Die Legitimationsübertragung im Spannungsfeld zwischen legitimen Aktionärsinteressen und Beteiligungstransparenz [1 ed.] 9783428583775, 9783428183777

Die Legitimationsübertragung liegt dogmatisch an der Grenze zum Abspaltungsverbot und steht damit im Verdacht, fundament

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Die Legitimationsübertragung im Spannungsfeld zwischen legitimen Aktionärsinteressen und Beteiligungstransparenz [1 ed.]
 9783428583775, 9783428183777

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 201

Die Legitimationsübertragung im Spannungsfeld zwischen legitimen Aktionärsinteressen und Beteiligungstransparenz

Von

Annika Piroth

Duncker & Humblot · Berlin

ANNIKA PIROTH

Die Legitimationsübertragung im Spannungsfeld zwischen legitimen Aktionärsinteressen und Beteiligungstransparenz

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 201

Die Legitimationsübertragung im Spannungsfeld zwischen legitimen Aktionärsinteressen und Beteiligungstransparenz

Von

Annika Piroth

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn hat diese Arbeit im Jahr 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D5 Alle Rechte vorbehalten © 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18377-7 (Print) ISBN 978-3-428-58377-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im März 2021 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Ich danke Prof. Dr. Jens Koch herzlich für die Betreuung meiner Dissertation, die zügige Erstellung des Erstgutachtens sowie die wissenschaftlich und persönlich bereichernde Arbeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl. Prof. Dr. Matthias Lehmann danke ich sehr für die wohlwollende Erstellung des Zweitgutachtens. Für die wertvolle Förderung durch ihr Promotionsstipendium bedanke ich mich herzlich bei Loschelder Rechtsanwälte in Köln. Ich danke meinen Eltern und Geschwistern für die jahrelange und jederzeitige Unterstützung und Motivation und den Glauben an mich. Besonders das Vorbild meines Bruders Lukas und seine Hilfestellung bei formalen Fragen hat einen wertvollen Beitrag dazu geleistet, dass ich mein Promotionsprojekt schließlich abschließen konnte. Auch der bedingungslose Rückhalt und die unermüdliche Unterstützung meines Ehemanns Marcel haben einen unschätzbaren Beitrag geleistet, für den ich unendlich dankbar bin. Neuss, im November 2021

Annika Piroth

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

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A. Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Die historische Entwicklung der Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 C. Bestimmung der Aktionärseigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 D. Definition der Legitimationsübertragung und Verhältnis zu anderen Rechtsfiguren . . 29 I. Begrifflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Die Rechtsnatur der Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 III. Parallele zu anderen Rechtsfiguren – Prozessstandschaft und Einziehungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 IV. Varianten der Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. Geborene und gekorene Legitimationsaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Weisungsgebundene und weisungsfreie Legitimationsaktionäre . . . . . . . . . . . . 34 3. Legitimationszession mit und ohne Verdrängungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . 34 V. Abgrenzung zur Platzhaltereintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Rechte und Pflichten des als Platzhalter eingetragenen Kreditinstituts/ Wirksamkeit der Stimmabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Anwendbarkeit des § 67 Abs. 2 AktG auf die Platzhaltereintragung? . . . . . 37 aa) § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG gilt auch für die Platzhaltereintragung . . . . . . 37 bb) § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG gilt nicht für die Platzhaltereintragung . . . . . . 38 b) Notwendigkeit der Ermächtigung nach § 135 Abs. 6 AktG . . . . . . . . . . . . . 40 c) Rechtsfolge fehlender Ermächtigung – Anwendbarkeit des § 135 Abs 7 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 aa) Fehlende Ermächtigung führt zur Unwirksamkeit der Stimmabgabe . . . 40 bb) Fehlende Ermächtigung ist unschädlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 E. Zulässigkeit der Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 I. Verhältnis zum Abspaltungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1. Inhalt und Rechtsquellen des Abspaltungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Schutzzweck des Abspaltungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3. Einordnung der Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

8

Inhaltsverzeichnis II. Kreditinstitute als Legitimationsaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Grundsatzkritik an der Rechtsfigur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

F. Darstellung im Teilnehmerverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 G. Zweck und Bedeutung der Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 I. Ziele der Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Bei Namensaktien: Volle Verkehrsfähigkeit und höhere Flexibilität . . . . . . . . . 51 2. Wahrung der Anonymität des wahren Aktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3. Ausschluss des wahren Aktionärs vom Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 II. Heutige praktische Bedeutung der Legitimationsübertragung – Bedeutungsverlust? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 H. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 II. Stimmrechtsvollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 III. Verdeckte Stellvertretung für den, den es angeht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

2. Kapitel Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung und -übertragung

60

A. Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 I. Sonderverwahrung/Streifbanddepot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II. Die Globalaktie/Sammelurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 III. Die Girosammelverwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 IV. Die mediatisierte Wertpapierverwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 B. Grundbegriffe der heutigen Wertpapierübertragung: der Effektengiroverkehr . . . . . . . 64 C. Transaktionen mit girosammelverwahrten Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 I. CASCADE-RS und Aktienregisterführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 II. „Automatische Umschreibung auf Legitimationsaktionär gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG (ALU)“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 III. „Automatische Umschreibung Interimsbestand (UA)“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

3. Kapitel Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

71

A. Die materielle Voraussetzung: Ermächtigung durch den Aktieninhaber . . . . . . . . . . . 72 I. Dogmatische Einordnung der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 1. Direkte Anwendbarkeit des § 185 Abs. 1 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

Inhaltsverzeichnis

9

2. Analoge Anwendbarkeit des § 185 Abs. 1 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3. Gewohnheitsrechtliche Anerkennung des Ermächtigungserfordernisses . . . . . . 75 4. Anwendbarkeit des § 185 Abs. 2 BGB auf die Legitimationszession? . . . . . . . 75 a) Hauptversammlung und Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Das Urteil des OLG Celle vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06 und seine Übertragbarkeit auf die Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 5. Rechtszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Umfang der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 I. Namensaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Legitimation des Aktieneigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2. Legitimation des Legitimationsaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 II. Inhaberaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Legitimation des Aktieneigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 a) Ausgangspunkt: Legitimation durch Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) Änderung des tatsächlichen Kontextes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 c) Änderung des rechtlichen Kontextes: Einführung des Bankennachweises durch das UMAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 aa) Der Bankennachweis als neue Legitimationsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . 89 bb) Die Wirkung des Bankennachweises/Prüfungsbefugnis der Gesellschaft 91 cc) Die Ausstellung des Bankennachweises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Legitimation des Legitimationsaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Rechtliche Möglichkeiten der Besitzverschaffung an den Legitimationsaktionär bei girosammelverwahrter Globalaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Legitimationsnachweis zur Zulassung zur Hauptversammlung . . . . . . . . . . . 95 aa) Legitimation durch Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Legitimation durch Bankennachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 cc) Berechtigung der Depotbank zur Ausstellung eines Bankennachweises auf den Legitimationsaktionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (1) § 135 Abs. 5 Satz 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (2) § 402 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 C. Besitz als zusätzliches materielles Ermächtigungserfordernis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Namensaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Inhaberaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Grundsätzliches/Entwertung des Besitzes als Legitimationsmittel . . . . . . . . . . 100 2. Behandlung in der Rechtsprechung: KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224 und OLG Bremen, Beschluss vom 16. 8. 2012 – 2 U 51/12 (AktG), AG 2013, 643 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

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Inhaltsverzeichnis III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

4. Kapitel Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH

104

A. Schweigen des GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 B. Ansatzpunkte im GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 C. Das Abspaltungsverbot als maßgebliches Kriterium auch bei der GmbH . . . . . . . . . . 105 D. Suche nach einem Differenzierungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Gesellschafterliste der GmbH als Differenzierungskriterium? . . . . . . . . . . . . . . . . 109 II. Verbriefung der Anteile als Differenzierungskriterium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 E. Sonderkonstellation: Die nachträgliche Genehmigung der Stimmrechtsausübung durch einen Nichtberechtigten nach der Entscheidung des OLG Celle vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

5. Kapitel Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

115

A. Verortung der Frage und Umfang der Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 B. Die Konstruktion der Vinkulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Zuständigkeit und Entscheidungsdirektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 C. Zweck der Vinkulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 D. Rechtsschutzmöglichkeiten bei Vinkulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Geltung der §§ 182 ff. BGB; Adressat der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Rechtsschutzmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Die Instrumente des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Gerichtliche Möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Möglichkeiten des Veräußerers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4. Möglichkeiten des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Abtretbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 b) Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 aa) Zulässigkeit der Prozessstandschaft bei nicht abtretungsfähigen Rechten 127

Inhaltsverzeichnis

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bb) Wirksame Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 cc) Eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten . . . . . . . . . . . . . . . . 130 dd) Weitere Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 E. Reichweite der Vinkulierung – Begriff der Übertragung i. S. d. § 68 Abs. 2 AktG . . . 131 F. RGZ 159, 272 als Präzedenzfall auch für die Legitimationsübertragung bei vinkulierten Namensaktien? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Sachverhalt der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 III. Parallelität und Unterschiede der Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 IV. Wirtschaftliche Eigentümerstellung als maßgebliche Erwägung . . . . . . . . . . . . . . 136 V. Übertragung auf die Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 VI. Ergebnis: Weisungsgebundenheit des Legitimationsaktionärs als maßgebliches Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 G. Wirkung des Aktienregisters, § 67 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 H. Umgehungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I. Vereinbarkeit der Erstreckung der Vinkulierung auf Legitimationsübertragungen mit der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 J. Spezialität des § 67 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 K. Rechtsschutzmöglichkeiten des Legitimationsaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

6. Kapitel Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten – insbesondere zum Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs

145

A. Die Ausübung von Aktionärsrechten durch den Legitimationsaktionär . . . . . . . . . . . . 145 B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien . . . . . . . . . . . . . . 146 I. Voraussetzungen der Anfechtungsberechtigung des wahren Aktionärs . . . . . . . . . 147 1. Aktionärseigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. In der Hauptversammlung erschienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Vorbesitzerfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4. Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Kernfrage: Zurechnung des Verhaltens des Legitimationsaktionärs zum wahren Aktionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 III. Entwicklung der heute herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Ausschließliche Anfechtungsberechtigung des Legitimationsaktionärs . . . . . . . 149

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Inhaltsverzeichnis 2. Entwicklung hin zur Anfechtungsbefugnis des wahren Aktionärs im Schrifttum 151 3. Richtungswechsel durch BayObLGZ 1996, 234 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 IV. Anfechtungsberechtigung des Legitimationsaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Keine Fortwirkung der ursprünglichen Ermächtigung/Offenlegung der Identität des wahren Aktionärs erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 2. Fortwirkung der ursprünglichen Ermächtigung möglich – Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 aa) Vertretene Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (1) Anfechtungsbefugnis grds. beim Legitimationsaktionär; Rückermächtigung erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (2) Auslegung im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Schutzwürdiges Eigeninteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 c) Keine unbillige Benachteiligung des Gegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 d) Das Recht muss der fremden Geltendmachung offenstehen . . . . . . . . . . . . . 162 e) Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

C. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Namensaktien . . . . . . . . . . . . . 163 I. Voraussetzungen der Anfechtungsberechtigung des wahren Aktionärs . . . . . . . . . 163 1. Aktionärseigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Streitstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 aa) Anfechtungsbefugnis beim Aktieneigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 bb) Anfechtungsrecht des eingetragenen Legitimationsaktionärs . . . . . . . . . 165 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 II. Voraussetzungen der Anfechtungsbefugnis des Legitimationsaktionärs . . . . . . . . 168 III. Sonderkonstellation: Aktionär ist bei Klageerhebung wieder selbst eingetragen 168 1. Anwendbarkeit des § 70 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. Analoge Anwendung des § 70 AktG (doppelte Analogie) . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 a) Analoge Anwendung auch auf Zeitpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Analoge Anwendung eines Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Ergebnis: Doppelte Analogie des § 70 AktG möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 E. Konstellationen im Anfechtungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 I. Anfechtungsbefugnis des wahren Aktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Bei Inhaberaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 2. Bei Namensaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Inhaltsverzeichnis

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II. Unwirksamkeit der Stimmabgabe durch einen Legitimationsaktionär als Anfechtungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 F. Weitere Aktionärsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 I. Minderheitsverlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. Rechte außerhalb der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1. Geltendmachung von Rechten gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Gerichtliche Durchsetzung weiterer Aktionärsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Auskunftserzwingungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Spruchverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

7. Kapitel Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten – insbesondere zur kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflicht nach §§ 33 ff. WpHG

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A. Mitteilungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 II. Originäre Mitteilungspflicht aus § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 1. Die Änderung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG (damals noch § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F.) durch das Kleinanlegerschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Hintergrund/Klarstellungsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Ausgangspunkt des Konfliktes: Urteil des OLG Köln vom 6. 6. 2012 – 18 U 240/11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Die Auffassung der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 c) Die Resonanz in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 d) Die Kernfrage des Streits – Auslegung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG . . . . 188 aa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 bb) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 cc) Historik/gesetzgeberischer Wille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 dd) Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 e) Notwendigkeit der gesetzgeberischen Klarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 III. Mitteilungspflicht aufgrund der Zurechnungsnorm des § 34 WpHG . . . . . . . . . . . 194 1. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 a) Weisungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Ausübung der Stimmrechte als Bevollmächtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 c) Anvertrautsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 3. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

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Inhaltsverzeichnis 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

B. Mitteilungspflichten nach § 20 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 II. Meldepflicht des Legitimationsaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 C. Kontrollerwerb im Sinne des Wertpapierübernahmerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 II. Kontrolle nach 29 Abs. 2 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 III. Zurechnungsmöglichkeiten bei Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

8. Kapitel Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

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A. Perspektive der Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 B. Legitimationsübertragung und Aktienregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 I. Die durch das Aktienregister vermittelte Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . 207 1. Die Wirkung des Aktienregisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Zweck des Aktienregisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 3. Leitbilder des Aktienregisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 4. Die Führung des Aktienregisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 b) Eigeninitiative Ergänzung und Korrektur des Aktienregisters nach dem ARUG II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 aa) §§ 67 Abs. 3 Satz 2, 67d Abs. 4 AktG n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 bb) Auswirkungen auf die Auslegung des § 67 Abs. 5 AktG? . . . . . . . . . . . 214 c) Kritik an der Neuregelung und Zusammenspiel mit anderen Systemen . . . . 215 5. Freie Meldebestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 a) Die Entstehung von freien Meldebeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 b) Die Platzhaltereintragung als Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 c) Automatische Umschreibung durch Clearstream . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 II. Die Legitimationseintragung im Aktienregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Generelle Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Anspruch auf Legitimationseintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 3. Pflicht zum Eintragen-Lassen eines Legitimationsaktionärs? . . . . . . . . . . . . . . 223 C. § 67 AktG als Mittelpunkt der gesetzgeberischen Bemühungen zur Steigerung der Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 I. NaStraG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 II. UMAG und EHUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Inhaltsverzeichnis

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III. Risikobegrenzungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 1. Keine Pflicht zur Selbsteintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2. Regelung der Zulässigkeit von Legitimationseintragungen durch Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 a) Wirkung der Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen eine Satzungsregelung . . . . . . . . . . . . . 228 aa) Stimmrechtsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 bb) Dispositionsfreiheit bzgl. der Rechtsfolge? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 cc) Folgen für die Vermutungswirkung des Aktienregisters . . . . . . . . . . . . . 229 3. Ausgestaltung der Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Satzungsmäßige Höchstgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 aa) Möglichkeit eines generellen Verbots von Dritteintragungen? . . . . . . . . 230 bb) Höchstgrenzen für die Zulässigkeit von Dritteintragungen . . . . . . . . . . . 230 (1) Inhaltlicher Bezugspunkt der Höchtsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (2) Personeller Bezugspunkt der Höchstgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 cc) Erweiterung der Möglichkeit zur Dritteintragung? . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 b) Satzungsmäßige Pflicht zur Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 aa) Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 bb) Verhältnis zu den gesetzlichen Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . 234 (1) Reichweite einer satzungsmäßigen Offenlegungspflicht . . . . . . . . . . 234 (2) Kostenerstattungspflicht auch bei satzungsmäßiger Offenlegungspflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (3) Die Möglichkeit zur Satzungsregelung als Schranke der Geltendmachung der gesetzlichen Auskunftsansprüche? . . . . . . . . . . . . . . . 236 cc) Vermeidung von Umgehungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 c) Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 d) Beispiele für Satzungsregelungen aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 aa) Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 bb) Allianz SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 cc) Beispiele für gescheiterte Satzungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 e) Regelungsdichte in der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 f) Notwendigkeit von Übergangsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 g) Rechtsschutzmöglichkeiten einzelner Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 4. Gesetzliche Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 a) Ungefragte gesetzliche Offenlegungspflicht für Legitimationseintragungen? 245 b) Übermittlungspflicht nach § 67 Abs. 4 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 5. Auskunftsrechte nach § 67 Abs. 4 Sätze 2 und 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 a) Der Auskunftsanspruch nach § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG – Form und Frist . . . 247 aa) Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 bb) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

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Inhaltsverzeichnis b) Aufdeckung der gesamten Verwahrkette gem. § 67 Abs. 4 Satz 3 AktG . . . 250 c) Bei wem endet die Kette der Auskunftspflichtigen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 d) § 53a AktG als Schranke für die Ausübung der gesetzlichen Auskunftsrechte 252 e) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die gesetzlichen Auskunftspflichten . . 254 aa) Stimmrechtsverlust und Bußgeldbewehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 bb) Verschuldenserfordernis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 cc) Dispositionsfreiheit bzgl. der Rechtsfolge? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (1) Drohender Stimmrechtsverlust als Nutzungshemmnis . . . . . . . . . . . 256 (2) Neues Androhungserfordernis durch das ARUG II . . . . . . . . . . . . . . 257 f) Auskunftsansprüche und Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 aa) Missbrauchspotentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 bb) Auskunftsansprüche der Aktionäre in der Hauptversammlung . . . . . . . . 259 6. Bewertung der durch das Risikobegrenzungsgesetz geschaffenen Regelungen 260 a) Legitimität zwingender Beteiligungstransparenz/„Feindliche“ Übernahme? 260 b) Das Aktienregister als untergeordnetes Instrument im System der Transparenzordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 c) Umgehungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 d) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ungleichbehandlung von Legitimationsaktionären und Treuhändern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 e) Annahme in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 IV. Aktienrechtsnovelle 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 V. ARUG II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 1. Änderungen und Neuregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 a) Intermediär als neuer Zentralbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 b) Aktionärsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 c) Informationsübermittlung zwischen Gesellschaft und Aktionär . . . . . . . . . . 273 aa) Übermittlung von Informationen über Unternehmensereignisse von der Gesellschaft an den Aktionär („Hinweg“), §§ 67a, b AktG . . . . . . . . . . 273 bb) Übermittlung von Informationen durch Intermediäre an die Gesellschaft („Rückweg“), § 67c AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 cc) Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei Inhaber- und Namensaktien

277

d) § 67d AktG n. F. als Schwerpunktnorm der Aktionärsidentifikation . . . . . . . 278 aa) Das Informationsverlangen der Gesellschaft an den Intermediär („Hinweg“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 bb) Beantwortung des Informationsverlangens durch den Intermediär, § 67d Abs. 4 AktG („Rückweg“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 e) §§ 67e und f AktG – Datenschutz, Kostenregelung, Verordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Bewertung im Hinblick auf die Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . 281

Inhaltsverzeichnis

17

D. Zurückdrängung der Inhaberaktie bei nicht börsennotierten Gesellschaften im Dienste der Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 I. Änderung des § 10 AktG durch die Aktienrechtsnovelle 2016 . . . . . . . . . . . . . . . 283 II. Das ARUG II als ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Ende für die Inhaberaktie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 III. Bewertung der Neuregelung der Aktienrechtsnovelle 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 1. Legitimität zwingender Beteiligungstransparenz/ Inhaberaktie als Geldwäscherisiko? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 2. Erreichung des Ziels durch die Festlegung nicht börsennotierter Gesellschaften auf die Namensaktie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 a) Die Beschränkung auf nicht börsennotierte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . 289 b) Zugriff auf das Aktienregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 c) Die Aussagekraft des Aktienregisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 3. Absenkung der Meldeschwellen des § 20 AktG als Alternative? . . . . . . . . . . . 293 4. Vorteile der Namensaktie als Gesetzesbegründung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 E. Das Transparenzregister im Geldwäschegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 I. Die Regelungen zum Transparenzregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 2. Umfang der Mitteilungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 3. Grenzen der Mitteilungspflicht: Mitteilungsfiktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 II. Bewertung hinsichtlich der Offenlegung von Legitimationsübertragungen . . . . . . 303

9. Kapitel Untersuchungsergebnisse

305

A. Grundlegende Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 B. Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 C. Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 D. Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung . . . . . . . . . . . . . 306 E. Zum Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 F. Zur Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 G. Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325

Abkürzungsverzeichnis 2. ARRL

Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 5. 2017 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre, ABl. EU L 132 vom 20. 5. 2017, S. 1 a. A. Andere Ansicht Abl. EU Amtsblatt der Europäischen Union Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis ADHGB Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch a. E. am Ende a. F. alte(r) Fassung AG Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)/Aktiengesellschaft AktG Aktiengesetz allg. allgemein Alt. Alternative ALU Automatische Umschreibung auf Legitimationsaktionär gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG (Service der Clearstream Banking AG) Anm. Anmerkung Art. Artikel ARUG II Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II), BGBl. I, Nr. 50/2019, S. 2637. AU Automatische Umschreibung Interimsbestand (Service der Clearstream Banking AG) Az. Aktenzeichen BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLGZ Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen BB Betriebs-Berater (Zeitschrift) BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. I Bundesgesetzblatt Teil I BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht bspw. beispielsweise BT-Drucks. Drucksache des Deutschen Bundestages bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise CCZ Corporate Compliance Zeitschrift Clearstream Clearstream Banking AG, Frankfurt DAI Deutsches Aktieninstitut DAV Deutscher Anwaltsverein DB Der Betrieb (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis DepotG d. h. DNotZ DStR EGAktG EHUG

19

Depotgesetz das heißt Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Einführungsgesetz zum Aktiengesetz Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10. 11. 2006, BGBl. I S. 2553 Einl. Einleitung EU Europäische Union EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht f., ff. folgende FATF Financial Action Task Force Fn. Fußnote FS Festschrift gem. gemäß GesR Gesellschaftsrecht GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHR GmbH-Rundschau GS Gedächtnisschrift/Liber amicorum GwG Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) GWR Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Hdb Handbuch HGB Handelsgesetzbuch h. M. herrschende Meinung Hrsg. Herausgeber i. E. im Ergebnis InsO Insolvenzordnung i. S. d. im Sinne des/der i. V. m. in Verbindung mit JW Juristische Wochenschrift JZ Juristenzeitung KAGB Kapitalanlagegesetzbuch KG Kammergericht/Kommanditgesellschaft Komm Kommentar KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. 4. 1998, BGBl. I Nr. 24/1998, S. 786 LG Landgericht lit. litera/Buchstabe MDR Monatsschrift für Deutsches Recht MittBayNot Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern m. w. N. mit weiteren Nachweisen m. W. v. mit Wirkung vom NaStraG Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz) vom 18. 1. 2001; BGBl. I Nr. 4/2001, S. 123 n. F. neue Fassung

20 NJW NJW-RR Nr. NStZ NZG OLG RG RGZ Rn. S. sog. StGB u. a. UMAG v. vgl. Vor WG WM WpHG WuB z. B. ZBB ZGR ZHR ZIP ZPO zust.

Abkürzungsverzeichnis Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberlandesgericht Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Seite sogenannte(r/n) Strafgesetzbuch und andere/unter anderem Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. 9. 2005, BGBl. I S. 2802 van/von/vom vergleiche Vorbemerkung Wechselgesetz Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Wertpapierhandelsgesetz Kommentierende Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung zustimmend

1. Kapitel

Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung A. Gegenstand und Gang der Untersuchung Die Legitimationsübertragung wird im Schrifttum als eine „dubiose Rechtsfigur“ bezeichnet.1 Damit ist denkbar knapp zusammengefasst, warum die Legitimationsübertragung Anlass zu wissenschaftlicher Auseinandersetzung gibt. Sie befindet sich dogmatisch an der Grenze zum Abspaltungsverbot und steht damit im Verdacht, fundamentale Grundsätze des Gesellschaftsrechts zu brechen. Sie ermöglicht dem wahren Aktionär, bei der Ausübung seiner mitgliedschaftlichen Rechte, unter Umständen bis in den Anfechtungsprozess hinein, anonym zu bleiben2 – ein Aktionär mit „Tarnkappe“3, ein „Kapuzenaktionär“4, der Rechte ausübt, ohne dafür in seiner Person Verantwortung zu übernehmen. Der Legitimationsaktionär ist ein mit bekannten Kategorien schwer zu erfassendes „Zwitterwesen“,5 nicht Fisch und nicht Fleisch, nicht Stellvertreter und nicht Treuhänder. Gleichwohl macht die Praxis von dieser Rechtsfigur gerne Gebrauch, zu billigenswerten Zwecken wie der Erleichterung der Handelbarkeit der Namensaktie und der Repräsentation der Stimmrechte in der Hauptversammlung, sowie auch zu weniger billigenswerten Zwecken wie der Verschleierung der wahren Beteiligungsverhältnisse und dem Anschleichen an eine Zielgesellschaft. Die Rechtsfigur wird subjektiv in der Praxis als dubios eingestuft. Von den Voraussetzungen der Legitimationsübertragung bis hin zum Kanon seiner Rechte und Pflichten stellen sich zahlreiche Detailfragen zum Umgang mit dieser Rechtsfigur, die den praktischen Umgang mit ihr unsicher machen. So genügte ein Urteil des OLG Köln bzgl. der kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten des Legitimationsak-

1 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439 ff.; ebenso Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 59. 2 Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 440: „Das Dubiose ist, dass der wahre Aktionär anonym bleiben kann“. 3 Vgl. Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119. 4 Vgl. U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S. 1327. 5 Vgl. Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 58.

22

1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

tionärs im Jahr 2012,6 um einen deutlichen Rückgang der Hauptversammlungspräsenzen zu verursachen und zu einem ungewohnt raschen legislativen Einschreiten in Gestalt des Kleinanlegerschutzgesetzes7 zu führen. Die dogmatische Konstruktion der Legitimationsübertragung bietet auch objektiv für die Wissenschaft zahlreiche Fragestellungen, die die angesprochenen praktischen Unsicherheiten verursachen. Der Wandel der Aktionärslegitimation in Zeiten der Globalverbriefung und zunehmenden Dematerialisierung des Wertpapierrechts berührt auch die Position des Legitimationsaktionärs. Das Bild, das sich in Bezug auf die Rechtsfigur der Legitimationsübertragung bietet, ist inkohärent. Diese Inkohärenzen zu beseitigen und damit einen Beitrag zum rechtssicheren Umgang mit der Legitimationszession zu leisten, ist Ziel der vorliegenden Arbeit. Der Gang der Untersuchung stellt sich wie folgt dar: Im ersten Kapitel soll zunächst als Grundlage für die weiteren Betrachtungen die Entwicklung der Rechtsfigur, Definition nebst Abgrenzungen und Parallelen zu anderen Rechtsinstituten sowie Fragen der Zulässigkeit der Legitimationsübertragung insbesondere vor dem Hintergrund des Abspaltungsverbots geklärt werden. In einem nachgelagerten zweiten Kapitel werden sodann Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung und –übertragung erläutert, um die Legitimationsübertragung auch in ihren tatsächlichen praktischen Kontext einordnen zu können. Im dritten Kapitel wird es um die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung gehen, namentlich um die umstrittene und im Umbruch befindliche Frage, welche Rolle der Besitz bei der Legitimationsübertragung spielt. Anschließend wird im vierten Kapitel ein Seitenblick auf das Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung gewagt, wo die Frage der Zulässigkeit einer Legitimationszession im Gegensatz zum Recht der Aktiengesellschaft im Grundsatz umstritten ist. Im fünften Kapitel werden die Auswirkungen einer Anteilsvinkulierung auf die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung beleuchtet, wobei die bislang unbestrittene herrschende Meinung hinterfragt und ein abweichendes Beurteilungskriterium entwickelt wird. Das sechste Kapitel widmet sich den Rechten des Legitimationsaktionärs, insbesondere der Frage, wem im Falle einer Legitimationszession das Anfechtungsrecht zusteht. Im siebten Kapitel werden spiegelbildlich die Pflichten des Legitimationsaktionärs in den Blick genommen, insbesondere die Frage, inwieweit den Legitimationsaktionär nach der Änderung des heutigen § 33 WpHG durch das Kleinanlegerschutzgesetz überhaupt noch wertpapierrechtliche Mitteilungspflichten treffen können. Im achten und letzten Kapitel schließlich findet ein Perspektivwechsel statt – die Legitimationszession wird hier aus der Perspektive des deutschen und europäischen Gesetzgebers betrachtet und die mit ihr verbundenen Probleme und gesetzlichen Lösungsansätze im Bereich der Beteiligungstransparenz besprochen. Hierbei werden auch das neue System der

6 OLG Köln, Urteil vom 6. 6. 2012 – 18 U 240/11, NZG 2012, 946; dazu ausführlich noch unten 7. Kapitel, S. 182. 7 Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. 7. 2015, BGBl. I Nr. 28/2015, S. 1114.

B. Die historische Entwicklung der Legitimationsübertragung

23

Aktionärsidentifikation nach dem ARUG II8 sowie das in Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie9 eingeführte Transparenzregister in den Blick genommen.

B. Die historische Entwicklung der Legitimationsübertragung Um die dogmatische Konstruktion der Legitimationsübertragung nachzuvollziehen und eine Verständniskulisse für die heutige Situation aufzubauen, bedarf es zunächst eines Blicks auf die Herkunft der Rechtsfigur. Ursprünglich – vor 1884 – war der bloße Aktienbesitz als Berechtigungsnachweis üblich und auch ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage ausreichend.10 Die Konstruktion der Legitimationsübertragung beschrieb Endemann im Jahr 1881 so, dass eine Stellvertretung in der Hauptversammlung auch in der Weise möglich sei, dass der Vertreter ohne Angabe des Vertretungsverhältnisses im eigenen Namen auftrete.11 Die Stimmrechtsausübung durch dritte, materiell nicht legitimierte Personen unterlag keinerlei Beschränkungen, was zur Folge hatte, dass die Banken die Möglichkeit hatten, auch ohne Ermächtigung und ohne Wissen der Aktieneigentümer für von ihnen verwahrte Aktien abzustimmen.12 Diese Praxis sowie die „Vermietung“ von Stimmrechten gegen Geld wurden im Jahr 1884 im Rahmen einer Reform des ADHGB untersagt,13 jedoch wurde kein darüber hinausgehendes generelles Verbot der Stimmrechtsausübung durch Dritte etabliert, sondern die Entwicklung in diesem Bereich Wissenschaft und Praxis überlassen.14 Die Anreize, die Praxis der „Legitimationsübertragung“ fortzuführen, blieben dabei weiterhin groß, da der anonym bleibende Aktionär die Vermögenssteuer sparen und zudem auch die für Stimmrechtsvollmachten fällige Stempelsteuer so umgangen werden konnte.15

8 Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie, BGBl. I Nr. 50/2019, S. 2637. 9 Richtlinie 2015/849/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 5. 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, Abl. EU L 141/73. 10 Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 45. 11 Endemann, Handbuch des Deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Band 1, 1881, S. 563. 12 Bericht der Reichstagskommission, Drucks. Nr. 128, 5. Legislaturperiode, IV. Session 1884, S. 39; Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 45; vgl. auch Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 441. 13 In §§ 249 e und f ADHGB; vgl. Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 46; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 440. 14 Vgl. Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 46; RG, Urteil vom 23. 11. 1892 – I 266/92, RGZ 30, 50, 51. 15 Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 46.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

Die Legitimationsübertragung wurde in dieser Form im Schrifttum und auch durch das Reichsgericht weiterhin gebilligt und sowohl für Inhaber- als auch für Namensaktien für zulässig erklärt. So entschied das Reichsgericht im Jahr 1892 in RGZ 30, 50 für Inhaberaktien wie folgt: „Wenn auf Inhaber lautende Aktien ausgestellt sind, so ist der Inhaber der Urkunde zur Ausübung der Mitgliedschaftsrechte legitimiert. Insbesondere erstreckt sich die Legitimation auf die Befugnis zur Teilnahme an der Generalversammlung sowie zur Erhebung der Anfechtungsklage […]. Der Einwand, dass der Inhaber nicht Eigentümer der in seinem Gewahrsam befindlichen Aktien sei, steht der Anfechtungsklage regelmäßig nicht entgegen.“16

Diese Einschätzung hat das Reichsgericht in RGZ 40, 80 auch für Namensaktien bestätigt. „Wie das Reichsgericht mit Bezug auf Inhaberaktien bereits ausgesprochen hat, vgl. Entsch. des R.G.‘s in Zivils. Bd. 30 S. 51, steht der Einwand, dass der Inhaber von Aktien in Wahrheit nicht der Eigentümer derselben sei […] seiner Legitimation als Anfechtungskläger regelmäßig nicht entgegen. Ein innerer Grund, diese Frage anders zu beurteilen, wenn es sich um Namensaktien handelt, liegt nicht vor.“ 17

Das Reichsgericht akzeptierte also nicht nur den bloßen Besitz als Legitimation für die Ausübung von Aktionärsrechten, es ging dabei sogar so weit, der Gegenseite die Berufung auf das fehlende Eigentum zu verweigern. Eine Wende dieser sehr weitgehenden Toleranz der Legitimationsübertragung gegenüber läutete Hermann Veit Simon ein,18 der in einem Beitrag aus dem Jahr 1900 darauf hinwies, dass der bloße Besitz als Legitimation für die Ausübung des Stimmrechts nicht genügen dürfe, um nicht einem Missbrauch Tür und Tor zu öffnen.19 Der Besitz alleine könne schon deshalb nicht genügen, weil nicht jedem berechtigten Besitzer, wie bspw. Pfandgläubigern, auch das Stimmrecht zukomme. Der Besitz begründe damit nur eine – widerlegliche – Vermutung für die Stimmberechtigung. Zum formellen Aspekt des Besitzes müsse also eine materielle Berechtigung hinzukommen, nämlich eine Ermächtigung durch den Aktieneigentümer. Diese Betrachtung legte den Grundstein für eine zweigliedrige Betrachtung der Legitimationsübertragung, bestehend aus der Ermächtigung zur Ausübung der Aktionärsrechte als materieller Voraussetzung und dem Aktienbesitz als formellem Legitimationsmittel.20

16

RG, Urteil vom 23. 11. 1892 – I 266/92, RGZ 30, 50, 51. RG, Urteil vom 10. 11. 1897 – I 235/97, RGZ 40, 80, 82. 18 Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 440; Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 47. 19 Simon, in: FS Wilke, 1900, S. 257 f. 20 Vgl. im Folgenden auch z. B. Frohner, Aktiensonderdepot und Legitimations-übertragung, 1929, S. 80. 17

B. Die historische Entwicklung der Legitimationsübertragung

25

In späteren Reichsgerichtsurteilen ist diese Entwicklung hin zu einem materiellen Ermächtigungserfordernis auch in der Rechtsprechung nachzuvollziehen. So formuliert das Reichsgericht in RGZ 111, 405: „Es ist deshalb nicht unzulässig, Inhaberaktien einem Dritten mit dem Auftrage zu überlassen, bestimmte Aktionärsrechte zwar in eigenem Namen, aber im Interesse und nach der Weisung des Aktieneigentümers geltend zu machen.“21

In RGZ 118, 330 von 1927 fasst das Reichsgericht schließlich seine bisherige Rechtsprechung wie folgt zusammen: „Die Zulässigkeit der sog. Legitimationsübertragung von Aktien zur Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung, d. h. die Überlassung der Aktien an einen Dritten mit der Ermächtigung, das Stimmrecht im eigenen Namen auszuüben, ist vom Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannt.“22

Diese ständige Rechtsprechung wurde dann zunächst durch das AktG 193723 rezipiert, das die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung voraussetzte. Unter Geltung des AktG 1937 erreichte die Legitimationsübertragung dann auch im Rahmen des Depotstimmrechts der Banken ihre größte Bedeutung.24 In der heutigen gesetzlichen Regelung wird die Legitimationsübertragung in §§ 129 Abs. 3, 135 Abs. 6 AktG als zulässig vorausgesetzt.25 Die Legitimationsübertragung hat in der Praxis an Bedeutung verloren, seit nach dem AktG 1965 die Ausübung des Stimmrechts durch ein Kreditinstitut als Legitimationsaktionär gem. § 135 Abs. 1, 7 AktG für Inhaberaktien nicht mehr in Betracht kommt. Auch für Namensaktionäre kann ein Kreditinstitut nur dann als Legitimationsaktionär agieren, wenn es im Aktienregister eingetragen ist.26 Zudem besteht für Kreditinstitute und ihnen in § 135 Abs. 8 AktG gleichgestellte geschäftsmäßig Handelnde nach § 135 Abs. 5 Satz 2 AktG die Möglichkeit der Stimmrechtsausübung „im Namen dessen, den es angeht“.27 Der Kreis derer, die sich der Legitimationsübertragungen bedienen können bzw. bedienen müssen, hat sich damit erheblich verengt.28

21

RG, Urteil vom 16. 10. 1925 – III 650/24, RGZ 111, 405, 408. RG, Urteil vom 4. 11. 1927 – II 135/27, RGZ 118, 330, 331. 23 §§ 110 Satz 2, 114 Abs. 4, 300; vgl. Barz, in: Großkomm-AktG, Band 1/Teilband 1, 3. Auflage 1973, § 68 Anm. 25. 24 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 120; vgl. auch Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 45 ff. 25 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 441; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 120. 26 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 120. 27 Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 441. 28 Vgl. dazu noch unten 1. Kapitel E. II, S. 46 und 1. Kapitel G. II, S. 55. 22

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

C. Bestimmung der Aktionärseigenschaft Bevor man sich mit dem Legitimationsaktionär, der für den „wahren“ Aktionär tätig wird, beschäftigt, gilt es zunächst zu klären, wer als der „wahre“ Aktionär anzusehen ist, was mit anderen Worten das Kriterium ist, an das die Aktionärseigenschaft anknüpft. Insbesondere in Bezug auf Namensaktien, bei welchen der Legitimationsaktionär in das Aktienregister eingetragen wird, muss man sich etwa vor einer Beschäftigung mit den Problemen der Beteiligungstransparenz29 vergegenwärtigen, wer nach dem Leitbild des vollständigen Aktienregisters, in dem die wahren Aktionäre eingetragen sind,30 eigentlich eingetragen sein sollte, um das Gefahrenpotential der Legitimationsübertragung für den Grundsatz der Registerwahrheit richtig einordnen zu können. In Betracht kommt für die Bestimmung der Aktionärseigenschaft grundsätzlich eine rein rechtliche oder eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, die auf die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten abstellt.31 Vor dem Hintergrund der Einführung des Intermediärsbegriffs durch die geänderte Aktionärsrechterichtlinie32 (im Folgenden auch: 2. ARRL) ist im Bereich der durch das ARUG II neu eingeführten §§ 67a ff. AktG eine intermediärsbezogene Betrachtungsweise hinzugekommen.33 Abzustellen ist bei der Bestimmung des tatsächlichen Inhabers allein auf die materiell-sachenrechtliche Eigentümerstellung, ohne Rücksicht darauf, ob der jeweilige Berechtigte die Aktie für eigene Rechnung oder für Rechnung eines Dritten hält.34 Maßgeblich ist danach allein das rechtliche Eigentum; die Frage, wer wirtschaftlich profitiert, wird ausgeblendet. Auch der Vollrechtstreuhänder, der die Aktien im eigenen Namen für fremde Rechnung hält, ist rechtlich Eigentümer, obgleich wirtschaftlich betrachtet sein Treugeber als der Eigentümer anzusehen ist,35 29

Dazu unten 8. Kapitel, S. 205. Vgl. Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 9. 31 Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 148 f. spricht von der rein rechtlichen Betrachtungsweise als „streng formalem Ansatz“ und der wirtschaftlichen Betrachtungsweise als „materiellem Ansatz“. 32 Richtlinie 2017/828/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 5. 2017 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre, ABl. EU L 132/1. 33 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6; Zetzsche, AG 2020, 1; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 20, § 67d Rn. 29. 34 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 629; Gätsch, FS Beuthien, 2009, S. 133, 138; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 17; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 23; Happ, FS G. Bezzenberger, 2000, S. 111, 119 f.; Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 575; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 26; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 15; C¸ekin, Offenlegungspflichten, 2012, S. 78; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 148 ff. 35 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 722; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 15; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 17. 30

C. Bestimmung der Aktionärseigenschaft

27

da er aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrages die Ausübung der Aktionärsrechte durch seinen im Aktienregister eingetragenen Treuhänder steuern kann.36 Das Aktienregister gibt in solchen Fällen also die rechtliche Eigentümerstellung zutreffend wieder, nicht aber die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten.37 Da die Besitzverhältnisse an der girosammelverwahrten Globalaktie sich kompliziert darstellen,38 ist das Eigentum an den Bruchteilseigentumsanteilen der Globalaktien nicht unproblematisch zu bestimmen.39 Zwar gilt die sachenrechtliche Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich auch hier,40 jedoch hilft diese zur Bestimmung des Eigentümers nicht unmittelbar weiter, wenn die Globalurkunde sich in Girosammelverwahrung befindet und unmittelbarer Besitzer somit die Wertpapiersammelbank ist.41 Über § 1006 Abs. 3 AktG findet die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB auch im Bereich des mittelbaren Besitzes Anwendung, sodass auch bei einer Depotverwahrung eine Bestimmung des Eigentümers anknüpfend an den Besitz grundsätzlich in Betracht kommt.42 Da jedoch schon die Besitzkonstruktion im Rahmen der Girosammelverwahrung eher künstlich anmutet und vielfach lange Verwahrketten mittelbaren Besitzes bestehen,43 hilft die an den mittelbaren Besitz geknüpfte Eigentumsvermutung kaum weiter. Entscheidender als auf die Besitzverhältnisse kommt es heute auf die von der Globalurkunde abgeleitete Kontenbuchung an.44 Diese ist als maßgeblicher Rechtsscheinträger neben den Besitz getreten bzw. hat diesen sogar abgelöst.45 Im Bereich der durch das ARUG II neu eingeführten §§ 67a ff. AktG stellt sich die Frage, ob dort ein intermediärsbezogener Aktionärsbegriff zugrundezulegen ist. Die 2. ARRL, die durch das ARUG II in das deutsche Recht umgesetzt wurde, sagt nicht selbst, wer der durch die neuen Instrumente zu informierende bzw. zu identifizierende Aktionär ist, sondern überlässt die Bestimmung dem nationalen Recht.46 36 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 15; vgl. auch Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, 2012, § 22 Rn. 19. 37 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 15; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 8a. 38 Vgl. dazu noch unten 2. Kapitel, S. 60. 39 Vgl. auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 147: „Die dingliche Lösung verstrickt sich jedoch in einem System dematerialisierter Aktienrechte rasch in Widersprüche.“ 40 Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 51; BGH, Urteil vom 19. 1. 1994 – IV ZR 207/92, NJW 1994, 939, 940. 41 Vgl. Noack, NZG 2008, 721, 723: „Diese Zuordnung kann man nicht mehr wie in früheren Zeiten am Besitz und damit am vermuteten Eigentum an der Aktienurkunde festmachen.“ 42 BGH, Urteil vom 25. 2. 1997 – XI ZR 321/95, NJW 1997, 1434, 1435. 43 Vgl. Noack, NZG 2008, 721, 723. 44 Noack, NZG 2008, 721, 723; vgl. dazu noch unten 2. Kapitel, S. 60. 45 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 32; Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 62 m. w. N. 46 Foerster, AG 2019, 17, 18 f.; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 153; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 20; Mock, in: Hirte/ Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67d Rn. 8.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

Aktionär ist nach Art. 2 lit. b) i. V. m. Erwägungsgrund 13 Satz 2 der 2. ARRL die natürliche oder juristische Person, die nach dem nationalen Recht als Aktionär anerkannt ist. Aus der 2. ARRL ergibt sich lediglich die Einführung des Begriffs des Intermediärs.47 Im Anschluss daran wird nunmehr teils vertreten, es sei durch die 2. ARRL auch ein intermediärsbezogener Aktionärsbegriff eingeführt worden, demzufolge der erste Nichtintermediär in der Verwahrungskette als Aktionär gelte.48 Die Aktionärseigenschaft knüpfe sich nun an die Frage, ob an einem beaufsichtigten Depotkontensystem teilgenommen werde oder nicht; Nichtteilnehmer seien Aktionäre, Teilnehmer Intermediäre.49 Diese Trennung stelle eine rechtssichere Definition der Aktionärseigenschaft dar, die durch andere Anknüpfungspunkte wie etwa das wirtschaftliche Interesse an der Investition nicht gewährleistet werden könne.50 Dem ist jedoch nicht zu folgen. Der dem Aktiengesetz zugrundeliegende Aktionärsbegriff ist nicht intermediärsbezogen, sondern verbandsrechtlich geprägt.51 In Bezug auf die Intermediärspflichten zieht der Intermediärsbegriff selbstverständlich eine Trennlinie insofern, dass die Intermediärspflichten der §§ 67a ff. AktG nur für Intermediäre gelten können.52 Der Schluss aus diesem Befund auf den Aktionärsbegriff ist jedoch zu weitgehend.53 Auch die Teilnahme an einem Depotkontensystem ist kein taugliches Kriterium für die Bestimmung der Aktionärseigenschaft; so kann etwa die Differenzierung zwischen Aktionär und im Aktienregister Eingetragenem, wie sie § 67 AktG vornimmt, nicht depottechnisch verortet werden, sondern erklärt sich aus der Zugrundelegung der materiellen Eigentümerstellung für die Aktionärseigenschaft.54 Die Regierungsbegründung spricht insofern auch ausdrücklich von dem „wahren Aktionär“ im Gegensatz zu dem bloßen Registeraktionär und stellt damit klar, dass weiterhin an die materiellrechtliche Eigentümerstellung angeknüpft werden soll.55 Auch die Durchführungsverordnung zur 2. ARRL56 differenziert in 47

Vgl. dazu noch unten unter 8. Kapitel C. V. 1. a), S. 271. Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6; Zetzsche, AG 2020, 1; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 20, § 67d Rn. 29. 49 Zetzsche, ZGR 2019. 1, 6; vgl. auch Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67d Rn. 8: „Ebenfalls kein Aktionäre sind die Intermediäre, da §§ 67a ff. AktG eindeutig zwischen diesen differenzieren.“; Foerster, AG 2019, 17, 21. 50 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6 f. 51 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 154. 52 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 154. 53 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 154. 54 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 154. 55 Vgl. Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/97339, S. 64. 56 Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 der Kommission vom 3. 9. 2018 zur Festlegung von Mindestanforderungen zur Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Identifizierung der Aktionäre, die Informationsübermittlung und die Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte, ABl. EU L 223/1; vgl. dazu noch unten 8. Kapitel C. V, S. 268. 48

D. Definition der Legitimationsübertragung und Verhältnis zu anderen Rechtsfiguren 29

Tabelle 2 C. 10. zwischen wahrem Aktionär und Depotkunde und unterstellt damit, dass der wahre Aktionär gerade nicht automatisch der Depotkunde sein muss.57 Umgekehrt können Aktionärs- und Intermediärseigenschaft in bestimmten Fällen zusammenfallen,58 sodass eine trennscharfe Zuordnung durch einen intermediärsbezogenen Abgrenzungsansatz nicht immer gewährleistet ist. Es verbleibt damit auch nach dem ARUG II dabei, dass es für die Bestimmung des wahren Aktionärs stets auf die materiellrechtliche Eigentümerstellung ankommt.59 Der Unterschied zwischen dem intermediärsbezogenen und dem materiell-rechtlichen Aktionärsbegriff ist indes gering, sodass die Bedeutung dieser Frage nicht überbewertet werden sollte. Für die intermediärsbezogene Bestimmung des Aktionärs erfolgt im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit sowie aus Gründen der Praktikabilität eine Orientierung an den Eintragungen in den Depotbüchern der Letztintermediäre.60 Diese werden im Regelfall die materielle Rechtslage korrekt abbilden.61 Die Legitimationslage gegenüber der Gesellschaft, etwa die Eintragung im Aktienregister, spielt im Kontext der §§ 67a ff. AktG keine Rolle.62 Jedenfalls hätten Intermediäre, die Aktien für eigene Rechnung halten, dies dennoch mitzuteilen; das ergibt sich ausdrücklich aus Tabelle 1 Block B Nr. 5 und der Vorbemerkung vor Block C des Anhangs zur Durchführungsverordnung.63 Dadurch ebnen sich die Unterschiede zwischen einem intermediärsbezogenen Aktionärsbegriff im Bereich der §§ 67a ff. AktG und einem rein materiell-rechtlichen Aktionärsbegriff noch weiter ein.

D. Definition der Legitimationsübertragung und Verhältnis zu anderen Rechtsfiguren I. Begrifflichkeit Der Begriff der Legitimationszession taucht als solcher erstmals bei Staub 1900 auf, der diese Art der Vertretung cessio in legitimationem nannte.64 Die Begriffe der Legitimationszession und der Legitimationsübertragung werden synonym verwen-

57

v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 154. Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67a Rn. 11. 59 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 154; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 20; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67a Rn. 10. 60 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 29. 61 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 29. 62 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 30. 63 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 34. 64 Staub, Kommentar zum HGB, Band 1, 6. und 7. Auflage 1900, § 222 Anm. 13. 58

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

det; der Aktieneigentümer wird in diesem Verhältnis als Legitimationszedent bezeichnet, der Ermächtigte als Legitimationszessionar oder als Legitimationsaktionär. Der Begriff des Legitimationsaktionärs ist dabei zwar der gebräuchlichste, zugleich aber auch irreführend, denn der Legitimationsaktionär ist kein Aktionär der betreffenden Aktiengesellschaft.65 Schon das Reichsgericht hat ausgeführt, die Bezeichnung Legitimationsübertragung bringe das Wesen dieser Rechtserscheinung nur ungenau zum Ausdruck.66 Wiedemann differenziert, der Begriff der Legitimationsübertragung sei zwar zutreffend, aber unvollständig, da nur das Außenverhältnis beschrieben werde, nämlich gerade die Übertragung der Legitimation auf einen anderen, den Legitimationsaktionär, aber die zugrunde liegende materielle Ermächtigung im Innenverhältnis nicht erfasst werde.67 Jedenfalls verbleibt es bei dem Befund, dass aus dem Begriff selbst die Rechtsnatur der Legitimationsübertragung nicht vollumfänglich zu erfassen ist.

II. Die Rechtsnatur der Legitimationsübertragung Das Reichsgericht formulierte im Jahr 1927, die Legitimationsübertragung sei die „Überlassung der Aktien an einen Dritten mit der Ermächtigung, das Stimmrecht in eigenem Namen auszuüben“.68 Dem Ermächtigten werde nach außen die Stellung eines stimmberechtigten Aktionärs eingeräumt.69 An dieser Definition hat sich bis heute nichts geändert.70 Die Stellung eines stimmberechtigten Aktionärs wird dabei nicht durch eine Übertragung der Stimmrechte erreicht; vielmehr übt der Legitimationsaktionär die Stimmrechte nur für den Aktionär aus.71 Zur Annäherung an die Rechtsnatur der Legitimationsübertragung lässt sich zunächst negativ die Abgrenzung zu anderen, verwandten Rechtsinstituten, namentlich zur Bevollmächtigung und zur Treuhandübertragung, heranziehen. Beim 65

Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 11: „Entgegen dem unmittelbaren Wortsinn“; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 66: „Auch der gängige Begriff des Legitimationsaktionärs führt in die Irre, da es dem Legitimationszessionar an der Aktionärseigenschaft gerade fehlt.“; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 58; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 3. 66 RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332. 67 Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechen bei Handelsgesellschaften, 1965, 288 f. 68 RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 331. 69 RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332. 70 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12; Liebscher, in: Henssler/StrohnAktG, 5. Auflage 2021, § 129 Rn. 17; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 25; Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 27; Kubis, in: MünchKommAktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 35. 71 Liebscher, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 129 Rn. 17; Wicke in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 27.

D. Definition der Legitimationsübertragung und Verhältnis zu anderen Rechtsfiguren 31

Legitimationsaktionär handelt es sich nicht um einen Vertreter,72 denn er handelt nicht im Namen des Vollmachtgebers, sondern im eigenen Namen,73 und nicht um einen Treuhänder, da ihm weder das Aktieneigentum noch das Stimmrecht übertragen wird.74 Er nimmt vielmehr eine Position ein, die zwischen diesen beiden Rechtsfiguren steht. Noack/Zetzsche sprechen von einem „Zwitter zwischen dinglicher Anteilsübertragung und rechtsgeschäftlicher Stimmrechtsvollmacht“.75 Der Legitimationsaktionär nimmt also im eigenen Namen fremde Interessen wahr.76

III. Parallele zu anderen Rechtsfiguren – Prozessstandschaft und Einziehungsermächtigung Da die Legitimationszession eine schwer zu erfassende Gestaltung darstellt, wird teils auf Parallelen zu anderen Rechtsfiguren hingewiesen, um die der Legitimationsübertragung eigene Art und Weise der delegierten Rechtsausübung zu beschreiben. Naheliegend ist die Parallele zur gewillkürten Prozessstandschaft.77 Auch dort wird ein Dritter ermächtigt, ein fremdes Recht, welches als solches beim Ermächtigenden verbleibt, im eigenen Namen geltend zu machen.78 Insofern zeigt sich die Legitimationszession als Pendant zur gewillkürten Prozessstandschaft für die Ausübung des Stimmrechts aus Aktien in der Hauptversammlung. 72 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12, Frohner, Aktiensonderdepot und Legitimationsübertragung, 1929, S. 80; ebenso Liebscher, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 129 Rn. 17; Wicke in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 27; vgl. auch Noack/Zetsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 58: „Sonderfall der verdeckten Stellvertretung“ mit Fn. 53: „Vertretung im weiteren Sinn ist der Legitimationsauftritt allemal. Der konstruktive Unterschied (Vollmacht, Ermächtigung) sollte dabei nicht den Blick auf die Sache verstellen.“; dem zustimmend Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 73. 73 RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 25; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 35; Heider, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 12 Rn. 18; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 122; Than, ZHR 157 (1993), 125, 130. 74 RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332; Frohner, Aktiensonderdepot und Legitimationsübertragung, 1929, S. 79; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 25; Heider, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 12 Rn. 18; Bayer/ Scholz, NZG 2013, 721; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 122; Than, ZHR 157 (1993), 125, 130; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 71. 75 Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 58; ebenso bereits Than, ZHR 157 (1993), 125, 130; für eine eigenständige Betrachtung hingegen Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 79. 76 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12. 77 Heider, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 12 Rn. 18; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721. 78 Vgl. Hübsch, in: BeckOK-ZPO, 40. Edition, Stand: 1. 3. 2021, § 51 Rn. 46.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

Nach Reichert/Harbarth ist die Legitimationsübertragung „eine gesellschaftsrechtliche Parallele zur bürgerlich-rechtlichen Einziehungsermächtigung“.79 Beiden Gestaltungen liegt dieselbe Konstruktion zugrunde: Das Recht selbst wird nicht übertragen, sondern es wird nur ein Dritter ermächtigt, es in eigenem Namen auszuüben. Bei der Einziehungsermächtigung wird dem Ermächtigten die Befugnis zur Einziehung im eigenen Namen übertragen, während Inhaber der Forderung der ursprüngliche Gläubiger bleibt80 – bei der Legitimationsübertragung wird dem Legitimationsaktionär die Befugnis zur Ausübung des Stimmrechts im eigenen Namen übertragen, während das Stimmrecht selbst beim Aktieninhaber verbleibt. Die Ermächtigung ist in beiden Fällen ein einseitiges Rechtsgeschäft und im Zweifel jederzeit frei widerruflich. Solche Parallelen erweisen sich jedoch nur dann als hilfreich, wenn sich aus ihnen auch Folgen für die rechtliche Behandlung der Legitimationszession ableiten lassen. Für die Prozessstandschaft sind keine Rechtsfolgen ersichtlich, die sich auf die Legitimationszession übertragen lassen könnten, da sich die gewillkürte Prozessstandschaft selbst in der Ermächtigung zur Ausübung fremder Rechte in eigenem Namen und mit Wirkung für den Rechtsinhaber erschöpft. Der Gewinn aus der Parallele zur Einziehungsermächtigung für die Beschäftigung mit der Legitimationsübertragung könnte darin liegen, dass sich die Grenzen der Legitimationszession in Anwendung der für die Einziehungsermächtigung diskutierten Grenzen bestimmen lassen könnten. Für die Einziehungsermächtigung werden nämlich verbreitet die für die Abtretung geltenden Ausschlussgründe der §§ 399, 400 BGB angewendet.81 Wenn man dies auch für die Legitimationsübertragung fruchtbar machen wollte, so bedeutete dies, dass solche Tatbestände, die die Übertragung des Stimmrechts gänzlich ausschließen, auch einer Legitimationsübertragung entgegenstehen. Das Stimmrecht kann indes im Aktienrecht aufgrund des Abspaltungsverbots ohnehin niemals isoliert übertragen werden, sondern nur gemeinsam mit dem Anteil. Für die Zulässigkeit der Legitimationszession lässt sich mithin aus dieser Überlegung nichts herleiten.82 Die Frage für die Legitimationszession lautet vielmehr: Kann die Übertragung der Stimmrechtsausübung zulässig sein, obwohl die isolierte Übertragung des Stimmrechts selbst grundlegenden aktienrechtlichen Grundsätzen widerspräche? Die Fragen der Grenzen der Legitimationszession spielen sich mit anderen Worten im gesellschaftsrechtlichen Bereich ab,

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Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 452; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442; ebenso bereits Barz, Großkomm-AktG, Band 1/Teilband 1, 3. Auflage 1973, § 68 Anm. 25, zusätzlich mit der Parallele zu einem Wechselindossament als verstecktes Prokuraindossament; Gieseke, Das Aktienstimmrecht der Banken, 1926, S. 18; kritisch zur Parallele zur Einziehungsermächtigung Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 78. 80 Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 185 Rn. 34. 81 Vgl. Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 452; Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 185 Rn. 36. 82 Ebenso i. E. Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 453.

D. Definition der Legitimationsübertragung und Verhältnis zu anderen Rechtsfiguren 33

nämlich in der sogleich zu behandelnden Frage nach dem Verhältnis zum Abspaltungsverbot.83 Die Erkenntnis, dass beiden Rechtsfiguren dieselbe Konstruktion zugrunde liegt, mag somit zwar helfen, die Beschaffenheit der „dubiosen“ Rechtsfigur der Legitimationsübertragung anhand besser bekannter prozessrechtlicher oder bürgerlichrechtlicher Gestaltungen zu erfassen, ist aber für die rechtliche Behandlung der Legitimationsübertragung kein Gewinn. Sie muss selbstständig nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden.84 Zudem ergibt sich der Unterschied, dass bei der Einziehungsermächtigung nicht wie bei der Legitimationsübertragung neben dem materiellen Erfordernis der Ermächtigung als formeller Komponente zusätzlich ein Legitimationsmittel überlassen werden muss. Bei der Einziehungsermächtigung bleibt damit die doppelte Rechtszuständigkeit jedenfalls erhalten, d. h. der Rechtsinhaber kann neben dem Ermächtigten weiterhin als Berechtigter agieren.85 Dies ist bei der Legitimationsübertragung jedenfalls bei der Namensaktie aufgrund der Eintragung in das Aktienregister nicht der Fall; hier liegt die Rechtszuständigkeit alleine beim Eingetragenen.86 Auch bei der Inhaberaktie kann das Legitimationsmittel, nach hier vertretener Ansicht der Bankennachweis,87 grundsätzlich nur entweder auf den Aktionär oder auf den Legitimationsaktionär ausgestellt sein, sodass auch hier eine doppelte Rechtszuständigkeit in der Regel nicht in Betracht kommt.

IV. Varianten der Legitimationsübertragung 1. Geborene und gekorene Legitimationsaktionäre In seltenen Fällen gibt es auch eine Legitimationsübertragung kraft Gesetzes, d. h. ohne eine Ermächtigung durch den Aktionär. Sie werden – in Abgrenzung zu den durch die Ermächtigung gekorenen – auch als geborene Legitimationsaktionäre bezeichnet. Dies ist zum einen der Fall bei den sog. Parteien kraft Amtes, d. h. bei Insolvenzverwaltern, Testamentsvollstreckern und Nachlassverwaltern, die Kraft ihrer Position fremde Rechte in eigenem Namen wahrnehmen.88 Gehören Aktien zu der von ihnen verwalteten Vermögensmasse, so können sie auch die Stimmrechte aus 83

Vgl. 1. Kapitel E. I, S. 42. Im Ergebnis ebenso Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 79. 85 Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 185 Rn. 23; Serick, FS Hefermehl, 1976, S. 427, 437. 86 Vgl. Serick, FS Hefermehl, 1976, S. 427, 438. 87 Vgl. dazu unten 3. Kapitel B. II, S. 87. 88 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 134 Rn. 31; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 35; Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 28; Ziemons, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 129 Rn. 37; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 74. 84

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

diesen Aktien als Teil ihrer Verwaltungsbefugnis in eigenem Namen wahrnehmen.89 Die gesetzliche Anordnung in § 80 Abs. 1 InsO für den Insolvenzverwalter, in §§ 1984, 1985 BGB für den Nachlassverwalter und in § 2205 BGB für den Testamentsvollstrecker ersetzt die rechtsgeschäftliche Ermächtigung; die formelle Legitimation erfolgt durch die Vorlage der Bestellungsurkunde.90 Allerdings besteht bei ihnen kein Geheimhaltungsbedürfnis des Aktionärs, weshalb dieser anzugeben ist.91 Zum anderen findet sich eine gesetzliche Anordnung der Stimmrechtsausübung in eigenem Namen für fremde Aktien in § 94 Abs. 1 KAGB, der in seinem Satz 2 auf § 129 Abs. 3 AktG verweist.92 Die Kapitalverwaltungsgesellschaft darf das Stimmrecht ohne Vollmacht der Anleger in eigenem Namen ausüben. Es sind fremde Stimmrechte für die Kapitalverwaltungsgesellschaft, wenn nach der sog. Miteigentumslösung nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 KAGB das Sondervermögen im Miteigentum der Anleger steht, was bei den in Deutschland üblichen Aktienfonds in der Regel der Fall ist.93 2. Weisungsgebundene und weisungsfreie Legitimationsaktionäre Nach dem ihnen verbleibenden Entscheidungsspielraum bei der Stimmrechtsausübung ist zwischen weisungsgebundenen und weisungsfreien Legitimationsaktionären zu unterscheiden, wobei der weisungsgebundene Legitimationsaktionär den Regelfall darstellt.94 3. Legitimationszession mit und ohne Verdrängungswirkung Bei Reichert/Harbarth findet sich für Stimmrechtsvollmachten die Unterscheidung zwischen solchen mit und solchen ohne Verdrängungswirkung, d. h. solchen, bei denen der Bevollmächtigte zur alleinigen Ausübung der übertragenen Rechte berufen ist, ohne dass daneben noch der Vollmachtgeber handeln könnte, und sol-

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Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 134 Rn. 31. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 134 Rn. 31. 91 Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 74; Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 28. 92 Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 28; Mülbert, in: GroßkommAktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 74; Ziemons, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 129 Rn. 37; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 80. 93 Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 80; Ziemons, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 129 Rn. 37: „Offene inländische Investmentvermögen sind gem. § 94 Abs. 1 KAGB stets Legitimationsaktionäre.“ 94 Vgl. Holzborn, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 135 Rn. 44; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 40; Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2094. 90

D. Definition der Legitimationsübertragung und Verhältnis zu anderen Rechtsfiguren 35

chen, wo dem Vollmachtgeber die Möglichkeit zum eigenen Handeln verbleibt.95 Wenn eine Vollmacht unwiderruflich sei, so dürfe sie zumindest keine Verdrängungswirkung besitzen, damit es nicht zu einer Kollision mit dem Abspaltungsverbot komme.96 Diese Differenzierung möchten Reichert/Harbarth auch auf die Legitimationszession übertragen.97 Bei der Legitimationszession ist indes eine Gestaltung ohne Verdrängungswirkung nicht ohne Weiteres denkbar. Dies ergibt sich daraus, dass für die Legitimationsübertragung eben nicht eine bloße Ermächtigung ausreicht, so wie für die Stimmrechtsvollmacht eine Bevollmächtigung ausreicht; es bedarf vielmehr daneben noch eines formellen Legitimationsmittels. Bei der Namensaktie ist dieses die Eintragung in das Aktienregister, bei der Inhaberaktie der Aktienbesitz oder ein Surrogat.98 Im Aktienregister kann aber immer nur einer eingetragen sein; der Aktienbesitz kann immer nur einem zustehen – und nur derjenige kann dann auch das Stimmrecht aufgrund der Legitimationsübertragung ausüben. Für Namensaktien ist nichts anderes denkbar, weil die Eintragung im Aktienregister gegenüber der Gesellschaft als unwiderlegliche Vermutung wirkt, § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG. Auch für Inhaberaktien kann sich nichts anderes ergeben, da sich der Inhaberaktionär für die Hauptversammlung durch die Vorlage eines auf ihn ausgestellten Bankennachweises legitimiert.99 Ist der Bankennachweis jedoch einmal auf den Legitimationsaktionär ausgestellt, so wird die Depotbank keinen zweiten Nachweis für den Aktieninhaber ausstellen; der Fremdbesitznachweis müsste vielmehr vorher zurückgezogen werden, wenn der wahre Aktionär an der Hauptversammlung teilnehmen will.100 Beim antiquierten Fall des Aktienbesitzes als Legitimationsmittel versteht sich ebenfalls, dass der unmittelbare Besitz nur einer Person zustehen kann. Ein Nebeneinander von wahrem Aktionär und Legitimationsaktionär hinsichtlich der Stimmrechtsausübung ist mithin nicht möglich. Für die nächste Hauptversammlungssaison kann der Aktionär die Stimmrechtsausübung jedoch wieder an sich ziehen.101 Da in Bezug auf eine konkrete Hauptversammlung aufgrund des Legitimationsmittels immer nur entweder der Aktionär oder der Legitimationsaktionär das Stimmrecht ausüben kann, liegt bei der Legitimationsübertragung stets eine Verdrängungswirkung vor. 95 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 449; zum Kriterium der Unwiderruflichkeit für die Zulässigkeit einer Stimmrechtsübertragung auch bereits BGH, Urteil vom 14. 5. 1956 – II ZR 229/54, BGHZ 20, 363, 365 = WM 1956, 857. 96 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 449; vgl. auch Ihrig, FS Seibert, 2019, S. 409, 412. 97 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 453. 98 Vgl. zu den Voraussetzungen der Legitimationsübertragung unten 3. Kapitel, S. 71. 99 Vgl. dazu unten 3. Kapitel B. II. 1. c), S. 89. 100 Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1106; ebenso Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 453 zur Rechtslage vor dem UMAG: „Da diese (i. e. die Hinterlegungsbescheinigung) indes nicht zu einer dauerhaften Ausschließung des Aktionärs von der Stimmrechtsausübung führt, er in der folgenden Hauptversammlung selbst auftreten könnte, kann er auch im Falle der Legitimationsübertragung durch sein eigenes Auftreten die Stimmrechtsausübung jedenfalls für die Zukunft wieder an sich ziehen.“ 101 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 453.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

V. Abgrenzung zur Platzhaltereintragung 1. Grundsätzliches In Bezug auf Namensaktien ist die mit der Legitimationszession einhergehende Legitimationseintragung im Aktienregister abzugrenzen von der Platzhaltereintragung gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG. Die Platzhaltereintragung wurde durch das UMAG102 eingeführt, um der Problematik der Leerstellen im Aktienregister entgegenzuwirken;103 zum Zeitpunkt der Einführung der Regelung waren 20 – 25 % der Aktionäre nicht im Aktienregister eingetragen.104 Es wurden die Mitwirkungspflichten der depotführenden Kreditinstitute dahingehend erweitert, dass sie sich gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG auf Verlangen der Gesellschaft anstelle des Aktionärs „gesondert“, d. h. kenntlich als Platzhalter,105 ins Aktienregister eintragen lassen müssen, sofern dieser nicht selbst eingetragen ist. Damit soll das Leitbild eines möglichst vollständigen Aktienregisters verwirklicht werden.106 Auch nach der Umsetzung der geänderten Aktionärsrechterichtlinie ist die Platzhaltereintragung weiter erhalten geblieben. Der Referentenentwurf hatte noch die Streichung des § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG vorgesehen107 und zur Begründung angeführt, die Regelung sei infolge der Neuregelung zur Aktionärsidentifikation größtenteils überflüssig und habe in der Praxis nach Auskunft der Namensaktiengesellschaften auch praktisch keine nennenswerte Bedeutung.108 Im Rahmen des Konsultationsverfahrens wurde dann jedoch darauf hingewiesen, dass die Neuregelung der Aktionärsidentifikation durch das ARUG II die Platzhaltereintragung nicht obsolet mache.109 Insbesondere im Rahmen des Services zur automatischen Umschreibung durch die Clearstream Banking AG (im Folgenden kurz Clearstream) ist die Platzhaltereintragung unverzichtbar.110 Die Streichung ist daher im Regierungsentwurf wieder rückgängig gemacht worden.111 102

Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. 9. 2005, BGBl. I Nr. 60/2005, S. 2802. 103 Vgl. Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21c. 104 Ausschussbericht BT-Drucks. 15/5693, 16. 105 Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 56; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 112. 106 Regierungsbegründung UMAG, BT-Drucks. 14/4051, S. 11; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018; § 67 Rn. 115; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 89. 107 Referentenentwurf ARUG II, S. 3; vgl. auch Beneke/Illner, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67 Rn. 9. 108 Referentenentwurf ARUG II, S. 58. 109 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/97339, S. 59; Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366. 110 Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366; vgl. zur Automatischen Umschreibung noch unten 2. Kapitel C, S. 67.

D. Definition der Legitimationsübertragung und Verhältnis zu anderen Rechtsfiguren 37

Das Verlangen der Gesellschaft löst die Pflicht des Kreditinstituts aus, sich als Platzhalter eintragen zu lassen; dafür kommt es weder auf eine Zustimmung des Aktionärs an noch ist ein Widerspruch des Aktionärs beachtlich.112 Jedoch steht diese Platzhaltereintragung zur Disposition der AG, ein darauf gerichteter Anspruch des depotführenden Kreditinstituts besteht nicht.113 Die Platzhaltereintragung ermöglicht es der Gesellschaft, über den Platzhalter mit dem nicht eingetragenen Aktionär in Kontakt zu treten und bietet ihr einen Ansprechpartner für die Anforderungen nach § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG.114 2. Rechte und Pflichten des als Platzhalter eingetragenen Kreditinstituts/ Wirksamkeit der Stimmabgabe a) Anwendbarkeit des § 67 Abs. 2 AktG auf die Platzhaltereintragung? aa) § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG gilt auch für die Platzhaltereintragung Umstritten ist, ob sich die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG auch auf die Platzhaltereintragung bezieht. Nach einer Ansicht wirkt die Platzhaltereintragung bzgl. aller Aktionärsrechte außer dem Stimmrecht, für dessen Ausübung es einer Ermächtigung i. S. d. § 135 Abs. 6 AktG bedarf, voll legitimierend; der Platzhalter gelte gem. § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG der AG gegenüber als Aktionär und könne kraft seiner Eintragung im Aktienregister sämtliche mitgliedschaftlichen Rechte – mit Ausnahme des Stimmrechts – wahrnehmen und sei der AG mitgliedschaftlich verpflichtet.115 Für eine Anwendbarkeit des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG auch auf die Platzhaltereintragung spreche zunächst das Fehlen einer abweichenden gesetzlichen Anordnung; zudem seien auch keine stichhaltigen Gründe ersichtlich, die Platzhaltereintragung abweichend zu behandeln.116 Die Platzhaltereintragung unterscheide sich von der Eintragung eines ermächtigten Legitimationsaktionärs vorrangig dadurch, dass sie nicht (notwendig) mit dem Willen des tatsächlichen Aktionärs überein111 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/97339, S. 7, 59; vgl. auch Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366; zur Gesetzgebungsgeschichte der Platzhaltereintragung vgl. auch unten 8. Kapitel C. II, S. 225. 112 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21c; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 89; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 128. 113 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 185; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 124; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21c. 114 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 40; Einsele, JZ 2019, 121, 128. 115 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 124; Grigoleit/ Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 40; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 112 f.; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 186; Noack, NZG 2008, 721, 722. 116 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 124.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

stimme und daher nicht in allen Fällen, sondern nur bei Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung nach § 135 Abs. 6 Satz 1 AktG zur Ausübung des Stimmrechts berechtige.117 Zudem wird ein Umkehrschluss aus § 67 Abs. 4 Satz 6 AktG118 herangezogen: Da dort nur für den Fall der vorübergehenden gesonderten Eintragung im Rahmen von Übertragungsvorgängen die Wirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG ausgeschlossen sei, bedeute dies, dass sie auf die dauerhaftere Platzhaltereintragung Anwendung finden müsse.119 bb) § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG gilt nicht für die Platzhaltereintragung Nach wohl herrschender – und überzeugender – Ansicht gilt § 67 Abs. 2 AktG nicht für die Platzhaltereintragung.120 Dies ergebe sich aus der inneren Systematik des § 67 AktG.121 Die Wirkung des § 67 Abs. 2 AktG setze eine zurechenbare Mitteilung eines hierzu Befugten voraus; die Platzhaltereintragung sei dem Aktionär aber gerade nicht zurechenbar, sondern beruhe auf dem Verlangen des Emittenten.122 Zudem werde das Kreditinstitut dem Gesetzeswortlaut nach „gesondert“ eingetragen, was impliziere, dass es gerade nicht mit den übrigen Eingetragenen gleichgestellt sei.123 Auch der Zweck der Platzhaltereintragung spreche gegen eine Anwendbarkeit des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG auf das eingetragene Kreditinstitut: der Gesetzgeber wollte sicherstellen, dass die nicht im Aktienregister eingetragenen Aktionäre für die Gesellschaft erreichbar sind, sodass die Gesellschaft ihnen über den Platzhalter Informationen und Hauptversammlungseinladungen zukommen lassen kann.124 Das Erreichen dieses Regelungszwecks erfordert die Legitimationswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG nicht. Auch der Charakter des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG als gesetzliche Vermutung spricht gegen eine Anwendbarkeit auf Platzhalter. Eine Vermutung liegt in Abgrenzung zu einer Fiktion gerade dann vor, wenn der Vermutungsinhalt im Regelfall auch der tatsächlichen Lage entspricht.125 Wenn für einen Platzhalter nach § 67 Abs. 2 AktG vermutet wird, dass er der tatsächliche Aktieninhaber sei, so entspräche 117

Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 124. In der Neufassung durch das ARUG II; zuvor Satz 7. 119 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 40; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 124. 120 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 89; Bayer, in: MünchKommAktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 129; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 23; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724 f.; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21d; Einsele, JZ 2019, 121, 128. 121 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724. 122 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 89; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724. 123 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724. 124 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 40. 125 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 13. 118

D. Definition der Legitimationsübertragung und Verhältnis zu anderen Rechtsfiguren 39

dies eher dem Charakter einer Fiktion, da schon begrifflich klar ist, dass der Platzhalter nicht der Aktionär ist. Auch der von der Gegenansicht herangezogene Umkehrschluss zu dem heutigen § 67 Abs. 4 Satz 6 AktG126 verfängt nicht.127 Die beiden Vorschriften entspringen unterschiedlichen Änderungsgesetzen; die Platzhaltereintragung wurde durch das UMAG vom 22. 9. 2005 eingeführt, der heutige § 67 Abs. 4 Satz 6 AktG erst durch das EHUG128 zum 1. 1. 2007. Die beiden sind daher nicht in einem so engen gesetzgeberischen Zusammenhang zu sehen, dass ein Umkehrschluss davon getragen werden würde; vielmehr wollte der Gesetzgeber durch die spätere Änderung durch das EHUG an der Platzhaltereintragung gerade nichts ändern.129 Zudem handele es sich bei der vorübergehenden Eintragung nach § 67 Abs. 4 Satz 6 AktG um den Normalfall einer nicht auf Verlangen der Gesellschaft, sondern im Rahmen eines Übertragungsvorgangs erfolgenden Eintragung im Aktienregister, die in § 67 Abs. 4 Satz 6 AktG eine Sonderregelung erfahren habe. Ein Umkehrschluss von der Sonderregelung des Normalfalls darauf, dass für den Sonderfall des § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG die Normalregelung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG gelten müsse, sei nicht überzeugend.130 Von den Vertretern der Ansicht, dass die umfassende Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG auf die Platzhaltereintragung keine Anwendung finde, wird der Umfang der aus der Platzhaltereintragung erwachsenden Rechte und Pflichten wiederum unterschiedlich eingeschätzt. Während manche die Ansicht vertreten, der Depotbank erwüchsen aus ihrer Platzhalterfunktion keinerlei Rechte und Pflichten,131 sind andere der Ansicht, dass das depotführende Institut zum Empfang der Dividende berechtigt und verpflichtet sei, um diese dann an den Depotkunden weiterzuleiten.132 Eine Haftung des Platzhalters für rückständige Einlagen komme hingegen nicht in Betracht, da die Gesellschaft dem Platzhalter sonst das Risiko und die Kosten der Kapitalaufbringung aufbürden könnte.133

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Vor der Neufassung durch das ARUG II Satz 7. Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725. 128 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10. 11. 2006, BGBl. I Nr. 52/2006, S. 2553. 129 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum EHUG, BT-Drucks. 16/ 2781, S. 88; vgl. auch Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725. 130 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725. 131 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 128; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 23; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21d; Einsele, JZ 2019, 121, 128. 132 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 89; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 184. 133 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 89; Bayer, in: MünchKommAktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 129. 127

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

b) Notwendigkeit der Ermächtigung nach § 135 Abs. 6 AktG Ist das Kreditinstitut als Platzhalter im Aktienregister der Gesellschaft eingetragen, so setzt die Stimmrechtsausübung gem. § 135 Abs. 6 Satz 1 AktG notwendig eine Ermächtigung durch den materiell Berechtigten voraus;134 fehlt es an der Ermächtigung, ist der Platzhalter nicht zur Stimmrechtsausübung berechtigt.135 Eine Stimmrechtsausübung aufgrund Vollmacht kommt nicht in Betracht, insbesondere auch deshalb, weil der Aktionär nicht im Aktienregister eingetragen ist und deshalb im Verhältnis zur Gesellschaft nicht zur Bevollmächtigung berechtigt ist.136 c) Rechtsfolge fehlender Ermächtigung – Anwendbarkeit des § 135 Abs 7 AktG? Gem. § 135 Abs. 7 AktG wird die Wirksamkeit der Stimmabgabe durch einen Verstoß gegen § 135 Abs. 6 grundsätzlich nicht beeinträchtigt; nur Verstöße gegen § 135 Abs. 1 Satz 1 AktG, d. h. das Fehlen einer wirksamen Bevollmächtigung, entziehen der Stimmabgabe ihre Wirksamkeit.137 Umstritten ist, ob dies auch für den Fall der fehlenden Ermächtigung gem. § 135 Abs. 6 AktG gilt. aa) Fehlende Ermächtigung führt zur Unwirksamkeit der Stimmabgabe Teils wird die Ansicht vertreten, auch das Fehlen einer Ermächtigung führe zur Unwirksamkeit der Stimmabgabe.138 Ansonsten ergebe sich ein Wertungswiderspruch zu § 135 Abs. 1 Satz 1 AktG, wonach das Fehlen der Bevollmächtigung als Pendant zur Ermächtigung stets zur Unwirksamkeit der Stimmabgabe führe.139 Entscheidend gegen eine Wirksamkeit der Stimmabgabe trotz fehlender Ermächtigung sprächen zudem die Auswirkungen der nicht ermächtigten Stimmabgabe auf die übrigen Aktionäre: wenn etwa Zwischenverwahrer ohne Ermächtigung wirksam abstimmen könnten, so könnten Hauptversammlungsbeschlüsse ohne Zurechnung 134

Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 89; Bayer, in: MünchKommAktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 128; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 23; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 125. 135 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 186; Noack, NZG 2008, 721, 722; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 135 Rn. 43. 136 Herrler, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 135 Rn. 41; Rieckers, in: BeckOGKAktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 104; M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 135 Rn. 181. 137 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 135 Rn. 46. 138 Herrler, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 135 Rn. 43; Holzborn, in: Bürgers/ Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 135 Rn. 44; Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 6, 3. Auflage 2016, § 135 Rn. 650 ff; J. Schmidt, WM 2009, 2350, 2357; Simon/Zetzsche, ZGR 2010, 918, 948. 139 Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 6, 3. Auflage 2016, § 135 Rn. 650; ebenso Schmidt, WM 2009, 2350, 2357 in der Annahme, es handele sich um ein Redaktionsversehen, das hoffentlich bald korrigiert werde.

D. Definition der Legitimationsübertragung und Verhältnis zu anderen Rechtsfiguren 41

und Rückkopplung zum Aktionariat entscheidend beeinflusst werden.140 § 135 Abs. 7 AktG sei daher teleologisch dahingehend auszulegen, dass entgegen der pauschalen Verweisung des Absatzes 7 auf den gesamten Absatz 6 auch eine fehlende Ermächtigung nach § 136 Abs. 6 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 AktG die Stimmabgabe unwirksam mache.141 bb) Fehlende Ermächtigung ist unschädlich Andere sind der Ansicht, dass auch eine fehlende Ermächtigung die Wirksamkeit der Stimmabgabe durch den Platzhalter unberührt lasse.142 Für die Platzhaltereintragung lässt sich dies allerdings nicht aus der Vermutung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG für den Platzhaltereingetragenen herleiten,143 wenn man zugleich mit der hier vertretenen Ansicht davon ausgeht, dass die Platzhaltereintragung die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 AktG gerade nicht auslöst. Es lässt sich jedoch aus dem Wortlaut klar entnehmen, dass nur das Fehlen einer Bevollmächtigung nach § 135 Abs. 1 Satz 1 AktG und nicht auch das Fehlen der Ermächtigung nach § 135 Abs. 6 Satz 1 AktG der Wirksamkeit der Stimmrechtsausübung entgegenstehen soll. Angesichts des eindeutigen Wortlauts mit der eindeutigen Differenzierung zwischen Bevollmächtigung und Ermächtigung verbietet sich eine teleologische Reduktion des § 135 Abs. 7 AktG.144

140 Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 6, 3. Auflage 2016, § 135 Rn. 652; vgl. auch Herrler, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 135 Rn. 43 („Arg.: fehlender bzw. kein hinreichender Zurechnungstatbestand“). 141 Holzborn, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 135 Rn. 44; Simon/Zetzsche, ZGR 2010, 918, 948. 142 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 106; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 135 Rn. 46; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724. 143 Für ein (nicht als Platzhalter) eingetragenes, aber nicht ermächtigtes Kreditinstitut wird in der Literatur auf § 67 Abs. 2 AktG verwiesen, um die Wirksamkeit der Stimmabgabe zu begründen, vgl. Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 106: „Gem. § 135 Abs. 7 wird die Wirksamkeit der Stimmabgabe durch einen Verstoß gegen § 135 Abs. 6 nicht beeinträchtigt. Dies gilt auch dann, wenn die Ermächtigung fehlt. Auch im Hinblick auf die Stimmrechtsausübung gilt das eingetragene Kreditinstitut gem. § 67 Abs. 2 gegenüber der Gesellschaft als Aktionär, so dass sich das Fehlen einer Ermächtigung nicht auf die Wirksamkeit der Stimmabgabe auswirken kann.“; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 135 Rn. 46: „Teleologische Reduktion der Verweisung ist nicht angezeigt, da nicht auszuschließen ist, dass Gesetzgeber Vermutungswirkung des Registers i. S. d. Rechtssicherheit bewusst stärkere Bestandskraft zuweisen wollte.“ 144 So im Ergebnis auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 135 Rn. 46.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

E. Zulässigkeit der Legitimationsübertragung I. Verhältnis zum Abspaltungsverbot 1. Inhalt und Rechtsquellen des Abspaltungsverbots Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung wird im Aktienrecht in § 129 Abs. 3 und § 135 Abs. 6 AktG vorausgesetzt.145 Da die Legitimationszession ermöglicht, dass die Stimmrechte durch einen Anderen ausgeübt werden als den Aktieneigentümer, liegt die Frage nach dem Verhältnis zum sog. Abspaltungsverbot nahe. Das Verbot der Abspaltung mitgliedschaftlicher Rechte von der Mitgliedschaft selbst ist im Recht der Kapitalgesellschaften anerkannt, jedoch nicht direkt und vollumfänglich gesetzlich verankert. Es besagt, dass einzelne aus der Mitgliedschaft fließende Rechte, solange sie noch keine abtrennbaren schuldrechtlichen Ansprüche gegen die Gesellschaft darstellen, nicht von der Mitgliedschaft abgetrennt und einzeln übertragen werden können.146 Ein Ansatzpunkt für einen solchen Grundsatz im Aktiengesetz findet sich in § 8 Abs. 5 AktG, der bestimmt, dass Aktien unteilbar sind.147 Diese Norm hat jedoch weniger die Abspaltung einzelner Mitgliedschaftsrechte, sondern mehr die sog. Realteilung im Blick, bei der eine Aktie in mehrere für sich bestehende Mitgliedsrechte aufgespalten wird.148 Einen weiteren gesetzlichen Ansatzpunkt für das Abspaltungsverbot bietet das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in § 717 Satz 1 BGB149 sowie das Vereinsrecht in § 38 Satz 2 BGB, dem ein allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen ist.150 Das Abspaltungsverbot besagt 145 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12; Englisch, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 245 Rn. 7; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 25; Liebscher, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 129 Rn. 17; Wicke, in: BeckOGKAktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 27; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 35; Heider, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 12 Rn. 18; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 66. 146 Seibt, ZGR 2010, 795, 814; Brandes, WM 1992, 465, 473; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, Unternehmensrecht II, 4. Auflage 2002, § 19 III. 4. a), S. 560. 147 Vgl. auch Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 448. 148 Dauner-Lieb, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 2, 3. Auflage 2009, § 8 Rn. 44; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 8 Rn. 26. 149 Butzke, GS Winter, 2011, S. 59, 60; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 8 Rn. 52; Dauner-Lieb, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 2, 3. Auflage 2009, § 8 Rn. 44; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 8 Rn. 26; Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 448; Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 382 ff.; Habersack, Die Mitgliedschaft – subjektives und „sonstiges“ Recht, 1996, S. 79; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 11 Rn. 13; Hueck, JZ 1952, 115; Fleck, FS Fischer, 1979, S. 107, 111; anders allerdings wohl BGHZ 3, 354, 357 = NJW 1952, 178 mit dem Hinweis, dass § 717 BGB, anders als das Abspaltungsverbot, abdingbar sei: „Es handelt sich hierbei [i. e. das Abspaltungsverbot] nicht, wie bei dem Verbot einer Abtretung des Gesellschafteranteils (§ 717 BGB) um eine abdingbare Vorschrift im Interesse der übrigen Gesellschafter“. 150 Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 452.

E. Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

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grundsätzlich, dass die mitgliedschaftlichen Rechte, Verwaltungs-, Schutz- und Teilhaberechte gleichermaßen, als akzessorischer Bestandteil nicht von der Mitgliedschaft abgespalten und isoliert übertragen werden dürfen.151 Dieser Grundsatz zieht sich durch alle Rechtsformen und wurde sowohl für Personengesellschaften als auch für Kapitalgesellschaften in der höchstrichterlichen Rechtsprechung immer wieder bestätigt.152 Die Abspaltung des Stimmrechts von der Beteiligung an der Gesellschaft würde einen „Eingriff in die Grundlagen des Gesellschaftsrechts“153 bedeuten. Der Aktionär ist rechtlich nicht in der Lage, seine Mitgliedschaftsstellung zu behalten und zugleich das Stimmrecht einem anderen als eigenes Recht zu verschaffen.154 Derartige Rechtsgeschäfte sind insoweit nichtig, als mit ihnen der untersagte Erfolg der Abspaltung von Mitgliedschaftsrechten erreicht wird.155 2. Schutzzweck des Abspaltungsverbots Der Schutzzweck des Abspaltungsverbots besteht darin, dass die Gesellschaft vor einer Fremdsteuerung geschützt werden soll;156 die aus der Aktieninhaberschaft resultierenden Rechte, insbesondere das Stimmrecht, soll grundsätzlich von demjenigen ausgeübt werden, den auch das wirtschaftliche Wohlergehen der Gesellschaft direkt in seinem Vermögen betrifft, nämlich dem Anteilseigner.157 Das Abspaltungsverbot ist damit eine Ausprägung der Verbandssouveränität.158 Es dient der 151

Heider, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 11 Rn. 8; Butzke, GS Winter, 2011, S. 59, 60; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 8 Rn. 52; Heitzer, GmbHR 1952, 129, 132; BGH JZ 1960, 963. 152 Vgl. für die AG RG, Urteil vom 31. 3. 1931 – II 222/30, RGZ 132, 149, 159; BGH, Urteil vom 17. 11. 1986 – II ZR 96/86, NJW 1987, 780; für die GmbH RG, Urteil vom 2. 2. 1938 – II 174/37, RGZ 157, 52, 54 ff.; RG JW 1934, 2906, 2907; BGH, Urteil vom 25. 2. 1965 – II ZR 287/63, BGHZ 43, 261, 267 = NJW 1965, 1378; BayObLG, Beschluss vom 21. 11. 1985 – BReg 3 Z 146/85, BayObLGZ 1985, 391, 394 = ZIP 1986, 303; BGH, Urteil vom 4. 12. 1967 – II ZR 91/65, NJW 1968, 396, 397; BGH, Urteil vom 11. 10. 1976 – II ZR 119/75, WM 1976, 1247, 1249; für die OHG BGH, Urteil vom 10. 11. 1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, 354, 357 = NJW 1952, 178; BGH, Urteil vom 15. 12. 1969 – II ZR 69/67, NJW 1970, 468; BGH, Urteil vom 22. 1. 1962 – II ZR 11/61, BGHZ 36, 292, 293 = WM 1962, 240; für die KG BGH, Urteil vom 14. 5. 1956 – II ZR 229/54, BGHZ 20, 363, 364 = WM 1956, 857. 153 BGH, Urteil vom 10. 11. 1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, 354, 360 = NJW 1952, 178; mit zust. Anm. Hueck, JZ 1952, 115. 154 BGH, Urteil vom 17. 11. 1986 – II ZR 96/86, NJW 1987, 780. 155 RG, Urteil vom 31. 3. 1931 – II 222/30, RGZ 132, 149, 159; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 8 Rn. 26; Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 448. 156 Vgl. Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 11 Rn. 13; Verse, in: Henssler/Strohn-GmbHG, 5. Auflage 2021, § 14 Rn. 45; Reichert/Weller, in: MünchKommGmbHG, Band 1, 3. Auflage 2018, § 14 Rn. 119. 157 Vgl. Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 448; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, Unternehmensrecht II, 4. Auflage 2002, § 19 III. 4. a), S. 560; Fleck, FS Fischer, 1979, S. 107, 118; Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 50. 158 Seibt, ZGR 2010, 795, 815; Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 448; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 11 Rn. 13; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, Un-

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

bestmöglichen Verfolgung des Gesellschaftszwecks und der Reduktion von Interessenkonflikten und der Verfolgung von Partikularinteressen.159 Dies soll der Qualität der Entscheidungsfindung in der Hauptversammlung förderlich sein und somit letztlich neben dem Schutz der Gesellschaft auch dem Gläubigerschutz dienen.160 Insbesondere die Verwaltungsrechte, wie das Teilnahme-, Frage- und Stimmrecht, sind nur durch die Beteiligung an der Gesellschaft legitimiert und damit zwingend an die Aktie gebunden.161 3. Einordnung der Legitimationsübertragung Eine unzulässige Abspaltung liegt jedenfalls dann vor, wenn das Stimmrecht oder andere Mitgliedschaftsrechte einem anderen als eigenes Recht verschafft werden sollen.162 Teils wird die Legitimationszession als eine Abspaltung der hauptversammlungsbezogenen Mitgliedschaftsrechte eingeordnet. Schon Wiedemann konstatierte 1965, es werde „doch praktisch das Stimmrecht einem anderen überlassen, ausgeliehen, abgetreten oder wie immer man den Vorgang nennen will“.163 Noack/ Zetzsche urteilen: „In Wahrheit ist die Legitimationszession eine Abspaltung der HV-bezogenen Mitgliedschaftsrechte – also ein Vorgang, den es nach der reinen Lehre nicht geben darf.“ 164 Noack relativiert dies allerdings, wenn er später schreibt, nicht im technischen Sinne, aber der Sache nach sei die Legitimationsübertragung eine gesetzlich gestützte Ausnahme vom Abspaltungsverbot; als Grundsatzkritik sei dieses jedoch wenig geeignet.165 Grunewald schließlich meint, bei Lichte besehen sei die Legitimationszession „nichts anderes als die stets verteufelte Abspaltung des Stimmrechts von der Rechtsstellung des Aktionärs“.166

ternehmensrecht II, 4. Auflage 2002, § 19 III. 4. a), S. 560; Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 50. 159 Seibt, ZGR 2010, 795, 817; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, Unternehmensrecht II, 4. Auflage 2002, § 19 III. 4. a), S. 560. 160 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 448. 161 Butzke, GS Winter, 2011, S. 59, 60. 162 BGH, Urteil vom 17. 11. 1986 – II ZR 96/86, NJW 1987, 780. 163 Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 289. 164 Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 59; ebenso K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, Unternehmensrecht II, 4. Auflage 2002, § 19 III. 4. a), S. 561; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 289; Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 400: „Die Wirkungen, die rein tatsächlich einer Verdrängung des Aktionärs aus der Ausübungsbefugnis nahekommen, hängen nicht mit der Ermächtigung, sondern mit der Abspaltung der Legitimation von der Inhaberschaft zusammen.“ 165 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 452. 166 Grunewald, ZGR 2015, 347, 352.

E. Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

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Bei rechtlich-konstruktiver Betrachtungsweise werden bei der Legitimationsübertragung allerdings gerade nicht die Rechte aus den Aktien isoliert übertragen, sondern es wird lediglich die Ausübung delegiert.167 Allerdings sollte eine derart formale Betrachtungsweise nicht den Blick auf die eigentlich interessierende Frage verstellen, nämlich ob die Legitimationsübertragung mit dem Schutzzweck des Abspaltungsverbots zu vereinbaren ist. Mag man auch in der Legitimationsübertragung eine gewisse systematische Ausnahme vom Abspaltungsverbot erblicken, so sieht doch das Aktiengesetz die Legitimationsübertragung in § 129 Abs. 3 AktG selbst vor.168 Dies spricht dafür, dass sie entweder keinen Verstoß gegen das Abspaltungsverbot oder zumindest eine gesetzlich anerkannte und zugelassene Ausnahme darstellt.169 Jedoch wäre es zu weitgehend, daraus, dass die Legitimationszession im Aktiengesetz vorausgesetzt wird, zu folgern, dass sie in jeder denkbaren Ausgestaltung zulässig sein müsse. Einen solchen gesetzgeberischen Willen zu unterstellen, würde angesichts der Vielzahl denkbarer praktischer Ausgestaltungen, die im Zeitpunkt der gesetzlichen Regelung noch gar nicht antizipiert werden konnten, zu weit gehen.170 Vielmehr müssen sich auch Rechtsfiguren, die grundsätzlich anerkannt sind, in ihrer konkreten Ausgestaltung durch die Rechtspraxis immer an übergeordneten Grundsätzen messen lassen. Anstatt eine Abspaltung einzelner Rechte oder deren Ausübung stets zu „verteufeln“,171 gilt es daher, den Schutzzweck des Abspaltungsverbots zu ermitteln und vor diesem Hintergrund die Legitimationszession in ihrer konkreten Ausgestaltung im Einzelfall zu bewerten. Dabei ist nicht formal auf die rechtliche Konstruktion abzustellen, sondern vielmehr auf die tatsächlichen Auswirkungen. Die Legitimationszession muss dann unzulässig sein, wenn sie einer vollständigen Begebung des Stimmrechts durch den Aktionär gleichkommt. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn die Übertragung der Stimmrechtsausübung dauerhafter oder gar unwiderruflicher Natur wäre. Grundsätzlich kommt eine Überlassung einzelner Aktionärsrechte zur Ausübung an Dritte aber durchaus in Betracht und steht dem Abspaltungsverbot nicht entgegen, wenn die Überlassung vorübergehender oder zumindest widerruflicher Art ist.172 167 Vgl. auch Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 452: „Als Grundsatzkritik wenig geeignet ist insoweit der Verweis auf das Abspaltungsverbot“; Tröger, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 7, 3. Auflage 2016, § 134 Rn. 231. 168 So z. B. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 452: „Der Sache nach ist die Legitimationsübertragung eine gesetzlich gestützte Ausnahme vom Abspaltungsverbot“. 169 Vgl. Tröger, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 7, 3. Auflage 2016, § 134 Rn. 231: „keine unzulässige Abspaltung des Stimmrechts“; Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 453: „Insoweit ist die Zulassung dieses Rechtsinstituts als solche eine gesetzlich normierte Ausnahme vom Abspaltungsverbot.“; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 11 Rn. 16. 170 Vgl. auch Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 453. 171 Vgl. Grunewald, ZGR 2015, 347, 352. 172 Heider, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 8 Rn. 93; Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 453; in diese Richtung für die GmbH auch OLG Celle, Urteil vom 15. 11.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

In die Bewertung der Legitimationszession vor dem Hintergrund des Abspaltungsverbots ist insbesondere auch einzubringen, ob der Legitimationsaktionär einer Weisungsbindung unterliegt oder nicht. Ist der Legitimationsaktionär nicht weisungsgebunden, liegt eine Kollision mit dem Abspaltungsverbot deutlich näher, da sich in diesem Fall der Aktionär der eigenen Stimmrechtsausübung in weit stärkerem Maße begibt als in dem Fall, in dem er letztlich über den Inhalt der Stimmrechtsausübung doch noch selbst entscheidet und lediglich die Ausübung einem weisungsgebundenen Legitimationsaktionär überlässt. Sofern allerdings diese Gestaltung widerruflich bleibt, ist auch in einer weisungsfreien Legitimationsübertragung kein Verstoß gegen das Abspaltungsverbot zu erblicken. Eine Kontrolle darüber, wer über die Stimmrechtsausübung tatsächlich entscheidet, ist ohnehin praktisch nicht umzusetzen; eine Differenzierung danach, ob der Legitimationsaktionär die Stimmrechtsausübung weisungsfrei zur eigenen Entscheidung übertragen bekommt oder ob er konstruktiv zwar einer Weisungsbindung unterliegt, aber die Entscheidungen letztlich gemeinsam mit dem Aktionär trifft oder aufgrund größerer Sachkenntnis sogar die Entscheidung über den Inhalt der Stimmrechtsausübung faktisch alleine trifft, erweist sich als praxisfern. Aus dem soeben Erörterten lässt sich folgende Kernaussage kondensieren: Das Abspaltungsverbot verlangt, dass der Aktionär die Stimmrechtsausübung wieder an sich ziehen kann und sich seiner Aktionärsrechte somit nicht endgültig begibt. Die Legitimationsübertragung muss also widerruflich sein, um zulässig zu bleiben. Eine Legitimationszession, die sich in diesen Grenzen hält, stellt keinen Verstoß gegen das Abspaltungsverbot dar. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn nichts anderes vereinbart wird,173 sodass sich die Legitimationsübertragung im ganz überwiegenden Teil der Fälle als mit dem Abspaltungsverbot vereinbar erweist.

II. Kreditinstitute als Legitimationsaktionäre Seit der Einführung des Aktiengesetzes 1965 ist Kreditinstituten bzw. in der durch das ARUG II neu eingeführten Terminologie Intermediären und den ihnen durch § 135 Abs. 8 AktG gleichgestellten Aktionärsvereinigungen und geschäftsmäßigen Vertretern die Stimmrechtsausübung aufgrund einer Legitimationsübertragung grds. untersagt, § 135 Abs. 1 Satz 1 AktG.174 Sie können das Stimmrecht aus Inhaberaktien daher nicht als Legitimationsaktionär ausüben.175 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391, 392; für die KG auch BGH, Urteil vom 14. 5. 1956 – II ZR 229/54, BGHZ 20, 363, 365 = WM 1956, 857; vgl. für die Stimmrechtsvollmacht auch bereits Heitzer, GmbHR 1952, 129, 132. 173 Vgl. Reichert/Harbarth, AG 2001, 447, 453. 174 M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 72; Liebscher, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 129 Rn. 17; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12a; Hirschmann, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 135 Rn. 6. 175 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 48.

E. Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

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Zum Handeln als Legitimationsaktionär für Namensaktien sind sie gem. § 135 Abs. 6 AktG nur dann befugt, wenn sie das Stimmrecht für Namensaktien ausüben, als deren Inhaber sie im Aktienregister eingetragen sind.176 Andernfalls, d. h. wenn der Namensaktionär selbst im Aktienregister eingetragen ist, bleibt für eine Legitimationszession kein Raum mehr; dann sind die institutionellen Stimmrechtsvertreter auf die Stellvertretung verwiesen.177 Dass im Falle von Namensaktien ein nicht im Aktienregister Eingetragener nicht als Legitimationsaktionär auftreten kann, ergibt sich auch zwanglos, wenn man bedenkt, dass durch eine fehlende Eintragung im Aktienregister die formelle Legitimation gegenüber der Aktiengesellschaft gerade fehlt.

III. Grundsatzkritik an der Rechtsfigur Neuerdings ist „Grundsatzkritik“ an der Rechtsfigur zu vernehmen; insbesondere Mohamed fordert deren Abschaffung.178 Richtig ist, dass sich die Rechtsfigur der Legitimationsübertragung mit den zunehmenden Transparenzbemühungen des deutschen und europäischen Gesetzgebers179 nur schwer zu vertragen scheint.180 Die Kritik an der Rechtsfigur, die sich zuvor ihrem Schwerpunkt nach auf das Verhältnis zum Abspaltungsverbot bezog,181 erhält damit eine neue Dimension. Noack hatte bereits im Jahr 2013 die Abschaffung der Rechtsfigur der Legitimationsübertragung gelegentlich der Aktienrechtsnovelle 2014 durch eine ersatzlose Streichung von § 129 Abs. 3 AktG gefordert,182 allerdings weniger wegen ihrer Unvereinbarkeit mit gesetzgeberischen Transparenzbestrebungen als wegen der Unklarkeit der Voraussetzungen, insbesondere im Hinblick auf das Erfordernis der Besitzübertragung183 und weil man sie schlichtweg nicht brauche. Mohamed entwickelt diese Forderung fort und schlägt zwei Varianten der Abschaffung der Legitimationsübertragung vor: die bereits von Noack geforderte gänzliche Abschaffung des § 129 Abs. 3 AktG, welche er als „große Lösung“ bezeichnet, sowie als „kleine Lösung“ die Einfügung eines dritten Satzes in § 129 Abs. 3 AktG, der eine 176

Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 28; Kubis, in: MünchKommAktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 35. 177 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 35; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 102. 178 Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 259. 179 Vgl. dazu noch 8. Kapitel, S. 205. 180 Vgl. Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 257 spricht von einem „klaren Trend hin zur vollkommenen Offenlegung der Aktionärsidentität“. 181 Vgl. dazu bereits oben unter 1. Kapitel E. I. 3, S. 44. 182 Noack, Immer Ärger mit der Legitimationszession (Hauptversammlung), abrufbar unter https://notizen.duslaw.de/immer-arger-mit-der-legitimationszession-hauptversammlung/ (zuletzt abgerufen am 21. 5. 2021). 183 Vgl. dazu noch unten 3. Kapitel C, S. 99.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

Auskunftsverpflichtung des Ermächtigten in der Hauptversammlung bzgl. des Namens und Wohnorts des Aktionärs auf Verlangen jeden Aktionärs, Mitglieds des Vorstands oder des Aufsichtsrats statuiert.184 Der Grundsatzkritik an der Rechtsfigur ist zunächst entgegenzuhalten, dass ein hohes praktisches Bedürfnis für die Nutzung dieser Rechtsfigur besteht und dass auch die Abschaffung der Legitimationsübertragung die Möglichkeiten einer anonymen Aktienrepräsentation zudem nicht nennenswert einschränken dürfte, bleiben doch als Ausweichmöglichkeiten immer noch die Treuhandübertragung sowie die verdeckte Stellvertretung. Den von der Kritik in den Fokus gestellten Transparenzgesichtspunkten wird durch das gesetzgeberische Tätigwerden gerade schon Rechnung getragen; so wurden bereits durch das Risikobegrenzungsgesetz 2008 umfassende Möglichkeiten geschaffen, um der Aktiengesellschaft die Aufdeckung der Identität von in das Aktienregister eingetragenen Nichtaktionären zu ermöglichen.185 Diese Instrumente des § 67 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG entsprechen im Übrigen für die Gesellschaft bereits dem von Mohamed im Rahmen seiner „kleinen Lösung“ geforderten Auskunftsrecht für die Organe der Gesellschaft, freilich ohne die im Hinblick auf Datenschutzaspekte problematische Verortung im Rahmen der Hauptversammlung. Das ebenfalls geforderte Auskunftsrecht eines jeden Aktionärs in der Hauptversammlung würde dem Rechtsgedanken des § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG widersprechen, wonach der Aktionär nur Anspruch auf Auskunft in Bezug auf seine eigenen im Aktienregister eingetragenen Daten hat. Diese Einschränkung wurde aufgrund von datenschutzrechtlichen Bedenken eingeführt.186 Eine Regelung, die Auskunft zur Identität anderer Aktionäre in der Hauptversammlung ermöglicht, würde dem diametral entgegenstehen. Dazu passt auch, dass die Aktionäre kein Auskunftsrecht in Bezug auf die konkreten, durch die Gesellschaft nach § 67 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG erfragten Daten haben, sondern nur bzgl. des Umgangs mit diesen Auskunftsrechten im Allgemeinen.187 Dass diese Instrumente bei den Aktiengesellschaften bisher keinen großen Anklang gefunden zu haben scheinen,188 zeigt umso mehr, dass der Legitimationsaktionär für sie kein so großes Transparenzproblem darstellt, dass sie gänzlich abgeschafft werden müsste. Soweit sich Mohameds „kleine Lösung“ auch auf Inhaberaktien beziehen würde, wurden durch das ARUG II hier jüngst umfassende Identifikationsmöglichkeiten erstmals auch für Inhaberaktien geschaffen und damit das Prinzip „know your 184

Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 259. Vgl. dazu noch ausführlich unten 8. Kapitel C. III, S. 226. 186 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 5; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 28; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 4; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 156; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 2. 187 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 131 Rn. 192. 188 Vgl. Müller-von Pilchau, AG 2011, 775 mit Fn. 4. 185

F. Darstellung im Teilnehmerverzeichnis

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shareholder“ weiter verfolgt und ausgebaut.189 Auch hier hat die Gesellschaft künftig also die Möglichkeit, die wahren Aktionäre zu identifizieren, wenn auch freilich erneut nicht im Rahmen der Hauptversammlung. Die gänzliche Abschaffung der Rechtsfigur im Sinne der „großen Lösung“ Mohameds ist auch im Hinblick darauf kritisch zu sehen, dass die Legitimationsübertragung und die mit ihr eng verknüpfte Platzhaltereintragung, die durch bloße Erteilung einer Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung ineinander übergehen können, für die Praxis der ALU von Clearstream eine wichtige Rolle spielt.190 Würde die Legitimationsübertragung, verstanden als die Ermächtigung, das Stimmrecht in eigenem Namen für fremde Aktien auszuüben, abgeschafft, so müsste davon richtigerweise auch § 135 Abs. 6 AktG betroffen sein,191 der die Legitimationsübertragung für Kreditinstitute regelt. Dann aber wäre der ALU zumindest teilweise die Grundlage entzogen. Dass die ALU in der Praxis eine wichtige Rolle spielt, hat der Gesetzgeber jüngst aber selbst anerkannt, indem er die Platzhaltereintragung im Rahmen des ARUG II nach anfänglichen Überlegungen doch nicht abgeschafft hat.192 Geldwäscherechtlichen Bedenken wird durch das Transparenzregister und durch die Festlegung auf die Namensaktie bzw. girosammelverwahrte Inhaberaktie im geänderten § 10 Abs. 1 AktG für den nicht börsennotierten Bereich Rechnung getragen.193 In dem geringen Anteilsbereich unter 3 %, in dem eine Legitimationsübertragung angesichts der dann ansetzenden Meldeschwellen nach § 33 WpHG, die sich nicht durch eine Legitimationsübertragung aushebeln lassen, überhaupt eine Anonymität des Aktionärs gewährleisten kann, nützt die Legitimationsübertragung im Hinblick auf die Ausübung von Stimmrechten, die ansonsten möglicherweise ganz ungenutzt blieben mehr, als sie vor Transparenzgesichtspunkten schadet. Die Forderung nach einer Abschaffung im Sinne einer großen oder kleinen Lösung ist daher nicht beizutreten.

F. Darstellung im Teilnehmerverzeichnis Die Legitimationsübertragung findet im Aktiengesetz insbesondere in § 129 Abs. 3 AktG Erwähnung. Diese Norm behandelt das Teilnehmerverzeichnis. Sie bestimmt, dass, wer von einem Aktionär ermächtigt ist, im eigenen Namen das Stimmrecht für Aktien auszuüben, die ihm nicht gehören, bei Nennbetragsaktien den Betrag, bei Stückaktien die Zahl und die Gattung dieser Aktien zur Aufnahme in das 189

Dazu noch ausführlich unten 8. Kapitel, S. 205. Vgl. dazu noch unten 2. Kapitel C, S. 67. 191 Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 259 Fn. 1314. 192 Vgl. dazu bereits oben 1. Kapitel D. V. 1, S. 36. 193 Vgl. dazu noch unten 8. Kapitel D, S. 283 (zur Änderung des § 10 AktG) und 8. Kapitel E, S. 294 (zum Transparenzregister). 190

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

Verzeichnis gesondert anzugeben hat. Neben einer Umschreibung der Konstruktion der Legitimationsübertragung enthält diese Norm die Information, dass die durch einen Legitimationsaktionär vertretenen Aktien im Verzeichnis gesondert anzugeben sind. Gesondert bedeutet dabei zum einen kenntlich als Legitimationseintragung, was durch den Vermerk F für Fremdbesitz erreicht wird,194 zum anderen impliziert es auch, dass jedes einzelne Ermächtigungsverhältnis gesondert erfasst werden muss. Während sich manche streng an diesem Verständnis des Gesetzeswortlauts orientieren,195 findet sich andernorts die Ansicht, die wert- und gattungsgleichen Aktien mehrerer Hintermänner könnten dennoch in einer Position zusammengefasst werden.196 Dies erscheint vor dem Hintergrund der verdeckten Stellvertretung, bei der die Positionen ebenfalls zusammengefasst werden dürfen,197 kohärent. Aus einer getrennten Aufführung der verschiedenen Aktieneigentümer würden lediglich die anteiligen Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft ersichtlich. Diesem Aspekt der Beteiligungstransparenz wird jedoch durch andere gesetzliche Regelungen bereits genüge getan, namentlich durch die Meldepflichten der §§ 33 ff. WpHG sowie auch durch die Vorgaben und Instrumente des § 67 AktG im Bereich des Aktienregisters. Es bedarf keines zusätzlichen Formalismus im Teilnehmerverzeichnis, um der Gesellschaft Klarheit darüber zu verschaffen, wie sich die durch einen Legitimationsaktionär vertretenen Aktien auf verschiedene Aktieneigentümer verteilen. Für die Zwecke der Hauptversammlung, insbesondere für die Stimmabgabe, ist daraus grundsätzlich kein Mehrwert ersichtlich. Als problematisch kann sich eine solche Zusammenfassung nur dann erweisen, wenn unterschiedliche Weisungen der Aktionäre vorliegen. Für diesen Fall kann für die Abstimmung eine zusätzliche Individualisierung etwa anhand von Stimmkarten erforderlich werden, so dass eine entsprechende Trennung fakultativ auch im Teilnehmerverzeichnis vorgenommen werden kann.198 Zwingend ist eine getrennte Darstellung im Teilnehmerverzeichnis dann, wenn der Legitimationsaktionär neben den fremden auch eigene Aktien vertritt

194 Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 27; Rieckers, in: BeckOGKAktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 48; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 36; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 27. 195 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 36; Ziemons, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 129 Rn. 39; Noack/Zetzsche, in: Kölner KommAktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 68; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12a. 196 Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 27; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 129 Rn. 21; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 27; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 72; Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 74. 197 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 11; Mülbert, in: GroßkommAktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 72. 198 Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 72; Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 27.

G. Zweck und Bedeutung der Legitimationsübertragung

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und damit verschiedenen Aktienbesitzkategorien unterfällt (F für Fremdbesitz, E für Eigenbesitz); dann müssen diese Aktienbestände gesondert vermerkt werden.199 Dass der Legitimationsaktionär die Aktien anzugeben hat, bedeutet aber gleichzeitig auch, dass über die Person des wahren Aktionärs gerade keine Angaben im Teilnehmerverzeichnis erfolgen müssen.200 Darin liegt, wie oben bereits dargestellt, auch ein Teil des Reizes der Legitimationszession; der wahre Aktionär kann, wünscht er dies, anonym bleiben. Werden gleichwohl Angaben zum wahren Aktionär aufgenommen, so hat dies auf die Rechtsposition des Legitimationsaktionärs keine Auswirkungen.201 Dass der Eingetragene ein Legitimationsaktionär und nicht der Aktieninhaber ist, wird aus dem Vermerk F für Fremdbesitz ersichtlich.202 Die gem. § 129 Abs. 1 AktG zu machenden Angaben, Name und Wohnort, beziehen sich in diesem Fall auf den Legitimationsaktionär,203 welcher in das Teilnehmerverzeichnis wie ein Aktionär einzutragen ist.204

G. Zweck und Bedeutung der Legitimationsübertragung I. Ziele der Legitimationsübertragung 1. Bei Namensaktien: Volle Verkehrsfähigkeit und höhere Flexibilität Die Eintragung zur Stimmrechtsausübung im eigenen Namen ermächtigter Personen in das Aktienregister wird in §§ 129 Abs. 3 Satz 2, 135 Abs. 6 AktG vorausgesetzt. Sie ist zulässig und notwendig, um die volle Verkehrsfähigkeit von Namensaktien herzustellen.205 Erst durch die Legitimationseintragung ist es möglich, dass Namensaktien übertragen und die mitgliedschaftlichen Rechte gem. § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG ausgeübt werden können, ohne dass jede Übertragung der Aktien im Aktienregister nachgehalten werden muss. Dazu wird ein Kreditinstitut eingetragen 199 Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 129 Rn. 21. 200 Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 27; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12a; Terbrack/Lohr, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 129 Rn. 21; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 48; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 72. 201 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 36. 202 Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 27; Kubis, in: MünchKommAktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 36; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 72. 203 Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 27; Kubis, in: MünchKommAktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 36. 204 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12a. 205 Barz, in: Großkomm-AktG, Band 1/Teilband 1, 3. Auflage 1973, § 68 Anm. 25; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 30; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 32.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

und von jedem neuen Inhaber der Namensaktie gem. § 135 Abs. 6 AktG zur Stimmrechtsausübung ermächtigt.206 So macht die Legitimationsübertragung bei Namensaktien den Aktienhandel deutlich flüssiger und stellt eine den heutigen Bedürfnissen angepasste Umlauffähigkeit der Namensaktie erst her. Allerdings ist anzumerken, dass sich durch die automatische Umschreibung im elektronisch geführten Aktienregister im täglichen Datenaustausch mit Clearstream die Notwendigkeit der Legitimationseintragung im Aktienregister verringert haben dürfte, denn ebenso leicht, wie im Innenverhältnis eine Ermächtigung erteilt wird, kann nun im Rahmen der täglichen Umwälzung der freien Meldebestände ein neuer Aktionär in das Aktienregister eingetragen werden.207 Auch im Zusammenhang mit Umschreibestopps bzw. Nachweisstichtagen kann die Legitimationsübertragung Relevanz erhalten. Am Nachweisstichtag bzw. bei Beginn des Umschreibestopps muss derjenige im Aktienregister eingetragen sein, der auch an der Hauptversammlung teilnehmen und die Stimmrechte ausüben soll. Danach kann sich das Aktieneigentum durchaus noch ändern, dies wird aber im Aktienregister im Falle des Umschreibestopps nicht mehr nachvollzogen,208 im Falle des Nachweisstichtags zwar im Aktienregister umgeschrieben, aber nicht mehr berücksichtigt,209 sodass die Aktionärsrechte immer noch durch den alten Aktionär ausgeübt werden müssen.210 Der Erwerber hat also unter Umständen auch nach seinem Aktienerwerb immer noch keinen Einfluss in der Hauptversammlung, weil die Legitimation durch das Aktienregister noch dem Altaktionär zukommt.211 Durch die Eintragung eines Legitimationsaktionärs kann hier mehr Flexibilität erreicht werden; dieser verbleibt auch bei einem Wechsel der Eigentümerstellung im Aktienregister, nur im Innenverhältnis zum Aktionär tritt der Erwerber in den Vertrag ein und erlangt die Weisungsbefugnis. So kann er trotz Umschreibestopps oder Erwerbs nach dem Nachweisstichtag in der Hauptversammlung das Stimmrecht bereits nach seinen Vorstellungen ausüben.

206

Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 30. Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 1 – 1: „Als Folge ergibt sich eine schnellere Aktualisierung des Aktienregisters bis hin zur Tagesaktualität“. 208 Bärwaldt, in: Semler/Volhard/Reichert, Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 5. Auflage 2021, § 8 Rn. 70; Harnos/Piroth, ZIP 2015, 456, 458. 209 Bärwaldt, in: Semler/Volhard/Reichert, Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 5. Auflage 2021, § 8 Rn. 69; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 12. 210 Bärwaldt, in: Semler/Volhard/Reichert, Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 5. Auflage 2021, § 8 Rn. 69. 211 Bärwaldt, in: Semler/Volhard/Reichert, Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 5. Auflage 2021, § 8 Rn. 69. 207

G. Zweck und Bedeutung der Legitimationsübertragung

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2. Wahrung der Anonymität des wahren Aktionärs Anlegern ist es häufig ein Bedürfnis, nicht selbst in der Hauptversammlung oder überhaupt der Gesellschaft gegenüber als Aktionär in Erscheinung zu treten. Teils geschieht dies aus Kosten- oder organisatorischen Gründen;212 der Aktionär möchte nicht persönlich zur Hauptversammlung gehen, weil er es terminlich nicht einrichten kann, da Hauptversammlungen üblicherweise an Werktagen stattfinden, oder er scheut eine weite Anreise, oder bei entsprechender Streuung seiner Investitionen auch die schiere Zahl der Hauptversammlungen, die er wahrnehmen müsste. Die Legitimationsübertragung ist damit, ebenso wie die Stellvertretung,213 zunächst ein Mittel zur Begegnung der rationalen Apathie des Kleinanlegers.214 Häufig ist auch der Fall, dass der Aktionär aus Gründen der Vertraulichkeit niemandem Einblick in seine Vermögensanlagen gewähren möchte.215 Nimmt er an der Hauptversammlung teil, wird er in das Teilnehmerverzeichnis eingetragen, welches gem. § 129 Abs. 4 AktG von allen Teilnehmern eingesehen werden kann. Zudem kommt dem Teilnehmerverzeichnis zwar keine umfassende Publizität durch die Einreichung zum Handelsregister als Anlage zum Hauptversammlungsprotokoll mehr zu,216 jedoch muss nach § 129 Abs. 4 Satz 2 AktG jedem Aktionär innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach der Hauptversammlung Einsicht in das Teilnehmerverzeichnis gewährt werden. Steht lediglich ein Legitimationsaktionär im Teilnehmerverzeichnis, kann der Aktionär den anderen Aktionären gegenüber seine Anonymität wahren. Bei Namensaktien ist eine gewünschte Anonymität auch der Gesellschaft gegenüber aufgrund des Aktienregisters für den Aktieneigentümer schwieriger zu realisieren als bei Inhaberaktien, für die kein dem Aktienregister vergleichbares Verzeichnis existiert. Für diesen Fall bietet die Legitimationsübertragung die Möglichkeit, trotz der bestehenden Verpflichtung zur Eintragung ins Aktienregister ihre Anonymität durch sog. „Nominee“-Eintragung217 eines Legitimationsaktionärs im Aktienregister zu wahren.218 Ein besonderes Interesse an einem zunächst verdeckten Vorgehen kann namentlich dann bestehen, wenn ein Aktionär eine größere Beteiligung aufbauen möchte, damit der Kurs und damit sein künftiger Erwerbspreis nicht steigt.219 212

S. 1. 213

Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 628; Mohamed, Legitimationszession, 2018,

Zu Alternativen zur Legitimationsübertragungen sogleich unter 1. Kapitel H, S. 57. Mohamed, ZIP 2017, 2133, 2134. 215 Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 628; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 1; Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 458. 216 Vgl. noch Than, ZHR 157 (1993), 125; vgl. auch Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 33. 217 Begriff bei Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 95. 218 Block/Packi, BB 2010, 788. 219 Than, ZHR 157 (1993), 125, 128. 214

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

Bei börsennotierten Gesellschaften kommt es häufig vor, dass im Aktienregister nicht die Aktionäre selbst, sondern Legitimationsaktionäre eingetragen werden. Gerade ausländische institutionelle Anleger machen von dieser Möglichkeit rege Gebrauch und lassen Finanzintermediäre eintragen.220 Dies führt dazu, dass bei DAX- Konzernen, deren Namensaktien sich mehrheitlich in ausländischem Besitz befinden, unter Umständen mehr Legitimationsaktionäre als tatsächliche Aktieneigentümer im Aktienregister stehen.221 3. Ausschluss des wahren Aktionärs vom Stimmrecht Eine Legitimationsübertragung kann auch dazu genutzt werden, Aktionäre für einen gewissen Zeitraum von der Stimmrechtsausübung auszuschließen, indem nicht mehr der Aktionär, sondern der Legitimationszessionar das Stimmrecht ausübt.222 Insofern hätte die Legitimationszession dann den gleichen Zweck wie ein Stimmrechtsausschlussvertrag.223 Diese Gestaltung setzt allerdings einen nicht weisungsgebundenen Legitimationsaktionär voraus, denn sonst würde der wahre Aktionär mittelbar über die Weisungen an den Legitimationsaktionär die Stimmrechtsausübung doch kontrollieren. Dies ist jedoch gerade nicht gewollt, vielmehr dient die Legitimationsübertragung in dieser Konstellation dazu, eine Konsolidierung von Beteiligungen des wahren Aktionärs zu vermeiden.224 Zum anderen setzt die Legitimationsübertragung mit der Ermächtigung voraus, dass der Aktionär willentlich eine einseitige Rechtshandlung vornimmt. Ihm gegen seinen Willen das Stimmrecht mittels Legitimationsübertragung faktisch zu entziehen, erscheint also nur dann denkbar, wenn der Aktionär einer Verpflichtung zur Abgabe einer solchen Ermächtigungserklärung unterläge. Eine solche kann wegen der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG nicht in der Satzung vorgesehen werden, sondern müsste jeweils individuell vereinbart werden. Dies erscheint bei börsengehandelten Aktien nicht ohne weiteres denkbar, wird sich aber auch bei kleinen Aktiengesellschaften als schwierig erweisen. Aufgrund der naheliegenden Bedenken in Bezug auf das Abspaltungsverbot225 steht neben der Praktikabilität einer solchen Vereinbarung auch die Zulässigkeit in Frage.

220 Vgl. Richter, WM 2013, 2296; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 628. 221 Vgl. Richter, WM 2013, 2296. 222 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447. 223 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447. 224 Reichert/Harbarth, AG 2001, 447. 225 Vgl. dazu bereits oben 1. Kapitel E. I, S. 42.

G. Zweck und Bedeutung der Legitimationsübertragung

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II. Heutige praktische Bedeutung der Legitimationsübertragung – Bedeutungsverlust? Vielfach ist zu lesen, die Legitimationszession habe heute deutlich an Relevanz verloren.226 In der Tat hat der Anwendungsbereich der Legitimationsübertragung seit Inkrafttreten des Aktiengesetzes 1965 abgenommen, da die Zulässigkeit der Stimmrechtsausübung durch Kreditinstitute als Legitimationsaktionäre eingeschränkt worden ist. § 135 Abs. 1 Satz 1 AktG schließt die Ausübung des Stimmrechts durch einen Intermediär als Legitimationsaktionär für Inhaberaktien gänzlich aus.227 Für Namensaktien kann ein Kreditinstitut die Position eines Legitimationsaktionärs noch bekleiden, allerdings nur dann, wenn es im Aktienregister eingetragen ist, § 135 Abs. 6 AktG.228 Mit dem Aktiengesetz 1965 wurde zudem das Institut der Stimmrechtsausübung im Namen dessen, den es angeht, eingeführt, welches allerdings nur Kreditinstituten, Aktionärsvereinigungen und geschäftsmäßig Handelnden offensteht, vgl. § 135 Abs. 8, Abs. 5 Satz 2 AktG.229 Für eine Stimmrechtsvertretung durch die genannten Personengruppen ist die Legitimationsübertragung damit nicht mehr vonnöten, um eine verdeckte Stimmrechtsvertretung zu ermöglichen. Für andere Personen, wie etwa Rechtsanwälte, bleibt die Legitimationszession die einzige Möglichkeit eines verdeckten Vorgehens.230 Für die verdeckte Stimmrechtsausübung durch Dritte besteht, wie oben bereits ausgeführt, auf Seiten der Aktionäre auch ein praktisches Bedürfnis, da sie eine Eintragung in das Aktienregister der Gesellschaft vermeiden möchten, um Anonymität zu wahren.231 Daher werden häufig Finanzintermediäre ins Aktienregister eingetragen und nehmen die Aktionärsrechte in eigenem Namen wahr. Es handelt sich dabei um Depotbanken oder diesen in der Verwahrkette nachgeordnete Wertpapierverwahrer.232 Zu relativieren ist vor dem Hintergrund des Zwecks der Legitimationsübertragung, die Anonymität des wahren Aktionärs zu wahren, die Einschätzung M. Arnolds, bei Namensaktien komme eine Legitimationsübertragung kaum in Betracht, bedürfe es dazu doch der Eintragung des Legitimationsaktionärs ins Aktienregister.233 Dies ist kein Hemmnis, sondern, wie oben dargestellt, aufgrund der damit verbundenen 226 Vgl. etwa Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E 73 Fn. 169; M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 72; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 120; vgl. aber andererseits etwa Reichert/Harbarth, AG 2001, 447. 227 M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 72; Hüffer/ Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12a; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 120; Barz, in: Großkomm-AktG, Band 1/Teilband 1, 3. Auflage 1973, § 68 Anm. 25. 228 Butzke, die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 99 Fn. 245; M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 72; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 120. 229 Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 441. 230 Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 441. 231 Vgl. Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 95. 232 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 95. 233 M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 70.

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

Möglichkeit zur Wahrung der Anonymität des Aktieneigentümers vielfach gerade das Motiv für die Legitimationszession.234 Sowohl die Gesetzgebung als auch die Rechtsprechung der letzten Jahre belegen zudem, dass die Legitimationsübertragung heute keineswegs bedeutungslos geworden ist. Erst 2008 hat der Gesetzgeber durch das Risikobegrenzungsgesetz235 in § 67 AktG, welcher das Aktienregister betrifft, weitreichende Änderungen vorgenommen, um der Aktiengesellschaft zu ermöglichen, die dort eingetragenen Legitimationsaktionäre zu identifizieren bzw. die Legitimationseintragung an satzungsmäßige Voraussetzungen zu binden.236 Die Legislative sieht also gerade im Bereich von Namensaktien die Legitimationsübertragung als Anlass zum Tätigwerden, um der Gesellschaft eine verbesserte Transparenz über ihre Beteiligungsverhältnisse zu ermöglichen. Wäre die Legitimationseintragung derart ungebräuchlich, hätte sich der Gesetzgeber zu diesen Änderungen kaum veranlasst gesehen. Zudem ist auch die weitgehende Festlegung nicht börsennotierter Gesellschaften auf die Namensaktie im Rahmen der zum 31. 12. 2015 in Kraft getretenen Aktienrechtsnovelle 2016237 vor dem Hintergrund der Beteiligungstransparenz des Aktienregisters zu sehen, welche durch die sog. Nominee-Eintragungen in Frage gestellt wird.238 Jüngst hat auch das ARUG II Neuerungen im Bereich der Aktionärsidentifikation gebracht.239 Auch Gerichte haben sich immer wieder mit Fragen der Voraussetzungen der Legitimationszession sowie der Rechte und Pflichten des Legitimationsaktionärs zu beschäftigen. So hatten sich die Gerichte wiederholt und noch in jüngerer Zeit mit der Frage der Anfechtungsbefugnis des Legitimationsaktionärs zu befassen.240 Namentlich ein Urteil des OLG Köln241 zu den kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten des Legitimationsaktionärs hat dabei erhebliche Auswirkungen auf die Hauptversammlungspräsenzen gezeitigt und sogar den Gesetzgeber zu einer kurzfristigen Klarstellung der Rechtsfrage im Kleinanlegerschutzgesetz bewegt,242 was

234

Vgl. auch Block/Packi, BB 2010, 788, 789. Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken vom 12. 8. 2008, BGBl. I Nr. 36/2008, S. 1666. 236 Dazu 8. Kapitel C. III. 2, S. 227. 237 Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) vom 22. 12. 2015, BGBl. I Nr. 55/2015, S. 2565. 238 Vgl. dazu unten 8. Kapitel D. I, S. 283. 239 Vgl. dazu unten 8. Kapitel C. V, S. 268. 240 Vgl. nur BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 17. 9. 1987 – BReg. 3 Z 76/87, BayObLGZ 1987, 297; BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234; LG München I, Urteil vom 30. 7. 2009 – 5 HK O 16915/08, AG 2010, 47; zur Anfechtungsbefugnis des Legitimationsaktionärs vgl. unten 6. Kapitel, S. 145. 241 OLG Köln, Urteil vom 6. 6. 2012 @ 18 U 240/11, NZG 2012, 946. 242 Zur Frage der kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten des Legitimationsaktionärs vgl. unten 7. Kapitel, S. 182. 235

H. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten

57

als Beweis genügen mag, dass die Legitimationsübertragung eine durchaus praktische Rolle spielt.

H. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten I. Treuhand Als Alternative zur Legitimationsübertragung kommt zunächst eine Treuhandgestaltung in Betracht. Formaler Eigentümer und „Aktionär“ wäre dann der Treuhänder, während der Treugeber als wirtschaftlicher Eigentümer nicht in Erscheinung treten würde. Da der Treuhänder materiell-rechtlich Volleigentümer ist, wird diese Gestaltung auch durch keines der der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Aufdeckungsinstrumente erfasst.243 Einzig unter geldwäscherechtlichen Gesichtspunkten in Bezug auf das Transparenzregister könnten sich auch für Treuhandgestaltungen Aufdeckungspflichten ergeben.244

II. Stimmrechtsvollmacht Die Zulässigkeit der Stimmrechtsvollmacht ergibt sich aus § 134 Abs. 3 Satz 1 AktG.245 Von der Stellvertretung unterscheidet sich die Legitimationszession grds. dadurch, dass der Stellvertreter in fremdem Namen tätig wird (§ 164 Abs. 1 BGB), der Legitimationsaktionär hingegen die fremden Rechte in eigenem Namen ausübt.246 Will man als Aktionär nur erreichen, dass ein anderer das Stimmrecht ausüben darf, so eignet sich auch die Stimmrechtsvollmacht. Gerade dem häufigen Motiv für die Legitimationszession, Anonymität zu wahren, würde aber durch eine Stimmrechtsvollmacht nicht hinreichend Rechnung getragen, da eine Stellvertretung gem. § 164 Abs. 1 BGB grundsätzlich unter Offenlegung des Bevollmächtigenden erfolgt.

III. Verdeckte Stellvertretung für den, den es angeht Um seine Anonymität zumindest teilweise zu wahren, kann der Aktionär auf das Instrument der Stimmrechtsausübung im Namen dessen, den es angeht, zurückgreifen.247 Seit dem ARUG248 ist die verdeckte Stimmrechtsausübung sogar der 243

Vgl. dazu noch ausführlich unten 8. Kapitel, S. 205. Vgl. dazu 8. Kapitel E, S. 294. 245 Ausführlich zur Zulässigkeit der Stimmrechtsvollmacht Reichert/Harbarth, AG 2001, 447 ff.; Ihrig, FS Seibert, 2019, S. 409, 411. 246 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721. 247 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 107; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 135 Rn. 45; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 1, 75. 244

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1. Kap.: Entwicklung, Definition und Zulässigkeit der Legitimationsübertragung

gesetzliche Regelfall, nachdem sie sich bereits zuvor zur gängigen Praxis entwickelt hatte.249 Im Umfang der durch sie zu erreichenden Anonymität sowie in ihrem Anwendungsbereich ist die verdeckte Stellvertretung mit der Legitimationsübertragung jedoch nicht vollkommen deckungsgleich. Um die Schnittmengen der beiden Institute bezüglich ihres Anwendungsbereichs zu identifizieren, ist eine Differenzierung sowohl nach den beiden Aktiengattungen als auch nach den bevollmächtigten Personenkreisen erforderlich.250 Die Legitimationsübertragung ist zunächst grundsätzlich sowohl bei Inhaber- als auch bei Namensaktien möglich, personell ist allerdings die Ausübung des Stimmrechts durch einen Intermediär als Legitimationsaktionär für Inhaberaktien durch § 135 Abs. 1 Satz 1 AktG gänzlich ausgeschlossen.251 Für Namensaktien kann ein Intermediär die Position eines Legitimationsaktionärs bekleiden, wenn er im Aktienregister eingetragen ist, § 135 Abs. 6 AktG.252 Die Stimmrechtsausübung im Namen dessen, den es angeht, steht hingegen nur Intermediären, Aktionärsvereinigungen und geschäftsmäßig Handelnden offen, vgl. § 135 Abs. 8, Abs. 5 Satz 2 AktG.253 Für eine Stimmrechtsvertretung durch die genannten Personengruppen ist die Legitimationsübertragung damit nicht mehr vonnöten, um eine verdeckte Stimmrechtsvertretung zu ermöglichen. Für andere Personen, wie etwa Rechtsanwälte, bleibt die Legitimationszession die einzige Möglichkeit eines verdeckten Vorgehens.254 Als alternative Gestaltungsmöglichkeiten stehen Legitimationsübertragung und verdeckte Stellvertretung mithin nur für die Konstellation zur Verfügung, in der Namensaktien durch Banken oder ihnen nach § 135 Abs. 8 AktG gleichgestellte Akteure repräsentiert werden sollen.255

248

Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vom 30. 7. 2009, BGBl. I Nr. 50/ 2009, S. 2479. 249 Vgl. Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 98; Einsele, JZ 2019, 121, 127. 250 Siehe dazu die untenstehende Tabelle. 251 M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 72; Ziemons, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 129 Rn. 38; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12a; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 120. 252 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 99 Fn. 245; M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 72; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 120; Marsch-Barner, FS Peltzer, 2001, S. 261, 274. 253 Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 25; Wicke, in: BeckOGKAktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 28; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 35. 254 Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 441; Marsch-Barner, FS Peltzer, 2001, S. 261, 274. 255 In der folgenden Übersichtstabelle ist dieses Feld grau hinterlegt.

H. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten

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Zusammenfassung Verhältnis Legitimationsübertragung – verdeckte Stellvertretung für den, den es angeht Banken und nach § 135 Abs. 8 AktG Gleichgestellte Inhaberaktien

Sonstige (Rechtsanwälte etc.)

Verdeckte Stellvertretung Legitimationsübertragung Keine Legitimationsübertragung, § 135 Abs. 1 AktG

Namensaktien Verdeckte Stellvertretung Legitimationsübertragung, § 135 Abs. 6 AktG

Legitimationsübertragung

Auch im Umfang der durch sie zu erreichenden Anonymität unterscheiden sich die Institute der Legitimationseintragung von der Stellvertretung für den, den es angeht. Bei Inhaberaktien kann der Aktionär durch eine Stimmrechtsvertretung für den, den es angeht, seine Anonymität erhalten.256 Im Teilnehmerverzeichnis taucht alleine das Kreditinstitut mit dem Zusatz V für Vollmachtsbesitz auf.257 Nur das Handeln im fremden Namen an sich ist offenzulegen, nicht jedoch die Identität des Vollmachtgebers.258 Bei Namensaktien ist die durch die verdeckte Stellvertretung vermittelte Anonymität hingegen weniger weitgehend als bei der Legitimationsübertragung. Im Teilnehmerverzeichnis taucht zwar ebenfalls nur das Kreditinstitut auf; jedoch ergibt sich aus dem Aktienregister der Gesellschaft weiterhin der Aktionär,259 während bei der Legitimationsübertragung der Legitimationszessionar im Aktienregister steht. Somit kann zwar Anonymität gegenüber den anderen Aktionären gewahrt werden, da diese bei Einsichtnahme in das Teilnehmerverzeichnis gem. § 129 Abs. 4 AktG dort nur das Kreditinstitut eingetragen sehen werden; ein Einsichtsrecht in das Aktienregister besteht jedoch seit dem NaStraG260 nicht mehr, sodass die Identität des Vollmachtgebers den anderen Aktionären verborgen bleibt.261 Gegenüber der Gesellschaft kann durch die verdeckte Stellvertretung jedoch keine Anonymität gewährleistet werden.262 256

Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 99. Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 99; Wicke, in: BeckOGKAktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 26. 258 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 99. 259 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 135 Rn. 45; Rieckers, BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 99; M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 135 Rn. 185. 260 Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz) vom 18. 1. 2001, BGBl. I Nr. 4/2001, S. 123. 261 M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 135 Rn. 185; Herrler, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 135 Rn. 44. 262 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 135 Rn. 45; M. Arnold, in: MünchKommAktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 135 Rn. 185; Herrler, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 135 Rn. 44; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 107. 257

2. Kapitel

Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung und -übertragung A. Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung Fragen der – anonymen – Repräsentation von Aktien hängen zwangsläufig auch mit der Frage der Verbriefung und Verwahrung des Anteils zusammen, denn diese spielen eine zentrale Rolle bei der Legitimation des Aktionärs oder seines Repräsentanten. Daher soll zunächst ein Blick auf die Grundbegriffe der heutigen mediatisierten Wertpapierverwahrung1 geworfen werden, um die Grundlage für die Diskussion über die Art und Weise der Legitimation des Legitimationsaktionärs zu schaffen.

I. Sonderverwahrung/Streifbanddepot Ursprünglich war jeder einzelne Anteil in einer eigenen Urkunde einzeln verbrieft und wurde vom Eigentümer selbst aufbewahrt.2 Heute ist dagegen eine Verbriefung in einer sog. Globalaktie üblich, die in Girosammelverwahrung genommen wird.3 Zwischen der Verwahrung durch den Aktieneigentümer selbst und der girosammelverwahrten Globalaktie steht die Sonderverwahrung oder Streifbandverwahrung. Es handelt sich dabei um die von den eigenen Beständen der Depotbank und denen Dritter gesonderte Verwahrung unter äußerlicher Kennzeichnung jedes Hinterlegers.4 Der Begriff der Streifbandverwahrung ergibt sich daraus, dass die vom Gesetz

1

Vgl. zum Begriff der mediatisierten Wertpapierverwahrung Segna, Bucheffekten, 2018, S. 11 ff. 2 Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 41. 3 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 10 Rn. 3a; Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 49; Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 31. 4 Böttcher, DepotG, 2012, § 2 Rn. 1; Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 43; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 41; Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 510, 516, Rn. 11; Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 24.

A. Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung

61

verlangte äußerliche Kennzeichnung des Hinterlegers häufig durch eine mit dem Namen des Hinterlegers versehene Bänderung, das sog. Streifband, erfolgt.5 Die Sonderverwahrung setzt eine Einzelverbriefung der Wertpapiere voraus. Bei der Sonderverwahrung bleibt die eingelieferte physische Wertpapierurkunde im Alleineigentum des Depotkunden und wird nicht bei der Einlieferung in Bruchteilseigentum am Sammelbestand umgewandelt; mit der Einlieferung und Abschluss des Verwahrungsvertrages als Besitzmittlungsverhältnis wird der Eigentümer vom unmittelbaren zum mittelbaren Besitzer.6 Während die Sonderverwahrung früher die tatsächliche und rechtliche Regelform darstellte, wurde sie zunächst in der Praxis von der Sammelverwahrung verdrängt und dann auch rechtlich 1994 durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz7 von der Sammelverwahrung als neue gesetzliche Regelverwahrungsform abgelöst.8 Seitdem gelangen solche Wertpapiere, die zur Sammelverwahrung durch eine Wertpapiersammelbank zugelassen sind, gem. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 5 Abs. 1 Satz 1 DepotG nur auf Verlangen des Hinterlegers in Sonderverwahrung.9

II. Die Globalaktie/Sammelurkunde § 9a Abs. 1 Satz 1 DepotG definiert den Begriff der Sammelurkunde oder Globalurkunde als ein Wertpapier, in dem mehrere Rechte verbrieft sind, die jedes für sich in vertretbaren Wertpapieren ein und derselben Art verbrieft sein könnten. Die hier interessierende Variante ist die Dauerglobalurkunde, in der die Mitgliedschaftsrechte dauerhaft verbrieft wird.10 Sie verbrieft die Rechte aus einer Emission während der gesamten Laufzeit und macht die Herstellung individueller Stücke damit obsolet.11 Bei der Globalurkunde ist das Recht des Anlegers auf Aushändigung von Einzelstücken nach dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis ausgeschlossen12 (vgl. auch § 9a Abs. 3 Satz 2 DepotG); der Aktionär kann seinen Wertpapierbestand also niemals physisch in Händen halten, sondern nur in Form einer Depotgutschrift 5

Clearstream, Namensaktien in der Girosammelverwahrung, Praxisführer, S. 8; Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 24. 6 Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 42. 7 Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) vom 26. 7. 1994, BGBl. I Nr. 48/1994, S. 1749. 8 Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 42. 9 Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 42. 10 Zu den verschiedenen Arten der Globalurkunde (technische Globalurkunde, interimistische Globalurkunde und Dauerglobalurkunde) vgl. Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 30 f.; Segna, Bucheffekten, 2018, S. 25 ff. 11 Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 31. 12 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 27; Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 32.

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2. Kap.: Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung und -übertragung

wahrnehmen.13 Die Dauerglobalurkunde kann bezeichnet werden als „der Versuch, die Möglichkeiten der Rationalisierung des Effektenwesens bis an ihre Grenzen auszureizen, ohne auf die verkehrsfördernden und –schützenden Funktionen des Wertpapiers zu verzichten.“14 Sie wird als Vorstufe zur völligen Aufgabe der Verbriefung und der Entwicklung der Aktie zum reinen Wertrecht, zu sog. Bucheffekten, betrachtet.15 § 10 Abs. 5 AktG erlaubt die Einschränkung oder den gänzlichen Ausschluss des Verbriefungsanspruchs durch die Satzung.16 Gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AktG muss bei nicht börsennotierten Inhaberaktiengesellschaften der Anspruch auf Einzelverbriefung sogar ausgeschlossen sein und eine Verbriefung in einer Sammelurkunde erfolgen; auch abseits des Anwendungsbereichs dieser Regelung ist die Verbriefung in einer Globalurkunde bzw. mehreren Sammelurkunden der Regelfall, eine Einzelverbriefung inzwischen eine seltene Ausnahme.17

III. Die Girosammelverwahrung § 5 DepotG regelt die Sammelverwahrung von Wertpapieren. Die Sammelverwahrung ist dadurch gekennzeichnet, dass vertretbare Wertpapiere für mehrere Hinterleger ungetrennt – im Gegensatz zu der getrennten und gekennzeichneten Streifbandverwahrung – in einem einheitlichen Bestand verwahrt werden.18 Von Girosammelverwahrung spricht man, wenn die Sammelverwahrung durch eine Wertpapiersammelbank erfolgt.19 § 1 Abs. 3 DepotG definiert den Begriff der Wertpapiersammelbank;20 die einzige Wertpapiersammelbank in Deutschland ist

13

Segna, Bucheffekten, 2018, S. 27. Segna, Bucheffekten, 2018, S. 27. 15 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 27. 16 Vgl. zum Ausschluss der Einzelverbriefung und seiner Entwicklung auch Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 32 ff. 17 Vgl. etwa Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 39; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 10 Rn. 3a; Segna, Bucheffekten, 2018, S. 24; Einsele, JZ 2019, 121, 126. 18 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 21. 19 Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 52. 20 In Zukunft wird sich die Anerkennung als Wertpapiersammelbank nach den Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. 7. 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012, ABl. EU L 257/1, richten (insbesondere Art. 16 ff. der VO; vgl. aber auch die Übergangsregelung gem. § 43 DepotG). Danach werden die Anforderungen an die Zulassung von Zentralverwahrern harmonisiert und für diese der Europäische Pass eingeführt (Art. 23 der VO); vgl. Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 52. 14

A. Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung

63

derzeit die Clearstream Banking AG.21 Die Clearstream Banking AG ist ein Tochterunternehmen der Clearstream Banking SA und hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 DepotG darf der Verwahrer vertretbare Wertpapiere, die zur Sammelverwahrung durch eine Wertpapiersammelbank zugelassen sind, dieser zur Sammelverwahrung anvertrauen, es sei denn, der Hinterleger hat die gesonderte Aufbewahrung der Wertpapiere verlangt. Es handelt sich dabei also um die Regelform der (Sammel-)Verwahrung.22 Eine Verwahrung der Globalurkunde bei der Gesellschaft selbst ist wegen der Erlaubnispflicht als Bankgeschäft nicht möglich.23 Der Begriff der Vertretbarkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 DepotG richtet sich nach § 91 BGB. Danach sind vertretbar bewegliche Sachen, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen. Bei Inhaberaktien ist diese Voraussetzung gegeben; bei Namensaktien kann die Vertretbarkeit durch ein sog. Blankoindossament geschaffen werden.24 Das Blankoindossament ist geregelt in § 68 Abs. 1 Satz 2 AktG i. V. m. Art. 13 Abs. 2 WG. Art. 14 Abs. 2 Nr. 3 WG und ermöglicht die Übertragung der blankoindossierten Namensaktie durch bloße Übereignung der Aktienurkunde gem. §§ 929 ff. BGB, also ebenso wie die Inhaberaktie.25 Erst durch das Blankoindossament gewinnt die Namensaktie die Fähigkeit zur Girosammelverwahrung und zum Börsenhandel.26 Sachenrechtlich stellt sich die Situation bei der Globalverbriefung so dar, dass nach § 6 Abs. 1 Satz 1 DepotG mit dem Zeitpunkt des Eingangs beim Sammelverwahrer für die bisherigen Eigentümer kraft Gesetzes Miteigentum nach Bruchteilen i. S. d. §§ 741 ff. BGB an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren derselben Art entsteht; der Depotkunde verliert also sein Alleineigentum an den von ihm eingelieferten Wertpapieren.27 §§ 7, 8 DepotG modifizieren allerdings den Aufhebungsanspruch nach § 749 BGB.28 21

Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 42; Klanten, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 72 Rn. 28; Scherer, in: Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Auflage 2020, § 1 DepotG Rn. 20; Einsele, in: MünchKommHGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 52; Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 510, 516, Rn. 11. 22 Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 52. 23 Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 510, 516, Rn. 12. 24 Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 204; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 42; Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 51; Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 34; Segna, Bucheffekten, 2018, S. 22. 25 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 12; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 62; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 5. 26 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 5; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 62; Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 46; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, 5. Auflage 2020, Rn. 223. 27 Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 204; vgl. auch Heider, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 10 Rn. 43; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, 5. Auflage 2020, Rn. 223;

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2. Kap.: Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung und -übertragung

IV. Die mediatisierte Wertpapierverwahrung Das mediatisierte Wertpapierverwahrungssystem besteht in seiner einfachsten Form aus einer dreistufigen Pyramide von Depotverträgen. An der Spitze steht der nationale Zentralverwahrer Clearstream, in der Mitte stehen Kreditinstitute, für die Clearstream Depotkonten führt (sog. Depotbanken) und auf der letzten Ebene steht der Anleger, der seine Bestände über die Depotbank hält.29 Die Rechtsinhaberschaft des Anlegers ergibt sich faktisch alleine aus seinem Depotkonto.30 Zur Ermittlung der Identität des Anlegers muss die Verwahrkette also vom Zentralverwahrer über die dazwischengeschalteten Depotbanken bis hin zum Inhaber des Depotkontos zurückverfolgt werden.31 Die Möglichkeit dazu wurde jüngst auch für Inhaberaktien durch das ARUG II geschaffen.32 Das mediatisierte Wertpapierverwahrsystem dient dem Zweck, das massenhafte Effektengeschäft nach dem Vorbild des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu rationalisieren.33 Die körperliche Weitergabe des Wertpapiers bei jeder Transaktion wäre schlichtweg unpraktikabel.34 Erst die Deponierung der Aktien bei einer zentralen Sammelstelle wie Clearstream ermöglicht es, ausschließlich über die Buchungen auf den Depotkonten über die Aktien zu verfügen.35 Dies wird auch als „stückeloser“ Effektengiroverkehr bezeichnet.36

B. Grundbegriffe der heutigen Wertpapierübertragung: der Effektengiroverkehr Die Girosammelverwahrung ist die Grundlage für den sog. Effektengiroverkehr. Der Effektengiroverkehr ist eine Art der Übertragung verbriefter Rechte, die alleine durch eine Umbuchung bei der Wertpapiersammelbank erfolgt, ohne dass eine tat-

Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 510, 516, Rn. 11; Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 49. 28 Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 42. 29 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 13. 30 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 17; Noack/Zetzsche, AG 2002, 651, 654; Einsele, JZ 2019, 121, 126. 31 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 17. 32 Zu den neuen Möglichkeiten und Instrumenten zur Aktionärsidentifikation durch das ARUG II vgl. noch unten 8. Kapitel C. V, S. 268. 33 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 18. 34 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 18. 35 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 18. 36 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 18.

B. Grundbegriffe der heutigen Wertpapierübertragung: der Effektengiroverkehr

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sächliche Bewegung der übertragenen Aktien stattfinden würde.37 Dieses Verrechnungssystem, das an die Stelle der physischen Bewegung von Aktien getreten ist, wird in Anlehnung an den Geldgiroverkehr als Effektengiroverkehr bezeichnet.38 Die Aktieninhaberschaft ist im heutigen Effektengiroverkehr faktisch weitgehend vom unmittelbaren Besitz abgekoppelt als eine von der Globalurkunde abgeleitete Kontenbuchung.39 Aktionär kann im System der intermediärsgestützten Aktienverwahrung nur sein, wer ein Depotkonto bei einem Letzintermediär hat.40 Einem Übergang zur Ausgestaltung als reinem Wertrecht hat der Gesetzgeber aber dennoch eine Absage erteilt und sich für Fortbestand des wertpapierrechtlichen Effektenwesens ausgesprochen.41 Durch die Verordnung (EU) Nr. 909/201442 wird der Prozess der Entwicklung zu reinen Wertrechten jedoch weiter vorangetrieben: Art. 3 Abs. 1 der Verordnung verlangt ab dem 1. 1. 2023 für neu emittierte und ab dem 1. 1. 2025 für alle übertragbaren Wertpapiere deren Immobilisierung oder Dematerialisierung und damit deren Funktionsverlust.43 Auch im Effektengiroverkehr vollzieht sich die Übertragung des Aktieneigentums nach der herrschenden Ansicht weiterhin nach den sachenrechtlichen Regeln der §§ 929 ff. BGB.44 Neben der dinglichen Einigung45 ist daher eine Übergabe er37 Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 53; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 42; Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 25. 38 Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 25. 39 Vgl. Noack, NZG 2008, 721, 723; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 39; Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 510, 539, Rn. 80; Segna, Bucheffekten, 2018, S. 32: „Die Rechtszuständigkeit des Anlegers ergibt sich nicht aus der tatsächlichen Sachherrschaft über ein Papier, sondern einzig und alleine aus der Depotgutschrift.“; Lüttringhaus, in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, Bürgerliches Gesetzbuch: Allgemeiner Teil – EGBGB, 4. Auflage 2021, Anhang zu Art. 46d EGBGB: Internationales Wertpapierrecht, Rn. 3; Noack, FS Seibert, 2019, S. 597, 611. 40 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 5. 41 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf des KonTraG, BT-Drucks. 13/10038, S. 25, rechte Spalte: „Damit wird nicht der Schritt zum Wertrecht unter Abkehr vom Wertpapier vollzogen …“; vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 10 Rn. 3a. 42 Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. 7. 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/ EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012, ABl. EU L 257/1. 43 Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 54, 61; Lüttringhaus, in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, Bürgerliches Gesetzbuch: Allgemeiner Teil – EGBGB, 4. Auflage 2021, Anhang zu Art. 46d EGBGB: Internationales Wertpapierrecht, Rn. 3. 44 Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 64; Klanten, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 72 Rn. 102 ff.; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 206; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, 5. Auflage 2020, Rn. 223; Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 50; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG,

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2. Kap.: Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung und -übertragung

forderlich, wobei sich die Besitzverhältnisse wie folgt darstellen: Die Wertpapiersammelbank ist unmittelbare Fremdbesitzerin des Eigentumsanteils an der Globalaktie, die Depotbank ist als Zwischenverwahrer mittelbare Mitbesitzerin erster Stufe und der Aktionär ist mittelbarer Eigenbesitzer und Mitbesitzer zweiter Stufe.46 Besitzmittlungsverhältnis i. S. d. § 868 BGB ist das den depotrechtlichen Auslieferungsanspruch nach §§ 7, 8 DepotG vermittelnde Verwahrungsverhältnis.47 Der Übergang des Besitzes erfolgt durch die Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses, d. h. dadurch, dass die Wertpapiersammelbank den Besitz dann nicht mehr für den Alteigentümer, sondern für den Erwerber mittelt. Diese Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses erfolgt mit der Umbuchung bei der Wertpapiersammelbank.48 Beim außerbörslichen Erwerb kann, soweit Veräußerer und Erwerber beide ein Depot bei derselben Depotbank haben, eine unmittelbare Depotumschreibung durch ausschließlich bankinterne Umbuchung bei der Depotbank erfolgen, ohne dass es einer Umstellung von Depotbeständen der Depotbank bei Clearstream bedürfte.49 Bei einem Erwerb über eine inländische Börse erfolgt die Einbuchung der Aktien in das Depot des Erwerbers üblicherweise am zweiten Handelstag nach Geschäftsabschluss.50 Erst mit der Einbuchung der Aktien in das Wertpapierdepot des Erwerbers ist der Erwerb der Aktieninhaberschaft abgeschlossen.51 Die Anwendung der sachenrechtlichen Grundsätze auf den soeben beschriebenen „sehr verschlungenen Pfaden“52 bleibt jedoch nicht unwidersprochen. Namentlich Einsele vertritt die Ansicht, „die tatsächlichen Abläufe beim Effektengiroverkehr könnten […] nicht mehr mit den Kriterien des Sachenrechts erfasst und insbesondere die Depotinhaber nicht als (Mit-)Besitzer des Wertpapiersammelbestands angesehen werden“.53 Noack bezeichnete schon 2007 die sachenrechtlich-wertpapierrechtliche Einordnung zwar als „lebensfremd“, sieht jedoch einen „gesetzlich verordneten 15. Auflage 2021, § 10 Rn. 3a: „auf [depotverwahrte Globalurkunden sind] die namentl. sachenrechtl. Grundsätze nur noch auf sehr verschlungenen Pfaden anwendbar.“ 45 Vgl. hierzu genauer Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 72 Rn. 102 f. 46 Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 205; Eder, NZG 2004, 107, 110 m. w. N.; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 64. 47 Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 64. 48 Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 72 Rn. 104; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 64; Rothenfußer, in: Paschos/ Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 52; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, 5. Auflage 2020, Rn. 223. 49 Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 52. 50 Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 52. 51 Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 52. 52 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 10 Rn. 3a. 53 Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 62; vgl. auch Einsele, JZ 2019, 121, 125.

C. Transaktionen mit girosammelverwahrten Aktien

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Systemwechsel“ nicht als eine der vordringlichsten Aufgaben an.54 Mit dieser Auffassung reiht er sich in eine Linie mit Seibert ein, der bereits 1999 anlässlich der Einführung der Möglichkeit des gänzlichen Ausschlusses des Anspruchs des Aktionärs auf Verbriefung seines Anteils durch das KonTraG konstatierte: „Die Unternehmen gehen den Weg zur Dematerialisierung der Aktie still und ohne großes Aufheben. In der Sache ist das ein sehr bedeutsamer Vorgang – wertpapierrechtlich bleibt aber formal alles beim Alten, weil an der Globalurkunde festgehalten wird. Der weitere und rechtstechnisch wesentlich aufwendigere Schritt zur Aktie als Wertrecht, zur vollständigen Entmaterialisierung wäre vielleicht konsequent, er wird sich in der Praxis aber möglicherweise gar nicht mehr als notwendig erweisen.“55

C. Transaktionen mit girosammelverwahrten Aktien I. CASCADE-RS und Aktienregisterführung Clearstream als Wertpapiersammelbank stellt mit dem System CASCADE eine Plattform für die Verwaltung von Transaktionen in deutschen und internationalen Wertpapieren zur Verfügung. CASCADE steht für Central Application for Settlement, Clearing and Depository Expansion.56 Für Namensaktien betreibt Clearstream das System CASCADE-RS, wobei RS für Registered Shares steht.57 In CASCADERS ist eine erweiterte Bestandsführung bis auf Aktionärsebene möglich.58 Die Führung des Aktienregisters kann an spezialisierte Dienstleistungsunternehmen59 ausgelagert werden.60 Diese führen einen täglichen Datenaustausch mit Clearstream über CASCADE-RS durch und können so die Umschreibungen von Beständen tagesaktuell vornehmen.61 Da Clearstream die Änderungen im Aktienregister somit zentral veranlasst, übt sie im Hinblick auf die Richtigkeit der Eintragungen eine Art Notarfunktion aus.62 54

Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 517, Rn. 13. Seibert, DB 1999, 267, 269. 56 Clearstream, CASCADE Handbuch, S. 7. 57 Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. i. 58 Clearstream, CASCADE Handbuch, S. 7. 59 Z. B. Bader & Hubl, http: // www.baderhubl.de/aktienregister.html (zuletzt abgerufen am 22. 5. 2021); Adeus Aktienregister-Service-GmbH, https://www.adeus.de/services.php (zuletzt abgerufen am 22. 5. 2021). 60 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 5. 61 Clearstream, CASCADE Handbuch, S. 7: „Auch werden spezifische Dienste z. B. Umschreibung von Aktienbeständen unter Einbeziehung des Aktienbuches des jeweiligen Emittenten exklusiv angeboten.“; http://www.baderhubl.de/aktienregister.html (zuletzt abgerufen am 22. 5. 2021). 62 Handelsrechtsausschluss des Deutschen Anwaltsvereins, NZG 2019, 12. 55

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2. Kap.: Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung und -übertragung

In der Praxis der girosammelverwahrten Namensaktie stellt sich der Ablauf grundsätzlich so dar, dass die Depotbank am Ende eines Geschäftstages für ihren freien Meldebestand eine Umschreibung auf ihren eigenen Namen – als Nominee oder Treuhänder – über CASCADE-RS an das Aktienregister übermittelt. Die Bank würde dann als Treuhänder für den Inhaber eingetragen und somit ihm gegenüber mit der Wahrnehmung der Pflichten eines Treuhänders betraut. In der Regel würde sie dafür sorgen, dass dem Aktionär die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung seiner Stimmrechte ermöglicht wird.63 Dabei müsste bei individueller Umsetzung ein Emittent gegenüber jeder Depotbank, die dessen girosammelverwahrte Namensaktien hält, das Verlangen nach Eintragung der Depotbank anstelle des nicht eingetragenen Aktieninhabers äußern. Die Banken hätten diesem Eintragungsverlangen ebenfalls individuell für jeden Emittenten einzeln zu entsprechen.64 Dieser unpraktikablen Situation wird in der Praxis durch den Service der automatischen Umschreibung begegnet. Clearstream bietet im System CASCADE-RS für girosammelverwahrte Namensaktien den Service der automatischen Umschreibung an.65 Der Service beinhaltet zwei Komponenten, die „automatische Umschreibung auf Legitimationsaktionär gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG (ALU)“ und die „automatische Umschreibung Interimsbestand (AU)“.66

II. „Automatische Umschreibung auf Legitimationsaktionär gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG (ALU)“ Die Bezeichnung „Umschreibung auf Legitimationsaktionär“ ist zunächst einmal irreführend, da die Eintragung nach § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG gemeinhin – gerade in Abgrenzung zur Eintragung eines Legitimationsaktionärs im Aktienregister – als Platzhaltereintragung bezeichnet wird. An der materiellen Legitimation in Form der Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung fehlt es bei der Platzhaltereintragung aber ja gerade zunächst einmal – gewissermaßen ein Legitimationsaktionär ohne Legitimation. Wegen der Legitimationswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG wird bei Namensaktien in Literatur und Rechtsprechung zuweilen unabhängig von einer Ermächtigung durch den wahren Aktionär der im Aktienregister Eingetragene als Legitimationsaktionär bezeichnet, da dem Eingetragenen ungeachtet einer möglicherweise fehlenden materiellen Berechtigung in Form einer Ermächtigung das

63 Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 2 – 4. 64 Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 2 – 4. 65 Vgl. Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 1 – 1. 66 Vgl. Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 1 – 1.

C. Transaktionen mit girosammelverwahrten Aktien

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Stimmrecht zusteht.67 Dieser Terminologie folgt auch Clearstream, wenn sie unabhängig von einer Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung von den als Platzhalter eingetragenen Kreditinstituten als Legitimationsaktionären und von der Umschreibung nach § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG als „Umschreibung auf Legitimationsaktionär“ spricht. Wenn Clearstream schreibt, neben dem schnellen Umschlag des freien Meldebestands bestehe der Vorteil der ALU für die meisten Emittenten darin, über Legitimationsaktionäre Stimmrechte an Aktionäre vermitteln zu können, die als solche nicht im Aktienregister eingetragen sind,68 so ist dies nicht so zu verstehen, dass die zunächst als Platzhalter im Rahmen der ALU eingetragenen Kreditinstitute in jedem Fall als Legitimationsaktionäre fungieren und Stimmrechte für die Aktionäre ausüben können, sondern vielmehr so, dass der eingetragene Platzhalter rasch im Wege einer Ermächtigung gem. § 135 Abs. 6 AktG durch den Aktionär zum stimmberechtigten Legitimationsaktionär werden kann.

III. „Automatische Umschreibung Interimsbestand (UA)“ § 67 Abs. 4 Satz 6 AktG69 bestimmt, dass die Eintragung eines Kreditinstituts im Aktienregister keine Pflichten nach § 67 Abs. 2 AktG auslöst und nicht zur Anwendung von satzungsmäßigen Beschränkungen nach § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG führt, wenn das Kreditinstitut im Rahmen eines Übertragungsvorgangs von Namensaktien nur vorübergehend gesondert eingetragen wird. Der zeitliche Rahmen der „vorübergehenden“ Eintragung liegt in der Regel bei 2 Tagen70 bis zu höchstens einer Woche.71 Die Regierungsbegründung des ARUG II spricht neuerdings von etwa zwei Wochen.72 Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass die Einfügung dieser Vorschrift vor allem dazu dienen sollte, klarzustellen, dass eine sehr kurzfristige Eintragung im Rahmen eines Übertragungsvorganges nicht die kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten der §§ 33 f. WpHG auslöst.73 Auch in Bezug auf die Interimseintragung ist der Umfang der dem Eingetragenen daraus erwachsenden Rechte und Pflichten umstritten: Nach dem Wortlaut des § 67 67

Vgl. Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724. Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 2 – 11. 69 In der Neufassung durch das ARUG II, zuvor Satz 7. 70 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum EHUG, BT-Drucks. 16/ 2781, S. 88. 71 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 115; vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 127. 72 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/97339, S. 59; vgl. Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 127. 73 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum EHUG, BT-Drucks. 16/ 2781, S. 88. 68

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2. Kap.: Grundbegriffe der heutigen Wertpapierverwahrung und -übertragung

Abs. 4 Satz 6 AktG treffen den Eingetragenen keine Pflichten, ihm könnten jedoch die sich aus der Eintragung ergebenden Rechte trotzdem zustehen.74 Dennoch ist die Regelung aber so zu verstehen, dass § 67 Abs. 2 AktG gänzlich unanwendbar ist.75 Dafür spricht auch hier die Regelungsintention des Gesetzgebers. Mit der Einfügung des § 67 Abs. 4 Satz 6 AktG76 durch das EHUG sollte den Depotbanken, die im Rahmen eines Übertragungsvorganges kurzzeitig eingetragen werden, „die Sorge, wegen dieses formalen Einspringens für kurze Zeit mit Pflichten nach § 128 AktG77 und dem WpHG (Meldepflichten) konfrontiert zu werden“, genommen werden, da diese wegen dieser Befürchtung teils nicht an den Übertragungsverfahren teilnehmen wollten.78 Diesem Regelungsziel entspricht es, die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG für diese Fälle außer Kraft zu setzen. Der eingetragenen Depotbank hingegen eine privilegierte Aktionärsstellung einzuräumen, in der sie die Rechte wahrnehmen kann, ohne dass sie die Pflichten treffen, entspricht dieser Zielsetzung nicht.79 Bei Clearstream wird diese Eintragung als „Umschreibung auf Interimsbestand (AU)“ bezeichnet. Im Aktienregister wird das eingetragene Kreditinstitut als „technischer Aktionär“ gekennzeichnet.80

74 So in der Tat Lutter/Drygala, Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 114. 75 Vgl. auch Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21d. 76 Damals als Satz 7. 77 § 128 AktG wurde nun durch das ARUG II aufgehoben; inhaltlich ist die Regelung in §§ 67a ff. AktG aufgegangen, vgl. Regierungsbegründung ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 97. 78 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum EHUG, BT-Drucks. 16/ 2781, S. 88. 79 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21d. 80 Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 3 – 1.

3. Kapitel

Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung Die Voraussetzungen der Legitimationszession sind zweigeteilt in eine formelle und eine materielle Seite.1 Püttner spricht von der Ermächtigung, dem materiellen Erfordernis, als aktienrechtlicher Seite und der Frage, wer Eigentümer und Besitzer der Aktie ist, also der formellen Komponente, als depot- und wertpapierrechtliche Seite.2 Jedenfalls bedarf es einer Ermächtigung des Legitimationsaktionärs zur Ausübung der Stimmrechte als materielle Voraussetzung. Vielfach wird auch die Besitzeinräumung an den Aktien als zusätzliches materielles Ermächtigungserfordernis eingeordnet.3 Für den formellen Aspekt kommt es auf die Aktienart an. Die Legitimationszession kann sowohl bei Inhaber- als auch bei Namensaktien erfolgen, wobei der formelle Aspekt in jedem Fall ein Legitimationsmittel der Gesellschaft gegenüber ist: bei Namensaktien die Eintragung im Aktienregister, bei Inhaberaktien ursprünglich der Aktienbesitz, heute in der Regel ein Ersatz wie etwa der sog. Bankennachweis nach § 123 Abs. 4 Satz 1 AktG. Dass neben das formelle Erfordernis des Legitimationsmittels, insbesondere des Besitzes, noch eine materielle Komponente, nämlich die Ermächtigung durch den Berechtigten treten muss, versteht sich vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung der Aktionärslegitimation. Zunächst war der Aktienbesitz als Legitimationsmittel unabhängig von der materiellen Rechtslage ausreichend, was dazu führte, dass die Banken auch ohne Ermächtigung mit den Aktien ihrer Depotkunden abstimmen konnten und dass Stimmrechte gegen Geld „verliehen“ werden konnten.4 Der Gesetzgeber stellte diese Verhaltensweisen 1884 unter Strafe, und es setzte sich in der folgenden Zeit das Verständnis durch, dass es neben dem Aktienbesitz als formellem Legitimationsmittel noch einer materiellen Berechtigung zur Stimmrechtsausübung bedürfe.5 Die Legitimationsübertragung wurde von dort an verstanden als eine Verschaffung der Legitimation einerseits und als Ermächtigung, das Stimmrecht im eigenen Namen auszuüben, andererseits.6 1 Vgl. zu dieser Einteilung Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 441; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 120; auch bereits Frohner, Aktiensonderdepot und Legitimationsübertragung, 1929, S. 80. 2 Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 45. 3 Vgl. dazu unten 3. Kapitel C, S. 99. 4 Vgl. dazu bereits oben 1. Kapitel B, S. 23. 5 Vgl. Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 47; Simon, FS Wilke, 1900, S. 255 ff.; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 441. 6 Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 47; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 441.

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

A. Die materielle Voraussetzung: Ermächtigung durch den Aktieninhaber Zu einer wirksamen Legitimationszession bedarf es einer Ermächtigung des Legitimationsaktionärs durch den wahren Aktionär, was sich aus dem Wortlaut des § 129 Abs. 3 AktG („wer von einem Aktionär ermächtigt ist, …“) ergibt. Nähere Anforderungen an diese Ermächtigung stellt das Aktiengesetz nicht auf.7

I. Dogmatische Einordnung der Ermächtigung Für den Begriff der Ermächtigung findet sich im Gesetz nirgends eine allgemeine Definition, sie kann aber charakterisiert werden als „die Erteilung der Macht, im eigenen Namen auf einen fremden Rechtskreis durch Rechtsgeschäft einzuwirken“.8 Diese Ermächtigung beseitigt im Innenverhältnis zum Rechtsinhaber die Widerrechtlichkeit der betreffenden Handlung und verleiht im Außenverhältnis die Macht zum erfolgreichen Eingreifen in einen fremden Rechtskreis im eigenen Namen.9 Jedenfalls handelt es sich um ein einseitiges, einem anderen gegenüber vorzunehmendes Rechtsgeschäft. Die Ermächtigung unterliegt den Vorschriften über Willenserklärungen sowie den allgemeinen Regeln des BGB.10 Die Ermächtigung ist formfrei möglich und kann auch konkludent erfolgen.11 Die Dauer der Ermächtigung richtet sich nach dem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Innenverhältnis, wobei es sich typischerweise um Auftrag (§ 662 BGB) oder Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) handeln wird.12 1. Direkte Anwendbarkeit des § 185 Abs. 1 BGB? Üblicherweise wird die Ermächtigung ohne weiteres bei § 185 BGB eingeordnet.13 Diese Einordnung geht zurück auf eine Entscheidung des Reichsgerichts,14 in 7 Vgl. auch Than, ZHR 157 (1993), 125, 131; Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, S. 487, 488: „Über die Anforderungen an die Konstruktion dieser historischen Rechtsfigur (wie wird „legitimiert“?) schweigt sich das Gesetz aus.“; ebenso Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 2. 8 Ludewig, Die Ermächtigung nach bürgerlichem Recht, 1922, S. 2. 9 Ludewig, Die Ermächtigung nach bürgerlichem Recht, 1922, S. 3. 10 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442. 11 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 443. 12 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 121, Than, ZHR 157 (1993), 125, 136. 13 Vgl. Liebscher, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 129 Rn. 17; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 25; Wicke, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 129 Rn. 27; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 129 Rn. 33; zurückhaltender Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 48: „ähnlich § 185 BGB“; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12; § 134 Rn. 32: „nach dem Vorbild“

A. Die materielle Voraussetzung: Ermächtigung durch den Aktieninhaber

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der es feststellt, die vorherige Zustimmung des Berechtigten mache die Verfügung, die der Nichtaktionär durch Ausübung des Stimmrechts treffe, nach § 185 BGB rechtlich wirksam.15 Zweifelsfrei und zwingend ist diese Einordnung in Anbetracht des Wortlauts des § 185 BGB allerdings nicht. Denn § 185 Abs. 1 BGB ist keine Definitionsnorm, sondern setzt eine Ermächtigung selbst nur voraus, ohne sie näher zu beschreiben oder auch nur diesen Begriff zu verwenden; § 185 Abs. 1 BGB spricht viel mehr von einer „Einwilligung des Berechtigten“ zur Veräußerung, die im sachenrechtlichen Kontext gemeinhin als Ermächtigung bezeichnet wird.16 Zudem passt § 185 Abs. 1 BGB seinem direkten Anwendungsbereich nach nicht auf die Situation der Legitimationsübertragung, denn er setzt eine Verfügung eines Nichtberechtigten über einen Gegenstand voraus. Zwar ist der Begriff des Gegenstandes im Rahmen des § 185 BGB denkbar weit schlicht als Gegenstand der Verfügung zu verstehen,17 sodass darunter das Stimmrecht noch zu fassen wäre, allerdings bedürfte es zusätzlich einer Verfügung. Verfügungen sind nach allgemeiner Definition Rechtsgeschäfte, durch die bestehende Rechte mit unmittelbarer Wirkung aufgehoben, übertragen, belastet oder inhaltlich verändert werden.18 Dieses Erfordernis einer Verfügung eines Nichtberechtigten gilt es nun zunächst in die Kategorien der Legitimationsübertragung zu transponieren. Die Verfügung des Nichtberechtigten ist im Kontext der Legitimationszession die Ausübung des Stimmrechts durch den Legitimationsaktionär.19 Der Legitimationsaktionär ist Nichtberechtigter, da er nicht der Aktieneigentümer ist, und er übt ein aus dem Aktieneigentum fließendes Recht aus, nämlich das Stimmrecht, worin potentiell die für eine direkte Anwendung des § 185 BGB notwendige Verfügung liegen könnte. Die Ausübung des Stimmrechts ändert jedoch an der dinglichen Rechtslage nichts. Überhaupt findet im Rahmen der Legitimationszession keinerlei Änderung der dinglichen Zuordnung statt; weder kommt es zu einer Übertragung des Aktieneigentums noch des Stimmrechts. Das Stimmrecht ist isoliert aufgrund des Abspaltungsverbots auch gar kein verfügungsfähiges Recht.20 Es wird bei der Legitimationsübertragung vielmehr lediglich die Ausübungsbefugnis übertragen. Eine des § 185 BGB; Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 37 Rn. 23: „eine an den Rechtsgedanken des § 185 BGB angelehnte Ermächtigung.“ 14 RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332. 15 RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332. 16 Vgl. nur Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 185 Rn. 21. 17 Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 185 Rn. 4. 18 Vgl. nur Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 185 Rn. 3; das RG versteht in seinem Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332 den Begriff der Verfügung offenbar untechnisch. 19 Vgl. ebenso Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 49. 20 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442; zum Abspaltungsverbot bereits oben 1. Kapitel E. I, S. 42.

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

Verfügung im Sinne des § 185 BGB ist mithin bei der Legitimationsübertragung nicht ersichtlich.21 Daran scheitert eine direkte Anwendung des § 185 BGB. 2. Analoge Anwendbarkeit des § 185 Abs. 1 BGB? Will man es bei der Einordnung bei § 185 BGB belassen und die Wirksamkeit der Rechtsausübung durch den Legitimationsaktionär mit seiner Hilfe begründen, kommt mithin höchstens eine analoge Anwendung in Betracht,22 durch die die Rechtsfolge des § 185 Abs. 1 BGB, nämlich die Wirksamkeit der „Verfügung“, übertragen werden könnte. Eine analoge Anwendung setzt eine planwidrige Regelungslücke sowie eine vergleichbare Interessenlage voraus. Es muss allerdings schon in Frage stehen, ob eine Regelungslücke in Bezug auf die Wirksamkeit der Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung überhaupt vorliegt. Zwar trifft § 129 Abs. 3 AktG nicht direkt eine Aussage zur Wirksamkeit der Stimmrechtsausübung durch den Ermächtigten, sondern knüpft an die vorausgesetzte Ermächtigung Pflichten in Bezug auf die Angaben im Teilnehmerverzeichnis. Dass eine solche Ermächtigung aber möglich und wirksam sein muss, setzt die Regelung damit selbstverständlich voraus. Mithin besteht wohl schon keine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 185 Abs. 1 BGB auf die Legitimationsübertragung gebieten oder auch nur erlauben würde, denn dieser geht in seinem Aussagegehalt nicht über den Gehalt des § 129 Abs. 3 AktG hinaus, dass eine solche Ermächtigung möglich sein muss und eine wirksame Stimmabgabe durch den Ermächtigten ermöglicht.23 Noack fasst diesen Befund so zusammen, dass man mit einer analogen Anwendung des § 185 BGB nichts verkehrt mache, aber auch nichts gewinne.24 Dass eine Ermächtigung von Nöten ist, sagt das Aktiengesetz selbst – mehr ist auch aus § 185 BGB kaum herauszulesen.25 Der Rückgriff auf § 185 Abs. 1 BGB mag allenfalls dabei helfen, die „dubiose“26 Konstruktion der Legitimationszession mittels bekannter Rechtsinstitute zu erfassen. Eine Anlehnung an die sachenrechtlichen 21

Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 66 mit Fn. 211; Grunewald, ZGR 2015, 347, 351; ebenso bereits Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 49; Planitz, Stimmrechtsaktie, 1922, S. 15; im Ergebnis ebenso Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442, der allerdings als in Betracht kommende Verfügung die Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung in den Blick nimmt. Das ist ungenau; die Verfügung i. S. d. § 185 BGB ist gerade das Geschäft, was durch die Ermächtigung wirksam wird, nicht die Ermächtigung selbst. 22 Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 66; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 58; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442; Püttner, Depotstimmrecht, 1963, S. 50; Block/Packi, BB 2010, 788. 23 Vgl. auch Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442. 24 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442; im Anschluss daran wörtlich ebenso Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 90. 25 In diese Richtung auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 90: „Dass eine Ermächtigung oder Einwilligung vorliegen muss, liest sich schon aus dem aktiengesetzlichen Wortlaut […] heraus.“ 26 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439.

A. Die materielle Voraussetzung: Ermächtigung durch den Aktieninhaber

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Begrifflichkeiten, die man als eine „analoge Anwendung“ des § 185 BGB bezeichnen mag, erweist sich so letztlich als unschädlich, aber entbehrlich. 3. Gewohnheitsrechtliche Anerkennung des Ermächtigungserfordernisses Diesen Befund gießt Mohamed in rechtliche Kategorien, wenn er das Ermächtigungserfordernis als Voraussetzung für die Legitimationszession folglich von § 185 BGB abkoppelt und als gewohnheitsrechtlich anerkannt bezeichnet. Zur Begründung weist er darauf hin, dass die Legitimationszession eine lange Historie aufweist und die Rechtsfigur und mit ihr auch die zugrundeliegende Ermächtigung vornehmlich in der Rechtsprechung ausgeformt wurde.27 Die Einordnung als Gewohnheitsrecht stellt eine konsequente Fortführung des soeben herausgearbeiteten Gedankens dar, dass die Ermächtigung von § 185 BGB verselbstständigt ist mit einem Rückgriff auf diese Norm im Sinne einer analogen Anwendung nichts zu gewinnen ist. Daraus ergibt sich, dass die Ermächtigung durch andere Quellen als durch die Vorgaben des § 185 BGB ausgestaltet worden sein muss, und dies kann nur die ständige Rechtsprechung sein, die sich schließlich zu Gewohnheitsrecht verfestigte.28 Die Ermächtigung im Rahmen der Legitimationszession ist damit als ein gewohnheitsrechtlich anerkanntes Erfordernis einzuordnen. 4. Anwendbarkeit des § 185 Abs. 2 BGB auf die Legitimationszession? Gegen die Einordnung der Ermächtigung des Legitimationsaktionärs bei § 185 BGB – und für eine Einordnung als Gewohnheitsrecht – spricht auch die folgende Erwägung: Wenn § 185 Abs. 1 BGB zumindest in analoger Form zur Anwendung kommen sollte, dann wäre es nur konsequent, auch § 185 Abs. 2 BGB anzuwenden.29 Dies hätte zur Folge, dass eine spätere Genehmigung durch den wahren Aktionär eine unwirksame Stimmabgabe durch einen nicht ermächtigten Dritten zur Wirksamkeit verhelfen würde. Es bedeutete auch, dass es in der Zwischenzeit einen Zustand ,schwebend unwirksamer Stimmabgabe‘ gäbe. Einem solchen Schwebezustand steht grundsätzlich die Rechtssicherheit entgegen. a) Hauptversammlung und Rechtssicherheit Dennoch kennt das Zivilrecht Situationen schwebend unwirksamer Rechtsausübung, beispielsweise in § 108 Abs. 1 BGB und in § 177 Abs. 1 BGB. Dort nimmt der Gesetzgeber die zwischenzeitlich entstehende Unsicherheit hin, um dem Berechtigten die Möglichkeit zu geben, die Ausübung des Rechts durch einen hierzu 27

Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 91. Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 91. 29 Vgl. auch Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 126; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442; im Anschluss daran auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 92. 28

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

nicht Befähigten, im Falle des § 108 BGB den beschränkt Geschäftsfähigen, im Fall des § 177 BGB den Vertreter ohne Vertretungsmacht, doch noch zu genehmigen, wenn ihm das Geschäft recht ist. Wo das Gesetz solche Schwebezustände kennt, gibt es allerdings demjenigen, dessen Rechtsposition aufgrund dessen unsicher ist, stets eine Möglichkeit an die Hand, sich auf einen solchen Schwebezustand entweder gar nicht erst einzulassen, sondern etwa im Falle der Stellvertretung die Vorlage einer entsprechenden Vollmachtsurkunde zu fordern, § 174 Satz 1 BGB, oder diese Rechtsunsicherheit für sich zu beenden, so in § 108 Abs. 2 Satz 1 BGB und § 177 Abs. 2 BGB durch die Aufforderung zur Erklärung über die Genehmigung und in § 109 Abs. 1 BGB durch den Widerruf der Willenserklärung. Eine derartige Möglichkeit zur Beendigung eines eventuellen Schwebezustandes sieht allerdings weder § 185 BGB selbst noch das Aktiengesetz für eine etwaige schwebend unwirksame Stimmabgabe vor. In § 185 BGB sucht man eine Regelung hierzu wohl deshalb vergebens, weil die Häufigkeit solcher Schwebezustände, in denen der Vertragspartner schutzwürdig ist, im Falle von Verfügungen durch Unbefugte durch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nach §§ 929, 932 BGB erheblich herabgesetzt wird. Entweder der Vertragspartner glaubte an die Eigentümerstellung des Verfügenden, dann kann er gutgläubig Eigentum erwerben. Oder er kannte die Nichtberechtigung des Verfügenden, dann hat er sich sehenden Auges in die Rechtsunsicherheit begeben und ist nach dem Rechtsgedanken der §§ 109 Abs. 2 und 178 BGB nicht schutzwürdig. Für die Prüfung einer analogen Anwendung des § 185 Abs. 2 BGB ist zu bedenken, dass diese Regelung auch auf andere Fälle, in denen grundsätzlich eine Analogie in Betracht kommt, dann nicht analog angewendet wird, wenn solch ein Schwebezustand vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit nicht hinzunehmen ist. So wird beispielsweise eine analoge Anwendung des § 185 Abs. 2 BGB auf Gestaltungsrechte abgelehnt, es sei denn, der Empfänger hat die Nichtberechtigung gekannt und sich somit wissentlich in die Rechtsunsicherheit begeben.30 Für diesen Fall wird dem Erklärungsempfänger in analoger Anwendung des § 180 Satz 2 BGB doch ein Schwebezustand zugemutet, den er jedoch mittels einer Aufforderung an den Berechtigten analog § 177 Abs. 2 BGB beenden kann. Hat der Erklärungsempfänger hingegen nicht gewusst, dass der Erklärende als Nichtberechtigter handelt, ist die einseitige Verfügung unheilbar nichtig.31 Es stellt sich nun also die Frage, ob ein Zustand ,schwebend unwirksamer‘ Stimmrechtsausübung im Aktienrecht toleriert werden kann. Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Beschlussfassung in der Hauptversammlung in besonderem Maße dem Gebot der Rechtssicherheit verschrieben sein muss, ist sie doch die einzige Möglichkeit für die Aktionäre, auf die Geschicke des Unternehmens Einfluss zu nehmen. Das Stimmrecht verträgt sich seiner Natur nach nicht mit der Rechts30 Bub, in: BeckOK-BGB, 57. Edition, Stand: 1. 1. 2021, § 185 Rn. 3; Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 185 Rn. 17. 31 Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 185 Rn. 17.

A. Die materielle Voraussetzung: Ermächtigung durch den Aktieninhaber

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unsicherheit, die ein Schwebezustand nach sich zieht.32 Die Stimmabgabe ist im Aktienrecht in den komplexen und strukturierten Ablauf der Beschlussfassung eingebunden,33 der keinen Raum für Schwebezustände bietet.34 Man kann die endgültige Entscheidungsfindung nicht auf den nachfolgenden Prozess der Genehmigung der Stimmrechtsausübung durch einen Nichtberechtigten verlagern. Durch das Konzept der Abstimmung ist zwar, anders als etwa bei Nachwahlen zu Bundestagswahlen, der Informationsvorsprung hinsichtlich der Frage, wie bisher abgestimmt worden ist, nicht sehr wertvoll und es drohen keine strategischen Vorteile für später abstimmende Aktionäre; dennoch muss bereits in der Hauptversammlung feststehen, ob Beschlüsse mit der notwendigen Mehrheit gefasst sind oder nicht, um eine fehlerfreie Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter zu gewährleisten. Die fehlerhafte Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter in der Hauptversammlung führt zur Anfechtbarkeit des Beschlusses nach § 243 Abs. 1 AktG, wenn er sich auf das Ergebnis ausgewirkt hat.35 Der Beschluss würde durch eine unerkannt unwirksame Stimmabgabe durch einen nicht ermächtigten Legitimationsaktionär also nicht unwirksam, sondern lediglich anfechtbar. Schon um das Prozessrisiko für nachfolgende Anfechtungsklagen kalkulieren zu können, ist es dennoch erforderlich, dass die Wirksamkeit der Stimmabgabe bereits in der Hauptversammlung verlässlich eingeschätzt werden kann und nicht von etwaigen nachträglichen Genehmigungen abhängig ist. Zudem muss der gem. § 245 Nr. 1 AktG erforderliche Widerspruch als notwendige Voraussetzung für die Anfechtungsbefugnis bereits in der Hauptversammlung zur Niederschrift erklärt werden, d. h. der anfechtungsgeneigte Aktionär muss bereits zu diesem Zeitpunkt beurteilen können, ob der Beschluss durch den Versammlungsleiter korrekt festgestellt wurde oder ob Stimmen fälschlicherweise berücksichtigt wurden oder unberücksichtigt geblieben sind. Die Gefahr einer nachträglichen Änderung der zu berücksichtigenden Stimmen durch spätere Genehmigungen ursprünglich unwirksamer Stimmabgabe würde dazu führen, dass Aktionäre vorsorglich immer Widerspruch einlegen müssten, wodurch das Institut entwertet würde. Auch der gerichtliche Anfechtungsprozess würde ad absurdum geführt, wenn eine ursprünglich fehlende Ermächtigung noch im Prozess durch eine Genehmigung geheilt werden könnte.36 Weiterhin zeigt sich auch an dem formalisierten Vorgang der Anmeldung zur Hauptversammlung nach § 123 AktG, dass der Rechtssicherheit im Bereich der Hauptversammlung in besonderem Maße Rechnung getragen werden muss; so wird mit dem sog. record date für börsennotierte Gesellschaften gem. § 123 Abs. 4 Satz 2 32

Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 126; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 93. 33 Ernst, FS Leenen, 2012, S. 1, 16. 34 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 93. 35 Drescher, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 243 Rn. 17. 36 Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 93: „Es könnte ansonsten immer ein tiefes Leck in das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht gerissen werden …“

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

AktG aus Gründen der Rechtssicherheit sogar ein Auseinanderfallen der formellen und materiellen Berechtigung bewusst in Kauf genommen.37 b) Das Urteil des OLG Celle vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06 und seine Übertragbarkeit auf die Aktiengesellschaft Dennoch bejaht das OLG Celle in einem Urteil aus dem Jahr 2006 die Möglichkeit eines Wirksamwerdens der Stimmabgabe eines Nichtberechtigten bei einer GmbH durch eine Genehmigung im Nachhinein.38 Dies entspricht in seiner Wirkung einer Geltung des § 185 Abs. 2 BGB. Allerdings soll eine zeitliche Rückwirkung des entsprechenden Beschlusses nach § 184 Abs. 1 Halbs. 2 BGB ausgeschlossen sein, da eine Rückwirkung mit dem Interesse einer klaren Bestimmung der organschaftlichen Zuständigkeit nicht zu vereinbaren sei.39 Im konkreten Fall ging es um die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Ein-Mann-GmbH. Der Fall, den das OLG Celle zu entscheiden hatte, ist damit in seiner Gesamtkonzeption kaum mit der einer typischen Stimmabgabe in der Hauptversammlung zu vergleichen und war eingebettet in ein Insolvenzverfahren, im Rahmen dessen der Insolvenzverwalter gegen den Geschäftsführer der insolventen GmbH vorging. Der Beklagte war ursprünglich Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH und verkaufte seine Gesellschaftsanteile unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung an einen Erwerber. Obwohl es zu einer solchen Zahlung nie kam, hielt der Erwerber sofort eine Gesellschafterversammlung ab und berief sich selbst an Stelle des Veräußerers zum neuen Geschäftsführer. Dabei handelte der Erwerber im eigenen Namen als Nichtberechtigter.40 Der Veräußerer genehmigte diese Handlungen später. Dennoch nahm er in der Zwischenzeit, bis der Geschäftsführerwechsel im Handelsregister eingetragen wurde, weitere Verfügungen über das Vermögen der GmbH vor. Im später eröffneten Insolvenzverfahren nahm nun der Insolvenzverwalter der GmbH den Veräußerer in Anspruch. Für die Berechtigung dieser Inanspruchnahme kam es auf die Frage an, ob die Genehmigung des Veräußerers wirksam war und er damit als Geschäftsführer abberufen worden ist. Das OLG Celle ging in dem entschiedenen Fall davon aus, dass die Stimmabgabe durch einen nichtlegitimierten Nichtberechtigten ebenso wie die Stimmabgabe durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht durch eine spätere Genehmigung wirksam werden könne.41 Die Revision zum BGH wurde nach einem Hinweisbeschluss zurückgenommen, jedoch führte der BGH in diesem aus, in der Verpflichtung des Erwerbers, einen Geschäftsführerwechsel zu beschließen, obwohl die Bedingung 37

Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 12. OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 - 9 U 59/06, NZG 2007, 391; vgl. dazu noch unten 4. Kapitel E, S. 113. 39 OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391, 392. 40 OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391, 392. 41 OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391, 392. 38

A. Die materielle Voraussetzung: Ermächtigung durch den Aktieninhaber

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noch nicht eingetreten sei, sei die Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht zu sehen und die Beschlussfassung des Erwerbers in eigenem Namen sei in eine solche im Namen des Erwerbers umzudeuten.42 Der BGH hat damit die Ansicht des OLG Celle nicht bestätigt, sondern eine andere rechtliche Konstruktion angenommen, die eine Aussage zur Möglichkeit einer Genehmigung der Stimmrechtsausübung durch einen nicht ermächtigten Legitimations-zessionar entbehrlich machte und die Frage so einer höchstrichterlichen Klärung entzog. Für das GmbH-Recht wurde diese Konstellation durch das MoMiG 2008 mit § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG neu im Sinne der Entscheidung des OLG Celle – und sogar darüber hinausgehend mit ex-tunc-Wirkung ausgestattet – dahingehend geregelt, dass vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlungen als von Anfang an wirksam gelten, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird. Schon die Tatsache, dass der Gesetzgeber für diesen speziellen Fall wenig später eine gesetzliche Regelung geschaffen hat, sowie der Regelungsstandort in der Vorschrift über die Gesellschafterliste, die in dieser Form bei der Aktiengesellschaft nicht existiert, zeigt, dass es sich bei dem durch das OLG Celle entschiedenen Fall um eine Sonderkonstellation handelte, die zur Übertragung auf andere Gesellschaftsformen und andere Fallgestaltungen nicht unbedingt angetan sein mag. Selbst wenn man von der abweichenden Einordnung durch den BGH absieht, die rechtliche Würdigung des OLG Celle zugrunde legt und eine Legitimationsübertragung annimmt, stellt sich die Frage, ob die rechtliche Bewertung, dass eine Genehmigung möglich sein soll, aufgrund der Unterschiede gerade zwischen der börsengehandelten Aktiengesellschaft und der GmbH übertragbar ist. Dem könnte das deutlich erhöhte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Beschlussfassung in der Hauptversammlung einer börsennotierten Gesellschaft entgegenstehen.43 Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es in dem vorliegenden Fall um eine EinMann-GmbH mit einem Gesellschafter-Geschäftsführer ging, sodass nur eine einzige Person durch den Schwebezustand belastet wurde. Die Ein-Mann-GmbH ist mit der Aktiengesellschaft, die typischerweise als Publikumsgesellschaft ausgestaltet ist, nicht zu vergleichen. Die GmbH als eher personell geprägte Kapitalgesellschaft verkraftet in ihrer Gesellschafterversammlung vielleicht noch Unsicherheiten in der Stimmabgabe, insbesondere dann, wenn der Kreis der betroffenen Personen derart beschränkt ist wie in dem entschiedenen Fall; die Aktiengesellschaft als ihrem Grundtypus nach anonymisierte Kapitalsammelstelle hingegen, die ihre Aktionäre typischerweise nicht näher kennt und grundsätzlich nur einmal im Jahr im Rahmen der Hauptversammlung Beschlüsse fassen kann, bedarf in besonderem Maße der Rechtssicherheit.44 42

BGH, Urteil vom 17. 3. 2008 – II ZR 24/07, NZG 2008, 468. Vgl. zum Erfordernis der Rechtssicherheit bei der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung bereits oben 3. Kapitel A. I. 4. a). 44 Vgl. auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 93. 43

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

Das OLG Celle zieht eine Parallele zur Stimmrechtsausübung durch einen vollmachtlosen Vertreter, dessen Stimmabgabe ebenfalls durch nachträgliche Genehmigung wirksam werde.45 Diese Parallele passt auf die Situation der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft nicht mit der gleichen Leichtigkeit wie bei der GmbH. Zwar ist die Stimmrechtsausübung durch einen Vertreter auch für die Aktiengesellschaft in § 134 Abs. 3 AktG ausdrücklich vorgesehen, durch das formalisierte Zulassungsverfahren zur Hauptversammlung ist eine Stimmrechtsausübung durch einen vollmachtlosen Vertreter bei der Aktiengesellschaft aber deutlich unwahrscheinlicher als bei der GmbH. Für die Vollmacht besteht in § 134 Abs. 3 Satz 3 AktG ein Textformerfordernis, was zwar zur Disposition durch die Satzung gestellt ist, die h. M. geht aber davon aus, dass diese Regelung vor dem Hintergrund der Aktionärsrechterichtlinie dahingehend richtlinienkonform auszulegen ist, dass für die börsennotierte Aktiengesellschaft eine Formerleichterung durch die Satzung nicht zulässig sein soll.46 Für börsennotierte Aktiengesellschaften bliebe es damit beim Textformerfordernis für die Vollmacht. In der Praxis machen die Gesellschaften von der Möglichkeit der Statuierung von abweichenden Formerfordernissen für Vollmachten durch die Satzung ohnehin kaum Gebrauch.47 Der Bevollmächtigte muss sich der Gesellschaft gegenüber legitimieren, was üblicherweise durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde erfolgt. Zwar steht es dem Versammlungsleiter frei, festzulegen, in welcher Weise der Vertreter seine Legitimation nachweisen muss, durch die Teilnahme vollmachtloser Vertreter ergibt sich allerdings das Risiko der Anfechtbarkeit der auf ihrer Teilnahme beruhenden Beschlüsse,48 sodass in der Regel schon zur Minimierung von Anfechtungspotentialen die Vollmacht zugelassener Vertreter kontrolliert werden dürfte. Hinzu kommt, dass der Versammlungsleiter bei der Kontrolle der Legitimation eine gleichmäßige Praxis an den Tag legen muss, um nicht durch eine unsachgemäße Differenzierung wiederum Anfechtungsgründe für nicht zugelassene Vertreter zu schaffen.49 Da der Versammlungsleiter vermutlich nicht auf jegliche Kontrollen verzichten wird, wird es durch die Pflicht zu einer gleichmäßigen Praxis bei der Legitimationsprüfung wohl dazu kommen, dass die Vorlage der Vollmacht von allen gefordert wird. Bei der Aktiengesellschaft dürfte daher eine Stimmabgabe durch vollmachtlose Vertreter die absolute Ausnahme darstellen. Zudem kommt einer vollmachtlosen Vertretung fremder Aktien in § 405 Abs. 3 Nr. 1 AktG der Charakter einer Ordnungswidrigkeit zu, sodass nicht vertretungsberechtigte Dritte von einer Vertretung der Aktien als vollmachtlose Vertreter abgeschreckt werden. Für die Aktiengesellschaft kommt im Gegensatz zur GmbH das Risiko hinzu, dass Unsicherheiten im Rahmen der Beschlussfassung leicht sog. kritische Aktionäre auf 45

OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391, 392. Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 134 Rn. 23. 47 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 76; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 134 Rn. 23. 48 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 71a. 49 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 71a. 46

A. Die materielle Voraussetzung: Ermächtigung durch den Aktieninhaber

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den Plan rufen können, die sich die bestehenden Unsicherheiten zunutze machen. Auch könnten kritische Aktionäre gezielt Legitimationsaktionäre ohne Ermächtigung einsetzen, um ihre Stimmabgabe zurückzuhalten und sich so ein Einflusspotential auf die Beschlussfassung zu schaffen, das später als Druckmittel genutzt werden kann. Schon um Missbrauchspotentiale zu verhindern, muss daher die Beschlussfassung im Rahmen der Hauptversammlung größtmöglicher Rechtssicherheit unterliegen. Eine nachträgliche Genehmigung der Stimmrechtsausübung durch einen Nichtberechtigten im Sinne einer analogen Anwendung des § 185 Abs. 2 BGB kommt also für die Aktiengesellschaft nicht in Betracht. 5. Rechtszuständigkeit Ein weiterer Aspekt unterscheidet die Legitimationsübertragung von der Ermächtigung im Sinne des § 185 BGB und bestärkt damit den Eindruck, dass die Verortung der Ermächtigung bei § 185 BGB nicht gewinnbringend ist: die Verteilung der Rechtszuständigkeit. In den Fällen der Ermächtigung nach § 185 BGB, bspw. bei der Einziehungsermächtigung,50 verbleibt es nämlich bei einer doppelten Rechtszuständigkeit, d. h. der Rechtsinhaber ist weiterhin Berechtigter und kann als solcher weiterhin neben dem Ermächtigten verfügen.51 Serick folgert aus dieser Unterscheidung, es könne sich nicht um eine Ermächtigung nach § 185 BGB handeln, da die Stellung des Legitimierten im Falle der Legitimationsübertragung bei Namensaktien ungleich stärker sei als die des Ermächtigten nach § 185 BGB.52 Der Berechtigte begebe sich durch die Legitimationsübertragung der übertragenen Rechte und könne sie nicht mehr selbst ausüben.53 Die Ursache dieses Unterschiedes liegt jedoch nicht in der Rechtsnatur der Ermächtigung als solche, sondern in dem Hinzutreten des formellen Legitimationsmittels als zweitem Aspekt. Die doppelte Rechtszuständigkeit würde im Aktienrecht eine erhebliche Rechtsunsicherheit hervorrufen und muss deswegen vermieden werden.54 Dies geschieht durch die zweite Komponente der Legitimationsübertragung, die zum materiellen Ermächtigungserfordernis hinzutritt, nämlich das Legitimationsmittel. Eine vergleichbare zweite Ebene gibt es bei der Einziehungsermächtigung nicht. Bei der Namensaktie wird der Ermächtigte in das Aktienregister der Gesellschaft eingetragen und ist damit kraft der unwiderleglichen Vermutung des § 67 Abs. 2 AktG gegenüber der Gesellschaft der einzige, der Aktionärsrechte ausüben kann. Auch bei der Inhaberaktie kann das entsprechende Legitimationsmittel nur entweder den Legitimationsaktionär oder den Aktieneigentümer als Be50

Vgl. zu dieser Parallele bereits oben 1. Kapitel D. III, S. 31. Vgl. Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 185 Rn. 23; Serick, FS Hefermehl, 1976, S. 427, 437; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442. 52 Serick, FS Hefermehl, 1976, S. 427, 438. 53 Serick, FS Hefermehl, 1976, S. 427, 438. 54 Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 442. 51

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

rechtigten ausweisen, sodass auch hier die doppelte Rechtszuständigkeit ausgeschlossen wird. 6. Ergebnis Somit ist festzuhalten, dass sich das Erfordernis einer Ermächtigung als materieller Komponente bereits aus dem Aktiengesetz selbst ergibt und auch deren Wirksamkeit vorausgesetzt wird. Da § 185 Abs. 1 BGB keine weiteren Informationen enthält, würde eine Anleihe bei § 185 Abs. 1 BGB insofern keinen Vorteil bringen. Die Regelung des § 185 Abs. 2 BGB kann keinesfalls übertragen werden. Anders als im Normalfall des § 185 BGB entsteht im Falle der Legitimationsübertragung durch das hinzutretende formelle Legitimationsmittel keine doppelte Rechtszuständigkeit. In Anbetracht dieser Verselbstständigung der Ermächtigung kann dieses Erfordernis als gewohnheitsrechtlich anerkannt bezeichnet werden.

II. Umfang der Ermächtigung Die Ermächtigung bezieht sich zunächst auf die Stimmrechtsausübung und auf alle Nebenrechte, die notwendigerweise mit ausgeübt werden müssen, um eine sachgerechte Interessenwahrnehmung zu gewährleisten. Der Legitimationsaktionär darf als Voraussetzung für seine Stimmrechtsausübung selbstverständlich auch an der Hauptversammlung teilnehmen.55 Auch das Rederecht und das Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 AktG haben keinen höchstpersönlichen Charakter und stehen dem für den Aktionär an der Hauptversammlung teilnehmenden Legitimationsaktionär zu.56 Umstritten ist, ob sich das Auskunftsrecht des Legitimationsaktionärs auf alle Tagesordnungspunkte bezieht oder nur auf solche, die eine Beschlussfassung beinhalten.57 Die herrschende Ansicht geht jedoch zu Recht davon aus, dass die Legitimationsübertragung keinen solchen Beschränkungen unterliegt.58 Weder der

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Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 443. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 131 Rn. 5; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 131 Rn. 15; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 443; Kersting, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 1, 3. Auflage 2009, § 131 Rn. 65; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 131 Rn. 4; Poelzig, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 1. 2021, § 131 Rn. 53; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 131 Rn. 9; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 131 Rn. 15; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 131 Rn. 4; Decher, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 5. Auflage 2017, § 131 Rn. 60. 57 So Eckhardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, 1973, § 131 Rn. 21. 58 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 131 Rn. 15; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 131 Rn. 5; Kersting, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 1, 3. Auflage 2009, § 131 Rn. 66; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 131 Rn. 4; Poelzig, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 1. 2021, § 131 Rn. 53; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, 56

B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel

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Wortlaut des Aktiengesetzes noch der Zweck des Auskunftsrechts bieten einen Ansatzpunkt für eine solche Einschränkung.59 Zudem könnte es ansonsten zu schwierigen Abgrenzungsfragen kommen, wenn Tagesordnungspunkte, zu denen kein Beschluss gefasst wird, in engem Zusammenhang mit Beschlussgegenständen stehen.60 Der Zweck des Auskunftsrechts erschöpft sich nämlich nicht in der Vorbereitung auf die Stimmabgabe, sondern dient auch zur Entscheidungsfindung bei der Frage, ob bestimmte Minderheitsrechte ausgeübt werden sollen.61 Auch das Widerspruchsrecht gem. § 245 Nr. 1 AktG muss dem Legitimationsaktionär zustehen,62 denn sonst wäre eine spätere Geltendmachung etwaiger sich anschließender Aktionärsrechte wie etwa des Anfechtungsrechts nicht möglich. Was für solche Aktionärsrechte gilt, die nicht als Nebenrechte zum Stimmrecht eingeordnet werden können, insbesondere für das Anfechtungsrecht, ist hingegen höchst umstritten. Dieser Frage wird das sechste Kapitel63 der vorliegenden Arbeit gewidmet sein.

B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel Das Reichsgericht hat in seinem Urteil vom 4. 11. 1927, RGZ 118, 330, 332 festgestellt, dass, „um dem Dritten die Ausübung des Stimmrechts zu ermöglichen, ihm nach außen die Stellung eines stimmberechtigten Aktionärs gegeben werden müsse, d. h. es müssen die Formen und Voraussetzungen erfüllt werden, die für die Übertragung des Aktionärsrechts gelten“,64 da der Legitimationsaktionär gegenüber der Gesellschaft als Vollrechtsinhaber auftrete.65

AktG, 4. Auflage 2020, § 131 Rn. 15; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 131 Rn. 4; Decher, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 5. Auflage 2017, § 131 Rn. 60. 59 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 131 Rn. 15. 60 Kersting, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 1, 3. Auflage 2009, § 131 Rn. 66. 61 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 131 Rn. 1. 62 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 443. 63 Vgl. dazu unten 6. Kapitel, S. 145. 64 RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332; vgl. auch Barz, in: Großkomm-AktG, Band 1/Teilband 1, 3. Auflage 1973, § 68 Anm. 25. 65 RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332; KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224; M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 70; Holzborn, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 134 Rn. 26; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 443.

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

I. Namensaktien 1. Legitimation des Aktieneigentümers Es ist als Ausgangspunkt zunächst zu bestimmen, wie sich der Namensaktionär der Gesellschaft gegenüber legitimiert. Dies geschah bis zur Aktienrechtsnovelle 2016 zweifelsfrei und ausnahmslos durch seine Eintragung im Aktienregister. Der Aktieneigentümer musste, ohne dass es daneben auf seine tatsächliche Eigentümerposition noch angekommen wäre, im Aktienregister der Gesellschaft eingetragen sein, um seine Aktionärsrechte ausüben zu können, was sich aus der unwiderleglichen Vermutung des § 67 Abs. 2 AktG ergibt. Der Aktionär brauchte für die Zulassung zur Hauptversammlung keinen gesonderten Legitimationsnachweis, da das Aktienregister für die Aktiengesellschaft einen verfügbaren und verbindlichen Legitimationsnachweis darstellte.66 Die Satzung konnte auch keine weiteren Legitimationsnachweise vorsehen.67 Diese alternativlose Legitimation durch die Eintragung im Aktienregister wurde durch die Neufassung des § 123 AktG durch die Aktienrechtsnovelle 2016 erschüttert. Durch die Aktienrechtsnovelle wurde die Regelung des § 123 Abs. 3 AktG, dass die Satzung bestimmen kann, wie die Berechtigung zur Teilnahme an der Versammlung oder zur Ausübung des Stimmrechts nachzuweisen ist, auf Namensaktien ausgeweitet.68 Nach dem Wortlaut des neuen § 123 Abs. 3 AktG kann die Satzung danach jetzt bei nicht börsennotierten Namensaktien die Aktionärslegitimation regeln. Der Bankennachweis bleibt jedoch, wie sich aus der systematischen Verortung in § 123 Abs. 4 AktG klar ergibt, den Inhaberaktien vorbehalten.69 § 123 Abs. 5 AktG n. F. wiederum stellt nur für börsennotierte Namensaktiengesellschaften wiederholend klar, dass es bei der Regelung des § 67 Abs. 2 AktG verbleibt.70 Dort kommt es also weiterhin auf die Eintragung im Aktienregister am Tag der Hauptversammlung an; will man das maßgebliche Datum vorverschieben, bleibt die Möglichkeit des Umschreibestopps.71 Für nicht börsennotierte Namensaktiengesellschaften hingegen ergibt sich nun die Frage nach dem Verhältnis der Aktienre-

66 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, C. Rn. 39; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 4. 67 Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1104. 68 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 10; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 26; Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 9; Harbarth/Freiherr von Plettenberg, AG 2016, 145, 151; Götze, NZG 2016, 48, 49. 69 Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1104. 70 Vgl. auch Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1104; Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 9; Harbarth/ Freiherr von Plettenberg, AG 2016, 145, 151; Söhner, ZIP 2016, 151, 156. 71 Vgl. nur Söhner, ZIP 2016, 151, 157.

B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel

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gistereintragung zu der neuen Option der Satzungsbestimmung nach § 123 Abs. 3 AktG n. F.72 Die Gesetzesbegründung ergibt, dass das Ziel der Neuregelung war, Namensaktiengesellschaften den Inhaberaktiengesellschaften gleichzustellen und ihnen ebenso die Möglichkeit zu geben, durch Satzungsbestimmung einen Nachweisstichtag einzuführen.73 Die Ausweitung des § 123 Abs. 3 AktG auch auf Namensaktiengesellschaften versteht sich also wesentlich im Kontext des Nachweisstichtags.74 Aus der Begründung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz ergibt sich, dass § 123 Abs. 5 AktG in der endgültigen Fassung durch die Aktienrechtsnovelle 2016 infolge von Änderungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens lediglich die Aussage des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG wiederholt und nur aus systematischen Gründen im § 123 AktG verblieben ist.75 Aus dieser Regelung wird man also wohl keine weitreichenden Folgen für die Auslegung des § 123 AktG in dem Sinne herleiten dürfen, dass im Umkehrschluss für die nicht börsennotierte Gesellschaft in § 123 Abs. 3 AktG weitergehende Gestaltungsspielräume gelten sollten und es nur für die börsennotierte Gesellschaft bei der Legitimation durch Eintragung im Aktienregister nach § 67 Abs. 2 AktG verbleiben soll.76 Ein Legitimationsmittel, das an die Stelle des Aktienregisters tritt, würde die Aussagekraft des Aktienregisters erheblich schmälern und die an die Eintragung geknüpfte unwiderlegliche Vermutung entwerten.77 Dass dies nicht dem gesetzgeberischen Willen entspricht, beweisen etwa die Änderungen des § 67 AktG durch das Risikobegrenzungsgesetz 2008, die darauf abzielten, die Aussagekraft des Aktienregisters zu erhöhen.78 Jetzt ein das Aktienregister verdrängendes Legitimationsmittel zuzulassen, würde die gesetzgeberischen Bemühungen wieder aushöhlen, indem zwar die im Aktienregister eingetragenen Personen aufgrund des Risikobegrenzungsgesetzes vielleicht wieder verstärkt die tatsächlichen Eigentümer der Aktien sein mögen, es auf die Eintragung im Aktienregister für die Legitimation zur Ausübung der Aktionärsrechte in der Hauptversammlung aber nicht mehr ankäme. Auch die Aktienrechtsnovelle 2016 selbst erhöht durch die Ausweitung des § 67 Abs. 1 AktG auch auf unverbriefte Anteile und die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 3 72 Vgl. auch Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1104; Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 9; Harbarth/ Freiherr von Plettenberg, AG 2016, 145, 152; Söhner, ZIP 2016, 151, 156; Götze, NZG 2016, 48, 49. 73 BT-Drucks. 18/4349, S. 23; vgl. auch Liebscher, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 123 Rn. 7; Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 10; Harbarth/Freiherr von Plettenberg, AG 2016, 145, 152; Harnos/Piroth, ZIP 2015, 456, 460. 74 Vgl. auch Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 26; Harbarth/ Freiherr von Plettenberg, AG 2016, 145, 152. 75 BT-Drucks. 18/6681, S. 12; vgl. auch Söhner, ZIP 2016, 151, 156. 76 In diese Richtung aber Götze/Nartowska, NZG 2015, 298, 301; Götze, NZG 2016, 48, 49. 77 Vgl. auch Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 10; Söhner, ZIP 2016, 151, 156; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 10. 78 Vgl. dazu 8. Kapitel C. III, S. 226.

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

AktG die Bedeutung des Aktienregisters79 und verdeutlicht damit, dass der Gesetzgeber dessen Maßgeblichkeit nicht in Frage stellen wollte. Eine Satzungsregelung darf die Legitimationswirkung des Aktienregisters also keinesfalls aufheben.80 Ein zusätzliches Legitimationsmittel zuzulassen wäre hingegen vor diesem Hintergrund unschädlich,81 würde aber im Rechtsverkehr nur zusätzlichen Aufwand bedeuten und bei einem Widerspruch gegen den Aussagegehalt des Aktienregisters wohl wiederum unbeachtlich bleiben müssen, da dieses eine unwiderlegliche Vermutung statuiert. Somit ist die Neufassung des § 123 Abs. 3 AktG vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Willens auf die Möglichkeit der Festlegung eines Nachweisstichtags zu beschränken. Dies stellt kein anderes oder weiteres Legitimationsmittel dar, sondern gestaltet die Legitimation durch das Aktienregister lediglich weiter aus, indem es das maßgebliche Datum festlegt, an dem die Eintragung in das Aktienregister vorliegen muss. Für die Aktionärslegitimation als solche muss es aber bei der Maßgeblichkeit der Eintragung im Aktienregister verbleiben.82 2. Legitimation des Legitimationsaktionärs Anknüpfend an den Grundsatz, dass der Legitimationsaktionär sich der Aktiengesellschaft gegenüber ebenso legitimieren muss wie der wahre Aktionär, muss bei Namensaktien der Legitimationsaktionär in das Aktienregister eingetragen werden.83 Die Bestände müssen im Teilnehmerverzeichnis mit dem Vermerk „Fremdbesitz“ gekennzeichnet werden.84 Die Eintragung des Legitimationsaktionärs im Aktienregister der Gesellschaft ist bei Namensaktien das einzig taugliche Legitimationsmittel zur Teilnahme an der Hauptversammlung.85 Sie ist immer ausreichend; weitere Berechtigungsnachweise können nicht verlangt werden,86 und zwar weder

79 Vgl. Harbarth/Freiherr von Plettenberg, AG 2016, 145, 152 mit Fn. 78; Söhner, ZIP 2016, 151, 152. 80 Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 10; Harbarth/Freiherr von Plettenberg, AG 2016, 145, 152; Söhner, ZIP 2016, 151, 156; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 135 Rn. 26; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 10. 81 Vgl. auch Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1104. 82 Ebenso Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 26; Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 10; Harbarth/Freiherr von Plettenberg, AG 2016, 145, 152; Söhner, ZIP 2016, 151, 156; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 123 Rn. 10; Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 94. 83 Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 69; M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 70; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 171 ff. 84 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 99. 85 Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 123 Rn. 10; Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 94. 86 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. 99; Butzke, WM 2005, 1981, 1982.

B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel

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durch die Satzung87 noch im Einzelfall. Bestehen im Einzelfall Zweifel an der materiellen Berechtigung des im Aktienregister Eingetragenen, so ist die Aktiengesellschaft auf die Mittel des § 67 Abs. 5 AktG verwiesen.

II. Inhaberaktien 1. Legitimation des Aktieneigentümers Ausgehend von der Prämisse, dass die Legitimation des Legitimationsaktionärs grundsätzlich genauso zu erfolgen hat wie die des wahren Aktionärs, soll wieder zunächst betrachtet werden, wie bei Inhaberaktien die Legitimation des Aktieninhabers der Gesellschaft gegenüber erfolgt. a) Ausgangspunkt: Legitimation durch Besitz Im Falle der Inhaberaktie legitimiert der Besitz den Besitzer jedenfalls zur Ausübung der sich aus dem Aktieneigentum ergebenden Rechte, da es sich um Inhaberpapiere handelt, für die das Recht am Papier das Recht aus dem Papier vermittelt.88 Das Recht aus dem Papier steht zwar bei Inhaberpapieren nicht automatisch dem Besitzer zu, sondern weiterhin dem Eigentümer, aber zur Geltendmachung der Rechte aus dem Papier genügt dessen Vorlegung als Rechtsausweis.89 Ein darüber hinausgehender Nachweis des Eigentums darf zur Rechtsausübung nicht verlangt werden.90 Zudem ist der Besitz an dem Papier auch Grundlage für die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB. In Zeiten des physischen Wertpapierübertrags war daher der Besitz taugliches Legitimationsmittel.91 Als Legitimationsmittel für die Hauptversammlung konnte und musste die Aktienurkunde hinterlegt werden.92 Der Eigentümer einer Inhaberaktie kann sich auch heute noch für die Anmeldung zur Hauptversammlung durch die Vorlage der Aktienurkunde legitimieren,93 sollte er eine solche in seinem unmittelbaren Besitz haben. Auch eine Hinterlegungsbe-

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Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 123 Rn. 10. Habersack, in: MünchKomm-BGB, Band 6, 8. Auflage 2020, Vor § 793 Rn. 16; Noack/ Zetzsche, AG 2002, 651, 652. 89 Simon, ZHR 49 (1900), 1, 23. 90 Simon, ZHR 49 (1900), 1, 23. 91 Noack/Zetzsche, AG 2002, 651, 652. 92 Vgl. Noack/Zetzsche, AG 2002, 651, 653. 93 Allg. M., vgl. Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 123 Rn. 19; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 5; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 22; Butze, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, C. Rn. 37; Mohamed, ZIP 2016, 1100. 88

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

scheinigung eines Notars, einer Wertpapiersammelbank oder der Gesellschaft selbst ist ausreichendes Legitimationsmittel für den Aktieninhaber.94 b) Änderung des tatsächlichen Kontextes Allerdings wird der Aktionär kaum noch unmittelbaren Besitz an den Aktienurkunden haben. Vielmehr ist die Globalverbriefung aller Aktien einer Gesellschaft in einer oder einigen wenigen Global- oder Sammelurkunden die übliche Vorgehensweise geworden; diese werden dann bei Clearstream zentralverwahrt.95 In Anbetracht dieser Entwicklung vom physischen Wertpapierübertrag hin zum Effektengiroverkehr kommt der unmittelbare Besitz als Legitimationsmittel kaum noch in Betracht, da keine vorlagefähige Einzelurkunde mehr existiert.96 Die Legitimation des Eigentümers einer Inhaberaktie hat sich von der bilateralen Urkundsvorlage zu einem multilateralen Verfahren entwickelt, bei dem die Depotbanken und Verwahrstellen mit einbezogen sind.97 Die wertpapierrechtliche Basis für die Legitimation des Aktionärs ist durch die Globalverbriefung und die Girosammelverwahrung mit dem KonTraG98 endgültig weggebrochen.99 Es gibt keinen unmittelbaren Besitz des Aktieneigentümers mehr an einer Aktie, vielmehr gibt es nur noch mittelbaren Besitz an einem Bruchteil einer Globalurkunde. An die Stelle des Besitzes als Legitimationselement tritt damit eine Kette von Depotbuchungen.100 Das heutige Aktienwesen kann daher als weitgehend dematerialisiert bezeichnet werden.101 Das Eigentum an der börsengehandelten Aktie ist dabei heute „ein Ziffernsatz in den Datensammlungen der Depotbanken“; „die buchmäßige Erfassung an der zentral verwahrten Globalurkunde repräsentiert das Aktienrecht“.102 In der Regierungsbegründung zum UMAG heißt es, ein neues Grundmodell der Aktionärslegi-

94 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 123 Rn. 19; Priester, DNotZ 2006, 403, 411. 95 Vgl. Noack/Zetzsche, AG 2002, 651; Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 181; vgl. dazu bereits oben 2. Kapitel A. III, S. 62. 96 Vgl. Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 181. 97 Vgl. Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 181 m. w. N. 98 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. 4. 1998, BGBl. I Nr. 24/1998, S. 786. 99 Noack/Zetzsche, AG 2002, 651, 652. 100 Noack/Zetzsche, AG 2002, 651; Segna, Bucheffekten, 2018, S. 17. 101 Noack/Zetzsche, AG 2002, 651, 654; ausführlich zum Begriff der Dematerialisierung und der begrifflichen Unschärfe in Abgrenzung zur sog. Immobilisierung des Wertpapierrechts Segna, Bucheffekten, 2018, S. 27 ff., insbesondere S. 30; vgl. auch Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 37 ff. 102 BGH, Beschluss vom 16. 7. 2004, IXa ZB 24/04, BGHZ 160, 121, 125 = NJW 2004, 3340; Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 181; vgl. auch Segna, Bucheffekten, 2018, S. 17: „…, dass sich die Rechtsinhaberschaft des Anlegers jedenfalls faktisch ausschließlich aus seinem Depotkonto ergibt.“

B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel

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timation sei an die Stelle der Verkörperungstheorie getreten.103 Durch diese Virtualisierung des Eigentums an den zentralverwahrten Globalurkunden wurde das Besitzerfordernis als Publizitätsmoment für das Aktieneigentum aber so weit entwertet, dass es letztlich nicht mehr darstellt als eine bloße Fiktion. „Die Aktie ist ein Buchposten in einer bei der Zentralverwahrerin beginnenden Kette, nicht mehr und nicht weniger“.104 Diese Entwicklung weg vom Urkundsbesitz wird durch die Aktienrechtsnovelle 2016 nun auch gesetzlich manifestiert. Für Inhaberaktien sind der Ausschluss der Einzelverbriefung und die Girosammelverwahrung für nicht börsennotierte Gesellschaften seit der Aktienrechtsnovelle 2016 gesetzlich vorgeschrieben.105 Nach der Novelle dürfen Inhaberaktien von nicht börsennotierten Gesellschaften nur noch ausgegeben werden, wenn die Inhaberaktien girosammelverwahrt sind und der Anspruch auf Einzelverbriefung ausgeschlossen ist, § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) AktG. Folglich ist ein direktes Vorlegen der Urkunde zu Legitimationszwecken bei Inhaberaktien bei nicht börsennotierten Gesellschaften danach nicht nur ungebräuchlich, sondern auch aus Rechtsgründen nicht mehr möglich. Der Nachweis der Legitimation durch Aktienbesitz kann in Zeiten der Verbriefung in girosammelverwahrten Globalaktien nur noch durch komplizierte, mehrfach gestufte Besitzmittlungsverhältnisse geführt werden. In der Praxis war deswegen bereits vor dem UMAG an die Stelle der Hinterlegung ein Verfahren getreten, bei dem die Anmeldungserklärung des Aktionärs zusammen mit einem Bestandsnachweis der Depotbank an die Gesellschaft übermittelt wird.106 c) Änderung des rechtlichen Kontextes: Einführung des Bankennachweises durch das UMAG aa) Der Bankennachweis als neue Legitimationsmöglichkeit Die Legitimation des Eigentümers einer Inhaberaktie richtet sich nach der Neufassung durch die Aktienrechtsnovelle 2016107 und das ARUG II nach §§ 123 Abs. 3 und 4 AktG i. V. m. § 67c Abs. 3 AktG. § 123 Abs. 3 AktG erlaubt, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang mit den Absätzen 4 und 5 im Umkehrschluss ergibt, für die nicht börsennotierte Gesellschaft eine Satzungsbestimmung in Bezug auf den Nachweis der Berechtigung der Teilnahme an der Hauptversammlung oder zur Ausübung des Stimmrechts. Inhaltlich hat sich durch die Umstrukturierung der Norm durch die Aktienrechtsnovelle 2016 die Regelung des § 123 Abs. 3 AktG 103

Regierungsbegründung UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 13, rechte Spalte. Noack/Zetzsche, AG 2002, 651, 654; Segna, Bucheffekten, 2018, S. 17. 105 Vgl. nur Mock, AG 2016, 261. 106 Simon/Zetzsche, NZG 2005, 369, 370. 107 Durch die Aktienrechtsnovelle 2016 wurde die Regelung des § 123 Abs. 3 AktG a. F. aufgespalten; der alte § 123 Abs. 3 Satz 1 AktG bildet den neuen § 123 Abs. 3 AktG, die alten § 123 Abs. 3 Satz 2 bis 5 AktG sind in einen neu entstandenen § 123 Abs. 4 AktG gerutscht. 104

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

auf Namensaktien ausgeweitet.108 § 123 Abs. 4 AktG enthält für die börsennotierte Inhaberaktiengesellschaft die vor der Aktienrechtsnovelle 2016 ebenfalls in § 123 Abs. 3 AktG anzutreffende Regelung über den sog. Bankennachweis. Durch das ARUG II ist die Legitimation durch den Bankennachweis grundsätzlich erhalten geblieben, nur wurde die bisher in § 123 Abs. 4 Satz 1 AktG enthaltene Beschreibung des sog. Bankennachweises als „durch das depotführende Institut in Textform erstellter besonderer Nachweis des Anteilsbesitzes“ gestrichen und durch den Verweis auf § 67c Abs. 3 AktG ersetzt. Dieser definiert jetzt den Bankennachweis als einen durch den Letztintermediär ausgestellten Nachweis in Textform über dessen Anteilsbesitz.109 Während vorher die Teilnahme an der Hauptversammlung an ein Hinterlegungserfordernis geknüpft war, wurde 2005 durch das UMAG eine neue Rechtslage geschaffen, um auf die Entwicklung weg von der materiellen Einzelurkunde im Massengeschäft der börsennotierten Gesellschaften zu reagieren.110 In der Praxis hatte sich zuvor bereits ein neues Legitimationsverfahren unter Mitwirkung der Depotbanken etabliert, wobei die Kreditinstitute als Hinterlegungsstellen fungierten und deren mittelbarer Besitz in der Satzung der Gesellschaft für ausreichend erklärt wurde.111 Die Hinterlegungsbescheinigung bzw. im Falle nicht einzelverbriefter Aktien ein sonstiger urkundlicher Nachweis des depotführenden Instituts trat an die Stelle der Aktienurkunde.112 Praeter legem hatte sich damit in der Praxis bereits eine Art Bankenbescheinigung entwickelt. Grundsätzlich kann nunmehr die Aktiengesellschaft durch ihre Satzung die Art und Weise der Legitimation bestimmen, § 123 Abs. 3 AktG.113 Bei Gesellschaften, deren Inhaberaktien (bzw. seit der Aktienrechtsnovelle 2016 auch Namensaktien)114 nicht börsengehandelt oder nur in den Freiverkehr einbezogen115 sind, verbleibt es uneingeschränkt bei diesem Befund: die Satzung kann hier die Anforderungen an die Aktionärslegitimation frei bestimmen.116 Möglich sind bspw. an § 123 Abs. 4 AktG angelehnte Satzungsbestimmungen eines Nachweisstichtags oder Hinterlegungser-

108

Vgl. dazu bereits oben 3. Kapitel B. I. 1, S. 84. Ob der bislang verbreitete Begriff des „Bankennachweises“ sich weiter halten wird, nachdem die Begriffe „Bank“ bzw. „depotführendes Institut“ durch das ARUG II im AktG durch den Begriff des „Intermediärs“ ersetzt wurden, wird die Zukunft zeigen; in dieser Arbeit wird der Begriff zunächst weiterhin verwendet. 110 Vgl. Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 181; Seibert, WM 2005, 157; Gätsch/Mimberg, AG 2006, 746; Gantenberg, DB 2005, 207; Noack, FS Seibert, 2019, S. 597, 611. 111 Gantenberg, DB 2005, 207. 112 Gantenberg, DB 2005, 207. 113 Vgl. nur Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 20. 114 Vgl. dazu oben 3. Kapitel B. I. 1, S. 84. 115 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 9. 116 Vgl. Liebscher, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 123 AktG Rn. 8; Hüffer/ Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 10. 109

B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel

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fordernisse.117 Auch bei nicht börsennotierten Gesellschaften kann der Bankennachweis taugliches Legitimationsmittel sein,118 wenn die Satzung dies so vorsieht oder wenn eine Satzungsregelung fehlt.119 Für die Inhaberaktie einer börsennotierten Gesellschaft i. S. d. § 3 Abs. 2 AktG gelten die weitergehenden Bestimmungen des § 123 Abs. 4 AktG. Seit der Einführung dieser Regelung durch das UMAG120 haben die Aktionäre börsennotierter Gesellschaften zwingend die Möglichkeit, ihre Berechtigung durch eine Bescheinigung des depotführenden Instituts nachzuweisen.121 Nach § 123 Abs. 4 Satz 1 AktG stellt die Legitimation durch den Bankennachweis die Höchstanforderung dar, d. h. die Bescheinigung reicht in jedem Fall aus und muss durch die Gesellschaft akzeptiert werden.122 Es handelt sich beim Bankennachweis mithin für börsennotierte Gesellschaften seit dem UMAG um das „neue gesetzliche und nicht abdingbare Grundmodell der Legitimation“.123 Nach herrschender Ansicht ist es jedoch auch der börsennotierten Gesellschaft nicht verwehrt, in ihrer Satzung andere Legitimationsmöglichkeiten vorzusehen;124 dies mag sich insbesondere für den (seltenen) Fall empfehlen, dass sich nicht alle Aktien in Girosammelverwahrung befinden.125 bb) Die Wirkung des Bankennachweises/Prüfungsbefugnis der Gesellschaft Der Bankennachweis ist nach § 123 Abs. 4 Satz 5 AktG mit einer ähnlichen Wirkung ausgestattet wie das Aktienregister bei Namensaktien.126 Auch hier ist an 117

Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 10. Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 142. 119 Vgl. Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 123 Rn. 19; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 123 Rn. 12. 120 Damals noch in § 123 Abs. 3 Satz 2 AktG. 121 Vgl. Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 182; Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, C. Rn. 42; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 22; Simon/Zetzsche, NZG 2005, 369, 370; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 123 Rn. 11. 122 Heidinger/Blath, DB 2006, 2275; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 11; OLG Frankfurt, Urteil vom 13. 1. 2009, 5 U 13/08, AG 2009, 702 f.; OLG München, Beschluss vom 17. 1. 2008, 7 U 2358/07, AG 2008, 508. 123 Regierungsbegründung UMAG, BT-Drucks 15/5092 S 13, rechte Spalte. 124 Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 123 Rn. 11; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 11; Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1103; Heidinger/Blath, DB 2006, 2275; a. A. Gantenberg, DB 2005, 207 f.; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 143: „Bei girosammelverwahrten Inhaberaktien ist eine andere Legitimation als durch den Bankennachweis schlechterdings unmöglich.“ 125 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 11; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 32; Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1102 f. 126 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, C. Rn. 42; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 123 Rn. 9; Gantenberg, DB 2005, 207, 208. 118

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

die Erbringung des Nachweises eine unwiderlegliche Vermutung dahingehend geknüpft, dass der Erbringer als Aktionär gilt und daher nur er an der Hauptversammlung teilnehmen und das Stimmrecht ausüben kann.127 Es stellt sich daher die Frage, inwieweit die Aktiengesellschaft diese Legitimation noch überprüfen und ggf. weitere Nachweise verlangen darf. Fest steht zunächst, dass eine formelle Prüfung auf Echtheit und innere Stimmigkeit zu erfolgen hat.128 Uneinigkeit besteht hingegen hinsichtlich der Frage, ob darüber hinaus auch eine materielle Prüfungskompetenz der Gesellschaft besteht. Die Begründung zum Regierungsentwurf des UMAG nimmt eine umfassende Überprüfungsbefugnis „zweifelhafter“ Nachweise an. Beim Verdacht eines gefälschten oder fälschlich ausgestellten Nachweises könne die Gesellschaft den betreffenden Aktionär um weitere Nachweise ersuchen oder zurückzuweisen. Als ausreichend im Sinne des Gesetzestextes sei nur der materiell, also inhaltlich richtige Nachweis anzusehen.129 Gegen diese Ansicht spricht allerdings, dass dem Bankennachweis als solchem keinerlei Legitimationswirkung zukäme, wenn nur ein materiell richtiger Nachweis die Legitimation begründete.130 Dies ist indes nicht vereinbar mit dem in § 123 Abs. 4 Satz 5 AktG statuierten Charakter des Bankennachweises als unwiderlegliche Vermutung,131 von der auch der Gesetzgeber in ausdrücklicher Anlehnung an § 67 Abs. 2 AktG allerdings ausgeht.132 Wenn man diese gesetzgeberisch gewünschte Parallele ernst nimmt, bedeutet dies, dass der Bankennachweis seine Legitimationswirkung unter den gleichen Voraussetzungen entfalten muss wie die Eintragung in das Aktienregister bei Namensaktien. Für die Legitimationswirkung des Aktienregisters ist aber lediglich Voraussetzung, dass die Eintragung ordnungsgemäß erfolgt ist. Für die Legitimation durch den Bankennachweis darf konsequent nur Voraussetzung sein, dass dieser formell ordnungsgemäß ausgestellt ist.133 Eine ordnungsgemäße Ausstellung liegt vor, wenn der Nachweis vom depotführenden Institut in Textform ausgestellt wird und der Inhaber der Aktien sowie die Zahl der am Nachweisstichtag von ihm gehaltenen Aktien bestimmt bezeichnet wird.134 Die Ansicht, dass nur ein materiell richtiger Nachweis ausreichend sei und der Gesellschaft diesbezüglich ein umfassendes Prüfungsrecht bei bloßen Zweifeln zustehe, ist daher abzulehnen. 127 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, C. Rn. 42; Einsele, JZ 2019, 121, 127. 128 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 123 Rn. 45; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 13; Heidinger/Blath, DB 2006, 2275, 2277. 129 Regierungsbegründung UMAG, BT-Drucks 15/5092 S. 13; ebenso Reger, in: Bürgers/ Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 123 Rn. 9; Seibert, WM 2005, 157; Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1105. 130 Gätsch/Mimberg, AG 2006, 746, 748. 131 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 42. 132 Regierungsbegründung UMAG, BT-Drucks 15/5092 S. 14, linke Spalte. 133 Gätsch/Mimberg, AG 2006, 746, 748. 134 Gätsch/Mimberg, AG 2006, 746, 748.

B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel

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Als Gegenposition wird in der Literatur die Auffassung vertreten, der Gesellschaft komme keinerlei materielle Prüfungsbefugnis zu.135 Die Gesellschaft könne deswegen auch keine weiteren materiellen Nachweise anfordern, da der Gesetzgeber den Bankennachweis als geeigneten „Garant der materiellen Richtigkeit“ angesehen habe; nur eine formelle Prüfung dahingehend, ob der Nachweis tatsächlich von der depotführenden Bank ausgestellt worden ist, sowie eine Fälschungsprüfung seien möglich.136 Hat die Aktiengesellschaft diesbezügliche Bedenken, so kann sie sich an die ausstellende Stelle wenden und um Überprüfung des Nachweises bitten. Kommt es daraufhin jedoch nicht zu einer Korrektur, so bleibt es bei der Legitimationswirkung des Bankennachweises.137 So könnte auch ein formal korrekter, aber inhaltlich unrichtiger Nachweis für die Legitimation ausreichen. Gegen diese Ansicht spricht indes, dass auf fehlerhaften Nachweisen beruhende Beschlüsse stets rechtmäßig zustande kämen; die Rechte anderer Aktionäre könnten dadurch verwässert werden, ohne dass sie gegen den Beschluss vorgehen könnten, etwa wenn der formal korrekte Bankennachweis eine zu hohe Aktienzahl bescheinigt und das Stimmgewicht der anderen Aktionäre dadurch sinkt.138 Angesichts der Schwachpunkte der beiden soeben genannten Positionen ist der dritten, vermittelnden Ansicht zu folgen, der es gelingt, einerseits die Vermutung des Bankennachweises nicht zu entwerten, andererseits aber formal korrekten, aber inhaltlich falschen Nachweisen nicht hilflos gegenüberzustehen. Diese vermittelnde Ansicht verlangt konkrete Anhaltspunkte bzw. einen ernsthaften Verdacht für die inhaltliche Unrichtigkeit des Nachweises.139 Im Falle solcher Auffälligkeiten soll die Gesellschaft weitere Nachweise fordern dürfen.140 cc) Die Ausstellung des Bankennachweises Der Bankennachweis kann in der Verwahrkette nicht durch jedes Kettenglied ausgestellt werden; sondern gem. § 67c Abs. 3 AktG nur durch den sog. Letztintermediär. Inhaltlich ist damit keine Änderung in Bezug auf die vorherige Rechtslage verbunden. Nach dem alten § 123 Abs. 4 Satz 1 AktG musste der Nachweis durch das depotführende Institut ausgestellt werden. „Depotführend“ im Sinne der Norm war dasjenige Institut, welches in der Verwahrkette als letztes Glied das Depot ge-

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Gätsch/Mimberg, AG 2006, 746, 748; Heidinger/Blath, DB 2006, 2275, 2277. Heidinger/Blath, DB 2006, 2275, 2277. 137 Gätsch/Mimberg, AG 2006, 746, 749. 138 Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 189; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 50, Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1104. 139 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 50; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 13. 140 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 123 Rn. 13; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 123 Rn. 45. 136

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

schäftsmäßig für einen anderen führt.141 § 67c Abs. 3 AktG verweist nunmehr auf Art. 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 zur geänderten Aktionärsrechterichtlinie.142 Art. 5 der Durchführungsverordnung verweist in Abs. 2 seinerseits auf Tabelle 4 des Anhangs, die den Mindestinhalt der Bestätigung festlegt. Interessant ist, dass in dieser Tabelle die Möglichkeit der Ausstellung des Bankennachweises auf einen Dritten in Punkt C. 3. vorausgesetzt wird, wenn dort die Angabe des Namens des Vertreters oder des vom Aktionär benannten Dritten gefordert wird. 2. Legitimation des Legitimationsaktionärs Es ist zu differenzieren zwischen der Verschaffung des Besitzes an den Legitimationsaktionär in seiner Funktion als Legitimationsnachweis für die Zulassung zur Hauptversammlung und der Besitzverschaffung als materielles Ermächtigungserfordernis für die Wirksamkeit der Legitimationsübertragung. Während in Bezug auf die Funktion als Legitimationsnachweis vielfach bereits anerkannt wird, dass der Bankennachweis nach § 123 Abs. 4 i. V. m. § 67c Abs. 3 AktG in der Neufassung durch das ARUG II ausreichen muss,143 wird an seiner Notwendigkeit als materielles Ermächtigungserfordernis weiterhin festgehalten.144 a) Rechtliche Möglichkeiten der Besitzverschaffung an den Legitimationsaktionär bei girosammelverwahrter Globalaktie Die Besitzübertragung kann zum einen durch eine tatsächliche Umbuchung der Aktien in ein Depot des Legitimationsaktionärs erfolgen. Dadurch würde das Besitzmittlungsverhältnis der Depotbank mit dem Aktionär beendet und mit dem Legitimationsaktionär begründet. Diese Form der Verschaffung des mittelbaren Besitzes ist aber schon in Anbetracht des Zeit- und Kostenaufwands nicht geeignet, um dem Legitimationsaktionär alleine zu Zwecken der Teilnahme an der Hauptversammlung den Besitz zu verschaffen. Zudem erhält der Legitimationsaktionär durch die Buchung auf sein Depot im Verhältnis zur Depotbank die Verfügungsbefugnis über die Aktien, außerdem würde die Dividende aufgrund automatischer Abläufe auf sein Konto gebucht.145 Die Umbuchung der Aktien ist also ein viel zu aufwändiges Verfahren mit unerwünschten Nebeneffekten und scheidet daher im Regelfall aus. 141 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 123 Rn. 33; Kubis, in: MünchKommAktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 123 Rn. 32; Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 183. 142 Vgl. dazu unten 8. Kapitel C. V, S. 268. 143 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 48; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 444; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 58; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 722 ff.; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 129 Rn. 12; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 68. 144 So die wohl h. M., dazu sogleich unter 3. Kapitel C, S. 99. 145 Vgl. Than, ZHR 157 (1993), 125, 132 f. mit Fn. 21.

B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel

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Auch die Abtretung des Herausgabeanspruchs nach §§ 931, 870 BGB erweist sich als ungünstig, da auch hier der wahre Aktionär seine Verfügungsbefugnis verliert und daher mehr Recht aufgibt, als er eigentlich möchte.146 Eine weitere Möglichkeit zur Besitzverschaffung besteht darin, ein zusätzliches Besitzmittlungsverhältnis zu begründen, §§ 930, 868, 688 BGB,147 sodass es zu einem gestuften mittelbaren Besitz kommt.148 b) Legitimationsnachweis zur Zulassung zur Hauptversammlung aa) Legitimation durch Besitz Die grundlegende Prämisse lautet, der Legitimationsaktionär trete gegenüber der Gesellschaft als Aktionär auf und müsse sich deshalb ebenso legitimieren. Da der Aktionär sich durch den Aktienbesitz legitimieren kann, heißt dies zunächst zwanglos, dass der Aktienbesitz als Legitimationsmittel für den Legitimationsaktionär zumindest ausreichend wäre.149 bb) Legitimation durch Bankennachweis Da die Besitzübertragung an einen Legitimationsaktionär wie soeben dargestellt aufwändig und mit unerwünschten Nebeneffekten verbunden ist, stellt sich die Frage, ob für die Legitimation des Legitimationsaktionärs in der Hauptversammlung nicht ein auf ihn ausgestellter Bankennachweis gem. § 123 Abs. 4 Satz 1 AktG ausreichen kann. Vor dem Hintergrund der Prämisse, dass sich ein Legitimationsaktionär grundsätzlich so legitimieren muss wie der wahre Aktionär, wäre dies kohärent, denn diese Prämisse stellt nicht nur Mindestanforderungen auf, sondern begrenzt auch die Anforderungen an den Legitimationsnachweis des Legitimationsaktionärs. Auf diesen Zusammenhang wird auch in der Literatur hingewiesen: „Es stand niemals in Abrede, dass der Legitimationsaktionär sich nicht genauso gegenüber der Gesellschaft legitimieren könne wie der Vollrechtsinhaber.“150 „Was die Anforderungen an die Legitimation des Legitimationszessionars angeht, können diese nicht weiter reichen als diejenigen an die Legitimation des Vollrechtsinhabers.“151

In der Praxis wird wegen des hohen formalen Aufwandes ohnehin oftmals auf die Einräumung des Besitzes verzichtet und lediglich die Depotbank angewiesen, die Eintrittskarte für die Hauptversammlung bei der Gesellschaft auf den Namen den Legitimationsaktionärs und mit dem Vermerk, dass es sich um Fremdbesitz handelt, 146 147 148 149 150 151

Vgl. Than, ZHR 157 (1993), 125, 133; Block/Packi, BB 2010, 788, 789. Vgl. Than, ZHR 157 (1993), 125, 133; Block/Packi, BB 2010, 788, 789. Vgl. Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 48. Vgl. bereits RG, Urteil vom 4. 11. 1927, II 135/27, RGZ 118, 330, 332. Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1105. Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 68.

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

ausstellen zu lassen.152 Der Nachweis der Legitimation des Legitimationsaktionärs muss hier im Vorfeld erfolgen, denn die Eintrittskarte ist kein Berechtigungsnachweis,153 sie wird vielmehr nur dann ausgestellt, wenn ein solcher im Vorfeld unterbreitet wurde. Folglich muss im Vorfeld der Erstellung der Eintrittskarte als Legitimationsnachweis der auf den Legitimationsaktionär ausgestellte Bankennachweis übermittelt werden.154 cc) Berechtigung der Depotbank zur Ausstellung eines Bankennachweises auf den Legitimationsaktionär Soll sich der Legitimationsaktionär durch den Bankennachweis legitimieren können, so erfordert dies, dass die depotführende Bank einen Bankennachweis auf den Legitimationsaktionär überhaupt ausstellen darf, obwohl dieser nicht Depotinhaber ist. Es stellt sich mithin die Frage, ob die depotführende Bank auf Veranlassung des Depotinhabers einen Nachweis ausstellen darf, der auf einen Dritten lautet.155 (1) § 135 Abs. 5 Satz 4 AktG Ein Umkehrschluss aus § 135 Abs. 5 Satz 4 AktG könnte dieser Praxis entgegenstehen. Denn dieser sieht für den Fall der Stimmrechtsausübung durch Kreditinstitute im Namen dessen, den es angeht, die Möglichkeit vor, den Nachweis auf den Namen des Kreditinstituts ausstellen zu lassen; eine entsprechende Regelung fehlt jedoch für die Legitimationsübertragung.156 Daraus wird teils gefolgert, der Nachweis dürfe in diesem Fall nicht auf den Legitimationsaktionär, sondern müsse vielmehr auf den Depotinhaber lauten; der Gesetzgeber habe die Fälle, in denen aus dem Bankennachweis nicht der wahre Aktionär ersichtlich werde, abschließend geregelt.157 Aus § 129 Abs. 3 AktG ergebe sich nichts anderes, da sich dieser nur auf 152 Block/Packi, BB 2010, 788, 789; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 124 f.; vgl. auch Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, E. Rn. 73, der aufgrund der Verfestigung dieser Praxis davon ausgehen will, dass darin ein „vertypter Erklärungsinhalt“ liege, der auch die vorübergehende Begründung mittelbaren Besitzes des Ermächtigten als notwendige Voraussetzung der gewollten Ausübung des Stimmrechts im eigenen Namen umfasse. 153 Hefendehl, in: BeckOGK-AktG, Stand: 19. 10. 2020, § 402 Rn. 35. 154 Vgl. Hefendehl, in: BeckOGK-AktG, Stand: 19. 10. 2020, § 402 Rn. 16 f., 27 f.. 155 Die Konsequenzen einer Verneinung dieser Frage betont Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 445: „Wird die Frage verneint, ist das Institut der Legitimationsübertragung für nicht börsennotierte Gesellschaften praktisch abgeschafft.“; vgl. auch Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1105: „Ist derjenige Nachweis falsch, der nicht auf den Depotinhaber lautet, so ist der anonymen Aktienrepräsentation die heute gängige Legitimationsweise für börsennotierte Gesellschaften mit Inhaberaktien verwehrt.“ 156 Vgl. Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1105. 157 Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 184; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 175 und 206; Simon/Zetzsche, ZGR 2010, 918, 936 f.

B. Die formelle Voraussetzung: Legitimationsmittel

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das Teilnehmerverzeichnis beziehe; im Hinblick auf die Anonymität der Aktienrepräsentanz der Gesellschaft gegenüber sei daraus nichts herzuleiten.158 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, er habe mit der Regelung des § 135 Abs. 4 Satz 5 AktG die Fälle, in denen der Bankennachweis auf einen Dritten lauten darf, abschließend regeln wollen. Es ist vielmehr zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung dieser Regelung die Rechtsfigur der Legitimationsübertragung sowie die Praxis der anonymen Aktienrepräsentanz mittels derselben kannte; hätte er diese Praxis anlässlich der Schaffung des Bankennachweises durch das UMAG 2005 unterbinden wollen, so wäre eine klarere Regelung zu erwarten gewesen, die zur Ausstellung des Bankennachweises auf einen Dritten klar Stellung bezieht.159 Zudem wäre auch die unterschiedliche Behandlung von institutionellen Anlegern, denen die anonyme Repräsentanz offenstände, und Legitimationsaktionären, denen sie verwehrt wäre, nicht verständlich.160 (2) § 402 AktG Es stellt sich weiterhin die Frage nach dem Verhältnis zu der Strafvorschrift des § 402 AktG. § 402 Abs. 1 AktG stellt die falsche Ausstellung von „Bescheinigungen, die zum Nachweis des Stimmrechts in einer Hauptversammlung oder in einer gesonderten Versammlung dienen sollen“, unter Strafe. Eine solche falsche Ausstellung liegt auch dann vor, wenn diese inhaltlich nicht den Tatsachen entspricht, und geht insofern weiter als die strafrechtliche Urkundenfälschung, da auch die sog. „schriftliche Lüge“ erfasst wird.161 Falsch ist eine Bescheinigung dann, wenn sie unwahr ist, d. h., wenn sie tatsächlich nicht bestehende Gegebenheiten bescheinigt in der Weise, dass in der Bescheinigung über die Person des Aktionärs, Art, Zahl oder Nennbetrag der Aktien falsche Angaben gemacht werden.162 Eine Bescheinigung, die den Legitimationsaktionär als Depotinhaber ausweist, würde falsche Angaben über die Person des Aktionärs enthalten und wäre damit falsch. Das Entstehen einer falschen Angabe zur Person des Legitimationsaktionärs kann jedoch durch die Angabe, dass es sich um Fremdbesitz handelt, verhindert werden, denn dann stimmt die bescheinigte Lage wieder mit der tatsächlichen Lage überein.163 Ein Nachweis, der allein für die Hauptversammlung ausgestellt, vom Depotinhaber veranlasst ist 158

Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 184; vgl. auch Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1105. In diese Richtung wohl auch Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1105. 160 Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1105. 161 Wittig, in: MünchKomm-AktG, Band 6, 5. Auflage 2021, § 402 Rn. 15; Hefendehl, in: BeckOGK-AktG, Stand: 19. 10. 2020, § 402 Rn. 37; Weiß, in: MünchKomm-StGB, Band 7, 3. Auflage 2019, § 402 AktG Rn. 21. 162 Weiß, in: MünchKomm-StGB, Band 7, 3. Auflage 2019, § 402 AktG Rn. 23; Wittig, in: MünchKomm-AktG, Band 6, 5. Auflage 2021, § 402 Rn. 16; Altenhain, in: Kölner KommAktG, Band 7/ Teil 1, 3. Auflage 2011, § 402 Rn. 11. 163 Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1106; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 445. 159

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

und den Fremdbesitz offenlegt, ist mithin nicht als falsch i. S. d. § 402 Abs. 1 AktG einzuordnen.164 Dem steht auch der Schutzzweck des § 402 AktG nicht entgegen. Zweck der Norm ist es zu verhindern, dass jemand fälschlicherweise im Berechtigungsausweis als Aktionär bezeichnet wird und damit eine Stimmberechtigung gewinnt, die ihm nicht zusteht.165 Geschützt ist das Interesse der Aktionäre und der Gesellschaft an der Unverfälschtheit des Abstimmungsergebnisses.166 Eine solche Verfälschung des Abstimmungsergebnisses droht im Falle der Legitimationszession jedoch gerade nicht, es handelt sich dabei vielmehr um eine vom Aktiengesetz anerkannte Form der Stimmabgabe.167 Die an der Hauptversammlung teilnehmenden Aktionäre können nicht erwarten, dass die Aktien in der Hauptversammlung nur durch die jeweiligen Aktieneigentümer selbst repräsentiert werden oder dass die Identität der Aktieneigentümer stets offengelegt wird.168 (3) Ergebnis Folglich ist festzuhalten, dass das depotführende Kreditinstitut auf Anweisung des wahren Aktionärs den Bankennachweis auch auf einen Dritten ausstellen kann. Wenn der Fremdbesitz in der Bescheinigung offengelegt wird, so bestehen gegen die materielle Richtigkeit eines solchen Nachweises keine Bedenken.169 Die Aktiengesellschaft hat dann nicht die Berechtigung, einen Legitimationsaktionär, der durch einen Nachweis des depotführenden Instituts ausgewiesen ist, um weitere Nachweise zu ersuchen oder ihn zurückzuweisen.170 Die Richtigkeit dieses Ergebnisses bzw. seine Vereinbarkeit mit europäischen Vorgaben wird nunmehr auch von der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 zur 2. ARRL gestützt, auf welche § 67c Abs. 3 AktG verweist. Art. 5 der Durchführungsverordnung verweist in Abs. 2 auf Tabelle 4 des Anhangs, die den Mindestinhalt der Bestätigung festlegt. Die Möglichkeit der Ausstellung des Bankennachweises auf einen Dritten wird in Punkt C. 3. 164 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 723; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 445; insofern die Aussage aus Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 206 („Unzulässig ist die verschiedentlich zu beobachtende Bankpraxis, den Nachweis unter Hinweis auf die Figur des Legitimationsaktionärs auf eine andere Person auszustellen.“) relativierend. 165 Wittig, in: MünchKomm-AktG, Band 6, 5. Auflage 2021, § 402 Rn. 4. 166 Wittig, in: MünchKomm-AktG, Band 6, 5. Auflage 2021, § 402 Rn. 4. 167 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 723; Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1106. 168 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 445. 169 Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 68; Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 48; Weiß, in: MünchKomm-StGB, Band 7, 3. Auflage 2019, § 402 AktG Rn. 23; Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1105; Grunewald, ZGR 2015, 347, 355; vgl. jetzt auch Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 445 (anders noch Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 206). 170 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 723; Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1106; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 138.

C. Besitz als zusätzliches materielles Ermächtigungserfordernis?

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vorausgesetzt, wenn dort die Angabe des Namens des Vertreters oder des vom Aktionär benannten Dritten gefordert wird.

C. Besitz als zusätzliches materielles Ermächtigungserfordernis? Materielle Voraussetzung der Legitimationsübertragung ist jedenfalls die Ermächtigung.171 Zusätzlich wird weithin angenommen, dass auch die Besitzeinräumung an den Legitimationsaktionär ein materielles Ermächtigungserfordernis darstelle und daher Voraussetzung einer wirksamen Legitimationsübertragung sei.172 Die Möglichkeiten der Verschaffung des Besitzes für den Standardfall der girosammelverwahrten Globalaktie erweisen sich jedoch – wie soeben dargestellt – als komplizierte und „gekünstelt anmutende“173 Konstruktionen, die für den praktischen Nachweis der Legitimation in der Hauptversammlung jedoch keine Rolle mehr spielen.

I. Namensaktien Wegen der Wirkung der Eintragung in das Aktienregister ist bei der Namensaktie auch die teils geforderte zusätzliche Besitzübertragung174 obsolet.175 Anders als bei Inhaberaktien handelt es sich bei Namensaktien nicht um Inhaberpapiere, sodass dem Besitz als Grundlage einer Eigentumsvermutung (§ 1006 BGB) für die Feststellung der Aktionärslegitimation keine Bedeutung zukommt. Namensaktien sind vielmehr geborene Orderpapiere, bei denen der Berechtigte durch namentliche Nennung in der Urkunde oder eine ununterbrochene Indossamentenkette ausgewiesen wird.176 Selbst wenn der Besitz grundsätzlich die Berechtigung indizieren würde, wird dies bei Namensaktien durch das von der Aktiengesellschaft zu führende 171

Vgl. dazu bereits oben 3. Kapitel A, S. 72. OLG Bremen, Beschluss vom 16. 8. 2012 – 2 U 51/12 (AktG), AG 2013, 643, 646; KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224; Than, ZHR 157 (1993), 125, 132; Heidel, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 245 Rn. 7; M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 70; Holzborn, in: Bürgers/ Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 134 Rn. 26; offenlassend Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 48. 173 Rieckers, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 134 Rn. 48; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/1 Teil 2, 3. Auflage 2010, § 129 Rn. 59: „Eine Besitzübertragung ist nur noch in absurd gekünstelter Weise (mehrfach gestufter mittelbarer Besitz an einer im Tresor liegenden Globalurkunde) konstruierbar.“ 174 Vgl. M. Arnold, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 134 Rn. 70; Than, ZHR (157) 1993, 125, 132. 175 Ebenso Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 69. 176 Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 10 Rn. 13; Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 510, 528, Rn. 45. 172

100

3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

Aktienregister, welches eine unwiderlegliche Vermutung statuiert, vollständig überlagert.177 Da nur der Eingetragene Aktionärsrechte ausüben kann, spielt es für die Legitimation bei Namensaktien keine Rolle, wer den Besitz ausübt. Eine Besitzübertragung wäre daher ein reiner inhaltsleerer Formalakt, der an keiner Stelle relevant und auch an keiner Stelle überprüft wird.

II. Inhaberaktien 1. Grundsätzliches/Entwertung des Besitzes als Legitimationsmittel Auch bei Inhaberaktien hat der Besitz im Zuge der voranschreitenden „Dematerialisierung der Aktie“178 eine weitgehende Entwertung erfahren. Als Anknüpfungspunkt für die Legitimation des Aktieneigentümers selbst hat der Besitz, seitdem die Verbriefung in einer girosammelverwahrten Globalaktie der Regelfall geworden ist, erheblich an Bedeutung eingebüßt und ist nur noch über komplizierte gestufte mittelbare Besitzketten zu konstruieren; es ist zu einem Funktionsverlust der Wertpapierurkunde und damit zu einer faktischen Dematerialisierung des Aktienrechts gekommen,179 auch wenn der Gesetzgeber sich nicht dazu entschließen konnte, das Verbriefungserfordernis ganz aufzugeben.180 Diesem mittelbaren Besitz des Aktieninhabers kommt im Rechtsverkehr keine wesentliche Bedeutung mehr zu, die Aktieninhaberschaft manifestiert sich heutzutage vielmehr in Depotkontenbuchungen.181 Diese Entwicklung sollte auch im Bereich der Legitimationsübertragung kohärent nachvollzogen werden. Es mutet doch erstaunlich an, wenn im Bereich der Legitimationsübertragung der Besitz plötzlich wieder eine so wichtige Rolle als materielles Ermächtigungserfordernis spielen soll, während er für den Aktieneigentümer selbst eine weitgehende Entwertung erfahren hat. Ein Festhalten am Besitzerfordernis als materiellem Ermächtigungserfordernis für den Legitimationsaktionär könnte höchstens dann gerechtfertigt sein, wenn die Besitzverschaffung über die Legitimation gegenüber der Gesellschaft hinaus, die genauso gut durch den Bankennachweis bewerkstelligt werden kann, überhaupt 177 Vgl. auch Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 529, Rn. 46. 178 Seibert, DB 1999, 267, 269; vgl. auch Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 517, Rn. 13; Lehmann, Finanzinstrumente, 2009, S. 37 ff. 179 Einsele, in: MünchKomm-HGB, Band 6, 4. Auflage 2019, Q. Depotgeschäft Rn. 61; vgl. auch Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1107; Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 517, Rn. 13 m. w. N. 180 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf des KonTraG, BT-Drucks. 13/10038, S. 25, rechte Spalte: „Damit wird nicht der Schritt zum Wertrecht unter Abkehr vom Wertpapier vollzogen …“. 181 Segna, Bucheffekten, 2018, S. 17; Noack, in: Bayer/Habersack, AktienR im Wandel, Band II, 2007, S. 518, Rn. 13 bezeichnet die sachenrechtlich-wertpapierrechtliche Einordnung gar als „lebensfremd“.

C. Besitz als zusätzliches materielles Ermächtigungserfordernis?

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einen nennenswerten Zweck erfüllen kann. Das Tätigwerden des Legitimationsaktionärs erschöpft sich jedoch zumeist gerade in der Stimmabgabe auf der Hauptversammlung, d. h. es gibt gar keine weitere Gelegenheit, bei der es auf die Besitzverschaffung noch ankommen könnte.182 Auch die Beweismöglichkeit der Legitimationsübertragung in einem eventuell nachfolgenden Gerichtsprozess kann für die Notwendigkeit der Besitzübertragung als Voraussetzung für die Legitimationsübertragung kein Argument sein, denn wenn der Besitz gerade nicht als materielle Voraussetzung der Legitimationsübertragung verstanden würde, müsste der Besitz dort auch nicht nachgewiesen werden, sondern die Legitimationsübertragung könnte vielmehr nach allgemeinen Regeln auch auf andere Weise, wie beispielsweise durch die auf den Legitimationsaktionär als Fremdbesitzer ausgestellte Eintrittskarte oder den Bankennachweis, nachgewiesen werden. Dass der Besitz als materielles Ermächtigungserfordernis keine sinnvolle Funktion mehr erfüllt, zeigt sich auch durch die künstlichen Gestaltungen, mit denen ein Übergabesurrogat konstruiert wird, sowie nicht zuletzt dadurch, dass nach gängiger Praxis offenbar ohnehin häufig auf eine Besitzübertragung verzichtet wird. Erfüllt der Besitz aber für das Verhältnis zwischen den Parteien, also zwischen Legitimationsaktionär und Aktieneigentümer, keinerlei Funktion, so ist es nicht tragbar, ihnen dieses Erfordernis dennoch aufzuerlegen. Es obliegt als Teil der Privatautonomie den Parteien, zu entscheiden, ob sie den Besitz verschaffen wollen oder nicht. Das Zivilrecht verlangt für die Verschaffung von Rechten am Eigentum eines anderen höchst selten die Besitzverschaffung. Ein Beispielsfall ist das vertragliche Pfandrecht nach § 1204 ff. BGB, welches gerade aufgrund dieser Impraktikabilität durch die Sicherungsübereignung zurückgedrängt worden ist, die eine Besitzübertragung nicht erfordert.183 Das Erfordernis der Besitzübertragung wird hier bildhaft gar als die „Achillesferse“ des Pfandrechts bezeichnet.184 Der Legitimationsübertragung aber ohne Not eine solche „Achillesverse“ aufzuerlegen, ist nicht einzusehen. Insgesamt ist daher auch für die Inhaberaktie vom Besitzerfordernis abzurücken; der Bankennachweis reicht als Legitimationsmittel aus.185 182

Vgl. auch Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 67: „Die materielle Stimmberechtigung folgt nämlich allein aus der Ermächtigung.“ 183 Vgl. nur Schärtl, in: BeckOK-BGB, 58. Edition, Stand: 1. 5. 2021, § 1204 Rn. 5. 184 Schärtl, in: BeckOK-BGB, 58. Edition, Stand: 1. 5. 2021, § 1204 Rn. 5: „Gerade beim Faustpfandrecht nach §§ 1204 ff. gilt das Erfordernis der Besitzübertragung an den Pfandgläubiger nach § 1205 Abs. 1 S. 1 allerdings gemeinhin als „Achillesferse“, welche faktisch zur weitgehenden Verdrängung durch die von der Rechtspraxis entwickelte Sicherungsübereignung/-zession führte.“ 185 Ebenso Mohamed, ZIP 2016, 1100, 1107: „Aus rein praktischen Erwägungen ist es immer ausreichend, wenn der Aktionär oder sein Stellvertreter die Bescheinigung des depotführenden Instituts vorzeigt.“; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 33: „Dort (i. e. bei der Stimmrechts-Legitimationsübertragung) ist […] die formelle Legitimation durch einen Fremdbesitz bescheinigenden Banknachweis ausreichend.“; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 67.

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3. Kap.: Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung

2. Behandlung in der Rechtsprechung: KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224 und OLG Bremen, Beschluss vom 16. 8. 2012 – 2 U 51/12 (AktG), AG 2013, 643 In der aktuellen instanzgerichtlichen Rechtsprechung herrscht in jüngerer Zeit weiterhin die Ansicht vor, eine Besitzübertragung sei für die Legitimationsübertragung notwendige Voraussetzung.186 Die letzten gerichtlichen Aussagen zu dieser Frage wurden 2009 vom Kammergericht187 und 2012 vom OLG Bremen188 getroffen. In der Sache „Rhön-Klinikum“ des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. 9. 2013, in der auch eine Aussage zur Frage der korrekten Legitimation eines Legitimationsaktionärs zu erwarten gewesen wäre, hat die B. Braun Holding GmbH & Co. KG ihre Anfechtungsklage zurückgenommen, sodass das Landgericht NürnbergFürth nicht mehr über die Rechtsfrage entschieden hat.189 Die Anfechtungsklage bezog sich auf einen Beschluss der Hauptversammlung vom 12. 6. 2013, der die Abschaffung der qualifizierten Mehrheitsklausel von mehr als 90 % für bestimmte wichtige Hauptversammlungsbeschlüsse in der Satzung der Gesellschaft zum Gegenstand hatte. Beim Zustandekommen dieses Beschlusses wurden Stimmen der mit 5 % beteiligten Aktionärin Braun durch einen Legitimationsaktionär vertreten. Diese wurden bei der Beschlussfassung nicht mitgezählt, da die Legitimation des Legitimationsaktionärs nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Dadurch wurde die notwendige Mehrheit zur Änderung der Satzungsklausel als erreicht angesehen.190 Das Kammergericht stellte in einem Beschluss vom 10. 12. 2009, in dem es über die Anfechtungsbefugnis des Aktieneigentümers zu befinden hatte, fest, dass „ein Aktionär sei „auf der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft dann nicht erschienen, wenn er dem für ihn teilnehmenden Dritten im Rahmen der sog. Legitimationsübertragung gem. § 129 Abs. 3 Satz 1 AktG nur das Stimmrecht übertragen, nicht jedoch den Besitz bzw. ein Surrogat an den Inhaberaktien übergeben hat.“191 Das OLG Bremen hat sich in einem Urteil aus dem Jahr 2012 dieser Rechtsauffassung ohne eigene Erwägungen angeschlossen.192 186

Vgl. Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 33: „Dort (i. e. bei der Stimmrechts-Legitimationsübertragung) ist nach neuerer Lehre, die aber in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht angekommen ist, die formelle Legitimation durch einen Fremdbesitz bescheinigenden Banknachweis ausreichend.“ 187 KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224. 188 OLG Bremen, Beschluss vom 16. 8. 2012 – 2 U 51/12 (AktG), AG 2013, 643, 646. 189 Bundesanzeiger vom 6. 6. 2014; Bekanntmachung nach §§ 248a, 149 Abs. 2 und 3 AktG – Mitteilung über Verfahrensbeendigung, RHÖN-KLINIKUM Aktiengesellschaft Bad Neustadt a. d. Saale; abrufbar unter https://www.bundesanzeiger.de/ (zuletzt abgerufen am 25. 5. 2021). 190 Sachverhaltsdarstellung nach Noack, Unternehmensrechtliche Notizen, Beitrag vom 26. 11. 2013, https://notizen.duslaw.de/rhoen-ist-nicht-nokia/ (zuletzt abgerufen am 25. 2. 2021). 191 KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, KG NZG 2010, 224. 192 OLG Bremen, Beschluss vom 16. 8. 2012 – 2 U 51/12 (AktG), AG 2013, 643, 646.

C. Besitz als zusätzliches materielles Ermächtigungserfordernis?

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Der Aktionär konnte mittels Bankbestätigungen seine Aktionärseigenschaft nachweisen sowie die Tatsache, dass er die Eintrittskarte für die Hauptversammlung auf eine andere Person als Fremdbesitzer bestellt hatte.193 Dies wurde vom Kammergericht für nicht ausreichend gehalten, da sich aus der Bescheinigung nur entnehmen lasse, dass das Stimmrecht übertragen werden sollte, nicht aber auch der Besitz.194 Das Kammergericht stellt fest, die Legitimationsübertragung erfordere die Übertragung des Besitzes an den Aktien auf den Dritten, da er als durch den Aktienbesitz legitimierter Vollrechtsinhaber auftrete.195 Zur Begründung für das Besitzerfordernis beruft sich das Kammergericht auf das Abspaltungsverbot.196 Während das Abspaltungsverbot zwar, wie oben bereits ausgeführt, Ausgangspunkt für grundsätzliche Bedenken in Bezug auf die Rechtsfigur der Legitimationsübertragung ist,197 geht der Hinweis darauf als Begründungsansatz für ein Besitzerfordernis fehl. Das Abspaltungsverbot verlangt, dass das Stimmrecht nicht vom Aktieneigentum abgespalten wird, um einen Gleichlauf des wirtschaftlich Betroffenen mit dem Entscheidungsträger zu erreichen. Dass Stimmrecht und Besitz nicht voneinander getrennt werden dürfen, ist damit jedoch nicht gesagt und wäre auch vom Schutzzweck des Abspaltungsverbots nicht umfasst. Der Begründungsansatz des Kammergerichts geht damit ins Leere und kann ein Festhalten am Besitzerfordernis nicht rechtfertigen.

III. Ergebnis Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass die Besitzübertragung auf den Legitimationsaktionär weder bei Namens- noch bei Inhaberaktien eine notwendige Voraussetzung für die Wirksamkeit der Legitimationsübertragung darstellt. Bei Namensaktien versteht sich dies aus ihrer Natur als Orderpapier bereits von selbst; auch bei Inhaberaktien ist im Gleichlauf mit der Legitimation des Aktieneigentümers der Bankennachweis nicht nur als formelles Legitimationsmittel ausreichend, vielmehr ersetzt der Bankennachweis auch in materieller Hinsicht nun die Besitzübertragung.

193

Vgl. Block/Packi, BB 2010, 788. KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224, 225; die gleiche Erwägung findet sich so ebenso bereits bei Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 124. 195 KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224. 196 KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224, 225. 197 Vgl. dazu bereits oben 1. Kapitel E. I, S. 42. 194

4. Kapitel

Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH A. Schweigen des GmbHG Auch bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine Legitimationsübertragung grundsätzlich denkbar, indem ein Dritter aufgrund einer Ermächtigung durch den Gesellschafter das zum Geschäftsanteil gehörende Stimmrecht im eigenen Namen ausübt. Im GmbHG ist die Zulässigkeit einer solchen Legitimationsübertragung allerdings, anders als in § 129 Abs. 3 AktG für die Aktiengesellschaft, nicht ausdrücklich vorgesehen.1 Aufgrund dieser Offenheit des GmbHG besteht im Recht der GmbH über die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung Streit.2 Der BGH musste die Frage der Zulässigkeit einer Legitimationsübertragung bei der GmbH bislang nicht entscheiden,3 und auch andere Gerichte haben sich zu der Frage in der Vergangenheit nicht geäußert, sondern die Frage offengelassen.4 1

Vgl. auch Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, 2019, S. 487, 491. Dafür OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391, 392 (nach Rücknahme der Revision zum BGH rechtskräftig); Schindler, in: BeckOK-GmbHG, 47. Edition, Stand 1. 11. 2020, § 47 Rn. 84.2; Hüffer/Schäfer, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2020, § 47 Rn. 57; Drescher, in: MünchKomm-GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2019, § 47 Rn. 78; Wicke, GmbHG, 4. Auflage 2020, § 47 Rn. 10; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2017, § 47 Rn. 53; dagegen Ganzer, in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Auflage 2017, § 47 Rn. 30; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, 22. Auflage 2019, § 47 Rn. 41; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Auflage 2020, § 47 Rn. 4; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, Band 2, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 21; Bergjan, in: Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Auflage 2020, § 47 Rn. 7; Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Auflage 2020, § 47 Rn. 19; Hillmann, in: Henssler/StrohnGmbHG, 5. Auflage 2021, § 47 Rn. 35; Casper, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 4. Auflage 2019, § 47 Rn. 18; A. Bartl, in: Bartl u. a., GmbHG, 8. Auflage 2019, § 47 Rn. 12; Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, 2019, S. 487, 492; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, 8. Auflage 2016, Rn. 3.254; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 43 Rn. 28; offenlassend BGH, Hinweisbeschluss vom 11. 2. 2008 – II ZR 291/06, NZG 2008, 468, 469 (Das Revisionsverfahren ist nach dem Hinweisbeschluss durch Revisionsrücknahme erledigt worden); OLG Hamburg, Beschluss vom 22. 2. 1989 – 11 W 14 – 16/89, NJW 1989, 1865; BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 21. 11.1985 – BReg. 3 Z 146/85, BayObLGZ 1985, 391, 395 = BayObLG ZIP 1986, 303; Altmeppen, in: Altmeppen, GmbHG, 10. Auflage 2021, § 47 Rn. 39. 3 Vgl. zuletzt BGH, Hinweisbeschluss vom 11. 2. 2008 – II ZR 291/06, NZG 2008, 468, 469: „Die […] Rechtsfragen sind, soweit sie die Zulässigkeit einer so genannten „Legitimationsermächtigung“ betreffen, nicht entscheidungserheblich.“ 2

C. Das Abspaltungsverbot als maßgebliches Kriterium auch bei der GmbH

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B. Ansatzpunkte im GmbHG Im GmbHG findet sich zwar keine Regelung zur Frage der Zulässigkeit einer Legitimationsübertragung, dennoch bietet das Gesetz Ansatzpunkte für eine Beurteilung dieser Frage. § 47 Abs. 3 GmbHG setzt die Zulässigkeit von Vollmachten zur Stimmrechtsausübung voraus und zeigt damit, dass eine Ausübung des Stimmrechts durch gesellschaftsfremde Dritte nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, soweit sie ihre Befugnis zur Ausübung vom Berechtigten herleiten können. § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG beinhaltet eine Fiktion, die mit jener des § 67 Abs. 2 AktG zu vergleichen ist. Danach gilt im Verhältnis zur Gesellschaft nur derjenige als Gesellschafter, der in der Gesellschafterliste steht. Dies kann auch jemand sein, der in Wahrheit nicht Eigentümer des Gesellschaftsanteils ist, etwa wenn nach einem Verkauf des Geschäftsanteils die Liste nicht ordnungsgemäß aktualisiert und zum Handelsregister gereicht wurde. Dem GmbHG sind damit grundsätzlich Konstellationen nicht fremd, in denen jemand, der nicht (mehr) Eigentümer des Gesellschaftsanteils ist, Gesellschafterrechte im eigenen Namen ausüben darf.5 Auch aus § 185 BGB ergibt sich, dass ein Recht grundsätzlich auch von einem Nichtberechtigten im eigenen Namen ausgeübt werden kann.6

C. Das Abspaltungsverbot als maßgebliches Kriterium auch bei der GmbH Ebenso wie im Aktienrecht müssen sich Stimmrechtsdelegationen auch im GmbH-Recht am Abspaltungsverbot messen lassen. Auch im Recht der GmbH ist der Grundsatz anerkannt, dass das Stimmrecht nicht von der Mitgliedschaft abgespalten werden darf.7 Seine Einhaltung ist aber auch bei der GmbH kein Selbstzweck, vielmehr muss für den konkreten Einzelfall vor dem Hintergrund des Schutzzwecks 4

BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 21. 11. 1985 – BReg. 3 Z 146/85, BayObLGZ 1985, 391, 395 = ZIP 1986, 303; OLG Hamburg, Beschluss vom 22. 2. 1989 – 11 W 14 – 16/89, NJW 1989, 1865. 5 Römermann, in: Michalski, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2017, § 47 Rn. 53; Hüffer/ Schäfer, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2020, § 47 Rn. 57. 6 Hüffer/Schäfer, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2020, § 47 Rn. 57; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, 47. Edition, Stand 1. 11. 2020, § 47 Rn. 84.2. 7 RG, Urteil vom 2. 2. 1938, II 174/37, RGZ 157, 52, 54 ff. (Legitimationszession zugunsten eines Pfandgläubigers); RG JW 1934, 2906, 2907; BGH, Urteil vom 25. 2. 1965 – II ZR 287/63, BGHZ 43, 261, 267 = NJW 1965, 1378; BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 21. 11. 1985 – BReg. 3 Z 146/85, BayObLGZ 1985, 391, 394 = ZIP 1986, 303; BGH, Urteil vom 4. 12. 1967 – II ZR 91/65, NJW 1968, 396, 397; BGH, Urteil vom 11. 10. 1976 – II ZR 119/75, WM 1976, 1247, 1249; Fischer, GmbHR 1952, 113; Heitzer, GmbHR 1952, 129; Drescher, in: MünchKomm-GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2019, § 47 Rn. 75; Hüffer/Schäfer, in: Habersack/Casper/ Löbbe, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2020, § 47 Rn. 55; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Auflage 2019, § 47 Rn. 40.

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4. Kap.: Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH

beurteilt werden, ob das Abspaltungsverbot einer bestimmten Gestaltung entgegensteht oder nicht.8 In der Literatur finden sich Stimmen, die die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung wegen eines befürchteten Verstoßes gegen das Abspaltungsverbot im GmbH-Recht gänzlich ablehnen.9 Auch ein Verstoß gegen das in § 137 BGB zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsprinzip, dass man sich seiner Verfügungsmacht nicht mit dinglicher Wirkung entledigen kann, rücke in den Bereich des Möglichen, wenn ein so wesentlicher Bestandteil der Mitgliedschaft wie das Stimmrecht vom GmbH-Anteil abgetrennt werde, denn dadurch würde das Anteilsrecht ausgehöhlt und die prinzipielle Zusammengehörigkeit des Vermögensrechts mit seinen Einzelfunktionen gestört.10 Ebenso wie ein Verstoß gegen das Abspaltungsverbot liegt auch ein Verstoß gegen die Prinzipien des § 137 BGB dann näher, wenn die Stimmrechtsübertragung dauerhaft oder gar unwiderruflich erfolgt; solange die Stimmrechtsübertragung widerruflich bleibt und die Befugnis zur Stimmrechtsausübung sich so jederzeit wieder mit dem Anteilseigentum vereinigen kann, entledigt sich der Anteilseigner nicht in einer Weise seiner Verfügungsmacht, die einem Verstoß gegen § 137 BGB gleichkäme.11 Argumentieren ließe sich für eine Unzulässigkeit auch widerruflicher Legitimationsübertragungen indes, dass der Gesetzgeber die Legitimationszession bei der Aktiengesellschaft ausdrücklich zugelassen hat, bei der GmbH hingegen nicht explizit regelte, sie also dort im Umkehrschluss wohl nicht vorsehen wollte.12 Teils wird in der Tat vertreten, eine Legitimationsübertragung sei im GmbH-Recht immer unwirksam, könne zu ihrer Erhaltung aber in eine widerrufliche Stimmrechtsvollmacht umgedeutet werden.13 Jedoch muss bei einer solchen Argumentation auch die Gesetzgebungsgeschichte des Aktiengesetzes berücksichtigt werden. Die Legitimationszession hat sich im Aktienrecht zunächst in Praxis und Rechtsprechung entwickelt und wurde erst später ins Gesetz aufgenommen.14 Da ein praktisches Bedürfnis für eine solche Konstruktion im GmbH-Recht nicht bestand, sah der Gesetzgeber hier keinen Anlass, die Rechtsfigur auch ins GmbH-Gesetz zu übernehmen. Dabei ist auch die Tatsache zu berücksichtigen, dass das GmbH-Recht generell viel weniger stark reguliert und ausdifferenziert ist als das Recht der Aktiengesellschaft. Im Aktiengesetz erfährt die Stimmabgabe eine detaillierte Rege8 In diese Richtung auch Fleck, FS Fischer, 1979, S. 107, 110: „Solche „Wesensargumente [des Abspaltungsverbots] bieten jedenfalls ohne nähere Konkretisierung keine überzeugende Begründung für ein angenommenes Gestaltungshindernis.“ 9 Vgl. Hillmann, in: Henssler/Strohn-GmbHG, 5. Auflage 2021, § 47 Rn. 35. 10 Fleck, in: FS Fischer, 1979, S. 107, 112. 11 So auch Fleck, in: FS Fischer, 1979, S. 107, 112. 12 In diese Richtung wohl K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 21. 13 Drescher, in: MünchKomm-GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2019, § 47 Rn. 76; BGH NZG 2008, 468; Hillmann, in: Henssler/Strohn-GmbHG, 5. Auflage 2021, § 47 Rn. 35; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 22. 14 Vgl. zur Geschichte oben 1. Kapitel B, S. 23.

C. Das Abspaltungsverbot als maßgebliches Kriterium auch bei der GmbH

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lung, in deren Kontext dann auch die Legitimationsübertragung Erwähnung findet; im GmbH-Recht vermisst man solch umfangreiche Regelungen, in deren Umkreis die Legitimationsübertragung systematisch gepasst hätte. Während im Aktienrecht die Stimmabgabe durch Vertreter detailreich geregelt ist, findet sich im GmbHG in § 47 Abs. 3 GmbHG gerade einmal der Hinweis, dass Vollmachten der Textform bedürfen. Dem Gesetzgeber Absicht zu unterstellen, wenn er im GmbHG die Legitimationsübertragung, für die dort wenig praktisches Bedürfnis besteht,15 unerwähnt lässt, wenn schon die Stimmabgabe durch Stellvertreter nur am Rande anklingt, verkennt die grundsätzlichen Unterschiede in der Regulierungsdichte der Aktiengesellschaft und ihrer „kleinen Schwester“. Vielmehr sind Anleihen aus dem Aktienrecht sehr gebräuchlich, wenn man im Recht der GmbH selbst keine Regelungen findet, so beispielsweise im Bereich des GmbH-Konzernrechts16 oder im Beschlussanfechtungsrecht.17 Soweit nicht gerade Besonderheiten einer der beiden Kapitalgesellschaftsformen einer solchen Übertragung entgegenstehen, bestehen hiergegen grundsätzlich keine Bedenken. Eine planwidrige Regelungslücke wird im Recht der wenig regulierten GmbH häufig vorliegen, weil der Gesetzgeber bei der Schaffung des GmbHG nicht im Blick hatte, dass sich bestimmte AG-typische Konstellationen auch bei der GmbH ergeben könnten, die ja ursprünglich eher für kleinere Unternehmen konzipiert war. Eine vergleichbare Interessenlage wird ebenfalls häufig leicht zu bejahen sein, da sich die beiden Gesellschaftsformen in ihrer Grundstruktur und den regelungsbedürftigen Konflikten in weiten Teilen ähneln. Von den Befürwortern der Legitimationsübertragung auch im GmbH-Recht wird daher die Regelung im Aktienrecht herangezogen und argumentiert, wenn der Gesetzgeber die Legitimationszession bei der Aktiengesellschaft zulasse, so bestehe kein ersichtlicher Grund, warum diese bei der GmbH unzulässig sein sollte.18 Diese Argumentation ist indes nicht zwingend, denn die ausdrückliche Regelung im Aktienrecht muss nicht bedeuten, dass die Legitimationsübertragung mit dem Abspaltungsverbot vereinbar sei, sie könne vielmehr auch als gesetzlich geregelte Ausnahme vom Abspaltungsverbot zu verstehen sein,19 was ihre Analogiefähigkeit in Frage stellen würde. Nur weil der Gesetzgeber eine solche systematische Ausnahme von einem gesellschaftsrechtlichen Grundsatz, einem besonderen Bedürfnis 15

Vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Auflage 2020, § 47 Rn. 4. Vgl. nur Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Auflage 2019, Anhang zu § 318 Rn. 1: „[…] lassen [die Regelungen des AktG] sich über weite Bereiche auf die GmbH entsprechend anwenden, freilich nur unter dem Vorbehalt rechtsformspezifischer Besonderheiten“. 17 Fleischer, in: MünchKomm-GmbHG, Band 1, 3. Auflage 2018, Einleitung Rn. 169; Leinekugel, in: BeckOK-GmbHG, 47. Edition, Stand 1. 2. 2021, § 47 Anhang Beschlussanfechtung, Vor Rn. 1; Drescher, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 246 Rn. 2. 18 Vgl. OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391, 392; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, 47. Edition, Stand 1. 11. 2020, § 47 Rn. 84.2; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2017, § 47 Rn. 53. 19 So Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 11 Rn. 16. 16

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4. Kap.: Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH

der Praxis folgend, im Aktienrecht zugelassen hat, muss dies nicht bedeuten, dass er eine solche Gestaltung generell für Kapitalgesellschaften dulden will. Bei der GmbH als „kleiner“ Kapitalgesellschaft, deren Anteile deutlich weniger intensiv gehandelt werden und bei der auf die Anonymität des Anlegers typischerweise weniger Wert gelegt wird als im Aktienrecht, würde die Anerkennung der Legitimationszession als Ausnahme zum Abspaltungsverbot auf ein deutliches höheres Rechtfertigungsbedürfnis stoßen, sodass eine divergierende Bewertung im Aktien- und GmbH-Recht möglich erscheint. Allerdings stellt nach hier vertretener Ansicht die Legitimationszession im Aktienrecht keine systematische Ausnahme zum Abspaltungsverbot dar, sondern ist, sofern sie in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht ausnahmsweise einer Abspaltung gleichkommen sollte, mit dem Abspaltungsverbot durchaus zu vereinbaren.20

D. Suche nach einem Differenzierungskriterium Will man die Legitimationsübertragung für die GmbH versagen, so gilt es also ein Differenzierungskriterium zu finden, das eine Unterscheidung der AG und der GmbH im Hinblick auf die Stimmrechtsausübung durch Ermächtigte notwendig macht.21 Strukturelle Unterschiede zwischen GmbH und AG vermögen aber vielleicht ein weniger ausgeprägtes praktisches Bedürfnis nach der Legitimationsübertragung im Recht der GmbH zu begründen, z. B. weil der Wunsch nach Anonymität gegenüber der Gesellschaft dem GmbH-Gesellschafter grundsätzlich eher fremd sein dürfte; einen Grund, warum die Legitimationszession bei der GmbH rechtlich ausgeschlossen sein muss, bieten sie aber nicht. Zudem sind auch bei der GmbH durchaus Konstellationen denkbar, in denen ein legitimes Interesse daran besteht, das Stimmrecht durch einen anderen als den Anteilseigner ausüben zu lassen, so etwa beim Nießbrauch, treuhänderischer Anteilsübertragung, Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Wahrnehmung von Gesellschafterinteressen oder auch als milderes Mittel gegenüber einer Ausschließung einzelner Gesellschafter.22 K. Schmidt argumentiert mit den Wertungen des GmbH-Rechts. Dieses lasse die Stimmrechtsvollmacht zu, nicht jedoch die Stimmrechtsabspaltung, was rechts20

Vgl. dazu bereits oben 1. Kapitel E. I, S. 42. Vgl. auch Römermann, in: Michalski, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2017, § 47 Rn. 53: „Insoweit ist kein geeignetes Kriterium für eine unterschiedliche Behandlung der GmbH im Vergleich zu Aktiengesellschaft zu erkennen“; Hüffer/Schäfer, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2020, § 47 Rn. 57; a. A. K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, Band 2, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 21: „Es besteht bei der GmbH auch kein hinreichender praktischer Grund, der offenen Stellvertretung (§ 47 Abs. 3 mit § 164 BGB) die verdeckte Stimmrechtsausübungsermächtigung als gleichwertig zur Seite zu stellen.“ 22 Vgl. Fleck, FS Fischer, 1979, S. 107, 108 f. 21

D. Suche nach einem Differenzierungskriterium

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dogmatische Gründe habe.23 Diese Feststellung trifft indes auf das Aktienrecht ebenso zu wie auf das Recht der GmbH, denn auch im Aktienrecht ist die Stimmrechtsabspaltung, wie bereits dargestellt, unzulässig; die Legitimationsübertragung stellt eine solche Stimmrechtsabspaltung aber gerade nicht dar, sondern eine bloße Übertragung der Rechtsausübung. Bei der Suche nach dem Differenzierungskriterium, welches zu begründen vermag, warum im Unterschied zum Aktienrecht im Recht der GmbH eine Legitimationszession ausscheiden soll, hilft diese Feststellung jedoch nicht. Der Vergleich zur Aktiengesellschaft zeigt somit, dass das Abspaltungsverbot nicht pauschal geeignet ist, die Legitimationsübertragung im GmbH-Recht zu versagen, denn das Abspaltungsverbot gilt auch im Aktienrecht und hindert dort die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung nicht.24 Jedoch finden sich in der Literatur zwei beachtliche Aspekte, die als Differenzierungskriterium tatsächlich taugen mögen und die daher im Folgenden genauer beleuchtet werden sollen. Es ist einerseits die Gesellschafterliste und andererseits die fehlende Anteilsverbriefung der GmbH.

I. Gesellschafterliste der GmbH als Differenzierungskriterium? In jüngerer Zeit – nach der Neufassung des § 16 GmbHG durch das MoMiG im Jahr 2008 – findet sich in der Literatur der Hinweis auf die Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG zur Gesellschafterliste, die der Legitimationszession bei der GmbH entgegenstehen soll.25 So statuieren Zöllner/Noack, die Legitimationsübertragung könne im GmbH-Recht schon alleine deshalb nicht funktionieren, weil die Gesellschafterliste maßgeblich sei.26 Eine andere Person als die aus der Gesellschafterliste ersichtliche dürfe die Gesellschaft nicht zur Stimmrechtsausübung in eigenem Namen zulassen; die Anordnung des § 16 Abs. 1 GmbHG stehe nicht zur Disposition.27 Die Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG sei sinnlos, wenn sich aus der Gesellschafterliste nur ergeben würde, wer Inhaber des Geschäftsanteils ist, und nicht auch, dass der dort ausgewiesene Inhaber Träger des entsprechenden Stimmrechts 23

K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 21. Hüffer/Schäfer, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, Band 2, 3. Auflage 2020, § 47 Rn. 57. 25 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Auflage 2019, § 47 Rn. 41 (Argumentation seit der 21. Auflage 2017 in der Form enthalten), ohne Bezug auf K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 21; im Anschluss daran auch Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, S. 487, 492, diese mit Bezug auf K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 11. Auflage 2014, § 47 Rn. 21; Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Auflage 2020, § 47 Rn. 19: „Mit § 16 Abs. 1 n. F. ist der Gedanke einer solchen „verdeckten Vertretung“ nicht mehr zu vereinbaren.“ 26 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Auflage 2019, § 47 Rn. 41. 27 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Auflage 2019, § 47 Rn. 41. 24

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4. Kap.: Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH

sei.28 Kraft gesetzlicher Fiktion sei alleine derjenige legitimiert, der in der Gesellschafterliste steht.29 Auch Karsten Schmidt zieht schon länger die von § 16 Abs. 1 GmbHG ausgehende gesetzliche Legitimationswirkung heran, um die Unzulässigkeit der Legitimationsübertragung im Recht der GmbH zu begründen.30 § 16 GmbHG diene nach dem Willen des MoMiG-Gesetzgebers der Transparenz und dürfe nicht zweckwidrig in den Dienst der Intransparenz gestellt werden.31 § 16 GmbHG diene der Rechtssicherheit durch förmliche Legitimation des Gesellschafters und erlaube keine willkürliche Trennung der Rechtsinhaberschaft und der Rechtsausübung.32 Die Anknüpfung an die Gesellschafterliste könnte auf den ersten Blick tatsächlich das gesuchte Differenzierungskriterium zwischen der GmbH und der Aktiengesellschaft darstellen, denn zwischen der Gesellschafterliste und dem Aktienregister der Namensaktiengesellschaft bestehen in der Tat Unterschiede.33 In Bezug auf die Wirkung gegenüber der Gesellschaft sind die Regelungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG und des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG allerdings zunächst parallel gestaltet und bestimmen beide, dass der in der Gesellschafterliste bzw. im Aktienregister Eingetragene der Gesellschaft gegenüber als Inhaber der Beteiligung gilt, entfalten also beide gleichermaßen Legitimationswirkung. Insofern nahm der Gesetzgeber sich bei der Neufassung des § 16 GmbHG durch das MoMiG das Aktienregister sogar zum Vorbild.34 Auch der Hinweis, die von § 16 Abs. 1 GmbHG ausgehende Legitimationswirkung sei eine gesetzliche, keine rechtsgeschäftliche,35 trägt nicht weit – das trifft auf das Aktienregister ebenso zu. Die Unterschiede zeigen sich erst im Verhältnis zu Dritten, denn die Gesellschafterliste wird zum Handelsregister eingereicht und nimmt damit an dem öffentlichen Glauben dieses Registers teil, sodass namentlich ein gutgläubiger Anteilserwerb vom in der Gesellschafterliste eingetragenen Nichtberechtigten möglich ist, vgl. § 16 Abs. 3 GmbHG. Das Aktienregister bleibt hingegen reines Internum der Aktiengesellschaft und entfaltet im Verhältnis zu Dritten keinerlei Wirkungen. Der Unterschied zwischen Gesellschafterliste und Aktienregister zeigt sich also im Verhältnis zu Dritten – in Bezug auf die Beurteilung der Zulässigkeit der Legitimationsübertragung kommt es aber gerade nur auf das Verhältnis des Anteilseigners 28

Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Auflage 2019, § 47 Rn. 41; im Anschluss daran auch Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, S. 487, 493. 29 Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Auflage 2020, § 47 Rn. 19. 30 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 21. 31 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 21. 32 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 21. 33 Allgemein zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Gesellschafterliste und Aktienregister Bayer, GS Winter, 2011, S. 9 ff. 34 Altmeppen, in: Altmeppen, GmbHG, 10. Auflage 2021, § 40 Rn. 5; Bayer, GS Winter, 2011, S. 9, 14, 20; vgl. auch Regierungsbegründung MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 37. 35 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Auflage 2021, § 47 Rn. 21.

D. Suche nach einem Differenzierungskriterium

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zur Gesellschaft an, und diesbezüglich laufen Aktienregister und Gesellschafterliste parallel. Die Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG wird auch nicht völlig sinnlos, wenn ein anderer als der sich aus der Gesellschafterliste ergebende Inhaber des Geschäftsanteils das Stimmrecht ausüben kann.36 Auch bei der Vollmacht übt ein anderer als der in der Gesellschafterliste Eingetragene das Stimmrecht aus; die Stimmrechtsvollmacht aber sieht § 47 Abs. 3 GmbHG selbst vor. Entscheidendes Kriterium ist die Offenlegung desjenigen, für dessen Geschäftsanteil das Stimmrecht ausübt wird. Die Zuordnung einer Stimmabgabe zu einem Gesellschaftsanteil kann bei der GmbH, in diesem Punkt gerade anders als bei der AG, nur mittels einer Offenlegung desjenigen in der Gesellschafterliste Eingetragenen, für den das Stimmrecht ausgeübt wird, erfolgen. Bei der AG gibt es hingegen mit der verbrieften Aktie ein in gewisser Weise verselbstständigtes Zuordnungsobjekt für die Stimmabgabe, welches die Offenlegung des Aktieneigentümers nicht unbedingt erfordert; hier kann die Zuordnung zur Aktie im Falle von Namensaktien über die Eintragung des Legitimationsaktionärs im Aktienregister oder im Falle von Inhaberaktien über die Ausstellung der Bankbescheinigung für die betreffenden Aktien auf den Legitimationsaktionär erfolgen. Der Eintragung in das Aktienregister bei Namensaktiengesellschaften würde wohl am ehesten die Eintragung des Legitimationszessionars in die Gesellschafterliste entsprechen, diese als bloßes Legitimationsmittel zu nutzen, scheidet aber aufgrund der oben genannten weitgehenden Wirkung der Gesellschafterliste im Verhältnis zu Dritten aus. Hirte/Mohamed sprechen treffend von der „Anonymitäts-Idee“ hinter der Rechtsfigur und konstatieren, im GmbH-Recht sei diese nicht entsprechend zu realisieren.37 An dieser Stelle überschneidet sich das Argument des Charakters der Gesellschafterliste mit dem Aspekt der Anteilsverbriefung, auf den daher nunmehr eingegangen werden soll.

II. Verbriefung der Anteile als Differenzierungskriterium? Der Aspekt der Anteilsverbriefung unterscheidet GmbH und AG. Während die Verbriefung der Aktie und ihr damit entstehender Wertpapiercharakter Wesenselement der Aktiengesellschaft sind, werden GmbH-Geschäftsanteile regelmäßig nicht verbrieft.38 Die Legitimationsübertragung aber ist „ein Kind der Aktienurkunde“.39 Wenngleich auch die Aktienurkunde heute ganz überwiegend nicht mehr in den 36 So aber Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Auflage 2019, § 47 Rn. 41; im Anschluss daran auch Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, 2019, S. 487, 493. 37 Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, 2019, S. 487, 493. 38 Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, 2019, S. 487, 493. 39 Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, 2019, S. 487, 493; vgl. auch bereits Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 400: „Sie [i. e. die Legitimationszession] beruht auf der Verbriefung des Mitgliedschaftsrechts.“, allerdings mit abweichender Schlussfolgerung für das GmbH-Recht in Fn. 78.

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4. Kap.: Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH

Händen des Aktionärs liegt, sondern als Globalurkunde im Tresor von Clearstream als Zentralverwahrer, so hat dieser Unterschied doch Auswirkungen auf die Übertragung der Mitgliedschaft und auf die Möglichkeit, dabei anonym zu bleiben. Durch die fehlende Aktienurkunde fehlt nämlich auch die Möglichkeit der anonymen Verschaffung eines Legitimationsmittels, der die Zuordnung zum Gesellschaftsanteil trotz Anonymität des Eigentümers desselben ermöglichen würde. Bei der AG wird der Besitz an der Aktienurkunde verschafft oder die Bankbescheinigung auf den Legitimationszessionar ausgestellt, bei der Namensaktie wird der Legitimationsaktionär ins Aktienregister der Gesellschaft eingetragen. Dadurch kann die AG die Stimmabgabe den entsprechenden Aktien zuordnen, auch wenn sie nicht weiß, wem diese Aktien gehören. Dieses „Zwischenstück“ zwischen dem Gesellschafter selbst und der Gesellschaft, das bei der AG die verbriefte Aktie bildet, fehlt bei der GmbH als Zuordnungsobjekt. Bei der AG können die Stimmrechte der Aktie zugeordnet werden, ohne dass der dahinter stehende Gesellschafter zu Tage treten muss. Bei der GmbH gibt es aber mangels Verbriefung des Geschäftsanteils keine entspreche mittelbare Zuordnungsmöglichkeit. Ein Dritter müsste, um die Stimmrechtsausübung überhaupt zuordnen zu können, offenlegen, für welchen eingetragenen Gesellschafter er handelt.40

III. Ergebnis Tatsächlich spielen die beiden Aspekte der öffentlich zugänglichen Gesellschafterliste, die nicht in gleicher Weise wie das Aktienregister Eintragungen eines Nichtgesellschafters ermöglicht, und die fehlende Anteilsverbriefung, die eine Zuordnung ohne Offenlegung der Identität des Gesellschafters verbietet, hier so zusammen, dass im Ergebnis eine anonyme Stimmrechtsabgabe für bestimmte Anteile bei der GmbH nicht möglich ist, sondern eine Repräsentation fremder Anteile immer mit der Offenlegung des repräsentierten Gesellschafters einhergehen muss. Die Legitimationszession aber, darauf weisen Hirte/Mohamed zu Recht hin, würde „völlig entwertet“, wenn der Gesellschaft gegenüber der wahre Gesellschafter damit zu offenbaren wäre.41 Mit der „Anonymitäts-Idee“ hinter der Rechtsfigur der Legitimationszession sei dies nicht zu vereinbaren.42 Teichmann formuliert daher treffend, dass nur eine Vollmacht Sinn ergebe.43

40 41 42 43

Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Auflage 2020, § 47 Rn. 19. Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, 2019, S. 487, 493. Hirte/Mohamed, FS K. Schmidt, 2019, S. 487, 493. Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Auflage 2020, § 47 Rn. 19.

E. Sonderkonstellation: Die nachträgliche Genehmigung der Stimmrechtsausübung 113

E. Sonderkonstellation: Die nachträgliche Genehmigung der Stimmrechtsausübung durch einen Nichtberechtigten nach der Entscheidung des OLG Celle vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06 Das OLG Celle hat in seinem Urteil vom 15. 11. 200644 – also vor der Neufassung des § 16 GmbHG durch das MoMiG – nicht nur die grundsätzliche Zulässigkeit der Legitimationsübertragung im GmbH-Recht bejaht, sondern sogar angenommen, dass eine Stimmabgabe durch einen Nichtberechtigten durch nachträgliche Genehmigung durch den Berechtigten wirksam werden könne. Diese Genehmigung soll allerdings nicht zu einer rückwirkenden Wirksamkeit führen, sondern nur ex nunc gelten.45 Abgesehen von den sogleich noch zu erörternden Besonderheiten des Sachverhalts ist vorauszuschicken, dass nach der Neufassung durch das MoMiG § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG die der Entscheidung zugrunde liegende Konstellation nunmehr regelt.46 Dieser bestimmt nunmehr, dass eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung als von Anfang an wirksam gilt, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird. Das OLG Celle hat somit eine Sonderkonstellation entschieden, die der Gesetzgeber nur wenig später im gleichen Sinne gelöst hat. Dies gilt es auch im Blick zu behalten, wenn es um die Übertragbarkeit des Urteils auf die Aktiengesellschaft geht. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es bei der vom OLG Celle für die GmbH entschiedenen Konstellation gar nicht um einen Fall der Legitimationszession ging,47 sondern um die Konstellation eines aufschiebend auf die Kaufpreiszahlung bedingten Erwerbs. Denn für die Legitimationszession ist gerade kennzeichnend, dass die Ausübung des Stimmrechts losgelöst von dem Stimmrecht selbst und dem Gesellschaftsanteil, zu dem es gehört, übertragen und dann im eigenen Namen ausgeübt wird. Im Fall des OLG Celle ging es aber gar nicht um eine Stimmrechtsvertretung in dem Sinne, dass jemand nur das Stimmrecht durch einen anderen im eigenen Namen hat ausüben lassen; es geht vielmehr um einen Fall des aufschiebend bedingten Erwerbs und damit der aufschiebend bedingt berechtigten Stimmabgabe. Nicht nur die Ausübung des Stimmrechts, sondern ebenso der Gesellschaftsanteil sollte gleichermaßen zum gleichen Zeitpunkt und durch den gleichen Vorgang übertragen werden. Anders als der Legitimationszessionar ist also der Nichtberechtigte in dem entschiedenen Fall nicht als bloßer Stimmrechtsvertreter eingesetzt worden, sondern er sollte vielmehr der neue Berechtigte sein, nur dass es am Eintritt der Bedingung fehlte. Nicht jeder 44 OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391; gegen das Urteil wurde Revision zugelassen und eingelegt (BGH II ZR 291/06). Das Revisionsverfahren ist nach Hinweisbeschluss vom 11. 2. 2008 (BGH, NZG 2008, 468) durch Revisionsrücknahme erledigt worden. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig. 45 OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391, 392. 46 Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Auflage 2020, § 47 Rn. 19 mit Fn. 66. 47 So hat auch der BGH in seinem Hinweisbeschluss vom 11. 2. 2008 – II ZR 291/06, NZG 2008, 468 eine Stimmrechtsvollmacht angenommen.

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4. Kap.: Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH

vollmachtlose Vertreter,48 der zugleich auch noch gegen das Offenkundigkeitsprinzip verstößt, kann dadurch aber ein Legitimationszessionar werden, für den es an der Ermächtigung fehlt, dessen Handlungen dann aber nachträglich genehmigt werden können. Die in dem entschiedenen Fall vorliegende Konstellation hat mit dem generellen Konzept der Legitimationsübertragung also nicht viel gemein, sodass aus dem Urteil kein allgemeiner Grundsatz abgeleitet werden kann, dass bei „Legitimationsübertragungen“ ohne Ermächtigung diese noch nachträglich erteilt werden könne und dadurch die Wirksamkeit der Stimmabgabe nachträglich herbeigeführt würde. Will man sich – sozusagen hilfsweise, da ja die Möglichkeit einer Legitimationsübertragung im GmbH-Recht oben bereits abgelehnt wurde – dennoch mit der Frage beschäftigen, ob eine solche nachträgliche Genehmigung einer Stimmabgabe durch einen Nichtberechtigten möglich ist, so ist zu dem Urteil des OLG Celle zunächst festzustellen, dass durch den Ausschluss der Rückwirkung ein besonders problematischer Punkt der nachträglichen Genehmigung unwirksamer Stimmabgabe in der Tat ausgeschlossen wird, denn die Rückwirkung würde zu besonders großer Rechtsunsicherheit führen. Dem Problem der Rechtsunsicherheit wird allerdings auch so nicht vollständig abgeholfen, denn immer noch gibt es einen Zustand „schwebend unwirksamer Stimmabgabe“ bis zum Zeitpunkt der Genehmigung; erfolgt eine Genehmigung nicht, könnte sich dieser Schwebezustand sogar über recht lange Zeiträume erstrecken, während derer das Schicksal des Beschlusses ungewiss wäre. In dem entschiedenen Fall des OLG Celle mag das kein Problem gewesen sein, da es sich um eine Ein-Personen-GmbH handelte, deren Alleingesellschafter zugleich der Geschäftsführer war; d. h. die Durchführung von „Gesellschafterversammlungen“ bzw. die Fassung von Beschlüssen war in dieser Konstellation gem. § 48 Abs. 3 GmbHG kein großer Aufwand und schwebend unwirksame Beschlüsse aus dem Grund auch eher tragbar, weil sie jederzeit unproblematisch erneuert werden könnten. In dem entschiedenen Fall entstand keine Rechtsunsicherheit dadurch, dass der vorherige Alleingesellschafter diese Stimmabgabe genehmigt; dritte Personen oder gar der Rechtsverkehr wurden dadurch nicht beeinträchtigt. Spielen diese Überlegungen für die GmbH auch keine Rolle mehr, wenn man die Zulässigkeit bzw. Möglichkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH ablehnt, so werden sie doch relevant für die Beurteilung der Frage, ob die in diesem Urteil getroffene Aussage sich auch auf die Aktiengesellschaft übertragen lässt. Denn während ein Zustand „schwebend unwirksamer Stimmabgabe“ in der Praxis bei einer Einpersonen-GmbH kein großes Problem sein mag, so scheint dies für die Aktiengesellschaft vollkommen undurchführbar. Im Falle einer Aktiengesellschaft wird sich die typische Lage nämlich ganz anders darstellen. Dort werden im Regelfall zahlreiche Aktionäre beteiligt sein, für die die Wirksamkeit der Stimmabgabe für die Ausübung ihrer mitgliedschaftlichen Rechte, insbesondere des Anfechtungsrechts, von entscheidender Bedeutung ist.49 48 So ordneten die Beteiligten das Handeln des Klägers selbst ein, vgl. OLG Celle, Urteil vom 15. 11. 2006 – 9 U 59/06, NZG 2007, 391. 49 Zur Übertragbarkeit des Urteils auf die AG siehe bereits oben 3. Kapitel A. I. 4. b), S. 78.

5. Kapitel

Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung A. Verortung der Frage und Umfang der Betrachtung Die Frage der Auswirkung von Vinkulierungsbestimmungen in der Satzung der Aktiengesellschaft ist streng genommen Teil der Voraussetzungen der Legitimationsübertragung bei Namensaktien, bei denen im Falle des Bestehens einer Vinkulierungsbestimmung in der Satzung als weitere Voraussetzung die Zustimmung des Vorstands zur Legitimationsübertragung hinzutritt, denn erst durch die Zustimmungserteilung wird die betreffende Transaktion wirksam.1 Die Vinkulierung begründet keine eigene Aktiengattung im Sinne des § 11 Abs. 2 AktG.2 Dennoch soll dieser Frage ein separater Abschnitt gewidmet werden, da die Aufarbeitung der Entwicklung der ganz herrschenden und bis heute nicht mehr in Frage gestellten Meinung, dass die Legitimationsübertragung von Vinkulierungsbestimmungen erfasst wird, einigen Raum in Anspruch nimmt. Die Entwicklung dieser Ansicht nachzuvollziehen ist jedoch unerlässlich, um ihre Berechtigung kritisch würdigen zu können. Nicht im Detail in den Blick genommen wird in diesem Abschnitt die börsengehandelte vinkulierte Namensaktie. Die umlauffähige vinkulierte Namensaktie ist ein sehr künstlich anmutendes Konstrukt, in dem die beiden widerstreitenden Aspekte der hohen Umlauffähigkeit und der Vinkulierung aufeinander prallen und künstlich durch Bestimmungen in den Börsenordnungen vereinbar gemacht werden.3 Da damit die Charakteristik der Vinkulierung verwässert wird, sollen die Betrachtungen zur Legitimationsübertragung bei vinkulierten Namensaktien sich im Grundsatz auf die nicht blankoindossierte und nicht börsengehandelte Namensaktie beschränken. 1 Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 11; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 68 Rn. 26; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 71; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 69. 2 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 10; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 38; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 217. 3 Vgl. Immenga, AG 1992, 105, 107; vgl. auch Wirth, DB 1992, 617, 618; Wiedemann/ Walther, WuB II A. § 68 AktG 1.93, 231, 233: „der in der Börsenzulassung vinkulierter Namensaktien liegende Widerspruch“.

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

B. Die Konstruktion der Vinkulierung I. Allgemeines Grundsätzlich muss die Aktie frei übertragbar sein und bleiben, da ihre Veräußerung für den Aktionär die einzige Austrittsmöglichkeit aus der Aktiengesellschaft darstellt.4 § 68 Abs. 2 AktG macht davon eine Ausnahme und bietet der Gesellschaft die Möglichkeit, durch Satzung die Übertragung der Namensaktie an die Zustimmung der Gesellschaft zu binden. Die legitimen Interessen der Gesellschaft an der Kontrolle der Aktionärsstruktur stehen mithin in einem Spannungsverhältnis zum Veräußerungsinteresse des einzelnen Aktionärs sowie dem Interesse des Rechtsverkehrs an der ungehinderten Zirkulationsfähigkeit der Aktien.5 Vinkulierungsklauseln beziehen sich nur auf die rechtsgeschäftliche Übertragung der Aktie im Wege der Einzelrechtsnachfolge und stehen einem Rechtsübergang im Wege der rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge, etwa durch Vererbung oder umwandlungsrechtliche Vorgänge, nicht entgegen.6 Dies findet seinen Grund darin, dass bei diesen Fällen der Gesamtrechtsnachfolge der Rechtsvorgänger ersatzlos entfällt;7 ein Degenerieren der vinkulierten Namensaktie zum bloßen subjektiven Recht soll verhindert werden.8

4 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 34; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 57; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 14; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 28; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 194; Wirth, DB 1992, 617; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaften bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 89; kritisch deshalb Kossmann, BB 1985, 1364, 1365: Die Vinkulierung führe zu einer „beispiellosen Diskriminierung der Aktionäre“. 5 Lieder, TFM 2015, 133, 134. 6 Allg. Ansicht, vgl. RGZ 132, 149, 157; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 52; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 32; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 68 Rn. 22; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 66; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 11; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 270; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 13; E. Ulmer, FS Schmidt-Rimpler, 1957, S. 261, 264; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 19; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 18; Liebscher, ZIP 2003, 825; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 32; Kossmann, BB 1985, 1364; Lutter, AG 1992, 369, 371. 7 Genau genommen fällt der alte Rechtsträger im Umwandlungsrecht nur bei der Verschmelzung und der Aufspaltung ersatzlos weg, auch für die Abspaltung und die Ausgliederung steht aber mit dem Wegfall des § 132 UmwG fest, dass für sie dieselben Grundsätze gelten sollen, vgl. OLG Hamm, Urteil vom 16. 4. 2014, I-8 U 82/13, ZIP 2014, 1479, 1481 f.; Lieder, TFM 2015, 133, 136. 8 Lieder, TFM 2015, 133, 136.

B. Die Konstruktion der Vinkulierung

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II. Zuständigkeit und Entscheidungsdirektiven Der Vorstand (vgl. § 68 Abs. 2 Satz 2 AktG; bzw. in den Fällen des § 68 Abs. 2 Satz 3 AktG das andere zuständige Organ) entscheidet über die Erteilung der Zustimmung; § 68 Abs. 2 Satz 2 AktG regelt insofern sowohl die Erklärungszuständigkeit im Außenverhältnis als auch die Innenkompetenz.9 Durch diese grundsätzliche Vorstandskompetenz soll ein Mindestmaß an Verkehrsfähigkeit trotz Vinkulierung erhalten bleiben.10 Die Erklärung nach außen wird jedenfalls durch den Vorstand vorgenommen, auch wenn im Einzelfall ein anderes Organ zur Entscheidung berufen ist.11 Seine Entscheidung trifft er oder das zuständige Organ, sofern die Satzung keine abschließenden Verweigerungsgründe bestimmt, nach pflichtgemäßem Ermessen.12 Zu berücksichtigende Aspekte sind dabei das Gebot der Aktionärsgleichbehandlung des § 53a AktG sowie die berechtigten Interessen des betroffenen Aktionärs, insbesondere der Aspekt, dass niemand auf Dauer in einer Aktiengesellschaft festgehalten werden darf.13 Im Kontext der Aktionärsgleichbehandlung kann auch die Börsennotierung der Gesellschaft eine Rolle spielen; nach h. M. ergibt sich aus der Börsennotierung der AG alleine zwar noch keine Ermessensreduzierung,14 vor dem Hintergrund des § 53a AktG können sich jedoch höhere Hürden für eine Verweigerung ergeben.15 Zentraler Orientierungspunkt für die 9

Hüffer, GS Winter, 2011, S. 279, 283. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 15; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 341; Hüffer, GS Winter, 2011, S. 279, 285. 11 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 15; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 448. 12 BGH, Urteil vom 01. 12. 1986 – II ZR 287/85, NJW 1987, 1019; LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 15; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 54; Lutter/Drygala, in: Kölner KommAktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 79; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 404; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 12 Rn. 6; Wirth, DB 1992, 617, 620; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 26; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 18; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 36, Berger, ZHR 157 (1993), 31, 35; Lutter, AG 1992, 369, 371; Immenga, AG 1992, 105; H. P. Westermann, in: FS Huber, 2006, S. 997, 1006. 13 BGH, Urteil vom 01. 12. 1986 – II ZR 287/85, NJW 1987, 1019, 1020; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 79; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 35; Lieder, TFM 2015, 133, 137; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 12 Rn. 7; Lutter, AG 1992, 369, 370; Wirth, DB 1992, 617, 619; H. P. Westermann, in: FS Huber, 2006, S. 997, 1006. 14 BGH, Urteil vom 01. 12. 1986 – II ZR 287/85, NJW 1987, 1019, 1020; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 244; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 80; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 21; Degner, WM 1990, 793; Lutter, AG 1992, 369, 372; a. A. Kerber, WM 1990, 789, 792; Otto, DB-Beilage 12/88, 1, 7. 15 Lutter, AG 1992, 369, 372; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 80; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 43. 10

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

Entscheidung ist das Wohl der Gesellschaft.16 Nicht zu berücksichtigen hingegen sind die Interessen des Erwerbers.17 In der Satzung kann nicht nur das Zustimmungserfordernis festgeschrieben werden, sondern es können nach § 68 Abs. 2 Satz 4 AktG auch Gründe bestimmt werden, aus denen die Zustimmung verweigert werden darf.18 In solchen Fällen ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die aufgelisteten Verweigerungsgründe abschließend sein sollen oder daneben weitere, ungeschriebene Gründe in Betracht kommen.19 Eine Ermessensreduzierung kann sich auch aus dem statutarischen Zweck der Vinkulierung ergeben.20

III. Rechtsfolgen Besteht eine zulässige Vinkulierungsbestimmung in der Satzung, so wird die Übertragung der Aktie erst durch die Zustimmungserteilung wirksam.21 Eine Vinkulierungsklausel steht nur dem Verfügungsgeschäft, nicht auch dem Verpflichtungsgeschäft entgegen.22 Fehlt die notwendige Zustimmung, so ist die Übertragung 16 BGH, Urteil vom 1. 12. 1986 – II ZR 287/85, BGH NJW 1987, 1019, 1020; LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411; Lutter/Drygala, in: Kölner KommAktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 79; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 409; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 26; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 36, Berger, ZHR 157 (1993), 31, 35; Wirth, DB 1992, 617, 619; Lutter, AG 1992, 369, 373; H. P. Westermann, in: FS Huber, 2006, S. 997, 1006. 17 LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 410; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 54; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 36; differenzierend H. P. Westermann, in: FS Huber, 2006, S. 997, 1012. 18 Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 21a; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 53; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 62; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 14; weitergehend Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 70: es sei auch Bestimmung von Fällen möglich, in denen die Zustimmung verweigert werden muss. 19 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 52; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 394. 20 Lutter, AG 1992, 369, 371; vgl. auch Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 412 ff. 21 Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 218; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 11; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 96; Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 110. 22 Vgl. RGZ 123, 279, 283; RGZ 132, 149, 157; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 31; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 38; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 11; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 93; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 271, 273; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 68 Rn. 19; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 68 Rn. 13; Serva-

B. Die Konstruktion der Vinkulierung

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zunächst schwebend unwirksam und wird mit Verweigerung der Genehmigung endgültig und unwiderruflich unwirksam.23 Wird die Genehmigung erteilt, wird das Geschäft ex tunc wirksam.24 Die Unwirksamkeit der Übertragung gilt nicht nur inter partes zwischen dem Erwerber und der Gesellschaft, sondern erga omnes.25 Eine Neuvornahme mit Zustimmung bleibt möglich und ist erforderlich, wenn das Geschäft doch noch durchgeführt werden soll.26 Umstritten ist die Rechtsfolge bei rechtswidrig versagter Zustimmung. Während überwiegend davon ausgegangen wird, dass auch bei rechtswidrig versagter Zustimmung die endgültige Unwirksamkeit eintritt,27 wird teils angenommen, dass der Schwebezustand in diesem Falle fortbestehe.28 Konsequenzen hat diese unterschiedliche Konstruktion für die Fassung des Klageantrags: Folgt man der ersten Ansicht, so ist der Klageantrag auf Zustimmung zu einer erneuten Verfügung zu richten, denn mit der Verweigerung der Zustimmung ist die erste Verfügung endgültig unwirksam geworden, sodass sie nicht mehr durch Genehmigung der Gesellschaft oder durch die Ersetzung dieser nach § 894 ZPO wirksam werden kann.29 Nach der zweiten Ansicht hingegen stellte sich die Zustimmungsverweigerung als unzulässige Rechtsausübung dar und ist mithin nach § 242 BGB unbeachtlich. Das Verfügungsgeschäft ist damit immer noch schwebend unwirksam und kann genehtius, in: Wachter, AktG, 3. Auflage 2018, § 68 Rn. 10; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 19; Wirth, DB 1992, 617. 23 RGZ 132, 149, 157; BGH, Urteil vom 28. 4. 1954 – II ZR 8/53, BGHZ 13, 179, 187 = NJW 1954, 1155 zur KG; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 98; Lutter/Drygala, in: Kölner KommAktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 93; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 501; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 28; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 33; Wirth, DB 1992, 617; Lutter/ Grunewald, AG 1989, 109, 110. 24 Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 494. 25 Ganz h. M., vgl. RGZ 132, 149, 157; BGH, Urteil vom 28. 4. 1954 – II ZR 8/53, BGHZ 13, 179, 187; LG Düsseldorf, Urteil vom 17. 11. 1988 – 32 O 226/87, AG 1989, 332; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 94; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 506; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 28; Kossmann, BB 1985, 1364; Immenga, AG 1992, 105. 26 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 28. 27 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 68 Rn. 38; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 72; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 68 Rn. 23; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 91, 93 (Unwirksamkeit nur bei Rechtsmissbrauch). 28 K. Schmidt, FS Beusch, 1993, S. 759, 778 ff; K. Schmidt, AcP 189 (1989), 1, 14 ff.; sympathisierend Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1. 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 99; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 25; für das Bürgerliche Recht auch Bayreuther, in: MünchKomm-BGB, Band 1, 8. Auflage 2018, § 182 Rn. 30; BGH, Urteil vom 29. 9. 1989 – V ZR 1/88, BGHZ 108, 380, 385 = NJW 1990, 508. 29 Vgl. Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 46.

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

migt bzw. die Genehmigung nach § 894 ZPO fingiert werden. Es ist daher auf Erteilung der Zustimmung zu der ursprünglichen Verfügung zu klagen.30 Für den Klageantrag ergibt sich somit letztlich nur der Unterschied, ob auf Zustimmung zu der alten, noch schwebenden Verfügung geklagt werden muss oder zu einer neuen, noch vorzunehmenden.31 Unbestrittener Vorteil der zweiten Ansicht ist es, dass das Verfügungsgeschäft nicht nochmals vorzunehmen ist, sodass auch die damit verbundenen Transaktionskosten nicht noch einmal anfallen;32 sie wäre damit rechtspolitisch wünschenswert. Allerdings findet eine solche Differenzierung im Rechtsfolgenregime der §§ 182 ff. BGB, welches auf die Zustimmung zur Aktienübertragung Anwendung findet,33 keine Stütze.34 Eine damit notwendige Durchbrechung der gesetzlichen Anordnung, um ein Fortbestehen des Schwebezustands zu erreichen, ist jedoch nicht in allen Fällen rechtswidrig verweigerter Zustimmung angemessen, sondern nur in solchen des Rechtsmissbrauchs,35 und muss daher auf diese Fälle beschränkt bleiben.

C. Zweck der Vinkulierung Teils wird die Vinkulierung freiwillig gewählt, teils ist sie gesetzlich vorgeschrieben, um bestimmte Zwecke zu sichern. Das Aktiengesetz sieht eine Vinkulierungspflicht in § 55 Abs. 1 AktG vor, wenn dem Aktionär statutarische Nebenleistungspflichten auferlegt werden sollen, oder in § 101 Abs. 2 Satz 2 AktG, wenn er ein Entsenderecht für Aufsichtsratsmitglieder erhalten soll.36 Auch für bestimmte Freiberuflergesellschaften und Gesellschaften mit besonderer Zwecksetzung sieht das Gesetz eine Anteilsvinkulierung vor.37 Schreibt das Gesetz eine Vinkulierung nicht vor, so steht der Gesellschaft die Aufnahme einer Vinkulierungsbestimmung in 30 K. Schmidt, in: FS Beusch, 1993, S. 759, 780; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 25. 31 Für letzteres Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 46. 32 Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 25. 33 LG Düsseldorf, Urteil vom 17. 11. 1988 – 32 O 226/87, AG 1989, 332; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16. 34 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 93; dem folgend Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 46. 35 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 91; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16. 36 Vgl. Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 59; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 10; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 211; Wirth, DB 1992, 617; H. P. Westermann, in: FS Huber, 2006, S. 997, 999. 37 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 30; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 202; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 59; Wirth, DB 1992, 617.

C. Zweck der Vinkulierung

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ihre Satzung frei. Vinkulierungsklauseln finden sich häufig in Versicherungsgesellschaften,38 sind aber auch in Familiengesellschaften verbreitet.39 Die Vinkulierung kann zum einen die AG vor Zahlungsausfall bei nicht voll eingezahlten Aktien schützen, indem sie die Prüfung und Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit des Erwerbers ermöglicht.40 Das zentrale Motiv „gewillkürter“ Vinkulierungen aber ist es, der Gesellschaft einen Einfluss auf den Bestand der Aktionäre zu sichern und sie vor Überfremdung zu schützen.41 Unliebsame Aktionäre können aus der Gesellschaft herausgehalten und die Entstehung großer Aktienpakete in der Hand bestimmter Aktionäre verhindert werden.42 Die Vinkulierung stellt insofern gewissermaßen eine Steigerung der Möglichkeiten dar, die die Namensaktie der Gesellschaft ohnehin bietet, nämlich die Zusammensetzung des Aktionärskreises in besonderem Maße zu kontrollieren und darüber hinaus auch aktiv zu steuern.43 Da ein ohne die erforderliche Zustimmung abgeschlossenes Übertragungsgeschäft schwebend unwirksam ist, kann sich ohne die Zustimmung der Gesellschaft die Beteiligungsstruktur nicht verändern.44 Damit ist die Vinkulierung auch taugliches Mittel zur Prävention gegen den Erwerb der Aktienmehrheit und feindliche Übernahmen.45 Ein wichtiges Einsatzgebiet der Vinkulierung sind Familiengesellschaften, bei denen sichergestellt werden soll, dass das Unternehmen auch wirklich in Familienhand bleibt.46 Auch die

38

Vgl. Wirth, DB 1992, 617. Vgl. dazu Binz/Mayer, NZG 2012, 201. 40 Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 210; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 58; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 10. 41 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 10; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 205; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 36 f.; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 58; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 12 Rn. 6; SailerCoceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 35; Sieveking/ Technau, AG 1989, 17; Liebscher, ZIP 2003, 826; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 32; H. P. Westermann, in: FS Huber, 2006, S. 997, 1001. 42 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 58; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 10. 43 Lieder, TFM 2015, 133, 134. 44 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 207. 45 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 12 Rn. 6; § 76 Rn. 10; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 58; vgl. auch Wirth, DB 1992, 617, 620; Lutter, AG 1992, 369, 374 f.; kritisch Kossmann, BB 1985, 1364, 1367: „Es spricht keine Vermutung dafür, dass ein neuer Aktionär […] Aktien oder Aktienpakete erwirbt, um eine Gesellschaft zu vernichten.“; kritisch auch H. P. Westermann, in: FS Huber, 2006, S. 997, 1002: „Eine Unsicherheit ergibt sich auch im Hinblick darauf, ob Vinkulierungen […] wirksame Instrumente gegen eine feindliche Übernahme sein können.“ 46 Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 206; Binz/Mayer, NZG 2012, 201; Lutter/Grunewald, AG 1989, 109. 39

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

Anteilsparität unter Gesellschaftern kann mit der Vinkulierung geschützt und der Kreis der Anteilseigner überschaubar gehalten werden.47

D. Rechtsschutzmöglichkeiten bei Vinkulierung I. Geltung der §§ 182 ff. BGB; Adressat der Zustimmung Da die Erklärung der Zustimmung bzw. Verweigerung der Zustimmung im Rahmen des § 68 Abs. 2 AktG eine empfangsbedürftige Willenserklärung der Aktiengesellschaft ist,48 gilt § 182 Abs. 1 BGB, sodass der Vorstand die Erklärung sowohl dem Veräußerer als auch dem Erwerber gegenüber abgeben kann.49 Die in § 68 Abs. 2 AktG geforderte Zustimmung kann vor der Übertragung in Form der Einwilligung, § 183 Satz 1 BGB, oder nachher als Genehmigung, § 184 Abs. 1 BGB, erfolgen.50 Sie bedarf dabei keiner besonderen Form oder auch nur einer ausdrücklichen Erklärung;51 häufig wird sie konkludent durch die Eintragung des Erwerbers in das Aktienregister erteilt werden.52

II. Rechtsschutzmöglichkeiten Die Rechtsschutzmöglichkeiten der beiden Vertragsparteien laufen teils parallel; einige Rechtsbehelfe kann sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber ergreifen. Andere Möglichkeiten wiederum sind aufgrund bestehender Besonderheiten einer der Parteien vorbehalten.

47

Vgl. H. P. Westermann, in: FS Huber, 2006, S. 997, 1001. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 15; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 84; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 83. 49 Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 24; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 84; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 84; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 456; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 44; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 32. 50 Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 45; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 85; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 457. 51 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 60; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 85; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 461. 52 Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, § 14 Rn. 24; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 60; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 462. 48

D. Rechtsschutzmöglichkeiten bei Vinkulierung

123

1. Die Instrumente des BGB Sowohl der Erwerber als auch der Veräußerer haben zunächst die Möglichkeit, die Gesellschaft zur Erklärung über die Zustimmung aufzufordern, um sich so Rechtsklarheit zu verschaffen und den Schwebezustand des Geschäfts zu beenden. Den §§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2, 415 Abs. 2 Satz 2 BGB ist insofern ein allgemeiner Rechtsgrundsatz zu entnehmen.53 Erklärt sich die Gesellschaft nicht über die Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung, so gilt als Rechtsfolge die Genehmigung nach Ablauf einer angemessenen Frist als verweigert.54 Wegen dieser Fiktion besteht auch kein praktisches Bedürfnis für die Anerkennung eines klagbaren Anspruchs gegen die Gesellschaft auf Erklärung über die Zustimmung.55 Den Veräußerer trifft als Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag über die Anteile die Verpflichtung, sich um die Erteilung der Zustimmung zu bemühen und so die Erfüllung des Kaufvertrags zu ermöglichen.56 Auch der Erwerber hat aber die Möglichkeit, sich der Instrumente des BGB zu bedienen und den Vorstand zur Erklärung über die Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung aufzufordern, ist also nicht zu völliger Untätigkeit verdammt. 2. Gerichtliche Möglichkeiten Als Problem kann nicht nur die fehlende Erklärung des Vorstands über die Zustimmung auftreten, es können auch Zweifel an der Wirksamkeit der Vinkulierungsklausel an sich oder deren Einschlägigkeit für den konkreten Einzelfall bestehen.57 In diesen Fällen kann eine Feststellungsklage erhoben werden, die darauf gerichtet ist, festzustellen, dass die Übertragung auch ohne Zustimmung der AG

53 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 89; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 16; Lieder, TFM 2015, 133, 137; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 33. 54 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 61; Bayer, in: MünchKommAktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 89; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 15; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 467; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaften bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 124; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 33; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 16; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 68 Rn. 36. 55 Vgl. Lieder, TFM 2015, 133, 136; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 16; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 89; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 467; Immenga, AG 1992, 105, 106; a. A. Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 26; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, 3. Auflage 2008, Band 1/ Teil 1, § 68 Rn. 88. 56 Berger, ZHR 157 (1993), 31, 34; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaften bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 108. 57 Vgl. Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 12 ff.

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

wirksam geworden ist.58 Wenn die Eigentumsübertragung bereits vollzogen ist, kann auf die Feststellung der Aktionärseigenschaft des Erwerbers bzw. der Wirksamkeit des Erwerbs geklagt werden. Das Feststellungsinteresse ergibt sich dabei aus der rechtlichen Unsicherheit, die aus dem Bestreiten eines rechtswirksamen Übergangs der Aktien resultiert.59 Stattdessen kann nach Mitteilung und Nachweis gem. § 67 Abs. 3 AktG auch Leistungsklage auf Eintragung in das Aktienregister erhoben werden, und zwar sowohl durch den Erwerber als auch durch den Veräußerer.60 Bei entsprechender Eilbedürftigkeit kommt auch einstweiliger Rechtsschutz in Betracht.61 3. Möglichkeiten des Veräußerers Auf Seiten des Veräußerers liegt das Sonderverhältnis zur Gesellschaft in Gestalt der mitgliedschaftlichen Treuepflicht, welches dem Erwerber fehlen wird, es sei denn, er besitzt zufällig bereits Aktien derselben Gesellschaft. Ist der Erwerber bereits Aktionär der Gesellschaft, sind ihm dieselben Möglichkeiten eröffnet wie dem Veräußerer.62 Ansonsten ist es nur der Veräußerer, der aufgrund der Treubindung der Gesellschaft einen Anspruch auf Entscheidung des Vorstands über die Zustimmung oder Verweigerung zu der beabsichtigten Transaktion hat, den er ggf. auch klageweise durchsetzen kann.63 Wird die Zustimmung verweigert oder wird diese Verweigerung in analoger Anwendung der §§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2, 415 Abs. 2 Satz 2 BGB nach einer Aufforderung zur Erklärung über die Zustimmung fingiert, so kann der Veräußerer eine Leistungsklage auf Erteilung der Zustimmung bzw. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung erheben.64 Da es sich im Regelfall nicht um einen gebundenen Anspruch handelt, sondern die Zustimmungserteilung grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstandes steht, wird eine auf die Erteilung der Zustimmung gerichtete Leistungsklage nur in 58

Vgl. Lieder, TFM 2015, 133, 134; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 12; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 11. 59 Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 12. 60 Lieder, TFM 2015, 133, 136; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 91; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 11; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 11. 61 Vgl. Lieder, TFM 20115, 133, 136. 62 Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 26. 63 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16a; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 513; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 33; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 26; Lieder, TFM 2015, 133, 137; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 35; Immenga, AG 1992, 105; Wirth, DB 1992, 617, 621. 64 Berger, ZHR 157 (1993), 31, 36; Wirth, DB 1992, 617, 621.

D. Rechtsschutzmöglichkeiten bei Vinkulierung

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Ausnahmefällen Erfolg haben. Ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung besteht ausnahmsweise im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null,65 in Fällen, in denen die Satzung die Verweigerungsgründe abschließend auflistet66 oder wenn ein satzungsmäßiges Zustimmungsgebot vorliegt.67 Zudem kann sich eine Ermessensreduzierung auch aus der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht ergeben, und zwar dann, wenn die Zustimmungserteilung zur Erreichung des vom veräußerungswilligen Aktionär erstrebten Ziels geeignet und erforderlich ist und das Vinkulierungsinteresse der AG nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.68 Ansonsten besteht nur ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung69 und der Leistungsantrag ist entsprechend zu fassen und auf ermessensfehlerfreie Neuentscheidung zu richten.70 Hat der Vorstand die Zustimmung pflichtwidrig verweigert, stehen dem Veräußerer auch Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft wegen der schuldhaften Verletzung seines Mitgliedschaftsrechts zu.71 4. Möglichkeiten des Erwerbers Zusätzlich zu den beiden Vertragsparteien zustehenden Behelfen steht dem Erwerber analog §§ 109, 178, 1366 Abs. 2, 1830 BGB noch die Möglichkeit zu, seine Willenserklärung zu widerrufen und dadurch den Schwebezustand zu beenden;72 allerdings muss er dann das Geschäft aufgeben. Da sich der Anspruch auf Zustimmung aus der Mitgliedschaft ergibt, steht er dem Erwerber originär nicht zu.73 Es 65 Berger, ZHR 157 (1993), 31, 35; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16a; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 32; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 19; Lieder, TFM 2015, 133, 137. 66 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 61; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 27, Berger, ZHR 157 (1993), 31, 35. 67 Vgl. Berger, ZHR 157 (1993), 31, 35 mit Fn. 33; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 61, Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 27: 68 Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 33; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 72; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 20; Lieder, TFM 2015, 133, 137. 69 Berger, ZHR 157 (1993), 31, 35; Wirth, DB 1992, 617, 621. 70 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16a. 71 Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 33; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 52. 72 Berger, ZHR 157 (1993), 31, 33; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, 3. Auflage 2008, Band 1/ Teil 1, § 68 Rn. 87. 73 Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 33; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 47; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 26; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 92; Merkt, in: GroßkommAktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 516; Lieder, TFM 2015, 133, 137; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 35; Immenga, AG 1992, 105; Wirth, DB 1992, 617, 621.

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

ergeben sich aber für ihn Ansprüche aus dem vertraglichen Verhältnis zum Veräußerer; die fehlende Zustimmung zur Übertragung ist ein Rechtsmangel und löst Mängelgewährleistungsrechte aus.74 Der Veräußerer hat als Teil seiner Rechtsverschaffungspflicht alles zu unternehmen, um die Übertragung des Aktieneigentums zu ermöglichen.75 Über den mittelbaren Weg der Inanspruchnahme des Veräußerers hat der Erwerber also jedenfalls die Möglichkeit, auf die Zustimmungserteilung durch den Vorstand hinzuwirken. Es stellt sich jedoch die Frage, ob der Erwerber diese Rechte auch selbst geltend machen kann, ohne den Umweg über eine Inanspruchnahme des Veräußerers gehen zu müssen. Dies kann insbesondere bei börsengehandelten vinkulierten Namensaktien von Relevanz sein, bei denen der Erwerber den Veräußerer aufgrund der Blankoindossierung nicht kennt.76 Ausnahmsweise kann ein originärer Anspruch des Erwerbers gegen die Gesellschaft aus § 826 BGB in Betracht kommen.77 a) Abtretbarkeit Es stellt sich zunächst die Frage, ob dem Erwerber die Rechte des Veräußerers abgetreten werden können. Dabei ist wiederum das Abspaltungsverbot zu beachten, wonach die mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte nicht von der Mitgliedschaft abgespalten werden können. Hier stellt sich nun die Frage, ob Ansprüche, die der Durchsetzung einer dinglichen Verfügung über die Mitgliedschaft entspringen, als mitgliedschaftliche Rechte begriffen werden können. Während dies größtenteils angenommen wird,78 werden die Ansprüche des Veräußerers gegen die Gesellschaft von Immenga als „Annexrechte“ bezeichnet, die der dinglichen Verwirklichung der

74

Wirth, DB 1992, 617; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16a; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaften bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 113. 75 Immenga, AG 1992, 105; Wirth, DB 1992, 617, 621; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 51, 54; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 95. 76 Berger, ZHR 157 (1993), 31, 47; Wiedemann/Walther, WuB II A. § 68 AktG 1.93, 231, 233; Lüttmann, DWiR 1992, 513, 514. 77 Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 33; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 516; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 91; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16a; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 26; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 47; Wirth, DB 1992, 617, 621; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 109; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 91; vgl. auch H. P. Westermann, in: FS Huber, 2006, S. 997, 1013. 78 Berger, ZHR 157 (1993), 31, 40; Wirth, DB 1992, 617, 621; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 92; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 27; Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 48; offenlassend LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411.

D. Rechtsschutzmöglichkeiten bei Vinkulierung

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Veräußerung dienen.79 Auf solche Rechte beziehe sich das Abspaltungsverbot aber nicht, es erfasse vielmehr nur Verwaltungsrechte; ein Verwaltungsrecht liege aber gerade nicht vor, da mit der Ausübung kein Einfluss auf die Gestaltung von Vorgängen in der Gesellschaft genommen werde.80 Folgt man letztgenannter Ansicht, so kann der Veräußerer seine Ansprüche gegen die Gesellschaft an den Erwerber abtreten, sodass dieser direkt gegen die Gesellschaft vorgehen kann, wobei von einer konkludenten Abtretung im Regelfall aufgrund des Eigeninteresses des Veräußerers an der Rechtsverfolgung nicht ausgegangen werden kann.81 b) Prozessstandschaft Auch wenn man die Ansicht vertritt, dass diese Ansprüche dem Abspaltungsverbot unterfallen und daher nicht isoliert abtretungsfähig sind, so ist eine Geltendmachung durch den Erwerber dennoch nicht von Vornherein ausgeschlossen, es kommt vielmehr eine Geltendmachung im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft in Betracht. aa) Zulässigkeit der Prozessstandschaft bei nicht abtretungsfähigen Rechten Zunächst stellt sich dabei die Frage, ob ein nicht abtretungsfähiges Recht dennoch im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend gemacht werden kann. Eine Prozessstandschaft scheidet jedenfalls aus bei höchstpersönlichen Rechten;82 der Zustimmungsanspruch hat aber keinen höchstpersönlichen Charakter, sondern ist vielmehr mit der Aktie zusammen durchaus übertragbar.83 Ob für solche nicht isoliert abtretungsfähigen Rechte dennoch eine Geltendmachung durch einen Dritten im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft offensteht, ist nach dem Schutzzweck des jeweiligen Abtretungsverbots zu beurteilen, wobei zu fragen ist, ob das Abtretungsverbot nach seinem Sinn und Zweck auch die Befugnis zur gerichtlichen Geltendmachung erfassen soll.84 Es ist also hier zu fragen, ob die Gründe, aus denen der Zustimmungsanspruch nicht isoliert abgetreten werden darf, gleichermaßen auch für eine bloße prozessstandschaftliche Geltendmachung durch einen Dritten gelten. 79

Immenga, AG 1992, 105, 107. Immenga, AG 1992, 105, 107. 81 Immenga, AG 1992, 105, 107. 82 Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 51 Rn. 30. 83 Vgl. BGH, Urteil vom 20. 6. 1978 – X ZR 49/75, BGH MDR 1978, 1019; BGH, Urteil vom 17 – 02 – 1983 – I ZR 194/80, NJW 1983, 1559, 1561; BGH, Urteil vom 8. 6. 1989 – I ZR 135/87, BGHZ 107, 384 = NJW 1990, 1986, 1987; LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411. 84 So in BGH, Urteil vom 16. 9. 1964 – V ZR 132/62, NJW 1964, 2296, 2298; BGH, Urteil vom 27. 5. 1971 – VII ZR 85/69, BGHZ 56, 228, 236 = NJW 1971, 1750; OLG Köln, Urteil vom 17. 3. 1987, 15 U 139/86, ZIP 1987, 867, 868; hingegen OLG Hamm, Urteil vom 21. 6. 1991 – 26 U 101/90, NJW-RR 1992, 22, 23; Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 51 Rn. 30. 80

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

Dass der Anspruch auf Zustimmung zur Übertragung nicht abgetreten werden kann, dient der Sicherung der Verfügungsbefugnis des Aktionärs, der in der Lage bleiben soll, die Zustimmung jederzeit selbst einzuklagen und damit die Voraussetzungen für eine wirksame Verfügung über seine Aktie zu schaffen.85 Diese Möglichkeit wird ihm jedoch durch die Ermächtigung des Erwerbers nicht genommen, denn diese hat keine Verdrängungswirkung, das heißt der Aktionär bleibt nach wie vor auch selbst zur Klage berechtigt. Mithin kann der Erwerber zur Geltendmachung des Zustimmungsanspruchs im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft ermächtigt werden.86 Der Aspekt des Schutzzwecks des Abtretungsverbots ist gedanklich an diesem Punkt scharf zu trennen vom Schutzzweck der Vinkulierung. Auf der hier in Frage stehenden prozessualen Ebene sind materiell-rechtliche Gesichtspunkte noch nicht zu berücksichtigen. Der Einwand, eine Prozessstandschaft könne nicht möglich sein, da die Gesellschaft nur mit von ihr akzeptierten Gesellschaftern zu tun haben wolle, zielt auf den Schutzzweck der Vinkulierung und vermengt in unzulässiger Weise materielle Aspekte mit der prozessualen Frage der Klagebefugnis.87 Diese Ausführungen können erst in der Begründetheit Berücksichtigung finden. Durch eine Zulassung der Prozessstandschaft werden der Gesellschaft keine Verteidigungsmöglichkeiten abgeschnitten; auch wenn der Prozess vom Erwerber in Prozessstandschaft geführt wird, hat die AG noch alle Möglichkeiten, zum Zweck des Abtretungsverbots vorzutragen und darauf ihre negative Zustimmungsentscheidung zu stützen.88 bb) Wirksame Ermächtigung Voraussetzung für die gewillkürte Prozessstandschaft ist eine wirksame Ermächtigung des Erwerbers durch den Veräußerer zur Prozessführung, wobei diese Ermächtigung auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann.89 Die Ermächtigung 85

Berger, ZHR 157 (1993), 31, 41. LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 110; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 33; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 40; Wiedemann/Walther, WuB II A. § 68 AktG 1.93, 231, 233; a. A. Wirth, DB 1992, 617, 621. 87 LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411. 88 So auch geschehen im Fall des LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410. 89 Allgemein BGH, Urteil vom 21. 3. 1985 – VII ZR 148/83, BGHZ 94, 117, 122 = NJW 1985, 1826; BGH, Urteil vom 22. 12. 1988 – VII ZR 129/88, NJW 1989, 1932, 1933; BGH, Urteil vom 3. 7. 2002 – XII ZR 234/99, NJW-RR 2002, 1377, 1378; Hübsch, in: BeckOKZPO, 40. Edition, Stand: 1. 3. 2021, § 51 Rn. 47; Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 51 Rn. 26; für die Vinkulierung LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 518; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 110; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 75; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 68 Rn. 37; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 92. 86

D. Rechtsschutzmöglichkeiten bei Vinkulierung

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muss sich auf einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Anspruch beziehen.90 Diese konkludente Ermächtigung könnte zumindest für börsennotierte Gesellschaften, bei denen der Veräußerer den Erwerber nicht kennt, darin erblickt werden, dass „derjenige, der vinkulierte Namensaktien veräußert, mit diesen endgültig ,nichts mehr zu tun haben will‘ und dass es in seinem ureigenen Interesse liegt, wenn nicht er sich um die Zustimmung der Gesellschaft, die zur Vollendung der Rechtsstellung des Erwerbers erforderlich ist, zu bemühen braucht, sondern wenn er dies dem […] Erwerber […] überlässt.“91 Zwingend ist diese Argumentation des LG Aachen indes nicht, denn derjenige, der vinkulierte Namensaktien anonym über die Börse kauft, ist sich des Risikos einer Ablehnung der AG gerade bewusst, sodass auch an einen Verzicht auf eine gerichtliche Durchsetzung des Zustimmungsanspruchs zu denken wäre.92 Das LG Aachen berücksichtigt diesen Aspekt auf der materiellen Ebene und führt dort aus, eine Ermessensreduzierung komme nicht in Betracht, da auf die Vinkulierung stets ausdrücklich hingewiesen worden sei und die entsprechende Satzungsbestimmung zudem im Börsenzulassungsprospekt wörtlich wiedergegeben sei.93 Insofern ist der Erwerber nicht schutzwürdig. Es ist in dieser Konstellation jedoch ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft von der Börsennotierung ihrer vinkulieren Namensaktien durch einen größeren Kapitalzufluss und einen größeren Investorenkreis profitiert. Eine Börsennotierung führt zwar nach der herrschenden Ansicht nicht per se zu einer Ermessensreduzierung für den Vorstand dahingehend, dass die Zustimmung jedenfalls zu erteilen ist,94 jedoch erscheint es einleuchtend, dass sich die Gesellschaft, will sie die Vorteile der Börsennotierung für sich in Anspruch nehmen, im Gegenzug auch mit einem größeren Kreis an Personen, wie etwa den Erwerbern ihrer vinkulierten Aktien als Prozessstandschaftern, auseinandersetzen muss.95

90 Hübsch, in: BeckOK-ZPO, 40. Edition, Stand: 1. 3. 2021, § 51 Rn. 47; Lindacher/Hau, in: MünchKomm-ZPO, Band 1, 6. Auflage 2020, Vor §§ 50 ff. Rn. 62. 91 LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410. 92 Wiedemann/Walther, WuB II A. § 68 AktG 1.93, 231, 233. 93 LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 412. 94 BGH, Urteil vom 01. 12. 1986 – II ZR 287/85, NJW 1987, 1019, 1020; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 244; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 80; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 21; Degner, WM 1990, 793; Lutter, AG 1992, 369, 372; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechen bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 109; a. A. Kerber, WM 1990, 789, 792; Otto, DB-Beilage 12/88, 1, 7. 95 Wiedemann/Walther, WuB II A. § 68 AktG 1.93, 231, 233.

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

cc) Eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten Zudem müsste der Erwerber ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Verfolgung des Rechts besitzen, wobei auch ein wirtschaftliches Interesse ausreicht.96 Ein solches Interesse liegt vor, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Prozessstandschafters hat.97 Das LG Aachen formuliert in dem von ihm entschiedenen Fall zur Geltendmachung des Zustimmungsanspruchs, der Erwerber habe „ein vitales Interesse an der Verfolgung der fremden Rechtsposition, da nur so geklärt werden kann, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zustimmung gem. § 68 Abs. 2 Satz 2 AktG zu erteilen“.98 Das LG Aachen spricht hier den Aspekt an, dass der Erwerber sonst rechtlos gestellt wäre.99 Dieses Argument passt vollumfänglich nur für die Konstellation der börsengehandelten vinkulierten namensaktie, denn nur in diesem Fall ist eine Klage des Erwerbers selbst die einzige Möglichkeit, die Pflichtenlage zu klären, da er den Veräußerer aufgrund des Blankoindossaments nicht kennt. Kennt der Erwerber hingegen den Veräußerer, so besteht auch die Möglichkeit, seine kaufvertraglichen Rechte ihm gegenüber geltend zu machen. Auch in dieser Konstellation soll jedoch die größere Sachnähe des Erwerbers für eine Zulässigkeit der Prozessstandschaft sprechen.100 Zudem kann sich ein Eigeninteresse des Erwerbers für die Konstellation der verweigerten Zustimmung zur Aktienübertragung aus dem Akquisitionsinteresse des Erwerbers ergeben.101 dd) Weitere Voraussetzungen Die Prozessstandschaft muss grds. offengelegt werden, außer es ist allen Beteiligten klar bzw. erkennbar, welches Recht eingeklagt wird.102 Da in Vinkulierungsfällen klar sein dürfte, dass es um den Zustimmungsanspruch geht, der sich aus 96 St.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 24. 10. 1985 – VII ZR 337/84, BGHZ 96, 151, 152 = NJW 1986, 850; BGH, Urteil vom 19. 3. 1987 – III ZR 2/86, BGHZ 100, 217, 218 = NJW 1987, 1210; BGH, Urteil vom 8. 6. 1989 – I ZR 135/87, BGHZ 107, 384 = NJW 1990, 1986; BGH, Urteil vom 15. 6. 1989 – VII ZR 205/88, BGHZ 108, 52, 56 = NJW 1989, 2750, 2751; BGH, Urteil vom 23. 9. 1992 – I ZR 251/90, BGH, Urteil vom 23. 9. 1992 – I ZR 251/90, BGHZ 119, 237, 242 = NJW 1993, 918; BGH, Urteil vom 24. 2. 1994 – VII ZR 34/93, BGHZ 125, 196, 199 = NJW 1994, 2549; BGH, Urteil vom 19. 9. 1995 – VI ZR 166/94, NJW 1995, 3186. 97 Hübsch, in: BeckOK-ZPO, 40. Edition, Stand: 1. 3. 2021, § 51 Rn. 50; Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 51 Rn. 27. 98 LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410. 99 LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411; vgl. auch Massari, in: Mehrbrey, Corporate Litigation, 3. Auflage 2020, § 5 Rn. 56. 100 Vgl. LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410. 101 Berger, ZHR 157 (1993), 31, 44; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 28. 102 BGH, Urteil vom 21. 3. 1985 – VII ZR 148/83, BGHZ 94, 117, 122 = NJW 1985, 1826; BGH, Urteil vom 15. 6. 1989 – VII ZR 205/88, BGHZ 108, 56 = NJW 1989, 2750, 2751; vgl. auch Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 51 Rn. 30; Hübsch, in: BeckOK-ZPO, 40. Edition, Stand: 1. 3. 2021, § 51 Rn. 52.

E. Reichweite der Vinkulierung – Begriff der Übertragung i. S. d. § 68 Abs. 2 AktG 131

der durch die erworbenen Aktien vermittelten Mitgliedschaft ergibt, ist die Offenlegung entbehrlich. Es muss nur klar sein, welchen Aktien der geltend gemachte Zustimmungsanspruch zuzuordnen ist. ee) Ergebnis Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass der Erwerber zumindest im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft die Möglichkeit hat, auch selbst gegen die Gesellschaft vorzugehen.103

E. Reichweite der Vinkulierung – Begriff der Übertragung i. S. d. § 68 Abs. 2 AktG Nachdem bereits geklärt wurde, dass die Vinkulierung nur rechtsgeschäftliche Einzelrechtsübertragungen erfassen kann, muss sich im nächsten Schritt die Frage stellen, was genau mit „Übertragung“ gemeint ist. Denn die Definition dieses Begriffs ist die Schlüsselfrage, an der sich entscheidet, ob die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung von einer Vinkulierungsbestimmung berührt wird oder nicht. Es ist im Kern unbestritten, dass der Begriff der Übertragung im Sinne des § 68 Abs. 2 AktG das dingliche Geschäft der Eigentumsübertragung meint.104 Dass mit dem Begriff der Übertragung hier die Übereignung der Aktie gemeint ist, ist auch aus dem Regelungskontext ersichtlich; in § 68 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 AktG taucht eben dieser Begriff im Zusammenhang mit der Übertragung durch Indossament auf, wobei vollkommen klar ist, dass in diesem Zusammenhang die Übertragung des Aktieneigentums gemeint ist. Von der Vinkulierung erfasst wird neben der Übereignung auch die Einräumung beschränkter dinglicher Rechte wie die Bestellung eines Nießbrauchs und die Verpfändung.105 103 Ebenso LG Aachen, Urteil vom 19. 5. 1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411; Berger, ZHR 157 (1993), 31, 41 ff.; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 68 Rn. 37; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 110; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 16a; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 75; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 68 Rn. 28; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 92; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 518; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 28; ablehnend noch Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaften bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 107 m. w. N. 104 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 52; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 11; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 12 Rn. 9; Wirth, DB 1992, 617. 105 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Auflage 2015, § 12 Rn. 10 ff.; Hüffer/ Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 11; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 56; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 54; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 172; T. Bez-

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

Der Befund, dass § 68 Abs. 2 AktG die Übereignung der Namensaktie meint, verträgt sich indes nicht mit der ebenfalls konsentierten Ansicht im Schrifttum, die Legitimationsübertragung werde von der Vinkulierung erfasst.106 Wer die dogmatische Konstruktion der Legitimationsübertragung ernst nimmt, kann nicht beides vertreten, denn es ist klar, dass die Legitimationsübertragung die dingliche Rechtslage nicht berührt. Für eine Erfassung der Legitimationsübertragung von der Vinkulierung wird die Wirkung der Aktienregistereintragung des Legitimationsaktionärs gem. § 67 Abs. 2 AktG ins Feld geführt. Der Legitimationsaktionär wird in das Aktienregister eingetragen, womit eine unwiderlegliche Vermutung für seine Aktionärsstellung im Verhältnis zur Gesellschaft besteht. Daher müsse die Vinkulierung auch die Legitimationsübertragung erfassen, da der Legitimationsaktionär im Verhältnis zur Gesellschaft die Position eines Aktionärs bekleide.107 Zudem wird vorgetragen, die „Funktionsäquivalenz“ mit der dinglichen Rechtsübertragung gebiete die Einbeziehung der Legitimationsübertragung.108 Damit sind Schutzzweckerwägungen angesprochen. Die Einbeziehung der Legitimationsübertragung folge aus dem Kontrollinteresse der Gesellschaft, das mit der Vinkulierung verfolgt werde.109 Zwar werde nur die Befugnis zur Stimmrechtsausübung übertragen, aber das sei es ja gerade, was die Gesellschaft durch die Vinkulierung kontrollieren wolle.110 Vor diesem Hintergrund gebiete es der Schutzzweck der Vinkulierung, dass auch die Legitimationsübertragung von ihr erfasst werden müsse. Die Vinkulierung schützt, wie oben bereits ausgeführt, die Gesellschaft vor fremder Einflussnahme. Um zu beurteilen, ob der Schutzzweck die Einbeziehung des Legitimationsaktionärs gebietet, muss somit die Frage geklärt werden, ob eine solche fremde Einflussnahme durch den Legitimationsaktionär überhaupt droht. Da die Aktionäre nur in der Hauptversammlung Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 68 Rn. 20a; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 19. 106 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 54; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 11; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn 66; Wieneke in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 68 Rn 14; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 289; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 68 Rn. 12; T. Bezzenberger, in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 68 Rn. 21; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 19; Maul, in: Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 3 Rn. 42; Lieder, in: MünchHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 27 Rn. 13; Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 114; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 189. 107 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 54; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 68 Rn. 14; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 289. 108 Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 68 Rn. 14. 109 Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 68 Rn. 289; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 68 Rn. 21. 110 T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 68 Rn. 21.

F. RGZ 159, 272 als Präzedenzfall bei vinkulierten Namensaktien?

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ausüben können, erschöpft sich der Schutz durch die Vinkulierung letztlich in der Kontrolle, wer das Stimmrecht in der Hauptversammlung ausübt. Die Ausübung des Stimmrechts erfolgt bei der Legitimationszession in der Tat gerade nicht durch den Aktieneigentümer, sondern durch den Legitimationsaktionär; vor diesem Hintergrund könnte eine Einbeziehung der Legitimationsübertragung in den Anwendungsbereich der Vinkulierungsbestimmung gerechtfertigt sein. Um dies zu beurteilen, soll zunächst die Entwicklung dieser heute ganz herrschenden Meinung nachgezeichnet und nachvollzogen werden.

F. RGZ 159, 272 als Präzedenzfall auch für die Legitimationsübertragung bei vinkulierten Namensaktien? I. Einleitung Die heute gefestigte Ansicht, dass sich die Vinkulierung bei Namensaktien auch auf Legitimationsübertragungen erstrecke, geht zurück auf eine Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahr 1938, welche allerdings nicht Aktien, sondern GmbHAnteile, und keine Legitimationsübertragung, sondern eine Treuhandkonstellation zum Gegenstand hatte.111 Dass die Ausführungen in diesem Fall ohne weiteres auch auf den Fall der Legitimationsübertragung bei der Aktiengesellschaft angewendet werden können, wird zwar heute weithin ohne weitere Auseinandersetzung angenommen, ist aber keineswegs eine Selbstverständlichkeit.112 Vielmehr sollen im Folgenden die zugrundeliegenden Sachverhalte und Wertungen genau miteinander verglichen werden, um die Übertragbarkeit des Reichsgerichtsurteils bewerten zu können.

II. Sachverhalt der Entscheidung Das Reichsgericht hatte in RGZ 159, 272 zu entscheiden, ob sich ein Zustimmungserfordernis zur Abtretung von GmbH-Anteilen auch auf die treuhänderische Übertragung erstrecken sollte. Der Sachverhalt der Entscheidung stellt sich vereinfacht dargestellt folgendermaßen dar: Die Satzung der betreffenden GmbH enthält eine Bestimmung, die ein Zustimmungserfordernis für die Abtretung von Geschäftsanteilen aufstellt. Sie bestimmt, dass die Abtretung von Geschäftsanteilen oder Teilen derselben […] der Genehmigung der Gesellschafter bedarf.113 Eine Bank 111 RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272 ff.; vgl. auch Serick, FS Hefermehl, 1976, S. 427, 428. 112 Vgl. Serick, FS Hefermehl, 1976, S. 427, 428. 113 Vgl. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272.

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

besitzt die Mehrheit der Geschäftsanteile der GmbH, möchte aber als Gesellschafterin nicht in Erscheinung treten. Darum überträgt sie ihre Anteile notariell an einen Treuhänder, wobei dieser im Innenverhältnis so umfangreichen Bindungen unterliegt, dass die tatsächliche wirtschaftliche Macht bei der Bank verbleibt. Zu dieser Übertragung haben die Gesellschafter satzungsgemäß ihre Zustimmung erteilt. Einige Jahre später verkauft die Bank ihre Gesellschaftsanteile an ein Konkurrenzunternehmen der Gesellschaft und tritt ihre Treugeberrechte an den Käufer ab.114 Obgleich die Bank der Ansicht ist, dass diese Übertragung dem von der Satzung aufgestellten Zustimmungserfordernis nicht unterfalle, bittet sie vorsorglich um Genehmigung durch die Gesellschafter. In der Gesellschafterversammlung stimmt der Treuhänder für die Annahme des Zustimmungsantrags, die Minderheitsgesellschafter und späteren Kläger enthalten sich ihrer Stimme. Danach fechten die Kläger ihre Zustimmung zur Übertragung der Anteile von der Bank an den Treuhänder an, weil sie über die weitgehenden Rechte, welche die Bank sich vorbehalten hat, getäuscht wurden und sich hierüber im Irrtum befanden.115 Dem Urteil des Reichsgerichts liegt nun der Antrag der Kläger zugrunde, festzustellen, dass die Abtretung der Treugeberrechte von der Bank an den Käufer nichtig sei. Die Kläger machen dabei geltend, dass nach der Satzung die Übertragung von Geschäftsanteilen und mithin auch die Übertragung von Treugeberrechten, die wirtschaftlich einer Übertragung der Geschäftsanteile gleichkomme, der Genehmigung aller Gesellschafter bedürfe. Die Beklagten (die Bank und der Käufer) hingegen vertreten die Auffassung, dass die Abtretung von Geschäftsanteilen nur der Genehmigung der Gesellschafterversammlung durch Mehrheitsbeschluss bedürfe, nicht aber einer Zustimmung aller Gesellschafter, und dass an den Käufer nur frei veräußerliche Forderungsrechte der Bank gegenüber dem Treuhänder übertragen worden seien.116

III. Parallelität und Unterschiede der Konstellationen Das Gericht würdigt in seinem Urteil zwei voneinander zu unterscheidende Übertragungsvorgänge, nämlich die Treuhandübertragung und die Abtretung der Treugeberrechte. Am Ende seiner Ausführungen trifft das Gericht eine Aussage zur Zustimmungsbedürftigkeit der Treuhandübertragung selbst. Das Gericht konstatiert: „Tatsächlich bedurfte diese Treuhandübertragung, obwohl sie nur förmliche Bedeutung hatte, auch der […] satzungsgemäß vorgeschriebenen Genehmigung der Mitgesellschafter, da es sich auch bei ihr um eine Abtretung des Geschäftsanteils

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RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 274. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 275. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 276.

F. RGZ 159, 272 als Präzedenzfall bei vinkulierten Namensaktien?

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handelt.“117 Mit der Zustimmung zur Treuhandübertragung sei aber noch nichts über die Wirksamkeit der Übertragung der Treugeberrechte gesagt, denn wer eine Treuhandübertragung als solche genehmige, billige damit noch nicht jede Übertragung der so erworbenen Treugeberrechte.118 Der Schwerpunkt der gerichtlichen Würdigung liegt auf der Beurteilung der Abtretung der Treugeberrechte. Um die Frage der Wirksamkeit der Abtretung der Treugeberrechte beurteilen zu können, müssen zwei getrennte Fragen beantwortet werden. Auf der ersten Stufe ist zu fragen, ob die Abtretung der Treugeberrechte dem Zustimmungserfordernis der Satzung überhaupt unterfällt.119 Wenn dies der Fall sein sollte, so ist in einem zweiten Schritt zu fragen, ob eine solche Zustimmung vorliegt. Dafür ist die Auslegung der Satzungsbestimmung entscheidend, die von einer „Genehmigung der Gesellschafter“ spricht.120 Ist damit, wie die Beklagten vortragen, eine Genehmigung der Gesellschafterversammlung gemeint, so genügt der gefasste Mehrheitsbeschluss. Wenn damit hingegen die Zustimmung aller Gesellschafter gemeint ist, so würde der gefasste Beschluss den satzungsmäßigen Anforderungen nicht genügen und mithin die erforderliche Genehmigung zur Abtretung der Treugeberrechte nicht vorliegen. Das Reichsgericht hat für diese Frage dem Berufungsgericht in seiner Rechtsauffassung zugestimmt, dass die Satzungsbestimmung in diesem Fall dahingehend auszulegen ist, dass die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist.121 Hier interessiert jedoch vorrangig der erste Punkt, nämlich die Frage, ob das satzungsmäßige Zustimmungserfordernis sich auch auf die Übertragung der Treugeberrechte erstreckt, da dies für die Beurteilung der Frage, ob die Legitimationsübertragung einer Vinkulierungsbestimmung unterfällt, eine Indikatorwirkung haben könnte. Zunächst ist dazu zu untersuchen, inwiefern sich die beiden Fallkonstellationen unterscheiden und inwiefern sie gleichlaufen. Die Interessenlage der Parteien ist zunächst in beiden zu betrachtenden Fällen, der vom Reichsgericht entschiedenen treuhänderischen Übertragung und der Legitimationsübertragung, ähnlich. Im Reichsgerichtsfall wollte die Bank „aus den Ihnen bekannten Gründen nicht mehr als Eigentümer dieses Anteils in Erscheinung […] treten“122 und übertrug daher ihre Anteile an einen Treuhänder; auch die Legitimationsübertragung wird häufig deshalb gewählt, weil der wahre Anteilsinhaber nach außen nicht in Erscheinung treten, insbesondere nicht im Aktienregister aufgeführt sein möchte.123 Auch in der Konstruktion bestehen Ähnlichkeiten. Im vom Reichsgericht ent117

RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 282. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 282. 119 Dazu RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 280 ff. 120 Dazu RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 277 ff. 121 Vgl. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 278 ff. 122 Vgl. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 274. 123 Vgl. zu dieser Motivation für die Legitimationsübertragung bereits oben 1. Kapitel G. I. 2, S. 53. 118

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

schiedenen Fall hat die Bank ihre Gesellschaftsanteile an eine Treuhandgesellschaft abgetreten, behält aber durch die Treuhandabrede im Innenverhältnis weitgehende Rechte, welche sie dann im Rahmen eines Verkaufs ihrer Anteile an einen Dritten abtritt. Auch bei der Legitimationsübertragung werden weitgehende Rechte, nämlich insbesondere das Stimmrecht, zwar nicht abgetreten, da dem das Abspaltungsverbot entgegenstünde,124 aber doch zur Ausübung übertragen, was von seiner Wirkung einer Abtretung der Rechte nahe kommt. In beiden Fällen ist die zugrunde liegende Frage also die, ob die Übertragung von Rechten der Vinkulierungsbestimmung unterfällt, auch wenn damit eine Übertragung der Mitgliedschaft selbst gerade nicht verbunden ist. Allerdings laufen die beiden Konstruktionen auch nicht völlig parallel, sondern unterscheiden sich in der Frage, in welchem Verhältnis die streitgegenständliche Rechtsübertragung erfolgt. Denn während bei der Legitimationsübertragung ein Zweipersonenverhältnis zugrunde liegt, bei dem der Aktionär selbst einen Teil seiner Rechte zur Ausübung an den Legitimationsaktionär überträgt, gibt es in dem vom Reichsgericht entschiedenen Fall eine Dreipersonenkonstellation, bei der rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer auseinanderfallen. Rechtlicher Eigentümer ist der Treuhänder, wirtschaftlich betrachtet ist die Bank aufgrund ihrer umfassenden Treugeberrechte als Eigentümer anzusehen. Zudem geht es auch nicht um dieselben Rechte: Während bei der Legitimationsübertragung direkt aus der Mitgliedschaft entspringende Verwaltungsrechte zur Ausübung übertragen werden, wurden in dem Reichsgerichtsfall die dann später an den Käufer abgetretenen Rechte erst durch die Treuhandabrede geschaffen.

IV. Wirtschaftliche Eigentümerstellung als maßgebliche Erwägung Als Kriterium für die Entscheidung der Frage, ob eine bestimmte Rechtsübertragung, die nicht Anteilsübertragung ist, der Vinkulierung dennoch unterfallen soll, wird der Aspekt herangezogen, ob dem Treugeber wirtschaftlich die Stellung eines Anteilsinhabers zukommt, wobei das Reichsgericht den vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen beitritt:125 Durch die umfassenden Rechte, die dem Treugeber durch die Treuhandabrede vorbehalten blieben, besitze der Treuhänder „lediglich die Stellung eines Strohmanns ohne eigenen Willen und sei die reine Bevollmächtigte der Treugeberin“.126 Das Reichsgericht hat in seiner Entscheidung also nicht pauschal auch andere als eigentumsübertragende Abreden der Vinkulierungsbestimmung unterworfen, sondern legt eine differenzierende Betrachtungsweise an den Tag. Maßgebliches Kriterium ist dabei der Wechsel der wirtschaftlichen Eigen-

124 125 126

Vgl. zum Abspaltungsverbot bereits oben 1. Kapitel E. I, S. 42. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 281. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 280 f.

F. RGZ 159, 272 als Präzedenzfall bei vinkulierten Namensaktien?

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tümerstellung durch die zu beurteilende Übertragung.127 So wird als Grund für das Greifen der Zustimmungspflicht im entschiedenen Fall angegeben, dass die Abtretung der Treugeberrechte den Käufer „sachlich und wirtschaftlich völlig in die Lage des Gesellschafters setzt“,128 mit der „Wirkung, dass der Treugeber als der eigentlich Berechtigte anzusehen ist“.129 Es kann also für die Bewertung der jeweils in Frage stehenden Rechtsübertragung nicht nur auf das äußere Erscheinungsbild ankommen, es ist vielmehr auf das Innenverhältnis zwischen den Parteien abzustellen. Denn dieses ist dafür maßgeblich, ob bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise das Eigentum durch die Rechtsübertragung übergeht oder nicht.

V. Übertragung auf die Legitimationsübertragung Aus der Entscheidung des Reichsgerichts kann also nicht gefolgert werden, dass die Legitimationszession immer und unter allen Umständen zustimmungsbedürftig sei.130 Wenn man das Urteil des Reichsgerichts für die Beurteilung der Auswirkungen einer Vinkulierungsbestimmung auf die Legitimationszession fruchtbar machen möchte, so bedeutet dies vielmehr, dass auch das vom Reichsgericht herausgearbeitete Differenzierungskriterium übertragen werden muss und nicht jede Legitimationsübertragung pauschal der Vinkulierung unterstellt werden kann. Es kommt für die Frage, ob eine Legitimationsübertragung von einer Vinkulierungsbestimmung erfasst wird, also darauf an, ob die Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwischen den beteiligten Parteien dazu führt, dass das wirtschaftliche Eigentum als übertragen anzusehen ist oder nicht. Liegen die der Mitgliedschaft innewohnenden Rechte maßgeblich beim Zessionar, sodass er als der wirtschaftliche Eigentümer anzusehen ist, so wird die Übertragung von der Vinkulierungsbestimmung erfasst. Dies wird aber bei der Legitimationsübertragung zumeist nicht der Fall sein, denn üblicherweise ist der Legitimationsaktionär weisungsgebunden, d. h. die wirtschaftliche Entschließungsmacht verbleibt beim Aktieneigentümer. Hierin liegt auch der entscheidende Unterschied zu dem vom Reichsgericht entschiedenen Fall, in dem durch die in Frage stehende Übertragung die wirtschaftliche Eigentümerstellung übertragen wurde. Wenn der Legitimationsaktionär nicht mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet ist, weil er einer Weisungsbindung unterliegt, dann ist der Schutzzweck der Vinkulierung durch die Legitimationsübertragung nicht berührt und eine Zustimmung ist entbehrlich. Ist der Legitimationsaktionär hingegen weisungsfrei und besitzt dadurch ein hohes Maß an Entscheidungsbefugnissen, so greift die Vinkulierung ein und das Zustimmungserfordernis besteht. Diese Differenzierung nach dem Kriterium der 127 128 129 130

RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 281. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 281. RG, Urteil vom 23. 12. 1938, II 102/38, RGZ 159, 272, 282. Vgl. auch Serick, FS Hefermehl, 1976, S. 427, 428, 430.

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

Weisungsgebundenheit trägt dem Schutzzweck der Vinkulierung hinreichend Rechnung, ohne die Legitimationszession aber für die vinkulierte Namensaktie gänzlich auszuschließen und so den Aktionär einer wichtigen Gestaltungsmöglichkeit zur Ausübung seiner Aktionärsrechte zu berauben. Bei weisungsfreier Stimmabgabe unterfällt die Legitimationszession dem Schutzzweck der Vinkulierung und muss insofern durch sie ausgeschlossen sein. Ein weisungsgebundener Legitimationsaktionär stimmt hingegen nach der Weisung des wahren Aktionärs ab. Daher geht von der Stimmrechtsausübung durch den weisungsgebundenen Legitimationsaktionär keine Gefahr fremden Einflusses auf die Belange der Gesellschaft aus.

VI. Ergebnis: Weisungsgebundenheit des Legitimationsaktionärs als maßgebliches Kriterium Es bleibt somit bislang als Ergebnis der Auswertung des Reichsgerichtsurteils festzuhalten, dass das Innenverhältnis zwischen Aktionär und Legitimationsaktionär maßgebliche Bedeutung besitzt für die Frage, ob die Legitimationsübertragung von der Vinkulierung erfasst wird oder nicht. Eine Aussage darüber kann also nicht pauschal für alle Fälle, sondern immer nur für den konkreten Einzelfall erfolgen. Es muss bei dieser Beurteilung die Frage gestellt werden, ob das Eigentum bei Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise beim Aktionär verbleibt oder so viel Entscheidungsmacht auf den Legitimationsaktionär übergeht, dass er als der wirtschaftliche Eigentümer anzusehen ist. Zur Beurteilung dessen ist die Frage der Weisungsgebundenheit des Legitimationsaktionärs von zentraler Bedeutung; ist er weisungsgebunden, so verbleibt die Entscheidungsmacht beim Aktionär. Der Legitimationsaktionär nimmt dann eine einem Stellvertreter ähnliche Rolle ein und wird ebenso wie eine Bevollmächtigung nicht von der Vinkulierungsbestimmung erfasst.131

G. Wirkung des Aktienregisters, § 67 Abs. 2 AktG In einem weiteren Schritt muss die Frage im Fokus stehen, ob die Eintragung des Legitimationsaktionärs im Aktienregister an dem soeben gefundenen Kriterium der Weisungsbindung etwas ändert. Um zu begründen, dass die Legitimationsübertragung von der Vinkulierung erfasst werden muss, wird nämlich bisweilen auch auf die Vermutungswirkung des Aktienregisters verwiesen.132 Die Weisungsbindung des 131

Noch weiter Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 69: Die Zustimmung der Gesellschaft sei stets entbehrlich. 132 Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 19; Serick, FS Hefermehl, 1976, S. 427, 439.

G. Wirkung des Aktienregisters, § 67 Abs. 2 AktG

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Legitimationsaktionärs allein vermag Bedenken hier noch nicht auszuschließen, denn diese besteht nur im Innenverhältnis zum Aktionär. Das Verhältnis zur Gesellschaft wird hingegen vom Aktienregister bestimmt, sodass der eingetragene Legitimationsaktionär zur Ausübung der Aktionärsrechte in diesem Verhältnis unbegrenzt befugt ist. Dadurch besteht, wenn sich der Legitimationsaktionär im Innenverhältnis nicht rechtstreu verhält und gegen seine Weisungen verstößt, doch die typische Gefahr einer Überfremdung im Sinne einer Einflussnahme durch Dritte auf die Stimmrechtsausübung. Es ist daher die Frage zu stellen, ob für die Beurteilung der Gefährdungslage auf das rechtliche Können oder das rechtliche Dürfen des Legitimationsaktionärs abzustellen ist. Es spricht mehr dafür, dass man die Situation auf der Grundlage eines rechtmäßigen Verhaltens des Legitimationsaktionärs beurteilt. Man kann nicht jeden eventuellen Rechtsbruch eines Legitimationsaktionärs schon antizipiert erfassen wollen und dadurch die Gestaltungsfreiheit des Aktionärs, sich eines Legitimationsaktionärs zur Verwaltung seiner Mitgliedschaftsrechte zu bedienen, einschränken. Wollte man die Gefahr eines vertragswidrigen Verhaltens im Innenverhältnis ausschalten, dann müsste man auch die Stimmrechtsvertretung unter die Vinkulierung fassen, denn auch dort könnte der Bevollmächtigte seine Vollmacht überschreiten. Die Bevollmächtigung bleibt aber trotz Vinkulierung weiterhin zumindest dann möglich, wenn sie sich punktuell auf wenige konkret gefasste Beschlussgegenstände erstreckt oder wenn es sich um eine kurzfristige Vollmacht handelt, etwa nur für eine Hauptversammlung, und somit nicht als Umgehungskonstruktion anzusehen ist.133 Solche Fälle der Überschreitung des rechtlichen Dürfens können nicht alle von vornherein mit erfasst werden, sie stellen vielmehr einen Ausnahmefall dar, an dem man die Beurteilung des Normalfalls nicht ausrichten sollte. Auch das Reichsgericht hat in seiner oben besprochenen Entscheidung RGZ 159, 272, die als Präzedenzfall für die Zulässigkeit von Legitimationsübertragungen herangezogen wird, festgestellt, dass es auf die im Innenverhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber liegende Treuhandabrede ankommt und darauf, wer danach als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist, und nicht auf die Eigentümerstellung der Gesellschaft gegenüber im Außenverhältnis. Weiterhin könnten Bedenken auch im Hinblick auf die Aussagekraft des Aktienregisters bestehen. Diese Aussagekraft hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren durch verschiedene Maßnahmen zu erhöhen versucht. Dass bei Legitimationsübertragungen von Namensaktien der wahre Aktionär nicht mehr aus dem Aktienregister ersichtlich ist, ist allgemein ein Problem der Legitimationsübertragung.134 Wenn die Aktiengesellschaft sich entscheidet, ihre Aktien zu vinkulieren, so besteht allerdings mehr als im Normalfall der nicht vinkulierten Namensaktie ein Interesse 133

Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 115; Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 113; Sieveking/Technau, AG 1989, 17, 18; vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 68 Rn. 21 f.. 134 Vgl. dazu unten 8. Kapitel B. II, S. 220.

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

daran, dass sie die Abstimmungsberechtigten, die materiell über die Stimmabgabe entscheiden, aus dem Aktienregister entnehmen kann. Es ist also ein gewisses Spannungsverhältnis festzustellen zwischen der Tatsache, dass es einerseits vom Schutzzweck her aufgrund der Weisungsgebundenheit des Legitimationsaktionärs einer Erstreckung der Wirkung der Vinkulierung auf weisungsgebundene Legitimationszessionen eigentlich nicht bedarf, und der Aussagekraft des Aktienregisters andererseits. Dieses ist auf Tatbestandsseite nicht aufzulösen. Auf Rechtsfolgenseite bietet sich jedoch ein Ansatzpunkt bei der Entscheidung des Vorstands, welche in seinem Ermessen steht.135 Für die Ermessensausübung müssen die widerstreitenden Interessen einer Abwägung unterzogen werden. In diese Abwägung einzustellen sind die Bedenken hinsichtlich der Aussagekraft des Aktienregisters, dem dann der wahre Aktionär und damit der wahre Abstimmungsberechtigte nicht mehr zu entnehmen ist. Auf der anderen Seite ist für die Aktiengesellschaft aber auch eine stärkere Aktionärsbeteiligung wünschenswert. Ermöglicht die Gesellschaft die Legitimationsübertragung nicht, so läuft sie möglicherweise Gefahr, dass die betroffenen Aktionäre gar nicht abstimmen. Vor dem Hintergrund einer solchen umfassenden Abwägung kann der Vorstand zu dem Ergebnis kommen, dass eine Legitimationszession den Interessen am besten entspricht.

H. Umgehungsschutz Bestimmte Gestaltungen, die keine dingliche Rechtsänderung beinhalten, können eine Umgehungskonstruktion darstellen.136 So können bspw. Stimmrechtsvollmachten, Stimmbindungsverträge und auch rein schuldrechtliche Treuhandkonstruktionen ebenfalls von der Vinkulierung erfasst werden, wenn sie im Einzelfall bei objektiver Betrachtungsweise dem Schutzzweck der Vinkulierung zuwiderlaufen, weil durch sie derselbe oder annähernd derselbe Rechtserfolg erzielt wird.137 Vinkulierungsbestimmungen lassen das Zentrum ihrer Beschränkung häufig erkennen, etwa ob im Kern auf die Vermögens- oder die Verwaltungsrechte abgezielt wird; ist der Klausel nichts zu entnehmen, so geht es in der Regel eher darum, einen Fremdeinfluss auszuschließen, als um die Kontrolle der Dividendenempfangszuständigkeit.138 Eine Umgehungsgestaltung, die nur die andere Komponente berührt, 135

Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 72. Vgl. dazu Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 110; Lutter/Drygala, in: Kölner KommAktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 112 ff. 137 Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 68 Rn. 13; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 68 Rn. 12; Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 35, Asmus, Die vinkulierte Mitgliedschaft, 2001, S. 166 ff., 185 ff., 204 f.; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 117; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 113; Liebscher, ZIP 2003, 826; Sieveking/Technau, AG 1989, 17; Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 111. 138 Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 111. 136

H. Umgehungsschutz

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wäre dann vom Schutzzweck der Vinkulierung nicht erfasst und somit zulässig. Eine subjektive Komponente im Sinne einer Umgehungsabsicht ist nicht erforderlich.139 Maßgebliches Kriterium für die Identifikation einer Umgehungskonstruktion ist die Frage, ob der Aktionär in Bezug auf die Ausübung seiner Stimmrechte dem Willen eines Dritten unterworfen wird.140 Die Rechtsfolge für eine solche Umgehungskonstruktion ist umstritten; sie als nichtig anzusehen,141 würde zu weit gehen, da so die Zustimmungsfähigkeit der AG genommen und der Umgehungsschutz daher in seinem Umfang über den eigentlichen Schutz der Vinkulierung hinausgehen würde.142 Es ist daher auch für Umgehungsgeschäfte von einer schwebenden Unwirksamkeit und einer Genehmigungsfähigkeit durch die Gesellschaft auszugehen.143 Damit die Legitimationsübertragung vor dem Hintergrund des Umgehungsschutzes einer Vinkulierungsbestimmung unterfallen könnte,144 müsste aber die Legitimationsübertragung wiederum dem Schutzzweck der Vinkulierungsbestimmung zuwiderlaufen. Dies ist aber wie oben gezeigt meist nicht der Fall, da der Legitimationsaktionär zumeist weisungsgebunden agiert und die Entscheidungsbefugnis damit beim Aktieneigentümer verbleibt. Ein unerwünschter Fremdeinfluss ist damit nicht zu besorgen, weshalb beim weisungsgebundenen Legitimationsaktionär auch kein Anlass dazu besteht, ihn dem Zustimmungserfordernis der Vinkulierung zu unterwerfen. Als nicht weiterführend erweist sich die Feststellung Lutters und Drygalas, die Legitimationsübertragung stelle keine Umgehung dar, da sie der Zustimmungspflicht unterfalle;145 diese stellt sich vielmehr als Zirkelschluss dar. Unter der Prämisse, dass die Legitimationsübertragung der Vinkulierung ohne Weiteres unterfällt, ist es kohärent, dass sie nicht als Umgehungskonstruktion erfasst werden kann. Jedoch wurde oben bereits festgestellt, dass die Legitimationsübertragung an einen weisungsgebundenen Legitimationsaktionär vor dem Hintergrund des Schutzzwecks der Vinkulierung der Zustimmungspflicht nicht unterfallen muss (und angesichts der Satzungsstrenge auch nicht darf).146 Legt man dies zugrunde, so 139 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 118; Sailer-Coceani/ Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 35; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 113; Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 110. 140 Sailer-Coceani/Kraft, in: MünchHdB GesR, Band 4, AG, 5. Auflage 2020, § 14 Rn. 35; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 112. 141 So etwa Sieveking/Technau, AG 1989, 17, 18 f. 142 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 118. 143 Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 110 ff.; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 118; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 120; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 68 Rn. 80. 144 So Kossmann, BB 1985, 1364, 1365. 145 Lutter/Drygala, Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 117; Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 114. 146 Dazu sogleich 5. Kapitel I, S. 142.

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

schließt sich die Frage, ob die Legitimationsübertragung dennoch deswegen erfasst werden muss, weil sie eine Umgehungskonstruktion darstellt, logisch an.

I. Vereinbarkeit der Erstreckung der Vinkulierung auf Legitimationsübertragungen mit der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG Soweit ersichtlich nicht diskutiert wird die Frage, ob die Ausdehnung von Vinkulierungsklauseln auch auf andere als dingliche Rechtsänderungen, namentlich die Legitimationsübertragung, überhaupt mit der Satzungsstrenge vereinbar ist. § 23 Abs. 5 AktG ordnet an, dass von Vorschriften des AktG nur abgewichen werden darf, wenn das Gesetz es ausdrücklich zulässt. § 68 Abs. 2 Satz 1 AktG bestimmt, dass die Satzung die Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft binden kann. Er bezeichnet damit die äußerste Grenze, bis zu der die freie Übertragbarkeit der Aktie satzungsmäßig eingeschränkt werden kann.147 Andere Erschwerungen der Übertragbarkeit der Aktie mit dinglicher Wirkung kommen nicht in Betracht.148 Der Begriff der Übertragung setzt eine dingliche Rechtsänderung voraus, die bei der Legitimationsübertragung gerade nicht vorliegt. Eine Regelung, die besagt, dass die Legitimationsübertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden werden kann, wäre von der Regelung des § 68 Abs. 2 Satz 1 AktG daher nicht erfasst und würde der Satzungsstrenge damit zuwiderlaufen. Wenn eine solche Satzungsbestimmung nicht zulässig wäre, dann stellt es aber eine Umgehung dar, durch eine Satzungsbestimmung die Übertragung an die Zustimmung des Vorstandes zu binden und diesen Begriff dann in diesem Zusammenhang anders als sonst üblich so weit auszulegen, dass darunter auch solche Konstellationen fallen, die der Satzungsdisposition eigentlich gar nicht unterliegen. Die Satzungsstrenge steht der Einbeziehung der Legitimationsübertragung mithin immer dann entgegen, wenn sich die Legitimationsübertragung nicht als Umgehung einer Übertragung darstellt, mithin vom Schutzzweck der Vinkulierung nicht erfasst ist; dies ist namentlich wiederum immer dann der Fall, wenn der Legitimationsaktionär weisungsgebunden agiert.

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T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 68 Rn. 16; Stupp, NZG 2005, 205, 206. 148 Vgl. BGH, Urteil vom 20. 9. 2004 – II ZR 288/02, BGHZ 160, 253 = NZG 2004, 1109; dazu auch Stupp, NZG 2005, 205, 207; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 39: „die gesetzlichen Grenzen der Vinkulierung können nicht überschritten werden“.

J. Spezialität des § 67 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 AktG

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J. Spezialität des § 67 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 AktG Die vorstehenden Ausführungen sind jedoch durch die folgenden Erwägungen wieder einzuschränken: Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung unterliegt ihrerseits der Disposition durch die Satzung und muss nicht schrankenlos zulässig sein. Seit dem Risikobegrenzungsgesetz 2008 hat die Gesellschaft nämlich die Möglichkeit, die Zulässigkeit von Legitimationseintragungen durch eine Satzungsbestimmung im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 AktG zu beschränken, insbesondere an Schwellenwerte zu binden oder von einer Offenlegung abhängig zu machen.149 Es stellt sich damit die Frage nach dem Verhältnis der beiden Satzungsermächtigungen – der Vinkulierungsmöglichkeit des § 68 AktG einerseits und der Beschränkungsmöglichkeit des § 67 AktG andererseits. Man könnte das Bestehen einer Satzungsermächtigung für die Beschränkung von Legitimationseintragungen zwar als Indiz dafür verstehen, dass der Gesetzgeber eine Beschränkung grundsätzlich zulassen will und damit eine Erfassung der Legitimationsübertragung auch im Rahmen des § 68 Abs. 2 AktG zu rechtfertigen versuchen. Allerdings können diese beiden Regelungen nicht dergestalt vermengt werden, dass die Regelung des § 67 AktG gewissermaßen auf die Vinkulierung „durchschlägt“, sodass § 68 Abs. 2 Satz 1 AktG auch Legitimationsübertragungen erfasst, nur weil diese an anderer Stelle durch das AktG für dispositiv erklärt werden. Will die Gesellschaft die Zulässigkeit von Legitimationsübertragungen einschränken, so muss sie sich dafür auf § 67 AktG stützen. Auf § 68 Abs. 2 Satz 1 AktG basierende Regelungen dürfen dagegen nur dingliche Sachverhalte erfassen. Obwohl sich somit letztlich mit § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG eine Vorschrift im Aktiengesetz findet, die die Möglichkeit einer Einschränkung der Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bietet, so ist es dennoch wichtig, die Einschränkung auf die richtige „Ermächtigungsgrundlage“ zu stützen, denn beide Vorschriften besitzen unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen. Unterfällt ein Sachverhalt einer Vinkulierungsklausel, so ist der betreffende Vorgang nach § 68 Abs. 2 AktG zustimmungspflichtig. Fehlt die Zustimmung oder wird sie verweigert, ist die Verfügung (schwebend) unwirksam.150 Wir hingegen gegen eine die Legitimationsübertragung beschränkende Satzungsbestimmung verstoßen, so bestehen gem. § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG die Stimmrechte aus den betreffenden Eintragungen im Aktienregister für die Dauer des Verstoßes nicht. Angesichts dieser divergierenden Rechtsfolgenanordnungen ist es durchaus von Relevanz, aufgrund welcher Regelung die Zulässigkeit von Legitimationsübertragungen eingeschränkt wird. Die auf die Legitimationseintragung zugeschnittene gesetzliche Regelung des § 67 AktG ist mithin seit 2008 für die Erfassung von Legitimationsübertragungen im Bereich von Namensaktien spezieller als § 68 Abs. 2 AktG, sodass seit der Änderung 149

Dazu noch unten 8. Kapitel C. III. 2, S. 227 und 8. Kapitel C. III. 4, S. 245. Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 68 Rn. 98; E. Ulmer, FS Schmidt-Rimpler, 1957, S. 261, 272; Wirth, DB 1992, 617. 150

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5. Kap.: Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung

des § 67 AktG die Gesellschaft auf diese Spezialermächtigung zurückgreifen muss, wenn sie die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung regeln möchte. Als lex specialis sperrt diese Satzungsermächtigung den Rückgriff auf die allgemeinere Norm des § 68 Abs. 2 AktG. Nach hier vertretener Ansicht kann die Beschränkung der Zulässigkeit von Legitimationsübertragungen somit nur aufgrund von § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG, nicht aber aufgrund einer Vinkulierungsbestimmung nach § 68 Abs. 2 AktG erfolgen.151

K. Rechtsschutzmöglichkeiten des Legitimationsaktionärs Wird der Aktionär bzw. der Legitimationsaktionär mit Zustimmungsvorbehalten aufgrund von Vinkulierungsbestimmungen konfrontiert, so stellt sich die Frage, wie er sich gegen diese nach hier vertretener Ansicht stets zu Unrecht erfolgenden Beschränkungen seiner Dispositionsfreiheit zur Wehr setzen kann. Dazu stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zunächst kann sich der Aktionär bzw. Legitimationsaktionär auf den Standpunkt stellen, die Legitimationsübertragung sei keine Übertragung im Sinne des § 68 Abs. 2 AktG und unterfalle daher nicht dem Zustimmungsvorbehalt. Dann wäre der richtige Rechtsbehelf eine Klage auf Feststellung, dass die Vinkulierungsklausel die Legitimationszession nicht verbietet. Da es aber zur Zeit der allgemeinen Ansicht entspricht, dass Legitimationsübertragungen von der Vinkulierung erfasst werden, wird die Vorgehensweise in der Praxis nicht ohne weiteres von Erfolg gekrönt sein. Für die Praxis wird es sich deswegen zunächst anbieten, für den Rechtsschutz davon auszugehen, dass die Legitimationsübertragung von der Vinkulierung erfasst werde. Diese Prämisse eröffnet den Zugriff auf die ermessensleitenden Direktiven, die oben herausgearbeitet wurden, namentlich auf die Ermessensreduzierung durch die gesellschaftsrechtliche Treupflicht. Dies gibt dem klagenden Legitimationsaktionär die Möglichkeit, darzulegen, dass die Gesellschaft die Zustimmung wegen der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht dann nicht verweigern darf, wenn der Legitimationsaktionär weisungsgebunden ist, was den typischen Fall darstellt. Im Falle der Weisungsgebundenheit besteht nämlich, wie oben dargestellt, nicht die typische Gefahr einer Fremdbestimmung, der durch die Vinkulierungsklausel begegnet werden soll. Das Ermessen des Vorstandes ist daher in solch einem Fall so reduziert, dass die Zustimmung zu erteilen ist.

151 A. A. jetzt Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 18: § 67 Abs. 1 Satz 3 biete keine effektive Alternative zur Vinkulierung, weil die Dritteintragung nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne; vgl. zur Zulässigkeit eines generellen Ausschlusses von Dritteintragungen 8. Kapitel C. III. 3. a) aa), S. 230.

6. Kapitel

Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten – insbesondere zum Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs A. Die Ausübung von Aktionärsrechten durch den Legitimationsaktionär Wenn die Stimmrechtsausübung auf einen Legitimationsaktionär übertragen ist, so stellt sich die Frage nach dem Umfang der ihm übertragenen Rechte. Zwanglos als dem Legitimationsaktionär mitübertragen können solche Rechte angesehen werden, ohne die die Stimmrechtsausübung nicht oder nicht sinnvoll möglich ist, so z. B. das Rederecht in der Hauptversammlung.1 Auch das Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1 AktG und das Recht nach § 131 Abs. 5 AktG, bei Auskunftsverweigerung seine Frage und den Grund, aus dem die Auskunft verweigert worden ist, in die Niederschrift über die Verhandlung aufnehmen zu lassen, sowie das Recht, Gegenanträge zu stellen, können mit übertragen werden und werden häufig auch konkludent mitübertragen sein.2 Die Ermächtigung des Legitimationsaktionärs erstreckt sich auch auf das Recht, nach § 245 Nr. 1 AktG Widerspruch zur Niederschrift des Notars zu erklären, um die Voraussetzung für eine spätere Anfechtung zu schaffen.3 Die Situation verkompliziert sich bei solchen Rechten, die gewissermaßen mit einer zeitlichen und inhaltlichen „Zäsur“ zur Hauptversammlung ausgeübt werden, sei es im Vorfeld oder im Nachgang der Hauptversammlung. Hier stellt sich die Abgrenzungsfrage, welche vor- und nachgelagerten Aktionärsrechte der Legitimationsaktionär wahrnehmen darf.4 Diese Frage kann sich grundsätzlich bei allen Rechten stellen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung stehen. Als der Hauptversammlung zeitlich vorgelagertes Recht kommt etwa das Recht auf Einberufung der Hauptversammlung nach § 122 Abs. 1 AktG in Betracht.5 Nachgelagert geht es um Fragen der ge1

Vgl. Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 449. Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 129. 3 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 129; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 449; Noack/ Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 29. 4 Vgl. Grunewald, ZGR 2015, 347, 358. 5 Vgl. bejahend Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 130. 2

146

6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

richtlichen Geltendmachung von Aktionärsrechten, etwa einer Klage auf Leistung der Dividende6 oder die Durchführung des Spruchverfahrens.7 Da die Frage in der Praxis vor allem bei der Ausübung des Anfechtungsrechts durch den Legitimationsaktionär relevant geworden ist,8 soll der Anfechtungsprozess im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Die Frage nach der Erfüllung der Voraussetzungen für die Antragsbefugnis in der Person des wahren Aktionärs stellt sich jedoch gleichermaßen auch für die Durchführung des aktienrechtlichen Spruchverfahrens,9 für die Antragsberechtigung im Auskunftserzwingungsverfahren nach § 132 AktG10 und für die Antragsberechtigung im gerichtlichen Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3 HGB.11 All diesen Rechtsbehelfen sind die beiden Voraussetzungen des Erscheinens in der Hauptversammlung und des Widerspruchs zur Niederschrift gemein, an denen sich im Falle der Legitimationsübertragung die Problematik entzündet. Für sie gelten daher grundsätzlich dieselben Erwägungen.12 Soweit es jedoch für die Beurteilung auf den speziellen Charakter des Anfechtungsverfahrens als Verfahren zur objektiven Rechtsdurchsetzung ankommt, können sich Unterschiede ergeben.13 Zur Beurteilung der Frage, ob dem Legitimationsaktionär ein Anfechtungsrecht zusteht, ist wieder jede der beiden Aktienarten gesondert in den Blick zu nehmen.

B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien Im Falle von Inhaberaktien entspricht es der heute unbestrittenen herrschenden Ansicht, dass dem Legitimationsaktionär kein eigenes Anfechtungsrecht zusteht.14 6

Vgl. Grunewald, ZGR 2015, 347, 358. Vgl. bspw. OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854. 8 Vgl. bereits RG JW 1929, 3086; RG JW 1931, 793; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025. 9 Dazu OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854. 10 Dazu BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234. 11 Dazu BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 17. 9. 1987 – BReg. 3 Z 76/87, BayObLGZ 1987, 297; vgl. auch Noack, AG 1989, 78. 12 Vgl. für das Auskunftserzwingungsverfahren explizit BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 237. 13 Vgl. dazu unten 6. Kapitel B. IV. 2. b), S. 161. 14 Vgl. LG München I, Urteil vom 30. 7. 2009 – 5 HK O 16915/08, AG 2010, 47 f.; KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224; LG Frankfurt a. M., Urteil vom 18. 12. 2012 – 3 – 05 O 96/12, NZG 2013, 140; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 245 Rn. 19; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33; Hüffer/ Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 11; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 245 Rn. 6; Schwab, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 245 Rn. 5; Noack/ Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 29; K. Schmidt, 7

B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien

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Anfechtungsberechtigt bleibt auch im Falle der Legitimationszession der wahre Aktionär, welcher allerdings den Legitimationsaktionär zur Anfechtung im eigenen Namen ermächtigen kann.15 Prüft man das Vorliegen der Voraussetzungen der Anfechtungsbefugnis des wahren Aktionärs anhand des Gesetzeswortlauts des § 245 Nr. 1 AktG, so stellt sich an mehreren Stellen die Frage nach einer Zurechnung des Handelns des Legitimationsaktionärs zum wahren Aktionär.

I. Voraussetzungen der Anfechtungsberechtigung des wahren Aktionärs 1. Aktionärseigenschaft Als erste Voraussetzung für die Anfechtungsbefugnis muss der Anfechtende Aktionär der betreffenden Gesellschaft sein. Eine originäre Anfechtungsbefugnis des Legitimationsaktionärs scheidet bereits an dieser Stelle aus, weil dem Legitimationsaktionär die erforderliche Aktionärseigenschaft gerade fehlt.16 Er ist, da ihm die mitgliedschaftlichen Rechte gerade nur zur Ausübung übertragen sind, nicht Inhaber der mitgliedschaftlichen Rechte und kann damit nicht kraft seiner Position als Legitimationsaktionär zur Anfechtung befugt sein.17 2. In der Hauptversammlung erschienen In dem hier zu betrachtenden Fall des § 245 Nr. 1 AktG ist für das Anfechtungsrecht Voraussetzung, dass der Aktionär in der Hauptversammlung erschienen ist. Im Falle der Legitimationsübertragung erscheint in der Hauptversammlung nicht der Aktionär selbst, sondern der Legitimationsaktionär. Die Voraussetzung des Erscheinens in der Hauptversammlung wäre damit nur dann erfüllt, wenn das Erscheinen des Legitimationsaktionärs wie ein Erscheinen des wahren Aktionärs behandelt werden könnte.

in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 4. Auflage 2013, § 245 Rn. 15; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 245 Rn. 7; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 449; Grunewald, ZGR 2015, 347, 359; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 136 f. 15 Vgl. Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 245 Rn. 19; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 245 Rn. 6; a. A. jetzt Grunewald, ZGR 2015, 347, 358; dazu noch 6. Kapitel B. IV. 1, S. 155. 16 Vgl. Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33; Hüffer/ Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 11; K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 4. Auflage 2013, § 245 Rn. 15; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 30. 17 K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 4. Auflage 2013, § 245 Rn. 15.

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

3. Vorbesitzerfordernis Des Weiteren müsste der Aktionär die Aktien schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erworben haben. Dieses Erfordernis ist fraglos auch dann erfüllt, wenn eine Legitimationsübertragung bestand, da die eigentumsrechtliche Zuordnung der Aktien dadurch nicht berührt wird.18 4. Widerspruch Zudem muss der Aktionär gem. § 245 Nr. 1 AktG Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben. Unterbleibt ein Widerspruch in der Hauptversammlung, so kann der Aktionär Anfechtungsgründe nicht mehr geltend machen.19 Die Anfechtungsbefugnis entfällt kraft Gesetzes, wobei der Rechtsgedanke der Verwirkung zum Tragen kommt.20 Wer Mängel in der Willensbildung bei der Beschlussfassung in der Hauptversammlung bemerkt, darf deren Geltendmachung nicht verzögern; aufgrund der zentralen Bedeutung der Hauptversammlung für die Willensbildung durch die Aktionäre wäre eine Geltendmachung nach der Hauptversammlung bereits verzögert, sodass der Widerspruch noch in der Hauptversammlung erfolgen muss.21 Bei der Widerspruchseinlegung handelt es sich damit um eine Obliegenheit des Aktionärs, der dadurch den Verlust seines Anfechtungsrechts verhindert.22 Bei der Einlegung des Widerspruchs durch einen Dritten braucht eine etwaige Stellvertretung nicht offengelegt zu werden, da die Position des in der Hauptversammlung Erschienenen bereits aus dem im Teilnehmerverzeichnis eingetragenen Vermerk ersichtlich wird.23 Wenn der Widersprechende in der Hauptversammlung sowohl Aktien im Eigenbesitz als auch im Fremdbesitz angemeldet hat, so muss er klarstellen, zu welcher Stimmkarte der Widerspruch eingelegt werden soll.24 Der Widerspruch muss den Aktien, für die er erhoben wird, eindeutig zuzuordnen sein.

18

Vgl. auch Grunewald, ZGR 2015, 347, 358. Vgl. nur Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 13. 20 Noack, AG 1989, 78, 80; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 36; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 13; vgl. auch K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 4. Auflage 2013, § 245 Rn. 19: „[…] beruht auf dem Verbot des venire contra factum proprium“. 21 Vgl. Noack, AG 1989, 78, 80. 22 Noack, AG 1989, 78; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 13. 23 Noack, AG 1989, 78, 82; vgl. auch Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 35. 24 Vgl. OLG München, Urteil vom 31. 5. 2000 – 7 U 1927/99, AG 2001, 482. 19

B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien

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II. Kernfrage: Zurechnung des Verhaltens des Legitimationsaktionärs zum wahren Aktionär Die Frage, ob der Aktionär in der Hauptversammlung erschienen ist sowie ob er Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, erweist sich als problematisch, wenn in beiden Fällen ein Legitimationsaktionär anstelle des wahren Aktionärs gehandelt hat. Es stellt sich dann die Frage, ob das Verhalten des Legitimationsaktionärs dem Aktionär als eigenes Verhalten zurechenbar ist, mit anderen Worten, ob der Legitimationsaktionär für sich selbst oder für den Aktionär handelt. Kern der Frage, wem die Anfechtungsbefugnis zusteht, ist daher die Bewertung des Verhältnisses zwischen dem wahren Aktionär und dem Legitimationsaktionär. Es muss beurteilt werden, ob der in der Hauptversammlung erschienene Legitimationsaktionär gewissermaßen „für sich selbst“ erschienen ist oder ob sein Erscheinen dem wahren Aktionär dergestalt zuzurechnen ist, dass eben jener als erschienen gilt. Während zu dieser Frage im Laufe der Zeit unterschiedliche Ansichten vertreten wurden, ist heute konsentiert, dass dem Aktionär das Verhalten des Legitimationsaktionärs zuzurechnen ist, dass er also für den Aktionär und nicht für sich selbst handelt.

III. Entwicklung der heute herrschenden Meinung 1. Ausschließliche Anfechtungsberechtigung des Legitimationsaktionärs Früher entsprach es der auch durch die Literatur unterstützten höchstrichterlichen Rechtsauffassung, dass das Anfechtungsrecht ausschließlich dem Legitimationsaktionär zustehe, sei doch nur er in der Hauptversammlung erschienen und habe den Widerspruch erklärt. Zunächst hat das Reichsgericht in einem Urteil vom 23. 11. 189225 festgestellt, dass einer Anfechtungsklage grundsätzlich nicht der Einwand entgegengehalten werden könne, dass der Anfechtungskläger nicht Eigentümer der betreffenden Aktien sei. Mit dieser Feststellung ist der Boden für eine Anfechtungsbefugnis des Legitimationsaktionärs bereitet. In einem Urteil vom 21. 6. 192926 hat das Reichsgericht sich zur Frage der Sachlegitimation zur Erhebung der Anfechtungsklage im Falle der Legitimationsübertragung von Aktien geäußert. Dabei wollte der Aktionär und Kläger Anfechtungsklage erheben, war aber in der Hauptversammlung nicht selbst anwesend und auch nicht offen vertreten, sondern die Rechte aus seinen Aktien waren durch einen Legitimationsaktionär im eigenen Namen ausgeübt worden. Der Legitimationsaktionär hatte in der Hauptversammlung Widerspruch zur Niederschrift erklärt. Das Reichsgericht stellte in seinem Urteil fest, das Landgericht Stade als Vorinstanz habe 25 26

RGZ 30, 50. RG JW 1929, 3086.

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

zu Unrecht die Anfechtungsberechtigung des Klägers bejaht. Der wahre Aktionär sei schon nicht in der Hauptversammlung erschienen, denn als in der Hauptversammlung erschienen könne nur der Aktionär gelten, der entweder persönlich anwesend oder offen vertreten gewesen sei. Im Falle der Legitimationsübertragung sei anwesend im Sinne der Anfechtungsvorschriften daher der Legitimationsaktionär und nicht der wahre Aktionär als Legitimationszedent. Die Urteilsanmerkung von Flechtheim27 stimmt der Ansicht des Reichsgerichts vorbehaltlos und ohne jegliche weitere Auseinandersetzung zu. An seiner Rechtsauffassung hat das Reichsgericht auch in einer Entscheidung vom 4. 11. 1931 festgehalten.28 In dem zu entscheidenden Fall ging es wiederum um die Frage, ob dem wahren Aktionär die Anfechtungsbefugnis zusteht, wenn er in der Hauptversammlung nicht selbst anwesend war, sondern sein Aktienpaket von einem Legitimationsaktionär repräsentiert wurde. In dem zu entscheidenden Fall war der Legitimationsaktionär keine natürliche Person, sondern eine OHG. Das Reichsgericht nahm hier erneut an, dass die OHG als Legitimationsaktionärin und nicht der Aktieneigentümer im Sinne der Anfechtungsvoraussetzungen in der Hauptversammlung erschienen war, da die Aktien auf den Namen der OHG angemeldet waren, und daher auch nur die OHG, in diesem Fall vertreten durch die Gesellschafter, Anfechtungsklage erheben durfte. Pinner merkt zu dem Urteil lediglich an, diese Erwägungen träfen ohne weiteres zu.29 Auch das BayObLG ist in einer Entscheidung vom 17. 9. 1987 dieser Linie zunächst weiterhin gefolgt.30 In dem zu entscheidenden Fall ging es nicht um die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses, sondern um die Antragsbefugnis im gerichtlichen Ersetzungsverfahren des Abschlussprüfers gem. § 318 Abs. 3 HGB. Wie oben bereits ausgeführt, gelten jedoch für alle der Hauptversammlung nachgelagerten gerichtlichen Maßnahmen dieselben Grundsätze, sodass der Entscheidung auch eine Aussage über das Anfechtungsrecht zu entnehmen ist. In der Hauptversammlung wurde durch Beschluss ein Abschlussprüfer gewählt und bestellt. Der Aktionär und spätere Antragsteller war dort jedoch nicht selbst erschienen, sondern ließ seine Aktien vielmehr durch seinen Rechtsanwalt als Legitimationsaktionär vertreten, welcher im Teilnehmerverzeichnis unter seinem eigenen Namen mit dem Vermerk F für Fremdbesitz eingetragen war.31 Gegen die Wahl des Abschlussprüfers hatte der Legitimationsaktionär Widerspruch zur Niederschrift erklärt und anschließend wegen Besorgnis der Befangenheit des bestellten Abschlussprüfers einen Antrag auf gerichtliche Ersetzung an das Registergericht nach § 119 Abs. 1 Nr. 4 AktG, § 318 Abs. 1 Satz 1 HGB gestellt. Diesen Antrag hat 27 28 29 30 31

301.

JW 1929, 3086. RG JW 1931, 793. Pinner, Anm. zu RG JW 1931, 793. BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 17. 9. 1987 – BReg. 3 Z 76/87, BayObLGZ 1987, 297. BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 17. 9. 1987 – BReg. 3 Z 76/87, BayObLGZ 1987, 297,

B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien

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das Registergericht als unbegründet zurückgewiesen, worauf der Antragsteller eine sofortige Beschwerde einlegte, die zurückgewiesen wurde. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller eine sofortige weitere Beschwerde ein. Das BayObLG entschied, dass das Rechtsmittel schon deshalb keinen Erfolg haben könne, weil der Antragsteller nicht antragsbefugt sei. Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist nach § 318 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 HGB, dass der Aktionär, der das gerichtliche Ersetzungsverfahren betreibe, in der Hauptversammlung Widerspruch zu Protokoll erklärt habe. Das BayObLG führt ohne vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Frage aus, dass nur der Legitimationsaktionär den Wahlbeschluss der Hauptversammlung hätte anfechten können, da der Widerspruch in seinem Namen erklärt worden sei und daher nicht für den wahren Aktionär gelte.32 Es kommt somit zu dem Schluss, dass der Antrag des wahren Aktionärs unzulässig war und nur der Legitimationsaktionär befugt gewesen wäre, die gerichtliche Ersetzung zu beantragen. 2. Entwicklung hin zur Anfechtungsbefugnis des wahren Aktionärs im Schrifttum Im Schrifttum hat sich in der Folgezeit eine abweichende Betrachtungsweise entwickelt.33 Bereits 1985 stellte Zöllner fest, es sei „nicht etwa so, dass der Legitimationsaktionär ein eigenes Anfechtungsrecht hätte, das, wenn er an der Hauptversammlung teilgenommen hätte, dann von ihm und nur von ihm wahrzunehmen wäre.“34 Dem Legitimationsaktionär das Anfechtungsrecht zuzuerkennen bedeute eine ungerechtfertigte Differenzierung zwischen den beiden Rechtsfiguren der Legitimationszession und der Stellvertretung, insbesondere der verdeckten Stellvertretung für den, den es angeht.35 Das persönliche Erscheinen des wahren Aktionärs sei für dessen Anfechtungsbefugnis gerade nicht Voraussetzung; umgekehrt sei der Legitimationsaktionär auch nicht schon deshalb anfechtungsberechtigt, weil er in der Hauptversammlung persönlich erschienen sei und den Widerspruch erklärt habe. Als in der Hauptversammlung erschienen habe der wahre Aktionär schon dann zu gelten, wenn seine Aktien in der Hauptversammlung für ihn repräsentiert gewesen seien. Für die Klagebefugnis sei vielmehr die Sachbefugnis Voraussetzung, und diese verbleibe trotz Legitimationszession beim wahren Aktionär. Daher stehe jenem und nicht dem Legitimationsaktionär grundsätzlich das Anfechtungsrecht zu.36 Das Erscheinen des 32

302.

BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 17. 9. 1987 – BReg. 3 Z 76/87, BayObLGZ 1987, 297,

33 Vgl. Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 136: „Gegenüber dieser herrschenden Lehre bestehen Bedenken.“ 34 Zöllner, in: Kölner Komm-AktG, 1. Auflage 1985, § 245 Rn. 32. 35 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 136. 36 Vgl. Zöllner, in: Kölner Komm-AktG, 1. Auflage 1985, § 245 Rn. 11, 32; vgl. auch die Nachweise bei BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 238.

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

Legitimationsaktionärs in der Hauptversammlung und sein Widerspruch seien dem wahren Aktionär zuzurechnen.37 Ob der Legitimationsaktionär im Einzelfall zur Anfechtung befugt sei, hänge von der Auslegung der Ermächtigung im Einzelfall ab;38 im Regelfall sei jedoch nicht davon auszugehen, dass die Legitimationsübertragung auch das Anfechtungsrecht beinhalte.39 Dem Aktionär sei nicht damit gedient, wenn er nach der Hauptversammlung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreits weiterhin an den Legitimationsaktionär gebunden wäre.40 3. Richtungswechsel durch BayObLGZ 1996, 234 Die heute unbestrittene h. M.41 geht zurück auf eine Entscheidung des Bayrischen Obersten Landesgerichts aus dem Jahre 1996,42 in welcher das Gericht seine bisherige Auffassung aus BayObLGZ 1987, 297 aufgibt. Dieses Urteil bezieht sich zwar wiederum nicht auf die Befugnis zur Erhebung der Anfechtungsklage, sondern auf die Antragsberechtigung nach § 132 Abs. 2 Satz 1 AktG, die Erwägungen entsprechen sich allerdings nach den Ausführungen des Gerichts.43 Denn auch im Falle des § 132 Abs. 2 Satz 1 AktG kommt es entscheidend auf das vorherige Erscheinen und den Widerspruch in der Hauptversammlung an, ebenso wie bei der Anfechtungsbefugnis nach § 245 AktG. Da gerade diese beiden Aspekte des Erscheinens in der Hauptversammlung sowie des Widerspruchs, wie oben bereits festgestellt, problematisch werden, wenn der wahre Aktionär in der Hauptversammlung durch einen Legitimationsaktionär repräsentiert war, ergibt sich eine Parallelwertung für alle Rechtsbehelfe des Aktionärs, die auf diesem Erfordernis basieren. Der Aktionär und Antragsteller im Auskunftserzwingungsverfahren war in der Hauptversammlung nicht selbst anwesend, seine Aktien waren vielmehr über einen zwischengeschalteten Vertreter durch einen Legitimationsaktionär repräsentiert, der als solcher, also im eigenen Namen, Widerspruch zu Protokoll erklärt hatte.44 Die 37 K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 4. Auflage 2013, § 245 Rn. 18, 15; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 137. 38 Zöllner, in: Kölner Komm-AktG, 1. Auflage 1985, § 245 Rn. 11. 39 Noack, AG 1989, 78, 82. 40 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 137. 41 Vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025; dem folgend LG Frankfurt a. M., Urteil vom 18. 12. 2012 – 3 – 05 O 96/12, NZG 2013, 140; Englisch, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 245 Rn. 7; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 245 Rn. 19; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33; Hüffer/ Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 11; K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 4. Auflage 2013, § 245 Rn. 15; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 245 Rn. 6; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 245 Rn. 7; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn 30; Schwab, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 245 Rn. 5; vgl. auch Bayer/Scholz, NZG 2013, 721. 42 BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234 ff. 43 BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 237. 44 BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 237.

B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien

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Vorinstanz hatte entschieden, der Antrag sei unzulässig, da weder der Antragsteller selbst noch sein Vertreter Widerspruch zu Protokoll erklärt habe.45 Das BayObLG hat dies nunmehr anders gesehen und geurteilt, dem Antragsteller sei die Antragsberechtigung nicht abzusprechen. Das Auftreten des Legitimationsaktionärs in der Hauptversammlung sei dem wahren Aktionär zuzurechnen.46 Für das Erscheinen des Aktionärs in der Hauptversammlung sei nicht die persönliche Anwesenheit maßgeblich, sondern vielmehr die Frage, ob seine Aktien in der Hauptversammlung vertreten gewesen seien. Dies sei auch dann der Fall, wenn die Aktien durch einen Legitimationsaktionär repräsentiert gewesen seien. Die Sachbefugnis verbleibe nämlich auch dann beim wahren Aktionär, sodass dem Legitimationsaktionär ein eigenes Recht zur Anfechtung bzw. zur gerichtlichen Geltendmachung nicht zustehen könne.47 Dabei stelle es auch kein Problem dar, dass der Legitimationsaktionär im eigenen Namen tätig werde und nicht in Vertretung für den wahren Aktionär, denn trotz Legitimationszession bleibe der wahre Aktionär Berechtigter und der Legitimationsaktionär handele trotz Tätigwerdens im eigenen Namen nur an Stelle des wahren Aktionärs.48 Aufgrund dessen seien „die Voraussetzungen für die Antragsberechtigung des wahren Aktionärs auch dann als gegeben anzusehen, wenn nicht er selbst, sondern der von ihm ermächtigte Legitimationsaktionär in der Hauptversammlung erschienen war“.49 Diese Ansicht hat sich danach in der Rechtsprechung durchgesetzt. So hat sich das OLG Stuttgart im Jahr 2001 in einem Fall, in dem ein Legitimationsaktionär die gerichtliche Festsetzung eines angemessenen Ausgleichs für die Beseitigung von Mehrstimmrechten begehrte, der Ansicht des BayObLG angeschlossen, dass die Antragsbefugnis grundsätzlich beim wahren Aktionär verbleibt.50 In einem Urteil von 2003 stellt das OLG Stuttgart fest, zur Anfechtung sei der Aktionär berechtigt und nicht derjenige, der an der Hauptversammlung teilgenommen hat.51 Auch in der Literatur herrscht heute Einigkeit, dass die Anfechtungsbefugnis dem wahren Aktionär zusteht, da ihm das Erscheinen und der Widerspruch des Legitimationsaktionärs zugerechnet werden.52

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BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 236. BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 236. 47 BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 237. 48 BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 238. 49 BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 238. 50 OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854, 856. 51 OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025. 52 Vgl. nur Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 26; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 30; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 245 Rn. 19; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 11; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 245 Rn. 6; Schwab, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 245 Rn. 5; K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 4. Auflage 2013, 46

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

4. Stellungnahme Es ist der Ansicht zuzustimmen, dass der wahre Aktionär zur Anfechtung berufen ist. Der Legitimationsaktionär mag zwar in der Hauptversammlung erschienen sein und den Widerruf erklärt haben, mit der Aktionärsstellung fehlt ihm allerdings ein konstitutives Merkmal zu einer eigenen Anfechtungsbefugnis. Für das Verbleiben der Anfechtungsbefugnis beim wahren Aktionär spricht wesentlich die konstruktive Nähe der Legitimationsübertragung zur Stellvertretung. Der Legitimationsaktionär erscheint, ebenso wie der Stellvertreter, in der Hauptversammlung für fremde Aktien und erklärt den Widerspruch zwar in eigenem Namen, aber für den wahren Aktionär. Es muss aber darauf ankommen, für welchen Aktienbestand der Widerspruch erklärt wird, und nicht, in wessen Namen er erklärt wird. Sonst entstünde für die Legitimationszession streng genommen die kuriose Situation, dass weder der wahre Aktionär noch der Legitimationsaktionär die Anfechtungsvoraussetzungen erfüllt. Denn der Legitimationsaktionär ist nicht Aktionär der Gesellschaft und schon deswegen nicht zur Erhebung der Anfechtungsklage berechtigt.53 Der Aktionär wäre nicht in der Hauptversammlung erschienen und hätte keinen Widerspruch erklärt, sodass er die Anfechtungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Ein legitimationszedierter Aktienbestand wäre damit in Bezug auf der Hauptversammlung nachgehende Rechte rechtlos gestellt. Da aber das Aktiengesetz die Legitimationsübertragung selbst vorsieht, kann dies nicht gewollt sein. Um der arbeitsteiligen Aufgabenwahrnehmung in Bezug auf den an einen Legitimationsaktionär übertragenen Aktienbestand gerecht zu werden, muss eine wechselseitige Zurechnung erfolgen. Deren Basis bildet die Ermächtigung, die parallel zur Bevollmächtigung bei der Stellvertretung den auf dem Parteiwillen basierenden Grund dafür bildet, dass dem Aktionär die Handlungen des Legitimationsaktionärs zugerechnet werden. Grundsätzlich verbleibt daher die Befugnis zur Erhebung der Anfechtungsklage beim wahren Aktionär, auch wenn für ihn in der Hauptversammlung ein Legitimationsaktionär erschienen war.

IV. Anfechtungsberechtigung des Legitimationsaktionärs Ob der Legitimationsaktionär zur Anfechtung ermächtigt werden kann, brauchte das BayObLG in seinem Urteil aus dem Jahr 1996 nicht zu entscheiden;54 schon zum Zeitpunkt des Urteils bestand im Schrifttum aber die Ansicht, die Ermächtigung

§ 245 Rn. 15; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 245 Rn. 7; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 449; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 213. 53 Vgl. Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33. 54 Vgl. BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 238.

B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien

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könne auch diese Befugnis umfassen.55 Auch heute noch entspricht dies der herrschenden, wenn auch nicht gänzlich unumstrittenen Ansicht. 1. Keine Fortwirkung der ursprünglichen Ermächtigung/Offenlegung der Identität des wahren Aktionärs erforderlich Namentlich Grunewald vertritt die Auffassung, ein Legitimationsaktionär sei niemals zur Anfechtung befugt und könne diese Befugnis auch nicht durch eine separate Ermächtigung erteilt bekommen.56 Aufgrund des Ausnahmecharakters des Handelns im eigenen Namen mit Wirkung für den Rechtsinhaber sollte ihrer Ansicht nach die Ausdehnung der Rechte des Legitimationsaktionärs möglichst vermieden werden.57 Zudem bestehe kein praktisches Bedürfnis dafür, dem Legitimationsaktionär auch die Erhebung der Anfechtungsklage zu ermöglichen. Wer Anfechtungsklage erheben wolle, könne durchaus seine Aktionärseigenschaft offenlegen.58 Nach Klageerhebung stehe es dem Aktionär erneut frei, eine Vollmacht zur Durchführung des Prozesses zu erteilen.59 In eine ähnliche Richtung gehen die Ausführungen Noacks, die Identität des wahren Aktionärs müsse klar sein, damit die Interessenlage beurteilt werden könne.60 Auch er will letztlich die Anfechtung durch den Legitimationsaktionär als Prozessstandschafter zwar zulassen, jedoch nur dann, wenn die Identität des wahren Aktionärs offengelegt wird.61 Diese Einschätzung wird getragen von dem Wunsch, die Rechte des Legitimationsaktionärs möglichst weitgehend einzuschränken, da es sich um eine Systemwidrigkeit und einen Verstoß gegen das Abspaltungsverbot handele.62 Allerdings greift diese Ansicht vor dem Hintergrund der Zwecksetzung des Anfechtungsrechts zu kurz. Konsequenz des Ausschlusses von Legitimationsaktionären vom Anfechtungsrecht und des damit einhergehenden Zwangs zur Offenlegung der Identität des wahren Aktionärs wird sein, dass der Aktionär zur Wahrung seiner Anonymität und zur Vermeidung des erheblichen Aufwandes von der Erhebung der Anfechtungs55

Zöllner, in: Kölner Komm-AktG, 1. Auflage 1985, § 245 Rn. 11, 32; vgl. auch die weiteren Nachweise bei BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 237. 56 Grunewald, ZGR 2015, 347, 357. 57 Grunewald, ZGR 2015, 347, 357. 58 Grunewald, ZGR 2015, 347, 358; ebenso Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 450: „Die Tarnkappe (Happ) ist im Prozess stets zu lüften“; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 34; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 139: „Der bisher durch seinen Legitimationszessionar verborgene Auftraggeber muss im Rechtsstreit seine Tarnkappe ablegen“. 59 Grunewald, ZGR 2015, 347, 358. 60 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 450. 61 Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 34; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 450. 62 Grunewald, ZGR 2015, 347, 352; vgl. zum Verhältnis zum Abspaltungsverbot bereits oben 1. Kapitel E. I, S. 42.

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

klage schlicht absieht.63 Würde es sich bei der Anfechtungsklage um ein bloßes Verfahren zur Verteidigung der subjektiven Rechte des einzelnen Aktionärs handeln, wäre dies möglicherweise hinzunehmen. Das Anfechtungsrecht dient aber auch und gerade der Durchsetzung der objektiven Aktienrechtsordnung. Die Gesellschaft macht sich für die Kontrolle die private Initiative der Aktionäre zunutze.64 Diese objektive Kontrollfunktion des Anfechtungsrechts würde empfindlich gestört, wenn man die Offenlegung der Identität des Aktionärs zur Auflage macht. Auch prozessökonomische Aspekte werden nicht berücksichtigt, wenn man dem Legitimationsaktionär die Anfechtungsklage versagt. Der Legitimationsaktionär ist der Sachnähere und war insbesondere auch in der Hauptversammlung anwesend. Er hat dort Kenntnis von den Anfechtungsgründen erlangt und deswegen Widerspruch eingelegt. Es wäre daher unnötig formalistisch, die Legitimationsübertragung nach der Hauptversammlung enden zu lassen, um für eventuell folgende Prozesse eine erneute Vollmacht auszustellen. Zudem verfängt das Argument Noacks nicht, man müsse die Identität des wahren Aktionärs kennen, um die Interessenlage korrekt beurteilen zu können. Die Interessenlage ist nämlich für alle Aktionäre der Gesellschaft gleich, weil es im Anfechtungsprozess gerade nicht um die Durchsetzung subjektiver Rechte geht, sondern gem. § 243 Abs. 1 AktG um eine Verletzung des Gesetzes oder der Satzung. Da für den Anfechtungsprozess damit die Kenntnis der Identität des wahren Aktionärs nicht vonnöten ist und ein Zwang zur Offenlegung die objektive Kontrollfunktion des Anfechtungsrechts empfindlich schwächen könnte, muss es grundsätzlich möglich sein, dass die Ermächtigung des Legitimationsaktionärs sich auch auf den Anfechtungsprozess erstreckt. 2. Fortwirkung der ursprünglichen Ermächtigung möglich – Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft Der gefestigten herrschenden Ansicht entspricht es folglich auch, dass der Legitimationsaktionär ermächtigt werden kann, die sich aus der Aktionärsstellung ergebenden Klage- und Antragsrechte im eigenen Namen geltend zu machen.65 Dabei handelt es sich um einen Fall der gewillkürten Prozessstandschaft.66 Bei der 63

In diese Richtung auch Heidel, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 245 Rn. 6. 64 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 3. 65 OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854, 856; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 245 Rn. 19; Englisch in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 245 Rn. 7. 66 Vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854, 856; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 450; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 35; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 245 Rn. 19; Englisch, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 245 Rn. 7; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 70.

B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien

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gewillkürten Prozessstandschaft klagt der Prozessstandschafter im eigenen Namen ein fremdes Recht aufgrund einer Ermächtigung ein, sodass insofern eine Parallele zur Legitimationsübertragung besteht. Die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft ist an weitere Voraussetzungen geknüpft, deren Vorliegen im Folgenden zu überprüfen ist. a) Ermächtigung Zunächst steht außer Frage, dass der Legitimationsaktionär, der mit einer Ermächtigung nach § 129 Abs. 3 AktG an der Hauptversammlung teilgenommen hat, auch eine Ermächtigung für die Anfechtungsklage benötigt.67 Neben einer ausdrücklichen separaten Ermächtigung zur Erhebung der Anfechtungsklage kommt auch eine konkludente Erteilung in Betracht.68 Diese kann sich bereits aus der Legitimationszession als solcher ergeben.69 Dazu muss diese im Einzelfall einer Auslegung zugeführt werden, um zu beurteilen, ob sich die Ermächtigung nur auf die versammlungsbezogenen Rechte, also insbesondere das Stimmrecht in der Hauptversammlung, bezieht, oder ob dem Legitimationsaktionär auch die Befugnis erteilt werden sollte, das Anfechtungsrecht des Aktionärs im eigenen Namen auszuüben.70 aa) Vertretene Ansichten (1) Anfechtungsbefugnis grds. beim Legitimationsaktionär; Rückermächtigung erforderlich Teils wird angenommen, dass das Anfechtungsrecht im Rahmen der Legitimationszession mitübertragen werde. Auf den Umfang der Ermächtigung im Einzelfall dürfe es dagegen aus Gründen der Rechtssicherheit nicht ankommen.71 Vielmehr sei im Falle der Legitimationsübertragung das Anfechtungsrecht stets dem Legitimationsaktionär zur Ausübung überlassen, wenn er unbeanstandet an der Hauptversammlung teilnehme, wobei der wahre Aktionär allerdings die Möglichkeit besitze, das Anfechtungsrecht wieder an sich zu ziehen.72 Dazu könne eine partielle Rück67 OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 245 Rn. 6. 68 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 449. 69 Vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025; Englisch, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 245 Rn. 7; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 245 Rn. 19; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 245 Rn. 6; strenger offenbar Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 129 Rn. 26: „nur bei ausdrücklicher Anordnung“. 70 So bereits Zöllner, in: Kölner Komm-AktG, 1. Auflage 1985, § 245 Rn. 11; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 245 Rn. 19; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33. 71 K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 4. Auflage 2013, § 245 Rn. 15. 72 Heidel, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 245 Rn. 6; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 186; K. Schmidt, in: Großkomm-AktG,

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

ermächtigung erfolgen, durch die die Ausübung des Anfechtungsrechts wieder an den Aktionär übertragen werde.73 Will der wahre Aktionär klagen, so müsse er innerhalb der Anfechtungsfrist offenlegen, wer für ihn in der Hauptversammlung erschienen ist und Widerspruch erklärt hat.74 (2) Auslegung im Einzelfall Größtenteils hält man die Annahme, dass die Anfechtungsbefugnis generell auf den Legitimationsaktionär mitübertragen sein soll, für zu weitgehend. Der Umfang der Ermächtigung sei grundsätzlich im Einzelfall zu überprüfen.75 Die Ermächtigung gem. § 129 Abs. 3 AktG beziehe sich nur auf die versammlungsbezogenen Rechte und schließe gerade nicht notwendigerweise auch die Ermächtigung zu einer Anfechtungsklage mit ein.76 Auch die Rechtssicherheit gebiete eine Anfechtungsbefugnis des Legitimationsaktionärs nicht, da es gerade keinen positiven Rechtssatz gebe, nach dem eine Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung notwendig auch die Ermächtigung zur Erhebung der Anfechtungsklage einschließen müsse.77 Zwar stelle es eine Vereinfachung der Rechtsanwendung dar, wenn davon ausgegangen werden könne, dass der Teilnehmer an der Hauptversammlung stets auch zur Erhebung der Anfechtungsklage befugt sei, mit dem Gebot der Rechtssicherheit sei es indes auch vereinbar, wenn die Ermächtigung zur Erhebung der Anfechtungsklage im Prozess nachgewiesen werden müsse.78 Der Legitimationsnachweis im Prozess kann zwar grundsätzlich mit einem auf den Legitimationszessionar augestellten Bankennachweis erbracht werden, jedoch bezieht sich dieser üblicherweise nur auf den Tag der Hauptversammlung, sodass wiederum weitere Umstände hinzutreten müssen, um das Fortdauern der Ermächtigung auch für den Prozess nachweisen zu können.79 Das OLG Stuttgart geht davon aus, dass es maßgeblich darauf ankomme, dass die Aktiengesellschaft rechtssicher erkennen können müsse, aus welchen Aktien vorgegangen wird und dass eine doppelte Inanspruchnahme ausgeschlossen sein müsse.80 Solange dies jedoch der Fall sei, dürfe es „nicht entscheidend darauf anBand 7/2, 4. Auflage 2013, § 245 Rn. 15; vgl. auch bereits Zöllner, in: Kölner Komm-AktG, 1. Auflage 1985, § 245 Rn. 32. 73 K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 4. Auflage 2013, § 245 Rn. 15. 74 Heidel, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 245 Rn. 6. 75 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33; Zöllner, in: Kölner Komm-AktG, 1. Auflage 1985, § 245 Rn. 11; Vatter, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 245 Rn. 19; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 11; Göz, in: Bürgers/ Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 245 Rn. 7; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 70. 76 OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025. 77 OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33. 78 OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025. 79 Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 70. 80 OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854, 856.

B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien

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kommen […], ob der wahre Aktionär oder der Legitimationsaktionär als Antragsteller (Kläger) auftritt.“81 Die Auslegung der Ermächtigung soll durch Vermutungen vereinfacht werden. Teils wird angenommen, im Zweifel – also mangels anderer Anhaltspunkte – sei der Legitimationsaktionär auch zur Anfechtung berechtigt. Dafür spreche, dass die Gesellschaft in der Regel keine Möglichkeit habe, sich über den genauen Inhalt der zwischen dem wahren Aktionär und dem Legitimationsaktionär getroffenen Vereinbarung zu informieren. Im Zweifel sei daher die Ermächtigung als umfassend zu behandeln.82 Zudem folge die Möglichkeit, dass der Legitimationsaktionär im eigenen Namen ohne Offenlegung des wahren Aktionärs zur Anfechtung berechtigt sein muss, bereits aus der Anerkennung der Rechtsfigur der Legitimationsübertragung selbst. Denn bei der Legitimationsübertragung akzeptiere das Aktiengesetz den Wunsch nach Anonymität des Aktionärs; ihm dies nun im Anfechtungsprozess zu verwehren, sei inkohärent und würde den Zweck der Legitimationsübertragung gefährden.83 Namentlich Hüffer/Schäfer sprechen sich dafür aus, bei der Auslegung der Ermächtigung prima facie anzunehmen, dass eine Ermächtigung auch zur Klageerhebung dann vorliegt, wenn der wahre Aktionär dem Legitimationsaktionär Legitimationsmittel wie den Papierbesitz auch nach der Hauptversammlung belasse und dieser sich damit als Anfechtungskläger ausweise; sei dies hingegen nicht der Fall, so sei von einer Anfechtungsbefugnis des wahren Aktionärs auszugehen.84 bb) Stellungnahme Die Maßstäbe, die an eine Ermächtigung zur Ausübung der Anfechtungsbefugnis durch den Legitimationsaktionär zu stellen sind, sind an den tatsächlichen Verhältnissen auszurichten, insbesondere dem Grad des Interesses des wahren Aktionärs, selbst tätig zu werden, und seinem Wunsch nach dem Fortbestand seiner Anonymität. Für die Vermutung, dass eine Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung immer auch eine Ermächtigung zur Erhebung der Anfechtungsklage beinhaltet, spricht auf den ersten Blick viel. So ist zunächst nicht ohne Weiteres ersichtlich, warum ein Aktionär, der die Geschäfte im Zusammenhang mit seiner Aktie nicht selbst erledigen möchte und deshalb von der Möglichkeit der Legitimationszession Gebrauch macht, im Falle einer Anfechtung diese Rechte wieder selbst ausüben sollte, hat er sich doch auch im Vorfeld mit der fraglichen Materie gar nicht beschäftigt. Der wahre Aktionär war vielmehr bei der fraglichen Beschlussfassung, welche angefochten werden soll, nicht einmal anwesend, und verfügt darum auch nicht über die zur Anfechtung notwendigen Kenntnisse, sodass eine Anfechtung 81 82 83 84

OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854, 856. U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 186. Heidel, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 245 Rn. 6. Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33.

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

notwendigerweise in enger Zusammenarbeit mit dem Legitimationsaktionär erfolgen müsste. Dann aber liegt es umso näher, in der Legitimationsübertragung bereits die Übertragung der Anfechtungsberechtigung konkludent enthalten zu sehen. Dennoch ist die Anfechtungsentscheidung für die Gesellschaft und damit auch für den Aktionär derart schwerwiegend, dass nicht unterstellt werden kann, der Aktionär wolle in jedem Falle auch in diesem Bereich eine Ermächtigung erteilen. Möglicherweise möchte er auch gerade zur Anfechtung berechtigende Vorkommnisse dennoch hinnehmen, um die Gesellschaft nicht zu blockieren und so seine Kapitalanlage nicht zu gefährden. Zwischen einer aufwändigen Prüfung in jedem Einzelfall und einer undifferenzierten Vermutung für eine Ermächtigung steht das differenzierte Vermutungsgefüge von Hüffer/Schäfer.85 Wird dem Legitimationsaktionär ein Legitimationsmittel belassen, so ist er zur Anfechtung berufen und kann dies im Prozess mittels dieses Legitimationsmittels auch beweisen; wird dieses an den wahren Aktionär zurückgegeben, so erhält er damit gleichsam auch die Anfechtungsbefugnis zurück. Ein Vorzug dieser Gestaltung liegt auch darin, dass durch die Übergabe bzw. das Belassen des Legitimationsmittels ein gewisser Publizitätsakt entsteht, wodurch Rechtssicherheit geschaffen wird. Man muss sich nicht auf den mutmaßlichen Willen des Ermächtigenden stützen, sondern hat in der Übergabe bzw. dem Belassen des Legitimationsmittels einen sachenrechtlich fassbaren Akt, der die Beurteilung der Interessenlage deutlich erleichtert. Auch wenn mit der fortschreitenden Dematerialisierung des Aktienrechts die Legitimation heute nicht mehr mittels Aktienbesitzes erfolgt und auch dem Legitimationsaktionär im Regelfall nicht die Aktie in Papierform übergeben werden wird, so entspricht es doch immer noch der herrschenden – wenngleich auch diesseits nicht geteilten – Ansicht,86 dass als materielles Legitimationserfordernis eine Besitzübertragung stattfinden muss. Zumindest ein mittelbarer Besitz des Legitimationsaktionärs wäre in diesem Fall gegeben, sodass die Vermutung ihren Boden nicht vollständig verliert. Wenn auf eine Besitzübertragung verzichtet und lediglich Bankennachweis und Eintrittskarte auf den Legitimationsaktionär ausgestellt werden, verliert sich allerdings der sachenrechtliche Bezug der Vermutung, da der Bankennachweis sich nur auf den Tag der Hauptversammlung bezieht, sodass ein vergleichbar aussagekräftiges Datum wie die Überlassung des Besitzes in neuerer Zeit fehlt.87 In diesem Fällen, in denen der Besitz oder ein Surrogat als Anknüpfungspunkt für eine Vermutung für den Fortbestand der Ermächtigung auch im Anfechtungsprozess nicht in Betracht kommt, ist eine einzelfallorientierte Auslegung der ursprünglichen Ermächtigung unumgänglich, die sich an den Interessen des Aktionärs zu orientieren hat, §§ 133, 157 BGB. 85

Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 33. Vgl. dazu oben 3. Kapitel, S. 71. 87 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 450; Noack/Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, Band 5/ Teil 3, 3. Auflage 2018, § 245 Rn. 31. 86

B. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Inhaberaktien

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b) Schutzwürdiges Eigeninteresse Für die gewillkürte Prozessstandschaft bedarf es neben einer Ermächtigung grundsätzlich eines eigenen schutzwürdigen Interesses der Ermächtigten an der Prozessführung.88 Teils wird bemängelt, ein solches sei beim Legitimationsaktionär nicht ohne weiteres anzuerkennen.89 Wenn es sich bei dem Legitimationsaktionär um eine Aktionärsvereinigung handele, die satzungsgemäß die Mitgliederbelange vertritt, könne ein solches schutzwürdiges Eigeninteresse unter Umständen noch bejaht werden, ansonsten sei das schutzwürdige Eigeninteresse nur schwer vorstellbar.90 Bei der Anfechtungsklage greifen diese Bedenken jedoch nicht durch. Für die Erhebung der Anfechtungsklage durch den Legitimationsaktionär ist ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Legitimationsaktionärs nicht erforderlich.91 Hintergrund des prozessrechtlichen Erfordernisses eines schutzwürdigen Eigeninteresses ist es, dass das Interesse des Beklagten, keinen anderen Gegner als den Rechtsinhaber aufgedrängt zu bekommen, nur dann zurückstehen soll, wenn ein hinreichendes Gegeninteresse vorhanden ist.92 Das Eigeninteresse korrespondiert insoweit mit dem Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses für die Zulässigkeit einer Klage. Ein solches Rechtsschutzinteresse erfordert die Anfechtungsklage aber gerade nicht, denn sie dient nicht der Durchsetzung von Eigeninteressen des Aktionärs, sondern vielmehr der objektiven Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Organhandelns einer Kapitalgesellschaft.93 Wenn jedoch schon der wahre Aktionär selbst kein Rechtsschutzinteresse für die Erhebung der Anfechtungsklage haben muss, so kann dieses auch nicht vom Legitimationsaktionär als Prozessstandschafter verlangt werden.94 Der Verzicht auf das Erfordernis eines schutzwürdigen Eigeninteresses beim Legitimationsaktionär stellt zudem Kohärenz zu den gesetzlichen Anforderungen an die Legitimationszession dar. Auch für die Teilnahme des Legitimationsaktionärs an der Hauptversammlung nach § 129 Abs. 3 AktG muss der Legitimationsaktionär

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H. M., vgl. nur Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 51 Rn. 27. Vgl. Grunewald, ZGR 2015, 347, 358; Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 450; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 138; Mülbert, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 129 Rn. 70. 90 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 450. 91 OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025; a. A. LG Stuttgart, Beschluss vom 17. 4. 2000, erwähnt bei OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/ 00, NZG 2001, 854, 855 (Rz. 4 des Sachverhalts); das OLG Stuttgart brauchte diese Frage nicht abschließend zu entscheiden, da ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Antragstellers vorlag, vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854, 855; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 245 Rn. 6; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 245 Rn. 7. 92 Lindacher/Hau, in: MünchKomm-ZPO, Band 1, 6. Auflage 2020, Vorb. § 50 Rn. 61. 93 Englisch, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 245 Rn. 1; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025, 1026. 94 OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025, 1026. 89

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

nämlich keine eigenen Interessen verfolgen.95 Zudem ist die Anfechtungsbefugnis auch keine Frage prozessualer Natur, sondern eine Frage des materiellen Rechts, sodass sich auch hier die aktienrechtliche Anfechtungsklage von der Zivilklage in Prozessstandschaft abhebt.96 Auch aus Gründen der Prozessökonomie scheint es schließlich geboten, auf das Erfordernis eines Eigeninteresses zu verzichten, da nur so im Falle der Legitimationsübertragung gewährleistet wird, dass mit dem Legitimationsaktionär der Sachnächste, nämlich derjenige, der in der Hauptversammlung aufgetreten ist und dort Widerspruch eingelegt hat, auch als Anfechtungskläger auftreten kann.97 c) Keine unbillige Benachteiligung des Gegners Zudem darf der Gegner nicht unbillig benachteiligt werden. Dies bedeutet im Falle der Legitimationsübertragung, dass die Aktiengesellschaft als Antragsgegnerin im Prozess durch die Prozessführung durch den Legitimationsaktionär im Vergleich zu einer Prozessführung durch den Aktionär selbst keine Nachteile erleiden darf. Dies ist gewährleistet, wenn unzweifelhaft feststeht, aus welchen Aktien sich die Rechte ergeben, und dass eine doppelte Geltendmachung ausgeschlossen ist.98 Die Tatsache, dass ein Legitimationsaktionär und nicht der wahre Aktionär die sich aus den Aktien ergebenden Rechte geltend macht, beeinträchtigt die Gesellschaft bei der Erhebung der Anfechtungsklage nicht stärker als seine Teilnahme an der Hauptversammlung.99 d) Das Recht muss der fremden Geltendmachung offenstehen Nur solche Rechte können in gewillkürter Prozessstandschaft wahrgenommen werden, die einer Geltendmachung durch Dritte grundsätzlich offenstehen; Abtretbarkeit ist hingegen gerade nicht gefordert.100 Dies könnte wegen des Abspaltungsverbots fraglich sein.101 Da aber die Legitimationsübertragung nicht das Recht 95

Vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025, 1026. OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025, 1026. 97 OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025, 1026. 98 Vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854, 856. 99 OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025, 1026; in diese Richtung auch bereits OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854, 855 („Die von der Ag. aus allgemeinen Grundsätzen der Mitgliedschaft in einem Verband – hier Aktionär einer AG – hergeleiteten Bedenken überzeugen schon wegen der Zulassung von Legitimationsaktionären (§ 129 Abs. 3 AktG) ebenso wenig wie die ins Feld geführte Missbrauchsgefahr, die hier auch nicht ansatzweise ersichtlich ist.“). 100 Lindacher/Hau, in: MünchKomm-ZPO, Band 1, 6. Auflage 2020, Vorb. § 50 Rn. 77; differenzierend nach dem Sinn und Zweck des Abtretungsverbots Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 51 Rn. 30. 101 Noack, FS Stilz, 2014, S. 439, 450. 96

C. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Namensaktien

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selbst überträgt, sondern lediglich dessen Ausübung, liegt kein Verstoß gegen das Abspaltungsverbot vor.102 e) Offenlegung Grundsätzlich muss eine gewillkürte Prozessstandschaft offengelegt werden. Ist allerdings allen Beteiligten klar, welche Rechte geltend gemacht werden, ist dies verzichtbar.103 Im Falle der Legitimationsübertragung steht unzweifelhaft fest, um welche Aktien es geht, sodass eine Offenlegung verzichtbar sein kann. Zudem ist die Legitimationsübertragung durch den Fremdbesitzvermerk F im Teilnehmerverzeichnis sichtbar, sodass die Tatsache, dass eine Prozessstandschaft vorliegt, offenbar wird, wenn der Legitimationsaktionär Klage erhebt.104 3. Zusammenfassung Der Legitimationsaktionär kann im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft auch im Anfechtungsprozess den Aktionär weiterhin vertreten, ohne dass die Identität des Aktionärs dabei offengelegt werden müsste. Die Voraussetzungen der Prozessstandschaft liegen vor. Sofern ein berechtigtes Eigeninteresse gefordert wird, ist zumindest für den Anfechtungsprozess zu entgegnen, dass es sich um ein objektives Verfahren handelt, in dem nicht einmal der Aktionär eine subjektive Rechtsverletzung nachweisen muss. Dann kann auch der Prozessstandschafter kein berechtigtes Eigeninteresse nachweisen müssen.

C. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Namensaktien I. Voraussetzungen der Anfechtungsberechtigung des wahren Aktionärs 1. Aktionärseigenschaft Auch im Falle von Namensaktien muss der Anfechtungsberechtigte nach § 245 Nr. 1 AktG zunächst Aktionär der Gesellschaft sein. Ebenso wie bei Inhaberaktien stellt dieses Erfordernis auch hier auf den ersten Blick keine Hürde dar, da die 102

Vgl. dazu bereits oben 1. Kapitel E. I, S. 42. BGH, Urteil vom 3. 7. 1980 – IV a ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 8 = NJW 1980, 2461, 2462; BGH, Urteil vom 15. 6. 1989 – VII ZR 205/88, BGHZ 108, 52, 58 = NJW 1989, 2750, 2751; BGH, Urteil vom 16. 9. 1999 – VII ZR 385 – 98, BGH NJW 1999, 3707, 3708; Hübsch, in: BeckOK-ZPO, 40. Edition, Stand: 1. 3. 2021, § 51 Rn. 52. 104 Vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025, 1026. 103

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

Legitimationszession die Eigentümerstellung nicht berührt. Insofern ist nach der materiellen Rechtslage diese Voraussetzung erfüllt. Mit dem Aktienregister besteht allerdings zwischen Inhaber- und Namensaktien ein signifikanter Unterschied, der die Beurteilung der Lage bei Namensaktien deutlich verkompliziert. Denn das Aktienregister stellt nach § 67 Abs. 2 AktG im Verhältnis zur Gesellschaft eine unwiderlegliche Vermutung für die Aktionärseigenschaft desjenigen auf, der im Aktienregister eingetragen ist.105 Diese schafft Rechtsklarheit für die Aktiengesellschaft über die Personen, die ihr gegenüber mitgliedschaftlich berechtigt und verpflichtet sind,106 ohne dass es dabei auf die materielle Rechtslage ankommt107 (Grundsatz der Registerklarheit).108 Durch diesen Gleichlauf von Eingetragenem und zur Ausübung der mitgliedschaftlichen Rechte Berechtigten erfüllt der wahre Aktionär im Falle von Namensaktien die Anfechtungsvoraussetzungen in eigener Person eigentlich nicht, weshalb es vordergründig naheliegt, dem eingetragenen Legitimationsaktionär das Anfechtungsrecht ohne weitere separate Ermächtigung zuzusprechen. Grundsätzlich, also in anderen Fällen, wo ein anderer als der Aktieneigentümer in das Aktienregister eingetragen ist, ohne Legitimationsaktionär zu sein, ist es auch tatsächlich so, dass der Registeraktionär unabhängig davon, ob er der wahre Aktionär ist oder nicht, zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen befugt ist.109 a) Streitstand Angesichts der bei der Beurteilung der Anfechtungsbefugnis zu berücksichtigenden Wirkung des Aktienregisters ist es bei Namensaktien im Gegensatz zu Inhaberaktien, wo Einigkeit dahingehend besteht, dass dem Legitimationsaktionär eine originäre Anfechtungsbefugnis nicht zukommt, umstritten, ob der Aktieneigentümer oder der eingetragene Legitimationsaktionär zur Anfechtung befugt ist.

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So die heute ganz h. M., vgl. Gätsch, FS Beuthien, 2009, S. 133, 136; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 46; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 13; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 48; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 9a. 106 Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 1; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 1; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 1; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 28; Lange, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 67 Rn. 1; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 1; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 2. 107 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 1, 36; Grigoleit/ Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 64. 108 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 2. 109 Vgl. Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 49; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 186.

C. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Namensaktien

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aa) Anfechtungsbefugnis beim Aktieneigentümer Das LG München I hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 2009110 die für Inhaberaktien geltenden Grundsätze auf die Namensaktie übertragen und damit den Überlegungen bzgl. der Unterschiede, die sich aus der Rolle des Aktienregisters ergeben könnten, eine Absage erteilt: Die Wertung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG erfordere keine unterschiedliche Behandlung von Namens- und Inhaberaktien. Auch im Falle der Eintragung eines Legitimationsaktionärs in das Aktienregister sei der wahre Aktionär anfechtungsbefugt.111 bb) Anfechtungsrecht des eingetragenen Legitimationsaktionärs In der Literatur wird, soweit man sich im Hinblick auf die Anfechtungsbefugnis des Legitimationsaktionärs speziell zu Namensaktien äußert, hingegen der Vermutungswirkung des Aktienregisters der Vorzug gegeben. Bei Namensaktien spreche, wenn der Legitimationsaktionär im Aktienregister eingetragen sei, die Wertung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG für eine alleinige Anfechtungsbefugnis des Zessionars.112 Ein Anfechtungsrecht eines anderen als des Eingetragenen komme nur dann in Betracht, wenn die Eintragung nicht ordnungsgemäß sei.113 b) Stellungnahme An dem Urteil des LG München I fällt auf, dass es sich mit den Auswirkungen der Eintragung in das Aktienregister nicht nennenswert auseinandersetzt, sondern diese zwar zutreffend feststellt, dann aber auf die zu Inhaberaktien verwendete Argumentation und die bereits zu Inhaberaktien ergangenen Urteile zurückgreift und sie gänzlich überträgt. Dem Charakter des Aktienregisters, durch welches eine unwiderlegliche Vermutung statuiert wird, wird nicht hinreichend Rechnung getragen. Selbst wenn man zu dem Ergebnis kommen wollte, dass die Lage bei Inhaber- und Namensaktien gleich zu beurteilen ist, so bedürfte es doch zumindest einigen argumentativen Aufwandes, um dies angesichts der Wirkung der Eintragung des Legitimationsaktionärs im Aktienregister zu rechtfertigen. Das LG München I allerdings übernimmt die Argumentation weitgehend wortidentisch aus dem Urteil des BayOLG aus dem Jahr 1996,114 welches sich allerdings auf Inhaberaktien bezieht. 110

LG München I, Urteil vom 30. 7. 2009 – 5 HK O 16915/08, AG 2010, 47. LG München I, Urteil vom 30. 7. 2009 – 5 HK O 16915/08, AG 2010, 47; zustimmend Servatius, WuB II A. § 186 AktG 1.10, 207, 209; Linnerz, EWiR 2010, 39, 40, allerdings nicht zwischen Inhaber- und Namensaktien differenzierend unter Berufung auf die ganz h. M. zu Inhaberaktien. 112 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 11; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 29; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 722. 113 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 29. 114 BayObLG (3. ZS), Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 237 f.; vgl. dazu bereits oben 6. Kapitel B. III. 3, S. 152. 111

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

Kernpunkt der Frage nach der Anfechtungsbefugnis des Legitimationsaktionärs ist die Anwendbarkeit und die Reichweite des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG. Vereinzelt wird darauf hingewiesen, aus der Eintragung des Legitimationsaktionärs im Aktienregister folge allein die Berechtigung zur Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung; für die Anfechtungsbefugnis könne die Vermutung jedoch keine Anwendung finden, da es bereits an dem Tatbestandsmerkmal „im Verhältnis zur Gesellschaft“ fehle.115 Dies ist jedoch nicht zutreffend. Der Zweck der Legitimationsübertragung liegt zwar hauptsächlich in der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung, wenn der Legitimationsaktionär jedoch zu diesem Zwecke bei Namensaktien in das Aktienregister der Gesellschaft eingetragen werden muss, so treffen ihn die Eintragungsfolgen vollumfänglich mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten einschließlich des Anfechtungsrechts. Eine Aufspaltung der Eintragungsfolgen für Legitimationseintragungen dahingehend, dass diese nur für die Stimmrechtsausübung gelten sollen, nicht aber für die weiteren der Mitgliedschaft entspringenden Rechte, würde dem Charakter des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG als unwiderleglicher Vermutung für die Mitgliedschaft im Verhältnis zur Gesellschaft nicht gerecht werden und die Aussagekraft des Aktienregisters zudem stark entwerten. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG im Anfechtungsprozess nicht gelten würde, weil es sich dabei nicht um eine Frage im Verhältnis zur Gesellschaft handelt, da mit dem Gericht ein Dritter einbezogen ist.116 Es ist jedoch für die Fälle abseits der Legitimationsübertragung unbestritten anerkannt, dass es im Anfechtungsprozess für die Anfechtungsbefugnis auf die Eintragung ankommt, dass insbesondere ein zu Unrecht Eingetragener oder der noch eingetragene Veräußerer trotz widersprechender materieller Rechtslage zur Anfechtung befugt ist.117 Es ist keinerlei Kriterium ersichtlich, warum diese eindeutige Wertung für die Legitimationseintragung angezweifelt werden sollte. In der Literatur stößt das Urteil des LG München I aufgrund seiner undifferenzierten Betrachtungsweise und der Nichtberücksichtigung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG auf Widerstand. Bayer/Scholz sprechen von einer „gewagten Interpretation“ und stellen fest, das vom LG München I gefundene Ergebnis verbiete sich durch den Wortlaut und die Wertung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG.118 Denn da im Falle einer Namensaktien emittierenden Gesellschaft die mitgliedschaftlichen Rechte, und 115

Servatius, WuB II A. § 186 AktG 1.10, 207, 209. Servatius, WuB II A. § 186 AktG 1.10, 207, 209. 117 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 52. 118 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 722; ebenso Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 52: „Bei seiner Bezugnahme auf Literatur und Rechtsprechung zur Rechtsstellung des Legitimationsaktionärs zum (wahren) Aktionär übersieht das LG München, dass die Zitate nur den Fall erfassen, dass der Legitimationsaktionär vom (wahren) Aktionär im Falle ausgegebener Inhaberaktien zur Vertretung in der Hauptversammlung ermächtigt wurde. Die Erstreckung auf Namensaktien ist verfehlt.“; vgl. auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 210. 116

C. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Namensaktien

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damit auch das Anfechtungsrecht, nur dem Eingetragenen zustehen, welcher im Verhältnis zur Aktiengesellschaft als Aktionär gilt, steht es dem Zweck des Aktienregisters und der Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG eklatant entgegen, wenn man diese Vermutung durchbricht und dem wahren Aktionär das Anfechtungsrecht zubilligt.119 Damit wird die Rechtssicherheit, die das Aktienregister der Gesellschaft eigentlich bieten soll, erheblich eingeschränkt. Nur der Eingetragene ist, unabhängig von der materiellen Rechtslage, Adressat der mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten.120 Auch das Anfechtungsrecht steht nach § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG demjenigen zu, der eingetragen ist.121 Das Aktienregister wird in seiner Aussagekraft in letzter Zeit durch gesetzgeberische Maßnahmen wie die Einführung des § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG abgewertet, durch die es bereits im Hinblick auf die Stimmberechtigung den Charakter einer unwiderleglichen Vermutung eingebüßt hat.122 Dieser Verfall der Aussagekraft des Aktienregisters sollte nicht dahingehend weitergetrieben werden, dass auch für Fragen der Anfechtungsbefugnis kein Verlass mehr auf die Eintragung ist. Vielmehr ist der Rechtssicherheit der Vorzug zu geben, indem man sich für die Rechtsausübung klar an der Eintragung im Aktienregister orientiert und nur demjenigen die Anfechtungsbefugnis zuerkennt, der für die betreffenden Aktien im Aktienregister eingetragen ist.123 Auch das praktische Argument, die Banken seien „wohl nicht willens, die Anfechtungsklagen für die Aktionäre zu erheben“,124 vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn zum einen muss sich das Recht nicht stets den Bedürfnissen der Praxis anpassen, zumal dann nicht, wenn dadurch die Rechtssicherheit gefährdet wird. Zum anderen bedeutet die Eintragung eines Legitimationsaktionärs im Aktienregister nicht zwingend, dass dieser auch in eigener Person die Anfechtungsklage erheben muss. Die Annahme, dass das Aktienregister umgeschrieben werden müsse, wenn der wahre Aktionär die Anfechtungsklage erheben möchte, ist nicht zutreffend.125 Denn mit der Eintragung im Aktienregister ist nicht das Erfordernis verbunden, die hieraus resultierenden Rechte notwendig persönlich wahrzunehmen; eine Rück- oder Weiterdelegation bleibt nach allgemeinen Regeln möglich. Will ein anderer, namentlich der Aktieneigentümer, den Anfechtungsprozess führen, so bedarf es im Falle der Legitimationseintragung dann einer Vollmacht bzw. Rückermächtigung des wahren Aktionärs. Dies klingt auf den ersten Blick überraschend, jedoch muss man sich vor Augen führen, dass im Falle der Legitimationseintragung die Ausübungsbefugnis der Aktionärsrechte gerade nicht 119

Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 722. Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 52. 121 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 52; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 14; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 722. 122 Vgl. dazu 8. Kapitel C. III. 2. b), S. 228. 123 Ebenso Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 722; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 11. 124 Servatius, WuB II A. § 186 AktG 1.10, 207, 209. 125 So aber Servatius, WuB II A. § 186 AktG 1.10, 207, 209. 120

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

mehr dem Aktionär, sondern eben dem eingetragenen Legitimationsaktionär zusteht. Vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit muss es hingenommen werden, dass der Eigentümer seine Rechte nur aufgrund einer Rückermächtigung durch den Legitimationsaktionär wahrnehmen darf. 2. Ergebnis Der nicht eingetragene Aktieneigentümer ist schon nicht als Aktionär im Sinne von § 245 Nr. 1 AktG anzusehen. Ihm fehlt damit ein konstitutives Merkmal der Anfechtungsbefugnis. Anfechtungsbefugt ist aufgrund der Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG alleine der Legitimationsaktionär, der der Gesellschaft gegenüber als Aktionär gilt. Will der Aktieneigentümer diese Aufgabe selbst übernehmen, so kann er dies nach einer Rückermächtigung durch den eingetragenen Legitimationsaktionär.

II. Voraussetzungen der Anfechtungsbefugnis des Legitimationsaktionärs Die Anfechtungsbefugnis des im Aktienregister eingetragenen Legitimationsaktionärs erweist sich als unproblematisch.126 Er gilt aufgrund der unwiderleglichen Vermutung des Aktienregisters gem. § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG der Gesellschaft gegenüber als Aktionär. Auch die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 245 Nr. 1 AktG erweist sich in der Person des Legitimationsaktionärs als wenig problematisch; der Legitimationsaktionär ist selbst in der Hauptversammlung erschienen und hat dort Widerspruch eingelegt. Auch das Vorbesitzerfordernis stellt keine Hürde dar, da es hierfür wiederum auf die Eintragung im Aktienregister ankommt.

III. Sonderkonstellation: Aktionär ist bei Klageerhebung wieder selbst eingetragen Ist der Aktionär zum Zeitpunkt der Anfechtung bereits wieder selbst eingetragen, so kann er die Anfechtungsklage selbst erheben. Hinsichtlich Anwesenheit in der Hauptversammlung und Widerspruch wird das Handeln des Legitimationsaktionärs dem Aktionär zugerechnet.127 Schwierigkeiten bereitet in dieser Konstellation das Vorbesitzerfordernis des § 245 Nr. 1 AktG. Wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt der 126

Vgl. auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 213. Vgl. LG München I, Urteil vom 30. 7. 2009 – 5 HK O 16915/08, AG 2010, 47; Bayer/ Scholz, NZG 2013, 721, 722; Grunewald, ZGR 2015, 347, 359; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 211 f. 127

C. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Namensaktien

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Bekanntmachung der Tagesordnung nach § 245 Nr. 1 AktG noch ein Legitimationsaktionär im Aktienregister eingetragen war, kann der Aktienbesitz des Aktionärs zu diesem Zeitpunkt nicht durch dessen Eintragung im Aktienregister nachgewiesen werden. Die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG scheint einer Klage des wahren Aktionärs somit entgegenzustehen.128 Jedoch könnte eine einschränkende Auslegung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG im Hinblick auf die Vorbesitzzeit geboten sein129 mit der Folge, dass dieses Erfordernis in der Person des wahren Aktionärs als erfüllt gilt. 1. Anwendbarkeit des § 70 AktG Eine Basis für eine solche einschränkende Auslegung könnte die Vorschrift des § 70 AktG bieten, die Vorschriften über die Berechnung der Aktienbesitzzeit in bestimmten Sonderkonstellationen enthält. Für die Situation der Legitimationsübertragung wird für das Vorbesitzerfordernis bei der Anfechtungsbefugnis im Rahmen des § 245 Nr. 1 AktG eine Anwendung des § 70 AktG in Betracht gezogen. Teils wird vertreten, auf die Legitimationszession sei § 70 Satz 2 AktG direkt anzuwenden, obgleich die Aktieninhaberschaft, anders als beim namentlich erfassten Treuhänder, beim Zedenten verbleibe.130 Die Situation, dass zunächst ein Legitimationsaktionär eingetragen sei und dann der wahre Aktionär in das Aktienregister eingetragen werde, stehe einer Übertragung aufgrund der Wirkung des § 67 Abs. 2 AktG gleich.131 Den Versuch, eine Parallele zwischen Treuhand und Legitimationszession zu ziehen und daraus mithilfe dessen die Rechte und Pflichten des Legitimationsaktionärs zu definieren, findet sich nicht nur hier, sondern auch an anderer Stelle, so etwa bei den möglichen Mitteilungspflichten des Legitimationsaktionärs im Rahmen des § 34 WpHG. Auch wenn es um Beteiligungstransparenz geht, werden Legitimationsaktionär und Treuhänder oftmals in einem Atemzug genannt, können sie doch in ganz ähnlicher Weise zur Verschleierung der wahren Eigentumsverhältnisse genutzt werden. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese beiden Figuren rechtskonstruktiv nicht dasselbe sind. Wenn in § 70 Satz 2 AktG verschiedene Formen der Rechtsnachfolge exakt benannt und aufgezählt sind, so kann man diese Regelung zumindest nicht direkt auf den Legitimationsaktionär anwenden. In Betracht kommt daher höchstens eine analoge Anwen128

Vgl. auch Grunewald, ZGR 2015, 347, 359. Grunewald, ZGR 2015, 347, 359. 130 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 70 Rn. 12; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 70 Rn. 8; dagegen die h. M., vgl. Bayer, in: MünchKommAktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 70 Rn. 17; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 70 Rn. 20; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 70 Rn. 27; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 70 Rn. 6; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 70 Rn. 8; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 70 Rn. 7; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 70 Rn. 4; Lohr, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 70 Rn. 5. 131 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 70 Rn. 8. 129

170

6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

dung des § 70 Satz 2 AktG, indem die Treuhandregelung auch auf den Legitimationsaktionär angewendet wird. 2. Analoge Anwendung des § 70 AktG (doppelte Analogie) a) Analoge Anwendung auch auf Zeitpunkte Eine analoge Anwendung des § 70 AktG auf die Situation der Anfechtung bei vorheriger Legitimationszession ist in Bezug auf einen zweiten Aspekt ohnehin erforderlich, nämlich auf den von § 245 Nr. 1 AktG verlangten Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung. § 70 AktG bezieht sich nämlich seinem Wortlaut nach zunächst nur auf Zeiträume, während § 245 Nr. 1 AktG auf einen bestimmten Zeitpunkt abstellt.132 Mithin stellt sich die Frage, ob die Regelung des § 70 AktG über ihren wortlautgemäßen Anwendungsbereich hinaus auch auf solche Fälle Anwendung finden kann, bei denen es nicht auf einen Zeitraum, sondern auf einen Zeitpunkt ankommt. Eine solche Regelung, die von dieser analogen Anwendung betroffen wäre, findet sich neben § 245 AktG auch noch in § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AktG. Der Rechtsgedanke des § 70 AktG, bestimmte Expektanzen dem Eigentum gleichzustellen, lässt sich indes auch auf die Vorschriften übertragen, bei denen es um einen maßgeblichen Zeitpunkt und nicht Zeitraum geht.133 Dass § 70 AktG nur von Zeiträumen spricht, erklärt sich aus der nachträglichen Einfügung sowohl des § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 als auch des § 245 Nr. 1 AktG als der aktienrechtlichen Normen, die auf einen bestimmten Zeitpunkt abstellen, und begründet damit auch eine planwidrige Regelungslücke als Analogievoraussetzung.134 Der Regelungszweck des § 70 AktG, Minderheitenrechte doch zuzulassen, wenn sich ausschließen lässt, dass der Erwerbsentschluss missbräuchlich ad hoc gefasst wurde, lässt sich auch auf § 245 Nr. 1 AktG übertragen.135 b) Analoge Anwendung eines Merkmals Nachdem feststeht, dass § 70 AktG im Wege der Analogie auch auf § 245 Nr. 1 AktG und die Bestimmung des Vorbesitzes zum dort maßgeblichen Zeitpunkt angewendet werden kann, muss ein zweiter Ansatzpunkt für eine analoge Anwendung der Norm gefunden werden, der es erlaubt, sie auf die Legitimationsübertragung zu übertragen. Dabei kommen in § 70 AktG zwei Merkmale in Betracht, nämlich 132

722.

Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 70 Rn. 5; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721,

133 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 70 Rn. 5; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 70 Rn. 2a; T. Bezzenberger, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 5. Auflage 2017, § 148 Rn. 2; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 722; a. A. Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 70 Rn. 2 (Arg.: Wortlaut). 134 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 70 Rn. 5. 135 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 722.

C. Das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs bei Namensaktien

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entweder eine Heranziehung des Merkmals „Anspruch auf Übereignung“ aus § 70 Satz 1 AktG oder die Anknüpfung an den in § 70 Satz 2 AktG angeführten Treuhänder. Maßgebliche Frage ist in beiden Fällen, ob eine Anwendung auf die Legitimationsübertragung dem Schutzzweck des Vorbesitzerfordernisses noch gerecht würde und ob dem Regelungszweck des § 70 AktG bei einer analogen Anwendung noch hinreichend Rechnung getragen werden kann. Allen Varianten des § 70 AktG ist der Versuch eines Interessenausgleichs gemein: Der Schutz vor Missbrauch soll gewährleistet werden, ohne die Minderheitenrecht in unbedenklichen Fällen übermäßig einzuschränken.136 In den Fällen des § 70 AktG wird dazu wirtschaftliches Eigentum in bestimmten Fällen dem rechtlichen Eigentum gleichgestellt.137 Für eine analoge Anwendung auf die Legitimationsübertragung bedarf es zunächst einer planwidrigen Regelungslücke, von deren Vorliegen ausgegangen werden darf. Der Aktiengesetzgeber sieht zwar in §§ 129 Abs. 3 und 135 Abs. 6 AktG die Legitimationszession vor, der Fall, dass nach der Hauptversammlung, jedoch vor Erhebung der Anfechtungsklage der wahre Aktionär wieder ins Aktienregister eingetragen wird, dürfte aber in der Praxis recht selten sein, sodass der Gesetzgeber sie bei der Schaffung der Norm nicht im Blick hatte und somit nicht berücksichtigt hat. Dies gilt umso mehr, weil sich die Norm ihrem ursprünglichen Anwendungsbereich nach, wie oben dargestellt, gar nicht auf § 245 AktG bezieht, sondern der Anwendungsbereich des § 70 AktG hierauf bereits im Wege der Analogie ausgedehnt werden musste. In § 70 Satz 1 AktG werden Übereignungsansprüche dem Eigentum gleichgestellt, da in solchen Fällen feststeht, dass der Entschluss zum Erwerb der Aktien schon bei der Begründung des Übertragungsanspruchs und nicht erst während der Karenzfrist gefasst wurde.138 Aus dem Genügen eines Übereignungsanspruchs könnte man im Wege eines Erst-Recht-Schlusses herleiten, dass es zur Erfüllung des Vorbesitzerfordernisses erst recht ausreichen muss, wenn der Legitimationszedent zum maßgeblichen Zeitpunkt des § 245 Nr. 1 AktG bereits rechtlicher Eigentümer der Aktie war und nur die Ausübung der Rechte aus der Aktie im Wege der Legitimationsübertragung übertragen hatte. Der Privilegierungsgrund für Treuhandgestaltungen liegt darin, dass die wirtschaftliche Inhaberschaft auch vorher bereits bei dem jetzigen Aktieneigentümer lag.139 Die Legitimationszession fällt zwar nicht direkt unter diese Variante, allerdings ist die Gestaltung derart ähnlich, dass eine vergleichbare Interessenlage ersichtlich vorliegt. Wie oben bereits erwähnt, sind die Legitimationsübertragung und die Vollrechtstreuhand in Bezug auf viele Aspekte austauschbar und können zum Halten anonymer Beteiligungen gleichermaßen eingesetzt werden. Wird der Treugeber privilegiert, der nur das wirtschaftliche Eigentum hatte, so muss erst recht ein rechtlicher Eigentümer privilegiert werden, der nur die Ausübungs136

Vgl. Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 15. 1. 2020, § 70 Rn. 1; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 70 Rn. 1. 137 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 70 Rn. 1. 138 T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 70 Rn. 3; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 70 Rn. 1. 139 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 70 Rn. 8.

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

rechte an einen anderen übertragen hatte. Wenn der wahre Aktionär vor der Anfechtungsklage wieder in das Aktienregister eingetragen wird, stünde er bei Nichtanwendbarkeit der Privilegierungen des § 70 AktG schlechter als jemand, der seinen Aktienanteil vorher an einen Treuhänder übertragen hatte und den Anteil dann zurück erwirbt oder jemand, der nur einen Übereignungsanspruch hatte. Darin läge eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.140 Die beiden Merkmale des Übereignungsanspruchs und des Vorbesitzes eines Treuhänders können damit beide gleichermaßen herangezogen werden, um im Wege eines Erst-Recht-Schlusses die analoge Anwendung des § 70 AktG auf die vorliegende Situation zu begründen. 3. Ergebnis: Doppelte Analogie des § 70 AktG möglich Somit findet § 70 AktG zwar keine direkte Anwendung in der Konstellation, dass ein Legitimationsaktionär vor und während der Hauptversammlung noch im Aktienregister eingetragen ist, aber vor Erhebung der Anfechtungsklage wieder der Aktieneigentümer eingetragen wird. Jedoch kann § 70 AktG in diesen Fällen im Wege einer „doppelten Analogie“ so ausgedehnt werden, dass dem Aktionär die Vorbesitzzeit des Legitimationsaktionärs zugerechnet wird. Insofern wird die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG im Hinblick auf das Vorbesitzerfordernis insoweit relativiert, als für die Beurteilung des Vorbesitzzeitpunktes nicht die Registerlage ausschlaggebend ist, sondern das Aktieneigentum zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung in anderer Weise nachgewiesen werden kann. Mit anderen Worten kann für diese Fälle die Vermutung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG doch widerlegt werden. Insofern kann in der Tat von einer einschränkenden Auslegung des § 67 Abs. 2 AktG gesprochen werden.141 Eine solche Schwächung der Vermutung erscheint zunächst mit Blick auf die Rechtssicherheit, die sie eigentlich vermitteln soll, bedenklich, sie ist jedoch der Regelung des § 70 AktG immanent und wurde daher vom Gesetzgeber in Kauf genommen, um Minderheitenrechten in Fällen, wo ein Erwerb der Aktien nach dem eigentlich maßgeblichen Zeitpunkt vor dem Hintergrund von Missbrauchsgefahren unbedenklich ist, zur Durchsetzung zu verhelfen.

D. Zusammenfassung Um die Anfechtungsbefugnis des wahren Aktionärs zu konstruieren, bedarf es bei den Voraussetzungen des § 245 Nr. 1 AktG einer wechselseitigen Zurechnung, die sich aus dem spezifischen Wesen der Legitimationszession ergibt. Für die Aktionärseigenschaft und das Vorbesitzerfordernis ist auf den Legitimationszedenten abzustellen, dem das Erscheinen in der Hauptversammlung und der Widerspruch des 140 141

Vgl. für die Treuhand Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 70 Rn. 4. Grunewald, ZGR 2015, 347, 359.

E. Konstellationen im Anfechtungsprozess

173

Legitimationsaktionärs zugerechnet werden. Bei Namensaktien wird durch diese eigentümliche Rollenverteilung sogar die Vermutungswirkung des Aktienregisters in Frage gestellt, bei der Feststellung des Vorbesitzes zur maßgeblichen Zeit sowie auch bei der Feststellung der Aktionärseigenschaft des nichteingetragenen Namensaktionärs. In Bezug auf das Vorbesitzerfordernis bietet das Aktiengesetz mit § 70 AktG zumindest einen Ansatzpunkt, um eine solche Durchbrechung zu rechtfertigen, für die Aktionärseigenschaft rechtfertigt sie sich nur aus der Prämisse, der wahre Aktionär müsse anfechtungsbefugt sein und bleiben. Ob dies Bestand haben kann und sollte, ist fraglich, weil das Aktienregister damit immer weiter entwertet wird. Im Zuge des Risikobegrenzungsgesetzes hat die Vermutungswirkung bereits einen Einschnitt erfahren müssen, da seitdem Stimmrechte aus Aktienbeständen nach § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG unter Umständen trotz Eintragung nicht ausgeübt werden dürfen. Die Entwertung der Aussagekraft des Aktienregisters im Dienste des gesetzgeberischen Wunsches nach Registerwahrheit ist kritisch zu sehen; dies zumal dann, wenn der gesetzgeberische Wunsch in der Realität nicht mit einem praktischen Bedürfnis korrespondiert. Dass dies in Bezug auf die Beteiligungstransparenz der Fall ist, wird noch zu zeigen sein.142

E. Konstellationen im Anfechtungsprozess Im Anfechtungsprozess kann sich die Frage nach der Wirksamkeit der Legitimationsübertragung vor allem in zwei Konstellationen stellen. Im ersten Fall erhebt der Aktieneigentümer Anfechtungsklage und im Anfechtungsprozess wird seine Anfechtungsbefugnis bestritten. Der umgekehrte Fall kann entstehen, wenn statt des wahren Aktionärs der Legitimationsaktionär Anfechtungsklage erhoben hat und dessen Anfechtungsbefugnis nachgewiesen werden müsste, was aber zumindest bei Inhaberaktien angesichts der oben beschriebenen ganz h. M., dass der Legitimationsaktionär zu Anfechtung nicht befugt ist, in der Praxis nicht auftreten dürfte. Im zweiten Fall erhebt ein dritter Aktionär Anfechtungsklage mit der Argumentation, die Legitimationszession und mithin auch die Stimmabgabe durch den Legitimationsaktionär seien unwirksam gewesen.

I. Anfechtungsbefugnis des wahren Aktionärs 1. Bei Inhaberaktien Verlangt man mit der h. M. eine Ermächtigung des Legitimationsaktionärs zur Anfechtung, so muss diese im Prozess nachgewiesen werden. Für die Ermächtigung zur Erhebung der Anfechtungsklage ist es ausreichend, dass die Depotbank den 142

Vgl. dazu unten 8. Kapitel C. III, S. 226.

174

6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

Aktienbesitz des Aktionärs bescheinigt und dessen Wille mitgeteilt wird, dass der Legitimationsaktionär Anfechtungsklage erheben soll; das entspricht dem Nachweis der Legitimation in der Hauptversammlung.143 Für den Nachweis der Aktionärseigenschaft genügt die Vorlage der Aktienurkunde bzw. eine Bescheinigung der Depotbank über bei ihr verwahrte Aktien.144 Die Gesellschaft hat bei Inhaberaktien ohne weiteres die Möglichkeit, einen Gegenbeweis zu führen.145 Der Aktionär muss im Anfechtungsprozess darlegen und beweisen, dass er in der Hauptversammlung anwesend war und Widerspruch zur Niederschrift eingelegt hat. Wird sein Aktienbestand in der Hauptversammlung durch einen Legitimationsaktionär repräsentiert, so muss er den Nachweis führen, dass der Legitimationsaktionär für den entsprechenden Aktienbestand den Widerspruch erhoben hat.146 Tritt ein Legitimationsaktionär für mehrere Legitimationszedenten auf oder vertritt er zugleich Eigenbesitz, so muss er bei der Erklärung des Widerspruchs klarstellen, für welche Aktien der Widerspruch eingelegt werden soll.147 Das KG hat in einem Beschluss vom 10. 12. 2009148 strenge Anforderungen an den Nachweis der Legitimationsübertragung im Anfechtungsprozess aufgestellt. Im Anfechtungsprozess müssten sowohl die Ermächtigung als auch die Übertragung des Besitzes an den Aktien nachgewiesen werden. Ansonsten fehle es an dem Nachweis, dass für den Aktionär in der Hauptversammlung der Legitimationsaktionär erschienen sei und für ihn Widerspruch zur Niederschrift erklärt habe; mithin seien die Voraussetzungen des § 245 Nr. 1 AktG nicht erfüllt.149 Dies kann nach hier vertretener Ansicht schon deswegen nicht überzeugen, weil für eine wirksame Legitimationsübertragung die Besitzverschaffung nicht notwendig ist.150 Im Anfechtungsprozess kann zum Nachweis der Legitimationsübertragung aber nicht mehr verlangt werden, als zu einer wirksamen Vornahme der Legitimationsübertragung und deren Nachweis in der Hauptversammlung erforderlich ist. Daher muss es auch für den Nachweis im Anfechtungsprozess genügen, wenn der Legitimationsaktionär unter Offenlegung des Fremdbesitzes in das Teilnehmerverzeichnis eingetragen ist.151 Der wahre Aktionär als Anfechtungskläger kann im Anfechtungsprozess also 143

OLG Stuttgart, Urteil vom 23. 7. 2003 – 20 U 5/03, NZG 2003, 1025. Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 29. 145 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 29; hierin liegt auch ein eklatanter Unterschied zu den Namensaktien, auf die später noch einzugehen sein wird. 146 Vgl. OLG München, Urteil vom 31. 5. 2000 – 7 U 1927/99, AG 2001, 482. 147 OLG München, Urteil vom 31. 5. 2000 – 7 U 1927/99, AG 2001, 482. 148 KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224; vgl. zu diesem Urteil im Kontext des Erfordernisses der Besitzübertragung bei der Legitimationszession bereits oben 3. Kapitel C. II. 2, S. 102. 149 KG, Beschluss vom 10. 12. 2009 – 23 AktG 1/09, NZG 2010, 224; dem folgend Ehmann, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 245 Rn. 10. 150 Vgl. dazu bereits oben 3. Kapitel C, S. 99. 151 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 245 Rn. 12; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 723. 144

E. Konstellationen im Anfechtungsprozess

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das Erscheinen des Legitimationsaktionärs durch das Teilnehmerverzeichnis beweisen, wo dieser unter Offenlegung des Fremdbesitzes eingetragen ist. Dieser Auffassung folgt auch das LG Frankfurt a. M. in einem Urteil vom 18. 12. 2012.152 Darin stellt es fest, dass es gegen den Rechtsgedanken des venire contra factum proprium verstößt, wenn die Gesellschaft einen Legitimationsaktionär in der Hauptversammlung nicht wegen fehlenden Nachweises der Legitimationsübertragung zurückweist, sich dann aber im Anfechtungsprozess darauf berufen will, der Aktionär sei in der Hauptversammlung mangels wirksamer Legitimationsübertragung nicht vertreten gewesen.153 Es hätte der Gesellschaft vielmehr oblegen, in der Hauptversammlung den Legitimationsaktionär bereits zurückzuweisen, wenn er nicht den entsprechenden Nachweis der Legitimationsübertragung vorlegen konnte.154 Neben einem widersprüchlichen Verhalten ist für den Einwand des venire contra factum proprium auch noch erforderlich, dass bei der anderen Partei, also hier dem Anfechtungskläger, ein schutzwürdiges Vertrauen besteht; durch die Erhebung der Anfechtungsklage hat der Aktionär eine schutzwürdige Vertrauensinvestition getätigt. Die AG hingegen kann kein schutzwürdiges Interesse vorweisen, warum sie die Legitimationsprüfung in den Anfechtungsprozess verlagern sollte, zumal aus der Zulassung Nichtbefugter ein Beschlussanfechtungsrisiko erwächst.155 2. Bei Namensaktien Im Falle eines im Aktienregister eingetragenen Legitimationsaktionärs ist dieser ohne weitere Ermächtigung zur Anfechtung befugt. Der Aktieninhaber ist daher nicht zur Anfechtung berufen, es sei denn, er wurde durch den Registeraktionär rückermächtigt.156 Der Nachweis der Berechtigung erfolgt durch die Eintragung im Aktienregister.157 Soll dieser Nachweis entkräftet werden, muss die Rechtswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG überwunden werden. Dazu müsste die Gesellschaft darlegen und beweisen, dass die Eintragung nicht ordnungsgemäß ist.158

152

LG Frankfurt a. M., Urteil vom 18. 12. 2012 – 3 – 05 O 96/12, NZG 2013, 140. LG Frankfurt a. M., Urteil vom 18. 12. 2012 – 3 – 05 O 96/12, NZG 2013, 140; zustimmend Bayer/Scholz, NZG 2013, 721. 723. 154 LG Frankfurt a. M., Urteil vom 18. 12. 2012 – 3 – 05 O 96/12, NZG 2013, 140. 155 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 723. 156 Siehe dazu oben 6. Kapitel C. I. 2, S. 168. 157 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 29. 158 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Band 4, 5. Auflage 2021, § 245 Rn. 29. 153

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

II. Unwirksamkeit der Stimmabgabe durch einen Legitimationsaktionär als Anfechtungsgrund Die zweite mögliche Konstellation, in der die Frage nach der Wirksamkeit der Legitimationsübertragung im Anfechtungsprozess gestellt werden kann, ist die, in der ein dritter Aktionär die Wirksamkeit der Stimmabgabe durch einen Legitimationsaktionär in Frage stellt und darauf gestützt Anfechtungsklage erhebt. Das OLG Bremen hat in einem solchen Fall in einem Beschluss vom 16. 8. 2012 festgestellt, dass im Anfechtungsprozess die Voraussetzungen einer Legitimationszession ggf. bewiesen werden müssen.159 Dass für die Hauptversammlung die Legitimationszession nicht nachzuweisen sei bedeute nicht, dass im Anfechtungsprozess die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung nicht bewiesen werden müssten.160 Richtig an der Auffassung des OLG Bremen ist zunächst, dass – anders als im Fall des LG Frankfurt a. M.161 – hier der Einwand des widersprüchlichen Verhaltens nicht greifen kann, denn anders als die Aktiengesellschaft hätte der Anfechtungskläger in der Hauptversammlung nicht die Möglichkeit gehabt, sich die nötigen Nachweise für die Legitimationsübertragung vorlegen zu lassen. Zudem hatte er gegen den Beschluss sofort Widerspruch erhoben162 und dadurch seine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Stimmabgabe unmittelbar noch in der Hauptversammlung zum Ausdruck gebracht, sodass ihm auch insofern ein widersprüchliches Verhalten nicht vorgeworfen werden kann. Die Berufung auf eine Unwirksamkeit der Legitimationsübertragung bleibt dem Anfechtungskläger in dem Fall also nicht von vornherein verwehrt. Allerdings geht das OLG Bremen davon aus, dass die Wirksamkeit der Legitimationsübertragung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Stimmabgabe des Legitimationsaktionärs sei, und zieht damit eine Parallele zur Stimmrechtsvertretung.163 Dabei verkennt es allerdings, dass die Wirksamkeit der Legitimationsübertragung im Gegensatz zur Wirksamkeit der Bevollmächtigung keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Stimmabgabe durch den Legitimationsaktionär ist. Bei Inhaberaktien ist die Stimmrechtsausübung durch ein Kreditinstitut als Legitimationsaktionär ohnehin nicht möglich;164 bei Namensaktien ist die Abstimmung durch ein Kreditinstitut, das als Legitimationsaktionär im Aktienregister eingetragen ist, aufgrund der Wirkung des § 67 Abs. 2 AktG auch ohne Ermächtigung wirksam.165 Die Wirksamkeit der Legitimationsübertragung ist also in keinem Fall Voraussetzung für die Wirksamkeit der Stimmabgabe. Vielmehr muss sich der Le159

OLG Bremen, Beschluss vom 16. 8. 2012 – 2 U 51/12 (AktG), AG 2013, 643, 646. OLG Bremen, Beschluss vom 16. 8. 2012 – 2 U 51/12 (AktG), AG 2013, 643, 646. 161 LG Frankfurt a. M., Urteil vom 18. 12. 2012 – 3 – 05 O 96/12, NZG 2013, 140; vgl. dazu bereits oben 6. Kapitel E. I. 1, S. 173. 162 OLG Bremen, Beschluss vom 16. 8. 2012 – 2 U 51/12 (AktG), AG 2013, 643, 644. 163 OLG Bremen, Beschluss vom 16. 8. 2012 – 2 U 51/12 (AktG), AG 2013, 643, 646; vgl. auch Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724: „Das OLG Bremen vermischt hier munter Stellvertretung und Legitimationszession.“ 164 Grundmann, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 5. Auflage 2017, § 135 Rn. 37 m. w. N. 165 Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724. 160

F. Weitere Aktionärsrechte

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gitimationsaktionär wie der Vollrechtsinhaber legitimieren, um überhaupt im eigenen Namen die Stimmrechte ausüben zu können. Dafür ist die Wirksamkeit der Legitimationsübertragung aber, anders als die Wirksamkeit der Bevollmächtigung, keine Voraussetzung für die Stimmrechtsausübung.166 Die Stimmabgabe ist unabhängig vom Innenverhältnis zum Legitimationszedenten dann wirksam, wenn er sich gegenüber der AG hinreichend legitimiert hat.167 Im Falle einer Anfechtungsklage durch einen dritten Aktionär kommt es folglich nicht auf die Wirksamkeit der Legitimationsübertragung, sondern nur auf die Legitimation gegenüber der Gesellschaft vor der Stimmabgabe in der Hauptversammlung an.

III. Zusammenfassung Die Besitzübertragung muss im Anfechtungsprozess nie bewiesen werden; es reicht stets der Nachweis der Legitimation des Legitimationsaktionärs gegenüber der Gesellschaft aus; diese kann durch die Eintragung im Teilnehmerverzeichnis mit dem Vermerk „Fremdbesitz“ nachgewiesen werden. Müssen für die Anfechtungsbefugnis des wahren Aktionärs die Voraussetzungen des § 245 Nr. 1 AktG bewiesen werden, kann er dies durch Vorlage des Teilnehmerverzeichnisses tun. Will der Anfechtungsgegner die Wirksamkeit der Stimmabgabe bestreiten, so muss er darlegen und beweisen, dass der Legitimationsaktionär gegenüber der Gesellschaft nicht ausreichend legitimiert war; auf die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung als solcher kommt es hingegen nicht an.168 Eine sekundäre Beweislast der Aktiengesellschaft kommt in diesem Fall nach allgemeinen Grundsätzen dann in Betracht, wenn der Kläger substantiierte Anhaltspunkte für das Fehlen der Legitimation gegenüber der AG vortragen kann.169

F. Weitere Aktionärsrechte Nach den über das Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs gewonnenen Erkenntnissen fragt sich in einem nachgelagerten Schritt, ob sich diese Ergebnisse auch auf die Ausübung anderer Rechte übertragen lassen, die nicht in der Hauptversammlung ausgeübt werden. Hierbei kann es sowohl um der Hauptversammlung vorgelagerte als auch sich ihr anschließende Aktionärsrechte gehen.

166 167 168 169

Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724. Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724. Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724. Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724.

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6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

I. Minderheitsverlangen Eine Besonderheit gilt für solche Anträge in der Hauptversammlung, die sich als Verlangen einer Minderheit darstellen. Hier sind etwa der Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers nach § 142 Abs. 2 AktG oder die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gem. § 147 Abs. 1 AktG zu nennen. Für diese Anträge kommt es wesentlich nicht auf die Stimmberechtigung an, sondern auf die Aktionärseigenschaft als solche. Dem Antragsteller müssen die Aktien gehören.170 Das Antragsrecht für Minderheitsverlangen verbleibt daher auch bei Legitimationsübertragung weiterhin beim Aktieneigentümer;171 es kommt also für das Erreichen des Quorums weiterhin auf den wahren Aktionär und nicht auf den in der Hauptversammlung erschienenen Legitimationszessionar an. Das Antragsrecht in diesen Fällen ist nicht notwendigerweise von der Legitimationsübertragung erfasst; nichtsdestotrotz besteht auch in diesen Fällen die Möglichkeit, den Legitimationsaktionär zur Antragstellung zu ermächtigen.172 Ob auch die Stellung von Minderheitenanträgen von der Legitimationsübertragung erfasst sein soll, ist im Wege der Auslegung der Ermächtigung zu entnehmen.173

II. Rechte außerhalb der Hauptversammlung 1. Geltendmachung von Rechten gegenüber der Gesellschaft Auch die Ausübung weiterer Aktionärsrechte, die der Hauptversammlung voroder nachgelagert sind, können dem Legitimationsaktionär zur Ausübung übertragen werden. Ob sich die Legitimationszession auf diese Rechte erstreckt, muss jeweils im Wege der Auslegung ermittelt werden. Einem Legitimationsaktionär kann das Recht auf Einberufung der Hauptversammlung nach § 122 Abs. 1 AktG übertragen werden.174 Auch Anträge nach § 122 Abs. 2 und 3 AktG er stellen.175 Der Legitimationsaktionär kann darüber hinaus auch den Vorstand nach der Hauptversammlung gem. § 125 Abs. 4 AktG auffordern, die in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse schriftlich mitzuteilen. Die Gesellschaft muss diese Mitteilung machen, 170

Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 142 Rn. 40. Mock, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 142 Rn. 134; Rieckers/Vetter, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/ Teil 4, 3. Auflage 2014, § 142 Rn. 220; Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 129. 172 Von der Linden, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 142 Rn. 30; Rieckers/Vetter, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/ Teil 4, 3. Auflage 2014, § 142 Rn. 220; T. Bezzenberger, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 5. Auflage 2017, § 142 Rn. 47. 173 Rieckers/Vetter, in: Kölner Komm-AktG, Band 3/ Teil 4, 3. Auflage 2014, § 142 Rn. 220. 174 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 130; Butzke, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 122 Rn. 10. 175 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 130. 171

F. Weitere Aktionärsrechte

179

ohne dass der Legitimationsaktionär dazu die Identität des Aktieneigentümers offenzulegen hat.176 Auch das Recht, Gegenanträge und Wahlvorschläge im Sinne der §§ 126, 127 AktG zu unterbreiten, kann durch einen Legitimationsaktionär ausgeübt werden.177 Ebenso ist eine Ermächtigung zum Bezug von Dividenden und zur Ausübung von Bezugsrechten auf neue Aktien grundsätzlich möglich, wird aber der ursprünglichen Legitimationsübertragung zur Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung nicht erfasst sein.178 2. Gerichtliche Durchsetzung weiterer Aktionärsrechte Des Weiteren stellt sich die Frage, ob auch die gerichtliche Durchsetzung von Aktionärsrechten abseits der Anfechtungsklage denselben Regeln unterliegt, die oben herausgearbeitet wurden. Diese Frage kann sich insbesondere für die Durchführung von Spruchverfahren und Auskunftserzwingungsverfahren stellen. Grundsätzlich gilt für diese Verfahrensarten dasselbe wie oben für den Anfechtungsprozess festgestellt, nämlich dass die Antragsbefugnis beim Aktionär verbleibt, jedoch ein Legitimationsaktionär im Wege der Prozessstandschaft mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe betraut werden kann. Fraglich ist, ob sich in Bezug auf die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft eine Abweichung ergibt. Eine abweichende Wertung könnte sich möglicherweise aus dem Charakter des Anfechtungsverfahrens als objektives Kontrollverfahren ergeben, welcher etwa den Verzicht auf das Erfordernis eines schutzwürdigen Eigeninteresses des Prozessstandschafters rechtfertigt. Es stellt sich mithin die Frage, ob sich diese Erwägungen auch auf die gerichtliche Durchsetzung weiterer Aktionärsrechte übertragen lassen. Dazu muss beurteilt werden, ob auch den anderen Verfahrensarten eher ein objektiver Charakter zukommt oder ob sie durch die Durchsetzung subjektiver Rechte geprägt sind. a) Auskunftserzwingungsverfahren Das Auskunftserzwingungsverfahren bietet dem Aktionär einen beschleunigten und kostengünstigen Rechtsbehelf zur Durchsetzung des Auskunftsanspruchs nach § 131 AktG.179 Die Antragsbefugnis steht grundsätzlich jedem Aktionär zu, wobei es

176

Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 130. Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 130; Butzke, in: Großkomm-AktG, Band 7/1, 5. Auflage 2017, § 126 Rn. 12. 178 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 130. 179 Lieder, in: MHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 26 Rn. 61. 177

180

6. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Träger von Rechten

bei Namensaktien auf die Eintragung im Aktienregister gem. § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG ankommt.180 Im Auskunftserzwingungsverfahren nach § 132 Abs. 2 AktG bleibt auch bei der Legitimationsübertragung der Aktionär antragsbefugt;181 jedoch kann auch der Legitimationsaktionär antragsberechtigt sein, soweit die Befugnis zur Antragstellung von der Ermächtigung ausdrücklich erfasst ist.182 Eine generelle Ermächtigung zur Ausübung der Aktionärsrechte reicht nicht aus.183 Im Rahmen der Voraussetzungen der Prozessstandschaft stellt sich die Frage, ob der Legitimationsaktionär ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Durchführung des Verfahrens haben muss. Dies ist zu verneinen.184 Das Auskunftserzwingungsverfahren dient der gerichtlichen Überprüfung des objektiven Bestehens eines Auskunftsanspruchs.185 Insofern steht auch hier wieder die Überprüfung der Übereinstimmung des Gesellschaftshandelns mit der objektiven Rechtsordnung im Vordergrund. Auf die Person des Aktionärs kommt es nur insofern an, als er durch seine Frage den streitgegenständlichen Auskunftsanspruch ausgelöst hat, es wird aber dann im Prozess nicht das Bestehen des subjektiven Rechts des Aktionärs überprüft, sondern das Bestehen der objektiven Auskunftspflicht. Da insofern ähnlich wie beim Anfechtungsverfahren der objektive Kontrollcharakter im Vorder180 Lieder, in: MHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 26 Rn. 70; Decher, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 5. Auflage 2017, § 132 Rn. 18; Poelzig, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 132 Rn. 9. 181 Happ, FS Rowedder, 1994, S. 119, 138; Lieder, in: MHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 26 Rn. 70; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 132 Rn. 13; Decher, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 5. Auflage 2017, § 132 Rn. 18; offenlassend BayObLG, Beschluss vom 9. 9. 1996 – 3Z BR 36/94, BayObLGZ 1996, 234, 238. 182 Lieder, in: MHdB GesR, Band 7, Corporate Litigation, 6. Auflage 2020, § 26 Rn. 70; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 132 Rn. 11; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 132 Rn. 5; Drinhausen, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 132 Rn. 5; Herrler, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 132 Rn. 8; Decher, in: Großkomm-AktG, Band 7/2, 5. Auflage 2017, § 132 Rn. 18; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 132 Rn. 3; Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, G. 97; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 224 f.; weiter Ebenroth, Das Auskunftsrecht des Aktionärs und seine Durchsetzung im Prozeß, 1970, S. 146: „Bei der Ausübung der Rechte des Aktionärs auf Grund einer Legitimationsübertragung (Stimmrechtsermächtigung) durch einen Dritten steht das Antragsrecht nur dem Legitimationsaktionär zu“; a. A. Groß, AG 1997, 97, 103: „Das aktienrechtliche Auskunftserzwingungsverfahren kann jedoch nur der wahre Aktionär und nicht der Legitimationsaktionär betreiben.“ 183 Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 132 Rn. 7; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 132 Rn. 11; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 132 Rn. 3; a. A. Heidel, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 132 Rn. 5: „m. E. ist er (i. e. der Legitimationsaktionär) ohne weitere Ermächtigungen antragsbefugt; die ihm erteilte Befugnis zur Teilnahme an der HV umfasst das Auskunftsrecht und damit auch das Recht, bei Verweigerung der Auskunft deren Erteilung zwangsweise durchzusetzen.“ 184 A. A. Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 226. 185 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 132 Rn. 1.

F. Weitere Aktionärsrechte

181

grund steht, bedarf es im Rahmen der gewillkürten Prozessstandschaft keines Eigeninteresses des Legitimationsaktionärs an der Prozessführung. Zudem kann ein Eigeninteresse darin erblickt werden, dass der in der Hauptversammlung erschienene Legitimationsaktionär auch derjenige war, der das Auskunftsverlangen gestellt hat, welches Anlass für das Auskunftserzwingungsverfahren bot. Auch wenn er hier nicht für sich selbst, sondern für den wahren Aktionär handelte, ergibt sich dadurch eine Verbindung zum Auskunftserzwingungsverfahren, die für ein eigenes Interesse an der Prozessführung ausreicht. b) Spruchverfahren Die Antragsberechtigung im Spruchverfahren ergibt sich aus § 3 SpruchG. Dieser koppelt die Antragsberechtigung grundsätzlich an die Aktionärseigenschaft im Zeitpunkt der Antragstellung. Eine Verfahrensstandschaft ist jedoch nach allgemeinen Grundsätzen möglich.186 Daher kann der Legitimationsaktionär, wenn er eine gegenständlich hinreichende Ermächtigung erhält, anstelle des materiellen Aktieninhabers den Antrag stellen.187 Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Verfahrensstandschaft gehört das Erfordernis eines eigenen Interesses des Ermächtigten.188 Jedoch bietet sich auch hier die Überlegung an, ob vor dem Hintergrund der Zwecksetzung des Spruchverfahrens ein Eigeninteresse des Prozessstandschafters tatsächlich erforderlich ist, denn auch hier geht es wieder um eine objektive Überprüfung, die von der Person des Aktionärs gerade nicht abhängt.

186 OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854 (zu § 306 AktG a. F.); Drescher, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 3 SpruchG Rn. 4; Büchel, NZG 2003, 793, 795. 187 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 5, 5. Auflage 2020, SpruchG § 3 Rn. 4. 188 OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. 5. 2001 – 8 W 254/00, NZG 2001, 854 (zu § 306 AktG a. F.); Drescher, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 3 SpruchG Rn. 4; vgl. auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 226, der das Vorliegen des Eigeninteresses als seltenen Fall bezeichnet.

7. Kapitel

Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten – insbesondere zur kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflicht nach §§ 33 ff. WpHG Im Rahmen der Erfassung der Pflichtenstellung des Legitimationsaktionärs muss sich auch die Frage stellen, ob der Legitimationsaktionär oder der wahre Aktionär den aktien- und kapitalmarktrechtlichen Pflichten nachkommen muss, welche sich aus der Überschreitung gewisser Anteils- bzw. Stimmrechtsschwellen ergeben. Diese Konstellation taucht namentlich bei § 20 AktG, bei § 33 WpHG sowie bei § 29 WpÜG auf. Im Rahmen der §§ 20 AktG und 33 WpHG geht es darum, ob der Legitimationsaktionär die Voraussetzungen der Normen in der Weise erfüllt, dass er zur Mitteilung verpflichtet ist. Bei § 29 WpÜG geht es darum, ob der Legitimationsaktionär die Stimmrechte hält und daher Kontrolle im Sinne des Wertpapierübernahmerechts ausübt. All diese Fragen erwachsen aus der Besonderheit der Legitimationszession, dass Stimmrechtsausübung und Aktieneigentum dabei untypisch auseinanderfallen.1 Die betreffenden Normen sind aber auf den Normalfall ausgelegt, dass Eigentum und Stimmrechtsausübung in einer Hand liegen. Dadurch ist – oder war – der Wortlaut der Normen teils auslegungsbedürftig und lässt nicht präzise erkennen, ob die Pflicht den Aktieneigentümer oder den Legitimationsaktionär, der die Stimmrechte ausübt, treffen soll. Den betreffenden Normen muss daher im Wege einer umfassenden Auslegung entnommen werden, wer im Falle der Legitimationsübertragung ihr Adressat sein soll. In der Praxis hat die Auslegungsfrage bei den wertpapierrechtlichen Mitteilungspflichten des heutigen § 33 WpHG2 eine besondere Rolle gespielt; daher soll diese Norm im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.

1 Vgl. für die wertpapierrechtlichen Meldepflichten Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 74. 2 Durch das Zweite Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz) vom 23. 6. 2017, BGBl. I Nr. 39/2017, S. 1693, durch welches das WpHG nach Einführung der Marktmissbrauchsverordnung umfassend umstrukturiert worden ist, ist es zu Verschiebungen der Nummerierung der §§ des WpHG gekommen. Der heutige § 33 WpHG entspricht dem früheren § 21 WpHG, der heutige § 34 WpHG dem früheren § 22 WpHG und der heutige § 44 WpHG entspricht dem früheren § 28 WpHG; im Folgenden wird zur besseren Lesbarkeit grundsätzlich nur die aktuelle Nummerierung verwendet, auch wenn sich die Fundstellen in den Fußnoten z. T. noch auf die alten Nummerierungen beziehen. Literatur und Rechtsprechung zu den alten Nummerierungen sind uneingeschränkt übertragbar, da sich an der materiellen Rechtslage nichts geändert hat.

A. Mitteilungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz

183

A. Mitteilungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz I. Einleitung Die §§ 33, 34 WpHG erlegen demjenigen, der durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3 Prozent, 5 Prozent, 10 Prozent, 15 Prozent, 20 Prozent, 25 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent der Stimmrechte erreicht, überschreitet oder unterschreitet, eine Meldepflicht auf. Bei Erreichen einer solchen Meldeschwelle muss der Betreffende dies sowohl dem Emittenten als auch der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht spätestens innerhalb von vier Handelstagen mitteilen. Der Emittent hat diese Information dann gem. § 40 WpHG zu veröffentlichen. § 34 WpHG dehnt den Adressatenkreis der Mitteilungspflicht dadurch aus, dass in bestimmten Fällen eine Zurechnung von Stimmrechten erfolgt. Die kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten gehen zurück auf unionsrechtliche Vorgaben durch die erste Transparenzrichtlinie,3 die in Bezug auf die Meldeschwellen überschießend umgesetzt wurde; die Transparenzrichtlinie nennt als unterste Meldeschwelle 10 %.4 Die Mitteilungspflichten nach §§ 33 ff. WpHG haben die Mitteilungspflichten nach § 20 AktG, der in § 20 Abs. 8 AktG mit einer Subsidiaritätsklausel versehen wurde, in weiten Teilen abgelöst. Durch die Meldepflichten soll sowohl dem Emittenten als auch dem Kapitalmarkt die Möglichkeit geboten werden, sich über Beteiligungsveränderungen und die damit einhergehenden Änderungen in der Kontrollstruktur zu informieren.5 Dem Anleger wird damit eine Basis geboten, um die Kursentwicklung abzuschätzen und aufgrund dessen seine Anlageentscheidung zu treffen, was letztlich die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts gewährleistet.6 Der Emittent erhält die Möglichkeit, Übernahmeversuche frühzeitig zu erkennen.7 Die Mitteilungspflichten sind in § 120 Abs. 2 Nr. 2 lit. d) WpHG bußgeldbewehrt. Zivilrechtlich ist an einen Verstoß der Rechtsverlust nach § 44 Abs. 1 Satz 1 WpHG geknüpft: Rechte aus Aktien, die einem Meldepflichtigen gehören oder aus denen ihm Stimmrechte gem. § 34 WpHG zugerechnet werden, bestehen nicht für die Zeit, für welche die Mitteilungspflichten nicht erfüllt werden.

3

Richtlinie 2004/109/EG, Abl. EG Nr. L 390/38; zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/ 50/EU, Abl. EU L 194/13; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, 7. Auflage 2019, Vor §§ 33 – 47 Rn. 1; Michel, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, 2015, § 21 Rn. 1. 4 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, 7. Auflage 2019, Vor §§ 33 – 47 Rn. 2 f.; Michel, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, 2015, § 21 Rn. 1. 5 Hirte, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 21 Rn. 3. 6 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, 7. Auflage 2019, Vor §§ 33 – 47 Rn. 23. 7 Hirte, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 21 Rn. 3.

184

7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

II. Originäre Mitteilungspflicht aus § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG Werden die Stimmrechte durch einen Legitimationsaktionär ausgeübt, stellt sich die Frage, ob diesen dann auch kapitalmarktrechtliche Meldepflichten treffen. Eine solche Pflicht könnte sich als originäre Pflicht aus § 33 WpHG oder kraft Zurechnung nach § 34 WpHG ergeben. Tatsächlich ist zunächst festzustellen, dass die Legitimationsaktionäre, würden sie der Meldepflicht unterfallen, offenbar auch in der Tat häufig eine Stimmrechtsmitteilung abgeben müssten, da die Schwellen des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG in ihrer Person überschritten werden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass dieselben wenigen Verwahrbanken für einen großen Anteil der ausländischen Investoren die Rolle des Legitimationsaktionärs bekleiden.8 Die Frage nach der Verpflichtung zu Stimmrechtsmitteilungen ist demnach eine durchaus praktische. Für § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG ist sie durch ein Urteil des OLG Köln derart praktisch geworden, dass der Gesetzgeber eingeschritten ist und die Streitfrage gelöst hat. 1. Die Änderung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG (damals noch § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F.) durch das Kleinanlegerschutzgesetz Durch das Kleinanlegerschutzgesetz, das mit Wirkung zum 10. 7. 2015 in Kraft getreten ist,9 wurde der damalige § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG, der dem heutigen § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG entsprach, dahingehend abgeändert, dass es sich bei den dort erfassten Stimmrechten des potentiell Meldepflichtigen um solche „aus ihm gehörenden Aktien“ handeln muss. § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F., der heutige § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG, lautete nach der Neufassung durch das Kleinanlegerschutzgesetz folgendermaßen: „Wer durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3 Prozent, 5 Prozent, 10 Prozent, 15 Prozent, 20 Prozent, 25 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent der Stimmrechte aus ihm gehörenden Aktien an einem Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, erreicht, überschreitet oder unterschreitet (Meldepflichtiger), hat dies unverzüglich dem Emittenten und gleichzeitig der Bundesanstalt, spätestens innerhalb von vier Handelstagen unter Beachtung von § 34 Abs. 1 und 2 mitzuteilen.“

Diese Ergänzung des Wortlauts bezeichnet der Gesetzgeber selbst als Klarstellung ohne Änderung der materiellen Rechtslage.10 Mit der Änderung des § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F. wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass es für die Erreichung der Schwellenwerte auf die dingliche Rechtslage und nicht auf das bloße Stimmrecht ankommt. Mit der Ergänzung des § 21 WpHG a. F. sollte explizit auch festgestellt 8

Vgl. Richter, WM 2013, 2296, 2297. BGBl. I Nr. 28/2015, S. 1114. 10 Vgl. Regierungsbegründung Kleinanlegerschutzgesetz, BT-Drucks. 18/3994, S. 53; vgl. dazu auch bereits Piroth, AG 2015, 10. 9

A. Mitteilungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz

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werden, dass eine Mitteilungspflicht sich nicht aus der Eintragung eines Legitimationsaktionärs in das Aktienregister ergeben kann,11 dass mit anderen Worten die Eintragung in das Aktienregister keine taugliche Art und Weise der Erreichung der Meldeschwellen darstellt, sondern die Schwellenerreichung durch eine Änderung der dinglichen Rechtslage erfolgen muss. 2. Hintergrund/Klarstellungsbedürfnis a) Ausgangspunkt des Konfliktes: Urteil des OLG Köln vom 6. 6. 2012 – 18 U 240/11 Seinen Ausgangspunkt hat die praktische Unsicherheit, die den Gesetzgeber zum Eingreifen durch das Kleinanlegerschutzgesetz bewog, in einem Urteil des OLG Köln aus dem Jahr 201212 genommen. Darin hatte das OLG Köln über die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen einer Namensaktiengesellschaft zu entscheiden, an deren Fassung Legitimationsaktionäre mitgewirkt hatten. Es entschied, dass die Beschlüsse anfechtbar seien, da die durch die Legitimationsaktionäre vertretenen Stimmen aufgrund eines Verstoßes gegen die Mitteilungspflichten aus § 21 Abs. 1 WpHG a. F. – § 33 Abs. 1 WpHG n. F. – einem Stimmrechtsausschluss nach § 28 WpHG a. F. – § 44 Abs. 1 WpHG n. F. – unterlegen hätten.13 Das OLG Köln vertritt damit nach eigener Einschätzung eine vermittelnde Ansicht, die grundsätzlich von den Eigentumsverhältnissen ausgeht, aber zusätzlich neben der des Aktieneigentümers eine Mitteilungspflicht des im Aktienregister eingetragenen Legitimationsaktionärs annehmen möchte. Eine Mitteilungspflicht des im Aktienregister eingetragenen Nicht-Aktionärs unmittelbar aus § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F. – § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG n. F. – tritt nach Ansicht des Gerichts aber dann neben die Meldepflicht des Aktieneigentümers, wenn der Eingetragene nach außen unbeschränkt zur Stimmrechtsausübung berechtigt sei, was für den Legitimationsaktionär stets zutreffe.14 Dafür spreche der Wortlaut des § 21 Abs. 1 WpHG a. F. – § 33 Abs. 1 WpHG n. F. – ebenso wie die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG, da dem im Aktienregister Eingetragenen unabhängig von dessen materieller Rechtsstellung die mitgliedschaftlichen Pflichten treffen.15 Dies entspreche den Bedürfnissen des Kapitalmarktes, denn für den Anleger sei eine 11

Regierungsbegründung Kleinanlegerschutzgesetz, BT-Drucks. 18/3994, S. 53; vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, in Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 73: „§ 67 gilt ferner nicht, wo gesetzlich ausdrücklich etwas anderes angeordnet ist, der pflichtbegründende Tatbestand also ausschließlich an die materielle (dingliche) Rechtslage anknüpft. Das ist der Fall bei der Mitteilungspflicht aus § 33 WpHG n. F.“. 12 OLG Köln, Urteil vom 6. 6. 2012 – 18 U 240/11, NZG 2012, 946. 13 OLG Köln, Urteil vom 6. 6. 2012 – 18 U 240/11, NZG 2012, 946, 948; für Details zum Sachverhalt vgl. auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 46. 14 Vgl. OLG Köln, Urteil vom 6. 6. 2012 @ 18 U 240/11, NZG 2012, 946, 948 f.; dem folgend Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 726; ebenso Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 73; Noack, DB 1999, 1306, 1308; Diekmann, BB 1999, 1985, 1987. 15 OLG Köln NZG 2012, 946, 949.

186

7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

Kumulation von Stimmrechten ebenso interessant wie das Aktieneigentum. Der Außenstehende könne im Normalfall nämlich nicht ermitteln, ob der Legitimationsaktionär im Innenverhältnis weisungsgebunden sei und daher der Stimmrechtszurechnung des § 22 Abs. 1 Nr. 6 WpHG a. F. – § 34 Abs. 1 Nr. 6 WpHG n. F. – unterfalle oder nicht.16 Nach diesem Urteil des OLG Köln wäre der Legitimationsaktionär neben dem Aktieneigentümer zur Mitteilung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG n. F. verpflichtet. b) Die Auffassung der BaFin Da die Mitteilung nach § 33 Abs. 1 WpHG n. F. sowohl an die Gesellschaft als auch an die BaFin erfolgen muss, ist für den Verpflichteten die Rechtsauffassung der BaFin von hoher Bedeutung. Die BaFin hatte schon vor dem Urteil des OLG Köln eine Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs verneint und hat in der 4. Auflage des Emittentenleitfadens aus dem Jahr 2013 ihre Auffassung bestätigt. Das Urteil des OLG Köln hat sie dabei lediglich in einer Fußnote als Gegenansicht erwähnt,17 ohne sich mit dessen Argumentation auseinanderzusetzen. Dieses Zusammenspiel aus dem Urteil des OLG Köln und der gegenteiligen Rechtsauffassung der BaFin hat in der Praxis zu einer massiven Verunsicherung geführt, denn die praktischen Auswirkungen der divergierenden Rechtsauffassungen in Praxis und Rechtsprechung wurden – angesichts des Stimmrechtsverlusts nach § 44 WpHG – in der Literatur und offenbar auch in der Rechtsberatung als erheblich eingeschätzt.18 Egal welcher Verhaltensoption der Legitimationsaktionär folge, die unter seiner Mitwirkung gefassten Beschlüsse seien unweigerlich mit einem hohen Anfechtungsrisiko behaftet. Denn entweder halte sich der Legitimationsaktionär, der Rechtsauffassung der BaFin folgend, von vornherein für nicht zur Abgabe einer Stimmrechtsmitteilung verpflichtet; dann setze er sich der Gefahr aus, dass der Versammlungsleiter in der Hauptversammlung seine Stimme aufgrund eines angenommenen Stimmrechtsausschlusses nach § 44 WpHG nicht mitzähle.19 Will er dann seiner Stimme zur Geltung verhelfen, muss er Anfechtungsklage erheben. Oder der Versammlungsleiter zählt die Stimme mit und ein anderer Aktionär ficht den Beschluss an, da aufgrund des Stimmrechtsausschlusses wegen der unterlassenen Mitteilung das Abstimmungsergebnis falsch ermittelt sei.20 Der Legitimationsak16

Vgl. OLG Köln, Urteil vom 6. 6. 2012 @ 18 U 240/11, NZG 2012, 946, 949. BaFin, Emittentenleitfaden, 4. Auflage 2013, VIII.2.3.7, S. 109. 18 Vgl. Cahn, AG 2013, 459 („Dilemma“). 19 Mitstimmen darf er aber dennoch zunächst; die Gesellschaft kann eine Anmeldung zur Hauptversammlung nicht unter Berufung auf § 44 Satz 1 WpHG zurückweisen, vgl. Kremer/ Oesterhaus, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 28 Rn. 57 f.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. 1. 2010 – I-17 U 6/09, NZG 2010, 1069 („weil der Versammlungsleiter die Stimmen […] nicht hätte mitzählen dürfen“). 20 Der Stimmrechtsverlust des § 28 WpHG a. F. (§ 44 WpHG n. F.) ist eine der praktisch am häufigsten vorkommenden Anfechtungsrügen, vgl. Scholz, AG 2009, 313. 17

A. Mitteilungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz

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tionär, der eine Mitteilung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG, ggf. notgedrungen, nicht abgebe, müsse also befürchten, dass ihn der Stimmrechtsausschluss nach § 44 Abs. 1 WpHG spätestens dann treffe, wenn ein Beschluss, bei dem er mitgestimmt hat, Gegenstand einer Anfechtungsklage werde und das erkennende Gericht im Prozess der Rechtsauffassung des OLG Köln folge.21 Wolle sich der Legitimationsaktionär aber gegen diese Risiken absichern und eine Stimmrechtsmitteilung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG abgeben, so weise die BaFin die Mitteilung nach ihrer Rechtsauffassung zurück, sodass der Legitimationsaktionär nicht die Möglichkeit hat, seine Unsicherheit durch eine „vorsorgliche“ Meldung einzudämmen. Auch die Emittenten fänden sich bei der Versammlungsleitung in einer unglücklichen Lage wieder, müssten sie doch, egal an welcher Auffassung sie sich bei der Leitung der Hauptversammlung orientieren, mit einer Anfechtung des Beschlusses rechnen. Eine solch unsichere Rechtslage in Bezug auf Anfechtungsgründe biete auch den sog. „kritischen Aktionären“ ein Instrument, um Anfechtungsklagen gestützt auf die Wirkung des § 44 WpHG zu erheben.22 c) Die Resonanz in der Literatur Das Urteil des OLG Köln widersprach nicht nur der bisherigen Tendenz der Rechtsprechung,23 sondern ist auch in der Literatur nahezu einhellig auf Widerspruch gestoßen.24 Zunächst fehle es schon an einer Transparenzlücke, die durch eine dergestalt weite Auslegung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG geschlossen werden müsste.25 Keinesfalls aber könne eine etwaige Lücke durch eine Anwendung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG auf Legitimationsaktionäre geschlossen werden. Der Wortlaut gebe dies zwar grundsätzlich her, erklärter Wille des Gesetzgebers sei es aber gewesen, für die Stimmrechtsmitteilung an das Aktieneigentum anzuknüpfen.26 Etwas anderes könne sich auch nicht aus der unwiderleglichen Vermutung des Aktienregisters nach § 67 Abs. 2 AktG ergeben, handele es sich bei den Mitteilungspflichten nach dem WpHG doch gerade nicht um mitgliedschaftliche, sondern vielmehr um 21

Vgl. Cahn, AG 2013, 459; Merkner/Sustmann, NZG 2013, 1361, 1362. Vgl. Goslar, EWiR 2012, 773, 774. 23 Vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10. 11. 2004 – 20 U 16/03, NZG 2005, 432, 434 für den Fall der Ermächtigung einer Kapitalanlagegesellschaft: „Nicht derjenige, der zur Stimmrechtsausübung ermächtigt ist, sondern der Inhaber der Aktie ist nach § 21 Abs. 1 WpHG meldepflichtig“. 24 Vgl. Cahn, AG 2013, 459; Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092; Richter, WM 2013, 2296; 2337; Paul, GWR 2012, 346; Nartowska, NZG 2013, 124; Goslar, EWiR 2012, 773, 774; Wettich, AG 2014, 534, 536; Hirte, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 21 Rn. 74; a. A. Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 726; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 73. 25 Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2094; Merkner/Sustmann, NZG 2013, 1361, 1362; Nartowska, NZG 2013, 124, 126. 26 Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2094; Cahn, AG 2013, 459, 460. 22

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7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

kapitalmarktrechtliche Pflichten, die von § 67 Abs. 2 AktG nicht erfasst werden.27 Nach der Systematik der kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten könnten Legitimationsaktionäre höchstens unter § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG n. F. fallen; ein Rückgriff auf die allgemeine Norm des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG sei angesichts dieser spezielleren Regelung auch und gerade dann versperrt, wenn deren Voraussetzungen im Einzelfall nicht vorliegen.28 Wegen der an einen Verstoß gegen die Pflichten aus § 33 WpHG geknüpften Bußgeldfolge des § 102 Abs. 2 Nr. 2 lit. d) WpHG sowie der sanktionsähnlichen Rechtsfolge des Stimmrechtsverlustes29 verbiete sich auch eine analoge Anwendung des § 33 WpHG bereits durch Art. 103 Abs. 2 GG.30 Eine zusätzliche Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs verwirre zudem den Kapitalmarkt eher, als dass sie einem praktischen Bedürfnis entspreche, da es zu einer nicht nachvollziehbaren Vermehrung von Stimmrechten kommen könne, wenn sowohl der Aktieninhaber als auch der Legitimationsaktionär eine Meldung abgeben.31 d) Die Kernfrage des Streits – Auslegung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG Kern des Streits um die Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs ist die Frage nach der richtigen Auslegung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG, namentlich der Frage, ob er die Erreichung der Schwellenwerte an die Stimmrechte oder an das Aktieneigentum anknüpft, ob mit anderen Worten für die Erreichung der Stimmrechtsschwellen eine dingliche Rechtsänderung erforderlich ist oder ob sie auch in anderer Weise erfolgen kann, etwa durch die Eintragung in das Aktienregister. aa) Wortlaut Der Wortlaut des damaligen § 21 Abs. 1 WpHG – § 33 Abs. 1 WpHG n. F. – vor seiner Änderung durch das Kleinanlegerschutzgesetz sprach ohne weitere Konkretisierung von „Stimmrechten“, was das OLG Köln dazu verleitet hat, eine Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs anzunehmen. Selbst wenn man ohne Rücksicht auf den gesetzgeberischen Willen32 den bloßen Wortlaut bei der Auslegung zugrunde legen möchte, ergibt sich aus der Vorschrift keine Mitteilungspflicht 27

Cahn, AG 2013, 459, 461; Nartowska, NZG 2013, 124, 126; vgl. auch Regierungsbegründung Kleinanlegerschutzgesetz, BT-Drucks. 18/3994, S. 53. 28 Cahn, AG 2013, 459, 460; Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2093; Hirte, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 21 Rn. 74; Richter, WM 2013, 2296, 2308. 29 Opitz, in: Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, 2. Auflage, Stand Januar 2013, § 28 WpHG Rn. 7; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 28 Rn. 16. 30 BGH, Urteil vom 19. 7. 2011, II ZR 246/09, NZG 2011, 1147, 1149; Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2094; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, Vor §§ 21 – 30 Rn. 25. 31 Cahn, AG 2013, 459, 462. 32 Vgl. dazu sogleich unten 7. Kapitel A. II. 2. d) cc), S. 190.

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des Legitimationsaktionärs. Denn im Falle einer Legitimationsübertragung stehen die Stimmrechte gerade nicht dem Legitimationsaktionär in der Weise zu, dass er zum Rechtsinhaber würde; dies wäre unvereinbar mit dem Abspaltungsverbot.33 Vielmehr werden ihm die Stimmrechte nur zur Ausübung übertragen; das Stimmrecht an sich verbleibt aber beim Aktieneigentümer.34 Insofern ist bei dogmatisch sauberer Betrachtung schon der Wortlaut des damaligen § 21 Abs. 1 WpHG in seiner Fassung vor dem Kleinanlegerschutzgesetz eindeutig gewesen. Dies bezog sich allerdings nur auf deutsche Emittenten. Bei Gesellschaften aus Drittstaaten, die nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 lit. b) WpHG – § 2 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 lit. b) WpHG n-F. – dem Anwendungsbereich des WpHG unterfallen können, kann sich die Situation anders darstellen. In solchen Fällen könnten der Inhaber des Stimmrechts und der Aktieninhaber auseinanderfallen, wenn das nach ihrem Personalstatut anzuwendende Recht eine Abspaltung des Stimmrechts von der Aktieninhaberschaft zulässt.35 Für solche Emittenten aus Drittstaaten wäre § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG in seiner Fassung vor der Änderung durch das Kleinanlegerschutzgesetz seinem Wortlaut nach in der Tat einschlägig gewesen. Zumindest mit Blick auf solche Sonderfälle war daher die reine Wortlautauslegung des damaligen § 21 Abs. 1 WpHG nicht ausreichend. bb) Systematik Eine Betrachtung des Regelungsumfelds der Norm bestätigt allerdings, dass der Legitimationsaktionär nicht meldepflichtig sein soll. So knüpft der Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 WpHG a. F. – § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 WpHG n. F. – ausdrücklich an das „Gehören“ an.36 Zudem macht die Formulierung „Stimmrechte des Meldepflichtigen“ in § 22 Abs. 1 WpHG a. F. – § 34 Abs. 1 WpHG n. F. –, die sich auf § 21 Abs. 1 WpHG – § 33 Abs. 1 WpHG n. F. – bezieht, deutlich, dass die Meldepflicht nicht aus den bloßen Stimmrechten resultieren kann; es muss also bei § 21 Abs. 1 WpHG – § 33 Abs. 1 WpHG n. F. – auf das Aktieneigentum ankommen.37 Weiterhin sieht § 22 WpHG – § 34 WpHG n. F. –, namentlich § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG – § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG – gerade eine beschränkte Anzahl von Konstellationen vor, in denen auch ein Nichtaktionär auf die Stimmrechtsausübung Einfluss haben kann.38 Dies spricht dagegen, auch unter § 21 Abs. 1 WpHG – § 33 Abs. 1 WpHG n. F. – solche Konstellationen zu fassen, in denen 33 Vgl. BGH, Urteil vom 17. 11. 1986 – II ZR 96/86, NJW 1987, 780; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 8 Rn. 26; Heider, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 8 Rn. 89. 34 Vgl. Hirte, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 21 Rn. 74. 35 Vgl. Opitz, in: Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, 2. Auflage, Stand Januar 2013, § 21 WpHG Rn. 13; Hirte, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 21 Rn. 74. 36 Vgl. Götze, BKR 2013, 265, 266. 37 Nartowska, NZG 2013, 124, 126. 38 Vgl. Götze, BKR 2013, 265, 266; Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2093.

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7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

der Stimmberechtigte nicht der wahre Aktionär ist. Wäre für § 21 Abs. 1 WpHG – § 33 Abs. 1 WpHG n. F. – nicht allein das Aktieneigentum maßgeblich, bedürfte es der Zurechnungstatbestände des § 22 WpHG – § 34 WpHG n. F. – nicht.39 cc) Historik/gesetzgeberischer Wille Ein Blick auf den gesetzgeberischen Willen untermauert dieses Ergebnis. Aus der Regierungsbegründung zum NaStraG ergibt sich, dass § 21 WpHG – § 33 WpHG n. F. – das Aktieneigentum und nicht die Stimmrechte im Blick hatte, wenn dort davon ausgegangen wird, die Eintragung als Legitimationsaktionär löse grundsätzlich keine Meldepflicht nach den §§ 21 ff. WpHG – §§ 33 ff. WpHG n. F. – aus.40 Der Wortlaut des § 21 Abs. 1 WpHG a. F. kann insofern als misslungen angesehen werden.41 Dass die Gesetzesbegründung sich nicht auf § 21 WpHG a. F., sondern auf § 135 AktG bezieht, ändert nichts an ihrer Relevanz. Die Regelungsabsicht des Gesetzgebers bleibt ein maßgebliches Auslegungskriterium, gleich wo und in welcher Form sie geäußert wird.42 Zudem ist auch eine Anknüpfung an das Aktieneigentum durchaus im Wortlaut angelegt. § 21 WpHG – § 33 WpHG n. F. – benutzt das Begriffspaar „Erwerb“ und „Veräußerung“ zur Umschreibung der Art und Weise der Schwellenerreichung. Hiermit ist klar eine dingliche Rechtsänderung gefordert. Wenn die Stimmrechtsschwellen aber mittels einer dinglichen Rechtsänderung erreicht werden können, so heißt dies letztlich nichts anderes, als dass es im Rahmen des § 21 WpHG – § 33 WpHG n. F. – auf die dingliche Rechtslage ankommt und eben nicht auf die bloßen Stimmrechte.43 Daran ändert auch der Zusatz „in sonstiger Weise“ nichts, an den eine Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs angeknüpft werden müsste.44 Zum richtigen Verständnis dieses Merkmals hilft ein Blick auf die Transparenzrichtlinie, die in den §§ 21 ff. WpHG –§§ 33 ff. WpHG n. F. – umgesetzt wurde. In Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie, dessen Umsetzung das Merkmal „in sonstiger Weise“ in § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG – § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG n. F. – dient, wird verlangt, dass „die Aktionäre dem Emittenten mitteilen, welchen Stimmrechtsanteil sie halten, wenn dieser Anteil infolge von Ereignissen, die die Aufteilung der Stimmrechte verändern“, Meldeschwellen tangiert. Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass es auch hier um die dingliche Rechtsposition und nicht um die Stimmrechte gehen soll.45 39

Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2093. Regierungsbegründung zum NaStraG, BT-Drucks. 14/4051, S. 16. 41 OLG Stuttgart, Urteil vom 10. 11. 2004 – 20 U 16/03, NZG 2005, 432, 434 („missverständlicher Wortlaut“). 42 Vgl. Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2094; a. A. wohl OLG Köln, Urteil vom 6. 6. 2012 – 18 U 240/11, NZG 2012, 946, 948 f. 43 Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2093; v. Hein, in: Schwark/Zimmer, KMRK, 5. Auflage 2020, § 33 WpHG Rn. 25. 44 Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2093; a. A. Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 726. 45 Nartowska, NZG 2013, 124, 126. 40

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dd) Telos Auch der Schutzzweck der kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten spricht eher gegen als für eine zusätzliche Meldepflicht des Legitimationsaktionärs. Zunächst einmal hat der Kapitalmarkt kein Interesse an der Offenlegung der bloßen Eintragung im Aktienregister, solange dahinter aufgrund der Weisungsbindung des Legitimationsaktionärs keine tatsächliche Stimmmacht steht.46 Weiterhin kann eine zusätzliche Mitteilung durch den Legitimationsaktionär sogar zur Irreführung des Kapitalmarktes beitragen, da diese doppelten Meldungen sich nicht erkennbar auf dieselben Anteile beziehen. Es könnte also zu einer für die Gesellschaft und den Kapitalmarkt nicht einzuordnenden Vermehrung von Stimmrechten kommen.47 Zwar kommen doppelte Meldungen in Bezug auf dieselben Stimmrechte auch im Falle der Zurechnung nach § 22 WpHG – § 34 WpHG n. F. – vor, diese lassen sich aber anhand der Angaben nach § 17 Abs. 2 WpAIV demselben Stimmrechtsanteil zuordnen.48 Wenn sich die Mitteilungspflichten jedoch beide aus § 21 Abs. 1 WpHG – § 33 Abs. 1 WpHG n. F. – ergeben, besteht eine vergleichbare Regelung nicht, sodass sich die Mitteilungen nicht den Stimmrechten zuordnen lassen. ee) Ergebnis Die Auslegung des § 21 WpHG in seiner Fassung vor der Änderung durch das Kleinanlegerschutzgesetz erlaubte mithin schon bisher keine Ausdehnung auf den Legitimationsaktionär; eine analoge Anwendung scheitert spätestens an Art. 103 Abs. 2 GG. e) Notwendigkeit der gesetzgeberischen Klarstellung Wie soeben gezeigt, war der Regelung des § 21 WpHG in seiner Fassung vor der Änderung durch das Kleinanlegerschutzgesetz im Wege der Auslegung bereits klar zu entnehmen, dass den Legitimationsaktionär keine originären Mitteilungspflichten treffen können. Aus rein rechtlichen Gesichtspunkten wäre also eine Klarstellung im Wortlaut der Norm nicht unbedingt notwendig gewesen. Auch aus unionsrechtlichen Gründen ist eine Anpassung des Wortlauts nicht zwingend geboten, weil durch eine korrekte Auslegung des § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG in der Fassung vor der Änderung durch das Kleinanlegerschutzgesetz das von der Transparenzrichtlinie gewollte Ergebnis einer Anknüpfung an das Aktieneigentum bereits erzielt werden konnte. Zudem sind die Vorgaben der Transparenzrichtlinie nur Mindestvorgaben, über die

46 47 48

Nartowska, NZG 2013, 124, 126. Cahn, AG 2013, 459, 462. Cahn, AG 2013, 459, 462.

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7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der nationalen Umsetzung durchaus hinausgehen und strengere Maßstäbe anlegen kann.49 Gegen das starke praktische Bedürfnis nach einer gesetzlichen Klarstellung der Rechtslage spricht auch folgende Erwägung: Selbst wenn man eine Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs aus § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG – § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG n. F. – angenommen hätte, so bleibt doch Dreh- und Angelpunkt des gezeichneten „Dilemmas“ die Rechtsfolge des Stimmrechtsverlustes aus § 28 WpHG – § 44 Abs. 1 WpHG n. F. –. Die Dramatik der oben beschriebenen Situation entschärft sich aber ganz erheblich, wenn man sich vor Augen führt, dass den Legitimationsaktionär, der einer etwaigen Meldepflicht aus § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG nicht nachkäme, eben keineswegs die Rechtsfolge des § 44 WpHG trifft.50 Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 44 WpHG gilt dieser nur für Rechte aus Aktien, die einem Meldepflichtigen gehören. Selbst wenn der Legitimationsaktionär also nach § 33 WpHG hätte melden müssen und dies nicht getan hat, so bleibt dies für ihn ohne Konsequenz. Es handelt sich also um ein Scheinproblem: Ist die Stimmrechtsausübung trotz der fehlenden Mitteilung wirksam, so trifft weder den Legitimationsaktionär noch den Emittenten eine unerträgliche Rechtsunsicherheit, da einer Beschlussanfechtung die Grundlage entzogen ist. Selbst wenn man den Legitimationsaktionär unter § 33 WpHG fassen wollte, so rettet ihn also spätestens der begrenzte Anwendungsbereich des § 44 WpHG vor der schmerzlichen Folge des Rechtsverlusts. Es bliebe alleine die Bußgeldfolge nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 lit. e) WpHG. Diese aber hätte der Legitimationsaktionär so lange nicht zu befürchten, wie nicht die BaFin von ihrer durch den Emittentenleitfaden vorgezeichneten Verwaltungspraxis abrückt. Dies aber kann sie aufgrund des schutzwürdigen Vertrauens der Rechtsunterworfenen nicht ohne weiteres tun.51 Die Rechtsauffassung der BaFin wäre im Übrigen auch für die Beurteilung des Rechtsverlusts nach § 44 WpHG zu berücksichtigen, wenn dieser tatbestandlich eingriffe. Für diese scharfe Rechtsfolge ist nämlich Verschulden erforderlich.52 Solange sich der Legitimationsaktionär aber auf die im Emittentenleitfaden geäußerte Rechtseinschätzung der BaFin verlässt, liegt ein entschuldigender Rechtsirrtum nahe.53 Zudem ist selbst dann, wenn man einen Rechtsverlust nach § 44 WpHG annehmen wollte, der Bestand der fraglichen Beschlüsse nicht zwingend in Gefahr, bedarf es doch zum Erfolg einer Anfechtungsklage der Relevanz des Fehlers, an der es immer dann fehlen wird, wenn der 49

Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 6. Auflage 2017, § 36 Rn. 7, S. 1267. 50 Vgl. Nartowska, NZG 2013, 124, 127; Richter, WM 2013, 2298, 2309: a. A. Bayer/ Scholz, NZG 2013, 721, 726. 51 Harnos, Geschäftsleiterhaftung bei unklarer Rechtslage, 2013, S. 312. 52 H. M.; vgl. Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 44 WpHG Rn. 13; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 28 Rn. 16 ff.; Kremer/Oesterhaus, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 28 Rn. 34 ff. 53 Harnos, Geschäftsleiterhaftung bei unklarer Rechtslage, 2013, S. 312; Nartowska, NZG 2013, 124, 127.

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Fehler bei der Auszählung der Stimmen sich auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt hat.54 Allerdings weicht die subjektiv in der Praxis wahrgenommene Rechtsunsicherheit offenbar von der objektiven Rechtslage deutlich ab. Das Urteil des OLG Köln im Zusammenspiel mit der divergierenden Rechtsauffassung der BaFin hat eben trotz des eigentlich eindeutigen Auslegungsergebnisses zu einer massiven Verunsicherung unter den Legitimationsaktionären geführt, die beachtliche Auswirkungen auf die Hauptversammlungspräsenzen hatte.55 In der Praxis konnte und wollte man sich nicht darauf verlassen, dass die Gerichte sich, sollte ein derartiger Fall erneut zu entscheiden sein, gegen die Entscheidung des OLG Köln stellen würden. Eine höchstrichterliche Klärung der Frage, die eine einheitliche gerichtliche Entscheidungspraxis hätte sichern können und daher mit Spannung erwartet wurde, war zeitnah nicht mehr zu erwarten. Zwar war zunächst eine Revision zum BGH unter BGH II ZR 209/12 anhängig, allerdings wird diese nicht mehr zur Entscheidung gelangen.56 Die problematische Wahrnehmung der Rechtslage verstärkte sich dadurch, dass es sich bei den Legitimationsaktionären häufig um ausländische Verwahrbanken handelt,57 die zwar von obergerichtlichen Urteilen Kenntnis nehmen mögen, die darauf folgende Diskussion in der Literatur aber nicht intensiv verfolgen werden, sodass die anfängliche Unsicherheit sich durch die eindeutig ablehnende Rezeption im Schrifttum nicht nennenswert abgeschwächt haben dürfte. Durch die Reaktion der Legitimationsaktionäre, der Hauptversammlung lieber fern zu bleiben, wird das Ziel einer stärkeren Aktionärsbeteiligung konterkariert,58 was ein gesetzgeberisches Einschreiten rechtfertigen kann. Allerdings schwächte sich das Regelungsbedürfnis dadurch bereits wieder ab, dass die starke Verunsicherung der Praxis sich nur eine Hauptversammlungssaison gehalten hat; im Jahr 2014 war die Kapitalpräsenz bei Gesellschaften mit Namensaktien schon wieder deutlich angestiegen,59 wobei insbesondere ausländische Aktionäre eine bedeutende Rolle einnahmen.60 Auch in anderen Fällen ist Anlass für ein gesetzgeberisches Einschreiten nicht eine objektiv unklare Rechtslage, sondern deren subjektive Wahrnehmung gerade im 54

Vgl. nur Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 243 Rn. 19. Vgl. Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 63; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 38. 56 Anfrage an BGH vom 11. 3. 2014: Das Verfahren ist seit Oktober 2013 unterbrochen. 57 Vgl. Wettich, AG 2014, 534, 536, vgl. auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 185. 58 Vgl. Cahn, AG 2013, 459, 460. 59 Für die DAX30-Gesellschaften mit Namensaktien ist ein Anstieg um 9 Prozentpunkte von 35 % auf 44 % zu verzeichnen, vgl. https://www.goingpublic.de/hv-magazin/ starke-kapitalpraesenz-auf-dax30-hvs/ (zuletzt abgerufen am 28. 2. 2020); vgl. auch Wettich, AG 2014, 534, 537. 60 https://www.goingpublic.de/hv-magazin/starke-kapitalpraesenz-auf-dax30-hvs/ (zuletzt abgerufen am 28. 2. 2020). 55

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Ausland, die ausländische Investoren vergrämt oder zumindest von der Teilnahme an der Hauptversammlung abhält. In diesem Kontext findet sich beispielsweise auch die Diskussion um das record date bei Namensaktien im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016,61 welches allerdings, anders als dies noch der Regierungsentwurf vorsah, letztlich doch nicht Gesetz geworden ist.62 Auch in diesem Fall war es die Intention des Gesetzgebers, dem unzutreffenden Eindruck unter ausländischen Investoren entgegenzutreten, die Aktien seien vor der Hauptversammlung nicht mehr handelbar, weil sie deswegen häufig auf die Teilnahme an der Hauptversammlung verzichten.63 Mag die Rechtslage schon zuvor objektiv hinreichend klar gewesen sein, so wurde sie doch –gerade im Ausland – nicht so empfunden, und dies vermag ein Einschreiten des Gesetzgebers durchaus zu rechtfertigen. Insgesamt ist die Klarstellung daher zu begrüßen.64 Auch kann es der Rechtssicherheit nur förderlich sein, dass der gesetzgeberische Wille sich in Bezug auf den Adressatenkreis des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG nunmehr zweifelsfrei aus dem Wortlaut ergibt und sich nicht erst durch Auslegung unter Heranziehung von Gesetzesmaterialien, die sich nicht einmal auf das WpHG beziehen, entnehmen lässt. Zudem wird ein Gleichlauf des Wortlauts von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG und § 44 Satz 1 Alt. 1 WpHG erreicht, da beide Normen nun schon in ihrem Wortlaut auf das Kriterium des „Gehörens“ abstellen.65 Dadurch gewinnt die Regelung über Mitteilungspflichten an innerer Kohärenz.

III. Mitteilungspflicht aufgrund der Zurechnungsnorm des § 34 WpHG Nachdem durch die gesetzgeberische Klarstellung feststeht, dass den Legitimationsaktionär Meldepflichten nach § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG nicht treffen können, kommt nur noch eine Mitteilungspflicht aufgrund der Zurechnung von Stimmrechten gem. § 34 WpHG in Betracht.66 1. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG statuiert, dass Stimmrechte, die der Meldepflichtige durch eine Willenserklärung erwerben kann, den Stimmrechten des Meldepflichtigen gleichstehen und damit gleichermaßen eine Mitteilungspflicht 61

Vgl. Müller-Eising, GWR 2014, 229, 230; Harnos/Piroth, ZIP 2015, 456, 459. Wälzholz/Graf Wolffskeel v. Reichenberg, MittBayNot 2016, 197, 198; Götze, NZG 2016, 48, 49; Stöber, DStR 2016, 611, 616; Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 8 f.; Söhner, ZIP 2016, 151, 156. 63 Vgl. Müller-Eising, GWR 2014, 229, 230; Harnos/Piroth, ZIP 2015, 456, 459. 64 Ebenso Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 185; vgl. auch bereits Piroth, AG 2015, 10, 16. 65 Schon zuvor wurde der Wortlaut des § 28 WpHG a. F. für die Auslegung des § 21 WpHG a. F. in dem Sinne herangezogen, dass auch dort auf das Aktieneigentum abzustellen sei, vgl. Nartowska, NZG 2013, 124, 126. 66 Vgl. auch Regierungsbegründung Kleinanlegerschutzgesetz, BT-Drucks. 18/3994, S. 53. 62

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auslösen. Nach heute unbestrittener Ansicht ist es dafür notwendig, dass der Erwerbsberechtigte durch eine letzte Willenserklärung das Eigentum an den Aktien unmittelbar erwerben kann; ein schuldrechtlicher Übereignungsanspruch reicht hingegen nicht aus.67 Notwendig ist also eine einseitige dingliche Erwerbsmöglichkeit des künftigen Aktionärs; maßgeblich ist, dass der Eigentumsübergang nur noch von einem Willensentschluss des Erwerbsberechtigten abhängt. Die Zurechnung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG wird vor dem Hintergrund von Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Zurechnung also restriktiv gehandhabt.68 Manche wollen dieser Vorschrift eine Meldepflicht des Legitimationsaktionärs im Wege eines ErstRecht-Schlusses entnehmen.69 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass wegen der an die Verletzung der Meldepflichten geknüpften Ordnungswidrigkeitenfolge des § 120 Abs. 2 Nr. 2 lit. d) WpHG eine analoge Anwendung ausgeschlossen sein muss.70 Auch eine nach Rechtsfolgen gespaltene Analogie dergestalt, dass nur die zivilrechtlichen Rechtsfolgen, nicht aber die Bußgeldfolge Anwendung finden soll, erscheint fragwürdig, da der Rechtsverlust nach § 44 WpHG für den Meldepflichtigen die mit Abstand schärfere Sanktion darstellen dürfte.71 Auch der BGH lehnt eine gespaltene Auslegung ab.72 Damit ist zunächst festzuhalten, dass der Legitimationsaktionär nicht unter den Zurechnungstatbestand des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG gefasst werden kann. 2. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG a) Weisungsfreiheit In Betracht kommt hingegen eine Zurechnung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG,73 dies jedoch jedenfalls nur dann, wenn der Legitimationsaktionär im Innenverhältnis nicht weisungsgebunden ist.74 Dazu ist nicht erforderlich, dass der Meldepflichtige das Stimmrecht im konkreten Fall nach eigenem Ermessen ausüben können muss, es kommt vielmehr auf eine abstrakte Betrachtungsweise dahingehend 67 Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 Rn. 65; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, 7. Auflage 2019, § 34 Rn. 94; Opitz, in: Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, 2. Auflage, Stand Januar 2013, § 22 Rn. 57. 68 Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 Rn. 65. 69 Vgl. Noack, DB 1999, 1306, 1308. 70 Von Bülow, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 22 Rn. 158; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, Vor §§ 21 – 30 Rn. 25; Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2094. 71 Vgl. Widder/Kocher, ZIP 2012, 2092, 2094; von Bülow, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 22 Rn. 158. 72 BGH, Urteil vom 19. 7. 2011 – II ZR 246/09, NZG 2011, 1147, 1149. 73 Vgl. auch Regierungsbegründung Kleinanlegerschutzgesetz, BT-Drucks. 18/3994, S. 53. 74 Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 Rn. 71; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, 7. Auflage 2019, § 34 Rn. 104; Nartowska, NZG 2013, 124.

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7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

an, dass dem Meldepflichtigen für den Fall, dass keine Einzelweisung erteilt wird, ein Ermessensspielraum verbleibt.75 Das Erfordernis der Weisungsfreiheit bezieht sich auf beide Varianten des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG, die Bevollmächtigung und das Anvertrautsein. Kreditinstitute können niemals weisungsfrei in diesem Sinne agieren, da ihnen § 135 AktG76 umfangreiche Verhaltensgebote auferlegt und damit den erforderlichen Ermessensspielraum entfallen lässt.77 b) Ausübung der Stimmrechte als Bevollmächtigter § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG erfasst zunächst Bevollmächtigte. Es stellt sich die Frage, ob der Legitimationsaktionär von der Fallgruppe der Bevollmächtigung umfasst ist. Zur Beantwortung dieser Frage ist die Auslegung des Begriffs der Bevollmächtigung im Zusammenhang dieser Regelung maßgeblich. Legt man an dieser Stelle ein rein zivilrechtliches Verständnis des Bevollmächtigungsbegriffs zugrunde, muss man die Anwendbarkeit dieser Fallgruppe auf den Legitimationsaktionär konsequent verneinen, handelt der Legitimationsaktionär doch nicht als Bevollmächtigter in fremdem Namen, sondern wird in eigenem Namen aufgrund einer Ermächtigung tätig.78 Es besteht also ein konstruktiver Unterschied zwischen der Bevollmächtigung und der Legitimationszession, weshalb vertreten wird, der Legitimationsaktionär werde von der Vorschrift de lege lata nicht erfasst.79 Allerdings fragt sich, ob man an dieser Stelle ein rein bürgerlich-rechtliches Verständnis des Bevollmächtigungsbegriffs zugrunde legen sollte oder ob hier vor dem unionsrechtlichen Hintergrund der Norm eine autonome Auslegung angezeigt ist.80 In der Tat findet sich auch die Auffassung, die Legitimationsübertragung falle trotz des konstruktiven Unterschieds unter den Bevollmächtigungsbegriff des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG, da der Legitimationsaktionär die gleichen Möglichkeiten zur Einflussnahme auf den Emittenten besitze wie ein Bevollmächtigter.81 Dem Analogieverbot könnte man durch eine dergestalt weite Auslegung mit dem Argument

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Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 Rn. 74; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, 7. Auflage 2019, § 34 Rn. 104; Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 271. 76 Die Gebote des § 135 AktG sind auch auf den Legitimationsaktionär anzuwenden; vgl. § 135 Abs. 6 Satz 2 AktG. 77 Vgl. zum Vollmachtstimmrecht von Kreditinstituten Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 WpHG Rn. 77; a. A. Richter, WM 2013, 2296, 2308. 78 Vgl. Schnabel/Korff, ZBB 2007, 179, 181; von Bülow, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 22 Rn. 182. 79 So etwa Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 34 WpHG Rn. 30; von Bülow, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 22 Rn. 182; Schnabel/Korff, ZBB 2007, 179, 181. 80 In diese Richtung geht Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 180. 81 Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 Rn. 72; im Ergebnis ebenso Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 180.

A. Mitteilungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz

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entgehen, dass der Wortlaut nicht verlassen wird.82 Allerdings ist es wünschenswert, dass sich auch unionsrechtlich determinierte Regelungsbereiche in ihrer Auslegung nicht von dem sie umgebenden Recht verselbstständigen, sondern eine terminologische Kohärenz mit dem sonstigen Aktienrecht erreicht wird. Daher liegt es nahe, den Begriff der Bevollmächtigung im WpHG nicht autonom auszulegen. Der Gesetzgeber unterscheidet in §§ 129 Abs. 2, 135 Abs. 1 AktG zur Stimmrechtsvollmacht einerseits und §§ 129 Abs. 3, 135 Abs. 6 AktG zur Legitimationszession andererseits klar zwischen der Stimmrechtsvollmacht und der Legitimationszession. Dafür, dass er die terminologische Unterscheidung der beiden Rechtsfiguren bei der Umsetzung der Transparenzrichtlinie im WpHG aufgeben wollte, ist nichts ersichtlich. Wäre im Rahmen des § 34 WpHG ein solch weites Verständnis gewollt, so hätte man leicht eine andere Formulierung wählen können. c) Anvertrautsein Jedoch könnte der Legitimationsaktionär der Variante des Anvertrauens unterfallen. Dazu muss das Rechtsverhältnis zwischen Aktionär und Meldepflichtigem einen fiduziarischen Charakter aufweisen, wobei es auf die Aktien und nicht bloß auf das Stimmrecht ankommt.83 Zudem muss es sich um ein rechtsgeschäftlich begründetes Verhältnis handeln, gesetzliche oder organschaftliche Verhältnisse fallen nicht darunter.84 Der Meldepflichtige muss das Stimmrecht aus den Aktien ausüben können und dabei zur Wahrung der Vermögensinteressen des Aktionärs verpflichtet sein,85 während der Aktieninhaber seine Herrschaft über die Aktie in gewissem Umfang aufgibt.86 Der Begriff des „Anvertrautseins“ klingt zunächst nach Treuhandgestaltung; klar ist jedoch auch, dass eine treuhänderische Übertragung des Aktieneigentums im Sinne einer Vollrechtstreuhand gerade nicht gefordert sein kann, denn sonst wäre bereits § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG einschlägig: Ein Treuhänder ist der rechtliche Eigentümer. Einen treuhandähnlichen Charakter hat aber auch die Übertragung der Stimmrechtsausübung an einen weisungsfreien Legitimationsaktionär, kann er doch die Stimmrechte nach eigenem Ermessen ausüben und somit Einfluss auf die Geschicke der Aktiengesellschaft nehmen, was letztlich Einfluss auf das Vermögen des Aktieninhabers haben wird. Eine Pflicht zur Wahrung dieser Vermögensinteressen ergibt sich aus dem Innenverhältnis zwischen Legitimations82

Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 Rn. 72. Vgl. von Bülow, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 22 Rn. 160. 84 Opitz, in: Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, 2. Auflage, Stand Januar 2013, § 22 WpHG Rn. 69. 85 Vgl. BaFin, Emittentenleitfaden, VIII.2.5.6, S. 118; von Bülow, in: Kölner KommWpHG, 2. Auflage 2014, § 22 Rn. 160; U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, 7. Auflage 2019, § 34 Rn. 98; Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 269. 86 Von Bülow, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 22 Rn. 160; Opitz, in: Schäfer/ Hamann, Kapitalmarktgesetze, 2. Auflage, Stand Januar 2013, § 22 WpHG Rn. 69. 83

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7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

aktionär und Aktieninhaber.87 Ob das Rechtsverhältnis auf eine gewisse Dauer angelegt sein muss, wird unterschiedlich beurteilt. Teils wird angenommen, aus dem Erfordernis eines vermögensbetreuenden Charakters ergebe sich, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten auf eine gewisse Dauer angelegt sein müsse;88 die Beauftragung für den Einzelfall, etwa für eine einzelne Hauptversammlung, reiche nicht aus.89 Eine solche Einschränkung lässt sich dem Wortlaut der Zurechnungsnorm jedoch nicht entnehmen und ist daher abzulehnen.90 Auch der Regelungszweck des § 34 WpHG spricht dafür, den Legitimationsaktionär, der das Stimmrecht im Außenverhältnis weisungsfrei ausüben kann, zu erfassen, denn die Zurechnungsvorschrift zielt darauf, wesentliche Stimmmacht unabhängig von der bloßen formalen Eigentümerstellung aufzudecken.91 Wenn die Stimmmacht durch die Weisungsfreiheit im Einzelfall tatsächlich ausnahmsweise beim Legitimationsaktionär und nicht beim Aktieneigentümer liegt, so ist es konsequent, die Legitimationsübertragung durch die Zurechnungsvorschrift zu erfassen. Dem Legitimationsaktionär sind die Aktien des Inhabers also anvertraut im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 WpHG.92 3. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpHG § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpHG, die in Umsetzung der TransparenzrichtlinieÄnderungsrichtlinie93 im Jahr 2015 ins Gesetz aufgenommen wurde,94 bestimmt eine Zurechnung von Stimmrechten auf Grund einer Vereinbarung, die eine zeitweilige Übertragung der Stimmrechte ohne die damit verbundenen Aktien gegen Gegenleistung vorsieht. Diese Regelung soll auf die Legitimationsübertragung keine Anwendung finden, obwohl der neue Zurechnungstatbestand seinem Wortlaut nach durchaus eine gewisse Nähe zur Legitimationsübertragung aufweist.95 Die Nichtanwendung auf die Legitimationsübertragung ist jedoch kohärent vor dem Hintergrund, dass bei der Legitimationsübertragung gerade nicht die Stimmrechte selbst,

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Vgl. auch Michel, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, 2015, § 22 Rn. 80. Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 Rn. 73. 89 Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 Rn. 73. 90 Von Bülow, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 22 Rn. 160. 91 Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, 2. Auflage 2016, § 22 Rn. 71. 92 Ebenso Richter, WM 2013, 2296, 2308; Michel, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, 2015, § 22 Rn. 80; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 181; vgl. auch bereits Piroth, AG 2015, 10, 15. 93 Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. 10. 2013, Abl. EU L 294/13. 94 Durch das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie vom 20. 11. 2015, BGBl. I Nr. 46/2015, S. 2029 m. W.v. 26. 11. 2015. 95 Vgl. auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 185. 88

B. Mitteilungspflichten nach § 20 AktG

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sondern nur deren Ausübung übertragen wird.96 Eine unter § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpÜG fallende Konstellation würde nach deutschem Gesellschaftsrecht unter das Abspaltungsverbot fallen und ist daher nicht denkbar.97 Die Vorschrift kann nur in Fällen ausländischer Gesellschaften, für die das Abspaltungsverbot nicht gilt, Anwendung finden.98 4. Ergebnis Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass eine Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpHG in der Variante des Anvertrautseins grundsätzlich in Betracht kommt. Sie wird jedoch in der Praxis eine Seltenheit sein, da es regelmäßig am eigenen Ermessen fehlen wird.99

B. Mitteilungspflichten nach § 20 AktG I. Einleitung § 20 AktG statuiert eine Mitteilungspflicht für Unternehmen, die 25 % der Aktien an einer inländischen Aktiengesellschaft erreichen. Obgleich die Erfüllung der Mitteilungspflicht nicht gerichtlich durchsetzbar ist, handelt es sich angesichts der möglichen Schadensersatzpflicht aus § 823 Abs. 2 BGB nicht um bloße Obliegenheiten, sondern um echte Rechtspflichten.100 In § 20 Abs. 8 AktG ist eine Subsidiaritätsklausel enthalten, wonach die aktienrechtlichen Mitteilungspflichten nur noch für nicht börsennotierte Gesellschaften anwendbar sind; ansonsten werden sie von §§ 33 ff. WpHG verdrängt.101 Der Meldepflichtige muss das Erreichen einer Schwelle unverzüglich i. S. d. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB und schriftlich i. S. d. § 126 BGB mitteilen.102 Nach § 20 Abs. 6 AktG trifft die Gesellschaft eine Bekanntmachungspflicht in den Gesellschaftsblättern. Dadurch soll für Aktionäre, Gläubiger und die Öffentlichkeit über die Möglichkeit einer bevorstehenden Konzernierung

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Vgl. auch Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 185. Regierungsbegründung zum Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, BT-Drucks. 18/5010, S. 45; vgl. auch Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 284. 98 Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 284; Mohamed, Legitimationszession, 2018, S. 185; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 15a. 99 Von Bülow, in: Kölner Komm-WpHG, 2. Auflage 2014, § 22 Rn. 182 m. w. N. 100 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 20 Rn. 2; Koppensteiner, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 2, 3. Auflage 2009, § 20 Rn. 11; a. A. Petersen, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, Vor § 20 – 22 Rn. 24. 101 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 20 Rn. 92. 102 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 20 Rn. 32, 37. 97

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7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

und die damit einhergehende Gefahr von Interessenkonflikten informiert werden.103 Gleichzeitig soll Rechtssicherheit über die Beteiligungsquoten erzielt werden.104 Im Vergleich zu § 33 WpHG wird der Anwendungsbereich neben den signifikant höher angesetzten Schwellen auch dadurch eingeschränkt, dass Adressat nur Unternehmen sein können. Diese Einschränkung erklärt sich aus dem Regelungszweck des § 20 AktG als Vorschrift der Konzernbildungskontrolle.105 Es gilt ein normzweckbezogener Unternehmensbegriff.106 Maßgeblich ist der sog. Konzernkonflikt,107 d. h. das Vorliegen anderweitiger wirtschaftlicher Interessenbindungen,108 nicht hingegen die Rechtsform.109 Auch eine natürliche Privatperson kann Unternehmen im Sinne der Konzernbildungskontrolle sein, wenn eine anderweitige unternehmerische Interessenbindung vorliegt, die eine Konzerngefahr begründet.110 Ausgenommen ist nur der Privataktionär, dessen wirtschaftliche Interessen sich in der Wahrnehmung seiner Beteiligung an der Aktiengesellschaft erschöpfen.111 Ebenso wie die kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten in § 34 WpHG besitzen auch die aktienrechtlichen Vorschriften in § 20 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 4 und § 20 Abs. 2 AktG Zurechnungstatbestände, die den Anwendungsbereich auf Fälle erstrecken, in denen dem Meldepflichtigen die Anteile zwar noch nicht gehören, er aber bereits gesicherte Einflussmöglichkeiten bzw. eine jederzeitige Zugriffsmöglichkeit besitzt. Bei einem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht droht dem Meldepflichtigen der Rechtsverlust nach § 20 Abs. 7 AktG. Dabei handelt es sich um die Parallelvorschrift zu § 44 WpHG, der für einen Verstoß gegen die kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten der §§ 33 ff. WpHG dasselbe anordnet.112 Daneben kommen Scha-

103

Vgl. Koch, Gesellschaftsrecht, 12. Auflage 2021, § 38 Rn. 27. BGH, Urteil vom 22. 04. 1991 – II ZR 231/90, BGHZ 114, 203, 215, NJW 1991, 2765; Koppensteiner, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 2, 3. Auflage 2009, § 20 Rn. 1. 105 Koch, Gesellschaftsrecht, 12. Auflage 2021, § 38 Rn. 27; Bayer, in: MünchKommAktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 20 Rn. 1. 106 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 15 Rn. 10. 107 Vgl. Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 15 Rn. 7. 108 St.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 335 ff., NJW 1978, 104; BGH, Beschluss vom 08. 05. 1979 – KVR 1/78, BGHZ 74, 359, 365, NJW 1979, 2401; BGH, Urteil vom 16. 2. 1981 – II ZR 168/79, BGHZ 80, 69, 72, NJW 1981, 1512; BGH, Urteil vom 16. 9. 1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, 337, NJW 1986, 188; BGH, Beschluss vom 17. 3. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, NJW 1997, 1855; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 15 Rn. 13 m. w. N. 109 Windbichler, in: Großkomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2017, § 15 Rn. 15; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Auflage 2019, § 15 Rn. 11; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 15 Rn. 16. 110 Koch, Gesellschaftsrecht, 12. Auflage 2021, § 38 Rn. 10. 111 J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 15 Rn. 41; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 15 Rn. 14. 112 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 20 Rn. 44. 104

B. Mitteilungspflichten nach § 20 AktG

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densersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht, da es sich bei den Mitteilungspflichten des § 20 AktG um Schutzgesetze handelt.113

II. Meldepflicht des Legitimationsaktionärs Um eine Meldepflicht des Legitimationsaktionärs nach § 20 AktG zu begründen, müsste er dessen Voraussetzungen in seiner Person erfüllen. § 20 Abs. 1 AktG verlangt als Voraussetzung für das Bestehen einer Mitteilungspflicht, dass die Aktien dem Mitteilungspflichtigen „gehören“. Die Legitimationszession ändert aber nichts an den Eigentumsverhältnissen; der Legitimationsaktionär wird nicht Inhaber der Aktie. Das Aktieneigentum verbleibt vielmehr beim Legitimationszedenten, während nur die Ausübung bestimmter Rechte an den Legitimationsaktionär übertragen wird. Gleichwohl ist zumindest für den Fall, dass der Legitimationsaktionär bei Namensaktien in das Aktienregister eingetragen ist, nicht gänzlich unumstritten, wen die aktienrechtliche Meldepflicht trifft. Großteilig besteht die Ansicht, da es der Zweck der Vorschrift sei, die wirklichen Beteiligungsverhältnisse offen zu legen, sei allein der Legitimationszedent als materiell Berechtigter mitteilungspflichtig nach § 20 AktG.114 Wegen des klaren Wortlauts des § 20 AktG, welcher auf das „Gehören“ und damit auf die Eigentumsverhältnisse und nicht seiner Formulierung nach zunächst auf die Stimmrechte abstellt, scheint diese Einordnung nahe zu liegen. Dennoch gibt es Gegenstimmen, welche zumindest im Falle von Namensaktien aufgrund der Eintragung des Legitimationsaktionärs im Aktienregister die Mitteilungspflicht beim Legitimationsaktionär sehen.115 Aufgrund der Fiktionswirkung des § 67 Abs. 2 AktG gelte gegenüber der Gesellschaft nur der im Aktienregister Eingetragene als Aktionär und müsse mithin auch den Mitteilungspflichten aus § 20 AktG nachkommen.116 Der eindeutige Wortlaut des § 20 AktG, der den Begriff des Gehörens verwendet und damit klar auf die dingliche Rechtslage abstellt, lassen jedoch keinen Raum mehr für die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 AktG. Konstruktiv lässt sich dies wie auch bei § 33 WpHG so begründen, dass es sich nicht um Pflichten handelt, die ausschließlich der Gesellschaft gegenüber bestehen, und damit nicht der Fiktionswirkung des § 67 Abs. 2 AktG unterfallen. Für die Mitteilungspflichten nach § 20 AktG steht damit fest, dass sie unabhängig von der Eintragung im Aktienregister und trotz Legitimationsübertragung den Aktieneigentümer treffen. 113

Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 20 Rn. 88. Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 39; Cahn, AG 2013, 459; Hüffer/ Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 15a; Schilha, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 20 Rn. 6; Nartowska, NZG 2013, 124; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 40. 115 Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Auflage 2019, § 20 Rn. 16a; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 73. 116 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 73. 114

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7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

C. Kontrollerwerb im Sinne des Wertpapierübernahmerechts I. Einleitung Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, das zum 1. 1. 2002 in Kraft getreten ist, regelt den Kauf von Wertpapieren im Rahmen eines öffentlichen Kaufoder Tauschangebots.117 Es wird durch die Übernahmerichtlinie seit Ablauf der Umsetzungsfrist am 20. 5. 2006 auch europarechtlich vorgezeichnet118 und will angesichts der ambivalenten Bewertung von Unternehmensübernahmen119 ein Regelungskonzept schaffen, das Übernahmen weder fördert noch verhindert, sondern ein faires und geordnetes Übernahmeverfahren vorgibt.120 Zudem werden Information und Transparenz für die Aktionäre und Arbeitnehmer der Zielgesellschaft verbessert und die Position der Minderheitsaktionäre gestärkt.121 Das WpÜG kennt grundsätzlich freiwillige Angebote und Pflichtangebote, wobei die freiwilligen Angebote nochmals unterteilt sind in einfache Erwerbsangebote (§§ 10 ff. WpÜG) und Übernahmeangebote.122 Von einem Übernahmeangebot spricht man nach § 29 Abs. 1 WpÜG, wenn bei dem Erwerb der Beteiligung der Kontrollerwerb angestrebt wird, was sich aus der ex-ante-Perspektive beurteilt.123 Ein Übernahmeangebot unterliegt im Vergleich zum einfachen Erwerbsangebot den zusätzlichen Vorschriften der §§ 31 ff. WpÜG; insbesondere wird die anzubietende Gegenleistung unter Einschränkung der privatautonomen Gestaltungsfreiheit vorgeschrieben.124 Neben den freiwilligen Angeboten kennt das WpÜG das Pflichtangebot nach § 35 WpÜG, durch das sogar die Abschlussfreiheit beschnitten wird.125 Hat ein Bieter die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt, muss er dies nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG veröffentlichen und den verbleibenden Aktionären ein Angebot zum Erwerb ihrer Aktien unterbreiten, § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG. Diese starke Einschränkung der Privatautonomie beruht auf der Annahme, bei einem Kontrollwechsel entfalle die Grundlage der Investitionsentscheidung der Aktionäre der Zielgesellschaft.126 Die Systematik der Erwerbsangebote baut also auf dem Kontrollbegriff auf,127 den § 29 117

Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Auflage 2018, § 18 Rn. 1. Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. 4. 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EU L 142/12; vgl. dazu Hirte/Heinrich, in: Kölner Komm-WpÜG, 2. Auflage 2010, Einl. Rn. 58 ff. 119 Vgl. ausführlich Hirte/Heinrich, in: Kölner Komm-WpÜG, 2. Auflage 2010, Einl. Rn. 3 ff. 120 Hirte/Heinrich, in: Kölner Komm-WpÜG, 2. Auflage 2010, Einl. Rn. 84. 121 Hirte/Heinrich, in: Kölner Komm-WpÜG, 2. Auflage 2010, Einl. Rn. 84. 122 Vgl. auch Hirte/Heinrich, in: Kölner Komm-WpÜG, 2. Auflage 2010, Einl. Rn. 85. 123 Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Auflage 2018, § 18 Rn. 26. 124 Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, 5. Auflage 2020, Einl. WpÜG Rn. 10. 125 Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, 5. Auflage 2020, Einl. WpÜG Rn. 11. 126 Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, 5. Auflage 2020, Einl. WpÜG Rn. 12. 127 Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Auflage 2018, § 18 Rn. 32. 118

C. Kontrollerwerb im Sinne des Wertpapierübernahmerechts

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Abs. 2 WpÜG ursprünglich schlicht definierte als das Halten von mindestens 30 % der Stimmrechte der Gesellschaft.

II. Kontrolle nach 29 Abs. 2 WpÜG § 29 WpÜG ging zunächst ebenso wie § 21 WpHG a. F. – vor seiner Änderung durch das Kleinanlegerschutzgesetz 2015 – ohne weitere Spezifikationen von den „Stimmrechten“ als Anknüpfungspunkt für den Kontrollerwerb aus. Schon vor Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes entsprach es der herrschenden Ansicht, dass der Legitimationsaktionär die Stimmrechte, zu deren Ausübung er ermächtigt ist, nicht im Sinne des § 29 Abs. 2 WpÜG „halte“. Für das „Halten“ komme es trotz des Wortlauts nicht auf die bloße Ausübung der Stimmrechte, sondern auf die dingliche Rechtsinhaberschaft an.128 Auch im Falle einer Legitimationsübertragung bleibe der wahre Aktionär derjenige, der die Aktien im Sinne des § 29 Abs. 2 WpÜG „hält“.129 Durch das Kleinanlegerschutzgesetz wurde § 29 Abs. 2 WpÜG parallel zu § 21 WpHG a. F. geändert und eine klarstellende Ergänzung eingefügt. § 29 Abs. 2 WpÜG lautet seitdem: „Kontrolle ist das Halten von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft aus dem Bieter gehörenden Aktien der Zielgesellschaft oder dem Bieter nach § 30 zugerechneten Stimmrechten an der Zielgesellschaft.“

Durch die Ergänzung soll laut Regierungsbegründung zum Kleinanlegerschutzgesetz der „seit jeher bestehende Gleichlauf der Parallelregelungen des § 29 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 21 des Wertpapierhandelsgesetzes sowie der Zurechnungstatbestände in § 22 des Wertpapierhandelsgesetzes und § 30 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes“ sichergestellt werden.130 Damit steht nunmehr auch im Wortlaut des Gesetzes fest, dass es für den Kontrollerwerb nur auf solche Stimmrechte ankommt, die sich aus dem Bieter gehörenden Aktien ergeben.131 Der Fall, dass ein Legitimationsaktionär aufgrund Kontrollerwerbs zur Abgabe eines Pflichtangebots nach § 35 WpÜG verpflichtet wird, ist hingegen nicht denkbar, weil es dazu am Merkmal des „Gehörens“ fehlt.

128 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 40; von Bülow, in: Kölner KommWpÜG, 2. Auflage 2010, § 29 Rn. 94; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 68 Rn. 40. 129 Noack, in: Schwark/Zimmer, KMRK, 5. Auflage 2020, § 29 WpÜG Rn. 37; Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 62. 130 Regierungsbegründung Kleinanlegerschutzgesetz, BT-Drucks. 18/3994, S. 56; vgl. auch Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 63. 131 Vgl. auch Rothenfußer, in: Paschos/Fleischer, Übernahmerecht, 2017, § 11 Rn. 47.

204

7 Kap.: Der Legitimationsaktionär als Adressat von Pflichten

III. Zurechnungsmöglichkeiten bei Legitimationsübertragung Es kann sich daher wie schon bei § 33 ff. WpHG nur die Frage stellen, inwieweit Zurechnungsvorschriften die Legitimationsübertragung erfassen können. Parallel zu § 34 WpHG n. F. gibt es auch im Übernahmerecht Zurechnungsvorschriften für Stimmrechte in § 30 WpÜG. Die hier in Frage kommende Zurechnungsvorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG, der seinem Wortlaut nach mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG übereinstimmt, bestimmt, dass auch solche Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft Stimmrechten des Bieters gleichstehen, „die dem Bieter anvertraut sind oder aus denen er die Stimmrechte als Bevollmächtigter ausüben kann, sofern er die Stimmrechte aus diesen Aktien nach eigenem Ermessen ausüben kann, wenn keine besonderen Weisungen des Aktionärs vorliegen.“ Bereits oben im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG wurde festgestellt, dass eine Legitimationsübertragung unter die Variante des Anvertrautseins fallen kann, soweit im Einzelfall das erforderliche Ermessen bei der Stimmrechtsausübung gegeben sein sollte. Das bedeutet, dass einem Bieter, der zugleich die Ausübung von Stimmrechten aus fremden Aktien im Wege der Legitimationszession übertragen bekommen hat, sich diese Stimmrechte zurechnen lassen muss, auch ohne dass ihm diese Aktien gehören. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpÜG, die Parallelregelung zu § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpHG, die in Umsetzung der geänderten Transparenzrichtlinie im Jahr 2015 ins Gesetz aufgenommen wurde,132 findet, wie oben bereits beschrieben, auf die Legitimationsübertragung keine Anwendung.133

132

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie vom 20. 11. 2015, BGBl. I Nr. 46/2015, S. 2029. 133 Vgl. auch Regierungsbegründung zum Gesetz zur Umsetzung der TransparenzrichtlinieÄnderungsrichtlinie, BT-Drucks. 18/5010, S. 56, 45.

8. Kapitel

Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem A. Perspektive der Betrachtung Während die bisherige Arbeit die Rechtslage aus der Sicht des Legitimationsaktionärs betrachtet und dessen Rechte und Pflichten beleuchtet hat, findet im letzten Teil ein Perspektivwechsel statt. Die Legitimationszession wird nunmehr aus der Außenperspektive beleuchtet, aus der Sicht einer betroffenen Aktiengesellschaft, vor allem aber aus der Sicht des deutschen und europäischen Gesetzgebers. Für diese Akteure ist der in das Aktienregister eingetragene Legitimationsaktionär ein Transparenzproblem, welches durch verschiedene gesetzgeberische Maßnahmen mit unterschiedlichen Zielsetzungen angegangen wurde:1 vom deutschen Gesetzgeber durch das Risikobegrenzungsgesetz 2008 und die Aktienrechtsnovelle 2016, vom europäischen Gesetzgeber durch die geänderte Aktionärsrechterichtlinie2 und die Vierte Geldwäscherichtlinie.3 Letztere hat der deutsche Gesetzgeber bereits 2017 in Gestalt der Einführung des Transparenzregisters in §§ 18 ff. GwG umgesetzt; durch die Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie4 hat dieses bereits wieder eine Umgestaltung erfahren, die zum 1. 1. 2020 in Kraft getreten ist.5

1 Vgl. zu Transparenzbestrebungen auf deutscher und europäischer Ebene auch Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 465. 2 Richtlinie 2017/828/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 5. 2017 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre, ABl. EU L 132/1. 3 Richtlinie 2015/849/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 5. 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, Amtsblatt der Europäischen Union, L 141/73. 4 Richtlinie 2018/843/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 30. 5. 2018 zur Änderung der Richtlinie 2015/849/EU zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, Amtsblatt der Europäischen Union, L 156/43. 5 Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 12. 12. 2019, BGBl. I Nr. 50/2019, S. 2602.

206

8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Auch das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie, das sog. ARUG II,6 ist schließlich erst zum 1. 1. 2020 in Kraft getreten und hat die Umsetzungsfrist damit um fast ein halbes Jahr überschritten. Diese war bereits am 10. 6. 2019 abgelaufen.7 Das Gesetz wurde jedoch erst am 14. 11. 2019 im Bundestag beschlossen und hat am 29. 11. 2019 den Bundesrat passiert. Nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt am 19. 12. 2019 ist es zum 1. 1. 2020 in Kraft getreten.8 Während das Risikobegrenzungsgesetz und die geänderte Aktionärsrechterichtlinie auf eine erhöhte Beteiligungstransparenz und erleichterte Aktionärsidentifikation durch die Gesellschaft abzielen, dient das Transparenzregister der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Auch die Zurückdrängung der Inhaberaktie durch die Aktienrechtsnovelle 2016 war motiviert von der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, nachdem diesbezügliche Kritik von der FATF9 geäußert worden war. Das ARUG II hat an § 67 AktG als dem bisherigen Regelungsstandort der Aktionärsidentifikation angesetzt, an ihm einige Anpassungen durchgeführt und ihm sechs weitere Paragraphen, §§ 67a bis 67 f AktG, angeschlossen, die die Aktionärsidentifikation in ein neues regulatorisches Gewand kleiden, indem, entsprechend den Vorgaben des Kapitels Ia der 2. ARRL, erstmals ein auf die beteiligten Intermediäre gestütztes Verfahren zur Ermittlung der Aktionäre eingeführt wird.10 Trotz dieser unterschiedlichen Stoßrichtung der Neuregelungen, die einerseits eher die Interessen der Aktiengesellschaft, andererseits eher öffentliche Interessen im Blick haben, ist allen Änderungen gemeinsam, dass die Ziele durch eine durchsichtigere und nachvollziehbarere Aktionärsstruktur erreicht werden sollen. Im folgenden Kapitel soll das gesetzgeberische Tätigwerden im Hinblick auf die Beteiligungstransparenz und Aktionärsidentifikation nachvollzogen werden.

B. Legitimationsübertragung und Aktienregister Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem konnte bis zum ARUG II nur bei Namensaktiengesellschaften auftreten, denn bislang war die Möglichkeit der Identifikation der Aktionäre den Namensaktien emittierenden Gesellschaften vorbehalten. Nur bei ihnen bot das Aktiengesetz mit dem Aktienregister ein Instrument,

6

BGBl. I Nr. 50/2019, S. 2637. Vgl. Art. 2 (1) der 2. ARRL. 8 Die Hoffnung von Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749, wenn sein Beitrag erscheine, werde das ARUG II „längst im Bundesgesetzblatt stehen“, hat sich somit nicht bewahrheitet. 9 Financial Action Task Force, eine von den G7 eingesetzte zwischenstaatliche Organisation, die eine wirkungsvolle Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in den Mitgliedsstaaten sicherstellen soll. 10 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 2. 7

B. Legitimationsübertragung und Aktienregister

207

was der Gesellschaft ein gewisses Maß an interner Beteiligungstransparenz bieten soll, die durch die Eintragung von Legitimationsaktionären verwässert wird. Bei Gesellschaften mit Inhaberaktien konnte sich ein aus der Legitimationsübertragung resultierendes Transparenzproblem bislang nicht stellen, da eine Inhaberaktiengesellschaft ohnehin keine Möglichkeit besaß, sich über ihre Aktionärsstruktur zu informieren. Dem Umstand der mangelnden Informationsmöglichkeiten der Gesellschaft über ihre Aktionärsstruktur abzuhelfen, hatte sich in gewissem Maße bereits die Aktienrechtsnovelle 2016 zur Aufgabe gemacht. Durch sie sollte auch im Bereich der Inhaberaktien emittierenden Gesellschaften ein gewisses Maß an Beteiligungstransparenz erreicht werden.11 Das ARUG II hat dieses Konzept nun fortgeführt und erstmals auch für Inhaberaktien umfassende Auskunftsrechte der Gesellschaft in Bezug auf die Identität ihrer Aktionäre geschaffen.12 Der Schwerpunkt der Beteiligungstransaprenz wird aber weiterhin auf dem Aktienregister liegen, schon alleine weil dieses außer der – gesetzlich verpflichtenden – Führung des Registers selbst keine zusätzlichen Anstrengungen der Gesellschaft in Gestalt von Auskunftsverlangen unter Einbeziehung weiterer Akteure erfordert. Das Aktienregister soll daher Ausgangspunkt der Betrachtung sein.

I. Die durch das Aktienregister vermittelte Beteiligungstransparenz 1. Die Wirkung des Aktienregisters Gem. § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG in seiner Neufassung durch das ARUG II lautet wie folgt: „Im Verhältnis zur Gesellschaft bestehen Rechte und Pflichten aus Aktien nur für und gegen den im Aktienregister Eingetragenen.“

Zuvor hatte die Regelung seit 20 Jahren denselben Wortlaut: „Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt als Aktionär nur, wer als solcher im Aktienregister eingetragen ist.“

Lediglich der Begriff „Aktienbuch“ wurde durch das NaStraG 2001 durch das Wort „Aktienregister“ ersetzt, um die Möglichkeit der digitalen Führung des Aktionärsverzeichnisses auch im Namen nachzuzeichnen.13 Die Formulierung der Vermutungswirkung an sich hat jedoch nie eine Änderung erfahren. Die nunmehr erfolgte Umformulierung durch das ARUG II dient ausweislich der Regierungsbegründung der Angleichung an die Vorgaben der 2. ARRL. Eine inhaltliche Änderung ist mit der Anpassung des Wortlauts jedoch nicht verbunden. Die 11

Zu den Änderungen durch die Aktienrechtsnovelle 2016 unten 8. Kapitel D, S. 283. Zu den Änderungen durch das ARUG II unten 8. Kapitel C. V, S. 268. 13 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 4; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 8. 12

208

8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Änderung soll „noch deutlicher klarstellen, dass die Eintragung maßgeblich für die aus den Aktien folgenden Rechte und Pflichten ist.“14 Es soll eine Fehlinterpretation der Regelung dahingehend vermieden werden, dass es für die Aktionärseigenschaft und damit für die Identifikation des Aktionärs mittels der durch das ARUG II neu eingeführten Informationsrechte gegenüber den Intermediären auf die Eintragung im Aktienregister ankäme.15 Daher wurde der Begriff des „Aktionärs“ nunmehr vermieden und stattdessen der des „im Aktienregister Eingetragenen“ verwendet, um im Wortlaut noch deutlicher hervortreten zu lassen, dass der Eingetragene eben nicht zwangsläufig materiellrechtlich der „Aktionär“ im Sinne der Informationsansprüche der §§ 67d AktG n. F. ist. Würden die neuen Informationsansprüche nämlich so interpretiert werden, dass die Intermediäre bei Namensaktien nur über die Identität des im Aktienregister Eingetragenen informieren müssten, so wäre im Bereich der Namensaktien für die Aktionärsidentifikation kaum etwas gewonnen; den Gesellschaften geht es schließlich um die Identifikation der wahren Aktionäre, nicht der etwaig im Aktienregister eingetragenen Intermediäre.16 Vorher wie nachher statuiert das Aktienregister unverändert eine unwiderlegliche Vermutung,17 die in beide Richtungen wirkt: Die Aktiengesellschaft darf und muss den Eingetragenen als Aktionär behandeln, auch wenn dieser nicht der materiell Berechtigte ist; andererseits darf sie ohne Eintragung in das Aktienregister auch dem wahren Aktionär keinerlei mitgliedschaftlichen Rechte zugestehen.18 Diese Verknüpfung der mitgliedschaftlichen Rechte mit der Eintragung in das Aktienregister schafft Rechtsklarheit für die Aktiengesellschaft.19 Sie kann die Personen, die ihr gegenüber mitgliedschaftlich berechtigt und verpflichtet sind, zweifelsfrei aus dem

14

Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 57. Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 58; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 11; Beneke/Illner, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67 Rn. 3; Bork, NZG 2019, 738, 740. 16 Vgl. auch Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 58; vgl. auch Paschos/ Goslar, AG 2018, 857, 860; J. Schmidt, NZG 2018, 1201, 1216; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 62; Beneke/Illner, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67 Rn. 3. 17 So die heute ganz h. M., vgl. Gätsch, FS Beuthien, 2009, 2009, S. 133, 136; Lutter/ Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 46; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 13; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 39; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 9a; vgl. auch Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 62. 18 Vgl. Drygala, NZG 2004, 893, 894. 19 Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 1; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 1; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 1; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 28; Lange, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 67 Rn. 1; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 1; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 2. 15

B. Legitimationsübertragung und Aktienregister

209

Aktienregister entnehmen, ohne dass es dabei auf die materielle Rechtslage ankommt.20 Dies entspricht dem ursprünglichen Leitbild der Registerklarheit.21 Durch Reformen in jüngerer Zeit ist dieser Grundsatz als Leitbild des Aktienregisters jedoch zunehmend relativiert worden. Einen besonders deutlichen Einschnitt in die unbeschränkte Aussagekraft des Aktienregisters stellt die durch das Risikobegrenzungsgesetz eingeführte Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 2, 3 AktG dar, wodurch Stimmrechte aus Eintragungen bei Verstoß gegen satzungsmäßige Höchstgrenzen oder Offenlegungspflichten für Legitimationseintragungen entfallen können.22 Im Außenverhältnis zu Dritten spielt das Aktienregister keine Rolle. Seine Legitimationswirkung beschränkt sich auf das Innenverhältnis zur Gesellschaft, vgl. § 67 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 6 AktG.23 Das Aktienregister wirkt insbesondere – anders als etwa die Gesellschafterliste bei der GmbH – nicht als Gutglaubensträger, die Eintragung ist weder Voraussetzung für den Erwerb der Namensaktie noch heilt sie etwaige Erwerbsmängel.24 2. Zweck des Aktienregisters Das Aktienregister soll der Gesellschaft Transparenz über die Identität des Aktieninhabers sowie die Höhe seiner Beteiligung verschaffen und zudem eine unmittelbare Kommunikation zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär ermöglichen.25 Insbesondere dient es damit auch der Steigerung der Verwaltungseffizienz der Aktiengesellschaft, da die Aktiengesellschaft den Berechtigten bzw. Verpflichteten direkt aus dem Aktienregister entnehmen kann, z. B. im Rahmen der Durchsetzung der Kapitalaufbringung oder bei der Vorbereitung von Hauptversammlungen.26 20 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 1, 36; Grigoleit/ Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 64. 21 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 2. 22 Vgl. dazu unten 8. Kapitel C. III. 2. b), S. 228 und 8. Kapitel C. III. 5. e), S. 254. 23 Kölling, NZG 2000, 633; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 48; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 12. 24 Allg. M., Gätsch, FS Beuthien, 2009, S. 133, 136; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 11; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 42; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 36; Drygala/Staake/ Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, 2012, § 22 Rn. 16; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 11; Servatius, in: Wachter, AktG, 3. Auflage 2018, § 67 Rn. 8; Einsele, JZ 2019, 121, 123. 25 Diekmann/Merkner, NZG 2007, 921, 925; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 28. 26 Lange, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 67 Rn. 1; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 1; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 1; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 1; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 2; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 1; Siems, ZGR 2003, 218, 224.

210

8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Damit besitzt das Aktienregister eine interne Informationsfunktion für die Gesellschaft.27 Die externe Informationsfunktion des Aktienregisters hingegen ist seit dem NaStraG äußerst begrenzt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen gewährt § 67 Abs. 6 AktG in der Fassung des NaStraG lediglich einen Anspruch des Aktionärs auf Auskunft über die zu seiner Person in das Aktienregister eingetragenen Daten, nicht jedoch eine umfassende Befugnis zur Einsichtnahme in das Aktienregister.28 Insofern ist der Begriff der durch das Aktienregister vermittelten Beteiligungstransparenz differenziert zu verwenden. Zwar entsteht durch die Eintragung in das Aktienregister ein gewisses Maß an „interner“ Transparenz29 insofern, als die Aktiengesellschaft den Aktionär dann grundsätzlich aus dem Aktienregister entnehmen kann. Da das Aktienregister jedoch nicht öffentlich einsehbar ist, ist es mit anderen Instrumenten der Beteiligungstransparenz, etwa nach § 20 AktG und §§ 33 ff. WpHG, die eine umfassende, auch „externe“ Beteiligungstransparenz vermitteln, nicht zu vergleichen.30 3. Leitbilder des Aktienregisters In Fragen der Beteiligungstransparenz prallen vielfältige Interessen aufeinander, die der Gesetzgeber in Einklang zu bringen versucht. Dabei hat er in den Reformgesetzen unterschiedliche Akzente gesetzt. Während das NaStraG die Registervollständigkeit in den Mittelpunkt stellte, setzte das Risikobegrenzungsgesetz den Akzent auf die Erhöhung der Beteiligungstransparenz und will auf ein materiell richtiges Aktienregister hinwirken; hier stand also der Grundsatz der Registerwahrheit im Fokus.31 Diese beiden unterschiedlichen Leitbilder stehen nicht beziehungslos nebeneinander und können nicht notwendigerweise gleichzeitig verwirklicht werden, vielmehr kommen sie sich manchmal in die Quere.32 Dieses Spannungsverhältnis, in dem die Leitbilder der Registerklarheit bzw. Registervollständigkeit einerseits und der Registerwahrheit andererseits stehen,33 zeigt sich 27

Einsele, JZ 2019, 121, 123 spricht von „relativer Publizität“. Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 5; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 28; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 15. 1. 2020, § 67 Rn. 3; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 156; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 2; Noack, DB 2001, 27; Maul, NZG 2001, 585, 588; Kindler, NJW 2001, 1678, 1681; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 149. 29 Vgl. Nikoleyczik, GWR 2010, 594, 596 (Auch zum Begriffspaar der „internen“ und „externen“ Beteiligungstransparenz). 30 Vgl. Nikoleyczik, GWR 2010, 594, 596. 31 T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 5 ff.; Noack, NZG 2008, 721, 725. 32 T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 6. 33 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 2; vgl. auch U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 185. 28

B. Legitimationsübertragung und Aktienregister

211

insbesondere im Hinblick auf Legitimationseintragungen deutlich. Hier kann nur ein Ziel auf Kosten des anderen erreicht werden: Während Legitimationseintragungen der Registervollständigkeit dienen, schränken sie die Registerwahrheit ein. Durch die verschiedenen und teils konträren Regelungsziele in Bezug auf den Zweck des Aktienregisters, die der Gesetzgeber in Einklang zu bringen versucht, ist die Rechtslage „komplexer, aber keineswegs klarer“34 geworden. Die Umsetzung der geänderten Aktionärsrechterichtlinie durch das ARUG II verfolgt das Leitbild „Know your shareholder“ weiter und akzentuiert damit weiterhin den Grundsatz der Registerwahrheit. Mit einer umfangreichen Umgestaltung der §§ 67 ff. AktG soll den Aktiengesellschaften die Identifikation ihrer Aktionäre ermöglicht werden. § 67 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 67d Abs. 4 AktG in seiner Neufassung durch das ARUG II ermöglichen es der Gesellschaft, von dem Letztintermediär Informationen bzgl. der Identität des Aktionärs zu erhalten und das Aktienregister entsprechend anzupassen. Erstmals hat es die Gesellschaft damit selbst in der Hand, die Aussagekraft ihres Aktienregisters zu beeinflussen, ohne zwingend auf Mitteilung und Nachweis durch den Aktionär selbst angewiesen zu sein.35 Zuvor konnte die Gesellschaft zwar auch gem. § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG von den Eingetragenen Auskunft verlangen, jedoch war es ihr verwehrt, diese gewonnenen Informationen auch in das Aktienregister einfließen zu lassen. 4. Die Führung des Aktienregisters a) Grundsätzliches Wenn eine Aktiengesellschaft sich dafür entscheidet, Namensaktien zu emittieren, ist sie gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG verpflichtet, ein Aktienregister zu führen. Das Aktienregister ist eine „sonst erforderliche Aufzeichnung“ i. S. d. § 239 HGB.36 Ob die Pflicht zur Führung eines Aktienregisters die Verbriefung der betreffenden Anteile voraussetzt, war bis zur Aktienrechtsnovelle 2016 umstritten, wobei mehrheitlich eine Verbriefung vorausgesetzt wurde. Im Zuge der Aktienrechtsnovelle ist dieser Streit durch eine Ergänzung der Worte „unabhängig von einer Verbriefung“ in § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG beendet worden, sodass nunmehr unstreitig auch unverbriefte Namensaktien in das Aktienregister aufzunehmen sind.37 Das steht im Einklang mit dem Leitmotiv der Aktienrechtsnovelle, die Beteiligungstransparenz zu erhöhen.38 Sogar für Inhaberaktien ist seit der Aktienrechtsnovelle 2016 unter bestimmten Umständen ein Aktienregister zu führen, nämlich gem. § 10 Abs. 1 Satz 3

34 35 36 37 38

Noack, NZG 2008, 721, 725. Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 58. Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 11. Vgl. nur Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 12. Vgl. dazu noch unten 8. Kapitel D, S. 283.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

AktG immer dann, wenn die Sammelurkunde, die die Inhaberaktien verbrieft, noch nicht bei einer der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 AktG genannten Stellen hinterlegt ist. § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG vermittelt jedem Aktionär einen Anspruch auf Führung eines Aktienregisters, unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung und weitergehend auch unabhängig davon, ob er selbst – denkbar nur bei Gesellschaften, die sowohl Namens- als auch Inhaberaktien ausgeben – überhaupt Namensaktionär der Gesellschaft ist.39 Innerhalb der aktienrechtlichen Kompetenzverteilung kommt diese Aufgabe dem Vorstand als Kollegialorgan zu.40 Eine Delegation dieser Aufgabe ist möglich,41 jedoch kann sich der Vorstand damit nicht seiner Verantwortung für die Erledigung dieser Leitungsaufgabe entledigen.42 Erfolgt eine Delegation an unternehmensexterne Dritte, so muss der Vorstand sich ein Weisungsrecht vorbehalten, um jederzeit Herr des Verfahrens zu bleiben.43 Möglich ist etwa eine Auslagerung an spezialisierte Dienstleistungsunternehmen wie ADEUS44 oder Bader&Hubl,45 was insbesondere bei girosammelverwahrten Namensaktien üblich ist und den Vorteil des tagesaktuellen Datenaustauschs mit dem Transaktionsverwaltungssystem für Namensaktien CASCADE-RS von Clearstream bietet.46 Bei einer solchen externen Führung des Aktienregisters ist der Abschluss einer Vereinbarung über Auftragsdatenverarbeitung erforderlich, um datenschutzrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden.47 Den ersten Inhaber des Mitgliedschaftsrechts trägt der Vorstand eigeninitiativ ein, ohne dass hierfür ein Antrag oder eine Mitteilung durch den Aktionär nötig wäre.48 39 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 7; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 16; Wieneke, in: Bürgers/ Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 6; a. A. Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 15. 1. 2020, § 67 Rn. 11. 40 Vgl. nur Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, 3. Auflage 2008, Band 1/ Teil 1, § 67 Rn. 9 m. w. N. 41 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 9; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 5; Happ, FS G. Bezzenberger, 2000, S. 111, 117; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 29; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 5; Servatius, in: Wachter, AktG, 3. Auflage 2018, § 67 Rn. 3; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 6; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 11. 42 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 9; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 5. 43 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 9; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 5. 44 Adeus Aktienregister-Service-GmbH, https://www.adeus.de/services.php (zuletzt abgerufen am 25. 5. 2021). 45 www.baderhubl.de/aktienregister.html (zuletzt abgerufen am 25. 5. 2021). 46 Vgl. dazu bereits oben 2. Kapitel C, S. 67. 47 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 5. 48 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 16; Bayer, in: MünchKommAktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 14; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 14; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage

B. Legitimationsübertragung und Aktienregister

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Jedoch ist der Namensaktionär gem. § 67 Abs. 1 Satz 2 AktG verpflichtet, der Gesellschaft die zur Führung des Aktienregisters benötigten Daten mitzuteilen. Soll nicht der wahre Aktionär, sondern ein Platzhalter oder Legitimationsaktionär eingetragen werden, so gelten für die Mitteilung zusätzliche Anforderungen. Für eine Eintragung als Platzhalter reicht eine Mitteilung der depotführenden Bank, dass der Aktionär seiner eigenen Eintragung widersprochen hat; aus der Mitteilung des Legitimationsaktionärs muss sich ergeben, dass er als Stimmrechtsermächtigter anstelle des wahren Aktionärs einzutragen ist.49 Erst mit dem Übergang der Aktien vom ersten Berechtigten auf einen Erwerber ergibt sich also die Möglichkeit der Entstehung der sog. „freien Meldebestände“.50 In Bezug auf spätere Eintragungen durfte der Vorstand bis zum ARUG II nicht eigeninitiativ tätig werden, sondern gem. § 67 Abs. 3 AktG nur auf Mitteilung und Nachweis,51 sog. Veranlassungsprinzip.52 Die Notwendigkeit von Mitteilung und Nachweis als Voraussetzung für die Eintragung in das Aktienregister war bindend für den Vorstand, d. h. er durfte selbst dann nicht korrigierend eingreifen, wenn eine Eintragung anfänglich unrichtig war53 oder wenn er nach einer Übertragung den neuen materiell-rechtlichen Inhaber kannte.54 In solchen Fällen war er vielmehr auf die Instrumente des § 67 Abs. 5 AktG verwiesen.55 b) Eigeninitiative Ergänzung und Korrektur des Aktienregisters nach dem ARUG II aa) §§ 67 Abs. 3 Satz 2, 67d Abs. 4 AktG n. F. Die Eintragung des Aktionärs im Aktienregister ist im Grundsatz auch durch das ARUG II unangetastet geblieben, es bleibt nach § 67 Abs. 3 Satz 1 AktG dabei, dass Löschung und Neueintragung im Aktienregister auf Mitteilung und Nachweis erfolgen. Auch § 67 Abs. 5 AktG ist in der Neufassung durch das ARUG II unverändert 2020, § 67 Rn. 91; Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 31; Servatius, in: Wachter, AktG, 3. Auflage 2018, § 67 Rn. 10; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 7. 49 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 187. 50 Vgl. Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 12; vgl. zu den sog. freien Meldebeständen noch sogleich unten. 51 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 27; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 94; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 14; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 17; Grigoleit/ Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 2. 52 Vgl. Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 89; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 185 sprechen vom „Antragsgrundsatz“. 53 Drygala, NZG 2004, 893, 894. 54 RG, Urteil vom 29. 1. 1915 – II 432/14, RGZ 86, 154, 159; Noack, NZG 2008, 721; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183. 55 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 27 f.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

geblieben. Jedoch wurde der Regelung des § 67 Abs. 3 AktG ein zweiter Satz hinzugefügt, der eine wichtige Einschränkung für das Veranlassungsprinzip beinhaltet. Eine Eintragung in das Aktienregister ist nämlich nunmehr auch auf Mitteilung nach § 67d Abs. 4 AktG zulässig. Diese durch das ARUG II neu eingeführte Regelung betrifft die Übermittlung von Informationen durch den Letztintermediär an die Gesellschaft zur Beantwortung eines Informationsverlangens. Diese Informationen sollen nach dem gesetzgeberischen Willen unmittelbar in das Aktienregister einfließen können.56 Künftig ist der Gesellschaft also eine Möglichkeit an die Hand gegeben, eigeninitiativ ohne die Mitwirkung des Aktionärs eine Eintragung im Aktienregister zu erreichen.57 Diese Regelung ist gem. Art. 26j Abs. 4 EGAktG ab dem 3. 9. 2020 anzuwenden. Ab diesem Zeitpunkt besteht für die Gesellschaft also die Möglichkeit, mithilfe der durch das Informationsverlangen gem. § 67d Abs. 4 AktG erlangte Informationen in ihr Aktienregister aufzunehmen. Eine eigeninitiative Ergänzung des Aktienregisters ist ab diesem Zeitpunkt also möglich. Fraglich ist, ob auch eine eigeninitiative Korrektur in Betracht kommt. Nach dem Wortlaut des neuen § 67 Abs. 3 Satz 2 AktG, wonach „eine Eintragung“ auch auf Mitteilung nach § 67d Abs. 4 AktG vorgenommen werden kann, stellt sich die Frage, ob dem Vorstand damit auch die Korrektur fehlerhafter Eintragungen eröffnet wird oder nur das Füllen von Leerstellen. Nach der Regierungsbegründung ist gestützt auf § 67 Abs. 3 Satz 2 AktG zunächst nur letzteres der Fall. Die Regelung soll dem Vorstand nicht die Kompetenz einräumen, den noch eingetragenen Altaktionär eigeninitiativ aus dem Aktienregister zu löschen. Die Löschung muss vielmehr weiterhin nach § 67 Abs. 5 AktG erfolgen.58 bb) Auswirkungen auf die Auslegung des § 67 Abs. 5 AktG? Ein Löschungsverfahren gem. § 67 Abs. 5 AktG kommt jedoch nur dann in Frage, wenn die Eintragung anfänglich unrichtig war, wenn sich also nachträglich herausstellt, dass die Eintragung als Aktionär nicht der materiellen Rechtslage im Zeitpunkt der Eintragung entsprach, nicht aber wenn sie erst nachträglich unrichtig wird, etwa weil eine Aktienübertragung im Aktienregister nicht nachvollzogen

56 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 58; vgl. auch Wentz, WM 2019, 906, 907; J. Schmidt, NZG 2018, 1201, 1215; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 859; Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749, 755; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 17; Beneke/Illner, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67 Rn. 6. 57 Vgl. auch Wentz, WM 2019, 906, 907; nach dem Regierungsentwurf ARUG II, BTDrucks. 19/9739, S. 58 soll auch die Schaffung eines parallelen weiteren Registers aufgrund der Identifikationsmitteilungen möglich sein; vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 104; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 15. 1. 2020, § 67d Rn. 15. 58 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 58: „Da die Mitteilung keine Informationen zur Löschung des bisherigen Eingetragenen enthält, bleibt es der Gesellschaft überlassen, die Löschung nach den Anforderungen in § 67 Absatz 5 AktG zu bewirken.“; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 17.

B. Legitimationsübertragung und Aktienregister

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wurde.59 Spätere Veränderungen der materiellen Rechtslage konnten bisher immer nur im Verfahren nach § 67 Abs. 3 AktG auf Mitteilung und Nachweis berücksichtigt werden.60 Nach der Regierungsbegründung zum ARUG II könnten jedoch an einer solchen Auslegung nunmehr Zweifel bestehen, da der Gesetzgeber offenbar davon ausgeht, gem. § 67 Abs. 5 AktG könne die Gesellschaft den Eingetragenen im Aktienregister löschen lassen und sodann den gem. § 67d Abs. 4 AktG Identifizierten eintragen.61 Könnten aber nur solche Eingetragenen, deren Eintragung anfänglich unrichtig war, gelöscht werden, würde die neugeschaffene Möglichkeit, das Aktienregister eigeninitiativ zu korrigieren, in ihrem Anwendungsbereich maßgeblich beschnitten, zumal das nachträgliche Unrichtigwerden der Eintragung im Rahmen von im Aktienregister nicht nachvollzogenen Übertragungsvorgängen gegenüber der anfänglich unrichtigen Eintragung den Regelfall darstellen dürfte. Andererseits spricht der Wortlaut der Regelung („zu Unrecht als Aktionär in das Aktienregister eingetragen worden“) derart deutlich für ein Verständnis in dem hergebrachten Sinne, dass für eine anderweitige Auslegung kein Raum bleibt. Für die Korrektur unrichtiger Eintragungen verbleibt demnach auch nach dem ARUG II nur ein schmaler Anwendungsbereich. c) Kritik an der Neuregelung und Zusammenspiel mit anderen Systemen Die Regelung der §§ 67 Abs. 3 Satz 2, 67d Abs. 4 AktG wurde im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum Referentenentwurf etwa durch den Handelsrechtsausschuss des DAV noch kritisiert. Der DAV wies zunächst darauf hin, dass durch die Möglichkeit der Eintragung ins Aktienregister alleine aufgrund der Identifizierung durch den Intermediär nach §§ 67 Abs. 3 Satz 2, 67d Abs. 4 AktG eine faktische Eintragungspflicht für die Aktionäre entstünde, die ohne Eintragungsantrag und in der Regel auch ohne Wissen der Aktionäre umgesetzt würde.62 Zudem sei die neue Regelung nicht ohne weiteres mit dem Verfahren der durch Clearstream veranlassten Änderung des Aktienregisters im Rahmen der Übertragungsvorgänge von Namensaktien in Einklang zu bringen.63 Ein Auseinanderfallen des rein stichtagsbezogenen Identifizierungssystems des § 67d Abs. 4 AktG und des fortlaufenden Übertragungs- und Eintragungssystems im Rahmen der Girosammelverwahrung würde die Entstehung eines Parallelsystems ohne nachvollziehbare 59 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 35; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 108; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 134; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 96. 60 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 134; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 97. 61 Vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 108. 62 DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2019, 12. 63 DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2019, 12; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 859; Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Umschreibungen zu Folge haben und so die Verlässlichkeit des Aktienregisters und damit die Rechtssicherheit beeinträchtigen.64 Diesen Bedenken zum Trotz ist die neue Möglichkeit zur Aktualisierung des Aktienregisters Gesetz geworden. Dies ist im Hinblick auf die Vollständigkeit und Richtigkeit des Aktienregisters für die Gesellschaft als Fortschritt zu bewerten.65 Den geäußerten Bedenken wurde insofern Rechnung getragen, als in der Formulierung des § 67 Abs. 3 Satz 2 AktG nunmehr klar ersichtlich wird, dass die Auskunft des Intermediärs nach § 67d Abs. 4 AktG keineswegs notwendig auch die Eintragung in das Aktienregister nach sich zieht.66 Namensaktiengesellschaften können somit für die Umschreibung im Aktienregister weiterhin alleine das Übertragungs- und Eintragungssystem im Rahmen der Girosammelverwahrung durch Clearstream nutzen, während sie parallel und ohne Einfluss auf das Aktienregister auch die Möglichkeit haben, einzelne Aktionäre durch das Instrument des § 67d Abs. 4 AktG zu identifizieren.67 Auch eine Zusammenführung der Daten aus dem Identifikationsverfahren nach § 67d Abs. 4 AktG mit den Daten des Aktienregisters soll möglich sein, setzt aber nach der Begründung des Regierungsentwurfs ein Abgleich der Daten mit den Datenübermittlungen aus den Settlementsystemen voraus.68 Eine Beeinträchtigung der Aussagekraft des Aktienregisters ist damit nicht mehr zu befürchten. 5. Freie Meldebestände a) Die Entstehung von freien Meldebeständen Schon durch das NaStraG hat sich das Leitbild des Aktienregisters gewandelt. Während zuvor ein möglichst vollständiges Aktienregister das erstrebte Ziel war, bei dem jeder Anteil einem Eingetragenen zugeordnet werden kann, erfolgte durch die Neufassung des § 67 Abs. 3 AktG eine Abkehr von diesem Grundsatz.69 Durch die Unterscheidung von Erwerb und Veräußerung als separate Vorgänge, die jeweils getrennt voneinander bei der Gesellschaft angemeldet werden können, kommt es zur Möglichkeit von Lücken im Aktienregister, den sog. freien Meldebeständen, wenn nicht mit jeder Löschung eine Neueintragung korrespondiert. Allerdings kommt es in der Praxis zumindest bei girosammelverwahrten Aktienbeständen nicht vor, dass 64

DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2019, 12. So auch DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2019, 12. 66 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 58; vgl. auch Brouwer, GmbHR 2019, R 120; diese Klarstellung hatten auf den Referentenentwurf hin auch Paschos/ Goslar, AG 2018, 857, 859 vorgeschlagen; vgl. zum Regierungsentwurf Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 17. 67 Brouwer, GmbHR 2019, R 120. 68 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 58; vgl. auch Bork, NZG 2019, 738, 741; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 17; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 109. 69 Drygala, NZG 2004, 893. 65

B. Legitimationsübertragung und Aktienregister

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eine Eintragung aus dem Aktienregister gelöscht wird, ohne dass ein Nachfolger eingetragen wird.70 Vielmehr werden die Aktienregister nur auf die Mitteilung eines Erwerbers hin tätig, sodass die Löschung des Voreingetragenen lediglich bei dieser Gelegenheit als Reflex erfolgt.71 Eine gesonderte Mitteilung des Veräußerers ist dabei nicht erforderlich, da vom Rechtsübergang auch die Zustimmung zur Löschung geschlossen wird.72 Das Verständnis der freien Meldebestände als Leerstellen im Aktienregister in dem Sinne, dass für einen bestimmten Aktienbestand niemand eingetragen ist, ist somit nur theoretisch.73 Der Begriff des freien Meldebestands ist mithin zu definieren als „Depotguthaben in Namensaktien der beim Zentralverwahrer Clearstream Konten führenden Institute, für die diese Institute weder Eintragungsanträge auf die wahren Aktionäre noch auf sich selbst als Treuhänder für den wahren Aktionär gestellt haben“.74 Es handelt sich mit anderen Worten um noch nicht überschriebene Altdatensätze.75 Konstitutives Element der sog. freien Meldebestände ist damit nicht, dass niemand im Aktienregister eingetragen ist, sondern vielmehr dass niemand eingetragen ist, der für den wahren Aktionär handeln darf und mithin die Rechte aus der Aktie wahrnehmen kann. Mit der getrennten Behandlung von Löschung und Neueintragung wird Aktionärsinteressen Rechnung getragen. So kann der bisherige Aktionär auch dann aus dem Aktienregister ausgetragen werden, wenn der Erwerber unbekannt bleiben möchte und sich daher nicht in das Aktienregister eintragen lässt; der Erwerber erhält eben diese Möglichkeit, seine Anonymität zu wahren.76 Andererseits widersprechen freie Meldebestände aber dem Leitbild eines möglichst vollständigen Aktienregisters.77 Aufgrund der Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG gibt es in diesen Fällen keinen gegenüber der Aktiengesellschaft Berechtigten und Verpflichteten; der materiell Berechtigte kann seine Rechte mangels Eintragung nicht wahrnehmen.78 b) Die Platzhaltereintragung als Lösung Auf diese neu entstandene Problematik hat der Gesetzgeber wiederum reagiert und durch das UMAG die Mitwirkungspflichten der depotführenden Kreditinstitute dahingehend erweitert, dass sie sich gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG auf Verlangen der 70

U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183. U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 187. 72 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 187. 73 Vgl. U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183; a. A. Drygala, NZG 2004, 893 ff. 74 Vgl. U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183. 75 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6. 76 Drygala, NZG 2004, 893. 77 Vgl. Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 88. 78 Vgl. Drygala, NZG 2004, 893, 894. 71

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Gesellschaft anstelle des Aktionärs „gesondert“, d. h. kenntlich als Platzhalter,79 ins Aktienregister eintragen lassen müssen, sofern der Aktionär nicht selbst eingetragen ist. Die Platzhaltereintragung ist auch nach der Umsetzung der geänderten Aktionärsrechterichtlinie weiter erhalten geblieben. Nachdem sie im Referentenentwurf des ARUG II zunächst gestrichen worden war, ist diese Streichung im Regierungsentwurf wieder rückgängig gemacht worden.80 Im Rahmen des Konsultationsverfahrens war zuvor darauf hingewiesen worden, dass die Neuregelung der Aktionärsidentifikation durch das ARUG II die Platzhaltereintragung nicht obsolet mache, sondern sich in der Praxis bewährt habe und einen Teil der Grundlage der für die Praxis äußerst wichtigen Vereinbarung zur automatischen Umschreibung (ALU) durch Clearstream darstelle.81 Die Platzhaltereintragung ermöglicht es der Gesellschaft, über den Platzhalter mit dem nicht eingetragenen Aktionär in Kontakt zu treten und bietet ihr einen Ansprechpartner für die Anforderungen nach § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG.82 Damit soll wiederum der Gesellschaft ein Mittel geboten werden, um für sich ein vollständiges Aktienregister erreichen zu können.83 Reine Platzhalter sind nicht zur Stimmrechtsausübung berechtigt, da keine Ermächtigung i. S. d. § 135 Abs. 6 AktG besteht und die Platzhaltereintragung daher nicht vom Willen des Inhabers getragen ist.84 Auch bzgl. weiterer mitgliedschaftlicher Rechte gilt die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 AktG nicht, vielmehr erwachsen dem Platzhalter aus der Platzhaltereintragung keine Rechte und Pflichten. 85 Die Platzhaltereintragung steht zur Disposition der AG; ein darauf gerichteter Anspruch des depotführenden Kreditinstituts besteht nicht.86 Der Grundsatz der Registervollständigkeit durch die Beseitigung 79

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum UMAG, BT-Drucks. 15/ 5693, S. 16; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 56. 80 Referentenentwurf ARUG II, S. 4; vgl. auch Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 860; Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366; Bork, NZG 2019, 738, 741. 81 DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2019, 12; DAI Stellungnahme zum ARUG II vom 30. 11. 2018, S. 3; vgl. auch Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366. 82 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 40; Einsele, JZ 2019, 121, 128. 83 Vgl. Merkt, in: Großkomm-AktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 115; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 87; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 148. 84 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 186; Noack, NZG 2008, 721, 722; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 40. 85 Einsele, JZ 2019, 121, 128; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 125; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, AktG § 67 Rn. 23; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21d; a. A. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 40; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 124; Merkt, in: GroßkommAktG, Band 3/2, 5. Auflage 2018; § 67 Rn. 142; vgl. zu dem diesbzgl. Streit oben 1. Kapitel D. V. 2, S. 37. 86 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 185; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 124; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 148.

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freier Meldebestände wird damit in hohem Maße zur Disposition der Gesellschaft gestellt. c) Automatische Umschreibung durch Clearstream In der Realität der girosammelverwahrten Namensaktien erfolgt die Umschreibung der Aktienbestände auf den neuen Eigentümer automatisch durch Clearstream. Clearstream nutzt für die elektronische Abwicklung girosammelverwahrter Namensaktien die Abwicklungsplattform CASCADE-RS. In diesem System bietet Clearstream den Service der automatischen Umschreibung, welche zwei Servicekomponenten beinhaltet, die „automatische Umschreibung auf Legitimationsaktionär gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG (ALU)“ und die „automatische Umschreibung auf Interimsbestände (AU)“. Die automatische Umschreibung ist ein Service, der eine hohe Marktakzeptanz genießt; gegenwärtig nutzen 163 Emittenten die sog. ALU,87 sodass die ALU als wesentlicher Marktstandard in CASCADE-RS bezeichnet werden kann.88 Im Rahmen der ALU wird bei Aktienverkäufen der Altaktionär im Aktienregister ausgetragen und die bestandsführende Depotbank automatisch eingetragen.89 Der Unterschied der sog. ALU zur reinen Platzhaltereintragung nach § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG liegt darin, dass der eingetragene Platzhalter jederzeit und ohne Mitwirkung der Gesellschaft im Innenverhältnis zur Stimmrechtsausübung ermächtigt und damit zu einem Legitimationsaktionär werden kann.90 Bei einer reinen Platzhaltereintragung muss hingegen zunächst der Zusatz „Platzhalter“ im Aktienregister gelöscht werden,91 was den Vorgang insgesamt schwerfälliger macht. Der Ablauf stellt sich so dar, dass der Emittent zunächst ein standardisiertes Eintragungsverlangen gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG an Clearstream richtet, die insofern als Empfangsbote für die Depotbank fungiert. Das Eintragungsverlangen wird auf der Clearstream-Website veröffentlicht. Zugleich beauftragt der Emittent Clearstream mit der Teilnahme seiner Aktien an der ALU. Die ALU wird sodann durch Clearstream für den Emittenten eingerichtet.92 Die automatisierte Umschreibung läuft so ab, dass CASCADE-RS bezüglich der jeweils nach Abschluss der 87 Stand: 28. 6. 2019; vgl. Automatische Umschreibung auf Legitimationsaktionär gem. §67,4 (5) AktG (ALU) – Aufstellung teilnehmender Emittenten, abrufbar unter https://www. clearstream.com/resource/blob/1576282/4054d49f91225dfb0337ad1f3670aac7/rs19163de-data.pdf (zuletzt abgerufen am 27. 2. 2020). 88 Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. i. 89 Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 2 – 2. 90 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 41. 91 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 41. 92 Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 2 – 5.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Tagesendverarbeitung festgestellten freien Meldebestände eine sog. „integrierte Umschreibung“ vornimmt, d. h. – vereinfacht gesagt – zugleich den Altaktionär im Aktienregister aus- und die Depotbank einträgt, ohne dass Zuweisung oder Bestandsübertrag gebucht werden.93 Durch die automatische Umschreibung ist somit eine tägliche Umwälzung des freien Meldebestandes möglich, sodass das Aktienregister tagesaktuell gehalten werden kann. Zudem bietet die ALU den Vorteil für den Emittenten, über die eingetragene Depotbank als Legitimationsaktionär Stimmrechte an Aktionäre vermitteln zu können.94 Voraussetzung für die Stimmrechtsausübung ist aber eine nachträgliche Ermächtigung gem. § 135 Abs. 6 Satz 1 AktG.95 Durch die Teilnahme an der automatisierten ALU gibt der Emittent seine Dispositionsbefugnis über die Registervollständigkeit auf; jedoch kann er sein Eintragungsverlangen jederzeit zurückziehen und damit die ALU beenden.

II. Die Legitimationseintragung im Aktienregister Das Ziel des Aktienregisters, innere Beteiligungstransparenz zu gewährleisten, wird dadurch konterkariert, dass in der Praxis nicht die materiell berechtigten Aktionäre eingetragen werden.96 Insbesondere bei ausländischen Aktieninhabern wird vielfach nicht der wirtschaftliche Eigentümer (sog. beneficial owner) eingetragen, sondern es erfolgt eine sog. Nominee-Eintragung, bei der statt des Aktieninhabers dessen Verwahrbank oder ein in der Verwahrkette höher stehendes Institut wie ein Zentralverwahrer eingetragen wird.97 Der Anteil der so verschleierten Aktieninhaberschaften ist erheblich und kann je nach Gesellschaft bei weit über 50 % liegen.98 Die Eintragung von Legitimationsaktionären steht daher in Widerspruch zum Grundsatz der Registerwahrheit, der in der jüngeren Gesetzgebung, besonders durch das Risikobegrenzungsgesetz, die Aktienrechtsnovelle 2016 und das ARUG II stärker in den Vordergrund getreten ist.

93 Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 2 – 7. 94 Clearstream, CASCADE-RS Dualer Service „Automatische Umschreibung“ Produktinformation, S. 2 – 11. 95 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 125. 96 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181. 97 Vgl. Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 628; Timmann/Birkholz, BB 2007, 2749; Weber-Rey, DStR 2008, 1967; Wilsing/Goslar, DB 2007, 2467, 2471; Maurice, Namensaktien, 2011, S. 111; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 182; Heuser, Shareholder Activism, 2012, S. 190. 98 Bei der Deutsche Börse AG waren zu Beginn des Jahres 2005 75 % der Aktionäre nicht auf den Inhaber der Aktien eingetragen, vgl. U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 182.

B. Legitimationsübertragung und Aktienregister

221

Neben dem Motiv, der Gesellschaft Transparenz zu gewährleisten, ist nach Kritik der FATF als neuer Begründungsansatz für eine erhöhte Beteiligungstransparenz durch das Aktienregister im Sinne einer Offenlegung des wahren Aktieninhabers ein öffentliches Interesse an der Verfolgung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche hinzugekommen, welcher erstmals in für die Aktienrechtsnovelle 2016 eine Rolle gespielt hat. 1. Generelle Zulässigkeit Die Eintragung eines Legitimationsaktionärs im Aktienregister ist nach der gesetzlichen Ausgangslage zulässig.99 Daran hat sich auch nach den Änderungen durch das Risikobegrenzungsgesetz und durch das ARUG II in § 67 AktG nichts geändert.100 2. Anspruch auf Legitimationseintragung Angesichts der grundsätzlich unbegrenzten Zulässigkeit von Legitimationseintragungen in das Aktienregister schließt sich die Frage an, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein darauf gerichteter Anspruch besteht und wer Inhaber eines solchen Anspruchs sein kann. Der herrschenden Ansicht entspricht es, dass ein solcher Anspruch jedenfalls nur dem Inhaber der Aktie zustehen kann; ein Legitimationsaktionär hingegen hat keinen eigenen Anspruch auf Eintragung in das Aktienregister.101 Aus der Eintragungsfähigkeit, die sich aus §§ 129 Abs. 3 Satz 2 und 135 Abs. 6 Satz 1 AktG ergibt, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass dem Legitimationsaktionär diesbezüglich auch ein subjektives Recht zusteht.102 Auf Seiten des Aktieninhabers hingegen könnte sich ein solches Recht ergeben. Wenn er sich selbst eintragen lassen möchte, hat er hierauf einen ggf. auch klage99

Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 27; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 8; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 22; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, AktG § 67 Rn. 10; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67 AktG Rn. 18; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 8b; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 18; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, 8. Auflage 2016, Rn. 4.76; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 31; Diekmann/Merkner, NZG 2007, 921, 925; Weber-Rey, DStR 2008, 1967, 1969; Noack, NZG 2008, 721, 722; Wilsing/Goslar, DB 2007, 2467, 2471; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 630; U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S.1327, 1332, 1334; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 147; Einsele, JZ 2019, 121, 124. 100 Vgl. dazu unten 8. Kapitel C. III. 1, S. 226. 101 Gätsch, FS Beuthien, 2009, S. 133, 143; Noack, NZG 2008, 721; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 33; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 8a; a. A. U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S.1327, 1332. 102 U. H. Schneider/Müller von Pilchau, AG 2007, 181, 185; Noack, NZG 2008, 721, 722.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

weise durchsetzbaren Anspruch.103 Fraglich ist nun, ob ein solcher auch dann besteht, wenn der Aktionär gerade nicht sich selbst eintragen lassen möchte, sondern einen Dritten. Nach einer Ansicht besteht kein unbedingter Anspruch des Aktionärs auf Eintragung eines Dritten. Der Vorstand könne die Eintragung eines Ermächtigten auch ohne eine Satzungsbestimmung, die die Zulässigkeit von Dritteintragungen beschränkt, verweigern104 – es stehe im pflichtgemäßen Ermessen der AG, ob sie einem Antrag auf Eintragung eines Dritten zustimmt oder nicht.105 Wenn eine Satzungsregelung diesbezüglich bestehe, so diene sie als Direktive für die Ermessensausübung durch den Vorstand bei der Legitimationseintragung und als Maßstab für die Gleichbehandlung in diesen Fällen, könne insofern also das Eintragungsermessen des Vorstands beschränken.106 Nach der Gegenansicht ist dem Gestaltungsinteresse des Aktionärs Rechnung zu tragen, sodass ein Anspruch auf Dritteintragung besteht.107 Diese Ansicht stützt sich auf den Wortlaut der Regierungsbegründung, die in Bezug auf die Möglichkeit einer statutarischen Einschränkung der Dritteintragungsmöglichkeit von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Dritteintragung spricht.108 Damit lege die Regierungsbegründung im Ausgangspunkt die Dispositionsbefugnis des Inhabers und damit auch dessen grundsätzlichen Anspruch auf Vornahme der Dritteintragung zugrunde.109 Gegen die oben genannte Ansicht spreche zudem, dass es einen systemfremden Eingriff in Aktionärsdispositionen darstelle, dem Vorstand Ermessen bzgl. der Eintragung Dritter einzuräumen; ein solcher komme nur bei einer klaren gesetzlichen oder satzungsmäßigen Regelung in Betracht.110 Letztere zu schaffen, habe die Gesellschaft gem. § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG gerade selbst in der Hand.111 Zudem würde eine Ermessensentscheidung des Vorstands zu einem extremen Verwaltungsaufwand führen,112 da jedes Ersuchen um Eintragung eines Dritten nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen wäre; auch Praktikabilitätserwägungen sollen 103

OLG Hamm, Beschluss vom 15. 4. 2008, I-27 W 54/07, AG 2008, 671, 672; Hüffer/ Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 5; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 7; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 185. 104 Noack, NZG 2008, 721, 722; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 10. 105 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 185. 106 Noack, NZG 2008, 721, 722. 107 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 33; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 33; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 8a; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 15. 1. 2020, § 67 Rn. 26; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 148. 108 Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 13; vgl. auch Einsele, JZ 2019, 121, 124. 109 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 34. 110 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 34. 111 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 34. 112 Vgl. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 34.

B. Legitimationsübertragung und Aktienregister

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danach zur Annahme eines unbedingten Anspruchs auf Dritteintragung führen, soweit eine Satzungsregelung fehlt Überzeugend ist es, mit der letztgenannten Ansicht einen Anspruch des Aktionärs auf Eintragung eines Legitimationsaktionärs anzunehmen. Es ist nicht klar, nach welchen Kriterien der Vorstand ein etwaiges Ermessen ausüben sollte, wenn keine Satzungsbestimmung vorliegt. Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Legitimationseintragung ist aber für den Aktionär ein hohes Maß an Rechtssicherheit zu fordern, denn er macht möglicherweise – etwa wenn er seine Identität nicht offenlegen will – seine Investitionsentscheidung davon abhängig, ob er einen Legitimationsaktionär eintragen lassen kann oder nicht.113 Dies muss daher im Vorhinein für den Aktionär sicher abzusehen sein, was jedoch nicht der Fall ist, wenn der Vorstand seine Entscheidung nach internen Kriterien trifft. Wenn die Gesellschaft diesbezüglich Einschränkungen machen will, muss sie eine Satzungsregelung erlassen, aus der die Kriterien für die Zulässigkeit einer Legitimationseintragung klar und eindeutig hervorgehen. Macht sie davon keinen Gebrauch, so besteht ein unbeschränkter Anspruch auf die Eintragung eines Legitimationsaktionärs. 3. Pflicht zum Eintragen-Lassen eines Legitimationsaktionärs? Es stellt sich weitergehend die Frage, ob die Eintragung eines Dritten nicht nur zulässig ist, sondern ob den Aktionär sogar die Pflicht treffen kann, einen Dritten eintragen zu lassen, sofern er nicht selbst in das Aktienregister eingetragen werden möchte. Vereinzelt wird vertreten, nach § 67 Abs. 1 Satz 2 AktG bestehe eine Verpflichtung des erwerbenden Aktionärs, zumindest dafür zu sorgen, dass ein zugelassener Dritter ins Aktienregister eingetragen wird, sofern er selbst nicht eingetragen werden möchte.114 Im Gegensatz dazu wird vertreten, den Inhaber treffe gerade keine Verpflichtung, eine Eintragung im Aktienregister vornehmen zu lassen; vielmehr stehe es ihm frei, niemanden zur Eintragung anzumelden.115 In der Tat wurde, gerade um dies zu ermöglichen, durch das NaStraG die Austragung von der Eintragung eines neuen Aktionärs entkoppelt.116 Um auf die so entstehenden Leerstellen zu reagieren, sieht das Gesetz in § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG mit dem Anspruch auf Platzhaltereintragung durch das depotführende Institut ein Instrument vor.117 Es besteht also kein ersichtlicher Grund dafür, der Gesellschaft einen Anspruch auf Mitteilung eines Dritten zuzuerkennen, zumal dies der Registerwahrheit nicht dienlich und vor dem 113

Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 8a. Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 88. 115 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 37. 116 Vgl. Beschlussempfehlung Rechtsausschuss NaStraG, BT-Drucks. 14/4618, S. 13. 117 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010),12, 38; vgl. auch Lutter/Drygala, in: Kölner KommAktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 43. 114

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Hintergrund der Platzhaltereintragungsmöglichkeit für die Registervollständigkeit nicht geboten ist.

C. § 67 AktG als Mittelpunkt der gesetzgeberischen Bemühungen zur Steigerung der Beteiligungstransparenz § 67 AktG ist wie kein anderer Paragraph Spielfläche der gesetzgeberischen Bemühungen, die Beteiligungstransparenz zu erhöhen. § 67 AktG wurde durch das NaStraG 2001 neu gefasst und unterliegt seitdem in besonderem Maße der sog. „Aktienrechtsreform in Permanenz“.118 Während durch das UMAG und das EHUG nur kleinere Modifikationen vorgenommen wurden, wurden durch das Risikobegrenzungsgesetz 2008 umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um die Beteiligungstransparenz zu erhöhen und der Gesellschaft die Möglichkeit zu geben, ihre Aktionärsstruktur besser zu überwachen und zu kontrollieren. Die jüngste erhebliche Änderung des § 67 AktG kommt aus europäischer Richtung: In Umsetzung der geänderten Aktionärsrechterichtlinie führt das ARUG II zu Umstrukturierungen in § 67 AktG und schließt ihm sechs weitere Paragraphen an, die in Erweiterung der bisher in § 67 AktG enthaltenen Regelungen die Aktionärsidentifikation ausbauen.

I. NaStraG Durch das NaStraG wurde die Vorschrift des § 67 AktG neu gefasst und geändert, um der gestiegenen Bedeutung der Namensaktie und dem Bedürfnis nach erleichterter Kommunikation mit den Aktionären Rechnung zu tragen.119 Das bisherige „Aktienbuch“ wurde in „Aktienregister“ umbenannt, um die Möglichkeit der digitalen Führung des Aktionärsverzeichnisses schon im Namen erkennbar zu machen.120 Das zuvor bestehende Einsichtsrecht jeden Aktionärs in das Aktienbuch wurde hingegen abgeschafft und durch ein Auskunftsrecht des Aktionärs lediglich bezüglich der zu seiner Person eingetragenen Daten ersetzt, um den datenschutzrechtlichen Bedenken gegen das umfassende Einsichtsrecht zu begegnen.121 Neu verortet in § 67 AktG wurde das Erfordernis von Mitteilung und Nachweis für die Löschung und Neueintragung im Aktienregister; es löste die zuvor nach § 68 Abs. 3 118

Der Begriff der „Aktienrechtsreform in Permanenz“ geht zurück auf Seibert, AG 2002, 417 und wurde seitdem vielfach aufgegriffen, um das gesetzgeberische Tätigwerden im Bereich des Aktienrechts zu charakterisieren; vgl. etwa in jüngster Zeit im Hinblick auf das ARUG II Paschos/Goslar, AG 2018, 857. 119 Saenger, Namensaktiengesetz, 2001, 1. 120 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 4; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 8. 121 Saenger, Namensaktiengesetz, 2001, 2. c); Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 5.

C. § 67 AktG als Mittelpunkt der gesetzgeberischen Bemühungen

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Satz 2 AktG a. F. grundsätzlich erforderliche Vorlage der Aktie ab, die angesichts der Umschreibung im automatisierten Massenverfahren bei girosammelverwahrten Namensaktien als zu schwerfällig empfunden wurde.122 Zudem wurden Löschung und Neueintragung entkoppelt.123 Die Pflicht der Kreditinstitute, der Gesellschaft die für die Führung des Aktienregisters erforderlichen Angaben gegen Erstattung der notwendigen Kosten zu übermitteln, die sich damals wie auch heute nach der Neufassung durch das ARUG II noch in § 67 Abs. 4 Satz 1 AktG findet, war ein erster Schritt zu mehr Transparenz hinsichtlich der Aktionärsstruktur und zur Verwirklichung des Leitbildes des vollständigen und aktuellen Aktienregisters.124

II. UMAG und EHUG Durch das UMAG wurde die sog. Platzhaltereintragung damals in § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG eingeführt.125 Die Regelung ist durch das Risikobegrenzungsgesetz in Satz 5 gerutscht, besteht aber nach wie vor und wurde auch durch das ARUG II nur geringfügig geändert, indem die Wörter „das depotführende Institut“ durch „der depotführende Intermediär“ ersetzt wurden,126 was der Einführung eines intermediärsbasierten Systems der Aktionärsidentifikation durch das ARUG II entspricht. Der Referentenentwurf hatte noch eine Streichung der Platzhaltereintragung vorgesehen; im Rahmen des Konsultationsverfahrens war dann jedoch darauf hingewiesen worden, dass die Regelung durchaus eine praktische Bedeutung besitzt und auch die Neuregelung der Aktionärsidentifikation durch das ARUG II die Platzhaltereintragung nicht obsolet macht.127 Durch die Möglichkeit der Platzhaltereintragung sollte der Problematik der Leerstellen im Aktienregister, die durch die Entkopplung der Löschung des alten und Eintragung des neuen Aktionärs im Aktienregister durch das NaStraG entstanden war, entgegengewirkt werden. Durch das EHUG wurde § 67 Abs. 4 AktG um einen weiteren Satz (Satz 6 in der Neufassung durch das ARUG II) ergänzt, um klarzustellen, dass die Platzhaltereintragung nicht die Aktionärspflichten auslöst, insofern die Wirkung des § 67 Abs. 2 AktG also nicht eintritt.

122 Saenger, Namensaktiengesetz, 2001, 2. b); Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 62. 123 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 62. 124 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 89. 125 Vgl. zur Platzhaltereintragung bereits 1. Kapitel D. V, S. 36. 126 Regierungsbegründung ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 7. 127 Regierungsbegründung ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 59; vgl. auch Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21c.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

III. Risikobegrenzungsgesetz Die bis zu dem Zeitpunkt umfangreichste Änderung erfuhr § 67 AktG durch das Risikobegrenzungsgesetz 2008.128 Als Meilenstein im Bereich der Aktionärsidentifikationsmöglichkeiten der Aktiengesellschaft wurde hier in § 67 Abs. 1 Satz 2 AktG erstmals eine Pflicht des Inhabers eingeführt, der Gesellschaft die zur Führung des Aktienregisters notwendigen Angaben mitzuteilen. Zudem wurde die Möglichkeit geschaffen, Legitimationseintragungen durch Satzungsregelung zu lenken, § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG, und ein Auskunftsrecht in § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG eingeführt, das der Gesellschaft bei Legitimationseintragungen die Identifikation des Aktieninhabers ermöglichen sollte. An Verstöße gegen Satzungsregelung und Auskunftsverlangen knüpft § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG die Sanktion des Stimmrechtsverlusts. 1. Keine Pflicht zur Selbsteintragung Vor dem Risikobegrenzungsgesetz war die Zulässigkeit der Legitimationseintragung nicht zweifelhaft.129 Ob eine Eintragung in das Aktienregister vorgenommen werden und welchen Inhalt sie haben sollte, stand im Ermessen des einzelnen Aktionärs.130 Diese klaren Verhältnisse waren nach den Änderungen durch das Risikobegrenzungsgesetz zweifelhaft geworden. Ausgangspunkt der neuen Fragestellungen bildete der modifizierte Wortlaut des § 67 Abs. 1 AktG. In § 67 Abs. 1 Satz 2 AktG findet sich seit dem Risikobegrenzungsgesetz die Pflicht des Inhabers, der Gesellschaft die Angaben nach § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG, also die Daten, die in das Aktienregister eingetragen werden, mitzuteilen. Aufgrund dieser neuen Mitteilungspflicht und dem neu geschaffenen Satzungsvorbehalt in § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG wurde nach der Neueinführung in der Literatur zunächst die Frage aufgeworfen, ob nach dem Risikobegrenzungsgesetz nunmehr als gesetzliche Ausgangslage von einer grundsätzlichen Unzulässigkeit der Legitimationseintragung auszugehen sei, die lediglich durch die Satzung modifiziert werden könne, oder ob die Legitimationsübertragung im Ausgangspunkt zulässig bleiben sollte und lediglich durch Satzungsbestimmungen beschränkt werden kann.131 In der Folgezeit hat sich jedoch zügig – auch angesichts der klaren Aussage der Regierungsbegründung132 – als ganz h. M. die Lesart herausgebildet, dass die Legitima128

Vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 5. Vgl. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 30; Lutter/Drygala, in: Kölner KommAktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 17 m. w. N. 130 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 13; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 31. 131 Vgl. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 31; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 630. 132 Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 13, rechte Spalte: „Entsprechend dem Sinn und Zweck des Aktienregisters, der Gesellschaft einen 129

C. § 67 AktG als Mittelpunkt der gesetzgeberischen Bemühungen

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tionsübertragung weiterhin zulässig bleibt und durch die Satzung die Zulässigkeit beschränkt werden kann.133 2. Regelung der Zulässigkeit von Legitimationseintragungen durch Satzungsbestimmung Durch das Risikobegrenzungsgesetz wurde – gewissermaßen als zweiter „Meilenstein“ – auch die Möglichkeit der Regelung der Zulässigkeit von Dritteintragungen durch Satzung eingeführt. Derartige Satzungsbestimmungen gelten nur für Legitimationsaktionäre, nicht für Platzhaltereintragungen gem. § 67 Abs. 4 Satz 5 AktG.134 Auch lassen sich durch Satzungsbestimmung keine Bestimmungen für die Eintragung von Vollrechtstreuhändern begründen, um sich Kenntnisse über die wirtschaftlichen Beteiligungsverhältnisse abseits der formalen Aktionärsstellung zu verschaffen; derartige Satzungsregelungen werden in § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG nicht vorgesehen und wären daher vor dem Hintergrund der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG unzulässig.135 Die Satzungsänderung erfolgt durch die Hauptversammlung mit satzungsändernder Mehrheit. Es obliegt dem Vorstand und dem Aufsichtsrat, auf eine sinnvolle Gestaltung hinzuwirken, wobei auch die Überlegung nicht vernachlässigt werden darf, ob sich angesichts des eingeschränkten Anwendungsbereichs der Norm der Aufwand einer Satzungsänderung überhaupt lohnt.136 a) Wirkung der Satzungsbestimmung Die grundsätzliche Zulässigkeit der Legitimationseintragung, die das Gesetz voraussetzt, sollte sich auch durch die neu eingeführte Satzungsermächtigung nicht ändern.137 Das Regel-Ausnahme-Verhältnis hat sich durch die neu eingeführte Satzungsermächtigung gegenüber der Zeit vor dem Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes nicht geändert, bei einem Schweigen der Satzung sind Legitimationseintragungen damit immer noch generell zulässig. Die durch das RisikobeÜberblick über ihre Aktionärsstruktur zu verschaffen, soll ihr zudem künftig die Möglichkeit gegeben werden, die grundsätzlich zulässige Eintragung von Legitimationsaktionären (vgl. § 129 Abs. 3 Satz 2, § 135 Abs. 7 AktG) für Aktien, die dinglich einem anderen im Sinne des § 20 Abs. 1, des § 134 Abs. 1 Satz 1 AktG ,gehören‘, über entsprechende Regelungen in der Satzung einzuschränken.“ 133 Vgl. dazu bereits die Nachweise oben unter 8. Kapitel B. II. 1, S. 221. 134 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 632; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 29. 135 Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 23; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 19; vgl. auch Noack, NZG 2008, 721, 722. 136 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 21. 137 Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 13; MarschBarner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 631; Lutter/Drygala, in Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 18; Gätsch, FS Beuthien, 2009, 133, 154.

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grenzungsgesetz eingeführte Neuerung besteht darin, dass diese generelle Zulässigkeit nunmehr durch statutarische Regelung nach § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG beschränkt werden kann.138 Dies steht im Einklang zum Wortlaut des § 67 Abs. 4 Satz 6 a. E. AktG,139 wo von „satzungsmäßigen Beschränkungen“ die Rede ist,140 und ist daher offensichtlich die Variante, die der Gesetzgeber bei Schaffung der neuen Regelungen vor Augen hatte. b) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen eine Satzungsregelung aa) Stimmrechtsverlust Eintragungen, die entgegen einer Satzungsbestimmung vorgenommen werden, sind nach dem Wortlaut des § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG „nicht zulässig“. Die Folge einer Unwirksamkeit ist damit jedoch nicht verknüpft.141 Als rechtliche Konsequenz ergibt sich für die in § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG für statutenwidrige Dritteintragungen und für Verstöße gegen satzungsmäßige Offenlegungspflichten der Verlust des Stimmrechts. Der Stimmrechtsausschluss endet, sobald der rechtswidrige Zustand im Hinblick auf die Person des Aktionärs behoben wird.142 Hier fällt die Parallele zur Erfüllung kapitalmarktrechtlicher Meldepflichten nach §§ 33 ff. WpHG auf. Auch beim Verstoß gegen kapitalmarktrechtliche Meldepflichten tritt die Sanktion des Rechtsverlusts so lange ein, bis der rechtswidrige Zustand behoben wird. Während sich der Rechtsverlust bei der Regelung des § 44 WpHG allerdings auf sämtliche mitgliedschaftlichen Rechte erstreckt, wurde für die Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG nur der Verlust des Stimmrechts vorgesehen, während die anderen mitgliedschaftlichen Rechte erhalten bleiben. bb) Dispositionsfreiheit bzgl. der Rechtsfolge? Die gesetzliche Rechtsfolge des Stimmrechtsausschlusses kann der Gesellschaft unerwünscht sein. In Bezug auf die Rechtsfolgen von Verstößen gegen Satzungsbestimmungen hat sich hier durch das ARUG II nichts geändert; § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG ist unverändert geblieben, während in § 67 Abs. 2 Satz 3 AktG, der die Rechtsfolge bei Verstößen gegen Auskunftsverlangen nach § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG betrifft, das Erfordernis einer Androhung des Stimmrechtsverlusts zusätzlich aufgenommen wurde, um diesen Interessen der Gesellschaft Rechnung zu tragen. Jedoch ist auch bezüglich der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen eine Satzungsre138

Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 18; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 8b; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 8a. 139 Satz 6 in der Fassung des ARUG II, zuvor Satz 7. 140 Lutter/Drygala, in Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 18. 141 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 36. 142 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 80.

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gelung eine gewisse Dispositionsfreiheit der Gesellschaft anzuerkennen. Wenn sie entscheiden kann, ob sie überhaupt Satzungsregelungen schafft, dann muss sie es, gleichsam als Minus, auch in der Hand haben, ihr unerwünschte Rechtsfolgen eines etwaigen Nichtfolgeleistens abzumildern. cc) Folgen für die Vermutungswirkung des Aktienregisters Durch den Stimmrechtsausschluss wird der Grundsatz der Registerklarheit, nach dem die Gesellschaft rechtssicher die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse aus dem Aktienregister entnehmen können soll, in Frage gestellt: Eigentlich koppelt die Eintragung im Aktienregister die Legitimation gegenüber der Gesellschaft von den materiellen Verhältnissen gerade ab – die Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG führt jedoch dazu, dass man unter Berufung auf die materielle Rechtslage, nämlich dass die Eintragung statutenwidrig bzw. unter Verstoß gegen Offenlegungspflichten erfolgt sei, das Stimmrecht ausschließen kann.143 In Bezug auf das Stimmrecht ist die Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG also nicht mehr unwiderleglich.144 3. Ausgestaltung der Satzungsbestimmung § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG gewährt der Aktiengesellschaft umfassende Satzungsautonomie im Hinblick auf mögliche Gestaltungen. Die Satzungsregelungen des § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG sind dabei nur beispielhaft gemeint, die Aktiengesellschaft ist nicht darauf beschränkt.145 Sie könnte beispielsweise auch die Eintragung von Fremdbesitz von bestimmten Nachweisen abhängig machen oder die Mitteilung einer eventuell vorhandenen elektronischen Adresse des Fremdbesitzers und/oder des Aktionärs verlangen.146 Im Folgenden soll auf die beiden in § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG genannten Gestaltungsmöglichkeiten eingegangen werden, die der Gesetzgeber vorrangig im Blick hatte.147 a) Satzungsmäßige Höchstgrenze In § 67 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AktG findet sich die Möglichkeit, eine Höchstgrenze für Eintragungen im eigenen Namen für fremde Aktien festzuzulegen. 143

Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010),12, 51. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010),12, 51. 145 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 20; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 24; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 631; für eine Beschränkung auf „quantitative Eintragungsvoraussetzungen“ Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 29. 146 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 631. 147 Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 13; vgl. auch Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 30; Timmann/Birkholz, BB 2007, 2749, 2750. 144

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aa) Möglichkeit eines generellen Verbots von Dritteintragungen? Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese Höchstgrenze auch bei Null liegen kann, ob also durch eine statutarische Regelung Legitimationseintragungen vollkommen ausgeschlossen werden können. Der Gesetzgeber befand, dass eine ausdrückliche Regelung einer Mindestschwelle entbehrlich sei, da Schwellen unter 0,5 % wegen des damit verbundenen Aufwands nicht praktikabel seien; darunter sei der Aufwand zu groß und es bestehe auch kein dringendes Interesse der Gesellschaft.148 Dass er von einer generellen Unzulässigkeit solcher Klauseln ausgeht, lässt sich daraus aber nicht ableiten. So wird teils die Möglichkeit eines vollständigen Ausschlusses von Legitimationseintragungen bejaht;149 die Gesellschaft habe auch bei Kleinaktionären ein Interesse daran, diese zu kennen.150 Sinnvoll erscheint es, im Hinblick auf die Zulässigkeit zu differenzieren: Da ein völliger Ausschluss von Fremdbesitzeintragungen die Handelbarkeit der Aktie durch den großen Aufwand der Umschreibung bei jeder Transaktion massiv einschränkt, dürfte dies wohl nur bei nicht börsennotierten Gesellschaften in Betracht kommen151 – bei börsennotierten Gesellschaften können derartige Satzungsbestimmungen wegen der starken Einschränkung der Handelbarkeit und des völlig unangemessenen Verwaltungsaufwandes treuwidrig sein.152 bb) Höchstgrenzen für die Zulässigkeit von Dritteintragungen In Bezug auf die Ausgestaltung der Regelung für eine Höchstgrenze muss zunächst der Bezugspunkt der Höchstgrenze definiert werden, wobei hier zwischen dem inhaltlichen und dem personellen Bezugspunkt zu differenzieren ist.

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Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz BT-Drucks. 16/7438, S. 13. So Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 632; Noack, NZG 2008, 721; U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S. 1327, 1336, Mutter/Pernfuß, AG 2008, R 447, 448; Lange, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 67 Rn. 6; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 8b; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 30; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 19; Gätsch, FS Beuthien, 2009, 133, 150; vgl. auch Schüppen/Tretter, ZIP 2009, 493, 495; Grigoleit/ Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 32. 150 Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 8b. 151 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 632; so auch die Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 13. 152 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 27; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 8b, Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 632; vgl. auch Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 13; die Bedenken gegen die Vereinbarkeit mit Art. 13 II Aktionärsrechte-RL, vgl. Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2008, 60, 63, greifen hingegen nicht durch, vgl. C¸ekin, Offenlegungspflichten, 2012, S. 104; U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S. 1327, 1336; Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 14. 149

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(1) Inhaltlicher Bezugspunkt der Höchtsgrenze Die inhaltliche Höchstgrenze kann festgelegt werden als prozentualer Anteil des Grundkapitals oder der ausgegebenen Aktien, aber auch als maximaler Nennbetrag oder maximale Anzahl von Aktien.153 Da ein Prozentsatz des Grundkapitals sich beispielsweise bei Kapitalmaßnahmen dynamisch verhält, ist dies die praktikabelste und in der Praxis bevorzugte Variante.154 Anschließend muss die Grenze zahlenmäßig festgelegt werden, wobei in der Gesetzesbegründung unter Hinweis auf die Schweizer Praxis Schwellen von 0,5 bis 2 % als praktikabel bezeichnet werden.155 Schwellen unter 0,5 % vermitteln regelmäßig keinen genügenden Einfluss, um risikoreich zu sein und sind daher nicht sinnvoll.156 Da bei der börsennotierten AG ab 3 % kapitalmarktrechtliche Meldepflichten nach §§ 33 ff. WpHG eingreifen, haben hier nur unterhalb dieses Wertes angesiedelte Schwellen eine eigenständige Bedeutung.157 (2) Personeller Bezugspunkt der Höchstgrenze Des Weiteren muss der personelle Bezugspunkt des festgelegten Werts bestimmt werden, wobei je nachdem, welchem Zweck die Begrenzung dienen soll, verschiedene Anknüpfungspunkte in Betracht kommen – auch eine Kombination ist möglich. Zum einen kann die Satzungsregelung an die Person des wirklichen Inhabers anknüpfen. Dann werden deren mittels Legitimationseintragungen gehaltenen Anteile zusammengerechnet, für verschiedene Inhaber gehaltene Anteile desselben Dritteingetragenen werden hingegen nicht an der Höchstgrenze gemessen, da insoweit unterschiedliche Einflussrichtungen vorliegen.158 Dies bietet sich vor allem dann an, wenn anonyme Beteiligungsstrukturen vermieden werden sollen.159 Zum anderen kommt auch eine Anknüpfung an die Person des Dritteingetragenen in Betracht, sodass deren eingetragene Anteile zusammengerechnet und an der Höchstgrenze gemessen werden, unabhängig davon, für wen sie gehalten werden. Dies verhindert eine allzu große Machtkonzentration bei Dritteingetragenen.160 Es kann eine Grenze sowohl für die Eintragung des einzelnen Legitimationsaktionärs festgelegt werden als auch ergänzend eine Obergrenze für die Eintragung von Le-

153

Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 632; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 12.2021, § 67 Rn. 30. 154 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 632. 155 Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, S.13; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 631. 156 Lutter/Drygala, Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 21. 157 Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 25; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 30. 158 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010),12, 45. 159 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010),12, 44. 160 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 45.

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gitimationsaktionären insgesamt.161 Auch kann vorgesehen werden, dass in dem von einem Legitimationsaktionär repräsentierten Aktienbesitz nur ein bestimmter Höchstbetrag von Aktien auf einzelne Aktionäre entfallen darf.162 Es sind also sehr ausdifferenzierte Regelungen möglich, wobei die Gesellschaft im Grundsatz frei bei der Gestaltung ist; allerdings ist zu bedenken, dass sehr detaillierte Regelungen zu Lasten der Praktikabilität gehen.163 Zu enge administrative Auflagen können dazu führen, dass die Aktie insbesondere von Finanzintermediären zurückhaltend betrachtet wird.164 Es ist zu befürchten, dass der Markt auf solche Satzungsregelungen mit einem Kursabschlag reagiert.165 Zudem intensiviert sich der Verwaltungsaufwand erheblich.166Die Treubindung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären setzt zudem Schranken insofern, als durch Satzungsregelungen die Dispositionsbefugnis des Aktionärs nicht allzu sehr ausgehöhlt werden darf.167 Auch ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahingehend zu beachten, dass als Alternative eine Offenlegungspflicht möglich ist, die sich für den Aktionär weniger belastend auswirkt.168 cc) Erweiterung der Möglichkeit zur Dritteintragung? Es stellt sich weiterhin die Frage, ob die Möglichkeiten zur Dritteintragung durch das Risikobegrenzungsgesetz sogar erweitert worden sind, sodass nun Dritte eingetragen werden können, die weder Legitimationsaktionär noch Platzhalter sind, z. B. Vermögensverwalter, Rechtsanwälte oder Steuerberater, ohne dass zugleich eine Ermächtigung zur Ausübung des Stimmrechts vorliegt.169 Angesichts der offenen Formulierung des § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG („Aktien, die einem anderen gehören“) käme dies grundsätzlich in Betracht.170 Vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Willens muss man allerdings davon ausgehen, dass sich die zulässigen Dritteintragungen weiterhin auf Legitimationsaktionäre und Platzhaltereintragungen beschränken.171 So heißt es in der Regierungsbegründung, durch statutarische Regelungen könne „die grundsätzlich zulässige Eintragung von Legitimationsaktio161

Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 632. Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 632. 163 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 632. 164 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 634. 165 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 16/7438, S. 18; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 43. 166 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 44. 167 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 44. 168 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 44. 169 Noack, NZG 2008, 721, 722; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 631. 170 Vgl. Noack, NZG 2008, 721, 722; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 631; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 10. 171 Vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 8b. 162

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nären“ eingeschränkt werden.172 Offenbar wollte der Gesetzgeber also die bislang bestehenden Möglichkeiten gerade nicht ausweiten,173 sondern die Dritteintragungen weiterhin auf Legitimationsaktionäre beschränkt wissen. Eine dahingehende Auslegung steht auch im Einklang zum gesetzlichen Leitbild der Registerwahrheit,174 welches dem Gesetzgeber bei Erlass des Risikobegrenzungsgesetzes vorschwebte; vor diesem Hintergrund die Möglichkeiten der Dritteintragung noch auszuweiten, wäre gerade kontraproduktiv. b) Satzungsmäßige Pflicht zur Offenlegung Die Satzung kann nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AktG auch eine Pflicht zur Offenlegung, dass die Aktien einem anderen gehören, vorsehen. aa) Gestaltungsmöglichkeiten Die Gestaltungsmöglichkeiten für Offenlegungspflichten sind vielfältig. Es kann z. B. vorgesehen werden, dass eine Offenlegung nur auf Verlangen der Gesellschaft erfolgen muss, was dem Einzelauskunftsverlangen des § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG entspricht.175 Möglich ist es aber auch, eine Pflicht zur Offenlegung der Daten des Inhabers i. S. d. § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG generell bei der Eintragung von Fremdbesitz oder erst ab einer bestimmten Schwelle vorzusehen.176 Für börsennotierte Gesellschaften ist diese Möglichkeit wiederum nur unterhalb der Schwelle von 3 % relevant, da dort ohnehin nach den Bestimmungen des WpHG Meldepflichten bestehen.177 Fraglich ist, ob eine statutarische Offenlegungspflicht sich auf die erste Eintragung des Legitimationsbesitzes beschränken muss oder ob auch spätere Änderungen vor dem Hintergrund einer entsprechenden Satzungsregelung offenzulegen sein können. Während manche eine dahingehende Satzungsgestaltungsmöglichkeit bejahen,178 weisen andere darauf hin, dass dies angesichts der Sanktion des Stimmrechtsverlusts zu weitgehend sei, da dann der Stimmrechtsverlust unabhängig von einem Gesellschaftsverlangen eintreten könne und damit die gesetzliche Regelung verschärft würde.179 Der Regierungsbegründung lässt sich eine Tendenz entnehmen, dass der Gesetzgeber eine Satzungsregelung, durch die spätere Änderungen erfasst 172

Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 13. Gätsch, FS Beuthien, 2009, 133, 142; dies räumt auch Noack, NZG 2008, 721, 722 ein: „Vermutlich ist die Reichweite den Gesetzesverfassern nicht bewusst gewesen, die sich am Leitbild des Legitimationsaktionärs orientierten.“ 174 Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 9. 175 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 639. 176 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 639. 177 Timmann/Birkholz, BB 2007, 2749, 2750. 178 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 640. 179 Noack, NZG 2008, 721, 723. 173

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werden, zumindest nicht vor Augen hatte, wenn es dort heißt, die gesetzliche Auskunftspflicht werde nicht dadurch überflüssig, dass die Satzung bereits eine Offenlegungspflicht bei Eintragung vorsieht, weil Legitimationseintragungen auch nachträglich entstehen könnten.180 Der Gesetzgeber scheint also davon auszugehen, dass nachträgliche Änderungen der Eigentumslage nur von der gesetzlichen, nicht aber von statutarischen Auskunftspflichten erfasst sind. Diesem gesetzgeberischen Willen ist Rechnung zu tragen. Der Gesellschaft steht mit dem Auskunftsverlangen gem. § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG bereits eine Möglichkeit zur Verfügung, um zu erfahren, ob die Aktien dem Eingetragenen auch gehören. Diese würde beim Bestehen von satzungsmäßigen Offenlegungspflichten weitgehend obsolet, wenn den Aktionär auch bei nachträglichen Veränderungen eine eigeninitiative Offenlegungspflicht treffen würde. Zudem bezieht sich auch nach dem ARUG II das Androhungserfordernis gem. § 67 Abs. 2 Satz 3 AktG nur auf das gesetzliche und gerade nicht auf statutarische Auskunftsverlangen, sodass die Gefahr eines sonst eintretenden unbemerken Rechtsverlusts auch nach dem ARUG II nicht gebannt ist. Zu berücksichtigen ist auch bei der Einführung satzungsmäßiger Offenlegungspflichten, dass zu weitgehende Gestaltungen wie eine allgemeine statutarische Offenlegungspflicht für Fremdbesitz durch die Erschwerung von Übertragungsvorgängen und den damit verbundenen Kostennachteilen zu Kursabschlägen führen kann.181 bb) Verhältnis zu den gesetzlichen Offenlegungspflichten (1) Reichweite einer satzungsmäßigen Offenlegungspflicht Das Gesetz spricht in § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG von einer Offenlegung der Tatsache, „dass die Aktien einem anderen gehören“. Dies deutet dem Wortlaut nach darauf hin, dass als satzungsmäßige Offenlegungspflicht i. S. d. § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG, welche die Sanktion des Stimmrechtsverlusts nach sich zieht, nur eine Pflicht zur Offenlegung der Tatsache statuiert werden kann, dass Fremdbesitz vorliegt, ohne dass allerdings durch Satzung eine sanktionsbewehrte Pflicht zur Übermittlung der persönlichen Daten desjenigen begründet werden kann, für den die Aktien gehalten werden.182 Das Ziel der Neuregelung war allerdings gerade die Verbesserung der Identifizierung des wirklichen Inhabers,183 was dafür sprechen könnte, auch die Identität des Aktionärs zu erfassen.184 Dieses Motiv findet allerdings wiederum im 180

Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 14. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 46. 182 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 46; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 38; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 639; a. A. jetzt T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 20, anders noch Vorauflage, § 67 Rn. 46. 183 Vgl. Bericht des Finanzausschusses v. 26. 6. 2008, BT-Drucks. 16/9821, S. 7/8 und 14. 184 Marsch-Barner, in: FS Hüffer, 2010, S. 627, 639. 181

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Wortlaut keinerlei Stütze, sodass man davon ausgehen muss, dass eine sanktionsbewehrte Pflicht i. S. d. § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG nur bezüglich der Frage, ob eine Fremdeintragung vorliegt, begründet werden kann. Es kann durch die Satzung somit eine mit der Sanktion des Stimmrechtsverlusts bewehrte Pflicht zur Offenlegung nur dahingehend geschaffen werden, ob man die Aktien für jemand anderen hält. Offenlegungspflichten bezüglich der Identität des Hintermannes können zwar statuiert werden, ziehen allerdings nicht die Rechtsfolge des Stimmrechtsverlusts nach sich. Diese enge, am Wortlaut orientierte Auslegung des § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG erscheint wegen des Ausnahmecharakters dieser Vorschrift geboten. Denn als Grundsatz gilt im Aktienrecht gerade die Satzungsstrenge, um die Aktie als standardisiertes Kapitalanlageprodukt zu schützen. Abweichungen vom Grundsatz der Satzungsstrenge müssen deswegen restriktiv gehandhabt werden, um diese Wirkung der Satzungsstrenge nicht zu gefährden. Zudem zeigen die verschiedenen Formulierungen in § 67 AktG, dass der Gesetzgeber zwischen der Frage, dass die Aktien einem anderen gehören, und der Frage, wem sie gehören, durchaus differenziert. Dann wäre aber, hätte der Gesetzgeber auch im Rahmen von § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG eine Aufdeckung der Identität des Aktionärs im Sinn gehabt, dieselbe sprachliche Präzision zu erwarten gewesen, die er z. B. bei der Ausdifferenzierung der gesetzlichen Offenlegungspflichten in § 67 Abs. 4 AktG hat walten lassen. Es ist zuzugeben, dass dadurch eine gewisse Inkongruenz zwischen den gesetzlichen und den satzungsmäßigen Offenlegungspflichten besteht. Es ist auch kaum zu unterstellen, dass dies die gesetzgeberische Intention gewesen ist. Jedoch ist im Dienste der Rechtssicherheit bei Ausnahmen von der Satzungsstrenge eine enge, streng am Wortlaut orientierte Auslegung geboten. De lege ferenda sollte diese Unsicherheit beseitigt werden, indem man auch für die Satzungsregelung unmissverständlich klarstellt, dass sich die satzungsmäßigen Offenlegungspflichten sowohl auf das „Ob“ als auch auf das „Für wen?“ des Fremdbesitzes beziehen können. Damit würde ein wünschenswerter Gleichlauf zwischen den satzungsmäßigen Offenlegungspflichten und den gesetzlichen Auskunftsmöglichkeiten der Aktiengesellschaft nach § 67 Abs. 4 AktG erreicht und auch dem gesetzgeberischen Ziel der größtmöglichen Beteiligungstransparenz Rechnung getragen. Die Chance zu einer solchen Klarstellung wurde jedoch im Rahmen des ARUG II nicht ergriffen; § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG blieb dort unangetastet. Wenn der Gesetzgeber im Rahmen der Arbeiten an § 67 AktG gerade im Hinblick auf die Aktionärsidentifikation zur Umsetzung des 2. ARRL aber eine solche Anpassung nicht vorgenommen hat, ist nun umso mehr davon auszugehen, dass die aktuelle Lage eines nicht vollständigen Gleichlaufs zwischen satzngsmäßigen und gesetzlichen Offenlegungspflichten dem gesetzgeberischen Willen durchaus entspricht.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

(2) Kostenerstattungspflicht auch bei satzungsmäßiger Offenlegungspflicht? Auch hinsichtlich der Kostentragung wäre eine weitere Klarstellung zum Verhältnis der gesetzlichen zu den satzungsmäßigen Offenlegungspflichten für Fremdbesitz wünschenswert. Nach der jetzigen Lage ist eine Kostentragungspflicht für die Gesellschaft nämlich nur bei Nutzung der gesetzlichen Auskunftsrechte zu finden, vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 i. V. m. Satz1 AktG („gegen Erstattung der notwendigen Kosten“). Einer Gesellschaft, die etwa die Offenlegung aller Legitimationseintragungen anstrebt, könnte leicht auf den Gedanken kommen, satzungsmäßige Pflichten vorzusehen, um diese Kostentragungspflicht zu umgehen.185 Diese Gefahr verschärft sich durch die oben beschriebene Unsicherheit in der Frage, ob sich satzungsmäßige Offenlegungspflichten auch auf die Identität beziehen können. Bejaht man dies entgegen des oben gefundenen Ergebnisses, so könnte sich die Gesellschaft durch Satzungsbestimmung kostenlos dieselben Informationen beschaffen, die sie durch die gesetzlichen Mittel nur um die Kostenerstattung erhalten könnte. (3) Die Möglichkeit zur Satzungsregelung als Schranke der Geltendmachung der gesetzlichen Auskunftsansprüche? Es stellt sich die Frage, inwieweit Satzungsregelungen, die sich auf die Offenlegung von Fremdbesitz beziehen, Konsequenzen in Bezug auf gesetzliche Auskunftsverlangen entfalten können. Ihrig spricht von einer „Konnexität“ zwischen der statutarischen Regelungsbefugnis und dem Auskunftsanspruch des § 67 Abs. 4 AktG186 und adressiert damit die Frage, ob der Vorstand in seinem Ermessen hinsichtlich der Geltendmachung der gesetzlichen Auskunftsansprüche deswegen eingeschränkt ist, weil die Möglichkeit, solche Offenlegungspflichten durch Satzungsregelung zu schaffen, ungenutzt bleibt. Teils, namentlich von Lutter/Drygala, wird die Auffassung vertreten, wenn eine Satzungsregelung vorliege, die die Offenlegung erst ab einer bestimmten Schwelle verlange, so beschränke dies auch das Auskunftsrecht nach § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG, denn durch die Festsetzung einer solchen Schwelle gebe die AG zu erkennen, dass sie an einer Offenlegung von Fremdbesitz unterhalb dieser Schwelle gerade nicht interessiert sei.187 Die statutarische Schwelle zeichne insoweit auch das Vorstandsermessen bzgl. der gesetzlich vorgesehenen Auskunftsverlangen vor; wolle der Vorstand von seinen gesetzlichen Auskunftsrechten unterhalb der statutarischen Schwelle Gebrauch machen, bestehe daher ein besonderer Begründungsaufwand.188 Dies wird jedoch auch in Zweifel gezogen: die Annahme, dass mit der satzungsmäßigen Bestimmung eines Schwellenwerts für Offenlegungspflichten ein 185 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010),12, 46; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 38. 186 Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 577. 187 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 124. 188 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 124.

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grundsätzliches Desinteresse der AG für die wahren Verhältnisse unterhalb dieser Schwelle dokumentiert sei, gehe fehl.189 Dies würde konsequent nämlich bedeuten, dass die Gesellschaft, wenn sie keinerlei Schwellenwerte in der Satzung festgesetzt hat, damit bekundet hat, dass sie generell kein Interesse an der Offenlegung von Fremdbesitz hat, sodass jedes Auskunftsverlangen besonders begründungsbedürftig wäre.190 Eine Interdependenz zwischen statutarischen Offenlegungspflichten und gesetzlichen Auskunftsrechten sei nicht gegeben.191 Eine vermittelnde Position räumt hingegen ein, es bestehe mittels Satzung die Möglichkeit, das Einzelauskunftsverlangen an zusätzliche Voraussetzungen zu knüpfen;192 diese könnten sich ggf. auch aus durch Satzung vorgesehenen Beschränkungen für eine Offenlegungspflicht ergeben, die wegen des grundsätzlichen Vorrangs der Satzung auf Einzelfallverlangen zu übertragen sein können.193 Im Einzelfall sei dies durch Auslegung zu ermitteln.194 Der Ansatz, der eine Vorzeichnung des Vorstandsermessens in Bezug auf die Ausübung der gesetzlichen Auskunftsrechte durch die Satzungsbestimmungen annehmen will, übersieht, dass es dem Vorstand gar nicht alleine obliegt, eine solche Satzungsregelung zu schaffen. Dazu bedarf es vielmehr eines Hauptversammlungsbeschlusses. Es würde einen gravierenden Eingriff in die Leitungsmacht des Vorstandes bedeuten, wollte man ihm die Geltendmachung der gesetzlichen Auskunftsrechte deshalb verwehren, weil es in der Hauptversammlung nicht möglich war, eine Mehrheit für eine solche Satzungsänderung zu erreichen. Zudem würde auch eine solche Ablehnung der Hauptversammlung den Willen der Aktionäre hinsichtlich der Ausübung der gesetzlichen Auskunftsrechte nicht notwendigerweise widerspiegeln. Eine Satzungsbestimmung kann beispielsweise auch deshalb nicht gewollt sein, weil die Aktionäre die scharfe Sanktion des Stimmrechtsverlusts bei Verstoß gegen eine Satzungsregelung fürchten (selbst wenn diese nunmehr durch das ARUG II noch an eine zusätzliche Androhung geknüpft ist); das bedeutet aber nicht, dass es nicht dennoch in ihrem Interesse liegen kann, dass im Einzelfall Beteiligungsverhältnisse offengelegt werden. Die gesetzlichen Auskunftsrechte bieten insofern ein flexibles Instrument, was die Gesellschaft auch gerade dazu veranlassen kann, unterhalb bestimmter Schwellen auf satzungsmäßige Offenlegungspflichten zu verzichten.195

189 Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 5773, 5778; vgl. auch Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 50. 190 Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 577 f. 191 Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 578. 192 Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 50; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 47. 193 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 47. 194 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 47. 195 Vgl. auch Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 578.

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Es muss mithin bei dem Ergebnis verbleiben, dass der Vorstand in seinem Ermessen in Bezug auf die Ausübung der gesetzlichen Auskunftsrechte des § 67 Abs. 4 AktG nicht alleine dadurch beschränkt wird, dass die Möglichkeit, solche Satzungsbestimmungen vorzusehen, ungenutzt bleibt. Ein Umkehrschluss aus einer statutarischen Schwellenregelung erscheint nicht überzeugend, vielmehr besteht nämlich auch die Möglichkeit, dass die AG gerade in Kenntnis ihrer gesetzlichen Auskunftsmöglichkeiten die Satzungsregelung so gestaltet hat, dass sie unterhalb der Schwelle gerade statt einer generellen Offenlegungspflicht einzelfallabhängig von ihren gesetzlichen Möglichkeiten nach § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG Gebrauch machen will.196 Ihr den Willen zu unterstellen, durch statutarische Grenzen auch ihre gesetzlichen Möglichkeiten einschränken zu wollen, geht fehl; soweit dies im Einzelfall tatsächlich gewollt sein sollte, kann dem durch eine entsprechende Auslegung hinreichend Rechnung getragen werden. Der Vorstand unterliegt bei der Ermessensausübung dem Gebot der Aktionärsgleichbehandlung des § 53a AktG und darf sich bei der Geltendmachung der Auskunftsansprüche nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen, sodass sein Ermessen gewissen normativen Beschränkungen unterliegt. Soweit der Vorstand also Auskunftsverlangen bei ungewöhnlich kleinen Beteiligungen geltend macht, so besteht schon alleine deshalb ein besonderer Begründungsaufwand, um nicht gegen § 53a AktG zu verstoßen. Einer Kopplung der gesetzlichen Auskunftsrechte an satzungsmäßige Schwellen bedarf es hierzu nicht. Weiterhin unterliegt der Vorstand auch der allgemeinen Grenze des Rechtsmissbrauchs. Er darf insbesondere nicht versuchen, durch Auskunftsverlangen Stimmrechte gezielt zu blockieren, indem Auskunftsverlangen gezielt kurz vor einer kritischen Hauptversammlung geltend gemacht werden, um dann die Stimmberechtigung in Frage zu stellen.197 cc) Vermeidung von Umgehungsstrategien Legitimationseintragungen ließen sich für die AG in der Vergangenheit kaum vermeiden, wenn der Aktionär nicht selbst eingetragen werden wollte. Neben der Umgehung durch Treuhandgestaltungen kann eine Legitimationseintragung nämlich nachträglich ohne Eintragungsvorgang entstehen, wenn der selbst eingetragene Aktieninhaber seinen Anteil überträgt, aber selbst eingetragen bleibt und sich vom Erwerber gem. § 135 Abs. 6 AktG zur Stimmabgabe ermächtigen lässt. Da die Gesellschaft in diesem Fall nicht mitwirken muss, hat sie auch keine Möglichkeit, diese Legitimationseintragung zu verhindern.198 Zudem lässt sich eine Legitimationseintragung auch schlicht durch „Täuschung der AG“199 erreichen, indem sich der 196

Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 578. Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 124; Diekmann/Merkner, NZG 2007, 926. 198 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 35; vgl. auch Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 21. 199 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 35. 197

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Dritte in Absprache mit dem wahren Inhaber als Inhaber eintragen lässt, ohne offenzulegen, dass er für einen anderen eingetragen ist. Diese Problematik ergab sich vor allem daraus, dass der Vorstand keinerlei Initiativrecht für Eintragungen und Änderungen hatte, sondern gem. § 67 Abs. 3 AktG und auch ein Löschungsverfahren gem. § 67 Abs. 5 AktG nur in Betracht kommt, wenn die Eintragung anfänglich unrichtig war, wenn sich also nachträglich herausstellt, dass die Eintragung als Aktionär nicht der materiellen Rechtslage im Zeitpunkt der Eintragung entsprach, nicht aber wenn sie erst nachträglich unrichtig wird.200 Spätere Veränderungen der materiellen Rechtslage konnten daher immer nur im Verfahren nach § 67 Abs. 3 AktG auf Mitteilung und Nachweis berücksichtigt werden.201 Dem Vorstand stand folglich kein Mittel zur Verfügung, derartige Umgehungen „abzuwehren“. Abgesehen von der Möglichkeit der Eintragung eines Vollrechtstreuhänders, welche für die AG nach wie vor auch durch Satzungsregelungen unkontrollierbar bleibt, hat sich diese Situation nun insoweit gebessert, als die AG durch Satzungsgestaltung, namentlich durch die Etablierung von nach § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG sanktionierten Offenlegungspflichten, die Möglichkeit erhalten hat, Täuschungen entgegenzuwirken und nachträgliche Änderungen durch gesetzliche Auskunftsverlangen zu erfahren. Durch das ARUG II besteht nun zudem für den Vorstand die Möglichkeit, gem. § 67 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 67d Abs. 4 AktG die Auskunft der Depotbank über die Identität des Aktionärs direkt in das Aktienregister einfließen zu lassen.202 c) Kombinationen Offenlegungspflichten und Regelungen über die Zulässigkeit von Fremdeintragungen lassen sich auch kombinieren, die AG ist in der Ausgestaltung frei. Eine sinnvolle Kombinationsmöglichkeit besteht in einer abgestuften Regelung, nach der eine Eintragung von Fremdbesitz ab einer gewissen Schwelle nur dann zulässig ist, wenn die Daten der Inhaber offengelegt werden.203 d) Beispiele für Satzungsregelungen aus der Praxis In der Praxis haben nur wenige Gesellschaften von den neu eröffneten Möglichkeiten der Gestaltung durch Satzung Gebrauch gemacht.204 Mit Münchener Rück 200 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 35; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 134; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 96. 201 Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 134; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 97. 202 Vgl. dazu bereits oben 8. Kapitel B. I. 4, S. 211. 203 Marsch-Barner, FS Hüffer, 201, S. 627, 632, 639; Lutter/Drygala, in: Kölner KommAktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 22. 204 Vgl. auch Bayer/Hoffmann, AG 2013, R 259; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 147.

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und Allianz sind im Versicherungsbereich jedoch sogar DAX30-Unternehmen unter den Beispielen für Gesellschaften, die solche Satzungsregelungen eingeführt haben und bis zum heutigen Tage nutzen. aa) Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG So hat die Münchener Rück in ihrer Satzung in der Fassung von April 2019205 eine Regelung, die folgendermaßen lautet: §3 […] (3) Die Inhaber der Aktien sind verpflichtet, der Gesellschaft die für die Aktienregistereintragung gesetzlich geforderten Angaben mitzuteilen. Mitzuteilen ist ferner, inwieweit die Aktien demjenigen, der als Inhaber im Aktienregister eingetragen werden soll, auch gehören. Besitzt der Inhaber eine elektronische Adresse, so ist auch diese mitzuteilen. (4) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt als Aktionär nur, wer als solcher im Aktienregister eingetragen ist. Die Eintragung als Aktionär im eigenen Namen für Aktien, die einem anderen gehören, erfolgt unter folgenden Voraussetzungen: a) bei einer Eintragung bis zu 0,1 % des satzungsmäßigen Grundkapitals je natürlicher oder juristischer Person ohne Weiteres. b) bei mehr als 0,1 % des satzungsmäßigen Grundkapitals je natürlicher bzw. juristischer Person, wenn die Person sich gegenüber der Gesellschaft auf Verlangen verpflichtet, ihr auf Anforderung binnen angemessener Frist die Angaben nach Abs. 3 zu denjenigen offenzulegen, denen mehr als 0,1 % des satzungsmäßigen Grundkapitals gehören. Die Rechte der Gesellschaft nach § 67 Abs. 4 des Aktiengesetzes und § 3 Absatz 2 dieser Satzung bleiben unberührt. (5) Solange und soweit die Eintragung eines Aktionärs im eigenen Namen für Aktien, die einem anderen gehören, die Höchstgrenze von 2 % des satzungsmäßigen Grundkapitals überschreiten, bestehen aus der Eintragung keine Stimmrechte.

In der Satzung der Münchener Rück wird eine gestufte Regelung etabliert, wobei die Zulässigkeit der Legitimationseintragung vom Anteil am Grundkapital abhängt. Bei einem sehr geringen Anteil von weniger als 0,1 % des Grundkapitals ist die Eintragung an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. In einem Bereich 0,1 % bis 2 % ist die Eintragung zwar zulässig, jedoch an die weitere Voraussetzung der Offenlegung des wahren Aktionärs geknüpft. Ab einer Höchstgrenze von 2 % ist eine Eintragung unzulässig. Als Rechtsfolge der Überschreitung der Zulässigkeitsschwelle wird im Einklang mit der gesetzlichen Regelung bestimmt, dass auch oberhalb der satzungsmäßigen Grenze von 2 % Legitimationsaktionäre eingetragen

205 Abrufbar unter https://www.munichre.com/site/corporate/get/documents_E-739431080/ mr/assetpool.shared/Documents/0_Corporate_Website/5_Investor_Relations/Publications/Pre sentations/Satzung_4_2019_de.pdf (zuletzt abgerufen am 5. 5. 2021).

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werden können, in diesem Falle keine Stimmrechte aus den Eintragungen bestehen.206 bb) Allianz SE Auch die Allianz hat mit Wirkung zum 1. 1. 2010 folgenden § 3a in ihre Satzung eingefügt, der sich auch in der Fassung von November 2019207 immer noch findet: § 3a Die Eintragung in das Aktienregister im eigenen Namen für Aktien, die einem anderen gehören, ist zulässig unter folgenden Voraussetzungen: a) bei einer Eintragung bis zu 0,2 % des satzungsmäßigen Grundkapitals je Eingetragenem ohne Weiteres; b) bei einer Eintragung von mehr als 0,2 % des satzungsmäßigen Grundkapitals bis einschließlich 3 % des satzungsmäßigen Grundkapitals je Eingetragenem ist für den 0,2 % des satzungsmäßigen Grundkapitals übersteigenden Teil der Aktien die Eintragung zulässig, soweit der Gesellschaft gegenüber die Daten gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG für diejenigen Personen offengelegt werden, für die der Eingetragene jeweils mehr als 0,2 % des satzungsmäßigen Grundkapitals hält; c) die Eintragung ist höchstens bis zu einer Höchstgrenze von 3 % des satzungsmäßigen Grundkapitals je Eingetragenem zulässig. Die Rechte der Gesellschaft nach § 2 Abs. 2 dieser Satzung bleiben unberührt. Die Regelungen dieses § 3a gelten ab dem 1. 1. 2010 und sind von diesem Zeitpunkt an auch auf bestehende Eintragungen anzuwenden.

Ebenso wie die Münchener Rück hat auch die Allianz eine abgestufte Zulässigkeitsregelung für Legitimationseintragungen abhängig vom Grundkapitalanteil gewählt, dabei allerdings die Grenzen mit 0,2 % und 3 % etwas höher angesetzt als die Münchener Rück. Der obere Schwellenwert von 3 % korreliert dabei mit der niedrigsten Meldeschwelle des § 33 WpHG. Unterhalb dieser Meldeschwelle, wo die Gesellschaft aufgrund der kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten eigentlich nichts über einen etwaigen Beteiligungsaufbau erfahren würde, hat sie aufgrund der satzungsmäßigen Offenlegungspflicht nun die Möglichkeit, ihre Beteiligungsstruktur schon weit unterhalb des Eingreifens des WpHG zu kontrollieren. Interessant ist bei der Satzungsregelung der Allianz SE die Rechtsfolge, die an ein Überschreiten der Höchstgrenze geknüpft wird. Die Satzungsregelung spricht von einer Unzulässigkeit der Eintragung bei Überschreiten der Grenze.208 Das entspricht 206 Vgl. auch Bayer/Hoffmann, AG 2013, R259, R 260 zu der insoweit identischen Vorgängerregelung. 207 Abrufbar unter https://www.allianz.com/content/dam/onemarketing/azcom/Allianz_ com/investor-relations/en/corporate-governance/statutes/de-1911-Allianz-Satzung.pdf (zuletzt abgerufen am 25. 5. 2021). 208 Vgl. Bayer/Hoffmann, AG 2013, R259, R 260 zu der insoweit identischen Vorgängerregelung.

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nicht der gesetzlichen Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG. Nach dieser kann eine Eintragung gleichwohl erfolgen, nur die Stimmrechte aus solchen Eintragungen bestehen nicht. Bayer/Hoffmann haben daraus geschlossen, die Gesellschaft entscheide sich damit freiwillig für weniger Beteiligungstransparenz, als das Gesetz ihr biete, denn durch das etablierte Verbot der Eintragung verzichte sie auf einen Ansprechpartner in Bezug auf die von einem Legitimationsaktionär gehaltenen Anteile.209 Ob diese Entscheidung bewusst erfolgt ist, muss allerdings dahingestellt bleiben, naheliegend ist als Erklärung für die Formulierung der Rechtsfolge in der Satzungsbestimmung auch, dass man sich bei der Schaffung am Wortlaut des § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG orientierte und nicht bewusst eine schärfere Rechtsfolge im Sinne einer Nichteintragungsfähigkeit an das Überschreiten der Höchstgrenze knüpfen wollte. Jedenfalls ist zuzugeben, dass die Satzung inzwischen mehrfach überarbeitet wurde, ohne dass diese Regelung angegriffen worden wäre, in der praktischen Anwendung hier also offenbar keine Probleme aufgetreten sind. Jedenfalls bietet diese Satzungsregelung Anlass, sich die Frage zu stellen, ob vor dem Hintergrund der Satzungsstrenge eine solche Modifikation der Rechtsfolge möglich ist oder ob der Gesetzgeber nur in Hinblick auf die Voraussetzungen einer Satzungsregelung Gestaltungsfreiheit bieten, die Rechtsfolge eines Verstoßes aber durch das Aktiengesetz vorgeben wollte. Dagegen spricht allerdings, dass es der Gesellschaft grundsätzlich auch offensteht, Legitimationseintragungen durch Satzung vollständig auszuschließen. Kann die Gesellschaft eine solche Regelung einführen, so muss es ihr erst recht freistehen, die Nichteintragungsfähigkeit von Legitimationsaktionären erst ab einer bestimmten Beteiligungsschwelle vorzusehen. Die gesetzliche Rechtsfolge des § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG ist insofern eher als eine Ausfallregelung zu verstehen, die insbesondere dann Geltung beansprucht, wenn zunächst unbemerkt entgegen einer Satzungsregelung Legitimationsaktionäre eingetragen werden und dies später auffällt. cc) Beispiele für gescheiterte Satzungsregelungen Anders als die beiden oben genannten Beispiele, die ihre Satzungsregelungen bis heute beibehalten haben, finden sich auch Gesellschaften, die eine satzungsmäßige Regelung der Eintragung von Legitimationsaktionären kurzzeitig ausprobiert haben, diese dann aber schon nach kurzer Zeit wieder aus ihrer Satzung gestrichen haben. Zu diesen Gesellschaften gehört die Talanx AG, die zunächst eine mehrstufige Satzungsregelung mit dem Schwellenwerten 0,2 und 3 % des Grundkapitals in ihre Satzung eingefügt hatte. Diese wurde jedoch bereits mit Hauptversammlungsbeschluss vom 6. 5. 2013 wieder ersatzlos aus der Satzung gestrichen.210 Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine hinreichende Transparenz bereits durch gesetzliche Regelungen wie die Mitteilungspflichten des WpHG erreicht werde. Der Nutzen sei 209 210

Bayer/Hoffmann, AG 2013, R259, R 260. Vgl. Bayer/Hoffmann, AG 2013, R259, R 260.

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mithin gering, die mit der Satzungsklausel verbundenen Belastungen hingegen erheblich.211 Auch die Hannover Rück SE verzichtete bereits mit Beschluss vom 7. 5. 2015 wieder auf ihre Satzungsregelung, die erst im Zuge der SE-Umwandlung ein Jahr zuvor beschlossen und erst am 19. 3. 2013 ins Handelsregister eingetragen worden war. Diese Satzungsregelung hatte damit nur wenige Monate Bestand. Zur Begründung wurde auch hier eine Verringerung des Verwaltungsaufwands angeführt. Die Ziele der Steigerung der Transparenz und der erleichterten Aktionärskommunikation würden nur sehr eingeschränkt erreicht.212 Die Leoni AG hat auf ihre Satzungsregelung, die eine Eintragung von Legitimationsaktionären vollständig ausschloss, mit Wirkung zum 11. 6. 2012 wieder verzichtet. Die erhoffte Transparenzsteigerung und verbesserte Aktionärskommunikation werde nur sehr begrenzt erreicht, der Verwaltungsaufwand sei jedoch erheblich.213 e) Regelungsdichte in der Satzung Es fragt sich, ob die Satzung alle Regelungen selbst schon treffen muss oder ob eine Regelung auch dergestalt erfolgen kann, dass die Satzung einen Rahmen vorgibt, der durch den Vorstand konkretisiert wird. Eine derartige Regelung wäre deutlich flexibler und böte die Möglichkeit, sich an etwaige neue Gegebenheiten ohne eine Satzungsänderung anzupassen.214 Allerdings ist vor dem Hintergrund der harten Sanktion des Stimmrechtsverlusts nach § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG bei Verstößen gegen die Satzungsbestimmungen ein hohes Maß an Rechtssicherheit für die Anleger zu fordern.215 Dies steht einer Delegation an den Vorstand entgegen – die Satzung muss also die Voraussetzungen abschließend selbst bestimmen. f) Notwendigkeit von Übergangsregelungen Die Sanktion des § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG bei Verstoß gegen Satzungsregelungen macht vor dem Hintergrund des schutzwürdigen Vertrauens von Dritteintragungen, die bereits vor Inkrafttreten der Satzungsregelung zulässigerweise eingetragen worden sind, eine Übergangsregelung erforderlich,216 da es sonst in derartigen Fällen 211 So die Begründung in der Hauptversammlungseinladung vom 25.3.3013, vgl. Bayer/ Hoffmann, AG 2013, R259, R 260. 212 So die Begründung in der Hauptversammlungseinladung vom 25.3.3013, vgl. Bayer/ Hoffmann, AG 2013, R259, R 260. 213 So der Vorstand laut Hauptversammlungsprotokoll vom 16. 5. 2012, S. 31, vgl. Bayer/ Hoffmann, AG 2013, R259, R 261. 214 Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 634. 215 Vgl. Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 634. 216 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 47; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 40; a. A. Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 635, 640.

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zu einer massiven Beschränkung des Eigentums kommen würde; für eine solche ist aber eine Satzungsregelung als Ermächtigung nicht ausreichend. Die Regierungsbegründung zum Risikobegrenzungsgesetz hält eine gesetzliche Übergangsregelung dennoch für entbehrlich und legt die Schaffung einer solchen in die Hand der AG.217 Eine ausdrückliche Ausnahme für Altfälle in der Satzung wird in der Literatur allerdings nicht für erforderlich gehalten, vielmehr sei die Sanktionsregelung des § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG einer einschränkenden Auslegung dahingehend zuzuführen, dass das Stimmverbot für Altfälle nicht eingreife.218 Eine Regelung, die ausdrücklich auch Altfälle erfasst, sei treuwidrig und damit gem. § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar.219 Eine Ausnahme für Altfälle in Bezug auf statutarische Offenlegungspflichten ist hingegen nicht von Nöten, da dort keine vergleichbare Härte auftritt.220 g) Rechtsschutzmöglichkeiten einzelner Aktionäre Eine oben beschriebene Satzungsregelung kann die Aktionäre in ihrem Handeln nicht unerheblich beeinträchtigen, weshalb sie Rechtsschutz gegen derartige statutarische Bestimmungen suchen könnten. Die Einführung derartiger Bestimmungen an sich ist vom Gesetz ausdrücklich vorgesehen und kann deshalb nicht angegriffen werden; eine Anfechtung der Satzungsregelung kommt nur in Bezug auf ihre konkrete Ausgestaltung in Betracht.221 Hierzu ergibt sich zum einen dann die Möglichkeit, wenn die Satzungsregelung einen Verstoß gegen § 53a AktG darstellen sollte;222 zum anderen wird eine Anfechtbarkeit teils auch dann angenommen, wenn durch die statutarische Regelung die Fungibilität und Handhabbarkeit der Aktien unangemessen beeinträchtigt werde223 @ eine solche Regelung sei in der börsennotierten AG rechtswidrig.224

217

Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 14. Vgl. Noack, NZG 2008, 721, 724. 219 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 48; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, § 67 Rn. 16. 220 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 48. 221 Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 26; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 26. 222 Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 26; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 27. 223 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 27; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 8b m. w. N. 224 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 27. 218

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4. Gesetzliche Offenlegungspflichten a) Ungefragte gesetzliche Offenlegungspflicht für Legitimationseintragungen? Zunächst kann sich die Frage stellen, ob ein in das Aktienregister eingetragener Legitimationsaktionär ungefragt offenlegen muss, dass er die Aktien für einen anderen hält. Dies würde dem Transparenzanliegen am besten Rechnung tragen. Teils wird in der Tat die Ansicht vertreten, das Gesetz verlange die Offenlegung, wenn jemand für fremde Aktien im Aktienregister eingetragen werden will.225 Dies wird hergeleitet aus der Regelung des § 67 Abs. 3 AktG, wonach Eintragungen nur erfolgen, wenn der Rechtsübergang der Gesellschaft mitgeteilt wird und dabei der Nachweis der Rechtsstellung des neu Einzutragenden erfolgt.226 Nach dieser Ansicht muss dieser Nachweis also die Erklärung darüber, ob man selbst Aktionär oder nur Legitimationsaktionär ist, beinhalten. Folgt man dieser Ansicht, so erklärt sich jedoch die durch das Risikobegrenzungsgesetz geschaffene Möglichkeit einer satzungsmäßigen Offenlegungspflicht nicht. Die Bedeutung einer solchen Satzungsbestimmung läge dann nicht darin, Offenlegungspflichten für Legitimationsaktionäre zu schaffen, da diese ja ohnehin bestehen, sondern einzig darin, an deren Nichterfüllung eine neue Rechtsfolge zu knüpfen, nämlich den Stimmrechtsverlust nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AktG, und so die Durchsetzbarkeit der gesetzlich bereits bestehenden Offenlegungspflicht zu erleichtern.227 Eine solche Regelungstechnik mutet indes zumindest ungewöhnlich an. Es liegt nicht nahe, dass der Gesetzgeber eine Pflicht statuiert, die Rechtsfolge bei deren Nichterfüllung jedoch der einzelnen Aktiengesellschaft überlässt, die ja durch die Offenlegungspflichten geschützt werden soll, indem er es ihr überlässt, eine entsprechende Satzungsregelung zu schaffen. Eine gesetzliche Offenlegungspflicht ohne gesetzliche Rechtsfolge eines Verstoßes wäre ein „stumpfes Schwert“ und würde letztlich nicht mehr darstellen als eine bloße Empfehlung des Gesetzgebers. Mag es auch wünschenswert sein, dass ein Legitimationsaktionär bei seiner Eintragung seine Position offenlegt, so kann man dies doch nicht in den Gesetzeswortlaut hineinlesen. Es sollte der einzelnen Gesellschaft vielmehr selbst überlassen bleiben, ob sie solche Offenlegungspflichten etablieren möchte oder nicht. Aus der durch das Risikobegrenzungsgesetz geschaffenen Möglichkeit, eine Satzungsregelung zu erlassen, lässt sich daher der Umkehrschluss ziehen, dass ohne Satzungsregelung eine Pflicht zur Offenlegung gerade nicht besteht.228

225

Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 638. Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 638. 227 Vgl. auch Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 638. 228 U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S.1327, 1338; U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 723. 226

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b) Übermittlungspflicht nach § 67 Abs. 4 Satz 1 AktG Bereits seit dem NaStraG hat die Gesellschaft die Möglichkeit, gem. § 67 Abs. 4 Satz 1 AktG von dem depotführenden Kreditinstitut Übermittlung der für die Führung des Aktienregisters notwendigen Angaben zu verlangen. Vor dem Risikobegrenzungsgesetz war allgemein anerkannt, dass diese Übermittlungspflicht durch die Dispositionsbefugnis des Inhabers dahingehend eingeschränkt wird, dass er ihr widersprechen kann oder statt der Mitteilung seiner Daten die Mitteilung der Daten eines Legitimationsaktionärs verlangen kann.229 Nach dem Risikobegrenzungsgesetz ist dies vor dem Hintergrund der Auskunftspflicht des Inhabers nach § 67 Abs. 1 Satz 2 AktG zweifelhaft geworden. Aufgrund dieser neuen Konzeption könnte die Mitteilungspflicht für das Kreditinstitut nunmehr unabhängig von einem etwaigen Widerspruch des Inhabers geworden sein.230 Er könnte dann nur noch seine Anonymität wahren, indem ein Legitimationsaktionär eingetragen wird.231 Andere indes vertreten auch nach dem Risikobegrenzungsgesetz die Ansicht, dass ein Widerspruch beachtlich sei.232 Die erstgenannte Auffassung verkenne, dass auch zuvor bereits die Verpflichtung des Kreditinstituts bestand, die Angaben mitzuteilen; die Mitteilungspflicht des Aktionärs habe an Inhalt und Bindungswirkung der Pflicht der Kreditinstitute nichts geändert.233 Der Aktionär verstößt durch einen Widerspruch zwar nun möglicherweise gegen seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft; jedoch ist es nicht Aufgabe des Kreditinstituts, für die Rechtstreue seiner Kunden Sorge zu tragen.234 Die Dispositionsbefugnis des Aktionärs ist folglich lediglich im Falle des Bestehens von Satzungsregelungen, die eine Legitimationseintragung verbieten, dahingehend eingeschränkt, dass das Kreditinstitut eine Übermittlung von derartigen Daten nicht vornehmen darf; diesbezügliche Weisungen des Aktieninhabers sind nach dem

229 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 48; vgl. auch Regierungsbegründung NaStraG, BT-Drucks. 14/4051, S. 12; Bayer, in: MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 118 ff.; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 88; Huep, WM 2000, 1623, 1629. 230 Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 22; Servatius, in: Wachter, AktG, 3. Auflage 2018, § 67 Rn. 11; Lange, in: Henssler/Strohn-AktG, 5. Auflage 2021, § 67 Rn. 12; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 28; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 8, 21; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 46; Noack, NZG 2008, 721; Gätsch, FS Beuthien, 2009, S. 133, 145. 231 Gätsch, FS Beuthien, 2009, S. 133, 145. 232 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 88; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 109; Noack, NZG 2008, 721; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 46; Grigoleit/ Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 118; Maurice, Namensaktien, 2011, S. 115; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 146. 233 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 88. 234 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 88.

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Rechtsgedanken des § 134 BGB unbeachtlich.235 Die Beachtlichkeit eines Widerspruchs ergibt zudem ein kohärentes Bild mit der oben vertretenen Ansicht, dass § 67 Abs. 1 Satz 2 AktG keine Pflicht zur Selbsteintragung nach sich zieht; wenn ein Widerspruch des Aktionärs nunmehr unbeachtlich wäre, hätte er letztlich keine Möglichkeit, seine Eintragung zu verhindern. Die Aktiengesellschaft kann von einem Eingetragenen gem. § 67 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 AktG Mitteilung darüber verlangen, ob der Eingetragene Fremd- oder Eigenbesitzer ist. Nach der innergesellschaftlichen Kompetenzverteilung obliegt die Geltendmachung dieser Auskunftsansprüche dem Vorstand als Annexkompetenz zu seiner Aufgabe der Führung des Aktienregisters.236 Die Mitteilung führt zu einer Eintragung in das Aktienregister, wo der Vermerk „Fremdbesitz“ oder „Eigenbesitz“ eingefügt wird.237 Im Gesetzeswortlaut ist dies an der Verwendung des Begriffs der Mitteilung, ebenso wie in § 67 Abs. 3 AktG, zu erkennen.238 Ob die AG von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch macht, steht grundsätzlich in ihrem Ermessen,239 wobei dies im Hinblick auf den Verwaltungsaufwand und die von der Gesellschaft zu tragenden Kosten i. d. R. nur bei Vorliegen von Anhaltspunkten oder Überschreiten gewisser Schwellenwerte sinnvoll erscheint.240 Eine Verpflichtung zur Ausübung kann sich ergeben, wenn satzungsmäßige Eintragungsbeschränkungen in Gefahr stehen, verletzt zu werden.241 Von den gesetzlichen – und auch satzungsmäßigen – Auskunftsrechten muss der Vorstand in einer dem Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG genügenden Weise Gebrauch machen und sollte daher eine einheitliche Praxis entwickeln.242 5. Auskunftsrechte nach § 67 Abs. 4 Sätze 2 und 3 AktG a) Der Auskunftsanspruch nach § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG – Form und Frist Der Auskunftsanspruch nach § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG steht selbstständig neben eventuellen satzungsmäßigen Offenlegungspflichten und kann unabhängig davon 235 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 49; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 118; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 46. 236 Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 576. 237 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 49; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 122. 238 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 122. 239 U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S.1327, 1339; Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 14. 240 Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 14. 241 U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S.1327, 1339. 242 Noack, NZG 2008, 721, 724; Wilsing/Goslar, DB 2007, 2467, 2472; Diekmann/ Merkner, NZG 2007, 926; Gätsch, FS Beuthien, 2009, 133, 148; Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 580; a. A. Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 123; Müller-von Pilchau, AG 2011, 775, 776.

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geltend gemacht werden.243 Die gesetzlichen Auskunftsrechte des § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG sind mit der Sanktion des Stimmrechtsverlusts gem. § 67 Abs. 2 Satz 3 AktG sowie durch die Ahndung als Ordnungswidrigkeit gem. § 405 Abs. 2a AktG abgesichert. Wenn es sich bei dem Eingetragenen um einen Fremdbesitzer handelt,244 kann die Aktiengesellschaft gem. § 67 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 AktG zusätzlich verlangen, ihr die Angaben nach § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG zu demjenigen zu übermitteln, für den er die Aktien hält. Der Wortlaut („Übermittlung“) greift die Formulierung des § 67 Abs. 4 Satz 1 AktG auf, sodass auch hier keine Eintragung aufgrund der übermittelten Informationen stattfindet.245 Dazu bedürfte es gerade einer „Mitteilung“ i. S. d. § 67 Abs. 3 AktG, keiner bloßen „Übermittlung“.246 Diese Unterscheidung wird auch dadurch ersichtlich, dass § 67 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 AktG explizit zwischen Registerdaten und den nach § 67 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG mitgeteilten Daten differenziert.247 Bei einer bloßen Übermittlung kann die Identität des Aktieninhabers nicht in das Aktienregister eingetragen werden.248 Während noch der Referentenentwurf des ARUG II eine erhebliche Änderung der Auskunftsansprüche des § 67 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG vorgesehen hatte, wurden durch das nunmehr in Kraft getretene ARUG II diese im Wesentlichen unangetastet gelassen. Nach dem Referentenentwurf sollte Satz 2 so verändert werden, dass der Eingetragene der Gesellschaft auf ihr Verlangen nur noch unverzüglich mitzuteilen gehabt hätte, ob ihm die Aktien gehören, für die er im Aktienregister eingetragen ist; der zweite Halbsatz der a. F., nach dem der Eingetragene auch die in § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG genannten Angaben zu demjenigen zu übermitteln hat, für den er die Aktien hält, wäre weggefallen, ebenso wie Satz 3, der eine Aufdeckung entlang der Verwahrkette ermöglicht.249 Dies hatte den Hintergrund, dass der Informationsanspruch gem. § 67d AktG n. F. im Wesentlichen deckungsgleich mit der Regelung des § 67 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 AktG ist.250 Allerdings hätte die Streichung des § 67 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 AktG vor dem Hintergrund des für § 67d AktG n. F. geltenden intermediärsbasierten Aktionärsbegriff für solche Fälle einen Rückschritt bedeutet, in denen die Verwahrkette nicht 243

Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 641; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 119. 244 Also nicht beim Vollrechtstreuhänder, der Eigenbesitzer ist, vgl. auch Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 120; Wieneke, in: Bürgers/ Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 30a; a. A. Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 30, 88. 245 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 49. 246 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 122. 247 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 49. 248 Noack, NZG 2008, 721, 724; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 52; Grigoleit/ Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 122. 249 Referentenentwurf ARUG II, S. 4. 250 Referentenentwurf ARUG II, S. 58; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 860.

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beim tatsächlichen Inhaber endet.251 Der Regierungsentwurf hat die Streichungen rückgängig gemacht, sodass das neue Recht der börsennotierten Gesellschaft zur Identifikation der Aktionäre gem. § 67d AktG n. F. nunmehr neben die Regelungen des § 67 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG tritt.252 Die Regierungsbegründung stellt klar, dass es für Treuhandverhältnisse oder andere schuldrechtliche Vereinbarungen, die derjenige, dem die Aktien „gehören“, zu Dritten unterhält, bei der bisherigen Rechtslage bleibt, nach der diese Gestaltungen nicht erfasst werden, mithin die Gesellschaft darüber keine Auskunft verlangen kann.253 aa) Frist § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG a. F. sah noch eine „angemessene Frist“ für die Erfüllung von Auskunftsverlangen vor. Die Regierungsbegründung zum Risikobegrenzungsgesetz, das den Auskunftsanspruch der Gesellschaft eingeführt hat, setzte hierfür mindestens zwei Wochen an.254 An die Regelung knüpften sich einige Unsicherheiten, etwa bzgl. der Bestimmung der Frist und der Rechtsfolge bei Bestimmung einer unangemessen kurzen Frist. Das ARUG II hat diese Frist verschärft; nunmehr ist eine „unverzügliche“ Mitteilung erforderlich.255 Die Verschärfung der Frist dient der Anpassung an die Vorgaben der Durchführungsverordnung zur 2. ARRL.256 Freilich kann auch die Bestimmung der Überschreitung der „Unverzüglichkeits“Anforderung nach § 121 Abs. 1 BGB immer noch Unsicherheitspotential bergen, welches aber durch das neue zusätzliche Erfordernis der Androhung des Stimmrechtsverlusts abgemildert wird.257 bb) Form Von Gesetzes wegen zu beachtende Formanforderungen bestehen nicht. Da es aber im Streitfall immerhin um das Bestehen der Stimmrechte geht und deswegen die Beweisbarkeit gewährleistet sein muss, ist zumindest Textform gem. § 126b BGB allerdings zu Beweiszwecken anzuraten.258 Sinnvoll kann es sein, ein Formular vorzubereiten, welches dann nur noch ausgefüllt und zurückgesendet werden 251

Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 860. Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9793, S. 59; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 22a. 253 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9793, S. 59. 254 Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 14. 255 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9793, S. 7; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21b; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 135; Beneke/Illner, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67 Rn. 8. 256 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9793, S. 59. 257 Vgl. dazu noch unten 8. Kapitel C. III. 5. e) aa), S. 254. 258 Noack, NZG 2008, 721, 723; Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 583; Müller-von Pilchau, AG 2011, 775; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21b. 252

250

8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

muss.259 Dadurch kann die Gesellschaft sicherstellen, dass die Antwort alle gewünschten Angaben enthält, und dem Registeraktionär die Beantwortung erleichtern. In Anbetracht der Tatsache, dass Nominee-Eintragungen vor allem im Ausland gebräuchlich sind, sollte es sich die Gesellschaft wohl auch zur Gewohnheit machen, eine englische Übersetzung zumindest bei Sitz des Aktionärs im Ausland mitzusenden.260 Grundsätzlich ist es für die Gesellschaft zusätzlich ratsam, den gesamten Vorgang sorgfältig zu dokumentieren, um im Hinblick auf das Bestehen von Stimmrechten die größtmögliche Rechtssicherheit zu schaffen. b) Aufdeckung der gesamten Verwahrkette gem. § 67 Abs. 4 Satz 3 AktG Bei den üblichen mehrstufigen Verwahrketten bringt der Anspruch aus § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG der Aktiengesellschaft zur Aufdeckung der wirtschaftlichen Beteiligungsverhältnisse alleine noch nicht zum Ziel. Denn den Auskunftspflichtigen trifft keine Nachforschungs- und Beschaffungspflicht261 @ der Eingetragene muss nur die Informationen liefern, die in seiner Sphäre vorhanden sind. Er muss daher nicht den wahren Berechtigten mitteilen, sondern denjenigen, der ihm gegenüber als dinglich Berechtigter gilt.262 Deshalb bestimmt § 67 Abs. 4 Satz 3 AktG, dass die in § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG für den Eingetragenen bestimmten Pflichten entsprechend für denjenigen gelten, dessen Daten aufgrund der Offenlegungspflicht des § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG oder bei vielstufigen Verwahrverhältnissen auch bereits nach § 67 Abs. 4 Satz 3 AktG übermittelt worden sind. c) Bei wem endet die Kette der Auskunftspflichtigen? Wenn somit feststeht, dass jedes Glied in der Verwahrkette nur die Identität desjenigen offenlegen muss, für den er die Aktien unmittelbar hält, so schließt sich die Frage an, an welchem Punkt diese Aufdeckungspflicht endet. Nahe liegt es auf den ersten Blick, die Kette beim materiell-rechtlichen Inhaber des Mitgliedschaftsrechts (sog. ultimate investor) enden zu lassen; dessen Identität und dessen wirtschaftliche Interessen sind es schließlich, die die Gesellschaft interessieren.263 Danach stünde es der Gesellschaft nach § 67 Abs. 4 Satz 3 AktG offen, die gesamte Verwahrkette bis zum materiell-rechtlichen Aktieninhaber aufzudecken.264 259 260 261 262 263

575.

Vgl. Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 583. Vgl. Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 583. Vgl. Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 644. Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 52. Vgl. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 25 f.; Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573,

264 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 50; Ihrig, FS U. H. Schneider, S. 573, 575; U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S.1327, 1340; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 51 ff.; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 52; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21a; Bayer, in:

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Dass dies mittels der Instrumente des § 67 Abs. 4 AktG möglich sein soll, ist indes nicht unumstritten. Namentlich Noack weist darauf hin, dass die Grenze für das „Gehören“ im Sinne des § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG die erste Person sei, die nicht als Bank figuriere.265 Dies ergebe sich aus einer systematischen Gesamtschau mit den Regelungen zur Inhaberaktie. Für die Inhaberaktie habe das Aktiengesetz nämlich angesichts der Tatsache, dass die Aktieninhaberschaft heute eine von der Globalurkunde abgeleitete Kontenbuchung ist, die Regelung getroffen, dass der Anteilsbesitz mittels eines Nachweises durch das depotführende Institut nachzuweisen ist. Diese Regelung findet sich nunmehr in § 123 Abs. 4 Satz 1 AktG. Depotführendes Institut im Sinne dieser Regelung ist der letzte Finanzintermediär, der einer öffentlichen Bankenaufsicht unterliegt.266 Aus dieser für die Inhaberaktie geltenden Regelung will Noack auch für die Namensaktie im Sinne einer einheitlichen „Grenzziehung“ herleiten, dass die Aktie stets demjenigen im Sinne des § 67 Abs. 4 AktG „gehört“, auf den der Nachweis des depotführenden Instituts ausgestellt ist. Die Möglichkeit zur Aufdeckung der Verwahrkette endete danach mit der nächsten hinter der Eintragung eines Kreditinstituts stehenden Person.267 Nach Noack spreche für dieses Verständnis der dadurch hergestellte Gleichlauf der Legitimation zwischen Namens- und Inhaberaktien.268 Andererseits ist zu bedenken, dass die Instrumente § 67 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG an die Eintragung im Aktienregister anknüpfen, die ein Spezifikum der Namensaktie darstellt. Deswegen differenziert auch § 123 AktG gerade zwischen der Legitimation bei der Inhaberaktie, die gem. § 123 Abs. 4 AktG durch den Nachweis des depotführenden Instituts, nunmehr durch das ARUG II in § 67c Abs. 3 AktG „gerutscht“, erfolgt, und der Legitimation bei der Inhaberaktie, die sich gem. § 123 Abs. 5 AktG aus der Eintragung im Aktienregister ergibt. Das Aktiengesetz sieht damit einen „Gleichlauf der Legitimation“ bei Inhaber- und Namensaktie gerade nicht vor. Zudem geht es im Rahmen des § 67 Abs. 4 AktG nicht um die Legitimation des Aktionärs, sondern lediglich um die Information der Gesellschaft; ein unmittelbarer Rückgriff auf § 123 i. V. m. § 67c Abs. 3 AktG und das dort geregelte Institut des Bankennachweises, der die Aktionärslegitimation für die Teilnahme und Rechtsausübung in der Hauptversammlung regelt, ist damit nicht angezeigt. Der Bankennachweis steht mit dem Auskunftsverlangen des § 67 Abs. 4 AktG in keinem direkten Zusammenhang. Vielmehr würde durch Noacks Lesart das Auskunftsver-

MünchKomm-AktG, Band 1, 5. Auflage 2019, § 67 Rn. 123; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 119; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 122; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 148. 265 Noack, NZG 2008, 721, 724; ebenso Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 28. 266 Zetzsche, Der Konzern 2007, 180, 183 f. 267 Noack, NZG 2008, 721, 723. 268 Noack, NZG 2008, 721, 723.

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langen des § 67 Abs. 4 AktG eines wesentlichen Teils seines Zwecks beraubt, nämlich den tatsächlichen Aktieninhaber zu ermitteln.269 In die Richtung der letztgenannten Ansicht weist nun auch das ARUG II, wenn in der Regierungsbegründung zur Änderung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG erklärt wird:270 „Für die Identifikation des Aktionärs kommt es nicht auf die Eintragung im Aktionärsregister an, da andernfalls die Identifikationskette in denjenigen Fällen verkürzt würde, in denen ein Intermediär als Aktionär in das Aktienregister eingetragen ist. Das entspricht aber nicht dem Interesse der Gesellschaften. Deren Interesse ist es, zu erfahren, wer der wirkliche – nicht der fiktive – Aktionär ist. Die Neuformulierung ändert inhaltlich nichts, sondern verhindert lediglich Fehlinterpretationen im genannten Sinne.“271

Insgesamt ist die Regelung des § 67 Abs. 4 Satz 3 AktG damit so zu verstehen, dass unabhängig vom Charakter des zwischengeschalteten Verwahrers als Kreditinstitut die Möglichkeit besteht, die Verwahrkette bis zum dinglich Berechtigten aufzudecken. Was weiterhin nicht möglich ist, ist die Aufdeckung von Vollrechtstreuhandverhältnissen, denn der Treuhänder ist dort der dinglich Berechtigte.272 d) § 53a AktG als Schranke für die Ausübung der gesetzlichen Auskunftsrechte Die Ausübung der Auskunftsrechte des § 67 Abs. 4 AktG ist in das Ermessen des Vorstands gestellt.273 Als Schranke für die Ausübung dieses Ermessens kommt der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG in Betracht. § 53a AktG enthält das Gebot, Aktionäre unter gleichen Bedingungen gleich zu behandeln. Diese positiv formulierte Vorschrift beinhaltet damit das Verbot, Aktionäre ohne genügende sachliche Rechtfertigung und in diesem Sinne willkürlich unterschiedlich zu behandeln.274 Es fragt sich jedoch, ob § 53a AktG für die Geltendmachung der Auskunftsansprüche überhaupt gilt. Während dies mehrheitlich bejaht wird,275 widersprechen 269

Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 50; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 119; im Ergebnis ebenso auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21a. 270 Das ist deswegen interessant, weil Noack selbst Teil der Expertenkommission zur Umsetzung der geänderten Aktionärsrechterichtlinie und gerade für den Bereich der Aktionärsidentifikation eingesetzt war; vgl. https://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2017/ 092717_Aktionaersrechterichtlinie.html (zuletzt abgerufen am 25. 5. 2021); vgl. auch Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749. 271 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9793, S. 58. 272 Heuser, Shareholder Activism, 2012, S. 191. 273 Vgl. nur Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 123. 274 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 53a Rn. 4. 275 Vgl. Diekmann/Merkner, NZG 2007, 921, 926; Wilsing/Goslar, DB 2007, 2467, 2472; Noack, NZG 2008, 721, 724; Laubert, in: Hölters, AktG, 3. Auflage 2017, § 67 Rn. 25.

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Lutter/Drygala einer Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes;276 dies sei mit dem Gesetzeszweck nicht zu vereinbaren. Denn das Gesetz wolle es Vorständen gerade ermöglichen, bewusst gegen Aktionäre vorzugehen, von denen er annimmt, dass sie gegenüber der Gesellschaft ein problematisches Verhalten an den Tag legen werden und möglicherweise schädigende Absichten verfolgen. Zudem solle das gesetzliche Auskunftsrecht gerade die gezielte Nachfrage bei einzelnen Aktionären ermöglichen.277 Das Gesetz stelle den Vorstand daher von der Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes implizit frei, sodass er die gesetzlichen Auskunftsrechte frei nach seinem unternehmerischen Ermessen ausüben könne.278 Schranke dieses Ermessens sei jedoch der Rechtsmissbrauch.279 Nach der gesetzlichen Konzeption ist der Ausgangspunkt notwendig die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, da es sich bei der Geltendmachung der Auskunftsansprüche um belastende Maßnahmen handelt.280 Der Gesetzeszweck ist jedoch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Ungleichbehandlung miteinzubeziehen; schon ein Verdacht des Vorstandes stellt daher ein sachliches Differenzierungskriterium dar.281 Dadurch ergibt sich für den Vorstand der benötigte, relativ weite Differenzierungsspielraum,282 ohne dass dafür von der Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes abgerückt werden müsste. Komplizierter stellt sich die Situation dar, wenn kein bestimmter Anlass für ein Auskunftsverlangen vorliegt, das als sachliches Differenzierungskriterium dienen kann. Es muss dem Vorstand gestattet sein, als Bestandteil einer stichprobenartigen Überprüfung Auskunftsverlangen an einzelne, zufällig ausgesuchte Aktionäre zu richten.283 Die Grenze der Zulässigkeit eines solchen Vorgehens verläuft dort, wo Adressaten gezielt ohne sachliche Rechtfertigung ausgewählt werden.284 Die Gleichbehandlung bezieht sich nicht nur auf das Ob der Geltendmachung von Auskunftsrechten, sondern auch auf die Modalitäten dieser Geltendmachung, namentlich in Bezug auf die Bestimmung der angemessenen Frist zur Erfüllung der Anfrage.285 Sachliche Differenzierungskriterien können jedoch eine verschieden lange Fristsetzung erlauben oder gar gebieten. So kommt etwa eine Unterscheidung danach, ob der Adressat ein Finanzinstitut oder eine Privatperson ist, sowie danach, 276 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 123; im Anschluss daran auch Müller-von Pilchau, AG 2011, 775, 776. 277 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 123. 278 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 123. 279 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 77; Müller-von Pilchau, AG 2011, 775, 776 („Willkürverbot“). 280 Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 580. 281 Vgl. auch Ihrig, 2011, FS U. H. Schneider, S. 573, 580. 282 Vgl. Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 580. 283 Vgl. Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 580. 284 Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 580. 285 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21b.

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ob sie im In- oder Ausland sitzt, in Betracht.286 Auch bei der Form des Auskunftsverlangens ist eine einheitliche Praxis an den Tag zu legen.287 e) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die gesetzlichen Auskunftspflichten aa) Stimmrechtsverlust und Bußgeldbewehrung Die Rechtsfolge für Verstöße gegen die in § 67 Abs. 4 Sätze 2 und 3 AktG geregelten Auskunftspflichten findet sich in § 67 Abs. 2 Satz 3 AktG. Dieser bestimmt, dass Stimmrechte so lange nicht bestehen, bis das Auskunftsverlangen nicht erfüllt ist. Die Aktionärsstellung im Übrigen bleibt aber unberührt.288 Gesetzgeberischer Zweck dieser Sanktionsandrohung ist es, den Aktieninhaber zur Erfüllung der Pflicht anzuhalten.289 Über den engen Wortlaut des § 67 Abs. 2 Satz 3 AktG hinaus, welcher nur von der Nichterfüllung des Auskunftsverlangens spricht, tritt die Rechtsfolge des Stimmrechtsverlusts auch dann ein, wenn unrichtige Auskünfte erteilt werden; dies ergibt sich aus einer Parallele zur Bußgeldvorschrift des § 405 Abs. 2a AktG, der die unterlassene und die unrichtige Mitteilung gleichstellt.290 Durch das ARUG II ist in § 67 Abs. 2 Satz 3 AktG als zusätzliche Voraussetzung für das Eintreten des Stimmrechtsverlusts eine vorherige Androhung eingefügt worden.291 Erfüllt ist das Auskunftsverlangen nicht erst nach Aufdeckung der gesamten Verwahrkette, sondern bereits dann, wenn der Aktionär offengelegt hat, für wen er die Aktien unmittelbar hält.292 Wird das Auskunftsverlangen nach der Neuregelung durch das ARUG II „unverzüglich“ erfüllt, so tritt ein Stimmrechtsverlust nicht ein; wird das Auskunftsverlangen zu spät erfüllt, so wird durch die Erfüllung der Stimmrechtsverlust ex nunc geheilt und die Stimmrechte leben wieder auf.293 Bzgl. des Beginns des Stimmrechtsverlusts kann es nunmehr, da die Auskunftsverlangen unverzüglich, ohne konkrete Fristsetzung, zu erfüllen sind, zu Unsicherheiten kommen. Hier wird es sich nunmehr anbieten, die Androhung des Stimmrechtsverlusts mit einer Fristsetzung zu verbinden. Zudem ist ein Verstoß gegen § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG in § 405 Abs. 2a AktG bußgeldbewehrt, da im Zeitraum zwischen zwei Hauptversammlungen die Sanktion

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Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 581. Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 583. 288 Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 583. 289 Regierungsbegründung zum Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 14. 290 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 59. 291 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 7; zum Zweck dieser Regelung vgl. unten 8. Kapitel C. III. 5. e) cc), S. 256. 292 Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 576. 293 Vgl. Müller-von Pilchau, AG 2011, 775, 777. 287

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des Stimmrechtsverlusts ins Leere geht und die Verhängung eines Bußgelds daher als einzige geeignete Sanktionsmöglichkeit verbleibt.294 bb) Verschuldenserfordernis? Es ist umstritten, ob die Rechtsfolge des Stimmrechtsverlusts in § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG von einem Verschuldenserfordernis abhängig ist. Ausgangspunkt für eine Auslegung des § 67 Abs. 2 Satz 2, 3 AktG bietet zunächst der Wortlaut, dem ein Verschuldenserfordernis nicht zu entnehmen ist. Teils wird jedoch angenommen, angesichts des einschneidenden Sanktionscharakters des Stimmrechtsverlusts erfordere es das „verfassungsrechtliche Schuldprinzip“, dass diese Rechtsfolge nur bei Vorliegen eines Verschuldens eintrete.295 Das Schuldprinzip – „nulla poena sine culpa“ – besagt, dass für sein Handeln nur bestraft werden kann, wem dieses vorwerfbar ist.296 Es handelt sich um ein Prinzip von Verfassungsrang, welches im Kern auf das Strafrecht bezogen ist. Jedoch unterliegt nicht nur die Strafe für kriminelles Unrecht dem Schuldprinzip, auch im Zivilrecht beansprucht das Schuldprinzip Geltung bei strafähnlichen Sanktionen, die Elemente von Repression und Vergeltung beinhalten.297 Es stellt sich die Frage, ob der Stimmrechtverlust als eine strafähnliche Sanktion einzuordnen ist. Dafür spricht, dass in § 405 Abs. 2a AktG ein Verstoß gegen § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG neben dem Stimmrechtsverlust auch noch bußgeldbewehrt ist, womit die Einschätzung des Gesetzgebers eines Verstoßes als „strafwürdiges“ bzw. „ordnungsgeldwürdiges“ Verhalten belegt ist. Dieser Befund könnte aber auch gerade zur Differenzierung dahingehend dienen, dass das Bußgeld die strafähnliche Sanktion darstellt, während der Stimmrechtsverlust eher eine zivilrechtliche Rechtsfolge ist. Zudem steht der Stimmrechtsverlust spätestens jetzt durch das neue Androhungserfordernis durch das ARUG II zur Disposition der AG. Ein systematischer Blick auf die parallelen Bestimmungen des § 20 Abs. 7 Satz 1 AktG und § 44 WpHG, die als Rechtsfolge ebenfalls einen Stimmrechtsverlust vorsehen, hilft nicht unmittelbar weiter: erstens ist die Frage des Verschuldenserfordernisses dort gleichermaßen umstritten, zweitens liegen den drei Bestimmungen unterschiedliche Schutzzwecke zugrunde, sodass eine Auslegung hinsichtlich des

294

Regierungsbegründung Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438 S. 14 rechte Spalte unten. 295 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 15b; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 34 ff.; Lutter/Drygala, in: Kölner KommAktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 75, 79; a. A. Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 635, 641; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 57; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 79. 296 Adam/Schmidt/Schumacher, NStZ 2017, 7. 297 Adam/Schmidt/Schumacher, NStZ 2017, 7, 11.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Verschuldenserfordernisses nicht notwendigerweise für alle drei Regelungen zum selben Ergebnis kommen müsste. Entscheidend ist teleologisch anzumerken, dass mit einem Verschuldenserfordernis die Frage des Stimmrechtsverlusts an ein weiteres Kriterium geknüpft und damit in der Praxis schwerer zu handhaben würde, zumal sich die Frage des Verschuldens in der Regel nicht schnell und zweifelsfrei aufklären lassen wird.298 Weiterhin würde ein Verschuldenserfordernis an den auskunftspflichtigen Fremdbesitzer anknüpfen, der seine Auskunftspflicht schuldhaft verletzt, während die Sanktion aber letztlich den wirtschaftlichen Eigentümer trifft;299 Verschulden und Sanktion fallen in den Fällen des Fremdbesitzes, deren Aufklärung vorrangiges Ziel der Auskunftspflichten ist, also auseinander, sodass ein Verschuldenserfordernis zur Begrenzung der Sanktion hier ohnehin seinen Sinn verlöre. cc) Dispositionsfreiheit bzgl. der Rechtsfolge? (1) Drohender Stimmrechtsverlust als Nutzungshemmnis Es stellt sich die Frage, ob die Rechtsfolge des Stimmrechtsverlusts als zwingend vom Gesetz vorgesehene Rechtsfolge ausgestaltet ist oder ob es der Gesellschaft im Einzelfall freisteht, sich dieses Schutzes zu begeben und eine Nichterfüllung des Verlangens folgenlos zu lassen. Hier wird mit anderen Worten die Reichweite des Ermessens der Gesellschaft bei der Ausübung der Auskunftsrechte adressiert, nämlich die Frage, ob sich dieses nur auf das Ob der Ausübung bezieht oder auch auf die damit verknüpfte Rechtsfolge. Die Sorge um die Rechtsfolgen bei Nichterfüllung eines Auskunftsverlangens bzw. die Befürchtung der Vorstände, durch die Auskunftsverlangen ungewollt die scharfe Sanktion des Stimmrechtsverlusts herbeizuführen, wurde in der Vergangenheit mit als Auslöser dafür eingestuft, dass die gesetzlichen Auskunftsmöglichkeiten des § 67 Abs. 4 AktG sich in der Praxis keiner großen Beliebtheit erfreuten.300 Um die möglicherweise unerwünschte Rechtsfolge des Stimmrechtsverlusts zu umgehen, wurde vorgeschlagen, die Gesellschaft könne ihr Auskunftsverlangen zurücknehmen oder die Frist nachträglich verlängern, da der Gesellschaft die Entscheidung darüber, welches Maß an Transparenz sie für sich wolle, selbst obliege.301 Des Weiteren könne die Gesellschaft auch eine nicht förmliche Auskunftsbitte an einen Registeraktionär richten, die nicht den Regeln des § 67 Abs. 4 AktG unterliegt.302 298

Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 59; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 22b. 299 Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 59. 300 Müller-von Pilchau, AG 2011, 775. 301 Müller-von Pilchau, AG 2011, 775, 777; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 15b. 302 Müller-von Pilchau, AG 2011, 775, 777.

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(2) Neues Androhungserfordernis durch das ARUG II Durch das ARUG II ist in § 67 Abs. 2 Satz 3 AktG303 zusätzliche Voraussetzung für das Eintreten des Stimmrechtsverlusts eine vorherige Androhung eingefügt worden.304 Dadurch hat es die Gesellschaft selbst in der Hand, von der Sanktionierung zunächst abzusehen und genießt dadurch eine größere Flexibilität.305 Die Regierungsbegründung erläutert zu dem neuen zusätzlichen Erfordernis der Androhung Folgendes: „Hierdurch sollen etwaige Hürden für ein Auskunftsverlangen der Gesellschaft beseitigt werden, die zum Teil in der Praxis bestehen, wenn ein solches Verlangen das Risiko eines Stimmrechtsverlustes der Aktionäre begründet und die Gesellschaft dieses scharfe und mitunter Rechtsunsicherheit auslösende Mittel nicht oder nur in besonderen Fällen einsetzen möchte. Zukünftig ist neben einer Fristsetzung auch die Androhung des Stimmrechtsverlustes Voraussetzung für das Eintreten dieser Rechtsfolge. Möchte die Gesellschaft eine solche Rechtsfolge bei einem Auskunftsverlangen vermeiden, steht es ihr frei, zunächst auf die Androhung zu verzichten. Sie behält jedoch weiterhin die Möglichkeit, eine Androhung mit erneuter Fristsetzung nachzuholen und hierdurch die Rechtsfolge des Stimmrechtsverlustes herbeizuführen. Darüber hinaus steht es der Gesellschaft ebenfalls frei, eine gesetzte Frist nachträglich zu verlängern und dadurch den Eintritt des Stimmrechtsverlustes zu verhindern.“306

Die Rechtsfolge des Stimmrechtsverlusts ist also im Falle des Auskunftsverlangens nach § 67 Abs. 4 AktG ausdrücklich durch den Gesetzgeber zur Disposition der Gesellschaft gestellt. In diesem Zusammenhang liegt die Frage nahe, inwieweit sich § 44 WpHG, von dem die Sanktion des Stimmrechtsverlusts für die Nichterfüllung von Pflichten bekannt ist, einerseits und § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG andererseits vergleichen lassen – ob es legitim ist, auf der einen Seite die Rechtsfolge zur Disposition der Gesellschaft zu stellen, während auf der anderen Seite die Sanktion zwingend ist. Dies muss sich vor dem Hintergrund des Schutzzwecks beider Normen beurteilen, der nicht gänzlich deckungsgleich ist. Denn die aktienregistermäßige Beteiligungstransparenz schützt ausschließlich die Gesellschaft selbst und bringt höchstens als Reflex gesamtwirtschaftliche Vorteile wie etwa die Verhinderung von feindlichen Übernahmen mit sich, während die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz neben der Information der Gesellschaft auch ganz wesentlich der Information des Anlegers dient und damit letztlich als Schutzgut das Funktionieren des Kapitalmarkts selbst im Blick hat. Um den Schutz dieses hohen Guts zu gewährleisten, ist es legitim, in § 44 WpHG zum scharfen Schwert des Stimmrechtsverlusts zu greifen. Insofern entste303

Anders als in Satz 2, vgl. dazu bereits oben 8. Kapitel C. III. 2. b), S. 228. Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 7; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 15b; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 82; Beneke/Illner, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67 Rn. 4 f.; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67 Rn. 58. 305 DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2019, 12. 306 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 58. 304

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

hen durch das neue Androhungserfordernis bei § 67 Abs. 2 Satz 2 AktG hier keine Wertungsfriktionen. f) Auskunftsansprüche und Hauptversammlung aa) Missbrauchspotentiale Durch die Rechtsfolge des Ruhens von Stimmrechten wird die Aktionärsstellung als solche nicht berührt. Ebenso wie bei der Verletzung von kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten behält der Aktionär seine übrigen Aktionärsrechte, muss also insbesondere zur Hauptversammlung zugelassen werden und darf dort sein Rede- und Fragerecht wahrnehmen.307 Die zu berücksichtigenden Stimmen können damit unter Umständen bis zur Hauptversammlung nicht sicher feststehen, wenn Auskunftsverlangen erst kurz vor der Hauptversammlung oder gar erst in der Hauptversammlung erfüllt werden.308 Nach Erteilung der Auskunft, welche keiner bestimmten Form bedarf, leben die Stimmrechte sofort wieder auf. Der Aktionär kann also noch in der Hauptversammlung die Auskunft erteilen.309 Dann aber hat die Gesellschaft keine Zeit mehr, die Ordnungsmäßigkeit der Auskunft zu überprüfen, sondern muss über das Bestehen der Stimmrechte sofort entscheiden. Dies wiederum bietet Anfechtungspotential für sog. kritische Aktionäre, die Beschlüsse mit dem Argument anfechten könnten, dass durch unrichtige oder unvollständige Auskunft vom Stimmrecht ausgeschlossene Aktionäre an der Beschlussfassung teilgenommen hätten. Um diese Probleme zu vermeiden, wäre es sinnvoll, dass die Gesellschaft ihre Auskunftsverlangen zeitlich so ausrichtet, dass sie sicher noch vor der nächsten Hauptversammlung beantwortet werden können.310 Selbst dann verbleibt es dabei, dass im Falle einer Nicht- oder Spätbeantwortung das Bestehen der Stimmrechte aus den entsprechenden Aktien unsicher bleibt und die Beschlusssicherheit gefährdet wird. Die Neufassung des § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG durch das ARUG II ändert an der Situation nichts, vielmehr besteht hier zusätzlich Konfliktpotential hinsichtlich der Frage der Unverzüglichkeit der Beantwortung. Allerdings kann der Stimmrechtsverlust nunmehr gem. § 67 Abs. 2 Satz 3 AktG erst nach einer Androhung eintreten, die zweckmäßigerweise mit einer letzten Fristsetzung verbunden werden wird. Wie zuvor, wo die Gesellschaft direkt bei ihrem Auskunftsverlangen eine Frist bestimmte, steht nun also spätestens mit der Androhung des Stimmrechtsverlusts auch ein genaues Datum als Fristende und Beginn des Stimmrechtsverlusts fest. Das Problem stellt sich gerade dann, wenn das Auskunftsverlangen mit der Folge des Stimmrechtsverlusts erst einmal durch den Eingetragenen ignoriert wird und 307 308 309 310

Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 583. Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 583. Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 584. Vgl. auch Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 584.

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dann erst später beantwortet wird. Hier entfaltet sich das beidseitige Missbrauchspotential der Rechtsfolge des Stimmrechtsverlusts: einerseits kann der Aktionär durch eine Hinhalte-Taktik die Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung beeinträchtigen und durch eine kurzfristige Beantwortung auch absichtlich Anfechtungspotentiale schaffen. Auf der anderen Seite kann auch die Aktiengesellschaft gezielt versuchen, Auskunftsverlangen zu nutzen, um unliebsamen Aktionären ihr Stimmrecht streitig zu machen.311 Zwar bildet hier der Einwand des Rechtsmissbrauchs eine Grenze, jedoch verlagert sich dadurch das Bewertungsproblem letztlich nur auf die Frage, wann ein Auskunftsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu bewerten ist.312 Die Rechtsunsicherheit wird dadurch nicht nennenswert begrenzt. bb) Auskunftsansprüche der Aktionäre in der Hauptversammlung Weiterhin stellt sich auch die Frage nach dem Grad der Vertraulichkeit der Informationen in Bezug auf die Geltendmachung der Auskunftsverlangen, namentlich die Frage, ob andere Aktionäre in der Hauptversammlung Details zu den geltend gemachten Auskunftsansprüchen erfragen dürfen. Hier eröffnet sich ein Spannungsverhältnis zu der Regelung des § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG, die es dem einzelnen Aktionär nur erlaubt, die im Aktienregister eingetragenen Daten zu sich selbst, nicht aber zu anderen Aktionären zu erfahren. Es ist nicht ersichtlich, dass diese durch das NaStraG eingeführte und daher selbst noch recht junge Regelung durch das Risikobegrenzungsgesetz bereits sieben Jahre später wieder in Frage gestellt werden sollte, zumal die Beschränkung des Auskunftsrechts des Aktionärs wichtigen Datenschutzerfordernissen Rechnung trägt. Die Beschränkung des § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG würde umgangen werden, wenn der Aktionär in der Hauptversammlung Auskunft darüber verlangen könnte, an wen Auskunftsverlangen gerichtet wurden und wie diese beantwortet wurden. Dadurch würde der Aktionär gerade im Widerspruch zu § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG zumindest punktuell doch Informationen darüber erhalten, wer im Aktienregister steht und zusätzlich auch erfahren, ob dieser Fremd- oder Eigenbesitzer ist und für wen im Falle eines Fremdbesitzes die Aktien gehalten werden. Für eine solch weitreichende Durchbrechung besteht kein Bedürfnis, denn durch die Auskunftsrechte des § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG soll nur die Aktiengesellschaft geschützt werden. Der Schutz der Aktionäre erfolgt dabei nicht als Intention der gesetzlichen Regelung, sondern höchstens als Reflex, sofern ein Anschleichen und eine daran anschließende feindliche Übernahme durch diese Instrumente möglicherweise verhindert werden. Daher kann dem Aktionär in der Hauptversammlung nicht das Recht zustehen, eine detaillierte Auskunft über ge-

311

Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 584. Vgl. Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 584: „Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit den Beschlussergebnissen der Hauptversammlung sind damit vorprogrammiert.“ 312

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

stellte Auskunftsverlangen und deren Ergebnisse zu verlangen.313 Im Wortlaut des § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG handelt es sich bei diesen Informationen gerade nicht um „Angelegenheiten der Gesellschaft“, sondern um solche der Aktionäre, sodass sie nicht vom Auskunftsrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung erfasst werden.314 Dem steht es auch nicht entgegen, dass Mitteilungen über Kapital- und Stimmrechtsbeteiligungen gem. § 20 AktG und §§ 33, 34 WpHG an Aktionäre in der Hauptversammlung als zulässig anerkannt sind. Da die Erreichung der dortigen Meldeschwellen die Einflussnahme auf das Unternehmen berührt, handelt es sich dabei um Angelegenheiten der Gesellschaft i. S. d. § 131 AktG.315 Hier werden durch die Auskünfte in der Hauptversammlung datenschutzrechtliche Interessen gar nicht weitergehend beeinträchtigt, da durch die Mitteilungspflichten die Identität bzw. zumindest die Registerposition ohnehin dem Kapitalmarkt bereits offengelegt ist. Zudem sind diese Anteilseigner zu allen Tagesordnungspunkten mit Beschlussfassung entscheidungserheblich;316 insofern besteht oberhalb der gesetzlichen Meldeschwellen ein schutzwürdiges Interesse der Aktionäre, von entsprechenden Beteiligungen zu erfahren. Diese Wertung kommt schon in den gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck, die letztlich Ergebnis einer gesetzgeberischen Interessenabwägung zwischen den Interessen des Anlegerpublikums und der Gesellschaft sowie des einzelnen meldepflichtigen Aktionärs und seinen Geheimhaltungsinteressen sind.317 Hingegen muss dem Aktionär Auskunft darüber gewährt werden, wie die generelle Politik des Vorstandes in Bezug auf Auskunftsverlangen aussieht, ob und in welchem Umfang Auskunftsverlangen gestellt werden und mit welchem Ziel dies erfolgt. Denn diese Informationen beeinträchtigen keine Datenschutzinteressen, können aber für den Aktionär und seine Entscheidung über eine Weiterinvestition in diese Gesellschaft unter Umständen von Bedeutung sein, da sich der Aktionär so einen Eindruck darüber verschaffen kann, in welchem Maße der Vorstand die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft im Blick hat und wie groß folglich die Gefahr eines unerkannten Beteiligungsaufbaus sein könnte. 6. Bewertung der durch das Risikobegrenzungsgesetz geschaffenen Regelungen a) Legitimität zwingender Beteiligungstransparenz/„Feindliche“ Übernahme? Bevor man die gesetzgeberischen Maßnahmen im Einzelnen betrachtet und im Hinblick auf ihre Effektivität zur Steigerung der Beteiligungstransparenz bewertet, muss zunächst und vorrangig die Frage nach der „Legitimität zwingender Beteili313 Ebenso Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 585; Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 131 Rn. 192. 314 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 131 Rn. 192. 315 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 131 Rn. 192. 316 Kubis, in: MünchKomm-AktG, Band 3, 4. Auflage 2018, § 131 Rn. 192. 317 Vgl. Ihrig, FS U. H. Schneider, 2011, S. 573, 589.

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gungstransparenz“318 beantwortet werden. Der Gesetzgeber macht es sich mit den Maßnahmen zur Steigerung der durch das Aktienregister vermittelten Beteiligungstransparenz zur Aufgabe, der Aktiengesellschaft einen Überblick über ihre Aktionärsstruktur schon weit unterhalb der Meldeschwellen des § 33 WpHG von 3 %319 und erst recht jener des § 20 AktG von 25 % zu verschaffen und ihr so die Möglichkeit zu geben, Übernahmeversuche frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Obgleich der heimliche Beteiligungsaufbau in der gesellschaftlichen Wahrnehmung negativ besetzt ist und im Sprachgebrauch häufig mit dem Adjektiv „feindlich“ verbunden wird, hat eine Übernahme grundsätzlich auch eine positive Seite, da durch sie Wertschöpfungspotentiale realisiert werden können.320 So kann die operative Effektivität und die strategische Fokussierung durch einen mit der Übernahme einhergehenden Austausch des Managements gesteigert werden.321 Auch kann es abhängig vom Finanzierungsmodell der Übernahme und der damit verbundenen Anreizstruktur zu einer Verringerung der Agenturkosten kommen, wenn der Geschäftsleiter Eigenkapital einsetzt und damit an der Wertentwicklung des Unternehmens unmittelbar beteiligt ist.322 Damit wird der principal-agent-Konflikt als zentrale Regelungsherausforderung bei der publikumsorientierten Aktiengesellschaft abgeschwächt, indem die Trennung von Eigentum und Kontrolle gelockert wird.323 Das Bekanntwerden des Beteiligungsaufbaus eines Investors hat zur Folge, dass der Aktienkurs steigt, denn durch den Beteiligungsaufbau wird dem Markt das Vorhandensein der erwähnten Wertschöpfungspotentiale signalisiert.324 Sobald dem Kapitalmarkt bekannt wird, dass ein Investor eine Beteiligung aufbaut, antizipiert der Anleger die weitere Entwicklung, nämlich die Implementierung eines wertsteigernden Konzepts bzw. die Realisierung der identifizierten Wertschöpfungspotentiale und der Aktienkurs steigt.325 Auf Seiten der Zielgesellschaft besteht ein Interesse daran, Übernahmeversuche frühzeitig zu erkennen. Den Aktionären der 318 Vgl. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 16; vgl. zum ARUG II auch Koch, BB 15/ 16, 2017, 1: „Ob das Wissen um solche Beteiligungen unterhalb der Grenze der Beteiligungspublizität für die Gesellschaften von großem Nutzen sein wird, ist – jenseits von seltenen Übernahmesituationen – nicht zweifelsfrei.“; Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 458. 319 Vgl. zum ARUG II auch Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 459: „…es nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist, warum das Aktienrecht hier strengere Maßstäbe als das Wertpapierhandelsrecht anlegt.“ 320 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 17; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117. 321 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 17; vgl. auch Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 653; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117. 322 Vgl. auch Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 653; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117. 323 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117. 324 Vgl. nur Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119. 325 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Zielgesellschaft nützt ein frühzeitiges Bekanntwerden des Beteiligungsaufbaus, da sie so von den Kursgewinnen profitieren können.326 Auch den Interessen der Verwaltung der Zielgesellschaft und des Anlegerpublikums wird durch eine möglichst hohe Beteiligungstransparenz Rechnung getragen.327 So werden durch eine Übernahme Statusinteressen der Geschäftsleitung und der Mitarbeiter des Zielunternehmens berührt.328 Der Übernahmeinteressent hingegen hat ein starkes Interesse daran, seine Aktienkäufe geheim zu halten, um die Übernahme nicht durch steigende Kurse zu gefährden und Konkurrenzangebote zu provozieren.329 Eine frühe Transparenz alarmiert alle anderen interessierten Beteiligten und führt dazu, dass der Investor, will er an seinem Übernahmeplan festhalten, weitere Zugeständnisse machen muss.330 Durch das Bekanntwerden und die damit einhergehenden Kurssteigerungen verteuert sich die Übernahme für ihn erheblich und wird unter Umständen sogar gänzlich verhindert.331 Grigoleit/Rachlitz formulieren prägnant, die Beteiligungstransparenz wirke „wie eine Informationspflicht des Übernahmeinteressenten hinsichtlich der von ihm identifizierten Wertschöpfungspotentiale“.332 Durch die so verteuerten Anteile sinkt der Gewinn, den der Übernehmer aus der Übernahme ziehen kann, wodurch für ihn die Attraktivität einer solchen Übernahme sowie letztlich auch generell der Anreiz zur Analyse von Investitionsmöglichkeiten und der Identifizierung solcher Wertschöpfungspotentiale sinkt.333 Eine frühe und erhöhte Transparenz beeinträchtigt damit effizienzsteigernde Finanz- oder Unternehmenstransaktionen.334 Der Gesetzgeber findet sich also in einem Zielkonflikt wieder, in dem er entscheiden muss, ob er dem Minderheitenschutz oder dem Markt für Unternehmenskontrolle den Vorzug geben möchte, der geschwächt wird, wenn Finanzinvestoren die Offenlegung ihrer Handelsstrategien befürchten müssen.335 In einer solchen Lage müssen die verschiedenen Interessen einer sorgfältigen Abwägung unterzogen werden. Die gesetzgeberische Betrachtung der widerstreitenden Interessen in Bezug auf die Beteiligungstransparenz erweist sich hingegen als einseitig, da sie nur bestimmte Stakeholder-Präferenzen auf Seiten der Zielgesellschaft berücksichtigt.336 Die wohlfahrtsfördernden Aspekte eines „Anschleichens“ an eine Ge326

Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405. Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405 f. 328 Vgl. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 16. 329 Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119. 330 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119. 331 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119. 332 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 17. 333 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 17; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119; Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1510. 334 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119. 335 Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405 f.; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119. 336 Vgl. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 17. 327

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sellschaft337 bleiben unberücksichtigt. Pauschal werden Kontrolltransaktionen verhindert und deren Schutzwürdigkeit negiert. Dabei muss sich die Frage stellen, ob die Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft überhaupt in derart hohem Maße schützenswert sind. Durch die frühzeitige Offenlegung des Beteiligungsaufbaus profitieren die Aktionäre der Zielgesellschaft von den Kursgewinnen. Jedoch fragt sich erstens, ob dem Aktionär der Zielgesellschaft diese Kursgewinne als Kontrollprämie überhaupt zustehen,338 und zweitens können die Aktionäre der Zielgesellschaft auch ohne Bekanntwerden des Beteiligungsaufbaus von steigenden Kursen profitieren, etwa wenn im Rahmen des Beteiligungsaufbaus durch Swap-Geschäfte Aktien der Zielgesellschaft zur Absicherung erworben werden.339 Zum Schutz der Aktionäre ist also ein frühzeitiges Bekanntwerden des Beteiligungsaufbaus nicht zwingend. Dem gesetzgeberischen Tätigwerden liegt die Vorstellung zugrunde, heimliche Übernahmen seien – der gängigen Diktion entsprechend – stets „feindlich“ und als solche notfalls eben auch mit den Mitteln des Gesetzes abzuwehren. Der Gesetzgeber setzt die Brille des Zielunternehmens auf und beurteilt pauschal, wer in Übernahmesituationen der „Feind“ und wer das Opfer, wer gut und wer böse ist. Diese Betrachtungsweise erweist sich indes als undifferenziert. Die Erzwingung von Beteiligungstransparenz wird daher teils „nicht unbeschränkt als ein legitimes Anliegen“ qualifiziert.340 Die Regelungen des Risikobegrenzungsgesetzes seien „geprägt durch ein unspezifisches Misstrauen hinsichtlich der Tätigkeit von Finanzinvestoren“341 sowie der nicht irrigen Vorstellung, dass „mehr Transparenz nur nützen und nicht schaden könne“.342 Der Gesetzgeber greift durch die erzwungene Steigerung von Beteiligungstransparenz in komplexe wirtschaftliche Prozesse zugunsten einzelner Akteure ein. Ihre Effektivität sei ebenso fragwürdig wie die Inkaufnahme des regulatorischen Aufwands der Reform und der dadurch veranlassten Rechtsverfolgungskosten.343

337

Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405. Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405: „Die Grundfrage, ob den übrigen Aktionären eine Kontrollprämie zusteht, wird bis heute hochkontrovers diskutiert; viele Wirtschaftswissenschaftler verneinen dies unter Hinweis auf ein free riding zu Lasten und auf Kosten des Übernahmeinteressenten.“ 339 Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 405; vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 16. 340 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 18. 341 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117. 342 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2118. 343 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 24. 338

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

b) Das Aktienregister als untergeordnetes Instrument im System der Transparenzordnungen Wenn man dennoch von einem grundsätzlich legitimen gesetzgeberischen Ziel ausgeht, so ist des Weiteren zu fragen, ob die ergriffenen Maßnahmen auch geeignet und erforderlich sind. Dabei ist zu bedenken, dass sich die aktienregistermäßige Transparenz in einen Kontext weiterer Transparenzordnungen einordnet, namentlich in die konzernrechtliche Transparenz der §§ 20 f. AktG und in die kapitalmerktrechtliche Transparenz der §§ 33 f. WpHG. Die dort statuierten Meldepflichten informieren die Gesellschaft ebenfalls über ihre Beteiligungsstruktur. Für börsennotierte Gesellschaften wird durch Mitteilungspflichten der §§ 33 f. WpHG eine sehr kleinschrittige Information der Aktiengesellschaft sowie des Kapitalmarkts erzielt. Die erste Meldeschwelle ist hier bei 3 % angesetzt, sodass die Aktiengesellschaft einen Beteiligungsaufbau schon früh erkennen kann. Unterhalb dieser Schwelle, bei deren Festlegung der deutsche Gesetzgeber sogar über die Vorgaben der Transparenzrichtlinie hinausgegangen ist, wird regelmäßig kein hohes Interesse der Gesellschaft an der genauen Kenntnis der Beteiligungsstruktur bestehen, sodass man davon ausgehen darf, dass die aktienregistermäßige Beteiligungstransparenz für börsennotierte Gesellschaften keine gewichtige eigene Rolle einnimmt. Für nicht börsennotierte Gesellschaften besteht dieses feingliedrige Informationssystem freilich nicht; hier greift nur § 20 AktG mit seiner hohen Schwelle von 25 %, zudem ist die Meldepflicht auf Unternehmen beschränkt, was sich aus ihrem konzernrechtlichen Regelungszweck erklärt. § 20 AktG geht es darum, die Gesellschaft über den konzerntypischen Interessenkonflikt zu informieren. Von der konzernrechtlichen und der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz unterscheidet sich die Transparenz des Aktienregisters in zwei maßgeblichen Aspekten: Erstens bietet das Aktienregister schwellenlose Information, und zweitens bietet sie diese nur der Gesellschaft, sodass nur eine „interne“ Beteiligungstransparenz besteht.344 Seit dem NaStraG haben nicht einmal die Aktionäre der Gesellschaft mehr die Möglichkeit, sich über das Aktienregister einen Überblick über die Beteiligungsverhältnisse zu verschaffen, wurde doch dort aus Datenschutzgründen das Auskunftsrecht des Aktionärs auf die zu seiner Person eingetragenen Daten beschränkt. Während der erste Aspekt gewissermaßen ein „Plus“ bietet, nämlich kleinschrittigere und darum aktuellere Information über die Beteiligungsstruktur, ist der zweite Aspekt ein „Minus“ im Vergleich zu den anderen Transparenzordnungen, da nur die Aktiengesellschaft von der Beteiligung erfährt. Die aktienregistermäßige Beteiligungstransparenz erfüllt damit im System der verwandten Transparenzordnungen keine gewichtige eigenständige Funktion,345 ihr eigenständiger Anwendungsbereich ist vielmehr beschränkt auf die Information des Leitungsorgans der Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse unter bzw. zwischen den Meldeschwellen des § 33 WpHG. Diese Funktion des Aktienregisters ist allerdings 344 345

Vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 22 f. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 24.

C. § 67 AktG als Mittelpunkt der gesetzgeberischen Bemühungen

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vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Schutzwürdigkeit von Kontrolltransaktionen nicht zweifelsfrei. c) Umgehungsmöglichkeiten Die Neuregelung durch das Risikobegrenzungsgesetz ist auch unter Effektivitätsgesichtspunkten fraglich. Ein wesentliches Problem der Regelung liegt darin, dass die Vollrechtstreuhand nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht erfasst wird, womit sich auch eine analoge Anwendung der Vorschrift auf solche Fälle mangels planwidriger Regelungslücke verbietet.346 Auch die Öffnung der Satzung für Regelungen in Bezug auf Dritteintragungen bezieht sich nur auf solche Eintragungen, bei denen nicht der rechtliche Eigentümer eingetragen wird, sodass sich auch Satzungsregelungen die Eintragung von Treuhändern nicht ausschließen lässt.347 Damit ist einer Umgehung von Offenlegungspflichten oder Höchstregelungen im Hinblick auf Fremdeintragungen Tür und Tor geöffnet.348 Die bloße Offenlegung des rechtlichen Eigentums ist nicht geeignet, Transparenz bezüglich der wahren Beteiligungsverhältnisse zu gewähren, zumal Treuhandgestaltungen im Ausland überwiegen und somit die rechtlichen Eigentumsverhältnisse und die wirtschaftlichen Interessen hinter der Beteiligung gerade bei ausländischen Investoren auseinanderfallen.349 Die in der Gesetzesbegründung in Bezug genommene Regelung im Schweizer Recht erfasst im Gegensatz zu der deutschen Rechtslage nach dem Risikobegrenzungsgesetz auch das Halten von Aktien im eigenen Namen für fremde Rechnung350 @ das Vorbild der deutschen Regelung wurde also in einem wesentlichen Punkt nicht übernommen und somit auch eines wesentlichen Teils seiner Effektivität beraubt. Aufgrund dieses „legalen Umgehungsmodells“351 der Vollrechtstreuhand gewährleistet die Reform Transparenz nur hinsichtlich der materiell-rechtlichen, nicht aber der wirtschaftlichen Beteiligungsverhältnisse.352 Auch aus den Kostentragungspflichten der AG können sich Effektivitätseinbußen ergeben; 346

Vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 25. Vgl. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 25. 348 Vgl. U. H. Schneider, FS Hopt, 2010, S.1327, 1338, 1341; Diekmann/Merkner, NZG 2007, 921, 926; Marsch-Barner, FS Hüffer, 2010, S. 627, 630, 642; Wieneke, in: Bürgers/ Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 67 Rn. 8a; Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 23; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 16. 349 U. H. Schneider/ Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 724; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2008, 60, 62; Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 16; Siems, NZG 2003, 218, 228; Timmann/Birkholz, BB 2007, 2749; Heuser, Shareholder Activism, 2012, S. 190. 350 Vgl. Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2008, 60, 62. 351 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 25; vgl. auch Heuser, Shareholder Activism, 2012, S. 191. 352 Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 23; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 25; Heuser, Shareholder Activism, 2012, S. 192. 347

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

die Aufdeckung der gesamten Verwahrkette bis zum tatsächlichen Eigentümer durch die AG gem. § 67 Abs. 4 Satz 3 AktG dürfte bei vielgliedrigen Ketten daran scheitern, dass diese Kosten gescheut werden und die Aufdeckung des materiell berechtigten Aktionärs durch die jeweils einzuhaltenden Fristen eine sehr lange Zeit beanspruchen kann.353 Den geringen Vorteilen im Hinblick auf die Verbesserung der Beteiligungstransparenz stehen Einschränkungen der Handelbarkeit der Namensaktien gegenüber, welche zu Kursabschlägen führen können.354 d) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ungleichbehandlung von Legitimationsaktionären und Treuhändern Von den neuen gesetzlichen Regelungen werden Legitimationsaktionäre erfasst, Treuhänder jedoch nicht, obwohl sie funktional austauschbar sind, wenn es darum geht, dass fremde Rechte im eigenen Namen ausgeübt werden sollen. Vor dem Hintergrund des Art. 3 GG kann man sich hier die Frage stellen, ob hier nicht wesentlich gleiche Gestaltungen unterschiedlichen Regelungen unterworfen werden.355 Allerdings ist der Treuhänder rechtlich selbst Aktieninhaber, wenn er auch wirtschaftlich die Aktie für einen anderen hält. Diese Aktionärsstellung kann der Gesetzgeber keinen Grenzen unterwerfen; die privatautonom gestaltete Treuhandabrede mit dem wirtschaftlichen Eigentümer ist seinem Zugriff entzogen. Eine Offenlegungspflicht des rechtlichen Eigentümers, ob er die Aktien wirtschaftlich für einen anderen hält, würde zu stark in das vertrauliche Innenverhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber eingreifen. Zudem ist das Merkmal des Handelns für fremde Rechnung wenig trennscharf und könnte zu Rechtsunsicherheit führen.356 Die klare sachenrechtliche Eigentumslage ist hingegen taugliches Differenzierungskriterium:357 wer nach einer zivilrechtlichen Betrachtungsweise der Eigentümer der Aktie ist, darf – und muss – ohne weitere Beschränkungen in das Aktienregister eingetragen werden. Wer gerade nicht der rechtliche Eigentümer ist, kann Beschränkungen unterworfen werden. Dass Legitimationseintragung und Treuhandgestaltung nicht vollständig identisch und austauschbar sind, sondern der Treuhänder eben sachenrechtlich in einer engeren Beziehung zur Aktie steht als der Legitimationsaktionär, zeigt sich auch darin, dass nur der Treuhänder gem. § 137 BGB verfügungsbefugt ist und dem Treugeber im Falle einer Insolvenz des Treuhänders kein Aussonderungsrecht zusteht.358 Auch an anderer Stelle, etwa bei der Zurechnung von Aktienbesitzzeiten nach § 70 Satz 2 AktG, erfährt die Vollrechtstreuhand 353 Vgl. Heinrich, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2020, § 67 Rn. 52; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 123. 354 Stellungnahme BRat, BT-Drucks. 16/7438, S. 18. 355 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 16. 356 Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 16. 357 Vgl. auch Lutter/Drygala, in: Kölner Komm-AktG, Band 1/ Teil 1, 3. Auflage 2008, § 67 Rn. 16. 358 Vgl. Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 25 mit Fn. 45.

C. § 67 AktG als Mittelpunkt der gesetzgeberischen Bemühungen

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eine Privilegierung.359 Mithin ist die Nichteinbeziehung von Treuhandgestaltungen zwar vor dem Gesichtspunkt der Effizienz der Regelung Kritik ausgesetzt, verfassungsrechtliche Bedenken greifen hingegen nicht durch. e) Annahme in der Praxis Ein Blick in die Praxis lässt starke Zurückhaltung im Umgang mit den neuen Möglichkeiten, die § 67 AktG der Aktiengesellschaft bietet, erkennen. Nur sehr wenige Gesellschaften haben überhaupt von der Möglichkeit einer Satzungsregelung Gebrauch gemacht, und von diesen haben viele nach einem kurzen Testlauf die Regelungen wieder gestrichen.360 Es scheint kein großes praktisches Bedürfnis zu bestehen, die Zulässigkeit von Legitimationseintragungen individuell zu regeln, zumal damit offenbar ein so erheblicher Verwaltungsaufwand verbunden ist, dass nur große börsennotierte Gesellschaften diesen Aufwand stemmen können. Die Gesellschaften fühlen sich offenbar durch die gesetzlichen Regelungen zur Beteiligungstransparenz bereits ausreichend geschützt und benötigen die erhöhte innere Transparenz durch das Aktienregister nicht. Auch die Unsicherheit darüber, wie mit den Folgen einer Verletzung von Offenlegungspflichten umzugehen ist, kann dazu beitragen, dass die Unternehmen in der Praxis die Möglichkeit der Satzungsgestaltung eher zurückhaltend behandeln.361 Auch mit den gesetzlichen Auskunftsverlangen nach § 67 Abs. 4 AktG ist bisher eine große Zurückhaltung zu beobachten,362 wobei das ARUG II hier mit dem zusätzlichen Androhungserfordernis vor dem Eintreten eines Stimmrechtsverlusts zumindest in Bezug auf Unsicherheiten bzgl. der Rechtsfolge zu einer größeren Rechtssicherheit sowie Flexibilität der Gesellschaft und damit einer größeren praktischen Brauchbarkeit beigetragen haben könnte. Wenn aber in der Praxis von gesetzlich angebotenen Instrumenten, die im Falle des § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG sogar eine Abweichung von der aktienrechtlichen Satzungsstrenge gewähren, kaum Gebrauch gemacht wird, so zieht dies deren Legitimität schnell in Zweifel. Solche Instrumente schaden eher, als dass sie nützen, denn der Kapitalanleger muss sich im Hinblick auf Fragen der Legitimationseintragung mit eventuellen Satzungsregelungen auseinandersetzen und darf sich nicht mehr auf eine einheitliche gesetzliche Regelung verlassen. Andererseits wird eine solche Regelung so selten zu finden sein, dass der Kapitalmarkt sich kaum dafür sensibilisieren wird. So kann durch praktisch kaum genutzte Durchbrechungen des Grundsatzes der Satzungsstrenge Rechtsunsicherheit entstehen und die Aktie als Kapitalanlageprodukt langfristig geschwächt werden.

359 360 361 362

Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 25. Vgl. dazu die Beispiele oben 8. Kapitel C. III. 3. d) cc), S. 242. Müller-von Pilchau, AG 2011, 775. Vgl. Müller-von Pilchau, AG 2011, 775 mit Fn. 4.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

IV. Aktienrechtsnovelle 2016 In § 67 AktG hat die Aktienrechtsnovelle 2016 lediglich kleinere Änderungen vorgenommen; der Schwerpunkt ihrer Transparenzbemühungen findet sich in der Änderung des § 10 AktG, auf die sogleich eingegangen werden soll.363 Der Umgehungsschutz bzgl. der Pflicht zur Führung eines Aktienregisters bei Namensaktien wurde durch die Aktienrechtsnovelle ausgeweitet, indem in § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG die Worte „unabhängig von einer Verbriefung“ eingefügt wurden.364 Zuvor hatte es der h. M. entsprochen, dass ein Aktienregister nur dann zu führen ist, wenn die Namensaktien auch verbrieft sind. Dadurch konnte man den Transparenzanforderungen des Aktienregisters einfach entgehen, indem die Gesellschaft im Einvernehmen mit ihren Aktionären auf eine Verbriefung verzichtet. Auch die Beteiligungstransparenz bei nicht börsennotierten Namensaktiengesellschaften wird als Nebeneffekt also durch diese Neuregelung erhöht.365

V. ARUG II Das ARUG II dient der Umsetzung der geänderten Aktionärsrechterichtlinie. Es ist schließlich zum 1. 1. 2020 in Kraft getreten, nachdem die Umsetzungsfrist bereits am 10. 6. 2019 abgelaufen war. Die Regelungen zur Identifikation der Aktionäre sind nach der Übergangsvorschrift des § 29j Abs. 4 EGAktG erst ab dem 3. 9. 2020 anzuwenden; hauptversammlungsbezogene Regelungen finden erstmals praktische Anwendung auf Hauptversammlungen, die nach dem 3. 9. 2020 einberufen werden, sodass diese Neuregelungen im Wesentlichen erst zur Hauptversammlungssaison 2021 eingreifen.366 Eines der Kernanliegen der reformierten Aktionärsrechterichtlinie ist die verbesserte Transparenz und Identitätsfeststellung der Aktionäre eines börsennotierten Unternehmens, dem schon zuvor im Bereich der Namensaktie etablierten Prinzip „know your shareholder“ folgend.367 Der vierte Erwägungsgrund der 2. ARRL fasst die Regelungsmotivation wie folgt zusammen: 363

Sie dazu noch die Ausführungen unter 8. Kapitel D. I, S. 283. Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 7; vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 3. 365 Bayer, AG 2012, 141, 143. 366 Wentz, WM 2019, 906, 908; Bork, NZG 2019, 738, 743; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 1, § 67a Rn. 2; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 17; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 8. 367 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 32, vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67d Rn. 1; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 6; Stiegler, WM 2019, 620, 621; Wentz, WM 2019, 906 f.; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 858; Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 453 ff.; Bork, NZG 2019, 738; ausführlich zum Konzept des Know your shareholder auch Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67a Rn. 6 ff. 364

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„Aktien börsennotierter Gesellschaften werden oft über komplexe Ketten von Intermediären gehalten, die die Ausübung von Aktionärsrechten erschweren und ein Hindernis für die Mitwirkung der Aktionäre darstellen können. Die Gesellschaften sind oft nicht in der Lage, ihre Aktionäre zu identifizieren. Die Identifizierung der Aktionäre ist eine Voraussetzung für die unmittelbare Kommunikation zwischen den Aktionären und der Gesellschaft und deshalb von wesentlicher Bedeutung dafür, dass die Ausübung von Aktionärsrechten und die Mitwirkung der Aktionäre erleichtert werden. Dies ist besonders in grenzüberschreitenden Situationen und bei der Verwendung elektronischer Mittel wichtig. Deshalb sollten börsennotierte Gesellschaften das Recht haben, ihre Aktionäre zu identifizieren, um direkt mit diesen kommunizieren zu können. Die Intermediäre sollten verpflichtet sein, der Gesellschaft auf deren Antrag hin die Informationen über die Identität von Aktionären zu übermitteln. Allerdings sollte es den Mitgliedstaaten freistehen, Aktionäre, die nur eine geringe Zahl von Aktien halten, von der Identifizierungsanforderung auszunehmen.“368

Kapitel Ia der geänderten Aktionärsrechterichtlinie widmet sich dem Thema der „Identifizierung der Aktionäre, Übermittlung von Informationen und Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten“. Art. 3a Abs. 1 Satz 1 der 2. ARRL bestimmt als Generalnorm, dass Gesellschaften „das Recht haben, ihre Aktionäre zu identifizieren“.369 Die Mitgliedsstaaten können eine Beschränkung des Identifikationsrechts auf solche Aktionäre vorsehen, die mindestens 0,5 % der Aktien oder Stimmrechte halten, vgl. Art. 3a Abs. 1 Satz 2 und 3 der 2. ARRL; von dieser Möglichkeit wurde bei der Umsetzung in deutsches Recht jedoch kein Gebrauch gemacht.370 Da die Beteiligungsstrukturen an börsennotierten Aktiengesellschaften häufig in der Weise mediatisiert sind, dass einer oder zumeist mehrere Intermediäre zwischen Aktionär und Gesellschaft geschaltet sind, macht die 2. ARRL die Intermediäre zum zentralen Element der Aktionärsidentifikation und verpflichtet die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass die Intermediäre der Gesellschaft auf ihren Antrag hin die Informationen bzgl. der Identität der Aktionäre mitteilen, vgl. Art. 3a Abs. 2 der 2. ARRL, bzw. bei einer Intermediärskette den Antrag an den Intermediär weiterleitet, der entsprechende Informationen bereitstellen kann, Art. 3a Abs. 3 der 2. ARRL.371

368

2. ARRL, Erwägungsgrund (4); vgl. auch Wentz, WM 2019, 906. Stiegler, WM 2019, 620, 621; Wentz, WM 2019, 906; Foerster, AG 2019, 17, 18; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 152. 370 Vgl. Wentz, WM 2019, 906; Bork, NZG 2019, 738, 739; noch zum Referentenentwurf auch Zetzsche, ZGR 2019, 1, 16; J. Schmidt, NZG 2018, 1201, 1215; Foerster, AG 2019, 17, 18; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 858; Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749, 754; Seulen, DB 2018, 2915, 2919; Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 456; Grobecker/Wagner, Der Konzern 2018, 419, 420; Böcking/Bundle, Der Konzern 2018, 496, 498; zu Bedenken gegen die Einführung einer solchen Schwelle auch Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 472; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 153; dagegen bedauernd bzgl. des Verzichts auf die Einführung einer Schwelle Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 459. 371 Vgl. auch Wentz, WM 2019, 906 f. 369

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Die 2. ARRL gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Satz 1 nur für börsennotierte Gesellschaften. Auch die Umsetzung durch das ARUG II ist nunmehr nur für die börsennotierte Gesellschaft erfolgt,372 das noch im Referentenentwurf vorgesehene Opt-in-Recht auch für nicht börsennotierte Gesellschaften wurde ersatzlos gestrichen.373 Börsennotierte Gesellschaften sind gem. § 3 Abs. 2 AktG nur solche, die an einem regulierten Markt gehandelt werden; der Freiverkehr ist hier nicht erfasst. Weiterhin unterscheidet die 2. ARRL nicht zwischen Namens- und Inhaberaktien, sondern stellt die Anforderungen an die Aktionärsidentifikation unterschiedslos an beide.374 Daher ist der deutsche Gesetzgeber gezwungen, erstmals auch für Inhaberaktionäre Identifikationsmöglichkeiten einzuführen. Neu ist auch das Konzept einer die Richtlinie flankierenden Durchführungsverordnung375 für den Themenkomplex der Aktionärsidentifikation, der Übertragung von Informationen und der Erleichterung von Aktionärsrechten, also Art. 3a bis 3c der 2. ARRL. Da diese Vorschriften die Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionären sowie die Ausübung von Aktionärsrechten auch über nationale Grenzen hinaus verbessern sollen, sollen diese Regelungen möglichst einheitlich umgesetzt werden, weshalb die Durchführungsverordnung Mindestanforderungen zur Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie festlegt.376 Erwägungsgrund (2) der Durchführungsverordnung lautet daher: „Die vorliegende Verordnung zielt darauf ab zu verhindern, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2007/36/EG unterschiedlich umgesetzt werden, was zur Festlegung inkompatibler nationaler Standards führen könnte, die Risiken und Kosten grenzüberschreitender Tätigkeiten erhöhen, ihre Wirksamkeit und Effizienz beeinträchtigen und zu zusätzlichen Belastungen für die Intermediäre führen würde. Die Verwendung gemeinsamer Formate für die Übermittlung von Daten und Mitteilungen sollte eine effiziente und zuverlässige Verarbeitung sowie die Interoperabilität zwischen Intermediären, Emittenten und ihren Aktionären ermöglichen und so das effiziente Funktionieren der Aktienmärkte der Union sicherstellen.“

372

Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 59. Stiegler, WM 2019, 620, 621; Wentz, WM 2019, 906, 907; Bork, NZG 2019, 738, 740; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67d Rn. 1; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 7; Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67d Rn. 7; noch zum Referentenentwurf Seulen, DB 2018, 2915, 2919. 374 Vgl. Brouwer, GmbHR 2019, R 120; J. Schmidt, NZG 2018, 1201, 1214; Foerster, AG 2019, 17, 19. 375 Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 der Kommission vom 3. 9. 2018 zur Festlegung von Mindestanforderungen zur Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 2007/36/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Identifizierung der Aktionäre, die Informationsübermittlung und die Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte, ABl. EU L 223/1; dazu Kruchen, AG 2018, R184. 376 Kruchen, AG 2018, R 184; Zetzsche, ZGR 2019, 1, 3; Müller, AG 2018, R 342; Paschos/ Goslar, AG 2019, 365, 366. 373

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Zur Erreichung dieser Ziele sieht die Durchführungsverordnung eine Standardisierung von Form, Frist und Inhalt der Informationsübermittlung vor.377 Die Durchführungsverordnung gilt ab dem 3. 9. 2020. Der Regierungsentwurf hat im Gegensatz noch zum Referentenentwurf umfangreiche Verweisungen auf die Durchführungsverordnung in das Aktiengesetz aufgenommen.378 Damit hat der Gesetzgeber auf die Befürchtungen aus der Praxis reagiert, dass ansonsten Inkonsistenzen und die Einrichtung paralleler Informationswege drohen könnten.379 1. Änderungen und Neuregelungen Das ARUG II hat zur Umsetzung der Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation umfangreiche Änderungen an § 67 AktG vorgenommen und ihm sechs neue Paragraphen, §§ 67a bis f AktG, angefügt.380 Der Regelungsstandort erklärt sich dabei aus der inhaltlichen Nähe zu den Regelungen bezüglich des Aktienregisters.381 In diesen neuen Paragraphen wird die Pflicht der Intermediäre zur Weiterleitung der zur Identifikation und Rechtsausübung erforderlichen Informationen von den Aktionären zur Gesellschaft und umgekehrt, die in dem kontengestützten modernen Wertpapierverwahrungssystem eine zentrale Rolle spielen, entsprechend den Vorgaben der 2. ARRL neu geregelt. a) Intermediär als neuer Zentralbegriff Aus der 2. ARRL ergibt sich die Einführung des Begriffs des Intermediärs, vgl. Art. 1 Abs. 5, Art. 2 lit. d) der 2. ARRL. Dieser – für das deutsche Aktienrecht neue – Zentralbegriff findet mit der Umsetzung der 2. ARRL durch das ARUG II Eingang in das deutsche Aktiengesetz. Bislang sprach das Aktiengesetz in § 67 AktG von Kreditinstituten; dieser Begriff wird nunmehr durch den des Intermediärs ersetzt, etwa in § 67 Abs. 4 Satz 1 AktG.382 Eine Legaldefinition des Intermediärs findet sich in § 67a Abs. 4 AktG, der bestimmt: „Intermediär ist eine Person, die Dienstleistungen der Verwahrung oder der Verwaltung von Wertpapieren oder der Führung von Depotkonten für Aktionäre oder andere Personen erbringt, wenn die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien von Gesellschaften stehen, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Ver377

v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 38. Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366. 379 Vgl. etwa DAI Stellungnahme zum ARUG II vom 30. 11. 2018, S. 3; Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366. 380 Vgl. auch Wentz, WM 2019, 906, 907; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 8; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 7a. 381 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 15. 382 Wentz, WM 2019, 906, 907; J Schmidt, NZG 2018, 1201, 1214; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67a Rn. 8. 378

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tragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und deren Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne des § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes zugelassen sind.“

Die Intermediärseigenschaft wird also tätigkeitsbezogen ermittelt und knüpft nicht gesellschaftsbezogen an die konkrete Verwahrung von Aktien der Gesellschaft an.383 Die ausgeübte Tätigkeit muss die Intermediärseigenschaft abstrakt und generell begründen. Darunter fallen insbesondere Wertpapierfirmen, Kreditinstitute und Zentralverwahrer, nicht aber Notare, die gem. § 23 BNotO zeitweise Aktien zur Aufbewahrung oder Ablieferung, insbesondere als Hinterlegungsstelle, verwahren, sowie Stimmrechtsberater und ähnliche Dienstleister, die keine Wertpapiere verwahren, verwalten oder Depotkonten führen.384 Intermediärseigenschaft und Aktionärsstellung schließen sich nicht aus; Intermediär kann auch sein, wer selbst Aktionär ist.385 § 67a Abs. 5 AktG spaltet den Intermediärsbegriff weiter auf und unterscheidet zwischen dem Intermediär in der Kette und dem Letztintermediär. Diese Begriffe beziehen sich auf die konkrete Verwahrung von Aktien einer Gesellschaft, beinhalten also über das tätigkeitsbezogene Element hinaus auch ein gesellschaftsbezogenes Element.386 Intermediär in der Kette ist gem. § 67a Abs. 5 Satz 1 AktG ein Intermediär, der Aktien der Gesellschaft für einen anderen Intermediär verwahrt; Letztintermediär ist gem. § 67a Abs. 5 Satz 1 AktG, wer als Intermediär für einen Aktionär Aktien einer Gesellschaft verwahrt.387 Der Letztintermediär wird in der Praxis üblicherweise eine Depotbank sein.388 Die Kette beginnt beim Zentralverwahrer, in der Regel also bei der Clearstream Banking AG.389 b) Aktionärsbegriff Wer der durch die neuen Instrumente zu informierende bzw. zu identifizierende Aktionär ist, sagt die Richtlinie nicht, sondern überlässt die Bestimmung gem. Art. 2

383 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 132; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 52; Zetzsche, ZGR 2019, 1, 9; Mock, in: Hirte/ Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67a Rn. 38; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67a Rn. 47. 384 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 62; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67a Rn. 8. 385 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 130, 132; a. A. Foerster, AG 2019, 17, 19: Das Unionsrecht gebe vor, dass Intermediäre keine Aktionäre sein können. 386 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 132. 387 Zur Kritik an diesen Definitionen vgl. Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67a Rn. 50. 388 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67a Rn. 9. 389 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67a Rn. 9.

C. § 67 AktG als Mittelpunkt der gesetzgeberischen Bemühungen

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lit. b) der 2. ARRL dem nationalen Recht.390 Jedoch ergibt sich aus der Richtlinie die Einführung des Begriffs des Intermediärs, vgl. Art. 1 Abs. 5, Art. 2 lit. d) der 2. ARRL. Damit wurde jedoch nicht zugleich auch ein intermediärsbezogener Aktionärsbegriff eingeführt; vielmehr ist Aktionär im Sinne der §§ 67a ff. AktG, wie auch im restlichen Aktiengesetz, der materiell berechtigte Eigentümer der Aktien.391 c) Informationsübermittlung zwischen Gesellschaft und Aktionär aa) Übermittlung von Informationen über Unternehmensereignisse von der Gesellschaft an den Aktionär („Hinweg“), §§ 67a, b AktG Die §§ 67a und b AktG betreffen die Weiterleitung von Informationen über Unternehmensereignisse an die Aktionäre. Aktionären sollen Informationen über Unternehmensereignisse nicht nur „zur Abholung bereitgestellt“ (Pull-Ansatz), sondern „frei Haus geliefert“ werden (Push-Ansatz).392 Während § 67a AktG den Weg von der Gesellschaft durch die Intermediärskette im Blick hat, regelt § 67b AktG den letzten Schritt vom Letztintermediär zum Aktionär.393 Seibert bezeichnet diesen Bereich als „ausgesprochen technisch“, geradezu eine „Geheimkunde der mit der Abwicklung bei Banken und Emittenten mit diesen Fragen Betrauten“.394 Auf den Referentenentwurf hin gingen hierzu sehr viele Stellungnahmen aus der Praxis ein.395 Was ein Unternehmensereignis ist, bestimmt § 67a Abs. 6 AktG durch einen Verweis auf die Durchführungsverordnung. Deren Art. 1 Nr. 3 definiert ein Unternehmensereignis als „eine vom Emittenten oder einem Dritten initiierte Maßnahme, die die Ausübung der mit den Aktien verbundenen Rechte beinhaltet und die zugrundeliegende Aktie beeinflussen kann, z. B. die Gewinnausschüttung oder eine Hauptversammlung“. Das Gesetz sieht grundsätzlich ein dreistufiges System der Informationsweiterleitung vor: Die Gesellschaft übermittelt die Information an einen Intermediär, der Intermediär gibt die Information innerhalb der Verwahrkette an den nächsten Intermediär weiter bis zum Letztintermediär, und der Letztintermediär schließlich übermittelt die Information an den Aktionär.396 Jedoch muss innerhalb der Verwahrkette die Information nicht durch jedes einzelne Glied weitergereicht werden, vielmehr können einzelne Glieder ausgelassen oder übersprungen werden, solange die Information beim Aktionär ankommt und das Ziel der Aktionärsinformation 390 Foerster, AG 2019, 17, 18 f.; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 153; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 20. 391 Str., vgl. dazu bereits oben 1. Kapitel C, S. 26. 392 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 5. 393 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67b Rn. 1; Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67b Rn. 1; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67b Rn. 2. 394 Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749, 752. 395 Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749, 752. 396 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 19.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

damit erreicht wird.397 Das Ziel der Aktionärsinformation hat zugleich auch eine begrenzende Wirkung; nach § 67a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 und Abs. 3 Satz 1 AktG greift die Verpflichtung zur Informationsweiterleitung dann nicht ein, wenn der Aktionär bzw. der nächste Intermediär in der Kette die Information anderweitig erhält.398 § 67a Abs. 1 AktG differenziert zwischen Namensaktiengesellschaften (Abs. 1 Nr. 2) und solchen, die nicht ausschließlich Namensaktien emittieren (Abs. 1 Nr. 1).399 Bei Namensaktien erfolgt die Informationsübermittlung an die im Aktienregister Eingetragenen, wobei es sich sowohl um materiell berechtigte Aktionäre als auch um eingetragene Intermediäre handeln kann,400 bei Inhaberaktien an die Intermediäre.401 Der Referentenentwurf hatte eine solche Differenzierung noch nicht vorgesehen; diese war erst im Regierungsentwurf hinzugekommen, um Bedenken der Praxis Rechnung zu tragen. Es wurde befürchtet, dass es bei Namensaktiengesellschaften zu Mehrfachmitteilungen kommen könne, wenn Informationen auch bei Namensaktien zwingend an alle Intermediäre übermittelt werden müssten, obwohl sie zugleich den Eingetragenen mitgeteilt werden.402 Für die Einberufung der Hauptversammlung bleibt es gem. § 67a Abs. 1 Satz 2 AktG bei der Anwendung des § 125 AktG, sodass sich § 67a Abs. 1 Satz 1 AktG nur auf Unternehmensereignisse mit Ausnahme der Hauptversammlung bezieht.403 Der Referentenentwurf hatte noch eine Anwendung des § 67a AktG auch auf die Hauptversammlungseinladungen vorgesehen.404 Ausweislich der Regierungsbegründung ist „wegen der eingespielten und bewährten bisherigen Verfahren mit ihren besonderen Fristenerfordernissen“ für die Einladungen zur Hauptversammlung die Regelung in § 125 AktG erhalten geblieben;405 sie erfährt jedoch eine Umgestaltung. Die aus § 67a Abs. 1 AktG bereits bekannte Differenzierung zwischen Namensak397

v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 20. v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 20. 399 Vgl. nur Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67a Rn. 18. 400 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 65; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 11; Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67a Rn. 23. 401 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 19; Cahn, in: BeckOGKAktG, Stand: 15. 1. 2020, § 67a Rn. 20. 402 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 60; vgl. auch Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 367; Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749, 755; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 65. 403 Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 367; Bork, NZG 2019, 738, 741; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67a Rn. 10; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 60, 79; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 59; Mock, in: Hirte/ Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67a Rn. 25; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67a Rn. 21. 404 Vgl. S. 4 des Referentenentwurfs; vgl. auch Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 860. 405 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 60; kritisch dazu Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 861 (noch zum Referentenentwurf). 398

C. § 67 AktG als Mittelpunkt der gesetzgeberischen Bemühungen

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tiengesellschaften und solchen, die nicht ausschließlich Namensaktien ausgegeben haben, findet nunmehr auch Eingang in § 125 Abs. 1 AktG n. F.406 Die Aufteilung zwischen Namens- und Inhaberaktiengesellschaften gewährleistet, dass Doppelmitteilungen vermieden werden können.407 § 125 Abs. 1 Satz 1 AktG n. F. verlangt nunmehr, dass Gesellschaften, die nicht ausschließlich Namensaktien ausgeben, mindestens 21 Tage vor der Hauptversammlung die Einberufung – unter anderem – allen Intermediären, die Aktien der Gesellschaft verwahren, mitteilen. Zuvor war eine Mitteilung nur an solche Kreditinstitute notwendig, die in der letzten Hauptversammlung Stimmrechte für Aktionäre ausgeübt oder die Mitteilung verlangt haben. Dies stellt im Vergleich zum bisherigen § 125 Abs. 1 Satz 1 AktG eine Erweiterung dar, die europarechtlich zwingend vorgegeben ist.408 Die Sätze 2 bis 5 erfahren keine Veränderung. § 125 Abs. 2 AktG n. F. trifft nunmehr lediglich Gesellschaften mit Namensaktien. Der Stichtag für den sog. Nachversand wurde vom 14. auf den 21. Tag verlegt, wodurch ein Gleichlauf von Inhaber- und Namensaktien erreicht wurde.409 Die zuvor bestehende Möglichkeit in § 125 Abs. 2 Satz 2 AktG a. F., die Übermittlung an Aktionäre auf den Weg elektronischer Kommunikation zu beschränken, ist entfallen. Die elektronische Kommunikation ist gem. § 125 Abs. 5 Satz 3 AktG n. F. i. V. m. §§ 67a und b AktG zwischen Gesellschaft und Intermediär jedoch angeordnet.410 § 67b Abs. 1 Satz 1 AktG, der die Kommunikation zwischen Letztintermediär und Aktionär betrifft, ordnet jedoch nicht die elektronische Kommunikation an. Durch den Verweis des § 125 Abs. 5 Satz 3 AktG auf die §§ 67a und b AktG besteht eine Weiterleitungspflicht auch bezüglich der Hauptversammlungseinladung.411 § 128 AktG a. F., der die Informationsübermittlung von Kreditinstituten an die Aktionäre regelte, wird aufgehoben; entsprechende Regelungen finden sich nunmehr in §§ 67a Abs. 3, 67b Abs. 1 AktG.412 Gem. § 67a Abs. 2 AktG erfolgt die Informationsübermittlung an die Intermediäre elektronisch; die Modalitäten werden durch die Durchführungsverordnung konkretisiert. Gem. § 67a Abs. 3 AktG n. F. erfolgt eine Weiterleitung entlang der Intermediärskette bis hin zum Letztintermediär, der die Information dann an den Aktionär übermittelt, vgl. § 67b Abs. 1 AktG. Die §§ 67a ff. AktG erfassen nicht den Fall der Legitimationseintragung eines Nichtintermediärs im Aktienregister; die Weiterleitung der Informationen von dem 406

Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 367; Bork, NZG 2019, 738, 742. Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 96. 408 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 96; Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 367. 409 Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 367. 410 Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 367. 411 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 79. 412 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 97; vgl. auch Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 861 (noch zum Referentenentwurf). 407

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

eingetragenen Legitimationsaktionär an dem materiell-rechtlichen Aktionär ist in diesem Fall der Vereinbarung zwischen Legitimationsaktionär und Legitimationszedent im Innenverhältnis überlassen.413 Anders als noch der Referentenentwurf ordnet die Neuregelung nun nicht mehr die elektronische Kommunikation zwischen Aktionär und Letztintermediär an, sondern lässt die Form der Informationsübermittlung an die Aktionäre durch die Letztintermediäre offen und ermöglicht somit sowohl eine elektronische als auch eine schriftliche Informationsübermittlung.414 Damit soll der Anmerkung aus der Praxis Rechnung getragen werden, dass eine elektronische Kommunikation noch nicht mit allen Aktionären möglich ist;415 nur 20 % der Aktionäre sollen ein elektronisches Postfach bei ihrem Kreditinstitut besitzen.416 Die Regierungsbegründung stellt jedoch klar, dass aus Gründen der Zeit- und Kostenersparnis eine Informationsübermittlung vorzugsweise in elektronischer Form erfolgen sollte.417 bb) Übermittlung von Informationen durch Intermediäre an die Gesellschaft („Rückweg“), § 67c AktG § 67c AktG betrifft die Übermittlung von Informationen über die Ausübung von Aktionärsrechten vom Intermediär an die Gesellschaft, wobei die Informationsübermittlung entweder direkt an die Gesellschaft oder wiederum entlang der Intermediärskette erfolgen kann. Auch hier findet sich wieder das grundsätzliche dreistufige Informationsweiterleitungssystem: Der Letztintermediär erhält vom Aktionär Informationen über die Ausübung seiner Aktionärsrechte und leitet diese entweder an einen Intermediär in der Kette oder unter Auslassung der zweiten Stufe direkt an die Gesellschaft weiter.418 Jedes Kettenglied kann auch hier übersprungen oder ausgelassen werden, solange das Ziel, dem Aktionär die Ausübung seiner Rechte zu ermöglichen, erreicht wird.419 Speziell für Namensaktien enthält § 67c Abs. 1 Satz 3 AktG eine Weiterleitungsverpflichtung für Weisungen des Aktionärs an den im Aktienregister eingetragenen Intermediär.420 Nach § 67c Abs. 2 AktG kann der Aktionär Anweisungen zur Informationsübermittlung erteilen. 413

Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67a Rn. 17. Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 63; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67b Rn. 2; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67b Rn. 5. 415 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 63; Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 367; Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749, 753. 416 Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749, 753. 417 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 63. 418 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 22 ff.; § 67c Rn. 3; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67c Rn. 7. 419 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 27. 420 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 26; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67c Rn. 10; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67c Rn. 2. 414

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Anders als für den „Hinweg“ nach §§ 67a, b, 125 AktG wird für den „Rückweg“ nicht zwischen Informationen in Bezug auf die Einberufung der Hauptversammlung und andere Unternehmensereignisse unterschieden. § 67c AktG gilt für alle Fälle der Ausübung von Aktionärsrechten gleichermaßen.421 Auch die Anmeldung zur Hauptversammlung nach § 123 Abs. 2 AktG wird also gem. § 67c AktG übermittelt.422 § 67c Abs. 3 AktG enthält nunmehr den schon zuvor aus § 123 Abs. 4 AktG bekannten sog. „Bankennachweis“. Der Letztintermediär hat danach dem Aktionär für die Ausübung seiner Rechte in der Hauptversammlung auf Verlangen über dessen Anteilsbesitz unverzüglich einen Nachweis in Textform auszustellen. Der Nachweis muss dabei den Anforderungen des Art. 5 der Durchführungsverordnung genügen. Die Regelung des § 67 Abs. 3 AktG gilt ihrem Wortlaut nach für Inhaber- und Namensaktien gleichermaßen; ein entsprechender Nachweis erfüllt aber nur bei Inhaberaktien einen Zweck, weil sich die Aktionärslegitimation für Namensaktien nach wie vor ausschließlich aus der Eintragung im Aktienregister ergibt.423 cc) Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei Inhaber- und Namensaktien Grundsätzlich sind die Informationsübermittlungspflichten bei Inhaber- und Namensaktien parallel ausgestaltet. In der Praxis können sich dennoch erhebliche Unterschiede ergeben. So scheidet bei der Inhaberaktie eine direkte Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär, wie sie bei der Namensaktie durch die Eintragung des Aktionärs im Aktienregister grundsätzlich möglich ist, von Vornherein aus; bei Inhaberaktien muss die Kommunikation immer über einen Intermediär erfolgen.424 Die Gesellschaft kennt den Inhaberaktionär nämlich gar nicht und der Inhaberaktionär wiederum kann sich der Gesellschaft gegenüber nur durch die Bestätigung des Letztintermediärs gem. § 67c Abs. 3 AktG legitimieren.425 Bei der Inhaberaktie ist also der Intermediär, anders als bei der Namensaktie, zwingend in die Informationsübermittlung einbezogen. Bei der Namensaktie hingegen erfolgt die Legitimation durch die Eintragung des Aktionärs im Aktienregister und die Kommunikation findet überwiegend zwischen der Gesellschaft und dem Eingetragenen direkt und ohen Dazwischenschaltung von Intermediären statt. Die Rolle der Intermediäre konzentriert sich bei der Namensaktie daher auf ihre eigentlichen 421

Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67c Rn. 1; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67c Rn. 4. 422 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67c Rn. 5. 423 Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 862 (zum Referentenentwurf); Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 367 (zum Regierungsentwurf); Bork, NZG 2019, 738, 743; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 25; § 67c Rn. 41; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67c Rn. 27; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67c Rn. 23. 424 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 29 f. 425 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 30.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Kernaufgaben.426 Das notwendige Dazwischentreten der Intermediäre für jegliche personalisierte Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär kann daher als wesentliches Strukturmerkmal der Inhaberaktie bezeichnet werden.427 d) § 67d AktG n. F. als Schwerpunktnorm der Aktionärsidentifikation Schwerpunktnorm der Aktionärsidentifikation durch die Gesellschaft ist § 67d AktG, der einen Informationsanspruch der Gesellschaft gegenüber Intermediären einführt.428 Die bedeutende Neuerung durch die Umsetzung der Richtlinie liegt darin, dass dieser Informationsanspruch unterschiedslos sowohl für die Emittenten von Namensaktien als auch für die von Inhaberaktien gilt.429 Erstmals haben damit auch Inhaberaktiengesellschaften eine Möglichkeit zur Identifikation ihrer Aktionäre. Die Möglichkeit der Aktionärsidentifikation hängt damit nicht mehr zwingend am Bestehen eines Aktienregisters, sondern steht gewissermaßen selbstständig daneben.430 Das Informationsverlangen kann die Gesellschaft auch gezielt nutzen, um bei Namensaktien Legitimationseintragungen im Aktienregister aufzudecken.431 Der Gesellschaft stehen damit zwei verschiedene Wege zur Verfügung, um die Identität von hinter Legitimationsaktionären stehenden Aktionären aufzudecken. Im Unterschied noch zum Referentenentwurf, der lediglich die Möglichkeit für die Gesellschaft vorsah, Informationen über die Identität der Aktionäre zu verlangen,432 besteht gem. § 67d Abs. 1 Satz 1 AktG nunmehr auch die Möglichkeit, Auskunft über den nächsten Intermediär zu verlangen. Damit hat der Gesetzgeber auf den Hinweis des Deutschen Aktieninstituts reagiert, dass „eine Identifizierung des Aktionärs am Ende einer langen Kette von Intermediären […] nicht in jedem Falle sinnvoll und erforderlich“ sei; in bestimmten Fällen könne es für das Informati426

v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 32. v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 30. 428 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 14; Bork, NZG 2019, 738, 739; Wentz, WM 2019, 906, 907; J. Schmidt, NZG 2018, 1201, 1214; Foerster, AG 2019, 17, 19; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 858; Grobecker/Wagner, Der Konzern 2018, 419, 420; Böcking/Bundle, Der Konzern 2018, 496, 498; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67d Rn. 1; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 1. 429 J. Schmidt, NZG 2018, 1201, 1214; Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 456; Grobecker/ Wagner, Der Konzern 2018, 419, 420; Foerster, AG 2019, 17, 20; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67a Rn. 11; § 67d Rn. 2; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 7; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67d Rn. 3. 430 Vgl. auch v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 2; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67 Rn. 54a; Beneke/Illner, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67 Rn. 12; Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67d Rn. 12; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 7: „Das führt bei Namensaktien zu einem Nebeneinander der schon bisher gegebenen Identifikationsregime des § 67 und des neuen Identifikationsregimes des § 67d.“, vgl. auch § 67d Rn. 13. 431 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 39. 432 Referentenentwurf ARUG II, S. 5. 427

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onsbedürfnis der Gesellschaft völlig ausreichen, für den Bestand eines Legitimationsaktionärs den oder die nächsten Intermediäre zu ermitteln.433 Zur Flexibilisierung der Identifikation und zur Vermeidung unnötiger Aufwände in der Intermediärskette schlug das Deutsche Aktieninstitut daher vor, im Gesetz auch diese Möglichkeit vorzusehen.434 Diesem Vorschlag ist der Gesetzgeber gefolgt. § 67d AktG etabliert ein System der Aktionärsidentifikation, steht aber mit der Aktionärslegitimation nicht in einem direkten Zusammenhang.435 Im Bereich der Namensaktien erfolgt jedoch eine Verknüpfung über die neu geschaffene Möglichkeit des § 67 Abs. 3 Satz 2 AktG, die es der Gesellschaft ermöglicht, die durch § 67d AktG erlangten Identitätsmerkmale in ihr Aktienregister einzupflegen und so die Legitimationswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG zu erreichen. Für Inhaberaktien verweist § 123 Abs. 4 Satz 1 AktG künftig auf den neuen § 67c Abs. 3 AktG. Die bisher in § 123 Abs. 4 Satz 1 AktG selbst enthaltene Umschreibung des sog. Bankennachweises als „durch das depotführende Institut in Textform erstellter besonderer Nachweis des Anteilsbesitzes“ entfällt und wird durch den Verweis auf § 67c Abs. 3 AktG ersetzt.436 Eine inhaltliche Änderung des Legitimationsnachweises bei Inhaberaktien ist damit jedoch nicht verbunden; jedoch hat der Aktionär künftig einen Anspruch auf Aushändigung des Nachweises, was den Vorgaben der Richtlinie entspricht, um den Aktionär die Ausübung seiner Rechte zu ermöglichen.437 Die Gesellschaft hat durch entsprechende Anfragen an die Intermediäre nach § 67c AktG nunmehr im Vorfeld der Hauptversammlung die Möglichkeit, sich über die legitimierten Aktionäre und ihre Identität zu informieren.438 aa) Das Informationsverlangen der Gesellschaft an den Intermediär („Hinweg“) Gem. § 67d Abs. 1 Satz 1 AktG kann die börsennotierte Gesellschaft von einem Intermediär, der Aktien der Gesellschaft verwahrt, Informationen über die Identität der Aktionäre und über den nächsten Intermediär verlangen. Die Entscheidung darüber steht im Ermessen des Vorstands und kann innerhalb des Unternehmens delegiert werden.439 Die nähere Ausgestaltung des Informationsverlangens richtet sich nach der Durchführungsverordnung. Das Auskunftsverlangen kann sich an

433

DAI Stellungnahme zum ARUG II vom 30. 11. 2018, S. 18 f.; vgl. auch Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 1 mit Fn. 2. 434 DAI Stellungnahme zum ARUG II vom 30. 11. 2018, S. 18 f. 435 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 21; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 45. 436 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 16. 437 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 30. 438 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 22. 439 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 3 f.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

sämtliche Intermediäre in der Kette sowie an den Letztintermediär richten.440 Der Intermediär in der Kette muss gem. § 67d Abs. 3 AktG das Verlangen weiterleiten, bis der Letztintermediär erreicht ist.441 Die Gesellschaft hat im Hinblick auf die Nutzung des Informationsverlangens also verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten und kann selbst entscheiden, in welchem Umfang sie Informationen über ihre Aktionäre sammeln möchte. Sie kann etwa einzelne Intermediäre herausgreifen und damit nur den Teil ihrer Aktionäre in den Blick nehmen, die ihre Beteiligungen unmittelbar oder mittelbar über einen bestimmten Intermediär halten, oder sie kann die Anfrage an den Zentralverwahrer richten und damit eine breite Aufdeckung erreichen.442 Nach der Durchführungsverordnung, Tabelle 1 Block A Nr. 7 hat die Gesellschaft die Möglichkeit der Festlegung einer sog. Mengenschwelle zur Begrenzung des Antrags.443 Der Schwellenwert muss als absolute Aktienanzahl angegeben werden.444 Auch die Satzung kann Regelungen zur Mengenschwelle enthalten.445 Außerdem kann die Gesellschaft einen beliebigen Stichtag festlegen, auf den sich die Auskunft der Intermediäre beziehen soll, vgl. Durchführungsverordnung, Tabelle 1 Block A Nr. 5.446 bb) Beantwortung des Informationsverlangens durch den Intermediär, § 67d Abs. 4 AktG („Rückweg“) § 67d Abs. 4 AktG regelt die Übermittlung der Beantwortung des Informationsverlangens an die Gesellschaft. Im Normalfall werden die Informationen direkt vom Letzintermediär an die Gesellschaft übermittelt, § 67d Abs. 4 Satz 1 AktG. Die Übermittlung durch die Intermediärskette ist jedoch nach der gesetzlichen Regelung nicht verboten. Nach der Einschätzung des Gesetzgebers wird die direkte Übermittlung an die Gesellschaft durch den Letztintermediär der Regelfall sein, auch um ein Durchreichen der Aktionärinformationen durch die Kette zu vermeiden. Das

440

Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 19; J. Schmidt, NZG 2018, 1201, 1215. 441 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 42; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 26 f.; Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67d Rn. 21. 442 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 19. 443 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 22; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 23. 444 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 66; vgl. auch Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 22, 24. 445 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 23; Zetzsche, ZGR 2019, 1, 17. 446 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 25.

C. § 67 AktG als Mittelpunkt der gesetzgeberischen Bemühungen

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Verlangen der Gesellschaft sowie der Wille des Aktionärs seien hierfür maßgeblich.447 Nach§ 67d Abs. 4 Satz 2 AktG kann die Übermittlung auch durch einen anderen Intermediär in der Kette verlangt werden. Dadurch hat die Gesellschaft die Möglichkeit, innerhalb der Verwahrkette bestimmte Teilpyramiden abzufragen und die Zuordnung zu bestimmten größerer Verwahrern zu erkennen, die bei einer direkten Übermittlung durch den Letztintermediär verloren geht.448 Der angesprochene Intermediär kann die Information wiederum entweder direkt oder durch die Kette hindurch übermitteln, § 67d Abs. 4 Satz 3 AktG. e) §§ 67e und f AktG – Datenschutz, Kostenregelung, Verordnungsermächtigung § 67e AktG enthält flankierend zu den neuen Informationsansprüchen Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten der Aktionäre, insbesondere in Abs. 3 die Regelung, dass die Weitergabe von personenbezogenen Daten im Rahmen der Informationsverlangen nach § 67d AktG keinen Verstoß gegen Datenschutzrecht darstellt.449 § 67 f AktG enthält Regelungen zur Kostentragung sowie eine Verordnungsermächtigung für technische Details des Aufwendungsersatzanpruchs der Intermediäre. Gem. § 67 f Abs. 1 Satz 1 AktG trägt die Kosten für die notwendigen Aufwendungen der Intermediäre grundsätzlich die Gesellschaft, soweit diese auf Methoden beruhen, die dem jeweiligen Stand der Technik entsprechen. 2. Bewertung im Hinblick auf die Legitimationsübertragung Der Sprung im Hinblick auf die Aktionärsidentifikation ist bei Namensaktien sicherlich nur klein; ähnliche Auskunftsansprüche bestanden für Namensaktiengesellschaften in Bezug auf die in ihrem Aktienregister eingetragenen Personen in § 67 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 AktG schon zuvor.450 Neu ist die Abkopplung des Informationsanspruchs von der Führung des Aktienregisters. Zudem hat die Aktiengesellschaft nunmehr die Möglichkeit, ihr Aktienregister unabhängig von Mitteilung und Nachweis durch den Aktionär auch aufgrund der Mitteilung durch den Intermediär aktualisieren zu können.451

447 Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 68; vgl. auch Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 2. 2021, § 67d Rn. 27. 448 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 35. 449 Vgl. auch Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 24. 450 Vgl. auch Eggers/ de Raet, AG 2017, 464, 467; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 858. 451 Vgl. dazu bereits oben 8. Kapitel B. I. 4, S. 211.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Bei Inhaberaktien hingegen kann von einem „Quantensprung“ hinsichtlich der Aktionärsidentifikation gesprochen werden.452 Hier wurde erstmals die Möglichkeit geschaffen, den Aktieninhaber zu identifizieren. Auch im Bereich der Inhaberaktie wird es damit für die Gesellschaft künftig möglich sein, sich einen Überblick über ihre Aktionärsstruktur zu verschaffen und diesen ggf. sogar in einer Art Register festzuhalten.453 Zudem kann die Identität von hinter Legitimationsaktionären stehenden Aktionären effektiver aufgedeckt werden als mit den bisher zur Verfügung stehenden Instrumenten des § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG, denn während gem. § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG nur eine recht schwerfällige, einzelne Aufdeckung von Registerpositionen erlaubt, kann durch ein Verlangen nach § 67d AktG eine Art „Pyramidentransparenz“ erreicht werden.454 Der Intermediär muss die Beschaffung der Informationen in der unter ihm befindlichen Verwahrpyramide aktiv nachverfolgen und im Rahmen seiner Möglichkeiten auf Vollständigkeit, Integrität und zutreffende Konsolidierung der Rückmeldungen achten.455 Dadurch können einzelne Nomineepositionen im Aktienregister effektiv aufgehellt werden.456 Jedoch sind der Aktionärsidentifikation mittels des Informationsanspruchs des § 67d AktG auch Grenzen gesetzt. Eine Identifikation ist dann nicht möglich, wenn sich das betreffende Verhältnis nicht im Bankdepot abbildet.457 Treuhandkonstellationen können beispielsweise auch durch die neuen Instrumente weiterhin nicht offengelegt werden; der Treuhänder ist bei Zugrundelegung eines intermediärsbezogenen Aktionärsbegriffs458 der erste Nichtintermediär in der Verwahrkette und daher derjenige, bei dem die Identifikationskette endet; auch wenn man richtigerweise die dingliche Rechtsinhaberschaft als für die Aktionärseigenschaft maßgeblich zugrunde legt, wird die Aufdeckung bei dem Treuhänder als formellem Eigentümer enden. Der dahinterstehende wirtschaftliche Berechtigte wird auch im Rahmen des neuen § 67d AktG nicht offenzulegen sein.459 Außerdem entfällt die Übermittlungspflicht, soweit die Daten auch dem Intermediär nicht vorliegen; eine

452

Vgl. auch J. Schmidt, NZG 2018, 1201, 1214: „kleine Revolution“; zustimmend Paschos/ Goslar, AG 2018, 857, 858; Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 458; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 1; einschränkend unter Hinweis auf den schon bislang notwendigen Nachweis der Aktionärsstellung zur Teilnahme an der Hauptversammlung Foerster, AG 2019, 17, 20: „zwar eine Neuerung, aber keine Revolution“. 453 Vgl. zu diesem „Abfrageregister“ sogleich noch unten 8. Kapitel D. II, S. 286. 454 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 38 f. 455 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 38. 456 v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 39. 457 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 7; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 9. 458 Der jedoch abzulehnen ist, vgl. hierzu bereits oben 1. Kapitel C, S. 26. 459 Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67d Rn. 8; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 15. 1. 2020, § 67d Rn. 7.

D. Zurückdrängung der Inhaberaktie bei nicht börsennotierten Gesellschaften

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Nachforschungspflicht besteht insoweit nicht.460 Zudem bestehen Zweifel, dass die in den §§ 67a ff. AktG vorgesehenen Rechte und Pflichten für Gesellschaften und Intermediäre im grenzüberschreitenden Verkehr tatsächlich durchsetzbar sind und kein Ausweichen auf Drittstaaten stattfindet.461

D. Zurückdrängung der Inhaberaktie bei nicht börsennotierten Gesellschaften im Dienste der Beteiligungstransparenz I. Änderung des § 10 AktG durch die Aktienrechtsnovelle 2016 Durch die Aktienrechtsnovelle 2016 wurde im Dienste der Beteiligungstransparenz der Anwendungsbereich der Inhaberaktie zurückgedrängt,462 letztlich jedoch weit weniger als noch durch den Referentenentwurf beabsichtigt. Im ursprünglichen Referentenentwurf einer kleinen Aktienrechtsnovelle vom 2. 11. 2010 war zunächst eine Neufassung des § 10 Abs. 1 AktG vorgesehen, die schlicht lauten sollte: „Die Aktien lauten auf Namen; bei börsennotierten Gesellschaften können sie auch auf den Inhaber lauten.“

Damit wäre die Namensaktie für nichtbörsennotierte Gesellschaften gesetzlich zwingend vorgesehen und die Inhaberaktie für diese Gesellschaften abgeschafft worden. Nur für börsennotierte Gesellschaften wäre danach auch künftig die Inhaberaktie noch in Betracht gekommen. Diese drastische Beschränkung des Anwendungsbereichs der Inhaberaktie ist im Gesetzgebungsverfahren schnell auf massive Kritik gestoßen463 und daher im Laufe der Zeit deutlich abgeschwächt worden. Schon im Regierungsentwurf vom 20. 11. 2011464 war die Regelung in ihrer ursprünglichen Rigidität nicht mehr zu finden. In der Begründung des Entwurfs hieß es, das Wahlrecht der nichtbörsennotierten Gesellschaft zwischen Namens- und Inhaberaktien solle auch künftig bestehen bleiben.465 460 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67d Rn. 40; v. Nussbaum, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Auflage 2020, § 67d Rn. 15; Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67d Rn. 15; Cahn, in: BeckOGK-AktG, Stand: 1. 1. 2021, § 67d Rn. 11. 461 Mock, in: Hirte/Heidel, Das neue Aktienrecht, § 67a Rn. 10. 462 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 5; zur sog. „Renaissance der Namensaktie“ bis zu diesem Zeitpunkt vgl. Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 448 ff.; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145. 463 Vgl. nur Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2011, 217; Noack, DB 2010, 2657; Diekmann/Nolting, NZG 2011, 6; Bungert/Wettich, ZIP 2011, 160, 161; Habersack, BB 1/ 2011, S. I. 464 BT-Drucks. 17/8989. 465 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 10; vgl. auch Seibert/Böttcher, ZIP 2012, 12, 13: „Die Kritik am Referentenentwurf hat jedoch das Bundesministerium der Justiz nicht unbeeindruckt gelassen“.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Schließlich hat § 10 Abs. 1 AktG durch die Aktienrechtsnovelle 2016 seine heutige Form erhalten, nach der Inhaberaktien zulässig sind, wenn die Gesellschaft entweder börsennotiert ist oder der Anspruch auf Einzelverbriefung ausgeschlossen ist und die Sammelurkunde bei einer der dort genannten Stellen hinterlegt wird. Diese Neuregelung macht allerdings eine Interimsregelung für den Zeitraum erforderlich, in dem die Gesellschaft bereits errichtet, die Sammelurkunde aber noch nicht hinterlegt ist. In diesem Zeitraum ist daher nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AktG für Inhaberaktien in entsprechender Anwendung des § 67 AktG ein Aktienregister zu führen.466 In der Phase bis zur Hinterlegung können Inhaberaktionäre ihre mitgliedschaftlichen Rechte daher nur ausüben, wenn sie in das Aktienregister eingetragen sind. Da eine nichtbörsennotierte Gesellschaft wenig Anreize hat, die Aktien in einer Sammelurkunde zu verbriefen und in die Girosammelverwahrung zu geben, ist diese Regelung der Zwischenphase, die sich über einen nicht unerheblichen Zeitraum erstrecken kann, fehleranfällig.467 Zudem wird die Wirksamkeit der neuen Regelung dadurch erheblich eingeschränkt, dass sie keine Altfälle erfasst, d. h. solche Gesellschaften mit Inhaberaktien, deren Satzung vor dem 31. 12. 2015 beurkundet wurde, dürfen diese unbegrenzt behalten.468 Der Gesetzgeber ist der Ansicht, dass Inhaberaktien bei börsennotierten Gesellschaften aufgrund der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz der §§ 33 ff. WpHG kein Problem darstellen, und führt darüber hinaus aus, die Ermittlungsbehörden könnten sich auch unterhalb dieser mit 3 % bereits sehr niedrig angesiedelten Meldeschwelle rechtzeitig hinreichende und aktuelle Informationen verschaffen, wenn die Inhaberaktien girosammelverwahrt seien.469 Bei der Girosammelverwahrung von nichtbörsengehandelten Inhaberaktien erhalte die zuständige Ermittlungsbehörde rechtzeitig hinreichende und aktuelle Informationen über die Identität der Aktionäre einer Gesellschaft, da mit der Wertpapiersammelbank immer eine Ermittlungsspur gegeben sei, mithilfe derer man über die Verwahrkette die Identität des Aktionärs feststellen könnte.470 Dieser Ansatzpunkt für die Feststellung der Identität des Aktionärs könne dann verloren gehen, wenn der Aktionär die Auslieferung einzelner Wertpapierurkunden verlange;471 diese Möglichkeit wird durch die neuen Anforderungen in § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AktG ausgeschlossen. Nur noch eine nichtbörsennotierte Gesellschaft, die keine Dauersammelurkunde in die Girosammelverwahrung gibt, ist daher auf Namensaktien festgelegt;472 dadurch 466 Vgl. Seibert/Böttcher, ZIP 2012, 12, 13; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 4. 467 Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2012, 380, 381. 468 Einsele, JZ 2019, 121, 122. 469 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 11. 470 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 12; zust. MüllerEising, GWR 2012, 77, 78. 471 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 12. 472 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 12.

D. Zurückdrängung der Inhaberaktie bei nicht börsennotierten Gesellschaften

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wird die Gestaltungsfreiheit der nichtbörsennotierten Gesellschaften weit weniger beeinträchtigt als noch durch den Referentenentwurf. Ausweislich der Begründung ist das Ziel dieser Änderung, die Beteiligungsverhältnisse bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften transparenter zu machen.473 Bei nichtbörsennotierten Gesellschaften seien Mitteilungspflichten nach § 20 AktG das einzige Mittel, um Änderungen im Gesellschafterbestand sichtbar werden zu lassen; § 20 AktG aber sehe im Vergleich zu den fein gegliederten Mitteilungspflichten für börsennotierte Gesellschaften nach §§ 33 ff. WpHG sehr hohe Schwellenwerte vor.474 Die Begründung des Gesetzesentwurfs legt dabei offen, dass der Versuch der Steigerung der Beteiligungstransparenz keine Eigeninitiative des deutschen Gesetzgebers ist, sondern vielmehr eine Reaktion auf Kritik von internationaler Ebene darstellt, dass keine ausreichenden Informationen über den Gesellschafterbestand nichtbörsennotierter Gesellschaften verfügbar seien.475 Diese Kritik von internationaler Ebene stammt konkret von der FATF, die eine wirkungsvolle Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in den Mitgliedsstaaten sicherstellen soll.476 Die FATF gibt Empfehlungen für die Mitgliedsstaaten heraus, deren Umsetzung in regelmäßigen Berichten überprüft wird.477 In ihrem Bericht vom 19. 2. 2010478 äußert die FATF Bedenken, dass durch die mangelnde Beteiligungstransparenz bei Inhaberaktien von nichtbörsennotierten Gesellschaften der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung potentiell Vorschub geleistet werde.479 Auch in ihrem Follow-up-Report von Juni 2014 mahnte die FATF weiterhin Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche an.480 Erstmals wird hier also für die Beteiligungstransparenz neben den Interessen der Aktiengesellschaft ein öffentliches Interesse ins Feld geführt, welches in die Bewertung der Rechtslage als neuer Aspekt eingehen muss.

473 Vgl. Referentenentwurf Aktienrechtsnovelle v. 2. 11. 2010, S. 8; vgl. auch Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 451; Einsele, JZ 2019, 121, 122; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 5. 474 Vgl. Referentenentwurf Aktienrechtsnovelle v. 2. 11. 2010, S. 8, 10. 475 Vgl. Referentenentwurf Aktienrechtsnovelle vom 2. 11. 2010, S. 8; vgl. auch Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 451. 476 Vgl. Fischbeck, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 42 Rn. 15; Seibert/Böttcher, ZIP 2012, 12, 13. 477 Seibert/Böttcher, ZIP 2012, 12, 13. 478 Financial Action Task Force (FATF) 3rd Mutual Evaluation Report Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism Germany vom 19. 2. 2010, abrufbar unter https://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/reports/mer/MER%20Germany%20full.pdf (zuletzt abgerufen am 25. 5. 2021). 479 Vgl. Diekmann/Nolting, NZG 2011, 6; Nikoleyczik, GWR 2010, 594, 596; Mohamed, ZIP 2017, 2133, 2134. 480 3rd Follow-up Report Mutual Evaluation of Germany, Juni 2014, abrufbar unter https: //www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/reports/mer/FUR-Germany-2014.pdf (zuletzt abgerufen am 25. 5. 2021), vgl. auch Mohamed, ZIP 2017, 2133, 2134.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

II. Das ARUG II als ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Ende für die Inhaberaktie? Durch das ARUG II und die dort in § 67d AktG geschaffenen Informationsrechte der Gesellschaft werden Namensaktie und Inhaberaktie noch weiter angenähert, da jetzt auch die Inhaberaktie keine Anonymität mehr gewährleistet.481 Der verbleibende Unterschied zwischen Namens- und Inhaberaktie besteht damit lediglich darin, dass bei der Namensaktie die Gesellschaft von vornherein ein Aktienregister führt, in das alle Aktionäre eingetragen werden sollen und dazu ihre Daten im Sinne einer Bringschuld mitzuteilen haben, während bei der Inhaberaktie nicht von vornherein ein Register besteht, in das die Inhaberaktionäre aufgenommen würden; die Gesellschaft hat aber das Recht, ihre Aktionäre im Sinne einer Holschuld bzgl. der Aktionärsdaten zu identifizieren und kann sich daher eine Übersicht über ihre Aktionäre verschaffen und ggf. auch in Form einer dem Aktienregister ähnlichen Liste pflegen.482 Noack bezeichnet eine so entstehende Liste als „Abfrageregister“483 und rückt so auch begrifflich die Namensaktie und die Inhaberaktie im Hinblick auf ihre Übersicht über die Aktionärsstruktur noch näher zusammen. Allerdings besäße ein solchermaßen entstandenes „Abfrageregister“ nicht die Legitimationswirkung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG, dafür fehlt es an einer entsprechenden gesetzlichen Anordnung.484 Die Bedeutung der Inhaberaktie wird in Zukunft daher vermutlich weiter abnehmen.485 Sie könnte höchstens noch darin liegen, dass die Gesellschaft durch sie die Kosten für die Führung eines Aktienregisters vermeiden kann.486 Andererseits erfolgt die Umschreibung des Aktienregisters bei der girosammelverwahrten Namensaktie über spezielle Dienstleister automatisiert und damit für die Gesellschaft unaufwändig und komfortabel; ob eine Gesellschaft, nur um die Kosten der Registerführung einzusparen, sich dafür die Aktionärsdaten mühsam bei den Intermediären zusammensammeln und selbst eine Liste führen möchte, ist fraglich. 481

Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 32; vgl. auch Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67d Rn. 1; Bork, NZG 2019, 738, 739; Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 469; Noack, NZG 2017, 561, 567; Seulen, DB 2018, 2915, 2919; Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 448; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 155; Böcking/Bundle, Der Konzern 2018, 496, 498; Koch, BB 15/16, 2017, 1: „Aus aktienrechtlicher Sicht bleibt es aber doch bemerkenswert, dass damit die Grundidee vom anonymen Aktieninvestment aufgegeben und die fortdauernde Existenzberechtigung des Nebeneinanders von Inhaber- und Namensaktien verstärkt in Frage gestellt wird.“ 482 Vgl. Noack, NZG 2017, 561, 567; Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 469; Seibert, FS Vetter, 2019, S. 749, 755; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 155. 483 Noack, NZG 2017, 561, 567; diesen Begriff übernehmend auch Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 859. 484 Noack, NZG 2017, 561, 567; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 859; Diekmann, FS Marsch-Barner, 2018, S. 145, 155. 485 Stiegler, WM 2019, 620, 622. 486 Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 469.

D. Zurückdrängung der Inhaberaktie bei nicht börsennotierten Gesellschaften

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Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die Informationsweiterleitung durch die Intermediärskette ebenfalls kosten- und zudem auch zeitaufwändig ist und durch die Wahl der Namensaktie vermieden werden kann, dürfte das ARUG II Anreize zur Wahl der Namensaktie setzen.487 Um die Inhaberaktie gänzlich abzuschaffen, wurde das ARUG II jedoch dennoch nicht als der rechte Ort angesehen.488

III. Bewertung der Neuregelung der Aktienrechtsnovelle 2016 1. Legitimität zwingender Beteiligungstransparenz/ Inhaberaktie als Geldwäscherisiko? Bevor man sich der Frage widmet, ob die Maßnahmen des Gesetzgebers zur Steigerung der Beteiligungstransparenz ihren Zweck erreichen können, müssen wiederum Überlegungen zur Legitimität dieses Zwecks vorgeschaltet werden. Im Vergleich zu der noch beim Risikobegrenzungsgesetz im Fokus stehenden Abwehr feindlicher Übernahmen erhielt die Beteiligungstransparenz durch das Aktienregister eine neue Stoßrichtung, nämlich ein öffentliches Interesse an der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche, dem nunmehr mit den Mitteln des Aktienrechts Rechnung getragen werden soll. Die neue Regelungsmotivation des Gesetzgebers stützt sich auf die Kritik der FATF, die in ihrem Report feststellen, die mangelnde Beteiligungstransparenz würde ein potentiell erhebliches Risiko („potentially considerable risk“) für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung darstellen. Nach dem ersten Entwurf der Aktienrechtsnovelle war die Kritik zu vernehmen, dass weder der FATF-Report noch die Begründung des Referentenentwurfs konkrete Ermittlungsergebnisse oder Gerichtsverfahren nennen könnten, in denen die mangelnde Beteiligungstransparenz durch Inhaberaktien eine Schlüsselrolle eingenommen hätte.489 Es handele sich also offenbar um eine nur theoretisch denkbare Gefahr.490 Eine nicht substanziierte Befürchtung sei aber keine taugliche Begründung für einen gesetzgeberischen Eingriff zur Eliminierung der Inhaberaktie bei börsenfernen Gesellschaften.491 Diese Kritik hat sich der Gesetzgeber zu Herzen genommen und im Regierungsentwurf die Notwendigkeit, der Kritik der FATF nachzukommen, weiter ausgeführt. Da insbesondere der IWF und die Weltbank sich an den von der FATF 487

Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 3. Regierungsentwurf ARUG II, BT-Drucks. 19/9739, S. 32: „Die Frage der Aufgabe der Inhaberaktie kann nicht in diesem Gesetzgebungsverfahren entschieden werden“; zur Frage der Abschaffung der Inhaberaktie aufgrund der weiteren Annäherung auch Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 469; Noack, NZG 2017, 561, 567; Merkt, FS Vetter, 2019, S. 447, 459. 489 Vgl. Noack, DB 2010, 2657. 490 Noack, DB 2010, 2657; ebenso Habersack, BB 2011, die erste Seite Nr. 1; Bungert/ Wettich, ZIP 2011, 160, 161; Bungert/Wettich, ZIP 2012, 297, 298. 491 Noack, DB 2010, 2657; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2011, 217; a. A. Drygala, ZIP 2011, 798 f. 488

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

gesetzten politischen Standards orientierten, würde eine andauernde Nichtberücksichtigung der Empfehlungen auch spürbare Nachteile für den Finanzplatz Deutschland mit sich bringen.492 Auch auf Erkenntnisse des Bundeskriminalamts beruft man sich in der Begründung des Regierungsentwurfs; danach seien nichtbörsennotierte Gesellschaften mit Inhaberaktien für kriminelle Handlungen im Bereich der Geldwäsche besonders anfällig.493 Auch nach diesen nachgeschobenen Begründungen wurde allerdings immer noch kritisiert, dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Standards der FATF und mit möglichen Alternativen fehlt. So gebe es keine nationalen Analysen des Missbrauchsrisikos von Inhaberaktien in Deutschland und damit letztlich keine tragfähige Grundlage für eine Reform, die auf dieses unerforschte Risiko reagieren soll.494 Zudem muss eine gesetzliche Neuregelung sich auch immer die Frage nach ihrer Verhältnismäßigkeit gefallen lassen. Während die durch den Referentenentwurf vorgesehene Einschränkung der Gestaltungsfreiheit der Inhaberaktiengesellschaften einen eklatanten Eingriff in die Gestaltungsfreiheit aller nicht börsennotierten Aktiengesellschaften dargestellt hätte und damit im Kontext der eher abstrakten und nicht nachgewiesenen Gefahren durch die Inhaberaktie dem Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit wohl nichts entgegenzusetzen gehabt hätte,495 dürfte die letztlich Gesetz gewordene Regelung die aktienrechtliche Rechtswirklichkeit nicht nennenswert beeinflussen. Der Ausschluss der Einzelverbriefung und die Verbriefung in sammelverwahrten Sammelurkunden durfte schon vor dem etwaigen Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle als Regelfall bezeichnet werden. Auch die Regierungsbegründung schätzt den Erfüllungsaufwand durch die Ausstellung einer Sammelurkunde und ihre Hinterlegung für die Inhaberaktiengesellschaften als gering ein.496 Zudem gibt es in § 26 h Abs. 1 EGAktG eine Bestandsschutzregelung, sodass bestehende Inhaberaktiengesellschaften von der Neuregelung nicht betroffen werden.497 Der Gesetzgeber ist damit im Vergleich zu seinem ursprünglichen Vorhaben, der gänzlichen Abschaffung der Namensaktie für nichtbörsennotierte Gesellschaften, massiv zurückgerudert, sodass Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit angesichts der geringen Auswirkungen nunmehr nicht mehr bestehen dürften, zumal die Unterschiede zwischen Inhaber- und Namensaktie – zuletzt durch das ARUG II hinsichtlich der Identifikationsmöglichkeiten des Aktionärs – immer weiter eingeebnet wurden und deswegen auch die Wahlmöglichkeit zwischen diesen beiden Aktienarten an Bedeutung verliert. 492 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 11; ebenso Seibert/Böttcher, ZIP 2012, 12, 13. 493 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 11. 494 Vgl. dazu Götze/Nartowska, NZG 2015, 298, 300. 495 Vgl. Habersack, BB 2011, die erste Seite Nr. 1; ebenso Bungert/Wettich, ZIP 2011, 160, 161; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2011, 2017; Noack, DB 2010, 2657 ff. 496 Regierungsbegründung Aktienrechtsnovelle, BT-Drucks. 17/8989, S. 2, 11. 497 Regierungsbegründung Aktienrechtsnovelle, BT-Drucks. 17/8989, S. 21.

D. Zurückdrängung der Inhaberaktie bei nicht börsennotierten Gesellschaften

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2. Erreichung des Ziels durch die Festlegung nicht börsennotierter Gesellschaften auf die Namensaktie? a) Die Beschränkung auf nicht börsennotierte Gesellschaften Die gesetzgeberische Einschätzung, bei börsennotierten Gesellschaften werde eine ausreichende Beteiligungstransparenz durch die Meldepflichten der §§ 21 ff. WpHG erreicht, wird meist ohne weiteres hingenommen. Die erste Schwelle liegt hier bei 3 %. Dies kann jedoch bei entsprechender Marktkapitalisierung einen erheblichen Betrag darstellen. Geldwäsche kann jedoch auch unterhalb dieser Schwelle betrieben werden.498 Auch der gesetzgeberische Ansatzpunkt, zwischen börsennotierten und börsenfernen Gesellschaften zu unterscheiden, stellt daher zur Erreichung des Zwecks nicht zwingend eine legitime Unterscheidung dar. b) Zugriff auf das Aktienregister Viel zentraler zur Bewertung der Effektivität der Begrenzung auf Namensaktien bzw. die Verpflichtung zur Sammelverwahrung der Inhaberaktienurkunde ist jedoch die Frage, inwieweit das Aktienregister als Ansatzpunkt für Ermittlungen zu Geldwäschedelikten taugt. Die Namensaktie hat im Vergleich zur Inhaberaktie unter Transparenzgesichtspunkten lediglich den Vorzug, dass der Namensaktionär grundsätzlich in das Aktienregister eingetragen wird. Durch die Eintragung im Aktienregister ist aber, wie bereits erwähnt, zunächst einmal nichts an der gewünschten, externen Beteiligungstransparenz gewonnen.499 Das Aktienregister vermittelt für den Staat, der die Beteiligungsstrukturen im Hinblick auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung überwachen können möchte, keinerlei Mehrwert. Hinter der Idee einer Steigerung der Beteiligungstransparenz durch eine Festlegung auf die Namensaktie steht wohl die Idee, staatliche Stellen könnten präventiv zu Überwachungszwecken jederzeit Einsicht in das Aktienregister einer Gesellschaft nehmen. So liest man in der Begründung des Regierungsentwurfs, die zuständigen Ermittlungsbehörden würden durch die Neuregelungen bei Geldwäscheverdachtsermittlungen über eine brauchbare Ermittlungsspur verfügen.500 Das Aktienregister vermittelt jedoch Transparenz zunächst nur gegenüber der Gesellschaft und deren Vorstand als Geschäftsführungsorgan. Insofern unterscheidet sich das Aktienregister deutlich von der Gesellschafterliste der GmbH, die zwar mit der Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG eine vergleichbare Legitimationsfunktion besitzt, jedoch in Hinblick auf die Öffentlichkeitsfunktion deutlich weitergeht. Die Gesellschafterliste wird zum Handelsregister eingereicht und steht damit 498

U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 722 („Für eine Geldwäsche genügt jedoch auch die kleine Handwäsche“). 499 Vgl. auch Habersack, BB 2011, die erste Seite Nr. 1; Drygala, ZIP 2011, 798, 800; Bungert/Wettich, ZIP 2011, 160, 161. 500 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 11.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

jedermann nach § 9 HGB offen, sodass Finanzamt und Strafverfolgungsorgane bei der GmbH jederzeit und ohne konkreten Verdacht Einsicht in den Gesellschafterbestand der GmbH nehmen können.501 Eine Einsichtnahme in das Aktienregister jedoch ist vom Aktiengesetz nicht vorgesehen, vgl. § 67 Abs. 6 AktG.502 Da eine solche Einsichtnahme einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der beteiligten Aktionäre und auch in die geschützten Privatangelegenheiten der Gesellschaft darstellt, kann eine Einsichtnahme durch staatliche Stellen in nichtöffentliche Register nicht ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage erfolgen. Dafür kommen nach der gegenwärtigen Rechtslage nur die Eingriffsrechte nach der Strafprozessordnung in Betracht, wie beispielsweise eine Beschlagnahme des Aktienregisters nach § 94 StPO.503 Diese jedoch setzen zu ihrer Nutzung zumindest einen Anfangsverdacht voraus,504 da es sich um repressive Mittel handelt. Eine allgemeine präventive Überwachung von Beteiligungsstrukturen ist damit nicht zu realisieren. Will sich die Exekutive präventiv zu Kontrollzwecken Informationen über die Beteiligungsstrukturen verschaffen, so müssten Einsichtsrechte für staatliche Stellen oder Offenlegungspflichten für den Vorstand neu geschaffen werden. Dass dies vor dem Hintergrund von Datenschutz und Persönlichkeitsrechten kaum durchzuführen ist, liegt auf der Hand. Diese Probleme verschärfen sich dadurch, dass durch eine Einsicht in das Aktienregister nicht nur derjenige betroffen würde, gegen den ein Verdacht tatsächlich besteht, sondern daneben auch alle anderen Aktionäre betroffen sind. Jede Einsichtnahme in das Aktienregister entfaltet daher Drittwirkung und unterliegt damit erhöhten Rechtfertigungsanforderungen. Der Ansatzpunkt für die „Ermittlungsspur“ der zuständigen Behörden verlagert sich im Falle der noch tolerierten girosammelverwahrten Inhaberaktien vom Aktienregister hin zur Wertpapiersammelbank. Die Zugriffsprobleme der Behörden bleiben jedoch dieselben. Es ist nicht ersichtlich, dass Strafverfolgungsbehörden in die Dokumente der Wertpapiersammelbanken leichter Einsicht verlangen könnten als in das Aktienregister einer Gesellschaft.505 Wenn es in der Begründung des Regierungsentwurfs also heißt, durch eine Girosammelverwahrung sei stets eine Ermittlungsspur gegeben, über die die Ermittlungsbehörden rechtzeitig hinreichende und aktuelle Informationen über die Identität der Aktionäre erhalten könnten,506 so werden damit wiederum die Grundsätze staatlicher Zugriffsrechte verkannt. Zudem fehlt auch hier eine Handhabe, um die Verwahrkette aufzudecken.

501 Vgl. dazu Noack, DB 2010, 2657, 2658; Wachter, GmbHR 2011, 1084; Bungert/Wettich, ZIP 2011, 160, 161. 502 Wachter, GmbHR 2011, 1084. 503 Vgl. auch Noack, DB 2010, 2657, 2658; Drygala, ZIP 2011, 798, 800. 504 Vgl. auch Noack, DB 2010, 2657, 2658. 505 In diese Richtung aber wohl Müller-Eising, GWR 2012, 77, 78; Ziemons, BB 2012, 523. 506 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 12.

D. Zurückdrängung der Inhaberaktie bei nicht börsennotierten Gesellschaften

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c) Die Aussagekraft des Aktienregisters Dazu kommt noch, dass in das Aktienregister eben bei weitem nicht immer der wahre Aktionär eingetragen ist.507 Der Referentenentwurf formuliert selbst, durch das Aktienregister würden der Gesellschaft diejenigen Personen bekannt, die Gesellschafterrechte ausüben wollten.508 Dies ist aber gerade nicht notwendigerweise identisch mit dem wahren Aktionär. Beachtlich ist in diesem Zusammenhang die Aussage in der Begründung des Regierungsentwurfs, die Ermittlungstätigkeit erschwere sich bei Inhaberaktiengesellschaften deutlich, „wenn der Vorstand sagt, er wisse nicht, wer die Aktionäre der Gesellschaft sind und er müsse es auch rechtlich nicht wissen.“509 Denn diese Situation würde sich selbst durch eine Festlegung auf Namensaktien gerade nicht automatisch verbessern, wenn das Aktienregister die Eigentumsverhältnisse an den Aktien nicht zutreffend wiedergibt, da der Vorstand in einem solchen Fall nach wie vor keine Kenntnis über die Identität des Aktionärs haben muss. Solche Fälle sind indes nicht selten: Erstens können Leerstellen im Aktienregister vorliegen, sodass dieses unmittelbar keine Auskunft über den Aktionär bietet.510 Zwar hat die Aktiengesellschaft für diesen Fall die Möglichkeit, die depotführende Bank als Platzhalter eintragen zu lassen (§ 67 Abs. 4 Satz 5 AktG). Ob und in welchem Umfang sie von diesem Mittel Gebrauch macht, steht allerdings in ihrem Ermessen.511 Um über das Aktienregister Zugriff auf die Eigentümer der Aktien im freien Meldebestand zu erhalten, müsste der Gesetzgeber ergänzend eine Pflicht für die Aktiengesellschaft statuieren, eine solche Platzhaltereintragung vorzunehmen. Weiterhin bedeutet selbst eine Eintragung im Aktienregister in Anbetracht der Möglichkeit einer Dritteintragung nicht, dass es sich bei dem Eingetragenen um den gesuchten bzw. interessierenden Aktionär handeln muss.512 Für diese Fälle sieht § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG zwar eine Pflicht vor, auf Verlangen der Aktiengesellschaft mitzuteilen, inwieweit die Aktien, für die er eingetragen ist, ihm auch gehören und ggf. denjenigen offenzulegen, für den er die Aktien hält. Durch die Regelung des § 67 Abs. 4 Satz 3 AktG kann so auch eine längere Verwahrkette offengelegt werden.513 Der Referentenentwurf führt aus, die Gesellschaft würde durch diese Mittel auch bei Legitimationseintragungen die Identität des wahren Aktionärs erfahren.514 Dabei verkennt sie, dass dieses Verfahren so zeit- und kostenintensiv für die Gesellschaft 507 Vgl. auch U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 722; Heuser, Shareholder Activism, 2012, S. 190. 508 Referentenentwurf Aktienrechtsnovelle, S. 10. 509 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 11. 510 Vgl. zu diesen sog. „freien Meldebeständen“ bereits oben 8. Kapitel B. I. 5, S. 216. 511 Vgl. Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 124. 512 Vgl. Bungert/Wettich, ZIP 2011, 160, 161; Bungert/Wettich, ZIP 2012, 297, 298; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2011, 217, 218; Götze/Arnold/Carl, NZG 2012, 321, 322. 513 Vgl. dazu bereits oben 8. Kapitel C. III. 4, S. 245. 514 Regierungsentwurf Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 11.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

ist, dass diese regelmäßig zumindest bei längeren Verwahrketten keinen Gebrauch von diesen Instrumenten machen wird. Zudem steht auch die Nutzung dieser Instrumente im Ermessen der Gesellschaft.515 Da Vorstand und Aktionäre in den Fällen, in denen Aktiengesellschaften tatsächlich zu Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung genutzt werden, wohl häufig auch in krimineller Weise zusammenwirken werden,516 liegt es fern, dass der Vorstand ausgerechnet in solchen Fällen freiwillig Gebrauch von diesen Instrumenten machen wird. Wollte der Staat sich also einen effektiven Überblick über die Beteiligungsstrukturen von Gesellschaften durch das Aktienregister verschaffen, so müsste zumindest eine Pflicht für die Aktiengesellschaft geschaffen werden, die Auskunftsansprüche geltend zu machen,517 und selbst dann wäre angesichts des Zeit- und Kostenaufwandes an der Effektivität zu zweifeln. Zudem würden solche Pflichten für die Aktiengesellschaft einen erheblichen Eingriff in deren Selbstverwaltungsrechte darstellen. Weiter ist es auch kein seltener Fall, dass Treuhänder in das Aktienregister eingetragen werden. Da ihnen die Aktien rechtlich gehören, fallen Treuhänder nicht unter die Offenlegungspflichten nach § 67 Abs. 4 Satz 2, 3 AktG, die Legitimationseintragungen betreffen.518 Zumindest durch die Eintragung eines Treuhänders lässt sich nach geltender Rechtslage damit jegliche Möglichkeit sowohl für die Gesellschaft als auch damit einhergehend für andere Stellen, den wirtschaftlichen Eigentümer zu erfahren, abschneiden. Die von der FATF bemängelte Transparenz bei Treuhandverhältnissen519 in Bezug auf den wirtschaftlichen Eigentümer wird also auch durch die Änderung nicht hergestellt.520 Ob sich daran ohne Weiteres etwas ändern lässt, ist fraglich. Vereinzelt wird vertreten, die Offenlegungspflichten des § 67 Abs. 4 AktG seien im Lichte der neuen gesetzgeberischen Motivlage, nämlich der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche, mit Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle erweitert dahingehend auszulegen, dass auch Treuhänder erfasst werden sollen.521 Jedoch hat der Gesetzgeber bei der Schaffung der Offenlegungspflichten durch das Risikobegrenzungsgesetz unmissverständlich klargestellt, dass sich diese nur auf Legitimationsaktionäre, nicht jedoch auf Treuhänder beziehen sollen. Aufgrund dieses eindeutigen gesetzgeberischen Willens fehlt für 515

Vgl. Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2011, 217, 218. Vgl. Noack, DB 2010, 2657: „in diesem Falle werden Aktionäre und deren Manager wohl unter einer Decke stecken“; ebenso Habersack, BB 2011, Die erste Seite Nr. 1; a. A. Drygala, ZIP 2011, 798; Bungert/Wettich, ZIP 2011, 160, 161. 517 Vgl. ebenso Drinhausen/Keinath, BB 2011, 11, 14; Götze/Nartowska, NZG 2015, 298, 300. 518 So die h. M., vgl. Götze/Nartowska, NZG 2015, 298, 300; Ziemons, BB 2012, 523, 524; Drygala, ZIP 2011, 798, 800; Bungert/Wettich, ZIP 2011, 160, 161; Bungert/Wettich, ZIP 2012, 297, 298 f.; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2011, 217, 218; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21a. 519 Vgl. Fischbeck, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 42 Rn. 19. 520 Ebenso Drygala, ZIP 2011, 798, 800; Ziemons, BB 2012, 523 zum Regierungsentwurf. 521 U. H. Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 724. 516

D. Zurückdrängung der Inhaberaktie bei nicht börsennotierten Gesellschaften

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eine geänderte Auslegung die Grundlage.522 Insbesondere hat der Gesetzgeber weder die Aktienrechtsnovelle 2016 noch das ARUG II genutzt, um eine entsprechende Ausweitung auf Treuhänder auch im Wortlaut umzusetzen.523 Dafür spricht auch eine Auslegung des Wortlauts im Kontext der Gesamtrechtsordnung. Denn wenn der Gesetzgeber den Begriff des „Gehörens“ verwendet, so meint er damit rechtliches Eigentum im Sinne des BGB.524 Dies hat er jüngst durch die Änderung des Kleinanlegerschutzgesetzes wieder unter Beweis gestellt, indem er bspw. in § 33 WpHG das Kriterium des Gehörens einfügte und damit das Aktieneigentum meint. Den Begriff des Gehörens an unterschiedlichen Gesetzesstellen verschieden auszulegen, würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. 3. Absenkung der Meldeschwellen des § 20 AktG als Alternative? Während bei börsennotierten Gesellschaften ein hohes Maß an Transparenz durch die kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten der §§ 33 ff. WpHG erreicht wird, unterliegen nichtbörsennotierte Gesellschaften nur den Mitteilungspflichten des § 20 AktG mit seinen hohen Schwellenwerten.525 Zudem sind die Rechtsfolgen einer Verletzung der Mitteilungspflichten nach § 20 AktG weniger scharf; insbesondere ist keine dem § 44 Abs. 1 Satz 3 WpHG ähnliche Regelung eines nachlaufenden Rechtsverlusts trotz nachgeholter Mitteilungspflicht vorgesehen.526 Der Gesetzgeber hat die Festlegung von nichtbörsennotierten Gesellschaften auf die Namensaktie offenbar als gleichwertiges Mittel zur Steigerung der Beteiligungstransparenz wie eine Absenkung der Meldeschwellen angesehen.527 Zwar gilt die Mitteilungspflicht nach § 20 AktG zunächst nur gegenüber der Gesellschaft. Allerdings wird durch die Pflicht zur Veröffentlichung in den Gesellschaftsblättern nach § 20 Abs. 6 AktG letztlich ein gewisses Maß auch an externer Transparenz erreicht.528 Jedoch gilt die Mitteilungspflicht des § 20 AktG nur für Unternehmen im Sinne des Konzernrechts und nicht für Privataktionäre ohne Unternehmenseigenschaft.529 Hätte man also eine Steigerung der externen Beteiligungstransparenz durch eine Anpassung der Meldepflichten für Beteiligungen erreichen wollen, so hätte man die Schwellen und den Adressatenkreis der Meldepflicht anpassen und dessen konzernrechtliche Verankerung lösen müssen,530 um eine der Regelung der §§ 33 ff. WpHG vergleichbare Transparenz auch für nichtbörsennotierte Gesellschaften zu erreichen. 522 523 524 525 526 527 528 529 530

Vgl. Ziemons, BB 2012, 523, 525; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21a. Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 21a. Vgl. Drygala, ZIP 2011, 798, 800. Vgl. Diekmann/Nolting, NZG 2011, 6; Nikoleyczik, GWR 2010, 594, 596. Nikoleyczik, GWR 2010, 594, 596. Vgl. Referentenentwurf Aktienrechtsnovelle vom 2. 11. 2010, S. 10. Vgl. auch Drygala, ZIP 2011, 798, 800. Vgl. nur Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 20 Rn. 2. Vgl. auch Drygala, ZIP 2011, 798, 802.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Zur Verbesserung der Beteiligungstransparenz wurde als Alternative zur Festlegung auf Namensaktien zunächst eine Absenkung der Meldeschwellen für nichtbörsennotierte Gesellschaften auf das Niveau derer des § 33 WpHG erwogen, dann jedoch wegen des erheblichen damit einhergehenden bürokratischen Aufwandes sowie Zurechnungsschwierigkeiten für die Gesellschaften wieder verworfen.531 4. Vorteile der Namensaktie als Gesetzesbegründung? Die Begründung des Referentenentwurfs bringt zur Begründung der Festlegung auf die Namensaktie einige Vorteile dieser Aktienart an, so etwa eine vereinfachte Aktionärskommunikation und eine zweifelsfreie Feststellung der Aktionärseigenschaft.532 Aufgrund der verschiedentlichen Vorteile der Namensaktie hat diese tatsächlich in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt.533 Dies taugt jedoch nicht zur Begründung einer gesetzlichen Festlegung auf die Namensaktie. Es obliegt der Gesellschaft selbst zu entscheiden, ob sie von den Vorteilen der Namensaktie um den Preis des erhöhten Transaktionsaufwandes Gebrauch machen möchte oder nicht.534 Hier ist letztlich der Aspekt der Privatautonomie angesprochen.535 Eine legitime Erwägung im Rahmen der Gesetzesbegründung stellt dieses Vorbringen jedoch kaum dar.536

E. Das Transparenzregister im Geldwäschegesetz Auch außerhalb des Aktiengesetzes ist der Gesetzgeber tätig geworden, um die Beteiligungstransparenz zu erhöhen. Hier ist namentlich die Vierte Geldwäscherichtlinie537 und die im Zuge ihrer Umsetzung538 erfolgte Änderung des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) zu nennen, durch die das Transparenzregister eingeführt wurde. Bochmann bezeichnet das Transparenzregister als neu geschaffene „Schnittstelle zwischen Geldwäsche531

Vgl. Referentenentwurf Aktienrechtsnovelle v. 2. 11. 2010, S. 8, 10. Vgl. Referentenentwurf Aktienrechtsnovelle v. 2. 11. 2010, S. 10 f. 533 Vgl. nur Noack, DB 1999, 1306. 534 Vgl. ebenso Noack, DB 2010, 2657, 2658; Bungert/Wettich, ZIP 2011, 160, 162. 535 Vgl. Bungert/Wettich, ZIP 2011, 160, 162. 536 Vgl. ebenso Noack, DB 2010, 2657, 2658. 537 Richtlinie 2015/849/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 5. 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, ABl. EU L 141/73. 538 Durch das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23. 6. 2017, BGBl. I Nr. 29/2017, S. 1822. 532

E. Das Transparenzregister im Geldwäschegesetz

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recht und Unternehmensrecht“, durch die nun nahezu sämtliche Gesellschaften deutschen Rechts und ihre Gesellschafter, die zuvor lediglich Objekt der Identifizierungspflichten geldwäscherechtlich Verpflichteter waren, nunmehr selbst zu Adressaten geldwäscherechtlicher Pflichten geworden sind, die von der Struktur der jeweils in Rede stehenden Gesellschaft abhängen.539 Zum 1. 1. 2020 und damit fristgerecht540 ist das Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, der sog. Fünften Geldwäscherichtlinie,541 in Kraft getreten, welches auch für den relativ neuen Bereich des Transparenzregisters bereits wieder Neuerungen bringt. So sind die Regelungen zum Transparenzregister modifiziert worden, um eine noch breitere Transparenz zu ermöglichen und eine ordnungsgemäße Nutzung des Transparenzregisters sicherzustellen. Es wurde etwa der Kreis der wirtschaftlich Berechtigten einer rechtsfähigen Stiftung in § 3 Abs. 3 Nr. 6 GwG ausgeweitet.542 Zudem werden den geldwäscherechtlich Verpflichteten in § 11 Abs. 5 GwG nunmehr Überprüfungspflichten auferlegt. Sie müssen künftig einen Nachweis der Registrierung oder einen Auszug der über das Transparenzregister zugänglichen Daten einholen sowie in bestimmten Fällen angemessene Maßnahmen ergreifen, um die Identität der Person zu überprüfen.543 Zudem wurde in § 23a GwG eine Meldepflicht für Unstimmigkeiten und Abweichungen eingefügt.544 Danach müssen geldwäscherechtlich Verpflichtete, Aufsichtsbehörden und die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) künftig ihnen nach der Einsichtnahme in das Transparenzregister auffallende Unstimmigkeiten oder Abweichungen der registerführenden Stelle melden.545 Dadurch soll die Richtigkeit und Qualität der Eintragungen sichergestellt werden.546 539

Bochmann, FS Seibert, 2019, S. 107, 108. Diese ist am 10. 1. 2020 abgelaufen, Art. 4 Abs. 1 der Fünften Geldwäscherichtlinie; vgl. auch Zentes/Glaab, BB 2019, 1667; Bochmann, GmbHR 2019, 640. 541 Richtlinie 2018/843/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 30. 5. 2018 zur Änderung der Richtlinie 2015/849/EU zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl. EU L 156/43. 542 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 12; vgl. (noch zum Referentenentwurf) auch Seulen/Falkowski, DB 2019, 1617, 1618. 543 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 16, 79; vgl. (noch zum Referentenentwurf) auch Seulen/Falkowski, DB 2019, 1617. 544 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 23 f., 91 f.; vgl. (noch zum Referentenentwurf) auch Seulen/Falkowski, DB 2019, 1617, 1618; Zentes/Glaab, BB 2019, 1667, 1671; Bochmann, GmbHR 2019, 640, 644. 545 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 50, 91. 546 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 50. 540

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

I. Die Regelungen zum Transparenzregister 1. Allgemeines Das Transparenzregister wurde in Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie durch eine Novelle des Geldwäschegesetzes547 eingeführt, welche zum 26. 6. 2017 in Kraft getreten ist; die Mitteilungen an das Register über die wirtschaftlich Berechtigten musste nach § 59 Abs. 1 GwG erstmals zum 1. 10. 2017 erfolgen.548 Das Transparenzregister wird gem. § 18 Abs. 2 Satz 1 GwG elektronisch von der Bundesanzeiger Verlag GmbH als Beliehene unter der Adresse www.transpa renzregister.de geführt.549 Eine Überprüfung der Richtigkeit der übermittelten Daten durch die registerführende Stelle findet nicht statt; entsprechend genießt das Transparenzregister weder öffentlichen Glauben noch haftet die registerführende Stelle für die Richtigkeit der Angaben.550 Gem. § 18 Abs. 3 GwG kann die registerführende Stelle von der in der Mitteilung genannten Vereinigung verlangen, dass diese die für eine Eintragung in das Transparenzregister erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist übermitteln, wenn die Mitteilung unklar oder nach § 18 Abs. 3 Satz 1 GwG n. F. auch unvollständig ist. Damit soll das Nachfragerecht der registerführenden Stelle maßvoll erweitert werden, um die Erfüllung der gesetzlichen Mindestanforderungen für die Eintragungen künftig sicherzustellen.551 Zudem wurde § 18 GwG um einen Abs. 3a ergänzt, in dem die registerführende Stelle ermächtigt wird, im Einzelfall dem Bundesverwaltungsamt als der für Bußgeldverfahren zuständigen Stelle die Informationen und Unterlagen zu übermitteln, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind.552 Dadurch wird eine Lücke zur wirksamen Durchsetzung der Mitteilungspflichten an das Transparenzregister geschlossen.553 Das Bundesverwaltungsamt übt die Rechts- und Fachaufsicht über die Bundesanzeiger Verlag GmbH aus und ist Verwaltungsbehörde für die transparenzregis-

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Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EUGeldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23. 6. 2017, BGBl. I Nr. 29/2017, S. 1822. 548 Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128; Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081; Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433; Fuchs/Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463, 464; Rieg, BB 2017, 2310. 549 Fuchs/Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463; Rieg, BB 2017, 2310, 2312; Kotzenberg/ Lorenz, NZG 2017, 1325; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 18. 550 Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 451. 551 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 86. 552 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 20, 86. 553 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 86.

E. Das Transparenzregister im Geldwäschegesetz

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terbezogenen Ordnungswidrigkeiten.554 Das Bundesverwaltungsamt erteilt gem. § 51 Abs. 8 GwG auch Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Transparenzregister und hat im Rahmen dessen FAQ herausgegeben,555 um typische Fragen allgemein zugänglich zu klären. Die dort veröffentlichten Informationen sind zwar als Rechtsauffassung einer Behörde nicht letztverbindlich, jedoch kann es einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zur Folge haben, wenn jemand sich auf diese Informationen verlässt und sich nachträglich herausstellt, dass diese unzutreffend waren.556 Insofern vermitteln die FAQ zumindest ein gewisses Maß an Rechtssicherheit. Die Verortung in den §§ 18 ff. GwG verrät bereits, dass das Transparenzregister eine andere Stoßrichtung hat als § 67 Abs. 4 AktG; dem Transparenzregister geht es nicht um eine Erhöhung der Beteiligungstransparenz zugunsten der Aktiengesellschaft, sondern vielmehr um die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.557 Im Verhältnis zu anderen Transparenz- und Publizitätsbestimmungen weist das Transparenzregister jedoch keinen kapitalmarktrechtlichen Publizitätsbezug auf, was sich auch an der ursprünglich beschränkten Einsichtnahmebefugnis zeigte.558 2. Umfang der Mitteilungspflicht Aus § 20 Abs. 1 GwG ergibt sich für die dort genannten „Vereinigungen“, d. h. juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften, die Pflicht, Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen.559 Gem. § 21 GwG trifft diese Verpflichtung auch die Verwalter von Trusts und Treuhänder bestimmter nicht554 Weiske/Mocker, GWR 2017, 445; Kotzenberg/Lorenz, NZG 2017, 1325; vgl. auch Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 63. 555 Abrufbar unter https://www.bva.bund.de/DE/Das-BVA/Aufgaben/T/Transparenzregis ter/_documents/FAQ_transparenz_kachel.html (zuletzt abgerufen am 25. 5. 2021); vgl. auch Weiske/Mocker, GWR 2017, 445; Kotzenberg/Lorenz, NZG 2017, 1325; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 18. 556 Weiske/Mocker, GWR 2017, 445. 557 Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 33; Assmann/Hütten, AG 2017, 449; Blaurock/Pordzik, NZG 2019, 413; Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128, 1129; Fisch, NZG 2017, 408; Bochmann, FS Seibert, 2019, S. 107; Mohamed, ZIP 2017, 2133, 2134; kritisch zur Frage, ob diese Ziele durch das Transparenzregister erreicht werden können, Schaub, DStR 2017, 1438, 1444: „Kriminelle werden sich zudem kaum von den neuen Regelungen des Transparenzregisters abhalten lassen, intransparente Gestaltungen zu suchen.“; ebenso Friese/Brehm, GWR 2017, 271, 273. 558 Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 450; zur Erweiterung der Einsichtnahmemöglichkeiten durch die 5. Geldwäscherichtlinie sogleich. 559 Vgl. auch Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081.

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

rechtsfähiger Stiftungen.560 Zentralbegriff der Vorschriften ist dabei der des „wirtschaftlich Berechtigten“.561 Für die Bestimmung dieses Begriffs verweist § 19 Abs. 2 GwG auf § 3 Abs. 1 GwG.562 Aus § 3 GwG ergibt sich zunächst, dass es sich nur um natürliche Personen handeln kann. Diese Person muss nach § 3 Abs. 2 GwG unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile halten, mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrollieren oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben. Zur Feststellung der wirtschaftlichen Berechtigung kommt es also entweder auf das mittelbare oder unmittelbare Überschreiten der 25 %-Schwellen an, oder auf eine unmittelbare oder mittelbare Kontrolle im Sinne eines beherrschenden Einflusses, wobei diese Alternative von der 25 %-Schwelle losgelöst ist.563 Über die mittelbare Kontrolle werden auch mehrstufige Beteiligungsstrukturen erfasst, vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 GwG. In der Erfassung auch mittelbarer Einflussmöglichkeiten liegt ein wesentlicher Unterschied zum Handelsregister, das nur Auskunft über gesellschaftsrechtliche Beteiligungen gibt.564 Gegenwärtig sind gem. § 19 Abs. 1 GwG Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort und Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses anzugeben.565 Nach der Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie soll künftig auch die Staatsangehörigkeit mit angegeben werden.566 Die verpflichtete Gesellschaft muss diese Informationen entgegen dem missverständlichen Wortlaut nicht aktiv einholen, sie trifft insofern also keine Nachforschungspflicht.567 Vielmehr ergibt sich aus der Angabepflicht der wirtschaftlich Berechtigten in § 20 Abs. 3 GwG, dass die Gesellschaft lediglich die ihr zugehenden Informationen weiterleiten muss.568 Die Angabepflicht des wirtschaftlich Berechtigten und die Mitteilungspflicht der transparenzpflichtigen Vereinigungen korrespondieren dergestalt miteinander, dass auch die Angabepflicht des wirtschaftlich Berechtigten nach § 20 Abs. 3 GwG entfällt, wenn die Mitteilungspflicht der Ver560

Vgl. auch Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081. Friese/Brehm, GWR 2017, 271; Bochmann, FS Seibert, 2019, S. 107, 108. Mohamed, ZIP 2017, 2133, 2138. 562 Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 454. 563 Bochmann, FS Seibert, 2019, S. 107, 117. 564 Bochmann, FS Seibert, 2019, S. 107, 109; Mohamed, ZIP 2017, 2133, 2134. 565 Vgl. auch Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081, 1082; Fisch, NZG 2017, 408, 409; Fuchs/ Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463; Friese/Brehm, GWR 2017, 271, 272; Rieg, BB 2017, 2310, 2312; Bochmann, DB 2017, 1310. 566 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 21, 86; vgl. auch (noch zum Referentenentwurf) Seulen/Falkowski, DB 2019, 1617; Bochmann, GmbHR 2019, 640, 643. 567 So auch die FAQ des Bundesverwaltungsamtes, vgl. Kotzenberg/Lorenz, NZG 2017, 1325, 1326; Hüffer/Koch, AktG, 15. Auflage 2021, § 67 Rn. 33; Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081, 1082; Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433, 2434; Schaub, DStR 2017, 1438, 1439; Friese/Brehm, GWR 2017, 271, 272; Rieg, BB 2017, 2310, 2311. 568 Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 451. 561

E. Das Transparenzregister im Geldwäschegesetz

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einigung aufgrund einer Mitteilungsfiktion als erfüllt gilt, vgl. § 20 Abs. 4 GwG;569 außerdem dann, wenn die erforderlichen Angaben bereits in anderer Form mitgeteilt wurden, wobei hierfür etwa eine Eintragung im Aktienregister der verpflichteten Gesellschaft in Betracht kommt. In Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie wurde in § 20 Abs. 3a GwG eine Nachforschungspflicht eingeführt, wobei die Vereinigung von ihren Anteilseignern in angemessenem Umfang Auskunft zu den wirtschaftlich Berechtigten zu verlangen hat, wenn diese ihrer Angabepflicht nach § 20 Abs. 3 GwG nicht nachkommen.570 Dies stellt eine europarechtlich nicht vorgegebene Abkehr von dem bisherigen Regelungsansatz dar, nach dem § 20 Abs. 1 GwG gerade keine Nachforschungspflicht beinhalten sollte.571 Diese Nachforschungspflicht wird sich bei Namensaktiengesellschaften insbesondere auf solche Fälle beziehen, wo sich der wirtschaftlich Berechtigte gerade nicht aus dem Aktienregister ergibt, also Fälle von Vollrechtstreuhandgestaltungen und Legitimationseintragungen.572 Der neue § 20 Abs. 3b GwG nimmt zusätzlich die Anteilseigner in die Pflicht und erlegt ihnen eine Mitteilungspflicht für Änderungen bzgl. der wirtschaftlich Berechtigten auf.573 Damit soll das Transparenzregister auch dann aktuell gehalten werden, wenn der wirtschaftlich Berechtigte selbst seine Mitteilungspflicht nach § 20 Abs. 3 GwG versäumt.574 Sind die Informationen einmal in die Sphäre des Unternehmens gelangt, werden sie diesem als Wissen zugerechnet, sodass es dann dafür zu sorgen hat, dass die Angaben ordnungsgemäß mitgeteilt werden.575 Einmal jährlich sollen die Vereinigungen zudem überprüfen, ob sich nach den ihnen bekannt gewordenen Informationen eine Änderung hinsichtlich der wirtschaftlich Berechtigten ergeben hat.576 Die Verletzung der Mitteilungspflichten ist sowohl für den wirtschaftlich Berechtigten als auch für die Gesellschaften gem. § 56 GwG bußgeldbewehrt.577 § 57 GwG sieht zudem eine sog. „naming and shaming“- Regelung vor, d. h. eine Veröffentlichung bestandskräftiger Bußgeldbescheide bei Verstößen gegen das GwG.578 Die Mittei569

Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 451. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 21, 87; Bochmann, GmbHR 2019, 640, 642 f. 571 Bochmann, GmbHR 2019, 640, 643. 572 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 23. 573 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 21, 88. 574 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 88. 575 Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081, 1082; Rieg, BB 2017, 2310, 2311. 576 Rieg, BB 2017, 2310, 2311. 577 Schaub, DStR 2017, 1438, 1443; Fuchs/Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463; Friese/ Brehm, GWR 2017, 271, 273; Rieg, BB 2017, 2310, 2314; Kotzenberg/Lorenz, NZG 2017, 1325, 1326; Bochmann, DB 2017, 1310, 1311; Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 464. 578 Schaub, DStR 2017, 1438, 1443; Fuchs/Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463, 464; Friese/Brehm, GWR 2017, 271, 273; Rieg, BB 2017, 2310, 2314; Kotzenberg/Lorenz, NZG 2017, 1325, 1326. 570

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

lungs- und Angabepflichten des § 20 GwG stellen indes keine Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB dar, sodass keine zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche drohen.579 Während es sich ursprünglich nicht um ein allgemein einsehbares Register wie etwa das Handelsregister handelte, sondern gem. § 23 GwG a. F. ein gestaffelter Zugang bestand, nach dem nur bestimmte Behörden zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben unbeschränkt Einsicht nehmen können, während für den Bürger ein berechtigtes Interesse bestehen musste,580 ist durch das Umsetzungsgesetz zur Fünften Geldwäscherichtlinie eine erhebliche Erweiterung des Kreises der Einsichtsberechtigten in das Transparenzregister erfolgt.581 Es soll kein berechtigtes Interesse mehr erforderlich sein, sondern „alle Mitglieder der Öffentlichkeit“ sollen das Einsichtsrecht genießen.582 Das Transparenzregister wird damit zu einem öffentlichen Register.583 Weiterhin besteht nach § 23 Abs. 2 GwG die Möglichkeit, die Einsichtnahme in das Transparenzregister auf Antrag des wirtschaftlich Berechtigten einzuschränken, wenn dieser überwiegende schutzwürdige Interessen nachweist.584 Dieses Recht dürfte durch die erweiterte Einsichtsmöglichkeit an Bedeutung gewinnen;585 gegenwärtig wird nur ein Bruchteil der Anträge positiv beschieden.586 Zudem ist als zusätzliches Korrektiv die Datenschutz-Grundverordnung zu beachten.587 3. Grenzen der Mitteilungspflicht: Mitteilungsfiktionen Die Einführung des Transparenzregisters war EU-rechtliche Pflicht des Gesetzgebers, obwohl in Deutschland bereits hochwertige öffentliche Register wie insbe579

Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 464. Vgl. dazu Seibert, GmbHR 2017, R97, R98; Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433, 2436; Fisch, NZG 2017, 408, 410; Schaub, DStR 2017, 1438, 1443; Fuchs/Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463, 464; Friese/Brehm, GWR 2017, 271, 273; Rieg, BB 2017, 2310, 2313; Bochmann, DB 2017, 1310, 1311. Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 451; Einsele, JZ 2019, 121, 129; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 18. 581 Seulen/Falkowski, DB 2019, 1617; Zentes/Glaab, BB 2019, 1667, 1671; zu diesen Plänen auch bereits Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 450; Bochmann, GmbHR 2019, 640, 641; Bochmann, FS Seibert, 2019, S. 109. 582 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, BT-Drucks. 19/13827, S. 23, 90. 583 Seulen/Falkowski, DB 2019, 1617; Bochmann, GmbHR 2019, 640, 641; Grigoleit/ Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, 2. Auflage 2020, § 67 Rn. 18; vgl. de lege ferenda auch bereits Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433, 2437; Schaub, DStR 2017, 1438, 1443. 584 Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433, 2437; Schaub, DStR 2017, 1438, 1443; Fuchs/ Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463, 464; Friese/Brehm, GWR 2017, 271, 273; Rieg, BB 2017, 2310, 2313; Bochmann, DB 2017, 1310, 1311; Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 452. 585 Seulen/Falkowski, DB 2019, 1617; Bochmann, GmbHR 2019, 640, 641; vgl. auch bereits Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433, 2437. 586 Bochmann, GmbHR 2019, 640, 641. 587 Zentes/Glaab, BB 2019, 1667, 1671. 580

E. Das Transparenzregister im Geldwäschegesetz

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sondere das Handelsregister existieren, die die nunmehr im Transparenzregister zu erfassenden Informationen über wirtschaftlich Berechtigte im Wesentlichen bereits enthalten.588 Daher sollten die deutschen Gesellschaften so wenig wie möglich mit unnötigem weiteren Verwaltungsaufwand belastet werden.589 Um dies zu erreichen, hat der Gesetzgeber die Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG geschaffen, um so weit wie möglich auf bereits vorhandene Register zurückzugreifen und den Unternehmen insoweit keine weitere Meldepflicht aufzuerlegen.590 Daher gilt nach § 20 Abs. 2 S. 1 GwG die Pflicht zur Mitteilung an das Transparenzregister als erfüllt, wenn sich die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten bereits aus dem Handelsregister, dem Partnerschaftsregister, dem Genossenschaftsregister, dem Vereinsregister oder dem Unternehmensregister ergeben. Es wurde also eine „Verlinkungslösung“ geschaffen, indem die schon bestehenden elektronischen Register mit dem Transparenzregister verknüpft werden, vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 GwG.591 Zudem greift das Transparenzregister auf weitere schon bestehende Angaben zur Beteiligungstransparenz zu, etwa auf Bekanntmachungen des Bestehens einer Beteiligung nach § 20 Abs. 6 AktG und auf Stimmrechtsmitteilungen nach §§ 40, 41 WpHG, vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GwG.592 Liegen die Daten hingegen nicht in verlinkungsfähiger Form elektronisch, sondern nur in Papierform vor, greift die Fiktion nicht.593 Der Rückgriff auf die Daten aus solchen öffentlichen Registern hat neben einer Entlastung der Vereinigungen zudem den Vorteil, dass diese Daten durch Notar und Registergericht geprüft wurden, während die direkte Übermittlung von Daten an das Transparenzregister schlicht elektronisch und ungeprüft erfolgt.594

588

Seibert, GmbHR 2017, R97, R98; Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128. Seibert, GmbHR 2017, R97, R98; Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128 („ohne ganz unsinnige bürokratische Belastungen unserer Unternehmen“); Fisch, NZG 2017, 408, 410; Friese/Brehm, GWR 2017, 271 sprechen gar von einem „Bürokratie-Monstrum“. 590 Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081, 1082; Fisch, NZG 2017, 408, 410; Schaub, DStR 2017, 1438, 1440; Fuchs/Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463; Friese/Brehm, GWR 2017, 271, 272; Rieg, BB 2017, 2310, 2312; Bochmann, DB 2017, 1310, 1311; kritisch Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 460: „Die […] Annahme, dass die Mitteilungsfiktion den Vereinigungen größeren Mehraufwand ersparen wird, dürfte sich jedenfalls nicht in dem erwarteten Maße erfüllen. Denn auch Vereinigungen, die von der Mitteilungsfiktion profitieren, bleibt es nicht erspart, ihre wirtschaftlich Berechtigten zu bestimmen und zu prüfen, inwiefern die über öffentliche Register bereits zugänglichen Informationen alle erforderlichen Angaben erfassen.“; Bochmann, GmbHR 2019, 640, 641: „In der Praxis wurde […] jedoch nicht die intendierte Aufwandsminimierung erreicht.“ 591 Seibert, GmbHR 2017, R97, R98; Schaub, DStR 2017, 1438, 1442; Bochmann, DB 2017, 1310, 1311; Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 451. 592 Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 452. 593 Seibert, GmbHR 2017, R97, R98; Krais, CCZ 2017, 266; Schaub, DStR 2017, 1438, 1440; Rieg, BB 2017, 2310, 2312. 594 Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128, 1129 f.; auch bereits Seibert, GmbHR 2017, R97. 589

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8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

Im Falle eines Greifens der Mitteilungsfunktion haben die wirtschaftlich Berechtigten „schlichtweg gar nichts zu veranlassen“.595 Die Meldefiktion ist zur Vermeidung unnötigen Bürokratieaufwandes und Mehrfachmeldungen weit auszulegen.596 Auch die mittelbare Ableitbarkeit wirtschaftlicher Berechtigungen soll bei Beteiligungsketten eine taugliche Grundlage für die Meldefiktion bieten; dass sich die wirtschaftlich Berechtigten unmittelbar aus den bereits vorhandenen Registereintragungen ergeben, ist hingegen nicht erforderlich, es reicht aus, wenn eine Gesamtschau der bereits vorhandenen Registerdaten Transparenz hinsichtlich der wirtschaftlich Berechtigten vermittelt.597 Eine zuverlässige Nachvollziehbarkeit wirtschaftlicher Berechtigungen reicht aus, um den gesetzgeberischen Anliegen der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Rechnung zu tragen, dass sich die gesamte Beteiligungsstruktur hingegen auf einen Blick aus einem Register ergeben muss, ist nicht erforderlich.598 Daneben wird der Anwendungsbereich des Transparenzregisters durch § 20 Abs. 2 S. 2 GwG maßgeblich eingeschränkt, indem börsennotierte Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG ausgenommen werden.599 Grund dafür ist, dass sie bereits den kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten der §§ 33 ff. WpHG unterliegen und damit bereits ein hohes Maß an Beteiligungstransparenz gewähren. Durch diese sehr weitgehende Mitteilungsfiktion beschränkt sich der Anwendungsbereich des Transparenzregisters auf nicht börsennotierte Gesellschaften. Für die Meldefiktion des § 20 Abs. 2 S. 1 GwG reicht es nicht aus, wenn die Aktionäre sich aus dem Aktienregister ergeben, denn bei dem Aktienregister handelt es sich im Unterschied zu den in § 20 Abs. 2 S. 1 GwG genannten Registern nicht um öffentliche, sondern um ein durch die Gesellschaft geführtes privates Register.600 595

Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128. Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128; andernfalls komme es zu einer „vom Gesetzgeber nicht intendierten Hypertrophie des gesamten neuen Transparenzregisterregimes“. 597 So auch die FAQ des Bundesverwaltungsamtes, vgl. Weiske/Mocker, GWR 2017, 445, 446 und Kotzenberg/Lorenz, NZG 2017, 1325, 1326; Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128, 1129; Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081, 1086; Krais, CCZ 2017, 266, 267; kritisch Fisch, NZG 2017, 408, 410: „Dabei übersieht die Regelung aber, dass sich die wirtschaftlich Berechtigten häufig nicht aus den Dokumenten der genannten öffentlichen Register herleiten lassen“; Rieg, BB 2017, 2310, 2312 spricht von einem „Durchhangeln“ durch die Registerinformationen und sieht dadurch den Sinn und Zweck des Transparenzregisters, den wirtschaftlich Berechtigten in Beteiligungsketten leicht ermitteln zu können, „leicht beeinträchtigt“; kritisch auch Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 460: „Zweifel an einer derart weitgehenden Auslegung der Mitteilungsfiktion ergeben sich jedoch daraus, dass der Sinn und Zweck des Transparenzregisters, den wirtschaftlich Berechtigten in komplexen Beteiligungsstrukturen leichter ermitteln zu können, nicht voll erreicht würde.“; für die Aufnahme einer entsprechenden Klarstellung in § 20 Abs. 2 GwG Bochmann, GmbHR 2019, 640, 644. 598 Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128, 1129. 599 Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 459. 600 Rieg, BB 2017, 2310, 2314; Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 459; Einsele, JZ 2019, 121, 129. 596

E. Das Transparenzregister im Geldwäschegesetz

303

Allerdings kann die Angabepflicht nach § 20 Abs. 4 GwG entfallen, wenn sich die Angaben bereits aus dem Aktienregister ergeben.601

II. Bewertung hinsichtlich der Offenlegung von Legitimationsübertragungen Die Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten ist eine Besonderheit des Transparenzregisters und seiner Schutzrichtung, der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, geschuldet. Zu Erreichung dieser Zwecke ist gerade eine Aufdeckung des wirtschaftlich Berechtigten notwendig, unabhängig von einer formalen Stellung als Anteilseigner, um die Möglichkeit zu verstellen, sich hinter Treuhandkonstruktionen zu verstecken. Dies unterscheidet das Transparenzregister erheblich etwa von den durch das ARUG II neu eingeführten Identifikationsmöglichkeiten, denen der intermediärsbasierte Aktionärsbegriff zugrunde liegt. Die Anwendung dieses Begriffs erlaubt gerade eine Aufdeckung des wirtschaftlich Berechtigten nicht unbedingt, sofern er nicht zugleich auch der erste Nichtintermediär in der Verwahrkette ist. Das Aktienregister ermöglicht der Gesellschaft ebenfalls nicht, den wirtschaftlich Berechtigten zu erforschen, sondern gem. § 67 Abs. 4 Satz 2 AktG nur denjenigen, dem die Aktien „gehören“. Hält die Bank aber die Aktien wiederum für einen Treuhänder, so endet die Offenlegung bei diesem als dem rechtlichen Eigentümer; der dahinter stehende Treugeber konnte weiterhin anonym bleiben. Treuhandgestaltungen lassen sich durch die aktien- und kapitalmarktrechtlichen Instrumente bisher also nicht aufdecken. Die Kette endet beim ersten Nichtintermediär bzw. im Falle der kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten der §§ 33 ff. WpHG bei dem Stimmberechtigten. Hinter einem Treuhänder konnte sich der Anonymität suchende Aktionär bisher immer verstecken. Die Transparenz hinsichtlich des wirtschaftlich Berechtigten ist damit zunächst einmal eine echte Neuerung und ein potentieller Fortschritt für die Beteiligungstransparenz. Fraglich ist jedoch, ob sich auch die Transparenzsituation hinsichtlich der Legitimationsübertragung durch das Transparenzregister verbessert. Dazu gilt es zunächst zu klären, auf wen sich eine Offenlegung im Transparenzregister beziehen würde – Legitimationsaktionär oder Legitimationszedent. Nach § 3 Abs. 2 GwG zählt zu den wirtschaftlich Berechtigten jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält, mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt. Bei der Legitimationsübertragung hält die Kapitalanteile weiterhin der Zedent, sodass er in diesem Sinne der wirtschaftlich Berechtigte wäre. Die Stimmrechte kontrolliert zumeist aufgrund der Weisungsbindung des Legitimationsaktionärs ebenfalls der Zedent, der Legitimationszessionar übt sie lediglich aus. Mithin würde durch die Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten durch das Transparenzregister der 601

Rieg, BB 2017, 2310, 2314.

304

8. Kap.: Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem

wahre Aktionär offengelegt werden. Die Eintragung eines Legitimationsaktionärs im Aktienregister der Gesellschaft würde einen wirtschaftlich Berechtigten nicht gem. § 20 Abs. 4 GwG von seiner Angabepflicht nach § 20 Abs. 3 GwG befreien, weil sich aus dem Aktienregister in diesem Fall dann nicht die Daten zu seiner Person, sondern zu dem Legitimationsaktionär ergeben. Allerdings stehen der Brauchbarkeit des Transparenzregisters für die Gesellschaften zur Erreichbarkeit von Transparenz hinsichtlich der wirtschaftlich Berechtigten ihrer Anteile im Wesentlichen zwei Aspekte entgegen: Zum einen besteht die sehr hohe Schwelle von 25 % der Kapitalanteile oder der Stimmrechte nach § 3 Abs. 2 GwG; unterhalb dieser Schwelle findet also grundsätzlich keine Aufdeckung des wirtschaftlich Berechtigten statt, es sei denn, es wird gem. § 3 Abs. 2 Nr. 3 GwG auf vergleichbare Weise auch unterhalb einer solchen Beteiligungsschwelle Kontrolle ausgeübt. Wie hoch die Schwelle von 25 % angesetzt ist, zeigt sich auch in der Tatsache, dass ab 30 % der Stimmrechte nach dem WpÜG bereits ein Pflichtangebot zu unterbreiten ist; eine Information über den wirtschaftlich Berechtigten bei Erreichen des Anteils von 25 % der Stimmrechte käme also zu einem Zeitpunkt, zu dem schon eine so erhebliche Beteiligung aufgebaut wurde, dass eine Übernahme des Unternehmens greifbar erscheint. Eine Information zu diesem späten Zeitpunkt hat für die Gesellschaft keinen Wert mehr. Die kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten nach §§ 33 ff. WpHG finden schon bei einer Schwelle von 3 % Anwendung und informieren ab dieser Schwelle die Gesellschaft kleinschrittig über einen Beteiligungsaufbau. Zum anderen ist das Transparenzregister eigentlich nicht zur Information der Gesellschaft zur Erhöhung der Beteiligungstransparenz gemacht, sondern primär für Behörden zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dies spiegelt sich in der Ausgestaltung wider: Es besteht nach dem europarechtlichen Grundkonzept keine Nachforschungspflicht der Gesellschaften hinsichtlich der wirtschaftlich Berechtigten, diese dürfen sich auf die Angabepflichten der wirtschaftlich Berechtigten im Wesentlichen verlassen. Spiegelbildlich ergibt sich aber für die Gesellschaften auch kein Nachforschungsrecht hinsichtlich des wirtschaftlich Berechtigten, d. h. wenn der wirtschaftlich Berechtigte sich nicht freiwillig meldet, hat die Gesellschaft kaum eine Handhabe, um sich die Informationen zu holen. Die Mitteilungsfiktionen lassen sogar die Angabepflicht entfallen und schränken den Informationsfluss damit nochmals erheblich ein. Im Wesentlichen stellt daher die Angabepflicht des § 20 Abs. 3 GwG für die Gesellschaft keine verlässliche Informationsquelle dar. Um der Gesellschaft weitere Transparenz über die hinter ihr stehenden wirtschaftlich Berechtigten zu gewähren, ist das Transparenzregister kaum geeignet – es ist aber eben auch nicht sein primärer Zweck.

9. Kapitel

Untersuchungsergebnisse A. Grundlegende Erkenntnisse 1. Die Legitimationsübertragung ist ein „Zwitterwesen“ und steht zwischen Vollrechtstreuhand und Bevollmächtigung. Die Ausübung der Rechte, die durch die Gesellschafterstellung vermittelt werden, insbesondere des Stimmrechts – nicht das Stimmrecht selbst – wird dem Legitimationsaktionär übertragen und erfolgt in eigenem Namen. Die Rechtsstellung des Legitimationsaktionärs ähnelt damit der eines gewillkürten Prozessstandschafters. 2. Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung wird in § 129 Abs. 3 und § 135 Abs. 6 AktG vorausgesetzt. Solange sich der Aktionär der Ausübungsmöglichkeit seiner Rechte nicht endgültig und unwiderruflich begibt, entsteht auch kein Konflikt mit dem Schutzzweck des Abspaltungsverbots. 3. Im Teilnehmerverzeichnis zur Hauptversammlung ist der Legitimationsaktionär mit dem Buchstaben „F“ für Fremdbesitz gekennzeichnet. Der wahre Aktionär wird nicht eingetragen und kann insofern anonym bleiben. 4. Die Wahrung der Anonymität des Aktionärs ist häufiges Motiv der Legitimationsübertragung; andererseits dient sie auch als Mittel zur Begegnung der rationalen Apathie des Anlegers, der sich nicht selbst um die Ausübung der Rechte aus seinen Aktien kümmern möchte.

B. Die Voraussetzungen der Legitimationsübertragung 1. Die Voraussetzungen für eine wirksame Legitimationsübertragung sind zweigeteilt: materiell bedarf es einer Ermächtigung, formell eines Legitimationsmittels. 2. Die Ermächtigung ist dabei ein gewohnheitsrechtlich anerkanntes Erfordernis; ein Rückgriff auf § 185 BGB bringt keinen Mehrwert. 3. Die Besitzübertragung ist weder formell noch materiell bei einer der Aktienarten Voraussetzung für die wirksame Legitimationsübertragung.

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Kap. 9: Untersuchungsergebnisse

a) Das formelle Legitimationsmittel ist bei Namensaktien die Eintragung in das Aktienregister der Gesellschaft mit der Folge der unwiderleglichen Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 AktG. b) Bei Inhaberaktien war das formelle Legitimationsmittel herkömmlich der Besitz. Seit sich aber selbst der wahre Aktionär nicht mehr durch den Aktienbesitz, sondern vielmehr durch die sog. Bankbescheinigung nach §§ 123 Abs. 4 Satz 1, 67c Abs. 3 AktG ausweist, ist auch für den Legitimationsaktionär nicht mehr am Erfordernis einer Besitzübertragung festzuhalten. Vielmehr genügt für ihn als Legitimationsmittel ein auf seinen Namen ausgestellter Bankennachweis. Diesen darf die Depotbank auch auf Anweisung des Aktionärs auf den Legitimationsaktionär ausstellen.

C. Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung bei der GmbH Bei der GmbH ist die Legitimationsübertragung nicht zulässig. Aufgrund der typischerweise fehlenden Anteilsverbriefung bei der GmbH fehlt es an einem der Aktie ähnlichen mittelbaren Zuordnungsobjekt, das eine Zuordnung der Ausübung von Gesellschafterrechten ohne Offenlegung der Identität des Gesellschafters ermöglichen würde. Zudem kann auch in der Gesellschafterliste nicht gleichermaßen leicht wie im Aktienregister ein Nichtgesellschafter eingetragen werden, da die Gesellschafterliste anders als das Aktienregister auch im Verhältnis zu Dritten Legitimationswirkung entfaltet. Eine Repräsentation fremder Anteile muss daher im GmbH-Recht immer mit der Offenlegung des repräsentierten und in der Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafters einhergehen. Der Einsatz eines Treuhänders bleibt auch bei der GmbH möglich.

D. Auswirkungen einer Vinkulierung auf die Legitimationsübertragung 1. Eine Vinkulierungsbestimmung in der Satzung steht einer Legitimationsübertragung der vinkulierten Aktien nicht notwendigerweise entgegen. Die Legitimationsübertragung ist keine „Übertragung“ im Sinne des § 68 Abs. 2 AktG, der eine dingliche Rechtsübertragung meint. Die Legitimationsübertragung könnte daher nur als Umgehungsgestaltung dann erfasst werden, wenn sie den Zweck der Vinkulierung vereiteln würde. Dafür kommt es wesentlich darauf an, ob der Legitimationsaktionär weisungsgebunden ist. 2. Nach der Einführung des § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG regelt dieser nunmehr explizit, dass die Satzung Näheres dazu bestimmen kann, unter welchen Voraussetzungen Eintragungen im eigenen Namen für Aktien, die einem anderen gehören,

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zulässig sind. Diese Satzungsermächtigung stellt die speziellere Regelung für die Gesellschaft zur Regulierung von Legitimationsübertragungen dar. Es besteht daher kein Anlass mehr, Legitimationsübertragungen unter eine Vinkulierungsbestimmung zu fassen. Will die Gesellschaft Legitimationsübertragungen limitieren, so muss sie eine Satzungsbestimmung auf Basis des § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG erlassen.

E. Zum Anfechtungsrecht des Legitimationsaktionärs 1. Für die Ausübung von Aktionärsrechten im Prozess, insbesondere das Anfechtungsrecht, ist nach der Aktienart zu differenzieren. a) Bei Inhaberaktien steht dem Legitimationsaktionär kein eigenes Anfechtungsrecht zu. Anfechtungsberechtigt bleibt der wahre Aktionär, welcher allerdings den Legitimationsaktionär zur Anfechtung im eigenen Namen ermächtigen kann; ggf. ist eine solche Ermächtigung bereits durch Auslegung der ursprünglichen Ermächtigung zur Ausübung der Aktionärsrechte in der Hauptversammlung zu entnehmen. Für die Anfechtungsbefugnis des wahren Aktionärs wird diesem das Handeln des Legitimationsaktionärs in der Hauptversammlung, namentlich das Erscheinen und der Widerspruch, zugerechnet. b) Bei Namensaktien steht das Anfechtungsrecht aufgrund der Vermutungswirkung des § 67 Abs. 2 AktG nur dem im Aktienregister eingetragenen Legitimationsaktionär zu. Dem wahren Aktionär hingegen fehlt mangels Eintragung im Aktienregister gerade die Aktionärsstellung i. S. d. § 245 Nr. 1 AktG. Der wahre Aktionär benötigt daher eine Rückermächtigung des Legitimationsaktionärs, um das Anfechtungsrecht selbst ausüben zu können. 2. Wenn der Aktionär bei Erhebung der Anfechtungsklage schon wieder selbst im Aktienregister eingetragen ist, kann § 70 AktG in „doppelter Analogie“ angewendet werden, sodass dem Aktionär die Vorbesitzzeit des Legitimationsaktionärs zugerechnet werden kann.

F. Zur Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs 1. Nach der Klarstellung durch das Kleinanlegerschutzgesetz steht fest, dass den Legitimationsaktionär keine originären wertpapierrechtlichen Mitteilungspflichten nach §§ 33 ff. WpHG treffen können. Möglich bleibt jedoch im Einzelfall eine Mitteilungspflicht aufgrund der Zurechnungsnorm des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG. Die Stimmrechte sind dem Legitimationsaktionär anvertraut im Sinne der Norm. Allerdings wird es im Regelfall an der Weisungsfreiheit fehlen. Gleiches gilt für den wertpapierübernahmerechtlichen Kontrollerwerb nach § 29 Abs. 2 WpÜG.

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2. Mitteilungspflichten nach § 20 AktG treffen unabhängig von der Eintragung im Aktienregister und trotz Legitimationsübertragung stets den Aktieneigentümer.

G. Der Legitimationsaktionär als Transparenzproblem 1. Die Legitimationsübertragung stellt aus der Perspektive des deutschen und europäischen Gesetzgebers ein Transparenzproblem dar. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Beteiligungstransparenz zu erhöhen. Insbesondere § 67 AktG war Spielfeld dieser Änderungen. 2. Das Risikobegrenzungsgesetz brachte bereits erhebliche neue Möglichkeiten für die AG zur Identifizierung ihrer Aktionäre, insbesondere die Beschränkung der Legitimationseintragung durch die Satzung und die Offenlegung von Fremdeintragungen. Allerdings blieben diese immer auf die Namensaktionäre beschränkt und zielten auf den Inhalt des Aktienregisters ab. 3. Durch das ARUG II wird erstmals eine Identifikationsmöglichkeit auch für Inhaberaktionäre eingeführt. Inhaber- und Namensaktie nähern sich dadurch noch weiter an, sodass die eigenständige Rolle der Inhaberaktie fraglich geworden ist. 4. Das geldwäscherechtliche Transparenzregister wird nicht maßgeblich zu einer größeren Transparenz bei Legitimationsübertragungen beitragen. Zwar fordert das Transparenzregister eine Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten und geht damit weiter als die gesellschaftsrechtlichen Instrumente, die jeweils nur den formalen Eigentümer erfassen. Jedoch setzt die abweichende Schutzrichtung – Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – einen anderen Akzent. Wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Transparenzregisters wäre zwar der Legitimationszedent, jedoch steht die hohe Schwelle von 25 Prozent der Kapitalanteile bzw. der Stimmrechte als Regelfall einer Kontrollausübung sowie das weitgehende Fehlen von Nachforschungspflichten bzgl. der Identität des wirtschafltich Berechtigten einer effektiven Aufdeckung in Fällen der Legitimationsübertragung entgegen. 5. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren, teils aus eigener Motivation, teils vorgezeichnet durch FATF-Kritik oder EU-Richtlinien, zahlreiche Anstrengungen unternommen, um die Identifizierbarkeit von Aktionären zu ermöglichen und die Anonymität zurückzudrängen. Auch der Einsatz eines Legitimationsaktionärs vermag keine Anonymität mehr zu garantieren; will die Gesellschaft erfahren, in wessen Hand sich die Aktien – rechtlich, nicht wirtschaftlich gesehen – tatsächlich befinden, so stehen ihr Instrumente zur Verfügung, um die Verwahrkette aufzudecken. Ob die neu geschaffenen Instrumente des § 67d AktG in der Praxis tatsächlich genutzt werden und einem Informationsbedürfnis der Gesellschaften Rechnung tragen, muss die Zukunft nun zeigen.

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Sachverzeichnis Abspaltungsverbot 42 ff., 54, 73, 103, 105 ff., 126 f., 136, 155, 162 f., 189, 199 – bei AG 42 ff. – bei GmbH 105 ff. Aktienrechtsnovelle 268, 283, 287 Aktienregister 67 ff., 138 f., 206 ff., 229, 264, 289, 291 – Nominee-Eintragung 53, 56, 68, 220, 250 – Platzhaltereintragung, Abgrenzung 36 ff. Aktionärseigenschaft, Bestimmung 26 ff. Aktionärsrechterichtlinie 80, 94, 205 ff., 224, 268 ff. ALU (Automatische Umschreibung auf Legitimationsaktionär) 68 Anfechtungsrecht 145 ff. – bei Inhaberaktien 146 ff. – bei Namensaktien 163 ff. – Reichweite des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG 166 – venire contra factum proprium 175 ARUG II 268 ff. Auskunftserzwingungsverfahren 179 Auskunftsverlangen 181, 207, 226, 228, 234, 236 ff., 247 ff. – Aufdeckung der Verwahrkette 250 – Hauptversammlung 258 – Textform 249 f. BaFin 186 ff. Bankennachweis 89 ff. – § 402 AktG 97 – Ausstellung 93 f. – Ausstellung auf den Legitimationsaktionär 96 ff. – Textform 277 ff. Berechtigungsnachweis 23, 96 Besitz – als materielles Ermächtigungserfordernis 99

– bei Inhaberaktien 100 – bei Namensaktien 99 – Beschluss des KG 102 Besitzverschaffung 94 f., 100 f., 174 CASCADE-RS 67 f., 212, 219 Clearstream Banking AG 36, 49, 52, 63 ff., 67 ff., 212, 219 Depotstimmrecht

25

Effektengiroverkehr 64 ff. EHUG 225 Eigenbesitz 51, 66, 148, 174, 247, 259 Eintrittskarte 95 f., 101, 103, 160 Einziehungsermächtigung 31 f. Ermächtigung 72 ff. Financial Action Task Force (FATF) 221, 285, 287 f., 292 Freie Meldebestände 216 ff. Fremdbesitz 50 f., 86, 97 ff., 229

206,

Geldwäsche 205 f., 221, 285, 287 ff., 292 Geldwäschegesetz 294 ff. Geldwäscherichtlinie 205 f., 294 ff. Genehmigung 75 ff., 113 f. Girosammelverwahrung 62, 67 Globalurkunde 27, 61 ff., 88 f., 112, 251 GmbH 104 ff. – Anteilsverbriefung 111 – Genehmigung 113 – Gesellschafterliste 109 – Zulässigkeit der Legitimationsübertragung 104 ff. Hauptversammlung 75, 95, 147, 178, 258 ff. Hinterlegung 60 ff., 87 ff., 284, 288

326

Sachverzeichnis

Inhaberaktie – Abschaffung 283 ff. – Legitimation 87 ff. Intermediär 26 ff., 271 ff. Kontrollerwerb

Platzhaltereintragung 36 ff., 217 Prozessstandschaft 31 f., 127 ff., 156 ff. record date 77, 194

202 ff.

Legitimationseintragung 220 ff. Legitimationsmittel 83 ff. – Inhaberaktien 87 ff. – Namensaktien 84 ff. Legitimationsnachweis zur Zulassung zur Hauptversammlung 94 – durch Bankennachweis 95 – durch Besitz 95 Legitimationsübertragung – Abschaffung der Rechtsfigur 47 ff. – Alternativen 57 ff. – bei GmbH 104 ff. – Definition 29 – Grundsatzkritik 47 ff. – Kreditinstitute 46 – Platzhaltereintragung, Abgrenzung 36 ff. – Rechtsnatur 30 f. – Varianten 33 ff. – Voraussetzungen 71 ff. – Zulässigkeit 42 ff. – Zweck und Bedeutung 51 ff. Meldeschwelle 183 ff. Minderheitsverlangen 178 Mitteilungspflicht (§ 20 AktG) 199 ff. Mitteilungspflichten nach WpHG 183 ff. – Auffassung der BaFin 186 – Urteil des OLG Köln 185 – Zurechnung 194 ff. Namensaktie, Legitimation NaStraG 224

84 ff.

Offenlegung – der Identität des Aktionärs 155, 163 – von Legitimationseintragungen 303 Offenlegungspflichten – gesetzliche 245 ff. – Reichweite 234 f. – satzungsmäßige 233 ff.

Registeraktionär 28, 164, 175, 250, 256 Rhön-Klinikum 102 Risikobegrenzungsgesetz 226 ff. Sammelurkunde 61 Satzungsbestimmung 227 ff. – Ausgestaltung 229 ff. – Ausschluss 230 – Beispiele aus der Praxis 239 ff. – Höchstgrenze 229 ff. – Offenlegungspflicht 233 ff. – Stimmrechtsverlust 228 Schwellenwert (§ 67 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 AktG) 143, 230 ff. Selbsteintragung 226 Sonderverwahrung 60 Spruchverfahren 146, 181 Stellvertretung 23, 47, 57, 76, 148, 151, 154 – Textform (richtlinienkonforme Auslegung) 80 Stimmrechtsverlust 186, 188, 192, 228, 233 ff., 245, 254 ff. Stimmrechtsvollmacht 31, 34 f., 57, 79, 106, 108, 111, 197 – Textform 80 Stimmrechtszurechnung 186 Streifbanddepot 60 Teilnehmerverzeichnis 49 ff. – Zusammenfassung von Aktien Transparenzregister 294 ff. – Mitteilungsfiktion 300 f. – Mitteilungspflicht 297 ff. Treuhand 57 Trust 297

50

UA (Automatische Umschreibung Interimsbestand) 69 Übermittlungspflicht 246 UMAG 89, 225

Sachverzeichnis Verdeckte Stellvertretung für den, den es angeht 48, 50, 57 ff., 151 Vinkulierung 115 ff. – Konstruktion 116 ff. – Rechtsschutzmöglichkeiten 122 ff., 144 – Reichweite 131 ff. – RGZ 159, 272 133 ff. – Satzungsstrenge 142 f. – Spezialität des § 67 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2. Satz 2 AktG 143 – Umgehungsschutz 140 ff. – Wirkung des Aktienregisters 138 ff.

327

– Zweck 120 ff. Vollmachtbesitz 59 Vorübergehende Eintragung

38 f., 69

Wertpapierrecht 22, 65 ff. Wertpapierübernahmerecht 202 ff. Wertpapierübertragung 64 ff. Wertpapierverwahrung 60 ff. – mediatisierte 64 Wertrecht 62 ff. Zwitterwesen

21, 31, 305