 Im sogenannten »Export Control Act« wird bestimmt,

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dass es »ein generelles Ausfuhrverbot mit Genehmigungsvorbehalt für Objekte von kulturellem Interesse [gibt], die mehr als 50 Jahre vor dem Datum der Ausfuhr hergestellt wurden«.89 Der große Unterschied zwischen dem deutschen und dem britischen Kulturgutschutzgesetz besteht allerdings darin, dass in Großbritannien eine Ausfuhrgenehmigung von der entsprechenden Behörde erteilt werden muss, »wenn die Länder das gelistete respektive national wertvolle Kulturgut nicht zu einem fair market value ankaufen« können.90 Dies bedeutet, dass ein Kunstwerk auf dem freien Markt angeboten und auch zu einem dort erzielten Preis verkauft werden kann. Danach wird von der staatlichen Seite über einen möglichen Export entschieden: Entweder das Exponat unterliegt keinem Exportverbot und der Käufer kann das Werk frei transportieren, oder aber es gibt ein solches Verbot und der Staat kauft es selbst zu dem auf dem freien Markt ausgehandelten Preis (»fair market price«) an, so dass das Werk im Land verbleiben kann. Falls der Staat den Kaufpreis nicht innerhalb eines festgesetzten Zeitraumes aufbringen kann, kann der Verkäufer das Werk frei an einen Dritten verkaufen und auch exportieren. In Deutschland gibt es dem entgegengesetzt keine Verpflichtung des Staates, das Werk zu einem fairen Marktpreis anzukaufen, der Eigentümer kann nur bei der Landesbehörde anfragen.91 Der Blick auf die aktuelle Gesetzgebung zeigt, inwiefern es insbesondere seit der Jahrtausendwende zu einer hohen Komplexität der rechtlichen Rahmenbedingungen für den Kunsthandel gekommen ist. Dementsprechend haben sich auch die Geschäftspraktiken zwischen Sammler, Galerist und Käufer grundlegend geändert. Bereits vor dem möglichen Verkauf eines hochpreisigen Kunstwerkes wird häufig ein Vertrag oder eine Vereinbarung schriftlich formuliert und ausgetauscht. Ein neuer Kunde muss sich häufig nicht nur im Rahmen des Geldwäschegesetzes ausweisen, sondern auch zusätzlich ein »POF« und »LOI« vorlegen. Beides sind Begriffe aus der Wirtschaft. Unter »POF« (»Proof of funds«) versteht man ein Dokument, aus dem ersichtlich wird, dass und wie man den Kaufpreis aufbringen kann. Die Finanzierung des Kaufpreises soll legitim, legal und auch kurzfristig verfügbar sein. Unter »LOI« (»Letter of Intent«) wird ein Brief verstanden, in dem die wichtigsten Bedingungen für einen Handel vorab festgehalten werden, zu denen ein möglicher Verkauf realisiert werden soll. Damit drückt häufig die Käuferseite seinen klaren Wunsch der Kooperation aus. Der LOI hat sich mittlerweile zu einem umfangreichen Dokument entwickelt, in dem nicht nur die Verkaufskonditionen benannt werden, sondern auch die des »Viewing« – mit dem Viewing wird das Betrachten des Originals durch den Interessenten bezeichnet. Gerade wenn ein Kunde zur Besichtigung eigens anreist, möchte dieser regeln, wo, wann und vor allem wie er das Werk ansehen kann. Es wird vorab festgehalten, wer anwesend sein wird – ein Mitarbeiter der Galerie, des Auktionshauses oder des Kunstlagers, ein Restaurator oder ein Art Consultant. Falls nach dem Viewing der Kauf vollzogen werden soll, kann die Rechnung mit den vorab festgehaltenen Bedingungen gestellt werden. Falls kein Handel zustande kommt, ist klar geregelt, wer den Transport und

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die sonstigen durch das Viewing entstandenen Kosten wie Lagerung, Transport oder Personal trägt. In den letzten Jahren haben sich im Galeriegeschäft weitere nicht offiziell formulierte Regeln gebildet, die den Handel beschränken können. Dazu zählt die Selektion des Interessenten durch den Galeristen, der für besonders begehrte Werke einiger Künstler Wartelisten führt. Der Galerist bestimmt maßgeblich, an wen ein Werk verkauft wird. Er entscheidet, inwieweit der Käufer die Karriere des Künstlers zukünftig unterstützen oder auch behindern kann. So kann eine soziale Kategorisierung »auf Grund von Reputation, Sichtbarkeit und Vertrauensverhältnissen«92 stattfinden. Wird ein Werk an einen Sammler verkauft, der ein eigenes Museum betreibt und seit langem auf dem Markt als verlässlicher Kunde bekannt ist, so kann dies als Beweis der Qualität des Oeuvres vom Händler vermarktet werden – beispielsweise, indem der Sammlername in der Künstlerbiographie genannt wird. Eine Folge dieses Vorgehens einiger Händler ist, dass Sammler zunehmend auf Auktionen einkaufen, um nicht mehr nach bestimmten Kategorien beurteilt und von einem schnellen Ankauf eines Werkes ausgeschlossen zu werden. Im Gegensatz zum persönlichen Handel zwischen Sammler und Galerist bei privaten Verkäufen scheint die Auktion in letzter Zeit für viele Käufer im Sinne eines anonymen, unkomplizierten Ortes an Attraktivität gewonnen zu haben.

8.7 Digitale Innovationen in der Zeit der Pandemie Seit 2020 verändert sich der Kunstmarkt genauso wie andere Märkte durch den Ausbruch der Pandemie, die die durch das Coronavirus verursachte Infektionskrankheit Covid19 ausgelöst hat. Für zwei Jahre dominierten das Virus und die damit in Zusammenhang stehenden Infizierten- und Todeszahlen die Tagespresse. Weltweit kam es zu starken Einschränkungen in der Reise-, Handels-, Bildungs- und Meinungsfreiheit. Im September 2022 gab es mehr als 608 Mio. nachweislich Infizierte und mehr als 6,5 Mio. Tote durch das Virus weltweit.93 Die Entwicklung der Pandemie führte dazu, dass es in zahlreichen Ländern der Welt zu kompletten »Lockdowns« kam. Menschen durften ihre Wohnungen und Häuser nur noch für das Notwendigste wie den Einkauf von Nahrungsmitteln und die ärztliche Versorgung verlassen. Nicht systemrelevante Geschäfte und Fabriken, Kindergärten, Schulen und Universitäten schlossen ihre Räumlichkeiten für mehrere Monate. In Deutschland bedeutete der Lockdown, dass die Mehrzahl der gut 13,5 Mio. Kinder sowie 70 Mio. Erwachsenen monatelang zu Hause blieben.94 Die mittelfristigen wirtschaftlichen Folgen können aktuell noch nicht bestimmt werden, da es 2022 zu einem weiteren Ereignis mit weitreichenden Folgen kam. Seit dem Einfall russischer Soldaten in die Ukraine im Februar 2022 haben sich zahlreiche Staaten auf Sanktionen geeinigt, die den Waren-, Reise- und Finanzverkehr mit Russland auf ein Minimum beschränken

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sollen. Eine Reaktion Russlands war, die eigenen Rohstoffe wie Gas und Öl sowie Getreide an andere Länder als die bisherigen Handelspartner anzubieten. Im Gegenzug kaufen mehrere Länder im Westen Russland keine oder nur mehr stark verminderte Mengen an Rohstoffen ab. Die Preise für Energie sind dementsprechend innerhalb von wenigen Monaten stark gestiegen. Es kommt zu hohen Inflationsraten: Im August 2022 lag die Inflation in Deutschland bei 7,9 % und in Großbritannien bei 10,1 % im Vergleich zum Vorjahresmonat, im Juli 2022 verzeichneten die USA eine Rate von 8,5 %.95 Eine interessante Parallele ist bei der Entwicklung des Bruttoinlandproduktes dieser drei westlichen Staaten zur Entwicklung des Umsatzes auf dem Kunstmarkt zu erkennen. In Deutschland sank das BIP im Pandemiejahr 2020 auf -4,6 % und stieg dann auf 2,9 % im Jahr 2021 und auf geschätzte 3 % 2022. Im Jahr der Subprime-Krise 2009 ist das BIP deutlich stärker gesunken, auf -5,7 %.96 Etwas extremer fallen die Zahlen des BIP für das Vereinigte Königreich aus: 2019 lag das BIP bei 1,67 %, 2020 sank es auf -9,27 %, dann stieg es 2021 schnell auf 7,44 % und stabilisiert sich 2022 auf geschätzte 2 %. Während der Subprime-Krise hatte sich das BIP im Vereinigten Königreich nicht vergleichbar schnell wieder erholt: 2009 lag es bei -4,25 %, 2010 bei 2,13 %.97 Eine ähnliche Entwicklung gilt für die USA.98 Auch die Umsätze auf dem Kunstmarkt gingen weltweit während der Subprime-Krise 2009 deutlich mehr zurück als im Pandemiejahr 2020. 2019 wurden 64,4 Mrd. US-Dollar mit Kunst umgesetzt, 2020 waren es 50,1 Mrd. US-Dollar und damit 23 % weniger. 2021 stieg der Umsatz wieder schnell auf ein hohes Niveau, auf 65 Mrd. US-Dollar, was ein Umsatzplus von 30 % bedeutet. Es wurde sogar 2021 etwas mehr Geld mit Kunst umgesetzt als vor der Pandemie. Während der Subprime-Krise sank der Umsatz damit wesentlich stärker als während der Pandemie, von 62 Mrd. US-Dollar im Jahr 2008 auf 39,5 Mrd. US-Dollar 2009.99 Aus den Zahlen lässt sich ablesen, dass die wirtschaftlichen Folgen der Subprime-Krise kurzfristig betrachtet deutlich stärker ausgefallen sind als die Lockdowns während der Pandemie. Nichtsdestotrotz hat sich der Kunstmarkt tiefgreifend in der Pandemie verändert. Auf zwei wesentliche Aspekte wird hier näher eingegangen: auf die starke Zunahme des Online-Handels sowie auf das Entstehen eines eigenen Marktes für NFTs. Die Zunahme des Online-Handels hängt unmittelbar mit den Restriktionen während der Lockdowns in den Jahren 2020 und 2021 zusammen. Das »Zeitalter der Kunstmessen« schien zu einem Ende gekommen zu sein, da nahezu alle Kunstmessen abgesagt, verschoben oder in den digitalen Raum versetzt wurden. Wenngleich 2022 wieder fast alle Messen stattfinden, sind die Bedingungen trotzdem nicht dieselben wie vor der Pandemie. Der Direktor der Art Basel, Marc Spiegler, bemerkte dazu an, »dass angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine noch lange nicht von ›normalen Zeiten‹ die Rede sein könne.«100 Nicht nur die unsichere politische Lage in Europa mit einer unklaren Zukunft der Energieversorgung führt zu einer generellen Verunsicherung auf dem Markt. Im Sommer 2022 ist

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nahezu jeder von starken Einschränkungen im Reiseverkehr betroffen. Galeristen, Sammler und Künstler kommen zu spät oder überhaupt nicht an ihren Zielorten an, sie verpassen Messen, Ausstellungen oder sonstige Versammlungen, dasselbe gilt für Kunsttransporte. Auch die im Lockdown aufgetretenen Lieferengpässe für verschiedene Produkte konnten nicht vollends geschlossen werden. Immer wieder gibt es Unterbrechungen im Waren- und Personenverkehr. Dies hängt sicherlich damit zusammen, dass viele Beschäftigte in den Bereichen, die von den Lockdowns besonders betroffen sind, nicht wieder an ihren ursprünglichen Arbeitsort zurückgekehrt sind. Darüber hinaus fehlt immer wieder Personal durch Infizierte. Die Lufthansa sprach im Juli 2020 z.B. davon, dass 1/3 des Personals durch Erkrankung ausgefallen sei.101 Auch kommt es in China wiederholt zu Lockdowns, so dass Fabrikarbeiter für mehrere Wochen nicht arbeiten und dementsprechend Waren nicht produziert und transportiert werden können. An den größten Häfen der Welt kommt es wiederholt zu Staus der Containerschiffe.102 Nicht nur aufgrund dieser praktischen Probleme ist ein nahtloser Rückgang der Verhältnisse zu Vorpandemiezeiten nicht mehr möglich. Denn die Gesellschaft hat sich gleichfalls während der Pandemie verändert und ihr Verhalten in Bezug auf Arbeit, Leben, Konsum und Wohnen den neuen Bedingungen angepasst. Im Rahmen einer Befragung der Wirtschaftsprüfung PwC im Mai 2022 wünschten sich nur 10 % der Arbeitnehmer, wieder vollständig ins Büro zurückzukehren, während 18 % komplett im Homeoffice bleiben möchten.103 Ein Viertel der Befragten wünschte sich eine hälftige Aufteilung der Arbeit im Büro und im Homeoffice. Dieser Trend des digitalen Arbeitens zeigt sich auch im Kaufverhalten und damit im erstarkten Wachstum des Online-Handels für Kunst. Zweifellos ist die Kunstwelt in den letzten Jahren nicht von der digitalen Revolution unberührt geblieben. Die großen Auktionshäuser haben ihren Online-Auftritt langsam und stetig ausgebaut. So boten sie seit der Jahrtausendwende ihren Kunden an, bei den traditionellen Versteigerungen online mitzubieten – die digitale Partizipation war hier ein zusätzliches Angebot neben dem persönlichen VorOrt-Erscheinen im Saal, dem Telefonieren oder dem schriftlichen Gebot. Insbesondere durch die Gründung von zwei heute weltweit agierenden Firmen setzte sich der Online-Handel allmählich im Kunstmarkt durch. Beide Firmen wurden 1995 in den USA gegründet: »Ebay«, das seit 1999 auch in Deutschland aktiv ist, bietet das Versteigern beliebiger Objekte an, zu denen auch Kunstwerke gehören,104 und »Amazon«, das als elektronisches Buchgeschäft begann und seit 1998 in Deutschland Handel betreibt, zählt seit Jahren mit Apple und Google zusammen zu den drei wertvollsten Marken weltweit.105 Allein an dem Erfolg dieser beiden Firmen wird ersichtlich, dass der Online-Handel global zu einem veränderten Kaufverhalten geführt hat. Bereits vor der Pandemie nahm der Handel im Internet stetig zu. Die Corona-Pandemie hat diesem Wachstum weitere Kraft verliehen. Die strengen Auflagen – Abstand, Masken- und Testpflicht, maximale Personenanzahl pro Quadrat-

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meter – führten dazu, dass der Einzelhandel im Vergleich zum Onlinehandel stark an Marktanteilen verlor. Auch nach den Lockdowns wächst jedoch der Onlinehandel kontinuierlich weiter. Gemäß den Angaben des Statistischen Bundesamtes beträgt der Umsatzanteil des Online-Einzelhandels am Handel insgesamt z.B. bei Musikalien bereits 58 %, bei Ton- und Bildträgern 44 %, bei Spielwaren 42 % und bei Büchern 40 %.106 Dieser Trend zeigt sich auch im Kunstmarkt. Der Vergleich der Jahresumsätze von weltweit online verkauften Kunstwerken zeigt innerhalb der letzten Jahre ebenfalls ausschließlich Zuwächse. Im Jahr 2013 lag der Umsatz für im Internet verkaufte Kunstwerke und Antiquitäten bei etwa 3,1 Mrd. US-Dollar, im Jahr 2019 vor der Pandemie bei 6 Mrd. US-Dollar, 2020 bei 12,4 Mrd. US-Dollar und 2021 bei 13,3 Mrd. US-Dollar.107 Der Anteil der Online-Verkäufe auf dem Kunstmarkt nahm im Jahr 2021 daher etwa 20 % des Gesamtumsatzes in Höhe von 65 Mrd. US-Dollar ein. Dieser Anteil ist im Vergleich zu den anderen betrachteten Sektoren des Einzelhandels wie Musikalien, Bildträgern, Spielwaren und Büchern verhältnismäßig gering und hat noch weiteres Wachstumspotenzial. In der näheren Betrachtung der Entwicklung des E-Commerce-Bereiches der beiden größten Auktionshäuser Sotheby’s und Christie’s fällt dabei auf, dass die Annahme des Online-Handels auf dem Kunstmarkt von der Kundenseite her ein tatsächlich sehr langsamer Prozess ist, denn beide Häuser haben den Online-Bereich frühzeitig aufgebaut. Seit 2014 besteht beispielsweise eine Kooperation zwischen Sotheby’s und Ebay, seitdem können EbayKunden ohne zusätzliche Registrierung an den Live-Auktionen bei Sotheby’s in New York teilnehmen.108 Beide Kunstauktionshäuser konnten die Erfahrungen von Ebay für ihre eigenen »Online-Only«-Auktionen nutzen. Lose werden mehrere Tage lang angeboten, während der Laufzeit der Auktion kann jederzeit geboten werden. Erst kurz vor dem Ablauf der Auktionszeit kann das letzte, schließlich erfolgreiche Gebot abgegeben werden. Eine derartige Versteigerung kann sich über bis zu drei Wochen erstrecken.109 Einerseits wird dem Interessenten die Möglichkeit geboten, von jedem Ort der Welt aus zu einem für ihn günstigen Zeitpunkt an der Versteigerung zu partizipieren. Andererseits verliert das Geschäft deutlich an Dynamik. Der Bieter befindet sich nicht mehr zeitgleich mit möglichen Konkurrenten im Wettbewerb um den Ankauf des gewünschten Loses in einem gemeinsamen Raum. Selbst wenn bei einer Auktion im Saal der Bieter über das Telefon an der Auktion teilnimmt, hört er die anderen Gebote im Saal und kann hier eventuell für sich eine eigene Strategie finden. Online sind die Mitbieter nicht als Personen wahrnehmbar, nur ihre Bietschritte werden angezeigt. Um diesen Online-Bereich langfristig aufzubauen und jüngere Kunden für sich gewinnen zu können, hatte Sotheby’s im Jahr 2017 das Aufgeld für Online-Auktionen komplett gestrichen.110 Mit dieser Taktik konnte Sotheby’s zahlreiche Neukunden für seine »Online-Only-Auktionen« gewinnen, was dem Haus zugutekam. Diese Befreiung wurde trotzdem bereits ein Jahr später wieder aufgehoben. Im ersten Pandemiejahr führte das Haus zusätzlich eine neue Gebühr ein, die unabhängig

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vom Umsatz auf jedes verkaufte Los fällig ist, das sogenannte »Overhead Premium«.111

Oliver Barker, 2020

Der Umsatz Sotheby’s mit Online-Auktionen erhöhte sich in den Jahren 2019 bis 2021 deutlich: Im Jahr 2019 setzte Sotheby’s bei Online-Auktionen 77 Mio. US-Dollar um, 2020 waren es 584 Mio. US-Dollar und 2021 sogar 850 Mio. US-Dollar.112 Der Anteil der Online-Verkäufe am Gesamtumsatz nahm in dem Zeitraum von 2 % (2019) auf 14 % (2021) zu. Im Vergleich dazu setzte Christie’s 2019 knapp 85 Mio. US-Dollar mit Online-Auktionen um, ein Jahr später waren es schon 305 Mio. US-Dollar und 2021 445 Mio. US-Dollar. Ihr Anteil am Gesamtumsatz des Auktionshauses stieg damit von 2 % (2019) auf 8 % (2021). Die Zahlen zeigen, dass beide Häuser mit dem reinen Online-Handel auf dem Kunstmarkt hinter dem Durchschnitt des generellen E-Commerce liegen. Um den Handel im Internet attraktiver zu gestalten, hat Sotheby’s eine neue Art von Auktion erfunden, die hybride Auktion. Am 29. Juni 2020 fand in London die erste Hybrid-Auktion statt, bei der sich die reale mit der digitalen Welt überschneidet. Die traditionell mit den wichtigsten Losen versehene Auktion »Contemporary Art Evening Auction« fand sowohl als physische Präsenzversteigerung als auch virtuell statt.113 Erstmals wurde eine Versteigerung als Live-Stream aus drei Niederlassungen gleichzeitig präsentiert: in New York, London und Hong Kong. Während der Übertragung stand der Auktionator, Oliver Barker, in einem mit acht Bildschirmen ausgestatteten, temporären Aufnahmestudio im Londoner Sitz des Hauses. Sotheby’s hatte sich bei der technischen und ästhetischen Umsetzung von einem TV-Experten beraten lassen.114 In dieser einen Auktion mit Werken des

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Impressionismus, der Moderne und der Gegenwart wurden 62 Lose für insgesamt mehr als 363 Mio. US-Dollar umgesetzt. Der erzielte Umsatz zu Beginn der Pandemie ist beeindruckend, obwohl im Evening Sale ein Jahr zuvor 692 Mio. US-Dollar umgesetzt worden waren. Mehrere Faktoren waren bei dieser ersten »hybriden« Auktion von Bedeutung. 1. Die Versteigerung dauerte ungefähr dreimal so lange wie eine vergleichbare reale Auktion ähnlichen Umfangs. 2. Im Vorfeld konnten die Interessenten nicht nur die Kunst in einer Art »Online-Tour« betrachten – dies war bereits bei früheren Versteigerungen möglich –, sondern sie konnten vorab ausgewählte Kunstwerke mit Hilfe von Grafikprogrammen auf PCs, Tablets oder Smartphones laden und diese virtuell an die heimischen Wände projizieren. 3. Werke, die anspruchsvoller und komplexer in ihrer digitalen Wiedergabe waren, wurden zu relativ niedrigen Preisen versteigert. 4. Es wurde ein Weltrekord aufgestellt für das höchste Gebot, das jemals online abgegeben wurde: Ein chinesischer Sammler bot für ein Triptychon von Francis Bacon online mehr als 73 Mio. US-Dollar – das Werk wurde jedoch letztlich für 84 Mio. US-Dollar an einen Telefonbieter verkauft.115 5. Anhand der technischen Parameter konnte festgestellt werden, dass das sogenannte »Viewing«, also das persönliche Betrachten der angebotenen Originale, ungefähr fünfmal so hoch war wie bei einer durchschnittlichen Abendauktion. Aus dieser ersten Hybrid-Auktion bei Sotheby’s lässt sich für den zukünftigen Kunstmarkt ableiten: Auch hochpreisige Kunst kann online verkauft werden. Die Hybrid-Auktion erzielt deutlich mehr Umsatz als eine Online-Only-Auktion, bei der die Lose über mehrere Tage hinweg ausschließlich im Internet angeboten werden. Der Konkurrent Christie’s reagierte mit einer gleichfalls neuartigen, mit »One: a Global Sale of the 20th Century« betitelten Hybrid-Auktion am 10. Juli 2020. An diesem Tag wurde in den vier Christie’s-Niederlassungen in New York, London, Paris und Hong Kong zeitgleich eine Auktion mit Kunst aus dem 20. Jahrhundert durchgeführt. Die Versteigerung wurde abgehalten, indem an den vier Standorten vier verschiedene Auktionatoren nacheinander einen Teil der Versteigerung durchführten, während die Besucher und Auktionatoren der anderen drei Niederlassungen über »live streaming« simultan miteinander verbunden waren. Die vier Stunden dauernde Auktion begann in Hong Kong, ging dann nach Paris, darauf folgte London und zum Schluss kam New York. Obwohl einige wenige Bieter in den jeweiligen vier Niederlassungen unter Einhaltung der Corona-Auflagen im Saal anwesend waren, wurde hauptsächlich über Telefon und Internet geboten. Insgesamt konnten 94 % der 79 Lose zu einem Gesamtumsatz von mehr als 420 Mio. US-Dollar verkauft werden.116 Auch diese »One«-Auktion entsprach dem neuen Typus der Hybrid-Auktion – jedoch wurden die Exponate bei Christie’s an vier Standorten von vier Auktionatoren versteigert und somit anders als bei Sotheby’s, wo einzig Oliver Barker in London am Pult stand. Während der »One«-Auktion wurden auch die organisatorischen Schwierigkeiten offensichtlich, die auftreten, wenn ein Kunstwerk in vier Ver-

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kaufsräumen mit verschiedenen Zeitzonen und Währungen über Videoscreens versteigert wird. In der Presse hieß es, dass sowohl der Londoner Auktionator als auch die Pariser Auktionatorin ein Bild von Pierre Soulages gleichzeitig verkaufen wollten.117 Eine weitere bemerkenswerte Zahl wurde nach der Auktion veröffentlicht: Von den etwa 80.000 Zuschauern der Auktion über soziale Plattformen stammten 60.000 aus dem asiatischen Raum.118 Am Ende wurden jedoch nur 26 % der Lose an Sammler aus dem asiatisch-pazifischen Raum verkauft.119 Vor dem Hintergrund des erwähnten Weltrekordpreises für ein Online-Gebot aus China, das letztendlich jedoch nicht den Zuschlag erhielt, können diese Zahlen zu dem Rückschluss führen, dass Asien einerseits besonders technikaffin ist und die Barrieren dort geringer sind, auch hochpreisige Kunst online zu ersteigern, andererseits jedoch häufig analog abgegebene Gebote aus den USA und Europa – 75 % der Käufer kamen hierher – den Zuschlag erhalten haben. Die gestiegene Bedeutung des asiatischen Raumes für den Kunstmarkt erkennt man darüber hinaus daran, dass die traditionell abgehaltenen Abendauktionen bei Christie’s nicht mehr immer abends stattfinden. Je größer die Nachfrage aus Asien ist, desto eher werden Versteigerungen auf einen Termin in der Mittagszeit verlegt, damit auch Kunden aus China, Korea oder Japan aufgrund der Zeitverschiebung an der Auktion teilnehmen können. Die veränderten Handelsbedingungen führten seit 2020 zu weiteren Veränderungen im Auktionswesen. In einer kurz vor der erwähnten Hybrid-Auktion »One« bei Christie’s veröffentlichten Presseerklärung heißt es, dass die Abteilungen für Kunst des Impressionismus, der Moderne, der Nachkriegszeit und der Gegenwart zu einem einzigen Department mit dem neuen Namen »20/21« bzw. »20th and 21st century art« fusionieren. 120 Im Rahmen dieser Restrukturierung wird das Personal erheblich reduziert. Zugleich vergrößert sich das Department inhaltlich, da es nun die Epoche von etwa 1880 bis 2020 umfasst und in sich verschiedene Kunstströmungen vereint. Auch Sotheby’s verkleinert seinen Mitarbeiterstab und führt neue Auktionsformate ein. Am 28. Juli 2020 wurde die zweite Hybrid-Auktion unter dem Titel »Rembrandt to Richter« durchgeführt. Die 65 Lose datierten aus der Zeit von Paolo Uccello bis zu Banksy – sie umfassten damit einen Zeitrahmen von 600 Jahren und brachten dem Auktionshaus mehr als 190 Mio. US-Dollar ein. 150.000 Interessierte verfolgten den Live-Stream. Einige Lose wurden wieder für mehrere Millionen online verkauft wie z.B. ein seltenes Selbstporträt von Rembrandt für 19 Mio. US-Dollar oder ein Frauenbildnis von Joan Miró für 29 Mio. US-Dollar.121 Hier scheint ein neuer Trend zu entstehen, wenn sich frühere Spezifizierungen allmählich auflösen. Auch bei der Zusammenlegung der Christie’s-Abteilungen werden zukünftig Lose aus einer deutlich längeren Zeitspanne angeboten werden – Kunstwerke aus etwa 150 Jahren Kunstgeschichte werden dann regelmäßig in einer einzigen Auktion zum Verkauf stehen. Auf die grundlegend veränderte Situation im globalen Handel mussten auch die Galerien und Kunsthändler schnell reagieren. Die Entwicklung des Online-Handels

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verlief in diesem privat gehaltenen Bereich des Kunstmarkts dynamischer als im Auktionswesen. Über eigene Webseiten und Online Viewing Rooms, Plattformen für Kunstverkäufe und Viewing Rooms von Kunstmessen generierten Galerien und Kunsthändler im Jahr 2019 13 % ihres Jahresumsatzes, 2020 waren es sogar 39 %, 2021 wurden trotz wieder stattfindender Messen noch 22 % mit Online-Verkäufen umgesetzt.122 Eine weitere Entwicklung zeigt sich, wenn die Galerien und ihre jeweiligen Umsätze im Online-Handel in Bezug zu ihren Jahresumsätzen betrachtet werden. Galerien, die im obersten Preissegment des Kunstmarktes mit einem Jahresumsatz von mehr als 10 Mio. US-Dollar agieren, hatten zwar 2020 einen sehr hohen Anteil an Online-Verkäufen (47 %), 2021 jedoch, als die Galerien zeitweise wieder öffnen konnten, fiel deren Anteil an Online-Verkäufen wieder auf 22 %. Bei den Galerien im mittleren Umsatzbereich von 500.000 bis 1 Mio. US-Dollar Jahresumsatz stieg der Anteil des Online-Handels von 26 % im Jahr 2020 sogar auf 29 % im Jahr 2021.123 Daraus lässt sich ableiten, dass Sammler Kunstwerke im oberen Preissegment tendenziell nach persönlichen Gesprächen und nach Betrachtung des Originals kaufen, während Sammler des mittleren Bereiches auch weiterhin vermehrt online einkaufen. Dass die Interpretation dieser Zahlen auch persönlich bestätigt wird, zeigt sich in einem Interview, dass der bedeutendste lebende Galerist im Mai 2020 gegeben hat, als seine damals achtzehn Galerien bereits für zwei Monate geschlossen waren.124 Larry Gagosian selbst zeigte sich überrascht, dass er innerhalb dieser Zeit des Lockdowns, die er selbst in den Hamptons verbrachte, online Kunst für mehr als 14 Mio. US-Dollar verkaufen konnte. Auch über virtuelle Messeteilnahmen konnte er hochpreisige Werke veräußern. Als ein Beispiel führte Gagosian an, dass er während der virtuellen Edition der Frieze New York im Mai 2020 ein Gemälde von Cecily Brown für 5,5 Mio. US-Dollar aus seinem Online Viewing Room heraus verkaufen konnte. In dem Interview mit Gagosian wurde auch eine Geschäftszahl eines seiner bedeutendsten Konkurrenten veröffentlicht: David Zwirner – der Sohn Rudolf Zwirners – hat während des Lockdowns zwischen März und Mai 2020 von New York aus Kunst in Höhe von gut 10 Mio. US-Dollar verkauft.125 Für beide Galeristen gilt, dass ihr Umsatz sich zwar reduzierte, jedoch nicht gänzlich ausfiel, da die Sammler online weiter Kunst erwarben. Bei Zwirner lag dies nicht zuletzt daran, dass er bereits vor der Pandemie verstärkt auf verschiedenen Kanälen Kunst angeboten hatte. Seit 2017 bot er digitale »Viewing Rooms« auf seiner Webseite an, seit 2018 veröffentlichte er regelmäßig einen eigenen Podcast zu Kunstthemen.126 Im Jahr 2022 veränderte sich sein Online-Angebot dahingehend, dass es zwei neue E-Commerce-Tools gibt – »Consignment« und »Platform« – die sowohl für das Ver- als auch das Ankaufen von Kunst durch Sammler bestimmt sind. Unter dem erstgenannten Tool können Sammler mit wenigen Klicks eine Anfrage für den Verkauf eines Werkes aus der eigenen Sammlung an die Galerie David Zwirner stellen. Bei der »Platform« hingegen werden dem Sammler Kunstwerke zum Kauf angeboten, es finden sich hier zahlrei-

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che Kunstwerke für Preise unter 2500 US-Dollar, die besonders für junge Sammler interessant sind. Galerien und Kunsthändler reagierten jedoch nicht nur mit einem erweiterten Angebot von Online-Tools auf die Pandemie und die unsichere politische Lage. Es fanden grundsätzliche Standortverschiebungen statt. In New York ist dies besonders deutlich zu sehen. Im Frühjahr 2020 mussten wie der sonstige Einzelhandel, Restaurants, Theater und Kinos zahlreiche Galerien, Kunsthandlungen und Auktionshäuser zur Eindämmung der Pandemie ihre Ausstellungen in den Innenstadtbezirken schließen – seitdem erlebten sie mehrere Phasen von Öffnungen und Schließungen. In den wohlhabenden, kleinen Orten auf Long Island wie Southampton, East Hampton oder Westhampton, die in ein bis zwei Stunden Autofahrt von New York zu erreichen sind, öffneten im Gegenzug fast wöchentlich neue Galerien. Innerhalb von wenigen Wochen ist eine Art »Mini-Cluster« entstanden. Im Sommer 2020 stellten international bedeutende Galerien wie Gagosian, Pace, Skarstedt und Van de Weghe in den Hamptons aus. Auch Sotheby’s eröffnete dort im Juni 2020 eine Pop-up-Galerie.127 Die Eröffnungsausstellungen wurden in den Galerien vielfach mit Werken bestückt, die eigentlich im Juni 2020 auf der Schweizer Art Basel gezeigt werden sollten. Traditionell fahren zahlreiche wohlhabende New Yorker über den Sommer in die Hamptons. Diese üblicherweise rein temporäre Nutzung scheint sich in der Pandemie verändert zu haben. Berichten zufolge sind New Yorker nicht mehr dauerhaft in die Metropole zurückgekehrt. Ein weiterer Trend zeigte sich Anfang 2021, als eine große Anzahl von Vermögenden nach Florida umzog. In den Medien wird bereits davon gesprochen, dass die New Yorker Wall Street sich aufgrund des Umzugs zahlreicher Banker nach Miami stark verändert habe.128 Wie groß der Exodus der Großstädter auf das Land aktuell und in der nächsten Zeit ausfällt, hängt zweifellos von vielen Faktoren ab.129 Einige Galerien wie beispielsweise die Van de Weghe Gallery, Hauser & Wirth sowie die Pace Gallery haben ihre Galerieräume in den Hamptons behalten.130 Eine letzte tiefgehende Erneuerung auf dem Kunstmarkt bezieht sich auf einen Teilaspekt des digitalen Kunstmarktes: auf NFTs. In dem Maße, in dem der OnlineHandel zugenommen hat, haben sich auch Kryptowährungen und digitale Technologien entwickelt. Die Kursentwicklung von Kryptowährungen wie Bitcoin spielt in der Finanzwelt eine immer größer werdende Rolle. Die im Jahr 2007 erfundene Digitalwährung stieg im November 2021 auf seinen bisherigen Höchstwert von mehr als 52.000 EUR, danach folgte ein starker Kursverlust, im September 2022 lag der Wert nur mehr bei 21.400 EUR.131

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Sotheby’s virtuelle Galerie im Decentraland, 2021

Je mehr in der Presse über Kryptowährungen berichtet wird, desto mehr werden die Begriffe non-fungible und fungible Token verwendet. Token bezeichnen einen Vermögenswert und sind »elementare Bausteine für Handlungen mit Kryptowerten.«132 Mit ihrer Hilfe kann eine Handlung auf einer digitalen Ressource – zumeist der Blockchain – stattfinden. Die Kryptowährungen Bitcoin oder Ether sind fungible Token, d.h. sie sind teilbar. Es ist möglich »einen Bruchteil von Bitcoin oder einen anderen ERC-20-Token zu versenden oder zu besitzen.«133 Dabei ähnelt jedes Teil einem anderen fungiblen Token. Im Gegensatz dazu können non-fungible Token (NFT) »Dinge im digitalen Raum limitieren und einzigartig darstellen.« Jedes NFT »enthält einzigartige Informationen und einen unterschiedlichen Seltenheitsgrad.« Die Nutzung von NFTs erscheint in der digitalen Welt unbegrenzt. Sie sind die »Grundlage für eine neue, auf der Blockchain-Technologie basierte, digitale Wirtschaft. […] Mit der Hilfe von NFT kann die reale Welt mit der digitalen Welt verschmelzen. Neben der Abbildung von Knappheit und Einzigartigkeit im ausschließlich digitalen Raum wird damit auch der Digitalisierungsprozess von Objekten und Assets aus der echten Welt in die Virtuelle erheblich erleichtert.«134 Während des ersten Pandemiejahres hat sich das neue Segment digitale NFT-Kunst beschleunigt entwickelt. Auf dem Kunstmarkt wurde die neue Technologie einer breiten Öffentlichkeit bekannt, als im März 2021 das NFT »Everydays: The First 5000 Days« des Künstlers Beeple für 69 Mio. US-Dollar bei Christie’s New York versteigert wurde.135 Damit wurde ein Weltrekordpreis für ein digitales Kunstwerk erzielt. Das Besondere war nicht nur, dass eine Datei und das zugehörige Zertifikat von Christie’s und damit einem traditionell mit klassischer Kunst handelnden Auktionshaus verkauft wurden, sondern auch dass der Käufer das NFT mit der Kryptowährung Ethereum

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bezahlen konnte. Nur das Aufgeld für das Auktionshaus musste in US-Dollar beglichen werden. Der Käufer des Werkes von Beeple, hinter dem der Künstler Mike Winkelmann steht, ist Metakovan, der Gründer von Metapurse, einem virtuellen Museum.136 Die traditionelle Kunstwelt kannte jedoch bis zu diesem Rekordergebnis für ein NFT weder den Namen des Künstlers noch den des Käufers. Erstaunlich ist, dass in der Mehrheit der Kritiken zu dem Verkauf nur auf die ungewöhnliche Höhe des Preises eingegangen wird, nicht jedoch auf die Darstellung des Kunstwerkes selbst. Es findet sich nahezu keine Kritik, dass in Beeples NFT zahlreiche sexistische, rassistische und homophobe Bilder gezeigt werden, die eine Mischung aus politischer Satire, Pornografie und Science-Fiction sind.137 Der Kunstkritiker Ben Davis ist einer der wenigen Kritiker, der sich durch die 5000 Bilder des Werkes durchklickte, die Beeple innerhalb von 13 Jahren im Sinne eines digitalen Tagebuches seit 2007 geschaffen hat.138 Davis stellt sich auch die berechtigte Frage, ob einige der sehr direkt rassistischen und frauenfeindlichen Bilder z.B. ausgedruckt als Grafik von Christie’s gezeigt worden wären. Neben dem NFT »Everydays: The First 5000 Days« erzielte ein weiteres NFT Beeples »HUMAN ONE« von 2021 im November 2021 bei Christie’s gleichfalls ein hohes Ergebnis, fast 29 Mio. US-Dollar.139 Tatsache bleibt, dass seit Frühjahr 2021 der Markt mit künstlerischen NFTs kontinuierlich wächst. Parallel zur generellen Entwicklung des Online-Handels und weiterer E-Commerce-Tools, wie wir sie beispielsweise bei David Zwirner gesehen haben, führen die neuen digitalen Tools zu einer »platformization« – es wird gar schon vom »Zeitalter der Plattformisierung« gesprochen. Es überrascht daher kaum, dass Christie’s und Sotheby’s beide die Kunstgattung NFT als neue Kategorie in ihren Häusern eingeführt haben. Im Jahr 2021 setzten sie zusammen 230 Mio. US-Dollar mit NFTs um, davon entfielen 150 Mio. auf Christie’s – das sind gut 16 % am Gesamtumsatz beider Häuser in Höhe von 14 Mrd. US-Dollar bzw. 8 % des Gesamtumsatzes von Christie’s. Der Umsatz, den NFTs bei Kunsthändlern im Jahr 2021 generierten, liegt bei ungefähr 6 %.140 Betrachtet man die Preisentwicklung der Kunst-NFTs in den Jahren 2020 bis 2021, fällt die schnelle Wertentwicklung auf: Im Durchschnitt kosteten Kunst-NFTs im Jahr 2020 auf dem Primärmarkt 200 US-Dollar und auf dem Sekundärmarkt 265 US-Dollar.141 Ein Jahr später kostete ein durchschnittliches KunstNFT auf dem Primärmarkt schon 1462 US-Dollar und auf dem Sekundärmarkt sogar 5485 US-Dollar, was einem Preisanstieg von mehr als 700 % bzw. 2000 % entspricht. Der Gesamtumsatz mit Kunst-NFTs stieg von 0,6 Mio. US-Dollar im Jahr 2019 auf 20,1 Mio. US-Dollar ein Jahr später und dann auf 2,5 Mrd. US-Dollar im Jahr 2021.142 Da der Anteil am Gesamtumsatz der Auktionshäuser und der Kunsthändler noch gering ausfällt, mit NFTs jedoch bereits Gesamtumsätze in Milliardenhöhe erzielt werden, deutet sich ein neuer Trend an. Neben den bekannten Kunstmarktteilnehmern Auktionshaus, Galerie und Kunsthandel bildet sich zudem ein vierter Verkaufsort heraus, die NFT-Plattform. Firmen wie nonfungible.com fungieren als zentraler Ort für Daten aus der digitalen Handelswelt.143 Gegründet wurde die Fir-

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ma mit dem Ziel, Transaktionen im Decentraland für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen und diese zu analysieren. Im Decentraland, einer 3D-Plattform für virtuelle Realität, werden virtuelle Immobilien für Millionenwerte gehandelt, wobei die digitalen Immobilien NFTs sind, die mit der Kryptowährung Mana gekauft werden können. Mana basiert wie viele Kunst-NFTs auf der Blockchain Ethereum.144 Auch im analogen Kunstmarkt ist Decentraland mittlerweile ein Begriff, da sich Sotheby’s auf dieser Plattform im Juni 2021 seinen Londoner Hauptsitz als virtuelle Galerie nachbauen ließ. In der virtuellen Galerie im Decentraland stellt Sotheby’s nun NFT-Kunst aus und verkauft diese auch in Kryptowährungen.145

9 Ausblick

Die bereits in der Antike bekannte öffentliche Auktion bleibt im Laufe der Jahrhunderte eine erfolgreiche Verkaufsform, deren Charakter sich wandelt, ohne in seinen Grundprinzipien verändert zu werden. Als in Boom- wie auch in Krisenzeiten etablierte und gut funktionierende Handelsplattform lässt die Auktion sich immer neu konfigurieren, sei es als angesehenes gesellschaftliches Ereignis oder als Livestream-Verkauf, der am Bildschirm mitverfolgt werden kann. Dem entgegengesetzt hat sich das Berufsbild des Kunsthändlers erst in der frühen Neuzeit im 16. Jahrhundert herausgebildet. Die Entstehung dieses Berufes geht mit der Entwicklung der neuen Schicht des Bürgertums einher, in der der Künstler zu Beginn der Neuzeit aus den Zwängen der durch die Gilden bestimmten Bewertungs- und Preisfindung für Kunstwerke befreit wird. Wahrnehmung und Selbstverständnis der künstlerischen Leistung verändern sich. Ausgestellte und zum Kauf angebotene Kunstwerke werden nicht mehr primär nach materiellen und handwerklichen Maßstäben begutachtet und preislich bewertet. Zu dieser Zeit werden auch die ersten regulierten Messen veranstaltet, auf denen Kunst temporär angeboten und verkauft wird. Im 18. Jahrhundert nutzen Händler ihr Expertenwissen, um Echtheitszertifikate auszustellen. Eine erste Stilkritik entsteht, nach der ein Werk einem Künstler von einem Kunstexperten zugeschrieben wird. In diesem Jahrhundert wird Kunst zum einen erstmals mit dem Gedanken des Vergnügens und der Freizeitgestaltung, zum anderen mit der Vorstellung einer lohnenswerten Investition verknüpft. Besondere Verkaufserfolge werden immer dann erzielt, wenn der Interessent eine hervorragende Expertise erhalten kann und ihm das Detailwissen eines Sachverständigen zugänglich gemacht wird oder wenn Interessenten ein besonderes Erlebnis in Form eines Events geboten wird. Im 19. Jahrhundert erfinden Kunsthändler die ersten langen Verwertungsketten von Kunstwerken. Zwischen diesen beiden Extremen bewegt sich der Kunstmarkt seitdem: Exklusivität und weit verbreitetes Mittelmaß. Auch gelingt es im 19. Jahrhundert einem modernen Galeristen erstmals, eine neue Kunstströmung auf dem Markt durchzusetzen. Im 20. Jahrhundert kommt es nach einer Blüte des Kunstmarktes in überwiegend demokratischen Gesellschaftssystemen zu einer Epoche, in der Kunst nicht mehr auf einem weitgehend freien Markt angeboten und verkauft wird. In letzter Konsequenz wird die Kunst in der NS-Dik-

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tatur und dem DDR-Unrechtsstaat zur Geldbeschaffung instrumentalisiert und zu einem verachteten, aber rentablen Exportgut. Im 21. Jahrhundert gibt es einen Wandel und es findet die Digitalisierung des Kunstmarktes statt. Das neue Medium der NFTs entsteht. Es lässt sich erkennen, dass einzelne herausragende Sammler immer wieder maßgeblich die Entwicklung des Marktes beeinflussen. Sie nahmen eine Vorreiterrolle ein, entwickelten und erprobten neue Präsentationsformen. Daher dürfen auch sie wie Galeristen, Kunsthändler, Auktionatoren und Künstler als »Schöpfer« des Kunstmarktes gelten. Denn sie sind häufig für die Zusammenstellung umfangreicher Werkblöcke verantwortlich, die noch zu ihren Lebzeiten oder nach ihrem Tod in museale Institutionen eingeflossen sind und der Öffentlichkeit eine große Auswahl von Kunst bieten, die sich zum prägenden Kanon unserer Zeit entwickelt hat. Am Schluss unserer zweitausend Jahre umfassenden Reise stehen viele Fragen: Wird es in Zukunft dauerhaft einen hybriden Markt als Kombination von digitaler und realer Welt geben? Wird dementsprechend die digitale Kunst einen neuen Stellenwert erhalten? Wie positionieren sich die Akteure in dieser gleichsam analog-digital gekoppelten Welt? Bietet ein analoges Kunstwerk aufgrund seiner Haptik und Präsenz als Kunstgegenstand einen erstrebenswerten Gegenpol zu digitalen Kunstwerken? Hat der Verlauf der Geschichte des Kunstmarktes uns nicht gezeigt, dass Künstler nur dann erfolgreich sind, wenn sie mit ihrer künstlerischen Tätigkeit ihren Lebensunterhalt bestreiten können? Von wesentlicher Bedeutung für die zukünftige Entwicklung des globalen Marktes ist auch die essentielle Frage, ob der Westen und die neue wirtschaftliche Weltmacht China in einen vertieften kulturellen Austausch auf Augenhöhe treten werden. Einige führende Kunsthändler erzielten insbesondere im 20. Jahrhundert große Exporterfolge, in dem sie Hauptwerke der französischen und italienischen Kunst an US-amerikanische Sammler vermittelten und damit zugleich einen Kulturtransfer von Europa nach Amerika vollzogen. Für die Zukunft bleibt offen, ob sich ein derartiger Transfer wiederholen lässt. Wenngleich einzelne Akteure auf beiden Seiten, im Westen wie im Osten, bemerkenswerte Initiativen unternehmen, stehen einem Dialog weiterhin europäisches Desinteresse und Ignoranz als auch chinesische Überregulierung und Zensur entgegen.

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10.1 Literaturverzeichnis Monografien AHRENS, Anna: Der Pionier. Wie Louis Sachse in Berlin den Kunstmarkt erfand, Köln: Böhlau 2017. ALPERS, Svetlana: Rembrandt als Unternehmer. Sein Atelier und der Markt, Köln: DuMont 1989. ASSOULINE, Pierre: Grâces lui soient rendues: Paul Durand-Ruel, le marchand des impressionistes, Paris: Plon 2002. ASSOULINE, Pierre: Der Mann, der Picasso verkaufte: Daniel-Henry Kahnweiler und seine Künstler, Köln: Lübbe 1990. BACON, Mardges: Le Corbusier in America: Travels in the Land of the Timid, Cambridge (MA): MIT Verlag 2001. BALTZER, Will/Biermann, Alfons W. (Hg.): Treffpunkt Parnass Wuppertal 1949–1965, Köln: Rheinland-Verlag 1980. BARROW, Rosmary J.: Lawrence Alma-Tadema, London: Phaidon Press 2003. BASTIAN, Heiner (Hg.): Sammlung Marx. Bilder und Skulpturen, München: Schirmer/Mosel 1996. BEßLER, Gabriele: Wunderkammern: Weltmodelle von der Renaissance bis zur Kunst der Gegenwart, Berlin: Reimer 2009. BISCHOF, Ulf: Die Kunst und Antiquitäten GmbH im Bereich Kommerzielle Koordinierung, Schriften zum Kulturgüterschutz, Bd. 9, Berlin: Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) 2003. BLOM, Phillipp: Sammelwunder, Sammelwahn. Szenen aus der Geschichte einer Leidenschaft, Frankfurt: Eichborn 2004. BLUTKE, Günter: Obskure Geschäfte mit Kunst und Antiquitäten. Ein Kriminalreport, Berlin: LinksDruck Verlag 1990. BOLL, Dirk: Was ist diesmal anders? Wirtschaftskrisen und die neuen Kunstmärkte, Berlin: Hatje Cantz 2020.

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10 Anhang

ZEIT ohne Autorennamen: »Christie’s: Die Bosse machen Kasse«, in: Die Zeit, 09.11.1973 auf: https://www.zeit.de/1973/45/die-bosse-machen-kasse ZEIT ohne Autorennamen: »Marktnotizen«, in: Die Zeit, 21.04.1972 auf: https://ww w.zeit.de/1972/16/marktnotizen

Online-Dokumente AGNEW’S Webseite der Agnew’s Gallery auf: www.agnewsgallery.com ALTSHULER, Bruce: »From POP TRIUMPHANT: A NEW REALISM«, in: Webarchiv, 15.04.2014 auf: https://web.archive.org/web/20110816054507/http://popartmac hine.com/blog/from-pop-triumphant-a-new-realismARCHIV der Sam Kootz Gallery im »Archives of American Art« auf: https://www.aaa.si.edu/collections /kootz-gallery-records-9163 ART AGENCY Webseite der Beratungsfirma Art Agency Partners auf: https://www. artagencypartners.com/ ART BASEL Webseite der Messe Art Basel auf: https://www.artbasel.com/about/ini tiatives/the-art-market ART COLOGNE Webseite der Messe Art Cologne auf: https://www.artcologne.de/d ie-messe/art-cologne/geschichte-der-art/geschichte-der-art.php ARTHISTORICUM digitale Plattform für Kunstgeschichte und Kunstwissenschaften auf: https://www.arthistoricum.net ARTINFO24 Webseite »Artinfo24« auf: https://www.artinfo24.com/kunst-thema/b iennale-venedig.html ARTPRICE »Art Market Report 2019« von Artprice auf: https://de.artprice.com/art price-reports/the-art-market-in-2019/global-assessment-strong-and-flexibledemand/ ARTS Webseite von »Arts and Culture« auf: https://artsandculture.google.com/exh ibit/VwKyXPJHKm3FJA?hl=de ARTS ECONOMICS Webseite der Firma Arts Economics auf: http://artseconomics. com/project/the-spanish-art-market-in-2017/ ARTVISE Webseite des Online-Magazins Artvise.me auf: https://artvise.me BARTH, Sophia: Maria Almas-Dietrich, Abschlussarbeit, LMU München 2014, auf: https://www.academia.edu/37867730/Maria_Almas-Dietrich. BERLINISCHE GALERIE Webseite der Berlinischen Galerie auf: https://berlinische galerie.de BIENNALE Webseite der Biennale von Venedig auf: https://www.labiennale.org/en /venues/giardini-della-biennale BONHAM Webseite von Bonham’s auf: www.bonhams.com BOODLE Blog »Art Law« der Rechtsanwaltskanzlei Boodle Hatfield: »Sotheby’s enters new digital age with first live-streamed auction«, 06.07.2020 auf: https://

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Die Schöpfer des Kunstmarkts

www.lexology.com siehe: https://www.lexology.com/library/detail.aspx?g=47c a7342-f24b-4cee-b63f-f9645eaddb7a BROWN Webseite der Galerie Brown and Phillips auf: https://www.ernestbrownan dphillips.ltd.uk/ BTC Echo ohne Autorennamen: »Non-fungible Token (NFT)«, in: BTC Echo Magazin, Nr. 09/22 auf: https://www.btc-echo.de/academy/bibliothek/non-fungible -token-nft/ BUNDESAMT ohne Autorennamen: »Onlinehandel gewinnt immer mehr an Bedeutung«, in: DeStatis, Statistisches Bundesamt, 2022 auf: https://www.destatis.d e/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/06/PD22_273_45212.html BUNDESTAG Webseite des Bundestags auf: https://www.bundestag.de/presse/hib /845316-845316. CAMERA WORK Webseite des Archivs der Brown University & The University of Tulsa auf: https://modjourn.org CAPGEMINI Webseite der Beratungsfirma zur »Studie: World Wealth Report 2020«, 09.07.2020 auf: https://www.capgemini.com/de-de/news/world-wealth -report-2019/ CASTELLI Webseite der Castelli Galerie auf: https://www.castelligallery.com/ CHENG Biografie von Cheng Dongsheng auf: https://www.chinavitae.com/biogra phy/Chen_Dongsheng CHRISTIE’S Webseite von Christie’s auf: https://www.christies.com CKGSB Webseite der Universität Cheung Kong Graduate School of Business auf: ht tps://english.ckgsb.edu.cn/faculty/mei-jianping/ COLNAGHI Webseite der Galerie Colnaghi auf: https://www.colnaghi.com COPLEY Webseite der Kunstvereinigung Copley Society of Art (Co|So) auf: https://c opleysociety.org/content/about-society COURTALD Webseite des Courtauld Instituts auf: https://courtauld.ac.uk/about/h istory DBNL Digitale Bibliothek für niederländische Literatur auf: https://www.dbnl.org/ tekst/mand001schi01_01/ DECENTRALAND Webseite von Decentraland auf: https://decentraland.org DHM Webseite des Deutschen Historischen Museums auf: www.dhm.de DIGITAL Webseite des museum digital auf: https://st.museum-digital.de/index.ph p?t=people&id=4179&cachesLoaded=true DUCHAMP, Marcel: »Armory Show Lecture«, 17.02.1963 am Munson-WilliamsProcter Institute, Utica, NY, auf: https://www.toutfait.com/issues/volume2/iss ue_5/news/miller/miller1.html DOCUMENTA Webseite der Documenta auf: https://www.documenta.de/de/retro spective/ii_documenta# DURAND-RUEL Webseite des Nachlasses mit Archiv über Durand-Ruel auf: http:// www.durand-ruel.fr

10 Anhang

DUVEEN SNAC (Social Networks and Archival Context) auf: https://snaccooperativ e.org/view/46825670 EBAY Webseite von Ebay auf: https://www.ebay.de/e/_spielzeug/eg-kunst/malerei /551 FINDBÜCHER »Findbücher zu den Beständen des Bundesarchivs Staatlicher Kunsthandel der DDR ›VEH Bildende Kunst und Antiquitäten‹ (1974–2002) Bestand DR 144«, bearbeitet von Anne Bahlmann/Falco Hübner/Bernd Isphording/ Stefanie Klüh, Berlin 2017, auf: https://www.bundesarchiv.de FLECHTHEIM Webseite über Alfred Flechtheim auf: http://alfredflechtheim.com FRIEZE Webseite der Messe Frieze auf: https://www.frieze.com/article/public-scu lpture-frieze-week-virtual-fair-frieze-london-frieze-masters-2020 GAGOSIAN Webseite der Gagosian Gallery auf: https://gagosian.com/exhibitions/ 2019/cy-twombly-shop-davies-street-london/ GAZETTE Webseite der Zeitung Gazette auf: https://www.ub.uni-heidelberg.de/h elios/fachinfo/www/kunst/digilit/artjournals/gba.html GDK Research Forschungsplattform zu den Großen Deutschen Kunstausstellungen 1937–1944 in München auf: htps://gdk-research.de GNYP Webseite der Kunstberaterin Marta Gnyp auf: https://www.martagnyp.com GUGGENHEIM Webseite der Peggy Guggenheim Collection auf: https://www.gug genheim-venice.it/en/art/in-depth/peggy-guggenheim/about-peggy/ GULBENKIAN Webseite des Gulbenkian Museums auf: https://gulbenkian.pt/mus eu/willkommen/ HAUSER WIRTH Webseite der Galerie Hauser & Wirth auf: http://www.hauserwir th.com JOHNS Webseite der Johns Hopkins University auf: https://coronavirus.jhu.edu/m ap.html K11 Webseite der Stiftung K11 auf: https://www.k11artfoundation.org/en/about-us KRÄMER, Steffen: »Entartung in der Kunst. Die Verbindung von Psychopathologie und moderner Kunst von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Nationalsozialismus im Kommentar von Hitler, Adolf: Mein Kampf«, München: Zentralverlag der NSDAP 1938 (Erstausgabe München 1925/1926), S. 283 und 288, 28.11.2012 auf: https://archive.org/stream/B-001-004-339/Kr%25C3%25A4mer_ -_Entartung_in_der_Kunst_djvu.txt KULTURGUT Datenbank des Verzeichnisses deutscher Kulturgüter auf: https://w ww.kulturgutschutz-deutschland.de/DE/3_Datenbank/Kulturgut/Berlin/03131 .html KULTURPREISE Webseite des Informationsportals zu Förderprogrammen im Kultur- und Medienbereich auf: http://www.kulturpreise.de LEICESTER Webseite der Leicester Galleries auf: https://www.ernestbrownandphi llips.ltd.uk/_HTML/LG%20Catalogues/LG_Catalogues_Date_Order.html LEIPZIG Webseite des Leipzig Lexikons auf: https://www.leipzig-lexikon.de

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232

Die Schöpfer des Kunstmarkts

LEXWARE ohne Autorennamen: »Was ist ein Token?«, in: Online Magazin von Lexware, 03.01.2022 auf: https://www.buchhaltung-einfach-sicher.de/finanzen/to ken LONG Webseite des Long Museum auf: https://www.thelongmuseum.org/en/page -3-1005.html LOST ART Lost Art auf: https://www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkuns t/DE/Beteiligte/M/Moeller_ Ferdinand.html LUDWIG MUSEM Webseite des Museum Ludwig auf: https://www.museum-ludw ig.de/de/museum/das-museum/geschichte.html LUDWIG ONLINE »Kunst und Schokolade. Das Sammler-Ehepaar Irene und Peter Ludwig«, in: Onlineportal Galerie-Ausstellung.de, ohne Datum auf: https://ww w.galerie-ausstellung.de/ludwig.php LUDWIG STIFTUNG Webseite der Ludwig Stiftung auf: https://www.ludwigstiftu ng.de MATZNER, Alexandra: »Paul Durand-Ruel. Galerist der Impressionisten«, in: Art In Words, 15.10.2014 auf: https://artinwords.de/paul-durand-ruel/ MELLON Webseite des Paul Mellon Instituts der Yale University auf: https://www.p aul-mellon-centre.ac.uk MOELLER Webseite der Ferdinand Möller Stiftung auf: https://www.ferdinand-m oeller-stiftung.de/ MONOPOL »Jahresvorschau: Die wichtigsten Kunstmessen 2020« auf: https://www .monopol-magazin.de/die-wichtigsten-kunstmessen-2020 MUMOK Webseite des Museum Ludwig Wien auf: https://www.museum-ludwig.d e/de/ausstellungen/rueckblick/2017/kunst-ins-leben-der-sammler-wolfganghahn-und-die-60er-jahre.html MÜNCHEN Webseite der Münchner Pinakotheken auf: https://www.sammlung.pi nakothek.de NEBELUNG, Alexandra: »Sammler-Duo: Die Brüder Boisserée, aus: Gersmann, Gudrun/Grohé, Stefan (Hg.): Ferdinand Franz Wallraf (1748–1824) — Eine Spurensuche in Köln« (DOI: https://dx.doi.org/10.18716/map/00001), MAP-Lab der Universität zu Köln, in: mapublishing, 15.03.2017, Seitentitel: Sammler-Duo: Die Brüder Boisserée NEW YORK MET Webseite des Metropolitan Museum of Art auf: https://www.met museum.org/about-the-met NEW YORK WHITNEY Webseite des Whitney Museum of American Art auf: https: //whitney.org/About/History NONFUNGIBLE Webseite der Firma Nonfungible auf: https://www.nonfungible.c om NRW Webseite der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen auf: https://www.muse um.de/museen/schmela-haus

10 Anhang

PACE Webseite der Pace Gallery auf: https://www.pacegallery.com/galleries/east-h ampton/ PARIS Webseite des Musée d’art moderne de la Ville de Paris auf: https://www.ma m.paris.fr/en/expositions/exhibitions-michael-werner-collection PHILADELPHIA BARNES Webseite der Barnes Foundation auf: https://www.barn esfoundation.org/whats-on/collection PHILADELPHIA PAFA Webseite der Pennsylvania Academy of the Fine Arts auf: htt ps://www.pafa.org/about/mission-and-history PITTSBURGH Webseite des Carnegie Museum of Art in Pittsburgh auf: https://cm oa.org/about/history-of-the-carnegie-international/ POLY Webseite des Poly Art Museum auf: https://www.polyartmuseum.com/ PWC Webseite der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf: https://www.pwc.de REGIERUNG Webseite der Britischen Regierung auf: https://www.gov.uk/guidanc e/travel-advice-novel-coronavirus ROYAL COLLECTION Webseite des Royal Collection Trust auf: https://www.rct.uk RUNDLE, David/Saugman, Frederick: »Money laundering: Buyer secrecy in the London art market«, 25.03.2020, Webseite der Anwaltskanzlei WilmerHale auf: https://www.jdsupra.com/legalnews/money-laundering-buyer-secrecy-in -the-97721/ SCHAWINSKY Webseite der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg zu Xanti Schawinsky auf: https://www.hausaufderalb.de SMB Webseite der Staatlichen Museen zu Berlin auf: https://www.smb.museum SMB DIGITAL Webseite des digitalen Portals der Staatlichen Museen zu Berlin auf: https://www.smb-digital.de SOTHEBY’S Webseite von Sotheby’s auf: https://www.sothebys.com SPINK Webseite der Galerie Spink auf: https://www.spink.com/about/spink-today STÄDEL Webseite des Städels auf: https://www.staedelmuseum.de STATISTA Webseite der Online-Plattform für Statistik auf: https://de.statista.com TATE Pressemitteilung der Tate, 27.02.2014 auf: https://www.tate.org.uk/press/pr ess-releases/artist-rooms-celebrates-first-five-years-and-29-million-visitors TATTI Webseite der Villa I Tatti des »Harvard University Center For Italian Renaissance Studies« auf: https://itatti.harvard.edu/ TAYLOR, Sol: »Making Cents. The Fabulous King Farouk Sale of 1954«, 16.02.2008 in: https://scvhistory.com/scvhistory/signal/coins/soltaylor021608.html TAZ Archiv der TAZ, die die Harry-Fischer-Liste der Kunstwerke der entarteten Kunst digitalisiert hat auf: https://taz.de TEFAF Webseite der Messe TEFAF auf: https://www.tefaf.com/initiatives/art-mark et-reports USA Webseite der US-amerikanischen Visumsseite auf: https://www.visum-usa.co m/visum-blog/biden-verlaengert-corona-einreiseverbot-usa.html

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Die Schöpfer des Kunstmarkts

VELING, Alexander: Altwegeforschung. Forschungsstand und Methoden, Aventinus Varia, studentische Publikationsplattform Geschichte, Nr. 44, 28.03.2014 auf: https://www.aventinus-online.de/varia/wissenschaftsgeschichte/art/Altw egeforschun/html/ca/509252b13c4dbf220c4e437211da0c88/indexee27.html VILLA Webseite der Villa Massimo in Rom auf: https://www.villamassimo.de/de/in formationen WASHINGTON Webseite der National Gallery of Art auf: https://www.nga.gov/coll ection/provenance-info.8945.html#biography WEGHE Webseite der Galerie van de Weghe auf: https://www.vdwny.com WEILL Webseite über Berthe Weill auf: https://www.bertheweill.fr/ WERNER Webseite der Galerie Michael Werner auf: https://www.michaelwerner.d e/Geschichte.html WILDENSTEIN ohne Autorennamen, in: Portal Kunstgeschichte, 21.02.2011 auf: ht tps://www.portalkunstgeschichte.de/meldung/verschwundene_kunstwerke_i m_pariser_wildenstein_institut_entdeckt-3963.html WILDENSTEIN WPI Webseite des Wildenstein Plattner Institute (WPI) auf: https: //wpi.art/legacy/ ZADIK Webseite des ZADIK, Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung auf: https://www.artcontent.de/zadik ZWIRNER Webseite der Galerie David Zwirner auf: https://www.davidzwirner.co m/staff ZWIRNER, Rudolf: »Ausverkauf der Moderne. Die Entwicklung des Kunsthandels nach 1945«, Vortrag von Rudolf Zwirner auf der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Deutscher Galerien e. V. am 08.05.2006 in der Akademie der Bildenden Künste München, S. 10f auf: https://www.bvdg.de

10 Anhang

10.2 Abbildungsverzeichnis 1. Tizian: Jacopo Strada, 1567/1568, S. 21 Aus: https://en.wikipedia.org/wiki/Jacopo_Strada 2. Adriaen van Ostade: Der Maler in seiner Werkstatt, 1663, S. 28 Aus: © bpk, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Hans-Peter Klut 3. Arthur Pond: Selbstporträt, 1739, S. 43 Aus: https://en.wikipedia.org/wiki/Arthur_Pond 4. Vigée Le Brun: Selbstporträt, 1790, S. 47 Aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lebrun,_Self-portrait.jpg 5. John Prescott Knight: Ernest Gambart, ca. 1860, S. 64 Aus: https://www.wikidata.org/wiki/Q4365599#/media/File:ErnestGambart-Pr escottKnight.jpg 6. Paul Durand-Ruel, 1910, S. 70 Aus: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/cf/Dornac_Paul_Du rand-Ruel_en_1910.jpg 7. Louis Sachse: Porträt nach Franz Krüger, ca. 1850, S. 77 Aus: https://www.digiporta.net/index.php?id=113461317 8. Gertrude Vanderbilt Whitney, ca. 1909, S. 91 Aus: https://en.wikipedia.org/wiki/Gertrude_Vanderbilt_Whitney#/media/Fil e:Gertrude_Vanderbilt_Whitney_(c_1909).jpg 9. Joseph Duveen, 1st Baron Duveen, 1920er Jahre, S. 100 Aus: https://en.wikipedia.org/wiki/Joseph_Duveen,_1st_Baron_Duveen 10. Daniel und Georges Wildenstein, frühe 1950er Jahre, S. 106 Aus: https://www.wildenstein.com. Foto: Wildenstein & Co. Inc. ©. 11. Alfred Flechtheim, ca. 1910, S. 117 Aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Flechtheim.jpg 12. Peter Wilson, 1959, S. 146 Aus: Keystone Press/Alamy Stock Photo 13. Alfred Schmela, 1961, S. 160 Aus: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a0/Schmela.jpg 14. Oliver Barker, 2020, S. 201 (courtesy Sotheby’s) Aus: https://www.artmarketmonitor.com/2021/01/22/after-pandemics-rapid-c hange-sothebys-has-8-predictions-for-2021/ 15. Decentraland, Galerie Sotheby’s, 2021, S. 206 Aus: https://decentraland.org/blog/announcements/sotheby-s-opens-a-virtual -gallery-in-decentraland/7

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Anmerkungen

Einleitung 1

2

3

Mit Nennung der männlichen Funktionsbezeichnung ist in diesem Buch, sofern nicht anders gekennzeichnet, immer auch die weibliche Form mitgemeint. Dirk Boll ist seit April 2022 Professor für Management und Bildende Kunst mit dem Schwerpunkt Kunstmarkt am Institut für Kultur- und Medienmanagement der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. https://www.saatchiart.com ist ein bekanntes Beispiel.

Die Antike 1

2 3

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Vgl. zum aktuellen Stand antiker Handelsrouten Veling, Alexander: Altwegeforschung. Forschungsstand und Methoden, Aventinus Varia, studentische Publikationsplattform Geschichte, Nr. 44, 28.03.2014 auf: https://www.aventinus-o nline.de/varia/wissenschaftsgeschichte Frankopan, Peter: Die neuen Seidenstraßen: Gegenwart und Zukunft unserer Welt, Berlin: Rowohlt 2019. Thurn, Hans Peter: Der Kunsthändler. Wandlungen eines Berufes, München: Hirmer 1994, S. 14 mit Verweis auf: Plinius Secundus d. Ä., Caius: Naturkunde, Buch XXXIII, München/Zürich: Heimeran 1984, S. 103ff, S. 107. Büttner, Nils: »Drei Koggen für ein Weltgericht«, in: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.08.2012 auf: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst markt/die-geschichte-der-kunstpreise-drei-koggen-fuer-ein-weltgericht-118 66868-p2.html H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 16 mit Verweis auf: Martial, Marcus Valerius: Epigramme, Buch IX, Nr. 59, Berlin/Stuttgart: Langenscheidtsche Bibliothek sämtlicher griechischer/römischer Klassiker, 6. Band, 1855–1890, S. 328f. Siehe auch zum Beginn des Auktionshandels Mühsam, Kurt: Die Kunstauktion, Berlin: Verlag für Kunstwissenschaft 1923.

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H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 17 mit Verweis auf: Arbiter, Petronius: Satyrikon. 3. Teil: Erlebnisse mit Eumolp, München: Winkler 1962, S. 106f. Die Römer bescherten uns mit ihrer Handelslust auch die kurioseste Auktion der Weltgeschichte: Sie versteigerten 193 n. Chr. das gesamte römische Reich. Nachdem die Prätorianergarde Kaiser Pertinax erschlagen hatte, bot sie das Reich dem Meistbietenden an. Der römische Senator Marcus Didius Julianus (133/137-193 n. Chr.) erhielt den Zuschlag: Um neuer Kaiser zu werden, zahlte er 6250 Drachmen pro Prätorianer, insgesamt 300 Mio. Sesterzen (Das wären heute ca. 14 Mio. EUR). Zwei Monate später wurde er jedoch von seinem Rivalen Septimus Severus ermordet. Seitdem gilt Marcus Didius Julianus als der Schutzpatron der Auktionatoren.

Europa vom Mittelalter bis zur Renaissance 1

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Vgl. Guerzoni, Guido: »The Italian Renaissance Courts’ Demand for the Arts: The Case of d’Este of Ferrara (1471–1560)«, in: North, Michael/Ormrod, David: Art Markets in Europe, 1400–1800, Aldershot: Routledge 1998, S. 61–80. Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 45. Vgl. dazu Martens, Maximiliaan P. J.: »Some Aspects of the Origins of the Art Market in Fifteenth-Century Bruges«, in: North/Ormrod: Art Markets in Europe, S. 19–27. Volker Reinhardt spricht von »implication of costs«. Reinhardt, Volker: »The Roman Art Market in the 16th and 17th Centuries«, in: North/Ormrod: Art Markets in Europe, S. 85. Thamer, Hans-Ulrich: Kunst sammeln, Darmstadt: Philipp von Zabern 2015, S. 32. »Der Begriff der Kunst- und Wunderkammern taucht erstmals im Testament von Erzherzog Ferdinand II. von Tirol, dem Schöpfer der Sammlungen auf Schloss Ambras, von 1594 auf.« H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 38. Um 1650 soll es in Frankreich mehr als sechzig, in Venedig mindestens siebzig Kuriositätensammlungen gegeben haben. Vgl. ebd. S. 43. Vgl. allgemein zum Thema Beßler, Gabriele: Wunderkammern: Weltmodelle von der Renaissance bis zur Kunst der Gegenwart, Berlin: Reimer 2009 und Mauriès, Patrick: Das Kuriositätenkabinett, Köln: DuMont 2011. Vgl. Blom, Phillipp: Sammelwunder, Sammelwahn. Szenen aus der Geschichte einer Leidenschaft, Frankfurt: Eichborn 2004, S. 37. Vgl. ebd., S. 26. Vgl. Wackernagel, Martin: »Giovanni della Palla, der erste Kunsthändler«, in: Die Kunst für alle, 51. Jg., München 1936, S. 214.

Anmerkungen

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Vgl. Burke, Peter: The Italian Renaissance. Culture and Society in Italy, Princeton: University Press 1986, S. 129. M. Wackernagel: »Giovanni della Palla, der erste Kunsthändler«, S. 215. Vasari selbst fährt in seiner Kritik an della Palla wie folgt fort: »[Palla hatte] alle vorzüglichen Bildhauereien und Malereien gekauft, die er nur erlangen konnte, hatte was nicht zu bekommen war nachbilden lassen und ohne irgendeine Schonung Florenz unendlich viel herrlicher Werke beraubt«. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 29 mit Verweis auf: Vasari, Nachdruck aus dem Jahr 1983, Band III, I, S. 440. Siehe weiter zu Palla bei Vasari: Band IV, S. 242f. Vgl. hierzu von Busch, Renate: Studien zu deutschen Antikensammlungen des 16. Jahrhunderts, Dissertation, Tübingen: doctoral 1973, S. 120f. Vgl. ebd. zur ungefähren Kaufkraft der Sammlung: »Die Kaufkraft […] entsprach nach heutigen Maßstäben ungefähr 2,685,114,00 €.« Vgl. die »Libri Antiquitatum«, München Hauptstaatsarchiv, Äußeres Archiv, 4853, 11 und 27 aus: Jansen, Dirk Jacob: »Jacopo Strada et le commerce d’art«, in: Revue de l’Art, 1987, Nr. 77, FN 22. Vgl. ebd., S. 12. Strada beauftragte häufig Alessandro Vittoria mit Restaurierungsaufgaben. Vgl. einer dieser Unterkäufer, Giovanni Battista Mondella, scheint nicht nur beim Ankauf der Sammlung Loredan von gewisser Bedeutung gewesen zu sein. Vgl. ebd., S. 12 mit Verweis auf die »Libri Antiquitatum«, 4852, ff. 13, 83, 122 und 185. Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 44. »Bewerber mussten neben einem juristischen Staatsexamen auch einen Abschluss im Bereich der Kunstgeschichte, angewandter Kunst oder Archäologie vorweisen« zitiert aus Boll, Dirk: Der Kampf um die Kunst. Handel und Auktionen positionieren sich am Kunstmarkt, Dissertation Halle 2005, FN 728 auf S. 137 mit Verweis auf Melikian, Souren: »A New Law in France«, in: International Herald Tribune vom 04./05.08.2001. Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 44. Baumbauer, Benno: »Die Sammlung des Willibald Imhoff (1519–1580) – ein Interview zur Nürnberger Kunstszene der Spätrenaissance«, in: K-NBG – Kunstnürnberg vom 05.07.2017 auf: https://kunstnuernberg.de/die-samml ung-des-willibald-imhoff-1519-1580-ein-interview/. Teile seiner Sammlung befinden sich heute in der Albertina, Wien, im Britischen Museum, London sowie im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg. Vgl. seine Biographie auf: https://www.deutsche-biographie.de/gnd118980882.html#ndbcontent . Die Liste der bedeutenden deutschen Renaissance-Sammler müsste um zahlreiche weitere Namen ergänzt werden. In Nürnberg hatte etwas später als Praun beispielsweise Martin Peller von Schoppershof (1559–1629) als Bürger eine unvergleichliche Sammlung von italienischen Meistern und Werken

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der Dürerzeit in seinem Renaissance-Schloss zusammengestellt, das »Pellerhaus« wurde erst 1945 großteils zerstört. Peller hatte zusammen mit seinem Schwiegervater, dem Venezianer Bartholomäus Viatis, in Nürnberg eines der wichtigsten internationalen Handelsunternehmen seiner Zeit gegründet, er wurde Lebzeiten zum reichsten Kaufmann in Nürnberg. 20 Schoch, Rainer: »Kunst des Sammelns: Das Praunsche Kabinett«, Ausstellungsbesprechung, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, 1994, in: Monatsanzeiger, Nr. 156, März 1994 n.p.

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Kaiser, Franz Wilhelm: »Die Geburt des Kunstmarktes?«, in: Kaiser/North: Die Geburt des Kunstmarktes (2017), S. 23. Ebd., S. 37 mit Verweis auf: North, Michael: Das Goldene Zeitalter: Kunst und Kommerz in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, Köln/Weimar: Böhlau Verlag, 2001, S. 100. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 68. Michael North: Die Geschichte der Niederlande, München: C. H. Beck 1997, S. 75. Überträgt man dieses Verhältnis auf die heutige Zeit auf die deutsche Künstlerhauptstadt Berlin mit seinen etwa 3,6 Mio Einwohner würden hier etwa 1.800 Künstler arbeiten. Es sind jedoch fast 10.000 Künstler im Jahr 2018 in der Künstlersozialkasse mit Wohnsitz Berlin registriert. Berlin hat demnach fast sechsmal so viele Künstler wie die Niederlande im 17. Jahrhundert. Vgl. auch die Anzahl der Künstler etwa 100 Jahr früher in Antwerpen: »Schätzungsweise lebten in den 1560er Jahren ungefähr 300 Künstler in Antwerpen, was auch immer genau darunter zu verstehen ist – etwa doppelt so viele wie Bäcker und dreimal so viele wie Metzger.« F.W. Kaiser: »Die Geburt des Kunstmarktes?«, in: Kaiser/North: Die Geburt des Kunstmarktes (2017), S. 21. Alpers, Svetlana: Rembrandt als Unternehmer. Sein Atelier und der Markt, Köln: DuMont 1989, S. 206. M. North: Die Geschichte der Niederlande, S. 60. François van Knibbergen (1597/98-1665), Jan Porcellis und Jan van Gocen (1596–1656) sollen »ihr bestes Bild jeweils innerhalb eines Tages gemalt haben. Insbesondere Jan van Goyen, Pieter de Molijn (1595–1661) und Salmon Ruysdael (1600-/03-1670) perfektionierten diese Technik in den 1630er und 40er Jahren und steigerten damit ihre Produktion.« Ebd. S. 60f. S. Alpers: Rembrandt als Unternehmer, S. 204. Vgl. Hook, Philip: Rogues’ Gallery, A History of Art and its dealers, London: Profile Books 2017, S. 9.

Anmerkungen

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Der Händler wurde »coopman van schilderien« genannt, er hieß Claes van Holland in Löwen. Vgl. F.W. Kaiser: »Die Geburt des Kunstmarktes?«, S. 90 mit Verweis auf: Vermeylen, Filip: Painting for the market. Commercialization of Art in Antwerp’s Golden Age, Turnhout: Brepols 2003, S. 62. 10 Der Verkauf von Kunst durch Künstler hat eine lange Tradition. Im Jahr 1521 versuchte Dürer beispielsweise, in den Niederlanden nicht nur eigene Arbeiten zu verkaufen, sondern auch diejenigen von Hans Baldung Grien und Hans Leonhard Schäufelein. Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 53. 11 Vgl. Warners Übersetzung der Menaechmi von Plautus: Warner, William/ Rouse, W. H. D.: The Menaechmi, London: Catto & Windus 1912. 12 F.W. Kaiser: »Die Geburt des Kunstmarktes?«, in: Kaiser/North: Die Geburt des Kunstmarktes (2017), S. 96. Kaiser verweist hier auch auf »Würfelspiele oder Schießwettbewerbe«, bei denen Kunstwerke gewonnen werden konnten. 13 Ebd., S. 96. 14 Philip Hook schreibt dazu: »Being handled, in effect, by a dealer, had an interesting effect on Rembrandt’s production. It meant he painted many more portraits, because van Uylenburgh procured for him a rapidly growing number of commissions. In fact of the 100 or so portraits Rembrandt painted in his career, half were crammed into the four years he worked for van Uylenburgh.« Siehe P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 18. 15 Vgl. S. Alpers: Rembrandt als Unternehmer, S. 178. 16 Ebd., S. 241. 17 Ebd., S. 249 und S. 260. 18 Ebd., S. 257. 19 Ebd., S. 246. 20 Vgl. Lammertse, Friso/van der Veen, Jaap: Uylenburgh & Son: Art and Commerce from Rembrandt to de Lairesse, 1625–1675, Amsterdam: Waanders 2006. 21 Vgl. F.W. Kaiser: »Die Geburt des Kunstmarktes?«, in: Kaiser/North: Die Geburt des Kunstmarktes (2017), S. 150. 22 Vgl. ebd., S. 156. 23 Vgl. Bredius, Abraham: Künstler-Inventare: Urkunden zur Geschichte der holländischen Kunst des 16ten, 17ten und 18ten Jahrhunderts, Haag: Martinus Nijhoff 1915–1917, S. 229–239. 24 Vgl. hierzu Lammertse, Friso/van der Veen, Jaap: »Der Amsterdamer Kaufmann und Kunsthändler Johannes de Renialme und sein Gemäldebestand in den Jahren 1640, 1650 und 1657«, in: Kaiser/North: Die Geburt des Kunstmarktes (2017), S. 170f. 25 Ebd., S. 180. 26 Ebd., S. 182.

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Namentlich bekannt sind Maler wie Franciscus Hamers, Peter van de Velde, Willem van Herp, Abraham Willemsens oder Simons de Vos. Vgl. die Webseite von Christie’s auf: https://www.christies.com H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 68. Vgl. die Untersuchungen von Montias wie Montias, John Michael: »Works of Art in Seventeenth-Century Amsterdam: An Analysis of Subjects and Attributions«, in: Freedberg, David/Vries, Jan de (Hg.): Art in History. History in Art. Studies in Seventeenth Century Dutch Culture, Santa Monica: Getty Center for the History of Art and the Humanities 1991, S. 331–372 und Montias, John Michael: Artists and Artisans in Delft. A Socio-Economic Study of the Seventeenth Century, Princeton: University Press 1982. F.W. Kaiser: »Die Geburt des Kunstmarktes?«, in: Kaiser/North: Die Geburt des Kunstmarktes (2017), S. 25. Vgl. Tabellen nach Montias: »Artists«, Tab. 8.3 aus: M. North: Das Goldene Zeitalter, S. 102f. Vgl. ebd., S. 102. Vgl. die Liste der Künstlerviten auf: https://www.dbnl.org/tekst/mand001schi 01_01/ M. North: Das Goldene Zeitalter, S. 122. Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 68. Oder 330.000 Livres gemäß Wagner, Rita: »Kölner Kunstsammler und Global Player. Von der Sternengasse nach Paris – Die Familie Jabach«, in: Lewejohann, Stefan (Hg.): Köln in unheiligen Zeiten. Die Stadt im Dreißigjährigen Krieg, Ausstellungskatalog Kölnisches Stadtmuseum 14.06.-05.10.2014, Köln: Böhlau 2014, S. 117–126. »Unter den verkauften Werken befanden sich 5427 Blätter mit Zeichnungen von Michelangelo, Raffael und anderen Meistern der italienischen Renaissance sowie Werke von Dürer und Hans Holbein.« H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 67. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 67.

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Vgl. North, M.: »Der niederländische Kunstmarkt und seine Ausstrahlung auf Europa«, in: Kaiser/North: Die Geburt des Kunstmarktes (2017), S. 11. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 28. Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 68. Der erste erhaltene Auktionskatalog mit Abbildungen stammte aus Frankreich aus dem Jahr 1699, vgl. das vorherige Kapitel 3.2. Vgl. die Angaben im Magazin des Londoner Auktionshauses Bonhams auf: htt ps://www.bonhams.com/magazine/14980/.

Anmerkungen

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David Ormord: »The Origins of the London Art Market (1660–1730)«, in: North/ Ormrod: Art Markets in Europe, S.182. 6 Vgl. die Angaben auf der Webseite von Christie’s auf: https://www.christies.co m/auctions/the-history-of-christies-auction-house. Vgl. auch zur Geschichte des Versteigerungswesens in England Roberts, William: Memorials of Christie’s, a record of art sales from 1766 to 1896, 2 Bd., London: George Bell and Sons 1897. 7 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 30. 8 Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 89. 9 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 27. 10 »The word ›true‹ with his signature on the back of a work of art was a widely accepted imprimatur of its genuineness and quality. Many outstanding works on paper today in major museums bear Pond’s mark.« Vgl. ebd., S. 29f. 11 Vgl. ebd., S. 30. 12 Barrell, John: »The English pleasures of Vauxhall«, in: The Times vom 25.01.2012. 13 Vgl. Glorieux, Guillaume: À l’Enseigne de Gersaint: Edme-François Gersaint, marchand d’art sur le Pont Notre-Dame, Paris: Champ Vallon 2002. 14 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 74. 15 Ebd., S. 61. 16 P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 37. 17 Spieth, Darius A.: »Jean-Baptiste Pierre Lebrun, marchand d’art et promoteur du premier Louvre«, in: Grande Galerie – Le Journal du Louvre, Sept./Okt./Nov. 2015, Nr. 33, Paris: Musée du Louvre, S. 100f. 18 Im Original heißt es: »Dandy avant la lettre, homme à femmes, jacobin par intérêt, marchand d’art malhonnête et manipulateur.« Vgl. ebd., S. 98. 19 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 66. 20 Vgl. P. Blom: Sammelwunder, Sammelwahn, S. 194. 21 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 66. 22 North, M.: Vorwort, in: Kaiser/North: Die Geburt des Kunstmarktes (2017), S. 8f. 23 Pierre Cabanne: Die Geschichte großer Sammler – Von der Liebe zu den Kunstwerken und der Leidenschaft, sie zu sammeln, Bern/Stuttgart: Scherz 1961, S. 26. 24 Ebd., S. 28. 25 H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 68. 26 Vgl. ebd., S. 89f. 27 Vgl. P. Blom: Sammelwunder, Sammelwahn, S. 184. 28 H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 86f. 29 Cabanne schreibt: »Zu den wenigen italienischen Arbeiten in den kaiserlichen Sammlungen kamen durch die Sammlung Brühl Werke von Albani, Guido Reni und Crespi. Am schwächsten waren die Franzosen repräsentiert: neben zwei

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Gemälden von Watteau erwarb Katharina mit der Sammlung Brühl einen Poussin und einen Valentin.« P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 26. Vgl. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 69f. Vgl. ebd., S. 69. Ebd., S. 69. Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 91f. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 70. Ebd., S. 69. Ebd., S. 69f. Vgl. Ring, Peter: »Bevölkerung«, in: Berlin Handbuch. Das Lexikon der Bundeshauptstadt, Berlin: FAB Verlag 1992, S. 237 und H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 77. Siehe dazu auch Nicolai, Friedrich: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend. Dritte völlig umgearbeitete Auflage, Berlin 1786, Zweyter Band (Neudruck Berlin 1968, ohne Verlagsnennung), S. 588. Vgl. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 95. Vgl. ebd., S. 96. Ebd., S. 110. »Schlegel fertigte Beschreibungen der mittelalterlichen Kunstwerke an und konnte seine Anhänger für die Sammlung begeistern.« Nebelung, Alexandra: Sammler-Duo: Die Brüder Boisserée, aus: Gersmann, Gudrun/Grohé, Stefan (Hg.): Ferdinand Franz Wallraf (1748–1824) — Eine Spurensuche in Köln (DOI: https://dx.doi.org/10.18716/map/00001), in: mapublishing, 15.03.2017, Seitentitel: Sammler-Duo: Die Brüder Boisserée mit Verweis auf: Thierhoff, Bianca: Ferdinand Franz Wallraf (1748–1824). Eine Gemäldesammlung für Köln, Köln: Kölnisches Stadtmuseum 1997, S. 120. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 110f. Vgl. die Webseite des Städels auf: https ://www.staedelmuseum.de/de/das-staedel-museum

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Vgl. https://www.leipzig-lexikon.de Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurden an zahlreichen Orten in den USA und Europa Vermittlungsstellen aufgebaut: »Erst 1881, als in den USA bereits fast alle Städte über 15.000 Einwohner ein Telephonnetz besaßen, wurde in Berlin die erste Fernsprechvermittlungsstelle in Deutschland mit acht Teilnehmern versuchsweise in Betrieb genommen. Von da an ging die Entwicklung auch in Deutschland rasant voran. Im Jahr 1910 waren weltweit 10 Mio. Fernsprecher an die Vermittlungsstellen angeschlossen, davon allein in Deutschland 941.000. 1930 gab es in Deutschland rund 3,2 Mio. Telefonanschlüsse. Das erste schnur-

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lose Mobiltelefon kam im Juni 1983 auf den Markt. Es war über 20 cm lang und der Akku nach einer halben Stunde Sprechzeit leer. Heute bestehen allein in Deutschland rund 100 Mio. Handy-Verträge und 39 Mio. Festnetzanschlüsse.« Aus: https://www.dhm.de/lemo/rueckblick/oktober-1861-die-erfindung-des-t elefons.html Bis heute finden besondere Kunstaktionen nachts statt: Es gibt immer noch »Kunstnächte« wie die »Nacht der Museen«. Dann haben öffentliche und private Museen bis nach Mitternacht zeitgleich geöffnet oder es werden nächtliche »Kunstaktionen« und »Nachtausstellungen« organisiert, bei denen Künstler nachts gemeinsam oder alleine Kunstwerke im Beisein der Öffentlichkeit schaffen. Vgl. Koja, Stephan: Claude Monet, München: Prestel 1996, S. 23. Vgl. ebd., S. 23. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 59. 1925 wurde London in der Größe von New York überholt. Dies spiegelte sich ebenfalls im Kunstmarkt wider, als sich der Haupthandelsplatz von London nach New York verschob. Es heißt: »[…] one of the most famous sales of the century.« Vgl. den Ausstellungskatalog: Horace Walpole & Strawberry Hill, Victoria & Albert Museum South Kensington, London, 06.03.-04.07.2010 auf: https://www.vam.ac.uk/c ontent/articles/h/horace_walpole_exhibition Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 41f. Stewart sollte alle Käufernamen erfragen: Vgl. ebd., S. 45. Als Vorbereitung für einen Verkauf von Werken bei Christie’s im Jahr 1804 bestach Buchanan zudem einen Mitarbeiter des Auktionshauses, um eine Liste von Käufern von vorherigen Auktionen zu erhalten. Vgl. ebd., S. 51. »Youth and beauty was preferable to old age, he noted: ›St. Jerome, St. Francis and the like do not take. Young St Johns – Virgins and Child, Venus and Cupids… on the other hand are the rage‹.« Ebd., S. 46. Vgl. ebd., S. 46. Vgl. ebd., S. 52. Grosvenor, Bendor: »How to spot a knackered picture?«, in: The Art Newspaper vom 09.03.2017. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 55. Dieser Katalog wurde die Grundlage für das Werk von Cornelis Hofstede de Groot, das jahrzehntelang als Standardwerk für die holländische Malerei des 17. Jahrhunderts galt: Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des 17. Jahrhunderts, 10 Bände, die von 1907 bis 1928 auf Deutsch und Englisch in Esslingen, Paris und London erschienen sind.

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Das Bild von Rubens befindet sich heute in den National Gallery, London, das von Botticelli in den National Galleries in Scotland, Edinburgh. 18 Zunächst wurde der Sohn Richard Jackson genannt. Erst nach dem Tod seines Großvaters, des dritten Marquis von Hertford im Jahr 1842, nannte er sich nach dem Geburtsnamen seiner Mutter, Wallace. Die Wallace stammten aus Schottland »Wallace of Craigie«. Vgl. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 46. 19 Vgl. ebd., S. 44f. 20 Vgl. ebd., S. 44f. 21 Vgl. ebd., S. 53. 22 Vgl. ebd., S. 55f. 23 Vgl. Barrow, Rosmary J.: Lawrence Alma-Tadema, London: Phaidon Press 2003. 24 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 67. 25 Philip Hook schreibt dazu: »His influence didn’t just increase prices; it affected the sheer volume of artistic production in the mid-nineteenth century.« Und »Contemporary art had never been so valuable.« Vgl. ebd., S. 57f. 26 Vgl. ebd., S. 60. 27 Vgl. ebd., S. 61. 28 Vgl. die Erfindung des Bioskop-Films durch die Gebrüder Skladanowsky: Castan, Joachim: Max Skladanowsky oder der Beginn einer deutschen Filmgeschichte, Stuttgart: Füsslin 1995. 29 Aktuell wird die Agnew’s Gallery von einem ehemaligen Christie’s Experten, Lord Anthony Crichton-Stuart, geleitet. Vgl. https://www.agnewsgallery.com 30 »The key to the successful commercial exploitation of a new and highly anticipated work was excluding it from exhibition at the Royal Academy, giving it its ›premiere‹ in a place and at a time under your control as a dealer.«, P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 65. 31 Vgl. die Angaben der Royal Collection Trust. Seit 1947 ist das Gemälde im Besitz der Königsfamilie, siehe dazu die Angaben auf der Webseite der königlichen Sammlung auf: https://www.rct.uk/collection/405292/the-railway-station 32 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 65. 33 »So a large number of important works were released on to the art market out of grand English houses.« Ebd., S. 193. 34 P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 279. 35 Es gab beispielsweise Giroux am Boulevard de la Madeleine, Susse an der Place de la Bourse und Biriant an der Rue de Clay. Vgl. dazu ebd., S. 94. Nach 1851 eröffneten in Paris neue Galerien: Françis Petit, Détrimont, Thomas, Cachard und Goupil. 36 Vgl. ebd., S. 92. 37 Vgl. Matzner, Alexandra: »Paul Durand-Ruel. Galerist der Impressionisten«, in: Art In Words vom 15.10.2014 über die Ausstellung »Paul Durand-Ruel. Le pari

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de l’impressionism«, Ausstellung 2014/2015 in Luxembourg, London und Philadelphia https://artinwords.de/paul-durand-ruel/ P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 98. Vgl. A. Matzner: »Paul Durand-Ruel« (2014). Vgl. Brodskaïa, Natalia/Kalitina, Nina: Das ultimative Buch über Claude Monet, Singapur: Parkstone International 2015 als E-Book veröffentlicht, n. p. Vgl. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 104. 1872 kaufte DurandRuel zwei Manets für je achthundert Francs an, den »Hafen von Boulogne bei Mondschein« und das »Stillleben mit dem Salm«. »Insgesamt veranstaltete Durand-Ruel in seiner Londoner Galerie von 1870 bis 1875 zehn Ausstellungen. Sie umfaßten jedesmal hundertzwanzig bis hundertdreißig Bilder von Manet, Monet, Sisley, Pissarro, Renoir und Degas, von Daubigny, Diaz, Dupré, Fromentin, aber auch von ›akademischen‹ Malern wie Isabey, Ricard, Ziem und sogar von Cabanel und Roybet.« Ebd., S. 102. Vgl. ebd., S. 106. »feindseliges Geschrei […], wenn Bilder von Manet, Pissarro, Sisley, Monet oder Renoir angeboten wurden!« Ebd., S. 107. Vgl. ebd., S. 72. Anlässlich dieser Ausstellung wurde eine Broschüre herausgegeben mit dem Titel »La Nouvelle Peinture. À propos du groupe d’artistes qui expose dans les galeries Durand-Ruel«. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 112. Vgl. die Ausstellung »Paul Durand-Ruel le pari de l’impressionisme« im Musée de Luxembourg in Paris, die bis zum 08.02.2015 zu sehen war und den dazu gehörenden Katalog von Sylvie Patry, Musée de Luxembourg, Paris: ML 2014 sowie erneut P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 112. Vgl. A. Matzner: »Paul Durand-Ruel« (2014). Siehe auch P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 98: »Paul Durand-Ruel versäumte es nie, sich an bedeutenderen Versteigerungen zu beteiligen, um die Preise für Arbeiten ›seiner‹ Maler in die Höhe zu treiben.« P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 110. Kritisch war in dieser Zeit, dass seine Bank, die L’Union générale, 1882 Bankrott erklärte und er Schulden zurückzahlen musste. Aus dieser Zwangssituation heraus verkaufte er zahlreiche Werke der Schule von Barbizon unter dem Einkaufspreis. Vgl. Assouline, Pierre: Grâces lui soient rendues: Paul Durand-Ruel, le marchand des impressionistes, Paris: Plon 2002. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 105. Philip Hook schreibt dazu: »About 20 per cent of it (by value) sold, for a total of $ 17,100.«, P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 118. Ebd., S. 231. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler S. 113.

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»So verkaufte er 1906 El Grecos »Himmelfahrt Mariae« an das Art Institute of Chicago […].« Vgl. A. Matzner: »Paul Durand-Ruel« (2014). Vgl. ebd. Vgl. die Webseite des Nachlasses zum Kunsthändler: »It is probably the most exceptional Impressionist exhibition ever held.« https://www.durand-ruel.fr/ en/paul-durand-ruel. Siehe auch Alexandra Matzner: »[…] die wichtigste Ausstellung mit 315 Werken der Impressionisten, die Durand-Ruel mit 196 Werken aus seiner privaten Sammlung organisierte.« A. Matzner: »Paul Durand-Ruel« (2014). Vgl. erneut die Webseite des Nachlasses des Kunsthändlers auf: https://www. durand-ruel.fr Vgl. die Angaben des Paul Durand-Ruel Archivs auf der Webseite des Nachlasses auf: https://www.durand-ruel.fr/fr/paul-durand-ruel Kropmanns, Peter: »Wirklich ein Pionier«, in: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26.08.2017 auf: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunstmarkt/ buchrezension-wirklich-ein-pionier-15166357-p3.html. Siehe auch H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 119. Vgl. vor allem die Dissertation von Ahrens, Anna: Der Pionier. Wie Louis Sachse in Berlin den Kunstmarkt erfand, Köln: Böhlau 2017. P. Kropmanns: »Wirklich ein Pionier« (2017). Aus diesem Grund wird er auch als »Entdecker Menzels« gesehen vgl. A. Ahrens: Der Pionier, 2017 sowie Schlagenhauff, Annette: »Die Kunst zu Handeln: Louis Friedrich Sachse. Lithograph, Kunstförderer und Kunsthändler in Berlin«, in: Jahrbuch der Berliner Museen, 42. Band, Berlin: Gebr. Mann Verlag 2000, S. 259–294. P. Kropmanns: »Wirklich ein Pionier« (2017). H.P. Thurn fasst zusammen: »Bis Mitte der sechziger Jahre stellt Sachse 1200 Künstler aus über einem Dutzend Nationen aus; mehr als 4000 Gemälde passieren seine Schauräume. Seine Vorliebe gilt der aktuellen Malerei, Deutsche und Franzosen stellen das Hauptkontingent. Delacroix, Rousseau, Corot schätzt er hoch, wie er auch Karl Blechen, Adolph Menzel, Anselm Feuerbach fördert.« H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 117–118. A. Ahrens verweist darauf: »In Sachses permanenter Gemäldeausstellung reihte sich bald eine Auktion an die nächste. Im März 1870 fand die vierte große Berliner Versteigerung von 63 Ölgemälden und ›gemalten Studien‹ aus dem Nachlass von Johann Wilhelm Schirmer statt.« A. Ahrens: Der Pionier, S. 474. Vgl. auch Brendicke, Hans: »Rudolph Lepkes 1000. Katalog.«, in: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Nr. 12, 1895, S. 46–48 auf: https://digita l.zlb.de/viewer/image/14688141_1895/53/

Anmerkungen

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Vgl. ebd. Der Aufstieg Lepkes zum führenden Auktionshaus wäre nicht ohne das »Wohlwollen der königlichen und städtischen Behörden« möglich gewesen. Hierzu heißt es: »Inhaber: 1900–1935 zu je einem Drittel im Besitz der Brüder Adolf und Gustav Wolffenberg und Hans Carl Krüger. Zum 31.12.1935 erhalten die Brüder Wolffenberg aufgrund ihrer jüdischen Abstammung Berufsverbot und verkaufen ihre Anteile an H. C. Krüger […]; im Auktionskatalog 2096 vom 6.-7. Dezember 1935 ist Hans Carl Krüger erstmals als Inhaber angeführt.« Aus: Auktionshäuser in Berlin, https://www.arthistoricum.net/themen/portale/ger man-sales/auktionshaeuser-a-z/auktionshaeuser-deutschland-a-z/berlin/ Enderlein, Angelika: Der Berliner Kunsthandel in der Weimarer Republik und im NS-Staat: Zum Schicksal der Sammlung Graetz, Berlin: De Gruyter 2006. Vgl. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 143. Vgl. A. Ahrens: Der Pionier, S. 485. Vgl. museum digital auf: https://st.museum-digital.de/index.php?t=people&i d=4179&cachesLoaded=true Vgl. vor allem Dorrmann, Michael: Eduard Arnhold – Eine biographische Studie zu Unternehmer- und Mäzenatentum im Deutschen Kaiserreich, Berlin: Akademie Verlag 2002 und von Becker, Peter: »Eduard Arnhold: Der Magnat als Mäzen«, in: Der Tagesspiegel vom 08.08.2015 auf: https://www.tagesspieg el.de/kultur/-berliner-kunstfoerderer-eduard-arnhold-der-magnat-als-mae zen/12163752.html »In Paris bei Durand-Ruel, den er [Arnhold] zusammen mit Tschudi und Liebermann besuchte, erwarb Arnhold kurz entschlossen für 10.000 Francs Monets ›Pourville bei Ebbe.‹« H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 161. Vgl. die Webseite der Villa Massimo in Rom auf: https://www.villamassimo.de /de/informationen H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 163. Die Villa Massimo ist heute im Besitz der Bundesrepublik Deutschland. Auf der Webseite heißt es: »Zusammen mit dem Bildhauer Louis Tuaillon und dem Architekten Maximilian Zürcher leitet er [Arnhold] den Bau der Gebäude und die Anlage des Parks, die damals bereits 2 Millionen Mark kosten, und schenkt sie 1911, noch vor Fertigstellung, dem preußischen Staat. […] Außer dem Bau und der Schenkung der Villa Massimo unterstützt er ebenfalls die Neugründung der Bibliotheca Hertziana in Rom.« Zudem gibt es immer noch die »Stiftung Eduard Arnhold Hilfsfond«, die seit 1971/1972 in der Akademie der Künste in Berlin integriert ist und bedürftige Künstler unterstützt. Vgl. die Angaben auf den jeweiligen Webseiten: https://www.villamassimo.de/de/informatione n und https://www.kulturpreise.de. Auf der Webseite der Villa Massimo wird Näheres zur heutigen Aktivität erklärt: »Das Stipendium der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo und der Deutschen Akademie Rom Casa Baldi ist die

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bedeutendste Auszeichnung für deutsche Künstler im Ausland. […] Jeweils für ein Jahr vergibt die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters, das Stipendium der Villa Massimo an neun von Bundesländern und einer nationalen Jury ausgewählte Künstler. Die Stipendiaten gehören zur Elite deutscher Künstler. Die Komponisten, Schriftsteller, Architekten und Bildenden Künstler leben in zehn großzügigen Ateliers mit anliegender Wohnung.« 77 Vgl. die Erklärungen der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz in Berlin auf: https://www.smb-digital.de 78 In dem bekannten Bild »Das Frühstück der Ruderer« von Pierre-Auguste Renoir aus dem Jahr 1880/1881 wurde Charles Ephrussi porträtiert. 79 Vgl. Pucks, Stefan: »Von Manet zu Matisse. Die Sammler der französischen Moderne in Berlin«, in: Prinz von Hohenzollern, Johann Georg/Schuster, PeterKlaus (Hg.): Manet bis van Gogh. Hugo von Tschudi und der Kampf um die Moderne, München: Prestel 1996, S. 386. 80 Vgl. die Pressereaktionen in der Tageszeitung wie der »Vossischen Zeitung«, Nr. 473 vom 10.10.1883, in: Paul, Barbara: »Drei Sammlungen französischer impressionistischer Kunst im kaiserlichen Berlin – Bernstein, Liebermann, Arnhold«, in: Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, Bd. 42, Berlin 1988, S. 11–15. 81 Waagen, Gustav Friedrich: Verzeichniß der Gemälde-Sammlung des am 18. Januar zu Berlin verstorbenen königlichen schwedischen und norwegischen Konsuls J. H. W. Wagener, welche durch letztwillige Bestimmung in den Besitz S. M. des Königs übergegangen ist, Berlin: Decker 1861, Ausgabe von 1871, S. V. 82 H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 165. 83 Eine genaue Liste, welcher Mäzen welches Kunstwerk bezahlt hat, findet sich auf der Webseite der Münchner Pinakotheken auf: https://www.sammlung.pi nakothek.de/de/artist/henri-matisse/nature-morte-au-geranium 84 Genau dieses Bild wurde jedoch nicht von den Mendelssohns bezahlt, vgl. die Webseite der Münchner Pinakotheken: »1912 erworben als Schenkung von Marcus Kappel im Rahmen der Tschudi-Spende. […] Hugo von Tschudi gab dieses Bild direkt bei Henri Matisse in Auftrag, nachdem er den Künstler im Oktober 1909 in seinem neuen Atelier in Issy-les-Moulineaux besucht hatte. 1912 wurde es mit Hilfe der Tschudi-Spende für München erworben und war damit eines der ersten Gemälde des Künstlers in öffentlichem Besitz. 1955 wurde es auf der ersten Documenta in Kassel gezeigt, was die Relevanz des Werks für die Moderne verdeutlicht.« https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artist/hen ri-matisse/nature-morte-au-geranium 85 Weitere Vereine wurden gegründet: Hamburg (1817), Darmstadt, Karlsruhe (beide 1818) und München (1823/24) und kurz nach Berlin Dresden (1828) und Düsseldorf (1829).

Anmerkungen

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Donath, Adolph: »Bode und die Privatsammler«, in: Der Kunstwanderer, Nr. 7, 1925, S. 151f. 87 Vgl. Secrest, Meryle: Duveen. A Life in Art, Chicago: University of Chicago Press 2004, S. 75–77. 88 »[…] Less than four hours after Kopp arrived in his London office, Joseph Duveen was on the train for Berlin.« Vgl. ebd., S. 76. 89 H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 146. 90 Duveen verkaufte die Skulpturen für 5 Mio. Dollar weiter. Vgl. M. Secrest: Duveen, S. 77. 91 Vgl. die Webseite der Staatlichen Museen zu Berlin auf: https://www.smb.mu seum/museen-und-einrichtungen/james-simon-galerie/ueber-uns/james-si mon.html 92 Vgl. ebd. 93 Vgl. allgemein dazu Waechter, Matthias: Die Erfindung des amerikanischen Westens. Die Geschichte der Frontier-Debatte, Freiburg i. Br.: Rombach 1996. 94 Vgl. P. Blom: Sammelwunder, Sammelwahn, S. 149. 95 Eines dieser Mammuts, das »Peale Mammut«, befindet sich heute im Landesmuseum Darmstadt. Alexander von Humboldt hatte das Skelett 1804 in Peales Museum in Philadelphia gesehen. Vgl. die Ausstellung »Alexander von Humboldt and the United States: Art, Nature, and Culture« im Smithsonian American Art Museum, Washington, 20.03.-16.08.2020 und den gleichnamigen Ausstellungskatalog von Eleanor Jones Harvey (Hg.) mit einem Vorwort von HansDieter Sues, Princeton: University Press 2020. 96 Vgl. die Webseite der Academy auf: https://www.pafa.org/about/mission-and -history 97 Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 181. 98 Vgl. Cohen, Patricia: »A Gallery That Helped Create the American Art World Closes Shop After 165 Years«, in: The New York Times vom 08.02.2016 auf: htt ps://www.nytimes.com /2011/12/01/arts/design/knoedler-art-gallery-in-nyccloses-after-165-years.html 99 Vgl. Zalewski, Leanne: »›A Public-Spirited Merchant‹: Samuel P. Avery, Art Dealer, Advisor, Philanthropist«, in: Catterson, Lynn (Hg.): Dealing Art on Both Sides of the Atlantic, 1860–1940, Boston: Brill 2017, S. 91–113. 100 »Avery served unofficially as the museum’s leading art adviser.« Ebd., S. 101. Das Museum beschrieb 1870 seine Zielsetzung wie folgt: »The Metropolitan Museum of Art was founded on April 13, 1870, ›to be located in the City of New York, for the purpose of establishing and maintaining in said city a Museum and library of art, of encouraging and developing the study of the fine arts, and the application of arts to manufacture and practical life, of advancing the general knowledge of kindred subjects, and, to that end, of furnishing popular

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instruction.‹« Vgl. die Webseite des Metropolitan Museum of Art auf: https:// www.metmuseum.org/about-the-met Vgl. die Webseite des Carnegie Museum of Art auf: https://cmoa.org/about/hi story-of-the-carnegie-international/ Vgl. ebd.: »More than 100 years later, at least 300 works have entered Carnegie Museum of Art’s permanent collection through the Internationals, including works by Georg Baselitz, Louise Bourgeois, Mary Cassatt, Eduardo Chillida, Willem de Kooning, Childe Hassam, Edward Hopper, Ellsworth Kelley, Mike Kelley, Anselm Kiefer, Sol LeWitt, Camille Pissarro, Sigmar Polke, Georges Rouault, John Singer Sargent, Richard Serra, Cindy Sherman, and Andy Warhol, among others.« Vgl. das Hochschulblatt »Uni/in/form«, Kontakte, Ausgabe Nr. 1/2004, Mai 2004, S. 15 auf: https://docplayer.org/39643419-Georg-august-universitaet-go ettingen-prof-von-figura-neuer-uni-praesident.html Nach der Kaufkraft von 2014 besaß Andrew Carnegie ein Vermögen von 372 Mrd. US-Dollar und lag damit nach John D. Rockefeller und Cornelius Vanderbilt an dritter Stelle der reichsten US-Bürger zu seiner Zeit. »[…] the most valuable single-owner sale in auction history, the offerings include both a Picasso painting that may go for more than $100 million and costume jewelry with pre-sale estimates under $500.« Woodham, Doug: »Inside the Mind of David Rockefeller, Titan of Art Collecting«, in: Artsy, 19.04.2018 auf: https://www.artsy.net/article/artsy-editorial-inside-mind-david-rockefe ller-titan-art-collecting Die mehr als 1500 Lose wurden sowohl live als auch online an mehreren Tagen hintereinander versteigert. Vgl. Schaernack, Christian: »Die Rockefeller-Auktion bricht alle Rekorde«, in: Neue Zürcher Zeitung vom 11.05.2018 auf: https: //www.nzz.ch/feuilleton/die-rockefeller-auktion-bricht-alle-rekorde-ld.1384 873. Zum Zweck der Spende: »[…] all sale proceeds going to nonprofit organizations, including his alma mater Harvard University, the MoMA, the Council on Foreign Relations, and Rockefeller University.« D. Woodham: »Inside the Mind of David Rockefeller«, in: Artsy vom 19.04.2018.

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Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 89. Vgl. ebd., S. 73 und S. 91. Vgl. die Webseite des Whitney Museum of Art auf: https://whitney.org/About/ History »Das Frick-Museum und das Solomon-R.-Guggenheim Museum in New York, das Isabelle-Stewart-Gardner Museum in Boston, die Phillips- und Freer-Ga-

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lerien in Washington, die Walters Art Gallery in Baltimore, die Barnes Foundation in Philadelphia und die Galerien der Universitäten Yale und Harvard gehören zu den schönsten und bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt.« P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 206. Hoffmann, Hilmar (Hg.): Das Guggenheim-Prinzip, Köln: DuMont 1999. Vgl. den Ausstellungskatalog Art of Tomorrow: Hilla Rebay and Solomon R. Guggenheim mit Beiträgen von Robert Rosenblum, Brigitte Salmen, Karole P.B. Vail, Roland von Rebay u.a., New York: Guggenheim Museum Verlag 2005. Vgl. Vail, Karole (Hg.): The Museum of Non-Objective Painting: Hilla Rebay and the Origins of the Solomon R. Guggenheim Museum, New York: Guggenheim Museum Verlag 2009. Vgl. die Webseite der Barnes Foundation mit der genauen Auflistung der Werke wie »The collection includes the world’s largest holdings of paintings by Renoir (181) and Cézanne (69), as well as significant works by Matisse, Picasso, Modigliani, Van Gogh, and other renowned artists.« Auf: https://www.barnesfoundati on.org/whats-on/collection P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammle, S. 233. Die Auseinandersetzung zwischen Barnes und Corbusier dauerte mehrere Tage. Barnes beschuldigte den Architekten u.a., dass dieser »betrunken« am Abendessen teilgenommen hätte. Vgl. die Beschreibung der Konfrontation zwischen den beiden in: Bacon, Mardges: Le Corbusier in America: Travels in the Land of the Timid, Cambridge (MA): MIT Verlag, 2001, S. 99f. Die »Copley Society of Art« (Co|So) ist die älteste Non-Profit Kunstvereinigung in den USA, die auf das Jahr 1879 zurückgeht. Vgl. die Webseite der Copley Gesellschaft auf: https://copleysociety.org/content/about-society Lepenies, Wolf: »Wie die schönen Franzosen Amerika eroberten«, in: Die Welt vom 29.05.2007 auf: https://www.welt.de/kultur/article902274/Wie-die-schoe nen-Franzosen-Amerika-eroberten.html Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 218. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 186 mit Verweis auf: Brown, Milton W.: The Story of the Armory Show, New York: Abbeville Verlag 1988, S. 221f. Selbst als 2007 in der Berliner Neuen Nationalgalerie die Ausstellung Französische Meisterwerke des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung des Metropolitan Museum of Art stattfand, wurde nochmals darauf verwiesen, dass die französischen Gegenwartskünstler der Armory Show 1913 in der Presse sehr schlecht bewertet wurden. Es heißt: »Auf einer Ausstellung in New York wurden 1913 ›einige der dümmsten und hässlichsten Bilder, die es auf der Welt gibt‹, gezeigt. So spottete die amerikanische Presse und erregte sich über die Machwerke eines ›abgerissenen französischen Vagabunden‹, die Pinseleien eines ›halb-verrück-

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ten flämischen Selbstmörders‹ und die Stümpereien eines ›übel beleumdeten Weltenbummlers‹. Gemeint waren damit Gemälde von Cézanne, Vincent van Gogh und Gauguin.« Vgl. W. Lepenies: »Wie die schönen Franzosen Amerika eroberten« (2007). 18 Saltz, Jerry: »Rückkehr zur Armory-Show von 1913«, in: Monopol, Blog vom 28.02.2013 auf: https://archiv.monopol-magazin.de/blogs/der-kritiker-jerrysaltz-blog/201341/Armory-Show-1913-jerry-saltz.html 19 Hulten, Pontus/Dumitresco, Natalia et al.: Brancusi, Stuttgart: Klett-Cotta 1986, S. 90. 20 W. Lepenies: Wie die schönen Franzosen Amerika eroberten (2007). 21 Ebd. 22 Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 187. 23 Vgl. Peterson, Christian A.: Alfred Stieglitz’s Camera Notes, New York: W.W. Norton & Co. 1993, S. 9–60. 24 Es gab 50 reguläre Ausgaben und drei Sondernummern, die Doppelhefte Nr. 34/35, 42/43 und 49/50. Alle Ausgaben können online eingesehen werden an der Brown University & The University of Tulsa auf: https://modjourn.org 25 Vgl. den Ausstellungskatalog des Philadelphia Museum of Art anlässlich des 100. Geburtstages von Julien Levy: Ware, Katherine: »Dreaming in Black and White: Photography at the Julien Levy Gallery«, 17.06.-17.09.2006, New Haven: Yale University Press 2006. 26 Russell, John: Matisse, Father & Son, New York: Harry N. Abrams 1999. 27 Vgl. die Biographie von Wilhelm Valentiner von: Sterne, Margaret: Passionate Eye. The Life of William R. Valentiner, Detroit: Wayne State University Press 1979. 28 Im Original heißt es bei Marcel Duchamp: »As a result of this event, it is rewarding to realize that, in these last fifty years, the United States has collected, in its private collections and its museums, probably the greatest examples of modern art in the world today.« Vgl. Duchamp, Marcel: Armory Show Lecture vom 17.02.1963 am Munson-Williams-Procter Institute, Utica (NY), auf: https: //www.toutfait.com/issues/volume2/issue_5/news/miller/miller1.html 29 Vgl. zu Duveen auch die Angaben auf der Seite der SNAC (Social Networks and Archival Context) auf: https://snaccooperative.org/view/46825670 30 Vgl. ebd. und die Angaben auf der Webseite des Auktionshauses Christie’s auf: https://www.christies.com 31 Allgemein galt die Kann-Sammlung als eine der besten Sammlungen Europas zu ihrer Zeit. Vgl. M. Secrest: Duveen, S. 72. 32 Vgl. ebd. 33 Dazu schreibt Phillip Hook: »[…] Nathan persuaded the Kann heirs to keep the house open and allow the dealers to offer works to their American clients in

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their original context. It was a brilliant move that led to brilliant sales.« P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 97. Vgl. ebd., S. 85. P. Blom: Sammelwunder, Sammelwahn, S. 212. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 85. P. Blom: Sammelwunder, Sammelwahn, S. 209, siehe auch H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 111–112. Berenson verdiente nicht nur Geld mit der Zusammenarbeit mit Duveen, sondern auch mit anderen Vermittlern, wobei er selbst seine Gewinnmarke hoch ansetzte, was man beispielhaft beim Verkauf des Gemäldes »Raub der Europa« von Tizian nachverfolgen kann. Der Mitarbeiter Otto Gutekunst bei Colnaghi kaufte das Werk von Lord Darnley für 14.000 Pfund ein. Berenson verkaufte es an Isabella Gardner für 20.000 Pfund weiter. Berenson teilte den Gewinn jedoch nicht 50/50 auf, sondern behielt selbst 4000 Pfund und gab Gutekunst nur 2000 Pfund. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 194. Vgl. das Programm der Villa I Tatti des »Harvard University Center For Italian Renaissance Studies« auf deren Webseite auf: https://itatti.harvard.edu/. Vgl. ebd., S. 78. Vgl. M. Secrest: Duveen, S. 90. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 79. Vgl. zur Beendigung der Zusammenarbeit Duveens mit Berenson: M. Secrest: Duveen, S.363-366. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 87. Hier heißt es: »Persuading his biggest clients to endow museums with their collections was a brilliant scheme on Joe’s part. Besides achieving them immortality, there were tax advantages too, to which his clients responded equally positively. It was genius.« Vgl. ebd., S. 89. Siehe auch: » It seemed that for years there were two sets of sales books for New York, one prepared for the prying eyes of customs officials, and the real sales books, kept for safety in London.« Ebd., S. 96. Vgl. ebd., S. 98. »Berenson konnte nicht verstehen, daß jemand die Bilder von Cézanne Tizian oder Veronese vorziehen konnte, und überschüttete den Industriellen mit Hohn und Spott.« P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 220. Siehe auch H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 186. Vgl. Hall, Nicholas H. J. (Hg.): Colnaghi in America: a survey to commemorate the first decade of Colnaghi New York, New York: Colnaghi 1992 und die Webseite von Colnaghi selbst auf: https://www.colnaghi.com/history.php. Im Jahr 2002 erwarben Konrad O. Bernheimer und Katrin Bellinger die Galerie Colnaghi. Vgl. ebd. Vgl. Conlin, Jonathan: Mr Five Per Cent: The Many Lives of Calouste Gulbenkian, the World’s Richest Man, London: Profile Books 2019. Vgl. auch die

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Rezension von DeGroot, Gerard: »Review: Mr Five Per Cent. The Many Lives of Calouste Gulbenkian, the Worlds Richest Man«, in: The Times vom 29. 12.2018 auf: https://www.thetimes.co.uk/article/review-mr-five-per-cent-the-manylives-of-calouste-gulbenkian-the-worlds-richest-man-by-jonathan-conlin-x9 qc70b9j Vgl. die Webseite des Gulbenkian Museum auf: https://gulbenkian.pt/museu/ willkommen/ Vgl. dazu die Webseite von Colnaghi auf: https://www.colnaghi.com/history.p hp Vgl. zur Geschichte der Galerie das Paul Mellon Institut der Yale University auf: https://www.paul-mellon-centre.ac.uk Vgl. die vollständige Ausstellungsliste ebd. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 197. Vgl. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 124 und die Webseite der National Gallery of Art Washington (DC) auf: https://www.nga.gov/collection/ provenance-info.8945.html#biography Vgl. die Webseite des Courtauld Instituts auf: https://courtauld.ac.uk/about/h istory P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 276. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 97 und P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 294. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 276. In dem französischen Magazin »Réalités« von 1959 wird vermutet, dass der Bestand der Wildensteins nie aus »fewer than twenty Renoirs, fifteen Pissarros, ten Cézannes and ten van Goghs« bestanden hätte. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 100. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 99. Diese Affäre wurde erst Jahrzehnte später publik, als Rosenbergs Enkelin davon in ihrer Biographie berichtete. Vgl. Sinclair, Anne: Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine? Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg, München: Antje Kunstmann 2013. Im Original heißt es: »You see, Daniel, you must only work with dead artists. Living ones are impossible to deal with.« P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 96. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 302. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 105. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 290. »Im Wildenstein Archiv sind von fünftausendfünfhundert dieser Gemälde Fotografien, die in achtzig Kästen nach den Sujets geordnet sind. Zu jedem Foto gehören eine ausführliche Geschichte des Werkes, eine vollständige Bilbiographie und ein Verzeichnis sämtlicher Aufsätze oder Zeitungsnotizen, die im Zusammenhang mit dem fraglichen Bild je veröffentlicht worden sind.« Ebd., S. 291.

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Eine vollständige Liste aller Werkverzeichnisse, die zum großen Teil bereits digitalisiert wurden, ist auf der Webseite des WPI einzusehen auf: https://wpi.a rt/legacy/ Der Streit wird auch von den Erben des Bruders, Alec, weitergeführt. Hier kämpfen Alecs Kinder Diana und Alec Junior sowie die Witwe Liouba Stoupakova um das Erbe von Daniel Wildenstein. Vgl. Hecking, Mirjam: »Die Wildenstein-Dynastie: reich, berühmt und beispiellos zerstritten«, in: Manager Magazin vom 05.01.2016 auf: https://www.manager-magazin.de/unternehm en/artikel/steuer-affaere-wildenstein-kunstdynastie-vor-gericht-a-10705803.html Vgl. Chrisafis, Angelique: »Art dynasty heir Guy Wildenstein cleared of €550m French tax fraud. Paris judge says scion to art fortune made ›clear attempt‹ to hide assets but failings by French investigators ruled out guilty verdict«, in: The Guardian, 12.01.2017 auf: https://www.theguardian.com/world/2017/jan/12/g uy-wildenstein-art-dynasty-cleared-tax-fraud-france Es heißt: »Im November 2010 stießen sie [Polizeibeamte der französischen Antigeldwäschebehörde (OCRGDF)] im Keller des Instituts Wildenstein in Paris auf rund 40 Gemälde, die als verschwunden oder gestohlen gemeldet waren. Auf die Hinweise auf ausländische Gesellschaften hat das französische Finanzamt erst spät reagiert.« Dpa-Meldung: »Prozess gegen Kunsthändler Wildenstein«, in: Kölner Stadt-Anzeiger« vom 24.09.2016 auf: https://www. ksta.de/kultur/prozess-gegen-kunsthaendler-wildenstein-24798550. Zu den gestohlenen Kunstwerken heißt es genauer auf dem Portal Kunstgeschichte: »Ein Landschaftsbild stammt aus dem Nachlass der Kunstsammlerin AnneMarie Rouart. Die Großnichte des bekannten Malers Édouard Manet hatte 1993 verfügt, dass ein Teil ihres Erbes ihrem Neffen Yves zukommen und der größte Teil ihrer Sammlung an die Académie des Beaux-Arts gehen sollte, das diese Sammlung als Dauerleihgabe an das Musée Marmottan in Paris geben sollte. Als Testamentsvollstrecker wurden Guy Wildenstein und François Daulte von Rouart eingesetzt. 29 Gemälde fanden damals jedoch nicht den Weg ins Museum und galten als verschollen. Nach dem Tod von Daulte 1998 fanden seine Erben in einem Tresor in der Schweiz 17 der verloren gegangenen Werke; man einigte sich mit den rechtmäßigen Erben dann außergerichtlich. Eines der noch fehlenden Werke, das Gemälde ›Kate in der Normandie‹ von Berthe Morisot, wurde jetzt im Tresor des Wildenstein-Instituts gefunden. Daneben wurden Werke aus der Sammlung Joseph Reinachs gefunden, die sich die Nazis im Zweiten Weltkrieg angeeignet hatten. 1972 wurden die Reste der Sammlung geschätzt und unter den damaligen Erben verteilt. Als Verwalter und für die Schätzung sowie Aufteilung der Werke im Nachlassprozess fungierte dabei u. a. Daniel Wildenstein.« Aus dem »Portal Kunstgeschichte«

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Die Schöpfer des Kunstmarkts

vom 21.02.2011 auf: https://www.portalkunstgeschichte.de/meldung/verschw undene_kunstwerke_im_pariser_wildenstein_institut_entdeckt-3963.html 69 In der Universität Heidelberg sind die Exemplare der »Gazette« einsehbar auf: https://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/kunst/digilit/artjou rnals/gba.html 70 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 127. 71 Vgl. ebd., S. 127. Siehe auch den Kommentar von Hook: »The key of course is that the only way to buy Cézanne at that time was to go to Vollard. Vollard was operating from a position of strength.« Ebd., S. 134. 72 Vgl. ebd., S. 129. Vgl. die hervorragende Webseite über Berthe Weill auf: https: //www.bertheweill.fr/ 73 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 130. 74 Vgl. ebd., S. 131. Hook schreibt dazu: »But here is an instance of a dealer having an impact on the history of art. The series of London views that Derain produced were striking and important landmarks in the development of Fauvism, and wouldn’t have been painted without Vollard.« Ebd., S. 131. 75 Vgl. ebd., S. 132. 76 Vgl. zur Biographie von Kahnweiler insbesondere Assouline, Pierre: Der Mann, der Picasso verkaufte, Köln: Lübbe 1990 und den Ausstellungskatalog Lacourt, Jeanne-Bathilde et al.: Picasso, Léger, Masson: Daniel-Henry Kahnweiler et ses peintres, Lille Métropoler Musée d’art moderne, d’art contemporain et d’art brut, Lille 2013 sowie Liliane Meffre: »Kahnweiler und Wilhelm Uhde«, S. 77–84, Werner Spies: »Daniel-Henry Kahnweiler – Leben und Werk«, S. 13–42, beide Aufsätze finden sich in: Aldor, Bettina/Legueil, Jutta (Hg.): Daniel-Henry Kahnweiler – Kunsthändler, Verleger, Schriftsteller, Ostfildern: Hatje 1986. 77 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 154. 78 Vgl. ebd., S. 155 und die Erinnerungen des Händlers selbst: Kahnweiler, DanielHenry: Meine Maler – meine Galerien, Köln: DuMont Schauberg 1961. 79 »Besides the 100 francs for a drawing and 200 for a gouache specified, the prices for oil paintings rose strictly in size terms, from 250 francs for a small one, to 1.000 for a medium one, up to 3.000 francs for a large canvas.« P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 146. 80 Für einen Franc konnte man sich ein »very cheap workman’s lunch« kaufen. Ebd., S. 146. 81 Vgl. zu Paul Rosenberg A. Sinclair: Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine. 82 Wie groß der Einfluss von Paul Rosenberg auf Picasso war, wird aus den Erzählungen seiner Enkelin Anne Sinclair ersichtlich. Vgl. ebd. 83 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 163. 84 Vgl. hierzu auch Hook, der den Einfluss von Ingres auf Picasso ebenfalls mit Rosenberg in Zusammenhang bringt. Ebd., S. 164f. 85 Vgl. ebd., S. 178.

Anmerkungen

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Vgl. ebd., S. 181. »Derzeit sind der Forschung rund 800 Helbing-Kataloge bekannt, von denen aktuell 747 in den wichtigen Portalen ›German Sales 1930–1945‹ bzw. ›German Sales 1901–1929‹ der UB Heidelberg online konsultiert werden können.« Vgl. die Webseite von »Arts and Culture« auf: https://artsandculture.google.com/e xhibit/VwKyXPJHKm3FJA?hl=de 88 Vgl. zu seiner Biographie: Dascher, Ottfried: ؓ›Es ist was Wahnsinniges mit der Kunst‹. Alfred Flechtheim. Sammler, Kunsthändler und Verleger, Wädenswil: Nimbus 2011. Siehe auch die Webseite https://alfredflechtheim.com, die von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen verantwortet wird. 89 Vgl. https://alfredflechtheim.com/alfred-flechtheim/werdegang/ 90 Vgl. ebd. und zum frühen Sammeln von Picasso-Werken siehe auch H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 166. 91 Vgl. die Verweise auf Artikel 1933 und 1935 auf: https://alfredflechtheim.com/r ezeption/verfemung-seit-1933/ 92 Vgl. dazu auch H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 156. 93 Vgl. Koldehoff, Stefan/Timm, Tobias: Falsche Bilder – Echtes Geld: Der Fälschungscoup des Jahrhunderts – und wer alles daran verdiente, Köln: Kiepenheuer & Witsch 2013. 94 Wünsch, Silke: »Streit um das Erbe des Alfred Flechtheim« auf: Deutsche Welle vom 10.10.2013 auf: https://www.dw.com/de/streit-um-das-erbe-des-alfred-f lechtheim/a-17149432 95 Vgl. dazu Doede, Werner: Die Berliner Secession. Berlin als Zentrum der deutschen Kunst von der Jahrhundertwende bis zum 1. Weltkrieg = Die Berliner Sezession, Frankfurt am Main: Propyläen 1981 sowie H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 127–128. 96 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 142 zit. aus: Vollard, Ambroise: Erinnerungen eines Kunsthändlers, Zürich: Diogenes 1957, S. 137. 97 Timm, Tobias: »Kunstsalon Cassirer: Als die Kunst noch kein Irrgarten war«, in: Die Zeit vom 19.05.2011 auf: https://www.zeit.de/2011/21/Kunstmarkt 98 Von den rund 120 Werken van Goghs, die sich vor dem Ersten Weltkrieg in Deutschland befanden, gingen allein 80 durch den Kunsthandel von Paul Cassirer. 99 van Gogh-Bonger, Johanna Gesina: Briefe an seinen Bruder, drei Bände, Neuauflage, Köln: Insel 1988. 100 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 130. 101 Vgl. Brühl, Georg: Die Cassirers. Streiter für den Impressionismus, Leipzig: Edition 1991, S. 71. 102 Vgl. dazu Walter-Ris, Anja: Die Geschichte der Galerie Nierendorf: Kunstleidenschaft im Dienst der Moderne Berlin/New York 1920–1995, Dissertation Berlin, Krummenau: Zurich InterPublishers 2003, S. 34.

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103 Vgl. Steffen Krämer schreibt dazu: »Schon in ›Mein Kampf‹ von 1925/26 sprach Hitler in Bezug auf die modernen Kunsttendenzen, wie Kubismus oder Dadaismus, sowohl von »krankhaften Auswüchse[n] irrsinniger und verkommener Menschen« als auch von »Produkte[n] geistiger Degeneraten« und von »Halluzinationen von Geisteskranken««. Krämer, Steffen: Entartung in der Kunst. Die Verbindung von Psychopathologie und moderner Kunst von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Nationalsozialismus im Kommentar von Hitler, Adolf: Mein Kampf, München: Zentralverlag der NSDAP 1938 (Erstausgabe München 1925/1926), S. 283 und 288 vom 28.11.2014 auf: https://archive.org/stream/B-00 1-004-339/Kr%25C3%25A4mer_-_Entartung_in_der_Kunst_djvu.txt 104 Ebd., S. 283. 105 Vgl. hierzu auch Rydell, Anders: Hitlers Bilder: Kunstraub der Nazis – Raubkunst in der Gegenwart, Frankfurt am Main: Campus 2014. 106 H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 219. 107 Barth, Sophia: Maria Almas-Dietrich, Abschlussarbeit, LMU München 2014, S. 6 einzusehen auf: https://www.academia.edu/37867730/Maria_Almas-Dietric h. Vgl. den Verweis auf: BArch Berlin-Lichterfelde, (ehem. BDC), PK, VBS 1, Personalakte NSDAP, Almas-Diamant Maria in: ebd., S. 9 und FN69 einzusehen auf: https://www.academia.edu/37867730/Maria_Almas-Dietrich 108 Ebd., S. 8. 109 Vgl. Haase, Günther: Kunstraub und Kunstschutz, zwei Bände, Norderstedt: BoD Books on Demand 2008 (Erstauflage von 1991), insbesondere S. 248–264. 110 Schwarz, Birgit: Geniewahn: Hitler und die Kunst, Köln: Böhlau 2011, S. 262. 111 Ebd., S. 262. 112 »Die Gesamtzahl der von ihr für Linz gelieferten Bilder differiert je nach Quelle stark. Nach Meinung des amerikanischen Kunstschutzoffiziers Lane S. Faison im Jahr 1945 vermittelte Almas-Dietrich 270 Bilder. Löhr kam bei seinen Nachforschungen im Münchner Collecting Point aber zu einer wesentlich größeren Zahl, nämlich auf insgesamt 930 Kunstwerke.« S. Barth: Maria Almas-Dietrich, S. 20. Barth verweist auf diese beiden Quellen: Für die erste Zahl: Linz-Report NARA, RG 239, M1782, Consolidated Interrogation Report No. 4. Linz. Hitler’s Museum and Library. OSS Report, 15.12.1945, S. 60 und für die zweite Zahl: Löhr, Hanns Christian: Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der ›Sonderauftrag Linz‹, Berlin: Akademie 2005, S. 127. 113 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 173. 114 S. Barth: Maria Almas-Dietrich, S. 19. Barth verweist auf den Linz-Report NARA, S. 60. 115 H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 217 mit einem Zitat aus: Schwarz, Birgit: Auf Befehl des Führers. Hitler und der NS-Kunstraub, Darmstadt: Theiss 2014. 116 H.-U. Thamer: Kunst sammeln«, S. 217 mit einem Zitat aus B. Schwarz: Auf Befehl des Führers.

Anmerkungen

117 S. Barth: Maria Almas-Dietrich, S. 17. Barth verweist wieder auf den Linz-Report NARA, S. 188–190. 118 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 102f. Daniel Wildenstein erinnert sich nur mehr daran, dass das Bild an Robinson verkauft wurde – 1936 habe es Georges Wildenstein in Dresden im Rahmen der Oscar-Schmitz-Sammlung erworben. Vgl. ebd., S. 103. 119 Eine vollständige Liste mit Suchfunktion findet sich auf der Seite der TAZ auf: https://opendatacity.github.io/taz-entartete-kunst/ 120 Auch hier ist online eine Liste der ausgestellten Künstler seit 2011 verfügbar: vgl. die Webseite des GDK Research, der bildbasierten Forschungsplattform zu den Großen Deutschen Kunstausstellungen 1937–1944 in München, einem Projekt des Zentralinstitutes für Kunstgeschichte in München auf: htt ps://www.gdk-research.de/db/apsisa.dll/ete. Siehe dazu auch die kritischen Kommentare von Voss, Julia: »NS-Kunst: Ein Tabu wird gebrochen«, in: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.10.2011 auf: https://www.faz.net/akt uell/feuilleton/kunst/ns-kunst-ein-tabu-wird-gebrochen-11496576.html und Koldehoff, Stefan: »Hitlers Mythos der Nazi-Kunst – freigeschaltet«, in: Die Welt vom 20.10.2011 auf: https://www.welt.de/kultur/history/article13669404/ Hitlers-Mythos-der-Nazi-Kunst-freigeschaltet.html/ 121 Pramstaller, Christopher: »Kunsthandel im Nationalsozialismus: ›Als Hitler ›entartete Kunst› verscherbeln ließ«, in: Die Zeit vom 06.11.2013 auf: https://w ww.zeit.de/kultur/kunst/2013-11/Raubkunst-Handel-Nazi-Deutschland 122 Vgl. Hoffmann, Meike (Hg.): Ein Händler ›entarteter‹ Kunst. Bernhard A. Böhmer und sein Nachlass, Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Band 3, Berlin: De Gruyter 2010. 123 Vgl. dazu Tiedemann, Anja: Die ›entartete‹ Moderne und ihr amerikanischer Markt: Karl Buchholz und Curt Valentin als Händler verfemter Kunst, Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Band 8, Berlin: De Gruyter 2013, S. 257. 124 Vgl. Schulz, Bernhard: »Schattenmänner«, in: Der Tagesspiegel vom 11.01.2014 auf: https://www.tagesspiegel.de/schattenmaenner/9316862.html 125 Ebd. 126 Remy, Maurice Philip: Der Fall Gurlitt: Die wahre Geschichte über Deutschlands größten Kunstskandal, München: Europa 2017. 127 Vgl. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 209 und Voigt, Vanessa-Maria: Kunsthändler und Sammler der Moderne im Nationalsozialismus. Die Sammlung Sprengel 1934 bis 1945, Berlin: Reimer 2007, S. 142f. 128 Die Tochter von Ferdinand Möller, Angelika Fessler-Möller (1919–2002), hatte zu Lebzeiten mit dem Kunsthändler Wolfgang Wittrock (*1947) zusammen 1995 die »Ferdinand-Möller-Stiftung« gegründet, die u.a. die Forschungsstelle »Entartete Kunst« an der Freien Universität Berlin finanziert. Wittrock ist bis heute der Vorstand der Stiftung. Auf der Webseite heißt es zu den weiteren

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Zielen der Stiftung: »Die Stiftung fördert Forschungen auf dem Gebiet des Expressionismus sowie der nationalsozialistischen Kunst- und Kulturpolitik und unterstützt die Dokumentation der im Jahr 1937 als ›entartet‹ aus deutschen Museen entfernten Kunstgegenstände.« Vgl. https://www.ferdinandmoeller-stiftung.de/. Der Nachlass von Ferdinand Möller befindet sich heute in der Berlinischen Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur in Berlin, wo dieser wissenschaftlich untersucht wird. Auf der Webseite der Berlinische Galerie heißt es: »Zur Unterstützung der Provenienzforschung im Sinne der Washingtoner Prinzipien und der »Gemeinsamen Erklärung« wurde datenbankgestützt erfasst, welche Kunstwerke in der Geschäfts- und Künstlerkorrespondenz der Galerie Ferdinand Möller in den Berliner Jahren bis 1949 erwähnt werden und was mit ihnen geschehen ist.« Auf: https://berlinischegalerie.de/berlinische-galerie/forschung/provenienzund-kunstmarktforschung/nachlass-galerie-ferdinand-moeller/ 129 Vgl. die Webseite der Lost Art auf: https://www.lostart.de/Content/051_Prove nienzRaubkunst/DE/Beteiligte/M/Moeller_Ferdinand.html 130 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 104.

Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts 1

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Oltmer, Jochen: »Kleine Globalgeschichte der Flucht im 20. Jahrhundert«, in: Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, APuZ aus Politik und Zeitgeschichte, 66. Jahrgang, Nr. 26–27/2016 vom 27.06.2016, S. 19 auf: https://www.bpb.d e/system/files/dokument_pdf/APuZ_2016-26-27_online_0.pdf Vgl. auch die Webseite der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg zu Schawinsky auf: https://www.hausaufderalb.de H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 181. Vgl. Tomkins, Calvin: Marcel Duchamp. Eine Biographie, München: Hanser 1999, S. 367f. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 318. Im Original hieß ihr Spruch: »My motto was Buy a picture a day and I lived up to it.« Vgl. auf der Webseite der Peggy Guggenheim Collection auf: https://www. guggenheim-venice.it/en/art/in-depth/peggy-guggenheim/about-peggy/ Vgl. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 323. Im Original heißt es: »I wore one of my Tanguyearrings and one made by Cal derin order to show my impartiality between Surrealist and Abstract Art.« Vgl. auf der Webseite der Peggy Guggenheim Collection auf: https://www.guggenh eim-venice.it/en/art/in-depth/peggy-guggenheim/about-peggy/

Anmerkungen

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Guggenheim konnte Werke von Pollock an Harry Winston, Edward Boot, Joseph H. Hirshhorn und Bill Davis verkaufen. Vgl. P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 331. 10 Vgl. die Webseite der Peggy Guggenheim Collection auf: https://www.guggen heim-venice.it/en/art/in-depth/peggy-guggenheim/pollock-mural/ 11 Vgl. Hall, Lee: Betty Parsons. Artist-Dealer-Collector, New York: Harry N. Abrams 1991. 12 P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 332. 13 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 192. 14 Vgl. auch das Archiv der Sam Kootz Gallery im Archives of American Art auf: https://www.aaa.si.edu/collections/kootz-gallery-records-9163 sowie P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 236. 15 Bruce Altshuler fasst die Originalzitate der Zeit zusammen: »In The New Yorker, Harold Rosenberg said that the show ›hit the New York art world with the force of an earthquake‹ attributing the ›sense of art history being made‹ to the prestigious venue. Tom Hess in Art News remarked that it was ›the reputation of the gallery which added a certain adrenaline quality to the manifestation‹ since Janis had ›assumed a status for living painting that resembles the old Duveen’s of the Master trade.‹« Aus: Altshuler, Bruce: »From POP TRIUMPHANT: A NEW REALISM«, 1994, in: Webarchiv auf: https://web. archive.org/web/20110816054507/http://popartmachine.com/blog/from-poptriumphant-a-new-realism 16 Vgl. ebd. 17 Ebd. 18 Vgl. die Webseite der Castelli Galerie auf: https://www.castelligallery.com/ 19 Im Original heißt es: »Because, in 1946 and 1947 I followed Peggy Guggenheim’s activity very, very closely and I got to know the artists through her and through Clement Greenberg.« Aus dem Transkript des Interviews zwischen Leo Castelli und Barbara Rose im Juli 1969, das im Archives of American Art zu finden ist auf: https://www.aaa.si.edu/collections/interviews/oral-history-interv iew-leo-castelli-11784#transcript 20 Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 247. 21 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 199. 22 Philip Hook schreibt dazu: »The artist as rock star was one of Castelli’s inventions. So too was the art dealer as rock star.« Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 254. 23 Vgl. dazu auch den Kommentar von Philip Hook in: ebd., S. 250f. 24 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 198 mit Verweis auf sein Gespräch mit Lothar Schmidt-Mühlisch in: Die Welt, Nr. 201 vom 31.08.1987, S. 7.

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Lipsky-Karasz, Elisa: »The Art of Larry Gagosian’s Empire«, in: Wall Street Journal Magazine vom 26.04.2016 auf: https://www.wsj.com/articles/the-art-of-la rry-gagosians-empire-1461677075 Vgl. Shnayerson, Michael: Boom: Mad Money, Mega Dealers, and the Rise of Contemporary Art, New York: PublicAffairs 2019, S. 124. Vgl. ebd., S. 124. Vgl. ebd., S. 142 und die Galeriewebseite von Castelli auf: https://www.castelli gallery.com/exhibitions/past/65-thompson-1989-1995 Shnayerson schreibt dazu: »Unlike most artists, Twombly wasn’t driven to the canvas every day: months might pass between one painting and the next. Gagosian’s concerted pushes created a whole oeuvre of late Twombly work that wouldn’t otherwise exist.« M. Shnayerson: Boom, S. 146. Suzanne Muchnic schreibt dazu: »In art circles, the current show is being interpreted as something of a torch-passing ceremony, but neither dealer wants to discuss that.« Vgl. Muchnic, Suzanne: »Leo Castelli, whose legendary career as an art dealer is being honored at the Gagosian Gallery, has seemingly seen it all. But at 88, he still has…: An Ageless Passion«, in: Los Angeles Times vom 01.02.1996 auf: https://www.latimes.com/archives/la-xpm-1996-02-01-ca-309 43-story.html Im Original heißt es: »[…] perhaps the world’s greatest art dealer […]«, »Frank Lloyd. Obituary«, ohne Autorennamen, in: The Economist vom 16.04.1998 auf: https://www.economist.com/obituary/1998/04/16/frank-lloyd. Im Original schreibt Roberta Smith: »[…] who built the Marlborough Gallery into the wealthiest, most important art gallery business in the world«, in: Smith, Roberta: »Frank Lloyd, Prominent Art Dealer Convicted in the 70’s Rothko Scandal, Dies at 86«, in: The New York Times vom 08.04.1998 auf: https://www .nytimes.com/1998/04/08/arts/frank-lloyd-prominent-art-dealer-convicted-i n-the-70-s-rothko-scandal-dies-at-86.html Vgl. den Nachruf auf Frank Lloyd ebd. Vgl. ohne Autorennamen in: Time Magazine vom 12.11.1963: »[…] MarlboroughGerson is reputedly the world’s largest gallery (11.000 sq. ft.) […].« auf: https:// www.marlboroughgallery.com/history-marlborough-gallery Im Original heißt es: »art trial of the century«, in: Adams, Tim: »Interview. Marlborough Fine Art tries to throw off burden of the Rothko scandal«, in: The Guardian vom 14.10.2012 auf: https://www.theguardian.com/artanddesign/20 12/oct/14/marlborough-art-contemporary-gallery-launch Im Original heißt es: »I collect money, not art.«, in: ebd. Vgl. auch dieses Zitat von Frank Lloyd: »There is only one measure of success in running a gallery: making money. Any dealer who say’s it’s not is a hypocrite or will soon be closing his doors.« zitiert aus: P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 203.

Anmerkungen

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Cascone, Sarah: »Reversing an Earlier Decision, Marlborough is Not Closing its New York Gallery – But It Is Trading Lawsuits With Ousted Former President Max Levai« vom 17.09.2020, in: Artnet auf: www.artnet.com ohne Autorennamen: »›You can’t see the pictures,› moaned a lovely thing […]. ›You can’t even see the people. You can just feel them.›«, in: Time Magazine vom 12.11.1963 auf: https://www.marlboroughgallery.com/history-marlborough-ga llery Vgl. die Webseite von Sotheby’s auf: https://www.sothebys.com/en/about/our -history Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges arbeitete Wilson im Bereich der Poststelle der britischen Armee. Im Rahmen dieser Tätigkeit kooperierte er mit Daniel Wildenstein, da beide eine Liste von europäischen Monumenten und Kunstwerken erstellen sollten, die von den Alliierten vor einer militärischen Aktion geschützt werden sollten. Wilson behauptete später, dass seine Codenummer beim MI6 »007« gewesen wäre und er Ian Fleming, einen Freund von ihm, zur Gestalt des James Bond inspiriert habe. Siehe hierzu auch: P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 211. Sol Taylor bewertet diese Auktion als wichtigste Auktion des 20. Jahrhunderts: »Perhaps the most significant sale of the last century was the 1954 sale of exiled Egyptian King Farouk’s coin collection.« Taylor, Sol: »Making Cents. The Fabulous King Farouk Sale of 1954« vom 16.02.2008 auf: https://scvhistory.com/scv history/signal/coins/soltaylor021608.html Vgl. zum Albauf der erstmals vereinbarten Garantiesumme in einem europäischen Auktionshaus P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 212f. Die Fonds setzten sich zusammen aus dem National Art Collection Fund, dem Temple-West-Fonds und dem Sonder-Treasury-Fund. Vgl. Wine, Humphrey: The Seventeenth Century French Paintings, London: Yale University Press 2001, S. 334. Vgl. zu dieser Passage Philip Hook: »Collecting. The lure of impressionism for the newly rich«, in: The Financial Time vom 31.01.2009 auf: https://www.ft.c om/content/35b0ea2a-ee5a-11dd-b791-0000779fd2ac. »Die Versteigerung dieser Sammlung, die sich aus französischen Impressionisten und Postimpressionisten zusammensetzte, war insbesondere wegen des starken Interesses, das die Medien dieser Auktion widmeten, ein phänomenaler Erfolg.« Drinkuth, Friederike Sophie: Der moderne Auktionshandel. Die Kunstwissenschaft und das Geschäft mit der Kunst, Köln: Böhlau 2003, S. 19. Siehe auch P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 214f. Zu dieser Passage vgl. Lacey, Robert: Sotheby’s: Bidding for Class, London: Little, Brown Book Group 1998, S. 118f (auf Deutsch: Sotheby’s. Die Kunst der Auktionen. Eine Erfolgsgeschichte, München: Heyne 1998). Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 215.

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Vgl. ebd., S. 216. Ebd., S. 216 und F. Drinkuth: Der moderne Auktionshandel, S. 19. Ebd., S. 19. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 219. In der Dresdner Landesbibliothek fand ich einen frühen Katalog von 1973 von Sotheby’s Belgravia, in dem auf einem separaten, dem Katalog beigelegten Zettel Schätzpreise für die angebotenen Lose eingesehen werden konnten. Vgl. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 217 und Haden-Guest, Anthony: True Colors: The Real Life of the Art World, New York: Atlantic Monthly Press 1996, S. 53. Vgl. ebd., S. 53. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 222. Ebd., S. 223. Sussmann, Anna Louie: »How the Scull Sale Changed the Art Market«, in: Artsy, 26.04.2017 auf: https://www.artsy.net/article/artsy-editorial-three-ways-sing le-auction-1973-changed-art-market Im Original heißt es: »[It] heralded the beginning of the new art market and paved the way for the hyper-commercialised art market focused on promoting and selling contemporary art.«, ebd. Im Original heißt es: »[…] many people were furious with the Sculls blatant profiteering and the auction house’s exploitation of artists. The New York art world saw the event as déclassé; the ’nouveaux riches cashing in’.«, ebd. Ebd. Bis zu seinem Rückzug als Chairman von Sotheby’s im Jahr 1980 hatte Peter Wilson noch weitere Erneuerungen eingeführt, die jedoch nicht alle zum Erfolg führten wie die Produktion der »Sotheby’s«-Zigarette. P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 223. Vgl. die Webseite von Sotheby’s auf: https://www.sothebys.com/ Vgl. den Ausstellungskatalog der Galerie: »Actors and Courtesans, The Japanese Print 1770–1800«, London 1968. Anthony d’Offays Sohn heiratete eine Japanerin, d’Offays Enkelkinder werden sowohl auf Japanisch als auch auf Englisch erzogen. Im Original heißt es: »[…] and I asked him what he would like to show, he answered: ’Whatever you want. You tell me and I will do it.’« Aus dem Interview von Marta Gnyp mit Anthony d’Offay auf der Webseite der Kunstberaterin im März 2016 auf: https://www.martagnyp.com/interviews/anthony-doffay.php In der Presse wird über diese Arbeiten Warhols dementsprechend von »Auftragsarbeit« gesprochen. Mark Westall schreibt dazu: »The self-portraits were commissioned by Anthony d’Offay […].« Westall, Mark: »Andy Warhol: Self Portraits (Fright Wigs)«, in: FAD Magazine vom 10.03.2017 auf: https://fadmagazi ne.com/2017/03/10/warhol/ Vgl. ebd.

Anmerkungen

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Vgl. das Interview von M. Gnyp mit Anthony d’Offay auf der Webseite der Kunstberaterin. Die von staatlicher Seite aufzubringende Summe wurde von vier Funds gefördert: Der »Art Fund« bezahlte 1 Mio. GBP, das »Department for Culture, Media and Sport« 10 Mio. GBP, der »National Heritage Memorial Fund« 7 Mio. GBP und die »Scottish Executive« 10 Mio. GBP. Vgl. die genauen Angaben der Gruppe »24 Hour Museum Staff« auf: »£125m d’Offay Private Art Collection Transferred To Public Galleries« vom 27.02.2008 auf: https://www.culture24. org.uk/art/art54747 Vgl. die Pressemitteilung der Tate vom 27.02.2014 auf: https://www.tate.org. uk/press/press-releases/artist-rooms-celebrates-first-five-years-and-29-mill ion-visitors Der Zeitraum der sexuellen Belästigungen datiert von 1997 bis 2004. Vgl. Quinn, Ben/Ruiz, Cristina: »UK art dealer Anthony d’Offay faces sexual harassment allegations«, in: The Observer vom 14.01.2018 auf: https://www.theg uardian.com/uk-news/2018/jan/13/anthony-doffay-denies-historical-allegati ons-sexual-harassment Vgl. Hamerla, Michael: »Industrielle Revolution am Rhein«, in: Neuß-Grevenbroicher Zeitung vom 09.07.2008 auf: https://rp-online.de/nrw/staedte/rhein -kreis/industrielle-revolution-am-rhein_aid-11686665 Vgl. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 222. Saehrendt, Christian: ›Die Brücke‹ zwischen Staatskunst und Verfemung. Expressionistische Kunst als Politikum in der Weimarer Republik, im ›Dritten Reich‹ und im Kalten Krieg, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2005, S. 82. Ebd., S. 90 mit Verweis auf den Katalog: »Emil Nolde. Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Graphiken«, Kongresshalle Berlin, organisiert vom Bezirksamt Tiergarten von Berlin, Abt. Volksbildung, Amt für Kunst, Berlin 1962, n.p. Vgl. das Archiv auf der Webseite der Documenta auf: https://www.documenta .de/de/retrospective/ii_documenta# Hier soll nicht näher auf die Namensgebung der Galerie eingegangen werden. Es sei der Hinweis erlaubt, dass die Wahl des neutralen Namens »Der Spiegel« wahrscheinlich mit der Vergangenheit des Galeristen im nationalsozialistischen Deutschland zusammenhängt, zumal die übrigen neu gegründeten Galerien der Zeit durchweg den Namen ihrer jeweiligen Gründer tragen. Die oben vorgestellten Galerienamen wie Guggenheims »Art of the Century«, Stieglitz‹ »291« oder eben Stünkes »Spiegel« bildeten Ausnahmen. Bis heute tragen die meisten Galerien den persönlichen Namen ihrer Gründer in ihrem Namen. Hein Stünke wollte möglicherweise mit einem neutralen Galerienamen im Nachkriegsdeutschland beginnen, da er am Ende des Zweiten Weltkrieges mehrere Volkssturmeinheiten – auch seine »HJ-Kampfgruppe Stünke« – zu verantworten hatte. Vgl. Holzträge, Hans: Kampfeinsatz der

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Hitler-Jugend im Chaos der letzten Kriegsmonate, Dinklage: AGK-Verlag 1995, S. 46ff und allgemein zu Hein Stünke und dem »Spiegel«: Herzogenrath, Wulf/ Lueg, Gabriele (Hg.): Die 60er Jahre. Kölns Weg zur Kunstmetropole. Vom Happening zum Kunstmarkt, Köln: Kölnischer Kunstverein und die Autoren 1986, insbes. S. 342ff. 75 Vgl. die Webseite der Galerie Spiegel auf: http://www.galerie-der-spiegel.de/ 76 Herzog, Günter: »Das Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels in Köln und sein Sammlungsprofil am Beispiel der Galerie Der Spiegel«, in: Archiv und Wirtschaft, 43. Jg., Heft 2, 2010, S. 63. 77 Vgl. die Angaben zur Geschichte auf der Webseite der Art Cologne auf: https: //www.artcologne.de/die-messe/art-cologne/geschichte-der-art/geschichteder-art.php sowie die Angaben zur Gründung des Kunstmarktes durch Hein Stünke und Rudolf Zwirner: Bundesverband Deutscher Galerien e. V. (BVDG) (Hg.): 20 Jahre Kunstmarkt 1967–1986, Köln: BVDG/Messe- und Ausstellungsgesellschaft 1986. 78 Vgl. die Webseite der Art Cologne auf: https://www.artcologne.de/die-messe/ art-cologne/geschichte-der-art/geschichte-der-art.php 79 Siehe auch: Baltzer, Will/Biermann, Alfons W. (Hg.): Treffpunkt Parnass Wuppertal 1949–1965, Köln: Rheinland-Verlag 1980. 80 Zu den wichtigen Gruppenausstellungen zählten »Poème Objet« (1956), »Vier Maler aus Paris« (1958) und »Gruppe Phases« (1958). 81 Probst, Carsten: »24-Stunden-Happening in Wuppertal. Die letzte Sternstunde der Fluxusidee« zum 50. Jubiläum des Happening auf: Deutschlandfunk vom 05.06.2015 auf: https://www.deutschlandfunk.de/24-stunden-happenin g-in-wuppertal-die-letzte-sternstunde. 871.de. html?dram:article_id=321690 82 Vgl. Schmela, Monika: »Alfred Schmela«, in: Kunstforum International, Bd. 104, Köln: 1989, S. 228–233; Friedrichs, Yvonne: »Die Szene, wie sie war und ist. Düsseldorfer Galerien 1945–1988«, in: Das Kunstwerk. Zeitschrift für moderne Kunst, Jg. 41, Nr. 4–5, 1988, S. 60–116, insbesondere »Der Pionier Alfred Schmela«, S. 65f sowie Ruhrberg, Karl (Hg.): Alfred Schmela: Galerist – Wegbereiter der Avantgarde, Köln: Wienand 1996. 83 »Der Satz ist verbrieft.« Vgl. Kölgen, Birgit: »Kunstvolle Düsseldorfer Erinnerungen: So war’s damals bei Schmela«, in: report-D, Internetzeitung Düsseldorf vom 23.11.2018 auf: https://www.report-d.de/Kultur/Kunstkritik/Kunstv olle-Duesseldorfer-Erinnerungen-So-war-s-damals-bei-Schmela-107371 84 Vgl. den Artikel von Lotz, Antonia: »Schmela Haus. Aldo van Eyck und der Home-Faktor«, in: Bauwelt, Nr. 25, 2011, S. 26–33 auf: https://www.bauwelt.d e/themen/bauten/Schmela-Haus-Galeriebau-White-cube-Duesseldorf-Aldovan-Eyck-2153393.html 85 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 214.

Anmerkungen

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Vgl. ohne Autorennamen: »Kultur Das verschenkte Gedächtnis. Deutsche Kunstarchive wandern ins Ausland, weil man sie dort besser betreut«, in: Der Tagesspiegel vom 22.12.2007 auf: https://www.tagesspiegel.de/kultur/das-ver schenkte-gedaechtnis/1126892.html Vgl. Schmid, Karlheinz: »›Dat Bild is jut‹ Zum Hundertsten: Erinnerung an den Düsseldorfer Galeristen Alfred Schmela«, in: Kunstzeitung, November 2018, Nr. 267, S. 1. Vgl. Schäfke, Werner: Kunsthaus Lempertz. Eine Kulturgeschichte, Köln: DuMont 2015. Koldehoff, Stefan: »Nazi-Gemälderaub Kunst und Kriegsverbrecher«, in: Der Spiegel Online vom 03.09.2009 auf: https://www.spiegel.de/kultur/gesellscha ft/nazi-gemaelderaub-kunst-und-kriegsverbrecher-a-503001.html. Vgl. auch Koldehoff, Stefan: Die Bilder sind unter uns. Das Geschäft mit der NS-Raubkunst und der Fall Gurlitt, Berlin: Galiani 2009. Vgl. die Biographie von Rudolf Zwirner auf der Seite des ZADIK, in dem sich auch das Archiv der Galerie Zwirner befindet auf: https://zadik.uni-koeln.de/ homepage/bestand.aspx?b_id=48 Rudolf Zwirner berichtete Jahre später wie folgt von dieser Aktion: »Dass sich Nam June Paik die Hosen runterzog und halbnackt im Flügel verschwand, war typisch für die damalige Zeit. Die Künstler wollten schocken und Diskussionen auslösen. Fluxus war eine antibürgerliche Bewegung. Als Charlotte Moorman die Spitze ihres Cellos im geöffneten Mund von Paik platzierte und Bach spielte, verließen die ersten Besucher ›Schweinerei! Pornografie!‹ rufend die Galerie. Zurück blieb ein kleiner Kreis, der das Happening zu schätzen wusste.« Kuhn, Nicola: »Rudolf Zwirner im Interview ›Die Besucher riefen: Schweinerei! Pornografie!‹«, in: Der Tagesspiegel vom 09.09.2019 auf: https:// www.tagesspiegel.de/themen/tagesspiegel-berliner/rudolf-zwirner-im-inter view-die-besucher-riefen-schweinerei-pornografie/24989254.html Auch hier kommentierte Zwirner die Ausstellung Jahre später: »Die ausgestellten Bilder der Kollegen wurden somit zur Tapete, wie es dann buchstäblich in meiner Galerie 1967 geschah, als Warhol für seine Ausstellung Tapetenrollen mit Kuhmotiven und mit Helium aufgeblasene Silberkissen schickte. Diese Kissen schwebten analog den Kohlsäcken dicht gedrängt unter der Decke, während die auf die Galeriewände geklebten Kuhtapeten den traditionellen Platz der Kunst einnahmen. Da so von vornherein nichts verkauft werden konnte, wurde die Ausstellung zu einem Ereignis mit Diskussionen über den Standort der Kunst und des Handels.« Zwirner, Rudolf: »Ausverkauf der Moderne. Die Entwicklung des Kunsthandels nach 1945«, Vortrag von R. Zwirner auf der Mitgliederversammlung des BVDG am 08.05.2006 in der Akademie der Bildenden Künste München, S. 10f auf: https://www.bvdg.de

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Wie bereits erwähnt war Zwirner maßgeblich an der Gründung des Vereins progressiver deutscher Kunsthändler 1966 und der ein Jahr später erfolgten Gründung des Kunstmarkt Köln ’67 beteiligt. 1973 war er ebenfalls wie Stünke Gründungsmitglied in der Europäischen Kunsthändlervereinigung und 1991 wurde er Mitgründer sowie Leiter des Zentralarchivs des internationalen Kunsthandels (ZADIK) in Bonn. 1994, zwei Jahre nach der Schließung seiner Räume in Köln, wurde er darüber hinaus Mitherausgeber der ZADIKZeitschrift »sediment«. 94 Herzog, Günter: »Rudolf Zwirner zum 85. Geburtstag. Happy Birthday!« auf der Webseite des ZADIK, Köln 2018 auf: https://zadik.uni-koeln.de/homepage /default.aspx?s=1643 95 Vgl. ohne Autorennamen: »Kunst und Schokolade. Das Sammler-Ehepaar Irene und Peter Ludwig«, in: Onlineportal Galerie-Ausstellung.de, ohne Datum auf: http://www.galerie-ausstellung.de/ludwig.php 96 Vgl. diesen Kommentar, der bei Erscheinen der Autobiographie veröffentlicht wurde, sowie die Autobiographie Kuhn, Nicola (Hg.): Rudolf Zwirner. Ich wollte immer Gegenwart, Köln: Wienand 2019. 97 Die vollständige Künstlerliste erscheint wie ein Who-is-Who der 1960er Jahre: Anouj, Arman, Ay-O, Joseph Beuys, George Brecht, Michael Buthe, John Cage, John Chamberlain, Christo, Bruce Conner, Philip Corner, Merce Cunningham, Gérard Deschamps, Jim Dine, François Dufrêne, Öyvind Fahlström, Robert Filliou, Sam Gilliam, Ludwig Gosewitz, Nancy Graves, Raymond Hains, Al Hansen, Dick Higgins, Allan Kaprow, Kasia Fudakowski, Alison Knowles, Arthur Køpcke, Gary Kuehn, Yayoi Kusama, Barry Le Va, Boris Lurie, Gordon Matta-Clark, Claes Oldenburg, Yoko Ono, Nam June Paik, Lil Picard, Klaus Rinke, Mimmo Rotella, Dieter Roth, Niki de Saint Phalle, Günter Saree, George Segal, Daniel Spoerri, Paul Thek, Jean Tinguely, Franz Erhard Walther, Robert Watts, Lawrence Weiner, H.C. Westermann, Stefan Wewerka, Jacques de la Villeglé, Wolf Vostell, Gil J. Wolman. Vgl. die Angaben des MUMOK in Wien auf: https://www.museum-ludwig.de/de/ausstellungen/rueckblick/2017/kuns t-ins-leben-der-sammler-wolfgang-hahn-und-die-60er-jahre.html 98 Auf der Webseite der Ludwig Stiftung findet sich eine vollständige Liste auf: h ttps://www.ludwigstiftung.de/museen-institutionen/ 99 Das bedeutet einen durchschnittlichen Ankauf von drei Werken pro Tag. Czöppan, Gabi: »Mäzene. Vermächtnis eines Kunstkönigs«, in: Focus Magazin, Nr. 31, 29.07.1996 auf: https://www.focus.de/kultur/medien/maezene-vermaecht nis-eines-kunstkoenigs_aid_162339.html 100 Vgl. die Angaben auf der Webseite des Museum Ludwig auf: https://www.mus eum-ludwig.de/de/museum/das-museum/geschichte.html 101 Vgl. H.-U. Thamer: Kunst sammeln, S. 238. 102 Vgl. ebd., S. 238.

Anmerkungen

103 G. Czöppan: »Mäzene.« (1996). 104 In einem Interview berichtet Michael Werner von dem Skandal. Auf die Frage des Interviewers: »Das war also reine Inszenierung?« antwortete Werner: »Ja, der Staatsanwalt kam erst aufgrund des Artikels. Aber der Skandal war echt und es kam auch zu einem Gerichtsverfahren. Auch Baselitz wusste nichts von der Inszenierung. Die Sache wurde sehr unangenehm und wir mussten einen Anwalt nehmen.« Birgit Maria Sturm im Interview mit Michael Werner: »Ich wollte meine eigenen Hierarchien«, in: Artnet vom 20.05.2011 auf: http://www .artnet.de/content 105 »Es ist ja bekannt, dass der Skandal des Werkbeginns gut vorbereitet gewesen ist, und der junge Galerist sehr zum Wohle seines jungen Künstlers die Polizei selber eingeschaltet hat.« Aus: Müller, Hans-Joachim: »Der Mann, der aus einer offenen Hose einen Kunstskandal machte. Georg Baselitz zum 80.«, in: Die Welt vom 23.01.2018 auf: https://www.welt.de/kultur/article172734684/Bas elitz-80-Wie-eine-offene-Hose-zum-Kunstskandal-wurde.html. Der Prozess zog sich insgesamt bis 1965: »Die drei Beteiligten, Baselitz, Werner und Katz, wurden auf Grund der Ausstellung angeklagt und in Folge eines Gerichtsprozesses am 30.06.1964 vom Landgericht Berlin nach Paragraph 184 des Strafgesetzbuches, der die Verbreitung von pornografischen Schriften untersagt, schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von jeweils 400 DM verurteilt. Denn mit ihrer »gemeinschaftlichen Ausstellung unzüchtiger Darstellungen in zwei Fällen« hätten sie die »Erregung der Geschlechtslust und Verletzung des Scham- und Sittlichkeitsgefühl« verursacht. Sowohl die Angeklagten als auch der Staatsanwalt gingen in Revision vor dem Bundesgerichtshof. Die Angeklagten beriefen sich dabei auf den Artikel 5 des Grundgesetzbuches, der die Freiheit der Kunst garantiert. Der Staatsanwalt forderte nunmehr die Unbrauchbarmachung der konfiszierten Werke. Der Fall wurde an den Bundesgerichtshof gegeben. Am 23.03.1965 wurde das vom Landgericht gefällte Urteil durch den Bundesgerichtshof aufgehoben und der Fall zurück an das Landgericht verwiesen. Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass die Untersuchung der beiden Werke ungenügend, damit die Bewertung für ein Urteil unzureichend und als »Grundlage einer rechtlichen Würdigung« nicht tragbar gewesen sei. Ein halbes Jahr später, im Oktober 1965, wurde das Verfahren durch das Landesgericht eingestellt.« Wessel, Sarah: »Skandal um jeden Preis?«, in: Hypotheses vom 13.01.2017 auf: https://kstreit.hypotheses.org/34 106 Es findet sich kein genaues Scheidungsdatum in der Presse: »(They divorced in the early 1990s.)« aus: Bernstein, Jacob: »Mary Boone Is Not Done. One of New York’s leading art dealers, convicted of tax evasion, will report to prison in May. She’s already plotting her return.«, in: The New York Times vom 29.03.2019 auf: https://www.nytimes.com/2019/03/29/style/mary-boone-tax-evasion.html

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107 Vgl. zum Leben Mary Boones Nate Freeman: »The Rise and Fall of Mary Boone« in der Rubrik »Art Market«, in: Artsy vom 14.02.2019 auf: https://www.artsy.n et/article/artsy-editorial-rise-fall-mary-boone-revolutionary-art-dealer-goin g-prison-tax-fraud 108 Vgl. die Informationen der Galerie Michael Werner auf: https://www.micha elwerner.de/Geschichte.html. Vgl. Abromeit, Jutta: »Von Baselitz’ Bildern zu seltenen Bäumen«, in: Märkische Allgemeine vom 24.09.2014 auf: https://ww w.maz-online.de/Lokales/Teltow-Flaeming/Von-Baselitz-Bildern-zu-seltene n-Baeumen 109 Die Eröffnungsausstellung zeigte 900 Werke aus seiner Sammlung. Vgl. die Webseite des Musée d’art moderne de la Ville de Paris auf: https://www. mam.paris.fr/en/expositions/exhibitions-michael-werner-collection. Zur Schenkung: »Eine Art Lottogewinn sind sie allein aus kunsthistorischer Sicht, schließlich vereinen sie die Stars der deutschen Nachkriegskunst: zwölf Immendorffs sind dabei, 32 Werke von Markus Lüpertz und 37 von A. R. Penck. Dazu gesellen sich Arbeiten weiterer Ikonen wie Per Kirkeby und Wilhelm Lehmbruck, Otto Freundlich und Antonius Höckelmann. Zugleich kehren berühmte Franzosen an das Seine-Ufer zurück: Werke von André Derain, einem Mitbegründer des ›Fauvismus‹, und die von Robert Filliou, Gaston Gaissac, Etienne Martin und Bernard Réquichot.« Niewerth, Gerd: »Schenkung Chapeau, Herr Werner«, in: Stuttgarter Nachrichten vom 11.10.2012 auf: https://w ww.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.schenkung-chapeau-herr-werner.3d6 89546-032d-4c3e-b2d6-1b6e9d6b585f.html 110 Vgl. J. Abromeit: »Von Baselitz’ Bildern zu seltenen Bäumen« (2014). 111 Vgl. zu Gerry Schum: Baum, Stella/Rinke, Klaus: »Über Gerry Schum«, in: Kunstforum International, Bd. 104, 1989, S. 270–276 sowie Fricke, Christiane: Dies alles Herzchen wird einmal Dir gehören: die Fernsehgalerie Gerry Schum, 1968–1970 und die Produktionen der Videogalerie Schum, 1970–1973, Frankfurt am Main: P. Lang 1996. 112 Ohne Autorenname: »Marktnotizen«, in: Die Zeit vom 21.04.1972 auf: https://w ww.zeit.de/1972/16/marktnotizen 113 Ebd. 114 Auf Auktionen erreichten die Videoarbeiten von Bill Viola wiederholt Verkaufspreise zwischen 200.000 und 500.000 US-Dollar. 115 Bastian, Heiner (Hg.): Sammlung Marx. Bilder und Skulpturen, München: Schirmer/Mosel 1996. 116 Ahrens, Klaus: »Kunstberater. Ich such aus, und Du zahlst«, in: Der Spiegel vom 14.02.2014 auf: https://www.spiegel.de/karriere/art-consulting-wie-kunstber ater-fuer-reiche-sammler-arbeiten-a-953247.html

Anmerkungen

117 Vgl. Müller, Karsten: »Kosmos Ost. Kunst in der DDR 1949–89. Das Albertinum Dresden zu Gast«, Ausstellungskatalog, Ernst Barlach Haus Hamburg, 07.05.13.09.2020, n. p. 118 Hähnig, Anne: »DDR-Kunst. Oder kann das weg?«, in: Die Zeit vom 19.10.2017, Nr. 43/2017, auf: https://www.zeit.de/2017/43/ddr-kunst-museen-ostdeutschl and-kuenstler-geschichte 119 VEH steht hier für Volkseigener Handelsbetrieb. Die genaue Chronologie verlief wie folgt: »1955-1962 Staatlicher Kunsthandel. 1962–1967 VEH Moderne Kunst. 1967–1974 VEH Antiquitäten. 1974–1990 VEH Bildende Kunst und Antiquitäten – Staatlicher Kunsthandel der DDR.« 120 »Findbücher zu den Beständen des Bundesarchivs Staatlicher Kunsthandel der DDR ›VEH Bildende Kunst und Antiquitäten‹ (1974–2002) Bestand DR 144«, bearbeitet von Bahlmann, Anne/Hübner, Falco/Isphording, Bernd/Klüh, Stefanie, Berlin 2017 einzusehen auf: https://www.bundesarchiv.de 121 Eine Liste von alten Familienbetrieben, die 1974 eingegliedert wurden, findet sich in den Findbüchern zum Kunsthandel der DDR. 122 Findbücher zum Kunsthandel der DDR, S. 8. 123 Ebd., S. 11. 124 Vgl. Nedo, Kito: »Kunst in der DDR. Von Nischen und Devisen«, in: Die Süddeutsche Zeitung vom 15.11.2019 auf: https://www.sueddeutsche.de/kultur/ku nst-in-der-ddr-von-nischen-und-devisen-1.4683292 125 Tauscher, Sabine: Zwischen Ideologie und Kommerz: Der Kunstmarkt der DDR am Beispiel der Gegenwartskunst des Staatlichen Kunsthandels 1974–1990, Dissertation, Dresden: Forum Waldenburg 2019, S. 91. 126 Vgl. K. Nedo: »Kunst in der DDR« (2019). 127 Vgl. Bönisch, Georg: »21 Tonnen Gold im Keller. Alexander Schalck-Golodkowskis Geheimimperium KoKo: Äpfel für das Volk, Orchideen und Brillanten für die Funktionäre«, in: Der Spiegel, Bd. 48/1999, S. 110–111, hier S. 110 auf: https: //www.spiegel.de/spiegel/print/d-15158107.html 128 Jens, Tilman: »Findbuch zur DDR-Raubkunst vorgelegt. Wie in der DDR private Kunstsammler enteignet wurden«, in: MDR Kultur vom 23.03.2020 auf: h ttps://www.mdr.de/kultur/themen/wie-die-ddr-private-kunstsammler-entei gnete100.html 129 Vgl. zur Chronologie der Standorte auch: Bischof, Ulf: Die Kunst und Antiquitäten GmbH im Bereich Kommerzielle Koordinierung, Schriften zum Kulturgüterschutz, Bd. 9, Berlin: Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) 2003. 130 T. Jens: »Findbuch zur DDR-Raubkunst vorgelegt.« (2020). 131 Vgl. die frühe Abhandlung von Blutke, Günter: Obskure Geschäfte mit Kunst und Antiquitäten. Ein Kriminalreport, Berlin: LinksDruck-Verlag 1990.

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Die Schöpfer des Kunstmarkts

132 Dittmar, Peter: »Der Staat war der größte Kunsträuber in der DDR«, in: Die Welt vom 18.01.2000 auf: https://www.welt.de/print-welt/article498459/DerStaat-war-der-groesste-Kunstraeuber-in-der-DDR.html 133 Ebd. 134 T. Jens: »Findbuch zur DDR-Raubkunst vorgelegt.« (2020). 135 Vgl. G. Bönisch: »21 Tonnen Gold im Keller.« (1999), S. 110. 136 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 220. 137 Ebd., S. 220. 138 Ebd., S. 220. 139 Ebd., S. 221. 140 Vgl. K. Nedo: »Kunst in der DDR« (2019). 141 H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 221f. 142 Vgl. hierzu auch: Sager, Peter: Die Besessenen – Begegnungen mit Kunstsammlern zwischen Aachen und Tokio, Köln: DuMont 1992, insbesondere auf S. 31–51 und S. 345–355 wird über den als »IM«, also Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi, arbeitenden Georg Brühl aus Chemnitz berichtet.

Das 21. Jahrhundert 1

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Der Begriff fand ab 2005 Eingang in zahlreiche Publikationen, u. a. in: Pilny, Karl: Das asiatische Jahrhundert: China und Japan auf dem Weg zur neuen Weltmacht, Frankfurt am Main: Campus 2005 und in: Khanna, Parag: Unsere asiatische Zukunft, Hamburg: Rowohlt 2019. Jankovska, Bianca: Das Millennial-Manifest, Hamburg: Rowohlt 2018. Aus der Zusammenfassung von Scholz, Christian: Generation Z: Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt, Weinheim: Wiley 2014. Vgl. Grunwald, Armin: Technikfolgenabschätzung – eine Einführung, Berlin: edition sigma 2010 oder Lindner, Ralf et al. (Hg.): Gesellschaftliche Transformationen: Gegenstand oder Aufgabe der Technikfolgenabschätzung?, Gesellschaft Technik Umwelt, Bd. 22, Baden-Baden: Nomos 2020. Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien und die Republik Zypern sind Mitglieder der Eurozone. Vgl. die Untersuchung von Dirk Boll zu den Krisen im Kunstmarkt seit 1990: Boll, Dirk: Was ist diesmal anders? Wirtschaftskrisen und die neuen Kunstmärkte, Berlin: Hatje Cantz 2020. Vgl. A. Haden-Guest: True Colors, S. 57. Ebd., S. 57.

Anmerkungen

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Mei, Jiangping/Moses, Michael: »Art as Investment and the Underperformance of Masterpieces: Evidence from 1875–2002«, in: American Economic Review, 2002, Bd. 92, Nr. 5, S. 1656–1668. »Mei was a principal developer of the Mei Moses Fine Art Price Indices, which have been covered in the New York Times, Wall Street Journal, Financial Times, Barron’s, Los Angeles Times, Business Week, Time, Forbes and other world news media.« Vgl. die Angaben in der Biographie von Mei auf der Seite seiner Universität, an der er als Professor lehrt: https://english.ckgsb.edu.cn/faculty/mei-jianping/ 10 Es findet sich nur eine kurze Biographie von Jianping Mei über seine Zeit vor seiner Ankunft in den USA. Vgl. erneut die Webseite seiner Universität. 11 Vgl. die Webseite von Sotheby’s auf: https://www.sothebys.com/en/the-sothe bys-mei-moses-indices 12 Die Reports können von der Webseite der TEFAF heruntergeladen werden auf: https://www.tefaf.com/initiatives/art-market-reports 13 Auch die Art Basel Reports können von der entsprechenden Messe-Webseite heruntergeladen werden auf: https://www.artbasel.com/about/initiatives/the -art-market 14 Vgl. die Webseite der Firma Arts Economics auf: http://artseconomics.com 15 Vgl. die Angaben auf der Webseite der Firma Statista auf: https://de.statista.c om/statistik/daten/studie/294107/umfrage/artikel-in-einem-supermarkt-indeutschland-nach-sortiment/ 16 Vgl. den Skandal im Jahr 2012: Ohne Autorenname: »Brechdurchfall in Ostdeutschland. China-Erdbeeren waren mit Noroviren verseucht«, in: Der Spiegel vom 08.10.2012 auf: https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/brechd urchfall-tiefkuehl-erdbeeren-mit-noroviren-belastet-a-860169.html 17 Der Report »The Art Market 2022« von Clare McAndrew kann wie erwähnt auf der Webseite der Schweizer Messe Art Basel eingesehen werden auf: https://w ww.artbasel.com/about/initiatives/the-art-market 18 Im Original heißt es: »A ›space‹ has a reassuring ring of commercial neutrality, a setting in which you can concentrate on the artistic impact free from the contamination of profit.« P. Hook: Rogues’ Gallery, S. 258. 19 »[…] twenty-first-century art dealers do not buy and sell paintings: they ›source‹ them and ›place‹ them […].« Ebd., S. 258. 20 Die Pace Gallery hat 2022 Niederlassungen an neun Standorten: Hong Kong, Seoul, Genf, London, New York, East Hampton, Palo Alto, Palm Beach und Los Angeles. Die 21 Räume der Gagosian Gallery befinden sich 2022 in New York (sieben), Beverly Hills, London (vier), Paris (zwei), Bourget, Basel, Gstaad, Genf, Rom, Athen und Hong Kong. Vgl. die Auflistung der vierzehn flächenmäßig größten Galerien weltweit: Kinsella, Eileen: »Which Is the Biggest MegaGallery? We Ranked the Total Footprints of 14 of the World’s Most Powerful Art

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Dealerships«, in: Artnet News vom 05.12.2018 auf: https://news.artnet.com/m arket/the-square-footage-of-global-mega-galleries-1409839 Vgl. die Webseite der Gagosian Gallery auf: https://gagosian.com Bei David Zwirner werden auf seiner Webseite unter den vier Niederlassungen New York, London, Paris und Hong Kong streng hierarchisch alle Mitarbeiter für Verkäufe aufgelistet. Danach folgen die beiden Bereiche »Editorial & Content« und »Press«. Siehe die Webseite der David Zwirner Galerie auf: https://w ww.davidzwirner.com/staff Aktuell werden auf der Webseite von Gagosian folgende Kontaktmöglichkeiten angeboten: Facebook, Twitter, Instagram, Artsy, Tumblr, Pinterest und WeChat sowie E-Mail. Clark, Nick: »Iwan Wirth: The more public half of the art world’s most powerful couple is a creative pirate who shares his treasures«, in: The Independent vom 23.10.2015 auf: https://www.independent.co.uk/news/people/iwan-wirth-the -more-public-half-of-the-art-world-s-most-powerful-couple-is-a-creative-p irate-who-a6706771.html sowie Schreiber, Daniel: »Lustmord in der Scheune«, in: Die Zeit vom 13.08.2015, Nr. 33/2015 auf: https://www.zeit.de/2015/33/kuns t-ausstellung-england-hauser-wirth Borcherdt, Gesine: »Erntedankfest auf der Kunstfarm«, in: Die Welt vom 20.07.2014 auf: https://www.welt.de/print/wams/kultur/article130348953/Ern tedankfest-auf-der-Kunstfarm.html Ebd. Vgl. zu diesen Gedanken auch die Gerichtsverhandlung der Gagosian Gallery gegen seinen langjährigen Kunden Ronald Perelman. Involviert waren Kunstwerke von Jeff Koons, Richard Serra und Cy Twombly. Vgl. Jasani, Azmina: »When it comes to business, a longstanding friendship will not save the day«, in: Art at Law vom 25.08.2015 auf: https://www.artatlaw.com/archives/2015-ja n-dec/when-it-comes-to-business-a-longstanding-friendship-will-not-savethe-day D. Schreiber: »Lustmord in der Scheune« (2015). Vgl. H.P. Thurn: Der Kunsthändler, S. 233. Ebd., S. 236. Vgl. Gnyp, Marta: Die Neue Macht. Sammler in der Kunstwelt, Stockholm: Art and Theory 2017, S. 43. Vgl. das Online-Magazine Artvise.me auf: https://artvise.me/kunstmessen-di e-wichtigsten-termine/ Der deutsche Pavillon wurde 1909 von Daniele Donghi gebaut, dann zerstört und 1938 von Ernst Haiger neu errichtet. Vgl. die Angaben auf der Webseite der Biennale von Venedig auf: https://www.labiennale.org/en/venues/giardini-de lla-biennale.

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Vgl. ebd. und die Webseite Artinfo24 auf: https://www.artinfo24.com/kunst-t hema/biennale-venedig.html Gerlis, Melanie: »Merry-go-round: why so many art fairs are planned then shelved«, in: The Financial Times vom 06.04.2018 auf: https://www.ft.com/co ntent/6a5a9380-3823-11e8-b161-65936015ebc3 2020 fanden pandemiebedingt nur 124 Kunstmessen in Präsenz statt, 2021 waren es schon 240 Messen. Vgl. »The Art Market 2022« (Art Basel). M. Gnyp: Die Neue Macht, S. 78. Die Besucherzahlen der letzten Jahre auf den großen Messen wie der Art Basel, Art Basel Miami, Armory Show, Frieze oder Art Cologne bewegen sich in diesem Rahmen. Vgl. Ciccotti, Enrichetta Cardinale: »Contemporary art fairs as new forms of cultural consumption and urban experience«, in: Tafter Journal, Nr. 74, August 2014 auf: https://www.tafterjournal.it/2014/07/30/contemporary-art-fairs-asnew-forms-of-cultural-consumption-and-urban-experience/ Vgl. »The Art Market 2022« (Art Basel), S. 126f. Für Christie’s war der Umsatz im Jahr 2021 der vierthöchste in der Firmengeschichte, 2014 betrug er 8,4 Mrd. US-Dollar, 2015 7,4 Mrd. US-Dollar, 2013 7,13 Mrd. US-Dollar. Vgl. https://de.s tatista.com/statistik/daten/studie/190078/umfrage/umsatz-von-christies-int ernational-seit-2006/ Vgl. Bowley, Graham/Barboza, David: »An art power rises in China, posing issue for reform«, in: The New York Times vom 16.12.2013 auf: https://www.cnbc .com/2013/12/16/an-art-power-rises-in-china-posing-issue-for-reform.html Vgl. die Webseite des Poly Art Museum auf: http://www.polyartmuseum.com Der Direktor von »Poly Auction« erklärt den schnellen Erfolg seines Hauses im Vergleich zum privat geführten »China Guardian« auf diese Weise: »›Individual buyers, they recognize us as part of the government,‹ said Mr. Zhao, who is 44. ›They trust us, since we are part of the state-owned enterprise.‹« Vgl. das Interview von Zhao Xu mit G. Bowley/D. Barboza: »An art power rises in China« (2013). Auch heißt es: »They claim that, because of Poly’s ties to elites in the Chinese government, it enjoys greater freedom in moving cultural relics in and out of the country and more leeway from the tax bureau. Poly also can be more dismissive of recent efforts, led by the trade association, with the of commerce and culture ministries, to reform the Chinese art market, the experts say.« G. Bowley/D. Barboza: »An art power rises in China« (2013). Vgl. die Biographie von Cheng Dongsheng auf: https://www.chinavitae.com/b iography/Chen_Dongsheng Vgl. Chris Buckley: »When he quit as an editor for a government-run magazine and plunged into auctioneering in the early 1990s, he copied Sotheby’s, right down to the fine points. He borrowed a video camera, visited a Sotheby’s auction in Hong Kong and furtively recorded the proceedings.« Buckley, Chris:

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»Sotheby’s New Major Shareholder Is Already a Power in Chinese Art«, in: The New York Times vom 31.07.2016 auf: https://www.nytimes.com/2016/08/01/ar ts/design/sothebys-chen-dongsheng-china-art.html Ebd. Vgl. »The Art Market 2021« von Artprice auf: https://de.artprice.com/artpricereports/the-art-market-in-2021/top-500-artists-by-auction-turnover. Herchenröder, Christian: »Chinas Kunstsammler sind äußerst potente Käuferschicht«, in: Neue Zürcher Zeitung vom 29.06.2019 auf: https://www.nzz.ch/f euilleton/chinesischer-sammler-ld.1482239 Auf der Webseite des Long Museums heißt es: »As the largest private institution of collection in China, the Long Museum boasts of the richest collection nationwide.« auf: http://www.thelongmuseum.org/en/page-3-1005.html Das große Engagement Lius und Weis wird auf verschiedene Weise in China interpretiert: als finanzielles Investment, als öffentlicher Stunt, als patriotischer Akt, um die Aufmerksamkeit der Welt auf China zu lenken oder als ein Akt des Zeigens des eigenen Erfolgs. Vgl. dazu den umfangreichen Bericht über Liu Yiqian in: Fan, Jiayang: »The Emperor’s New Museum«, in: The New Yorker vom 07.11.2016 auf: https://www.newyorker.com/magazine/2016/11/07/th e-emperors-new-museum C. Herchenröder: »Chinas Kunstsammler« (2019). Vgl. die Angaben auf der Webseite der K11 Stiftung auf: https://www.k11artfou ndation.org/en/about-us/ Ebd. Vgl. Vankin, Deborah: »Sold for $ 195 million, Andy Warhol‹s ›Shot Sage Blue Marilyn‹ sets new auction record«, in: Los Angeles Times vom 09.05.2022 auf: https://www.latimes.com/entertainment-arts/story/2022-05-09/andywarhols-shot-sage-blue-marilyn-sets-new-auction-record Vgl. die Angaben auf der Webseite von Christie’s »Leonardo‹s Salvator Mundi makes auction history« vom 15.11.2017 auf: http://www.christies.com/features /Leonardo-and-Post-War-results-New-York-8729-3.aspx. Vgl. den Bericht »The Art Market 2022« (Art Basel), die sich auf Daten aus dem Vorjahr 2021 bezieht, ihren Bericht jedoch mit 2022 betitelt, da der Bericht 2022 erstellt wurde. Der Bericht »The Art Market 2021« von Thierry Ehrmann von Artprice unterscheidet sich in den Zahlen etwas von dem Bericht Clare McAndrews. Er bezieht sich gleichfalls auf Zahlen des Vorjahres, weswegen er seinen Bericht mit 2021 betitelt. Ehrmann errechnet einen Umsatz mit Bildender Kunst in Höhe von 17,1 Mrd. US-Dollar im Jahr 2021, vgl. https://imgpublic.artprice.com/pdf /the-art-market-in-2021.pdf, S. 8 und https://www.artbasel.com/about/initia tives/the-art-market, S. 158f. Vgl. die Berichte von Artprice, S. 30 und Art Basel, S. 122 und S. 156ff.

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Vgl. den Bericht »The Art Market 2022« (Art Basel), S. 127f. Vgl. Vogel, Carol: »Inside Art«, in: The New York Times vom 07.06.1996 auf: htt ps://www.nytimes.com/1996/06/07/arts/inside-art.html Über die André Emmerich Gallery heißt es: »In June, Sotheby’s entered into an agreement with Andre Emmerich, the 57th Street gallery. While Sotheby’s doesn’t own the inventory, it does own the gallery, which is now Emmerich/ Sotheby’s, and Mr. Emmerich and his employees are on the Sotheby’s payroll.« Vogel, Carol: »At the Wire, Auction Fans, It’s, It’s Christie’s!«, in: The New York Times vom 11.02.1997 auf: https://www.nytimes.com/1997/02/11/arts/at-the-w ire-auction-fans-it-s-it-s-christie-s.html Taylor, Kate: »Auction Houses Vs. Dealers«, in: The Sun vom 16.04.2007 auf: ht tps://www.nysun.com/arts/auction-houses-vs-dealers/52493/ Ebd. Vgl. Nag, Ashoke: »Sotheby’s announces Noortman Master Paintings to close by December 31, 2013«, in: The Economic Times vom 09.11.2013 auf: https://e conomictimes.indiatimes.com/wealth/personal-finance-news/sothebys-ann ounces-noortman-master-paintings-to-close-by-december-31-2013/articlesh ow/25510094.cms und Thibaut, Matthias: »Noortman Master Paintings Ende einer Tradition«, in: Das Handelsblatt vom 12.11.2013 auf: https://www.hande lsblatt.com/arts_und_style/kunstmarkt/noortman-master-paintings-ende-ei ner-tradition/9063622.html?ticket=ST-6158923-hE3ekqpNXoiKVY6bCzd5-ap 2 Vgl. die Webseite von Sotheby’s. Vgl. ebd. Ohne Autorennamen: »Christie’s Jahresbilanz: Hauptsache sind die neuen Strategien«, in: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 07.02.2016 auf: https ://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunstmarkt/auktionen/christie-s-jahresbil anz-hauptsache-sind-die-neuen-strategien-14041362.html. Vgl. die Webseite der Beratungsfirma Art Agency auf: https://www.artagencypartners.com/ Vgl. die Webseite des Händlers Spink, hier heißt es: »Christie’s acquired Spink from Andrew Weir & Co. Ltd and integrated its own coin and medal department into Spink.« auf: https://www.spink.com/about/spink-today C. Vogel: »At the Wire« (1997). Vogel, Carol: »Inside Art«, in: The New York Times vom 23.03.2001 auf: https:// www.nytimes.com/2001/03/23/arts/inside-art.html Reimers, Anne: »Haunch of Venison schließt: Einfach nicht genug Geld«, in: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15.02.2013 auf: https://www.faz.net/ aktuell/feuilleton/kunstmarkt/haunch-of-venison-schliesst-einfach-nicht-ge nug-geld-12081786.html Vgl. den Bericht »The Art Market 2022« (Art Basel), S. 127f.

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Vgl. in der Datenbank die Verzeichnis-Nummer 03131 auf: http://www.kulturg utschutz-deutschland.de/DE/3_Datenbank/Kulturgut/Berlin/03131.html 74 Vgl. in der Datenbank die Verzeichnis-Nummer 03108 auf: http://www.kultur gutschutz-deutschland.de/DE/3_Datenbank/Kulturgut/Berlin/03108.html 75 Vgl. in der Datenbank die Verzeichnis-Nummer 03302 auf: http://www.kultur gutschutz-deutschland.de/DE/3_Datenbank/Kulturgut/Berlin/03302.html 76 Vgl. die Übersicht der Alters- und Wertgrenzen für die Ausfuhr von Kulturgut nach § 24 des Kulturgutschutzgesetzes auf der Webseite der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien auf: http://www.kulturgutschutz-de utschland.de/DE/Service/PublikationenMerkblaetter/UebersichtWertgrenze n.html?nn=9865040 77 Die Bundesregierung betont, dass sie mit dem aktualisierten Gesetz europarechtliche Vorgaben umsetzen würde. Auf der Webseite der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien heißt es: »Daneben bestehen weitere europarechtliche Bestimmungen im Bereich der Rückgabe von Kulturgut zwischen den Mitgliedstaaten, für den Fall, dass dieses unrechtmäßig aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat verbracht wurde (Richtlinie 2014/60/EU). Diese Bestimmungen sind von den nationalen Gesetzgebern in ihr nationales Recht zu übertragen. Deutschland ist dieser Verpflichtung im KGSG nachgekommen.« auf: http://www.kulturgutschutz-deutschland.de/D E/Service/PublikationenMerkblaetter/UebersichtWertgrenzen.html?nn=9865 040 78 Vgl. Weidner, Amalie: Kulturgüter als res extra commercium im internationalen Sachenrecht, Berlin: De Gruyter 2013, insbesondere S. 25f. 79 Dazu heißt es: »Dann werden Kunstgalerien und Auktionshäuser nicht mehr nur im Sammelbecken der Güterhändler geführt, sondern explizit als Verpflichtete gelistet.« Hinkel, Sebastian: »Was das Geldwäschegesetz für den Kunsthandel bedeutet«, in: Tatort Steuern, Nr. 4/2018, S. 15 auf: https://www. hptp.de 80 Vgl. ebd., S. 15. 81 Fricke, Christiane: »›Ihren Ausweis, bitte!‹ – Kunsthändler müssen künftig die Identität der Kunden nachweisen«, in: Das Handelsblatt vom 04.07.2019 auf: https://www.handelsblatt.com/arts_und_style/kunstmarkt/geldwaeschegese tz-ihren-ausweis-bitte-kunsthaendler-muessen-kuenftig-die-identitaet-der -kunden-nachweisen/ 82 Ebd. 83 Vgl. die Webseite des Bundestages zur Wirkung des Kulturgutschutzgesetzes, Kultur und Medien, Antwort vom 03.06.2021 (hib 736/2021) auf: https://www.b undestag.de/presse/hib/845316-845316. 84 RND/dpa: »Grütters sieht Kulturgutschutzgesetz als Erfolg – Kritik gibt es dennoch«, in: Hannoversche Allgemeine vom 16.01.2019 auf: https://www.haz

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.de/Nachrichten/Kultur/Uebersicht/Gruetters-sieht-Kulturgutschutzgesetzals-Erfolg-Kritik-gibt-es-dennoch Wörtlich heißt es: »[…] a firm must be clear, as a matter of policy, on whether it deals, or is likely to deal, in sales of works of art over 10,000 Euros«. Rundle, David/ Saugman, Frederick: »Money laundering: Buyer secrecy in the London art market« vom 25.03.2020, Webseite der Anwaltskanzlei WilmerHale auf: https ://www.jdsupra.com/legalnews/money-laundering-buyer-secrecy-in-the-977 21/ »Even dealers from overseas who come to the UK to sell works of art above that threshold, will be subject to the Regulations.« Ebd. Vgl. Halfin, Simon: »The Legal Protection of Cultural Property in Britain: Past, Present and Future«, in: DePaul Journal of Art, Technology & Intellectual Property Law, Band 6, Ausgabe 1, Artikel 2, Herbst 1995, S. 3f. Immer wieder finden sich historische Berichte, wenn in Großbritannien die Abwanderung von Kulturgut unterbunden werden sollte. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges sollte das Gemälde »Drei Marien am Grabe« von Jan und Hubert van Eyck verkauft werden. »In diesem Augeblick legte aber die Londoner National Gallery ihr Veto ein und erreichte, daß die Regierung die Ausreise des Bildes aus England verbot.« P. Cabanne: Die Geschichte großer Sammler, S. 189f. Vgl. die Angaben auf der Seite der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, auf der die einzelnen Gesetzgebungen in anderen europäischen Ländern erklärt werden auf: http://www.kulturgutschutz-deutschla nd.de/DE/Staateninformation/Europa/Grossbritanien/grossbritanien_staate ninfo.html Hartung, Hannes: Das neue Kulturgutschutzgesetz. Ein Leitfaden für die Praxis, AXA ART München, 01.03.2017, S. 19. Vgl. dazu das Ankaufsrecht nach § 23 VI KGSG. Ebd., S. 19. M. Gnyp: Die Neue Macht, S. 173. Vgl. aktuelle Zahlen auf der Webseite der Johns Hopkins University auf: https: //coronavirus.jhu.edu/map.html Vgl. die Zahlen auf der Seite der Firma Statista auf: https://de.statista.com/sta tistik/daten/studie/197783/umfrage/minderjaehrige-kinder-in-deutschland/ https://www.inflationsrate.com, https://www.ons.gov.uk/economy/inflation andpriceindices und https://tradingeconomics.com/united-states/inflation-c pi https://de.statista.com/statistik/daten/studie/74644/umfrage/prognose-zurentwicklung-des-bip-in-deutschland/ https://de.statista.com/statistik/daten/studie/14557/umfrage/wachstum-desbruttoinlandsprodukts-in-grossbritannien/

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2008 lag das BIP bei 0,12 %, es fiel 2009 auf -2,6 % und erholte sich langsam 2010 auf 1,55 %. 2020 fiel es um -3,41 %, erholte sich dann aber sehr schnell auf 5,68 % 2021 und stabilisiert sich gleichfalls 2022 auf 3,71 %. Vgl. https://de.stat ista.com/statistik/daten/studie/14558/umfrage/wachstum-des-bruttoinlands produkts-in-den-usa/ Vgl. verschiedene Onlinequellen zu den Umsätzen mit Kunst, Eckert, Daniel: »Für Sammler ist die Krise der Kunst eine gute Gelegenheit«, in: Die Welt, 29.04.2017 auf: https://www.welt.de/wirtschaft/plus164119572/Fuer-Samml er-ist-die-Krise-der-Kunst-eine-gute-Gelegenheit.html; Porcu, Alexandra: »Digitalisierung und Kunst: Was Sammler über den Kunstmarktbericht 2021 wissen müssen«, in: digitalmagazin, 28.06.2021 auf: https://digital-magazin .de/digitalisierung-und-kunst-kunstmarktbericht-2021/; sowie siehe erneut den Bericht »The Art Market 2022« (Art Basel).  Buesing,Nicole/Klaas, Heiko: »Alles fast wie früher«, in: Dare, 23.06.2022 auf: https://daremag.de/2022/06/alles-fast-wie-frueher/ Vgl. ohne Autorennamen: »Fast ein Drittel des Lufthansa-Bodenpersonals krank«, in: Online Magazin Airliners.de, 18.07.2022 auf: https://www.airliners .de/drittel-lufthansa-bodenpersonals-krank/65587 »Stau auf dem Meer immer größeres Problem«, auf: Tagesschau, 07.06.2022 auf: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/container-stau-10 1.html Vgl. den Bericht von PwC »Global Workforce Hopes and Fears Survey 2022« auf: https://www.pwc.com/gx/en/issues/workforce/hopes-and-fears-2022.html Vgl. die entsprechende Kategorie auf der Webseite von Ebay auf: https://www. ebay.de/e/_spielzeug/eg-kunst/malerei/551 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6003/umfrage/die-wertvollste n-marken-weltweit/ Ohne Autorennamen: »Onlinehandel gewinnt immer mehr an Bedeutung«, in: DeStatis, Statistisches Bundesamt, 2022 auf: https://www.destatis.de/DE/Pre sse/Pressemitteilungen/2022/06/PD22_273_45212.html Vgl. den Bericht »The Art Market 2022« (Art Basel), S. 36f. Henkel, Christiane: »Aktivisten-Investor mischt Sotheby’s auf«, in: Neue Zürcher Zeitung vom 21.11.2014 auf: https://www.nzz.ch/finanzen/aktivisten-inv estor-mischt-sothebys-auf-1.18429934 Vgl. die aktuellen »Online Only-Auktionen« bei Christie’s und Sotheby’s auf: h ttps://onlineonly.christies.com und https://www.sothebys.com Woeller, Marcus: »Was kostet Kunst wirklich?«, in: Die Welt vom 02.09.2017 auf: https://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article168235878/Was-kostetKunst-wirklich.html Vgl. Chesters, Laura: »Sotheby’s introduces new fee on top of the hammer price and buyer’s premium«, in: Gazette vom 10.08.2020 auf: https://www.antique

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stradegazette.com/print-edition/2020/august/2454/news/sotheby-s-introduc es-new-fee-on-top-of-the-hammer-price-and-buyer-s-premium/ Vgl. den Bericht »The Art Market 2022« (Art Basel), S. 136. Blog »Art Law« der Rechtsanwaltskanzlei Boodle Hatfield: »Sotheby’s enters new digital age with first live-streamed auction«, 06.07.2020 auf: https://ww w.lexology.com siehe: https://www.lexology.com/library/detail.aspx?g=47ca7 342-f24b-4cee-b63f-f9645eaddb7a Unterstützt wurde die Auktion von dem Kinematographen Joel Mischcon, der dem breiten Publikum durch Produktionen wie »The X Factor« bekannt geworden ist. Ebd. Das bis dato höchste Online-Gebot war für ein Paar Diamantohrringe in einer Genfer Auktion im Jahr 2016 abgegeben worden. Vgl. F.R.: »The digital auction house Sotheby’s experiments with live-streaming its art sales«, in: The Economist vom 02.07.2020 auf: https://www.economist.com/prospero/2020/ 07/02/sothebys-experiments-with-live-streaming-its-art-sales Vgl. Capon, Alex: »Three continents, four auctioneers, 80 lots and 80,000 online watchers: Christie’s ’One’ sale brings $421m«, in: Gazette vom 16.07.2020 auf: https://www.antiquestradegazette.com/news/2020/three-continents-fo ur-auctioneers-80-lots-and-80-000-online-watchers-christie-s-one-sale-bri ngs-421m/ »›I’m selling it at…‹, only to be interrupted by Cécile Verdier, head of Christie’s France, who said ›No! I’m selling it!‹« Kinsella, Eileen: »Auctions. In a Profound Shift, Christie’s Is Eliminating Its Standalone Impressionist and Modern Art Department, Shedding a Significant Amount of Staff in the Process«, in: Artnet News vom 26.06.2020 auf: https://news.artnet.com/market/christies-is-merg ing-its-impressionist-and-contemporary-departments-amid-staff-cuts-1890 370 Vgl. A. Capon: »Three continents, four auctioneers« (2020). Vgl. E. Kinsella: »Auctions.« (2020). Vgl. ebd. Vgl. Dafydd, Iolo ap: »Sotheby’s live-streamed auction a sign of things to come«, auf: »China Global Television Network (CGTN)« vom 30.07.2020 auf: h ttps://newseu.cgtn.com/news/2020-07-30/Sotheby-s-live-streamed-auctiona-sign-of-things-to-come-SwL5zjVn0s/index.html Vgl. den Bericht »The Art Market 2022« (Art Basel), S. 104. Vgl. ebd., S. 105. Kazakina, Katya: »Prisoner of the Hamptons: Art Giant on Life in the Covid Age«, in: Bloomberg News vom 17.05.2020 auf: https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-05-15/prisoner-of-the-hamptons-an-art-giant-on-life-in-thecovid-age Ebd.

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Die Schöpfer des Kunstmarkts

126 Vgl. die Webseite der Galerie David Zwirner auf: https://www.davidzwirner.c om/podcast 127 Vgl. Kinsella, Eileen: »Blue-Chip Galleries Are Fleeing Manhattan to Set Up Shop in the Tony Hamptons. Will It Be More Than a Summer Romance?«, in: Artnet News vom 09.06.2020 auf: https://news.artnet.com/market/hamptons -art-galleries-1881849 128 Dörner, Astrid: »Banker kehren New York den Rücken und ziehen nach Florida. Manhattan in der Krise«, in: Das Handelsblatt vom 22.02.2021 auf: https://ww w.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/manhattan-in -der-krise-banker-kehren-new-york-den-ruecken-und-ziehen-nach-florida/ 26912242.html 129 Zu diesen Faktoren zählen: die Wirtschaft, damit eng zusammenhängend die Preise für Immobilien, die Arbeitsumgebung (Home-Office versus OfficeWork), die Impfquote und die allg. politische Situation. 130 Vgl. die Webseiten der Galerien Pace, Hauser & Wirth und van de Weghe auf: ht tps://www.pacegallery.com; https://www.hauserwirth.com/ sowie https://ww w.vdwny.com/gallery 131 Vgl. die Wertsteigerung des Bitcoins seit 2017 bis zur Drucklegung auf: https:/ /de.statista.com/statistik/daten/studie/781906/umfrage/kursentwicklung-de s-bitcoin-gegenueber-dem-euro/ 132 Vgl. ohne Autorennamen: »Was ist ein Token?«, in: Online Magazin von Lexware, 03.01.2022 auf: https://www.buchhaltung-einfach-sicher.de/finanzen/tok en 133 Vgl. ohne Autorennamen: »Non-fungible Token (NFT)«, in: BTC Echo Magazin, Nr. 09/22 auf: https://www.btc-echo.de/academy/bibliothek/non-fungible-to ken-nft/ 134 Vgl. ebd. 135 Vgl. neben den zahlreichen Presseartikeln insbesondere die Webseite des Auktionshauses Christie’s auf: https://www.christies.com/features/Monume ntal-collage-by-Beeple-is-first-purely-digital-artwork-NFT-to-come-to-auct ion-11510-7.aspx 136 Westall, Mark: »Beeple’s First 5000 Days, sold for $69,346,250 to Metakovan, founder of Metapurse«, in: FAD Magazine vom 13.03.2022 auf: https://fadmagazine.com/2021/03/13/beeples-first-5000-days-sold-for-69346250-tometakovan-founder-of-metapurse/ 137 Vgl. Völzke, Daniel: »Markt für digitale Kunst. Gegenwind für NFT-Boom«, in: Monopol vom 19.03.2021 auf: https://www.monopol-magazin.de/gegenwindfuer-nft-boom 138 Davis, Ben: »I Looked Through All 5,000 Images in Beeple’s $ 69 Million Magnum Opus. What I found Isn’t So Pretty«, in: Artnet News vom 17.03.2021 auf: https://news.artnet.com/opinion/beeple-everydays-review-1951656

Anmerkungen

139 Kinsella, Eileen: »Boosted by Private Sales and NFTs, Christie’s Brought in a Total of $7.1 Billion in 2021—Its Best Results in Five Years«, in: Artnet News vom 20.12.2021 auf: https://news.artnet.com/market/christies-reports-2021results-best-five-years-2052122 140 Vgl. den Bericht »The Art Market 2022« (Art Basel), S. 40. 141 Vgl. ebd., S. 42. 142 Vgl. ebd., S. 42. 143 Vgl. die Webseite der Firma auf: https://www.nonfungible.com 144 Vgl. die Webseite von Decentraland auf: https://decentraland.org 145 Jhala, Kabir: »Crypto-crazed Sotheby’s launches first virtual gallery in digital metaverse Decentraland«, in: The Art Newspaper vom 07.06.2021 auf: https:// www.theartnewspaper.com/2021/06/07/crypto-crazed-sothebys-launches-fir st-virtual-gallery-in-digital-metaverse-decentraland

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Kunst- und Bildwissenschaft Ingrid Hoelzl, Rémi Marie

Common Image Towards a Larger Than Human Communism 2021, 156 p., pb., ill. 29,50 € (DE), 978-3-8376-5939-9 E-Book: PDF: 26,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-5939-3

Elisa Ganivet

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Kunstpraxis in der Migrationsgesellschaft Transkulturelle Handlungsstrategien der Brunnenpassage Wien 2021, 244 S., kart. 29,00 € (DE), 978-3-8376-5546-9 E-Book: PDF: 25,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-5546-3

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