Die ordentliche Änderungskündigung des Arbeitgebers [1 ed.] 9783428505401, 9783428105403

Im Laufe einer Beschäftigung bedürfen Arbeitsbedingungen immer wieder der Anpassung. Stimmt der Arbeitnehmer einer Änder

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Die ordentliche Änderungskündigung des Arbeitgebers [1 ed.]
 9783428505401, 9783428105403

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PRANZ X. WALLNER

Die ordentliche Änderungskündigung des Arbeitgebers

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 198

.. Die ordentliche

Anderungskündigung des Arbeitgebers

Von

Pranz X. Wallner

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme

Wallner, Franz X.: Die ordentliche Änderungskündigung des Arbeitgebers I Pranz X. Wallner. Berlin: Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht ; Bd. 198) Zugl.: Passau, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10540-0

D739 Alle Rechte vorbehalten

© 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 3-428-10540-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 €9

Für meine Eltern undfürAna

Vorwort Das Arbeitsverhältnis, das als Dauerschuldverhältnis Jahrzehnte währen kann, bedarf immer wieder der Anpassung an die wechselnden Anforderungen von Arbeitswelt und Wirtschaft. Ist der Arbeitnehmer mit den Änderungswünschen seines Arbeitgebers nicht einverstanden, und führen auch arbeitsvertragliche Leistungsbestimmungsrechte nicht zum Ziel, so bleibt dem Arbeitgeber nur noch die Änderungskündigung. Die Änderungskündigung hat in den letzten Jahren verstärkt Beachtung erfahren. Die Arbeitgeber mußten dabei feststellen, daß dieses Änderungsinstrument nur bedingt einsetzbar ist. Erschwert wird seine Anwendung insbesondere dadurch, daß Rechtsprechung und Literatur ein klares und in sich geschlossenes dogmatisches Konzept bisher nicht vorgestellt haben. Diese Lücke versucht die vorliegende Arbeit zu schließen. Ihr Ziel ist es, eine Gesamtkonzeption zu entwickeln, die Möglichkeiten und Grenzen der Änderungskündigung sichtbar werden läßt. Die Schrift wurde im Wintersemester 2000/2001 von der juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung konnten Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis März 2001 berücksichtigt werden. Die Arbeit geht zurück auf eine Anregung meines geschätzten Lehrers, Prof. Dr. Wolfgang Hromadka, dem ich für die mir in jeder Hinsicht zuteil gewordene Förderung am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Wirtschaftsrecht herzlich danke. Herr Prof. Dr. Reiner Ascheid, Vorsitzender Richter am BAG a.D., war so freundlich, das Zweitgutachten zu fertigen. Am allermeisten danke ich meiner Ehefrau Ana. Sie war nicht nur eine strenge Leserin; ohne ihren Rückhalt hätte ich die Schrift weder beginnen noch fertigsteilen können. Stuttgart, im April 2001

Franz Xaver Wallner

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

I. Die Ursprünge der Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

II. Die Entwicklung der Änderungskündigung seit ihrer Normierung . . . . . . . . . . . . .

21

111. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

B. Das System der Änderungskündigung

24

I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

1. Der ,,Zusammenhang" von Kündigung und Änderungsangebot . . . . . . . . . . . . .

25

2. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

3. Die "Kündigung".. . .. . ... . ......... .. . .... . ... . ... . ...... . . ....... . ... . ...

27

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot . . . . . . . . . . . .

29

1. Zusammenhang aufgrund einer Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .

29

a) Auflösende Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

b) Aufschiebende Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ( 1) Beginn der Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31

(2) Fehlende Erklärung des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

(3) Die Annahme durch den Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

c) Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

2. Zusammenhang ohne Bedingung . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . .. .. . .

34

3. Die zeitliche Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

a) Die Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

b) Eigene Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

(1 ) Angebot - Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

(2) Kündigung- Angebot .. . ........ .. ... .. .. ... . .. .. . . ... . . . .. . . . . . . . .

40 41

(3) Nachschieben des Änderungsangebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

lO

Inhaltsverzeichnis 4. Die Einheit der Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

b) Folgen für die Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

c) Eigene Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

d) Schriftformerfordernis der Änderungskündigung

47

5. Die Annahme unter Vorbehalt . . . .. . . .. .. . . . . .. . . . . . .. .. .. . . . . .. . . . . .. . . . . .

49

a) Die Rechtsnatur des Vorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

( l) Vorbehalt als Bedingung .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. . (2) Vorbehalt: Erlaubnis zur Teilkündigung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 50 51

(3) Vorbehalt: Rechtsfigur eigener Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

b) Wirkung der Annahme auf die Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

c) Wirkung der Annahme auf die Kündigung . . .. .. .. .. . . .. . .. .. . . . . . .. . . ..

54

d) Der "doppelte Vorbehalt" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

(I) Die Lösung des BAG über den "doppelten Vorbehalt" . . . . . . . . . . . . . .

55

(2) Kritische Würdigung .. .. . .. . .. .. .. .. . .. .. .. .. . .. . . . .. . .. .. .. .. .. . . .

56

(3) Eigene Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

III. Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

l. Ausspruch der Kündigung .. . . . . .. . . . . . . .. . .. . . .. .. . . . . .. . .. . . . .. . . .. . . . . . .

58

2. Ultima ratio der Kündigung .. . .. . . . .. . .. .. .. . . . .. .. .. .. . .. .. . .. . . . . . . .. .. . .

60

a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

b) Die Erforderlichkeit des Mittels "Änderungskündigung" in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

c) Anwendbarkeit der ultima ratio auf die Änderungskündigung . . . . . . . . . . .

63

(I) Ultimaratio sowohl der Änderung wie auch der Kündigung . . . . . . . .

64

(2) Getrennte Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

d) Das Leistungsbestimmungsrecht als milderes Änderungsinstrument . . . .

65

(1) Der Umfang des allgemeinen Direktionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

(2) Der Umfang des erweiterten Leistungsbestimmungsrechts . . . . . . . . . .

68

(a) Tarifliche Leistungsbestimmungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

(b) Arbeitsvertragliche Leistungsbestimmungsrechte . . . . . . . . . . . . . .

71

(c) Inhaltskontrolle von Leistungsbestimmungsrechten . . . . . . . . . . . .

72

Inhaltsverzeichnis

11

(d) Folgerungen für das Leistungsbestimmungsrecht . . . . . . . . . . . . . . .

74

(e) Das Argument von der Umgehung des Kündigungsschutzes ... 00 00 ....... . 00 . . .... 00 ...... 00 .. 00 . . . . . .

77

e) Wegfall der Erforderlichkeil bei Annahme des Angebots? . . . . . . . . . . . . . . (1) Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78 79

(2) Folgerungen für die Praxis 00 ........... 00 00 .... 00 ...... 00 . . 00......

81

f) Ergebnis ..... 00 . 00 . 00 . . .............. 00 .... 00 ........................ 00

82

3. Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der Änderungskündigung

82

a) Notwendigkeit einer Anhörung des Betriebsrats gern.§ 102 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

(l) Anwendbarkeit des§ 102 BetrVG auf die Änderungskündigung . . . .

84

(2) Fehlerhafte Anhörung und Änderungsschutzverfahren . . . . . . . . . . . . . .

86

b) Umfang der Anhörung . .. .. .... 00 ......... . 00 . . . ..... .. . .. . .... . ....... (1) Nachschieben von Änderungsgründen .. .. 00 00 00 .. 00 .. 00 .... 00 00 00 00

88 90

(2) Mitteilungspflichten des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

(a) Mitteilung der Kündigungsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

a) Änderungs- oder Beendigungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

ß) Außerordentliche oder ordentliche Änderungskündigung . . . (b) Mitteilung der Kündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94 95

(c) Mitteilung der Änderungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

(d) Mitteilung des Änderungsangebots. 00 00 .. 00 .. 00 ........ . ... 00..

99

c) Ergebnis .. . .. 00 ... . . . ... . 00 .. . .. 00 ... ... . 00 . . 00 . .. .... .... . .. . .. . .. . . .. 100 4. Der besondere Kündigungsschutz für Mitglieder von Betriebsverfassungsund Personalvertretungsorganen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Inhalt der Regelung des§ 15 KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Anwendbarkeit auf die Einzeländerungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (1) Arbeitsbedingungen des Betriebsratsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (2) Zusammensetzung des Kollektivorgans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (3) Schutz vor Repression .. . . . .. . . . . . . . . . .. . .. . . .. . . . .. . . . . . . . . .. . . .. . 105 c) Anwendung auf die Massenänderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (l) Der Lösungsweg über die außerordentliche Änderungskündigung . . 107 (a) Fehlen eines Kündigungsgrundes . 00 .... .... .... ... ..... 00 ... .. 108 (b) Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (c) Sonderform der außerordentlichen Änderungskündigung? . ..... 110

12

Inhaltsverzeichnis (2) Ausdehnung des§ 15 KSchG auf die Massenänderungskündigung? 110 (a) Zusammensetzung des Kollektivorgans und Arbeitsbedingungen des Betriebsratsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (b) Kollektive Maßnahme . . . .. . . . .. . .. .. . . . . . . . . .. . . . .. . . .. . .. . . .. 111 IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Inhalt und Begriff der "Änderung der Arbeitsbedingungen" . . . . . . . . . . . . . . . . 114

a) Arbeitsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Änderung . . .. .. . .. . . .. .. .. .. . .. .. .. . . .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . . .. . .. .. . .. . 114 c) Wirksamkeitsvoraussetzungen des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 d) Folgen bei Mängeln des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (I) Fehlendes Angebot .. ............ . ....... ... .......... .. ... .. ... . . .. 116 (2) Unvollständiges, unbestimmtes oder widersprüchliches Angebot . . . 117 2. Änderungskündigung auch bei befristeter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . .. . . . .. . . . .. 119 a) Die Begründung des BAG . . ............ . ... . ... .. ... .. ........ .·.. . . . . . . 120 b) Folgen der Anwendung des§ 2 KSchG........................ .. .. . ... . 121 c) Eigene Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zulässigkeit der Befristung - Vorfrage der sozialen Rechtfertigung (3) Ist die Anwendung des§ 2 KSchG erforderlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Wege zur Einschränkung des§ 2 KSchG . .. .. . . .. .. . .. .. . . . .. . .. . . .

123 123 124 125 127

3. Rechtswidriges Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Gesetz- oder tarifwidriges Angebot .. .. . . . .. .. .. .. .. .. .. . . . .. . . . .. .. .. .. 129 b) Verstoß gegen die betriebliche Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (1) Maßnahmen nach§ 99 BetrVG .. . . .. .. .. . . .. . . .. .. . . .. . .. . .. . .. . . . 131 (2) Maßnahmen nach§ 87 BetrVG . . . . . . .. .. . . .. . .. .. . . .. . .. . .. . .. . . . . 133 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 C. Die soziale Rechtfertigung . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch das BAG................ . ... .. 136 111. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch die Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Die herrschende Lehre: zweistufige Prüfung der Änderung der Arbeitsbedingungen . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . 140

Inhaltsverzeichnis 2. Die Gegenauffassung: Maßgeblichkeil des Kündigungselements

13

143

3. Vermittelnde Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Die Prüfung der Änderungskündigung durch Precklein . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Die Prüfung der Änderungskündigung durch Hromadka . . . . . . . . . . . . . . . . 148 IV. Soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen: Ansätze für einen Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 I. Verweis auf§ 1 KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

2. Inhalt des§ 2 KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Soziale Rechtfertigung ohne Bezug zur Änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Vertragsinhaltsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (1) Schutz vor dem Verlust des Arbeitsplatzes........ . ...... . .. .. ... . .. 158 (2) Schutz vor einer Änderung des Vertragsinhalts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (a) Vertragstreue im Dauerschuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (b) Inhaltsschutz durch Bestandsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 c) § 2 KSchG als Befugnisnorm zur Auflösung des Inhaltsschutzes . . . . . . . . 161 d) Die "Änderung der Arbeitsbedingungen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 3. Vertragskontrolle: Inhalts- oder Billigkeitskontrolle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 b) Billigkeitskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 c) Abgrenzung der Inhaltskontrolle von der Vertragskontrolle nach § 2 KSchG ........ . ... . ... . .. . . ................ . . .. . . .............. . . ... . .. 168 d) Abgrenzung der Billigkeitskontrolle von der Vertragskontrolle nach § 2 KSchG . .. .. .. . .. .. . . .. . . . .... . ....... ..... . . . .. . .. .. .... . ... . . .. . . . . . . . 170 e) Ergebnis .. . ........... . ............... . . . .. . . .. . ........ . ..... . . . .. . . .. 171 V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung . . . . . 172 l. Maßgeblichkeil einzelfallunabhängiger Änderungsgründe? . . . . . . . . . . . . . . . . 172

a) Das betriebliche Erfordernis "an sich" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Der Änderungsgrund "an sich" bei der personen-und verhaltensbedingten Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 c) Abhängigkeit von Änderungsziel und Änderungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 ( 1) Abgestufter Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (2) Unterschiede zwischen arbeitnehmer- und betriebsbedingten Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Störung............... .. ... . ............ . .. . . .... . .............. .. . . . . .. . . . 181

14

Inhaltsverzeichnis 3. Erforderlichkeit der Änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 a) Erforderlichkeil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 b) Eignung............. . .... .... .............. . . . . . . . . ........... . ... . .. . . 184 c) Untergrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 d) Störungs- und Änderungsumfang sind identisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 4. Zumutbarkeit der Änderung? . .. .. . . .. .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. .. . . . .. . .. .. . . . 188 a) Zumutbarkeit als Produkt der Interessenahwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Gesetzliche Anknüpfung der "Unzumutbarkeit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Die Unzumutbarkeit in der Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 5. Prüfungsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 VI. Die verhaltensbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. "Anleihen" bei der verhaltensbedingten Beendigungskündigung . . . . . . . . . . . 196 2. Verhalten als Anknüpfungspunkt einer Vertragsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Einführung .. . .. . . . .. .. . . .. .. . .. .. . . . . . . .. . . . . . .. . . . .. . . . .. . . . . . .. . . .. . . 199 b) Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 c) Nachweisbarkeit des Vertragsverstoßes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 3. Abhängigkeit von Änderungsangebot und Änderungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 ( 1) Tätigkeit . . . . . . .. . . .. . . .. .. . . .. .. .. . . . . . .. . . .. . . . . .. . . .. . . . . . . . . . .. . 206 (2) Entgelt . .. . . . .. . . . . .. . .. . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . .. . .. . . . . .. . . . . .. . . . . . 208 b) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (1) Erforderliches Mittel zur Störungsbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (2) Der Umfang der Störung als Voraussetzung des Änderungsumfangs 211 c) Untergrenze . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . . . . . .. . 212 4. Interessenahwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 VII. Die personenenbedingte Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Der Grund in der Person des Arbeitnehmers . . . . . .. .. .. . . . . .. . . . . .. . . . . . . .. 214

a) Eignung und Befähigung ..... .. ..... . .. . .. . . . . . .. . . ... . . . ... .. . .. . .... . 215 b) Altersbedingte Leistungsminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 c) Berufsbedingte Leistungsminderung . . . . . . . . . .. . . . . .. . . .. . . .. . . . . . . . . . . 218 d) Isolierte Änderung des Entgelts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 e) Notwendigkeit einer negativen Prognose? . . .. . ....... . ..... . ........... 219

Inhaltsverzeichnis

15

2. Das Ausmaß des personenbedingten Grundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 3. Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses . . 223 I. Betriebliches Erfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

a) Der arbeitsrechtliche Betriebsbegriff

224

b) Umsetzung der Betriebsorganisation

226

c) Die "unternehmerische Entscheidung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 d) Fehlender Bezug zur Arbeitsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (1) Der "Betriebsfriede" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (2) Änderungskündigung unter Verletzung des § 87 BetrVG . . . . . . . . . . . 231 (3) Befristung eines ursprünglich unbefristeten Arbeitsverhältnisses . . . . 232 e) Der "Wegfall" des Bedürfnisses der Weiterbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . 233 2. Änderung des Arbeitsentgelts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 a) Betriebliches Erfordernis zur isolierten Kürzung des Entgelts? . . . . . . . . . . 235 b) Dringende betriebliche Erfordernisse zur isolierten Entgeltänderung außerhalb des§ 2 KSchG? . .......... .. . . .. . . .. . .. .. . ........ . ... . ... . . 237 c) Rechtsgrundlagen zur isolierten Entgeltänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (1) Änderung der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

(a) Voraussetzungen der Änderung der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . 240 (b) Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 (c) Festhalten am Vertrag unzumutbar? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (2) Ultimaratio zur Beendigungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 (3) Anwendbarkeit der Änderungskündigung zur isolierten Entgeltreduzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 d) Korrektur fehlerhafter Eingruppierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 (1) Der Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

(2) Verbindlichkeit der Eingruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 (3) Änderbarkeit und Änderungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Geeignetes und erforderliches Mittel der Störungsbeseitigung . . . . . . . . . . 256 b) "Dringliches Erfordernis": Unmittelbarkeit der Störungsbeseitigung . . . . 257 c) Darlegungslast des Arbeitgebers und Freiheit der Unternehmerischen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

16

Inhaltsverzeichnis 4. Die Sozialauswahl bei der betriebsbedingten Änderungskündigung

258

a) Bedeutung und systematische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 b) Der Kreis der einzubeziehenden Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 c) Die einzubeziehenden sozialen Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 (1) Die "Interimsperiode" bis zur Bundestagswahll998 ........ . ... . .. 266

(2) Beriicksichtigung des Änderungsangebots in der Sozialauswahl . . . . 267 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

D. Zusammenfassung und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

Sachwortverzeichnis . .. . . . . .. . .. . . . . .. .. . . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . 284

A. Einleitung Die arbeitgeberseilige Änderungskündigung, in § 2 des Kündigungsschutzgesetzes definiert als Kündigung, in deren Zusammenhang der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen anbietet, führt auch noch nach über 30 Jahren seit ihrer gesetzlichen Regelung im Verhältnis zur Beendigungskündigung ein Schattendasein. Das zeigt nicht zuletzt die - im Vergleich zur Beendigungskündigung - geringe Anzahl von Entscheidungen zur Änderungskündigung, die das Bundesarbeitsgericht seit seinem Bestehen veröffentlicht hat. Obwohl die Änderungskündigung gerne als Mittel zur Änderung der Arbeitsbedingungen empfohlen wird, 1 greift die Praxis nur ungern zu diesem Instrument. 2 Die gesetzliche Konstruktion der Änderungskündigung aus Kündigung und Angebot macht ihre Anwendung nicht einfach, und die Anhindung dieses Änderungsinstruments an die zum Teil immer noch umstrittenen und nicht leicht erfüllbaren materiellen Kriterien des Kündigungsschutzgesetzes trägt ebensowenig zu ihrer Attraktivität bei. Hinzu kommt, daß nach wie vor ungeklärt ist, was die Änderungskündigung leisten kann und was nicht. Gerade im Bereich der Entgeltsenkung erhoffen sich deshalb manche von ihr mehr, als sie vermag, um sich nach dem Scheitern einer solchen Änderungskündigung in dem negativen Urteil bestärkt zu sehen.

I. Die Ursprünge der Änderungskündigung Die Änderungskündigung ist eine Folge des allgemeinen Kündigungsschutzes; wären Arbeitsverhältnisse frei kündbar, bestünde für einen Rechtsschutz gegen ungerechtfertigte Änderungskündigungen keine Notwendigkeit. Deshalb war die Änderungskündigung lange vor ihrer Normierung durch das Erste Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz vom 14. 8. 19693 als Instrument für die Änderung von vereinbarten Bedingungen im Arbeitsverhältnis anerkannt. Das Reichsarbeitsgericht mußte sich erstmals 1928 mit der Frage befassen, ob die damaligen Kündigungsschutzbestimmungen der§§ 84 ff. des Betriebsrätegesetzes von 1920 (BRG) auch auf eine Kündigung Anwendung finden, die nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, t 2

3

Z. B. Kania, DB 1995, S. 625 (629). Vgl. insoweit nur die provokative "Empfehlung" von Preis, NZA 1995, S. 241 (249). BGBI.I S. 1106

2 Wallner

18

A. Einleitung

sondern seine inhaltliche Änderung herbeiführt. Das Gericht hat die Frage bejaht: Es könne keinen Unterschied machen, ob eine Kündigung das Ziel der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfolge oder ob sie zur Änderung der Vertragsbedingungen ausgesprochen werde. Gehe der Arbeitnehmer auf die vorgeschlagene Änderung nicht ein, so habe die Kündigung die gleiche Wirkung wie eine von vomherein zur Beendigung des Vertragsverhältnisses ausgesprochene Kündigung. 4 Das Kündigungsschutzgesetz von 1951 hat den Kündigungsschutz gegen Beendigungskündigungen, den die §§ 84 ff. BRG nur für Betriebsräte vorgesehen hatten, auf alle Beschäftigten - vorbehaltlich der §§ 23, 1 Abs. 1 KSchG - ausgedehnt. Eine ausdruckliehe Regelung zur Änderungskündigung enthielt es damals jedoch noch nicht. Änderungskündigungen wurden daher vom BAG nach dem gleichen Maßstab beurteilt, den schon das Reichsarbeitsgericht zugrunde gelegt hatte: Die Änderungskündigung mußte ebenso wie die Beendigungskündigung sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG sein; der Arbeitgeber hatte darzulegen, daß einer der Grunde vorlag, die nach dem Kündigungsschutzgesetz zur Kündigung berechtigten. 5 Schon wenig später aber modifizierte das BAG seine Anforderungen an eine Änderungskündigung. Zwar stelle die Rechtsordnung als Korrekturmittel lediglich die Kündigung zur Verfügung; deshalb müßten die Grunde so dringlich sein, daß das Arbeitsverhältnis gefabrdet sei und unter Umständen auch beendet werden könne. Da aber der Kündigungsschutz keine Verfestigung der konkreten Bedingungen unter Ausschluß jeder Korrekturmöglichkeit bezwecke, seien die Grunde für die Änderungskündigung durch eine Abwägung des Änderungsinteresses mit dem Interesse des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung seiner Arbeitsbedingungen zu bestimmen.6 Das BAG erteilte damit der Meinung, die das Änderungsangebot nicht berucksichtigen und die Änderungskündigung als reine Beendigungskündigung behandeln wollte, 7 eine Absage. In einer weiteren Entscheidung präzisierte das BAG die von ihm geforderte Abwägung mit der Feststellung, daß die Änderungsgrunde den Einsatz der Kündigung rechtfertigen müßten; daneben sei aber auch zu berucksichtigen, daß es der Arbeitnehmer auf eine Kündigung habe ankommen lassen. 8 Damit entstand ein Spannungsverhältnis zwischen dem anzuwendenden Maßstab und der Rechtsfolge, denn einerseits war Streitgegenstand immer noch die Beendigungskündigung, andererseits mußte die Berucksichtigung des Änderungsangebots eine Veränderung des Maßstabes bewirken. A. Hueck schlug zur Lösung vor, auf den Gesichtspunkt der Gefahrdung des Arbeitsplatzes zu verzichten. 9 Wenn unter Berucksichtigung der beiderseitigen In4 Urt. v. 19. 5. 1928, ARS 3, 24 (26). Die Literatur hat sich dem angeschlossen, vgl. nur Flatow/Kahn-Freund, BRG, § 84 Anrn. III e; Nikisch, ArbR 1926, S. 683. 5 BAG, Urt. v. 24. 5. 1960, AP Nr. 2 zu§ 620 BGB Änderungskündigung; vorher schon BAG, Urt. v. 15. 2. 1957, AP Nr. 33 zu§ 1 KSchG. 6 BAG, Urt. v. 12. 1. 1961, AP Nr. 10 zu§ 620 BGB Änderungskündigung. 7 Vgl. Frey, AuR 1958, S. 101; dagegen Galperin, DB 1958, S. 799 (800, 840). s BAG, Urt. v. 25. 4. 1963, AP Nr. 17 zu § 620 BGB Änderungskündigung. 9 A. Hueck, Anrn. zu BAG, AP Nr. 10 zu § 620 BGB Änderungskündigung.

I. Die Ursprünge der Änderungskündigung

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teressen Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG für eine Änderung der Arbeitsbedingungen gegeben seien, müsse die Änderung durchgeführt werden. Die Änderungskündigung sei schließlich das einzig geeignete und notwendige Mittel, wenn der Arbeitnehmer der Änderung nicht zustimme. 10 Damit hatte die Diskussion um den richtigen Prüfungsmaßstab zur Änderungskündigung begonnen. Daneben war noch ein weiteres Problem deutlich geworden: Eine Änderungskündigung, die vor der Novelle des Kündigungsschutzgesetzes 1969 ausgesprochen wurde, konnte nur dann von den Arbeitsgerichten überprüft werden, wenn der Arbeitnehmer die ihm angesonnene Änderung nicht akzeptierte. Nahm er das Angebot an, so war der Änderungsvertrag geschlossen und die Kündigung hinfällig; damit war aber auch die Möglichkeit versperrt, das Gericht anzurufen. Lehnte er ab, so verlor das Angebot gemäß § 146 BGB seine rechtliche Wirkung, während die Kündigung ihre Beendigungswirkung entfaltete; sie allein war daher auf soziale Rechtfertigung zu untersuchen. War die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt, hatte der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verloren. Der Umstand, daß dieses Ergebnis weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber wollten, konnte bei der bestehenden Gesetzeslage keine Berücksichtigung finden. Nur wenn der Arbeitgeber mithalf, konnte die angetragene Änderung Prozeßgegenstand sein. Dazu mußte der Arbeitgeber sein Angebot bis zur richterlichen Entscheidung über die Änderungskündigung aufrechterhalten; der Arbeitnehmer konnte dann die Annahme von der richterlichen Entscheidung abhängig machen. Das war notfalls auch stillschweigend möglich, wie eine Entscheidung des BAG vom 12. I. 1961 zeigt: Der Arbeitgeber beschäftigte den Arbeitnehmer zu den neuen Arbeitsbedingungen weiter. Der Arbeitnehmer leistete dem zwar stillschweigend Folge, erhob aber Kündigungsschutzklage. 11 Für das BAG stand damit fest, daß der Arbeitgeber an seinem Angebot festhalten wollte, der Arbeitnehmer das Angebot aber nur vorbehaltlich einer gerichtlichen Prüfung akzeptierte. Da der erforderliche Konsens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer regelmäßig die Ausnahme war, konnte das kein zufriedenstellender Ausweg sein. In der Literatur häuften sich deshalb Stimmen, die dem Arbeitnehmer die gerichtliche Klärung ermöglichen, ihn aber zugleich vor dem Verlust des Arbeitsplatzes schützen wollten. Dazu sollte ihm das Recht eingeräumt werden, auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers die Annahme des Änderungsangebots von der gerichtlichen Entscheidung abhängig zu machen. A. Hueck glaubte dies auf der Grundlage des damals geltenden Rechts erreichen zu können, indem er den Arbeitgeber aus Treu und Glauben für verpflichtet hielt, dem Angebot des Arbeitnehmers, nur vorläufig zu den neuen Bedingungen zu arbeiten, zuzustimmen. 12 Ob der Grundsatz von Treu und Glauben aber so weit reicht, § 146 BGB für die Änderungskündigung generell auszuschalten, ist zu bezweifeln. 10 11 12

2*

A. Hueck, Anm. zu BAG, AP Nr. 17 zu § 620 BGB Änderungskündigung. BAG, Urt. v. 12. 1. 1961, AP Nr. 10 zu§ 620 BGB Änderungskündigung. A. Hueck, Anm. zu BAG, AP Nr. 17 zu§ 620 BGB Änderungskündigung.

20

A. Einleitung

Bötticher machte 1962 in einem Festschriftbeitrag einen weiteren Vorschlag, um den Arbeitnehmer vor dem Verlust des Arbeitsplatzes zu schützen. Er wollte das Kündigungsschutzgesetz so auslegen, als enthielte es für die Änderungskündigung eine Sondemorm. 13 Die Änderungskündigung müsse dann unwirksam sein, "wenn die erstrebte Änderung weder durch die Verhältnisse des Betriebes noch durch Gründe bedingt ist, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen." An eine Rechtfertigung der Änderung seien andere Maßstäbe zu legen als an die Rechtfertigung einer Entlassung. Das Risiko des Arbeitnehmers, für die Überprüfung der sozialen Rechtfertigung "seiner" Änderungskündigung sein Arbeitsverhältnis aufs Spiel zu setzen, könne dadurch vermieden werden, daß der Arbeitnehmer sein Einverständnis von der Berechtigung der Änderung abhängig machen dürfe. Der Bestandsschutz müsse den Arbeitnehmer davor schützen, durch die Änderungskündigung in einen Prozeß gedrängt zu werden, den er unter dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes führen müsse. Das Bestandsschutzprinzip verlange geradezu, "daß dem Arbeitnehmer Entscheidungsfreiheit verbleibt, bis der Richter gesprochen hat". 14 Dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers, möglichst frühzeitig zu wissen, ob der Arbeitnehmer auch unter veränderten Bedingungen bleiben wolle, werde mit der Zustellung der Kündigungsschutzklage genügt. 15 Wenn die bloße Rechtfertigung der erstrebten Änderung für die bisherige Rechtslage nicht zweifelsfrei genüge, so deshalb, weil man sich von § 1 KSchG nicht lösen könne. Der richtig verstandene Bestandsschutz verlange eine Minderung der Pression, den die Kündigung ausübe; das sei mit § 1 KSchG aber nicht möglich. Durch das Recht, die Zustimmung des Arbeitnehmers von der gerichtlichen Entscheidung abhängig zu machen, sei der Arbeitnehmer in der Lage, die Wirkung der Kündigung zu beseitigen und den Streit auf die Berechtigung der Änderung zu beschränken. So werde das Risiko einer Vertragsbeendigung für beide Arbeitsvertragsparteien ausgeschaltet. Man trete dadurch allerdings in den Bereich eines gesonderten Vertragsinhaltsschutzes ein. Bestandsschutz und Vertragsinhaltsschutz fielen auseinander.16 Es ist nicht bekannt, ob die Rechtsprechung bereit gewesen wäre, das Kündigungsschutzgesetz derart großzügig zu handhaben oder mit A. Hueck insoweit auf die Anwendung des § 146 BGB zu verzichten. Das Erste Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz vom 14. 8. 1969 klärte die Rechtslage. 17 Die Änderungskündigung ist nunmehr in den Vorschriften der § 2, § 4 S. 2 und § 8 KSchG geregelt. Seither kann der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz nicht mehr verlieren, wenn er eine richterliche Klärung der Änderungskündigung begehrt und dazu die Änderung unter Vorbehalt akzeptiert. Bötticher, FS Molitor, S. Bötticher, FS Molitor, S. 15 Bötticher, FS Mo1itor, S. 16 Bötticher, FS Mo1itor, S. 17 BGBI. I S. 1106. 13

14

123 (136). 123 (137). 123 (137 f.). 123 (140).

li. Die Entwicklung der Änderungskündigung seit ihrer Normierung

21

II. Die Entwicklung der Änderungskündigung seit ihrer Normierung Im Gefolge der neuen Vorschriften entstanden neue Fragen. Durch die "Emanzipation" der Änderungskündigung stellte sich die Notwendigkeit einer Abgrenzung zum Leistungsbestimmungsrecht und zur Beendigungskündigung von neuem. Um den richtigen Maßstab für die soziale Rechtfertigung wird seit nunmehr über 30 Jahren gerungen. Das BAG, das schon vor 1969 das Änderungsangebot für die soziale Rechtfertigung beriicksichtigte, 18 sah sich durch den Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG bestätigt. 19 Diejenigen, die die Änderungskündigung nur unter den Voraussetzungen einer Beendigungskündigung akzeptieren wollen, waren seit jeher in der Minderheit; 20 ihre Auffassung findet aber in den letzten Jahren zunehmend wieder Befürworter? 1 Dennoch steht das Instrument selbst heute nicht mehr in Zweifel. Der DGB-Entwurf zum Arbeitsverhältnisrecht vom 5. 4. 197722 hatte noch auf die Regelung der Änderungskündigung verzichtet. Statt ihrer sollte der Arbeitgeber ein Änderungsangebot unterbreiten. Beabsichtigte er, für den Fall der Ablehnung seines Angebots das Arbeitsverhältnis zu kündigen, so war dies nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die den Anforderungen an eine Änderungskündigung recht nahe kamen. Das Angebot mußte sozial gerechtfertigt, den bisherigen Bedingungen angemessen und dem Arbeitnehmer zurnutbar sein(§ 103 Abs. 2). Nahm es der Arbeitnehmer an, konnte er die Rechtsunwirksamkeit gerichtlich feststellen lassen (§ 104). Lehnte er es ab, konnte ihm der Arbeitgeber kündigen, sofern die in§ 103 Abs. 2 genannten Voraussetzungen erfüllt waren (§ 105). Es handelte sich hierbei also um die Regelung eines Änderungsvertrages, dessen Nichtzustandekommen den Ausspruch einer Beendigungskündigung nach sich ziehen konnte. In den neuesten Entwürfen zu einem Arbeitsvertragsgesetz ist von einer Abschaffung der Änderungskündigung - 32 Jahre nach ihrer gesetzlichen Einführung -nicht mehr die Rede. Der Entwurf des Freistaats Sachsen vom 23. 5. 199523 regelt die Änderungskündigung in § 114, der des Landes Brandenburg vom 12. 9. 199624 in § 113. Beide folgen den Grundsätzen des § 2 KSchG und lehnen sich wesentlich an § 113 des "Professorenentwurfs" an, der Gegenstand des 59. Deutschen Juristentages 1992 war und den dieser als Grundlage eines gesamtdeutBAG, Urt. v. 12. I. 1961, AP Nr. 10 zu§ 620 BGB Änderungskündigung. BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. I zu§ 626 BGB Änderungskündigung. 20 Schwerdtner; FS 25 Jahre BAG, S. 555 (571). 21 Boewer; BB 1996, S. 2618 (2620); Berkowsky, NZA 1999, S. 293 (296); Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 12 ff. 22 Abgedruckt in RdA 1977, S. 166 ff. 23 BR-Drs. 293/95. 24 BR-Drs. 671/96. 18 19

22

A. Einleitung

sehen Arbeitsgesetzbuches ernpfahl. 25 Übereinstimmend verlangen sie als Rechtfertigung der Änderungskündigung Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder betriebliche Erfordernisse, eine Verhältnisrnäßigkeitsprüfung und eine Interessenabwägung. Die Sozialauswahl fehlt ebensowenig wie die Möglichkeit des Arbeitnehmers, die Änderungskündigung unter Vorbehalt anzunehmen. Neu geregelt sind die Voraussetzungen einer Änderungskündigung zur Entgeltsenkung und, allerdings nur im sächsischen Entwurf, der Ausschluß des besonderen Kündigungsschutzes bei sogenannten Massenänderungskündigungen. Neu ist auch, daß die Änderungskündigung aus dem Regelungskomplex der Beendigungskündigung herausgelöst und im Zusammenhang mit den sonstigen individualrechtliehen Änderungsinstrumenten behandelt wird.

111. Fragestellung Das BAG stellt für die soziale Rechtfertigung seit langem auf die "Änderung der Arbeitsbedingungen" ab?6 Dieser Ausgangspunkt, der seit der Einfügung der §§ 2, 4 S. 2 und 8 KSchG im Jahre 1969 vereinzelt angezweifelt wurde,27 istjüngst wieder verstärkt der Kritik ausgesetzt. 28 Fraglich ist nach wie vor, wie sich die Änderungskündigung zur Beendigungskündigung verhält: Ist sie lediglich milderes Mittel zur Beendigungskündigung, so daß sie nur an ihrer Stelle ausgesprochen werden kann? Kann sie aus Gründen ausgesprochen werden, die für eine Beendigungskündigung nicht ausreichen? Sind Erforderlichkeitsprüfung, Interessenahwägung und Sozialauswahl nicht ureigene Bestandteile der Beendigungskündigung? Passen sie möglicherweise gar nicht in die Prüfung der Änderungskündigung? Auf diese Fragen wird in der Arbeit einzugehen sein. Neben der sozialen Rechtfertigung sind weitere Problerne aufgetaucht, die der Lösung harren. Erinnert sei an die Rechtsprechung zum besonderen Kündigungsschutz für Betriebs- und Personalratsrnitglieder, den das BAG neuerdings über die Möglichkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung einzuschränken begonnen hat. 29 Umstritten ist auch, welche Änderungen der Arbeitgeber mit der Änderungskündigung durchsetzen darf. Darf er das Arbeitsverhältnis von einem unbefristeten auf ein befristetes umstellen? Das hat das BAG unter Aufgabe seiner frü25 Arbeitskreis Deutsche Rechtseinheit im Arbeitsrecht; GutachtenD zum 59. Deutschen Juristentag; dazu Hromadka, NJW 1992, S. 1985 ff.; Wank, RdA 1992, S. 225 ff. 26 BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. 1 zu § 626 BGB Änderungskündigung; Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG; zuletzt Urt. v. 17. 6. 1998, AP Nr. 49 zu§ 2 KSchG 1969. 27 MünchKomm/ Schwerdtner, Rn. 553 ff. nach § 620 BGB; ders., FS 25 Jahre BAG, S. 555 (566 ff., 573); Hersehe/, FS G. Müller, S. 191 (206 f.). 28 s. nur Kittner, NZA 1997, S. 968 (969), m. w. N. 29 BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969.

111. Fragestellung

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heren Rechtsprechung 30 jetzt bejaht. 31 Darf er Änderungen anbieten, die gesetz- 32 oder tarifwidrig 33 sind? Beides hat das BAG mit der Begründung verneint, daß ein solches Angebot dem Arbeitnehmer nicht "zuzumuten" sei. Ungeachtet dieser inhaltlichen Fragen ist auch der "richtige" Prüfungsaufbau noch nicht geklärt, wie gerad~ die zuletzt zitierte Entscheidung zeigt. Die Frage der Tarifwidrigkeit, vom BAG unter die soziale Rechtfertigung und dort unter die letzte Stufe, die Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer, subsumiert, hat mit dem allgemeinen Kündigungsschutz nichts zu tun. Ungeklärt ist auch die Frage, wie sich die Änderungskündigung zu anderen Änderungsinstrumenten im Arbeitsrecht verhält. Die "Check-Purser"-Entscheidung des BAG, in der es den vertraglichen Widerrufsvorbehalt parallel zur Änderungskündigung geprüft und letztlich beide Änderungsinstrumente für anwendbar erklärt hat, 34 zeigt, daß weder über die Wirkung der Änderungskündigung noch über ihr Verhältnis zu den übrigen Gestaltungsmitteln Sicherheit besteht. Angesichts dessen ist es verwunderlich, daß eine systematische, die ordentliche Änderungskündigung des Arbeitgebers umfänglich behandelnde Untersuchung bisher nicht vorgelegt worden ist. Gegenstand jüngerer Abhandlungen bildete nahezu ausschließlich die soziale Rechtfertigung; 35 aus dem Jahr 1984 stammt die letzte Arbeit, die sich dem Aufbau der Änderungskündigung und der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes36 widmete. Ausgangspunkt einer systematischen Darstellung ist die dem Anwender vom Gesetz vorgegebene Prüfungsreihenfolge. Nicht gerichtliche Prüfungsschemata sind maßgebend, sondern der gesetzliche Tatbestand, die hieran geknüpften Rechtsfolgen und die sich daraus ergebenden Anforderungen. Dies ist Grundlage der folgenden Untersuchung.

BAG, Urt. v. 17. 5. 1984, AP Nr. 21 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. BAG, Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 78 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 32 BAG, Urt. v. 24. 4. 1997, AP Nr. 42 zu§ 2 KSchG 1969. 33 BAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969. 34 BAG, Urt. v. 15. 11. 1995, AP Nr. 20 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa. 35 So die Monographien von Precklein aus dem Jahr 1994 und von Brenneis aus dem Jahr 1998; die Dissertation von Berkowsky aus dem Jahr 2000 befaßt sich nur mit der betriebsbedingten Änderungskündigung. 36 Ratajczak, Die Änderungskündigung des Arbeitgebers, 1984. Auf die Struktur der Änderungskündigung geht Berkowsky, Änderungskündigung, in seiner Arbeit nur kurz ein. 30

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B. Das System der Änderungskündigung § 2 S. I KSchG versteht unter der Änderungskündigung eine Kündigung, in deren Zusammenhang der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Arbeitsbedingungen anbietet. Eine Untersuchung der Änderungskündigung hat daher mit diesen Tatbestandsmerkmalen zu beginnen. Es ist danach zu fragen, welche Aufgabe und welche Wirkung im Regelungskomplex der Änderungskündigung die Kündigung und das Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen haben; das Zusammenwirken beider Komponenten ist durch das Tatbestandsmerkmal des "Zusammenhangs" angesprochen.

BAG und herrschende Meinung wählen als Ausgangspunkt ihrer Prüfung die soziale Rechtfertigung; sie fragen zunächst, ob ein Grund in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder ob ein betriebliches Erfordernis das Bedürfnis der Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen entfallen läßt. 1 Im Rahmen der sozialen Rechtfertigung werden vom BAG das verbotswidrige Änderungsangebot2 und die infolge eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts "überflüssige" Änderungskündigung 3 geprüft. Die vom BAG an die soziale Rechtfertigung gestellten Anforderungen, nämlich Wegfall des Bedürfnisses der Weiterbeschäftigung und Annehmbarkeit des Angebots, ergeben sich in dieser Form nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Eine genaue Subsumtion findet also nicht statt. Die Gefahr einer vom Gesetz losgelösten Prüfung der Anforderungen besteht darin, daß dogmatische Grundlagen verschwimmen, geltendes Recht umgangen wird und damit gesetzlich nicht gewollte Maßstäbe angelegt werden. Darüber hinaus sind Lösungen, die nicht auf den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen aufbauen, wenig überzeugend. Im folgenden soll daher versucht werden, das System der Änderungskündigung, wie es § 2 S. 1 KSchG vorgibt, zum Ausgangspunkt für die Prüfung zu nehmen. Die Änderungskündigung besteht aus mehreren, aufeinander abgestimmten Elementen, nämlich einer Kündigung, in deren Zusammenhang ein Änderungsangebot abgegeben wird. Dessen Annahme durch den Arbeitnehmer führt zum Änderungsvertrag und damit zur Änderung der Arbeitsbedingungen. Eine Untersuchung, die I BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, 19. 5. 1993, AP Nr. 28,31 zu§ 2 KSchG 1969; zuletzt BAG, Urt. v. 17. 6. 1998, 1. 7. 1999, AP Nr. 49, 53 zu§ 2 KSchG 1969. 2 BAG, Urt. v. 24. 4. 1997, AP Nr. 42 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu § 2 KSchG 1969 m. Anm. Wiedemann. 3 BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, AP Nr. 36 zu§ 2 KSchG 1969.

I. Überblick

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dem durch das Gesetz vorgegebenen Aufbau folgt, muß aber zunächst Bedeutung und Wirkung der einzelnen Elemente der Änderungskündigung klären.

I. Überblick Ziel der Änderungskündigung ist es, eine oder mehrere Arbeitsvertragsbedingungen zu verändern, also eine Bestimmung ihrer Wirksamkeit zu entkleiden und eine neue, für den Arbeitnehmer meist ungünstigere Regelung an ihre Stelle zu setzen. Hierfür kündigt der Arbeitgeber den bisherigen Arbeitsvertrag und unterbreitet dem Arbeitnehmer ein neues Angebot. Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot an, sind die neuen Arbeitsbedingungen Inhalt des Arbeitsvertrages geworden.

1. Der "Zusammenhang" von Kündigung und Änderungsangebot Die geschichtliche Entwicklung zeigt, daß die Änderungskündigung von Anfang an als Kombination aus einer Beendigungskündigung und einem Vertragsangebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verstanden wurde. Schon 1931 kann das Reichsarbeitsgericht auf eine gefestigte Rechtsprechung zur Möglichkeit einer solchen Vertragsinhaltsänderung verweisen: "Daß eine solche Änderung bei mangelnder Zustimmung des anderen Teils auch durch eine mit dem Angebot zur Eingebung eines neuen Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage neuer Arbeitsbedingungen verbundene Kündigung des bisherigen Arbeitsvertrages versucht werden kann, .. . entspricht der Rechtsprechung des Reichsarbeitsgerichts. " 4 Diese Verknüpfung hat der Gesetzgeber 1969 mit dem Tatbestandsmerkmal des "Zusammenhangs" angesprochen.

4 RAG, Urt. v. 7. 2. 1931, ARS 12, 53 (56). Davor befürwortet das RAG diese Konstruktion in den Entscheidungen vom 19. 5. 1928, RAGE 2, 28 (30); 19. 12. 1928, ARS 5, 102 (105); 30. II. 1929, ARS 8, 63 (64); 4. I. 1930, ARS 8, 67 (70). Das Reichsarbeitsgericht bringt in den Entscheidungen im übrigen zum Ausdruck, daß mit der Kündigung (den Begriff "Änderungskündigung" verwendet das Gericht noch nicht) das bisherige Arbeitsverhältnis "aufgelöst" ist und ein neues Arbeitsverhältnis begründet wird. Ob das zutrifft, ist zweifelhaft, denn die Änderung wird letztlich durch den Änderungsvertrag herbeigeführt, dessen Inkraftsetzung jedenfalls die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses nicht erfordert. An anderer Stelle spricht das RAG denn auch von der "inhaltlichen Änderung des Arbeitsvertrages", die die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers nicht, noch nicht einmal kurzzeitig, unterbricht (RAG, Urt. v. 4. I. 1930, ARS 8, 67 [70]).

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B. Das System der Änderungskündigung

2. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen Die Änderung der Arbeitsbedingungen kommt dadurch zustande, daß der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers annimmt, also durch einen Änderungsvertrag (§ 305 BGB). Das bestehende Vertragsverhältnis wird nicht schon durch die Änderungskündigung "geändert", obwohl die Bezeichnung "Änderungskündigung" das nahelegt. § 2 S. 1 KSchG spricht ausdriicklich von einem Angebot, das der Arbeitnehmer annehmen kann - nicht aber muß -, und greift damit nicht, wie z. B. § 2 Abs. 3 MHG, zu der Möglichkeit einer einseitig durchsetzbaren Änderung. Auch insofern blieb § 2 KSchG der Gestaltung der Änderungskündigung, wie sie schon dem Reichsarbeitsgericht bekannt war, 5 treu. Im Unterschied zur Rechtslage vor dem Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz steht dem Vertragsschluß nach§ 2 S. 1 KSchG freilich nicht mehr entgegen, daß der Arbeitnehmer das Angebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annimmt. Der Arbeitnehmer hat als Empfänger des Arbeitgeberangebots nur die Wahl, das Angebot (mit oder ohne Vorbehalt) anzunehmen oder abzulehnen (vgl. § 150 Abs. 2 BGB). Das Arbeitgeberangebot muß also, wie jedes Angebot im Sinne des § 145 BGB, alle Änderungen enthalten, die später in Gestalt des Änderungsvertrages das Arbeitsverhältnis regeln. Für die rechtzeitige Annahme durch den Arbeitnehmer gilt grundsätzlich § 147 BGB. Wird die Änderungskündigung unter Anwesenden ausgesprochen, so wäre nach§ 147 Abs. 1 BGB nur eine sofortige Annahme möglich. Das einem Abwesenden gemachte Änderungsangebot müßte angenommen werden, sobald dies tunlieh erwartet werden kann. Auch dieser Zeitraum ist sehr kurz; § 147 Abs. 2 BGB berücksichtigt lediglich die Übertragungswege, die eine Willenserklärung unter Abwesenden benötigt, einschließlich einer vom Angebot, seiner Tragweite und Komplexität abhängigen Überlegungszeit. 6 Nach überwiegender Auffassung wird allerdings§ 147 BGB durch§ 2 S. 2 KSchG für die Änderungskündigung modifiziert. 7 § 2 S. 2 KSchG gewährt dem Arbeitnehmer eine Überlegungsfrist Die Vorschrift stellt nicht auf eine unter Anwesenden oder Abwesenden erklärte Willenserklärung ab; die Drei-Wochen-Frist wäre bedeutungslos, würde§ 147 BGB unverändert gelten. Der Arbeitnehmer kann sich bis zu drei Wochen Zeit lassen, wenn nicht die Kündigungsfrist ausnahmsweise kürzer ist.

5 Die Annahme der Vertragsänderung sah das RAG in der Weiterarbeit des gekündigten Arbeitnehmers (RAG, Urt. v. 1. 3. 1930, ARS 9, 31 (36 f.]) zu den neuen Bedingungen, wobei es den wörtlich erklärten Vorbehalt des Arbeitnehmers als unbeachtlich ansah; Urt. v. 19. 12. 1928, ARS 5, 102 (106 f.). 6 MünchKomm/ Kramer, § 147 BGB Rn. 7. 7 LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 30. 10. 1990, LAGE§ 2 KSchG Nr. 12; AR-Blattei/ Linck, SD 1020.l.l Rn. 92 f.; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 77a; Zimbauer, NZA 1995, S. 1073 (1075).

I. Überblick

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Der Arbeitnehmer darf diesen Zeitraum jedoch nicht überschreiten. Das gilt insbesondere, wenn die Annahme erst in der Klageschrift erklärt wird. Zwar wird eine Klage, die vor Ablauf der Klagefrist des § 4 KSchG anhängig gemacht, dem Arbeitgeber aber erst danach zugestellt wird, unter den Voraussetzungen der § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO als rechtzeitig erhoben angesehen; § 270 Abs. 3 ZPO gilt aber nicht für die Vorbehaltsfrist des § 2 S. 2 KSchG, da die Erklärung des Vorbehalts keine Prozeßhandlung darstellt. 8 Beträgt die Kündigungsfrist mehr als drei Wochen, so soll nach Auffassung von Richardi von einer rechtzeitigen Annahme ausgegangen werden, weil es für den Arbeitgeber ausreiche, wenn er mit der Klagezustellung von der Annahme erfahre.9 Das BAG ist dieser Auffassung mit Recht entgegengetreten. 10 Es hat nachgewiesen, daß der insoweit klare Wortlaut des § 2 KSchG dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Für eine entsprechende Anwendung des § 270 Abs. 3 ZPO besteht keine rechtliche Grundlage, da Annahmefrist und Klagefrist nicht miteinander vergleichbar sind. Die Kündigungsfrist ist eine Schutzfrist für den Arbeitnehmer; die Vorbehaltsfrist bezweckt einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an der gründlichen Prüfung des Angebots und dem des Arbeitgebers an rascher Information über das Schicksal des betroffenen Arbeitsverhältnisses. Damit verfolgen beide Fristen unterschiedliche Ziele, die eine Gleichsetzung ausschließen.

3. Die "Kündigung" Üblicherweise beendet eine Kündigung ein Vertragsverhältnis endgültig. Dies ist bei der Änderungskündigung allerdings nicht beabsichtigt. Schon in den vom Reichsarbeitsgericht entschiedenen Fällen ging es dem Arbeitgeber nicht darum, den Arbeitnehmer zu entlassen: Der Arbeitnehmer sollte nur noch Grubensteiger und nicht mehr Reviersteiger, 11 nur noch Schlosser und nicht mehr Vorschlosser, 12 nur noch Hofkehrer und nicht mehr Trimmer sein; 13 die wöchentliche Arbeitszeit sollte statt 25 nur noch 18 Stunden betragen 14 und die Arbeit an Heiligabend und Silvester künftig entfallen. 15 Diese Änderungen gingen jeweils mit der entspres BAG, Urt. v. 17. 6. 1998, AP Nr. 49 zu§ 2 KSchG 1969; Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 469; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 89; KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 71; Stahlhacke I Preis I Vossen, Rn. 771. 9 Richardi, ZfA 1971, S. 73 (99); zust. LAG Hamm, Urt. v. 13. 10. 1988, 22. 8. 1997, LAGE § 2 KSchG Nr. 7, 29; Ratajczak, S. 54 f.; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 72; ablehnend Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 469, 473; KittneriDäubleriZwanziger, § 2 KSchG Rn. 131; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 89. 10 Urt. v. 17. 6. 1998, AP Nr. 49 zu § 2 KSchG 1969. II RAG, Urt. V. 19. 5. 1928, RAGE 2, 28. 12 RAG, Urt. v. 30. 11. 1929, ARS 8, 63. 13 RAG, Urt. v. 1. 3. 1930, ARS 8, 504. 14 RAG, Urt. v. 19. 12. 1928, ARS 5, 102.

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B. Das System der Änderungskündigung

ehenden Kürzung der Vergütung einher; teilweise war die Lohnkürzung aber auch der einzige Änderungsgegenstand. 16 Ohne Kündigung würden die alten Arbeitsbedingungen unverändert weiterbestehen; der Arbeitnehmer würde sich hüten, auf die neuen einzugehen, wenn diese die bisherigen verschlechtern. Der Arbeitgeber muß daher zuerst seine Bindung an den bisherigen Vertragsinhalt beenden. Dies geschieht durch die Kündigung des bis dato bestehenden Arbeitsverhältnisses. Erst die Kündigung führt zum nötigen Druck auf den Arbeitnehmer, das neue Angebot des Arbeitgebers ernstzunehmen. Er ist zwar frei, das Angebot einer veränderten Weiterbeschäftigung anzunehmen oder abzulehnen; er weiß aber, daß im letzteren Falle der Arbeitsplatzverlust droht. Ungeachtet des Terminus' "Änderungskündigung" handelt es sich bei ihrem Kündigungselement um eine Beendigungskündigung. Das zeigt der Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG: "Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an .. ." Demnach kündigt der Arbeitgeber "das Arbeitsverhältnis" insgesamt und bietet die "Fortsetzung" des Arbeitsverhältnisses an. Das kann nur bedeuten, daß die Kündigung - unabhängig von ihrer eben geschilderten besonderen Funktion - auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. Lediglich der Arbeitnehmer kann durch Annahme des Angebots die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhindern. Hieran hat sich seit den Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts nichts geändert; mangels einer gesetzlichen Definition der Änderungskündigung stellte sich damals für den Rechtsanwender lediglich das Zusatzproblem, ob die Kündigung wirksam mit einem Fortsetzungsangebot verknüpft werden konnte. 17 Obwohl es sich bei der Kündigung um eine Beendigungskündigung handelt, steht sie, anders als in § 1 KSchG, nach dem Wortlaut des § 2 KSchG nicht unter dem Erfordernis einer sozialen Rechtfertigung; 18 ihrer bedarf nur die "Änderung der Arbeitsbedingungen". Gleichwohl ist die Kündigung nicht in das Belieben des Arbeitgebers gestellt, denn sie führt zur Aufhebung der Vertragsbindung. Der Zwang, den die Kündigung auf die Entscheidungsfreiheit des Gekündigten ausübt, ist nur legitim, wenn die Kündigung wirksam ist; in welcher Weise sie von der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen abhängig ist, wird · noch zu prüfen sein. 19

RAG, Urt. v. 4. 1. 1930, ARS 8, 67. RAG, Urt. v. 17. 10. 1931, ARS 13, 302. 17 Vgl. hierzu RAG, Urt. v. 19. 5. 1928, RAGE 2, 28 (30): Es könne keinen Unterschied machen, "ob eine Kündigung lediglich das Ziel der endgültigen Lösung des Arbeitsverhältnisses verfolgt oder ob sie zum Zwecke der Herbeiführung einer Änderung der Vertragsbedingungen ausgesprochen wird." 18 Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 489. 19 Unten S. 43 ff. 15

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li. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

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Diesem Überblick entsprechend werden im folgenden die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des Zusammenhangs (von Kündigung und Änderung), der Kündigung und der Änderung untersucht. Hierbei wird bewußt von der gesetzlichen Reihenfolge der Tatbestandselemente abgewichen. Nur wenn geklärt ist, welche Wirkung einerseits der Zusammenhang zwischen Änderung und Kündigung und andererseits die Annahme des Angebots durch den Arbeitnehmer haben, können die Folgen einer fehlerhaften Kündigung oder eines fehlerhaften Angebots für das jeweils andere Element verstanden werden. In bezug auf den Zusammenhang gilt es herauszufinden, welche Möglichkeiten es gibt, Kündigung und Änderungsangebot zu einer wirksamen Änderungskündigung zu verbinden. Bei der Kündigung wie auch beim Änderungsangebot ist zu erörtern, unter welchen Voraussetzungen sie wirksam sind.

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot Nach der Definition in § 2 S. I KSchG liegt eine ordentliche Änderungskündigung vor, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und dem Arbeitnehmer "im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen" anbietet. Die Änderungskündigung setzt sich also aus zwei empfangsbedürftigen Willenserklärungen zusammen. 20 Die Kündigung als einseitiges Rechtsgeschäft zielt auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, das Angebot auf Abschluß eines Änderungsvertrages auf dessen Fortsetzung.

1. Zusammenhang aufgrund einer Bedingung Der in § 2 S. I KSchG geforderte ,,Zusammenhang" zwischen der Kündigung und dem Änderungsvorschlag des Arbeitgebers kann dadurch hergestellt werden, daß die Kündigung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung unterworfen wird. 21 Zwar ist die Kündigung als einseitiges Rechtsgeschäft grundsätzlich bedinRatajczak, S. 41. Vgl. nur Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 468; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 10, 10a; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 13; Löwisch, NZA 1988, 633 (634); Plander, NZA 1993, S. 1057 (1061); Ratajczak, S. 41 ff.; Schaub, RdA 1970, S. 230 (231). Im Gegensatz zur h. M. hält MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 10, 15 ff., eine Verknüpfung durch eine Bedingung wegen ihrer Folgen nicht für möglich: Stelle nämlich die Annahme unter Vorbehalt eine(§ 150 Abs. 2 BGB ausschließende) Annahme dar, entfiele die Kündigung, wodurch der innere Funktionszusammenhang zwischen Kündigung und Angebot zerstört würde; stelle sie dagegen keine vollwertige Annahme dar, sei sie widersprüchlich, da sie weder eine 20

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B. Das System der Änderungskündigung

gungsfeindlich, denn der Kündigungsempfänger ist der Gestaltungserklärung passiv ausgesetzt und könnte bei einer echten Bedingung keine Klarheit über Ob und Wann der Kündigung erlangen. Wenn aber der Bedingungseintritt lediglich von seinem Verhalten abhängt, bedarf er dieses Schutzes nicht. Kündigungen unter sogenannten Patestativbedingungen sind daher ohne weiteres wirksam. 22 a) Auflösende Bedingung

Denkbar ist, daß die Kündigung unwirksam sein soll, wenn der Arbeitnehmer die vorgeschlagene Änderung annimmt. In diesem Falle steht die Kündigung unter einer auflösenden Bedingung: Die Wirkungen der Kündigung enden automatisch mit der Annahme des Änderungsangebots (§ 158 Abs. 2 BGB). Das bisherige Arbeitsverhältnis bleibt erhalten, wird aber entsprechend der Vereinbarung abgeändert. Lehnt der Arbeitnehmer das Angebot ab oder zögert er mit der Annahme, so tritt die Bedingung nicht ein. Die Kündigung, die mit ihrer Zustellung an den Arbeitnehmer wirksam ist, führt nach Ablauf der Kündigungsfrist zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das gilt auch, wenn sich der Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Vorbehaltsfrist des § 2 S. 2 KSchG doch noch entschließt, das Angebot anzunehmen?3 Zwar erlischt durch den Ablauf der maßgeblichen Frist zunächst nur das Recht, den Vorbehalt zu erklären; 24 der Arbeitgeber wird die Antwort auf sein Angebot aber regelmäßig nur innerhalb der Vorbehaltsfrist erwarten (vgl. § 147 Abs. 2 BGB),25 so daß nach ihrem Ablauf auch eine vorbehaltlose Annahme im Zweifel nicht mehr möglich ist. 26 Die Annahme stellt dann vielmehr ein neues Angebot an den Arbeitgeber dar, das dieser annehmen oder ablehnen kann (vgl. § 150 Abs. l BGB).27

Annahme noch eine Ablehnung bedeuten könne. Das überzeugt nicht. Auch eine aufschiebend bedingte Kündigungserklärung übt den vom Arbeitgeber gewollten "Annahmedruck" auf den Arbeitnehmer aus; für die auflösende Bedingung gilt dies erst recht, weil der Bedingungseintritt nicht zurückwirkt. Der innere Zusammenhang zwischen Kündigungserklärung und Änderungsangebot ist also bei Ausspruch der Änderungskündigung stets gegeben; das ist entscheidend. 22 BAG, Urt. v. 27. 6. 1968, AP Nr. 1 zu§ 626 BGB Bedingung; vgl. auch BAG, Urt. v. 10. 11. 1994, AP Nr. 24 zu § 9 KSchG; Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 468; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 15; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 10a; Stahlhacke/Preis /Vossen, Rn. 769. 23 LAG Hamm, Urt. v. 30. 1. 1997, LAGE § 2 KSchG Nr. 26; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 77a. 24 KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 70. 2s LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 30. 10. 1990, LAGE§ 2 KSchG Nr. 12; AR-Blattei/ Linck, SD 1020.1.1 Rn. 92. 26 LAG Hamm, Urt. v. 30. 1. 1997, LAGE§ 2 KSchG Nr. 26. 27 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 100 a.E; AR-B1attei I Linck, SD 1020.l.l Rn. 93; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 77a.

Il. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

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b) Aufschiebende Bedingung

Möglich ist auch, daß die Kündigung erst dann wirksam werden soll, wenn der Arbeitnehmer das Angebot ablehnr28 oder nicht oder nicht rechtzeitig annimmt. 29 In diesen Fällen handelt es sich um eine aufschiebend bedingte Kündigung, denn die Wirksamkeit der Kündigung soll erst im Falle der Ablehnung oder Nichtannahme eintreten(§ 158 Abs. 1 BGB).

( 1) Beginn der Kündigungsfrist

Die Ablehnung läßt die Kündigung wirksam werden; nach Ablauf der Kündigungsfrist endet das Arbeitsverhältnis. Fraglich ist, ob die Kündigungsfrist schon mit Zustellung der Kündigung in Lauf gesetzt wird oder erst mit Eintritt der Bedingung. Soweit sich zu diesem Problem überhaupt Stellungnalunen finden, gehen sie allgemein davon aus, daß die Frist mit dem Zugang der - zunächst unwirksamen Kündigung beginnt. 30 Dem ist zuzustimmen. Der Arbeitnehmer kann nicht ernsthaft davon ausgehen, daß der Beginn der Kündigungsfrist von seiner Reaktion auf das Änderungsangebot abhängt. Die Kündigungsfrist soll es dem Gekündigten ermöglichen, sich auf die neue Situation einzustellen. Da sich der Gekündigte bereits zum Zeitpunkt des Zugangs entschließen kann und darf, ob er die Bedingung erfüllen will, steht ihm die Frist des § 622 BGB ungekürzt zur Verfügung; die Anknüpfung an den Zugang der - zu diesem Zeitpunkt schwebend unwirksamen Kündigung bringt daher keinen rechtlichen Nachteil. Das in§ 187 Abs. I BGB genannte Ereignis ist in diesem Fall nicht das Wirksamwerden der Kündigung, sondern ihr Zugang. 31

28 Für die Rechtslage vor 1969 vgl. Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht I,§ 56 IV 2 (S. 550); Nikisch, Arbeitsrecht I, § 48 IV l (S. 700); nach Einfügung des § 2 KSchG 1969 Adomeit, DB 1969, S. 2179; Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 468; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 10; KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 13; Ratajczak, S. 43; Schaub, RdA 1970, S. 230 (231); ders., Arbeitsrechts-Handbuch,§ 137 I 3. 29 KR/ Wolf, 3. Aufl., Grunds. Rn. 132. 30 Ratajczak, S. 44. 31 Nicht überzeugend ist dagegen, dieses Ergebnis durch die Annahme eines konkludent abgeschlossenen Rückbeziehungsvertrages im Sinne des § 159 BGB zu begründen (so aber Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht I, § 56 IV 2 [S. 549]; dagegen Ratajczak, S. 44 m. w. N.). Zwar können die Parteien einander vertraglich so stellen, als wären die Folgen des Bedingungseintritts zu dem früheren Zeitpunkt eingetreten. An eine solche Vereinbarung werden aber weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer denken. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus, weil die Kündigung nur ein einseitiges Rechtsgeschäft darstellt. Die schlichte Entgegennahme der Kündigung durch den Arbeitnehmer kann schwerlich als Willenserklärung gedeutet werden und damit auch nicht als Zustimmung zur Anwendung des§ 159 BGB.

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B. Das System der Änderungskündigung

(2) Fehlende Erklärung des Arbeitnehmers

Fraglich ist weiter, zu welchem Zeitpunkt die Bedingung eintritt, wenn der Arbeitnehmer das Angebot nicht ablehnt, aber auch nicht annimmt. Theoretisch liegt dieser Zeitpunkt endlos in der Zukunft. Wolf empfiehlt dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer eine Annahmefrist zu setzen. 32 Ob an die Dauer einer solchen Frist Mindestanforderungen zu stellen sind, führt er nicht aus; ebensowenig bietet er eine Lösung für den Fall an, daß der Arbeitgeber keine Annahmefrist bestimmt hat. Denkbar wäre es, die Klagefrist des § 7 KSchG oder die Kündigungsfrist des § 622 BGB (oder einer entsprechenden tariflichen Regelung) als Annahmefrist zugrunde zu legen. Das Versäumen der Klagefrist führt nach § 7, 2. Hs. KSchG dazu, daß ein Vorbehalt erlischt; da in der hier zugrundeliegenden Fallgestaltung keine Annahme (also auch keine Annahme unter Vorbehalt) erfolgt, geht die genannte Rechtsfolge ins Leere. Das spricht gegen eine entsprechende Anwendung der Klagefrist Möglicherweise könnte die Kündigungsfrist ein Maßstab für den Zeitrahmen sein, innerhalb dessen das Angebot spätestens anzunehmen ist; schließlich läuft die Kündigungsfrist, wie soeben festgestellt, unabhängig vom Bedingungseintritt Da mit Ablauf der Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis aber nur dann beendet wird, wenn die Kündigung wirksam ist, hätte es der Arbeitnehmer in der Hand, durch seine Nicht-Annahme das Arbeitsverhältnis über die Kündigungsfrist hinaus zu verlängern; das kann nicht richtig sein. Das Ende der Kündigungsfrist markiert daher in jedem Falle den Zeitpunkt, bis zu dem das Angebot spätestens angenommen werden muß. Allerdings würde dies auch bedeuten, daß der Arbeitnehmer bis zum Ende der Kündigungsfrist mit einer (vorbehaltlosen) Annahme oder Ablehnung zuwarten könnte, so daß der Arbeitgeber erst bei Ablauf der Kündigungsfrist erführe, ob der Arbeitnehmer mit dem Angebot einverstanden ist (wenn er zu den neuen Bedingungen weiterarbeitet) oder nicht (wenn er nicht mehr zur Arbeit erscheint). Das kann der Gesetzgeber schon deshalb nicht gewollt haben, weil er dem Arbeitnehmer eine Frist zur Annahme unter Vorbehalt von längstens drei Wochen zugebilligt hat. Die überwiegende Auffassung betrachtet die Frist des § 2 S. 2 KSchG als gesetzliche Modifizierung des § 147 BGB? 3 Nach Ablauf der Vorbehaltserklärungsfrist ist der Arbeitgeber an sein Angebot nicht mehr gebunden; eine danach erfolgende Zustimmung des Arbeitnehmers stellt nach § 150 Abs. 1 BGB keine Annahme, sondern einen neuen Antrag dar. 34 Damit tritt die Bedingung jedenfalls mit dem Ablauf der Frist zur Erklärung des Vorbehalts ein. KR/ Wolf, 3. Aufl., Grunds. Rn. 132. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 30. 10. 1990, LAGE§ 2 KSchG Nr. 12; AR-Blattei/ Linck, SD 1020.1.1 Rn. 92 f. ; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 77a. Hierzu siehe schon oben S. 26. 34 KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 77a. 32 33

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

33

(3) Die Annahme durch den Arbeitnehmer

Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot fristgerecht an, wird die Bedingung "hinfällig" und die Kündigung endgültig unwirksam. Der bisherige Arbeitsvertrag wird entsprechend dem Änderungsvertrag abgeändert. 35 Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot zwar rechtzeitig, .aber unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an, und ist die Änderung tatsächlich sozial gerechtfertigt, fällt der Vorbehalt aus; es bleibt bei der Annahme und damit beim Wegfall der Kündigung. Ist die Änderung der Arbeitsbedingungen aber nicht sozial gerechtfertigt, obsiegt also der Arbeitnehmer, so entfällt nach der Vertragslehre mit dem Eintritt des Vorbehalts die Annahme durch den Arbeitnehmer. Man ist sich einig, daß die friiheren Arbeitsbedingungen ruckwirkend wiederhergestellt werden. 36 Dieses Ergebnis wird zum Teil aus § 159 BGB, zum Teil aus § 8 KSchG hergeleitet; 37 welcher Weg zutrifft, wird bei der Erörterung des Vorbehalts noch zu untersuchen sein. 38

c) Auslegung

Ob die Kündigung unter einer auflösenden Bedingung oder einer aufschiebenden Bedingung steht, hängt von ihrem objektiven Erklärungswert ab. Ist der Bedingungseintritt gewollt für den Fall, daß der Arbeitnehmer das Angebot annimmt, so ist die Kündigung auflösend bedingt. Grundlage der Vereinbarung ist in einem solchen Fall die Vorstellung, daß mit dem wirksamen Abschluß des Änderungsvertrages die Kündigung unwirksam werden soll; sie muß vorher also wirksam gewesen sein. Das ist ein Fall des§ 158 Abs. 2 BGB. Ist der Bedingungseintritt dagegen für den Fall vereinbart, daß der Arbeitnehmer das Angebot nicht (rechtzeitig) annimmt oder ablehnt, so handelt es sich um eine aufschiebende Bedingung. Denn mit der Nichtannahme oder der Ablehnung des Angebotes soll die Kündigung erst wirksam werden. Ob der eine oder der andere Fall gegeben ist und ob überhaupt eine Bedingung vorliegt, muß im Einzelfall die Auslegung zeigen. Dabei spielen nicht nur der Wortlaut der Änderungskündigung eine Rolle, sondern auch die Umstände, in deren Zusammenhang sie ergeht. Eine Änderungskündigung, die nach dem Scheitern vorheriger Verhandlungen ausgesprochen wird, ist anders auszulegen als eine Änderungskündigung "aus heiterem Himmel" oder eine Massenänderungskündigung. Der Arbeitgeber, der davon ausgeht, der Arbeitnehmer werde sein Angebot annehmen, wird möglicherweise die aufschiebend bedingte Kündigung bevorzugen, weil damit nach außen hin der Schein aufrechterhalten werden kann, die Gefährdung 35 36 37

38

Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 470; Herschel/Löwisch, § 2 Rn. 12. Hueck! v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 97. Vgl. Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 97. Siehe unten S. 50 ff.

3 Wallner

34

B. Das System der Änderungskündigung

des Arbeitsplatzes stehe (noch) nicht in Frage. Soll dagegen der Schwerpunkt der Kündigung darauf liegen, Druck auf den Arbeitnehmer auszuüben, wird der Arbeitgeber die auflösende Bedingung wählen oder gänzlich auf eine Bedingung verzichten, weil damit die Kündigung von Anfang an wirksam ist. Eine Vermutung für das eine oder andere gibt es nicht. 39 In den meisten Fällen wird sich der Arbeitgeber über die Gestaltung der Änderungskündigung freilich überhaupt keine Gedanken machen. Das ist auch nicht notwendig. Wenn der Gesetzgeber trotz der ihm bekannten Möglichkeiten, Angebot und Kündigungserklärung durch eine Bedingung zu verknüpfen, das vergleichsweise ungenaue Merkmal des ,,Zusammenhangs" wählte, dann deshalb, weil es ihm nicht um eine bestimmte Form der Änderungskündigung ging. Der gesetzgeberische Zweck, dem Arbeitnehmer die Annahme unter Vorbehalt und damit den Erhalt des Arbeitsplatzes zu ermöglichen, 40 hat vielmehr für alle möglichen Formen der Verknüpfung von Kündigung und Änderungsangebot gleichermaßen Bedeutung.41 Ausschlaggebend ist allein, daß ein entsprechender Zusammenhang besteht. Er entscheidet darüber, ob eine Änderungskündigung vorliegt.

2. Zusammenhang ohne Bedingung Aufgrund der vorstehenden Erwägung nimmt die herrschende Meinung mit Recht an, daß eine Änderungskündigung auch vermittels einer unbedingten Kündigung möglich ist. 42 Der Arbeitgeber erklärt die nicht unter einer Bedingung ste39 Gegensätzlicher Auffassung ftir die auflösende Bedingung ist Ratajczak S. 44; vgl. auch Herschel/Löwisch § 2 Rn. 7; KR/ Wolf. 3. Auf!., Grunds. Rn. 131 (,,Am zweckmäßigsten ist die Verwendung einer auflösenden Bedingung... "), jetzt offengelassen von KR I Rost, § 2 KSchG Rn. 13. Die Änderungskündigung in Form eines Änderungsangebotes mit einer auflösend bedingten Kündigung wird in der Literatur nur vereinzelt angesprochen, vgl. Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 468; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 10; Schaub, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (74). Für eine Vermutung zugunsten der aufschiebenden Bedingung Schwerdtner, FS 25 Jahre BAG, S. 555 (556). 40 Adomeit, DB 1969, S. 2179; Becker-Schaffner, BB 1991, S. 129 (130); KR/Rost,§ 2 KSchG Rn. 7; Wenzel, MDR 1969, S. 968 (974); ausführlich unten S. 158. 41 Das übersieht MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 10 ff. 42 H.M., statt aller KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 13. Die Auffassung von Ratajczak, der in einer unbedingten Kündigung, verbunden mit dem Änderungsangebot, keine zulässige Form der Änderungskündigung sieht, sondern statt dessen eine Beendigungskündigung (S. 46), hat zu Recht keine Zustimmung gefunden. Ratajczak meint, durch diese Konstruktion werde für eine juristische Sekunde das bisherige Arbeitsverhältnis beendet. Das Änderungsangebot sei ein Angebot zum Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages, aber nicht Bestandteil einer Änderungskündigung. Die Wahl der unbedingten Kündigung impliziere gerade, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor die Alternative des Ja oder Nein stellen wolle. Die Annahme unter Vorbehalt sei kein uneingeschränktes Ja im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB. Das kann nicht überzeugen. Auch die bedingte Änderungskündigung stellt den Arbeitnehmer nur vor die Wahl, das Angebot - möglicherweise unter Vorbehalt - anzunehmen oder abzulehnen; in

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

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hende Kündigung "zusammen" mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Nimmt der Arbeitnehmer dieses Angebot nicht an, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist. 43 Das ist konsequent, denn das Änderungsangebot erlischt durch die Ablehnung(§ 146 I. Alt. BGB); die Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis. Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos an, so muß er nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den geänderten Arbeitsbedingungen weiterarbeiten; hierüber besteht Einigkeit. 44 Umstritten ist bei dieser Variante lediglich, ob durch die vorbehaltlose Annahme ein neuer Arbeitsvertrag zustande kommt oder der bisherige, wenngleich geändert, erhalten bleibt. Ersteres befürwortet Ascheid, weil nur dann, wenn die Kündigung durch das Änderungsangebot bedingt sei, die Bedingung hinfällig und der Arbeitsvertrag folglich (nur) geändert werde. 45 Die unterschiedliche Behandlung von bedingter und unbedingter Kündigung weckt Zweifel. Es hängt mehr oder weniger von der sprachlichen Gestaltung und damit vom Zufall ab, ob eine Kündigung nur "im Zusammenhang mit" oder "unter der Bedingung" der Änderung der Arbeitsbedingungen ausgesprochen wird. Beide Parteien wollen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber bringt dies dadurch zum Ausdruck, daß er die Form der Änderungskündigung wählt und nicht die der Beendigungskündigung; der Arbeitnehmer dadurch, daß er das Angebot annimmt. Ob die Kündigung unter einer Bedingung steht oder nicht, spielt insoweit keine Rolle. Es ist daher konsequent, in der zwischen den Parteien zustandegekommenen Einigung auch den Willen der Parteien zu sehen, durch einen Aufhebungsvertrag (§ 305 BGB) die Kündigung wegfallen zu lassen. Das ergibt die Auslegung der Parteihandlungen, die übereinstimmend auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtet sind, auch wenn über die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Aufhebung der Kündigung nicht ausdrücklich gesprochen wird. Mit einer solchen Vereinbarung wird die Kündigung beseitigt; das alte Arbeitsverhältnis bleibt, allerdings geändert, in Kraft.46 Konstruktiv läßt sich dies über mehrere Wege erreichen: Mit dem Arbeitgeberanletzterem Falle kommt es auch hier zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Hinweis auf § 150 Abs. 2 BOB geht fehl: Zwar ist die Annahme unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung eine Annahme unter einer Einschränkung (KR/ Wolf, 3. Auf!., Grunds. Rn. 137); sie bildet aber eine vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit des Arbeitnehmers, hinter der§ 150 Abs. 2 BOB als die allgemeinere Vorschrift zurücktritt (KR/ Wolf, 3. Auf!., Grunds. Rn. 137; kritisch auch MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 14.). Die unbedingt erklärte Änderungskündigung ist daher eine zulässige Erscheinungsform der Änderungskündigung. 43 Ratajczak, S. 45. 44 Ratajczak, S. 53. 45 Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 470. 46 KR/ Wolf, 3. Auf!., Grunds. Rn. 129. In diesem Sinne wohl auch Hueck/v. HoyningenHuene, § 2 Rn. 92, der die Kündigung als "hinfällig geworden" ansieht; nicht ausreichend deutlich ist allerdings die Begründung, die unbedingte Kündigung entfalle "sinngemäß, da sie nicht mehr realisiert werden kann." 3*

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B. Das System der Änderungskündigung

gebot kann ein Angebot auf Rücknahme der Kündigung verbunden sein, das der Arbeitnehmer annimmt, 47 oder der Arbeitnehmer bietet seinerseits mit der Annahme des Arbeitgeberangebots die Aufhebung an, die der Arbeitgeber stillschweigend akzeptiert. 48 Letztlich ist eine Entscheidung, ob die Änderung des Arbeitsvertrages einen neuen Arbeitsvertrag begründet oder nicht, müßig. Die Begründung eines neuen Arbeitsvertrages wäre nur dann nachteilig, wenn es dadurch zu einer Unterbrechung der Betriebszugehörigkeit kommen würde. Das ist jedoch nicht der Fall;49 durch einen Änderungsvertrag wird die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses nicht berührt.

3. Die zeitliche Komponente In einer Entscheidung aus dem Jahre 1975 hat das BAG erklärt, daß zu einer Änderungskündigung neben der Kündigungserklärung "begriffsnotwendig auch das gleichzeitige Angebot, das Arbeitsverhältnis zu irgendwie geänderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen", gehöre. Diese eher am Rande geäußerte Meinung hat das Gericht später, soweit ersichtlich, nicht wiederholt, wohl mangels Notwendigkeit: In den meisten vom BAG bislang entschiedenen Fällen sprach der Arbeitgeber Kündigung und Änderungsangebot gleichzeitig aus; 51 das dürfte in der betrieblichen Praxis auch der Regelfall sein. Daß aber das Änderungsangebot der Kündigung vorausgehen kann, wird auch vom BAG nicht ausgeschlossen. In seiner Entscheidung vom 27. 9. 1984 verlangt es vom Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer von sich aus vor jeder Beendigungskündigung eine zurnutbare Weiterbeschäftigung anzubieten. Dieses Angebot könne der Arbeitnehmer unter Vorbehalt annehmen. Der



Ratajczak, S. 45. Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht I, § 56 IV 3 (S. 551); Nikisch, Arbeitsrecht I,§ 48 IV 1 (S. 700) m. N. zur Rechtsprechung des Reichsarbeitsgerichts; Ratajczak, S. 45 m. w. N. zur früheren Literatur. Im Gegensatz zur Auffassung von Ratajczak (S. 46 f.) handelt es sich bei der "unbedingten Kündigung mit Rücknahmeangebot" nicht um eine eigene Form der (unbedingt erklärten) Änderungskündigung. Sein Argument, daß die Kündigung, die mit einem Rücknahmeangebot verbunden ist, ihre Wirkung nicht schon dann verliert, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt annimmt, ist gerade der Grund, warum das Einverständnis des Arbeitnehmers mit der Rücknahme (nötigenfalls konkludent) in seiner Annahmeerklärung enthalten sein muß, so wie es Ratajczak aufS. 45 beschreibt. 49 Erman/ Hanau, § 611 BGB Rn. 270; KR/ Wolf, 3. Auf!., Grunds. Rn. 128 ff. so BAG, Urt. v. 10. 12. 1975, AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT (Hervorhebung durch den Verf.). 51 BAG, Urt. v. 10. 3. 1982, 20. 3. 1986, 27. 3. 1987, 18. I. 1990, 15. 3. 1991,27. I. 1994, 30. 9. 1993, AP Nr. 2, 14, 20, 27, 28, 32, 33 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 18. 10. 1984, AP Nr. 6 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; Urt. v. 20. 7. 1989, AP Nr. 2 zu§ 1 KSchG 1969 Sicherheitsbedenken. Anders lag der Sachverhalt nur in der Entscheidung vom 30. 11. 1989, AP Nr. 53 zu§ 102 BetrVG 1972 (Änderungskündigung verneint). 47

48

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

37

Arbeitgeber müsse dann, um das Angebot durchzusetzen, nachträglich eine Kündigung - unter Aufrechterhaltung des Angebots - aussprechen. Diese sei als Änderungskündigung zu qualifizieren, da sie im Zusammenhang mit dem Änderungsangebot erfolge. 52 In einer Entscheidung vom 30. 11. 1989 verneinte das BAG eine Änderungskündigung mangels zeitlichen Zusammenhangs. 53 Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer nacheinander zwei Änderungsangebote gemacht, die dieser jedesmal zurückwies. Den Feststellungen der Tatsacheninstanz zufolge wurde zunächst keine Kündigung erklärt. Erst nach Ablehnung des letzten Angebots sprach der Arbeitgeber die Kündigung aus. Weil der Arbeitnehmer nicht "eindeutig und unmißverständlich den Willen des Arbeitgebers erkennen konnte, das Arbeitsverhältnis für den Fall der Ablehnung des Änderungsangebotes zu beenden", erkannte das BAG auf eine Beendigungskündigung.

a) Die Lehre

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot bejaht werden kann, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Adomeit unterscheidet folgende Fälle: 54 Schlage der Arbeitgeber eine Änderung vor, drohe die Kündigung aber nur an, ohne sie auszusprechen, so liege keine Änderungskündigung vor, wenngleich die Interessenlage ähnlich sei. Komme es mangels Bereitschaft des Arbeitnehmers, auf das Angebot einzugehen, zum Scheitern des Gesprächs und spreche der Arbeitgeber daraufhin eine Kündigung aus, so liege eine Beendigungskündigung vor und keine Änderungskündigung. Denn der Zweck des § 2 KSchG, das Arbeitsverhältnis zu retten, sei nicht mehr erfüllbar. Vom Wortlaut des § 2 KSchG erlaßt sei aber der Fall, daß der Arbeitgeber die Kündigung ausspreche und später die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbiete. Eine Begründung liefert Adomeit nicht; ebensowenig definiert er, was er in diesem Zusammenhang unter "später" versteht. Schaub55 hält es wie Adomeit prinzipiell für möglich, daß die Kündigung der Änderung vor- oder auch nachgehen kann, so daß seiner Meinung nach eine gleichzeitige Erklärung nicht Voraussetzung für eine Änderungskündigung ist. Habe der Arbeitgeber zunächst die Änderung des Arbeitsvertrages angeboten und erst danach die Kündigung erklärt, liege eine Änderungskündigung aber nur vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung das Vertragsangebot noch rechtswirksam sei. Sei nämlich das Angebot nach§ 146 BGB bereits erloschen, könne es der Arbeitnehmer nicht mehr annehmen; es fehle dann an dem für die Änderungskün52 53 54 55

BAG, Urt. v. 27. 9. 1984, AP Nr. 8 zu§ 2 KSchG 1969. AP Nr. 53 zu § 102 BetrVG 1972. Adomeit, DB 1969, S. 2179 (2179). RdA 1970, S. 230 (231); ders. , Arbeitsrechts-Handbuch,§ 137 Rn. 6.

B. Das System der Änderungskündigung

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digung typischen Tatbestand.56 Soll die Kündigung dagegen dem Änderungsangebot vorangehen, differenziert Schaub danach, ob die Kündigung bedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde. Werde die Kündigung unter der Bedingung ausgesprochen, daß der Kündigungsempfänger die ihm alsbald mitzuteilenden Bedingungen nicht annehme, so müsse er diese spätestens zu Beginn der Kündigungsfrist erhalten haben. 57 Sonst stünde die Kündigung nicht mehr nur unter einer Potestativbedingung - weil es der Kündigende in der Hand hätte, den Eintritt der Bedingung durch die Bekanntgabe des Angebots zu steuern - und wäre wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam. Stehe die Kündigung unter keiner Bedingung, sei eine mit Zeitverschiebung ausgesprochene Änderungskündigung zulässig, wenn und soweit "Kündigungserklärung und Vertragsangebot parallel zueinander laufen". 58 Den Begriff der Parallelität definiert Schaub nicht. Das Änderungsangebot müsse aber auch in diesem Fall spätestens zu Beginn der Kündigungsfrist vorliegen. 59 Linck, Rost und v. Hoyningen-Huene stellen lediglich darauf ab, ob das Angebot vor oder nach der Kündigung erklärt wird. Der Arbeitgeber könne das Änderungsangebot bereits vor Ausspruch der Änderungskündigung abgeben, wenn er bei Ausspruch der Kündigung klarstelle, daß er das Angebot aufrechterhalten wolle. 60 Dagegen könne das Angebot der Kündigung zeitlich nicht nachfolgen, 61 auch dann nicht, wenn es spätestens bei Beginn der Kündigungsfrist erklärt werde. 62 Soweit die Änderungskündigung in Form der bedingten Änderungskündigung ausgesprochen werde, bestünden dogmatische Bedenken. Aber auch bei der unbedingten Änderungskündigung sei kein anderes Ergebnis möglich. Da der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, spätestens bis zum Ablauf der Drei-Wochen-Frist des § 2 S. 2 KSchG Stellung nehmen müsse, hätte es der Arbeitgeber in der Hand, diese Überlegungsfrist nach Belieben zu verkürzen, indem er mit dem Angebot bis zum letzten Tag der Frist abwarte. 63 RdA 1970, S. 230 (231). RdA 1970, S. 230 (231); mißverständlich sind die Ausführungen von Schaub im Arbeitsrechts-Handbuch (§ 137 Rn. 8): .,Soll das Vertragsangebot der Kündigung nachfolgen, so ist die Änderungskündigung unwirksam, wenn im Zeitpunkt der Erklärung das Vertragsangebot noch nicht vorliegt. In jedem Fall muß das Vertragsangebot bis zum Beginn der Kündigungsfrist vorliegen ... " Soll das Vertragsangebot im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorliegen, muß es entweder vorher oder gleichzeitig erklärt worden sein, so daß es auf den Beginn der Kündigungsfrist nicht ankommen kann. 58 RdA 1970, S. 230 (231). 59 Schaub, RdA 1970, S. 230 (231). 60 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 12; AR-Blattei/ Linck, SD 1020.1.1. Rn. 17; KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 18. 61 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. II; Nikisch, FS Sitzler, S. 265 (274 f.); Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 769. 62 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 11; Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 120; AR-Blattei/Linck, SD 1020.1.1. Rn. 18; KR/Rost, § 2 KSchG Rn. 20 ff. ; Stahlhacke /Preis/Vossen, Rn. 769. 56 57

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

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Rechtsprechung und herrschende Literatur verlangen also eine auch zeitliche Verbindung von Angebot und Kündigungserklärung. Löwisch dagegen genügt eine lediglich sachliche Verknüpfung. 64 Ihm zufolge kommt es, zumindest bei der unbedingt ausgesprochenen Kündigung, nicht darauf an, ob die Kündigung dem Änderungsangebot vor- oder nachgeht. Ein Zusammenhang liege auch dann vor, wenn der Arbeitgeber, etwa im Kündigungsschutzprozeß, von der Beendigungskündigung zur Änderungskündigung übergehe, indem er ein Änderungsangebot nachschiebe. Dem Arbeitnehmer könne das eigentlich nur recht sein; dadurch sei wenigstens der Arbeitsplatz nicht mehr gefahrdet. Eine Verkürzung der Drei-WochenFrist des § 2 S. 2 KSchG befürchtet Löwisch nicht. Zwar nicht ihrem Wortlaut nach, wohl aber ihrem Sinn nach könne sie mit dem (späteren) Empfang des Angebots beginnen und stehe dann dem Arbeitnehmer ungekürzt zur Verfügung.65

b) Eigene Auffassung Der Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG trifft keine klare Aussage darüber, ob der Zusammenhang zwischen Änderungsangebot und Kündigung zeitlich oder sachlich zu verstehen ist. Gegen die obiter dieturn geäußerte These des BAG,66 daß Gleichzeitigkeit ein begriffsnotwendiges Erfordernis der Änderungskündigung sei, spricht aber schon, daß der Gesetzgeber den Anwendungsbereich nicht auf die bedingte Kündigung beschränken wollte. 67 Die Änderungskündigung vereinigt in der Notwendigkeit der Kündigung und des Änderungsangebots zwei gegensätzliche Komponenten, weil das Änderungsangebot die Fortsetzung, die Kündigung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezweckt. Die Veränderung des Arbeitsverhältnisses, seine Anpassung an veränderte Umstände ist das primäre Ziel des Arbeitgebers; der Arbeitnehmer soll dem Betrieb erhalten bleiben. Die Änderung der vertraglich festgelegten Arbeitsbedingungen wird aber nicht durch die Kündigung, sondern durch die Erklärung des Arbeitnehmers, das Angebot anzunehmen, herbeigeführt - und sei es auch unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung -, also durch einen Änderungsvertrag (§ 305 BGB). Ein Änderungsvertrag unterliegt wie jeder andere Vertrag der Vertragsfreiheit Ist der Arbeitnehmer mit der Änderung einverstanden, erübrigt sich jede Prüfung einer sozialen 63 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. lla; AR-Blattei/ Linck, SD 1020.1.1. Rn. 18; KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 23. 64 Löwisch, NZA 1988, S. 633 (634). 65 Löwisch, NZA 1988, S. 633 (634). 66 BAG, Urt. v. 10. 12. 1975, AP Nr. 90 zu§§ 22,23 BAT. 67 Das ist ganz h.M., vgl. nur Herschel/Löwisch, § 2 Rn. 8; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 10, 10 a; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (634); Plander, NZA 1993, S. 1057 (1061); Ratajczak, S. 41 ff.; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 13 ff.; Sclulub, RdA 1970, S. 230 (231).

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B. Das System der Änderungskündigung

Rechtfertigung oder einer SozialauswahL Was für den ursprünglich abgeschlossenen Arbeitsvertrag zutraf, gilt auch für seine Änderung. Grundsätzlich sind die Parteien frei in der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen. Die Rechtsprechung behält sich lediglich eine Angemessenheilskontrolle vor, wenn der Arbeitgeber eine Änderung aufgrund eines entsprechenden Leistungsbestimmungsrechts einseitig vornimmt.68 Die Prüfung der Änderung der Arbeitsbedingungen (und das heißt: des Änderungsvertrages) auf ihre soziale Rechtfertigung hin rührt daher, daß der Arbeitgeber nicht nur ein Änderungsangebot unterbreitet, das anzunehmen oder abzulehnen der Arbeitnehmer frei ist, sondern daß er ihm mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses droht, um ihn zum Abschluß des Änderungsvertrages zu bewegen. Der so vermittelte Zwang bildet die "innere Einheit" 69 von Kündigung und Änderungsangebot. Erst das Zusammenwirken beider entscheidet darüber, ob eine Änderungskündigung vorliegt. Dieser Zusammenhang zwischen Kündigung und Angebot kann als Bestandteil beider Willenserklärungen nicht anders ermittelt werden, als wenn die Änderungskündigung nur ein Rechtsgeschäft wäre. Dementsprechend stellt das BAG für die Erkennbarkeit der inneren Einheit zu Recht auf den objektiven Empfängerhorizont ab. Der Arbeitnehmer muß "eindeutig und unmißverständlich den Willen des Arbeitgebers erkennen" können, "das Arbeitsverhältnis für den Fall der Ablehnung des Änderungsangebotes zu beenden". 7 Für die Änderungskündigung gelten keine anderen Regeln als für jede andere empfangsbedürftige Willenserklärung. Der geforderte Zusammenhang ergibt sich entweder ausdrücklich, z. B. bei der Verknüpfung durch eine Bedingung, oder stillschweigend aus den beiden in der Änderungskündigung zusammengefaßten Rechtsgeschäften, deren objektiver Regelungsgehalt wie bei allen empfangsbedürftigen Willenserklärungen zu ermitteln ist. Der Zusammenhang (und damit die Änderungskündigung) liegt immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer erkennen kann, daß die Kündigung der Durchsetzung einer Änderung dient.

°

( 1) Angebot- Kündigung Spricht der Arbeitgeber zuerst das Änderungsangebot aus und sodann die Kündigung, für die er auf sein Angebot Bezug nimmt, so ist für den Arbeitnehmer eindeutig, daß die Kündigung nur dazu dient, ihn zur Annahme des Angebots zu bewegen. Der notwendige Zusammenhang ist erkennbar. Die Kündigung kann auch 68 Vgl. nur BAG, Urt. v. 27. 3. 1980, 20. 12. 1984, 25. 10. 1989, AP Nr. 26, 27, 36 zu § 611 BGB Direktionsrecht. 69 BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. l zu§ 626 BGB Änderungskündigung (unter II 2b der Gründe). 70 BAG, Urt. v. 30. ll. 1989, AP Nr. 53 zu § 102 BetrVG 1972.

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

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unter einer Bedingung stehen, wenn letztere dem Arbeitnehmer bekannt ist und der Bedingungseintritt nur von seiner Entscheidung abhängt. Kündigung und Änderungsangebot müssen dem Arbeitnehmer nicht notwendigerweise gleichzeitig zugehen.

(2) Kündigung- Angebot Vorstellbar ist eine Änderungskündigung auch, wenn der Arbeitgeber zuerst die Kündigung ausspricht und erst später das Angebot. Das kann der Fall sein, wenn das Angebot in seinen wesentlichen Punkten dem Arbeitnehmer bereits bekannt ist, ihm aber bei Ausspruch der Kündigung noch nicht in vollständiger Form vorliegt. So kann der Arbeitgeber, etwa nach Vorhaltungen des Richters im Kündigungsschutzprozeß, davon abrücken, den Arbeitnehmer hinauszukündigen, und ihm unter Aufrechterhaltung der Kündigung ein Änderungsangebot machen. Auch in diesen Fällen wird sich ein Zusammenhang zwischen Kündigung und Angebot nicht leugnen Jassen, dient doch die Kündigung der Durchsetzung des Änderungsangebotes. Das bedeutet nicht, daß eine nach § 2 KSchG erlaubte Gestaltungsmöglichkeit immer auch bürgerlich-rechtlich zulässig wäre. Die Bedenken der Literatur für den Fall, daß eine bedingte Kündigung vor dem eigentlichen Änderungsangebot ausgesprochen wird, sind berechtigt.71 Denn der Eintritt oder Nichteintritt der Bedingung hängt in diesem Fall nicht allein vom Arbeitnehmer ab, sondern ebenso vom Kündigenden. 72 Ob das auch gilt, wenn das Angebot nur noch nicht rechtzeitig in der endgültigen Form vorliegt, ist eine Frage der Auslegung. Sollen eine oder mehrere Arbeitsbedingungen geändert werden und sind diese Änderungen dem Arbeitnehmer bereits bekannt, wäre das Bestehen auf einem ausdrücklichen Angebot bloße Förmelei. Anders ist es aber, wenn auf seiten des Arbeitnehmers Unklarheiten über den Inhalt des Änderungsangebots bestehen, etwa weil der Arbeitgeber in Erwägung gezogen hat, auch andere Arbeitsbedingungen neu zu regeln. Hier führt auch ein geringfügiges Auseinanderfallen von einem Tag (kleinere Zeiträume fallen nach§§ 187, 188 BGB nicht ins Gewicht) zur Unbestimmtheit und damit zur Unwirksamkeit der Kündigung. 73 Alles andere schadet der Rechtssicherheit, denn es gibt keinen objektiven Maßstab, welcher Zeitraum für die Bestimmtheit der Kündigung noch ausreichend ist und welcher nicht. Bedenken gegen die Zulässigkeil einer Änderungskündigung, bei der das Angebot der Kündigung folgt, gibt es auch bei der unbedingt ausgesprochenen Kündi71 Auch Löwisch, der einen sachlichen Zusammenhang und im Gefolge dessen ein Änderungsangebot nach der Kündigung ausreichen läßt, spricht immer nur von einer unbedingten Kündigung, NZA 1988, S. 633 (634). n KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 21. 73 So nachdrücklich KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 21.

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B. Das System der Änderungskündigung

gung. Obwohl sich hier das Problem der mangelnden Bestimmtheit nicht stellt, ist nach Schaub zu besorgen, daß die Kündigungsfrist zum Nachteil des Kündigungsadressaten verkürzt werden könnte.74 Das ist mißverständlich ausgedrückt; es geht nicht um eine Kürzung der Kündigungsfrist selbst, sondern darum, daß dem Arbeitnehmer notwendige Überlegungszeit genommen wird. Wie schon bei der bedingten Kündigung beginnt auch bei einem gleichzeitig mit der Kündigung oder dem erst danach ausgesprochenen Änderungsangebot die Kündigungsfrist allein mit Zugang der Kündigung; auf das Angebot kommt es nicht an. Je später der Arbeitgeber das Angebot der Kündigung nachfolgen läßt, umso weniger Zeit steht dem Arbeitnehmer zur Annahme zur Verfügung. Vermutlich greift der Einwand von Schaub einen Gedanken von Nikisch auf, der schon 1956 erklärt hatte, es sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, "aus dem man dem Arbeitgeber gestatten sollte, dem Arbeitnehmer erst am Ende der Kündigungsfrist die neuen Arbeitsbedingungen mitzuteilen und ihn damit vor die Notwendigkeit der sofortigen Entscheidung zu stellen, wo diesem doch bei der bedingten Kündigung eine Überlegungszeit von der Dauer der vollen Kündigungsfrist eingeräumt wird."75 Die Kündigung und das Angebot der neuen Arbeitsbedingungen bildeten nach dem Willen des Arbeitgebers eine Einheit; solange ein annahmefähiges Angebot nicht vorliege, sei auch die Kündigung noch nicht wirksam erklärt. 76 Nikisch hat freilich nur die Änderungskündigung vor der Einführung des § 2 KSchG 1969 im Blick haben können. Damals konnte der Arbeitnehmer das Änderungsangebot annehmen, solange die Kündigungsfrist lief, das Arbeitsverhältnis also noch nicht beendet war. Die Kündigungsfrist, die die Härten der Kündigung abfedern soll, bildete in ihrer Gänze auch einen Überlegungszeitraum, den der Arbeitgeber faktisch nicht beseitigen durfte. Nach § 2 S. 2 KSchG 1969 gilt das nur noch eingeschränkt. Zwar kann die Frist für eine Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung nach wie vor parallel zur Kündigungsfrist laufen, sie beginnt aber immer mit Zugang der Kündigung und endet, anders als in den meisten Fällen die Kündigungsfrist, drei Wochen später(§ 2 S. 2 Hs. 2 KSchG 1969). Während der dreiwöchigen Annahmefrist muß sich der Arbeitnehmer klar werden, ob er dem Angebot zustimmt oder nicht; dazu muß er bereits vom Tag des Kündigungszugangs an über die geplanten Änderungen Bescheid wissen. Es kommt also nicht auf eine de-facto-Verkürzung der Kündigungsfrist an, sondern auf eine Beeinträchtigung der Frist zur Erklärung des Vorbehalts. Da diese Frist mit Zugang der Kündigung beginnt, muß dem Arbeitnehmer das Änderungsangebot spätestens am gleichen Tag mitgeteilt werden. Im Hinblick auf die Einhaltung der Frist wird man daher, anders als Schaub, keine Unterschiede zwischen bedingter und unbedingter Kündigung machen dürfen. 77

74 75 76

77

Arbeitsrechts-Handbuch,§ 137 Rn. 8. Nikisch, FS Sitzler, S. 265 (274). Nikisch, FS Sitzler, S. 265 (275). Ebenso KR I Rost, § 2 KSchG Rn. 23 ff.

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

43

Der Vorschlag von Löwisch, die Frist des § 2 S. 2 KSchG erst mit Zugang des Angebots und nicht schon mit Zugang der Kündigung beginnen zu lassen, 78 würde das Problern der verkürzten Überlegungsfrist beseitigen. Diese Lösung ist jedoch bedenklich. Sie ist keine "Modifikation", sondern ein Systernbruch. 79 Daß es auf die Kündigungserklärung ankommt, ergibt sich schon aus dem Wortlaut. Der Gesetzgeber hat zwar in § 2 S. l KSchG die Änderungskündigung als Kündigung in Zusammenhang mit einem Änderungsangebot definiert, in § 2 S. 2 KSchG aber ausschließlich auf die Kündigung abgestellt. Die Anknüpfung an die Kündigungserklärung macht zudem Sinn. Das Kündigungsschutzgesetz ist ein Gesetz zum Schutz vor Änderungen, die mittels Kündigung durchgesetzt werden sollen. Es entspricht daher dem System des Kündigungsschutzgesetzes, die Frist des § 2 S. 2 KSchG mit dem Zugang der Kündigungserklärung beginnen zu lassen. (3) Nachschieben des Änderungsangebotes

Spricht der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aus und schiebt er später ein Änderungsangebot nach, so ändert letzteres nichts daran, daß es sich nach wie vor um eine Beendigungskündigung handelt. Sie war dem Arbeitnehmer als solche zugegangen und ausschließlich als solche für ihn erkennbar. Daß danach ein Zusammenhang zwischen der Kündigung mit einem Änderungsangebot hergestellt wird, kann arn Charakter der einmal ausgesprochenen Beendigungskündigung nichts mehr ändern. Auch hier kann die Auslegung im Einzelfall helfen, damit es nicht zu praxisfremden Ergebnissen kommt. Wenn der Arbeitgeber - bei erklärter "Weitergeltung" der Kündigung - ein Angebot nachschiebt, so will er sicherstellen, daß das Arbeitsverhältnis mit den neuen Bedingungen fortgesetzt wird; enden soll es nur noch im Falle der Ablehnung. Der Arbeitgeber erklärt mit Abgabe des Angebotes eine Änderungskündigung, weil er erkennbar die Kündigung für den Fall wiederholt, daß das Angebot nicht angenommen wird. Zugleich bietet er die Rücknahme der vorherigen Beendigungskündigung an. Ob das solchermaßen erklärte Angebot auf Rücknahme wirksam ist, hängt von der Zustimmung des Arbeitnehmers ab. Sie kann auch stillschweigend erteilt werden, etwa durch vorbehaltlose Weiterarbeit zu den neuen Bedingungen.

4. Die Einheit der Änderungskündigung Bisher ging es ausschließlich darum, den Zusammenhang zwischen der Kündigung (genauer: der Kündigungserklärung) und dem Änderungsangebot zu be78 79

Löwisch, NZA 1988, S. 633 (634). So auch KR I Rost, § 2 KSchG Rn. 23 a.E.

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B. Das System der Änderungskündigung

schreiben. Der Zusammenhang "verklammert" Kündigung und Änderungsangebot zur Änderungskündigung. Fraglich ist aber, ob die solchermaßen zusammengesetzte Änderungskündigung auch rechtsgeschäftlich eine Einheit bildet oder ob vielmehr - ungeachtet des gewollten Zusammenhangs - weiterhin zwei Willenserklärungen vorliegen, die unabhängig voneinander ihre Wirkung entfalten. Letzteres hat möglicherweise zur Folge, daß die Unwirksamkeit der Kündigungserklärung keine Auswirkung auf die Geltung des Änderungsangebots hat und umgekehrt.

a) Meinungsstand

Nach wohl herrschender Meinung bilden Kündigungserklärung und Änderungsangebot eine "innere Einheit", 80 ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft, 81 das als Gesamtheit betrachtet werden muß. 82 Diese These von der Einheit der Änderungskündigung ist auf Kritik gestoßen. Bei einer Änderungskündigung lägen zwei Rechtsgeschäfte, nicht ein Rechtsgeschäft vor, ob nun "aus zwei Willenserklärungen zusammengesetzt" oder nicht. Zwar sei das Änderungsangebot ein Rechtsgeschäft; es beherrsche die Änderungskündigung jedoch nicht. Vielmehr sei die Kündigung das nicht hinwegzudenkende Druckmittel des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zur Annahme seines Angebots zu bewegen. 83

b) Folgen für die Änderungskündigung

Festzuhalten ist zunächst, daß Kündigungserklärung und Änderungsangebot jeweils für sich auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen sind. Hierüber sind sich alle Auffassungen einig.84 Kündigungserklärung und Änderungsangebot unterliegen ihren besonderen Wirksamkeitsvoraussetzungen; die Kündigung darf beispielsweise nicht gegen den besonderen Kündigungsschutz verstoßen, während diese Einschränkung für das Änderungsangebot nicht gilt. Eine einheitliche Prüfung "der" Änderungskündigung ist also nicht möglich.

80 Grundlegend BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. l zu§ 626 BOB Änderungskündigung (II 2 b der Gründe); zuletzt BAG, Urt. v. 10. 2. 1999, AP Nr. 52 zu§ 2 KSchG 1969. 81 Galperin, DB 1958, S. 799 (800); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 60; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 12, 86. 82 BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. 1 zu§ 626 BOB Änderungskündigung (II 2 b der Gründe); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 60; Preis/Gotthardt, NZA 2000, S. 348 (351); KR I Rost, § 2 KSchG Rn. 86. 83 Berkowsky, DB 1999, S. 1606 (1607); ders., BB 1999, S. 1266 (1267). 84 Vgl. BAG, Urt. v. 10. 2. 1999, AP Nr. 52 zu§ 2 KSchG 1969, einerseits und Berkowsky, DB 1999, S. 1606 ff., andererseits.

Il. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

45

Die Unterschiede zwischen den dargestellten Auffassungen zeigen sich an der Wirkung, die ein unwirksames Teilelement der Änderungskündigung auf das andere ausübt. Stellt die Änderungskündigung eine materiellrechtliche Einheit, ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft dar, so bewirkt die Nichtigkeit des einen Rechtsgeschäfts die Nichtigkeit auch des anderen, unabhängig von den speziellen Regelungen über die fehlende soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen (§§ 2 S. 2, 4 Hs. 2, 8 KSchG). Diese Rechtsfolge soll sich aus § 139 BGB ergeben;85 aufgrunddes für eine Änderungskündigung vom Gesetz verlangten Zusammenhangs beider Rechtsgeschäfte sei es ausgeschlossen, eines der Rechtsgeschäfte bei Nichtigkeit des anderen aufrechtzuerhalten. 86 So entschied auch das BAG am 10. 2. 1999. Der Arbeitgeber hatte mit einer Änderungskündigung eine tarifwidrige Erhöhung der Wochenarbeitszeit erreichen wollen. Obwohl der Arbeitnehmer die Klagefrist des § 4 KSchG nicht einhielt, gab das BAG seiner Klage statt: Die Unwirksamkeit des Angebots erstrecke sich auch auf die Kündigung und stelle einen sonstigen Unwirksamkeitsgrund nach § 13 Abs. 3 KSchG dar; die Kündigung enthalte nämlich eine Drohung, die nur bei einem wirksamen Angebot eingesetzt werden dürfe. 87 Die Gegenauffassung leugnet die Anwendbarkeit des§ 139 BGB, da der Arbeitgeber das Angebot nicht nur für den Fall der wirksamen Kündigung gemacht habe. Selbst wenn nämlich die Kündigungserklärung unwirksam sei, könne der Arbeitnehmer das Angebot wirksam annehmen. 88 Umgekehrt hätte dementsprechend in dem Fall, den das BAG zu entscheiden hatte, die Tarifwidrigkeit des Arbeitgeberangebots keinen Einfluß auf die Wirksamkeit der Kündigungserklärung haben dürfen.89

c) Eigene Wertung Die Kritik an der herrschenden Meinung überzeugt nicht. Es fehlt an einer nachvollziehbaren Begründung, warum trotz des vom Gesetzgeber vorausgesetzten "Zusammenhangs" zwischen Kündigungserklärung und Änderungsangebot eine wirksame Verbindung zwischen beiden Teilelementen einer Änderungskündigung 85 Vgl. BAG, Urt. v. 29. 6. 1988, AP Nr. 2 zu§ 72 LPVG NW; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (634); in diese Richtung auch Rieble, Anm. zu BAG, RdA 2000, S. 37 (42): Es liege eine Geschäftseinheit zwischen Vertragsangebot und Kündigung vor, so daß die Nichtigkeit des Angebots auf die Kündigung durchschlage. 86 Dies folgt entgegen Boewer, BB 1996, S. 2618 (2619), nicht aus§ 8 KSchG, der sich schon dem eindeutigen Wortlaut nach nur auf den Fall der fehlenden sozialen Rechtfertigung bezieht. 87 Urt. v. 10. 2. 1999, AP Nr. 52 zu § 2 KSchG 1969. 88 Galperin/Löwisch, § 102 BetrVG Rn. 10; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 40; Richardi, BetrVG, § 102 Rn. 258; Rieble, Anm. zu BAG, RdA 2000, S. 37 (42). 89 Insoweit (überraschend) a.A. Rieble, Anm. zu BAG, RdA 2000, S. 37 (42).

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B. Das System der Änderungskündigung

nicht möglich sein kann. 90 Das Argument, die Änderungskündigung könne kein zusammengesetztes Rechtsgeschäft bilden, weil bei einer Änderungskündigung zwei und nicht ein Rechtsgeschäft vorlägen, 91 ist verfehlt. Zum einen enthält die Änderungskündigung nur ein Rechtsgeschäft, nämlich die Kündigung. Das Änderungsangebot stellt eine Willenserklärung dar, aber kein Rechtsgeschäft, weil es allein keine Rechtsfolge herbeiführt. 92 Zum anderen ist für das Vorliegen eines zusammengesetzten Rechtsgeschäfts die Zahl der in ihm möglicherweise noch enthaltenen Rechtsgeschäfte nicht entscheidend; so ist beispielsweise jeder Vertrag ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft,93 obgleich er (nur) durch zwei Willenserklärungen zustande kommt. Entscheidend ist die von den Parteien gewollte Verknüpfung, also der Einheitlichkeitswille. Ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft liegt dann vor, wenn die einzelnen Erklärungen miteinander stehen und fallen sollen.94 Eine solche Verbindung ist notfalls durch Auslegung zu erforschen, 95 wird sich aber meist unschwer feststellen lassen. Der Arbeitgeber kündigt ja nur deshalb, um den Arbeitnehmer zur Annahme des Angebots zu bewegen. Auch der Arbeitnehmer kennt diesen Zusammenhang; er akzeptiert das Angebot schließlich nur, um der Wirkung der Kündigung auszuweichen - oder er lehnt das Angebot trotzder Kündigung ab. 96 Der Hinweis auf den Druck, den die Kündigung auf die Entschließungsfreiheit des Arbeitnehmers ausübt, spricht somit eher dafür, die Änderungskündigung als Einheit aufzufassen. 97 Daß die Nichtigkeit des einen Elements auch die des anderen bewirkt, stellt im übrigen eine einfache und praxisgerechte Lösung dar, die regelmäßig dem Willen der Parteien entsprechen wird. 98 Diese Rechtsfolge läßt sich allerdings für den Fall, daß die Kündigung unwirksam ist, nicht aus§ 139 BGB herleiten. Zwar gilt§ 139 BGB uneingeschränkt auch für zusammengesetzte Rechtsgeschäfte; die Norm setzt allerdings eine Teilbarkeit 90 Sämtliche Zitate, die Berkowsky in DB 1999, S. 1606 (1607 Fn. 10), zur Begründung anführt, tragen seine Auffassung nicht. In dem zitierten Aufsatz von ihm, NZA 1999, S. 293, kommt das Problem der Einheit der Änderungskündigung nicht ausdrücklich zur Sprache; jedoch wird aufS. 296 die Abhängigkeit des Anderungsangebots von der Kündigungserklärung betont. Enderlein, Anm. zu BAG, AP Nr. 36, 37 zu§ 2 KSchG 1969, führt ebendort in Ziff. I 2 aus, daß er die Annahme unter Vorbehalt nicht als einvernehmliche Maßnahme im Sinne des Tarifrechts (!) sieht. Mit dem hier behandelten Problem hat dies nichts zu tun. 91 Berkowsky, DB 1999, S. 1606 (1607); ders., BB 1999, S. 1266 (1267). 92 Vgl. Palandt/ Heinrichs, Überbl. v. § 104 BGB Rn. 2. 93 Staudinger I Roth, § 139 BGB Rn. 27. 94 BGHZ 50, S. 8 (13). 95 APS/ Künzl, § 2 KSchG Rn. 8 f., 16. 96 Auch Berkowsky, DB 1999, S. 1606 (1607), weist zu Recht darauf hin, daß die Kündigung "das nicht hinwegzudenkende Druckmittel des Arbeitgebers" ist (Hervorhebung durch den Verf.); das dokumentiert aber gerade den Einheitlichkeitswillen. 97 So die Rechtsprechung; vgl. nur BAG, Urt. v. 10. 2. 1999, AP Nr. 52 zu § 2 KSchG 1969. 98 Vgl. dazu die kaum mehr nachvollziehbaren Lösungskonstrukte bei Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 40a, sowie bei Richardi, BetrVG, § 102 Rn. 258.

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

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in selbständige Rechtsgeschäfte voraus. 99 Bei Nichtigkeit des Kündigungselements bliebe nur das Änderungsangebot übrig, das kein Rechtsgeschäft darstellt. Es entspricht jedoch herrschender Lehre, daß bei fehlender Teilbarkeit eines einheitlich gewollten Rechtsgeschäfts die Nichtigkeit des einen Bestandteils im Zweifel auch die des anderen nach sich zieht; die Teilnichtigkeit führt, wenn die Auslegung nichts anderes ergibt, immer auch zur Totalnichtigkeit 100 Für die Änderungskündigung kann insoweit nichts anderes gelten. Soweit behauptet wird, das Angebot sei nicht nur für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung gewollt, 101 übersieht man, daß es für die Auslegung dieser empfangsbedürftigen Willenserklärung des Arbeitgebers auf die Sicht des objektiven Empfängers ankommt, 102 also auf die des Arbeitnehmers. 103 Dieser läßt sich auf das Angebot regelmäßig nur deshalb ein, weil ihm gekündigt worden ist, und er geht davon aus, daß der Arbeitgeber diesen Zusammenhang kennt. Für den Arbeitnehmer stellt sich das Änderungsangebot folglich nur als Teil der Änderungskündigung dar; auf die Idee, der Arbeitgeber wolle ihm "daneben" noch ein "zwangloses" Angebot machen, wird er gar nicht kommen. Entgegen einer verbreiteten Auffassung 104 führt die Nichtigkeit des Kündigungselements auch dann zur Nichtigkeit des Änderungsangebots, wenn der Arbeitnehmer das Angebot bereits angenommen hat. Die Annahme kann den Einfluß der Kündigung auf die Willensbildung des Arbeitnehmers nicht mehr beseitigen; es ist daher notwendig, daß die Kündigung wirksam ist und daß dies überpriift werden kann. Unwesentlich ist schließlich, ob der Arbeitnehmer das Angebot vorbehaltlos angenommen hat; 105 es geht hier um die Wirkung der Kündigung auf die Willensbildung des Arbeitnehmers und nicht darum, ob dieser sich den Weg offenhält, die Änderung auf ihre soziale Rechtfertigung untersuchen zu lassen.

d) Schriftformerfordernis der Änderungskündigung

Der zum l. 5. 2000 neu eingeführte § 623 BGB, 106 der für alle Beendigungstatbestände, nämlich Kündigung, Aufhebungsvertrag und Befristung, Schriftform verlangt, gilt nach allgemeiner Auffassung auch für die in der ÄnderungskündiStaudinger I Roth, § 139 BOB Rn. 60. Statt aller Staudinger I Roth, § 139 BOB Rn. 60, 63 m. w. N. 101 Richardi, BetrVG, § 102 Rn. 258m. w. N. 102 APS I Künzl. § 2 KSchG Rn. 8. 103 APS/ Künzl, § 2 KSchG Rn. 9. 104 Galperin/Löwisch, § 102 BetrVG Rn. 10; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 40, 40a; Richardi, BetrVG, § 102 Rn. 258; Schwerdtner, FS 25 Jahre BAG, S. 555 (576). 105 So aber Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 40a; abwegig auch Kittner/Däubler/ Zwanziger,§ 2 KSchG Rn. 187. 106 Art. 2 des Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung des arbeitsgerichtliehen Verfahrens vom 30. 3. 2000, BGBI. I, S. 333. 99

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B. Das System der Änderungskündigung

gung enthaltene Kündigungserklärung. 107 Diese stellt nichts anderes als eine Beendigungskündigung dar, die das Arbeitsverhältnis auflöst, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitgeberangebot ausschlägt oder nicht fristgerecht annimmt. 108 Wird die Kündigung nicht schriftlich ausgesprochen, ist sie nach §§ 126, 125 BGB nichtig. 109 Zum Teil wird aber auch behauptet, neben der Kündigungserklärung müsse auch das Änderungsangebot schriftlich abgefaßt sein. 110 § 2 KSchG verklammere Kündigungserklärung und Änderungsangebot zu einer Einheit, weshalb beides in einer dem§ 126 BGB genügenden einheitlichen Urkunde erklärt werden müsse; 111 bestehe für ein Rechtsgeschäft Formzwang, so erstrecke er sich auf alle wesentlichen Bestandteile des Rechtsgeschäfts.112 Ob das Änderungsangebot ebenfalls schriftlich abgegeben werden muß, 113 ist eine Frage, die für die Praxis auf den ersten Blick wenig Relevanz zu haben scheint; der Arbeitgeber, der die Kündigung schriftlich erklären muß, wird regelmäßig auch das Änderungsangebot in das Schriftstück aufnehmen. Probleme können sich aber dann ergeben, wenn das schriftliche Änderungsangebot nicht alle Punkte enthält, die geändert werden sollen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in einem Gespräch vorab ausführlich und vollständig über seinen Änderungsbedarf informiert hat, letzterer aber nicht bereit war, der Änderung auch ohne Ausspruch einer Änderungskündigung zuzustimmen. Enthält diese nicht alle Änderungen, könnte dies, folgte man der dargestellten Auffassung, zur Nichtigkeit der Änderungskündigung insgesamt führen. Das gleiche Problem stellt sich, wenn das Änderungsangebot konstitutive Verweise auf Regelungen außerhalb des Angebotsschreibens enthält, etwa eine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, denn die Rechtsprechung verlangt bei formgebundenen Erklärungen, daß sich ihre wesentlichen Inhalte aus der Urkunde selbst ergeben müssen. 114 Dem Wortlaut des § 623 BGB nach unterliegt das Änderungsangebot keinem Formzwang. Eine Anwendung des § 623 BGB über seinen Wortlaut hinaus muß daher durch einen entsprechenden Zweck der Vorschrift gefordert sein. Hierauf zielt das Argument von der Einheit der Änderungskündigung, das hier freilich 107 Preis/Gotthardt, NZA 2000, S. 348 (351); Richardi/Annuß, NJW 2000, S. 1231 (1233); Rolfs, NJW 2000, S. 1227 (1228); Schaub, NZA 2000, S. 344 (347); Trittin/Backmeister; DB 2000, S. 618 (621). 108 Schaub, NZA 2000, S. 344 (347); s. dazu oben S. 28. 109 Preis/Gotthardt, NZA 2000, S. 348 (351); Richardi/Annuß, NJW 2000, S. 1231 (1233); Rolfs, NJW 2000, S. 1227 (1 228); Schaub, NZA 2000, S. 344 (347); Trittinl Backmeister; DB 2000, S. 618 (621). 110 APS/ Preis, § 623 BOB Rn. 32; Preis/Gotthardt, NZA 2000, S. 348 (351); Richardil Annuß, NJW 2000, S. 1231 (1233). 111 Richardi/Annuß, NJW2000,S.1231 (1233). 112 APS I Preis, § 623 BOB Rn. 32; Preis I Gotthardt, NZA 2000, S. 348 (351 ). 113 Verneinend APS/ Künzl. § 2 KSchO Rn. 17. 114 BOHZ 42, S. 333 (338); s. hierzu auch MünchKomrn/ Förschler; § 126 BOB Rn. 10; Soergell Hef ennehl, § 126 BOB Rn. 4.

li. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

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nicht stichhaltig ist. Zwar soll die Änderungskündigung als Einheit wirken; Änderungsangebot und Kündigung unterliegen jedoch unterschiedlichen Voraussetzungen, die jeweils für sich erfüllt sein müssen. Niemand würde das Änderungsangebot beispielsweise dem Erfordernis des § 15 SchwbG oder dem des § 9 MuSchG unterstellen. Der Umfang des Schriftformerfordernisses ergibt sich allein aus seinem Zweck. 115 Ausschlaggebend ist nicht die Konstruktion des § 2 KSchG, sondern ob der Zweck des § 623 BGB auch für das Änderungsangebot Schriftlichkeil verlangt. Der Zweck der Einführung der Schriftform für Kündigung, Aufhebungsvertrag und Befristung besteht nach der amtlichen Begründung darin, der besonderen Bedeutung dieser Beendigungstatbestände Rechnung zu tragen und größtmögliche Rechtssicherheit herbeizuführen. Streitigkeiten darüber, ob überhaupt eine Kündigung vorliegt, sollen vermieden werden. 116 Aus diesem Grund unterfallen beispielsweise die Teilkündigung oder der Widerruf einzelner Arbeitsbedingungen nicht dem § 623 BGB, da sie nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. 117 Auch das Änderungsangebot in der Änderungskündigung kann das Arbeitsverhältnis nicht beenden. Es unterliegt daher nicht dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB. Eine entsprechende Ausdehnung der Vorschrift ist durch ihren Zweck nicht gerechtfertigt und daher nicht rechtens.

5. Die Annahme unter Vorbehalt Auf welche Weise der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen kann und welche Folgen der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot hat, wurde gerade erörtert. Welche Wirkungen die Änderungskündigung herbeiführt, hängt nunmehr allein vom Arbeitnehmer ab. Dieser kann sich jeglicher Reaktion auf das Angebot enthalten, das Angebot ablehnen oder es nicht rechtzeitig akzeptieren; in diesem Fall kommt es zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er kann es bedingungslos annehmen; dann kommt es ohne weiteres zur Änderung der Arbeitsbedingungen. Nimmt er es unter dem Vorbehalt an, daß die Änderung nicht sozial ungerechtfertigt ist, muß er nach § 4 S. 2 KSchG innerhalb von drei Wochen Klage erheben und sich auf die fehlende soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen berufen. Nur diesen Fall regeln die §§ 2, 4 S. 2 und 8 KSchG. Ist die Änderung tatsächlich sozialwidrig und stellt das Gericht dies fest, spricht § 8 KSchG die Rechtsfolge aus: Die Änderungskündigung "gilt" (nicht: ist) als von Anfang an rechtsunwirksam. Der Gesetzgeber hat mit § 8 KSchG eine einheitliche Lösung für Kündigung und Angebot geschaffen. Ihre dogmatische Grundlage ist jedoch nach wie vor umstritten. Im folgenden soll daher der Frage 115 Allgemeine Meinung, vgl. nur Palandt/ Heinrichs, § 125 BGB Rn. 7; Soergel I Hefermehl, § 126 BGB Rn. 3. 116 BR-Drs. 321 /98. 117 Preis/Gotthardt, NZA 2000, S. 348 (349); Schaub, NZA 2000, S. 344 (347).

4 Wallner

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B. Das System der Änderungskündigung

nachgegangen werden, welche Auswirkungen die Annahme unter Vorbehalt auf das Änderungsangebot und auf die mit ihr im Zusammenhang stehende Kündigung hat.

a) Die Rechtsnatur des Vorbehalts Bei der Formulierung des § 2 KSchG ist der Gesetzgeber, wie S. 1 zeigt, von der ihm bekannten Änderungskündigung ausgegangen. Neu geregelt hat er die Möglichkeit, die Annahme unter den Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung zu stellen. Dies erlaubt es dem Arbeitnehmer, die Kündigung durch eine wirksame Annahme des Änderungsangebots gegenstandslos werden zu lassen und die Auseinandersetzung auf die Berechtigung zur vorgeschlagenen Änderung zu beschränken. 118

( 1) Vorbehalt als Bedingung

Die dogmatische Einordnung des Vorbehalts in § 2 S. 2 KSchG ist nach wie vor umstritten. Als überwunden kann heute die Ansicht gelten, die dem Vorbehalt eine ausschließlich prozessuale Natur beimaß, 119 denn sie kann das Zustandekommen des Änderungsvertrages, der von der vorbehaltenen Rechtsfrage abhängt, nicht erklären. Die h. M. betrachtet die Annahme unter Vorbehalt als eine Willenserklärung, aufgrund der ein auflösend bedingter Änderungsvertrag zustande kommt, auflösend bedingt (§ 158 Abs. 2 BGB) durch die richterliche Feststellung der Sozialwidrigkeit.120 Zur Begrundung wird auf die materiell-rechtliche Wirkung des Vorbehalts verwiesen. 121 Die Regelung des § 8 KSchG stehe dem nicht entgegen, denn er ordne, wie § 159 BGB, eine schuldrechtliche Rückwirkung des Bedingungseintritts an. 122 Die Ansicht der herrschenden Meinung überzeugt nicht. Eine Bedingung verknüpft die Rechtswirksamkeit einer Willenserklärung mit dem ungewissen Eintritt eines Ereignisses. Die soziale Rechtfertigung ist aber kein tatsächliches Ereignis, 11s Vgl. Begründung zu Art. I Nr. 2-5 des Entwurfes eines Ersten Gesetzes zur Bereinigung arbeitsrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. V I 3913, S. 8; Lieb, Anm. zu BAG, AP Nr. 1 zu§ 626 BGB Änderungskündigung; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (3). 119 So Adomeit, DB 1969, S. 2179 (2180); Becker-Schaffner, BIStSozArbR 1975, S. 273 (273 f.). 120 BAG, Urt. v. 27. 9. 1984, AP Nr. 8 zu§ 2 KSchG 1969; Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 470; Betz, Änderungskündigung, S. 158 ff.; Herschel!Löwisch, § 2 Rn. 15; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 83; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (635); Ratajczak, S. 51 ; Richardi, ZfA 1971 , S. 73 (102 ff.); Wenzel, MDR 1969, S. 968 (975). 121 BAG, Urt. v. 27. 9. 1984, AP Nr. 8 zu§ 2 KSchG 1969; Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 469; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 84; Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 1238. 122 KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 58; Herschel!Löwisch, § 8 Rn. 3 ff.

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

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sondern eine Rechtsfrage. Es kann sich daher allenfalls um eine Rechtsbedingung und nicht um eine echte Bedingung im Sinne der§§ 158 ff. BGB hande1n. 123 § 8 KSchG, der die entscheidende Rechtsfolge an die richterliche Feststellung der Sozialrechtswidrigkeit knüpft, nämlich die rückwirkende Wiederherstellung der alten Arbeitsbedingungen, hindert zwar nicht, in dem Vorbehalt auch eine Bedingung zu sehen. Die Fiktion einer rückwirkenden Geltung von Gesetzes wegen, die diese Vorschrift anordnet, geht aber über eine bloße schuldrechtliche Auslegungsregel wie § 159 BGB hinaus, die die Änderungsvertragsparteien nur dazu verpflichten würde, einander den ursprünglichen Zustand zu gewähren. 124 Das ist ein ausreichendes Indiz dafür, daß das Gesetz unter dem Vorbehalt etwas anderes versteht als eine Bedingung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches. § 8 KSchG geht in seiner Wirkung auch über das hinaus, was eine Bedingung nach den §§ 158, 159 BGB erreichen könnte. Nach § 8 KSchG gilt die "Änderungskündigung" als von Anfang an unwirksam, wenn die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist. Die Rechtsunwirksamkeit wird auf die "Änderungskündigung" als Gesamtheit ausgedehnt. Das betrifft zum einen die Änderung der Arbeitsbedingungen, also den Änderungsvertrag, damit die alten Arbeitsbedingungen wieder gelten können. Das erstreckt sich zum anderen aber auch auf die Kündigungserklärung. Stellte der Vorbehalt nur eine Bedingung dar, die sich allein auf die Annahme des Änderungsangebots beziehen kann und nicht auf die Kündigung, führte er nur zum Wegfall der unter der Bedingung stehenden Willenserklärung, also des Änderungsvertrages. Damit wären aber die alten Arbeitsbedingungen noch nicht wiederhergestellt. Dem stünde die Kündigung im Wege, die durch den Wegfall der Annahme wieder aufleben würde. Das vermeidet § 8 KSchG, der die gesamte Änderungskündigung rückwirkend für unwirksam erklärt.125

(2) Vorbehalt: Erlaubnis zur Teilkündigung ? Enderlein, der sich zuletzt mit dem Vorbehalt ausführlich befaßt hat, erklärt die Annahme als Einverständnis des Arbeitnehmers damit, daß die als Änderungskündigung ausgesprochene .,Voll-"Kündigung die Wirkung einer Teilkündigung hat, deren Wirksamkeit von der sozialen Rechtfertigung der Änderung abhängt. 126 Das Einverständnis des Arbeitnehmers unter Vorbehalt hat danach zwei Wirkungen: Es 123 Vgl. dazu auch BAG, Urt. v. 28. 5. 1998, AP Nr. 48 zu§ 2 KSchG 1969, zum ,.stillschweigenden Zusatz zum Vorbehalt", daß die Änderungskündigung über die soziale Rechtfertigung hinaus mit der Rechtsordnung im Einklang stehe. 124 Ebenso Enderlein, ZfA 1992, S. 21 (29). 125 Die Rückwirkung war vom Gesetzgeber auch beabsichtigt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte noch eine ex-nunc-Wirkung vorgesehen, Hromadka, NJW 1969, S. 1641 m.N. 126 Enderlein, ZfA 1992, S. 34 (54).

4*

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B. Das System der Änderungskündigung

beschränkt die Änderungskündigung auf die Teilkündigung der Arbeitsbedingungen, die geändert werden sollen, und es ermächtigt den Arbeitgeber bei gegebener sozialer Rechtfertigung zur einseitigen Änderung der betroffenen Arbeitsbedingungen.127 Diese Gestaltung hat zur Folge, daß der Arbeitnehmer- die herrschende Meinung entscheidet entgegengesetzt 128 - zu den alten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt werden muß. Der Vorteil, so Enderlein, liege darin, daß der Schwebezustand der Bedingung vermieden und die Rechtslage sich wie bei der Änderung durch ein vorbehaltenes Leistungsbestimmungsrecht darstelle. Gegen Ender/ein wird eingewandt, daß er damit die Änderungskündigung zur (unzulässigen) Teilkündigung mache, während sie in Wirklichkeit auf die vollständige Beendigung gerichtet sei, wenn das Angebot nicht angenommen werde. 129 Dieser Vorwurf ist nicht stichhaltig. Ender/ein sieht in der Annahme des Änderungsangebotes durch den Arbeitnehmer eine vertragliche Vereinbarung, durch die die Änderungskündigung zurückgenommen und ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht geschaffen wird. In diesem Umfang ist eine Teilkündigung rechtlich vorstellbar. 130 Sein Ansatz ist aber deshalb abzulehnen, weil die Konstruktion lebensfremd ist; dem Parteiwillen wird sie in der Regel nicht entsprechen. Der Arbeitnehmer, der dem Änderungsangebot - wenn auch unter Vorbehalt - zustimmt, erklärt sich wohl mit der Erledigung der Kündigung einverstanden, aber kaum mit einem einseitigen Bestimmungsrecht durch den Arbeitgeber. Die Gestaltung entspricht auch nicht dem Gesetz. Die Änderungskündigung ist eine Kündigung verbunden mit einem Angebot auf Vertragsänderung. Ein Änderungsvertrag ist aber etwas anderes als die Ausübung eines Gestaltungsrechts. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich der Arbeitgeber im Änderungsvertrag ein Leistungsbestimmungsrecht einräumen läßt; die Änderungskündigung ist jedoch nicht per se ein solches. Deshalb überzeugt der Hinweis von Ender/ein auf die Rechtslage bei der einseitigen Leistungsbestimmung nicht. 131 Der Arbeitnehmer, der die neuen Arbeitsbedingungen - wenn auch unter Vorbehalt - akzeptiert hat, ist in einer anderen Position als der, der aufgrund des Direktionsrechts zur Änderung gezwungen werden soll. Daß seine Lösung darüber hinaus im Widerspruch zu § 8 KSchG steht, räumt Enderle in selbst ein; 132 § 8 KSchG fingiert die Geltung der alten Arbeitsbedingungen, geht also von einer zwischenzeitliehen Gültigkeit aus.

Enderlein, ZfA 1992, S. 21 (36). Statt aller Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 102 Rn. 8a; Hess/Schlochauer / Glaubitz, § 102 Rn. 173; Richardi, BetrVG, § 102 Rn. 268; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 119. 129 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 83a. 130 Vgl. BAG, Urt. v. 14. 11. 1990, AP Nr. 25 zu§ 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag; Hromadka, RdA 1992, S. 234 (242 f.). 131 Enderlein, ZfA 1992, S. 21 (58). 132 Enderlein, ZfA 1992, S. 21 (37). 127

128

II. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

53

(3) Vorbehalt: Rechtsfigur eigener Art

Die Erklärung des Vorbehalts stellt - insoweit hat die h. M. recht - eine Willenserklärung dar. Durch den Vorbehalt macht der Arbeitnehmer seine materiell-rechtliche Zustimmung von der sozialen Rechtfertigung abhängig. Der Vorbehalt modifiziert also einen auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichteten Willen 133 und ist deshalb dem materiellen Recht zuzuordnen. Vergleichbar ist dies mit § 4 S. 2 KSchG. Auch er ist eine materiell-rechtliche Vorschrift, denn er regelt nicht die Zulässigkeit der Feststellungsklage, sondern ihre Begründetheit. 134 Das Verstreichenlassen der Klagefrist geht über den Fall prozessualer Verspätung hinaus; es führt dazu, daß die soziale Rechtfertigung ohne weiteres gegeben ist. Damit wird die materielle Rechtslage unmittelbar geändert. Der Käufer, der bei der Lieferung Mängel an der Kaufsache entdeckt, kann sich auf den Mangel nur berufen, wenn er sich dies vorbehält(§ 464 BGB). Dieser Vorbehalt ist keine Bedingung, etwa dergestalt, daß die Annahme der Kaufsache nur dann wirksam sein soll, wenn die Gewährleistungsansprüche dem Käufer erhalten bleiben. Ähnlich ist es beim Vorbehalt im Zuge der Annahme einer Änderungskündigung. Der Arbeitnehmer verwahrt sich durch die Erklärung des Vorbehalts gegen den Verlust von Rechten. Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot dagegen vorbehaltlos an, ist zu vermuten, daß er die soziale Rechtfertigung nicht beanstanden will. Daher ist es recht und billig, wenn das Gesetz den Verlust dieses Rechts anordnet. Ein Rückgriff auf eine Bedingung ist nicht notwendig; er ist, wie gezeigt, mit dem geltenden Recht auch nicht vereinbar. Der Vorbehalt ist eine Rechtsfigur eigener Art.

b) Wirkung der Annahme auf die Arbeitsbedingungen Ist die vorgeschlagene Änderung der Arbeitsbedingungen sozial nicht gerechtfertigt, ordnet § 8 KSchG die rückwirkende Weitergeltung der alten Arbeitsbedingungen an. 135 Diese Regelung ist notwendig, denn der unter Vorbehalt zustande gekommene Änderungsvertrag wäre nach § 158 Abs. 2 BGB nur ex nunc beendet. Die Anwendung des§ 159 BGB allein kann den Zustand vor Ausspruch der Änderungskündigung nicht wiederherstellen. 136 Würde nämlich der Änderungsvertrag rückgängig gemacht, führte das nicht zum Wiederaufleben der alten Arbeitsbedingungen, sondern zum Wiederaufleben der Kündigung. 137 Nicht diese, sondern nur das Änderungsangebot steht unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung. 133 134 135 136

137

Vgl. Palandt/ Putzo, § 464 BGB Rn. 8. Statt aller KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 59. Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 97. So aber wohl KR/ Rost, § 8 KSchG Rn. 4; Herschell Löwisch, § 8 Rn. 3 ff. s. oben S. 51.

B. Das System der Änderungskündigung

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War die vorgeschlagene Änderung dagegen sozial gerechtfertigt, so ist die vormals vorbehaltene Annahme zu einer endgültigen Annahme geworden. Zwar hat der Gesetzgeber es unterlassen, diese Rechtsfolge - wie etwa in § 8 KSchG für die fehlende soziale Rechtfertigung - zu bestimmen. Es besteht jedoch kein Zweifel darüber, daß das Arbeitsverhältnis zu den neuen Bedingungen fortgesetzt werden soll. 138 Der Arbeitgeber hat dies angeboten, der Arbeitnehmer das Angebot akzeptiert. Diese vertragliche Konstruktion führt ohne weiteres zu einer Fortgeltung des Arbeitsverhältnisses. Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot zwar unter Vorbehalt an, ohne aber rechtzeitig Klage nach § 4 S. 2 KSchG zu erheben, so erlischt nach § 7 KSchG der Vorbehalt. Der Arbeitnehmer steht rechtlich so, als hätte er das Angebot ohne Vorbehalt angenommen. Der Änderungsvertrag ist uneingeschränkt zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis wird zu den neuen Arbeitsbedingungen fortgesetzt. 139

c) Wirkung der Annahme auf die Kündigung

Mit der Annahme des Änderungsangebots entfällt die Wirkung der Kündigung. 140 Zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann es nicht mehr kommen. Über dieses Ergebnis gibt es in Rechtsprechung und Literatur keinen Streit, auch wenn die Herleitung dieser Rechtsfolge zum Teil schwierig ist. Ist die Kündigung unter der aufschiebenden Bedingung der Ablehnung des Änderungsangebots erklärt, steht mit der Annahme fest, daß eine Ablehnung nicht mehr erfolgen wird. Die Kündigung war und bleibt unwirksam. 141 Die Annahme unter Vorbehalt ist eine gültige Annahme, da § 2 KSchG als Sonderregelung dem § 150 Abs. 2 BGB vorgeht. 142 Steht die Kündigung unter der auflösenden Bedingung, daß das Angebot angenommen wird, entfällt die Rechtswirkung der Kündigung nach§ 158 Abs. 2 BGB mit der- auch unter Vorbehalt stehenden- Annahme des Angebots. Problematisch sind dagegen Kündigungen, die ohne Bedingung, also lediglich "im Zusammenhang" mit dem Änderungsangebot erklärt werden. Trotz Annahme des Änderungsangebots bleibt nämlich die einmal erklärte Kündigung wirksam. Das ist aber nicht beabsichtigt. Der Arbeitgeber will nur die Änderung der Arbeitsbedingungen erreichen. Dieses Ziel erreicht er durch die Annahme des Änderungsangebots seitens des Arbeitnehmers. Es ist daher nur konsequent, in Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 96; Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 774. Bopp, in: Rieder, Gehaltsanpassung, S. 93 (105); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 96. 140 Bopp, in: Rieder, Gehaltsanpassung, S. 93 (104); Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn.92. 141 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 92. 142 Vgl. BAG, Urt. v. 27. 9. 1984, AP Nr. 8 zu § 2 KSchG 1969; Hueck/v. HoyningenHuene, § 2 Rn. 84. 138

139

Il. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

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dem Änderungsvertrag zugleich auch die einverständliche Aufbebung der Kündigung zu sehen. 143

d) Der "doppelte Vorbehalt"

In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Änderungskündigung aus Gründen, die nicht in der fehlenden sozialen Rechtfertigung liegen, auch dann noch geltend machen kann, wenn er zwar das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 S. 2 KSchG fristgerecht angenommen, die Klagefrist des § 4 KSchG aber versäumt hat. Mit Ablauf der Klagefrist erlischt nach § 7 Hs. 2 KSchG der nach § 2 KSchG erklärte Vorbehalt; das Arbeitsverhältnis wird einvernehmlich auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt, und die Kündigung ist endgültig wirkungslos. Da damit, so Rost, der Anknüpfungspunkt für die sonstigen Unwirksarnkeitsgründe (z. B. § 102 BetrVG, § 9 MuSchG, § 18 BErzGG) entfallen sei, scheide eine nachträgliche Rüge der fehlerhaften Änderungskündigung aus. 144 Löwisch hingegen meint, die Klagefrist des § 7 KSchG beziehe sich nur auf die soziale Rechtfertigung; es sei unangemessen, die Klagefrist über den Umweg des § 7 KSchG auf andere Unwirksarnkeitsgründe zu erstrecken. 145

( 1) Die Lösung des BAG überden "doppelten Vorbehalt" In einer Entscheidung vom 28. 5. 1998 mußte sich das BAG erstmals mit diesem Problem befassen. Der Kläger, der erst zwei Monate nach Zugang der Änderungskündigung Änderungsschutzklage erhoben hatte, rügte zuletzt noch die fehlerhafte Betriebsratsanhörung. Entgegen den Vorinstanzen befürwortete das BAG eine Klagemöglichkeit hinsichtlich sonstiger Unwirksarnkeitsgründe auch dann, wenn die Klagefrist nach § 4 KSchG versäumt wurde. Der Arbeitnehmer, so das BAG, bringe mit seiner Vorbehaltsannahme regelmäßig zum Ausdruck, sich jedenfalls den Arbeitsplatz erhalten zu wollen. In seiner Erklärung sei daher konkludent der Zusatz enthalten, die Änderung finde nur dann seine Zustimmung, wenn die Änderungskündigung über ihre soziale Rechtfertigung hinaus mit der Rechtsordnung und ihren Arbeitnehmerschutzbestimmungen im Einklang stehe. Ein redlicher Arbeitgeber dürfe die Erklärung des Arbeitnehmers auch nur so verstehen. Sie sei im 143 Ratajczak, S. 45; im Ergebnis ebenso Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 92. Berkowsky, BB 1999, S. 1266 (1268), führt dieses Ergebnis herbei, indem er in dem Moment, in dem die Klagefrist abläuft, einen neuen -geänderten -Arbeitsvertrag an die Stelle des alten treten

läßt, der diesen konkludent beendet. 144 KR/Rost, § 7 KSchG Rn. 12 ff.; ihm folgend Domdorf/Weller/Hauck/Kriebel/ Höland/Neef, § 7 Rn. 30; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 7 Rn. 8. 145 Löwisch, § 2 KSchG Rn. 55; ebenso Kittner/ Däubler/Zwanziger, § 7 KSchG Rn. 3.

56

B. Das System der Änderungskündigung

übrigen keine Einschränkung oder Erweiterung im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB, weil dieser stillschweigend erklärte Vorbehalt keine echte Bedingung darstelle. 146 Dieser Lösungsweg ist in der Literatur einhellig auf Ablehnung gestoßen. Löwisch weist darauf hin, daß das BAG § 150 Abs. 2 BGB verkannt habe; in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift falle jede Modifikation, auch wenn sie keine Bedingung darstelle. Der Änderungsvertrag sei somit nicht wirksam zustandegekommen. 147 Berkowsky bestreitet darüber hinaus die These, daß der erweiterte Vorbehalt automatisch konkludent mit dem Vorbehalt fehlender sozialer Rechtfertigung erklärt wird. Wolle sich der Arbeitnehmer die Klagemöglichkeit hinsichtlich sonstiger Unwirksamkeitsgründe erhalten, müsse ein entsprechender Vorbehalt erkennbar erklärt und vom Arbeitgeber als neues Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB) angenommen werden, da sonst der Änderungsvertrag allenfalls mit dem ("einfachen") Vorbehalt des § 2 KSchG zustande komme. 148

(2) Kritische Würdigung

Die Lösung des BAG über den doppelten Vorbehalt kann nicht überzeugen. Der Arbeitnehmer kann von Gesetzes wegen nur einen Vorbehalt mit dem Inhalt des § 2 KSchG erklären; der Wortlaut dieser Vorschrift läßt eine Subsumtion der sonstigen Unwirksamkeilsgründe unter die soziale Rechtfertigung nicht zu. Es ist zudem lebensfremd anzunehmen, daß der Arbeitnehmer diesen Vorbehalt konkludent immer erklären, der Arbeitgeber diesen immer erkennen würde. Abgesehen davon wäre ein innerer Vorbehalt ohnehin nach § 116 BGB unwirksam; nicht zuletzt deshalb stellt das BAG auf die Erwartungshaltung eines objektiven Arbeitgebers ab. Freilich sind auch die Lösungsansätze von Löwisch und Berkowsky nicht stimmig. Löwisch zufolge kann der Arbeitnehmer auch im nachhinein gegen die unwirksame Änderungskündigung klagen, jedoch mit dem Risiko, im Falle eines Unterliegens den Arbeitsplatz zu verlieren. Das trifft aber keinesfalls zu. Stellt das Gericht fest, daß die Kündigungserklärung rechtmäßig war, kann dies nichts daran ändern, daß der Änderungsvertrag wirksam zustandegekommen ist; das Ergebnis kann nicht anders sein, als wenn der Arbeitnehmer seine Klage rechtzeitig eingelegt hätte. Der Vorschlag von Berkowsky würde schließlich dazu führen, daß der Arbeitnehmer auf die Annahme seines Angebots durch den Arbeitgeber angewiesen wäre; das ist mit den Schutzmechanismen des Kündigungsschutzgesetzes nicht vereinbar. Berkowsky unterliegt dem Trugschluß, daß mit Ablehnung des Arbeitnehmerangebots (mit dem "doppelten" Vorbehalt) ein Arbeitsvertrag jedenfalls mit dem Vorbehalt des § 2 KSchG zustande kommt. Das ist mit § 150 Abs. 2 BGB ebenfalls nicht vereinbar. Der Arbeitnehmer hat mit der (vom BAG unterstellten) 146 147 148

BAG, Urt. v. 28. 5. 1998, AP Nr. 48 zu§ 2 KSchG 1969. Löwisch, Anm. zu BAG, AP Nr. 48 zu§ 2 KSchG 1969 (I 1). Berkowsky, BB 1999, S. 1266 (1268).

li. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot

57

Erklärung des weiteren Vorbehalts das ursprüngliche Arbeitgeberangebot abgelehnt, so daß tatsächlich kein Änderungsvertrag geschlossen werden konnte.

(3) Eigene Lösung

Die Entscheidung des BAG ist im Ergebnis richtig. Zwar spricht der Wortlaut des § 7 Hs. 2 KSchG dagegen, daß nach Ablauf der Klagefrist Einwendungen gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen vorgebracht werden können; es gibt jedoch gute Gründe dafür, daß sonstige Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich des Kündigungselements nicht ausgeschlossen sein sollen. Die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes gelten nach § 13 Abs. 2 und 3 KSchG nicht für sonstige Unwirksamkeitsgründe; also gelten auch die §§ 4 und 7 KSchG hierfür nicht. Wie Löwisch erkannt hat, bezieht sich die Fiktion des § 7 Hs. 1 KSchG lediglich auf die soziale Rechtfertigung der Beendigungskündigung; § 7 Hs. 2 KSchG stellt dieselbe Wirkung bei der Änderungskündigung her und kann sich schon systematisch wiederum nur auf die soziale Rechtfertigung beziehen. Richtigerweise ist die Lösung nicht beim Arbeitnehmer und bei einem von ihm möglicherweise erklärten doppelten Vorbehalt zu suchen, sondern beim Arbeitgeber, der die fehlerhafte Kündigungserklärung zu verantworten hat. Die Änderungskündigung besteht zwar aus verschiedenen Elementen, von denen jedes für sich wirksam sein muß; in ihrer Wirkung stellt sie aber eine Einheit dar. 149 Der Arbeitnehmer nimmt das Angebot nur unter dem Druck der Auflösung des Arbeitsverhältnisses an. Das setzt eine wirksame Kündigungserklärung voraus. Spricht der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aus und hält das Kündigungselement einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, so erstreckt sich die Unwirksamkeit auch auf das Änderungsangebot - ungeachtet seiner sozialen Rechtfertigung - und damit auf den Änderungsvertrag, 150 so daß das alte Arbeitsverhältnis fortbesteht. Gegen eine entsprechende Klagemöglichkeit des Arbeitnehmers auch nach Ablauf der Klagefrist bestehen somit keine durchgreifenden Bedenken. 151

BAG, Urt. v. 10. 2. 1999, 24. 4. 1997, AP Nr. 52, 42 zu§ 2 KSchG 1969. s. oben S. 43 ff. 1s1 Eine andere Frage ist, ob der Arbeitnehmer, der fristwahrend Änderungsschutzklage erhebt, sonstige Unwirksamkeilsgründe nach der Beendigung des Änderungsschutzprozesses noch geltend machen kann; dazu Boewer, BB 1996, S. 2618 (2618 f.). Nach herrschender Meinung beantragt der Arbeitnehmer mit der Änderungsschutzklage, alle sonstigen Unwirksamkeilsgründe festzustellen. Die sonstigen Unwirksamkeilsgründe sind demnach Teil des Streitgegenstandes und erwachsen in Rechtskraft, was eine erneute Geltendmachung hindert. 149

1so

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B. Das System der Änderungskündigung

111. Kündigung Der Zusammenhang zwischen Änderungsangebot und Kündigungserklärung verknüpft beide Elemente zur "Einheit" der Änderungskündigung. Sie ergänzen sich in ihren Wirkungen. Die Kündigung ist das gesetzlich zulässige Druckmittel für den Arbeitgeber, eine Änderung der Arbeitsbedingungen herbeizuführen. 152 Die Kündigung beendet das sinnlos gewordene Arbeitsverhältnis, dessen notwendige Veränderung der Arbeitnehmer unberechtigterweise abgelehnt hat. Wirkungen können Angebot wie auch Kündigung jedoch nur entfalten, wenn beide rechtmäßig sind. Die Kündigung unterliegt anderen Anforderungen als das Änderungsangebot So verlangt§ 2 S. 1 KSchG, daß "die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist". Die Kündigungserklärung steht also nicht unter der Voraussetzung der sozialen Rechtfertigung. Ist freilich die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial nicht gerechtfertigt, gilt nach § 8 KSchG die "Änderungskündigung" als von Anfang an unwirksam. § 8 KSchG fingiert nicht nur die Unwirksamkeit der Änderung, sondern auch die der Kündigungserklärung. 153 Fehlt die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen, hat dies Folgen für die Kündigung; die soziale Rechtfertigung ist aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung. Nachfolgend wird geprüft, welchen Anforderungen die Kündigungserklärung genügen muß. Der Arbeitgeber darf sich nur eines zulässigen Druckmittels bedienen. Die Kündigung muß daher ordnungsgemäß ausgesprochen und darf nicht vertraglich, tariflich oder gesetzlich ausgeschlossen sein.

1. Ausspruch der Kündigung Die Kündigung muß formwirksam, also schriftlich, erklärt werden. § 623 BGB gilt auch für das Kündigungselement in der Änderungskündigung, da es auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. 154 Als empfangsbedürftige Willenserklärung muß die Kündigung dem Arbeitnehmer zugehen; erst mit Zugang ist sie wirksam. Ferner muß die Kündigung dem Arbeitnehmer als solche erkennbar sein. Das bestimmt sich, notfalls mit Hilfe der Auslegung, nach dem objektiven Empfängerhorizont 155 Es kommt darauf an, ob ein verständiger Arbeitnehmer die Erklärung des Arbeitgebers so verstehen kann, daß das Arbeitsverhältnis (sollte Hromadkal Maschmann/Wallner; Der Tarifwechsel, Rn. 303. s. oben S. 51. 154 Preis/Gotthardt, NZA 2000, S. 348 (351); RichardilAnnuß, NJW 2000, S. 1231 (1233); Rolfs, NJW 2000, S. 1227 (1228); Schaub, NZA 2000, S. 344 (347); Trittinl Backmeister; DB 2000, S. 618 (621); dazu oben S. 47 f. 155 Nikisch, FS Sitzler, S. 265 (278). 152

153

III. Kündigung

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der Änderungsvertrag scheitern) auf jeden Fall beendet werden soll. 156 Das festzustellen ist dann schwierig, wenn der Arbeitgeber irrigerweise annimmt, er könne durch einseitige Anordnung, also ohne Einverständnis des Betroffenen, die Änderung durchführen, beispielsweise einen Arbeitnehmer versetzen oder Zulagen kürzen. Das Arbeitsgericht Mannheim beispielsweise hatte über folgendes, mit "Änderungskündigung" bezeichnetes Schreiben des Arbeitgebers zu entscheiden: " ... ist Schichtarbeit nicht mehr erforderlich. Wir kündigen Ihnen deshalb Ihre Schichtarbeit zum ... Ab ... können Sie dann nur noch in Normalschicht beschäftigt werden."157 Der Änderungsschutzklage des Arbeitnehmers gab das Arbeitsgericht statt, weil keine Änderungskündigung, sondern eine unzulässige Teilkündigung vorgelegen habe: Wie die Auslegung ergebe, ziele der Inhalt der Erklärung "eindeutig darauf ab, das Arbeitsverhältnis als solches unberiihrt zu lassen und nur die Regelungen über die Schichtarbeit zu kündigen." 158 Eine Änderungskündigung setze dagegen voraus, daß der Vertrag vollständig gekündigt werde. In einem anderen Fall hat das Arbeitsgericht Solingen eine "Mitteilung" des Arbeitgebers an seine Belegschaft, derzufolge "die Akkordsätze ... gekündigt und um 20% gesenkt" würden, ebenfalls als unzulässige Teilkündigung qualifiziert. 159 Die Kündigung beziehe sich, so die Kammer, ausdrucklieh nur auf die Akkordsätze, nicht auf das Arbeitsverhältnis. Die Literatur hat sich schon friih der Frage angenommen, wann eine Handlung oder Erklärung des Arbeitgebers als Änderungskündigung verstanden werden kann. Kündigt zum Beispiel der Arbeitgeber Kurzarbeit an, also eine vornhergehende Verkürzung der betriebsüblichen regelmäßigen Arbeitszeit mit der Folge einer entsprechenden Entgeltkürzung, 160 und führt er sie erst nach Ablauf der Kündigungsfrist ein, so stellt das nach Nikisch eine Änderungskündigung dar. 161 Bei der Streckung von Arbeit durch Verkürzung der Arbeitszeit handle es sich um eine Maßnahme, die im Auf und Ab des Wirtschaftslebens immer wieder einmal notwendig werden könne, um Entlassungen zu vermeiden. Kurzarbeit werde daher in erster Linie um der Arbeitnehmer willen durchgeführt, die deshalb in der Regel damit einverstanden seien, so daß eine ausdruckliehe Kündigung nur in den seltensten Fällen ausgesprochen werde. Da dies den Arbeitnehmern aber bekannt sei, verstünden sie die Anordnung von Kurzarbeit bei Einhaltung der Kündigungsfrist als Änderungskündigung. Die Einführung von Kurzarbeit könne nämlich, insbesondere wenn ein entsprechendes, vertraglich erweitertes Weisungsrecht 162 oder 156 Nikisch, Arbeitsrecht I,§ 48 IV 1 (S. 701); ders., FS Sitz1er, S. 265 (278 f.). 157 Urt. V. 9. 12. 1981, BB 1982, S. 1613. 158 Kritisch KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 10. Urt. v. 10. 5. 1977, ArbuR 1979, S. 27. Barnhofer; S. 63 m. w. N. 161 Nikisch, Arbeitsrecht I,§ 48 IV 1 (S. 701). 162 Das einfache Direktionsrecht ermächtigt den Arbeitgeber dagegen nicht zur Einführung von Kurzarbeit, BAG, Urt. v. 10. 7. 1969, 14. 2. 1991, AP Nr. 2, 4 zu§ 615 BGB Kurzarbeit. 159

160

60

B. Das System der Änderungskündigung

eine Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG 163 ausschieden, nur durch eine Änderungskündigung erreicht werden. 164 Dagegen müsse der Arbeitgeber bei der (isolierten) Kürzung von Entgelt mit dem Widerstand der Arbeitnehmer rechnen; seine schlichte Ankündigung sei daher im Zweifel keine Änderungskündigung. Die Wahrung der Kündigungsfrist allein spreche in diesem Falle nicht eindeutig für eine Änderungskündigung. 165 Die Argumentation von Nikisch kann nicht überzeugen. Nur weil die Arbeitnehmer möglicherweise annehmen, daß keine förmliche Kündigung ausgesprochen wird, folgt daraus noch nicht, daß eine Änderungskündigung vorliegt. Es kann auch nicht maßgeblich darauf ankommen, ob der Arbeitgeber mit einem möglichen Widerstand rechnet. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Arbeitnehmer sich auch gegen (entgeltsenkende!) Kurzarbeit zur Wehr setzen. Ausschlaggebend ist nur, daß die Erklärung des Arbeitgebers erkennen läßt, daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf dem Spiel steht. Nicht auf die Sicht des Arbeitgebers und seine Einschätzung der Lage kommt es an, sondern auf die des Kündigungsempfängers. Die Erklärung des Arbeitgebers, Kurzarbeit einzuführen, läßt aber ebensowenig wie die Ankündigung, den Lohn zu senken, erkennen, daß die Arbeitnehmer vor die Alternative gestellt werden sollen, entweder zu akzeptieren oder zu gehen. In vergleichbaren Fällen hat das BAG daher eine Änderungskündigung zu Recht verneint. 166

2. Ultima ratio der Kündigung Wenn feststeht, daß eine ordnungsgemäße Kündigungserklärung vorliegt, ist zu untersuchen, welche Wirksamkeitsvoraussetzungen das Kündigungselement der Änderungskündigung erfüllen muß. Eine Wirksamkeitsvoraussetzung ist möglicherweise der Erforderlichkeitsgrundsatz; jedenfalls unterziehen Rechtsprechung und Lehre jede Änderungskündigung wie selbstverständlich einer Erforderlichkeitsprüfung und fragen, ob die Änderungskündigung die ultima ratio ist. 167

163 Zur Einführung von Kurzarbeit durch Betriebsvereinbarung BAG, Urt. v. 7. 4. 1970, AP Nr. 3 zu§ 615 BGB Kurzarbeit; Beschl. v. 4. 3. 1986, AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Kurzarbeit. 164 Zur Einführung von Kurzarbeit durch Änderungskündigung BAG, Urt. v. 14. 2. 1991, AP Nr. 4 zu§ 615 BGB Kurzarbeit; Bamhofer, S. 74; Preis, Prinzipien, S. 404 ff. 165 Nikisch, FS Sitzler, S. 265 (278 f.); ders., Arbeitsrecht I, § 48 IV I (S. 700 f.). 166 BAG, Urt. v. 15. 12. 1961, 10. 7. 1969, APNr. 1, 2 zu§ 615 BGB Kurzarbeit. 167 Vgl. BAG, Urt. v. 26. 6. 1975, AP Nr. 1 zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 28. 4. 1982, 15. 3. 1991, 19. 5. 1993,26. 1. 1995, 24. 4. 1997, 12. 11. 1998, AP Nr. 3, 28, 31, 37, 42, 51 zu § 2 KSchG 1969; Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969; aus der Literatur vgl. KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 98a; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 63 ff.

III. Kündigung

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a) Problernstellung

Rechtsprechung und Literatur untersuchen eine Änderungskündigung in zwei Schritten daraufhin, ob Gründe die Änderung bedingen und ob der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß. 168 Etwas anders verläuft die Prüfung bekanntlich bei der Beendigungskündigung: Sie wird auf ihre soziale Rechtfertigung in drei 169 (genauer: in vier 170) Schritten untersucht. Zuerst wird geprüft, ob ein Grund "an sich" für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt, der auch in absehbarer Zukunft noch vorhanden sein wird (Prognose). 171 Dem schließt sich eine Erforderlichkeitsprüfung an; das BAG verwendet den Begriff der Verhältnismäßigkeit. Schließlich folgt die Interessenabwägung, im Falle der aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung die Sozialauswahl. 172 Dieultimaratio wird also bei der Beendigungskündigung einmal, bei der Änderungskündigung insgesamt zweimal geprüft: zuerst beim Änderungsgrund, nämlich ob eine Änderungskündigung überhaupt erforderlich war, 173 und dann - in der zweiten Stufe, der Angemessenheit für den Arbeitnehmer - ob gerade diese Änderung notwendig war. 174 In der ersten Stufe geht es um das "Ob", also um die Methode, das Mittel der Änderung, in der zweiten um das "Wie", also um den Inhalt der Änderung. 175 Zwei Fragen interessieren daher: Ist der Einsatz der Änderungskündigung (das "Ob") überhaupt davon abhängig, ob sie das letzte Mittel darstellt? 176 Im Bejahensfalle ist weiter zu untersuchen, ob es richtig ist, wenn Rechtsprechung und herrschende Lehre die ultima ratio (erst) im Rahmen der sozialen Rechtfertigung prüfen. 177 168 BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, 19. 5. 1993, 24. 4. 1997, 12. 11. 1998, 18. 11. 1999, AP Nr. 28, 31, 42, 51,55 zu§ 2 KSchG 1969; aus der Literatur s. nur KR/Rost, § 2 KSchG Rn. 98a; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 63 ff. 169 So ausdrücklich BAG, Urt. v. 21. 5. 1992, AP Nr. 30 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit. 170 Hromadka/Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 10 Rn. 155m. w. N. 171 Für die personenbedingte Kündigung BAG, Urt. v. 5. 8. 1976, 5. 7. 1990, 21. 5. 1992, AP Nr. 1, 26, 30 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit; Urt. v. 22. 9. 1994, AP Nr. 25 zu§ 1 KSchG 1969. Für die verhaltensbedingte Kündigung BAG, Urt. v. 10. 11. 1988, AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung; Urt. v. 7. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. Für die betriebsbedingte Kündigung BAG, Urt. v. 22. 11. 1973, AP Nr. 22 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 172 BAG, Urt. v. 30. 4. 1987, AP Nr. 42 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 173 BAG, Urt. v. 28. 4. 1982,26. 1. 1995, AP 3, 37 zu§ 2 KSchG 1969. 174 BAG, Urt. v. 26. 6. 1975, AP Nr. 1 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969; Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969. 175 Anders Hromadka, der die Prüfung des "Ob" und des "Wie" zusammenfaßt, NZA 1996, s. 1 (10, 12). 176 Zum "Wie", also zur Erforderlichkeil des Änderungsinhalts selbst, s. unten S. 183 ff. 177 Vgl. nur BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, AP Nr. 37 zu§ 2 KSchG 1969; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 65.

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B. Das System der Änderungskündigung

b) Die Erforderlichkeit des Mittels "Änderungskündigung" in der Rechtsprechung

Nach der Rechtsprechung des BAG kommt die Änderungskündigung wegen der damit verbundenen Bestandsgefährdung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig erst dann in Betracht, wenn für den Arbeitgeber keine Möglichkeit besteht, mit weniger einschneidenden Maßnahmen das mit der Änderungskündigung bezweckte Ziel zu erreichen. 178 Das BAG stützt sich hierbei in ständiger Rechtsprechung auf den "allgemein im Kündigungsschutzrecht geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit", der auch für die Prüfung der sozialen Rechtfertigung einer Änderungskündigung Gültigkeit habe. 179 Die Änderungskündigung sei nicht notwendig, wenn der Arbeitgeber die beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen einseitig, also ohne Mitwirkung des Arbeitnehmers, durch ein Leistungsbestimmungsrecht herbeiführen könne. 180 Dementsprechend hat das BAG entschieden, daß der Widerruf einer betrieblichen Sozialleistung gegenüber der Änderungskündigung das mildere Mittel darstelle und es daher gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, wenn der Arbeitgeber bei widerruflichen Sozialleistungen, statt von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, eine Änderungskündigung ausspreche. 181 Desgleichen müsse der Arbeitgeber, soweit möglich und zumutbar, durch Ausübung seines Direktionsrechts Abhilfe schaffen, bevor er zum Mittel der Änderungskündigung greife, das nachhaltig das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung berühre. So könne der "Ferienüberhang" von Arbeitnehmern einer kommunalen Musikschule durch volle Inanspruchnahme der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung abgebaut werden; eine Änderungskündigung sei nicht erforderlich. 182 Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht einheitlich. In einer weiteren Ferienüberhangentscheidung, ebenfalls vom 26. 01. 1995, hat das BAG einen Verstoß gegen die ultima ratio verneint. 183 Der Sachverhalt war insofern anders, als hier die Arbeitnehmerin das Angebot unter Vorbehalt angenommen hatte. Das BAG war der Meinung, die Änderungskündigung ändere die Arbeitsbedingungen wie eine entsprechende Weisung. Nicht das Änderungsangebot, sondern nur die Kündigung könne überhaupt unverhältnismäßig gewesen sein; diese sei aber durch die Annahme gegenstandslos geworden. 184 In die gleiche Richtung geht die "Check-Purser"Entscheidung vom 15. 11. 1995, 185 in der das Gericht Änderungskündigung und 178 BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, 26. I. 1995, AP Nr. 3, 36 zu § 2 KSchG 1969; Urt. v. 21. 2. 1991, RzK I 7a Nr. 23. 179 BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu§ 2 KSchG 1969. 180 BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969. 181 BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969. 182 BAG (2. Senat), Urt. v. 26. I. 1995, AP Nr. 37 zu§ 2 KSchG 1969. 183 BAG (2. Senat), Urt. v. 26. l. 1995, AP Nr. 36 zu§ 2 KSchG 1969. 184 Ebenso BAG (4. Senat), Urt. v. 9. 7. 1997, AP Nr. 233 zu§§ 22, 23 BAT 1975. 185 AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa m. Anm. Hromadka.

III. Kündigung

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Änderungsvorbehalt alternativ prüft und beide für wirksam hält. Der Senat stützt sich in seiner Begründung auf Herschell Löwisch, die allerdings noch weiter gehen und eine Änderungskündigung nie für unverhältnismäßig halten, auch nicht wenn die Änderung durch Ausübung eines vertraglichen Leistungsbestimmungsrechts herbeigeführt werden kann. 186 Sie begründen dies damit, daßangesichtsder Regelung der §§ 2, 4 S. 2, 8 KSchG mit der Änderungskündigung keine ins Gewicht fallende Bestandsgefährdung des Arbeitsverhältnisses verbunden sei.

c) Anwendbarkeit der ultima ratioauf die Änderungskündigung

Daß eine Kündigung dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit genügen muß, wird in Rechtsprechung und Literatur einmütig bejaht. Preis hat in seiner Dissertation allerdings herausgearbeitet, daß die allgemeinen Rechtsgedanken der Verhältnismäßigkeit und der ultima ratio erst in einer Entscheidung des BAG von 1978 187 Erwähnung gefunden haben. 188 Obwohl für das Kündigungsschutzrecht von Rechtsprechung und Literatur dogmatisch nicht abgesichert, wurde die Geltung dieses Prinzips für die Kündigung seither kaum bezweifelt. Auch Preis hat gegen die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keine grundsätzlichen Einwände: Die gesamte positivierte Privatrechtsordnung diene dem Interessenausgleich und damit auch einer dem Gedanken der Verhältnismäßigkeit verpflichteten Konfliktlösung. 189 Insbesondere bei allen einseitigen Gestaltungsrechten müsse die Überprüfung der Rechtsausübung anband von Verhältnismäßigkeitskriterien stattfinden, um den Parteien einen gerechten Interessenausgleich zu ermöglichen.190 Preis wendet sich aber dagegen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schlagwortartig zu verwenden, also ohne eine Unterscheidung nach Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Ferner lehnt er Versuche ab, den im Kündigungsschutzgesetz bereits normierten Interessenausgleich durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu korrigieren, insbesondere durch eine Interessenahwägung als Verhältnismäßigkeitsprüfung im engeren Sinne. 191 Der Erforderlichkeitsgrundsatz, der den Einsatz eines bestimmten Mittels erst erlaubt, wenn alle gleichermaßen geeigneten und milderen ausscheiden ("ultima ratio"), ist im Kündigungsschutzgesetz bereits in § I Abs. 2 KSchG angelegt, weil die Kündigung durch Gründe "bedingt" sein muß. 192 Für die betriebsbedingte Beendigungskündigung weist zusätzlich noch das Merkmal der "betrieblichen Erfor186 187

188 189 190

191 192

Herschell Löwisch, § 2 Rn. 71 . BAG, Urt. v. 30. 5. 1978, AP Nr. 70 zu§ 626 BGB. Preis, Prinzipien, S. 257. Preis, Prinzipien, S. 275 m.N. Preis, Prinzipien, S. 288. Preis, Prinzipien, S. 290 ff. m.N. Preis, Prinzipien, S. 304 m.N.

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dernisse" auf den gesetzgebensehen Willen zur Anwendung dieses Grundsatzes hin. 193 Jede Beendigungskündigung, die der Prüfung auf ihre soziale Rechtfertigung unterliegt, muß also auf ihre Geeignetheit und Erforderlichkeit hin überprüft werden. Das BAG meint nichts anderes, auch wenn es den Begriff der "Verhältnismäßigkeit" verwendet. Es hat von jeher die Erforderlichkeit geprüft.

( 1) Ultima ratio sowohl der Änderung wie auch der Kündigung

Die Änderungskündigung ist im Vergleich zur Beendigungskündigung diffiziler, weil sie nicht nur aus dem Kündigungselement besteht. § 2 S. 1 KSchG verweist zudem nur für die "Änderung der Arbeitsbedingungen", nicht aber auch für die Kündigung auf§ 1 Abs. 2 KSchG. Daraus folgt zunächst, daß zumindest die Änderung der Arbeitsbedingungen, das "Wie", dem ultima-ratio-Grundsatz unterworfen ist. Bei der Frage, ob die Änderungskündigung das richtige und angemessene Instrument ist, um die Änderung herbeizuführen (das "Ob"), geht es jedoch nicht um das Änderungsangebot, sondern um die Kündigung. 194 Auch wenn die Änderung erst mit der Annahme des Arbeitgeberangebots eintritt, so hat doch der Arbeitnehmer den Änderungsvertrag nicht frei abgeschlossen, sondern nur unter dem Druck der Kündigung und damit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Obgleich gesetzlich nicht eindeutig geregelt, muß das Kündigungselement dem Grundsatz der ultima ratio unterfallen. 195 Der Arbeitgeber könnte sonst ohne weiteres auch dann zur Änderungskündigung greifen, wenn sich ihm ein milderes Mittel anböte. 196 Für eine solche Ausnahme vom allgemeingültigen Erforderlichkeitsgrundsatz gibt es keinen Anhaltspunkt. Angesichts der langjährigen, unwidersprochen gebliebenen Rechtsprechung zum Erfordernis der ultima ratio für das "Ob" der Änderungskündigung197 wird man darüber hinaus ein entsprechend verfestigtes Richterrecht annehmen können.

(2) Getrennte Prüfung

Die Frage, ob zu Recht zu einer Änderungskündigung gegriffen wurde, weil die Änderung beispielsweise schon aufgrund eines in Bezug genommenen TarifvertraHrofiUldka/Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 10 Rn. 163. Insoweit zutreffend BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, AP Nr. 36 zu§ 2 KSchG 1969 (B II 3 der Gründe); zust. Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 32b. 195 Insoweit ganz h.M., vgl. nur Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 32a; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 106a. 196 In diese Richtung geht freilich die .,Check-Purser"-Entscheidung des BAG, Urt. v. 15. 11. 1995, AP Nr. 20 zu § 1 Tarifverträge: Lufthansa. 197 Grundlegend BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969; zuletzt Urt. v. 24. 4. 1997, 20. 8. 1998, AP Nr. 42, 50 zu§ 2 KSchG 1969. 193

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ges eingetreten ist 198 oder weil auch andere Änderungsmöglichkeiten bestanden hätten, gehört schon nach dem Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG nicht zur sozialen Rechtfertigung und kann daher auch nicht im Rahmen der sozialen Rechtfertigung geprüft werden. 199 Es geht bei der Erforderlichkeit des Änderungsinstruments nicht darum, ob "Gründe ... das Änderungsangebot bedingen". Die soziale Rechtfertigung setzt vielmehr eine wirksame, also auch eine erforderliche Kündigung voraus. Die Prüfung der ultima ratio der Kündigungserklärung innerhalb der sozialen Rechtfertigung vermengt Änderungsangebot und Kündigung sowie deren unterschiedliche Voraussetzungen. Eine solche gemeinsame Prüfung ist auch nicht wegen der Einheit200 von Kündigung und Änderungsangebot geboten, wie dies zuweilen behauptet wird. 201 Die Kündigungserklärung ist zwar bei der Änderungskündigung kein Selbstzweck, sondern Teil des Änderungsmechanismus; 202 dies aber deshalb, weil die Wirkung der Kündigung benutzt werden soll, um den Arbeitnehmer zur Annahme des Änderungsangebots zu bestimmen. Die Gegenauffassung verwechselt die Wirksamkeitsvoraussetzungen von Kündigungserklärung und Änderungsangebot mit den Folgen, die die Nichtigkeit eines Teiles auf die Änderungskündigung insgesamt hat. Die These von der Einheit der Änderungskündigung bezieht sich allein auf die Folge, nicht auf die Voraussetzungen. Diese müssen jeweils für sich erfüllt sein.

d) Das Leistungsbestimmungsrecht als milderes Änderungsinstrument

Die Kündigung ist nicht rechtmäßig, wenn dasselbe Ziel auch ohne sie erreicht werden kann, entweder weil die Änderung der Arbeitsbedingungen schon anderweitig - etwa durch die Änderung von geltenden tariflichen Regelungen - eintritt203 oder weil eine andere Maßnahme ebenso geeignet ist, die Änderung herbei198 Zur sog. "überflüssigen Änderungskündigung" BAG, Urt. v. 9. 7. 1997, AP Nr. 233 zu §§ 22, 23 BAT 1975; MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 29 ff. 199 Anders die h.M., vgl. BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu§ 2 KSchG 1969; Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 477 f.; Hromadka, RdA 1992, S. 234 (257 f.); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 32a; Precklein, S. 55. 2oo BAG, Urt. v. 7. 6. 1963, AP Nr. 1 zu§ 626 BGB Änderungskündigung; s. oben S. 43 ff. 201 So Enderle in, Anm. zu BAG, AP Nr. 36, 37 zu § 2 KSchG 1969 (II 2 c ). 202 Insoweit zutreffend Enderlein, Anm. zu BAG, AP Nr. 36, 37 zu § 2 KSchG 1969. 203 BAG, Urt. v. 9. 7. 1997, AP Nr. 233 zu §§ 22, 23 BAT 1975; dazu kritisch MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 29 ff. Gegenstand der zitierten Entscheidung war eine Änderungskündigung, die eine verschlechtemde tarifliche Eingruppierungsregelung individualrechtlich durchsetzen sollte, obgleich sie durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den T~fvertrag ohnehin ,galt. Das BAG hielt die Änderungskündigung nicht für unwirksam. "Uberflüssig" ist die Anderungskündigung aber u. U. dann nicht, wenn der Tarifvertrag nicht durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme, sondern "nur" kraft Tarifrechts gegolten hätte (ungenau MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 29); bei einem Auseinanderfallen von tarif-

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zuführen. 204 Eine solche mildere Maßnahme stellt das Leistungsbestimmungsrecht dar, das bei betrieblich veranlaSten Änderungen greifen kann, aber auch bei nicht vorwerfbaren Eignungs- und Leistungsmängeln des Arbeitnehmers. 205 Eine Abmahnung kann gleichermaßen geeignet sein, das Fehlverhalten abzustellen, wie eine verhaltensbedingte Änderungskündigung. Alle Maßnahmen personeller oder sachlicher Natur, die dem Arbeitgeber möglich sind, können mildere Mittel im Verhältnis zur Änderungskündigung darstellen. Nur Mittel, die ungeeignet sind, die Störung im Arbeitsverhältnis zu beseitigen, oder die rechtlich oder tatsächlich nicht einsetzbar sind, ziehen der ultima ratio Grenzen. Auf solche Mittel kann die Rechtsordnung den Arbeitgeber nicht verweisen, denn sie würde ihm sonst das durch das Kündigungsschutzgesetz grundsätzlich eingeräumte Recht zur Änderung der Arbeitsbedingungen ersatzlos entziehen. Eine Änderungskündigung kann zugunsten geringer belastender Maßnahmen also nur dann an der fehlenden Erforderlichkeit scheitern, wenn solche Maßnahmen dem Arbeitgeber tatsächlich zur Verfügung stehen und wenn sie ihm erlaubt sind?06 Mildere Mittel sind jedenfalls Maßnahmen, die dem Arbeitgeber aufgrund seines allgemeinen Direktionsrechts zustehen. Dieses durch Abschluß des Arbeitsvertrages eingeräumte Leistungsbestimmungsrecht kann durch einzel- oder kollektivrechtliche Vereinbarungen erweitert werden. Da eine Ausdehnung der einseitigen Änderungsbefugnisse gleichzeitig den Anwendungsbereich der Änderungskündigung beschränkt, besteht allerdings die Gefahr einer Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes. Es ist daher zu prüfen, in welchem Umfang eine solche Erweiterung zulässig ist.

( 1) Der Umfang des allgemeinen Direktionsrechts

Das Direktions- oder Weisungsrecht ist das Recht des Arbeitgebers, die Tätigkeit seines Arbeitnehmers im einzelnen zu bestimmen. In der Arbeitsrechtslehre wird zwischen dem allgemeinen und dem erweiterten Weisungsrecht (dazu sogleich) unterschieden. 207 Das allgemeine Weisungsrecht ist jedem Arbeitsverhältnis immanent, ohne daß es einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf. Der Arbeitnehmer Iichen und arbeitsvertragliehen Regelungen, die vorher inhaltsgleich waren, kann nicht in jedem Fall davon ausgegangen werden, daß die arbeitsvertragliche Bestimmung nichtig sein soll. 204 Hromadka, RdA 1992, S. 234 (254); ders., NZA 1996, S. 1 (10, 12); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 32c. 205 Für das Widerrufsrecht BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu§ 2 KSchG 1969; für das Direktionsrecht BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, AP Nr. 37 zu§ 2 KSchG 1969. 206 Vgl. hierzu BAG, Urt. v. 24. 04. 1997, 18. 12. 1997, AP Nr. 42, 46 zu § 2 KSchG 1969. 207 Ausführlich Hromadka, DB 1995, S. 1609 (1609).

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verpflichtet sich durch Abschluß des Arbeitsvertrages, innerhalb einer festgelegten Arbeitszeit Leistungen unter der Leitung des Arbeitgebers zu erbringen. Leitung heißt, daß der Arbeitgeber die im Arbeitsvertrag nur grob umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers konkretisiert. Das BAG definiert das allgemeine Weisungsrecht als das Recht, "die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers festzulegen und dabei Zeit, Art und Ort der Arbeitsleistung zu bestimmen. " 208 Der Arbeitgeber kann so nicht nur die Art und Weise der Tätigkeit gestalten, sondern auch die Lage der Arbeitszeit, den Ort der Arbeitsleistung, das Verhalten im Betrieb und den Umgang mit den Arbeits- und Betriebsmitteln.209 Kraft des allgemeinen Weisungsrechts ist es beispielsweise möglich, einen Wechsel in der Art der Beschäftigung vorzuschreiben oder den Arbeitsbereich zu verkleinem (solange dadurch kein grundlegend anderer Arbeitsbereich entsteht), 210 die Zeiten zur Ableistung von Bereitschaftsdienst zu bestimmen211 oder andere Tätigkeiten zu übertragen, die die Merkmale der maßgebenden Vergütungsgruppe eines Tarifvertrages erfüllen. 212 Je ausführlicher die Pflichten des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag festgelegt sind, desto weniger Raum gibt es für eine einseitige Spezifikation durch den Arbeitgeber. Wer als "Arbeiter in der Produktion" eingestellt ist, kann auf jedem Arbeitsplatz eingesetzt werden, der nach seinem Tätigkeitsbild und seinem sozialen Prestige gleichwertig ist. 213 Ein als Schlosser eingestellter Facharbeiter darf jedoch nicht als Hilfsarbeiter bei Transportarbeiten eingesetzt, ein Lohnbuchhalter nicht ohne weiteres mit einfachen Angestelltentätigkeiten beschäftigt werden. Im allgemeinen wird die geschuldete Tätigkeit durch zwei miteinander kommunizierende Elemente präzisiert. Die geschuldete Tätigkeit wird einmal durch die Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag umgrenzt ("eingestellt als ..."), die ihrerseits durch das Berufsbild,214 durch die tarifliche Eingruppierung, 215 durch eine beigefügte Stellenbeschreibung oder auch durch eine berufs-, branchen- oder ortsspezifische Übung konkretisiert sein kann. Zum anderen erfolgt eine weitere Präzisierung durch das vereinbarte Entgelt. 208 BAG, Urt. v. 27. 3. 1980, AP Nr. 26 zu§ 6ll BGB Direktionsrecht; Urt. v. 12. 12. 1984, AP Nr. 6 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 20. 12. 1984, AP Nr. 27 zu§ 6ll BGB Direktionsrecht; Urt. v. 22. 5. 1985, AP Nr. 6 zu§ I TVG Tarifverträge: Bundesbahn; Urt. v. 17. 3. 1988, AP Nr. ll zu § 15 BAT. 209 Vgl. Hromadka, RdA 1992, S. 234 (236); ders., DB 1995, S. 2601 (2601). 210 BAG, Urt. v. 27. 3. 1980,23. 6. 1993, AP Nr. 26,42 zu§ 6ll BGB Direktionsrecht. 211 BAG, Urt. v. 25. 10. 1989, AP Nr. 36 zu§ 6ll BGB Direktionsrecht 212 BAG, Urt. v. 14. 12. 1961, 12. 4. 1973, 30. 8. 1995, AP Nr. 17, 24, 44 zu§ 6ll BGB Direktionsrecht 213 BAG, Urt. v. 12. 12. 1984, AP Nr. 6 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 30. 8. 1995, AP Nr. 44 zu§ 6ll BGB Direktionsrecht; KR/Rost,§ 2 KSchG Rn. 39; Hromadka, DB 1995, S. 2601 (2602). 214 Errnan/ Hanau, § 6ll BGB Rn. 285. 215 MünchArbR/Blomeyer, § 48 Rn. 23 rn.N.; Errnan/Hanau, § 611 BGB Rn. 285; Söllner, Leistungsbestirnrnung, S. 88 ff. 5*

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Die Grenzen des allgemeinen Weisungsrechts werden also durch dessen Funktion bestimmt. Welche Art von Arbeit der Arbeitnehmer schuldet, ergibt sich regelmäßig aus dem Arbeitsvertrag und aus den dem Arbeitsvertrag zugrundeliegenden betrieblichen oder branchenüblichen Umständen. Innerhalb des so ermittelten Leistungsrahmens kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer andere Arbeiten zuweisen. Der Rahmen darf nicht überschritten werden; insbesondere kann vom Arbeitnehmer aufgrund des Leistungsbestimmungsrechts keine höher- oder niederwertige Arbeit verlangt werden. Das allgemeine Weisungsrecht erstreckt sich weder auf die Gegenleistung des Arbeitgebers, das Entgelt, noch auf die Dauer der Arbeitszeit. 216 Der Umfang der beiderseitigen Hauptleistungspflichten (Vergütungs- und Arbeitspflicht) ist nämlich immer vertraglich festgelegt - das Entgelt notfalls über § 612 Abs. 2 BGB - und bietet für eine einseitige Spezifizierung durch den Arbeitgeber keinen Raum. Außerdem gehören das Entgelt sowie die Dauer der Arbeitszeit, die den Umfang der Arbeitspflicht beschreibt, zum Kernbereich des Arbeitsverhältnisses, so daß diese Arbeitsbedingungen lediglich durch Gesetz, nach herrschender Meinung auch durch Kollektivvertrag, 217 oder mit Zustimmung des Arbeitnehmers gestaltet werden können.218

(2) Der Umfang des enveiterten Leistungsbestimmungsrechts

Das Leistungsbestimmungsrecht kann über die eben beschriebene bloße Konkretisierung der Arbeitspflicht hinausgehen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Versetzungsklausel dem Arbeitgeber das Recht einräumt, dem Arbeitnehmer eine Zusatzaufgabe zu entziehen, 219 oder ihn auf einen Arbeitsplatz mit geringerer Entlohnung zu versetzen.220 Bei Vollzeitarbeitsverhältnissen kann darüber hinaus vereinbart werden, daß der Arbeitgeber das Recht hat, einseitig die Arbeitszeit über die festgesetzte wöchentliche Arbeitszeit hinaus zu verlängern oder zu verkürzen (Änderungsvorbehalt). 221 Ein Widerrufsvorbehalt kann vorsehen, daß Entgeltbestandteile einseitig gekürzt oder gestrichen werden, zum Beispiel eine Leistungszulage oder eine Sonderzulage,222 eine Weihnachtsgratifikation

Hromadka, DB 1995, S. 2601 m. w. N. Die Befugnis zur Veränderung der Arbeitszeit durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung wird vom BAG grundsätzlich bejaht, vgl. BAG, Urt. v. 12. 2. 1986, 17. 3. 1988, AP Nr. 7, 11 zu § 15 BAT, von der herrschenden Lehre dagegen verneint, vgl. MünchArbR/ Blomeyer; § 48 Rn. 117 ff.; Hromadka, DB 1992, S. 1042 ff. 21s BAG, Urt. v. 11. 6. 1958,14. 12. 1961,14. 7. 1965,16. 10. 1965, APNr. 2, 17, 19,20 zu§ 611 BGB Direktionsrecht; Urt. v. 12. 12. 1984, AP Nr. 6 zu§ 2 KSchG 1969. 219 BAG, Urt. v. 15. 11. 1995, AP Nr. 20 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa. 22o BAG, Urt. v. 11. 6. 1958, 16. 10. 1965, AP Nr. 2, 20 zu§ 611 BGB Direktionsrecht; Urt. v. 22. 5. 1985, AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn. 221 BAG, Urt. v. 26. 6. 1985, AP Nr. 4 zu§ 9 TVAL II; Urt. v. 12. 2. 1986, 17. 3. 1988, AP Nr. 7, 11 zu§ 15 BAT. 216 217

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oder übertarifliche Zulagen. Voraussetzung ist stets, daß ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung dem Arbeitgeber dieses Recht einräumt oder daß der Arbeitgeber sich dieses Recht vertraglich vorbehalten hat. 223 Das kann ausdrücklich geschehen oder auch schlüssig. 224 Tarifvertragliche Versetzungsklauseln enthalten beispielsweise § 12 Abs. 1 BAT (für die Änderung des Orts der Arbeitsleistung), § 9 Abs. 2 MTL II (für die Änderung der fachlichen Tätigkeit) und § 16 Abs. 1 LTV DB sowie § 19 TV Arb Bundespost (für Ort und Art der Arbeitsleistung). Die § 15 Abs. 2 BAT und § 9 TVAL II stellen tarifvertragliche Änderungsvorbehalte dar, um die Arbeitszeit zu verkürzen oder zu verlängem. 225 Einzelvertragliche Versetzungsklausein finden sich üblicherweise in Formulierungen wie "Der Arbeitgeber behält sich vor, dem Arbeitnehmer im Rahmen des Unternehmens auch an einem anderen Ort eine andere oder zusätzliche, der Vorbildung und den Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übertragen"; 226 "Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auch andere zurnutbare Tätigkeiten zu verrichten"; 227 "Der Arbeitgeber hat das Recht, Ihnen auch dauerhaft eine geringerwertige Tätigkeit zuzuweisen". 228 Versetzungsklausein können zugleich Regelungen zum Entgelt enthalten, etwa: "Macht der Arbeitgeber von der Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit Gebrauch, so richtet sich nach Ablauf eines Monats die Vergütung nach der neu zugewiesenen Tätigkeit. " 229 Reine Widerrufsvorbehalte enthalten Vertragsklauseln wie: "Wir gewähren Ihnen eine widerrufliche Sonderzulage.. .'m0 ; "Bei übertariflichen Verdienstbestandteilen handelt es sich um freiwillige, jederzeit ... widerrufliche Leistungen. " 231

222 BAG, Urt. v. 13. 5. 1987, AP Nr. 4 zu§ 305 BGB Billigkeitskontrolle; Urt. v. 7. 9. 1994, AP Nr. ll zu § 6ll BGB Lohnzuschläge. 223 BAG, Urt. v. 11. 6. 1958, 16. 10. 1965, AP Nr. 2, 20 zu§ 6ll BGB Direktionsrecht; Urt. v. 22. 5. 1985, AP Nr. 6 zu§ I TVG Tarifverträge: Bundesbahn; Urt. v. 15. II. 1995, AP Nr. 20 zu § I TVG Tarifverträge: Lufthansa; Hanau/ Preis, Der Arbeitsvertrag, II D 20 Rn. 6; v. Hoyningen-Huene/Boemke, Versetzung, S. 89 ff.; Hromadka, DB 1995, S. 1609; ders., DB 1995, s. 2601 (2606); 224 Zur konkludenten Vereinbarung eines erweiterten Weisungsrechts Hromadka, RdA 1992, S. 234 (238) m. N. 225 Zu§ 15 Abs. 2 BAT: BAG, Urt. v. 12. 2. 1986, 17. 3. 1988, AP Nr. 7, ll zu§ 15 BAT; zu§ 9 TVAL II: BAG, Urt. v. 26. 6. 1985, AP Nr. 4 zu§ 9 TVAL II. 226 Hanau/ Preis, Der Arbeitsvertrag, II D 10 Rn. 11. 227 Hanau/ Preis, Der Arbeitsvertrag, li D 30 Rn. 6. 228 Hanau/ Preis, Der Arbeitsvertrag, li D 30 Rn. 13. 229 Hanau/ Preis, Der Arbeitsvertrag, II D 30 Rn. 30. 230 BAG, Urt. v. 7. 9. 1994, AP Nr. 11 zu§ 6ll BGB Lohnzuschläge. 231 BAG, Urt. v. 13. 5. 1987, AP Nr. 4 zu§ 305 BGB Billigkeitskontrolle.

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(a) Tarifliche Leistungsbestimmungsrechte Die Vereinbarung erweiterter Leistungsbestimmungsrechte durch Tarifvertrag ist bislang von allen Senaten des BAG für wirksam erachtet worden. Hiernach ist es möglich, unter Einhaltung des tariflich vorgegebenen Rahmens einseitig die Arbeitsdauer festzusetzen, 232 die Höhe bestimmter Entgeltbestandteile festzulegen 233 oder eine andere, niedriger vergütete Tatigkeit zuzuweisen. 234 Zur Begründung stellen die Senate des BAG auf das Tarifrecht selbst ab. Der 5. Senat ist der Auffassung, die in Ausübung des Bestimmungsrechts getroffene (einseitige) Regelung ergänze den Tarifinhalt und schaffe damit Normen, die wie Tarifvorschriften wirkten und auch deren rechtliches Schicksal teilten. 235 Das gelte auch, wenn der Tarifvertrag lediglich aufgrund einer arbeitsvertragliehen Bezugnahme Anwendung finde. 236 Für den 5. Senat ist also das Bestimmungsrecht auf der Regelungsebene des ermächtigenden Rechts angesiedelt. Dagegen ist der 4. Senat der Auffassung, daß durch eine tarifliche Bestimmung ("Der Arbeitnehmer erhält Kinderzuschlag nach der beim Arbeitgeber gültigen Kinderzuschlagsordnung") für den Arbeitnehmer zwar tarifliche Ansprüche entstünden, die konkrete Ausfüllung des Anspruchs (die Anspruchshöhe) hingegen auf der Ebene des Rechts des Einzelvertrages erfolge und selbst keinen tarifrechtliehen Charakter aufweise. 237 Dessen ungeachtet hätten die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer durch § 1 Abs. 1 TVG eingeräumten Normsetzungsbefugnis die Möglichkeit, die Bestimmung einer nach dem Tarifvertrag geschuldeten Leistung dem Arbeitgeber zu überlassen. 238 Ebensowenig verstoße eine Vereinbarung im Tarifvertrag, wonach eine andere, niedriger dotierte Tatigkeit zugewiesen werden könne, gegen Gesetzesrecht und § 2 KSchG im besonderen. Die von der tarifrechtliehen Regelung getragene Umsetzungsmaßnahme betreffe nicht die arbeitsvertraglich zugewiesene Rechtsposition eines Arbeitnehmers. Die dort vorgesehenen Rechtsfolgen stellten lediglich die Auswirkungen von Maßnahmen dar, die der Arbeitgeber aufgrund des tariflich erweiterten Direktionsrechts oder aufgrund einer ihm durch Tarifvertrag eingeräumten Rechtsposition von Fall zu Fall treffe. Wenn der Arbeit232 BAG, Urt. v. 28. 11. 1984, AP Nr. 1, 2 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht; Urt. v. 26. 6. 1985, AP Nr. 4 zu§ 9 TVAL II; Urt. v. 12. 2. 1986, 17. 3. 1988, AP Nr. 7, II zu§ 15 BAT; Urt. v. 30. 1. 1996, AP Nr. 5 zu§ 1 TVG Tarifverträge: DRK. 233 BAG, Urt. v. 23. 5. 1973, AP Nr. 1 zu§ 39 TV Ang Bundespost; Urt. v. 28. 9. 1977, AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk; Urt. v. 25. 1. 1978, AP Nr. 10 zu § 611 BGB Croupier; Urt. v. 11. 3. 1981, AP Nr. 2 zu § 39 TV Ang Bundespost. 234 BAG, Urt. v. 22. 5. 1985, AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn. 235 BAG, Urt. v. 28. 11. 1984, AP Nr. I zu§ 4 TVG Bestimmungsrecht; ebenso 6. Senat, Urt. v. 19. l. 1995, AP Nr. 2 zu§ 10 TVAL II. 236 BAG, Urt. v. 28. 11. 1984, AP Nr. I zu § 4 TVG Bestimmungsrecht 237 BAG, Urt. v. 28. 9. 1977, AP Nr. 4 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk. 238 BAG, Urt. v. 22. 5. 1985, AP Nr. 7 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn, unter Verweis auf die Entscheidung v. 12. 7. 1957, AP Nr. 5 zu§ 242 BGB Gleichbehandlung; Urt. v. 11. 6. 1958, 20. l. 1960, AP Nr. 2, 8 zu§ 611 BGB Direktionsrecht

III. Kündigung

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geber davon Gebrauch mache, bedürfe er gerade nicht der Form der Kündigung, also auch nicht der Änderungskündigung, die insoweit auch keineswegs zwingend vorgeschrieben sei. 239 In bezug auf § 15 Abs. 2 BAT hat auch der 6. Senat die tarifvertragliche Ermächtigung des Arbeitgebers gebilligt, die Arbeitszeit seiner Angestellten einseitig zu verändern, mittelbar damit auch die Entgelthöhe. Anders als der 4. und 5. Senat problematisiert er das Spannungsfeld zwischen tariflichem Leistungsbestimmungsrecht und gesetzlichem Kündigungsschutz. So hat der 6. Senat erklärt, daß die Beeinträchtigung durch die Verlängerung der Arbeitszeit gemäߧ 15 Abs. 2 BAT einer gerichtlichen Kontrolle nach den Regeln des Kündigungsschutzgesetzes unterliegt, wenn kündigungsschutzrechtlich gesicherte Positionen der Arbeitnehmer abgebaut werden und sich die Maßnahme des Arbeitgebers als Umgehung des allgemeinen Kündigungsschutzes erweist. Die Gültigkeit der in Frage stehenden tariflichen Regelung konnte der 6. Senat folgerichtig nur deshalb bejahen, weil er die durch das erweiterte Weisungsrecht eingeschränkte Möglichkeit, Bereitschaftsdienste zu leisten und damit mehr zu verdienen als die monatliche Grundvergütung, nicht zu den bestandsgesicherten Positionen in den betroffenen Arbeitsverhältnissen zählte. 240 Eine Besonderheit hat der Senat auch für den öffentlichen Dienst angenommen. Träger öffentlicher Aufgaben sähen sich des öfteren vor die Situation gestellt, auf die kurzfristig veränderten Bedürfnisse der von ihnen versorgten Bürger reagieren zu müssen. Allein mit den Mitteln der einvernehmlichen oder durch Änderungskündigung durchzusetzenden Änderung der Arbeitszeit könne der öffentliche Arbeitgeber nicht im erforderlichen Rahmen reagieren, zumal über die Änderungskündigung keine gleichzeitige Änderung der Arbeitszeit für alle Mitarbeiter erreicht werden könne.Z41 Die nötige Verlängerung der Arbeitszeit kann nach der Vorstellung des Senats nur durch Zubilligung eines einseitigen Weisungsrechts erreicht werden.

(b) Arbeitsvertragliche Leistungsbestimmungsrechte Wesentlich engere Schranken zieht das BAG bei Vorbehalten im Einzelarbeitsvertrag. Zwar sei auch hier die Vereinbarung von Leistungsbestimmungsrechten grundsätzlich möglich.Z42 Unwirksam seien aber Vorbehalte, die wesentlich in das Äquivalenz- und Ordnungsgefüge eingriffen, 243 wesentliche Elemente des Arbeits239 BAG, Urt. v. 22. 5. 1985, AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn; dazu ausführlich Hromadka, RdA 1992, S. 234 (242). 240 BAG, Urt. v. 17. 3. 1988, AP Nr. II zu§ 15 BAT. 241 BAG, Urt. v. 17. 3. 1988, AP Nr. II zu§ 15 BAT. 242 BAG, Urt. v. II. 6. 1958, AP Nr. 2 zu§ 6II BGB Direktionsrecht; Urt. v. 9. 6. 1965, AP Nr. 10 zu§ 315 BGB; Urt. v. 16. 10. 1965, AP Nr. 20 zu§ 611 BGB Direktionsrecht; zur Begründung Hromadka, FS Dieterich, S. 251 (267 ff.); Söllner, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 13 (16).

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B. Das System der Änderungskündigung

verhältnisses, 244 wesentliche, das Arbeitsverhältnis prägende Bestandteile245 änderten. Vertraglich vereinbarte Leistungsbestimmungsrechte, durch die in den kündigungsschutzrechtlich geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingegriffen werde, stellten eine Umgehung des § 2 KSchG und des § 622 BGB dar und seien deshalb nach § 134 BGB nichtig. 246 Sie wirkten nämlich wie eine Änderungskündigung gestaltend auf Bestand und Inhalt des Arbeitsverhältnisses ein und höben es dadurch teilweise auf, ohne daß sie den für die ordentliche Änderungskündigung geltenden Voraussetzungen unterlägen. Vorbehalte, die allein die Zuweisung höher oder niedriger dotierter Stellen ermöglichen, Änderungen in der Tatigkeit also, hat das BAG solange nicht als einen solchen Eingriff in den Kernbereich gewertet, als die Minderung der Gesamtbezüge einen Bereich von 15 bis 20% nicht überstieg. 247 Die Vereinbarung einer Stadt mit teilzeitbeschäftigten Lehrkräften einer kommunalen Musikschule, wonach der Arbeitgeber einseitig die Stundenzahl von Fall zu Fall festlegen durfte, hat es dagegen als einen solchen Eingriff gewertet. Eine einseitige Festlegung der geschuldeten Arbeitszeit ändere den Bestand des Arbeitsverhältnisses gleichsam als Ganzes und begründe im Ergebnis ein neues.Z48 Ebenfalls für unwirksam hielt die Rechtsprechung eine Vereinbarung, in der dem Arbeitnehmer eine "Provision" versprochen wurde, die sich durch Einwirkung des Arbeitgebers auf Null reduzieren konnte.Z49

(c) Inhaltskontrolle von Leistungsbestimmungsrechten Wie eben gezeigt, unterzieht die Arbeitsrechtsprechung tarifliche Leistungsbestimmungsrechte nur eingeschränkt einer Inhaltskontrolle, arbeitsvertraglich vereinbarte dagegen immer. Zur Begründung seiner umfänglichen Kontrollbefugnis BAG, Urt. v. 14. II. 1990, APNr. 25 zu§ 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag. BAG, Urt. v. 4. 2. 1958, AP Nr. I zu § 620 BGB Teilkündigung; Urt. v. 20. I . 1960, AP Nr. 8 zu§ 611 BGB Direktionsrecht; Urt. v. 16. 10. 1965, AP Nr. 20 zu§ 611 BOB Direktionsrecht; Urt. v. 7. 10. 1982, AP Nr. 5 zu§ 620 BGB Teilkündigung. 245 BAG, Urt. v. 7. 10. 1982, AP Nr. 5 zu§ 620 BGB Teilkündigung. 246 BAG, Urt. v. 12. 12. 1984, 21. 4. 1993, AP Nr. 6, 34 zu § 2 KSchG 1969; zust. Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 480; MünchArbR/ Hanau, § 62 Rn. 101; Hueckl v. HoyningenHuene, § 2 Rn. 20; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 48. 247 BAG, Urt. v. 15. II. 1995, AP Nr. 20 zu § I TVG Tarifverträge: Lufthansa; Urt. v. 7. 10. 1982, AP Nr. 5 zu§ 620 BGB Tei1kündigung. Bei tariflichen Leistungsbestimmungsrechten hat das BAG sogar den Widerruf von 25 % des Tariflohns für zulässig erachtet, BAG, Urt. v. 13. 5. 1987, AP Nr. 4 zu§ 305 BGB Billigkeitskontrolle. In einerneueren Entscheidung führt das BAG aus, entscheidend sei nicht das, was der Arbeitnehmer verliere, sondern was ihm bleibe, BAG, Urt. v. 28. 5. 1997, AP Nr. 36 zu§ 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag. 248 BAG, Urt. v. 12. 12. 1984, AP Nr. 6 zu§ 2 KSchG 1969. 249 LAG Hamm, Urt. v. 16. 10. 1989, LAGE§ 138 BGB Nr. 4. 243

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III. Kündigung

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für arbeitsvertragliche Leistungsbestimmungsrechte hat sich das BAG zum Teil auf die§§ 134, 242 oder 315 BGB berufen, zum Teil hat es die Rechtsgrundlage dahinstehen lassen. 250 Der 5. Senat stützt sich neuerdings auf die §§ 138 Abs. 1 und 242 BGB.Z51 Grund für die Inhaltskontrolle von arbeitsvertragliehen Nebenabreden, wozu auch das Leistungsbestimmungsrecht zählt, ist nach Auffassung des Senats das strukturelle Ungleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.252 Das BAG unterzieht damit alle Arbeitsvertragsbestimmungen, egal ob frei vereinbart oder in Allgemeinen Arbeitsbedingungen vom Arbeitgeber gestellt, einer Kontrolle.253 Preis hält lediglich eine Inhaltskontrolle Allgemeiner Arbeitsbedingungen für notwendig, weil nur bei Allgemeinen Arbeitsbedingungen eine generelle Störung der Verhandlungsparität vorliege. 254 In entsprechender Anwendung der zu Leistungsbestimmungsrechten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätze sollen derartige Klauseln nur bei Vorliegen besonderer Gründe als wirksam angesehen werden. Pflichten, die grundlegend das Äquivalenzverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt beträfen, müsse man für leistungsbestimmungsfeindlich halten. Wesentliche unmittelbare oder mittelbare Veränderungen im Entgeltbereich (z. B. Lohnkürzungen, Erhöhung der Arbeitszeit bei gleichbleibendem Entgelt) fielen stets in die Kategorie Vertragsänderung und könnten nicht Gegenstand eines erweiterten Leistungsbestimmungsrechts sein. 255

Die überwiegende Meinung in der Literatur folgt dagegen dem BAG. Fastrich führt zur Begründung aus, daß das Arbeitsrecht zu einem großen Teil Spiegelbild eines evidenten Versagens der vertragsimmanenten Richtigkeilsgewähr sei. 256 Das existentielle Angewiesensein des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz hindere ihn, allein um der Verbesserung von Nebenbedingungen einen angebotenen Arbeitsplatz auszuschlagen oder den vorhandenen Arbeitsplatz aufzugeben. 257 Zöllner hält das Kontrollbedürfnis bei individuellen Regelungen sogar für größer als bei Einheitsarbeitsbedingungen. 258 Hromadka stimmt dem zu: Einheits- oder Allgemeine Arbeitsbedingungen fänden hauptsächlich in größeren Unternehmen Anwendung, wo Betriebsräte ärgste Auswüchse verhindem könnten. Individuelle 250 Vgl. BAG, Urt. v. 31. 10. 1969, AP Nr. 1 zu§ 242 BGB Ruhegehalt- Unterstützungskassen; Urt. v. 29. II. 1995, AP Nr. I zu§ 3 AGB-Gesetz. 25t BAG, Urt. v. 6. 9. 1995, 6. 5. 1998, AP Nr. 23, 28 zu§ 611 BGB Ausbildungsbeihilfe. 252 BAG, Urt. v. 16. 3. 1994, AP Nr. 18 zu§ 611 BGB Ausbildungsbeihilfe. 253 Für eine Beschränkung auf Allgemeine Arbeitsbedingungen dagegen noch BAG, Urt. v. 16. 10. 1991, AP Nr. I zu§ 19 BErzGG; Urt. v. 23. 9. 1992, AP Nr. 1 zu§ 611 BGB Arbeitnehmerdarlehen. 254 Preis, Vertragsgestaltung, S. 255 ff.; ders., ArbuR 1994, S. 139 (147); ders. , DB 1994, s. 261 (265). 255 Hanau/ Preis, Der Arbeitsvertrag, II D 10 Rn. 20 ff. 256 Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 185; ders., RdA 1997, S. 65 (77 f.). 257 Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 187. 258 Zöllner, RdA 1989, S. !52 (156); ders., AcP 196, S. 1 (34 f.).

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B. Das System der Änderungskündigung

Vereinbarungen kämen dagegen häufig in kleineren Betrieben zum Tragen, wo es weder Betriebsräte noch entsprechende Rechtskenntnisse bei den Arbeitnehmern gebe.259

(d) Folgerungen für das Leistungsbestimmungsrecht Tarifliche Leistungsbestimmungsrechte bedürfen einer Inhaltskontrolle nicht, wenn man mit der Rechtsprechung und der wohl herrschenden Lehre von der Richtigkeitsvermutung ausgeht. Es findet dann lediglich eine Ausübungskontrolle nach § 315 BGB statt. Dem entspricht der Vorschlag von Hanau/Preis, bei Tarifverträgen Direktionsrechtserweiterungen bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) zuzulassen. 260 Für eine uneingeschränkte Zulässigkeit tarifvertraglich erweiterter Bestimmungsrechte lassen sich mehrere Argumente anführen. Bei Tarifverträgen ist, so die wohl herrschende Meinung, grundsätzlich davon auszugehen, daß infolge der gleichgewichtigen Stärke und der Sachkunde der Tarifvertragsparteien die Bestimmungen des Tarifvertrages den Interessen beider Seiten gerecht werden?61 Für den Tarifvertrag spricht eine sachliche Richtigkeitsgewähr. Da die Tarifvertragsparteien die Eingruppierungsmerkmale gestalten, ist die im Gesamtzusammenhang verantwortete Anhindung der Entlohnung an die tatsächlich geleistete Arbeit nicht sachwidrig. 262 Die These von der sachlichen und rechtlichen Richtigkeitsgewähr von tarifvertragliehen Vereinbarungen ist jedoch nicht zweifelsfrei. Für die sachliche Richtigkeitsgewähr ist schon fraglich, ob sie sich überhaupt auf Leistungsbestimmungsklauseln beziehen kann. Die Grundlage der Richtigkeitsvermutung, das Aushandeln durch zwei gleichstarke Partner, ist zugleich ihr Manko, denn eine Partei kann in einem Punkt - z. B. bei der Vereinbarung von Leistungsbestimmungsrechten mehr als sachlich gerechtfertigt nachgegeben haben, um in einem anderen mehr zu erreichen. Ein erweitertes Versetzungsrecht oder eine entsprechende Bestimmung zur frei(er)en Gestaltung des Arbeitszeitumfangs durch den Arbeitgeber mag in den Tarifverhandlungen von der Gegenseite durch anderweitiges Nachgeben "erkauft" worden sein; daß es bei einer entsprechenden tariflichen Regelung "sachlich richtiger" sein soll, eine Versetzung auszusprechen, läßt sich jedoch nicht behaupten. Die sachliche Richtigkeitsgewähr bezieht sich allenfalls auf die Gesamtregelung, den Tarifvertrag, nicht notwendigerweise aber auf tarifvertragliche Einzelregelungen. Im übrigen ist die herrschende Meinung bislang jeden Nachweis dafür, 259 Hromadka, FS Dieterich, S. 251 (256); anders noch in RdA 1992, S. 234 (239 ff.): Unterscheidung danach, ob frei vereinbart oder in Allgemeinen Arbeitsbedingungen gestellt. 260 Hanau/ Preis, Der Arbeitsvertrag, II D 10 Rn. 20. 261 KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 54c. 262 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 69.

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daß sich die sachliche Richtigkeitsvermutung auch auf Leistungsbestimmungsregeln im Tarifvertrag bezieht, schuldig geblieben. Neben der sachlichen Richtigkeitsgewähr soll es beim Tarifvertrag auch die Vermutung der rechtlichen Richtigkeit geben. Hierauf zielt das Argument der Befürworter eines uneingeschränkten tariflichen Leistungsbestimmungsrechts, den Tarifvertragsparteien stehe eine auf Art. 9 Abs. 3 GG beruhende erweiterte Regelungsmacht zu?63 Das ist aber nur bedingt richtig. Tarifvertragsparteien können nur dann Tarifrecht setzen, wenn nicht der Gesetzgeber zwingendes Recht geschaffen hat oder wegen der Tarifautonomie keine entsprechenden Normen setzen durfte. Im Bereich des allgemeinen Kündigungsschutzrechts sind die Tarifvertragsparteien, von § 1 Abs. 4 KSchG abgesehen, zu Änderungen zu Lasten der Arbeitnehmer nicht ermächtigt. Deshalb können sie auch nicht Leistungsbestimmungsrechte schaffen, die, wären sie einzelvertraglich vereinbart, wegen Umgehung des Kündigungsschutzes unwirksam wären. Eine Umgehung bleibt eine Umgehung, gleichgültig auf welcher Rechtsgrundlage das Umgehungsgeschäft beruht. Das gilt beispielsweise für tarifliche Regelungen, die den Arbeitgeber beim Vorliegen dienstlicher Erfordernisse berechtigen, dem Arbeitnehmer eine andere, niedriger vergütete Tatigkeit zuzuweisen. Bei einer einzelvertraglichen Vereinbarung wäre nach der Rechtsprechung ein Eingriff in den Kernbereich zu bejahen. 264 Für eine tarifliche Regelung kann nichts anderes gelten. Unzutreffend ist aber auch die Argumentation zur arbeitsvertragliehen Bezugnahme auf eine tarifvertragliche Regelung, die dem Arbeitgeber ein erweitertes Leistungsbestimmungsrecht einräumt. Mit der Bezugnahme wird der Tarifvertrag Teil des Arbeitsvertrages und nicht umgekehrt; die Bezugnahmeklausel kann keine größere Eingriffsbefugnis eröffnen, als dem Arbeitsvertrag selbst zukommt. Wenn das BAG an seiner Umgehungsrechtsprechung festhält, dann muß es sie folgerichtig auf tarifrechtliche und einzelvertragliche Vereinbarungen von Leistungsbestimmungsrechten gleichermaßen anwenden.265 Ebensowenig sachgerecht wie die Unterscheidung zwischen tarif- und arbeitsvertraglichen Leistungsbestimmungsrechten ist die nach Allgemeinen Arbeitsbedingungen, Einheitsregelungen und lndividualarbeitsbedingungen. Der Arbeitnehmer ist, da er auf seine Beschäftigung angewiesen ist, in jedem Fall der unterlegene Vertragspartner. Auch individuell verhandelte Arbeitsverträge müssen daher nicht "gerechter" sein; üblicherweise werden sie eher in mittelständischen und

Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 69. AR-Blattei/ Linck, SD 1020 1.1 Rn. 27. 265 Friedhofen/Weber; NZA 1986, S. 145 ff.; Hanau/ Preis, Der Arbeitsvertrag, li D 10 Rn. 15; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 21; AR-Blattei/Linck, SD 1020 l.l. Rn. 28; Weiss/Weyand, Anm. zu BAG, AP Nr. 7 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn. Die Bestimmung des § 15 Abs. 5 BAT-0 hat das BAG wegen Verstoßes gegen das Kündigungsschutzgesetz für unwirksam angesehen, Urt. v. 27. l. 1994, AP Nr. 1 zu § 15 BAT-0; Urt. v. 18. 10. 1994, AP Nr. 11 zu§ 615 BOB Kurzarbeit. 263

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kleineren Unternehmen verwendet, wo gerade kein Betriebsrat für ein Gegengewicht bei der Vertragsgestaltung sorgt. 266 Solange sich ein solches strukturelles Ungleichgewicht nicht ausschließen läßt, unterliegen Leistungsbestimmungsrechte immer, unabhängig ob verhandelt oder einseitig gestellt, ob auf einem Tarifvertrag beruhend oder nicht, einer Inhaltskontrolle daraufhin, ob sie den Arbeitnehmer entgegen dem Gebot von Treu oder Glauben unangemessen benachteiligen. Ob man diesen Prüfauftrag aus § 242 BGB oder aus dem Rechtsgedanken des § 9 Abs. 1 AGBG herleitet, spielt keine Rolle. Da der Unternehmer seinen Betrieb an den wechselnden Bedürfnissen des Marktes ausrichten muß, besteht ein legitimes Bedürfnis, den Arbeitsvertrag als Dauerschuldverhältnis an die sich ändernden Umstände anzupassen. 267 Leistungsbestimmungsrechte sind also notwendig, ihre Vereinbarung ist daher in der Regel nicht unangemessen, solange sie nicht geradezu willkürlich sind268 oder das Arbeitsverhältnis faktisch aufheben können. 269 In der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts ist der Arbeitgeber allerdings dem§ 315 BGB unterworfen. Die Zuweisung höher- oder geringwertiger Arbeit aufgrund eines entsprechenden Vorbehalts ist also grundsätzlich möglich; die Grenzen liegen in etwa bei den Zumutbarkeitsstufen der Bundesanstalt für Arbeit. 270 Bei der Arbeitszeit kommt es darauf an, ob es sich um ein Teilzeit- oder ein Vollzeitarbeitsverhältnis handelt. 271 Ein Teilzeitarbeitnehmer kann seine Arbeitszeit nicht voll verwerten, wenn er sich ohne Entgelt für seinen Arbeitgeber zur Verfügung halten muß. Vollzeitarbeitnehmer verdienen dagegen diesen Schutz nicht, denn die Möglichkeit, einer weiteren entgeltlichen Tatigkeit nachzugehen, ist im Rahmen des Art. 12 GG beschränkbar?72 Bei einem Teilzeitarbeitsverhältnis steht wegen § 12 Abs. 1 TzBfG (früher: § 4 Abs. 1 BeschFG) sogar eine zeitliche Bandbreite von nur wenigen Stunden nicht zur Disposition des Arbeitgebers?73 Beim Entgelt verläuft die Grenze regelmäßig beim branchenüblichen Tarifentgelt; 274 eine individuell ausgehandelte Vereinbarung kann diese Grenze auch unterschreiten.275 Im einzelnen Hromadka, FS Dieterich, S. 251 (256). Hromadka, FS Dieterich, S. 251 (266 f.). 268 Hromadka, FS Dieterich, S. 251 (270). 269 BAG, Urt. v. 12. 12. 1984, AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969; LAG Hamm, Urt. v. 16. 10. 1989, LAGE§ 138 BGB Nr. 4. 270 Hromadka, RdA 1992, S. 234 (242); ders. großzügiger in FS Dieterich, S. 251 (270): Je mehr sich der Arbeitnehmer auf seinen Arbeitsplatz verlassen könne (z. B. bei Ausschluß der ordentlichen Kündigung), desto weiter dürften Versetzungsklauseln gehen. 271 Hromadka, FS Dieterich, S. 251 (268 f., 271). 272 BAG, Urt. v. 17. 3. 1988, AP Nr. 11 zu§ 15 BAT; Urt. v. 12. 12. 1990, AP Nr. 2 zu§ 4 TVG Arbeitszeit. 273 Vgl. BAG, Urt. v. 12. 12. 1984, AP Nr. 6 zu§ 2 KSchG 1969. 274 Vgl. BAG, Urt. v. 28. 5. 1997, AP Nr. 36 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag; Urt. v. 10. 4. 1991, AP Nr. 3 zu§ 10 BBiG. 275 Hromadka, RdA 1992, S. 234 (242); ders., FS Dieterich, S. 251 (271 f.). 266 267

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Es ist nicht die Aufgabe dieser Arbeit, eine allgemeingültige Lösung für die Erweiterung von Leistungsbestimmungsrechten zu entwickeln und der Praxis wirksame Kriterien zur Abfassung gültiger Leistungsbestimmungsrechte an die Hand zu geben. Bedenken bestehen aber dagegen, den Tarifvertragsparteien Befugnisse einzuräumen, die den Arbeitsvertragsparteien nicht gewährt werden; für sie müssen dieselben Regeln gelten wie für die Arbeitsvertragsparteien. Es ist nicht zulässig, daß sich der Arbeitgeber die Reduzierung der Arbeitsdauer und damit des Entgelts bis auf nahe Null oder die Zuweisung von Arbeit vorbehält oder die Arbeitszeit offen läßt. Unterhalb dieser Grenze sind vertragliche Leistungsbestimmungsklauseln zulässig. Leistungsbestimmungsrechte, die dem entsprechen, sind wirksam vereinbart und hindem insoweit den Ausspruch einer auf die gleiche Änderung gerichteten Änderungskündigung.

(e) Das Argument von der Umgehung des Kündigungsschutzes BAG und herrschende Lehre machen die wirksame Vereinbarung von Leistungsbestimmungsrechtell weniger von der Einhaltung ihrer autonomen Grenzen abhängig, sondern davon, ob sie den durch das Kündigungsschutzgesetz gewährten unverzichtbaren Kündigungsschutz umgehen. Das Leistungsbestimmungsrecht dürfe nicht in den kündigungsschutzrechtlich gesicherten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingreifen.276 Zum Kernbereich gehöre insbesondere der Umfang der beiderseitigen Hauptleistungspflichten, der Arbeits- und der Vergütungspflicht Die Grenze liege dort, wo durch den einseitigen Widerruf das Arbeitsverhältnis als Ganzes sich ändern würde, so daß die Änderung der Beendigung des alten und der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen sei.277 Die Literatur steht dem Gedanken der Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes zum Teil auch kritisch gegenüber. Kittner zufolge zeigt sich die Untauglichkeit des Umgehungsarguments im Entgeltbereich. Wenn einseitige Leistungsbestimmungen in einem bestimmten Umfang zugelassen werden, bedeute dies, daß solche Positionen dem gesetzlichen Kündigungsschutz entzogen werden könnten?78 Hromadka führt an, der Regelung des § 2 KSchG lasse sich der Schutz eines "Kembereichs" nicht entnehmen. Geschützt werde allenfalls das Vertrauen des Arbeitnehmers in die Beständigkeit aller vertraglichen Regelungen. Aus § 2 KSchG könne daher nur geschlossen werden, daß ein Änderungsvorbehalt jedenfalls dann zulässig sei, wenn auch eine Änderungskündigung möglich sei, da in diesem Fall das Vertrauen des Arbeitnehmers auf Beständigkeit seiner Arbeitsbedingungen von 276 BAG, Urt. v. 18. 10. 1994, AP Nr. 11 zu § 615 BGB Kurzarbeit; Kittner/Däubler/ Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 69; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 20; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 54c, 54d. 277 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 20 f.; Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 24 ff.; AR-Blattei I Linck, SD 1020 1.1 Rn. 23; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 48. 278 Kittner/ Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 19, 28.

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Gesetzes wegen enttäuscht werden dürfe?79 Auch Hanau! Preis bezweifeln, daß das Kriterium der Umgehung der richtige Anknüpfungspunkt zur Begrenzung eines erweiterten Direktionsrechts ist. Es fehle an einer klaren Abgrenzung, wann eine Umgehung anzunehmen sei. Das Kündigungsschutzgesetz wolle darüber hinaus den Arbeitnehmer nicht bereits bei Vertragsschluß vor unangemessenen Vertragsinhalten schützen. Im übrigen versage der Schutz des Kündigungsschutzgesetzes bei Arbeitsverhältnissen, die ihm von Anfang an nicht unterfallen, etwa weil die nach § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG nötige Mindestbeschäftigtenzahl nicht erreicht werde.2 80 Die Kritik an der Rechtsprechung zur Umgehung des Kündigungsschutzes ist berechtigt. § 2 KSchG behandelt alle Arbeitsbedingungen gleich, nicht nur die streng synallagmatischen. Ein "Kembereich" läßt sich ihm nicht entnehmen. Die Rechtsprechung muß deshalb zu einem Zirkelschluß greifen. Einerseits soll ein erweitertes Leistungsbestimmungsrecht gegen § 134 BGB verstoßen, wenn durch die vereinbarte Erweiterung zwingendes Kündigungsschutzrecht umgangen werden kann und soll. Andererseits bestimmt die Rechtsprechung die Zulässigkeit einer Änderungskündigung danach, ob sie ultima ratio ist; das ist nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber das erstrebte Änderungsziel nicht auch mit seinem Leistungsbestimmungsrecht erreichen kann. Die Änderungskündigung ist der Rechtsprechung zufolge also zulässig, wenn kein Leistungsbestimmungsrecht besteht; andererseits besteht kein Leistungsbestimmungsrecht, wenn dadurch die Voraussetzungen für die Änderungskündigung umgangen würden. Der Ansatz der Rechtsprechung, die Änderungskündigung vom Weisungsrecht negativ abzugrenzen Änderungskündigung dort nicht, wo eine Leistungsbestimmung genügt -, überzeugt nicht, wenn die Grenzen des Weisungsrechts ebenfalls nur aufgrund der Wechselbeziehung zum Kündigungsschutz ermittelt werden. Notwendig ist vielmehr eine aus sich heraus begründete Rechtfertigung des erweiterten Leistungsbestimmungsrechts durch eine Inhaltskontrolle, 281 deren Grundzüge vorstehend erörtert wurden.

e) Wegfall der Erforderlichkeit bei Annahme des Angebots? Das BAG hat in mehreren neuen Entscheidungen die Auffassung vertreten, es könne für die Wirksamkeit der Änderungskündigung dahinstehen, ob die Änderung auch durch Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts erreichbar gewesen wäre, wenn der Arbeitnehmer das Angebot unter Vorbehalt angenommen habe. Der Ver-

279 Hromadlw, RdA 1992, S. 234 (239); ders., Anm. zu BAG, AP Nr. 20 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa. 280 Hanau/Preis, Der Arbeitsvertrag, II D 10 Rn. 16 ff.; ebenso Hromadka, Anm. zu BAG, AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa. 281 Im Ergebnis auch Rieble, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 34 (36).

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stoß gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz habe zwar die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge; diese sei aber dadurch, daß der Arbeitnehmer das Angebot angenommen habe, hinfällig geworden.Z82 Der Arbeitnehmer rüge mit seinem Antrag nach § 4 S. 2 KSchG die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen, nicht aber die Kündigung als Mittel der Änderung. Streitgegenstand sei daher nur die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. 283 Die Änderung der Arbeitsbedingungen sei jedoch dann nicht unverhältnismäßig, wenn sie in diesem Umfang auch durch ein Leistungsbestimmungsrecht eingeführt werden könnte. 284

( 1) Kritische Würdigung

Dieser Lösungsversuch kann nicht ohne Widerspruch bleiben. Das BAG verwischt die Unterschiede zwischen einer Änderung durch Leistungsbestimmungsrecht und einer Änderung durch Änderungskündigung. Die Qualität einer Änderung durch Änderungskündigung und die einer durch Leistungsbestimmungsrecht unterscheiden sich erheblich. 285 Eine Änderungskündigung wirkt von außen auf den Vertrag ein und führt zu seiner Ersetzung oder zu seiner Beendigung. Das Leistungsbestimmungsrecht, dem der Arbeitnehmer schon mit Abschluß des Arbeitsvertrages zugestimmt hat, wird dagegen im Rahmen des bisherigen, ungekündigten Vertragsverhältnisses ausgeübt; vor einer unbilligen Ausübung schützt § 315 BGB. Leistungsbestimmungsrecht und Änderungskündigung stehen in bezug auf ihre Eingriffsintensität in einem Stufenverhältnis: 286 Während das Leistungsbestimmungsrecht aus dem fortbestehenden Vertrag seine Rechtfertigung zieht, durchbricht die Änderungskündigung die Vertragstreue. 287 Die Änderungskündigung ist für den Arbeitnehmer riskanter. Sie zwingt ihn zum Handeln, wenn er sich seinen Arbeitsplatz - auch zu geänderten Bedingungen - sichern will; er muß das Angebot unter Vorbehalt annehmen und, wenn er mit der Änderung nicht einverstanden ist, innerhalb der Klagefrist Klage erheben. Die Behauptung, wegen der §§ 2, 4 und 8 KSchG gehe mit der Änderungskündigung keine Bestandsgefährdung mehr einher, wenn sie nicht der Arbeitnehmer wolle, 288 geht an der Wirklichkeit vorbei. 289

282 BAG, Urt. v. 26. l. 1995, AP Nr. 36 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 15. 11. 1995, AP Nr. 20 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa; Urt. v. 9. 7. 1997, AP Nr. 233 zu§§ 22, 23 BAT 1975. 283 BAG, Urt. v. 9. 7. 1997, AP Nr. 233 zu§§ 22,23 BAT 1975. 284 Fischermeier, NZA 2000, S. 737 (739). 285 Ebenso Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 32c. 286 Hanau/ Preis, NZA 1991, S. 81 (93). 287 Enderlein, Anm. zu BAG, AP Nr. 36, 37 zu§ 2 KSchG 1969. 288 So Enderlein, Anm. zu BAG, AP Nr. 36, 37 zu § 2 KSchG 1969. 289 Ebenso APS I Künzl, § 2 KSchG Rn. 106.

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B. Das System der Änderungskündigung

Anders als das BAG meint, 290 kann es nicht darauf ankommen, wie der Arbeitnehmer auf das Änderungsangebot reagiert, ob er also das Angebot unter Vorbehalt annimmt oder es ablehnt. 291 Das BAG übersieht, daß die Wirksamkeit des Kündigungselements bereits im Zeitpunkt seines Zugangs feststehen muß. Ist eine Änderungskündigung, deren Angebot vom Arbeitnehmer abgelehnt wird, unverhältnismäßig, weil die Änderung auch durch ein Leistungsbestimmungsrecht möglich wäre, so muß dies bei der Annahme unter Vorbehalt ebenso gelten. War die Kündigungserklärung unwirksam, so erstreckt sich die Unwirksamkeit auch auf das Angebot. 292 Die Annahme durch den Arbeitnehmer kann folglich keinen wirksamen Änderungsvertrag herbeiführen, denn zum Vertragsschluß sind immer zwei übereinstimmende und wirksame Willenserklärungen notwendig. Die Lösung des BAG ist aber auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie nicht berücksichtigt, daß der Arbeitnehmer seine Entscheidung unter der Drohung einer möglichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses treffen muß. Die Prüfung der Änderungskündigung wird systemwidrig auf ein Teilelement, nämlich auf die soziale Rechtfertigung der Änderung, verkürzt. Folgte man dem BAG, würde die Rechtslage des Arbeitnehmers verschlechtert, sobald er das Angebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt annimmt, denn er könnte sich auf die fehlende Erforderlichkeil nicht mehr berufen. Mit § 2 KSchG ist das nicht vereinbar. Fischermeier hat es kürzlich unternommen, die Rechtsprechung des BAG unter Hinweis auf den eingeschränkten Streitgegenstand der Änderungsschutzklage (soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen) zu verteidigen. 293 Das Argument überzeugt freilich nicht. Auch wenn sich - nach herrschender und durchaus zutreffender Ansicht - der Streitgegenstand der Änderungsschutzklage nach Annahme des Änderungsangebots von dem der Beendigungskündigung unterscheidet, so entspricht es doch weder der Realität noch der gesetzlichen Struktur der Änderungskündigung, sie auf ein schlichtes Änderungsangebot zu reduzieren, das der Arbeitnehmer folgenlos hätte ablehnen können. Übersehen wird, daß der Antrag nach § 4 Abs. 2 KSchG nicht den Streitgegenstand bestimmt. Hinzukommen muß ein den Antrag ausfüllender Lebenssachverhalt 294 Das BAG hat in einer anderen Entscheidung zu Recht erklärt, daß der Streitgegenstand der Änderungs290 BAG, Urt. v. 26. l. 1995, AP Nr. 36 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 15. 11. 1995, AP Nr. 20 zu§ l TVG Tarifverträge: Lufthansa; Urt. v. 9. 7. 1997, AP Nr. 233 zu§§ 22, 23 BAT 1975; zustimmend Fischermeier, NZA 2000, S. 737 (739 f.). 291 Berkowsky, NZA 2000, S. 1129 (1134); Herschel/Löwisch, § 2 Rn. 71 ; Hueck lv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 32c ff.; APS/ Künzl, § 2 KSchG Rn. 106 ff. Kritisch auch ErfK/ Ascheid, § 2 KSchG Rn. 14; Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 779 f. 292 Hierzu schon oben S. 43 ff. Enderlein, Anm. zu BAG, AP Nr. 36, 37 zu § 2 KSchG 1969, hält die Änderungskündigung wegen "funktionswidrigen Einsatzes" für unwirksam. Eine dogmatische Grundlage für diesen Nichtigkeitsgrund bleibt Enderlein jedoch schuldig. 293 Fischermeier, NZA 2000, S. 737 (739). 294 APS/ Künzl, § 2 KSchG Rn. 312. Zum zweigliedengen Streitgegenstand vgl. nur BGH, NJW 1986, S. 1046.

III. Kündigung

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schutzklage auch die Kündigungserklärung erfaßt, weil die Wirksamkeit der Kündigungserklärung gleichsam als "Vorfrage" der sozialen Rechtfertigung im Klageantrag enthalten ist. 295 Auf die soziale Rechtfertigung der Änderung kommt es folglich nicht (mehr) an, wenn das Angebot wegen einer unrechtmäßigen Kündigung unwirksam ist; das folgt aus der gewollten Verknüpfung von Angebot und Kündigung. 296 Somit steht fest: Die Änderungskündigung ist ausgeschlossen, solange es die Möglichkeit gibt, die erstrebte Änderung auch durch einseitige Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts zu erreichen. Die Kündigungserklärung ist in diesem Falle wegen Verstoßes gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz nichtig; diese Nichtigkeit erstreckt sich auch auf das Angebot. Das gilt ungeachtet einer Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt. In keinem Fall kann die Änderung alternativ durch Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts oder durch Änderungskündigung rechtmäßig erreicht werden.Z97

(2) Folgerungenfürdie Praxis

Ob das BAG die klare Unterscheidung zwischen der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts einerseits und der Vertragsänderung durch Änderungskündigung andererseits durch seine Urteile im Januar298 und November 1995 299 aufgegeben hat, um der Praxis entgegenzukommen, ist nicht klar. Für den Arbeitnehmer ist die Rechtsprechung des BAG wenig hilfreich. Erhebt er - wegen § 7 2. Hs. KSchG notgedrungen - Änderungsschutzklage, so wird er den Prozeß schon dann verlieren, wenn die einseitige Leistungsbestimmung ausreichend war. Der Arbeitnehmer trägt das Prozeßrisiko. So war es denn auch in der schon zitierten Check-PurserEntscheidung des BAG. 300 Dem Arbeitgeber, der eine Änderung herbeiführen muß, nützt die Rechtsprechung des BAG ebensowenig, da er nicht wissen kann, ob der Arbeitnehmer das Angebot unter Vorbehalt annehmen wird. Dem Arbeitgeber, der unsicher ist, ob eine Änderung noch mittels Leistungsbestimmungsrechts mög-

295 BAG, Urt. v. 28. 5. 1998, AP Nr. 48 zu § 2 KSchG 1969; auf diesen Widerspruch in der Senatsrechtsprechung weist APS/ Künzl. § 2 KSchG Rn. 108, mit Recht hin. 296 Mit der Frage, ob die soziale Rechtfertigung der Kündigung Prüfungsgegenstand sein soll, hat dies- entgegen MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 24; ders., NZA 2000, S. 1129 (1131) - also nichts zu tun. 297 Hromadka, Anm. zu BAG, AP Nr. 20 zu § l TVG Tarifverträge: Lufthansa. Welche Folgen die konsequente Fortsetzung der Rechtsprechung des 2. und 4. Senats hätte, zeigt Fischermeier, NZA 2000, S. 737 (740), wenn er eine solche Änderungsschutzklage auch bei Verstoß der Änderungskündigung gegen § 102 Abs. 1 BetrVG oder gegen den besonderen Kündigungsschutz für abweisungsreif hält. 298 BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, AP Nr. 36 zu§ 2 KSchG 1969. 299 BAG, Urt. v. 15. 11. 1995, AP Nr. 20 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa. 300 BAG, Urt. v. 15. 11. 1995, AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa.

6 Wallner

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B. Das System der Änderungskündigung

lieh ist, ist daher zu raten, sein Direktionsrecht auszuüben und vorsorglich eine entsprechende Änderungskündigung auszusprechen; 301 das ist zulässig, da es sich hierbei nur um eine Rechtsbedingung handelt. 302 Im übrigen läßt sich eine Änderungskündigung, die in der - falschen - Annahme ausgesprochen wurde, ein Leistungsbestimmungsrecht bestehe nicht, nach§ 140 BGB ohne weiteres in eine Leistungsbestimmung umdeuten. 303 Erhebt der Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang eine Kündigungsschutzklage, läßt sich der Antrag auch als Feststellungsantrag auslegen, daß die Leistungsbestimmung unwirksam ist. 304 f) Ergebnis

Der Griff zur Änderungskündigung ist dem Arbeitgeber verwehrt, wenn er dieselbe Änderung auch mittels eines den Arbeitnehmer geringer belastenden Änderungsinstruments durchsetzen könnte, etwa aufgrund eines wirksam vereinbarten Leistungsbestimmungsrechts. Das gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Angebot angenommen hat oder nicht. Verstößt der Arbeitgeber gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz, ist das Kündigungselement unwirksam und damit die Änderungskündigung insgesamt.

3. Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der Änderungskündigung Die in der Änderungskündigung enthaltene Kündigung stellt nach allgemeiner Ansicht eine reguläre Beendigungskündigung dar. Die herrschende Ansicht hält sie daher für unwirksam, wenn sie ohne Anhörung des Betriebs- oder Personalrats ausgesprochen wurde oder wenn sie gegen den besonderen Kündigungsschutz verstößt. 305 Es ist daher zu untersuchen, ob und unter welchen Voraussetzungen sie den Bestimmungen, die an die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses schlechthin anknüpfen, unterfällt, und welche Folgen dies für die Änderungskündigung insgesamt hat. 301 Hromadlw/Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 10 Rn. 394; Zimbauer, NZA 1995, S. 1073 (1074); als "nicht sachgemäß" (?) ablehnend Berkowsky, Änderungskündigung, S. 87 f. 302 Hromadlw!Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 10 Rn. 394. Die umgekehrte Variante - bedingte Ausübung des Direktionsrechts, unbedingter Ausspruch der Änderungskündigung (dafür Enderlein, Anm. zu BAG, AP Nr. 36, 37 zu § 2 KSchG 1969)- ist ebenso Ip.Öglich, jedoch für den kündigenden Arbeitgeber nicht emP.fehlenswert, da dadurch zwar die Anderung herbeigeführt wird, der Arbeitgeber aber in der Anderungsschutzklage möglicherweise unterliegt. 303 Enderlein, Anm. zu BAG, AP Nr. 36, 37 zu§ 2 KSchG 1969. 304 Hromadlw, Anm. zu BAG, AP Nr. 20 zu § I TVG Tarifverträge: Lufthansa. 305 Zur Geltung des§ 15 KSchG für die Änderungskündigung s. unten S. 100 ff.

III. Kündigung

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a) Notwendigkeit einer Anhörung des Betriebsrats gern. § 102 BetrVG Rechtsprechung und Literatur halten eine Änderungskündigung für unwirksam, wenn die Anhörung des Betriebsrates nach§ 102 BetrVG nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Die Pflicht zur Anhörung des Betriebsrats, so das BAG, bestehe vor jeder Kündigung; unerheblich sei, ob der Arbeitgeber mit der Kündigung das Angebot verbinde, das Arbeitsverhältnis mit geändertem Vertragsinhalt fortzusetzen. Zwar bezwecke der Arbeitgeber nicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sondern die Änderung des Vertragsinhalts. Erkläre sich der Arbeitnehmer aber nicht damit einverstanden und nehme er die Änderung auch nicht unter Vorbehalt an, so führe die Änderungskündigung zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses. 306 Die Notwendigkeit einer Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der Änderungskündigung ist jedenfalls dann unbestritten, wenn der Arbeitnehmer das Angebot ablehnt. 307 Zweifel bestehen dagegen, wenn der Arbeitnehmer das Angebot mit dem in§ 2 S. 1 KSchG genannten Vorbehalt annimmt. Wie oben dargelegt, 308 verliert die Kündigung in diesem Fall ihre rechtliche Wirkung. Fitting I Kaiser I Reither I Engels meinen, es handle sich hierbei nur um eine unter dem Druck des Arbeitgebers stehende beabsichtigte Vertragsänderung, die- im Falle einer Versetzung oder Umgruppierung- lediglich dem Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG und nicht (auch) dem nach § 102 BetrVG unterliege. 309 Auch mit dem Zweck des § 102 BetrVG wird argumentiert; die Vorschrift sei gerade für solche personelle Einzelmaßnahmen geschaffen worden, die die Beendigung der Beschäftigung im Betrieb nach sich zögen. Bei der unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung gehe es jedoch nicht um Beschäftigungsschutz, sondern um die Frage, unter welchen geänderten Bedingungen das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werde. 310 Hiergegen wird eingewandt, § I 02 BetrVG lasse nicht erkennen, daß es für eine Kündigung notwendigerweise zu einem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb kommen müsse. Entscheidend sei, daß der Arbeitgeber, um einzelne Bestimmungen des Arbeitsvertrages auflösen zu können, das gesamte Arbeitsverhältnis kündigen müsse, und daß der neue Arbeitsvertrag gegenüber dem bisherigen 306 BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG; Urt. v. 10. 3. 1982, AP Nr. 2 zu § 2 KSchG 1969; Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 56 zu§ 102 BetrVG 1972; statt aller: Fitting/ Kaiser/Heither/Engels, § 102 Rn. 6 ff.; Hohmeister, BB 1994, S. 1777 (1779); Richardi, BetrVG, § 102 Rn. 11. Zu Besonderheiten der Personalratsanhörung (Erörterung) s. BAG, Urt. v. 20. l. 2000, AP Nr. 56 zu§ 2 KSchG 1969; i.ü. gelten die nachfolgenden Ausführungen zur Betriebsratsanhörung entsprechend für die Anhörung des Personalrats. 307 Vgl. nur Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 102 Rn. 9; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 39; Kittner/Däubler/Zwam:iger, § 2 KSchG Rn. 187. 308 s. Seite 54 f. 309 Fitting /Kaiser/Heither/Engels, § 102 Rn. 7. 310 Kallmeyer, DB 1973, S. 970 (971). 6*

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B. Das System der Änderungskündigung

rechtlich ein "aliud" darstelle. Im Unterschied zum Direktionsrecht habe die Änderungskündigung vertragsbeendende Wirkung und sei daher mehr als nur eine "unter dem Druck des Arbeitgebers stehende Vertragsänderung". Die Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers bei der Änderungskündigung sei mit der bei einer Beendigungskündigung vergleichbar; mit einer nicht im Arbeitsvertrag vorbehaltenen Versetzung müsse der Arbeitnehmer nicht rechnen. Weil aber eine solche Maßnahme die grundlegenden Vereinbarungen des Arbeitsvertrages berühre, sei der Arbeitnehmer auf den kollektiven Kündigungsschutz des § 102 BetrVG angewiesen. Deshalb sei dem Betriebsrat die Möglichkeit einer Einflußnahme auf das Vorhaben des Arbeitgebers einzuräumen? 11 Der Unterschied zwischen den dargestellten Meinungen tritt zutage, wenn der Arbeitnehmer das Angebot unter Vorbehalt annimmt. Die herrschende Lehre sieht keine Veranlassung, an der Notwendigkeit einer Anhörung zu zweifeln, und verweist zur Begründung auf den Wortlaut des § 102 BetrVG312 sowie auf die Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen, wenn die Kündigung wegen § 102 BetrVG nichtig sein sollte? 13 Die Gegenmeinung wiederum hält die Anhörung jedenfalls dann für überflüssig, wenn der Arbeitnehmer das Angebot angenommen hat und die Kündigung dadurch weggefallen ist. 314 Freilich kann auch sie nicht leugnen, daß eine Kündigung einmal vorgelegen hat. Ihre Lösung ist daher nur richtig, wenn entweder die Anhörung für die Änderungskündigung nicht vorgeschrieben ist oder wenn sich der Arbeitnehmer in dem Kündigungsschutzprozeß nach Annahme des Arbeitgeberangebots nicht mehr auf die fehlende oder fehlerhafte Betriebsratsanhörung berufen kann.

(1) Anwendbarkeit des § 102 BetrVG auf die Änderungskündigung

Ausgangspunkt jeglicher Untersuchung ist der Wortlaut der Vorschrift. § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG verlangt, daß der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören ist; eine ohne Anhörung durchgeführte Kündigung ist unwirksam, § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG. Eine vertraglich vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie etwa ein Aufuebungsvertrag oder eine Befristung, löst mangels Vorliegens einer Kündigung das Anhörungsrecht nicht aus. 315 Auch Teilkündigungen -soweit sie aufgrund eines entsprechenden Vorbehalts im Arbeitsvertrag zulässig sind - sollen von§ 102 BetrVG nicht berührt werden; 3 16 der Grund liegt darin, daß es sich ent311 Hohmeister, BB 1994, S. 1777 (1781); im Ergebnis ebenso Hueck /v. HoyningenHuene, § 2 Rn. 33b; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 114. 312 BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG; Urt. v. 10. 3. 1982, 30. 6. 1986, 19. 5. 1993, AP Nr. 2, 14, 31 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 30. 11. 1989, AP Nr. 53 zu§ 102 BetrVG 1972; Hueck!v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 35; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 113 f. 313 Hueck!v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 41. 314 Fitting / Kaiser/Heither!Engels, § 102 Rn. 7. 315 KR/ Etzel, § 102 BetrVG Rn. 39, 42; Stahlhacke/Preis! Vossen, Rn. 240 ff.

III. Kündigung

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gegen der Bezeichnung nicht um eine Kündigung handelt, sondern um ein Instrument der einseitigen Vertragsänderung. 317 Der Wortlaut der Vorschrift spricht für die Notwendigkeit einer Anhörung nach § 102 BetrVG. Er stellt ausdrücklich nur auf die Kündigung ab, die wesentlicher Bestandteil eben auch der Änderungskündigung ist und die, anders als die Teilkündigung, zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann. Trotzdem bestehen Zweifel an der Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf die Änderungskündigung. § 102 Abs. 5 BetrVG gilt nur für die Beendigungskündigung. Der Weiterbeschäftigungsanspruch setzt nicht nur eine Kündigungsschutzklage nach § 1 KSchG - also eine Beendigungskündigung - voraus, sondern zielt auch seinem Inhalt nach auf eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen; eine solche gibt es bei der Änderungskündigung wegen der Annahme der neuen Arbeitsbedingungen nicht. Ebensowenig passen die Regelungen des§ 102 Abs. 3 Nr. 3-5 BetrVG, denn sie verlangen vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz, die dieser mit der Änderungskündigung aber gerade erreichen will. Diese Regelungen sind ein Indiz dafür, daß auch die mit ihnen im Zusammenhang stehenden Absätze 1 und 2 nur für die Beendigungskündigung gelten. Maßgeblich ist nicht der Wortlaut der Vorschrift, sondern ihr Sinn und Zweck. Der Sinn des § 102 Abs. 1 BetrVG wird zum Teil in der Schutzfunktion für den Arbeitnehmer gesehen. Richtig ist, daß die zwingende Anhörung einen größeren Schutz für den Arbeitnehmer bedeutet. Ausschlaggebend für die Schaffung des § 102 BetrVG war dieser Gesichtspunkt der amtlichen Begründung zufolge aber nicht. Die Bestimmung des § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG soll den Arbeitgeber veranlassen, vor jeder Kündigung den Betriebsrat zu hören, will er nicht Gefahr laufen, allein deshalb den Prozeß zu verlieren. 318 Die Betriebsratsanhörung soll dem Betriebsrat die Möglichkeit geben, schon im Vorfeld der Kündigung auf die Willensbildung des Arbeitgebers Einfluß zu nehmen. 319 Das Betriebsverfassungsgesetz 1972 soll in erster Linie die Beteiligungsrechte des Betriebsrats stärken;320 die Anhörungspflicht in § 66 Abs. 1 BetrVG 1952 war noch nicht mit einer Sanktion ausgestattet.321 Der Arbeitnehmer war (nur) mittelbarer Nutznießer. Wie bei der Beendigungskündigung macht es auch bei der Änderungskündigung Sinn, dem Be316 Stahlhacke /Preis!Vossen, Rn. 238; KR!Etzel, § 102 BetrVG Rn. 37; a.A. KR/Wolf, 3. Aufl., Grunds. Rn. 147. 317 BAG, Urt. v. 7. 10. 1982, AP Nr. 5 zu § 620 BGB Teilkündigung; Hromadka, RdA 1992, S. 234 (242 f.); a.A. Stahlhacke I Preis / Vossen, Rn. 143. 318 BR-Drucks. 715170, S. 52. 319 BAG, Urt. v. 22. 9. 1994, AP Nr. 68 zu§ 102 BetrVG 1972. 320 Stahlhacke/Preis!Vossen, Rn. 215. 321 Nach der damaligen Rechtsprechung hatte die versäumte Anhörung nicht die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge; allerdings blieb es dem Arbeitgeber im Falle des vorsätzlichen Verstoßes verwehrt, sich auf die soziale Rechtfertigung der Kündigung zu berufen; BAG, Urt. v. 15. 9. 1954, AP Nr. I zu§ 66 BetrVG 1952; Urt. v. 18. 11. 1968, AP Nr. 28 zu § 66 BetrVG 1952.

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B. Das System der Änderungskündigung

triebsrat Einfluß auf die Willensbildung des Arbeitgebers zu geben und dadurch eine nicht so sehr rechtliche als vielmehr tatsächliche Kontrolle der einseitigen Entscheidung des Arbeitgebers zu ermöglichen. Zu diesem Zweck ist schließlich bestimmt worden, daß die Anhörung vor Ausspruch der Kündigung zu erfolgen habe. 322 Nicht entscheidend ist dagegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, 323 denn sonst hätte der Gesetzgeber konsequenterweise alle Beendigungstatbestände, nicht nur den der Kündigung, in den Katalog des § 102 BetrVG aufnehmen müssen. Tatsächlich regelt § I 02 BetrVG nur arbeitgebersehige Eingriffe in das Arbeitsverhältnis, die ohne Zustimmung, auch nicht ohne vorherige Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgen. Das gilt für Beendigungs- wie für Änderungskündigungen gleichermaßen, so daß es richtig ist, die Änderungskündigung ebenfalls dem Verfahren nach § 102 BetrVG zu unterziehen. Die Besonderheit der Änderungskündigung, nämlich der Wegfall der Kündigungswirkung durch die Annahme des Arbeitgeberangebotes, stellt, wie Fitting I Kaiser I Heilher I Engels meinen, das Erfordernis einer Anhörung in Frage?24 Sie übersehen dabei, daß eine Kündigung vorgelegen hat, die zum Zeitpunkt ihres Zugangs wirksam sein mußte. Sie war notwendig, um die Bindung des Arbeitgebers an die bisherigen Arbeitsbedingungen zu beseitigen und dadurch Druck auf den Arbeitnehmer auszuüben. Ohne die Kündigung hätte er das Angebot des Arbeitgebers auf Abschluß eines Änderungsvertrages ignorieren können, ohne daß dies für ihn rechtliche Nachteile zur Folge gehabt hätte. Zur wirksamen Kündigung gehört es auch, daß die nach dem Wortlaut des§ 102 BetrVG gebotene Anhörung des Betriebsrates erfolgt ist. Der Ansatz von Fitting I Kaiser I Heilher I Engels beriicksichtigt nicht, daß zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung noch nicht feststeht, wie der Arbeitnehmer reagieren wird. Möglicherweise lehnt er das Angebot ab; für diesen Fall bejahen auch Fitting I Kaiser I Heither I Engels die Notwendigkeit der Betriebsratsanhörung. Der Betriebsrat ist also zu jeder Änderungskündigung anzuhören.

(2) Fehlerhafte Anhörung und Änderungsschutzverfahren

Hiervon zu trennen ist die Frage, ob sich der Arbeitnehmer in jedem Fall auch auf eine fehlerhafte oder unterlassene Betriebsratsanhörung berufen kann? 25 Zweifel daran, daß der Richter im Änderungsschutzprozeß eine fehlerhafte Anhörung immer berücksichtigen muß, ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte des § 102 Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 215. So aber Hohmeister, BB 1994, S. 1777 (1781). 324 Fitting/ Kaiser/ Heither/Engels, § 102 Rn. 7. 325 Vgl. hierzu Hohmeister, BB 1994, S. 1777 (1781), einerseits und Fitting/Kaiser/ Heither I Engels, § 102 Rn. 7, andererseits. 322 323

III. Kündigung

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BetrVG. § 66 Abs. 1 BetrVG 1952, Vorläufer des§ 102 BetrVG von 1972, schrieb lediglich die Anhörung des Betriebsrats vor, ohne eine Sanktion vorzusehen. Das BAG gab sich mit dieser "Iex imperfecta" nicht zufrieden. Nach seiner damaligen Rechtsprechung war daher eine Kündigung, die trotz fehlerhafter Anhörung ausgesprochen wurde, zwar nicht unwirksam; der Arbeitgeber konnte sich aber im Kündigungsschutzprozeß nicht auf die soziale Rechtfertigung berufen, wenn er rechtswidrig, vorsätzlich und schuldhaft der Anhörungspflicht zuwidergehandelt hatte. 326 Die Anhörung wurde so zum Bestandteil des materiellen Kündigungsschutzrechts.327 Diesen Weg hätte der Gesetzgeber ebenfalls beschreiten können; er hat statt dessen 1972 die Wirksamkeitslösung des § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG gewählt, und durch § 13 Abs. 3 KSchG sichergestellt, daß die fehlerhafte Anwendung des § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG auch noch nach Ablauf der Vorbehaltserklärungsfrist geriigt werden kann. Die fehlerhafte oder fehlende Anhörung ist zwar Wirksamkeitshindernis für die Kündigungserklärung, aber nicht Teil der sozialen Rechtfertigung. Konsequenterweise müßte, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot annimmt, sein Recht entfallen, sich auf die fehlende oder fehlerhafte Betriebsratsanhörung zu berufen. Das ist aber nicht zu Ende gedacht. Wie bereits geschildert, ist die ordnungsgemäße Kündigungserklärung, zu der die fehlerfreie Anhörung des Betriebsrats gehört, rechtliche Voraussetzung für die sozial gerechtfertigte Änderungskündigung. Die Kündigung kann die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen; möglicherweise wird der Arbeitnehmer erst unter diesem Druck dazu bewogen, das Angebot anzunehmen. Wenn der Arbeitnehmer die Änderungskündigung auf ihre soziale Rechtfertigung überpriifen läßt, stellt er inzident die ordnungsgemäße Kündigungserklärung ebenfalls zur Priifung. Dieses Ergebnis stimmt mit der Absicht des Gesetzgebers überein, die fehlende Anhörung des Betriebsrats wirksam zu sanktionieren. Dariiber hinaus wollte der Gesetzgeber mit dem Kündigungsschutzgesetz 1969 die Position des Arbeitnehmers stärken; damit läßt sich nicht vereinbaren, daß dieser zwar die Sozialwidrigkeit der Änderung, eine fehlende Anhörung aber nicht mehr riigen könnte. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Arbeitgeberangebot annehmen will oder nicht, ist der Betriebsrat vor Ausspruch der Änderungskündigung anzuhören. Auf eine nicht erfolgte oder fehlerhafte Anhörung kann sich der Arbeitnehmer auch dann berufen, wenn er das Angebot angenommen hat, sogar dann noch, wenn er die Klagefrist des § 4 S. 2 KSchG hat verstreichen lassen. 328

326

St. Rspr., vgl. nur BAG, Urt. v. 15. 9. 1954, 18. 3. 1965, AP Nr. 1, 24 zu§ 66 BetrVG

1952. 327 Konsequenterweise hat das BAG diese Rechtsprechung nicht auf die außerordentliche Kündigung ausgedehnt, da sich deren Rechtfertigung nach § 626 BGB und nicht nach § 1 KSchG bestimmt; BAG, Urt. v. 14. 2. 1963, 14. 10. 1965, 18. 1. 1968,27. 3. 1969, APNr. 22, 27, 28, 30 zu§ 66 BetrVG. 328 BAG, Urt. v. 28. 5. 1998, AP Nr. 48 zu§ 2 KSchG 1969; dazu ausführlich oben S. 55 ff.

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B. Das System der Änderungskündigung

b) Umfang der Anhörung

Dem Wortlaut des § 102 Abs. I S. 3 BetrVG zufolge ist nur die "ohne Anhörung" des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam. BAG und herrschende Lehre legen die Vorschrift aber weit aus und fassen auch jede nicht ordnungsgemäße Anhörung unter dieses TatbestandsmerkmaL 329 Vom Zweck des § 102 Abs. 1 BetrVG her ist das richtig. Mit dieser Vorschrift sollen die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats verbessert werden; gleichzeitig wird so verhindert, daß die Vorschrift durch eine "rninimalistische" Anhörung unterlaufen wird. Auch Wortlaut und Systematik des § 102 Abs. 1 BetrVG sprechen für die herrschende Meinung. Die Rechtsfolge des § 102 Abs. 1 BetrVG (Unwirksamkeit der Kündigung) urnfaßt die Vorgaben des Satzes 1 (Anhörung) und die des Satzes 2 (Mitteilung der Gründe). Weil darüber hinaus die Nennung der Gründe erforderlich ist, um dem Betriebsrat das Verfahren nach § 102 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG zu ermöglichen, andererseits aber eine ausdrückliche Sanktion fehlt, ist eine Anhörung ohne die Information über die maßgeblichen Gründe wie eine fehlende Anhörung zu behandeln. In bezug auf die Änderungskündigung steht für die herrschende Meinung fest, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat sowohl die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen als auch das Änderungsangeboe 30 sowie die Art der Änderungskündigung (ordentlich I außerordentlich) mitzuteilen habe. 331 Kommt der Arbeitgeber diesen Anforderungen an seine Mitteilungspflicht nicht oder nicht vollumfanglich nach, dann ist die Kündigungserklärung unwirksam, 332 unabhängig davon, ob und wie der Betriebsrat zur Änderungskündigung Stellung genommen hat. 333 Dem ist, zumindest im Grundsatz, zuzustimmen. Der Betriebsrat kann seiner Aufgabe nur nachkommen, wenn er die Umstände kennt, die der Änderungskündigung zugrunde liegen. Andererseits gehen Rechtsprechung 334 und herrschende Lehre335 für die Beendigungskündigung davon aus, daß es ausreicht, wenn der Arbeitgeber dem Betriebs329 BAG, Urt. v. 16. 9. 1993, 22. 9. 1994, AP Nr. 62, 68 zu § 102 BetrVG 1972; Bitter, NZA 1991, Beil. Nr. 3, S. 16 (20 f.); ders., FS Stahlhacke, S. 57 (59 ff.); Stahlhacke/Preis/ Vossen, Rn. 245. 330 BAG, Urt. v. 3. II. 1977, AP Nr. I zu§ 75 BPersVG; Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969; Urt. v. 30. II. 1989, AP Nr. 53 zu § 102 BetrVG 1972. 331 So ausdrücklich für die Beendigungskündigung BAG, Urt. v. 29. 8. 1991, AP Nr. 58 zu § 102 BetrVG 1972; Stahlhacke /Preis/Vossen, Rn. 263. 332 BAG, Urt. v. 30. II. 1989. AP Nr. 53 zu § 102 BetrVG 1972. 333 BAG, Urt. v. 28. 9. 1978, 30. II. 1989, AP Nr. 19, 53 zu § 102 BetrVG 1972. 334 BAG, Urt. v. 18. 12. 1980, AP Nr. 22 zu§ 102 BetrVG 1972; BAG, Urt. v. 8. 9. 1988, II. 7. 1991, AP Nr. 49, 57 zu§ 102 BetrVG 1972; BAG, Urt. v. 18. 5. 1994, 22. 9. 1994, 6. 2. 1997, AP Nr. 64, 68, 85 zu§ 102 BetrVG 1972; vgl. auch BAG, Urt. v. 3. 12. 1998, AP Nr. 99 zu§ 102 BetrVG 1972. 335 Bitter, NZA 1991, Beil. Nr. 3, S. 16 (19 f.); Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 268; kritisch Kraft, Anm. zu BAG, AP Nr. 64 zu § 102 BetrVG 1972.

III. Kündigung

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rat nur die Gründe mitteilt, die er in ehrlicher Überzeugung für maßgeblich hält. Gegen die Mindermeinung, die die Mitteilung aller objektiv vorliegenden Gründe verlangt, 336 spricht, daß der Arbeitgeber auch im Kündigungsschutzverfahren nicht dazu verpflichtet ist, alle möglichen Gründe zu nennen. Das Kündigungsschutzverfahren ist eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit, in dem der Beibringungs- und nicht der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Der Kündigungsentschluß ist letztlich immer durch eine subjektive Abwägung bestimmt, so daß der Arbeitgeber auch nichts anderes mitteilen kann als eben die Gründe, die ihn zur Kündigung veranlaßt haben. 337 Für die Änderungskündigung kann nichts anderes gelten. Der Änderungsentschluß reift, wie der Entschluß zu einer Beendigungskündigung auch, aufgrund eines persönlichen Willensbildungsprozesses des Arbeitgebers. Er greift zur Änderungskündigung, wenn die Änderung seines Erachtens notwendig ist. Er darf nach der Gesetzeslage nur begründete Änderungskündigungen aussprechen; es muß dann aber auch genügen, wenn er den aus seiner Sicht maßgeblichen Grund benennt. So großzügig die herrschende Meinung ist, wenn es um die Benennung der Gründe in der Anhörung geht, so streng ist sie bei der Folge, die sie an eine nicht vollständige Mitteilung des Sachverhalts knüpft. Nur auf die Umstände, die dem Betriebsrat mitgeteilt wurden, kann sich der Arbeitgeber im Prozeß berufen. 338 Will er die Kündigung (Beendigungs- oder Änderungskündigung) auf Gründe stützen, die ihm bei Ausspruch unbekannt waren, so kann er dies nur nach erneuter Anhörung des Betriebsrats. 339 Gegen diese ständige Rechtsprechung zur Anhörung des Betriebsrats, die auch von der herrschenden Lehre mitgetragen wird,340 ist in neuerer Zeit, jedenfalls für die Beendigungskündigung, Kritik laut geworden. Rinke hat beispielsweise aufgezeigt, daß die Behauptung des BAG, seine Rechtsprechung führe nicht zu einer Vorwegnahme des Kündigungsschutzprozesses in der Betriebsratsanhörung, in einigen Punkten nicht zutrifft. 341 In bezugauf die Änderungskündigung fehlt eine solche Diskussion völlig. Fraglich ist aber schon, ob die unveränderte Übernahme der Grundsätze zur Betriebsratsanhörung, insbesondere zum Problem des Nachschiebens von Gründen, auf die typische Gestaltungsform 336 Schwerdtner; Anm. zu BAG, EzA § 102 BetrVG Nr. 73; Kraft, FS Kissel, S. 611 (615 ff.); ders., Anm. zu BAG, AP Nr. 64 zu§ 102 BetrVG 1972. 337 Rinke, NZA 1998, S. 77 (78). 338 Grundsätzlich BAG, Urt. v. 11. 4. 1985, AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972; Urt. v. 2. 4. 1987, AP Nr. 96 zu § 626 BGB; Urt. v. 26. 9. 1991, AP Nr. 28 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit. 339 BAG, Urt. v. 11. 4. 1985, AP Nr. 39 zu§ 102 BetrVG 1972; Urt. v. 11. 10. 1989, AP Nr. 47 zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 28. 2. 1990, AP Nr. 25 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit. 340 KR/Etzel, § 102 BetrVG Rn. 187 f.; Fitting!Kaiser!Heither/Engels, § 102 Rn. 18a f.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 102 Rn. 46; Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 281 ff.; Stege / Weinspach, § 102 Rn. 49. 341 Rinke, NZA 1998, S. 77 (78 ff.).

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B. Das System der Änderungskündigung

der Änderungskündigung, bei der die Annahme der neuen Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt erfolgt, den Besonderheiten der Änderungskündigung gerecht wird. Es ist daher zu untersuchen, in welchem Umfang dem Betriebsrat nicht mitgeteilte Sachverhalte zur Begründung der Änderungskündigung im Änderungsschutzprozeß nachgereicht werden können und welche Informationen der Arbeitgeber deswegen dem Betriebsrat geben muß.

(1) Nachschieben von Änderungsgründen

Bei der Beendigungskündigung wird die Möglichkeit des Nachschiebens von Kündigungsgründen im Kündigungsschutzprozeß grundsätzlich verneint. Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber einen Grund nachschieben, wenn ihm dieser bei Ausspruch der Kündigung nicht bekannt war und er den Betriebsrat hierzu erneut anhört. 342 War er ihm dagegen bekannt, so ist er damit ausgeschlossen. 343 Zur Begründung wird auf den bereits erwähnten Erziehungszweck des§ 102 BetrVG verwiesen. Das überzeugt nicht. Ausgangspunkt jeder Mitwirkung des Betriebsrats ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Betriebspartnern. 344 Der Betriebsrat benötigt zwar die erforderlichen Informationen zur Beendigungskündigung, um seiner gesetzlichen Funktion nachgehen zu kölUlen. Er muß insbesondere prüfen können, ob ein Widerspruch nach § 102 Abs. 3 BetrVG in Betracht kommt. Seine Zustimmung zur Kündigung wird dagegen nicht verlangt. Erscheint dem Arbeitgeber ein Grund als ausreichend, nicht dagegen dem Betriebsrat, so wird dieser der Kündigung widersprechen; der Arbeitgeber ist dann dem Weiterbeschäftigungsanspruch des § 102 Abs. 5 BetrVG ausgesetzt. Genügt dem Betriebsrat dagegen der Grund und stellt sich später im Kündigungsschutzprozeß heraus, daß dieser Grund die Beendigungskündigung nicht trägt, so hätte auch eine Mitteilung aller bekannten Gründe am Ergebnis der Anhörung des Betriebsrats nichts geändert.345 Es ist also schon aus der Natur der Sache heraus nicht notwendig, daß der Arbeitgeber alle, auch die für ihn unmaßgeblich gebliebenen Gründe, dem Betriebsrat mitteilt,

342 BAG, Urt. v. 11. 4. 1985, AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972; BAG, Urt. v. 27. 2. 1997, AP Nr. 36 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. 343 BAG, Urt. v. 1. 4. 1981, AP Nr. 23 zu § 102 BetrVG 1972; Urt. v. 27. 2. 1997, AP Nr. 36 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; KR/ Etzel, § 102 BetrVG Rn. 185, 185b. 344 BAG, Urt. v. 2. 11. 1983, AP Nr. 29 zu§ 102 BetrVG 1972. 345 Dieser Gedanke findet sich auch in Leitsatz 2 des BAG-Urt. v. 18. 12. 1980, AP Nr. 22 zu § 102 BetrVG 1972: ,,Nachgeschobene Kündigungsgründe, die bereits vor Ausspruch der Kündigung entstanden und dem Arbeitgeber bekannt gewesen sind, die er aber nicht dem Betriebsrat mitgeteilt hat, sind im Kündigungsschutzprozeß jedenfalls dann nicht zu verwerten, wenn der Betriebsrat nicht bereits aufgrundder ihm mitgeteilten Gründe zugestimmt hat. .. ". Dieser Gedanke ist, soweit ersichtlich, vom BAG seither nicht wieder aufgegriffen worden.

III. Kündigung

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nur um später im Kündigungsschutzprozeß mit ihnen nicht ausgeschlossen zu werden. Die erneute Anhörung, welche die Rechtsprechung bei Gründen, die dem Arbeitgeber zunächst nicht bekannt waren, zuläßt, 346 ist weder mit dem Wortlaut noch mit dem Zweck des § 102 Abs. I S. 3 BetrVG vereinbar. Das Gesetz verlangt eine Anhörung vor jeder Kündigung; das schließt eine nachträgliche Anhörung aus. Kraft hat auf den Widerspruch in der Argumentation des BAG hingewiesen, der durch die erneute Anhörung entsteht: 347 Die Anhörung soll eine frühzeitige Einschaltung des Betriebsrats in den Willensbildungsprozeß des Arbeitgebers ermöglichen. 348 Bei einer erneuten Anhörung ist dieser aber schon abgeschlossen; die Kündigung wird ja bereits durch die Klage des Arbeitnehmers bekämpft. Der Betriebsrat kann nicht mehr darauf hinwirken, daß die Kündigung unterbleibt, sondern allenfalls darauf, daß die Kündigung nicht auch auf die nachfolgend bekanntgewordenen Gründe gestützt wird. 349 Die erneute Beteiligung vermengt unzulässigerweise das Anhörungs- mit dem Kündigungsschutzverfahren. Weder Wortlaut noch Zweck des§ 102 BetrVG sprechen dagegen, diese für die Beendigungskündigung gewonnenen Erkenntnisse auf die Änderungskündigung zu übertragen. Zwar ist bei einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung die Änderung der Arbeitsbedingungen maßgeblich. Vorfrage ist aber immer, ob die Kündigungserklärung wirksam ist. Das ist sie - wie bei der Beendigungskündigung - nur bei einer ordnungsgemäßen Anhörung. Für die Änderungskündigung gilt daher ebenfalls, daß der Betriebsrat die Information benötigt, auf die der Arbeitgeber sein Änderungsbegehren stützt, und daß das Nachschieben von Gründen zu einer weiteren Rechtfertigung nicht verboten ist, solange der Betriebsrat in der Lage war, Bedenken im Sinne des § 102 Abs. 2 S. I BetrVG sowie Widerspruch gemäß § 102 Abs. 3 BetrVG anzumelden. Die herrschende Meinung hat recht, wenn sie die subjektive Determination für ausreichend hält; sie hat unrecht, wenn sie ein Nachschieben im Kündigungsschutzprozeß unter Hinweis auf die insoweit fehlende Anhörung des Betriebsrats verbietet. Ebensowenig überzeugt die Ausnahme, die die herrschende Meinung für den Fall eines zunächst unbekannt gebliebenen Kündigungsgrundes macht, nämlich die Heilung durch nachträgliche Anhörung. Die Änderungskündigung, die unter Vorbehalt angenommen wird, besteht nur noch aus dem Änderungsvertrag; die Kündigung ist zu diesem Zeitpunkt bereits durch die Annahme gegenstandslos geworden. Eine nachträgliche Anhörung geht in diesem Fall ins Leere, weil es keine Kündigung mehr gibt, zu der angehört werden könnte. Die herrschende Ansicht führt damit nur zu einer Einschränkung der gesetzlichen Kündigungsbefugnis, die dem Arbeitgeber nach dem

346 347 348 349

BAG, Urt. v. 18. 12. 1980, 11 . 4. 1985, AP Nr. 22, 39 zu § 102 BetrVG 1972. Kraft, FS Kissel, S. 611 (626); ders., GK-BetrVG, § 102 Rn. 143. Statt aller Stahlhacke I Preis I Vossen, Rn. 245, m. w. N. Rinke, NZA 1998, S. 77 (81).

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B. Das System der Änderungskündigung

Kündigungsschutzgesetz zusteht. Eine solche Einschränkung bedarf einer gesetzlichen Grundlage, die in § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG nicht enthalten ist. (2) Mitteilungspflichten des Arbeitgebers

Die durch § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG angeordnete Verpflichtung des Arbeitgebers, die "Gründe für die Kündigung mitzuteilen", versteht die herrschende Meinung so, daß der Arbeitgeber den von ihm für erheblich gehaltenen Kündigungssachverhalt substantiiert schildern muß.350 Die lediglich schlagwort- und stichwortartige Bezeichnung genügt hierfür ebensowenig wie die Wiedergabe bloßer Werturteile ohne Angabe der Tatsachen, die ihnen zugrunde liegen. 351 Um eine zutreffende Stellungnahme im Hinblick auf§ 102 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG abgeben zu können, muß der Betriebsrat ohne weiteres in der Lage sein, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe nachzuprüfen. 352 Allerdings müssen dem Betriebsrat nicht solche Tatsachen mitgeteilt werden, von denen der Arbeitgeber annehmen kann, daß sie der Betriebsrat mit Sicherheit kennt. 353 Das gilt für die Beendigungskündigung ebenso wie für die Änderungskündigung. (a) Mitteilung der Kündigungsart Die Rechtsprechung hält es für erforderlich, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Art der beabsichtigten Kündigung mitteilt. 354 Der Arbeitgeber hat insbesondere darzulegen, ob er den Betriebsrat nur für eine Änderungskündigung oder (auch) für eine Beendigungskündigung anhören wi11.355 Weiterhin hat er anzugeben, ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Änderungskündigung in Betracht gezogen wird. 356 350 BAG, Urt. v. 13. 7. 1978, 24. 11. 1983, 22. 9. 1994, AP Nr. 17, 30, 68 zu § 102 BetrVG 1972; Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 268. 351 BAG, Urt. v. 18. 12. 1980, 2. 11. 1983, AP Nr. 22, 29 zu§ 102 BetrVG 1972; BAG, Urt. v. 8. 9. 1988, 18. 5. 1994, AP Nr. 49, 64 zu§ 102 BetrVG 1972; aus der Literatur Kraft, FS Kissel, S. 611 (612). Nicht notwendig ist die Übergabe schriftlicher Unterlagen oder die Vorlage von Beweismaterial, BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, 6. 2. 1997, AP Nr. 69, 85 zu§ 102 BetrVG 1972. 352 BAG, Urt. v. 13. 7. 1978, AP Nr. 17, 18 zu § 102 BetrVG 1972; Urt. v. 18. 5. 1994, 22. 9. 1994, 15. 11. 1995, AP Nr. 64, 68, 73 zu§ 102 BetrVG 1972; BAG, Urt. v. 6. 2. 1997, AP Nr. 85 zu§ 102 BetrVG 1972. 353 BAG, Urt. v. 15. 11. 1995, 27. 2. 1997, AP Nr. 73, 89 zu§ 102 BetrVG 1972; Hueck/ v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 36. 354 Std. Rspr. seit BAG, Urt. v. 28. 2. 1974, AP Nr. 2 zu§ 102 BetrVG 1972. 355 BAG, Urt. v. 30. 11. 1989, AP Nr. 53 zu§ 102 BetrVG 1972. 356 So für die Beendigungskündigung BAG, Urt. v. 16. 3. 1978, AP Nr. 15 zu § 102 BetrVG 1972; Urt. v. 29. 8. 1991, AP Nr. 58 zu § 102 BetrVG 1972; Stahlhacke /Preis/ Vossen, Rn. 263.

111. Kündigung

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o:) Änderungs- oder Beendigungskündigung

Notwendig ist, daß der Betriebsrat weiß, ob er zu einer Änderungs- oder zu einer Beendigungskündigung angehört wird (oder auch zu beidem). Die Änderungskündigung wird der Arbeitgeber dann in Betracht ziehen, wenn der Arbeitnehmer zur Änderung keine Bereitschaft zeigt, eine Änderung aber auch nicht kategorisch, vor allem nicht unter Verzicht auf den Arbeitsplatz, ablehnt. Obwohl bei der Anhörung zur Änderungskündigung noch nicht klar ist, ob der Arbeitnehmer das Angebot annimmt, wird der Betriebsrat in der Regel, wie der Arbeitgeber auch, von der Bereitschaft des Arbeitnehmers ausgehen, der Änderung zuzustimmen, weil dadurch wenigstens die Beschäftigung gesichert ist. Es ist nicht auszuschließen, daß wegen der Sicherung der Beschäftigung der Betriebsrat einen anderen Maßstab bei der Priifung einer Änderungskündigung zugrunde legt als bei einer Beendigungskündigung. Ein Beispiel bietet der Widerspruchsgrund in § 102 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG. Hiernach sind von einem Arbeitgeber Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen vor Ausspruch einer Beendigungskündigung verlangt, weil überhaupt kein passender Arbeitsplatz mehr zur Verfügung steht. Da bei einer Beendigungskündigung der Verlust des Arbeitsplatzes zwangsläufig ist, mag der Betriebsrat mehr Engagement zeigen, alle Widerspruchsmöglichkeiten auszuloten. 357 Hinzu kommt, daß einige Griinde, bei denen der Betriebsrat einen Widerspruch gegen die Kündigung aussprechen kann, ersichtlich nur für die Beendigungskündigung passen. Das gilt insbesondere für die Fälle der § 102 Abs. 3 Nr. 3 Alt. I BetrVG und § 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG. Diese sind nur bei der Beendigungskündigung denkbar, weil diese Regelungstatbestände schon durch die Wirkungsweise der Änderungskündigung automatisch erfaßt sind. Der Betriebsrat muß also wissen, um welche Kündigung es sich handelt. Mißverständlich ist in diesem Zusammenhang die Forderung des BAG, daß der Arbeitgeber, der sich für den Fall der Ablehnung seines Änderungsangebots den Ausspruch einer Beendigungskündigung vorbehalten wolle, den Betriebsrat auch zu dieser Beendigungskündigung anhören müsse.358 Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht an, zieht die Änderungskündigung immer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach sich. Anders ist es nur dann, wenn - wie in der Entscheidung vom 30. 11. 1989 - der Arbeitgeber eine Änderungskündigung nur beabsichtigt und den Betriebsrat entsprechend anhört, es sich dann aber schon vor dem Ausspruch der Änderungskündigung zeigt, daß der Arbeitnehmer das Angebot sicher nicht annehmen wird. Kündigt nun der Arbeitgeber, ohne das aus seiner Sicht überflüssige Angebot zu unterbreiten, handelt es sich von vomherein um eine Beendigungskündigung, zu der der Betriebsrat nicht angehört worden ist. Eine genaue Priifung des Sachverhalts ist also erforderlich, 359 denn die Anhörung zu einer

LAG Hamm, Urt. v. 15. 7. 1997, DB 1997, S. 1722. BAG, Urt. v. 30. 11. 1989, AP Nr. 53 zu § 102 BetrVG 1972; vgl. hierzu auch KR/ Etzel, § 102 BetrVG Rn. 65a. 357 358

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B. Das System der Änderungskündigung

beabsichtigten Änderungskündigung ersetzt aus den geschilderten Gründen nicht die Anhörung zur Beendigungskündigung. Daran ändert nichts, daß im Falle einer Ablehnung des Angebots die Änderungskündigung die Wirkung einer Beendigungskündigung gehabt hätte. Auch umgekehrt ersetzt die Anhörung zu einer Beendigungskündigung nicht die zu einer Änderungskündigung. Der Kündigungssachverhalt der Änderungskündigung ist kein minus zu dem der Beendigungskündigung; er ist ein aliud, weil die Rechtsfolge eine andere ist. Bei der Beendigungskündigung geht es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bei der Änderungskündigung um seine Änderung. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen benötigt der Betriebsrat unterschiedliche Informationen. Als Beispiel sei die Sozialauswahl angeführt. Nach der herrschenden Meinung ist der Personenkreis der Sozialauswahl bei der Änderungskündigung eingeschränkt; einzubeziehen sind nur diejenigen, die auch für den neuen Arbeitsplatz geeignet sind?60 Bei der Beendigungskündigung sind dagegen alle Arbeitnehmer zu vergleichen, die auf dem bisherigen Arbeitsplatz einsetzbar waren. ß) Außerordentliche oder ordentliche Änderungskündigung

Der Betriebsrat muß auch wissen, ob er zu einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung gehört wird. Die Anhörung zu einer ordentlichen Kündigung urnfaßt nicht zugleich die zu einer außerordentlichen. 361 Entscheidend ist auch hier die Befassung des Betriebsrats mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt. In der Regel wird ein Sachverhalt, der eine ordentliche Kündigung rechtfertigt, keinen Grund im Sinne des § 626 BGB abgeben. Hat der Betriebsrat einer außerordentlichen Kündigung widersprochen, muß er dies nicht auch bei einer ordentlichen tun. Ist die Anhörung zu einer ordentlichen Kündigung unterblieben, hat der Betriebsrat aber der außerordentlichen Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt, kommt allerdings eine Umdeutung in eine wirksame ordentliche Kündigung in Be359 Mißverständlich ist auch die Entscheidung des LAG Hamm vom 15. 7. 1997 in DB 1997, S. 1722. Im Tatbestand hat das Gericht festgehalten, daß der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen wollte und den Betriebsrat dazu angehört hat; dann aber sprach der Arbeitgeber "eine Beendigungskündigung aus und bot der Kl. zugleich die Fortsetzung zu den geänderten Arbeitsbedingungen an." Das ist aber gerade eine Änderungskündigung. Erst aus den Entscheidungsgründen geht hervor, daß es sich tatsächlich um eine Beendigungskündigung handelte, weil sich der Arbeitgeber - wie in der vorgenannten Entscheidung des BAG - schließlich darauf beschränkt hatte, nur eine Beendigungskündigung - ohne Änderungsangebot - auszusprechen. 360 BAG, Urt. v. 13. 6. 1986, AP Nr. 13 zu § I KSchG 1969 Soziale Auswahl; aus der Literatur: Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 493; Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 182; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 76; kritisch Berkowsky, DB 1990, S. 834 ff.; Schwerdtner; NJW 1987, S. 1607 f. 361 H.M., vgl. BAG, Urt. v. 12. 8. 1976, AP Nr. 10 zu § 102 BetrVG 1972; Richardi, BetrVG, § 102 Rn. 106; Hueck, FS 25 Jahre BAG, S. 243 (259); Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 315.

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tracht. 362 Wenn der Betriebsrat schon eine außerordentliche Kündigung für gut befindet, kann er für eine ordentliche kaum anders entscheiden. Diese zur Beendigungskündigung ergangene Rechtsprechung 363 kann ohne weiteres auf die Änderungskündigung übertragen werden, da sie nicht auf den Besonderheiten der Beendigungskündigung beruht.

(b) Mitteilung der Kündigungsfrist Zu den notwendigen Informationen, die der Betriebsrat im Rahmen seiner Anhörung vom Arbeitgeber erhalten muß, zählt auch die Kündigungsfrist; 364 bei der Änderungskündigung also die Frist, nach der - bei Ablehnung durch den Arbeitnehmer - die Kündigung das Arbeitsverhältnis beenden oder - bei Annahme durch den Arbeitnehmer - die Änderung eintreten soll. Das ist im Grundsatz richtig, auch wenn§ 102 Abs. 1 BetrVG seinem Wortlaut nach nur die Angabe der Kündigungsgründe verlangt. 365 Zum einen kann der Betriebsrat wegen einer zu kurzen Frist nach § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG Bedenken anmelden; zum anderen ist die Frage einer Übergangs- und Auslauffrist in bestimmten Fällen maßgeblich für die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen und eröffnet dem Betriebsrat möglicherweise ein Widerspruchsrecht nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG. Die Angabe des Endtermins ist dagegen nicht notwendig. 366 Da dieser regelmäßig vom Ausspruch der Kündigung abhängt, ist dem Arbeitgeber eine entsprechende Angabe nicht ohne weiteres bei der Unterrichtung des Betriebsrats möglich. Eine unterbliebene Mitteilung der Kündigungsfristen lag der Entscheidung des BAG vom 29. 3. 1990 zugrunde. 367 Dort wollte der Arbeitgeber durch Massenänderungskündigung einzelvertraglich zugesagte übertarifliche Weihnachtsgelder absenken. Die Änderungskündigungen wurden Ende Juni ausgesprochen; aufgrund der unterschiedlichen Kündigungsfristen sollten sie zum Teil noch im laufenden, zum Teil aber erst im folgenden Jahr wirken. Das BAG hielt die Änderungskündi362 BAG, Urt. v. 17. 12. 1976, AP Nr. 51 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; Urt. v. 16. 3. 1978, 20. 9. 1984, AP Nr. 15, 80 zu§ 102 BetrVG 1972; Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 315. 363 BAG, Urt. v. 17. 12. 1976, AP Nr. 51 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; Urt. v. 16. 3. 1978, 20. 9. 1984, AP Nr. 15, 80 zu§ 102 BetrVG 1972. 364 BAG, Urt. v. 28. 2. 1974, 29. 3. 1990, AP Nr. 2, 56 zu § 102 BetrVG 1972; Urt. v. 21. 8. 1990, AP Nr. 3 zu§ 72 LPVG NW; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 102 Rn. 16; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 102 Rn. 29; KR/ Etzel, § 102 Rn. 59; Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 770; anders BAG, Urt. v. 29. l. 1986, AP Nr. 42 zu § 102 BetrVG 1972; GKBetrVG I Kraft, § 102 Rn. 44. 365 Vgl. dazu BAG, Urt. v. 24. 10. 1996, AP Nr. 8 zu§ 17 KSchG 1969. 366 BAG, Urt. v. 3. 4. 1987, 7 AZR 66/86- n.v. -; BAG, Urt. v. 29. 3. 1990, 16. 9. 1993, AP Nr. 56, 62 zu § 102 BetrVG 1972; Urt. v. 15. 12. 1994, AP Nr. 67 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG, Urt. v. 24. 10. 1996, AP Nr. 8 zu§ 17 KSchG 1969; in diesem Sinne wohl auch BAG, Urt. v. 29. l. 1986, AP Nr. 42 zu§ 102 BetrVG 1972. 367 BAG, Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 56 zu§ 102 BetrVG 1972.

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gungen wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats für nichtig, weil für den Willensbildungsprozeß des Betriebsrats möglicherweise entscheidend gewesen wäre, für welche Arbeitnehmer die Änderung früher eintreten sollte. Dagegen wird vorgebracht, daß eine Einsparung nicht an Dringlichkeit verliere, wenn sie sich zum Teil erst später auswirke, 368 und daß die Notwendigkeit, die Gratifikationen zurückzuführen, keinen anderen Willensentschluß des Betriebsrats zulasse. 369 Diese Einwände greifen nicht durch. Es ist zwar richtig, daß ein Verstoß gegen die Anhörungspflicht nicht vorliegt, wenn dem Betriebsrat überhaupt keine andere Entscheidung möglich gewesen wäre. Eine Einsparung beispielsweise verliert aber dann an Dringlichkeit, wenn sie erst so spät einsetzt, daß sie im Falle einer zwischenzeitlich eintretenden Insolvenz nur noch den Gläubigern zugute käme. Hätte der Betriebsrat beispielsweise gewußt, daß über die Hälfte der Arbeitnehmer erst im zweiten Jahr betroffen sein würde, hätte er zu Recht daran zweifeln können, ob die Maßnahme dringlich war. Andere Willensentschlüsse des Betriebsrats waren also durchaus denkbar. Ihre Berücksichtigung ist auch keine Vorwegnahme des Kündigungsschutzprozesses, weil der Betriebsrat aufgrund des § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG berechtigt ist, auf die Entscheidung des Arbeitgebers vor Ausspruch der Kündigung Einfluß zu nehmen. Das ist dem Richter im Kündigungsschutzprozeß unmöglich. Damit gehört die Kündigungsfrist zu den für die Betriebsratsanhörung notwendigen Informationen. Die Unterrichtung des Betriebsrats über die Kündigungsfrist ist nur dann entbehrlich, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen darf, daß dem Betriebsrat die Frist bekannt ist. Das wird der Fall sein, wenn dem Betriebsrat zur Kenntnis gebracht wird, daß eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen oder der tarifvertraglich vorgeschriebenen Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausgesprochen werden soll. 370

(c) Mitteilung der Änderungsgründe Die Anforderungen an den Umfang der Informationen, die der Arbeitgeber dem Betriebsrat zur Verfügung stellen muß, ergeben sich im wesentlichen aus den Anforderungen, die das BAG an den Änderungsgrund stellt. Immer ist also der gesamte Sachverhalt mitzuteilen, der die Notwendigkeit der Änderungskündigung trägt, einschließlich der in Frage kommenden, aber konkret nicht möglichen milderen Mittel. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung kommen noch die Daten hinzu, die der Sozialauswahl zugrunde gelegen haben. Der Betriebsrat hat allerdings keinen Anspruch auf Vorlage entsprechender Unterlagen oder gar ein Recht auf Einsicht in die Personalakte. 37 1 Wohl aber kann

368 369

370

(79).

Marhold, Anm. zu BAG, EzA § 102 BetrVG Nr. 79. Rinke, NZA 1998, S. 77 (80). BAG, Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 56 zu§ 102 BetrVG 1972; Rinke, NZA 1998, S. 77

III. Kündigung

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sich der Arbeitgeber durch Aushändigung entsprechender Aufzeichnungen Arbeit sparen. 372 Aussagen des BAG, der Betriebsrat sei nicht gehalten, sich die notwendigen Daten aus irgendwelchen Unterlagen selbst herauszusuchen, 373 waren einzelfallbezogen und sollten deshalb nicht überbewertet werden. Allerdings muß der Arbeitgeber die wesentlichen Griinde für die Änderungskündigung benennen und begriinden. Schon der Wortlaut des § 102 Abs. I S. 2 BetrVG, wonach der Arbeitgeber dem Betriebsrat "die Griinde mitteilen" muß, zeigt, daß sich der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht dadurch entziehen kann, daß er dem Betriebsrat eine Akte aushändigt mit dem Gedanken, dieser werde sich das Notwendige schon zusammensuchen. Der Arbeitgeber muß auch begriinden, warum er aufgrund der Umstände gezwungen ist, eine Änderungskündigung oder eine Beendigungskündigung auszusprechen. Die Vorlage der Personalakte reicht hierfür nicht aus. Andererseits muß der Arbeitgeber seine Gedankenschritte nicht im einzelnen darlegen. Vom Betriebsrat kann verlangt werden, daß er Schlußfolgerungen selbständig zieht und sich dabei der zur Verfügung gestellten Mittel bedient. Dazu verpflichtet ihn schon das für das gesamte Betriebsverfassungsgesetz gültige Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Bei den personenbedingten Griinden sind zwei Gruppen zu unterscheiden. Die mengenmäßig größere Gruppe umfaßt die krankheitsbedingte Änderungskündigung. Die kleinere Gruppe bilden die sonstigen Leistungs- und Eignungsmängel, etwa Gewissenskonflikte, fehlende Führungsqualitäten oder Sicherheitsbedenken. Anzugeben sind bei der krankheitsbedingten Änderungskündigung die bisherigen Fehlzeiten und die Art der Erkrankung(en), soweit sie dem Arbeitgeber bekannt sind; 374 beim Fall der häufigen Kurzerkrankungen auch die wirtschaftlichen Belastungen und I oder Betriebsbeeinträchtigungen, die bereits entstanden sind und mit denen in der Zukunft zu rechnen ist. 375 Auch hier gilt, daß die Darlegung der Betriebsbeeinträchtigung so ausreichend substantiiert sein muß, daß der Betriebsrat priifen kann, ob andere Maßnahmen in Betracht kommen; sie kann entfallen, wenn der Betriebsrat den Arbeitsplatz und die Folgen der Fehlzeiten ohnehin kennt. 376 Bei der verhaltensbedingten Beendigungskündigung führt die Anhörung des Betriebsrats in wenigen Fällen regelmäßig zu Problemen, wie sie vergleichbar auch bei einer Änderungskündigung auftreten können. So soll die Anhörung zu einer

371 BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, 6. 2. 1997, AP Nr. 69, 85 zu § 102 BetrVG 1972: die spezielle Vorschrift des § 102 BetrVG geht dem § 80 BetrVG vor; a.A. Fitting I Kaiser I R either I Engels, § 102 Rn. 16a. 372 Abweichend Rinke, NZA 1998, S. 77 (82). 373 BAG, Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 56 zu§ 102 BetrVG 1972. 374 Vgl. BAG, Urt. v. 8. 9. 1988, AP Nr. 49 zu§ 102 BetrVG 1972; StahlhackeiPreisl Vossen, Rn. 277. 375 BAG, Urt. v. 24. 11. 1983, AP Nr. 30 zu § 102 BetrVG 1972. 376 BAG, Urt. v. 27. 6. 1985, AP Nr. 37 zu§ 102 BetrVG 1972; StahlhackeiPreisiVossen, Rn. 274; kritisch Hohmeister, NZA 1991, S. 209 (212 ff.).

7 Wallner

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B. Das System der Änderungskündigung

Tatkündigung nicht auch die zu einer Verdachtskündigung umfassen. 377 Wenn sich im Kündigungsschutzprozeß herausstellt, daß nur der Verdacht einer strafbaren Handlung die Kündigung tragen würde, so ist nach der überwiegenden Ansicht die wegen der vermeintlichen Tat ausgesprochene Kündigung sozial nicht gerechtfertigt.378 Deswegen wird von manchen entweder eine Analogie zur Umdeutung einer außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung vorgeschlagen oder eine sinngemäße Anwendung der Grundsätze über das Nachschieben von Kündigungsgründen.379 Für eine Umdeutung spricht, daß die Verdachtskündigung zur Tatkündigung in einer gewissen Abhängigkeit steht. Trotzdem ist die Verdachtskündigung zur Tatkündigung kein minus, sondern ein aliud. Sie hat andere Voraussetzungen, beispielsweise die Anhörung des Arbeitnehmers als Teil der umfassenden Aufklärung,380 und stellt eine andere Qualität des Eingriffs dar als die Tatkündigung, bei der der Arbeitnehmer entweder selbst den Sachverhalt zugegeben hat oder bei der ihm das Vergehen nachgewiesen wurde. Die Verdachtskündigung ist damit nicht in der Tatkündigung "enthalten", der Tatbestand der Umdeutung somit nicht erfüllt. In Betracht kommt daher allenfalls die sinngemäße Anwendung des Grundsatzes vom Nachschieben von Kündigungsgründen, weil ein eigenständiger Kündigungssachverhalt durch einen anderen ausgewechselt werden soll? 81 Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es für die Zulässigkeil des Nachschiebens allein darauf an, ob der Betriebsrat ursprünglich die Information erhalten hat, die er zur Anmeldung von Bedenken oder zur Entscheidung über einen Widerspruch nach § 102 Abs. 3 BetrVG benötigt. Genügen dem Betriebsrat die Gründe für eine Tatkündigung, würde er vermutlich nicht widersprechen, wenn ihm zugleich die Gründe für eine Verdachtskündigung mitgeteilt würden. Jedoch darf auch hier nicht übersehen werden, daß die Tatkündigung andere Voraussetzungen als die Verdachtskündigung hat. Hört der Arbeitgeber den Betriebsrat nur zu einer Tatkündigung an, muß er dem Betriebsrat nicht mitteilen, ob er dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Insoweit würde der Betriebsrat Bedenken anmelden, wenn man ihn auch zu einer Verdachtskündigung hören wollte. Es genügt also für die

m BAG, Urt. v. 3. 4. 1986, AP Nr. 18 zu§ 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; KR/ Etzel, § 102 BetrVG Rn. 64b. 378 BAG, Urt. v. 3. 4. 1986, AP Nr. 18 zu§ 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; Urt. v. 2. 3. 1989, AP Nr. 101 zu§ 626 BGB; Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 279. 379 Rinke, NZA 1998, S. 77 (83). Ebenso Rüthers, Anm. zu EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 63, zum Nachschieben eines Verdachtsgrundes: Der Verdacht sei dem Arbeitgeber, der die Tat als erwiesen betrachtet habe, erst nach dem Ausspruch der Kündigung bekannt geworden, so daß er - nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats - den Grund im Kündigungsschutzprozeß habe nachschieben können. 380 BAG, Urt. v. 11. 4. 1985, AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972; Urt. v. 14. 9. 1994, 13. 9. 1995, AP Nr. 24, 25 zu§ 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung. 381 Rinke, NZA 1998, S. 77 (83).

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ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nicht, wenn der Arbeitgeber nur die Gründe mitteilt, die ihn zu einer Tatkündigung veranlaßt haben. Problematisch ist, daß die herrschende Lehre den Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat auch Umstände, die den Arbeitnehmer erheblich entlasten, 382 vorzutragen. 383 Dagegen wird eingewandt, daß der Arbeitgeber nicht verpflichtet sein könne, einen Sachverhalt, der ihm im Kündigungsschutzprozeß schaden könnte, schon ins Anhörungsverfahren einzuführen; dies sei eine unzulässige Vermischung beider Verfahren. 384 Diese Meinung übersieht, daß der Betriebsrat nur dann den Kündigungssachverhalt in bezugauf § 102 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 BetrVG umfassend würdigen kann, wenn er die maßgeblichen Gründe kennt, die den Arbeitgeber zur Kündigung bewogen haben. Dazu zählen aber auch die Gegengründe, die dem Arbeitgeber zwar bekannt, für ihn aber nicht maßgeblich sind. Mit einem "Rumpf'-Grund wäre der Betriebsrat nicht in der Lage zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Stellungnahme oder gar eines Widerspruchs ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.

(d) Mitteilung des Änderungsangebots Das BAG vertritt in ständiger Rechtsprechung die Meinung, daß dem Betriebsrat nicht nur die maßgeblichen Gründe für die Änderungskündigung mitgeteilt werden müssen, sondern auch das Angebot selbst. 385 Das ist zutreffend. Das Änderungsangebot beeinflußt maßgeblich die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen, denn letztlich ist es die "Änderung der Arbeitsbedingungen", die sozial gerechtfertigt sein muß. Damit nun der Betriebsrat in der Lage ist, zu einer ordnungsgemäßen Entscheidung zu finden, bedarf er der Angaben des Änderungsangebots. Ähnliches geschieht letztlich auch bei der Beendigungskündigung. Bei ihr wird der Betriebsrat berücksichtigen, daß es um den Verlust des Arbeitsplatzes geht. Weil aber bei der Änderungskündigung das vom Arbeitgeber gewünschte Ergebnis nicht wie bei der Beendigungskündigung aus sich heraus erkennbar ist, bedarf es der Mitteilung des Angebotes.

382 Maßgeblich ist, ob das Verschweigen des entlastenden Umstandes einen Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit darstellt; BAG, Urt. v. II. 7. 1991, AP Nr. 57 zu § 102 BetrVG 1972. 383 BAG, Urt. v. 2. II. 1983, AP Nr. 29 zu § 102 BetrVG 1972; Urt. v. 31. 8. 1989, AP Nr. I zu§ 77 LPVG Schleswig-Holstein; Urt. v. 17. 2. 1994, RzK II 2 Nr. 7; Stahlhacke/ Preis!Vossen, Rn. 278. 384 Rinke, NZA 1998, S. 77 (83). 385 BAG, Urt. v. 10. 3. 1982, AP Nr. 2 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 11. 10. 1989, AP Nr. 47 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung.

7*

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B. Das System der Änderungskündigung

c) Ergebnis Die Kündigungserklärung unterfällt dem Erfordernis der Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG. Im Zuge dessen müssen dem Betriebsrat Kündigungsart, Kündigungsfrist, die für den Arbeitgeber maßgeblichen Änderungsgründe und auch das Angebot unterbreitet werden. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, dem Betriebsrat darüber hinaus alle bekannten Gründe mitzuteilen; ein Nachschieben von Änderungsgründen im Änderungsschutzprozeß ist durch § 102 BetrVG nicht ausgeschlossen, wenn die Anhörung selbst ordnungsgemäß war.

4. Der besondere Kündigungsschutz für Mitglieder von Betriebsverfassungsund Personalvertretungsorganen Einen besonderen Kündigungsschutz gewährt § 15 KSchG den aktiven und, in abgeschwächter Form, den ausgeschiedenen Mandatsträgern der Betriebs- und Personalverfassung einschließlich des Wahlvorstandes. Allgemeiner Meinung zufolge genießen die in § 15 Abs. I - Abs. 3 KSchG genannten Personen Schutz vor Beendigungskündigungen. 386 Das galt nach der bisher einhelligen Rechtsprechung auch für eine Änderungskündigung, unabhängig davon, ob sie nur gegen einen einzelnen oder gegen alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einer Betriebsabteilung ausgesprochen wurde. 387 Die herrschende Meinung in der Literatur lehnt dagegen die Geltung des § 15 KSchG für die Massenänderungskündigung ab? 88 Das BAG hat sich dieser Auffassung kürzlich - wenn auch bisher nur im Ergebnis - angeschlossen.389 Gegenstand der Untersuchung ist die Sachverhaltsgestaltung, die der Gesetzgeber wegen § 2 KSchG als typisch angesehen hat, nämlich die Änderungskündigung 386 BAG, Urt. v. 25. 2. 1958, AP Nr. 10 zu§ 13 KSchG mit zust. Anm. Küchenhoff; BAG, Urt. v. 6. 10. 1965, AP Nr. 4 zu§ 59 PersVG mit Anm. Hersehe/; BAG, Urt. v. 12. 8. 1976, AP Nr. 2 zu§ 15 KSchG 1969 mit zust. Anm. G. Hueck; BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969 mit zust. Anm. Beitzke EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 26 mit ab!. Anm. Schwerdtner; BAG, Urt. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG mit Anm. Schlaeper; KR/ Etzel § 15 KSchG Rn. 16; Herschel/Löwisch § 15 Rn. 42; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 15 Rn. 59; Matthes, DB 1980, S. 1165, Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 991; Wiese, Anm. zu BAG, AP Nr. 18 zu § 13 KSchG (unter II). 387 BAG, Urt. v. 24. 4. 1969, AP Nr. 18 zu § 13 KSchG mit zust. Anm. Wiese; BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu § 15 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu § 15 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 9. 4. 1987, APNr. 28 zu§ 15 KSchG 1969. 388 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 103 Rn. 10; Galperin/Löwisch, § 103 Rn. 49; Herschel!Löwisch, § 15 Rn. 43; Hilbrandt, NZA 1997, S . 465 (467); Schwerdtner; Anm. zu BAG, EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 26; Stahlhacke, FS Hanau, S. 281 (285); Stege/Weinspach, § 103 Rn. 3; a.A. KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 18; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 15 Rn. 60 f. 389 BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969 mit Anm. Preis.

=

III. Kündigung

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nach Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt. Fraglich ist bereits, ob in einer Änderungsschutzklage, die auf die fehlende soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen abstellt, ein Verstoß gegen den besonderen Kündigungsschutz überhaupt geprüft werden kann.§ 15 KSchG spricht nur von der Kündigung. Die Kündigung ist aber durch die Annahme des Änderungsangebotes weggefallen. Jedoch gilt hier dasselbe wie für § 102 KSchG: Die Kündigungserklärung muß im Zeitpunkt ihres Zugangs wirksam gewesen sein, um die Notwendigkeit der sozialen Rechtfertigung der Änderung überhaupt zu begründen. Der Arbeitnehmer nimmt das Angebot nur an unter dem Druck einer wirksamen Kündigung. In seinem Feststellungsantrag nach § 4 S. 2 KSchG ist daher auch der Auftrag an das Gericht enthalten, die Wirksamkeit der Kündigung zu untersuchen. Fraglich ist weiter, ob§ 15 KSchG auf die Änderungskündigung anwendbar ist. Die Rechtsprechung bejaht das, weil es sich auch bei der Änderungskündigung um eine Kündigung handelt. 390 Eine rechtswidrige Bevorzugung der Betriebsratsmitglieder, die im Unterschied zu allen anderen Arbeitnehmern ihre alten Arbeitsbedingungen behalten könnten, liege nicht vor, da § 15 KSchG dem § 78 BetrVG vorgehe. 391 Ausnahmen habe der Gesetzgeber für die Änderungskündigung nicht gemacht und daher auch nicht gewollt, sonst hätte er sie im Zuge der Kodifizierung des Betriebsverfassungsgesetzes durch Gesetz vom 15. I. 1972392 in § 15 Abs. 4 und 5 KSchG ebenfalls geregelt. Da der Gesetzgeber die Änderungskündigung 1969 in das Kündigungsschutzgesetz aufgenommen und das Betriebsverfassungsgesetz nur drei Jahre später neu gefaßt habe, spreche auch die geschichtliche Entwicklung für eine uneingeschränkte Einbeziehung der Änderungskündigung. 393 Die historischen Argumente sind freilich nicht zwingend. Schon Beitzke hat darauf hingewiesen, daß die zeitliche Abfolge gesetzlicher Regelungen nicht notwendig auf eine bestimmte Absicht des Gesetzgebers schließen läßt. 394 Der Gesetzgeber kann eine strittige Frage auch offengelassen haben. Im übrigen ist das Argument auch im entgegengesetzten Sinn verwendbar: Der Gesetzgeber könnte es bewußt unterlassen haben, § 15 KSchG ausdrücklich auf die Änderungskündigung auszudehnen, nachdem er sie erst vor kurzem im Kündigungsschutzgesetz neu geregelt und den Unterschied zwischen Beendigungs- und Änderungskündigung fest-

390 BAG, Urt. v. 24. 4. 1969, AP Nr. 18 zu§ 13 KSchG mit zust. Anm. Wiese; BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969 mit zust. Anm. Beitzke = EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 26 mit ab!. Anm. Schwerdtner; BAG, Urt. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 9. 4. 1987, AP Nr. 28 zu§ 15 KSchG 1969. 391 Zuletzt BAG, Urt. v. 9. 4. 1987, AP Nr. 28 zur§ 15 KSchG 1969; zust. Beitzke, Anm. zu BAG, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969; KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 18; ablehnend Stahlhacke, FS Hanau, S. 281 (285). 392

BGBI. I S. 13.

Ausführlich BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969 (II I der Gründe). Beitzke, Anm. zu BAG, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969; ebenso Hilbrandt, NZA 1997, s. 465 (468). 393 394

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B. Das System der Änderungskündigung

geschrieben hatte. Auch wenn diese Behauptung möglicherweise nicht zutrifft, so zeigt sie doch die Beliebigkeit des Arguments.

a) Inhalt der Regelung des § 15 KSchG

Da die Änderungskündigung eine Kündigungserklärung enthält, spricht der Wortlaut des § 15 Abs. 1 KSchG zunächst dafür, ihn ohne Einschränkung auf die Änderungskündigung anzuwenden. Die Gesamtregelung des § 15 KSchG weist aber möglicherweise darauf hin, daß die Vorschrift nur die Beendigungskündigung erfassen soll. 395 Die Lehre, die lediglich auf den Begriff der ordentlichen Kündigung in Abs. 1 bis 3 abstellt, 396 läßt § 15 Abs. 4 und Abs. 5 KSchG außer acht. Dort sind zwar besondere Tatbestände geregelt; sie geben jedoch im Umkehrschluß Auskunft über die allgemeinen Tatbestände des§ 15 Abs. 1 bis 3 KSchG. § 15 Abs. 4 KSchG schließt für den Fall der Betriebsstillegung das Kündigungsverbot aus, eine Selbstverständlichkeit, denn in Ermangelung eines Betriebs und eines Beschäftigungsbedürfnisses entfällt das Erfordernis eines Betriebsrats ebenso wie das eines speziellen Kündigungsschutzes. § 15 Abs. 4 KSchG betrifft also nur die Beendigungskündigung. Dasselbe gilt für § 15 Abs. 5 KSchG; er regelt den Fall, daß nicht der Betrieb, sondern nur eine Abteilung geschlossen wird. 397 Das Betriebsratsmitglied ist nach § 15 Abs. 5 S. 1 KSchG vorrangig zu versetzen; ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, kann es aufgrunddes § 15 Abs. 5 S. 2 KSchG gekündigt werden. § 15 Abs. 5 S. 2 KSchG dient der herrschenden Lehre als Argument dafür,§ 15 KSchG auf jede Änderungskündigung, auch auf die Massenänderungskündigung, anzuwenden: 398 Dort erhalte nämlich der Arbeitgeber ausnahmsweise die Befugnis, ein Betriebsratsmitglied zu versetzen; das schließe eine Versetzung durch Änderungskündigung ein. 399 Diese Interpretation geht zu weit. § 15 Abs. 5 KSchG regelt nur die Zulässigkeit der Beendigungskündigung, wenn eine Weiterbeschäftigung unmöglich ist. Die Vorschrift trifft keine Aussage darüber, ob die Versetzung durch Direktionsrecht oder Änderungskündigung durchgesetzt werden kann; im Falle einer Änderungskündigung, ob sie eines be-

BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. Besonders Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 60. 397 Zur Besonderheit, daß wegen einer anderen Beschäftigungsmöglichkeit ausnahmsweise nicht die Beendigungs-, sondern nur eine Änderungskündigung ausgesprochen werden darf, s. BAG, Urt. v. 28. 10. 1999, AP Nr. 44 zu§ 15 KSchG 1969. 398 Vgl. Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 60. 395

396

399 Anders das BAG, Urt. v. 28. 10. 1999, AP Nr. 44 zu§ 15 KSchG 1969: Unter "Übernahme" i.S. von § 15 Abs. 5 KSchG sei nur eine Umsetzung bzw. Versetzung zu verstehen, die einvernehmlich oder im Wege des Direktionsrechts des Arbeitgebers vorgenommen werden könne, nicht dagegen im Wege einer Änderungskündigung. Die Begründung ist zweifelhaft; auch die Änderungskündigung kann Arbeitsbedingungen nur einvernehmlich ändern, nämlich durch Zustimmung des Arbeitnehmers zum Änderungsangebot

III. Kündigung

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sonderen Grundes bedarf. Die Änderungskündigung wird durch Wortlaut und Zusammenhang der gesetzlichen Regelung weder gestattet noch verboten. § 15 Abs. 5 KSchG setzt die Änderbarkeit des Arbeitsplatzes und I oder -ortes voraus, legitimiert den Arbeitgeber aber nicht dazu. Somit bleibt festzuhalten, daß § 15 Abs. 4 und 5 KSchG nur die Beendigungskündigung regeln; das läßt darauf schließen, daß die Gesamtregelung des § 15 KSchG vom Gesetzgeber ausschließlich für die Beendigungskündigung konzipiert wurde. 400 Rechtsprechung und Literatur überzeugen daher nicht, wenn sie die Anwendbarkeit des § 15 KSchG auf die Änderungskündigung nur aus seinem Wortlaut folgern.401 Der Wortlaut ist, wie gezeigt, nicht zweifelsfrei. Die Vorschrift kann nur dann auf die Änderungskündigung angewendet werden, wenn dies nach Sinn und Zweck geboten ist.

b) Anwendbarkeit auf die Einzeländerungskündigung Rechtsprechung und Literatur halten die direkte Anwendung des§ 15 Abs. 1 bis 3 KSchG auf die Änderungskündigung aufgrund des Schutzzwecks der Norm für erforderlich. 402 § 15 KSchG bezwecke den Schutz der Organe der Betriebsverfassung, damit ihre Mitglieder ihre Aufgaben ohne Furcht vor Entlassungen und persönlichen Repressalien wahrnehmen könnten. 403 Ferner solle die personelle Zusammensetzung für die Dauer der Wahlperiode unverändert bleiben, um so eine gewisse Kontinuität bei der Aufgabenwahrnehmung zu gewährleisten. 404 Für das BAG ist schließlich noch wichtig, daß die Betriebsratsarbeit von Streitigkeiten um die Arbeitsbedingungen eines Mitglieds freigehalten werden müsse, weil dies die Betriebsratsarbeit belaste und zu Fehlentscheidungen zugunsten des Arbeitgebers führen könne. 405

400 Deshalb greift die Argumentation von Weber/Lohr, BB 1999, S. 2350 (2351), gegen eine Herausnahme der Massenänderungskündigung aus dem Anwendungsbereich des § 15 KSchGnicht. 401 Statt aller BAG, Urt. v. 20. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 15 Rn. 61. 402 BAG, Urt. v. 24. 4. 1969, AP Nr. 18 zu§ 13 KSchG mit zust. Anm. Wiese; BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969 mit zust. Anm. Beitzke = EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 26 mit abl. Anm. Schwerdtner; BAG, Urt. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu § 15 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 9. 4. 1987, AP Nr. 28 zu § 15 KSchG 1969; KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 18; Hilbrandt, NZA 1997, S. 465 (467); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 59. 403 Begründung des Regierungsentwurfs, abgedruckt in RdA 1951, S. 65; BAG, Urt. v. 24. 4. 1969, AP Nr. 18 zu§ 13 KSchG m. Anm. Wiese; Urt. v. 17. 2. 1983, AP Nr. 14 zu§ 15 KSchG 1969; Kittner/Däubler/Zwanziger, § 15 KSchG Rn. 1. 404 BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969. 405 BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu § 15 KSchG 1969; KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 18; ähnlich Wiese, Anm. zu BAG, AP Nr. 18 zu§ 13 KSchG.

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B. Das System der Änderungskündigung

(1) Arbeitsbedingungen des Betriebsratsmitglieds Dem BAG ist zuzugeben, daß eine Entscheidung dem Betriebsratsmitglied besonders schwer fallen dürfte, wenn auch seine Arbeitsbedingungen geändert werden sollen. In dem Urteil vom 29. 1. 1981 406 führt das BAG die unliebsamen Begleitumstände auf, denen der Kläger als betroffenes Betriebsratsmitglied seitens seines Arbeitgebers ausgesetzt war. Das BAG hat freilich einen Zwischenschritt ausgelassen: Maßgeblich ist zunächst nicht die Belastung des Arbeitnehmers, sondern die Frage, ob § 15 KSchG ihn vor solchen Belastungen überhaupt schützen will. Anhaltspunkte für einen solchen Schutzzweck lassen sich§ 15 KSchG nicht entnehmen. Ein Blick auf§ 15 Abs. 5 S. 1 KSchG macht vielmehr deutlich, daß der besondere Kündigungsschutz einem betrieblichen Zwang zur Kündigung weichen muß. 407 Persönlich betroffen sind darüber hinaus die Betriebsratsmitglieder immer dann, wenn betriebseinheitliche Regelungen, beispielsweise zu den in § 87 BetrVG genannten Tatbeständen, geschaffen werden sollen. Auch dort werden in der Regel Arbeitsbedingungen einzelner oder aller Betriebsratsmitglieder geschaffen oder geändert, ohne daß der Gesetzgeber insoweit einen besonderen Schutz für notwendig gehalten hätte. Richtet sich die Maßnahme gezielt gegen das Betriebsratsmitglied, ist er also von der Maßnahme nicht (nur) als Betriebsangehöriger und Mitglied des Kollektivs betroffen, darf er weder an der Beratung noch an der Abstimmung teilnehmen.408 Es kann folglich auch nicht zu fehlgeleiteten Entscheidungen kommen. Erst recht ist nicht zwingend, daß ein Betriebsratsmitglied der Änderung nur deshalb zustimmt, um von einer drohenden und daher meist auch notwendigen Änderungskündigung verschont zu werden. Bezeichnenderweise hat der Kläger, dessen Situation das BAG in der oben genannten Entscheidung als Beispiel nahm, dem Druck durch die ihm drohende Änderungskündigung nicht nachgegeben. 409

(2) Zusammensetzung des Kollektivorgans Das Argument, die Zusammensetzung des Betriebsrats solle während seiner Amtszeit möglichst unverändert bleiben, hat bei der Änderungskündigung keine Bedeutung. Nimmt das Betriebsratsmitglied die Änderungskündigung unter Vorbehalt an, so ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit das Ausscheiden aus dem Betriebsratsamt (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) gegenstandslos geworden. Die Änderung der Arbeitsbedingungen hat grundsätzlich keinen Einfluß auf sein AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969. Vgl. Hilbrandt, NZA 1997, S. 465 (468). 408 BAG, Urt. v. 23. 8. 1984, AP Nr. 17 zu § 103 BetrVG 1972; Beschl. v. 3. 8. 1999, AP Nr. 7 zu§ 25 BetrVG 1972; Fitting/Kaiser/Heither/Enge/s, § 33 Rn. 37; Richardi, BetrVG, § 33 Rn. 23; Schmidt, NZA 1987, S. 78 (81). 409 BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969. 406

407

III. Kündigung

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Betriebsratsamt Würde sich durch eine Änderung in der Tätigkeit die Angehörigkeit zu einer Gruppe ändern, so bliebe die Zusammensetzung des Betriebsrats doch unverändert (§ 24 Abs. 2 BetrVG). Lediglich wenn es durch eine Änderung des Tätigkeitsortes zu einem endgültigen Ausscheiden aus dem Betrieb kommen sollte, würde der Arbeitnehmer sein Mandat verlieren (§ 24 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG)410 und dadurch der Betriebsrat in seiner Zusammensetzung verändert. 411 Selbst in diesem Fall ist fraglich, ob§ 15 KSchG die Zusammensetzung des Betriebsrats überhaupt schützen will. Es ist zwar richtig, daß die Erschwerung der Kündigungsmöglichkeit zu einer gewissen Beständigkeit der Betriebsratszugehörigkeit führt. Es sprechen aber mehrere Gründe dafür, diesen Umstand nur als Reflex der Norm, nicht als ihren eigentlichen Schutzzweck zu sehen. Die Vorschrift ist Bestandteil des Kündigungsschutzgesetzes; dieses dient ausschließlich dem Schutz des einzelnen Arbeitnehmers vor ungerechtfertigten Kündigungen und nicht dem Schutz betriebsverfassungsrechtlicher Organe. § 15 KSchG schützt demgemäß nur vor Kündigungen, nicht vor sonstigen Beendigungs- oder Änderungstatbeständen des Arbeitsverhältnisses. Die Regelung des § 25 Abs. 1 BetrVG schließlich zeigt, daß es dem Betriebsverfassungsrecht nicht maßgeblich auf die unveränderte Zusammensetzung des Betriebsrats ankommt. Gerade weil ein mehr oder minder zahlreiches Ausscheiden von Betriebsratsmitgliedern aus ihrem Amt betriebliche Regel ist, hat sich der Gesetzgeber für die praxisgerechte Lösung entschieden, Ersatzmitglieder nachrücken zu lassen, sogar schon bei bloßer Verhinderung des Betriebsratsmitglieds. Die Vollständigkeit des Gremiums Betriebsrat ist entscheidend, nicht dagegen seine unveränderte Zusammensetzung.

(3) Schutz vor Repression

Zu Recht weisen Rechtsprechung und Literatur darauf hin, daß die engagiert ausgeübte Betriebsratstätigkeit das Arbeitsverhältnis so sehr belasten kann, daß der Arbeitgeber seine Beendigung oder zumindest seine Änderung erwägt.412 Vor dieser Konsequenz muß das Betriebsratsmitglied geschützt werden, weil sonst nicht erwartet werden kann, daß es sich auf sein Amt konzentriert. Das gilt auch für die Änderungskündigung. Der Arbeitgeber könnte ein in seinen Augen renitentes Betriebsratsmitglied dadurch gefügig machen wollen, daß er ihm eine Tätigkeit zuweist, die diesem nicht gefällt, eine Arbeitszeit, die ihm nicht paßt, oder einen Tätigkeitsort, den er nur unter Schwierigkeiten erreichen kann. Die Angst vor einer solchen Änderungskündigung kann den Arbeitnehmer ebenso behindern wie die vor einer Beendigungskündigung. Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 24 Rn. 29. Darauf verweisen ausdrücklich Huecklv. Hoyningen-Huene, § 15 Rn. 59; BoemkeAlbrecht, BB 1991, S. 541 (543). 41 2 BAG, Urt. v. 24. 4. 1969, AP Nr. 18 zu§ 13 KSchG; Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu § 15 KSchG 1969; KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 18; Matthes, DB 1980, S. 1165 (1166). 410 411

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B. Das System der Änderungskündigung

Der Schutz durch das allgemeine Kündigungsschutzrecht genügt in diesem Fall nicht;413 es besteht immer die Gefahr, daß es der Arbeitnehmer - ließe man die Änderungskündigung zu - aus vielerlei Gründen (Scheu vor gerichtlicher Auseinandersetzung; Unwägbarkeilen der sozialen Rechtfertigung) vorauseilend nicht auf eine Konfrontation mit dem Arbeitgeber ankommen läßt. Fazit ist, daß zwar nicht der Wortlaut, wohl aber der Schutzzweck des§ 15 Abs. 1 bis 3 KSchG es gebietet, die Einzeländerungskündigung dem§ 15 KSchG zu unterstellen. 414

c) Anwendung auf die Massenänderungskündigung

Die Rechtsprechung wendet§ 15 KSchG unterschiedslos auf Einzel- und Massenänderungskündigung an. 415 Die wohl herrschende Literatur stimmt der Anwendung des § 15 KSchG zwar für die Einzel-, nicht aber für die Massenänderungskündigung, bei der die Änderungskündigung die Arbeitsbedingungen einer Gruppe von Arbeitnehmern gleichermaßen ändert, zu. 416 Der Sinn des § 15 KSchG, das Betriebsratsmitglied vor Repressionen des Arbeitgebers zu schützen, um eine effektive Betriebsratsarbeit zu gewährleisten, spiele bei einer Änderungskündigung, die sich gegen eine Vielzahl von Betriebsangehörigen richte, keine Rolle. Im Gegenteil; ein solcher Schutz führe zu einer nicht nachvollziehbaren Privilegierung.417 Die Rechtsprechung verweist demgegenüber auf die untauglichen Abgrenzungskriterien zwischen Einzel- und Massenänderungskündigung. 418 In der Praxis hat die Anwendung des§ 15 KSchG auf die Änderungskündigung gegenüber Betriebsratsmitgliedern zur Folge, daß zwar die Arbeitsbedingungen aller Arbeitnehmer geändert werden können, die der Betriebsratsmitglieder aber nicht. Lösungsalternativen der Praxis, etwa über § 626 BGB, wurden vom BAG 413 So aber LAG Hamm, Urt. v. 23. 6. 1978, DB 1978, S. 1745 (1746); Schwerdtner, Anm. zu BAG, EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 26. 414 Auch BAG und Literatur argumentieren ausdrücklich mit dem Zweck des § 15 KSchG, vgl. nur Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969; KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 18; Hilbrandt, NZA 1997, S. 465 (466 ff.); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 15 Rn. 59. 4 15 BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969; Beseht. v. 6. 3. 1986, Urt. v. 9. 4. 1987, AP Nr. 19,28 zu§ 15 KSchG 1969. 416 Fitting/Kaiser!Heither/Engels, § 103 Rn. 10; Galperin!Löwisch, § 103 Rn. 49; Herschel/Löwisch, § 15 Rn. 43; Hess/Schlochauer!Glaubitz, § 103 Rn. 20; Hilbrandt, NZA 1997, S. 465 (467 f.); GK-BetrVG/ Kraft,§ 103 Rn. 23; Richardi, BetrVG, § 78 Rn. 26; Schwerdtner, Anm. zu BAG, EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 26; Stahlhacke, FS Hanau, S. 281 (285); Stege/Weinspach, § 103 Rn. 3. 417 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 103 Rn. 10; Galperin/Löwisch, § 103 Rn. 49; Herschel/Löwisch, § 15 Rn. 43; Matthes, DB 1980, S. 1165 (1166); Stahlhacke, FS Hanau, S. 281 (285); Schwerdtner, Anm. zu BAG, EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 26; a.A. KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 18; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 15 Rn. 61 ; GK-BetrVG/ Kreutz, § 78 Rn. 46. 418 Zuletzt BAG, Urt. v. 9. 4. 1987, AP Nr. 28 zu§ 15 KSchG 1969; zust. Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 15 Rn. 61.

III. Kündigung

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lange Zeit mit dem Argument abgelehnt, die Tatbestandsvoraussetzungen seien nicht erfüllt. Die fehlende Kündigungsmöglichkeit von Betriebsratsmitgliedern stelle keinen "wichtigen Grund" dar, der so dringlich sei, daß keine Kündigungsfrist einzuhalten sei.419 Mit dieser Rechtsprechung hat das BAG in seiner Entscheidung vom 21. 06. 1995 gebrochen. Anders als 1986, als es dem Arbeitgeber die Berufung auf § 626 BGB verwehrte, bejaht es jetzt die Möglichkeit der außerordentlichen Änderungskündigung eines Betriebsratsmitglieds im Zuge einer Massenänderungskündigung.420

( 1) Der Lösungsweg über die außerordentliche Änderungskündigung

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 KSchG, § 626 BGB ist die Kündigung eines Organmitglieds zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Für dieses außerordentliche Kündigungsrecht sind dieselben Regeln maßgeblich wie für die außerordentliche Kündigung gegenüber allen anderen Arbeitnehmern. 421 Deshalb ist auch die außerordentliche Änderungskündigung von Organmitgliedern an § 626 BGB zu messen. 422 In seiner Entscheidung von 1995 sah das BAG den wichtigen Grund in der "unabweisbaren Notwendigkeit", dem Betriebsratmitglied die Verkaufs- und Kassiertätigkeit statt der bisherigen Tätigkeit als Aufsicht zuzuweisen. Diese Organisationsänderung sei dringlich gewesen, die Änderungskündigung gerechtfertigt aufgrund des dadurch bedingten Wegfall des Arbeitsplatzes und der Notwendigkeit einer einheitlichen Durchführung des Umstrukturierungskonzepts. Dem Ergebnis möchte man gerne zustimmen. Zwar hat der Schutz des Betriebsratsmandats grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Arbeitgebers an dem kostengünstigsten Einsatz seines Personals; der Arbeitgeber kann aber nicht gezwungen werden, Arbeitsplätze künstlich am Leben zu halten, die ohne den § 15 KSchG nicht mehr bestehen würden. Das gilt erst recht, wenn feststeht, daß das Betriebsratsamt nicht Auslöser der Unternehmerischen Entscheidung gewesen ist. Geschützt werden soll die ungehinderte Ausübung des Mandats, nicht die Existenz des Arbeitsplatzes. Wenn die Maßnahme nicht durch das Mandat veranlaßt ist, muß der verfassungsrechtlich geschützte Anspruch des Arbeitgebers auf die bestmögliche Ausübung seiner Erwerbstätigkeit (Art. 12, 14 GG) Vorrang haben. Das BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969. BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. 421 Domdorf/Weller/Hauck!Kriebel!Höland/Neef. § 15 Rn. 84. 422 BAG, Urt. v. 3. 12. 1954, 13. 10. 1955, 13. l. 1956,20. 12. 1961, AP Nr. 2, 3, 4, 16 zu § 13 KSchG; Urt. v. 25. 10. 1962, AP Nr. 21 zu§ 66 BetrVG; Urt. v. 24. 4. 1975, AP Nr. 3 zu § 103 BetrVG 1972; Urt. v. 11. 12. 1975, AP Nr. 1 zu§ 15 KSchG 1969; Urt. v. 16. 10. 1986, AP Nr. 95 zu § 626 BOB; Urt. v. 18. 2. 1993, AP Nr. 35 zu § 15 KSchG 1969; Beschl. v. 20. l. 2000, AP Nr. 40 zu § 103 BetrVG 1972; KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 24; Hueck!v. Hoyningen-Huene, § 15 Rn. 86; GK-BetrVG/ Kraft,§ 103 Rn. 25. 419 420

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B. Das System der Änderungskündigung

ist bei der Massenänderungskündigung, die ohne Rücksicht auf Betriebsratsmandate gleiche Regelungen für alle Betroffenen schafft, regelmäßig der Fall.

(a) Fehlen eines Kündigungsgrundes Der Lösungsweg des BAG kann jedoch nicht überzeugen. 423 Daß die Änderung "unabweisbar notwendig" ist,424 ist auch Voraussetzung der ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung; sie muß, so ausdrucklieh § l Abs. 2 S. l KSchG, "dringlich" sein.425 Ebenfalls notwendig ist aber auch die einheitliche und konsequente Umsetzung. 426 Betriebliche Griinde allein erfüllen die besonderen Anforderungen an den wichtigen Kündigungsgrund nicht. 427 Sie entstehen durch Unternehmerische Entscheidungen, setzen also eine Planung voraus, die schon begrifflich "außer-ordentliche" Maßnahmen nicht rechtfertigen. Bejaht wird die außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Griinden lediglich bei unvorhersehbaren Störungen, die nicht in das wirtschaftliche Risiko des Arbeitgebers fallen und die die Fortführung des Betriebes unmöglich machen. 428 Sie ist ausgeschlossen, wenn sie das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko vollständig auf den Arbeitnehmer verlagert. 429 Einen wichtigen Kündigungsgrund bot der dem BAG 1995 zur Entscheidung vorliegende Sachverhalt nicht. 430 Die konkrete Tätigkeit des Betriebsratsmitglieds sollte sich zwar entscheidend ändern; der Wegfall des Arbeitsplatzes war aber nicht überraschend, sondern beruhte auf einer planvollen Unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, mit der sich sein Risiko, den Mitarbeiter nicht mehr vertragsgemäß beschäftigen zu können, verwirklichte.

423 Ebenso Domdorf!Weller!Hauck/Kriebel/Höland/Neef, § 15 Rn. 71; Hilbrandt, NZA 1997, S. 465 (468 ff.); Löwisch, § 15 KSchG Rn. 52; Preis, Anm. zu BAG, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. 424 So zuletzt BAG, Beschl. v. 20. I. 2000, AP Nr. 40 zu § 103 BetrVG 1972. 425 Statt aller BAG, Urt. v. 15. 6. 1989, AP Nr. 45 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 377 ff. 426 Darauf weist das BAG zu Recht hin, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. 427 Hilbrandt, NZA 1997, S. 465 (468), weist zutreffend darauf hin, daß mit der neuen Rechtsprechung des BAG Zweifel darüber entstanden sind, inwieweit sich der Prüfungsmaßstab des § 15 KSchG noch von dem des § 2 KSchG unterscheidet. 428 BAG, Urt. v. 28. 3. 1985, AP Nr. 86 zu § 626 BGB; KR/ Fischermeier, § 626 BGB Rn. 157; großzügiger dagegen Stahlhacke, FS Hanau, S 281 (288 ff.). 429 Preis, Anm. zu BAG, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. 430 Ebenfalls Hilbrandt, NZA 1997, S. 465 (469); Preis, Anm. zu BAG, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969.

III. Kündigung

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(b) Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung Wollte man mit dem BAG das Vorliegen eines wichtigen Grundes bejahen, müßte hinzukommen, daß dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist. Die Rechtsprechung legte bislang eine fiktive Kündigungsfrist für das Betriebsratsmitglied zugrunde, nämlich diejenige, die einzuhalten wäre, wenn es nicht dem besonderen Kündigungsschutz unterfiele. 431 Die Literatur stellte dagegen auf die verbleibende Vertragsdauer ab,432 hier also auf das Ende der Amtszeit (zuzüglich der einjährigen Kündigungssperre) als den friihestmöglichen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. 433 In seiner Entscheidung vom 21. 6. 1995 hat das BAG auch insoweit die friihere Rechtsprechung aufgegeben. Es stellt nicht mehr auf eine fiktive Kündigungsfrist ab. Das Gericht begrundet dies damit, daß bei einer Änderungskündigung der Bestand des Arbeitsverhältnisses gesichert und damit der Schutzzweck des§ 15 KSchG erfüllt sei; die Zuhilfenahme einer fiktiven Kündigungsfrist sei gekünstelt. 434 Diese Abkehr ist zu begrüßen, zumal die Diskussion um den richtigen Zeitraum ohnehin nur ein Scheingefecht ist. Entscheidend ist, ob der Kündigungsgrund so gewichtig ist, daß mit der Umsetzung nicht zugewartet werden kann.435 Daß die Anforderungen an den Kündigungsgrund anders sind, wenn man anstelle einer fiktiven Kündigungsfrist die verbleibende Amtszeit zugrunde legt, hat die Rechtsprechung zwar behauptet,436 bislang aber nicht schlüssig begründet. Der neue Ansatz des BAG kann freilich nicht darüber hinweghelfen, daß ein wichtiger Grund für die Änderungskündigung nicht vorgelegen hat. Erst recht kann nicht überzeugen, daß es die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber deswegen bejaht hat, weil die Änderung für den Arbeitnehmer zurnutbar war. Eine Interessenabwägung, die voraussetzt, daß zunächst alle gegenläufigen Interessen ermittelt und dann wertend gegenübergestellt werden, stellt das nicht dar. Sachfremd ist darüber hinaus, daß das BAG die lange Verfahrensdauer als Rechtfertigungselement der Interessenahwägung eingeführt hat. Maßgeblich sind, wie bei jeder Kündigung, die Verhältnisse bei Wirksamwerden der Kündigung, also beim Zugang. Zu diesem Zeitpunkt konnte der Arbeitgeber die Verfahrensdauer aber noch nicht kennen, sie also nicht in die Interessenahwägung einstellen. 43 1 BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969; Urt. v. 17. 3. 1988, AP Nr. 99 zu§ 626 BGB; Urt. v. 18. 2. 1993, AP Nr. 35 zu 15 KSchG 1969. 432 Preis, Prinzipien, S. 485; so auch das BAG in sonstigen Fällen ordentlicher Unkündbarkeit, vgl. Urt. v. 14. 11. 1984, AP Nr. 83 zu§ 626 BGB. 433 KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 23. 434 BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969; ablehnend Stahlhacke, FS Hanau, S. 281 (292 ff.). 435 Der Vorschlag von KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 23, der Arbeitgeber könne auch eine soziale Auslauffrist gewähren, ist daher schon im Ansatz verfehlt. 436 Nämlich BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969.

110

B. Das System der Änderungskündigung

(c) Sonderform der außerordentlichen Änderungskündigung? Da das BAG gleichwohl die Änderungskündigung als rechtmäßig ansah, liegt der Schluß nahe, daß es eine neue, nicht den Anforderungen des § 626 BGB folgende außerordentliche Kündigung für Organmitglieder entwickelt hat. Hiernach können Arbeitsbedingungen von Organmitgliedern schon dann ausgewechselt werden, wenn ein nicht nur auf sie zutreffender betrieblicher Grund die Änderung notwendig macht. 437 Ein Gericht kann nur dann neues Recht schaffen, wenn der Gesetzgeber unbewußt eine Regelungslücke gelassen hat. Diese Lücke ist dann durch eine Analogie vergleichbarer Regelungen zu schließen. Dem BAG ist zwar- nach der hier vertretenen Auffassung - zuzugestehen, daß eine planwidrige Lücke vorliegt, denn § 15 KSchG regelt allein die Beendigungskündigung. Eine analoge Anwendung des § 626 BGB auf Fälle einer fehlenden Kündigungsfrist führt jedoch noch nicht zum Ziel, denn eine außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund und nur mit einer unvollständigen Interessenahwägung erfüllt auch nicht die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 626 Abs. 1 BGB. Damit ist die Regelung nicht mehr vergleichbar; der Anwendungsbereich der Analogie wird überspannt. Das BAG umgeht folglich mit seinerneuen Rechtsprechung das Kündigungsverbot des § 15 KSchG, weil es die Anforderungen der ordentlichen Kündigung für eine außerordentliche Kündigung genügen läßt. Es stellt das Organmitglied auch schlechter, als wenn § 15 KSchG von vornherein nicht auf die Massenänderungskündigung von Organmitgliedern angewendet würde, weil der Arbeitgeber noch nicht einmal eine Kündigungsfrist einhalten muß.

(2) Ausdehnung des§ 15 KSchG auf die Massenänderungskündigung?

Rechtfertigt der Sachverhalt, wie in der Entscheidung des BAG vom 21. 6. 1995, eine außerordentliche Kündigung nicht, so muß die Lösung für eine Änderung von Arbeitsbedingungen durch Massenänderungskündigung an der Auslegung des § 15 Abs. 1 KSchG selbst anknüpfen. Wie schon gezeigt, ist § 15 KSchG sowohl im Wortlaut als auch seinem Zweck nach auf die Beendigungskündigung zugeschnitten. So sieht das im übrigen auch das BAG: Diese Vorschrift "geht, wie der Wortlaut deutlich zeigt, von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus und paßt daher insoweit für die vorliegende Ausgangslage der Änderungskündigung nach §§ 2, 15 KSchG nicht."438 Das BAG hat allerdings außer acht gelassen, daß dies für die 437 In seinem Beschl. v. 20. 1. 2000, AP Nr. 40 zu § 103 BetrVG 1972 verneint das BAG einen wichtigen Grund " ... jedenfalls dann ... , wenn schon keine dringenden betrieblichen Erfordernisse für die beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG vorliegen." 438 BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969.

III. Kündigung

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Änderungskündigung von Organmitgliedern schlechthin gilt und § 15 KSchG nur im Wege einer teleologischen Ausdehnung überhaupt auf die Änderungskündigung anwendbar ist. Sinn und Zweck sprechen, wie gesagt, für einen entsprechenden Schutz des Betriebsratsmitglieds vor Einzeländerungskündigungen. Eine (durch seine Betriebsratstätigkeit veranlaßte) Änderungskündigung würde es ähnlichen Beeinträchtigungen aussetzen wie eine Beendigungskündigung. Eine solche erweiternde Auslegung ist aber nur in dem Maße zulässig, als Sinn und Zweck sie rechtfertigen. Ob die Anwendung des§ 15 KSchG auch für die Massenänderungskündigung erforderlich ist, wird im folgenden untersucht.

(a) Zusammensetzung des Kollektivorgans und Arbeitsbedingungen des Betriebsratsmitglieds Wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt annimmt, ändern sich Bestand und Zusammensetzung des Betriebsrats nicht, so daß dieser Gesichtspunkt außer Betracht bleibt. Gegen eine Zulassung der ordentlichen Massenänderungskündigung spricht möglicherweise, daߧ 15 KSchG Auseinandersetzungen über die Änderung von Arbeitsbedingungen von vomherein unterbinden will. Sonst, behauptet Etzel, werde die Amtstätigkeit durch die Ungewißheit des Betriebsratsmitglieds über seine Arbeitsbedingungen belastet.439 Zweifelhaft ist allerdings, ob § 15 KSchG tatsächlich bezweckt, den Arbeitnehmer vor jeder Änderung seiner Arbeitsbedingungen zu bewahren, selbst vor unabweisbar notwendigen Anpassungen, die mit dem Betriebsratsamt nichts zu tun haben. Die Auffassung von Etzel führt über den Schutz des Amtsträgers vor Benachteiligungen hinaus zu einer Bevorzugung vor den anderen Arbeitnehmern und macht seine Arbeitsbedingungen sakrosankt. § 15 KSchG schützt das Betriebsratsmitglied wegen und im Umfange seines Betriebsratsamtes; aus dem Arbeitsverhältnis entläßt er es nicht. Ebensowenig verschont er es vor betrieblichen Notwendigkeiten. Wenn eine Lehre aus den Vorschriften des § 15 Abs. 4 und Abs. 5 KSchG gezogen werden kann, dann die, daß ein weggefallener Arbeitsplatz nicht um des Betriebsratsamtes willen aufrechterhalten werden muß.440 Auf die Änderungskündigung übertragen heißt das, daß kein Arbeitnehmer ein Recht auf Beibehaltung seiner Arbeitsbedingungen hat, wenn betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, solange sichergestellt ist, daß nicht das Betriebsratsamt Ursache der Änderung ist.

(b) Kollektive Maßnahme Verboten nach § 15 KSchG sind alle Änderungen, wenn und soweit sie durch die Betriebsratstätigkeit des Arbeitnehmers veranlaßt sind. Maßnahmen, die alle 439 440

KR/ Etzel, § 15 KSchG Rn. 18. Hilbrandt, NZA 1997, S. 465 (468).

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B. Das System der Änderungskündigung

Arbeitnehmer gleichermaßen betreffen, weil sie sich entweder auf die ganze Belegschaft oder auf einen Teil davon beziehen, können nicht durch die Betriebsratstätigkeit veranlaßt sein. Dasselbe muß für eine Änderungskündigung gelten, die eine solche Maßnahme umsetzt. Die Anwendung des § 15 KSchG auf die Massenänderungskündigung hielt das BAG deshalb für zwingend, weil es keine geeigneten Kriterien fand, um eine Massenänderungskündigung von der Einzeländerungskündigung zu unterscheiden. 441 In der schon mehrmals genannten Entscheidung vom 21. 6. 1995 ging das BAG auf diesen Einwand nicht mehr ein,442 obwohl sich auch bei der Lösung über die außerordentliche Änderungskündigung dieses Problem stellt. Dem Tatbestand des Beschlusses läßt sich entnehmen, daß die Maßnahme einige Arbeitnehmer betraf, darunter zu einem geringen Prozentsatz Betriebsratsmitglieder. Mehrmals bemüht das Gericht den Begriff der "generellen Maßnahme", ohne aber genauere Kriterien dafür vorzustellen. Möglicherweise Jassen sich aus der Rechtsprechung zu § 87 BetrVG taugliche Unterscheidungskriterien gewinnen. Die Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. I BetrVG werden mit Ausnahme der Nm. 5 und 9 erst dann aktiviert, wenn die geplante Maßnahme des Arbeitgebers kollektiver Natur ist. 443 Generell oder kollektiv ist eine solche Maßnahme, wenn sie nicht an einen Einzelfall anknüpft, an die besondere Situation eines Arbeitnehmers, sondern sich auf den ganzen Betrieb oder auf eine Gruppe von Arbeitnehmern bezieht, mag auch nur ein Arbeitsplatz tatsächlich betroffen sein.444 Einer unreflektierten Übertragung dieses Ansatzes auf die Massenänderungskündigung steht aber die fehlende Vergleichbarkeit von Sinn und Zweck entgegen. Bei § 87 BetrVG handelt es sich um ein Kernstück der Mitbestirnmung. 445 Da es darum geht, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht leerlaufen zu lassen, ist im Zweifel davon auszugehen, daß die vom Arbeitgeber geplante Maßnahme kollektiver Natur ist. 446 Dagegen soll bei der Massenänderungskündigung das Organmitglied so gut wie möglich von einer diskriminierenden Maßnahme verschont bleiben. Zum Schutze des Betriebsratsmitglieds muß hier also definitiv feststehen, daß es sich um eine generelle Maßnahme handelt, die originär nicht auf die Angehörigen des Betriebsrats zielt. Damit gilt folgendes: Läßt sich bei einer Änderungskündigung nicht zweifelsfrei feststellen, daß sie ohne Ansehung von Einzelpersonen an generelle Tatbestände anknüpft, so spricht dieser Zweifel gegen die Kollektivität der Maßnahme. Vor441 BAG, Urt. v. 29. 1. 1981, AP Nr. 10 zu§ 15 KSchG 1969; Beschl. v. 6. 3. 1986, Urt. v. 9. 4. 1987, APNr. 19,28 zu§ 15 KSchG 1969. 442 BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969.

Statt aller GK-BetrVG I Wiese, § 87 Rn. 20m. w. N. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 87 Rn. 15m. w. N. 445 Fitting I Kaiser I HeitherI Engels, § 87 Rn. 2. 446 BAG, Beschl. v. 16. 7. 1991, AP Nr. 44 zu§ 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; vgl. Fitting/ Kaiser I Heither I Engels, § 87 Rn. 131 , 410 ff. 443

444

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

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sieht ist also immer dann geboten, wenn tatsächlich nur das Betriebsratsmitglied betroffen ist. Ein Zweifel ist andererseits ausgeschlossen, wenn sich die Maßnahme - wie in den Entscheidungen vom 21. 6. 1995 und vom 20. I. 2000447 - auf eine Reihe von Arbeitnehmern bezieht, unter denen sich zufällig Organmitglieder befinden. Eine durch Massenänderungskündigung durchsetzbare Maßnahme ist also auf der einen Seite von der Stellung der Arbeitnehmer bestimmt: Es muß mindestens ein Arbeitnehmer betroffen sein, der nicht Betriebsratsmitglied ist. Andererseits ist sie bestimmt durch eine strenge Anknüpfung an betriebsorganisatorische Verhältnisse: Es muß eine ganze Abteilung betroffen sein, eine Arbeitsschicht oder eine betriebsweite Funktion, die abgeschafft werden soll. So verstanden ist der Begriff der generellen Maßnahme judikabel, vorhersehbar und tauglich, eine auf das einzelne, individuelle Arbeitsverhältnis bezogene Änderungskündigung von einer Massenänderungskündigung abzugrenzen. Steht fest, daß der Änderungskündigung eine solche generelle Maßnahme zugrunde liegt, ist die Anwendung des § 15 KSchG auf die Änderungskündigung eines Betriebsratsmitglieds vom Zweck dieser Vorschrift her nicht geboten und damit auch nicht legitim. Die Massenänderungskündigung ist also auch gegenüber dem Betriebsratsmitglied wirksam.

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen Nachdem feststeht, unter welchen Voraussetzungen die in der Änderungskündigung enthaltene Kündigung wirksam ist, wendet sich die Arbeit dem nächsten Tatbestandsmerkmal zu, dem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen. Erst das Änderungsangebot besagt, in welchem Umfang, "wie" das Arbeitsverhältnis geändert werden soll. Die Änderung selbst wird nicht durch die Änderungskündigung erreicht, sondern durch den Änderungsvertrag, der durch Annahme des in der Änderungskündigung enthaltenen Arbeitgeberangebots zustande kommt. Da nach der Vertragslehre der Adressat des Angebots dieses nur uneingeschränkt annehmen oder ablehnen kann, ist ein wirksames Angebot zum Abschluß des Änderungsvertrages notwendig. Es stellt sich daher die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Änderungsangebot wirksam ist, und welche Auswirkungen ein unwirksames Angebot auf die Änderungskündigung insgesamt hat.

447 BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969; Beschl. v. 20. 1. 2000, AP Nr. 40 zu§ 103 BetrVG 1972.

8 Wallner

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B. Das System der Änderungskündigung

1. Inhalt und Begriff der "Änderung der Arbeitsbedingungen" Das Vertragsangebot muß auf die Änderung einer oder mehrerer Arbeitsbedingungen gerichtet sein. a) Arbeitsbedingung

Auf den Begriff der Arbeitsbedingung gehen Rechtsprechung und Literatur kaum ein. Im allgemeinen wird man darunter Inhalt und Umfang der Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien aus dem von ihnen begrundeten Rechtsverhältnis zu verstehen haben. Der Änderungskündigung unterliegen nicht nur die ausdriicklichen vertraglichen Vereinbarungen, denn der Arbeitsvertrag enthält in der Praxis bekanntlich nur ein Grundgeriist von Rechten und Pflichten. Es sind vielmehr alle Bedingungen, zu denen der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt und die zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien stehen, der Änderung durch Änderungskündigung zugänglich. b) Änderung

Änderung ist jede qualitative und quantitative Abweichung vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Ohne eine solche Abweichung fehlt es an dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der "Änderung". Das zeigt eine Entscheidung des BAG von 1975. Der Arbeitgeber hatte dort in einem Schreiben an den Arbeitnehmer angekündigt, er werde das "bestehende Arbeitsverhältnis im Wege der Änderungskündigung kündigen ..." Es sollte sich jedoch weder an der zu verrichtenden Tätigkeit noch an der Bezahlung (Tarifgruppe VIII BAT) etwas ändern. Das BAG kam zu dem Schluß, daß eine Änderung der Arbeitsbedingungen nicht gewollt war und das Schreiben somit auch keine Änderungskündigung enthielt. 448 Eine "Änderung" im Sinne des § 2 S. 1 KSchG liegt auch dann vor, wenn Leistungen geändert werden, die der Arbeitgeber freiwillig, d. h. ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs, und widerruflich erbringt. Deshalb ist die Kürzung oder Streichung von freiwillig gezahlten Gratifikationen eine Änderung von Arbeitsbedingungen. Eine Änderungskündigung würde freilich an der Unwirksamkeit ihres Kündigungselements scheitern, da das Instrument der Kündigung zur Änderung der Arbeitsbedingungen nicht erforderlich ist; schließlich kann der Arbeitgeber eine freiwillige Leistung durch Ausübung seines Widerrufsrechts einstellen. 449

448 449

BAG, Urt. v. 10. 12. 1975, AP Nr. 90 zu§§ 22, 23 BAT. s. oben S. 68 f.

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

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c) Wirksamkeitsvoraussetzungen des Angebots Für die Bestimmtheit des Arbeitgeberangebots zum Änderungsvertrag gelten keine anderen Kriterien als für den ursprunglieh abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Das Angebot des Arbeitgebers muß inhaltlich so eindeutig und bestimmt (oder zumindest bestimmbar) sein, daß es der Arbeitnehmer durch seine bloße Zustimmung annehmen kann. Das ergibt sich aus den §§ 145 ff. BGB. Nach § 2 KSchG muß der Arbeitnehmer das Angebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung innerhalb der Frist des § 2 S. 2 KSchG annehmen; das setzt Annahmefähigkeit des Angebots voraus. Der Arbeitnehmer muß erkennen können, daß ihm der Arbeitgeber ein Änderungsangebot unterbreitet ("ob") und welchen Einfluß die Änderung auf seine Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis hat ("wie"). 450 Empfehlenswert ist es, den neuen Arbeitsbedingungen die bisherigen gegenüberzustellen. Notwendig ist das aber nicht. Überflüssig ist auch der Satz, daß die "übrigen Arbeitsbedingungen unverändert fortgelten", denn dies läßt sich unschwer durch Auslegung ermitteln. Zulässig sind regelmäßig Verweisungen auf höherrangiges Recht. Solche Verweisungen z. B. auf Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge dürfen aber nicht dazu führen, daß das Angebot in sich widerspruchlieh wird und der Arbeitnehmer aufgrund dessen nicht mehr Klarheit darüber gewinnen kann, wie sich seine Arbeitsbedingungen ändern sollen.451

d) Folgen bei Mängeln des Angebots Grundsätzlich erstreckt sich die Unwirksamkeit eines Teils der Änderungskündigung auch auf ihre übrigen Teile. 452 Von der Unwirksamkeit des Änderungsangebots ist also auch das Kündigungselement betroffen. Allerdings sind hier einige Besonderheiten zu beachten. Ein von vornherein fehlendes Änderungsangebot hat für das Kündigungselement. unter Umständen eine andere Bedeutung als ein ledig-

Hromadkal Maschmann/Wallner; Der Tarifwechsel, Rn. 285. LAG Hamm, Urt. v. 25. 7. 1986, LAGE Nr. 4 zu § 2 KSchG. Der Arbeitgeber eines Verkehrsbetriebes beschloß, in Abweichung von der bisherigen Übung und in Befolgung des einschlägigen Tarifvertrages nur noch die Fahrtzeit seiner Omnibusfahrer zu vergüten, und sprach zu diesem Zweck eine Änderungskündigung aus des Inhalts, daß sich die Arbeitszeit "um die zu gewährenden unbezahlten Pausen und unbezahlten Arbeitsunterbrechungen verlängert". Gleichzeitig legte er seinem Änderungsangebot die Regelungen einer Betriebsvereinbarung zugrunde, die fahrplanbedingte Pausen als bezahlte Arbeitszeit bestimmte. Das LAG Hamm hat mangels Bestimmtheit des Angebots das Vorliegen einer wirksamen Änderungskündigung verneint. Das BAG ist der Auslegung des Kündigungsschreibens durch das LAG nicht gefolgt (Urt. v. 9. 2. 1989, RzK I 7a Nr. 15), da das LAG - falschlieh -die als Betriebspause bezeichnete Lenkunterbrechung mit dem Begriff der Ruhepause im Sinne der AZO gleichsetzte, und hat die Änderungskündigung (erst) an der Verhältnismäßigkeit scheitern lassen. 452 Ausführlich oben S. 43 ff. 450 451

8*

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B. Das System der Änderungskündigung

lieh fehlerhaftes Angebot. Außerdem läßt die Möglichkeit, die Kündigung mit oder ohne Bedingung zu erklären, unterschiedliche Lösungen zu.

( 1) Fehlendes Angebot

Die bereits erwähnte Entscheidung des BAG aus dem Jahre 1975 betraf den Fall, daß ein Angebot überhaupt nicht abgegeben werden sollte. 453 Der mangels Änderungsangebot verbleibenden Kündigung maß das BAG offenbar keine rechtliche Bedeutung bei, denn es wies den Feststellungsantrag des Arbeitnehmers als unbegründet zurück. Die rechtliche Würdigung, so der Senat, führe zu dem Ergebnis, daß die Parteien nicht um die Änderung von Arbeitsbedingungen, sondern um die Rechtsfrage stritten, ob die Tätigkeit des Arbeitnehmers die Einordnung in die Vergütungsgruppe VIII BAT rechtfertige, oder ob dieser überbezahlt werde. Der Arbeitgeber hatte also - so wird man die Ausführung des Gerichts ergänzen müssen in seinem Schreiben nur eine bestimmte "Rechtsauffassung" zum Ausdruck gebracht und eine Kündigung entgegen seiner Wortwahl nicht ausgesprochen. Diese Begründung ist zweifelhaft, denn ob eine Kündigung vorliegt oder nicht, entscheidet sich nicht nach dem inneren Willen des Arbeitgebers, sondern nach dem objektiven Empfängerhorizont des Arbeitnehmers. Diesbezüglich lassen die Ausführungen in den Gründen auch einen anderen Schluß zu.454 In der Sache mag man dem BAG recht geben, denn eine "Kündigung", die den Arbeitsvertrag unberührt lassen will, bezweckt erst recht nicht seine Beendigung und stellt deswegen schon keine Kündigung dar. Ein Angebot ist schließlich nur dann ein Angebot, wenn es vom Arbeitnehmer angenommen oder abgelehnt werden kann. In zwei Entscheidungen der Arbeitsgerichte Mannheim und Solingen455 ließ das Arbeitgeberschreiben ein wirksames Angebot vermissen, "dessen Annahme im freien Willen des Gekündigten steht". Der Hinweis des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer künftig nur noch in Normalschicht zu beschäftigen,456 gibt dem Arbeitnehmer ebensowenig die Möglichkeit der Annahme wie die Mitteilung, die Akkordsätze würden "gekündigt und um 20 % gesenkt. " 457 Konsequent fehlte auch jeder Hinweis darauf, was geschehen würde, wenn der Arbeitnehmer ablehnte. Da somit der Arbeitgeber einzelne ArBAG, Urt. v. 10. 12. 1975, AP Nr. 90 zu§§ 22, 23 BAT. BAG, Urt. v. 10. 12. 1975, AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT (unter 1): "Da unstreitig ... Arbeitsbedingungen der Klägerin nicht haben geändert werden sollen, ist entgegen der ursprünglich übereinstimmenden Auffassung beider Prozeßparteien in dem Schreiben ... eine Änderungskündigung i.S. des § 2 KSchG nicht enthalten ..." (Hervorhebung durch den 453 454

Verf.). 455 ArbG Mannheim, Urt. v. 9. 12. 1981, BB 1982, S. 1613; ArbG Solingen, Urt. v. 10. 5. 1977, ArbuR 1979, S. 27. 456 ArbG Mannheim, Urt. v. 9. 12. 1981, BB 1982, S. 1613. 457 ArbG Solingen, Urt. v. 10. 5. 1977, ArbuR 1979, S. 27.

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

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beitsbedingungen einseitig ändern wollte, war nach Auffassung der Gerichte eine Teilkündigung ausgesprochen worden, die - mangels eines entsprechenden Vorbehalts im Arbeitsvertrag- unwirksam war. 458

(2) Unvollständiges, unbestimmtes oder widersprüchliches Angebot Etwas anderes gilt möglicherweise, wenn ein Angebot zwar vorliegt, aber unvollständig, unbestimmt oder widerspriichlich ist. In einer Entscheidung des LAG Hamm, das über ein durch Verweisung auf einen nachwirkenden Tarifvertrag widerspriichliches Änderungsangebot zu befinden hatte, wird festgestellt, daß infolge der fehlenden Bestimmtheit des Änderungsangebotes "die Änderungskündigung ... rechtsunwirksam" sei; das läßt den Schluß zu, daß das LAG von einer Änderungskündigung ausgegangen ist. 459 Dagegen entschied das LAG Rheinland-Pfalz in dem Fall, in dem der Arbeitgeber einen Wechsel der Vergütungsgruppe durchsetzen wollte, daß auch ein mit "Änderungskündigung" überschriebener Brief keine Änderungskündigung im Rechtssinne enthalte, wenn das Angebot die neue Vergütungsgruppe nicht erkennen lasse. 460 Beide Gerichte priifen im Detail, worin die Fehlerhaftigkeit des Arbeitgeberangebots liegt und kommen gleichermaßen zu dem Ergebnis, daß das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht. Beide Entscheidungen setzen aber auch voraus, daß ein fehlerhaftes Angebot die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung nach sich zieht, ohne das zu begriinden. Festzustellen ist zunächst, ob bei einem derart fehlerhaften Angebot eine Änderungskündigung im Sinne des § 2 KSchG überhaupt gegeben ist. Kann der Arbeitnehmer eine Änderung nicht mit dem in § 2 KSchG beschriebenen Vorbehalt annehmen, weil das Angebot nicht "zur Annahme" durch den Arbeitnehmer "bestimmt" ist (wenn der Arbeitgeber ihm die Geltung der neuen Bedingungen schlicht vorschreibt) oder weil dem Arbeitnehmer die Annahme aus tatsächlichen Griinden nicht möglich ist (wenn er nicht weiß, was ihm der Arbeitgeber anbietet), so fällt der Schutz des § 2 KSchG aus. Fehlt das Angebot überhaupt, ist es infolge fehlender Bestimmbarkeit nicht durch ein schlichtes "Ja" seitens des Arbeitnehmers annehmbar oder eröffnet es nur die Chance einer anschließenden Weiterbeschäftigung zu (noch) unbekannten Bedingungen, so liegt - entgegen der Auffassung des LAG Hamm461 - schon begrifflich keine Änderungskündigung vor. Es stellt sich dann allerdings die Frage, welche Folgerungen für die Kündigungserklärung zu ziehen sind. Die Landesarbeitsgerichte Hamm462 und Rheinland-Pfalz463 haben den Kündigungsschutzklagen stattgegeben, ohne diese Frage 458 Zur Teilkündigung ausführlich Hromadka, RdA 1992, S. 234 (251). LAG Hanun, Urt. v. 25. 7. 1986, LAGE§ 2 KSchG Nr. 4. LAG Rhein1and-Pfa1z, Urt. v. 6. 2. 1987, LAGE§ 2 KSchG Nr. 6. 461 LAG Hanun, Urt. v. 25. 7. 1986, LAGE§ 2 KSchG Nr. 4. 462 LAG Hamm, Urt. v. 25. 7. 1986, LAGE§ 2 KSchG Nr. 4.

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B. Das System der Änderungskündigung

zu problematisieren. Durch Auslegung ist zunächst zu klären, ob der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausgesprochen, also im Zusammenhang mit der Kündigung eine Änderung der Arbeitsbedingungen angeboten hat. 464 Ist eine solche Verknüpfung aus Sicht des Empfängers feststellbar, sind aufgrund der Möglichkeiten, eine Änderungskündigung zu erklären,465 drei Fälle zu unterscheiden. Ist die Kündigung unter der aufschiebenden Bedingung ausgesprochen, daß der Kündigungsempfänger das Angebot nicht annimmt, so ist die Kündigung zunächst schwebend unwirksam, bis die Zeit, in der vereinbarungsgemäß die Annahme hätte erfolgen sollen, verstrichen oder das Angebot endgültig abgelehnt ist. Eine Annahme ist dem Kündigungsempfänger bei einem rechtlich unzureichenden Angebot allerdings unmöglich; die Bedingung fällt aus. Eine unmögliche aufschiebende Bedingung führt nicht lediglich die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts der Kündigung- herbei; es ist vielmehr von Anfang an unwirksam. 466 Anders ist es, wenn die Kündigung unter der auflösenden Bedingung der Annahme des Änderungsangebots steht. Auch hier ist die Bedingung unmöglich und fällt aus; da sie das Rechtsgeschäft - Kündigung - niemals auflösen kann, bleibt dieses gültig. Gültig bleibt die Kündigung auch, wenn Angebot und Kündigung zwar im Zusammenhang, aber ohne Bedingung i. S. d. § 158 BGB abgegeben wurden. Das Fehlen eines ordnungsgemäßen Angebots hat in diesen beiden Fällen keinen unmittelbaren Einfluß auf die Wirksamkeit der Kündigung. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die mangels Änderungsangebots isolierte Beendigungskündigung rechtswirksam ist und das Arbeitsverhältnis beenden kann. Dieses Ergebnis ist weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber gewollt, da letzterer lediglich eine Änderung des Arbeitsverhältnisses erstrebte. Hier hilft wiederum der Umstand, daß die Änderungskündigung ein einheitlich gewolltes Rechtsgeschäft darstellt. Infolgedessen erstreckt sich die Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts (hier des Angebots) im Zweifel auf das ganze Rechtsgeschäft467 (die Änderungskündigung, also auch auf die Kündigung). Nichts anderes besagt § 139 BGB, der in diesem Fall unmittelbar anwendbar ist, da bei Unwirksamkeit des Änderungsangebots ein abtrennbares Rechtsgeschäft, nämlich die Kündigung, übrig bleibt. 468 Die Nichtigkeit des Änderungsangebots hat demnach immer auch die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge, unabhängig davon, ob sie (aufschiebend oder auflösend) bedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde.

LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 6. 2. 1987, LAGE§ 2 KSchG Nr. 6. APS/ Künzl, § 2 KSchG Rn. 8 f., 16. 465 Oben S. 29 ff. und S. 34 ff. 466 Palandt/ Heinrichs, Rn. 11 vor § 158 BGB. Es bedarf deshalb auch nicht des § 139 BGB, vgl. Staudinger I Roth, § 139 BGB Rn. 46. 467 Oben S. 43 ff. 468 Vgl. BAG, Urt. v. 29. 6. 1988, AP Nr. 2 zu § 72 LPVG NW; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (634). 463

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IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

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Somit bleibt festzuhalten: Der Arbeitgeber, der eine Änderungskündigung ausspricht, beabsichtigt die Änderung der Arbeitsbedingungen, nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es soll vom Arbeitnehmer abhängen, ob es zu einer Änderung oder zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt. Daß ein unwirksames Angebot, weil verbunden mit einer gleichwohl wirksamen Kündigung, das Arbeitsverhältnis beendet, entspricht nicht dem Parteiwillen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß ein redlich handelnder Arbeitgeber die Kündigung nicht aufrechterhalten will, wenn die Annahme des Angebots dem Gekündigten aus Rechtsgründen unmöglich ist. Im Ergebnis haben das LAG Hamm und das LAG Rheinland-Pfalz daher zu Recht die Änderungskündigung insgesamt als unwirksam angesehen.

2. Änderungskündigung auch bei befristeter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses? Die eben geschilderten Voraussetzungen, die ein Änderungsangebot im Zuge einer Änderungskündigung erfüllen muß, ergeben sich aus den allgemeinen Lehren zum Vertragsrecht und unterscheiden sich nicht von Anträgen auf Abschluß anderer Verträge. Zwingend muß das Angebot aber auf die Änderung bestehender Arbeitsbedingungen gerichtet sein, und damit nicht auf die Beendigung, sondern auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Nur wenn das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird, ist es überhaupt sinnvoll, die Arbeitsbedingungen zu ändern. Begrifflich bedeutet die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zunächst nur, daß der Arbeitnehmer Betriebszugehöriger bleibt. Die Fortsetzung verlangt weder die Aufrechterhaltung der Tätigkeit noch die der Arbeitszeit noch die des Entgelts; im Hinblick auf § 613a BGB verlangt sie nicht einmal, daß die Person des Arbeitgebers dieselbe bleibt. Im übrigen können die Parteien bestimmen, daß ein früheres Arbeitsverhältnis in dem neuen aufgehen soll; das ist regelmäßig der Fall, wenn frühere Beschäftigungszeiten auf den neuen Arbeitsvertrag angerechnet werden sollen. Voraussetzung ist aber, daß das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird. Der Arbeitnehmer muß vor und nach der Änderung in einem unselbständigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Schafft der Arbeitgeber aufgrund einer innerbetrieblichen Umstrukturierungsmaßnahme alle Arbeitsplätze oder auch nur eine bestimmte Anzahl ab und bietet er seinen so freigewordenen Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Kündigung "Partnerschaftsverträge" an, so handelt es sich nicht um eine Änderungskündigung.469 Vielmehr ist eine reine Beendigungskündigung anzuneh469 BAG, Urt. v. 9. 5. 1996, AP Nr. 79 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. Zur Abgrenzung zur unzulässigen Austauschkündigung vgl. BAG, Urt. v. 26. 9. 1996, AP Nr. 80 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, und LAG Bremen, Urt. v. 2. 12. 1997, LAGE§ 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47.

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B. Das System der Änderungskündigung

men, die wirksam ist, wenn die Umstellung als freie Unternehmerentscheidung weder offensichtlich willkürlich noch unsachlich ist. 470 Voraussetzung solcher Verträge ist freilich, daß die Mitarbeiter nunmehr auf selbständiger Basis tätig sind, also keiner umfassenden Einflußnahme auf Inhalt, Ort und Zeit der Dienstleistung mehr unterliegen. 471 Die Notwendigkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses leitet über zu der Frage, ob der Arbeitgeber mittels Änderungskündigung auch eine Befristung des Arbeitsverhältnisses durchsetzen darf. Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet mit Zeitablauf; mangels Kündigung findet sowohl der besondere als auch der allgemeine Kündigungsschutz auf die Beendigung dieses Arbeitsverhältnis keine Anwendung. 1984 entschied das BAG über den Fall einer Aushilfslehrerin, die nur noch befristet weiterbeschäftigt werden sollte, weil dem Arbeitgeber nunmehr eine ausreichende Zahl von vollqualifizierten Lehrern zur Verfügung stand. 472 Das Gericht verneinte trotz des im Zusammenhang mit der Kündigung stehenden Änderungsangebots auf befristete Fortsetzung eine Änderungskündigung und nahm statt dessen eine (echte) Beendigungskündigung an. 1996 stand der Fall eines Hochschulassistenten zur Prüfung an, der, vormals unbefristet beschäftigt, im Zuge der Neuregelung der Hochschulgesetze in den neuen Bundesländern nur noch befristet weiterbeschäftigt werden sollte.473 Unter Aufgabe seiner Rechtsprechung von 1984 ist das BAG vom Vorliegen einer Änderungskündigung ausgegangen.

a) Die Begründung des BAG Die Entscheidung von 1984 wird von der Feststellung getragen, daß eine Befristung nur auf ihre sachliche Rechtfertigung nach den Grundsätzen, die das BAG entwickelt hat, nicht aber auf die soziale Rechtfertigung nach § 1 KSchG überprüft werden kann. 474 Diese These ist von der Literatur überwiegend abgelehnt worden.475 Es gehe zunächst nur darum, ob eine Kündigung mit dem Angebot zu be470 LAG Köln, Urt. v. 28. 6. 1996, LAGE§ I KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 40; Hromadka!Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 10 Rn. 199; KR/ Etzel, § 2 KSchG Rn. 615; ab!. Preis, NZA 1997, S. 1073 (1079). 471 Ausführlich zur Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selbständigen Hromadka, NZA 1997, S. 569 ff. 472 BAG, Urt. v. 17. 5. 1984, AP Nr. 21 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m. krit. Anmerkung v. Hoyningen-Huene. 473 BAG, Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 78 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 474 BAG, Urt. v. 17. 5. 1984, AP Nr. 21 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 475 v. Hoyningen-Huene, Anm. zu BAG, AP Nr. 21 zu § I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 9 ff.; Plander. NZA 1993, S. 1057 (1061 ff.); KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 10a; Schaub, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (74). Zustimmend dagegen Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 467; Kittner/ Trittin, 2. Aufl., § 2 KSchG Rn. 6, 161 (verneinend ab der 3. Aufl., s. Kittner I Däubler ! Zwanziger. § 2 KSchG Rn. 161); Löwisch, NZA 1988, S. 633 (634); Schulin, SAE 1986, S. 279.

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

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fristeter Weiterbeschäftigung eine Änderungskündigung sei, nicht um die Frage, nach welchem Kriterium die Zulässigkeit einer Befristung zu beurteilen sei. Der Übergang von einer unbefristeten auf eine befristete Beschäftigung bedeute nichts anderes als die Änderung einer Arbeitsbedingung, auf die § 2 KSchG sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seinem Sinn und Zweck Anwendung finde. 476 Im Rahmen der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung sei durchaus überprüfbar, ob die Umwandlung in ein befristetes Arbeitsverhältnis angemessen sei.477 Das BAG hat sich dieser Kritik in seiner Entscheidung von 1996 im wesentlichen angeschlossen und die frühere Rechtsprechung aufgegeben. Bei einer mit dem Angebot befristeter Weiterbeschäftigung verbundenen Kündigung liege begrifflich eine Änderungskündigung vor. Es sei nicht einzusehen, weshalb dem Arbeitnehmer die zusätzliche Wahlmöglichkeit des§ 2 KSchG verwehrt werde. 478

b) Folgen der Anwendung des§ 2 KSchG Die Streitfrage, ob eine Änderungskündigung, durch die ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in ein befristetes überführt werden soll, zulässig ist, ob also § 2 KSchG auf eine solche Konstruktion anwendbar ist, entscheidet nicht nur darüber, ob der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, die soziale Rechtfertigung der Änderung zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen, sondern ist auch maßgeblich für den Prüfungsumfang. Spricht nämlich der Arbeitgeber eine Kündigung aus, in deren Zusammenhang er die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbietet, und handelt es sich hierbei nicht um eine Änderungskündigung, so unterfällt sie als reine Beendigungskündigung dem § 1 Abs. 2 KSchG direkt. 479 Lehnt der Arbeitnehmer das Angebot ab, ist zu prüfen, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sozial gerechtfertigt ist. Eine Beschäftigung zu den angebotenen Arbeitsbedingungen kommt nicht mehr in Frage, denn durch die Ablehnung ist das Angebot erloschen (§ 146 BGB). Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot dagegen an, dann tritt zum vorgesehenen Zeitpunkt die Änderung der Arbeitsbedingungen ein, ohne daß der Arbeitnehmer die soziale Rechtfertigung überprüfen lassen kann. Erst bei Ablauf des Vertrages kann er - unter Beachtung der Klagefrist des § 17 S. 1 TzBfG480 - die Befristung auf ihre sachliche Rechtfertigung hin untersuchen las476 v. Hoyningen-Huene, Anm. zu BAG, AP Nr. 21 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 9; Schaub, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (74). 477 Schaub, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (74). 478 Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 78 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; zuvor schon die Vorinstanz, LAG Berlin, Urt. v. 3. 7. 1995, LAGE§ 2 KSchG Nr. 17. 479 Das BAG prüft in seiner Entscheidung vom 17. 5. 1984, AP Nr. 21 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, ebenfalls die soziale Rechtfertigung einer Beendigungskündigung. 480 Art. 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen vom 21. 12. 2000, BGBI. I S. 1966. Die

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B. Das System der Änderungskündigung

sen. Die Möglichkeit, das Angebot unter der Voraussetzung anzunehmen, daß das Angebot auch sozial gerechtfertigt ist, gibt es wegen§ 150 Abs. 2 BGB nicht. Dies entspricht im Ergebnis der Rechtslage, wie sie vor dem Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz vom 14. 8. 1969 bestanden hat. Gegen die Entscheidung des BAG aus dem Jahre 1984 wurde deshalb von der Literatur vorgebracht, durch die Nichtanerkennung einer Änderungskündigung auf diesen Sachverhalt verkürze das BAG den Kündigungsschutz des Arbeitnehmers. 481 Hält man dagegen eine Änderung vom unbefristeten zum befristeten Arbeitsverhältnis mittels einer Änderungskündigung für möglich, so hat die Anwendung des § 2 KSchG folgende Konsequenz: Nimmt der Arbeitnehmer das befristete Angebot rechtzeitig unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an, so ist die Änderung auf ihre soziale Rechtfertigung überprüfbar. Nach der h. M. ist die Wirksamkeit der Befristung eine Vorfrage der sozialen Rechtfertigung. 482 Besteht für die Befristung kein sachlicher Grund, ist das Änderungsangebot für den Arbeitnehmer nicht zumutbar. 483 Nur wenn der Arbeitnehmer das befristete Angebot widerspruchslos annimmt oder die Frist zur Erklärung des Vorbehalts verstreichen läßt, bleibt es bei der Änderung (vgl. § 7 Hs. 2 KSchG). Fraglich ist dann lediglich, ob die Befristung (die Kündigung selbst ist durch die Annahmeerklärung des Arbeitnehmers erloschen) auf ihre sachliche Rechtfertigung hin gerichtlich überprüft werden kann. Hätten die Parteien die Befristung von Anfang an vereinbart, so würde eine Befristungskontrolle stattfinden. Deshalb soll - ungeachtet der vorbehaltlosen Zustimmung des Arbeitnehmers - auch hier eine Überprüfung der Befristung stattfinden, denn das Kündigungsschutzgesetz schließe nicht aus, die Änderungskündigung wegen sonstiger Unwirksarnkeitsgründe anzugreifen.484 Widerspricht der Arbeitnehmer schließlich dem Angebot, so bleibt es bei einer Beendigungskündigung, die im Rahmen einer Kündigungsschutzklage daraufhin überprüft wird, ob die Änderung (nicht die Beendigung!) sozial gerechtfertigt ist.485 Weil das befristeVorschrift des § I7 S. I TzBfG entspricht dem früheren § I Abs. 5 BeschFG I996, der durch das Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung v. 25. 9. I996, BGBI. I S. I476, eingeführt wurde; zu dieser Regelung KR I Lipke, § I BeschFG I996 Rn. 171 ff. 481 Statt aller Plander; NZA 1993, S. 1057 (1062). 482 So jetzt auch das BAG, Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 78 zu § l KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 9a: "Hier ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt dringende betriebliche Erfordernisse .. . vorliegen und . .. die Sozialauswahl ... richtig vorgenommen wurde; ... weiterhin [muß] ein sachlicher Grund für die Befristung des Weiterbeschäftizungsangebots vorliegen... ". Plander, NZA 1993, S. 1057 (1062); Schaub, in: Hromadka, Anderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (74). 483 KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 10a. 484 Plander, NZA 1993, S. 1057 (1062). 485 H.M., vgl. nur BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. I zu§ 626 BOB Änderungskündigung; Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969; Herschel/Löwisch, § 2 Rn. 47; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 54; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 92; Stahlhacke /Preis/Vossen, Rn. 777; a.A. Hersehe/, FS G . Müller, S. 191 (207); Precklein, S. 62 ff.; Schwerdtner, FS 25 Jahre BAG, S. 555 (567 ff.).

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

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te Angebot durch die Ablehnung des Arbeitnehmers erloschen ist, ist die Befristung auch hier nicht selbständig überprüfbar; sie fließt lediglich als Vorfrage in die Prüfung der sozialen Rechtfertigung der Änderung ein. Bei Anwendung des § 2 KSchG ist Streitgegenstand die Änderung der Arbeitsbedingung, ob also die Umstellung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses auf ein befristetes sozial gerechtfertigt ist. Die soziale Rechtfertigung setzt nach h. M. voraus, daß die Befristung wirksam ist; ist das der Fall, heißt dies aber noch nicht, daß die Änderungskündigung auch sozial gerechtfertigt ist. 486 Plander hält darum die Anwendung des § 2 KSchG für zwingend: Ohne ihn würde sich die Prüfung auf die Vereinbarkeit der geänderten Klausel mit zwingendem Recht und auf eine Befristungskontrolle beschränken und damit an Strenge hinter der Prüfung nach § 2 KSchG zurückbleiben. Allein eine Prüfung nach § 2 KSchG gehe auf den Änderungsaspekt umfassend ein. Bei der Befristungskontrolle gehe es nämlich nur um die Frage, ob einem Arbeitnehmer der Kündigungsschutz vorenthalten werden dürfe. Hier dagegen sollten Beschäftigte auf ihren Kündigungsschutz verzichten, in dessenGenuß sie bereits gelangt waren. 487 c) Eigene Würdigung

( 1) Wortlaut

Eine kritische Würdigung des Problems muß zunächst am Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG ansetzen. 488 Fraglich ist, ob durch die Umstellung von einem unbefristeten auf ein befristetes Arbeitsverhältnis überhaupt Arbeitsbedingungen geändert werden, wie § 2 S. 1 KSchG verlangt. Legt man den Begriff der Arbeitsbedingung eng aus, nämlich als Inbegriff aller rechtlich relevanten Umstände, die das Arbeitsverhältnis (nur) während seines Bestehens gestalten, so ist der Umstand, ob das Arbeitsverhältnis automatisch infolge einer Befristung endet, keine Bedingung, zu der der Arbeitnehmer seine Arbeit verrichtet. Der juristische Sprachgebrauch geht jedoch weiter. Nach allgemeiner Meinung bilden Arbeitsbedingungen Inhalt und Umfang der Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus dem einzelnen Arbeitsverhältnis;489 das gilt auch für die zeitlichen Grenzen, innerhalb derer die Arbeitsleistung erbracht werden soll. Was für die Dauer der Arbeitszeit gilt, kann für die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht anders sein. Denn die Befristung oder NichtBefristung des Arbeitsverhältnisses bestimmt erst recht die Grenzen der Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag und gestaltet das Arbeitsverhältnis. 490 Die Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 9a. Plander; NZA 1993, S. 1057 (1062). 488 Dazu v. Hoyningen-Huene, Anm. zu BAG, AP Nr. 21 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 489 s. oben S . 114; Palandt/ Putzo, Rn. 63 vor§ 611 BOB; vgl. auch Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht I, § 25 (S. 145). 486 487

124

B. Das System der Änderungskündigung

Änderung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses in ein befristetes stellt folglich eine Änderung von Arbeitsbedingungen dar; das Angebot auf befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit der Kündigung erfüllt den Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG. Dementsprechend hat das BAG in seiner Entscheidung von 1984 zutreffend erklärt, daß in diesen Fällen eine Änderung von Arbeitsbedingungen stattfindet.491

(2) Zulässigkeif der Befristung- Vorfrage der sozialen Rechtfertigung

Das BAG hat in seiner Entscheidung von 1984 weiter ausgeführt, daß die Befristung nur auf ihre sachliche Rechtfertigung überpriifen werden könne. Die herrschende Meinung warf dem BAG vor, insoweit einem Denkfehler unterlegen zu sein: Im Rahmen der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung sei durchaus überpriifbar, ob die Umwandlung in ein befristetes Arbeitsverhältnis angemessen sei.492 Da geänderte Arbeitsbedingungen nur dann sozial gerechtfertigt sein könnten, wenn die Änderungen wirksam vereinbart worden seien,493 bilde die Zulässigkeit der Befristung eine rechtliche Vorfrage zur sozialen Rechtfertigung. 494 In der Entscheidung von 1984 findet sich kein Hinweis, daß das BAG dies hätte in Abrede stellen wollen. Es wollte lediglich festhalten, daß eine Befristung keiner Kontrolle auf ihre soziale Rechtfertigung unterliegt und daß der Priifungsmaßstab der sozialen Rechtfertigung nicht auf Arbeitsbedingungen angewendet werden darf, die dem Kündigungsschutzgesetz nicht unterfallen. Das zeigt der Verweis des BAG auf sein Urteil vom 29. 8. 1979.495 In seiner Entscheidung von 1996 stellt das BAG daher klar, daß es nicht darum gehe, allgemein Befristungsahreden auf ihre soziale Rechtfertigung zu überpriifen. Es gehe vielmehr um die "Sozialwidrigkeit der Änderung, d. h. des Abgehens von der bisherigen Bedingung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit". 496 Dem ist zuzustimmen. Gegenstand der Änderungskündigung ist der Wechsel zu den neuen Bedingungen, hier zur Befristung. 490

1969.

v. Hoyningen-Huene, Anm. zu BAG, Urt. v. 17. 5. 1984, AP Nr. 21 zu § 1 KSchG

491 BAG, Urt. v. 17. 5. 1984, AP Nr. 21 zu§ 1 KSchG 1969: "Bietet der Arbeitgeber ... nur noch eine befristete Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen an, so kann eine solche Änderung der Arbeitsbedingungen nicht Gegenstand eines Änderungsschutzverfahrens ... sein." (Hervorhebung durch den Verf.). 492 Schaub, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (74); ebenso Gentges, Prognoseprobleme, S. 390. 493 Plander, NZA 1993, S. 1057 (1062); KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 10a. 494 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 9a; jetzt auch BAG, Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 78 zu § I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 495 BAGE 32, S. 85 = AP Nr. 50 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, 1. Leitsatz: "Die Zulässigkeil befristeter Arbeitsverträge ist nicht in entsprechender Anwendung der Kündigungsschutzvorschriften zu prüfen." 496 BAG, Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 78 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung.

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

125

Das Angebot selbst ist Gegenstand der sozialen Rechtfertigung und unterliegt damit dem Maßstab der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG. Deshalb kann die Änderung, selbst wenn die Befristung wirksam wäre, "aus anderen Griinden" sozialwidrig sein. Das ist etwa dann der Fall, wenn es für die Änderung der Arbeitsbedingung - hier der Befristung - kein dringendes betriebliches Erfordernis gibt oder wenn die Umwandlung wegen der ohnehin vorhandenen Kündigungsmöglichkeit nicht erforderlich ist.497 Die Ausgangsfrage, nämlich ob § 2 KSchG überhaupt auf diese Fallgestaltung anwendbar ist, ist damit aber noch nicht beantwortet.

(3) Ist die Anwendung des§ 2 KSchG erforderlich?

Die herrschende Literatur und das BAG in seiner Entscheidung von 1996 begriinden ihre Auffassung damit, daß dem Arbeitnehmer die zusätzliche Wahlmöglichkeit des § 2 KSchG nicht verwehrt werden dürfe. Der Arbeitnehmer solle die Wirksamkeit der Befristung nicht nur dann überpriifen lassen können, wenn er sich vorbehaltlos darauf eingelassen habe. § 2 KSchG ermögliche es ihm, die Änderung unter Vorbehalt anzunehmen und die Befristung sowohl auf ihren sachlichen Grund als auch auf ihre soziale Rechtfertigung gerichtlich priifen zu lassen. Bekanntlich war der Wille des Gesetzgebers bei Änderung des Kündigungsschutzgesetzes 1969 darauf gerichtet, es dem Arbeitnehmer auch ohne das Risiko des Arbeitsplatzverlustes zu ermöglichen, die soziale Rechtfertigung der Änderung feststellen zu lassen. 498 In bezug auf die sachliche Rechtfertigung der Befristung bedarf es dieses besonderen Schutzes nicht. Selbst wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos annimmt, kann er - wie bei der anfänglichen Befristung des Arbeitsverhältnisses - die Befristungsahrede ohne weiteres auf ihre Rechtmäßigkeit überpriifen lassen, wenn sich der Arbeitgeber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruft. Er muß hierzu nur die Klagefrist des § 17 S. 1 TzBfG499 einhalten. Die Besonderheit der hier behandelten Fallgestaltung liegt jedoch darin, daß die Änderungskündigung, die zur Änderung der Arbeitsbedingungen und nur bei Weigerung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, hier immer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach sich zieht. Das ist vom Arbeitgeber von Anfang an auch so gewollt. Er spricht durch seine "Änderungskündigung" im Ergebnis, wie Ascheid es formuliert hat, eine Beendigungskündigung zu einem entfernter liegenden Termin aus.500 Der Unterschied zur Beendigungskündigung besteht lediglich darin, daß die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses bei Annahme des Befristungsangebotes in der Regel Dazu im einzelnen unten S. 232 f. und S. 257. Hierzu oben S. 20 und unten S. 158. 499 Vor dem I. I. 2001: § 1 Abs. 5 BeschFG 1996. soo Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 467; ähnlich wohl auch Kittner!Trittin, 2. Auf!., § 2 KSchG Rn. 161 : "Eine solche Kündigung wäre lediglich als Beendigungskündigung zu dem als Fristende ins Auge gefaSten Zeitpunkt vorstellbar." 497

498

126

B. Das System der Änderungskündigung

länger sein dürfte als die Kündigungsfrist bei einer Beendigungskündigung. Diesen "Vorteil" muß der Arbeitnehmer freilich teuer erkaufen, wenn man eine Änderungskündigung mit diesem Inhalt zuläßt: Prüfungsmaßstab einer Änderungskündigung ist schon nach dem Wortlaut des § 2 S. I KSchG nicht die Beendigung, sondern die Änderung der Arbeitsbedingungen. Dies ist grundsätzlich auch gerechtfertigt, weil die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zwar in Kauf genommen, primär aber nicht gewollt ist. Beim Maßstab der Änderungskündigung bleibt es nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sogar dann, wenn der Arbeitnehmer das Angebot ablehnt und es dadurch doch zur Beendigung kommt. 501 Im konkreten Fall führtjedoch die Änderungskündigung immer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbei. Gleichwohl wird nur geprüft, ob für die Änderung des ursprünglich unbefristeten Arbeitsverhältnisses ein Grund in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder ein dringendes betriebliches Erfordernis besteht. Es wird nicht geprüft, ob ein Grund nach § 1 Abs. 2 KSchG für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt, obgleich dies das eigentliche Ziel dieser Änderungskündigung ist. Die zusätzlich bei personen- und verhaltensbedingten Gründen nach h. M. erforderliche Interessenahwägung kann zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, je nachdem ob es "nur" um eine Befristung (insbesondere bei einer langen Frist) oder um die unmittelbare Beendigung geht. Die Anwendung des § 2 KSchG führt daher in diesem Fall immer zu einer Einschränkung des Kündigungsschutzes. 502 Entgegen BAG503 und einzelnen Stimmen aus der Literatur504 kommt es insbesondere nicht darauf an, ob die frühere Beschäftigung noch möglich ist oder nicht. 501 H.M., vgl. nur BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. 1 zu§ 626 BGB Änderungskündigung; Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG; Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11); Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 54a; AR-Blattei/ Linck, SD 1020 1.1. Rn. 49; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (635 Fn. 20); KR/Rost,§ 2 KSchG Rn. 92; Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 777. 502 Gentges, Prognoseprobleme, S. 391, vermutet das unausgesprochene Motiv der Entscheidung von 1984 darin, dem Arbeitnehmer überhaupt Kündigungsschutz zu gewähren. Gentges begründet das folgendermaßen : Dürfe der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer statt der Beendigungskündigung die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbieten, so könne er ihn dadurch wahrscheinlich veranlassen, auf die Geltendmachung des Kündigungsschutzes zu verzichten. Der Arbeitnehmer werde so nur noch durch die ex-ante-Prüfung der Befristung geschützt. Um dem vorzubeugen, müsse sich der Arbeitgeber entscheiden, ob er das Arbeitsverhältnis (unbefristet) fortsetzen wolle oder nicht; das Angebot einer befristeten Fortsetzung sei unzulässig. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verzichts zur Grundlage eines Arguments für die Nichtigkeit einer Willenserklärung zu machen, ist dogmatisch freilich fragwürdig. Eine Aushöhlung des Kündigungsschutzes ist mit dieser B~gründung auch nicht nachvollziehbar; schließlich könnte der Arbeitnehmer immerhin die Anderungskündigung auf ihre soziale Rechtfertigung überprüfen lassen; so LAG Berlin, Urt. v. 3. 7. 1995, DB 1996, S. 280 (281 ). 503 Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 78 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung (unter II lc der Gründe). 504 Fischermeier, NZA 2000, S. 737 (740); APS/ Künzl, § 2 KSchG Rn. 21.

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

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Weil es in diesen Fällen nicht - wie sonst bei der Befristungskontrolle - um eine Vorenthaltung des Kündigungsschutzes, sondern um seine Beseitigung geht, 505 genügt es gerade nicht, lediglich die Änderung auf ihre soziale Rechtfertigung zu untersuchen. 506 Der Arbeitgeber will keine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses; er will das unbefristete Arbeitsverhältnis beenden und ein befristetes begriinden. Ließe man die Änderung eines bestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnisses in ein befristetes zu, könnte der Kündigungsschutz unbefristet Beschäftigter während der Laufzeit des Vertrages ausgehebelt werden. 507 Der Arbeitgeber wäre gut beraten, zukünftig keine Beendigungskündigungen, sondern nur noch Änderungskündigungen (mit dem entsprechenden Priifungsmaßstab) auszusprechen. Eine solche Abschwächung des gesetzlichen Kündigungsschutzes ist nicht vertretbar. Nur der Priifungsmaßstab des § I Abs. 2, 3 KSchG (in direkter Anwendung der Vorschrift) bezieht den Verlust des Kündigungsschutzes ein und bildet den für diesen Fall adäquaten Rechtsschutz für den Arbeitnehmer.

(4) Wege zur Einschränkung des § 2 KSchG

Obwohl also § 2 KSchG auf diesen Sachverhalt nicht angewendet werden darf, ist er seinem Wortlaut nach anwendbar. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Befristung seines bisher unbefristeten Arbeitsverhältnisses anträgt, so macht er ihm ein Angebot, in dessen Zusammenhang er eine Kündigung ausspricht. Das entspricht der Definition der Änderungskündigung in§ 2 S. 1 KSchG. Gentges hat vorgeschlagen, ein Angebot auf befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einer Kündigung als unwirksam zu behandeln. Eine rechtliche Handhabe hierfür dürfte allerdings schwerlich zu finden sein. Aus den Grundsätzen des Vertragsrechts läßt sich die Unwirksamkeit nicht herleiten, solange das Angebot bestimmt ist und nicht gegen zwingendes Recht verstößt. Ebensowenig führt die Befristungskontrolle zwangsläufig zur Unwirksamkeit; gibt es einen sachlichen Grund, liegt keine Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes und damit auch keine Unwirksamkeit der Befristung vor.

Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, § 2 KSchG durch eine teleologische Reduktion auf diesen Fall nicht anzuwenden. Im Ergebnis läuft die erste Entscheidung des BAG im Jahre 1984 auf diese Lösung hinaus, denn das Gericht hat seinerzeit argumentiert, daß eine solche Änderung der Arbeitsbedingungen nicht Gegenstand eines Änderungsschutzverfahrens sein könne. 508 505

Plander, NZA 1993, S. 1057 (1062).

So aber LAG Berlin, Urt. v. 3. 7. 1995, LAGE§ 2 KSchG Nr. 17: "daß im Rahmen einer Änderungskündigung jedenfalls eine Überprüfung der geänderten Vertragsbedingungen stattzufinden hat . . ." 507 Plander, Anm. zu BAG, AP Nr. 179 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag. 508 Ähnlich Plander, NZA 1993, S. 1057 (1061). 506

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B. Das System der Änderungskündigung

Teleologische Reduktion bedeutet, daß eine gesetzliche Regel gegen ihren Wortlaut gemäß der immanenten Teleologie des Gesetzes eingeschränkt werden muß, weil sie sonst zu unzutreffenden Ergebnissen führt. Die im Gesetz enthaltene, nach ihrem Wortlaut zu weit gefaßte Regel wird auf den ihr nach dem Regelungszweck oder dem Sinnzusammenhang des Gesetzes zukommenden Anwendungsbereich zurückgeführt. 509 Ungleiches darf nicht gleich behandelt werden. Die Reduktion kann geboten sein durch Sinn und Zweck der einzuschränkenden Norm oder durch den vorrangigen Zweck einer anderen Norm, der sonst nicht erreicht würde. Sie ist nicht zulässig, wenn ein vorrangiges Interesse an Rechtssicherheit die strikte Einhaltung der Grenze verlangt, die der Wortsinn der Vorschrift zieht. 510 Wie bereits oben aufgezeigt wurde, kann der Sinn des § 2 S. 1 KSchG - Änderung der Arbeitsbedingungen ohne Verlust des Arbeitsplatzes - bei der Änderung in ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht erfüllt werden. Das Arbeitsverhältnis würde bei dieser Fallgestaltung immer beendet. Obwohl nach dem Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG eigentlich eine Änderungskündigung vorliegt, verursacht die Umstellung des Arbeitsverhältnisses auf ein befristetes eine mit zeitlichem Abstand ausgesprochene Beendigung. Die Anwendung des § 2 KSchG führt damit zu einem Weniger, nicht zu einem Mehr an Kündigungsschutz, denn es kommt nach § 2 KSchG nur auf die soziale Rechtfertigung der Änderung an, nicht aber auf die der (vom Arbeitgeber gewollten) Beendigung.511 Die Voraussetzungen der teleologischen Reduktion liegen also vor. Der Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG ist zu weit geraten und darf auf Fälle, in denen der Arbeitgeber ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Arbeitsverhältnis kündigt und eine lediglich befristete Fortsetzung anbietet, nicht angewendet werden. Ist der Arbeitnehmer mit diesem Angebot nicht einverstanden, kann er gegen die Beendigungskündigung mit der Kündigungsschutzklage gemäß § 4 S. 1 KSchG vorgehen und sie nach § 1 KSchG auf ihre soziale Rechtfertigung untersuchen lassen.

3. Rechtswidriges Angebot Ein Änderungsvertrag setzt ein wirksames Änderungsangebot voraus. Ist es nicht ausreichend bestimmt oder enthält es gesetzwidrige Bestimmungen, kann ein wirksamer Änderungsvertrag nicht geschlossen werden.

Larenz, Methodenlehre, S. 375. Larenz, Methodenlehre, S. 376. 511 Zur sozialen Rechtfertigung einer solchen "Befristungs-Änderungskündigung" siehe unten S. 232 f. sowie S. 257. 509 510

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

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a) Gesetz- oder tarifwidriges Angebot Das BAG prüfte bisher einen Verstoß des Änderungsangebots gegen § 134 BGB, etwa bei einer Verletzung des § 2 Abs. 1 BeschFG Getzt: § 4 Abs. 1 TzBfG),512 im Rahmen der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung. Es sei, so das BAG, dem Arbeitnehmer nicht "zumutbar", ein verbotswidriges Angebot anzunehmen. 513 Die Begründung trifft nicht den Kern der Sache. Bei der sozialen Rechtfertigung geht es darum, daß ein Änderungsvorhaben durch einen entsprechenden Grund legitimiert ist. Hier geht es jedoch nicht um die Rechtfertigung der Änderung, sondern um die Gültigkeit der Einzelmaßnahme. Es kommt nicht darauf an, ob die Annahme dem Arbeitnehmer zurnutbar ist; vielmehr kann ein Änderungsvertrag mit einem solchen Inhalt nach objektiven Kriterien überhaupt nicht geschlossen werden. Schon das Angebot ist unwirksam; diese Unwirksamkeit zieht, wie gezeigt, nach § 139 BGB auch die Unwirksamkeit der Kündigung nach sich, da die Kündigung ohne das Angebot im Rahmen einer Änderungskündigung nicht ausgesprochen worden wäre. In einer neuen Entscheidung aus dem Jahr 1999 hat das BAG ebenfalls den hier vertretenen Lösungsweg über die Unwirksamkeit des Änderungsangebots eingeschlagen,514 freilich ohne auf seine insoweit entgegenstehenden früheren Begründungsversuche einzugehen. Der Arbeitgeber wollte mittels einer Änderungskündigung den Abbau tariflicher Leistungen, nämlich die Erhöhung der tariflichen Arbeitszeit von 35 auf 38,5 Stunden ohne vollen Lohnausgleich, durchsetzen. Das BAG stellte fest, daß das Angebot an den Arbeitnehmer gegen zwingendes Tarifrecht verstieß und infolgedessen unwirksam war. 515 Der Arbeitnehmer konnte deshalb trotz des Umstandes, daß er die Klagefrist der §§ 4, 7 KSchG versäumt hatte, noch gegen die Änderungskündigung vorgehen, 516 da das BAG den Verstoß zu Recht als "sonstigen Unwirksamkeitsgrund" im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG ansah.517

BAG, Urt. v. 24. 4. 1997, AP Nr. 42 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 24. 4. 1997, AP Nr. 42 zu§ 2 KSchG 1969. 514 BAG, Urt. v. 10. 2. 1999, AP Nr. 52 zu§ 2 KSchG 1969. 515 BAG, Urt. v. 10. 2. 1999, AP Nr. 52 zu § 2 KSchG 1969; kritisch Rieb/e, Anm. zu BAG, RdA 2000, S. 37 (41 f.), der darauf hinweist, daß ein Tarifvertrag widerstreitende Regelungen des Arbeitsvertrages möglicherweise auch nur verdrängen könne. Das ist freilich nur dann der Fall, wenn die Auslegung des Arbeitsvertrages ergibt, daß die fragliche Regelung nach Wegfall des Tarifvertrages wieder aufleben soll; in der Regel - wie auch in dem Fall, den das BAG zu entscheiden hatte - sind tarifwidrige Abreden nichtig und gelangen nicht (wieder) zur Geltung (Wiedemann/Wank, § 4 TVG Rn. 372; s.a. Frölich, NZA 1992, S. 1105 [1110]; MünchArbR/ Löwisch/Rieble, § 270 Rn. 20; ungenau Kempen/Zachert, § 4 TVG Rn. 12). 516 Hierzu s. oben S. 55 ff. m Im Ergebnis auch MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 108, der dazu aber auf Art. 12 GG zurückgreifen muß. 512

513

9 Wallner

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B. Das System der Änderungskündigung

In diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des BAG aus dem Jahre 1997 lehrreich, in der das Gericht wegen der Tarifwidrigkeit einer Maßnahme die soziale Rechtfertigung verneint hatte.518 Ihr liegt vereinfacht folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Arbeitnehmer sollte durch Änderungskündigung in einen anderen Betrieb versetzt werden, weil an der bisherigen Produktionsstätte Samstagsarbeit eingeführt wurde. Der Tarifvertrag, der kraft beiderseitiger Tarifbindung galt, gestattete Samstagsarbeit nämlich nur bei einer entsprechenden Betriebsvereinbarung, die aber nicht zustandekam. 519 Der Entschluß, Samstagsarbeit einzuführen, diente ebenso wie das Vorhaben, ein Wechselschichtsystem aufzubauen, der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks und konnte damit ein betriebliches Erfordernis für entsprechende Änderungen von Arbeitsbedingungen abgeben, nämlich die Änderung der Lage der Arbeitszeit für den betroffenen Arbeitnehmer. Weil aber das tarifvertraglich vorgesehene Verfahren zur Einführung der Samstagsarbeit nicht eingehalten wurde, durfte der gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer an Samstagen nicht arbeiten und konnte nach dem neuen Schichtmodell nicht beschäftigt werden. 520 Die Entscheidung, eine rollierende Samstagsschicht einzuführen, bedeutete für ihn also den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit; die Vorinstanz hatte hierzu, bindend für das BAG, festgestellt, daß ein Einsatz des Arbeitnehmers nur von Montag bis Freitag nach dem neuen Schichtenmodell nicht durchführbar war. Das betriebliche Erfordernis für eine Versetzung war damit gegeben.521 Das BAG hielt die Änderungskündigung gleichwohl für sozial ungerechtfertigt, weil sie eine Arbeitszeitgestaltung unter Verstoß gegen eine für die gesamte Belegschaft gemäß § 3 Abs. 2 TVG geltende Tarifnorm "durchsetzen" sollte. Die Auslegung der fraglichen Tarifbestimmung überzeugt allerdings nicht. Bei ihr handelte es sich keineswegs um eine betriebsverfassungsrechtliche Norrn, 522 denn sie schuf keine über das Betriebsverfassungsgesetz hinausgehende Zuständigkeit des Betriebsrats.523 Der Verweis auf eine friihere Entscheidung, die das BAG als Begrundung anführt, 524 paßt nicht. 525 In sich konsequent war es jedoch, die Änderungs518 BAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969 m. Anm. Wiedemann =SAE 1998, S. 266m. Anm. Hromadka. 519 BAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969. 520 A.A. Hromadka, SAE 1998, S. 271 (272 f.), der die fragliche Tarifbestimmung als Betriebsnorm qualifiziert, die, da sie eine Regelung über die Lage der Arbeitszeit von Außenseitern treffe, mangels gesetzlicher Ermächtigung unwirksam sei. 521 Hromadka, SAE 1998, S. 271 (273). 522 Ebenso Hromadka, SAE 1998, S. 271 (272); Wiedemann, Anm. zu BAG, AP Nr. 46 zu § 2 KSchG 1969; beide nehmen eine Betriebsnorm an. 523 Erst recht genügt hierfür nicht eine "betriebsverfassungsrechtliche Formvorschrift im Interesse des Schutzes der Arbeitnehmer" (so aber Fischermeier, NZA 2000, S. 737 [741}). Die Frage ist umstritten; weiter z. B. Heinze, NZA 1989, S. 41 (46). 524 Nämlich Beschl. v. 18. 8. 1987, AP Nr. 23 zu§ 77 BetrVG 1972. 525 In der Entscheidung vom 18. 8. 1987, AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972, ist - entgegen der Behauptung des BAG in den Gründen - von einer abweichenden Betriebsvereinbarung

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

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kündigung nicht an einem tarifwidrigen und damit fehlerhaften Änderungsangebot scheitern zu lassen, sondern an der fehlenden sozialen Rechtfertigung. War die Samstagsarbeit im Betrieb generell nicht erlaubt - wie das BAG annahm -, so konnte der Arbeitgeber zwar kein wirksames Angebot über die Arbeitszeitänderung abgeben; eine Änderungskündigung mit diesem Inhalt hat er aber auch nicht ausgesprochen. Im Zuge der Umsetzung der Samstagsarbeit bot er statt dessen die Versetzung an; ein solches Angebot dürfte nicht gegen den Tarifvertrag verstoßen haben. Da jedoch der Arbeitgeber- nach der fragwürdigen Auffassung des BAGdie Samstagsarbeit überhaupt nicht einführen konnte, veränderten sich auch nicht die betrieblichen Anforderungen an den Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers;526 damit fehlte es am dringenden betrieblichen Erfordernis. Es ist also darauf zu achten, ob die mit dem Angebot unmittelbar bezweckte Änderung gesetzwidrig ist - dann ist das Angebot ohne Rücksicht auf die soziale Rechtfertigung unwirksam - oder nur die ihr mittelbar zugrundeliegende Maßnahme oder Entscheidung des Arbeitgebers - dann ist die soziale Rechtfertigung der richtige Anknüpfungspunkt, weil es an einer tauglichen Unternehmerentscheidung fehlt. b) Verstoß gegen die betriebliche Mitbestimmung

Schranken für die Wirksamkeit des Angebots stellen möglicherweise auch die zwingenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats dar, insbesondere § 99 und § 87 BetrVG. ( 1) Maßnahmen nach § 99 BetrVG

Für § 99 BetrVG ist allerdings anerkannt, daß die Zustimmung des Betriebsrats keine Voraussetzung für die individualrechtliche Wirksamkeit der schuldrechtlichen Vereinbarung bildet,527 also auch nicht für die Gültigkeit einer entsprechenden Änderungskündigung. 528 Der Verstoß gegen§ 99 BetrVG führt lediglich dazu, daß der Arbeitgeber die (mit der Annahme durch den Arbeitnehmer) geänderten Arbeitsbedingungen nicht durchsetzen kann. 529 Die Unterschiede zwischen den §§ 99 ff. BetrVG einerseits und dem § 102 BetrVG andererseits sprechen, wie das BAG zutreffend erkannt hat, gegen § 99 BetrVG als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Änderungskündigung. nirgends die Rede. Auch qualifizierte das BAG die Regelungen zur Arbeitszeit dort gerade nicht als betriebsverfassungsrechtliche Normen. 526 Dazu ausführlich unten S. 224 ff. 527 BAG, Beschl. v. 28. 4. 1992, AP Nr. 98 zu § 99 BetrVG 1972. 528 BAG, Urt. v. 30. 9. 1993, AP Nr. 33 zu§ 2 KSchG 1969 mit zust. Anm. Klotzke; aus der Literatur: Herschel/Löwisch, § 2 Rn. 64 ff.; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 46; Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 188; a.A. KR/ Rost, 3. Aufl., § 2 KSchG Rn. 139 (aufgegeben ab der 4. Aufl., § 2 KSchG Rn. 140). 529 Zweifelnd H. Hanau, Anm. zu BAG, AP Nr. 49 zu§ 2 KSchG 1969. 9*

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B. Das System der Änderungskündigung

Das BAG geht jedoch fehl in der Annahme, der Arbeitnehmer müsse, wenn der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht in § 99 BetrVG mißachtet habe, schon aus diesem Grund zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterarbeiten. 530 Ist die Änderungskündigung nämlich wirksam und hat der Arbeitgeber sein Änderungsangebot nicht unter die aufschiebende Bedingung der Zustimmung durch den Betriebsrat gestellt, so hat sie nach Annahme des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer die Bedingungen bereits geändert.531 Die Annahme des Änderungsangebots führt nicht - wie das BAG meint - zu einem erweiterten Direktionsrecht des Arbeitgebers, sondern zur Veränderung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. 532 Die Arbeitsbedingungen, insbesondere Tätigkeit und Entgelt, richten sich nach den Vereinbarungen im Änderungsvertrag. Ohne die Zustimmung des Betriebsrats kann aber der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die nunmehr geschuldete Tätigkeit nicht zuweisen. Der Arbeitgeber kann also weder verlangen, daß der Arbeitnehmer zu den neuen Bedingungen arbeitet, 533 noch kann er die Weiterarbeit zu den bisherigen Bedingungen erzwingen,534 da diese für das Arbeitsverhältnis nicht mehr gelten. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf das - geänderte - Entgelt stützt sich mithin auf§ 615 S. 1 BGB.535 Allerdings ist nach § 615 S. 2 BGB auf das fortbezahlte Entgelt der Wert desjenigen anzurechnen, was der Arbeitnehmer durch anderweitige Verwendung seiner Dienste zu erwerben böswillig unterläßt Da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zu den neuen Bedingungen beschäftigen darf, wird er ihm in der Regel die Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit anbieten, solange das Zustimmungsverfahren oder das Zustimmungsersetzungsverfahren nicht abgeschlossen ist. Weigert sich der Arbeitnehmer, zu seinen bisherigen Bedingungen weiterzuarbeiten, 536 so unterläßt er vorsätzlich und grundlos537 die anderweitige Verwertung seiner Dienste. Er verliert damit nach§ 615 S. 2 BGB inso-

530 So das BAG, Urt. v. 30. 9. 1993, AP Nr. 33 zu § 2 KSchG 1969; ablehnend ErfK/ Ascheid, § 2 KSchG Rn. 32; H. Hanau, Anm. zu BAG, AP Nr. 49 zu § 2 KSchG 1969; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 48a; Kania, Anm. zu BAG, EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 118; Waltennann, SAE 1995, S. 367 (372). 53 1 ErfK/ Ascheid, § 2 KSchG Rn. 32. 532 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 48a. 533 So aber Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 48, der vom Arbeitgeber die betriebsverfassungswidrige Beschäftigung des Arbeitnehmers verlangt und ihn damit dem Unterlassungsanspruch des Betriebsrats nach § 23 Abs. 3 BetrVG aussetzt. 534 So aber BAG, Urt. v. 30. 9. 1993, AP Nr. 33 zu§ 2 KSchG 1969; Kittner/Däubler/ Zwanziger,§ 2 KSchG Rn. 188; KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 141. 535 H. Hanau, Anm. zu BAG, AP Nr. 49 zu § 2 KSchG 1969; GK-BetrVG/ Kraft, § 99 Rn. 124; Waltennann, SAE 1995, S. 367 (373). 536 Waltennann, SAE 1995, S. 367 (373), hält den Arbeitnehmer, der das Angebot unter Vorbehalt angenommen und gegen die Änderungskündigung geklagt hat, nach § 242 BGB für verpflichtet, das Angebot auf Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen anzunehmen; dagegen Berkowsky, Änderungskündigung, S. 140. 537 Eine Schädigungsabsicht ist für § 615 S. 2 BGB nicht erforderlich; BAG, Urt. v. 16. 5. 2000, NJW 2001, S. 243.

IV. Das Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen

133

weit auch seinen Entgeltanspruch. 538 Darauf, daß er arbeitsvertraglich nicht verpflichtet ist, seine bisherige Beschäftigung zunächst fortzusetzen, kommt es für § 615 S. 2 BGB nicht an. Dem BAG ist daher nur im Ergebnis zuzustimmen. Die Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen folgt aus einer Interimsvereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien, die auflösend durch die Zustimmung des Betriebsrats (oder ihrer Ersetzung durch das Arbeitsgericht) bedingt ist. Erhält der Arbeitgeber die Zustimmung nicht, bleibt ihm nur die Beendigungskündigung, wenn die alte Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr vom Arbeitnehmer ausgeübt werden kann, sonst die Änderungskündigung, mit der die alten Arbeitsbedingungen wiederhergestellt werden. 539 (2) Maßnahmen nach§ 87 BetrVG Im Rahmen des § 87 BetrVG vertritt das BAG die "Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung". Danach ist die Zustimmung des Betriebsrats materiellrechtliche Voraussetzung auch für das individualarbeitsrechtliche Geschäft. 540 Für die Änderungskündigung wendet das BAG in einer neueren Entscheidung diese Theorie nicht mehr an. 541 Sonst würde, so das BAG, die Änderungskündigung der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen; solches sei jedoch nur in der Ausnahmevorschrift des § 103 BetrVG vorgesehen. Das überzeugt insoweit, als die Änderungskündigung selbst nicht der Mitbestimmungspflicht unterliegen kann. Sie ist keine kollektive Maßnahme, sondern setzt allenfalls eine solche individualrechtlich durch. Die Ausübung des Gestaltungsmittels ist mitbestimmungsfrei.542 Verstöße gegen die betriebliche Mitbestimmung führen nicht zur Unwirksamkeit des Angebots nach§ 134 BGB.543 Das gilt insbesondere für das Angebot, das in einer Änderungskündigung enthalten ist. Die Änderungskündigung verändert oder beendet, auch in Gestalt der Massenänderungskündigung, jeweils nur ein konkretes Arbeitsverhältnis. Sie ist daher keinesfalls zustimmungspflichtig; ebensowenig kann § 87 BetrVG über ihre Wirksamkeit entscheiden. Das gilt freilich ebenso für Fallgestaltungen ohne Änderungskündigung. Es kann keinen Unterschied machen, ob die mitbestimmungspflichtige Maßnahme durch Änderungskündigung, durch Enger Berkowsky, Änderungskündigung, S. 140: Einzelfallprüfung erforderlich. ErfK/ Ascheid, § 2 KSchG Rn. 33. 540 Urt. v. 17. 12. 1980, 20. 8. 1991, AP Nr. 4, 50 zu§ 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; Beschl. (GS) v. 3. 12. 1991, AP Nr. 51 zu§ 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung. 541 BAG, Urt. v. 17. 6. 1998, AP Nr. 49 zu§ 2 KSchG 1969. 542 H. Hanau, Anm. zu BAG, AP Nr. 49 zu § 2 KSchG 1969. 543 Anders Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 102 Rn. 6a; anders auch (noch) die überwiegende Lehre, z. B. Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 5la; KittneriDäubleriZwanziger, § 2 KSchG Rn. 189a; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 144; vgl. auch Richardi, BetrVG, § 87 Rn. 128; differenzierend H. Hanau, Anm. zu BAG, AP Nr. 49 zu§ 2 KSchG 1969. 538

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B. Das System der Änderungskündigung

eine sonstige Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer oder einseitig durch Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts umgesetzt wird. Gegenstand der Änderung ist immer das einzelne Arbeitsverhältnis; die Änderungsbefugnis beim Leistungsbestimmungsrecht folgt aus der einzelvertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer, nicht aus der Betriebsverfassung. Die Entscheidung des BAG ist deswegen zweifelhaft, weil es eine Änderungskündigung für zulässig ansieht, obwohl der Arbeitgeber die von ihm gewünschte Maßnahme betrieblich nicht verwirklichen kann. Es ist fraglich, ob sich eine Änderungskündigung zur Umsetzung betriebsbezogener Maßnahmen, die mangels Zustimmung des Betriebsrats nicht Wirklichkeit werden können, auf ein dringendes betriebliches Erfordernis stützen kann. Das ist aber keine Frage der Wirksamkeit des Angebots, sondern seiner sozialen Rechtfertigung, und wird daher dort im Zusammenhang erörtert. 544

4. Ergebnis Die Änderungskündigung bedarf zu ihrer Vollständigkeit und Wirksamkeit eines ausreichend bestimmten, annahmefähigen und rechtsgültigen Angebots auf Änderung bestimmter Arbeitsbedingungen. Es darf weder gegen zwingendes Recht verstoßen, noch kann es die lediglich befristete Fortsetzung eines bisher unbefristeten Arbeitsverhältnisses zum Inhalt haben. Die Unwirksamkeit des Änderungsangebots bedeutet im Zweifel die Unwirksamkeit auch des Kündigungselements. Ein Verstoß gegen die §§ 99 oder 87 BetrVG stellt jedoch keinen Unwirksamkeitsgrund dar.

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Unten S. 231 f.

C. Die soziale Rechtfertigung Die Untersuchung verfolgte bisher das Ziel, die einzelnen Tatbestandsmerkmale der Änderungskündigung vorzustellen, ihre Fehlerquellen aufzuzeigen und die Folgen von Rechtsverstößen für die Änderungskündigung zu beschreiben. Die nach § 8 KSchG 1 bedeutsamste Wirksamkeitsvoraussetzung der Änderungskündigung, nämlich die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen, blieb zunächst ausgeklammert; sie bildet das zentrale Thema der nachfolgenden Erörterung. Ausgehend von den verschiedenen Theorien, die aktuell zur sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung vertreten werden, soll zunächst versucht werden, einen allgemeingültigen Priifmaßstab zu entwickeln, um dann die speziellen Anforderungen der einzelnen Änderungsgrunde herauszuarbeiten.

I. Einleitung Die von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Priifungsschritte für die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung haben mit dem Wortlaut des§ 2 S. 1 KSchG nicht mehr viel gemeinsam. Der zweistufige Priifungsaufbau bei der Änderungskündigung (Griinde einerseits, die eine Änderung bedingen, ein Angebot andererseits, das für den Arbeitnehmer zurnutbar ist) ergibt sich aus dem Wortlaut der §§ 2 und 1 KSchG ebensowenig wie die dreistufige Priifungsabfolge bei der Beendigungskündigung. Auch haben, wie gezeigt, Verstöße gegen den Grundsatz der ultima ratio2 (etwa bei Nichtbeachtung eines bestehenden Leistungsbestimmungsrechts) oder gegen § 134 BGB 3 (wie bei einer Verletzung von Tarif- oder Gesetzesrecht) nicht den vom BAG unterstellten Zusammenhang mit der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung. Der Ansatz, daß es dem Arbeitnehmer "unzumutbar" sei, ein verbotswidriges Angebot anzunehmen, ist verfehlt. Für die soziale Rechtfertigung kommt es nach dem Wortlaut der Vorschrift darauf an, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Sie muß durch Griinde in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers gerecht-

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Hierzu s. oben S. 50. Oben S. 60 ff. Oben S. 128 ff.

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C. Die soziale Rechtfertigung

fertigt oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein. Die Kündigungserklärung ist hiernach nicht Gegenstand der sozialen Rechtfertigung. 4 Sie ist jedoch das Druckmittel, mit dem der Arbeitgeber die Zustimmung zu seinem Angebot erzwingen will; möglicherweise ist sie deshalb für die soziale Rechtfertigung nicht unbeachtlich.

II. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch das BAG Für die Änderungskündigung nach der Neufassung des Kündigungsschutzgesetzes im Jahre 1969 verlangte das BAG ursprünglich, daß die vorgeschlagene Änderung der Arbeitsbedingungen nach § I Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt und dem Arbeitnehmer zurnutbar ist. 5 Später hat es geprüft, ob dringende betriebliche Erfordernisse oder persönliche oder verhaltensbedingte Gründe nach § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, dem Arbeitnehmer nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß. 6 Beiden Formulierungen ist gemeinsam, daß das BAG die Prüfung der Änderungskündigung in zwei gedankliche Schritte unterteilt. Zunächst muß die vorgeschlagene Änderung der Arbeitsbedingungen sachlich gerechtfertigt sein (bei der außerordentlichen Änderungskündigung fordert das BAG, die unveränderte Fortsetzung müsse dem Arbeitgeber unzumutbar sein); außerdem muß sie dem Arbeitnehmer zurnutbar sein. Im ersten Schritt wird also untersucht, ob eine Änderung schlechthin gerechtfertigt ist, im zweiten, ob gerade diese Änderung gerechtfertigt ist. Das BAG prüft zunächst aus der Sicht des Arbeitgebers, ob der gegebene Sachverhalt grundsätzlich und allgemein einen Anlaß für eine Änderungskündigung bieten kann. Auch diesen Punkt unterteilt das BAG weiter, wenn es zuerst nach dem Grund und dann nach der ultima ratio der Änderungskündigung fragt, ob also die Änderungskündigung überhaupt erforderlich war oder ob es nicht andere, mildere Mittel gab, die man hätte vorziehen müssen. Der Inhalt des Änderungsangebots interessiert das BAG an dieser Stelle noch nicht; der Grund, so das BAG, sei zwar nicht völlig unabhängig vom Änderungsangebot, er sei aber "- auf seiten des Arbeitgebers - im Oben S. 64 f. s BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG (unter IV I der Gründe); Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu§ 2 KSchG 1969. Die dort zur Begründung angeführte Entscheidung vom 7. 6. 1973, AP Nr. 1 zu § 626 BOB Änderungskündigung, benennt die Voraussetzungen der sozialen Rechtfertigung nur mittelbar. 6 BAG, Urt. v. 18. 10. 1984, AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; Urt. v. 18. 1. 1990, 15. 3. 1991, 19. 5. 1993, 1. 7. 1999, 18. 11. 1999, AP Nr. 27, 28, 31, 53, 55 zu§ 2 KSchG 1969. 4

II. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch das BAG

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ersten Prüfungsschritt unabhängig von den Auswirkungen der Änderungen für den Arbeitnehmer zu prüfen."7 Erst im zweiten Schritt untersucht es die Zumutbarkeit des konkreten Änderungsangebots für den Arbeitnehmer. In diese zweite Stufe hat das BAG ebenfalls ein Merkmal der Erforderlichkeit aufgenommen; es fragt nämlich danach, ob die Änderung ihrem Ausmaß nach erforderlich ist. Notwendig ist also nach der Rechtsprechung zunächst, daß der Änderungskündigung ein Grund in der Person, im Verhalten des Arbeitnehmers oder ein dringendes betriebliches Erfordernis zugrunde liegt. 8 Ein betrieblicher Grund ist, wie bei einer Beendigungskündigung, dann gegeben, wenn der konkrete Arbeitsplatz weggefallen oder die konkrete Beschäftigungsmögli&hkeit entfallen ist, weil die geschuldete Tatigkeit nicht mehr nachgefragt wird. 9 Eine Änderungskündigung setzt nach der langjährigen Rechtsprechung des BAG aber nicht voraus, daß immer auch eine Beendigungskündigung möglich wäre. Für eine Änderungskündigung genügt vielmehr, daß nur "das Bedürfnis ... für den bisherigen Arbeitseinsatz" entfällt 10 oder daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf seinem bisherigen Arbeitsplatz "nicht mehr zu den bisherigen Bedingungen weiterbeschäftigen" kann. 11 Möglich sind demnach bloße Stundenreduzierungen infolge Produktionsbeschränkungen, 12 Absenkungen der Arbeitszeit nach Neuermittlung der für eine bestimmte Tatigkeit erforderlichen Zeit, 13 aber auch die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit. 14 Aufgrund der Vergütungsautomatik ist mit diesen Maßnahmen in der Regel die Änderung des Entgelts verbunden; diesen Umstand berücksichtigt das BAG als mittelbare Auswirkung in der zweiten Prüfungsstufe. Anders ist es, wenn der Arbeitgeber das Entgelt unmittelbar ändern möchte. Einen betrieblichen Grund erkennt die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang nur in zwei Fällen an, nämlich bei der Korrektur irrtümlich falscher Eingruppierung 15 oder wenn nur auf dem Wege der Entgeltkürzung die Stillegong des Betriebes oder ein Personalabbau verhindert werden kann. 16 Im ersten Fall erblickte das BAG den betrieblichen Grund in der Beeinträchtigung des Betriebsfriedens durch die Mißstimmung bei den Kollegen 17 und - im öffentlichen Dienst- in der Pflicht, die im Rahmen des Haushalts

7 BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969 (zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsrnitglieds). 8 BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 9 BAG, Urt. v. 23. 8. 1990, RzK I 7b Nr. 10. 10 BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. II BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 12 BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 26. 4. 1990, AP Nr. 28 zu§ 9 BergmannsVersorgScheinG NRW. 13 BAG, Urt. v. 23. 6. 1993, RzK 17b Nr. 15. 14 BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, AR-Blattei ES 1020.1.1 Nr. 15. 15 BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 16 BAG, Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 14 zu§ 2 KSchG 1969. 17 BAG, Urt. v. 19. 10. 1961, AP Nr. 13 zu§ 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung.

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C. Die soziale Rechtfertigung

zugewiesenen Gelder ordnungsgemäß zu verwenden.18 Im zweiten Fall wurde die Änderungskündigung damit gerechtfertigt, daß sie das mildere Mittel zur Beendigungskündigung darstelle. 19 Mit personen-und verhaltensbedingten Änderungskündigungen war das BAG in der Vergangenheit wesentlich seltener befaßt als mit betriebsbedingten. Möglicherweise konnte das BAG deshalb keine griffig formulierten Bedingungen wie beim betrieblichen Erfordernis entwickeln. In den wenigen Entscheidungen ging es überdies weniger um Grenzfälle als um Vertragsstörungen, die das Bedürfnis des Arbeitgebers nach einer Änderung offensichtlich erscheinen ließen. Die fehlende Eignung zur Personalführung 20 rechtfer);igte die Entbindung von Leitungsaufgaben und damit die Änderung der vertraglich vereinbarten Tätigkeit ebenso wie der schuldhafte Rückfall in die Trunksucht?' Eine Änderung der Tätigkeit hat das BAG grundsätzlich auch dann gebilligt, wenn sich der Arbeitnehmer vertragswidrig utid vorwertbar von allen schwierigen Arbeiten zurückzog (verhaltensbedingt) oder fachlich nicht in der Lage war, die geschuldete Tätigkeit zu erbringen (personenbedingt).22 Eine an einer Wollallergie leidende Näherin durfte der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht versetzen. 23 Hat das BAG eine Änderung wegen der Umsetzung des Unternehmerischen Konzepts (bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung) oder wegen einer Vertragsstörung (bei einer personen- oder verhaltensbedingten Änderungskündigung) grundsätzlich für gerechtfertigt erachtet, prüft es anschließend die Notwendigkeit, sie mittels einer Änderungskündigung durchzusetzen. 24 Für die betriebsbedingte Änderungskündigung verlangt der Gesetzgeber ausdrücklich einen .,dringenden" Grund; darin sieht das BAG den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit25 (ultima-ratio-Prinzip)26 konkretisiert. Zu prüfen ist, ob es "dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen, beschränkt auf die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien, 27 auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch die Kündigung zu entsprechen", ob mithin eine .,Zwangslage zur Änderungskündigung" besteht. Für die Gründe aus der Arbeitnehmersphäre schreibt der Wortlaut des § 1 Abs. 2 KSchG Dringlichkeit nicht ausdrücklich vor; gleichwohl bejaht das BAG auch hier die Beachtlichkeil des VerBAG, Urt. v.l5. 3. 1991, APNr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 14 zu§ 2 KSchG 1969. 2o BAG, Urt. v. 31. 1. 1996, AP Nr. 13 zu § 626 BGB Druckkündigung. 21 BAG, Urt. v. 7. 12. 1989, RzK I 7c Nr. 7. 22 BAG, Urt. v. 30. 9. 1993, AP Nr. 33 zu§ 2 KSchG 1969. 23 BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. l zu§ 75 BPersVG. 24 BAG, Urt. v. 27. 9. 1984, AP Nr. 8 zu§ 2 KSchG 1969. 25 BAG, Urt. v. 18. 1. 1990, AP Nr. 27 zu§ 2 KSchG 1969. 26 BAG, Urt. v. 27. 9. 1984, AP Nr. 8 zu§ 2 KSchG 1969. 27 Die Kündbarkeit anderer Arbeitnehmer spielt hierbei also keine Rolle, vgl. BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, APNr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. 18

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II. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch das BAG

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hältnismäßigkeitsgrundsatzes. 28 Der Änderungskündigung seien insbesondere vorzuziehen der Widerruf einer Sozialleistung, wenn dies vorbehalten wurde, 29 die Änderung der Arbeitszeit durch das Direktionsreche0 oder die Abmahnung. 31 Andererseits gebiete es der Grundsatz des mildesten Mittels nicht, anstelle einer größeren Anzahl von Änderungskündigungen eine geringere Anzahl von Beendigungskündigungen auszusprechen. 32 Steht hiernach fest, daß ein "an sich anerkennenswerter Anlaß" für die Änderungskündigung besteht, prüft das BAG, ob der Arbeitnehmer die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen billigerweise hinzunehmen hat. Es kommt darauf an, ob der Inhalt der Änderung, ob die durch die Änderungskündigung bezweckte Maßnahme dem Arbeitnehmer zurnutbar ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der bisherige Lebensstandard nicht eingeschränkt wird33 oder wenn sich der Arbeitgeber darauf beschränkt hat, nur die erforderliche Stundenreduzierung vorzunehmen. 34 Die Lohnkürzung ist hinzunehmen, wenn die Überstunden nicht abgeschafft, sondern nur gekürzt werden, und wenn die der Beschäftigung entsprechende tarifliche Vergütung angeboten wird. 35 Die Versetzung der Näherin zur Küchenhilfe ist zumutbar, wenn die Arbeitnehmerin nur angelernt ist und auf der neuen Stelle nur unwesentlich weniger verdient. 36 Maßgeblich ist also nicht die persönliche Lage des Arbeitnehmers, sondern ob sich der Arbeitgeber auf das für die betrieblichen Veränderungen unabweisbar Erforderliche beschränkt hat. 37 Die Wahl des richtigen Mittels und des richtigen Umfangs sind aufeinanderfolgende Schritte in einer Erheblichkeitsprüfung. Das BAG prüft die Wahl des richtigen Mittels in der ersten Stufe, also beim Kündigungsgrund, und in der zweiten Stufe das eigentlich Entscheidende, nämlich den Umfang der Änderung, der am Begriff der ,,Zumutbarkeit" festgemacht wird. Da das Änderungsangebot unabhängig vom Kündigungsgrund und von den Auswirkungen auf den Arbeitnehmer38 erst in der zweiten Stufe untersucht wird, scheint die Prüfung der ersten Stufe (Grund "an sich") identisch mit der der Beendigungskündigung zu sein. Unterschiede zwischen Beendigungs- und Änderungskündigung gibt es in der Rechtsprechung des BAG bei der Interessenabwägung. Bei der Beendigungskündi-

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BAG, Urt. v. 30. 9. 1993, AP Nr. 33 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu§ 2 KSchG 1%9. BAG, Urt. v. 26. I. 1995, AP Nr. 37 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 30. 9. 1993, AP Nr. 33 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 25. 4. 1963, AP Nr. 17 zu§ 620 BGB Änderungskündigung. BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 9 BergmannsVersorgScheinG NRW. BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG. BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, 26. 1. 1995, AP Nr. 19, 36 zu§ 15 KSchG 1969.

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C. Die soziale Rechtfertigung

gung39 dient sie der "korrigierenden" und abschließenden Beurteilung des Einzelfalles:40 Nach der Untersuchung, ob ein Grund "an sich" für die Kündigung vorliegt, ob also die Vertragsstörung "unter normalen Umständen" die Beendigung rechtfertigt, geht es in der Interessenahwägung darum, daß im konkreten Arbeitsverhältnis Umstände für eine Annahme vorliegen, "ob diese Beeinträchtigungen aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles vom Arbeitgeber noch hinzunehmen sind".41 In der ersten Stufe der Änderungskündigung geht es zwar auch um einen "an sich anerkennenswerten Grund" für das Änderungsvorhaben, 42 die zweite Stufe geht aber über eine bloße Korrektur der bereits als richtig erkannten Entscheidung hinaus und fragt nach der "Annehmbarkeit" der Änderung für den Arbeitnehmer.

111. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch die Literatur 1. Die herrschende Lehre: zweistufige Prüfung der Änderung der Arbeitsbedingungen Die Kommentierungen zu § 2 KSchG stützen sich für die Sozialrechtfertigung der Änderungskündigung wie das BAG zunächst auf den Wortlaut des § 2 KSchG, wonach es auf die Änderung der Arbeitsbedingungen und damit auf das Änderungsangebot ankommt. 43 Die Änderungskündigung unterliege hinsichtlich ihrer Sozialwidrigkeit nicht den gleichen Anforderungen wie die Beendigungskündigung.44 Zwar könne ein Änderungsangebot in keinem Fall unangemessen sein, wenn schon die Beendigungskündigung als eine nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strengere Maßnahme sozial gerechtfertigt wäre; umgekehrt gelte das aber nicht. 45 Die Priifung der sozialen Rechtfertigung wird von den meisten Kommentatoren im Anschluß an das BAG in zwei Stufen durchgeführt, weil nur so Ob und Wie der Änderung gepriift werden könnten und sichergestellt sei, daß der Maßstab nicht 39 Bei der betriebsbedingten Beendigungskündigung nimmt das BAG seit Urt. v. 30. 4. 1987, AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, keine Interessenabwägung mehr vor. 40 Vgl. BAG, Urt. v. 25. 11. 1982,7. 11. 1985, 16. 2. 1989,29. 7. 1993, AP Nr. 7, 17, 20, 27 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit. 41 BAG, Urt. v. 16. 2. 1989, AP Nr. 20 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit. 42 BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, 19. 5. 1993, AP Nr. 28,31 zu§ 2 KSchG 1969. 43 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 62; KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 84 ff. 44 45

Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 67 m.w.N; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 92a. KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 92a.

111. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch die Literatur

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"milder" ausfalle als bei der Beendigungskündigung oder daß die Prüfung in eine Billigkeitskontrolle abgleite. 46 In einem ersten Schritt sei zu untersuchen, ob entsprechende Gründe das Änderungsangebot bedingen. Werde dies bejaht, sei in einem zweiten Schritt die angebotene Änderung zu untersuchen. 47 Maßgeblich sei, ob die dem Arbeitnehmer vorgeschlagene Änderung im Hinblick auf den Kündigungsgrund dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche. 48 Bei den Kündigungsgründen aus der Arbeitnehmersphäre müsse das Angebot geeignet und erforderlich sein, die Störung zu beseitigen; bei betrieblichen Erfordernissen müsse die Durchführung der Unternehmerischen Entscheidung das Angebot erfordern. 49 Hieran schließt sich für verhaltens- und personenbedingte Gründe eine Interessenabwägung, für die betrieblichen eine Sozialauswahl an. 50 Nach überwiegender Kommentarmeinung ist die Änderungskündigung dann sozial gerechtfertigt, wenn die Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen aus verhaltensbedingten oder personenbedingten Gründen oder dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des § 1 KSchG unvermeidbar ist und die neuen Bedingungen für den Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes annehmbar sind. 5 1 Diese Anforderungen sind von der Prüfformel abgeleitet, die das BAG der betriebsbedingten Änderungskündigung zugrunde legt. Zwar bemühe das BAG zum Teil den Gesichtspunkt der Billigkeit; das BAG verstehe aber unter dem Erfordernis des "billigerweise Hinnehmen" keine Billigkeitskontrolle. Die Zumutbarkeit der angebotenen Änderung beurteile sich nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der für die Änderungskündigung in gleicher Weise gelte wie für die Beendigungskündigung. "Billigenswert" sei nur das, was unabwendbar notwendig ist. 5 2 Definitionen für die Begriffe der Personen-, Verhaltens- oder Betriebsbedingtheit finden sich in der Kommentarliteratur nicht, ebensowenig Vorschläge zur Entwicklung eines nutzbaren Maßstabes. Zwar wird die von Wiedemann vorgeschlagene Formel, daß der sachliche Grund umso geringfügiger sein könne, je geringfügiger die Änderung ist,53 abgelehnt; 54 über Fallgruppen gelangen die Kommen46 Domdorf/Weller/Hauck/Kriebel/Höland/Neef. § 2 Rn. 144 ff.; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 63; APS/ Künzl, § 2 KSchG Rn. 179 f.; KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 96. 47 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 65; KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 98, 98a. 48 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 65; APS/ Künzl, § 2 KSchG Rn. 181; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 98. 49 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 65. 50 KR I Rost, § 2 KSchG Rn. 96. 51 KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 98a, unter Verweis auf BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu § 75 BPersVG; ähnlich Herschell Löwisch, § 2 Rn. 32 ("... unter Berücksichtigung von § 1 KSchG sachlich gerechtfertigt und dem Arbeitnehmer zurnutbar ist. .. "); Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 64 ff. 52 KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 98. 53 Wiedemann, RdA 1961, S. 1 (5); s. auch Müller; NZA 1985, S. 307 (310). 54 KR I Rost, § 2 KSchG Rn. 96.

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C. Die soziale Rechtfertigung

tare aber nicht hinaus. 55 Den bedeutendsten personenbedingten Grund für eine Änderungskündigung stellt die krankheitsbedingte oder auf altersbedingt nachlassendem Leistungsvermögen beruhende Unfähigkeit dar, die geschuldete Leistung zu erbringen. Die Änderungskündigung ist hiernach notwendig, wenn die Weiterbeschäftung auf einem Arbeitsplatz möglich ist, der den Leistungsbeschränkungen Rechnung trägt. Verhaltensbedingte Gründe können eine Änderungskündigung notwendig machen, wenn die Möglichkeit einer Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz besteht, an dem das beanstandete Verhalten nicht mehr auftritt oder stört (Zerwürfnis mit bestimmten Kollegen), wenn der sich als Sicherheitsrisiko oder als unzuverlässig erweisende Arbeitnehmer in einen weniger sensiblen Arbeitsbereich umgesetzt werden kann und erforderlichenfalls eine Ahmahnung vorausgegangen ist. Die Senkung der Lohnkosten soll nur dann durch einen betrieblichen Grund gerechtfertigt sein, wenn sonst die Unrentabilität zu einer Stillegong des Betriebes oder eines Betriebsteils führen würde, wenn also ohne die Änderungskündigung Arbeitsplätze wegfallen würden. Nicht ausschlaggebend für die Änderungskündigung sei dagegen die hohe Kostenbelastung. 56 Die Zwei-Stufen-Prüfung des BAG ist auch außerhalb der Kommentarliteratur anerkannt. 57 Anders als das BAG hält die Literatur aber eine Änderungskündigung immer schon dann für unwirksam, wenn dieselbe Maßnahme auch durch Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts erreichbar ist. 58 Abweichend von der Rechtsprechung des BAG und den meisten Kommentaren wird auch die betriebsbedingte Änderungskündigung zur (isolierten) Entgeltsenkung beurteilt. 59 Löwisch beispielsweise hält die Aussage des BAG, eine solche Änderungskündigung komme nur in Betracht, wenn eine akute Gefahr für die Arbeitsplätze oder eine Existenzgefährdung des Arbeitgebers erkennbar sei,60 für zu eng. Das Recht zur betriebsbedingten Änderungskündigung habe die Funktion, die beim Arbeitsvertrag wie bei jedem Dauerschuldverhältnis erfahrungsgemäß immer wieder notwendige Anpassung an geänderte Verhältnisse zu ermöglichen. Diese Funktion könne die Änderungskündigung nur erfüllen, wenn jedes sachliche Interesse von einigem Gewicht als betrieblicher Grund anerkannt werde. Dem Interesse des Arbeitnehmers werde in der zweiten Prüfstufe Rechnung getragen, bei der die Höhe des EinVgl. nur Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70 ff. KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 107b. 57 Vgl. nur Becker-Schaffner, ZTR 1998, S. 193 (196); Berger-Delhey, DB 1991, S. 1571 (1572), der allerdings die Sozialauswahl noch als dritte Stufe anführt; Dänzer-Vanotti/Engels, DB 1986, S. 1390 (1390); Fischermeier, NZA 2000, S. 737 (738); B. Gaul, DB 1998, S. 1913 (1913); Krause, DB 1995, S. 574 (576); AR-Blattei/Linck, SD 1020.1.1 Rn. 51 ff.; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (635). 58 Dazu oben S. 63 ff. m. w. N. 59 Vgl. Berger-Delhey, DB 1991, S. 1571 ; Brenneis, S. 119; Krause, DB 1995, S. 574 (579); Löwisch, NZA 1988, S. 633 (637); Stahlhacke /Preis /Vossen, Rn. 779. 60 BAG, Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 14 zu§ 2 KSchG 1969, im Anschluß an Hillebrecht, ZIP 1985, S. 257 (257). 55

56

III. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch die Literatur

143

kommensverlusts berücksichtigt werde. 61 Andere lassen das sachliche Interesse an einer Rentabilitätsverbesserung,62 ein Gesamtkonzept zur langfristigen Sicherung der Arbeitsplätze63 oder das absehbare Umschlagen in Beendigungskündigungen64 genügen. Auch eine der jüngeren Monographien zum Prüfungsmaßstab der Änderungskündigung folgt nicht dem strengen Ansatz der Rechtsprechung. Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folge ein "milderer" Maßstab für die Änderungskündigung, die zwischen dem Direktionsrecht einerseits und der Beendigungskündigung andererseits liege; 65 deshalb genüge für die Änderungskündigung jedes sachliche Interesse des Arbeitgebers von einigem Gewicht. 66 In den Fällen der Arbeitszeitund der Tätigkeitsänderung sei eine Änderungskündigung möglich, wenn aufgrund unternehmenscher Entscheidungen die weitere Beschäftigung zu den ursprünglichen Vertragskonditionen nicht mehr möglich sei.67 Ein Wechsel des Arbeitsplatzes in räumlicher Hinsicht sei dagegen am ehesten mit den Wirkungen einer Beendigungskündigung vergleichbar; gleichwohl könnten auch hier, da der Arbeitnehmer immerhin einen Arbeitsplatz als Existenzgrundlage behalte, Abstriche bei der Dringlichkeit gemacht werden.68 Änderungskündigungen zum Zwecke der Entgeltreduzierung seien ebenfalls dann möglich, wenn für sie sachliche Gründe von einigem Gewicht stritten. Dies werde regelmäßig der Fall sein, wenn der Unternehmer bemüht sei, eine angemessene Rentabilität für seinen Betrieb zu erreichen,69 insbesondere wenn der Betrieb dauerhaft Verluste schreibe. 70

2. Die Gegenauffassung: Maßgeblichkeit des Kündigungselements Die Kommentierung von Schwerdtner im Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch unterscheidet sich von der Rechtsprechung und herrschenden Lehre durch einen anderen Ausgangspunkt. Für Schwerdtner ist § 2 KSchG nicht Löwisch, NZA 1988, S. 633 (637). Löwisch/Bemards, Anm. zu BAG, EzA § 2 KSchG 1969 Nr. 6; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (637); Schaub, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (93); aus der Rechtsprechung vgl. LAG Köln, Urt. v. 15. 6. 1988, LAGE§ 2 KSchG Nr. 8; s. aber auch LAG Köln, Urt. v. 30. 11. 1989, LAGE§ 2 KSchG Nr. 10. 63 Krause, DB 1995, S. 574 (579). 64 Stahlhacke I Preis /Vossen, Rn. 779. 65 Brenneis, S. 85 ff. 66 Brenneis, S. 109. 67 Brenneis, S. 111 . 68 Brenneis, S. 112 f. 69 Brenneis, S. 119, unter Verweis auf LAG Köln, Urt. v. 15. 6. 1988, 30. 11. 1989, LAGE § 2 KSchG Nr. 8, 10. 10 Brenneis, S. 120. 61 62

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C. Die soziale Rechtfertigung

maßgeblich für den Prüfungsmaßstab; die Vorschrift solle lediglich die Situation des Arbeitnehmers verbessern, nicht aber die Kündigung neu regeln. 71 Da ungeachtet dessen, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot annehme oder nicht, die h. M. den milderen Maßstab der Änderungskündigung zugrunde lege, bürde sie dem Arbeitnehmer die Obliegenheit auf, das Angebot anzunehmen. Diese Obliegenheit sei durch nichts gerechtfertigt. 72 Eine Änderungskündigung könne folglich nur dann sozial gerechtfertigt sein, wenn auch eine "hypothetisch reine Beendigungskündigung" sozial gerechtfertigt wäre. 73 Die Auffassung von Schwerdtner, daß die Änderungskündigung den Voraussetzungen einer Beendigungskündigung genügen muß, hat in letzter Zeit zunehmend Anhänger gefunden. Kittner verlangt in dem von ihm mitverfaßten Kommentar zum Kündigungsschutzrecht, daß ohne die vorgeschlagene Änderung eine Kündigung aus den in § 1 Abs. 2 KSchG genannten Gründen möglich ist. Bis zur Grenze des Wegfalls der vertragsgemäßen Beschäftigungsmöglichkeit soll es beim ursprünglichen Inhalt der eingegangenen vertraglichen Verpflichtung bleiben.74 § 2 KSchG schütze den Arbeitnehmer durch die Möglichkeit, das Angebot unter Vorbehalt anzunehmen, davor, daß nicht gerechtfertigte Änderungen unter Kündigungsandrohung durchgesetzt werden könnten. Die Vorschrift bezwecke den notwendigen Inhaltsschutz "durch Verfahren". Möglichkeiten und Maßstäbe zur eigenständigen Vertragsänderung enthalte sie nicht. 75 Eine personenbedingte Änderungskündigung kommt nach Kittner in Betracht, wenn die in der Person des Arbeitnehmers liegenden und von ihm nicht zu vertretenden Gründe durch die Änderung der Arbeitsbedingungen entfallen sind;76 bei der verhaltensbedingten, wenn abzusehen ist, daß die Änderung zur Beendigung des arbeitsvertragswidrigen Verhaltens führt; 77 bei der betriebsbedingten, wenn sie eine betriebsbedingte Beendigungskündigung vermeiden kann. 78 Wenn dringende betriebliche Erfordernisse den Arbeitgeber berechtigten, eine Beendigungskündi-

71

MünchKomm I Schwerdtner, Rn. 556 nach § 622 BGB; ders., FS 25 Jahre BAG, S. 555

(572). 72 MünchKomm/ Schwerdtner; Rn. 556 nach § 622 BGB; ders., FS 25 Jahre BAG, S. 555 (567). 73 MünchKomm/ Schwerdtner; Rn. 556 nach§ 622 BGB; ders., FS 25 Jahre BAG, S. 555 (571). 74 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 12 ff. 75 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 16. 76 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 148. 77 Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 151, unter Bezug auf KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 1OOa. 78 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 152, unter Bezug auf BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969, Urt. v. 21. I. 1993, AP Nr. 1 zu§ 52 MitbestG Schleswig-Holstein; Urt. v. 11. 10. 1989, AP Nr. 47 zu§ 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 20. 3. 1986, 10. 3. 1982, AP Nr. 14, 2 zu§ 2 KSchG 1969, und auf Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 71.

Ill. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch die Literatur

145

gung auszusprechen, komme auch eine Änderungskündigung in Frage.79 Notwendig für eine Änderung der Tätigkeit sei der Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit, im Bereich der Arbeitszeit, daß nur noch eine Arbeit mit einer spezifisch anderen Arbeitszeit möglich sei. Der Bereich des Entgelts sei einer Änderung durch Änderungskündigung generell nicht zugänglich. 80 Abzulehnen sei auch die automatische, proportionale Kürzung des Entgelts über die Verkürzung der Arbeitszeit. Die Legitimationskraft der Arbeitgeberentscheidung könne nur soweit reichen, wie sie das Arbeitsverhältnis sachlich berühre. Sie könne sich daher nur auf die Arbeitszeitstruktur selbst erstrecken, nicht aber auf das Entgelt. 81 Allenfalls bei drohender Stillegung des Betriebs oder Existenzgefährdung des Arbeitgebers, also bei akuter Gefahr für alle Arbeitsplätze, komme eine Entgeltabsenkung durch Änderungskündigung in Betracht. 82 Die Verfechter dieser "Beendigungstheorie" erkennen auch das Wortlautargument der herrschenden Meinung, wonach § 2 KSchG ausdrücklich auf die "Änderung der Arbeitsbedingungen" verweist, nicht an. "Änderung der Arbeitsbedingungen" bedeutet Berkowsky zufolge Änderung durch (1) Kündigung des bisherigen und (2) Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages. 83 Zunächst müsse die soziale Rechtfertigung der Kündigungserklärung feststehen, bevor das Änderungsangebot auf seine "Billigkeit" hin untersucht werden könne.84 § 2 KSchG solle lediglich das Risiko des Arbeitnehmers ausschalten, den Arbeitsplatz zu verlieren, sei aber nicht darauf angelegt, dem Arbeitgeber die Änderungskündigung zu erleichtern. 85 Die Vorschrift diene einer Verbesserung des Bestandsschutzes.86 Folglich sei die Kündigung, nicht die Änderung in den Mittelpunkt der Prüfung zu stellen.87

3. Vermittelnde Ansichten a) Die Prüfung der Änderungskündigung durch Precklein Auch Precklein befürwortet in ihrer Monographie, die sich ausschließlich mit dem Prüfungsmaßstab bei der Änderungskündigung befaßt, die zweistufige Prü79 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 153, unter Bezug auf Berger!Delhey, DB 1991, S. 1571 (1573). 80 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 165. 81 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 156a. 82 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 170; andererseits soll es nach Rn. 168 genügen, daß der Arbeitsplatz wegfällt, wenn der Arbeitgeber das Entgelt nicht kürzen kann. 83 Berkowsky, NZA 1999, S. 293 (297); ebenso Weber; SAE 1997, S. 339 (340). 84 MünchArbR/ Berkowsky, § 142 Rn. 44; ders., DB 1999, S. 1606 (1607 f.) 85 Boewer; BB 1996, S. 2618 (2620); Berkowsky, NZA 1999, S. 293 (296). 86 Boewer; BB 1996, S. 2618 (2620). 87 Boewer; BB 1996, S. 2618 (2620); Berkowsky, NZA 1999, S. 293 (296); ders., NZA 2000, S. 1129 (1131); ders., Änderungskündigung, S. 72 ff.

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C. Die soziale Rechtfertigung

fungskonzeption des BAG. Sie leitet dies aus der Funktion der Änderungskündigung her, nämlich Beseitigung der alten Bedingungen und Abschluß eines neuen Vertrages aufgrund des Änderungsangebots durch den Arbeitgeber. Von der Funktion schließt sie auf das Schutzbedürfnis, nämlich Schutz vor dem ungerechtfertigten Verlust der bisherigen Bedingungen und Schutz vor einer übermäßigen Veränderung. Es müßten zum einen ausreichende Gründe dafür bestehen, daß überhaupt eine Vertragsänderung erfolgt (Precklein bezeichnet dies als "Ob" der Änderung); zum anderen müsse aber auch das Ausmaß der Änderung rechtmäßig sein (das "Wie" der Änderung). 88 Dagegen bestehe kein Raum für eine pauschale Abwägung der widerstreitenden Interessen der Arbeitsvertragsparteien, insbesondere nicht für eine abschließende und umfassende Interessenabwägung. Der Begriff der sozial ungerechtfertigten Kündigung werde im Gesetz durch mehrere Tatbestandsvoraussetzungen, wenngleich in Form von unbestimmten Rechtsbegriffen, konkretisiert. Zwar müsse der Richter bei dieser Konkretisierung wie auch bei der Beurteilung der zur Rechtfertigung der Kündigung vorgetragenen Umstände Wertungen vornehmen; dabei sei er jedoch an die in § 1 KSchG vorgegebene gesetzliche Interessenbewertung gebunden und dürfe ihr nicht eine eigenständige Interessenahwägung gegenüberstellen. 89 Precklein befürwortet auch die These des BAG, daß der Änderungsgrund ohne Berücksichtigung des Änderungsangebotes festzustellen sei. Nur wenn jede noch so geringfügige, durch Änderungskündigung herbeigeführte Vertragsänderung eines davon unabhängigen Grundes bedürfe, sei Gewähr dafür geboten, daß alle Vertragsmodalitäten den gleichen Schutz genössen. 90 Sonst könnten dem Arbeitnehmer Arbeitsbedingungen in kleinen Schritten entzogen werden. Zur Vermeidung einer "Salamitaktik" dürften die Anforderungen an die Änderungskündigung bei geringen Änderungen nicht milder, bei schwerwiegenderen Änderungen nicht strenger sein. 91 Für betriebsbedingte Änderungskündigungen komme es zunächst nur darauf an, ob das Beschäftigungsverhältnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Arbeitsbedingungen aufgrund eines auf den arbeitstechnischen Zweck bezogenen Erfordemisses92 entfallen sei.93 Bei personen- und verhaltensbedingten Änderungskündigungen fehle ein so klares Merkmal wie das Beschäftigungsbedürfnis. Es bedürfe daher einer Erheblichkeilsprüfung derjenigen Umstände, die einen konkreten Bezug zum jeweiligen Kündigungsgrund oder zumindest zum Arbeitsverhältnis aufwiesen. Wichtig sei zunächst die Feststellung einer Vertragsverletzung bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung; bei der personenbedingten Änderungskündigung müßten die zu erwartenden erheblichen Beeinträchtigungen

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Precklein, S. 34. Precklein, S. 36 ff. Ebenso Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 14. Precklein, S. 34 f. Precklein, S. 99. Precklein, S. 45.

111. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung durch die Literatur

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der betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers erkundet werden. Weitere Gesichtspunkte könnten von Bedeutung sein, wenn und soweit sie Rückschlüsse auf das Gewicht der Störung zuließen, konkrete Störungen des Betriebsablaufs etwa oder die ungestörte Dauer der Betriebszugehörigkeit Unbeachtlich sei dagegen das Interesse des Arbeitnehmers am unveränderten Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses, das sich beispielsweise aus seinen Unterhaltsverpflichtungen herleite.94 Im Kern unterscheidet Precklein zwischen, wie sie es nennt, "Versetzungs-Änderungskündigungen" und Änderungskündigungen ohne ArbeitsplatzwechseL 95 Eine "Versetzungs-Änderungskündigung", durch die dem Arbeitnehmer der bisherige Arbeitsplatz vollständig genommen und ihm ein anderer angeboten wird, sei "zweckidentisch" mit einer Beendigungskündigung und könne daher nur wirksam sein, wenn ein Kündigungsgrund nachgewiesen werde, der auch eine Beendigungskündigung rechtfertigen würde. 96 Der Prüfungsmaßstab für die personen-, verhaltens- und betriebsbedingten Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG hänge nicht davon ab, ob zufällig eine andere Beschäftigungsmöglichkeit bestehe (dann Änderungskündigung) oder nicht (dann Beendigungskündigung). Für das "Ob" einer "Versetzungs-Änderungskündigung" gälten die für die Beendigungskündigung vorgeschriebenen Voraussetzungen und die hierzu entwickelte Kasuistik.97 Dagegen unterschieden sich Art und Gewicht der Kündigungsgründe von den eine Beendigungskündigung rechtfertigenden Gründen bei Änderungskündigungen, die keinen Arbeitsplatzwechsel zum Ziel haben. Die Grundsätze blieben jedoch dieselben; bei konsequenter Anwendung werde der unterschiedliche Prüfungsgegenstand "automatisch" erfaßt. Einen "anderen" Prüfungsmaßstab gebe es nicht. 98 Eine Lohnkürzung ohne Änderung des Tatigkeitsbereichs sei ausnahmsweise dann durch Änderungskündigung zulässig, wenn zum Kündigungszeitpunkt ernstlich mit einer Betriebsstillegong wegen einer wirtschaftlichen Notlage zu rechnen war. 99 Das Ziel des Kündigungsschutzgesetzes, den Arbeitnehmern die Grundlage ihrer wirtschaftlichen und sozialen Existenz zu sichern, könne im Falle der Existenzgefährdung nur durch eine Lohnkürzung verwirklicht werden. Das und nicht ein "anderer" Prüfungsmaßstab sei der Grund für die Zulassung der Änderungskündigung, denn eine Beendigungskündigung sei nicht erst bei einer existenzgefährdenden Situation gerechtfertigt. 100

Precklein, S. 46 ff. Precklein, S. 62; ablehnend Berkowsky, Änderungskündigung, S. 80. 96 Precklein, S. 63. 97 Precklein, S. 64 f. 98 Precklein, S. 47 ff. 99 Precklein, S. 106. 100 Precklein, S. 104 f.

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10*

C. Die soziale Rechtfertigung

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b) Die Prüfung der Änderungskündigung durch Hromadka An den Beginn seiner Überlegungen stellt Hromadka die ratio des § 2 KSchG 1969: Diese Vorschrift schütze einerseits den Arbeitnehmer, weil sie ihm die Möglichkeit gebe, die Sozialwidrigkeit der Änderung gerichtlich überprüfen lassen zu können, ohne daß er Gefahr laufe, den Arbeitsplatz zu verlieren. 101 Andererseits erlaube § 2 KSchG die Durchbrechung des Vertragsinhaltsschutzes; gäbe es die Vorschrift nicht, dann müßten die Voraussetzungen der Beendigungskündigung vorliegen, wenn der Arbeitgeber Arbeitsbedingungen ändern wollte. § 2 KSchG erlaube eine Änderungskündigung (bereits dann), wenn die Änderung nicht sozial ungerechtfertigt sei. 102 Welche Gründe für eine Änderungskündigung ausreichten, lasse sich der ratio nicht entnehmen. 103 Wegen der Durchbrechung der Vertragsbindung genüge aber nicht jeder Grund. Eine Änderungskündigung sei jedenfalls dann möglich, wenn der Arbeitgeber auch eine Beendigungskündigung aussprechen dürfe; könne der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden, müsse er auch jede Änderung durchsetzen können. 104 Für die übrigen Fälle bemüht Hromadka einen Vergleich zwischen der Beendigungs- und der Änderungskündigung. Bei ersterer sei zu untersuchen, ob ein Grund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG vorliege, der eine Beendigungskündigung an sich (generell) gerechtfertigt erscheinen lasse. Wenn es gegenüber der Kündigung kein milderes Mittel gebe, müsse in einer abschließenden Interessenahwägung festgestellt werden, ob der so gefundene Grund auch im konkreten Einzelfall die Kündigung rechtfertige, oder bei der betriebsbedingten Kündigung, ob der Arbeitgeber die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG korrekt durchgeführt habe. 105 Auch bei der Änderungskündigung müsse ein Grund in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers oder ein dringendes betriebliches Erfordernis festgestellt werden. Als Änderungsgrund für Art und Umfang der Tätigkeit (Tätigkeit und Arbeitszeit) kämen alle Unternehmerischen Entscheidungen in Betracht, die zum Wegfall oder der Änderung der Tätigkeit führten. 106 Ausschlaggebend sei, ob die Unternehmerische Entscheidung die Änderung erforderlich mache; da ein Wegfall des Arbeitsplatzes nicht Voraussetzung sei, genügten auch "kleinere" unternehmensehe Entscheidungen. Auf das Änderungsangebot komme es an dieser Stelle nicht an. Eine unternehmensehe Entscheidung sei in jedem Fall ein betriebsbedingter Grund für eine Änderungskündigung. 107

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104 105 106 107

Hromadka, Hromadka, Hromadka, Hromadka, Hromadka, Hromadka, Hromadka,

NZA 1996, S. I (3). NZA 1996, S. I (3). NZA 1996, S. 1 (4). NZA 1996, S. 1 (4). NZA 1996, S. 1 (4 f.). NZA 1996, S. I (8). NZA 1996, S. 1 (8).

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

149

Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung könne es keine unterschiedlichen Maßstäbe geben; eine Unternehmerische Entscheidung bedinge eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder sie bedinge sie eben nicht. Bei Änderungskündigungen aus Griinden in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers sei dagegen das Änderungsziel sehr wohl in die Anforderungen an den Kündigungsgrund einzubeziehen. 108 Griinde in der Person des Arbeitnehmers rechtfertigten eine Änderungskündigung, wenn sie zu einer Vertragsstörung führten; Griinde in dem Verhalten, wenn das Vertrauen zerstört sei oder weitere Vertragsverletzungen zu besorgen seien. Offen bleibe, welcher Grad erreicht sein müsse, um eine Änderungskündigung zu rechtfertigen. Deshalb gelte: je geringer die Änderung, desto geringer seien die Anforderungen an den Änderungsgrund. 109 Änderungen richteten sich in erster Linie auf die Tätigkeit und erst in deren Gefolge auf das Entgelt. Bloße Entgeltänderungen seien nicht ausgeschlossen, wenn das Äquivalenzverhältnis gestört sei; sie könnten sozial gerechtfertigt sein, wenn sie aus der Sphäre des Arbeitnehmers kämen. Dabei seien allerdings die gesetzlichen Wertungen, insbesondere die des Entgeltfortzahlungsgesetzes, zu beachten. 110 Für eine Änderungskündigung zur Entgeltkürzung ohne Änderung der Tätigkeit fehle in der Regel ein rechtfertigender Grund: Der Unternehmer treffe keine wirtschaftliche, technische oder organisatorische Maßnahme im Rahmen seines Organisationsrechts, sondern wolle seine finanziellen Verpflichtungen ändern.U 1 Eine derartige Änderungskündigung könne daher nur unter den Voraussetzungen einer Beendigungskündigung zulässig sein, also nur, wenn ansonsten der Arbeitsplatz wegfiele. Die Änderungskündigung als Sekundärinstrument sei nur erlaubt als milderes Mittel zur Beendigungskündigung. 112

IV. Soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen: Ansätze für einen Prüfungsmaßstab § 2 KSchG und sein Klammerzusatz haben Rechtsprechung und Literatur zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten geführt. Bereits Sinn und Zweck der Vorschrift werden unterschiedlich interpretiert; während für die einen nur die Annahme unter Vorbehalt Regelungsgegenstand ist, leitet die herrschende Meinung aus § 2 KSchG ein Priifprogramm für die soziale Rechtfertigung ab. Sie fragt, ob ein Grund "an sich" vorhanden ist und ob der Arbeitnehmer die 108 109 110 III 112

Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11). Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11), unterVerweis auf Wiedemann, RdA 1961, S. 1 (5). Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11 f.). Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10). Hromadka, NZA 1996, S. 1 (9).

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C. Die soziale Rechtfertigung

neuen Arbeitsbedingungen hinnehmen muß. Obwohl bei der "Hinnahme durch den Arbeitnehmer" das Angebot berücksichtigt wird, erinnert die Forderung nach einem Änderungsgrund "an sich" an die Prüfung einer Beendigungskündigung. So wie in den vom BAG bisher entschiedenen Fällen, in denen es die soziale Rechtfertigung einer Beendigungskündigung bejaht hatte, weil die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit vollständig weggefallen war, stellt die herrschende Meinung auch für die Änderungskündigung vorwiegend auf den "Wegfall der bisherigen Arbeitsbedingungen" ab. Die Nähe zur Beendigungskündigung wird mit dem Erfordernis eines "effektiven Vertragsinhaltsschutzes" begründet. Einem Maßstab, wie ihn Wiedemann vorgeschlagen hat, steht sie ablehnend gegenüber. Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur überzeugt nicht ohne weiteres, da das von ihr entwickelte zweistufige Prüfschema keine unmittelbare Grundlage im Wortlaut des § 2 KSchG besitzt. Es ist daher notwendig, unter Beachtung von Wortlaut, Sinn und Zweck des § 2 KSchG die maßgeblichen Grundsätze für die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung herauszuarbeiten und hieran die Ergebnisse der oben dargestellten Ansichten zu überprüfen.

1. Verweis auf § 1 KSchG Ausgangspunkt der Untersuchung ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 KSchG die Änderung der Arbeitsbedingungen. Sie muß sozial gerechtfertigt sein. 113 Zur näheren Bestimmung der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen verweist § 2 S. 1 KSchG in einem Klammerzusatz auf die Vorschriften des § 1 Abs. 2 S. I bis 3, Abs. 3 S. I und 2 KSchG. Diese Regelungen legen fest, unter welchen Voraussetzungen eine Beendigungskündigung sozial ungerechtfertigt ist. Zwar läßt der Begriff der sozialen Rechtfertigung vermuten, daß es ausschließlich auf soziale Faktoren und damit auf die soziale Situation des Arbeitnehmers ankommt. Die Verweisung macht aber deutlich, daß die Kündigung durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt sein muß. Das Änderungsschutzverlabren soll ähnlichen Vorgaben unterliegen, wie sie der Gesetzgeber für die Beendigungskündigung gemacht hat. Das gilt nicht nur für die Vorschriften im Klammerzusatz; anzuwenden sind beispielsweise auch, obwohl sie im Klammerzusatz fehlen, die Beweislastregelungen des § 1 Abs. 2 S. 4 und Abs. 3 S. 3 KSchG, 114 denn diese Vorschriften haben nur klarstellende Funktion. 115 113 Daß die "Änderung der Arbeitsbedingungen" für die soziale Rechtfertigung ausschlaggebend ist und nicht das Kündigungselement, stand für die h. M. bereits lange vor 1969 fest; BAG, Urt. v. 14. 10. 1960; AP Nr. 25 zu§ 123 GewO; Urt. v. 12. 1. 1961, AP Nr. 10 zu§ 620 BGB Änderungskündigung; Galperin, DB 1958, S. 799 (840 f.). Der Gesetzgeber ist der Auffassung der h. M. für den Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG gefolgt.

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

151

Einen Maßstab, anhand dessen die Anforderungen an einen Grund im Sinne des in Bezug genommenen § 1 Abs. 2 KSchG bestimmt werden könnten, ergibt das freilich noch nicht. Die partielle Verweisung in Form eines Klammerzusatzes spricht aber gegen eine direkte Anwendung des § 1 KSchG und seines Maßstabes.116 Unterschiede zur sozialen Rechtfertigung der Beendigungskündigung werden dann zu machen sein, wenn die Änderungskündigung und § 2 KSchG einen anderen Zweck verfolgen als § 1 KSchG für die Beendigungskündigung. Es ist deshalb zunächst nach dem Sinn und Zweck des § 2 KSchG zu fragen.

2. Inhalt des § 2 KSchG Für die herrschende Meinung ist maßgeblich, daß nach dem Kündigungsschutzgesetz die "Änderung der Arbeitsbedingungen" sozial gerechtfertigt sein muß. 117 Für die Vertreter der Beendigungstheorie ist dagegen ausschlaggebend, daß die Kündigung den Arbeitnehmer zur Annahme des Angebots bewegen soll und gegebenenfalls das Arbeitsverhältnis auch beenden kann. 118 Nicht zuletzt hieraus leitet sie ihren abweichenden Prüfungsmaßstab ab. Beide Ansichten untermauem ihre 114 Löwisch, Anm. zu BAG, AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl (I 2); Popp, DB 1981, S. 2611 (2616). 11 5 Ascheid, Beweislastfragen, S. 61 ff. 116 Das übersieht Berkowsky, Änderungskündigung, S. 29. 117 Grundlegend BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. 1 zu § 626 BGB Änderungskündigung; ferner BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG; Urt. v. 23. 3. 1983, AP Nr. 1 zu § 6 KSchG 1969; Urt. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969; Urt. v. 21. l. 1993, AP Nr. 1 zu § 52 MitbestG Sch1eswig-Holstein; Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969; Urt. v. 26. 1. 1995, AP Nr. 36 zu § 2 KSchG 1969; aus der Instanzgerichtsbarkeit LAG Hamm, Urt. v. 5. 9. 1986, LAGE§ 2 KSchG Nr. 5; LAG Berlin, Urt. v. 9. I. 1989, LAGE§ 2 KSchG Nr. 9; aus der Literatur: Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 488 ff.; Becker-Schaffner, B!StSozArbR 1975, S. 273 (276 f.); ders., BB 1991, S. 129 (133, 136); Fenn, Anm. zu BAG, SAE 1975, 104 (105 f.); Hamann, JA 1987, S. 474 (482 f.); Herschel/Löwisch, § 2 Rn. 31 ff., 47 f. ; v. Hoyningen-Huene / Boemke, Versetzung, S. 77, 80; Hromadka, RdA 1992, S. 234 (252); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 54 ff. ; KR/ Fischermeier, § 626 BGB Rn. 199; Kaup, S. 101 ff., 111 ff., 119 f. ; Krause, DB 1995, S. 574 (576); Löwisch, Anm. zu BAG, AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; Knorr/Bichlmeier/ Kremhelmer, S. 532 f.; Moll, DB 1984, S. 1346 f.; Precklein, S. 25 ff.; Richardi, ZfA 1971, S. 73 (93 f.); KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 84 ff.; Schaub, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (87); ders., RdA 1970, S. 230 (235); Schlaeper, Anm. zu BAG, AP Nr. 19 zu § 15 KSchG 1969; Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 431 ff., 777 f. ; Waiden, S. 25 f.; RGRK/ Weller, Rn. 242 f. vor§ 620 BGB; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht,§ 23 X I (S. 312). 118 Betz, S. 182 f.; Berkowsky, NZA 1999, S. 293 (296); ders., DB 1999, S. 1606 (1607); Boewer, BB 1996, S. 2618 (2620); Hersehe/, FS G. Müller, S. 191 (207); Kittner, NZA 1997, S. 968 (969); Kittner/ Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 12; Reuter, Anm. zu BAG, EzA § l KSchG Soziale Auswahl Nr. 23; Ratajczak, S. 115 ff. ; MünchKomm/ Schwerdtner, Rn. 554 nach§ 622 BGB; ders., FS 25 Jahre BAG, S. 555 (566 ff., 573); Weber, SAE 1997, s. 339 (340).

152

C. Die soziale Rechtfertigung

Auslegung der Norm mit dem Sinn und Zweck der Regelung. Für die herrschende Meinung steht der Vertragsinhalt und sein Schutz vor Veränderungen im Mittelpunkt des § 2 KSchG. Für die Mindermeinung hat die Vorschrift in bezugauf die soziale Rechtfertigung keine eigenständige Bedeutung; sie unterwirft die Änderungskündigung allein dem § 1 Abs. 2 KSchG. Deshalb ist zu hinterfragen, ob das Änderungsangebot oder die Kündigung den Gegenstand der sozialen Rechtfertigung bildet und welchen Zweck § 2 KSchG verfolgt, ob also § 2 KSchG vor dem Verlust des Arbeitsplatzes schützt oder nur den Inhalt des bisherigen Vertrages vor Veränderungen.

a) Soziale Rechtfertigung ohne Bezug zur Änderung Wie bereits dargelegt, ist für die Beendigungstheorie entscheidend, daß jede Änderungskündigung auch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann; 119 sie verlangt dementsprechend, daß der Maßstab für die Änderungskündigung der Beendigungskündigung zu entnehmen ist. 120 Die Voraussetzungen für die soziale Rechtfertigung einer Beendigungskündigung liegen gemäß dieser Auffassung dann vor, wenn ohne die vorgeschlagene Änderung eine Kündigung aus den in § 1 Abs. 2 KSchG genannten Griinden "möglich" ist. 121 Nur wenn das Arbeitsverhältnis auch beendet werden könne, dürfe zur Änderungskündigung gegriffen werden.122 Der Inhalt des Änderungsangebots stelle damit keinen Gegenstand der sozialen Rechtfertigung dar. Dem Wortlaut des § 2 S. I KSchG, der auf die Änderung der Arbeitsbedingungen abstellt, wird keine grundlegende Bedeutung beigemessen: § 2 S. 1 KSchG meine zunächst die Kündigung, die die Vertragsbindung beseitige, und erst dann das Angebot, so daß auch die Kündigungserklärung sozial gerechtfertigt sein müsse. 123 Das überzeugt nicht. Precklein hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Vertreter der Beendigungstheorie von vereinfachten Sachverhalten ausgehen, bei denen Dazu oben S. 143 ff. Zum früheren Recht Amtrup, S. 213 ff., 231 f.; Frey, ArbuR 1958, S. 97 ff. ; für die Rechtslage ab 1969: Betz, S. 182 f.; MünchKomm I Schwerdtner, Rn. 554 nach § 622 BGB; ders., FS 25 Jahre BAG, S. 555 (566 ff., 573); Hersehe[, FS G. Müller, S. 191 (207); ähnlich Reuter, Anm. zu BAG, EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 23; Ratajczak, S. 115 ff. Diese These wurde jüngst wieder aufgenommen von Boewer, BB 1996, S. 2618 (2620); Berkowsky, NZA 1999, S. 293 (296); ders., DB 1999, S. 1606 (1607); Kittner, NZA 1997, S. 968 (969): "Ohne Vorliegen eines an sich zur Kündigung gem. § 1 KSchG berechtigenden Grundes wird einem Änderungsangebot für sich allein die Kraft zur Vertragsänderung versagt." (Hervorhebung durch den Verf.); ebenso Kittner/ Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 12; Weber, SAE 1997, s. 339 (340). 121 Kittner, NZA 1997, S. 968 (969); Kittner/Däubler/ Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 12. 122 Kittner, NZA 1997, S. 968 (969); Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 15. 123 So Berkowsky, NZA 1999, S. 293 (297); ders. DB 1999, S. 1606 (1607); ders., NZA 2000, S. 11 29 (1131). 119

12o

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

153

die Tatbestandsvoraussetzungen der Änderungskündigung nur zufällig denen der Beendigungskündigung entsprechen. 124 Der grundlegende Fehler dieser Theorie besteht darin, § 2 KSchG aus dem Zusammenhang mit dem vorhandenen Kündigungsschutz zu nehmen und ihm eine eigene Bedeutung abzusprechen. Wie der l. Halbsatz des § 2 S. 1 KSchG zeigt, unterscheidet das Gesetz ausdrücklich zwischen der Kündigung und den geänderten Arbeitsbedingungen. Wenn es im 2. Halbsatz, bei der Rechtsfolge, die Änderung der Arbeitsbedingungen wieder aufgreift, kann nach der sprachlich-systematischen Auslegung die Kündigung nicht erfaßt sein. 125 § 2 KSchG verweist gerade nicht darauf, ob "ohne die vorgeschlagene Änderung eine Kündigung aus den in § 1 Abs. 2 KSchG genannten Gründen möglich ist", sondern verlangt die soziale Rechtfertigung der Änderung; die Verweisung ergänzt mithin den Tatbestand des § 2 KSchG, ohne ihn zu ersetzen. Müßten Kündigung und Änderungsangebot sozial gerechtfertigt sein, hätte die Änderungskündigung ihre Funktion als eigenständiges Regelungsinstrument verloren. Eine solche Auslegung machte auch keinen Sinn, weil nicht denkbar ist, daß eine Beendigungskündigung zwar sozial gerechtfertigt sein sollte, die Änderung aber nicht. 126 Es wird deshalb vorgeschlagen, das Angebot lediglich nach § 315 BGB zu prüfen. 127 Eine gesetzliche Grundlage dafür ist freilich nicht ersichtlich; von§ 2 KSchG wird eine Billigkeitsprüfung nach§ 315 BGB jedenfalls nicht angeordnet. Die Vertreter der Beendigungstheorie, die man schon überwunden glaubte, 128 haben in Kittner und Berkowsky neue Anhänger gefunden. 129 Kittner bemüht eine angeblich "neue Linie" in der Rechtsprechung des BAG, 130 wonach nicht nach dem Änderungsangebot zu fragen sei, sondern danach, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Arbeitsbedingungen unzumutbar geworden sei. Entsprechend dem Verfahren bei der Beendigungskündigung müsse zunächst geprüft werden, ob personen-, verhaltens-oder betriebsbedingte Gründe zum Wegfall der bisherigen vertragsmäßigen Beschäftigungsmöglichkeit führten; 131 in einem weiteren Schritt, ob der Arbeitgeber nur solche Änderungen vorgeschlagen habe, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen müsse. Letzteres sei in einer Precklein, S. 29. Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 489. Angesichts des Gesetzeswortlauts ist die Kritik von Berkowsky, Änderungskündigung, S. 77, unverständlich. 126 KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 92a. 127 Berkowsky, DB 1999, S. 1606 (1607); ähnlich Schwerdtner; FS 25 Jahre BAG, S. 555 (574); dagegen KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 92a. 128 Grundlegend Precklein, S. 28 ff. 129 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 15; MünchArbR/Berkowsky, § 145 Rn. 41 f. 130 Nämlich BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 34 = AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969; Urt. v. 18. 1. 1990, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = AP Nr. 27 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 21. 1. 1993, EzA § 2 KSchG n.F. Nr. 18 =AP Nr. 1 zu§ 52 MitbestG Sch1eswig-Holstein; Urt. v. 19. 5. 1993, NZA 1993, S. 1075 = AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969. 131 Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 134. 124 125

154

C. Die soziale Rechtfertigung

umfassenden Interessenahwägung unter Einbeziehung der gleichen Kriterien wie bei einer Beendigungskündigung zu prüfen. 132 Die "neue Linie" in der Rechtsprechung des BAG beruht offensichtlich auf einer Fehlinterpretation. Zwar spricht das BAG in den genannten Entscheidungen immer vom Wegfall der Weiterbeschäftigung, schränkt ihn aber auf den Zusatz "zu den bisherigen Arbeitsbedingungen" ein. Im Beschluß vom 6. 3. 1986 133 hat das BAG zudem klargestellt, daß die "Änderung der Arbeitsbedingungen" unabweisbar geworden sein muß. In den Entscheidungen vom 21. 1. 1993 134 und 19. 5. 1993 135 betont das BAG ausdrücklich, daß nicht auf die "Beendigung, sondern auf das Änderungsangebot" abzustellen sei. Hieran hat sich seitdem nichts geändert. Ebensowenig überzeugen die von Kittner 136 zur Begründung herangezogenen Literaturverweise. 137 Weder Hromadka noch Precklein stellen darauf ab, daß Maßstab die Beendigungskündigung sein müsse. Hromadka betont ausdrücklich, daß die Änderung, nicht die Kündigung ausschlaggebend sei und daß die Voraussetzungen einer Beendigungskündigung nicht vorliegen müßten. 138 Precklein schließlich lehnt sich bei den Anforderungen an eine Änderungskündigung zwar an die Beendigungskündigung an, jedoch nur bei den von ihr so genannten Versetzungsänderungskündigungen, Änderungskündigungen also, die mit einem Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes einhergehen. 139 Das sind gerade die Fälle, in denen die Nähe zur Beendigungskündigung ähnliche Maßstäbe für die soziale Rechtfertigung erfordern kann; allgemeingültig k.önnen sie nicht sein. Die Auffassung von Kittner ist abzulehnen. Sie wurzelt, wie bei Berkowsky auch, darin, daß § 2 KSchG zu Unrecht eine eigenständige materiell-rechtliche Funktion abgesprochen wird. § 2 KSchG ist aber keine Rechtsgrundverweisung, denn damit wäre der auf § 1 Abs. 2 S. 1 bis 3, Abs. 3 S. 2 und 3 KSchG beschränkte Verweis nicht zu erklären. Der Klammerzusatz nimmt den Schutzinhalt des § 1 Abs. 2 KSchG nicht generell auf, sondern nur das Erfordernis bestimmter Gründe, 140 und vervollständigt die Vorschrift des § 2 S. 1 KSchG im Sinne einer "nur" entsprechenden Anwendung des § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG. 141 Dafür sprechen auch die ver132 133

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136 137

138 139

Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 136. AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969. AP Nr. 1 zu § 52 MitbestG Schleswig-Holstein. AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 12. Nämlich Hromadka, RdA 1992, S. 234 (252); Precklein, S. 34 ff., 42 ff. Hromadka, RdA 1992, S. 234 (252). Precklein, S. 65.

Lieb, Arbeitsrecht, Rn. 398. Das übersieht MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 37; ders., NZA 2000, S. 1129 (1132); für ihn bildet§ 2 KSchG lediglich eine Derogation des§ 150 Abs. 2 BGB und damit eine verfahrensrechtliche Regelung. Sein Vorwurf an die h.M., sie "vernachlässige" die materiellen Voraussetzungen des§ 1 Abs. 2 S. 2, 3 KSchG (MünchArbR, § 145 Rn. 41), stellt die Verhältnisse auf den Kopf, weil § 1 KSchG gerade nicht direkt anwendbar ist. 140 141

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

155

schiedeneo Ziele von Beendigungs- und Änderungskündigung. 142 Auf die soziale Rechtfertigung der Kündigungserklärung kommt es nicht an. Gemeinsam ist dem Kündigungsschutzverfahren nach § 1 KSchG und dem Änderungsschutzverfahren nach § 2 KSchG lediglich die gesetzliche Systematik.

b) Vertragsinhaltsschutz

Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht davon aus, daß § 2 KSchG den Vertragsinhalt schützt; hieraus leitet sie einen von der sozialen Rechtfertigung der Beendigungskündigung abweichenden Maßstab ab, der angeblich das Änderungsangebot berücksichtigt. Dazu hat sich der 2. Senat des BAG wie folgt geäußert: "Das Kündigungsschutzgesetz sieht als geschütztes Rechtsgut den Arbeitsplatz und die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers an, die die Grundlagen seiner sozialen und wirtschaftlichen Existenz bilden; es soll ihm diese Rechtsgüter in den Grenzen des sozial und wirtschaftlich Vertretbaren sichern.... An diesem Normzweck hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Auslegung des Gesetzes ausgerichtet und als geschütztes Rechtsgut das Arbeitsverhältnis mit seinem im Zeitpunkt der Kündigung bestehenden Inhalt angesehen, das in § 1 KSchG gegen seine Beendigung und in § 2 KSchG gegen die Änderung seines Inhalts geschützt werden soll. Der in § 1 KSchG geregelte Bestandsschutz und der in § 2 geregelte Vertragsinhaltsschutz stehen gleichwertig nebeneinander. Rechtstechnisch erfolgt dieser Schutz durch die an materielle Gründe gebundene Beschränkung der Kündigungsbefugnis." 143 In dieser Entscheidung sieht der 2. Senat des BAG den Inhalt des Arbeitsverhältnisses allein durch § 2 KSchG geschützt. Der 7. Senat hat dem zugestimmt. 144 Diese Aufteilung von Bestands- und Inhaltsschutz zwischen den§§ 1 und 2 KSchG beruhtjedoch nicht, wie das BAG in der Entscheidung vom 19. 5. 1993 behauptet, auf der vorangegangenen Rechtsprechung. Vielmehr war das BAG in früheren Entscheidungen der Ansicht, daß § 1 KSchG auch den Inhalt des Arbeitsverhältnisses schützt: "Der Senat geht ... davon aus, daß der gesetzliche Kündigungsschutz (§ 1 KSchG und im Falle der außerordentlichen Kündigung § 626 BGB) dem Arbeitnehmer nicht nur die Weiterbeschäftigung als solche gewährleisten soll (sog. Bestandsschutz), sondern auch die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses so, wie es durch den Einzelarbeitsvertrag ausgestaltet ist." 145 Eine Begründung für den Precklein, S. 32 f. Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969 (unter II 3 der Gründe); Urt. v. 26. 1. 1995, AP Nr. 36 zu§ 2 KSchG 1969: "Bei der Änderungsschutzklage nach§ 2 KSchG geht es nicht um den Bestand, sondern nur um den Inhalt des Arbeitsverhältnisses". 144 Urt. v. 21. 4. 1993, AP Nr. 34 zu§ 2 KSchG 1969:.,. . . gesetzl. Inhaltsschutz des Arbeitsverhältnisses(§ 2 KSchG)". 145 BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. I zu § 626 BGB Änderungskündigung; Urt. v. 12. 1. 1961, 25. 4. 1963, AP Nr. 10, 17 zu§ 620 BGB Änderungskündigung; ähnlich auch 142

143

156

C. Die soziale Rechtfertigung

Meinungswechsel gibt das BAG nicht. Zwar konnte vor der gesetzlichen Einführung der Änderungskündigung der Vertragsinhaltsschutz überhaupt nur Teil des Bestandsschutzes sein. § I KSchG schützte das Arbeitsverhältnis vor der Auflösung und damit auch vor Veränderungen. Aber auch nach Einführung des § 2 KSchG ging das Gericht nicht sogleich dazu über, Bestands- und Vertragsinhaltsschutz zu trennen. 146 § 2 KSchG kann also nicht der Grund für diese Differenzierung gewesen sein. Dabei darf allerdings die Möglichkeit nicht außer acht gelassen werden, daß sich das BAG in früheren Entscheidungen mißverständlich ausgedrückt hat; denn auch in der schon angeführten Entscheidung vom 7. 6. 1973 spricht das BAG davon, daß es in den Fällen der ordentlichen Änderungskündigung nach § 2 KSchG nicht "wie beim Kündigungsschutzprozeß nach Maßgabe des § I KSchG um den Bestandsschutz" gehe, "sondern um den Inhaltsschutz des Arbeitsverhältnisses". 147 Festzuhalten bleibt, daß das BAG dem § 2 KSchG jetzt ausdrücklich den Zweck zuweist, den Vertragsinhalt zu schützen. Wegbereiter dieser Entwicklung war der schon zitierte Festschriftbeitrag von Bötticher aus dem Jahr 1962, in dem dieser als erster eine Trennung von Bestandsund Inhaltsschutz befürwortete. Durch die Möglichkeit, das Angebot unter Vorbehalt anzunehmen, werde, so Bötticher, das Risiko einer Vertragsbeendigung für beide Arbeitsvertragsparteien ausgeschaltet. Dieser Bestandsschutz werde freilich nur auf Kosten des Inhaltsschutzes erreicht; dadurch komme es zum Auseinanderfallen von Vertragsschutz und Vertragsinhaltsschutz. 148 Heute vertritt der größte Teil der Literatur im Einklang mit der Rechtsprechung des BAG die Auffassung, die Regelung des § 2 KSchG diene in erster Linie dem Vertragsinhaltsschutz. 149 Der Arbeitnehmer könne das Fortsetzungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annehmen; dadurch habe er es in der Hand, sich in jedem Fall den Arbeitsplatz zu erhalten. 150 Zum Teil wird mit der Rechtsprechung argumentiert, § 2 KSchG bewirke den Schutz vor einseitigen Veränderungen des Arbeitsverhältnisses, während § 1 KSchG den Bestand des Arbeitsverhältnisses schütze.151 Der Gesetzgeber habe "neben dem grundsätzlich weiterbestehenden Bestandsschutz in Form der Kündigungsschutzklage gern. § I KSchG in § 2 KSchG die Möglichkeit eines Vertragsinhaltsschutzes in Form der Änderungsschutzklage anerkannt." 152 Eine nähere Begründung für eine solche Aufteilung von Bestandsund Inhaltsschutz findet sich jedoch nicht. Zum Teil wird auch argumentiert, § 2 Urt. v. 25. 2. 1988, RzK I 7a Nr. 9: ,.Im Vordergrund (der Änderungskündigung) steht nicht der Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses, sondern der Vertragsinhaltsschutz". 146 Vgl. Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. 1 zu§ 626 BGB Änderungskündigung. 147 AP Nr. I zu § 626 BGB Änderungskündigung. 148 Bötticher, FS Molitor, S. 123 (S. 140). 149 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 2; AR-Blattei I Linck, SD 1020.1.1 Rn. l ; Precklein, S. 34; KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 7. 150 KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 7. 151 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 2. 152 Schwerdtner, FS 25 Jahre BAG, S. 555 (558).

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

157

KSchG diene deshalb dem lnhaltsschutz, weil die Änderungskündigung zu ihrer Wirksamkeit der sozialen Rechtfertigung bedürfe. 153 Andere gehen in Übereinstimmung mit der früheren Auffassung des BAG davon aus, daß der gesetzliche Kündigungsschutz dem Arbeitnehmer nicht nur die Weiterbeschäftigung als solche sichere, sondern auch die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses in der Form, wie es durch den Einzelarbeitsvertrag ausgestaltet sei. 154 Wiederum andere verzichten auf eine Unterscheidung überhaupt, indem sie auf das "Kündigungsschutzgesetz" schlechthin hinweisen, das "nicht nur Bestandsschutz für das Arbeitsverhältnis, sondern auch Inhaltsschutz" gewährleiste. 155 Die ganz herrschende Meinung betont jedoch die Existenz eines eigenen Vertragsinhaltsschutzes neben dem Bestandsschutz und macht unter diesem Schlagwort deutlich, daß der Maßstab der Änderungskündigung nicht derselbe wie bei der Beendigungskündigung sein kann. Ascheid und Hromadka stimmen mit der herrschenden Meinung darin überein, daß das Kündigungsschutzgesetz den Arbeitgeber hindem soll, sich einseitig und unkontrolliert von vertraglich übernommenen Pflichten zu befreien, ohne daß der Arbeitnehmer sich dagegen wehren kann. Anders als Rechtsprechung und Lehre sehen sie den Inhalt des Arbeitsverhältnisses allein durch § 1 KSchG geschützt. 156 Schränke § 1 KSchG die Kündbarkeit des Arbeitsvertrags ein, dann schütze er auch vor einer Kündigung zum Zwecke der Änderung. Gäbe es§ 2 KSchG nicht, dann müßten die Voraussetzungen für eine Beendigungskündigung vorliegen, wenn der Arbeitgeber Arbeitsbedingungen ändern wollte. § 2 KSchG ermögliche ihm die Änderung bereits dann, wenn die Änderung nicht sozial ungerechtfertigt sei. Er schwäche also den Grundsatz der Vertragstreue ab. 157 Nach dieser Auffassung bewirkt § 2 KSchG gerade keinen Vertragsinhaltsschutz, sondern erlaubt im Gegenteil seine Durchbrechung. 158 Eine Änderung sei daher nicht erst möglich, wenn die Voraussetzungen der Beendigungskündigung gegeben seien, sondern schon dann, wenn die Änderung nicht sozial ungerechtfertigt sei. 159

AR-Blattei I Linck, SD 1020.1.1 Rn. I. Herschell Löwisch, § 2 Rn. I; Löwischl Knigge, Anm. zu BAG, AP Nr. 1 zu § 626 BGB Änderungskündigung. 155 Schaub, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (82); ähnlich Precklein, S. 34. 156 Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 484; Hromadka, NZA 1996, 1 (3); ähnlich Berger-Delhey, DB 1991, S. 1571 (1572). 157 Hromadka, NZA 1996, S. 1 (3). 158 Zustimmend Brenneis, S. 54. 159 Hromadka!Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 10 Rn. 367. 153

154

158

C. Die soziale Rechtfertigung

( 1) Schutz vor dem Verlust des Arbeitsplatzes

Einigkeit über den Zweck des § 2 KSchG besteht jedenfalls darin, daß die Vorschrift den Arbeitnehmer vor dem Verlust des Arbeitsplatzes schützt, weil dieser das Angebot unter Vorbehalt einer richterlichen Überprüfung annehmen kann. 160 Ohne die Regelung des§ 2 KSchG wäre seine Annahme nach der Fiktion des§ 150 Abs. 2 BGB eine Ablehnung, und es bliebe ihm nur die Alternative, das Angebot vorbehaltlos - und damit klaglos - anzunehmen oder das Risiko des Arbeitsplatzverlustes in Kauf zu nehmen. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wollen aber weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer. Diese Möglichkeit läßt die Idee Böttichers, die Entscheidung des Arbeitnehmers von der gerichtlichen Entscheidung abhängig zu machen, 161 unschwer wiedererkennen. 162 Der Arbeitnehmer kann das Angebot annehmen unter dem Vorbehalt, daß die Änderung sozial nicht gerechtfertigt ist. Er muß sich entscheiden, ob er bereit ist, zu den neuen Bedingungen zu bleiben. Der Arbeitgeber kann diese Entscheidung zwar nicht sofort verlangen, wohl aber innerhalb einer bestimmten Frist. Daß diese Frist im Regelfall wie die Klagefrist drei Wochen beträgt, erinnert ebenfalls an den Vorschlag von Bötticher.163

Dieser Zweck des§ 2 KSchG war einer der tragenden Gründe des Gesetzgebers dafür, die Änderungskündigung ausdrücklich in das Kündigungsschutzgesetz aufzunehmen. Mit der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung hat dieser Schutzzweck des § 2 KSchG freilich nichts zu tun; die Vorschrift ergänzt insoweit nur die Modalitäten des Vertragsschlusses nach dem BGB.

(2) Schutz vor einer Änderung des Vertragsinhalts?

Rechtsprechung und herrschende Lehre vertreten, wie einleitend dargelegt, einhellig die Ansicht, § 2 KSchG gewähre "Vertragsinhaltsschutz". 164 Aber schon die Bedeutung dieses Begriffes ist nicht eindeutig. So wird behauptet, Vertragsinhaltsschutz sei "eine besondere Ausprägung und notwendige Ergänzung des Bestandsschutzes."165 Das ist ein Widerspruch in sich. Ist der Vertragsinhaltsschutz eine 160 s. die Begründung zu Art. 1 Nr. 2-5 des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Bereinigung arbeitsrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. V /3913, S. 8; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (3); A. Hueck, 7. Auf!.,§ 2 Rn. 13; Lieb, Anm. zu BAG, AP Nr. I zu§ 626 BGB Änderungskündigung; Precklein, S. 26. 161 Bötticher, FS Molitor, S. 123 (136). 162 Vgl. A. Hueck, 7. Aufl., § 2 Rn. 13; ders., 6. Auf!., § 1 Rn. 30d. Hierzu s. auch APS I Künzl, § 2 KSchG Rn. I. 163 Bötticher, FS Molitor, S. 123 (138). 164 Grundlegend BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 2m. w. N., Precklein, S. 34. 165 Precklein, S. 34.

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

159

Ausprägung des Bestandsschutzes, so muß ersterer in letzterem enthalten sein. Ergänzung dagegen bedeutet Erweiterung, also eine Ausdehnung des Bestandsschutzes. Aber auch die These selbst stößt auf Zweifel. In der amtlichen Begründung zum Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz ist von einer inhaltsschützenden Funktion des § 2 KSchG jedenfalls nicht die Rede. Vertragsinhaltsschutz bedeutet den Schutz der vertraglichen Vereinbarungen zwischen zwei Personen vor einer einseitigen Änderung und stellt damit nichts anderes als die Gewährleistung der Vertragstreue dar, dem jedes Vertragsverhältnis unterliegt. Geschlossene Verträge müssen eingehalten werden ("pacta sunt servanda"). Der Verkäufer kann sich nicht ohne weiteres seiner Pflicht nach § 433 Abs. l BGB entziehen, nämlich die Kaufsache zu übergeben und zu übereignen; der Vermieter darf weder dem Mieter die Mietsache vorenthalten noch den Mietzins erhöhen. Vertragsparteien gehen vertragliche Verpflichtungen ein, auf deren Einhaltung sie sich verlassen müssen.

(a) Vertragstreue im Dauerschuldverhältnis Der Umfang der Vertragstreue ist bei Schuldverhältnissen, die keine Dauerschuldverhältnisse sind, im Grundsatz unproblematisch. Da bei ihnen das Rechtsverhältnis auf den Austausch von Einmal-Leistungen gerichtet ist, endet die Bindung in der Regel mit der endgültigen Abwicklung der geschuldeten Leistungen, sei es durch Erfüllung, sei es im Wege des Leistungsstörungs- oder Mängelgewährleistungsrechts. Anders ist es bei Dauerschuldverhältnissen. Sie sind auf einen länger dauernden Austausch von Leistungen gerichtet und für die Zukunft grundsätzlich durch Kündigung beendbar. Vertragstreue kann es hier also nur für das laufend durchgeführte Vertragsverhältnis, die Vergangenheit eingeschlossen, geben, nicht für die Zukunft. Wenn jeder Partner den Vertrag grundsätzlich jederzeit beenden kann, besteht Vertragstreue nur für die Leistungspflichten, die durch das Vertragsverhältnis vor dem Ende der Kündigungsfrist begründet wurden, nicht aber darüber hinaus. Das ist die Rechtslage, wie sie der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahr 1896 für das Mietrecht durch die Bestimmung des § 564 Abs. 2 BGB und für das Dienst- und Arbeitsvertragsrecht in § 620 Abs. 2 BGB kodifiziert hat, nämlich eine nur von der Einhaltung einer Kündigungsfrist abhängige, im übrigen freie Kündbarkeit. Diese freie Kündbarkeit ist bei Mietverhältnissen über Wohnraum durch § 564b BGB aufgehoben worden. Nur wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, darf er eine Kündigung aussprechen. Vergleichbar ist die Lage bei Arbeitsverhältnissen. Die nach dem BGB bestehende Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis ohne weiteres zu kündigen, ist durch § 1 Abs. 1 KSchG eingeschränkt. Unterfällt das Arbeitsverhältnis dem Kündigungsschutzgesetz, kann der Arbeitgeber nicht mehr für die Zukunft den Vertrag ohne weiteres beenden und sich aus den vertraglichen Verpflichtungen befreien. § 1 Abs. 1

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C. Die soziale Rechtfertigung

KSchG bewirkt somit eine Ausdehnung des Grundsatzes der Vertragstreue in die Zukunft. Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die einen unbefristeten Arbeitsvertrag miteinander eingehen, bleiben an ihr gegenseitiges Versprechen gebunden; der Arbeitnehmer kann innerhalb des Rahmens, den § I KSchG zieht, auf die "Beständigkeit" des Rechtsverhältnisses vertrauen. Das Kündigungsschutzgesetz will allerdings notwendige Kündigungen nicht verhindern; da die Vertragsparteien die Zukunft nicht vorhersagen können, sollen sie nicht an einen Vertrag gebunden bleiben, der durch tatsächliche Veränderungen undurchführbar geworden ist. Voraussetzung ist jedoch, daß die Kündigung durch bestimmte Grunde bedingt ist. Zweifel hieran gehen zu Lasten des Kündigenden; das wird aufgrund der Formulierung des § I Abs. I und Abs. 2 KSchG ("die Kündigung ist rechtsunwirksam, wenn sie nicht durch Grunde... gerechtfertigt ist") deutlich. 166

(b) Inhaltsschutz durch Bestandsschutz Der durch das Kündigungsschutzgesetz entstandene "Bestandsschutz" hat dazu geführt, daß an die Kündigungsgrunde hohe Anforderungen gestellt werden. Der grundsätzliche Ausschluß der freien Kündigungsmöglichkeit durch § 1 KSchG soll nicht durch eine großzügige Handhabung der in § 1 Abs. 2 KSchG genannten Rechtfertigungsgrunde konterkariert werden. 167 Eine betriebsbedingte Kündigung ist daher nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitsplatz weggefallen ist, 168 eine personenbedingte, wenn die persönliche Eignung zur vertragsmäßigen Beschäftigung nicht (oder nicht mehr) vorhanden ist, 169 eine verhaltensbedingte, wenn der Arbeitnehmer seine arbeitsvertragliehen Pflichten verletzt hat. 170 Durch den Ausschluß der Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses ist nicht nur dessen Bestand gesichert; die Parteien werden auch an den seinerzeit vereinbarten Inhalt des Vertrages gebunden. Änderungen der Vertrags- und Arbeitsbedingungen sind einseitig also nur in dem Umfang möglich, wie sie im Vertrag vereinbart wur166 Der doppelten Vemeinung in§ 1 Abs. 1 KSchG wird neben ihrer Funktion als BeweislastregeJung auch ein Indiz für den Prüfungsmaßstab zugesprochen; vgl. BAG, Urt. v. 20. 10. 1954, AP Nr. 6 zu§ 1 KSchG; Hromadka, NZA 1996, S. I (11); dagegen Preis, Prinzipien, S. 59, S. 198: Die doppelte Vemeinung bedeute nichts anderes als die positive Aussage, daß eine Kündigung nur wirksam ist, wenn sie durch die in § 1 Abs. 2 KSchG aufgeführten Gründe bedingt ist. 167 So für die krankheitsbedingte Kündigung BAG, Urt. v. 19. 8. 1976, AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; krit. Meisel, DB 1981, S. 1722 (1723). 168 BAG, Urt. v. 30. 5. 1985, AP Nr. 24 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 169 Zu eng Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70a, der die personenbedingte Änderungskündigung ohne Begründung auf gesundheitliche Gründe und Sicherheitsbedenken beschränkt. 170 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70c.

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

161

den, 171 oder wenn sich die Geschäftsgrundlage geändert hat. 172 Im übrigen ist dem Arbeitgeber durch § 1 KSchG die Möglichkeit genommen, die Bindung an den Vertrag durch seine Kündigung aufzuheben, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Damit schützt § 1 KSchG nicht allein den Bestand des Arbeitsverhältnisses, sondern auch seinen ursprünglich festgelegten Inhalt. 173 Der Inhaltsschutz ist Folge des durch § 1 KSchG in die Zukunft ausgedehnten Grundsatzes "pacta sunt servanda". Er stellt somit weder eine Ergänzung noch eine Erweiterung des Bestandsschutzes dar, sondern ist nichts anderes als der Bestandsschutz, bezogen auf den Inhalt der Arbeitsbedingungen. Der Inhaltsschutz wird durch den Bestandsschutz erst verwirklicht. 174 Die These, § 1 KSchG diene dem Bestands-, § 2 KSchG dem Inhaltsschutz, setzt eine entsprechende Aufgabenteilung zwischen beiden Vorschriften voraus. Der Gesetzesbegründung läßt sich jedoch nur entnehmen, daß der Gesetzgeber dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben wollte, ohne das Risiko des Arbeitsplatzverlustes die Änderung prüfen lassen zu können. 175 Es ist nicht ersichtlich, daß der Inhaltsschutz, wie er bereits in § 1 KSchG enthalten ist, nochmals geregelt werden sollte.

c) § 2 KSchG als Befugnisnorm zur Auflösung des Inhaltsschutzes § 2 KSchG muß daher einen anderen Zweck verfolgen. Die Vorschrift geht davon aus, daß Änderungen möglich sind, wenn sie sozial gerechtfertigt sind. Sie bewahrt den Arbeitnehmer vor der Gefahr des Arbeitsplatzverlustes, indem sie den Inhaltsschutz des § 1 KSchG soweit auflöst und zur Disposition des Arbeitgebers stellt, wie die Änderung sozial gerechtfertigt ist. 176 Weil § 2 KSchG den Arbeitnehmer vor dem Dilemma des "Alles oder Nichts" bewahrt, nimmt er den durch § 1 KSchG garantierten Schutz des Vertragsinhalts teilweise zurück. 177 Daß er die Durchbrechung nur im Umfang der sozialen Rechtfertigung gestattet, ist eine notwendige Folge des durch § 1 KSchG gewährleisteten vollständigen Inha1tsschutzes. § 2 KSchG räumt dem Arbeitgeber also die - durch die Notwendigkeit soziaBötticher, FS Molitor, S. 123 (123); im einzelnen Hromadka, DB 1995, S. 1609 ff. Hromadka, RdA 1992, S. 234 (258 ff.). m So zu Recht die frühere Rechtsprechung und h.L.; BAG, Urt. v. 12. I. 1961, AP Nr. 10 zu§ 620 BGB Änderungskündigung; Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. I zu§ 626 BGB Änderungskündigung; Wiedemann, RdA 1961 , S. I ff. 174 Insoweit zutreffend Kittner/Däubler!Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 16: "Inhaltsschutz wird ... durch Bestandsschutz gewährleistet."; ebenso Schwerdtner, FS 25 Jahre BAG, S. 555 (569). 175 Vgl. BT-Drs. V /3913, S. 8; Hueck, Kündigungsschutzgesetz, Nachtrag zur 6. Aufl., Einführung II 4 (S. 7 f. ). 176 Vgl. Berger-Delhey, DB 1991 , S. 1571 (1571 f.). m Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 484; Hromadka, NZA 1996, S. I (3). 171

172

11 Wallner

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C. Die soziale Rechtfertigung

!er Rechtfertigung kontrollierte - Befugnis ein, trotz des durch § I KSchG geschützten Bestandes der vertraglichen Vereinbarungen Änderungen herbeizuführen. Kittner teilt den hier vertretenen Ausgangspunkt, daß Inhaltsschutz erst durch Bestandsschutz entsteht, und zieht daraus den Schluß, daß das Arbeitsverhältnis nur unter den Voraussetzungen des § 1 KSchG geändert werden dürfe, also nur, wenn auch eine Beendigungskündigung möglich wäre. 178 Das ist für sich genommen richtig; wenn der Inhaltsschutz nur ein Teil des Bestandsschutzes ist, unterliegt seine Beseitigung denselben Voraussetzungen wie die Beseitigung des Bestandsschutzes. Das gilt aber nur, wenn man mit Kittner annimmt, § 2 KSchG bezwecke nur die Vorbehaltsannahme durch den Arbeitnehmer und schaffe keinen eigenen Maßstab für die Änderungskündigung. 179 Schon der Wortlaut des § 2 KSchG zeigt jedoch, daß die Vorschrift mehr regelt als nur eine Modifikation des § 150 Abs. 2 BGB. Es wird angeordnet, daß die "Änderung der Arbeitsbedingungen" sozial gerechtfertigt sein muß; hierfür ist auf die in § 1 Abs. 2 KSchG genannten Griinde entsprechend zuriickzugreifen. § 2 KSchG legt also erst die materiellen Voraussetzungen für Änderungen von Arbeitsbedingungen fest.

Damit bleibt als Fazit: Der Inhaltsschutz wird als Teil des Bestandsschutzes allein durch § 1 KSchG gewährleistet. Daran hat die Einführung des § 2 KSchG nichts geändert. Die Vorschrift dient keiner "Durchsetzung" des Inhaltsschutzes. Sie läßt vielmehr Änderungen - und damit eine Durchbrechung dieses Schutzes zu, wenn sie sozial gerechtfertigt sind, ohne daß es auf die Voraussetzungen einer Beendigungskündigung ankommt. Für die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung muß es also einen von der Beendigungskündigung abweichenden Maßstab geben; entscheidend ist die Änderung, nicht das Kündigungselement Die Gegenansicht kann nicht überzeugen. Würde man die Maßstäbe der Beendigungskündigung an die Änderungskündigung legen, spräche man dem Instrument "Änderungskündigung" im Verhältnis zur Beendigungskündigung eine eigenständige Bedeutung ab 180 und reduzierte § 2 KSchG entgegen seinem Regelungsinhalt auf eine schlichte Verfahrensnorm.

d) Die "Änderung der Arbeitsbedingungen"

Sind Bestandsschutz und Inhaltsschutz allein durch § 1 KSchG gewährleistet, so ist die Schlußfolgerung der herrschenden Meinung, aufgrund des Vertragsinhaltsschutzes nach § 2 KSchG ergebe sich im Vergleich zur Beendigungskündigung ein anderer - milderer? - Maßstab, nicht schlüssig. Ebenso abzulehnen sind Versuche, Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 15, 18. Ebenso Berkowsky, NZA 1999, S. 293 (296); ders. , NZA 2000, S. 1129 (1132); Boewer; BB 1996, S. 2618 (2620). 180 Zutreffend Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 489. 178 179

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

163

den Prüfungsmaßstab aus dem Erfordernis eines "effektiven Vertragsinhaltsschutzes" herzuleiten. 181 Weder der "Vertragsinhaltsschutz" noch die "Effektivität" bilden bestimmte, nachprüfbare Begriffe, sondern sind ihrerseits auf die Konkretisierung durch offene Tatbestände angewiesen, wie etwa "den Schutz des Arbeitnehmers vor dem ungerechtfertigten Verlust der bisherigen Vertragsbedingungen" oder "den Schutz vor einer übermäßigen Veränderung". 182 Der Wunsch, was die Änderungskündigung leisten soll, wird so zur Vorgabe, der Vorrang genießt vor der gesetzlichen Regelung. Weil § 2 KSchG den Vertragsinhaltsschutz des § 1 KSchG für die Änderung der Arbeitsbedingungen auflöst und dadurch gegenüber § 1 KSchG eine eigenständige Bedeutung gewinnt, muß er auch einen eigenen Prüfungsmaßstab zur Verfügung stellen. Zur Bestimmung dieses Maßstabes ist weder auf den Ansatz der Beendigungstheorie noch auf den der herrschenden Meinung zurückzugreifen, die sich beide als nicht folgerichtig erwiesen haben, sondern auf den Schutzzweck und die Funktion des § 2 KSchG selbst. § 2 S. 1 KSchG dient nicht dem Schutz der bisherigen Arbeitsbedingungen vor ihrer Ablösung. Er legitimiert vielmehr ihre Änderung, aber nur, soweit sie durch bestimmte Gründe veranlaßt sind. Damit zieht er gleichzeitig der Ermächtigung des Arbeitgebers Grenzen. Von einer "Änderung" läßt sich erst dann sprechen, wenn der Arbeitnehmer das Angebot - und sei es unter Vorbehalt - angenommen hat, wenn also ein Änderungsvertrag zustandegekommen ist. Im Kern befassen sich die Regelungen der §§ 2, 4 S. 2 und 8 KSchG nur mit diesem Änderungsvertrag. § 2 S. I KSchG ermöglicht es dem Arbeitnehmer, das Angebot unter Vorbehalt anzunehmen, also den Änderungsvertrag zu schließen. § 4 S. 2 KSchG erlaubt es, die "Änderung der Arbeitsbedingungen" gerichtlich überprüfen zu lassen. Der Feststellungsantrag gemäß § 4 S. 2 KSchG setzt voraus, daß der Arbeitnehmer das Angebot unter Vorbehalt angenommen, mithin den Änderungsvertrag abgeschlossen hat. 183 Dementsprechend muß der Arbeitnehmer, der das Arbeitgeberangebot nicht oder nicht rechtzeitig annimmt, nicht den Feststellungsantrag nach § 4 S. 2 KSchG, sondern den nach § 4 S. 1 KSchG stellen. 184 Nimmt der Arbeitnehmer das Arbeitgeberangebot an, so tritt die "Änderung der Arbeitsbedingungen" mit Ablauf der Kündigungsfrist ein. Zu Recht verlangt daher die herrschende Meinung vom Arbeitnehmer, daß er zu den neuen Bedingungen weiterarbeitet, solange der ÄndeSo aber Precklein, S. 34. Precklein, S. 34 (Hervorhebungen durch den Verfasser). 183 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 60. 184 KR/ Rost, § 4 KSchG Rn. 284; MünchKomm/ Schwerdtner, Rn. 535, 538 nach§ 622 BGB. A.A. ist Brenneis, S. 178 ff., der ein Rechtsschutzbedürfnis des Arbeitnehmers gegen eine nicht unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung schlechthin leugnet. Diese Ansicht überzeugt nicht. Mit Ablehnung des Änderungsangebots bleibt es - auch wenn dies nicht primäres Ziel des Kündigenden sein mag - bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, gegen die sich der Arbeitnehmer soll wehren können. Es gibt keinen Grund, dem Arbeitnehmer den durch das Kündigungsschutzgesetz gewährleisteten Rechtsschutz zu versagen. 18 1 182

II *

164

C. Die soziale Rechtfertigung

rungsschutzprozeß noch nicht entschieden ist. 185 Denn auch der unter Vorbehalt geschlossene Änderungsvertrag ist (zunächst) wirksam. Gegenstand der sozialen Rechtfertigung ist der Änderungsvertrag. Er (als die "Änderung der Arbeitsbedingungen") ist sozial gerechtfertigt, wenn er durch entsprechende Gründe bedingt ist. Streng genommen unterliegt also auch nicht das Änderungsangebot dem Gebot der sozialen Rechtfertigung. § 2 S. 1 KSchG lautet nicht: "Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu anderen Arbeitsbedingungen an, die nicht sozial ungerechtfertigt sein dürfen, ..."Für die Prüfung selbst ist dies zwar nicht entscheidend, da Angebot und Änderungsvertrag inhaltlich identisch sind; entscheidend ist aber, daß die Arbeitsbedingungen deshalb geprüft werden, weil sie Vertragsbestandteil geworden sind oder - bei einer Ablehnung durch den Arbeitnehmer - hätten werden sollen. § 2 KSchG will also keine "Kündigungskontrolle" wie in § I KSchG ausüben, sondern eine "Vertragskontrolle". § 2 KSchG schützt nicht die Bedingungen des alten Vertrages vor ihrer Aufhebung und damit den status quo. Er ermöglicht eine Vertragsänderung und schützt den Arbeitnehmer gleichzeitig davor, einer Änderung zustimmen zu müssen, deren Umfang nicht ausreichend durch die tatsächlichen Verhältnisse legitimiert, also nicht durch einen Grund in der Person, im Verhalten oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Gegen den Änderungsvertrag als Prüfgegenstand spricht lediglich der Umstand, daß es nach herrschender Meinung auch dann auf die Änderung der Arbeitsbedingungen und nicht auf die Beendigung ankommt, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt und Kündigungsschutzklage erhebt. 186 In diesem Fall kommt ein Änderungsvertrag nicht zustande, so daß er auch nicht Prüfungsgegenstand sein kann. Das ist aber nur ein scheinbares Gegenargument Der Arbeitnehmer läuft lediglich deshalb Gefahr, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, weil er eine sozial gerechtfertigte Änderung der Arbeitsbedingungen nicht akzeptiert und lieber den Betrieb verläßt, als auf die Weiterbeschäftigung zu den alten Arbeitsbedingungen zu verzichten. 187 Unabhängig von der Reaktion des Arbeitnehmers soll immer dieselbe Maßnahme Gegenstand der Kontrolle sein. Eine unterschiedliche Behandlung würde dazu führen, daß die Reaktion des Kündigungsempfängers über den anzuwendenden Maßstab entscheidet. 188 Darüber hinaus würden die Arbeitneh185 BAO, Urt. v. 18. I. 1990, AP Nr. 27 zu§ 2 KSchO 1969; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 91 ; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (639); KR/ Rost, § 2 KSchO Rn. 158a; Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 773; a.A. Enderlein, ZfA 1992, S. 21 (47); Ratajczak, S. 101. 186 Statt aller APS/ Künzl, § 2 KSchO Rn. 170 f., 186; Hueck!v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 54 ff.; Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 433 rn. w. N.; a.A. Löwischl Knigge, Anm. zu BAO, AP Nr. 1 zu § 626 BOB Änderungskündigung; Schwerdtner, FS 25 Jahre BAO, S. 555 (566 ff.); Weber, SAE 1997, S. 339 (340 f.). 187 Vgl. Fenn, Anm. zu BAO, SAE 1975, S. 104 (106); Hueck!v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 54, 54a; Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 433. 188 Ähnlich BAO, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. 1 zu§ 626 BOB Änderungskündigung.

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

165

mer, die das Angebot ablehnen, gegenüber denjenigen, die es annehmen, bevorzugt. Ist der Arbeitsplatz nämlich nicht weggefallen, die Voraussetzung für die Beendigungskündigung also nicht erfüllt, müssen diese zu den alten Bedingungen weiterbeschäftigt werden, während die übrigen, die das Angebot angenommen haben und für die ein Wegfall des Arbeitsplatzes nicht notwendigerweise Voraussetzung sein muß, damit rechnen müssen, daß "ihre" Änderungskündigung als sozial gerechtfertigt erachtet wird. 189 Der Widerspruch zwischen der Maßgeblichkeit des Vertrages für die soziale Rechtfertigung und der Anwendung des § 2 KSchG auch auf den Fall der Ablehnung oder Nichtannahme des Angebots löst sich auf, wenn man bedenkt, daß § 2 KSchG den letztgenannten Fall überhaupt nicht regelt. 190 Der Gesetzgeber, der den Arbeitnehmer im Fall einer rechtlichen Überprüfung vor dem Risiko des erzwungenen - Arbeitsplatzverlustes bewahren wollte, hielt nur die Gestaltung für regelungsbedürftig, daß der Arbeitnehmer das Änderungsangebot einerseits annehmen, die Änderung andererseits aber auch überprüfen lassen wollte. Bei der Ablehnung des Angebots war seit jeher eine gerichtliche Prüfung möglich, da es sich hierbei um eine Beendigungskündigung handelt. 191 Wegen der vorstehenden Erwägungen ist aber die Anwendung des § 2 KSchG auf diesen Fall geboten, obwohl der Arbeitnehmer das Angebot nicht unter Vorbehalt angenommen hat.

3. Vertragskontrolle: Inhalts- oder Billigkeitskontrolle? § 2 KSchG unterwirft die "Änderung der Arbeitsbedingungen" einer Vertragskontrolle. Die Rechtsordnung kennt verschiedene Arten, Verträge auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Die Inhaltskontrolle untersucht den Vertragsinhalt am Maßstab der § 242 BGB, § 9 AGBG ("Angemessenheitskontrolle") unter Einschluß der§§ 134, 138 BGB. In der Billigkeitskontrolle nach§ 315 BGB wird dagegen geprüft, ob ein vertraglich eingeräumtes Leistungsbestimmungsrecht im Einzelfall angemessen ausgeübt worden ist. 192 Im folgenden wird der Frage nachgegangen, ob und inwieweit die soziale Rechtfertigung von Vertragsänderungen Ähnlichkeit mit der Inhalts- und der Billigkeitskontrolle aufweist, um hieraus weiterführende Erkenntnisse über den Prüfmaßstab bei der Änderungskündigung zu gewinnen.

Precklein, S. 32. Weber, SAE 1997, S. 339 (340 f.). 191 Vgl. KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 90. 192 Zur Terminologie s. Hromadka l Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 5 Rn. 104 ff. Zum Unterschied von Inhalts- und Billigkeitskontrolle vgl. BAG, Urt. v. 8. 12. 1981, AP Nr. I zu§ 1 BetrAVG Ablösung; kritisch dazu Preis, Vertragsgestaltung, S. 182 ff. 189

190

166

C. Die soziale Rechtfertigung

a) Inhaltskontrolle

Inhaltskontrolle ist Rechtskontrolle, 193 das bedeutet Anwendung materiellen Rechts durch Subsumtion unter vorgegebene Normen. 194 Sie enthält keine Kompetenz zur Vertragsgestaltung; 195 sie ist bloße Wirksamkeitskontrolle. 196 Der Richter hat keinen eigenen Ermessensspielraum bei der Festlegung der Rechtsfolge; er ist nicht ermächtigt, das Rechtsverhältnis rechtsgestaltend zu ändern und an die veränderten Umstände anzupassen. So sind beispielsweise Allgemeine Geschäftsbedingungen, die nicht im Sinne der§§ 9, 10 und 11 AGBG angemessen sind, ohne weiteres rechtsunwirksam. Die Folgen ergeben sich wiederum aus dem Gesetz: § 6 AGBG ordnet an, daß sich die Unwirksamkeit nur auf die konkrete verbotswidrige Klausel erstreckt und daß diese Regelung durch das von den vertraglichen Vereinbarungen ursprunglieh verdrängte Gesetzesrecht ersetzt wird. Das ist nicht zuletzt deshalb möglich, weil die Hauptleistungspflichten, die den Vertrag kennzeichnen, nicht Gegenstand der Inhaltskontrolle nach § 8 AGBG sind. In der Inhaltskontrolle wird die Rechtmäßigkeit einer Regelung nach generalisierenden, überindividuellen Merkmalen festgestellt. Bei der Priifung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sind beispielsweise die persönlichen Umstände ohne Bedeutung; die Interessen oder Belange des individuellen Vertragspartners müssen hinter den typischen Interessen eines Durchschnittskunden zuriickstehen. 197 Der Vertragsinhalt selbst wird bei der Inhaltskontrolle, wie etwa § 9 Abs. 1 AGBG zeigt, auf seine aus Treu und Glauben abgeleitete Angemessenheit überpriift. 198 Sie wird daher auch als "Angemessenheitskontrolle" 199 bezeichnet. Auslöser der Inhaltskontrolle ist die generelle Beschränkung der Vertragsfreiheit für den Vertragspartner des Klauselverwenders?00 Anders als bei § 315 BGB kommt es nicht darauf an, daß ein vertraglich eingeräumtes Recht ausgeübt wird. Die Kontrolle wird auch nicht erst eröffnet, wenn ein bestimmter, meistens für den Vertragsgegner besonders nachteiliger Tatbestand vorliegt, wie etwa in den Fällen der §§ 276 Abs. 2, 476, 637 oder 343 Abs. 1 BGB, und der die Vertragsfreiheit im übrigen unberiihrt läßt. 201 Schließlich geht es auch nicht nur, wie bei der Sitten193 Grundsätzlich Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 9; zur Inhaltskontrolle bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen Hönn, JZ 1983, S. 677 (680); Lieb, AcP 178, S. 196 (208); Staudinger I Coester, AGBG, Ein!. zu§§ 8 ff. Rn. 15; Ulmer/ Brandner! Hensen, AGBG, § 9 Rn. 1. 194 BAG, Urt. v. 17. 6. 1997, AP Nr. 2 zu§ 74b HGB; Hromadka / Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 5 Rn. 105; Lieb, AcP 178, S. 196 (208). 195 Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 11; Hönn, JZ 1983, S. 677 (681 ff.). 196 BGHZ 83, S. 56 (58); Fastrich, Inhaltskontrolle, S. II . 197 BGHZ 22, S. 80; 105, S. 31; Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 16; Palandt/ Heinrichs, § 9 AGBG Rn. 4; a.A. Schmidt-Salzer, JZ 1995, S. 223 (224). Beachte jetzt aber§ 24a AGBG. 198 Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 6. 199 Hromadkal Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 5 Rn. 105; Lieb, AcP 178, S. 196 (210). 2oo Fastrich, Inhaltskontrolle, S. 12.

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

167

widrigkeitskontrolle des § 138 BGB, um eine Unterlegenheit mit ungewöhnlich belastenden Folgen. 202 Eine Inhaltskontrolle soll vielmehr regelmäßig dann stattfinden, wenn aufgrund struktureller Unterlegenheit einer Vertragspartei generell vermutet werden kann, daß diese ihre Interessen nicht wahrnehmen konnte. Die Unterlegenheit darf sich freilich nicht erst aufgrund der einzelnen Vertragsinhalte zeigen, sondern muß sich aus typischen Situationen ergeben. 203 Das ist bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fall. Die Inhaltskontrolle nach den §§ 8 ff. AGBG wird nicht dadurch ausgelöst, daß z. B. in einem Kaufvertrag die Gewährleistungsrechte beschränkt werden, sondern nach § 1 AGBG allein durch die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Nicht die unziemliche Gestaltung einzelner Rechte und Pflichten löst die Angemessenheitskontrolle aus, sondern die Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch eine Partei, die typischerweise zu einer unangemessenen Verkürzung der Rechte des Vertragsgegners führt.204 Soweit der Klauselverwender die Vertragsfreiheit einseitig für sich in Anspruch nimmt, wird sie beschränkt auf den engen Korridor, der durch die §§ 9-ll AGBG gezogen wird. Die Inhaltskontrolle der §§ 8 ff. AGBG erstreckt sich nicht auf den Leistungsinhalt und das Entgelt. Beide sollen auf dem freien Markt ausgehandelt werden und nicht Gegenstand einer richterlichen Kontrolle sein. Kontrollfähig sind weder Leistungsbeschreibungen, die den Gegenstand der Hauptleistung unmittelbar festlegen, noch Preisvereinbarungen. 205 Einer Inhaltskontrolle zugänglich nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG sind aber Klauseln, die das eigentliche Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen, 206 sowie sogenannte Preisnebenabreden, die mittelbar Auswirkungen auf Preis und Leistung haben. Solche Abreden können durch dispositives Gesetzesrecht ersetzt werden. 207 Die Inhaltskontrolle nach §§ 9 ff. AGBG darf nicht mit der Sittenwidrigkeitskontrolle des § 138 BGB verwechselt werden. Zum einen erstreckt sich letztere auf jedes Rechtsgeschäft sowie auf Haupt- und Nebenpflichten gleichermaßen. Zum anderen setzt sie (nur) die äußerste Grenze, bis zu der ein Rechtsgeschäft noch von der Rechtsordnung getragen ist. Das bestimmt auch ihren Maßstab. Das "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" wird nicht schon durch eine Klausel verletzt, die die Inhaltskontrolle nicht bestehen könnte.

201 202 203

Fastrich, Inha1tskontrolle, S. 13. BVerfG, Beschl. v. 19. 10. 1993, BVerfGE 89, S. 214 (232). Hrorrw.dkal Maschrrw.nn, Individua1arbeitsrecht, § 5 Rn. 118.

Fastrich, Inha1tskontrolle, S. 13. Ulmer/Brandner/ Jensen, AGBG, § 8 Rn. 8, 14; Wolf/Hom/Lindacher, AGBG, § 8 Rn. 13. 206 BGHZ 100, S. 158 (173); 104, S. 82 (90). 207 BGH NJW 1993, S. ll28 (ll29); Wolf/Hom/Lindacher, AGBG, § 8 Rn. 17. 204 205

168

C. Die soziale Rechtfertigung

b) Billigkeitskontrolle

Die Billigkeitskontrolle des § 315 BGB unterscheidet sich wesentlich von der Inhaltskontrolle, wie insbesondere v. Hoyningen-Huene nachgewiesen hat. 208 § 315 BGB gibt einer Vertragspartei in einer bestehenden rechtlichen Verbindung die Möglichkeit, die beim Vertragsschluß offengebliebene Leistungspflicht zu bestimmen; die Regelung enthält damit eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß erst mit endgültiger Bestimmung der essentialia negotii der Vertragsschluß perfekt ist. 209 Die Billigkeitskontrolle richtet sich nicht gegen den Vertragsinha1t, sondern gegen die Art und Weise, wie das vereinbarte Bestimmungsrecht ausgeübt wird. Auch betrifft die Leistungsbestimmung typischerweise die Hauptleistungspflicht, 210 die regelmäßig der Inhaltskontrolle entzogen ist. Die Billigkeitskontrolle der Hauptleistungspflicht kann nicht nach generalisierenden Prüfungskriterien vorgenommen werden, da ein marktwirtschaftlich organisiertes System hierfür keine Kriterien zur Verfügung stellen kann. Billigkeit erfordert immer einen individuellen Maßstab, der alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. 211 c) Abgrenzung der Inhaltskontrolle von der Vertragskontrolle nach § 2 KSchG

Die Kontrolle des Änderungsvertrages auf seine soziale Rechtfertigung nach Maßgabe von § 2 S. l KSchG, im folgenden kurz als "Änderungskontrolle" bezeichnet, hat mit der Inhaltskontrolle zunächst gemein, daß es sich bei ihr um eine Rechtskontrolle handelt, also um Rechtsanwendung und nicht um Rechtsgestaltung. Der Richter greift nicht verändernd in den Vertrag ein, sondern überprüft ihn am vorgegebenen gesetzlichen Maßstab. Zwar setzt auch der Begriff der sozialen Rechtfertigung des § 2 S. l KSchG eine wertende Konkretisierung durch den Richter voraus - notfalls in Gestalt einer Interessenabwägung; das steht ihrer Qualifizierung als Rechtskontrolle aber nicht entgegen. Die Ausfüllung gesetzlicher, auf eine Vielzahl von Anwendungsfallen bezogener Tatbestände ist die ureigenste Aufgabe des Richters. 2 12 Fehlt die soziale Rechtfertigung, führt das kraftGesetzes zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung (§ 8 KSchG) und nicht zu einer vom Richter "erdachten" Korrektur. Wie die Inhaltskontrolle ist die Änderungskontrolle eine Wirksamkeitskontrolle? 13 v. Hoyningen-Huene, Billigkeit, S. 128 ff. Motive II, S. 191 = Mugdan, Bd. II, S. 105; Staudinger I Mader; § 315 Rn. 1; Soergell Wolf, § 315 Rn. I. 208 209

210

Vgl. BGHZ 94, S. 98 (100).

Bydlinski, Methodenlehre, S. 365; Gernhuber; Bürgerliches Recht, S. 147; v. Hoyningen-Huene, Billigkeit, S. 29, 156; G. Hueck, GS Dietz, S. 241 (254 f.); Larenz, Schuldrecht I, § 6 II (S. 81 ); Staudinger I Mader; § 3 I 5 Rn. 68; Zöllner; AcP 176, S. 221 (245). 212 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 208, 276 ff. 213 Hönn, JZ 1983, S. 677 (681); ders., JA 1987, S. 337 (340). 211

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

169

Unterschiede zwischen Änderungs- und Inhaltskontrolle ergeben sich beim Prüfungsmaßstab. Die Inhaltskontrolle wird anhand generalisierender Kriterien vorgenommen, weil sie Vertragsbestinunungen überprüft, die für eine Vielzahl von Verwendungen bestimmt sind und die von gültigen, ihrerseits wieder generell geltenden Rechtsvorschriften abweichen. Die Änderungskündigung ist nach allgemeiner Meinung wie die Beendigungskündigung einzelfallbezogen. Das gilt einmal für personen- und verhaltensbedingte Änderungskündigungen, weil dort eine von der Person des Arbeitnehmers unabhängige Dysfunktion des Arbeitsverhältnisses nicht vorstellbar ist. Das gilt aber auch für eine Änderungskündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, für die eine Sozialauswahl als Bestandteil der sozialen Rechtfertigung vorgeschrieben ist. Da hierfür individuelle Merkmale zu vergleichen sind, kann die Änderungskündigung letztlich nur für den Einzelfall entschieden werden. 214 Zum Kündigungs- oder Änderungsgrund selbst, nämlich zum betrieblichen Erfordernis, enthält das Kündigungsschutzgesetz keinen Hinweis auf eine streng einzelfallbezogene Beurteilung des Kündigungs- oder Änderungssachverhalts. Deshalb könnte man fragen, ob nicht etwa bei Massenänderungskündigungen, die sich darauf beschränken, Allgemeine Arbeitsbedingungen zu verändern oder allgemein gewährte Zuwendungen zu entziehen, ein auf den typischen Arbeitnehmer bezogener Prüfungsmaßstab ausreicht. Dagegen spricht grundsätzlich, daß es sich gleichwohl um Eingriffe in die einzelnen Arbeitsverhältnisse handelt. Das Vertrauen auf die Beständigkeit des Arbeitsvertrages läßt sich nicht nach Regelungen, die individuell ausgehandelt werden, und solchen, die der Arbeitgeber einseitig zusagt, abstufen; es wäre lebensfremd anzunehmen, daß der Arbeitnehmer auf die zugesagte Weihnachtsgratifikation deshalb eher als auf speziell vereinbarte Entgeltbestandteile verzichten würde, weil es sich bei ersterer um eine allgemein gewährte Leistung handelt. Da überdies nach herrschender Meinung der Prüfungsmaßstab für Änderungskündigungen, denen der Arbeitnehmer zustimmt, und für die, die er ablehnt, gleich ist,2 15 würde der Arbeitnehmer, wenn er das Angebot nicht annimmt, sein Arbeitsverhältnis verlieren, ohne daß dies in seinem konkreten Fall nachgeprüft würde. Ein solches Ergebnis kann nicht überzeugen. Gleichwohl kann in der Praxis eine Massenänderungskündigung eher durchsetzbar sein als eine Einzeländerungskündigung, dann nämlich, wenn die Unternehmerische Entscheidung alle Arbeitsplätze des Betriebes oder einer Abteilung gleichmäßig erfaßt216 und eine Ebenso Berkowsky, Änderungskündigung, S. 121. Grundlegend BAG, Urt. v. 7. 6. 1973, AP Nr. I zu § 626 BOB Änderungskündigung; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 58, 60; Precklein, S. 31 f. 216 Vorstellbar ist beispielsweise eine Reduzierung der Arbeitsmenge und damit der Arbeitszeitdauer. Es gehört zur freien unternehmefischen Entscheidung des Arbeitgebers, ob er eine Verringerung der Arbeitsmenge durch Stellenabbau oder durch eine Kürzung der geschuldeten Arbeitszeit kompensiert ([jjwisch, BB 1993, S. 2371). Die Erwägung, ob wenige Beendigungskündigungen ultima ratio zu vielen Änderungskündigungen sind (Berkowsky, Änderungskündigung, S. 124 ff.), ist hier fehl am Platz. 214 215

170

C. Die soziale Rechtfertigung

Sozialauswahl aus tatsächlichen Gründen ausscheidet, weil mit den betroffenen Arbeitnehmern niemand sonst vergleichbar ist. Mit einer Änderung des Maßstabes hat dies jedoch nichts zu tun. Änderungskontrolle und Inhaltskontrolle unterscheiden sich auch danach, an welchem Maßstab die Änderung oder Abweichung gemessen wird. Die Inhaltskontrolle wird ausgelöst durch die vertragliche Abweichung von dispositiven gesetzlichen Regelungen, die in sich die Vermutung eines gerechten Interessenausgleichs tragen. Entscheidend ist, wie weit sich der Klauselverwender von der gerechten gesetzlichen Lösung entfernt. Entfernen sich seine Geschäftsbedingungen relativ (§§ 9, 10 AGBG) oder absolut (§ 11 AGBG) zu weit von ihr, sind sie unangemessen und unwirksam. Bei der Änderungskündigung hingegen wird geprüft, ob die Abweichung von den bisherigen Arbeitsbedingungen in Art und Umfang durch bestimmte Gründe gerechtfertigt ist. Entscheidend ist hier nicht allein die Entfernung von den alten Arbeitsbedingungen, sondern ob der Übergang zu den neuen Arbeitsbedingungen durch einen entsprechenden Grund bedingt ist. Die Entfernung zu den bisherigen Bedingungen darf erheblich sein, solange es einen Grund gibt, der sie rechtfertigt. Auf die "Angemessenheit" der Änderung kann es bei der Änderungskontrolle nicht ankommen, denn dafür fehlt ihr- im Gegensatz zur Inhaltskontrolle -ein Kontrollmaßstab, nämlich die dispositive gesetzliche Vorlage. Die Wirksamkeit des Angebots, also seine Vereinbarkeit mit§§ 134, 138 BGB, ist ebenfalls nicht Gegenstand der Änderungskontrolle. Bei der Frage, ob Arbeitsbedingungen rechtswidrig sind, weil sie gegen Gesetz oder Tarifvertrag verstoßen, geht es nicht um die soziale Rechtfertigung;217 die Wirksamkeit ist eine Vorfrage und muß bereits positiv feststehen, ehe zur sozialen Rechtfertigung Stellung genommen wird. § 2 S. 1 KSchG verlangt die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen und damit des Änderungsvertrages; der Änderungsvertrag ist jedoch von vornherein unwirksam, wenn das Änderungsangebot nicht rechtsgültig ist.

d) Abgrenzung der Billigkeitskontrolle von der Vertragskontrolle nach § 2 KSchG Auch bei der Billigkeitskontrolle fehlen generalisierungsfähige Kriterien. Der Richter, der darüber entscheiden muß, ob eine einseitige Kürzung von Zuschlägen nach § 315 BGB billig ist, kann sich nicht an gesetzlichen Vorgaben orientieren. Während bei der Änderungskontrolle aber festgelegt ist, daß jede Änderungskündigung der sozialen Rechtfertigung bedarf, gilt das für die Billigkeit nur "im Zweifel" (§ 315 Abs. 1 BGB). Konkretisierende Tatbestandsvoraussetzungen, wie sie der Gesetzgeber für die Prüfung der sozialen Rechtfertigung geschaffen hat, fehlen in § 315 BGB. Das Ermessen des Richters kann sich folglich nur nach den konkre217

Dazu oben S. 128 ff.

IV. Ansätze für einen Prüfungsmaßstab

171

ten Interessen der Vertragsparteien richten. Die Billigkeitskontrolle stellt nicht einfach eine Subsumtion unter eine notfalls durch Auslegung zu konkretisierende Rechtsnorm dar, sondern sie ist durch ihre arbiträren Elemente gekennzeichnet. Der Richter bestimmt zudem die Rechtsfolge (§ 315 Abs. 3 S. 2 Hs. I BGB); das ist bei der Änderungskündigung wegen § 8 KSchG nicht möglich. Billigkeitskontrolle und Änderungskontrolle unterscheiden sich auch in ihren Aufgaben. Erstere setzt die einseitige Ergänzung des bisherigen Vertrages durch eine Vertragspartei voraus; damit entfällt die Vermutung der sachlichen Richtigkeit des Vertrages, die durch die Zustimmung beider Parteien zum Vertragsinhalt aufgestellt wird. 218 Die Änderungskontrolle entscheidet dagegen über die inhaltliche Wirksamkeit eines neuen, zweiseitig abgeschlossenen Vertrages, nämlich des Änderungsvertrages. Es kommt bei ihr nicht auf einen gerechten und billigen Interessenausgleich an. 219 Zwar erweckt das BAG mit seiner Rechtsprechung, wonach Änderungen dann sozial gerechtfertigt sein sollen, wenn sich der Arbeitgeber darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß, 220 den Anschein, als priife es die soziale Rechtfertigung im Rahmen einer Billigkeitskontrolle.221 Das ist aber nicht der Fall. Das BAG und zum Teil auch die Literatur verwenden die Begriffe Billigkeit und Zumutbarkeit synonym, wenden also nicht § 315 BGB, sondern den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an.Z22 Welchen Stellenwert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Änderungskündigung hat~ wird noch zu priifen sein. Für die Frage der Änderungskontrolle kann es vorerst bei der Feststellung verbleiben, daß die Änderungskündigung durch bestimmte Griinde ausreichend legitimiert sein muß. Das erfordert eine Subsumtion unter bestehende Nonnen; dies wiederum stellt eine Rechtsanwendung und keine Rechtsausübung dar.

e) Ergebnis

Die herrschende Meinung hat recht, wenn sie für die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung auf die Änderung der Arbeitsbedingungen abstellt und nicht auf das Kündigungselement Der Zweck des § 2 KSchG besteht jedoch nicht darin, die bisherigen Vertragsregelungen zu schützen, sondern erlaubt vielmehr ihre AufLarenz, Schuldrecht I, § 6 II (S. 80 f.). Auch deshalb entspricht der Vorschlag von Berkowsky, nach dem ersten Prüfungsschritt (der sozialen Rechtfertigung der Kündigung) als zweiten Prüfungsschritt die neuen Arbeitsbedingungen auf billiges Ermessen im Sinne des § 315 BGB zu untersuchen (MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 44), nicht dem geltenden Recht. 22o BAG, Urt. 15. 3. 1991, 19. 5. 1993, 18. 11. 1999, AP Nr. 28, 31, 55 zu§ 2 KSchG 1969. 221 In diese Richtung Precklein, S. 41 , und Stahlhacke, DB 1994, S. 1361 (1368). 222 BAG, Urt. v. 21. 1. 1993, AP Nr. 1 zu § 52 MitbestG Schleswig-Holstein (C II 2 der Gründe); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 66; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 98. 21s

219

172

C. Die soziale Rechtfertigung

Iösung, wenn dies "sozial gerechtfertigt" ist. Die Änderungskontrolle ist keine Kündigungskontrolle, sondern eine Vertragskontrolle. Als solche hat sie zwar einige Merkmale mit der Inhalts- und der Billigkeitskontrolle gemein, deckt sich aber mit beiden nicht. Einerseits ist sie Rechts- und Wirksamkeitskontrolle; andererseits ist nicht nach der Richtigkeit, Rechtmäßigkeit und Angemessenheit der alten oder neuen Arbeitsbedingungen gefragt, sondern danach, ob der Wechsel der Arbeitsbedingungen durch einen ausreichenden Grund legitimiert ist. Die Kündigung selbst ist zwar nicht ohne Funktion, denn sie beendet, wie gezeigt, die Bindung an die bisherigen Arbeitsbedingungen und setzt den Arbeitnehmer dadurch unter Handlungszwang. Mit der sozialen Rechtfertigung der Arbeitsbedingungen hat dies aber schon nach dem Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG unmittelbar nichts zu tun.

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung Die zahlreichen Entscheidungen und Erörterungen, die sich seit dreißig Jahren mit der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung befaßt haben, haben dazu beigetragen, daß die Priifung mittlerweile in verhältnismäßig festen Bahnen verläuft. Die Kritik der Literatur an der Rechtsprechung fällt erstaunlich gering aus, wie sich exemplarisch an der Arbeit von Precklein ablesen läßt, die sich in bezug auf den Maßstab im großen und ganzen an die Ergebnisse der Rechtsprechung anlehnt.223 Das alles spricht zwar für ein gutes Judiz des Bundesarbeitsgerichts. Die Anforderungen, die Rechtsprechung und herrschende Lehre an die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung stellen, lassen freilich nicht erkennen, daß nach § 2 S. 1 KSchG eine Vertragskontrolle stattfinden soll. Erst recht ist eine schulmäßige Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 2 S. 1 KSchG so gut wie nicht erkennbar. Umso dringender ist es, die Voraus~~tzungen, die Literatur und Rechtsprechung für die soziale Rechtfertigung der Anderungskündigung aufgestellt haben, kritisch zu hinterfragen und hierbei die Anforderungen zu entwickeln, die § 2 KSchG an eine Vertragskontrolle stellt.

1. Maßgeblichkeit einzelfallunabhängiger Änderungsgründe? Eine "Vertrags-"kontrolle bringt es mit sich, daß die Änderung, also der Übergang von den alten zu den neuen Bedingungen, ohne die Einbeziehung des Änderungsangebots nicht untersucht werden kann. Die Behauptung von Kittner, 224 das

223 224

Precklein, S. 34 ff. Kittner, NZA 1997, S. 968 (969); Kittner/Däubler / Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 15.

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

173

BAG wende in neueren Entscheidungen den Maßstab der Beendigungskündigung an, wurde oben bereits als unzutreffend abgelehnt. Ihr liegt freilich die zutreffende Beobachtung zugrunde, daß sich das BAG und mit ihm die herrschende Meinung, obwohl sie die Beendigungstheorie ablehnen, in einer inneren Abhängigkeit von der Beendigungskündigung befinden, wenn es um die Anforderungen an die soziale Rechtfertigung geht. Wie bei der Beendigungskündigung fragt nämlich das BAG auch bei der (betriebsbedingten) Änderungskündigung, ob das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer überhaupt oder unter Zugrundelegung des Vertragsinhalts für den bisherigen Einsatz entfällt"225 oder "der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf seinem bisherigen Arbeitsplatz .. . nicht oder nicht mehr zu den bisherigen Bedingungen weiterbeschäftigen"226 kann. Das war dem BAG zufolge der Fall, als der Arbeitgeber einer Verkäuferin die Aufsichtsfunktion entzog; 227 das war ebenso der Fall, als die Weiterbeschäftigung eines Schwimmeisters entfiel, da zukünftig der Betrieb mit weniger Schwimmeister auskommen konnte?28 Ein Abteilungsleiter konnte nur noch als Substitut beschäftigt werden. 229 Von einem "Wegfall" spricht das BAG auch, wenn sich nur einige Arbeitsbedingungen eines im übrigen weiterbestehenden Arbeitsplatzes ändern sollen, etwa bei Regelungen zur Erbringung der Arbeitsleistung, Regelungen zur Arbeitszeitverkürzung230 oder zur Lage der Arbeitszeit. 231 Schließlich kann der Wegfall mit dem Arbeitsplatz an sich überhaupt nichts zu tun haben, etwa wenn aus Ersparnisgründen ein Kohledeputat abgeschafft, 232 eine Provision wegen großer Verluste gekürzt,233 außertarifliche Zulagen wegen mangelnder Rentabilität gestrichen,234 Arbeitnehmeraufgrund einerneuen Schlüsselbewertung in eine niedrigere Entgeltgruppe umgruppiert235 oder übertarifliche Zulagen angerechnet werden sollen?36 Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, daß das Bedürfnis nach Weiterbeschäftigung wegfallen muß: § 2 KSchG spricht überhaupt nicht davon, daß etwas "entfallen" soll. 237 Das vom BAG aufgestellte Erfordernis erinnert sehr an den Zusatz in § 1 BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 227 BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. 228 BAG, Urt. v. 13. 6. 1986, AP Nr. 13 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl. 229 BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu § 15 KSchG 1969. 230 BAG, Urt. v. 26. 6. 1975, AP Nr. 1 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 26. 1. 1995, AP Nr. 37 zu§ 2 KSchG 1969. 23 1 BAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969. 232 BAG, Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 17 zu § 620 BGB Änderungskündigung. 233 BAG, Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 14 zu§ 2 KSchG 1969. 234 BAG, Urt. v. 11. 10. 1989, AP Nr. 47 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m. Anm. Berger-Delhey. 235 BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 236 BAG, Urt. v. 12. 1. 1961, AP Nr. 10 zu§ 620 BGB Änderungskündigung. 225

226

174

C. Die soziale Rechtfertigung

Abs. 2 S. 1 KSchG: " ... die einer Weiterbeschäftigung ... entgegenstehen", wobei diese Beifügung aber auf die Änderungskündigung keine Anwendung findet. Zwar hat Kittner diese Ungereimtheit der herrschenden Meinung gesehen, er zieht aber den falschen Schluß daraus: Obwohl er erkannt hat, daß die Anlehnung an die Beendigungskündigung von § 2 KSchG nicht vorgeschrieben ist, hält er eine solche Orientierung nicht für einen Fehler, sondern für eine zentrale Rechtfertigung der Beendigungstheorie.

a) Das betriebliche Erfordernis "an sich" Eine Anlehnung an die Beendigungskündigung findet insoweit statt, als das BAG - wie bei der Beendigungskündigung - in der ersten Prüfstufe, losgelöst vom konkreten Änderungsvorhaben, den Änderungsgrund "an sich" und erst in der zweiten die Zumutbarkeit der Änderung für den Arbeitnehmer untersucht. Dieses zweistufige Prüfungsschema kann bis auf das Jahr 1957 zurückverfolgt werden; schon damals erklärte das BAG, das betriebliche Erfordernis müsse "zunächst ganz allgemein gesehen" dringend sein, ehe die Kündigung im Einzelfall untersucht werden könne. 238 So ist die Streichung einer bestimmten Position (wie die der Aufsicht239 oder eines Schwimmeisters240) ohne weiteres ein betriebliches Erfordernis "an sich" für eine entsprechende Änderungskündigung. Eine abstrakte Prüfung, wie sie die Rechtsprechung in der ersten Stufe vornimmt, ist, wenn überhaupt, nur bei der Beendigungskündigung durchführbar. Denn bei ihr kommt nur eine einzige Rechtsfolge in Betracht, nämlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nur deshalb können an einen Grund immer die gleichen Anforderungen gestellt werden, nämlich "an sich" geeignet zu sein, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Man macht sich bei der Beendigungskündigung nur selten bewußt, daß der Arbeitsplatzverlust "automatisch" bei den Anforderungen an den Kündigungsgrund mitgedacht wird. 241 Bei der Änderungskündigung ist die Rechtsfolge aber immer vom konkreten Änderungsangebot abhängig. Im Unterschied zur Beendigungskündigung ist bei ihr die Rechtsfolge jedesmal eine andere. Eine abstrakte Feststellung eines Änderungsgrundes, also ohne Berücksichtigung des Änderungsangebots, ist bei der Änderungskündigung denkgesetzlich ausgeschlossen. Dies belegen mittelbar auch einige HAG-Entscheidungen. "Grundsätzlich" geeignet, einen Änderungsgrund abzugeben, sollen beispielsweise sein: eine neue Schlüsselbewertung, um den Arbeitnehmer in eine niedrigere Entgeltgruppe umzu237 238 239 240 241

Ebenso Brenneis, S. 95; aufS. 97 dagegen wie das BAG. BAG, Urt. v. 26. 2. 1957, AP Nr. 23 zu§ 1 KSchG. BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 13. 6. 1986, AP Nr. 13 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl. Hromadka, NZA 1996, S. 1 (8).

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

175

gruppieren; 242 eine Straffung und Neuorganisation des Arbeitsablaufs, um infolge der so entstandenen Zeitersparnis die Arbeitszeit von 7,5 auf 4 Stunden zu senken;243 eine organisatorische Umstrukturierung, um einem Abteilungsleiter eine niedriger eingestufte Tatigkeit zuzuweisen, 244 oder eine Produktionsausweitung, um Samstagsarbeit einzuführen.Z45 Daß aber eine Produktionsausweitung nicht "an sich" geeignet ist, einen Abteilungsleiter zu degradieren oder die Arbeitszeit zu senken, und daß die Einführung einer neuen Schlüsselbewertung nicht dazu führen kann, eine Rechtfertigung für die Einführung von Samstagsarbeit zu bilden, ist ebenso einleuchtend. Diese Beispiel machen deutlich, daß ein geeigneter Grund nur zu finden ist, wenn man auch die Rechtsfolge kennt. Das Änderungsziel muß also zwingend in die Priifung des Änderungsgrundes einfließen; 246 einen betrieblichen Änderungsgrund "an sich" gibt es nicht. 247

b) Der Änderungsgrund "an sich" bei der personenund verhaltensbedingten Änderungskündigung

Dies scheint das BAG zumindest für Änderungskündigungen, die sich auf Griinde aus der Arbeitnehmersphäre stützen, ebenso zu beurteilen. Ein personenbedingter Änderungsgrund "an sich" läßt sich in den wenigen Entscheidungen des BAG zur personenbedingten Änderungskündigung jedenfalls nicht feststellen. Sie sind ganz auf den Einzelfall ausgerichtet und lassen keine verallgemeinerungsfähige Struktur erkennen: "Bei einer ausgeprägten Wollallergie war es nicht zu verantworten, die Klägerin weiterhin einzusetzen ... Die Beklagte mußte sich ... auch aufgrund ihrer Fürsorgepflicht darum bemühen, die Klägerin entsprechend den fachärztlichen Empfehlungen auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen. " 248 Eine zweite Entscheidung betraf die Änderungskündigung eines Fernmeldehandwerkers, der aufgrund seiner DKP-Zugehörigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellen sollte. Das BAG konnte allerdings einen "dauernden und unbehebbaren Eignungsmangel" nicht feststellen. 249 Ähnlich ist es bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung. Notwendig für die Rechtmäßigkeit einer Änderungskündigung aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers ist nämlich eine "konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses, BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, APNr. 28 zu§ 2KSchG 1969. BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. 244 BAG, Urt. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969. 245 BAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969. 246 H romadka, NZA 1996, S, I ( 11 ), für Gründe aus der Sphäre des Arbeitnehmers. 247 Problematisch ist daher die Ansicht von Domdorf/Weller/Hauck/Kriebel/Hölarul/ Neef, § 2 Rn. 146 a.E., die an den Änderungsgrund als solchen keine geringeren Anforderungen stellen wollen als an den Kündigungsgrund bei der Beendigungskündigung. 248 BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG. 249 BAG, Urt. v. 20. 7. 1989, AP Nr. 2 zu§ 1 KSchG 1969 Sicherheitsbedenken. 242

243

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C. Die soziale Rechtfertigung

sei es im Leistungsbereich, im Bereich der Verbundenheit aller Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich." Konkrete Beeinträchtigung bedeute die konkrete Störung der Leistungsverpflichtung. 250 Eine verhaltensbedingte Änderungskündigung lag auch dem Urteil vom 7. 12. 1989 zugrunde. Das BAG entschied, daß der verschuldete Rückfall eines alkoholabhängigen Dienststellenleiters die Herabgruppierung um zwei Vergütungsgruppen durch eine Änderungskündigung rechtfertigen kann. 251 Durch das Verhalten des Arbeitnehmers muß nach Auffassung des BAG das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt sein; diese konkrete Beeinträchtigung kann sich auf den Leistungsbereich und den Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter beziehen.252 Das BAG hat in beiden Fällen den konkreten Sachverhalt in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gestellt und damit gerade keinen Änderungsgrund "an sich" bemüht. Somit ist festzuhalten: Für die Prüfung, ob der Änderungsgrund sozial gerechtfertigt ist, muß immer auf das konkrete Änderungsziel abgestellt werden. Einen Grund "an sich" gibt es nur bei der Beendigungskündigung, da dort die Rechtsfolge immer dieselbe ist. c) Abhängigkeit von Änderungsziel und Änderungsgrund

Die Bildung einzelfallunabhängiger Änderungsgründe hält die herrschende Meinung aus Erwägungen der Rechtssicherheit für unumgänglich. Nur eine vom Ausmaß der Änderung zunächst unbeeinflußte Würdigung des Änderungsgrundes biete Gewähr, daß alle Vertragsmodalitäten den gleichen Kündigungsschutz genössen?53 Dem gesetzlichen Vertragsinhaltsschutz werde nicht hinreichend Rechnung getragen, wenn die Anforderungen bei geringfügigen Änderungen besonders mild, bei schwerwiegenden Änderungen eher streng zu beurteilen seien. Dadurch könnte dem Arbeitnehmer sein vertraglicher Besitzstand in kleinen Schritten entzogen werden, nämlich durch mehrere Änderungskündigungen in Folge mit jeweils geringfügigen Änderungen. 254 Dieses Argument wendet sich gegen die These von Wiedemann, der die Wechselbeziehung zwischen rechtfertigendem Grund und Änderungsziel bereits 1961, also lange vor der Einfügung der Änderungskündigung in das Kündigungsschutzgesetz, erkannt hatte. Sein Ergebnis faßte er wie folgt zuBAG, Urt. v. 20. 7. 1989, AP Nr. 2 zu§ 1 KSchG 1969 Sicherheitsbedenken. BAG, Urt. v. 7. 12. 1989, RzK I 7c Nr. 7. Zwar handelte es sich hierbei um eine außerordentliche Änderungskündigung, da der Arbeitnehmer ordentlich unkündbar war. Der entscheidungserhebliche § 55 BAT verlangte aber für die außerordentliche Kündigung Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, so daß die Ausführungen des BAG hier herangezogen werden können. 252 BAG, Urt. v. 7. 12. 1989, RzK I 7c Nr. 7. 253 Precklein, S. 34 f.; ebenso Kittner I Däubler I Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 14, 16. 254 Precklein, S. 34 f. 250 251

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

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sammen: "Je geringfügiger die Änderung ist, desto weniger dringlich muß der unternehmerische Grund sein; je tiefgreifender jedoch der Vertrag zuungunsten des Arbeitnehmers verändert werden soll, desto strengere Maßstäbe gelten für die Notwendigkeit der Kündigung."255 Das BAG hat hieraus zunächst abgeleitet, daß das Änderungsangebot in die Prüfung der sozialen Rechtfertigung einfließen müsse und es nicht allein auf die beendigende Wirkung der Kündigung ankomme. 256 Ansonsten hat es sich von Wiedemann nicht weiter beeinflussen lassen: Erst für die außerordentliche, 257 dann aber auch für die ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung258 ging das Gericht dazu über, den "an sich anerkennenswerten" Anlaß für die Änderung, wie eben beschrieben, "zwar nicht völlig unabhängig vom Änderungsangebot, aber - auf seiten des Arbeitgebers - im ersten Prüfungsschritt unabhängig von den Auswirkungen der Änderungen für den Arbeitnehmer zu prüfen." 259 Wiedemann, so das BAG, trenne nicht zwischen dem Ob und dem Wie und wende einen falschen Maßstab an: Geringfügige Änderungen seien nicht schon bei weniger dringenden betrieblichen Interessen gerechtfertigt. 260 Hromadka dagegen teilt für den Fall einer personen- oder verhaltensbedingten Änderungskündigung die These von Wiedemann, wonach der Prüfungsmaßstab vom Ausmaß der Änderung abhängt. 261 Erst hierdurch werde dem Verhältnismäßigkeilsgrundsatz Rechnung getragen. Lediglich bei der betriebsbedingten Änderungskündigung könne es auf das Ausmaß der Änderung nicht ankommen: Entweder bedinge die Unternehmerische Maßnahme die Änderung oder nicht. 262

( 1) Abgestufter Maßstab

Einen gleichbleibenden, gleichstarken Schutz vor Veränderungen gibt es nach § I KSchG nur für die Beendigungskündigung, denn dort ist die Rechtsfolge, die Beendigung aller Arbeitsbedingungen, immer dieselbe. Ein Sachverhalt rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder er rechtfertigt sie nicht; Abstufungen sind nicht denkbar. Anders ist es mit der Änderungskündigung. § 2 KSchG erlaubt die Durchbrechung des Vertragsinhaltsschutzes in Abhängigkeit vom Änderungsgrund. Wie dieser einmal gewichtiger und einmal weniger gewichtig sein Wiedemann, RdA 1961, S. 1 (5). BAG, Urt. v 7. 6. 1973, AP Nr. 1 zu § 626 BGB Änderungskündigung; Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. 257 BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu § 15 KSchG 1969. 258 BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, 19. 5. 1993, AP Nr. 28, 31 zu§ 2 KSchG 1969. 259 BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969. 260 BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969. 261 Hromadka, NZA 1996, S. I (11 ); ebenso /senhardt, FS Hanau, S. 221 (235). 262 Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11). Einen Mittelweg schlägt Brenneis ein, S. 67. Einerseits befürwortet er die zweistufige Prüfung des BAG, andererseits hält er einen "milderen" Prüfungsmaßstab für notwendig. 255

256

12 Wallner

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C. Die soziale Rechtfertigung

kann, so ist auch die Änderbarkeit nach § 2 KSchG entweder größer oder kleiner. Einen gleichbleibenden Inhaltsschutz kann also nur vertreten, wer, wie Kittner; 263 dem § 2 KSchG einen eigenständigen Regelungsinhalt abspricht. Die Forderung nach einem abstrakten Kündigungsgrund hat ebenso wie die Trennung des "Ob" vom "Wie" ihr geistiges Vorbild in der außerordentlichen Beendigungskündigung; dort ist die Priifung in zwei Stufen gesetzlich verankert. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB müssen "Tatsachen" vorliegen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch unter Beriicksichtigung des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile "unzumutbar" erscheinen lassen. Der Grund muß zudem auch noch so beschaffen sein, daß nicht einmal das Abwarten der Kündigungsfrist nötig ist. Nur wer diese Rechtsfolge kennt, kann bestimmen, welcher Sachverhalt "an sich" eine solche Folge rechtfertigen würde: Diebstahl264 oder Krankfeiem265 beispielsweise, weil ein solcher Vorfall das Vertrauensverhältnis regelmäßig zerstört und die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses nachvollziehbar erscheinen läßt. Dieser zweistufige Aufbau ist bereits vor 1969 für die Änderungskündigung angewandt worden266 und bestimmt seit damals das Priifungsschema der Änderungskündigung. 267 Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Priifungsansatz hat auch nach Einführung des § 2 KSchG nicht stattgefunden,268 obgleich bei der Änderungskündigung erst das Angebot Auskunft über die Rechtsfolge gibt. Weil die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung durch Vertragskontrolle festgestellt werden muß, ist die Suche nach einem Änderungsgrund ohne Beriicksichtigung der inhaltlichen Vereinbarungen nicht möglich. Wer, wie Precklein, einen Änderungsgrund "an sich" verlangt, um einen effektiven Vertragsinhaltsschutz zu erreichen, muß sich notwendigerweise an der Beendigungskündigung orientieren. Damit verliert aber die Änderungskündigung ihre eigenständige Bedeutung. Das Unbehagen, das herrschende Literatur269 und Rechtsprechung 270 bei der Formel von Wiedemann 271 empfinden, hängt damit zusammen, daß man seine ErVgl. Kittner/Däubler!Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 153. Vgl. BAG, Urt. v. 17. 5. 1984, AP Nr. 14 zu§ 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; BAG, Urt. v. 20. 9. 1984, AP Nr. 80 zu § 626 BGB; Urt. v. 3. 4. 1986, AP Nr. 18 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung. 265 Vgl. BAG, Urt. v. 5. 11. 1992, AP Nr. 2 zu§ 626 BGB Krankheit. 266 Vgl. dazu BAG, Urt. v. 12. 1. 1961, 25. 4. 1963, AP Nr. 10, 17 zu§ 620 BGB Änderungskündigung; A. Hueck, 6. Auf!., § 1 Rn. 30a: "Die Sozialwidrigkeit ist zu verneinen, wenn die vorgeschlagene Änderung der Arbeitsbedingungen sachlich gerechtfertigt und dem Arbeitnehmer zurnutbar ist." 267 Vgl. dazu A. Hueck, 7. Auf!.,§ 2 Rn. 7, der ungeachtet der gesetzlichen Neuregelung des § 2 KSchG unverändert die in der Vorauflage dargelegte Prüfformel verwendet. 268 Insofern ist die Behauptung von Buchner; FS Kraft, S. 23 (32), der Gesetzgeber habe an der vor Einführung des § 2 KSchG 1969 üblichen offenen Abwägungsformel nichts ändern wollen, nicht nachvollziehbar. 269 Statt aller Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 14, 16; Precklein, S. 34 f.; Zimbauer; NZA 1995, S. 1073 (1076). 263

264

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

179

kenntnis im Sinne einer mehr oder weniger großzügigen Anwendung des Kündigungsschutzes verstehen muß. Möglicherweise hat Wiedemann das auch so gemeint. Unter der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes in der Fassung von 1961 konnte Wiedemann einen abgestuften Maßstab nur durch eine mal mehr, mal weniger gründliche Anwendung des § 1 KSchG finden. Das ist mit der Neufassung des § 2 KSchG 1969 überholt; der Gesetzgeber hat sich nicht dafür ausgesprochen, einer Änderungskündigung weniger gründlich zu prüfende Beendigungstatbestände zugrunde zu legen. Indem § 2 KSchG auf die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen abhebt, stellt es einen nach Art und Intensität offenen Maßstab zur Verfügung. Die Anforderungen an die soziale Rechtfertigung sind verschiedene, weil auch die Änderungen unterschiedlich sind; sie sind aber nicht weniger gründlich zu ermitteln. Die Tatsache jedoch, daß zwischen der Änderung und der sozialen Rechtfertigung ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, hat die Neufassung des Kündigungsschutzgesetzes 1969 nicht beseitigt.

(2) Unterschiede zwischen arbeitnehmer-und betriebsbedingten Gründen Zumindest für die personenbedingte Änderungskündigung scheint sich das BAG in die Richtung von Wiedemann zu bewegen. Dafür spricht die Entscheidung vom 3. 11. 1977.272 Das BAG hat darin einer Näherin die Tätigkeit einer Küchenhilfe bei einer Gehaltsminderung von 60 DM zugemutet. Die Klägerin litt an einer Wollallergie, die in der Vergangenheit zu mehreren Fehlzeiten geführt hatte, so daß ein Facharzt die Versetzung empfahl. Obwohl das BAG die Fehlzeiten im einzelnen nicht festgestellt hatte, die Voraussetzungen der Beendigungskündigung also nicht gegeben waren, 273 hielt es die Änderungskündigung für gerechtfertigt. 274 Das war richtig. Das Erfordernis der nicht mehr hinnehmbaren Belastungen durch krankheitsbedingte Fehlzeiten - sei es durch eine lang andauernde Krankheit, sei es durch viele Kurzerkrankungen - ist auf die Beendigungskündigung zugeschnitten, weil ein nicht mehr ordnungsgemäß durchführbares Arbeitsverhältnis keinen Bestandsschutz mehr verdient. Dasselbe gilt für die negative Prognose mit aufsteigender Tendenz. Da es eine Rückkehr in den Betrieb nach einer Beendigungskündigung nicht gibt, muß ausgeschlossen sein, daß in absehbarer Zukunft eine Besserung zu erwarten ist. Bei der Änderungskündigung ist das anders. Es muß daher weder eine erhebliche Fehlzeit abgewartet werden, noch bedarf es einer entsprechenden umfassenden Prognose. Im Wollallergiefall begnügte sich das BAG angesichts einer "unwesentlichen" Verschlechterung der Arbeitsbedingungen damit,

270 271 212

273 274 12*

Seit BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969. Wiedemann, RdA 1961, S. 1 (5). AP Nr. I zu§ 75 BPersVG. Hromadlw, NZA 1996, S. I (11). BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu § 75 BPersVG.

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C. Die soziale Rechtfertigung

daß eine "ausgeprägte" Allergie vorhanden war, die auch in Zukunft zur Arbeitsunfähigkeit führen konnte. Vergleichbare Entscheidungen im Bereich der verhaltensbedingten Änderung fehlen, da sich in den wenigen Urteilen, die veröffentlicht sind, die Anforderungen an die Änderungskündigung mit denen der Beendigungskündigung decken. Der Entzug einer Führungsposition mit erheblichen Gehaltsabschlägen war gerechtfertigt, weil die fehlende Eignung positiv feststand, erhebliche Betriebsablaufstörungen eingetreten waren und der Verlust der Eignung verschuldet war?75 Sind ohnehin (auch) die Voraussetzungen der Beendigungskündigung erfüllt, kommt es auf die Tragweite der Änderung nicht mehr an, denn das Arbeitsverhältnis hätte auch beendet werden können. Dagegen muß es in Fällen, in denen die Hürde für die Beendigungskündigung nicht genommen werden kann, schon beim Änderungsgrund auf die Rechtsfolge ankommen. Bei Zerwürfnissen zwischen Kollegen bis hin zur tätlichen Auseinandersetzung müssen an die Störung im Betrieb jeweils andere Anforderungen gestellt werden, je nachdem ob einer der Kontrahenten in eine andere Abteilung oder in den (unbeliebten) Außendienst versetzt werden soll; in diesem Fall wird nicht nur seine aktive Beteiligung feststehen müssen, sondern auch ein nennenswerter Beitrag zur Entstehung des Konflikts. Der Nachteil, der durch die Abhängigkeit von Änderungsziel und Änderungsgrund entsteht, liegt darin, daß an sich auch die kleinste Störung eine Änderung rechtfertigt; 276 in welchem Umfang, wird noch festzustellen sein. Die Abhängigkeit von Änderungsgrund und Änderungsziel läßt sich auch bei der betriebsbedingten Änderungskündigung feststellen. Will der Arbeitgeber seine Produktion ausweiten und deshalb Samstagsarbeit277 oder ein Mehrschichtsystem einführen, 278 so erfordert die Verwirklichung dieses Unternehmerischen Entschlusses eine entsprechende Anpassung der vertraglichen Vereinbarung. Diese Entscheidung kann nur durch eine einzige Maßnahme umgesetzt werden; sie bedingt die Änderung oder sie bedingt sie nicht. 279 Im Gegenzug bedarf eine Änderung der geltenden Arbeitsbedingungen der Umsetzung einer entsprechenden Entscheidung des Unternehmers. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung gibt es allerdings die Besonderheit, daß die Unternehmerische Entscheidung keiner Überpriifung durch das Gericht zugänglich ist. 280 Der Arbeitgeber ist frei, die Arbeit so zu organisieren, wie er es für richtig hält.

BAG, Urt. v. 7. 12. 1989, RzK I 7c Nr. 7. Hromadlw, NZA 1996, S. I (II). 277 BAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969. 278 Vgl. BAG, Urt. v. 18. I. 1990,24. 4. 1997, AP Nr. 27,42 zu§ 2 KSchG 1969. 279 Hromadka, NZA 1996, S. 1 (II). 280 BAG, Urt. v. 18. I. 1990, AP Nr. 27 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 9. 5. 1996, AP Nr. 79 zu § I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu § 2 KSchG 1969. 275

276

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

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Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden: Da die Prüfung der sozialen Rechtfertigung eine Vertragskontrolle darstellt, kann sie nicht ohne Berücksichtigung des Änderungsinhalts durchgeführt werden. Einen Änderungsgrund "an sich" gibt es nicht, da die Rechtsfolge der Änderungskündigung jedesmal eine andere ist. Vielmehr bedingen Änderungsgrund und Änderungsziel einander.

2. Störung Abstrakt läßt sich allenfalls feststellen, ob eine Störung im Arbeitsverhältnis aufgetreten ist, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder in einer Unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers ihre Ursache hat. Denn die Störung geht der Änderung zeitlich voraus und kann daher von ihr nicht abhängen. Störung ist jede Abweichung des Ist-Zustandes von dem, was arbeitsvertraglich vereinbart und im Arbeitsverhältnis geschuldet ist. Sie umfaßt nicht nur Leistungsstörungen, sondern auch die Verletzung von Nebenpflichten, selbst wenn sie nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt sind. Sie kann darin liegen, daß das Verhältnis des Arbeitnehmers zu den Kollegen seiner Abteilung zerrüttet ist und Auseinandersetzungen den Arbeitsablauf beeinträchtigen, aber auch in der Einführung neuer Arbeitszeitsysteme. Einzelne Störungsursachen in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers sowie im Betrieb werden unten erörtert. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung beruht die Störung auf der Umsetzung der Unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, seinen Betrieb in einer bestimmten Weise zu organisieren. Die Störung tritt also erst ein, wenn der Arbeitgeber aufgrund seiner Entscheidung zur Umsetzung schreitet. Auch Gründe in der Person des Arbeitnehmers müssen erst einmal feststehen, damit der Arbeitgeber hierauf reagieren darf. Der Arbeitgeber kann nicht auf Vorrat Änderungskündigungen aussprechen, nur weil die Möglichkeit besteht, daß Erlaubnisse nicht verlängert oder entzogen werden oder daß der Arbeitnehmer im vorgerückten Alter nicht mehr wie bisher in der Lage sein wird, seiner Tätigkeit nachzukommen. Bei der Änderungskündigung, die durch das Verhalten des Arbeitnehmers bedingt ist, läßt sich hingegen die Frage stellen, ob die Störung ein bereits stattgefundenes Ereignis voraussetzt, wie z. B. die tätliche Auseinandersetzung zwischen Kollegen, oder ob schon die Gefahr solcher Ereignisse eine Störung im Arbeitsverhältnis begründen kann. Mit einer Verdachts-Änderungskündigung darf das nicht verwechselt werden; es geht hier nämlich nicht um den Nachweis vergangener Taten, sondern um die Abwehr einer zukünftigen Gefahr für Rechtsgüter des Arbeitgebers oder seiner Mitarbeiter. § 1 KSchG verlangt nach Auffassung der herrschenden Lehre für die soziale Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Beendigungskündigung einen nachhaltigen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten. Diese Anforderung ist in bezug auf die Rechtsfolge bei der Beendigungskündigung schlüssig; das Arbeitsverhält-

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C. Die soziale Rechtfertigung

nis soll nicht mehr fortgesetzt werden, wenn der Arbeitnehmer durch sein Handeln oder Unterlassen die Grundlage zwischen beiden Parteien zerstört hat. Bei der Änderungskündigung geht es grundsätzlich dagegen (nur) um die Durchsetzung betrieblicher Notwendigkeiten unter Beibehaltung des Beschäftigungsverhältnisses. Die Änderungskündigung dient damit auch der Gefahrenabwehr. Schon die Gefahr von betrieblichen Beeinträchtigungen braucht der Arbeitgeber nicht hinzunehmen; niemand kann von Gesetzes wegen verpflichtet sein, erst seine Schädigung abzuwarten, ehe er reagieren darf. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß es um einen Eingriff in die Vertragsbindung geht. Ein interessengerechter Ausgleich ist also notwendig, um einem Mißbrauch vorzubeugen. Die Vertragsbindung einerseits muß verhindern, daß der Arbeitnehmer ohne jeglichen konkreten, objektiv faßbaren Anhaltspunkt seine Arbeitsbedingungen verliert. Andererseits verlangt das Integritätsinteresse des Arbeitgebers nach einer möglichst frühen Eingriffsbefugnis. Es wird daher erst das Vorliegen einer konkreten Gefahr einen verhaltensbedingten Grund abgeben; es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer bei ungehindertem Fortschreiten der Entwicklung die Verletzung der vertraglichen Pflicht unmittelbar zu erwarten ist. Liegen solche Tatsachen vor, so ist die gemeinsame Basis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer derart beeinträchtigt, daß ein Grund für eine Änderungskündigung vorliegen kann, ohne daß die Voraussetzungen für eine Tat- oder Verdachtskündigung gegeben sein müssen. Zweifelhaft ist nur, ob zwischen Tatsachen, die in der Zukunft erst einen Pflichtenverstoß begründen würden, und dem durch Tatsachen bereits bewiesenen Pflichtenverstoß so klar unterschieden werden kann. Verhalten ist eine soziale Größe. Das Zusammenleben von Menschen ist immer mit Risiken verbunden. Wer erkältet ist und trotzdem zur Arbeit kommt und die Kollegen möglicherweise ansteckt, ist ebensowenig für sein Verhalten im rechtlichen Sinne verantwortlich wie derjenige, der mit Kollegen einen muffigen Umgang pflegt, weil die "Chemie" zwischen ihnen nicht stimmt. Sonst würde das soziale Leben zu einem ständigen Balanceakt zwischen Recht und Unrecht. Diese "Sozialadäquanz" verlangt nach anderen Kriterien, um vorwerfbares Verhalten zu begründen. Notwendig ist zunächst, die Pflichten, gegen die verstoßen werden kann, konkret festzustellen. Pflichtwidriges Verhalten manifestiert sich wiederum erst durch entsprechende Vorfälle: Niemandem ist anzusehen, ob er dazu neigt, Mitarbeiter sexuell zu belästigen, oder in der Arbeit handgreiflich zu werden, nicht einmal, wenn es ein "macho-"hafter oder ruppiger Zeitgenosse sein sollte. Reicht schon die konkrete Gefahr, so genügen beweisbare Tatsachen, die nach menschlichem Ermessen erwarten lassen, daß ein solcher Verstoß stattfinden wird. Solche Tatsachen liegen vor, wenn beispielsweise bestimmte sexistische Bemerkungen gegenüber Dritten sexuelle Übergriffe gegen den Betroffenen in den Bereich des Wahrscheinlichen rücken, weil durch massive Anzüglichkeiten die Hemmschwelle für körperliche Belästigungen gesenkt wird.Z81 Beim Mobbing ist es zumeist so, daß der betroffene Ar-

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

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beitnehmer allein gegen viele steht, weil zum Teil das nähere Umfeld, wenn nicht sogar der unmittelbare Vorgesetzte daran teilhaben. Man braucht nach der hier aufgestellten Ansicht nicht zu warten, bis gesundheitliche Schäden beim MobbingOpfer eintreten; es bedarf lediglich beweisbarer Anhaltspunkte für die Demütigungen des Mitarbeiters. In solchen Fällen kann dem betroffenen Arbeitnehmer z. B. durch Entfernung des (Haupt-) Störers wirksam geholfen werden.

3. Erforderlichkeil der Änderung Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 KSchG, dessen entsprechende Geltung § 2 KSchG anordnet, muß der Änderungsgrund die Änderung "bedingen". Bei diesem Erfordernis geht es nicht um die Prüfung oder Feststellung, ob die Änderungskündigung, also das Änderungsinstrument selbst, notwendig ist. Diese Frage hat bei der sozialen Rechtfertigung nichts verloren, wie oben bereits festgestellt wurde. 282 Entscheidend ist hier nur, ob die materielle Änderung, wie sie der Arbeitgeber vorgeschlagen hat, nötig ist, nämlich einmal qualitativ, ob gerade diese Arbeitsbedingung zu ändern ist, wie auch quantitativ, ob der Umfang der Änderung gerechtfertigt ist. 283 Beides muß durch den Änderungsgrund "bedingt" sein. Das BAG284 - und mit ihm die ganz einhellige Literatur285 - gehen davon aus, daß die vorgeschlagene Änderung dann durch einen entsprechenden Grund bedingt ist, wenn sie "verhältnismäßig" ist. In der Regel wird hierunter die Erforderlichkeit oder ultima ratio verstanden; sie muß den ersten beiden Priifstufen des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entsprechen, d. h. geeignet und erforderlich sein. Für die betriebsbedingte Änderungskündigung wird diese gesetzliche Anordnung noch deutlicher durch das .,dringende betriebliche Erfordernis". a) Erforderlichkeil

Der Arbeitgeber kann mit der Änderungskündigung verschiedene Ziele verfolgen: Er kann beabsichtigen, das Entgelt- 286 oder das Arbeitszeitsystem 287 neu zu 281 Sexistische Bemerkungen gegen den Betroffenen selbst stellen gern. § 2 Beschäftigtenschutzgesetz bereits eine Verletzung der arbeitsvertragliehen Pflichten dar; vgl. dazu LAG Hamm, Urt. v. 22. 10. 1996, AP Nr. 136 zu§ 626 BGB. 282 S. 60 ff. 283 Ähnlich Hrorrwdka, NZA 1996, S. 1 (7). 284 Vgl. BAG, Urt. v. 28. 4. 1982,27. 9. 1984,18. 1. 1990, APNr. 3, 8, 27 zu§ 15 KSchG 1969. 285 Vgl. nur Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 477 f., Hromadka, RdA 1992, S. 234 (257 f.); ders., NZA 1996, S. 1 (7); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 32a; Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 138; Precklein, S. 55; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 106a; Söllner, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 12 (23).

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C. Die soziale Rechtfertigung

ordnen oder den Betriebsfrieden288 wiederherzustellen; er kann hierarchische Ordnungen einer neuen Unternehmenskonzeption anpassen 289 oder den Arbeitskräftebedarf an den aktuellen Personalanforderungen ausrichten. 290 Hierbei hat der Arbeitgeber aber keine freie Hand. Er benötigt einen Grund, der die Änderung rechtfertigt. Der Grund ist auch für den Umfang der Änderung maßgeblich. Über das Ziel darf nicht hinausgeschossen werden. Die Wollallergie darf nicht zur Versetzung der Arbeitnehmerin führen, wenn durch organisatorische Vorkehrungen sichergestellt werden kann, daß eine Berührung mit allergenen Stoffen in Zukunft ausscheidet. Auf technische Maßnahmen (Einbau von Filtern etc.) wird sich der Arbeitgeber aber nur dann verweisen lassen müssen, wenn er aufgrund des Arbeitsschutzes dazu verpflichtet ist. Die Unternehmerische Entscheidung, eine bestimmte Funktion entfallen zu lassen, darf nicht dazu führen, den bisher als Vorgesetzten tätigen Arbeitnehmer als Hilfsarbeiter weiterzubeschäftigen, wenn es für ihn besser geeignete Stellen gibt. Der Grundsatz der Erforderlichkeit beschränkt also aus Sicht des Arbeitgebers die Summe aller denkbaren Lösungsmöglichkeiten auf diejenige, die unter mehreren zur Störungsbeseitigung gleichermaßen geeigneten den geringsten Eingriff in die bestehenden Arbeitsbedingungen und damit die Änderung mit dem kleinsten Umfang darstellt.

b) Eignung

Erforderlich ist ein bestimmtes Mittel nur dann, wenn es zur Störungsbeseitigung geeignet ist. Nach allgemeiner Auffassung ist ein Mittel schon dann geeignet, wenn mit seiner Hilfe der Erfolg "gefördert" werden kann. 291 Welcher Grad an die "Förderung" anzulegen ist, ergibt sich aus dem jeweiligen Schutzzweck. Für das Strafrecht ist anerkannt, daß nur diejenige Notwehrhandlung, die eine sofortige und endgültige Beendigung des Zustandes gewährleistet,292 das Merkmal der Geeignetheit erfüllt. Der allgemeine Kündigungsschutz verfolgt den Zweck, die Bindung der Vertragsparteien an die Arbeitsbedingungen aufrechtzuerhalten. und sie in dem Umfang aufzugeben, als dies zur Beseitigung einer Störung notwendig ist. Dieser Zweck wird nur erreicht, wenn der Eingriff in die bisherigen ArbeitsbedinVgl. BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, APNr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. Vgl. BAG, Urt. v. 18. l. 1990, AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969; Urt. v. 26. l. 1995, 24. 4. 1997, AP Nr. 36,42 zu§ 2 KSchG 1969. 288 BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu§ 2 KSchG 1969. 289 Vgl. BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969. 290 Vgl. BAG, Urt. v. 27. 9. 1984, AP Nr. 8 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. 291 BVerfGE 39, S. 210 (230). 292 Vgl. BGH, NJW 1978, S. 898 (898); BayObLG, JZ 1988, S. 725 (725); Lackner/Kühl, StGB, § 32 Rn. 9. Allerdings ist eine geringere als die erforderliche Abwehr im Strafrecht nicht ausgeschlossen, da die Rechtsordnung jede auch noch so geringfügige Verteidigungshandlung gegen einen rechtswidrigen Angriff unterstützt. 286 287

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

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gungen die Störung tatsächlich auflöst. Das schließt Zwischenschritte und Umwege aus; sie wären nur auf Zwischenergebnisse und nicht auf die Beendigung der Störung gerichtet. Geeignet ist also nur die Änderung, die die Störung unmittelbar (sofort) und nachhaltig (endgültig) beseitigt. Eine Maßnahme, die erst über Umwege zum Erfolg führt, ist mit dem Änderungsschutz nach §§ 1, 2 KSchG nicht vereinbar. Würde man statt dessen auch Zwischenergebnisse genügen lassen, um eine Änderung als geeignet einzustufen, so müßte man dem Arbeitgeber auch die Festlegung überlassen, wie und wann er welche Arbeitsbedingungen ändert. Es könnte dann nur geprüft werden, ob die aktuelle Maßnahme als Schritt in Richtung Störungsbeseitigung denkbar ist. In diesem Fall würden dem Arbeitnehmer tatsächlich die bisherigen Arbeitsbedingungen in kleinen Schritten entzogen, ohne daß er sich effektiv dagegen zur Wehr setzen könnte. 293 Das kann nicht richtig sein. Eine personenbedingte Änderungskündigung muß daher zum Ziel haben, die bisherige Tätigkeit zu ändern, weil der Arbeitnehmer die Fähigkeit verloren hat, die geschuldete Arbeitsleistung vereinbarungsgemäß zu erbringen, und der Arbeitsvertrag in seiner bisherigen Form seinen Sinn (Austauschverhältnis gleichwertiger Leistungen) eingebüßt hat. 294 Eine verhaltensbedingte Änderungskündigung muß das bestehende Risiko von Vertragsverletzungen ausschalten. 295 Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung muß die organisatorische Maßnahme unmittelbar die Notwendigkeit einer Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen herbeiführen, da es immer darum geht, daß ein bestimmter Arbeitsplatz verändert oder aufgegeben wird? 96 Die betriebsbedingte Änderungskündigung führt die (meist aus Gründen der Rentabilität und der Produktivität) geänderten betrieblichen Bedürfnisse (Personalbestand, Arbeitszeit) und die davon abweichenden arbeitsvertragliehen Vereinbarungen wieder zusammen. 297 Eine Änderungskündigung beispielsweise, die Auseinandersetzungen zwischen Kollegen durch eine Lohnkürzung beenden wollte, wäre keine auf die Lösung der Störung gerichtete Maßnahme, sondern eine Sanktion, die im Bereich des Kündigungs- und Änderungsschutzes anerkanntermaßen nicht gestattet ist. 298

Precklein, S. 35. V gl. für die personenbedingte Beendigungskündigung Hersehe/ I Löwisch, § 1 Rn. 134: Das Arbeitsverhältnis kann dann aufgelöst werden, wenn der Arbeitsvertrag seinen Zweck nicht mehr erfüllen kann, weil der Arbeitnehmer die Fähigkeit verloren hat, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. 295 Vgl. für die verhaltensbedingte Beendigungskündigung Herschel/Löwisch, § 1 Rn. 84: Der Vertrag kann bei Vertragsverletzungen aufgelöst werden, um so das Risiko weiterer Vertragsverletzungen zu vermeiden. 296 Das verkennt BAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969. 297 Vgl. für die betriebsbedingte Beendigungskündigung Herschel/Löwisch, § 1 Rn. 171: Im Interesse der Rentabilität des Unternehmens ist der Personalbestand dem tatsächlichen Personalbedarf anzugleichen. 293 294

186

C. Die soziale Rechtfertigung

c) Untergrenze Schließlich bildet die Erforderlichkeil auch die Untergrenze für die soziale Rechtfertigung, also die Grenze, unterhalb der die Änderungskündigung trotz eines Änderungsgrundes nicht mehr gerechtfertigt ist?99 Bagatellstörungen, die im betrieblichen Alltag nicht ins Gewicht fallen, weil sie sich nach allgemeiner Erfahrung regelmäßig in kurzer Zeit von selbst erledigen - voriibergehende Erkrankung, geringfügige Leistungsrninderungen, die durch Kollegen üblicherweise und ohne nennenswerte Mehrbelastung aufgefangen werden können -, erfordern in diesen Fällen gerade keine Änderung. Die Beibehaltung der bisherigen Arbeitsbedingungen ist dann das ebenso gut geeignete mildere Mittel. Dasselbe gilt bei aufschiebbaren Maßnahmen. Bei Griinden aus der Arbeitnehmersphäre handelt es sich dann nicht mehr um eine Bagatellstörung, wenn der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zugunsten des betroffenen Arbeitnehmers oder zugunsten anderer Mitarbeiter zum Handeln aufgerufen ist. Verlangt die Rechtsordnung vom Arbeitgeber, sich schützend vor seine Arbeitnehmer zu stellen, muß sie ihm auch das dafür nötige Instrumentarium zur Verfügung stellen. Nicht vorstellbar ist allerdings eine Untergrenze bei betrieblichen Erfordernissen. Eine Änderung der Betriebsorganisation300 erfordert immer eine Anpassung der Arbeitsbedingungen, unabhängig davon, wie sie sich bei einzelnen Arbeitsverhältnissen auswirken mag. Da die Durchsetzung einer betrieblichen Organisationsstruktur Voraussetzung der Änderungskündigung ist, werden Bagatellfälle in der Praxis ohnehin nicht die Regel sein. d) Störungs- und Änderungsumfang sind identisch Eine Änderungskündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn eine Störung im Arbeitsverhältnis auftritt, die auf einem personen- oder verhaltensbedingten Grund oder auf betrieblichen Erfordernissen beruht und die durch eine Änderung, die in ihrem Umfang und ihrer Schwere dem Ausmaß der Störung entspricht, unmittelbar und nachhaltig beseitigt wird. Die Störung bedingt die Änderung; die Änderung soll ihre geeignete und konsequente Lösung sein. Die Änderung darf umgekehrt über Art und Umfang der Lösung, der die Störung bedarf, weder hinausgehen noch sie unterschreiten. Kennt der Rechtsanwender Art und Umfang der Änderung, weiß er auch, welche Störung vorliegen muß, damit die entsprechende Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist. Konstruktiv handelt es sich bei dieser "Gegenprobe" nicht um eine Verhältnismäßigkeitspriifung im engeren Sinne, weil 298 Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 436; MünchArbR/ Berkowsky, § 137 Rn. 8; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 274a; Preis, Prinzipien, S. 328; kritisch dagegen Fromm, S. 417 f.; Gentges, Prognoseprobleme, S. 231 ff.; Löwisch, BB 1998, S. 1793 (1795); Rüthers/ Müller. Anm. zu BAG, EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 41. 299 Insoweit offen Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11). 300 Zum dringenden betrieblichen Erfordernis S. 224 ff.

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

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keine Interessen gegenübergestellt werden. Es findet lediglich eine "umgekehrte Erforderlichkeitskontrolle" statt, die fragt, welches Ausmaß an Störung die gewollte Änderung verlangt. Dadurch wird sichergestellt, daß auch nur die Änderung sozial gerechtfertigt ist, die die einzige richtige Lösung der Störung darstellt. Dieser Prüfungspunkt ist also immer noch Teil der Erforderlichkeit. Je größer der inhaltliche Abstand zwischen den bisherigen und den neuen Arbeitsbedingungen ist, desto größer muß die Störung sein. Je größer die Störung ist, umso schwerwiegender kann der Eingriff in den bestehenden Vertrag sein. Eine vollständige Auswechslung der Tatigkeit bedarf des vollständigen Wegfalls des bisherigen Beschäftigungsinteresses, z. B. wegen mangelnder Eignung oder wegen einer geplanten Umstrukturierung. Eine Änderung von Teilen der bisherigen Tätigkeit setzt dagegen keine Störung dieses Umfangs voraus. Das wird an einem schon wiederholt zitiertem Beispiel aus der Rechtsprechung deutlich. Wegen einer Wollallergie kann eine Arbeitnehmeein nicht mehr als Näherin in der Kleiderkammer beschäftigt werden. 301 Alternativen zur Versetzung gibt es nicht. Es ist daher zu prüfen, welche Tatigkeit für die Arbeitnehmeein in Frage kommt; die Grenzen der Geeignetheit und Erforderlichkeil sind zu beachten. Der Umfang der beabsichtigten Änderung ist schließlich maßgeblich für die Anforderungen, die an den Änderungsgrund zu stellen sind; eine Versetzung auf einen Arbeitsplatz mit vergleichbarer Tätigkeit ist ein weniger intensiver Eingriff und setzt daher nicht das Ausmaß an Störung voraus wie eine Versetzung auf einen nicht vergleichbaren Arbeitsplatz. Nach der hier vertretenen Auffassung ist entscheidend, daß einerseits der Wechsel von einer Anlerntätigkeit zu einer anderen (Näherin und Küchenhilfe) und die damit verbundene Änderung des Entgelts von 60 DM nicht erheblich, daß andererseits aber die Versetzung aus der Kleiderkammer und die damit verbundene Aufgabe der bisherigen Tatigkeit aus gesundheitlichen Gründen notwendig waren. Das BAG hat daher für die Änderungskündigung zu Recht genügen lassen, daß eine Wiedererkrankung nach den Feststellungen der Vorinstanz lediglich möglich war. Ware es um einschneidendere Änderungen gegangen, hätte dies nicht ausgereicht; der Arbeitgeber hätte dann z. B. darlegen und beweisen müssen, daß eine Wiedererkrankung bei unveränderter Weiterbeschäftigung sicher gewesen wäre.

Wollallergie

erfordert

Versetzung

setzt voraus Wiedererkrankung möglich - - - - - -

Wiedererkrankung sicher 301

setzt voraus

oder

nicht vergleichbare Tätigkeit

BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG.

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C. Die soziale Rechtfertigung

Mit der verhaltensbedingten wie auch mit der betriebsbedingten Änderungskündigung verhält es sich nicht anders. Ausschlaggebend ist allein die Erforderlichkeit der Maßnahme selbst (z. B. Versetzung), die sich aus der Wechselwirkung zwischen Änderungsgrund und Änderungsumfang ergibt. Soweit vereinzelt für die betriebsbedingte Änderungskündigung vorgetragen wird, daß es dort auf die Abhängigkeit vorn Änderungsumfang nicht ankomme (oder bestenfalls erst im Rahmen einer Interessenabwägung),302 ist das nur eine scheinbare Unstimmigkeit. Da die unternehmefische Entscheidung bei einer betrieblichen Änderungskündigung die Maßnahme entweder vollständig bedingt oder nicht, bestätigt sie den Grundsatz, daß eine umfangreiche Änderung einer entsprechenden Rechtfertigung durch eine korrespondierende Störung bedarf. Die Störung ist in diesem Fall ja nichts anderes als die betriebliche Umsetzung einer Unternehmerischen Entscheidung und das Angebot das stimmige Resultat dieser Entscheidung. Auch in seinem Beschluß vorn 6. 3. 1986, in dem das BAG zunächst auf einen "an sich anerkennenswerten" Anlaß abhob, hat das Gericht schließlich das Arbeitgeberangebot für die Priifung der (allerdings außerordentlichen) betriebsbedingten Änderungskündigung beriicksichtigt. 303

4. Zumutbarkeit der Änderung? Die Abhängigkeit von Änderungsziel und Änderungsgrund verhindert es, einen so verläßlichen und vorhersehbaren Maßstab wie bei der Beendigungskündigung festzulegen, die nur ein "Änderungsziel" kennt. Dies verleitet dazu, die Lösung über eine Abwägung zu suchen. Das BAG priift das Änderungsangebot bekanntlich darauf, ob sich der Arbeitgeber darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die dem Arbeitnehmer "zurnutbar" sind.304 Die ganz herrschende Meinung folgt ihm darin. 305 Das Tatbestandsmerkmal der "Zurnutbarkeit" oder der billigerweisen "Hinnahme" durch den Arbeitgeber fehlt in § 2 KSchG. Es ist daher zu fragen, ob es auf dieses Merkmal für die Änderungskündigung ankommen kann. Auf den Gesichtspunkt der Zurnutbarkeit stellt das BAG für die Änderungskündigung schon seit seinen friihesten Entscheidungen ab; in einem Urteil aus dem Jahr 1960 beispielsweise verlangte es eine dem Arbeitnehmer "zurnutbare" oder "billigerweise hinzunehrnende" 306 Änderung. Eine genauere Erklärung hierzu fin302 So offenbar Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11), unter Verweis auf BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986, AP Nr. 19 zu§ 15 KSchG 1969. 303 AP Nr. 19 zu § 15 KSchG 1969. 304 Wörtlich BAG, Urt. v. 15. 3. 1991 , 19. 4. 1993, AP Nr. 28, 31 zu§ 2 KSchG 1969. 305 Statt aller Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 66. 306 BAG, Urt. v. 18. 11. 1960, AP Nr. 28 zu Art. 44 Truppenvertrag.

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

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det sich in dem genannten Urteil nicht; dort heißt es lediglich, die Zumutbarkeit müsse bei der Änderungskündigung "nach anderen Kriterien" bestimmt werden als bei der Beendigungskündigung. Welche "anderen Gesichtspunkte" sich das BAG vorstellte, blieb unklar; es kam nur anband einer Interessenahwägung zu dem Ergebnis, daß die Änderung für den Arbeitnehmer trotz der einen oder anderen Belastung "gewisse Vorteile" bot, so daß die Änderung zurnutbar war. 1957 berief sich das BAG auf die Unzumutbarkeit für den Arbeitgeber: "Ist die Versetzung auf einen niedriger dotierten Arbeitsplatz (betrieblich) notwendig und gerechtfertigt, kann es nicht gleichzeitig dem Arbeitgeber zurnutbar sein, das Entgelt in gleichbleibender Höhe weiterzuzahlen." 307 Angesichts dieser seit langer Zeit unveränderten Rechtsprechung bedarf der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit für die Änderungskündigung einer vertieften Untersuchung.

a) Zumutbarkeit als Produkt der Interessenahwägung Preis hat in seiner Dissertationsschrift nachgewiesen, daß das Prinzip der Zumutbarkeit bei der Beendigungskündigung in der Güter- und Interessenahwägung aufgeht. 308 Nur eine Maßnahme, die durch eine Abwägung der gegenläufigen Interessen für tragbar gehalten werde, könne zurnutbar sein. Preis spricht von der "Relativität des Zumutbarkeitsbegriffs", die im Rahmen der Interessenahwägung festgestellt werden müsse. Das entspricht der Rechtsprechung des BGH309 und des BVerfG310 ebenso wie der des BAG? 11 Bei der Beendigungskündigung wird zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses und dem des Arbeitnehmers an der Fortsetzung abgewogen. War eine Erkrankung der Auslöser der Kündigung, so ist zu fragen, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen.312 Das ist insbesondere der Fall, wenn die Erkrankung nicht nur unzumutbare Entgeltfortzahlungskosten hervorruft, sondern auch Störungen im Betriebsablauf. 3 13 Demgegenüber, so das BAG, müsse zugunsten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, ob die Erkrankung auf betriebliche Ursachen zurückzuführen see 14 und wie lange das Arbeitsverhältnis vor der Erkrankung störungsfrei bestanden habe. 315 Bei der verhaltensbedingten Kündigung setzt das BAG, Urt. v. 26. 2. 1957, AP Nr. 23 zu§ 1 KSchG. Preis, Prinzipien, S. 15 I. 309 BGHZ 16, S. 105 (107); 83, S. 197 (200); BGH, NJW 1985, S. 130 (132). 310 BVerfGE 63, S. 131 (144); 61, S. 126 (134); 61 , S. 291 (316). 311 Vgl. BAG, Urt. v. 21. l. 1993, AP Nr. 1 zu§ 52 MitbestG Sch1eswig-Holstein (C II 2 b der Gründe). 312 BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969. 313 BAG, Urt. v. 18. I. 1990, 15. 3. 1991, AP Nr. 27, 28 zu§ 2 KSchG 1969. 314 BAG, Urt. v. 7. 11. 1985, 6. 9. 1989, 5. 7. 1990, AP Nr. 17, 22, 26 zu§ I KSchG 1969 Krankheit. 315 Vgl. BAG, Urt. v. 15. 2. 1984, AP Nr. 14 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit. 307

308

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C. Die soziale Rechtfertigung

BAG u. a. die Intensität und Beharrlichkeit der Vertragsverletzung, 316 das Maß des Verschuldens, 317 die Dauer der ungestörten Betriebszugehörigkeie 18 und mögliche Betriebsablaufstörungen319 in Relation. Bei der betriebsbedingten Kündigung nimmt das BAG zu Recht eine Interessenahwägung nicht mehr vor; 320 der Wegfall des Arbeitsplatzes kann nicht durch Zumutbarkeitskriterien "bereinigt" werden. Statt dessen muß der Arbeitnehmer ermittelt werden, dem die Entlassung am ehesten zuzumuten ist, jedoch nicht im Wege einer allgemeinen Interessenabwägung, sondern über die Sozialauswahl des § 1 Abs. 3 KSchG.

b) Gesetzliche Anknüpfung der "Unzumutbarkeit" Die Zumutbarkeit dient bei der (personen- und verhaltensbedingten) Beendigungskündigung als Korrektiv einer nur typischerweise gerechtfertigten Entscheidung. Ihr Anwendungsbereich dort scheint mit dem der Änderungskündigung der Rechtsprechung zufolge nicht deckungsgleich zu sein:321 Bei der Änderungskündigung dient sie nicht nur einer letzten Kontrolle dariiber, ob die Änderung nach Art und Umfang insgesamt gerechtfertigt ist; Rechtsprechung und Lehre priifen vielmehr damit auch, ob das Arbeitgeberangebot materiellrechtlich wirksam ist. So hatte das BAG ein Arbeitgeberangebot, das seiner Ansicht nach gegen § 2 BeschFG (jetzt: § 4 Abs. 1 TzBfG) verstieß und folgerichtig die Rechtsunwirksamkeit des Änderungsvertrages gemäß § 134 BGB nach sich ziehen mußte, mit der Begrundung verworfen, es sei dem Arbeitnehmer "nicht zumutbar". 322 Die ausgedehnte und selbstverständliche Verwendung des Prinzips der Güterund Interessenahwägung ist schon bei der Beendigungskündigung auf Kritik gestoßen?23 Zwar habe, so Preis, die gesamte Rechtsordnung die Aufgabe, gegensätz316 Vgl. BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, 27. 2. 1997, AP Nr. 34, 36 zu§ I KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; Hromadka/Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 10 Rn. 184; Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 694. 317 Vgl. BAG, Urt. v. 16. 3. 1961, AP Nr. 2 zu§ 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung; Urt. v. 21. 5. 1992, AP Nr. 28 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. Auf ein Verschulden verzichtet sogar BAG, Urt. v. 4. 11. 1957, AP Nr. 39 zu § 1 KSchG; Urt. v. 27. 7. 1961, AP Nr. 24 zu§ 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche. 318 BAG, Urt. v. 13. 12. 1984, AP Nr. 81 zu§ 626 BGB; Urt. v. 31. 3. 1993, AP Nr. 32 zu § 626 BGB Ausschlußfrist. 319 Seit BAG, Urt. v. 17. 1. 1991, AP Nr. 25 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; anders noch BAG, Urt. v. 7. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ I KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. 320 BAG, Urt. v. 30. 4. 1987, AP Nr. 42 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; für die Änderungskündigung bestätigt in Urt. v. 18. 01. 1990, AP Nr. 27 zu§ 2 KSchG 1969. 321 BAG, Beschl. v. 6. 3. 1986,21. 6. 1995, AP Nr. 19, 36 zu§ 15 KSchG 1969. 322 BAG, Urt. v. 24. 4. 1997, AP Nr. 42 zu§ 2 KSchG 1969. 323 Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 205; Bötticher, FS Molitor, 1962, S. 123 (127); Boewer, NZA 1988, S. 678 (681); Hersehe[, FS Schnorr v. Carolsfeld, S. 157 (163 ff.);

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

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liehe Interessen auszugleichen; dies sei Aufgabe des Gesetzgebers wie auch die des Richters. 324 Träten aber beide in Konkurrenz zueinander, so sei die Wertung des Gesetzgebers vorrangig. Eine eigenständige richterliche Güter- und Interessenabwägungen sei daher nur dort gefordert, wo der Gesetzgeber aus Geiinden der Anpassungsfahigkeit der Rechtsordnung auf die Normgebung verzichtet oder in Form einer Generalklausel nur einen Wertungsrahmen gebildet habe, 325 wo Lücken vorhanden seien, die nicht durch gesetzesimmanente Rechtsfortbildung geschlossen werden könnten, 326 oder bei nicht vorhersehbaren besonderen Sachverhalten, die von der gesetzlichen Wertung nicht mehr umfaßt seien, wenn die vom Gesetz vorgesehene Konfliktlösung also versage. 327 Für den Kündigungsgrund kann nach Ansicht der wohl überwiegenden Literatur eine Interessenahwägung stattfinden, wenn die Priifung ergibt, daß der Gesetzgeber insoweit eine Konfliktentscheidung unterlassen hat. 328 Preis und mit ihm die herrschende Meinung bejahen dies für die beiden Kündigungsgrunde aus der Sphäre des Arbeitnehmers, weil sich der gesetzlichen Regelung nicht entnehmen lasse, wie gewichtig die aus der Arbeitnehmersphäre herriihrenden Umstände sein müßten, um einen Grund im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG darzustellen.329 Anders sei es mit der betriebsbedingten Kündigung. Da dort der Gesetzgeber selbst das Erfordernis des dringenden Grundes aufgestellt habe, habe bereits eine Wertung zwischen den spezifischen Interessen stattgefunden, die eine weitere, diesmal richterliche Interessenahwägung nicht mehr zulasse. 330 Die Kritik von Preis an der undifferenzierten Verwendung des Prinzips der Güter- und Interessenahwägung bei der Beendigungskündigung hat Precklein in ihrer Dissertationsschrift auf die Änderungskündigung übertragen. 331 Das lag Herschell Löwisch, § 1 Rn. 69 ff.; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 136; Oetker, Anm. zu BAG, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 28; Wank, RdA 1987, S. 129 (136). 324 Preis, Prinzipien, S. 186. 325 Preis, Prinzipien, S. 189. 326 Preis, Prinzipien, S. 190. 327 Preis, Prinzipien, S. 191 f. 328 KR/ Etzel, § 1 KSchG Rn. 268 ff., 395 ff.; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 138; Preis, Prinzipien, S. 198 f.; Stahlhacke I Preis /Vossen, Rn. 694, 730. So aber auch das BAG, Urt. v. 6. 9. 1989, AP Nr. 21-23 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; Urt. v. 29. 7. 1993, AP Nr. 27 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit, und Urt. v. 17. 1. 1991, AP Nr. 25 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. 329 Preis, Prinzipien, S. 206 f. 330 Preis, Prinzipien, S. 208, 210; ebenso MünchArbR/ Berkowsky, § 134 Rn. 48; Bitter/ Kiel, RdA 1994, S. 333 (346); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 137; Joost, Anm. zu BAG, EzA § I KSchG Krankheit Nr. 15; Stahlhacke/Preis!Vossen, Rn. 619; Wank, RdA 1987, S. 129 (136 f.). Ausdrücklich auch BAG, Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 50 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 331 Grundsätzlich Precklein, S. 38 ff.; zum "Ob" der Änderung Precklein, S. 68, unter Verweis auf Hromadka, RdA 1992, S. 234 (256), der allerdings nur die betriebsbedingte Änderungskündigung anspricht; zum "Wie" der Änderung Precklein, S. 74 ff.

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C. Die soziale Rechtfertigung

nahe, da sie für "Versetzungs-Änderungskündigungen" ohnehin von einem identischen Maßstab von Änderungskündigung und Beendigungskündigung ausgeht332 und für "Nichtversetzungs-Änderungskündigungen" zwar Unterschiede in der Art und dem Gewicht der Kündigungsgründe nicht leugnet, dieser Unterschied für sie jedoch "sozusagen automatisch" 333 auflösbar ist, wenn man nur die Grundsätze anwendet, "die Rechtsprechung und Lehre für die Prüfung betriebsbedingter Kündigungen entwickelt haben.'.334 Dabei unterscheidet sie - wie Preis - zwischen der Änderungskündigung aus betriebsbedingten Gründen einerseits und der aus arbeitnehmerbezogenen Gründen andererseits. Der Begriff der sozial ungerechtfertigten Kündigung in § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sei durch mehrere Tatbestandsvoraussetzungen, wenngleich in Form von unbestimmten Rechtsbegriffen, konkretisiert. Daher sei es dem Richter verwehrt, eine pauschale Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien vorzunehmen und die Wirksamkeit der Änderungskündigung von der Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer abhängig zu machen. Für betriebsbedingte Änderungskündigungen folge dies schon aus ihrer Natur, denn was aus betrieblichen Gründen unabweisbar notwendig sei, könne nicht an der fehlenden Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer scheitern. 335 Dagegen fehle es für die personenund verhaltensbedingte Kündigung an einem Maßstab. Das Gewicht der Vertragsstörung könne häufig nur durch eine Erheblichkeitsprüfung und damit nur durch eine Abwägung gefunden werden. Das dürfe aber zu keiner Globalabwägung führen. Zu berücksichtigen seien nur Umstände, die einen konkreten Bezug zum Kündigungsgrund und zum Arbeitsverhältnis aufwiesen. Bei den Kriterien, die in die Abwägung einzustellen sind, läßt Precklein keine Unterschiede zur Beendigungskündigung erkennen: Die "normativ strukturierte Abwägung" müsse konkrete Betriebsablaufstörungen, die Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie alle Ursachen möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen berücksichtigen. 336

c) Die Unzumutbarkeit in der Änderungskündigung

Oben wurde bereits dargelegt, daß die Rechtmäßigkeit des Änderungsangebots kein Gegenstand der sozialen Rechtfertigung ist. 337 Eine Änderungskontrolle fragt lediglich danach, ob die Abweichung der alten von den neuen Arbeitsbedingungen durch einen entsprechenden Grund gerechtfertigt ist. 338 Zwar kann bei einem Verstoß gegen§§ 134, 138 BGB kein wirksamer Änderungsvertrag zustandekommen;

332 333 334 335 336 337 338

Precklein, S. 63 f. Precklein, S. 71. Precklein, S. 68. Precklein, S. 45, 77 f. Precklein, S. 46 ff.; ähnlich Hromadka, NZA 1996, S. 1 (7 f., 12). S. 128 ff. Oben S. 170 ff.

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

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das folgt aber nicht aus § 2 KSchG, erst recht nicht aus einer fehlenden "Zumutbarkeit", sondern aus der Verbotsnorm selbst.339 Hinter jeder Änderungskündigung steht der Widerstreit zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an der Änderung und dem des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der Arbeitsbedingungen. Der Klammerverweis des § 2 KSchG auf § 1 KSchG spricht aber dagegen, die soziale Rechtfertigung durch eine Interessenahwägung zu bestimmen. Die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen hängt nach §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG allein von dem Ausmaß des Grundes ab, der dem Arbeitgeber die Behebung der Störung gestattet. Seine Ermittlung erfolgt durch Vollzug der gesetzlichen Wertentscheidungen, wie sie durch § 1 Abs. 2 KSchG bestimmt sind, nicht dagegen durch einen wertenden Vergleich gegenläufiger Parteiinteressen. Bleibt die Frage, ob wenigstens für die allgemeine, umfassende Interessenahwägung Raum bleibt, wenn die Rechtfertigung der Änderung bereits feststeht. Daß die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung als Vertragskontrolle zu qualifizieren ist, steht einer Interessenahwägung prinzipiell nicht entgegen. Die Interessenabwägung kommt nicht nur im Bereich des Kündigungsrechts, sondern auch im bürgerlichen Recht immer dann zur Anwendung, wenn der Gesetzgeber einen offenen Tatbestand schafft (zum Beispiel § 242 BGB). Nicht einmal die Inhaltskontrolle als Rechtskontrolle kann hierauf verzichten, wie § 9 Abs. I AGBG zeigt. So wird für die betriebsbedingte Änderungskündigung als Anwendungsbeispiel einer Interessenahwägung vorgeschlagen, daß der Arbeitgeber eine nicht bedeutende oder nicht eilige Änderung aufschieben340 oder bei einer Änderung des Entgelts im Zuge einer Veränderung der Tätigkeit an eine Übergangslösung denken müsse. 341 Nicht eilige Besorgungen sind aber auch nicht dringlich. Ebensowenig kann das Ergebnis der Änderungskontrolle (und damit der Erfolg der Änderungskündigung) von einer Übergangsfrist abhängen, wenn Dringlichkeit und Erforderlichkeit einer Änderung bereits bejaht worden sind. Wohl darf der Arbeitnehmer nicht ohne weiteres vor vollendete Tatsachen gestellt werden; er wird aber insoweit ausreichend durch die Kündigungsfrist geschützt. Überdies würde eine Übergangsregelung den Arbeitnehmer, dem eine Änderungskündigung ausgesprochen wurde, besser stellen als denjenigen, der eine Beendigungskündigung erhält. Ersterer behält nicht nur seine Beschäftigung, sondern erhält auch noch einen Bonus durch eine verzögerte Anwendung der neuen Entgeltregelung. Steht das betriebliche Erfordernis erst einmal fest, kommt eine allgemeine Interessenahwägung nicht mehr in Frage. Ein Betätigungsfeld für die abschließende Interessenahwägung scheint dagegen der Bereich der arbeitnehmerbezogenen Änderungsgründe zu sein. Bei der persoZutreffend BAG, Urt. v. 10. 2. 1999, AP Nr. 52 zu § 2 KSchG 1969; siehe oben S. 170. Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10). 341 Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10), unter Hinweis auf BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, BB 1995, S. 2113 (2115) =AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. 339 340

13 Wallocr

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C. Die soziale Rechtfertigung

neobedingten Beendigungskündigung jedenfalls werden im Rahmen der Interessenahwägung bis dahin nicht berücksichtigte soziale Gesichtspunkte zugunsten des Arbeitnehmers gewertet: ob beispielsweise die Erkrankung auf betrieblichen Ursachen beruht oder der Arbeitgeber dem Leistungsabfall des Arbeitnehmers jahrelang untätig zugesehen hat, 342 aber auch die Dauer des störungsfreien Beschäftigungsverhältnisses, Alter und soziale Verpflichtungen. 343 Bei der verhaltensbedingten Beendigungskündigung spielen eine Rolle: die Intensität und die Beharrlichkeit der Vertragsverletzung, das Ausmaß des Verschuldens, Betriebsablaufstörungen, wirtschaftliche Nachteile. 344 Eine abschließende Interessenahwägung als letzte Möglichkeit, die Beendigung doch noch zu verhindern, erscheint deshalb notwendig, weil die Beendigungskündigung nur eine Alles-oder-Nichts-Lösung bietet. Bei der Änderungskündigung ist das jedoch anders. Steht eine Krankheit der Beschäftigung an einem bestimmten Arbeitsplatz entgegen, so dürfen auch Unterhaltsverpflichtungen die Versetzung nicht hindern. Das gilt umso mehr, wenn der alte Arbeitsplatz den Grund für die Erkrankung bildet. Wenn ein Arbeitnehmer, der sich mit seiner Abteilung überworfen hat, nicht in eine andere versetzt, sondern vom Innen- in den ungeliebten Außendienst wechseln soll, ist die Belastung ungleich höher. Aber auch wenn er sich bei seiner Einstellung eine Tatigkeit im Außendienst ausdrücklich verbeten hat, kann eine abschließende Interessenahwägung diese Änderung nicht hindern, wenn nur im Außendienst ein freier Platz vorhanden ist; es ist allenfalls zu fragen, ob hier möglicherweise die ordentliche Kündigung ausgeschlossen werden sollte. 345 Intensität und Vorwerfbarkeit flossen schon in die Anforderungen an den Änderungsgrund ein. Das gleiche gilt für die "Zumutbarkeit'' der neuen Arbeitsbedingungen; je schwerwiegender sie von den bisherigen abweichen, umso höhere Anforderungen waren schon an den Änderungsgrund zu stellen. Die in eine Interessenahwägung einzustellenden Kriterien haben also bereits beim Änderungsgrund Berücksichtigung gefunden; 346 eine abschließende Interessenabwägung ist daher nicht geboten. Ein Blick auf die Rechtsprechung des BAG bestätigt die These, daß für die allgemeine Interessenahwägung bei der Änderungskündigung keine Notwendigkeit besteht. Es ist keine Entscheidung bekannt, in der die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung aufgrund einer Interessenahwägung verneint worden wäre?47 Eine abschließende Abwägung aller Gesichtspunkte soll wohl eher die für BAG, Urt. v. 30. 9. 1993, AP Nr. 33 zu§ 2 KSchG 1969. Vgl. BAG, Urt. v. 10. 3. 1977,25. II. 1982, AP Nr. 4, 7 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit; KR/ Etzel, § I KSchG Rn. 272 f.; Huecklv. Hoyningen-Huene, § I Rn. 183. 344 Hromadka/Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 10 Rn. 184; Hueck/v. HoyningenHuene, § l Rn. 278m. w. N. 345 Vgl. Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 491. 346 Für die Beendigungskündigung Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 208. 347 Vgl. etwa BAG, Urt. v. 7. 12. 1989, RzK I 7c Nr. 7, und Urt. v. 31. I. 1996, AP Nr. 13 zu § 626 BGB Druckkündigung, in denen dieser Punkt nur schlagwortartig auftaucht, und Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969. In seinem Urteil v. 30. 9. 1993, 342 343

V. Anforderungen an die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung

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den Arbeitnehmer bittere Pille erträglicher machen und ihm die Genugtuung geben, das Gericht habe wirklich alle Umstände bedacht. 348 Auf die Interessenahwägung sollte man dann aber ohne weiteres verzichten.

S.Prüfungsaufbau Für die Prüfungsreihenfolge ergibt sich damit folgendes: Zunächst ist festzustellen, ob eine Störung in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder aufgrundder Umsetzung einer Unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers vorliegt, die der Beseitigung durch die beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen zugänglich ist. In einer umfassenden Erforderlichkeilsprüfung sind sodann unter Berücksichtigung des Änderungsangebots-Art und Umfang sowohl der Störung als auch der vorgeschlagenen Änderung festzustellen. Die Änderung ist dann erforderlich, wenn sie eine logische und stimmige Lösung der Störung darstellt, die Störung also durch die Änderung der Arbeitsbedingungen und ohne Belastung des Arbeitnehmers über das Notwendige hinaus unmittelbar, nachhaltig und endgültig beseitigt wird. Die Änderung ist sozial gerechtfertigt, wenn sie ihrem Umfang und ihrer Schwere nach dem Umfang und der Schwere der Störung entspricht. 349 Offen blieb bislang, wann im einzelnen eine Störung in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder im Betrieb des Arbeitgebers angenommen werden kann. Eine Definition der Personen-, Verhaltens- und Betriebsbedingtheit ist wichtig, weil das Vorliegen oder Nichtvorhandensein eines solchen Grundes die erste Stufe der Befugnis des Arbeitgebers bildet, die Vertragsbindung durch eine Änderungskündigung aufzulösen. Es ist daher zu fragen, wann das Verhalten eines Arbeitnehmers die Änderung seiner Arbeitsbedingungen rechtfertigt. Bei der personenbedingten Änderungskündigung ist zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen beispielsweise krankheitsbedingte Fehlzeiten eine Korrektur der ArbeitsbeAP Nr. 33 zu § 2 KSchG 1969, gibt das BAG zu bedenken, daß der Arbeitgeber den Leistungsrückgang des Arbeitnehmers tatenlos hingenommen habe. Wenn jedoch der Änderungsgrund feststeht, wird dieser Gesichtspunkt die bisherige Beschäftigung nicht retten können. 348 Bedenklich insbesondere BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969, soweit dort (auch) auf die durch das Gerichtsverfahren verzögerte Einführung abgestellt wird. 349 Die von Berkowsky für notwendig erachtete Unterscheidung nach "offensiver" und "defensiver" Änderungskündigung (offensiv: Änderung von einzelnen Arbeitsbedingungen; defensiv: Wegfall des Arbeitsplatzes und Vorhandensein eines geeigneten freien Arbeitsplatzes; MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 3, 47 ff., 79 ff.), ist überflüssig. In beiden Fällen ist zu prüfen, ob die Umsetzung der Unternehmerischen Entscheidung eine Störung hervorruft und ob das Angebot die Störung nachhaltig beseitigen kann. Zudem hält das Kündigungsschutzgesetz keine unterschiedlichen Prüfkriterien für diese beiden Gruppen vor, so daß eine solche Differenzierung auch nicht zulässig ist. 13*

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C. Die soziale Rechtfertigung

dingungen erforderlich machen. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung wird zu hinterfragen sein, welche Kriterien der Arbeitgeber erfüllen muß, wenn er eine Änderung der Tätigkeit des Arbeitnehmers oder seiner Arbeitszeit erreichen oder wenn er das Entgelt des Arbeitnehmers kürzen will.

VI. Die verhaltensbedingte Änderungskündigung Bei den verhaltensbedingten Änderungskündigungen, die dem BAG bisher zur Entscheidung vorlagen, ging es immer um Sachverhalte, die ohne weiteres die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlaubt hätten. Der Arbeitgeber griff nur deshalb zur Änderungskündigung, weil ein freier Arbeitsplatz vorhanden war, den man dem Arbeitnehmer anbieten konnte und aufgrund der Rechtsprechung des BAG zur ultima ratio der Beendigungskündigung auch anbieten mußte. Das galt im Falle der Sicherheitsbedenken für einen kommunistischen Fernmeldehandwerker350 ebenso wie für den betrunkenen, nach einer Entziehungskur ruckfällig gewordenen Behördenleiter, der vor dem Dienstgebäude Passanten anpöbelte und in Blumenkästen urinierte. 351 Schlüsse auf ein mögliches System des BAG bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung lassen diese beiden Entscheidungen nicht zu. Sie sprechen damit auch nicht gegen die hier vertretene Auffassung, daß nicht erst die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Beendigungskündigung erfüllt sein müssen, damit die verhaltensbedingte Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist. Sie kann auch schon zur Verhinderung des ersten Vertragsverstoßes sozial gerechtfertigt sein?52

1. "Anleihen" bei der verhaltensbedingten Beendigungskündigung Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur bemüht für die soziale Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Änderungskündigung regelmäßig die Grundsätze, die zur Beendigungskündigung aufgestellt worden sind.353 Das liegt hier vor allem deshalb nahe, weil es zwar viele Entscheidungen und Fallbeispiele zur verhaltensbedingten Beendigungskündigung, aber nur sehr wenige zur verhaltensbedingten Änderungskündigung gibt. Ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund ist der Rechtsprechung des BAG zufolge gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis durch ein schuldhaftes Handeln oder Unterlassen des Arbeitnehmers konkret beriihrt wird, sei es im Leistungsbereich, im Bereich der Verbundenheit 350 351 352 353

BAG, Urt. v. 20. 7. 1989, AP Nr. 2 zu§ 1 KSchG 1969 Sicherheitsbedenken. BAG, Urt. v. 7. 12. 1989, RzK I 7c Nr. 7. s. oben S. 181 ff. Hueck!v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 64, 70c.

VI. Die verhaltensbedingte Änderungskündigung

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aller dort beschäftigten Arbeitnehmer, im persönlichen Vertrauensbereich oder im betrieblichen oder behördlichen Aufgabenbereich. 354 Solche "Berührungen" können in konkreten Störungen des Arbeitsablaufs oder des Betriebsfriedens bestehen.355 Für die Literatur ist in erster Linie die vorwerfbare 356 Vertragsverletzung durch den Arbeitnehmer maßgeblich. 357 In Betracht kommt die Verletzung von Hauptwie auch die von Nebenpflichten.358 Bei den Nebenpflichten handelt es sich in erster Linie um solche, die als selbstverständlich dem Arbeitsvertrag zugrunde liegen und deshalb nicht ausdrücklich vereinbart sind.359 Allgemein werden sie wie folgt zusammengefaßt: Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des Vertragspartners nicht zu verletzen360 und außerhalb des Vertragsverhältnisses alles zu unterlassen, was geeignet ist, den Vertragszweck zu gefährden, insbesondere nicht das gegenseitige notwendige Vertrauen zu erschüttern. 361 Die herrschende Meinung ist insofern unbefriedigend, als sie lediglich Fallgruppen für einen verhaltensbedingten Grund aufstellt, ihn aber nicht definiert. Daß die Störung im Bereich des Arbeitsablaufs und des Betriebsfriedens auftreten und somit das Arbeitsverhältnis "berühren" muß, ist ebenfalls keine Definition. Preis hat angemerkt, daß damit jedes Verhalten des Arbeitnehmers, das auch nur gedanklich mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung gebracht werden kann, als kündigungsrelevant angesehen werden könnte; allein die Berührung sei aber noch keine Beeinträchtigung des Vertrages.362 Es scheint deshalb so zu sein, als ob das BAG durch das Erfordernis einer "konkreten Berührung" über den Verstoß von vertraglichen Pflichten hinaus weitere Kündigungstatbestände postulieren wollte. 363 Angesichts der bisherigen Rechtsprechung des BAG ist dieser Schluß allerdings nicht gerecht354 BAG, Urt. v. 20. 7. 1989, AP Nr. 2 zu § l KSchG 1969 Sicherheitsbedenken; Urt. v. 6. 6. 1984, AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; Urt. v. 4. 11 . 1981, AP Nr. 4 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; Urt. v. 26. 10. 1978, AP Nr. I zu§ 1 KSchG 1969 Sicherheitsbedenken; Urt. v. 6. 2. 1969, AP Nr. 58 zu§ 626 BGB; Urt. v. 28. 2. 1963, AP Nr. 3 zu § 1 KSchG Sicherheitsbedenken; kritisch Hillebrecht, ZfA 1991, S. 87 (119); Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn 272; Preis, DB 1990, S. 630 (632 f.); RGRK/ Weller, Rn. 186 vor§ 620 BGB: notwendig ist immer ein vertragswidriges Verhalten. 355 Vgl. dazu BAG, Urt. v. 26. 5. 1977, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht 356 Dieses Merkmal bestreiten KR I Etzel, § I KSchG Rn. 418; Rüthers I Henssler, ZfA 1988, S. 31 (44). 357 Herschell Löwisch, § I Rn. 84; Preis, DB 1990, S. 630 (632). 358 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 271. 359 Preis, DB 1990, S. 630 (633). 360 MünchArbR/ Blomeyer, § 51 Rn. 21 f.; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 273; v. Hoyningen-Huene, Anm. zu BAG AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. 361 Dütz, Anm. zu BAG, EzA § 626 BGB n.F. Nr. 91 ; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 273. 362 Preis, DB 1990, S. 630 (632). 363 So Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 272.

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fertigt. In der Entscheidung vom 17. 1. 1991 hat das BAG im Falle des unentschuldigten Zuspätkommens ausdrücklich auf einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliehe Verpflichtung zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung abgestellt und darauf verwiesen, daß dieser Verstoß sich "unmittelbar als Störung des Arbeitsverhältnisses im Leistungsbereich" auswirke. 364 Die Störungen im persönlichen Vertrauensbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit und des betrieblichen Aufgabenbereichs lassen sich unschwer als Nebenpflichtverletzungen der oben angeführten Art klassifizieren. Auch hat das BAG die Notwendigkeit einer Betriebsstörung neben einem Pflichtenverstoß in der eben zitierten Entscheidung ausdrücklich verneint. 365 Den Autoren, die ausschließlich auf eine Vertragsverletzung abstellen, wird der Vorwurf gemacht, sie zögen sich auf die vertragliche Seite des Arbeitsverhältnisses zurück und übersähen die Komponente der betrieblichen Eingliederung?66 Tatsächlich sind aber die oben angeführten Nebenpflichten so weit gehalten, daß sich alle Fälle, die die Rechtsprechung in ihren Fallgruppen gesammelt hat, auch darunter subsumieren lassen. So wie sich die Ergebnisse von Rechtsprechung und Literatur bei der verhaltensbedingten Beendigungskündigung trotz unterschiedlicher Ansätze decken, ist dies auch bei der Änderungskündigung. Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 20. 7. 1989367 für den verhaltensbedingten Kündigungsgrund maßgeblich darauf abgestellt, ob durch die DKP-Mitgliedschaft eines Fernmeldehandwerkers bei der Deutschen Bundespost eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist. Es hat dies verneint, weil es eine konkrete Störung, zumal angesichts einer 19jährigen unbeanstandeten Tätigkeit und der erst kurz zuvor angebotenen Übernahme in ein Beamtenverhältnis, nicht feststellen konnte. Die Literatur hätte geprüft, ob die DKP-Mitgliedschaft eine Nebenpflicht des Arbeitsvertrages verletzt hätte; dieser Frage ging das BAG erst im Hinblick auf einen möglichen personenbedingten Grund nach und verneinte sie, da eine solche Nebenpflicht bei dem konkreten Arbeitsverhältnis nicht bestand.

364

BAG, Urt. v. 17. 1. 1991, AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündi-

gung. 365

BAG, Urt. v. 17. 1. 1991, AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündi-

gung. 366 367

Fromm, S. 416 f. BAG, Urt. v. 20. 7. 1989, AP Nr. 2 zu§ 1 KSchG 1969 Sicherheitsbedenken.

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2. Verhalten als Anknüpfungspunkt einer Vertragsänderung a) Einführung

Festzuhalten ist zunächst, daß es für die Frage, ob ein Verhalten den Grund für die Änderung bildet, nicht auf eine Unterscheidung nach Beendigungs-und Änderungskündigung ankommt. Die Verursachung einer betrieblichen Störung durch eine vorwertbare Verhaltensweise ist der Ausgangspunkt der Untersuchung und nicht die Folge. Entweder ist das Verhalten des Arbeitnehmers Ursache der Störung oder es ist es nicht; die Frage, wie die Störung zu beseitigen ist und welche Möglichkeiten es hierfür gibt, stellt sich erst anschließend. Das Kriterium der Verhaltensbedingtheit kann also, obwohl es von Rechtsprechung und Literatur lediglich für die Beendigungskündigung erarbeitet worden ist, 368 ohne weiteres auch einer Änderungskündigung zugrundegelegt werden. Wenn feststeht, daß ein Verhaltensverstoß Ursache der Störung ist, kann sich die Priifung der Störung selbst widmen und der Frage nachgehen, wo sie aufgetreten ist, wie schwerwiegend sie ist und ob ihr abgeholfen werden kann. Die geplante Änderung hängt von Art und Umfang der Störung ab, denn sie muß sie effektiv beseitigen. Dies wird im Anschluß erörtert.

b) Verhalten

Verhalten bedeutet ein vom Willen getragenes Tun oder Unterlassen. Ein im Sinn des § 1 Abs. 2 KSchG relevantes Verhalten liegt dann vor, wenn durch ein Tun oder Unterlassen eine Haupt- oder Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses verletzt wird. Der Arbeitnehmer verstößt gegen seine Hauptpflicht, wenn er seine Arbeitsleistung nicht erbringt, beispielsweise dann, wenn er gar nicht oder zu spät zur Arbeit kommt. Nebenpflichten sichern die Erbringung der Hauptleistung und die gesamte Abwicklung des Schuldverhältnisses.369 Allein auf die Verletzung von Haupt- und Nebenpflichten abzustellen, könnte allerdings dazu verleiten, die Kündigung, ähnlich den verschuldensahhängigen Schadenersatzregelungen im Bürgerlichen Recht, insbesondere den §§ 325, 326 BGB und der positiven Forderungsverletzung, als Sanktion für begangenes Unrecht anzusehen. Die Kündigung ist aber infolge ihrer Wirkungsrichtung keine Strafe; sie soll nicht begangenes Unrecht wiedergutmachen, sondern künftige Störungen verhindern. 370 Entscheidend sind die künftigen Auswirkungen auf das 368 Vgl. BAG, Urt. v. 20. 9. 1984,24. 9. 1987, AP Nr. 13, 19 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 429 ff.; Hueck l v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 271 ff. ; Stahlhacke /Preis/Vossen, Rn. 680. 369 Dütz, Anm. zu BAG, EzA § 626 BOB n.F. Nr. 91 ; Preis, DB 1990, S. 630 (632); Soergell Teichmann, § 242 Rn. 162 ff.

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C. Die soziale Rechtfertigung

Arbeitsverhältnis. 371 Auf die Verletzung von Haupt- und Nebenpflichten allein kann es daher nicht ankommen. Das BAG fordert eine Störung im Leistungsbereich, im persönlichen Vertrauensbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit und in dem des betrieblichen Aufgabenbereichs. Ein Pflichtenverstoß als Kündigungsgrund kommt richtigerweise nur in Frage, wenn er Auswirkungen auf den Betrieb haben, also das organisierte Zusammenwirken der Produktionsmittel einschließlich der menschlichen Tätigkeit negativ beeinflussen kann (z. B. Betriebsablaufstörungen, Geheimnisverrat, Beschädigung von Produktionsmitteln). Die Formel der betrieblichen Beeinträchtigung bewahrt den Rechtsanwender davor, die arbeitsrechtlichen Nebenpflichten zu überdehnen. 372 Ein Verhaltensverstoß ist also kündigungsrechtlich nur von Bedeutung, wenn er zugleich betriebliche Interessen verletzt. Andererseits müssen Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen hingenommen werden, soweit sie sich nicht als Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten erfassen lassen. Nicht notwendig und auch nicht durch den allgemeinen Begriff der betrieblichen Beeinträchtigung impliziert ist das Vorliegen einer Betriebsablaufstörung. Im Gegensatz zur personenbedingten Kündigung steht die Störung bereits mit dem vertraglichen Verstoß fest. 373 Damit lassen sich Entscheidungen vermeiden wie diejenige, die fortgesetztes Zuspätkommen nur deshalb nicht als kündigungserheblich wertete, weil die Kollegen die betrieblichen Auswirkungen auffangen und neutralisieren konnten.374 Einen "Kündigungsschutz durch Kollegen" gibt es nicht. Ebensowenig hat die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichem Verhalten für die Feststellung des Kündigungs- wie auch des Änderungsgrundes irgendeine Bedeutung. 375 Praktisch werden störende innerbetriebliche Verhaltensweisen leichter festzustellen und nachzuvollziehen sein. Außerbetriebliche Verhaltensweisen können nur dann kündigungsrelevant sein, wenn feststeht, daß das Verhalten außerhalb des Betriebes zugleich berechtigte betriebliche Belange berührt und eine Pflicht im Arbeitsverhältnis verletzt. Das kann zutreffen beim Kassierer, der eine Vermögensstraftat gegen einen Dritten begeht, sowie beim Fahrer, der außerhalb des Dienstes betrunken fährt. 376 Der Arbeitnehmer zerstört dadurch das Vertrauen 370 A.A. Gentges, Prognoseprobleme, S. 234 ff.; Fromm, S. 410 f., 417 f.; Wank, Anm. zu BAG, AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl (IV 4). 371 Preis, DB 1990, S. 630 (634). 372 Vgl. Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 272. 373 BAG, Urt. v. 17. 3. 1988, AP Nr. 99 zu§ 626 BGB; Urt. v. 17. 01. 1991, 16. 08. 1991, AP Nr. 25, 27 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; zustimmend Bitter I Kiel, RdA 1995, S. 26 (34); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 275; Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 695. 374 LAG Hamm, Urt. v. 30. 5. 1990, LAGE § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 29; vgl. auch BAG, Urt. v. 7. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ I KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. 375 Preis, DB 1990, S. 630 (632). 376 In der Regel wird hier freilich ein personenbedingter Grund vorliegen, da dem Arbeitnehmer die Eignung zur Erfüllung der Arbeitsleistung fehlt, vgl. Hueck/v. Hoyningen-Huene,

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in die verläßliche Erfüllung seiner Aufgaben und verstößt gegen die Nebenpflicht, alles zu unterlassen, was erhebliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Tätigkeit weckt. Ein Grenzfall sind zahlreiche Lohnpfändungen. 377 Preis zufolge fehlt es sowohl an einem Verhalten des Arbeitnehmers als auch an der Vertragswidrigkeit, weil der Gläubiger als Dritter gegen den Arbeitgeber als Drittschuldner vorgeht und nicht der Arbeitnehmer. 378 Das ist zweifelhaft. Der arbeitsvertragliche Verstoß des Arbeitnehmers liegt sicherlich nicht in seinem Lebenswandel oder darin, daß er es zur Zwangsvollstreckung kommen läßt. Das ist "normales Lebensrisiko", ebenso wie die (gesetzliche) Last, als Drittschuldner in Anspruch genommen zu werden. 379 Wenn sich aber der Arbeitgeber durch fortgesetzte Verschuldungshandlungen seines Arbeitnehmers ständig Ansprüchen Dritter ausgesetzt sieht und damit regelrecht als permanentes Inkassobüro für die Gläubiger seines Arbeitnehmers zweckentfremdet wird, geht das über das Übliche hinaus. Der Arbeitgeber ist durch eine fortgesetzte Zahl von Pfändungen gefährdet, weil die Übersicht abnimmt und eine zu Unrecht erbrachte Zahlung an den Arbeitnehmer gegenüber den Gläubigem nicht gilt. Unterläßt es der Arbeitnehmer trotz wiederholter Pfändungen nicht, das Schuldenmachen einzustellen, verletzt er eine entsprechende Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag. Ob neben der objektiven Pflichtverletzung auch Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) vorliegen muß, ist zumindest für die Beendigungskündigung umstritten. Zum Teil wird immer ein schuldhaftes Handeln gefordert; 380 zum Teil wird - mit dem BAG381 - behauptet, ein Verschulden sei grundsätzlich nicht erforderlich. Der überwiegende Teil der Literatur steht auf dem Standpunkt, daß zwar der Grundtatbestand der verhaltensbedingten Kündigung ein Verschulden nicht begriffsnotwendig voraussetze, daß Verschulden aber regelmäßig vorliegen müsse. 382 Ein objektiv pflichtwidriges Verhalten allein genüge nur, wenn der Schaden für den Arbeitgeber erheblich sei. Die Auffassung des BAG verdient Zustimmung. Der Wortlaut des § 1 Abs. 2 KSchG stellt nur auf das Verhalten ab, nicht auf Verschulden. Es geht in der Sache auch nicht um die Haftung des Arbeitnehmers auf Schadensersatz, sondern um die Möglichkeit, ein objektiv nicht mehr aufrechtzuerhaltendes Arbeitsverhältnis zu beenden. Auf ein Verschulden kann es daher keinesfalls ankommen. Das gilt § I Rn. 325. Weiter dagegen Gottwald, NZA 1997, S. 635 (637), der die Therapiebereitschaft des alkoholabhängigen Arbeitnehmers als arbeitsvertragliche Nebenpflicht ansieht. 377 Vgl. dazu BAG, Urt. v. 4. II. 1981, AP Nr. 4 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; Urt. v. 15. 10. 1992, EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 45; Birk, JuS 1986, S. 537 (539); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 343; Stahlhacke/Preis/ Vossen, Rn. 715. 378 Preis, DB 1990, S. 630 (632). 379 Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 715. 380 Domdorf/Weller/Hauck/Kriebel/Höland/Neef, §I Rn. 531. 381 Vgl. BAG, Urt. v. 16. 3. 1961, AP Nr. 2 zu§ 1 KSchG; Urt. v. 4. 11. 1957, AP Nr. 39 zu§ 1 KSchG. 382 Hueck/v. Hoyningen-Huene, § I Rn. 279; Stahlhacke I Preis /Vossen, Rn. 680.

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erst recht für die Änderungskündigung. Sie hat nicht, wie die Beendigungskündigung, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum Inhalt. Sie ist lediglich ein Mittel der Störungsbeseitigung.

c) Nachweisbarkeil des Vertragsverstoßes? Voraussetzung für die verhaltensbedingte Beendigungskündigung sind objektive, durch einen Dritten nachvollziehbare Vorfälle. 383 Die Befürchtung, es werde zu Vertragsbeeinträchtigungen kommen, reicht nicht aus, wenn es in der Vergangenheit nicht zu einer nachweisbaren objektiven Beeinträchtigung gekommen ist. 384 Es müssen also eine oder mehrere Vertragsverletzungen festgestellt worden sein, damit auch für die Zukunft auf eine kündigungsrelevante Verhaltensweise geschlossen werden kann. So wird der maßgebliche Vertrauensverlust objektiv erlaßbar entweder durch eine einzige schwere Verfehlung oder durch mehrere weniger schwere Verfehlungen. Kündigungsgrund ist die Zerstörung der gemeinsamen VertragsgrundJage durch feststellbare Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers. Eine Änderungskündigung kommt immer dann in Betracht, wenn sich das Verhalten nicht unmittelbar und schwerwiegend gegen den Arbeitgeber richtet und im übrigen ein freier und geeigneter Arbeitsplatz vorhanden ist, auf dem der Gekündigte eingesetzt werden karm. Weiterhin kommt eine Änderungskündigung in Betracht, wenn sich der Verhaltensverstoß zwar nicht nachweisen läßt, es aber so starke Verdachtsmomente gibt, daß ein Verstoß nahe liegt, und auch eine Anhörung des Arbeitnehmers diesen Verdacht nicht ausräumen kann. Schließlich ist, wie oben gezeigt, 385 eine verhaltensbedingte Änderungskündigung denkbar, wenn zwar ein Pflichtenverstoß unmittelbar bevorsteht, aber noch keine Verstöße positiv feststellbar waren. Die Gefahr von betrieblichen Beeinträchtigungen braucht der Arbeitgeber nicht hinzunehmen. Wegen des Eingriffs in die Vertragsbindung ist jedoch mindestens der Eintritt einer konkreten Gefahr abzuwarten; es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer bei ungehindertem Fortschreiten der Entwicklung die Verletzung der vertraglichen Pflicht unmittelbar zu erwarten ist. Liegen solche Tatsachen vor, so ist die gemeinsame Basis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer derart beeinträchtigt, daß ein Grund für eine Änderungskündigung vorliegen kann, ohne daß die Voraussetzungen für eine Tat- oder Verdachtskündigung gegeben sein müssen. Reicht schon die konkrete Gefahr, so genügen beweisbare Tatsachen, die nach menschlichem Ermessen erwarten lassen, daß ein solcher Verstoß stattfinden wird. Das können grobe sexistische Bemerkungen sein, erhebliche Drohungen gegenPreis, DB 1990, S. 630 (631). BAG, Urt. v. 6. 6. 1984, AP Nr. 11 zu§ I KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; Preis, OB 1990, S. 630 (631). 385 Oben S. 181 ff. 383

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über Arbeitskollegen oder aber das bewußte und hartnäckige "Schneiden" eines Kollegen. Gerade wenn Mobbing im Spiel ist, braucht man Gesundheitsschäden beim Opfer nicht abzuwarten; es bedarf lediglich beweisbarer Anhaltspunkte für die kollektive Demütigung und Ausgrenzung von Mitarbeitern.

3. Abhängigkeit von Änderungsangebot und Änderungsgrund Die Suche nach einem Maßstab für die verhaltensbedingte Änderungskündigung ist schwierig. Das zeigt der Blick auf die verhaltensbedingte Beendigungskündigung. Der von Fromm unternommene Versuch, für die Priifung ihrer sozialen Rechtfertigung eine heuristische Methode aufzustellen, 386 ist zwar begriißenswert; sein Konstrukt ist jedoch derart komplex, daß es in der Wissenschaft kaum und in der Praxis überhaupt nicht verwendbar sein wird. Dabei ist die Beendigungskündigung im Vergleich zur Änderungskündigung einfacher im Priifungsaufbau, denn bei ihr ist die Rechtsfolge immer dieselbe, so daß sich der Rechtsanwender darauf beschränken kann, die Gewichtigkeit des verletzten Interesses und die Schwere der Verletzung in Beziehung zueinander zu setzen. Bei der Änderungskündigung bedingen aber unterschiedlich schwere Eingriffe unterschiedliche Rechtsfolgen, so daß sich nicht nur ein Ordnungssystem ergibt, sondern mehrere. Die Qualität des Kündigungsgrundes bei einer verhaltensbedingten Beendigungskündigung hat das BAG in seiner friiheren Rechtsprechung wie folgt formelhaft umschrieben: Als Kündigungsgrund komme nur ein solcher Umstand in Betracht, der einen ruhig und verständig urteilenden, 387 der einen sozial und gerecht denkenden 388 Arbeitgeber zur Kündigung bestimmen könne. Diese Formel ist auf Kritik gestoßen 389 und wird, soweit ersichtlich, nicht mehr angewendet. 390 Sie eröffnet dem Rechtsanwender wegen ihrer Unbestimmtheit keine sichere Subsumtionsgrundlage. Tatsächlich behandeln Rechtsprechung und Literatur die Voraussetzungen für die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung nicht anders als die der Beendigungskündigung.391 Die Änderungskündigung wird in der Kommentarliteratur gutgeheißen in Fällen, in denen Spannungen zu Kollegen bestehen, Fromm, Die arbeitnehmerbedingten Kündigungsgründe, 1995. BAG, Urt. v. 28. 8. 1958, 2. 11. 1961, AP Nr. 1, 3 zu§ 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung; Urt. v. 13. 3. 1987,7. 12. 1988, 21. 5. 1992, AP Nr. 18, 26, 29 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; ähnlich auch heute noch KR/ Etzel, § 1 KSchG Rn. 421 ; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 277. 388 BAG, Urt. v. 7. 10. 1954, AP Nr. 5 zu§ 1 KSchG; Urt. v. 14. 5. 1964, AP Nr. 5 zu § 242 BGB Kündigung. 389 Preis, Prinzipien, S. 2 f.; ders., DB 1990, S. 630 (631 f.); Zitscher, ArbuR 1977, S. 65 (71 ff.). 390 Vgl. BAG, Urt. v. 28. 9. 1989, 26. I. 1995, AP Nr. 24, 34 zu§ l KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. 391 Vgl. oben S. 172 f. 386 387

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oder bei Trunkenheit im Dienst, falls es einen geeigneten freien Arbeitsplatz gibt, auf den der Arbeitnehmer versetzt werden kann. 392 Die Beendigungskündigung ist nach Rechtsprechung und Literatur dann statthaft, wenn eine Umsetzung des Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz ausscheidet, weil sein Verhaltensverstoß überall im Betrieb auftreten könnte, eine Änderung seiner Arbeitsbedingungen also keine Lösung sein würde. 393 Darunter fallen Tätlichkeiten gegen den Arbeitgeber oder Diebstähle. Die Wahl zwischen der verhaltensbedingten Beendigungskündigung und der verhaltensbedingten Änderungskündigung wird hiernach nicht nach der Schwere, sondern nach der Art des Verhaltensverstoßes vorgenommen und hängt im übrigen von der Existenz eines freien Arbeitsplatzes im Betrieb ab. Rechtsprechung und Literatur unterscheiden bei den Voraussetzungen und damit beim Maßstab nicht nach Beendigungs- und Änderungskündigung? 94 So ist für beide Kündigungsarten Voraussetzung, daß die Verstöße solcherart sind, daß ihre Kündigungsrelevanz dem Arbeitnehmer ohne weiteres einsichtig ist (Vertrauensverlust hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit), oder daß der Arbeitnehmer abgemahnt wurde. 395 Auch für die Ahmahnung wird im übrigen nicht danach unterschieden, welche Konsequenz sie bei einem Verstoß nach sich zieht; sie ist für Beendigungskündigungen wie auch für Änderungskündigungen gleichermaßen erforderlich. 396 Differenzierte, von der Beendigungskündigung unbeeinflußte Lösungsmodelle finden sich nur vereinzelt. Precklein hat in ihrer Dissertationsschrift darauf hingewiesen, daß bei personen- und verhaltensbedingten Kündigungen das Gewicht der aus der Sphäre des Arbeitnehmers herrührenden Vertragsstörung ermittelt werden müsse, ohne daß ein "so klarer Maßstab wie bei der betriebsbedingten Kündigung (Beschäftigungsbedürfnis)" vorgegeben sei. 397 Hromadka meint, bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung sei das Änderungsangebot schon bei der Priifung des Kündigungsgrundes rniteinzubeziehen; je geringer die Änderung sei, desto geringer sei auch die Anforderung an die Änderungskündigung. 398 Die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung orientiert sich richtigerweise nicht an der "Kündigung", sondern an der Änderung. Sozial gerechtfertigt muß der Abstand zwischen der bisherigen Regelung und der neuen sein; zur "Überbriickung" dieses inhaltlichen Abstandes bedarf es eines entsprechenden 392 Vgl. Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70c; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. lOOa, unter Verweis auf BAG, Urt. v. 22. 7. 1982, AP Nr. 5 zu § I KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, also auf die Rechtsprechung zur Beendigungskündigung. 393 Ebenso KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. lOOa. 394 Vgl. nur Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70c. 395 Für die Beendigungskündigung vgl. nur BAG, Urt. v. 17. 2. 1994, AP Nr. ll5 zu§ 626 BGB; für die Änderungskündigung BAG, Urt. v. 7. 12. 1989, RzK I 7c Nr. 7. 396 Vgl. nur Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70c. 397 Precklein, S. 46. 398 Hromadka, NZA 1996, S. 1 ( ll).

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Grundes? 99 Ohne Berücksichtigung der Vertragsänderung kann der Abstand nicht festgelegt werden. Auch bei der Beendigungskündigung wird schließlich der Maßstab durch die Rechtsfolge festgelegt; einen Kündigungsgrund "an sich" für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu finden, setzt das Wissen um diese Rechtsfolge voraus. Die Abhängigkeit des Maßstabs von der Rechtsfolge resultiert daraus, daß der Grund die Kündigung oder die Änderung "bedingen", rechtfertigen muß. Grund und Folge stehen in gegenseitiger Abhängigkeit und beeinflussen einander. Wahrend es für die Beendigungskündigung nur eine Rechtsfolge gibt, nämlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, existiert bei der Änderungskündigung eine Vielzahl denkbarer Maßnahmen. 400 Konsequenterweise ist bei einer verhaltensbedingten Änderungskündigung zu untersuchen, wie verletzend das Verhalten sein muß, um die Änderung zu rechtfertigen. Der Änderungsgrund hängt ab von der geplanten Änderung; je weitreichender die Änderung ausfallen soll, desto schwerwiegender muß der Verhaltensverstoß gewesen sein. Abstrakt läßt sich lediglich die Vorfrage prüfen, nämlich welche Anforderungen an den Begriff der "Verhaltensbedingtheit" zu stellen sind. Die herrschende Meinung umgeht diese Anforderungen, weil sie einen verhaltensbedingten Änderungsgrund, wie vorstehend gezeigt, nur annimmt, wenn ein Grund für die Beendigungskündigung vorliegt, jedoch ein für den Arbeitnehmer annehmbarer freier Alternativarbeitsplatz zur Verfügung steht. Zu einer Aufweichung des Prüfungsmaßstabes, wie sie Precklein bei der Berücksichtigung des Änderungsangebotes schon beim Kündigungsgrund befürchtet, kommt es nicht. Der Arbeitgeber kann nicht mit einer "Salamitaktik" scheibchenweise einführen, was ihm in einem einzigen großen Schritt verwehrt wäre.401 Kleinere Änderungen würden die Störung nicht beseitigen, denn sie wären mangels Geeignetheit nicht sozial gerechtfertigt. Wie bereits ausgeführt wurde, ist die Änderung der Arbeitsbedingungen nur dann durch einen Grund im Verhalten des Arbeitnehmers "bedingt", wenn sie geeignet und erforderlich ist, die Störung unmittelbar und nachhaltig zu beseitigen.402 Die Wiederherstellung eines unbeeinträchtigten Arbeitsverhältnisses ist denkbar entweder unmittelbar durch die Änderung der Tatigkeit, der Arbeitszeit oder des Arbeitsorts oder mittelbar durch Entgeltkürzung, um so dem Arbeitnehmer ein besseres Verhalten "anzuerziehen". Es wird sich aber zeigen, daß schon das Merkmal der Geeignetheit den Anwendungsbereich der verhaltensbedingten Änderungskündigung stark einschränkt.

399 400 401 402

Oben S. 170. Hromadka, NZA 1996, S. 1 (8). So aber Precklein, S. 35; dazu oben S. 185. Oben S. 183 ff.

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C. Die soziale Rechtfertigung

a) Eignung ( 1) Tätigkeit

Verursacht der Arbeitnehmer Schäden, weil er es versäumt hat, ausreichende Kenntnisse der aktuellen Betriebssoftware zu erwerben, und deshalb erhebliche Eingabefehler verschuldet, könnte diese Störung durch eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, an dem die EDV-Nutzung nicht erforderlich ist, beseitigt werden. Ebenso ist es, wenn der Arbeitnehmer sich der fortschreitenden technischen Entwicklung nicht mehr anpaßt, sich deshalb vor seiner eigentlichen Arbeit drückt und aufgrund dessen nicht mehr die Aufgaben eines Betriebskontrolleurs, sondern die eines Probenholers wahrnimmt. 403 Auch hier könnte der Arbeitgeber versuchen, mittels Änderungskündigung die vereinbarten Arbeitsbedingungen der Lebenswirklichkeit anzupassen. Die vorstehend beschriebenen Verhaltensweisen sind nur dann Verfehlungen im arbeitsplatzbezogenen Leistungsbereich - und nur dann taugliche Änderungsgründe - , wenn eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers besteht, seine Kenntnisse für die geschuldete Tatigkeit ständig auf dem neuesten Stand zu halten. Jeder Arbeitnehmer wird zwar für eine bestimmte Tatigkeit eingestellt, weiß aber auch, daß sich die Anforderungen an die von ihm geschuldete Tatigkeit im Laufe der Zeit ändern können. Ein Buchprüfer, dessen einzige Hilfsmittel früher Bleistift und Rechenschieber waren, kann heute seine Arbeit ohne EDV nicht mehr bewerkstelligen. Ein Kraftfahrer kann nicht erwarten, daß für ihn das Fahrzeug vorrätig gehalten wird, auf dem er seine Fahrpraxis erworben hat. Dies würde eine konstitutive, detaillierte Beschreibung der Tätigkeit im Arbeitsvertrag voraussetzen, wie sie aber in der Praxis nicht vorkommt. Der Fahrer eines Lastzuges mit pneumatischer oder elektronischer Schaltung ist immer noch Fahrer, der Buchprüfer mit Computer immer noch Buchprüfer. Da der Arbeitnehmer weiß, daß sich das Berufsbild fortentwickelt, und er dem Arbeitgeber im Rahmen eines in die Zukunft gerichteten Rechtsverhältnisses versprochen hat, ihm bei der Verwirklichung seiner Unternehmerischen und betrieblichen Ziele zu helfen, muß er hierzu so lange in der Lage sein, wie dieses Rechtsverhältnis andauert. Es besteht daher die allgemeine Pflicht des Arbeitnehmers, sich der Entwicklung durch Fortbildung anzupassen. Versäumt er dies, weil er z. B. entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten nicht wahrnimmt, handelt er pflichtwidrig. Verweigert sich der Arbeitnehmer den neuen Errungenschaften, so bedeutet das im Ergebnis eine qualitative Arbeitsverweigerung; das kommt einer eigenmächtigen, vorwerfbaren "Versetzung" auf einen weniger beschwerlichen, weil weniger qualifizierten Arbeitsplatz gleich. Problematisch ist jedoch, ob die Änderungskündigung in diesem Fall geeignet ist, die Störung tatsächlich zu beseitigen. Ein Arbeitnehmer, der sich den Anforderungen seines Arbeitsplatzes, dessen Pflichten er im Arbeitsvertrag nachzukom403

BAG, Urt. v. 30. 9. 1993, APNr. 33 zu§ 2 KSchG 1969.

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men versprochen hat, vorwertbar entzieht, wird dies vermutlich auf einem anderen Arbeitsplatz nicht anders machen. Dieser Verdacht allein erschwert die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz. Erst recht gilt das, wenn der Arbeitnehmer seine "Eigenversetzung" verschleiert, um sich das volle Entgelt zu erhalten. Versetzt sich der Arbeitnehmer vorwertbar durch teilweise Nichterfüllung seiner geschuldeten Tätigkeit gleichsam selbst, würde der Arbeitgeber, wollte man die Änderungskündigung hier vordringlich zulassen, gezwungen, dem Verhalten des Arbeitnehmers nachzugeben. Eine Änderungskündigung käme hier einer Bestätigung der eigenmächtigen "Versetzung" gleich. Die Änderungskündigung ist in diesen Fällen nicht geeignet, das Leistungsverhalten des Arbeitnehmers zu steuem.404 Als zutreffende Reaktion kommt nur die Beendigungskündigung in Frage. 405 Auch einige andere durch Arbeitnehmerverhalten hervorgerufene Störungen können nur durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelöst werden. Das sind einmal pflichtwidrige Verhaltensweisen, die sich gegen den Arbeitgeber selbst richten (arbeitgeberbezogene Störungen). Dazu gehören Straftaten im Betrieb wie Diebstahl406 und Geheimnisverrat407 sowie die absichtliche Vorenthaltung der geschuldeten Arbeitsleistung, z. B. durch eigenmächtigen Urlaubsantritt oder -verlängerung.408 Die Beendigungskündigung ist aber auch bei weniger schweren Verstößen gegen vertragliche Pflichten die einzig sinnvolle Reaktion, wenn es sich um besondere Vertrauensstellungen handelt,409 so etwa, wenn der Prokurist in seiner Arbeitszeit seine privaten Angelegenheiten besorgt. Der dadurch eingetretene Vertrauensverlust macht eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf jedem Arbeitsplatz unmöglich. In diese Gruppe fallen auch vorwertbare Zuwiderhandlungen im persönlichen Leistungsbereich. Diese Störungen haben ihre Ursache in der (zurechenbaren) Persönlichkeit des Arbeitnehmers und nicht in den Anforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes. Hierunter ist beispielsweise das häufige Zuspätkommen410 oder wiederholtes, unentschuldigtes Fehlen411 zu subsumieren. Die Änderungskündigung ist hier in der Regel nicht geeignet, weitere Störungen auszuschließen. Wenn der Arbeitnehmer morgens nicht aus den Federn kommt, wird dieses Problem auch an jedem anderen Arbeitsplatz auftauchen. Vielleicht wäre für den Langschläfer A.A. offenbar BAG, Urt. v. 30. 9. 1993, AP Nr. 33 zu§ 2 KSchG 1969. Wenn sich der Arbeitnehmer nicht fortentwickeln kann: siehe unten S. 218. 406 Vgl. BAG, Urt. v. 17. 5. 1984,3. 4. 1986, AP Nr. 14, 18 zu§ 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; Urt. v. 20. 9. 1984, AP Nr. 80 zu § 626 BGB. 407 Statt aller KR/ Etzel, § I KSchG Rn. 513; Kittner/Däubler/Zwanziger; § 1 KSchG Rn. 230; Hueck! v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 332. 408 BAG, Urt. v. 25. 2. 1983, AP Nr. 14 zu § 626 BGB Ausschlußfrist; Urt. v. 5. 11. 1992, AP Nr. 4 zu § 626 BGB Krankheit; Urt. v. 20. I. 1994, AP Nr. 115 zu § 626 BGB. 409 KR/ Etzel, § I KSchG Rn. 514. 410 BAG, Urt. v. 13. 3. 1987, AP Nr. 18 zu § I KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. 411 Urt. v. 17. 1. 1991, AP Nr. 25 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung. 404 405

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C. Die soziale Rechtfertigung

ein späterer Arbeitsbeginn angenehmer; es geht aber zu weit, die Rechtmäßigkeit einer Beendigungskündigung von den persönlichen Schlafbedürfnissen des Arbeitnehmers (und von deren Ermittlung durch den Arbeitgeber) abhängig zu machen. Erforderlich ist vor dem Ausspruch einer solchermaßen begründeten Beendigungskündigung lediglich die vorherige Abmahnung, nicht dagegen eine Änderungskündigung. Damit bleiben für die verhaltensbedingte Änderungskündigung in der Regel nur Verstöße im arbeitsplatzabhängigen Vertrauensbereich, die sich nicht gegen den Arbeitgeber selbst richten. Dazu gehören jedenfalls die oben angesprochenen Fälle, in denen die Beendigungskündigung lediglich an einem vorhandenen freien Arbeitsplatz scheitert, 412 etwa bei Tätlichkeiten gegenüber bestimmten Mitarbeitern, sexuellen Belästigungen am Arbeitsplatz oder Teilnahme an Mobbing. An der Berechtigung des Änderungsanlasses kann kein Zweifel bestehen: Mit solchen Aktionen beeinträchtigt der Arbeitnehmer das Arbeitsergebnis sowie die Arbeitsbereitschaft seiner Kollegen und schädigt so den Arbeitgeber. Ausnahmen von dieser Regel sind allerdings denkbar. So könnte das mangelnde Weiterbildungsinteresse auf die derzeitige ungeliebte Tätigkeit zurückzuführen sein; eine Versetzung kann dann Wunder wirken und muß einer Beendigungskündigung vorgezogen werden. Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Maßnahme die Störung wirksam beseitigen kann.

(2) Entgelt

Für eine verhaltensbedingte Änderung des Entgelts ist, wie bei den übrigen Änderungsgründen auch, zu unterscheiden zwischen der Entgeltänderung im Zuge der Änderung der Tätigkeit und der unmittelbaren und alleinigen Änderung des Entgelts. Die ganz überwiegende Meinung in Rechtsprechung413 und Literatur414 geht von einer Vergütungsautomatik aus und erstreckt Änderungen der Tätigkeit auf das Entgelt. Gegen diese Automatik hat Kittner Einwände erhoben. 4 15 Nicht nur die Änderung auf der Leistungsseite, sondern auch die damit verbundene Änderung des Entgelts bedürfte einer entsprechenden Legitimation. Wenn damit gemeint ist, daß das Entgelt nur bei einem weiteren, allein auf die Entgeltänderung bezogenen verhaltensbedingten Grund abgesenkt werden darf, überzeugt das nicht. Kittner läßt die synallagmatische Verbindung außer acht. Der Arbeitnehmer 41 2 Vgl. BAG, Urt. v. 22. 7. 1982, AP Nr. 5 zu§ 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; Urt. v. 26. 3. 1992, AP Nr. 23 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; Urt. v. 31. 3. 1993, AP Nr. 32 zu§ 626 BGB Ausschlußfrist 413 Vgl. z. B. BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969; Urt. v. 14. 1. 1959, AP Nr. 47 zu§ 3 TOA; Urt. v. 14. 11. 1979, AP Nr. 3 zu§ 22, 23 KnAT. 414 Statt aller Hro17Uldka, NZA 1996, S. 1 (10). 415 Kittner, NZA 1997, S. 968 (971); Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 156a, zur betriebsbedingten Änderungskündigung.

VI. Die verhaltensbedingte Änderungskündigung

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ver"mietet" seine Leistung nur für ein bestimmtes Entgelt und nur für eine bestimmte Zeitdauer. Die verhaltensbedingte Änderungskündigung setzt die Vergütungsautomatik nicht außer Kraft. Zwar beseitigt die Versetzung in geeigneten Fällen die durch das Verhalten des Arbeitnehmers hervorgerufene Störung; wenn aber dadurch die ursprüngliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung aufgehoben wird, muß sie durch eine entsprechende Anpassung des Entgelts wiederhergestellt werden. Beließe man dem betroffenen Arbeitnehmer sein bisheriges Gehalt, würde er bessergestellt, wenn er dasselbe Geld für eine geringerwertige Arbeit erhielte. Seinen Kollegen wäre das zu Recht nicht vermittelbar. Der Arbeitnehmer wird durch die Änderung des Entgelts nicht über Gebühr benachteiligt. Schließlich hat er selbst durch sein Verhalten die gemeinsame Basis beeinträchtigt und den Anlaß für die Änderung gesetzt. Außerdem wird die Entgeltdifferenz ohnehin (im nächsten Prüfschritt) berücksichtigt, wenn gefragt wird, ob die Schwere der Störung den Unterschied zwischen den bisherigen und den neuen Arbeitsbedingungen rechtfertigt. Eines separaten verhaltensbedingten Grundes für die Entgeltänderung bedarf es daher nicht. Die isolierte Änderung des Entgelts durch eine verhaltensbedingte Änderungskündigung setzt hingegen voraus, daß durch die Entgeltsenkung (oder -Steigerung) das Verhaltensproblem zu lösen ist. Die Konfliktlösung besteht in diesem Fall nicht in einer Heilung des Umfeldes, sondern in der Beeinflussung des Verhaltens durch mittelbaren Zwang; bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes würde die Zwangseinbuße in der Regel befristet sein, bis sich das Verhalten gebessert hat. Die Änderungskündigung stellte dann allerdings eine Sanktion mit dem Ziel der Spezialprävention dar. In der Tat wird immer wieder behauptet, daß eine Kündigung, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfällt, eine solche Funktion habe. 416 Das Gegenteil ist richtig. Die Kündigung ist weder eine Vertragsstrafe noch eine Betriebsbuße,417 auch wenn sie von Kollegen und unter Umständen vom Betroffenen selbst so verstanden wird. Ihre Aufgabe ist es, auftretende Störungen im Betrieb für die Zukunft zu lösen, indem der Arbeitnehmer aus dem Betrieb entfernt wird (Beendigungskündigung) oder indem seine Arbeitsbedingungen geändert werden (Änderungskündigung). Ihr Zweck ist die Problemlösung, nicht die Vergeltung für in der Vergangenheit begangenes Unrecht. Die -befristete - Kürzung des Gehalts kann auch nicht durch einen "Erziehungszweck" gerechtfertigt werden. Für die Erziehung des Arbeitnehmers ist der Arbeitgeber nicht zuständig. Das Kündigungsschutzgesetz kann ihm deshalb auch keine solche Funktion einräumen. Die Entgeltkürzung durch eine verhaltensbedingte Änderungskündigung ohne Änderung der Tatigkeit oder der Arbeitszeit ist folglich nicht zulässig.

416 Zuletzt Gentges, Prognoseprobleme, S. 234 ff.; für eine generalpräventive Funktion Fromm, S. 417 f. 417 Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 690. 14 Wallner

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C. Die soziale Rechtfertigung

Das Verhalten über eine Entgeltkürzung zu beeinflussen, wäre ohnehin nur eine mittelbare Lösung. Die Störung wird nicht durch die Entgeltsenkung selbst beseitigt, sondern allenfalls durch den dadurch ausgelösten Denkprozeß. Wie oben aber bereits festgestellt wurde,418 steht die Änderungskündigung nur als unmittelbare Problemlösung zur Verfügung. Die Störung des Arbeitsverhältnisses, die durch ein bestimmtes Verhalten verursacht wurde, kann daher nur durch eine Änderung der Tätigkeit oder des Tätigkeitsortes, gegebenenfalls auch der Arbeitszeit, beseitigt werden.

b) Erforderlichkeil Bisher wurde untersucht, wann das Handeln oder Unterlassen des Arbeitnehmers generell das Merkmal der Verhaltensbedingtheit erfüllt und welche Änderung geeignet ist, um die aufgetretene Störung zu beheben. Relevant ist an dieser Stelle,419 ob die durch die Änderungskündigung angestrebte Änderung auch nach Art und Umfang zutreffend ist oder ob geringfügigere Änderungen nicht ebensogut ausgereicht hätten. Bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung wirkt sich erleichternd aus, daß die in Frage kommenden Maßnahmen nicht besonders zahlreich sind. Wie eben gezeigt, kommt nur die Änderung der Tätigkeit und des Orts, allenfalls auch die der Arbeitszeit, in Betracht.

( 1) Erforderliches Mittel zur Störungsbeseitigung

Das Kündigungsschutzgesetz dehnt den Grundsatz der Vertragstreue in die Zukunft aus; es schützt bei der Beendigungskündigung vor der ungerechtfertigten Auflösung, bei der Änderungskündigung vor der ungerechtfertigten Änderung des Arbeitsverhältnisses. Bei der Beendigungskündigung wird das ganze Arbeitsverhältnis "abgelöst". Sie ist dem Grunde nach denkbar, wenn der Verstoß entsprechend gravierend ist, etwa wenn dadurch das Vertrauen in den Arbeitnehmer unwiederbringlich zerstört ist. Bei der Änderungskündigung ist zu fragen, ob der Verstoß ausreicht, um die Änderung von der alten zur neuen Arbeitsbedingung zu tragen, ob die Störung gerade diese Änderung erfordert. Ausreichend ist der Verstoß jedenfalls dann, wenn dieser so schwerwiegend ist, daß er auch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen würde. 420 Bei derartigen Verfehlungen ist ein Vertrauen des Arbeitnehmers in die Beständigkeit seiner Arbeitsbedingungen nicht mehr schützenswert. Kann der Arbeitgeber das

s. 184 f . Oben S. 60 ff. 420 Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 491 ; Berger-Delhey, DB 1991, S. 1571 (1573); Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11); Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 778. 418

419

VI. Die verhaltensbedingte Änderungskündigung

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Arbeitsverhältnis beenden, so kann er auch jede Änderungskündigung aussprechen; in diesem Falle muß die Änderung - in den Grenzen des Erforderlichkeitsgrundsatzes -, möglich, nach der herrschenden Lehre: "zumutbar" sein. Aus diesem Grund erweist sich die Billigung der Degradierung eines alkoholabhängigen und rückfällig gewordenen Behördenleiters durch das BAG421 als richtig. Wegen seiner alkoholbedingten Ausfälle wäre auch eine Entlassung denkbar gewesen. Es stellt sich dann nur noch die Frage, ob auch geringfügigere Änderungen möglich gewesen wären. Wenn schon eine Versetzung erforderlich ist, soll der Arbeitsplatz ausgewählt werden, der dem alten am ähnlichsten ist. Wenn das Fehlverhalten nicht geeignet ist, das Vertrauensverhältnis auf Dauer zu beeinträchtigen, dann kommt nur eine befristete Versetzung in Betracht, sofern das arbeits- und personaltechnisch möglich ist.

(2) Der Umfang der Störung als Voraussetzung des Änderungsumfangs

Der Unterschied zwischen der alten und neuen Arbeitsbedingung wird gerade bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung regelmäßig erheblich sein, da sie zumeist in einer Änderung der Tätigkeit422 und I oder des Arbeitsorts bestehen wird. Der Eingriff in das Was und Wo ist einer der schwersten Eingriffe in das fortbestehende Arbeitsverhältnis und bedarf einer entsprechenden Rechtfertigung. Die Berufung auf eine lediglich drohende Gefahr wird in diesem Fall dem Arbeitgeber im Hinblick auf die Eingriffsschwere regelmäßig verwehrt sein. Die Anforderungen an eine solche verhaltensbedingte Änderungskündigung werden sich daher nicht aufgrund eines bestimmten Typus' von Änderungskündigung, wie Precklein meint,423 sondern aufgrund des Änderungsumfangs - zumeist an denen der Beendigungskündigung orientieren können. Ein ebenfalls schwerer, wenngleich zur vorgenannten Fallgruppe graduell geringerer Eingriff sind Änderungen der betrieblichen Eingliederung - wiederum danach abgestuft, ob der Arbeitnehmer nur in eine benachbarte Abteilung oder an einen anderen Ort versetzt wird - oder nur der Tätigkeit; auch sie gestalten aber die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers entscheidend um. Läßt sich das Arbeitsverhältnis vor und nach dem Austausch dieser Arbeitsbedingungen nicht mehr miteinander vergleichen, siedelt die Änderung im Hinblick auf ihre Eingriffsschwere in der Nähe der Beendigungskündigung und bedarf daher einer der Beendigungskündigung annähernden Rechtfertigung. Die Versetzung in den Außendienst oder die Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit ist daher nur möglich, wenn ein Grund für eine das Arbeitsverhältnis beendende Tat- oder Verdachtskündigung vorhanden ist. Eine Versetzung von einer zur anderen Abteilung bei gleich421 422 423

14*

BAG, Urt. v. 7. 12. 1989, RzK I 7c Nr. 7. Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11); Hueck!v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70. Precklein, S. 65, für die von ihr so genannte "Versetzungs-Änderungskündigung".

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C. Die soziale Rechtfertigung

bleibender Tätigkeit wird - wenn sie nicht ohnehin durch Direktionsrecht möglich ist- dagegen schon bei einer konkret drohenden Gefahr einer Verhaltenspflichtverletzung möglich sein. Ständige Frotzeleien, die das Betriebsklima belasten und die die Befürchtung rechtfertigen, es werde eines Tages zur körperlichen Auseinandersetzung kommen, können schon ausreichen. 424

c) Untergrenze

Schwieriger ist die Untergrenze der verhaltensbedingten Kündigung zu bestimmen, also die Grenze, unterhalb der eine Änderungskündigung trotz eines Verhaltensverstoßes nicht mehr ausgesprochen werden kann. Rechtsprechung hierzu gibt es nicht. Bereits oben wurde aber dargelegt,425 daß nicht notwendigerweise die Voraussetzungen vorliegen müssen, wie sie bei der Beendigungskündigung an das Verhalten gestellt werden, sondern daß schon die konkrete Gefahr für ein vertragswidriges Verhalten zur Änderungskündigung reicht. Andererseits rechtfertigt nicht schon jede geringfügige Störung eine Änderung;426 ein zwar persönlich motivierter, aber kurzer Streit mit dem Kollegen - ohne Tätlichkeiten - rechtfertigt keine Versetzung. Das wäre mit dem Vertrauen des Arbeitnehmers auf die Beständigkeit seiner Arbeitsbedingungen nicht vereinbar. Dieses Vertrauen ist jedoch dann nicht schützenswert, wenn der Arbeitgeber in der Pflicht steht zu handeln. Besteht etwa der begrundete Verdacht auf Mobbing, ist der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht dazu berufen, diese Situation zu bereinigen. § 2 KSchG erlaubt ihm, seine Pflichtenkollision mit Hilfe der Änderungskündigung aufzulösen. Die oben schon beschriebene Untergrenze, also die Scheidelinie zwischen der Möglichkeit, eine verhaltensbedingte Änderungskündigung auszusprechen, und der Verpflichtung, den Verhaltensverstoß hinzunehmen, verläuft dort, wo die Störung das rechtliche Nullum übersteigt, wo der Arbeitgeber die Störung im Interesse der Belegschaft aufgrund seiner Fürsorgepflicht nicht dulden darf oder aufgrund der Verletzung seiner eigenen Rechte nicht dulden muß.427 Wegen des zumeist erheblichen Eingriffs in das Vertragsgefüge siedeln die Voraussetzungen der verhaltensbedingten Änderungskündigung in der Nähe der Beendigungskündigung; die Untergrenze wird daher bei der drohenden konkreten Gefahr einer Vertragsverletzung, die zur Beendigungskündigung führen würde, beginnen.

Hromadlw, NZA 1996, S. 1 (11). Oben S. 181 f. 426 Hromadlw, NZA 1996, S. 1 (11 ); vgl. auch Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 198. 427 Differenziert Hromadlw, NZA 1996, S. 1 (11), der insoweit Anleihen bei dem Institut der Änderung der Geschäftsgrundlage und bei § 242 BGB macht. 424 425

VII. Die personenenbedingte Änderungskündigung

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4. Interessenahwägung Auf die abschließende Interessenahwägung kann man aus den Gründen, wie sie oben dargestellt worden sind,428 auch bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung verzichten. Eine Interessenahwägung ist nur dort erlaubt, wo der Gesetzgeber einen offenen Tatbestand geschaffen hat. Das ist bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung nicht der Fall. Sie ist sozial gerechtfertigt, wenn sie für die aufgetretene Störung die geeignete, erforderliche und zugleich mildeste Lösung bereithält, die in ihrem Umfang nicht über den der Störung hinausgeht. Wenn feststeht, daß die Störung durch eine solchermaßen qualifizierte Änderung behoben werden kann, darf dieses Ergebnis nicht mehr durch eine allgemeine lnteressenabwägung konterkariert werden. Hat man den Änderungsgrund für die konkrete Änderung bereits überprüft und als ausreichend gutgeheißen, läßt sich nur wenig finden, um das Ergebnis wieder umzustoßen. Das BAG mißt einer solchen Interessenabwägung im übrigen schon bei der verhaltensbedingten Beendigungskündigung wenig Einfluß auf das Ergebnis bei. 429 Seine Rechtsprechung zur Änderungskündigung zeigt dort, wo sie auf die Interessenahwägung ausdrücklich eingeht, keine abweichenden Ergebnisse.430 Die Interessenahwägung dient nicht dazu, Bagatellfälle auszusondern, denn diese Aufgabe muß schon die richtige Erfassung des Änderungsgrundes leisten. Sie dient aber auch nicht dazu, besondere Interessen des Arbeitnehmers noch einmal zu würdigen. Das Interesse des Arbeitnehmers hat bereits bei der Prüfung des Änderungsangebots Berücksichtigung gefunden. Ist die Änderung nach der bis hierher erfolgten Prüfung als notwendig erkannt worden, kann eine abschließende Interessenahwägung dieses Ergebnis nicht wieder in das Gegenteil verkehren.

VII. Die personenenbedingte Änderungskündigung Eine Änderungskündigung, die der Arbeitgeber auf Gründe in der Person des Arbeitnehmers stützt, untersuchen BAG und herrschende Lehre darauf, ob die Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen aus personenbedingten Gründen im Sinne des § 1 KSchG sachlich gerechtfertigt ist und - wie bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung - ob die neuen Bedingungen für den Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes annehmbar sind.4 3 1 Oben S. 192 ff. Vgl. BAG, Urt. v. 26. 9. 1991, 11. 8. 1994, AP Nr. 28,31 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit; Urt. v. 30. 4. 1987, AP Nr. 42 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 430 Vgl. nurBAG, Urt. v. 3. 11. 1977, APNr. 1 zu§ 75 BPersVG. 431 BAG, Urt. v. 20. 7. 1989, AP Nr. 2 zu§ I KSchG 1969 Sicherheitsbedenken; ähnlich BAG, Urt. v. 7. 12. 1989, RzK I 7c Nr. 7, zur außerordentlichen Änderungskündigung; für die Literatur Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 64 f. m. w. N. 428 429

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C. Die soziale Rechtfertigung

Rechtsprechung und Literatur prüfen auch hier die Änderungskündigung wie eine Beendigungskündigung, indem sie versuchen, einen angebotsunabhängigen Änderungsgrund zu konstruieren. 432 Wie schon bei der verhaltensbedingten Kündigung läßt sich aber bestenfalls die Definition der Personenbedingtheit abstrahieren und gesondert vom Ausmaß des Kündigungsgrundes untersuchen, nicht aber ein "an sich" geeigneter Änderungsgrund bilden. 433

1. Der Grund in der Person des Arbeitnehmers Für den Begriff der personenbedingten Änderungsgründe gibt es - wie schon bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung- keinen Unterschied zur Beendigungskündigung, da es bei diesem Prüfungsschritt nur um den abstrakten Anlaß, nicht um die Rechtsfolge geht. Gründe in der Person des Arbeitnehmers stellen nach den bisher vorliegenden Entscheidungen des BAG fehlende Eignung dar beispielsweise aufgrund einer Wollallergie434 oder aufgrund mangelnder Fähigkeit zur Personalführung;435 ebenso, wenn auch nicht ohne weiteres, aufgrund Sicherheitsbedenken436- sowie nicht steuerbare Leistungsmängel. 437 Insgesamt läßt sich der Grund in der Person des Arbeitnehmers in drei Gruppen gliedern: 438 Die Leistung wird vom Arbeitnehmer nicht erbracht, weil (1) er sie nicht erbringen will aus Gründen, die ihm nicht vorzuwerfen sind (z. B. subjektiver Gewissenskonflikt439), oder weil er sie nicht erbringen kann aus Gründen, (2) die eine nicht gewollte Folge seines Handeins darstellen (z. B. Ableistung des ausländischen Wehrdienstes,440 Inhaftierung, 441 Verlust der Fahrerlaubnis,442 Verlust der Piloten432 Vgl. nur Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 65: "In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob die dem Arbeitnehmer vorgeschlagene Änderung ... dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. Hier ist also das Änderungsangebot in die Prüfung miteinzubeziehen." 433 So aber Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 64. 434 BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG. 435 BAG, Urt. v. 31. 1. 1996, AP Nr. 13 zu § 626 BGB Druckkündigung. 436 BAG, Urt. v. 20. 7. 1989, AP Nr. 2 zu§ 1 KSchG 1969 Sicherheitsbedenken. 437 So z. B. für die krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfahigkeit BAG, Urt. v. 26. 9. 1991, AP Nr. 28 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit; eine altersbedingte Minderung soll der Arbeitgeber dagegen regelmäßig hinnehmen müssen, BAG, Urt. v. 16. 3. 1961, AP Nr. 2 zu § I KSchG Verhaltensbedingte Kündigung. 438 Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 351. 439 BAG, Urt. v. 20. 12. 1984, AP Nr. 27 zu§ 611 BGB Direktionsrecht; Urt. v. 24. 5. 1989, AP Nr. I zu § 611 BGB Gewissensfreiheit. 440 BAG, Urt. v. 20. 5. 1988, AP Nr. 9 zu § I KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung. 441 BAG, Urt. v. 15. 11. 1984, AP Nr. 87 zu§ 626 BGB; Urt. v. 22. 9. 1994, AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969. 442 Vgl. BAG, Urt. v. 30. 5. 1978, AP Nr. 70 zu§ 626 BGB; Urt. v. 16. 8. 1990, RzK I 5h Nr. 18; zu einer "Betriebsfahrberechtigung" BAG, Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung.

VII. Die personenenbedingte Änderungskündigung

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lizenz, 443 ) oder (3) die ihre Ursache nicht in einem Willensentschluß des Arbeitnehmers haben (z. B. Entzug der Arbeitserlaubnis,444 Krankheit445 ). Ein personenbedingter Grund ist daher immer dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer hinter dem vom Arbeitsvertrag bestimmten Leistungsumfang und -zweck aufgrund nicht steuerbarer Eignungs- oder Leistungsmängel zurückbleibt.

a) Eignung und Befähigung

Der Begriff des personenbedingten Grundes knüpft an der subjektiven Verfassung des Arbeitnehmers an, also an seiner Eignung und Befähigung zur Erbringung der im Arbeitsvertrag eingegangenen Verpflichtung. Auch der Gewissenskonflikt ist Ausdruck einer Nichtbefähigung. Zur Eignung gehören nicht nur die Eigenschaften des Arbeitnehmers, sondern auch die Rechte, die er wahrnehmen darf. Deshalb ist "personenbedingt" nicht nur die Fähigkeit, mit bestimmten Werkstoffen umzugehen, sondern auch die Erlaubnis, bestimmte Tätigkeiten überhaupt durchzuführen. Derartige Defizite wirken sich unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis aus und eröffnen grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Anpassung bis hin zu einer Beendigung. Das Kündigungsschutzgesetz verhindert keine notwendige Kündigung.446 Deshalb müssen alle Defizite, die in der persönlichen Verfassung des Arbeitnehmers ihre Ursache haben, Berücksichtigung finden, wenn sie der Durchführung des Arbeitsverhältnisses im Wege stehen. Bestimmte Fallgestaltungen sind einer Änderungskündigung von vomherein nicht zugänglich, so etwa, wenn Sicherheitsbedenken der Beschäftigung im Betrieb überhaupt und nicht nur an einem bestimmten Arbeitsplatz entgegenstehen; wenn krankheitsbedingte Fehlzeiten die betrieblichen Interessen beeinträchtigen, ohne daß sie auf den Arbeitsplatz zurückgeführt werden können. Diese personenbezogenen Umstände führen zum Wegfall des Beschäftigungsinteresses schlechthin und rechtfertigen "an sich" eine Beendigungskündigung. Ansonsten ist die Änderungskündigung eröffnet bei häufigen Erkrankungen des Arbeitnehmers, bei Fahrverboten und sonst befristet auftretenden Leistungsstörungen,447 aber auch nach dem Entzug der Fahrerlaubnis, wenn nicht absehbar ist, wann sie wieder erteilt wird, jedoch eine Versetzung auf einen anderen passenden und freien Arbeitsplatz möglich ist. 448

443

444 445 446 447

448

BAG, Urt. v. 31. 1. 1996, AP Nr. 17 zu§ 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung. BAG, Urt. v. 7. 2. 1990, AP Nr. 14 zu§ I KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung. Zuletzt BAG, Urt. v. 29. 1. 1997, AP Nr. 32 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit. Vgl. ErfK/ Ascheid, § 1 KSchG Rn. 15. Precklein, S. 59 f. Vgl. BAG, Urt. v. 30. 5. 1978, AP Nr. 70 zu§ 626 BOB.

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C. Die soziale Rechtfertigung

b) Altersbedingte Leistungsminderung

In einem Zug mit der krankheitsbedingten Minderung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers wird in der Literatur oft die altersbedingte Leistungsminderung genannt. 449 Sie fällt freilich etwas aus dem Rahmen. Der Wegfall einer Eignung oder Befähigung ist in der Regel nicht vorhersehbar, wie etwa bei einer Krankheit oder beim Entzug von Erlaubnissen. Konsequenterweise kann sich auf einen Gewissenskonflikt nicht berufen, wem vorher die Tatsachen bekannt waren, aufgrund derer sich dieser innere Vorbehalt entwickeln konnte.450 Mit dem altersbedingten Leistungsvermögen des Arbeitnehmers verhält es sich dagegen anders. Arbeitsverträge, die unbefristet abgeschlossen werden, bezeichnen oft den Zeitpunkt, an dem das Arbeitsverhältnis wegen Eintritts in den Ruhestand enden soll; im Idealfall dauert das Arbeitsverhältnis also von der Einstellung bis zur Verrentung. Während dieses Zeitraums ändert sich natürlicherweise und vorhersehbar die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers. Ein Vierundsechzigjähriger wird nicht die Vitalität des Fünfundzwanzigjährigen an den Tag legen. Deshalb kann die Leistungsminderung eine Störung im Arbeitsverhältnis darstellen, nämlich wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in dem vereinbarten Umfang seiner Leistungspflicht nachkommen kann. Eine entsprechende Änderungskündigung scheitert auch nicht daran, daß die Leistungsschwäche schon bei Arbeitsantritt voraussehbar gewesen ist, und daß der Arbeitgeber eine solche Entwicklung auch schon im Arbeitsvertrag hätte regeln können, etwa dergestalt, daß sich prozentual zur Leistungsminderung die Arbeitszeit und das Entgelt verringern würden. Fehlende Voraussehbarkeit ist weder vom Gesetz noch vom Zweck der Änderungskündigung gefordert. Es kommt hinzu, daß Eintritt und Maß der Leistungsminderung nicht prognostizierbar sind und damit als nicht regelbar erscheinen. Außerdem besteht die Unsicherheit, daß eine entsprechende Vereinbarung vom BAG als Umgehung des Kündigungsschutzes verworfen werden könnte. Der Arbeitgeber muß deshalb die Möglichkeit haben, solche vertraglich nicht regelbaren Leistungsstörungen durch eine personenbedingte Änderungskündigung aufzufangen. 451 Voraussetzung einer Leistungsschwäche ist das Zurückbleiben hinter der vertraglich geschuldeten Leistung. Es ist also festzustellen, welche Leistung des Arbeitnehmers überhaupt vereinbart worden ist: eine "individuelle Normalleistung", nämlich daß der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt im Rahmen des persönlichen Leistungsvermögens unter angemessener Anspannung seiner Kräfte und Fähigkeiten,452 oder eine "objektive Normalleistung", die ein durchschnittlicher 449 Vgl. nur KR/ Etzel, § 1 KSchG Rn. 406; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 253; Kittner I Däubler I Zwanziger, § 1 KSchG Rn. 144 f. 450 Vgl. BAG, Urt. v. 24. 5. 1989, AP Nr. 1 zu§ 611 BGB Gewissensfreiheit. 451 Ebenso Rieble, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 34 (37), der das Ergebnis aus einem "am Vertragsgedanken orientierten Änderungskündigungsschutz" herleitet, der dem Arbeitnehmer diejenige Verschlechterung seiner Arbeitsbedingungen zumutet, auf die er sich in freien Verhandlungen redlicherweise hätte einlassen müssen.

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Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf Geschlecht, Alter und tägliche Schwankungen der Arbeitsleistung ohne gesteigerte Anstrengungen erbringen kann.453 Für die Einstellung war im Zweifel die spezifische Leistung des Einzelnen entscheidend; dafür spricht nicht nur, daß der Arbeitgeber - gerade in Zeiten des Arbeitsplatzmangels - den für ihn Besten aus dem Kreis aller Bewerber ausgewählt hat, sondern auch, daß der Arbeitnehmer sich mit seinen individuellen Fertigkeiten dem Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt gestellt hat und nicht nur mit einer "objektiven Normalleistung". Maßgeblich ist jedoch, ob bei der Einstellung des Arbeitnehmers - wenn auch nur stillschweigend - die damalige Normalleistung des Arbeitnehmers auch für die Zukunft zwingend vereinbart worden ist, oder lediglich die jeweils altersgerechte Leistung. Nur im ersten Fall wäre jede im Laufe der Zeit eintretende Abweichung auch eine Störung. Im Zweifel wollte sich der Arbeitnehmer mit seinem jeweiligen Leistungsvermögen verdingen, während dem Arbeitgeber daran gelegen sein mußte, die Leistungsfähigkeit bei Vertragsabschluß festzuschreiben. Redlicherweise muß der Arbeitgeber von der Sicht des Arbeitnehmers ausgehen; der Arbeitnehmer kann Unmögliches, nämlich die Leistungsfähigkeit eines jungen Arbeitnehmers bis ins Rentenalter, nicht versprechen, und der Arbeitgeber kann ein solches Versprechen nicht ernsthaft erwarten. Dementsprechend sieht die herrschende Meinung einen personenbedingten Anlaß für eine Beendigungskündigung in einer altersbedingten Einschränkung der Leistungsfähigkeit nur dann, wenn die Leistungsminderung gegenüber vergleichbaren älteren Arbeitnehmern erheblich stärker ausfallt. Einen gewissen altersbedingten Rückgang der Leistungsfähigkeit hat der Arbeitgeber grundsätzlich hinzunehmen.454 Bei der Beendigungskündigung muß der Kündigungsanlaß so erheblich sein, die Störung im Arbeitsverhältnis so groß, daß die Beendigung des Rechtsverhältnisses eine legale Option des Arbeitgebers darstellt. Leistungsschwächen, die nicht wesentlich stärker ausfallen als bei vergleichbaren Arbeitnehmern, bleiben deshalb unberücksichtigt. Hier setzt die Änderungskündigung an. Bei ihr geht es um eine Beseitigung von Störungen im Kanon der Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, nicht um die Beseitigung des Arbeitsverhältnisses insgesamt. Fällt die Leistung im Vergleich zu anderen, vergleichbaren Arbeitnehmern zurück, so liegt darin grundsätzlich eine Vertragsstörung, die der Lösung durch eine Änderungskündigung prinzipiell zugänglich ist. Anders als bei der Beendigungskündigung braucht der Rückgang der Leistungsfähigkeit nicht erheblich zu sein, solange er nur stärker ausfallt als bei vergleichbaren Kollegen. Eine Leistungsminderung wird man allerdings dann nicht annehmen dürfen, wenn 452 So die h.M., vgl. BAG, Urt. v. 20. 3. 1969, AP Nr. 27 zu § 123 GewO; Urt. v. 17. 7. 1970, AP Nr. 3 zu § 11 MuSchG 1968; MünchArbR/ Blomeyer, § 48 Rn. 64, § 58 Rn. 9; Staudinger I Richardi, § 611 Rn. 330. 453 So Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 253b, 253c. 454 Vgl. BAG, Urt. v. 16. 3. 1961, AP Nr. 2 zu§ 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung; KR/ Etzel, § 1 KSchG Rn. 408; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 253; Kittner!Däublerl Zwanziger,§ 1 KSchG Rn. 144; Schief er, NZA 1994, S. 534 (536).

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C. Die soziale Rechtfertigung

z. B. die Abnahme der körperlichen Belastbarkeit durch die lange Berufserfahrung kompensiert wird. c) Berufsbedingte Leistungsminderung Die altersbedingte Leistungsminderung stellt den Arbeitgeber vor erhebliche Nachweisprobleme. Selbst wenn sich ermitteln läßt, welche individuelle Normalleistung geschuldet ist, so wird man den Vergleich mit dem Leistungsgrad von ähnlichen Arbeitnehmern in der Praxis doch nur unter großen Schwierigkeiten durchführen können. Eher kommt die mit der altersbedingten meist zusammenhängende arbeitsplatzbezogene Leistungsminderung in Betracht. Gemeint ist der Fall, daß sich der Arbeitsplatz im Laufe der Jahre verändert und der Arbeitnehmer den geänderten Anforderungen nicht nachkommt. Als Beispiel dient der Buchhalter, der bislang mit Papier und Taschenrechner seine Arbeit verrichtet hat, moderne EDVgestützte Buchungssysteme aber nicht anwenden kann. Der Arbeitgeber kann kraft seines Direktionsrechts die Arbeitsplätze nach seinen Vorstellungen einrichten; stattet er das Rechnungswesen mit Computern aus, so ändert er die dort eingerichteten Arbeitsplätze. Arbeitet der Buchhalter weiterhin nach der alten Methode, so "versetzt" er sich gleichsam, denn er schafft sich seinen Arbeitsplatz selbst. Solche Gestaltungen sind Störungen des ursprünglich Vereinbarten und eröffnen somit den Anwendungsbereich der personenbedingten Änderungskündigung. d) Isolierte Änderung des Entgelts Bietet der Sachverhalt einen Grund, die Tätigkeit durch Änderungskündigung auszuwechseln, ändert sich nach der Vergütungsautomatik das Entgelt entsprechend. Die Änderungskündigung dient damit auch der Durchsetzung des gleichwertigen Leistungsaustausches.455 Fraglich ist aber, ob mittels einer personenbedingten Änderungskündigung das Arbeitsentgelt auch ohne Änderung der Tätigkeit gekürzt werden kann. Die personenbedingte Änderungskündigung ist nur auf die Beseitigung einer Störung gerichtet, die durch die Person des Arbeitnehmers hervorgerufen wurde. Nicht die Überbezahlung ist die Störung, sondern der in der Person des Arbeitnehmers liegende LeistungsabfalL Die Störung äußert sich in und durch Tätigkeit und Arbeitszeit. Die krankheitsbedingte Leistungsminderung verhindert die Arbeitsleistung, nicht die Bezahlung; Sicherheitsbedenken richten sich gegen die durch die Tätigkeit geschuldete Präsenz, nicht gegen das Entgelt. Die Störungsbehebung muß folglich zwingend an der Tätigkeit und an der Arbeitszeit anknüpfen, nicht am Entgelt. 456 455 456

Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11). Ebenso Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70.

VII. Die personenenbedingte Änderungskündigung

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Es kommt hinzu, daß das Entgelt, von Leistungsbestandteilen einmal abgesehen, nicht für einen bestimmten Erfolg oder für eine bestimmte Normleistung bezahlt wird, sondern für eine Leistung im Sinne eines individuellen "Sich-Bemühens".457 Bleibt die Arbeitsleistung hinter dem zurück, was sich der Arbeitgeber als vertragsgerecht vorgestellt hat, so kann das Entgelt nicht im Wege einer Änderungskündigung "angepaßt" werden, weil die Nicht-Einhaltung keine Störung darstellt. Der vom Arbeitgeber einseitig vorausgesetzte Rahmen ist ebensowenig vertragsrelevant wie eine spätere, geänderte Einschätzung der Leistung. 458 Sinkt die Leistung ab, bleibt nur die Verweisung auf eine andere Tätigkeit. Der Verminderung des Grundlohns in dem Maße, wie es der geminderten Tätigkeit entspricht, geht soweit dies betrieblich denkbar ist - gedanklich die Einrichtung eines entsprechenden Arbeitsplatzes voraus; es handelt sich also richtigerweise um eine Änderung der Tätigkeit.

e) Notwendigkeit einer negativen Prognose? Die personenbedingte Beendigungskündigung, speziell die krankheitsbedingte Beendigungskündigung, prüfen Rechtsprechung und Literatur in drei Stufen. Erforderlich ist zunächst eine negative Prognose hinsichtlich des künftigen Gesundheitszustandes. Die entstandenen und prognostizierten Fehlzeiten müssen weiterhin eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen darstellen. In der dritten Stufe, der lnteressenabwägung, ist zu prüfen, ob die erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen zu einer unzumutbaren Belastung des Arbeitgebers führt. 459 So kann die krankheitsbedingte Minderleistung ein Kündigungsgrund sein, wenn für die Zukunft keine Besserung zu erwarten ist.460 Ähnlich prüft das BAG die übrigen Fallgruppen der personenbedingten Kündigung. Ist die Arbeitserbringung rechtlich nicht möglich, weil eine bestimmte Erlaubnis entfallen ist, kann das Arbeitsverhältnis beendet werden, es sei denn, die Erlaubnis fehlt nur für einen absehbaren Zeitraum.461 Die Rechtfertigung der Beendigungskündigung liegt in diesen Fällen also darin, daß (1) eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vorliegt und (2) der Prognose zufolge eine Besserung ausgeschlossen ist. Die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen ist dann erheblich, wenn aufgrund der Fehlzeiten und der negativen Prognose das Arbeitsverhältnis als sinnentleert erscheint. 462 BeeinHromadka, NZA 1996, S. 1 (12); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70. Zu letzterem BAG, Urt. v. 24. 5. 1960, AP Nr. 2 zu§ 620 BGB Änderungskündigung. 459 BAG, Urt. v. 5. 7. 1990, AP Nr. 26 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit. 460 Vgl. BAG, Urt. v. 26. 9. 1991, AP Nr. 28 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit. 461 Vgl. BAG, Urt. v. 7. 2. 1990, 31. 1. 1996, 25. 4. 1996, AP Nr. 14, 17, 18 zu§ 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung. 462 Vgl. BAG, Urt. v. 21. 5. 1992, AP Nr. 30 zu§ 1 KSchG 1969 Krankheit. 457

458

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C. Die soziale Rechtfertigung

trächtigung und Prognose bilden den Kündigungsgrund, obwohl die Prognose eher einen Teilbereich der ultima ratio darstellen dürfte: Ist die Prognose nicht negativ, darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis trotz der erheblichen Beeinträchtigung nicht beenden, sondern muß andere ebenso geeignete Lösungsmöglichkeiten suchen. Für die Änderungskündigung, die nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ziel hat, kann es auf die vorgenannten Kriterien nicht in gleicher Weise ankommen.463 Eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen ist, da spezifisch für die Beendigungskündigung, ebensowenig notwendig wie eine negative Prognose. Nicht notwendig ist eine bestimmte Anzahl von Tagen der Entgeltfortzahlung,464 erst recht nicht eine bestimmte Belastung des Arbeitgebers mit Entgeltfortzahlungskosten. Schon eine gleichbleibende und unterhalb der Grenze der Beendigungskündigung liegende Störung kann nicht hingenommen werden und eröffnet daher die Möglichkeit zur Änderung. Liegt die Störungsursache in einer Erkrankung des Arbeitnehmers, ist wie folgt zu unterscheiden: Erkrankungen, die mit dem Arbeitsplatz und seinen Anforderungen nicht in Zusammenhang stehen, sind einer Änderungskündigung grundsätzlich nicht zugänglich, da durch eine Versetzung das Problem nicht lösbar, die Störung nicht zu beseitigen ist. In diesem Fall muß der Arbeitgeber den Eintritt der Voraussetzungen für eine Beendigungskündigung abwarten. Besteht dagegen ein Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz, sei es, daß der Arbeitnehmer dort Erschwernissen ausgesetzt ist, die sein Organismus nicht verträgt, sei es, daß die Arbeitsbelastung für ihn schlicht zu groß ist, so müssen nicht erst Fehlzeiten auftreten, die eine Beendigungskündigung rechtfertigen würden. Der Arbeitgeber wird vielmehr schon dann eingreifen müssen (und dürfen), wenn dies aufgrund seiner Fürsorgepflicht geboten ist. Das ist der Fall, wenn feststeht oder der begründete Verdacht besteht, daß der konkrete Arbeitsplatz eine maßgebliche Ursache für die Krankheit des Arbeitnehmers darstellt. Auch das BAG hat in seinem Urteil vom 3. 11. 1977465 ausdrücklich auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hingewiesen. Für die krankheitsbedingte Änderungskündigung kann es insbesondere nicht darauf ankommen, ob der Sechs-Wochen-Zeitraum der Entgeltfortzahlung überschritten wird. Dieser Zeitraum ist allein ein Hinweis darauf, wie viele Fehltage der Gesetzgeber dem Arbeitgeber zumutet, ehe das Arbeitsverhältnis in bezug auf die Hauptleistungspflichten von keiner der Vertragsparteien mehr durchgeführt werden muß. An eine Änderungskündigung ist immer schon dann zu denken, wenn eine Störung vorliegt, die einer Lösung durch Änderung zugänglich ist. Ist allerSo aber Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70b (ohne Begründung). Das verkennen Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 70b; auf den Sechs-Wochen-Zeitraum der Entgeltfortzahlung kann es allenfalls für die Beendigungskündigung ankommen. Gegen eine starre Anwendung des Sechs-Wochen-Zeitraums Hromadka, NZA 1996, S. 1 463

464

(11).

465

AP Nr. 1 zu § 75 BPersVG.

VII. Die personenenbedingte Änderungskündigung

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dingsdie Ursache der Störung nicht von Dauer, kommt wegen der ultimarationur eine befristete Versetzung in Betracht. Tritt schließlich die Störung nicht mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf, kommt eine Änderungskündigung schon deswegen nicht in Betracht, weil die Störung behoben sein wird, ehe eine Maßnahme greifen kann.

2. Das Ausmaß des personenbedingten Grundes Bei der vorstehenden Darstellung von personenbedingten Gründen wurden bewußt Umschreibungen wie "dauernder Wegfall der Erlaubnis" oder "fehlende Eignung" ausgespart. Mit solchen Wendungen wird nämlich schon dem Ausmaß das Wort geredet: Wenn die Eignung "wegfallt" oder "fehlt", so ist damit schon ausgedrückt, daß nur die Beendigungskündigung die Störung beseitigen kann. Gerade hierin müssen sich Beendigungs- und Änderungskündigung aber unterscheiden. Zunächst muß die Schwere der Störung festgestellt werden, die die Änderung der Arbeitsbedingung(en) rechtfertigen soll. Gerechtfertigt ist die Änderung nur dann, wenn die vorliegende Störung eine solche Lösung erfordert, die Änderung geeignet ist, die Störung nachhaltig und unmittelbar zu beseitigen, und die Schwere der Störung nicht hinter dem Umfang der Änderung zurückbleibt. 466 Dazu wird die Arbeitsbedingung, die abgelöst und ersetzt werden soll, der neuen Arbeitsbedingung gegenübergestellt. In Rechtsprechung und Literatur finden sich bislang nur wenige Ansatzpunkte, die Anforderungen an den Umfang des Änderungsgrundes präzise und vorhersehbar zu bestimmen.467 Wie schon bei der verhaltensbedingten Änderungskündigung handelt es sich bei den von der Rechtsprechung entschiedenen personenbedingten Änderungskündigungen um, wie es Precklein nennt, "Versetzungs-Änderungskündigungen",468 also dem Grunde nach um Beendigungskündigungen, die nur wegen des ultima-ratio-Grundsatzes nicht durchsetzbar waren. Die von einer Wollallergie heimgesuchte Arbeitnehmerio konnte schlechthin nicht mehr in der Bekleidungskammer beschäftigt werden; es war aber eine Stelle in der Kantine frei. 469 Die Kindergartenleiterin konnte aufgrund ihres unzureichenden Führungsstils nicht mehr in ihrer Position weiterbeschäftigt werden, wohl aber als Kindergärtnerin.470 Die Oben S. 176 ff. Vgl. nur Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 65: "Bei der personenbedingten ... Änderungskündigung ist zu prüfen, ob das Änderungsangebot geeignet und erforderlich ist." sowie § 2 Rn. 70a: "Eine personenbedingte Änderungskündigung kommt in Betracht, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen seine bisherige Tatigkeit nicht fortsetzen kann und ein anderer freier Arbeitsplatz nicht vorhanden ist." 468 Precklein, S. 64. 469 BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG. 470 BAG, Urt. v. 31. 1. 1996, AP Nr. 13 zu§ 626 BGB Druckkündigung. 466 467

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C. Die soziale Rechtfertigung

in diesen Entscheidungen aufgestellten Lösungsmethoden können daher nicht ohne weiteres auf andere Fallgestaltungen übertragen werden; sie eignen sich lediglich dazu, die jeweilige Obergrenze zu bestimmen. Eine personenbedingte Änderungskündigung ist grundsätzlich immer dann sozial gerechtfertigt, wenn aufgrund des gleichen Sachverhalts auch eine Beendigungskündigung ausgesprochen werden könnte. 471 Fraglich ist, ob es daneben Änderungskündigungen gibt, die nicht zugleich den Grund mit einer Beendigungskündigung teilen. Solche Fallgestaltungen mögen, schon weil sich die Rechtsprechung mit ihnen bislang nicht beschäftigen mußte, eher selten sein. Man denke aber an den Fall, daß nicht die Fahrerlaubnis entzogen, sondern nur ein Fahrverbot erteilt wird; daß krankheitsbedingte Fehlzeiten zu erwarten sind, die die kritische Grenze zur Beendigungskündigung noch nicht überschreiten werden, oder daß die Leistungsminderung nicht so erheblich ausfällt, wie für eine Beendigungskündigung erforderlich. In allen diesen Fällen ist die Änderungskündigung zumindest denkbar. Die Beseitigung der Störung wird bei der personenbedingten Änderungskündigung wie schon bei der verhaltensbedingten in der Regel durch eine Änderung der Tätigkeit erfolgen - wenn die entsprechende Eignung nicht mehr vorhanden ist -, durch eine Änderung der Arbeitszeit - wenn beispielsweise der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr Schichtarbeit leisten darf - oder durch eine Änderung des Arbeitsorts - wenn er, wie im Wollallergiefall, die Gesundheit des Arbeitnehmers beeinträchtigt. Die Abweichung der alten von den neuen Arbeitsbedingungen wird in der Regel erheblich sein, da sie zumeist die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers betrifft. Ebenso gewichtig müssen daher die Anforderungen an den Änderungsgrund sein. Bei der krankheitsbedingten Änderungskündigung können sie jedoch, anders als bei der Beendigungskündigung, nicht durch den Umfang der Fehlzeiten und durch eine negative Prognose bestimmt werden, weil beides, wie erwähnt, nur auf die Beendigung zielt. Wie bereits ausgeführt wurde, kann der Arbeitgeber die Änderung dann durchsetzen, wenn die Störung des Arbeitsverhältnisses das rechtliche Nullum übersteigt. Das ist der Fall, wenn er aufgrund seiner Fürsorgepflicht zum Handeln gezwungen ist. Das war der Fall bei der Näherin, die aufgrund ihrer Wollallergie auf ärztlichen Rat hin nicht mehr in der Bekleidungskammer arbeiten sollte; das BAG hatte zu Recht auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und nicht auf Fehlzeiten der Arbeitnehmerin abgestellt. 472 Störungen, deren baldiges Ende absehbar ist, werden nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit überdies nur eine befristete Änderung ermöglichen. Eine personenbedingte Änderungskündigung, die keine Krankheit des Arbeitnehmers zur Ursache hat, kann sich vorsichtig an den Kriterien der Beendigungskündigung orientieren,473 weil die Änderung in aller Regel auf die Tätigkeit, den 471 472

473

Hromadlw, NZA 1996, S. I (II); Precklein, S. 64. BAG, Urt. v. 3. II. 1977, AP Nr. 1 zu§ 75 BPersVG. Ähnlich Precklein, S. 64.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 223

Arbeitsort oder die Arbeitszeit zielt und damit erheblich ist. Dementsprechend sind auf Dauer angelegte Änderungen nur gestattet, wenn auch die Eignungsdefizite beim Arbeitnehmer beständig sind. Das Fahrverbot beispielsweise, dem sich der Arbeitnehmer unterwerfen muß, rechtfertigt unmittelbar eine entsprechende Versetzung (z. B. als Ladearbeiter). Der Grund bestimmt aber gleichzeitig den Umfang der Änderung; hier kann er nur in Form einer befristeten Versetzung zulässig sein, weil auch das Fahrverbot befristet ist.

3. Interessenahwägung Entgegen der Auffassung der herrschenden Meinung474 kommt es auch hier nicht auf eine allgemeine Interessenahwägung an. 475 Gegenläufige Interessen des Arbeitnehmers können erforderliche Maßnahmen nicht verhindern. Der Kontakt einer Arbeitnehmerio mit Wollstaub, der zu häufigen Erkrankungen führt, macht eine Versetzung auf einen schlechter bezahlten Arbeitsplatz notwendig; hieran können z. B. Unterhaltsverpflichtungen nichts ändern. § 2 KSchG stellt auch für die personenbedingte Änderungskündigung keinen offenen Tatbestand zur Verfügung, der durch eine Interessenahwägung zu schließen wäre. Eine abschließende, umfassende Interessenahwägung ist lediglich für die außerordentliche Kündigung ausdrücklich angeordnet, nicht aber für die ordentliche Änderungskündigung.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses Eine Änderungskündigung kann schließlich sozial gerechtfertigt sein, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Das BAG bejaht bekanntlich die soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingten Änderungskündigung, wenn "betriebliche Erfordernisse die Änderung bedingen und sich der Arbeitgeber darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß."476 Ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Änderungskündigung sieht das BAG darin, daß sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer in der bisheri-

474 Vgl. BAG, Urt. v. 3. 11. 1977, AP Nr. I zu§ 75 BPersVG; aus der Literatur KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 87; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (12); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 65. 475 Hierzu schon oben S. 192 ff. 476 Std. Rspr., s. nur BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, 19. 5. 1993, 24. 4. 1997, 18. 11. 1999, AP Nr. 28, 31, 42,55 zu§ 2 KSchG 1969.

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C. Die soziale Rechtfertigung

gen Art und Weise entfällt. Dieser Entschluß muß einen "an sich billigenswerten Anlaß zur Änderung von Arbeitsbedingungen darstellen" können. 477 Daß sich diese von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernisse nicht unmittelbar auf § 2 KSchG zurückführen lassen, wurde bereits ausgeführt. Maßgeblich ist zunächst nur der gesetzliche Tatbestand, also das "betriebliche Erfordernis", das die Änderung "bedingt". Dies soll im folgenden näher untersucht werden.

1. Betriebliches Erfordernis Eine Definition des betrieblichen Erfordernisses ist das BAG bislang schuldig geblieben. Der Wegfall des Bedürfnisses für die bisherige Weiterbeschäftigung, den das BAG ausreichen läßt,478 stellt nur den hauptsächlichen Anwendungsfall dar. Wie bei der Beendigungskündigung bildet das BAG Fallgruppen und unterscheidet zwischen inner- und außerbetrieblichen Erfordernissen, die das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer zu den bisherigen Bedingungen entfallen lassen. 479 Innerbetriebliche Erfordernisse können danach wirtschaftlicher, technischer oder organisatorischer Art sein, also durch Maßnahmen des Arbeitgebers hervorgerufen werden. 480 Außerbetrieblich sind Erfordernisse, wenn Umstände von außen auf den Betrieb einwirken, beispielsweise konjunkturelle Schwierigkeiten, Auftragsmangei, Umsatzrückgang usw.481 Während innerbetriebliche Umstände unmittelbar zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit führen, müssen außerbetriebliche Umstände erst durch den Arbeitgeber im Betrieb umgesetzt werden. 482 Das BAG knüpft damit das betriebliche Erfordernis an der konkreten Beschäftigung des Arbeitnehmers an. Eindeutige Ausführungen hierzu fehlen aber; erst recht stellt dies keine Definition dar.

a) Der arbeitsrechtliche Betriebsbegriff Bisher hat nur Precklein in der gebotenen Eindeutigkeit vorgeschlagen, den allgemeinen arbeitsrechtlichen Betriebsbegriff für eine Eingrenzung des betrieblichen Erfordernisses heranzuziehen. 483 Das ist deshalb erstaunlich, weil dieser BetriebsBAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, 19. 5. 1993, APNr. 28,31 zu§ 2 KSchG 1969. 479 Vgl. BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. 480 Vgl. BAG, Urt. v. 15. 6. 1989, AP Nr. 45 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; v. Hoyningen-Huene, NZA 1994, S. 1009 (1010); Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 366a; Preis, NZA 1995, S. 241 (244). 481 BAG, Urt. v. 7. 12. 1978, AP Nr. 6 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 482 Vgl. Ascheid, DB 1987, S. 1144 (1147 f.); Hueck! v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 368; Preis, DB 1988, S. 1387 (1388 f.). 477 478

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 225

begriff im Kündigungsschutzgesetz durchaus Verwendung findet, nämlich ob eine Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb noch möglich ist (§ 1 Abs. 2 S. 1 und 2 KSchG) und ob das Kündigungsschutzgesetz auf den konkreten Betrieb überhaupt anwendbar ist(§ 23 KSchG). 484 Betrieb ist nach der im Arbeitsrecht gebräuchlichen Umschreibung die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sachlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen. 485 Unter Berufung auf diesen Betriebsbegriff beschränkt Precklein die betrieblichen Erfordernisse im Sinn von § I Abs. 2 S. I KSchG auf solche, die auf die arbeitstechnischen Zwecke bezogen sind. Da Precklein eine Änderung der Vertragsbedingungen durch Änderungskündigung bei gleichen Voraussetzungen und unverändertem Arbeitsbedarf ausschließt, setzen die auf die arbeitstechnischen Zwecke bezogenen Erfordernisse ihrer Auffassung nach immer betriebliche Veränderungen voraus. 486 Ob der allgemeine arbeitsrechtliche Betriebsbegriff unbesehen auf das betriebliche Erfordernis des§ 1 KSchG angewendet werden darf, muß erst hinterfragt werden. Im Betriebsverfassungsrecht dient er beispielsweise dazu, Kompetenzen zu begrunden und abzugrenzen. So ist der allgemeine Betriebsbegriff entsprechend der jeweiligen Teleologie des einschlägigen Gesetzes zu modifizieren. 487 Andererseits kann eine Beschränkung des Betriebsbegriffes auf die örtliche Komponente (der Produktionsstätte), wie sie dem allgemeinen, nichtjuristischen Sprachgebrauch entsprechen würde, Zweifelsfälle nicht lösen, wie beispielsweise den gemeinsamen Betrieb zweier Unternehmen. 488 Deshalb stellt der funktionale Betriebsbegriff auf die Verwirklichung der unternehmefischen Bemühungen ab; ausschlaggebend ist allein die Organisationseinheit, innerhalb derer ein arbeitstechnisches Ziel erreicht werden soll. 489 Alle Arbeitnehmer, die zusammen mit den übrigen Produktionsmitteln in dieser Organisationseinheit dem gemeinsamen arbeitstechnischen Zweck dienen, bilden den Betrieb. Durch seine Tätigkeit trägt der Arbeitnehmer dazu bei, den arbeitstechnischen Zweck zu verwirklichen. Unter Tätigkeit ist dabei etwas anderes zu verstehen als Precklein, S. 98 f. Vgl. BAG, Urt. v. 26. 8. 1971, AP Nr. 1 zu§ 23 KSchG 1969; Urt. v. 9. 9. 1982, AP Nr. 1 zu § 61 I BGB Hausmeister; Urt. v. 25. 11. 1993, AP Nr. 3 zu § 14 KSchG 1969; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 23 Rn. 4. 485 BAG, Urt. v. 26. 8. 1971, 23. 3. 1984, AP Nr. 1, 4 zu§ 23 KSchG 1969; Beschl. v. 14. 9. 1988, AP Nr. 9 zu§ 1 BetrVG 1972; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 23 Rn. 5. 486 Precklein, S. 97. 487 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 23 Rn. 4. 488 Vgl. BAG, Urt. v. 26. 8. 1971, AP Nr. 1 zu§ 23 KSchG 1969; Beschl. v. 3. 12. 1985, AP Nr. 28 zu§ 99 BetrVG 1972; Beschl. v. 14. 9. 1988, AP Nr. 9 zu§ 1 BetrVG 1972. 489 BAG, Urt. v. 25. 11. 1993, AP Nr. 3 zu§ 14 KSchG 1969; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 23 Rn. 5. 483

484

15 Wallocr

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die unmittelbaren Handreichungen zur Fertigstellung des Produkts. Um beispielsweise ein Automobil herzustellen (arbeitstechnischer Zweck), bedarf es nicht nur der mit der Montage betrauten Arbeitnehmer; man benötigt gleichermaßen Arbeitnehmer in der Logistik, in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, in der Personalabteilung wie auch in der Kantine. Unternehmerische Entscheidungen, die sich an solche "Dienstleister" für die Produktion richten, sind ebenfalls auf die Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks bezogen. Die Änderung oder Beendigung dieser Tätigkeit hängt daher davon ab, ob und inwieweit sie für den arbeitstechnischen Zweck erforderlich ist. Daraus ergibt sich, daß der allgemeine arbeitsrechtliche Betriebsbegriff, der auf den arbeitstechnischen Zweck abstellt, für die Definition des "betrieblichen Erfordernisses" Sinn macht und daher nutzbar gemacht werden kann.

b) Umsetzung der Betriebsorganisation Der arbeitstechnische Zweck wird verwirklicht durch das organisierte Zusammenspiel aller Produktionsmittel einschließlich der menschlichen Arbeit. Die Organisation der Arbeit als Teil davon besteht nicht nur aus der Schaffung von Hierarchien, sondern umfaßt den Personaleinsatz schlechthin, angefangen mit dem Bedarf verschiedenster Tätigkeiten bis hin zum Zusammenwirken mit den übrigen Produktionsmitteln (Maschinen, Steuerungsprozesse usw.) sowohl in sächlicher als auch zeitlicher Hinsicht. Der arbeitstechnische Zweck stellt bestimmte Anforderungen, deren Erfüllung der Unternehmer durch seine Organisation sicherstellen muß. Er muß Maschinen einrichten, anpassen, erneuern und für ihre korrekte Bedienung sorgen. Dazu bedarf er Arbeitnehmer mit verschiedenen Aufgabenbereichen, Funktionen und Arbeitszeiten. Bestimmte Tätigkeiten beispielsweise in einem Drei-Schicht-Betrieb erbringen zu lassen, ist aber nicht möglich, wenn die mit dem Arbeitnehmer verabredeten Arbeitsbedingungen das nicht erlauben. Die Umsetzung der Arbeitsorganisation verlangt daher, daß diese Bedingungen entsprechend den Bedürfnissen der Organisation geändert werden. Das läßt der Gesetzgeber zu; die Organisation der Arbeit im Betrieb bildet nämlich gerade das dringende betriebliche Erfordernis für die Änderung der Arbeitsbedingungen im Sinne des § 2 KSchG oder für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Sinne des § 1 KSchG. Ändert sich die Arbeitsorganisation in einer bestimmten Form, müssen die Arbeitsverhältnisse entsprechend angepaßt werden - sei es durch Auflösung nicht mehr benötigter Arbeitsverhältnisse (durch Beendigungskündigung), sei es durch Änderung der jeweiligen Arbeitsbedingungen (durch Änderungskündigung). Dementsprechend hat das BAG Änderungen in der Tätigkeit, nämlich die Versetzung eines Schwimmeisters ins Stadtbauamt,490 die Zuweisung einer Beschäftigung als Verkäuferin einschließ490

BAG, Urt. v. 13. 6. 1986, AP Nr. 13 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 227

lieh Kassierfunktion nach Auflösung der Dekorationsabteilung491 bzw. nach Abschaffung der Position einer Aufsicht492 und die Weiterbeschäftigung eines Flugbegleiters als Purser nach Abschaffung der Zusatzfunktion des "Check-Purser",493 als dringendes betriebliches Erfordernis gewertet. Genauso ist es im Bereich der Arbeitszeit verfahren, nämlich bei der Umwandlung von Vollzeit- in Teilzeitbeschäftigungen,494 bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage,495 bei der Einführung von Samstagsarbeit und eines geänderten Schichtmodells,496 bei der Verlängerung der Wochenarbeitszeit und der Änderung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit,497 bei dem Abbau vertraglich vereinbarter Überstunden durch Neuverteilung der Arbeit498 und bei der Verteilung der Arbeitszeit während des Kalenderjahres. 499 Diese Sachverhalte haben gemeinsam, daß ihnen organisatorische Veränderungen zugrundelagen. Es sind aber auch Sachverhalte vorstellbar, in denen der Arbeitgeber nicht Veränderungen seiner Organisation umsetzen will, sondern in denen er Arbeitsbedingungen an seine bestehende und gleichbleibende betriebliche Struktur erst anpassen muß. So müssen die Arbeitsbedingungen von Mitarbeitern in einem nach § 613a BGB übergegangenen Betriebsteil, ggf. nach Beendigung der einjährigen Veränderungssperre, an die des aufnehmenden Betriebes angeglichen werden. 500 Den Grenzfall bildet folgendes Beispiel: Der Filialleiter, der eine aufgrund ihrer Lage ohnehin florierende Verkaufsstätte eines Unternehmens leitet, wird dringend in der am Stadtrand gelegenen zweiten Filiale gebraucht, um diese wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen.501 In keinem dieser beiden Sachverhalte gibt es eine organisatorische Veränderung. Ein betriebliches Erfordernis kann also nur dann bejaht werden, wenn man es genügen läßt, daß der Arbeitgeber seine bestehende Betriebsstruktur durchsetzen will. Dafür sprechen gute Griinde; wenn der Arbeitgeber schon eine Änderung der Organisation arbeitsvertraglich umsetzen darf, muß das erst recht für eine bereits bestehende Struktur erlaubt sein. Dementsprechend muß eine Anpassung der Arbeitsbedingungen von "Neuankömmlingen" an denen des aufnehmenden Betriebs möglich sein. Ein Betrieb schließlich, der einen Betriebsleiter organisatorisch benötigt, ist erst wieder vollständig handlungsBAG, Urt. v. 27. I. 1991, AP Nr. 32 zu§ 2 KSchG 1969. BAG, Beseht. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. 493 BAG, Urt. v. 15. 11. 1995, AP Nr. 20 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa. 494 BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. 495 BAG, Urt. v. 24. 4. 1997, AP Nr. 42 zu§ 2 KSchG 1969. 496 BAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969. 497 BAG, Urt. v. 24. 4. 1997, AP Nr. 42 zu§ 2 KSchG 1969. 498 BAG, Urt. v. 16. I. 1997, Az.: 2 AZR 240/96, n.v. 499 BAG, Urt. v. 26. I. 1995, AP Nr. 36 zu§ 2 KSchG 1969. 500 Weitergehend ErfK/ Ascheid, § 2 KSchG Rn. 67, der im Rahmen einer neuzuschaffenden Lohnstruktur auch eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen von Mitarbeitern des aufnehmenden Betriebs für zulässig hält. 501 Beispiel von Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 488. 491

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C. Die soziale Rechtfertigung

fähig, wenn dieser Posten besetzt ist. Sowohl der Entschluß zur Änderung der organisatorischen Einheit als auch der zur Durchsetzung der bestehenden Struktur schaffen also mit ihrer Umsetzung dringende betriebliche Erfordernisse für eine Änderungskündigung. In dem zuletzt geschilderten Fallbeispiel würde die Änderungskündigung auch nicht scheitern, wenn beide Verkaufsstätten jeweils für sich einen eigenständigen Betrieb bildeten. Zwar ist das Kündigungsschutzgesetz nicht unternehmens-, sondern betriebsbezogen, so daß sich das betriebliche Erfordernis auch nur auf die jeweilige Filiale bezieht. 502 Der Arbeitgeber trifft aber keine betriebliche, sondern eine Unternehmerische Entscheidung, der der betroffene Arbeitnehmer ebenso unterliegt wie die Betriebsangehörigen.503 Die Durchführung der Arbeitsorganisation im zweiten Betrieb verlangt den Einsatz des Filialleiters und begrundet die Notwendigkeit einer Beschäftigung in dem betreffenden Betrieb. Damit ist das betriebliche Erfordernis des § 2 KSchG gegeben. Zu überlegen ist lediglich, ob nach dem Erforderlichkeitsgrundsatz nur eine befristete Abordnung erlaubt ist. 504 Das ist der Fall, wenn die Tätigkeit des Filialleiters nur für eine überschaubare Zeit zur Verbesserung der Verkaufsstätte überhaupt nötig ist.

c) Die "unternehmerische Entscheidung" In den Entscheidungen des BAG zur betriebsbedingten Änderungskündigung findet sich regelmäßig nach dem Hinweis auf das betriebliche Erfordernis die Forderung nach einer entsprechenden Unternehmerischen Entscheidung. Eine Begrundung für den Zusammenhang der Unternehmerischen Entscheidung mit dem gesetzlichen Tatbestand des betrieblichen Erfordernisses gab das BAG bisher nicht. Das Unternehmen ist der wirtschaftliche Träger des Betriebes. Die ihm dienenden Entscheidungen sind im Idealfall ausschließlich betriebswirtschaftlicher Natur, nämlich die vom BAG als innerbetriebliche Ursachen bezeichneten Sachverhalte. Außerbetriebliche Ursachen führen in der Regel durch die Analyse der betriebswirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu entsprechenden Unternehmerischen Zielsetzungen, die dann in Unternehmerische Entscheidungen münden. Ob der Arbeitgeber Kostensenkungen durchsetzen oder neue Techniken einführen will, ob er auf Umsatzruckgänge oder gestiegene Rohstoffpreise reagiert, maß502 Vgl. BAG, Urt. v. 11. 10. 1989, AP Nr. 47 zu§ l KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Buchner, DB 1984, S. 504 (505 f.); Hofmann, ZfA 1984, S. 295 (309); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 374; Mayer-Maly, ZfA 1988, S. 209 (217). 503 Die Befugnis des Arbeitgebers zu einer unternehmensweiten Versetzung darf nicht verwechselt werden mit dem Anspruch des Arbeitnehmers auf eine unternehmensweite Weiterbeschäftigung (dazu BAG, Urt. v. 15. 12. 1994, AP Nr. 66 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung); erstere hat ihre Grundlage im dringenden betrieblichen Erfordernis, letztere im Erforderlichkeitsgrundsatz; hierzu Mayer-Maly, ZfA 1988, S. 209 (217). 504 So auch Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 491.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 229

gehlich ist für die Rechtsprechung allein die diesen Maßnahmen zugrundeliegende Unternehmerische Entscheidung. Sie ist - abgesehen von einer Willkürkontrolle nicht justitiabel. 505 Feststellung und Bewertung der für die Führung des Unternehmens wichtigen Fakten und die daraus folgende Beurteilung der wirtschaftlichen Erfordernisse sind alleinige Aufgabe des Arbeitgebers als Unternehmer. Auf einen Umsatzruckgang kann verschiedentlich reagiert werden; man kann auf Lager produzieren oder die Produktion zuriickfahren. Der Wunsch nach Kostensenkung kann dadurch verwirklicht werden, daß ein Betriebsteil ausgegliedert wird; die Arbeit kann aber auch ebensogut fremdvergeben werden. Der Arbeitgeber trägt das Risiko der Unternehmensführung. Deshalb beschränkt das Kündigungsschutzgesetz die Nachpriifbarkeit auf die "betrieblichen Erfordernisse"; weder der Arbeitnehmer noch der Richter sind die besseren Unternehmer. Unternehmerische Entscheidungen im kündigungsschutzrechtlich relevanten Sinne sind solche Be- oder Entschlüsse, die die Organisation der Arbeit zum Inhalt haben. Ob Samstagsarbeit eingeführt wird oder eine Position entfällt: die Entschlüsse, die diese Maßnahmen tragen, zielen auf eine Änderung der Arbeitsabläufe im Betrieb. Die Umsetzung der Unternehmerischen Entscheidung (z. B. Abschluß entsprechender Verträge mit fremden Dienstleistern; Einführung neuer, strafferer Entscheidungsordnungen; Anmeldung von Kurzarbeit) führt schließlich zu einem Auseinanderfallen der betrieblichen Wirklichkeit und der vereinbarten Arbeitsbedingungen und damit zu einem betrieblichen Erfordernis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses oder zur Änderung der Arbeitsbedingungen. 506 Da die Unternehmerische Entscheidung die Organisation der Arbeit beeinflußt, muß sie konkrete Maßnahmen enthalten, die eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen "ausschließen". 507 Für eine Beendigungskündigung liegt ein dringendes betriebliches Erfordernis vor, wenn die Umsetzung und Durchführung der Unternehmerischen Entscheidung im Betrieb zum Wegfall einer bisher vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeit führt. 508 Das betriebliche Erfordernis einer Änderungskündigung dagegen besteht nach der hier vertretenen Ansicht darin, daß die Umsetzung der Unternehmerischen Entscheidung zu einem Auseinanderfallen der betrieblichen Organisation und den 505 Std. Rspr.; vgl. BAG, Urt. v. 7. 12. 1978, 5.10 1995, AP Nr. 6, 71 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; für die Änderungskündigung BAG, Urt. v. 18. 1. 1990, AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969; Ascheid, NZA 1991, S. 873 (873 f.); ders., Kündigungsschutzrecht, Rn. 289; MünchArbR/ Berkowsky, § 138 Rn. 14; Hromadka/ Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 10 Rn. 194 f. ; Hueck/ v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 371 ; kritisch Kittner/ Däubler/Zwanziger; § 1 KSchG Rn. 256a ff. 506 Ungenau Brenneis, S. 97, der einen betrieblichen Änderungsgrund schon dann bejaht, "wenn innere oder äußere Ursachen eine Änderung der Vertragsbedingungen notwendig machen". 507 BAG, Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 14 zu§ 2 KSchG 1969 (IV 2 der Gründe). 5os Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 236; Brenneis, S. 97; Hueck/v. HoyningenHuene, § 1 Rn. 372.

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C. Die soziale Rechtfertigung

vereinbarten Arbeitsbedingungen führt und damit zu einer Störung im Arbeitsverhältnis. Die unternehmensehe Entscheidung ist Voraussetzung des betrieblichen Erfordernisses, denn dieses entsteht durch die Umsetzung der Entscheidung. Die Kündigung selbst - das sagt schon der Wortlaut des § 1 Abs. 2 KSchG - ist ihrerseits bedingt durch das betriebliche Erfordernis 509 und ist Folge der unternehmefischen Entscheidung.510

d) Fehlender Bezug zur Arbeitsorganisation

Das BAG hat in der Vergangenheit ein betriebliches Erfordernis auch dann bejaht, wenn der Maßnahme keine Notwendigkeiten in der Betriebsorganisation zugrunde lagen. So begrundete es die Änderung einer falschen Eingruppierung mit der "Wahrung des Betriebsfriedens"511 sowie der "Verbundenheit im Betrieb". 512 Damit fand es zwar eine betriebliche Anknüpfung für die Änderung; kJar eingrenzbare Beweggrunde sind das jedoch nicht. 513 Es stellt sich daher die Frage, ob es dringende betriebliche Erfordernisse geben kann, die entweder nicht auf einer organisatorischen Maßnahme beruhen514 oder auf einer organisatorischen Maßnahme, die nicht umgesetzt werden kann.

( 1) Der "Betriebsfriede" § 2 KSchG bietet die Möglichkeit, die Vertragsbindung aufzulösen, wenn ein entsprechender betrieblicher Grund besteht. Nun ist aber jede Entscheidung des Unternehmers letztlich von dem Ziel getragen, den Gewinn zu steigern. Sie wird daher immer in irgendeiner Form eine Auswirkung auf den arbeitstechnischen Zweck haben. Damit würden alle Unternehmerischen Entscheidungen, auch die ausschließlich wirtschaftlicher Art ohne konkreten Bezug zum arbeitstechnischen Zweck, einen betrieblichen Änderungsgrund abgeben. So weit reicht die Ermächtigung des § 2 KSchG nicht. Er respektiert und unterstützt das Recht des Unternehmers, seinen Betrieb so zu organisieren, wie er es für notwendig hält. Voraussetzung für einen Eingriff in den Inhalt des Vertragsverhältnisses ist aber die ÄndeAscheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 235. Die Kündigung kann deshalb nicht die Unternehmerische Entscheidung bilden. Daß sonst das KSchG keinen effektiven Bestandsschutz gewährleisten würde, wie das BAG, Urt. v. 20. 2. 1986, AP Nr. 11 zu§ 1 KSchG 1969, meint, ist zwar richtig; darauf kommt es nach zutr. Ansicht von Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 235, jedoch nicht (mehr) an. Sll BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu§ 2 KSchG 1969. 512 BAG, Urt. v. 19. 10. 1961, AP Nr. 13 zu§ 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung. 513 Kritisch auch Blomeyer, ZfA 1972, S. 85 (94 ff., 101 f.); Preis, Prinzipien, S. 229 f. ; Roemheld, Anm. zu BAG, SAE 1984, S. 163. 514 Precklein, S. 113. 509

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VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 231

rung oder der Vollzug der Betriebsorganisation für das jeweils betroffene Arbeitsverhältnis. Unterschiede zwischen der Organisation der Arbeit und den vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen führen zur Notwendigkeit, Tätigkeit, Arbeitszeit und I oder Beschäftigungsort des betroffenen Arbeitnehmers entsprechend anzupassen. Schlagworte wie "Betriebsfrieden" oder "Verbundenheit im Betrieb" haben mit der konkreten Organisation der Arbeit nichts zu tun und können daher auch kein betriebliches Erfordernis bilden.

(2) Änderungskündigung unter Verletzung des§ 87 BetrVG

Dasselbe Problem - Änderungsbedarftrotz fehlender Änderung der Arbeitsorganisation - stellt sich möglicherweise, wenn der Arbeitgeber eine Unternehmerische Entscheidung nicht umsetzen kann, weil der Betriebsrat die nach § 87 Abs. 1 BetrVG erforderliche Zustimmung verweigert. Oben515 wurde bereits das Problem angesprochen, ob eine nach § 87 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Maßnahme, für die die Zustimmung des Betriebsrats nicht eingeholt worden ist, durch eine Änderungskündigung individualrechtlich umgesetzt werden kann. Bekanntlich hat das BAG in einer neueren Entscheidung und in Abkehr von der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung entschieden, daß eine solche Änderungskündigung jedenfalls nicht schon gemäß § 134 BGB unwirksam ist, weil für die Änderungskündigung selbst die Zustimmung des Betriebsrats nicht erforderlich ist. 516 Das Gericht hat den Rechtsstreit an das LAG zuriickverwiesen; das BAG hält die soziale Rechtfertigung einer solchen Änderungskündigung also zumindest für möglich. Das ist deshalb befremdlich, weil in diesen Fällen ein dringendes betriebliches Erfordernis nicht erkennbar ist. Der Arbeitgeber organisiert die Arbeit, um den arbeitstechnischen Zweck zu verwirklichen. Ein betriebliches Erfordernis für die Änderung der Arbeitsbedingungen entsteht immer dann, wenn die vereinbarten Arbeitsbedingungen dieser Organisation nicht entsprechen. Stimmt der Betriebsrat dem Vorhaben des Arbeitgebers zur Änderung seiner Organisation nicht gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG zu - etwa im Bereich des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG der Einführung eines anderen Schichtsystems oder im Bereich des§ 87 Abs. 1 Nr. 10, 11 BetrVG der Änderung der Lohnfindungsmethode -, so kann dieser seine Organisation auch nicht ändern. Dementsprechend gibt es kein betriebliches Bedürfnis, die Arbeitsbedingungen anzupassen, da diese mit der bestehenden Organisation immer noch deckungsgleich sind. 517 Der Arbeitgeber kann zwar, gerade im Falle langer Kündigungsfristen, die Änderungskündigung aussprechen; er muß jedoch darlegen können, daß die Zustimmung des Betriebsrats oder der Einigungsstelle (und damit 515 516 517

Oben S. 133 f. BAG, Urt. v. 17. 6. 1998, AP Nr. 49 zu§ 2 KSchG 1969. Vgl. Ricfwrdi, BetrVG, § 87 Rn. 128.

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C. Die soziale Rechtfertigung

die Organisationsänderung) spätestens bis zum Ende der Kündigungsfrist vorliegen wird, weil dies der letztmögliche Zeitpunkt ist, an dem das betriebliche Erfordernis die Änderung bedingen kann. 518

(3) Befristung eines ursprünglich unbefristeten Arbeitsverhältnisses

In diesem Zusammenhang stellt sich weiterhin die Frage, ob die Umwandlung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses in ein befristetes - einmal unterstellt, eine solche Änderung läßt sich mittels Änderungskündigung erreichen519 -durch ein dringendes betriebliches Erfordernis gerechtfertigt werden kann. In der Entscheidung vom 25. 4. 1996, in der das BAG die Möglichkeit einer solchen Umstellung durch Änderungskündigung bejahte, hat es das dringende betriebliche Erfordernis in der nur eingeschränkt überprüfbaren Unternehmerischen "Organisationsentscheidung, die für eine Dauerbeschäftigung vorgesehenen Stellen des akademischen Mittelbaus (Funktionsstellen) [zu] verringern und auf die einzelnen Fachbereiche, Institute und Arbeitsbereiche [zu] verteilen", erblickt. " . .. [Es] ist davon auszugehen, daß das Spezialgebiet des Klägers künftig so nicht mehr angeboten wird und daß der Soll-Stellenplan ... keine Stellen für eine Beschäftigung auf unbestimmte Zeit mehr vorsieht. "520 Richtig an dieser Feststellung ist, daß der Arbeitgeber in der Entscheidung frei ist, ob er Arbeitsplätze nur auf Zeit oder auf Dauer schaffen will. Das Gesetz kann in einem marktwirtschaftliehen System niemanden zwingen, länger oder umfänglicher auf dem Markt tätig zu sein, als er will. Die unternehmensehe Entscheidung, nur zeitlich beschränkte Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten, ist daher hinzunehmen. Die betriebliche Organisation ändert sich mit der Umsetzung der Entscheidung, indem beispielsweise die Stellenpläne entsprechend angepaßt, anfallende Arbeiten entsprechend umgeleitet werden. Eine andere Frage ist es jedoch, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, nach diesem Entschluß unbefristete in befristete Arbeitsverhältnisse umzuwandeln. Die Wahl zwischen den Möglichkeiten, ein Arbeitsverhältnis zu beenden, ist ebenfalls eine Unternehmerentscheidung, jedoch keine wirtschaftliche, sondern eine rechtliche. Dementsprechend unterliegt der Entschluß zur Kündigung des Arbeitnehmers der Nachprüfung durch die Arbeitsgerichte, da sonst das Kündigungsschutzgesetz außer Kraft gesetzt würde. 521 Ebenso wird die Befristung - wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist und der Tatbestand des§ 14 Abs. 2 TzBfG (vorher: § 1 Abs. 1 BeschFG) nicht greift- darauf überprüft, ob sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. 522 Mit der

518 519 520 521

gung.

BAG, Urt. v. 19. 6. 1991, AP Nr. 53 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. Ausführlich oben S. 119 ff. BAG, Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 78 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. BAG, Urt. v. 17. 6. 1999, AP Nr. 101 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündi-

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 233

Organisation der Arbeit haben die Wahl der Vertragsform und die Beendigungsart nichts zu tun. Befristete Stellen erfordern nicht notwendigerweise einen befristeten Arbeitsvertrag; der Arbeitgeber kann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist ordentlich kündigen. Die Umsetzung der unternehmetisehen Entscheidung, Stellen künftig nur noch befristet einzurichten, schafft somit ein betriebliches Erfordernis nur für die Beendigungskündigung, nicht für die Änderungskündigung. 523

e) Der "Wegfall" des Bedürfnisses der Weiterbeschäftigung Die Lehre macht eine Änderungskündigung davon abhängig, daß die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit weggefallen ist 524 oder daß der Grund zum Wegfall der bisherigen vertragsmäßigen Beschäftigungsmöglichkeit führt.525 Das BAG fragt danach, ob das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen weggefallen ist. 526 Voraussetzung ist danach also immer ein "Wegfall" der bisherigen Beschäftigung, also der Umstand, daß die Arbeitsleistung in der bisherigen Art oder im bisherigen Umfang nicht mehr gebraucht wird. Es ist zweifelhaft, ob als dringendes betriebliches Erfordernis nur ein Wegfall von konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten in Betracht kommt, da diese gegenständliche Einengung von der Beendigungskündigung herrührt. Das betriebliche Erfordernis bei einer Beendigungskündigung kann sachlogisch nur in einem vollständigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bestehen. Bei der Änderungskündigung ist, wenn sie im Einzelfall nicht zugleich die Voraussetzungen der Beendigungskündigung erfüllt, bestenfalls ein teilweiser "Wegfall" denkbar, etwa durch die Verringerung der Arbeitsmenge. In der Prüfung der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung sollte daher ganz auf den "Wegfall" des Bedürfnisses nach unveränderter Weiterbeschäftigung verzichtet werden. Er ist weder Tatbestandsvoraussetzung des § 2 KSchG noch des § I KSchG. Die Änderung muß le522 Das folgt jetzt aus § 14 Abs. I TzBfG, galt jedoch schon vor und unter dem Beschäftigungsförderungsgesetz, vgl. dazu nur BAG, Urt. v. 24. I. 1996, AP Nr. 179 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Plander, Anm. zu BAG, AP Nr. 179 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag (zugl. Anm. zu BAG, AP Nr. 78 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Im Gegensatz zur Rechtslage bis zum I. I. 2001 ist jetzt ein sachlicher Grund auch dann nötig, wenn der allgemeine Kündigungsschutz nicht greift (Däubler, ZIP 2000, S. 1961 [1966]; Richardi/Annuß, BB 2000, S. 2201 [2204]). Der Begründung zum Gesetzesentwurf zufolge sollte zwar eine Befristung ohne Sachgrund in Betrieben oder Unternehmen mit höchstens fünf Arbeitnehmern weiterhin zulässig sein (so RichardilAnnuß, BB 2000, S. 2201 [2204]); das hatjedoch im Gesetz keinen Niederschlag gefunden. 523 Zu der Frage, ob eine solche Änderungskündigung "dringlich" wäre, s. unten S. 257. 524 Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 492. 525 Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 134. 526 BAG, Urt. v. 18. I. 1990, AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969; wie die Rechtsprechung Hromadka, NZA 1996, S. 1 (8).

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C. Die soziale Rechtfertigung

diglich die Organisation der Arbeit, wie sie der Unternehmer aufstellt, nachvollziehen. Eine Einschränkung des Anwendungsbereiches des § 2 KSchG, wie sie die Prüfanforderung der herrschenden Meinung mit sich bringt, bedarf zu ihrer Rechtfertigung einer entsprechenden dogmatischen Begründung, die Rechtsprechung und Literatur bis heute schuldig geblieben sind. Tatsächlich kann es eine solche nicht geben. Der "Wegfall" rührt aus dem Bereich der Beendigungskündigung und kann deshalb nicht hierher übertragen werden. Es ist dafür auch keine Notwendigkeit erkennbar; eine freie Versetzbarkeit der Arbeitnehmer verhindert § 2 KSchG ohnehin. Auch auf eine Veränderung der Arbeitsmenge kommt es bei der Änderungskündigung nicht an. Dieses Kriterium paßt nur auf den Wegfall von Arbeitsplätzen. Organisatorische Veränderungen, die eine gleichbleibende Arbeitsmenge nur anders verteilen, etwa die Einführung von Wechselschichten, 527 die Änderung einer Vollzeitstelle in mehrere Teilzeitarbeitsplätze528 und umgekehrt, 529 können sehr wohl ein betriebliches Erfordernis für eine Änderungskündigung darstellen, wenn die Arbeitsbedingungen an die neuen organisatorischen Vorgaben angepaßt werden müssen. 530

2. Änderung des Arbeitsentgelts Bei der Änderung des Entgelts unterscheidet die herrschende Lehre danach, ob das Entgelt nur deshalb gekürzt werden soll, weil sich die Tätigkeit geändert oder 527 Vgl. BAG, Urt. v. 18. I. 1990, AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 112. 528 Dazu BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969; allerdings hatte sich in diesem Fall durch Straffung des Arbeitsablaufs auch die Arbeitsmenge vermindert. Unklar ist, ob die Möglichkeit, durch Änderungskündigung Voll- in Teilzeitarbeitsverhältnisse und umgekehrt zu überführen, auch noch nach Einführung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes besteht. § II TzBfG verbietet Kündigungen "wegen der Weigerung des Arbeitnehmers, von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis oder umgekehrt zu wechseln." Da das Kündigungselement der Änderungskündigung eine echte Kündigung darstellt, ist sie vom Wortlaut des § 11 TzBfG erfaßt. § 11 TzBfG paßt aber seinem Sinn nach für die Änderungskündigung nicht. Die in ihrem Wortlaut verunglückte Vorschrift soll Beendigungskündigungen verhindern, wenn der Arbeitnehmer sein Recht auf eine Teilzeit- oder Vollzeitstelle geltend macht (vgl. Däubler; ZIP 2000, S. 1961 [1965]). Die Änderungskündigung will dagegen die Volloder Teilzeitbeschäftigung durchsetzen. § 11 TzBfG ist daher auf die Änderungskündigung nicht anzuwenden (Hromadka, NJW 2001, S. 400 [403)). Es würden sich sonst auch systematische Unstimmigkeiten zu§ 13 Abs. 2 S. 2 TzBfG ergeben. 529 Unzutreffend LAG Harnm, Urt. v. 26. 9. 1996, LAGE § 2 KSchG Nr. 23, und LAG Hamburg, Urt. v. 20. 11. 1996, LAGE§ 2 KSchG Nr. 25, die eine Entscheidung des Arbeitgebers zur Umwandlung eines Teilzeit- in einen Vollzeitarbeitsplatz nicht als unternehmefische Entscheidung anerkannt hatten; zutreffend dagegen LAG Harnm, Urt. v. 13. 10. 1988, RzK I 7a Nr. 13, für die Versetzung einer teilzeitbeschäftigten Kindergärtnerin auf eine Vollzeitstelle aus pädagogischen Gründen. 530 Ebenso Precklein, S. 29.

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die Arbeitszeit verkürzt hat, oder ob der Arbeitgeber auf das Entgelt isoliert zugreifen will und damit die bei Vertragsabschluß vereinbarte Äquivalenz zwischen Tätigkeit und Entlohnung aufhebt, der gleichbleibenden Tätigkeit also einen neuen (in der Regel geringeren) Wert zumißt Ersteres ist nach herrschender Meinung möglich; die sozial gerechtfertigte Änderung der Tätigkeit oder der Arbeitszeit erstreckt sich automatisch auf das Entgelt. 531 Aufgrund des konstanten Proportionsverhältnisses zwischen Arbeit und Entgelt532 muß der Arbeitgeber nur den Betrag zahlen, der der neuen Tätigkeit entspricht. Lediglich Kittner zieht eine automatische Änderung des Entgelts bei Änderungen der Tätigkeit in Zweifel 533 und verlangt zusätzlich für die Änderung des Entgelts ein betriebliches Erfordernis. 534 Ihm kann nicht gefolgt werden. Kittner übersieht, daß der Arbeitnehmer sein Entgelt wegen seiner Tätigkeit und für eine bestimmte Arbeitszeit erhält; er wird nicht alimentiert. Ändern sich die Art der Arbeitsleistung und I oder die Dauer der Arbeitszeit, ändern sich die Komponenten, die das Entgelt bestimmen. Das muß sich auf die Höhe des Entgelts unmittelbar auswirken. Abzugrenzen sind die vorgenannten Fällen von denjenigen, in denen lediglich das Entgelt gesenkt werden soll. Will der Arbeitgeber die Lohnkosten drücken, indem er die Entgelte kürzt, so geht es nicht um die Änderung oder Durchsetzung einer bestimmten betrieblichen Struktur. Es steHt sich daher die Frage nach einer Befugnis, mittels einer betriebsbedingten Änderungskündigung isoliert das Entgelt des Arbeitnehmers zu ändern, 535 sei es aufgrunddes § 2 S. 1 KSchG, sei es aufgrund anderer gesetzlicher Befugnisse wie etwa § 242 BGB.

a) Betriebliches Erfordernis zur isolierten Kürzung des Entgelts?

Eine Kürzungsmöglichkeit gemäß § 2 S. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 KSchG gibt es nur bei einem entsprechenden betrieblichen Erfordernis. Die Finanzierung der Produktionsmittel ist allerdings nicht Sache des Betriebes, sondern des Unternehmers. Dasselbe gilt für die Zahlung der Arbeitsentgelte. Mit diesen "mietet" der Unternehmer die Arbeitskraft der Arbeitnehmer, die er zur Verwirklichung des 531 Vgl. BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969; Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10). 532 Söllner, Leistungsbestimmung, S. 51 ff., S. 91. 533 Kittner, NZA 1997, S. 968 (971); Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 156a; s. dazu schon oben S. 208 f. 534 Kittner, NZA 1997, S. 968 (974). 535 BAG, Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 14 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 30. 10. 1987, RzK I 7a Nr. 8; Urt. v. 11. 10. 1989, AP Nr. 47 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 22. 3. 1990, RzK I 7a Nr. 19; Urt. v. 20. 8. 1998, 12. 11. 1998, 10. 2. 1999, AP Nr. 50-52 zu§ 2 KSchG 1969; Berger-Delhey, DB 1991, S. 1571 (1571 f.); Dänzer-Vanotti/Engels, DB 1986, S. 1390; Hillebrecht, ZIP 1985, S. 257; Hromadka, RdA 1992, S. 234 (252 f.); ders., NZA 1996, S. 1 (8); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 71b ff.; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (637); Krause, DB 1995, S. 574 (574 ff.); Precklein, S. 85 ff.; Waiden, S. 148 ff.

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C. Die soziale Rechtfertigung

arbeitstechnischen Zwecks einsetzt. Das Entgelt trägt daher nur mittelbar, nämlich über die geschuldete und ausgeübte Tätigkeit, zur Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks bei. Geld ist der Motor, der alles antreibt, das Produkt aber nicht herstellt. Gestalterische Unternehmerentscheidungen technischer oder organisatorischer Art, deren Durchführung allein in einer Änderung des Entgelts besteht, sind nicht denkbar. 536 Das tarifliche Entgelt ist ebensowenig einer Organisationsentscheidung zugänglich wie übertarifliche Zulagen, die gezahlt werden, weil dies der Arbeitsmarkt für eine bestimmte Tätigkeit verlangt. Entsprechend verhält es sich mit der Jahressonderzahlung. Die Zahlung eines 13. Monatsgehalts ist in vielen Branchen zum Standard geworden, dem sich der Arbeitgeber nicht entziehen kann, will er seine Arbeitnehmer nicht an die Konkurrenz verlieren. Die isolierte Änderung des Arbeitsentgelts kann nicht durch ein betriebliches Erfordernis begründet werden. Die Unternehmerische Entscheidung muß immer auf eine Änderung der Tätigkeit und I oder der Arbeitszeit gerichtet sein, so daß die Änderungskündigung nur auf die Durchsetzung dieser Entscheidung gerichtet sein kann. Erst recht sind Entgeltbestandteile, die bezahlt werden, ohne daß sie unmittelbar eine Gegenleistung für die Tätigkeit darstellen (z. B. Mietzuschüsse), durch eine betriebsbedingte Änderungskündigung nicht änderbar. In seiner Entscheidung vom 28. 4. 1982 hat das BAG festgestellt, daß der Mietzuschuß bezahlt wurde, um eine Schlechterstellung der Mitarbeiter, die nicht in klinikeigenen Wohnungen untergebracht waren, zu vermeiden. 537 Der Mietzuschuß war also nicht erforderlich, um den arbeitstechnischen Zweck, nämlich die Versorgung der Patienten, zu verwirklichen. Wenn aber schon die Einführung solcher Entgeltbestandteile nicht durch den arbeitstechnischen Zweck unmittelbar veranlaßt war, dann kann ihrer Änderung oder Abschaffung ebenfalls kein betriebliches Erfordernis zugrundeliegen. Das gilt gleichermaßen für die Kürzung oder Streichung einer Gratifikation. Die Gratifikation erfüllt als besonderer Entgeltbestandteil zwei Funktionen. Sie stellt wie die "reine" Jahressonderzahlung538 Entgelt für geleistete Dienste dar. Sie belohnt zugleich aber auch die Betriebstreue der Arbeitnehmer, weil die Zahlung der Gratifikation in der Regel vom Vorliegen eines ungekündigten Beschäftigungsverhältnisses zum Auszahlungsstichtag abhängig gemacht wird. 539 Eine Trennung dieser beiden Zwecke ist ohne ausdrückliche Regelung nicht möglich. 540 Dies hat dazu geführt, daß eine Kürzung von arbeitsvertraglich zugesagten Gratifikationen für Zeiten, in denen Arbeitnehmer keine nennenswerte Arbeitsleistung im Kalenderjahr erbracht hatten, nicht möglich ist,541 anders als bei der Jahressonderzahlung mit Precklein, S. 96; ähnlich Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10). BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu§ 2 KSchG 1969. 538 BAG, Urt. v. 10. 5. 1995, AP Nr. 174 zu§ 611 BGB Gratifikation. 539 Zur Gratifikation mit Mischcharakter im einzelnen Hromadka/Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 7 Rn. 46. 540 BAG, Urt. v. 24. 10. 1990, AP Nr. 2 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Glasindustrie. 541 BAG, Urt. v. 10. 5. 1995, AP Nr. 174 zu § 611 BGB Gratifikation; vgl. hierzu auch Urt. v. 27. 7. 1994, AP Nr. 164 zu § 611 BGB Gratifikation. Ebenso die std. Rspr. des 536 537

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 237

ausschließlichem Entgeltcharakter.542 Die Belohnung der Betriebstreue dient allenfalls mittelbar einer besseren Produktivität und der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks. Die Entscheidung des Unternehmers, Betriebstreue künftig nicht mehr zu belohnen, stellt daher ebenfalls kein betriebliches Erfordernis dar. § 2 KSchG gibt dem Arbeitgeber keine Möglichkeit, das Entgelt des Arbeitnehmers bei gleichbleibender Tatigkeit und gleichbleibender Arbeitszeit zu ändern.

b) Dringende betriebliche Erfordernisse zur isolierten Entgeltänderung außerhalb des§ 2 KSchG?

Die Entgeltänderung als Primärziel einer Änderungskündigung ist nicht deshalb unmöglich, weil die Änderungskündigung schwieriger wäre als die Beendigungskündigung,543 sondern weil es das Bürgerliche Recht dem Arbeitgeber nicht erlaubt, seine Leistungspflicht einseitig zu reduzieren oder aufzuheben. Der Arbeitgeber darf zwar seinen Betrieb so organisieren, wie er es für zweckdienlich hält; er kann deshalb auch das Produktionsmittel Arbeit entsprechend anpassen. 544 Etwas anderes würde dem marktwirtschaftliehen System widersprechen. Das Recht zur einseitigen Bestimmung, ob und wieviel dem Arbeitnehmer bezahlt wird, ist dem Arbeitgeber aber entzogen. Auch hier gilt der allgemeine schuldrechtliche Grundsatz, daß sich niemand auf fehlendes Vermögen berufen kann. 545 Der Zwang zu sparen berechtigt den Unternehmer ebensowenig zur Kürzung des Arbeitsentgelts wie zur Kürzung von Forderungen anderer Vertragspartner; 546 die finanziellen Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern haben keine andere Qualität als Verpflichtungen gegenüber Lieferanten, Kreditinstituten oder Drittunternehmen. Der Arbeitnehmer hat auch nicht versprochen, je nach den wirtschaftlichen Erfordernissen des Unternehmens zu unterschiedlichem Entgelt zu arbeiten. 547 Der Gleichbehandlungsgrundsatz kann ebenfalls nicht als betrieblicher Grund für eine Verschlechterung des Entgelts herhalten. Eine Anerkennung als Änderungsgrund würde die Funktion des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes im Sinne eines in erster Linie zugunsten der ausgeschlossenen Arbeitnehmer wirkenden Gestaltungsund Ordnungsprinzips in sein Gegenteil verkehren. 548 10. Senats zu tariflichen Jahressonderzahlungen, Urt. v. 5. 8. 1992, 24. 3. 1993, 8. 12. 1993, 16. 4. 1994, AP Nr. 143, 155, 159, 162 zu § 611 BGB Gratifikation, es sei denn, die Vergütung der Arbeitsleistung ist ausschließlicher Zweck der Leistung, Urt. v. 19. 4. 1995, AP Nr. 173 zu§ 611 BGB Gratifikation. 542 BAG, Urt. v. 19. 4. 1995, AP Nr. 173 zu§ 611 BGB Gratifikation. 543 So der häufig erhobene Vorwurf, vgl. Preis, NZA 1995, S. 241 (249); s. dazu auch Rieble, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 34 (37). 544 Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10). 545 Statt aller Staudinger I Löwisch, § 279 Rn. 2. 546 Hromadlw, NZA 1996, S. 1 (10). 547 Statt aller Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10), m.N.

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C. Die soziale Rechtfertigung

Das BAG läßt eine Entgeltsenkung nur in einem Ausnahmefall zu: Die Unrentabilität des Betriebes, so das BAG, könne ohne weitere Rationalisierungsmaßnahme einen Grund für eine betriebsbedingte Änderungskündigung bieten, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stillegung des Betriebs oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und soll. 549 Diese Existenzgefahr stellt nach Auffassung des BAG das dringende betriebliche Erfordernis dar. 550 Die Literatur ist dem BAG nur zum Teil gefolgt. 551 Die Gegner der Rechtsprechung teilen sich in zwei Lager: Die einen lehnen eine Änderungskündigung zur alleinigen Entgeltkürzung überhaupt ab; 552 die anderen kritisieren die vom BAG aufgestellten Voraussetzungen als zu streng.553 Es dürfe nicht angehen, einem Unternehmen erst dann die Entgeltsenkung zu ermöglichen, wenn durch die wirtschaftliche Schieflage akute Gefahr für die Arbeitsplätze oder die Existenz des Betriebes bestehe. Vielmehr reiche schon jedes sachliche Interesse von einigem Gewicht, 554 insbesondere die Herstellung und Sicherung einer angemessenen Rentabilität des Unternehmens. Sachliche Gründe seien solche, die nicht willkürlich seien und erkennen ließen, welche Umstände im Interesse einer Erhaltung des Betriebes zur Änderung Anlaß gäben. 555 Andere verlangen "triftige Rentabilitätsinteressen", die bei Verlust oder nachhaltigem Rückgang des Umsatzes zu bejahen seien. 556 Wieder andere behaupten, daß es wie schon vor Einführung des § 2 KSchG 1969 genüge, daß die vorgeschlagene Änderung sachlich gerechtfertigt und dem Arbeitnehmer zurnutbar sei. § 2 KSchG habe die bis dahin übliche Abwägungsformel nicht verdrängen, sondern nur einen prozessualen Behelf zur Verfügung stellen wollen. 557 548 BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969; bestätigt in Beschl. v. 20. 1. 2000, AP Nr. 40 zu§ 103 BetrVG 1972; Hromadka/Maschmann/Wallner; Der Tarifwechsel, Rn. 423 ff. m. w. N. 549 BAG, Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 14 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. 26. 4. 1990, AP Nr. 28 zu§ 9 BergmannsVersorgScheinG NRW; Urt. v. 11. 10. 1989, AP Nr. 47 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; zuletzt Urt. v. l. 7. 1999, AP Nr. 53 zu § 2 KSchG 1969; Beschl. v. 20. 1. 2000, AP Nr. 40 zu § 103 BetrVG 1972. 550 BAG, Urt. v. 11. 10. 1989, AP Nr. 47 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 551 Zustimmend Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 72; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10); einschränkend Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 171; dagegen Berger-Delhey, DB 1991, S. 1571; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (637). 552 Kittner, NZA 1997, S. 968 (973). 553 Löwisch/Bemards, Anm. zu BAG, EzA § 2 KSchG Nr. 6; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (637); Preis, Anm. zu BAG, EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 29; Stahlhacke, DB 1994, S. 1361 (1368); Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 779b. 554 B. Gaul, DB 1998, S. 1913 (1916); Löwisch/Bemards, Anm. zu BAG, EzA § 2 KSchG Nr. 6; Löwisch, NZA 1988, S. 633 (637); Müller, NZA 1985, S. 307 (310). 555 Schaub, in: Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, S. 73 (93, 95); hierzu Precklein, S. 88 Fn. 10. 556 Preis, Anm. zu BAG, EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 29; Stahlhacke, DB 1994, S. 1361 (1368); Stahlhacke /Preis/Vossen, Rn. 779b. 557 Buchner, FS Kraft, S. 23 (32)

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 239 Rechtsprechung und Literatur argumentieren augenscheinlich ergebnisorientiert Das BAG sieht das betriebliche Erfordernis in der Gefährdung des Betriebes. Die Rechtsgrundlage für eine isolierte Änderungskündigung zur alleinigen Entgeltsenkung bleibt ungenannt. Sollte es aber eine Befugnis geben, die Vertragsbindung aufzulösen und dem Arbeitnehmer unter Gefährdung seines Arbeitsverhältnisses ein anderes Entgelt anzubieten, so müssen diese und ihre Voraussetzungen eindeutig bestimmt werden, wie dies im folgenden geschieht. Dabei wird sich zeigen, ob die vom BAG befürwortete Möglichkeit der Entgeltsenkung überhaupt besteht und, wenn ja, ob sie die einzige ist.

c) Rechtsgrundlagen zur isolierten Entgeltänderung Die Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist ein Änderungsinstrument, das seine Legitimation nicht aus dem Wortlaut des § 2 KSchG herleiten kann.558 Die Existenzgefährdung des Betriebes ist - entgegen der Meinung des BAG - kein "betriebliches" Erfordernis, da sie vor der Umsetzung des Stillegungsbeschlusses (diese soll gerade verhindert werden) die Betriebsorganisation nicht verändert. 559 Dennoch ist die Überlegung des BAG im Ergebnis zutreffend: Der Arbeitgeber muß, wenn die Möglichkeit dazu besteht, das Recht haben, eine Stillegung und damit Beendigungskündigungen durch das mildere Mittel der Gehaltskürzungen zu verhindern. An diesem Fall wird deutlich, daß man nicht - wie Kittner560 - beim Kündigungsschutzgesetz stehenbleiben kann. Ob freilich eine Änderungskündigung zur Entgeltkürzung schon bei jedem sachlichen Grund des Arbeitgebers zulässig ist, solange sie dem Arbeitnehmer nur zurnutbar ist, oder sogar schon bei Gefährdung des Rentabilitätsinteresses, hängt davon ab, ob hierfür eine Rechtsgrundlage besteht. Rechtsgrundlagen für die sachliche Rechtfertigung einer solchen Änderung und ihrer Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer werden zum Teil in Anlehnung an die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage gesucht, da ein Dauerschuldverhältnis im Laufe der Zeit an veränderte Verhältnisse angepaßt werden muß; 561 zum Teil stützt sich die Literatur, dem BAG folgend, auf die im Vergleich zur Beendigungskündigung "mindere Dringlichkeit" der Änderungskündigung, also auf die ultima ratio. 562

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56! 562

Insoweit zutreffend Kittner, NZA 1997, S. 968 (973). Rieble, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 34 (37). Kittner; NZA 1997, S. 968 (971). Buchner; FS Kraft, S. 23 (33, 36); vgl. auch Hromadkil, NZA 1996, S. 1 ( 10). Brenneis, S. 109 f.; Hromadkil, NZA 1996, S. 1 (10).

240

C. Die soziale Rechtfertigung

( 1) Änderung der Geschäftsgrundlage

Das Rechtsinstitut des Wegfalls (genauer: der Änderung) der Geschäftsgrundlage kann in einem Dauerschuldverhältnis auch das Recht zur Kündigung begründen.563 Fraglich ist dagegen, ob die Notwendigkeit von Entgeltkürzungen die Voraussetzungen der Änderung der Geschäftsgrundlage erfüllt. Dies soll an folgenden Sachverhalten, die dem BAG im Rahmen einer Änderungsschutzklage bereits zur Entscheidung vorgelegen haben, überprüft werden: Die Provision von Verkaufsangestellten eines Autohändlers soll von bisher 17% des Bruttoertrages auf 13% abgeschmolzen werden, weil das Unternehmen in den letzten drei Jahren Verlust gemacht hat (Fall 1);564 der in einer als selbständige Betriebsabteilung geführten Kraftfahrzeugwerkstatt eines Bauunternehmens gezahlte Stundensatz von 56 DM soll auf 44 DM, den Stundensatz bei Fremdvergabe, verringert werden, weil die Werkstatt erheblich defizitär arbeitet (Fall 2);565 ein Mietzuschuß, der die Preisdifferenz zwischen einer billigeren Werkswohnung und einer Wohnung auf dem freien Markt ausgleichen sollte, soll gestrichen werden, weil der Preisunterschied nicht mehr besteht (Fall 3).566

(a) Voraussetzungen der Änderung der Geschäftsgrundlage Unter Geschäftsgrundlage versteht man die von den Parteien bei Geschäftsabschluß gehegten Vorstellungen über das Vorhandensein, Vorhandenbleiben oder künftige Eintreten gewisser Umstände, die als derart gewichtig gewertet werden, daß ihr Fehlen, ihre Änderung oder ihr Wegfall für die Abwicklung des Geschäfts nach Treu und Glauben von Bedeutung sein sollen. 567 Nur Umstände über bestimmte, außerhalb der Vereinbarung liegende Verhältnisse und deren Fortdauer, die die Parteien entweder bei ihrer Willensbildung gemeinsam vor Augen hatten oder die von ihnen unbewußt vorausgesetzt wurden, können die Geschäftsgrundlage bilden.568 Eine Änderung oder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liegt vor, wenn die Abweichung so gewichtig ist, daß sie nach Treu und Glauben Berücksichtigung verdient. Dem benachteiligten Vertragspartner, hier also dem Arbeitge563 Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 170; vgl. auch MünchKomm I Roth, § 242 BOB Rn. 545 f.; anders Hromadka, RdA 1992, S. 234 (260, 263): automatische Anpassung; aber auch Hromadka verlangt die Einhaltung einer Kündigungsfrist. 564 BAG, Urt. v. 20. 3. 1986, AP Nr. 14 zu§ 2 KSchG 1969. 565 BAG, Urt. v. 11. 12. 1989, AP Nr. 47 zu § I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 566 BAG, Urt. v. 28. 4. 1982, AP Nr. 3 zu§ 2 KSchG 1969. 567 RGZ 103, S. 328 (332); BGH, NJW 1985, S. 314; BAG, Urt. v. 9. 7. 1986, AP Nr. 7 zu § 242 BOB Geschäftsgrundlage; Hromadka/ Maschmann/Wallner, Der Tarifwechsel, Rn. 442; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 165a. 568 Larenz, Allgemeiner Teil,§ 20 III (S. 394); ders., Schuldrecht I,§ 21 II (S. 299 f.).

VIII. Die Änderungskündigungaufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 241

ber, muß die Erfüllung der Vereinbarung unzumutbar geworden sein. 569 Unzumutbar sind regelmäßig sogenannte Äquivalenzstörungen, also grobe Störungen im Leistungs-Gegenleistungs-Verhältnis, oder sogenannte Zweckstörungen (Zweckverfehlungen), bei denen aus Gründen, die keiner der Vertragsparteien zuzurechnen sind, die Erfüllung der Leistung sinnlos geworden ist. 570 Unzumutbar ist schließlich nach der Rechtsprechung des BAG zur Betriebsrente eine Leistungsverpflichtung bei wirtschaftlicher Notlage; sie liegt vor, wenn der Bestand des Unternehmens ernsthaft gefährdet ist. 571 Das Institut der Änderung der Geschäftsgrundlage dient nur der Lückenausfiillung; gesetzliche und vertragliche Regelungen gehen vor. 572 Das gilt vor allem für die Änderungskündigung, deren strenge Voraussetzungen sonst unterlaufen werden könnten. 573 Die Änderungskündigung nach § 2 KSchG und die Änderung der Geschäftsgrundlage behandeln jedoch unterschiedliche Fälle. Die Änderungskündigung ist infolge ihres betrieblichen Erfordernisses auf Änderungen der Leistungspflicht des Arbeitnehmers zugeschnitten. Bei der Änderung der Geschäftsgrundlage geht es dagegen um die Behebung von Äquivalenz- und Zweckstörungen, möglicherweise auch um die der wirtschaftlichen Notlage,574 also um Störungen bei der Erbringung der Gegenleistung. Die Anforderungen an das Rechtsinstitut der Änderung der Geschäftsgrundlage sind streng. Es eröffnet eine Änderungsmöglichkeit nicht schon dann, wenn sonst Positionen abgebaut oder ausgegliedert würden. Die Arbeit durch eigene Arbeitnehmer statt durch Dritte erledigen zu lassen, mag zwar höhere Kosten verursachen; schlechthin unzumutbar im Sinne der Änderung der Geschäftsgrundlage ist dem Unternehmer die Mehrzahlung jedoch nicht.575 Ein "sachlicher Grund" für die Entgeltabsenkung ist nicht ausreichend. "Sachlich" bedeutet nur, daß das Erfordernis nicht willkürlich sein darf; damit würde der Prüfungsmaßstab sogar hinter § 315 BOB zurückfallen, der wenigstens ein "billiges Ermessen" verlangt. Dasselbe gilt für das Kriterium des "unternehmerischen Rentabilitätsinteresses". Es 569 BGHZ 2, S. 176 (188 f.); BGH, NJW 1989, S. 289; Larenz, Schuldrecht I, § 21 II (S. 305); Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 166; Palandt/ Heinrichs, § 242 BGB Rn. 125. 570 Zur Äquivalenzstörung Palandt/ Heinrichs, § 242 BGB Rn. 135 ff.; BGHZ 77, S. 198; BAG, Urt. v. 30. 3. 1973, AP Nr. 4 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Geldentwertung; Urt. v. 4. 5. 1983, AP Nr. 12 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag; zur Zweckstörung BGH, NJW 1984, S. 1746 (1747); BAG, Urt. v. 9. 7. 1985, AP Nr. 6 zu§ I BetrAVG Ablösung (Überversorgung); Larenz, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung, S. 17; Palandt/ Heinrichs,§ 242 BGB Rn. 144 ff. 571 BAG, Urt. v. 26. 4. 1988, AP Nr. 3 zu§ I BetrAVG Geschäftsgrundlage; zum Begriff der wirtschaftlichen Notlage BAG, Urt. v. 5. 5. 1955 AP Nr. 4 zu § 242 BGB Ruhegehalt. Ausführlich Hromadka, RdA 1992, S. 234 (261 f.). 512 Allg. Meinung, vgl. nur BGHZ 40, S. 334 (336); 90, S. 69 (74); MünchKomm/ Roth, § 242 BGB Rn. 559 f. 573 BAG, Urt. v. 9. 7. 1986, AP Nr. 7 zu§ 242 BGB Geschäftsgrundlage. 574 Hromadka/ Maschmann/Wallner, Der Tarifwechsel, Rn. 438 ff. m. w. N. 575 A.A. offenbar Buchner, FS Kraft, S. 23 (24, 36).

16 Wallner

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C. Die soziale Rechtfertigung

läßt noch nicht einmal erkennen, wo die Grenze für eine Abänderungsbefugnis des Arbeitgebers zu ziehen ist, und berücksichtigt im übrigen allein das Interesse des Arbeitgebers.

(b) Geschäftsgrundlage Eine gemeinsame Geschäftsgrundlage läßt sich noch am ehesten in Fall 3 feststellen. Da der Mietzuschuß einen bestimmten Zweck verfolgte, nämlich den Unterschied im Preisgefälle von Wohnraum auszugleichen, wurde die Existenz eines solchen Gefälles vorausgesetzt. Der Arbeitgeber hatte vorgetragen, daß diese Preisunterschiede durch Mieterhöhungen abgebaut seien und die Arbeitnehmerio eine ihr angebotene, arbeitgebereigene Wohnung abgelehnt habe. Diesen Vortrag einmal unterstellt - das BAG hat hierzu nicht Stellung genommen -, ist durch die Entwicklung eine Zweckverfehlung eingetreten, aufgrund derer dem Arbeitgeber die Beibehaltung einer solchen "Subvention" nicht mehr zurnutbar war. Das gleiche gilt, wenn die Arbeitsvertragsparteien von einer Erstattung der Kosten für den Arbeitnehmer durch die öffentliche Hand ausgehen und diese ihre Leistungen später einschränkt. 576 Eine ähnlich spezielle Geschäftsgrundlage ist weder in Fall 1 noch in Fall 2 erkennbar. Die überdurchschnittliche Provision setzte möglicherweise voraus, daß die günstigen Marktverhältnisse sich nicht veränderten. Die Stundensätze der Werkstatt mochten dem Betriebsüblichen, aber nicht dem Branchenüblichen entsprochen haben. Grundlage kann hier allenfalls sein, daß der Arbeitgeber weiterhin imstande ist, Löhne über dem Branchenniveau zu zahlen. Die Nichterfüllung dieser Erwartung stellt weder eine Zweckverfehlung noch eine Äquivalenzstörung dar. Es fehlt an einem bestimmten Leistungszweck; die vereinbarte Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung hat sich nicht verändert. Demzufolge kommt nur die Fallgruppe der wirtschaftlichen Notlage des Unternehmens in Betracht. Im Fall 1 hat der Arbeitgeber vorgetragen, aufgrund der letztjährigen Bilanzverluste und der (allerdings rückläufigen) Verkaufsverluste habe der Gesellschafter Änderungen verlangt, sonst sei die Fortführung des Betriebes gefährdet; konkrete Pläne hierfür wurden im Prozeß jedoch nicht vorgetragen. In Fall 2 berief sich der Unternehmer auf Verluste in Millionenhöhe und die fehlende Kostendeckung der Werkstatt, in der der Arbeitnehmer beschäftigt war. Zumindest in diesem Fall wird sich eine Geschäftsgrundlage der Finanzierbarkeif von Arbeitgeberleistungen dem Grundsatz nach nicht verneinen lassen.

576

BAG, Urt. v. I. 7. 1999, AP Nr. 53 zu§ 2 KSchG 1969.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 243

(c) Festhalten am Vertrag unzumutbar? Anders als bei der Änderungskündigung, die ihre Grundlage im Kündigungsschutzgesetz und nicht in § 242 BGB hat, kommt es hier maßgeblich darauf an, ob die unveränderte Fortsetzung der bisherigen Arbeitsbedingungen den Parteien zuzumuten ist. Zurnutbar ist einer Partei das Festhalten am Vertrag dann, wenn sie das Risiko bewußt eingegangen ist, das sich später durch den Wegfall der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Bei einer Zweckverfehlung (Fall 3) ist zudem zumutbar, daß der Arbeitgeber eine Erschwerniszulage von nur wenigen Mark weiterzuzahlen hat. Bei einer wirtschaftlichen Notlage ist wegen des auch hier geltenden Erforderlichkeitsgrundsatzes zu beachten, daß das Entgelt nur dann gekürzt werden kann, wenn andere Maßnahmen zur Kostenreduzierung ausgeschlossen sind.577 Die Änderungskündigung ist daher von der Aufstellung eines entsprechenden Sanierungsplanes abhängig. 578 Auf die Höhe der Kürzung kommt es nicht an; auch kleine Beträge können schon helfen. 579 Ebenso wie bei der Beendigungskündigung muß die Umsetzung des Sanierungsplanes bereits greifbare Formen angenommen haben, um einen Mißbrauch der Änderungskündigung zu verhindern. 580 In den Fällen 1 und 2, bei Gewährung des üppigen Provisionssatzes ebenso wie bei Zahlung der höheren Stundenlöhne, war dem Arbeitgeber bekannt, daß er damit über Branchenniveau lag. Daß er diese Sätze eines Tages nicht mehr würde finanzieren können, war daher sein Risiko. Deshalb und auch wegen des Ausnahmecharakters dieser Fallgruppe - Geld hat man entsprechend dem Rechtsgedanken des § 279 BGB zu haben - sind an eine Änderungsbefugnis aus wirtschaftlicher Notlage strenge Anforderungen zu stellen. Da es um die finanziellen Verpflichtungen des Unternehmens geht, kommt es nicht auf die defizitäre Situation eines Betriebes oder eines Betriebsteils581 an, sondern auf die des Unternehmens einschließlich eventueller Tochtergesellschaften. Die Grenze zur wirtschaftlichen Notlage ist überschritten, wenn das Unternehmen nahezu die Hälfte seines Eigenkapitals aufgezehrt hat; der ein- (oder bei größeren Gesellschaften mehr-)malige Bilanzverlust genügt dagegen noch nicht, 582 da Bilanzverluste auch bei ertragsstarken Unternehmen einmal auftreten und in gewissem Umfange auch "herbeigerechnet" werden können. Niedrigere Anforderungen sind aber denkbar bei der Ände577 BAG, Urt. v. 26. 1. 1995, AP Nr. 36 zu§ 2 KSchG 1969; Beschl. v. 20. 1. 2000, AP Nr. 40 zu§ 103 BetrVG 1972; B. Gaul, DB 1998, S. 1913 (1916). 578 Vgl. BAG, Urt. v. 30. 10. 1987, RzK I 7a Nr. 8; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10, Fn. 149). 579 Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10). 580 BAG, Urt. v. 23. 3. 1984, 27. 2. 1987, 19. 6. 1991, AP Nr. 38, 41, 53 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 19. 5. 1988, AP Nr. 75 zu § 613a BGB; Urt. v. 10. 1. 1994, AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Konzern; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 375; Stahlhacke I Preis /Vossen, Rn. 654. 581 So BAG, Urt. v. 20. 8. 1998, AP Nr. 50 zu§ 2 KSchG 1969. 582 B. Gaul, DB 1998, S. 1913 (1916).

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C. Die soziale Rechtfertigung

rung von betrieblichen Sozialleistungen, die der Arbeitgeber neben dem eigentlichen Arbeitsentgelt gewährt. 583 Da sie regelmäßig in den "fetten Jahren" eines Unternehmens eingeführt worden sind, um den Arbeitnehmer am Gewinn partizipieren zu lassen, rechtfertigen schon entsprechende Bilanzverluste, eine wirtschaftliche Notlage im Hinblick auf die Zahlung von Sozialleistungen anzunehmen. 584 Weil schließlich das Unternehmen als Ganzes saniert werden soll, erfordert es die innere Logik, daß die Kürzung unternehmensweit vorgenommen wird. Lediglich einige Arbeitnehmer heranzuziehen, genügt nicht,585 weil dadurch das Unternehmen regelmäßig nicht wieder in die schwarzen Zahlen gebracht werden kann.586 An diesem Maßstab gemessen, erfüllt der Arbeitgebervortrag weder zum Fall 1 noch zum Fall 2 die Voraussetzungen einer Änderung der Geschäftsgrundlage aufgrund wirtschaftlicher Notlage. Auf die defizitäre Situation der Werkstatt kommt es, wie das BAG richtig gesehen hat, nicht an. Mehrjährige Verluste, auch in Millionenhöhe, rechtfertigen eine Änderung nur dann, wenn sie das Unternehmen in die wirtschaftliche Schieflage bringen können; dazu ist aber nichts vorgetragen worden. Da die Verluste im Fall 1 sogar zurückgingen, konnte die Verlustsituation offenbar unter Kontrolle gebracht werden; eine Notlage war daher nicht wahrscheinlich.

(2) Ultimaratio zur Beendigungskündigung

Eine weitere mögliche Legitimation für die praeter Iegern entwickelte Änderungskündigung zur Entgeltsenkung bildet der Erforderlichkeitsgrundsatz. Die Änderungskündigung zur Entgeltsenkung stellt demzufolge die ultima ratio zu einer sonst notwendigen Beendigungskündigung dar. 587 Es muß ein Sachverhalt gegeben sein, der den Arbeitgeber bei ungehindertem Fortgang zu Beendigungskündigungen veranlassen würde; die Änderungskündigung, die statt ihrer ausgesprochen wird, ist also unter den Voraussetzungen einer Beendigungskündigung gerechtfertigt. 588 Bisher hat es keine - veröffentlichte - Entscheidung des BAG oder eines LAG gegeben, in der eine solche Änderungskündigung erfolgreich gewesen wäre; sie scheiterten bislang alle am fehlenden Nachweis des Änderungsgrundes. 589 Aller583 Anders oben S. 169 für die Änderungskündigung gern. § 2 KSchG; dort ging es um den individuellen Maßstab, hier geht es um einen billigen Ausgleich widerstreitender Interessen nach § 242 BGB. 584 Hromadka, RdA 1992, S. 234 (259). 585 BAG, Urt. v. 20. 8. 1998, AP Nr. 50 zu§ 2 KSchG 1969; Urt. v. I. 7. 1999, AP Nr. 53 zu§ 2 KSchG 1969. 586 Hromadka, RdA 1992, S. 234 (261). 587 Hromadka, RdA 1992, S. 234 (255); ders., NZA 1996, S. I (10). 588 BAG, Urt. v. 12. II. 1998, I. 7. 1999, AP Nr. 51, 53 zu § 2 KSchG 1969; Beschl. v. 20. I. 2000, AP Nr. 40 zu§ 103 BetrVG 1972; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (9).

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 245

dings scheint jetzt das BAG über seinen bisherigen Standpunkt hinauszugehen, wonach es Voraussetzung ist, daß durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes oder die Reduzierung der gesamten Belegschaft verhindert wird. 590 Jedenfalls hat es die Änderungskündigung auch schon im Hinblick auf die Kostenreduzierung eines speziellen Arbeitsplatzes befürwortet. 591 Da das BAG seine bisherige Rechtsprechung aber nicht ausdrücklich aufgegeben hat, ist offen, ob eine solche Änderungskündigung grundsätzlich nur bei einer drohenden Stilllegung des gesamten Betriebes in Betracht kommt oder ob es das mildere Mittel zu jeder betrieblich bedingten Beendigungskündigung ist. Das BAG hat seit jeher verlangt, daß der Betrieb insgesamt gefährdet sein müsse; ein verlustbringender Betriebsteil (oder Abteilung) eröffne die entgeltsenkende Änderungskündigung nur dann, wenn sich der Verlust auch auf den Restbetrieb auswirke. 592 Da die Änderungskündigung eine sonst notwendige Beendigungskündigung verhindem soll, ist diese Einschränkung freilich nicht verständlich. 593 Eine Beendigungskündigung hat nicht zur Voraussetzung, daß der Betrieb stillgelegt wird; für die Beendigungskündigung ist anerkannt, daß der Arbeitgeber eine unrentable Abteilung auflösen und die nötigen Kündigungen aussprechen kann. 594 Es ist nicht einzusehen, warum ein Arbeitgeber zwar eine Abteilung auflösen, die dort bisher von Arbeitnehmern verrichteten Arbeiten nach außen vergeben und den bisherigen Arbeitnehmern deshalb betriebsbedingt kündigen kann, ihnen aber nicht die Weiterbeschäftigung zu Preisen, wie er sie auch der Drittfirma zahlen müßte, anbieten darf. 595 Das muß erst recht gelten, wenn der Arbeitgeber auch das Entgelt des einzelnen Arbeitnehmers senken kann. Die Umsetzung der Unternehmerischen Entscheidung muß grundsätzlich immer "greifbare Formen" angenommen haben. Das kann für die entgeltmindernde Änderungskündigung nicht gleichermaßen gelten, da sie die Durchsetzung der Unternehmerentscheidung gerade verhindem will. Der Arbeitgeber wird aber darlegen und beweisen müssen, daß er durch objektive Gründe zu einer Änderung veranlaßt wird und daß die Vorstufe zur Umsetzung bereits beschritten wurde. 589 Zuletzt BAG, Urt. v. 20. 8. 1998, 12. II. 1998, l. 7. 1999, AP Nr. 50, 51, 53 zu§ 2 KSchG 1969; Beschl. v. 20. l. 2000, AP Nr. 40 zu§ 103 BetrVG 1972; Urt. v. 23. 4. 1998, AP Nr. 19 zu § 23 KSchG 1969; Urt. v. 11 . 10. 1989, AP Nr. 47 zu § l KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; LAG Berlin, Urt. v. 30. 6. 1997, II. 5. 1998, LAGE§ 2 KSchG Nr. 27, 32; LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 24. 4. 1995, 20. 3. 1997, LAGE§ 2 KSchG Nr. 18, 28; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 9. l. 1997, LAGE§ 2 KSchG Nr. 24. 590 BAG, Urt. v. 20. 8. 1998, AP Nr. 50 zu§ 2 KSchG 1969. 59! BAG, Urt. v. l. 7. 1999, AP Nr. 53 zu§ 2 KSchG 1969. 592 BAG, Urt. v. 12. II. 1998, AP Nr. 51 zu § 2 KSchG 1969; Urt. v. II. 10. 1989, AP Nr. 47 zu§ l KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 593 lsenhardt, FS Hanau, S. 221 (239 f.). 594 Vgl. BAG, Urt. v. 30. 4. 1987, AP Nr. 42 zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 595 Ebenso Buchner; FS Kraft, S. 23 (25).

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C. Die soziale Rechtfertigung

Soll die Änderungskündigung eine Betriebsstillegung verhindern, muß nach objektiven Kriterien feststehen, daß ohne entsprechende Kürzungen ein kaufmännisch denkender Unternehmer in absehbarer Zukunft den Betrieb einstellen oder konkrete Tätigkeiten aufgeben würde. 596 Da die hypothetische Entscheidung zum Stellenabbau nicht umsetzbar und damit nicht überprüfbar ist, muß ihre "Ernsthaftigkeit" betriebswirtschaftlich untermauert werden.597 Dazu ist vom Arbeitgeber ein nachvollziehbarer und nachweisbarer Vortrag zur Geschäftsentwicklung in der Vergangenheit und der Gegenwart sowie zu tden sonst getroffenen Restrukturierungsmaßnahmen gefordert, um eine entsprechende Prognose für die Zukunft aufstellen zu können. 598 Seine Darlegungen werden einer "betriebswirtschaftlichen Plausibilitätskontrolle" unterzogen. 599 Das BAG läßt dann sogar eine Änderungskündigung zur Entgeltkürzung zu, wenn die Kosten eines konkreten Arbeitsplatzes mit einem fest umrissenen Arbeitsgebiet auf dem Unternehmerischen Markt nicht mehr durchsetzbar sind und deshalb keine kostendeckenden Aufträge mehr gewonnen werden können. 600 Will der Arbeitgeber Funktionen ausgliedern und an Außenstehende vergeben (Outsourcing), muß er zumindest das ernsthafte Vertragsangebot eines Dritten vorweisen können. Zu weit geht allerdings die Ansicht des BAG, der Arbeitgeber müsse kurz vor Vertragsabschluß gestanden haben. 601 Es kann nicht vom Arbeitgeber verlangt werden, sich einem Anspruch aus c.i.c. wegen schuldhaften Abbruchs von Vertragsverhandlungen auszusetzen, nur damit er für eventuelle Änderungskündigungen den geschuldeten Nachweis führen kann. Geht es um die Änderung in einer Abteilung, so wird es auf die Kostenstruktur dieser Abteilung nur dann ankommen, wenn sie als "Profit-Center" geführt wird, also auch die Chance hat, Gewinne zu erwirtschaften. Sonst könnten bloße Dienstleister eines Betriebes (Personalabteilung, Rechtsabteilung) allein deshalb finanziell ausgedünnt werden, weil sie nur Kosten verursachen. Schließlich ist Voraussetzung, daß die Funktionen oder Betriebsteile auch an Dritte vergeben werden können. Adressaten der entgeltsenkenden Änderungskündigung sind immer diejenigen Arbeitnehmer, die sonst von der Beendigungskündigung betroffen wären.602 Da 596 BAG, Urt. v. 20. 8. 1998, AP Nr. 50 zu§ 2 KSchG 1969; Hromadka, NZA 1996, S. 1 (10); Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 168. 597 Isenhardt, FS Hanau, S. 221 (239 f.); Rieble, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 34 (37). 598 BAG, Urt. v. 20. 8. 1998, AP Nr. 50 zu§ 2 KSchG 1969. 599 Rieble, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 34 (37). 600 BAG, Urt. v. 1. 7. 1999, AP Nr. 53 zu§ 2 KSchG 1969. 601 BAG, Urt. v. 12. 11. 1998, AP Nr. 51 zu§ 2 KSchG 1969. 602 Eine Ausweitung dieses Kreises auf Arbeitnehmer, die von der Beendigungskündigung nicht betroffen wären, befürwortet Krause, DB 1995, S. 574 (577), unter Verweis auf das BAG-Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. Krause übersieht, daß diese Änderungskündigung ihre Legitimation aus der vermiedenen Beendigungskündigung herleitet und nicht aus einem betrieblichen Erfordernis im Sinne des § 2 KSchG. Es handelt sich bei der

VIII. Die Änderungskündigungaufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 247

Aufgaben in der Praxis regelmäßig nur dann fremdvergeben werden können, wenn ein bestimmter Umfang erreicht ist, wird die Entgeltänderung meist nur für die betroffene organisatorische Einheit, also für eine vollständige Abteilung oder den gesamten Betrieb, einheitlich durchgeführt werden können. Sie beschränkt sich auf ein einziges, bestimmtes Arbeitsverhältnis nur, wenn es sich dabei um einen "Einzelkämpfer" mit einem fest umrissenen, nicht einer Abteilung zugewiesenen Arbeitsgebiet handelt. 603 Da die Änderungskündigung lediglich an die Stelle der Beendigungskündigung tritt, müssen die Arbeitnehmer, deren Entgelt nach den vorstehenden Kriterien gekürzt werden kann, durch eine Sozialauswahl ermittelt werden, wie sie für die Beendigungskündigung Gültigkeit hat. Insbesondere kann die Auswahl nicht wie bei der betriebsbedingten Änderungskündigung - auf die Arbeitnehmer beschränkt werden, die sowohl für den bisherigen als auch für den neuen Arbeitsplatz geeignet sind,604 weil eine Änderung der Tätigkeit, der Arbeitszeit und auch des Arbeitsorts überhaupt nicht stattfindet. Zu fragen ist also, wem gekündigt werden könnte, würde ein bestimmter Arbeitsplatz abgeschafft, die Abteilung oder der Betrieb stillgelegt. Entsprechend ist die Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer zu bilden. Wie sonst bei der Beendigungskündigung auch kann der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer größer sein als die betroffene Abteilung selbst. So ist gewährleistet, daß die Kürzung den sozial stärkeren Arbeitnehmer trifft. Nur wenn der gesamte Betrieb betroffen ist, scheidet die Sozialauswahl aus tatsächlichen Gründen aus. Auch bei der Entgeltänderung ist die Verhältnismäßigkeit des eingesetzten Mittels zu beachten. 605 Wenn Entgeltkürzungen unvermeidlich sind, dürfen nach dem Grad ihrer Bedeutung für den Arbeitnehmer zunächst nur Sondervergütungen wie Gratifikationen gekürzt werden, ehe das Grundgehalt angetastet wird.606 Die Kürzung darf nicht willkürlich auf einzelne Personen verteilt werden, sondern muß unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten erfolgen.607 Die Grenze, bis zu der Arbeitnehmer die Kürzung akzeptieren müssen, kann unterhalb des Tariflohns liegen; bei der hypothetischen Fremdvergabe wird das Entgelt aber jedenfalls nicht niedriger sein dürfen als das, das der Unternehmer dem Dienstleister zahlen muß.

Wahl der Änderungskündigung auch nicht um eine freie, nur auf Willkür überprüfbare Unternehmerentscheidung, weil es nicht um die Organisation des Betriebes geht, sondern um die Befolgung des Erforderlichkeitsgrundsatzes. 603 Vgl. BAG, Urt. v. 1. 7. 1999, AP Nr. 53 zu§ 2 KSchG 1969. 604 Ausführlich unten S. 261 ff. 605 Das BAG prüft diesen Gesichtspunkt wiederum unter dem - unzutreffenden - Ansatz, "ob sich der Arbeitgeber darauf beschränkt hat, dem Arbeitnehmer nur solche Änderungen vorzuschlagen, die dieser billigerweise hinnehmen muß", Urt. v. 12. 11. 1998, AP Nr. 51 zu § 2 KSchG 1969. 606 Hoß, MDR 2000, S. 562 (565). 607 BAG, Urt. v. 20. 8. 1998, 1. 7. 1999, AP Nr. 50, 53 zu§ 2 KSchG 1969.

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C. Die soziale Rechtfertigung

Problematisch ist an dieser praeter Iegern entwickelten Änderungskündigung, daß sie der Arbeitgeber, da sie nun einmal das weniger belastende Mittel zur Beendigungskündigung darstellt, zur Abwendung der Entlassung auch einsetzen muß. 608 Das würde bedeuten, daß in Situationen, die bisher mit Personalabbau einhergingen und entsprechende Beendigungskündigungen rechtfertigten, wie Umsatzeinbrüche und Produktionsrückgänge, höherer Maschineneinsatz oder Vergabe an Fremdfirmen, erst die Entgelte gekürzt werden müßten, ehe Entlassungen vorgenommen werden dürften. Dieser Schluß trifft jedoch nicht zu. Er läßt außer acht, daß in einem marktwirtschaftliehen System der Unternehmer frei ist zu entscheiden, wie er seinen Betrieb organisiert. Wenn er neue Automaten anschafft oder bestimmte Aufgaben nicht mehr durch eigenes Personal durchführen lassen will, kann ihn niemand zum Gegenteil zwingen. Entschließt er sich zu den genannten Maßnahmen, fallen Arbeitsplätze weg. Ein Arbeitskräfteüberhang kann nur über Beendigungskündigungen abgebaut werden; eine bloße Entgeltkürzung würde den Überhang nicht beseitigen. Schreibt das Unternehmen dagegen konstant rote Zahlen, obgleich alle Arbeitnehmer ausgelastet sind, kommt eine Beendigungskündigung nur in Frage, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, den Betrieb stillzulegen oder die Abteilung oder einen Arbeitsplatz aufzugeben. Ist in diesem Fall eine Sanierung durch Entgeltreduzierung möglich, kommt eine entsprechende Änderungskündigung als milderes Mittel zu der hypothetisch zulässigen Beendigungskündigung in Betracht.

(3) Anwendbarkeit der Änderungskündigung zur isolierten Entgeltreduzierung

Die Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung kann sich, wie gezeigt, auf zwei Rechtsgrundlagen stützen; auf den Grundsatz der Erforderlichkeit und auf den Gesichtspunkt der Änderung der Geschäftsgrundlage. Die Voraussetzungen und Anwendungsflille sind nicht identisch. Soweit die Änderung der Geschäftsgrundlage auf einer Zweckverfehlung beruht, kann die Änderung ein, mehrere oder alle Arbeitsverhältnisse in einem Betrieb betreffen. Bei einer wirtschaftlichen Notlage sind dagegen immer alle Arbeitsverhältnisse in Gefahr. Der Erforderlichkeitsgrundsatz wiederum stellt weder auf eine Zweckverfehlung noch auf die wirtschaftliche Gesamtsituation des Betriebes ab. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Arbeitsplatz, eine Abteilung oder gar der Betrieb wegrationalisiert werden könnte. Es stellt sich daher die Frage, ob der Unternehmer ein Wahlrecht hat, sich je nach Bedarf auf die eine oder die andere Änderungsmöglichkeit zu berufen. Das ginge nicht, wenn ein Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen beiden Lösungen bestünde. Ein solches ist jedoch nicht ersichtlich; beides sind Institute, die außerhalb der Iex scripta entwickelt wurden und letztlich auf die Geltung von Treu und Glauben im 6os Ausdrücklich BAG, Urt. v. 20. 8. 1998, AP Nr. 50 zu§ 2 KSchG 1969; ebenso BAG, Urt. v. 26. 5. 1983, AP Nr. 34 zu§ 61 3a BGB.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 249

Privatrecht zurückzuführen sind. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Anwendungsbereiche und Voraussetzungen widersprechen sie einander auch nicht. Im Schrifttum wird darüber hinaus eine Befugnis des Unternehmers behauptet, durch eine schlüssige Unternehmerische Konzeption schon im Vorfeld eines drohenden Arbeitsplatzverlustes den Betrieb den Erfordernissen des Marktes anzupassen, um die betriebliche Struktur langfristig zu sichern. Hierzu reiche die Darlegung aus, daß die geplante Entgeltreduzierung Teil einer Gesamtplanung sei, deren Zielsetzung darin bestehe, späteren Entlassungen vorzubeugen. 609 Diese Ansicht übersieht, daß die gegenwärtige Rechtsordnung für eine Abänderungsbefugnis im bereits begrifflich fragwürdigen und vermutlich schwer nachzuweisenden "Vorfeld" eines Arbeitsplatzverlustes keine Rechtsgrundlage zur Verfügung stellt. Ein wünschenswertes Ziel allein rechtfertigt es nicht, den Inhalt eines bestehenden Vertrages einseitig zur Änderung freizugeben. Ohne eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung muß es daher bei den oben dargestellten Möglichkeiten bleiben.

d) Korrektur fehlerhafter Eingruppierungen

Hat der Arbeitgeber durch eine fehlerhafte Eingruppierung unbeabsichtigt einen höheren als den geschuldeten Tariflohn gezahlt, stellt sich die Frage, ob er diese Überzahlung für die Zukunft einstellen und das für die Vergangenheit über obligo Geleistete zurückfordern kann. Bisher hat das BAG Rückstufungen dieser unfreiwillig gezahlten "übertariflichen Zulage" als durch einen betrieblichen Grund gedeckt angesehen, 610 allerdings gegen den zunehmenden Widerstand der Literatur611 und der Instanzrechtsprechung. 612

( 1) Der Meinungsstand

Das betriebliche Erfordernis begründet das BAG damit, daß die ungerechtfertigte Höhergruppierung eines einzelnen Arbeitnehmers zu Mißstimmungen bei den anderen Arbeitnehmer führe, besonders bei denjenigen, die gleichwertige Arbeit verrichten. Jeder Arbeitgeber habe ein legitimes Interesse daran, eine solche Unruhe im Betrieb gar nicht erst aufkommen zu lassen, und strebe deshalb eine Vereinheitlichung des Vergütungsgefüges an. 613 Für den öffentlichen Dienst hat das BAG Krause, DB 1995, S. 574 (578 f. ). BAG, Urt. v. 19. 10. 1961, AP Nr. 13 zu§ 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 611 Kittner/Däubler/Zwanziger, § 2 KSchG Rn. 178; Precklein, S. 112 ff. 612 LAG Köln, Urt. v. 17. 3. 1995, LAGE§ 2 KSchG Nr. 15. 613 BAG, Urt. v. 19. 10. 1961, AP Nr. 13 zu§ 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 609

610

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C. Die soziale Rechtfertigung

der "Unruhe" in der Belegschaft angesichts der großen Zahl der betroffenen Arbeitnehmer nicht die entscheidende Bedeutung beigemessen (im streitgegenständlichen Fall waren 10.000 Arbeitnehmer betroffen). Es hat vielmehr darauf abgestellt, daß es der Grundsatz sparsamen Wirtschaftens mit Haushaltsmitteln der öffentlichen Hand grundsätzlich verbiete, übertarifliche Zulagen zu zahlen. 614 Dieser Rechtsprechung wird entgegengehalten, daß die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Änderungskündigung nicht erfüllt seien. Weder die Wahrung des Betriebsfriedens noch haushaltsrechtliche Bindungen stellten betriebliche Erfordernisse dar. 615 Außerdem sei eine Änderungskündigung nicht erforderlich. Bei beiderseitiger Tarifbindung hänge der tarifliche Anspruch nicht von einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ab, sondern nur von der Erfüllung der tariflichen Tatbestandsvoraussetzungen. Der tarifliche Grundverdienst bestimme sich allein nach der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tatigkeit. Die Eingruppierung durch den Arbeitgeber sei daher bloße Subsumtion und begrunde keinen eigenen arbeitsvertragliehen Anspruch. Sei die Einordnung der Tatigkeit in das Entgeltsystem irrtümlich falsch vorgenommen worden, so könne sie jederzeit durch die zutreffende Eingruppierung korrigiert werden; 616 die übertariflichen Leistungen seien ohne Rechtsgrund gezahlt worden und könnten jederzeit eingestellt werden. Hieran ändere sich auch nichts, wenn zusätzlich im Arbeitsvertrag auf die jeweilige Vergütungsordnung Bezug genommen oder eine bestimmte Vergütungsgruppe des einschlägigen Tarifvertrages zugesagt worden sei. Weil sich der Parteiwille regelmäßig auf die Vergütung nach der tariflich richtigen Vergütungsgruppe richte, sei die Eingruppierung durch den Arbeitsvertrag nicht konstitutiv. 617 Der Vergütungsanspruch stehe von Anfang an unter dem Vorbehalt einer Anpassung an die jeweilige tarifliche Rechtslage. Die Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag solle nur widerspiegeln, was kraft Tarifbindung gelte.618 Zweck solcher Klauseln sei die einheitliche Behandlung organisierter und nichtorganisierter Arbeitnehmer im Betrieb. Der Ar614 BAG, Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969; zust. Kanz, ZTR 1989, S. 219 (223 f.); Rieble, Anm. zu BAG, EzA § 2 KSchG Nr. 16, 17; zweifelnd Maurer, NZA 1993, S. 721 (723); ablehnend Kittner, NZA 1997, S. 968 (972); Precklein, S. 113 ff. 615 Kittner, NZA 1997, S. 968 (972); Precklein, S. 113 ff.; Rieble, Anm. zu BAG, EzA § 2 KSchGNr. 16,17. 616 H.M., BAG, Urt. v. 21. 4. 1982, AP Nr. 5 zu§ 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn; Urt. v. 7. 5. 1986, AP Nr. 12 zu§ 4 BAT; bei arbeitsvertraglicher Bezugnahme des Tarifvertrages: BAG, Urt. v. 17. 2. 1966, AP Nr. 2 zu § 27 BAT; Urt. v. 30. 9. 1968, AP Nr. 17 zu § 75 BPerVG; Urt. v. 18. 5. 1988, AP Nr. 2 zu§§ 22, 23 BAT Datenverarbeitung; v. HoyningenHuene, JuS 1986, S. 139 (141); Löwisch/Rieble, § 1 TVG Rn. 657; Rieble, Anm. zu BAG, EzA § 2 KSchG Nr. 16, 17; anders (in einem obiter dictum) BAG, Urt. v. l. 4. 1987, AP Nr. 64 zu§ 613a BGB. 617 Precklein, S. 119; Mehlich, DB 1999, S. 1319 (1321); anders aber Etzel, NZA 1987, Beil. Nr. 1, S. 19 (26). Der Hinweis bei Precklein (S. 119 Fn. 46) aufBAG, Urt. v. 23. 4. 1986, AP Nr. 118 zu §§ 22, 23 BAT 1985, ist verfehlt, weil das BAG einen Verweis auf eine bestimmte Vergütungsgruppe in dieser Entscheidung nicht angesprochen hat. 618 BAG, Urt. v. 23. 4. 1986, AP Nr. 118 zu§§ 22, 23 BAT 1975.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 251

beitgeber verpflichte sich arbeitsvertraglich (nur) entsprechend den tariflichen Regelungen.619 Kittner hält in diesen Fällen ebenfalls nicht die Änderungskündigung, sondern eine Anfechtung nach den§§ 119, 123 BGB für das richtige Instrument. Außerdem seien die Mitarbeiter, die die fehlerhafte Eingruppierung vorgenommen hätten, dem Arbeitgeber schadenersatzpflichtig. Darüber hinaus bleibe es dem Arbeitgeber unbenommen, künftige Tariflohnerhöhungen auf die übertarifliche Zulage anzurechnen. 620

(2) Verbindlichkeit der Eingruppierung Zunächst ist festzustellen, ob die Eingruppierung durch den Arbeitgeber verbindlicher Natur ist. Nur dann besteht überhaupt das Problem einer Ablösung durch Änderungskündigung. Eine lediglich deklaratorische Eingruppierung ist ohne weiteres änderbar;621 Überzahlungen können als ungerechtfertigte Bereicherung zuriickgefordert werden. Maßgeblich ist die Auslegung der Eingruppierungsvereinbarung nach Wortlaut, Zusammenhang und Parteiwillen, soweit dieser feststellbar ist. Auch äußerlich identisch erscheinende Klauseln können unterschiedliche Bedeutung haben. Die Bezugnahme auf tarifliche Entgeltregelungen kann verschieden gestaltet werden. So kann der Arbeitsvertrag auf eine bestimmte Gehaltsgruppe verweisen; es kann aber auch eine Entgeltgruppe vereinbart sein und die Geltung des Tarifvertrages "im übrigen"; schließlich kann der Arbeitsvertrag nur die tariflichen Vergütungsregelungen in Bezug nehmen ("das Entgelt richtet sich nach dem Tarifvertrag") oder den ganzen Tarifvertrag. Für jede dieser Vereinbarungen muß der Parteiwille gesondert ermittelt werden. Eine Auslegung kann daher an dieser Stelle nur vom Regelfall ausgehen und Ergebnisse lediglich für die Fälle anbieten, in denen ein besonderer Parteiwille nicht feststellbar ist. Eine individualrechtlich verbindliche Eingruppierung nimmt das BAG dann an, wenn eine bestimmte Vergütungsgruppe eines bestimmten Tarifvertrages benannt und sodann "im übrigen" auf den Tarifvertrag verwiesen wird; damit ist der Lohn dieser Vergütungsgruppe vereinbart. 622 Ist dagegen auf den Tarifvertrag verwiesen und erst im Anschluß daran, z. B. in einem weiteren Schreiben, auf eine bestimmte Vergütungsgruppe, soll die Vergütung in ihrer durch den Tarifvertrag jeweils festgelegten Höhe gemeint sein: 623 Die uneingeschränkte Vereinbarung der Anwen619 Rieble, Anm. zu BAG, EzA § 2 KSchG Nr. 16, 17. 620

Kittner, NZA 1997, S. 968 (972).

621 Hromadka, NZA 1996, S. 1 (13). BAG, Urt. v. 28. 5. 1997, AP Nr. 26 zu§ 4 TVG Nachwirkung. BAG, Urt. v. 10. 12. 1958, AP Nr. 46 zu§ 3 TOA; Urt. v. 12. 12. 1990, AP Nr. 1 zu § 12 AVR Diakonisches Werk. 622 623

252

C. Die soziale Rechtfertigung

dung des Tarifvertrages bedeute im Zweifel, daß sich die Mindestvergütung des Arbeitnehmers nach den tariflichen Bestimmungen richten solle;624 die Benennung der Vergütungsgruppe wolle nur das ausdrücken, was die Parteien bei Vertragsschluß als angemessene Vergütung angesehen hätten.625 Für eine solche Auslegung, so das BAG, sprächen auch Formulierungen wie "Einreihung" oder "Festsetzung"626 der Vergütungsgruppe statt "Vereinbarung". Ist schließlich nur auf den Tarifvertrag allgernein verwiesen oder auf einen speziellen Untertarifvertrag, 627 so soll sich die Vergütung nach den Voraussetzungen dieses Tarifvertrages richten. Dieser Rechtsprechung ist im wesentlichen zuzustimmen. Wenn für die Vergütung ausdrücklich und allgernein im Arbeitsvertrag auf den Tarifvertrag Bezug genommen und keine bestimmte Gehaltsgruppe genannt wird, ist die Bindung des Arbeitgebers an ein genau festgelegtes (Tarif-) Entgelt nicht gewollt. Der Arbeitnehmer wird nicht annehmen dürfen, ihm sei ein bestimmtes, unabänderliches Entgelt versprochen worden, wenn er, um die Höhe seines Verdienstes nachprüfen zu können, Einblick in den Tarifvertrag nehmen muß. Verbindlich ist in der Regel die Verweisung und damit die (richtige) tarifliche Vergütung; nicht verbindlich ist die Subsumtion unter die tarifliche Vorschrift. Ändert sich die tarifliche Vorgabe, ändert sich auch das Entgelt. Das gilt nicht nur, wenn sich die Tariflöhne erhöhen, sondern auch, wenn sie gesenkt werden. Wurde dem Arbeitnehmer infolge falscher Eingruppierung ein unzutreffendes Entgelt bezahlt, folgt hieraus kein Anspruch auf Weiterzahlung; der arbeitsvertragliche Anspruch geht nicht weiter als derjenige, der bei beiderseitiger Tarifbindung bestünde. 628 Eine betriebliche Übung ist, insbesondere im öffentlichen Dienst, nicht entstanden. 629 Die Zahlung des überschießenden Betrages kann für die Zukunft ohne weiteres eingestellt,630 die Überzahlung in der Vergangenheit im Wege der Leistungskondiktion zurückgefordert werden. Das gleiche gilt, wenn sich das Tarifentgelt, auf das verwiesen ist, ändert. Im Wege der Auslegung kommt man auch hier zu dem Ergebnis, daß nunmehr die geänderte Norm in Bezug genommen ist. 631

624 BAG, Urt. v. 10. 12. 1958, AP Nr. 46 zu § 3 TOA; Urt. v. 13. 12. 1985, AP Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; aus der Literatur Wiedemann/Oetker/Wank, § 3 TVG Rn. 238; Etzel, NZA 1987, Beil. Nr. 1, S. 19 (26). 625 BAG, Urt. v. 12. 12. 1990, AP Nr. 1 zu§ 12 AVR Diakonisches Werk. 626 BAG, Urt. v. 12. 12. 1990, AP Nr. 1 zu§ 12 AVR Diakonisches Werk. 627 Vgl. die hypothetische Begründung in BAG, Urt. v. 23. 4. 1986, AP Nr. 118 zu§§ 22, 23 BAT 1975 (Bl. 1191 Rücks. unten); diese Entscheidung interpretiert Precklein (S. 119 Fn. 46) fälschlich als Beispiel einer irrtümlich zu niedrigen Eingruppierung. 628 Ebenso Kittner, NZA 1997, S. 968 (972). 629 BAG, Urt. v. 10. 4. 1985, AP Nr. 19 zu§ 242 BGB Betriebliche Übung; MünchArbR/ Richardi, § 13 Rn. 27 f.; Mehlich, DB 1999, S. 1319 (1321). 630 BAG, Urt. v. 7. 5. 1986, AP Nr. 12 zu § 4 BAT; Kittner, NZA 1997, S. 968 (972); Precklein, S. 118; Rieble, Anm. zu BAG, EzA § 2 KSchG Nr. 16, 17. 631 Precklein, S. 121 f.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 253

Problematisch sind Vereinbarungen, in denen neben einer allgemeinen Verweisung die Tarifgruppe ausdrücklich im Arbeitsvertrag bezeichnet wird, insbesondere wenn die Eingruppierung nicht mit der geschuldeten Tatigkeit übereinstimmt. Hier muß der Richter prüfen; ob der Arbeitgeber die Tarifgruppe bewußt auf den Arbeitnehmer anwenden wollte und ob der Arbeitnehmer aus Sicht eines redlichen Ernprangers diese Tarifgruppe als für ihn gewollt ansehen konnte. Verweist der Arbeitsvertrag allgemein ("im übrigen") auf einen Tarifvertrag, legt er aber gleichzeitig die Vergütung einer bestimmten Gruppe fest, kann dies dafür sprechen, daß die Parteien eine bestimmte Gehaltsvorstellung hatten, die zwar mit der Veränderung der ausdrücklich in Bezug genommenen Vergütungsgruppe Schritt halten, ansonsten aber von den sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen unberührt bleiben sollte. Das gilt besonders dann, wenn die vereinbarte Tarifgruppe ganz andere Tatigkeiten als die des Arbeitnehmers zum Inhalt hat und jeder Hinweis darauf fehlt, daß es sich möglicherweise nur um eine (fehlerhafte) Subsumtion handelt. Hier ist von einem Anspruch des Arbeitnehmers auf das konkret vereinbarte Entgelt auszugehen. Schwieriger sind die Fälle zu beurteilen, in denen zwischen der allgemeinen Verweisung und der Verweisung auf eine spezielle Vergütungsgruppe kein deutliches Rang- oder Ausschlußverhältnis zu erkennen ist. Das BAG hat der allgemeinen Verweisung den Vorrang eingeräumt; als Indiz für einen entsprechenden Parteiwillen diente ihm der Umstand, daß im Arbeitsvertrag zunächst allgemein die Geltung eines Tarifvertrages vereinbart war und erst dann eine bestimmte Vergütungsgruppe.632 Ob diese Auslegung zutrifft, ist fraglich. Die Wortwahl ("Einreihung" statt "Vereinbarung") und die Reihenfolge der arbeitsvertragliehen Bestimmungen muten eher zufrulig an; für einen konkreten Willen stehen sie nicht. Im Zweifel geht die speziellere Vereinbarung der allgemeinen vor und nicht umgekehrt. Die (speziellere) Eingruppierungsregelung im Arbeitsvertrag kann ein redlich denkender Arbeitnehmer als abschließende Vergütungsvereinbarung, als Mindestvergütung633 oder als einen nach jeder Richtung offenen "Hinweis" auf die (nach Einschätzung des Arbeitgebers) korrekte Gehaltsstufe634 auffassen. Der Arbeitnehmer wird in der Regel, tarifgebunden oder nicht, der ausdrücklichen Bezifferung des Entgelts im Arbeitsvertrag erhöhte Beachtung schenken, denn das ist der Preis, um den er seine Arbeitskraft "verkauft". Ein redlicher Empfänger dieser Erklärung wird die Eingruppierung als die Basis verstehen, aufgrund der er seine Arbeitsleistung zu erbringen hat; er wird nicht damit rechnen, daß diese Basis falsch sein könnte. Der Arbeitgeber wird schon aufgrund seiner Erfahrung und seines Wissens um den Arbeitsplatz, den er dem Arbeitnehmer anbietet, der Tätigkeit das richtige tarifliche Entgelt zuweisen. Im Zweifel handelt es sich also bei der im BAG, Urt. v. 12. 12. 1990, AP Nr. 1 zu§ 12 AVR Diakonisches Werk. Vgl. BAG, Urt. v. 10. 12. 1958, AP Nr. 46 zu§ 3 TOA; Urt. v. 13. 2. 1985, AP Nr. 12 zu§§ 22, 23 BAT Lehrer; Etzel, NZA 1987, Beil. Nr. l, S. 19 (26). 634 Dafür Precklein, S. ll9; wohl auch Löwischl Rieble, § 1 TVG Rn. 657. 632 633

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C. Die soziale Rechtfertigung

Arbeitsvertrag ausdrücklich genannten Lohn- und Gehaltsgruppe - erst recht, wenn der Betrag ausgewiesen ist - um das korrekt ermittelte und vereinbarte Entgelt. Der Arbeitgeber kann eine solche objektiv fehlerhafte Eingruppierung nicht durch eine einseitige Änderung korrigieren. 635 Die Gegenmeinung, 636 die allein auf den Arbeitgeber abstellt, übersieht, daß für die (unter Umständen: ergänzende) Auslegung des mutmaßlichen Parteiwillens der Empfängerhorizont maßgeblich ist und nicht der innere Wille des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer verläßt sich darauf, daß nicht nur seine Tätigkeit nach Art und Umfang klar geregelt ist, sondern auch das Entgelt, für das er arbeitet. Ein redlicher Empfänger wird der Eingruppierung daher eine verbindliche Regelung entnehmen, die Verschlechterungen nicht zuläßt; Verbesserungen sind im Arbeitsverhältnis ohnehin nie ausgeschlossen und können es hier ebenfalls nicht sein. Einen besonderen Bereich stellt möglicherweise der öffentliche Dienst dar. Gegen eine Auslegung als verbindliche Eingruppierung könnte hier sprechen, daß § 22 Abs. 3 BAT die Bezeichnung der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag vorschreibt.637 Dieses Argument ist jedoch nicht stichhaltig. Würde nämlich § 22 Abs. 3 BAT dazu führen, daß die Nennung der Entgeltgruppe nur deklaratorischen Charakter hat, so würde diese den Arbeitnehmer begünstigende Vorschrift in ihr Gegenteil verkehrt: Der Arbeitnehmer stünde rechtlich besser, wenn es sie nicht gäbe. Dann wäre nämlich die arbeitsvertragliche Regelung anspruchsbegriindend. Gegen eine konstitutive Eingruppierungs,,zusage" im öffentlichen Dienst könnte auch sprechen, daß übertarifliche Zulagen unüblich und möglicherweise auch unzulässig sind.638 Ist die Zahlung von übertariflichem Entgelt generell ausgeschlossen, kann ein redlicher Empfänger die Eingruppierung in die unrichtige Vergütungsgruppe nicht als Angebot zur Zahlung eines übertariflichen Entgelts verstehen. Es ist freilich zweifelhaft, ob man dieses Wissen bei Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst als allgemein bekannt voraussetzen darf, zumal auch dort die Diskussion um zusätzliche finanzielle Leistungsanreize verstärkt geführt wird. Grundsätzlich ist es daher nicht gerechtfertigt, den öffentlichen Dienst anders zu behandeln.

(3) Änderbarkeit und Änderungsinstrument Nur in den genannten Fällen einer vertraglich verbindlichen Eingruppierungszusage, die nicht der "richtigen Eingruppierung" entspricht, stellt sich das Problem einer Abänderung. 639 Ebenso Etzel, NZA 1987, Beil. Nr. 1, S. 19 (25). Precklein, S. 119. 637 So Precklein, S. 119 f. 638 Im Sinne einer konstitutiven Regelung - ohne Begründung - auch BAG, Urt. v. 19. 10. 1961, AP Nr. 13 zu § I KSchG Betriebsbedingte Kündigung; Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 635

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VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 255

Kittner will, wie bereits erwähnt, das Problem mit der Anfechtung lösen. Dabei übersieht er, daß ein Anfechtungsrecht regelmäßig nicht vorhanden ist. Ein Anfechtungsgrund nach§ 123 BGB kommt von vomherein nicht in Frage; der Irrtum des Arbeitgebers beruht auf keiner Täuschung durch den Arbeitnehmer. Die meisten Fälle der irrtümlichen Eingruppierung werden auch weder dem § 119 Abs. 1 noch dem § 119 Abs. 2 BGB unterfallen. Der Irrtum beruht nicht auf Verlesen oder Verschreiben; die richtige Bezahlung ist keine Eigenschaft. Bei dem Subsumtionsirrtum des Arbeitgebers handelt es sich allenfalls um einen Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt. 640

Es kommt folglich darauf an, ob für die Änderung einer verbindlichen, aber irrtümlichen Eingruppierung die Voraussetzungen einer Änderungskündigung vorliegen. Das dafür nötige betriebliche Erfordernis hat das BAG in der Vermeidung von "Unruhe" im Betrieb gesehen. 641 Gemeint hat es damit, daß die falsche Eingruppierung einer Gruppe von Arbeitnehmern zu Mißstimmigkeiten in der Belegschaft führen könnte, möglicherweise zu einem Gruppendruck auf den Arbeitgeber, allen dieses Entgelt zu zahlen, oder im Falle der Ablehnung zu einer geringeren Bereitschaft der Arbeitnehmer, mit ihrer Tätigkeit wie in der Vergangenheit zum Gelingen des arbeitstechnischen Zweckes beizutragen. Diese Störung wurzelt freilich nicht im organisierten Zusammenwirken der Produktionsmittel und damit auch nicht in der Organisation der Arbeit, sondern in der mangelnden Bereitschaft der Arbeitnehmer, ihre Arbeitskraft in der vertraglich geschuldeten Art und Weise dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Die Wahrung des Betriebsfriedens ist folglich kein betrieblicher Grund, der eine entsprechende Änderungskündigung rechtfertigen würde.642 Dasselbe gilt für die "wirtschaftliche Haushaltsführung", die das BAG in derselben Entscheidung643 für den öffentlichen Dienst als Rechtfertigung für eine Änderung irrtümlicher Eingruppierungen benutzt hat. Das Haushaltsrecht des öffentlichen Dienstes hat keine unmittelbare Geltung für die Arbeitsverhältnisse. 644 Darüber hinaus gilt auch hier: Die Frage des richtigen Entgelts richtet sich an den Arbeitgeber als Unternehmer, nicht aber an ihn als Betriebsinhaber, denn das Entgelt dient nicht unmittelbar der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks. Ebenso wie der Unternehmer auch sonst jedes "schlechte Geschäft" mangels Anfechtbarkeit gegen sich gelten lassen muß, muß auch der Arbeitgeber fehlerhafte, aber ge639 Zutreffend Kittner; NZA 1997, S. 968 (972); vgl. auch LAG Köln, Urt. v. 17. 3. 1995, LAGE§ 2 KSchG Nr. 15. 640 Ablehnend auch Precklein, S. 116. 641 Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 642 Kittner; NZA 1997, S. 968 (972); Precklein, S. 113 ff. ; Rieble, Anm. zu BAG, EzA § 2 KSchG Nr. 16, 17. 643 Urt. v. 15. 3. 1991, AP Nr. 28 zu§ 2 KSchG 1969. 644 BAG, Urt. v. 14. 1. 1982, 16. 1. 1987, 27. 1. 1988, AP Nr. 46, 111, 116 zu§ 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag.

256

C. Die soziale Rechtfertigung

wollte Vereinbarungen akzeptieren. Dieses tragende Element der bürgerlichen Rechtsordnung kann bei Arbeitsverhältnissen nicht durch eine Änderungskündigung ausgehebelt werden. 645 Für die Berichtigung einer irrtümlichen Eingruppierung ist die betriebsbedingte Änderungskündigung daher der falsche Weg. 646 Es bleibt allenfalls die Änderungskündigung zur Entgeltsenkung, wenn die hierfür nötigen Voraussetzungen, so wie sie oben aufgezeigt wurden, erfüllt sind.

3. Erforderlichkeit Nach der hier vertretenen Auffassung läßt sich beim "betrieblichen Erfordernis" lediglich die "Betrieblichkeit" abstrakt, also losgelöst vom Änderungsangebot, überpriifen. Ohne Rücksicht auf das Änderungsangebot läßt sich eine Änderung nur dann durchsetzen, wenn die Änderungskündigung zugleich die Voraussetzungen der Beendigungskündigung erfüllt, etwa wenn ein Arbeitsplatz vollständig wegfallt. Aber auch hier gilt: Ist eine geeignete, gleichwertige Stelle frei, muß dem Mitarbeiter diese Stelle angeboten werden; das gebietet der Grundsatz der Erforderlichkeit.647 Ist eine solche Stelle nicht frei, kann ihm eine geringerwertige Stellung angeboten werden; schließlich dürfte er - gäbe es keinen anderen freien Arbeitsplatz - auch entlassen werden. In allen übrigen Fällen gilt: Steht fest, daß eine Unternehmerische Entscheidung eine betriebliche Wirkung nach sich zieht, weil sie auf die Durchsetzung des arbeitstechnischen Zwecks gerichtet ist, so ist weiter zu fragen, ob die Organisation der Arbeit die beabsichtigte Änderung notwendig macht. Hierbei muß das Angebot beriicksichtigt werden.

a) Geeignetes und erforderliches Mittel der Störungsbeseitigung Die Änderung muß die logische Folge der Unternehmerischen Entscheidung sein, sowohl nach ihrer Art als auch nach ihrem Umfang. Nach der Art: Die Einführung von Samstagsarbeit erfordert eine Änderung der Lage der Arbeitszeit und keine Änderung der Tätigkeit oder des Arbeitsorts;648 die Vakanz einer wichtigen Position in der betrieblichen Organisation erfordert die Versetzung der geeigneten Insoweit zutreffend Kittner, NZA 1997, S. 968 (972). Es ist fraglich, ob die betriebsbedingte Änderungskündigung ursprünglich auf die Korrektur falscher Eingruppierungen gemünzt gewesen ist, wie Hromadka, NZA 1996, S. 1 (8), meint. Die von ihm zur Begründung herangezogene Entscheidung in AP Nr. 10 zu § 620 BGB Änderungskündigung befaßt sich nicht mit einer irrtümlichen Eingruppierung; der Arbeitnehmer ist dem Arbeitgeber schlicht zu "teuer" gewesen. 647 BAG, Beschl. v. 21. 6. 1995, AP Nr. 36 zu§ 15 KSchG 1969. 648 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 12. 1997, AP Nr. 46 zu§ 2 KSchG 1969. 645

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VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 257

Person auf diese Stelle; 649 der Entschluß, die Volltags- in eine Halbtagsstelle umzuwandeln, verlangt nach einer Änderung der vertraglichen Arbeitszeit. 650 Nach dem Umfang: Die Versetzung des Filialleiters erfolgt nicht auf Dauer, sondern befristet; die Arbeitszeit wird in der Weise geändert, daß nicht jeden Samstag gearbeitet werden muß, sondern im Wechsel. Der Maßstab bei der betriebsbedingten Änderungskündigung ist also, wie eben gezeigt, in zweifacher Hinsicht konkretisiert: über die Eignung der Maßnahme zur Störungsbeseitigung und über die Anforderungen, die der zur Störungsbeseitigung erforderliche Änderungsumfang an den Änderungsgrund stellt. Änderungen der Tätigkeit, der Arbeitszeit und des Arbeitsorts bedürfen einer dem Inhalt dieser Änderung entsprechenden betrieblichen Notwendigkeit. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung gilt erst recht: Es gibt nur eine richtige, eben die geeignete und erforderliche Maßnahme, die der Vorgabe der unternehmefischen Entscheidung vollständig entspricht. Die unternehmefische Entscheidung "bedingt" die Maßnahme, oder sie bedingt sie nicht. 651 Ein "Mehr oder Weniger", das durch einen wertenden Vergleich der beiderseitigen Interessen zu ermitteln wäre, scheidet aus.

b) "Dringliches Erfordernis": Unmittelbarkeit der Störungsbeseitigung Nur eine Änderung, die ohne weiteren Zwischenschritt, also unmittelbar (sofort) und nachhaltig (endgültig) die Störung beseitigt, ist "erforderlich". Das Kündigungsschutzgesetz betont diesen Grundsatz durch die Notwendigkeit eines "dringenden" betrieblichen Erfordernisses. Ließe man einen lediglich mittelbaren Bezug zwischen Unternehmerentscheidung und Änderung genügen, würde dem nicht hinreichend Rechnung getragen. Diesen Grundsatz hat das BAG mißachtet, als es eine Änderungskündigung gebilligt hat, mit der der Arbeitgeber ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in ein befristetes umgewandelt hat. 652 Diese Maßnahme konnte schon deshalb nicht dringlich sein, weil der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auch durch ordentliche Kündigung hätte beenden können, sobald der Stellenplan die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses forderte. 653 Der Arbeitnehmer hätte dann die Rechtmäßigkeit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses überpriifen lassen können, zutreffenderweise nach dem Maßstab der Beendigungs- und nicht nach dem der Änderungskündigung. Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 488. BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. 651 Hromadka, NZA 1996, S. 1 (11). 652 BAG, Urt. v. 25. 4. 1996, AP Nr. 78 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; hierzu oben S. 119 ff. sowie S. 232 f. 653 ErfK/ Ascheid, § 2 KSchG Rn. 9, 54; Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 769a. 649

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C. Die soziale Rechtfertigung

c) Darlegungslast des Arbeitgebers und Freiheit der Unternehmerischen Entscheidung Selbst wenn man nur auf die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Änderung abstellt und nicht auf die Zumutbarkeit, sind die Interessen der Arbeitnehmer nicht schutzlos dem Änderungsbegehren ausgeliefert. Die unternehmensehe Entscheidung darf nicht willkürlich sein; außerdem muß der Arbeitgeber begriinden, daß die Maßnahme der Durchsetzung seiner Organisation und damit des arbeitstechnischen Zwecks dient. Das ist beim Filialleiter, der unfreiwillig in eine ungeliebte Filiale wechseln soll, um den Betrieb wieder in die schwarzen Zahlen zu führen, nur der Fall, wenn der Unternehmer darlegt, daß jener die Fähigkeiten zur Sanierung besitzt. Wie in jedem Priifungsstadium muß aber auch hier die unternehmensehe Entscheidung respektiert werden. Will der Arbeitgeber aus Vollzeit- Teilzeitstellen bilden, so darf ihn das Gericht nicht dazu zwingen, statt vieler Änderungskündigungen wenige Beendigungskündigungen auszusprechen. 654 Umgekehrt muß dasselbe gelten; will der Arbeitgeber statt einer Teilzeit- eine Vollzeitstelle einrichten, darf ihn das Gericht nicht zwingen, zwei Teilzeitstellen zu schaffen. 655 Das Gericht ist nicht der bessere Unternehmer; es ist ihm verwehrt, die unternehmensehe Entscheidung daraufhin zu überprüfen, ob es eine "bessere" oder eine schlechtere Maßnahme gibt. Soll der Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers so geändert werden, daß nunmehr auch an Samstagen gearbeitet werden muß, ist das Gericht gehindert zu prüfen, ob nicht etwa eine zusätzliche Schicht wirtschaftlich sinnvoller wäre. Problematisch ist daher eine Entscheidung des LAG Hamm, wonach der Arbeitgeber bei der Umwandlung eines Teilzeit- in ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründen muß, warum die Arbeit nicht ebensogut von zwei Halbtagskräften erledigt werden kann.656

4. Die Sozialauswahl bei der betriebsbedingten Änderungskündigung § 2 S. 1 KSchG, in dessen Klammerzusatz auf § 1 Abs. 3 KSchG verwiesen wird, ordnet auch für die betriebsbedingte Änderungskündigung eine Sozialauswahl an. "Verlierer" der Sozialauswahl ist derjenige, dem der Verlust des Arbeitsplatzes (bei der Beendigungskündigung) oder die Änderung der Arbeitsbedingungen (bei der Änderungskündigung) in sozialer Hinsicht eher zurnutbar ist. 657 Hier-

BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. A.A. LAG Harnrn, Urt. v. 26. 9. 1996, LAGE§ 2 KSchG Nr. 23; LAG Harnburg, Urt. v. 20. 11. 1996, LAGE§ 2 KSchG Nr. 25. 656 LAG Harnrn, Urt. v. 26. 9. 1996, LAGE§ 2 KSchG Nr. 23. 654 655

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 259

an ist bereits erkennbar, daß die Sozialauswahl bei einer Änderungskündigung zu modifizieren ist. Bei Beendigungskündigungen ist ausschlaggebend, welcher Arbeitnehmer am wenigsten auf die Erhaltung seines Arbeitsverhältnisses angewiesen ist. 658 Bei der Änderungskündigung ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber die Änderung nicht einem anderen, vergleichbaren und sozial belastbareren Arbeitnehmer ausinnen muß. 659 Die Frage, die Literatur und Rechtsprechung hierbei am meisten beschäftigt, ist die nach dem Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer. Das BAG hat entschieden, daß nur diejenigen Arbeitnehmer miteinander verglichen werden können, die sowohl zu den bisherigen als auch zu den neuen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden können. 660 Diese Rechtsprechung ist in der Literatur nicht nur auf Zustimmung gestoßen. 661 Precklein zufolge soll eine Sozialauswahl nur bei einer (von ihr so genannten) Versetzungs-Änderungskündigung in Betracht kommen.662 Eine Änderungskündigung zum Zwecke der Entgeltkürzung (gemeint: ohne Änderung auch der Tätigkeit) erfasse notwendigerweise alle Arbeitnehmer; 663 bei allen sonstigen Nichtversetzungs-Änderungskündigungen ergebe sich in der Regel schon aus der konkreten Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, gegenüber welchen Arbeitnehmern die Änderung notwendig sei. Eine Sozialauswahl führte in diesem Fall zu einer Überprüfung der Unternehmerentscheidung.

a) Bedeutung und systematische Einordnung Eine kritische Auseinandersetzung über die richtige Anwendung der Sozialauswahl bei der Änderungskündigung hat zunächst die Funktion der Sozialauswahl und ihre Stellung im Prüfungsschema zu beleuchten. Die Sozialauswahl setzt voraus, daß ein Kündigungs- oder Änderungsentschluß gefallen ist, der die Hürde des § 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 KSchG genommen hat. Nur wenn der Arbeitgeber berechtigterweise zur Kündigung oder zur Änderungskündigung greifen kann, um seine un657 BAG, Urt. v. 18. 10. 1984, AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu§ 2 KSchG 1969. 658 BAG, Urt. v. 12. 10. 1979, AP Nr. 7 zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 659 BAG, Urt. v. 18. 10. 1984, 13. 6. 1986, AP Nr. 6, 13 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl. 660 BAG, Urt. v. 13. 06. 1986, AP Nr. 13 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl. 661 Ablehnend Berkowsky, DB 1990, S. 834 (836 f.); Precklein, S. 127 ff.; Schwerdtner, NJW 1987, S. 1607 f.; zust. dagegen Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 493; Hromadka, RdA 1992, S. 234 (257); Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 76; Kittner/Däubler/Zwanziger; § 2 KSchG Rn. 182. 662 Precklein, S. 124; zum Begriff "Versetzungs-Änderungskündigung" s. oben S. 147. 663 KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 107d; Precklein, S. 108. Vgl. auch BAG, Urt. v. 20. 8. 1998, AP Nr. 50 zu§ 2 KSchG 1969, wonach der Arbeitgeber "Gleichbehandlungsgesichtspunkte" berücksichtigen müsse.

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C. Die soziale Rechtfertigung

ternehmerischen Vorstellungen im Betrieb umzusetzen, stellt sich die Frage, ob nicht statt des betroffenen Arbeitnehmers ein anderer ausgewählt werden muß. Die Aufgabe der Sozialauswahl besteht in der personellen Konkretisierung der dringenden betrieblichen Erfordernisse. 664 Das bedeutet, daß die zunächst nur organisatorische Änderung Auswirkungen auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis hat, das aus einem Kreis von vergleichbaren Beschäftigungsverhältnissen auszuwählen ist. Ist von Anfang an nur ein bestimmter Arbeitsplatz betroffen, "verbreitert" die Sozialauswahl den einzelpersonenbezogenen Kündigungsschutz auf Kosten der Kollegen. Der Wegfall eines bestimmten Arbeitsplatzes durch eine bestimmte unternehmerische Entscheidung würde ohne § 1 Abs. 3 KSchG nur die Entlassung des Arbeitnehmers bedingen, der auf diesem Arbeitsplatz eingesetzt ist. Sind aber mehrere Arbeitnehmer auf diesem Arbeitsplatz einsetzbar, muß der Arbeitgeber nach sozialen Kriterien vorgehen und den sozial Stärksten auswählen. Ausgehend von einer bestimmten betrieblichen Maßnahme gelangt der Rechtsanwender mittels einer Sozialauswahl über eine Anzahl von Arbeitnehmern zu einem bestimmten Arbeitnehmer. Für die Änderungskündigung gilt nichts anderes. Zwar ist die Sozialauswahl, wie auch der Maßstab, für die Änderungskündigung zu modifizieren; ihr grundlegender Gedanke, die personelle Konkretisierung des betrieblichen Erfordernisses, trifft für die Änderungskündigung aber ebenso zu. Das bedeutet, daß die Sozialauswahl stattzufinden hat, nachdem ein betriebliches Erfordernis für eine bestinunte Änderung festgestellt ist. Sie scheidet aus, wenn überhaupt nur ein Arbeitnehmer betroffen ist, beispielsweise wenn die betriebliche Notwendigkeit im Einsatz einer bestimmten Fachkraft an einer bestimmten Position besteht, oder wenn, wie bei einer Lohnkürzung oder einer Änderung der Arbeitszeit, alle Arbeitnehmer im Betrieb oder in einer bestimmten Abteilung gleichermaßen Adressaten der Maßnahme sind. Aus demselben Grund entfällt die Sozialauswahl auch bei der Beendigungskündigung, wenn im Zuge einer Betriebsstillegung alle Arbeitnehmer entlassen werden müssen. Ob eine Sozialauswahl stattfinden muß, hängt nicht davon ab, welche Arbeitsbedingungen geändert werden. Eine gesetzliche Unterscheidung zwischen Versetzungs- und Nichtversetzungs-Änderungskündigungen, wie sie Precklein vertritt, gibt es nicht; sie kann daher auch nicht maßgeblich sein. Die Sozialauswahl muß immer dann vorgenommen werden, wenn nur für einzelne Arbeitsplätze Arbeitsbedingungen geändert werden, in der Regel also bei Änderungen der Tätigkeit, des Arbeitsorts und der Arbeitszeitdauer.665 Soll etwa aus einer Gruppe von Arbeitnehmern jemand künftig nurmehr in Teilzeit arbeiten, kann die Bestimmung des Betroffenen nur aufgrundeiner Sozialauswahl vorgenommen werden. 666

Precklein, S. 123. Letzteres soll nach Precklein eine Nichtversetzungs-Änderungskündigung darstellen, s. Precklein, S. 16. 664 665

VIII. Die Änderungskündigungaufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 261

b) Der Kreis der einzubeziehenden Arbeitnehmer

Die soziale Auswahl erstreckt sich nur auf Arbeitnehmer, die miteinander verglichen werden können. Vergleichbar sind nur Arbeitnehmer, die austauschbar sind. 667 Bei der Beendigungskündigung gibt es nur alles oder nichts, den Verlust oder die Beibehaltung des bisherigen Arbeitsplatzes. Die Sozialauswahl kann sich daher auch nur auf den bisherigen Arbeitsplatz beziehen. In die Sozialauswahl sind folglich die Mitarbeiter einzubeziehen, die gleichermaßen den weggefallenen Arbeitsplatz hätten besetzen können. 668 Weiterhin muß ihnen gegenüber die gleiche Rechtsfolge - die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - möglich sein, denn sonst wäre eine Auswahl nicht denkbar. Deshalb sind Arbeitnehmer, die zwar auf dem weggefallenen Arbeitsplatz einsetzbar wären, aber ordentlich nicht kündbar sind, von der Sozialauswahl auszunehmen. 669 Bei der Änderungskündigung stellt die Sozialauswahl die Verbindung zwischen der Unternehmerischen Entscheidung, deren Umsetzung den Arbeitsplatz ändert, und dem Arbeitnehmer her, dessen Arbeitsbedingungen geändert werden müssen. Betroffen von einer Änderungskündigung sind nur diejenigen Mitarbeiter, die auch zu den neuen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden können. 670 Die Sozialauswahl kann den Arbeitgeber nicht dazu zwingen, demjenigen Arbeitnehmer eine Änderungskündigung auszusprechen, der zu den angebotenen Bedingungen überhaupt nicht einsetzbar ist. Ein solches Angebot wäre unannehmbar, eine betrieblich erforderliche Änderungskündigung möglicherweise nicht mehr durchsetzbar: Der eine Mitarbeiter, der zwar unter den neuen Bedingungen arbeiten könnte, ist viel666 Vgl. BAG, Urt. v. 19. 5. 1993, AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969; entgegen Precklein, S. 125, handelt es sich dabei nicht um einen "besonders gelagerten Fall". 667 Allgemeine Meinung, vgl. BAG, Urt. v. 16. 9. 1982, AP Nr. 4 zu§ 22 KO (B II 4a der Gründe); Urt. v. 7. 2. 1985, AP Nr. 9 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl (IV 1 der Gründe) m. N.; Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 50 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung (III 1 der Gründe); Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 325; KR/ Etzel, § 1 KSchG Rn. 631; Huecklv. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 444. 668 Grundlegend BAG, Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 50 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 9 Rn. 442. 669 Das ist unstreitig für gesetzliche Kündigungsverbote wie etwa in § 15 Abs. 1 KSchG oder in § 2 Abs. 1 ArbPISchG, § 78 Abs. 1 Nr. 1 ZOO, Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 323; MünchArbR/ Berkowsky, § 139 Rn. 92; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 453. Tarifliche Verbote hält die h.M. ebenfalls für ein Hindernis, Ascheid, RdA 1997, S. 333 (335); KR/ Etzel, § 1 KSchG Rn. 678; Künzl, ZTR 1996, S. 385 (389); Meise/, DB 1991, S. 92 (94); Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 662; a.A. Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 456; MünchArbR/ Berkowsky, § 139 Rn. 106 ff.; Ehler, BB 1994, S. 2068 (2069); D. Gaul, NZA 1992, S. 673 (675); Löwisch, DB 1998, S. 877 (881). Dasselbe gilt für einzelvertragliche Ausschlüsse, Ascheid, Kündigungsschutzrecht, Rn. 324; KR/ Etzel, § 1 KSchG Rn 679; Stahlhacke!Preis/Vossen, Rn. 662; a.A. MünchArbR/Berkowsky, § 139 Rn. 112 ff.; Kanial Kramer, RdA 1995, S. 287 (288); Künzl, ZTR 1996, S. 385 (389); Hueck/v. HoyningenHuene, § 1 Rn. 459. 670 ErfK/Ascheid, § 2 KSchG Rn. 56; ders. , Kündigungsschutzrecht, Rn. 493; Hueck/v. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 76; Linck, Soziale Auswahl, S. 145 ff.

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C. Die soziale Rechtfertigung

leicht der sozial Schwächere, so daß eine Änderungskündigung gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstößt; der sozial Stärkere ist dagegen für den neuen Arbeitsplatz ungeeignet, so daß die Änderungskündigung schon aufgrund des unannehmbaren Angebots nicht gerechtfertigt ist. Da der Gesetzgeber erforderliche Änderungen nicht verhindem wollte, kann dieses Ergebnis nicht richtig sein. Es ist daher notwendig, die Sozialauswahl nur unter den Arbeitnehmern vorzunehmen, die sowohl für die bisherigen als auch für die neuen Arbeitsbedingungen qualifiziert sind.671 Insoweit unterscheiden sich Änderungskündigung und Beendigungskündigung auch in der Sozialauswahl; das System der Sozialauswahl ist jedoch dasselbe: Zu vergleichen sind immer diejenigen Mitarbeiter, die von denselben Maßnahmen betroffen sein können, bei der Beendigungskündigung von dem Verlust des Arbeitsplatzes, bei der Änderungskündigung von den geänderten Arbeitsbedingungen. Gegen die herrschende Meinung, die in die Sozialauswahl nur diejenigen Arbeitnehmer einbezieht, die nicht nur zu den alten, sondern auch zu den neuen Arbeitsbedingungen arbeiten könnten, werden hauptsächlich drei Argumente vorgebracht. Zum einen wird darauf hingewiesen, daß eine solche Sozialauswahl im Ergebnis die "Bestrafung" des flihigeren und besser ausgebildeten Arbeitnehmers nach sich zieht. 672 Einem sozial besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmer, der im Zusammenhang mit einer anstehenden Beendigungskündigung vor einer Beendigung seines Arbeitsverhältnisses geschützt wäre, könnte im Wege der Änderungskündigung der bisherige Tätigkeitsbereich entzogen werden, werut die Eignung zum bestimmenden Abgrenzungsmerkmal für die Zusammenstellung der Gruppe würde. 673 So hätte im Schwimmeisterfall das Arbeitsverhältnis mit dem betroffenen Arbeitnehmer nicht beendet werden dürfen, da ein anderer freier Arbeitsplatz für ihn vorhanden war. Weil er aber als einziger über die Qualifikation für den neuen Arbeitsplatz verfügte, war die Änderungskündigung rechtens, ohne daß eine Sozialauswahl durchgeführt werden mußte. Zweitens soll es über die "erweiterte Vergleichbarkeit" zu einer Art vertikaler Vergleichbarkeit kommen. 674 Bei einer vertikalen Vergleichbarkeit könne sich der Arbeitnehmer darauf berufen, nach Änderung seiner Arbeitsbedingungen auf einen geringer- oder höherwertigen Arbeitsplatz eingesetzt zu werden. Stelle man bei der Sozialauswahl in der Änderungskündigung auch auf die Eignung für den neuen Arbeitsplatz ab, verlasse man die Ebene der Betriebshierarchie. Nach der Rechtsprechung sei für die Sozialauswahl bei der Beendigungskündigung nur ein Vergleich auf derselben Ebene möglich. 675 Ver671

So mit Recht BAG, Urt. v. 13. 6. 1986, AP Nr. 13 zu § l KSchG 1969 Soziale Aus-

wahl. 672 So etwa Berkowsky, DB 1990, S. 834 (835); Preis, DB 1988, S. 1387 (1395); Reuter, Anm. zu BAG, EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 23; Schreiber, Anm. zu BAG, SAE 1989, S. 136 (137); Schwerdtner, NJW 1987, S. 1607 (1608). 673 Precklein, S. 127. 674 Precklein, S. 130. 675 Precklein, S. 129, unter Verweis auf BAG, Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 50 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 263

gleichbar seien Arbeitnehmer dann nicht, wenn erst eine Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen, sei es durch Vertrag oder durch Änderungskündigung, die Vergleichsebene herstelle. 676 Der vertikale Vergleich würde dazu führen, daß für die Arbeitnehmer, die nicht der gleichen betrieblichen Hierarchiestufe angehören und die vom Wegfall des Arbeitsplatzes unmittelbar nicht betroffen sind, erst die Sozialauswahl das betriebliche Erfordernis schaffe.677 Das aber stelle die betriebsbedingte Kündigung auf den Kopf und lege der Sozialauswahl eine Funktion bei, die ihr das Gesetz nicht einräume. Drittens wird behauptet, die herrschende Meinung wolle vermittels der Sozialauswahl dem Grundsatz des "Vorranges der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung" zur Geltung verhelfen, wodurch Elemente des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zweckentfremdet würden.678 Mit Ausspruch einer Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung entspreche der Arbeitgeber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.679 In der Sozialauswahl habe dies nichts zu suchen.680 Der Anspruch des Arbeitnehmers auf einen anderen freien Arbeitsplatz richte sich nur gegen den Arbeitgeber; der Grundsatz der Erforderlichkeit gelte nur zwischen den Arbeitsvertragsparteien selbst und nicht zwischen den Kollegen. Die Änderungskündigung des einen Arbeitnehmers habe also nicht Vorrang vor der Beendigungskündigung eines anderen. 681 Diese Auffassung überzeugt nicht. Zwar führt die Begrenzung der Sozialauswahl auf die auch zu den neuen Bedingungen einsetzbaren Arbeitnehmer in der Tat dazu, daß demjenigen, der bei einer Beendigungskündigung möglicherweise der sozial Schwächere wäre, der angestammte Arbeitsplatz entzogen werden kann. Ware freilich die Sozialauswahl bei der Änderungskündigung nur auf den bisherigen Arbeitsplatz bezogen, hätte dies tiefergehende Folgen als den Verlust des Tatigkeitsfeldes. Der sozial stärkste Arbeitnehmer müßte dann nämlich zu den neuen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden. Ist er zur Leistung unter diesen Bedingungen aber gar nicht in der Lage, müßte er entlassen werden, wenn sein Arbeitsplatz wie im Schwimmeistenall weggefallen ist. Diese Konsequenz kann auch von den Gegnern der HAG-Rechtsprechung nicht gewollt sein. Die Behauptung, mit der Einbeziehung der Eignung für den neuen Arbeitsplatz werde die betriebliche Ebene, die durch den bisherigen Arbeitsplatz gekennzeichnet wird, verlassen,682 ist nicht richtig. Berücksichtigt man die Eignung für die 676 Precklein, S. 129, unter Verweis auf BAG, Urt. v. 7. 2. 1985, AP Nr. 9 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, und Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 50 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung (III 2 der Gründe). 677 Precklein, S. 129, unter Verweis aufBAG, Urt. v. 29. 3. 1990, AP Nr. 50 zu§ 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung. 678 MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 87; Precklein, S. 128. 679 BAG, Urt. v. 13. 6. 1986, AP Nr. 13 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl. 680 Precklein, S. 128; zweifelnd auch Fischermeier, NZA 2000, S. 737 (739). 681 MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 89. 682 Precklein, S. 130.

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C. Die soziale Rechtfertigung

neuen Arbeitsbedingungen, so führt dies nicht, wie bei der Beendigungskündigung, zu einer systemwidrigen Erweiterung des von der Kündigung betroffenen Kreises und zu einem systemwidrigen Anspruch des von der Änderungskündigung betroffenen Arbeitnehmers, ihm notfalls durch Um- und Versetzung anderer Kollegen einen Arbeitsplatz zu schaffen. Statt dessen wird der Auswahlkreis bei der Änderungskündigung eingeengt. Nur diejenigen Arbeitnehmer, die auch zu den neuen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden können, sind in die Sozialauswahl aufzunehmen, weil nur für diese das Ziel, Arbeitsbedingungen zu ändern, überhaupt sinnvoll ist. Der eingeengte Kreis ist eine Teilmenge der ansonsten vom betrieblichen Erfordernis betroffenen Arbeitnehmer. Die Befürchtung einer vertikalen Vergleichbarkeit ist bei der Änderungskündigung also noch weniger begründet als bei der Beendigungskündigung. Allein die Berücksichtigung auch der neuen Arbeitsbedingungen erfüllt die gesetzlichen Anforderungen an die SozialauswahL Schließlich ist der Vorwurf an die herrschende Meinung, sie verwirkliche den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Sozialauswahl, unbegründet, da ihm ein unzutreffender Ausgangspunkt zugrunde liegt. Berkowsky und Precklein, die diese Ansicht vertreten, prüfen die Sozialauswahl lediglich nach den allgemeinen, für Beendigungskündigungen geltenden Grundsätzen. 683 Sie fragen, wem am ehesten gekündigt werden kann, wenn der Arbeitsplatz beispielsweise eines der Schwimmeistee weggefallen ist. Richtig ist, daß dem sozial Stärksten gekündigt werden muß; kann ihm mangels Eignung kein Arbeitsplatz angeboten werden, so muß es bei der Beendigungskündigung bleiben. Dieser Fall war dem BAG jedoch nicht zur Entscheidung gestellt. Das BAG mußte prüfen, ob eine Änderungskündigung gegenüber einem der Schwimmeistee möglich war. Insoweit geht der Einwand von Berkowsky, die herrschende Ansicht befasse sich nicht "mit dem Regelfall, daß der beendigungsgekündigte Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozeß eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit einwende,"684 an der Sache vorbei. Hat der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung ausgesprochen, so ist in der Tat zu prüfen, ob nicht eine Änderungskündigung ultima ratio gewesen wäre. Hat der Arbeitgeber dagegen - wie im Schwimmeistenall - eine Änderungskündigung ausgesprochen, ist die Frage, wer auf dem neuen Arbeitsplatz beschäftigt werden kann, ausschlaggebend. Die Änderungskündigung erfüllt einen eigenen gesetzlichen Zweck. Das gilt beim Kündigungsgrund und bei der SozialauswahL Berkowsky und Precklein nehmen Arbeitnehmer in eine Vergleichsgruppe unabhängig davon auf, ob dem einen die Änderungskündigung droht, dem anderen die Beendigungskündigung. Das kann nicht überzeugen. Festzuhalten bleibt, daß in die Sozialauswahl bei der Änderungskündigung nur diejenigen Arbeitnehmer aufzunehmen sind, die sowohl zu den alten wie auch zu den neuen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden könnten.

683

MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 83; ders., DB 1990, S. 834 (836 f.); Precklein,

684

MünchArbR/ Berkowsky, § 145 Rn. 90.

s. 130.

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 265

c) Die einzubeziehenden sozialen Umstände Für die soziale Auswahl selbst kam es bis zum 30. 9. 1996, vor lokrafttreten des Gesetzes vom 25. 9. 1996,685 und kommt es wieder seit 1. I. 1999, mit lokrafttreten des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. 12. 1998,686 auf die fehlende oder nicht ausreichende Berücksichtigung "sozialer Gesichtspunkte" an. Hierunter fallen jedenfalls die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und aktuelle Unterhaltsverpflichtungen des Arbeitnehmers. 687 Im übrigen ist die Auswahl der sozialen Gesichtspunkte in Rechtsprechung und Literatur seit jeher umstritten. Die wohl überwiegende Meinung sieht alle sozialen Merkmale als beachtenswert für die Sozialauswahl an, 688 während eine neuere Auffassung in der Literatur, insbesondere Preis, im Interesse der Rechtssicherheit eine normative Eingrenzung der sozialen Gesichtspunkte auf solche Merkmale fordert, die im Zusammenhang mit dem konkreten Arbeitsverhältnis und dessen personalen Bezügen stehen.689 Letzteres überzeugt; es geht hier um eine Auswahl unter Zuhilfenahme nachvollziehbarer sozialer Gesichtspunkte, nicht um eine allgemeine Interessenabwägung. Tatsächlich kennt der Arbeitgeber auch nicht alle sozialen Merkmale seines Arbeitnehmers; in der Regel beschränken sich seine Kenntnisse auf Geburts- und Eintrittsdatum, Zahl und Alter der Kinder, Familienstand, Lohnsteuerklasse und wenige besondere Umstände wie etwa eine Schwerbehinderteneigenschaft Lebensalter und Betriebszugehörigkeit fallen ohne weiteres unter die sozialen Gesichtspunkte bei einer Änderungskündigung; so vertraut etwa der Arbeitnehmer mit zunehmender Betriebszugehörigkeit auf die Beständigkeit seiner Arbeitsbedingungen. 690 Unterhaltspflichten sind zutreffenderweise nur relevant, wenn die Änderungskündigung erhebliche finanzielle Einbußen bewirkt.691 Bei allen Einzelfallentscheidungen ist jedoch immer zu berücksichtigen, daß die Sozialauswahl notwendige Kündigungen nicht erschweren, sondern den Schaden durch Auswahl der sozial stärksten Arbeitnehmer begrenzen soll. Deshalb kommt dem Arbeitgeber ein relativ weiter Bewertungsspielraum zu, 692 weil die sozialen Gesichtspunkte lediglich "ausreichend" berücksichtigt werden müssen. 693 BGBI. I S. 1476. BGBI. I S. 3843. 687 BAG, Urt. v. 13. 6. 1986, AP Nr. 13 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl; zust. Dänzer-Vanotti, Anm. zu BAG, SAE 1987, S. 183 (184); KR/ Etzel, § 1 KSchG Rn. 685; so ausdrücklich § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG in der Fassung des Gesetzes vom 25. 9. 1996 (BGBI. I S. 1476), der mit Wirkung zum I. I. 1999 in die frühere Fassung geändert worden ist. 688 BAG, Urt. v. 8. 8. 1985, AP Nr. 10 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; KR/ Etzel, § I KSchG Rn. 702; Hueck!v. Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 469 ff.; v. Hoyningen-Huene, NZA 1986, S. 449 (451); Wank, ZIP 1986, S. 206 (216). 689 Preis, DB 1988, S. 1387 (1396); vgl. auch Stahlhacke I Preis/Vossen, Rn. 661. 690 Kritisch Linck, Soziale Auswahl, § 8 Ziff. II 2 (S. 148). 691 Preis, DB 1988, S. 1387 (1396). 692 s. nur BAG, Urt. v. 15. 6. 1989, AP Nr. 18 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl. 685

686

266

C. Die soziale Rechtfertigung

Wenn dem Arbeitnehmer eine andere Tatigkeit bei gleichem Einkommen zugewiesen werden soll, kann es auf Unterhaltsverpflichtungen nicht ankommen. Maßgeblich ist dagegen, welcher Arbeitnehmer die Umstellung nach seiner Vorbildung und seinen persönlichen Eigenschaften leichter verkraftet. Das BAG nennt in der Schwimmeister-Entscheidung vom 13. 6. 1986 ausdrücklich "Wendigkeit, schnelle Auffassungsgabe, Anpassungsfahigkeit und Gesundheitszustand. " 694 Immer jedoch ist von Bedeutung, wie die vorgeschlagene Vertragsänderung den sozialen Status der vergleichbaren Arbeitnehmer beeinflußt,695 ob also die Änderung der Arbeitsbedingungen einem anderen Arbeitnehmer in sozialer Hinsicht eher zumutbar gewesen wäre. 696

(1) Die "Interimsperiode" bis zur Bundestagswahl 1998

Die Neuregelung des§ 1 Abs. 3 KSchG, gültig bis zum 31. 12. 1998, hatte das Problem nicht entschärft. Allerdings hatte der Gesetzgeber klargestellt, daß nur bestimmte Gründe in die Sozialauswahl einfließen dürfen, nämlich Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltspflichten. Welches Kriterium den Vorrang haben sollte, ließ sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen. Folgt man dem Gedanken von Preis, müßte die Sachnähe zum Betrieb entscheiden. An erster Stelle stünde danach die Betriebszugehörigkeit, dann das Alter, am Schluß die Unterhaltsverpflichtung. Die Nähe zum Betrieb kann aber ftir die Gewichtung (anders ist es mit der Auswahl) nicht ausschlaggebend sein. Der Gesetzgeber hat schon für den Kündigungsgrund und insbesondere bei der Sozialauswahl in § I Abs. 3 S. 2 KSchG dem Gedanken der Betriebsnotwendigkeit ausdrücklich und ausreichend Rechnung getragen. Hat der Arbeitgeber schon das Recht, Arbeitsbedingungen zu ändern, um seine betrieblichen Vorstellungen durchzusetzen, so soll er die vergleichbaren Arbeitnehmer wenigstens nach sozialen Kriterien auswählen. Sozial bedeutet aber, daß auch Merkmale des persönlichen Umfelds des Arbeitnehmers berücksichtigt werden müssen. Zwischen sozialen Kriterien begründet nur der Einzelfall Rangunterschiede, nicht das Gesetz. So ist es durchaus möglich, daß sich die Unterhaltspflichten gegenüber Betriebszugehörigkeit und Lebensalter durchsetzen. Hier können sich in der Sache auch Unterschiede zwischen Beendigungsund Änderungskündigung ergeben.

KR/ Etzel, § 1 KSchG Rn. 694 ff.; Fischermeier, NZA 2000, S. 737 (738). BAG, Urt. v. 22. 5. 1986, AP Nr. 13 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl. 695 Huecklv. Hoyningen-Huene, § 2 Rn. 77; Linck, Soziale Auswahl, S. 147 ff.; Löwisch, Anm. zu BAG, AP Nr. 6 zu § l KSchG 1969 Soziale Auswahl; Precklein S. 134; KR/ Rost, § 2 KSchG Rn. 103. 696 Hromadka, NZA 1996, S. 1 (8); KR/ Rost,§ 2 KSchG Rn. 103a. 693 694

VIII. Die Änderungskündigung aufgrund dringenden betrieblichen Erfordernisses 267

(2) Berücksichtigung des Änderungsangebots in der Sozialauswahl

Vom Gesetzgeber nicht gelöst - weder 1996 noch 1998 - wurde das Problem, ob das Änderungsangebot Eingang in die Prüfung der Sozialauswahl finden soll. Precklein lehnt seine Berücksichtung ab, weil dies ihrer Meinung nach zu einer "ganz erheblichen Rechtsunsicherheit" führen würde. Deshalb trage ihr Lösungsansatz, die Sozialauswahl ganz nach den Regeln der Beendigungskündigung vorzunehmen, zu einem Mehr an vorhersehbaren und kalkulierbaren Ergebnissen bei. 697 Dabei komme es zu einer Rangfolge, nach der die sozial Schutzbedürftigsten unverändert weiterzubeschäftigen, die sozial Stärksten zu entlassen und dem Mittelfeld anderweitige Beschäftigungen anzubieten seien, wenn sich diese Arbeitnehmer in fachlicher und persönlicher Hinsicht eigneten. 698 Damit stellt Precklein die Verhältnisse auf den Kopf. Nach ihr entscheidet die Sozialauswahl, ob eine Beendigungskündigung oder eine Änderungskündigung ausgesprochen werden darf, und nicht der Kündigungsgrund. Dort ist jedoch die Weichenstellung vorzunehmen; eine Maßnahme erfordert eine Beendigungskündigung, eine andere eine Änderungskündigung. In der Sozialauswahl darf nur geprüft werden, ob die Maßnahme auch gegen den richtigen Arbeitnehmer ausgesprochen wurde. Die "Rangliste" von Precklein, die die Maßnahmen nach ihrer sozialen Verträglichkeit anordnet, gibt es nicht. Nach richtiger Ansicht ist die Sozialauswahl innerhalb des Kreises von Arbeitnehmern vorzunehmen, die auch zu den neuen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden können; das Änderungsangebot ist daher auch bei der Sozialauswahl zu berücksichtigen.

(3) Ergebnis

Die Sozialauswahl für die Beendigungskündigung und die für die Änderungskündigung unterscheiden sich in ihren Voraussetzungen grundlegend voneinander. Damit gilt für die Sozialauswahl dasselbe wie für die Prüfung des Kündigungsgrundes: Sie darf nicht nach den gleichen Kriterien wie bei einer Beendigungskündigung durchgeführt werden. So wie bei der Beendigungskündigung die Rechtsfolge bei Auswahl und Gewichtung der sozialen Kriterien (mehr oder weniger unbewußt) mitberücksichtigt wird, muß auch bei der Änderungskündigung auf die Rechtsfolge abgestellt werden. Wie bei Auswahl und Gewichtung der sozialen Kriterien ist bei der Bildung des Kreises der betroffenen Arbeitnehmer das Änderungsangebot zu berücksichtigen. Nur mit denjenigen Mitarbeitern, die auch die Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes erfüllen, ist die Sozialauswahl durchzuführen.

697 698

Precklein, S. 137. Precklein, S. 139.

D. Zusammenfassung und Ergebnisse 1. Nach § 2 S. 1 KSchG handelt es sich bei der Änderungskündigung um eine Kündigung, in deren Zusammenhang der Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen anbietet. Die Kündigung dient dazu, die Bindung an den bisherigen Vertragsinhalt zu beenden und dadurch Druck auf den Arbeitnehmer auszuüben, das Änderungsangebot des Arbeitgebers anzunehmen. Die Änderung kommt durch das Einverständnis des Arbeitnehmers mit dem Angebot zustande, nicht schon mit dem Zugang der Änderungskündigung. 2. Der vom Gesetzgeber geforderte Zusammenhang zwischen Kündigungserklärung und Änderungsangebot wird für den Arbeitnehmer durch den Zwang erkennbar, das Angebot anzunehmen, will er nicht den Arbeitsplatz verlieren. Der Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot ist nicht nur sachlich oder zeitlich zu verstehen; ausschlaggebend ist, ob der Arbeitnehmer als redlicher Empfänger erkennen kann, daß die Kündigung der Durchsetzung der Änderung dient. Dies ist ohne weiteres der Fall, wenn die Kündigung nach dem Angebot und unter Bezug darauf ausgesprochen wird. Der Zusammenhang ist auch dann gewahrt, wenn das Angebot der Kündigung nachfolgt und dem Arbeitnehmer erkennbar ist, daß die Kündigung der Durchsetzung der nachfolgenden Änderung dient. Notwendig ist aber, daß schon am Tage des Kündigungszuganges dem Arbeitnehmer bekannt ist, welche Arbeitsbedingungen in welcher Art und Weise geändert werden sollen; sonst wird die Annahmefrist des § 2 S. 2 KSchG unterlaufen. Am häufigsten wird der Zusammenhang dadurch hergestellt, daß die Kündigung unter einer auflösenden oder aufschiebenden Bedingung erklärt wird; die Auslegung ergibt, welcher Weg eingeschlagen worden ist. In jedem Fall hat der Arbeitnehmer bis zum Ende der Vorbehaltsfrist das Angebot anzunehmen, will er das Arbeitsverhältnis nicht verlieren; diese Frist kann er bis zum letzten Tag ausnutzen. Zwingend sind Bedingung oder Befristung aber nicht; vielmehr ist jeder Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot ausreichend. Durch die Verknüpfung von Kündigungserklärung und Änderungsangebot bildet die Änderungskündigung ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Jede dieser beiden miteinander verbundenen Willenserklärungen muß wirksam sein; die Unwirksamkeit nur eines der beiden Elemente führt die Unwirksamkeit des anderen herbei. Entgegen der Rechtsprechung des BAG ist es nicht entscheidend, ob der Arbeitnehmer das Angebot annimmt; entscheidend ist, ob Kündigungserklärung und Änderungsangebot im Zusammenhang erklärt wurden und

D. Zusammenfassung und Ergebnisse

269

bei ihrem Zugang rechtsverbindlich waren. Dementsprechend müssen Kündigungserklärung und Änderungsangebot gesondert auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. § 2 S. I KSchG erlaubt dem Arbeitnehmer, das Änderungsangebot unter Vorbehalt anzunehmen, wenn er die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung gerichtlich überprüfen lassen will. Dieser Vorbehalt ist keine Bedingung, da seine Wirkung infolge des § 8 KSchG über die der §§ 158 f. BGB hinausgeht. Der Vorbehalt ist zwingend innerhalb der Frist des § 2 S. 2 KSchG zu erklären und bezieht sich nur auf die fehlende soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen und nicht auf andere Unwirksamkeitsgründe.

3. Eine Änderungskündigung liegt nur dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis insgesamt gekündigt wird. Da die Kündigungserklärung die Vertragsbindung aufhebt, muß sie wirksam sein. Dazu gehört, daß der Betriebsrat nach § 102 BetrVG angehört wurde; hierzu müssen ihm Kündigungsart, Frist und auch das Angebot mitgeteilt worden sein. Zur Ordnungsgemäßheit der Anhörung gehört es, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat die maßgeblichen Änderungsgründe mitteilt. Nicht notwendig ist, daß der Arbeitgeber alle ihm bekannten Gründe mitteilt; ein Nachschieben von Änderungsgründen ist durch § 102 BetrVG entgegen der Rechtsprechung - nicht ausgeschlossen. Der besondere Kündigungsschutz nach § 15 KSchG gilt infolge teleologischer Extension auch für die Einzeländerungskündigung. Dagegen ist nach Sinn und Zweck der Norm ihre Ausdehnung auf eine Massenänderungskündigung nicht geboten. Eine solche Massenänderungskündigung liegt vor, wenn die Arbeitsbedingungen von mehreren Mitarbeitern, die organisatorisch in einer Abteilung oder einer Schicht o.ä. zusammengefaßt sind und unter denen sich zufällig auch Organmitglieder befinden, gleichermaßen geändert werden sollen. Der Ausweg des BAG über eine befristete außerordentliche Kündigung ist nicht zulässig, da weder die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB noch die einer Analogie erfüllt sind. Die Kündigungserklärung ist auch dann unwirksam, wenn sie gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz verstößt. Das ist der Fall, wenn dasselbe Ziel durch eine mildere Maßnahme erreicht werden kann, zum Beispiel durch ein Leistungsbestimmungsrecht. Entgegen der neueren Rechtsprechung des BAG gilt dies auch dann, wenn der Arbeitnehmer das Angebot unter Vorbehalt annimmt. Die Qualität einer Änderung durch Änderungskündigung ist eine ganz andere als die durch ein Leistungsbestimmungsrecht Das geringer belastende Mittel muß freilich erlaubt und dem Arbeitgeber möglich sein. Inwieweit sich der Arbeitgeber ein Leistungsbestimmungsrecht vorbehalten kann, läßt sich nicht unter Hinweis auf eine "Umgehung des Kündigungsschutzes" beantworten, sondern ist aufgrund autonomer Kriterien festzustellen. 4. Neben der Kündigungserklärung muß auch das Änderungsangebot vollumfanglich wirksam sein, damit ein Änderungsvertrag zustandekommen kann. Insbe-

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D. Zusammenfassung und Ergebnisse

sondere darf es nicht gegen Gesetzes- oder Tarifrecht verstoßen. Mit der sozialen Rechtfertigung oder gar der Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer hat dies nichts zu tun. Verstöße führen nach§ 134 BGB zur Nichtigkeit des Änderungsvertrages und über§ 139 BGB auch zur Nichtigkeit der Kündigung. Die Umwandlung eines unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis kann nicht Gegenstand einer Änderungskündigung sein. Eine solche Änderung führte definitiv zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses istjedoch nicht Prüfungsgegenstand des§ 2 KSchG. Nach§ 2 KSchG wird nur untersucht, ob eine unternehmerische Entscheidung vorliegt, bestimmte Arbeitsplätze nur noch befristet einzurichten, und ob diese Entscheidung umgesetzt wird. Es wird jedoch nicht geprüft, ob der Arbeitsplatz wirklich zu dem Beendigungszeitpunkt wegfällt, ob es zum Beendigungszeitpunkt einen anderen vergleichbaren freien Arbeitsplatz gibt, auf den der Arbeitnehmer versetzt werden könnte, und ob der Betroffene unter allen vergleichbaren Mitarbeitern derjenige ist, der aufgrund seiner sozialen Situation entlassen werden kann. Dieses Prüfungsdefizit wird auch nicht durch eine zusätzliche Befristungskontrolle ausgeglichen. Eine solche Änderungskündigung ist darüber hinaus weder betrieblich bedingt, noch ist sie erforderlich. 5. Dem Wortlaut des § 2 S. 1 KSchG zufolge sind die "geänderten Arbeitsbedingungen", die "Änderung der Arbeitsbedingungen", daraufhin zu untersuchen, ob sie nicht sozial ungerechtfertigt sind. Nach herrschender Meinung ist hierfür nicht an der Kündigung, sondern am Änderungsangebot anzuknüpfen; dieses muß also nicht nur wirksam, sondern auch sozial gerechtfertigt sein. Die Gegenauffassung, die die soziale Rechtfertigung der Kündigung verlangt, mißinterpretiert den Wortlaut der Vorschrift und spricht der Änderungskündigung ein eigenes Betätigungsfeld ab. § 2 KSchG hat nicht die Aufgabe, den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zu schützen. Das besorgt allein § 1 KSchG, indem er den Bestand des Arbeitsverhältnisses und damit auch seinen Inhalt sichert. § 2 KSchG läßt vielmehr eine Änderung des Inhalts auch dann zu, wenn die Voraussetzungen der Beendigungskündigung nicht erfüllt sind. Dazu knüpft § 2 KSchG an die Situation nach der Annahme des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer an; Prüfungsgegenstand ist die "Änderung der Arbeitsbedingungen", nämlich der Änderungsvertrag. Es handelt sich bei der Priifung des § 2 KSchG auf soziale Rechtfertigung somit um eine Vertragskontrolle. Sozial gerechtfertigt ist die Änderung der Arbeitsbedingungen dann, wenn der Abstand zwischen den alten und den neuen Arbeitsbedingungen durch eine entsprechende Störung im Arbeitsverhältnis begründet ist. Anders als bei der Inhaltskontrolle ist nicht der Abstand zur gesetzlichen Regelung ausschlaggebend, sondern der Abstand zwischen den vertraglichen Abmachungen. Störungsausmaß und Änderungsumfang bedingen einander. Auf eine "Angemessenheit" des Angebots, die eine entsprechende Interessenahwägung voraus-

D. Zusammenfassung und Ergebnisse

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setzen würde, kommt es dagegen nicht an. Eine Störung bedingt entweder eine Änderung oder sie bedingt sie nicht. Die Prüfungsanforderungen des BAG, wonach ein Grund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG die Änderung "an sich" bedingen und der Arbeitgeber sich im übrigen darauf beschränken muß, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die dem Arbeitnehmer auch zuzumuten sind, überzeugen nicht. Sie setzen voraus, daß es zu einem Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten kommt; das muß bei der Änderungskündigung nicht der Fall sein. Einen Änderungsgrund "an sich" kann es nicht geben, da er eine Änderung mit immer demselben Inhalt voraussetzen würde. Ebensowenig überzeugen aber auch Versuche des Schrifttums, schon jeden "sachlichen Grund" für eine sozial gerechtfertigte Änderungskündigung genügen zu lassen. § 2 KSchG verlangt Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder dringende betriebliche Erfordernisse; das ist mehr als nur ein sachlicher Grund. 6. Eine Störung im Verhaltensbereich liegt in der vorwerfbaren Verletzung einer Haupt- oder Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses, die Auswirkungen auf den Betrieb haben kann. Der Anwendungsbereich der verhaltensbedingten Änderungskündigung ist aus tatsächlichen Gründen beschränkt auf die Verletzung des arbeitsplatzabhängigen Vertrauensbereiches. Ohne Berücksichtigung des Änderungsangebots kann der Änderungsgrund nicht geprüft werden; abstrakt prüfbar ist lediglich die Frage der Verhaltensbedingtheit selbst. Der Arbeitgeber kann zur Änderungskündigung greifen, wenn er auch zur Beendigungskündigung berechtigt wäre; er darf sie aber auch schon dann aussprechen, wenn er aufgrund seiner vertraglichen Nebenpflichten aufgefordert ist zu handeln. Anders als bei einer Beendigungskündigung genügt für die Änderungskündigung, die auch schon der Gefahrenabwehr dient, die konkrete Gefahr eines Verhaltensverstoßes. Eine Vollendung des Verhaltensverstoßes muß, im Unterschied zur Beendigungskündigung, nicht abgewartet werden. 7. Ein personenbedingter Grund liegt vor, wenn die Leistung des Arbeitnehmers hinter dem vom Arbeitsvertrag bestimmten Leistungsumfang und Leistungszweck aufgrund nicht vorwerfbarer Eignungs- oder Leistungsmängel zurückbleibt. Hierunter fallen beispielsweise auch altersbedingte Leistungsminderungen. Eine Prognose mit negativer Tendenz ist, anders als bei der Beendigungskündigung, für die Änderungskündigung nicht erforderlich. Schon eine gleichbleibende Störung des Arbeitsverhältnisses braucht nicht hingenommen zu werden. Auch müssen nicht erst Fehlzeiten im Umfange der für eine krankheitsbedingte Beendigungskündigung erforderlichen Fehlzeiten abgewartet werden. Der Arbeitgeber muß eine Änderung schon dann herbeiführen dürfen, wenn die Fürsorgepflicht dies verlangt. Sie bestimmt auch die Untergrenze zwischen einer hinzunehmenden Störung und einer solchen, die den Arbeitgeber zur Änderung berechtigt.

272

D. Zusammenfassung und Ergebnisse

8. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Änderung der Arbeitsbedingungen wird durch eine Unternehmerische Entscheidung gebildet, die unmittelbar auf die Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks gerichtet ist und die Organisation der Arbeit zum Inhalt hat. Keine Voraussetzung ist dagegen der "Wegfall" des Bedürfnisses nach unveränderter Weiterbeschäftigung. Änderungen der Tätigkeit sowie der Arbeitszeit stellen in aller Regel Entscheidungen dar, die unmittelbar dem arbeitstechnischen Zweck dienen. In die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG sind allein die Arbeitnehmer aufzunehmen, die sowohl für die bisherige als auch für die neue Arbeit geeignet sind; die sozialen Gesichtspunkte sind nach den mit der Änderung beabsichtigten Folgen zu gewichten. Das Änderungsangebot ist demnach auch in der Sozialauswahl zu berücksichtigen. Unternehmerentscheidungen, die ausschließlich das Entgelt betreffen, begründen kein betriebliches Erfordernis für eine Änderungskündigung nach § 2 KSchG. Das Entgelt verwirklicht den arbeitstechnischen Zweck nicht. Zwar läßt das BAG eine Änderungskündigung zu, wenn dadurch die drohende Betriebsschließung oder die Reduzierung der Belegschaft abgewendet werden soll. Entgegen der Rechtsprechung, die falschlieh ein betriebliches Erfordernis bejaht, handelt es sich dabei aber um ein praeter Iegern entwickeltes Änderungsinstrument, auf das der Prüfungsmaßstab des § 2 KSchG nicht anwendbar ist. Es eröffnet eine Entgeltkürzung entweder nach den Grundsätzen der Änderung der Geschäftsgrundlage, wenn der Tatbestand einer Zweckverfehlung gegeben ist oder eine wirtschaftliche Notlage vorliegt, oder als ultima ratio zu sonst drohenden Beendigungskündigungen, wenn der Betrieb oder eine Abteilung stillgelegt oder aufgelöst werden kann. Das Entgelt eines einzelnen Arbeitnehmers darf nur bei einer Zweckverfehlung gekürzt werden oder, zur Vermeidung einer Beendigungskündigung, wenn die fest definierten Aufgaben eines bestimmten Arbeitsplatzes fremdvergeben werden können. Auch eine fehlerhafte Eingruppierung läßt sich nur nach den Grundsätzen für die Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung korrigieren, falls die Auslegung ergibt, daß eine vertraglich bindende Eingruppierung gewollt war.

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Sachwortverzeichnis Ahmahnung 66, 142, 208 Alkohol 176,200,204,211 Allgerneine Arbeitsbedingungen 73, 166 ff. Änderung 114 Änderung der Arbeitsbedingungen 26, 162 Änderungsangebot - Ablehnung des - 26, 30 ff., 55 ff., 94 ff., 162 ff. - Annahmefähigkeit 115 - Auslegung 118 - Befristung 119 - Bestimmtheit 117 - Erforderlichkeil 183 ff. - Fehlen des- 116 - Form47 - Gesetzwidriges- 129 - Inhalt 26, 114 f. - Innere Einheit 43 ff. - Nachschieben 43 - Tarifwidriges- 129 - und nachfolgende Kündigung 40 - und vorausgehende Kündigung 41 - Vollständigkeit 117 - Wirksamkeitsvoraussetzung 115 Änderungsgründe s. betriebliche s. personenbedingte s. verhaltensbedingte Änderungskontrolle 168 Änderungskündigung - Auslegung 40 - Form47 - Prüfungsmaßstab 149 Änderungsschutzklage - Antrag 163 - Streitgegenstand 57, 80 Änderungsvertrag 26, 35, 39, 40, 163 f. Angemessenheilskontrolle 165 f. Annahme des Änderungsangebots 26 - Annahmefrist 26 f., 30, 32 f.

- und Änderungsschutzklage 33, 49 - unter Vorbehalt 26, 49 ff. Arbeitsbedingungen - Begriff 114, 123 f. Arbeitserlaubnis 214 f., 219 Arbeitsvertragsgesetz 21 Arbeitszeit 66 ff., 129 ff., 136 ff., 226 ff. Auslegung 33 ff., 40, 46 f., 58, 115 ff. - Einheitlichkeilswille 46 - Zusammenhang 35, 41,43 Bagatellstörung 186,212, 221 Bedingung - auflösende - 30 - aufschiebende - 31 Beendigungskündigung s. Kündigung Beendigungstheorie 143 ff., 152 ff. Befristungskontrolle 121 ff., 232 f. Bestandsschutz 155 ff. Betrieb s. betriebliche Änderungsgründe Betriebliche Änderungsgründe 223 ff. - Arbeitszeit 136 ff., 226 ff. - Befristung 232 f. - Betrieb 224 ff. - Betriebsfriede 230 - Dringlichkeit 257 - Eingruppierung 249 ff. - Entgelt 234 ff. - Existenzgefährdung 239 ff. - Gleichbehandlung 237, 247 - Gratifikation 68 ff., 169, 235 ff., 247 - Interessenahwägung 193 - Kurzarbeit 227, 229 - Lohnkostensenkung 239 ff. - Notlage 235 ff. - Öffentlicher Dienst 249 f. - Rentabilität 235 ff. - Sozialauswahl s. Sozialauswahl - Stillegung 238 ff. - Teilzeitarbeit 72, 76, 226 ff., 260

Sachwortverzeichnis - Unternehmerische Entscheidung 228 ff. - Verhältnismäßigkeit 256 ff. - Versetzung 72, 76, 174 f., 131 ff., 226 ff. Betriebsablaufstörung 190, 194, 197, 202 Betriebsfriede 137, 184,230 f., 250, 255 Betriebsrätegesetz 17 Betriebsratsanhörung 82 - Änderungsangebot 99 - Änderungsgründe 88 ff., 96 ff. - Art der Kündigung 92 - Kündigungsfrist 95 - nach Annahme unter Vorbehalt 87 - Nachschieben 90 ff., 98 - Umdeutung 94 f., 98 Betriebsratsbeteiligung 82, 100, 131, 231 - Anhörung bei Kündigung 82 - Betriebliche Lohngestaltung 133, 231 - Personelle Maßnahme 131 ff. - Rechtsfolgen fehlerhafter - 84 ff., 131 ff., 231 f. - Soziale Mitbestimmung 133 f., 231 f. - Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung 133 f. - Umdeutung 94 f., 98 - Umgruppierung 83, 131 ff. - und Annahme des Angebots 87 - Versetzung 83, 131 ff. - Vorläufige Weiterarbeit 131 ff., 231 f. Betriebsratsmitglied 100 ff. - Außerordentliche Änderungskündigung 107 - Massenänderungskündigung 106 - Sonderkündigungsschutz 100 ff. Billigkeitskontrolle 141, 168, 170 ff. Direktionsrecht 66 ff. Dringlichkeit s. ultima ratio, Erforderlichkeil Eignung 64, 184 ff., 206 ff., 215 f., 256 f. Eingruppierung 83, 131 ff., 249 ff. Einheitlichkeitswille 46 Empfängerhorizont 58 Entgelt 208, 218, 234 ff. Erforderlichkeil - der Änderung 183 ff. - der Kündigung 62 ff.

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- nach Annahme des Angebots 78 ff. Existenzgefährdung 239 ff. Fahrverbot 215, 223 Fehlzeit 179 f., 207,219 ff. Formpflichtigkeit 47 Fürsorgepflicht 138, 175, 212, 220,222 Geschäftsgrundlage, Änderung der - 240 ff. - Äquivalenzstörung 241 - Zweckstörung 241 Gewissenskonflikt 214, 216 Gleichbehandlungsgrundsatz 237, 247 Gleichzeitigkeit von Kündigung und Angebot36 Gratifikation 68 ff., 169, 235 ff., 247 Inhaltskontrolle 166 ff. Interessenahwägung 189, 213, 223 Kernbereich 68, 72, 75, 77 f. Krankheit 186, 189 ff., 194, 215, 219 ff., 222 Kündigung 58 - auflösend bedingte - 30 - aufschiebend bedingte - 31 - Auslegung 33, 58 - Beendigungskündigung 28 - Erforderlichkeil 60 ff. - unbedingte - 34 - und Annahme des Angebots 54 Kündigungsfrist 31 Kurzarbeit 68, 229 Leistungsbestimmungsrecht 65 - Änderungsvorbehalt 68 - Ausübungskontrolle 74 - Direktionsrecht 66 - Erweitertes Leistungsbestimmungsrecht 68 - Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt 69 - Inhaltskontrolle 72 ff. - Kernbereich 77 ff. - Konkretisierung der Arbeitsleistung 66 ff. - Öffentlicher Dienst 71 - Tarifliches - 70 - Umgehung des Kündigungsschutzes 77 f.

286

Sachwortverzeichnis

- Vertragliches - 71 - Weisungsrecht s. Direktionsrecht Leistungsminderung 216 ff. Lohnpfandung 201 Mandatsträger I 00 ff. Massenänderungskündigung 33, 106 Mobbing 182 f., 203, 208, 212 Nachschieben von Änderungsgründen 90 ff., 98 Nachweis von Verhaltensverstößen 181 ff. Öffentlicher Dienst 71, 254 f. Personenbedingte Änderungsgründe 213 - Alkoholismus 176, 200, 204, 211 - Altersbedingte Leistungsminderung 216 - Arbeitserlaubnis 214 f., 219 - Betriebsbedingte Leistungsminderung 218 - Eignung 215 - Entgelt 218 - Fahrverl)ot215,223 - Fehlzeit 179 f., 219 ff. - Führungsschwäche 214, 221 - Gewissenskonflikt 214, 216 - Interessenahwägung 194, 223 - Krankheit 186, 189 ff., 194, 215, 219 ff., 222 - Persönliche Zumutbarkeit 221 - Prognose 179, 219 ff. - Sicherheitsbedenken 215, 218 Prognose 219 Prüfungsmaßstab 149 - bei Massenänderungskündigung 169 Rechtsgeschäft 17, 30, 34 ff., 127 f., 188 f. - zusammengesetztes - 46 Rechtskontrolle 166, 172, 193 Richtigkeilsgewähr 74 Schriftform 47 Sittenwidrigkeilskontrolle 167 Sonderzahlung s. Gratifikation Sozialauswahl - bei isolierter Entgeltänderung 247 - Grundsätze 258 ff. 19*

- soziale Gesichtspunkte 265 ff. - Vergleichbarkeit 261 ff. Sozialwidrigkeit - Änderungstheorie 140 - Beendigungstheorie 143 ff., 152 - der Änderung der Arbeitsbedingungen 151 - der Kündigung 152 - Verhältnismäßigkeit 183 - Zumutbarkeit des Änderungsangebots 188 - Zweistufiges Prüfungsverfahren 140 Stillegung 238 ff. Störung 181 ff. Streitgegenstand Änderungsschutzklage 80 Teilkündigung 49, 51 ff., 84 Teilzeitarbeit 72, 76, 226 ff., 260 "Überflüssige" Änderungskündigung 78 ff. Überlegungsfrist 26 Ultimaratio 60, 183 ff., 210,221,244,256 Umgruppierung 83, 131 ff. Untergrenze 186, 212, 221 Unternehmerische Entscheidung 228 ff. Unwirksamkeilsgründe - für das Angebot 43, 115, 119, 128 - für die Kündigungserklärung 43, 47, 60, 82, 100 Vergütungsautomatik 208, 218, 235 Verhältnismäßigkeit s.a. ultima ratio, Erforderlichkeil - Beurteilungszeitpunkt 80 - der Änderung 183 - der Kündigung 60 - Eignung 184, 206,215,256 - Erforderlichkeil 62, 183, 210, 221 , 256 - nach Vorbehaltsannahme 78 Verhaltensbedingte Änderungsgründe 196 - Ahmahnung s. Ahmahnung - Arbeitszeitverstoß 207 - Beschädigungen 200 - Betriebsablaufstörung 180, 200 - Entgelt 208 ff. - Geheimnisverrat 200, 207 - Interessenahwägung 194, 213 - Leistungsbereich 196 ff., 200

Sachwortverzeichnis - Lohnpfandung 201 - Mobbing 182 f., 203, 208, 212 - Nachweis der Pflichtverletzung 181 ff., 202 - Sanktion 199, 209 f. - Straftat 200, 204, 207 - Tätlichkeit 204 - Trunksucht 204 - Verdacht 181, 211 - Verhalten 199 - Verhältnismäßigkeit 210 - Versetzung 211 - Verschulden 201 f. - Vertrauensbereich 196 ff. Versetzung 72, 76, 131 ff., 174 f., 226 ff. Vertragsfreiheit 167 f. Vertragsinhaltsschutz 150, 155 ff., 176 Vertragskontrolle 164 ff.

Vertragstreue 79, 157, 159 ff. Vorbehalt - Doppelter Vorbehalt 55 - Frist 26 f. - Rechtsnatur 50 - Wirkung 53 f. Weisungsrecht s. Direktionsrecht Weiterbeschäftigung 35, 132 ff., 163 Zumutbarkeit - der Änderung 188 Zusammenhang 25, 29 - Auslegung 33 - durch Bedingung 29 - ohne Bedingung 34 - sachlicher - 39 - zeitlicher - 36

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