Die Objektivierung des Versuchsunrechts: Eine strafrechtliche Analyse de lege lata [1 ed.] 9783428512744, 9783428112746

Vom Versuchsunrecht zu sprechen heißt, die Bedingungen zu klären, unter denen der objektive und der subjektive Tatbestan

163 30 1MB

German Pages 310 Year 2005

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Die Objektivierung des Versuchsunrechts: Eine strafrechtliche Analyse de lege lata [1 ed.]
 9783428512744, 9783428112746

Citation preview

Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 158

Die Objektivierung des Versuchsunrechts Eine strafrechtliche Analyse de lege lata

Von

Thomas Maier

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

THOMAS MAIER

Die Objektivierung des Versuchsunrechts

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begründet von Dr. Eberhard Schmidhäuser (†) em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Hamburg

Herausgegeben von Dr. Dr. h. c. (Breslau) Friedrich-Christian Schroeder ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 158

Die Objektivierung des Versuchsunrechts Eine strafrechtliche Analyse de lege lata

Von

Thomas Maier

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. Heiner Alwart, Jena Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat diese Arbeit im Wintersemester 2002 / 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 3-428-11274-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Mutter in Dankbarkeit gewidmet

Vorwort Die vorliegende Schrift lag im Wintersemester 2002 / 03 der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Dissertation vor. Sie ist das Ergebnis eines Lernprozesses, der so manchen Umweg nahm. Dafür, daß er diesen Prozeß mit so viel Engagement und Geduld begleitet hat, danke ich meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Heiner Alwart. Er hat mich zu dieser Arbeit angeregt. Sein Denken ist mir Vorbild. Die Friedrich-Schiller-Universität Jena hat die Fertigstellung dieser Arbeit durch die Gewährung eines Graduiertenstipendiums aus Mitteln des Freistaats Thüringen gesichert. Auch hierfür bin ich zu Dank verpflichtet. Dank gebührt schließlich meiner Frau, Dr. Almuth Werner, für ihren Scharfsinn, ihre Geduld und ihr stets offenes Ohr. Sie hat mir den Rückhalt gegeben, ohne den diese Arbeit nicht gelungen wäre. Das Manuskript wurde im September 2003 abgeschlossen. Später erschienene einschlägige Veröffentlichungen konnten z. T. noch in den Fußnoten berücksichtigt werden. Jena, im November 2004

Thomas Maier

Inhaltsübersicht Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

1. Kapitel Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie – Kontextualisierung und Begriffsklärung

25

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Der Strafgrund der versuchten Tat – begrifflich-dogmatische Analyse und die Betrachtungsweise der Eindruckstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

C. Die gesetzliche Regelung der versuchten Tat und die Begründung ihrer Ratio . . . . . .

30

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

E. Der materielle Unrechtsbegriff der personalen Unrechtslehre und die versuchte Tat

63

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

G. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

2. Kapitel Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

111

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 B. Die wissenschaftliche Begründung der subjektiven Versuchslehre durch Maximilian von Buri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 C. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch das Reichsgericht . . . . . . . . . . . . 116 D. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch den BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre . . . . . . . . . . . 124 F. Überleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

3. Kapitel Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

139

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 B. Das herrschende Verständnis von Recht und die rechtlichen Verhaltensnormen für den Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 C. Der Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

10

Inhaltsübersicht

4. Kapitel Die Bestrebungen zur Objektivierung des Unrechts der versuchten Tat in der deutschen Strafrechtswissenschaft nach dem Ende der klassischen objektiven Versuchslehren

159

A. Die Eindruckstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 B. Die Wiederbelebung objektiver Versuchslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 C. Kratzschs Lehre von der versuchten Tat als abstraktem Gefährdungsdelikt . . . . . . . . . 180 D. Jakobs’ Lehre von der versuchten Tat als expressivem Normbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 E. Die interpersonalen Versuchslehren auf der Basis einer Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 F. Die dualistische Versuchslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 G. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

5. Kapitel Prolegomena einer deliktsspezifischen Objektivierung des Versuchsunrechts

209

A. Rechtsgüterschutz und die Ratio der Versuchsstrafbarkeit – Der sogenannte Strafgrund der versuchten Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 B. Der Begriff des Unrechts der versuchten Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 C. Rechtsbegriff und Versuchsdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 D. Die Explikation des Versuchstatbestandes als Objektivierung des Versuchsunrechts

212

E. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

6. Kapitel Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

219

A. Die versuchten Begehungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 B. Die versuchten Wortlautunterlassungsdelikte am Beispiel der versuchten Steuerhinterziehung (§ 370 I Nr. 2 AO i. V. m. § 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 C. Die versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Abschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Schrifttumsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

1. Kapitel Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie – Kontextualisierung und Begriffsklärung

25

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Der Strafgrund der versuchten Tat – begrifflich-dogmatische Analyse und die Betrachtungsweise der Eindruckstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Analyse des Terminus ,Strafgrund des Versuchs‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

II. Das Verständnis der Eindruckstheorie vom Strafgrund des Versuchs . . . . . . . . .

27

III. Zwischenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

C. Die gesetzliche Regelung der versuchten Tat und die Begründung ihrer Ratio . . . . . .

30

I. Die Regelung des § 22 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

II. Die Regelung des § 23 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

I. Die Struktur des gesetzlichen Tatbestandes des vorsätzlichen vollendeten Deliktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

2. Der objektive Tatbestand des Vollendungsdeliktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

3. Der subjektive Tatbestand des Vollendungsdeliktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

a) Der Tatvorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

b) Sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

c) Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

12

Inhaltsverzeichnis II. Die Tatbestandsstruktur des versuchten Deliktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

2. Der subjektive Tatbestand des Versuchsdeliktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

a) Das kognitive Vorsatzelement, insbesondere das Wahndelikt . . . . . . . . . .

43

b) Das voluntative Vorsatzelement, insbesondere das abergläubische Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

c) Die Vorsatzformen, insbesondere die mit dolus eventualis versuchte Tat

49

d) Die sonstigen subjektiven Tatbestandsmerkmale der versuchten Tat . . .

52

e) Der Tatentschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

f) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

3. Der objektive Tatbestand des Versuchsdeliktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

III. Die strafrechtliche Stufenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

IV. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

E. Der materielle Unrechtsbegriff der personalen Unrechtslehre und die versuchte Tat

63

I. Der personale Unrechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

2. Das herrschende Rechtsverständnis in den personalen Unrechtslehren . . . .

64

a) Der dreifache Charakter der Rechtsnorm in der Dogmatik der personalen Unrechtslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

b) Bestimmungs- und Bewertungsnorm – Der Rechtssatz als Verhaltensund Sanktionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

c) Der Rechtssatz als Schutznorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

3. Handlungs- und Erfolgsunrecht auf der Basis des herrschenden Rechtsverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

a) Der Erfolgsunwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

b) Der Handlungsunwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

II. Die versuchte Tat im Kontext der personalen Unrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

1. Der Handlungsunwert der versuchten Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

2. Der Erfolgsunwert der versuchten Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

3. Das Unrecht der versuchten Tat im Verhältnis zum Unrecht des Vollendungsdeliktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

I. Die gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

Inhaltsverzeichnis

13

II. Die aus grobem Unverstand begangene versuchte Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

2. Abergläubisches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

3. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 23 III StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

4. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

III. Die Abgrenzung des untauglichen Versuchs vom Wahndelikt . . . . . . . . . . . . . . . .

82

1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

2. Der sogenannte Grenzirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

3. Nomologische Fehlvorstellungen als Grenzirrtümer? Das Problem der Wahnkausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

4. Die sogenannten Vorfeldirrtümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

IV. Das untaugliche Subjekt und die versuchte Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

2. Die einschlägigen Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

3. Die Kontradiktion: Tatvorsatz trotz fehlender Bestimmungsnorm . . . . . . . . . 104 4. Exkurs: Die analoge Anwendung des § 23 III StGB auf den Extraneus . . . . 108 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 G. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

2. Kapitel Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

111

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 B. Die wissenschaftliche Begründung der subjektiven Versuchslehre durch Maximilian von Buri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 C. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch das Reichsgericht . . . . . . . . . . . . 116 I. Die Rezeption der Versuchslehre v. Buris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Der Umkehrschluß aus § 59 StGB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1. Der Ausgangsfall zu RGSt 42, 92 (92 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 2. Die Entscheidung des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Der sachliche Gehalt des Umkehrschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 D. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch den BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

14

Inhaltsverzeichnis

E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre . . . . . . . . . . . 124 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 II. Franz v. Liszts Lehre von der Spezialprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 III. Die Imperativentheorie und die Lehre von den strafrechtlichen Bestimmungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Die Imperativentheorie August Thons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Die Normentheorie Karl Bindings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 3. Das Unrecht als Pflichtwidrigkeit in der Lehre Alexander Hold v. Fernecks 130 4. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 IV. Die finale Handlungslehre und die personale Unrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Der Aufweis subjektiver Unrechtselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Die finale Handlungslehre und die unrechtskonstitutive Potenz des Tatvorsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Die personale Unrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 F. Überleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

3. Kapitel Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

139

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 B. Das herrschende Verständnis von Recht und die rechtlichen Verhaltensnormen für den Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 II. Der Aufweis rechtlicher Verhaltensnormen in der herrschenden Normentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Die Lehre von den Verhaltensnormen als Fiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Der gesetzliche Ausgangspunkt: Die Deliktstatbestände des Besonderen Teils des StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Verhaltensnormen und ein Moralbegriff mit deontischen Modalitäten . . . . . 144 3. Verhaltensnormen und der Adressat des Rechtssatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4. Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Inhaltsverzeichnis

15

C. Der Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 I. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 II. Recht als Handlungs-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 III. Handlungs-Recht und subjektive Versuchslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 D. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

4. Kapitel Die Bestrebungen zur Objektivierung des Unrechts der versuchten Tat in der deutschen Strafrechtswissenschaft nach dem Ende der klassischen objektiven Versuchslehren

159

A. Die Eindruckstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Das Bedürfnis nach einer Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit . . . . . . . . . . . . 160 II. Die dogmengeschichtlichen Wurzeln des Eindrucksmomentes . . . . . . . . . . . . . . . 160 III. Der rechtserschütternde Eindruck und seine dogmatische Funktion . . . . . . . . . . 164 IV. Die Bilanz der Analyse der herrschenden Versuchslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 V. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 B. Die Wiederbelebung objektiver Versuchslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 I. Spendels Lehre von der konkreten Gefährdung des Tatobjektes . . . . . . . . . . . . . . 171 II. Die Risikoerhöhungslehre Schönwandts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 III. Malitz’ Lehre von der Gefährlichkeit der Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 IV. Die subjektiv-objektive Versuchslehre Hirschs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 V. Bottkes Lehre von der Strafunfähigkeit des untauglichen Versuchs . . . . . . . . . . . 178 VI. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 C. Kratzschs Lehre von der versuchten Tat als abstraktem Gefährdungsdelikt . . . . . . . . . 180 D. Jakobs’ Lehre von der versuchten Tat als expressivem Normbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 E. Die interpersonalen Versuchslehren auf der Basis einer Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 I. Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 II. Köhlers Lehre von der objektiven Wirkmacht des Versuchstäters . . . . . . . . . . . . . 189

16

Inhaltsverzeichnis III. Die Versuchslehre Zaczyks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Generelle Bestimmung des Versuchsunrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Das Unrecht der versuchten Tat bei Rechtsgütern der Person . . . . . . . . . . . . . . 192 3. Das Unrecht der versuchten Tat bei Rechtsgütern der Gesellschaft . . . . . . . . 194 4. Das Unrecht der versuchten Tat bei Rechtsgütern des Staates . . . . . . . . . . . . . 194 IV. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

F. Die dualistische Versuchslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 I. Die dualistische Unrechtsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 II. Der Gefährdungsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 III. Der Zielversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 2. Intentionsobjekt und Tatsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 3. Exkurs: Die Lehre vom Mangel am Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 IV. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 G. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

5. Kapitel Prolegomena einer deliktsspezifischen Objektivierung des Versuchsunrechts

209

A. Rechtsgüterschutz und die Ratio der Versuchsstrafbarkeit – Der sogenannte Strafgrund der versuchten Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 B. Der Begriff des Unrechts der versuchten Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 C. Rechtsbegriff und Versuchsdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 D. Die Explikation des Versuchstatbestandes als Objektivierung des Versuchsunrechts

212

E. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

6. Kapitel Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

219

A. Die versuchten Begehungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 I. Versuchter Meineid (§§ 154, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 II. Versuchte Personenstandsfälschung (§§ 169, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Leitsatz 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

Inhaltsverzeichnis

17

III. Versuchte Hehlerei (§§ 259, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 IV. Versuchte Geldwäsche (§§ 261, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 V. Versuchter Totschlag (§§ 212, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 VI. Versuchte Unterschlagung (§§ 246, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 VII. Versuchter Diebstahl (§§ 242, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Leitsatz 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 VIII. Versuchter sexueller Mißbrauch von Kindern (§§ 176, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . 244 IX. Versuchter Versicherungsmißbrauch (§§ 265, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 X. Versuchter Betrug (§§ 263, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 XI. Versuchte Strafvereitelung (§§ 258, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 XII. Versuchte Bestechlichkeit (§§ 332 I, 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Leitsatz 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 B. Die versuchten Wortlautunterlassungsdelikte am Beispiel der versuchten Steuerhinterziehung (§ 370 I Nr. 2 AO i. V. m. § 22 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 C. Die versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 I. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 II. Die tatsächlichen Umstände, die eine Garantenstellung begründen . . . . . . . . . . . 260 III. Die konkrete Gefahr für ein Rechtsgutsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 IV. Die Möglichkeit der Abwendung eines deliktstatbestandsmäßigen Erfolges . . 263 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Abschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

Schrifttumsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

2 Maier

„Es ist eine der im strengsten Sinne grundlegenden Überzeugungen der modernen Strafrechtswissenschaft und Kriminalpolitik, daß das Strafrecht keine metaphysische Sendung zu erfüllen hat.“ (Karl Engisch, 1931)*

Einführung 1. Das Thema bedarf der Rechtfertigung. Der Titel der Arbeit fordert fast leichtfertig die Bemerkung heraus, objektive Versuchslehren seien überwunden und Originäres gäbe es zum Versuch nicht hinzuzufügen. Um derartigen Vorurteilen entgegenzutreten, sei erklärt, worum es hier nicht geht: um eine Wiederaufnahme des Streits zwischen objektiven und subjektiven Versuchslehren1 mit dem Ziel einer Neubegründung der objektiven Versuchslehre. Ein solcher Versuch müßte zweifellos fehlschlagen. Auch soll hier die historische Entwicklung der Versuchsstrafbarkeit nicht auf ein neues nachgezeichnet werden. Dies brächte zum einen die Problemlösung nicht voran, zum anderen besteht ob der vielfältigen Darstellungen2 dafür kein Bedarf. Anspruch dieser Untersuchung ist es, die Notwendigkeit einer Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit gegenüber der herrschenden Versuchsdogmatik zu begründen und de lege lata objektive Grenzen strafbaren Versuchens aufzuzeigen, die über die Abgrenzung der versuchten Tat von der Vorbereitung und des untauglichen Versuchs vom Wahndelikt hinausgehen. Zu einer solchen Aufgabenstellung ermutigen verschiedene Äußerungen im jüngeren strafrechtlichen Schrifttum, die – über die allgemein als anstößig empfundene Weite der Versuchsstrafbarkeit hinaus3 – zu einem Umdenken in der Versuchsdogmatik mahnen.4 Tatsächlich wurde es in jüngerer Zeit mit unterschiedlichen Ansätzen unternommen, die Grenzen strafwürdigen Versuchens neu zu be* Ders., Die Kausalität, S. 1. 1 Im Anschluß an die Kurzklassifikation Struensees, ZStW 102 (1990), 21 (21), sollen als objektive Versuchslehren diejenigen Modelle verstanden werden, die für eine versuchte Tat eine bewußtseinstranszendente Tauglichkeit der Tathandlung zur Herbeiführung des Taterfolges fordern, während sich subjektive Versuchslehren mit einer bewußtseinsimmanenten Tauglichkeit der Tathandlung begnügen. Einen bis heute herausragenden Überblick über die Diskussion um objektive und subjektive Versuchslehren liefert Ráliš, ZStW 61 (1942), 1 (25 ff.). 2 Vgl. Albrecht, S. 6 ff.; v. Bar, Gesetz und Schuld, S. 493 ff.; Baumgarten, S. 1 ff.; Frank, Vollendung, Bd. V, S. 163 ff.; Malitz, S. 132 ff.; Meinecke, S. 13 ff.; Mintz, S. 6 ff.; Papageorgiou-Gonatas, S. 1 ff.; Eberhard Schmidt, S. 33 ff., 72 f., 119 f.; Westpfahl, S. 5 ff. Zu den staatstheoretischen Implikationen siehe Vehling, S. 1 ff. Dogmengeschichtlich Zaczyk, Das Unrecht, S. 41 ff., 75 ff. 3 Vgl. exemplarisch Hirsch, FS Spendel, S. 42 (51 f.). 4 Auf der Strafrechtslehrertagung 1985 etwa bezeichnete Hirsch, bei Gropp, ZStW 97 (1985), 919 (921 f.), in seiner Reaktion auf den Vortrag von Jakobs, abgedruckt in ZStW 97 (1985), 751 (751 ff.), die Entwicklung der deutschen Versuchslehre seit 1932 als bedenklich. 2*

20

Einführung

stimmen5 und das Bollwerk der herrschenden Meinung zu durchbrechen. Zu diesem Unternehmen soll hier ein Beitrag geleistet werden. 2. Verfehlt wäre es, den Gegenstand des Versuchsunrechts und dessen Objektivierung auf die Problematik des untauglichen Versuchs zu reduzieren. Diese muß ihren Platz in einer Gesamtkonzeption finden,6 wie sie hier entwickelt werden soll. Eine Objektivierung des Versuchsunrechts hat den Anspruch, strafrechtliche Reaktion auf mißlungene Untaten zu rationalisieren, um praktikable Grenzen aufzuzeigen, anhand derer strafwürdige7 von nicht strafwürdigen versuchten Taten geschieden werden können. Dazu bedarf es keiner Wiederbelebung objektiver Versuchslehren.8 Jakobs, bei Gropp, ZStW 97 (1985), 919 (928), erwiderte hierauf, die Entwicklung der deutschen Versuchslehre sei nicht nur tragisch verlaufen, sie sei schlichtweg traurig. In jüngerer Zeit erschienene Lehrbücher zeigen neue Wege der Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit auf. So expliziert etwa Köhler, AT, S. 451 ff., eine Objektivation des Versuchsunrechts anhand der Wirkmächtigkeit des Täters. Kühl, AT, § 15 Rn. 95, erwägt eine Objektivierung des Versuchsunrechts durch eine deliktsspezifische Antwort auf die Frage, welche objektiven Mängel der Tat durch den unrechten Willen des Täters ausgeglichen werden können. Freund, § 8 Rn. 44, plädiert dafür, zum tatbestandsspezifischen Fehlverhalten des Täters weitere Sanktionsvoraussetzungen hinzutreten zu lassen. Beiläufig spricht sich auch Seelmann, JR 1999, 342 (343), für ein Ende der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs aus. Vgl. auch Hirsch, Die Entwicklung, S. 65 (78). Im Rahmen der Diskussionen um ein Europäisches Strafgesetzbuch wird vor der großzügigen Einbeziehung subjektiver Elemente gewarnt, gleichzeitig jedoch für die beschränkte Strafbarkeit des untauglichen Versuchs plädiert. Siehe dazu den Tagungsbericht Waßmers, JZ 1999, 1099 (1100). Nach welchen Kriterien strafwürdige untaugliche Versuche von nicht strafwürdigen zu scheiden sind, bleibt dabei freilich offen. 5 In chronologischer Reihenfolge: Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 15 / 1 ff.; Alwart, Strafwürdiges Versuchen, passim; Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (751 ff.); Kratzsch, Verhaltenssteuerung, passim; Weigend, S. 113 (113 ff.); Zaczyk, Das Unrecht, passim; Struensee, ZStW 102 (1990), 21 (21 ff.); Vehling, passim; Niepoth, Der untaugliche Versuch, passim; Köhler, AT, Kapitel 8; Malitz, passim; Bottke, S. 135 (150 ff.); Hirsch, FS Roxin, S. 711 (711 ff.). Kritisch auch Hruschka, Strukturen der Zurechnung, S. 58 ff. Zusammenfassend v. Heintschel-Heinegg, ZStW 109 (1997), 29 (37 ff.). 6 In diesem Sinne auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 15; sowie Zaczyk, Das Unrecht, S. 17 f. 7 Der Begriff der Strafwürdigkeit kann hier, insbesondere in seiner Abgrenzung zur Strafbedürftigkeit, nicht herausgearbeitet werden. Zunächst ist es hinreichend, unter der Attributierung einer Handlung als strafwürdig das abkürzende, rein formelle Urteil zu verstehen: Wegen dieser Tat sollte gestraft werden. Vgl. zu diesem Verständnis der Strafwürdigkeit Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 21 ff., 37 ff.; sowie Schmidhäuser, Studienbuch AT, 1 / 17. Im Laufe der Darstellung wird zu zeigen sein, daß der Gesetzgeber die materiellen Kriterien strafwürdigen Versuchens in den Handlungstypisierungen der Deliktstatbestände des Besonderen Teils fixiert. Zur Diskussion um den Gehalt der Begriffe Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit und deren Stellung im Straftatsystem exemplarisch Altpeter, S. 39 ff.; Bloy, Die dogmatische Bedeutung, S. 231 ff.; ders., Beteiligungsform, S. 30 ff.; Hans-Ludwig Günther, Rechtfertigung, S. 363 (380 ff.); ders., JuS 1978, 8 (11 ff.); Otto, GS Schröder, S. 53 (54 ff.); Volk, ZStW 97 (1985), 871 (872 ff.). 8 Anders Ha, S. 185 ff.; Malitz, S. 155 ff.; Weigend, S. 113 (126 ff.). Dazu im 4. Kap. unter B.

Einführung

21

Das Unrecht der versuchten Tat auf eine objektive Grundlage zu stellen, bedeutet, auf der Basis der gesetzlichen Regelung in den §§ 22, 23 StGB eine neue Technik der Formulierung der Voraussetzungen der versuchten Tat aus dem Tatbestand des jeweiligen vollendeten Deliktes zu entwickeln. Dies soll durch eine Handlungstypisierung des Versuchens erreicht werden. Handlungstypisierung ist die Technik, derer sich der Gesetzgeber im Besonderen Teil des StGB bedient, um vollendete Taten zu beschreiben und den Richtern – als Teil des Rechtsstabs9 – aufzugeben, wegen welcher Taten zu strafen sei. Eine Handlungstypisierung des Versuchens hat den Anspruch, anhand der jeweiligen Tatbestandsbeschreibung des Besonderen Teils zu entscheiden, welche objektiven Merkmale eine versuchte Tat neben dem unmittelbaren Ansetzen zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes gemäß § 22 StGB aufweisen muß, um strafwürdig zu sein. Eine solche Handlungstypisierung wird entscheiden, welche Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes bei der versuchten Tat durch die Vorstellung des Täters i. S. des § 22 StGB ersetzbar sind und welche nicht, so daß die Frage beantwortet werden kann: Wegen welcher Versuche sollte gestraft werden? 3. Der Untertitel der vorliegenden Abhandlung weist zuvörderst auf den Anspruch hin, daß eine Objektivierung des Versuchsunrechts de lege lata vertretbar sein muß; zu häufig schon wurde dargelegt, wie die versuchte Tat de lege ferenda ausgestaltet werden könnte.10 Es ist ein Gebot demokratischer Redlichkeit, zunächst die Lösung eines Problems de lege lata zu unternehmen.11 Zweifellos ist die rechtsethische Kritik geltenden Rechts notwendige Bedingung für dessen Fortentwicklung. Doch gerade bei der Diskussion um das Unrecht der versuchten Tat ist – ob der fragmentarischen gesetzlichen Regelung und des mittlerweile zwei Jahrhunderte währenden Streits um Grund und Grenzen der Strafbarkeit mißlungener Untaten – die Gefahr groß, die eigene philosophische Anthropologie zum Maßstab einer jeden Argumentation zu machen,12 etwa eine Rechtslehre nach Freiheitsge9 Im Anschluß an die Begriffsbestimmung Alwarts, Recht und Handlung, S. 79, in und bei Fn. 68, sollen unter Rechtsstab im folgenden die gesetzgebenden Körperschaften und Amtsträger, die Richter und Beamten sowie ihnen gleichgestellte Personen verstanden werden. Vgl. zum Begriff des Rechtsstabs auch Ott, S. 20; sowie Rehbinder, Rn. 3 f. Als „Erzwingungs-Stab“ taucht der Rechtsstab bereits bei Max Weber, S. 17 f., auf. 10 So etwa von Meinecke, passim. 11 Diese verfassungsrechtliche Problematik erschöpft sich nicht in der Wahrung des Schutzbereiches des Art. 103 II GG. Eine strafrechtliche Problemlösung ist nicht bereits dann verfassungsgemäß, wenn nur Gesetzlichkeits- und Bestimmtheitsgrundsatz, Analogie- und Rückwirkungsverbot Beachtung finden. Dem demokratischen Prinzip unserer Verfassung wird nur durch ein striktes Primat der Auslegung und Anwendung des demokratisch legitimierten und infolgedessen geltenden Gesetzes Genüge getan. 12 Beispielhaft für ein solches Vorgehen ist Rath, JuS 1998, 1006 (1006), der den strafrechtlichen Begriff des Versuchs deutet als „das vollständige Vorliegen der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen eines Delikts, welche bereits in einem das Rechtsverhältnis verletzenden Umfang realisiert wurden, ohne daß schon die Vollendung des objektiven Tatbestandes eingetreten ist“ (Hervorhebung vom Verfasser). Sieht man zum einen davon ab, daß nur eine Tat vollendet, der objektive Tatbestand höchstens erfüllt sein kann, und verzichtet man

22

Einführung

setzen zu betreiben13 und strafrechtliche Problemlösung aus philosophischen Versatzstücken zu deduzieren.14 Dies ist für die hier zu lösenden Probleme um so bedeutsamer, als sich der Verfasser dieser Abhandlung der analytischen Hermeneutik verpflichtet weiß. Ihr wurde in der Tradition der Philosophie Ludwig Wittgensteins durch v. Wright15 der Weg bereitet, Alwart16 hat sie für die Rechtsphilosophie und in Teilen für die Strafrechtswissenschaft zur Grundlage gemacht. Freilich bietet diese Abhandlung keinen Raum, die analytische Hermeneutik theoretisch zu entfalten. Ebensowenig kann dargelegt werden, was analytisch-hermeneutisches Denken von der dialektischen Hermeneutik17 – wie sie etwa von Arthur Kaufmann18 und Hruschka19 für die Rechtsphilosophie fruchtbar gemacht wurde – unterscheidet.20 Die Potenzen analytisch-hermeneutischen Denkens werden sich in der Bewältigung der Aufgabenstellung – der Objektivierung des Versuchsunrechts – beweisen müssen. Nur so kann gezeigt werden, daß die analytische Hermeneutik Gewähr bietet, Naturrechtsdenken zu überwinden, ohne bloßem Rechtsempirismus anheimzufallen. 4. Wenn zuvor von einer Rationalisierung strafrechtlicher Reaktion auf versuchte Taten als Intention dieser Abhandlung die Rede war, so kann dies nun spezifiziert werden: Es geht um ein rationales Verständnis der lex lata, mit dem Abschied genommen wird von einer allgemeinen, für alle Delikte gleichermaßen gültigen Formel, mit deren Hilfe gemeinhin ,der Versuch‘ einer Tat bestimmt wird, zuzum anderen darauf, an dieser Stelle die Frage aufzuwerfen, ob die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen eines (Vollendungs-)Deliktes tatsächlich mit den Merkmalen des subjektiven Versuchstatbestandes identisch sind, was Rath in Einklang mit der ganz herrschenden Meinung behauptet, bleibt trotzdem unergründlich, wodurch Rath zu einer derartigen Bestimmung des strafrechtlichen Versuchsbegriffs legitimiert wird. Herzberg, GA 2001, 257 (260), beschreibt ein solches Vorgehen zutreffend als „Ableitungen aus einer selbstherrlichen, gesetzesfernen Bestimmung dessen, was als Versuchsunrecht anzuerkennen sei“. 13 Genau auf einer solchen Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen, wie sie für den Versuch von Köhler, AT, S. 451 ff., und Zaczyk, Das Unrecht, S. 231 ff., postuliert wird, beruht die Begriffsbestimmung von Rath, ebenda. Zur Kritik an dieser Rechtslehre etwa Stratenwerth, FS Wolff, S. 495 (495 ff.). 14 In diesem Sinne kritisch auch Alwart, Zurechnen und Verurteilen, S. 12. 15 Ders., Erklären und Verstehen, S. 18 ff., 38 ff. Dazu Jörg Zimmermann, S. 291 f. Vgl. zur Lehre v. Wrights etwa auch Stegmüller, Band II, S. 103 ff. 16 Ders., Recht und Handlung. Die Rechtsphilosophie in ihrer Entwicklung vom Naturrechtsdenken und vom Positivismus zu einer analytischen Hermeneutik des Rechts, S. 103 ff.; ders., L’herméneutique, S. 161 (164 ff.). 17 Vgl. zur dialektischen Hermeneutik das Standardwerk Gadamers, Wahrheit und Methode, S. 270 ff. 18 Siehe etwa dens., Gedanken, S. 89 (89 ff.); ders., Naturrecht, S. 79 (79 ff.); ders., „ipsa res iusta“, S. 53 (53 ff.); ders., Rechtsphilosophie, S. 44 ff., 86 ff. Vgl. auch Winfried Hassemer, S. 11 ff.; sowie Schroth, Philosophische und juristische Hermeneutik, S. 344 ff. 19 Ders., Das Verstehen von Rechtstexten, S. 42 ff. 20 Dazu ausführlich Alwart, Recht und Handlung, S. 86 ff., insbesondere S. 92 ff.

Einführung

23

gunsten einer Explikation der jeweils möglichen und strafwürdigen versuchten Taten aus der entsprechenden Deliktsbeschreibung des Besonderen Teils. 5. Zur Bewältigung dieser Aufgabe ist ein Vielfaches erforderlich: Im ersten Kapitel müssen die gesetzlichen Grundlagen der versuchten Tat und die Grundzüge der herrschenden, auf dem Boden der subjektiven Versuchslehre errichteten Eindruckstheorie nachgezeichnet werden, um eine Begriffsklärung zu erreichen und die dogmatischen Grundannahmen der herrschenden Versuchslehre freizulegen. Auf diese Weise wird der Kontext für die nachfolgenden Analysen geschaffen. Im zweiten Kapitel wird die subjektive Versuchslehre einer eingehenden Kritik unterzogen. Dabei wird das Hauptaugenmerk auf die Frage gelegt, wie es der subjektiven Versuchslehre gelingen konnte, einen solchen Siegeszug durch Rechtsprechung und Strafrechtswissenschaft anzutreten und welche dogmatischen Entwicklungen in der Strafrechtslehre dies begünstigt haben. Münden sollen diese Überlegungen – im dritten Kapitel – in einer Kritik des gängigen Verständnisses von Recht, auf dem auch und gerade die subjektive Versuchslehre aufbaut. Dabei wird zu zeigen sein, wie eng das Verstehen der versuchten Tat mit dem Verstehen von Recht und Handlung verwoben ist. Ohne einen hermeneutisch fundierten Rechtsbegriff fällt das Unrecht der versuchten Tat purer kriminalpolitischer Wertung anheim.21 Im vierten Kapitel ist zu erörtern, welche Vorschläge zu einer Objektivierung des Versuchsunrechts in der deutschen Strafrechtslehre nach dem Ende der klassischen objektiven Versuchslehren bereits unterbreitet wurden. Dabei soll das bloße Referieren von Lehrmeinungen vermieden werden zugunsten einer kritischen Analyse. Dies wird im fünften Kapitel den Weg zu Prolegomena der eigenen Lösung ebnen, in deren Rahmen die rechtsphilosophischen Implikationen ebenso zu reflektieren sind wie die kriminalpolitischen Aufgaben des Strafrechts. Sodann widmet sich die Untersuchung im sechsten Kapitel der Handlungstypisierung, aus der sich die Objektivierung des Versuchsunrechts im einzelnen ergibt. 6. Ob der hierfür notwendigen eingehenden Betrachtungen ist eine Beschränkung der Materie unvermeidlich: Die Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch, der Rücktritt vom Versuch22, die Beteiligung mehrerer an einer versuchten Tat23 und der Versuch des erfolgsqualifizierten Deliktes24 sollen nicht untersucht werden. Diese Themen sind eigener Analysen würdig. 7. Eingangs wurden Worte Engischs aus seinem 1931 erschienenen Werk „Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände“ zitiert. Engisch glaubte 21 Damit soll nicht behauptet werden, kriminalpolitische Argumente seien entbehrlich. Ein genauer Blick auf die Diskussion um die Strafbarkeit versuchter Taten in den letzten 150 Jahren offenbart jedoch, daß es ebenso leicht wie unergiebig ist, der subjektiven Versuchslehre ein Gesinnungsstrafrecht vorzuwerfen und der objektiven Versuchslehre nachzusagen, sie hinterlasse unerträgliche Strafbarkeitslücken. 22 Siehe dazu etwa Greeve, passim; sowie Heckler, passim. 23 Vgl. die Abhandlungen von Buser; Gorka; Krüger; Küper, Versuchsbeginn; Georg Schilling; jeweils passim. 24 Hierzu Bacher, passim.

24

Einführung

bereits damals konstatieren zu können, das Strafrecht hätte sich von metaphysischen Sendungsgedanken befreit. Nun ist das Beunruhigende an der Metaphysik nicht etwa ihr permanentes Wiederauflodern. Ihre Crux ist es, den Blick des Betrachters zu trüben. Man glaubt, sie hinter sich gelassen zu haben, doch gängelt sie – gleichsam unbemerkt – den Verstand. Einen Ausgang weist die permanente Kritik unserer Sprache. Sie ermöglicht es, unablässig zu prüfen, ob – wie Wittgenstein25 es formulierte – möglicherweise gewisse Zeichen in unseren Sätzen keine Bedeutung haben. Die Sprachkritik soll die folgenden Ausführungen ebenso begleiten wie jene Äußerung Engischs, die freilich mehr als Postulat, denn als Diagnose verstanden werden muß.26

25 Ders. schrieb, TLP 6. 53: „Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen läßt, also Sätze der Naturwissenschaft – also etwas, was mit Philosophie nichts zu tun hat –, und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, daß er gewissen Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. Diese Methode wäre für den anderen unbefriedigend – er hätte nicht das Gefühl, daß wir ihn Philosophie lehrten – aber sie wäre die einzig streng richtige.“ 26 Bis im 3. Kap. die Rede vom Recht kritisiert werden wird, sollen die folgenden goldenen Worte Hruschkas, Strafrecht, S. XVI, Maxime sein: Es „beginnt damit, daß wir das Gesetz beim Wort nehmen. Wir lesen, möglichst unvoreingenommen, was da im Gesetz steht und erlauben uns keine Verfälschungen und Verbiegungen. Der Gesetzgeber hat im Gesetz deutsch gesprochen, auch wir beherrschen die deutsche Sprache, also sehen wir erst einmal, was der Gesetzgeber . . . gesagt hat. Und dabei gehen wir davon aus, daß der Gesetzgeber auch gemeint hat, was er gesagt hat, und lassen uns nicht vorschnell auf die in vieler . . . Hinsicht merkwürdige These ein, daß der Gesetzgeber gesagt habe, was er – angeblich – ,gemeint‘ hat.“ (Hervorhebungen im Original).

1. Kapitel

Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie – Kontextualisierung und Begriffsklärung A. Einleitung Die Dogmatik des Versuchsunrechts ist von einem breiten Konsens geprägt. Die erbitterten Streitigkeiten, die seit dem Beginn der wissenschaftlichen Durchdringung des Problems durch P. J. A. Feuerbach1 geführt wurden, sind beigelegt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung steht seit 120 Jahren fest auf dem Boden der subjektiven Versuchslehre.2 Während des Dritten Reiches schwenkte die deutsche Strafrechtswissenschaft auf diesen Kurs ein; nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde dieser Richtungswechsel nicht korrigiert, durch neue dogmatische Entwicklungen vielmehr zementiert.3 Bereits im Jahre 1966 bezeichnete sich Spendel in seinem Plädoyer „Zur Neubegründung der objektiven Versuchstheorie“4 als einsamer Rufer in der Wüste. Höhepunkt der Entwicklung war die Neufassung der Versuchsbestimmungen durch das 2. StRG vom 4. 7. 19695, mit der der Gesetzgeber die subjektive Versuchslehre grundsätzlich anerkennen wollte,6 auch wenn das StGB in Wahrheit einen subjektive und objektive Momente verbindenden Weg beschreitet.7 Im Jahre 1979 schließlich konnte Roxin8 mit Recht die Eindruckstheorie als die ganz herrschende Versuchslehre bezeichnen. In einer prononcierten Zusammenschau sollen die begrifflichen Grundlagen analysiert und soll herausgearbeitet werden, welche Grundaussagen diese herrschende Versuchslehre charakterisieren und wie diese die fragmentarische Regelung der versuchten Tat ausfüllt.9 Vgl. dens., Lehrbuch11, § 42; ders., Revision, S. 12 ff. Vgl. die Entscheidung der Vereinigten Senate des RG in RGSt 1, 439 (442 f.), die dann fortlaufend bestätigt wurde. Dazu näher im 2. Kap. unter C. Der BGH übernahm die subjektive Lehre ausdrücklich in BGHSt 2, 74 (76). Hierzu im 2. Kap. unter D. Zur Rechtsprechung der Obergerichte ausführlich Endrulat, S. 206 ff. 3 Ausführlich zu dieser Entwicklung im 2. Kap. unter E. 4 Spendel, FS Stock, S. 89 (89 ff.). 5 BGBl. I, 717; in Kraft seit 1. 1. 1975 (BGBl. I,1). 6 Vgl. den Bericht des Sonderausschusses, S. 11. Kritisch zur Anerkennung Hirsch, GS Hilde Kaufmann, S. 133 (144). 7 Hierzu etwa Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (603, 614). 8 Ders., JuS 1979, 1 (1). 1 2

26

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

B. Der Strafgrund der versuchten Tat – begrifflich-dogmatische Analyse und die Betrachtungsweise der Eindruckstheorie I. Analyse des Terminus ,Strafgrund des Versuchs‘ Wo auch immer die versuchte Tat als solche problematisiert wird, überall finden sich Ausführungen zum Strafgrund des Versuchs. Welche Bedeutung aber hat dieser vielgebrauchte Terminus? Den Strafgrund des Versuchs zu problematisieren, heißt nichts anderes, als die Frage stellen, warum wir auch die versuchte Tat für strafwürdig erachten, warum der Gesetzgeber in § 23 I StGB anordnet, daß auch wegen versuchter Tat gestraft werden soll.10 Nun, diese Frage ist einfach zu beantworten: Es wäre uns schlicht unerträglich, die mißlungene Tat nur ob ihres Mißlingens strafrechtlich nicht zu ahnden. Unerträglich wäre dies, da unser strafrechtliches Denken dem Rechtsgüterschutz verschrieben ist und in der versuchten wie in der vorsätzlichen vollendeten Tat11 ein Angriff auf ein Rechtsgut liegt, wobei diese das Tatobjekt12 verletzt und jene nicht.13 Doch verletzen die versuchte wie die vorsätzliche vollendete Tat den vom Rechtsgut ausgehenden sozialen Achtungsanspruch gleichermaßen, weshalb trotz des Scheiterns der Tat die mit dem Angriff betätigte Intention des Täters von der Gemeinschaft als bedrohlich empfunden wird. Beide Formen der Straftat haben also denselben Strafgrund.14 Aber gerade deswegen ist die gesonderte Rede vom Strafgrund des Versuchs merkwürdig:15 Es 9 Dabei geht es freilich im 1. Kap. um eine intrasystematische Analyse der Eindruckstheorie. In ihren dogmatischen Wurzeln beleuchtet und kritisiert wird die Eindruckstheorie im 4. Kap. unter A. 10 In diesem Sinne auch Roxin, FS Nishihara, S. 157 (157). 11 Zumal das ,Vollendungsdelikt‘ eine formelle Kategorie ist. 12 Zur terminologischen Klarheit sei angemerkt, daß im Folgenden unterschieden wird zwischen dem Rechtsgut als dem ideellen Gut, dessen sozialen Achtungsanspruch der Gesetzgeber strafbewehrt und dem Tatobjekt als dem individuellen, konkreten Rechtsgutsträger. Vgl. hierzu Schmidhäuser, Studienbuch AT, 5 / 27 ff.; sowie Ebert, S. 1; Roxin, AT I, § 2 Rn. 34. Zum Stand der Diskussion insgesamt Graul, Abstrakte Gefährdungsdelikte, S. 38 ff., 41 ff., 55 ff.; Koriath, GA 1999, 561 (561 ff.); Stächelin, S. 30 ff. 13 Ähnlich auch Bloy, ZStW 2001, 76 (79 f., 82). 14 Auch Berz, S. 32 ff., 38; Bloy, ZStW 2001, 76 (82); Freund, § 8 Rn. 11; MK-StGB / Herzberg, § 22 Rn. 4; sowie Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 15 / 12, bejahen einen einheitlichen Strafgrund. Freund, § 1 Rn. 12 ff., legt freilich als gemeinsamen Strafgrund die Reaktion auf den Bruch einer Rechtsnorm zugrunde. Damit steht er fest auf dem Boden des ganz herrschenden Rechtsverständnisses mit dessen Unterscheidung in Verhaltens- und Sanktionsnormen. Vgl. diesbezüglich Hoerster, JZ 1989, 10 (10 ff.). Kritisch zu Freunds Lehre auch MK-StGB / Herzberg, § 22 Rn. 20. 15 Mit jener gesonderten Rede vom Strafgrund des Versuchs wird die gemeinsame Basis der vorsätzlichen Delikte – der Angriff auf ein Rechtsgut – ohne Not auseinandergerissen. Im Abschnitt zur sog. strafrechtlichen Stufenlehre – in diesem Kap. unter D. III. – wird zu zeigen sein, daß die herrschende Versuchslehre dort, wo das Gesetz vorsätzliche Delikte in verschiedenen Verbrechenstypen – in Vollendungsdelikten und Versuchsdelikten – erfaßt, mittels

B. Der Strafgrund der versuchten Tat

27

ist einerseits selbstverständlich, daß auch der Täter bestraft werden sollte und bestraft werden soll, dem die ins Auge gefaßte Tat mißlungen ist. Andererseits sieht die Strafrechtswissenschaft fortwährenden Rechtfertigungsbedarf. Hinter dem Terminus ,Strafgrund des Versuchs‘ muß sich mithin mehr verbergen, als die begriffliche Analyse verrät, soll die Rede vom Strafgrund eine sinnvolle sein, soll etwas Begründungsbedürftiges problematisiert werden, etwas, das im Gegensatz zur generellen Strafwürdigkeit des Versuchs tatsächlich begründungsbedürftig ist. Um zu ermitteln, was damit begründet werden soll, ist zu untersuchen, was die herrschende Versuchslehre, die Eindruckstheorie, unter dem Strafgrund der versuchten Tat versteht.

II. Das Verständnis der Eindruckstheorie vom Strafgrund des Versuchs 1. Als Strafgrund der versuchten Tat sieht die ganz herrschende Eindruckstheorie den betätigten rechtsfeindlichen Wille des Täters an, der geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit zu erschüttern.16 Die Eindruckstheorie steht damit – dies wird insoweit bereits klar – fest auf dem Boden der subjektiven Versuchslehre17, die sich bei der Bestimmung des Strafgrundes des Versuchs auf den betätigten rechtsfeindlichen Willen beschränkt.18 Dieser Umstand kann nicht deutlich genug herausgearbeitet werden: Der betätigte rechtsfeindliche Wille der subjektiven Versuchslehre bildet auch die dogmatische Basis der Eindruckstheorie; die subjektive Versuchslehre ist das Fundament der herrschenden Versuchsdogmatik. Hinzugefügt wurde einer Stufenlehre jene dem Gesetz nach verschiedenen Typisierungen sinnwidrig zu einer Wesenseinheit verschmelzen will. Insgesamt ein bizarres Unterfangen. 16 Eine erste Explikation findet der Eindruck als Kriterium zur Beurteilung versuchter Taten bereits bei Arnold Horn, ZStW 20 (1900), 309 (340 ff.); sowie bei v. Bar, Gesetz und Schuld, S. 488, 490 ff., 527 ff. Dazu im 4. Kap. unter A. I. 1. Später lieferte v. Gemmingen, Die Rechtswidrigkeit, S. 160 ff., eine eingehende Begründung dieses Ansatzes; vgl. hierzu auch Zaczyk, Das Unrecht, S. 24 ff. Die Eindruckstheorie wird u. a. vertreten von Blei, AT17, S. 208 f. (anders jedoch ders., AT18, S. 231, wo der subjektiven Versuchslehre dogmatische Sauberkeit bescheinigt wird); Burgstaller, ÖJBl. 1969, 521 (529 f.); Ebert, S. 124 ff.; Eser, Strafrecht II3, Nr. 31 A 34; Gropp, AT, § 9 Rn. 48; Grünwald, FS Welzel, S. 701 (712); Jescheck / Weigend, § 49 II 3; Lackner / Lackner, StGB22, § 22 Rn. 11; LK10 / Vogler, Vor § 22 Rn. 54 ff.; Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 41; Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (604); Papageorgiou-Gonatas, S. 206, 209 ff.; Roxin, JuS 1979, 1 (1); Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem § 22 Rn. 22; Schünemann, GA 1986, 291 (311 f.); SK / Rudolphi, Vor § 22 Rn. 13; Stratenwerth, Schweiz. Strafrecht I, § 12 Rn. 18; Streng, ZStW 109 (1997), 862 (865); Tiedemann, FS Baumann, S. 7 (13); Wessels / Beulke, Rn. 594. 17 Umfassend dargestellt und kritisiert wird die subjektive Versuchslehre im 2. und 3. Kap. 18 Vgl. zur subjektiven Versuchslehre Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 215 ff.; Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 16; Jakobs, AT, 25 / 17; Kühl, AT, § 15 Rn. 39; LK11 / Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 60 ff.; Niepoth, Der untaugliche Versuch, S. 53 ff.; Schmidhäuser, Studienbuch AT, 11 / 19; Streng, ZStW 101 (1989), 273 (322 f.); Zaczyk, Das Unrecht, S. 76 ff.

28

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

der klassischen subjektiven Versuchslehre lediglich ein sozialpsychologisches Kriterium, das eine objektivierende Tendenz entfalten und strafwürdige von nicht strafwürdigen versuchten Taten scheiden soll. 2. Auf der Basis dieser Bestimmung des Strafgrundes kann die Eindruckstheorie Regelungen der lex lata durchaus schlüssig erklären. Doch was will die Eindruckstheorie mit dem ,betätigten rechtsfeindlichen Willen des Täters‘ begründen? Obwohl sich strafrechtliches Denken heute ganz und gar dem Rechtsgüterschutz verschrieben hat, ist für die Eindruckstheorie mit dem ,rechtsfeindlichen Willen‘ nach wie vor der Ungehorsam gegenüber der Norm die individuelle Fehlleistung, die mit der Versuchsstrafe geahndet werden soll.19 Das ist anachronistisch und nur aus einem ganz bestimmten Verständnis des Rechts heraus zu erklären, was freilich noch der genauen Analyse bedarf.20 An dieser Stelle nur so viel: Mit der Antwort auf die Frage nach dem Warum der Versuchsstrafe sollte einst entschieden werden, ob für das Versuchsunrecht ein objektiver Unrechtserfolg in Form einer konkreten Gefährdung des Tatobjektes durch die versuchte Tat notwendig ist – wie dies von den bis zum Dritten Reich herrschenden objektiven Versuchslehren behauptet wurde21 und nun wieder postuliert wird22 – oder das auf eine Rechtsgutsverletzung gerichtete Handeln des Täters Anknüpfungspunkt der Versuchsdogmatik sein sollte – wie dies vom RG unter der Mitwirkung v. Buris und unter Berufung auf dessen wissenschaftliches Werk23 begründet wurde. Spätestens mit der Akzeptanz der personalen Unrechtslehre und ihres Elementes ,Handlungsunwert‘ ist diese Streitfrage zugunsten der letzteren Alternative entschieden worden: Die vorsätzliche vollendete und die versuchte Tat haben denselben Strafgrund – den Angriff des Täters auf ein Rechtsgut, mit dem der soziale Achtungsanspruch eben dieses Rechtsguts verletzt wird.24 Damit ist jedoch die Frage nicht beantwortet, welche Sehr deutlich etwa bei Polaino-Navarrete, S. 157 (158 ff.). Diese erfolgt im 3. Kap. 21 So etwa von Berner, S. 153 ff.; Frank, Vollendung, Bd. V, S. 163 (249 ff.); v. Hippel, S. 403 f.; Hold-Ferneck, Der Versuch, S. 13; v. Liszt / Schmidt, S. 302 ff.; später von Spendel, FS Stock, S. 89 (89 ff.); ders., NJW 1965, 1881 (1882 ff.); Dicke, JuS 1968, 157 (159 ff.); Schönwandt, S. 132 ff.; Treplin, ZStW 76 (1964), 441 (457 ff.). Affinitäten zeigen Rudolphi, S. 51 (70 ff.); sowie Schaffstein, FS Honig, S. 169 (170 f.). Für die objektive Versuchslehre plädierte de lege ferenda in der Großen Strafrechtskommission der Vertreter der Rechtsanwaltschaft v. Stackelmann. Vgl. Niederschriften, S. 181 ff. 22 So von Ha, S. 185 ff.; Hirsch, FS Arthur Kaufmann, S. 545 (560 f.); Weigend, S. 113 (126 ff.). Vgl. auch Jäger, S. 62 ff.; Naka, S. 93 (93 ff.). 23 Von v. Buris einschlägigen Schriften seien insoweit angeführt: Abhandlungen, S. 53 ff.; Über Causalität, S. 152 ff.; GS 19 (1867), 60 (60 ff.); GS 20 (1868), 325 (325 ff.); GA 25 (1877), 265 (265 ff.); GS 32 (1880), 321 (321 ff.); ZStW 1 (1881), 185 (185 ff.); Die Causalität, S. 114 ff.; GS 40 (1888), 503 (571 ff.); GS 44 (1891), 321 (335 ff.). 24 Im Zuge der monistisch-subjektiven Unrechtslehre (hierzu Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 59) wird gar der Legitimationsbedarf für eine strengere Bestrafung der vollendeten Tat gegenüber der Bestrafung des Versuchs als viel höher eingeschätzt. Vgl. diesbezüglich etwa Dornseifer, S. 427 (433 f.); Eckhard Horn, S. 78 ff.; Zielinski, S. 121 ff., 135 ff. Zur monistisch-subjektiven Unrechtslehre näher im 2. Kap. unter E. IV. 19 20

B. Der Strafgrund der versuchten Tat

29

Versuche auch strafwürdig sind.25 Dies bedarf gesonderter – dogmatischer und kriminalpolitischer – Überlegungen, denn die Entscheidung, daß auch wegen versuchter Taten gestraft werden soll, ist von der Problematik, wegen welcher Versuchsdelikte gestraft werden sollte, ebenso zu unterscheiden, wie der Entschluß, daß bestimmte Rechtsgüter strafbewehrt sein sollen, nicht von der Diskussion darüber entbindet, welche Angriffsmodalitäten im jeweiligen Deliktstatbestand zu fixieren sind.26 3. Die Antwort der Eindruckstheorie auf die Frage nach dem Strafgrund des Versuchs präjudiziert im Gegensatz dazu die Entscheidung, welche Versuchsdelikte auch strafwürdig sind: Ist der Ungehorsam gegenüber der Norm das entscheidende Moment der versuchten Tat, erschöpft sich die Bewertung des Täterverhaltens in der Feststellung, ob sich der Täter gegen die Norm aufgelehnt hat oder nicht, eine Bewertungsdichotomie der Form: Imperativverletzung – ja oder nein? Konsequenterweise müßte wegen eines jeden betätigten rechtsfeindlichen Willens gestraft werden. Eingeschränkt wird dies von der Eindruckstheorie – und hierin soll ihr Gewinn gegenüber der rein subjektiven Versuchslehre liegen – nur durch das Kriterium der Eignung der konkreten Tat, einen rechtserschütternden Eindruck zu hinterlassen.27

III. Zwischenbilanz Die Eindruckstheorie beraubt sich mit ihrer Bestimmung des Strafgrundes der versuchten Tat der Möglichkeit, menschliches Verhalten zu bewerten und strafwürdiges von nicht strafwürdigem Verhalten zu scheiden. Ihr verbleibt nur, die Auflehnung gegen eine Norm festzustellen. Die gesonderte Rede von einem Strafgrund des Versuchs ist dabei nicht sinnvoll. Mit der versuchten wie mit der vorsätzlichen vollendeten Tat wird ein Rechtsgut angegriffen, weshalb die mißlungene Tat nicht wegen ihres Scheiterns strafrechtlich ungeahndet bleibt. Zum Zwecke dieser Ahndung müssen indes Kriterien gefunden werden, mit deren Hilfe versuchte Taten ebenso differenziert bewertet werden können, wie dies der Gesetzgeber im Besonderen Teil des StGB für Vollendungsdelikte demonstriert.

3. d). Auch Freund, § 8 Rn. 11 ff., § 2 Rn. 52 ff., sieht einen größeren Legitimationsbedarf für eine strengere Bestrafung der vollendeten Tat. 25 In diesem Sinne etwa auch Bloy, ZStW 2001, 76 (83). 26 Man denke nur an das immer wieder angeführte Beispiel, das Rechtsgut Vermögen sei nicht gegen jede Schädigung strafrechtlich geschützt, sondern nur gegen bestimmte Typen von Angriffen. Vgl. statt aller Arzt / Weber, § 1 Rn. 12; sowie Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (231). 27 Wobei die Leistungsfähigkeit dieses Kriteriums noch genauer untersucht werden muß.

30

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

C. Die gesetzliche Regelung der versuchten Tat und die Begründung ihrer Ratio I. Die Regelung des § 22 StGB 1. Mit § 22 StGB wird die Vorstellung des Täters von seiner Tat zum Schlüsselbegriff der Versuchsdogmatik. Damit scheint der Gesetzgeber seinem Anspruch gerecht zu werden, die subjektive Versuchslehre gesetzlich anzuerkennen.28 Für die Eindruckstheorie ist denn auch die zentrale Position der Vorstellung des Täters in § 22 StGB die Konsequenz aus der Anerkennung des rechtsfeindlichen Willens des Täters als Basis der Versuchsstrafbarkeit.29 2. Das Erfordernis des unmittelbaren Ansetzens zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes normiert, daß nicht jede Betätigung eines deliktischen Entschlusses eine versuchte Tat ist, sondern nur diejenige, die aus der Sicht des Täters unmittelbar in die Deliktsvollendung einmünden soll. Damit wird das Versuchsdelikt von der straflosen Tatvorbereitung30 geschieden und die versuchte Tat dicht an die Tatvollendung herangerückt. Dieses restriktive Vorgehen ist vom Standpunkt einer subjektiven Versuchslehre her nicht begreiflich, wird doch auch mit der Tatvorbereitung bereits ein rechtsfeindlicher Wille betätigt. Dies zeigt deutlich, daß das StGB seine subjektive Ausgangsposition relativiert. 3. Für die Eindruckstheorie ist denn auch das Kriterium des unmittelbaren Ansetzens zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes eine Ausprägung ihrer Auffassung vom Strafgrund des Versuchs: Die Betätigung des rechtsfeindlichen Willens sei zwar notwendige, nicht aber – wie für eine rein subjektive Versuchslehre – eine hinreichende Bedingung für eine strafwürdige versuchte Tat. Nur mit dem unmittelbaren Ansetzen zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes könne auch ein rechtserschütternder Eindruck verbunden sein, da Vorbereitungshandlungen äußerlich oft neutralen Charakter hätten, mehrdeutig seien und mit ihnen die Strafwürdigkeitsschwelle nicht überschritten werde.31

II. Die Regelung des § 23 StGB 1. In § 23 I StGB wird die Strafbarkeit der versuchten Tat insoweit beschränkt, als nur der Versuch eines Verbrechens stets strafbar ist. Für Vergehen behält sich der Gesetzgeber vor, einzeln über eine Pönalisierung auch der versuchten Tat zu 28 Vgl. abermals den Bericht des Sonderausschusses, S. 11; sowie Maiwald, Dogmatik, S. 120 (126). 29 Vgl. hierzu von den Vertretern der Eindruckstheorie Streng, ZStW 109 (1997), 862 (864). 30 Zur Kritik der Aussage, die Tatvorbereitung sei grundsätzlich straflos, in diesem Kap. unter D. III. 3. c). 31 Vgl. diesbezüglich etwa Roxin, JuS 1979, 1 (1).

C. Die gesetzliche Regelung der versuchten Tat und die Begründung ihrer Ratio

31

entscheiden.32 Für die Verfechter der Eindruckstheorie ist auch diese Begrenzung der Versuchsstrafbarkeit folgerichtig: Der Versuch eines Verbrechens hinterlasse regelmäßig einen rechtserschütternden Eindruck, er sei stets strafwürdig und konsequenterweise stets strafbar. Beim Versuch eines Vergehens hänge es vom Charakter des jeweiligen Deliktes ab, ob ein rechtserschütternder Eindruck geweckt werde; der Gesetzgeber ordne dementsprechend die Versuchsstrafbarkeit für das jeweilige Vergehen ausdrücklich an.33 Mit einer rein auf den betätigten rechtsfeindlichen Willen des Täters abstellenden subjektiven Versuchslehre ist eine solche Einschränkung der Versuchsstrafbarkeit nicht zu begründen, da danach der Versuch eines jeden Deliktes strafwürdig ist. Dies zeigt wiederum den eher subjektiv-objektiven Charakter der lex lata. 2. Mit § 23 II StGB entscheidet sich der Gesetzgeber für eine fakultative Strafrahmenmilderung bei einer versuchten Tat.34 Auch dies läßt sich mit der Eindruckstheorie – nicht aber mit der subjektiven Versuchslehre – als folgerichtig begründen. Nach der subjektiven Versuchslehre ist eine solche Milderungsmöglichkeit inkonsequent, da der rechtsfeindliche Wille bei Vollendung wie Versuch gleichermaßen betätigt wird. Doch das StGB geht auch hier einen subjektiv-objektiven Weg. Für die Eindruckstheorie ist klar, daß der Versuch einer Tat einen geringeren rechtserschütternden Eindruck hinterlassen könne als deren Vollendung; mithin müsse es möglich, dürfe jedoch nicht geboten sein, die Vollendungsstrafe nach § 49 I StGB zu mildern.35 3. Schließlich schlägt auch § 23 III StGB einen subjektive und objektive Momente verbindenden Weg ein, wenn die Vorschrift von der grundsätzlichen Strafbarkeit auch des untauglichen Versuchs ausgeht, welche sich bereits aus § 22 StGB und der zentralen Rolle der Vorstellung des Täters von seiner Tat erschließt. Zur fakultativen Strafmilderung des § 23 II StGB tritt in § 23 III StGB das Regulativ der Möglichkeit eines Absehens von Strafe mit der Rechtsfolge des Schuldspruches ohne Strafausspruch36 bzw. einer außerordentlichen Strafmilderung nach § 49 II StGB für den Fall, daß eine versuchte Tat nicht nur mit untauglichen Mitteln oder an einem untauglichen Objekt begangen wurde, sondern die Tat überhaupt nicht vollendet werden konnte und der Täter in grob unverständiger Weise eine Vollendungsmöglichkeit annahm. Nach der Eindruckstheorie ist dies wiederum konsequent,37 da die Tat eines grob unverständig Handelnden unter Umständen Heiterkeit, jedoch keinen rechtserschütternden Eindruck hinterläßt. Eine konsequente subjektive Versuchslehre müßte auch hier strafen – mit der Vollendungsstrafe. Kritisch hierzu Meinecke, S. 171 ff. So etwa Jescheck / Weigend, § 49 V 1. 34 Zur Strafmilderung nach § 23 II StGB ausführlich Timpe, S. 91 ff. Vgl. auch Hans Christoph Jahr, S. 17 ff. 35 Vgl. etwa Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (614). 36 Dazu Schönke / Schröder / Stree, StGB, Vorbem §§ 38 ff. Rn. 54. 37 Hierzu etwa Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 140. 32 33

32

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

III. Fazit Es sind fünf Grundaussagen, die das StGB zur Strafbarkeit der versuchten Tat macht: Der Gesetzgeber weist an, (1) grundsätzlich auch wegen versuchter Taten zu strafen (§ 23 I StGB). Diese können (2) milder bestraft werden (§ 23 II, III StGB). Grundsätzlich soll auch (3) wegen derjenigen versuchten Tat gestraft werden, deren Vollendung von vornherein unmöglich war (e contrario § 23 III StGB). Wegen versuchter Tat soll (4) erst dann gestraft werden, wenn der Täter zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes bereits unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Die Vorstellung des Täters (5) von seiner Tat soll dabei entscheidend sein. In diesen gesetzlichen Grundaussagen muß sich eine jede Versuchskonzeption verankert wissen, soll sie de lege lata vertretbar sein. Die Begründung der Ratio der lex lata hingegen kann im Verhältnis zu der der Eindruckstheorie differieren.

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten Nach der Exposition der gesetzlichen Regelung der versuchten Tat soll kritisch beleuchtet werden, wie mittels dieser Regelung und ihrer Auslegung durch die herrschende Versuchslehre der Tatbestand der versuchten Tat gebildet wird. Dazu ist zunächst die Tatbestandsstruktur des vorsätzlichen38 vollendeten Deliktes zu rekapitulieren, um dann deren Übertragung auf das Versuchsdelikt zu analysieren.

I. Die Struktur des gesetzlichen Tatbestandes des vorsätzlichen vollendeten Deliktes 1. Grundsätzliches Grundlage eines jeden Deliktstatbestandes ist die Tatbestandsbeschreibung im Besonderen Teil des StGB. In diesen Tatbestandsbeschreibungen vertypt der Straf38 Die Analyse kann hier auf das vorsätzliche Vollendungsdelikt beschränkt bleiben, da nur bei vorsätzlichen Delikten der Versuch strafbar ist. Der strafbare Versuch eines Fahrlässigkeitsdeliktes ist durch §§ 23 I, 12 I StGB ausgeschlossen, da das StGB kein fahrlässiges Verbrechen kennt und bei keinem fahrlässigen Vergehen der Versuch unter Strafe steht. Einen fahrlässigen Versuch schließt § 22 StGB mit dem Merkmal der Vorstellung des Täters von seiner Tat schon begrifflich aus; vgl. hierzu Bericht des Sonderausschusses, S. 11. Zur Frage, ob ein fahrlässiges Versuchsdelikt denkbar und strafwürdig ist u. a. Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 154 ff.; Jakobs, AT, 25 / 28; Kühl, FS Gössel, S. 191 (200 f.); Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 72; Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 15 / 62; SK / Rudolphi, § 22 Rn. 1; Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 192 ff.; Zaczyk, Das Unrecht, S. 209 ff. Bestimmte Konstellationen, die ob einer mangelnden Vorstellung von der Tat keine versuchte Tat darstellen, hat der Gesetzgeber als (fahrlässige) Vollendungsdelikte in Gestalt konkreter Gefährdungsdelikte fixiert, so etwa in § 315 c I, III StGB. Siehe hierzu auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 156.

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

33

gesetzgeber Verhaltensweisen, die er für strafwürdig erachtet, und gibt den Richtern und Beamten des Rechtsstabs auf, wegen eines solchen Verhaltens zu strafen. Typisierung ist – ganz allgemein formuliert – die Fixierung eines Beschreibungsmodells, in dem die charakteristischen Eigenschaften dynamischer, prozeßhafter Sachverhalte erfaßt werden. In den Deliktstatbestand nimmt der Gesetzgeber zum Zwecke dieses Fixierens strafwürdigen Verhaltens diejenigen Merkmale auf, die den Unrechtsgehalt des Verhaltens begründen sollen; der gesetzliche Tatbestand umfaßt – um mit Beling39, dem Vater des Tatbestandsbegriffes, zu sprechen – den „Inbegriff der Merkmale, die ergeben, um welches Verbrechen es sich typisch handelt“.

2. Der objektive Tatbestand des Vollendungsdeliktes a) Der objektive Tatbestand eines Deliktes verdeutlicht zunächst, welches Rechtsgut strafbewehrt ist, indem er das Tatobjekt des pönalisierten Verhaltens bestimmt. Die sogenannten einfachen Delikte schützen nur ein Rechtsgut (z. B. §§ 211 ff., 223 ff., 303 StGB), wogegen bei den sogenannten zusammengesetzten Delikten verschiedene Rechtsgüter in den Schutz einbezogen werden (etwa in §§ 242, 249, 253 StGB). Der Gesetzgeber entscheidet im objektiven Tatbestand auch, wer Täter des entsprechenden Deliktes sein kann: Jedermann als Deliktssubjekt der Gemeindelikte, Mitglieder bestimmter Personengruppen (Richter, Beamte usw.) bei Sonderdelikten.40 Zu unterscheiden sind sogenannte echte und unechte Sonderdelikte. Bei echten Sonderdelikten kann der Deliktstypus generell nur von einer tatbestandlich qualifizierten Person verwirklicht werden, so etwa die Untreue gemäß § 266 StGB nur von einem Treuepflichtigen, Vorteilsannahme und Bestechlichkeit gemäß §§ 331, 332 StGB nur von Amtsträgern oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten gemäß § 11 I Nr. 2 StGB, Rechtsbeugung gemäß § 339 StGB nur von Richtern, Amtsträgern oder Schiedsrichtern. Die Zugehörigkeit zu der tatbestandlich normierten Tätergruppe wirkt unrechtsbegründend. Unechte Sonderdelikte können grundsätzlich von jedermann begangen werden, doch wirkt die Täterschaft besonders qualifizierter Personen strafschärfend;41 Musterbeispiele sind hierfür die Körperverletzung gemäß § 223 StGB und die Körperverletzung im Amt nach § 340 StGB. 39 Ders., Die Lehre vom Verbrechen, S. 3. Vgl. auch dens., Die Lehre vom Tatbestand, S. 1 ff. 40 Roxin, AT I, § 10 Rn. 128, bevorzugt eine Bezeichnung der Sonderdelikte als Pflichtdelikte. Dies ist im Rahmen des herrschenden normtheoretischen Ansatzes mißverständlich, da nach letzterem jeder Deliktstatbestand eine Bestimmungsnorm impliziert, die ihren Adressaten durch ein Verbot oder Gebot zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet. Näher zum herrschenden normtheoretischen Verständnis unten in diesem Kap. unter E. I. 2. 41 Vgl. zu dieser Begriffsbestimmung Langer, Das Sonderverbrechen, S. 456.

3 Maier

34

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Generell sind von den Sonderdelikten diejenigen täterschaftlichen Qualifikationen zu unterscheiden, die eine besondere interpersonale Beziehung kennzeichnen, innerhalb derer die tatbestandsmäßige Handlung vorgenommen werden muß, so etwa beim Schwangerschaftsabbruch gemäß § 218 StGB, dem Beischlaf zwischen Verwandten gemäß § 173 StGB oder der qualifizierten Form der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger nach § 180 III StGB.42 Bei diesen Delikten werden keine sogenannten Sonderpflichten auferlegt, vielmehr wird eine tatbestandsmäßige Situation beschrieben.43 Essentiell ist weiterhin, wie das tatbestandliche Verhalten beschrieben wird, welche Modalitäten des Angriffsverhaltens festgehalten werden. So lassen sich nach der Anzahl der im objektiven Tatbestand fixierten Täterhandlungen einaktige (etwa §§ 212, 240 StGB) von mehraktigen Delikten (z. B. §§ 177, 249, 252 StGB) unterscheiden. Einige Deliktstatbestände verwenden zur Charakterisierung des Angriffsverhaltens den Terminus unternehmen (etwa in den §§ 81 I, 82 I, 184 I Nr. 4, 8, 9, III Nr. 3, 357 I StGB). Bei diesen echten Unternehmensdelikten ist gemäß § 11 I Nr. 6 StGB der Versuch des jeweiligen Deliktes seiner Vollendung gleichgestellt.44 Zum Teil wird auch ein vom tatbestandlichen Verhalten ablösbarer Taterfolg beschrieben, wodurch Erfolgs- von schlichten Tätigkeitsdelikten unterschieden werden können. Ein solcher Taterfolg kann eine Verletzung des Tatobjektes (so etwa der Tod eines Menschen in § 212 StGB oder die Gesundheitsbeschädigung in § 223 I StGB) oder eine konkrete Gefährdung des Tatobjektes (so etwa das Herbeiführen der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung in § 221 I StGB, die Gefährdung von Leib, Leben oder fremder Sachen von bedeutendem Wert in § 315 c StGB oder das Herbeiführen einer Brandgefahr in § 306 f. StGB) sein. Der Begriff der konkreten Gefahr erfaßt dabei diejenige Situation, in der die nicht fernliegende Möglichkeit der Verletzung des Tatobjektes besteht.45 Bei Verletzungs- und konkreten Gefährdungsdelikten sind auch der ursächliche Zusammenhang zwischen Tathandlung und Erfolg sowie die objektive Zurechenbarkeit des Taterfolges zur Handlung des Täters Bestandteile des objektiven Tatbestandes. Von den konkreten Gefährdungsdelikten sind die abstrakten Gefährdungsdelikte (z. B. §§ 306 I, 316) zu unterscheiden. Diese sind im Gegensatz zu jenen keine Erfolgsdelikte, vielmehr werden bei ihnen die Modalitäten des Angriffsverhaltens als typischerweise geeignet charakterisiert, eine konkrete Gefahr herbeizuführen.46 b) Der Gesetzgeber normiert neben den Begehungs- auch Wortlautunterlassungsdelikte, so in den §§ 120 II, 123 I 2. Alt., 138, 142, 264 I Nr. 3, § 264 a I (in Vgl. hierzu insbesondere Stratenwerth, AT4, § 8 Rn. 5 f. Diese Unterscheidung wird vor allem beim Problem des untauglichen Subjektes relevant. Dazu unten in diesem Kap. unter F. IV. 1. 44 Dazu eingehend Hans-Ludwig Günther, JZ 1987, 16 (16 ff.). 45 Vgl. diesbezüglich etwa Schönke / Schröder / Heine, Vorbem. §§ 306 ff. Rn. 5. 46 Grundlegend hierzu u. a. Gallas, FS Heinitz, S. 171 (180). 42 43

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

35

der Modalität des Verschweigens), 265 b I Nr. 2, § 283 I Nr. 5 und 7 b, 323 c, 328 II Nr. 1 StGB.47 Von diesen sind die Auslegungsunterlassungsdelikte zu unterscheiden, welche erst in Anwendung des § 13 StGB durch Auslegung der Deliktstatbestände der Begehungsdelikte gewonnen werden können. Auslegungsunterlassungsdelikte sind stets erfolgsbezogene Garanten-Unterlassungsdelikte. Täter kann mithin nur derjenige sein, dem das Gesetz Merkmale eines besonderen Täterkreises zuschreibt und ihn so zum Garanten gegen den Eintritt einer Rechtsgutsverletzung erklärt. Wortlautunterlassungsdelikte sind demgegenüber teils als Garanten-Unterlassungsdelikte (z. B. § 120 II StGB), teils als Jedermanns-Unterlassungsdelikte (z. B. § 138 StGB) festgehalten. Erfolgsbezogene Unterlassungsdelikte (z. B. § 120 II StGB) entsprechen in ihrer Struktur den Erfolgsdelikten bei den Begehungsdelikten; erfolgsfreie (schlichte) Unterlassungsdelikte (z. B. §§ 138, 323 c StGB) entsprechen den schlichten Tätigkeitsdelikten. c) Zur deliktstatbestandlichen Fixierung bedient sich der Gesetzgeber deskriptiver und normativer Tatbestandsmerkmale. Als deskriptive Tatbestandsmerkmale gelten Begriffe, die infolge ihres Gebrauches in der Alltagssprache ohne größere Wertungsleistung zu erfassen sind. Als normativ werden im Gegensatz dazu Tatbestandsmerkmale charakterisiert, die eine spezifisch juristische Wertung voraussetzen.48 d) Entspricht ein Verhalten allen in einen Deliktstatbestand gefaßten objektiven Merkmalen – und ist bei den Erfolgsdelikten der Taterfolg dem tatbestandlichen Verhalten auch objektiv zurechenbar – ist der objektive Deliktstatbestand erfüllt, die Tat ist vollendet.49

3. Der subjektive Tatbestand des Vollendungsdeliktes a) Der Tatvorsatz aa) Notwendiges Element des subjektiven Tatbestandes ist der Tatvorsatz. Die Notwendigkeit vorsätzlichen Verhaltens hält der Strafgesetzgeber grundsätzlich 47 Die gängige Unterscheidung von sogenannten echten und unechten Unterlassungsdelikten ist sachlich unbegründet, da es bei den Unterlassungsdelikten um eine mehrfache Differenzierung geht. Vgl. hierzu Schmidhäuser, Studienbuch AT, 12 / 11. Sachgerecht ist die Terminologie von Schmidhäuser, ebenda, 12 / 6 ff., auf die im Folgenden zurückgegriffen wird. In diesem Sinne auch NK / Seelmann, § 13 Rn. 12 ff. Kritisch zum ,unechten Unterlassen‘ auch Hruschka, Strafrecht, S. 161. 48 Ob der mangelnden Trennschärfe dieser Unterteilung wird die Unterscheidung zwischen normativen und deskriptiven Tatbestandsmerkmalen von einigen Stimmen in der Rechtslehre abgelehnt. Vgl. etwa AK / Zielinski, §§ 15, 16 Rn. 43; sowie Dopslaff, GA 1987, 1 (1 ff.). 49 Für die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen ist die Erfüllung des objektiven Tatbestandes freilich nur notwendige Bedingung für die Vollendung der Tat. Vgl. diesbezüglich Hruschka, Strafrecht, S. 196.

3*

36

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

nicht in den Deliktstatbeständen des Besonderen Teils fest, vielmehr erklärt er in § 15 StGB ein tatbestandsmäßiges Verhalten prinzipiell nur dann für strafbar, wenn es auch von einem Tatvorsatz getragen wird. Ist hingegen auch fahrlässiges Verhalten hinreichend, bestimmt der Gesetzgeber dies im jeweiligen Deliktstatbestand. bb) Als Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung wird der Vorsatz in der Rechtslehre mit einer ebenso üblichen wie unzulänglichen50 Kurzformel bezeichnet.51 Der Tatvorsatz besteht jedenfalls in seiner Struktur aus einem kognitiven Element (Wissen) und einem voluntativen Element (Wollen). Je nach Intensität beider Elemente werden drei Formen des Vorsatzes unterschieden: die Absicht (dolus directus ersten Grades), die Wissentlichkeit (dolus directus zweiten Grades) und der dolus eventualis.52 cc) Das kognitive Moment fordert vom Täter die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die der Gesetzgeber als objektive Tatbestandsmerkmale des jeweiligen Deliktes fixiert hat – argumentum e contrario § 16 I 1 StGB. Hinsichtlich deskriptiver Tatbestandsmerkmale muß deren tatsächliche Verwirklichung vom Täter verstanden worden sein. Bei normativen Tatbestandsmerkmalen ist – ob ihrer Wertungsbedürftigkeit – die spezifische Bedeutungskenntnis notwendig. Dieses Verstehen ist nicht im Sinne einer exakten juristischen Subsumtion der tatsächlichen Umstände unter die Merkmale des objektiven Tatbestandes zu begreifen. Vielmehr ist es hinreichend, wenn sich dem Täter der soziale Bedeutungsgehalt der normativen Tatbestandsmerkmalen erschließt (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre, besser: Bedeutungskenntnis).53 Kennzeichnend für das kognitive Moment des Tatvorsatzes beim Vollendungsdelikt ist mithin die Kongruenz von Realität54 und Täterbewußtsein. Freilich läßt sich die Forderung nach der Kenntnis aller objektiven Tatbestandsmerkmale nicht strikt durchhalten: Bei den Erfolgsdelikten ist der Eintritt des tat50 Vgl. etwa die Kritik von Freund, § 7 Rn. 41: „Wer ,will‘ schon einen Straftatbestand verwirklichen?“. Hierzu gleich unter D. I. 3. a) dd). Grundlegend zur problematischen Rede von der Tatbestandsverwirklichung Buffo, S. 2 ff. 51 Etwa bei Haft, AT, S. 150; Jescheck / Weigend, § 29 II 2; Lackner / Lackner, StGB22, § 15 Rn. 3; Roxin, AT I, § 12 Rn. 4; Schönke / Schröder / Cramer / Sternberg-Lieben, StGB, § 15 Rn. 9; SK / Rudolphi, § 16 Rn. 1; Tröndle / Fischer, StGB51, § 15 Rn. 2; Welzel, Strafrecht, § 13 I 1. 52 Die geläufige Bezeichnung des dolus eventualis als bedingter Vorsatz ist zumindest mißverständlich. Sie vermag zu suggerieren, daß für das voluntative Vorsatzmoment ein bedingter Handlungswille hinreichend sein könnte. In diesem Sinne etwa auch Roxin, AT I, § 12 Rn. 24; Schönke / Schröder / Cramer / Sternberg-Lieben, § 15 Rn. 72; Schultz, S. 303 (314 ff.). 53 Vgl. etwa Roxin, AT I, § 12 Rn. 90; sowie Schmidhäuser, Studienbuch AT, 7 / 64, der zutreffend darauf hinweist, daß die strafgesetzliche Schilderung mittels normativer Tatbestandsmerkmale ja nicht für den Täter, sondern für den Rechtsstab geschaffen wurde, um dessen Handeln zu motivieren. Der Adressat der Strafgesetze als Problem des Rechtsbegriffes wird im 3. Kap. unter B. Gegenstand der Abhandlung sein. 54 Soweit die Realität entsprechend der im gesetzlichen Tatbestand normierten Merkmale relevant ist!

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

37

bestandsmäßigen Erfolges Merkmal des objektiven Tatbestandes. Den Erfolgseintritt kann der Täter bei der Vornahme seiner tatbestandsmäßigen Handlung nicht kennen, da er der Tathandlung nachfolgt. Die Tathandlung kann zwar vom Willen getragen sein, den tatbestandsmäßigen Erfolg zu zeitigen, doch ist dies eine volitive Leistung. Mit dem Erfolgseintritt kann der Täter nur mehr oder weniger sicher rechnen.55 Auch dies ist eine kognitive Leistung – aber eben kein Kennen. dd) Voluntatives Element des Tatvorsatzes ist der auf die Beeinträchtigung – die Verletzung bzw. Gefährdung – des Tatobjektes gerichtete Willensentscheid des Täters. Durch diesen Verwirklichungswillen unterscheidet sich der Tatvorsatz vom schlichten Wünschen oder Hoffen und von der bloßen Tatgeneigtheit. 56 Wenn oben die übliche Vorsatz-Kurzformel ,Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung‘ beiläufig als unzulänglich kritisiert wurde, ist dies hier – was das ,Wollen der Tatbestandsverwirklichung‘ betrifft – zu spezifizieren: Die Vorsatzdogmatik geht bezüglich der volitiven Täterleistung gemeinhin davon aus, Vorsatz sei der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes.57 Läßt sich aber sinnvoll davon sprechen, ein vorsätzlich handelnder Täter wolle einen Straftatbestand verwirklichen? Sicherlich behaupten auch die Befürworter eines solchen Verständnisses des voluntativen Vorsatzelementes dies nicht ernsthaft. Kaum ein Täter würde sonst vorsätzlich handeln; welcher Täter erbringt schon volitive Leistungen wie: „Ich will jetzt den Tatbestand des Betruges verwirklichen.“? Die Protagonisten des ,Willens zur Tatbestandsverwirklichung‘ meinen mit dieser Wendung, der vorsätzlich handelnde Täter müsse die Umstände verwirklichen wollen, die das StGB im jeweiligen Deliktstatbestand normiert.58 Doch auch diese Rede ist ungenau, denn Wollen kann der Täter sinnvollerweise nur zweierlei: Seine eigene Handlung, mit der er eben seine Intention realisieren will – nur diese kann er beherrschen – und die Beeinträchtigung des Tatobjektes – diese kann er verwirklichen.59 Andere Merkmale des In diesem Sinne auch Freund, § 7 Rn. 41; sowie Murmann, Versuchsunrecht, S. 8 f. So zutreffend SK / Rudolphi, § 16 Rn. 5. 57 Vgl. etwa Baumann / Weber / Mitsch, § 20 Rn. 12; Gropp, AT, § 5 Rn. 60, 90; Haft, AT, S. 150, 152; Jakobs, AT, 8 / 16; Jescheck / Weigend, § 29 II 2; Wessels / Beulke, Rn. 203. Aus der Rechtsprechung sei nur BGHSt 19, 295 (298) genannt. 58 Die Rede vom ,Willen zur Verwirklichung eines Straftatbestandes‘ ist genauso wenig sinnvoll, wie beim Irrtum gemäß § 16 StGB von einem ,Tatbestandsirrtum‘ zu sprechen: Welcher Täter irrt schon über einen Tatbestand? Das Gesetz bezeichnet die Konstellationen des § 16 StGB vollkommen korrekt als Irrtum über Tatumstände. Freilich hat diese mißverständliche Terminologie historische Ursachen, wollte man doch mit ,Tatbestandsirrtum‘ dereinst zum Ausdruck bringen, daß ein Irrtum über Tatumstände seinen Platz eben im – subjektiven – Tatbestand findet und nicht in der Schuld. Dennoch ist die Rede vom Tatbestandsirrtum keine sinnvolle. Korrekt bezeichnet wird die Konstellation des § 16 StGB als Tatumstandsirrtum von Ebert, S. 142 f., 147 ff.; sowie von Freund, § 7 Rn. 74; Herzberg / Hardtung, JuS 1999, 1073 (1073 ff.), Joecks, § 16 Rn. 1 ff.; Kühl, AT, § 13 Rn. 2, 7 ff.; Rath, Jura 1998, 539 (540). 59 Vgl. zur Kritik des ,Willens zur Tatbestandsverwirklichung‘ Freund, § 7 Rn. 41; Kühl, AT, § 5 Rn. 6; Maurach / Zipf, AT 1, § 22 Rn. 14; Otto, AT, § 7 Rn. 26; Schroth, Vorsatz, S. 3 ff. Eingehend zum Begriff der Tatbestandsverwirklichung Buffo, S. 2 ff. 55 56

38

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Deliktstatbestandes – wie etwa die rechtswidrige Vortat in den §§ 258, 259 StGB, die Kindeseigenschaft in § 176 StGB, die Fahruntüchtigkeit in § 316 StGB usw. – kann der Täter kennen, nicht kennen oder sie sich vorstellen – alles kognitive Leistungen. Er kann sie aber nicht wollen, da derartige Tatumstände zum Zeitpunkt der Tat zur Gänze unabhängig von seinen volitiven Leistungen sind – der Täter kann diese Tatumstände nicht beeinflussen. Weil der Täter diese Tatumstände nicht beeinflussen kann, läßt sich eben nicht sinnvoll davon sprechen, er müsse sie ,verwirklichen wollen’.60 Diese Tatumstände sind Wirklichkeit, sie können nicht verwirklicht werden. Die Aussage „Ich will, daß diese Sache eine für mich fremde Sache (i. S. von § 242 I StGB) ist!“ ist ebenso sinnlos, wie die „Ich will, daß die Sonne untergeht!“ oder „Ich will, daß der Teufel ihn holt!“. All dies kann man wünschen, darauf hoffen, es herbeisehnen, aber – mangels Einflußmöglichkeit61 – nicht verwirklichen wollen.62 Daß gleichwohl pauschal von einem Wollen aller Tatbestandsmerkmale gesprochen wird, beruht auf Auswüchsen des strafrechtlichen Finalismus.63 Die Funktion des voluntativen Vorsatzelementes liegt bei der vollendeten Tat im wesentlichen in der Abgrenzung des dolus eventualis vom bewußt fahrlässigen Verhalten.

b) Sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale Den Tatvorsatz ergänzend hat der Gesetzgeber in einzelnen Delikten weitere subjektive Tatbestandsmerkmale fixiert, die die Intentionen des Täters näher charakterisieren, wie der Tatvorsatz auf das Tatobjekt und die Modalitäten des Angriffsverhaltens bezogen sind und damit zum Handlungsunwert gehören.64 Nach Mezger65 lassen sich die Tatbestände mit subjektiven Merkmalen in Absichts-, Tendenz- und Ausdrucksdelikte unterteilen.66 Absichtsdelikte sind diejeni60 In diesem Sinne auch Kühl, AT, § 5 Rn. 6. Bereits Franz v. Liszt, ZStW 30 (1910), 250 (260), schrieb: „Wollen kann man nur etwas in der Zukunft liegendes, nicht etwas, was der Vergangenheit angehört. Wollen kann man nur etwas, dessen Herbeiführung man als möglich betrachtet, nicht etwas, was unabweislich bereits gegeben ist. Der Täter kann nicht ,wollen’, daß das Mädchen, mit dem er verkehrt, unter 14 Jahre alt sei . . . “. In diesem Sinne auch Graf zu Dohna, FG Güterbock, S. 35 (47). Freilich kann der Täter gerade mit einem 13 Jahre alten Mädchen verkehren wollen. Vgl. zu dieser Differenzierung Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 189 ff. 61 Vgl. hierzu Anscombe, § 36; Dirk Hartmann, S. 241; sowie Schwemmer, 2. 3. 62 Darauf wird unter D. II. 2. b) bb) beim Problem des abergläubischen Verhaltens zurückzukommen sein. 63 Vgl. dazu Alwart, Recht und Handlung, S. 123 ff.; sowie dens., GA 1986, 245 (250). 64 Für die ins Auge gefaßte Handlungstypisierung der versuchten Tat werden gerade die ,sonstigen‘ subjektiven Tatbestandsmerkmale von Bedeutung sein. 65 Ders., Strafrecht3, S. 172 f. 66 Gleicherweise unterteilen heute etwa Jescheck / Weigend, § 30 II und Roxin, AT I, § 10 Rn. 83 ff.

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

39

gen Deliktstatbestände, bei denen die Intention des Täters über die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes hinaus auf einen weitergehenden Erfolg gerichtet sein muß. Sie werden daher als Delikte mit überschießender Innentendenz bezeichnet. Die Absichtsdelikte lassen sich unterteilen in die kupierten Erfolgsdelikte und die unvollkommen zweiaktigen Delikte:67 Bei diesen muß der Täter den über die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes hinausgehenden Erfolg mittels eigenen Handelns selbst herbeiführen wollen (z. B. die Zueignung der Sache beim Diebstahl gemäß § 242 I StGB und beim Raub gemäß § 249 I StGB, das Inverkehrbringen des Geldes in § 146 I Nr. 1 und 2 StGB oder die Täuschung im Rechtsverkehr in § 267 I StGB). Bei jenen soll der über die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes hinausgehende Erfolg nach der Intention des Täters ohne eigene Zweithandlung bewirkt werden (z. B. die Bereicherung bei der Erpressung gemäß § 253 I StGB und beim Betrug gemäß § 263 I StGB, die Wahrung des Besitzes beim räuberischen Diebstahl gemäß § 252 StGB und die Vollstreckungsvereitelung gemäß § 288 StGB). Tendenzdelikte – Delikte mit intensiver Innentendenz – sind dadurch charakterisiert, daß die Tathandlung von einer Intention des Täters beherrscht wird, die ihr die eigentliche Prägung oder die spezifische Gefährlichkeit für das geschützte Rechtsgut verleiht. Tendenzdelikte sind die Sexualdelikte, aber auch die unechten Unternehmensdelikte68. Bei diesen wird mittels finaler Tätigkeitswörter69 ein zwar objektives Geschehen fixiert, entscheidend ist jedoch die Intention des Täters hinsichtlich eines bestimmten Erfolges (z. B. auffordern in § 111 I StGB, angreifen in § 113 I StGB, einwirken in § 125 I StGB, Hilfe leisten in §§ 257 I, 323 c StGB, nachstellen in § 292 I Nr. 1 StGB). Tendenzdelikte sind auch die Tatbestände, die mit den Merkmalen Gewerbsmäßigkeit (§§ 180 a, 181 a II, 260 I, 260 a I, 292 II Nr. 1 StGB) und Gewohnheitsmäßigkeit (§§ 284 II, 292 II Nr. 1 StGB) eine besondere Verfestigung des Handlungswillens festhalten. Delikte, die eine besonders gefahrträchtige Tendenz des Täters normieren sind schließlich diejenigen, die eine Vorteilsabsicht (§ 181 a I Nr. 2 StGB), Nachteilsabsicht (§ 274 I StGB), Ermöglichungs- bzw. Verdeckungsabsicht (§ 211 II 3. Gruppe StGB) sowie besondere Handlungsmotive (§ 211 II 1. Gruppe StGB) enthalten. Ausdrucksdelikte schließlich lassen sich durch einen Dissens zwischen dem Wissen des Täters und seinem Verhalten nach außen charakterisieren (z. B. die Aussagedelikte70 der §§ 153 ff. StGB und die Nichtanzeige geplanter Straftaten nach § 138 StGB). Zur Abgrenzung beider Kategorien Lund, S. 239 f. Vgl. dazu Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 109 ff.; Berz, S. 132 ff.; Horst Schröder, S. 457 (464 ff.); SK / Rudolphi, § 11 Rn. 27. 69 Zu diesem Terminus Hellmuth v. Weber, S. 54 f. 70 Die Aussagedelikte sind allerdings nur dann Ausdrucksdelikte, wenn man bezüglich der Falschheit der Aussage mit der sog. subjektiven Theorie oder der sog. Pflichttheorie den Handlungsunwert im Widerspruch von Wort und Wissen erblickt. Vgl. hierzu Zipf, FS Maurach, S. 415 (426). Zur subjektiven Theorie der Aussagedelikte LK10 / Willms, Vor § 153 Rn. 8 ff. Zur sogenannten Pflichttheorie Schmidhäuser, BT, 23 / 10. Zum Problem der Aussagedelikte als Ausdrucksdelikte Jescheck / Weigend, § 30 II 3, und Roxin, AT I, § 10 Rn. 86. Eingehend dazu im 6. Kap. unter A. I. 3. 67 68

40

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

c) Schluß Handelt der Täter vorsätzlich und genügt sein Verhalten auch den sonstigen subjektiven Tatbestandsmerkmalen, ist der subjektive Tatbestand erfüllt.

4. Fazit Die Zusammenschau wies auf, in welch vielfältiger Art und Weise der Gesetzgeber strafwürdige Verhaltensweisen in Deliktstatbeständen normiert. Diese zur adäquaten Strafbewehrung unbestritten notwendige Vielgestaltigkeit gibt die herrschende Versuchslehre bei der versuchten Tat hinsichtlich der objektiven Merkmale komplett auf, hinsichtlich des subjektiven Versuchstatbestandes finden dessen gesetzlich fixierte Unterschiede zum subjektiven Tatbestand des Vollendungsdeliktes keine Beachtung.

II. Die Tatbestandsstruktur des versuchten Deliktes 1. Grundsätzliches a) Im Besonderen Teil des StGB beschränkt sich der Gesetzgeber darauf, nur vollendete Taten in Deliktstatbeständen festzuhalten.71 Für den Versuch einer Tat gibt er in § 22 StGB vor, daß derjenige eine versuchte Tat begeht, der „nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt“. Der Gesetzgeber schafft damit – wie in den Teilnahmevorschriften der §§ 26 ff. StGB – einen bloßen Strafausdehnungsgrund72, um strafwürdige Verhaltensweisen außerhalb der Verwirklichung des Tatbestandes – der ja nur die täterschaftliche Vollendung des Deliktes normiert – zu erfassen. Damit wird die Sonderform ,Versuchsdelikt‘ etabliert. Eine solche Beschränkung ist keine denknotwendige, wäre es der Legislative doch prinzipiell möglich, zu jedem vollendeten Delikt auch dessen Versuche in Deliktstatbeständen zu kodifizieren.73 Ein solches Vorgehen hätte Vorteile: Der Gesetzgeber würde nicht nur verkünden, wegen welcher vollendeten Taten gestraft werden soll, er hätte – über die knappe Anordnung in § 23 I StGB hinaus – desglei71 Eine Ausnahme bilden in gewisser Hinsicht die Unternehmensdelikte. Bei den echten Unternehmensdelikten wird durch die Wendung unternehmen im Deliktstatbestand i. V. m. der Begriffsbestimmung des § 11 I Nr. 6 StGB auch der Versuch miterfaßt. Bei den unechten Unternehmensdelikten wird dies durch die Verwendung finaler Tätigkeitswörter erreicht. 72 Vgl. zu diesem Begriff bereits Max Ernst Mayer, AT, S. 341; sowie Maurach / Gössel, AT7 2, § 39 Rn. 2, 4. Zum Typus des Teilnahmetatbestandes Lüderssen, FS Miyazawa, S. 449 (449 ff.); sowie Roxin, FS Stree / Wessels, S. 365 (365 ff.). 73 Vgl. auch Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 15 / 5.

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

41

chen zu klären, welche denkbaren Versuche einer Tat er auch für strafwürdig erachtet, und durch Fixierung in Deliktstatbeständen kundzutun, wegen welcher versuchter Taten gestraft werden soll. Jeden Tatbestand eines vollendeten Deliktes würden dann zahlreiche Versuchstatbestände ergänzen. Resultat eines solchen legislativen Vorgehens wäre eine restlos tatbestandsmäßige Ausformung sämtlicher Strafdrohungen74 – ein kasuistisches Gesetzeswerk. Der kasuistische Gesetzesstil war vom Optimismus des Gesetzgebers determiniert, alle künftig regelungsbedürftigen Fälle vorherzusehen und einer gebührenden Normierung zuzuführen.75 Kasuistische Gesetze sollten keiner Auslegung bedürfen und einem Beurteilungsermessen eines Richters möglichst wenig Raum lassen. Die großen deutschen Kodifikationen des 19. Jahrhunderts – darunter auch das Reichsstrafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 – waren im Gegensatz dazu bereits von der Einsicht der Legislative geprägt, eine solche antizipierende Leistung nicht erbringen zu können. Statt der kasuistischen wählte man die abstrahierend-generalisierende Methode der Kodifikation mittels allgemeiner Regeln und abstrakter Begriffsmerkmale. Hierdurch konnte ein hohes Maß an Rechtssicherheit und prinzipieller Gerechtigkeit erreicht werden. Man war damit bereit, dem Richter die Anwendung dieser allgemeinen Regeln und die Auslegung der abstrakten Begriffsmerkmale zu überlassen. Um nun den vielgestaltigen Lebensverhältnissen die gebotene differenzierte Betrachtung zuteil werden zu lassen und eine adäquate Entscheidung auch des Einzelfalles zu erreichen, versuchte man, die offensichtlichen Nachteile des abstrahierend-generalisierenden Gesetzesstils dadurch abzumildern, daß in das Gesetz zu allgemeinen Regeln und abstrakten Begriffsmerkmalen einige ausfüllungsbedürftige Wertungsmaßstäbe – Generalklauseln – aufgenommen wurden, die den Charakter von Leitlinien haben. Als solche ausfüllungsbedürftige Leitlinien sind – in der Nachfolge der §§ 43 ff. StGB a. F. – auch die §§ 22, 23 StGB, insbesondere die §§ 22, 23 III StGB anzusehen.76 Das StGB gibt bezüglich des Unrechts der versuchten Tat in § 22 StGB zum einen vor, daß Ausgangspunkt die Vorstellung des Täters von seiner Tat sein soll, zum anderen wird angeordnet, erst dann wegen versuchter Tat zu strafen, wenn der Täter bereits zur Verwirklichung des entsprechenden Deliktstatbestandes unmittelbar angesetzt hat. E contrario § 23 III StGB wird den Richtern aufgegeben, grundsätzlich auch wegen untauglichen Versuchs zu strafen. Es bleibt der Jurisprudenz vorbehalten, anhand dieser Leitlinien den Versuchstatbestand zu gewinnen. Auf welche Weise dies geschieht, welche Struktur dem Versuchstatbestand verliehen wird, hängt freilich davon ab, mit welchem Verständnis die Leitlinie des Gesetzgebers ausgefüllt wird. Vgl. hierzu Bockelmann, Zur Reform, S. 150 (153). Zum kasuistischen Gesetzesstil etwa Larenz, Allgemeiner Teil, S. 23 ff. 76 Der Ansatz, die Regelung der §§ 22, 23 StGB als Leitlinie des Gesetzgebers anzusehen, wurde erstmals herausgearbeitet von LK10 / Vogler, § 22 Rn. 58. Vogler beschränkt seine Überlegungen zum Versuchstatbestand als Auslegungsproblem jedoch auf die Abgrenzung von Versuch und Vorbereitung. 74 75

42

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

b) Die herrschende Eindruckstheorie legt – ganz der Tradition der subjektiven Versuchslehre verbunden – ihr Verständnis der versuchten Tat als der Betätigung eines rechtsfeindlichen Willens zugrunde: Bestraft wird beim Versuch die Auflehnung gegen die dem entsprechenden Deliktstatbestand zu entnehmende Bestimmungsnorm, die den an den Einzelnen gerichteten Imperativ des Gesetzgebers ,Du sollst p nicht tun!‘ bzw. ,Du sollst q tun!‘ enthalten soll.77 Auf dieser Basis wird dann die Leitlinie des § 22 StGB als universelle Formel angewandt, um aus den Deliktstatbeständen des Besonderen Teils einen allgemeinen, für jedes versuchte Delikt gleichermaßen gültigen Versuchsbegriff zu bilden, der die Merkmale rechtsfeindlicher Wille – als subjektive Tatkomponente – und dessen Betätigung – als objektive Tatkomponente – näher ausdifferenziert. Vergegenwärtigt man sich, wie unterschiedlich die einzelnen Deliktsbeschreibungen des Besonderen Teils strukturiert sind, muß ein solches Universaliendenken von vornherein befremdlich anmuten, wird doch jede Ähnlichkeit mit dem im Deliktstatbestand fixierten Verhalten aufgegeben. Dieser Verlust der Tatbestandsähnlichkeit78 des Versuchsdeliktes gegenüber dem Vollendungsdelikt ist die schwächste Stelle einer jeden am Normungehorsam orientierten Versuchslehre. Unter den Prämissen der Eindruckstheorie freilich ist an diesem Vorgehen nichts Befremdliches zu erkennen: Die Auflehnung gegen eine Bestimmungsnorm weist stets dieselbe Struktur auf, wie die jeweilige Deliktsbeschreibung im Besonderen Teil auch immer normiert sein mag, gleichgültig, ob gegen ein Gebot oder ein Verbot verstoßen wird. c) Aus welchem Grund die versuchte Tat eine versuchte blieb, warum ihr die Vollendung versagt war, ist unter den Prämissen der Eindruckstheorie irrelevant: Ist das Strafwürdige am Versuch die Auflehnung gegen eine Bestimmungsnorm, ist jeder Mangel am objektiven Deliktstatbestand eine versuchte Tat, gleichviel, ob der Täter die Tat vor ihrer Vollendung aufgegeben hat bzw. externe Faktoren die Tatbestandsverwirklichung hinderten oder die Vollendung der Tat von vornherein wegen der Untauglichkeit der Tatmittel bzw. des Tatobjektes ausgeschlossen war.79

77 Dieses ganz herrschende Verständnis der Strafrechtsnorm, ja dieses Rechtsverständnis überhaupt wird im 3. Kap. einer Fundamentalkritik unterzogen. Vgl. bis dahin etwa Röhl, S. 192 ff., einerseits und Alwart, Recht und Handlung, S. 140 ff. andererseits. 78 Das Prinzip der Tatbestandsähnlichkeit derjenigen Delikte, die nicht in Deliktstatbeständen fixiert sind, vielmehr durch unselbständige Strafausdehnungsvorschriften – wie die §§ 22, 23 StGB – pönalisiert werden, wurde erstmals durch Beling als ,tatbestandsartige‘ Verhaltensweise der tatbestandsmäßigen Verhaltensweise gegenübergestellt, vgl. etwa dens., Methodik, S. 80 ff.; sowie dens., Grundzüge11, S. 57 f. Dazu im 5. Kap. unter D. Vgl. ferner auch Plate, S. 65 f. 79 Ob und ggf. unter welchen Bedingungen auch ein untaugliches Subjekt eine versuchte Tat begehen kann, ist freilich auch innerhalb der herrschenden Versuchslehre umstritten. Vgl. insoweit Schlüchter, Irrtum, S. 164 ff.; sowie Jakobs, AT, 25 / 43 ff. Diese spezielle Konstellation wird in diesem Kap. unter F. IV. behandelt.

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

43

2. Der subjektive Tatbestand des Versuchsdeliktes Widmet man sich der Analyse des subjektiven Versuchstatbestandes und sichtet dazu die Literatur, trifft man auf Aussagen wie die folgende von Mitsch: Der subjektive Tatbestand des Versuchsdeliktes sei „inhaltlich vollkommen identisch mit dem subjektiven Tatbestand des vollendeten Vorsatzdelikts“80. Diese Feststellung ist praktisch Gemeingut der Strafrechtswissenschaft.81 Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß die Struktur des subjektiven Tatbestandes des Vollendungsdeliktes einfach auf den subjektiven Versuchstatbestand übertragen werden kann. Es gilt zu analysieren, ob dieses Postulat ein sinnvolles ist.

a) Das kognitive Vorsatzelement, insbesondere das Wahndelikt aa) Das kognitive Vorsatzelement ist beim Vollendungsdelikt – wie oben konstatiert82 – gekennzeichnet durch die Kongruenz von Realität und Täterbewußtsein: Der Täter muß diejenigen tatsächlichen Umstände kennen, die das Gesetz als Merkmale des objektiven Deliktstatbestandes fixiert – argumentum e contrario § 16 I 1 StGB. Wendet man nun den Lehrsatz der oben zitierten herrschenden Ansicht an, daß der subjektive Tatbestand des Versuchsdeliktes inhaltlich identisch sei mit dem subjektiven Tatbestand des vollendeten Vorsatzdeliktes, so ergibt sich der Folgesatz: Auch der Vorsatz des Täters eines Versuchsdeliktes ist geprägt durch die Kongruenz von Realität und Täterbewußtsein; auch der Versuchstäter muß die Tatumstände kennen, die im Gesetz als Merkmale des objektiven Tatbestandes festgehalten sind. Bereits der flüchtige Blick ins Gesetz zeigt, daß ein solcher Lehrsatz mit dem StGB unvereinbar ist: In § 22 StGB ist die Rede von der Vorstellung des Täters, einen Tatbestand zu verwirklichen. Während also der Tatvorsatz beim Vollendungsdelikt auf kognitiver Seite geprägt ist vom Kennen aller Tatumstände, ist für den Tatvorsatz beim Versuchsdelikt in kognitiver Hinsicht die Vorstellung von Tatumständen hinreichend. Man muß nicht unbedingt Anhänger analytisch-philosophischer Begriffsanalysen sein, um zu erkennen, was die Kenntnis – wie sie § 16 I 1 StGB für das vorsätzliche Vollendungsdelikt voraussetzt – von der Vorstellung Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 24. Der zitierten Aussage von Mitsch entsprechende Ausführungen finden sich etwa bei Blei, AT18, S. 219; Bockelmann / Volk, S. 207; Ebert, S. 120; Haft, AT, S. 224; Jakobs, AT, 25 / 24; Jescheck / Weigend, § 49 III 1; Kühl, JuS 1980, 273 (274); Lackner / Lackner, StGB22, § 22 Rn. 1; Lackner / Kühl, StGB24, § 22 Rn. 1; LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 31; Hellmuth Mayer, Studienbuch AT, S. 142; NK / Puppe, § 16 Rn. 164, 173; Otto, AT, § 18 Rn. 15; ders., JA 1980, 641 (642); Roxin, AT II, § 29 Rn. 71; Schünemann, GA 1986, 291 (312); SK / Rudolphi, § 22 Rn. 2; Stratenwerth, AT4, § 11 Rn. 23; Welzel, Strafrecht, § 24 II; Wessels / Beulke, Rn. 595 f. Aus der älteren Literatur sind exemplarisch zu nennen Baumgarten, S. 351; Beling, Grundzüge11, S. 56; v. Hippel, S. 396; Lammasch, S. 3; Max Ernst Mayer, AT, S. 343. Die Rechtsprechung sieht dies ebenso, vgl. etwa BGH NStZ 1985, 501; sowie BGH NStZ 1998, 249. 82 In diesem Kap. unter D. I. 3. a) cc). 80 81

44

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

i. S. des § 22 StGB unterscheidet: Kenntnis ist die kognitive Leistung, bei der ein Faktum der Außenwelt im Bewußtsein des Subjektes abgebildet wird – Kenntnis als Kongruenz von Realität und Kognition; Vorstellung ist hingegen die kognitive Leistung, bei der das Bewußtsein von der Realität unabhängig ein eigenes Bild entwirft. Der Täter eines Versuchsdeliktes muß keinen einzigen Tatumstand kennen83 – im Gegensatz zum Täter des vorsätzlichen Vollendungsdeliktes, dem § 16 I 1 StGB zur Seite tritt, wenn er auch nur einen relevanten Tatumstand nicht kennt. Und weil der Täter einer versuchten Tat gemäß § 22 StGB keinen tatsächlichen Umstand kennen muß, ist für einen Tatumstandsirrtum und die Anwendung des § 16 I 1 StGB beim Versuchsdelikt kein Raum.84 Darüber hinaus ist § 16 I 1 StGB bereits seinem eigenen Wortlaut nach nicht auf das Versuchsdelikt anwendbar, da in dieser Norm von der Unkenntnis derjenigen Merkmale die Rede ist, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören. Einen gesetzlichen Tatbestand – einen Deliktstatbestand – haben aber nur diejenigen Delikte, die der Gesetzgeber im Besonderen Teil des StGB in Deliktstatbeständen niedergelegt hat.85 Dazu gehören nicht die Versuchsdelikte, deren Tatbestände erst durch Auslegung in Anwendung der §§ 22, 23 StGB gebildet werden müssen.86 bb) Das kognitive Vorsatzelement erschöpft sich gemäß § 22 StGB bei der versuchten Tat in der Vorstellung des Täters von tatsächlichen Umständen, die, wenn sie vorlägen, den objektiven Tatbestand des jeweiligen Vollendungsdeliktes erfüllen würden,87 insbesondere muß der Täter sich vorstellen, seine Handlung könne 83 Dies gilt auch für die – im 6. Kap. zu exemplifizierenden – Versuchsdelikte, bei denen bestimmte objektive Merkmale des jeweiligen Deliktstatbestandes Eingang in den objektiven Versuchstatbestand finden. Näher dazu im 6. Kap. in Fn. 42. 84 Gerade in dieser Konsequenz liegt die Bedeutung der genauen begrifflichen Unterscheidung von Kenntnis und Vorstellung. Hierzu eingehend Streng, ZStW 109 (1997), 862 (868 ff.); MK-StGB / Herzberg, § 22 Rn. 36 ff.; sowie Schlehofer, Vorsatz, S. 25 ff. Herzberg, JuS 1999, 224 (224) unterzieht mit gleicher Intention das Urteil des BGH NStZ 1998, 249 ff., einer harschen Kritik. In eben diesem Urteil hatte der BGH über die Strafbarkeit zweier Täter wegen versuchten Mordes zu urteilen. Letztere hatten irrtümlich eine Sprengfalle am falschen Auto installiert. Wie selbstverständlich werfen die Richter dabei die Frage auf, ob die Täter einem nach § 16 I 1 StGB beachtlichen Irrtum über den Kausalverlauf oder nur einem bloßen error in persona unterlegen sind. Angesichts des mangelnden Problembewußtseins im Schrifttum verwundert dieser Irrtum der Richter nicht, sprechen doch etwa Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 27; Degener, S. 305 (322); Kühl, JuS 1980, 273 (274); ders., AT, § 15 Rn. 28; wie selbstverständlich vom Ausschluß des subjektiven Tatbestandes des Versuchsdeliktes im Falles eines Tatumstandsirrtums nach § 16 I 1 StGB. Auch Murmann, Versuchsunrecht, S. 8 ff., kritisiert die herrschende Meinung, jedoch differenziert er auf der Basis der Lehren Frischs, Vorsatz und Risiko, S. 57 ff., 118 ff., zwischen der „vorsätzlichen Schaffung einer rechtlich mißbilligten Gefahr“ einerseits und dem „Vorsatz bezogen auf eine ,tatbestandsnahe Vorbereitungshandlung’“ andererseits. 85 Anders ausdrücklich Degener, S. 305 (322), jedoch auf der Basis strafrechtlichen Stufendenkens. Zu letzterem unten in diesem Kap. unter D. III. 86 Auch aus diesem Grund konstatiert NK / Puppe, § 16 Rn. 177, völlig zu Recht, daß die Frage objektiver Begrenzungen des strafbaren Versuchens nicht von der Irrtumsproblematik her zu beantworten sei; dies gehöre sachlich zur Versuchslehre.

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

45

das tatbestandlich beschriebene Unrecht verwirklichen. Streng88 spricht hier zutreffend von einem „prospektiven Vorsatz“ und stellt diesem den „kongruenten Vorsatz“ des Vollendungsdeliktes gegenüber. Diesem Ergebnis würden sicher auch all die Vertreter der herrschenden Meinung zustimmen, die die Identität von subjektivem Vollendungs- und subjektivem Versuchstatbestand behaupten. Daß gleichwohl von einer Identität die Rede ist, läßt sich nur mit dem von Herzberg89 beklagten Übel erklären, Primärbegriffe des Gesetzes durch sekundäre Lehrsätze zu verdrängen.90 cc) Das kognitive Element des Tatvorsatzes beim Versuchsdelikt – als Vorstellung des Täters von tatsächlichen Umständen, die, wenn sie vorlägen, den objektiven Tatbestand des jeweiligen Vollendungsdeliktes erfüllen würden – ist damit zugleich der Scheidepunkt von versuchter Tat und straflosem Wahndelikt: Das Wahndelikt ist von einer Vorstellung des Täters geprägt, die sich mit den tatsächlichen Umständen decken mag, jedoch die Existenz oder den Geltungsbereich einer strafrechtlichen Norm verkennt.91

b) Das voluntative Vorsatzelement, insbesondere das abergläubische Verhalten aa) Voluntatives Vorsatzelement ist beim Vollendungsdelikt – wie oben konstatiert92 – der auf die Beeinträchtigung des Tatobjektes gerichtete Willensentscheid des Täters. Einen solchen Willensentscheid muß auch der Täter des Versuchsdeliktes treffen. Erstes Glied des voluntativen Vorsatzelementes ist der unbedingte Handlungswille des Täters. Einen Handlungswillen weist nur derjenige Täter auf, der zur Verwirklichung einer ins Auge gefaßten Rechtsgutsbeeinträchtigung auch handelnd tätig werden will. Damit wird die versuchte Tat vom schlichten Wünschen einer 87 In diesem Sinne auch Alwart, GA 1986, 245 (247 f.); Herzberg, JuS 1999, 224 (224); ders., NStZ 1999, 217 (218); Schlehofer, GA 1992, 307 (313); Streng, ZStW 109 (1997), 862 (868 ff.). 88 Ders., ZStW 109 (1997), 862 (871). 89 Ders., JuS 1999, 224 (224). 90 Eine solche Verdrängung primärer gesetzlicher Begriffe durch sekundäre Lehrsätze praktiziert auch Hillenkamp, S. 689 (706 f.), wenn er der hier vertretenen Auffassung zum kognitiven Vorsatzelement der versuchten Tat entgegenhält, der mit dem Begriff der Vorstellung i. S. des § 22 StGB „verbundene Gedanke war niemals der, den Vorsatz durch die Vorstellung zu ersetzen, noch der, über den Vorsatz eine Irrtumsfragen entscheidende oder überhaupt eine inhaltliche Aussage zu treffen“. Mag sein, daß man dies nicht wollte. Was § 22 StGB und § 16 I 1 StGB indes anordnen, ist eindeutig. In diesem Sinne auch MKStGB / Herzberg, § 22 Rn. 42. Wie Hillenkamp, ebenda, auch Roxin, AT II, § 29 Rn. 70. Vgl. darüber hinaus auch LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 31 ff. 91 Näher diesbezüglich unten in diesem Kap. unter F. III. 92 In diesem Kap. unter D. I. 3. a) dd).

46

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Rechtsgutsbeeinträchtigung bzw. vom Hoffen darauf unterschieden.93 Unbedingt ist ein solcher Handlungswille dann, wenn sich der Täter für die Begehung der Tat entschieden hat, und nicht etwa bloß tatgeneigt ist.94 Zweites Glied des voluntativen Vorsatzelementes ist der Vollendungswille – der Täter muß sich für die Beeinträchtigung des Tatobjektes und damit für die Vollendung der Tat entschieden haben. Praktisch relevant wird dies beim sogenannten agent provocateur, der es gerade nur zum Versuch der Tat und nicht zu deren Vollendung kommen lassen will; ein solcher Täter verwirklicht den subjektiven Tatbestand des Versuchsdeliktes mangels Vollendungswillens nicht.95 bb) Im Handlungswillen – als Glied des voluntativen Vorsatzelementes – unterscheidet sich die versuchte Tat vom sogenannten abergläubischen Versuch96. Unter abergläubischem Versuchen wird gemeinhin ein Verhalten des Täters verstanden, das durch den Einsatz übersinnlicher Kräfte ein Tatobjekt beeinträchtigen soll.97 Seit langem bestreitet niemand mehr die fehlende Strafwürdigkeit und die Straflosigkeit abergläubischen Verhaltens.98 Begründet wird die Straflosigkeit – soweit überhaupt dogmatisch und nicht nur mit Strafwürdigkeitsargumenten99 operiert Vgl. statt aller Jescheck / Weigend, § 49 III 1. Eingehend dazu, zum Tatentschluß auf bewußt unsicherer Tatsachengrundlage und zum Tatentschluß mit Rücktrittsvorbehalt Roxin, GS Schröder, S. 145 (146); ders., AT II, § 29 Rn. 81 ff.; sowie LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 40 ff.; Schmid, ZStW 74 (1962), 48 (51 ff.). 95 Diesen Fällen ist der terminus technicus Versuchsvorsatz vorbehalten. Vgl. etwa LK10 / Vogler, § 22 Rn. 5. Zum Gegenstück des Vollendungsvorsatzes Wolter, FS Leferenz, S. 545 (547 f.). 96 Die Begriffsbildung ist nicht einheitlich: Teilweise werden die Begriffe abergläubisches und irreales Versuchen gleichbedeutend gebraucht, so etwa bei Jescheck / Weigend, § 50 I 6; teilweise wird abergläubisches von irrealem Versuchen unterschieden, etwa bei Sancinetti, S. 200; sowie bei Schmidhäuser, Studienbuch AT, 11 / 45. Die Bezeichnung ,irrealer Versuch‘ verwischt die Grenzen zwischen abergläubischem Verhalten, das nicht den subjektiven Tatbestand eines Versuchsdeliktes erfüllt, und der in grob unverständiger Weise begangenen versuchten Tat, die lediglich nach § 23 III StGB privilegiert ist, da nicht deutlich wird, ob bereits das Tatmittel an sich nicht wirklich ist oder nur die vom Täter beigemessene Wirkung in Wirklichkeit nicht erzielt werden kann. Insofern ist sauber zwischen abergläubischem Verhalten und der (in grob unverständiger Weise begangenen) versuchten Tat mit untauglichen Mitteln unterschieden werden – tertium non datur. 97 Vgl. Heinrich, Jura 1998, 393 (397); Kuhrt, S. 55 ff.; Schneider, GA 1955, 265 (265 ff.). 98 Zuletzt trat Schüler, S. 93, im Jahre 1914 für die Bestrafung auch abergläubischen Verhaltens ein und übte Kritik am RG, das sich in RGSt 33, 321 (323) dagegen aussprach. Dem RG wurde von den Kritikern seiner subjektiven Versuchslehre im Hinblick auf diese Entscheidung Inkonsequenz vorgeworfen. So etwa von Binding, Normen III, S. 533 f. 99 So scheidet etwa Lampe, Das personale Unrecht, S. 218, abergläubisches Verhalten mangels Störung des Rechtsfriedens aus dem Unrecht aus. Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 23 Rn. 13 verweist zur Begründung der Straflosigkeit abergläubischen Verhaltens auf allgemeine Grundsätze, wobei unerfindlich bleibt, welche allgemeinen Grundsätze anzuwenden sind und an welcher Stelle des strafrechtlichen Systems sich abergläubisches Verhalten von der versuchten Tat unterscheiden soll. Sicherlich sind auch dabei die Strafwürdigkeitserwägungen der Eindruckstheorie gemeint, wonach abergläubisches Verhalten gerade nicht geeig93 94

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

47

wird – mit dem mangelnden Vorsatz eines sich abergläubisch Verhaltenden,100 doch ist dies zu unpräzise, da nicht deutlich wird, daß es beim abergläubischen Verhalten gerade am Handlungswillen des Täters fehlt: Im Gegensatz zu einem lediglich grob unverständig handelnden Täter, der existente, an sich wissenschaftlich verifizierbare Mittel bzw. Kräfte einsetzt und nur deren Wirkungsgesetze verkennt – man denke nur an den bekannten Himbeersaft als Abtreibungsmittel oder den Magneten, mit dem durch die Wand hindurch der Antipode getötet werden soll –, sind die Tatmittel des Abergläubischen – etwa das Totbeten101, die Teufelsbeschwörung102 oder die Telepathie103 – bereits an sich wissenschaftlich nicht verifizierbar und intersubjektiv nicht vermittelbar104. Sie sind ein Nichts und nicht nur ein verkanntes Etwas, wie die Wirkungen von Himbeersaft oder die Kraft des Magnetismus. Während es die Intention des lediglich grob unverständig handelnden Täter ist, etwas zur Erreichung seines Zieles einzusetzen, intendiert der Abergläubische den Einsatz eines Nichts.105 Demjenigen net sein soll, einen rechtserschütternden Eindruck zu hinterlassen. Vgl. auch Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 140, wo abergläubisches Verhalten a priori (sic!) von der versuchten Tat unterschieden wird. Haft, AT, S. 35, 228, vermischt handlungstheoretische Aspekte mit Strafwürdigkeitserwägungen und Kriterien der subjektiven Zurechnung, wenn er zunächst behauptet, der Abergläubische nehme bereits keine Handlung vor, dann aber anführt, es fehle an der Sozialerheblichkeit, um schließlich den Vorsatz zu verneinen. Ähnlich Eser, Strafrecht II3, Nr. 34 A 45. Direkt auf den Strafgrund des Versuchs nach der Eindruckstheorie greifen zurück Burgstaller, ÖJBl. 1969, 521 (530); Fiedler, S. 106; Ha, S. 57; Kühl, AT, § 15 Rn. 93; Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (618 f.); Roxin, AT II, § 29 Rn. 8, 373; Schünemann, GA 1986, 293 (316); SK / Rudolphi, § 22 Rn. 35. Kritisch hierzu insgesamt Herzberg, GA 2001, 257 (267 f.). Teilweise wird behauptet, abergläubisches Verhalten sei eine versuchte Tat, die nur infolge groben Unverstandes nach § 23 III StGB straflos bleiben soll, so Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 32 ff.; Bloy, ZStW 2001, 76 (108 f.); Heinrich, Jura 1998, 393 (398); Armin Kaufmann, FS Welzel, S. 393 (403); Otto, AT, § 18 Rn. 60 ff.; Roßmüller / Rohrer, Jura 1990, 582 (585); Stratenwerth, AT4, § 11 Rn. 61; Zielinski, S. 134, in Fn. 14. 100 So bereits v. Bar, Zur Lehre, S. 18; v. Buri, ZStW 1 (1881), 185 (205); Engisch, Untersuchungen, S. 168; Frank, RStGB, § 43 III; Germann, S. 148 ff.; Köstlin, S. 228 f. Heute vertreten u. a. von Blei, AT18, S. 232; Ebert, S. 125; Gropp, AT, § 9 Rn. 26; Jakobs, GS Armin Kaufmann, S. 271 (277 ff.); ders., AT, 25 / 22; Jescheck / Weigend, § 50 I 6; Rath, JuS 1998, 1106 (1113); Sancinetti, S. 197 ff.; Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 15 / 44; Wessels / Beulke, Rn. 620; Zaczyk, Das Unrecht, S. 245. 101 So in dem von Feuerbach, Lehrbuch14, § 42, erörterten und wohl bekanntesten Schulbeispiel eines Bayern, der eine Wallfahrt unternimmt, um für den Tod seines Nachbarn zu beten. 102 Vgl. den Fall in RG 33, 321 ff. 103 So das Beispiel Stratenwerths, AT, Rn. 695. 104 Vgl. zur intersubjektiven Vermittlung auch Strecker, S. 147 (147 ff.). 105 Seier / Gaude, JuS 1999, 456 (460), entwerfen ein Modell des abergläubischen Verhaltens, das sich an der Figur des mittelbaren Täters orientiert: Wie dieser wolle auch der Abergläubische Tatmittler zur Realisierung seiner Ziele einsetzen, doch beherrsche der Abergläubische seine Kräfte nicht, weshalb es ihm am Tat(herrschafts)vorsatz fehle. Mit diesem bemerkenswerten Modell schränken Seier / Gaude jedoch das abergläubische Verhalten auf

48

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

aber, der durch Nichts sein Ziel zu erreichen hofft, kann nicht zugeschrieben werden, daß er handelnd zur Verwirklichung des tatbestandlichen Unwerts tätig werden will – er wünscht sich den Eintritt der ins Auge gefaßten Beeinträchtigung des Tatobjektes lediglich.106 Das Wollen unterscheidet sich vom bloßen Wünschen gerade dadurch, daß der (nur) Wünschende im Gegensatz zum Wollenden nichts intersubjektiv Vermittelbares zum Zwecke der Erfüllung seiner Begierde unternimmt, ja oft nichts intersubjektiv Vermittelbares unternehmen kann, weil das von ihm Intendierte für ihn unverfügbar ist.107 Das Streben eines sich abergläubisch Verhaltenden mag mit einem Unwert behaftet sein, doch kann ihm lediglich die Qualität eines Wünschen beigemessen werden.108 Dem Abergläubischen fehlt der Wille, eine Handlung vorzunehmen, mit der ,Etwas‘ zur Verwirklichung tatbestandlichen Unrechts mobilisiert werden soll. Mangels Handlungswillens ist seine volitive Leistung für einen Tatvorsatz nicht hinreichend.

die Fälle ein, in denen fremde Mächte die Tat begehen sollen. Die ebenfalls abergläubischen Begehungsweisen, in denen sich der Täter selbst übersinnliche Kräfte zuschreibt (etwa die Telepathie, wie in dem Beispiel Stratenwerths, AT, Rn. 695), werden von diesem Begründungsgang nicht erfaßt. Im übrigen erinnert dieses Modell sehr stark an die Differenzierung Kuhrts, S. 58 ff., 62 ff., in „passiv-abergläubisches“ und „aktiv-abergläubisches“ Verhalten. 106 Hruschka, GS Zipf, S. 235 (244), weist darauf hin, daß sich eine Gegenüberstellung von Wille und bloßem Wünschen bereits bei Kant, Grundlegung, S. 394 Zeile 18 ff., findet. Vom bloßen Wünschen unterscheidet sich nach Kant der Wille durch „die Aufbietung aller Mittel, soweit sie in unserer Gewalt sind“. Vgl. auch Kant, Die Metaphysik, S. 213 Zeile 18. 107 Zur Unterscheidung des Wollens vom Wünschen aus Sicht der analytischen Philosophie grundlegend Anscombe, § 36; sowie Brandt / Kim, S. 259 (267 ff.). Vgl. auch Waismann, S. 42 ff. 108 In diesem Sinne auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 206 ff.; LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 190; Schmidhäuser, Studienbuch AT, 11 / 45; Wessels / Beulke, Rn. 620. Angedeutet wird diese Argumentation bereits bei v. Buri, GS 40 (1888), 503 (529). Auch in den E 1962, S. 145, ist eine solche Unterscheidung eingegangen, freilich ohne begriffliche Fundierung. Auch LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 190, verneint zunächst zutreffend den Deliktsverwirklichungswillen, zieht jedoch hieraus nicht die Konsequenz eines fehlenden voluntativen Vorsatzelements. Vielmehr folgert er, das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung würde fehlen. Rath, JuS 1998, 1106 (1113), verneint für die Fälle abergläubischen Verhaltens den Willen zur Deliktsverwirklichung, jedoch will er als Verwirklichungswillen nur diejenigen volitiven Leistungen erfassen, die im Falle ihrer Realisierung zu Veränderungen der Außenwelt führen können. Mit einer solchen potentiellen Veränderungsmacht verwischt Rath jedoch die Grenzen zum grob unverständigen und sogar zum schlicht untauglichen Versuch: Wann kann die Täterintention zu Veränderungen der Außenwelt führen, wann nicht? Eine solche Fragestellung – mit der die Argumentation Raths notwendig verknüpft ist – knüpft an die leidige Unterscheidung zwischen absolut und relativ untauglichem Versuchen an. Vgl. zu letzterem Mittermaier, GS 11 (1859), 403 (407, 414, 430, 437); sowie Arnold Horn, ZStW 20 (1900), 309 (340 ff.).

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

49

c) Die Vorsatzformen, insbesondere die mit dolus eventualis versuchte Tat aa) Als Formen des Tatvorsatzes kommen – entsprechend dem jeweiligen Vollendungsdelikt – dolus directus ersten und zweiten Grades in Betracht. bb) Darüber hinaus wird gemeinhin nicht angezweifelt, daß zur Begehung einer versuchten Tat auch ein dolus eventualis hinreichend ist.109 Aber die Stimmen derer, die die Bestrafung eventualvorsätzlichen Verhaltens auf das Vollendungsdelikt beschränkt sehen wollen, verstummten nie vollkommen.110 Unter der Geltung des § 43 StGB a. F.111 konnte auf den eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift hingewiesen werden, nämlich daß wegen versuchter Tat dann zu strafen sei, wenn „das beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen nicht zur Vollendung gekommen ist“.112 Da der mit dolus eventualis handelnde Täter kein Verbrechen oder Vergehen beabsichtigt, dürfte ihn konsequenterweise die Versuchsstrafe nicht treffen.113 Die Neufassung der Versuchsbestimmungen durch das 2. StRG, insbesondere § 22 StGB, versperrt indes einen solchen Argumentationsgang.114 cc) Die mit dolus eventualis versuchte Tat wird im Zuge der Diskussion über den Rücktritt gemäß § 24 I 1 StGB von solchen Angriffen problematisiert, die zur Verwirklichung einer andersartigen Intention begleitend begangen werden:115 Der Täter mit dolus eventualis, dem ein Interesse an der Rechtsgutsbeeinträchtigung So die ganz herrschende Ansicht, vgl. Blei, AT18, S. 222; Ebert, S. 120; Jescheck / Weigend, § 49 III 1; LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 36; Maurach / Gössel, AT7, § 40 Rn. 70; Roxin, AT II, § 29 Rn. 77 ff.; SK / Rudolphi, § 22 Rn. 2; Welzel, Strafrecht, § 24 II; ständige Rechtsprechung seit RGSt 12, 64 (65), vgl. auch BGHSt 22, 330 (332); 31, 374 (378 f.); 39, 221 (222 ff.). 110 Vgl. in chronologischer Reihenfolge v. Wächter, § 75 III; Stooß, ZStW 15 (1895), 199 (200); Binding, Normen II / 2, S. 820; Lampe, NJW 1958, 332 (332 f.); Puppe, NStZ 1984, 488 (491); Herzberg, NStZ 1990, 311 (314 ff.); Streng, JZ 1990, 212 (219 f.); Bauer, wistra 1991, 168 (169 ff.), Schroeder, JZ 1996, 688 (688). Hingegen plädieren Salm, Das vollendete Verbrechen, S. 51; sowie Kölz-Ott, S. 39 f., 96 ff., dafür, nur den tauglichen eventualvorsätzlichen Versuch zu bestrafen, da in derartigen Konstellationen zumindest ein Gefährdungserfolg hervorgerufen wurde. Vgl. des weiteren auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 219 f. Zu den einzelnen Argumentationssträngen Pahlke, S. 24 ff. 111 § 43 I StGB a. F. lautete: „Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten, betätigt hat, ist, wenn das beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen nicht zur Vollendung gekommen ist, wegen Versuchs zu bestrafen.“ 112 Explizit etwa v. Wächter, § 75 III. 113 Anders freilich RGSt 12, 64 (65). 114 Noch nach § 26 E 1962 sollte nur derjenige eine Straftat versuchen, der „den Vorsatz, die Tat zu vollenden, durch eine Handlung betätigt“. Bauer, wistra 1991, 168 (169 ff.), will trotz der Reform der Versuchsregeln zur Begründung der Straflosigkeit des Versuchs mit dolus eventualis den § 43 StGB a. F. heranziehen. 115 Diese Problematik kann hier freilich nicht entfaltet werden. Siehe dazu etwa Greeve, S. 92 ff. 109

4 Maier

50

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

fehlt, wird auch für den Bereich der versuchten Tat dem mit dolus directus handelnden Täter gleichgestellt. Mit dieser Gleichstellung kann eine Benachteiligung hinsichtlich der Rücktrittsmöglichkeiten verbunden sein. Diese sind nämlich beim Versuch mit dolus eventualis mit der Existenz der tatfremden Intention verbunden, woraus eine erhebliche Einschränkung der Rücktrittsautonomie des mit dolus eventualis Angreifenden bezüglich dieser begleitenden Tat resultieren kann.116 Über diese Problematik hinaus weist Herzberg117 zu Recht darauf hin, daß mit dolus eventualis begangene Versuche verhältnismäßig leicht wiegen. Demjenigen, dem es gerade darauf ankommt, einen Unwertsachverhalt zu verwirklichen, wird die Gemeinschaft zweifelsohne schärfere Vorwürfe machen als demjenigen, der die Verwirklichung des Unwertsachverhaltes nur in Kauf nimmt. Diese differenzierte Beurteilung schwindet dann, wenn der Taterfolg eintritt. Der Erfolgseintritt verwischt die Unterschiede zwischen den inneren Befindlichkeiten des absichtlich Handelnden und des lediglich In-Kauf-Nehmenden. Fehlt der Taterfolg jedoch und ist die geistige Vorwegnahme nur spärlich, verabscheut der Täter gar selbst den Erfolg oder hält ihn für unwahrscheinlich, hat der Beurteiler Schwierigkeiten, den gedachten Erfolg mit der Täterhandlung zu verknüpfen.118 dd) Bieten indes die §§ 22 ff. StGB Raum für eine Ausklammerung des Versuchs mit dolus eventualis aus dem Unrecht der versuchten Tat? Nicht gangbar ist der Weg, das Merkmal des unmittelbaren Ansetzens gemäß § 22 StGB zur Restriktion heranzuziehen. Dem Begriff des Ansetzens ist kein intentionales Moment dergestalt eigen, daß demjenigen, der die Verwirklichung von Tatumständen nur für möglich hält, nicht zugeschrieben werden könnte, er habe zu dieser Verwirklichung nicht angesetzt. Sinnvollerweise kann auch nicht behauptet werden, der mit dolus eventualis Handelnde hätte sich keine Vorstellung von der Tat i. S. des § 22 StGB gemacht, denn eine Möglichkeitsvorstellung ist unbestritten die Mindestvoraussetzung für die Annahme eines dolus eventualis.119 Auf Seiten des subjektiven Versuchstatbestandes ist dementsprechend kein Raum für die Straflosigkeit des Versuchs mit dolus eventualis. ee) Schroeder setzt im Rahmen seiner Kritik an der Strafbarkeit des bedingt vorsätzlichen Versuchs tiefer an, wenn er anführt, daß „die Einbeziehung einer bloßen Möglichkeitsvorstellung hinsichtlich des Erfolges dem Begriff des ,Versuchs‘“120 widerspreche. Hinter dieser Feststellung steht offensichtlich die Überlegung, daß dem Begriff des Versuchens alltagssprachlich ein intentionales Moment eigen ist. Diese Intention des Handelns beschreibt das Ziel, welches der Handelnde erreichen 116 So etwa Streng, JZ 1990, 212 (219). Vgl. in diesem Kontext auch Puppe, NStZ 1984, 488 (491). 117 Ders., NStZ 1990, 311 (314). 118 Herzberg, NStZ 1990, 311 (317 f.), beläßt den Versuch mit dolus eventualis im Bereich des Unrechts der versuchten Tat, plädiert jedoch für eine analoge Anwendung des § 23 III StGB. Kritisch hierzu Roxin, AT II, § 29 Rn. 79. 119 Vgl. auch Streng, JZ 1990, 212 (219 f.). 120 Schroeder, JZ 1996, 688 (688).

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

51

will, indem er die Versuchshandlung vornimmt. Dem intentionalen Moment als einem Mittel-Zweck-Zusammenhang entspricht – bezogen auf die Verwirklichung eines Deliktstatbestandes – im Rahmen der Vorsatzterminologie die Kategorie der Absicht.121 Von diesem intentionalen Handeln sind handlungslogisch die Fälle zu unterscheiden, in denen jemand nur mit der sicheren Vorstellung oder der Möglichkeitsvorstellung handelt, er sei im Begriffe, etwas zu verwirklichen. Wenn es so wäre, daß das Vorliegen einer intentionalen Handlung notwendige Bedingung für den Versuchsbegriff ist, dann hat dies zur Konsequenz, daß nicht nur – wie von Schroeder behauptet – die bloße Möglichkeitsvorstellung aus dem Bereich des Versuchens ausscheiden muß: Auch die Gewißheitsvorstellung schiede wegen des gleichfalls fehlenden intentionalen Elementes aus dem Versuchsbegriff aus. Diese handlungstheoretische Überlegungen allein hätten demnach zur Folge, daß nicht nur der Versuch mit dolus eventualis ein Unding wäre: Auch die bloße Wissentlichkeit wäre – einer reinen Begriffsanalyse folgend – kein Versuch. Freilich ist diese Konsequenz nicht zu ziehen, da neben dem intentionalen Versuchen als handlungstheoretischer Kategorie auch ein nicht-intentionales Versuchen existiert, das das Produkt eines moralischen bzw. rechtlichen Zuschreibungsaktes ist. Dabei ist zunächst die Konstellation aufzugreifen, in der der Täter einen Erfolg nicht intendiert, aber als Wirkung seines Handelns als sicher vorhersieht. Die volitive Leistung eines solchen Täters bewegt sich, soviel ist gewiß, zwischen den Bereichen des absichtlichen und des gedankenlosen Handelns: Er handelt nicht absichtlich, genauso wenig jedoch unabsichtlich i. S. eines bloß versehentlichen Handelns. Machte ein solcher Täter zu seiner Verteidigung geltend, er habe zwar eine Handlungsfolge als sicher vorausgesehen, diese aber dennoch nicht gewollt, so ließe man dieses Vorbringen ob der Selbstwidersprüchlichkeit nicht gelten. Vielmehr würde man ihm entgegnen: „Wenn du die Handlungsfolge nicht wolltest, hättest du konsequenterweise nicht so handeln dürfen. Da du aber gehandelt hast, mußt du dich an der intellektuellen Antizipation festhalten lassen.“ Keine Unterschiede zu dieser Wertung ergeben sich, setzt man die bloße Möglichkeitsvorstellung an die Stelle der Gewißheit. Auch in diesen Fällen ließe man die Verteidigung, der Täter habe ja schließlich den Erfolgseintritt nicht gewollt, als selbstwidersprüchlich nicht gelten, da auch er von seinem Tun hätte ablassen müssen, sich aber nun auf eine fehlende Intention nicht berufen kann.122 Für diesen Begriff nicht-intentionalen Versuchens ist es demnach ohne Belang, ob der Täter die Handlungsfolgen für sicher oder nur für möglich hält. Maßgeblich ist allein, daß der Täter sie in seinem Vorstellungsbild berücksichtigt. Würde man dem Begriff des nicht-intentionalen Versuchens die Akzeptanz verweigern, wären weder die Möglichkeits- noch die Gewißheitsvorstellung hinreichende subjektive Voraussetzungen einer versuchten Tat.

121 122

4*

Eingehend hierzu Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 140 ff. Vgl. insoweit auch Alwart, ebenda, S. 149 ff.

52

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Den Versuch mit dolus eventualis – als Produkt rechtlich tadelnden Zuschreibens – aus dem Bereich strafbaren Verhaltens auszuscheiden, ist demnach keine handlungstheoretische Notwendigkeit, die protostrafrechtlich auch de lege lata erfolgen darf. Hierzu ist – ob des normativen Charakters der Kategorie ,nicht-intentionales Versuchen‘ – ausschließlich der Gesetzgeber berufen. ff) Trotz mancher Bedenken verbleibt nur die Möglichkeit, die Strafwürdigkeit des Versuchs mit dolus eventualis de lege ferenda zu bedenken.123 De lege lata jedenfalls ist der Versuch mit dolus eventualis eine strafbare versuchte Tat.124

d) Die sonstigen subjektiven Tatbestandsmerkmale der versuchten Tat Auch bei der versuchten Tat ist der Tatvorsatz nur notwendiger Bestandteil des subjektiven Tatbestandes. Ob zu ihm noch weitere subjektive Tatbestandsmerkmale hinzutreten müssen, richtet sich nach dem jeweiligen Vollendungsdelikt.

e) Der Tatentschluß aa) Kognitiver und voluntativer Teil des Tatvorsatzes werden – wohl noch in Anlehnung an „den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben“ in § 43 StGB a. F. – beim Versuchsdelikt gemeinhin als Tatentschluß bezeichnet.125 Gegen diese Terminologie ist insofern nichts einzuwenden, als deutlich wird, daß sich der Tatvorsatz beim Vollendungsdelikt vom Tatvorsatz beim Versuchsdelikt unterscheidet. Allerdings gilt es zu erinnern, daß durch solche Lehrbegriffe die Begrifflichkeit des Gesetzes nicht konterkariert werden darf.126 bb) Konsequent ist es darüber hinaus, den Begriff ,Tatentschluß‘ synonym mit ,subjektiver Versuchstatbestand‘ und nicht mit ,Tatvorsatz‘ zu gebrauchen.127 Hierdurch wird bei Deliktstatbeständen mit sonstigen, vom Tatvorsatz verschiedenen 123 Die damit einhergehende Entkriminalisierung und die Entschärfung strafrechtlicher Reaktionen sind indes wahrlich keine Maximen aktueller Rechtspolitik. 124 In diesem Sinne auch Greeve, S. 116 ff.; MK-StGB / Herzberg, § 22 Rn. 46; Pahlke, S. 30 ff.; Streng, JZ 1990, 212 (219 f.). 125 So etwa bei Kühl, JuS 1980, 273 (273 f.); Lackner / Lackner, StGB22, § 22 Rn. 1; Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 71; Otto, AT, § 18 Rn. 1; Roxin, GS Schröder, S. 145 (145 ff.); ders., JuS 1979, 1 (1 f.); SK / Rudolphi, § 22 Rn. 1 ff. Papageorgiou-Gonatas, S. 152, weist zutreffend darauf hin, daß der Begriff ,Tatentschluß‘ ursprünglich ein Terminus der klassischen objektiven Unrechtslehre war. Da der Vorsatz beim Vollendungsdelikt als ein reines Schuldelement angesehen wurde, nannte man ihn beim Versuchsdelikt ,Tatentschluß’, um so seine Sonderrolle am Beginn des Versuchsaufbaus zu betonen. Vgl. auch E 1962, S. 144. 126 Dahingehend auch Herzberg, JuS 1999, 224 (224). 127 Ebenso Ebert, S. 120; Lackner / Kühl, StGB24, § 22 Rn. 2; Papageorgiou-Gonatas, S. 152; Roxin, AT II, § 29 Rn. 61; Wessels / Beulke, Rn. 598.

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

53

subjektiven Tatbestandsmerkmalen deutlich, daß der Täter beim Entschluß, eine solche Tat zu begehen, neben dem kognitiven und voluntativen Vorsatzelement auch die sonstigen subjektiven Tatbestandsmerkmale bereits in seiner Person verwirklichen muß. cc) Rekapituliert man die Auffassung der Eindruckstheorie vom Strafgrund des Versuchs – betätigter rechtsfeindlicher Wille des Täters, der geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit zu erschüttern – dann ist der subjektive Versuchstatbestand mit dem Entschluß des Täters, eine Straftat zu begehen, für die herrschende Versuchslehre der Topos, an dem das Teilelement ,rechtsfeindlicher Wille‘ Eingang in das strafrechtliche Systemprogramm findet: Obwohl das StGB die Vornahme der entsprechenden Handlung bzw. die Herbeiführung des entsprechenden Erfolges verbiete, fasse der Täter den Entschluß, diesen Imperativ zu mißachten und sich gegen die Rechtsordnung aufzulehnen.

f) Fazit Die Struktur des subjektiven Tatbestandes der versuchten Tat ist der des subjektiven Tatbestandes des Vollendungsdeliktes ähnlich, doch sind beide nicht dekkungsgleich, da sich die kognitiven Vorsatzelemente wesentlich unterscheiden. Das Postulat von der Identität der subjektiven Tatbestände bei Vollendungs- und Versuchsdelikt ist kein sinnvolles. Von den Ingredienzen des Strafgrundes des Versuchs nach der Eindruckstheorie findet der rechtsfeindliche Wille des Täters innerhalb des strafrechtlichen Systemprogramms seinen Platz im subjektiven Versuchstatbestand.

3. Der objektive Tatbestand des Versuchsdeliktes a) Ein gefaßter Tatentschluß muß vom Täter auch betätigt werden – der Täter muß sich, wie Köhler128 zutreffend formuliert, in die Objektivität „ent-schließen“, soll sein Verhalten rechtlicher Bewertung überhaupt zugänglich sein. Der seit alters her anerkannte Grundsatz des cogitationis poenam nemo patitur129 bringt dies zum Ausdruck. b) Die lex lata geht – wie gezeigt130 – über diese Mindestanforderung hinaus: Nach § 22 StGB ist notwendige Bedingung für eine versuchte Tat die Betätigung des Tatentschlusses in einer bestimmten Qualität: Der Täter muß zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes unmittelbar ansetzen. Damit formuliert 128 129 130

Ders., AT, S. 452. Ulpian D. 48, 19, 18. In diesem Kap. unter C. I. 2.

54

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

§ 22 StGB die gesetzliche Mindestanforderung an die objektive Tatseite des Versuchsdeliktes. Nicht erforderlich ist nach § 22 StGB, daß der Täter mit seiner versuchten Tat das angegriffene Tatobjekt auch gefährdet, ist doch die konkrete Rechtsgutsgefährdung gerade Kern der antagonistischen, von der lex lata verworfenen objektiven Versuchslehre. Die konkrete Gefährdung eines Tatobjektes durch eine versuchte Tat kann allein hinsichtlich der fakultativen Strafrahmensenkung nach §§ 23 II, 49 I StGB berücksichtigt werden bzw. gemäß § 46 II StGB Eingang in die Strafzumessung finden.131 Ebensowenig wie die Schaffung einer Gefahr, ist es für den objektiven Versuchstatbestand ein relevantes Datum, ob der Täter nach seiner Vorstellung bereits alles getan hat, was für die Herbeiführung des Erfolges erforderlich war, ob – mit anderen Worten – der Versuch ein beendeter war oder ein unbeendeter.132 Diese Unterscheidung ist einzig für die Anforderungen an einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 StGB von Bedeutung. c) Nach Ansicht der Eindruckstheorie ist die Betätigung des Tatentschlusses in den Modalitäten des § 22 StGB einziger Bestandteil des objektiven Versuchstatbestandes.133 Dies verwundert, wäre doch der objektive Versuchstatbestand der Topos, an dem die Eignung der Tat, einen rechtserschütternden Eindruck in der Gemeinschaft zu hinterlassen, untersucht werden könnte. Zu schließen ist daraus, daß entweder das Überschreiten des normativen Schwellenkriteriums des § 22 StGB generell diesen Eindruck in der Rechtsgemeinschaft hervorrufen soll – das Eindrucksmoment wird dann nur insofern für die versuchte Tat relevant, als der Gesetzgeber in § 22 StGB gerade ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung fordert und nicht jede Betätigung des Tatentschlusses ausreichen läßt134 –, 131 Dazu insbesondere Börker, JZ 1956, 477 (477 f.); Dreher, JZ 1956, 682 (682 f.); Frisch, FS Spendel, S. 381 (404 f.); Jakobs, AT, 25 / 78 ff.; Schäfer, Praxis der Strafzumessung, Rn. 542 ff.; Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 23 Rn. 5 ff.; Stratenwerth, FG Schweiz. Juristentag, S. 247 (250 ff.); Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 545 f.; ders., ZStW 109 (1997), 862 (865). 132 Freund indes differenziert, § 8 Rn. 29, auf der Basis seiner personalen Straftatlehre prinzipiell zwischen beendetem und unbeendetem Versuch. Die Parallelen zur monistischsubjektiven Unrechtslehre sind sowohl in Freunds Unrechtsbegriff als auch den Konsequenzen für die Versuchsdogmatik unverkennbar; vgl. dens., § 2 Rn. 52 ff., § 8 Rn. 11 ff. Vgl. ferner Armin Kaufmann, FS Welzel, S. 393 (403 f.); sowie Struensee, GS Armin Kaufmann, S. 523 (537 ff.). Hruschka, GS Zipf, S. 235 (235 ff.), knüpft – allerdings auf der Basis der Naturrechtslehren Pufendorfs u. a. – an die Unterscheidung zwischen dem unbeendeten und dem beendeten Versuch – als dem delictum perfectum – an. 133 Dies hier so zu konstatieren, ist freilich nicht ganz exakt. Das Problem des Versuchs eines Sonderdeliktes durch ein untaugliches Subjekt führt unweigerlich zu der Frage, ob die in den Deliktstatbeständen der Sonderdelikte enthaltenen objektiv-täterschaftlichen Merkmale bei der versuchten Tat vorliegen müssen und damit Teil des objektiven Versuchstatbestandes sind. Hier sind auch die Vertreter der Eindruckstheorie geteilter Meinung. Vgl. insoweit Stratenwerth, FS Bruns, S. 59 (59 ff.), einerseits und Bruns, GA 1979, 161 (161 ff.),andererseits. 134 Dies wird von den Vertretern der Eindruckstheorie bekanntermaßen als Bestätigung ihrer Auffassung durch die lex lata angesehen. Vgl. etwa Roxin, JuS 1979, 1 (1): „ . . . bloße

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

55

oder die Erschütterung der Rechtsgemeinschaft soll zur Konkretisierung dieses Schwellenkriteriums im Einzelfall herangezogen werden.135 d) Es ist hier nicht der Ort, die in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Kriterien136 zur Abgrenzung der versuchten Tat von der Tatvorbereitung auszubreiten.137 Daher nur soviel: Die Schwelle zur versuchten Tat überschreitet gemäß § 22 StGB derjenige, der – nach seiner Vorstellung von der Tat – zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Verwirklichung des Tatbestandes heißt dabei Verwirklichung der im jeweiligen Deliktstatbestand des Besonderen Teils enthaltenen objektiven Tatbestandsmerkmale. Die Problematik des unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung kann also nicht losgelöst vom jeweiligen Deliktstatbestand untersucht werden – das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung läßt sich nicht bestimmen, höchstens das unmittelbaren Ansetzen zum Betrug, zur Bestechlichkeit, zum Totschlag und so weiter. Gerade wenn man sich vergegenwärtigt,138 wie unterschiedlich die einzelnen Deliktsbeschreibungen des Besonderen Teils strukturiert sind, wird deutlich, daß die Konkretisierung des Schwellenkriteriums in § 22 StGB ein Problem der Auslegung des jeweiligen Deliktstatbestandes und seiner Applikation auf eine vorgenommene oder unterlassene Handlung ist. Die Konkretisierung des Schwellenkriteriums in § 22 StGB entzieht sich jeder allgemeingültigen Beschreibung.139

III. Die strafrechtliche Stufenlehre Begreift man, daß sich der subjektive Tatbestand des Versuchsdeliktes und der subjektive Tatbestand des Vollendungsdeliktes zwar ähneln, jedoch nicht identisch sind, so ist spätestens hier von der strafrechtlichen Stufenlehre Abschied zu nehmen: Die versuchte Tat, die in ihrem objektiven und subjektiven Tatbestand eine solch grundsätzlich andere Struktur aufweist, ist gegenüber der vollendeten Tat ein Vorbereitungen bleiben meist im Verborgenen, lassen verschiedenen Deutungen Raum und beeinträchtigen den Rechtsfrieden in der Regel nicht oder nicht so sehr, daß Strafe erforderlich wäre.“ 135 Bei der Kritik der Eindruckstheorie im 4. Kap. unter A. III. wird darauf zurückzukommen sein. 136 Siehe hierzu neben den Kommentierungen zu § 22 StGB die herausragende Darstellung bei Kühl, AT, § 15 Rn. 38 ff., § 18 Rn. 145 ff., und Roxin, AT II, § 29 Rn. 97 ff., sowie die Ausführungen Hillenkamps, S. 689 (690 ff.). 137 Gerade dieses Thema allein fordert zu eigenständigen Abhandlungen heraus. Vgl. etwa Becher, S. 4 ff.; Bockelmann, Zur Abgrenzung, S. 135 (135 ff.); Sven Krüger, S. 27 ff.; Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, S. 11 ff.; ders., NJW 1984, 777 (777 f.); ders., JZ 1992, 338 (338 ff.); Murmann, Versuchsunrecht, S. 12 ff.; Papageorgiou-Gonatas, S. 37 ff.; Roxin, FS Maurach, S. 213 (214 ff.); Streng, GS Zipf, S. 325 (327 ff.); Vehling, S. 87 ff.; Vogler, S. 285 (285 ff.). 138 Wie in diesem Kap. oben unter D. I. 2. geschehen. 139 In diesem Sinne LK10 / Vogler, § 22 Rn. 58. Vgl. ferner auch Arzt / Weber, § 1 Rn. 15.

56

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

aliud und kein bloßes Minus.140 Angesichts der Übermacht des Stufendenkens in der Strafrechtsdogmatik bedarf dies freilich ausführlicher Begründung. 1. Die strafrechtliche Stufenlehre behauptet, die vorsätzliche Straftat durchlaufe nacheinander einzelne Stadien der Verwirklichung eines deliktischen Willens – exakter bezeichnet man die strafrechtliche Stufenlehre deshalb als Lehre von den kontinuierlichen Verwirklichungsstufen der vorsätzlichen Straftat.141 Die strafrechtliche Stufenlehre wird von ihren Vertretern a priori und ohne kritische Reflexion angewandt;142 expliziert und gegen ihre wenigen Kritiker verteidigt wird sie von ihrem Protagonisten Gössel143. Grundlage der Argumentation Gössels ist der „finalzeitliche Werdegang“144 der Straftat. Der finalzeitliche Werdegang des Deliktes sei das zeitlich fortschreitende deliktische Verhalten des Täters gemessen am Grade der Verwirklichung des deliktischen Willens. Gössel nennt es auch „kriminelle Progression“145. Nach dem erreichten Endstadium des Täterhandelns wird dann die jeweilige Straftatstufe bestimmt: Erste Verwirklichungsstufe der Straftat sei die Fassung des deliktischen Entschlusses, welche infolge des Grundsatzes cogitationis poenam nemo patitur146 stets straflos sei. Daran schließe sich die Straftatstufe Vorbereitung der Tat an, welche im Regelfall straflos sei.147 Auf diese Stufe folge dann der – mit dem unmittelbaren Ansetzen zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes gemäß § 22 StGB beginnende – Versuch der Tat. Vollständig verwirklicht werde die Tat mit ihrer Vollendung, ihren Schlußpunkt finde sie in 140 So auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 90; ders., GA 1986, 245 (246); Schmidhäuser, Studienbuch AT, 11 / 3; ders., Einführung, S. 243 ff.; Streng, ZStW 109 (1997), 862 (867). Die gleiche Konsequenz zieht – aufgrund anderer Überlegungen – Hardtung, Jura 1996, 293 ff. Differenzierend auch Polaino-Navarrete, S. 157 (160 ff.), der der Stufenlehre einen didaktischen Wert zubilligt, ansonsten jedoch, ebenda, S. 163, davor warnt, den Versuch normativ der Vollendung unterzuordnen. 141 So die korrekte Bezeichnung bei Alwart, GA 1986, 245 (247). 142 So etwa Bloy, ZStW 2001, 76 (80 f.); Bockelmann, Zur Reform, S. 150 (151); Degener, S. 305 (322 f.); Ebert, S. 116 ff.; Eser, Strafrecht II3, Nr. 31 A 1 ff.; Freund, § 8 Rn. 15 ff.; Gropp, AT, § 9 Rn. 6 ff.; Haft, AT, S. 221; Hillenkamp, S. 689 (706); Jakobs, AT, 25 / 1 g ff.; Jescheck / Weigend, vor § 49; Joecks, Vor § 22 Rn. 2; Kudlich, PdW AT, S. 171 f.; Kühl, JuS 1979, 718 (718 f.); ders., AT, § 14 Rn. 1 ff.; Lackner / Lackner, StGB22, Vor § 22 Rn. 1; Lackner / Kühl, StGB24, Vor § 22 Rn. 1; LK11 / Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 1 ff.; Maurach / Gössel, AT7 2, § 39 Rn. 1 ff.; Meinecke, S. 74; Rath, JuS 1998, 1006 (1006); Salm, Das versuchte Verbrechen, S. 27 ff.; Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem § 22 Rn. 1 ff.; SK / Rudolphi, Vor § 22 Rn. 1 ff.; Spendel, FS Stock, S. 89 (99 ff.); Stratenwerth, AT4, § 11 Rn. 1 f.; ders., Schweiz. Strafrecht I, § 12 Rn. 2 ff.; Welzel, Strafrecht, § 24 I; Wessels / Beulke, Rn. 590 ff., Zaczyk, Das Unrecht, S. 228, in und bei Fn. 114. 143 Zuletzt in Maurach / Gössel, AT7 2, § 39 Rn. 1 ff. Umfassend auch Polaino-Navarrete, S. 157 (160 ff.) 144 Ebenda, § 39 Rn. 1. 145 Ebenda, § 39 Rn. 2. 146 Ulpian D. 48, 19, 18. 147 Alwart, GA 1986, 245 (248), weist zutreffend auf die – von der Argumentation der Stufenlehre her unvermeidbare – paradoxe Figur der Vorbereitung als strafloser Straftat hin.

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

57

der Tatbeendigung.148 Der Tatversuch ist nach Ansicht der Stufenlehre ein notwendiges Durchgangsstadium der vollendeten Tat; gegenüber dieser sei der Versuch ein bloßes Minus – mißlingt die Tat, bleibe sie ,im Versuchsstadium stecken‘. Ein dem Vollendungsdelikt gleichberechtigt gegenüberstehendes Versuchsdelikt sei dementsprechend nicht anzuerkennen.149 2. Bei nur flüchtiger Betrachtung ist diese Stufenlehre durchaus plausibel: Wer eine vorsätzliche Tat begehen will, muß dazu – notwendigerweise – erst den Entschluß fassen. Bedarf es zur Ausführung dieser Tat der Vorbereitung, muß der Täter diese treffen, etwa Tatwerkzeuge besorgen, zum Tatort fahren oder auf eine günstige Gelegenheit warten. Schließlich wird der Täter zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes (unmittelbar) ansetzen – ins ,Versuchsstadium‘ eintreten. Passiert nichts Unvorhergesehenes, wird er den Tatbestand verwirklichen und damit die Tat vollenden – sein Handeln ist dann von Erfolg gekrönt. Der Täter wird seine Tätigkeit für beendet erklären, möglicherweise nach Hause fahren und die Früchte seiner Tat genießen. Mißlingt dem Täter seine Tat – kann er den Tatbestand nicht vollenden –, ist die Ausführung seines Planes ,im Versuchsstadium stecken geblieben‘. Der Stufenlehre ist zuzugeben, daß der Täter sein Handeln idealiter tatsächlich als zeitlichen Prozeß und stufenweises Voranschreiten erlebt.150 Nicht bestritten werden kann darüber hinaus, daß dieser gesamte Prozeß mit einem Unwert behaftet ist, schließlich gilt das Streben des Täters einzig und allein einer Rechtsgutsverletzung. Ist die strafrechtliche Stufenlehre nicht also doch eine dogmatisch korrekte Rechtsfigur? 3. Die Frage muß mit einem klaren Nein beantwortet werden, unterzieht man die Lehre von den kontinuierlichen Verwirklichungsstufen der vorsätzlichen Straftat einer Analyse. a) Zurückzukommen ist dabei auf die Aussage der Stufenlehre, die vorsätzliche Straftat durchlaufe nacheinander einzelne Stadien der Verwirklichung eines deliktischen Willens. Der Begriff der Straftat wird dabei synonym für ein Straftatganzes gebraucht – eine ,richtige‘, komplette Straftat liegt demnach erst mit der Vollendung der Tat, wenn nicht gar erst mit deren materieller Beendigung vor. Dahinter steckt der Gedanke, von einer (reinen) Straftat könne man erst dann sprechen, wenn der deliktische Wille sich vollständig realisiert hat, daher sei der Versuch gegenüber der vollendeten Tat ein bloßes Minus und unselbständig.151 Aber unter 148 Musterbeispiele für eine solche kriminelle Progression liefern Haft, AT, S. 221, und Kühl, AT, § 14 Rn. 5. 149 So explizit Maurach / Gössel, AT7 2, § 39 Rn. 6. 150 Alwart, GA 1986, 245 (247), spricht zutreffend vom Emporsteigen auf der Leiter des Erfolges. 151 Tatsächlich kann der Wortlaut des § 22 StGB zu solchen Annahmen verführen. Dort wird bekanntlich angeordnet, daß „eine Straftat versucht, wer . . .“. Doch niemand leugnet, daß der Versuch einer Straftat – in den Grenzen des § 23 I StGB – selbst wieder Straftat und

58

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Straftat versteht die Dogmatik gewöhnlich nicht mehr und nicht weniger als eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und zur Schuld zuzurechnende Vornahme oder Unterlassung einer Handlung. Tatbestandsmäßig muß eine Handlung sein – und zwar objektiv wie subjektiv tatbestandsmäßig. Die Tatbestandsstruktur vollendeter bzw. versuchter Taten wurde eingehend untersucht152 und kann hier resümiert werden: Objektiv tatbestandsmäßig ist eine vollendete Tat dann, wenn alle objektiven Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes tatsächlich erfüllt sind. Eine versuchte Tat hingegen ist – nach herrschender Lehre – objektiv dann tatbestandsmäßig, wenn der Täter nach seiner Vorstellung zur Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes unmittelbar ansetzt – der Strafausdehnungsgrund der §§ 22, 23 StGB legt dies so fest.153 Der Unterschied bedarf keiner Erläuterung. Der subjektive Tatbestand der vollendeten Tat ist nur dann erfüllt, wenn der Täter alle Umstände kennt, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören154. Den subjektiven Tatbestand der versuchten Tat erfüllt die (bloße) Vorstellung des Täters von Umständen, die einem gesetzlichen Tatbestand entsprechen. Sind also weder objektiver noch subjektiver Tatbestand von versuchter und vollendeter Tat kongruent, decken sich die Tatbestandsstrukturen von versuchter und vollendeter Tat nicht. Ist aber die Tatbestandsmäßigkeit der Vornahme oder Unterlassung einer Handlung notwendige Bedingung einer Straftat, sind versuchte Tat und vollendete Tat ob ihrer unterschiedlichen Tatbestandsstrukturen unterschiedliche und jeweils vollwertige Straftaten. Die versuchte Tat ist gegenüber der vollendeten Tat also tatsächlich ein aliud, kein Minus, weil der Tatbestand der versuchten Tat ein aliud zum Tatbestand der vollendeten Tat ist. Daß das Versuchsdelikt im Gegensatz zum Vollendungsdelikt keinen gesetzlichen Tatbestand hat, es vielmehr aus den gesetzlichen Tatbeständen mittels der Strafausdehnungsgründe der §§ 22, 23 StGB gebildet werden muß, hindert nicht, ja gebietet sogar, es als delictum sui generis155 zu betrachten. Die Rede vom Versuchsdelikt, das dem Vollendungsdelikt gleichberechtigt gegenübersteht, ist eine sinnvolle.156 Nicht sinnvoll ist die Rede von der versuchten Tat als einer bloßen Stufe als solche eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und zur Schuld zuzurechnende Vornahme oder Unterlassung einer Handlung ist. Der Wortlaut des § 22 StGB ist insofern sachlogisch nicht einwandfrei. Vgl. auch den Hinweis Schmidhäusers, Lehrbuch AT2, 15 / 6. 152 In diesem Kap. unter D. I. 2.-3. sowie D. II. 2.-3. 153 Insoweit soll der Ansicht der herrschenden Lehre zur Struktur des objektiven Versuchstatbestandes gefolgt werden. Die herrschende Meinung Stufenlehre wird so an der herrschenden Eindruckstheorie gemessen. 154 Von den – in diesem Kontext irrelevanten – volitiven Leistungen des Täters sowie weiteren subjektiven Tatbestandsmerkmalen abgesehen. 155 Dies darf keinesfalls mit der sog. Erhebung des Versuchs zum delictum sui generis bei den Unternehmensdelikten verwechselt werde, wie sie bereits Sauermann, S. 1 ff., kritisierte. Vgl. dazu auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 100 ff.; Burkhardt, JZ 1971, 352 (353 ff.); sowie Fincke, S. 52 ff. Zum delictum sui generis generell Volker Hassemer, S. 9 ff. 156 Genau diese Gegenüberstellung von Vollendungs- und Versuchsdelikt findet sich das erste Mal bei Schmidhäuser, Lehrbuch AT1, 15 / 1 ff.; später dann auch in Lehrbuch AT2, 15 / 1 ff.; sowie in Studienbuch AT, 11 / 3. Schmidhäuser folgen Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 90; ders., GA 1986, 245 (245 ff.); sowie Streng, ZStW 109 (1997), 862 (867).

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

59

eines Straftatganzen, als unselbständiges Minus gegenüber dem Vollendungsdelikt.157 b) Die Stufenlehre mißachtet mit der Figur der Verwirklichungsstufen eines Straftatganzen nicht nur die unterschiedliche Tatbestandsstruktur vollendeter und versuchter Taten, sie übergeht die zentrale Rolle des Deliktstatbestandes als Kern des Tatstrafrechts überhaupt. Mit der Schaffung von Deliktstatbeständen fixiert der Gesetzgeber Geschehensausschnitte, unter die in der Gesetzesanwendung Sachverhaltsausschnitte subsumiert werden.158 In Gestalt dieser tatbestandlichen Schilderung – und wegen Art. 103 II GG nur in dieser – ist der Geschehensausschnitt mit seinen durch den Gesetzgeber gezogenen substantiellen und zeitlichen Grenzen eine Straftat.159 Diese Grenzen verbieten es, Gössels Vorstellungen von einem Handlungs- und Zeitkontinuum in Gestalt einer „kriminellen Progression“160 auf die Straftat zu übertragen, denn diese ist ob ihrer tatbestandlichen Schilderung eine Momentaufnahme.161 c) In diesem Kontext muß auch die vielgebrauchte Wendung, Vorbereitungshandlungen seien grundsätzlich straflos, ausnahmsweise aber strafbar,162 als logisch nicht korrekt kritisiert werden. Eine solche Aussage impliziert zwei unterschiedliche Begriffe der Vorbereitung, die zudem untereinander stillschweigend ausgewechselt werden:163 Versteht man mit § 22 StGB unter Vorbereitung formell die Betätigung eines rechtsfeindlichen Willens, die noch nicht als unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung zu werten ist, dann gilt der Grundsatz der straflosen Vorbereitung ausnahmslos. Der Gesetzgeber hat – im Gegensatz etwa zu § 21 DDRStGB – auf die Strafbarkeit der Vorbereitung verzichtet. Die Vorbereitung eines Deliktes als Betätigung eines rechtsfeindlichen Willens ohne unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung ist straflos, weil in der lex lata kein Strafausdehnungsgrund ,Vorbereitung‘ existiert – im Gegensatz zum Strafausdehnungsgrund ,Versuch‘ in den §§ 22, 23 StGB. Versteht man jedoch unter Vorbereitung materiell eine Handlung, die trotz ihrer Entfernung zur Verletzung ein besonders In diesem Sinne auch Streng, ZStW 109 (1997), 862 (867). So Alwart, GA 1992, 545 (561 in Fn. 63); sowie ders., Strafwürdiges Versuchen, S. 131 ff. 159 Vgl. hierzu Alwart, GA 1986, 245 (246). Zaczyk, Das Unrecht, S. 228 in Fn. 114, rügt an Alwarts Kritik der strafrechtlichen Stufenlehre, sie liefere den Versuch dem Geschehensabschnitt aus, den der Gesetzgeber gewählt habe. Zaczyk zeigt damit einmal mehr den krassen Unterschied zwischen Naturrechtsdenken und analytischem Rechtsdenken. 160 Maurach / Gössel, AT7 2, § 39 Rn. 2. 161 So auch Alwart, GA 1986, 245 (247). Ders., GA 1986, 245 (250 in Fn. 18), weist zutreffend auf das Werk Belings hin, welcher bekanntlich die Bedeutung der gesetzlichen Tatschilderung nachdrücklich hervorgehoben hat – etwa in: Grundzüge11, S. 21 ff. 162 Vgl. Freund, § 8 Rn. 24; Jescheck / Weigend, § 49 VI; LK11 / Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 7 ff.; Maurach / Gössel, AT7 2, § 39 Rn. 19 f.; Meinecke, S. 151. 163 So auch Fincke, S. 41 ff. 157 158

60

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

sensibles Rechtsgut bereits gefährdet, wird ob dieser Gefährdung – und nicht ob eines betätigten rechtsfeindlichen Willens in größerer Entfernung zur Tatbestandsverwirklichung als beim Versuch – jene materiell als bloße Vorbereitung weiterer Unternehmungen zu wertende Tat in einem Deliktstatbestand normiert.164 Dies ist eine eigenständige kriminalpolitische Wertung des Gesetzgebers und keine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die lex lata keinen Strafausdehnungsgrund ,Vorbereitung‘ bezüglich eines betätigten rechtsfeindlichen Willens ohne unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung kennt. d) Daß die Stufenlehre nicht in das System des materiellen und formellen Strafrechts paßt, hat Alwart165 überzeugend dargelegt: aa) Nach § 8 S. 1 StGB – der auf alle Straftattypen gleichermaßen anzuwenden ist – wird die Tat zu der Zeit begangen, zu der der Täter gehandelt hat. Der Täter eines Vollendungsdeliktes handelt zu der Zeit, zu der er die tatbestandsmäßige Handlung vornimmt, zu der Zeit etwa, zu der er tötet, täuscht, fälscht, falsch schwört oder einen Vorteil gewährt. Hingegen handelt der Täter des Versuchsdeliktes bereits zu der Zeit, zu der er zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Die Tatzeit des Versuchsdeliktes liegt vor der Tatzeit des entsprechenden Vollendungsdeliktes. Dies bekräftigt, daß sich zwei Verbrechenstypen gleichrangig gegenüberstehen und sich nicht in einem Stufenverhältnis befinden. bb) Noch deutlicher wird dies beim Blick in § 78 a S. 1 StGB. Nach dieser Vorschrift beginnt die Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem die Tat beendet ist. Wann das Vollendungsdelikt beendet ist, richtet sich nach der jeweiligen Ausgestaltung des Deliktes im Besonderen Teil des StGB, frühestens jedenfalls mit Vollendung der Tat. Das Versuchsdelikt ist hingegen beendet, wenn die Tätigkeiten abgeschlossen werden, die der Vollendung der Tat dienen sollten. Unterschiedliche Deliktstypen haben verschiedene Zeitpunkte der Beendigung und damit einen unterschiedlichen Beginn des Laufes der Verjährungsfristen. cc) Wenn es eines weiteren Argumentes bedarf, so liefert es § 265 I StPO. Diese Norm schreibt einen ausdrücklichen Hinweis vor, wenn der Angeklagte „auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage aufgeführten Strafgesetzes“ verurteilt werden soll. Man stelle sich eine Hauptverhandlung vor, in der dem Angeklagten ein Vollendungsdelikt vorgeworfen wird. Die tatbestandsmäßige Handlung wurde vom Angeklagten zweifelsfrei vorgenommen, auch ist der Taterfolg tatsächlich eingetreten. Nun stellt sich heraus, daß dieser Taterfolg dem Handeln des Täters objektiv nicht zurechenbar ist. Es kommt nur eine Verur164 So werden in Deliktstatbeständen materielle Vorbereitungen weiterer Unternehmungen als Vollendungsdelikte fixiert, so bei typischerweise gefährlichen vorbereitenden Handlungen (§§ 149, 264, 265, 265 b, 267 I 1. Alt. StGB) und bei den Staatsschutzdelikten, bei denen eine frühzeitige Abschirmung notwendig ist (§§ 80, 83, 87, 96, 98, 99 StGB; vgl. dazu insbesondere Beck, S. 91 ff.). Vgl. diesbezüglich Jakobs, AT, 25 / 9 f.; sowie LK11 / Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 7 ff.; Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem § 22 Rn. 14. 165 Alwart, GA 1986, 245 (249 f.).

D. Der Tatbestand bei Vollendungs- und Versuchsdelikten

61

teilung wegen versuchter Tat in Betracht. Allgemein anerkannt ist, daß der Angeklagte auf die Veränderung dieses rechtlichen Gesichtspunktes hingewiesen werden muß,166 denn – so führt der BGH zu Recht aus – „gegenüber dem Vorwurf, ein Verbrechen versucht zu haben, kann eine andere Verteidigung in Betracht kommen als gegenüber dem Vorwurf, den Tatbestand des vollendeten Verbrechens verwirklicht zu haben“.167 Vom Standpunkt einer Stufenlehre her ist die Hinweispflicht in derartigen Fällen nicht zu begründen: Ist die versuchte Tat ein bloßes Minus gegenüber ihrer Vollendung, so bedeutet der Übergang vom Vorwurf der Vollendung zum Vorwurf der versuchten Tat lediglich den Wegfall eines erschwerenden Umstandes. Für die Fälle aber, in denen aus der Anklage lediglich ein erschwerender Umstand entfällt, ist der Hinweis nach § 265 I StPO entbehrlich.168 Das Prozeßrecht erfaßt hingegen mit der Bejahung der Hinweispflicht die Selbständigkeit von Versuchs- und Vollendungsdelikt korrekt. 4. Analytisch-hermeneutisches Denken gebietet es nicht nur, Lehrsätze auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen. Zu verstehen gilt es auch, wo die Wurzeln dieser Lehren liegen. Woraus resultiert also strafrechtliches Stufendenken?169 a) Eine Ursache für die weitgehende Anerkennung der Stufenlehre ist die These von der Identität des subjektiven Tatbestandes bei Versuchs- und Vollendungsdelikt, die ebenso verbreitet ist wie das Stufendenken. Spricht man bei beiden Deliktstypen von einer identischen Vorsätzlichkeit,170 obwohl das kognitive Vorsatzelement doch de lege lata verschiedenartig ist, liegt der Gedanke nahe, daß sich dieser Vorsatz bei Versuch und Vollendung nur unterschiedlich weit entwickelt habe – bei 166

So BGHSt 2, 250 (250); ebenso AK-StPO / Loos, § 265 Rn. 13; Meyer-Goßner, § 265

Rn. 9. BGHSt 2, 250 (250). Vgl. RGSt 53, 100 (100 f.); BGH NJW 1970, 904 (905); sowie KK / Engelhardt, § 265 Rn. 12. 169 Historisch läßt sich die strafrechtliche Stufenlehre auf die gemeinrechtliche Lehre vom sog. ,iter criminis‘ zurückverfolgen. So heißt es etwa bei Zachariae, Zweiter Theil, S. 1 f.: „Das Fortschreiten der verbrecherischen Thätigkeit von dem Augenblicke an, wo der Entschluß zur Verübung eines bestimmten Verbrechens zur That geworden, d. h. in eine äußerlich erkennbare und auf die Begehung des Verbrechens gerichtete Handlung übergegangen ist, bis zur Vollendung des Verbrechens kann, insofern wir jedes Moment des verbrecherischen Handelns für sich ins Auge fassen, in eine der Zahl nach nicht bestimmbare, bald größere bald kleinere Menge einzelner Acte zerlegt werden, deren Sonderung aber freilich, wenn keine Unterbrechung erfolgte, insofern unzulässig ist, als die ganze verbrecherische Thätigkeit bis zu dem Augenblicke, wo sie beendigt wurde, in ihrer Totalität aufgefaßt und nur als eine Handlung betrachtet werden muß.“ Dies klingt schlüssig, ist jedoch mit einem Tat(bestands)strafrecht aus den Gründen, wie sie bei der Kritik der Stufenlehre vorgebracht wurden, unvereinbar. Vgl. auch Alwart, GA 1986, 245 (250 in Fn. 18). Darauf, daß sich die Grundlagen der Stufenlehre selbst bis in das 13. Jahrhundert und das Werk Alberto de Gandinos, Tractatus de maleficiis, nachvollziehen lassen, hat Polaino-Navarrete, S. 157 (160 f.), hingewiesen. 170 Vgl. Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 4: „Der Versuch ist ein Tatbestandsmangel. Bei vollständig vorliegendem subjektiven Tatbestand ist der objektive Tatbestand dagegen mindestens lückenhaft . . .“ 167 168

62

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

der vollendeten Tat sei er vollständig realisiert worden, beim Versuch sei die Realisation auf niederer Stufe gescheitert. Derartige Gedankenspiele haben ihren Reiz, nur ist ihre Prämisse falsch – der subjektive Tatbestand des Versuchs ist eben nicht mit dem des vollendeten Deliktes identisch; jedenfalls dann nicht, wenn man das Gesetz beim Wort nimmt. b) Die mangelnde Ernstnahme des Gesetzes, das Übel der Verdrängung gesetzlicher Primärbegriffe durch sekundäre Lehrsätze – um noch einmal die Mahnung Herzbergs171 aufzugreifen – wird in der Entfaltung der strafrechtlichen Stufenlehre bei Gössel greifbar. Gössel will mit seiner Stufenlehre den „finalzeitlichen Werdegang“172 des Verbrechens untersuchen. Welche Methode dabei zur Anwendung kommen soll, wurde bis zur 5. Auflage des Maurachschen Lehrbuchs noch offen ausgesprochen: „Unter der Lehre von den Stufen oder Stadien der Verwirklichung des Verbrechens versteht man diejenige Wesensschau der Straftat, die deren finalzeitlichen Werdegang . . . untersucht . . . .“173 Mittels einer Wesensschau werden nicht etwa die gesetzlichen Regelungen oder die Strukturen der Tatbestände durchleuchtet – in finalistischer Tradition sollen ontische Strukturen eines metarechtlichen Straftatganzen betrachtet werden.174 Wenn dabei von den Verwirklichungsstufen der Straftat die Rede ist, wird der Begriff der Straftat nicht synonym für eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und zur Schuld zuzurechnende Vornahme oder Unterlassung einer Handlung gebraucht, sondern stillschweigend gegen jene ontischen Strukturen eines metarechtlichen Straftatganzen ausgewechselt.175 Wesensschau zu betreiben aber heißt nichts anderes, als sich in Phänomenologie und letztlich in Metaphysik zu verlieren. Zwar wird seit der 6. Auflage des Lehrbuchs nicht mehr auf phänomenologische Wesensschau rekurriert,176 an den geistigen Grundlagen des Stufendenkens – den wesensphilosophischen Vorurteilen des Finalismus177 – hat sich hingegen nichts geändert. So verwundert es nicht, daß die versuchte Tat – und neben ihr auch die Unterlassungsdelikte und die Teilnahme an der Tat eines anderen – statt als eigenständiger Deliktstyp als Erscheinungsform des Verbrechens178 begriffen wird, gerade

Ders., JuS 1999, 224 (224). Maurach / Gössel, AT7 2, § 39 Rn. 1. 173 Maurach / Gössel, AT5 2, S. 1. Ebenso bei Maurach, AT4, S. 485. 174 Vgl. etwa Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 1 ff., wo das Wesen des Versuchs ergründet werden soll. 175 Nun tritt deutlich hervor, was zu Beginn dieses Kapitels unter B. I. in Fn. 15 als bizarres Unternehmen charakterisiert wurde: Zwei dem Gesetze nach verschiedene Verbrechenstypen – die versuchte und die vollendete Tat – sollen nach Ansicht der strafrechtlichen Stufenlehre eine Wesenseinheit bilden. Dort aber, wo eine gemeinsame Basis anzutreffen ist – namentlich beim einheitlichen Strafgrund von versuchter und vorsätzlicher vollendeter Tat, der als Angriff auf ein Rechtsgut näher bezeichnet wurde – wird diese Gemeinsamkeit mit der gesonderten Rede vom Strafgrund des Versuchs zerrissen. 176 Vgl. Maurach / Gössel, AT6 2, § 39 Rn. 1; sowie Maurach / Gössel, AT7 2, § 39 Rn. 1. 177 So die scharfe Kritik Alwarts, Recht und Handlung, S. 126. 171 172

E. Der materielle Unrechtsbegriff der personalen Unrechtslehre und die versuchte Tat

63

so als erschienen uns diese Deliktsformen, wie uns die Sonne morgens aus östlicher Richtung erscheint. Die versuchte Tat erscheint uns aber nicht, wir können als Analytiker der lex lata nur verstehen, wie sie im StGB ausgestaltet ist: Die versuchte Tat ist keine Straftatstufe, keine Erscheinungsform des Verbrechens, sie ist eine Sonderform der gesetzlichen Unrechtsschilderung.179 5. Warum am Anfang dieses Abschnittes gefordert wurde, von der strafrechtlichen Stufenlehre Abschied zu nehmen, sollte hinreichend dargetan worden sein. Mit dieser Abkehr kann – eingedenk der Worte Bindings180 – die Zukehr verbunden werden, das Versuchsdelikt als das zu erfassen, was es ist, und nicht nur als das, was es nicht ist, nämlich eine vollendete Tat. IV. Schluß Die vorangegangenen Betrachtungen sollten helfen, die Struktur des Tatbestandes der versuchten Tat aufzuhellen und die wichtigsten Prämissen der herrschenden Versuchslehre aufzuzeigen. Nun kann dazu übergegangen werden, die versuchte Tat in den Kategorien der herrschenden personalen Unrechtslehre zu erfassen.

E. Der materielle Unrechtsbegriff der personalen Unrechtslehre und die versuchte Tat Es ist in der Strafrechtsdogmatik bisher wenig betrachtet worden, wie sich die versuchte Tat in die Strukturen der herrschenden personalen Unrechtslehre einfügt. Dabei verspricht gerade dies, weitere Klarheit in die Rede vom Unrecht der versuchten Tat zu bringen. Dazu gilt es, zunächst die Struktur des Unrechts nach der personalen Unrechtslehre zu rekapitulieren, um anschließend zu untersuchen, wie die versuchte Tat mit diesen Instrumentarien zu erfassen ist. I. Der personale Unrechtsbegriff 1. Grundsätzliches Kein anderes Feld der Strafrechtsdogmatik hat in den letzten 60 Jahren eine solche Umwälzung erfahren wie die Unrechtslehre. Während dem Verbrechensbegriff der klassischen, der kausalen Handlungslehre verpflichteten Dogmatik ein streng objek178 Vgl. aus der aktuellen Lehrbuchliteratur etwa Baumann / Weber / Mitsch, vor § 26, Titel des IV. Teils; Gropp, AT, vor § 9, Titel des III. Teils, Jescheck / Weigend, vor § 54; Maurach / Gössel, AT7 2, vor § 39, Titel des dritten Teils; Roxin, AT I, S. VIII, Vorwort zur ersten Auflage. 179 So zutreffend Schmidhäuser, Studienbuch AT, vor 10 / 1. 180 Ders., Normen III, S. 491.

64

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

tiv gefaßter, auf den Erfolgsunwert beschränkter Unrechtsbegriff zugrunde lag – mittels dessen lediglich der verursachte Zustand als rechtswidrig bewertet wurde – und alle subjektiven Aspekte der Straftat einem psychologisierenden Schuldbegriff zugewiesen wurden, führte die finale Handlungslehre zu einer Revolution in der Unrechtslehre und zur Anerkennung des Tatvorsatzes als Unrechtselement.181 Dementsprechend werden heute nahezu ausschließlich personale Unrechtslehren vertreten.182 Als personal werden diese Unrechtslehren deshalb bezeichnet, weil sie mit dem Handlungsunwert die Art und Weise der Herbeiführung des rechtlich mißbilligten Zustandes durch den Täter in den Unrechtsbegriff einbeziehen und letzterem dadurch ein personaler Charakter verliehen wird. Handlungs- und Erfolgsunwert183 geben dem Unrechtsbegriff der Gegenwart sein Gepräge.184 Wie diese Elemente des Unrechts genau verstanden werden, ist untrennbar mit dem herrschenden Rechtsverständnis innerhalb der personalen Unrechtslehren verbunden. 2. Das herrschende Rechtsverständnis in den personalen Unrechtslehren a) Der dreifache Charakter der Rechtsnorm in der Dogmatik der personalen Unrechtslehren Das Rechtsverständnis der personalen Unrechtslehren wird durch die Überzeugung geprägt, die Rechtssätze des Besonderen Teils enthielten an jedermann ge181 Vgl. zur Entwicklung des Unrechtsbegriffes Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (228 ff.); Gallas, Zum gegenwärtigen Stand, S. 19 ff.; Hirsch, ZStW 93 (1981), 831 (836 ff.); ders.; ZStW 94 (1982), 239 (240 ff.); ders., GS Meurer, S. 3 (3 ff.); Krauß, ZStW 76 (1964), 19 (20 ff., 38 ff.); Otto, ZStW 87 (1975), 539 (541 ff.). Eine rein objektive Unrechtslehre findet sich noch bei Oehler, S. 65 ff.; sowie bei LK11 / Spendel, § 32 Rn. 138 ff.; ders., DRiZ 1978, 327 (330 ff.); ders., FS Bockelmann, S. 245 (245 ff.); ders., FS Oehler, S. 197 (198 ff.); ders., ZStW 65 (1953), 519 (521 ff.). 182 Eine genaue Charakterisierung der unterschiedlichen personalen Unrechtslehren ist insoweit nicht notwendig; auch müßte sie so vergröbernd ausfallen, daß sie den bedeutenden Leistungenihrer Vertreter nicht gerecht werden könnte. Vgl. statt dessenRehr-Zimmermann,S.20 ff. 183 Die Verwendung der Begriffspaare Handlungs- / Erfolgsunwert und Handlungs- / Erfolgsunrecht erfolgt nicht einheitlich. Offensichtlich werden sie synonym gebraucht. In dieser Abhandlung soll zur Beschreibung der Strukturierung des personalen Unrechtsbegriffes das Begriffspaar Handlungs- / Erfolgsunwert verwandt werden. Nur auf diese Weise kann die unzulässige Verquickung materiell-rechtsethischer Überlegungen mit einem formellen Unrechtsbegriff vermieden werden. Vgl. dazu und zur materiellen Unrechtsauffassung unten in diesem Kap. unter E. II. 3. 184 Die sog. monistisch-subjektive Unrechtslehre lehnt freilich den Taterfolg als unrechtsbegründendes Element ab. So etwa Dornseifer, S. 427 (433); Eckhard Horn, S. 78 ff.; Armin Kaufmann, Lebendiges und Totes, S. 102 ff.; Lüderssen, FS Bockelmann, S. 181 (182 ff.); ders., ZStW 85 (1973), 288 (292 ff.); Mir Puig, GS Armin Kaufmann, S. 253 (255 ff.); Schöne, GS Hilde Kaufmann, S. 649 (650 ff.); Silva Sánchez, ZStW 101 (1989), 352 (370 ff.); Suárez Montes, S. 379 (379 ff.); Zielinski, S. 128 ff., 204 ff. Vgl. dazu insbesondere Mylonopoulos, S. 59 ff.; sowie Stratenwerth, FS Schaffstein, S. 177 (182 ff.).

E. Der materielle Unrechtsbegriff der personalen Unrechtslehre und die versuchte Tat

65

richtete Imperative, Sollenssätze in der Form von Verboten und Geboten. Zugleich seien sie Maßstäbe für die rechtliche Beurteilung menschlichen Verhaltens und erfüllten eine Schutzfunktion gegenüber den in ihnen strafbewehrten Rechtsgütern. Den Rechtssätzen des Besonderen Teils käme eine dreifache Rolle zu: Sie seien Bestimmungsnorm für den Einzelnen,185 als Maßstab für die Arbeit des Rechtsstabs zugleich Bewertungsnorm und Schutznorm zur Bewahrung der Rechtsgüter vor ihrer Beeinträchtigung. Dies hier festzustellen mutet fast trivial an, ist dieses Rechtsverständnis doch nahezu Gemeingut der Rechtsdogmatik.186 Vielleicht lassen sich deswegen Tragweite und praktische Konsequenzen dieses Rechtsverständnisses nur schwer ermessen. Die Trias im Charakter der Rechtsnorm bedarf genauerer Betrachtung.

b) Bestimmungs- und Bewertungsnorm – Der Rechtssatz als Verhaltens- und Sanktionsnorm Rechtstheoretisch wird die Bestimmungsnorm als Verhaltensnorm bezeichnet.187 Sie schreibe ihrem Adressaten – dem einzelnen rechtsunterworfenen Bürger – ein bestimmtes Verhalten vor. Weil dieses Ver- bzw. Gebot das primär erwartete Verhalten formuliere, wird die Verhaltensnorm als Primärnorm begriffen. Diesen Verhaltensnormen sollen Sanktionsnormen zur Seite treten, die Befugnisse und Pflichten für den Fall statuierten, daß der Adressat der Primärnorm den Verhaltensanforderungen nicht entspreche – sogenannte Sekundärnormen.188 Nun formuliert das StGB keine solchen primären Verhaltensnormen: An keiner Stelle des StGB wird ein Gebot bzw. Verbot der Form ,Du sollst q tun!‘ bzw. ,Du

185 Vgl. zur partiell geforderten Unterscheidung von Imperativen und Bestimmungsnormen Larenz, Methodenlehre, S. 253 ff., einerseits und Rüthers, Rn. 116 ff., andererseits. 186 Siehe aus der Menge einschlägiger Literatur Eser / Burkhardt, Fall 3 A 89 ff.; Ebert, S. 2 f.; Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (229); Gallas, FS Bockelmann, S. 155 (156 ff.); Heckler, S. 81 ff.; Jescheck / Weigend, § 24 II; Köhler, AT, S. 115 ff.; Kühl, AT, § 3 Rn. 5 f.; Lampe, Das personale Unrecht, S. 24 ff.; LK10 / Jescheck, Vor § 13 Rn. 39; Maurach / Zipf, AT 1, § 24 Rn. 16; Münzberg, S. 49 ff.; Renzikowski, S. 3 (3 ff.); Roxin, AT I, § 10 Rn. 93 f.; Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 49 f.; SK / Samson, Vor § 32 Rn. 3; Tiedemann, FS Baumann, S. 7 (11); Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 46 ff.; Zippelius, AcP 157 (1958 / 59), 390 (394 f.); ders., NJW 1957, 1707 (1707). 187 Vgl. hierzu aus der rechtstheoretischen Literatur Hoerster, JZ 1989, 10 (10 ff.); Koller, S. 84 ff.; Röhl, S. 192 f.; Rüthers, Rn. 113 ff., 125 ff. 188 Die Unterscheidung von primären Verhaltens- und sekundären Sanktionsnormen darf nicht mit der Unterscheidung Harts, The concept of law, pp. 77 ff., zwischen ,primary rules‘ und ,secondary rules‘ verwechselt werden. Mit ,primary rules‘ bezeichnet auch Hart diejenigen Regeln, mit denen Pflichten auferlegt werden. ,Secondary rules‘ sind jedoch für Hart Regeln über Regeln, also diejenigen Normen, mit denen dem Rechtsstab oder dem Einzelnen Befugnisse verliehen werden. Vgl. auch dens., Recht und Moral, S. 5 f. Eingehend zu Harts Lehre Alwart, Recht und Handlung, S. 140 ff.; sowie v. Wright, Erklären und Verstehen, S. 137 ff.

5 Maier

66

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

sollst p nicht tun!‘ ausgesprochen. In der eben eingeführten Terminologie enthalten die Deliktstatbestände des Besonderen Teils des StGB ausschließlich Sanktionsnormen – die Bewertungsnormen – der Form ,Wer p tut, wird bestraft.‘ bzw. ,Wer q nicht tut, wird bestraft.‘. Ergänzt werden diese Sanktionsnormen durch die Zurechnungsregeln des Allgemeinen Teils des StGB. Auch letztere sind Sanktionsnormen. Nach Ansicht der herrschenden normtheoretischen Lehren gebe der Gesetzgeber mit diesem System von Sekundärnormen den Gerichten vor, wie auf Verstöße gegen Primärnormen zu reagieren sei. Woraus sind nun aber die Primärnormen, die Bestimmungsnormen – um wieder zur strafrechtlichen Terminologie zurückzukehren – zu erschließen, die doch als Imperative dem Einzelnen vorgeben sollen, was er nicht tun soll bzw. was er tun soll? Gerade wenn sich der Gesetzgeber mit diesen Imperativen an den Jedermann wenden möchte, müßten sie doch für jedermann erkennbar sein. Doch nicht einmal der Strafrechtsdogmatiker entdeckt sie. Die Antwort der herrschenden Auffassung in der Normentheorie ist klar: Die Verhaltensnormen – die doch primär, ja die Hauptsache der Rechtsregeln überhaupt sein sollen – erschlössen sich mittelbar aus den Bewertungsnormen.189 Natürlich: Der Gesetzgeber sagt unzweideutig: ,Wer p tut, wird bestraft.‘ – Gemeint ist damit aber in erster Linie ,Du sollst p nicht tun!‘.190 Nun, der Verdacht drängt sich auf, daß hier ein vermeintliches Wesen des Rechtssatzes dessen Sprache besiegen soll, doch dies sei zunächst hingenommen. Festzuhalten bleibt: Das ganz herrschende Rechtsverständnis in den personalen Unrechtslehren geht davon aus, den im StGB niedergelegten Rechtssätzen gehen ungeschriebene und dennoch Rechtsqualität aufweisende Normen voraus, die Imperative in der Form von rechtlichen Ge- bzw. Verboten an jeden Bürger ausgeben. Diese Imperative werden in den personalen Unrechtslehren Bestimmungsnormen genannt, weil sie die Willensbildung des Einzelnen beeinflussen und diesen zu einem bestimmten Verhalten bestimmen sollen. Wer entgegen diesen ungeschriebenen Verhaltensnormen handelt,191 löst das sekundäre System der bewertenden Sanktionsnormen aus.192 Mit diesen Bewertungsnormen urteilt der Rechtsstab dann über den Verstoß des Delinquenten gegen die Verhaltensnorm, über die Imperativverletzung. Der Rechtsstab bewertet im Auftrag des Gesetzgebers den Bestimmungsnormverstoß.193

189 Vgl. statt vieler Röhl, S. 193; sowie Freund, § 1 Rn. 9 ff.; Gallas, FS Bockelmann, S. 154 (158); Uwe Krüger, S. 19 ff. 190 Wie berechtigt Hruschkas, Strafrecht, S. XVI, Warnung ist, an die Lektüre eines Gesetzes weniger strenge Anforderungen zu stellen, als an die Lektüre eines Schulaufsatzes, wird hier in erschreckender Weise deutlich. Hruschka, ebenda, schreibt: „Wenn in einem Schulaufsatz steht „Die Blumen blühen!“, dann kommen wir normalerweise nicht auf die Idee, der Verfasser habe damit „eigentlich“ gemeint, daß es schneit . . .“ 191 Ohne daß ihm dabei ein Erlaubnissatz – ein das Unrecht ausschließender Rechtfertigungsgrund – der Form ,Ist r gegeben, darfst du p tun / q lassen!‘ zur Seite steht. 192 Polaino-Navarrete, S. 157 (159) bezeichnet dieses Dogma sogar „als unbestrittenes Postulat . . . für die Erklärung des strafrechtlichen Unrechts“. 193 Vgl. insofern Jescheck / Weigend, § 24 II 2.

E. Der materielle Unrechtsbegriff der personalen Unrechtslehre und die versuchte Tat

67

c) Der Rechtssatz als Schutznorm Neben seiner primären Funktion als verhaltenssteuernde Bestimmungsnorm und seiner sekundären Rolle als sanktionssteuernde Bewertungsnorm wird dem Rechtssatz der Charakter einer Schutznorm194 zugeschrieben. Schutznormen werden ebenso wie die Bestimmungsnormen aus den Bewertungsnormen der jeweiligen Deliktstatbestände abgeleitet und sollen den in den Bewertungsnormen festgehaltenen Rechtsgütern ihre Unversehrtheit garantieren.195

3. Handlungs- und Erfolgsunwert auf der Basis des herrschenden Rechtsverständnisses a) Der Erfolgsunwert Das tatbezogene Unrechtsmerkmal Erfolgsunwert ist der durch die tatbestandsmäßige Handlung bewirkte äußere Sachverhalt und beinhaltet die unerlaubte – je nach tatbestandlicher Typisierung – Verletzung bzw. Gefährdung eines Tatobjektes oder – bei den schlichten Tätigkeitsdelikten – den rechtswidrigen Vollzug der Handlung als solcher. Im Erfolgsunwert soll sich nach Ansicht der herrschenden rechtstheoretischen Konzeption die Funktion des Rechtssatzes als Bewertungs- und Schutznorm widerspiegeln. Zeitigt das Handeln des Täters den tatbestandlichen Erfolg, liege in der Verletzung bzw. Gefährdung des Tatobjektes eine Mißachtung der durch die Schutznorm vom Gesetzgeber ausgesprochenen Garantie. Zugleich nehme der Rechtssatz seine Bewertungsaufgabe wahr, indem er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges konstatiere und die Weichen für die Bestrafung wegen vollendeter Tat stelle.

b) Der Handlungsunwert Der Handlungsunwert setzt sich aus einer objektiven, tatbezogenen und einer subjektiven, täterbezogenen Komponente zusammen. 194 Der Begriff der Gewährleistungsnorm wird synonym gebraucht. Vgl. Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 49. 195 In diesem Sinne u. a. Ebert, S. 3; Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (229); Gallas, FS Bokkelmann, S. 155 (161 ff.); Krümpelmann, Die Bagatelldelikte, S. 96 ff.; ders., FS Bockelmann, S. 443 (444 ff.); Kühl, AT, § 3 Rn. 6; Küper, FS Lackner, S. 247 (266); Paeffgen, Der Verrat, S. 110 ff.; ders., GS Armin Kaufmann, S. 399 (414); Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 49; Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 28. Kritisch hierzu Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 533 Fn. 97; sowie die Vertreter der monistisch-subjektiven Unrechtslehre.

5*

68

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

aa) Der Tatvorsatz – als die Kenntnis aller relevanten tatsächlichen Umstände und die auf Verwirklichung des tatbestandlichen Unwerts gerichtete Intention des Täters – konstituiert zusammen mit den sonstigen subjektiven Deliktsmerkmalen den täterbezogenen Teil des Handlungsunwerts. Nach den oben erläuterten normtheoretischen Ideen spiegelt sich im Tatvorsatz und den sonstigen subjektiven Merkmalen des Deliktstatbestandes der Verstoß gegen den Imperativ der Bestimmungsnorm wider.196 Teil des Handlungsunwerts sei demnach die persönliche Fehlleistung des Täters, sich durch den Normbefehl des Gesetzgebers nicht richtig motiviert haben zu lassen. Den täterbezogenen Teil des Handlungsunwerts kann man dementsprechend als Intentionsunwert197 bezeichnen. Zur subjektiven, täterbezogenen Komponente des Handlungsunwerts gehören jedoch auch die objektiv-täterschaftlichen Merkmale der Sonderdelikte198, bei denen sich die jeweilige Verhaltensnorm nicht an jeden Rechtsunterworfenen richten soll. Nur wenn der Einzelne die objektiv-täterschaftlichen Merkmale aufweist, leitet ihn die entsprechende Verhaltensnorm auch an; nur dann kann seiner Intention zugeschrieben werden, sich gegen die Bestimmungsnorm zu richten. bb) Der tatbezogene Teil des Handlungsunwerts wird begründet durch die im jeweiligen Deliktstatbestand festgeschriebenen objektiven Tatmodalitäten, die die Art und Weise der Begehung der Tat in objektiver Hinsicht fixieren.199 Der tatbezogene Teil des Handlungsunwerts läßt sich insofern als Verhaltensunwert200 bezeichnen. Diesen festzuhalten, ist wiederum Aufgabe des Rechtssatzes in seiner Eigenschaft als Bewertungsnorm.

II. Die versuchte Tat im Kontext der personalen Unrechtslehre Rekapituliert man nunmehr die Auffassung der Eindruckstheorie vom Strafgrund des Versuchs als dem betätigten rechtsfeindlichen Willen, der geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit zu erschüttern, läßt sich mit den im vorangegangenen Abschnitt erläuterten Kategorien auch das Unrecht der versuchten Tat erfassen.

196 Vgl. insofern Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (229, 232); Gallas, FS Bockelmann, S. 155 (156 ff.); Graul, JuS 1995, L 41 (42); Jescheck / Weigend, § 24 III 4 c); Roxin, AT I, § 10 Rn. 88; Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 54. 197 So die zutreffende Bezeichnung bei Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (229). 198 Zu diesem Begriff bereits oben in diesem Kap. unter D. I. 2. a). 199 Vgl. beispielsweise Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (231); Jescheck / Weigend, § 24 III 3; Mylonopoulos, S. 9 ff.; Röttger, S. 38 ff.; Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 56. Dies ist nicht unumstritten. Paeffgen, Der Verrat, S. 110 ff., und Rudolphi, S. 51 (60 ff.), etwa begreifen als Handlungsunwert lediglich den Intentionsunwert und ordnen daher alle objektiven Handlungsmodalitäten dem Erfolgsunwert zu. 200 So wiederum die Bezeichnung bei Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (229).

E. Der materielle Unrechtsbegriff der personalen Unrechtslehre und die versuchte Tat

69

1. Der Handlungsunwert der versuchten Tat Gleichermaßen wie der Handlungsunwert des Vollendungsdeliktes läßt sich der Handlungsunwert der versuchten Tat in einen objektiven, tatbezogenen Verhaltensunwert und einen subjektiven, täterbezogenen Intentionsunwert aufgliedern. a) Auch der Intentionsunwert der versuchten Tat wird durch den Tatvorsatz und die sonstigen subjektiven Deliktsmerkmalen konstituiert. Er spiegelt den durch den Täter gebildeten rechtsfeindlichen Willen wider. Mißt man dem Rechtssatz die Eigenschaft einer den Willensbildungsprozeß des Einzelnen steuernden Bestimmungsnorm der Form ‘Du sollst p nicht tun!‘ zu, dann liegt im Entschluß, p doch zu tun, die Auflehnung des Einzelnen gegen die entsprechende Bestimmungsnorm. Letzteres ist die individuelle Leistung, die von der Eindruckstheorie als rechtsfeindlicher Wille charakterisiert wird.201 Normtheoretisch läßt sich dies wie folgt darstellen: * Begehungsdelikte: * Unterlassungsdelikte:

Imperativ (Verbot) Reaktion Imperativ (Gebot) Reaktion

,Du sollst p nicht tun!‘ ,Doch!‘ ,Du sollst q tun!‘ ,Nein!‘

Zur täterbezogenen Komponente des Handlungsunwerts der versuchten Tat gehören auch die objektiv-täterschaftlichen Merkmale der Sonderdelikte. Dies ist logisch zwingend, da der Sonderpflichtige ja nur als solcher von der Verhaltensnorm des Sonderdeliktes angesprochen wird und nur als Adressat dieses Imperativs einen entgegengesetzten, rechtsfeindlichen Willen fassen kann. Insofern entspricht der Intentionsunwert der versuchten Tat dem des Vollendungsdeliktes. In der Diskussion um den ,Versuch des untauglichen Subjektes‘ wird dies jedoch keineswegs so konsequent durchgehalten.202 b) Der Verhaltensunwert der versuchten Tat – die objektive, tatbezogene Komponente des Handlungsunwerts – ist die Betätigung eben dieses rechtsfeindlichen Willens durch das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung gemäß § 22 StGB. Mit der Verwirklichung dieses Verhaltensunwerts soll nach dem Willen des Gesetzgebers das Unrecht der versuchten Tat erreicht sein. Diesen Verhaltensunwert zu konstatieren, ist wiederum Aufgabe des Rechtssatzes in seiner Eigenschaft als Bewertungsnorm. 201 Ganz explizit zeigt dies Tiedemann, FS Baumann, S. 7 (11, 13). Bloy, ZStW 2001, 76 (86), will hinsichtlich des Unrechts des untauglichen Versuchs den Intentionsunwert auf den Gefährdungswillen des Täters beziehen. Dies ist in der Tat ein qualitativer Sprung, wird die Klippe des Widerspruchs gegen eine imaginäre Bestimmungsnorm doch so umschifft. Mehr als bedenklich ist es indes, einer Versuchsregelung, die gerade nicht auf dem Gedanken der Gefährdung aufbaut, durch diese ,subjektive Hintertür‘ Gefährdungsmomente unterzuschieben. 202 Vgl. insoweit Bloy, ZStW 2001, 76 (92 ff.). Zum Problem des untauglichen Subjektes unten in diesem Kap. unter F. IV.

70

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Ohne Belang für die tatbezogene Komponente des Handlungsunwerts sind nach den Lehren der Eindruckstheorie die im jeweiligen Deliktstatbestand normierten objektiven Handlungsmodalitäten, da für den objektiven Versuchstatbestand – von den objektiv-täterschaftlichen Merkmalen der Sonderdelikte einmal abgesehen – keine Merkmale des objektiven Deliktstatbestandes verwirklicht sein müssen, diese vielmehr sämtlich durch die Vorstellung des Täters – durch dessen Intentionsunwert – ersetzt werden können.

2. Der Erfolgsunwert der versuchten Tat Von einem Erfolgsunwert der versuchten Tat zu sprechen, mutet kontradiktorisch an, ist doch das Versuchsdelikt gerade dadurch gekennzeichnet, daß keine Tatvollendung eingetreten ist, die Tat nicht von Erfolg gekrönt war. Läßt sich das Unrecht der versuchten Tat also auf einen bloßen Handlungsunwert reduzieren? Nimmt man die Doktrin der Eindruckstheorie ernst, weist das Versuchsdelikt tatsächlich auch einen Erfolgsunwert auf, nämlich die viel beschworene Erschütterung des Rechtsfriedens.203 Wie und wann der Versuch einer Tat einen solchen Unrechtserfolg zeitigt, liegt freilich im Dunkeln.

3. Das Unrecht der versuchten Tat im Verhältnis zum Unrecht des Vollendungsdeliktes Es ist eine Auswirkung der strafrechtlichen Stufenlehre, daß in der strafrechtlichen Literatur gelegentlich von einem objektiven Unrechtsdefizit der versuchten Tat die Rede ist:204 Der Versuch sei eben keine richtige, sondern eine steckengebliebene Straftat. Dementsprechend könne auch das Unrecht der versuchten Tat kein ganzes Unrecht sein – das Maß des Unrechts sei geringer. Möglicherweise verbirgt sich hinter einer solchen Redeweise noch Gedankengut der klassischen objektiven Versuchslehren: Beim Versuchsdelikt werde das Tatobjekt eben nur gefährdet,205 nicht verletzt. Um so problematischer ist es deshalb, wenn gerade Protagonisten subjektiver Versuchslehren behaupten, das Versuchsunrecht sei defizitär. Das Unhaltbare der strafrechtlichen Stufenlehre wurde bereits dargetan.206 So kann zusammengefaßt werden: Das Versuchsdelikt ist de lege lata kein unfertiges Vollendungsdelikt, sondern schlicht ein aliud zu letzterem. Folglich ist das Unrecht 203 So auch Lampe, Das personale Unrecht, S. 100; Noll, S. 30; Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 57. Kritisch hierzu Bloy, ZStW 2001, 76 (84). 204 So etwa bei Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 14, und Hirsch, GS Meurer, S. 3 (14 f., 21). 205 Die Gefährdung des Rechtsgutsobjekts bildete dann freilich einen echten Erfolgsunwert der versuchten Tat. 206 Oben in diesem Kap. unter D. III. 3.

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

71

der versuchten Tat auch nach der herrschenden Eindruckstheorie kein minderes, sondern – ob seiner vom Vollendungsdelikt verschiedenen Struktur – anderes Unrecht.207 Das Postulat defizitären Unrechts wird von materiellen Unrechtsauffassungen gespeist. Nach letzteren tritt neben das Tatunrecht als formeller Kategorie, die abkürzend die rechtswidrige Tatbestandsverwirklichung bezeichnet, ein materielles Unrecht, das den durch die Tat verwirklichten und vom Recht negativ bewerteten Unwert selbst meint.208 Als Gesellschaftsschädlichkeit soll so der Verstoß gegen die herrschenden Kulturanschauungen erfaßt werden.209 Mit einem materiellen Unrechtsbegriff läßt sich die versuchte Tat als nicht so schädlich wie ein Vollendungsdelikt verstehen. Das ist im Rahmen einer ethischen, ökonomischen oder sozialen Betrachtungsweise nicht von der Hand zu weisen. Doch ein materieller Unrechtsbegriff in diesem Sinne ist nicht nur unergiebig, er verrät klassisches Naturrechtsdenken, wird doch einer rein ethischen Betrachtung Rechtsqualität beigemessen.210

III. Fazit Das Unrecht der versuchten Tat weist nach der Eindruckstheorie auch Handlungs- und Erfolgsunwert auf. Letzteres wird gekennzeichnet durch die Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und des Gefühls der Rechtssicherheit. Der Handlungsunwert der versuchten Tat besteht – wie der des Vollendungsdeliktes – aus einem Intentions- und einem Verhaltensunwert. Dieser wird durch das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung i. S. des § 22 StGB gezeitigt, jener umfaßt – wie beim Vollendungsdelikt – den rechtsfeindlichen Willen des Täters als einem dem Imperativ der Verhaltensnorm entgegengesetzten Willensentscheid. Der versuchten Tat ist kein Unrechtsdefizit eigen, im Vergleich zum Vollendungsdelikt weist sie eine andere Unrechtsstruktur und damit ein anderes Tatunrecht auf.

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt Jeder Versuchslehre obliegt eine Hauptaufgabe: Sie muß die Kriterien auffinden, die ein Urteil darüber ermöglichen, wann eine mißlungene Tat zu bestrafen ist und Im Ergebnis ebenso Polaino-Navarrete, S. 157 (164). Vgl. etwa Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 51. 209 Vgl. etwa Heinitz, S. 118; Mezger, Strafrecht3, S. 197; Sauer, S. 53 ff.; sowie aus der neueren Literatur Jescheck / Weigend, § 24 I 2, 3; Maurach / Zipf, AT 1, § 24 Rn. 20; Lampe, FS Schmitt, S. 77 (80 ff.). Zum materiellen Verbrechensbegriff Zipf, Kriminalpolitik, S. 106 ff.; Meinecke, S. 118 ff. Aus verfassungsrechtlicher Sicht Appel, S. 82 ff. 210 Darauf wird im 3. Kap. im Rahmen der Kritik an der Redeweise vom Recht zurückzukommen sein. 207 208

72

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

wann die Abweichung von der deliktstatbestandlichen Typisierung so beträchtlich ist, daß von einer versuchten Tat nicht mehr sinnvoll gesprochen werden kann. In der klassischen Diskussion der Versuchsdogmatik spiegelt sich diese Anforderung in der Abgrenzung des untauglichen Versuchs vom straflosen Wahndelikt wider.211 Hierbei gilt es zu untersuchen, welche Fallkonstellationen problemträchtig sind und inwieweit die Eindruckstheorie über das notwendige Instrumentarium zur Lösung dieser Probleme verfügt.

I. Die gesetzliche Regelung 1. Einen Anhaltspunkt zur Bestimmung des Terminus ,untauglicher Versuch‘ enthält § 23 III StGB. Dort ist die Rede von der Begehung einer versuchten Tat in einer Weise, welche „nicht zur Vollendung führen konnte“. Beim untauglichen Versuch geht es mithin um Taten, deren Vollendung – aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen – von vornherein aussichtslos war. Ein tatsächlicher Grund für die Untauglichkeit einer versuchten Tat kann z. B. die Wahl einer zu geringen Dosis Gift für die Begehung eines Totschlags gemäß § 212 I StGB sein. Ein rechtlicher Grund wäre etwa die Vornahme sexueller Handlungen an einem Vierzehnjährigen in der Annahme, dieser sei erst 13 Jahre alt.212 Die herrschende Versuchslehre wertet dies als untauglichen Versuch des sexuellen Mißbrauchs von Kindern gemäß §§ 176, 22 StGB. Eine ausreichende Trennschärfe zwischen tatsächlichen und rechtlichen Gründen läßt sich nicht erzielen; es bedarf ihrer auch nicht. Gemeinhin wird zwischen dem Versuch am untauglichen Tatobjekt, mit untauglichen Tatmitteln und dem Versuch eines untauglichen Tatsubjektes unterschieden. Heftig umstritten ist, ob letzteres tatsächlich eine versuchte Tat begehen kann.213 2. Untauglich ist ein Versuch nicht bereits deswegen, weil er sich als ungeeignet erwiesen hat, den Taterfolg zu zeitigen. Insofern wäre jeder Versuch ein untauglicher, scheitert doch die ins Auge gefaßte Tat.214 Untauglich ist ein Versuch dann, 211 Vgl. zur klassischen Diskussion um die Abgrenzung von untauglichem Versuch und Wahndelikt – in chronologischer Reihenfolge – v. Buri, GS 20 (1868), 325 (325 ff.); ders., ZStW 1 (1881), 185 (185 ff.); Delaquis, passim; Kriegsmann, passim; Fabian, passim; Natorp, passim; Bruns, DStR 5 (1938), 161 (161 ff.); ders., Der untaugliche Täter, passim; Hardwig, GA 1957, 170 (170 ff.); Stöger, passim; Dicke, JuS 1968, 157 (157 ff.); Kuhrt, passim; Stopfkuchen, passim; Albrecht, passim; Schönwandt, passim; Stratenwerth, FS Bruns, S. 59 (59 ff.); Bruns, GA 1979, 161 (161 ff.); Lauhöfer; passim; Endrulat, passim; Mintz, passim; Niepoth, JA 1994, 337 (337 ff.); ders., Der untaugliche Versuch, passim; Radtke, JuS 1996, 878 (878 ff.); Heinrich, Jura 1998, 393 (393 ff.); Malitz, passim; Seier / Gaude, JuS 1999, 456 (456 ff.). 212 Freilich ist diese Einteilung selbst zweifelhaft. Daß der 13jährige eben noch nicht 14 Jahre alt ist, stellt schließlich auch einen tatsächlichen Umstand dar. 213 Ausführlich diesbezüglich unten in diesem Kap. unter F. IV. 214 So bezeichnete etwa Graf zu Dohna, FG Güterbock, S. 35 (54), den ,tauglichen Versuch‘ als „viereckigen Kreis“. Vgl. zu Handlung und Mißlingen auch Hall, FS Wolf, S. 455 (455 ff.).

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

73

wenn zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung nach § 22 StGB die Unmöglichkeit der Begehung eines Vollendungsdeliktes bereits feststeht, dies dem Täter aber verborgen bleibt.215 3. Strafwürdigkeit und Strafbarkeit des untauglichen Versuchs gehören zu den wohl ältesten Streitfragen des Strafrechts. Im Anschluß an eine Entscheidung des RG216 wurde die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs nach den §§ 43 ff. StGB a. F. neben dem Strafgrund des Versuchs i. S. der subjektiven Versuchslehren mit einem Umkehrschluß aus § 59 I StGB a. F.217 begründet. Das RG führte aus: „Wie der tatsächliche Irrtum nach § 59 StGB’s die Schuld ausschließt, so findet er auch umgekehrt zuungunsten des Täters Beachtung, wenn er zur Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorhandenen Tatbestandserfordernisses führt.“ Der Umkehrschluß ist heute Gemeingut der Strafrechtslehre und wird – im Zuge der Verankerung der Schuldtheorie in der lex lata durch das 2. StRG vom 4. 7. 1969 – wie folgt praktiziert: Ein Umstand, der im Falle seiner Kenntnis durch den Täter einen Tatvorsatz begründet, führt bei seiner irrigen Annahme zum untauglichen Versuch; ein Umstand, der im Falle seiner Kenntnis durch den Täter Unrechtsbewußtsein begründet, führt bei seiner irrigen Annahme zum Wahndelikt.218 Seit der Neufassung der Versuchsbestimmungen durch das 2. StRG ist die Frage der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs de lege lata entschieden, normtheoretischer Kunstgriffe bedarf es nicht mehr. In § 23 III StGB räumt der Gesetzgeber für die aus grobem Unverstand begangene versuchte Tat – als einem privilegierten Fall des untauglichen Versuchs – die Möglichkeit eines Absehens von Strafe und einer außerordentlichen Strafmilderung nach § 49 II StGB ein. Das Unrecht des untauglichen Versuchs wird dabei vorausgesetzt. Ob der strafbare untaugliche Versuch aber auch strafwürdig ist, wird gerade in jüngerer Zeit wieder bestritten.219 II. Die aus grobem Unverstand begangene versuchte Tat 1. Grundsätzliches Der untaugliche Versuch ist Unrecht. Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung der Versuchsbestimmungen durch das 2. StRG die traditionelle höchstrichterliche Rechtsprechung legitimiert und angewiesen, auch künftig wegen untauglichen VerSo auch Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 28; sowie Heinrich, Jura 1998, 393 (394). RGSt. 42, 92 (94). 217 Der § 59 I StGB a. F. lautete: „Wenn jemand bei Begehung einer strafbaren Handlung das Vorhandensein von Tatumständen nicht kannte, welche zum gesetzlichen Tatbestande gehören oder die Strafbarkeit erhöhen, so sind ihm diese Umstände nicht zuzurechnen.“ 218 Zu diesem Prinzip ausführlich im 2. Kap. unter C. II. 219 So von Ha, S. 171 ff.; Köhler, AT, S. 455 ff.; Malitz, S. 155 ff.; Weigend, S. 113 (126 ff.). 215 216

74

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

suchs zu strafen. Gleichzeitig schuf der Gesetzgeber mit § 23 III StGB eine Sonderregel der Strafzumessung für die Fälle, in denen eine versuchte Tat nicht nur mit untauglichen Mitteln oder an einem untauglichen Objekt begangen wurde, sondern der Täter auch in grob unverständiger Weise eine Vollendungsmöglichkeit annahm. Nach eigenem Bekunden sollten damit unbillige, aus der Pönalisierung des untauglichen Versuchs resultierende Härten kompensiert werden können.220 Extremfälle untauglichen Versuchens werden nicht auf der Seite der Unrechtsbegründung durch ein Regulativ von anderen unterschieden, sondern auf der Seite der Strafzumessung. Zur fakultativen Strafmilderung nach § 23 II StGB tritt mit § 23 III StGB ein Instrument zur differenzierten Beurteilung versuchter Taten: Ist trotz tätiger Auflehnung gegen die Norm die ins Auge gefaßte Untat so absurd, daß sie – in der Terminologie der herrschenden Versuchslehre – auf die Rechtsgemeinschaft keinen erschütternden Eindruck machen konnte, kann sich das Gericht auf einen Schuldspruch unter Strafverzicht beschränken oder die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 II StGB) mildern. Problematisch ist dabei der Anwendungsbereich dieser Vorschrift.

2. Abergläubisches Versuchen Zunächst ist der aus grobem Unverstand begangene Versuch einer Tat vom abergläubischen Verhalten abzugrenzen: Ein Täterverhalten kann dann nicht nach § 23 III StGB privilegiert werden, wenn es keine versuchte Tat ist. Aus diesem Grund fällt abergläubisches Verhalten nicht unter die Regelung des § 23 III StGB.221 Zwischen abergläubischem Verhalten – das nicht einmal den subjektiven Versuchstatbestand erfüllt – und dem untauglichen Versuch einer Tat – der im Falle seiner Begehung aus grobem Unverstand nach § 23 III StGB privilegiert ist – kann eine klare Grenze gezogen werden:222 Abergläubisches Verhalten liegt vor, wenn der Akteur Tatmittel einsetzt, deren bloße Existenz wissenschaftlich nicht verifizierbar ist. In diesen Fällen fehlt es am Handlungswillen des Versuchenden und damit am Tatvorsatz. Untauglicher Versuch ist gegeben, wenn der Täter Tatmittel einsetzt, deren Existenz zwar intersubjektiv vermittelbar ist, deren Tauglichkeit zur 220 E 1962, S. 145. Dort heißt es etwa: „Fälle dieser Art nimmt kein besonnener Mensch ernst, und es wäre mißlich, wenn das Gesetz den Strafrichter zwänge, sie zu ahnden.“ 221 Anders Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 32 ff.; Heinrich, Jura 1998, 393 (398); Armin Kaufmann, FS Welzel, S. 393 (403); Otto, AT, § 18 Rn. 60 ff.; Stratenwerth, AT4, § 11 Rn. 61; Zielinski, S. 134, in und bei Fn. 14. Soweit Heinrich, ebenda, behauptet, eine Grenzziehung zwischen abergläubischem Verhalten und der mit grobem Unverstand i. S. des § 23 III StGB begangenen versuchten Tat habe „in unserer Rechtsordnung keine Funktion mehr“, ist ihm insofern zu widersprechen, als die dogmatische Einordnung abergläubischen Verhaltens darüber entscheidet, ob eine – nach § 23 III StGB privilegierte – Straftat oder ein strafloses Handeln vorliegt. 222 Vgl. hierzu die obigen Ausführungen unter D. II. 2. b) bb).

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

75

Tatvollendung er jedoch verkennt. In diesen Fällen hat der Täter einen Handlungswillen und damit den Tatvorsatz.223 Seine Tat kann allenfalls nach § 23 III StGB privilegiert werden.

3. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 23 III StGB Schwieriger ist es hingegen, den nach § 23 III StGB privilegierten, aus grobem Unverstand heraus begangenen untauglichen Versuch vom schlicht untauglichen Versuch abzugrenzen.224 Die Regelung des § 23 III StGB nennt zwei Voraussetzungen für die außerordentliche Strafmilderung: Notwendige Bedingung ist zunächst, daß die versuchte Tat „überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte“, und zwar ob „der Art des Gegenstandes, an dem“ oder „des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte“. Damit wird (a) eine objektive Komponente und (b) eine subjektive Komponente festgelegt, nämlich das Verkennen der Aussichtslosigkeit des Unterfangens aus grobem Unverstand. Zu klären gilt es indes, ob (c) sinnvollerweise sowohl dem subjektiven als auch dem objektiven Merkmal in § 23 III StGB Bedeutung zukommen kann. a) Dabei ist bereits fraglich, wann eine versuchte Tat nicht nur untauglich, sondern auch so beschaffen ist, daß sie „überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte“. Der Gesetzgeber wollte nach seinem eigenen Bekunden damit diejenigen Fälle erfassen, in denen durch die Tat weder eine konkrete noch eine abstrakte Gefährdung für das Tatobjekt bestand.225 Davon abgesehen, daß für die Auslegung nicht entscheidend sein kann, was der Gesetzgeber ausdrücken wollte, sondern was er angeordnet hat,226 ist die Einführung von Gefährdungskriterien zur Erfassung des dogmatischen Gehaltes der Regelung des § 23 III StGB systemwidrig: Aspekte der Rechtsgutsgefährdung sind subjektivistischen Versuchslehren genuin fremd. Zudem rührt die Distinktion abstrakt und konkret ungefährlicher versuchter 223 In gewisser Weise ließe sich abergläubisches Verhalten als ontologische, die grob unverständig begangene versuchte Tat als nomologische Fehlvorstellung bezeichnen. Zum einen erinnert jedoch eine derartige Kategorisierung zu sehr an die Lehre vom Mangel am Tatbestand, wie sie Graf zu Dohna, FG Güterbock, S. 35 (38 ff.) entfaltet – dazu genauer unten im 4. Kap. unter F. III. 3 – und dann u. a. von Frank, RStGB, § 43 Anm. I, III; Mezger, Strafrecht3, S. 392 ff.; Rittler, S. 254 ff.; sowie Sauer, S. 66, 109 ff., aufgegriffen wurde. Zum anderen ist die Unterscheidung von ontologischen und nomologischen Fehlvorstellungen generell verfehlt, insbesondere innerhalb des Anwendungsbereiches des § 23 III StGB hat sie fehlerhafte Konsequenzen. Hierzu gleich unter F. II. 3. b). Zur Lehre vom Mangel am Tatbestand im 4. Kap. unter F. III. 3. 224 Freilich ist dies keine Frage des Versuchsunrechts, sondern der Strafzumessung. Gleichwohl spielt § 23 III StGB in der Versuchsdogmatik eine so zentrale Rolle, daß die Auslegung dieser Vorschrift durch die herrschende Lehre einer Rationalitätsprüfung unterzogen werden muß. 225 Bericht des Sonderausschusses, S. 12. 226 Vgl. zur Problematik subjektiv-historischer Auslegung Röhl, S. 610 ff.; sowie Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 5 / 31. Näher diesbezüglich sogleich unter F. II. 3. b) cc) (3).

76

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Taten an die lange überwunden geglaubte Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Untauglichkeit in der objektiven Versuchslehre Mittermaiers227. Mit den Worten „nicht zur Vollendung führen konnte“ wird zunächst der schlicht untaugliche Versuch charakterisiert, derjenige Versuchstypus also, bei dem zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung nach § 22 StGB die Unmöglichkeit der Begehung eines Vollendungsdeliktes – aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen – bereits feststeht. Eine solche versuchte Tat soll zusätzlich mit dem Prädikat ,überhaupt‘ belegt werden können. Dies ist dann möglich, wenn zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung nach § 22 StGB (ex ante) ein – im Gegensatz zum Täter – durchschnittlich verständiger Beobachter ob des Tatmittels bzw. des Tatobjektes ohne weiteres konstatieren würde: „Das kann doch nie und nimmer funktionieren!“228 b) Daß seine versuchte Tat überhaupt nicht vollendet werden konnte, muß der Täter zudem aus grobem Unverstand verkannt haben. Weshalb, wenn nicht aus grobem Unverstand, sollte ein Täter auch eine Tat ins Auge fassen, die überhaupt nicht vollendet werden kann? Wann aber ist eine versuchte Tat, über die ein durchschnittlich verständiger Beobachter bereits zu dem in § 22 StGB beschriebenen Zeitpunkt das Urteil fällen würde, sie könne überhaupt nicht gelingen, auch aus grobem Unverstand begangen? aa) Eindeutig nicht von § 23 III StGB werden die Fälle erfaßt, in denen der Täter in grob unverständiger Weise zur Tat motiviert wird,229 ist in der Vorschrift doch von den Modalitäten der Tatbegehung und nicht vom Tatmotiv die Rede. Geht etwa eine Frau nach einem Kuß davon aus, schwanger zu sein, und versucht sie aus dieser grob unverständigen Vorstellung heraus einen Schwangerschaftsabbruch,230 kann diese versuchte Tat nicht nach § 23 III StGB privilegiert werden.231 Eine grob unverständige Motivation und die grob unverständige Begehung einer versuchten Tat korrelieren nicht notwendigerweise miteinander. bb) Als grober Unverstand i. S. des § 23 III StGB wird im Anschluß an die amtliche Begründung des E 1962232 von der ganz herrschenden Meinung diejenige intellektuelle Leistung bezeichnet, bei der der Täter von völlig abwegigen Vorstellungen über gewöhnlich bekannte Ursachenzusammenhänge ausgehe.233 Ders., GS 11 (1859), 403 (407 ff.). In diesem Sinne auch Ha, S. 51 ff.; sowie SK / Rudolphi, § 23 Rn. 7. Vgl. weiterhin Gössel, GA 1971, 225 (227 ff.); Roxin, JuS 1973, 329 (330); Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 23 Rn. 15; Tröndle / Fischer, StGB51, § 23 Rn. 7; sowie BGHSt 41, 94 (95). 229 Vgl. statt aller LK10 / Vogler, § 23 Rn. 35. 230 Beispiel hier nach Roxin, JuS 1973, 329 (331). 231 Freilich wird die (vermeintlich) Schwangere infolge des persönlichen Strafausschließungsgrundes in § 218 IV 2 StGB nicht wegen versuchter Tat bestraft. 232 E 1962, S. 145. 233 Vgl. etwa Eser, Strafrecht II3, Nr. 34 A 44; Heinrich, Jura 1998, 393 (396); Jescheck / Weigend, § 50 I 5 b) bb); Kühl, AT, § 15 Rn. 92; Lackner / Kühl, StGB24, § 23 Rn. 8; Roxin, 227 228

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

77

Der BGH 234 hat diese Begriffsbestimmung in seiner Entscheidung zum ,Vesperbrot mit Insektengift‘ insoweit zutreffend dahingehend konkretisiert, daß jene Fehlvorstellungen nicht nur für fachkundige Personen, sondern für jeden Menschen mit durchschnittlichem Erfahrungswissen offenkundig, geradezu handgreiflich sein müssen. cc) Diese Begriffsbestimmung verwundert, wird doch mit den ,abwegigen Vorstellungen über Ursachenzusammenhänge‘ lediglich der sogenannte nomologische Irrtum in den Anwendungsbereich des § 23 III StGB einbezogen. Ontologische Fehlvorstellungen235 – solche bezüglich tatsächlicher Umstände – könnten mithin nicht nach § 23 III StGB privilegiert werden, seien sie auch noch so grob unverständig. Zieht man das oft verwandte Beispiel des Schützen heran, der sich mit seiner Kleinkaliberpistole daran macht, ein in einer Höhe von 5000 m fliegendes Flugzeug abzuschießen,236 so bedeutet die obige Differenzierung: * Weiß der Schütze, daß das Flugzeug in 5000 m Höhe fliegt, und glaubt er, mit seiner Pistole das Flugzeug treffen zu können, unterliegt er einem nomologischen Irrtum, da Kleinkaliberpistolen Geschosse nicht so weit tragen können. Die versuchte Tat nach § 315 StGB ist dann grundsätzlich der Privilegierung nach § 23 III StGB zugänglich. * Nimmt der Schütze hingegen an, das Flugzeug fliege in einer Höhe von 500 m, unterliegt er einem rein ontologischen Irrtum. Kleinkaliberpistolen sind durchaus geeignet, Geschosse in eine Höhe von 500 m zu tragen. Die versuchte Tat des Schützen nach § 315 StGB kann dann von vornherein nicht nach § 23 III StGB privilegiert werden.

Davon abgesehen, ob ontologische und nomologische Fehlvorstellungen tatsächlich so scharf voneinander geschieden werden können,237 ist die Differenzierung und die einseitige Privilegierung nomologischer Fehlvorstellungen im Rahmen des § 23 III StGB rätselhaft. Wie ausgeführt, bezieht sich die allgemein akzeptierte Begriffsbestimmung auf die gesetzgeberische Begründung der Neuregelung der Versuchsbestimmungen im E 1962: Der Gesetzgeber wollte nach eigenem Bekunden nur die Fälle von § 23 III StGB erfaßt sehen, in denen der Täter von völlig abwegigen Vorstellungen über gewöhnlich bekannte Ursachenzusammenhänge ausging. (1) Angeordnet wurde nun in § 23 III StGB die Möglichkeit einer außerordentlichen Strafmilderung, wenn der Täter aus grobem Unverstand verkannte, daß ein Vollendungsdelikt ob „der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte“ nicht verübt werden konnte. Sowohl die JuS 1973, 329 (331); ders., AT II, § 29 Rn 365; Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 23 Rn. 17; SK / Rudolphi, § 23 Rn. 7; Tröndle / Fischer, StGB51, § 23 Rn. 7; Wessels / Beulke, Rn. 620; sowie BGHSt 41, 94 (95). 234 BGHSt 41, 94 (95). Vgl. hierzu auch den Beitrag von Radtke, JuS 1996, 878 (878 ff.). 235 Jakobs, AT, 25 / 36 in Rn. 56 a, nennt sie zutreffend „Wahrnehmungsirrtümer“. 236 Vgl. etwa Gössel, GA 1971, 225 (227). 237 Kritisch hierzu auch Radtke, JuS 1996, 878 (882); Schönwandt, S. 185 f.; Timpe, S. 120 f.; Zaczyk, Das Unrecht, S. 244. Näher hierzu unten in diesem Kap. unter F. III. 3. d) bb).

78

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Wendung „Art des Gegenstandes, an dem“ (Tatobjekt) als auch die Wendung „Art des Mittel, mit dem“ (Tatmittel) umfassen sprachlogisch tatsächliche Umstände, nämlich die tatsächliche Beschaffenheit des Tatobjektes bzw. des Tatmittels. Diese tatsächlichen Umstände werden vom Täter in § 23 III StGB intellektuell nicht zutreffend erfaßt und damit verkannt. Das ist eindeutig: Tatsächliche Umstände müssen verkannt worden sein, um den Anwendungsbereich des § 23 III StGB zu eröffnen. Dieses Verkennen tatsächlicher Umstände darf nun jedoch nicht auf bloßer Unachtsamkeit oder mangelndem Fachwissen beruhen, sondern muß nach § 23 III StGB „aus grobem Unverstand“ resultieren, einer intellektuellen Leistung also, deren vollkommene Unzulänglichkeit – um die Wendung des BGH238 zu übernehmen – für jeden Menschen mit durchschnittlichem Wissen handgreiflich ist. Ob sich das abwegige Vorstellungsbild des Täters nun als ontologische oder als nomologische Fehlvorstellung charakterisieren läßt, ist nach dem Wortlaut der Vorschrift unmaßgeblich. Entscheidend ist, daß das Verkennen sich als besonders drastisch charakterisieren läßt und sich auf das Tatobjekt oder das Tatmittel bezog.239 Mithin bleibt im Rahmen einer grammatikalischen Analyse des § 23 III StGB unerfindlich, warum die ganz herrschende Meinung überhaupt zwischen ontologischen und nomologischen Fehlvorstellungen differenziert und nur letztere von § 23 III StGB erfaßt sehen will, ist doch nach dem Wortlaut jede gravierende Verkennung derjenigen tatsächlichen Umstände, die das Tatobjekt bzw. das Tatmittel konstituieren, der Privilegierung nach § 23 III StGB zugänglich. (2) Nun könnte eine Differenzierung zwischen nomologischen und ontologischen Fehlvorstellungen und der Ausschluß der letzteren aus dem Anwendungsbereich des § 23 III StGB legitim sein, wenn die Einbeziehung auch ontologischer Irrtümer andere Prämissen der gesetzlichen Regelung der versuchten Tat konterkarieren würde. Die Einbeziehung ontologischer Fehlvorstellungen in die Privilegierung nach § 23 III StGB wäre dann systematisch verfehlt: Entgegenstehen könnte § 22 StGB in seiner Auslegung durch die herrschende Versuchslehre. Wie erörtert,240 ist nach Ansicht der Eindruckstheorie jedes Merkmal eines objektiven Deliktstatbestandes bei der entsprechenden versuchten Tat durch die Vorstellung des Täters ersetzbar: Kein Merkmal des objektiven Tatbestandes muß objektiv vorliegen; entscheidend ist, daß der Täter sich das Vorliegen vorstellt i. S. des § 22 StGB. Infolgedessen begründet auch die gröbste ontologiBGHSt 41, 94 (95). Vgl. dazu auch den Beitrag von Radtke, JuS 1996, 878 (878 ff.). Um so verwirrender ist dann die gesonderte Rede vom untauglichen Subjekt im Bericht des Sonderausschusses, S. 11. Dort wurde ausdrücklich erklärt, das untaugliche Subjekt solle nicht in die Regelung des § 23 III StGB einbezogen werden. Wie auch? Wie könnte unter der Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 23 III StGB auf nomologische Irrtümer das untaugliche Subjekt von § 23 III StGB erfaßt werden? Die Stellung als tauglicher Täter eines Sonderdeliktes kann nie auf gemeinhin bekannten Ursachenzusammenhängen beruhen, die vom Handelnden hätten verkannt werden können. 240 In diesem Kap. unter D. II. 238 239

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

79

sche Fehlvorstellung Unrecht. Aber auch nomologische Zusammenhänge muß sich der Täter einer versuchten Tat nur vorstellen, tatsächlich existieren müssen diese nicht.241 Alles andere wäre auch wenig stringent. Für die Unrechtsbegründung ist die Unterscheidung ontologischer und nomologischer Fehlvorstellungen irrelevant. Das gebietet § 22 StGB in seiner Auslegung durch die Eindruckstheorie. Nicht jedoch gebietet die auf dieser Basis errichtete Systematik, in § 23 III StGB zwischen ontologischen und nomologischen Irrtümern zu unterscheiden. Die Motivation des Gesetzgebers zur einseitigen Privilegierung nomologischer Fehlvorstellungen ist nun aber keineswegs unerklärlich. Mit dem 2. StRG sollte ein Bekenntnis zur subjektiven Versuchslehre abgelegt werden. Es ist der subjektiven Versuchslehre inhärent, daß der – wie auch immer gearteten – irrigen Annahme von Tatumständen und den darauf beruhenden ontologischen Fehlvorstellungen keine selbständige Bedeutung für die Begründung des Versuchsunrechts zukommt; entscheidend ist der betätigte rechtsfeindliche Wille. Nomologische Fehlvorstellungen hingegen ,schlummern‘ häufig schon vor dem nach § 22 StGB maßgeblichen Zeitpunkt und damit unabhängig von den konkreten Tatumständen in der Tätervorstellung.242 Mit ihnen geht der Täter schon ans Werk.243 Insofern mag die Affinität des Gesetzgebers erklärbar sein, von der konkreten Tat häufig unabhängige intellektuelle Mängel des Täters – dessen törichte Nomologie – gegenüber der irrigen Annahme von Tatumständen zu privilegieren, gehört doch die Unbeachtlichkeit letzterer zum Grundstock einer subjektiven Versuchslehre. Sollten dies die Beweggründe des Gesetzgebers gewesen sein, so sind es keine gesetzessystematischen Folgerungen, da sie eben keinen Eingang in die §§ 22 ff. StGB fanden. Systematische Gründe fordern keine Unterscheidung von ontologischen und nomologischen Fehlvorstellungen in § 23 III StGB. (3) Was die herrschenden Meinung zur Differenzierung herausfordert, ist lediglich der im E 1962 geäußerte gesetzgeberische Wille, die eben erläuterte kriminalpolitische Intention, nur nomologische Fehlvorstellungen zu erfassen. Seltsamerweise folgt die Jurisprudenz den Gesetzesmotiven einhellig244 und ohne eigenständige Begründung. Dies scheint einen Konflikt zwischen grammatikalischer und historischer, zwischen objektiver und subjektiver Auslegung heraufzubeschwören. 241 Struensee, ZStW 102 (1990), 21 (23 ff.), will in seiner Apotheose der subjektiven Versuchslehre jene Wahnkausalität als nicht vorsatzbegründend aus dem Versuchsunrecht ausscheiden. Hierzu unter F. III. 3. 242 Man denke an die Vorstellung, mit Zucker einen anderen töten zu können oder mittels Senfbäder einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können. 243 Im gewissen Sinne lassen sich solche Fehlvorstellungen – in Anlehnung an die Diskussion um die Abgrenzung von untauglichem Versuch und Wahndelikt – als ‘Vorfeldirrtümer’ bezeichnen. Zum Begriff des Vorfeldirrtums in jenem Kontext etwa Herzberg, JuS 1980, 469 (472 ff.). Genauer hierzu unten in diesem Kap. unter F. III. 2. c). 244 Nur NK / Zaczyk, § 23 Rn. 18; Rath, JuS 1998, 1106 (1113); Schönwandt, S. 185 f.; und Struensee, ZStW 102 (1990), 21 (44 ff.), stellen sich dem entgegen. Differenzierend äußert sich Bloy, ZStW 2001, 76 (104). Radtke, JuS 1996, 878 (882), mahnt Korrekturen an.

80

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Doch es scheint nur so, denn der Wortlaut ist eindeutig.245 Wenn es gesetzgeberischer Wille war, lediglich nomologische Fehlvorstellungen nach § 23 III StGB zu privilegieren, hätte dies angeordnet werden müssen. Was in § 23 III StGB angeordnet wurde, rechtfertigt keine Differenzierung, und der Rechtsanwender hat den Gesetzgeber beim Wort zu nehmen.246 (4) Nicht ontologische oder nomologische Fehlvorstellungen entscheiden über die Privilegierung einer versuchten Tat nach § 23 III StGB. Maßgeblich ist allein, ob der Täter diejenigen Tatumstände, die Tatobjekt bzw. Tatmittel konstituieren, so kraß verkannt hat, daß die Abwegigkeit des Vorstellungsbildes für jeden Menschen mit durchschnittlichem Wissen handgreiflich gewesen wäre. Genau dies gilt. c) Zweifelhaft ist, ob sinnvollerweise sowohl dem subjektiven als auch dem objektiven Merkmal in § 23 III StGB Bedeutung zukommen kann. Es sind 4 Konstellationen denkbar: Handelte der Täter aus Konnte ein Vollendungsdelikt überIst auf diese Tat grobem Unverstand? haupt nicht begangen werden? § 23 III StGB anwendbar? (1) (+) (+) (+) (2) (–) (–) (–) (3) (+) (–) (–) (4) (–) (+) (–)

Die Konstellationen (1) und (2) sind unproblematisch wie folgt zu beschreiben: (1) Handelte der Täter aus grobem Unverstand und hätte ein Vollendungsdelikt überhaupt nicht begangen werden können, so liegen die Voraussetzungen des § 23 III StGB vor. (2) Handelte der Täter nicht aus grobem Unverstand und kann auch nicht angenommen werden, ein Vollendungsdelikt hätte überhaupt nicht begangen werden können, so liegen die Voraussetzungen des § 23 III StGB nicht vor. 245 Bereits in BGHSt 12, 166 (172), wurde festgestellt: Gegenüber dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes kann dem Willen des Gesetzgebers keine Bedeutung beigemessen werden. In diesem Sinne auch Jakobs, AT, 4 / 21; Maurach / Zipf, AT 1, § 9 Rn. 16; Röhl, S. 612 ff.; Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 5 / 31. Vgl. auch Günther Jahr, S. 141 (155 ff.); sowie Arthur Kaufmann, Verfahren, S. 81 ff. Im Gegensatz zum Problembereich des groben Unverstandes wird beim untauglichen Subjekt das Dafürhalten des Gesetzgebers, man werde das untaugliche Subjekt ohne weiteres straffrei lassen (vgl. den Bericht des Sonderausschusses, S. 11), von der h. M. konsequent ignoriert. 246 Es sei an die in der Einführung, Fn. 26, zitierten Worte Hruschkas erinnert. Binding, Handbuch, S. 472, hat es zutreffend formuliert, wenn er schreibt: „Wer ein Gesetz aus den Motiven oder den Debatten als solchen berichtigend auslegt, stürzt es unter dem Scheine es anzuwenden.“ Und als hätte Binding die Reaktion der Jurisprudenz auf die besagte Äußerung im E 1962 vorausgesehen, schreibt er weiter: „Auch wer die Erklärung eines zweideutigen Gesetzes nur dadurch gewinnt, dass er ohne weiteres die in dem Material vertretene Ansicht als Ansicht des Gesetzes bezeichnet, behandelt dieses Material als Gesetz.“

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

81

Höchst aufschlußreich ist die Konstellation (3): (3) Der Täter ist bei seiner versuchten Tat von völlig abwegigen Vorstellungen hinsichtlich derjenigen Tatumstände ausgegangen, die das Tatobjekt bzw. das Tatmittel konstituieren. Kann dann sinnvollerweise davon gesprochen werden, daß trotzdem ein Vollendungsdelikt hätte begangen werden können? Eben dies muß man behaupten, will man trotz des groben Unverstandes nicht davon sprechen, ein Vollendungsdeliktes hätte überhaupt nicht begangen werden können. Man kann dies vernünftigerweise nicht tun. Aus einer völlig abwegigen Vorstellung kann sich die Chance der Begehung eines Vollendungsdeliktes nicht entwickeln.247 Andernfalls wäre die vom Täter ins Auge gefaßte Begehungsweise erfolgversprechend und mithin verständig. Unproblematisch ist wiederum Konstellation (4): (4) Der Täter hatte bei seiner versuchten Tat keine völlig abwegigen Vorstellungen von den das Tatobjekt bzw. das Tatmittel konstituierenden Umständen. Unabhängig von der Antwort auf die Frage, ob es trotzdem vollkommen ausgeschlossen ist, daß ein Vollendungsdelikt hätte begangen werden können, ist der Weg zu § 23 III StGB eindeutig versperrt, da der Täter eben nicht grob unverständig handelte. Fazit dieser logischen Analyse ist, daß dem objektiven Merkmal „überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte“ neben dem Merkmal des groben Unverstands keine selbständige Bedeutung zukommen kann.248 Wenn der Täter bei seiner versuchten Tat von völlig abwegigen Vorstellungen hinsichtlich derjenigen Tatumstände ausgegangen ist, die das Tatobjekt bzw. das Tatmittel konstituieren, kann nicht sinnvoll davon gesprochen werden, daß die Begehung eines Vollendungsdeliktes trotzdem möglich war – aus einer völlig abwegigen Vorstellung kann keine (zurechenbare) Tatvollendung resultieren. Damit liegt § 22 StGB und § 23 III StGB ein einheitliches Verständnis zugrunde: Entscheidendes Moment ist in beiden Vorschriften allein die Tätervorstellung, nicht die Erfolgstauglichkeit oder Gefährdung eines Tatobjektes. d) Schreibt das Gericht dem Täter ein grob unverständiges Handeln im obigen Sinne zu, so kann es nach § 23 III StGB einen Schuldspruch unter Strafverzicht erklären bzw. die Strafe nach § 49 II StGB mildern.

247 In diesem Sinne auch Jakobs, AT, 25 / 82. Nahestehend Radtke, JuS 1996, 878 (882); Roxin, JuS 1973, 329 (330 f.); sowie Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 23 Rn. 17. Ablehnend Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 189. Auch der AE, S. 65, wollte sich klugerweise auf eine bloße Unverstandsklausel beschränken; kritisch hierzu wiederum der Bericht des Sonderausschusses, S. 12. Jakobs, ebenda, weist zutreffend darauf hin, daß trotz einer grob unverständigen Tätervorstellung nur dann ein Vollendungsdelikt begangen werden kann, wenn dies auf zufälligen Konstellationen beruht. Diese allerdings seien dann nicht zurechenbar. 248 In diesem Sinne auch Bloy, ZStW 2001, 76 (99 f.).

6 Maier

82

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

4. Schluß Mit der Regelung des § 23 III StGB hat der Gesetzgeber ein Instrument zur differenzierten Beurteilung mißlungener Untaten geschaffen. Zur Anwendung kommt § 23 III StGB genau dann, wenn eine versuchte Tat in grob unverständiger Weise begangen wurde. Grober Unverstand liegt dann vor, wenn der Täter von völlig abwegigen Vorstellungen hinsichtlich derjenigen tatsächlichen Umstände ausgegangen ist, die das Tatobjekt bzw. das Tatmittel konstituieren, und das Abwegige daran nicht nur für fachkundige Personen, sondern für jeden Menschen mit durchschnittlichem Erfahrungswissen handgreiflich ist.

III. Die Abgrenzung des untauglichen Versuchs vom Wahndelikt 1. Grundsätzliches a) Das Wahndelikt wird gemeinhin als Pendant zum untauglichen Versuch begriffen. Verstanden werden darunter diejenigen Konstellationen, in denen ein Täter249 irrig von einer Verbotenheit bzw. Gebotenheit seiner ,Tat‘ ausgeht – ein sogenannter umgekehrter Verbots- bzw. Gebotsirrtum: Idealiter erfaßt der Täter dabei alle tatsächlichen Umstände korrekt, hält sein Tun jedoch irrig für verboten.250 Aus der herrschenden normtheoretischen Perspektive betrachtet, stellt sich der Täter einer versuchten Tat tatsächliche Umstände vor, unter denen sein Handeln einer Bestimmungsnorm entgegengesetzt ist, wohingegen sich der Täter eines Wahndeliktes eine nicht existente Bestimmungsnorm vorstellt, der sein Handeln entgegengerichtet sei. Während dem Täter einer versuchten Tat also Normuntreue zu attestieren ist, ist der Täter eines Wahndeliktes gegenüber dem geltenden Normgefüge treu, weshalb das Wahndelikt nicht strafwürdig und nicht strafbar sei.251 Selbstverständlich ist dies ob der Prämissen der subjektiven Versuchslehre nicht, erbringt doch auch der Täter eines Wahndeliktes nicht diejenige intellektuelle Lei249 Die Verwendung der Begriffe ‘Täter’ und ‘Tat’ ist in diesem Zusammenhang nicht ganz korrekt, wird doch im strafrechtlichen Kontext als Tat – ganz in Kantischer Tradition – eine Handlung verstanden, die „unter Gesetzen der Verbindlichkeit steht“ (Kant, Die Metaphysik, S. 223 Zeile 18 f.). Das Wahndelikt zeichnet sich hingegen gerade dadurch aus, daß die vorgenommene Handlung nicht unter Verbindlichkeitsgesetzen steht, der Handelnde sich dies nur vorstellt. Korrekt wird daher bei Kühl, AT, § 15 Rn. 97, nur in Anführungszeichen von einem „Täter“ gesprochen. 250 Dem korrelieren diejenigen Fälle, in denen der Täter in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände die rechtfertigende Wirkung eines Erlaubnissatzes verkennt (sog. umgekehrter Erlaubnisnormirrtum) oder er sich, wiederum in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände, trotz bestehender Bestrafungshindernisse für strafbar hält, weil er etwa die entschuldigende Wirkung des § 35 I 1 StGB oder den persönlichen Strafausschließungsgrund des § 258 VI StGB nicht kennt. Vgl. diesbezüglich Jescheck / Weigend, § 50 II 1; Rath, JuS 1999, 32 (33); sowie Roxin, JZ 1996, 981 (982). 251 Vgl. statt aller LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 201 f.

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

83

stung, die von einem treuen Staatsbürger zu erwarten wäre, nämlich eine Handlung, die für verboten gehalten wird, nicht vorzunehmen. Derartige Gedankengänge freilich überspannen sowohl die Anforderungen der subjektiven Versuchslehre als auch die des herrschenden Unrechtsbegriffes: Die Bestimmungsnorm muß tatsächlich existieren, nur so konstituiert sie eine Verhaltenspflicht, der sich der Täter mit seinem Tatentschluß entgegenstellt. Nimmt der Täter eine Bestimmungsnorm nur irrig an, wird ihm kein bestimmtes Verhalten vorgegeben. Beim Wahndelikt verübt der Täter gleichsam den untauglichen Versuch der Auflehnung gegen eine Bestimmungsnorm. Begründet wird die Straflosigkeit des Wahndeliktes gemeinhin – wie früher die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs – mit einem Umkehrschluß252. So führte das RG aus: „Und wie der Irrtum über Bestehen und Tragweite eines Strafgesetzes zur Schuldausschließung nicht geeignet ist, so kann er auch gegen den Täter nicht als schuldbegründend in Betracht kommen, der gegen eine in Wirklichkeit ihm nicht entgegenstehende Strafvorschrift zu handeln glaubt.“253 b) Freilich sind derartige – normlogisch höchst zweifelhafte – Begründungen de lege lata entbehrlich: Der Täter eines Wahndeliktes handelt – wie auch der sich abergläubisch Verhaltende – nicht vorsätzlich.254 Notwendige Bedingung für einen Tatvorsatz beim Versuchsdelikt ist die Vorstellung des Täters von tatsächlichen Umständen, die, wenn sie vorlägen, den objektiven Tatbestand des jeweiligen Vollendungsdeliktes erfüllen würden.255 Genau dieser Anforderung genügen die Vorstellungen des ,Täters‘ eines Wahndeliktes nicht. Dessen Vorstellung von tatsächlichen Umständen könnte auch dann keinen objektiven Deliktstatbestand erfüllen, wenn sie Realität wären. Der subjektive Tatbestand eines Versuchsdeliktes ist nicht erfüllt. c) Für die Eindruckstheorie scheint die Grenzziehung zwischen untauglichem Versuch und Wahndelikt einfach: Da jedes Merkmal des objektiven Deliktstatbestandes bei der versuchten Tat durch die Vorstellung des Täters ersetzbar ist,256 be252 Dazu bereits oben in diesem Kap. unter F. I. 3. Zum Umkehrschluß weiter im 2. Kap. unter C. II. 253 So RGSt 42, 92 (94). Diese Argumentation findet sich auch bei Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 149. 254 Hierzu bereits oben in diesem Kap. unter D. II. 2. a) cc). Dies wird häufig nicht genau genug herausgearbeitet. Statt dessen arbeitet man mit Umkehrargumenten, vgl. Jakobs, AT, 25 / 37; Jescheck / Weigend, § 50 II 1; Kühl, AT, § 15 Rn. 97; Rath, JuS 1999, 32 (32 f.); Roxin, JZ 1996, 981 (981); Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 22 Rn. 78; SK / Rudolphi, § 22 Rn. 30; Welzel, Strafrecht, § 24 V 1; Wessels / Beulke, Rn. 621. Wie hier Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 38; Freund, § 8 Rn. 35; Gropp, AT, § 9 Rn. 24 f.; Herzberg, GA 2001, 257 (269 f.); Stratenwerth, AT4, § 11 Rn. 25. 255 Ausführlich diesbezüglich oben in diesem Kap. unter D. II 2. a). 256 Allerdings ist sich die herrschende Versuchslehre – wie bereits unter E. II. 1. a) erwähnt – nicht einig, ob dies auch für diejenigen Tatumstände gilt, die eine Sonderpflicht des Täters konstituieren.

6*

84

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

geht derjenige eine versuchte Tat, der bei seinem Handeln von tatsächlichen Umständen ausgeht, die, wenn sie vorlägen, einen objektiven Deliktstatbestand erfüllten.257 Nimmt der Täter hingegen irrig an, es existiere ein Deliktstatbestand, der das entsprechende Handeln unter Strafe stelle,258 verübt er in einem sogenannten Bestandsirrtum ein Wahndelikt. 2. Der sogenannte Grenzirrtum a) Im engen Zusammenhang mit dem Bestandsirrtum stehen die Fälle des sogenannten Grenzirrtums. Bei letzterem erfaßt der Täter alle Tatumstände korrekt, definiert aber zu seinen Lasten ein objektives Tatbestandsmerkmal falsch und überdehnt dadurch die Reichweite eines Deliktstatbestandes.259 Mit der Beschreibung der Voraussetzungen des Grenzirrtums – richtige Erfassung aller Tatumstände bei fehlerhafter rechtlicher Bewertung – wird bereits deutlich, daß der Grenzirrtum wie der Bestandsirrtum ein Wahndelikt ist. Heute wird dies nicht mehr bestritten,260 war jedoch lange Zeit zweifelhaft: b) So hatte der BGH261 über das Fälschen und Inverkehrbringen von Lebensmittelmarken – die keine Urkunden i. S. des § 267 StGB waren – zu urteilen. Die Angeklagten waren sich bei ihrem Tun aller tatsächlichen Umstände bewußt. Der BGH hielt eine Verurteilung wegen des (untauglichen) Versuchs der Urkundenfälschung für möglich, wenn die Angeklagten die Nicht-Urkunden irrig für Urkunden hielten.262 Im ,Bezugskarten-Fall’263 hatte der BGH über einen Angeklagten zu befinden, der Bezugskarten für den Ankauf unverzollter Zigaretten in den Kantinen ausländischer Streitkräfte drucken ließ und an Alliierte verkaufte. Diese Bezugskarten ließen weder ihren Aussteller erkennen, noch waren sie zur Beweiserbringung im Rechtsverkehr bestimmt,264 waren also wie die Lebensmittelmarken in BGHSt 7, Insofern ist die Eindruckstheorie eine ganz und gar subjektive Versuchslehre. Zu den korrelierenden Fällen bereits oben in Fn. 250. 259 Bereits Kriegsmann, S. 5 ff., 51 ff., unterschied diese beiden Irrtumsformen. Vgl. auch Burkhardt, JZ 1981, 681 (682). 260 Vgl. etwa Behm, NStZ 1996, 317 (318); Blei, AT18, S. 220; Ebert, S. 154; Heidingsfelder, S. 148 ff.; Herzberg, JuS 1980, 469 (469 ff.); Jakobs, AT, 25 / 39; Kühl, AT, § 15 Rn. 99; LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 205; Rath, JuS 1999, 32 (33); Roxin, JZ 1996, 981 (982); Schaffstein, FS OLG Celle, S. 175 (194); Schlüchter, Irrtum, S. 154 ff.; Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 22 Rn. 83; Schroth, Vorsatz, S. 78; SK / Rudolphi, § 22 Rn. 32 f.; Stratenwerth, AT4, § 11 Rn. 27; Welzel, Strafrecht, § 24 V 1; Wessels / Beulke, Rn. 622. 261 BGHSt 7, 53. 262 BGHSt 7, 53 (57 f.). 263 BGHSt 13, 235. 264 Die mangelnde Beweisbestimmung der Bezugskarten beruht darauf, daß der Name des Bezugsberechtigten auf ihnen nicht eingetragen war und der zuständige Offizier der Einheit nicht unterschrieben hatte. Nur mit eingetragenem Namen und der Unterschrift des Offiziers 257 258

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

85

53 keine Urkunden i. S. des § 267 StGB. Dies war dem Angeklagten bewußt, doch nahm er an, trotz dieses Mankos seien die Bezugskarten Urkunden. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung nach §§ 267 I, 27 I StGB.265 Der BGH hob dieses Urteil auf und wertete das Handeln des Angeklagten nun zu Recht als Wahndelikt: Der Angeklagte hätte aufgrund fehlerhafter rechtlicher Wertung ein Tun für strafbar gehalten, das in Wirklichkeit nicht von § 267 I StGB erfaßt werde.266 Tatsächlich handelte der Angeklagte nicht vorsätzlich, da er sich nicht tatsächliche Umstände vorstellte, die, wenn sie vorgelegen hätten, den objektiven Tatbestand der Urkundenfälschung bzw. der Beihilfe hierzu erfüllen würden. Ein solcher umgekehrter Subsumtionsirrtum ist ein Unterfall des umgekehrten Verbotsirrtums und damit Wahndelikt. Anders wäre der Fall zu beurteilen gewesen, hätte der Angeklagte sich vorgestellt, die Bezugskarten ließen ihren Aussteller erkennen und wären beweisbestimmt. Dann hätte er vorsätzlich gehandelt und wäre der versuchten Urkundenfälschung bzw. der Beihilfe hierzu schuldig. c) Problematisiert werden meist solche Fälle, in denen der Täter Fehlvorstellungen hinsichtlich normativer Tatbestandsmerkmale unterliegt.267 Roxin268 weist jedoch zu Recht darauf hin, daß die überdehnte Interpretation in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände auch bei deskriptiven Tatbestandsmerkmalen zum Wahndelikt führt. Wer etwa die Behandlung eines Patienten, dessen Hirntod eingetreten ist, in Kenntnis dieses Umstandes abbricht, begeht auch dann keinen versuchten Totschlag, wenn er annimmt, dieser Patient sei, obwohl tot, ein Tatobjekt der §§ 211 ff. StGB.269 Anders wäre zu urteilen, wenn er den Hirntod noch nicht für eingetreten hält.

sowie der Vorlage des entsprechenden Stammabschnittes hätte das Kantinenpersonal die Bezugskarten akzeptieren dürfen; nur dann wären Bezugskarten geeignet und bestimmt gewesen, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen. Daß das Kantinenpersonal vorschriftswidrig die Bezugskarten gleichwohl ohne Name und Unterschrift akzeptierte, konnte eine Beweisbestimmung nicht nachträglich bewirken. Vgl. BGHSt 13, 235 (238 f.). 265 Ob der Feststellung in BGHSt 7, 53 (58) war dies nicht verwunderlich. 266 BGHSt 13, 235 (240 f.). Die Entscheidung blieb nicht ohne Kritik. Vgl. etwa Foth, JR 1965, 366 (370); Traub, JuS 1967, 113 (115); ders., NJW 1960, 348 (348 f.); sowie heute Jakobs, AT, 25 / 39, Fn. 63. 267 Vgl. etwa BGHSt 8, 263 (263 ff.) zur irrigen Annahme einer Wartepflicht bei einem Unfall, der nur beim Unfallverursacher zu einem Schaden führte. Kritisch hierzu Engisch, FS Heinitz, S. 185 (200 ff.). Zur irrigen Annahme einer Garantenpflicht BGHSt 16, 155 (160); sowie BGH NJW 1994, 1357 f. Zur letzteren Entscheidung Loos, JR 1994, 511 (511 ff.). Zur Rechtsprechung insgesamt Endrulat, S. 206 ff.; sowie Lauhöfer, S. 47 ff. 268 Ders., JZ 1996, 981 (982). 269 Beispiel nach Roxin, ebenda.

86

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

3. Nomologische Fehlvorstellungen als Grenzirrtümer? Das Problem der Wahnkausalität a) In das Problemfeld nomologischer Fehlvorstellungen wurde bei der Analyse der Unverstandsklausel des § 23 III StGB eingeführt.270 Die ganz herrschende Ansicht geht davon aus, nur Fehlvorstellungen über gewöhnlich bekannte Ursachenzusammenhänge seien der Privilegierung nach § 23 III StGB zugänglich. Daß eine solche einseitige Privilegierung de lege lata unvertretbar ist, wurde bereits aufgezeigt.271 b) In einer engagierten Untersuchung zur Verteidigung der subjektiven Versuchslehre gegen den Vorwurf der „Strafbarkeitshypertrophie“272 greift Struensee273 nun diese Differenzierung auf und begründet, warum – gänzlich konträr zur herrschenden Meinung – nur ontologische Fehlvorstellungen der Privilegierung nach § 23 III StGB unterfallen können:274 Wer bei seinem Tun Kausalgesetze verkenne – also einer nomologischen Fehlvorstellung unterliege –, handele bereits nicht vorsätzlich und begehe mithin keine versuchte Tat. Eine Wahnkausalität führe stets zum Wahndelikt.275 Daß die Weite der Versuchsstrafbarkeit allgemein als anstößig empfunden werde, liege am unbesorgten Griff nach eben jener Wahnkausalität; dieser erst bringe die subjektive Versuchslehre in Verruf und nähre den Boden für neo-objektivistische Lehren.276 c) Genau besehen möchte Struensee nomologische Fehlvorstellungen wie einen Grenzirrtum behandeln: Die vom Täter „für tauglich erachteten Handlungen“ sollen unterteilt werden „in zwei klar geschiedene Regionen“277: „Akte, die ihrer Intention nach identisch sind mit der subjektiven Seite des vollendeten Delikts“ und Akte „die in der Intention eines nicht tatbestandsmäßigen Kausalzusammenhangs vollzogen werden“278 Beim Grenzirrtum – dies wurde im vorangegangenen AbVgl. hierzu oben in diesem Kap. unter F. II 3. Oben in diesem Kap. unter F. II 3. b) cc). 272 Struensee, ZStW 102 (1990), 21 (48). 273 Ders., ebenda, 21 (21 ff.). 274 Struensee, ebenda, 21 (44 ff.). 275 Altenhain, GA 1996, 19 (24, in Fn. 24), pflichtet Struensee bei. Skeptisch dagegen Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem § 22 Rn. 21. Lackner / Lackner, StGB22, § 23 Rn. 6, wirft Struensees Konzeption vor, sie sei de lege lata nicht vertretbar, da sie § 23 III StGB praktisch gegenstandslos mache. Ebenso Lackner / Kühl, StGB24, § 23 Rn. 6. Dieser Einwand beruht freilich auf der fehlerhaften Prämisse, § 23 III StGB privilegiere nur nomologische Fehlvorstellungen. Lehnt man – wie oben in diesem Kap. unter F. II. 3. b) cc) geschehen – eine Unterscheidung zwischen ontologischen und nomologischen Fehlvorstellungen im Rahmen des § 23 III StGB ab, verbleiben dieser Regelung nach Struensees Konzeption noch die Wahrnehmungsirrtümer. 276 Struensee, ebenda, 21 (48). 277 Struensee, ebenda, 21 (31). 278 Struensee, ebenda. 270 271

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

87

schnitt279 herausgearbeitet – erfaßt der Täter alle Tatumstände korrekt, definiert aber zu seinen Lasten ein objektives Tatbestandsmerkmal falsch und überdehnt dadurch die Reichweite eines Deliktstatbestandes. Auch die Kausalität sei – so argumentiert Struensee280 – ein Merkmal des objektiven Tatbestandes. Kausalität könne nur dann bejaht werden, wenn sich zwischen Handlung und Erfolg ein naturgesetzlicher Zusammenhang aufzeigen lasse. Wer nun bei seinem Tun von einem nomologischen Irrtum geleitet werde, überdehne in seiner Vorstellung den Begriff der Kausalität und damit ein objektives Tatbestandsmerkmal. Der Handelnde überschätze in der Folge die Reichweite des Deliktstatbestandes:281 Das entsprechende Vorgehen werde von letzterem überhaupt nicht mehr erfaßt und könne lediglich als Wahndelikt gewertet werden. Hielte Struensees Lehre einer kritischen Überprüfung stand, könnten die „vielgeplagten . . . schwangeren Frauen, die Zucker, Tees und bittere Pillen schlucken, um die Leibesfrucht loszuwerden“282 de lege lata aus dem Einzugsbereich der versuchten Tat ausgeschieden werden. Der oben explizierten Behandlung abergläubischen Verhaltens283 würde ein Instrument zur Seite treten, mit dem bei ebensowenig strafwürdigen Konstellationen der subjektive Versuchstatbestand – mangels des kognitiven Vorsatzelementes – als nicht erfüllt klassifiziert werden könnte. d) Zweifelhaft ist nun allerdings, ob die Fälle der Wahnkausalität tatsächlich dieselbe Struktur aufweisen, wie die anerkannten Konstellationen des Grenzirrtums. Folgende Beispiele sollen der Analyse dienlich sein: (1) A sticht mit Nadeln in eine Voodoopuppe, um so böse Geister zur Tötung seines Antipoden O zu bewegen. Die Existenz des Tatmittels ist hier intersubjektiv nicht vermittelbar. Abergläubisches Verhalten ist mangels des volitiven Vorsatzelementes nicht vorsätzlich und keine versuchte Tat.284 (2) B füttert sein Kind K mit Dosenchampignons, weil er glaubt, der Verzehr von Dosenchampignons sei für Kinder tödlich.285 Mit dieser Konstellation wird der Bereich der Wahnkausalität im Sinne Struensees betreten. Das Tatmittel ,Dosenchampignons‘ ist intersubjektiv vermittelbar, weshalb die Lösung zu (1) nicht trägt, obwohl das Vorgehen nicht minder unsinnig wirkt: B verkennt hier die Wirkung von Dosenchampignons und unterliegt einem nomologischen Irrtum; Dosenchampignons können niemanden töten. Ein Tatvorsatz ist nach herkömmlicher Konzeption zu bejahen, da sich B Umstände vorstellt, die, lägen sie vor, den objekOben in diesem Kap. unter F. III. 2. Struensee, ZStW 102 (1990), 21 (24 ff.). 281 Struensee, ebenda, 21 (30 ff.). 282 Struensee, ebenda, 21 (30). 283 In diesem Kap. unter D. II. 2. b) bb). 284 Dazu in diesem Kap. unter D. II. 2. b) bb). 285 Diesen von Jakobs, AT, 8 / 67, gebildeten Fall greift Struensee, ZStW 102 (1990), 21 (30), zur Bekräftigung seiner Lehre auf. 279 280

88

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

tiven Tatbestand des § 212 I StGB erfüllen würden. Die versuchte Tat nach §§ 212, 22 StGB kann lediglich nach § 23 III StGB privilegiert werden. Nach Struensees Lehre von der Wahnkausalität überdehnt B in seiner Vorstellung die potentielle naturgesetzliche Wirkung von Dosenchampignons und damit das Tatbestandsmerkmal ,Kausalität‘ in § 212 I StGB. Am kognitiven Vorsatzelement würde die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes und damit die Strafbarkeit wegen versuchter Tat scheitern. (3) C schießt in der Dunkelheit auf eine Statue. Dabei nimmt er an, es handele sich um seinen Widersacher W, den C töten will. C stellt sich hier tatsächliche Umstände vor, die, lägen sie vor, den Tatbestand des § 212 I StGB erfüllen würden. Er handelt vorsätzlich und begeht eine versuchte Tat gemäß §§ 212, 22 StGB. Seine ontologische Fehlvorstellung – sein Wahrnehmungsfehler – vermag hieran nichts zu ändern. Dies wird auch von Struensees Lehre nicht in Frage gestellt.286 (4) Der Arzt D stellt bei seinem Patienten P den Hirntod fest. Daraufhin schaltet D alle Apparate ab, obwohl er annimmt, auch dieser Patient sei ein Mensch i. S. des § 212 I StGB.287 Die Vorstellung des D ist hier nicht vorsatzbegründend. D nimmt nicht tatsächliche Umstände an, die, lägen sie vor, den Tatbestand des § 212 I StGB erfüllen würden. Vielmehr überdehnt D in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände das Tatbestandsmerkmal ,Mensch‘ in § 212 I StGB und subsumiert das Geschehen darunter. Es liegt ein Grenzirrtum vor, der ein Wahndelikt zur Folge hat. Die Konstellation (1) dient lediglich der Illustration und zeigt auf, daß der problematische Fall (2) trotz der ähnlich idiotischen Tätervorstellung nicht analog zu lösen ist. Struensees Lehre zur Lösung des Falles (2) kann nur dann richtig sein, wenn die Konstellationen (2) und (4), nicht jedoch die Konstellationen (2) und (3) strukturgleich sind. Augenfällig ist zunächst, daß im Fall (3) tatsächliche Umstände verkannt wurden, während im Fall (4) alle tatsächlichen Umstände erkannt wurden, lediglich die rechtliche Wertung bezüglich des Tatbestandsmerkmals ,Mensch‘ fehlerhaft war. In der Konstellation (2) müßte nach Struensee ebenfalls eine solche lediglich rechtlich fehlerhafte Wertung – bezüglich des Tatbestandsmerkmals ,Kausalität’ – vorliegen, soll der Bereich des Grenzirrtums eröffnet sein. Was verkennt B im Fall (2)? Ihm ist unbekannt, was Dosenchampignons bewirken können. Seine absurde Nomologie kann nur daher resultieren, daß sich B offensichtlich ein falsches Bild von der Zusammensetzung seines Tatmittels macht: Dosenchampignons enthalten keine toxischen Stoffe. Nimmt B dies an, unterliegt er einem schlichten ontologischen Irrtum. Sein nomologischer Irrtum ist nichts anderes als ein umgedeuteter ontologischer Irrtum: Er verkennt die Ursachenzusammenhänge, weil er die Beschaffenheit seines Tatmittels verkennt. So sind all die typischerweise als Beispiele für nomologische Fehlvorstellungen vorgetragenen Konstellationen – 286 287

Struensee, ZStW 102 (1990), 21 (31). Fall nach Roxin, JZ 1996, 981 (982).

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

89

Zucker als Tatmittel für eine Vergiftung, ein starker Magnet als Werkzeug zur Tötung eines Menschen, Himbeersaft als Abtreibungsmittel – im Grunde ontologische Irrtümer. Jeder nomologische Irrtum beruht in seiner Genese auf einem ontologischen:288 Ursachenzusammenhänge werden verkannt, weil tatsächliche Umstände – Gehalt toxischer Stoffe, Schußweite eines Gewehres – verkannt werden. Die gesamte Unterscheidung – so oft als schwierig bezeichnet289 – ist schlicht unerheblich,290 da all diese tatsächlichen Fehlvorstellungen auf der Verkennung tatsächlicher Umstände beruhen. Durch die Beseitigung der verfehlten Trennung in nomologische und ontologische Irrtümer wird im übrigen eine unerträgliche Beliebigkeit beseitigt: Ontologische Irrtümer können nach Gutdünken in nomologische umdeutet werden. In Fall (3) ließe sich – statt der irrigen Annahme des Vorliegens eines Tatobjektes – genauso formulieren, ein Schuß auf eine Statue sei nach den gültigen Kausalgesetzen nicht geeignet, den Tod eines Menschen hervorzurufen.291 Daß B im Fall (2) annimmt, mit Dosenchampignons sein Kind vergiften zu können, ist nach alledem ähnlich der Annahme des C, durch den Schuß auf die Statue seinen Widersacher zu töten. B unterlag wie C einem Wahrnehmungsirrtum. Im Gegensatz dazu nahm D in Fall (4) alle tatsächlichen Umstände korrekt wahr, betrachtete sein Tun jedoch irrig als von § 212 I StGB erfaßt. Fall (2) ist mithin Fall (3), nicht jedoch Fall (4) strukturgleich. Struensee gelingt es nur durch den Kunstgriff der Umdeutung von Wahrnehmungsirrtümern in nomologische Irrtümer, den Fall (2) in die Nähe des Falles (4) zu rücken. e) Ist die verfehlte Trennung ontologischer und nomologischer Irrtümer erst einmal beseitigt, läßt sich nicht begründen, warum an das Tatbestandsmerkmal der Kausalität in § 212 I StGB – was den subjektiven Versuchstatbestand betrifft – andere Anforderungen gestellt werden sollten, als an das Tatbestandsmerkmal ,Mensch‘ in derselben Vorschrift. Bezüglich dieses Tatbestandsmerkmals muß sich der Täter nach § 22 StGB vorstellen, einen lebenden Menschen zum Tatobjekt erkoren zu haben, bezüglich jenes Tatbestandsmerkmals ist die Vorstellung des Täters notwendig, durch den Einsatz seines Tatmittels eine Bedingung für den Tod eines Menschen zu setzen. Ebensowenig wie der Mensch lebend oder am Tatort anwesend sein muß (Fall 3), braucht das Tatmittel geeignet sein (Fall 2), tatsäch288

Dies wurde bereits durch v. Gemmingen, Die Rechtswidrigkeit, S. 121 f., herausgear-

beitet. 289 Vgl. Radtke, JuS 1996, 878 (882); Sancinetti, S. 203; Schönwandt, S. 185 f.; Timpe, S. 120 f.; Zaczyk, Das Unrecht, S. 244. 290 In diesem Sinne auch Timpe, ebenda, S. 120 f. 291 In diesem Sinne auch Jakobs, AT, 25 / 36 in Rn. 56 a. Nach Struensees Lehre ist die Gabe der halben letalen Dosis von Arsen in der Annahme, diese habe letale Wirkung, wahnkausal und daher ein Wahndelikt, weil eben diese Gabe naturgesetzlich nicht geeignet ist, den Tod des Opfers hervorzurufen. Hingegen ist die Gabe eines ungefährlichen Stoffes in der Annahme, es handele sich um die letale Dosis Arsen, vorsatzbegründend und ein versuchtes Tötungsdelikt. Vgl. zu dieser Kritik an Struensee Sancinetti, S. 204; aber auch Jakobs, AT, 25 / 36 in Fn. 56 a.

90

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

lich eine (natur-)gesetzmäßige Bedingung für den Eintritt des Taterfolges setzen zu können. Die Vorstellung des B in Fall (2) wirkt dementsprechend ebenso vorsatzbegründend wie die Vorstellung des C in Fall (3). Nur weil sich B von irrigen Annahmen hinsichtlich seines Tatmittels leiten läßt, kann er sich vorstellen, damit den Tod des Kindes zu verursachen. Daß er sich davon leiten läßt, heißt nicht – wie dies Struensee postuliert – sein Tun würde damit nicht mehr vom Deliktstatbestand des § 212 I StGB erfaßt, etwa so, wie im Fall (4) das Tun des D nicht mehr von § 212 I StGB erfaßt wird, obwohl D in Kenntnis aller Tatumstände annahm, auch ein Hirntoter sei ein ,Mensch‘ i. S. des § 212 I StGB. Die Vorstellung des B in Fall (2) beruht auf einem Wahrnehmungsirrtum und erfüllt den subjektiven Versuchstatbestand; die Vorstellung des D in Fall (4) beruht auf einem Irrtum über die Reichweite eines Deliktstatbestandes und begründet ein Wahndelikt. f) Struensees Bemühungen zur Ausklammerung sogenannter wahnkausaler Vorstellungen aus dem subjektiven Versuchstatbestand sind lobenswert, jedoch dogmatisch unhaltbar.292 So überflüssig die Unterscheidung nomologischer und ontologischer Irrtümer ist, so verfehlt ist die Annahme, wahnkausale Vorstellungen würden ob ihrer abwegigen Vorstellung von naturgesetzlichen Ursachenzusammenhängen nicht vom jeweiligen Deliktstatbestand erfaßt. Auch wahnkausale Vorstellungen beruhen auf Wahrnehmungsirrtümern. Sie begründen wie jede Vorstellung solcher tatsächlicher Umstände, die bei ihrem Vorliegen einen objektiven Deliktstatbestand erfüllen würden, einen Tatvorsatz und verwirklichen den subjektiven Tatbestand. Mithin liegt auch im Falle einer Wahnkausalität ein untauglicher Versuch, kein Wahndelikt vor. Eine Privilegierung ist – trotz der Nähe zum abergläubischen Verhalten – nicht über das kognitive Vorsatzelement, sondern nur über § 23 III StGB möglich.293

4. Die sogenannten Vorfeldirrtümer Hauptschauplatz der dogmatischen Auseinandersetzung um die Abgrenzung des untauglichen Versuchs vom Wahndelikt ist indes nicht der Grenzirrtum, sondern sind die selbstbelastenden Irrtümer des Täters im Vorfeld des Deliktstatbestandes (sog. Vorfeldirrtümer). a) Beim Vorfeldirrtum unterliegt der Täter Fehlvorstellungen im Hinblick auf Rechtsnormen außerhalb der Deliktstatbestände und nimmt aufgrund dieser Fehleinschätzung an, sein Verhalten würde von einem Deliktstatbestand erfaßt. Es sind fünf Fallkonstellationen, die in diesem Zusammenhang immer wieder problematisiert werden:294 In diesem Sinne auch Bloy, ZStW 2001, 76 (87 f.). Freilich ist damit nicht entschieden, daß im Rahmen einer Revision des Versuchsunrechts nicht auch bei der versuchten Tat doch bestimmte Tatumstände objektiv vorliegen müssen. Doch ist dies eine Frage des objektiven Versuchstatbestandes und nicht der Vorsatzbegründung. 292 293

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

91

(1) Ein Unfallzeuge wird durch Polizeibeamte vernommen und macht falsche Angaben. Die Beamten zweifeln die Aussagen des Zeugen an und ,vereidigen‘ diesen nach § 66 c StPO. Bei der Eidesleistung geht der Zeuge davon aus, Polizeibeamte seien zur Abnahme von Eiden befugt.295 Ist er des versuchten Meineids gemäß schuldig?296 Notwendige Bedingung wäre, daß der Zeuge sich Tatumstände vorgestellt hat i. S. des § 22 StGB, die, lägen sie vor, den Deliktstatbestand des § 154 I StGB erfüllten. Nach seiner Vorstellung befand sich der Zeuge zwar nicht vor Gericht,297 jedoch bildete er sich ein, auch Polizeibeamte seien eine zur Abnahme von Eiden zuständige Stelle i. S. des § 154 I StGB. Welche Stellen zur Abnahme von Eiden zuständig sind, regelt § 154 I StGB nicht. Zur Ausfüllung des Deliktstatbestandes müssen Rechtsnormen außerhalb der Deliktstatbestände des Besonderen Teils des StGB herangezogen werden, mithin Normen, die – wie üblicherweise formuliert wird – im Vorfeld des Deliktstatbestandes liegen. Das sind bezüglich § 154 I StGB etwa Art. 44 II GG, § 33 PatentG, § 58 BDiszipinarO, § 22 BNotarO, §§ 12 Nr. 1, 15 II 2 KonsularG. Keinesfalls sind jedoch Polizeibehörden zur Abnahme zuständig, wie sich der Zeuge dies vorstellte. Nun drängt sich zur Beantwortung der Frage, ob der Zeuge des versuchten Meineids schuldig ist, der Vergleich zum oben erläuterten298 ,Bezugskarten-Fall‘ auf: Dort beging der Angeklagte ein Wahndelikt, weil er aufgrund fehlerhafter rechtlicher Wertung – der Überdehnung des Urkundenbegriffs – ein Tun für strafbar hielt, das in Wirklichkeit nicht von § 267 I StGB erfaßt wurde. Im vorliegenden Fall glaubte der Zeuge, auch im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung könne ein Meineid i. S. des § 154 StGB begangen werden. Der Unterschied zwischen beiden Fällen und der Grund dafür, daß nicht auch hier unter bloßer Anwendung des Umkehrschlusses ein umgekehrter Subsumtionsirrtum und damit ein Wahndelikt angenommen werden kann, liegt nun darin, daß im ,Bezugskarten-Fall‘ ein Deliktstatbestandsmerkmal in der Vorstellung des Täters überdehnt wurde, während der Zeuge im vorliegenden Fall wußte, daß mit dem Deliktstatbestandsmerkmal „zur Abnahme von Eiden zuständige Stelle“ eine sowohl allgemein als auch im Einzelfall zuständige Stelle bezeichnet wird. Einer Fehlvorstellung oblag der Zeuge hinsichtlich der Kompetenzzuweisungen außerhalb des StGB.

294 Eine ausführliche Analyse der Rechtsprechung des RG, des BGH und der OLG liefert Heidingsfelder, S. 48 ff. Siehe in diesem Zusammenhang auch LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 210 ff.; sowie Puppe, GA 1990, 145 (162 ff., 168 ff.). 295 In einer Reihe von Entscheidungen hatten sich Obergerichte mit einer solchen irrigen Annahme der Zuständigkeit zu beschäftigen, vgl. etwa RGSt 60, 25 (25 ff.); 65, 206 (206 ff.); BGHSt 1, 13 (13 ff.); 3, 248 (248 ff.); 10, 272 (272 ff.). Ausführlich hierzu Heidingsfelder, S. 51 f., 58 ff., 82 f. 296 Der BGH hat dies in BGHSt 1, 13 (15 f.) und BGHSt 3, 248 (253 f.) bejaht. 297 Dann hätte der Zeuge entsprechend der Prämissen der Eindruckstheorie ohne Zweifel einen versuchten Meineid begangen. 298 In diesem Kap. unter F. III. 2. b).

92

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

(2) Zur Sicherung einer Darlehensschuld einigen sich Darlehensgeber und Darlehensnehmer auf eine Sicherungsübereignung des dem Darlehensnehmer gehörenden Pkw. Die Übereignung scheitert, da die Parteien kein Besitzkonstitut nach § 930 BGB vereinbaren. Nach der Einigung verkauft und übergibt der Darlehensnehmer den Pkw an einen Dritten, obwohl er von der Wirksamkeit der Sicherungsübereignung überzeugt ist.299 Hier irrt der Darlehensnehmer und Sicherungsgeber in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände – insbesondere in Kenntnis der fehlenden Abrede eines Besitzkonstituts – über die Rechtswirksamkeit der Übereignung nach §§ 929, 930 BGB. Wiederum sind dies Normen im Vorfeld des Unterschlagungstatbestandes. Aufgrund dieser Fehlannahme hat der Darlehensnehmer die Vorstellung, er verkaufe und übereigne eine für ihn fremde Sache an den Dritten. Ist der Darlehensnehmer der versuchten Unterschlagung schuldig?300 (3) Der Pkw-Fahrer F durchfährt eine Einbahnstraße in falscher Richtung. Gegenüber einem den F verfolgenden Polizeibeamten macht ein Anwohner A jener Straße bewußt falsche Angaben über das Kennzeichen des Wagens, um F vor einer Ahndung des Fehlverhaltens zu bewahren. Der Anwohner geht dabei davon aus, das Befahren einer Einbahnstraße in falscher Richtung stelle eine Straftat dar.301 Der Anwohner kennt alle tatsächlichen Umstände, stellt sich jedoch vor, das Verhalten des Fahrzeugführers sei eine Straftat, tatsächlich ist es eine Ordnungswidrigkeit. Mithin irrt er über die außertatbestandsmäßigen Voraussetzungen einer ,rechtswidrigen Tat‘ i. S. des § 258 StGB: Er glaubt, auch das Durchfahren einer Einbahnstraße in falscher Richtung sei tatbestandsmäßig und rechtswidrig. Ist der Anwohner der versuchten Strafvereitelung schuldig? (4) Ein Kunde vereinbarte im Jahre 1994 mit einem Telefonsex-Anbieter ein Gespräch mit sexuellem Inhalt. Auf die Frage des Anbieters nach der Telefonnummer des Kunden gab dieser eine falsche Telefonnummer an und kam so unentgeltlich in den Genuß der Dienstleistung. Dabei ging der Kunde davon aus, der Anbieter könne die Bezahlung des Gespräches notfalls gerichtlich durchsetzen.302 299 Eine solche Konstellation hatte das OLG Stuttgart, NJW 1962, 65 (65 f.), zu beurteilen. Aus den zahlreichen Reaktionen der Literatur seien genannt Baumann, NJW 1962, 16 (16 ff.); Eser, Strafrecht II3, Nr. 36; Nierwetberg, Jura 1985, 238 (242); Probst, S. 180 f.; Schlüchter, JuS 1985, 373, 527 (528); sowie Tischler, S. 278 ff. 300 Das OLG Stuttgart, ebenda, bejahte dies. 301 Mehrfach mußte die Judikatur zur Abgrenzung von Wahndelikt und untauglichem Versuch bei der irrigen Annahme einer rechtswidrigen Vortat im Rahmen der Strafvereitelung gemäß § 258 StGB Stellung nehmen. So etwa in BGHSt 15, 210 (210 ff.), und BayObLG, JZ 1981, 715 (715 f.). Zur ersteren Entscheidung Ulrich Weber, MDR 1961, 426 (426 f.), zur letzteren Stree, JR 1981, 297 (297 ff.). Vgl. zum Problemkreis auch Arno Schröder, S. 131 ff.; sowie Jerouschek / Schröder, GA 2000, 51 (55 f.). 302 Über diesen Fall hatte das LG Mannheim, NJW 1995, 3398 (3398 f.), zu befinden. Dazu eingehend Abrahams / Schwarz, Jura 1997, 355 (356 ff.); Behm, NStZ 1996, 317 (318 ff.); sowie Scheffler, JuS 1996, 1070 (1070 f.). Der Sache nach ähnliche Entscheidungen finden sich in RGSt 42, 92 (92 ff.); BayObLG, NJW 1955, 1567 (1567 f.); sowie BGHSt 42, 268 (268 ff.). Vgl. zur letzteren Entscheidung auch Arzt, JR 1997, 469 (469 ff.); sowie Kud-

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

93

Nach der Vorstellung des Kunden wurde der Unternehmer durch die Täuschung um seinen Anspruch aus einem Dienstvertrag gebracht. Tatsächlich war dieser Vertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig gemäß § 138 BGB.303 Auch hier bezog sich die Fehlvorstellung auf eine rechtliche Bewertung außerhalb des Deliktstatbestandes, aufgrund derer der Kunde glaubt, beim Anbieter einen Vermögensschaden304 hervorrufen zu können. Kann der Kunde wegen versuchten Betruges bestraft werden?305 (5) Der Steuerzahler S unterließ es, für das Jahr 1998 eine Steuererklärung abzugeben, obwohl er davon ausging, er hätte dies wie jedes Jahr tun müssen. Tatsächlich bestand jedoch aufgrund eines legislativen Versehens keine Notwendigkeit zur Abgabe einer Steuererklärung für das entsprechende Jahr.306 Ist der Steuerzahler dennoch der versuchten Steuerhinterziehung nach § 370 I Nr. 2 AO i. V. m. § 22 StGB schuldig?307 b) Welcher Behandlung der Vorfeldirrtum im Unterschied zum umgekehrter Subsumtionsirrtum bedarf, ist heftig umstritten.308

lich, NStZ 1997, 432 (432 ff.). Zu einer ähnlichen Konstellation beim Prozeßbetrug Seier, ZStW 102 (1990), 563 (578 f.). 303 Erst seit dem 01. 01. 2002 begründen Abreden, die eine sexuelle Handlung gegen Entgelt zum Gegenstand haben, nach Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse von Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG) v. 20. 12. 2001 (BGBl. I, 3983) rechtswirksame Forderungen. Zu den strafrechtlichen Konsequenzen des ProstG Kühl, GS Meurer, S. 545 (553 f.); sowie Ziethen, NStZ 2003, 184 (184 ff.). Unumstritten war die Nichtigkeit von Telefonsex-Verträgen freilich auch vorher nicht. 304 Hier wird zunächst ein juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff zugrunde gelegt, auf dessen Basis auch das Urteil des LG Mannheim, ebenda, erging: Zum Vermögen sollen danach nur solche Posten gerechnet werden, die auch den Schutz der Rechtsordnung genießen. Vgl. hierzu Cramer, Vermögensbegriff, S. 100 ff.; sowie Maurach / Maiwald, BT 1, § 41 Rn. 99. Vom rein ökonomischen sowie vom personalen Vermögensbegriff aus betrachtet, hätte der Kunde dem Anbieter freilich einen Schaden zugefügt, doch wäre – entgegen der Vorstellung des Kunden – die Erzielung eines rechtswidrigen Vermögensvorteil nicht möglich gewesen, da die Nichtzahlung der Rechnung aufgrund der Sittenwidrigkeit des Vertrages nicht im Widerspruch zur Privatrechtsordnung steht. Vgl. zum rein ökonomischen Vermögensbegriff Arzt / Weber, § 20 Rn. 15 f.; Mohrbotter, GA 1969, 225 (227); Schmoller, ZStW 103 (1991), 92 (132); zum personalen Vermögensbegriff Alwart, JZ 1986, 563 (565); Bockelmann, FS Kohlrausch, S. 226 (247 ff.); Otto, Die Struktur, S. 26 ff. Am Problem der möglichen Strafbarkeit wegen untauglichen Betrugsversuchs ändert dies jedoch nichts. 305 Das LG Mannheim, NJW 1995, 3398 (3398 f.), bejahte dies. 306 Dieser Fall ist der Entscheidung des KG, wistra 1982, 196 (196 ff.), nachgebildet. Vgl. auch die Entscheidungen RGSt 64, 229 (229 ff.); 68, 44 (44 ff.). Zum Problembereich ,Steuerrecht und Wahndelikt‘ insbesondere Bachmann, S. 145 ff.; Burkhardt, wistra 1982, 178 (178 ff.); Maiwald, Unrechtskenntnis, S. 30 ff.; Reiß, wistra 1986, 193 (193 ff.); Schlüchter, wistra 1985, 43 (45 ff.). 307 Das KG, ebenda, bejahte dies. 308 Eine eingehende Betrachtung findet sich bei Schroth, Vorsatz, S. 77 ff.

94

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

aa) So hält Blei309 Fehlvorstellungen im Vorfeld des Deliktstatbestandes stets für vorsatzbegründend und plädiert für eine versuchte Tat, da der Täter infolge seines Rechtsirrtums im Tatbestandsvorfeld das Tatbestandsmerkmal an sich richtig verstanden hat und zu verwirklichen glaubte. In den Fällen (1) bis (5) wären die Täter demnach versuchter Delikte schuldig. bb) Die entschiedene Gegenposition wurde von Burkhardt310 begründet. Er führt aus, daß „jeder umgekehrte Bedeutungsirrtum, der auf einer Verkennung von Rechtsnormen beruht, mit einer Überdehnung des strafrechtlichen Schutzbereiches verbunden ist.“311 „Ein (umgekehrter) Rechtsirrtum – gleich welcher Provenienz – wirkt nicht versuchsbegründend, sondern führt zum straflosen Wahndelikt.“312 Nach Burkhardts Konzeption wären in den Beispielsfällen keine versuchten Taten begangen worden. cc) Zwischen diesen Polen bewegen sich im wesentlichen drei Ansichten. Gewichtige Stimmen in der Literatur wollen auch auf die Vorfeldirrtümer konsequent die Lehre vom Umkehrschluß anwenden:313 Ob sich die Fehlvorstellungen nun direkt auf den Deliktstatbestand und seine tatsächliche Erfüllung oder auf das Vorfeld des Deliktstatbestandes und dessen tatsächliche Gesichtspunkte beziehen, sei irrelevant. Eine versuchte Tat liege – wie auch sonst – immer dann vor, wenn der Täter Umstände annehme, die bei ihrem Vorliegen den objektiven Deliktstatbestand erfüllten. So wäre im Fall (1) der Zeuge, da er alle tatsächlichen Umstände kannte und nur irrig annahm, auch vor der Polizei könne man einen Meineid begehen, keines versuchten Meineids schuldig. Demgegenüber wäre der Darlehensgeber in Fall (2) der versuchten Unterschlagung schuldig, da er von der Tatsache ausging, der Pkw gehöre nicht ihm. Im Fall (3) hat der Anwohner nicht Umstände angenommen, die, lägen sie vor, eine rechtswidrige Tat begründen würden. Vielmehr kannte er alle tatsächlichen Umstände, bewertete sie nur fälschlich als Straftat und wäre damit keiner versuchten Strafvereitelung schuldig. Oder hat der Anwohner nicht doch irrig angenommen, das Tatbestandsmerkmal ,rechtswidrige Vortat‘ sei gegeben? Ist er nicht doch wegen versuchter Strafvereitelung zu bestrafen?314 Im Fall (4) jedenfalls stellte sich der Kunde vor, der Telefonsex-Anbieter hätte einen Zahlungsanspruch. Um diesen wollte er den Anbieter bringen. Folglich liegt ein untauglicher 309 Ders., JA 1973, 273, 321, 389, 459, 529, 601 (604). Herdegen, S. 195 (206), schließt sich Blei an. Auch Herzberg, JuS 1980, 469 (472 ff.), greift die Argumentation Bleis auf; dazu sogleich unter cc). 310 Ders., JZ 1981, 681 (681 ff.). Burkhardt greift damit die Lehre Kriegsmanns, passim, auf. Burkhardts Ausführungen schließen sich u. a. Abrahams / Schwarz, Jura 1997, 355 (358); Jakobs, AT, 25 / 42; sowie Otto, JZ 1984, 143 (144), an. Affinität zeigt Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 22 Rn. 89. 311 Burkhardt, JZ 1981, 681 (685). 312 Ebenda, S. 681. 313 So etwa Jescheck / Weigend, § 50 II 2; Krey, BT 1, Rn. 559; Kühl, AT, § 15 Rn. 98 ff.; SK / Rudolphi, § 22 Rn. 32 a. 314 Vgl. Maurach, NJW 1962, 716 (720).

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

95

Betrugsversuch vor. Der Steuerzahler im Fall (5) schließlich nahm irrig an, er habe seine Steuererklärung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt abzugeben. Diese Pflicht war nicht existent, die Auflehnung dagegen ein Wahndelikt. Herzberg315 differenziert in seiner älteren Konzeption zwischen dem Irrtum im Verweisungsbereich und dem Irrtum über eine Grundentscheidung. Ein Irrtum im Verweisungsbereich soll vorliegen, wenn sich der Irrtum des Täters auf den Bereich bezieht, auf den das jeweilige Merkmal des Deliktstatbestandes verweist. Ein solcher Irrtum begründe einen untauglichen Versuch. Ein Irrtum über eine gesetzgeberische Grundentscheidung, auf der das jeweilige Tatbestandsmerkmal basiert, soll hingegen ein Wahndelikt begründen. In allen fünf Beispielsfällen läge dementsprechend eine versuchte Tat vor, da alle Täter Fehlvorstellungen im Verweisungsbereich erlagen. Demgegenüber verwirft Herzberg in seiner neueren Lehre die Konzeption der Irrtümer im Verweisungsbereich, soweit darin alle Irrtümer gleichgesetzt werden, die Rechtsregeln im Vorfeld des Deliktstatbestandes betreffen.316 Nunmehr soll die Trennlinie zwischen dem Definitionsirrtum und dem Irrtum unterhalb der Definition verlaufen.317 Ein Wahndelikt liege vor, wenn die rechtsirrige Annahme einer Straftat auf der falschen Definition eines gesetzlichen Merkmals seitens des Handelnden beruht. Hierunter versteht Herzberg neben den herkömmlichen Subsumtionsirrtümern auch die Überdehnung von Sammelbezeichnungen, wie etwa die rechtswidrige Tat in § 258 I StGB und die zuständige Stelle in § 154 I StGB.318 Ein Definitionsirrtum begründe deshalb nicht die notwendige Vorstellung i. S. des § 22 StGB, „weil der Täter hier zwar wähnt, aber nicht die Vorstellung hat, einen Tatbestand zu verwirklichen“319. In den obigen Beispielsfällen (1) und (3) liegt nach Herzbergs neuerer Lehre dementsprechend keine versuchte Tat mehr vor.320 Roxin321 unterscheidet bei Irrtümern im Verweisungsbereich zwischen der Verweisung auf Sammelbegriffe – wie Steueransprüchen (§ 370 AO), Straftatbeständen (§ 258 StGB), zuständigen Stellen (§ 154 StGB) – und der Verweisung auf Einzelbegriffe – wie Eigentum (§ 246 StGB) und Vermögensschaden (§ 263 StGB). Nur bei Irrtümern im Rahmen der Verweisung auf Einzelbegriffe soll eine versuchte Tat möglich sein. Dementsprechend wäre in den Fällen (2) und (4) eine versuchte Tat zu bejahen, während in den Fällen (1), (3) und (5) ein Wahndelikt vorläge.

Ders., JuS 1980, 469 (472 ff.); vgl. auch Herzberg / Hardtung, JuS 1999, 1073 (1076). Herzberg, GS Schlüchter, S. 189 (190 ff., 204 ff.). 317 Ebenda, S. 206. 318 Vgl. insbesondere ebenda, S. 205. 319 Ebenda. (Hervorhebung im Original) 320 Vgl. diesbezüglich abermals Herzberg, ebenda, S. 192 f., zu § 258 StGB und S. 200 ff., 204, zu § 154 I StGB. 321 Ders., JZ 1996, 981 (986); ders., AT II, § 29 Rn. 409 ff. 315 316

96

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Das Schrifttum unterbreitet über diese Lösungsansätze hinaus weitere Vorschläge.322 c) Die Fallkonstellationen (1) bis (5) sollten aufzeigen, in welche Untiefen die herrschende Versuchslehre bei der Begrenzung der Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchens gegenüber dem Wahndelikt gerät. Teilweise sind die unterschiedlichen Begründungsgänge nur mit äußerster Mühe nachzuvollziehen. Die Rechtsprechung schließlich läßt jede klare Linie vermissen. Es wäre nicht sinnvoll, an diesem Punkt der Abhandlung zu den auf der Basis der Eindruckstheorie errichteten Lehren der Abgrenzung von untauglichem Versuch und Wahndelikt abschließend Stellung zu nehmen,323 müssen doch erst die dogmatischen Grundannahmen der herrschenden Versuchslehre eingehend beleuchtet werden. Sicher ist, daß alle Versuchslehren, die ihr System auf einen betätigten rechtsfeindlichen Willen gründen, gerade bei der Frage nach Fehlvorstellungen im Vorfeld des Deliktstatbestandes einen erheblichen Begründungsaufwand betreiben müssen und nicht den Hauch einer einheitlichen Argumentation erkennen lassen. Einerseits werden die Grenzen strafwürdigen Versuchens nicht selten überschritten, andererseits führen einzelne Lösungsversuche dazu, daß strafwürdige Fälle nicht erfaßt werden.324 So einfach die Prämisse scheinen mag, alle objektiven Merkmale eines Deliktstatbestandes seien beim Versuch durch die Vorstellung des Täters zu ersetzen, so subtil ist die Beantwortung der Frage, wann ein Täter noch einen rechtsfeindlichen Willen bildet. Eine Objektivierung des Versuchsunrechts ist hier ein Desiderat; sie wird den Ausweg zu weisen haben.325 Die Versuchslehre wird nur dann einen Schritt nach vorne machen, wenn mit dem Dogma des rechtsfeindlichen Willens gebrochen wird. Daß jenes Dogma selbst intratheoretische Widersprüche nach sich zieht, zeigt die folgende Analyse der Strafbarkeit des untauglichen Subjektes.

322 So seien Haft, JuS 1980, 588, (590 ff.); Heidingsfelder, S. 146 ff.; Kuhlen, Die Unterscheidung, S. 558 ff.; LK10 / Vogler, § 22 Rn. 146 ff.; Schlüchter, Irrtum, S. 145 ff.; sowie Schünemann, GA 1986, 293 (312 ff.), genannt. 323 Dem haben sich insbesondere Endrulat, Rn. 346 ff., und Heidingsfelder, S. 146 ff., bereits ausführlich gewidmet. 324 Insoweit sei Burkhardt, JZ 1981, 681 (685), zitiert, der den Fall betrachtet, daß ein Verkäufer die verkaufte, aber noch nicht übergebene Sache als bereits in das Eigentum des Käufers übergegangen ansieht, sie jedoch nochmals an einen besser zahlenden Kunden verkauft und übergibt. Deswegen wird er wegen versuchter Unterschlagung verurteilt: „Die einzige Lehre, die der Betreffende aus seiner Verurteilung ziehen kann, ist doch die: Er weiß nunmehr, daß der Eigentumsübergang (gem. § 929 BGB) eine Übergabe der Sache voraussetzt. Ihm ist also jetzt klar, daß man das, was er getan hat, nämlich eine verkaufte Sache wiederholt zu veräußern, straflos tun darf. Man darf bloß nicht so dumm sein zu meinen, der Erstkäufer sei auch ohne Übergabe Eigentümer geworden.“ 325 Insofern sei bereits auf das 6. Kap. unter A. I., VI., XI., X. und B. verwiesen.

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

97

IV. Das untaugliche Subjekt und die versuchte Tat 1. Grundsätzliches Eine Sonderrolle zwischen untauglichem Versuch und Wahndelikt nimmt das sogenannte untaugliche Subjekt326ein. Dabei geht es um die Frage, ob auch derjenige, der sich als Extraneus die Eigenschaft, Täter eines Sonderdeliktes 327 bzw. eines Garanten-Unterlassungsdeliktes 328 sein zu können, und sich damit – nach herrschendem normtheoretischen Verständnis329 – eine besondere Pflichtenstellung irrig zuschreibt, eine versuchte Tat begehen kann.330 Der Gesetzgeber ging im Rahmen des 2. StRG davon aus, die Rechtsprechung werde in Fällen der irrigen 326 Die Terminologie ,untauglicher Täter‘ soll ob ihres präjudizierenden Charakters vermieden werden. Mit dem Gebrauch der Wendung ,untauglicher Täter‘ wird vorausgesetzt, daß auch derjenige, der die im Deliktstatbestand fixierten Subjektseigenschaften nicht aufweist, eine Tat begehen könne und nicht vielmehr ein Wahndelikt verübt. 327 Zu diesem Begriff bereits oben in diesem Kap. unter D. I. 2. a). 328 Ob auch die Garanten-Unterlassungsdelikte Sonderdelikte sind, ist nicht geklärt. Bejaht wird dies u. a. von Armin Kaufmann, FS Klug, S. 277 (284); LK11 / Roxin, § 25 Rn. 206; Malitz, S. 205 ff.; Roxin, Täterschaft, S. 459 f.; Stratenwerth, AT3, Rn. 700; ders., FS Bruns, S. 59 (65). Ob der Wendung „wenn er rechtlich dafür einzustehen hat“ in § 13 I StGB ist dem zuzustimmen, wird doch ein besonderer Täterkreis – der der Garanten – von den übrigen Rechtsunterworfenen isoliert. Um Mißverständnisse zu vermeiden, soll separat von Sonderdelikten und Garanten-Unterlassungsdelikten die Rede sein. 329 Es sollte bereits deutlich geworden sein, daß das dem gängigen normtheoretischen Modell zugrunde liegende Rechtsverständnis abgelehnt wird. Bei der Analyse des untauglichen Subjektes soll indes gerade die herrschende personale Unrechtslehre mit ihrem Leitbild der Bestimmungsnormen als Maßstab angelegt werden. Nur so können immanente Widersprüche zwischen herrschender Versuchslehre und personaler Unrechtslehre aufgedeckt werden. Wenn also im Folgenden selbstverständlich von Imperativen des Gesetzgebers und Pflichten des Einzelnen die Rede ist, wird damit nicht die Richtigkeit der herrschenden Unrechtslehre zugestanden. Es handelt sich lediglich um eine intratheoretische Analyse zur systemimmanenten Kritik. 330 Von vornherein nicht zum Problembereich des untauglichen Subjektes werden gemeinhin diejenigen Fälle gerechnet, in denen der Täter irrtümlich solche täterschaftlichen Merkmale annimmt, die keine Sonderpflicht, sondern nur eine tatbestandsspezifische interpersonale Beziehung begründen. Vgl. dazu Ebert, S. 125; Jescheck / Weigend, § 50 III 3; Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 170; SK / Rudolphi, § 22 Rn. 26; Welzel, Strafrecht, § 24 V 2. Zu diesem Deliktstypus bereits oben in diesem Kap. unter D. I. 2. a). So ist derjenige wegen versuchter Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger nach §§ 180 III, 22 StGB strafbar, der sich tatsächliche Umstände vorstellt, nach denen ein Minderjähriger ihm zur Erziehung anvertraut sei, und von diesem Minderjährigen sexuelle Handlungen an einem Dritten vornehmen läßt. Anders jedoch Jakobs, AT, § 25 Rn. 43: Der Nicht-Erzieher kann die Normen zum sexuellen Schutz der Anvertrauten nicht verletzen. Unzutreffend wird diese Konstellation bei Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 22 Rn. 76, als Versuch des untauglichen Subjektes angesehen. Das Standardbeispiel des versuchten Schwangerschaftsabbruches durch eine Nicht-Schwangere ist mit § 218 IV StGB infolge des 5. StRG vom 18. 06. 1974 (BGBl. I, 1297) obsolet geworden. Das gleiche gilt ob der Neufassung des § 173 StGB durch das 4. StRG vom 23. 11. 1973 (BGBl. I, 1725) für den Beischlaf des Vaters mit seiner vermeintlich leiblichen Tochter.

7 Maier

98

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Annahme einer besonderen Pflichtenstellung Straflosigkeit annehmen.331 Dies verwundert, da die Beantwortung jener Frage bereits seit Bruns’332 Apotheose der Entscheidung des RG333 zur versuchten Rassenschande heftig umstritten ist.334 E contrario § 23 III StGB ist der Versuch am untauglichen Objekt oder mit untauglichen Mitteln de lege lata eine versuchte Tat und damit Unrecht, doch das untaugliche Subjekt wird dort nicht genannt. Der Gesetzgeber hat – mit der eben bereits wiedergegebenen Begründung – darauf verzichtet. Wohl kein anderes Problem auf dem Felde versuchter Taten zeigt die Grenzen einer subjektiven Versuchslehre so deutlich auf, wie die Frage, ob auch eine objektiv fehlende Subjektsqualität durch die Tätervorstellung ersetzt werden kann.

2. Die einschlägigen Konstellationen Eine Aufnahme des Diskussionsstandes zur versuchten Tat des untauglichen Subjektes wird dadurch erschwert, daß Begriffsbildung und Begriffsanwendung nicht einheitlich sind. a) Sechs Fallkonstellationen werden im Problembereich des untauglichen Subjektes diskutiert: (1) Eine Putzfrau säubert die Räumlichkeiten einer Bundeswehrkaserne. Ob ihres Dienstes für die Streitkräfte hält sie sich für eine Soldatin i. S. des § 1 I WStG. An einem Sommertag entschließt sie sich, der Arbeit fernzubleiben, obwohl sie annimmt, sie werde nun wegen Fahnenflucht belangt. (2) Ein freiberuflich tätiger Prüfingenieur wird in loser Folge durch privatrechtlichen Vertrag und ohne besonderen öffentlich-rechtlichen Bestellungsakt vom Stadtbauamt mit der Prüfung der statischen Berechnungen privater Bauherren beauftragt.335 Wegen seiner Tätigkeit für das Stadtbauamt glaubt der Ingenieur, ein Amtsträger i. S. des § 11 I Nr. 2 c StGB zu sein, und tritt den privaten Bauherren 331 Vgl. den Bericht des Sonderausschusses, S. 11. Dort wird auch die Abweichung zum AE begründet. In § 25 III Nr. 1 AE sollte – mit einer Rechtsfolgenlösung – eine versuchte Tat straflos bleiben, wenn sie aus der irrigen Annahme einer besonderen Pflichtenstellung heraus begangen wurde. Vgl. AE, S. 63. Zur Entscheidung des Gesetzgebers Hirsch, Hauptprobleme, S. 47 (63). 332 Ders.; DStR 5 (1938), 161 (161 ff.). Daran anknüpfend ders., Der untaugliche Täter, passim; ders., GA 1979, 161 (161 ff.). 333 RGSt 72, 109 (112). Das RG hatte ebenda über die Tat eines Mannes nach § 5 II Blutschandegesetz zu urteilen, der sich irrig für einen Juden hielt, und entgegen § 2 Blutschandegesetz geschlechtlich mit einer Deutschen verkehrte. Das RG stellte fest, daß auch derjenige eine versuchte Tat begeht, der sich als Extraneus die vom Deliktstatbestand vorausgesetzte besondere Pflichtenstellung irrig zuschreibt. 334 Vgl. etwa die Abhandlungen von Harenburg, Hermann Maier, Jacobs und v. Kempis, jeweils passim, aus den Jahren 1939 bis 1951. 335 Der Fall ist in Anlehnung an das Urteil des BGH NJW 1997, 3034 (3034 ff.) gestaltet.

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

99

gegenüber stets als Mitarbeiter der Stadt auf. Gegen Zahlung eines Geldbetrages durch den jeweiligen Bauherren bescheinigt der Ingenieur die Zuverlässigkeit auch solcher Bauvorhaben, die aus statischen Gründen zu beanstanden wären. (3) Ein Polizeibeamter verzichtet gegen Zahlung eines Geldbetrages darauf, einen Verkehrssünder wegen einer Ordnungswidrigkeit zu belangen. Im Strafprozeß wegen Bestechlichkeit gemäß § 332 I StGB stellt sich heraus, daß die Ernennung des Polizisten zum Beamten aufgrund eines Formfehlers nichtig ist. (4) Der Direktor eines privaten Energieversorgungsunternehmens hält das Unternehmen irrtümlich für einen Eigenbetrieb der Stadt. Bei einem Bewerbungsgespräch zur Besetzung einer offenen Stelle im Unternehmen ermuntert er einen vollkommen aussichtslosen Bewerber, 15.000 Euro als ,Aufwandsentschädigung‘ auf sein privates Konto zu überweisen, um so – entgegen dem vom Vorstand verabschiedeten Anforderungsprofil – an die begehrte Stelle zu kommen.336 (5) Ein betrunkener Pkw-Führer überrollt des Nachts einen abgebrochenen Ast. Er glaubt, einen Fußgänger überfahren zu haben, der ohne ärztliche Hilfe seinen Verletzungen erliegen werde. Aus Angst vor Strafverfolgung setzt der Pkw-Führer seine Fahrt dennoch fort. (6) Der Stammgast eines Freibades sieht, wie ein Kind im Schwimmbecken zu ertrinken droht. Er wirft weder den Rettungsring zu, noch informiert er den Bademeister, obwohl er annimmt, er sei als Inhaber einer Dauerkarte verpflichtet, andere Gästen zu retten. Das Kind ertrinkt. b) Wie sind diese Fallkonstellationen nun zu behandeln? (1) Unproblematisch scheint Fall (1) zu sein: Die Putzfrau kann nicht wegen versuchter Fahnenflucht nach § 16 WStG i. V. m. § 22 StGB bestraft werden. Die Annahme, wegen der Beschäftigung in einer Kaserne Soldatin zu sein, ist der Inbegriff eines umgekehrten Subsumtionsirrtums und damit ein Wahndelikt, wird doch in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände aufgrund fehlerhafter rechtlicher Interpretation das Tatbestandsmerkmal ,Soldat‘ in § 1 I WStG überdehnt und dadurch irrtümlich der Anwendungsbereich des WStG eröffnet.337 Auch diejenigen Stimmen in der Rechtslehre, die sich für die grundsätzliche Strafbarkeit des untauglichen Subjektes wegen versuchter Tat aussprechen, nehmen in den Fällen, in denen der Handelnde sich infolge eines umgekehrten Subsumtionsirrtums für einen tauglichen Täter hält, durchweg ein Wahndelikt an.338 Spätestens der Umkehrschluß Fall in Anlehnung an Blei, PdW AT, Nr. 219. Die Literatur nimmt in den ,Putzfrauen-Fällen‘ und ähnlichen Konstellationen durchweg ein Wahndelikt an, vgl. etwa Blei, PdW AT, Nr. 220; Jakobs, AT, § 25 Rn. 43; Jescheck / Weigend, § 50 III 2 c); Kühl, AT, § 15 Rn. 104. 338 Vgl. etwa Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 30 f.; Blei, AT18, S. 232; Bruns, GA 1979, 161 (183); Eser, Strafrecht II3, Nr. 36 A 50; Haft, AT, S. 227; Heinrich, Jura 1998, 393 (394); Jescheck / Weigend, § 50 III 2 c); Kühl, AT, § 15 Rn. 105; Lackner / Kühl, StGB24, § 22 Rn. 13; LK9 / Busch, § 43 Rn. 49; Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 175; Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (615 in Fn. 88); Schlüchter, JuS 1985, 373, 527 (529); Schönke / 336 337

7*

100

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

soll diese Fallkonstellationen lösen: Auch beim untauglichen Subjekt soll nur im Falle eines umgekehrten Tatumstandsirrtums eine Bestrafung wegen versuchter Tat grundsätzlich in Betracht kommen. Zwingend ist die Annahme eines Wahndeliktes hier jedoch nicht, folgt man statt dem Umkehrschluß der Lehre der versuchsbegründenden Wirkung von Vorfeldirrtümern.339 Das Tatbestandsmerkmal ,Soldat‘ in § 1 I WStG verweist auf §§ 1 I, 37 ff. Soldatengesetz340 und damit auf Rechtsnormen außerhalb der Strafgesetze.341 Die Putzfrau unterlag im Fall (1) mithin einem Vorfeldirrtum, der sich – wegen seiner außerstrafrechtlichen Dimension – dem gemeinen Umkehrschluß entzieht und dessen dogmatische Beurteilung heftig umstritten ist.342 So verwundert es, daß Blei, der doch einen Vorfeldirrtum als stets versuchsbegründend ansieht,343 bei einer dem Fall (1) entsprechenden Konstellation344 – ein Mitglied eines „Ehren- und Schiedsgerichts des Verbandes deutscher Kleinkaninchenzüchter“ hält sich für einen Richter und nimmt Bestechungsgelder an – ohne weiteres ein Wahndelikt bejaht. Auch mit Herzbergs345 ,Irrtum im Verweisungsbereich‘, der vorliegen soll, wenn sich der Irrtum des Täters auf den Bereich bezieht, auf den das jeweilige Merkmal des Deliktstatbestandes verweist, und der stets einen untauglichen Versuch begründen soll, ist eine versuchte Fahnenflucht der Putzfrau nicht auszuschließen, bezogen sich ihre Fehlvorstellungen doch gerade auf den Verweisungsbereich des WStG zum SoldG. Nun ist kaum anzunehmen, Blei und Herzberg würden hier tatsächlich eine Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchs bejahen. Blei will den Extraneus a priori nicht nach den Grundsätzen des Vorfeldirrtums behandeln, sondern mittels reinen Umkehrschlusses entscheiden, wann ein Extraneus eine versuchte Tat begeht und wann ein Wahndelikt.346 Konsequent erscheint dies nicht, werden doch gleich gelagerte Vorfeldirrtümer unterschiedlich beurteilt. Geradlinig entscheidet in dieser Hinsicht Roxin347, wenn er den Extraneus stets dem Bereich des Wahndeliktes zuschlägt und so seine Lehre von den Vorfeldirrtümern ohne den Ballast des Extraneus errichten kann.348 Schröder / Eser, StGB, § 22 Rn. 76; Schroth, Vorsatz, S. 85; SK / Rudolphi, § 22 Rn. 28; Tröndle / Fischer, StGB51, § 22 Rn. 46, 55; Wessels / Beulke, Rn. 623. 339 Hierzu ausführlich oben in diesem Kap. unter F. III. 2. c) bb). 340 Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten vom 19. 03. 1956 (BGBl. I S. 114) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. 12. 1995 (BGBl. I S. 1737). 341 Genau wie der Begriff ,Amtsträger‘ über § 11 I Nr. 2 a) StGB auf das BRRG, BBG und die Beamtengesetze der Länder verweist und sich der Begriff ,Richter‘ über § 11 I Nr. 3 StGB auf das DRiG bezieht. 342 Vgl. aber oben in diesem Kap. unter F. III. 2. c). 343 Vgl. Blei, JA 1973, 601 (604). Hierzu oben unter F. III. 2. c) bb). 344 Blei, PdW AT, Nr. 220. 345 Ders., JuS 1980, 469 (472 ff.). 346 Blei, JA 1973, 601 (603). 347 Ders., JZ 1996, 981 (981).

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

101

Erstaunlicherweise werden Fragen des Irrtums im Vorfeld des Deliktstatbestandes beim Extraneus nicht diskutiert. Alle Protagonisten der Einbeziehung des untauglichen Subjektes in die Strafbarkeit wegen versuchter Tat lösen Abgrenzungsschwierigkeiten wie in der vorliegenden Fallkonstellation grundsätzlich nach Umkehrgesichtspunkten.349 (2) Weniger konstruiert als Fall (1) erscheint Fall (2): Freiberuflich tätige, mittels privatrechtlichen Vertrags von öffentlichen Stellen beauftragte Prüf- und Planungsingenieure sind keine Amtsträger i. S. des § 11 I Nr. 2 c StGB, wenn sie nicht durch einen besonderen öffentlich-rechtlichen Akt bestellt wurden.350 Eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit nach § 332 I StGB scheidet mithin in Fall (2) aus. Auch eine versuchte Bestechlichkeit nach §§ 332 I, 22 StGB muß ausscheiden: Bei voller Kenntnis der tatsächlichen Umstände stellt sich der Ingenieur vor, schon dann ein Amtsträger zu sein, wenn er nur von der öffentlichen Verwaltung beauftragt wird. Wie die Putzfrau in Fall (1) unterlag der Ingenieur einem umgekehrten Subsumtionsirrtum, indem er den Begriff ,Amtsträger‘ über die Fälle eines öffentlich-rechtlichen Bestellungsaktes i. S. des § 11 I Nr. 2 c StGB hinaus in die privatrechtliche Beauftragung ausdehnte. Der subjektive Versuchstatbestand ist mithin nicht erfüllt. Mangels Tatvorsatzes beging der Ingenieur ein Wahndelikt. Ob dieses Ergebnis in kriminalpolitischer Hinsicht befriedigt, ist zweifelhaft, bedenkt man die tatsächliche Stellung des Ingenieurs und dessen Auftreten. Indes kann der Straflosigkeit des Ingenieurs – im Gegensatz zur Straflosigkeit der Putzfrau in Fall (1) – nicht einmal mit der Lehre von der versuchsbegründenden Wirkung von Vorfeldirrtümern begegnet werden. Für die Bestimmung der Amtsträgereigenschaft nach § 11 I Nr. 2 c StGB ist kein Rückgriff auf außerstrafrechtliche Normen notwendig, ein solcher Rückgriff ist aber notwendige Bedingung für einen Vorfeldirrtum. In § 11 I Nr. 2 c StGB werden – im Gegensatz zu § 11 I Nr. 2 a StGB – die Voraussetzungen der Amtsträgereigenschaft abschließend geregelt. Der Ingenieur unterlag mithin keinem Vorfeldirrtum, sondern ausschließlich einer Fehlvorstellung über die Voraussetzungen des § 11 I Nr. 2 c StGB. Diesem Irrtum ist aus den gängigen Instrumentarien nur mit dem Umkehrschluß beizukommen. Der Umkehrschluß indes führt – wie gezeigt – in Fall (2) zum Wahndelikt. (3) Die Fallkonstellation (3) scheint mit der nichtigen Beamtenernennung der Prototyp der versuchten Tat des untauglichen Subjektes zu sein. Die nichtige oder zurückgenommene Beamtenernennung macht aus dem Richter oder Beamten einen Nicht-Richter oder Nicht-Beamten und damit einen untauglichen Täter.351 Nimmt ein solcher Nicht-Beamter dann wie im Fall (3) aus dieser Position heraus HandlunVgl. Roxin, JZ 1996, 981 (981). Vgl. die in Fn. 338 genannten. 350 So das Urteil des BGH NJW 1997, 3034 (3034 ff.). 351 Vgl. die Beispiele bei Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 30; Haft, AT, S. 227; Heinrich, Jura 1998, 393 (394); Jescheck / Weigend, § 50 III 2 c); Kühl, AT, § 15 Rn. 105; Schlüchter, JuS 1985, 373, 527 (529). 348 349

102

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

gen vor, die strafwürdig sind, scheint ein Argument für die Bestrafungsnotwendigkeit auch des untauglichen Täters wegen versuchter Tat zur Hand zu sein.352 Doch in Fallkonstellationen wie (3) liegt in Wahrheit kein untauglicher Täter vor:353 Es ist heute nahezu allgemein anerkannt, daß Nichtigkeit354 oder Vernichtbarkeit355 der Berufung in das Dienstverhältnis der Annahme der Amtsträgereigenschaft im Sinne der strafrechtlichen Deliktstatbestände nicht entgegenstehen.356 Bis zur tatsächlichen Lösung des Dienstverhältnisses, d. h. bis zur Entfernung aus dem Dienst im Rahmen der Untersagung der Dienstgeschäfte nach § 13 BBG357, sind die Diensthandlungen gemäß § 14 BBG358 sogar nach außen hin rechtswirksam. Der Betreffende ist – trotz der Nichtigkeit bzw. Vernichtbarkeit des Dienstverhältnisses – Amtsträger i. S. des StGB.359 So ist auch der Polizist im Fall (3) Amtsträger, mag sein Dienstverhältnis bei Begehung der Tat auch nichtig gewesen sein. Er war tauglicher Täter i. S. des § 332 I StGB und ist der Bestechlichkeit schuldig. Auch der vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht360 im Jahre 1949 entschiedene Fall – er wird in der Diskussion um den Extraneus inzwischen als 352 Es soll das Beispiel von Kühl, AT, § 15 Rn. 105, betrachtet werden: R hält seine unwirksame Richterernennung irrig für wirksam und begeht in einem Prozeß eine Rechtsbeugung gemäß § 339 StGB. Mit einem derart gebildeten Fall wird die Zustimmung des Lesers zur Bestrafung des untauglichen Subjektes wegen versuchter Tat erheischt. Unweigerlich nimmt der Leser die Position ein: Es kann doch nicht angehen, daß dem böswilligen Richter die – mehr oder weniger auf Zufall beruhende – Nichtigkeit seiner Ernennung zugute kommt! In der Tat! Nur mit dem feinen Unterschied, daß der unwirksam ernannte Richter solange tauglicher Täter des § 339 StGB ist, solange er sein Richteramt ausübt und dementsprechend nicht wegen (untauglichen) Versuchs der Rechtsbeugung, sondern wegen vollendeter Rechtsbeugung bestraft wird. 353 Vgl. dazu bereits Bruns, Der untaugliche Täter, S. 8 ff.; Stöger, S. 21; Stopfkuchen, S. 77. Später ausführlich diesbezüglich Bruns, GA 1979, 161 (173 ff.). 354 Vgl. die Regelung in § 11 BBG sowie in § 12 ThürBG. Eine entsprechende Regelung enthält § 18 DRiG. 355 Wiederum exemplarisch § 12 BBG, § 13 ThürBG sowie § 19 DRiG. 356 So LK11 / Jescheck, Vor § 331 Rn. 6; Maurach / Schroeder, BT 2, § 69 Rn. 13; Schönke / Schröder / Cramer, StGB, Vorbem §§ 331 ff. Rn. 5; sowie RGSt 50, 18 (19). In diesem Sinne bereits auch Jellinek, S. 85. Anders noch RGSt 22, 39 (40 f.), wo argumentiert wurde, die Nichtigkeit des Beamtenverhältnisses wirke ex tunc, mithin wäre der Täter nie Amtsträger gewesen. Im Schrifttum der Gegenwart lehnt, soweit ersichtlich, alleine Jakobs, AT, 25 / 48, die Anwendung der Amtsdeliktstatbestände auf Amtsträger mit nichtiger bzw. vernichtbarer Ernennung ab. 357 Dem entspricht § 14 ThürBG. 358 Dem entspricht § 15 ThürBG. 359 Die Grenze liegt in der Unterscheidung der nichtigen Ernennung von der Nicht-Ernennung. Vgl. zu dieser Distinktion Kunig, Rn. 93 ff. Hält sich ein Nicht-Ernannter aufgrund irriger tatsächlicher Vorstellungen für einen Amtsträger, ist Fallkonstellation (4) erreicht; glaubt hingegen ein Nicht-Ernannter Amtsträger zu sein, weil er in Kenntnis der tatsächlichen Umstände den Amtsträgerbegriff überdehnt interpretiert und seine Tätigkeit darunter subsumiert, sind die Fallkonstellationen (1) und (2) einschlägig. 360 SchlHOLG SchlHA 1949, 297 (298).

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

103

Archetyp gebraucht – ist keine das untaugliche Subjekt betreffende Konstellation: Ein Gemeindebediensteter beging Falschbeurkundungen im Amt gemäß § 348 StGB, wobei er davon ausging, Beamter i. S. des § 359 StGB a. F.361 zu sein. Tatsächlich war er jedoch von einer unzuständigen Behörde mit der Dienstausübung betraut worden. Unter der Geltung des § 11 I 1 BBG (§ 12 I Nr. 1 ThürBG) ist eine solche Ernennung nichtig. Doch bis zur Entfernung aus dem Dienst gilt der Gemeindebedienstete als Amtsträger i. S. des StGB und ist der (mehrfachen) Falschbeurkundung schuldig.362 Festzuhalten ist: Die Fälle der nichtigen oder vernichtbaren Amtsträgerstellung berühren den Komplex des Extraneus nicht. Amtsträger, deren Berufung nichtig oder vernichtbar ist, sind taugliche Täter und begehen in Konstellationen wie Fall (3) ein vollendetes Sonderdelikt. (4) Rekapituliert man das unter (1) bis (3) Erörterte, verbleibt nur Fall (4) als Problemfall des untauglichen Subjektes beim Sonderdelikt: Der Unternehmensdirektor nimmt in dieser Konstellation irrig an, das Unternehmen sei ein Eigenbetrieb der Stadt. Würde dies den Tatsachen entsprechen, wäre der Direktor Amtsträger nach § 11 I Nr. 2 c) StGB, da er dann als Leiter eines städtischen Betriebes dazu bestellt wäre, mit der Daseinsfürsorge Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen; auf die Organisationsform des Betriebes kommt es laut § 11 I Nr. 2 c) StGB nicht an. Mithin stellt sich der Unternehmensdirektor tatsächliche Umstände vor, die, wären sie Wirklichkeit, seine Amtsträgerstellung begründen würden.363 Da er sich auch sonst die Verwirklichung derjenigen Umstände vorstellt, die den Tatbestand der Bestechlichkeit nach § 332 I 1 StGB erfüllen, hat der Unternehmensdirektor den Tatvorsatz hinsichtlich § 332 I 1 StGB. (5) Mit Fall (5) wird der Bereich der Amts- und Sonderdelikte verlassen und das zweite Problemfeld des untauglichen Subjektes betreten – die Garanten-Unterlassungsdelikte. Der Pkw-Führer schuf mit dem Überrollen des Astes nicht die Gefahr des Eintritts deliktstatbestandsmäßigen Erfolges, dessen Abwendung er unterließ. Eine Bestrafung wegen eines vollendeten Garanten-Unterlassungsdeliktes scheidet mithin aus. Jedoch nimmt der Pkw-Führer in dieser Fallkonstellation tatsächliche Umstände an, die, lägen sie vor, seine Garantenstellung aus Ingerenz begründeten: Hätte er einen Fußgänger überrollt und wäre dieser lebensgefährlich verletzt, wäre er verpflichtet gewesen, den drohenden Tod des Fußgängers abzuwenden. Mithin hatte der Pkw-Führer den Tatvorsatz, einen Totschlag durch Unterlassen zu begehen.364 361 § 359 StGB a. F. lautete 1949: „Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu verstehen alle im Dienste des Reichs oder in unmittelbarem oder mittelbarem Dienste eines deutschen Landes auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellte Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht aber Advokaten und Anwälte.“. Durch das 3. StÄG vom 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) wurde die Vorschrift neu gefaßt. 362 In diesem Sinne auch Schlüchter, Irrtum, S. 166 f. 363 So im Ausgangsfall auch Blei, PdW AT, Fall 219.

104

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

(6) Der Bereich des Wahndeliktes wird in Fall (6) wieder erreicht. Hier nimmt der Gast an, mit seiner Dauerkarte Obhutspflichten gegenüber den anderen Gästen übernommen zu haben. Eine derartige Obhutspflicht kennt die Rechtsordnung jedoch nicht. Mithin stellte sich der Gast nicht tatsächliche Umstände vor, die, entsprächen sie der Wirklichkeit, seine Garantenstellung begründen würden; er hatte keinen Tatvorsatz. Vielmehr nahm der Gast in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände irrig an, ihn treffe eine Garantenpflicht. Er unterlag einem umgekehrten Subsumtionsirrtum und verübte mit dem Ertrinkenlassen des Kindes – insofern – ein Wahndelikt.365 c) Es gilt zusammenzufassen: Nur in den Fallkonstellationen (4) und (5) haben die Täter einen Tatvorsatz gefaßt, indem sie von tatsächlichen Umständen ausgingen, die sie zu tauglichen Tätern des jeweiligen Deliktes machen würden. Nach dem herrschenden normtheoretischen Verständnis wäre zu formulieren: Die Täter nehmen irrig Sachverhalte an, die sie zum Adressaten gesetzlicher Sonderpflichten machten. Nur unter dieser Voraussetzung kommt eine Bestrafung des Extraneus wegen versuchter Tat überhaupt in Betracht.366 3. Die Kontradiktion: Tatvorsatz trotz fehlender Bestimmungsnorm a) Entscheidender Punkt aller Erörterungen zum Extraneus muß die Frage sein, ob sich die Fälle des eindeutigen Tatvorsatzes eines untauglichen Subjektes – wie in den vorgenannten Fallkonstellationen (4) und (5) – mit den Strukturen der herrschenden Unrechtslehre in Einklang bringen lassen. Entspricht das Handeln eines Extraneus dem, was von der herrschenden Versuchs- und Unrechtslehre als Unrecht der versuchten Tat begriffen wird?367 b) Daß ein Täter in Fallkonstellationen wie (4) und (5) einen Tatvorsatz faßt, kann nicht bestritten werden:368 In beiden Situationen stellt sich der Täter tatsächliche Umstände vor, die, entsprächen sie der Wirklichkeit, den jeweiligen Deliktstatbestand erfüllen würden. Insbesondere nimmt der Täter Umstände an, die ihn zum tauglichen Täter des Sonderdeliktes werden ließen. Aus diesem Vorstellungsbild heraus will die herrschende Lehre im Anschluß an die Schriften von Bruns369 wegen versuchter Tat strafen.370 Indes wird der Tatvorsatz des Extraneus – und daZur Lösung dieser Konstellation im 6. Kap. unter C. II. Freilich ist er der unterlassenen Hilfeleistung nach § 323 c StGB schuldig. 366 Vgl. statt aller SK / Rudolphi, § 22 Rn. 28 a. 367 Wie das Unrecht der versuchten Tat nach herrschender Ansicht strukturiert ist, wurde oben in diesem Kap. unter E. II. eingehend untersucht. 368 Wenn im Folgenden von Taten des Extraneus bzw. des untauglichen Subjektes die Rede ist, gilt dies stets in bezug auf die den Fällen (4) und (5) entsprechenden Konstellationen. 369 Ders., Der untaugliche Täter, S. 10 ff.; ders., GA 1979, 161 (183 ff.). 370 So etwa Bamberger, S. 246 ff.; Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 30 f.; Blei, AT18, S. 231 f.; Bottke, S. 135 (161); Eser, Strafrecht II3, Nr. 36 A 48 ff.; Gössel, GA 1971, 225 364 365

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

105

mit die Erfüllung des subjektiven Versuchstatbestandes – auch von denen nicht geleugnet, die sonst bestreiten, daß auch ein Extraneus eine versuchte Tat begehen könne.371 c) Mit der Bejahung eines Tatvorsatzes aber müßte die Tat eines Extraneus – das fehlende Eingreifen eines Rechtfertigungsgrundes immer vorausgesetzt – einen Intentionsunwert aufweisen, wird doch letzterer durch den Tatvorsatz und die sonstigen subjektiven Merkmale – eben durch den Tatentschluß – konstituiert:372 Dem Rechtssatz wird nach dem herrschenden Unrechtsbegriff die Eigenschaft einer den Willensbildungsprozeß des Einzelnen steuernden Bestimmungsnorm der Form Du sollst p nicht tun!‘ zugemessen; dementsprechend liegt im (Tat-)Entschluß, p doch zu tun, die Auflehnung des Einzelnen gegen die entsprechende Bestimmungsnorm – der Intentionsunwert. Aber genau hier beginnt das Dilemma: Auch bei den Sonderdelikten ist – nach herrschendem normtheoretischen Verständnis – aus deren Deliktstatbestand die primäre Bestimmungsnorm abzuleiten ,Du sollst p nicht tun!‘ bzw. ,Du sollst q tun!‘. Der Unterschied zu den gemeinen Bestimmungsnormen besteht bei den Sonderdelikten bekanntlich darin, daß sie nicht jedem Rechtsgenossen das festgeschriebene Verhalten verbieten, sondern sich nur an (235 f.); Haft, AT, S. 227; Heinrich, Jura 1998, 393 (394); Jescheck / Weigend, § 50 III 2 c); Kühl, AT, § 15 Rn. 102, 105; Lackner / Kühl, StGB24, § 22 Rn. 13; LK11 / Hillenkamp, § 22 Rn. 230 ff.; Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 174 f.; MK-StGB / Herzberg, § 22 Rn. 61 ff.; Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (615 in Fn. 88); Niepoth, Der untaugliche Versuch, S. 218 ff.; Schlüchter, Irrtum, S. 164 ff.; Schlüchter, JuS 1985, 373, 527 (529 f.); Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 22 Rn. 76; Schroth, Vorsatz, S. 85; Seier / Gaude, JuS 1999, 456 (457 f.); SK / Rudolphi, § 22 Rn. 28 f.; Tröndle / Fischer, StGB51, § 22 Rn. 46, 55; Wessels / Beulke, Rn. 623; Womelsdorf, S. 268 ff. 371 Dies sind u. a. Baumann / Weber, § 33 IV 3 a; Ha, S. 71 f.; Hardwig, GA 1957, 170 (175); Armin Kaufmann, FS Klug, S. 277 (286); Krey, AT 2, Rn. 447; Langer, Das Sonderverbrechen, S. 497 f.; Malitz, S. 196 ff.; Otto, AT, § 18 Rn. 75 ff.; Roxin, JZ 1996, 981 (981); Seelmann, AT, S. 100; Stopfkuchen, S. 82 f.; Stratenwerth, FS Bruns, S. 59 (61 ff.); ders., AT3, Rn. 698 ff.; ders., Schweiz. Strafrecht, § 12 Rn. 58; Welzel, Strafrecht, § 24 V 2; Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 306 f. Als versuchte Tat, die allerdings nicht strafwürdig sein soll, begreift Foth, JR 1965, 366 (371), das Handeln des Extraneus. Schmidhäuser, Lehrbuch AT, 15 / 59 f.; ders., Studienbuch AT, 11 / 59, wendet sich im Rahmen seiner dualistischen Versuchslehre gegen die versuchte Tat des untauglichen Subjektes. NK / Zaczyk, § 22 Rn. 39; ders., Das Unrecht, S. 268 ff., 285, 298, kommt auf der Basis seiner Versuchslehre zum gleichen Ergebnis; dem folgt Rath, JuS 1999, 32 (34). LK10 / Vogler, § 22 Rn. 158, will im Rahmen seiner differenzierten Betrachtung lediglich bei Garanten-Unterlassungsdelikten das untaugliche Subjekt wegen versuchter Tat bestrafen, bei den Sonderdelikten im engeren Sinne will Vogler aus Strafwürdigkeitsgesichtspunkten eine versuchte Tat ausschließen. Schünemann, GA 1986, 291 (318), stimmt dem zu. Ähnlich differenzieren Jakobs, AT, 25 / 45 ff.; sowie Roxin, AT II, § 29 Rn. 356 ff. Auch Stratenwerth, AT4, § 11 Rn. 66, will das untaugliche Subjekt nur dann straflos ausgehen lassen, wenn der Deliktstatbestand an eine generelle Pflichtenstellung anknüpft – wie etwa bei den Amtsdelikten – und nicht lediglich an eine einzelne Pflicht – wie etwa die Wahrheitspflicht in §§ 153 ff. StGB. 372 Vgl. dazu oben in diesem Kap. unter E. II. 1. a); sowie Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (229, 231 f.).

106

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

den im Deliktstatbestand genauer bezeichneten Adressaten wenden.373 Derjenige, der die im Deliktstatbestand normierten Merkmale nicht erfüllt, ist nicht Adressat der Bestimmungsnorm. Er ist ein Extraneus, ein Außenstehender. Die Bestimmungsnorm sagt ihm nichts, weder gebietet noch verbietet sie etwas. Der Gesetzgeber spricht am Extraneus vorbei. All dies wird innerhalb der herrschenden Unrechtslehre, innerhalb der gängigen normtheoretischen Vorstellungen nicht bestritten; es kann nicht ohne Selbstwiderspruch angezweifelt werden.374 d) Nun ist das Tragische an Fallkonstellationen wie denen in den Beispielen (4) und (5), daß die Akteure irrig annehmen, sie seien Adressaten dieser speziellen Verhaltensnormen und würden sich mit ihrem Verhalten gegen ein Ver- bzw. Gebot des Gesetzgebers auflehnen. Ihnen ist ein Vorstellungsbild eigen, das sie zum Adressaten werden ließe, entspräche es nur den Tatsachen. Ein Extraneus nimmt irrig an, der Gesetzgeber lege ihm mit einer Bestimmungsnorm eine Verhaltenspflicht auf.375 Sprachlogisch verdeutlichen läßt sich dies mit dem bereits eingeführten normtheoretischen Schema: * Begehungsdelikte: * Unterlassungsdelikte:

Imperativ (Verbot) Reaktion Imperativ (Gebot) Reaktion

,Du sollst p nicht tun!‘ ,Doch!‘ ,Du sollst q tun!‘ ,Nein!‘

Wendet sich der Gesetzgeber beim Sonderdelikt an den Sonderpflichtigen mit dem Imperativ ,Du sollst p nicht tun!‘, dann ist die Reaktion ,Doch!‘ eines Extraneus schlicht sinnlos. Der Befehlende könnte nicht konstatieren „Eine Auflehnung gegen meinen Imperativ!“, er könnte lediglich äußern „Du warst doch gar nicht gemeint!“. Die Reaktion „Doch!“ des Extraneus ist – um an Wittgenstein376 anzuknüpfen – weder ein zulässiger Zug in diesem Sprachspiel – denn ein Extraneus war nicht angesprochen und daher nicht zu diesem Zug berechtigt –, noch hat sie irgendeinen Witz – sie ist sinnlos. Der Strafrechtsdogmatiker würde spöttisch antworten: „Das war ja nur ein untauglicher Versuch, auf den Gesetzgeber zu reagieren!“ Entsprechendes gilt für Gebote bei Garanten-Unterlassungsdelikten.

373 Bezüglich der Garanten-Unterlassungsdelikte muß dies freilich durch § 13 StGB vermittelt werden. 374 Genau dies unternimmt jedoch Bruns, Der untaugliche Täter, S. 31, wenn er behauptet, „daß nur die im Gesetz bezeichneten Personen diese Delikte im Stadium der Vollendung begehen können“. (Hervorhebung vom Verfasser) Das ist keine abwegige These. Voraussetzung für eine solche Behauptung ist freilich die Aufgabe der herrschenden Unrechtslehre und damit des herrschenden Verständnisses von Recht. Ähnlich wie Bruns argumentiert jetzt auch Herzberg, GA 2001, 257 (270 f.). 375 Dies wurde von Hardwig, GA 1957, 170 (170 ff.), und Stratenwerth, FS Bruns, S. 59 (68 f.); ders., Schweiz. Strafrecht, § 12 Rn. 58, überzeugend dargetan. Vgl. insoweit auch Bloy, ZStW 2001, 76 (92 ff.). 376 Vgl. etwa Wittgenstein, PU 22, 49, 62, 111, 142, 564. Einführend zu Zug und Witz im Sprachspiel Schulte, Wittgenstein, S. 162 ff.

F. Untauglicher Versuch und Wahndelikt

107

Damit unterliegt der Extraneus genau der intellektuellen Fehlleistung, die das Wahndelikt kennzeichnet: Treue gegenüber den geltenden – an den Akteur adressierten – Normen bei irriger Annahme einer Rechtsuntreue. Wie der Täter eines Wahndeliktes verübt der Extraneus den ,untauglichen Versuch‘ der Auflehnung gegen eine Bestimmungsnorm. Ein solcher aber begründet keinen Intentionsunwert377 und damit keinen Handlungsunwert.378 Der rechtsfeindliche Wille eines Extraneus entspricht dem bei einem Wahndelikt betätigten ,rechtsfeindlichen‘ Willen: Die irrige Annahme, der Gesetzgeber hätte Entsprechendes geäußert. Keine ,logische Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale‘ 379 kann darüber hinwegtäuschen, daß dem untauglichen Subjekt zwar ein Tatvorsatz, jedoch kein Intentionsunwert zugeschrieben werden kann. e) Deckt der Extraneus nun einen Antagonismus von herrschender Versuchslehre und herrschender Unrechtslehre auf? Nach jener sind bekanntlich alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes bei der versuchten Tat durch die Vorstellung des Täters i. S. des § 22 StGB ersetzbar. Billigt man jedoch die Ersetzung auch der objektiv-täterschaftlichen Merkmale der Sonderdelikte durch die Tätervorstellung – wie dies die herrschende Lehre im Anschluß an Bruns befürwortet –, zwingen die Prämissen der herrschenden Unrechtslehre ob der ihr zugrunde liegenden normtheoretischen Vorstellungen dazu, den Tatvorsatz des Extraneus mangels Intentionsunwertes als Fall mangelnden Unrechts einzustufen. Genau dies ist die in der Überschrift dieses Abschnitts angedeutete Kontradiktion. Als Ausweg könnte man die normtheoretischen Vorstellungen von den Bestimmungsnormen aufgeben, die der Gesetzgeber angeblich an den Einzelnen adressiert. Verzichtet man auf die Fiktion von Bestimmungsnormen, verlöre aber die herrschende personale Unrechtslehre ihre normtheoretische Basis und müßte ebenfalls aufgegeben werden. Dies hätte – nun als Kettenreaktion – zur Folge, daß die herrschende Versuchslehre mit ihrem Grundgedanken des ,rechtsfeindlichen Willens‘ ihres Ausgangspunktes beraubt wird: Sendet der Gesetzgeber keine Bestimmungsnormen aus, wogegen soll sich ein rechtsfeindlicher Wille des Einzelnen noch richten? 377 Ein Intentionsunwert ist freilich bereits aus formalen Gründen zu verneinen, gehören doch die objektiv-täterschaftlichen Merkmale der Sonderdelikte zum Intentionsunwert. Liegen diese Merkmale wie beim Extraneus nicht vor, mangelt es am Intentionsunwert. Vgl. diesbezüglich oben in diesem Kap. unter E. I. 3. b) und E. II. 1. Gegen eine solche Argumentation kann indes zu leicht der vernichtende Vorwurf einer petitio principii erhoben werden, weshalb die Ausführungen insoweit stärker an den gängigen normtheoretischen Lehren, denn an formalen Argumenten orientiert sind. 378 Daß aber auch der untauglichen Versuch der Auflehnung gegen eine Bestimmungsnorm einen Handlungsunwert begründen soll, behauptet SK / Rudolphi, § 22 Rn. 28. Genau dies ist aber eine petitio principii. Nach der personalen Unrechtslehre jedenfalls ist der untaugliche Versuch einer Pflichtverletzung ein Wahndelikt. 379 Die ,Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale’, ein Argument, dessen Aussagekraft gegen Null tendiert, wird etwa von Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 174, und Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 22 Rn. 76, bemüht.

108

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

Ist man zu alledem nicht gewillt, gibt es nur noch eine Möglichkeit: Die die Sonderpflicht konkretisierenden Tatbestandsmerkmale können nicht durch die bloße Vorstellung des Täters ersetzt werden. Sie müssen neben dem unmittelbaren Ansetzen zur Tat nach § 22 StGB Bestandteil des objektiven Versuchstatbestandes sein.380 Eine versuchte Tat des Extraneus scheitert dann am objektiven Versuchstatbestand.381 Konflikte mit der personalen Unrechtslehre werden dann vermieden. Dies bedeutet nicht, wie es Jescheck382 befürchtet, daß eine partielle Rückkehr zur Lehre vom Mangel am Tatbestand383 unternommen wird. Einzig die gängigen normtheoretischen Begriffe werden konsequent angewandt. f) Freilich unterminiert diese Lösung die Prämisse der herrschenden Versuchslehre, alle Merkmale eines Deliktstatbestandes könnten durch die Vorstellung des Täters ersetzt werden. Möglicherweise ist der Widerstand gegen die Einordnung der Tat des Extraneus als Wahndelikt deshalb so groß. Vielleicht wird aus der Sorge, weitere Deliktstatbestandsmerkmale könnten einer ,Nicht-Ersetzbarkeit‘ anheimfallen, die ,Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale‘ beschworen.

4. Exkurs: Die analoge Anwendung des § 23 III StGB auf den Extraneus Die Befürworter einer Strafbarkeit des Extraneus wegen versuchter Tat sprechen sich für die analoge Anwendung der Unverstandsklausel des § 23 III StGB aus.384 Die Analogie wird damit begründet, daß in § 23 III StGB mit „der Art des Gegenstandes, an dem“ oder „des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte“ Tatmittel und Tatobjekt ausdrücklich benannt wurden, während die Fragen des Tatsubjektes und der grob unverständigen Verkennung der Umstände, die dieses konstituieren, offengelassen wurde. Nun sollen hier weder die Zulässigkeit noch die Zweckmäßigkeit dieser Analogie in Frage gestellt werden, vielmehr ist – gleichsam als Reprise zur oben geführten Diskussion385 um den Begriff des groben Unverstandes – das Augenmerk auf eine Merkwürdigkeit zu lenken:386 Es ist in der Jurisprudenz im Anschluß an die amtliche Begründung des E 1962387 nahezu 380 Nicht hinreichend wäre, wie es von Baumann / Weber / Mitsch, § 26 Rn. 30, befürchtet wird, die Eigenschaft, tauglicher Täter eines Sonderdeliktes zu sein, zu einer objektiven Bedingung der Strafbarkeit zu machen, denn damit läge immer noch kein Unrecht i. S. der personalen Unrechtslehre vor. 381 Auch insofern sei hinsichtlich der geschilderten Fallkonstellationen bereits auf das 6. Kap. unter A. XII. und C. III. verwiesen. 382 Jescheck / Weigend, § 50 III 2 b). 383 Zur Lehre vom Mangel am Tatbestand unten im 4. Kap. unter F. III. 3. 384 Auch der AE wollte in § 25 III Nr. 1 diesen Weg beschreiten. 385 In diesem Kap. unter F. II. 3. b). 386 Diese wurde oben in Fn. 239 bereits angedeutet. 387 E 1962, S. 145.

G. Schluß

109

allgemeine Ansicht, daß unter ,grobem Unverstand‘ i. S. des § 23 III StGB diejenige intellektuelle Leistung eines Täters zu verstehen ist, bei der dieser von völlig abwegigen Vorstellungen über gewöhnlich bekannte Ursachenzusammenhänge ausgehe. Diese Beschränkung auf nomologische Fehlvorstellungen wurde eingehend kritisiert. Nun propagieren dieselben Autoren, die diese Reduzierung des groben Unverstandes auf nomologische Fehlvorstellungen billigen, die Anwendung der Unverstandsklausel auf den Extraneus:388 Begeht also ein untaugliches Subjekt eine versuchte Tat, soll das Gericht analog § 23 III StGB zur außerordentlichen Strafmilderung greifen können, wenn dieser Täter seine in Wahrheit nicht bestehende Sonderpflicht aufgrund von völlig abwegigen Vorstellungen über gewöhnlich bekannte Ursachenzusammenhänge angenommen hat. Es bleibt das Geheimnis der Vertreter dieser Ansicht, wie Sonderpflichten – etwa die Beamtenstellung – durch gewöhnlich bekannte Ursachenzusammenhänge entstehen können.389 V. Fazit Die Dogmatik des untauglichem Versuchs im Kontext der Eindruckstheorie endet in einer Sackgasse. Dort, wo die Abgrenzung von untauglichem Versuch und Wahndelikt wirklich problematisch ist – bei Fehlvorstellungen im Vorfeld des Deliktstatbestandes –, ist der Meinungsdschungel undurchdringbar. Praktisch läßt sich jedes beliebige Ergebnis auf dem Boden der Eindruckstheorie begründen. Dies sind die Symptome einer Krise, die mit den bisherigen Grundlagen offensichtlich nicht bewältigt werden kann.390 Belegt wird die Diagnose eines zutiefst unbefriedigenden Zustandes der Versuchslehre zusätzlich durch die Diskussion um das untaugliche Subjekt: Die Kontradiktion ,Tatvorsatz ohne Bestimmungsnorm‘ zeigt das Dilemma der normtheoretischen Grundlagen der herrschenden Versuchslehre auf: Ihr zufolge kann die Tat eines Extraneus vorsätzlich und rechtswidrig sein und ist doch kein Unrecht.

G. Schluß Die erste Zusammenschau legte den begrifflichen Grundstock frei und zeigte auf, welche Grundaussagen diese herrschende Versuchslehre charakterisieren. Ins388 So Gössel, GA 1971, 225 (236); Heinrich, Jura 1998, 393 (395 f.); Kühl, AT, § 15 Rn. 92; Lackner / Kühl, StGB24, § 23 Rn. 7; LK10 / Vogler, § 23 Rn. 32; Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 175; Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 23 Rn. 16; SK / Rudolphi, § 23 Rn. 9; Tröndle / Fischer, StGB51, § 23 Rn. 6. Für eine direkte Anwendung im Rahmen einer „gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung“ LK11 / Hillenkamp, § 23 Rn. 55, 74. 389 Aufzulösen ist dieser Widerspruch nur, gibt man – wie oben in diesem Kap. unter F. II. 3. b) geschehen – die Beschränkung des groben Unverstandes auf nomologische Fehlvorstellungen auf. 390 Insofern sei bereits auf das 5. und 6. Kap. verwiesen.

110

1. Kap.: Das Unrecht der versuchten Tat als Gegenstand der Eindruckstheorie

besondere wurde deutlich, wie stark die subjektive Versuchslehre auch unter der Eindruckstheorie die Versuchsdogmatik dominiert. Die Genese der subjektiven Versuchslehre und die Gründe für ihren unvergleichlichen Siegeszug durch Rechtsprechung und Strafrechtswissenschaft sollen nun im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen.

2. Kapitel

Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre A. Einleitung 1. Die subjektive Versuchslehre ist das Fundament, auf dem die herrschende Eindruckstheorie ihr Lehrgebäude errichtet hat: Die Eindruckstheorie ist eine um ein sozialpsychologisches Kriterium – die Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung – ergänzte subjektive Versuchslehre.1 Dogmatischer Grundstock beider Lehren ist der betätigte rechtsfeindliche Wille des Täters. Ein betätigter rechtsfeindlicher Wille ist – ganz dem herrschenden normentheoretischen Gefüge verpflichtet – das Sich-Widersetzen des Einzelnen gegen eine vom Gesetzgeber an jeden Bürger adressierte Bestimmungsnorm der Form ,Du sollst p nicht tun!‘, bzw. ,Du sollst q tun!‘2 Auf dieser Funktion der Deliktstatbestände als Bestimmungsnormen für den Einzelnen basiert damit die subjektive Versuchslehre und deren Ableger, die Eindruckstheorie. Doch die dogmatischen Wurzeln dieses Gedankengefüges sind älter als diese Unrechtslehre und deren normentheoretisches Verständnis. 2. Die wissenschaftliche Durchdringung der versuchten Tat und des ihr eigenen Unrechts begann Anfang des 19. Jahrhunderts mit der Kontroverse über den untauglichen Versuch. a) Feuerbach entwickelte seine objektive Versuchslehre und erklärte die Gefährdung eines Tatobjektes zur notwendigen Bedingung der Versuchsstrafbarkeit, „weil bürgerliche Strafbarkeit ohne eine dem äußeren Recht widersprechende Handlung unmöglich, eine Handlung aber nur dann (äußerlich) rechtswidrig ist, wenn sie das Recht verletzt oder gefährdet. Die rechtswidrige Absicht allein gibt keiner Handlung das Merkmal der Rechtswidrigkeit.“3 Charakteristisch für die versuchte Tat ist nach Feuerbach, daß die auf die Begehung eines Verbrechens gerichtete Handlung aufgrund äußerer Hindernisse keinen Erfolg zeitigt. Zwischen der Tathandlung und dem beabsichtigten Taterfolg müsse ein ursächlicher Zusammenhang beVgl. diesbezüglich im 1. Kap. unter B. II. Siehe hierzu im 1. Kap. unter E. II. 3 Feuerbach, Lehrbuch11, § 42. Ursprünglich vertrat auch Feuerbach einen subjektivistischen Standpunkt, vgl. dens., Lehrbuch1, §§ 60, 61. Erst mit der 4. Auflage seines Lehrbuches entwickelte er seine objektive Versuchslehre, vgl. Lehrbuch4, § 42. Dazu auch Delaquis, S. 63 f. 1 2

112

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

stehen. Nur dann sei die Handlung objektiv gefährlich und als versuchte Tat zu bestrafen. Wie indes ein ursächlicher Zusammenhang angenommen werden kann, wenn der Erfolg gerade nicht eingetreten ist, ließ Feuerbach offen. b) Demgegenüber setzten v. Grolmann und Tittmann einen subjektivistischen Kontrapunkt.4 Tittmann schrieb: „Strafbar wird der Versuch, wenn bereits Handlungen unternommen worden sind, welche auf die wirkliche Anwendung der herbeigeschafften Mittel zur Ausführung abzwecken. Es ist aber gleichviel, ob diese Mittel zureichend seyn konnten, oder nicht, weil der Versuch nichts weiter erfordert, als nur die Richtung gewisser Mittel auf einen bestimmten Zweck . . .“5 Entscheidend ist nach Tittmann daher, daß der Handelnde mit der Intention tätig wird, das in einem Strafgesetz beschriebene Unrecht zu verwirklichen. In die gleiche Richtung wies v. Grolmann: „Die Handlung, welche zu dem Begriffe des Verbrechens gehört, braucht indessen nur auf Rechtsverletzung gerichtet zu sein. Daß die Rechtsverletzung wirklich aus ihr hervorgehe, oder auch nur in ihr die nothwendigen Bedingungen ihrer Existenz finde, wird nicht gefordert.“6 Eine wirkliche Begründung ihres subjektivistischen Ansatzes lassen freilich sowohl Tittmann als auch v. Grolmann vermissen.7 c) Dies war mitursächlich dafür, daß die Strafrechtslehre8 und die Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals9 in der Versuchsdogmatik dem Gefährdungs4 Das Problem des ,bösen Willens‘ durchzieht freilich bereits seit dem römischen Recht die Geschichte der Versuchsstrafbarkeit. Vgl. hierzu etwa Baumgarten, S. 41 ff., 67 ff. So ordnete etwa Art. 178 CCC an: „ . . . solcher böser will . . . ist peinlich zu straffen . . . “. Eine dogmatische Behandlung erfuhr die subjektive Versuchskomponente erst mit der wissenschaftlichen Durchdringung der versuchten Tat seit Beginn des 19. Jahrhunderts. 5 Tittmann, § 96. 6 v. Grolmann, § 31 (Hervorhebungen im Original). 7 Der Däne Oersted, S. 164 ff., entwickelte sehr sorgfältig eine subjektive Versuchslehre. Er griff Feuerbachs Konzeption scharf an und schrieb, ebenda, S. 166: „Erwägt man die . . . sonnenklare Wahrheit, daß das Uebel, welches eine Handlung mit sich bringt, wohl der Beweggrund zur gesetzlichen Strafdrohung, aber nicht deren Gegenstand, sondern dieser vielmehr der in der That ausbrechende böse Wille ist, so erhellt es nicht, warum eine äußere Handlung, die eine Gesetzübertretung zum Gegenstand hat, ihre Strafbarkeit dadurch verlieren solle, daß sie aus einer dem Thäter unbekannten Ursache nicht dazu geeignet ist, ihre Wirkung zu thun; denn dieser hat doch das Vorhaben, welches das Strafgesetz zu unterdrükken beabsichtigte, eben so vollkommen in Handlung ausbrechen lassen.“ (Hervorhebungen im Original). 8 So etwa Baumgarten, S. 420 ff.; Berner, 153 ff.; Cohn, Zur Lehre, S. 332 ff.; Finger, S. 226 ff.; Hagemann, GA 32 (1884), 221 (221 ff.); Kriegsmann, S. 29 ff.; Kohn, S. 37 ff.; Max Ernst Mayer, Versuch, S. 331 (339 ff.); Merkel, Lehrbuch, S. 116 ff.; ders., Die Lehre, S. 140 ff.; Natorp, S. 45 ff.; Roos, JR 1950, 206 (210); Schoetensack, GS 91 (1925), 378 (379 ff.); ders., FG v. Frank, S. 55 (56 ff.); Senf, GS 67 (1906), 245 (305 ff.); Zachariae, Erster Theil, S. 233 ff.; Zucker, GA 36 (1888), 370 (372 ff.); ders., GA 37 (1889), 274 (274 ff.). 9 Vgl. etwa die Urteile des Preußischen Obertribunals in GA 2 (1854), 548 (548), 822 (822 f.), 823 (823 f.); GA 4 (1856), 697 (697 ff.); GA 7 (1859), 821 (821 ff.); GA 9 (1861), 211 (211), 570 (570), 769 (769 f.); GA 10 (1862), 545 (545 ff.); GA 11 (1863), 500 (500 ff.);

B. Begründung der subjektiven Versuchslehre durch Maximilian von Buri

113

gedanken Feuerbachs bzw. der Weiterentwicklung der Feuerbachschen Lehre durch Mittermaier10 verbunden waren.

B. Die wissenschaftliche Begründung der subjektiven Versuchslehre durch Maximilian von Buri Erst das Wirken Maximilian v. Buris, sein wissenschaftliches Werk und sein Aufstieg zur „Grauen Eminenz“11 des RG führten zur subjektivistischen Wende, die noch heute – in der Eindruckstheorie als ihrem Epigonen12 – die Versuchsdogmatik dominiert. 1. Im Jahre 1862 – v. Buri war zu dieser Zeit Substitut bei der Großherzoglich Hessischen Staatsanwaltschaft in Gießen – formulierte er in seinen „Abhandlungen aus dem Strafrecht“13 erstmals die Grundzüge seiner subjektiven Versuchslehre. Ausgangspunkt ist dabei seine Überlegung, der Versuch sei dadurch gekennzeichnet, daß der subjektive Tatbestand eines vollendeten Deliktes vollständig vorliege,14 während aus dem objektiven Tatbestand eines vollendeten Deliktes wenigstens ein Merkmal fehle.15 Bereits v. Buris nächster gedanklicher Schritt macht aus seiner Versuchslehre ein Kartenhaus: „Fehlt aber aus dem objectiven Thatbestand des vollendeten Verbrechens auch nur das geringste Moment, so wird die ganze objective Vorliegenheit vollständig bedeutungslos.“16 Das ist eine klassische petiGA 13 (1865), 355 (356), 428 (429 f.); GA 15 (1867), 86 (86 f.); GA 16 (1868), 555 (559 f.); GA 17 (1869), 525 (525 f.); GA 18 (1870), 441 (441 f.); GA 19 (1871), 190 (191 f.), 800 (801 f.); GA 22 (1874), 47 (47 f.); GA 24 (1876), 453 (453 ff.). Eingehend dazu Pinski, S. 66 ff. 10 Ders., Beiträge, S. 163 (194), griff Feuerbachs Lehre auf und differenzierte: „ Nur jene Handlung ist straflos, aus welcher gar nie, unter keinen Umständen das beabsichtigte Verbrechen entstehen kann, und man muß daher wohl von den unzweckmäßigen straflosen Handlungen die bloß unzulänglichen, welche an sich zweckmäßig sind, aber in concreto den Erfolg nicht hervorbrachten, trennen.“ Damit war – auf der Basis eines abstrakt-generellen Gefahrurteils – erstmals zwischen absolut und relativ untauglichem Versuch unterschieden. Vgl. diesbezüglich auch dens., GS 11 (1859), 403 (407 ff.). Die objektive Versuchslehre Feuerbachscher und Mittermaierscher Prägung wird heute als sogenannte ,ältere objektive Versuchslehre‘ bezeichnet. Zu ihrem Pendant, der ,jüngeren objektiven Versuchslehre‘, siehe im 4. Kap. unter B. I. 2. Eingehend dazu Malitz, S. 138 ff. 11 So die Charakterisierung von Maurach / Gössel, AT7, § 40 Rn. 135. 12 Daß die Eindruckstheorie nicht mehr als ein Epigone der subjektiven Versuchslehre ist, bedarf freilich noch der Begründung. Hierzu im 4. Kap. unter A. III., IV. Vgl. auch Hirsch, FS Arthur Kaufmann, S. 545 (560). 13 S. 53 ff. 14 Noch heute beherrscht diese Identitätsthese die deutsche Strafrechtsdogmatik. Daß sie de lege lata unhaltbar ist, wurde im 1. Kap. unter D. II. 2. a) dargetan. 15 v. Buri, Abhandlungen, S. 54. 16 Ebenda, S. 54. Fortwährend durch v. Buri wiederholt in GS 19 (1867), 60 (60); GS 20 (1868), 325 (335); Ueber Causalität, S. 152 f.; GA 25 (1877), 265 (265). 8 Maier

114

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

tio principii: Daß die gesetzgeberische tatbestandliche Typisierung im Falle einer versuchten Tat überhaupt keine Bedeutung für die Bewertung des tatsächlichen Geschehens habe, ist begründungsbedürftig. Mitnichten kann es als Axiom der Errichtung einer Versuchslehre dienen – solange jedenfalls Begründungsbedürftigkeit und Begründung der Jurisprudenz noch etwas bedeuten. 2. Der objektiven Versuchslehre, die nun gerade betont, bei der versuchten Tat müsse die tatbestandlich beschriebene Rechtsgutsverletzung teilweise, und zwar in Gestalt einer Gefährdung des Tatobjektes eingetreten sein, hält v. Buri seine Kausalitätslehre – die klassische Äquivalenztheorie 17 – entgegen: Eine Gefährdung des Tatobjektes als objektiver Versuchstatbestand könne nur dann akzeptiert werden, wenn – wie dies auch von den Vertretern der objektiven Versuchslehre postuliert wurde – zwischen der Tathandlung und dem intendierten Taterfolg ein Kausalzusammenhang dergestalt bestände, daß mit Sicherheit festgestellt werden könne, die Tat wäre ohne ihre Unterbrechung vollendet worden.18 Ein Beweis dafür, daß die Tat ohne die erlittene Unterbrechung vollendet worden wäre, sei jedoch nicht zu führen. Stets könne nur mit größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit vermutet werden, daß die Tat gelungen wäre. Eine solche bloße Möglichkeit sei jedoch im Strafrecht kein legitimer Faktor, „denn sie schließt zugleich die Möglichkeit des Gegentheils in sich, und somit würde die reale Bedeutung des Versuchs nicht allein von der Möglichkeit, sondern zugleich von der Unmöglichkeit hergeleitet werden, daß die Thatseite desselben bei einer Fortsetzung der unterbrochenen Thätigkeit durch ihre Wirksamkeit für den Ersatz zu einem Bestandtheil desselben geworden wäre.“19 Dementsprechend sei es vollkommen gleichgültig, ob die Tat auch nur die geringste Chance der Vollendung hatte – der Versuch mit untauglichen Mitteln oder am untauglichen Objekt sei eine versuchte Tat wie jede andere auch.20 Einzig die willentliche Auflehnung gegen das Gesetz sei zu bestrafen: „Sonach ist die Strafbarkeit hier lediglich in dem Dolus des Willens zu suchen; die bewiesene offene Feindschaft gegen das Gesetz, welche der dolose Wille zu erkennen gibt, soll bestraft werden, mag es auch zu einer Vergegenständlichung des abstrakten Verbrechensbegriffes noch nicht gekommen sein, . . .“21 v. Buri schuf so eine subjektive Versuchslehre als wissenschaftlichen Gegenpart zu den weit verbreiteten und anerkannten objektiven Versuchslehren.22 Vgl. zur Kausalitätslehre v. Buris und deren Siegeszug Maurach / Zipf, AT8, § 18 Rn. 17 ff. 18 v. Buri, Abhandlungen, S. 55. 19 Ebenda, S. 55. 20 Ebenda, S. 56 f. 21 v. Buri, GS 32 (1880), 321 (322). 22 Vertreten wurde die subjektive Versuchslehre – in chronologischer Reihenfolge – durch Hertz, S. 83 ff.; Havenstein, GA 36 (1888), 33 (41 f., 54 f., 60 f.); Eisenmann, ZStW 13 (1893), 454 (457); Stenglein, DJZ 1902, 332 (332 ff.); Höpfner, ZStW 23 (1903), 643 (643 f.); Delaquis, S. 189 ff.; Fabian, S. 21 f., 40 f.; Redslob, S. 144 f.; Germann, S. 65 ff.; Schüler, S. 67 ff.; Hellmuth Mayer, SJZ 1949, Sp. 172 (172 ff.); ders., Lehrbuch AT, S. 278 ff.; 17

B. Begründung der subjektiven Versuchslehre durch Maximilian von Buri

115

3. Während v. Buri die Formel von der gänzlichen Bedeutungslosigkeit der tatsächlichen Verwirklichung des objektiven Tatbestandes immer von neuem wiederholte,23 baute er seine Kausalitätslehre weiter aus:24 Als Kausalzusammenhang begreift v. Buri den „Prozeß der Entstehung einer Erscheinung“25. Wolle man diesen Prozeß nachvollziehen, so seien in geordneter Reihenfolge alle die Kräfte festzustellen, die im Entstehungsprozeß wirksam waren. Die Summe dieser Kräfte sei die Ursache der Erscheinung. Ob dieser Betrachtung einer Ursache als Kräftesumme ist für v. Buri klar, daß bei Ausfall auch nur eines Summanden die Erscheinung selbst fortfalle. Jede Einzelkraft sei kausal, ohne sie wäre die Erscheinung nur „todte Masse“26. Der menschliche Wille habe im Kausalzusammenhang die Rolle eines Agens.27 Falle eine Einzelkraft aus, breche der Kausalzusammenhang weg und lediglich jener Agens sei existent. 4. Zur weiteren Begründung seiner Lehre führte v. Buri im Jahre 1867 an, der Täter einer versuchten Tat zeichne sich gerade durch einen gefährlichen Willen aus.28 Es gelang v. Buri mithin, selbst das Gefahrmoment der objektiven Versuchslehre noch zu subjektivieren. Dieser Gedanke sollte später als Tätertheorie29 Eingang in die Dogmatik des untauglichen Versuchs finden: Der Täter einer versuchten Tat mit untauglichen Mitteln bzw. am untauglichen Objekt habe seinen verbrecherischen Wille demonstriert und lasse befürchten, daß er den Angriff erneut und ders., Studienbuch AT, S. 141 ff.; Bockelmann, Zur Abgrenzung, S. 135 (142 f.); ders., Zur Reform, S. 150 (154 ff.); LK8 / Jagusch, § 43 I 1, II 2; Fiedler, S. 97 ff.; Welzel, Strafrecht, § 24 IV; LK9 / Busch, § 43 Rn. 1; Albrecht, S. 42 ff.; Blei, AT18, S. 231; Baumann / Weber, § 32 I 2 c; Tröndle / Fischer, StGB49, § 22 Rn. 24; LK11 / Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 66 ff. Ihr Ableger, die Eindruckstheorie, wird verfochten von Blei, AT17, S. 208 f.; Burgstaller, ÖJBl. 1969, 521 (529 f.); Ebert, S. 124 ff.; Eser, Strafrecht II3, Nr. 31 A 34; Gropp, AT, § 9 Rn. 48; Grünwald, FS Welzel, S. 701 (712); Jescheck / Weigend, § 49 II 3; Lackner / Lackner, StGB22, § 22 Rn. 11; LK10 / Vogler, Vor § 22 Rn. 54 ff.; Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 41; Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (604); Papageorgiou-Gonatas, S. 206, 209 ff.; Roxin, JuS 1979, 1 (1); Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem § 22 Rn. 22; Schünemann, GA 1986, 291 (311 f.); SK / Rudolphi, Vor § 22 Rn. 13; Stratenwerth, Schweiz. Strafrecht I, § 12 Rn. 18; Streng, ZStW 109 (1997), 862 (865); Wessels / Beulke, Rn. 594. 23 Vgl. oben in diesem Kap. Fn. 16. 24 So in GS 19 (1867), 60 (60 ff.); Ueber Causalität, S. 1 ff.; GA 25 (1877), 265 (272 ff.); GS 32 (1880), 321 (321 ff.); Die Causalität, S. 119 f. 25 Ders., Ueber Causalität, S. 1. 26 Ebenda, S. 1. 27 Ebenda, S. 1 f. 28 Ders., GS 19 (1867), 60 (63). 29 Vgl. etwa Eduard Ritter v. Liszt, ZStW 25 (1905), 24 (36); Kohlrausch / Lange, Vorbemerkungen zu § 43 Anm. III 3; Waiblinger, ZStW 69 (1957), 189 (218 f.). In jüngerer Zeit lassen Benfer, Rn. 475; Cramer, Vollrauschtatbestand, S. 63; Zielinski, S. 134 in Fn. 14; sowie – aus ökonomischer Sicht – Adams / Shavell, GA 1990, 337 (362 f.), die Tätertheorie wieder auferstehen. Anklänge finden sich auch bei Bottke, S. 135 (140 ff., 160). Kritisch hierzu insgesamt Brehm, S. 76 Fn. 1; Gössel, GA 1971, 225 (231); Roxin, JuS 1973, 329 (331 f.); Rudolphi, S. 51 (71 f.); Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 78 Fn. 48. 8*

116

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

dann in tauglicher Weise ausführen werde.30 Mit dieser Auffassung hielten sicherheitspolizeiliche Argumente Einzug in die Versuchsdogmatik.31 5. Mit dem Ende des kausalistischen Weltbildes in der Strafrechtsdogmatik geriet auch v. Buris Begründung der Versuchsstrafbarkeit mittels Kausalitätsargumenten in Vergessenheit. Ganz anders steht es jedoch um die zweite Säule der Versuchslehre v. Buris. Seiner These, die deliktstatbestandliche Handlungsbeschreibung habe im Falle einer versuchten Tat überhaupt keine Bedeutung für die Bewertung des tatsächlichen Geschehens, wird jeder Vertreter einer subjektiven Versuchslehre zustimmen. Sie ist die Basis der heute herrschenden Versuchslehre.

C. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch das Reichsgericht I. Die Rezeption der Versuchslehre v. Buris 1. Bereits ein halbes Jahr nach seiner Errichtung stand das RG vor der Aufgabe, zum Problem des untauglichen Versuchs und damit zum Streit zwischen objektiver und subjektiver Versuchslehre Stellung zu nehmen. Maximilian v. Buri war vom Großherzoglichen Oberstaatsanwalt zu Darmstadt zum Reichsgerichtsrat avanciert und wirkte in dieser Funktion am Urteil der Vereinigten Strafsenate vom 24. Mai 188032 mit. 2. Das Landgericht Ravensburg hatte über folgenden Fall zu befinden: Der Angeklagte reichte einer Schwangeren eine bittere, dunkle Flüssigkeit mit der Aufforderung, mehrmals täglich etwas davon einzunehmen, um die Schwangerschaft abzubrechen. Letzteres gelang jedoch nicht. Es konnte nicht geklärt werden, ob das Mittel zum Schwangerschaftsabbruch überhaupt geeignet war. Das Landgericht Ravensburg verurteilte die Schwangere wegen versuchter Abtreibung nach §§ 218, 43 StGB a. F., den Mitangeklagten wegen Anstiftung zur versuchten Abtreibung gemäß §§ 218, 43, 48 StGB a. F. Gegen dieses Urteil legten die Angeklagten Revi30 Die Tätertheorie fand nach dem 2. Weltkrieg sogar Gesetzeskraft: Durch Artikel VII des Gesetzes über die Anwendung des Strafgesetzbuches im Lande Thüringen vom 1. November 1945 wurde § 43 RStGB ein Absatz 3 angefügt: „Hat der Versuch eine ernsthafte Gefahr für das angegriffene Rechtsgut nicht herbeigeführt und läßt er auch nicht auf eine Gefährlichkeit des Täters schließen, so kann der Richter von Strafe absehen.“ Diese Ergänzung trägt unverkennbar die Handschrift Richard Langes, damals Professor für Strafrecht an der Universität Jena und maßgeblich an jenen Änderungen des RStGB beteiligt. 31 Etwas salopp ließe sich die Tätertheorie als eine um spezialpräventive Momente ergänzte subjektive Versuchslehre bezeichnen, während sich die Eindruckstheorie der heute herrschenden Lehre als eine mit generalpräventiven Kriterien angereicherte subjektive Versuchslehre präsentiert. Zu den Einflüssen Franz v. Liszts Lehre von der Spezialprävention unten in diesem Kap. unter A. VI. 2. Zu den generalpräventiven Aspekten der Eindruckstheorie unten im 4. Kap. unter A. II. 2., III. 2. 32 RGSt 1, 439 (439 ff.).

C. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch das Reichsgericht

117

sion ein: Werde in dubio pro reo angenommen, das Tatmittel sei zur Begehung eines Schwangerschaftsabbruches untauglich gewesen, liege ein strafloser untauglicher Versuch vor. Der zuständige erste Senat des RG verwies die Sache an die Vereinigten Strafsenate. 3. Diese legten zunächst dar, daß dem StGB von 1871 keine Regelung der Problematik des untauglichen Versuchs zu entnehmen sei.33 Die Entscheidung über die Grenzen der Strafbarkeit des Versuchs – so heißt es dann – könne „lediglich aus den inneren Gründen für diese Strafbarkeit überhaupt entnommen werden“34. Das RG verheißt insoweit eine tiefschürfende Auseinandersetzung zu eben jenen Grenzen der Strafbarkeit wegen versuchter Tat. Doch weit gefehlt! Bereits der nachfolgende Satz ist von apodiktischer Klarheit: „Darüber nun kann kein Zweifel aufkommen, daß im Versuche der verbrecherische Wille diejenige Erscheinung ist, gegen welche das Strafgesetz sich richtet . . .“35 Natürlich: Die Strafrechtslehre steht größtenteils hinter der objektiven Versuchslehre Mittermaierscher Prägung, auch das Preußische Obertribunal urteilte nach diesen Grundsätzen, aber für das RG gab es keine Zweifel am Primat des verbrecherischen Willens. Daß „eine viel verbreitete Lehre“36 die Schaffung einer objektiven Gefahr als notwendige Bedingung der Strafbarkeit wegen versuchter Tat ansieht und die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg nach dieser Ansicht begründet wäre, quittiert das RG mit dem beinahe höhnischen Satz, die Wissenschaft (sic!) habe „das Unhaltbare dieser Theorie überzeugend nachgewiesen“37. „Die Wissenschaft“ ist v. Buris Äquivalenztheorie – wahrhaft ein Paroxysmus.38 Ganz deutlich wird dies, liest man das Urteil zu Ende. Was dort als Argumentation für den Übergang der Judikatur zur subjektiven Versuchslehre geboten wurde, ist eine Kurzfassung der einschlägigen Werke v. Buris:39 Die objektive Versuchslehre verlange einen Kausalzusammenhang zwischen der Tathandlung und dem intendierten Erfolg; nur wenn dieser Kausalzusammenhang durch selbständige, vom Willen des Täters unabhängige Umstände unterbrochen werde und die Tatvollendung nicht zeitigen könne, läge eine Gefährdung des Tatobjektes vor, nur dann sei nach Ansicht der ObjektiviRGSt 1, 439 (441). RGSt 1, 439 (441). 35 RGSt 1, 439 (441). 36 RGSt 1, 439 (442). 37 RGSt 1, 439 (442). 38 Vgl. zum gewaltigen Widerhall dieser Entscheidung des RG etwa Cohn, GA 28 (1880), 361 (361 ff.); Geyer, ZStW 1 (1881), 30 (30 ff.); Hugo Meyer, GS 33 (1881), 101 (124 f.); Friedrich Zimmermann, GS 33 (1881), 260 (260 ff.). Zur Reaktion v. Buris auf die Kritik an der subjektiven Versuchslehre und der Rechtsprechung des RG ders., ZStW 1 (1881), 185 (185 ff.); GS 40 (1888), 503 (503 ff.); GS 44 (1891), 321 (321 ff.). Die Instanzgerichte wehrten sich noch über 20 Jahre gegen die Versuchslehre des RG, indem sie wegen untauglichen Versuchs angeklagte Täter freisprachen. Vgl. diesbezüglich etwa Hagemann, GA 32 (1884), 221 (221 ff.). Eingehend zur Reaktion von Rechtsprechung und Wissenschaft Zaczyk, Das Unrecht, S. 80 in und bei Fn. 26. 39 RGSt 1, 439 (442 f.). 33 34

118

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

sten eine Bestrafung wegen versuchter Tat möglich. Demgegenüber stehe das RG auf dem Standpunkt, eine Handlung sei nie kausal für einen nicht eingetretenen Erfolg; „der Nichteintritt zeigt eben, daß sie nicht kausal war“40. Auch die Unterscheidung zwischen absolut und relativ untauglichen Mitteln könne an der bei jeder versuchten Tat fehlenden Kausalität nichts ändern, denn jede Handlung, die den Taterfolg nicht zeitigte, hätte sich als absolut untauglich erwiesen. Es gäbe mithin ausschließlich absolut untaugliche Versuche, denen allen die „Auflehnung gegen die Rechtsordnung“41 durch den Täter eigen sei. Gegen diese Fehlleistung richte sich die Versuchsstrafe, gleichgültig, ob die Tat am untauglichen Objekt oder mit untauglichen Mitteln vorgenommen werde. 4. Nur 16 Tage später – am 10. Juni 1880 – hob der erste Senat des RG ein Urteil des Schwurgerichts Gießen auf.42 Letzteres hatte für Recht erkannt, daß an einer Leiche kein Tötungsversuch unternommen werden könne und sprach die Angeklagte frei. Der erste Senat verwies auf die Entscheidung vom 24. Mai 1880 und gab der Revision der Staatsanwaltschaft statt. Dieser schlichte Verweis auf RGSt 1, 439 (441 ff.) wurde Usus.43 5. Im Jahre 1900 nahm das RG zum abergläubischen Verhalten Stellung.44 Letzteres wurde aus dem Bereich der versuchten Tat ausgeklammert, da die bei abergläubischem Vorgehen angerufenen Kräfte, „als nicht in der wissenschaftlichen Erkenntnis und Erfahrung des Lebens begründet, vom Richter nicht als Quelle realer Wirkungen anerkannt werden“45 könnten. Abergläubische Mittel seien weder tauglich noch untauglich, sie seien überhaupt keine Mittel.46 6. Die Rechtsprechung des RG zur Frage der versuchten Tat eines untauglichen Subjektes war bis zum Jahre 1938 nicht eindeutig, da kein einschlägiges Urteil gefällt, nur das eine oder andere obiter dictum ausgeführt wurde.47 Erst in der Entscheidung zur versuchten Rassenschande48 wendete das RG auch auf den Extraneus die subjektive Versuchslehre an und erklärte die objektiv-täterschaftlichen Tatbestandsmerkmale für gleichermaßen durch die Vorstellung des Täters ersetzbar. RGSt 1, 439 (442) (Hervorhebungen im Original). RGSt 1, 439 (443). 42 RGSt 1, 451 (451 f.). 43 Vgl. etwa RGSt 8, 198 (201 ff.); 11, 72 (77); 17, 158 (159 f.); 24, 382 (382 f.); 33, 321 (323); 34, 217 (219 ff.); 38, 423 (424 f.); 39, 316 (316 f.); 39, 427 (433); 41, 373 (377); 42, 92 (93 f.); 47, 65 (66); 47, 189 (191); 49, 16 (20); 50, 35 (36); 51, 205 (210 f.); 53, 23 (25); 55, 138 (142); 56, 316 (318); 60, 209 (215); 64, 130 (131 f.); 66, 124 (126 f.); 68, 45 (52 ff.); 70, 199 (200); 72, 109 (112 f.); 72, 264 (265). 44 RG 33, 321 (321 ff.). 45 RG 33, 321 (323). 46 RG 33, 321 (323). Sehr kritisch diesbezüglich Binding, Normen III, S. 533 f. 47 Vgl. etwa RGSt 8, 198 (198 ff.); 29, 419 (420 f.); sowie GA 32 (1884), 243 (243 ff.). 48 RGSt 72, 109 (112). 40 41

C. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch das Reichsgericht

119

II. Der Umkehrschluß aus § 59 StGB a. F. Einmal nur – im Jahre 1908 – wurde der Begründungsgang der Versuchsstrafbarkeit vom RG49 wieder aufgegriffen und um den mittlerweile legendären Umkehrschluß aus § 59 StGB a. F. ergänzt.

1. Der Ausgangsfall zu RGSt 42, 92 (92 ff.) Das Amtsgericht Sondershausen verurteilte zwei Angeklagte wegen versuchten Betruges. Diese hatten ein Pferd bei einer Versicherungsbank versichert. Dabei nahmen die Angeklagten irrig an, der Versicherungsschutz für das Pferd beginne erst mit der Aushändigung der Police. Tatsächlich bestand der Versicherungsschutz bereits mit der Zahlung der Prämie. Das Pferd starb nach Zahlung der Prämie, aber vor Übergabe der Police. In der Annahme, nur dann Versicherungsschutz zu genießen, wenn der Todeszeitpunkt nach Übergabe der Police gelegen hätte, gaben die Angeklagten gegenüber der Versicherungsbank als Todeszeitpunkt einen Termin nach der Übergabe der Police an, um so einen Versicherungsschutz zu ,erschwindeln‘. 2. Die Entscheidung des Reichsgerichts a) Im Ausgangsfall fehlt es an der objektiven Rechtswidrigkeit der erstrebten Bereicherung; die Versicherungsbank war zur Zahlung der Versicherungssumme verpflichtet. Das RG stellte zunächst heraus, daß auch derartige Fälle des ,Mangels am Tatbestand‘50 aufgrund des betätigten Vorsatzes versuchte Taten sind; die Angeklagten hätten mithin einen untauglichen Betrugsversuch verübt – jede andere Entscheidung wäre mit den Prämissen der subjektiven Versuchslehre unvereinbar. Sodann wurde bekräftigt, daß das RG an seiner Grundsatzentscheidung RGSt 1, 439 ff. zum untauglichen Versuch festhalte. b) Entscheidend ist nun, daß sich das RG gezwungen sieht, den stets als versuchte Tat strafbaren ,Mangel am Tatbestand‘ vom straflosen Wahndelikt abzugrenzen: Bestehe die Norm, gegen die der Täter zu verstoßen glaubt, überhaupt nicht oder beziehe der Täter die Norm nur infolge einer irrtümlichen Erweiterung ihres Geltungsbereichs auf seine Tat, halte sich der Wille des Täters in den Schranken des positiven Rechts. Hingegen sei der Wille der Täter im zu entscheidenden Fall auf die Verwirklichung des Betrugstatbestandes gerichtet gewesen und nicht auf die Verwirklichung eines bloß vermeintlichen Deliktes. „Der Unterschied“, heißt es, „wird sonach bedingt durch die Beschaffenheit des Irrtums.“51 Schließlich 49 50 51

RGSt 42, 92 (94). Hierzu näher im 4. Kap. unter F. III. 3. RGSt 42, 92 (94).

120

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

folgen die legendären Sätze: „Wie der tatsächliche Irrtum nach § 59 StGB’s die Schuld ausschließt, so findet er auch umgekehrt zuungunsten des Täters Beachtung, wenn er zur Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorhandenen Tatbestandserfordernisses führt. Und wie der Irrtum über Bestehen und Tragweite eines Strafgesetzes zur Schuldausschließung nicht geeignet ist, so kann er auch gegen den Täter nicht als schuldbegründend in Betracht kommen, der gegen eine in Wirklichkeit ihm nicht entgegenstehende Strafvorschrift zu handeln glaubt.“52 Damit war – zum Zwecke der Abgrenzung der versuchten Tat vom Wahndelikt – der Umkehrschluß aus § 59 StGB a. F. aus der Taufe gehoben. c) Freilich war die Umkehr der Irrtumsregelung keine vollkommen originäre Leistung des RG.53 Bereits im Jahre 1855 schrieb Köstlin – ein geistiger Ziehvater v. Buris54 – : „Durch den faktischen Irrtum fällt keineswegs der Begriff der Handlung überhaupt und damit die Zurechnung fort, sondern nur die rechtsverletzende Qualität der Handlung kann dem Irrenden nicht imputiert werden. Ist nun umgekehrt jemand in verbrecherischer Absicht tätig geworden, war aber hinsichtlich des Gegenstandes oder der Mittel in faktischem Irrtum, so kann auch hier der Begriff der Handlung und der Zurechnung nicht wegfallen. Vielmehr wie im ersten Fall die nicht bewusste verbrecherische Eigenschaft der Handlung dem Irrenden, der rechtlich zu handeln glaubt, nicht imputiert wird, so kann dem in verbrecherischer Absicht tätig Gewordenen der unvorhergesehene glückliche Ausgang seines Unternehmens nicht zugerechnet (zugutgerechnet) werden“55

3. Der sachliche Gehalt des Umkehrschlusses a) Über Sinn und Unsinn dieses Umkehrschlusses aus § 59 StGB a. F. wurde viel gestritten.56 Daß der Umkehrschluß des RG bereits aus formal-logischen Gründen unrichtig ist, hat Spendel57 überzeugend nachgewiesen: Das Verhältnis von Grund und Folge im Konditionalsatz wahrt seine Notwendigkeit nicht über die Umkehrung des Satzes hinweg. Die Umkehrung des § 16 I 1 StGB – der mit dem 2. StRG auf RGSt 42, 92 (94). Schon bei Thomas v. Aquin, Quaestio, qu 17 ar 3 ag 4, findet sich eine Umkehrregel: „eiusdem est ligare et solvere“. „Was bindet, das löst auch; was löst, das bindet auch.“ heißt es in der Übersetzung Hruschkas, GS Zipf, S. 235 (247). Vgl. auch Thomas v. Aquin, Untersuchungen, S. 83. 54 Vgl. etwa schon v. Buri, Abhandlungen, S. 65 ff. 55 Ders., S. 774 (Hervorhebung vom Verfasser). Binding, Normen III, S. 555, bezeichnet diese Äußerung Köstlins als „besonders häßlich“ und (ebenda, S. 410 in Fn. 2) die doppeldeutige Verwendung des Begriffes ,Zurechnen‘ als „einfach abscheulich“. 56 Vgl. in chronologischer Reihenfolge Graf zu Dohna, FG Güterbock, S. 35 (45 f.); Binding, Normen III, S. 554 f.; Spendel, ZStW 69 (1957), 441 (443 ff.); Sax, JZ 1964, 241 (241 ff.); ders., JZ 1976, 429 (429 ff.); Spendel, NJW 1965, 1881 (1885 ff.); Engisch, FS Heinitz, S. 185 (187 ff.); Puppe, FS Lackner, S. 199 (202 ff.). 57 Ders., ZStW 69 (1957), 441 (449 ff.). 52 53

C. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch das Reichsgericht

121

dem Feld des Tatumstandsirrtums den Platz von § 59 StGB a. F. eingenommen hat – macht dies noch deutlicher als die Kritik an der Umkehrung des § 59 StGB a. F.: (1) § 16 I 1 StGB lautet: Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. (2) Eine echte Umkehrung der Norm lautet: Wer bei Begehung der Tat einen Umstand kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt vorsätzlich. Das ist Unsinn. Ein Täter handelt nur dann vorsätzlich, wenn er alle Umstände kennt, die im entsprechenden gesetzlichen Tatbestand normiert sind. Insofern ist ein Umkehrschluß aus § 16 I 1 StGB nicht nur nichtssagend, sondern falsch. (3) Freilich wird mit einem ,umgekehrten Tatumstandsirrtum‘ – wie der Umkehrschluß aus § 16 I 1 StGB heute genannt wird – nicht eine echte Umkehrung wie in (2) bezeichnet. Vielmehr wird § 16 I 1 StGB wie folgt ,umgekehrt‘: Wer bei Begehung der Tat Umstände irrig annimmt, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören, handelt vorsätzlich und begeht eine versuchte Tat.58 Das aber ist kein Umkehrschluß mehr,59 das ist eine Umkehrregel – eine Norm, die im Gesetz keine Stütze findet.

b) Davon abgesehen, daß es nach § 22 StGB weder auf ein Kennen noch auf ein Nicht-Kennen ankommt, sondern einzig die Vorstellung des Täters die subjektive Tatseite der versuchten Tat konstituiert,60 postuliert ein solcher ,umgekehrter Tatumstandsirrtum‘ ein Umkehrverhältnis zwischen Versuch und Irrtum.61 Ein solches Umkehrverhältnis – das durchaus einen ästhetischen Reiz hat – setzt jedoch die Entscheidung für die subjektive Versuchslehre voraus, denn nur wenn alle objektiven Merkmale eines Deliktstatbestandes beim Versuch durch die Tätervorstellung ersetzbar sind, führt die irrige Annahme eines Tatumstandes in jedem Falle zur versuchten Tat.62 Keinesfalls kann ein Umkehrverhältnis die sachliche Berechtigung einer subjektiven Versuchslehre begründen.63 58 Vgl. Ebert, S. 153 f.; Jescheck / Weigend, § 50 II 1; Kühl, AT, § 15 Rn. 96 ff.; Schroth, Vorsatz, S. 77 ff.; Wessels / Beulke, Rn. 621. Höchstrichterlich vorgeführt etwa von BGH NStZ 1994, 29 (29). 59 Vgl. zur Struktur eines Umkehrschlusses Schneider, Logik, S. 151 ff. 60 Siehe diesbezüglich die Untersuchungen im 1. Kap. unter D. II. 2. a). 61 Vgl. dazu insbesondere Baumann, NJW 1962, 16 (16 ff.); sowie dens., Einführung, S. 440 f. 62 Zur Gänze unhaltbar sind daher etwa die Ausführungen Bruns’, Der untaugliche Täter, S. 14 ff., wo dieser die Richtigkeit der subjektiven Versuchslehre gerade mit dem Umkehrschluß aus § 59 StGB a. f. begründet. Freilich verwundert Bruns’ logischer Coup weniger, liest man, ebenda, S. 14, sein Geständnis, er habe Bindings Kritik des Umkehrschlusses nie richtig verstanden. Dies könnte wiederum Bruns’, DStR 5 (1938), 161 (161 ff.), häßliche Apotheose der Entscheidung des RG, RGSt 72, 109 (112), zur versuchten Rassenschande erklären. Vgl. auch im 1. Kap. unter F. IV. 63 In diesem Sinne auch NZ / Zaczyk, § 22 Rn. 35, 44; ders., Das Unrecht, S. 81; sowie ausdrücklich bereits Baumann, NJW 1962, 16 (18); Engisch, FS Heinitz, S. 185 (204 f.); v. Hippel, S. 422 in Fn. 2; LK4 / Lobe, § 43 Ziff. 11 b); Sax, JZ 1964, 241 (245); Spendel, ZStW 69 (1957), 441 (459). NK / Puppe, § 16 Rn. 177, konstatiert mithin völlig zu Recht, daß die Frage objektiver Begrenzungen des strafbaren Versuchens nicht von der Irrtumsproblematik her zu beantworten ist; diese gehört sachlich zur Versuchslehre.

122

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

c) Dies hat das RG – um wieder auf RGSt 42, 92 (92 ff.) zurückzukommen – jedoch auch nie behauptet. All zu oft wird nicht exakt genug herausgearbeitet, daß auch für das RG der Umkehrschluß aus § 59 StGB a. F. keine Funktion für die Begründung des Unrechts der versuchten Tat hatte.64 Die Entscheidung in RGSt 42, 92 (93), auch die Fälle des ,Mangels am Tatbestand‘ in die Versuchsstrafbarkeit einzubeziehen – und damit die Bestätigung der Entscheidung RGSt 39, 316 (316 f.)65 –, wird nicht auf die Umkehrargumente in RGSt 42, 92 (94) gestützt.66 Sie folgt unmittelbar aus der Prämisse der subjektiven Lehre, daß jedes objektiv gefaßte Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes bei der versuchten Tat durch die Vorstellung des Täters ersetzbar ist. Der Umkehrschluß in RGSt 42, 92 (94) dient einzig und allein der Abgrenzung zwischen untauglichem Versuch und Wahndelikt. d) Hruschka67 hat zutreffend darauf hingewiesen, daß es für die Begründung der sachlichen Richtigkeit einer subjektiven Versuchslehre einer Umkehrregel – wie etwa das „Eiusdem est ligare et solvere“68 – bedürfe. Dem StGB jedoch war und ist keine Umkehrregel zu entnehmen. Ob die Strafrechtsdogmatik mit einer solchen arbeiten sollte, führt zurück zur Frage, wie das Unrecht der versuchten Tat zu begründen ist und zeigt nochmals auf, daß ein Umkehrschluß, ein Umkehrprinzip, oder ein umgekehrter Tatumstandsirrtum die Entscheidung für eine subjektive Versuchslehre – mit dem Dogma der generellen Ersetzbarkeit eines jeden objektiv gefaßten Deliktstatbestandsmerkmals – voraussetzt, eine subjektive Versuchslehre jedoch nicht begründen kann. e) Der Entscheidung für eine subjektive Versuchslehre nachfolgend, erleichtert ein Umkehrschluß nur die Abgrenzung zwischen versuchter Tat und Wahndelikt.69 Für eine nicht-subjektive Versuchslehre wird der Umkehrschluß bestenfalls marginale Bedeutung haben.

64 Dies verkennt Binding, Normen III, S. 554 f., in seiner beißenden Kritik der Entscheidung RGSt 42, 92 (94). Binding greift den Umkehrschluß an, tut jedoch so, als hätte das RG die subjektive Versuchslehre auf den Umkehrschluß gestützt. Auch Spendel, ZStW 69 (1957), 441 (444), behauptet dies. 65 Das RG hat dort eine versuchte Unzucht mit Kindern angenommen, wenn der Täter irrig annahm, das Opfer sei jünger als 14 Jahre. 66 Dies wird schon durch die Lektüre der Leitsätze RGSt 42, 92 (92) deutlich: Dort heißt es: „1. Liegt in einem Falle, wo der tatsächlich erstrebte Erfolg unter irriger Annahme eines die Strafbarkeit bedingenden Tatbestandsmerkmales erreicht ist, strafbarer Versuch vor? 2. Abgrenzung gegen Wahnverbrechen.“ (Hervorhebungen vom Verfasser) 67 Ders., GS Zipf, S. 235 (248, Fn. 40). 68 Hierzu oben in diesem Kap. Fn. 53. 69 In welche Untiefen diese ,Erleichterung‘ in problematischen Fällen führt, wurde im 1. Kap. unter F. III. 2. und 4. aufgezeigt.

D. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch den BGH

123

D. Die Übernahme der subjektiven Versuchslehre durch den BGH Der BGH urteilte im Jahre 1951 zum ersten Mal über den untauglichen Versuch einer Tat.70 Ein Angeklagter hatte bei der Leistung eines Offenbarungseides sein Vermögensverzeichnis als vollständig beschworen. In letzteres war u. a. eine in Wahrheit nicht bestehende Forderung gegen die Firma J. als Habenposten eingetragen. Dieser Eintrag diente lediglich zur Täuschung. Der Angeklagte ging bei Leistung des Eides davon aus, er müsse auch die zur Täuschung als Vermögenswert aufgeführte Forderung als richtig beschwören. Er wurde deshalb vom Landgericht wegen Meineides verurteilt. Der BGH hob dieses Urteil auf. Zunächst stellte er fest, die Pflicht des Schuldners bei Leistung des Offenbarungseids erstrecke sich nur auf die Offenbarung seines wirklich vorhandenen Ist-Vermögens.71 Die vom Angeklagten frei erfundene Forderung sei mithin nicht vom geleisteten Offenbarungseid erfaßt worden; ein vollendeter Meineid liege daher nicht vor.72 Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte jedoch bewußt seine unwahren Angaben beschworen und sich dabei irrtümlich von der Vorstellung leiten lassen, vom Offenbarungseid würde auch die Auskunft über eine frei erfundene Forderung im Vermögensverzeichnis erfaßt. Der BGH wertete dies als einen umgekehrten Tatumstandsirrtum i. S. des § 59 StGB a. F. – knüpfte mithin auch an die Rechtsprechung des RG zum Umkehrschluß an – und sah im Verhalten des Angeklagten einen untauglichen Versuch des Meineides.73 Der BGH hielt sich nicht mit langen Überlegungen zu Grund und Grenzen der Versuchsstrafbarkeit auf, er urteilte: „Deshalb ist der Angeklagte nach der vom RG entwickelten sog. subjektiven Lehre vom Versuch, die sich der Senat zu eigen macht, wegen versuchten Meineids zu bestrafen.“74 Aus dem ,Zu-eigen-machen‘ erwuchs eine ständige Rechtsprechung.75

BGHSt 2, 74 (74 ff.). BGHSt 2, 74 (74 f.). 72 BGHSt 2, 74 (75). 73 BGHSt 2, 74 (76). In BGHSt 14, 345 (350) wurde diese Rechtsprechung indes – als durch die Entscheidung zum Verbotsirrtum in BGHSt 2, 194 (194 ff.) überholt – aufgegeben. 74 BGHSt 2, 74 (76). 75 Vgl. BGHSt 4, 254 (254); 8, 1 (1); 11, 268 (271); 11, 324 (327 f.), 14, 345 (350); 15, 210 (213 f.). Durch die seit 01. 01. 1975 geltenden §§ 22 ff. StGB wurde diese Haltung noch bekräftigt: BGHSt 30, 363 (366); 41, 94 (95 f.); 42, 268 (272 f.). Für den Fall des untauglichen Versuchs des Garanten-Unterlassungsdeliktes ließ der BGH in BGHSt 38, 356 (359) offen, ob auch hier die subjektive Versuchslehre konsequent anzuwenden sei; ohne Bedenken jedoch kurz darauf BGH NStZ 1994, 29 (29). Die letztere Entscheidung wurde bestätigt, vgl. BGH NStZ 2000, 414 (415). 70 71

124

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre I. Einleitung 1. Die deutsche Strafrechtswissenschaft hielt der Rechtsprechung des RG stand. Sie wandte sich immer wieder gegen die Bestrafung des untauglichen Versuchs und prangerte die mangelnde argumentative Untermauerung des subjektiven Standpunktes durch das RG an. Eine Ursache dafür war das liberale, streng am Rechtsgüterschutz orientierte Strafrechtsverständnis Bindingscher und Belingscher Prägung. Nun unterliegt ein Rechtsverständnis stetigen kriminalpolitischen Schwankungen, weshalb die ständige Rechtsprechung des RG als faktischer Rechtszustand vielleicht in der Lage gewesen wäre, die Strafrechtswissenschaft stärker zu infiltrieren, hätte nicht eine dogmatische Sperre die wissenschaftliche Versuchslehre geprägt: Für die einem objektiven, lediglich an außenweltlichem Geschehen orientierten Unrechtsbegriff verpflichtete Strafrechtswissenschaft76 mußte ein subjektiv dominierter Versuchsbegriff ein Fremdkörper bleiben. Im klassischen Straftatsystem von objektivem Unrechts- und subjektivem, psychologischem Schuldbegriff wies die versuchte Tat – so wie sie die subjektive Versuchslehre dogmatisch erfaßte – lediglich einen Schuldgehalt, mangels außenweltlicher Veränderung aber kein Unrechtsmoment auf. Dies war und ist dogmatisch unmöglich, da die Unrechtsqualität eines Geschehens notwendige Bedingung für die Schuldfeststellung ist.77 Die objektive Versuchslehre verfügte mit der Gefährdung des Tatobjektes über eine solche Kategorie außenweltlicher Veränderung. Gegen kriminalpolitische Argumente stand das Bollwerk dogmatischer Sauberkeit.78 Noch im Jahre 1932 hätte sich die subjektive Versuchslehre wie eine wenig bedeutende Mindermeinung ausgenommen, wäre sie nicht ständige Rechtsprechung gewesen.79 Doch das Meinungsbild änderte sich vollkommen. Im Jahre 1953 bereits argumentierte Spendel eindringlich und auf verlorenem Posten „Zur Notwendigkeit des Objektivismus im Strafrecht“80, während Bruns81 1955 zu Recht konstatierte, die subjektive Versuchslehre habe „sich heute fast allgemein durchgesetzt“.82 In den Beratungen der Großen Strafrechtskommission konnte Bockelmann im gleichen Jahr darauf verweisen, mit einer gesetzlichen Anerkennung der Vgl. statt aller Mezger, Strafrecht3, S. 162 ff. 77 Einzig Nowakowski, ZStW 63 (1951), 287 (316 ff.), nahm an, der versuchten Tat sei lediglich ein Schuldmoment und kein Unrechtsgehalt eigen. Vgl. auch dens., ÖJZ 1953, 596 (599); dens., JZ 1958, 415 (415 f.). 78 Siehe hierzu Gallas, Zum gegenwärtigen Stand, S. 19 (48 f.). 79 Vgl. etwa v. Hippel, S. 403 ff.; sowie Frank, RStGB, § 43 Anm. III. mit den zeitgenössischen Nachweisen. 80 Ders., ZStW 65 (1953), 519 (519 ff.). 81 Ders., Der untaugliche Täter, S. 10 f. 82 Vgl. etwa Maurach, AT1, S. 443. 76

E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre

125

subjektiven Versuchslehre solle Gewohnheitsrecht legalisiert werden.83 Was bewirkte diesen grundlegenden Meinungsumschwung? Was bewog die deutsche Strafrechtswissenschaft, der Versuchslehre des RG zu folgen? 2. Sicher ist, daß es nicht die Kausalitätslehre v. Buris war, die – was ihre Eignung für die Versuchsdogmatik betrifft – plötzlich derart viele Anhänger und damit Verfechter der subjektiven Versuchslehre gefunden hätte. Sicher ist auch, daß nicht die oft gescholtene mangelnde Praktikabilität objektiver Versuchsauffassungen – die Crux der Feststellung einer Gefahr für ein Tatobjekt – die subjektivistische Wende brachte; das Preußische Obertribunal urteilte versuchte Taten nach Kriterien objektiver Gefährdung ab, was die Verfechter der objektiven Versuchslehre der Behauptung mangelnder Praktikabilität entgegenhielten. 3. Näher liegt die Annahme, die Lehren vom Willensstrafrecht und deren Aufstieg zum nationalsozialistischen Strafrechtsdenken hätten die Wende zur subjektiven Versuchslehre beeinflußt:84 Das Willensstrafrecht – durch die sogenannte Kieler Schule um Schaffstein und Dahm geprägt85 – trennte sich vom Prinzip der staatlichen Strafe als Antwort auf eine Rechtsgutsverletzung und stellte die Pflichtverletzung des Täters in den Mittelpunkt der Betrachtungen:86 Mit seinem Verhalten habe der Täter eine verbrecherische Gesinnung bewiesen und die Erfüllung seiner Pflichten gegenüber der völkischen Gemeinschaft mißachtet.87 Einem solchen Rechtsdenken bereitet die Beurteilung versuchter Taten auch in den neuralgischen Punkten wie der Abgrenzung des Versuchs von der Vorbereitung88, der Strafmilderung für versuchte Taten89 und der Strafwürdigkeit untauglicher Versuche90 keinerlei Schwierigkeiten mehr. Gerade die Rechtsprechung des RG zum untauglichen Versuch wurde denn auch von den Protagonisten des Willensstrafrechts gewürdigt.91 83 Bockelmann, Zur Reform, S. 150 (155). Widersprochen wurde ihm lediglich durch den Vertreter der Rechtsanwaltschaft v. Stackelmann. Vgl. Niederschriften, S. 181 ff. 84 Hierzu auch Ha, S. 134 ff. 85 Vgl. exemplarisch Dahm / Schaffstein, S. 24 ff. 86 Daß das Verständnis der Straftat als Rechtspflichtverletzung kein Produkt nationalsozialistischen Rechtsdenkens war, wird im nächsten Abschnitt – unter A. VI. 3. – aufzuzeigen sein. 87 Beispielhaft etwa Schaffstein, Die allgemeinen Lehren, S. 11 f. Vgl. auch Dahm, Gemeinschaft und Strafrecht, S. 11 ff.; ders., Verbrechen und Tatbestand, S. 62 (85 ff.); ders., ZStW 57 (1938), 225 (250 ff.). 88 Siehe dazu etwa Hall, GS 110 (1938), 95 (96 ff.); sowie Klee, DStR 1 (1934), 283 (283 ff.). 89 Seit 1943 war infolge der Strafrechtsangleichungsverordnung (RGBl. I, S. 339) die Strafmilderung beim Versuch denn auch nur noch eine fakultative. Vgl. dazu etwa Freisler, Willensstrafrecht, S. 9 (22 ff.); ders., Das neue Strafrecht, S. 138 f.; sowie Schaffstein, ZStW 53 (1934), 603 (608 f.). 90 Vgl. diesbezüglich etwa Freisler, Willensstrafrecht, S. 9 (33). 91 So etwa von Freisler, Willensstrafrecht, S. 9 (34); sowie Schaffstein, ZStW 53 (1934), 603 (609).

126

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

4. Insofern hat das nationalsozialistische Strafrechtsdenken die Versuchslehre geprägt.92 Doch dies darf keinesfalls darüber hinweg täuschen, daß die Wurzeln für das nahezu einhellige Bekenntnis der deutschen Strafrechtslehre zur subjektiven Theorie auch nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs älter sind: Die Lehre von der Spezialprävention, die Imperativentheorie, die finale Handlungslehre und schließlich der Durchbruch der personalen Unrechtslehre haben der breiten Akzeptanz der subjektiven Versuchslehre den Weg geebnet.

II. Franz v. Liszts Lehre von der Spezialprävention 1. Die klassische Schule innerhalb der Straftheorien um Binding93, Beling94 und v. Birkmeyer95, die den Sinn der Strafe in der Vergeltung der begangenen Untat sah, stand der subjektiven Versuchslehre bereits aus diesem Verständnis heraus kritisch gegenüber.96 2. Dieser absoluten, zweckfreien Straftheorie setzte Franz v. Liszt mit dem Marburger Programm seine zweckgerichtete, spezialpräventive Strafkonzeption gegenüber.97 Für ihn sollte der Eingriff in die Rechtsgüter des Täters diesen von der Begehung weiterer Straftaten abhalten und dadurch die Rechtsgüter anderer schützen. Die Trias Bessern – Abschrecken – Unschädlichmachen bringt diese Aspekte positiver und negativer Spezialprävention zum Ausdruck. Maß der Strafzumessung solle die Eigenart der Täterpsyche sein, genauer die verbrecherische Gesinnung und Willensrichtung des Täters.98 3. Insbesondere v. Liszts Formulierung „Nicht die Tat, sondern der Täter soll bestraft werden.“99 könnte als Plädoyer für eine subjektive Versuchslehre gedeutet werden, wäre es doch Aufgabe der Spezialprävention, bereits bei der geringsten Offenbarung eines verbrecherischen Willens anzusetzen, wie ihn auch der untaug92 Exemplarisch läßt sich dieser Übergang am Schaffen Mezgers erkennen. In ders., Strafrecht1, S. 386 ff., bekannte er sich 1931 zur objektiven Versuchslehre. In ders., Deutsches Strafrecht, S. 107 f., tat er 1938 kund, ob des Übergangs des deutschen Strafrechts zum Willensstrafrecht sei nunmehr die subjektive Versuchslehre anzuerkennen. Hingegen bot etwa Nagler, GS 115 (1941), 24 (33 f.), dem Willensstrafrecht die Stirn und bekannte sich ausdrücklich zur objektiven Versuchslehre. 93 Vgl. dens., Das Problem, S. 61 (67 ff.); sowie dens., Normen I, S. 423 f. 94 Ders., Die Vergeltungsidee, S. 1 (4 ff.). 95 Vgl. dens., S. 2 ff. 96 Vgl. dazu insbesondere v. Gemmingen, ZStW 52 (1932), 153 (153 f.); sowie Naucke, Strafrecht, § 6 Rn. 27. 97 Vgl. Franz v. Liszt, Der Zweckgedanke, S. 126 (126 ff.); sowie dens., Kriminalpolitische Aufgaben, S. 290 (290 ff.). Zum Marburger Programm eingehend Frisch, ZStW 94 (1982), 565 (566 ff.); Müller-Dietz, ZStW 94 (1982), 599 (601 ff.); Naucke, ZStW 94 (1982), 525 (525 ff.). 98 Vgl. zu alledem Franz v. Liszt, Lehrbuch, S. 72 ff., 81 ff., 277 ff. 99 Franz v. Liszt, Der Zweckgedanke, S. 126.

E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre

127

liche Versuch aufweist.100 Lammasch – ein früher Verfechter der subjektiven Versuchslehre – hat seine Ausführungen zu Grund und Grenzen der Versuchsstrafbarkeit mit Überlegungen zum Zweck der Strafe verbunden,101 noch bevor v. Liszt seine Lehre formulierte.102 Ausdrücklich auf v. Liszts Spezialprävention beriefen sich schließlich Delaquis103 – ebenfalls ein früher Vertreter der subjektiven Versuchslehre – sowie v. Overbeck104. 4. Franz v. Liszt selbst verfocht indes stets eine strikt objektive Versuchslehre. Dies war für ihn die Konsequenz aus der Unterscheidung von Kriminalpolitik und Strafrechtsdogmatik sowie einem betont rechtsstaatlich-liberalen Verständnis der Strafbarkeitsvoraussetzungen: Die Tätergefährlichkeit sollte die Strafzumessung, nicht die Strafbegründung leiten.105 Der verbrecherische Wille der subjektiven Versuchslehre deckt sich nicht mit v. Liszts Lehre von der Tätergefährlichkeit und deren Bekämpfung.106 5. Gleichwohl dürfte die Strafzwecklehre Franz v. Liszts, die als Konglomerat mit den Lehren von Generalprävention und Vergeltung schließlich als Vereinigungstheorie107 allgemeine Anerkennung fand, ob der Problematisierung von Tätergefährlichkeit und Prävention den Durchbruch der subjektiven Versuchslehre begünstigt haben.108 Sind diese Gesichtspunkte erst einmal ihrer spezifisch v. Lisztschen Prägung entfremdet, sind sie für die Untermauerung der subjektiven Versuchslehre ergiebig. An der Eindruckstheorie als Epigone der subjektiven Versuchslehre wird sich dies deutlich zeigen.109 6. Weder die Lehre von den Strafzwecken noch nationalsozialistisches Willensstrafrecht hatten jedoch die Potenz, die dogmatische Kluft zwischen einer rein objektiven Unrechtsauffassung und einer subjektiven Versuchslehre zu überbrücken. Daß die subjektive Versuchslehre schließlich die Strafrechtsdogmatik eroberte, war bedingt durch die Kapitulation der objektiven Unrechtslehre. Eingeleitet wurde letztere gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch die Imperativentheorie und die Lehre von den strafrechtlichen Bestimmungsnormen.

100 Zu erinnern ist hier auch an die sogenannte ‘Tätertheorie‘, einer Modifikation der subjektiven Versuchslehre. Auf sie wurde oben in diesem Kap. unter B. 4. bereits hingewiesen. 101 Lammasch, S. 51 ff. 102 v. Liszt, Lehrbuch, S. 207 Anm. 3, kritisiert Lammasch dafür ausdrücklich. 103 Ders., S. 189 ff. 104 Ders., S. 29 ff. 105 Vgl. Franz v. Liszt, Lehrbuch, S. 206 f. 106 In diesem Sinne auch Ha, S. 130. 107 Zur Vereinigungslehre bei den Strafzwecken ausführlich Jescheck / Weigend, § 8 V. 108 So auch Weigend, S. 113 (113 ff.). 109 Hierzu im 4. Kap. unter A.

128

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

III. Die Imperativentheorie und die Lehre von den strafrechtlichen Bestimmungsnormen In den einführenden Bemerkungen zu diesem Abschnitt wurde die Idee von der Straftat als einer Verletzung rechtlicher Pflichten erwähnt. Dieses Denkmodell war keineswegs ein Produkt nationalsozialistischen Rechtsdenkens. Grundlage einer solchen Auffassung ist die Konzeption, die Normen des Gesetzgebers enthielten an jedermann gerichtete Verhaltensaufforderungen. Als Sollenssätze seien Rechtsnormen mithin Imperative.110

1. Die Imperativentheorie August Thons Als Begründer der sogenannten Imperativentheorie in der deutschen Rechtswissenschaft111 gelten August Thon112 und Ernst-Rudolf Bierling113. Thon führt aus: „Das gesamte Recht einer Gemeinschaft ist nichts als ein Complex von Imperativen, welche insofern mit einander verknüpft und verbunden sind, als die Nichtbefolgung der einen für andere die Voraussetzung des Befohlenen bildet.“114 Mit diesen Imperativen richte sich der „Wille der Gemeinschaft wieder an das Wollen des Einzelnen“115 und gebe diesem den „Impuls zu einem bestimmten Verhalten“116. Die Normen des StGB – genauer die Deliktstatbestände des Besonderen Teils – könnten mithin als Befehle des Gesetzgebers interpretiert werden, mit denen dieser den Bürgern vorgibt, was zu tun bzw. zu unterlassen ist. Genau diese Konsequenz lehnt Thon jedoch überraschend ab. „Ein begangener Mord“, schreibt er, „ruft sonach heut zu Tage die Imperative wach, welche an die mit der Strafjustiz betrauten Organe sich richten und Verfolgung und BeVgl. exemplarisch dazu Engisch, Einführung, S. 19 ff. Zurückverfolgen läßt sich das Modell von Rechtssätzen als gesetzgeberischen Imperativen auf Jeremy Bentham. Dieser schrieb in seinem 1782 abgeschlossenen Werk „Of Laws in General“, p. 1: „A law may be defined as an assemblage of signs declarative of a volition conceived or adopted by the sovereign in a state, concerning the conduct to be observed in a certain case by a certain person or a class of persons, who in the case in question are or are supposed to be subject to his power . . .“ (Hervorhebungen im Original). John Austin, p. 88, griff die Lehren Benthams auf und legte dar: „A law, in the most general and comprehensive acceptation, in which the term, in its literal meaning, is employed, may be said to be a rule laid down for the guidance of an intelligent by an intelligent being having power over him.“ Weiter fügt Austin, p. 98, hinzu: „A law is a command which obliges a person or persons . . . obliges generally to acts or for bearances of a class . . . Law is a command which obliges a person or persons to a course of conduct. Laws and other commands are said to proceed from superiors, and to bind or oblige inferiors . . . the term superiority signifies might.“ 112 Ders., S. 1 ff. 113 Ders., Juristische Prinzipienlehre, Band I, 1. Buch, S. 30 ff. 114 Thon, S. 2. 115 Ebenda, S. 2. 116 Ebenda, S. 2. 110 111

E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre

129

strafung des Mörders zum Zwecke haben.“117 Für Thon richteten sich die Imperative des StGB nur an den Rechtsstab. Die heute ganz herrschende normtheoretische Vorstellung, wonach die Strafgesetze Bestimmungsnormen des Gesetzgebers an den einzelnen Bürger seien,118 läßt sich mithin nicht auf Thon zurückführen. Wohl aber das Denkmodell der vom Gesetz postulierten Verhaltenspflichten und damit ein Schritt auf dem Weg zum Verständnis der Straftat als Pflichtverletzung.119 2. Die Normentheorie Karl Bindings Einen weiteren Meilenstein setzte Karl Binding mit seiner Normentheorie. Der Titel seines Hauptwerkes „Die Normen und ihre Übertretung“ deutet bereits das theoretische Gerüst seiner Normenlehre an. a) Binding kritisiert zunächst die geläufige Redeweise, der Straftäter übertrete das Gesetz, er verletze es oder handele ihm zuwider.120 Diese Wendungen enthielten sämtlich den Fehlschluß, den Strafrechtssatz, mit dem die Tat bewertet werde, mit der Norm, die der Täter übertrete, zu identifizieren. Ein Übeltäter könne gerade nur deshalb bestraft werden, weil er sich strikt so verhalte, wie das Strafgesetz es in den Deliktstatbeständen des Besonderen Teils beschreibe.121 Der Übeltäter stehe mit dieser Beschreibung des Gesetzes Wort für Wort im Einklang und erleide genau deswegen Strafe. b) Die Regel, die ein Straftäter tatsächlich übertrete, gehe den Strafgesetzen logisch voran.122 Diese Rechtssätze nennt Binding ,Normen‘, „weil der Verbrecher nur den Satz übertreten kann, der ihm die Richtschnur seines Verhaltens vorschreibt“123 und nur eine Norm eine Richtschnur sein könne. Diese Normen dürften nicht im geschriebenen Recht gesucht werden. Gleichwohl seien sie nicht nur Gebote der Ethik, sie gehörten dem ungeschriebenen Recht, genauer dem ungeschriebenen öffentlichen Recht und nicht dem Strafrecht124 an.125 Die Existenz der Normen ließe sich mittelbar aus der Existenz der Strafgesetze erschließen.126 Ebenda, S. 9 f. (Hervorhebung vom Verfasser). Vgl. diesbezüglich im 1. Kap. unter E. I. 2. 119 Bezüglich der versuchten Tat vertrat Thon, S. 19 Fn. 51, explizit eine objektive Versuchslehre, wenn er formulierte, daß „der Versuch der Verletzung eines rechtlich geschützten Gutes, mithin die Gefährdung desselben, verboten ist“. 120 Binding, Normen I, S. 3. Vgl. auch § 52 I StGB. Auch dort ist die Rede von der Verletzung von Strafgesetzen. 121 Binding, ebenda, S. 4. 122 Binding, ebenda, S. 4. 123 Ebenda, S. 7 (Hervorhebung vom Verfasser). 124 Binding unterscheidet das Strafrecht streng vom öffentlichen Recht; vgl. dens., Normen I, S. 89, 97. 125 Ebenda, S. 6, 97. 117 118

9 Maier

130

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

Das Strafgesetz ordne an: ,Wer x tut, wird bestraft.‘ Aus dem ersten Teil dieses Konditionalsatzes könne nun der Imperativ einer Verbotsnorm entnommen werden: ,Du sollst nicht x tun!‘ Daß diesem Imperativ auch Rechtsqualität zukomme, sei evident, denn wenn die Verletzung der Norm in einem Strafgesetz mit einer Rechtsfolge bedroht sei, müsse auch die zugrunde liegende Verbotsnorm Rechtscharakter haben.127 c) Die „prinzipale Aufgabe“128 einer Norm ist nach Binding, „höchstpersönliche Pflichten physischer Personen zur Tat oder zur Unterlassung zu begründen“129. Dabei handele es sich um „Pflichten des Gehorsams oder der Botmäßigkeit“130. d) Bindings Normentheorie mit ihrer Unterscheidung von Strafrechtssätzen und verhaltenspflichtbegründenden Normen spiegelt sich heute in der herrschenden personalen Unrechtslehre und deren System von Bewertungs- und Bestimmungsnormen wider und war damit – obwohl doch Binding stets ein entschiedener Gegner der subjektiven Versuchslehre war131 – ein Meilenstein auf dem Weg zur Akzeptanz der subjektiven Versuchstheorie in der deutschen Strafrechtslehre.

3. Das Unrecht als Pflichtwidrigkeit in der Lehre Alexander Hold v. Fernecks Ein weiterer solcher Markstein findet sich bei Hold v. Ferneck. Dieser gründet seine Rechtslehre auf die Erkenntnis, daß der Mensch „ein wesentlich nur von egoistischen Trieben beherrschtes Lebewesen“132 sei und nach Lust strebe. Das Recht als objektive ethische Macht habe die Aufgabe, die Interessen der Einzelnen – das aus Unlust geborene Luststreben133 – gegeneinander zu schützen.134 Zu diesem Zweck müsse das Recht dem Einzelnen bestimmte Pflichten auferlegen, womit der Pflichtbegriff der Mittelpunkt des Rechtssystems sei.135 Lege das Recht solche Pflichten auf, dann sei die Zuwiderhandlung pflicht- und damit rechtswidrig. Ein Verbrechen sei „sonach, wie jede pflichtwidrige Handlung, Verletzung eines abstracten Interesses“.136 Hold v. Ferneck charakterisiert mithin bereits sehr entschieden das Unrecht als eine Pflichtwidrigkeit, als „fal126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136

Ebenda, S. 42 f. Ebenda, S. 43. Ebenda, S. 96. Ebenda. Ebenda (Hervorhebungen im Original). Vgl. die Ausführungen Bindings, Normen III, S. 507 ff., 527 ff. Hold v. Ferneck, Die Rechtswidrigkeit, S. 35. Vgl. Hold v. Ferneck, ebenda, S. 36. Hold v. Ferneck, ebenda, S. 35 f., 37 ff. Vgl. Hold v. Ferneck, ebenda, S. 94. Hold v. Ferneck, ebenda, S. 126.

E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre

131

sches Wollen“137. Was nun die versuchte Tat betrifft, scheint Hold v. Ferneck seine Unrechtslehre sehr konsequent auf die Versuchslehre zu applizieren. Er konstatiert: „In Wahrheit ist immer nur der Versuch verboten.“138 Noch pointierter heißt es an anderer Stelle, das Recht verbiete „nicht das Treffen, sondern das Schiessen, die menschliche Handlung“139. Auch später hält er fest, Recht verbiete nicht den Erfolg, sondern das Zu-Bewirken-Suchen.140 Diese Anklänge einer subjektiven Unrechtslehre finden jedoch in Hold v. Fernecks Versuchslehre keinen Widerhall.141 Für die versuchte Tat erachtet er die Gefährdung eines geschützten Interesses für notwendig142 und erklärt: „Ein Bewirkenwollen bildet also juristisch nur dann einen Versuch, wenn die Tat im allgemeinen so beschaffen ist, daß sie zur Vollendung führen kann.“143 Trotz seiner subjektiv, auf Pflichtwidrigkeit orientierten Unrechtslehre wendet sich Hold v. Ferneck gegen die Strafbarkeit eines untauglichen Versuchs und damit gegen die subjektive Versuchslehre. 4. Schluß Thon, Binding und Hold v. Ferneck lehnten die subjektive Versuchslehre ab. Gleichwohl haben sie normtheoretisch das unterfüttert, was das RG mit der Wendung „Auflehnung gegen die Rechtsordnung“144 als Charakteristikum der versuchten Tat bezeichnete und was noch heute als die rechtstheoretische Rechtfertigung der subjektiven Versuchslehre gilt: Die Verletzung einer rechtlichen Verhaltenspflicht durch den betätigten Entschluß, eine Straftat zu begehen. Mit diesem Verständnis der Straftat als Pflichtverletzung war nicht nur dem nationalsozialistischen Willensstrafrecht Tür und Tor geöffnet, gleichfalls lieferte der Pflichtverletzungsgedanke ein rechtstheoretisch fundiertes Strafwürdigkeitsargument: Auch wegen in untauglicher Weise versuchter Taten sollte gestraft werden, weil auch der untauglich Versuchende seine Pflichten verletzt. Doch der wissenschaftlichen Anerkennung der subjektiven Versuchslehre stand trotz dieser Ideen der einhellig akzeptierte, rein objektive Unrechtsbegriff entgegen. Die auf dogmatische Klarheit bedachte Strafrechtswissenschaft widersetzte sich der Anerkennung der subjektiven Versuchslehre, da diese sich nicht in ein objektives Unrechtssystem einfügt. So die zutreffende Bezeichnung bei Zaczyk, Das Unrecht, S. 92. Hold v. Ferneck, Die Rechtswidrigkeit, S. 289. Dieses Urteil Hold v. Fernecks kehrt in der monistisch-subjektiven Unrechtslehre wieder. Hierzu unten in diesem Kap. unter E. IV. 3. d). 139 Hold v. Ferneck, ebenda, S. 354. 140 Hold-Ferneck, Der Versuch, S. 12. (Die Schreibweise des Namens änderte sich nach 1918.) 141 In diesem Sinne auch Zaczyk, Das Unrecht, S. 93. 142 Hold v. Ferneck, Die Rechtswidrigkeit, S. 289. 143 Hold-Ferneck, Der Versuch, S. 13. 144 RGSt 1, 439 (443). 137 138

9*

132

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

Der dogmatische Durchbruch gelang erst mit der von Hans Welzels finaler Handlungslehre eingeleiteten Revolution der Unrechtslehre – die Subjektivierung der Unrechtslehre als Apotheose der subjektiven Versuchslehre.

IV. Die finale Handlungslehre und die personale Unrechtslehre 1. Der Aufweis subjektiver Unrechtselemente a) Daß sich die klassische Aufteilung der Straftat in eine objektive Stufe des Unrechts und eine subjektive Stufe der Schuld nicht wirklich durchhalten läßt, hat bereits Hegler aufgezeigt. Er bezeichnete erstmals die Tatbestandsmerkmale der Zueignungsabsicht beim Diebstahl und die Bereicherungsabsicht beim Betrug als Straftatmerkmale mit überschießender Innentendenz.145 Damit würden Merkmale der Täterpsyche beschrieben, denen objektiv nichts korrelieren müsse. Daraus zog Hegler Parallelen zur versuchten Tat: Bei letzterer stelle § 43 StGB a. F. auf den Tatentschluß, mithin auch auf ein täterpsychisches Merkmal ab.146 Die subjektive Tatseite gehe mithin auch beim Versuch über die objektive hinaus. b) Noch einen Schritt weiter in der Auflösung der Dichotomie ,objektives Unrecht‘ und ,subjektive Schuld‘ ging Mezger147. Er stellte heraus, daß das Strafgesetz in einigen Fällen über das – der Schuld zuzuordnende – einfache Wollen der äußeren Handlung hinaus „ein sinnerfülltes Wollen der äußeren Handlung“148 fordere. Mezger unterteilt diese Fälle in Absichts-, Ausdrucks- und Tendenzdelikte.149 Ein solches sinnerfülltes Wollen gebe dem Unrecht erst seine Prägung und sei daher ein subjektives Unrechtsmerkmal.150 Das „einfache Wollen“ – der Tatvorsatz – sei im Gegensatz dazu kein Unrechts-, sondern nach wie vor ein Schuldmerkmal, da durch den Tatvorsatz dem rechtsgutsverletzenden Charakter der Tat nichts neues hinzugefügt werde, das Tatunrecht mithin unverändert bleibe.151 Der Tatvorsatz begründe lediglich die persönliche Vorwerfbarkeit der Tat und damit die Schuld.152 c) Trotz dieses Plädoyers Mezgers für einen Vorsatz als Schuldmerkmal läutete diese Explikation subjektiver Unrechtselemente den Abschied von objektiver Unrechtslehre und psychologischem Schuldbegriff ein, der mit Anerkennung des Vorsatzes als Unrechtsbestandteil schließlich vollzogen wurde. 145 146 147 148 149 150 151 152

Hegler, ZStW 36 (1916), 19 (31); ders., FG v. Frank, S. 251 (306 ff.). Hegler, ZStW 36 (1916), 19 (31); ders., FG v. Frank, S. 251 (327 ff.). Ders., GS 89 (1924), 207 (233 ff.); ders., FS Traeger, S. 187 (197 ff.). Mezger, FS Traeger, S. 187 (199 f.) (Hervorhebung vom Verfasser). Vgl. etwa Mezger, Strafrecht3, S. 172 f. Dazu bereits im 1. Kap. unter D. I. 3. b). Mezger, FS Traeger, S. 187 (199 f.). Mezger, FS Traeger, S. 187 (198 f., 206). Mezger, ebenda.

E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre

133

2. Die finale Handlungslehre und die unrechtskonstitutive Potenz des Tatvorsatzes Entscheidend für diese Anerkennung des Vorsatzes als Unrechtsbestandteil war die finale Handlungslehre Welzels. a) Eine jede menschliche Handlung ist nach Welzel Ausübung von Zwecktätigkeit, weshalb eine Handlung stets finales, nicht lediglich kausales Geschehen sei.153 Maßgeblich beeinflußt von Nicolai Hartmanns Wertlehre154 griff Welzel das Prinzip der objektiven Unrechtslehre an, ein bloßer Kausalzusammenhang determiniere tatsächliches Geschehen. Maßgeblich sei vielmehr die sogenannte die Finalität als Zweckhaftigkeit einer Handlung. Nicht ein naturgesetzlicher ursächlicher Zusammenhang, sondern eine solche zweckhafte Handlung sei die ontologische Grundlage strafrechtlicher Wertungen.155 b) Die Finalität beruhe auf dem menschlichen Kausalwissen und der daraus resultierenden Möglichkeit der prospektivischen Überdeterminierung von Kausalverläufen. Menschliches Handeln sei Setzung eines Zieles und planvolles Tätigwerden zu dessen Erreichung.156 Der zielgerichtete, den Kausalverlauf steuernde Wille sei der Kern der Handlung.157 Ein Unterfall dieses finalen Verwirklichungswillens sei der Tatvorsatz: Bei diesem würde die Verwirklichung solcher Umstände ins Auge gefaßt, die zu einem gesetzlichen Tatbestand gehörten.158 c) Der für die Strafrechtsdogmatik so entscheidende Schluß Welzels war nun der folgende: Die Handlung ist Bestandteil des Tatbestandes und damit des Unrechts. Wenn der finale Verwirklichungswille essentieller Bestandteil der Handlung ist, dann gehört auch dieser Verwirklichungswille und insbesondere sein Unterfall ,Tatvorsatz‘ zum Tatbestand und damit zum Unrecht.159 Neben den seit Hegler und Mezger anerkannten subjektiven Unrechtsmerkmalen sei der Tatvorsatz Bestandteil des subjektiven Tatbestandes und damit unrechtskonstitutiv.160

153 Welzel, ZStW 51 (1931), 703 (703 ff.); ders., Das neue Bild, S. 1; ders., Strafrecht, § 8 I. Zusammenfassend ders., JuS 1966, 421 (421 ff.). 154 Vgl. diesbezüglich etwa Nicolai Hartmann, S. 170 ff.; sowie Welzel, Naturalismus, S. 41 ff., 64 ff.; ders., FS Kohlrausch, S. 101 (103 ff.). Eingehend zu Hartmanns Einfluß auf die Strafrechtsdogmatik Augsberg, ARSP 2003, 53 (53 ff.). 155 Vgl. etwa Welzel, ZStW 51 (1931), 703 (708 f.). Siehe auch Engisch, FS Kohlrausch, S. 141 (153 ff.). 156 Vgl. Welzel, Das neue Bild, S. 1; sowie dens., Aktuelle Strafrechtsprobleme, S. 5. 157 So Welzel, Das neue Bild, S. 1. 158 Welzel, ebenda, S. 8. 159 So Welzel, ebenda, S. 8. 160 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 (505 ff.); ders., Um die finale Handlungslehre, S. 13; ders., Das neue Bild, S. 28 f.

134

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

3. Die personale Unrechtslehre a) Mit der finalen Handlungslehre Welzels bildete sich so ein neuer Unrechtsbegriff heraus.161 Welzel selbst gab ihm die Bezeichnung ,personale Unrechtslehre‘.162 Die personale Unrechtslehre erfuhr – in ihren unterschiedlichen Nuancen – breite Anerkennung. Dies ist um so erstaunlicher, als der finalen Handlungslehre selbst eine solche Akzeptanz stets versagt blieb.163 Doch die Konzeption, das Unrecht nicht länger losgelöst von der Art und Weise seiner Herbeiführung durch den Täter zu betrachten, überzeugte.164 b) Entscheidend war und ist, daß mit der Akzeptanz des Tatvorsatzes als subjektives Unrechtselement in dogmatisch sauberer Weise dem Täterwillen eine unrechtskonstitutive Kraft zuteil wurde. Zum Erfolgsunwert der klassischen objektiven Unrechtslehre trat der entscheidend durch den Tatvorsatz konstituierte Handlungsunwert.165 Erst eine personale, objektive und subjektive Momente verbindende Unrechtslehre war in der Lage, auch die subjektive Versuchslehre anzuerkennen: Der der versuchten Tat unbestreitbar inhärente und nach subjektiver Lehre allein maßgebliche Tatvorsatz konnte mit dem Handlungsunwert erstmals Tatunrecht begründen. Nach der klassischen objektiven Unrechtslehre mußte auch die versuchte Tat einen Erfolg – statt des Verletzungs- eben einen Gefährdungserfolg – zeitigen, sollte sie in der Lage sein, Unrecht zu konstituieren. Zutreffend formuliert Weigend, daß der subjektiven Versuchslehre durch die personale Unrechtslehre „die Metamorphose von einer nur kriminalpolitisch begründeten Notlösung zu einem integralen Bestandteil des strafrechtsdogmatischen Lehrgebäudes“166 gelang. c) Welches Rechtsverständnis der personalen Unrechtslehre heute sein Gepräge gibt und wie die Eindruckstheorie als Ableger der subjektiven Versuchslehre das Unrecht der versuchten Tat erfaßt, wurde bereits ausführlich analysiert:167 Dem Rechtssatz wird die Eigenschaft einer den Willensbildungsprozeß des Einzelnen steuernden Bestimmungsnorm der Form ,Du sollst p nicht tun!‘ zugemessen. Entschließt sich der Täter, p doch zu tun, faßt er einen rechtsfeindlichen Willen und lehnt sich gegen die Bestimmungsnorm auf. Betätigt er diesen Entschluß auch in der Qualität des § 22 StGB, ist das Unrecht der versuchten Tat erreicht. Damit wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dogmatisch erfaßt, was das RG 161 Vgl. zu dieser Entwicklung Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (228 ff.); Hirsch, ZStW 93 (1981), 831 (833 ff.); ders., ZStW 94 (1982), 239 (240 ff.); sowie Lampe, Das personale Unrecht, S. 68 ff., 78 ff. 162 Welzel, Das neue Bild, S. 28 f.; ders., Strafrecht, § 11 II. 163 Siehe hierzu Hirsch, FS Köln, S. 399 (400 ff.). Zur historisch-dogmatischen Genese der personalen Unrechtslehre ausführlich Zaczyk, Das Unrecht, S. 105 ff. 164 Vgl. Hirsch, FS Köln, S. 399 (400 f.). 165 Zur Unrechtsstruktur der Vorsatztaten bereits im 1. Kap. unter E. 166 Weigend, S. 113 (119). 167 Im 1. Kap. unter E. II.

E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre

135

bereits im Jahre 1880 als „Auflehnung gegen die Rechtsordnung“168 charakterisierte. Zwanglos fügt sich in diese Unrechtslehre auch v. Buris169 These ein: Das objektive Vorliegen derjenigen Umstände, die der Gesetzgeber im jeweiligen Deliktstatbestand normiert, sei für die versuchte Tat vollkommen bedeutungslos. d) Mit der Akzeptanz des Handlungsunwerts als subjektiver, personaler Unrechtskomponente sollte die Unrechtslehre nicht zur Ruhe kommen. Die sogenannte Bonner Schule um Armin Kaufmann170 und dessen Schüler Zielinski171 nahm den Kampf gegen die objektive Unrechtskomponente, den Erfolgsunwert, auf.172 Das charakteristische Merkmal dieser monistisch-subjektiven Unrechtslehre ist die konsequente Ablehnung der unrechtskonstitutiven Potenz eines außenweltlichen Handlungserfolges. Unrecht sei allein der pflichtwidrige Akt als solcher, das auf ein wertwidriges Ziel gerichtete Handeln.173 Eine Unrechtsqualifizierung durch den Taterfolg gleicht für die monistisch-subjektive Unrechtslehre einem Relikt der Verdachtsstrafe.174 Zur Begründung knüpfen Armin Kaufmann und Zielinski – wie auch Welzel175 – an den Grundsatz an, nur finale Handlungen könne der Gesetzgeber zum Gegenstand einer Verhaltensnorm machen. Im Gegensatz zu Welzels Lehre wird dies jedoch nicht aus dem ontischen Gefüge menschlichen Handelns,176 sondern aus den Strukturen der Normen abgeleitet:177 Dem Normbefehl laufe beim Verbot die Vornahme, beim Gebot die Unterlassung der entsprechenden finalen Handlung entgegen. Das Unwerturteil einer Norm könne mithin alleine dem zielgerichteten Tätigwerden bzw. Untätigbleiben – dem Intentionsunwert – gelten. Ob dieses Handeln auch von Erfolg gekrönt sei, liege außerhalb der Einflußmöglichkeit des Täters, sei von zufälligen Faktoren abhängig, an die das Recht nicht redlicherweise Folgen knüpfen könne.178 Von diesem StandRGSt 1, 439 (443). Ders., Abhandlungen, S. 54. Vgl. dazu oben in diesem Kap. unter B. 170 Vgl. dens., Lebendiges und Totes, S. 102 ff.; dens., Die Dogmatik der Unterlassungsdelikte, S. 1 f.; dens., ZfRV 1964, 41 (42 ff.); dens., ZStW 80 (1968), 34 (50 ff.); dens., FS Welzel, S. 393 (403, 411 ff.); dens., Die Aufgabe, S. 5 ff. 171 Ders., Handlungs- und Erfolgsunwert im Unrechtsbegriff, S. 128 ff., 204 ff. 172 Exemplarisch hierzu Dornseifer, S. 427 (433); Mir Puig, GS Armin Kaufmann, S. 253 (255 ff.); Sancinetti, S. 112 ff., 132 ff.; Schöne, GS Hilde Kaufmann, S. 649 (650 ff.); Silva Sánchez, ZStW 101 (1989), 352 (370 ff.); Suárez Montes, S. 379 (379 ff.); sowie Eckhard Horn, S. 78 ff.; Lüderssen, FS Bockelmann, S. 181 (182 ff.); ders., ZStW 85 (1973), 288 (292 ff.); Schaffstein, FS Welzel, S. 556 (561 f.); ders., GA 1975, 342 (342 f.). 173 So beispielhaft Zielinski, S. 143. 174 Vgl. etwa den Titel des Beitrags von Dornseifer, S. 427 (427 ff.). Sancinetti, S. 24 ff., 286, spricht vom „Erfolgsmythos“. 175 Vgl. dens., Strafrecht, § 1 I 1, 2. 176 Kritisch hierzu insbesondere Zielinski, S. 79 ff. 177 Vgl. dazu und zum Folgenden Armin Kaufmann, Lebendiges und Totes, S. 105 ff.; Zielinski, S. 99 ff. 178 Vgl. Armin Kaufmann, ZStW 80 (1968), 34 (50 ff.); dens., FS Welzel, S. 393 (403, 411); Zielinski, S. 135 ff., 204 ff. 168 169

136

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

punkt aus wird kritisiert, daß die geltenden Strafgesetze einen Erfolgseintritt zur notwendigen Bedingung einer Tatvollendung erklären.179 Das Unrecht des vorsätzlichen Deliktes erschöpfe sich vielmehr im beendeten Versuch. Mit diesem sei die Tat vollendet, da der Täter alles getan habe, was nach seiner Vorstellung zur Zielerreichung notwendig ist, und damit auch alles das verwirklicht, was die Norm ihm untersage. Eine subjektive Versuchslehre fügt sich in die monistisch-subjektive Unrechtslehre vortrefflich ein.180 Welche äußere Bedeutung oder gar Wirkung ein Handeln hat, ist bei bestehendem Widerspruch zum Normbefehl irrelevant. So erklären Armin Kaufmann und Zielinski, nicht nur grob unverständig versuchte Taten, sondern auch abergläubisches Verhalten seien Unrecht, freilich könne es am Strafbedürfnis fehlen.181 Die Unrechtslehre der Bonner Schule erfuhr scharfe Ablehnung.182 Tatsächlich kann nicht geleugnet werden, daß der Erfolg einer Handlung insofern von Bedeutung ist, als Taten in der Gemeinschaft eben daran gemessen werden, ob sie Erfolg haben oder ob ,alles noch einmal gut gegangen ist‘. Indes greift jede Kritik an der monistisch-subjektiven Unrechtslehre zu kurz, wenn sie das Übel nicht an der Wurzel packt und die vorgebliche Rolle der Rechtsnormen als an den einzelnen Bürger erlassene Bestimmungsnormen nicht in Frage stellt.183

4. Schluß a) Die personale Unrechtslehre ermöglichte es der stets auf dogmatische Klarheit bedachten deutschen Strafrechtslehre, die subjektive Versuchslehre anzuerkennen.184 Mit dem der personalen Unrechtslehre eigenen Handlungsunwert konnte Beispielhaft Zielinski, ebenda, S. 143 f. So Armin Kaufmann, FS Welzel, S. 393 (403); Zielinski, ebenda, S. 132, 136. 181 Vgl. Armin Kaufmann, ebenda; Zielinski, ebenda, S. 134 in Fn. 14. Auf der Basis der monistisch-subjektiven Unrechtslehre setzt sich Sancinetti, S. 132 ff., 193 ff., mit der Unrechts- und Versuchslehre von Jakobs auseinander. Dabei widmet sich Sancinetti insbesondere der Frage, wie der monistisch-subjektiven Unrechtslehre eine dogmatisch saubere Lösung im Bereich des abergläubischen Verhaltens und der mit grobem Unverstand begangenen versuchten Taten gelingen kann. Vgl. zu diesem Werk Sancinettis auch den Beitrag Küppers, GA 1998, 307 (307 ff.); sowie Bloy, ZStW 2001, 76 (89 f.). 182 So etwa von Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (234 f.); Gallas, FS Bockelmann, S. 155 (157 ff.); Hirsch, ZStW 94 (1982), 239 (240 ff.); ders., FS Köln, S. 399 (409 f.); ders., Die Entwicklung, S. 65 (70); ders., GS Meurer, S. 3 (7 ff.); Hoyer, S. 164 ff.; Jakobs, Studien, S. 120 ff.; Jescheck / Weigend, § 24 III 2; Kratzsch, Verhaltenssteuerung, S. 94 ff.; Mylonopoulos, S. 59 ff.; Paeffgen, Der Verrat, S. 110 ff.; ders., GS Armin Kaufmann, S. 399 (412 ff.); Schönke / Schröder / Lenckner, StGB26, Vorbem § 13 Rn. 59; Schünemann, FS Schaffstein, S. 159 (171 ff.); Stratenwerth, FS Schaffstein, S. 177 (182 ff.); Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 109 ff. 183 Genau dies soll im 3. Kap. unternommen werden. 184 In diesem Sinne auch Ha, S. 141 f.; Struensee, ZStW 102 (1990), 21 (22); Westpfahl, S. 105 f. 179 180

E. Der Schwenk der Strafrechtswissenschaft zur subjektiven Versuchslehre

137

über die Aspekte von Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit hinaus endlich strafrechtsdogmatisch begründet werden, warum es bei der versuchten Tat lediglich auf den betätigten rechtsfeindlichen Willen und nicht auf einen objektiven Gefährdungserfolg ankommen soll: Der betätigte rechtsfeindliche Wille konstituiert den Handlungsunwert, dieser Handlungsunwert liegt auch beim untauglichen Versuch vor, weshalb auch dieser strafwürdig ist. b) Daß die Strafrechtswissenschaft von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machte und zur subjektiven Versuchslehre schwenkte, hat – wie aufzeigt – tiefer liegende Ursachen.185 Rechtssoziologisch betrachtet, wird man zunächst behaupten dürfen, daß ein solcher Widerspruch, wie er in der Frage der Versuchslehre von 1880 bis zum Dritten Reich zwischen der Rechtsprechung und der Strafrechtswissenschaft existierte, nicht auf Dauer durchzuhalten ist. Die Strafrechtslehre konnte dies nur, solange es ihr infolge eines objektiven Unrechtsbegriffes unmöglich war, der Rechtsprechung nachzugeben. Jedoch wäre es auch unter der Herrschaft eines personalen Unrechtsbegriffes nicht notwendig gewesen, von der objektiven zur subjektiven Versuchslehre zu konvertierten. Daß ein ,Dritter Weg‘ nicht eingeschlagen wurde, ist – neben dem vom RG geschaffenen faktischen Rechtszustand und einer Täterorientierung v. Lisztscher Prägung – auf ein Rechtsverständnis zurückzuführen, wie es maßgeblich durch die Lehren Thons, Bindings und Hold v. Fernecks geprägt wurde: Strafbewehrte Verhaltensanweisungen des Gesetzgebers an den einzelnen Bürger, deren wie auch immer geartete Mißachtung als Pflichtverletzung nach einer Sanktion verlangt. Die subjektive Versuchslehre trägt gerade einem solchen Rechtsverständnis Rechnung. Mit dem zur Umkehrregel entarteten Umkehrschluß aus § 59 StGB a. F. stand zudem ein schein-dogmatisches Instrument zur Verfügung, mit dem man glaubte, die Unbeachtlichkeit einer jeden objektiven Gegebenheit begründen zu können.186

V. Fazit Der ,betätigte rechtsfeindliche Wille‘ als Strafgrund der versuchten Tat nach subjektiver Lehre hat einen langen historischen Weg hinter sich. Doch nur relativ kurze Zeit – etwa vom Beginn der fünfziger bis zum Ende der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts – konnte sich die subjektive Versuchslehre mit dem Prädikat ,h. L.‘ schmücken. Recht zügig wurde sie von der in unseren Tagen ganz herrschenden Eindruckstheorie abgelöst, empfand man doch den ,betätigten rechtsfeindlichen Willen des Täters‘ allein als nicht hinreichend, um die Strafwürdigkeit versuchter Taten zu begründen.187 Die Zahl derer, die auch heute eine ,rein‘ subjektive Versuchslehre vertreten, nimmt sich gering aus. 185 Hirsch, FS Spendel, S. 42 (51 f.), bezeichnete das Einlenken der deutschen Strafrechtswissenschaft in der Versuchslehre als voreilig. 186 Vgl. die Ausführungen Bruns’, Der untaugliche Täter, S. 14 ff. 187 Vgl. vorerst Roxin, FS Nishihara, S. 157 (164 ff.).

138

2. Kap.: Die subjektive Versuchstheorie und ihr Weg zur herrschenden Lehre

F. Überleitung Die subjektive Versuchslehre mußte in einer objektiven Unrechtslehre ein Fremdkörper bleiben; eine auf dogmatische Reinheit bedachte Strafrechtslehre hatte ihr die Gefolgschaft zu verweigern. Erst mit der Subjektivierung des Unrechts im Zuge der Anerkennung einer personalen Unrechtslehre und der Akzeptanz der unrechtskonstitutiven Potenz der Fehlleistung des Einzelnen paßte sich die Versuchskonzeption, für die stets die Betätigung eines rechtsfeindlichen Willens der archimedische Punkt der versuchten Tat war, in die Strafrechtsdogmatik ein. Den Weg dahin haben freilich auch die norm-, rechts- und straftheoretischen Lehren derjenigen begleitet, die einer subjektiven Versuchskonzeption stets ablehnend gegenüberstanden. Die ersten beiden Kapitel dieser Abhandlung haben aufgezeigt, daß eine subjektive Versuchslehre heute ihre dogmatische Legitimität einem Rechtsverständnis verdankt, das auf dem gesetzgeberischen Erlaß von Bestimmungsnormen basiert, mit denen der einzelne Bürger zu einem rechtsfreundlichen Verhalten angeleitet werden soll. Dieses Rechtsverständnisses indes ist fehlerhaft. Reflektiert man seine Grundlagen, so zeigt sich sehr schnell, daß es auf Fiktionen beruht. Mit der Beseitigung dieser Fiktionen bricht das Gedankengebäude der subjektiven Versuchslehre in sich zusammen. Dies gilt es darzutun.

3. Kapitel

Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts A. Einleitung 1. Kriminalpolitische Wertungen bedingen die Bewertung versuchter Untaten. Zahllose Argumente wurden bemüht, um eine Antwort auf die Frage zu finden, ob wegen des untauglichen Versuchs einer Tat gestraft werden sollte.1 Auf welche Weise sich die versuchte Tat in die gängigen Unrechtsstrukturen einfügt, ist bereits weniger bewußt. Daß und wie sie dies tut, wurde im bisherigen Verlauf der Abhandlung dargelegt.2 Mit dem letzteren Faktum zwar notwendig verbunden, aber bisher weitgehend unreflektiert ist der Umstand, daß sich in der Versuchslehre der Rechtsbegriff widerspiegelt:3 Die Frage nach der Bewertung versuchter Taten ist letztlich die Frage nach dem Begriff von Recht. 2. Welches Rechtsverständnis die subjektive Versuchslehre und ihr Ableger ,Eindruckstheorie‘ implizieren, wurde im bisherigen Gang der Abhandlung deutlich: Essentiell für die Anwort der subjektiven Versuchslehre4 auf die Frage, warum und auf welche Weise auch wegen versuchter Taten gestraft werden soll, ist der betätigte rechtsfeindliche Wille des Täters: Ein betätigter rechtsfeindlicher Wille ist für die subjektive Versuchslehre der Widerspruch des Einzelnen gegen eine vom Gesetzgeber an jeden Bürger adressierte Bestimmungsnorm der Form ,Du sollst p nicht tun!‘ bzw. ,Du sollst q tun!‘.5 Dies wiederum impliziert die Vorstellung, die Deliktstatbestände des Besonderen Teils enthielten neben den offensichtlichen Sanktionsnormen auch Verhaltensnormen für den einzelnen Bürger, denen sich auch der Täter einer versuchten Tat widersetze.6

Vgl. nur die Dokumentation in Niederschriften, S. 171 ff., 181 ff., 187 ff. Vgl. dazu im 1. Kap. unter E. sowie im 2. Kap. unter E. III.-V. 3 Eine Ausnahme ist Zaczyk, Das Unrecht, passim. Für ihn ist die Frage nach dem Unrecht der versuchten Tat auch die Frage nach dem Recht. Vgl. etwa dens., ebenda, S. 126 f. Näher zu Zaczyks Lehre im 4. Kap. unter E. III. 4 Ob der gemeinsamen Basis ist die herrschende Eindruckstheorie im Folgenden stets mitgemeint, wenn von der subjektiven Versuchslehre die Rede ist. 5 Vgl. dazu im 1. Kap. unter E. II. 6 Zum Begriff der Sanktions- und Verhaltensnormen und dem synonymen Begriffspaar Bestimmungs- und Bewertungsnorm im 1. Kap. unter E. I.2. 1 2

140

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

Die subjektive Versuchslehre knüpft damit an das gängige normtheoretische Verständnis an. Ob dieses Rechtsverständnis trägt und so ein Fundament für die subjektive Versuchslehre liefern kann, wird im folgenden zu untersuchen sein.

B. Das herrschende Verständnis von Recht und die rechtlichen Verhaltensnormen für den Einzelnen I. Grundsätzliches 1. Das Rechtsverständnis der personalen Unrechtslehren wird durch die Überzeugung geprägt, die Rechtssätze des Besonderen Teils des StGB enthielten an den einzelnen Bürger gerichtete Imperative, also Sollenssätze in der Form von Verboten und Geboten. Die herrschende strafrechtliche Unrechtslehre befindet sich damit im Einklang mit dem in der deutschen Jurisprudenz herrschenden Rechtsverständnis, das maßgeblich geprägt ist von der Vorstellung einer Steuerung der Bürger durch Sollensnormen, welche Rechtspflichten und subjektive Rechte begründen.7 2. Das StGB aber formuliert keine Verhaltensnormen. Nirgendwo wird dort – etwa als kategorischer Imperativ8 – ein Verbot bzw. Gebot der Form ,Du sollst p nicht tun!‘ bzw. ,Du sollst q tun!‘ ausgesprochen. Die Deliktstatbestände des Besonderen Teils des StGB enthalten mit ihren Sanktionsnormen ausschließlich hypothetische Imperative der Form ,Wenn x, dann z.‘ nämlich ,Wer p tut, wird bestraft.‘ bzw. ,Wer q nicht tut, wird bestraft.‘ Wie aber werden aus den gesetzlich fixierten – und deshalb ohne weiteres intersubjektiv vermittelbaren – hypothetischen Imperativen des Strafgesetzgebers die kategorischen Imperative, die das tägliche Leben des einzelnen Bürgers bestimmen sollen? Wie wird die Umdeutung der hypothetischen Imperative der Deliktstatbestände des Besonderen Teils zu Verhaltensnormen begründet? II. Der Aufweis rechtlicher Verhaltensnormen in der herrschenden Normentheorie 1. Durchforstet man die rechtstheoretische Literatur im allgemeinen und das strafrechtsdogmatische Schrifttum im besonderen, um eine Antwort auf diese Vgl. etwa Rüthers, Rn. 61. Als Imperativ wird in der praktischen Philosophie die Aufforderung eines Adressaten verstanden, eine bestimmte Handlung vorzunehmen. Unterschieden werden kann zwischen bedingten oder hypothetischen und unbedingten oder kategorischen Imperativen. Ein hypothetischer Imperativ ist in einer Wenn-dann-Aussage formuliert; die geforderte Handlung ist nur unter der Bedingung einer Handlungsabsicht notwendig. Im Gegensatz dazu formuliert ein kategorischer Imperativ ein unbedingtes Sollen, ohne die praktische Notwendigkeit einer Relation zu einer subjektiven Zielsetzung. Vgl. insoweit v. Wright, Norm und Handlung, S. 133 ff., S. 168 ff. 7 8

B. Herrschendes Verständnis von Recht und rechtliche Verhaltensnormen

141

Fragen zu erhalten, trifft man auf lapidare Begründungen wie: „Denn daß das Recht (auch) Bestimmungsnorm ist, ist unbestreitbar . . .“9, „Die Verhaltensnormen sind . . . nur mittelbar zu erschließen“10, „Dem Strafrecht vorgelagerte Verund Gebote müssen konzipiert werden, indem bestimmte Verhaltensweisen, die rechtlich anzuerkennende Interessen . . . zu beeinträchtigen drohen, rechtliche Mißbilligung erfahren.“11, „Die Strafrechtsordnung besteht danach aus Willensäußerungen des Gesetzgebers, die ein bestimmtes Verhalten des Rechtsgenossen fordern.“12 All diese Sätze haben einen mehr oder weniger apodiktischen Charakter und zeugen davon, wie stark dogmatisches Denken in deontischen Operatoren die Strafrechtswissenschaft durchdrungen hat. Eine Begründungsbedürftigkeit wird kaum noch empfunden.13 2. Neben den Grundgedanken der Imperativentheorie14 – den Befehlen des Gesetzgebers mittels Rechtsnormen – prägt vor allem Bindings Normentheorie15 nach wie vor die Strafrechtsdogmatik: Die Norm, die ein Straftäter verletze, gehe den Strafgesetzen logisch voran. Sie gebe mit Gehorsamspflichten einem jeden Bürger die Richtschnur seines Verhaltens vor. Ihre Existenz ließe sich mittelbar aus der Existenz der Strafgesetze erschließen. Wird Bindings Normentheorie auch im Detail kritisiert,16 so akzeptiert die ganz herrschende Strafrechtslehre doch den Grundsatz, daß aus dem ersten Teil eines Deliktstatbestandes – dem ,Wer p tut‘ – das Verbot abzuleiten sei ,Du sollst p nicht tun!‘.17 Umstritten ist höchstens, ob der Bewertungs- oder der Bestim-

Mezger, GS 89 (1924), 207 (240). Röhl, S. 193 ff. 11 Freund, § 1 Rn. 11. 12 Jescheck / Weigend, § 24 II 2. 13 Heckler, S. 80 in Fn. 331, bezeichnet diese Vorstellungswelt gar als „gesicherten Bestand der heutigen strafrechtlichen Dogmatik“, und verzichtet im Kontext der Analyse des Versuchsunrechts (sic!) auf jede kritische Prüfung. Mit ,gesichertem Bestand‘ kann Heckler bestenfalls die Zahl der Vertreter dieser Lehre oder Verve in ihrer Kundgabe meinen, nicht aber die Qualität der wissenschaftlichen Durchdringung des Problems. 14 Hierzu bereits im 2. Kap. unter E. III. 1. 15 Bindings Normentheorie wurde bereits im 2. Kap. unter E. III. 2. dargestellt. 16 Vgl. etwa Armin Kaufmann, Lebendiges und Totes, S. 36 ff. 17 Aus der strafrechtsdogmatischen und rechtstheoretischen Literatur seien nur genannt Adomeit, S. 41 ff.; Eser / Burkhardt, Fall 3 A 89 ff.; Ebert, S. 2 f.; Ebert / Kühl, Jura 1981, 225 (229); Engisch, Einführung, S. 19 ff.; Eser, FS Lenckner, S. 25 (39 ff.); Freund, § 1 Rn. 5 ff.; Gallas, FS Bockelmann, S. 155 (156 ff.); Heckler, S. 81 ff.; Heghmanns, S. 42 ff.; Henkel, S. 44; Hoerster, JuS 1987, 181 (182 ff.); ders., JZ 1989, 425 (426 f.); Jakobs, AT, 1 / 1; ders., Norm, S. 51 ff.; Jescheck / Weigend, § 24 II; Kindhäuser, Gefährdung, S. 29 ff.; Koller, S. 83 ff.; Uwe Krüger, S. 53 ff.; Kühl, AT, § 3 Rn. 5 f.; Lampe, Das personale Unrecht, S. 24 ff.; Larenz, FS Engisch, S. 150 (150 ff.); Lesch, S. 175 ff.; LK10 / Jescheck, Vor § 13 Rn. 39; Maurach / Zipf, AT 1, § 24 Rn. 16; Mezger, GS 89 (1924), 207 (240 ff.); ders., Strafrecht3, S. 166 f.; Münzberg, S. 49 ff.; Nawiasky, S. 13 f.; Phillips, S. 317 (317 ff.); Röhl, S. 193 ff.; Roxin, AT I, § 10 Rn. 93 f.; Rüthers, Rn. 111 ff.; Theodor Schilling, S. 49 ff.; 9

10

142

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

mungsfunktion die vorrangige Stellung innerhalb des Deliktstatbestandes zukommt.18 Ebert bringt diese normtheoretische Sicht für die heute herrschende Rechtslehre auf den Punkt, wenn er schreibt: „Von der Strafnorm ist die ihr logisch vorausgehende und in ihr enthaltene Verbotsnorm zu unterscheiden. Verbots- und Strafnorm haben denselben Tatbestand. Die Strafnorm bewehrt das Verbot, sich dem Tatbestand entsprechend zu verhalten, durch Androhung einer Strafe, um die Durchsetzungschance des Verbots zu erhöhen.“19 Einer jeden in einem Deliktstatbestand niedergelegten Sanktionsnorm soll also eine Verbotsnorm logisch vorausgehen. Diese untersage dem Einzelnen die Vornahme der jeweils fixierten Handlung und nehme eine Vermittlungsfunktion zwischen der an den Rechtsstab gerichteten Sanktionsnorm und dem Einzelnen wahr, dessen Verhalten determiniert werden soll. Obendrein spricht man diesen Verbotsnormen Rechtscharakter zu. Mit diesen normtheoretischen Vorstellungen ist die sogenannte zweigliedrige Adressatentheorie verbunden:20 Wie alle Rechtssätze richteten sich auch die Deliktstatbestände zum einen an den Rechtsstab und gäben diesem vor, wegen welcher Verhaltensweisen Strafe zu verhängen sei (Bewertungsfunktion des Rechtssatzes als Sanktionsnorm). Zum anderen sollen sich die Deliktstatbestände an den Einzelnen richten und diesem bestimmte Verhaltenspflichten auferlegen (Bestimmungsfunktion des Rechtssatzes als Verhaltensnorm). 3. Die zweigliedrige Adressatentheorie dominiert das Rechtsverständnis der herrschenden Lehre so nachhaltig, daß kaum noch reflektiert wird, welche Substanz diese Normenlehre hat. Allein Zipf21 sieht noch Begründungsbedarf für die Notwendigkeit eines Operierens mit deontischen Normbefehlen: Rechtslogisch, so meint er, könne nur eine verbotene Handlung bestraft werden, nicht eine Rechtsgutsverletzung als solche, da das StGB nur bestimmte Verhaltensweisen mit Strafe bedrohe, nicht aber jede Rechtsgutsverletzung als solche.22 Strafrechtsdogmatisch, so führt Zipf weiter aus, seien Rechtfertigung und Entschuldigung einer Tat nur mit deontischen Operatoren zu erklären, da ,Rechtfertigung‘ das Weichen des Normbefehls zum Inhalt habe und eine Schuldzurechnung nur bei potentieller Kenntnis der Verbots- bzw. Gebotsnorm möglich sei.23 Nun ließe sich gegen Zipfs Argumente anführen, daß sich die Rechtfertigung eines tatbestandsmäßigen VerSchönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 49 f.; Schünemann, GA 1999, 207 (216, in und bei Fn. 39); Tiedemann, FS Baumann, S. 7 (11, 13); Vogel, S. 28 ff.; Welzel, Strafrecht, § 8 II, § 10 I 3; Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 46 ff.; ders., Objektive Zurechnung. S. 3 (8 ff.); Zippelius, Rechtsphilosophie, S. 10 f.; ders., NJW 1957, 1707 (1707); Zoll, S. 93 (94 ff.). Aus verfassungsrechtlicher Sicht Appel, S. 79 ff. 18 Vgl. etwa Jescheck / Weigend, § 24 II. 19 Ebert, S. 33. (Hervorhebung im Original) 20 Vgl. zu dieser Theorie Hoerster, JZ 1989, 10 (10 ff.); sowie Röhl, S. 195. 21 Maurach / Zipf, AT 1, § 19 Rn. 26 ff. 22 Ebenda, Rn. 27. 23 Ebenda, Rn. 31.

B. Herrschendes Verständnis von Recht und rechtliche Verhaltensnormen

143

haltens mit Hilfe der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen24 ohne ein System von Verbots-, Gebots- und Erlaubnisnormen erklären läßt25 und für die Schuldzurechnung nach dem Wortlaut des § 17 StGB – anders als es dessen Überschrift vermuten ließe – keineswegs die potentielle Kenntnis des Ver- bzw. Gebots, sondern lediglich die Möglichkeit der Unrechtseinsicht maßgeblich ist, doch würden diese Argumente allein zu kurz greifen. 4. Analytisch-hermeneutisches Denken gebietet zu ergründen, warum die herrschende Lehre glaubt, das Recht in ein Prokrustesbett von individuellen Pflichten und Erlaubnissen legen zu müssen. Dabei wird sich zeigen, daß sämtlichen normtheoretischen Überlegungen der herrschenden Lehre ein bestimmter Moralbegriff zugrunde liegt, dem stillschweigend Allgemeinverbindlichkeit zugesprochen wird. Zugleich wird die Analyse aufweisen, daß eine zweigliedrige Adressatentheorie einer ausdifferenzierten Rechtsordnung nicht adäquat ist.

III. Die Lehre von den Verhaltensnormen als Fiktion 1. Der gesetzliche Ausgangspunkt: Die Deliktstatbestände des Besonderen Teils des StGB In den Deliktstatbeständen fixiert der Strafgesetzgeber – dies wurde bereits herausgearbeitet – Verhaltensweisen und weist die Richter und Beamten des Rechtsstabs an, wegen der Vornahme bzw. Unterlassung einer solchen Handlung zu strafen: ,Wer p tut, wird bestraft.‘ bzw. ,Wer q nicht tut, wird bestraft.‘ Diese Deliktstatbestände haben – logisch betrachtet – die Form von hypothetischen Imperativen: ,Wenn p getan, dann Strafe!‘ bzw. ,Wenn q nicht getan, dann Strafe!‘. Dies ist – da gesetzlich festgeschrieben – ohne weiteres intersubjektiv vermittelbar und man sollte meinen, aus dieser kurzen normtheoretischen Beschreibung würde deutlich, wie Strafrecht funktioniert: Der Gesetzgeber entschließt sich zum Zwecke des Rechtsgüterschutzes, bestimmte Handlungen dadurch zu unterdrücken, daß dem entsprechend Handelnden durch den Rechtsstab ein Übel zugefügt wird. Der Einzelne erlebt unmittelbar oder medial vermittelt, wie der Rechtsstab – den gesetzgeberischen Anweisungen entsprechend – straft und erkennt, wie er sich verhalten muß, um nicht in Konflikt mit dem Handeln des Rechtsstabs zu kommen.26 Mittels ontischer Modi läßt sich dementsprechend formulieren:

24 Vgl. zur Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen etwa Koriath, Grundlagen, S. 326 ff.; sowie Hirsch, Die Lehre, S. 21 ff. 25 In diesem Sinne auch Koriath, ebenda, S. 329. 26 Der Gesetzlichkeitsgrundsatz des Art. 103 II GG i. V. m § 1 StGB garantiert darüber hinaus, daß nur wegen der gesetzlich bestimmten Verhaltensweisen gestraft wird.

144

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

* Es ist notwendig, p nicht zu tun, um nicht dem Handeln des Rechtsstabs unterworfen zu werden. * Es ist notwendig, q zu tun, um nicht dem Handeln des Rechtsstabs unterworfen zu werden.27

Arthur Schopenhauer28 hat dies bereits 1840 zutreffend formuliert: „ . . . ein Kriminalkodex ist nichts anderes, als ein Verzeichnis von Gegenmotiven zu verbrecherischen Handlungen.“ Leider durchkreuzt die herrschende Lehre mit ihrem Rechtsverständnis diese alethische29 Konzeption. Zwischen die norm-motivierten Handlungen des Rechtsstabs30 und der Verhaltensorientierung des Einzelnen werden Verhaltensnormen mit deontischen Modi geschaltet.

2. Verhaltensnormen und ein Moralbegriff mit deontischen Modalitäten a) Wie das Recht generell entfalten die Deliktstatbestände des Besonderen Teils nach Ansicht der ganz herrschenden Lehre eine verpflichtende Kraft für den Einzelnen. Die Implikationen dieses Denkens für die Versuchslehre haben die Ausführungen der vorangegangenen Kapitel aufgezeigt. b) Um aus den Normen der Deliktstatbestände Pflichten zu konstruieren bedient sich die herrschende Rechtslehre der folgenden Erwägungen: Begehungsdelikte

Unterlassungsdelikte

1. Wenn die Deliktstatbestände anordnen ,Wer p tut, wird bestraft.‘ so gilt zugleich: ,Es ist verboten, p zu tun.‘ 2. Ist es verboten, p zu tun, hat jedermann die Pflicht, p nicht zu tun. Also gilt: ,Du sollst p nicht tun!‘

1. Wenn die Deliktstatbestände anordnen ,Wer q nicht tut, wird bestraft.‘ so gilt zugleich: ,Es ist geboten, q zu tun.‘ 2. Ist es geboten, q zu tun, hat jedermann die Pflicht, q zu tun. Also gilt: ,Du sollst q tun!‘

Während an der logischen Sauberkeit des Schlusses zu (2.) keine Zweifel bestehen, so stößt der Schluß zu (1.) – der zugleich Bedingung für die Richtigkeit des Schlusses zu (2.) ist – auf erhebliche Bedenken, vollzieht die herrschende Lehre In diesem Sinne auch Hoyer, S. 48. Ders., S. 99. 29 Es ist das Verdienst Hoyers, S. 48 f., den Begriff ,alethisch‘ im Rahmen eines alethischen Strafrechtskonzeptes aus der Logik in das Strafrecht eingeführt zu haben. Das griechische ,Aletheia‘ ist herzuleiten aus a (alpha privativum: nicht) sowie lethos / lethe (zu lanthano: verborgen sein) und bezeichnet die Wirklichkeit im Gegensatz zum Schein. Zum Begriff der ,alethischen Modi‘ v. Wright, Deontische Logik, S. 1 (1, 9 ff.); ders., Deontische Logik und die Theorie der Bedingungen, S. 19 (19). 30 Vgl. zum Begriff des norm-motivierten Handeln des Rechtsstabs vorerst Alwart, Recht und Handlung, S. 155 ff. Eingehend hierzu unten in diesem Kap. unter C. 27 28

B. Herrschendes Verständnis von Recht und rechtliche Verhaltensnormen

145

doch hier den Wechsel von ontischen zu deontischen Modi. Das Axiom, dessen sich die Vertreter dieser Ansicht dabei bedienen, lautet: ,Verhaltensweisen, die der Strafgesetzgeber per Androhung einer Sanktion mißbilligt, sind verboten.‘ Aus dem Faktum, daß der demokratisch legitimierte Gesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen zum Unwert erklärt, schließt die herrschende Lehre, die Vermeidung dieses Unwerts sei als Pflicht eines jeden auch gesollt, obwohl sich die Deliktstatbestände an keiner Stelle mit einer Sollens-Anforderung an den Einzelnen wenden und ihm eine Pflicht auferlegen. Offensichtlich steht hinter dem beschriebenen Axiom ein bestimmter Moralbegriff, namentlich eine Pflichtenethik, jedoch kein fundierter Rechtsbegriff. Als Pflichtenethik wird eine Moralkonzeption bezeichnet, nach der Verhaltensweisen, die von einer bestimmten Instanz – Natur, Gott, autonomes Selbst, heteronom Mächtiger – als wertvoll angesehen werden, kategorisch und verallgemeinernd auferlegt werden.31 Zur Pflichtenformulierung bedient sich eine Pflichtenethik deontischer Modi. Aus einer solchen Moralvorstellung heraus interpretiert die herrschende Lehre die Normen des Gesetzgebers und zieht Rückschlüsse für deren Anwendung; die subjektive Versuchslehre macht dies deutlich. c) Nun ist die Pflichtenethik nur eine von zahlreichen Moralkonzeptionen.32 Ihren Gegenpart findet sie im Utilitarismus.33 Statt kategorischer Pflichten bedient sich der Utilitarismus eines hedonistischen Kalküls: Lust und Leid als Folgen eines Verhaltens sind in Anschlag zu bringen, und nach der Maxime einer Lust- oder Nutzenmaximierung ist die dazu dienliche Verhaltensweise zu wählen. Vergegenwärtigt man sich die Struktur des Strafgesetzes – insbesondere seiner Deliktstatbestände – und die Mechanismen seiner Anwendung, so ist ein utilitaristischer Moralbegriff mit seinem hedonistischen Kalkül eher als eine Pflichtenethik in der Lage, jene Strukturen und Mechanismen zu erklären: Während das StGB expressis verbis keine Pflichten auferlegt, letztere von der herrschenden Lehre nur durch eine Umdeutung konstruiert werden, formuliert es ganz direkt die Kosten bestimmter Verhaltensweisen. Ordnet es an ,Wer p tut, wird mit s bestraft.‘ sind in den individuellen Nutzen der Verhaltensweise p die Kosten des Übels s einzukalkulieren. Das mit s verbundene Leid ist, um es nochmals mit Schopenhauer34 zu formulieren, ein – und zwar das staatliche – Gegenmotiv zu p. Damit ist auch aufzeigt, daß eine Verbotsnorm keine logische Voraussetzung einer Strafnorm ist, wie gemeinhin behauptet wird: ,Logisch‘ heißt nichts anderes als denknotwendig. Da aber ein anderes Denkmodell existiert, entfällt die Logik.

31 Zum Begriff der Pflichtenethik etwa v. Kutschera, S. 254 ff. Siehe auch Tugendhat, Drei Vorlesungen, S. 57 (59 ff.). Zum Pflichtbegriff im Strafrecht eingehend Hoyer, S. 43 ff. 32 Appel, S. 485 f., spricht mit lobenswertem Impetus von der „Relativität der außerstrafrechtlichen Sozialethiken“. Daß er mit dem Begriff der ,außerstrafrechtlichen Sozialethik‘ zu einer tautologischen Konstruktion greift, zeigt die Brisanz des Problems. 33 Zum Utilitarismus wiederum v. Kutschera, S. 200 ff.; sowie Höffe, S. 7 ff. 34 Ders., S. 99.

10 Maier

146

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

d) Doch bei aller Sympathie für den Utilitarismus: Es hieße den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, plädierte man dafür, das StGB, das Recht überhaupt, statt aus einer Pflichtenethik aus einem utilitaristischen Moralverständnis heraus zu interpretieren. Recht ist aus sich heraus verständlich. Es gebührt demokratisch legitimierten Normen nicht, sie einem bestimmten Ethikkonzept unterzuordnen.35 Daß die herrschende Lehre dies gleichwohl tut, hat in mehrfacher Hinsicht geistesgeschichtliche Ursachen. Kants Sittenlehre36 etwa prägt bis heute entscheidend die Vorstellungen von ,echter‘ Ethik:37 Eine solche Pflichtenethik wirkt rigoros, schneidig und sittlicher als z. B. der Utilitarismus, der als ,Ethik mit Kalkül‘ nach wie vor im Ruche rein ökonomischen, gar egoistischen Entscheidens steht.38 Daß man jedoch überhaupt zu einem überpositiven Konstrukt von Verbots- und Gebotsnormen greift, zeugt davon, wie sehr die Strafrechtswissenschaft in den Gedankengebäuden essentialistischen Philosophierens gefangen ist.39 Die Deliktstatbestände des Besonderen Teils werden aus der Bedeutung ihres faktischen Gebrauchs gerissen und zu dahinterstehenden Prinzipien erhöht.40 Dies geschieht etwa, wenn Zipf41 behauptet, nur eine verbotene Handlung könne auch bestraft werden.42 Da ein Deliktstatbestand ausdrücklich nun einmal nichts verbietet, wird es seinem Wesen zugeschrieben, verbietend oder gebietend zu wirken. Das aber ist nichts anderes als platonistische Ideenlehre: Hinter dem, was wir wahrnehmen und gebrauchen, stehe etwas, was dem Vordergründigen erst Sinn und Form gebe.43 Nicht anders ist es zu verstehen, wenn etwa Radbruch44 das Recht als die Wirklichkeit beschreibt, die den Sinn hat, der Rechtsidee zu dienen, oder wenn – um ein Beispiel aus der Strafrechtsdogmatik zu wählen – Armin Kaufmann in seiner Auseinander35 Auch Hirsch, FS Roxin, S. 711 (724), beklagt in der Diskussion um die versuchte Tat, man stufe „bei uns noch immer zu wenig zwischen strafrechtlichen und moralischen Anforderungen“ ab. Die Ursachen hierfür ergründet er freilich nicht. Ganz im Gegenteil spricht er ebenda, S. 717, wie selbstverständlich vom Verstoß gegen den Normbefehl durch eine versuchte Tat. 36 Ders., Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 385 (393 ff.); ders., Die Metaphysik der Sitten, S. 203 (382 ff.). 37 Ein Paradebeispiel hierfür ist Schreiber, S. 42 f., wenn er resümiert: „Das Recht schafft die Befugnis zur Pflichterfüllung, ist wegen der Pflicht da, fließt aus der Idee der Pflicht.“ 38 Vgl. zur Kritik etwa Stegmüller, Band IV, S. 200 ff. Erinnert sei darüber hinaus an die heftigen Reaktionen auf das Buch „Praktische Ethik“ des australischen Sozialphilosophen Peter Singer. Vgl. hierüber dens., ebenda, S. 425 ff.; sowie Anstötz, passim. Zur Auseinandersetzung mit Singers Utilitarismus Hruschka, JZ 2001, 261 (262 ff.). 39 Vgl. dazu auch die Kritik der strafrechtlichen Stufenlehre im 1. Kap. unter D. III. 40 Alwart, Establishing, S. 143 (146), nennt ein solches Vorgehen zu Recht „essentialistic arrogance“. 41 Maurach / Zipf, AT 1, § 19 Rn. 26 ff. Hierzu bereits oben in diesem Kap. unter B. II. 3. 42 Nach Art. 103 II GG und § 1 StGB ist zur Bestrafung einer Tat jedenfalls nur erforderlich, daß die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. 43 Zur kritischen Analyse dieser Denkweise Alwart, Recht und Handlung, S. 13 ff. 44 Ders., S. 29.

B. Herrschendes Verständnis von Recht und rechtliche Verhaltensnormen

147

setzung mit Bindings Normentheorie „eine Rückbesinnung auf das Wesen der Norm“45 fordert und als Norm die „Denkform der Gebundenheit von Menschen“46 begreift. Dieses ,Phänomenologisieren‘ ist die Ursache für das von Herzberg47 beklagte Übel der Verdrängung von gesetzlichen Primärbegriffen durch sekundäre Lehrsätze. Die Lehre von den aus den Deliktstatbeständen zu gewinnenden Verhaltensnormen ist der Versuch, eine metaphorische Sprechweise zu retten.48 Die Flucht ins Naturrecht ist der Preis, der für diesen Rettungsversuch gezahlt wird. e) Die Kritik am metarechtlichen Konstrukt von Rechtspflichten des Einzelnen ist nicht neu. Julius Binder hat sie bereits 1912 vorgetragen und später vertieft.49 Seine zentrale Aussage ist: „Die Pflicht ist kein juristischer Begriff; überall da, wo wir von Pflichten, die durch die Rechtsordnung begründet sind, zu reden gewohnt sind, handelt es sich in Wahrheit um etwas ganz anderes. Abzulehnen ist die allgemeine Kategorie der Untertanenpflichten; abzulehnen die kriminalrechtliche Pflicht, Delikte zu unterlassen; abzulehnen die zivilrechtliche Pflicht, Verbindlichkeiten zu erfüllen. In allen diesen Fällen handelt es sich in Wahrheit um Haftungen; um Haftungen vielleicht mit Leib und Leben, mit dem Vermögen, der Freiheit, der Ehre: um Haftungen, die so empfindlich in die Existenz des Haftenden eingreifen, daß er sie häufig als einen Zwang zu bestimmtem Verhalten empfinden und entsprechend darauf reagieren wird.“50 Binder hat damit klar und ohne Umwege – eben alethisch – formuliert, um was es sich bei den Rechtsfolgen (auch) der Strafgesetze handelt: Nicht um das Postulat einer Pflicht, eines Sollenssatzes, einer Verhaltensanweisung für den Einzelnen, einzig der Preis eines bestimmten Verhaltens wird festgelegt.51 f) Doch die Kritik an einem Rechtsverständnis, daß den Umweg über Pflichtenkonstruktionen wählt und sich zu diesem Zweck eines bestimmten Moralbegriffes bedient, ist nur ein Aspekt im Rahmen der Analyse der Lehre von den sogenannten Verhaltensnormen. Untrennbar mit dieser Lehre ist die Vorstellung verbunden, die Normen des Gesetzgebers würden sich auch an den einzelnen Bürger richten. Armin Kaufmann, Lebendiges und Totes, S. 124 ff. Ebenda, S. 124 f. 47 Ders., JuS 1999, 224 (224). 48 In diesem Sinne bereits Kelsen, Hauptprobleme, S. 271. Vgl. auch dens., Reine Rechtslehre, S. 21 ff.; sowie Koriath, Grundlagen, S. 272 f. 49 Vgl. Binder, Rechtsnorm, passim; dens., Der Adressat, passim. Während des Dritten Reiches hat Binder seine Haltung aufgegeben. Vgl. dens., Grundlegung, S. 160. Zu Binders Lehre eingehend Uwe Krüger, S. 24 ff. Zur scharfen, teilweise bösartigen Kritik an Binders Lehre exemplarisch Bierling, Band V, S. 149; Nelson, S. 179; Puntschart, S. 481 (489 f.). 50 Binder, Rechtsnorm, S. 45. 51 Für einen Verzicht auf den Begriff der Rechtspflicht plädiert auch Hoyer, S. 42 ff. Vgl. zu diesem Werk Hoyers etwa Neumann, GA 1999, 443 (443 ff.). Kritisch zur Lehre von den Verhaltensnormen auch Koriath, Grundlagen, S. 267 ff., 328 f. Zu Koriath wiederum Neumann, ZStW 109 (1997), 593 (593 ff.). 45 46

10*

148

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

3. Verhaltensnormen und der Adressat des Rechtssatzes a) Sollen Rechtsnormen als solche dem einzelnen Bürger ein bestimmtes Verhalten vorgeben, müssen sie auch an ihn gerichtet sein – der Einzelne muß Adressat des Gesetzes sein.52 Wird den Deliktstatbeständen des StGB die Rolle einer Bestimmungsnorm zuerkannt, so impliziert das Denken in kategorischen Imperativen, daß der Gesetzgeber sich mit einem ,Du sollst nicht!‘ bzw. ,Du sollst!‘ an den Bürger wendet und der Bürger nach diesen Bestimmungsnormen sein Verhalten lenkt. Der diese Lehre aufmerksam Studierende nickt zustimmend und gibt sich seinen Assoziationen hin: Vielleicht denkt er an das Buch Exodus des Alten Testaments und sieht die Israeliten am Fuße des Berges Sinai stehen und dem von Gott verkündeten Dekalog lauschen. Oder er sieht den königlichen Boten in ein Dorf reiten und dort vor allen Bewohnern einen Befehl verkünden. So müssen die Bestimmungsnormen des Gesetzes funktionieren, denkt der Leser – „Ein Bild hielt uns gefangen“, möchte man mit Wittgenstein53 entgegenhalten. b) Ob die Übertragung einer solchen Vorstellung von Verhaltensnormen in ein ausdifferenziertes Rechtssystem nicht nur rechtstheoretisches Wunschdenken ist, diese Frage wurde bereits 1903 durch Max Ernst Mayer54 aufgeworfen.55 Ketzerisch formulierte er mit Blick auf Bindings Normentheorie: „Der Behauptung, das Gesetz wende sich an das Volk, steht die unbestreitbare Thatsache entgegen, dass das Volk die Rechtssätze nicht kennt. Jedes Wort hierüber ist zu viel. Wenn einige einiges vom Recht wissen, so berührt das nicht das Faktum, dass die grosse Menge das Recht nicht kennt. Freilich jeder weiss, dass es verboten ist, Leib und Leben, Freiheit und Ehre der Mitmenschen zu schädigen . . . , aber diese Kenntnis stammt nicht aus dem Gesetz, sondern aus der Erziehung, die jedem in der Schule und im Elternhaus, im Beruf und im Verkehr zu Teil wird . . .“56 Eine Lehre, die den einzelnen Bürger als Adressaten des Rechtssatzes ansieht, behandele jenen Bürger so, als ob er das Reichsgesetzblatt gelesen und verstanden habe.57 Auf der Feststellung, das Volk schöpfe sein Rechtsbewußtsein 52 Zur entsprechenden zweigliedrigen Adressatentheorie bereits oben in diesem Kap. unter B. II. 2. Zur Korrelation von Pflichtbegriff und Adressatenproblem Trutnau, S. 156 ff. 53 Ders., PU, 115. 54 Ders., Rechtsnormen, passim. Vgl. zur Aufnahme dieses Werkes etwa die Besprechungen Graf zu Dohnas, GS 63 (1904), 355 (355 ff.), und Kohlrauschs, ZStW 24 (1904), 724 (737 ff.). 55 Vor M. E. Mayer widmete sich bereits v. Jhering, S. 329 ff., der Frage, an wen die staatlichen Imperative gerichtet seien. Er kam, ebenda, S. 338, zu dem Schluß, in erster Linie seien die Behörden Adressaten der Normen des Gesetzgebers. Werden letztere jedoch der Privatperson zur Verwendung gestellt, wie etwa die Regeln des Bürgerlichen Rechts über das Rechtsgeschäft, so würden sie auch den einzelnen Bürger verpflichten oder berechtigen. An die Lehren v. Jherings knüpfte M. E. Mayer, Rechtsnormen, Vorwort, ausdrücklich an. 56 M. E. Mayer, ebenda, S. 6 f. Zustimmend Kelsen, Hauptprobleme, S. 381. Zu Kelsens Lehren eingehend Heidemann, S. 21 ff. 57 M. E. Mayer, ebenda, S. 11.

B. Herrschendes Verständnis von Recht und rechtliche Verhaltensnormen

149

nicht aus den Rechtsnormen des Gesetzes, sondern aus den sogenannten Kulturnormen, errichtet M. E. Mayer seine Kulturnormentheorie. Die Kulturnormen würden ihrem Inhalt nach mit den Rechtsnormen übereinstimmen und seien „die Gesamtheit derjenigen Gebote und Verbote, die als religiöse, moralische, konventionelle, als Forderungen des Verkehrs und des Berufs an das Individuum herantreten.“58 c) Eine Renaissance erlebt die Kulturnormentheorie M. E. Mayers in Schmidhäusers59 Adressatenlehre. Auch Schmidhäuser geht davon aus, daß die Strafgesetze sich primär (sic!) nicht an den Einzelnen wenden, sondern Anweisungen an die Richter und Beamten sind. Der Bürger selbst kenne die Strafgesetze ja gar nicht; auch wenn sie ihm zur Kenntnis gebracht würden, könne er sie vielfach nicht verstehen.60 In einem engen Bereich sieht Schmidhäuser jedoch auch die Bürger als Adressaten der Strafrechtsnormen an. Dies soll dann der Fall sein, wenn Publikationsorgane, die im Gegensatz zur Veröffentlichung per Gesetzblatt tatsächlich den Bürger erreichen, Strafgesetze bekanntmachen. Schmidhäuser hat hier die von einzelnen Strafnormen besonders betroffenen Berufsgruppen – etwa Mediziner bezüglich der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs – und bestimmte andere Tätigkeiten – wie die Teilnahme am Straßenverkehr oder die Jagdausübung – im Auge.61 Grundsätzlich kenne aber der Einzelne die Strafgesetze nicht, weshalb sie ihm auch nicht Norm für das eigene Verhalten sein könnten. Die handlungsleitende Funktion – hier steht Schmidhäuser ganz in der Tradition M. E. Mayers – sollen die u. a. von der staatlichen Rechtsordnung gespeisten Werte der Sozialmoral übernehmen: An diesen habe der Einzelne teil und könne so Verbote und Gebote für das eigene Handeln ableiten.62 Auf diese Weise unterscheidet Schmidhäuser zwei Rechtsordnungen innerhalb des staatlichen Gemeinwesens: die staatliche Rechtsordnung, als den Inbegriff der vom Gesetzgeber erlassenen Normen, und die gesellschaftliche Rechtsordnung, als die im sozialen Bewußtsein lebendige Grundordnung menschlichen Zusammenlebens.63 d) Mit seiner Adressatenlehre legt Schmidhäuser den Finger in die Wunde der herrschenden zweigliedrigen Adressatenlehre: In einem entwickelten, hochdifferenzierten Gemeinwesen ist es schlicht illusorisch anzunehmen, der Einzelne werde von den Normen des Gesetzgebers direkt angesprochen.64 Nur wenn dem so Ebenda, S. 17. (Im Original gesperrt gedruckt.) Vgl. dens., Von den zwei Rechtsordnungen, passim; dens., Lehrbuch AT2, 1 / 7, 2 / 2; dens., Studienbuch AT, 3 / 10 ff.; dens., Form und Gehalt, passim; dens., JZ 1989, 419 (419 ff.); dens., Die actio libera in causa, S. 58 ff.; dens., GS Martens, S. 231 (240 f.). Den Lehren Schmidhäusers folgt Röttger, S. 236 ff. 60 Vgl. etwa Schmidhäuser, Von den zwei Rechtsordnungen, S. 7. 61 Ders., Form und Gehalt, S. 42. 62 Schmidhäuser, Von den zwei Rechtsordnungen, S. 12 f. 63 Vgl. dens., ebenda, S. 11 ff.; sowie dens., JZ 1989, 419 (423 ff.). 58 59

150

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

wäre, könnte man ihn sinnvoll als Adressat der Norm bezeichnen.65 Der Bürger nimmt Rechtsnormen an sich nicht zur Kenntnis; selbst wenn er es täte, würde er sie im Regelfall nicht verstehen.66 Diese Einsicht ist der empirische Dolchstoß für die zweigliedrige Adressatenlehre. Letztere impliziert immer noch ein Rechtssystem von der Komplexität des Dekalogs. Mag es durch und durch wünschenswert sein, der Einzelne würde das Gesetz lesen und sein Leben dementsprechend ausrichten, einem ausdifferenzierten Rechtssystem mit seinem „Zerfall in Expertendomänen“ im allgemeinen und dem „kaninchenhaften Anwachsen der Strafrechtsfamilie“67 im besonderen wird dies nicht gerecht.68 Auch aus diesem Grund ist die zweigliedrige Adressatenlehre und mit ihr die Lehre von den Verhaltensnormen aufzugeben. e) Ist der Kritik Schmidhäusers am herrschenden Rechtsverständnis insoweit beizupflichten, können seine daraus gezogenen Konsequenzen nicht unwidersprochen bleiben, verhindern sie doch, dem auf Fiktionen basierenden Rechtsverständnis der herrschenden Lehre einen hermeneutisch fundierten Rechtsbegriff entgegenzuhalten. aa) Bedenken sind zunächst gegen seine zwei Rechtsordnungen innerhalb des staatlichen Gemeinwesens – die staatliche Rechtsordnung einer- und die gesellschaftliche Rechtsordnung andererseits – zu erheben. Schmidhäuser selbst räumt ein, daß sich damit „ein weiterer Begriff von Recht und Rechtsordnung“ ergibt „als er gemeinhin üblich ist“69. Aber warum will Schmidhäuser zwei so unterschiedliche Systeme unter einem Begriff zusammenfassen? Warum nennt er nicht einfach das staatliche Recht Recht und stellt diesem Rechtsbegriff das Bewußtsein der Bevölkerung von Recht – die Sozial- oder Gesellschaftsmoral – gegenüber? So 64 Röttger, S. 239, weist darauf hin, daß dieser Befund nur zu einer entwickelten Gesellschaft und deren Staat paßt. Für andere Gemeinwesen mag anders zu urteilen sein. Hier ist jedenfalls über unser Gemeinwesen die Rede. 65 Man könnte einwenden, ,irgendwie‘ werde der Bürger ja doch erreicht und sein Verhalten gesteuert. Dies ist in der Tat unbestreitbar, nur impliziert die Verhaltensorientierung des Einzelnen eben nicht die Annahme von an ihn adressierten Pflichten. Die Vermittlungsfunktion übernimmt die Sozialmoral, wodurch der Bürger jedoch nicht Adressat der Norm wird, so wie ich nicht dadurch Adressat eines Briefes werde, daß mir ein Freund, an den der Brief gerichtet war, von dessen Inhalt berichtet, mag der Absender auch aufgetragen haben, mir zu berichten. Jede andere Sprechweise wäre keine sinnvolle. 66 Man denke nur an § 261 StGB mit seinen zehn Absätzen: Nicht einmal der Strafrechtler weiß auf Anhieb, was § 261 StGB en Detail zur Geldwäsche bestimmt. Trotzdem hat auch jeder halbwegs verständige Laie ein Bewußtsein davon, was es heißt, ,schmutziges Geld zu waschen‘. 67 So die Formulierungen Alwarts, Zurechnen und Verurteilen, S. 17. 68 Ob dieser Ausdifferenzierung ist es eben keine hinreichende Konsequenz der Diskussion um den Adressaten des Rechtssatzes, wie Eser, FS Lenckner, S. 25 (53 f.), Uwe Krüger, Der Adressat des Rechtsgesetzes, S. 114, oder Röhl, S. 195, zu fordern, Gesetze müßten eben verständlicher formuliert und breiter bekanntgemacht werden. Dies ist nicht mehr zu leisten. 69 So ders., Von den zwei Rechtsordnungen, S. 12.

B. Herrschendes Verständnis von Recht und rechtliche Verhaltensnormen

151

würde nicht nur ein Schritt zu einem hermeneutisch fundierten Rechtsbegriff unternommen, auch würde die Trennung von Recht und Moral gewahrt. Als Reaktion auf die – in dieser Hinsicht mit ähnlicher Intention geübte – Kritik Hoersters70 hat Schmidhäuser den Begriff der ,gesellschaftlichen Rechtsordnung‘ aufgegeben, spricht nun von Sozialmoral und will damit „einen im gesellschaftlichen Bewußtsein lebendigen Rechtsbegriff“71 erfassen. Dennoch ist in seiner Lehre weiter die Rede von einer ,staatlichen Rechtsordnung‘.72 Weshalb aber? Entweder existiert dann doch eine weitere, von der staatlichen Rechtsordnung verschiedene Rechtsordnung, oder der Begriff ,staatliche Rechtsordnung‘ ist eine Tautologie. In beiden Fällen aber hindert diese Begriffsbildung, den Begriff des Rechts exakt zu fassen. Letzteres ist aber unabdingbar, will man der herrschenden Lehre mit einer klaren Aussage entgegentreten. bb) Verschärft wird dieses Problem durch die Aufweichung, die Schmidhäusers Rechtsbegriff dadurch erfährt, daß in einem engen Bereich doch auch der Einzelne mittels besonderer Publikationsorgane Adressat der Strafrechtsnorm sein soll. Diese Einschränkung der ansonsten eingliedrigen Adressatentheorie scheint zu empirisch-technisch motiviert und bietet der Kritik durch die herrschende Lehre unnötige Angriffspunkte.73 cc) Was das Erleben des Rechts in der Sozialmoral betrifft, so implementiert Schmidhäuser in sein Modell zu selbstverständlich individuelle Pflichten und weist diesen eine Rolle in der Handlungsmotivation des Einzelnen zu.74 Auch wenn es dabei nicht wie bei der herrschenden Lehre um Rechtspflichten geht, sie vielmehr der Sozialmoral angehören – ihre Verletzung also keine Rechts-, sondern eine Moralwidrigkeit begründet –, legt sich auch Schmidhäuser damit auf einen Moralbegriff fest. Wie bedenklich dies ist, wurde dargetan.75 f) Freilich fand Schmidhäuser die Diskussion über den Normadressaten vor und entfaltete das Problem nicht vom Rechtsbegriff her. Es ist ihm gelungen, gründlich mit den „Illusionen in der Normentheorie“76 aufzuräumen. Seine Erkenntnisse zum Adressaten des Rechtssatzes sind eine Stütze zur Explikation des analytischhermeneutischen Rechtsbegriffes.

70 Ders., JZ 1989, 10 (10 f.). Hoersters Rechtsbegriff ist maßgeblich von den Lehren H. L. A. Harts beeinflußt. Vgl. zu letzterem im 1. Kap. in Fn. 188. 71 Schmidhäuser, JZ 1989, 419 (423). 72 Ebenda, 419 (423 ff.). 73 Zuzugeben ist freilich, daß die mediale Publikation von Rechtsnormen in besonderem Maße geeignet ist, beim Einzelnen – um die oben unter B. III. 1 verwandte Wendung Schopenhauers noch einmal aufzugreifen – Gegenmotive zu strafbaren Handlungen zu bilden. 74 So etwa Schmidhäuser, Von den zwei Rechtsordnungen, S. 13. 75 Oben in diesem Kap. unter B. III. 2. 76 So der Beginn des Titels einer Abhandlung Schmidhäusers, JZ 1989, 419 (419 ff.).

152

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

4. Schlußfolgerungen Die Lehre von den Verhaltensnormen beruht auf der Umdeutung der Deliktstatbestände des StGB in Bestimmungsnormen. Damit werden die intersubjektiv vermittelbaren Normen des Gesetzgebers in das Prokrustesbett eines bestimmten – namentlich pflichtenethischen – Moralbegriffes gepreßt und zu metarechtlichen Konstrukten erhöht. Fingiert wird dabei, die Normen des Gesetzgebers würden als solche den einzelnen Bürger erreichen und unmittelbar dessen Motivation steuern. Konsequenz dieser Analyse kann nur die Preisgabe der Lehre von den Verhaltensnormen sein. Nun gilt es im Hinblick auf die Zielsetzung der vorliegenden Abhandlung zu zeigen, welcher Rechtsbegriff an die Stelle des Rechtsverständnisses der herrschenden Lehre treten kann.

C. Der Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik I. Grundsätzliches 1. Am Beispiel der Deliktstatbestände des Besonderen Teils des StGB wurde in den vorangegangenen Abschnitten aufgezeigt, woran das Rechtsverständnis der ganz herrschenden Lehre krankt: Um die metaphorische Sprechweise von ,verbotenem Verhalten‘ zu legitimieren, werden jene Normen des StGB aus der Bedeutung ihres faktischen Gebrauchs herausgerissen. Damit eng verwoben ist die anachronistische Vorstellung, auch in einer hochentwickelten Gesellschaft mit einem ausdifferenzierten Rechtssystem habe jedermann am Recht unmittelbar teil. 2. Daß die Strafrechtswissenschaft nach wie vor ein platonistisches Idealisieren pflegt, liegt daran, daß sie die Sprachphilosophie Ludwig Wittgensteins nicht hinreichend rezipierte und vom ,linguistic turn‘77, der die Philosophie bis ins Mark erschütterte, weitgehend unbeeindruckt geblieben ist. Nach wie vor stützt man sich zur Aufarbeitung strafrechtlicher Problemstellungen gern wahlweise auf Kant, Fichte oder Hegel. Beinahe gehört es zum guten Ton, dem Idealismus zu huldigen und in der Ideenwelt des 18. und 19. Jahrhunderts gefangen zu sein. 3. Welchen Gewinn Wittgensteins Sprachphilosophie für die Strafrechtswissenschaft darstellt, wird vor dem Hintergrund der in den vorangegangenen Abschnitten aufgedeckten Mißstände deutlich, betrachtet man nur zwei Aspekte in Wittgensteins Denken: Seine Sprachphilosophie beläßt die Bedeutungen der Wörter im Diesseits ihres faktischen Gebrauchs und erhöht sie weder zu ,Ideen‘ noch sucht sie nach einem ,Wesen der Dinge‘. An die Stelle von Essenz, Wesen und Idee tritt 77 Zu diesem Begriff und seinen Wirkungen exemplarisch Janich, S. 30 ff.; Keil, S. 549 (568 ff.).

C. Der Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik

153

bei Wittgenstein das Prinzip der Familienähnlichkeit: „Betrachte z. B. einmal die Vorgänge, die wir ,Spiele‘ nennen. Ich meine Brettspiele, Kartenspiele, Ballspiele, Kampfspiele, usw. Was ist allen diesen gemeinsam? – Sag nicht: ,Es muß ihnen etwas gemeinsam sein, sonst hießen sie nicht Spiele‘, – sondern schau, ob ihnen allen etwas gemeinsam ist. – Denn, wenn du sie anschaust, wirst du zwar nicht etwas sehen, was allen gemeinsam wäre, aber du wirst Ähnlichkeiten, Verwandtschaften, sehen, und zwar eine ganze Reihe. Wie gesagt: denk nicht, sondern schau! – Schau z. B. die Brettspiele an, mit ihren mannigfachen Verwandtschaften. Nun geh zu den Kartenspielen über: hier findest du viele Entsprechungen mit jener ersten Klasse, aber viele gemeinsame Züge verschwinden, andere treten auf. Wenn wir nun zu den Ballspielen übergehen, so bleibt manches Gemeinsame erhalten, aber vieles geht verloren. – Sind sie alle ,unterhaltend‘? Vergleiche Schach mit dem Mühlfahren. Oder gibt es überall ein Gewinnen und Verlieren, oder eine Konkurrenz der Spielenden? Denk an die Patiencen. In den Ballspielen gibt es Gewinnen und Verlieren; aber wenn ein Kind den Ball an die Wand wirft und wieder auffängt, so ist dieser Zug verschwunden. Schau, welche Rolle Geschick und Glück spielen. Und wie verschieden ist Geschick im Schachspiel und Geschick im Tennisspiel. Denk nun an die Reigenspiele: Hier ist das Element der Unterhaltung, aber wie viele der anderen Charakterzüge sind verschwunden! Und so können wir durch die vielen, vielen anderen Gruppen von Spielen gehen. Ähnlichkeiten auftauchen und verschwinden sehen.“78 Erst mit diesem Konzept erhielt die traditionelle platonistisch-metaphysische Philosophie ihr Gegenstück: Die Analyse von Ähnlichkeiten tritt an die Stelle der Jagd nach dem Wesen und löst Universaliendenken ab. Wittgenstein tat damit nicht weniger, als die Aufgabe einer jeden Philosophie neu zu bestimmen: „Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung unsres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache“79 4. Sucht man nun in der Rechtsphilosophie nach einer Methode, die eben jenen Kampf gegen die ,Verhexung‘ juristischen Sachverstandes aufnimmt, die die Sprache des Gesetzes für sich gelten läßt und es vermeidet, das Recht durch ethische Prinzipien und metarechtliche Ideengebäude überwuchern zu lassen, so findet man diese Methode in der analytischen Hermeneutik Alwarts.80 Analytisch-hermeneu78 Wittgenstein, PU 66. Zum Begriff der Familienähnlichkeit etwa Wennerberg, S. 41 (41 ff.). Verwiesen sei in diesem Zusammenhang an einen Dialog Wittgensteins mit seinem Freund M. O’C. Drury, bei dem dieser das Gespräch auf Hegel lenkte und Wittgenstein entgegnete: „Mir scheint, Hegel will immer sagen, daß Dinge, die verschieden aussehen, in Wirklichkeit gleich sind, während es mir um den Nachweis geht, daß Dinge, die gleich aussehen, in Wirklichkeit verschieden sind. Ich habe daran gedacht, ein Zitat von King Lear als Motto meines Buches zu verwenden: ,Ich werd’ dich Unterschiede lehren.‘ Die Bemerkung ,Sie wären überrascht‘ würde auch kein schlechtes Motto abgeben.“ Vgl. Drury, S. 142 (217). 79 Wittgenstein, PU 109. 80 Alwart expliziert seine analytische Hermeneutik erstmals in: Recht und Handlung. Die Rechtsphilosophie in ihrer Entwicklung vom Naturrechtsdenken und vom Positivismus zu einer analytischen Hermeneutik des Rechts, S. 86 ff. Vgl. weiterhin dens., L’herméneutique,

154

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

tischem Denken gelingt ein Verstehen statt mittels Phänomenologie durch die spezifische Methodik der analytischen Sprach- und Handlungsphilosophie.81 Die analytische Hermeneutik vereint – als theoretische Hermeneutik – eine Theorie des Begriffsverstehens mit einer Theorie des Handlungsverstehens – einer praktischen Hermeneutik. Hierdurch gelingt es Alwart, einen hermeneutisch fundierten Rechtsbegriff zu explizieren.

II. Recht als Handlungs-Recht 1. Angesichts des Einflusses analytischer Sprachphilosophie und damit auch Wittgensteins Erkenntnis, die Bedeutung eines Wortes sei sein Gebrauch in der Sprache,82 könnte man annehmen, Alwarts analytischer Hermeneutik würde sich der Rechtsbegriff theoretisch-hermeneutisch, durch eine Analyse des umgangssprachlichen Gebrauchs des Wortes Recht eröffnen. Die Gefahr, die mit einer solchen Applikation Wittgensteinscher Lehren verbunden wäre, ist klar: Da das Wort ,Recht‘ im Alltag mit moralischen Elementen beladen ist, führte dieses ordinäre Verständnis dazu, auch einen philosophisch begründeten Rechtsbegriff moralisch und damit naturrechtlich aufzuladen.83 Gegenüber der überkommenen dialektischen Hermeneutik wäre dies kein Fortschritt. Der große Gewinn analytisch-hermeneutischen Denkens liegt darin, daß der Rechtsbegriff praktisch erschlossen wird, und zwar nicht durch eine bloße empirische Beschreibung – auch dies wäre wenig originell –, sondern durch ein Handlungsverstehen. Alwarts Hermeneutik des Rechts basiert auf einer Hermeneutik der Handlung und erschließt das Recht aus den realen Handlungen eines bestimmten Personenkreises: dem Rechtsstab mit seinen Richtern und Beamten – „Recht ist Handlungs-Recht.“84 2. Eine moderne, ausdifferenzierte Gesellschaft ist nicht mehr auf der Grundlage von Religion oder Moral zu regulieren, da diese Normenordnungen immer weniger als allgemeinverbindlich erlebt werden. Um dem sozialen Leben Halt zu geben, institutionalisiert der Souverän einen Personenkreis und statuiert für dessen Handeln ein apodiktisches Sollen, das eben diesen Personenkreis – den S. 161 (170 ff.); dens., ZStW 105 (1993), 752 (752 ff.); dens., Zurechnen und Verurteilen, S. 11 ff.; dens., JZ 2000, 227 (230 f.); sowie dens., Untreue, S. 185 (192 ff.). 81 Die Distinktion von dialektischer und analytischer Hermeneutik geht auf v. Wright, Erklären und Verstehen, S. 160 Anm. 85 zurück. Für v. Wright ist die dialektische Hermeneutik, wie etwa die Gadamers, eine Variante der Phänomenologie, während er eine analytische Hermeneutik in die Tradition der Spätphilosophie Ludwig Wittgensteins stellt. Dem folgt Alwart, Recht und Handlung, S. 86 ff., 95 ff., 103 ff., bei seiner Explikation einer analytischen Hermeneutik des Rechts. Gadamer, S. XXIV, selbst räumt den phänomenologischen Charakter einer dialektischen Hermeneutik ein. Er bekennt, S. XXV, eine solche Hermeneutik blicke dem letzten Nachleuchten der untergegangenen Sonne am Abendhimmel nach. 82 Wittgenstein, PU 43. 83 Vgl. Alwart, Recht und Handlung, S. 138. 84 Alwart, ebenda.

C. Der Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik

155

Rechtsstab – zum Handeln und in der Art seines Handelns motiviert. Alwart expliziert Recht als ,Motiv-Recht‘: Es entsteht aus Handlungen – den Handlungen des Souveräns und seiner Vertreter – und wirkt als Motiv für Handlungen. Die norm-motivierte Handlung wird damit zur Grundlage der analytischen Rechtshermeneutik. Die Definition zum Begriff des Rechts lautet mithin: „Das Recht umfaßt die Normen, aus denen der Rechtsstab das Ob und Wie seines Handelns herleitet (oder herzuleiten hat).“85 Adressat der Rechtsnorm sind damit einzig und allein die Richter und Beamten des Rechtsstabs. Sie sind das Subjekt der Rechtshandlungen und bringen das Recht zur Wirksamkeit, indem sie es in seiner Anwendung befolgen.86 Konsequent formuliert Alwart: „Das Recht wird befolgt, wenn es richtig, nicht befolgt, wenn es falsch angewendet wird; immer wenn das Recht (richtig oder falsch) angewendet wird, besitzt es Wirksamkeit und Geltung.“87 3. Mit dieser eingliedrigen Adressatentheorie wird Alwarts Lehre nicht nur der hier vorgetragenen Kritik an der Lehre von den rechtlichen Verhaltensnormen88 gerecht, Alwart ist es auch gelungen, anstelle eines mehr oder weniger diffusen Rechtsverständnisses, das auf Fiktionen und ethischen Präjudizien beruht, einen hermeneutisch fundierten Rechtsbegriff zu explizieren, der die Verselbständigung des Rechts in der modernen Gesellschaft aufnimmt und damit die Abkehr vom Naturrechtsdenken sowie die Trennung von Recht und Moral konsequent fortsetzt: Im Gegensatz zu den Richtern und Beamten des Rechtsstabs wird der Einzelne nie mit den nackten Normen konfrontiert, sondern stets den norm-motivierten Handlungen – und damit dem Normverständnis – des Rechtsstabs.89 Der Bürger kennt die Rechtsnormen nicht, aber er hat ein Rechtsbewußtsein. Die Rechtsnormen sind für den Bürger nicht als solche maßgebend, sondern in ihrer vermittelten Anwendung durch den Rechtsstab. Sie sind für ihn auch nicht in irgendeiner Weise verpflichtend, da die Verquickung von Recht und Pflicht mit der Unterscheidung von Moralität und Legalität unvereinbar ist. Alwart zeigt auf, daß das Recht keineswegs als Schleier verstanden werden muß, der sich – in seinem Wesen letztlich unergründlich – über das soziale Leben legt. Sein Rechtsbegriff mag manch euphorischem Moment in der Rede vom Recht nicht Rechnung zu tragen;90 dies ist der für einen klaren Rechtsbegriff zu zahlende Preis. Alwart, ebenda, S. 164. Vgl. dazu – aus analytisch-philosophischer Sicht – die Ausführungen Aarnios, S. 37 (39): „When explaning a legal activity like a judical act or legislation, the focus lies on an act. Somebody has acted in a certain way, and our task is to understand this activity.“ 87 Alwart, ebenda, S. 165. 88 Hierzu oben in diesem Kap. unter B. III. 89 Alwart, Recht und Handlung, S. 153: „Auch in der Pädagogik wird niemand auf die Idee kommen, diejenigen, die von Erziehungsmaßnahmen betroffen sind, für Adressaten pädagogischer Normen zu halten. Und die medizinischen Kunstregeln wenden sich an den Arzt, mag der einzelne durchaus manches für seine Gesundheit tun können.“ 85 86

156

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

4. Auch und gerade im Strafrecht gibt der Gesetzgeber keine Ge- und Verbote an den Einzelnen aus. Er weist einzig den Rechtsstab an, wie er bestimmte Verhaltensweisen beurteilen soll.91 Das Handeln des Einzelnen orientiert sich an einer Sozialmoral, die einen festen Kern tradierter Wertvorstellungen besitzt und – über diesen moralischen Kern hinaus – durch die Arbeit des Rechtsstabs gespeist wird. Der Einzelne wählt – aus welchen Gründen auch immer – die Verhaltensweise, durch die er nicht in einen Konflikt mit der Arbeit des Rechtsstabs kommt. Tut er dies nicht, erfährt er den Preis einer solchen Handlungsweise.92 Auf diese Weise entfaltet das Strafrecht auch seine generalpräventive Funktion: Nicht die Deliktstatbestände halten den Bürger von der Begehung strafbarer Handlungen ab, sondern die durch die Deliktstatbestände geleitete Tätigkeit des Rechtsstabs.

III. Handlungs-Recht und subjektive Versuchslehre 1. Der Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik ist die Antwort auf ein diffuses Rechtsverständnis, das auf Fiktionen – dem Einzelnen als Adressaten des Rechtssatzes – und ethischen Präjudizien – einer Pflichtethik – beruht. Recht ist der Inbegriff derjenigen Normen, aus denen der Rechtsstab das Ob und Wie seines Handelns deduziert. Nicht dem Recht gehören all diejenigen Normen, Wertvorstellungen und Kalküle an, anhand derer der Einzelne sein Verhalten orientiert. Die Rechtssätze des Besonderen Teils des StGB haben als solche nur eine Funktion: Dem Richter mitzuteilen, wegen welcher Verhaltensweisen gestraft werden soll. Sie sind Bewertungsnormen, soll doch Verhalten bewertet werden. Sie sind auch Schutznormen, dienen sie doch letztlich dem Schutz des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Und selbstverständlich sind die Deliktstatbestände auch Bestimmungsnormen. Dies sind sie nicht deshalb, weil sie den Einzelnen zu einem bestimmten Verhalten anleiten, sondern weil sie dem Rechtsstab Motivation sind, bestimmte Handlungen vorzunehmen. 2. Die originäre Erkenntnis all dieser rechtstheoretischen Überlegungen liegt nun hierin: Gegen eine Bestimmungsnorm auflehnen kann sich nur ein Angehöriger des Rechtsstabs, etwa ein Richter, der Rechtsbeugung begeht. Einen rechtsfeindlichen Willen bilden, den Entschluß fassen, einer Rechtsnorm nicht zu folgen, 90 Eines der jüngeren Beispiele für eine solche Redeweise ist Zaczyk, FS Wolff, S. 509 (514 ff.). Vogel, S. 31, behauptet gar, ein solcher Rechtsbegriff widerspräche „dem personalen Menschenbild des Grundgesetzes“. Ähnlich Tiedemann, Verfassungsrecht, S. 58. 91 In diesem Sinne auch Jerouschek, ZStW 110 (1998), 658 (669), der zutreffend darauf hinweist, daß das Bestimmtheitsgebot um der Rechtsanwender willen besteht und eine Magna Charta des Rechtsstabs ist. 92 Vgl. nochmals Alwart, Recht und Handlung, S. 152: „Wie es für jemanden, der einen Ausflug machen will, unklug wäre, das Wetter nicht zu berücksichtigen, empfiehlt es sich generell, mögliche Reaktionen z. B. von Polizei und Justiz auf das eigene Handeln mitzubedenken.“

D. Schluß

157

ist dem Bürger unmöglich – wie soll er auch den an den Rechtsstab adressierten Normen feindlich gegenübertreten?93 Was der Bürger bilden kann ist ein rechtsgutsfeindlicher Wille – ein rechtsgutsverletzendes Willensverhalten. Das jedoch bleibt eine Moralwidrigkeit. Eine Moralwidrigkeit als solche kann aber nie Grundlage der Unrechtsbegründung sein. 3. Die subjektive Versuchslehre erblickt den Strafgrund der versuchten Tat im betätigten rechtsfeindlichen Willen des Täters, synonym werden dafür die Wendungen ,Auflehnung gegen die Rechtsordnung‘, ,krimineller Willen‘ und ,gefährliche Gesinnung‘ gebraucht: Auch derjenige, dessen Untat mißlang, sei zu strafen, weil er Ungehorsam gegenüber der (Verhaltens-)Norm dokumentiert habe. Die tatbestandliche Deliktstypisierung spielt dabei nur insofern eine Rolle, als aus dem Deliktstatbestand eine Verhaltensnorm generiert werden soll. Ist aber die Lehre von den Verhaltensnormen unhaltbar, weil Verhaltensnormen nicht zum Recht gehören und Rechtsnormen überhaupt nicht an den Bürger adressiert sind, kann dem Normungehorsam als solchem unter keinem Gesichtspunkt eine unrechtsbegründende Kraft beigemessen werden. Eine Versuchslehre, deren Dreh- und Angelpunkt im Ungehorsam gegenüber einer Rechtsnorm liegt, ist nicht begründungsfähig. 4. Alle bisher in der Strafrechtswissenschaft vorgebrachte Kritik an der subjektiven Versuchslehre beschränkte sich darauf, die ausufernde Weite der letzteren zu rügen: Kardinalfehler einer subjektiven Versuchslehre seien deren Tendenz zum Täter- und Gesinnungsstrafrecht und zur Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit auf Vorbereitungshandlungen.94 Diese Vorwürfe sind berechtigt, doch gehen sie nicht tief genug. Vorliegend wurde aufgezeigt, daß die Frage nach der Begründbarkeit einer subjektiven Versuchslehre die Frage nach dem Rechtsbegriff ist: Die subjektive Versuchslehre läßt sich in einem ausdifferenzierten Rechtssystem nicht aufrechterhalten, weil das ihr zugrunde liegende Rechtsverständnis verfehlt ist.

D. Schluß Die Revision des Rechtsbegriffes ist abgeschlossen. Ein Rechtsverständnis, das auf einem Dualismus von Verhaltens- und Sanktionsnormen basiert, hielt einer kritischen Überprüfung mit alethischem Anspruch nicht stand. Er wird ersetzt durch den Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik, der gespeist wird aus den normmotivierten Handlungen des Rechtsstabs. Ähnlich Hoyer, S. 382. Vgl. insoweit etwa Heckler, S. 67 ff.; Hirsch, Hauptprobleme, S. 47 (62 f.); ders. bei Gropp, ZStW 97 (1985), 919 (921 f.); ders., FS Lüderssen, S. 253 (257); Jescheck / Weigend, § 49 II 2; Köhler, AT, S. 453 f.; LK10 / Vogler, Vor § 22 Rn. 48 f.; Malitz, S. 157; Niepoth, Der untaugliche Versuch, S. 56; Papageorgiou-Gonatas, S. 195 ff.; Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem §§ 22 Rn. 21; Spendel, ZStW 65 (1953), 519 (521 ff.); ders., NJW 1965, 1881 (1882 f.); ders., FS Stock, S. 89 (90 ff.); Weigend, S. 113 (124 f.). 93 94

158

3. Kap.: Der sogenannte rechtsfeindliche Wille und der Begriff des Rechts

Die subjektive Versuchslehre verliert mit dem Übergang zu diesem Rechtsbegriff ihr dogmatisches Fundament: Kommt den Bestimmungsnormen im überkommenen Sinne keine Rechtsqualität zu, so kann der rechtsfeindliche Wille als Auflehnung gegen eine solche Bestimmungsnorm auch keine unrechtskonstitutive Kraft entfalten. Ist der subjektiven Versuchslehre ihr Fundament entzogen und stürzt so ihr dogmatisches Haus in sich zusammen, bleibt die Frage offen, ob damit eine Rückkehr zu objektiven Versuchslehren indiziert ist, vielleicht gar eine Reform der Versuchsstrafbarkeit de lege ferenda angemahnt werden muß. Um diese Frage zu beantworten, ist im folgenden Kapitel zu untersuchen, welche Bestrebungen zur Objektivierung des Unrechts der versuchten Tat die deutsche Strafrechtswissenschaft nach dem Ende der klassischen objektiven Versuchslehren prägten.

4. Kapitel

Die Bestrebungen zur Objektivierung des Unrechts der versuchten Tat in der deutschen Strafrechtswissenschaft nach dem Ende der klassischen objektiven Versuchslehren Die objektive Versuchslehre erlebte ihren wissenschaftlichen Niedergang während des Dritten Reiches. Daß ihr das Ende des Nationalsozialismus keine Renaissance beschied, war bedingt durch die Umwälzungen, die die Unrechtslehre erfuhr.1 Vom Beginn der fünfziger bis zum Ende der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts war die subjektive Versuchslehre nicht nur herrschende Lehre, sondern nahezu allgemeine Ansicht in der deutschen Strafrechtswissenschaft.2 Doch die Kritik versiegte nie vollkommen. Sie führte zunächst zur Modifikation der subjektiven Versuchslehre zur sogenannten Eindruckstheorie, die sich spätestens seit der Reform des Allgemeinen Teils des StGB mit dem Prädikat ,herrschende Lehre‘ schmücken kann. Seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts mehren sich die Stimmen, die teils eine Wiederbelebung objektiver Versuchslehren, teils eine wirkliche Neubesinnung der Versuchsdogmatik anmahnen.

A. Die Eindruckstheorie Wie die Eindruckstheorie als heute ganz herrschende Lehre das Unrecht der versuchten Tat dogmatisch erfaßt, wurde im 1. Kapitel dieser Abhandlung analysiert. Mehrfach wurde dabei angemerkt, die Eindruckstheorie sei lediglich ein Epigone der subjektiven Versuchslehre. Dieser Vorwurf bedarf freilich der genauen Analyse, denn er impliziert, daß die Eindruckstheorie wie die subjektive Versuchslehre dogmatisch unhaltbar ist.

Diesbezüglich ausführlich im 2. Kap. unter E., insbesondere I. und IV. Vgl. etwa Baumann, AT2, § 33 IV 3; Jescheck, § 50 I; LK8 / Jagusch, § 43 Anm. I 1; Maurach, AT 4, S. 504 f., 509; Schönke / Schröder, StGB12, Vorbem § 43 Rn. 6 ff.; Welzel, Strafrecht, § 24 IV 1 b). Die objektive Versuchslehre verfochten in diesem Zeitraum Dicke, JuS 1968, 157 (159 ff.); Spendel, FS Stock, S. 89 (89 ff.); ders., NJW 1965, 1881 (1882 ff.); sowie Treplin, ZStW 76 (1964), 441 (457 ff.). 1 2

160

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

I. Das Bedürfnis nach einer Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit Während der Durchbruch der personalen Unrechtslehre und die fast einhellige Anerkennung der subjektiven Versuchskonzeption für den so lange entbehrten Gleichklang von Unrechts- und Versuchslehre sorgten, wuchsen in der deutschen Strafrechtslehre die Bedenken gegen eine ungezügelte subjektive Versuchstheorie. Auf der einen – ganz praktischen – Seite führte die Applikation der subjektiven Lehre durch die Rechtsprechung zu einer stetigen Ausdehnung des Versuchsstadiums auf Kosten der straflosen Vorbereitung: Das Merkmal des ,Anfangs der Ausführung‘ in § 43 I StGB a. F. wurde durch den BGH – wie zuvor durch das RG – im Rahmen eines subjektivistischen Kontextes extensiv interpretiert.3 Auf der anderen Seite mußte mit der subjektiven Versuchslehre auch der ,absolut untaugliche‘, unter Umständen in Lächerlichkeit umschlagende Versuch als Unrecht erfaßt werden. Dieses Unbehagen vergrößerte sich noch dadurch, daß die subjektive Versuchslehre verdächtigt wurde, das fehlende Unrecht abergläubischen Verhaltens nicht wirklich begründen zu können. In der aktuellen Diskussion schließlich spiegelt sich das Bestreben nach einer Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit im Streit um die Abgrenzung des untauglichen Versuchs vom Wahndelikt wider.4 Einen Weg aus diesen Kohärenzproblemen – ohne eine Rückkehr zu objektiven Versuchslehren – sollte die Eindruckstheorie weisen.

II. Die dogmengeschichtlichen Wurzeln des Eindrucksmomentes 1. Die Eindruckstheorie wurde durch Arnold Horn5 als Kontrapunkt zur Dichotomie von objektiver und subjektiver Versuchslehre begründet und durch v. Bar6 weiterentwickelt.7 a) Horn griff die zentrale Frage einer jeden objektiven Versuchslehre auf: Unter welchen Bedingungen kann eine versuchte Tat als gefährlich charakterisiert werden?8 Da der Verlauf des Geschehens bei einer mißlungenen Tat gezeigt habe, daß Vgl. Jescheck, § 49 II 2; Maurach, AT 4, S. 497 f., mit ausführlichen Rechtsprechungsnachweisen. 4 Dazu eingehend im 1. Kap. unter F. III. 5 Ders., ZStW 20 (1900), 309 (340 ff.). 6 Ders., Gesetz und Schuld, S. 478 ff. 7 Eine erste Andeutung sozialpsychologischer Momente findet sich bereits bei Bünger, ZStW 6 (1886), 291 (361). Nach Bünger läßt sich der Strafgrund der versuchten Tat „in der psychologischen Thatsache finden, daß durch die Vorstellung der Strafbarkeit dieser Handlung . . . die instinktive Reaktion der Gesellschaft gegen diesen . . . Einbruch in die Rechtsordnung wachgerufen wird“. 8 Horn, ZStW 20 (1900), 309 (340 ff.). 3

A. Die Eindruckstheorie

161

die Umstände der Tatbegehung gerade nicht geeignet waren, einen Erfolg zu zeitigen, die Tat also konkret ungefährlich war, scheide eine jede objektive Gefährlichkeit der Tat als Kriterium strafwürdigen Versuchens aus.9 Andererseits gehe v. Buris subjektive Lehre zu weit, da sie nichts als den ,dolus malus‘ zur Beurteilung versuchter Taten heranziehe.10 Als Kriterium strafwürdigen Versuchens komme – so Horn – nur in Betracht „der unmittelbare elementare Eindruck, den die That als solche auch nach ihrem Mißlingen macht, den Eindruck der Beunruhigung nämlich, der auf der Reflexion beruht, daß sie hätte Gelingen können“11. Der „verständige Durchschnittsmensch“12 werde erschüttert von der „quälenden, das Gefühl der Rechtssicherheit, den Rechtsfrieden störenden beunruhigenden Betrachtung, die Tat hätte – wenn auch glücklich verhindert – doch leicht anders ausfallen, leicht gelingen können.“13 b) v. Bar explizierte das Eindrucksmoment als strafbarkeitsbegrenzendes Kriterium: Das Strafrecht, so formuliert er seine Ausgangsposition, richte sich gegen den verbrecherischen Willen.14 Insofern lag v. Bar auf der Linie der subjektiven Versuchslehre.15 Doch über diesem Prinzip, so ergänzt er, dürfe nicht vergessen werden, daß Strafe dann nicht geboten sei, „wenn die Tat in ihrer äußeren Erscheinung absolut nicht den Eindruck, es sei ein Verbrechen begangen, hervorruft, vielmehr erst eine genaue Untersuchung feststellt, daß böser Wille bereits die Außenwelt berührte“16. Der „Eindruck der Tat begrenzt also die Strafbarkeit des Versuchs“17. Damit formulierte v. Bar den bis heute gültigen Grundsatz der Eindruckstheorie. Als habe er § 23 III StGB vorhergesehen, stellte v. Bar schließlich die Regel auf: „Als strafbarer Versuch ist eine Handlung nicht anzusehen, welche völlig ungeeignet war, die Vollendung herbeizuführen, und weder bei ihrer Vornahme noch in wahrnehmbaren Folgen genügenden Eindruck auch nur annähernd geeigneter Ausführung der geplanten Straftat hervorrief.“18 c) Eine dogmatische Einordnung des Eindruckskriteriums in heutige Kategorien ist freilich weder für die Lehre Horns noch für die v. Bars möglich; die Strafrechtsdogmatik erfuhr seit jener Zeit zu große Veränderungen. Entscheidend ist, daß beEbenda, S. 313 ff., 340 f. Ebenda, S. 312 f. 11 Ebenda, S. 342. 12 Ebenda, S. 345. 13 Ebenda, S. 342. 14 v. Bar, Gesetz und Schuld, S. 488. 15 Papageorgiou-Gonatas, S. 200 f., behauptet mit Blick auf den – auch hier zu erhebenden – Vorwurf, die Eindruckstheorie sei im Grunde eine getarnte subjektive Versuchslehre, erstere habe prinzipiell andere Grundlagen als letztere. Dies mag für Horns Lehre noch richtig sein. Bei v. Bar wird hingegen mehr als deutlich, daß das Eindrucksmoment lediglich zum subjektivistischen Strafgrund ,rechtsfeindlicher Wille‘ hinzutritt. 16 v. Bar, Gesetz und Schuld, S. 490. 17 Ebenda, S. 491. 18 Ebenda, S. 538. 9

10

11 Maier

162

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

reits v. Bar das Eindrucksmoment als ein die subjektive Lehre begrenzendes, den rechtsfeindlichen Willen ergänzendes Moment explizierte. 2. a) Ähnlich verfuhr v. Gemmingen bei seiner Lehre vom ,Versuch als Geltungswidrigkeit‘.19 In seinem Rechtsverständnis ganz von der südwestdeutschen Schule des Neukantianismus geprägt, versteht v. Gemmingen unter Geltungswidrigkeit20 die Form der Rechtswidrigkeit, bei der der Täter die Machtgeltung des Rechts dadurch angreift, daß er „seinen persönlichen Beitrag zu dem sozialpsychologischen Faktum der Rechtsgeltung hinterzieht“21. Die Geltungswidrigkeit sei die schärfste Form der Rechtswidrigkeit wegen der schädlichen Wirkung der Tat auf andere: „Auf die Geschädigten dadurch, daß sie sich um die Gegengabe ihres Glaubens, um den ihnen durch die Rechtsordnung gewährten Schutz betrogen sehen, auf Andere dadurch, daß ihre Scheu vor der Unbotmäßigkeit durch böses Beispiel untergraben wird.“22 Das Maß der Geltungswidrigkeit sei „davon abhängig, wie das Verbrechen auf Verbrecher und Allgemeinheit wirkt“23. Bereits diese kurze Erläuterung des Begriffes der Geltungswidrigkeit läßt erahnen, wie v. Gemmingen die versuchte Tat erfaßt. Nach seiner Ansicht ist die Betätigung eines verbrecherischen Willens nicht nur wegen des Zurückbleibens dieses Willens hinter den Anforderungen der Rechtsordnung relevant. Eine solche Unbotmäßigkeit wirke häufig dergestalt in die rechtliche Wirklichkeit hinaus, als dem eben erläuterten sozial-psychologischen Phänomen, auf dem die Rechtsordnung nach v. Gemmingen beruht, Schaden zugefügt werde. Auch durch die versuchte Tat entziehe der Täter der Rechtswirklichkeit seinen Beitrag an Rechtsgläubigkeit. Angesichts der „Reflexwirkung einer Unbotmäßigkeit auf die Psyche der Mitmenschen“24 kann auch die gänzlich ungefährliche Tat der Umwelt gefährlich erscheinen. „Und“, so führt v. Gemmingen weiter aus, „sobald sie gefährlich scheint, entsteht jene Beunruhigung, welche im Falle der Schuld das Bedürfnis nach der Reaktion wachruft, damit durch die Bestrafung das Gefühl des Geborgenseins für die Mitmenschen wieder hergestellt wird.“25 b) Was v. Gemmingen mit der Geltungswidrigkeit als Strafgrund der versuchten Tat erfaßt, hat bereits klare generalpräventive Konturen: Die Allgemeinheit werde durch die Reflexion der mißlungenen Untat erschüttert – dies ist nichts 19 v. Gemmingen, Die Rechtswidrigkeit, S. 160 ff. Vgl. auch die kritische Besprechung durch Gallas, ZStW 54 (1935), 281 (283 f.). Eingehend auch Zaczyk, Das Unrecht, S. 24 ff. Ähnlich der Lehre v. Gemmingens sind die Ausführungen Salms, Das versuchte Verbrechen, S. 157 ff. 20 Siehe dens., ebenda, S. 36 ff. Neben der Geltungswidrigkeit sind nach v. Gemmingen die Anforderungswidrigkeit und die Substratwidrigkeit Formen der Rechtswidrigkeit. Vgl. diesbezüglich dens., ebenda, S. 23 ff. bzw. S. 31 ff. 21 Ebenda, S. 38. 22 Ebenda. 23 Ebenda. 24 Ebenda, S. 162. 25 Ebenda.

A. Die Eindruckstheorie

163

anderes als der bekannte rechtserschütternde Eindruck – und verlangt nach Ahndung dieser Tat, um die ,Scheu vor der Unbotmäßigkeit‘ aufrechtzuerhalten – ein Aspekt negativer Generalprävention – und die Rechtsgläubigkeit wiederherzustellen – ein Aspekt positiver Generalprävention. Die Konzeption v. Gemmingens beruht auf einer Einschränkung der subjektiven Versuchslehre26 durch generalpräventive Kriterien. c) Welche Fälle eines Normbruchs sondert nun v. Gemmingens Versuchslehre aus der Versuchsstrafbarkeit aus? Wo wird die Strafbarkeit versuchter Taten gegenüber der subjektiven Versuchslehre eingeschränkt? Zunächst bemüht sich v. Gemmingen um die stringente Begründung der Straflosigkeit abergläubischen Verhaltens, welche er in der Argumentation der Vertreter der subjektiven Versuchslehre vermißt:27 „Weil man aufgeklärt zu denken pflegt, beängstigt heute ein abergläubisches Verhalten die Mitmenschen nicht. Denn sie glauben in diesem Gebiet nicht an Ursache und Wirkung.“28 Doch bereits bei einem der Standardfälle der ,absolut untauglichen‘ versuchten Tat bejaht v. Gemmingen die Notwendigkeit der Bestrafung aus dem Aspekt der Geltungswidrigkeit – aus generalpräventiven Gesichtspunkten – wenn auch mit kritischem Unterton: „Eine Frau, von der die Nachbarinnen sagen, sie sei schwanger und die es selber glaubt, obwohl es aus irgendwelchen naheliegenden Gründen völlig unmöglich ist, und die irgend eine harmlose Flüssigkeit zum Zwecke der Abtreibung nimmt, pflegt erst durch den Klatsch und das Wichtigtun ihrer Gevatterinnen vor den Staatsanwalt gebracht zu werden. Also nur weil die Umwelt so viel Wesens von dem für sich betrachtet ungefährlichem Tun macht, ist das Verhalten objektiv eine Gefahr für die Rechtswirklichkeit.“29 d) Gegenüber der subjektiven Versuchslehre ist damit theoretisch wenig, praktisch nichts gewonnen, bekannten sich doch – bis auf Schüler30 – sämtliche Subjektivisten inklusive des RG31 zur Straflosigkeit abergläubischen Verhaltens.32 3. Rekapituliert man die Anfänge der Eindruckstheorie, treten zwei Aspekte hervor: (1) die Einschränkung der Auswüchse der subjektiven Versuchslehre durch (2) generalpräventive Momente33. Genau diese Struktur findet sich heute in der herrschenden Versuchslehre wieder.34 Vgl. auch das ausdrückliche Bekenntnis v. Gemmingens, ebenda, S. 166. Hierzu ebenda, S. 163 f. 28 Ebenda, S. 164. 29 Ebenda, S. 165. (Hervorhebung vom Verfasser.) 30 Ders., S. 93. 31 RGSt 33, 321 (323). 32 Diesbezüglich bereits im 1. Kap. unter D. II. 2. b) bb). 33 Vgl. zum generalpräventiven Aspekt der frühen Eindruckstheorie bereits Mezger, Strafrecht3, S. 397. Kritisch Hellmuth Mayer, Lehrbuch AT, S. 288. 34 Vgl. dazu etwa Bloy, ZStW 2001, 76 (95 ff.). 26 27

11*

164

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

4. Von Mezgers35 erstem Bekenntnis zur Eindruckstheorie an erfuhr diese stetig wachsenden Zuspruch.36 Sie sollte Gewähr bieten,37 zwischen der ausufernden subjektiven Versuchslehre und der unpraktikablen, ,Strafbarkeitslücken‘ hinterlassenden objektiven Versuchslehre hindurchsegeln zu können wie zwischen Scylla und Charybdis: Objektive und subjektive Kriterien seien nicht länger alternativ, sondern kumulativ mit einer gemischt subjektiv-objektiven Theorie zur Beurteilung versuchter Taten heranzuziehen.38

III. Der rechtserschütternde Eindruck und seine dogmatische Funktion 1. a) Die Eindruckstheorie in ihrer gegenwärtigen Gestalt will nach eigenem Bekunden objektive und subjektive Kriterien gleichermaßen zur Begründung der Strafwürdigkeit versuchter Taten berücksichtigen:39 Strafwürdig sei eine versuchte Tat nicht – wie von der klassischen subjektiven Versuchslehre behauptet – bereits dann, wenn der Täter seinen rechtsfeindlichen Willen betätigt hat, sondern nur unter der Bedingung, daß diese Betätigung auch geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit zu erschüttern.40 Ders., Strafrecht3, S. 397. Vgl. aus der Literatur vor dem Inkrafttreten des neuen Allgemeinen Teils des StGB etwa Burgstaller, ÖJBl. 1969, 521 (529 f.); Eser, Strafrecht II1, Nr. 31 A 34; Grünwald, FS Welzel, S. 701 (712); Jescheck, § 49 II 3; Krauß, ZStW 76 (1964), 19 (58); Lampe, Das personale Unrecht, S. 54 ff.; Mezger / Blei, S. 244 f.; Salm, Das versuchte Verbrechen, S. 103 f.; Wessels, S. 96. 37 Dazu oben in diesem Kap. unter A. I. 38 Vgl. hierzu von den Vertretern der Eindruckstheorie Blei, AT17, S. 208 f.; Ebert, S. 123 ff.; Eser, Strafrecht II3, Nr. 31 A 34; Gropp, AT, § 9 Rn. 48; Jescheck / Weigend, § 49 II 3; Lackner / Lackner, StGB22, § 22 Rn. 11; LK10 / Vogler, Vor § 22 Rn. 54 ff.; Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 41; Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (604); Papageorgiou-Gonatas, S. 206, 209 ff.; Roxin, JuS 1979, 1 (1); Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem § 22 Rn. 22; Schünemann, GA 1986, 291 (311 f.); SK / Rudolphi, Vor § 22 Rn. 13; Stratenwerth, Schweiz. Strafrecht I, § 12 Rn. 18; Streng, ZStW 109 (1997), 862 (865); Tröndle / Fischer, StGB51, § 22 Rn. 40; Wessels / Beulke, Rn. 594. Niepoth, Der untaugliche Versuch, S. 69 ff., 84 ff., expliziert mit seinem – von ihm selbst so bezeichneten – subjektiv-objektiven Modell des Strafgrundes des versuchten Tat eine in Nuancen modifizierte Eindruckstheorie. Aus terminologischen Gründen wendet er sich, ebenda, S. 70 f., gegen das Präfix ,Eindruck‘, da dieses das Mißverständnis fördere, es ginge beim Eindruck von der Tat um einen „durch die jeweilige Tat tatsächlich hervorgerufenen Eindruck (bei einem dann näher zu bestimmenden Dritten)“; auch wecke jene Terminologie Assoziationen in Richtung der Lehre vom ,dolus ex re‘. Vgl. dens., ebenda, S. 73 ff. Was die dogmatische Basis seiner Lehre betrifft, bleibt Niepoths Argumentation gänzlich den Grundlagen der subjektiven Versuchslehre verhaftet, erklärt er doch die „Manifestation eines rechtsfeindlichen Entschlusses“ zur logischen Voraussetzung einer jeden Versuchsstrafbarkeit. Vgl. dens., ebenda, S. 84. 39 Diesbezüglich bereits im 1. Kap. unter B. II. 35 36

A. Die Eindruckstheorie

165

b) Unterzieht man diese Formel einer Analyse, werden ihre Elemente sichtbar: (1) rechtsfeindlicher Wille, (2) Betätigung desselben, (3) Geeignetheit von (2), das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit zu erschüttern. Nach Maßgabe des bisher Erarbeiteten sind die Elemente (1) und (2) als die betätigte Auflehnung gegen eine Verhaltensnorm zu verstehen, die aber nur dann strafwürdig ist, wenn sie Eignung nach (3) aufweist. Die betätigte Auflehnung gegen eine Verhaltensnorm ist mithin nach der Eindruckstheorie nur noch eine notwendige, nicht aber – wie nach der subjektiven Versuchslehre – eine hinreichende Bedingung für eine strafwürdige versuchte Tat. Dies bedeutet aber zugleich, daß die Prämissen der subjektiven Versuchslehre logische Voraussetzung der Eindruckstheorie sind: Das der subjektiven Versuchslehre zugrunde liegende Rechtsverständnis mit dem Dualismus von Bestimmungs- und Bewertungsnormen findet sich auch in der Eindruckstheorie wieder.41 Auch für letztere ist die Frage nach der Auflehnung gegen eine Verhaltensnorm der Zugang zum Unrecht der versuchten Tat. c) Der Tatbestand des versuchten Deliktes42 besteht – analog der rein subjektiven Lehre – in subjektiver Hinsicht aus dem Tatvorsatz, der den Entschluß des Täters zur Auflehnung gegen eine Verhaltensnorm verkörpert. Auf der objektiven Tatseite bedarf es einer Betätigung dieses rechtsfeindlichen Willens in der Qualität eines unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung gemäß § 22 StGB. Diese beiden Elemente sind – als subjektiver und objektiver Versuchstatbestand – nach der Eindruckstheorie unrechtskonstitutiv; ein Unterschied zur subjektiven Versuchslehre ist insofern nicht auszumachen. 2. a) Doch wo liegt die Funktion des Eindrucksmomentes, das doch die Errungenschaft gegenüber der reinen subjektiven Lehre verkörpern soll. Wo ist es straftatsystematisch einzuordnen? Ist es unrechtskonstitutiv? Gleich welchen Vertreter der Eindruckstheorie man zu Rate zieht, genaue Antworten sind rar. b) Mitgeteilt wird zunächst, daß es beim Merkmal der Geeignetheit der Tat, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der 40 Vgl. im einzelnen die oben in Fn. 38 genannten Autoren. Eine gewisse Sonderstellung nehmen dabei Roxin und Papageorgiou-Gonatas ein. Vgl. zu beiden die Anmerkung unten in Fn. 45. 41 Dies wird ganz besonders in der Formulierung der Eindruckstheorie bei Jescheck / Weigend, § 49 II 3, deutlich, wo es heißt: „Danach ist zwar Strafgrund des Versuchs der einer Verhaltensnorm entgegengesetzte und betätigte Wille; die Strafwürdigkeit der auf die Tat gerichteten Handlung wird aber nur dann bejaht, wenn dadurch das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Geltung der Rechtsordnung erschüttert und das Gefühl der Rechtssicherheit und damit der Rechtsfriede beeinträchtigt werden kann.“ (Hervorhebung vom Verfasser). 42 Davon bereits im 1. Kap. unter D. II.

166

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

Rechtssicherheit zu erschüttern, nicht um eine aktuelle, tatsächliche Beeinträchtigung von Tatbeobachtern geht, sondern um die generelle Eignung einer solchen Tat, derartige Folgen auszulösen.43 Käme es auf eine konkrete sozialpsychologische Messung an, würden zum einen die Anforderungen an eine Bewertung der Einzeltat überspannt, zum anderen wäre die versuchte Tat dann doch nur wieder ein kupiertes Erfolgsdelikt, ganz im Stile objektiver Versuchslehren. Die Frage nach dem rechtserschütternden Eindruck ist tatsächlich die Frage nach der Notwendigkeit einer Ahndung dieser mißlungenen Tat aus generalpräventiven Erwägungen.44 Aber wie und wann untersucht die Eindruckstheorie diese Frage? c) Grundsätzlich sind drei Möglichkeiten der dogmatischen Einordnung des Eindrucksmomentes denkbar. Die ,Erschütterungsgeeignetheit‘ ist: (1) ein Merkmal des objektiven Tatbestandes und damit unrechtskonstitutiv. Damit könnte die Eindruckstheorie gegenüber der subjektiven Versuchslehre einen Qualitätssprung machen. Freilich verortet kein Vertreter der Eindruckstheorie das Moment der Erschütterungsgeeignetheit im objektiven Tatbestand. Dies wäre bedenklich, würden doch generalpräventive Erwägungen bereits zum Bestandteil der Unrechtsbegründung.45 Der Bereich des einzelnen Deliktes würde verlassen und der Beeinträchtigung der Rechtsordnung als solcher Unrechtsqualität zugesprochen werden.46 Das Eindrucksmoment könnte über das normative Schwellenkriterium des § 22 Vgl. diesbezüglich von den Vertretern der Eindruckstheorie etwa Blei, AT17, S. 209. Harzer, StV 1996, 336 (338), bezeichnet die Eindruckstheorie spöttisch und mit einigem Recht als „kleine Schwester der positiven Generalprävention“. 45 Roxin, JuS 1979, 1 (1), ders., FS Nishihara, S. 157 (158 ff., 169 f.), zeigt im Rahmen seiner Lehre von den Strafzwecken Affinitäten für eine derartige Lösung. So erklärt Roxin, JuS 1979, 1 (1), die Eindruckstheorie sei eine gemischt subjektiv-objektive Theorie, da der rechtserschütternde Eindruck „sowohl auf der betätigten rechtsfeindlichen Willenstendenz des Täters wie auf der objektiven Gefährdung des Handlungsobjekts beruhen“ könne. Was Roxin mit diesem Begründungsgang, den er auch später wiederholt hat, vgl. dens., FS Nishihara, ebenda, unternimmt, ist nichts anderes, als die Begründungsgänge sowohl einer rein subjektiven als auch einer rein objektiven Versuchslehre aufzugreifen und diese auf die vermeintlich höhere Ebene der Erschütterung der Rechtsgemeinschaft zu heben. In der Begründung des Unrechts der versuchten Tat leidet Roxins Lehre an dem Mangel, an dem die subjektive Versuchslehre krankt. Dies gilt auch für Roxins neue „dualistische Konzeption“, mit der er sich von der Eindruckstheorie löst; vgl. dens., AT II, § 29 Rn. 10 ff. Verdeutlicht wird dieser Befund durch Heckler, S. 77 ff., der im Rahmen seiner Zustimmung zu Roxins ,Vereinigungslehre‘ aufzeigt, daß Fundament der Eindruckstheorie die Lehre von den Verhaltensnormen ist. Papageorgiou-Gonatas, S. 209 ff., ist bemüht, die Eindruckstheorie gegen den Vorwurf zu verteidigen, sie sei nichts als eine verkappte subjektive Versuchslehre. Dazu bindet er das Eindruckskriterium dergestalt in § 22 StGB ein, daß die Erschütterung der Rechtsgemeinschaft zur Konkretisierung des normativen Schwellenkriteriums im Einzelfall herangezogen werden soll, vgl. dens., ebenda, S. 219 ff., insbesondere S. 222. Die Grundlagen der Argumentation bleiben dabei freilich, wie auch bei Heckler, S. 58 ff., zur Gänze in den altbekannten Mustern. 46 In diesem Sinne auch NK / Zaczyk, § 22 Rn. 37; ders., Das Unrecht, S. 23. 43 44

A. Die Eindruckstheorie

167

StGB Eingang in den Versuchstatbestand finden. Das Eindrucksmoment wird dann insofern für die versuchte Tat als Merkmal des Unrechtstatbestandes relevant, als der Gesetzgeber in § 22 StGB gerade ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung fordert und nicht jede Betätigung des Tatentschlusses ausreichen läßt.47 Jedoch ist das Schwellenkriterium des ,unmittelbaren Ansetzens‘ keine Kreation der Eindruckstheorie und ihrer Vertreter, sondern die Leistung Welzels48, einem Vertreter der reinen subjektiven Versuchslehre.49 (2) eine objektive Bedingung der Strafbarkeit der versuchten Tat. Nach diesem, von Burgstaller50 präferierten Modell, unterscheidet sich die Eindruckstheorie in der Frage der Unrechtsbegründung durch nichts von der subjektiven Versuchslehre und ist wie diese unhaltbar: Als unrechtskonstitutiv wird die betätigte Auflehnung gegen eine Verhaltensnorm angesehen. Da solchen Verhaltensnormen kein Rechtscharakter eigen ist, taugt die Auflehnung gegen sie nicht zur Unrechtsbegründung. (3) eine Frage der Strafzumessung. Für eine solche Lösung spricht § 23 II, III StGB. Zum einen kann der Versuch einer Tat einen geringeren rechtserschütternden Eindruck hinterlassen als deren Vollendung; mithin wird durch § 23 II StGB die Möglichkeit eingeräumt, die Vollendungsstrafe nach § 49 I StGB zu mildern.51 Zum anderen kann eine versuchte Tat die Schwelle der Lächerlichkeit erreichen. Dann kann nach § 23 III StGB von einer Sanktion abgesehen bzw. eine außerordentlich milde Sanktion verhängt werden. Doch auch nach dieser Interpretation der dogmatischen Funktion des Eindrucksmomentes unterschiede sich die Eindruckstheorie in der Frage der Unrechtsbegründung der versuchten Tat durch nichts von der subjektiven Versuchslehre. Als bloßer Ableger verfiele auch sie der Unbegründbarkeit. d) Wohlweislich verzichten die Protagonisten der Eindruckstheorie auf jegliche genaue dogmatische Verortung des Eindrucksmomentes.52 Man bekennt sich vollmundig zu einem objektiven Korrektiv der subjektiven Versuchslehre, ohne daß in der Frage der Begründung des Unrechts der versuchten Tat ein Fortschritt zu er47 Dies wird von den Vertretern der Eindruckstheorie bekanntermaßen als Bestätigung ihrer Auffassung durch die lex lata angesehen. Vgl. etwa Roxin, JuS 1979, 1 (1): „ . . . bloße Vorbereitungen bleiben meist im Verborgenen, lassen verschiedenen Deutungen Raum und beeinträchtigen den Rechtsfrieden in der Regel nicht oder nicht so sehr, daß Strafe erforderlich wäre.“ 48 Vgl. die Ausführungen Welzels im Rahmen der Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, abgedruckt in Niederschriften, S. 197 f.; sowie dens., Strafrecht, § 24 III. 49 Vgl. etwa Welzel, ebenda, § 24 IV 1 b). 50 Ders., ÖJBl. 1976, 113 (122, Fn. 63). 51 Vgl. von den Vertretern der Eindruckstheorie Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (614). 52 Wenig aufschlußreich ist diesbezüglich auch die Apologie der Eindruckstheorie von Heckler, S. 79 f.

168

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

kennen wäre. Wie könnte dies auch der Fall sein, wenn man dem Eindrucksmoment keinen expliziten Platz im Unrechtstatbestand einräumt. 3. Als Leistung der Eindruckstheorie gilt – neben der restriktiven Handhabung des Versuchsbeginns53 – bereits die Begründung der Straflosigkeit abergläubischen Verhaltens, ohne auf die Regelung des § 23 III StGB zurückgreifen zu müssen: Abergläubisches Verhalten störe den Rechtsfrieden nicht und sei deshalb kein Unrecht.54 Dies verwundert, soll die Störung des Rechtsfriedens doch hier unrechtskonstitutiv sein, während sie sonst zur Unrechtsbegründung nicht herangezogen wird. Spätestens hier lassen die Vertreter der Eindruckstheorie jedes Denken in strafrechtlichen Systemkategorien vermissen und flüchten in Billigkeitsargumente.55

IV. Die Bilanz der Analyse der herrschenden Versuchslehre 1. Die Eindruckstheorie kann in gewisser Weise die Regelungen der §§ 22 ff. StGB rational rekonstruieren. Dies ist einer der Hauptgründe für ihre Popularität. Auch ist es ein Verdienst der Eindruckstheorie, daß mit ihr versuchte Taten hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Gemeinschaft wieder bewertet werden – beschränkt sich die subjektive Versuchslehre doch darauf festzustellen, ob der Täter sich nun gegen einen Rechtssatz aufgelehnt hat oder nicht. Inwieweit das Kriterium der ,Erschütterung des Rechtsfriedens‘ ein probates Mittel zu einer solchen Bewertung der Tat ist, mag dahin stehen.56 2. Der entscheidende Punkt ist, daß die subjektive Versuchslehre eine logische Voraussetzung der Eindruckstheorie ist. Der so genannte betätigte rechtsfeindliche Darüber bereits oben in diesem Kap. unter A. III. 2. c) (1). Vgl. Burgstaller, ÖJBl. 1969, 521 (530); Fiedler, S. 106; Gössel, GA 1971, 225 (235); Kühl, AT, § 15 Rn. 93; Lampe, Das personale Unrecht, S. 218; Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 140; Jürgen Meyer, ZStW 87 (1975), 598 (618 f.); Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 23 Rn. 13; Schünemann, GA 1986, 293 (316); SK / Rudolphi, § 22 Rn. 35. 55 Daß es zur Begründung des mangelnden Unrechts abergläubischen Verhaltens keiner generalpräventiven Argumente bedarf, wurde im 1. Kap. unter D. II. 2. b) bb) bereits ausführlich dargetan. Sehr zu Recht fragt Hirsch, FS Roxin, S. 711 (714), an, warum das Kriterium des rechtserschütternden Eindrucks nicht auch in allen anderen Fällen herangezogen wird, wo es um die Abgrenzung von strafbarem und nicht strafbarem Verhalten geht. 56 Kritisch hierzu insbesondere Kratzsch, JA 1983, 420 (424); Kühl, JuS 1980, 506 (507); Stratenwerth, AT 4, § 11 Rn. 21; Weigend, S. 113 (122 f.). Jerouschek, ZStW 102 (1990), 793 (814), weist zutreffend darauf hin, der rechtserschütternde Eindruck sei keineswegs eine versuchsspezifische Besonderheit, vielmehr bezöge der Begriff seinen Gehalt gerade aus den Vollendungsdelikten. Freilich vermag ein diffuses Eindruckskriterium, wie es die Vertreter der herrschenden Versuchslehre zugrunde legen, diese Anbindung der Versuchsdelikte an die Deliktstatbestände des Besonderen Teils nicht zu leisten. Die hier zu entwickelnde, an Gesetzlichkeitsprinzip und Handlungshermeneutik orientierte Versuchskonzeption, kommt mit der Analyse der Vollendungs- und Versuchsdelikten gemeinsamen bedrohlichen Täterintentionen der Forderung Jerouscheks näher. 53 54

A. Die Eindruckstheorie

169

Wille, die tätige Auflehnung des Einzelnen gegen eine Verhaltensnorm, der Rechtsqualität zugesprochen wird, ist für die subjektive Versuchslehre hinreichende, für die Eindruckstheorie immerhin noch notwendige Bedingung für das Unrecht der versuchten Tat. Ist aber der rechtsfeindliche Wille ein Unding und die subjektive Versuchslehre deshalb unhaltbar, so ist auch die Eindruckstheorie dogmatisch fehlerhaft: Die Eindruckstheorie ist, so wie sie expliziert wird, ebensowenig begründbar wie die subjektive Versuchslehre, weil ihr ein verfehltes Verständnis von Recht zugrunde liegt. Das Eindrucksmoment mag viele Schwächen haben. Die wirkliche Crux an ihm aber ist, daß es den Blick auf die Grundlagen der herrschenden Versuchslehre und deren Fehlerhaftigkeit trübt,57 weil es eine vermittelnde Funktion wahrzunehmen scheint.58 Eine Vermittlung ist aber dort unmöglich, wo notwendige Bedingungen einer Lehre dogmatisch unhaltbar sind.59 3. Mit der Eindruckstheorie verschärft sich darüber hinaus das Problem der mangelnden Tatbestandsanbindung der versuchten Tat. Für die subjektive Versuchslehre hat – im Anschluß an v. Buris60 Dogma von der Bedeutungslosigkeit des Vorliegens objektiver Tatbestandsmerkmale bei der versuchten Tat – der Deliktstatbestand ohnehin nur noch für die Gewinnung der entsprechenden Verhaltensnorm Bedeutung. Auch für die Eindruckstheorie ist das tatsächliche Vorliegen objektiver Tatumstände vollkommen bedeutungslos: Jedes dieser Merkmale kann durch die Tätervorstellung substituiert werden. Diese vollkommene Loslösung von jeglicher Objektivität wird durch das Eindrucksmoment gepaart mit generalpräventiven Überlegungen: Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit bilden statt des tatbestandlich festgehaltenen Deliktsbildes die Meßgrößen der versuchten Tat. Fast könnte man vergessen, daß mit einem Tatstrafrecht eine versuchte Tat geahndet werden soll und nicht die Entfesselung einer Erschütterung des Rechtsfriedens als solche.61 4. a) Schließlich sei an das Problem des untauglichen Täters und an die bereits eingehend erörterte Konfusion hinsichtlich der Abgrenzung des untauglichen Versuchs vom Wahndelikt bei Irrtümern im Vorfeld des Deliktstatbestandes62 erinnert, welche maßgeblich von den Vertretern der Eindruckstheorie ausgelöst wurde. 57 Ha, S. 146, bezeichnet die Eindruckstheorie zutreffend als eine „getarnte subjektive Versuchstheorie“. In diesem Sinne auch Hirsch, FS Roxin, S. 711 (714). 58 Dies räumt auch Bloy, ZStW 2001, 76 (79) ein. Weigend, S. 113 (123), spricht zutreffend von einem „Notverband über die offenen Brüche der Versuchsdoktrin“. 59 In seiner Kritik insoweit ähnlich Zaczyk, Das Unrecht, S. 27. 60 v. Buri, Abhandlungen, S. 54, stellte das Dogma auf: „Fehlt aber aus dem objectiven Thatbestand des vollendeten Verbrechens auch nur das geringste Moment, so wird die ganze objective Vorliegenheit vollständig bedeutungslos.“ Hierüber kritisch im 2. Kap. unter B. 1. 61 Kritisch äußern sich in diesem Kontext insbesondere Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 210, und Zaczyk, Das Unrecht, S. 26. Vgl. auch Burkhardt, Der „Rücktritt“, S. 71 f.; Herzberg, GA 2001, 257 (266 f.); sowie Hirsch, FS Lüderssen, S. 253 (255 ff.). 62 Siehe diesbezüglich das 1. Kap. unter F. III. 4.

170

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

Beim Vorfeldirrtum ist mittlerweile praktisch in jeder Konstellation jedes beliebige Ergebnis herleitbar.63 Das Wirrwarr an Lösungsansätzen resultiert aus der Unzufriedenheit darüber, diese Problemfälle allein mit dem sogenannten Umkehrschluß64 bearbeiten zu können. Da es der Eindruckstheorie jedoch an jeglichem originären Instrumentarium fehlt, die Grenzfälle zwischen untauglichem Versuch und Wahndelikt zu bewältigen, sind die Lösungswege vollkommen beliebig wählbar – die Problemdiskussion ist so kaum noch ernst zu nehmen. b) Der dogmatische Gehalt des Versuchs des untauglichen Täters wurde unter der Herrschaft der Eindruckstheorie endgültig verwässert. Das Faktum, daß der Gesetzgeber keine Bestimmungsnorm an den Extraneus aussendet und dieser eine solche mithin auch nicht mißachten kann, wird unter einer vorgeblichen Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale mit dem rechtserschütternden Eindruck kombiniert, den durchaus auch ein Extraneus erregen könne, um so die Strafbarkeit des Versuchs des untauglichen Täters zu begründen. Von einer strafrechtlichen Grammatik ist nicht einmal mehr ein Rest übrig.65 c) Daß die Eindruckstheorie keinen echten Fortschritt gegenüber der subjektiven Versuchslehre gebracht hat, wird hier praktisch erlebbar.66 Die Konsequenz kann auch insoweit nur die Abkehr vom Umkehrschluß und dessen Wurzeln und die Zukehr zum Erfordernis einer Tatbestandsähnlichkeit der versuchten Tat sein.

V. Würdigung Die in den vorangegangenen Kapiteln bereits praktizierte Etikettierung der Eindruckstheorie als Epigone der subjektiven Versuchslehre ist sachlich berechtigt. Gegenüber letzterer bringt die Eindruckstheorie weder einen dogmatischen noch einen praktischen Fortschritt in der Begründung des Unrechts der versuchten Tat, ist doch auch für sie der Widerspruch zu einer Verhaltensnorm der Zugang zum Versuchsunrecht. Aus der Sicht eines hermeneutisch fundierten Rechtsbegriffes ist deshalb die Eindruckstheorie ebenso unhaltbar wie die subjektive Versuchslehre.

63 Ähnliches gilt auch für das untaugliche Subjekt. Diesbezüglich ebenfalls bereits im 1. Kap. unter F. IV. 64 Hierüber und zur Umkehrregel im 2. Kap. unter C. II. 65 Zum Begriff der Grammatik im Strafrecht sei auf Alwart, Zurechnen und Verurteilen, S. 11 ff., verwiesen. 66 Herzberg, GA 2001, 257 (266), konstatiert insofern zu Recht, bei einem Abklopfen auf ihre Substanz erweise sich die Eindruckstheorie „als vollkommen banal und leerlaufend“. Vgl. auch MK-StGB / Herzberg, § 22 Rn. 17 ff. Sehr kritisch etwa auch Bottke, S. 135 (140 ff.).

B. Die Wiederbelebung objektiver Versuchslehren

171

B. Die Wiederbelebung objektiver Versuchslehren Angesichts des bis hierher aufgezeigten Unvermögens von subjektiver Versuchslehre und Eindruckstheorie hinsichtlich der Begründung des Unrechts der versuchten Tat verwundert es wenig, daß sich die Stimmen mehren, die die Preisgabe objektiver Versuchslehren durch die deutsche Strafrechtswissenschaft als voreilig bezeichnen.67 Um an die Tradition objektivistischer Versuchsauffassung anzuschließen, wurden nach dem Ende der klassischen objektiven Versuchslehren im wesentlichen drei verschiedene Konzepte entwickelt.

I. Spendels Lehre von der konkreten Gefährdung des Tatobjektes 1. Als sich zu Beginn der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts abzeichnete, daß die deutsche Strafrechtswissenschaft die objektive Versuchslehre nicht wieder aufnehmen würde, ergriff Spendel68 Partei für eine Rückbesinnung auf objektivistische Traditionen. Er übte scharfe Kritik an den Grundlagen der subjektiven Lehre69 und stellte dieser sein Versuchskonzept gegenüber, bei dem die konkrete Gefährdung eines Tatobjektes das Strafwürdigkeitskriterium der versuchten Tat ist. Spendel bestimmt den objektiven Versuchstatbestand durch den Begriff der objektiven konkreten Gefährlichkeit der Tat.70 Der objektive Versuchstatbestand sei nur dann erfüllt, wenn die Frage „Hätte der beabsichtigte . . . Erfolg durch die Handlung möglicherweise verursacht werden können?“71 mit ja beantwortet werden kann. 2. Damit steht Spendel in der Tradition der sogenannten jüngeren objektiven Versuchslehre72, wie sie maßgeblich durch Franz v. Liszt73 und Robert v. Hippel74 geprägt wurde. Ganz einem kausalen Handlungsverständnis verbunden, begriff 67 Vgl. Dicke, JuS 1968, 157 (159 ff.); Ha, S. 171 ff.; Hirsch, bei Gropp, ZStW 97 (1985), 919 (921 f.); ders., GS Hilde Kaufmann, S. 133 (144); ders., Hauptprobleme, S. 47 (62 f.); ders., FS Köln, S. 399 (422 f.); ders., FS Arthur Kaufmann, S. 545 (560 f.); Malitz, S. 155 ff.; Schönwandt, S. 20 ff., 104 ff.; Spendel, ZStW 65 (1953), 519 (521 ff.); ders., ZStW 69 (1957), 441 (443 ff.); ders., NJW 1965, 1881 (1881 ff.); ders., FS Stock, S. 89 (90 ff.); ders., JuS 1969, 314 (316 f.); Weigend, S. 113 (126 ff.). 68 Ders., ZStW 65 (1953), 519 (521 ff.); ders., ZStW 69 (1957), 441 (443 ff.); ders., NJW 1965, 1881 (1881 ff.); ders., FS Stock, S. 89 (90 ff.); ders., JuS 1969, 314 (316 f.). 69 Vgl. insbesondere Spendel, ZStW 69 (1957), 441 (443 ff.); ders., NJW 1965, 1881 (1881 ff.). 70 Spendel, FS Stock, S. 89 (103). 71 Ebenda, S. 89 (103). 72 Zur älteren objektiven Versuchslehre Feuerbachs und Mittermaiers bereits oben im 2. Kap. unter A. 2. 73 Vgl. dens., Lehrbuch, S. 206 ff. 74 Vgl. dens., Deutsches Strafrecht, Band 2, S. 403 f. Vgl. auch Henckel, S. 25 f., 35 f.

172

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

v. Liszt jede Tat als willkürliches Bewirken einer wahrnehmbaren Veränderung der Außenwelt mit dem Taterfolg als Schlußpunkt der Handlung selbst.75 Faßt der Täter eine Tat ins Auge, scheitert deren Vollendung jedoch, so könne von einer versuchten Tat nur dann gesprochen werden, wenn die mißlungene Tat die Außenwelt dadurch verändert habe, daß die Möglichkeit des Erfolgseintritts bestand.76 Diese Gefahr der Tatvollendung sei „der Zustand, in dem, unter den gegebenen und im Augenblick der Willensbetätigung auch allgemein erkennbaren oder nur dem Täter bekannten Umständen, die nahe Möglichkeit . . . gegeben ist, daß der Eintritt der Verletzung erfolgen werde“77. Im Gegensatz zu den Vertretern der älteren objektiven Versuchslehre bestimmte v. Liszt damit die Gefahr des Erfolgseintritts nicht abstrakt, sondern konkret. Ob eine konkrete Gefahr bestand, solle im Wege einer nachträglichen Prognose durch den Urteilenden ermittelt werden;78 ,nachträglich‘, weil der Urteiler sich in den Zeitpunkt der Tatbegehung zurückversetzen muß; ,Prognose‘, weil er von diesem Moment aus als objektiver Beobachter den möglichen Tatverlauf vorherzusagen hat. Eine Präzisierung dieser Formel von der nachträglichen Prognose gelang Robert v. Hippel mit der Lehre von der adäquaten Verursachung. Diese vergleicht beim Vollendungsdelikt den tatsächlichen Kausalverlauf mit der im Moment der Tatbegehung für einen objektiven Dritten absehbaren Entwicklung des Kausalprozesses.79 Auch hierbei kommt eine nachträgliche Prognose zum Tragen. Die Adäquanz des Kausalverlaufes und damit den Grad der Gefahr des Eintritts eines Taterfolges beschrieb v. Hippel80 als ,ernsthafte Möglichkeit‘. Dementsprechend sei ein Versuch ein gefährlicher, wenn ein objektiver Dritter im Moment der Begehung der Tat deren Vollendung als ernsthaft möglich begreift.81 3. Spendel knüpft an die Überlegungen v. Liszts und v. Hippels an,82 distanziert sich jedoch insoweit von den Vertretern der jüngeren objektiven Versuchslehre, als es seiner Ansicht nach ungereimt ist, daß die nach der Adäquanzlehre notwendige Generalisierung den Begriff einer konkreten Gefahr und die Berücksichtigung auch des Täterwissens den Begriff einer objektiven Gefahr ergeben soll.83 Eine objektive Versuchslehre werde nur dann dem Unterscheidungsproblem von gefährlichen und ungefährlichen Versuchen gerecht, wenn sie grundsätzlich zwischen der Tathandlung und den begleitenden Tatumständen differenziere:84 Das ex-ante Urteil der 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84

Vgl. darüber Franz v. Liszt, Lehrbuch, S. 120 ff. Hierzu ebenda, S. 206 ff. Ebenda, S. 129. Ebenda, S. 214. Vgl. v. Hippel, S. 146 ff. Ders., S. 149. Ebenda, S. 431. Spendel, FS Stock, S. 89 (103 f.). Ebenda. Hierzu und zum Folgenden ebenda, S. 105 f.

B. Die Wiederbelebung objektiver Versuchslehren

173

nachträglichen Prognose müsse sich auf eine bestimmte rechtsgutsverletzende Tendenz der Täterhandlung beschränken. Die vom Handeln des Täters unabhängigen Tatumstände – insbesondere das Tatobjekt – seien vor der nachträglichen Prognose in einer ex-post Betrachtung zu bewerten, da der Begriff der Gefährdung des Tatobjektes von der Existenz des Tatobjektes abhängig sei. Auf der so geschaffenen Tatsachengrundlage könne die Tendenz der Tat zur Verletzung des Tatobjektes bestimmt werden. Der Gefahrbegriff und damit die objektive Versuchslehre erführen damit ihre Objektivierung. 4. Spendel unternimmt gegenüber der jüngeren objektiven Versuchslehre eine weitere Konkretisierung des Gefahrbegriffs: Die nachträgliche Prognoseleistung, die nach v. Liszt und v. Hippel noch das gesamte Tatgeschehen zu erfassen hatte, beschränkt sich nach Spendel nur noch auf das Handeln des Täters. Hinsichtlich der begleitenden Tatumstände wird deren Vorliegen oder Nicht-Vorliegen noch vor jener Prognoseleistung mittels einer schlichten ex-post Betrachtung festgestellt.

II. Die Risikoerhöhungslehre Schönwandts 1. In seiner Studie zur Entwicklung der deutschen Versuchslehre plädiert auch Weigend85 für die Rückbesinnung auf eine objektive Versuchslehre. Diese solle auf der Basis der modernen Lehre von der objektiven Zurechnung errichtet werden: Eine versuchte Tat sei dann anzunehmen, wenn der Täter mit seiner Handlung ein verbotenes Risiko für den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolges schaffe.86 2. Während Weigend sich auf einige Denkansätze beschränkte, explizierte bereits Schönwandt87 eine objektive Versuchslehre auf der Basis der Risikoerhöhungslehre. Den „inneren Grund“ der Strafbarkeit der versuchten Tat sieht Schönwandt „im Moment der Rechtsgutsgefährdung“88: Eine versuchte Tat liege vor, „wenn die Versuchshandlung im Hinblick auf die Verwirklichung eines bestimmten Deliktstatbestandes als riskant zu beurteilen ist“89. Ein solches Urteil der Risikoschaffung bzw. Risikoerhöhung will Schönwandt auf der Basis einer sogenannten Verletzungssorgfaltswidrigkeit fällen.90 Diese sei aus der Sicht eines objektiven Beobachters anstelle bzw. in der Stellung des Täters für den Einzelfall festzustellen, und zwar auf der Basis der bis zum Zeitpunkt der Handlung erkennbaren Tatsachen und desjenigen Erfahrungswissens, das die einem Sachverständigen auf dem entsprechenden Gebiet bekannten ErfahrungsDers., S. 113 (126 ff.). Ebenda, S. 127. Vgl. diesbezüglich auch Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 118 ff.; sowie Prittwitz, S. 323 ff., 352 ff. 87 Ders., S. 132 ff. 88 Ebenda, S. 94. 89 Ebenda, S. 180. 90 Vgl. dazu und zum Folgenden ebenda, S. 156 ff. 85 86

174

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

sätze umfasse. Führe diese Feststellung dazu, daß die Verwirklichung eines bestimmten Deliktstatbestandes nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, so sei die Tathandlung sorgfaltswidrig, mithin riskant, und es liege eine versuchte Tat vor. 3. Schönwandt konstatiert, daß alle gemeinhin als tauglich bezeichneten Versuche riskant und damit versuchte Taten seien. Darüber hinaus seien all diejenigen untauglichen Versuchshandlungen riskant, die nur aus Zufall nicht erfolgreich waren. Keine Risikoschaffung bzw. -erhöhung könne solchen Handlungen zugeschrieben werden, deren Untauglichkeit auf einem erheblichen intellektuellen Fehlverhalten des Täter bezüglich der Kenntnis von tatsächlichen Umständen beruhten.

III. Malitz’ Lehre von der Gefährlichkeit der Tathandlung 1. In einer breit angelegten Untersuchung widmete sich Malitz91 der Problematik des untauglichen Versuchs beim Garanten-Unterlassungsdelikt. In diesem Kontext stellt Malitz92 auch die Frage nach dem „Wesen und Strafgrund des Versuchs“93. Die subjektive Versuchslehre und mit ihr die Eindruckstheorie verwirft Malitz als nicht geeignet, das Wesen der versuchten Tat zu erklären. Der subjektiven Theorie wirft Malitz – ganz im Stile der üblichen Kritik94 – vor, sie betone einseitig den Täterwillen und neige zum Gesinnungsstrafrecht.95 Gegen die Eindruckstheorie – Malitz96 bezeichnet sie zu Recht als subjektivistische Versuchslehre97 – wendet sie ein, diese verfüge über keinen Maßstab für die Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und verquicke die Unrechtslehre in unzulässiger Weise mit generalpräventiven Zweckerwägungen.98 2. Die Fundamente für ihre Suche nach dem Wesen des Versuchs sind für Malitz der finale Handlungsbegriff und die personale Unrechtslehre.99 Auf dieser Basis expliziert sie den Handlungsunwert der versuchten Tat. Da der Handlungsunwert Dies., passim. Dies., S. 132 ff., 155 ff. 93 Ebenda, S. 132. 94 Vgl. Hirsch, Hauptprobleme, S. 47 (62 f.); ders. bei Gropp, ZStW 97 (1985), 919 (921 f.); Jescheck / Weigend, § 49 II 2; Köhler, AT, S. 453 f.; LK10 / Vogler, Vor § 22 Rn. 48 f.; Niepoth, Der untaugliche Versuch, S. 56; Papageorgiou-Gonatas, S. 195 ff.; Spendel, ZStW 65 (1953), 519 (521 ff.); ders., NJW 1965, 1881 (1882 f.); ders., FS Stock, S. 89 (90 ff.); Weigend, S. 113 (124 f.). Hierzu bereits oben im 3. Kap. unter C. III. 4. 95 Malitz, S. 157 f. 96 Ebenda, S. 161. 97 Vgl. auch die hier vorgebrachte Kritik oben in diesem Kap. unter A. IV. 98 Malitz, S. 159 f. 99 Hierzu und zum Folgenden ebenda, S. 169 ff. 91 92

B. Die Wiederbelebung objektiver Versuchslehren

175

objektive und subjektive Merkmale aufweise,100 wäre es Malitz‘ Auffassung nach ungereimt und widersprüchlich, beim untauglichen Versuch gänzlich auf objektive Momente zu verzichten und den Handlungsunwert auf einen reinen Intentionsunwert zu reduzieren. Andererseits würde das Kriterium der Gefahr für ein Tatobjekt den Bereich strafbaren Versuchens zu weit einschränken und „empfindliche Strafbarkeitslücken hinterlassen“101. Der Handlungsunwert der versuchten Tat sei mithin „zwischen der tatsächlichen und der nur eingebildeten Gefährdung des Rechtsgutsobjektes zu suchen, nämlich in der konkreten Gefährlichkeit der Tathandlung“102. Gefährlichkeit sei dabei die der konkreten Handlung inhärente Möglichkeit, ein Objekt zu schädigen, folglich die Tendenz einer Verletzung des Tatobjektes.103 Nur mit einer auf den Begriff der Gefährlichkeit aufbauenden objektiven Versuchslehre könne der notwendige materielle Bezug der Versuchsstrafbarkeit zum Rechtsgüterschutz hergestellt werden. 3. Dieses Möglichkeitsurteil setzt Malitz aus drei Komponenten zusammen:104 (1) Beurteilender und Beurteilungszeitpunkt: Ganz in der Tradition der jüngeren objektiven Versuchslehre befürwortet Malitz hier die nachträgliche Prognose ex-ante eines objektiven Dritten. (2) Beurteilungsgrundlage sei die gesamte Sicht des objektiven Dritten ohne Differenzierung in ontologische und nomologische Umstände. (3) Beurteilungsmaßstab für die Gefährlichkeit sei die Frage, „ob aus der Sicht eines objektiven Dritten der Eintritt des tatbestandlichen Erfolges naheliegend ist“105.

IV. Die subjektiv-objektive Versuchslehre Hirschs 1. Auch Hirsch106 knüpft mit seiner – von ihm selbst als subjektiv-objektiv bezeichneten 107 – Versuchslehre an die Gefährlichkeit des Täterhandelns an. Als Strafgrund der versuchten Tat betrachtet Hirsch den Verstoß „gegen die hinter dem Tatbestand stehende Norm“108. Dieser Normverstoß sei beim tauglichen wie Vgl. diesbezüglich auch Ausführungen oben im 1. Kap. unter E. I. Malitz, S. 177. Zum Begriff der Strafbarkeitslücke – einer der gräßlichsten Wortschöpfungen der Kriminalwissenschaften – hat Vormbaum, JZ 1999, 613 (613), das Notwendige gesagt. 102 Malitz, S. 179. 103 Ebenda, S. 180. 104 Vgl. diesbezüglich und zum Folgenden ebenda, S. 182 ff. Kritisch zu Malitz’ Konzeption etwa Bloy, GA 2000, 498 (499 f.). 105 So Malitz, ebenda, S. 190. (Hervorhebung vom Verfasser) 106 Hirsch, FS Roxin, S. 711 (711 ff.), ders., FS Lüderssen, S. 253 (255 ff.). 107 Hirsch, FS Roxin, S. 711 (726). 100 101

176

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

beim ,gefährlichen untauglichen Versuch‘109 durch die Gefährlichkeit des Täterhandelns gekennzeichnet. Wie Malitz110 will auch Hirsch aus der ex-ante-Sicht eines verständigen Dritten beurteilen, ob die Vollendung der Tat konkret möglich ist und damit das Handeln eines Täters als ,gefährlich‘ charakterisiert werden muß.111 2. Interessant ist dabei, wie Hirsch diese Konzeption – die bei Malitz noch klar als Forderung de lege ferenda gehalten ist – bereits de lege lata mit dem Regelungsgehalt der §§ 22, 23 StGB in Einklang bringen will, nämlich über eine handlungstheoretische Reduktion des unmittelbaren Ansetzens i. S. des § 22 StGB: „Eine Handlung . . . vermag nicht früher zu beginnen als damit, daß der Handlungswille sich in einem betätigten objektiven Verwirklichungsrisiko umzusetzen beginnt. Solange ein Verhalten objektiv kein Risiko der Realisierung des Willensinhaltes . . . aufweist, liegt noch kein Beginn der betreffenden Handlung vor.“112 Das bedeutet nichts anderes, als daß niemand zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzen kann i. S. des § 22 StGB, so lange er nicht zumindest eine Handlung vornimmt, der die Möglichkeit einer Tatbestandsverwirklichung innewohnt. Damit scheidet Hirsch die Fälle des ,ungefährlichen untauglichen Versuchs‘113 – von ihm auch ,unechte Versuche‘ genannt – bereits über die Ansatzformel des § 22 StGB aus dem Unrecht der versuchten Tat aus. Nach Hirschs Auffassung werde damit die wissenschaftliche Weiterentwicklung der Versuchsdogmatik die nur von einer subjektivistischen Versuchslehre als Korrektiv benötigte Regelung des § 23 III StGB leerlaufen lassen.114 3. a) Hirschs entscheidende Prämisse, ein ungefährliches Handeln könne kein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung sein, ist von ihrem Gehalt her nicht neu. Bereits zu § 43 RStGB wurde von den Vertretern der klassischen objektiven Versuchslehre das Argument bemüht, eine Handlung, die nicht geeignet sei, den intendierten Erfolg zu zeitigen, könne keinen Anfang der Tatausführung i. S. des § 43 RStGB enthalten.115 Während man dieser Auslegung des § 43 RStGB eine gewisse Plausibilität nicht absprechen kann, entbehrt Hirschs These zum einen (b) jeder handlungstheoretischen Grundlage, zum anderen ist sie (c) mit § 22 StGB unvereinbar.

108 Ebenda, S. 717. An anderer Stelle, ebenda, S. 724, beklagt Hirsch, man stufe „bei uns noch immer zu wenig zwischen strafrechtlichen und moralischen Anforderungen“ ab. Seine Argumentation freilich ist mitursächlich für diese mangelnde Abstufung. 109 So die Terminologie Hirschs, ebenda, S. 719 f. 110 Oben in diesem Kap. unter B. III. 3. (1) bis (3). 111 Hirsch, FS Roxin, S. 718. 112 Ebenda, S. 718 f. 113 So die Terminologie Hirschs, ebenda, S. 721. 114 Ebenda, S. 715, 727. In diesem Sinne auch Zieschang, S. 149 f. 115 Vgl. etwa v. Bar, Gesetz und Schuld, S. 488, 505 f. Siehe zum Versuch als ,Anfang‘ auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 125 ff.

B. Die Wiederbelebung objektiver Versuchslehren

177

b) Zur Analyse des handlungstheoretischen Gehaltes der These Hirschs sei ein Beispiel gebildet, das Hirsch selbst zur Erläuterung eines ,unechten Versuchs‘ heranzieht.116 F kauft in der Apotheke ein leichtes, rezeptfrei erhältliches Schlafmittel. Um ihren Ehemann M zu töten, mischt sie vier der Schlaftabletten in seinen abendlichen Kräutertee. M schläft gut und steht am nächsten Morgen quicklebendig auf.

Mit dem Untermischen der Tabletten nahm F eine Handlung vor, die von der Intention getragen war, M zu töten. Gefährlich für das Leben des M i. S. der Lehre Hirschs war das Handeln der F nicht. Läßt sich also sinnvoll davon sprechen, F habe mit ihrer Handlung nicht begonnen? Die Antwort lautet nein. Mag F’s Untermischen in keiner Weise geeignet gewesen sein, das Leben des M zu beeinträchtigen, hat F doch gleichwohl gehandelt, nämlich die Tabletten untergemischt. Wenn F aber gehandelt hat, muß sie notwendigerweise auch begonnen haben zu handeln. Hirsch aber behauptet: „Eine Handlung, . . . auch jede außerrechtliche Handlung, vermag nicht früher zu beginnen als damit, daß der Handlungswille sich in einem betätigten objektiven Verwirklichungsrisiko umzusetzen beginnt.“117 Dann müßte er im obigen Fall entweder behaupten, die Tabletten seien ohne Handlung in den Tee gekommen, oder Hirsch räumt ein, daß F zwar gehandelt hat, jedoch habe sie nicht im eigentlichen Sinne begonnen zu handeln. Beide Schlüsse zeigen, daß Hirschs Prämisse falsch ist. Wahrscheinlich meint Hirsch aber, F habe nicht begonnen zu töten. Dies jedoch ist ein Schluß, der eine andere, speziell normative Prämisse voraussetzt. c) Damit wird zugleich deutlich, daß im obigen Beispiel F sehr wohl zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat i. S. des § 22 StGB. Es ist unerfindlich, wie Hirsch behaupten kann, ein unmittelbares Ansetzen sei dann abzulehnen, wenn einem Handeln – wie dem der F – kein Risiko der Tatbestandsverwirklichung innewohnte. Dies würde einen vollkommen anderen Regelungsgehalt des § 22 StGB erfordern.118 4. Damit aber ist Hirschs Lehre von der Gefährlichkeit des Täterhandelns als notwendiger Bedingung strafwürdigen Versuchens de lege lata unvertretbar. Sie ist ein weiterer Vorschlag zur Reform der Versuchsdogmatik de lege ferenda. Doch selbst als solcher leiden Hirschs Ausführungen daran, daß er sich ausschließlich den klassischen Beispielen untauglichen Versuchens widmet. Seine gesamten Ausführungen sind gemünzt auf den Schuß ins leere Bett, die Sprengfalle am Auto eines bereits toten Fahrers, die zu geringe Dosis Schlaftabletten oder den Schrotschuß auf ein Objekt außer Reichweite.119 Zu den akuten Problemfällen strafwürHirsch, FS Roxin, S. 711 (719). Ebenda, S. 718. (Hervorhebung vom Verfasser) 118 In diesem Sinne auch Herzberg, GA 2001, 257 (261 f.). Kritisch auch Roxin, AT II, § 29 Rn. 57. 119 Vgl. nur die Beispiele von Hirsch, FS Roxin, S. 711 (719). 116 117

12 Maier

178

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

digen Versuchens, insbesondere zu den Vorfeldirrtümern, schweigt Hirsch. Seine Lehre von der Gefährlichkeit der Täterhandlung dürfte auf diesem Gebiet auch wenig leisten.

V. Bottkes Lehre von der Strafunfähigkeit des untauglichen Versuchs 1. Die Argumentationsgänge hinsichtlich der Notwendigkeit einer Rückbesinnung auf objektive Versuchslehren werden durch Bottke120 mit der These unterstützt, die Bestrafung auch des untauglichen Versuchs verstoße gegen das Grundgesetz. Während er die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs infolge der §§ 22, 23 StGB anerkennt, behauptet er, der Rechtsstab dürfe wegen eines untauglichen Versuchs keine Sanktion verhängen, weil das Grundgesetz den untauglichen Versuch „strafunfähig“ mache.121 Im Rahmen eines konkreten Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 GG habe der Strafrichter den von ihm zu entscheidenden, einschlägigen Fall dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen.122 Das BVerfG müsse die §§ 22, 23 StGB schließlich für nichtig erklären. 2. Die zentralen Begriffe in Bottkes Begründungsgang sind das Straftatgut als das „straftatbestandlich geschützte Gut“123 und das Verfassungsgut als das „nach deutschem Kriminalverfassungsrecht strafschutzfähige Gut“124. Kennzeichen einer straffähigen Tat sei die hoheitsanmaßende Verwaltung von Straftatgut. Den Straftatgütern stellt er die Strafrechtsgüter125 gegenüber: Zu diesen Strafrechtsgütern gehörten als Strafrechtssystemprodukte auch die Basisbegriffe der subjektivistischen Versuchslehren, namentlich die Normtreue und die Störung des Rechtsfriedens.126 3. Auch eine versuchte Tat ist nach Bottkes Lehre grundsätzlich straffähig, weil in ihrem Rahmen hoheitsanmaßende Gutsverwaltung Individualverfassungsgut zu deoptimieren droht.127 In der Wendung des ,Drohens einer Deoptimierung‘ deutet sich bereits die Grenze der nach Bottke straffähigen versuchten Tat an. In sehr speziellem Duktus erklärt er: „Getanes, das versuchte, Straftatgut hoheitsanmaßend in tatbestandsmäßiger Weise zu verwalten, jedoch weder Straftatgut verwaltet noch durch noch im Rahmen der Versuchstat Tubares je etwaig straftatvollendenden Verwalteffekt erlangen kann, ist wohl Versuch der Straftat. Aber es taugt bei Gege120 121 122 123 124 125 126 127

Ders., S. 135 (137 ff.). Ebenda, S. 158. Ebenda, S. 161. Ebenda, S. 136. Ebenda. Ebenda, S. 141. Ebenda, S. 140 f. Ebenda, S. 139.

B. Die Wiederbelebung objektiver Versuchslehren

179

bensein entsprechender Kriminalverfassung nicht zur straffähigen Versuchstat.“128 Die Grenzen strafwürdigen Versuchens sollen nach Bottke also dort erreicht sein, wo eine Tat nicht vollendet werden kann, also beim untauglichen Versuch, denn dieser verwalte weder Straftat- noch Verfassungsgut.129 Jedoch räumt Bottke ein: „Auch untaugliches Versuchen straftatlicher Verwaltung eines Straftatgutes hat bei gezeigter Teilhabe an den Erwirkungsvorstellungen säkularer Gesellschaft Sanktionierungsbedarf. Denn: Es kontaminiert die Lehrmenge gezeigter Verwaltattitüden. Es gefährdet gemeine Normtreue. Es lehrt mehr als nur Bereitschaft zum untauglichen Versuchen.“130 Normtreue und Rechtsfrieden als die Basis subjektivistischer Versuchslehren sind nach Bottke jedoch keine Verfassungs-, sondern schlichte Strafrechtsgüter. Auf die deoptimierende Verwaltung von Nicht-Verfassungsgütern dürfe indes die Begründung von Straffähigkeit nicht gestützt werden.131 Wiederum dezent formuliert: Bottke will aufzeigen, daß der untaugliche Versuch deshalb nicht strafwürdig sei, weil dessen Strafwürdigkeit stets mit dem rechtsfeindlichen Willen des Täters und der Erschütterung des Rechtsfriedens begründet würden; da jedoch keines dieser beiden Elemente mit Verfassungsrang ausgestattet sei, verstoße die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs gegen das Grundgesetz. 4. Freilich bleibt es in Bottkes Argumentation nebulös, wegen welcher versuchter Taten wie zu strafen sein wird, wenn das BVerfG die §§ 22, 23 StGB für nichtig erklärt. Bottke deutet an, als versuchte Taten nur diejenigen Handlungen erfassen zu wollen, „die das Risiko einer zurechenbaren Straftatvollendung haben, hatten oder . . . hätten erlangen können . . .“132. Damit könnte eine Risikoerhöhungslehre Schönwandtscher Prägung133 gemeint sein. 5. Soweit Bottke mit seiner Kritik an Normtreue und Rechtsfrieden die Grundfesten subjektivistischer Versuchslehren angreift, kann ihm nur beigepflichtet werden. Indes zeigt seine Argumentation, wie tief die Doktrin der Eindruckstheorie bereits verwurzelt ist: Die Strafwürdigkeit des untauglichen Versuchs und der rechtsfeindliche Wille bzw. die Erschütterung des Rechtsfriedens sind bereits eindeutig aufeinander bezogene Begriffe. Dabei wird übersehen, daß es zur Begründung der Strafwürdigkeit des untauglichen Versuchs weder des pflichtenethischen Begriffs der Normtreue noch des inhaltslosen Begriffs des Rechtsfriedens bedarf. In der vorliegenden Abhandlung wurde dargetan, daß der Strafwürdigkeit auch des untauglichen Versuchs ein Angriff auf ein Rechtsgut zugrunde liegt.134 Bedarf es aber der Begriffe ,Normtreue‘ und ,Rechtsfriedensstörung‘ zur Begründung der Strafwürdigkeit und Strafbarkeit 128 129 130 131 132 133 134

12*

Ebenda, S. 140. Ebenda, S. 159. Ebenda, S. 140. Ebenda, S. 159. Ebenda, S. 160. Dazu oben in diesem Kap. unter B. II. Im 1. Kap. unter B. Vgl. des weiteren unten im 5. Kap. unter A.

180

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

nicht, so müssen auch Bottkes Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs schwinden.135 Daß der Strafgesetzgeber Rechtsgutsangriffe durch Belegen mit einer Sanktion zu unterdrücken sucht, entspricht sogar seiner verfassungsmäßigen Schutzpflicht.136 VI. Würdigung 1. Eine objektive Versuchslehre, gleich ob sie sich mit Spendel an der konkreten Gefährdung des Tatobjektes, mit Schönwandt an der Risikoerhöhung oder mit Malitz an der Gefährlichkeit der Tathandlung orientiert, ist de lege lata unvertretbar.137 Der Gesetzgeber weist – e contrario § 23 III StGB – den Rechtsstab an, grundsätzlich auch wegen derjenigen versuchten Taten zu strafen, deren Vollendung von vornherein unmöglich war, bei der es weder zu einer konkreten Gefährdung, noch zu einer Risikoerhöhung kam oder die Tathandlung als solche gefährlich war. Die objektiven Versuchslehren sind daher – im Hinblick auf das Thema der vorliegenden Untersuchung als einer Analyse de lege lata – nicht weiter zu ergründen.138 Eines Appelles an den Gesetzgeber, das StGB so zu modifizieren, daß eine objektive Versuchslehre vertretbar wäre, bedarf es nicht, da eine Objektivierung des Unrechts der versuchten Tat de lege lata möglich ist. 2. Die These von der Verfassungswidrigkeit der §§ 22, 23 StGB greift lediglich die Argumentationsstränge subjektivistischer Versuchslehren auf und an. Mit der Überwindung dieser Versuchslehren fällt auch der Einwand der Verfassungswidrigkeit.

C. Kratzschs Lehre von der versuchten Tat als abstraktem Gefährdungsdelikt 1. Ist die konkrete Gefahr für ein Tatobjekt de lege lata keine notwendige Bedingung für die versuchte Tat, liegt es nahe, das Versuchsdelikt als abstraktes Gefährdungsdelikt zu interpretieren. Als abstrakte Gefährdungsdelikte werden gemeinhin diejenigen Delikte erfaßt, bei denen ein Tatobjekt weder verletzt noch gefährdet 135 Äußerst kritisch zu Bottkes Argumentation auch Herzbergs, GA 2001, 257 (263 ff.). Kritisch auch Roxin, AT II, § 29 Rn. 56. 136 Vgl. zum Begriff der Schutzpflicht des Gesetzgebers mittels Kriminalstrafe etwa BVerfGE 39, 1 (42 ff.); 88, 203 (251 ff.); Isensee, S. 39 (60 ff.); Stern, S. 1804 ff. 137 Malitz, S. 231, und Schönwandt, S. 190 ff., räumen dies ein und beenden ihre Untersuchungen dementsprechend mit Appellen an Gesetzgeber zur Abschaffung des § 23 III StGB. Spendel explizierte seine Versuchslehre freilich noch unter der Geltung von § 43 StGB a. F. 138 Zu Bottkes Argumentation war indes Stellung zu nehmen, da die Verfassungsmäßigkeit der lex lata stets mitzubedenken ist.

C. Kratzschs Lehre von der versuchten Tat als abstraktem Gefährdungsdelikt

181

werden muß, der Gesetzgeber vielmehr Modalitäten des Angriffsverhaltens als typischerweise geeignet charakterisiert, eine konkrete Gefahr oder Verletzung herbeizuführen.139 So formulierte bereits Engisch140: „Der untaugliche Versuch ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt, und zwar in dem Sinne ,abstrakt‘, daß abgesehen wird von der Eignung der Ausführungshandlung, das dem Tatbestand zugeordnete Rechtsgut in individueller Verkörperung, wie sie in einem tauglichen Tatobjekt vorliegt, ernstlich (d. h. mit tauglichen Mitteln) zu gefährden.“ 2. Expliziert wurde die Lehre von der versuchten Tat als abstraktem Gefährdungsdelikt durch Kratzsch141 im Rahmen seiner „Bemühungen um Präzisierung der Ansatzformel“142 des § 22 StGB auf der Basis und mit den Methoden der kybernetischen Systemtheorie und der Organtheorie.143 Kratzsch sieht den berechtigten Kern der subjektiven Versuchslehre in der Betätigung des Tatentschlusses, da letzterer der Motor des deliktischen Geschehens sei.144 Triebe das Strafrecht den Rechtsgüterschutz bis zum Äußersten, wäre gegen die subjektive Versuchslehre nichts einzuwenden, doch seien die Kosten ihrer konsequenten Durchsetzung zu hoch: Rechtsgüterschutz dürfe im Verfassungsstaat nicht um jeden Preis, sondern nur angemessen, d. h. verhältnismäßig betrieben werden; verhältnismäßig sei eine Norm jedoch nur dann, wenn sie ein geeignetes und erforderliches Mittel zum Rechtsgüterschutz ist und nicht außer Verhältnis zum erstrebten Zweck steht.145 Indes sei das Bestreben der objektiven Versuchslehren zur Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit nicht geeignet, das Verhältnis von Rechtsgüterschutz und Freiheitsrechten letztlich ungefährlicher Täter angemessen auszutarieren.146 Die Interpretation der Versuchsdelikte als konkrete Gefährdungsdelikte leide daran, daß: (1) sie zu statisch angelegt sei, d. h. gegenüber dem Gefährdungsverhalten des Täters die rechtsgutserhaltenden Veränderungen im Verlauf der Tatgenese nicht hinreichend berücksichtige, (2) die unabdingbare Prognoseleistung bei der Beurteilung versuchter Taten zu zufallsabhängig und in Einzelergebnissen nicht hinreichend bestimmbar sei, so daß eine normative Festlegung unmöglich werde, 139 Zu den Begriffen bereits oben im 1. Kap. unter D. I. 2. a). Eingehend Kindhäuser, Gefährdung, S. 189 ff.; sowie Koriath, GA 2001, 51 (54 ff.). 140 Ders., FS Juristentag, S. 401 (435). Ähnlich Cramer, Vollrauschtatbestand, S. 63 f.; sowie Tiedemann, Tatbestandsfunktionen, S. 167. 141 Ders., Verhaltenssteuerung, S. 430 ff. Vgl. auch dens., JA 1983, 420 (427 ff.), 578 (578 ff.); sowie dens., GA 1989, 49 (49 ff.). Kritisch zur Lehre Kratzschs etwa Neumann, GA 1987, 278 (279 f.); sowie Bloy, ZStW 2001, 76 (81). 142 So der Titel der Abhandlung Kratzschs, JA 1983, 420 (420 ff.), 578 (578 ff.). 143 Vgl. diesbezüglich Kratzsch, Verhaltenssteuerung, S. 207 ff. 144 Siehe dazu Kratzsch, ebenda, S. 430 f. 145 Ebenda, S. 96. 146 Ebenda, S. 431 ff.; sowie Kratzsch, JA 1983, 578 (579).

182

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

(3) je weiter die Konkretisierung der Prognosekriterien jedoch betrieben werde, um so weniger strafwürdiges Geschehen könne als Versuchsdelikt erfaßt werden. Auch die Eindruckstheorie vermag nach Kratzschs Ansicht nicht, das versuchte Delikt angemessen zu erklären und auszugestalten, da das Urteil ,Erschütterung des Rechtsvertrauens‘ von so außerordentlich zahlreichen unterschiedlichen Kriterien abhängig sei, daß es den Richter überfordere und der Rechtsunsicherheit Tür und Tor öffne.147 3. Das Versuchsdelikt habe drei ineinander übergreifende Aufgaben zu erfüllen:148 (1) Eine deliktische Willensbetätigung müsse rechtzeitig im Vorfeld der Verletzung unterbunden werden. (2) Der Anwendungsbereich des Versuchsdeliktes sei auf Taten zu begrenzen, deren Abwehr zum Schutz des bedrohten Rechtsguts erforderlich ist. (3) Die Normziele müßten unter Beachtung der Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit optimal verwirklicht werden. Nur eine Interpretation der versuchten Tat als abstraktes Gefährdungsdelikt könne diese Aufgaben erfüllen: „Strafgrund des Versuchs ist dessen abstrakte Gefährlichkeit insofern, als das Täterverhalten zwar nicht in der konkreten Situation, aber bei einer anderen Sachverhaltskonstellation hätte zum Erfolg führen können.“149 Daneben heißt es: „Grund der Versuchsstrafbarkeit ist die Erfahrung, daß deliktische Willensbetätigungen, die dieses fortgeschrittene Stadium erreichen, typischerweise die Gefahr begründen, daß sie erfolgreich zu Ende geführt werden.“150 4. Kratzschs Ansatz klingt vielversprechend, tritt er doch selbst mit dem Anspruch einer „Objektivierung des Versuchsunrechts“151 auf. Bei abstrakten Gefährdungsdelikten werden – wie bereits erläutert – die Modalitäten des Angriffsverhaltens als ,typischerweise geeignet‘ charakterisiert, eine konkrete Gefahr oder Verletzung herbeizuführen. Eine Interpretation der versuchten Tat als abstraktes Gefährdungsdelikt hätte so das Potential, in der Abkehr von den Prämissen der subjektiven Versuchslehre und deren Postulat von der vollständigen subjektiven Ersetzbarkeit objektiver Tatumstände, deliktstypische Modalitäten des Angriffsverhaltens bei versuchten Taten zu exemplifizieren, also eine Handlungstypisierung Ebenda, S. 436. Ebenda, S. 436 f. 149 Ebenda, S. 438. 150 Ebenda. In diesem Sinne auch Hoyer, S. 195, 199, sowie Graul, Abstrakte Gefährdungsdelikte, S. 135 ff. Dort heißt es etwa, ebenda, S. 139 in Fn. 587: „Das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung i. S. des § 22 StGB führt erfahrungsgemäß häufig zur Vollendung . . . .“ Zum untauglichen Versuch als abstraktem Gefährdungsdelikt auch Mir Puig, FS Roxin, S. 729 (745 ff.). 151 Ebenda, S. 437. 147 148

C. Kratzschs Lehre von der versuchten Tat als abstraktem Gefährdungsdelikt

183

des Versuchens zu erreichen. Indes verspielt Kratzsch diese Chance. Er analysiert die Unrechtsstruktur der versuchten Tat und bekennt: „Auszugehen ist von dem Erklärungsansatz der subjektiven Theorie“152 Wenn Kratzsch die Kausalbeziehung zwischen der Tathandlung und der Beeinträchtigung des Tatobjektes vollständig abstrahieren will,153 ist dies nur eine andere Begrifflichkeit für das Axiom der subjektiven Versuchslehre, jedes objektive Tatbestandsmerkmal sei subjektiv ersetzbar. Auch wenn er erklärt, „der Intentionsunwert, in dem die subjektive Theorie und die überwiegende Meinung in der Unrechtsdogmatik das alleinige bzw. entscheidende Beurteilungskriterium des Versuchsunrechts sehen, bildet nur einen ersten Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Regelung, die im übrigen von einer breit angelegten Tendenz zur Objektivierung getragen ist“154, beschränkt sich Kratzsch auf eine Konkretisierung der Ansatzformel des § 22 StGB.155 Was bleibt, ist die Konklusion, daß die Lehre von der versuchten Tat als abstraktem Gefährdungsdelikt nicht aus dem Dilemma der subjektiven Versuchslehre herausführt, sondern auf letzterer aufbaut, so wie dies die Eindruckstheorie tut. Sie bleibt ein Gedankengebäude ohne dogmatisches Fundament. 5. Bleibt die Chance ungenutzt, die versuchte Tat über eine Typisierung im Rahmen der Deutung als abstraktes Gefährdungsdelikt wieder näher an die Tatbestandsbeschreibungen des Besonderen Teils zu binden, so führt diese Lehre geradewegs zu einer noch weiteren Entfernung der versuchten Tat von den Tatbestandsbeschreibungen des Besonderen Teils. Erklären die subjektive Versuchslehre und deren Ableger auch jedes objektive Tatbestandsmerkmal für subjektiv ersetzbar, so bleiben die auf dieser Basis errichteten versuchten Taten doch noch ein versuchter Diebstahl, eine versuchte Strafvereitelung, ein versuchter Totschlag usw. Die Deutung der versuchten Tat als abstraktes Gefährdungsdelikt vermag indes sogar diese Bindung aufzulösen und nur noch von dem Versuch als dem abstrakten Gefährdungsdelikt zu sprechen. 6. Nicht unwidersprochen kann darüber hinaus Kratzschs allgegenwärtige Prämisse bleiben, die versuchte Tat sei um des Schutzes der bedrohten Rechtsgüter willen als abstraktes Gefährdungsdelikt zu interpretieren:156 Zum Zwecke des Rechtsgüterschutzes setzen die Deliktstatbestände des Besonderen Teils für die Vornahme bzw. Unterlassung bestimmter Handlungen einen Preis fest. Dieser Preis soll potentielle Täter von ihrer Tat abhalten. Notwendige Bedingung für die Strafbarkeit wegen einer versuchten Tat ist auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes der Vollendungswille des Täters,157 d. h. der Täter muß sich für die BeeinträchtiEbenda, S. 440. Ebenda. 154 Ebenda, S. 442. (Hervorhebung vom Verfasser) 155 So bereits ebenda in der Überschrift zum 14. Kapitel, S. 428 und insbesondere S. 440 ff. Eingehend hierzu Vehling, S. 63 ff. 156 Vgl. etwa ebenda, S. 436 f., 440 f. 157 Vgl. diesbezüglich bereits im 1. Kap. unter D. II. 2. b) aa). 152 153

184

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

gung des Tatobjektes und damit für die Vollendung der Tat entschieden haben. Diese Entscheidung trifft der Täter im Angesicht des Preises der Vollendungsstrafe. In welcher Hinsicht soll dann jedoch – wie Kratzsch dies impliziert – die Strafbewehrung der versuchten Tat eine zusätzliche Motivation schaffen, wenn doch der Vollendungswille notwendige Bedingung der Versuchsstrafe ist?158 7. Zuletzt sei auf ein Paradoxon hingewiesen: Das StGB kennt abstrakte Gefährdungsdelikte, bei denen auch die entsprechende versuchte Tat unter Strafe steht, so etwa § 154 oder § 306 a StGB. Interpretiert man die versuchte Tat als abstraktes Gefährdungsdelikt, kommt man nicht umhin, mit dem Versuch eines abstrakten Gefährdungsdeliktes dem abstrakten Gefährdungsdelikt ein ,noch abstrakteres Gefährdungsdelikt‘ hinzuzugesellen.159

D. Jakobs’ Lehre von der versuchten Tat als expressivem Normbruch 1. Auf der Strafrechtslehrertagung 1985 erklärte Jakobs im Rahmen der sich seinem Vortrag zur „Kriminalisierung im Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung“160 anschließenden Diskussion, er halte die Entwicklung der deutschen Versuchslehre „schlicht für traurig“161. Eine Ursache für diese Entwicklung sieht Jakobs162 bereits in der Entscheidung der vereinigten Strafsenate vom 24. Mai 1880163. Mit dem dort aufgestellten Dogma – dem „Darüber nun kann kein Zweifel aufkommen, daß im Versuche der verbrecherische Wille diejenige Erscheinung ist, gegen welche das Strafgesetz sich richtet . . .“164 – habe sich die subjektive Versuchslehre von der versuchten Tat als einer wahrnehmbaren sozialen Störung verabschiedet und den Täter einer versuchten Tat dogmatisch ausgebürgert.165 Übriggeblieben sei ein Vorsatz und eine in unklarer Weise darangehängte äußere Handlung. 2. Fatale Konsequenz der Rechtsprechung des RG sei die übereilte Verabschiedung der Lehre vom Mangel am Tatbestand166 gewesen.167 Nach deren Ende sei keine Versuchslehre mehr entwickelt worden, mit der das Recht begründet werden In diesem Sinne auch Neumann, GA 1987, 278 (280). So bereits auch Zaczyk, Das Unrecht, S. 39. 160 Abgedruckt in ZStW 97 (1985), 751 (751 ff.). Dazu etwa Müller-Dietz, FS Schmitt, S. 95 (108 ff.). 161 Jakobs, bei Gropp, ZStW 97 (1985), 919 (928). 162 Ders., ZStW 97 (1985), 751 (759). 163 RGSt 1, 439 (439 ff.). Dazu bereits eingehend im 2. Kap. unter C. I. 164 RGSt 1, 439 (441). 165 Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (759). 166 Hierzu unten in diesem Kap. unter F. III. 3. 167 Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (759). 158 159

D. Jakobs’ Lehre von der versuchten Tat als expressivem Normbruch

185

könnte, den Tatvorsatz verbindlich festzustellen.168 Es gelte, Teile dieser Lehre zu rehabilitieren: „Entweder man erkennt ein Tatprinzip an; dann ist nicht alles an einem Delikt subjektiv ersetzbar, auch nicht beim Versuch. Oder aber man verzichtet auf das Tatprinzip . . . “169 3. Damit hat Jakobs den neuralgischen Punkt herausgearbeitet und stimmt in der Intention seiner Kritik an der herrschenden Versuchslehre mit den Prämissen der vorliegenden Abhandlung überein: Zur Objektivierung des Versuchsunrechts bedarf es der Rückankopplung an den jeweiligen Deliktstatbestand des Besonderen Teils des StGB und einer deliktstatbestandsspezifischen Entscheidung, welche Elemente des objektiven Tatbestandes des vollendeten Deliktes bei der versuchten Tat subjektiv ersetzbar sind. Auf welche Weise will Jakobs nun diese Unterscheidung treffen? Zusätzlich zum unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung i. S. des § 22 StGB müsse, so Jakobs, auf das materiell Deliktische des Verhaltens abgestellt werden, „also darauf, ob der Täter sich schon anmaßt, eine Angelegenheit des Opfers zu organisieren.“170. Von letzterem könne dann nicht die Rede, wenn ein Täterverhalten nur unter Hinzuziehung der in keiner Weise objektivierten Tätervorstellung als Organisationsanmaßung wirkt; ein solches Verhalten sei dann sozial nicht auffällig. Stilisiere man es zu einer versuchten Tat, bestrafe man ausschließlich eine Tätervorstellung und nicht eine Tat.171 Zu einem solchen Verständnis von strafwürdigem Versuchen gehört nach Jakobs auch die Abkehr von dem Unterfangen, im Rahmen der dogmatischen Erfassung der versuchten Tat zu einer Vorstellung des Täters i. S. des § 22 StGB ein passendes Handeln zu finden. Die systematische Frage müsse vielmehr lauten, ob ein interpretationsbedürftiges, externes Handeln vorliege, das es erlaube, „den Täter auf seinen subjektiven Kontext festzunageln“172. 4. Zur Exemplifikation seiner Versuchslehre greift Jakobs dabei auf zwei Standardfälle untauglichen Versuchens zurück: Auf das am Ort der Tat nicht vorhandene Angriffsobjekt und das offenkundig untaugliche Tatmittel. Befinde sich am Tatort kein entsprechendes Tatobjekt, so fehle dem Täterhandeln das erkennbare Ziel. Eine Tat, die bei geeignetem Tatobjekt als Organisationsanmaßung erkennbar sei, könne ohne ein Tatobjekt ziellos und gefahrlos wirken. So sei der Schlag eines Spaziergängers auf einen Busch anders zu interpretieren, wenn ein Kind verletzt herausspringt, als wenn nur ein Vogel auffliegt. Ebenso werde der Wurf mit einem Tintenfaß an die Wand der Studierstube anders zu deuten sein, wenn ein ungebetener Besucher verfehlt wird, als wenn der Werfende für sich allein im Raum sitzt. Entsprechend sei das offenkundig untaugliche Tatmittel zu beurteilen: „Versalzene 168 169 170 171 172

Ebenda, S. 760. Ebenda, S. 764. Ebenda, S. 763. Vgl. dazu und zum Folgenden ebenda, S. 764. Ebenda.

186

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

Suppen sind ärgerlich, aber geben niemandem Anlaß, an der Geltung der Normen zum Lebensschutz zu zweifeln.“173 5. Das letztere Beispiel verdeutlicht zugleich, worin Jakobs die Bedeutung der versuchten Tat sieht: Er begreift die versuchte wie die vollendete Tat als Angriffe auf die Normgeltung, die der Täter durch sein Verhalten expressiv mache.174 Strafgrund der versuchten Tat sei das Expressiv-Werden eines Normbruchs. Seinen dabei verwandten Normbegriff erläutert Jakobs nicht explizit. Den grundsätzlichen Beitrag des Strafrechts zum Erhalt der gesellschaftlichen Ordnung erblickt Jakobs in der Garantie von Normen: „Die Garantie geht dahin, daß die Erwartungen, die zum Funktionieren des sozialen Lebens in der gegebenen und in der gesetzlich geforderten Gestalt unabdingbar sind, im Fall ihrer Enttäuschung nicht preisgegeben werden müssen.“175 Normbruch als Enttäuschung der Erwartungen eines sozialen Systems – damit steht Jakobs fest auf dem Boden der Systemtheorie, wie sie im deutschen Sprachraum insbesondere durch Luhmann176 expliziert wurde. Normen sind nach Luhmann kontrafaktisch stabilisierte Verhaltenserwartungen.177 Begreift Jakobs die versuchte Tat als expressiven Normbruch, ist dies der Struktur nach nichts anderes als der betätigte rechtsfeindliche Wille der subjektiven Versuchslehre, nämlich die tätige Auflehnung gegen eine Verhaltensnorm. Jakobs bleibt so letztlich dem bekannten Dogma der Verhaltensnormverletzung als Begründung der Versuchsstrafbarkeit verhaftet. 6. Dies mag der Grund dafür sein, daß Jakobs seinem eigenen Anspruch nicht gerecht wird, Teile der Lehre vom Mangel am Tatbestand zu rehabilitieren und so aufzuzeigen, was beim Versuch nun subjektiv ersetzbar ist und was nicht. Wie dargestellt, beschränkt sich sein Rehabilitierungsversuch auf das fehlende Tatobjekt bei den Delikten nach §§ 211 ff., 223 ff. StGB und auf das evident untaugliche Tatmittel bei den §§ 211 ff. StGB. Freilich fordert er, der freiheitliche Staat müsse die interne Sphäre seiner Bürger respektieren,178 ein Täterhandeln müsse stets interpretationsbedürftig sein,179 und von einer versuchten Tat könne nur bei einem tatbestandsnahen Verhalten gesprochen werden,180 doch kann all dies die auch von Jakobs eingeforderte Abkehr von der subjektiven Versuchslehre und deren Epigonen nicht bewirken, da der Bruch mit dem Dogma der Auflehnung gegen eine Bestimmungsnorm nicht vollzogen wird. Trotz seines Bestrebens, die Ebenda. Jakobs, AT, 25 / 21. Ihm folgt Vehling, S. 87 ff. 175 Jakobs, AT 2 / 2. Vgl. des weiteren dens., Schuld und Prävention, S. 8 ff.; dens., Strafbegründung, S. 135 (135 f.). 176 Vgl. in diesem Kontext insbesondere Luhmann, Das Recht, S. 124 ff.; dens., Rechtssoziologie, S. 27 ff.; dens., Soziale Systeme, S. 509 f.; dens., Soziale Welt 20 (1989), 28 (28 ff.); dens., Vertrauen, S. 23. Zur Kritik am systemtheoretischen Denken Habermas, S. 67 ff. 177 Vgl. etwa Luhmann, Rechtssoziologie, S. 43. 178 Vgl. abermals Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 (755). 179 Ebenda, S. 763. 180 Jakobs, AT, 25 / 21 ff. 173 174

E. Interpersonale Versuchslehren auf Basis einer Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen 187

Grenzen strafbaren Versuchens enger zu ziehen, bleibt Jakobs‘ Versuchslehre eine subjektivistische.181

E. Die interpersonalen Versuchslehren auf der Basis einer Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen I. Grundlegung 1. Während die subjektive Versuchslehre und ihre Ableger auf einem Rechtsverständnis beruhen, nach dem der Gesetzgeber sich mit Verboten und Geboten an den Einzelnen wendet, gründen die interpersonalen Versuchslehren182 auf einer dezidierten Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen. Diese Lehre wurde maßgeblich durch Ernst Amadeus Wolff183, Köhler184 und Zaczyk185 auf den Gedankensystemen Immanuel Kants und der Philosophie des deutschen Idealismus errichtet.186 2. Grundlegend für das freiheitsgesetzliche Rechtsverständnis ist das gegenseitige Anerkennungsverhältnis, das auf der Basis des kategorischen Imperatives Kants187 und der Weiterentwicklung dieses Prinzips durch Fichte188 entfaltet 181 In diesem Sinne etwa auch Roxin, FS Nishihara, S. 157 (168). Freilich gelingt Jakobs, AT, 25 / 38 ff., den Bereich strafbaren Versuchens auf der Seite des subjektiven Versuchstatbestandes zu begrenzen, indem er etwa hinsichtlich der irrigen Annahme der Erfüllung normativer Tatbestandsmerkmale, die Sonderpflichten kennzeichnen, stets ein Wahndelikt annimmt. 182 Vgl. etwa Köhler, AT, S. 451 ff.; sowie Zaczyk, Das Unrecht, S. 229 ff. Deren Lehren folgen u. a. Anders, Beweiserhebungskontrollen, S. 197 ff.; ders., GA 2000, 64 (72 ff.); Beck, S. 78 ff.; Fischer, S. 184 ff.; Harzer, StV 1996, 336 (339); Murmann, Versuchsunrecht, S. 5 f.; ders., Die Nebentäterschaft, S. 161 ff.; ders., JuS 1996, 590 (592); Rath, Zur Unerheblichkeit, 26 ff.; ders., JuS 1998, 1006 (1008 f.); Rehr-Zimmermann, S. 70 ff. Die zutreffende Charakterisierung als ,interpersonal‘ wurde – soweit ersichtlich – durch Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem § 22 Rn. 24, hinsichtlich der Versuchslehre Zaczyks geprägt, ist jedoch auch zur Beschreibung der Versuchslehre Köhlers geeignet. 183 Siehe dazu etwa Wolff, Der Handlungsbegriff, S. 29 ff.; ders., FS Gallas, S. 197 (207 ff.). Später ausführlich ders., ZStW 97 (1985), 786 (806 ff.); sowie ders., Die Abgrenzung, S. 137 (162 ff.). 184 Vgl. dens., Der Begriff, S. 19 ff., 44 ff.; dens., Die bewußte Fahrlässigkeit, S. 324 ff.; dens., FS Lackner, S. 11 (25 ff.); dens., FS Leferenz, S. 511 (516 ff.); dens., Über den Zusammenhang, S. 29 ff., 47 ff.; dens., Zur Begründung, S. 93 (93 ff.); dens., GA 1988, 435 (450 ff.); dens., ZStW 104 (1992), 3 (15 ff.); dens., GA 1981, 285 (288 ff.); dens., NJW 1985, 2389 (2390 ff.). 185 So etwa ders., Die Freiheit der Person, S. 51 (51 ff.); ders., Das Strafrecht, S. 79 ff.; ders., Die Struktur, S. 9 (9 ff.); ders., Sieben Thesen, S. 139 (140); ders., Strafrechtliches Unrecht, S. 18 ff., 30 ff.; ders., FS Wolff, S. 509 (509 ff.). 186 Neben den Protagonisten seien genannt Bartuschat, S. 173 (173 ff.); Kahlo, S. 272 ff.; sowie Matt, S. 123 ff. 187 Ders., Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 385 (421). 188 Ders., §§ 1 – 4.

188

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

wird.189 Das natürliche Anerkennungsverhältnis soll zwischen dem Individuum und jedem mit diesem zusammentreffenden Gegenüber bestehen. Im Erkennen des Gegenüber als einem ebenfalls autonomen Subjekt erkenne das Ich zugleich sich selbst und damit den anderen an. So legt Wolff dar: „Gleichursprünglich mit der eigenen Konstitution setzt das Ich den Anderen sich gegenüber, als ein anderes Ich, das ihn in der gleichen Weise erfaßt.“190 Weiter heißt es: „Mit dem Anderen, der sich seinerseits im Kategorischen Imperativ, dem Grundgesetz der praktischen Vernunft, über mich vermittelt konstituierte, wird gleichzeitig ein gegenseitiges Gesetzesverhältnis mitgesetzt.“191 3. Mit jenem gegenseitigen Gesetzesverhältnis wird der Übergang zur Konstitution des Rechts unternommen: Aus den verschiedensten Gründen könne es – trotz des den Subjekten gemeinsamen Prinzips der praktischen Vernunft im Vollzug des Anerkennungsverhältnisses – geschehen, daß Zusammentreffende ob ihrer freien Selbsteinordnung zur Konfliktlösung nicht in der Lage sind.192 Um letzteres zu bewältigen oder Konflikten vorzubeugen, bedürfe es Verfahren und Institutionen, insbesondere des Rechts und des Staates. Nach Zaczyk193 vollzieht sich deren Konstitution auf drei Ebenen gleichzeitig: Als konkretes interpersonales Verhältnis, als Genese der bürgerlichen Gesellschaft und als Befestigung derselbigen durch die Staatsbildung.194 „Der Prozeß der Konstitution des Selbstbewußtseins kommt im Staat zu seinem Abschluß.“195 Mithin lasse sich die Staatsgewalt auf das Anerkennungsverhältnis zurückführen und sei ihrerseits dem Prinzip der Anerkennung unterworfen. Dementsprechend konstituiere sich auch das Recht aus der sich in jeder einzelnen Handlung des Individuums widerspiegelnden autonomen Entscheidung desselben. Köhler nennt dies die „intersubjektive Kategorialität reflexiv konkreter Allgemeinheit“ 196. 4. Diesem Verständnis von Recht entsprechend wird das Verbrechen als eine Verletzung des Anerkennungsverhältnisses aufgefaßt: „Entzieht der Eine dem Anderen Teile des gemeinsamen Handlungsraumes oder verletzt er ihn an seinem Körper, ohne auf eine schon geschaffene Regelung zu verweisen oder auf den Willen des Anderen einzugehen, eine solche zu schaffen, dann wächst diesem die 189 190 191 192 193 194

Siehe dazu Wolff, ZStW 97 (1985), 786 (811 ff.); sowie Zaczyk, Das Unrecht, S. 154 ff. Ders., Die Abgrenzung, S. 137 (182). Ebenda, S. 183. So etwa Wolff, ebenda, S. 185 f. Ders., Das Unrecht, S. 165 ff., S. 170 ff., S. 181 ff. Diese Dreiteilung spiegelt sich in Zaczyks Versuchslehre wieder. Hierzu sogleich unter

E. III. So Zaczyk, Das Unrecht, S. 185. Köhler, Die bewußte Fahrlässigkeit, S. 325. Anzumerken ist, daß Köhlers Lehre – im Gegensatz zu den individuell-subjektiven Begründungsansätzen Wolffs und Zaczyks – mit ihrer Orientierung an einer absolut vernünftigen Weltordnung stark Hegelsche Züge trägt. Vgl. hierzu Köhler, AT, S. 9 ff.; sowie dens., Die bewußte Fahrlässigkeit, S. 324 ff. 195 196

E. Interpersonale Versuchslehren auf Basis einer Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen 189

praktische Richtigkeit zu, seinen Willen über den des Einzelnen zu setzten.“197 In einem solchen Verbrechensverständnis spielt nicht die Zuwiderhandlung gegen Verhaltensnormen die zentrale Rolle, sondern der Einsatz positiver Gestaltungsmacht durch den Täter, um negativ auf das Anerkennungsverhältnis einzuwirken, es bewußt zu verletzen. Dieses Straftatverständnis der interpersonale Unrechtslehre198 spiegelt sich in den Versuchslehren ihrer Protagonisten wider.

II. Köhlers Lehre von der objektiven Wirkmacht des Versuchstäters 1. Auf der Basis des freiheitlichen Rechtsverhältnisses errichtet Köhler199 seine Versuchslehre. Das Unrecht der versuchten Tat erblickt er im tatentschlossenen Übergehen des Täters zum vollendeten Verletzen. Zentraler Aspekt ist dabei die Wirkmacht des Handelnden, die Freiheit des anderen aufzuheben. Dieser habe schon dann – aber auch nur dann – Anlaß, sich um sein Dasein als Freier zu sorgen, wenn der Täter die objektive Macht besitze, auf das Rechtsverhältnis einzuwirken und dementsprechend entschlossen handele. Konsequent formuliert Köhler: „Das Unrecht des Versuchs besteht darin, daß eine Person entschlossen und wirkmächtig zum künftig vollendeten Verletzen übergeht, mithin schon im objektiv tatbestandlichen Handlungsansatz das interpersonale Rechtsverhältnis verletzt.“200 2. a) Nun hat die nach Köhler notwendige Verknüpfung von versuchter Tat und Wirkmacht fundamentale Auswirkungen für den untauglichen Versuch,201 denn dieser muß nach der Konzeption Köhlers straflos bleiben.202 Jedes andere Ergebnis widerspräche dem freiheitsgesetzlichen Rechtsverständnis. b) Diesem Rechtsverständnis entsprechend müssen die – nach Täter und Tatobjekt näher zu spezifizierenden – besonderen Bedingungen eines Rechtsverhältnisses zwischen den kollidierenden Freiheitssphären objektiv vorliegen. Mangele es am Tatobjekt oder gar am Tatsubjekt, fehle ein Konstituent jenes RechtsverhältnisWolff, Die Abgrenzung, S. 137 (195). Die Vertreter der Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen freilich bezeichnen ihre Unrechtslehre als eine personale, wohl wissend, daß dieser Begriff durch die herrschende Unrechtslehre (vgl. diesbezüglich im 1. Kap. unter E. I.) belegt ist. Siehe dazu etwa Fischer, S. 179 in und bei Fn. 410. 199 Köhler, AT, S. 452 f. Zur Kritik dieses Werkes Köhlers insgesamt Schmidhäuser, GA 1998, 363 (364 ff.). 200 Ebenda, S. 451. 201 Vgl. diesbezüglich und zum Folgenden ebenda, S. 456 ff. 202 Köhler, ebenda, S. 463, formuliert, daß der untaugliche Versuch „nicht strafbar sein kann“. Dieser Satz ist freilich nicht sinnvoll, denn daß der untaugliche Versuch strafbar sein kann, folgt zwingend aus der Tatsache, daß er de lege lata strafbar ist. Dies mag nach Freiheitsgesetzen mißlich sein, indes redet man besser sprachlich exakt davon, daß der untaugliche Versuch nicht strafbar sein sollte bzw. nicht strafwürdig ist. In diesem Sinne auch Herzberg, GA 2001, 257 (258 f.). 197 198

190

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

ses, womit letzteres – da nicht existent – auch nicht verletzt werden könnte: Habe der Täter kein Tatobjekt vor sich, sei er ebensowenig wirkmächtig, wie wenn es ihm an der Eigenschaft mangele, tauglicher Täter einer bestimmten Tat zu sein. Der Versuch des untauglichen Täters begründe demnach kein Strafunrecht, ebensowenig der Versuch am untauglichen Objekt. c) Für den Versuch mit untauglichen Mitteln stellt Köhler zunächst klar, daß der Begriff der Wirkmacht nicht mit einem bestimmten Grad der objektiven Gefährlichkeit des Handlungsmittels zu identifizieren sei.203 Andererseits müsse die Betätigung des deliktischen Willens über die reine Verletzungsintention hinausgehen, andernfalls wäre kein Unterschied zu subjektiven Versuchslehren zu erkennen. Köhler erklärt – wobei er auf Kant204 und Fichte205 rekurriert –, der Begriff der Wirkmacht setze voraus, daß die Subjekte des Rechtsverhältnisses „praktischäußerlich überhaupt wechselseitigen Einfluß aufeinander haben können“206. Weiter heißt es: „Nur unter den subjektiv konzipierten objektiven Möglichkeitsbedingungen wechselseitigen Einflusses, sowohl im Bestand als auch in der Negation des konkreten Rechtsverhältnisses, hat der zutreffend hervorgehobene Grund des Versuchsunrechts, der Täter unterdrücke schon mit dem Handlungsansatz die Freiheitssphäre des anderen, seine objektive Realität.“207 Konkreter wird Köhler unmittelbar darauf – als ließe sich dies aus dem Vorangegangenen deduzieren – wenn er den Maßstab vorgibt, für das Unrecht der versuchten Tat dürften die objektiven Bedingungen der Tatrealisierung nach allgemeiner Erfahrung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen bzw. vollkommen unwahrscheinlich sein. Das heißt nichts anderes, als daß mittels einer ex-ante Prognose die Möglichkeit einer Tatvollendung bestehen muß. Diese Möglichkeit besteht nach Köhler ebensowenig, wenn der Täter notwendige Bedingungen gültiger Erfahrungssätze verkennt, wie wenn er einem nomologischen Irrtum unterliegt oder gar abergläubische Handlungen vornimmt. Köhler faßt dies wiederum in einem Lehrsatz zusammen: „Der Entschluß des Täters muß in bezug auf handelndes Subjekt, betroffenes Objekt und erfahrungsgesetzliche Mitteltätigkeit objektiv die tatbestandlich verbotene Verletzung des Rechtsverhältnisses enthalten.“208 3. Konsequent lehnt Köhler209 die Regelung des § 23 III StGB ab. Sie sei begrifflich inkonsequent und widerspreche der Unterscheidung zwischen Tatbestand und Rechtswidrigkeit, Vorsatz- und Unrechtswillen sowie Tatbestands- und Verbotsirrtum. Daß der untaugliche Versuch nicht strafbar sein könne, widerspreche 203 204 205 206 207 208 209

Hierzu und zum Folgenden Köhler, AT, S. 458. Ders., Die Metaphysik der Sitten, S. 230. Ders., S. 17 ff., 41 ff., 55 f. Köhler, AT, S. 458. Ebenda. Ebenda, S. 455. Vgl. dazu ebenda, S. 462 f.

E. Interpersonale Versuchslehren auf Basis einer Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen 191

zwar dem Gesetz, sei aber – da einem freiheitsgesetzlichen Rechtsverständnis angemessen – sachgemäß. Mit entschiedener Ablehnung tritt Köhler210 auch der Regelung des § 23 II StGB gegenüber. Da die versuchte Tat stets eine so wesentliche Differenz im Grade des Unrechts zur vollendeten Tat aufweise, wäre nur eine obligatorische Milderung der Versuchsstrafe richtig. 4. Köhlers Versuchslehre ist – darauf weist er selber hin – de lege lata unvertretbar. Das geltende Recht spielt für seine freiheitliche Rechtslehre ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. In seiner grundsätzlichen Ablehnung der Strafwürdigkeit des untauglichen Versuchs unterscheidet sich Köhler von Zaczyk, der – obwohl ebenso freiheitsgesetzlichem Rechtsdenken verpflichtet – die Strafwürdigkeit untauglichen Versuchens differenziert betrachtet.211

III. Die Versuchslehre Zaczyks 1. Generelle Bestimmung des Versuchsunrechts a) Aus der Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen deduziert Zaczyk zunächst seinen Begriff des vollendeten Unrechts: „Vollendetes Unrecht gegenüber Rechtsgütern des Einzelnen oder der Gesellschaft ist die von einem Rechtssubjekt vorgenommene Vernichtung konkreter Freiheit (bei gleicher Ausdehnung seiner eigenen Freiheitsspähre), deren Erhalt von der Rechtsgemeinschaft (dem Staat) gesetzlich garantiert ist und auf deren Bestand die Beteiligten daher vertrauen. Die Vollendung zeigt sich an der realisierten Überordnung des Täters über den oder die Anderen.“212 Der Gesetzgeber transformiere dieses materielle Unrecht in den Unrechtstatbestand.213 b) Die versuchte Tat besitzt nach Zaczyk deshalb rechtliche Bedeutung, „weil bei ihm ein Konstituent des positiven rechtlichen Zustands dazu übergeht, den von ihm mitgestalteten rechtlichen Zusammenhang aufzuheben“214. Dieser Übergang sei deshalb so bedeutsam – und hierin sieht Zaczyk eine entscheidende Dimension seiner Versuchslehre –, da zwischen Täter und angegriffenem Rechtsgut bereits vor dem Angriff ein Verhältnis bestanden habe.215 Aus der Konstitutions- folge die Verletzungsmacht. Ebenda, AT, S. 485. Eine Ursache dafür mag in der Gewichtung der Naturrechtslehren Fichtes bzw. Hegels liegen. 212 Zaczyk, Das Unrecht, S. 203. 213 Ebenda, S. 226 ff. 214 Ebenda, S. 231. 215 Ebenda. 210 211

192

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

c) Entsprechend der Konstitution von Recht und Staat216 bestimmt Zaczyk das Unrecht der versuchten Tat in einer Trias bezüglich der Rechtsgüter:217 * der Person, * der Gesellschaft, * des Staates.

Während sich das Unrecht der versuchten Tat bei den Rechtsgütern der Person unmittelbar aus dem Verhältnis zwischen den beiden Konstituenten des rechtlichen Zusammenhanges bestimmen lasse, bedürfe es in den beiden anderen Fällen erhöhten Begründungaufwandes, da dort der Verletzungswille des Täters einer Mehrheit von Willenssubjekten (Gesellschaft) bzw. eines gegründeten Allgemeinen (Staat) gegenüberstehe. In jedem dieser drei Bereiche trennt Zaczyk wiederum drei Komplexe, auf denen das Mißlingen der Tat beruhen könne:218 * die Tathandlung, * das angegriffene Gegenüber, * das Tatsubjekt.

2. Das Unrecht der versuchten Tat bei Rechtsgütern der Person a) Scheitert der Angriff gegen ein Rechtsgut einer Person, weil die Tathandlung nicht geeignet ist, den tatbestandlichen Erfolg zu zeitigen, setzt Zaczyk in seinen Überlegungen wiederum bei der Konstitution des entsprechenden Rechtsguts an.219 Seine Überlegung geht dahin, daß solcherlei Willensbetätigung des Täters nichts anderes sei als das Gegenteil der Rechtsgutskonstitution: Während bei der Konstitution die Freiheit des anderen noch mit einbezogen gewesen sei, werde diese Freiheit mit dem intendierten Übergang zum Verletzen ausgeschaltet, zur Sphäre des Täters erklärt. Konsequenz dessen sei es, daß die Qualität der Unrechtshandlung nicht in ihrer kausalen Geeignetheit liege, die Rechtsgutsverletzung zu verwirklichen, sondern in dem ihr immanenten Bruch des Anerkennungsverhältnisses. Dies hat zur Folge, daß nach Zaczyk jede Unzulänglichkeit der Tathandlung dadurch ausgeglichen werden kann, daß sich der Konstituent des Rechtsguts negativ als Verletzungsmächtiger betätigt; oder prägnant formuliert: Mag die Handlung noch so untauglich im herkömmlichen Sinne sein, eine versuchte Tat liegt vor, soweit nicht der Bereich abergläubischen Verhaltens erreicht wird; da das Rechtsverhältnis nicht durch übersinnlich Kräfte konstituiert werden könne, sei der Einsatz derartiger Kräfte auch nicht in der Lage, das Anerkennungsverhältnis zu verlet216 217 218 219

Davon bereits oben in diesem Kap. unter E. I. 3. Vgl. hierzu und zum Folgenden ebenda, S. 232 ff.; sowie NK / Zaczyk, § 22 Rn. 44 ff. Zaczyk, Das Unrecht, S. 242. Dazu und zum Folgenden ebenda, S. 243 ff.; sowie NK / Zaczyk, § 22 Rn. 49.

E. Interpersonale Versuchslehren auf Basis einer Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen 193

zen.220 Um im Grenzbereich des grob unverständigen Versuchens die Tür zur Straflosigkeit offenzuhalten, sieht Zaczyk – ganz im Gegensatz zu Köhler – in der Regelung des § 23 III StGB die „sinnvolle Einschränkung eines Prinzips durch das Urteil eines besonnenen Dritten“221. b) Prinzipiell anders entscheidet Zaczyk die Fälle, in denen daß Mißlingen der Tat auf Mängeln des Tatobjektes beruht.222 Da die Konstitution des Rechtsverhältnisses stets wechselseitig erfolge, d. h. auch durch das verantwortliche Handeln des anderen, müsse das Tatobjekt grundsätzlich existent sein, damit von einer versuchten Tat gesprochen werden könne. „Das Anerkennungsverhältnis muß bestehen, um verletzt werden zu können.“223 Dies heißt nichts anderes, als daß etwa der Schuß auf einen Toten nach Zaczyks Überzeugung ebensowenig ein versuchter Totschlag ist, wie der Schuß auf einen Baumstamm in der Überzeugung, es handele sich um einen Menschen. Anders will Zaczyk jedoch die Fälle des Schusses auf ein leeres Bett – in der Vorstellung, es liege ein Menschen darin – oder des Griffes eines Taschendiebes in eine leere Tasche beurteilen.224 In derartigen Konstellationen soll es unerheblich sein, ob sich das Opfer an jenem Ort befindet oder etwas bei sich führt. Zum Anerkennungsverhältnis, zum Dasein in Freiheit gehöre gerade auch die Willkür in Wahl des Aufenthalts, in der Entscheidung, welche Sachen wo und wohin mitgenommen werden und dergleichen. Gerade diese Freiheit des Opfers greife der Täter beim Versuch an und breche damit das Anerkennungsverhältnis. Liege der Grund für das Mißlingen der Tat „in einem Umstand, der aus der Selbständigkeit des Opfers als Rechtsperson resultiert“225, sei eine versuchte Tat anzunehmen.226 c) Stets ein Wahndelikt zur Folge haben nach Zaczyk diejenige Konstellationen, in denen Mängel des Tatsubjektes die Tatbestandsverwirklichung hindern.227 Wenn die Konstitution eines Anerkennungsverhältnisses an festgelegte Tätereigenschaften geknüpft ist, könne derjenige, der diese Merkmale in seiner Person nicht aufweise, zur Verletzung der Freiheit des anderen auch nicht übergehen.

Zaczyk, Das Unrecht, S. 251 f. Ebenda, S. 251. 222 Hierzu und zum Folgenden ebenda, S. 253 ff. 223 Ebenda, S. 255. 224 Ebenda, S. 255 f. 225 Ebenda, S. 256. 226 Zu den einzelnen Differenzierungen, zur Kritik Zaczyks an der Abgrenzung von Versuch und Wahndelikt sowie am Umkehrprinzip kann insoweit nur auf dens., ebenda, S. 257 ff., verwiesen werden. 227 Ebenda, S. 270. 220 221

13 Maier

194

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

3. Das Unrecht der versuchten Tat bei Rechtsgütern der Gesellschaft a) Schlägt der Angriff gegen ein Rechtsgut der Gesellschaft wegen eines Mangels der Tathandlung fehl, gleicht Zaczyk die Unzulänglichkeit der Tathandlung – wie bei einer Tat gegen ein Rechtsgut der Person – grundsätzlich durch die Tätervorstellung aus.228 In einigen Fällen jedoch sollen ungeeignete Tathandlungen nicht als versuchte Taten gewertet werden, namentlich dann nicht, wenn eine Verletzung konkreter Freiheit nicht vorliegt. Diesbezüglich entscheidend sind nach Zaczyk in jedem Fall das jeweilige Rechtsgut, die Tathandlung und das äußere Erscheinungsbild der Tat:229 Weise die Tathandlung gegenüber dem von Tatbestand und Rechtsgut gefordertem Tatbild derartige Mängel auf, daß sie lediglich wegen der Tätervorstellung kriminelle Züge trage, so könne keine versuchte Tat angenommen werden. So begründet Zaczyk etwa die Annahme eines Wahndeliktes im sogenannten ,Bezugskarten-Fall‘230 damit, daß das Gebrauchen einer ,Urkunde‘, die weder ihren Aussteller erkennen lasse, noch zum Beweis geeignet und bestimmt sei, den tatbestandlichen Bereich des § 267 StGB so weit verfehle und nicht einmal als versuchte Tat gewertet werden dürfe.231 b) Was die Mängel des Tatobjektes anbetrifft, so will Zaczyk bei einem Angriff von Rechtsgütern der Gesellschaft nach dem gleichen Muster verfahren wie bei einer mißlungenen Tat gegen Rechtsgüter der Person.232 c) Auch die Problematik des untauglichen Täters entscheidet Zaczyk beim Mißlingen einer Tat gegen Rechtsgüter der Gesellschaft wie bei einer Tat gegen Rechtsgüter der Person.233 Erwarte die Gemeinschaft vom Einzelnen nicht, daß er das entsprechende Rechtsgut mitkonstituiere, so könne dieser auch nicht versuchen, jenes Rechtsgut zu verletzen.

4. Das Unrecht der versuchten Tat bei Rechtsgütern des Staates a) Aufgrund der besonderen Konstitutionsmodalitäten von Rechtsgütern des Staates schränkt Zaczyk den Bereich der versuchten Tat hier weiter ein als bei den vorangegangenen Bereichen.234 Rechtsgütern des Staates stehe der Einzelne nicht Ebenda, S. 271 ff. Dazu und zum Folgenden ebenda, S. 275 ff. 230 BGHSt. 13, 235 (235 ff.). Vgl. hierzu bereits im 1. Kap. unter F. III. 2. b). 231 Vgl. zu diesem Beispiel und den weiteren von Zaczyk exemplifizierten Fällen dens., ebenda. S. 275 ff. 232 Dazu ebenda, S. 279 ff., insbesondere S. 281 ff. zu den besonders problemträchtigen Konstellationen. 233 Ebenda, S. 285. 234 Hierzu und zum Folgenden ebenda, S. 285 ff. 228 229

E. Interpersonale Versuchslehren auf Basis einer Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen 195

als wechselseitig Konstituierender gegenüber, „sondern im Verhältnis eines anerkennenden Bewußtseins, das ihre (Rechtsgüter des Staates, Anm. d. Verf.) Notwendigkeit für die Realisation des Allgemeinen für den Einzelnen erhellt“235. b) Beruht das Mißlingen der Tat auf Mängeln der Tathandlung, so will Zaczyk den Bereich der versuchten Tat dann eröffnet sehen, wenn es sich um rein kausale Mängel, d. h. solche im instrumentalen Handlungsvollzug handele.236 Wer etwa beim Fotografieren einer militärischen Einrichtung vergessen habe, den Film einzulegen, sei einer versuchten Tat nach §§ 109 g, 22 StGB schuldig. Anders seien hingegen bereits diejenigen Konstellationen zu beurteilen, in denen der Tatbestand eine zusätzliche Handlungsbestimmung vorsehe.237 Für eine versuchte Tat müßten dann äußere Kriterien hinzukommen, die es ermöglichten, die Handlung als eine ernstzunehmende zu werten. Zur Illustration führt Zaczyk238 u. a. § 109 d StGB an: Hält ein Täter eine wahre Behauptung für falsch, oder ist diese Behauptung völlig ungeeignet, das Handeln der Bundeswehr zu stören, liege keine versuchte Tat vor, da jenes Handeln in ernstzunehmender Weise angegriffen werden müsse. Der Täterwille als solcher sei vollkommen ohnmächtig und daher als Wahndelikt zu werten. Wegen ihrer größeren Nähe zur Konstituierung der Rechtsgüter des Staates nehmen Amtsträger nach Zaczyks Konzeption in diesem Bereich eine Sonderstellung ein:239 Eine versuchte Tat sei bei einem Amtsträger bereits dann anzunehmen, wenn die konkrete Situation der Tat eine Beziehung zum angegriffenen Rechtsgut aufweise und sich deshalb auf jene Tatsituation ein Vertrauen in das redliche Handeln des Amtsträgers gründe. So soll etwa eine versuchte Rechtsbeugung begehen, wer meine, einer Partei zu Unrecht die Beweislast aufzuerlegen und dies in Unkenntnis einer Gesetzesänderung tue, die gerade jene Beweislastumkehr vorsehe. c) Am schneidigsten wirkt sich Zaczyks Konstitution der Rechtsgüter des Staates bei Taten gegen diese aus, welche deshalb mißlingen, weil der Täter einer irrigen Vorstellung über sein Tatobjekt unterliegt. Da der Täter bei Delikten gegen den Staat Rechtsgüter angreife, die ihre Konstitution nicht unmittelbar durch sein praktisches Handeln erführen, könne ein „singuläres Verletzungsbewußtsein“240 das objektive Vorliegen des Tatobjektes nicht ersetzen. Eine irrige Tätervorstellung könne hier generell keine versuchte Tat begründen. Anders – und zwar analog den Mängeln der Tathandlung bei Angriffen gegen Rechtsgüter des Staates durch Amtsträger – seien indes Taten durch diesen Personenkreis zu beurteilen.241 235 236 237 238 239 240

13*

Ebenda, S. 286. Ebenda, S. 287. Ebenda, S. 287 ff. Ebenda, S. 290. Ebenda, S. 290 f. Ebenda, S. 291.

196

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

d) Bei einem Angriff gegen Rechtsgüter des Staates durch einen untauglichen Täter hält Zaczyk – aus denselben Gründen wie bei den Rechtsgütern der Person und der Gesellschaft – eine versuchte Tat für ausgeschlossen.242

IV. Würdigung 1. Mit seiner Versuchslehre hat Zaczyk in dreierlei Hinsicht Großes geleistet: Erstens ist es ihm gelungen, sich vollständig von den unhaltbaren und zum Teil nicht einmal reflektierten Dogmen der subjektiven Versuchslehre und ihrem Epigonen Eindruckstheorie zu lösen. Dies ist – zweitens – um so höher zu schätzen, als Zaczyk seine Lehre vom Unrecht der versuchten Tat dennoch de lege lata expliziert hat und der Wissenschaft den oft wenig geistreichen Ruf nach dem Gesetzgeber erspart. Hierdurch unterscheidet sich Zaczyk von jenen Kritikern der herrschenden Versuchslehre, die einen Ausweg nur in einer Wiederbelebung objektiver Versuchslehren zu sehen vermögen. Drittens und letztens verdeutlicht Zaczyk, was eine Versuchslehre nicht leisten kann: Eine allgemeingültige Formel zu offerieren, mit der sämtliche Konstellationen der versuchten Tat zu erfassen wären. Zaczyk hat exemplifiziert, daß unterschiedliche Deliktstypen einer differenzierten Betrachtung dahingehend zugänglich sind,243 unter welchen Umständen der Versuch der jeweiligen Tat als Unrecht zu werten ist und wann nicht.244 2. Indes deduziert Zaczyk – wie auch Köhler245 – seine Versuchslehre stringent aus den Gedankengebäuden idealistischen Philosophierens. Augenfällig stehen sich daher das Rechtsverständnis einer freiheitsgesetzlichen Lehre und der Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik antagonistisch gegenüber. Lediglich in bezug auf die Erfassung des Unrechts der versuchten Tat ist ihnen gemeinsam, daß sie – im Unterschied zum diffusen Verständnis von Recht in der subjektiven Versuchslehre – das Versuchsunrecht differenziert betrachten. Warum in der vorliegenden Abhandlung der Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik verfochten wird, wurde hinreichend dargetan.246 Nur kurz sei daher an die zentralen Punkte der Kritik am herrschenden Rechtsverständnis erinnert: Die Ebenda, S. 295 ff. Ebenda, S. 298. 243 Gleichwohl fällt auf, daß Zaczyk an eine – in mannigfacher Weise mögliche – Klassifikation der Rechtsgüter anknüpft und nicht etwa an die Beschreibungsaufgabe des Gesetzgebers. 244 Freilich wird unten in diesem Kap. unter F. gezeigt werden, daß bereits die dualistische Versuchslehre dieses Prinzip der Differenzierung begründete und praktiziert. 245 Köhlers Versuchslehre selbst ist – wie oben in diesem Kap. unter E. II. 4. angemerkt – de lege lata unvertretbar. Dementsprechend ist sie im Hinblick auf die hier auferlegte Selbstrestriktion nicht weiter zu analysieren. Sehr deutliche, zutreffende Worte zu Köhlers Versuchslehre findet etwa Herzberg, GA 2001, 257 (258 f.). 246 Im 3. Kap. unter B. und C. 241 242

E. Interpersonale Versuchslehren auf Basis einer Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen 197

Lehre von den Verhaltensnormen beruht auf der Metamorphose der Deliktstatbestände des StGB in Bestimmungsnormen. Damit werden die intersubjektiv vermittelbaren Normen des Gesetzgebers in das Prokrustesbett eines pflichtenethischen Moralbegriffes gepreßt und zu metarechtlichen Konstrukten erhöht. Fingiert wird dabei, die Normen des Gesetzgebers würden als solche den einzelnen Bürger erreichen und unmittelbar dessen Motivation steuern. Dieses anachronistische Rechtsverständnis erfährt in der Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen keine Kritik. Die angeblich den Einzelnen verpflichtende Kraft der Strafgesetze wird sogar mittels des kategorischen Imperativs247 zu einem Anerkennungsverhältnis erhöht. Innerhalb des letzteren nimmt der Einzelne eine Rolle ein, die ihm als Konstituenten des Rechtsverhältnisses eine phantastische Leistung abfordert: Er erblickt in freier Selbstverantwortung im anderen ein anderes Ich und erkennt, daß er sich durch einen Angriff auf die Freiheit des anderen zu sich selbst in Widerspruch setzen würde, weshalb ihm die Pflicht obliegt, jene Freiheitssphäre zu wahren. Nun ist es dem modernen (Straf-)Recht indes vollkommen gleichgültig, warum der Einzelne nicht in Konflikt mit dem Handeln des Rechtsstabs kommen und die in den Deliktstatbeständen des Besonderen Teils des StGB festgesetzten Preise bestimmter Handlungen nicht zahlen will. Er kann dies aus Lust, purer Angst, vollkommener Gleichgültigkeit oder auch aus Pflichtgefühl tun.248 Das eben ist der Er247 Diese Abhandlung bietet leider keinen Raum für eine fundierte Kritik an Kants kategorischem Imperativ. Daß letzterer als ethisches Prinzip vollkommen ungeeignet ist, hat John Stuart Mill, Utilitarianism, dargelegt. Er schrieb über Kant, ebenda, p. 207: „This remarkable man . . . does . . . lay down a universal first principle as the origin and ground of moral obligation . . . But when he begins to deduce from this precept any of the actual duties of morality, he fails, almost grotesquely, to show that there would be any contradiction, any logical (not to say physical) impossibility, in the adoption by all rational beings of the most outrageously immoral rules of conduct. All he shows is that the consequences of their universal adoption would be such as no one would choose to incur.“ Weiter, ebenda, p. 249, heißt es: „When Kant . . . propounds as the fundamental principle of morals, „So act, that thy rule of conduct might be adopted as a law by all rational beings“, he virtually acknowledges that the interest of mankind collectively, or at least of mankind indiscriminately, must be in the mind of the agent when conscientiously deciding on the morality of the act. Otherwise he uses words without a meaning: for, that a rule even of utter selfishness could not possibly be adopted by all rational beings – that there is any insuperable obstacle in the nature of things to its adoption – cannot be even plausibly maintained. To give any meaning to Kant’s principle, the sense put upon it must be, that we ought to shape our conduct by a rule which all rational beings might adopt with benefit to their collective interest.“ (Hervorhebung vom Verfasser) Mill zeigt auf, daß Kants Imperativ nur in der letzteren Variante sinnvoll ist. Dann jedoch müßte einem so verstandenen Prinzip ein regel-utilitaristischer, materialer Wertbegriff zugrunde gelegt werden, was indes Kants gesamten Ansatz gründlich widerspricht. Kants kategorischer Imperativ ist also entweder nichtssagend, oder er führt sich selbst ad absurdum. Zur unkritischen Anwendung Kantischer Ethik Hoerster, Ethik, S. 11 ff. 248 In eine ähnliche Richtung geht die Kritik Klaus Günthers, S. 141 (141 ff.), an der Rechtslehre Zaczyks. Er schreibt, ebenda, S. 142: „Ich darf eine Norm befolgen, weil ich Angst vor der Strafe habe, weil es gerade opportun ist, weil ich mich daran gewöhnt habe oder einfach nur, weil ich gerade die Laune habe.“ Freilich legt Günther seinem Begriff der Normbefolgung die Lehre von den Verhaltensnormen zugrunde.

198

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

trag der Trennung von Legalität und Moralität im modernen Gemeinwesen, der sich auch durch die Anwendung idealistischer Prinzipien auf das positive Recht nicht schmälern läßt. 3. Stratenwerth hat die Frage aufgeworfen, „ob sich eine kantische Konzeption des Rechts, zwei Jahrhunderte nach dem Erscheinen der „Metaphysik der Sitten“, noch mit jener Ausschließlichkeit vertreten läßt, die sie in der Gegnerschaft zum aufgeklärten Absolutismus behaupten mußte“.249 Stratenwerth tat dies mit Blick auf die notwendige Strafbewehrung des Rechtsguts Umwelt und die massiven Einwände, die seitens der freiheitsgesetzlichen Rechtslehre hierzu vorgebracht werden.250 Einmal mehr wird dabei deutlich, daß die idealistische Rechtsbegründung in der Ideenwelt des 18. und 19. Jahrhunderts gefangen ist.251 Seit Kants Rechtslehre aber hat sich nicht nur die Philosophie weiterentwickelt. Über einem nahezu kultischen Verhältnis zum Freiheitsbegriff wird übersehen, daß das Strafrecht heute einer anderen Lebenswelt zu dienen hat.252 Neben der genannten Zerstörung elementarer Lebensbedingungen ist vor allem die strafrechtliche Haftung von Kollektiven eine der Herausforderungen, die das postmoderne Strafrecht zu meistern hat.253 Ihren Beitrag dazu hat auch die deutsche Rechtsphilosophie zu leisten, indem sie den Anschluß an den aktuellen Stand des internationalen philosophischen Diskurses sucht.

249 Stratenwerth, FS Wolff, S. 495 (495). Vgl. in diesem Kontext auch Schmidhäuser, FS Wolff, S. 443 (450 ff.). 250 So erklärte etwa Köhler auf der Strafrechtslehrertagung 1993, bei Vitt, ZStW 105 (1993), 803 (806), in seiner Reaktion auf den Vortrag von Stratenwerth, abgedruckt in ZStW 105 (1993), 679 (679 ff.), Rechtsgutsbegründung dürfe nicht unvermittelt auf objektive Funktionszusammenhänge bezogen werden. „In kantischer Perspektive sei vielmehr von einem Vernunfts- und Freiheitsbegriff auszugehen, der auch universalmenschliche Daseinsbedingungen, etwa Umweltgüter, einzubeziehen vermöge. Nur ausgehend vom Freiheitsbegriff seien überindividuelle Rechtsgüter anzuerkennen.“ (Hervorhebung vom Verfasser) 251 Alwart, Zurechnen und Verurteilen, S. 11 f., bringt dies auf den Punkt: „Der Glaube an eine reine praktische Vernunft oder daran, daß von Seiten des Staates ausgeübter Zwang im Wege der Erkenntnis gleichsam zentralistisch steuerbar sei – ein Glaube, den vor allem Verfassungsjuristen und Rechtsphilosophen, Gerichtshöfe und akademische Zirkel zumindest für gewisse Teilbereiche des Rechts pflegen – sollte endgültig ad acta gelegt werden, weil dieser Glaube Fiktion ist und wirklich weiterführende Analysen behindert. Wer einfach darauf vertraut, daß seine Metaphysik des Rechts schon begründbar sein werde, der unterzieht sich kaum der Mühe, die Strafrechtsnorm in den heterogenen kulturellen Gesamthorizont von Individuum und Gesellschaft einzubinden, der überall der Interpretation bedarf.“ Ein Beispiel für den von Alwart erwähnten Erkenntnisglauben verfassungsrechtlicher Provenienz sind etwa die Ausführungen von Scholz / Uhle, NJW 2001, 393 (396 ff.). 252 Vgl. in diesem Kontext auch die trefflichen Ausführungen Stratenwerths, FS Maihofer, S. 571 (572 ff.); dess., FS Arthur Kaufmann, S. 353 (357 ff.); sowie dess.; ZStW 105 (1993), 679 (687 ff.). 253 Siehe hierzu näher Alwart, Establishing, S. 143 (146 ff.); dens., Über „Unternehmensstrafrecht“, S. 1; dens., Unternehmensethik durch Sanktion?, S. 75 (75 ff.); sowie dens., Zurechnen und Verurteilen, S. 11 ff.

F. Die dualistische Versuchslehre

199

4. Worum es in der Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen und damit in den interpersonalen Versuchslehren geht, verdeutlicht Zaczyk selbst, wenn er schreibt: „Das Rechtsverhältnis ist ein das freie Dasein . . . des Einzelnen fundamental bestimmendes Verhältnis und nicht etwa erst . . . durch Normen gestiftet . . . .“254 Wird das Rechtsverhältnis nicht durch Normen geschaffen, dann kann es nur auf einem beruhen: Auf Naturrecht und damit auf Metaphysik. Es verwundert immer wieder, mit welch unglaublicher Verve Schüler der Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen eben diese der Dogmatik der versuchten Tat unterschieben und so ein naturrechtliches Versuchsverständnis propagieren.255

F. Die dualistische Versuchslehre Die dualistische Versuchslehre wurde von Schmidhäuser256 begründet und durch Alwart257 weiter ausgebaut.258 Sie basiert auf Schmidhäusers dualistischer Unrechtsbegründung und deren Distinktion von Gefährdungs- und Zielunwert. Demgemäß unterscheidet die dualistische Versuchslehre zwischen dem Gefährdungsund dem Zielversuch.

I. Die dualistische Unrechtsbegründung 1. Schmidhäusers dualistische Unrechtsbegründung beruht auf der intentionalen Handlungslehre.259 Hiernach ist die Handlung „als gewolltes Tun zugleich tätig gewordener Wille und vom Willen gesteuerte Tätigkeit“260. Innenseite der Handlung ist nach Schmidhäuser der Wille als die Fähigkeit des Menschen, sich Ziele zu setzen und zur Verwirklichung dieser Ziele tätig zu werden. Außenseite der Handlung sei die körperliche Bewegung als Herbeiführung des Geschehens, das der Intention entspreche.

Zaczyk, Das Unrecht, S. 165. Vgl. etwa Anders, GA 2000, 64 (72 ff.); Harzer, StV 1996, 336 (339); Murmann, Versuchsunrecht, S. 5 f.; ders., JuS 1996, 590 (592); sowie Rath, JuS 1998, 1006 (1008 f.). Deutliche Worte hierzu findet MK-StGB / Herzberg, § 22 Rn. 11 f.; sowie ders., GA 2001, 257 (259 f.). 256 Erstmals in ders., Lehrbuch AT1, 15 / 1 ff., später ders., dann Lehrbuch AT2, 15 / 1 ff.; sowie ders., Studienbuch AT, 11 / 16 f. 257 Ders., Strafwürdiges Versuchen, S. 122 ff., 158 ff. 258 Der dualistischen Versuchslehre folgen Uwe Günther, S. 55 ff., S. 236 f.; sowie Langer, Das Sonderverbrechen, S. 493 f. 259 Vgl. hierzu und zum Folgenden Schmidhäuser, Studienbuch AT, 5 / 4 ff. Zur intentionalen Handlungslehre generell Kindhäuser, Intentionale Handlung, S. 32 ff., 153 ff. 260 So Schmidhäuser, Studienbuch AT, 5 / 6. (Hervorhebung im Original) 254 255

200

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

2. Dementsprechend unterscheidet Schmidhäusers Unrechtslehre261 beim Handlungsunwert zwischen dem Gefährdungsunwert und dem Zielunwert. Dieser – als „subjektiv rechtsgutsverletzende Tendenz der Handlung“262 liegt vor, „wenn der Täter mit dem Willensziel handelt, ein Geschehen herbeizuführen, das dem vollen, dem Rechtsgut entgegengesetzten Unwertsachverhalt entspricht“263. Jener – als „objektiv rechtsgutsverletzende Tendenz der Handlung“264 – ist gegeben, „wenn der Täter unter solchen Umständen und in einer solchen Weise handelt, daß sein Tun die Gefahr begründet (oder eine bereits vorhandene Gefahr erhöht), daß der dem Rechtsgut entgegenstehende volle Unwertsachverhalt eintreten werde“.265 Ziel- und Gefährdungsunwert sind dabei jeweils hinreichende Bedingung zur Begründung des Handlungsunwerts und stehen logisch zueinander in einem disjunktiven Verhältnis. 3. a) Schmidhäuser begreift – wie dies auch hier vertreten wird – den Begriff des Rechtsguts als ein ideelles Gut, dessen sozialen Achtungsanspruch der Gesetzgeber strafbewehrt.266 Diesen sozialen Achtungsanspruch verletze der Täter in der Form des Zielunwerts durch sein Tätigwerden mit dem Willen, gerade den tatbestandlich fixierten Unwertsachverhalt zu verwirklichen.267 Alwart268 expliziert dies vom Begriff der Intention her noch genauer: Da die Intention die Richtung des Handelns bestimme, sei sie als bedrohlich zu charakterisieren, wenn sie auf einen Unwertsachverhalt gerichtet sei. Der Zielunwert erfasse daher mit der Intention den „Pfeil des Bösen“269, der die Rechtsgutssphäre des Anderen unabhängig davon beeinträchtige, ob der Täter zur Verwirklichung seiner Intention ein probates Mittel einsetze oder nicht. Mithin sei der Zielunwert wegen der Handlungsintention des Täters und unabhängig von einem Gefahrurteil strafwürdig. b) Zum genaueren Verständnis des Zielunwerts und der Funktion der Handlungsintention ist die Kenntnis der Vorsatzlehre Schmidhäusers entscheidend. Im Rahmen seiner teleologischen Straftatlehre begreift Schmidhäuser die Vorsätzlichkeit der Tat – im Gegensatz zur unrechtsbegründenden Handlungsintention – als Schuldmerkmal.270 Dieses beinhalte die Wertung, daß der Täter den Achtungsanspruch des Rechtsguts bewußt unerlaubt verletzte. Mit diesem (Tat- und) Unrechtsbewußtsein ist Schmidhäusers Vorsatzbegriff lediglich ein kognitives Moment eiVgl. insoweit Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 8 / 28 ff.; ders., Studienbuch AT, 5 / 38 ff.; sowie ders., FS Engisch, S. 433 (433 ff.). Vgl. des weiteren Röttger, S. 244 ff. 262 Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 8 / 30. 263 Schmidhäuser, Studienbuch AT, 5 / 39. 264 Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 8 / 31. 265 Schmidhäuser, Studienbuch AT, 5 / 40. 266 Vgl. etwa Schmidhäuser, ebenda, 5 / 27. 267 Vgl. etwa Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 8 / 30. 268 Ders., Strafwürdiges Versuchen, S. 163 ff. 269 So die Formulierung Alwarts, ebenda, S. 170. 270 Vgl. dazu und zum Folgenden Schmidhäuser, Studienbuch AT, 7 / 36 ff. 261

F. Die dualistische Versuchslehre

201

gen.271 Ein voluntatives Vorsatzmoment lehnt Schmidhäuser als begriffsjuristisches Festgelegtsein ab, da mit einem solchen das Intentionale des menschlichen Handelns, das eben auch zu fahrlässigen Taten gehöre, nicht wirklich erfaßt werde und mit der Rede vom ,Willen zur Tatbestandsverwirklichung‘ der Eindruck erweckt werde, Straftäter würden tatsächlich einen Deliktstatbestand verwirklichen wollen. 4. a) Der soziale Achtungsanspruch wird indes nach Schmidhäuser vom Täter auch dann verletzt, wenn dieser unter solchen Umständen und in solcher Weise tätig wird, daß sein Handeln die Gefahr der Verwirklichung des tatbestandlich fixierten Unwertsachverhaltes begründet oder erhöht.272 Während beim Zielunwert ein Rechtsgut durch die Betätigung des spezifischen Willens beeinträchtigt werde, geschehe dies im Rahmen des Gefährdungsunwerts durch die – entsprechend qualifizierte – Betätigung irgendeines Willens.273 Das Strafwürdigkeitskriterium liege damit beim Gefährdungsunwert darin, daß das Tatobjekt objektiv in die Nähe seiner Verletzung gerückt werde.274 b) Entscheidend für die nähere Charakterisierung des Gefährdungsunwerts ist damit der Begriff der Gefahr. Da der Gefährdungsunwert innerhalb der dualistischen Unrechtslehre eine Kategorie des Handlungsunwerts ist, muß das Gefahrurteil auf den Zeitpunkt der Vornahme der Handlung bezogen und damit die „Prognose eines möglichen Geschehensablaufes“275 sein. Grundlage des Gefahrurteils sollen dabei alle objektiv vorhandenen Faktoren sein, die es wenigstens möglich machen, daß ein Ereignis eintreten werde.

II. Der Gefährdungsversuch Der Gefährdungsversuch beruht auf dem Gefährdungsunwert als Handlungsunwert. Er liegt nach Ansicht der dualistischen Versuchslehre dann vor,276 * wenn der durch den Täter angestoßene Geschehensablauf ohne weiteres Zutun des Täters die nahe Gefahr schafft, daß der dem Rechtsgut entgegenstehende Unwertsachverhalt sich verwirklicht, oder * wenn der Täter in bezug auf diesen Unwertsachverhalt gefährlich handelt.

Das Bewirken des Unwertsachverhaltes selbst müsse dabei nicht Ziel des Täterhandelns sein. Ausreichend sei vielmehr „eine gewisse Nähe zur Realisierung der 271 Zur Kombination eines kognitiven mit einem voluntativen Moment im Vorsatzbegriff der herrschenden Lehre bereits im 1. Kap. unter D. I. 3. a). 272 Vgl. etwa Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, 8 / 31. 273 So die Charakterisierung durch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 174. 274 So wiederum Alwart, ebenda, S. 175. 275 Vgl. dazu und zum Folgenden Schmidhäuser, Studienbuch AT2, 5 / 42. 276 Vgl. etwa Schmidhäuser, ebenda, 11 / 28.

202

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

Gefahr“277. Der dabei implizierte Gefahrbegriff wurde bereits erläutert.278 Ein ,untauglicher Gefährdungsversuch‘ ist bereits begrifflich ausgeschlossen. III. Der Zielversuch 1. Grundsätzliches Einen Zielversuch nimmt die dualistische Versuchslehre an, wenn ein Täter mit der Intention tätig wird, den dem Rechtsgut entgegenstehenden Unwertsachverhalt zu verwirklichen und dabei in eine zielnahe Phase eingetreten ist.279 Zentrum der Unrechtsbegründung ist mithin die Intention, jenen Unwertsachverhalt zu verwirklichen. Daraus darf indes nicht der Schluß gezogen werden, der Zielunwert sei mit dem rechtsfeindlichen Willen der subjektiven Versuchslehre zu identifizieren. Dies wäre nicht nur deshalb fatal, weil es beim Zielunwert eben nicht um die Auflehnung gegen die Norm geht. Entscheidend ist, daß es der dualistischen Versuchslehre gelungen ist, sich mit dem Zielversuch von dem Dogma v. Buris zu befreien, bei der versuchten Tat sei das objektive Vorliegen eines jeden Tatbestandsmerkmals bedeutungslos.280 Gelungen ist dies durch die Unterscheidung von Intentionsobjekt und Tatsituation.281 Intentionsobjekt ist das, „was als Handlung gewollt wird“282. Zur Tatsituation gehören alle diejenigen Merkmale des objektiven Deliktstatbestandes, die in der Regel nicht Intentionsobjekt sind.283 Sie müssen objektiv vorliegen. Für die dualistische Versuchslehre besitzt das objektive Vorliegen einer Tatsituation beim Zielversuch eine selbständige Bedeutung für die Begründung des Tatunrechts; die Kategorie der Tatsituation entfaltet eine strafbarkeitsbegrenzende Funktion. 2. Intentionsobjekt und Tatsituation a) Die Unterscheidung zwischen Intentionsobjekt und Tatsituation soll an einem Beispiel erläutert werden, das bereits zur Analyse der sog. Vorfeldirrtümer herangezogen wurde:284 So Schmidhäuser, ebenda. Soeben unter F. I. 4. b). 279 Vgl. etwa Schmidhäuser, ebenda, 11 / 36. 280 Vgl. v. Buri, Abhandlungen, S. 54; sowie im 2. Kap. unter B. 1. 281 Dazu grundlegend Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 185 ff.; Schmidhäuser, Studienbuch AT, 11 / 39 ff. 282 So Alwart, ebenda, S. 185. 283 Vgl. etwa Schmidhäuser, Studienbuch AT, 11 / 40. 284 Dazu im 1. Kap. unter F. III. 4., wo auch gezeigt wurde, welches Chaos innerhalb der Eindruckstheorie bei der Lösung der diesbezüglichen Fallkonstellationen herrscht. Ein ent277 278

F. Die dualistische Versuchslehre

203

Ein Unfallzeuge wird durch Polizeibeamte vernommen und macht falsche Angaben. Die Beamten zweifeln die Aussagen des Zeugen an und ,vereidigen‘ diesen nach § 66 c StPO. Bei der Eidesleistung geht der Zeuge davon aus, Polizeibeamte seien zur Abnahme von Eiden befugt.

Worauf ist die Intention des Zeugen hier gerichtet? Er hat – aus welchen Gründen auch immer – falsche Angaben zum Unfallhergang gemacht und will diese nun durch die Eidesleistung bekräftigen. Seine Intention richtet sich mithin darauf, falsch zu schwören i. S. des § 154 I StGB. Dabei stellt sich der Zeuge vor, er stehe „vor einer . . . zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ i. S. des § 154 I StGB. Der Gesetzgeber hat in § 154 StGB die Intention falsch zu schwören dann mit Strafe belegt, wenn sie vor einer der dort genannten Institutionen betätigt wird. Ein strafwürdiger Zielversuch und damit ein versuchter Meineid ist in dieser Konsequenz nur dann anzunehmen, wenn die Intention falsch zu schwören auch objektiv vor einer der in § 154 I StGB genannten Stelle betätigt wird. Die durch die Tatbestandsmerkmale „vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ konstituierte Tatsituation des § 154 I StGB ist nicht durch die Vorstellung des Täters ersetzbar. Im Ausgangsfall ist daher nach dualistischer Konzeption eine versuchte Tat nicht anzunehmen.285 b) Es gibt Delikte, bei denen alle Deliktstatbestandsmerkmale Bestandteil der Intention sein müssen, damit ein Zielunwert angenommen werden kann. Prototyp ist der Totschlag gemäß § 212 I StGB: Die Intention, auf die sich der Zielunwert stützt, ist hier nicht etwa ,töten wollen‘, mit der Folge, daß das Tatbestandsmerkmal ,Mensch‘ zur Tatsituation gehören würde und der berühmte Schuß auf eine Leiche oder ein leeres Bett keinen Zielunwert begründen könnte. Dem Tattypus des Totschlages entspricht vielmehr, daß es dem Täter gerade darauf ankommt, einen Menschen zu töten und nicht einfach nur darauf zu töten.286 Intentionsobjekt ist mithin ,einen Menschen töten wollen‘, so daß sämtliche Merkmale des Deliktstatbestandes des § 212 I StGB durch die Tätervorstellung ersetzbar sind. Entsprechendes gilt nach dualistischer Konzeption für die Körperverletzungs-, die Sachbeschädigungs- und die Brandstiftungsdelikte. c) Der Zielunwert ist für jeden Deliktstatbestand gesondert zu bestimmen, indem der spezifische Charakter der jeweiligen Rechtsgutsverletzung ermittelt wird.

3. Exkurs: Die Lehre vom Mangel am Tatbestand a) Betrachtet man die Dogmatik des Zielversuches, so könnte man annehmen, die dualistische Versuchslehre stehe der heute gemeinhin als obsolet angesehesprechendes Beispiel ist bei Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 197; sowie bei Schmidhäuser, Studienbuch AT, 11 / 40, zu finden. 285 Dazu Schmidhäuser, Studienbuch AT, 11 / 40. 286 Vgl. diesbezüglich die eingehende Analyse Alwarts, Strafwürdiges Versuchen, S. 187 ff.

204

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

nen287 Lehre vom Mangel am Tatbestand nahe. Um eine eventuell bestehende Verwandtschaft zu analysieren, sei erläutert, was diese Lehre kennzeichnet. b) Die Lehre vom Mangel am Tatbestand wurde durch Graf zu Dohna288 entfaltet. Ausgangspunkt seiner Überlegungen war die Annahme, der Versuch sei nichts anderes als ein Spezialfall des Irrtums.289 Im Rahmen dieses Irrtums könne sich die Diskrepanz zwischen Tätervorstellung und Wirklichkeit beziehen auf:290 (1) die Wirkung der Handlung, so daß diese einen anderen Erfolg zeitigt, (2) die begleitenden Tatumstände, (3) Beziehung der Handlung zu den Rechtsnormen. In jedem dieser Fälle könne in strafrechtlicher Hinsicht (a) das tatsächliche Geschehen über das Vorgestellte hinausgehen oder (b) hinter diesem zurückbleiben, was zur Folge habe, daß: (1) (a) dem Täter der Tatvorsatz fehle, da er den eingetretenen Taterfolg nicht hervorrufen wollte, (b) der Täter eine versuchte Tat begangen habe; (2) (a) der Täter auch insoweit nicht vorsätzlich handele, da er nicht alle Tatumstände kannte, (b) ein die Straflosigkeit des Verhaltens nach sich ziehender Mangel am Tatbestand vorliege; (3) (a) der Täter eine verbotene Handlung für nicht verboten halte, was das Problem aufwerfe, inwieweit der Irrtum über die Rechtswidrigkeit beachtlich ist, (b) der Täter eine nicht verbotene Handlung für verboten halte und so ein strafloses Wahnverbrechen begehe. c) Zentraler Punkt der Lehre Graf zu Dohnas ist die Konstellation (2) (b): Ein Täter nimmt etwa eine ihm selbst gehörende bewegliche Sache in Zueignungsabsicht und in der irrigen Annahme weg, die Sache gehöre einem anderen.291 Nach Siehe dazu etwa Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem § 22 Rn. 19. Zuerst ders., ZStW 27 (1907), 329 (347); sodann ausführlich ders., FG Güterbock, S. 35 (39 ff.); sowie ders., Versuch, S. 93 (98 ff.); zuletzt ders., Der Aufbau, S. 56 ff. Graf zu Dohna folgten Frank, RStGB, § 43 Anm. I, III; v. Liszt / Schmidt, S. 289 ff.; Meyer / Allfeld, S. 215 ff.; Mezger, Strafrecht3, S. 392 ff.; Rittler, S. 254 ff.; sowie Sauer, S. 66, 109 ff. Zu Graf zu Dohnas Lehre vom Mangel am Tatbestand Escher, S. 152 ff. Zur zeitgenössischen Kritik an der Lehre Graf zu Dohnas etwa Natorp, S. 29 ff.; sowie Schüler, S. 67 ff. 289 Daß eine solche Aussage de lege lata unhaltbar wäre, wurde im 1. Kap. unter D. II. 2. a) dargelegt. 290 Vgl. dazu und zum Folgenden Graf zu Dohna, FG Güterbock, S. 35 (38 ff.). 291 Graf zu Dohna, ebenda, S. 39, illustriert die entsprechende Konstellation am Beispiel eines Täters, der ein Mädchen verführt, das er für noch nicht 16 Jahre alt hält, obwohl dieses in Wirklichkeit älter ist. Dieses Beispiel ist jedoch insofern nur beschränkt zur Exemplifikation geeignet, als der Versuch der Verführung gemäß § 182 StGB a. F. nicht mit Strafe bedroht war. 287 288

F. Die dualistische Versuchslehre

205

Ansicht der subjektiven Versuchslehre liegt hier zweifellos ein versuchter Diebstahl vor, da der Täter Umstände annahm, die im Falle ihres tatsächlichen Vorliegens den objektiven Tatbestand des § 242 StGB erfüllten. Graf zu Dohna dagegen expliziert seine Lehre von den Begriffen des Versuchs und des Vorsatzes her:292 Nach § 43 StGB a. F. war der Versuch die Betätigung eines Entschlusses durch Handlungen, die den Anfang der Tatausführung enthalten. Versuch – so Graf zu Dohna – sei demnach ein Prädikat zum Begriff ,Handlung‘. Unter Handlung werde eine Willensbetätigung verstanden, und diese sei beim Versuch auf die Herbeiführung eines tatbestandsmäßigen Erfolges gerichtet. Für den Vorsatz sei dieser Wille indes nur dann hinreichend, wenn er von der Kenntnis der sonstigen tatbestandsrelevanten Umstände begleitet werde. Diese begleitenden Umstände könne der Täter nur kennen, sie aber nie wollen.293 Was der Täter jedoch nicht wollen könne, könne er ebensowenig auszuführen versuchen. Versuchen könne er nur die Bewirkung des eigentlichen Taterfolges, des tatbestandlichen Schlußstückes. Ein solcher Versuch sei dann strafbar, wenn er vom Vorliegen der sonstigen Tatumstände begleitet werde und der Täter um das Vorliegen der letzteren auch wisse. Auf diese Weise kommt Graf zu Dohna zu folgender Unterscheidung:294 „Mangel am Tatbestand liegt überall da vor, wo es an einem derjenigen Tatbestandserfordernisse fehlt, welche zu der Handlung des Täters nicht in kausaler Beziehung stehen würden.“295 „Versuch liegt vor, wenn der auf Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes gerichtete Vorsatz durch Handlungen betätigt worden ist, die den tatbestandsmäßigen Erfolg nicht gezeitigt haben.“296 Hierzu und zum Folgenden ebenda, S. 46 ff. Auf dieses sachgemäße Vorsatzverständnis wurde auch im Rahmen dieser Abhandlung bereits hingewiesen. Vgl. dazu das 1. Kap. unter D. I. 3. a) dd). 294 Freilich macht Graf zu Dohna sowohl beim Mangel am Tatbestand als auch bei der versuchten Tat eine wesentliche Ausnahme: 1. Aus dem Bereich strafbaren Versuchens scheidet er, ebenda, S. 54 ff., die nomologischen Fehlvorstellungen aus. So formuliert er, ebenda, S. 61: „Der Versuch ist (nur) dann straflos, wenn der Täter einen Erfolg seines Tuns nur deswillen erwarten konnte, weil sein nomologisches Urteil in allgemein erkennbarer Weise falsch war.“ 2. Als versuchte Tat und nicht als Mangel am Tatbestand will er, ebenda, S. 61 ff., die Fälle erfaßt sehen, in denen das anvisierte Tatobjekt am Tatort nicht vorhanden war. Hierzu sieht sich Graf zu Dohna durch den Umstand genötigt, daß jeder Mangel am Objekt einen Mangel am Tatbestand darstellen müßte und bei jedem Mangel am Objekt das tatbestandliche Schlußstück nicht verwirklicht werden kann. Er formuliert, ebenda, S. 66: „Mangel des Objekts ist als ein Fall des Mangels am Tatbestande dann nicht zu behandeln, wenn der Erfolg nicht deshalb ausblieb, weil das Objekt überhaupt nicht existierte. Oder positiv: Mangel am Tatbestand gilt dann als Versuch, wenn der Nichteintritt des Erfolges sich in genügender Weise daraus erklärt, daß das Objekt an der Stelle, gegen die sich der Angriff richtete, nicht vorhanden war.“. 295 Ebenda, S. 49. 296 Ebenda. 292 293

206

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

d) Diese kurze Analyse der Lehre Graf zu Dohnas macht bereits deutlich, was die Lehre vom Mangel am Tatbestand und den Zielversuch der dualistischen Versuchslehre verbindet und was sie trennt:297 Beiden Lehren ist die Begrenzung der Versuchsstrafbarkeit durch eine differenzierte Betrachtung dahingehend eigen, welche Merkmale des objektiven Tatbestandes durch die Tätervorstellung ersetzbar sind. Indes bestimmt die Lehre vom Mangel am Tatbestand diese Grenzen formal durch die Begriffe ,tatbestandsmäßige Ausführungshandlung‘, ,begleitenden Tatumstände‘ und ,tatbestandliches Schlußstück‘. Diese logisch-begrifflichen Mittel führen zu schematischen Ergebnissen, die Graf zu Dohna dann über Ausnahmen korrigiert sehen will,298 um strafwürdige Fälle der versuchten Tat zu erfassen bzw. nicht strafwürdige Konstellationen straffrei zu stellen. Die dualistische Versuchslehre hingegen erkennt, daß das Unrecht der versuchten Tat nicht mit logisch-begrifflichen Mitteln zu bewältigen ist und öffnet sich mit der Lehre vom Zielversuch sowohl der spezifischen Normativität der Thematik als auch der Handlungshermeneutik, d. h. dem Erklären und Verstehen von Handlungen.

IV. Würdigung 1. Die dualistische Versuchslehre wurde und wird heftig kritisiert. Dies geschieht im Ergebnis zu Recht, indes sind die erhobenen Vorwürfe nicht triftig. Als Kern der dualistischen Versuchslehre führt man an, diese wolle nur dann wegen untauglichen Versuchs strafen, wenn der Täter absichtlich handelt.299 Um zu einer solchen Aussage zu kommen, wird die teleologische Straftatsystematik Schmidhäusers ins herrschende Vorsatzverständnis gepreßt: Die Lehre vom intentionalen Versuchen wird ,absichtliches Handeln‘ (als Gegensatz zur bloßen Wissentlichkeit und dem dolus eventualis) genannt und auf die Kategorie ,untauglicher Versuch‘ bezogen, die als solche keine Bedeutung in der dualistischen Versuchslehre hat. Nach einer solchen Sinnentstellung muß es merkwürdig erscheinen, wie ,Dualisten‘ behaupten können, nur bei absichtlichem Handeln sei der untaugliche Versuch strafbar. Ebensowenig legitim ist der Vorwurf, die dualistische Versuchslehre kombiniere objektive und subjektive Versuchslehren und sei deshalb denselben Vorwürfen ausgesetzt, wie diese Lehren.300 Dabei wird die Lehre vom Gefährdungsversuch mit der – am Adäquanzgedanken orientierten – objektiven Versuchslehre gleichgesetzt, und die Lehre vom Zielversuch wird mit der – dem rechtsfeindlichen Willen verSiehe dazu insbesondere Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 197 ff. Vgl. dazu die obigen Erläuterungen in Fn. 294. 299 Vgl. etwa Kühl, AT, § 15 Rn. 25; LK11 / Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 86; Roxin, AT II, § 29 Rn. 51; SK / Rudolphi, Vor § 22 Rn. 13 a. Beispielhaft sind darüber hinaus etwa die Ausführungen Arno Schröders, S. 147 f. 300 So etwa vorgetragen von Jakobs, AT, 25 / 18; sowie von Köhler, AT, S. 455 in Fn. 7. 297 298

G. Schluß

207

fallenen – subjektiven Versuchslehre identifiziert. Ein solches Gleichsetzen bedarf eines großen Maßes oberflächlicher Betrachtung. 2. Jedoch steht und fällt die dualistische Versuchslehre mit der Anerkennung von Schmidhäusers dualistischer Unrechtslehre. Nur wenn man bereit ist, die in den Deliktstatbeständen fixierten Rechtsgutsverletzungen in die Sinnzusammenhänge von Gefährdung und Willensziel einzubetten, können letztere für die Versuchsdogmatik fruchtbar gemacht werden. Doch aus welchem Grunde sollten die Handlungsbeschreibungen des Besonderen Teils auf diese Meta-Ebene gehoben werden? Natürlich ist dies möglich und Schmidhäusers teleologische Straftatlehre beweist, daß es sich auch widerspruchsfrei durchhalten läßt. Indes ist es mit einer alethischen Konzeption wie der hier verfochtenen, ein materielles Modell der Unrechtsbegründung zu entwerfen und dann aus diesem System Grundlagen der Versuchsdogmatik zu deduzieren. 3. Gleichwohl hat die dualistische Versuchslehre mit der Explikation des Begriffes der Tatsituation Hervorragendes geleistet: Für jeden Deliktstatbestand ist in Anbetracht des spezifischen Charakters der dort fixierten Rechtsgutsverletzung einzeln zu entscheiden, welche Tatbestandsmerkmale durch die Tätervorstellung ersetzbar sind. Die dualistische Versuchslehre vollzog damit die Abkehr von dem Unterfangen, das Unrecht der versuchten Tat mit rein logisch-begrifflichen Mitteln auf einen allgemein gültigen Nenner zu bringen. Ihr Weg, sich der spezifischen Normativität des Problems zuzuwenden, wird beispielgebend sein.301

G. Schluß 1. Die Bestrebungen zur Objektivierung des Unrechts der versuchten Tat in der deutschen Strafrechtswissenschaft nach dem Ende der klassischen objektiven Versuchslehren sind analysiert. Die allgemein erlebte Unzufriedenheit mit der subjektiven Versuchslehre läßt sich nicht durch die Eindruckstheorie mildern. Diese ist nicht mehr als der bescheidene Versuch, einen Hauch von Begrenzung in die Bestrafung mißlungener Untaten zu bringen. Deutlich wird dies bei der Abgrenzung der versuchten Tat vom Wahndelikt auf dem Felde der Vorfeldirrtümer. Zur Gänze klar wird das dogmatisch Unhaltbare der Eindruckstheorie durch die Analyse derselben: Die herrschende Versuchslehre baut auf dem der subjektiven Versuchslehre zugrunde liegenden Rechtsverständnis auf. Mit der Widerlegung dieses Verständnisses fällt auch die Eindruckstheorie. 2. Es verwundert wenig, daß angesichts der breiten Mehrheit, die den Status quo als kleinsten gemeinsamen Nenner feiert, die Änderung des StGB und eine Rückbesinnung auf objektive Versuchslehren angemahnt wird. Auf eine rechtspolitische Stellungnahme konnte in dieser Abhandlung verzichtet werden; dies ist Gebot der hier auferlegten Selbstbeschränkung. 301

Insofern sei bereits auf das 5. Kap. unter D. und das 6. Kap. verwiesen.

208

4. Kap.: Bestrebungen zur Objektivierung der deutschen Strafrechtswissenschaft

3. Keinen Ausweg weisen die Versuchslehren von Kratzsch und Jakobs. Kratzschs Lehre von der versuchten Tat als abstraktem Gefährdungsdelikt führt nicht aus dem Dilemma der subjektiven Versuchslehre heraus, sondern baut auf letztere auf, so wie dies die Eindruckstheorie tut. Sie bleibt damit ohne dogmatisches Fundament. Jakobs sieht einen Ausweg in der partiellen Wiederbelebung der Lehre vom Mangel am Tatbestand, aber auch er bleibt mit der Betrachtung der versuchten Tat als expressivem Normbruch dem Dogma verhaftet, das Recht wende sich als solches unmittelbar an den einzelnen Bürger . 4. Ebensowenig konnten die interpersonalen Versuchslehren befriedigen. Sie sind, soweit überhaupt de lege lata vertretbar, mit der Rechtslehre nach Freiheitsgesetzen der idealistischen Philosophie und damit der Metaphysik verhaftet. Wie weit idealistisches Spekulieren und analytische Hermeneutik auseinander liegen, wurde deutlich. 5. Die dualistische Versuchslehre schließlich steht und fällt mit der Anerkennung von Schmidhäusers dualistischer Unrechtslehre. Da letztere nicht akzeptiert werden kann, verhilft auch die dualistische Versuchslehre nicht zur Beantwortung der Frage, wo de lege lata praktikable Grenzen strafbaren Versuchens liegen. 6. Die Analyse der Versuchslehren ist damit abgeschlossen. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen es, nun schrittweise ein Konzept zu entwickeln, mit dem das Unrecht der versuchten Tat bestimmt werden kann.

5. Kapitel

Prolegomena einer deliktsspezifischen Objektivierung des Versuchsunrechts A. Rechtsgüterschutz und die Ratio der Versuchsstrafbarkeit – Der sogenannte Strafgrund der versuchten Tat 1. Das Strafrecht ist dem Rechtsgüterschutz verpflichtet: Um Rechtsgüter vor Beeinträchtigung zu bewahren, normiert der Gesetzgeber in Deliktstatbeständen bestimmte Verhaltensweisen und setzt zugleich einen Preis fest. Diesen hat derjenige zu zahlen, der sich so verhält, wie es in den Deliktstatbeständen beschrieben ist. Getragen wird diese Vorgehensweise im präventiven Kontext von der Erwartung, jene Verhaltensweisen durch das Belegen mit einem Preis unterdrücken zu können, im repressiven Kontext soll für eine begangene Tat mit dem entsprechenden Preis gehaftet werden. 2. Während fahrlässige Taten geprägt sind vom sorgfaltswidrigen Handeln des Täters, liegt einer jeden vorsätzlichen Tat ein Angriff auf ein Rechtsgut zugrunde:1 Der Täter mißachtet bewußt den vom Rechtsgut ausgehenden sozialen, moralischen Geltungsanspruch.2 Ein solcher Angriff auf ein Rechtsgut kennzeichnet die versuchte Tat ebenso wie die vollendete. Genau aus diesem Grund erschiene es uns unerträglich, eine mißlungene Tat nur ob ihres Mißlingens nicht zu ahnden, denn trotz des Scheiterns wird die mit dem Angriff betätigte Intention des Täters von der Gemeinschaft als bedrohlich empfunden. Der soziale Unwert auch einer versuchten Tat liegt im Angriff auf ein Rechtsgut. Hierauf beruht die grundsätzliche Straf-

Dazu bereits im 1. Kap. unter B. I. Den Begriff des Angriffs auf vorsätzliche Delikte zu beziehen, fordert Widerspruch heraus. Das StGB verwendet diesen Begriff in § 32 II StGB sowie in den §§ 102 I, 231, 316 a, 316 c StGB. Während bei den Normen des Besonderen Teils – als Folge von § 15 StGB – nicht in Frage gestellt werden kann, daß zu einem Angriff auch ein Angriffsvorsatz gehört, behauptet die ganz herrschende Meinung, Angriff i. S. des § 32 II StGB sei jede von einem Menschen unmittelbar drohende Verletzung rechtlich geschützter Interessen ohne Rücksicht auf eine Angriffsintention. Vgl. etwa Jescheck / Weigend, § 32 II 1; sowie Schönke / Schröder / Lenckner / Perron, StGB, § 32 Rn. 3. Aber ein Angriff ohne Angriffsintention ist unsinnig, denn der Begriff des Angriffs ist in seiner Bedeutung in der Umgangssprache mit einer intentionalen Komponente belegt. In diesem Sinne auch Hruschka, Strafrecht, S. 141; sowie Hoerster, Abtreibung, S. 28. Einen solchen Begriff – der eben kein terminus technicus ist – kann man nicht einfach etwas anderes heißen lassen. 1 2

14 Maier

210 5. Kap.: Prolegomena einer deliktsspezifischen Objektivierung des Versuchsunrechts

würdigkeit bzw. – um die gängige, synonyme Terminologie zu verwenden – der Strafgrund auch der versuchten Tat.3 3. Infolgedessen belegt der Gesetzgeber vielfach auch diejenigen Taten mit einem Preis, die mißlungen sind.4 Aus präventiver Sicht ist dies nicht notwendig, es sei denn man stellt auf die Gefahr ab, der glücklose Täter werde es bei nächster Gelegenheit wieder versuchen.5 Im repressiven Kontext indes soll auch der derjenige, dem seine Tat mißlang, den Preis seines Handelns erfahren.

B. Der Begriff des Unrechts der versuchten Tat Vom sozialen Unwert und der Strafwürdigkeit versuchter Taten ist das Unrecht der versuchten Tat strikt zu unterscheiden. Während ersteres eine materielle, rechtsethische Kategorie darstellt, ist der Begriff des Unrechts eine rein formelle Kategorie, die unter dem Aspekt der Abkürzung die rechtswidrige Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestandes bezeichnet.6 Vom Unrecht der versuchten Tat zu sprechen, heißt mithin, die Bedingungen zu erklären, unter denen der objektive und der subjektive Tatbestand eines Versuchsdeliktes rechtswidrig erfüllt sind.7 Da die Rechtfertigung einer versuchten Tat im Verhältnis zum Vollendungsdelikt keine gesonderten Fragen aufweist,8 ist das Versuchsunrecht ein Problem der Tatbestandsverwirklichung.

C. Rechtsbegriff und Versuchsdelikt 1. Recht ist der Inbegriff derjenigen Normen, aus denen der Rechtsstab das Ob und Wie seines Handelns deduziert. Aus den Deliktstatbeständen des Besonderen Teils des StGB kann diese Deduktion relativ einfach erfolgen: Dort ist in der Form von hypothetischen Imperativen beschrieben, wegen welchen Verhaltens der Rechtsstab strafen soll. Jedoch beschränkt sich der Gesetzgeber darauf, nur das täZum Terminus ,Strafgrund der versuchten Tat‘ bereits im 1. Kap. unter B. Vgl. zur Ratio und Kritik der gesetzgeberischen Entscheidung in § 23 I StGB Meinecke, S. 25 ff., 171 ff. 5 Zu solchen sicherheitspolizeilichen Argumenten wurde bereits im Rahmen der sogenannten Tätertheorie im 2. Kap. unter B. 4. sowie im 4. Kap. unter C. 6. Stellung genommen. 6 Zur Ablehnung materieller Unrechtsauffassungen bereits im 1. Kap. unter E. II. 3. 7 Wie die herrschende Lehre den Begriff des Unrechts neben der ,vertikalen‘ Strukturierung in Tatbestandsverwirklichung und Rechtswidrigkeit ,horizontal‘ in Handlungs- und Erfolgsunwert gliedert, wurde im 1. Kap. unter E. gezeigt. 8 In diesem Sinne auch Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 22 Rn. 59. Herzberg, FS Stree / Wessels, S. 203 (203 ff., 220 ff.), weist zu Recht auf die Problematik des Erlaubnistatumstandsirrtums bei einer versuchten Tat hin. Freilich ist dies ein Thema der Irrtums- und nicht der Versuchslehre. 3 4

C. Rechtsbegriff und Versuchsdelikt

211

terschaftlich begangene Vollendungsdelikt festzuhalten. Im Allgemeinen Teil des StGB schafft er zusätzlich zwei Strafausdehnungsgründe, um strafwürdige Verhaltensweisen außerhalb der Verwirklichung des Deliktstatbestandes zu erfassen: Die Teilnahme- und die Versuchsstrafbarkeit. Damit wird neben dem ,Teilnahmedelikt‘ die Sonderform ,Versuchsdelikt‘ etabliert: Der Rechtsstab wird angewiesen, auch wegen einer versuchten Tat zu strafen. 2. Die Bestrafung der versuchten Tat hat fünf Regeln zu folgen:9 (1) Wegen eines versuchten Verbrechens ist stets zu strafen, wegen eines versuchten Vergehens nur dann, wenn dies im Deliktstatbestand des entsprechenden Vergehens gesondert angeordnet wird (§ 23 I StGB). (2) Versuchsdelikte können milder bestraft werden als Vollendungsdelikte (§ 23 II, III StGB). (3) Grundsätzlich soll auch wegen derjenigen versuchten Tat gestraft werden, deren Vollendung von vornherein unmöglich war (e contrario § 23 III StGB). (4) Wegen einer versuchter Tat soll erst dann gestraft werden, wenn der Täter zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). (5) Die Vorstellung des Täters von seiner Tat soll dabei entscheidend sein (§ 22 StGB). 3. Aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung, daß auch für versuchte Taten ein Preis zu zahlen ist, steht der Rechtsstab vor dem Problem, wegen welcher Versuchsdelikte gestraft werden sollte. Dies ist strukturell die gleiche Entscheidung, wie sie der Gesetzgeber in den Deliktstatbeständen getroffen hat. Auch letzteren entbindet der Entschluß, daß bestimmte Rechtsgüter strafbewehrt sein sollen, nicht von der Diskussion darüber, welche Angriffsmodalitäten im jeweiligen Deliktstatbestand zu fixieren sind.10 4. Dem Tatstrafrecht ist immanent, daß nur einer Tat wegen gestraft wird. Unter Straftat wird allgemein eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und zur Schuld zuzurechnende Vornahme oder Unterlassung einer Handlung verstanden. Auch ein Versuchsdelikt bedarf mithin eines Tatbestandes.11 Der Gesetzgeber hat es – durch den Herausgearbeitet wurde diese Regeln bereits im 1. Kap. unter C. Aus demselben Grund läßt sich gegen das hier entwickelte Modell nicht einwenden, auch nach einer subjektiven Versuchslehre ließe sich als Strafgrund der versuchten Tat der Angriff auf ein Rechtsgut begreifen: Der Gesetzgeber setzt Strafbewehrung nicht nach dem Muster „Wer das Rechtsgut x angreift, wird bestraft.“ um, sondern entscheidet sich aus gutem Grund für eine Handlungsbeschreibung zur exakten Charakterisierung des Angriffs. Dieser gesetzgeberischen Entscheidung wird hinsichtlich der Bewertung versuchter Taten nicht Rechnung getragen, erklärt man die Handlungsbeschreibung für objektiv bedeutungslos und erfaßt versuchte Taten doch nach dem Muster „Wer das Rechtsgut x angreift, wird bestraft.“ 11 Der sachlogisch nicht einwandfreie Wortlaut des § 22 StGB wurde im 1. Kap. in Fn. 151 erläutert. 9

10

14*

212 5. Kap.: Prolegomena einer deliktsspezifischen Objektivierung des Versuchsunrechts

Verzicht auf die Fixierung versuchter Taten in den Deliktstatbeständen – der Jurisprudenz vorbehalten, anhand der eben aufgeführten fünf Regeln den Tatbestand eines Versuchsdeliktes und damit das Unrecht der versuchten Tat zu gewinnen.

D. Die Explikation des Versuchstatbestandes als Objektivierung des Versuchsunrechts 1. Der Rechtsstab und mit ihm die Strafrechtswissenschaft stehen vor der Aufgabe, den Tatbestand des Versuchsdeliktes zu entfalten, um hierdurch das Unrecht versuchter Taten zu erfassen. 2. Was die Anforderungen an den subjektiven Versuchstatbestand betrifft, so wurden diese bereits bei der Auseinandersetzung mit der These von der Identität des subjektiven Versuchs- mit dem subjektiven Vollendungstatbestand geklärt:12 Kognitives Vorsatzelement ist gemäß § 22 StGB bei der versuchten Tat die Vorstellung des Täters von tatsächlichen Umständen, die, wenn sie vorlägen, den objektiven Tatbestand des jeweiligen Vollendungsdeliktes erfüllen würden. Im kognitiven Vorsatzelement scheidet sich damit das Versuchs- vom Wahndelikt. Voluntatives Vorsatzelement ist der auf die Beeinträchtigung des Tatobjektes gerichtete Willensentscheid des Täters, bestehend aus dem unbedingten Handlungs- und dem Vollendungswillen, wodurch sich das Versuchsdelikt vom abergläubischen Verhalten unterscheidet. Enthält der jeweilige Deliktstatbestand weitere subjektive Tatbestandsmerkmale, sind diese auch notwendige Bestandteile des subjektiven Tatbestandes des versuchten Deliktes. 3. Die entscheidende Leistung ist die Explikation des objektiven Versuchstatbestandes: Das Unrecht der versuchten Tat zu thematisieren, heißt die Frage aufzuwerfen, welche Anforderungen – neben dem unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung gemäß § 22 StGB – an den objektiven Versuchstatbestand zu stellen sind. Für die herrschende Versuchslehre ist dies klar: Einziger Bestandteil des objektiven Versuchstatbestandes ist die Betätigung des Tatentschlusses in den Modalitäten des § 22 StGB.13 Die objektiven Merkmale des jeweiligen Deliktstatbestandes werden sämtlich für durch die Vorstellung des Täters ersetzbar erklärt. Das Unrecht der versuchten Tat ist hierdurch nahezu vollständig subjektiviert und auf die Feststellung eines qualifizierten Normverstoßes reduziert, getreu den Worten v. Buris: „Fehlt aber aus dem objectiven Thatbestand des vollendeten Verbrechens auch nur das geringste Moment, so wird die ganze objective Vorliegenheit vollständig bedeutungslos.“14. Nun ist es eine Binsenweisheit, daß die Nichterfüllung des objek12 13 14

Dazu eingehend im 1. Kap. unter D. II. 2. Eingehend dazu im 1. Kap. unter D. II. 3. v. Buri, Abhandlungen, S. 54.

D. Explikation des Versuchstatbestandes als Objektivierung des Versuchsunrechts 213

tiven Tatbestandes eines Vollendungsdeliktes notwendige Bedingung dafür ist, sinnvoll über das jeweilige Versuchsdelikt zu sprechen.15 Aber ist es eine vernünftige Entscheidung, so wie die herrschende Versuchslehre komplett auf das objektive Vorliegen von Tatumständen zu verzichten und damit jeden Anspruch auf Ähnlichkeit der versuchten Tat mit dem vom Gesetzgeber im Deliktstatbestand fixierten Verhalten aufzugeben? Wird dies einem Tatstrafrecht gerecht und dem Anspruch des Rechts überhaupt, eine rationale Ordnung zu konstituieren?16 4. a) Zur Illustration des damit aufgeworfenen Problemkreises soll das folgende tatsächliche Geschehen als Beispiel dienen. Es wurde bewußt so gewählt, daß es nicht einem Deliktstatbestand des StGB entspricht: Der Berliner Bahnhof Friedrichstraße war während der Teilung Deutschlands Grenzbahnhof zwischen der DDR und West-Berlin. Bei der Ausfahrt in Richtung West-Berlin überquerten die Züge unmittelbar hinter dem Bahnhof die Spree. B, ein fluchtwilliger Bürger der DDR, sprang genau dort in die Spree und durchschwamm diese, da er infolge der Lage des Grenzbahnhofes annahm, der Fluß bilde dort die Grenze zu West-Berlin. Tatsächlich verlief diese jedoch 1,5 km weiter westlich am Humboldthafen. Am anderen Ufer angekommen, wurde B durch die Volkspolizei verhaftet.17

Wie ist dieses Verhalten des B im Hinblick auf das Delikt des versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts gemäß §§ 213, 21 DDR-StGB18 zu beurteilen? b) Wenn eine Staatsgrenze am Ort der Handlung nicht existierte, ist zunächst zu hinterfragen, ob überhaupt davon gesprochen werden kann, B hätte versucht, die Staatsgrenze zu passieren.19 Damit ist das Problem der Handlungsbeschreibung angesprochen, dessen sich insbesondere die analytische Handlungstheorie als Teil der analytischen Philosophie widmet.20 Zur Handlungsbeschreibung bedient sich die analytische Handlungstheorie u. a. des praktischen Syllogismus:21 15 Von der Unkenntnis einer Rechtfertigungslage, die nach herrschender Lehre zur Strafbarkeit wegen versuchter Tat führen soll, sei in diesem Zusammenhang abgesehen. Vgl. insoweit Alwart, GA 1983, 433 (452 ff.). 16 Insofern sei nochmals an die goldenen Worte Jakobs’, ZStW 97 (1985), 751 (764), erinnert: „Entweder man erkennt ein Tatprinzip an; dann ist nicht alles an einem Delikt subjektiv ersetzbar, auch nicht beim Versuch. Oder aber man verzichtet auf das Tatprinzip . . .“ 17 Berichtet von Kuhlmann, S. 93. 18 Die maßgeblichen Vorschriften des StGB der DDR lauteten: § 213 I: „Wer widerrechtlich die Staatsgrenze . . . passiert . . . , wird . . . bestraft.“ § 213 IV: „Vorbereitung und Versuch sind strafbar.“ § 21 III: „Versuch liegt vor, wenn der Täter mit der vorsätzlichen Ausführung der Straftat beginnt, ohne sie zu vollenden.“ 19 Dabei geht es nicht um die Frage, ob die Grenze zwischen der DDR respektive Ostberlin und Westberlin auch aus bundesdeutscher Sicht eine Staatsgrenze war. Vgl. insoweit etwa Frowein, S. 30 (30 ff.). Dies soll hier ausgeblendet werden. 20 Vgl. dazu etwa Rescher, S. 1 (1 ff.); sowie Schulte, Willing and Acting, pp. 139 (139 ff.). Zu den Schnittpunkten analytischer Handlungstheorie und Strafrecht Burkhardt, FS Nishihara, S. 15 (16 ff.); Koriath, Grundlagen, S. 356 ff.; v. Selle, JR 1999, 309 (309 ff.). Zur hermeneutischen Handlungslehre Alwarts vgl. dens., Recht und Handlung, S. 114 ff., 126 ff., 136 ff.

214 5. Kap.: Prolegomena einer deliktsspezifischen Objektivierung des Versuchsunrechts Prämissen:

Eine Person X will den Sachverhalt Z verwirklichen. X nimmt an, daß er Z dann realisieren kann, wenn er p tut. ______________________________________________

Konklusion:

X tut p.

Bezogen auf diesen Syllogismus läßt sich von einem Versuch wie folgt sprechen: Liegt ein Sachverhalt S vor, der dazu führt, daß Z mißlingt, hat X mit der Vornahme von p gleichwohl versucht, Z zu verwirklichen.22

Diese Handlungserklärung sei nun auf den Beispielsfall angewandt: B will die Staatsgrenze passieren. B nimmt an, daß er die Staatsgrenze passieren kann, wenn er am Bahnhof in die Spree springt und diese durchschwimmt. ____________________________________________ B durchschwimmt die Spree. Obwohl der Sachverhalt vorliegt, daß die Staatsgrenze nicht am bzw. im Fluß verläuft, versucht B, die Staatsgrenze zu passieren.

Hat B damit handlungstheoretisch betrachtet auch versucht, die Staatsgrenze zu passieren, wäre es dennoch nicht legitim, allein daraus zu folgern, er habe auch ein Versuchsdelikt begangen,23 denn von einem Versuch läßt sich zwar sprechen, indes hat das Tatbild im Beispielsfall nichts mit dem gemeinsam, das der Gesetzgeber in § 213 I DDR-StGB beschrieb. Der Problematik der versuchten Tat ist eben gerade nicht mit logisch-begrifflichen Mitteln beizukommen. Notwendig ist vielmehr, sich der spezifischen Normativität der Problematik zu öffnen,24 d. h. wertende Maß21 Vgl. etwa Anscombe, §§ 33 ff.; v. Wright, Erklären und Verstehen, S. 93 ff.; ders., Normen, Werte und Handlungen, S. 166 ff.; ders., Praktisches Schließen, S. 41 (42 ff.). 22 Vgl. zum praktischen Syllogismus und Versuch v. Wright, Über sogenanntes praktisches Schließen, S. 61 (74 f.). Zum Begriff des Versuchs Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 122 f. Aus analytisch-philosophischer Sicht des weiteren Heath, p. 193 (193 ff.); Winch, Trying, p. 130 (ff.); ders., Trying and Attempting, p. 209 (209 ff.); sowie Kindhäuser, Intentionale Handlung, S. 178 f. 23 Die subjektive Versuchslehre – auch im Gewande der Eindruckstheorie – müßte das Unrecht einer versuchten Tat selbstverständlich bejahen, da B sich Umstände vorgestellt hat, die, lägen sie vor, den objektiven Tatbestand erfüllen würden. Daneben wäre der Weg über den ,Idiotenbonus‘ des § 23 III StGB verschlossen, da sich B in einem ontologischen, nicht in einem nomologischen Irrtum befand und die ganz herrschende Lehre lediglich völlig abwegigen Vorstellungen über gewöhnlich bekannte Ursachenzusammenhänge nach § 23 III StGB privilegiert sehen will. Vgl. dazu die Ausführungen im 1. Kap. unter F. II. 3. Auch das Strafrecht der DDR war einer subjektiven Versuchslehre verpflichtet. Siehe dazu etwa den Kommentar zum Strafgesetzbuch der DDR, § 21 Anm. 1. Im Gegensatz zur gängigen Auslegung des § 23 III StGB öffnete das StGB der DDR über die §§ 21 IV 3, 62 den Weg zu einer außergewöhnlichen Strafmilderung. Siehe dazu etwa den Kommentar zum Strafgesetzbuch der DDR, § 21 Anm. 8, § 62 Anm. 1 f. 24 So auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 186.

D. Explikation des Versuchstatbestandes als Objektivierung des Versuchsunrechts 215

stäbe anzulegen, statt Umkehrschlüsse, Syllogismen oder das Abtrennen tatbestandlicher Schlußstücke zu praktizieren. c) Der spezifischen Normativität der Problematik wird man durch die Frage gerecht, ob es vernünftig wäre, im Beispielsfall das Unrecht eines versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts anzunehmen, obwohl das Tatbestandsmerkmal ,Staatsgrenze‘ nicht erfüllt ist. Vernünftig wäre dies, wenn die Strafwürdigkeit des Verhaltens des B trotz der Nichterfüllung jenes Tatbestandsmerkmals begründbar ist.25 Über die Strafwürdigkeit eines Verhaltens entscheidet der Gesetzgeber gewöhnlich in den Deliktstatbeständen. Versuchte Taten sind nicht in Deliktstatbeständen, nur im Strafausdehnungsgrund ,Versuch‘ erfaßt. Die Frage, die der Rechtsanwender zu beantworten hat, kann mithin nur lauten: Hätte der Gesetzgeber jene Versuchskonstellation unter Strafe gestellt? 5. Daß ein Tatstrafrecht gut beraten ist, die Anforderungen an eine versuchte Tat nicht beliebig weit von den Anforderungen des entsprechenden Vollendungsdeliktes zu entfernen, war bereits ein Kernpunkt der Versuchslehre Belings.26 Er stellte dem tatbestandsmäßigen Verhalten bei den Vollendungsdelikten das tatbestandsartige Verhalten der versuchten Taten gegenüber. Ausgangspunkt der Untersuchungen Belings sind dabei – wie auch hier – die Deliktstatbestände des Besonderen Teils. Im Rahmen der tatbestandlichen Beschreibung strafwürdigen Verhaltens durch den Gesetzgeber könnten insbesondere „die Beziehungen des Verhaltens zu dem persönlichen, zeitlichen, örtlichen oder gegenständlichen Milieu mit charakteristisch sein, z. B. der Tatbestand . . . ist beschränkt auf einen Beamten als Täter oder auf Begehung zur Kriegszeit oder auf öffentliche Verübung oder auf Verübung mittels einer Waffe“.27 Damit lege der Gesetzgeber eine Milieubeziehung fest, deren Vorliegen die Strafwürdigkeit der entsprechenden Tat in erheblichem Maße mitbestimme: Soweit der Deliktstatbestand eine Milieubeziehung aufweise, sei „dies gerade zu dem Zwecke geschehen, um die nicht in das charakteristische Milieu fallenden Handlungen auszuschließen“.28 Diese Milieubeziehung einer Tat soll nach Belings Lehre Kern des Kriteriums der Tatbestandsartigkeit sein. Eine Konstellation, innerhalb derer ein Tatumstand objektiv nicht vorliege, der nach der Beschreibung des jeweiligen Deliktstatbestandes die Milieubeziehung konstituiere, könne nicht als versuchte Tat geahndet werden, ohne das ganze wohldurchdachte Wertungssystem des Gesetzgebers über den Haufen zu werfen.29

25 Hier stößt das Beispiel freilich an seine Grenzen, war das Delikt des ungesetzlichen Grenzübertritts doch gerade eines der Herrschaftsinstrumente eines totalitären Staates und ist demzufolge mit Rechtsgrundsätzen und Gesetzgebungsprinzipien eines freiheitlich-demokratisch verfaßten Staates nicht vergleichbar. 26 Vgl. Beling, Methodik, S. 80 ff.; ders., Grundzüge11, S. 57 f. 27 Beling, Methodik, S. 82. 28 Ebenda, S. 84. 29 Ebenda, S. 86.

216 5. Kap.: Prolegomena einer deliktsspezifischen Objektivierung des Versuchsunrechts

6. Es ist die Aufgabe der Jurisprudenz, den Angriff auf ein Rechtsgut für die versuchten Taten ebenso in einen Sinnzusammenhang einzubetten, wie dies bei den Vollendungsdelikten bereits durch den Gesetzgeber geschieht. Bei letzteren beschreibt der Gesetzgeber in den Deliktstatbeständen Handlungen, d. h. er fixiert die charakteristischen Eigenschaften eines dynamischen Sachverhalts, und schöpft dadurch ein Tatbild. Diese Fixierung eines Tatbildes ist Kernstück eines jeden Tatstrafrechts. Zu diesem Tatbild gehört etwa, daß: – das falsche Aussagen gemäß § 153 I StGB bzw. das falsche Schwören gemäß § 154 I StGB gerade „vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ erfolgen muß, – Kernstück einer Hehlerei gemäß § 259 StGB gerade eine Sache ist, „die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat“, – eine „rechtswidrigen Tat“ begangen worden ist, deren Ahndung in § 258 StGB vereitelt wird, – nicht jedes listige Vorgehen zum Zwecke der eigenen Vermögensmehrung gemäß § 263 StGB bestraft wird, sondern nur solches Verhalten, das gerade auf einen rechtswidrigen Vermögensvorteil gerichtet ist, – gerade Amtsträger für die Ausübung ihres Dienstes Vorteile ergattern wollen (§§ 331, 332 StGB) usw.

Erklärt man das Vorliegen der objektiven Tatumstände beim Versuchsdelikt zur Gänze für bedeutungslos, wird die versuchte Tat aus diesen Sinnzusammenhängen herausgerissen, wenn diejenigen Tatumstände nicht vorliegen, die das Tatbild konstituieren.30 Das Täterverhalten hat dann nichts mehr mit dem Typus zu tun, den der Gesetzgeber bei der Aufstellung des entsprechenden Deliktstatbestandes vor Augen hatte. Will man dies vermeiden, muß das Kriterium der Tatbestandsähnlich30 Die Behauptung Esers, Schönke / Schröder / Eser, StGB, § 22 Rn. 76, es könne „innerhalb der Tatumstände kein Unterschied zwischen Merkmalen gemacht werden, die durch die irrtümliche Vorstellung des Täters ersetzt werden können, und solchen, bei denen das nicht der Fall ist“, ist demgegenüber eine klassische petitio principii: Das Postulat beliebiger Ersetzbarkeit objektiver Tatumstände durch die Tätervorstellung setzt die Entscheidung für eine subjektiven Versuchslehre voraus. Mit der dogmatischen Unhaltbarkeit jener Lehre fällt auch die Basis der These Esers. Entsprechend verhält es sich mit der etwa von Maurach / Gössel, AT7 2, § 40 Rn. 174, beschworenen ,Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale‘: Welche Bedeutung sollte etwa die Redeweise haben, in § 154 I StGB habe das Tatbestandsmerkmal „vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ den gleichen Wert wie das Merkmal „falsch schwört“? Heißt dies, beide Merkmale müssen vorliegen, um den objektiven Tatbestand zu erfüllen? Das ist ebenso selbstverständlich, wie der Täter das Vorliegen der diese Tatbestandsmerkmale erfüllenden Tatumstände kennen muß, um vorsätzlich zu handeln. Wahrscheinlich ist mit der Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale jedoch gemeint, daß der Täter sich das Vorliegen beider Tatbestandsmerkmale nur vorstellen muß, um eine versuchte Tat zu begehen. Dies jedoch ist wiederum eine petitio principii.

D. Explikation des Versuchstatbestandes als Objektivierung des Versuchsunrechts 217

keit Eingang in die Versuchsdogmatik finden: Die versuchte Tat muß trotz der Nichterfüllung objektiver Tatumstände des entsprechenden Vollendungsdeliktes dem Deliktstatbestand noch soweit ähnlich sein, daß das fixierte Tatbild erhalten bleibt.31 Die damit aufgeworfenen Fragen nach deliktstatbestandlicher Beschreibung, Tatbild und Tatbestandsähnlichkeit haben eine grundlegend andere Struktur als die überkommene Unterscheidung zwischen tauglichem und untauglichem Versuch! Der untaugliche Versuch ist de lege lata strafbar, und er ist auch strafwürdig, da auch einem solchen ein Angriff auf ein Rechtsgut innewohnt.32 Doch trotz dieser Entscheidung für die Strafbarkeit auch des untauglichen Versuchs und für die dominierende Rolle der Tätervorstellung darf in einem Tatstrafrecht ein Versuchsdelikt nicht beliebig weit vom Typus des jeweiligen Vollendungsdeliktes entfernt werden, darf eine versuchte Tat den vom entsprechenden Deliktstatbestand konstituierten Sinnzusammenhang nicht verlassen. Denn entscheidet sich der Gesetzgeber für ein differenziertes Tatstrafrecht und gerade nicht dafür, bestimmte Rechtsgüter zu fixieren und kundzutun „Wer eines dieser Rechtsgüter angreift, hat einen Preis zu zahlen.“, ist es nur konsequent, daß sich jenes differenzierte System auch in der Versuchsdogmatik widerspiegelt. 7. Um aus einem Deliktstatbestand des Besonderen Teils den objektiven Versuchstatbestand zu gewinnen und damit die Anforderungen an das entsprechende Versuchsunrecht zu explizieren ist also folgende Frage zu stellen: Welche Versuche einer Tat würde der Gesetzgeber vernünftigerweise mit Strafe bedrohen, beschränkte er sich nicht nur auf die Erklärung des Versuchs als strafbar, formulierte er vielmehr zu jedem Deliktstatbestand auch die entsprechenden Versuchstatbestände? Der Gesetzgeber müßte sich hinsichtlich jedes objektiven Merkmals eines Deliktstatbestandes, dessen Versuch mit Strafe bedroht ist, die Frage stellen, für welches dieser Merkmale die entsprechende Tätervorstellung ausreichend ist und welche Merkmale objektiv erfüllt sein müssen. Vorstellen muß sich der Täter gemäß § 22 StGB das Vorliegen sämtlicher objektiver Tatumstände. Objektiv vorliegen müssen diejenigen Tatumstände, die das Tatbild konstituieren. Die Wahrung des Tatbildes sichert die Ähnlichkeit der versuchten Tat mit dem entsprechenden Vollendungsdelikt und sorgt dafür, daß nur wegen eines solchen Verhaltens Strafe 31 Der hier zu explizierende Begriff der Tatbestandsähnlichkeit darf freilich nicht mit der durch den BGH postulierten – zu den Grundgedanken dieser Abhandlung antagonistischen – Tatbestandsähnlichkeit der Regelbeispiele verwechselt werden. Vgl. zu letzterer etwa BGHSt 33, 370 (374); BGH StV 1994, 240 (240); BGH NStZ 1995, 339 (339); aber auch bereits OLG Karlsruhe NJW 1978, 1697 (1699). Mit seiner Terminologie verfolgt der BGH eine Subjektivierung selbst der Voraussetzungen der Regelbeispiele: Wie bei Tatbestandsmerkmalen soll auch bei Regelbeispielen allein die Tätervorstellung maßgeblich sein. Vgl. neben den genannten Entscheidungen auch BGH NStZ 1984, 262 (262 f.); BGH NStZ-RR 1997, 293; sowie Schäfer, JR 1986, 522 (523 f.). Zu diesem klaren Verstoß gegen den Wortlaut des § 22 StGB Degener, S. 305 (323 ff.); Krey / Hellmann, BT 2, Rn. 125 a; Küper, JZ 1986, 518 (522 ff.); Graul, JuS 1999, 852 (854 ff.); Gropp, JuS 1999, 1041 (1050). 32 In diesem Sinne auch Bloy, ZStW 2001, 76 (82).

218 5. Kap.: Prolegomena einer deliktsspezifischen Objektivierung des Versuchsunrechts

verhängt wird, das über den ,bösen Willen‘ des Handelnden hinaus im Zusammenhang mit dem Verhalten steht, welches der Gesetzgeber bei seiner Beschreibung vor Augen hatte. Nur auf diese Weise kann das Recht seinem Anspruch gerecht werden, eine rationale Ordnung zu konstituieren. Damit ist die Leitlinie der Gewinnung der objektiven Versuchstatbestände vorgegeben. Mehr Verallgemeinerung wäre den folgenden, individuellen Untersuchungen nur abträglich. Erst in deren Rahmen werden die praktischen Kriterien herausgearbeitet, mit deren Hilfe die Kategorien Tatbild und Tatbestandsähnlichkeit ausgefüllt werden können.

E. Schluß Diese hermeneutische Methode wird durch eine Analyse der Deliktstatbestände, durch ein Verstehen des Gesetzestextes klären, wegen welcher Versuchskonstellationen zu strafen ist und so mit einer Handlungstypisierung der versuchten Taten die normative Leistung nachholen, die der Gesetzgeber bei seiner Handlungstypisierung im Besonderen Teil des StGB nicht erbracht hat. Dies ist der Kern einer Objektivierung des Versuchsunrechts.33 Dabei wird sich der ,der Versuch‘ zu einer Familie von zahlreichen unterschiedlichen Versuchstatbeständen entwickeln. Dies wird nur denjenigen beunruhigen, der sich nicht von der Illusion zu lösen vermag, das Versuchsdelikt ließe sich im Unterschied zum Vollendungsdelikt auf eine universell anwendbare Formel reduzieren.34 Daß dieses Bestreben nach Universalisierung, die Jagd nach einem Wesen, auf eine lange philosophische Tradition zurückblicken kann, wurde bereits bei der Kritik am herrschenden Rechtsverständnis und der Erläuterung des Rechtsbegriffes der analytischen Hermeneutik deutlich.35 Wie in der Philosophie der platonischen Ideenlehre Wittgensteins Prinzip der Familienähnlichkeit entgegentritt, so ist auf dem Gebiet der Versuchsdogmatik der Floskel von der Gleichwertigkeit und beliebigen Ersetzbarkeit aller Tatbestandsmerkmale durch die Tätervorstellung das Prinzip der Tatbestandsähnlichkeit entgegenzuhalten.

Vgl. dazu nochmals im 1. Kap. unter D. II. 1. a). Damit wird deutlich, daß der Titel der vorliegenden Abhandlung nicht wirklich korrekt ist. Gibt es nicht den Versuchstatbestand, sondern eine ganze Familie von Versuchstatbeständen, müßte der Titel richtig lauten: Die Objektivierung der Versuchsunrechte. Gleichwohl wurde der Singular gewählt, um den Anschluß an die gängige Terminologie der Versuchsdiskussion zu gewährleisten. 35 Im 3. Kap. 33 34

6. Kapitel

Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption Die hermeneutische Versuchskonzeption muß in der Explikation der einzelnen Versuchsdelikte bestehen. So gilt es nunmehr, Deliktstatbestände des Besonderen Teils zu analysieren, bei denen eine Versuchsstrafbarkeit vorgesehen ist, und dabei die Handlungstypisierung nachzuholen, die der Gesetzgeber selbst nicht erbracht hat. Zwangsläufig muß eine aussagekräftige Auswahl getroffen werden, soll diese Abhandlung nicht zu einem Handbuch anwachsen. Weitgehend werden dabei Beispiele aus der Rechtsprechung herangezogen.

A. Die versuchten Begehungsdelikte I. Versuchter Meineid (§§ 154, 22 StGB) 1. Erstes Anwendungsgebiet soll der Meineid gemäß § 154 StGB sein. Der Deliktstatbestand des § 154 I StGB war und ist in Theorie und Praxis immer wieder Schauplatz von Abgrenzungsbestrebungen zwischen strafbarem Versuchen und straflosem Verhalten. In den Deliktstatbeständen §§ 153 ff. StGB wurden durch den Gesetzgeber Angriffe auf die Rechtspflege beschrieben und in ganz bestimmten Sinnzusammenhängen unter Strafe gestellt. 2. a) Zu diesen Sinnzusammenhängen gehört nun insbesondere, daß der Deliktstatbestand des § 154 StGB in seinem Abs. 1 nicht etwa generell ein falsches Schwören – auch nicht gegenüber staatlichen Stellen als solchen – mit Strafe bedroht, sondern nur dann, wenn es gerade „vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ geschieht. Damit liegt die erste Problemkonstellation eines Versuchsdeliktes nach §§ 154, 22 StGB auf der Hand: Ist auch derjenige wegen einer versuchten Tat zu bestrafen, der bei seinem Schwur der Fehlvorstellung unterliegt, er befinde sich vor Gericht bzw. vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle?1 In diese Fallkonstellationen wurde bei der Darstel1 In einer Reihe von Entscheidungen hatte sich die höchstrichterliche Rechtsprechung mit einer irrigen Annahme der Zuständigkeit zu beschäftigen, vgl. RGSt 60, 25 (25 ff.); 65, 206 (206 ff.); BGHSt 1, 13 (13 ff.); 3, 248 (248 ff.); 10, 272 (272 ff.).

220

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

lung der sogenannten Vorfeldirrtümer und deren Behandlung durch die herrschenden Versuchslehre mit dem folgenden Fall bereits eingeführt:2 Fall 1: Ein Unfallzeuge Z wird durch Polizeibeamte vernommen und macht falsche Angaben. Die Beamten zweifeln die Aussagen des Zeugen an und vereidigen diesen nach § 66 c StPO. Bei der Eidesleistung geht der Zeuge davon aus, Polizeibeamte seien zur Abnahme von Eiden befugt.

Die herrschende Versuchslehre ist – infolge des selbst auferlegten Dogmas von der vollkommenen Bedeutungslosigkeit der deliktstatbestandlichen Handlungsbeschreibung für das Versuchsdelikt – gezwungen, Fallkonstellationen dieser Art allein nach subjektiven Gesichtspunkten zu lösen. Da der sonst so einfach zu handhabende Umkehrschluß bei komplexen Tatbestandsmerkmalen wie einer „zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ i. S. des § 154 I StGB versagt, werden Konstellationen wie der obige Fall 1 von der Eindruckstheorie überwiegend als Wahndelikt, teils aber auch als versuchte Tat erfaßt,3 obwohl Polizeibeamte nie und unter keinen Umständen zur Abnahme von Eiden berechtigt sind, demzufolge das Begebnis in Fall 1 nichts mit dem in § 154 I StGB beschriebenen Geschehen zu tun hat. Die Ursachen für diese – auch intratheoretischen – Verwerfungen sind darin zu finden, daß mit einer subjektivistischen Sichtweise das Vermögen eines dem Handeln des Rechtsstabes Unterworfenen überbeansprucht wird, eine genaue Vorstellung von einem komplexen Tatbestandsmerkmal wie der „zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ zu entfalten:4 Das Bewußtsein des Jedermann wird überinterpretiert. Nimmt der Polizeibeamte im Fall 1 dem Z einen Eid ab, stellt sich Z nicht etwa vor: „Jetzt stehe ich vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle.“ Realistischer Weise geht Z davon aus: „Das wird der Polizist schon tun dürfen.“ b) Zur genauen Analyse der Problemkonstellationen sollen der folgende Fall 2 und dessen Abwandlungen (a) bis (c) dienen. Fall 2: In einem Zivilrechtsstreit vor dem Amtsgericht ist dem auszubildenden Rechtsreferendar R die Sitzungsleitung übertragen worden. Da der Zeuge Z den Rechtsstreit in eine bestimmte Richtung lenken will, sagt er im Rahmen seiner Vernehmung falsch aus. R zweifelt an der Wahrheit der Aussage des Z und vereidigt diesen kurzerhand gemäß §§ 478, 480, 481 ZPO.5 Bei seiner Eidesleistung: Oben im 1. Kap. unter F. III. 4. a) (1). Für eine versuchte Tat plädieren etwa Blei, JA 1973, 601 (604); Herzberg, JuS 1980, 469 (472 ff.); Maurach / Schroeder, BT 2, § 75 Rn. 53 f.; Schlüchter, JuS 1985, 373 (378). Ein Wahndelikt befürworten etwa Arzt / Weber, § 47 Rn. 70; Herzberg, GS Schlüchter, S. 189 (203 f.); Jakobs, AT, 25 / 49 in Fn. 77; Jescheck / Weigend, § 50 II 2; Krey, BT 1, Rn. 559; LK11 / Ruß, § 154 Rn. 21; NK / Vormbaum, § 154 Rn. 49; Roxin, Offene Tatbestände, S. 164 ff.; Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, § 154 Rn. 15; SK / Rudolphi, § 22 Rn. 32 a. Ausführlich dazu bereits im 1. Kap. unter F. III. 4. 4 Erinnert sei in diesem Kontext etwa an die Differenzierung von Heidingsfelder, S. 152 ff., in Rechtsirrtümer hinsichtlich merkmalsumschreibender, merkmalsausfüllender, merkmalsbegrenzender und normbereichsneutraler Normen. 5 Dieser Fall ist der Entscheidung RGSt 65, 206 (206 ff.) nachgebildet. 2 3

A. Die versuchten Begehungsdelikte

221

(a) weiß Z als erfahrener Prozeßteilnehmer, daß Referendare überhaupt nicht zur Abnahme von Eiden berechtigt sind. (b) nimmt Z an, ein Referendar dürfe Zeugen vereidigen. (c) hält Z den R für einen Richter am Amtsgericht.

Allen Abwandlungen des Falles 2 ist zunächst gleich, daß ein Vollendungsdelikt nach § 154 I StGB nicht begangen wird, weil weder ein Gericht noch eine andere zur Abnahme von Eiden zuständige Stelle i. S. des § 154 I StGB vorliegt: Einem Rechtsreferendar kann zwar nach § 10 S. 1 GVG die Sitzungsleitung übertragen werden, indes ist er nach § 10 S. 2 GVG unter keinen Umständen berechtigt, einen Eid abzunehmen. Gemeinsam ist allen obigen Fallabwandlungen darüber hinaus, daß Z falsch aussagt und auf diese Aussage hin einen Eid leistet, wodurch Z falsch schwört i. S. des § 154 I StGB. aa) In der Fallkonstellation (a) ist sich Z bewußt, daß er seinen Eid nicht vor einem Gericht i. S. des § 154 I StGB leistet, weshalb er den subjektiven Tatbestand des versuchten Meineids nicht erfüllt. Obwohl Z ungerührt die Unwahrheit sagt und dies durch seinen Eid auch noch bekräftigt, bleibt sein Handeln hinsichtlich des falschen Schwurs ungeahndet.6 Dies ist die Konsequenz der gesetzgeberischen Entscheidung, ein falsches Schwören nur genau dann als Meineid zu sanktionieren, wenn es „vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ geschieht. bb) In der Fallkonstellation (b) unterliegt Z – wie der Unfallzeuge in Fall 1 – einem Vorfeldirrtum. Er vertraut auf die Kompetenz der Richterbank und stellt sich aus diesem Grunde vor, vor einem Gericht i. S. des § 154 I StGB zu stehen. Wie im Fall 2 (a) hat Z auch hier falsch ausgesagt und bekräftigt dies nun durch seinen Eid. Ob sein Handeln von der herrschenden Versuchslehre als versuchter Meineid begriffen wird, hängt wiederum von der grundsätzlichen Beurteilung des Vorfeldirrtums ab. Wie mehrfach erwähnt, können die hoch subtilen Unterscheidungen hinsichtlich Z’s Vorstellungsbild nach den Prämissen der Eindruckstheorie sowohl zur Annahme einer versuchten Tat als auch zum Wahndelikt führen.7 Diese weitgehende Beliebigkeit in der Beurteilung des Falles 2 (b) ist die Folge dessen, daß eine subjektivistische Versuchslehre eben ausschließlich nach subjektiven Kriterien unterscheiden kann, wegen welchen Verhaltens zu strafen ist. Dabei wird wiederum die Fähigkeit des Täters überbewertet, eine genaue Vorstellung von einem komplexen Tatbestandsmerkmal wie des Gerichtes bzw. der zur Abnahme von Ei6 Eine falsche uneidliche Aussage gemäß § 153 StGB hat Z freilich begangen, denn insofern war R nach § 10 S. 1 GVG ein Gericht i. S. des § 153 StGB. Daß Z seine Aussage auch beschworen hat, ist für die Strafbarkeit nach § 153 StGB ohne Belang, da die falsche uneidliche Aussage nur gegenüber einem Vollendungsdelikt nach § 154 I StGB oder einem Versuchsdelikt nach §§ 154, 22 StGB subsidiär ist. Vgl. diesbezüglich etwa BGHSt 8, 301 (312 f.), sowie Arzt / Weber, § 47 Rn. 152 f. Die Erfüllung des Deliktstatbestandes des § 153 StGB scheitert beim Nacheid nicht etwa daran, daß eine einmal beschworene falsche Aussage nicht mehr als falsche uneidliche Aussage gewertet werden könnte. 7 Vgl. die in Fn. 3 Genannten.

222

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

den zuständigen Stelle zu entfalten. Z hat im Fall 2 (b) das Tatbestandsmerkmal ,Gericht‘ an sich richtig verstanden und glaubt, vor einem solchen einen falschen Schwur zu leisten. Maßgeblich ist dabei nicht, ob der Täter tatsächliche Umstände annimmt, die im Falle ihres Vorliegens die Voraussetzungen der Vorfeldnorm erfüllen würden, ob er die Vorfeldnorm als solche nicht kennt oder ihren Anwendungsbereich überdehnt. Entscheidend ist allein seine Vorstellung hinsichtlich der Verwirklichung des entsprechenden objektiven Tatbestandsmerkmals.8 Im Fall 2 (b) steht Z in seiner Vorstellung vor einem Gericht. Die Erfüllung des objektiven Vollendungstatbestandes nach § 154 I StGB scheitert freilich an § 10 S. 2 GVG, doch vermag diese Regelung nichts daran zu ändern, daß Z’s Vorstellungsbild den subjektiven Versuchstatbestand nach §§ 154, 22 StGB erfüllt.9 Zu klären bleibt, ob auch der objektive Versuchstatbestand erfüllt ist. Notwendige Bedingung für die Erfüllung eines jeden objektiven Versuchstatbestandes ist gemäß § 22 StGB das unmittelbare Ansetzen des Täters zur Tatbestandsverwirklichung. Diese Bedingung ist im Fall 2 (b) ohne weiteres erfüllt, doch ob sie für das Vorliegen des objektiven Tatbestandes des versuchten Meineids auch eine hinreichende ist, bleibt begründungsbedürftig.10 Der Grundlegung einer hermeneutischen Versuchskonzeption11 gemäß ist die Frage zu beantworten, ob das Verhalten des Z trotz der Nichterfüllung des Merkmals „vor Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ strafwürdig ist: Hätte der Gesetzgeber diese Versuchskonstellation unter Strafe gestellt? Nicht zu leugnen ist, daß Z die Rechtspflege angreift – mit seiner falschen Aussage wie auch mit seinem falschen Schwur. Während die falsche Aussage indes ohne weiteres § 153 I StGB unterfällt, hat der Rechtsanwender den falschen Schwur des Z selbst in einen Sinnzusammenhang einzubetten, und zwar so, wie dies der Gesetzgeber beim Vollendungsdelikt des § 154 I StGB demonstriert. Hinsichtlich dieses Sinnzusammenhanges ist bereits dargelegt worden, daß § 154 I StGB nicht generell ein falsches Schwören mit Strafe bedroht: Ein falscher Schwur als solcher ist eine, wenn auch nicht wertneutrale, so doch zumindest nicht sozialschädliche Verhaltensweise, an die ein Strafwürdigkeitsurteil nicht sinnvollerweise 8 Vom Standpunkt ihrer Lehre von der teleologisch-reduzierten Sachverhaltssicht her ähnlich Schlüchter, Irrtum, S. 95 ff., 145 ff.; dies., JuS 1985, 373 (375 ff.). 9 In diesem Sinne auch Herzberg, JuS 1980, 469 (475), sowie Schlüchter, JuS 1985, 373 (378). Anders jetzt Herzberg, GS Schlüchter, S. 189 (203 f.). 10 Eine subjektivistische Versuchslehre hat freilich insofern keinen Begründungsbedarf. Doch weil den oben in Fn. 3 genannten Vertretern der Eindruckstheorie ein Unbehagen bliebe, würden sie Z im Fall 2 (b) des versuchten Meineids für schuldig befinden, verlegen sie ihre Strafwürdigkeitsüberlegungen in den subjektiven Versuchstatbestand vor und ,sezieren‘ Z’s Vorstellungsbild dahingehend, ob Z vielleicht schon die entsprechende Bestimmungsnorm überdehnt oder doch noch einen rechtsfeindlichen Willen hat. Damit ist auch die Frage nach der Behandlung der Vorfeldirrtümer beantwortet: Eine generelle Lösung gibt es nicht. Ob wegen einer versuchten Tat zu strafen ist, kann nur für jedes Merkmal des entsprechenden Deliktstatbestandes gesondert beantwortet werden. 11 Diese wurden im 5. Kap. niedergelegt.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

223

geknüpft werden kann.12 Legitim wäre es demgegenüber, etwa ein falsches Schwören gegenüber staatlichen Stellen mit Strafe zu bedrohen. Doch nicht einmal dies tut der Gesetzgeber: Für einen falschen Schwur ist genau dann ein Preis zu zahlen, wenn er gegenüber einem „vor Gericht oder einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ abgeleistet wird. Diese charakteristische Eigenschaft des dynamischen Sachverhalts in § 154 I StGB schafft mithin das Fundament für das Tatbild dieses Deliktstatbestandes; sie kreiert – um es mit Beling13 zu sagen – die entscheidende Milieubeziehung. Entfällt dieses Tatbild, wird diese Milieubeziehung verlassen, bleibt nichts von dem übrig, was originär das sozialschädliche vom nicht sozialschädlichen Verhalten unterscheidet. Erklärte man also das objektive Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „vor Gericht oder einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ beim Versuchsdelikt für bedeutungslos, würde die versuchte Tat aus dem entsprechenden Sinnzusammenhang herausgerissen werden. So wird im Fall 2 (b) deutlich, daß das Verhalten des Z über dessen bösen Willen hinaus nichts mehr mit dem Typus zu tun hat, den der Gesetzgeber bei der Aufstellung des entsprechenden Deliktstatbestandes vor Augen hatte. Auch hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „vor Gericht oder einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ die Tätervorstellung für ausreichend zu erachten, obwohl der Gesetzgeber exakt fixiert hat, wann ein falsches Schwören bestraft werden soll, hieße – um noch einmal an Beling14 anzuknüpfen – das ganze wohldurchdachte Wertungssystem des Gesetzgebers über den Haufen zu werfen. Zu diesem wohldurchdachten Wertungssystem gehört auch, daß die Rechtspflege es selbst in der Hand hat, ihre Kompetenzen zu wahren. Nur diejenigen sollen einen Eid abnehmen, die dies auch dürfen. Bejaht man eine versuchte Tat nach §§ 154, 22 StGB auch dann, wenn der falsch Schwörende eine zuständige Stelle i. S. des § 154 I StGB nur irrig annimmt, heißt dies nichts anderes, als daß Mitglieder des Rechtsstabes erst die eigenen Kompetenzen überschreitet und dann denjenigen, der auf die Redlichkeit des Rechtsstabshandelns vertraut, mit der Versuchsstrafe belegt. Ein solches Vorgehen nennt man gemeinhin venire contra factum proprium. Fast könnte man annehmen, der BGH hätte sich von ähnlichen Gedankengängen leiten lassen, wenn es in einer seiner Entscheidungen zum Meineid und versuchten Meineid heißt: Es „kann nicht Aufgabe des Strafgesetzes sein, die Reinheit eines Schwurs zu sichern, den die Rechtsordnung überhaupt nicht kennt, für den sie deshalb auch nicht die rechtsstaatlichen Sicherungen der Eidesabnahme geschaffen hat.“15 Einen Schwur vor einem Referendar – wie im Fall 2 – kennt die Rechtsordnung ebensowenig wie einen Schwur vor Polizeibeamten – wie in Fall 116 –, Vgl. diesbezüglich bereits Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 192. Vgl. dens., Methodik, S. 82 ff. 14 Ebenda, S. 86. 15 BGHSt 10, 272 (273). 16 Weshalb auch im Fall 1 zwar der subjektive Tatbestand des versuchten Meineids erfüllt ist, da sich der Unfallzeuge vorstellt, vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle zu stehen, der objektive Tatbestand des versuchten Meineids indes nicht erfüllt ist. 12 13

224

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

einem Staatsanwalt17, dem Finanzamt oder etwa einem Zugbegleiter der Deutschen Bahn, um nur einige weitere Fälle aufzuzählen. Aus diesen Gründen muß das Deliktstatbestandsmerkmal „vor Gericht oder einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ Eingang in den objektiven Tatbestand der versuchten Tat nach §§ 154, 22 StGB finden.18 Sein objektives Vorliegen wahrt das durch den Gesetzgeber normierte Tatbild und sichert so die Tatbestandsähnlichkeit der versuchten Tat nach §§ 154, 22 StGB mit dem entsprechenden Vollendungsdelikt. Im Fall 2 (b) ist der objektive Versuchstatbestand daher nicht erfüllt. Z ist nicht des versuchten Meineids schuldig. cc) Nicht anders kann Fall 2 (c) gelöst werden: Hält Z den R für den Amtsrichter, nimmt er tatsächliche Umstände an, die im Falle ihres Vorliegens den objektiven Tatbestand des Meineids erfüllen würden, weshalb der subjektive Tatbestand des versuchten Meineids vorliegt. Während im Fall 2 (b) auch die überwiegende Anzahl der Vertreter der Eindruckstheorie eine versuchte Tat ablehnt,19 ist jeder Protagonist einer subjektivistischen Versuchslehre im Fall 2 (c) gezwungen, eine versuchte Tat anzunehmen, da sich Z im klassischen umgekehrten Tatumstandsirrtum befindet.20 Indes ist auch im Fall 2 (c) nach den Grundsätzen einer hermeneutischen Versuchskonzeption mangels eines Gerichtes oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle der objektive Tatbestand des versuchten Meineids nicht verwirklicht. Zwar unterliegt Z in Fall 2 (c) keinem Vorfeldirrtum, aber selbstverständlich muß auch hier gelten, daß ohne die Wahrung des durch § 154 I StGB konstituierten Tatbildes keine versuchte Tat anzunehmen ist.21 Das 17 Vgl. diesbezüglich etwa die Entscheidung RGSt 60, 25 (25 ff.), in der das RG einen versuchten Meineid bejaht. 18 Auch durch die Implementierung der Wahrung des Tatbildes in den objektiven Versuchstatbestand unterscheidet sich die hier vorgetragene Versuchskonzeption von der dualistischen Versuchslehre: Da der Unrechtstatbestand der der dualistischen Versuchslehre zugrunde liegenden teleologischen Straftatlehre keine Unterscheidung von objektivem und subjektivem Tatbestand kennt, läßt sich die Tatsituation i. S. der dualistischen Versuchslehre zwanglos an den Beginn der Prüfung des Versuchstatbestandes stellen. Ohne eine Betrachtung der Tätervorstellung vermag daher die dualistische Versuchslehre, Konstellationen wie den Fall 2 (b) aus dem Bereich der versuchten Tat auszuscheiden. Eine am herrschenden Vorsatzbegriff orientierte Versuchskonzeption wie die hier entwickelte, hat sich indes an den überkommenen Kategorien auszurichten. Sie sollte nicht ohne Not eine dem subjektiven und objektiven Versuchstatbestand vorgelagerte Einheit errichten. Eingehend zur dualistischen Versuchslehre bereits im 4. Kap. unter F. 19 Siehe diesbezüglich etwa die in Fn. 3 genannten Befürworter eines Wahndeliktes. 20 Vgl. statt aller Küpper, BT 1, S. 118 f.; sowie Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, § 154 Rn. 15. Ein Wahndelikt nimmt indes Jakobs, AT, 25 / 49 in Fn. 77, an, da nach seiner Ansicht die irrige Annahme des Handelnden, tauglicher Täter eines Sonderdeliktes im engeren Sinne zu sein – wozu Jakobs auch § 154 StGB zählt –, stets zum Wahndelikt führen müsse. 21 Anders die herrschende Versuchslehre, vgl. insoweit etwa Arzt / Weber, § 47 Rn. 70. Auch Zaczyk, Das Unrecht, S. 283, bejaht in einer Konstellation wie Fall 2 (c) eine versuchte Tat, da objektiv ein gerichtliches Verfahren vorliege. Anders jedoch NK / Zaczyk, § 22 Rn. 48. Eingehend zu Zaczyks Versuchslehre bereits im 4. Kap. unter E. III.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

225

Merkmal „vor Gericht oder einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ ist notwendigerweise auch insoweit dem objektiven Versuchstatbestand nach §§ 154, 22 StGB zugehörig. c) Für den Deliktstatbestand des § 154 I StGB ist damit festzustellen, daß das Merkmal „vor Gericht oder einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ Eingang in den objektiven Versuchstatbestand nach §§ 154, 22 StGB finden muß. Ein versuchter Meineid kann dann nicht angenommen werden, wenn dieses Tatbestandsmerkmal objektiv nicht erfüllt ist. 3. a) Nachdem die erste Anforderung an den objektiven Tatbestand des versuchten Meineids formuliert ist, stellt sich die Frage, ob nicht auch hinsichtlich des Merkmals ,falsch‘ i. S. von § 154 I StGB zu fordern ist, es müsse bei einer versuchten Tat nach §§ 154, 22 StGB objektiv vorliegen. Anders formuliert: Ist auch derjenige wegen versuchten Meineids zu bestrafen, der sich bei seinem Schwur von der Fehlvorstellung leiten läßt, seine Aussage sei falsch? Fall 3: In einem Rechtsstreit wegen Kindesunterhaltes wird die Kindesmutter K als Zeugin vernommen. Die Frage des Richters, ob sie während der Empfängniszeit auch mit anderen Männern als dem mutmaßlichen Erzeuger E verkehrte, verneinte K. Dabei ging sie nach gehöriger Anstrengung ihres Erinnerungsvermögens davon aus, sie hätte während der Empfängniszeit doch mit ihrem Liebhaber L geschlechtlich verkehrt. Tatsächlich lagen diese sexuellen Kontakte jedoch deutlich außerhalb der fraglichen Zeit. Auf ihre Aussage hin wird K vereidigt.22

Dem unbefangenen Betrachter mag sich eine Parallele zu Fall 2 aufdrängen: Sollte ob der gesetzgeberischen Beschreibung des Meineids nicht auch gefolgert werden, eine versuchte Tat nach §§ 154, 22 StGB liege nur vor, wenn die dem Eid zugrunde liegende Aussage auch objektiv falsch ist? Gehört also auch jenes Merkmal ,falsch‘ in den objektiven Versuchstatbestand der §§ 154, 22 StGB? b) Dies wäre in Betracht zu ziehen, litte diese Beurteilung des Falles 3 nicht an dem Mangel, daß stillschweigend die herrschende, sogenannte objektive Lehre zum Begriff der Falschheit zugrunde gelegt wurde. Nach dieser Lehre ist eine Aussage dann falsch i. S. des §§ 153 ff. StGB, wenn sie nicht mit dem wirklichen Geschehen übereinstimmt, Aussageinhalt und Aussagegegenstand nicht kongruent sind.23 Im Fall 3 hatte K tatsächlich während der Empfängniszeit keine sexuellen Kontakte außer mit E. Dieses tatsächliche Geschehen entspricht dem Inhalt der Aussage der K. Nach Ansicht der objektiven Lehre ist die Aussage mithin wahr, weshalb K weder der Vorwurf der falschen uneidlichen Aussage noch des Mein22 Dieses Beispiel ist dem der Entscheidung BGHSt 25, 244 (244 ff.) zugrunde liegenden Fall nachgebildet. 23 Diese objektive Lehre wird u. a. vertreten von Arzt / Weber, § 47 Rn. 40 ff.; Blei, BT, S. 410 f.; LK11 / Ruß, Vor § 153 Rn. 13; Rengier, BT II, § 49 Rn. 8; Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 153 ff. Rn. 6; Tröndle / Fischer, StGB51, Vor § 153 Rn. 5. Der BGH bekannte sich in BGHSt 7, 148 (148) zur objektiven Lehre, ebenso das OLG Koblenz NStZ 1984, 551 (552). Eingehend Hilgendorf, GA 1993, 547 (548 ff.). Zur sogenannten subjektiven Lehre Gallas, GA 1957, 315 (321 ff.).

15 Maier

226

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

eids gemacht werden kann. Da K sich indes die Falschheit ihrer Aussage vorstellte, ist sie bei Kombination der objektiven Lehre zum Begriff der Falschheit mit der subjektiven Versuchslehre des versuchten Meineids schuldig.24 c) Nun knüpft die eben erläuterte objektive Theorie mit ihrem Begriff der Falschheit einer Aussage voreilig an alltagssprachliche Vorstellungen an: Natürlich würde das, was K im Fall 3 kundtut, gemeinhin nicht als ,falsch‘ bezeichnet werden. Aber zur Klärung des Begriffs der ,falschen Aussage‘ i. S. der §§ 153 ff. StGB ist zuvörderst auf die Rolle eines Zeugen innerhalb jenes Prozesses abzustellen, der gemeinhin als ,gerichtliche Wahrheitsfindung‘ bezeichnet wird. Schmidhäuser hat diesbezüglich die richtigen Fragen aufgeworfen: „Was erwartet der Richter von der Aussageperson? Welche Art von Aufklärung erwartet er von ihr?“25 Die Erwartungshaltung, die der Richter gegenüber einem Zeugen einnimmt, kann nicht darauf gerichtet sein, daß der Zeuge die ,objektive Wahrheit‘ über das Erlebte wiedergibt. Diese Wahrheit soll sich ja gerade im Zuge der gerichtliche Wahrheitsfindung, zu der der Zeuge beizutragen hat, herauskristallisieren und ist nicht durch den Zeugen zum Gegenstand seiner eigenen Aussage zu machen.26 Vielmehr hat der Zeuge in seiner Aussage das von ihm im Rahmen der Gegebenheiten reproduzierbare Erlebnisbild wiederzugeben.27 Dazu gehört zum einen, daß der Zeuge sich dieses Erlebnisbild unter Aufbietung seiner intellektuellen Fähigkeiten ins Bewußtsein ruft, zum anderen hat der Zeuge dieses Erlebnisbild dem Richter zu übermitteln. Eine Aussage ist mithin dann falsch, wenn der Zeuge „das von ihm reproduzierbare eigene Erlebnisbild zur Sache nicht vollständig und objektiv richtig wiedergibt“28. Nach gehöriger Anstrengung ihres Erinnerungsvermögens war es im Fall 3 das Erlebnisbild der K, während der Empfängniszeit mit ihrem Liebhaber L geschlechtlich verkehrt zu haben. Im Rahmen ihrer Aussage übermittelt K indes gerade nicht dieses reproduzierte Erlebnisbild, sondern ein anderes, das zufällig dem tatsächlichen Geschehen entspricht. So etwa Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, § 154 Rn. 15. Schmidhäuser, FS OLG Celle, S. 207 (212). Vgl. auch dens., BT, 23 / 10. 26 Vgl. dazu und zum folgenden Schmidhäuser, FS OLG Celle, S. 207 (216 ff.). 27 Schmidhäuser folgert freilich aus der Erwartungshaltung des Richters eine entsprechende Pflicht des Zeugen; vgl. etwa dens., FS OLG Celle, S. 207 (212). Aus diesem Grund wird die hier vertretene Lehre zum Falschheitsbegriff – nach Schmidhäusers, ebenda, S. 237, eigener Begriffsbildung – Pflichttheorie genannt; vgl. insofern etwa Wessels / Hettinger, Rn. 744. Diese Reflexion einer Erwartungshaltung in einer vermeintlichen Individualpflicht ist indes zur Erfassung der strafgesetzlichen Wirkungsweise entbehrlich. Zur Kritik des Pflichtbegriffes in diesem Kontext bereits im 3. Kap. unter B. III. 2. und B. III. 3. Zu Verhaltenserwartung und Pflichtbegriff im Rahmen der §§ 153 ff. StGB eingehend NK / Vormbaum, Vor § 153 Rn. 14 ff. 28 So zutreffend Schmidhäuser, ebenda, S. 219. In diesem Sinne auch Otto, BT, § 97 Rn. 8 ff.; dens., JuS 1984, 161 (162). Ähnlich NK / Vormbaum, § 153 Rn. 80 ff.; sowie ders., Der strafrechtliche Schutz, S. 254 ff. Dem hier vertretenen Begriff der Falschheit stehen auch die sog. modifizierte objektive Theorie Rudolphis und die sog. modifizierte subjektive Theorie Willms’ nahe. Vgl. insoweit SK / Rudolphi, vor § 153 Rn. 40 ff.; bzw. LK10 / Willms, Vor § 153 Rn. 9 f. 24 25

A. Die versuchten Begehungsdelikte

227

d) Festzuhalten bleibt also, daß K im Fall 3 falsch ausgesagt hat i. S. des §§ 153 ff. StGB. Sie ist des Meineids gemäß § 154 I StGB schuldig. Eine derartige Konstellation ist keine Frage des Unrechts der versuchten Tat nach §§ 154, 22 StGB.29 4. a) Damit ist die dritte und letzte Problematik eines möglichen Versuchsdeliktes nach §§ 154, 22 StGB erreicht: Fall 4: Im Unterhaltsrechtsstreit wird die Kindesmutter K als Zeugin zu dem Beweisthema vernommen, ob sie während der Empfängniszeit außer mit dem mutmaßlichen Erzeuger E auch mit ihrem Liebhaber L geschlechtlich verkehrte. K antwortet wahrheitsgemäß, sie habe während der Empfängniszeit nicht mit L geschlechtlich verkehrt. Um im Rechtsstreit sicher zu obsiegen und das Gericht für sich einzunehmen, fügt K – ohne vom Gericht danach gefragt worden zu sein – hinzu, sie habe während der Empfängniszeit ausschließlich mit E verkehrt. Tatsächlich verkehrte sie jedoch in der fraglichen Zeit auch mit ihren Liebhabern M und N, was K bei ihrer Aussage auch bewußt war. Auf ihre Aussage hin wird K vereidigt.30

In der Jurisprudenz wird ein solches Geschehen als ,Spontanäußerung‘ bezeichnet.31 Welche strafrechtlichen Folgen eine Spontanäußerung nach sich zieht, hängt maßgeblich davon ab, inwieweit von K erwartet wird, wahr auszusagen. Die Reichweite dieser Erwartungshaltung des Gerichtes gegenüber K – gemeinhin als Wahrheitspflicht32 bezeichnet – wird durch den Vernehmungsgegenstand und damit durch die für die jeweilige Prozeßart maßgeblichen Regelungen bestimmt. Im Strafprozeß bildet die Tat i. S. des § 264 StPO den ,Gegenstand der Untersuchung‘ 29 Nach dem hier vertretenen Begriff der Falschheit einer Aussage kann ein Täter in keinem Fall die Falschheit seiner Aussage irrig annehmen. Er kann insofern nur ein Vollendungsdelikt nach § 154 I StGB oder § 163 I StGB begehen, nie aber ein Versuchsdelikt nach §§ 154, 22 StGB. Das von den Vertretern der objektiven Lehre zur Begründung ihrer Auffassung bemühte Argument, die §§ 153 ff. StGB selbst erzwängen einen objektiven Begriff der Falschheit, da nur ein solcher eine sachgerechte Anwendung auch der §§ 160, 163 StGB ermögliche (vgl. exemplarisch nur Joecks, Vor § 153 Rn. 5), verfängt hingegen nicht. Möglicher Bezugspunkt der Falschheit einer Aussage kann sowohl bei den Vorsatz- als auch bei den Fahrlässigkeitsdelikten in den §§ 153 ff. StGB nur die dem Betroffenen erreichbare Aussage sein, nie das ,wahre Geschehen an sich‘. Dementsprechend beruht die subjektive Zurechnung entweder darauf, daß der Täter bewußt das von ihm reproduzierbare Erlebnisbild nicht wiedergibt oder er sein Erinnerungsvermögen nicht gehörig bemüht, um so jenes Bild darzustellen. Es ist mithin keineswegs notwendig, wie von den Vertretern der objektiven Lehre – etwa Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 153 ff. Rn. 6 – behauptet, bei Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikten jeweils unterschiedliche Begriffe der Falschheit zu verwenden. Die subjektive Zurechnung bezieht sich in jedem Fall auf einen einheitlichen Begriff. 30 Wiederum ist dieses Beispiel dem der Entscheidung BGHSt 25, 244 (244 ff.) zugrunde liegenden Fall nachgebildet. Ähnlich bereits die Konstellation in BGHSt 3, 221 (221 ff.). 31 Siehe etwa Arzt / Weber, § 47 Rn. 34. Der Begriff der Spontanäußerungen im Rahmen der §§ 153 ff. StGB darf freilich nicht mit den sogenannten Spontanaussagen verwechselt werden, die ein Beschuldigter außerhalb der Vernehmung und aus freien Stücken macht; diesbezüglich sei auf KK / Diemer, § 252 Rn. 20, verwiesen. 32 Vgl. statt aller Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, Vorbem §§ 153 ff. Rn. 9 ff.

15*

228

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

nach § 69 I StPO. Vom Zeugen wird demgemäß erwartet, sein gesamtes Wissen hinsichtlich dieser Tat kundzutun.33 In einem Zivilprozeß wie dem Fall 4 wird gemäß §§ 358, 359, 360 ZPO der Vernehmungsgegenstand durch den Beweisbeschluß genau bestimmt. Nach diesem wird von K erwartet, eine wahre Aussage dahingehend zu tätigen, ob sie während der Empfängniszeit mit ihrem Liebhaber L geschlechtlich verkehrte. K verneint dies im Fall 4 vor Gericht wahrheitsgemäß. Ihre spontane Äußerung, sie habe während der Empfängniszeit ausschließlich mit E verkehrt, ist zwar falsch, doch überschreitet sie den Vernehmungsgegenstand. Nach ganz herrschender Ansicht fällt eine solche Aussage außerhalb des Beweisbeschlusses nicht unter die sogenannte Wahrheitspflicht,34 d. h. es wird von K nicht erwartet, diesbezüglich eine wahre Aussage zu tätigen.35 Dies gilt selbst dann, wenn – wie im Fall 4 – entscheidungserhebliche Tatsachen betroffen sind.36 Mithin tut K zwar eine Lüge kund, doch ist diese keine falsche Aussage i. S. des § 153 I StGB. K ist nicht der falschen uneidlichen Aussage schuldig. b) Nun leistet K im Hinblick auf ihre Ausführungen als Zeugin einen Eid. Eine Strafbarkeit nach § 154 I StGB scheitert zwar ebenso wie eine solche nach § 153 I StGB, doch bleibt die Frage offen, ob K nicht wegen versuchten Meineids nach § 154, 22 StGB zu bestrafen ist. aa) Dazu müßte der subjektive Versuchstatbestand verwirklicht sein. Gewiß entspricht es der Vorstellung der K, vor Gericht zu stehen und zu schwören, auch hat K eine Vorstellung dahingehend, daß das, was sie ungefragt vor Gericht bekundete, falsch ist. Stellt sich K darüber hinaus auch vor, eine Aussage zu machen? Diese Frage scheint einfach zu beantworten zu sein: Natürlich geht K davon aus, vor Gericht zu berichten, also eine Aussage zu machen. Indes seziert man in der herrschenden Versuchslehre auch hier das Vorstellungsbild der K:37 Nehme K irrig an, sie sei durch das Gericht gefragt worden, ob sie überhaupt mit jemandem außer E geschlechtlich verkehrt habe, dann stelle sich K tatsächliche Umstände vor, die, 33 Siehe dazu etwa NK / Vormbaum, § 153 Rn. 11. Wegen des sehr umfassenden Untersuchungsgegenstandes und der Maßgabe des § 261 StPO, wonach das Gericht seine Überzeugung aus dem Inbegriff der Verhandlung zu schöpfen hat, kommt dem Problem der Spontanäußerungen im Strafprozeß nahezu keine Bedeutung zu. Vgl. insofern LK11 / Ruß, Vor § 153 Rn. 20 a. 34 Vgl. insoweit die Fall 4 zugrunde liegende Entscheidung BGHSt 25, 244 (245 f.), sowie BGH NStZ 1982 464 (464). Aus dem Schrifttum seien Demuth, NJW 1974, 757 (757); Krey, BT 1, Rn. 560; Maurach / Schroeder, BT 2, § 75 Rn. 26; Paulus, S. 435 (452); LK11 / Ruß, Vor § 153 Rn. 20; Vormbaum, Der strafrechtliche Schutz, S. 248 f.; sowie Willms, JR 1978, 79 (79) genannt. 35 Etwa anders würde nur dann gelten, wenn der Vernehmungsgegenstand durch zusätzliche einschlägige Fragen an K erweitert wird gemäß der §§ 396, 397 ZPO; so ausdrücklich BGHSt 25, 244 (246). 36 Vgl. dazu die oben in Fn. 34 Genannten. Kritisch Otto, Jus 1984, 161 (164); SK / Rudolphi, Vor § 153 Rn. 25. 37 Vgl. etwa Demuth, NJW 1974, 757 (758); Herzberg, JuS 1980, 469 (477); Otto, Jus 1984, 161 (164).

A. Die versuchten Begehungsdelikte

229

wären sie Realität, ihre Äußerung zum Vernehmungsgegenstand gehören ließen. Sehe K demgegenüber selbst ihre Äußerung als nicht mehr vom Vernehmungsgegenstand erfaßt an und glaube sie gleichwohl, sie müsse trotzdem die Wahrheit sagen, dann überdehne sie lediglich ihre Wahrheitspflicht und begehe ein Wahndelikt. Wie bei der Tätervorstellung hinsichtlich der zuständigen Stelle i. S. des § 154 I StGB38 wird auch hier das Vermögen eines dem Handeln des Rechtsstabes Unterworfenen überbeansprucht, eine genaue Vorstellung von einem komplexen Tatbestandsmerkmal wie dem Vernehmungsgegenstand zu entfalten.39 Welche Vorstellung soll der Laie von einer Sache haben, deren Gehalt den §§ 358, 359, 360 ZPO entspringt? Im Fall 4 stellt sich K vor, vor Gericht zu berichten, weshalb sie glaubt, eine Aussage i. S. der §§ 153, 154 StGB zu machen. Warum sonst hätte sie angegeben, mit keinem Mann außer E geschlechtlich verkehrt zu haben? Der subjektive Tatbestand des versuchten Meineids ist erfüllt. bb) Ist nun nach den Grundsätzen der hermeneutischen Versuchskonzeption hinsichtlich des objektiven Versuchstatbestandes zu fordern, daß nicht nur ein Gericht bzw. eine zur Abnahme von Eiden zuständige Stelle tatsächlich vorliegt, sondern auch objektiv eine Aussage i. S. der §§ 153, 154 StGB – eine Äußerung im Rahmen des Vernehmungsgegenstandes – gemacht wird? Oder ist das Verhalten der K trotz der Nichterfüllung des Merkmals ,Aussage‘ strafwürdig, so daß der Gesetzgeber diese Versuchskonstellation unter Strafe gestellt hätte? Sicher ist wiederum, daß K die Rechtspflege angreift. Intention ihres Vorgehens ist es, durch einen falschen Bericht den Unterhaltsrechtsstreit in ihrem Sinne zu beeinflussen. Das Verhalten der K zu bewerten, heißt zu entscheiden, ob der Umstand, daß ihre falsche Bekundung keine ,Aussage‘ ist, dazu führt, daß ihre Handlungsweise nicht nur nicht dem Deliktstatbestand des § 154 I StGB entspricht, sondern darüber hinaus auch die notwendige Ähnlichkeit mit dem in § 154 I StGB beschriebenen Sachverhalt verliert. Bereits diese Beschreibung des Problemkreises trägt die Antwort in sich: Sinnvollerweise wird man in Fall 4 – im Gegensatz zu Fall 2 (b) und (c) – nicht behaupten können, das dort geschilderte Geschehen weiche vom Tatbild des § 154 I StGB nachhaltig ab. Entscheidend hierfür ist zunächst, daß K in der Tatsituation des § 154 I StGB agiert – sie steht als Zeugin vor einem Gericht. Innerhalb dieser Situation bekundet sie gegenüber dem Gericht einen falschen Sachverhalt und schwört im Anschluß an ihre Ausführungen, die Wahrheit gesagt zu haben. Die Handlungsweise der K bewegt sich mithin zur Gänze in der Milieubeziehung des § 154 I StGB. Mit dieser Milieubeziehung ist indes auch in Fall 4 das gesetzlich fixierte Tatbild des § 154 StGB gewahrt. Ist letzteres aber auch dann gewahrt, wenn die Bekundungen des Vernommenen keine Aussage i. S. der §§ 153, 154 StGB sind, kann nach den Grundsätzen der hermeneutischen Versuchskonzeption die Strafwürdigkeit des Verhaltens der K nicht in Zweifel gezogen werden.40 38 39

Dazu soeben unter A. I. 2. b) bb). In diesem Sinne auch Schlüchter, JuS 1985, 373 (378).

230

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Zur Begründung einer strafwürdigen versuchten Tat nach §§ 154, 22 StGB ist es mithin nicht erforderlich, daß der Täter tatsächlich aussagt i. S. der §§ 153, 154 StGB. Eine Aussage i. S. dieser Vorschrift ist damit keine notwendige Bedingung zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes des versuchten Meineids. cc) Im Fall 4 ist der objektive Versuchstatbestand erfüllt, da K zum einen unmittelbar angesetzt hat i. S. des § 22 StGB, zum anderen auch ein Gericht i. S. des § 154 I StGB vorliegt. c) K ist des versuchten Meineids nach §§ 154, 22 StGB schuldig.41 5. Festzuhalten bleibt hinsichtlich der Versuchsdelikte nach §§ 154 I, 22 StGB, daß zum objektiven Tatbestand auch des versuchten Meineids das Merkmal „vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ gehört.42 Damit wurde ein erster Vorschlag zur Handlungstypisierung einer versuchten Tat unterbreitet und der objektive Tatbestand des versuchten Meineids expliziert. 6. Gegen diese Explikation eines objektiven Versuchstatbestandes läßt sich nicht einwenden, die Vorschrift des § 23 III StGB bestimme, daß das objektive Fehlen derjenigen Tatumstände, die das Tatobjekt bzw. -mittel konstituieren, nie zum Ausschluß des Unrechts einer versuchten Tat führen dürfe. Richtig ist, daß § 23 III StGB dem Rechtsanwender e contrario aufgibt, grundsätzlich auch wegen untaug40 Hier zeigt sich deutlich, daß es nicht etwa das Grundprinzip der in dieser Abhandlung entwickelten Versuchskonzeption ist, stets den Bereich strafbaren Versuchens enger zu fassen, als dies die Vertreter der Eindruckstheorie tun. Nicht die restriktive Bestrafung versuchter Taten um jeden Preis ist die Maxime, sondern die rationale Begründung der Ahndung mißlungener Untaten. 41 Eine versuchte Tat bejahen auch BGHSt 25, 244 (245 f.); Arzt / Weber, § 47 Rn. 34 in und bei Fn. 29; Maurach / Schroeder, BT 2, § 75 Rn. 55; NK / Vormbaum, § 154 Rn. 48; Schlüchter, JuS 1985, 527 (528); Tröndle / Fischer, StGB51, § 154 Rn. 15; Willms, JR 1978, 78 (79); wohl auch Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, § 154 Rn. 15. Als Wahndelikt beurteilen die Konstellation in Fall 4 mangels der Erfüllung des subjektiven Versuchstatbestandes u. a. Demuth, NJW 1974, 757 (757 f.); Jakobs, AT, 25 / 39; Krey, BT 1, Rn. 560; Kühl, AT, § 15 Rn. 100. 42 Im 1. Kap. wurde im Abschnitt D. II. 2. a) aa) dargelegt, daß das kognitive Vorsatzmoment beim Versuchsdelikt aus der Vorstellung des Täters von tatsächlichen Umständen besteht, die, wenn sie vorlägen, den objektiven Tatbestand des jeweiligen Vollendungsdeliktes erfüllen würden. Dies führt etwa beim Versuchsdelikt nach §§ 154, 22 StGB zur Feststellung, daß auf der subjektiven Tatseite der Täter die Vorstellung haben muß, vor Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle falsch zu schwören. Auf Seiten des objektiven Versuchstatbestandes muß ein Gericht oder eine andere zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle tatsächlich vorliegen. Die Konsequenz hieraus ist nicht etwa, daß hinsichtlich des objektiven Tatumstandes ,Gericht‘ etc. die Kenntnis des Täters i. S. des § 16 I 1 StGB erforderlich ist, während bezüglich des falschen Schwörens die Vorstellung i. S. des § 22 StGB ausreichend ist, das kognitive Vorsatzmoment also ein Mix aus Kenntnis und Vorstellung wäre. Die Vorstellung der relevanten Tatumstände ist nach dem klaren Wortlaut des § 22 StGB notwendig, zugleich jedoch auch hinreichend für die Erfüllung des kognitiven Vorsatzmomentes. Auch nach der hier entwickelten Versuchskonzeption bedarf es somit keiner Teilkongruenz von objektiver und subjektiver Tatseite. Freilich sind diese Überlegungen rein theoretischer Natur.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

231

lichen Versuchens zu strafen. Dennoch darf der Vorschrift keine Umkehrregel – etwa entsprechend dem v. Burischen Fehlschluß43 – untergeschoben werden, nach der das objektive Vorliegen eines jeden Deliktstatbestandsmerkmals beim entsprechenden Versuchsdelikt bedeutungslos wäre. Welche objektiven Merkmale des Deliktstatbestandes beim Versuchsdelikt durch die Tätervorstellung ersetzbar sind und welche Eingang in den objektiven Versuchstatbestand finden müssen, ist mittels Analyse des jeweiligen Deliktstatbestandes zu klären, zu der der Gesetzgeber den Rechtsanwender durch die fragmentarische Ausgestaltung der versuchten Tat im Allgemeinen Teil des StGB auffordert. Ist das Unrecht einer versuchten Tat expliziert, ermöglicht § 23 III StGB dem Rechtsanwender auf der Rechtsfolgenseite den Weg zu einer außerordentlichen Strafmilderung.

II. Versuchte Personenstandsfälschung (§§ 169, 22 StGB) 1. Eine dem § 154 I StGB ähnliche deliktstatbestandliche Beschreibung enthält die Vorschrift des § 169 I StGB: Eine Personenstandsfälschung kann nur gegenüber ganz bestimmten Behörden begangen werden, namentlich gegenüber solchen, die „zur Führung von Personenstandsbüchern oder zur Feststellung des Personenstands“ zuständig sind. 2. Gleichwohl wird behauptet, auch derjenige begehe eine versuchte Tat nach §§ 169, 22 StGB, der den Personenstand eines anderen falsch angebe und dabei irrig annehme, er handele gegenüber einer Behörde i. S. des § 169 I StGB.44 Fall: Bei einem Behördenbesuch auf dem Einwohnermeldeamt gibt X den Personenstand eines anderen falsch an. Dabei nimmt X irrig an: (a) auch Einwohnermeldeämter führten Personenstandsbücher. (b) er befinde sich auf dem Standesamt.

Einwohnermeldeämter sind im Gegensatz zu den Standesämtern keine zur Führung von Personenstandsbüchern zuständigen Behörden.45 Aus diesem Grunde begeht X nach der hier entwickelten Versuchskonzeption weder in der Fallvariante (a) noch in der Fallvariante (b) eine versuchte Tat nach §§ 169, 22 StGB, da das Vorliegen einer der in § 169 I StGB genannten Behörden Merkmal des objektiven Versuchstatbestandes ist: Während § 169 StGB a. F.46 noch denjenigen mit Strafe bedrohte, der generell eine Veränderung des Personenstandes eines anderen herbeiführte,47 ist durch die Dazu bereits eingehend oben im 2. Kap. unter B. 1. und C. II. So u. a. LK10 / Dippel, § 169 Rn. 23; Schönke / Schröder / Lenckner, StGB, § 169 Rn. 11. 45 Vgl. etwa SK / Günther, § 169 Rn. 12. 46 Bis zur Neufassung durch das 4. StRG vom 23. 11. 1973 (BGBl. I 1725) lautete § 169 StGB: (1) Wer ein Kind unterschiebt oder vorsätzlich verwechselt, oder wer auf andere Weise den Personenstand eines anderen vorsätzlich verändert oder unterdrückt, wird mit Gefängnis 43 44

232

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Neufassung im Rahmen des 4. StRG der Anwendungsbereich der Vorschrift dahingehend beschränkt, daß nicht mehr prinzipiell das Herbeiführen mit einem Preis belegt wird, vielmehr das Strafwürdigkeitsurteil an ein Handeln gegenüber „einer zur Führung von Personenstandsbüchern oder zur Feststellung des Personenstandes zuständigen Behörde“ geknüpft wird. Wie in § 154 I StGB hat der Gesetzgeber damit das Fundament für das Tatbild dieses Deliktstatbestandes gelegt. Entscheidet sich nun aber der Gesetzgeber wie in § 169 I StGB dafür, das deliktische Handeln durch eine solche Milieubeziehung zu begrenzen, muß sich diese auch im Tatbild des entsprechenden Versuchsdeliktes widerspiegeln. Erklärte man das objektive Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „zur Führung von Personenstandsbüchern oder zur Feststellung des Personenstands zuständigen Behörde“ bei der versuchten Tat für bedeutungslos, konterkarierte dies jene gesetzgeberische Entscheidung. Der Gesetzgeber ordnet an, nur bei einem Handeln gegenüber den beschriebenen Behörden zu strafen, gleichwohl entschiede der Rechtsanwender: Es braucht nicht gegenüber einer zuständigen Behörde über den Personenstand getäuscht zu werden, es kann auch irgendeine Behörde sein oder etwa auch eine Hotelrezeption. Damit wird klar, daß im Beispielsfall das Verhalten des X über dessen bösen Willen hinaus nichts mit dem Typus zu tun hat, den der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 169 I StGB vor Augen hatte, gleich ob sich X wie in der Fallkonstellation (a) in einem Vorfeldirrtum oder wie in der Fallkonstellation (b) in einem umgekehrten Tatumstandsirrtum befindet.48 3. Festzuhalten bleibt, daß ohne die objektive Erfüllung des Merkmals „zur Führung von Personenstandsbüchern oder zur Feststellung des Personenstands zuständigen Behörde“ der objektive Versuchstatbestand der §§ 169, 22 StGB nicht erfüllt ist und keine versuchte Tat vorliegt. 4. Als ein erster Leitsatz zur Konkretisierung des Gebots der Tatbestandsähnlichkeit läßt sich nach der Analyse der §§ 154 I, 169 I StGB formulieren: Leitsatz 1: Das StGB kennt Handlungsweisen, deren Strafbarkeit der Gesetzgeber mit guten Gründen hätte weiter fassen können. Hierzu gehört etwa das falsche Schwören, das durchaus auch dann strafbar sein könnte, wenn es überhaupt gegenüber einer öffentlichen Stelle begangen wird, oder die falsche Angabe des Personenstandes, deren Strafbarkeit erst seit dem 4. StRG auf ein Handeln gegenüber einer zur Führung von Personenstandsbüchern oder zur Feststellung des Personenstands zuständigen Behörde beschränkt ist. Limibis zu drei Jahren und, wenn die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen wurde, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. 47 Eingehend dazu etwa Schönke / Schröder, StGB12, § 169 Rn. 5. 48 In der Fallkonstellation (a) würden freilich auch diejenigen Vertreter der Eindruckstheorie eine versuchte Tat verneinen, die – wie etwa Roxin, JZ 1996, 981 (986) – beim Vorfeldirrtum einen differenzierenden Standpunkt einnehmen: Da X in der Fallkonstellation (a) im Verweisungsbereich auf den Sammelbegriff der zuständigen Stelle irrt, erfüllt X nach der Lehre Roxins, ebenda, bereits den subjektiven Versuchstatbestand der §§ 169 I, 22 StGB nicht. Insgesamt zu den Vorfeldirrtümer innerhalb der Eindruckstheorie im 1. Kap. unter F. III. 4.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

233

tiert der Gesetzgeber jedoch dergestalt den Bereich strafbaren Verhaltens, gebietet es das Gesetzlichkeitsprinzip, diese Grenzen auch innerhalb des entsprechenden objektiven Versuchstatbestandes zu wahren. Diese strikte Orientierung am Gesetzlichkeitsprinzip ist die erste Ausformung der Gebots der Tatbestandsähnlichkeit.

III. Versuchte Hehlerei (§§ 259, 22 StGB) 1. Der Deliktstatbestand des § 259 I StGB benennt als Tatobjekt eine „Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat“. Die Problemkonstellation einer versuchten Hehlerei ist damit klar: Fall: Das Zimmermädchen Z bietet dem Antiquitätenhändler H eine goldene Uhr an. Auf die Frage des H, woher Z das schöne Stück denn habe, stottert Z nur herum und gibt keine Antwort. Daraufhin geht H davon aus, Z habe die Uhr gestohlen. Gleichwohl will sich H das gute Geschäft nicht entgehen lassen und kauft Z die Uhr ab. Tatsächlich hatte Z die Uhr von einem Hotelgast geschenkt bekommen.

Ganz im Einklang mit der herrschenden Versuchslehre entschied der BGH in einem ähnlich gelagerten Fall, daß auch derjenige der versuchten Hehlerei schuldig sei, der eine Sache ankaufe, von der er irrig annehme, sie sei gestohlen worden.49 2. Der subjektive Versuchstatbestand der §§ 259, 22 StGB ist im Beispielsfall erfüllt: H stellt sich Tatumstände vor, die, wären sie Wirklichkeit, den objektiven Tatbestand der Hehlerei erfüllen würden, insbesondere nimmt er an, die Uhr sei durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt worden. Darüber hinaus tätigt H den Kauf, um sich zu bereichern i. S. des § 259 I StGB. 3. a) Zu klären bleibt, ob auch der objektive Versuchstatbestand verwirklicht ist. Die notwendige Bedingung des unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung gemäß § 22 StGB ist erfüllt. Fraglich ist nun, ob das Verhalten des H trotz der Nichterfüllung des Merkmals „Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat“ strafwürdig ist. b) Wiederum steht der Rechtsanwender vor der Aufgabe, das Handeln des H selbst in einen Sinnzusammenhang einzubetten, und zwar genauso, wie dies der Gesetzgeber beim Vollendungsdelikt des § 259 I StGB demonstriert.

49 BGH NStZ 1992, 84 (84 f.). Entsprechende Entscheidungen finden sich darüber hinaus in RGSt 64, 130 (131 f.); KG JR 1966, 307 (307); BGH NStZ 1983, 264 (264); BGH wistra 1993, 264 (265). Die Literatur stimmt dem fast einhellig zu; vgl. insoweit etwa Gössel, BT 2, § 27 Rn. 53; Lackner / Kühl, StGB23, § 259 Rn. 19; LK11 / Ruß, § 259 Rn. 33; Maurach / Maiwald, BT 1, § 39 Rn. 43; Mitsch, § 10 Rn. 70; LK11 / Ruß, § 259 Rn. 40; MK-StGB / Lauer, § 259 Rn. 113; NK / Nelles, § 259 Rn. 50; Rengier, BT I, § 22 Rn. 41; Schönke / Schröder / Stree, StGB, § 259 Rn. 51; Tröndle / Fischer, StGB51, § 259 Rn. 25; Wessels / Hillenkamp, Rn. 833. Anders Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 196; Schmidhäuser, BT, 11 / 75.

234

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Der Deliktstatbestand beschreibt zunächst nichts anderes als ein bestimmtes Verhalten im Rahmen des Austauschs von Gütern: Eine Sache wird angekauft (bzw. sonst erworben) oder verkauft (bzw. sonst weiterveräußert) mit dem Ziel, das eigene Vermögen oder das eines Dritten durch die Transaktion zu mehren. Eine solche Handlungsweise ist als solche weder sozialschädlich noch wertneutral; unter kapitalistischen Produktions- und Austauschverhältnissen ist der Handel mit Gewinnerzielungsabsicht schlicht unabdingbar für das Funktionieren der Volkswirtschaft. Die Strafwürdigkeit einer solchen Tätigkeit könnte nicht widerspruchsfrei behauptet werden. Natürlich stellt der Gesetzgeber eine solche Behauptung auch nicht auf: Einen Preis hat nach § 259 I StGB derjenige zu zahlen, der zur Gewinnerzielung mit solchen Gegenständen handelt, die ein anderer gestohlen (etc.) hat. Das Tatbild wird mithin grundlegend vom Vorliegen einer solchen Vortat geprägt. c) Wäre es also vernünftig, wenn der Gesetzgeber folgendes Versuchsdelikt normierte? Wegen versuchter Hehlerei wird bestraft, wer eine Sache ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, und dabei irrig annimmt, die Sache habe ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt.

Selbstverständlich läßt sich sinnvoll davon sprechen, daß derjenige, dessen Verhalten dieser Norm entspricht, versucht zu hehlen.50 Aber dennoch weist ein solches Verhalten nicht die notwendige Ähnlichkeit mit dem in § 259 I StGB fixierten Handeln auf: Statt der Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage liegt eine vollkommen alltägliche Handlungsweise vor, die nur sehr schwer als strafwürdiger Angriff auf ein Rechtsgut begriffen werden kann. Diese Argumentation gegen eine versuchte Tat appelliert freilich bis hierher mehr an die intuitive Evidenz der Richtigkeit einer solchen Wertung. Eine fundierte Begründung erfordert es, dem eben verwandten Kriterium des ,strafwürdigen Angriffs‘ Kontur zu verleihen. Der Angriff auf ein Rechtsgut begründet die grundsätzliche Strafwürdigkeit einer jeden vorsätzlichen Tat.51 Während bei einer vollendeten Tat die Verletzung des Tatobjektes durch den Täter im Mittelpunkt der Ahndung – der Zahlung des entsprechenden Preises – steht, verlangt der auch in einer versuchten Tat enthaltene Angriff auf ein Rechtsgut nach einer Sanktion, weil trotz des Scheiterns der Untat die dem Angriff zugrunde liegende betätigte Intention des Täters von der Gemeinschaft als bedrohlich empfunden wird. Diese Handlungsintention, mit der der Täter seinen Angriff unternimmt, und die Applikation des normativen Attributs ,bedrohlich‘ auf jene Intention bilden den Schlüssel zum näheren Verständnis der Kategorie ,strafwürdiger Angriff‘. Die Handlungsintention bedarf daher der genauen Analyse. 50 51

Dazu bereits im 5. Kap. unter D. 4. Vgl. dazu oben im 1. Kap. unter B. I. und im unter 5. Kap. A. 1.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

235

Welche Intention betätigt H im Beispielsfall? H’s Profession besteht darin, Antiquitäten anzukaufen und zu verkaufen. Z bietet ihm eine goldene Uhr an. Fragte man H nach den Gründen, warum er die Uhr ankauft, so würde er antworteten: „Ich kaufe die Uhr an, weil ich hierin ein gutes Geschäft sehe.“ Dieses Geschäft will er sich nicht entgehen lassen. Des seltsamen Verhaltens der Z wegen geht H dabei davon aus, es handele es sich um eine gestohlene Uhr. Gleichwohl ist seine Intention nicht etwa darauf gerichtet, gerade eine gestohlene Uhr anzukaufen. Die Warum-Frage und H’s Weil-Antwort, mit deren Hilfe sich seine Intention beschreiben läßt,52 würde nicht etwa lauten: „Ich kaufe die Uhr an, weil ich sie für gestohlen halte.“ Den Kauf tätigt H vielmehr wegen des guten Geschäftes. Die Richtigkeit dieser Intentionsbeschreibung zeigt eine Umkehrprobe: Z ist im Ausgangsfall gesprächiger und erklärt H die tatsächliche Herkunft der Uhr. Würde H darauf antworten: „Wenn die Uhr nicht gestohlen ist, kaufe ich sie auch nicht an!“? Das ist absurd. Selbst der gerissenste Hehler kauft Sachen nicht deshalb an, weil sie gestohlen sind, sondern weil gestohlene Sachen – ob der Schleuderpreise, mit denen sie gemeinhin angeboten werden – gute Geschäfte versprechen.53 Damit läßt sich zugleich der Bezug der Handlungsintention für das in § 259 I StGB fixierte Vollendungsdelikt verallgemeinern: Die Intention eines Hehlers ist typischerweise auf das Ankaufen, Absetzen, Absetzen helfen, Verschaffen einer Sache gerichtet. Was jedoch ist das Bedrohliche an einer solchen Intention, was ist zu befürchten? Bedrohlich ist die Betätigung einer solchen Intention dann, wenn sie sich auf das Ankaufen etc. einer Sache bezieht, die aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten rechtswidrigen Tat stammt, weil damit eine rechtswidrige Besitzlage perpetuiert wird, weil sich ein Hehler nicht scheut, eine Sache anzukaufen, obwohl diese gestohlen wurde.54 52 Zu ,Warum‘, ,Obwohl‘ und ,Weil‘ als Elementen sprachphilosophischer Beschreibung von Intentionen grundlegend Anscombe, §§ 5 – 9. 53 Eine solche handlungshermeneutisch fundierte Analyse der Täterintention findet sich erstmals bei Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 187 ff. 54 Die hier und im weiteren Verlauf der Untersuchung gestellte Frage nach typischen Intentionen, mit denen Täter zu handeln pflegen, darf nicht etwa zur der Annahme verleiten, nur absichtliches Handeln könne eine versuchte Tat begründen. Bei der Analyse typischer Handlungsintentionen geht es jeweils um die Überlegung, welche der in einem Deliktstatbestand geschilderten Modalitäten auch bei einer versuchten Tat objektiv vorliegen müssen, um die notwendige Ähnlichkeit zum Vollendungsdelikt zu wahren. Diese bei der Untersuchung einzelner Deliktstatbestände jeweils aufzuwerfende Frage nach typischen Täterintentionen ist keine Problematik der subjektiven Zurechnung. Für letztere bleibt es dabei, daß der dolus eventualis für eine versuchte Tat ausreichend ist (vgl. dazu im 1. Kap. unter D. II. 2. c)), solange der entsprechende Deliktstatbestand nicht die Notwendigkeit des Handelns mit direktem Vorsatz statuiert. Mit der generalisierenden Analyse tattypischer Handlungsintentionen soll – ohne Bezug zum subjektiven Versuchstatbestand – die Frage geklärt werden, inwiefern erst das Vorliegen objektiver Tatumstände die Willensrichtung des Täters typischerweise zu einer bedrohlichen macht. Beide Fragenkreise sind logisch und normativ eigenständig. Der Tatvorsatz ist als Bestandteil des Straftatbegriffs ein Prinzip subjektiver Zurechnung, während die Handlungsintention als protostrafrechtliche Kategorie dem Verstehen der Deliktstatbestände dienlich ist. Ebensowenig darf das Prädikat ,bedrohlich‘ mit einem Gefahr- oder

236

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Genau dieser Umstand, der die in § 259 I StGB erfaßte Täterintention zu einer bedrohlichen erhebt, fehlt im Beispielsfall, weshalb das Handeln des H von dem in § 259 I StGB geschilderten Typus der Rechtsgutsverletzung so weit abweicht, daß es an einer Ähnlichkeit dieses Geschehens zum Vollendungsdelikt in § 259 I StGB mangelt. Ein gesetzlich fixiertes Versuchsdelikt ,Versuchte Hehlerei bei irriger Annahme einer aus einer Vermögensstraftat stammenden Sache‘ – wie es zu Beginn dieses Abschnittes formuliert wurde – wäre entsprechend diesen Erkenntnissen wenig vernünftig, da es bei dem dort erfaßten Verhalten gerade an der typischerweise bedrohlichen Intention des Täters fehlt. Natürlich sind Fälle vorstellbar, in denen sich die Intention des Agierenden darauf richtet, gerade eine gestohlene Sache anzukaufen, etwa weil nicht das gute Geschäft den Täter lockt, sondern dieser auf den besonderen ,Kick‘ aus ist, eine gestohlene Sache zu besitzen. Auch eine solche Intention könnte als bedrohlich bezeichnet werden, da sie die Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage eigens zum Ziel hat. Doch derlei Intentionen sind exzeptionell. Da der Gesetzgeber jedoch bei der für die Formulierung eines Deliktstatbestandes notwendigen Verallgemeinerung Verhaltensweisen erfassen muß, die realistischerweise in erheblicher Zahl anzutreffen sind, eignet sich eine derart außergewöhnliche Intention nicht als Anknüpfungspunkt für ein Versuchsdelikt. d) Die durch den Deliktstatbestand des § 259 I StGB beschriebenen Angriffe auf das Vermögen, etwa das Ankaufen oder Absetzen, haben nach alledem nur dann die Bedeutung eines sozialschädlichen Verhaltens, wenn sie in den Sinnzusammenhang des Umgangs mit einer durch eine Vermögensstraftat erlangten Sache eingebettet sind und auch eingebettet bleiben. Dies bedeutet aber zugleich, daß die für eine versuchte Tat notwendige Tatbestandsähnlichkeit zum Vollendungsdelikt nur dann gewahrt wird, wenn das Tatobjekt tatsächlich aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten rechtswidrigen Tat stammt.55 4. Im Ausgangsfall ist H daher mangels Erfüllung des objektiven Versuchstatbestandes der §§ 259, 22 StGB nicht der versuchten Hehlerei schuldig, da das Deliktstatbestandsmerkmal des § 259 I StGB „Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat“ auch Merkmal des objektiven Tatbestandes des Versuchsdeliktes nach §§ 259, 22 StGB ist. 5. a) Ein Vergleich der Überlegungen zu §§ 259, 22 StGB mit dem im Leitsatz 1 formulierten Prinzip56 weist die Unterschiede in der Argumentation auf: Im Rahmen der – eher von einem theoretisch-hermeneutischen Begriffsverstehen geprägGefährlichkeitsmoment gleichgesetzt werden, wie es von Vertretern objektiver Versuchslehren als Bestandteil des objektiven Versuchstatbestandes eingefordert wird. 55 In diesem Sinne auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 196. 56 Oben unter A. II. 4.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

237

ten – Analyse der §§ 154 I, 169 I StGB war es die strikte Orientierung am Gesetzlichkeitsprinzip, die die Limitierung strafbaren Verhaltens auch im Rahmen der jeweiligen Versuchsdelikte einforderte. Der Gesetzgeber beschränkt etwa in § 154 I StGB die Strafe wegen Meineids auf ein falsches Schwören vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle. Wegen versuchten Meineids auch dann zu strafen, wenn nicht objektiv gegenüber einer solchen Stelle gehandelt wird, konterkariert jene gesetzgeberische Entscheidung. b) Bei §§ 259, 22 StGB indes ist es nicht eine solche Akzeptanz originärer deliktstatbestandlicher Grenzen, die das objektive Vorliegen einer aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten rechtswidrigen Tat stammenden Sache fordert. Entscheidend ist dort vielmehr – im Zuge eines mehr praktisch-hermeneutischen Handlungsverstehens – die Überlegung, daß erst der tatsächliche Umgang mit einer Sache aus einer Vermögensstraftat dem Geschehen überhaupt den Charakter eines sozialschädlichen und damit strafrechtlich relevanten Tuns gibt: Erst das objektive Vorliegen einer aus einer Vermögensstraftat stammenden Sache verleiht der auf ein Ankaufen etc. gerichteten Täterintention die Bedrohlichkeit, die den Angriff zu einem strafwürdigen macht. c) Dieses zweite Prinzip der Konkretisierung des Gebots der Tatbestandsähnlichkeit gilt es im Folgenden weiter zu exemplifizieren.

IV. Versuchte Geldwäsche (§§ 261, 22 StGB) 1. Die Deliktstatbestände der Geldwäsche nach § 261 I 1, II StGB sind dem der Hehlerei nach § 259 StGB insofern ähnlich, als auch sie ein gleichartig normiertes Tatobjekt enthalten, namentlich „einen Gegenstand, der aus einer in Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat herrührt“. Für eine versuchte Geldwäsche stellt sich damit die entsprechende Frage wie bei der versuchten Tat nach §§ 259 I, 22 StGB. Fall: B wurde im erstinstanzlichen Verfahren wegen Bestechlichkeit gemäß § 332 I StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Er beauftragt den als Experten ausgewiesenen Verteidiger V, Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil einzulegen. Den von V verlangten Vorschuß in Höhe von 5.000 Euro legt B mit einem süffisanten Grinsen in bar auf den Schreibtisch des Verteidigers und sagt, er habe schließlich in letzter Zeit genügend Nebeneinkünfte erzielt. V geht daraufhin davon aus, das Geld stamme aus der an B gezahlten Bestechungssumme. Dennoch nimmt V den Betrag als Vorschuß auf sein Honorar entgegen. Die 5.000 Euro hat B indes von seiner Großmutter geschenkt bekommen, damit sich B einen ordentlichen Anwalt nehmen könne.

2. In Betracht kommt insoweit eine versuchte Tat nach §§ 261 II Nr. 1, 22 StGB,57 da V annimmt, er verschaffe sich mit dem Vorschuß Geld, das aus einer 57 BGH NJW 2001, 2891 (2891 ff.), entschied, daß Strafverteidiger nicht durch eine einschränkende Auslegung vom Anwendungsbereich des § 261 StGB auszunehmen sind. Damit widersprach der BGH einem anderweitigen Urteil des OLG Hamburg, NJW 2000, 673

238

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Katalogtat des § 261 I 2 Nr. 2 a) StGB stammt. Freilich ist – gemäß den Grundsätzen einer hermeneutischen Versuchskonzeption – für den objektiven Versuchstatbestand nach §§ 261 II Nr. 1, 22 StGB zu fordern, daß das Tatobjekt tatsächlich aus einer Katalogtat des § 261 I 2 StGB herrührt.58 Wenn § 261 II Nr. 1 StGB als strafbewehrte Verhaltensweise das ,Verschaffen eines Gegenstandes‘ beschreibt, knüpft der Gesetzgeber wiederum an eine wertneutrale, ja nahezu nichtssagende Verhaltensweise an. Sie – und erst recht das unmittelbare Ansetzen zu ihr – als strafwürdiges Tun zu begreifen, ist nur im Kontext des tatsächlichen Umgangs gerade mit solchen Gegenständen möglich, die aus einer Katalogtat des § 261 I 2 StGB herrühren. Die gesetzgeberische Fixierung eines Versuchstatbestandes ,versuchte Geldwäsche bei irriger Annahme eines Gegenstandes‘ wäre dementsprechend ebensowenig angebracht wie das Vertypen einer versuchten Hehlerei bei irriger Annahme einer gestohlenen (etc.) Sache.59 Essentieller Bestandteil des Tatbildes in § 261 II Nr. 1 StGB ist daher die objektive Herkunft des entsprechenden Gegenstandes aus einer rechtswidrigen Tat i. S. des § 261 I 2 StGB. Im Beispielsfall weist das Verhalten des V – trotz der Erfüllung des subjektiven Versuchstatbestandes – nicht die notwendige Ähnlichkeit zu dem in § 261 II Nr. 1 StGB fixierten Tatbild auf, weshalb der objektive Versuchstatbestand nicht erfüllt ist und eine versuchte Tat ausscheidet.60 3. Auf diese Weise ist es möglich, die „groteske Weite der Kriminalisierung“61 in § 261 StGB sinnvoll zu beschränken: Neben der Vollendungs- und der Versuchsstrafbarkeit läßt § 261 V StGB bekanntlich auch Leichtfertigkeit hinsichtlich der Herkunft eines Gegenstandes aus einer Katalogtat nach § 261 I 2 StGB ausreichen. Einen Preis hat damit unter Umständen auch derjenige zu zahlen, der sich über die Herkunft eines Gegenstandes überhaupt keine Gedanken macht. Eine solche ,Nachforschungspflicht‘ kann, beschränkt man die strafbare versuchte Geldwäsche nicht auf Fälle des tatsächlichen Umgangs mit Gegenständen aus einer Katalogtat, unversehens in eine Strafbarkeitsfalle führen: Ist der Einzelne vorsorglich besonders mißtrauisch und befürchtet infolgedessen voreilig die Herkunft des Gegenstandes aus einer Katalogtat, führt das Interesse an der Vermeidung der Strafe nach § 261 V StGB zur Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchs der Geldwäsche. Da(673 ff.). Vgl. zur breiten Diskussion um diese Frage etwa Hamm, NJW 2000, 636 (636 ff.); sowie Katholnigg, NJW 2001, 2041 (2042 ff.). 58 Hingegen für untauglichen Versuch etwa Lackner / Kühl, StGB23, § 261 Rn. 11; LK11 / Ruß, § 261 Rn. 19; MK-StGB / Neuheuser, § 261 Rn. 91. 59 Dazu soeben unter A. III. 3. c). 60 Diese Erwägungen sind auf die tatbestandlichen Beschreibungen des § 261 II Nr. 2 StGB – Verwahren bzw. Verwenden eines Gegenstandes – ebenso zu übertragen, wie auf die Tathandlungen nach § 261 I 1 StGB. 61 So die Wendung von Maurach / Maiwald, BT 2, § 100 Rn. 39. Kritisch insofern auch Lampe, JZ 1994, 123 (131). Generell ablehnend zur Versuchsstrafbarkeit bei § 261 StGB Meinecke, S. 108.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

239

gegen mag man einwenden, der Einzelne solle eben in jedem Fall die Finger von Gegenständen mit zweifelhafter Herkunft lassen. Daß dies im sozialen Leben indes nicht so einfach zu bewerkstelligen ist, zeigt etwa die Diskussion um die Strafbarkeit von Strafverteidigern nach § 261 StGB im Falle der Annahme von Honoraren, die aus einer Katalogtat des § 261 I 2 StGB stammen.62

V. Versuchter Totschlag (§§ 212, 22 StGB) 1. a) Ist es bei der versuchten Hehlerei nach §§ 259, 22 StGB notwendig, daß objektiv eine Sache vorliegt, die aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten rechtswidrigen Tat stammt, so ließe sich daraus schließen, als versuchter Totschlag nach §§ 212, 22 StGB könne nur ein solches Handeln gewertet werden, das sich auch tatsächlich gegen einen Menschen richtet. Indes wäre eine solche Argumentation von einem Formalismus getragen, dem in dieser Abhandlung gerade entgegengetreten werden soll. Jede formelartige Lösung würde den unterschiedlichen hermeneutischen Gehalt etwa des § 212 StGB und des § 259 StGB verkennen: Entspringt der Sinngehalt eines strafwürdigen Tuns bei der (versuchten) Hehlerei aus dem Umgang mit einer gestohlenen Sache, erhält der versuchte Totschlag seinen Sinngehalt nicht erst aus dem Handeln gegenüber einem objektiv präsenten Menschen. Der Handlungsbeschreibung ,töten‘ ist bereits per se eine rechtsgutsverletzende Tendenz eigen. Dies gilt es auszuführen. Fall 1: Um seinen Widersacher W zu töten, schießt T mit seiner Flinte durch das geöffnete Fenster von W’s Schlafzimmer in das Bett, in dem T den schlafenden W vermutet. Das Bett indes ist leer, da W auswärts nächtigte.

b) Während die Vorstellung des T den subjektiven Tatbestand des versuchten Totschlags zweifellos erfüllt, ist fragwürdig, ob das Tatbestandsmerkmal ,Mensch‘ des § 212 I StGB Eingang in den objektiven Versuchstatbestand nach §§ 212, 22 StGB finden sollte. c) Fragte man T im Fall 1 nach dem Warum seines Tuns, so würde er ohne Zweifel antworten: „Ich schieße auf das Bett, weil ich W töten will.“ Klärte man T auf, daß W doch tatsächlich nicht im Bett liegt, wäre T’s Antwort nicht etwa: „Ich schieße trotzdem, ob nun ein Mensch im Bett liegt oder nicht.“ Er ließe vielmehr von seinem Tun ab, da seine Handlungsintention darauf gerichtet ist, gerade einen Menschen zu töten. T will nicht etwa in ein Bett schießen, ob nun ein Mensch darin liegt oder nicht. Er will schießen, weil er den im Bett vermuteten Menschen töten will. Deutlich wird bereits hier, daß sich die für § 212 I StGB charakteristische Intention nicht auf ein ,töten wollen‘ beschränkt, so wie die Handlungsintention in § 259 I StGB typischerweise auf das Ankaufen etc. bezogen ist. Um dies zusätzlich zu illustrieren, soll folgende Abwandlung des Falles 1 gebildet werden: 62

Vgl. diesbezüglich die Hinweise in Fn. 57.

240

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Fall 12: ,Wie in Fall 1 zielt T durch das geöffnete Fenster von W’s Schlafzimmer auf das Bett, in dem T den schlafenden W vermutet. Wiederum nächtigt W auswärts, jedoch krabbelt in seinem Bett eine Katze. T schießt auf die sich bewegende Bettdecke und trifft die Katze.

Hätte man T beim Zielen auf die Bettdecke mitgeteilt, dort bewege sich eine Katze und nicht W, wäre T’s Reaktion sicher nicht gewesen: „Eine Katze tut es auch als Ziel, Hauptsache ich töte.“ T hätte von der Tat abgelassen, denn es kommt ihm nicht auf den Tod eines Lebewesens überhaupt, sondern auf den Tod eines (bestimmten) Menschen an. Diese Konstellation zeigt noch einmal, daß es bei der Handlungsbeschreibung in § 212 I StGB nicht um ein bloßes ,Töten‘ geht.63 Dem Tattypus des Totschlages entspricht es, daß es dem Täter darauf ankommt, einen Menschen zu töten. Bereits hierdurch wird die Intention zu einer bedrohlichen, nicht erst dadurch, daß ein Mensch objektiv davon betroffen ist. Der Täter nimmt eine Tötungshandlung nicht vor, obwohl ein Mensch davon betroffen ist, sondern weil er einen Menschen anvisiert. Genau aus diesem Grund ist bereits die betätigte Intention, einen Menschen zu töten, bedrohlich. d) In Konstellationen wie dem Fall 1, in denen ein Mensch objektiv nicht betroffen ist, bleibt vom Tatbild des Totschlags eine Handlungsweise, die davon getragen ist, einen Menschen zu töten und die bereits aus diesem Grund strafwürdig ist. Die notwendige Tatbestandsähnlichkeit zum Vollendungsdelikt weist eine versuchte Tat nach §§ 212, 22 StGB mithin schon dann auf, wenn zu einer Tötungshandlung unmittelbar angesetzt wird, obwohl das Tatobjekt objektiv nicht vorhanden ist. Das Tatbestandsmerkmal ,Mensch‘ des § 212 I StGB gehört damit nicht dem objektiven Versuchstatbestand nach §§ 212, 22 StGB an. Im Fall 1 ist T daher des versuchten Totschlags schuldig. 2. Ebensowenig wie für die Annahme eines versuchten Totschlags ein Mensch objektiv vom unmittelbaren Ansetzen zur Tötungshandlung betroffen sein muß, ist es erforderlich, daß die auf die Tötung eines Menschen gerichtete Handlung – wie auch immer – geeignet ist, den Taterfolg zu zeitigen. Fall 2: Wie in Fall 1 will T mit seiner Flinte auf den im Bett schlafenden W schießen. Als T abdrückt, merkt er, daß das Gewehr ungeladen ist.

T hat auch hier einen versuchten Totschlags begangen. Entscheidend ist insoweit gleichermaßen wie bei Fall 1, daß die betreffende Handlung die alleinige Bedeutung hat, einen Menschen zu töten und bereits das unmittelbare Ansetzen zu einer solchen Handlung bedrohlich und damit strafwürdig ist. Mehr verlangt das Gebot der Tatbestandsähnlichkeit nicht. Natürlich wäre es über ein Gefahr- oder Gefährlichkeitsmoment möglich, das Versuchsdelikt noch stärker an das entsprechende Vollendungsdelikt heranzuführen. Doch könnte dies – es wurde bei der Kritik der objektiven Versuchslehren aufgezeigt64 – nur eine Forderung de lege ferenda sein. 63 64

Vgl. diesbezüglich wiederum Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 190 f. Im 4. Kap. unter B.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

241

3. Hinreichende Bedingung für die Erfüllung des objektiven Versuchstatbestandes nach §§ 212, 22 StGB ist es mithin, daß zu einer Handlung unmittelbar angesetzt wird, die um der Tötung eines Menschen willen vorgenommen wird.65 Dies mag bei gleichzeitigen bzw. besonders krassen Mängeln des Objektes und der Tathandlung – etwa dem Schuß mit einer ungeladenen Flinte auf einen irrig für einen Menschen gehaltenen Baumstumpf – zu einer Kumulierung von Defiziten im Tatbild führen, die an die Grenze dessen führen, was noch sinnvollerweise als Tatbestandsähnlichkeit begriffen werden kann. Indes bleibt auch für solche extremen Konstellationen de lege lata nur der Weg über § 23 III StGB. 4. Als formelartige Richtschnur kann – auf der Basis der handlungshermeneutischen Erwägungen – festgehalten werde, daß im Rahmen der Analyse von Deliktstatbeständen die Unterscheidung zwischen solchen gesetzgeberischen Handlungsbeschreibungen möglich ist, die ihrer tatbestandlichen Ausformung nach bereits per se eine rechtsgutsverletzende Tendenz haben, und solchen Handlungsbeschreibungen, bei denen der Gesetzgeber eine wertneutrale Handlung beschreibt, die ihre rechtsgutsverletzende Tendenz und damit ihre rechtliche Relevanz erst dadurch erhalten, daß sie gegenüber einem bestimmten Tatobjekt vorgenommen werden. Eine derartige Distinktion ist beim Vollendungsdelikt irrelevant. Beim Versuchsdelikt indes – für dessen Konkretisierung der Rechtsanwender den objektiven Tatbestand erst zu bilden hat – ist sie für die Entscheidung darüber notwendig, ob ein Verhalten trotz des objektiven Fehlens eines Deliktstatbestandsmerkmals noch strafrechtliche Relevanz besitzt, weil es die notwendige Ähnlichkeit zum Vollendungsdelikt aufweist.

VI. Versuchte Unterschlagung (§§ 246, 22 StGB) 1. In die Problemkonstellation der versuchten Unterschlagung wurde schon eingeführt.66 Fall: Zur Sicherung einer Darlehensschuld einigen sich der Darlehensgeber G und der Darlehensnehmer N auf eine Sicherungsübereignung des dem N gehörenden Pkw. Die Übereignung scheitert, da N und G kein Besitzkonstitut nach § 930 BGB vereinbaren. Nach der Einigung verkauft und übergibt N den Pkw an einen Dritten D, obwohl er von der Wirksamkeit der Sicherungsübereignung überzeugt ist.67

Ist N der versuchten Unterschlagung gemäß §§ 246, 22 StGB schuldig?68

65 Entsprechend verhält es sich etwa auch bei der versuchten Körperverletzung nach §§ 223, 22 StGB und dem versuchten Schwangerschaftsabbruch gemäß §§ 218, 22 StGB. 66 Vgl. dazu und zur Beurteilung dieser Fallkonstellation durch die herrschende Versuchslehre oben im 1. Kap. unter F. III. 4. 67 Einen solchen Fall hatte das OLG Stuttgart, NJW 1962, 65 (65 f.), zu beurteilen. 68 Das OLG Stuttgart, ebenda, bejahte dies. Für eine versuchte Tat auch Maurach / Maiwald, BT 1, § 34 Rn. 39. Ein Wahndelikt nimmt beispielsweise Jakobs, AT, 25 / 42, an.

16 Maier

242

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

2. Der subjektive Versuchstatbestand ist erfüllt: N irrt in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände – insbesondere in Kenntnis der fehlenden Abrede eines Besitzkonstituts – über die Rechtswirksamkeit der Übereignung nach §§ 929, 930 BGB. Dabei handelt es sich um Normen im Vorfeld des Unterschlagungstatbestandes. Aufgrund dieser Fehlannahme hat N die Vorstellung, er übereigne eine für ihn fremde Sache an den Dritten. Dies ist hinreichend, nimmt N doch damit an, er verwirkliche diejenigen Tatumstände, die den Deliktstatbestand des § 246 I StGB erfüllen würden. 3. a) Auf der Seite des objektiven Versuchstatbestandes setzt N zunächst unmittelbar zur Zueignung des Pkw an. b) Fraglich ist, ob das Kriterium der Tatbestandsähnlichkeit es erfordert, daß eine fremde (bewegliche) Sache i. S. des § 246 I StGB tatsächlich vorliegt und damit Merkmal des objektiven Versuchstatbestandes ist. Das ist dann der Fall, wenn ein Verhalten wie das des N nur unter der Bedingung als strafwürdiger Angriff auf ein Rechtsgut zu verstehen ist, daß Handlungsobjekt gerade eine fremde Sache ist. Ein Vergleich mit den bereits analysierten Konstellationen des (versuchten) Totschlags und der (versuchten) Hehlerei macht dabei einmal mehr die Wertungsmaßstäbe deutlich: Beim Totschlag ist schon der tatbestandlichen Beschreibung ,töten‘ ein solcher Unwert eigen, daß die auf eine Tötung gerichtete Handlung unabhängig davon strafwürdig ist, ob tatsächlich ein Mensch von ihr betroffen ist. Bei der Hehlerei hingegen weist die normierte Handlung selbst keinen Unwert auf. Strafwürdig und als versuchte Hehlerei strafbar ist nur eine Handlungsweise, die objektiv auf eine Sache gerichtet ist, die durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt wurde. Ist der Ausgangsfall nun eher dem Versuchsdelikt nach §§ 212, 22 StGB oder eher dem nach §§ 259, 22 StGB ähnlich? Ist etwa auch eine Zueignungshandlung i. S. des § 246 I StGB nur dann als versuchte Unterschlagung strafwürdig, wenn sie objektiv auf eine fremde Sache gerichtet ist? Dies ist zu verneinen. c) Zur Begründung sei wiederum die Handlungsintention des N im Ausgangsfall näher betrachtet: Die Transaktion mit D wird von der Intention des N getragen, G – den N für den Eigentümer hält – aus dessen Herrschaftsposition zu verdrängen. Gerade weil N annimmt, die Sache sei für ihn fremd, betätigt er den Zueignungsentschluß. Dem kann auch nicht mit dem Argument begegnet werden, N hätte den Pkw gewiß auch dann an D veräußert, wäre ihm seine Eigentümerposition bekannt gewesen. Dies würde nämlich bedeuten, daß N seine Intention des ,Sich-Zueignens‘, deren notwendiger Bestandteil die Verdrängung des vermeintlichen Eigentümers D ist, aufgäbe und einen grundsätzlich anderen Entschluß faßte. Die für § 246 I StGB typische Intention ist daher, sich wie der Eigentümer zu gerieren, weil die Sache, deren Zueignung angestrebt wird, als im Eigentum eines anderen stehend angesehen wird. Weil in den Rechtskreis eines anderen um der Zueignung willen eingegriffen werden soll, ist die für § 246 I StGB typische Intention bedrohlich.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

243

d) Mit dem Tatbestandsmerkmal ,sich zueignen‘ erfaßt der Gesetzgeber demnach eine Handlungsweise, bei der der Täter sich selbst an die Stelle des dinglich Berechtigten setzt und sich dessen Organisationshoheit anmaßt. Die Tathandlung selbst beschreibt mithin einen unmittelbaren Eingriff in rechtlich geschützte Positionen eines anderen. Das ,sich zueignen‘ in § 246 I StGB ähnelt dementsprechend eher dem ,töten‘ in § 212 I StGB als dem ,ankaufen‘ in § 259 I StGB. Das Strafwürdigkeitsurteil ist infolgedessen an die rechtsgutsverletzende Tendenz der Vornahme einer Zueignungshandlung zu knüpfen. Des objektiven Vorliegens einer fremden Sache bedarf es für die Annahme einer versuchten Unterschlagung nicht.69 e) Demgegenüber könnte nicht dem Leitsatz 1 gemäß eingewandt werden, der Gesetzgeber wollte mit der Beschreibung des Tatobjekts als einer fremden Sache die Strafbarkeit begrenzen, so wie er etwa in § 154 I StGB den Meineid auf ein Schwören gerade vor Gericht bzw. vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle begrenzt. Die Ausgestaltung eines Eigentumsdeliktes ohne die tatbestandliche Bezugnahme auf das Eigentum anderer hätte keinen weiter gefaßten Bereich strafbaren Verhaltens zum Inhalt; eine solche Ausgestaltung wäre kein Delikt zum Schutze des Eigentums mehr. 4. Festzuhalten bleibt, daß das Deliktstatbestandsmerkmal ,fremde Sache‘ gemäß § 246 I StGB nicht zum objektiven Versuchstatbestand nach §§ 246, 22 StGB gehört. Im Ausgangsfall ist N daher der versuchten Unterschlagung schuldig.

VII. Versuchter Diebstahl (§§ 242, 22 StGB) 1. Geht man von der Unterschlagung zum Diebstahl über, bleibt nur festzuhalten, daß auch hinsichtlich des versuchten Diebstahls nicht zu fordern ist, eine fremde Sache müsse objektiv vorliegen. Wie die Zueignung in § 246 I StGB beinhaltet auch die Tathandlung ,Wegnahme‘ des § 242 I StGB bereits ihrer tatbestandlichen Beschreibung nach einen unmittelbaren Eingriff des Täters in Rechtspositionen eines anderen. Auch beim Diebstahl weist die Tathandlung selbst einen Unwert auf, da die Täterintention darauf gerichtet ist, gerade eine fremde, im Gewahrsam eines anderen stehende Sache wegzunehmen und nicht irgendeine, etwa ihm selbst gehörende Sache an sich zu bringen. Die Intention selbst ist infolgedessen bereits eine bedrohliche, ohne daß es auf das objektive Vorliegen einer fremden Sache ankommt. Das Strafwürdigkeitsurteil ist mithin an die per se rechtsgutsverletzende Tendenz einer Wegnahme als konkretisierter Zueignungshandlung zu knüpfen.70 69 Für die Notwendigkeit des objektiven Vorliegens einer fremden Sache auch bei der versuchten Unterschlagung NK / Zaczyk, § 22 Rn. 49. 70 Was hier hinsichtlich Zueignung bzw. Wegnahme einer fremden Sache herausgearbeitet wurde, ist auf die Sachbeschädigungsdelikte der §§ 303 ff. StGB und die gemeingefährlichen Taten nach §§ 306 ff. StGB übertragbar.

16*

244

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

2. Eine strafbarkeitseinschränkende Funktion nimmt im Deliktstatbestand des § 242 I StGB nur das Merkmal ,in der Absicht, sich die Sache rechtswidrig zuzueignen‘ wahr. Die Notwendigkeit einer Zueignungsabsicht schließt den sogenannten furtum usus aus dem Diebstahlstatbestand aus. 3. Der wohlbekannte Fall des Griffes des Taschendiebes in die leere Manteltasche des Opfers ist damit ebenso ein Versuchsdelikt nach §§ 242, 22 StGB, wie die Wegnahme einer Sache, die dem Täter selbst gehört, von der er jedoch irrig annimmt, sie stehe im Eigentum eines anderen.71 4. Als zweiter Leitsatz zur Konkretisierung des Gebots der Tatbestandsähnlichkeit läßt sich nunmehr nach der Analyse der §§ 259 I, 261 II StGB einerseits und der §§ 212 I, 246 I, 242 I StGB anderseits formulieren: Leitsatz 2: Der Gesetzgeber fixiert in einer Reihe von Deliktstatbeständen als Tathandlungen sozialadäquate Handlungsweisen, die die Bedeutung eines sozialschädlichen und damit strafrechtlich relevanten Tuns erst dadurch erhalten, daß sie gerade an einem bestimmten Tatobjekt vorgenommen werden. Gestützt ist diese Distinktion zwischen Handlungsbeschreibungen auf eine handlungshermeneutische Analyse von deliktstypischen Tatintentionen. Der die Strafwürdigkeit begründende Sinnzusammenhang zwischen Handlung und Tatobjekt ist bei der versuchten Tat dadurch zu wahren, daß das entsprechende Tatobjekt Element auch des objektiven Versuchstatbestandes ist.

VIII. Versuchter sexueller Mißbrauch von Kindern (§§ 176, 22 StGB) 1. Ein besonders problematisches Delikt ist der versuchte sexuelle Mißbrauch von Kindern nach §§ 176, 22 StGB. Hinsichtlich des objektiven Versuchstatbestandes drängt sich angesichts der obigen Analyse zur versuchten Hehlerei72 die Frage auf, ob das Tatbestandsmerkmal „Person unter 14 Jahren“ i. S. des § 176 I StGB nicht auch beim Versuchsdelikt nach §§ 176, 22 StGB objektiv vorliegen muß. 2. In außerordentlicher Schlichtheit legt der Gesetzgeber in § 176 I StGB fest, für welche Handlungsweise ein Preis zu zahlen ist: Bestraft wird, „wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren vornimmt“. Zum Tatbild des sexuellen Mißbrauchs von Kindern gehört also weder, daß Gewalt, Drohungen oder List angewendet werden, noch muß zwischen Täter und Opfer ein Über-Unter-Ordnungsverhältnis bestehen.73 Vielmehr wird bereits alleine wegen der Vornahme einer sexuellen Handlung gestraft. Eine an sich sozialadäquate Handlungsweise – und hier liegt die Ähnlichkeit der Konstellation zum Ankaufen etc. im Rahmen des Hehlereitatbestandes – wird dabei mit einem Preis belegt, weil sie an einem Kind vorgenomVgl. insofern statt aller Ebert, S. 119. Soeben unter A. III. 73 Dazu instruktiv, speziell zum ,einvernehmlichen Mißbrauch‘ Schetsche, MSchrKrim 1994, 201 (202 ff.). 71 72

A. Die versuchten Begehungsdelikte

245

men wird. Dies ist unter Strafwürdigkeitsgesichtspunkten vollkommen legitim, da Kindern eine von sexuellen Offensiven ungestörte psychische und physische Entwicklung garantiert werden soll, ohne dabei auf Angriffsmodalitäten wie Gewalt oder Drohung abzustellen. Die legislative Ausgestaltung des Deliktstatbestandes könnte insofern darauf hinweisen, daß der Unwert eines sexuellen Mißbrauchs mit dem Handeln an bzw. gegenüber einem Kind untrennbar verbunden ist. 3. Eine solche Überlegung würde jedoch voraussetzen, daß sich in der Analyse des § 176 StGB sinnvoll trennen läßt zwischen der tatbestandsmäßigen Handlung ,sexuelle Handlung‘ und dem Tatobjekt ,Person unter vierzehn Jahren‘. Die darauf aufbauende isolierte Betrachtung der sexuellen Handlung als an sich wertneutraler Verhaltensweise erreicht dann ein Abstraktionsniveau, das dem Gehalt des Delikts nicht mehr gerecht wird: Die ,sexuelle Handlung‘ in § 176 StGB ist nicht identisch mit dem einvernehmlichen Sexualverkehr zwischen Erwachsenen, nur eben auf ein Kind gerichtet. Da bei § 176 StGB die spezifische Kindlichkeit des Tatopfers die typische Tätermotivation ist, läßt sie sich von der eigentlichen Tathandlung des § 176 StGB nicht loslösen: Ein ,Kinderschänder‘ will eben gerade ein kindliches Opfer, was zu einer entsprechenden Prägung der sexuellen Handlung selbst führt. Bedrohlich ist die für § 176 StGB typische Handlungsintention mithin auch dann, wenn objektiv keine Person unter 14 Jahren betroffen ist. 4. Ein Versuchsdelikt nach §§ 176, 22 StGB läßt sich demnach nicht mit der Begründung verneinen, die Handlungsintention des Täters sei nur dann bedrohlich, wenn tatsächlich eine Person unter 14 Jahren betroffen ist.74

IX. Versuchter Versicherungsmißbrauch (§§ 265, 22 StGB) 1. Ist es sowohl für einen versuchten Diebstahl als auch für eine versuchte Unterschlagung ausreichend, daß sich der Täter nur vorstellt, das Tatobjekt sei eine für ihn fremde Sache, so liegt der Schluß nahe, für einen versuchten Versicherungsmißbrauch brauche der Täter sich lediglich vorzustellen, das Tatobjekt sei „eine gegen Untergang, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder Diebstahl versicherte Sache“.75 Fall: P wird von Geldsorgen geplagt. Um sich finanziell zu sanieren, läßt er seinen Pkw von einer Autoschieberbande ,stehlen‘, um so an die Versicherungssumme zu gelangen. 74 Im Ergebnis ebenso – vom Standpunkt der herrschenden Versuchslehre aus – RGSt. 39, 316 (316 f.); sowie Ebert, S. 153; Maurach / Schroeder, BT 1, § 20 Rn. 13; Schönke / Schröder / Lenckner / Perron, StGB, § 176 Rn. 10. Schmidhäuser, Lehrbuch AT2, Rn. 13 / 8 mit Fn. 9, bejaht im Falle des Fehlens der Unterschreitung der Schutzaltersgrenze des § 176 StGB einen „sachlichen Strafausschließungsgrund“. Dieser zutreffende Ansatz ist jedoch kein Problem des Versuchsunrechts mehr. 75 Obwohl der Versicherungsmißbrauch selbst ein Delikt im Vorfeld eines Betruges ist, ordnet § 265 II StGB für dieses Vorfelddelikt zusätzlich die Versuchsstrafbarkeit an. Sehr kritisch hierzu mit Recht Meinecke, S. 112 ff.

246

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Noch bevor P zwecks Schadensmeldung den Weg zu seinem Versicherungsvertreter antreten kann, gesteht ihm seine Ehefrau, den Versicherungsvertrag bereits vor 2 Jahren gekündigt und die für die Kaskoversicherung vorgesehenen Beiträge heimlich in Bekleidung investiert zu haben.

2. a) Der subjektive Versuchstatbestand der §§ 265, 22 StGB ist erfüllt. P stellt sich vor, bei seinem Pkw handele es sich um eine gegen Diebstahl versicherte Sache und er überlasse sie einem anderen, namentlich der Autoschieberbande. Darüber hinaus handelte P in der Absicht, sich Leistungen aus einer Versicherung zu beschaffen. b) Selbstverständlich stellt sich nach den Grundsätzen der hermeneutischen Versuchskonzeption im Rahmen des objektiven Versuchstatbestandes die Frage, ob es das Gebot der Tatbestandsähnlichkeit der versuchten Tat verlangt, daß neben dem unmittelbaren Ansetzen des P zur Verwirklichung des Deliktstatbestandes nach § 265 I StGB objektiv „eine gegen Untergang, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder Diebstahl versicherte Sache“ vorliegen muß. Wiederum bringt ein Vergleich dieser Konstellation mit den bereits analysierten Versuchsdelikten die Überlegungen voran: Ist diese Problematik dem Fall einer versuchten Unterschlagung bei irriger Annahme der Fremdheit der Sache ähnlich?76 Oder gleicht die Problematik eher der Frage, ob eine versuchte Hehlerei auch dann möglich ist, wenn der Täter irrig annimmt, die betreffende Sache stamme aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten rechtswidrigen Tat?77 c) In § 265 I StGB werden als mögliche Tathandlungen Beschädigen, Zerstören, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Beiseiteschaffen und das Überlassen der Sache an einen anderen festgehalten. Zumindest die ersten drei dieser Tathandlungen könnten ihrer tatbestandlichen Beschreibung nach einen Unwertgehalt aufweisen, weshalb der Schluß naheliegt, bereits die Vornahme dieser Handlungen selbst weise – wie die Zueignung in § 246 I StGB, die Wegnahme in § 242 I StGB oder das Töten in § 212 I StGB – eine rechtsgutsverletzende Tendenz auf und sei ein strafwürdiger Eingriff in rechtlich geschützte Positionen anderer. Mit einer solchen Beurteilung würde indessen verkannt, daß es bei den beschriebenen Tathandlungen nicht um den Eingriff in Rechte anderer geht. So spielen etwa die Eigentumsverhältnisse hinsichtlich des Tatobjektes im Rahmen des § 265 I StGB nicht die geringste Rolle. Das Zerstören einer Sache i. S. des § 265 I StGB wird dementsprechend nicht aus dem gleichen Grunde als Angriff begriffen, wie das Zerstören einer Sache in § 303 I StGB. Bei der Sachbeschädigung geht es um einen Angriff auf fremdes Eigentum durch Zerstörung einer Sache. Die Bedeutung eines sozialschädlichen Verhaltens erlangt ein Zerstören im Rahmen des § 265 I StGB jedoch nicht, weil eine (eigene oder fremde) Sache zerstört wird, sondern weil es sich beim Tatobjekt gerade um eine versicherte Sache handelt und deshalb durch das Zerstören etc. das Versicherungswesen als solches angegriffen wird. Nur weil die 76 77

Dazu soeben unter A. VI. Hierzu oben unter A. III.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

247

Tathandlungen in § 265 I StGB auch objektiv in den Sinnzusammenhang einer „gegen Untergang, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit . . . versicherten Sache“ eingebettet sind, können sie legitimerweise als strafwürdig begriffen werden. d) Diese Überlegungen weisen die Ähnlichkeit der hier zu analysierenden Problemkonstellation mit der Hehlerei nach § 259 StGB auf. Bei letzterer bezieht die Tathandlung – etwa das Ankaufen – ihre Bedeutung als sozialschädliche Verhaltensweise nicht daraus, daß etwas angekauft wird, sondern daß gerade eine Sache angekauft wird, die aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten rechtswidrigen Tat stammt. Sind die Tathandlungen in § 265 I StGB auch nicht so wertneutral beschrieben wie in § 259 I StGB, so beziehen sie dennoch ihren Unwertgehalt nicht bereits aus dem Beschädigen, Zerstören oder Beeinträchtigung der Brauchbarkeit etc., sondern erst aus der entsprechenden Behandlung gerade einer versicherten Sache. Dies bedeutet indes zugleich, daß die für eine Begründung der Strafwürdigkeit einer versuchten Tat notwendige Tatbestandsähnlichkeit zum Vollendungsdelikt nur dann gewahrt wird, wenn das Tatobjekt auch tatsächlich versichert ist. 3. Im Ausgangsfall ist P daher mangels Erfüllung des objektiven Versuchstatbestandes der §§ 265, 22 StGB nicht des versuchten Versicherungsmißbrauches schuldig, da das Deliktstatbestandsmerkmal des § 265 I StGB einer „gegen Untergang, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder Diebstahl versicherten Sache“ auch Merkmal des objektiven Tatbestandes des Versuchsdeliktes nach §§ 265, 22 StGB ist.78

X. Versuchter Betrug (§§ 263, 22 StGB) 1. Auch in die Problemkonstellation der versuchten Tat nach §§ 263, 22 StGB wurde schon bei der Darstellung der Diskussion um den Vorfeldirrtum eingeführt.79 Fall 1: Der Kunde K vereinbarte 1994 mit dem Telefonsex-Anbieter A ein Gespräch mit sexuellem Inhalt. Auf die Frage des A nach der Telefonnummer des K gibt dieser eine falsche Telefonnummer an und kommt so unentgeltlich in den Genuß der Dienstleistung. Dabei ging K davon aus, A könne die Bezahlung des Gespräches notfalls gerichtlich durchsetzen.80

78 Im Ergebnis ebenso NK / Zaczyk, § 22 Rn. 49. Vgl. zur Gegenposition etwa Schönke / Schröder / Cramer / Perron, StGB, § 265 Rn. 15. 79 Hierzu und zur Beurteilung dieser Konstellation durch die herrschende Versuchslehre oben im 1. Kap. unter F. III. 4. 80 Über diesen Fall hatte das LG Mannheim, NJW 1995, 3398 (3398 f.), zu befinden. Ähnliche Entscheidungen finden sich in RGSt 42, 92 (92 ff.); BayObLG NJW 1955, 1567 (1567 f.); BGHSt 42, 268 (268 ff.).

248

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Freilich gilt es zunächst zu begründen, warum der Fall 1 in den Kontext der Diskussion um ein Versuchsdelikt eingebettet werden soll und K nicht kurzer Hand wegen vollendeten Betruges zu bestrafen ist. 2. a) Sicher ist, daß K den A täuschte, indem er eine falsche Telefonnummer angab. A hielt diese Angaben für wahr und irrte mithin. b) Eine Vereinbarung über die Leistung von Telefonsex verstieß indes zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 1994 nach ganz überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur gegen die guten Sitten und begründete gemäß § 138 I BGB keine wirksame Forderung des Dienstanbieters gegen den Nutzer.81 Legt man diese Auffassung der strafrechtlichen Beurteilung des Falles 1 zugrunde, sind auf der Basis des hier vertretenen personalen Vermögensbegriffes dennoch sowohl die Vermögensverfügung als auch ein Vermögensschaden seitens des A zu bejahen: Nach dem personalen Vermögensbegriff ist das Vermögen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Vermögensträgers, die auf der Herrschaft über solche Objekte beruht, die in der Gesellschaft als Objekte des Wirtschaftsverkehrs gelten.82 Das Potential des A, Kunden ein ,erotisches Echtzeitgespräch‘ als Dienstleistung zu erbringen, ist ein Vermögensbestandteil, denn diese Dienstleistung wird üblicherweise nur gegen eine Geldzahlung erbracht.83 Indem A dem K den Zugang zum Telefonsex-Gespräch ermöglichte, verfügte A über sein Vermögen und erlitt einen Vermögensschaden, da K nicht gewillt war, die Leistung zu bezahlen.84 81 Vgl. nur BGH NJW 1998, 2895 (2895 f.); OLG Karlsruhe NJW 1997, 2605 (2605); OLG Stuttgart NJW-RR 1999, 1430 (1430 f.); sowie aus dem zivilrechtlichen Schrifttum Erman / Palm, § 138 Rn. 150 a; MK-BGB / Mayer-Maly / Armbüster, § 138 Rn. 58; Staudinger / Sack, § 138 Rn. 454. Anders etwa OLG Jena, MDR 2001, 78 (78 f.); Palandt / Heinrichs, § 138 Rn. 52. Erst seit dem 01. 01. 2002 begründen Abreden, die eine sexuelle Handlung gegen Entgelt zum Gegenstand haben, nach Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse von Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG) v. 20. 12. 2001 (BGBl. I, 3983) rechtswirksame Forderungen. Zu den strafrechtlichen Konsequenzen Kühl, GS Meurer, S. 545 (553 f.). 82 So u. a. vertreten von Alwart, JZ 1986, 563 (565); Bockelmann, FS Kohlrausch, S. 226 (247 ff.); Geerds, Wirtschaftsstrafrecht, S. 130, 178; ders., Jura 1994, 309 (311); Hardwig, GA 1956, 6 (17 ff.); Otto, Die Struktur, S. 26 ff.; ders., BT, § 38 Rn. 3 ff.; Schmidhäuser, BT, 11 / 1 – 3; nahestehend auch NK / Kindhäuser, § 263 Rn. 44 ff. 83 In diesem Sinne auch Krey / Hellmann, BT 2, Rn. 433 ff., 438; Otto, BT, § 51 Rn. 50; Schmidhäuser, BT, 11 / 31. Anders das LG Mannheim, NJW 1995, 3398 (3399), in dem dem Beispielsfall zugrunde liegenden tatsächlichen Fall. Das LG Mannheim lehnte unter Berufung auf einen juristisch-ökonomischen Vermögensbegriff einen Schaden des Anbieters ab. 84 Eine umfassende Auseinandersetzung mit den einzelnen Vermögensbegriffen kann und braucht hier nicht geleistet zu werden. Auf der Basis des im Schrifttum herrschenden juristisch-ökonomischen Vermögensbegriffes wäre eine Vermögensverfügung des A zu verneinen: Obwohl A dem K zweifellos Zugang zu den Telefonsex-Diensten gewährte, hätte A nicht über sein Vermögen verfügt, da zu letzterem nur solche Posten zu rechnen seien, die auch im Rahmen des Zivilrechts und des öffentlichen Rechts Schutz genießen. Vgl. dazu etwa Blei, BT, S. 217 f.; Cramer, Vermögensbegriff, S. 100 ff.; Lenckner, JZ 1967, 105 (106); LK10 / Lackner, § 263 Rn. 122, 127 ff.; LK11 / Tiedemann, § 263 Rn. 132; Maurach / Maiwald, BT 1, § 41 Rn. 99; Mitsch, § 7 Rn. 84; Schönke / Schröder / Cramer, StGB, § 263 Rn. 82 f.;

A. Die versuchten Begehungsdelikte

249

c) Dessenungeachtet ist der objektive Tatbestand des § 263 I StGB nicht erfüllt. Der Deliktstatbestand des § 263 I StGB verlangt, daß der erstrebte Vermögensvorteil rechtswidrig ist. Im Gegensatz zur Absicht des Täters, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist die Rechtswidrigkeit dieser Absicht ein Merkmal des objektiven Tatbestandes.85 Wann diese Rechtswidrigkeit anzunehmen ist, muß ausschließlich nach den Normen des Zivilrechts bzw. des öffentlichen Rechts beurteilt werden. Sie liegt dann vor, wenn der Vorteil, der aus dem Vermögensnachteil des Geschädigten resultieren soll, im Widerspruch zur Privatrechtsordnung bzw. den jeweils einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht.86 Da die Nichtbezahlung des Telefongespräches durch K aufgrund der Sittenwidrigkeit des Vertrages mit A zum Zeitpunkt der Tat nicht im Widerspruch zur Privatrechtsordnung stand, war der von K erstrebte Vorteil – Sexgespräch ohne Bezahlung – nicht rechtswidrig i. S. des § 263 I StGB.87 d) Im Fall 1 ist K daher – mangels der Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 263 I StGB – nicht des Betruges schuldig. 3. K ist des versuchten Betruges schuldig, wenn der subjektive und der objektive Versuchstatbestand erfüllt sind. a) Mit seinen falschen Angaben wollte K den A täuschen und so ohne Bezahlung in den Genuß der Dienste des A kommen, insbesondere ließ sich K dabei von der Fehlvorstellung leiten, A hätte einen durchsetzbaren Anspruch auf Bezahlung des Gesprächs.88 K stellte sich mithin Umstände vor, die die objektiven Deliktstatbestandsmerkmale Täuschung, Irrtum, Vermögensverfügung und Vermögensschaden erfüllen. Notwendige Bedingung für die Erfüllung des subjektiven VersuchsSK / Samson / Günther, § 263 Rn. 109 ff.; Welzel, Strafrecht, § 54 I 4 a. Hinsichtlich des sogenannten ökonomischen Vermögensbegriffes sei verwiesen auf BGHSt 16, 220 (221 f.); 34, 199 (203); 45, 1 (5); Arzt / Weber, § 20 Rn. 15 f.; Bruns, FS Mezger, S. 335 (355); Eser, GA 1962, 289 (293); Maurach / Schroeder, BT6 1, § 46 II A 4 d; Mohrbotter, GA 1969, 225 (227); Schmoller, ZStW 103 (1991), 92 (132). 85 Dies wird häufig nicht wirklich klargestellt. Oft ist lediglich die Rede von einem ,Tatbestandsmerkmal‘; vgl. insofern etwa Maurach / Maiwald, BT 1, § 41 Rn. 146. Erst in solchen Konstellationen, in denen der Täter die Rechtmäßigkeit des erstrebten Vermögensvorteils verkennt, ist wie selbstverständlich von einem Tatumstandsirrtum die Rede; vgl. diesbezüglich etwa BGHSt 42, 268 (271 ff.); sowie Joecks, § 263 Rn. 101. Ausdrücklich als Merkmal des objektiven Tatbestandes bezeichnen die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils u. a. Küper, NStZ 1993, 313 (314 f.); ders., BT, S. 79 f.; LK11 / Tiedemann, § 263 Rn. 264; NK / Kindhäuser, § 263 Rn. 426; SK / Samson / Günther, § 263 Rn. 192. Rein nach der Tätervorstellung will Mitsch, § 7 Rn. 125, die Rechtswidrigkeit bestimmen. 86 Vgl. statt aller Schönke / Schröder / Cramer, StGB, § 263 Rn. 171 f. 87 Dabei ist unerheblich, daß die Leistung des A mit unlauteren Mitteln erreicht wurde, da diese Mittel die Vermögensverschiebung nicht (zivil-)rechtswidrig werden lassen. Vgl. diesbezüglich etwa BGHSt 8, 221 (226); sowie NK / Kindhäuser, § 263 Rn. 430. 88 Auch hier bezieht sich die Fehlvorstellung auf eine rechtliche Bewertung außerhalb des Deliktstatbestandes, aufgrund derer K glaubt, sich gerade einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.

250

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

tatbestandes ist indes darüber hinaus, daß K sich tatsächliche Umstände vorstellte, die, wären sie Wirklichkeit, auch das objektive Tatbestandsmerkmal ,Rechtswidrigkeit‘ des beabsichtigten Vermögensvorteils ausfüllen würden. Genau dies tat K, wenn er glaubte, A könne legitimerweise die Bezahlung des Gespräches verlangen, denn wäre dem so, hätte der von K erstrebte Vorteil – Gespräch ohne Bezahlung – der Privatrechtsordnung widersprochen. Da K darüber hinaus mit der Absicht handelte, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, erfüllt er den subjektiven Versuchstatbestand.89 b) Zur Verwirklichung des Deliktstatbestandes setzte K mit der Täuschung unmittelbar an i. S. des § 22 StGB. Ob damit auch der objektive Versuchstatbestand erfüllt ist, hängt nun davon ab, ob an diesen nach den Grundsätzen der hermeneutischen Versuchskonzeption weitere Anforderungen zu stellen sind. Welche Anforderung hier in Betracht kommt, ist nach den vorangegangenen Ausführungen klar: Verlangt es das Gebot der Tatbestandsähnlichkeit der versuchten Tat, einen versuchten Betrug nur dann anzunehmen, wenn der erstrebte Vermögensvorteil auch objektiv rechtswidrig ist i. S. des § 263 I StGB90 oder soll auch diesbezüglich die Tätervorstellung hinreichend sein? Ein Vergleich mit dem Deliktstatbestand der Hehlerei etwa spricht für das Erfordernis einer objektiven Rechtswidrigkeit: Während es der Gesetzgeber in § 259 I StGB für ausreichend erachtet, daß der Täter sich bereichern will, fordert er in § 263 I StGB, daß der Täter sich gerade rechtswidrig bereichern will. c) Es hätte dem Gesetzgeber freigestanden, in den Deliktstatbestand des Betruges auch solche Vermögensvorteile aufzunehmen, die nicht im Widerspruch zur Privatrechtsordnung bzw. den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehen. Er hätte dann – wie bei der Hehlerei – eine Bereicherungsabsicht verlangt, ohne diese auf Fälle rechtswidriger Bereicherung zu beschränken: Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, . . .

Der Gesetzgeber würde damit zum Ausdruck bringen, daß für die Strafwürdigkeit eines Betruges nicht maßgeblich ist, ob die intendierte Vermögensverschiebung im Widerspruch zur sonstigen Rechtsordnung steht oder nicht. Vielmehr würde dann das listige Vorgehen des Täters allein das Urteil begründen, daß wegen einer solchen Handlungsweise gestraft werden soll. Aber für eine solche Ausgestaltung hat sich der Gesetzgeber nicht entschieden. Greift der Täter durch Täuschung fremdes Vermögen an, kann dies nur dann als Betrug bestraft werden, wenn der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil im Widerspruch zur sonstigen Rechtsordnung steht. Diese grundlegende Wertungsentscheidung in § 263 I StGB muß 89 Die Erfüllung des subjektiven Versuchstatbestandes verneinen u. a. Abrahams / Schwarz, Jura 1997, 355 (357 f.). 90 Dies erwägt etwa Freund, § 8 Rn. 44, der eine versuchte Tat nach §§ 263, 22 StGB bezweifelt, wenn „die erstrebte Bereicherung bei korrekter rechtlicher Beurteilung der vorgestellten Lage nicht rechtswidrig ist“.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

251

sich – gemäß dem im Leitsatz 1 fixierten Prinzip91 – auch im entsprechenden Versuchsdelikt wiederfinden. Beim versuchten Betrug auf die objektive Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils zu verzichten und nur auf das trickreiche Vorgehen des Täters abzustellen, hieße – um abermals an Belings92 Lehre zu erinnern – das Wertungssystem des Gesetzgebers zu mißachten. 4. Das Kriterium der Tatbestandsähnlichkeit der versuchten Tat erfordert es daher, daß der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil objektiv rechtswidrig ist i. S. des § 263 I StGB: Hat sich der Gesetzgeber im Deliktstatbestand des § 263 I StGB dafür entschieden, daß eine irrtumsbedingte Vermögensschädigung nur dann als Betrug strafbar sein soll, wenn der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil im Widerspruch zur Privatrechtsordnung bzw. den jeweils einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht, muß sich diese legislative Entscheidung auch im Versuchstatbestand nach §§ 263, 22 StGB wiederfinden. Das Merkmal ,rechtswidrig‘ des objektiven Vollendungstatbestandes gemäß § 263 I StGB ist mithin neben dem unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung ein Merkmal des objektiven Versuchstatbestandes nach §§ 263, 22 StGB.93 Im Fall 194 ist K daher nicht des versuchten Betruges schuldig. 5. Ebensowenig ist die folgende Konstellation als versuchter Betrug zu werten: Fall 2: Der Arzt A führte bei einer Patientin P Nierenzystenpunktionen durch. Vorher klärte A die P über die Risiken auf, verschwieg jedoch, daß in seltenen Fällen nach einer Punktion der Verlust des Organs die Folge sein kann. Die Aufklärung wurde nicht schriftlich festgehalten. Tatsächlich mußte P später die rechte Niere wegen einer Organschädigung entfernt werden. P klagte gegen A auf Schadensersatz. Da P nicht ausschließen konnte, daß der Organverlust auf eine falsche Behandlung seinerseits zurückzuführen ist, veränderte er zum Zwecke der Abwehr von Schadensersatzansprüchen die Krankenunterlagen und fügte den Hinweis ein, P sei auf einen möglichen Verlust der Niere hingewiesen worden. Er beantragte Klageabweisung und behauptete unter Hinweis auf die verfälschten Unterlagen, er habe P über die Möglichkeit des Organverlustes aufgeklärt. Die Frage der richtigen Behandlung konnte zivilgerichtlich bis zum Zeitpunkt der strafgerichtlichen Verurteilung nicht geklärt werden. Zugunsten des A war daher davon auszugehen, daß der Verlust der Niere nicht auf eine falsche Behandlung durch A zurückzuführen ist und P gegen A keinen Anspruch auf Schadensersatz hat.95

Bei der Fälschung der Krankenunterlagen nahm A mithin irrig an, er wende berechtigte Ansprüche der P ab. Er hielt seine Bereicherungsabsicht irrig für rechtswidrig und faßte damit die Begehung eines Betruges ins Auge. Im Gegensatz zum subjektiven Versuchstatbestand ist jedoch der objektive Versuchstatbestand nicht erfüllt: Läßt sich nicht mehr aufklären, ob der Verlust der Niere auf eine falsche 91 92 93 94 95

Oben unter A. II. 4. Ders., Methodik, S. 86. Im Ergebnis ebenso NK / Zaczyk, § 22 Rn. 49. Anders LG Mannheim, NJW 1995, 3398 (3398 f.). Dieser Fallkonstellation liegt die Entscheidung BGHSt 42, 268 (268 ff.) zugrunde.

252

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Behandlung durch A zurückzuführen ist, ist zugunsten des A anzunehmen, daß das objektive Versuchstatbestandsmerkmal ,rechtswidrig‘ nicht vorliegt. A ist mithin nicht des versuchten Betruges schuldig.96

XI. Versuchte Strafvereitelung (§§ 258 I, 22 StGB) 1. Eine ähnliche Struktur wie die Deliktstatbestände der §§ 259 I, 261 I, II StGB weist das Delikt der Strafvereitelung nach § 258 I StGB auf: Dort bezieht sich die Tathandlung, die als Vereiteln der Bestrafung97 beschrieben wird, auf die rechtswidrige Tat eines anderen. Hinsichtlich des Versuchsdeliktes nach §§ 258 I, 22 StGB stellt sich damit die Frage, ob derjenige eine versuchte Strafvereitelung begeht, der in der irrigen Annahme einer rechtswidrigen Vortat zu einer Vereitelungshandlung unmittelbar ansetzt.98 Fall: Der Pkw-Fahrer F durchfährt eine Einbahnstraße in falscher Richtung. Gegenüber einem den F verfolgenden Polizeibeamten macht ein Anwohner A jener Straße bewußt falsche Angaben über das Kennzeichen des Wagens, um F vor einer Ahndung des Fehlverhaltens zu bewahren. A geht dabei davon aus, (a) F habe einen Fußgänger angefahren und schwer verletzt. (b) das Befahren einer Einbahnstraße in falscher Richtung sei eine Straftat.99

2. a) Der subjektive Versuchstatbestand nach §§ 258 I, 22 StGB ist in Fallkonstellation a) unproblematisch erfüllt: Glaubt A, F hätte beim Befahren der Einbahnstraße in falscher Richtung einen Fußgänger angefahren, so stellt sich A die Voraussetzungen einer rechtswidrigen Tat nach § 229 StGB vor. b) In Fallkonstellation b) kennt der Anwohner alle tatsächlichen Umstände, stellt sich jedoch vor, das Verhalten des F sei eine Straftat, tatsächlich ist es eine Ordnungswidrigkeit (§§ 49 III Nr. 4, 41 II Nr. 6 StVO). Mithin irrt er über die außertatbestandsmäßigen Voraussetzungen einer ,rechtswidrigen Tat‘ i. S. des § 258 StGB: A glaubt, auch das Befahren einer Einbahnstraße in falscher Richtung sei (straf-)tatbestandsmäßig und rechtswidrig. Doch auch insoweit erfüllt das Vorstellungsbild des A den subjektiven Versuchstatbestand: Maßgeblich kann hinsichtlich der 96 Der BGH, ebenda, bestätigte – auf der Grundlage der subjektiven Versuchslehre – die Verurteilung des A wegen (untauglichen) Betrugsversuchs. Das Vorliegen einer versuchten Tat bei irriger Annahme der Rechtswidrigkeit des beabsichtigten Vermögensvorteils bekräftigte BGH NStZ 2002, 433 (434 f.). Vgl. zum dem BGH folgenden Schrifttum etwa LK11 / Tiedemann, § 263 Rn. 281. 97 Soweit im Folgenden von einer Bestrafung des Täters die Rede ist, ist die Maßnahme i. S. des § 258 I StGB stets mitgemeint. 98 In diese Problemkonstellation und deren Behandlung durch die herrschende Versuchslehre wurde bereits im 1. Kap. unter F. III. 4. a) (3), b) eingeführt. 99 Zu dieser Fallkonstellation und der Diskussion seiner Lösung durch die herrschende Versuchslehre bereits im 1. Kap. unter F. III. 4.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

253

Tätervorstellung nicht sein, inwieweit A die tatsächlichen und rechtlichen Entstehungsvoraussetzungen eines aus einer rechtswidrigen Tat erwachsenden Sanktionsanspruchs annimmt. Dabei würde die Fähigkeit des Täters überbewertet, eine genaue Vorstellung von einem komplexen Tatbestandsmerkmal wie der „rechtswidrigen Tat“ i. S. des § 258 I StGB zu entfalten.100 Auf der Seite des subjektiven Versuchstatbestandes ist nur maßgeblich, ob der Täter von einem bestehenden strafrechtlichen Sanktionsanspruch gegen den Vortäter ausgeht.101 Dies ist bei A der Fall. 3. a) In beiden Fallkonstellationen stellt sich damit auf der Seite des objektiven Versuchstatbestandes die Frage, ob nicht auch zu diesem die rechtswidrige Tat i. S. des § 258 I StGB gehört.102 b) Der Gesetzgeber beschreibt die tatbestandsmäßige Handlung in § 258 I StGB als ein Vereiteln. Hierunter wird gemeinhin jedes Handeln verstanden, das auf eine Besserstellung des Vortäters gerichtet ist, mit dem also die Möglichkeit der Verwirklichung des Sanktionsanspruchs erschwert wird.103 Diese Begriffsbestimmung bedeutet nun aber zugleich, daß die Tathandlung selbst – im Gegensatz etwa zu einem Schwören – äußerst konturlos ist. Umgangssprachlich wird der Begriff des Vereitelns in zweifacher Hinsicht belegt: Zum einen mit einem deutlich negativen Urteil für die Fälle, in denen etwas hintertrieben wird, man denke etwa an Bemühungen um die Sanierung eines angeschlagenen Unternehmens durch die mißgünstige Konkurrenz; zum anderen ist der Begriff des Vereitelns positiv aufgeladen, vorausgesetzt, ein schädliches Unterfangen – etwa ein Terroranschlag – wird abgewehrt. Die Bedeutung eines Vereitelns wird dementsprechend nur von dem her verständlich, was behindert wird. Seine wertende Kontur erfährt der mehrdeutige Begriff des Vereitelns in § 258 I StGB erst dadurch, daß gerade der strafrechtliche Sanktionsanspruch hintertrieben wird. Dies zeigt die Ähnlichkeit der tatbestandlichen Festschreibung in § 258 I StGB mit der in § 259 I StGB und weist bereits darauf hin, wie bedeutend das objektive Vorliegen einer rechtswidrigen Vortat für die Bewertung einer auf die Besserstellung eines Dritten gerichteten Handlung ist. c) Entscheidend ist letztlich die im Leitsatz 1 formulierte104 strikte Beachtung des Gesetzlichkeitsprinzips: Der Gesetzgeber selbst begrenzt in § 258 I StGB das Feld strafbaren Verhaltens auf Unterstützungshandlungen gegenüber einem solchen Dritten, der eine rechtswidrige Tat begangen hat. Einen Preis hat nach § 258 I 100 Daß die Anforderungen an das Vorstellungsbild nicht überspannt werden dürfen, wurde oben unter A. I. 2. b) bb) dargetan. 101 In diesem Sinne etwa auch Arno Schröder, S. 150 ff. 102 So hält es etwa auch Freund, § 8 Rn. 44, für „jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, den strafbaren Versuch auf solche Fälle zu begrenzen, in denen tatsächlich eine Vortat vorliegt, derentwegen zu strafen oder maßregeln war“. 103 Vgl. zu dieser Begriffsbestimmung etwa Otto, BT, § 96 Rn. 5 f.; Tröndle / Fischer, StGB51, § 258 Rn. 5. 104 Oben unter A. II. 4.

254

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

StGB nur derjenige zu zahlen, der einen strafrechtlichen Sanktionsanspruch – ganz oder zum Teil – vereitelt. Strafbewehrt sind weder die Vereitelung der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit, noch die generelle Unterstützung eines Dritten, dem ein hoheitlicher Eingriff bevorsteht. Die Irreführung von Behörden ist darüber hinaus nur in den engen Grenzen der §§ 145 d, 164 StGB strafbar.105 Dies zeigt wiederum das wohldurchdachte gesetzgeberische Wertungssystem, das im Rahmen einer versuchten Tat nach §§ 258 I, 22 StGB nicht dadurch ins Uferlose ausgeweitet werden sollte, wegen jeder Handlung zu strafen, die von der Vorstellung getragen ist, der zu Unterstützende habe eine rechtswidrige Tat begangen. 4. Dementsprechend ist zu fordern, daß die rechtswidrige Tat i. S. des § 258 I StGB auch Merkmal des objektiven Versuchstatbestandes nach §§ 258 I, 22 StGB sein muß.106 Aus diesem Grunde ist A in keiner der beiden Konstellationen des Ausgangsfalles der versuchten Strafvereitelung schuldig.

XII. Versuchte Bestechlichkeit (§§ 332 I, 22 StGB) 1. Mit der exemplarischen Analyse des Versuchsdeliktes nach §§ 332 I, 22 StGB ist der Komplex des untauglichen Subjektes erreicht. Die entsprechende Problemkonstellation wurde bereits herausgearbeitet: 107 Fall: Der Direktor D eines privaten Energieversorgungsunternehmens hält das Unternehmen irrtümlich für einen Eigenbetrieb der Stadt. Bei einem Bewerbungsgespräch zur Besetzung einer offenen Stelle im Unternehmen ermuntert er den vollkommen aussichtslosen Bewerber B, 15.000 Euro als ,Aufwandsentschädigung‘ auf das private Konto des D zu überweisen. B solle auf diese Weise an die begehrte Stelle kommen, obwohl er nicht dem vom Vorstand verabschiedeten Anforderungsprofil entspricht.108

2. D stellt sich hier vor, das Unternehmen sei ein Eigenbetrieb der Stadt. Würde dies den Tatsachen entsprechen, wäre der Direktor Amtsträger nach § 11 I Nr. 2 c) StGB, da er dann als Leiter eines städtischen Betriebes dazu bestellt wäre, mit der Daseinsfürsorge Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Mithin stellt sich der Unternehmensdirektor tatsächliche Umstände vor, die, wären sie Wirklichkeit, seine Amtsträgerstellung begründen würden. Da er sich darüber hinaus vorstellt, von B einen Vorteil für sich als Gegenleistung für die künftige Vor105 Den Gegensatz zu diesem Wertungssystem bildete etwa § 214 I DDR-StGB, der schlechthin die Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit mit Strafe bedrohte. 106 Im Ergebnis ebenso NK / Zaczyk, § 22 Rn. 48. Anders die herrschende Meinung. Vgl. zu dieser etwa MK-StGB / Cramer, § 258 Rn. 48. 107 Dazu oben im 1. Kap. unter F. IV. 2. Insbesondere wurde dort unter F. IV. 2. b) (3) klargestellt, daß die Fälle der nichtigen oder vernichtbaren Amtsträgerstellung den Komplex des Extraneus nicht berühren. Amtsträger, deren Berufung nichtig oder vernichtbar ist, sind Täter vollendeter Sonderdelikte. 108 Fall in Anlehnung an Blei, PdW AT, Nr. 219.

A. Die versuchten Begehungsdelikte

255

nahme einer Diensthandlung zu fordern, mit der er seine Dienstpflichten verletzen würde, hat der Unternehmensdirektor den Tatvorsatz hinsichtlich der objektiven Merkmale des § 332 I 1 StGB. Der subjektive Versuchstatbestand nach §§ 332 I, 22 StGB ist dementsprechend erfüllt. 3. a) Dieser Feststellung schließt sich die Frage an, ob neben dem – unproblematisch gegebenen – unmittelbaren Ansetzen des D zur Verwirklichung des Deliktstatbestandes auch die Amtsträgereigenschaft Merkmal des objektiven Versuchstatbestandes ist. Diese Einbeziehung der die Sonderpflicht statuierenden Tatbestandsmerkmale in den objektiven Versuchstatbestand wird selbst von Vertretern subjektivistischer Versuchslehren erwogen, die erkennen, daß die Bestrafung des Extraneus wegen einer versuchten Tat die normtheoretische Basis der personalen Unrechtslehre untergräbt.109 Eine hermeneutische Versuchskonzeption, die sich nicht an metarechtlichen Begriffen wie Pflicht und Bestimmungsnorm orientiert, fragt wiederum nach der notwendigen Ähnlichkeit von Versuchs- und Vollendungsdelikt und ergänzt die gesetzgeberische Normierung der Vollendungsdelikte durch eine Handlungstypisierung der Versuchsdelikte: Weist eine versuchte Bestechlichkeit nach § 332 I, 22 StGB dann noch die notwendige Ähnlichkeit zum Deliktstatbestand des § 331 I StGB auf, wenn der Täter die die Amtsträgereigenschaft110 begründenden tatsächlichen Umstände nur irrig annimmt? b) Zur Beantwortung dieser Frage ist noch einmal auf die Funktionsweise der Strafgesetze zurückzukommen: Um Rechtsgüter vor Beeinträchtigung zu bewahren, fixiert der Gesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen und setzt einen Preis für diejenigen fest, die sich so verhalten, wie es in den Deliktstatbeständen beschrieben ist. Dies geschieht in der Erwartung, jene Verhaltensweisen durch das Belegen mit einem Preis unterdrücken zu können. Rechtsgüter der §§ 331 ff. StGB sind das Vertrauen der Gemeinschaft in die Redlichkeit staatlicher Entscheidungen bzw. Maßnahmen und das damit in Wechselbeziehung stehende Ansehen des Staatsapparates.111 Die Erwartungshaltung des Gesetzgebers, zwecks Vermeidung eines zu zahlenden Preises jene Rechtsgüter zu wahren, bezieht sich sinnvollerweise nicht – wie in den bis hierher analysierten Deliktstatbeständen – auf jedermann. Amtsträger als Inhaber staatlicher Entscheidungsgewalt wahren jene Rechtsgüter oder beeinträchtigen sie. Nur an ihr Handeln knüpft der Gesetzgeber seine Erwartungen. c) An das Handeln des D im Beispielsfall ist diese Erwartung nicht geknüpft. D mag für sein Verhalten den Preis eines Betruges, einer Nötigung oder einer Untreue 109 Vgl. etwa Armin Kaufmann, FS Klug, S. 277 (286); Otto, AT, § 18 Rn. 75 ff.; Roxin, JZ 1996, 981 (981); Stratenwerth, FS Bruns, S. 59 (61 ff.); Welzel, Strafrecht, § 24 V 2; Wolter, Objektive und personale Zurechnung, S. 306 f. Eingehend dazu bereits oben im 1. Kap. unter F. IV. 3. 110 Soweit im Folgenden vom Begriff des Amtsträgers die Rede ist, bezieht sich dies stets auch auf den für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten. 111 Vgl. hierzu etwa Schönke / Schröder / Cramer, StGB, § 331 Rn. 3; Tröndle / Fischer, StGB51, § 331 Rn. 3.

256

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

zu zahlen haben; vielleicht erfährt er auch den Preis einer Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses. Die Erwartungshaltung jedenfalls, daß die Festlegung eines bestimmten Preises das deliktstatbestandlich fixierte Subjekt ,Amtsträger‘ von der Verwirklichung des in § 332 I StGB fixierten Unwertsachverhaltes abhält, ist nicht im geringsten auf D bezogen. d) Dementsprechend läßt sich nicht behaupten, das Handeln des D weise die für eine versuchte Tat notwendige Ähnlichkeit zum Deliktstatbestand des § 332 I StGB auf. Die Amtsdelikte mahnen einmal mehr, den Gesetzgeber wirklich ernst zu nehmen. Ist im Deliktstatbestand davon die Rede, daß eben nur ein Amtsträger Täter eines Deliktes nach § 332 I StGB sein kann und nur ein Amtsträger den einschlägigen Preis zu zahlen hat, ist es dem Rechtsanwender verwehrt, beim Versuchsdelikt nach §§ 332 I, 22 StGB den Schluß zu ziehen, der Gesetzgeber habe zwar den Täterkreis exakt beschrieben, aber eigentlich sei es nicht wirklich entscheidend, ob der Täter Amtsträger ist. „Dies ist“, wie es Hruschka112 prägnant formuliert, „eine Bedingung von Rationalität: Davon ausgehen, daß das Gesetz, das mit dem Anspruch auf Verbindlichkeit auftritt, klar sagt, was sein soll und was nicht sein soll.“ Zwar ist es gerade beim Versuchsdelikt am Rechtsanwender, zu ermitteln was sein soll und was nicht. Hinsichtlich des Täterkreises beim Amtsdelikt verbleibt jedoch kein über den jeweiligen Deliktstatbestand hinausgehender Spielraum. 4. Die Amtsträgereigenschaft ist bei §§ 332 I, 22 StGB – wie bei allen versuchten Amtsdelikten –113 Merkmal auch des objektiven Versuchstatbestandes. Im Beispielsfall ist D – mangels der Verwirklichung des objektiven Versuchstatbestandes – nicht der versuchten Bestechlichkeit schuldig. 5. Es läßt sich dementsprechend ein dritter Leitsatz zur Ausgestaltung des Gebotes der Tatbestandsähnlichkeit formulieren: Leitsatz 3: Beschränkt der Gesetzgeber wie in den Deliktstatbeständen der Sonderdelikten seine Erwartungshaltung dergestalt, daß nur ein bestimmter Täterkreis durch die Androhung eines Preises von der Vornahme der beschriebenen Handlungen abgehalten werden soll, so gebietet es das Gesetzlichkeitsprinzip, diese beschränkte Erwartungshaltung auch innerhalb des entsprechenden objektiven Versuchstatbestandes zu akzeptieren.

Ders., Strafrecht, S. XV. Die hier am Beispiel des § 332 I StGB gewonnenen Erkenntnisse sind auf die Delikte der §§ 120 II, 174 b, 201 III, 258 a, 340, 343, 344, 345, 348, 352, 353 b etc. übertragbar. 112 113

B. Versuchte Wortlautunterlassungsdelikte

257

B. Die versuchten Wortlautunterlassungsdelikte am Beispiel der versuchten Steuerhinterziehung (§ 370 I Nr. 2 AO i. V. m. § 22 StGB) 1. Das Prinzip der Gewinnung des objektiven Versuchstatbestandes durch Auslegung des entsprechenden Deliktstatbestandes läßt sich von den versuchten Begehungsdelikten ohne weiteres auf die versuchten Wortlautunterlassungsdelikte 114 übertragen: Wie die Begehungsdelikte sind auch die Wortlautunterlassungsdelikte in den Deliktstatbeständen des Besonderen Teils normiert. Mittels Analyse der gesetzgeberischen Wertungen ist es mithin möglich, die entsprechenden Versuchsdelikte zu gewinnen.115 2. Mit der versuchten Steuerhinterziehung wird der Bereich des Kernstrafrechts verlassen. Dieser Exkurs ist geboten, da das Versuchsdelikt nach § 370 I Nr. 2 AO i. V. m. § 22 StGB116 zu den meist umstrittensten Problemen in der Diskussion um den Vorfeldirrtum gehört und zugleich ein sehr praxisnahes Beispiel für ein versuchtes Wortlautunterlassungsdelikt ist:117 Fall: Der Steuerzahler S unterließ es, für das Jahr 1998 eine Steuererklärung abzugeben, obwohl er davon ausging, er hätte dies – wie jedes Jahr – tun müssen. Tatsächlich bestand jedoch aufgrund eines legislativen Versehens keine Notwendigkeit zur Abgabe einer Steuererklärung für das betreffende Jahr.118

Eine (vollendete) Steuerhinterziehung nach § 370 I Nr. 2 AO scheitert daran, daß S im Jahre 1998 nicht erklärungspflichtig war. Fraglich ist, ob S nicht der versuchten Steuerhinterziehung nach § 370 I Nr. 2 AO i. V. m. § 22 StGB schuldig ist.119

114 Zur Terminologie im 1. Kap. unter D. I. 2. b): Gemeinhin – indes sachlich unbegründet – werden die Wortlautunterlassungsdelikte als ,echte Unterlassungsdelikte‘ bezeichnet. 115 Die begriffliche Möglichkeit eines Unterlassungsversuchs, die Armin Kaufmann, Die Dogmatik der Unterlassungsdelikte, S. 221 ff., Welzel, Strafrecht, § 28 IV, und Schöne, Unterlassene Erfolgsabwendung, S. 72 ff., bestritten, wird heute nicht mehr in Zweifel gezogen. Eingehend zur Lehre Armin Kaufmanns und Welzels etwa Kubach, S. 42 ff. Herzberg, MDR 1973, 89 (89 ff.), bestritt auf der Basis des § 43 StGB a. F. die Strafbarkeit versuchter Unterlassungsdelikte. Vgl. diesbezüglich Malitz, S. 48 ff. 116 Die Vorschrift des § 370 I AO lautet in ihren hier relevanten Teilen: „Mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer . . . 2. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt . . .“ 117 Die im StGB normierten Wortlautunterlassungsdelikte, bei denen auch der Versuch strafbar ist, sind die als Versuchsdelikte praktisch nicht bedeutsamen § 283 I Nr. 5 und 7 b StGB und § 328 II Nr. 1 StGB. 118 Dieser Fall ist der Entscheidung des KG, wistra 1982, 196 (196 ff.), nachgebildet. Zu seiner Beurteilung seitens der subjektivistischen Versuchslehre bereits oben im 1. Kap. unter F. III. 4. 119 Das KG, wistra 1982, 196 (196), bejahte dies.

17 Maier

258

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

3. a) Nach seiner Vorstellung ließ S durch die Nichtabgabe einer Steuererklärung die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis. Dabei nahm er an, er hätte dies – wie in jedem Jahr – tun müssen. S überdehnte daher in seiner Vorstellung nicht etwa den Anwendungsbereich des § 370 I Nr. 2 AO, was ein Wahndelikt zur Folge hätte. Seine Fehlvorstellung bezog sich auf spezielle, außerhalb des Deliktstatbestandes liegende Vorschriften. Aufgrund dieses Vorfeldirrtums nahm S an, das Tatbestandsmerkmal ,pflichtwidrig‘ sei erfüllt. Der subjektive Tatbestand einer versuchten Steuerhinterziehung gemäß § 370 I Nr. 2 AO i. V. m. § 22 StGB ist daher erfüllt.120 b) Dennoch scheitert ein solches Versuchsdelikt am objektiven Versuchstatbestand, zu dem neben dem unmittelbaren Ansetzen zur Verwirklichung des Deliktstatbestandes auch die objektive Pflichtwidrigkeit121 des Verhaltens i. S. des § 370 I Nr. 2 AO gehört. Mit dem Merkmal ,pflichtwidrig‘ verweist der Gesetzgeber in § 370 I Nr. 2 AO auf die Erklärungspflicht nach § 149 AO.122 Nach § 149 I 1 AO bestimmen die Einzelsteuergesetze, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Ein solches Steuergesetz, mit dem der Gesetzgeber zum Ausdruck bringt, daß auch S zur Vermeidung des nach § 370 I AO zu zahlenden Preises eine Steuererklärung für das Jahr 1998 abzugeben habe, gab es im Ausgangsfall nicht. Diese mangelnde Erwartungshaltung des Gesetzgebers zeigt die Parallele der hier zu analysierenden Konstellation mit der des vermeintlichen Amtsträger auf.123 Sie beruht im Beispielsfall freilich auf einem legislativen Versehen und nicht – wie bei den Sonderdelikten – auf einer bewußten Beschränkung des Kreises der Rechtsunterworfenen. Gleichwohl kann auch im Beispielsfall von einer für die versuchte Tat nach § 370 I Nr. 2 AO i. V. m. § 22 StGB notwendigen Tatbestandsähnlichkeit keine Rede sein. Mangels der in einem Steuergesetz objektivierten Erwartung des Gesetzgebers, daß auch S für das Jahr 1998 eine Steuererklärung abzugeben habe, kommt dem Untätigbleiben des S nicht die Bedeutung eines rechtsgutsverletzenden Verhaltens zu: Ohne eine gesetzgeberische Erwartungshaltung hinsichtlich eines spezifisches Tätigwerdens des S läßt sich dessen Unterlassen – entsprechend dem Prinzip des Leitsatzes 3124 – nicht als versuchte Steuerhinterziehung werten. So auch das KG, ebenda. Der Gesetzgeber hat in § 370 I Nr. 2 AO mit der Bezeichnung ,pflichtwidrig‘ die metaphorische Begrifflichkeit der herrschenden normtheoretischen Vorstellung von den Einzelnen verpflichtenden Normen aufgegriffen. Zu dieser Normentheorie wurde im 3. Kap. alles Nötige gesagt. Nachfolgend wird der Begriff ,pflichtwidrig‘ verwandt, soweit es um den Bezug zum Wortlaut von Vorschriften der AO geht. 122 Im einzelnen dazu Klein / Gast-de Hahn, § 370 Rn. 41, 44. 123 Dazu soeben unter A. XII. 124 Oben unter A. XII. 5. 120 121

C. Die versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte

259

4. Infolgedessen muß der Täter beim Versuchsdelikt nach § 370 I Nr. 2 AO i. V. m. § 22 StGB objektiv erklärungspflichtig sein. Das Merkmal ,pflichtwidrig‘ ist Bestandteil des objektiven Versuchstatbestandes. Mangels einer solchen objektiven Pflichtwidrigkeit ist S im Ausgangsfall nicht der versuchten Steuerhinterziehung schuldig.125

C. Die versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte I. Grundsätzliches 1. Auf die Auslegungsunterlassungsdelikte126 kann das bisher angewandte Prinzip der Gewinnung des objektiven Versuchstatbestandes durch Auslegung des entsprechenden Deliktstatbestandes nicht einfach übertragen werden, denn Auslegungsunterlassungsdelikte verfügen wie die Versuchsdelikte über keinen Deliktstatbestand. Unter Anwendung des § 13 I StGB ist daher aus dem entsprechenden Deliktstatbestand zunächst durch Auslegung das vollendete Auslegungsunterlassungsdelikt zu gewinnen. Anschließend kann aus diesem nach Maßgabe der §§ 22, 23 StGB und den Grundsätzen der hermeneutischen Versuchskonzeption das versuchte Auslegungsunterlassungsdelikt127 entwickelt werden. 2. Nach § 13 I StGB gehören zum objektiven Vollendungstatbestand eines jeden Auslegungsunterlassungsdeliktes der Eintritt eines deliktstatbestandsmäßigen Erfolges, das Unterlassen einer Rettungshandlung trotz Handlungsmöglichkeit und die Garantenstellung.128 3. Für den subjektiven Versuchstatbestand eines jeden Auslegungsunterlassungsdeliktes folgt daraus, daß sich die Vorstellung i. S. des § 22 StGB des Täters beziehen muß auf: * den drohenden Eintritt eines deliktstatbestandsmäßigen Erfolges, also auf die konkrete Gefahr für ein Rechtsgutsobjekt, * die Möglichkeit der Vornahme einer tauglichen Rettungshandlung sowie * die tatsächlichen Umstände, die seine Garantenstellung begründen. Im Ergebnis ebenso NK / Zaczyk, § 22 Rn. 48. Zur Terminologie im 1. Kap. unter D. I. 2. b): Sachlich unbegründet werden die Auslegungsunterlassungsdelikte ,unechte Unterlassungsdelikte‘ genannt. 127 Die versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte sind Gegenstand zahlreicher gesonderter Abhandlungen. Exemplarisch seien Bamberger, passim; Grünwald, JZ 1959, 46 (46 ff.); Maihofer, GA 1958, 289 (289 ff.); Malitz, passim; Niepoth, Der untaugliche Versuch, passim; ders., JA 1994, 337 (338 ff.); Streng, GS Zipf, S. 325 (337 ff.); Womelsdorf, passim; angeführt. 128 Vgl. hierzu statt aller Ebert, S. 176 ff., sowie Schmidhäuser, Studienbuch AT, 12 / 16 ff. Die unter Umständen einschlägige Entsprechensklausel des § 13 I StGB kann hier vernachlässigt werden. 125 126

17*

260

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

Hinsichtlich des objektiven Versuchstatbestandes ist zunächst in jedem Falle das unmittelbare Ansetzen zur Verwirklichung des objektiven Vollendungstatbestandes erforderlich.129 Getreu den Prinzipien einer hermeneutischen Versuchskonzeption ist ferner zu analysieren, welche der drei eben angeführten Merkmale des objektiven Vollendungstatbestandes Eingang in den objektiven Versuchstatbestand finden müssen, um die Ähnlichkeit zum objektiven Vollendungstatbestandes zu sichern. Auf jene drei Elemente muß sich daher die Untersuchung im Folgenden beziehen.130 Sie soll am Beispiel des Totschlags durch Unterlassen gemäß §§ 212, 13 I StGB erfolgen.131 II. Die tatsächlichen Umstände, die eine Garantenstellung begründen 1. Selbst unter den Vertretern subjektivistischer Versuchslehren ist heftig umstritten, ob diejenigen tatsächlichen Umstände, aus denen die Garantenstellung des Täters folgt, beim versuchten Auslegungsunterlassungsdelikt dem objektiven Versuchstatbestand zugehörig sind oder ob auch sie nur in der Vorstellung des Täters existieren müssen.132 Fall 1: Vater V ist mit seiner kleinen Tochter T zum Urlaub an der See. V döst am Strand und hört ein Kind um Hilfe schreien. V ist sich sicher, daß seine Tochter T gerade gegen das Ertrinken kämpft. Trotz einer möglichen Rettung der T bleibt V untätig, um den Rest des Urlaubs alleine verbringen zu können. Tatsächlich schrie jedoch das Kind K, das unmittelbar danach in der See ertrank.

Eine Strafbarkeit des V wegen Totschlags an K durch Unterlassen scheitert an der mangelnden Garantenstellung des V gegenüber K. Indes kommt jedoch – neben einer Bestrafung aus § 323 c StGB – ein versuchter Totschlag an T durch Unterlassen in Betracht. 2. Der subjektive Tatbestand des versuchten Totschlags durch Unterlassen ist erfüllt. K nahm an, seine Tochter T kämpfe im Wasser um ihr Leben. Nach seiner Vorstellung befand sich T mithin in einer konkreten Gefahr. Wäre diese Vorstellung richtig gewesen, hätte V, als Obhutsgarant gegenüber T, diese vor dem Tod durch Ertrinken retten müssen, um die Bestrafung wegen Totschlags durch Unterlassen gemäß §§ 212, 13 I StGB zu vermeiden. 129 Eingehend zum unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung beim Auslegungsunterlassungsdelikt Vehling, S. 157 ff.; sowie Kühl, AT, § 18 Rn. 145 ff. 130 Da diese Elemente Bestandteil eines jeden vollendeten Auslegungsunterlassungsdeliktes sind, muß sich die Analyse nicht wie bei den Begehungs- und Wortlautunterlassungsdelikten auf jeden Deliktstatbestand gesondert beziehen. Eine Dreiteilung nach Gefahr, Abwendungsmöglichkeit und Garantenstellung ist folglich hinreichend. 131 Auf andere Auslegungsunterlassungsdelikte lassen sich die gewonnen Erkenntnisse übertragen. 132 In die Problematik und die einschlägige Diskussion wurde bereits im 1. Kap. unter F. IV. 2., 3. eingeführt.

C. Die versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte

261

3. a) Auf der Seite des objektiven Versuchstatbestandes ist die Entscheidung zu treffen, ob zu diesem auch diejenigen tatsächlichen Umstände gehören, die eine Garantenstellung begründen. Während die Vertreter der subjektivistischen Versuchslehren darüber streiten, ob die herrschenden normentheoretischen Vorstellungen die Bestrafung eines untauglichen Subjektes verbieten oder die ,Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale‘ eine Bestrafung gerade fordert, widmet sich eine hermeneutische Versuchskonzeption dem Gesetzestext und entnimmt der Anordnung in § 13 I StGB, daß derjenige, der es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, nur dann nach diesem Gesetz zu bestrafen ist, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt. Diese eindeutige Anweisung spricht dafür, daß es dem Rechtsstab verwehrt ist, wegen eines versuchten Auslegungsunterlassungsdeliktes auch denjenigen zu bestrafen, der sich wie V lediglich Umstände vorstellt, aus denen heraus er rechtlich dafür einzustehen hätte, daß der Erfolg nicht eintritt: Schließlich beruht auch eine Bestrafung des V wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen auf dem Gesetz des § 212 I StGB. b) Allerdings gibt der Gesetzgeber dem Rechtsstab auch auf, sich die Maßstäbe der Bestrafung wegen versuchter Tat durch Auslegung der jeweiligen Vorschriften selbst zu entwickeln. Es ist dem Rechtsstab aus diesem Grunde nicht a priori versagt, auch denjenigen zu bestrafen, der für die Erfolgsabwendung nicht rechtlich einzustehen hat. Um zu einer vernünftigen Lösung zu gelangen, wird der Rechtsanwender daher auf die Suche nach Familienähnlichkeiten gehen und die Parallelen des Falles 1 zu der bereits analysierten und entschiedenen Konstellation erkennen, bei der der Täter irrig Umstände annimmt, die im Falle ihres tatsächlichen Vorliegens seine Amtsträgerstellung begründen würden.133 Wie bei den Amtsdelikten knüpft auch bei den Auslegungsunterlassungsdelikten – die stets Garanten-Unterlassungsdelikte sind – die Erwartungshaltung des Gesetzgebers nur an das Verhalten eines Garanten an; § 13 I StGB bringt dies zum Ausdruck. Nur einen Garanten hofft der Gesetzgeber durch Androhung eines Übels, das weit über den in § 323 c StGB festgesetzten Preis hinausgeht, zur Abwendung eines drohenden Erfolges bewegen zu können. An das Verhalten des V im Fall 1 ist diese Erwartung jedenfalls nicht geknüpft. Wer auch immer mit K zum Strand gegangen sein mag, derjenige hätte für die Rettung des K sorgen müssen, um der Zahlung eines Preises nach §§ 212, 13 I StGB bzw. §§ 222, 13 I StGB zu entgehen. c) Angesichts dieser fehlenden Erwartungshaltung des Gesetzgebers kann – entsprechende dem im Leitsatz 3 formulierten Prinzip134 – von einer Ähnlichkeit zwischen einem Garanten und demjenigen, der sich lediglich Tatumstände einbildet, die im Falle ihres Vorliegens eine Garantenstellung begründen würden, keine Rede sein. Dementsprechend mangelt es auch an einer Ähnlichkeit zwischen der hier im Fall 1 erörterten Konstellation und dem Tatbestand eines vollendeten Auslegungsunterlassungsdeliktes. 133 134

Dazu oben unter A. XII. Dazu oben unter A. XII. 5.

262

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

4. Es läßt sich daher verallgemeinern: Notwendige Bedingung für die Erfüllung des objektiven Versuchstatbestandes eines Auslegungsunterlassungsdeliktes ist die Garantenstellung. Im Fall 1 ist V deshalb nicht des versuchten Totschlags an T durch Unterlassen schuldig, da nur der subjektive, nicht jedoch der objektive Versuchstatbestand erfüllt ist.

III. Die konkrete Gefahr für ein Rechtsgutsobjekt 1. Ein weiterer Punkt eines jeden subjektiven Versuchstatbestandes ist beim Auslegungsunterlassungsdelikt die Tätervorstellung im Hinblick auf die konkrete Gefahr für ein Rechtsgutsobjekt. Dementsprechend ist zu untersuchen, ob jenes Gefahrmoment Bestandteil auch des objektiven Versuchstatbestandes sein muß oder die Tätervorstellung insofern hinreichend ist.135 Fall 2: Wie in Fall 1 döst V in der Sonne und hört T um Hilfe rufen. Er ist sich sicher, daß T im Begriffe ist, in der aufgewühlten See zu ertrinken, bleibt jedoch liegen, um den Rest des Urlaubs alleine verbringen zu können. In Wirklichkeit spielte T mit anderen Kindern Indianer und schrie scherzhaft um Hilfe, da sie im Spiel an einen Marterpfahl gebunden werden sollte.

2. Der subjektive Tatbestand des versuchten Totschlags durch Unterlassen ist wiederum erfüllt: K nahm an, T ringe im Wasser mit dem Tod. Nach seiner Vorstellung befand sich T mithin in Lebensgefahr. Wäre diese Vorstellung richtig gewesen, hätte V als Obhutsgarant Maßnahmen zur Rettung der T einleiten müssen, um die Bestrafung wegen Totschlags durch Unterlassen gemäß §§ 212, 13 I StGB zu vermeiden. 3. Auf der Seite des objektiven Versuchstatbestandes ist zunächst zu konstatieren, daß V als Garant gegenüber T zu deren Tötung durch Unterlassen unmittelbar angesetzt hat: V bliebt untätig und nahm an, hierdurch die T zu töten. Dennoch ist V nicht aus §§ 212, 13 I, 22 StGB zu bestrafen, denn auch der drohende Eintritt eines deliktstatbestandsmäßigen Erfolges ist beim versuchten Auslegungsunterlassungsdelikt nicht durch die Tätervorstellung ersetzbar. Die konkrete Gefahr für ein Rechtsgutsobjekt ist vielmehr Bestandteil des objektiven Versuchstatbestandes. Eine versuchte Tat käme in Betracht, wenn diese Konstellation dem bereits analysierten Versuchsdelikt nach §§ 212, 22 StGB bei objektiv fehlendem Tatobjekt ähnelte:136 Dort schoß T, um W zu töten, mit seiner Flinte in das Bett des W, welches jedoch leer war. Dieses Verhalten wurde als versuchter Totschlag bewertet, da ein Geschehen den Sinngehalt eines versuchten Totschlags bereits durch die Vor135 Auf der Basis subjektivistischer Versuchslehren erachtet die Rechtslehre zum ganz überwiegenden Teil die Tätervorstellung für hinreichend. Vgl. insofern etwa Schönke / Schröder / Eser, StGB, Vorbem § 22 Rn. 27. Kritisch trotz grundsätzlicher Bejahung der herrschenden Versuchslehre SK / Rudolphi, Vor § 13 Rn. 55. 136 Oben unter A. V. (Fall 1).

C. Die versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte

263

nahme der auf die Tötung eines Menschen gerichteten Handlung erhält. Demgegenüber wird das Tatbild eines versuchten Totschlags durch Unterlassen nicht bereits dadurch hinreichend geprägt, daß ein Garant in der irrigen Annahme untätig bleibt, er lasse damit dem Eintritt des Todes seines Schützlings freien Lauf. Ein Vergleich mit dem im vorangegangenen Abschnitt untersuchten Fall 1 – der irrigen Annahme solcher Tatumstände, die im Falle ihres Vorliegens eine Garantenstellung begründen würden – zeigt ferner, daß Fall 2 noch weniger mit dem Typus des Auslegungsunterlassungsdeliktes nach §§ 212 I, 13 I StGB zu tun hat als Fall 1. In letzterem lag zumindest eine konkrete Lebensgefahr und damit eine bedrohliche Situation vor. Die Lebensgefahr betraf zwar nicht die von V zu schützende T, doch hob sich das Ereignis in Fall 1 durch die Gefahr für K immerhin von einem alltäglichen Strandgeschehen ab. Dort mangelte es an der gesteigerten Erwartungshaltung gegenüber V, im hier zu entscheidenden Fall 2 fehlt es an einer Gefahrensituation, welche der sozialadäquaten Begebenheit strafrechtliche Bedeutung zukommen lassen würde. Das charakteristische Tatbild eines versuchten Totschlags durch Unterlassen wird dadurch konstituiert, daß ein Garant trotz des drohenden Todeseintritts bei seinem Schützling untätig bleibt. 4. Verallgemeinern läßt sich wiederum: Notwendige Bedingung für die Erfüllung des objektiven Versuchstatbestandes eines Auslegungsunterlassungsdeliktes ist neben der Garantenstellung auch die tatsächliche konkrete Gefahr für ein Rechtsgutsobjekt, d. h. der drohende Eintritt eines deliktstatbestandsmäßigen Erfolges. Im Fall 2 ist V wiederum nicht des versuchten Totschlags an T durch Unterlassen schuldig, da nur der subjektive, nicht jedoch der objektive Versuchstatbestand erfüllt ist.

IV. Die Möglichkeit der Abwendung eines deliktstatbestandsmäßigen Erfolges 1. Die Vermutung liegt nahe, daß neben der Garantenstellung und der konkreten Gefahr für ein Rechtsgutsobjekt auch die Möglichkeit zur Abwendung des drohenden deliktstatbestandsmäßigen Erfolges ein Bestandteil des objektiven Versuchstatbestandes eines jeden Auslegungsunterlassungsdeliktes ist. Dies hätte zur Folge, daß der untaugliche Versuch beim Auslegungsunterlassungsdelikt generell nicht strafbar ist.137 Fall 3: Wie in Fall 1 sind V und T am Meer. T ist im Begriffe, in der aufgewühlten See zu ertrinken. V erkennt dies vom Ufer aus und bemerkt zugleich in seiner Nähe ein kleines Boot. Er ist sich sicher, T mit dem Boot retten zu können. Jedoch verwirft V diesen Plan und geht davon. Wenige Minuten später ertrinkt T. V erkannte indes nicht, daß das Boot 137 Dies wird – mit unterschiedlichen Begründungen – vertreten von Niepoth, Der untaugliche Versuch, S. 287 ff.; NK / Zaczyk, § 22 Rn. 60; Schmidhäuser, Studienbuch AT, 13 / 27; SK / Rudolphi, Vor § 13 Rn. 55.

264

6. Kap.: Die Versuchsdelikte nach einer hermeneutischen Konzeption

mittels einer schweren Eisenkette gegen unbefugtes Benutzen gesichert war und er es unmöglich hätte zu Wasser lassen können. Andere Möglichkeiten zu T’s Rettung standen V nicht zur Verfügung.

Eine Strafbarkeit des V wegen Totschlags an T durch Unterlassen scheitert an der mangelnden Rettungsmöglichkeit. Denkbar ist jedoch ein entsprechendes Versuchsdelikt. 2. Auch in dieser Fallkonstellation ist der subjektive Tatbestand des versuchten Totschlags durch Unterlassen erfüllt: K nahm an, er könne die gegen das Ertrinken ankämpfende T durch den Einsatz des Bootes retten. Nach seiner Vorstellung stand ihm als Obhutsgaranten eine Möglichkeit zur Abwendung des drohenden deliktstatbestandsmäßigen Erfolges zur Verfügung. Wäre diese Vorstellung richtig gewesen, hätte V den objektiven Tatbestand des Totschlags durch Unterlassen erfüllt. 3. a) Auf seiten des objektiven Versuchstatbestandes liegen die bisher analysierten notwendigen Bedingungen seiner Erfüllung vor: T drohte die konkrete Gefahr des Ertrinkens und ihr Obhutsgarant V unternahm nichts zu ihrer Rettung, wodurch er zum Totschlag an T durch Unterlassen unmittelbar ansetzte. Das charakteristische Tatbild liegt demnach vor. b) Behaupten ließe sich nun, die hier praktizierte Argumentationsfigur der gesetzgeberischen Erwartung verbiete es, hinsichtlich der Abwendungsmöglichkeit die Tätervorstellung für ausreichend zu erachten, da Unmögliches nie Gegenstand einer Erwartungshaltung gegenüber dem Garanten sein kann.138 Tatsächlich kann von einem Garanten nicht verlangt werden, daß er die Zahlung eines Preises nur durch das Vollbringen des Unmöglichen vermeiden kann. c) Indessen geht es auch hier nicht darum, einen bestimmten Argumentationsgang schematisch von der einen auf die andere Konstellation zu übertragen. Vielmehr soll ein letztes Mal die Untersuchung möglicher Familienähnlichkeiten die Problemlösung voran bringen. Zum Vergleich sollen dabei die Frage der irrigen Annahme einer konkreten Gefahr und der beim versuchten Totschlag durch Begehen untersuchte Fall139 der irrigen Annahme eines tauglichen Tatmittels dienen: Ist das Untätigbleiben des V in Fall 3 eher mit dem Sachverhalt vergleichbar, daß ein Garant untätig bleibt, während er eine Lebensgefahr für seinen Schützling irrig annimmt? Ein Tötungsszenario wurde dort verneint, da nur eine tatsächliche Lebensgefahr diese sozialadäquate Begebenheit zu einem rechtlich bedeutsamen Bewandtnis hätte erheben können. Oder ähnelt Fall 3 eher derjenigen Konstellation, in der ein Täter mit seiner Flinte auf den im Bett schlafenden W schießen will und beim Abdrücken bemerkt, daß das Gewehr ungeladen ist? Seinen Sinngehalt als Tötungsszenario bezog das letztere Geschehen bereits aus der Vornahme der auf die Tötung eines Menschen gerichteten Handlung. 138 Der Grundsatz „impossibilium nulla obligatio est“ (Celsus D. 50, 17, 185) bringt dies zum Ausdruck. 139 Oben unter A. V. 2.

C. Die versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte

265

Die Entscheidung fällt zugunsten der Ähnlichkeit des Falles 3 zur irrigen Annahme eines tauglichen Tatmittels beim versuchten Totschlag durch Begehen aus: T rang im Fall 3 mit dem Tod. Dies erkannte ihr Obhutsgarant klar. Gleichzeitig stellte er sich vor, es liege in seiner Hand, die T zu retten. Indes entschied er sich für den Tod der T und gab sich keinerlei Bemühungen hin, T zu retten. Von einem vollkommen alltäglichen, sozialadäquaten Geschehen wie im obigen Fall 2, das nur in V’s Vorstellung gefährlich war, kann hier keine Rede sein. Allein das Vorliegen der Lebensgefahr und die Untätigkeit des Garanten rücken das Geschehen so weit an das Tatbild eines Totschlags durch Unterlassen heran, daß die irrige Annahme einer Rettungsmöglichkeit – V’s Vorstellung, er könne über Leben und Tod der T verfügen – ausreicht, die Tatbestandsähnlichkeit der Konstellation zu einem Totschlag durch Unterlassen gewahrt ist. Wie im Fall des Einsatzes eines untauglichen Tatmittels beim Begehungsdelikt hat das Geschehen den Sinngehalt einer Tötung. d) Ebensowenig wie für die Annahme eines versuchten Totschlags durch aktives Tun die auf die Tötung eines Menschen gerichtete Handlung geeignet sein muß, den Taterfolg zu zeitigen, ist es für einen versuchten Totschlag durch Unterlassen erforderlich, daß die Rettung des Schützlings objektiv möglich war. 4. Die Abwendungsmöglichkeit des Taterfolges ist kein Merkmal des objektiven Versuchstatbestandes des Auslegungsunterlassungsdeliktes. Insoweit ist die Tätervorstellung hinreichend. Im Fall 3 ist V daher des versuchten Totschlags an T durch Unterlassen schuldig.

V. Fazit Nach der Untersuchung der möglichen Anforderungen an den objektiven Tatbestand der versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte bleibt festzuhalten, daß der drohende Eintritt eines deliktstatbestandsmäßigen Erfolges und die Garantenstellung Bestandteile des objektiven Tatbestandes eines jeden versuchten Auslegungsunterlassungsdeliktes sind. Der untaugliche Versuch eines Auslegungsunterlassungsdeliktes ist dementsprechend nur bei der irrigen Annahme einer Abwendungsmöglichkeit des deliktstatbestandlichen Erfolges tatbestandsmäßig und strafbar.

Abschluß Vom Unrecht der versuchten Taten zu sprechen, heißt, die Bedingungen zu erklären, unter denen der objektive und der subjektive Tatbestand eines Versuchsdeliktes rechtswidrig erfüllt sind. Die Versuchsdelikte haben objektive Tatbestände, die vielgestaltig sind wie die Deliktstatbestände des Besonderen Teils des StGB. Sie auf „den Versuch“ zu reduzieren und ihren objektiven Unrechtsgehalt auf das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung zu beschränken, überschreitet die Grenzen eines Tatstrafrechts. Mit der hier explizierten Objektivierung des Versuchsunrechts werden die versuchten Taten wieder an die Deliktstatbestände des Besonderen Teils gebunden. An die Stelle der beliebigen Ersetzbarkeit objektiver Deliktstatbestandsmerkmale durch die Tätervorstellung tritt die analytische Betrachtung jedes einzelnen Deliktes und die tatbestandsbezogene Entscheidung, welche objektiven Merkmale des Vollendungstatbestandes auch bei der versuchten Tat erfüllt sein müssen, um die Tatbestandsähnlichkeit von Vollendungs- und Versuchsdelikt zu wahren. Maßstäbe für die Tatbestandsähnlichkeit versuchter Taten sind gleichermaßen die Analyse der gesetzgeberischen Wertungsentscheidungen und die handlungstheoretische Betrachtung des Versuchs als dem Angriff auf ein Rechtsgut. Diese hermeneutische Versuchskonzeption holt mit der Handlungstypisierung der versuchten Taten die normative Leistung nach, die der Gesetzgeber im Besonderen Teil des StGB nicht erbringen konnte. Deutlich wird dabei, daß die Frage nach dem Unrecht der versuchten Taten mit dem Verstehen von Recht und Handlung untrennbar verbunden ist. Der aus den norm-motivierten Handlungen des Rechtsstabs gespeiste Rechtsbegriff und das Handlungsverstehen der analytischen Hermeneutik wiesen der Objektivierung des Versuchsunrechts den Weg. Ihre Fruchtbarkeit für die Dogmatik der versuchten Tat ermutigt, weitere überkommene Figuren einer kritischen Analyse zu unterziehen. Doch dies sind andere Themen.

Thesen 1. Ziel der Untersuchung ist es, die Notwendigkeit einer Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit gegenüber der herrschenden Versuchsdogmatik zu begründen und de lege lata praktikable Grenzen strafbaren Versuchens aufzuzeigen. 2. Die Versuchsdogmatik endet im Kontext der herrschenden Versuchslehre – der Eindruckstheorie – in einer Sackgasse: Beim zentralen Problem des Vorfeldirrtums ist in jeder Konstellation jedes beliebige Ergebnis herleitbar. Das Wirrwarr an Lösungsansätzen resultiert aus der Unzufriedenheit auch der herrschenden Lehre darüber, diese Problemfälle allein mit dem sogenannten Umkehrschluß bearbeiten zu können. Da es der Eindruckstheorie jedoch an jeglichem originären Instrumentarium fehlt, die Grenzfälle zwischen untauglichem Versuch und Wahndelikt zu bewältigen, sind die Lösungswege vollkommen beliebig wählbar. Die Problemdiskussion ist so kaum noch ernst zu nehmen. Es sind dies die Symptome einer Krise, die ohne eine Revision der dogmatischen Grundlagen nicht bewältigt werden kann. 3. Fundament der Eindruckstheorie ist deren Deutung des Strafgrundes des Versuchs. Ausgangspunkt der Strafbarkeit der versuchten Tat sei der betätigte rechtsfeindliche Wille des Täters, der geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit zu erschüttern. 4. Die Eindruckstheorie steht damit fest auf dem Boden der subjektiven Versuchslehre, die sich bei der Bestimmung des Strafgrundes des Versuchs auf den betätigten rechtsfeindlichen Willen beschränkt. Hinzugefügt wurde der klassischen subjektiven Versuchslehre lediglich ein diffuses sozialpsychologisches Kriterium. 5. Ein betätigter rechtsfeindlicher Wille ist für die subjektive Versuchslehre – und für ihren Epigonen Eindruckstheorie – der Widerspruch des Einzelnen gegen eine vom Gesetzgeber an jeden Bürger adressierte Verhaltensnorm der Form „Du sollst p nicht tun!“ bzw. „Du sollst q tun!“. Dieses Rechtsverständnis impliziert die Vorstellung, die Deliktstatbestände des Besonderen Teils des StGB enthielten neben den Sanktionsnormen auch Verhaltensnormen für den einzelnen Bürger. Dementsprechend sei auch derjenige, dessen Untat mißlang, zu strafen, weil er den Ungehorsam gegenüber der Verhaltensnorm dokumentiert habe. 6. Durch diese Metamorphose der Deliktstatbestände des StGB in Verhaltensnormen werden die intersubjektiv vermittelbaren Normen des Gesetzgebers in

268

Thesen

das Prokrustesbett eines pflichtenethischen Moralbegriffes gepreßt und zu metarechtlichen Konstrukten erhöht. Fingiert wird zudem, die Normen des Gesetzgebers würden als solche den einzelnen Bürger erreichen und unmittelbar dessen Motivation steuern. 7. Die Frage nach dem Unrecht versuchter Taten ist folglich untrennbar mit dem Begriff des Rechts verbunden. Die hierdurch notwendige Kritik des herrschenden Rechtsverständnisses führt zu dessen Ablösung durch den Rechtsbegriff der analytischen Hermeneutik, der gespeist wird aus den norm-motivierten Handlungen des Rechtsstabs: Recht ist der Inbegriff derjenigen Normen, aus denen die Richter und Beamten des Rechtsstabs das Ob und Wie ihres Handelns deduzieren. 8. Gegen eine Rechtsnorm auflehnen kann sich daher nur ein Angehöriger des Rechtsstabs, etwa ein Richter, der Rechtsbeugung begeht. Einen rechtsfeindlichen Willen bilden, den Entschluß fassen, einer Rechtsnorm nicht zu folgen, ist dem Bürger unmöglich. Wie sollte er den an den Rechtsstab adressierten Normen feindlich gegenübertreten? Was der Bürger bilden kann, ist ein rechtsgutsfeindlicher Wille – ein rechtsgutsverletzendes Willensverhalten. Das jedoch bleibt eine Moralwidrigkeit. Eine Moralwidrigkeit als solche kann aber nicht Grundlage der Strafbarkeit sein. 9. Subjektive Versuchslehre und Eindruckstheorie verlieren mit dem Übergang zu diesem Rechtsbegriff ihr dogmatisches Fundament: Kommt den Verhaltensnormen keine Rechtsqualität zu, so kann der rechtsfeindliche Wille als Auflehnung gegen eine solche Verhaltensnorm auch keine unrechtskonstitutive Kraft entfalten. 10. Subjektivistische Versuchslehren, deren Dreh- und Angelpunkt im Ungehorsam gegenüber einer Rechtsnorm liegt, sind sämtlich nicht begründungsfähig. 11. Vom Unrecht versuchter Taten zu sprechen, bedeutet für die hier entwickelte Versuchskonzeption, die Bedingungen zu erklären, unter denen der objektive und der subjektive Tatbestand eines Versuchsdeliktes rechtswidrig erfüllt sind. 12. Das Unrecht der versuchten Tat auf eine objektive Grundlage zu stellen, heißt, auf der Basis der gesetzlichen Regelung in den §§ 22, 23 StGB eine neue Technik der Formulierung der objektiven Versuchstatbestände aus den jeweiligen Vollendungstatbeständen zu entwickeln. 13. An die Stelle der beliebigen Ersetzbarkeit objektiver Deliktstatbestandsmerkmale durch die Tätervorstellung tritt die analytische Betrachtung jedes einzelnen Deliktes und die tatbestandsbezogene Entscheidung, welche objektiven Merkmale des Vollendungstatbestandes auch bei der versuchten Tat erfüllt sein müssen, um die im Tatstrafrecht notwendige Tatbestandsähnlichkeit von Vollendungs- und Versuchsdelikt zu wahren. 14. Maßstäbe für die Tatbestandsähnlichkeit versuchter Taten sind gleichermaßen die Analyse der gesetzgeberischen Wertungsentscheidungen und die hand-

Thesen

269

lungstheoretische Betrachtung des Versuchs als einem Angriff auf ein Rechtsgut. Diese hermeneutische Versuchskonzeption holt mit der Handlungstypisierung versuchter Taten die normative Leistung nach, die der Gesetzgeber im Besonderen Teil des StGB nicht erbringen konnte. Dies ist der Kern einer Objektivierung des Versuchsunrechts. 15. Das StGB kennt Handlungsweisen, deren Strafbarkeit der Gesetzgeber mit guten Gründen hätte weiter fassen können. Hierzu gehört etwa das falsche Schwören i. S. des § 154 I StGB, das durchaus auch dann strafbar sein könnte, wenn es überhaupt gegenüber einer öffentlichen Stelle begangen wird, oder die falsche Angabe des Personenstandes gemäß § 169 I StGB, deren Strafbarkeit erst seit dem 4. Strafrechtsreformgesetz auf ein Handeln gegenüber einer zur Führung von Personenstandsbüchern oder zur Feststellung des Personenstands zuständigen Behörde beschränkt ist. Limitiert der Gesetzgeber jedoch dergestalt den Bereich strafbaren Verhaltens, gebietet es das Gesetzlichkeitsprinzip, diese Grenzen auch innerhalb des entsprechenden objektiven Versuchstatbestandes zu wahren. Diese strikte Orientierung am Gesetzlichkeitsprinzip ist die erste Ausformung der Gebots der Tatbestandsähnlichkeit. Dies bedeutet beispielsweise: a) Das Merkmal „vor Gericht oder einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle“ im Deliktstatbestand des § 154 I StGB muß Eingang in den objektiven Versuchstatbestand nach §§ 154, 22 StGB finden. Ein versuchter Meineid kann dann nicht angenommen werden, wenn dieses Tatbestandsmerkmal objektiv nicht erfüllt ist. b) Der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil muß auch beim versuchten Betrug objektiv rechtswidrig sein i. S. des § 263 I StGB: Hat sich der Gesetzgeber im Deliktstatbestand des § 263 I StGB dafür entschieden, daß eine irrtumsbedingte Vermögensschädigung nur dann als Betrug strafbar sein soll, wenn der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil im Widerspruch zur Privatrechtsordnung bzw. den jeweils einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht, muß sich diese legislative Entscheidung auch im Versuchstatbestand nach §§ 263, 22 StGB wiederfinden. Das Merkmal ,rechtswidrig‘ des objektiven Vollendungstatbestandes gemäß § 263 I StGB ist mithin neben dem unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung ein Merkmal des objektiven Versuchstatbestandes nach §§ 263, 22 StGB. 16. Der Gesetzgeber fixiert in einer Reihe von Deliktstatbeständen als Tathandlungen sozialadäquate Handlungsweisen, die die Bedeutung eines sozialschädlichen und damit strafrechtlich relevanten Tuns erst dadurch erhalten, daß sie gerade an einem bestimmten Tatobjekt vorgenommen werden. Gestützt ist diese Distinktion zwischen Handlungsbeschreibungen auf eine handlungshermeneutische Analyse von deliktstypischen Tatintentionen. Der die Strafwürdigkeit begründende Sinnzusammenhang zwischen Handlung und Tatobjekt

270

Thesen

ist bei der versuchten Tat dadurch zu wahren, daß das entsprechende Tatobjekt Element auch des objektiven Versuchstatbestandes ist: a) So haben die durch den Deliktstatbestand des § 259 I StGB beschriebenen Angriffe auf das Vermögen, etwa das Ankaufen oder Absetzen, nur dann die Bedeutung eines sozialschädlichen Verhaltens, wenn sie in den Sinnzusammenhang des Umgangs mit einer durch eine Vermögensstraftat erlangten Sache eingebettet sind und auch eingebettet bleiben. Dies bedeutet aber zugleich, daß die für eine versuchte Tat notwendige Tatbestandsähnlichkeit zum Vollendungsdelikt nur dann gewahrt wird, wenn das Tatobjekt tatsächlich aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten rechtswidrigen Tat stammt. b) Hingegen weist eine versuchte Tat nach §§ 212, 22 StGB die notwendige Tatbestandsähnlichkeit zum Vollendungsdelikt schon dann auf, wenn zu einer Tötungshandlung unmittelbar angesetzt wird, obwohl das Tatobjekt objektiv nicht vorhanden ist. Das Tatbestandsmerkmal ,Mensch‘ des § 212 I StGB gehört damit nicht dem objektiven Versuchstatbestand nach §§ 212, 22 StGB an. 17. Beschränkt der Gesetzgeber wie in den Deliktstatbeständen der Sonderdelikte seine Erwartungshaltung dergestalt, daß nur ein bestimmter Täterkreis durch die Androhung eines Preises von der Vornahme der beschriebenen Handlungen abgehalten werden soll, so gebietet es das Gesetzlichkeitsprinzip, diese beschränkte Erwartungshaltung auch innerhalb des entsprechenden objektiven Versuchstatbestandes zu akzeptieren. Die Amtsträgereigenschaft ist daher bei allen versuchten Amtsdelikten Merkmal auch des objektiven Versuchstatbestandes. 18. Für die objektiven Tatbestände der versuchten Auslegungsunterlassungsdelikte bedeutet dies, daß der drohende Eintritt eines deliktstatbestandsmäßigen Erfolges und die Garantenstellung Bestandteile des objektiven Tatbestandes eines jeden versuchten Auslegungsunterlassungsdeliktes sind. Der untaugliche Versuch eines Auslegungsunterlassungsdeliktes ist dementsprechend nur bei der irrigen Annahme einer Abwendungsmöglichkeit des deliktstatbestandlichen Erfolges tatbestandsmäßig und strafbar.

Schrifttumsverzeichnis Aarnio, Aulis: Law and Action. Reflections on Collective Legal Actions, in: Actions, Norms and Values. Discussions with Georg Henrik v. Wright, edited by Georg Meggle, 1999, Berlin / New York, pp. 37 ff. Abrahams, Peter / Schwarz, Thomas: Nichtzahlung des Entgelts für „Telefon-Sex“ – Vollendeter Betrug, untauglicher Versuch oder Wahndelikt?, Jura 1997, S. 355 ff. Adams, Michael / Shavell, Steven: Zur Strafbarkeit des Versuchs, GA 1990, S. 337 ff. Adomeit, Klaus: Rechtstheorie für Studenten, 4. Aufl. 1998, Heidelberg. Albrecht, Peter: Der untaugliche Versuch, 1973, Basel / Stuttgart. Altenhain, Karsten: Der Zusammenhang zwischen Grunddelikt und schwerer Folge bei den erfolgsqualifizierten Delikten, GA 1996, S. 19 ff. Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches (AE), vorgelegt von Jürgen Baumann u. a., Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1969, Tübingen. Alternativkommentar, Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1 (§§ 1 – 21), hrsg. von Rudolf Wassermann, 1990, Neuwied (zit.: AK-StGB / Bearbeiter). Alternativkommentar, Kommentar zur Strafprozeßordnung, hrsg. von Rudolf Wassermann, Band 2, Teilband 2, §§ 213 – 275, 1993, Neuwied / Kriftel / Berlin (zit.: AK-StPO / Bearbeiter). Altpeter, Frank: Strafwürdigkeit und Straftatsystem. Eine Untersuchung zur Einbeziehung von Strafwürdigkeitsaspekten in das Straftatsystem am Beispiel der vortatbestandlichen und tatbestandlichen Ebene, 1990, Frankfurt a. M. u. a. Alwart, Heiner: Der Begriff des Motivbündels im Strafrecht, GA 1983, S. 433 ff. – Establishing a Basis for Criminal Responsibility of Collective Entities, in: Criminal Responsibility of Legal and Collective Entities, hrsg. von Albin Eser u. a., 1999, Freiburg i. Br., S. 143 ff. – L’herméneutique et la philosophie du droit analytique, in: L’évolution de la philosophie du droit en Allemagne et en France depuis la fin de la seconde guerre mondiale, hrsg. von Guy Planty-Bonjour und Raymond Legeais, 1991, Paris, S. 161 ff. – Recht und Handlung. Die Rechtsphilosophie in ihrer Entwicklung vom Naturrechtsdenken und vom Positivismus zu einer analytischen Hermeneutik des Rechts, 1987, Tübingen. – Strafrechtliche Haftung des Unternehmens – vom Unternehmenstäter zum Täterunternehmen, ZStW 105 (1993), S. 752 ff. – Strafwürdiges Versuchen. Eine Analyse zum Begriff der Strafwürdigkeit und zur Struktur des Versuchsdelikts, 1982, Berlin.

272

Schrifttumsverzeichnis

– Über die Hypertrophie eines Unikums (§ 265 a StGB) – Die unbemerkte Straflosigkeit des Schwarzfahrens im Massenverkehr, JZ 1986, S. 563 ff. – Über „Unternehmensstrafrecht“, in: Humboldt Forum Recht, Beitrag 5 / 2000 http: / / data. rewi.hu-berlin.de / online / hfr / 5 – 2000 / Drucktext.html. – Unternehmensethik durch Sanktion? Möglichkeiten und Grenzen des deutschen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, in: Verantwortung und Steuerung von Unternehmen in der Marktwirtschaft, hrsg. von Heiner Alwart, 1998, München / Mehring, S. 75 ff. – Untreue, Korruption, Verrat, Fälschung. Wird die Herstellung der deutschen Einheit zum Bumerang?, in: 10 Jahre deutsche Rechtseinheit, hrsg. von Elisabeth Koch, 2001, Tübingen, S. 185 ff. – Die Vernünftigkeit des Bundesverfassungsgerichts, JZ 2000, S. 227 ff. – Zur Kritik der strafrechtlichen Stufenlehre, GA 1986, S. 245 ff. – Zurechnen und Verurteilen, 1998, Stuttgart u. a. Anders, Ralf Peter: Beweiserhebungskontrollen des Tatgerichts und Autonomie der Verteidigung durch Präsentation von Entlastungsbeweisen in der Hauptverhandlung des Strafprozesses, 1998, Berlin. – Zur Möglichkeit des Rücktritts vom erfolgsqualifizierten Versuch, GA 2000, S. 64 ff. Anscombe, G. E. M.: Intention, 2. Aufl. 1963, Blackwell. Anstötz, Christoph: Peter Singer in Deutschland. Zur Gefährdung der Diskussionsfreiheit in der Wissenschaft, 2. Aufl. 1997, Frankfurt a. M. Appel, Ivo: Verfassung und Strafe. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen staatlichen Strafens, 1998, Berlin. Arzt, Gunther: Anmerkung zum Urteil des BGH vom 17. 10. 1996 – 4 StR 389 / 96 (BGHSt 42, 268), JR 1997, S. 469 ff. Arzt, Gunther / Weber, Ulrich: Strafrecht, Besonderer Teil, 2000, Bielefeld. Augsberg, Ingo: Materielle Wertethik und Strafrechtsdogmatik. Zum Einfluss der lehren Max Schelers und Nicolai Hartmanns auf die deutsche Strafrechtswissenschaft, ARSP 2003, S. 53 ff. Austin, John: Lectures on Jurisprudence. Or the Philosophy of Positive Law, Volume I, 4. Edition 1879, London. Bacher, Andreas: Versuch und Rücktritt vom Versuch beim erfolgsqualifizierten Delikt – zugleich ein Beitrag zum Begriff der Tat, 1999, München. Bachmann, Jochen: Vorsatz und Rechtsirrtum im Allgemeinen Strafrecht und im Steuerstrafrecht, 1993, Berlin. Bamberger, Heinz Georg: Versuch beim Unterlassungsdelikt, 1978, Diss. Bonn. Bar, Ludwig v.: Gesetz und Schuld im Strafrecht, Band II. Die Schuld nach dem Strafgesetze, 1907, Berlin. – Zur Lehre von Versuch und Theilnahme am Verbrechen, 1859, Hannover.

Schrifttumsverzeichnis

273

Bartuschat, Wolfgang: Zur Deduktion des Rechts aus der Vernunft bei Kant und Fichte, in: Fichtes Lehre vom Rechtsverhältnis. Die Deduktion der §§ 1 – 4 der Grundlage des Naturrechts und ihre Stellung in der Rechtsphilosophie, hrsg. von Michael Kahlo, Ernst Amadeus Wolff und Rainer Zaczyk, 1992, Frankfurt a. M., S. 173 ff. Bauer, Wolfram: Die Abgrenzung des dolus eventualis – ein Problem der Versuchsdogmatik, wistra 1991, S. 168 ff. Baumann, Jürgen: Einführung in die Rechtswissenschaft. Rechtssystem und Rechtstechnik, 8. Aufl. 1989, München. – Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1961, Bielefeld (zit.: Baumann, AT2). – Das Umkehrverhältnis zwischen Versuch und Irrtum im Strafrecht, NJW 1962, S. 16 ff. Baumann, Jürgen / Weber, Ulrich: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 9. Aufl. 1985, Bielefeld. Baumann, Jürgen / Weber, Ulrich / Mitsch, Wolfgang: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 11. Aufl. 2003, Bielefeld. Baumgarten, J.: Die Lehre vom Versuche der Verbrechen, 1888, Stuttgart. Becher, Klaus Martin: Zur Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch gemäß § 22 des 2. StrRG. Ein Beitrag zur näheren Ausgestaltung der neuen gesetzlichen Leitlinie, 1973, Diss. Münster. Beck, Wolfgang: Unrechtsbegründung und Vorfeldkriminalisierung. Zum Problem der Unrechtsbegründung im Bereich vorverlegter Strafbarkeit, – erörtert unter besonderer Berücksichtigung der Deliktstatbestände des politischen Strafrechts, 1992, Berlin. Behm, Ulrich: Nichtzahlung des Lohns für ,Telefonsex‘: Betrug, versuchter Betrug oder Wahndelikt? – Zugleich eine Besprechung von LG Mannheim, NJW 1995, 3398 –, NStZ 1996, 317 ff. Beling, Ernst: Grundzüge des Strafrechts, 8. und 9. Aufl. 1925, Tübingen, 10. Aufl. 1928, Tübingen, 11. Aufl. 1930, Tübingen (zit.: Beling, GrundzügeAufl.). – Methodik der Gesetzgebung, insbesondere der Strafgesetzgebung. Zugleich ein Beitrag zur Würdigung des Strafgesetzbuchentwurfs von 1919, 1922, Berlin-Grunewald. – Die Lehre vom Tatbestand, 1930, Tübingen. – Die Lehre vom Verbrechen, 1906, Tübingen. – Die Vergeltungsidee und ihre Bedeutung für das Strafrecht, 1908, Leipzig. Benfer, Jost: Allgemeines Strafrecht, 1984, Köln u. a. Bentham, Jeremy: Of Laws in General, edited by H. L. A. Hart, in: The Collected Works of Jeremy Bentham, Principles of Legislation, General Editor J. H. Burns, 1970, London. Bericht des Sonderausschusses: Zweiter schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, Bundestagsdrucksache V / 4095. Berner, Albert Friedrich: Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, 17. Aufl. 1895, Leipzig. Berz, Ulrich: Formelle Tatbestandsverwirklichung und materialer Rechtsgüterschutz. Eine Untersuchung zu den Gefährdungs- und Unternehmensdelikten, 1986, München. Bierling, Ernst-Rudolf: Juristische Prinzipienlehre, Band I, 1. Buch, Freiburg / Leipzig 1894, Band V, 1917, Tübingen. 18 Maier

274

Schrifttumsverzeichnis

Binder, Julius: Der Adressat der Rechtsnorm und seine Verpflichtung, 1927, Leipzig. – Grundlegung zur Rechtsphilosophie, 1935, Tübingen. – Rechtsnorm und Rechtspflicht, 1912, Leipzig. Binding, Karl: Handbuch des Strafrechts, Erster Band, 1885, Leipzig (zit.: Binding, Handbuch I). – Die Normen und ihre Übertretung. Eine Untersuchung über die rechtmäßige Handlung und die Arten des Delikts, Band 1, Normen und Strafgesetz, 4. Aufl. 1922, Leipzig (zit.: Binding, Normen I); Band 2, Zweite Hälfte: Der rechtswidrige Vorsatz, 2. Aufl. 1916., Leipzig (zit.: Binding, Normen II / 2); Band 3, Der Irrtum, 1918, Leipzig (zit.: Binding, Normen III). – Das Problem der Strafe in der heutigen Wissenschaft, in: Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, Erster Band, Strafrecht, 1915, München / Leipzig, S. 61 ff. Birkmeyer, Karl v.: Was läßt v. Liszt vom Strafrecht übrig? Eine Warnung vor der modernen Richtung im Strafrecht, 1907, München. Blei, Hermann: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 12. Aufl. 1996, München (zit.: Blei, PdW AT). – Strafrecht, I. Allgemeiner Teil, 17. Aufl. 1977, München, 18. Aufl. 1983, München (zit.: Blei, ATAufl.). – Strafrecht, II. Besonderer Teil, 12. Aufl. 1983, München (zit.: Blei, BT). – Das Wahnverbrechen, JA 1973, S. 237 ff., 321 ff., 389 ff., 459 ff., 529 ff. Bloy, René: Besprechung von: Kirsten Malitz, Der untaugliche Versuch beim unechten Unterlassungsdelikt. Zum Strafgrund des Versuchs 1998, Berlin; GA 2000, 498 ff. – Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, 1985, Berlin. – Die dogmatische Bedeutung der Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe, 1976, Berlin. – Unrechtsgehalt und Strafbarkeit des grob unverständigen Versuchs, ZStW 2001, S. 76 ff. Bockelmann, Paul: Der Unrechtsgehalt des Betruges, in: Probleme der Strafrechtserneuerung. Festschrift für Eduard Kohlrausch zum 70. Geburtstag, 1944, Berlin, S. 226 ff. (zit.: Bokkelmann, FS Kohlrausch). – Zur Abgrenzung der Vorbereitung vom Versuch, in: ders., Strafrechtliche Untersuchungen, 1957, Göttingen, S. 135 ff. – Zur Reform des Versuchsstrafrechts, in: ders., Strafrechtliche Untersuchungen, 1957, Göttingen, S. 150 ff. Bockelmann, Paul / Volk, Klaus: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 1987, München. Börker, Rudolf: Die Milderung der Strafe für den Versuch, JZ 1956, S. 477 f. Bottke, Wilfried: Untauglicher Versuch und freiwilliger Rücktritt, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof. Festgabe aus der Wissenschaft, hrsg. von Claus-Wilhelm Canaris u. a., 2000, München, S. 135 ff. Brandt, Richard / Kim, Jaegwon: Wünsche als Erklärungen von Handlungen, in: Analytische Handlungstheorie, Band 2, Handlungserklärungen, hrsg. von Ansgar Beckermann, 1985, Frankfurt a. M., S. 259 ff.

Schrifttumsverzeichnis

275

Brehm, Wolfgang: Zur Dogmatik des abstrakten Gefährdungsdeliktes, 1973, Tübingen. Bruns, Hans Jürgen: Gilt die Strafrechtsordnung auch für und gegen Verbrecher untereinander? In: Festschrift für Edmund Mezger zum 70. Geburtstag, in Gemeinschaft mit Paul Bockelmann hrsg. von Karl Engisch, 1953, München / Berlin, S. 335 ff. (zit.: Bruns, FS Mezger). – Die Strafbarkeit des Versuchs eines untauglichen Subjektes, GA 1979, S. 161 ff. – Der untaugliche Täter im Strafrecht, 1955, Karlsruhe. – Zur Frage der Strafbarkeit des „Versuchs“ eines untauglichen Subjekts, DStR 5 (1938), S. 161 ff. Buffo, Bernd: Der Begriff der Tatbestandsverwirklichung in der neueren Strafrechtsdogmatik, 1971, Diss. Hamburg. Bünger: Über Vorstellung und Wille, als Elemente der subjektiven Verschuldung, ZStW 6 (1886), S. 291 ff. Burgstaller, Manfred: Über den Verbrechensversuch. Eine Konfrontation von Lehre und Rechtsprechung, ÖJBl. 1969, S. 521 ff. – Der Versuch nach § 15 StGB, ÖJBl. 1976, S. 113 ff. Buri, Maximilian v.: Abhandlungen aus dem Strafrecht. 1. Zur Lehre von dem Angriff auf die Ehre mit näherer Berücksichtigung der Lehre von dem Versuche, der Konkurrenz und dem fortgesetzten Verbrechen. 2. Das Komplott ist keine besondere Schuldform, 1862, Gießen. – Die Causalität und ihre strafrechtlichen Beziehungen, 1885, Stuttgart. – Gefahr und Versuch in der zweiten Auflage des ersten Bandes der Normen 1890, GS 44 (1891), S. 321 ff. – Der Versuch des Verbrechens mit untauglichen Mitteln oder an einem untrüglichen Object, GS 20 (1868), S. 325 ff. – Ueber Causalität und deren Verantwortung, 1873, Leipzig. – Ueber das Wesen des Versuchs, GA 25 (1877), S. 265 ff. – Ueber den Begriff der Gefahr und seine Anwendung auf den Versuch, GS 40 (1888), S. 503 ff. – Ueber die sogenannten untauglichen Versuchshandlungen, ZStW 1 (1881), S. 185 ff. – Versuch und Causalität, GS 32 (1880), S. 321 ff. – Zur Lehre vom Versuche, GS 19 (1867), S. 60 ff. Burkhardt, Björn: Abweichende Kausalverläufe in der Analytischen Handlungstheorie, in: Festschrift für Haruo Nishihara zum 70. Geburtstag, Band 5, Beiträge in deutscher Sprache, hrsg. von Albin Eser, 1998, Baden-Baden, S. 15 ff. (zit.: Burkhardt, FS Nishihara). – Rechtsirrtum und Wahndelikt, JZ 1981, S. 681 ff. – Der „Rücktritt“ als Rechtsfolgebestimmung, 1975, Berlin. – Das Unternehmensdelikt und seine Grenzen, JZ 1971, S. 352 ff. – Zur Abgrenzung von Versuch und Wahndelikt im Steuerstrafrecht – Zugleich eine Anm. zum Urt. des KG vom 9. 9. 1981, wistra 1982, 196 –, wistra 1982, S. 178 ff. 18*

276

Schrifttumsverzeichnis

Buser, Torsten: Zurechnungsfragen beim mittäterschaftlichen Versuch, 1998, Berlin. Cohn, Ludwig: Die den untauglichen Versuch betreffende Plenarentscheidung des Reichsgerichts, GA 28 (1880), S. 361 ff. – Zur Lehre vom versuchten und unvollendeten Verbrechen, Band I, 1880, Breslau. Cramer, Peter: Vermögensbegriff und Vermögensschaden im Strafrecht, 1968, Bad Homburg / Berlin / Zürich. – Der Vollrauschtatbestand als abstraktes Gefährdungsdelikt, 1962, Tübingen. Dahm, Georg: Gemeinschaft und Strafrecht, 1935, Hamburg. – Der Methodenstreit in der heutigen Strafrechtswissenschaft, ZStW 57 (1938), S. 225 ff. – Verbrechen und Tatbestand, in: Grundfragen der neuen Rechtswissenschaft, hrsg. von Georg Dahm u. a., 1935, Berlin, S. 62 ff. Dahm, Georg / Schaffstein, Friedrich: Liberales oder autoritäres Strafrecht?, 1933, Hamburg. Degener, Wilhelm: Strafgesetzliche Regelbeispiele und deliktisches Versuchen, in: Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag, hrsg. von Wilfried Küper und Jürgen Welp, 1993, Heidelberg, S. 305 ff. Delaquis, Ernst: Der untaugliche Versuch. Ein Beitrag zur Reform der Strafgesetzgebung, 1904, Berlin. Demuth, Hennrich: Anmerkung zum Beschluß des BGH v. 16. 11. 1973 – 2 StR 578 / 73, NJW 1974, S. 757 f. Dicke, Detlev Chr.: Zur Problematik des untauglichen Versuchs, JuS 1968, S. 157 ff. Dohna, Alexander Graf zu: Der Aufbau der Verbrechenslehre, 4. Aufl. 1950, Bonn. – Literarische Anzeigen, Besprechung von: Max Ernst Mayer, Rechtsnormen und Kulturnormen, 1903, Breslau; GS 63 (1904), S. 355 ff. – Der Mangel am Tatbestand, in: Festgabe für Karl Güterbock zur achtzigsten Wiederkehr seines Geburtstages, 1910, Berlin, S. 35 ff. (zit.: Graf zu Dohna, FG Güterbock). – Versuch, in: Reform des Strafrechts, hrsg. von P. f Aschrott und Ed. Kohlrausch, 1926 Berlin / Leipzig, S. 93 ff. – Zur Systematik der Lehre vom Verbrechen, ZStW 27 (1907), S. 329 ff. Dopslaff, Ulrich: Plädoyer für einen Verzicht auf die Unterscheidung in deskriptive und normative Tatbestandsmerkmale, GA 1987, S. 1 ff. Dornseifer, Gerhard: Unrechtsqualifizierung durch den Erfolg – ein Relikt der Verdachtsstrafe?, in: Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann, hrsg. von Gerhard Dornseifer u. a., 1989, Köln u. a., S. 427 ff. Dreher, Eduard: Was bedeutet Milderung der Strafe für den Versuch? Eine Entgegnung, JZ 1956, S. 682 f. Drury, M. O’C.: Gespräche mit Wittgenstein, in: Ludwig Wittgenstein. Porträts und Gespräche, hrsg. von Rush Rhees, 1987, Frankfurt a. M., S. 142 ff. E 1962: Entwurf eines Strafgesetzbuches mit Begründung, 1962, Bonn. Ebert, Udo: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2001, Heidelberg.

Schrifttumsverzeichnis

277

Ebert, Udo / Kühl, Kristian: Das Unrecht der vorsätzlichen Straftat, Jura 1981, S. 225 ff. Eisenmann, Ernst: Die Grenzen des strafbaren Versuchs, ZStW 13 (1893), S. 454 ff. Endrulat, Bastian: Der „umgekehrte Rechtsirrtum“. Untauglicher Versuch oder Wahndelikt?, 1994, Berlin. Engisch, Karl: Einführung in des juristische Denken, 9. Aufl. 1997, Stuttgart u. a. – Der finale Handlungsbegriff, in: Probleme der Strafrechtserneuerung. Festschrift für Eduard Kohlrausch zum 70. Geburtstag, 1944, Berlin, S. 141 ff. (zit.: Engisch, FS Kohlrausch). – Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, 1931, Tübingen. – Das normative Tatbestandsmerkmal im Strafrecht, in: Festschrift für Edmund Mezger zum 70. Geburtstag, in Gemeinschaft mit Paul Bockelmann hrsg. von Karl Engisch, 1953, München / Berlin, S. 127 ff. (zit.: Engisch, FS Mezger). – Der „umgekehrte Irrtum“ und das „Umkehrprinzip“, in: Festschrift für Ernst Heinitz zum 70. Geburtstag, hrsg. von Hans Lüttger, 1972, Berlin / New York, S. 185 ff. (zit.: Engisch, FS Heinitz). – Der Unrechtstatbestand im Strafrecht, in: Hundert Jahre deutsches Rechtsleben. Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentags, hrsg. von Ernst von Caemmerer, Ernst Friesenhahn und Richard Lange, 1960, Karlsruhe, S. 401 ff. (zit.: Engisch, FS Juristentag). – Untersuchungen über Vorsatz und Fahrlässigkeit im Strafrecht, 1930, Berlin. Erman: Bürgerliches Gesetzbuch, hrsg. von Harm Peter Westermann, 10. Aufl. 2000, Köln (zit.: Erman / Bearbeiter). Escher, Alfred: Neukantianische Rechtsphilosophie, teleologische Verbrechensdogmatik und modernes Präventionsstrafrecht. Eine biographische und wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung über Alexander Graf zu Dohna (1876 – 1944), 1993, Berlin. Eser, Albin: Die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit als Betrugsschaden, GA 1962, S. 289 ff. – Juristischer Studienkurs, Strafrecht II, 1. Aufl. München 1971, 3. Aufl. 1980, München (zit.: Eser, Strafrecht IIAufl.). – Verhaltensregeln und Behandlungsnormen. Bedenkliches zur Rolle des Normadressaten im Strafrecht, in: Festschrift für Theodor Lenckner zum 70. Geburtstag, hrsg. von Albin Eser, Ulrike Schittenhelm, Heribert Schumann, 1998, München, S. 25 ff. (zit.: Eser, FS Lenckner). Eser, Albin / Burkhardt, Björn: Juristischer Studienkurs, Strafrecht I, 4. Aufl. 1992, München. Fabian, Theodor: Abgrenzung von untauglichem Versuch und Putativdelikt, und Erörterung ihrer Strafbarkeit, 1905, Breslau. Feuerbach, Paul Johann Anselm: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen Peinlichen Rechts, 1. Aufl. 1801, Gießen, 4. Aufl. 1808, Gießen, 11. Aufl. 1832, Gießen, 14. Aufl. 1847, hrsg. von Carl Josef Anton Mittermaier, Gießen (zit.: Feuerbach, LehrbuchAufl.). – Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts, Teil II, 1800, Chemnitz.

278

Schrifttumsverzeichnis

Fichte, Johann Gottlieb: Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, in: Fichtes Werke, hrsg. Von Immanuel Hermann Fichte, Band III, 1971, Berlin. Fiedler, Herbert: Vorhaben und Versuch im Strafrecht. Über ein Handlungsmodell der strafrechtlichen Versuchslehre, 1967, Baden-Baden. Fincke, Martin: Das Verhältnis des Allgemeinen zum Besonderen Teil des Strafrechts, 1975, Berlin. Finger, August: Das Strafrecht, systematisch dargestellt, Band I, 2. Aufl. 1902, Berlin. Fischer, Martin: Wille und Wirksamkeit. Eine Untersuchung zum Problem des dolus alternativus, 1993, Frankfurt a. M. u. a. Foth, Heinrich: Neuere Kontroversen um den Begriff des Wahnverbrechens, JR 1965, S. 366 ff. Frank, Reinhard: Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Aufl. 1931, Tübingen (zit.: Frank, RStGB). – Vollendung und Versuch, in: Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Allgemeiner Teil, Band V, hrsg. von Karl v. Birkmeyer u. a., 1908, Berlin, S. 163 ff. Freisler, Roland: Das neue Strafrecht, 1936, Berlin. – Willensstrafrecht. Versuch und Vollendung, in: Das kommende deutsche Strafrecht, Allgemeiner Teil, 1934, Berlin, S. 9 ff. Freund, Georg: Strafrecht, Allgemeiner Teil, Personale Strafrechtslehre, 1998, Berlin u. a. Frisch, Wolfgang: Gegenwartsprobleme des Vorsatzbegriffs und der Vorsatzfeststellung am Beispiel der AIDS-Diskussion, in: Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, hrsg. von Klaus Geppert und Diether Dehnicke, 1990, Berlin / New York, S. 533 ff. (zit.: Frisch, GS Karlheinz Meyer). – Das Marburger Programm und die Maßregeln der Besserung und Sicherung, ZStW 94 (1982), S. 565 ff. – Die Strafrahmenmilderung beim Versuch, in: Festschrift für Günter Spendel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Manfred Seebode, 1992, Berlin / New York, S. 381 ff. (zit.: Frisch, FS Spendel). – Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolges, 1988, Heidelberg. – Vorsatz und Risiko. Grundfragen des tatbestandsmäßigen Verhaltens, zugleich ein Beitrag zur Behandlung außertatbestandlicher Möglichkeitsvorstellungen, 1983, Köln u. a. Frowein, Jochen Abr.: Die Rechtslage Deutschlands und der Status Berlins, in: Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von Ernst Benda, Werner Maihofer, Hans-Jochen Vogel, 1983, Berlin / New York, S. 30 ff. Gadamer, Hans-Georg: Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, in: Gesammelte Werke, Band 1, Hermeneutik I, 1990, Tübingen. Gallas, Wilhelm: Abstrakte und konkrete Gefährdung, in: Festschrift für Ernst Heinitz zum 70. Geburtstag, hrsg. von Hans Lüttger, 1972, Berlin / New York, S. 171 ff. (zit.: Gallas, FS Heinitz).

Schrifttumsverzeichnis

279

– Literaturbericht, Besprechung von: Hans Dieter Freiherr v. Gemmingen, Die Rechtswidrigkeit des Versuchs, 1932, Breslau-Neukirch; ZStW 54 (1935), S. 281 ff. – Zum Begriff der „Falschheit“ der eidlichen und uneidlichen Aussage, GA 1957, S. 315 ff. – Zum gegenwärtigen Stand der Lehre vom Verbrechen, in: ders., Beiträge zur Verbrechenslehre, 1968, Berlin, S. 19 ff. – Zur Struktur des strafrechtlichen Unrechtsbegriffs, in: Festschrift für Paul Bockelmann zum 70. Geburtstag, hrsg. von Arthur Kaufmann u. a., 1979, München, S. 155 ff. (zit.: Gallas, FS Bockelmann). Geerds, Detlev: Schadensprobleme beim Betrug, Jura 1994, S. 309 ff. – Wirtschaftsstrafrecht und Vermögensschutz, 1990, Lübeck. Gemmingen, Hans Dieter Freiherr v.: Kriminalpolitischer Schulenstreit und Versuchsbestrafung, ZStW 52 (1932), S. 153 ff. – Die Rechtswidrigkeit des Versuchs, 1932, Breslau-Neukirch. Germann, Oskar Adolf: Über den Grund der Strafbarkeit des Versuchs, 1914, Aarau. Geyer, A.: Über die sog. untauglichen Versuchshandlungen, ZStW 1 (1881), S. 30 ff. Gorka, Hubert: Der Versuchsbeginn des Mittäters, 2000, Frankfurt a. M. Gössel, Karl Heinz: Besprechung von: Heiner Alwart, Strafwürdiges Versuchen, 1982, Berlin; GA 1984, S. 44 ff. – Strafrecht, Besonderer Teil, Band 2, Straftaten gegen materielle Rechtsgüter des Individuums, 1996, Heidelberg (zit.: Gössel, BT 2). – Zur Strafbarkeit des Versuchs nach dem 2. Strafrechtsreformgesetz, GA 1971, S. 225 ff. Graul, Eva: Abstrakte Gefährdungsdelikte und Präsumtionen im Strafrecht, 1991, Berlin. – Unrechtsbegründung und Unrechtsausschluß, JuS 1995, L 41 ff. – „Versuch eines Regelbeispiels“ – BayObLG, NStZ 1997, 442; BGH NStZ-RR 1997, 293; JuS 1999, S. 852 ff. Greeve, Gina: Zielerreichung im Eventualversuch und in anderen Versuchsformen. Über Porosität und Bestimmtheit der Rücktrittvoraussetzungen, 2000, Frankfurt a. M. Grolmann, Karl v.: Grundzüge der Criminalrechtswissenschaft, 4. Aufl. 1825, Gießen. Gropp, Walter: Der Diebstahlstatbestand unter besonderer Berücksichtigung der Regelbeispiele, JuS 1999, S. 1041 ff. – Diskussionsbeiträge der Strafrechtslehrertagung 1985 in Frankfurt a. M., ZStW 97 (1985), S. 919 ff. – Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 2001, Berlin u. a. (zit.: Gropp, AT). Grünwald, Gerald: Der Versuch des unechten Unterlassungsdelikts, JZ 1959, S. 46 ff. – Zum Rücktritt des Tatbeteiligten im künftigen Recht, in: Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Günter Stratenwerth u. a., 1974, Berlin / New York, S. 701 ff. (zit.: Grünwald, FS Welzel). Günther, Hans-Ludwig: Die Genese eines Straftatbestandes. Eine Einführung in Fragen der Strafgesetzgebung, JuS 1978, S. 8 ff.

280

Schrifttumsverzeichnis

– Rechtfertigung und Entschuldigung in einem teleologischen Verbrechenssystem, in: Rechtfertigung und Entschuldigung. Rechtsvergleichende Perspektiven, Band I, hrsg. von Albin Eser und George P. Fletcher, 1987, Freiburg i. Br., S. 363 ff. – Der „Versuch“ des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer. Ein Beitrag zur Dogmatik der Unternehmensdelikte, JZ 1987, S. 16 ff. Günther, Klaus: Jenseits von idealistischer und rollenfunktionaler Strafbegründung, in: Rechtsphilosophische Kontroversen der Gegenwart, hrsg. von Peter Siller und Bertram Keller, 1999, Baden-Baden, S. 141 ff. Günther, Uwe: Das Unrecht der Strafvereitelung (§ 258 StGB), 1998, Berlin. Ha, Tae-Hoon: Die strafrechtliche Behandlung des untauglichen Versuchs. Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum deutschen und koreanischen Strafrecht, 1991, BadenBaden. Habermas, Jürgen: Faktizität und Geltung. Beiträge zu einer Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, 4. Aufl. 1994, Frankfurt a. M. Haft, Fritjof: Der doppelte Irrtum im Strafrecht. Ein Beitrag zur Funktion des Strukturdenkens bei der juristischen Fallbearbeitung, JuS 1980, S. 430 ff., 588 ff., 659 ff. – Strafrecht, Allgemeiner Teil, 8. Aufl. 1998, München (zit.: Haft, AT). Hagemann: Der Versuch bei Mangel des Objekts, GA 32 (1884), S. 221 ff. Hall, Karl Alfred: Die Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch im Willensstrafrecht, GS 110 (1938), S. 95 ff. – Über das Misslingen. Eine anthropologisch-strafrechtliche Studie über Versuch und Fahrlässigkeit, in: Existenz und Ordnung. Festschrift für Erik Wolf zum 60. Geburtstag, hrsg. von Thomas Würtenberger, Werner Maihofer, Alexander Hollerbach, 1962, Frankfurt a. M., S. 455 ff. (zit.: Hall, FS Wolf). Hamm, Rainer: Geldwäsche durch die Annahme von Strafverteidigerhonorar, NJW 2000, S. 636 ff. Hardtung, Bernhard: Gegen die Vorprüfung beim Versuch, Jura 1996, S. 293 ff. Hardwig, Werner: Beiträge zur Lehre vom Betrug, GA 1956, S. 6 ff. – Der Versuch bei untauglichem Subjekt, GA 1957, S. 170 ff. Harenburg, Hans-Jürgen: Die Strafbarkeit eines Versuchs eines untauglichen Subjekts, 1939, Diss. Greifswald. Hart, H. L. A.: The concept of law, 1961, Oxford. – Recht und Moral. Drei Aufsätze, hrsg. von Norbert Hoerster, 1971, Göttingen. Hartmann, Dirk: Philosophische Grundlagen der Psychologie, 1998, Darmstadt. Hartmann, Nicolai: Ethik, 4. Aufl. 1962, Berlin. Harzer, Regina: Der provozierende Helfer und die Beihilfe am untauglichen Versuch, StV 1996, S. 336 ff. Hassemer, Volker: Delictum sui generis, 1974, Köln u. a.

Schrifttumsverzeichnis

281

Hassemer, Winfried: Tatbestand und Typus. Untersuchungen zur strafrechtlichen Hermeneutik, 1967, Köln u. a. Havenstein: Zur Lehre vom untauglichen Versuch, GA 36 (1888), S. 33 ff. Heath, Peter: Trying and Attempting, in: Proceedings of the Aristotelian Society, Supplementary Volume, XLV 1971, pp. 193 ff. Heckler, Andreas: Die Ermittlung der beim Rücktritt vom Versuch erforderlichen Rücktrittsleistung anhand der objektiven Vollendungsgefahr. Zugleich ein Beitrag zum Strafgrund des Versuchs, 2002, Baden-Baden. Heghmanns, Michael: Grundzüge einer Dogmatik der Straftatbestände zum Schutz von Verwaltungsrecht und Verwaltungshandeln, 2000, Berlin. Hegler, August: Die Merkmale des Verbrechens, ZStW 36 (1916), S. 19 ff. – Subjektive Rechtswidrigkeitsmomente im Rahmen des allgemeinen Verbrechensbegriffs, in: Beiträge zur Strafrechtswissenschaft, Festgabe für Reinhard v. Frank zum 70. Geburtstag, Band I, hrsg. von August Hegler, 1930, Tübingen, S. 251 ff. (zit.: Hegler, FG v. Frank). Heidemann, Carsten: Die Norm als Tatsache. Zur Normentheorie Hans Kelsens, 1997, Baden-Baden. Heidingsfelder, Thomas: Der umgekehrte Subsumtionsirrtum, 1991, Berlin. Heinitz, Ernst: Das Problem der materiellen Rechtswidrigkeit, 1926, Breslau. Heinrich, Bernd: Die Abgrenzung von untauglichem, grob unverständigem und abergläubischem Versuch, Jura 1998, S. 393 ff. Heintschel-Heinegg, Bernd v.: Versuch und Rücktritt. Eine kritische Bestandsaufnahme, ZStW 109 (1997), S. 29 ff. Henckel, Hans: Der Gefahrbegriff im Strafrecht, 1930, Breslau. Henkel, Heinrich: Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. Aufl. 1977, München. Herdegen, Gerhard: Der Verbotsirrtum in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in: 25 Jahre Bundesgerichtshof, hrsg. von Gerda Krüger-Nieland, 1975, München, S. 195 ff. Hertz, Eduard: Das Unrecht und die allgemeinen Lehren des Strafrechts, Band I, 1880, Hamburg. Herzberg, Rolf Dietrich: Mordauftrag und Mordversuch durch Schaffung einer Sprengfalle am falschen Auto – BGH, NStZ 1998, 249, JuS 1999, S. 224 ff. – Rechtsirrige Annahme einer Straftatbegehung – Versuch oder Wahndelikt?, in: Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter, hrsg. von Gunnar Duttge u. a., 2002, Köln u. a., S. 189 ff. (zit.: Herzberg, GS Schlüchter). – Strafverzicht bei bedingt vorsätzlichem Versuch? – Zugleich ein Beitrag zur Entlastung des § 24 StGB –, NStZ 1990, S. 311 ff. – Vollendeter Mord bei Tötung des falschen Opfers?, NStZ 1999, S. 217 ff. – Das Wahndelikt in der Rechtsprechung des BGH, JuS 1980, S. 469 ff. – Das Wollen beim Vorsatzdelikt und dessen Unterscheidung vom bewußt fahrlässigen Verhalten, Teil 1, JZ 1988, S. 573 ff.

282

Schrifttumsverzeichnis

– Unrechtsausschluß und Erlaubnistatbestandsirrtum bei versuchter und bei vollendeter Tatbestandserfüllung, in: Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag, hrsg. von Wilfried Küper und Jürgen Welp, 1993, Heidelberg, S. 203 ff. (zit.: Herzberg, FS Stree / Wessels). – Der Versuch beim unechten Unterlassungsdelikt, MDR 1973, S. 89 ff. – Zur Strafbarkeit des untauglichen Versuch, GA 2001, S. 257 ff. Herzberg, Rolf Dietrich / Hardtung Bernhard: Grundfälle zur Abgrenzung von Tatumstandsirrtum und Verbotsirrtum, JuS 1999, S. 1073 ff. Hilgendorf, Eric: Der Wahrheitsbegriff im Strafrecht am Beispiel der strafrechtlichen Aussagetheorien (§§ 153 ff. StGB), GA 1993, S. 547 ff. Hillenkamp, Thomas: Zur „Vorstellung von der Tat“ im Tatbestand des Versuchs, in: Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag, hrsg. von Bernd Schünemann u. a., 2001, Berlin, S. 689 ff.. Hippel, Robert v.: Deutsches Strafrecht, Band 2, 1930, Berlin. Hirsch, Hans Joachim: Bilanz der Strafrechtsreform, in: Gedächtnisschrift für Hilde Kaufmann, hrsg. von Hans Joachim Hirsch, Günther Kaiser und Helmut Marquardt, 1986, Berlin / New York, S. 133 ff. (zit.: Hirsch, GS Hilde Kaufmann). – Die Entwicklung der Strafrechtsdogmatik in der Bundesrepublik Deutschland, in: Strafrecht und Kriminalpolitik in Japan und Deutschland, hrsg. von Hans Joachim Hirsch und Thomas Weigend, 1989, Berlin, S. 65 ff. – Die Entwicklung der Strafrechtsdogmatik nach Welzel, in: Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, 1988, Köln u. a., S. 399 ff. (zit.: Hirsch, FS Köln). – Gefahr und Gefährlichkeit, in: Strafgerechtigkeit. Festschrift für Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag, hrsg. von Fritjof Haft u. a., 1993, Heidelberg, S. 545 ff. (zit.: Hirsch, FS Arthur Kaufmann). – Gibt es eine national unabhängige Strafrechtswissenschaft?, in: Festschrift für Günter Spendel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Manfred Seebode, 1992, Berlin / New York, S. 42 ff. (zit.: Hirsch, FS Spendel). – Handlungs-, Sachverhalts- und Erfolgsunwert, in: Gedächtnisschrift für Dieter Meurer, hrsg. von Eva Graul und Gerhard Wolf, 2002, Berlin, S. 3 ff.(zit.: Hirsch, GS Meurer). – Hauptprobleme des dogmatischen Teils der deutschen Strafrechtsreform, in: Deutsch-Spanisches Strafrechtskolloquium 1986. Dogmatischer Teil der Strafrechtsreform, Sanktionensystem, Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, hrsg. von Hans Joachim Hirsch, 1987, Baden-Baden, S. 47 ff. – Die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen. Der Irrtum über einen Rechtfertigungsgrund, 1960, Bonn. – Der Streit um Handlungs- und Unrechtslehre, insbesondere im Spiegel der Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, Teil I: ZStW 93 (1981), S. 831 ff., Teil II: ZStW 94 (1982), S. 239 ff.

Schrifttumsverzeichnis

283

– Tatstrafrecht – ein hinreichend beachtetes Grundprinzip?, in: Festschrift für Klaus Lüderssen zum 70. Geburtstag, hrsg. von Cornelius Prittwitz u. a., 2002, Baden-Baden, S. 253 ff. (zit.: Hirsch, FS Lüderssen). – Untauglicher Versuch und Tatstrafrecht, in: Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag, hrsg. von Bernd Schünemann u. a., 2001, Berlin, S. 711 ff. (zit.: Hirsch, FS Roxin). Hoerster, Norbert: Abtreibung im säkularen Staat. Argumente gegen den § 218, 2. Aufl. 1995, Frankfurt a. M. – Das Adressatenproblem im Strafrecht und die Sozialmoral, JZ 1989, S. 10 ff. – Ethik des Embryonenschutzes. Ein rechtsphilosophischer Essay, 2002, Stuttgart. – Die rechtsphilosophische Lehre vom Rechtsbegriff, JuS 1987, S. 181 ff. – Wer macht sich Illusionen?, JZ 1989, S. 425 ff. Höffe, Otfried: Einführung in die utilitaristische Ethik, 2. Aufl. 1992, Tübingen. Hold v. Ferneck, Alexander: Die Rechtswidrigkeit, Erster Band. Der Begriff der Rechtswidrigkeit 1903, Jena. Hold-Ferneck, Alexander: Der Versuch. Eine rechtsphilosophische Betrachtung zum deutschen Strafgesetzentwurf, 1922, Leipzig. Höpfner: Zur Tragweite der Normenlehre, ZStW 23 (1903), S. 643 ff. Horn, Arnold: Der Versuch, ZStW 20 (1900), S. 309 ff. Horn, Eckhard: Konkrete Gefährdungsdelikte, 1973, Köln. Hoyer, Andreas: Strafrechtsdogmatik nach Armin Kaufmann. Lebendiges und Totes in Armin Kaufmanns Normentheorie, 1997, Berlin. Hruschka, Joachim: Das delictum perfectum zwischen Versuch und Vollendung, in: Gedächtnisschrift für Heinz Zipf, hrsg. von Karl Heinz Gössel und Otto Triffterer, Heidelberg 1999, S. 235 ff. (zit.: Hruschka, GS Zipf). – Strafrecht nach logisch-analytischer Methode. Systematisch entwickelte Fälle mit Lösungen zum Allgemeine Teil, 2. Aufl. 1988, Berlin / New York (zit.: Hruschka, Strafrecht). – Strukturen der Zurechnung, 1976, Berlin / New York. – Das Verstehen von Rechtstexten. Zur hermeneutischen Transpositivität des positiven Rechts, 1972, München. – Utilitarismus in der Variante von Peter Singer, JZ 2001, S. 261 ff. Isensee, Josef: Das staatliche Gewaltmonopol als Grundlage und Grenze der Grundrechte, in: Bürger – Richter – Staat. Festschrift für Horst Sendler, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, zum Abschied aus seinem Amt, hrsg. von Eberhardt Franssen u. a., 1991 München, S. 39 ff. Jacobs, Herbert: Der Versuch des untauglichen Täters, 1949, Diss. Freiburg i. Br. Jäger, Christian: Der Rücktritt vom Versuch als zurechenbare Gefährdungsumkehr, 1996, München. Jahr, Günther: Redaktionsversehen, in: Strafgerechtigkeit. Festschrift für Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag, hrsg. von Fritjof Haft u. a., 1993, Heidelberg, S. 141 ff.

284

Schrifttumsverzeichnis

Jahr, Hans Christoph: Die Bedeutung des Erfolges für das Problem der Strafmilderung beim Versuch, 1981, Frankfurt a. M. u. a. Jakobs, Günther: Kriminalisierung im Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung, ZStW 97 (1985), S. 751 ff. – Norm, Person, Gesellschaft. Vorüberlegungen zu einer Rechtsphilosophie, 1997, Berlin. – Schuld und Prävention, 1976, Tübingen. – Strafbegründung und positive Generalprävention, in: Rechtsphilosophische Kontroversen der Gegenwart, hrsg. von Peter Siller und Bertram Keller, 1999, Baden-Baden, S. 135 ff. – Strafrecht, Allgemeiner Teil. Die Grundlagen und die Zurechnungslehre, 2. Aufl. 1991, Berlin / New York (zit.: Jakobs, AT). – Studien zum fahrlässigen Erfolgsdelikt, 1972, Berlin. – Tätervorstellung und objektive Zurechnung, in: Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann, hrsg. von Gerhard Dornseifer u. a., 1989, Köln u. a., S. 271 ff. (zit.: Jakobs, GS Armin Kaufmann). Janich, Peter: Was ist Wahrheit? Eine philosophische Einführung, 1996, München. Jellinek, Walter: Der fehlerhafte Staatsakt und seine Wirkungen, 1908, Tübingen. Jerouschek, Günter: Jenseits von Gut und Böse: Das Geständnis und seine Bedeutung im Strafrecht. Zur Strafzumessungsrelevanz positiver Generalprävention im Strafverfahren, ZStW 102 (1990), S. 793 ff. – Thomasius und Beccaria als Folterkritiker. Überlegungen zum Kritikpotential im kriminalwissenschaftlichen Diskurs der Aufklärung, ZStW 110 (1998), S. 658 ff. Jerouschek, Günter / Schröder, Arno: Die Strafvereitelung: Ein Tatbestand im Meinungsstreit, GA 2000, S. 51 ff. Jescheck, Hans-Heinrich: Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 1969, Berlin. Jescheck, Hans-Heinrich / Weigend, Thomas: Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 1995, Berlin. Jhering, Rudolph v.: Der Zweck im Recht, Erster Band, 2. Aufl. 1884, Leipzig. Joecks, Wolfgang: Strafgesetzbuch, Studienkommentar, 4. Aufl. 2003, München. Kahlo, Michael: Das Problem des Pflichtwidrigkeitszusammenhanges bei den unechten Unterlassungsdelikten. Eine strafrechtlich-rechtsphilosophische Untersuchung zur Kausalität menschlichen Handelns und deren strafrechtlichem Begriff, 1990, Berlin. Kant, Immanuel: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Kants Werke, Akademie-Textausgabe, Band IV, 1968, Berlin, S. 385 ff. – Die Metaphysik der Sitten, in: Kants Werke, Akademie-Textausgabe, Band VI, 1968, Berlin, S. 203 ff. Katholnigg, Oskar: Kann die Honorarannahme des Strafverteidigers als Geldwäsche strafbar sein?, NJW 2001, S. 2041 ff. Kaufmann, Armin: Die Aufgabe des Strafrechts, 1983, Opladen. – Die Dogmatik der Unterlassungsdelikte, 1959, Göttingen.

Schrifttumsverzeichnis

285

– Die Dogmatik im Alternativ-Entwurf, ZStW 80 (1968), S. 34 ff. – Das fahrlässige Delikt, ZfRV 1964, S. 41 ff. – Lebendiges und Totes in Bindings Normentheorie. Normlogik und moderne Strafrechtsdogmatik, 1954, Göttingen. – Rechtspflichtbegründung und Tatbestandseinschränkung, in: Festschrift für Ulrich Klug zum 70. Geburtstag, hrsg. von Günter Kohlmann, Band 2, 1983, Köln, S. 277 ff. (zit.: Armin Kaufmann, FS Klug). – Zum Stande der Lehre vom personalen Unrecht, in: Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Günter Stratenwerth u. a., 1974, Berlin / New York, S. 393 ff. (zit.: Armin Kaufmann, FS Welzel). Kaufmann, Arthur: Gedanken zu einer ontologischen Grundlegung der juristischen Hermeneutik, in: Beiträge zur juristischen Hermeneutik, 2. Aufl. 1993, Köln u. a., S. 89 ff. – Die „ipsa res iusta“ – Gedanken zu einer hermeneutischen Rechtsontologie, in: Beiträge zur juristischen Hermeneutik, 2. Aufl. 1993, Köln u. a., S. 53 ff. – Durch Naturrecht und Rechtspositivismus zur juristischen Hermeneutik, in: Beiträge zur juristischen Hermeneutik, 2. Aufl. 1993, Köln u. a., S. 79 ff. – Das Verfahren der Rechtsgewinnung. Eine rationale Analyse, 1999, München. – Rechtsphilosophie, 2. Aufl. 1997, München. Keil, Geert: Sprache, in: Philosophie. Ein Grundkurs, hrsg. von Ekkehard Martens und Herbert Schnädelbach, Band 2, 1994, Reinbek bei Hamburg, S. 549 ff. Kelsen, Hans: Hauptprobleme der Staatsrechtslehre. Entwickelt aus dem Rechtssatze, 2. Aufl. 1923, Tübingen. – Reine Rechtslehre. Einführung in die rechtswissenschaftliche Problematik, 1934, Leipzig / Wien. Kempis, Reiner v.: Abgrenzung zwischen untauglichem Versuch und Wahnverbrechen, 1951, Diss. Bonn. Kindhäuser, Urs Konrad: Gefährdung als Straftat, Frankfurt a. M. 1989. – Intentionale Handlung. Sprachphilosophische Untersuchungen zum Verständnis von Handlung im Strafrecht, 1980, Berlin. Klee, Karl: Die Grenze zwischen Versuch (Unternehmen) und Vorbereitung. Ein gesetzgeberisches Problem, DStR 1 (1934), S. 283 ff. Klein, Franz: Abgabenordnung, 7. Aufl. 2000, München (zit.: Klein / Bearbeiter). Köhler, Michael: Der Begriff der Strafe, 1986, Heidelberg. – Die bewußte Fahrlässigkeit, 1982, Heidelberg. – Freiheitliches Rechtsprinzip und Betäubungsmittelstrafrecht, ZStW 104 (1992), S. 3 ff. – Nötigung als Freiheitsdelikt, in: Kriminologie – Psychiatrie – Strafrecht. Festschrift für Heinz Leferenz zum 70. Geburtstag, hrsg. Von Hans-Jürgen Kerner, Hans Göppinger und Franz Streng, 1983, Heidelberg, S. 511 ff. (zit.: Köhler, FS Leferenz). – Personensorge und Abtreibungsverbot, GA 1988, S. 435 ff.

286

Schrifttumsverzeichnis

– Strafbegründung im konkreten Rechtsverhältnis. Die Aufhebung der abstrakten Straftheorie am Leitfaden der Hegelschen Rechtsphilosophie, in: Festschrift für Karl Lackner zum 70. Geburtstag, hrsg. von Wilfried Küper, 1987, Berlin / New York, S. 11 ff. (zit.: Köhler, FS Lackner). – Strafrecht, Allgemeiner Teil, 1997, Berlin u. a. (zit.: Köhler, AT). – Über den Zusammenhang zwischen Strafrechtsbegründung und Strafzumessung, 1983, Heidelberg. – Vorsatzbegriff und Bewußtseinsformen des Vorsatzes, GA 1981, S. 285 ff. – Zur Begründung des Rechtszwangs im Anschluß an Kant und Fichte, in: Fichtes Lehre vom Rechtsverhältnis. Die Deduktion der §§ 1 – 4 der Grundlage des Naturrechts und ihre Stellung in der Rechtsphilosophie, hrsg. von Michael Kahlo, Ernst Amadeus Wolff und Rainer Zaczyk, 1992, Frankfurt a. M., S. 93 ff. – Zur Frage der Strafbarkeit des Leugnens von Völkermordtaten, NJW 1985, S. 2389 ff. Kohlrausch, Eduard: Literaturbericht, Besprechung von: Max Ernst Mayer, Rechtsnormen und Kulturnormen, 1903, Breslau; ZStW 24 (1904), S. 724 ff. Kohlrausch, Eduard / Lange, Richard: Strafgesetzbuch, 43. Aufl. 1961, Berlin. Kohn, Fritz: Der untaugliche Versuch und das Wahnverbrechen hinsichtlich ihrer begrifflichen Scheidung und ihrer Strafbarkeit, 1904, Breslau. Koller, Peter: Theorie des Rechts. Eine Einführung, 1997, Wien / Köln / Weimar. Kölz-Ott, Monika: Eventualvorsatz und Versuch, 1974, Zürich. Kommentar zum Strafgesetzbuch der DDR: Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik. Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. vom Ministerium der Justiz und der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR, 5. Aufl. 1987, Berlin. Koriath, Heinz: Grundlagen strafrechtlicher Zurechnung, 1994, Berlin. – Zum Streit um die Gefährdungsdelikte, GA 2001, S. 51 ff. – Zum Streit um den Begriff des Rechtsguts, GA 1999, S. 561 ff. Köstlin, Christian Reinhold: System des deutschen Strafrechts, Erste Abtheilung: Allgemeiner Theil, 1855, Tübingen. Kratzsch, Dietrich: Die Bemühungen um Präzisierung der Ansatzformel (§ 22 StGB) – ein absolut untauglicher Versuch?, JA 1983, S. 420 ff., 578 ff. – Prävention und Unrecht – eine Replik, GA 1989, S 49 ff. – Verhaltenssteuerung und Organisation im Strafrecht. Ansätze zur Reform des strafrechtlichen Unrechtsbegriffs und der Regeln der Gesetzesanwendung, 1985, Berlin. Krauß, Detlef: Erfolgsunwert und Handlungsunwert im Unrecht, ZStW 76 (1964), S. 19 ff. Krey, Volker: Deutsches Strafrecht, Allgemeiner Teil, Band 2, 2001, Stuttgart / Berlin / Köln (zit.: Krey, AT 2). – Strafrecht, Besonderer Teil, Band 1, Besonderer Teil ohne Vermögensdelikte, 12. Aufl. 2002, Stuttgart / Berlin / Köln (zit.: Krey, BT 1). Krey, Volker / Hellmann, Uwe: Strafrecht, Besonderer Teil, Band 2, Vermögensdelikte, 13. Aufl. 2002, Stuttgart / Berlin / Köln (zit.: Krey / Hellmann, BT 2).

Schrifttumsverzeichnis

287

Kriegsmann, Herrmann: Wahnverbrechen und untauglicher Versuch. Über die Begriffe und deren Unterscheidung, 1904, Breslau. Krüger, Sven: Der Versuchsbeginn bei mittelbarer Täterschaft, 1994, Frankfurt a. M. u. a. Krüger, Uwe: Der Adressat des Rechtsgesetzes. Ein Beitrag zur Gesetzgebungslehre, 1969, Berlin. Krümpelmann, Justus: Die Bagatelldelikte. Untersuchungen zum Verbrechen als Steigerungsbegriff, 1966, Berlin. – Schutzzweck und Schutzreflex der Sorgfaltspflicht, in: Festschrift für Paul Bockelmann zum 70. Geburtstag, hrsg. von Arthur Kaufmann u. a., 1979, München, S. 443 ff. (zit.: Krümpelmann, FS Bockelmann). Kubach, Rudolf: Der Versuch des Unterlassungsdelikts. Ein Beitrag gegen die Behauptung seiner Undenkbarkeit, 1968, Diss. Tübingen. Kudlich, Hans: Anmerkung zum Urteil des BGH vom 17. 10. 1996 – 4 StR 389 / 96 (LG Bochum), NStZ 1997, S. 433 ff. – Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2003, München (zit.: Kudlich, PdW AT). Kühl, Kristian: Grundfälle zu Vorbereitung, Versuch, Vollendung und Beendigung, JuS 1979, S. 718 ff., 874 ff., JuS 1980, S. 120 ff., 273 ff., 506 ff., 650 ff., 811 ff., JuS 1981, S. 193 ff. – Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2002, München (zit.: Kühl, AT). – Verbindungen von (Straf-)Recht und Moral, in: Gedächtnisschrift für Dieter Meurer, hrsg. von Eva Graul und Gerhard Wolf, 2002, Berlin, S. 545 ff. (zit.: Kühl, GS Meurer). – Der Versuch des erfolgsqualifizierten Delikts, in: Festschrift für Karl Heinz Gössel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Dieter Dölling und Volker Erb, 2002, Heidelberg, S. 191 ff. (zit.: Kühl, FS Gössel). Kuhlen, Lothar: Die Unterscheidung von vorsatzausschließendem und nicht vorsatzausschließendem Irrtum, 1987, Frankfurt a. M. – Zu den Tathandlungen bei Vorteilsannahme und Bestechlichkeit. Zugleich eine Besprechung von BGH – 4 StR 554 / 87, NStZ 1988, S. 433 ff. Kuhlmann, Bernd: Züge durch Mauer und Stacheldraht, 1998, Berlin. Kuhrt, Jürgen: Die Grenzen der Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchs, insbesondere im Hinblick auf abergläubisch motiviertes Verhalten, 1968, Diss. Hamburg. Kunig, Philip: Das Recht des öffentlichen Dienstes, in: Besonderes Verwaltungsrecht, hrsg. von Eberhard Schmidt-Aßmann, 11. Aufl. 1999, Berlin / New York, S. 627 ff. Küper, Wilfried: Deliktsversuch, Regelbeispiel und Versuch des Regelbeispiels. Zugleich eine Anmerkung zum Beschluß des BGH vom 18. 11. 1985, JZ 1986, S. 518 ff. – Strafrecht, Besonderer Teil, 5. Aufl. 2002, Heidelberg (zit.: Küper, BT). – „Teilverwirklichung“ des Tatbestands: ein Kriterium des Versuchs? Zugleich eine Besprechung des BGH-Urteils vom 16. 1. 1991, JZ 1992, S. 338 ff. – Überlegungen zum sogenannten Pflichtwidrigkeitszusammenhang beim Fahrlässigkeitsdelikt, in: Festschrift für Karl Lackner zum 70. Geburtstag, hrsg. von Wilfried Küper, 1987, Berlin / New York, S. 247 ff. (zit.: Küper, FS Lackner).

288

Schrifttumsverzeichnis

– Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 1978, Heidelberg / Hamburg. – Zur Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch, NJW 1984, 777 f. – Zur Problematik der „betrügerischen Absicht“ (§ 265 StGB) in Irrtumsfällen, NStZ 1993, S. 313 ff. Küpper, Georg: Besprechung von: Marcelo A. Sancinetti, Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch. Zugleich eine Untersuchung der Unrechtslehre von Günther Jakobs, 1995, Köln u. a; GA 1998, S. 307 ff. – Strafrecht. Besonderer Teil 1, Delikte gegen Rechtsgüter der Person und Gemeinschaft, 2. Aufl. 2001, Berlin u. a. (zit.: Küpper, BT 1). Kutschera, Franz v.: Grundlagen der Ethik, 2. Aufl. 1999, Berlin / New York. Lackner, Karl: Strafgesetzbuch mit Erläuterungen, 22. Aufl. 1997, München (zit.: Lackner / Bearbeiter, StGB22). Lackner, Karl / Kühl, Kristian: Strafgesetzbuch mit Erläuterungen, 24. Aufl. 2001, München (zit.: Lackner / Bearbeiter, StGB24). Lammasch, Heinrich: Das Moment objectiver Gefährlichkeit im Begriffe des Verbrechensversuchs, 1879, Wien. Lampe, Ernst-Joachim: Gedanken zum materiellen Straftatbegriff, in: Festschrift für Rudolf Schmitt zum 70. Geburtstag, hrsg. von Klaus Geppert u. a., 1992, Tübingen, S. 77 ff. (zit.: Lampe, FS Schmitt). – Genügt für den Entschluß des Täters in § 43 StGB sein bedingter Vorsatz?, NJW 1958, S. 332 f. – Der neue Tatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB), JZ 1994, S. 123 ff. – Das personale Unrecht, 1967, Berlin. Langer, Winrich: Das Sonderverbrechen. Eine dogmatische Untersuchung zum Allgemeinen Teil des Strafrechts, 1972, Berlin. Larenz, Karl: Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., München 1988. – Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, Berlin. – Der Rechtssatz als Bestimmungsnorm, in: Festschrift für Karl Engisch zum 70. Geburtstag, hrsg. von Paul Bockelmann, Arthur Kaufmann und Ulrich Klug, 1969, Frankfurt a. M., S. 150 ff. (zit.: Larenz, FS Engisch). Lauhöfer, Detlev: Die Abgrenzung zwischen Wahndelikt und untauglichem Versuch, 1991, Diss. Göttingen. Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 4. Aufl. 1929, hrsg. von Ludwig Ebermayer, Adolf Lobe und Werner Rosenberg, Berlin und Leipzig; 8. Aufl. 1957, hrsg. von Heinrich Jagusch u. a., Berlin; 9. Aufl. 1970 ff., hrsg. von Paulheinz Baldus und Günther Willms, Berlin; 10. Aufl. 1978 ff., hrsg. von Hans-Heinrich Jescheck, Wolfgang Ruß und Günther Willms, Berlin; 11. Aufl. 1992 ff., hrsg. von Burkhard Jähnke, Wilhelm Laufhütte und Walter Odersky, Berlin (zit.: LKAufl. / Bearbeiter). Lenckner, Theodor: Zum Problem des Vermögensschadens beim Verlust nichtiger Forderungen, JZ 1967, S. 105 ff.

Schrifttumsverzeichnis

289

Lesch, Heiko Hartmut: Der Verbrechensbegriff. Grundlinien einer funktionalen Revision, 1999, Köln u. a. Liszt, Eduard Ritter v.: Die Lehre vom Versuch, ZStW 25 (1905), S. 24 ff. Liszt, Franz v.: Kriminalpolitische Aufgaben, in: ders., Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, Band I, 1905, Berlin, S. 212 ff. – Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 18. Aufl. 1911, Berlin. – Zum Vorentwurf eines Reichsstrafgesetzuches, ZStW 30 (1910), S. 250 ff. – Der Zweckgedanke im Strafrecht, in: ders., Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, Band I, 1905, Berlin, S. 126 ff. Liszt, Franz v. / Schmidt, Eberhard: Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 25. Aufl. 1927, Berlin / Leipzig. Loos, Fritz: Anmerkung zum Urteil des BGH vom 16. 7. 1993 – 2 StR 294 / 93, JR 1994, S. 511 ff. Lüderssen, Klaus: Erfolgszurechnung und „Kriminalisierung“, in: Festschrift für Paul Bokkelmann zum 70. Geburtstag, hrsg. von Arthur Kaufmann u. a., 1979, München, S. 181 ff. (zit.: Lüderssen, FS Bockelmann). – Die strafrechtsgestaltende Kraft des Beweisrechts, ZStW 85 (1973), S. 288 ff. – Der Typus des Teilnehmertatbestandes, in: Festschrift für Koichi Miyazawa. Dem Wegbereiter des japanisch-deutschen Strafrechtsdiskurses, hrsg. von Hans-Heiner Kühne, BadenBaden 1995, S. 449 ff. (zit.: Lüderssen, FS Miyazawa). Luhmann, Niklas: Normen in soziologischer Perspektive, Soziale Welt 20 (1989), S. 28 ff. – Das Recht der Gesellschaft, 1995, Frankfurt a. M. – Rechtssoziologie, 3. Aufl. 1987, Opladen. – Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, 1984, Frankfurt a. M. – Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 2. Aufl. 1973, Stuttgart. Lund, Torsten: Mehraktige Delikte, 1993, München. Maier, Hermann: Der untaugliche Täter beim Versuch, 1947, Diss. Tübingen. Maihofer, Werner: Der Versuch der Unterlassung, GA 1958, S. 289 ff. Maiwald, Manfred: Unrechtskenntnis und Vorsatz im Steuerstrafrecht, 1984, Heidelberg. – Dogmatik und Gesetzgebung im Strafrecht der Gegenwart, in: Gesetzgebung und Dogmatik, hrsg. von Okko Behrends und Wolfram Henkel, 1989, Göttingen, S. 120 ff. Malitz, Kirsten: Der untaugliche Versuch beim unechten Unterlassungsdelikt. Zum Strafgrund des Versuchs, 1998, Berlin. Matt, Holger: Kausalität aus Freiheit. Eine rechtsphilosophische Grundlegung zum Bewirken durch Tun und Unterlassen im (Straf-)Recht, 1994, Baden-Baden. Maurach, Reinhart: Die Beiträge der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bestimmung des Wahnverbrechens, NJW 1962, S. 716 ff., 767 ff. – Strafrecht, Allgemeiner Teil, Karlsruhe, 1. Aufl. 1954, 4. Aufl. 1971, Heidelberg / Karlsruhe (zit.: Maurach, ATAufl.). 19 Maier

290

Schrifttumsverzeichnis

Maurach, Reinhart / Schroeder, Friedrich-Christian: Strafrecht, Besonderer Teil, Teilband 1, 6. Aufl. 1977, Heidelberg / Karlsruhe, (zit.: Maurach / Schroeder, BT6 1). Maurach, Reinhart / Zipf, Heinz: Strafrecht, Allgemeiner Teil, Teilband 1, 8. Aufl. 1992, Heidelberg (zit.: Maurach / Zipf, AT 1). Maurach, Reinhart / Gössel, Karl Heinz / Zipf, Heinz: Strafrecht, Allgemeiner Teil, Teilband 2, 5. Aufl. 1978, Heidelberg / Karlsruhe, 6. Aufl. 1984, Heidelberg, 7. Aufl. 1989, Heidelberg (zit.: Maurach / Bearbeiter, ATAufl. 2). Maurach, Reinhart / Schroeder, Friedrich-Christian / Maiwald, Manfred: Strafrecht, Besonderer Teil, Teilband 1, 9. Aufl. 2003, Heidelberg (zit.: Maurach / Bearbeiter, BT 1). – Strafrecht, Besonderer Teil, Teilband 2, 8. Aufl. 1999, Heidelberg (zit.: Maurach / Bearbeiter, BT 2). Mayer, Hellmuth: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 1953, Stuttgart / Köln (zit.: Hellmuth Mayer, Lehrbuch AT). – Strafrecht, Allgemeiner Teil (Studienbuch), 1967, Stuttgart u. a. (zit.: Hellmuth Mayer, Studienbuch AT). – Zur Abgrenzung des Versuchs von der Vorbereitungshandlung, SJZ 1949, Sp. 172 ff. Mayer, Max Ernst: Der Allgemeine Teil des deutschen Strafrechts, 2. Aufl. 1923, Heidelberg (zit.: Max Ernst Mayer, AT). – Rechtsnormen und Kulturnormen, 1903, Breslau. – Versuch und Teilnahme, in: Reform des Strafgesetzbuchs, hrsg. von P. Aschrott und Franz v. Liszt, Band 1, Allgemeiner Teil, 1910, Berlin, S. 331 ff. Meinecke, Donata: Die Gesetzgebungssystematik der Versuchsstrafbarkeit von Verbrechen und Vergehen im StGB, 2001, Frankfurt a. M. Merkel, Adolf: Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 1889, Stuttgart. – Die Lehre von Verbrechen und Strafe. Auf der Grundlage des Lehrbuchs i. Verbdg. mit den übrigen Schriften des Verfassers herausgeg. von M. Liepmann, 1912, Stuttgart. Meyer, Hugo: Die Gerechtigkeit des Strafrechts, GS 33 (1881), S. 101 ff. Meyer, Hugo / Allfeld, Philipp: Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, 7. Aufl. 1912, Leipzig. Meyer, Jürgen: Kritik an der Neuregelung der Versuchsstrafbarkeit, ZStW 87 (1975), S. 598 ff. Meyer-Goßner, Lutz: Strafprozessordnung, 46. Aufl. 2003, München. Mezger, Edmund: Deutsches Strafrecht. Ein Grundriss, 1938, Berlin. – Strafrecht. Ein Lehrbuch, 1. Aufl. 1931, München / Leipzig, 3. Aufl. 1949, Berlin / München (zit.: Mezger, StrafrechtAufl.). – Die subjektiven Unrechtselemente, GS 89 (1924), S. 207 ff. – Vom Sinn der strafrechtlichen Tatbestände, in: Festschrift für Ludwig Traeger, 1926, Berlin, S. 187 ff. (zit.: Mezger, FS Traeger). Mezger, Edmund / Blei, Hermann: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 13. Aufl. 1968, München. Mill, John Stuart: Utilitarianism, in: Collected Works of John Stuart Mill, Band I, General Editor John M. Robson, 1963 ff., Toronto.

Schrifttumsverzeichnis

291

Mintz, Sandra-Jakobea: Die Entwicklung des sogenannten untauglichen Versuchs im 19. Jahrhundert unter dem besonderen Aspekt der Einordnung als Wahnverbrechen, 1994, Frankfurt a. M. u. a. Mir Puig, Santiago: Über das Objektive und Subjektive im Unrechtstatbestand, in: Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann, hrsg. von Gerhard Dornseifer u. a., 1989, Köln u. a., S. 253 ff. (zit.: Mir Puig, GS Armin Kaufmann). – Untauglicher Versuch und statistische Gefährlichkeit im neuen spanischen Strafgesetzbuch, in: Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag, hrsg. von Bernd Schünemann u. a., 2001, Berlin, S. 729 ff. (zit.: Mir Puig, FS Roxin). Mitsch, Wolfgang: Strafrecht, Besonderer Teil 2, Vermögensdelikte (Kernbereich), Teilband 1, 2. Aufl. 2002, Berlin u. a. Mittermaier, Carl Josef Anton: Beiträge zur Lehre vom Versuche der Verbrechen, in: Neues Archiv des Criminalrechts, Bd. I, 1816 / 1817, S. 163 ff. – Der Versuch von Verbrechen, bei denen es an dem erforderlichen Gegenstandes des Verbrechens mangelt und der Versuch mit untauglichen Mittel, GS 11 (1859), S. 403 ff. Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (MK-BGB), hrsg. von Kurt Rebmann, Franz Jürgen Säcker und Roland Rixecker, Band 1, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2001, München (zit.: MK-BGB / Bearbeiter). Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch (MK-StGB), hrsg. von Wolfgang Joecks und Klaus Miebach, 2003, München (zit.: MK-StGB / Bearbeiter). Mohrbotter, Kurt: Der Bettel-, Spenden- und Subventionserschleichungsbetrug. Ein Beitrag zum modernen Vermögensbegriff, GA 1969, S. 225 ff. Müller-Dietz, Heinz: Aspekte und Konzepte der Strafrechtsbegrenzung, in: Festschrift für Rudolf Schmitt zum 70. Geburtstag, hrsg. von Klaus Geppert u. a., 1992, Tübingen, S. 95 ff. (zit.: Müller-Dietz, FS Schmitt). – Das Marburger Programm aus der Sicht des Strafvollzugs, ZStW 94 (1982), S. 599 ff. Münzberg, Wolfgang: Verhalten und Erfolg als Grundlage der Rechtswidrigkeit und Haftung, 1966, Frankfurt a. M. Murmann, Uwe: Die Nebentäterschaft im Strafrecht, 1993, Berlin. – Rücktritt vom Versuch bei Gleichgültigkeit des Täters? – BGHSt 40, 304, JuS 1996, S. 590 ff. – Versuchsunrecht und Rücktritt vom Versuch, 1999, Heidelberg. Mylonopoulos, Christos: Über das Verhältnis von Handlungs- und Erfolgsunwert im Strafrecht. Eine Studie zur Entwicklung der personalen Unrechtslehren, 1981, Köln u. a. Nagler, Johannes: Die Neuordnung der Strafbarkeit von Versuch und Beihilfe, GS 115 (1941), S. 24 ff. Naka, Yoshikatsu: Der Strafgrund des Versuchs, in: Strafrecht und Kriminalpolitik in Japan und Deutschland, hrsg. von Hans Joachim Hirsch und Thomas Weigend, 1989, Berlin, S. 93 ff. Natorp, Hans: Der Mangel am Tatbestand (sein Verhältnis zum Versuch, untauglichen Versuch und Putativdelikt) und seine Strafbarkeit, 1921, Breslau. 19*

292

Schrifttumsverzeichnis

Naucke, Wolfgang: Die Kriminalpolitik des Marburger Programms 1882, ZStW 94 (1982), S. 525 ff. – Strafrecht. Eine Einführung, 10. Aufl. 2002, Neuwied u. a. Nawiasky, Hans: Allgemeine Rechtslehre, System der rechtlichen Grundbegriffe, 2. Aufl. 1948, Einsiedeln. Nelson, Leonard: Die Rechtswissenschaft ohne Recht. Kritische Betrachtungen über die Grundlagen des Staats- und Völkerrechts, insbesondere über die Lehren der Souveränität, 2. Aufl. 1949, Göttingen / Hamburg. Neumann, Ulfrid: Besprechung von: Andreas Hoyer, Strafrechtsdogmatik nach Armin Kaufmann, 1997, Berlin; GA 1999, 443 ff. – Besprechung von: Dietrich Kratzsch, Verhaltenssteuerung und Organisation im Strafrecht, 1985, Berlin, GA 1987, S. 278 ff. – Besprechung von: Heinz Koriath, Grundlagen strafrechtlicher Zurechnung, 1994, Berlin; ZStW 109 (1997), S. 593 ff. Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, 2. Band, Allgemeiner Teil, 1958, Bonn. Niepoth, Burkhard F.: Der untaugliche Versuch beim unechten Unterlassungsdelikt, 1994, Frankfurt a. M. u. a. – Der untaugliche Versuch beim unechten Unterlassungsdelikt – zugleich eine Anmerkung zum Urteil des BGH vom 22. September 1992 (BGHSt 38, 356), JA 1994, 337 ff. Nierwetberg, Rüdiger: Der strafrechtliche Subsumtionsirrtum – Tatbestands- oder Verbotsirrtum, Wahndelikt oder untauglicher Versuch?, Jura 1985, S. 238 ff. Noll, Peter: Übergesetzliche Rechtfertigungsgründe, im besonderen die Einwilligung des Verletzten, 1955, Basel. Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch, Gesamtredaktion Ulfrid Neumann und Wolfgang Schild, Stand Juli 2002, Baden-Baden (zit.: NK / Bearbeiter). Nowakowski, Friedrich: Besprechung von: Hans Welzel, Das deutsche Strafrecht. Eine systematische Darstellung, 6. Aufl. 1958, Berlin; JZ 1958, S. 415 f. – Die Erscheinungsformen des Verbrechens im Spiegel der Verbrechensauffassungen, ÖJZ 1953, S. 596 ff. – Zur Lehre von der Rechtswidrigkeit, ZStW 63 (1951), S. 287 ff. Oehler, Dietrich: Das objektive Zweckmoment in der rechtswidrigen Handlung, 1959, Berlin. Oersted, A. S.: Abhandlungen aus dem Gebiete der Moral und Gesetzgebungs-Philosophie, Erster Band, Über die Grundregeln der Strafgesetzgebung, 1818, Kopenhagen. Ott, Walter: Der Rechtspositivismus. Kritische Würdigung auf der Grundlage eines juristischen Pragmatismus, 2. Aufl. 1992, Berlin. Otto, Harro: Anmerkung zum Urteil des BGH vom 22. 9. 1983 – 4 StR 376 / 83, JZ 1984, S. 143 ff. – Die Aussagedelikte, §§ 152–163 StGB, JuS 1984, S. 161 ff.

Schrifttumsverzeichnis

293

– Grundkurs Strafrecht. Allgemeine Strafrechtslehre, 6. Aufl. 2000, Berlin / New York (zit.: Otto, AT). – Grundkurs Strafrecht. Die einzelnen Delikte, 5. Aufl. 1998, Berlin / New York (zit.: Otto, BT). – Personales Unrecht, Schuld und Strafe, ZStW 87 (1975), S. 539 ff. – Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit als eigenständige Deliktskategorien? Überlegungen zum Deliktsaufbau, in: Gedächtnisschrift für Horst Schröder, hrsg. von Walter Stree u. a., 1978, München, S. 53 ff. (zit.: Otto, GS Schröder). – Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes, 1970, Berlin. – Versuch und Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten (1. Teil), JA 1980, S. 641 ff. Overbeck, Alfred Freiherr v.: Die Erscheinungsformen des Verbrechens im Lichte der modernen Strafrechtsschule mit besonderer Berücksichtigung der Versuchslehre, 1909, Leipzig. Paeffgen, Hans-Ulrich: Anmerkungen zum Erlaubnistatbestandsirrtum, in: Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann, hrsg. von Gerhard Dornseifer u. a., 1989, Köln u. a., S. 399 ff. (zit.: Paeffgen, GS Armin Kaufmann). – Der Verrat in irriger Annahme eines illegalen Geheimnisses. § 97 StGB und die allgemeine Irrtumslehre, 1979, Berlin. Pahlke, Bernd: Rücktritt bei dolus eventualis, 1993, Berlin. Palandt, Otto: Bürgerliches Gesetzbuch, 60. Aufl. 2001, München (zit.: Palandt / Bearbeiter). Papageorgiou-Gonatas, Stylianos: Wo liegt die Grenze zwischen Vorbereitungshandlungen und Versuch? Zugleich eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Strafgrund des Versuchs, 1988, München. Paulus, Christoph G.: Die „falsche Aussage“ als Zentralbegriff der §§ 153 – 163 StGB, in: Recht und Rechtsbesinnung. Gedächtnisschrift für Günther Küchenhoff, hrsg. von Manfred Just und Michael Wollenschläger, 1987, Berlin, S. 435 ff.. Phillips, Lothar: Normentheorie, in: Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, hrsg. von Arthur Kaufmann und Winfried Hassemer, 6. Aufl. 1994, Heidelberg, S. 317 ff. Pinski, Dietrich: Die Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals zum untauglichen Versuch und die Gründe für die Aufgabe dieser Rechtsprechung, 1969, Diss. Frankfurt a. M. Plate, Hartwig: Ernst Beling als Strafrechtsdogmatiker, 1966, Berlin. Polaino-Navarrete, Miguel: Das Versuchsunrecht am Beispiel der schlichten Tätigkeitsdelikte und der echten Unterlassungsdelikte. Zugleich ein Beitrag zum strafrechtlichen Erfolgsbegriff, in: Festschrift für Karl Heinz Gössel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Dieter Dölling und Volker Erb, 2002, Heidelberg, S. 157 ff. Prittwitz, Cornelius: Strafrecht und Risiko. Untersuchungen zur Krise von Strafrecht und Kriminalpolitik in der Risikogesellschaft, 1993, Frankfurt a. M. Probst, Manfred: Die Abgrenzung zwischen Wahndelikt und untauglichem Versuch beim umgekehrten Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale, 1969, Diss. München.

294

Schrifttumsverzeichnis

Puntschart, Paul: Besprechung von: Julius Binder, Rechtsnorm und Rechtspflicht, 1912, Leipzig; Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, Band XIV, S. 481 ff. Puppe, Ingeborg: Der halbherzige Rücktritt. Zugleich eine Besprechung von BGHSt 31, 46, NStZ 1984, S. 488 ff. – Die logische Tragweite des sog. Umkehrschlusses, in: Festschrift für Karl Lackner zum 70. Geburtstag, hrsg. von Wilfried Küper, 1987, Berlin / New York, S. 199 ff. (zit.: Puppe, FS Lackner). – Tatirrtum, Rechtsirrtum, Subsumtionsirrtum, GA 1990, S. 145 ff. Radbruch, Gustav: Rechtsphilosophie, 3. Aufl. 1932, Leipzig. Radtke, Henning: An der Grenze des strafbaren untauglichen Versuchs, JuS 1996, 878 ff. Ráliš, Anton: Der Begriff und die Strafbarkeit des Versuchs, ZStW 61 (1942), S. 1 ff. Rath, Jürgen: Grundfälle zum Unrecht des Versuchs, JuS 1998, S. 1006 ff., 1106 ff., JuS 1999, S. 32 ff., 140 ff. – Zum Standort einer error in objecto-Prüfung im Unrechtsaufbau des Versuchs, JuS 1997, S. 424 ff. – Zur Unerheblichkeit des error in persona vel in objecto, 1996, Sinzheim. Redslob, Robert: Versuch und Vorbereitung. Auf der Grundlage des deutschen und französischen Strafrechts, 1908, Breslau. Rehbinder, Manfred: Rechtssoziologie, 5. Aufl. 2003, München. Rehr-Zimmermann, Michael: Die Struktur des Unrechts in der Gegenwart der Strafrechtsdogmatik, 1994, Münster / Hamburg. Reiß, Wolfram: Zur Abgrenzung von untauglichem Versuch und Wahndelikt am Beispiel der Steuerhinterziehung, wistra 1986, 193 ff. Rengier, Rudolf: Strafrecht, Besonderer Teil I, Vermögensdelikte, 5. Aufl. 2002, München (zit.: Rengier, BT I). – Strafrecht, Besonderer Teil II, Rechtsgüter der Person und der Allgemeinheit, 4. Aufl. 2002, München (zit.: Rengier, BT II). Renzikowski, Joachim: Die Unterscheidung von primären Verhaltens- und sekundären Sanktionsnormen in der analytischen Rechtstheorie, in: Festschrift für Karl Heinz Gössel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Dieter Dölling und Volker Erb, 2002, Heidelberg, S. 3 ff. Rescher, Nicholas: Handlungsaspekte, in: Analytische Handlungstheorie, Band 1, Handlungsbeschreibungen, hrsg. von Georg Meggle, 1985, Frankfurt a. M., S. 1 ff. Rittler, Theodor: Lehrbuch des österreichischen Strafrechts, Erster Band, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1954, Wien. Röhl, Klaus F.: Allgemeine Rechtslehre, 2. Aufl. 2001, Köln u. a. Roos, G.-J.: Verbrecherische Willensäußerung – strafbarer Versuch?, JR 1950, S. 206 ff. Roßmüller, Christian / Rohrer, Guido: Keine Rechtserheblichkeit der abergläubischen Gefahrvorstellung?, Jura 1990, S. 582 ff.

Schrifttumsverzeichnis

295

Röttger, Wolfgang: Unrechtsbegründung und Unrechtsausschluß nach den finalistischen Straftatlehren und nach einer materialen Konzeption, 1993, Berlin. Roxin, Claus: Die Abgrenzung von untauglichem Versuch und Wahndelikt, JZ 1996, S. 981 ff. – Der Anfang des beendeten Versuchs, in: Festschrift für Reinhart Maurach zum 70. Geburtstag, hrsg. von Friedrich-Christian Schroeder und Heinz Zipf, 1972, Karlsruhe, S. 213 ff. (zit.: Roxin, FS Maurach). – Offene Tatbestände und Rechtspflichtmerkmale, 2. Aufl. 1970, Berlin. – Strafrecht, Allgemeiner Teil, Band I, 3. Aufl. 1997, München, Band II, 2003, München (zit.: Roxin, AT Band). – Der Tatentschluß, in: Gedächtnisschrift für Horst Schröder, hrsg. von Walter Stree u. a., 1978, München, S. 145 ff. (zit.: Roxin, GS Schröder). – Tatentschluß und Anfang der Ausführung beim Versuch, JuS 1979, S. 1 ff. – Täterschaft und Tatherrschaft, 7. Aufl. 2000, Berlin / New York. – Über den Strafgrund des Versuchs, in: Festschrift für Haruo Nishihara zum 70. Geburtstag, Band 5, Beiträge in deutscher Sprache, hrsg. von Albin Eser, 1998, Baden-Baden, S. 157 ff. (zit.: Roxin, FS Nishihara). – Unterlassung, Vorsatz und Fahrlässigkeit, Versuch und Teilnahme im neuen Strafgesetzbuch, JuS 1973, S. 329 ff. – Zum Strafgrund der Teilnahme, in: Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag, hrsg. von Wilfried Küper und Jürgen Welp, 1993, Heidelberg, S. 365 ff. (zit.: Roxin, FS Stree / Wessels). Rudolphi, Hans-Joachim: Inhalt und Funktion des Handlungsunwertes im Rahmen der personalen Unrechtslehre, in: Festschrift für Reinhart Maurach zum 70. Geburtstag, hrsg. von Friedrich-Christian Schroeder und Heinz Zipf, 1972, Karlsruhe, S. 51 ff. Rüthers, Bernd: Rechtstheorie, 1999, München. Salm, Karl: Das versuchte Verbrechen. Studien zum Rechtsguts- und Verbrechensbegriff, 1957, Karlsruhe. – Das vollendete Verbrechen, Erster Teil: Über Fahrlässigkeit und Kausalität, Erster Halbband: Der Tatbestand des fahrlässigen Erfolgsdeliktes, 1963, Berlin. Sancinetti, Marcelo A.: Subjektive Unrechtsbegründung und Rücktritt vom Versuch. Zugleich eine Untersuchung der Unrechtslehre von Günther Jakobs, 1995, Köln u. a. Sauer, Wilhelm: Allgemeine Strafrechtslehre. Eine lehrbuchmäßige Darstellung, 3. Aufl. 1955, Berlin. Sauermann, Karl: Der Versuch als „delictum sui generis“, 1927, Breslau. Sax, Walter: „Tatbestand“ und Rechtsgutsverletzung. Folgerungen aus der Neubestimmung von Gehalt und Funktion des „gesetzlichen Tatbestandes“ und des „Unrechtstatbestandes“, JZ 1976, S. 9 ff., 80 ff., 429 ff. – Zum logischen und sachlichen Gehalt des sogen. „Umkehrschlusses aus § 59 StGB“. Eine rechtslogische Untersuchung, JZ 1964, 241 ff. Schäfer, Gerhard: Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. 2001, München.

296

Schrifttumsverzeichnis

– Anmerkung zum Beschluß des BGH vom 18. 11. 1985 – 3 StR 291 / 83, JR 1986, S. 522 ff. Schaffstein, Friedrich: Die allgemeinen Lehren vom Verbrechen in ihrer Entwicklung durch die Wissenschaft des gemeinen Strafrechts, 1930, Berlin. – Besprechung von: Diethart Zielinski, Handlungs- und Erfolgsunwert im Unrechtsbegriff. Untersuchungen zur Struktur von Unrechtsbegründung und Unrechtsausschluß, 1973, Berlin; GA 1975, S. 342 ff. – Handlungsunwert, Erfolgsunwert und Rechtfertigung bei den Fahrlässigkeitsdelikten, in: Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Günter Stratenwerth u. a., 1974, Berlin / New York, S. 556 ff. (zit.: Schaffstein, FS Welzel). – Nationalsozialistisches Strafrecht, ZStW 53 (1934), S. 603 ff. – Die Risikoerhöhung als objektives Zurechnungsprinzip im Strafrecht, insbesondere bei der Beihilfe, in: Festschrift für Richard Honig zum 80. Geburtstag, dargebracht von Freunden und Kollegen, 1970, Göttingen, S. 169 ff. (zit.: Schaffstein, FS Honig). – Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum, in: Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle, 1961, Göttingen, S. 175 ff. (zit.: Schaffstein, FS OLG Celle). Scheffler, Uwe: Von Telefonsex, Sittenwidrigkeit und Betrug – LG Mannheim, NJW 1995, 3398; JuS 1996, S. 1070 f. Schetsche, Michael: Der ,einvernehmliche Mißbrauch‘. Zur Begründung des sexualstrafrechtlichen Schutzes von Kindern und Jugendlichen, MSchrKrim 1994, S. 201 ff. Schilling, Georg: Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 1975, Köln u. a. Schilling, Theodor: Rang und Geltung von Normen in gestuften Rechtsordnungen, 1994, Berlin. Schlehofer, Horst: Der error in persona des Haupttäters – eine aberratio ictus für den Teilnehmer?, GA 1992, S. 307 ff. – Vorsatz und Tatabweichung. Zur Auslegung der §§ 16 Abs. 1 Satz 1, 22 StGB, 1996, Köln u. a. Schlüchter, Ellen: Grundfälle zum Bewertungsirrtum des Täters im Grenzbereich zwischen §§ 16 und 17 StGB, JuS 1985, S. 373 ff., 527 ff., 617 ff. – Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale im Strafrecht, 1983, Tübingen. – Zur Irrtumslehre im Steuerstrafrecht, wistra 1985, S. 43 ff. Schmid, Werner: Bedingter Handlungswille beim Versuch und im Bereich der Vorbereitungshandlungen, ZStW 74 (1962), S. 48 ff. Schmidhäuser, Eberhard: Die actio libera in causa: ein symptomatisches Problem der deutschen Strafrechtswissenschaft, 1992, Hamburg. – Aussagepflicht und Aussagedelikt. Bemerkungen über die Falschheit der Aussage, in: Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle, 1961, Göttingen, S. 207 ff. (zit.: Schmidhäuser, FS OLG Celle). – Einführung in das Strafrecht, 2. Aufl. 1984, Opladen. – Form und Gehalt der Strafgesetze, 1988, Göttingen.

Schrifttumsverzeichnis

297

– Freiheitlicher Rechtsbegriff und allgemeine Strafrechtslehre: Michael Köhler, Strafrecht, Allgemeiner Teil; GA 1998, S. 363 ff. – Illusionen in der Normentheorie und das Adressatenproblem im Strafrecht, JZ 1989, S. 419 ff. – Strafgesetzliche Bestimmtheit: eine rechtsstaatliche Utopie, in: Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, hrsg. von Peter Selmer und Ingo v. Münch, 1987, Berlin / New York, S. 231 ff. (zit.: Schmidhäuser, GS Martens). – Strafrecht, Allgemeiner Teil, Lehrbuch, 1. Aufl. 1970, Tübingen, 2. Aufl. 1975, Tübingen (zit.: Schmidhäuser, Lehrbuch ATAufl.). – Strafrecht, Allgemeiner Teil, Studienbuch, 2. Aufl. 1984, Tübingen (zit.: Schmidhäuser, Studienbuch AT). – Strafrecht, Besonderer Teil, Grundriß, 2. Aufl. 1983, Tübingen (zit.: Schmidhäuser, BT). – Strafrechtlicher Vorsatzbegriff und Alltagssprachgebrauch, in: Festschrift für Dietrich Oehler zum 70. Geburtstag, hrsg. von Rolf Dietrich Herzberg, 1985, Köln u. a., S. 135 ff. (zit.: Schmidhäuser, FS Oehler). – Über Strafe und Generalprävention, in: Festschrift für Ernst Amadeus Wolff zum 70. Geburtstag, hrsg. von Rainer Zaczyk, Michael Köhler und Michael Kahlo, 1998, Berlin, S. 443 ff. (zit.: Schmidhäuser, FS Wolff). – Der Unrechtstatbestand, in: Festschrift für Karl Engisch zum 70. Geburtstag, hrsg. von Paul Bockelmann, Arthur Kaufmann und Ulrich Klug, 1969, Frankfurt a. M., S. 433 ff. (zit.: Schmidhäuser, FS Engisch). – Von den zwei Rechtsordnungen im staatlichen Gemeinwesen. Ein Beitrag zur Allgemeinen Rechtstheorie, 1964, Berlin. Schmidt, Eberhard: Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, 3. Aufl. 1965, Göttingen. Schmoller, Kurt: Betrug bei bewußt unentgeltlichen Leistungen, JZ 1991, S. 117 ff. Schneider, Egon: Der abergläubische Versuch, GA 1955, S. 265 ff. – Logik für Juristen, 5. Aufl. 1999, München. Schoetensack, August: Verbrechensversuch, in: Festgabe für Reinhard v. Frank zum 70. Geburtstag, Band II, hrsg. von August Hegler, 1930, Tübingen, S. 55 ff. (zit.: Schoetensack, FG v. Frank). – Der Versuch und der amtliche Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches (1925), GS 91 (1925), S. 378 ff. Scholz, Rupert / Uhle, Arnd: „Eingetragene Lebenspartnerschaft“ und Grundgesetz, NJW 2001, S. 393 ff. Schöne, Wolfgang: Fahrlässigkeit, Tatbestand und Strafgesetz, in: Gedächtnisschrift für Hilde Kaufmann, hrsg. von Hans Joachim Hirsch, Günther Kaiser und Helmut Marquardt, 1986, Berlin / New York, S. 649 ff. (zit.: Schöne, GS Hilde Kaufmann). – Unterlassene Erfolgsabwendung und Strafgesetz, 1974, Köln u. a. Schönke, Adolf / Schröder, Horst: Strafgesetzbuch, Kommentar, 12. Aufl. 1965, München / Berlin (zit.: Schönke / Schröder, StGB12).

298

Schrifttumsverzeichnis

– Strafgesetzbuch, Kommentar, 26. Aufl. 2001, München (zit.: Schönke / Schröder / Bearbeiter, StGB). Schönwandt, Heinz: Grundlagen der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs, 1975, Diss. Göttingen. Schopenhauer, Arthur: Die beiden Grundprobleme der Ethik, in: ders., Sämtliche Werke. Nach der ersten, von Julius Frauenstädt besorgten Gesamtausgabe neubearbeitet und hrsg. von Arthur Hübscher, Band 4, Schriften zur Naturphilosophie und zur Ethik, 1938, Leipzig. Schreiber, Hans-Ludwig: Der Begriff der Rechtspflicht, 1966, Berlin. Schröder, Arno: Vortat und Tatobjekt der Strafvereitelung § 258 StGB, 1999, Stuttgart u. a. Schröder, Horst: Die Unternehmensdelikte, in: Tübinger Festschrift für Eduard Kern, 1968, Tübingen, S. 457 ff. Schroeder, Friedrich-Christian: Anmerkung zum Urteil des BGH vom 23. 11. 1995 – 1 StR 475 / 95, JZ 1996, S. 688. Schroth, Ulrich: Philosophische und juristische Hermeneutik, in: Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, hrsg. von Arthur Kaufmann und Winfried Hassemer, 6. Aufl. 1994, Heidelberg, S. 344 ff. – Vorsatz und Irrtum, 1998, München. Schüler, Georg: Der Mangel am Tatbestand, 1914, Breslau. Schulte, Joachim: Willing and Acting, in: Actions, Norms and Values. Discussions with Georg Henrik v. Wright, edited by Georg Meggle, Berlin / New York 1999, pp. 139 ff. – Wittgenstein. Eine Einführung, 1989, Stuttgart. Schultz, Hans: Eventualvorsatz, bedingter Vorsatz und bedingter Handlungswille, in: Festschrift für Günter Spendel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Manfred Seebode, 1992, Berlin / New York, S. 303 ff. Schumann, Heribert: Zur Wiederbelebung des „voluntativen“ Vorsatzelementes durch den BGH – Zugleich eine Anmerkung zu dem Urteil des BGH vom 15. 11. 1987, 3 StR 449 / 87–, JZ 1989, S. 427 ff. Schünemann, Bernd: Die deutschsprachige Strafrechtswissenschaft nach der Strafrechtsreform im Spiegel des Leipziger Kommentars und des Wiener Kommentars, Teil 2, GA 1986, S. 293 ff. – Neue Horizonte der Fahrlässigkeitsdogmatik?, in: Festschrift für Friedrich Schaffstein zum 70. Geburtstag, hrsg. von Gerald Grünwald u. a., 1975, Göttingen, S. 159 ff. (zit.: Schünemann, FS Schaffstein). – Über die objektive Zurechnung, GA 1999, S. 207 ff. Schwemmer, Oswald: Philosophie der Praxis, 1971, Frankfurt. Seelmann, Kurt: Anmerkung zum Urteil des BGH vom 17. 6. 1997 – 1 StR 119 / 97 (BGHSt. 43, 110), JR 1999, S. 342 f. – Strafrecht AT. Kurzlehrbuch zum allgemeinen Teil des schweizerischen Strafrechts, 1999, Basel (zit.: Seelmann, AT).

Schrifttumsverzeichnis

299

Seier, Jürgen: Prozeßbetrug durch Rechts- und ungenügende Tatsachenbehauptung, ZStW 102 (1990), S. 563 ff. Seier, Jürgen / Gaude, Desirée: Untaugliche, grob unverständige und abergläubische Versuche, JuS 1999, S. 456 ff. Selle, Dirk v.: Absicht und intentionaler Gehalt der Handlung, JR 1999, S. 309 ff. Senf, Max Rudolf: Vorbereitung und Versuch. Eine juristisch-psychologische Studie, GS 67 (1906), S. 245 ff. Silva Sánchez, Jesus-Maria: Aberratio ictus und objektive Zurechnung, ZStW 101 (1989), S. 352 ff. Singer, Peter: Praktische Ethik, 2. Aufl. 1994, Stuttgart. Spendel, Günter: Gegen den „Verteidigungswillen“ als Notwehrerfordernis, in: Festschrift für Paul Bockelmann zum 70. Geburtstag, hrsg. von Arthur Kaufmann u. a., 1979, München, S. 245 ff. (zit.: Spendel, FS Bockelmann). – Der Gegensatz zwischen rechtlicher und sittlicher Wertung am Beispiel der Notwehr, DRiZ 1978, S. 327 ff. – Kritik der subjektiven Versuchstheorie, NJW 1965, S. 1881 ff. – Der sogenannte Umkehrschluß aus § 59 StGB nach der subjektiven Versuchstheorie, ZStW 69 (1957), S. 441 ff. – Zur Kritik der subjektiven Versuchs- und Teilnahmetheorie, JuS 1969, S. 314 ff. – Zur Neubegründung der objektiven Versuchstheorie, in: Studien zur Strafrechtswissenschaft. Festschrift für Ulrich Stock zum 70. Geburtstag, hrsg. von Günter Spendel, 1966, Würzburg, S. 89 ff. (zit.: Spendel, FS Stock). – Zur Notwendigkeit des Objektivismus im Strafrecht, ZStW 65 (1953), S. 519 ff. Stächelin, Gregor: Strafgesetzgebung im Verfassungsstaat, 1998, Berlin. Staudinger, J. von: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Erstes Buch, Allgemeiner Teil, §§ 134 – 163, 13. Bearbeitung 1996, Berlin (zit.: Staudinger / Bearbeiter, BGB). Stegmüller, Wolfgang: Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie. Eine kritische Einführung, Band II, 8. Aufl. 1987, Stuttgart, Band IV 1989, Stuttgart. Stenglein: Die letzte Reichsgerichtsentscheidung über den untauglichen Versuch, DJZ 1902, S. 332 ff. Stern, Klaus: Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 3, Allgemeine Lehren der Grundrechte, Halbband 2, 1994 , München. Stöger, Fritz: Versuch des untauglichen Täters, 1961, Berlin. Stooß, E.: Dolus eventualis und Gefährdung, ZStW 15 (1895), S. 199 ff. Stopfkuchen, Manfred: Strafbare und nicht strafbare Fälle des untauglichen Versuchs, 1972, Diss. Freiburg i. Br. Stratenwerth, Günter: Die fakultative Strafmilderung beim Versuch, in: Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, 1963, Basel, S. 247 ff. (zit.: Stratenwerth, FG Schweiz. Juristentag).

300

Schrifttumsverzeichnis

– „Größtmögliche Freiheit?“, in: Rechtsstaat und Menschenwürde. Festschrift für Werner Maihofer zum 70. Geburtstag, hrsg. von Arthur Kaufmann, Ernst-Joachim Mestmäcker, Hans F. Zacher, 1988, Frankfurt a. M., S. 571 ff. (zit.: Stratenwerth, FS Maihofer). – Kritische Anfrage an eine Rechtslehre nach „Freiheitsgesetzen“, in: Festschrift für Ernst Amadeus Wolff zum 70. Geburtstag, hrsg. von Rainer Zaczyk, Michael Köhler und Michael Kahlo, 1998, Berlin, S. 495 ff. (zit.: Stratenwerth, FS Wolff). – Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 2. Aufl. 1996, Bern (zit.: Stratenwerth, Schweiz. Strafrecht I). – Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 3. Aufl. 1981, Köln u. a., 4. Aufl. 2000, Köln u. a. (zit.: Stratenwerth, ATAufl.). – Der Versuch des untauglichen Subjekts, in: Festschrift für Hans-Jürgen Bruns zum 70. Geburtstag, hrsg. von Wolfgang Frisch und Werner Schmid, 1978, Köln u. a., S. 59 ff. (zit.: Stratenwerth, FS Bruns). – Wie wichtig ist Gerechtigkeit?, in: Strafgerechtigkeit. Festschrift für Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag, hrsg. von Fritjof Haft u. a., 1993, Heidelberg, S. 353 ff. (zit.: Stratenwerth, FS Arthur Kaufmann). – Zukunftssicherung mit den Mitteln des Strafrechts?, ZStW 105 (1993), S. 679 ff. – Zur Relevanz des Erfolgsunwertes im Strafrecht, in: Festschrift für Friedrich Schaffstein zum 70. Geburtstag, hrsg. von Gerald Grünwald u. a., 1975, Göttingen, S. 177 ff. (zit.: Stratenwerth, FS Schaffstein). Strecker, Manfred: Handlung und Intersubjektivität. Zu den Grundlagen des Handlungsverstehens, in: Philosophische Probleme der Handlungstheorie, hrsg. von Hans Poser, 1982, Freiburg / München, S. 147 ff. Stree, Walter: Anmerkung zum Beschluß des BayObLG vom 15. 10. 1980 – RReg. 3 St 87 / 80, JR 1981, S. 297 ff. Streng, Franz: Der Irrtum beim Versuch – ein Irrtum? Ein Beitrag zur Struktur des Versuchstatbestands, ZStW 109 (1997), S. 862 ff. – Rücktritt und dolus eventualis – Freiwillige Aufgabe der Tat trotz entfallenen Tatinteresses? –, JZ 1990, S. 212 ff. – Schuld ohne Freiheit? Der funktionale Schuldbegriff auf dem Prüfstand, ZStW 101 (1989), S. 273 ff. – Strafrechtliche Sanktionen. Die Strafzumessung und ihre Grundlagen, 2. Aufl. 2002, Stuttgart / Berlin / Köln. – Wie „objektiv“ ist der objektive Versuchstatbestand? Der „komplettierte Tatentschluß“ und seine Ausführung durch Tun oder Unterlassen, in: Gedächtnisschrift für Heinz Zipf, hrsg. von Karl Heinz Gössel und Otto Triffterer, 1999, Heidelberg, S. 325 ff. (zit.: Streng, GS Zipf). Struensee, Eberhard: Versuch und Vorsatz, in: Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann, hrsg. von Gerhard Dornseifer u. a., 1989, Köln u. a., S. 523 ff. (zit.: Struensee, GS Armin Kaufmann). – Verursachungsvorsatz und Wahnkausalität, ZStW 102 (1990), S. 21 ff.

Schrifttumsverzeichnis

301

Suárez Montes, Rodrigo Fabio: Weiterentwicklung der finalen Unrechtslehre?, in: Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag, hrsg. von Günter Stratenwerth u. a., 1974, Berlin / New York, S. 379 ff. Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch (SK), hrsg. von Hans-Joachim Rudolphi u. a., Stand April 2001, Neuwied u. a., (zit.: SK / Bearbeiter). Thomas v. Aquin: Quaestio disputata de veritate, in: Sancti Thomae Aquinatis opera omnia, Band 3, 1980, Stuttgart / Bad Cannstatt. – Untersuchungen über die Wahrheit (Quaestiones disputae de veritate), in deutscher Übertragung von Edith Stein, Band II (Quaestio 14 – 29), 1955, Freiburg. Thon, August: Rechtsnorm und subjectives Recht, 1878, Weimar. Tiedemann, Klaus: Tatbestandsfunktionen im Nebenstrafrecht, 1969, Tübingen. – Verfassungsrecht und Strafrecht, 1991, Heidelberg. – Zum Verhältnis von Allgemeinem und Besonderem Teil des Strafrechts, in: Festschrift für Jürgen Baumann zum 70. Geburtstag, hrsg. von Gunther Arzt u. a., 1992, Bielefeld, S. 7 ff. (zit.: Tiedemann, FS Baumann). Timpe, Gerhard: Strafmilderungen des Allgemeinen Teils des StGB und das Doppelverwertungsverbot. Untersuchungen zu den §§ 23 Abs. 2, 13 Abs. 2, 17 Satz 2, 35 Abs. 1 Satz 2 und 46 Abs. 3 StGB, 1983, Berlin. Tischler, Werner Georg: Verbotsirrtum und Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale. Dogmengeschichte eines Abgrenzungsproblems, 1984, Berlin. Tittmann, Carl August: Handbuch der Strafrechtswissenschaft und der deutschen Strafgesetzkunde, Erster Band, 2. Aufl. 1822, Halle. Traub, Fritz: Anmerkung zum Urteil des BGH vom 1. 7. 1959 – 2 StR 191 / 59, NJW 1960, S. 348 f. – Die umgekehrte „Parallelwertung in der Laiensphäre“ – Wahndelikt oder untauglicher Versuch?, JuS 1967, S. 113 ff. Treplin, Chr. Heinrich: Der Versuch. Grundzüge des Wesens und der Handlung, ZStW 76 (1964), S. 441 ff. Tröndle, Herbert / Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 49. Aufl. 1999, München, 51. Aufl. 2003, München (zit.: Tröndle / Fischer, StGBAufl.). Trutnau, Günter: Der Adressat der Rechtsnorm, 1983, Diss. Bochum. Tugendhat, Ernst: Drei Vorlesungen über Probleme der Ethik, in: ders., Probleme der Ethik, 1984, Stuttgart, S. 57 ff. Vehling, Karl-Heinz: Die Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch, 1991, Frankfurt a. M. u. a. Vitt, Elmar: Diskussionsbeiträge der Strafrechtslehrertagung 1993 in Basel, ZStW 105 (1993), S. 803 ff.

302

Schrifttumsverzeichnis

Vogel, Joachim: Norm und Pflicht bei den unechten Unterlassungsdelikten, 1993, Berlin. Vogler, Theo: Der Beginn des Versuchs, in: Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag, hrsg. von Wilfried Küper und Jürgen Welp, 1993, Heidelberg, S. 285 ff. Volk, Klaus: Entkriminalisierung durch Strafwürdigkeitskriterien jenseits des Deliktsaufbaus, ZStW 97 (1985), S. 871 ff. Vormbaum, Thomas: Strafbarkeitslücken, JZ 1999, S. 613. – Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, 1987, Berlin. Wächter, Carl Georg v.: Deutsches Strafrecht. Vorlesungen von Carl Georg von Wächter, hrsg. von Oscar von Wächter, 1881, Leipzig. Waiblinger, Max: Subjektivismus und Objektivismus in der neueren Lehre und Rechtsprechung vom Versuch, ZStW 69 (1957), S. 189 ff. Waismann, Friedrich: Wille und Motiv. Zwei Abhandlungen über Ethik und Handlungstheorie, hrsg. von Joachim Schulte, 1989, Stuttgart. Waßmer, Martin Paul: Tagungsbericht. Die Harmonisierung des Europäischen Strafrechts, JZ 1999, S. 1099 ff. Weber, Hellmuth v.: Grundriß des deutschen Strafrechts, 2. Aufl. 1948, Bonn. Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Rechtssoziologie, 5. Aufl. 1980, besorgt von J. Winckelmann, Tübingen. Weber, Ulrich: Anmerkung zum Urteil des BGH vom 11. 11. 1960 – 4 StR 402 / 60, MDR 1961, S. 426 f. Weigend, Thomas: Die Entwicklung der deutschen Versuchslehre, in: Strafrecht und Kriminalpolitik in Japan und Deutschland, hrsg. von Hans Joachim Hirsch und Thomas Weigend, 1989, Berlin, S. 113 ff. Welzel, Hans: Aktuelle Strafrechtsprobleme im Rahmen der finalen Handlungslehre, 1953, Karlsruhe. – Das Deutsche Strafrecht, 11. Aufl. 1969, Berlin (zit.: Welzel, Strafrecht). – Die deutsche strafrechtliche Diskussion der letzten 100 Jahre und die finale Handlungslehre, JuS 1966, S. 421 ff. – Kausalität und Handlung, ZStW 51 (1931), S. 703 ff. – Naturalismus und Wertphilosophie im Strafrecht. Untersuchungen über die ideologischen Grundlagen der Strafrechtswissenschaft, 1935, Mannheim u. a. – Das neue Bild des Strafrechtssystems, 4. Aufl. 1962, Göttingen. – Studien zum System des Strafrechts, ZStW 58 (1939), S. 491 ff. – Über den substantiellen Begriff des Strafgesetzes, in: Probleme der Strafrechtserneuerung. Festschrift für Eduard Kohlrausch zum 70. Geburtstag, 1944, Berlin, S. 101 ff. (zit.: Welzel, FS Kohlrausch). – Um die finale Handlungslehre, 1949, Tübingen.

Schrifttumsverzeichnis

303

Wennerberg, Hjalmar: Der Begriff der Familienähnlichkeit in Wittgensteins Spätphilosophie, in: Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, hrsg. von Eike von Savigny, 1998, Berlin, S. 41 ff. Wessels, Johannes: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1972, Heidelberg / Karlsruhe. Wessels, Johannes / Beulke, Werner: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 32. Aufl. 2002, Heidelberg. Wessels, Johannes / Hettinger, Michael: Strafrecht, Besonderer Teil 1, Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte, 26. Aufl. 2002, Heidelberg. Wessels, Johannes / Hillenkamp, Thomas: Strafrecht, Besonderer Teil 2, Straftaten gegen Vermögenswerte, 25. Aufl. 2002, Heidelberg. Westpfahl, Manfred: Zum Unrecht im Versuch. Bemerkungen zur Versuchslehre in Deutschland, Österreich und in der Schweiz, 1974, Diss. München. Willms, Günther: Anmerkung zum Urteil des KG vom 30. 6. 1977 – (2) Ss 10 / 77 (24 / 77); JR 1978, S. 78 ff. Winch, Peter: Trying, in: ders., Ethics and Action, 1972, London, pp. 130 ff. – Trying and Attempting, in: Proceedings of the Aristotelian Society, Supplementary Volume, XLV 1971, pp. 209 ff. Wittgenstein, Ludwig: Philosophische Untersuchungen, in: ders., Werkausgabe, Band 1, 10. Aufl. 1995, Frankfurt a. M., S. 225 ff. (zit.: Wittgenstein, PU) – Tractatus logico-philosophicus, in: ders., Werkausgabe, Band 1, 10. Aufl. 1995, Frankfurt a. M., S. 7 ff. (zit.: Wittgenstein, TLP) Wolff, Ernst Amadeus: Die Abgrenzung von Kriminalunrecht zu anderen Unrechtsformen, in: Strafrechtspolitik, hrsg. von Winfried Hassemer, 1987, Frankfurt a. M., S. 137 ff. – Die Grenzen des dolus eventualis und der willentlichen Verletzung, in: Festschrift für Wilhelm Gallas zum 70. Geburtstag, hrsg. von Karl Lackner und Heinz Leferenz, 1973, Berlin u. a., S. 197 ff. (zit.: Wolff, FS Gallas). – Der Handlungsbegriff in der Lehre vom Verbrechen, 1964, Heidelberg. – Das neuere Verständnis von Generalprävention und seine Tauglichkeit für eine Antwort auf Kriminalität, ZStW 97 (1985), S. 786 ff. Wolter, Jürgen: Objektive und personale Zurechnung von Verhalten, Gefahr und Verletzung in einem funktionalen Straftatsystem, 1981, Berlin. – Objektive Zurechnung und modernes Strafrechtssystem. Ein normtheoretischer Beitrag zum „Risikoprinzip“ von Claus Roxin und zur „Wesentlichkeit von Kausalabweichungen“, in: Internationale Dogmatik der objektiven Zurechnung und der Unterlassungsdelikte. Ein spanisch-deutsches Symposium zu Ehren von Claus Roxin, hrsg. von Enrique Gimbernat, Bernd Schünemann und Jürgen Wolter, 1995, Heidelberg, S. 3 ff. – Vorsätzliche Vollendung ohne Vollendungsvorsatz und Vollendungsschuld? Zugleich ein Beitrag zum Strafgrund der „Vollendung“, in: Kriminologie – Psychiatrie – Strafrecht. Festschrift für Heinz Leferenz zum 70. Geburtstag, hrsg. von Hans-Jürgen Kerner, Hans Göppinger und Franz Streng, 1983, Heidelberg, S. 545 ff. (zit.: Wolter, FS Leferenz). Womelsdorf, Ulrich: Zur Problematik des Versuchs beim unechten Unterlassungsdelikt, 1976, Diss. Münster.

304

Schrifttumsverzeichnis

Wright, Georg Henrik v.: Deontische Logik, in: ders., Handlung, Norm und Intention. Untersuchungen zur deontischen Logik, hrsg. und eingeleitet von Hans Poser, 1977, Berlin / New York, S. 1 ff. – Deontische Logik und die Theorie der Bedingungen, in: ders., Handlung, Norm und Intention. Untersuchungen zur deontischen Logik, hrsg. und eingeleitet von Hans Poser, 1977, Berlin / New York, S. 19 ff. – Erklären und Verstehen, Aus dem Englischen von Günther Grewendorf und Georg Meggle, 3. Aufl. 1991, Frankfurt a. M. – Norm und Handlung. Eine logische Untersuchung, 1979, Königstein / Ts. – Normen, Werte und Handlungen, 1994, Frankfurt a. M. – Praktisches Schließen, in: ders., Handlung, Norm und Intention. Untersuchungen zur deontischen Logik, hrsg. und eingeleitet von Hans Poser, 1977, Berlin / New York, S. 41 ff. – Über sogenanntes praktisches Schließen, in: ders., Handlung, Norm und Intention. Untersuchungen zur deontischen Logik, hrsg. und eingeleitet von Hans Poser, 1977, Berlin / New York, S. 61 ff. Zachariae, H. A.: Die Lehre vom Versuche der Verbrechen, Erster Theil, 1836, Göttingen, Zweiter Theil, 1839, Göttingen. Zaczyk, Rainer: Die Freiheit der Person als Zentrum der Rechtsbegründung, in: Rechtsphilosophische Kontroversen der Gegenwart, hrsg. von Peter Siller und Bertram Keller, 1999, Baden-Baden, S. 51 ff. – Sieben Thesen zur Begründung von Strafe, in: Rechtsphilosophische Kontroversen der Gegenwart, hrsg. von Peter Siller und Bertram Keller, 1999, Baden-Baden, S. 139 ff. – Das Strafrecht in der Rechtslehre J. G. Fichtes, 1981, Berlin. – Strafrechtliches Unrecht und die Selbstverantwortung des Verletzten, 1993, Heidelberg. – Die Struktur des Rechtsverhältnisses (§§ 1 – 4) im Naturrecht Fichtes, in: Fichtes Lehre vom Rechtsverhältnis. Die Deduktion der §§ 1 – 4 der Grundlage des Naturrechts und ihre Stellung in der Rechtsphilosophie, hrsg. von Michael Kahlo, Ernst Amadeus Wolff und Rainer Zaczyk, 1992, Frankfurt a. M., S. 9 ff. – Über Begründung im Recht, in: Festschrift für Ernst Amadeus Wolff zum 70. Geburtstag, hrsg. von Rainer Zaczyk, Michael Köhler und Michael Kahlo, 1998, Berlin, S. 509 ff. (zit.: Zaczyk, FS Wolff). – Das Unrecht der versuchten Tat, 1989, Berlin. Zielinski, Diethart: Handlungs- und Erfolgsunwert im Unrechtsbegriff. Untersuchungen zur Struktur von Unrechtsbegründung und Unrechtsausschluß, 1973, Berlin. Zieschang, Frank: Die Gefährdungsdelikte, 1998, Berlin. Ziethen, J.: Dogmatische Konsequenzen des Prostitutionsgesetzes für Dirnen- und Freierbetrug, NStZ 2003, S. 184 ff. Zimmermann, Friedrich: Über die Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen mit untauglichen Mitteln, GS 33 (1881), S. 260 ff. Zimmermann, Jörg: Wittgensteins sprachphilosophische Hermeneutik, 1975, Frankfurt a. M.

Schrifttumsverzeichnis

305

Zipf, Heinz: Kriminalpolitik, 2. Aufl. 1980, Heidelberg / Karlsruhe. – Die Problematik des Meineides innerhalb der Aussagedelikte, in: Festschrift für Reinhart Maurach zum 70. Geburtstag, hrsg. von Friedrich-Christian Schroeder und Heinz Zipf, 1972, Karlsruhe, S. 415 ff. (zit.: Zipf, FS Maurach). Zippelius, Reinhold: Erfolgsunrecht oder Handlungsunrecht, NJW 1957, S. 1707 f. – Rechtsphilosophie, 3. Aufl. 1994, München. – Die Rechtswidrigkeit von Handlung und Erfolg, AcP 157 (1958 / 59), S. 390 ff. Zoll, Andrzej: Rechtsnorm und Strafvorschrift, in: Festschrift für Claus Roxin zum 70. Geburtstag, hrsg. von Bernd Schünemann u. a., 2001, Berlin, S. 93 ff. Zucker: Ein Schlußwort zur Lehre vom untauglichen Versuch, GA 37 (1889), S. 274 ff. – Noch ein Wort zur Lehre vom untauglichen Versuch, GA 36 (1888), S. 370 ff.

20 Maier

Sachwortverzeichnis abergläubisches Verhalten 46 ff., 118 Adressatentheorie – eingliedrige 154 ff. – zweigliedrige 142, 148 ff. alethisch 144 Anerkennungsverhältnis – Begriff 187 f. – Verletzung 188 Angriff – auf Normgeltung 186 f. – auf Rechtsgut 26 f., 28 f., 209 f., 234 Ansetzen, unmittelbares 30, 53 ff., 176 f. Auslegungsunterlassungsdelikt 35 Auslegungsunterlassungsdelikt, versuchtes 259 ff. – Garantenstellung 97 ff., 260 ff. – Gefahr des Erfolgseintritts 262 f. – Rettungsmöglichkeit 263 ff. Bedrohlichkeit, des Angriffs bzw. der Handlungsintention (s. Intention, bedrohliche) Bestechlichkeit, versuchte 98 ff., 254 ff. Bestimmungsnorm 42, 65 f., 105 ff., 111, 139 ff., 156 Betrug, versuchter 92 ff., 247 ff. Bewertungsnorm 65 f., 156 Brandstiftung, versuchte 243 deontische Operatoren 142 ff. Diebstahl, versuchter 243 f. dolus eventualis, Versuch mit 49 ff. Eindruck, rechtserschütternder (s. auch Eindruckstheorie) 29 ff., 54, 160 ff. – Begriff 165 f. – Stellung im Deliktsaufbau 166 ff. Eindruckstheorie 27 ff., 159 ff. – dogmengeschichtliche Genese 160 ff. – als Epigone der subjektiven Versuchslehre 165 ff., 168 f.

– Strafgrund des Versuchs nach der 27 ff. Erfolgsunwert 64 – des Versuchsdeliktes 70 – des Vollendungsdeliktes 67 Erwartungshaltung des Gesetzgebers 255 f., 258, 261 Familienähnlichkeit 153, 218, 261 Freiheitsgesetze, Rechtslehre nach (s. Unrechtslehre, interpersonale) Garanten-Unterlassungsdelikt – Begriff 35 – Versuch des ~ und untaugliches Subjekt 97 ff., 260 ff. Gebot (s. Bestimmungsnorm) Gefahr, abstrakte 34 Gefahr, konkrete 34 Gefährdungsdelikt, Versuch als abstraktes 180 ff. Gefährdungsdelikt, Versuch als konkretes 54, 111 f., 117 f., 171 ff., 173 f., 201 f. Gefährlichkeit, konkrete ~ des Täterhandelns 174 ff. Geldwäsche, versuchte 237 ff. Generalprävention 156, 162 f., 209 Gesetzlichkeitsprinzip 232 f., 253 f., 256 Handlungsbegriff, finaler 133 Handlungsbeschreibung 213 f., 235 Handlungsintention (s. Intention, bedrohliche) Handlungstypisierung 21, 32 f., 72, 113 f., 157, 218 Handlungsunwert 64, 134 f. – des Versuchsdelikts 69 f. – des Vollendungsdelikts 67 f. Handlungswille, unbedingter 45 f. Hehlerei, versuchte 233 ff.

Sachwortverzeichnis Hermeneutik – analytische 22, 153 ff. – dialektische 22 – praktische (Handlungsverstehen) 237, 241, 244 – theoretische (Begriffsverstehen) 236 f.

Rechtsstab 21, 33, 65, 154 ff. Risikoerhöhung (s. auch Gefährdungsdelikt, Versuch als konkretes) 173 f. 154, 154,

Imperativ 42, 53, 64, 66, 69 – Begriff 140 – hypothetischer 140, 143, 210 f. – kategorischer 140, 145, 187, 197 Imperativentheorie 128 f. Intention, bedrohliche 209, 234 ff., 239 f., 241 f., 244, 245 Intentionsobjekt 202 f. Intentionsunwert 68 f., 105 Jedermanns-Unterlassungsdelikt 35 Körperverletzung, versuchte 241 Leitlinien, Versuchsvorschriften als 41 Mangel am Tatbestand 184 f., 203 ff. Meineid, versuchter 219 ff. – Aussagegegenstand 227 ff. – falsche Aussage 225 ff. – zuständige Stelle 91, 94 f., 219 ff. Milieubeziehung 215 Normbruch, expressiver 184 ff. ontische Operatoren 143 f. Personenstandsfälschung, versuchte 231 ff. Pflichtenethik 145 ff., 156 Pflichtverletzung 125, 128 ff. Philosophie, analytische 152 ff., 213 f., 235 Preis, Strafe als – einer Handlung 147, 156, 197 f., 209 Primärnorm (s. Bestimmungsnorm) Prognose, nachträgliche 172 f. Rechtsbegriff, hermeneutischer 152 ff., 210 f. Rechtsgüterschutz 209 20*

307

Sachbeschädigung, versuchte 243 Sanktionsnorm (s. Bewertungsnorm) Schutznorm 67, 156 Schwangerschaftsabbruch, versuchter 241 Sekundärnorm (s. Bewertungsnorm) sexueller Mißbrauch von Kindern, versuchter 244 f. Sonderdelikt – echtes 33 – unechtes 33 – untaugliches Subjekt 97 ff., 254 ff., 260 ff. Spezialprävention 126 f., 209 Sprachphilosophie (s. Philosophie, analytische; Hermeneutik, analytische) Sprachspiel 106 Steuerhinterziehung, versuchte 93 ff., 257 ff. Strafausdehnungsgrund 40 f., 211 Strafgrund des Versuchs (s. auch Anerkennungsverhältnis, Verletzung; Angriff; Gefährdungsdelikt, Versuch als abstraktes; Gefährdungsdelikt, Versuch als konkretes; Gefährdungsversuch; Normbruch, expressiver; Wille, rechtsfeindlicher; Zielversuch) – Begriff 26 f. – dualistische Versuchslehre 201 f., 203 f. – Eindruckstheorie 27 ff. – hermeneutische Versuchskonzeption 209 f. – interpersonale Versuchslehre 189, 191 – objektive Versuchslehre 111 ff., 171 ff. – subjektive Versuchslehre 27, 111 ff., 157 f. Strafmilderung 31 Strafvereitelung, versuchte 92, 94 ff., 252 ff. Strafwürdigkeit 20 Stufenlehre 55 ff. Subjekt, untaugliches 97 ff., 118 Subsumtionsirrtum, umgekehrter – Abgrenzung zum Vorfeldirrtum 93 ff. – Wahndelikt 90 ff. Syllogismus, praktischer 213 f. Systemtheorie 186 Tatbestand (s. Versuchstatbestand; Vollendungstatbestand)

308

Sachwortverzeichnis

Tatbestandsähnlichkeit 42, 216 ff., 224, 229, 232 f., 237, 240 f., 247, 250 f. Tatbild 214 ff., 223 f. Tatentschluß 52 f. Tätertheorie 115 f. Tatsituation 202 f., 229 Tatstrafrecht 59, 169, 211 f., 215 Totschlag, versuchter – fehlendes Tatobjekt 239 ff. – untaugliche Tötungshandlung 240 f. Umkehrregel 122 Umkehrschluß 73, 83, 119 ff. Unrechtslehre – dualistische 199 ff. – interpersonale 187 ff. – monistisch-subjektive 135 f. – personale 63 ff., 132 ff. Unterlassungsdelikt, echtes (s. Wortlautunterlassungsdelikt) Unterlassungsdelikt, unechtes (s. Auslegungsunterlassungsdelikt) Unterschlagung, versuchte 92, 94 ff., 241 ff. Unverstand, grober (s. Versuch, grob unverständiger) Utilitarismus 145 f. Verbot (s. Bestimmungsnorm) Verhaltensnorm (s. Bestimmungsnorm) Verhaltensunwert 68 ff. Versicherungsmißbrauch, versuchter 245 ff. Versuch, fahrlässiger 32 Versuch, grob unverständiger 31, 47, 73 ff., 108 f. – Abgrenzung zum abergläubischen Verhalten 74 f. – ontologische / nomologische Fehlvorstellungen 77 f. – Voraussetzungen der Privilegierung 76 ff. Versuch, untauglicher 71 ff. – Abgrenzung zum Wahndelikt 82 ff. – Strafbarkeit de lege lata 72 f. – untaugliches Subjekt 97 ff., 254 ff., 260 ff. – Vorfeldirrtum 90 ff. Versuchen – Begriff 213 f. – intentionales 50 ff. – nicht-intentionales 51 f.

Versuchslehre, dualistische 199 ff. Versuchslehre, interpersonale 187 ff. Versuchslehre, objektive – ältere 111 ff. – Begriff 19 – jüngere 171 ff. Versuchslehre, subjektive 111, 113 ff., 156 ff. – als Basis der Eindruckstheorie 27 – Begriff 19 – in der Rechtsprechung des BGH 123 – in der Rechtsprechung des RG 116 ff. Versuchstatbestand – objektiver 53 ff. – subjektiver 43 ff. Versuchsunrecht (s. auch Strafgrund des Versuchs) – Begriff des – nach hermeneutischer Konzeption 210 – nach der personalen Unrechtslehre 68 ff. – als Problem des objektiven Versuchstatbestandes 210, 212 ff., 222 ff., 231 f., 233 ff., 238 f., 239 ff., 242 f., 244 f., 246 ff., 250 ff., 253 f., 255 f., 258 f., 261 ff. Verwirklichungsstufen (s. Stufenlehre) Vollendungstatbestand – objektiver 33 ff. – subjektiver 35 ff. Vollendungswille 46 Vorbereitungshandlungen 59 f. Vorfeldirrtum – Begriff 90 – umgekehrter Subsumtionsirrtum 93 ff., 100, 104 Vorsatzelement, kognitives – Versuchsdelikt 43 ff. – Vollendungsdelikt 36 f. Vorsatzelement, voluntatives – Versuchsdelikt 45 ff. – Vollendungsdelikt 37 f. Wahndelikt 45 – Abgrenzung zum untauglichen Versuch 82 ff. – Bestandsirrtum 84 – Grenzirrtum 84 f. – umgekehrter Subsumtionsirrtum 85, 99

Sachwortverzeichnis – Vorfeldirrtum 90 ff. Wahnkausalität 86 ff. Wille, rechtsfeindlicher (s. auch Pflichtverletzung) 27 f., 30 f., 42, 53, 69, 156 ff. – Basis der subjektiven Versuchslehre 111, 132 ff. – Strafgrund des Versuchs 27 f., 139 ff.

309

– Verstoß gegen Bestimmungsnorm 42, 69, 139, 156 ff. Willensstrafrecht 125 f. Wortlautunterlassungsdelikt, 34 f. Wortlautunterlassungsdelikt, versuchtes 257 f. Zielversuch 202 f.