Die Großen Katholischen Briefe [Reprint 2012 ed.] 3110102552, 9783110102550

In der Reihe Arbeiten zur Neutestamentlichen Textforschung (ANTF) publiziert das Institut für Neutestamentliche Textfors

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Die Großen Katholischen Briefe [Reprint 2012 ed.]
 3110102552, 9783110102550

Table of contents :
Vorwort
EINFÜHRUNG
I. Das Ziel der Edition
1. Die bereits vorliegenden Ausgaben
2. Das besondere Problem der Harklensis und ihrer Geschichte
3. Entstehung und Absicht der vorliegenden Edition
II. Die Anlage der Edition
1. Der Aufbau der Edition
2. Die Darbietung und Herkunft der Übersetzungen und Zitate
3. Die chronologische Anordnung der Übersetzungen und Zitate
III. Die Beschreibung der Texthandschriften
1. Die Handschriften der Peschitta
2. Die Handschriften der Harklensis
3. Die Handschriften der westsyrischen Massora
IV. Die griechische Vorlage der Harklensis und ihre Stellung in der griechischen Gesamtüberlieferung der Katholischen Briefe. Ein Specimen zur neutestamentlichen Stemmatik
1. Die Aufgabe
2. Die Identifizierung der Harklensisvorlage mit herkömmlichen Mitteln
3. Das Teststellenprogramm
4. Das Teststellenprogramm, angewandt auf die Harklensis
5. Erprobung und Präzisierung der Ergebnisse des Teststellenprogramms aufgrund von Voll- und Teilkollationen
V. Der ursprüngliche Text des Thomas von Harqel und die erhaltenen Handschriften
VI. Der ursprüngliche Text der Peschitta und die herangezogenen Handschriften
1. Gab es eine altsyrische Übersetzung der Katholischen Briefe?
2. Die in der Edition herangezogenen Peschittahandschriften
3. Der Textcharakter der Peschitta in den Großen Katholischen Briefen
VII. Der kritische Apparat der Harklensis
1. Das Material und die Gliederung des kritischen Apparates
2. Die beiden Kategorien von Angaben im kritischen Apparat
3. Die Herkunft der kritischen Notizen der Harklensis
VIII. Der Textcharakter der Philoxeniana
TEXTE
I. Die syrischen Texte der Großen Katholischen Briefe (K 1)
II. Die westsyrische Massora der Großen Katholischen Briefe (K 119)
III. Abweichungen wichtiger Peschitta-Ausgaben vom BFBS-Text (K 127)
IV. Griechische Texte
Rückübersetzung der Harklensis (mit Kollation der griechischen Handschriften 1505. 1611. 2138 und 2495) (K 131)
V. Verzeichnis der syrischen Kirchenväter
1. Abkürzungen
2. Chronologische Zusammenstellung
VI. Literatur- und Abkürzungsverzeichnisse
1. Literaturverzeichnis
2. Sigel und technische Abkürzungen

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DAS NEUE TESTAMENT IN SYRISCHER ÜBERLIEFERUNG

w G DE

ARBEITEN ZUR NEUTESTAMENTLICHEN TEXTFORSCHUNG HERAUSGEGEBEN VOM INSTITUT FÜR NEUTESTAMENTLICHE TEXTFORSCHUNG DER WESTFÄLISCHEN WILHELMS-UNIVERSITÄT MUNSTER/WESTFALEN

BAND 7

WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK 1986

DAS NEUE TESTAMENT IN SYRISCHER ÜBERLIEFERUNG I. DIE GROSSEN KATHOLISCHEN BRIEFE IN VERBINDUNG MIT A. JUCKEL HERAUSGEGEBEN UND UNTERSUCHT VON

BARBARA ALAND

WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK 1986

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Das Neue Testament in syrischer Uberlieferung / in Verbindung mit A. Juckel hrsg. u. unters, von Barbara Aland. — Berlin ; New York : de Gruyter Einheitssacht.: Testamentum novum (syr.) N E : Aland, Barbara [Hrsg.]; EST 1. Die grossen katholischen Briefe. - 1986. (Arbeiten zur neutestamentlichen Textforschung ; Bd. 7) Orig.-Ausg. u . d . T . : Epistolae catholicae. — Teilausg. ISBN 3-11-010255-2

© 1986 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 (Printed in Germany) Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Satz und Druck: Arthur Collignon, Berlin; Buchbinderische Verarbeitung: Fuhrmann, Berlin

VORWORT

Der hier vorliegende Band enthält die Katholischen Briefe aus demselben Grund, der auch schon für Band 6 der Reihe „Das Neue Testament auf Papyrus" galt: Wir begannen damit, weil zu diesem Schriftenkorpus des Neuen Testaments die Vorarbeiten zur „Großen Ausgabe" des Neuen Testaments im Institut für neutestamentliche Textforschung am weitesten vorangeschritten sind. Wir haben für die Überlieferungsverhältnisse in diesen Briefen bereits klare Vorstellungen, außerdem sind eine Reihe von Hilfsmitteln dafür erarbeitet worden. Erst während der Arbeit erwies es sich, daß der Beginn bei den Katholischen Briefen im Syrischen noch zusätzliche Vorteile hatte. Die Überlieferung der einzelnen Versionen ist hier eine erheblich andere als in den übrigen Schriften des Neuen Testaments. Vor allem geht die Harklensis auf einen guten Text zurück, anders als wir es bisher von dieser späten Version wußten. Daraus ergeben sich ganz unerwartete Möglichkeiten, die Überlieferung des syrischen Neuen Testaments mit der des griechischen Urtextes in Verbindung zu setzen. Für Plan und Anlage der Edition sowie für die Einführung ist die Herausgeberin verantwortlich, die verständlicherweise auch an allem anderen bis in die Einzelheiten beteiligt ist. Der Arbeitsanteil von Andreas Juckel ist, wie es naheliegt, nicht immer klar abzugrenzen. Er hat insbesondere das Typoskript des syrischen Textes hergestellt. Von ihm stammen in der Einführung die Handschriftenbeschreibungen sowie der Abschnitt über die Massora (S.27—40). Er hat außerdem die chronologische Liste der syrischen Väter sowie das Abkürzungsverzeichnis (S. 2 8 7 - 3 1 1 ) zusammengestellt. Auch die Exzerption der Zitate aus den Vätern lag bei ihm. Dabei hatte ihm Gustav S. Wendt weitgehend vorgearbeitet, von dem er die Arbeit 1982 übernahm. Herr Wendt hat seitdem an den Sach- und Manuskriptkontrollen mitgewirkt und sich dabei wesentliche Verdienste um diesen Band erworben. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft sage ich aufrichtigen Dank für die Bewilligung der Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters, der Hermann Kunst-Stiftung zur Förderung der Neutestamentlichen Textforschung für die einer wissenschaftlichen Hilfskraft, beides über lange Jahre hin. Münster/W., den 24. 3. 1986

Barbara Aland

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort

V

EINFÜHRUNG I. Das Ziel der Edition

3-17

1. Die bereits vorliegenden Ausgaben

3

2. Das besondere Problem der Harklensis und ihrer Geschichte

7

3. Entstehung und Absicht der vorliegenden Edition

II. Die Anlage der Edition

13

18-26

1. Der Aufbau der Edition a) Der Textteil b) Die Quellenangaben am rechten Rand c) Die Apparate

18 18 19 21

2. Die Darbietung und Herkunft der Übersetzungen und Zitate a) Die Peschitta-Zeile (P) b) Die Harklensis-Zeile (H) c) Die Zitate

22 23 23 23

3. Die chronologische Anordnung der Ubersetzungen und Zitate

23

III. Die Beschreibung der Texthandschriften

27-40

1. Die Handschriften der Peschitta

27

Brit.Libr. Add. 17.121 (= Ρ1), S. 27; Sinai 53/5 (= Ρ 2), S. 27; Vat.syr. 266 (= Ρ 3), S. 28; Brit. Libr. Add. 14.470 (= P4), S. 29; Brit.Libr. Add. 14.448 (= P5), S. 30; Brit.Libr. Add. 14.473 (= Ρ6), S. 30; Brit.Libr. Add. 17.120 (= P7), S. 31; Brit.Libr. Add. 14.472 (= P8), S. 31; Brit.Libr. Add. 18.812 (= P9), S. 32.

2. Die Handschriften der Harklensis

32

Oxford, New College 333 (= H l ) , S. 32; Brit.Libr.Add. 14.474 (= Η2), S. 35; Cambridge Univ. Library Add. 1700 (= Η 3), S. 37.

3. Die Handschriften der westsyrischen Massora

38

IV. Die griechische Vorlage der Harklensis und ihre Stellung in der griechischen Gesamtüberlieferung der Katholischen Briefe. Ein Specimen zur neutestamentlichen Stemmatik 41-90 1. Die Aufgabe

41

2. Die Identifizierung der Harklensisvorlage mit herkömmlichen Mitteln

42

VIII

Inhaltsverzeichnis

3. Das Teststellenprogramm Vorstellung und Charakterisierung der Teststellen (S. 44), ihre Auswertung mit Hilfe der EDV nach sich ergänzenden Prinzipien (S. 46), Liste a (S. 47), Liste b (S. 49), Regeln für die Benutzung des EDV-Materials (S. 51).

44

4. Das Teststellenprogramm, angewandt auf die Harklensis a) D i e Voraussetzungen b) Die Aufgabe c) D i e EDV-Listen d) D i e Auswertung der EDV-Listen Vergleich der Listen (S. 63), die Übereinstimmungen zwischen Hk gr und den Handschriften 2138. 1611. 1505 und 2495 (S. 65), die Differenzen zwischen Hk gr und den Handschriften 2138. 1611. 1505 und 2495 (S. 67), das Ergebnis: 1. Hk gr und die Familie 2138 von einem gemeinsamen Vorgänger abhängig (S. 69), 2. Die Gruppe der Mitzeugen (S. 70).

52 52 54 56 63

5. Erprobung und Präzisierung der Ergebnisse des Teststellenprogramms aufgrund von Voll- und Teilkollationen a) Das Material b) Varianten, die keinen Rückschluß auf den gemeinsamen Vorgänger von Hk gr und der Familie 2138 erlauben Singulärlesarten von Hk gr (S. 72), Koinelesarten der Familie 2138 (S. 75). c) Gemeinsame Fehler von Hk gr und der Familie 2138 Vorbemerkung zur Methode (S. 76), Sonderfehler von Hk gr und Familie 2138 (S. 78), gemeinsame Fehler von Hk gr , Familie 2138 und deren Mitzeugen (S. 78), das Ergebnis: Die Beziehung der genannten Zeugen untereinander (S. 80). d) Nicht-gemeinsame Fehler von Hk gr und der Familie 2138 Sonderfehler der Familie 2138 gegen Hk gr und die gesamte übrige Überlieferung (S. 81), Fehler von Hk gr gegen die Familie 2138 (S. 82), Fehler der Familie 2138 und ihrer Mitzeugen gegen Hk gr (S. 84). e) Das Ergebnis: die neue Gruppe Hk f) Die Familie 2138 und ihr Stemma

72 72 72 76

81

85 88

V . D e r ursprüngliche T e x t d e s T h o m a s v o n H a r q e l und die e r h a l t e n e n H a n d s c h r i f t e n 9 1 - 9 3 Kriterien zur Bestimmung des ursprünglichen Textes (S. 91), die Qualität der erhaltenen Handschriften (S. 91), ihre Beziehung untereinander (S. 93), die Harklensis im Vergleich zu ihrer griechischen Vorlage (S. 93).

V I . D e r ursprüngliche T e x t der Peschitta u n d die h e r a n g e z o g e n e n H a n d s c h r i f t e n

94-110

1. Gab es eine altsyrische Übersetzung der Katholischen Briefe? Der Forschungsstand (S. 94), die Problemlage in den Katholischen Briefen (S. 95), die Zitate aus frühen syrischen Vätern: kein sicherer Hinweis auf eine Vetus Syra der Katholischen Briefe (S. 96), Exkurs: Die Zitate aus der Rabbula zugeschriebenen Übersetzung von Cyrills De recta fide (S. 97-104), Ist Rabbula der Übersetzer? (S. 98), Charakterisierung des Stils der Übersetzung in den Zitaten (S. 98), Methodischer Ertrag des Exkurses für die Beurteilung der Peschitta: gleicher Übersetzungsstil (S. 101), Zusammenhang von Übersetzungs- und Zitierstil (S. 103).

94

2. D i e in der Edition herangezogenen Peschittahandschriften 104 Eine einheitliche Textform in allen Handschriften (S. 104), Charakterisierung und Qualität der herangezogenen Handschriften (S. 105), Anpassungen an einen späteren Übersetzungsstil in einzelnen Handschriften (S. 106), Änderungsvorschläge für die Ausgabe der BFBS (S. 107). 3. Der Textcharakter der Peschitta in den Großen Katholischen Briefen 108 Methodische Vorüberlegung (S. 108), Charakterisierung des der Peschitta zugrundeliegenden griechischen Textes: alter Text mit relativ geringem Koineanteil und individuellen Elementen (S. 109), ein „syrischer" Lokaltext? (S. 110).

Inhaltsverzeichnis

VII. Der kritische Apparat der Harklensis

IX

111-127

1. Das Material und die Gliederung des kritischen Apparates

111

2. Die beiden Kategorien von Angaben im kritischen Apparat 113 a) Präzisierungen und Verdeutlichungen der Übersetzung etc. (ohne Bezug auf griechische Varianten) 113 b) Textvarianten (mit Bezug auf griechische Varianten) 116 Der Forschungsstand (S. 116), Offene Fragen und der methodische Weg zu ihrer Beantwortung (S. 119), Exkurs: Der kritische Apparat der Kleinen Katholischen Briefe in der Harklensis (S. 120), die Varianten im Apparat der Großen Katholischen Briefe, das gemeinsame Ergebnis für beide: der Apparat als Mittel zur Verwerfung von Varianten (S. 120).

3. Die Herkunft der kritischen Notizen der Harklensis

123

Herkunft aus der Philoxeniana oder aus griechischen Handschriften? (S. 124), zwei methodische Möglichkeiten zur Beantwortung der Frage (S. 124), Vergleich mit den Zitaten (S. 124), Ergebnis: Herkunft aus der Philoxeniana und anderer syrischer Tradition (S. 126).

VIII. Der Textcharakter der Philoxeniana

128-136

Der Gwynnsche Text der Kleinen Katholischen Briefe (S. 128), das Teststellenprogramm, angewandt auf die Kleinen Katholischen Briefe (S. 128), Ergebnis für die Philoxeniana bzw. ihre griechische Vorlage: individueller Charakter einer griechischen frühen Handschrift mit geringem Koineanteil (S. 134), Bestätigung des Ergebnisses durch Teilkollationen griechischer Zeugen (S. 135).

TEXTE I. Die syrischen Texte der Großen Katholischen Briefe ( K l ) II. Die westsyrische Massora der Großen Katholischen Briefe (Κ 119) III. Abweichungen wichtiger Peschitta-Ausgaben vom BFBS-Text (K 127)

139 257 267

IV. Griechische Texte Rückübersetzung der Harklensis (mit Kollation der griechischen Handschriften 1505. 1611. 2138 und 2495) (K 131) 271 V. Verzeichnis der syrischen Kirchenväter

287

1. Abkürzungen

287

2. Chronologische Zusammenstellung

298

VI. Literatur- und Abkürzungsverzeichnisse

302

1. Literaturverzeichnis

302

2. Sigel und technische Abkürzungen

311

EINFÜHRUNG

I. Das Ziel der Edition

1. Die bereits vorliegenden Ausgaben Der Bedeutung, die der syrischen Übersetzungsarbeit am Neuen Testament zukommt, steht die Mühe um moderne Editionen in vieler Hinsicht nach. Das war nicht immer so. Schon 1555 erschien die erste vollständige Edition der Peschitta des Neuen Testaments in Europa, besorgt von Johann Albrecht Widmanstadt1. Es erschienen darauf in kontinuierlicher Folge eine Reihe von Neueditionen und Drucken2, unter denen die von Gutbier3 (1664) sowie Leusden und Schaaf (1708/9) besonders hervorragen. Die Ausgabe von Leusden und Schaaf4 (mit Leusden zusammen nur bis Luk 15,20 bearbeitet; nach dem Tod von Leusden 1699 allein von Schaaf verantwortet) bildet insofern einen Höhepunkt damaliger Editionsarbeit, als sie einen Conspectus der Varianten aller ihr vorhergehenden 12 Editionen bietet und im 2. Band ein syrisches Lexikon zur Peschitta des Neuen Testaments enthält, das bis heute als vollständigste Konkordanz zum syrischen Neuen Testament benutzt werden muß. Der Text von Schaaf weicht nicht selten von modernen Ausgaben ab. Es lohnt sich bis heute, ihn in Betracht zu ziehen, obwohl nicht festzustellen ist, welche und wie viele Handschriften er zugrundelegte. Im wesentlichen scheint Schaaf seinen Text aus den ihm vorliegenden Editionen konstituiert zu haben. Auf Schaafs Text gründet S. Lee5 seine Edition von 1816. Er zieht allerdings noch zusätzlich eine Handschrift aus Cambridge und eine dritte Handschrift heran, denen er recht häufig zu folgen scheint, so daß sich die Texte von Schaaf und Lee doch erheblich unterscheiden. Noch heute häufig in Gebrauch ist außer den genannten die Ausgabe der Dominikaner in Mossul6 unter Leitung von C. J. David und G. Ebed-Jesus Khayyath von 1891 (gesamte Bibel; Druck des neutestamentlichen Teils 1898—19007). Eine Aufarbeitung und Beurteilung der historischen Ausgaben der neutestamentlichen Peschitta steht noch völlig aus8. Sie könnte wohl auch erst geleistet werden, wenn eine kritische Ausgabe vorläge. Für die Großen Katholischen Briefe liefern wir daher eine Übersicht über sämtliche Varianten aus den Ausgaben von Schaaf, Lee und der Mossuler Edition gegenüber dem Text der British and Foreign Bible Society. Der Leser kann sich auf diese Weise am ehesten ein Bild über den Textcharakter der heute gebräuchlichen Peschittaeditionen verschaffen. 1

2

3

4

Liber Sacrosancti Evangelii De Iesu Christo Domino et Deo nostra . . W i e n 1555 (vgl. DARLOW/ MOULE p. 1528squ., vgl. dazu auch W. STROTHMANN, Die Anfänge der syrischen Studien in Europa, Wiesbaden 1971. Den relativ vollständigsten, wenn auch nicht lückenlosen Überblick darüber liefern wahrscheinlich Τ. H. DARLOW und H. F. MOULE in ihrem „Historical Catalogue of the Printed Editions of Holy Scripture in the Library of the British and Foreign Bible Society, Bd. II London 1903 (New York 1963), p. 1 5 2 6 1553. Novum . . . Testamentum Syriace cum punctis Vocalibus . . ., Hamburg 1663/4 (vgl. DARLOW/MOULE p. 1536). Novum . . . Testamentum Syriacum, cum Versione Latina; Cura et Studio Johannis LEUSDEN et Caro-

5

6

7

8

li SCHAAF editum. Ad omnes Editiones diligenter recensitum; et Variis Lectionibus, magno labore collectis, adornatum, Leiden 1708 (vgl. DARLOW/ MOULE p. 1537). Novum Testamentum Syriace denuo recognitum atque ad fidem codicum manuscriptorum emendatum, London (B.F.B.S.) 1816 (vgl. DARLOW/MOULE p. 1541). Biblia sacra juxta versionem simplicem quae dicitur Pschitta. Typis Fratrum Praedicatorum, Mossul 1887-1891 (vgl. DARLOW/MOULE p. 1549). Le Nouveau Testament d'apres la Pschitta. 2 voll. Mossoul 1898-1900. Vgl. dazu die Arbeit eines Anonymus „The printed editions of the Syriac New Testament" in: The Church Quarterly Review 26, 1888, p. 257-94.

4

I. Das Ziel der Edition

Eine kritische Ausgabe der Peschitta der Evangelien wurde, wie bekannt, schon im 19. Jahrhundert von P. E. Pusey begonnen und nach seinem Tode von G. H. Gwilliam fortgeführt und vollendet (1901) 9 . Sie basiert auf 42, anscheinend nicht immer vollständig kollationierten Handschriften. Das entspricht zwar nicht entfernt der Gesamtzahl der erhaltenen Handschriften, doch kann man mit dieser Edition arbeiten. Der Text ist, wie bemerkt wurde10, dem der editio princeps von Widmanstadt außerordentlich nahe. Das muß aber nicht gegen die Qualität der Ausgabe sprechen11. Zumindest hat es sich von dem in unserer Edition bearbeiteten Textbereich her ergeben, daß die Peschitta offensichtlich schon sehr früh die Form erhielt, die sie in den späteren und späten Handschriften so gleichförmig aufweist. Dafür, daß das auch in den übrigen Büchern des Neuen Testaments außer den Großen Katholischen Briefen so gewesen ist, spricht, daß sie unter Monophysiten wie Nestorianern offensichtlich in gleicher Form verbreitet war. So weisen es zumindest die weitaus meisten Zitate in der syrischen Literatur aus. Das bedeutet, daß sie schon spätestens um 450 die Form erlangte, die sie im ganzen in den späten Handschriften aufweist. Eine kritische Edition des übrigen Neuen Testaments existiert bis heute nicht, und es gibt auch keinerlei Anzeichen dafür, daß diese Arbeit in Angriff genommen wird. Daß sie ein dringendes Desiderat wäre, muß nicht eigens betont werden. Die in vielen Neudrucken verbreitete Ausgabe der British and Foreign Bible Society (zuerst 1920) 12 , die meist als Ersatz benutzt wird, druckt den Text der Evangelien von Gwilliam. Der Text der übrigen Bücher der neutestamentlichen Peschitta folgt nach dem kurzen Vorwort der Ausgabe "a critical revision of the Peshitta originally undertaken by Mr. Gwilliam for the Clarendon Press as a completion of his edition of the Gospels (1901), and prepared on similar lines". Fortgeführt wurde diese Arbeit von J. Pinkerton. Es läßt sich jedoch nicht mehr feststellen, inwieweit hier wirklich ein kritischer Text geboten werden soll. Trotz einiger Bemühungen ist es uns nicht gelungen, die Unterlagen des 1916 gefallenen Rev. Pinkerton ausfindig zu machen13. Den nicht in der Peschitta enthaltenen neutestamentlichen Büchern war ein besseres Editionsgeschick beschieden. An ihnen bewies sich englischer Editionsfleiß zu Beginn unseres Jahrhunderts. Insbesondere die Kleinen Katholischen Briefe, die in einer Form verbreitet waren, die wahrscheinlich die Philoxeniana ist, wurden aufgrund von 20 Handschriften vorzüglich ediert von J. Gwynn im Jahre 1909 14 (nach mehreren historischen Editionen seit dem 17. Jahrhundert15). Gwynns Ausgabe bietet neben einer Rückübersetzung seines Textes ins 9

10

11

Tetraevangelium Sanctum juxta simplicem Syrorum versionem ad fidem codicum, Massorae, editionum denuo recognitum . . . , Oxford 1901. Nachdruck unter Einfügung der nicht zur Peschitta gehörigen Textpartien Luk 22,17f und Joh 7,53—8,11 aus der Ausgabe von LEE: The Fourfold Holy Gospel . . . Tetraevangelium Sanctum. In the Peshitta Syriac Version, London 1905 (vgl. DARLOW/MOULE p. 1551 und 1552 squ.). Vgl. Β. M. METZGER, The Early Versions of the New Testament. Oxford 1977, S. 55 unter Hinweis auf M. BLACK, The Text of the Peshitta Tetraevangelium, Studia J. de Zwaan 1953, p. 26, der gemeint hatte, Gwilliams Text sei nur deswegen dem der späten Peschittahandschriften so nahe, weil sich der Editor von der Mehrheit eben jener späten Handschriften bei seiner Textkonstituierung habe leiten lassen. Vgl. dazu M. BLACK, s. die vorige Anmerkung.

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13

14

15

The New Testament in Syriac, London, The British and Foreign Bible Society. Vgl. jedoch den Hinweis bei METZGER, Early Versions, p. 55 Anm. 5 auf R. KILGOUR and A. GUILLAUME in ExpT 33, 1921-2, p. 332 und 519squ., die zumindest die Identität einiger benutzter Handschriften festgestellt haben. Sie stimmen, wie naheliegt, dann mit den benutzten Handschriften der Evangelien-Ausgabe überein, wenn diese das gesamte Neue Testament enthielten. Remnants of the Later Syriac Versions of the Bible, Part I: New Testament: The Four Minor Catholic Epistles in the original Philoxenian version of the sixth century and the History of the Woman taken in Adultery (St. John 7 , 5 3 - 8 , 1 2 ) London 1909, Amsterdam 1973 (vgl. DARLOW/MOULE p. 1553). Die editio princeps schuf Ε. Pococke nach einer späten Handschrift der Bodleiana, Leiden 1630 (s. dazu GWYNN, Remnants, p. xx und öfter).

1. Die bereits vorliegenden Ausgaben

5

Griechische in ausführlichen, etwas mühsam zu benutzenden Kommentaren auch eine Einordnung seines Textes in die Geschichte der syrischen Bibelübersetzung sowie den Versuch, die griechische Vorlage des syrischen Textes in der griechischen handschriftlichen Tradition zu verankern. Natürlich tat er das mit den Mitteln seiner Zeit, was sich insbesondere auf den letztgenannten Aspekt auswirkt. Denn die neutestamentliche Textforschung ist seitdem weit vorangeschritten. Grundsätzlich zeigt aber Gwynn mit seiner Edition den Maßstab auf, der, unter den veränderten Bedingungen des Forschungsstandes heute, an eine Edition der Briefe und auch der Apostelgeschichte zu legen ist. Er war neben anderen zusätzlichen Aspekten auch für diese Ausgabe richtungweisend. Die Apokalypse, die in der griechischen neutestamentlichen Textforschung eine absolute Sonderstellung gegenüber den übrigen Büchern des Neuen Testaments einnimmt, ist in zwei verschiedenen syrischen Übersetzungen erhalten. Die eine davon, möglicherweise die Philoxeniana, ist ebenfalls von J. Gwynn gut ediert16, die andere, unter den Syrern relativ weiter verbreitet, ist die Harklensis17. Sie teilt das Editionsgeschick, das auch den anderen neutestamentlichen Büchern dieser für die Textforschung so wichtigen syrischen Version bis heute beschieden ist (dazu s. unten S. 6ff.). Vorzügliche abschließende Editionen haben die beiden Handschriften bzw. Textformen der Vetus Syra erfahren. Es genügt hier, auf die jedermann bekannten Ausgaben zu verweisen. Die Edition des sog. Cureton-Syrers durch F. Crawford Burkitt von 190418 ist, mit Recht, die beste Editionsleistung auf dem Gebiet des syrischen Neuen Testaments überhaupt genannt worden. Die Varianten des Sinaisyrers, die er vollständig notiert, müssen allerdings ergänzt werden durch die letzte Ausgabe dieser Handschrift von A. Smith Lewis aus dem Jahre 191019. Auch die Güte dieser Edition verdient es, besonders hervorgehoben zu werden, insbesondere was die Lesung der Palimpsesthandschrift betrifft. Frau Smith Lewis hat Unwiederbringliches festgehalten. Dieses zu bemerken, besteht Anlaß. Denn durch die große Freundlichkeit der Väter vom Katharinenkloster auf dem Sinai wurde uns im Jahre 1982 gestattet, eine Ultraviolettphotographie der gesamten Handschrift herzustellen. Die Hoffnung allerdings, damit mehr entziffern zu können, als es Frau Smith Lewis mit ihren technischen Mitteln bei ihren Besuchen im Kloster seit 1892 möglich war, schlug fehl. Es ist auch mit äußerster Anstrengung eher erheblich weniger zu lesen, so daß man annehmen muß, daß die Handschrift doch durch die damaligen Versuche, die untere Schrift mit chemischen Mitteln lesbar zu machen, gelitten hat, obwohl das damals unmittelbar nicht zu bemerken gewesen zu sein scheint.

16

17

The Apocalypse of St. John, in a Syriac Version hitherto unknown . . . , Dublin 1897. Editio princeps von Ludovicus DE DIEU, Apocalypsis Sancti Johannis, ex manuscripto exemplari e Bibliotheca . . . Josephi Scaligeri deprompto, edita charactere Syro et Ebraeo, cum versione Latina et Notis, Leiden 1627; der Text wurde aufgenommen in den entsprechenden Band der Pariser Polyglotte (Bd. 5) von 1633 und der Londoner (Walton'schen) Polyglotte (Bd. 5) von 1657. In früheren Polyglotten, so in der Antwerpener von 1599, ist der Text der Apokalypse vom Editor selbst ins Syrische übersetzt, weil er in den einzig bekannten Handschriften der Peschitta nicht enthalten war (vgl. DARLOW/ MOULE p. 1534squ. und Bd. 2,1 p. 19).

18

19

Evangelion da-Mepharreshe. The Curetonian Version of the Four Gospels, with the readings of the Sinai Palimpsest and the Early Syriac Patristic evidence edited, collected and arranged, 2 Bde., Cambridge 1904 (editio princeps von W. CURETON, Remains of a very ancient recension of the four Gospels in Syriac, hitherto unknown in Europe; discovered, edited and translated, London 1858, vgl. dazu BURKITT, Evangelion da-Mepharreshe, Bd. 2 p. 16). The Old Syriac Gospels or Evangelion da-MepharreshS; being the text of the Sinai or Syro-Antiochene Palimpsest, including the latest additions and emendations, with the variants of the Curetonian text, corroborations from many other MSS., and a list of quotations from ancient authors. London 1910.

6

I. Das Ziel der Edition

Es ergibt sich also, daß die jeweils neu gefundenen Texte, wie es nur natürlich ist, vorzüglicher Editionen und ausführlicher Untersuchungen gewürdigt wurden, während der altbekannte Text der Peschitta darüber vernachlässigt wurde. Dasselbe gilt in noch stärkerem Maße von der sog. Harklensis, der Übersetzung des Thomas von Harqel aus dem Jahre 616. Es wurde oft und mit Recht beklagt, daß man dafür noch heute die Editio princeps von J. White aus dem Jahre 1778 20 bzw. 1803 21 benutzen muß. Diese Ausgabe ist für ihre Zeit eine bedeutende Leistung, sie ist auch heute noch nicht so völlig unbrauchbar, wie man meinen könnte. Denn zwar benutzte J. White, Fellow im Wadham College in Oxford und Professor für Arabisch, später Canon of Christ Church, Oxford, im wesentlichen nur eine Handschrift (Oxford, New College 333, in dieser Edition = Hl). Nur in den Evangelien zog er an den Stellen, an denen seine Leithandschrift Lücken hatte, die Codices New College 334 und Bodleian Or. 361 hinzu. Aber immerhin ließ ihn ein günstiges Geschick zwar nicht die vom Text her beste Handschrift erreichen, wohl aber die mit einem reichen Randapparat, in unserem Textbereich dem reichsten Randapparat überhaupt. Da es eine ganze Reihe von harklensischen Handschriften gibt, die den Randapparat überhaupt weglassen und, noch schlimmer, die im Text mit Asteriscus und Metobelus versehenen Lesarten ohne diese kritischen Zeichen überliefern, statt sie zu tilgen, wie es im Sinne des Thomas von Harqel gewesen wäre, ist die Ausgangsbasis von White relativ günstig. Nur deshalb konnte aufgrund seiner Edition die ausführliche Diskussion um die Randlesarten der Harklensis überhaupt geführt werden. White gibt den Text seiner Leithandschrift relativ sorgfältig wieder, einzelne Abschreibfehler sind ihm unterlaufen. Sie halten sich aber in erträglichem Ausmaß. Wenn der Editor in den Text eingreift, was gelegentlich vorkommt, so setzt er seine Konjekturen, meist Zufügungen, im allgemeinen, nicht immer, in eckige Klammern. Die Lesungen der Randnotizen sind sorgfältig, die lateinische Übersetzung ist genau. Die kurzen grammatischen und vor allem die textkritischen Annotationes im Anhang sind natürlich überholt. Schließlich ist noch aus einem anderen Grund Whites Ausgabe nicht so schlechthin unbrauchbar, wie es manchmal dargestellt wird und von der Entstehungszeit seiner Ausgabe her ja auch verständlich ist. Zwar ist es nicht Whites Verdienst, aber dennoch ein Faktum: die heute bekannten Handschriften der Harklensis sind überaus konform, wie es die der Peschitta ebenfalls sind. Auch wenn daher der Schreiber von Whites Leithandschrift (11. Jahrhundert) relativ nachlässig geschrieben hat, so halten sich seine Versehen doch in erträglichen Grenzen. Vor allem kann man aber, von den Erfahrungen in unserem Textbereich her geurteilt, davon ausgehen, daß man in jeder Handschrift, was die Hauptmasse des Textes betrifft, 20

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Sacrorum Evangeliorum versio Syriaca Philoxeniana ex Codd. Mss. Ridleianis in Bibl. Coll. Nov. Oxon. repositis nunc primum edita; cum interpretatione et annotationibus, 2 Bde Oxford 1778 (DARLOW/ MOULE p. 1538). - White glaubte bekanntlich fälschlicherweise, die Philoxeniana statt der Harklensis ediert zu haben. Actuum Apostolorum et Epistolarum tarn Catholicarum quam Paulinarum, versio Syriaca Philoxeniana, ex Codice Ms. Ridleiano in Bibl. Coll. Nov. Oxon. reposito nunc primum edita: cum interpretatione et annotationibus, 2 Bde, Oxford 1803. — Whites Handschrift (Oxford New College 333) bricht nach Hebr. 11,27 ab. Dementsprechend endet hier seine Ausgabe. Den fehlenden Teil des Hebräerbriefes edierte R. L. BENSLY nach der Handschrift in Cambridge Univ.Libr. Add. 1700 aus dem Jahre 1170

the Epistle to the Hebrews, Chapter XI, 28 - XIII, 25, Now Edited for the First Time . . ., Cambridge 1889. — Für die Apokalypse ist neben der oben genannten Editio princeps (s. Anm. 17 p. 5) jetzt zu benutzen A. VÖÖBUS, The Apocalypse in the Harclean version. A facsimile Edition of MS. Mardin Orth. 35, fol. 143r—159v, with an Introduction, CSCO 400 (Subs. 56), Louvain 1978. Einzig das Johannesevangelium der Harklensis erfuhr eine zweite Edition, die jedoch ebenfalls nur den Text einer Handschrift wiedergibt, und zwar den des Vaticanus syr. 271. (G.H.BERNSTEIN, Das heilige Evangelium des Johannes. Syrisch in harklensischer Übersetzung mit Vocalen und den Puncten Kuschoi und Rucoch nach einer vatikanischen Handschrift nebst kritischen Anmerkungen, Leipzig 1853.).

2. Das besondere Problem der Harklensis und ihrer Geschichte

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die ursprüngliche Version des Thomas aus dem Jahre 616 relativ unverfälscht greift. So auch in der Leithandschrift von White. Daß dies nur ein allgemeines Urteil ist und daß ich dabei von all den Fehlern absehe, die üblicherweise in syrischen Manuskripten vorkommen, ist selbstverständlich (s. dazu unten S. 91 und S. 105). Das muß einmal gesagt werden. Der Leser heute kann also nicht von einer kritischen Edition der Harklensis, die so oft und mit Recht ein dringendes Desiderat genannt wird, einen wesentlich anderen Text als den bei White erwarten. Die Defizite der White'schen Ausgabe liegen auf ganz anderen Gebieten. Hier sind sie allerdings groß und sind bisher noch gar nicht in vollem Umfang deutlich geworden. Sie hängen mit der besonderen Problematik und Geschichte der Harklensis zusammen, die im folgenden beschrieben werden. Sie konnten White auch nicht annäherungsweise deutlich sein. Seine Ausgabe gibt daher darauf keine Antwort. 2. Das besondere Problem der Harklensis und ihrer Geschichte Es handelt sich dabei im wesentlichen um fünf Problemfelder, die ich zunächst nenne und dann ausführlicher behandle. 1. Der Charakter der harklensischen Ubersetzung, an sich und im Vergleich zu der ihr vorhergehenden syrischen Version, der Philoxeniana. 2. Die Bedeutung der Marginalien und der kritischen Zeichen im Text. 3. Die Rekonstruktion der Philoxeniana. 4. Die Einordnung und Lokalisierung der Harklensis bzw. ihrer griechischen Vorlagen in der griechischen Überlieferung des Neuen Testaments. 5. Der Ertrag der Harklensisforschung für die Syrologie wie für die neutestamentliche Textkritik. Zu 1. Die Harklensis ist zweifellos eine Übersetzung, die, entsprechend Thomas' eigenen Angaben in den Kolophonen seiner Arbeit, nach einer, bzw. zwei oder drei „zuverlässigen und genauen" griechischen Handschriften angefertigt wurde22. Das geschah im Jahre 616 im „Enaton von Alexandria" 23 , wo Thomas für wenige Jahre als monophysitischer Flüchtling weilte. Er übersetzt so „zuverlässig und genau", wie es die Handschriften nach seiner Ansicht waren, die er auswählte. Oberstes Ziel ist es dabei offensichtlich, das Griechische so ins Syrische zu übertragen, daß der griechische Urtext daraus jederzeit wieder wörtlich erkennbar ist. Thomas' Arbeit ist aber auch eine Revision. Denn ebenfalls nach seinen eigenen Worten in den Kolophonen „verglich" (•^ajjAixr*') er „mit großer Sorgfalt" den Text seiner „genauen und zuverlässigen" griechischen Handschriften mit der rund hundert Jahre vor ihm entstandenen syrischen Übersetzung des Neuen Testaments, der sog. Philoxeniana24. Philoxenus von Mabbug, Monophysit wie Thomas, hatte sie im Jahre 508 durch Polycarp anfertigen lassen25. Dieses „sorgfältige Vergleichen" ist, wie jetzt allgemein anerkannt wird26, im Sinne einer Revision des Philoxenianatextes zu verstehen. Ihn hatte 22

Es handelt sich in den Evangelien um drei griechische Handschriften, in den Paulinen um zwei, in den Acta und Katholischen Briefen um eine. Daß Thomas in den Evangelien drei und nicht, wie manche Handschriften in den Kolophonen lesen, zwei Vorlagen benutzte, hat kürzlich John D. THOMAS bewiesen: „The Gospel Colophon of the Harclean Syriac Version" in: Theological Review, The Near East School of Theology (Beirut) 3,1, 1980, p. 16-26, vgl. S. 23. — Die Kolophone des Thomas von Harqel zu den Evangelien, den Paulinen und den Acten bzw. Katholischen Briefen werden hier nach der wörtlichen Übersetzung von ZUNTZ, Die Subscriptionen der Syra Harclensis, ZDMG 101, 1951, p. 174-196

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zitiert. Sie hat den Vorteil, daß die wichtigsten Handschriften benutzt und in einem kritischen Apparat zusammengestellt werden. Thomas bietet zum Evangelien-Kolophon zusätzlich 18 Handschriften. Vgl. jetzt die Anmerkung von J. D. Thomas zu der Notiz „in the Enaton", THOMAS, Gospel Colophon, p. 24. Vgl. ZUNTZ, Subscriptionen p. 176-177, Gegenüberstellung der Kolophone Ε und P. Vgl. ZUNTZ, Subscriptionen, p. 176-177, Abschnitt Β bzw. C. S. BROCK, The Resolution of the Philoxenian/Harclean Problem, in: New Testament Textual Criticism . . . , Oxford 1981, p. 325-343, vgl. p. 341.

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I. Das Ziel der Edition

Thomas vor sich und notierte seine Änderungen möglicherweise im ersten Arbeitsgang direkt in das Exemplar der Philoxeniana hinein. Daraus ergeben sich aber folgende Fragen: In welchem Verhältnis stehen Philoxeniana und Harklensis zueinander? Wie nahe oder wie fern sind sich beide? Inwiefern wirkte die Philoxeniana auf Thomas' Arbeit ein? Diese Frage hat zwei Aspekte: 1. Inwiefern bestimmte sie sprachlich und stilistisch die Harklensis und 2. Welche Bedeutung hatte der spezielle neutestamentliche Text, der der Philoxeniana zugrundelag, für die Arbeit des Thomas? Oder zusammenfassend gefragt: Inwiefern ist Thomas' Arbeit „Revision" — wobei im Begriff der Revision mitgegeben ist, daß das Alte, Revidierte, noch in der neuen Arbeit zu erkennen ist und nicht völlig unterdrückt wird — und inwiefern ist Thomas' Arbeit „Übersetzung", in der auf neuer Textgrundlage und mit neuen sprachlichen und übersetzungstechnischen Mitteln — und Zielen — etwas gänzlich Neues geschaffen wird27? Eine Ausgabe der Harklensis wird diese Fragen nicht gänzlich beantworten können, schon gar nicht eine Ausgabe eines nur sehr begrenzten Teiles des Neuen Testaments. Aber sie muß das Material bieten, aufgrund dessen diese Fragen beantwortet werden können. Denn eines ist sicher: wenn wir das Zeugnis, das Thomas selbst in seinen Kolophonen mehrfach über die Art und die Quellen seiner Arbeit gibt, nicht vernachlässigen wollen — und das nicht zu tun, ist selbstverständliche Pflicht des Editors —, dann geht es bei einer Edition der Harklensis nicht nur um die Herstellung eines kritischen Textes. Sondern es geht darüber hinaus auch um die Identifizierung der „genauen und zuverlässigen" griechischen Handschriften, die Thomas wiederzugeben wünschte, und es geht um die Rekonstruktion der (verlorenen) Philoxeniana, auf die Thomas sich so nachdrücklich bezieht. Nicht mehr und nicht weniger. Zu 2. Thomas' Arbeit enthält im Text eine Reihe von kritischen Zeichen, und zwar den Obelus vor einem Wort oder einer Wortgruppe und den abschließenden Metobelus (dieses Zeichen hört aber in Apg. 18,28 auf und wird im folgenden in unserer Schriftengruppe Acta und Kath. Briefe nicht mehr verwendet) und den wichtigeren Asteriscus, ebenfalls mit abschließendem Metobelus nach dem Wort oder der Wortgruppe, die der Autor zu bezeichnen wünschte. Zusätzlich gibt es eine größere Anzahl von Zeichen, die jeweils auf eine Notiz am Rande der Edition verweisen. Obelus und Asteriscus tun das dagegen nicht. Es gibt darüber hinaus die bekannten, teils ausführlichen Marginalnotizen, insbesondere in der Apostelgeschichte, aber auch über alle anderen neutestamentlichen Bücher verteilt. Sie bezeichnen meist Alternativlesarten zu den im Text gebotenen. Daß Thomas mit den kritischen Zeichen in der Tradition des Origenes und darüber hinaus der alexandrinischen, aristarchischen Philologentradition steht, ist klar. Da aber das, was jene Vorgänger mit diesen Zeichen aussagen wollten, nicht völlig mit der Aufgabe, der Thomas sich gegenübersah, zu vergleichen ist, blieb die Bedeutung der Zeichen bis heute nicht überzeugend geklärt28. 27

Thomas selbst hat diese Frage nicht eindeutig beantwortet, denn alle Probleme, die sich aus dem „Revisions"- bzw. „Übersetzungs"-Charakter seiner Arbeit ergeben, gründen auf dem einen Satz „Dies (Buch, seil, die Philoxeniana) wurde verglichen im Enaton von Alexandria . . . mit zwei genauen griechischen Handschriften durch die Sorgfalt des Thomas . . .", Kolophon zu den Paulinen, ZUNTZ, Subscriptionen, Zeile 21—24 bzw.: „Verglichen aber wurde es (seil, das Buch der Philoxeniana) später mit großer Sorgfalt durch mich, den armen Thomas, mit drei griechischen Handschriften, welche sehr zuverlässig und genau, im Enaton von Alexandria, der großen Stadt, im heiligen Kloster der Antonianer"

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(ZUNTZ, Subscriptionen, im Kolophon zu den Evangelien, Zeile 21-25). Der Charakter dieses „Vergleichens" hat viele Diskussionen ausgelöst. Den Forschungsstand in der Frage faßt J. D. THOMAS (Gospel Colophon p. 23squ. mit Anm. 33 und 34) zusammen, das abschließende Urteil der communis opinio, insbesondere nach den neuen Funden der exegetischen Kommentare des Philoxenus, BROCK, wie oben zitiert wurde (S. 7 Anm. 26). So richtig BROCK, The Resolution of the Philox./ Harcl. Problem p. 343 „. . . such as the meaning and role of the critical signs and marginalia, which still require convincing explanation".

2. Das besondere Problem der Harklensis und ihrer Geschichte

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Handelt es sich um griechische Lesarten, die Thomas kennengelernt hatte und ins Syrische übersetzte? Und wenn ja, um Lesarten aus welchen Handschriften bzw. Texttypen? Oder handelt es sich um syrische Varianten, die Thomas aus seiner heimischen Tradition kannte und aus bestimmten Gründen hervorzuheben wünschte? Vor allem: Was bedeutet die Hervorhebung bestimmter Lesarten durch kritische Zeichen oder Notierung am Rand? Soll damit angedeutet werden, daß die betreffenden Varianten alternativ in Erwägung zu ziehen sind oder daß sie zu tilgen sind oder eine Mischung aus beidem oder noch etwas anderes? Diese Fragen sind keineswegs von nur begrenzter Bedeutung. Denn ganz abgesehen davon, daß sich die genannten Zeichen auch in der griechischen handschriftlichen Tradition finden, ohne daß wir sicher wüßten, wie sie gemeint sind, eine eindeutige Klärung ihres Gebrauchs bei Thomas also auch Licht auf die übrige neutestamentliche Überlieferung werfen könnte, ganz abgesehen von einem solchen Nebeneffekt also bietet die Klärung dieser Fragen entscheidende Hinweise auf den in Syrien verbreiteten neutestamentlichen Texttyp in einer relativ genau begrenzbaren Zeit. Das ist für die Textgeschichte allgemein von Wichtigkeit29. Zu 3. Die im Jahre 508 fertiggestellte sog. Philoxeniana, die erste monophysitische Übersetzung des Neuen Testaments, von der Thomas bei seiner Arbeit ausging, ist uns nicht erhalten, mit Ausnahme der Kleinen Katholischen Briefe und möglicherweise der Apokalypse30. Da Thomas diese Übersetzung expressis verbis zur Grundlage seiner Version machte, ist es für den Editor der Harklensis selbstverständliche Pflicht, alles Material zusammenzutragen, das zu ihrer Rekonstruktion beitragen kann31. Es ist, allerdings mit gewissen Einschränkungen, doch größer als bisher angenommen. Von einer sehr schmalen Basis dafür geht Sebastian Brock in einer jüngeren Studie aus32. Er bezeichnet lediglich die Zitate aus den exegetischen Werken des Philoxenus, die in großer zeitlicher Nähe zu der Philoxeniana entstanden sind, also den Kommentaren zu Johannes sowie Matthäus und Lukas, und die wenigen, d.h. 14 Bibelzitate33 aus der frühen syrischen Version des euthalianischen Apparates zu den Paulusbriefen als übriggebliebene Reste dieser Version des Philoxenus/Polycarp34. Zweifellos führen uns beide Quellen nahe an die Philoxeniana heran. Es ist aber zu bedenken, daß einerseits Zitate nie mit völliger Sicherheit Zeugen für den dem Autor vorliegenden und von ihm zitierten Text sind35. Das gilt selbst dann, wenn Philoxenus, was nicht sicher ist, in beiden Werken ausschließlich die Philoxeniana zitieren wollte36. Andererseits ist es nur erschlossen, wenn auch mit hoher Wahrscheinlichkeit erschlossen, daß die frühe syrische Ubersetzung des euthalianischen Apparates zu Paulus zu29 30

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S. dazu auch unten „zu 4". SEBASTIAN BROCK äußerte aus lexikalischen Gründen daran hinsichtlich der Apokalypse vor einiger Zeit Zweifel, in: The Syriac Euthalian Material and the Philoxenian Version of the New Testament, ZNW 70 (1979) p. 120-130, vgl. p. 130, Anm. 34. Daß die Übertragung der sog. Crawford Apocalypse jedoch aus dem 6. Jahrhundert stammt, hält er für nahezu sicher. Vgl. dazu schon B. ALAND, Die philoxenianischharklensische Ubersetzungstradition, in: Le Museon 94, 1981, p. 321-383, bes. p. 334squ. BROCK, Syriac Euthalian Material. Vgl. dazu A. DE HALLEUX, Philoxöne de Mabbog, sa vie, ses ecrits, sa theologie, Louvain 1963, p. 121— 124, 132-135 und 151, sowie J. W. WATT in der Einleitung zu seiner Übersetzung des Kommentars zu Matth, und Luk., CSCO 393 (Scr. syr. 172), Louvain 1978, p. 13*squ.

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BROCK, Syriac Euthalian Material p. 130. „It is these two sources, Philoxenus' quotations and the Euthalian lists of ,testimonia' in E 1 " (so bezeichnet Brock die Reste des euthalianischen Apparates in der syrischen Handschrift British Library Add. 7157. S. dazu unten) „which constitute our main evidence (albeit scanty) for the otherwise lost Philoxenian version of the Syriac New Testament Canon." Das gilt um so mehr, als es sich dabei um alttestamentliche Zitate aus Paulus handelt. Sie können nach textkritischen Erfahrungen ein noch stärkeres Maß an Varianten aufweisen als der übrige neutestamentliche Text. Bzw. wenn sie, bei einer früheren Entstehung der Kommentare, von einem zeitgenössischen Schreiber eingefügt sein sollte. Diese Möglichkeit erwägt WATT, Fragments of the Commentary on Matthew and Luke, p. 14*.

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I. Das Ziel der Edition

mindest teilweise aus der Philoxeniana stammt37. Dazu scheinen jene 14 alttestamentlichen Zitate aus Paulus zu gehören. Sie stammen aus der sog. längeren Zitatenliste des Euthalius, 37

So E. VON DOBSCHÜTZ, Euthaliusstudien, ZKG 19 (1899), p. 107-154, vgl. bes.p. 133-145. Es war Dobschütz, der die Reste des euthalianischen Paulusapparates in der Peschittahandschrift Brit. Libr. Add. 7157 aus dem Jahr 767/8 als Anhang fand und analysierte. Dabei stellte sich heraus, daß diese Version wiederum nicht einheitlich war, sondern teilweise als direkte Grundlage für die Revision des Thomas im Jahr 616 gelten mußte, also von Philoxenus/ Polycarp aus dem Jahr 508 stammte, teilweise aber einer noch früheren syrischen Übersetzung und Bearbeitung des „Euthalius" entstammte, die anhand der Peschitta verfertigt war (vgl. v. DOBSCHÜTZ, Euthaliusstudien 144f.). Beide Versionenfragmente unterscheiden sich charakteristisch im Übersetzungsstil. Die frühere, aufgrund der Peschitta angefertigte, ist entsprechend „freier" als jene, die im Zusammenhang mit der Philoxeniana entstand (v. DOBSCHÜTZ, Euthaliusstudien p. 143). G. ZUNTZ nutzte diese Erkenntnisse für seine Interpretation des harklensischen Kolophons zu den Paulusbriefen. Er besteht danach aus drei Teilen: 1. der Unterschrift der Vorlage des Philoxenus/Polycarp, die aus dem Griechischen ins Syrische übersetzt wurde (Zeile 4 b—12). Sie bestand in einer euthalianischen „Ausgabe" der Paulusbriefe. Nach dieser griechischen Vorlage revidierte Philoxenus/Polycarp die Peschitta. 2. der Subscriptio des Philoxenus/ Polycarp (Zeile 13—20) und 3. schließlich der Unterschrift des Thomas selbst (Zeile 2 1 - 3 3 ) , vgl. ZUNTZ, The Ancestry of the Harclean New Testament, London 1945, 7 7 - 1 1 3 bzw. Die Subscriptionen der Syra Harclensis 179f. Aufgrund dieser gelehrten Analyse gelingt es Zuntz, wichtige Hinweise für den möglichen Textcharakter der Philoxeniana zu geben: Da die griechische Vorlage des Philoxenus den auch aus anderen griechischen Handschriften mit euthalianischem Apparat bekannten Hinweis enthält, sie sei mit einer Handschrift aus der Bibliothek des Pamphilus in Cäsarea verglichen (s. Zeile 4 b—8 des Pauluskolophons bei Thomas), schließt Zuntz, es müsse sich bei dieser Vorlage und damit auch in der danach gefertigten Philoxeniana um einen reinen „Caesarean text", zumindest in den Briefen, gehandelt haben (ZUNTZ, Subscriptionen p. 181; Ancestry p. 88). Er fordert daher am Ende seines Buches (Ancestry p. 121) dazu auf, die zahllosen griechischen Handschriften mit euthalianischem Apparat zu kollationieren und mit den entsprechenden syrisch-palästinensischen, armenischen und georgischen zu vergleichen, dabei ausgehend von der Ansicht, daß ein euthalianischer Apparat immer mit einem bestimmten Texttyp verbunden sein müsse, und zwar dem caesareensischen, ent-

sprechend dem in einzelnen euthalianischen Handschriften vorkommenden Hinweis auf Pamphilus und Caesarea. Die Aufgabe ist bis heute noch nicht angegangen, geschweige denn erfüllt worden. Eine erste Ordnung des Materials unternahm Louis Ch. WILLARD, A Critical Study of the Euthalian Apparatus, Dissertation der Yale University 1970. Er untersuchte ca. 400 griechische Handschriften mit euthalianischem Apparat oder Teilen davon. Seine Arbeit beschränkt sich im wesentlichen auf die Beschreibung der verschiedenen Formen und Fragmente, in denen die euthalianische Ausgabe in den griechischen Handschriften heute erhalten ist. Am wertvollsten ist sein Überblick über alle geprüften Handschriften mit genauer Angabe der jeweiligen Teile des euthalianischen Apparates, die jeder Codex enthält. Willard enthält sich vorerst jeder Einordnung des Textes der Handschriften, und das mit Recht. Denn ein erster, von mir aufgrund von Hilfsmitteln des Instituts für neutestamentliche Textforschung vorgenommener Versuch, den Textcharakter dieser „euthalianischen" Handschriften zu prüfen, ergab sehr disparate Ergebnisse. Es scheint vorläufig so, als sei der euthalianische Apparat keineswegs das „wichtigste Mittel zur Klassifizierung des reichen Minuskelbestandes" (so v. DOBSCHÜTZ, s.v. Euthalius, RE 5, p. 632). Vielmehr muß man wohl davon ausgehen, daß keineswegs immer neutestamentlicher Text und euthalianischer Apparat zusammen abgeschrieben werden, sondern daß der Apparat, weil er so nützlich war, auch unabhängig von dem neutestamentlichen Text, zu dem er ursprünglich gehörte, überliefert und zu Handschriften beliebigen Texttyps zugefügt wurde. Jedenfalls ist es ein Faktum, daß die erhaltenen Handschriften mit euthalianischem Apparat ganz unterschiedlichen Textcharakter haben. Wie immer also der „Caesarean text" ausgesehen hat — wir wissen es ja nicht, schon gar nicht für Paulus sowie Acta und Katholische Briefe —, alle Handschriften mit euthalianischem Apparat können ihn keinesfalls bieten. Dennoch hat der „gelehrte" euthalianische Apparat (zum — nicht sehr hohen — geistigen Rang dieser Bearbeitung der Paulinen sowie der Acten und Katholischen Briefe vgl. DOBSCHÜTZ, Euthaliusstudien p. 153) seinen unverrückbaren Platz in einer Edition und Bearbeitung der syrischen Überlieferung des Neuen Testaments! Denn mit Sicherheit hat ja Thomas' Version einen euthalianischen Apparat besessen, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die des Philoxenus/Polycarp. Möglich ist es, wie Dobschütz' Analyse des euthalianischen Apparates im Anhang der Handschrift Brit. Libr. Add. 7157 ausweist, daß es eine frühe, vor 508 entstandene Ausgabe der Peschitta mit euthalianischem Apparat

2. Das besondere Problem der Harklensis und ihrer Geschichte

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d.h. jener Liste, in der die alttestamentlichen Zitate in den Paulinen nicht nur, wie in der kürzeren Liste, genannt, sondern vollständig im Zitat angeführt werden38. Denn ihr Text entspricht weder der Peschitta noch der Harklensis, sondern liegt, gemessen an der Übersetzungstechnik, etwa dazwischen, mit deutlicher Bemühung um genauere Übertragung der griechischen Vorlage, als das in der Peschitta der Fall ist, aber in diesem Bestreben noch nicht so weit gehend wie die Harklensis39. Weder Philoxenus noch die ältere Euthaliusversion bieten also sicheres Material für die Philoxeniana, wenn sie auch als Ausgangspunkt für deren Erfassung von hohem Wert sind. Wenn das aber so ist, dann empfiehlt es sich, auch die übrigen Zitate aus der syrischen Literatur des 6. Jahrhunderts einer Prüfung zu unterziehen, und zwar vollständig. Denn es besteht ja durchaus die Möglichkeit bzw. Wahrscheinlichkeit, daß die Philoxeniana auch von anderen monophysitischen Autoren und Übersetzern benutzt und zitiert wurde. Erste Untersuchungen haben gezeigt, daß insbesondere die monophysitische Übersetzungsliteratur einen neutestamentlichen Zitattext bietet, der den schon erkannten stilistischen Charakteristika der Philoxeniana sehr genau entspricht40. Es ist daher eine vollständige Sammlung der Zitate unerläßlich. Dabei muß man sich allerdings klar darüber sein, was damit erreicht werden kann. Noch weniger als bei den Zitaten aus Philoxenus und Euthalius faßt man damit den Text der Philoxeniana mit Sicherheit. Abgesehen von der Unsicherheit bei Zitaten als Textzeugen allgemein kann ein ähnlicher Übersetzungsstil inbesondere bei neutestamentlichen Zitaten aus Ubersetzungsliteratur daher rühren, daß diese Literatur aus der gleichen Ubersetzungsschule stammt. Ihr Autor muß also die Philoxeniana nicht benutzt haben, selbst wenn seine Zitate deren Stil gleichen41. Dennoch wäre selbst dann sehr viel gewonnen. Wir erhalten ein umfangreiches Textmaterial, das immerhin einen recht genauen Annäherungswert an die Philoxeniana bietet, und zwar in folgendem Sinn: selbst wenn ein solcher im gleichen Stil arbeitender monophysitischer Ubersetzer des 6. Jahrhunderts selbständig seine griechische Vorlage samt Zitaten übersetzt haben sollte, ist zumindest zu vermuten, daß er die Philoxeniana gekannt hat. Daß sie ihm gänzlich unbekannt geblieben sein sollte, ist unwahrscheinlich, vielmehr wird diese erste monophysitische Neuübertragung des Neuen Testaments Maß und Richtschnur für die Ubersetzung neutestamentlicher Zitate und Teiltexte gewesen sein. Ein Ubersetzer kann diese Version verbessern wollen, noch näher an den griechischen Text annähern wollen, oder er kann sich, konservativer, mehr dem Peschitta-Text verpflichtet fühlen, oder er kann sich schließlich nur an sie erinnern, während er übersetzt. Eine völlige Beziehungslosigkeit aber ist weder wahrscheinlich noch entspricht sie dem Befund unserer Zitate gegeben hat (vgl. sein Stemma, Euthaliusstudien p. 144). Das zeigt eine Verbreitung des euthalianischen Apparates in syrischer exegetischer Tradition und syrischen Bibelhandschriften, die selbst noch angesichts der Beliebtheit dieses Materials in griechischen Handschriften ungewöhnlich stark ist. Diese Tatsache verdient es auf jeden Fall, hervorgehoben zu werden. Ob daraus weitere Schlüsse zu ziehen sind, sei vorerst offengelassen. Die Gründe dafür sind wohl geographischer Natur. Möglich ist es durchaus, daß die euthalianische Bearbeitung der Briefe und Acten im palästinensisch-syrischen Raum nicht nur verbreitet, sondern wie Zuntz vermutete, auch beheimatet war. — Einen Hinweis auf den Textcharakter der zugehörigen Handschriften liefert der euthalianische Apparat vielleicht sogar in den Katholischen Briefen. Denn hier sind sich, wie unten zu zeigen sein wird, Philoxeniana und Harklensis relativ nahe, und beide sind immerhin sehr frühe Bezeugungen des Ap-

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parates und eines Texttyps, der den Charakter hat, den man von einem Text des Pamphilus erwarten müßte. Bei Migne 85 (nach der immer noch maßgeblichen Ausgabe von ZACAGNI, Collectanea Monumentorum Veterum I, Rom 1698) p. 725 squ. Zur sprachlichen Analyse der Bibelzitate s. BROCK, Syriac Euthalian Material p. 129 squ., zu der des gesamten erhaltenen Restes der frühen Euthaliusübersetzung s. DOBSCHÜTZ, Euthaliusstudien p. 132. Vgl. dazu B. ALAND, Die philoxenianisch-harklensische Ubersetzungstradition p. 324 squ. und p. 350 squ. Die Möglichkeit, die Philoxeniana aus den Zitaten des Philoxenus und anderer Autoren des 6. Jahrhunderts zu rekonstruieren, hat zum erstenmal G. ZUNTZ ausführlich erwogen und an Stichproben durchgeführt, vgl. Ancestry pp. 40—76. Ich folge in der genannten Arbeit seinen Anregungen. So schon ZUNTZ, Ancestry p. 63.

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I. Das Ziel der Edition

des 6. Jahrhunderts. Selbst wenn ein Übersetzer — das ist die wirkliche Alternative — vor der Entstehung der Philoxeniana gearbeitet hätte, so sind seine Zitate, wenn sie dem Stil der Philoxeniana gleichen, nicht ohne Interesse. Denn dann zeigen sie die Übersetzungstradition, aus der Philoxenus/Polycarp kam. Auch das ist wichtig. Man muß sich also von dem Gedanken lösen, als ginge es allein darum, die Philoxeniana, und nur sie, wörtlich zu rekonstruieren. Das ist nicht mehr möglich. Aber auch das Umfeld der Version möglichst breit zu dokumentieren, um dahinter ihre Umrisse zu erkennen, ist von erheblichem Wert. Das ermöglichen uns die Zitate 42 . Ein genaueres Urteil über die Philoxeniana kann vielleicht dann gegeben werden, wenn eine intensive und umfassende Stiluntersuchung der gesamten Zitate aller Übersetzer und Autoren vorgenommen wird. Dafür möchten wir mit unserer Edition das Material liefern. Zu 4. Thomas gibt in seinen drei Kolophonen präzise an, er habe die Philoxeniana der Evangelien mit drei „zuverlässigen und genauen" griechischen Handschriften „verglichen", die der Paulinen mit zwei, die der Acten und Katholischen Briefe mit einer. D.h. daß er aufgrund dieser Handschriften, die er sehr genau ins Syrische übertrug, den Philoxenianatext revidierte. Es wäre von höchstem Interesse, diese Handschriften oder Abschriften davon unter der Masse der erhaltenen griechischen Codices zu finden, und zwar aus mancherlei textkritischen Gründen, die zu erörtern sein werden, wie vor allem zum Verständnis der Marginalien und textkritischen Zeichen der Harklensis. Wenn die Vorlage, die Thomas übersetzen wollte, bekannt wäre, könnte eindeutig und endgültig geklärt werden, in welchem Verhältnis die Randnotizen und asterisierten Worte zu dieser Vorlage stehen. Ihre Bedeutung könnte daraus erschlossen werden. Da Thomas in den Acten und Katholischen Briefen nur eine griechische Handschrift „verglich" und übersetzte, ist hier die Möglichkeit am ehesten gegeben, die Vorlage zu finden. Denn Thomas' gräzisierende syrische Version läßt sich bis in Einzelheiten genau ins Griechische zurückübertragen. Diese Rückübersetzung, die potentielle Vorlage, muß unter den erhaltenen Handschriften gesucht und identifiziert werden. Das ist möglich, wie sich zeigen wird. Auch von da aus erweist es sich als methodisch günstig, eine Edition mit den Katholischen Briefen zu beginnen. Die Arbeitsweise des Thomas in den Teilen des Neuen Testaments, in denen er mehrere griechische Handschriften zugrundelegte, muß dann auf der Grundlage der hier gewonnenen Erkenntnisse untersucht werden.

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Ein paralleles Beispiel dafür bieten die Schriftzitate in den verschiedenen syrischen Kommentaren zu den orationes des Gregor von Nazianz, die gerade A. de Halleux einer, wie er bescheiden sagt, „ersten Sondierung" unterzog. (Vgl. A. DE HALLEUX, Les commentaires syriaques des discours de Gregoire de Nazianze. Un premier sondage, in: Le Museon 98, 1985, 103-147). Die Zitate der Kommentare, die er veröffentlicht, weisen unbezweifelbare Anzeichen einer „revision hellenisante du vocabulaire et de l'ordre des mots" auf (p. 122), ohne daß sie mit der Harklensis identisch wären. Dazu kommt, daß gleiche Zitate, die in denselben Kommentaren vorkommen, nicht miteinander genau übereinstimmen. Wie mir Pere de Halleux liebenswürdigerweise brieflich mitteilte, taucht in dem Kommentar zu einer von ihm in der genannten Arbeit nicht bearbeiteten oratio sogar ein fast reines Peschitta-Zitat auf. Mit der nötigen Vorsicht, die vorerst geboten ist, scheint mir

hier ein typisches Beispiel für die Wirkung einer Version — in diesem Fall der Harklensis, denn die Kommentare sind spät — vorzuliegen: Der bzw. die Übersetzer kennen sie. Sie arbeiten selbständig, aber in den Bahnen ihrer Tradition, d.h. sie übersetzen mit den Abweichungen, die sie — bewußt oder auch unbewußt — für nötig halten. Einen „Annäherungswert" an die Harklensis ergibt das allemal, wenn auch nicht mehr. Daß gelegentlich sogar PeschittaZitate vorkommen, stört das Bild nicht. Hier wirkt sich die „Freiheit" des Übersetzers aus, dessen Zitate eben im allgemeinen nicht direkt als Zeugen für den neutestamentlichen Text des Übersetzers genommen werden können. Um so bemerkenswerter ist angesichts dessen, daß die Kommentatoren im AT regelmäßig die Syro-Hexapla zu zitieren scheinen (vgl. dazu HALLEUX, Discours de Gregoire de Nazianze p. 120 und 127).

3. Entstehung und Absicht der vorliegenden Edition

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Zu 5. Über die Belange einer Edition der Harklensis hinaus bietet die im beschriebenen Sinne angelegte Ausgabe noch einen zweifachen Vorteil. Erstens wird damit ein unvergleichliches Material zusammengetragen, um die berühmte Ubersetzungstechnik der Syrer wie auch die Zitiertechnik in ihrer Entwicklung zu studieren. Es ist unvergleichlich, insofern als kein Text häufiger übersetzt worden ist als das Neue Testament. Außerdem dürfte es nur im Falle der Harklensis gelingen, die unmittelbare griechische Vorlage des Übersetzers bzw. Abschriften davon zu finden, so daß auch in dieser Hinsicht ein einzigartiges Studienmaterial geboten werden kann. Zweitens gewinnt die Harklensis auch für die neutestamentliche Textforschung eine weit größere Bedeutung als bisher angenommen werden konnte, und zwar nicht nur, weil der Textcharakter der Katholischen Briefe sich hier als von beachtlicher Qualität erweist. Wichtiger ist, daß jene Abschriften der Vorlage des Thomas gefunden werden konnten. Denn das hat ja nicht nur seine Bedeutung für die Harklensis des Thomas, sondern umgekehrt auch für diese Abschriften selbst. Es handelt sich um griechische Handschriften aus dem 11. bis 15. Jahrhundert, deren Herkunft bisher völlig ungeklärt war, ja die noch nicht einmal als zusammengehörig erkannt worden waren. Für ihren Textcharakter wird jetzt in der Harklensis von 616 ein früher terminus ante quem gewonnen, und die Verbreitung dieses Textes kann mit hoher Wahrscheinlichkeit lokalisiert werden. Damit wird an einem Beispiel zur Lösung einer der gegenwärtigen Hauptaufgaben der neutestamentlichen Textforschung beigetragen, die darin besteht, Schneisen durch das Dickicht der Handschriften zu schlagen, d.h. die Entstehung und Verbreitung ihrer Texttypen in Raum und Zeit zuverlässig zu bestimmen43. Dafür liefert die syrische Überlieferung des Neuen Testaments entscheidende Anhaltspunkte.

3. Entstehung und Absicht der vorliegenden Edition Zur Entstehung der Ausgabe müssen einige Worte gesagt werden, weil nur so ihr Aufbau verstanden werden kann. Ursprünglich war nur eine kritische Edition der Harklensis geplant. Begonnen wurde mit den Katholischen Briefen, weil gleichzeitig im Institut für neutestamentliche Textforschung verschiedene großangelegte Untersuchungen zu diesem Schriftencorpus unternommen wurden. Das gilt vor allem für die Auswertung des Teststellenprogramms an sämtlichen Handschriften mit Hilfe der EDV 4 4 und die Edition der Überlieferung der Katholischen Briefe auf Papyrus. Dadurch waren für diesen Teil des Neuen Testaments die genauesten und vor allem vollständigsten Hilfsmittel gegeben. Das war notwendig, weil von vornherein feststand, daß eine kritische Edition der Harklensis nicht nur eine syrologische Aufgabe sei, sondern daß die Version in Beziehung zur griechischen Überlieferung des Neuen Testaments gesetzt werden müsse. Es zeigte sich bald, daß die handschriftliche Basis für eine solche Edition nur schmal war. Nur drei Handschriften waren zu benutzen, und zwar Ms. Oxf. New College 333 (hier = Hl), Ms. Brit. Library Add. 14.474 (hier = H2) und Ms. Cambr. Univ. Library Add. 1700 (hier = H3). Eine vierte aus dem Syrisch-Orthodoxen Patriarchat in Damaskus, ein Codex mit dem gesamten Neuen Testament in harklensischer Übersetzung, ist zwar bekannt, konnte aber leider bis zum heutigen Tage trotz vieler Bemühungen nicht erreicht werden, obwohl Hoffnung besteht, daß er nicht verschollen ist. Das war angesichts der ohnehin nur wenigen existierenden Handschriften zwar enttäuschend. Andererseits zeigte sich aber am Schriftencorpus der Katholischen Briefe wie auch an anderen Teilen des Neuen Testaments, daß die handschriftliche Überlieferung der Harklensis relativ uniform ist, so daß auch von anderen Handschriften kaum ein wesentlich anderer Text zu erwarten war. 43

Vgl. dazu u.a. E. C. COLWELL, Studies in Methodology in Textual Criticism of the New Testament, Leiden 1969, p. 164.

44

S. dazu unten S. 46ff.

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I. Das Ziel der Edition

Dagegen eröffneten sich andere Quellen der Überlieferung, die unerwartet reiches, wenn auch nicht immer leicht einzuordnendes Material lieferten. Ich ging zunächst von der einfachen Überlegung aus, daß, wenn schon die Primärüberlieferung nur schmal sei, die Nebenüberlieferung möglichst vollständig herangezogen werden müsse. Wir suchten also in der syrischen, besonders der monophysitischen, Literatur und Übersetzungsliteratur nach Zitaten der Harklensis und fanden relativ viel. Die Beurteilung des Materials unterliegt den Schwierigkeiten, die oben bei der Behandlung der Philoxeniana-Rekonstruktion schon angesprochen wurden. Die Zitate sind dann eindeutig als Zeugen für den Harklensistext anzusehen, wenn sie, wie etwa bei Barhebraeus, direkt als harklensische Version oder auch als „der Grieche" eingeführt werden45 oder wenn sie, wie in Dionysius bar Salibis Kommentar zu den Katholischen Briefen, jeweils die Lemmata bilden und einen nahezu reinen harklensischen Text bieten. Hier hat man sich zu fragen, was die Gründe für die Abweichung von der Harklensis sind. In einer Fortentwicklung des Textes des Thomas können sie nicht liegen, da ja die Handschriften aus der gleichen Zeit einen so uniformen Text bieten. An Umfang noch größeres Zitatmaterial findet sich in der Übersetzungsliteratur. An erster Stelle sind hier die Homilien des Severus von Antiochien in der Übersetzung des Jakob von Edessa zu nennen. Sie enthalten viele neutestamentliche Zitate, die in Jakobs Übersetzung der Harklensis häufig außerordentlich nahe, aber nicht immer mit ihr identisch sind. Wenn man das Verhältnis beider Texte zusammenfassend charakterisieren wollte, müßte man sagen, daß Jakob die ganz und gar unsyrischen Gräzismen des Thomas in Wortstellung, Partikelübersetzung und Syntax vermeidet. Da Jakob im Kloster Qennesre studiert hat wie Thomas, da er außerdem in seinen eigenen syrischen Werken meistens, vielleicht sogar immer, den Text der Peschitta zitiert, scheint hier ein Paradefall für die oben schon angesprochene Möglichkeit gegeben, daß ein Zitat aus der Übersetzungsliteratur und der Harklensistext einander zwar sehr ähnlich sind, daß der Übersetzer aber dennoch selbständig übersetzt hat, allerdings nicht ohne jede Beziehung zur Harklensis, wie immer diese näher zu definieren ist46. Eine gründliche Analyse dieses Materials ist notwendig, zumal die Homilien des Severus noch in einer anderen, frühen syrischen Übersetzung, der des Paul von Kallinikos nach 528, erhalten sind. Sie sind leider nicht ediert, wir haben sie daher noch nicht in diese Ausgabe aufnehmen können. Im nächsten Faszikel werden sie aber aus der handschriftlichen Überlieferung eingearbeitet werden. Denn hier ist der einmalige Fall einer Yergleichsmöglichkeit an reichem Material gegeben, wobei Pauls Text der Philoxeniana etwa so nahe zu stehen scheint wie der des Jakob der Harklensis. Wie immer das Ergebnis einer umfassenden Untersuchung lauten wird, für die die vorliegende Edition und die weiteren Bände das Material liefern, sicher ist, daß seine Zitate in eine Edition der „Syrischen Uberlieferung des Neuen Testaments" hineingehören. Denn sie sind auf jeden Fall Quellen für die lebendige Tradition der Bibelübersetzung bei den Syrern, die sich, insbesondere im 6. und 7. Jh., in einem ständigen Revisionsprozeß vollzogen hat. Ohne sie ist das Werk des Thomas nicht voll zu verstehen und zu würdigen. Ähnliches gilt mutatis mutandis von den Zitaten anderer Übersetzer, so z.B. von Athanasius' von Nisibis Übertragung des 6. Epistelbuches des Severus von Antiochien, wie auch von Originalschriftstellern, so etwa von Georg, dem Araberbischof. Sie bieten einen Text, der der Harklensis nahe ist, und sind damit Zeugen der syrischen Revisionsbemühungen um das Neue Testament im Sinne dessen, was ich einmal die „philoxenianisch-harklensische Ubersetzungstradition" genannt habe, wobei durch diese beiden Vollübersetzungen die Richtung der Revisionsanstrengungen bezeichnet werden sollte.

45

Obwohl zu beachten ist, daß Bar Hebraeus teilweise auch einen Unterschied zwischen der harklensischen Version und „dem Griechen" macht. Ein genaues

46

Urteil ist hier erst möglich, wenn größere Textbereiche untersucht sind. Vgl. oben S. 11 und Anm. 42.

3. Entstehung und Absicht der vorliegenden Edition

15

Da es außerdem Übersetzungen zu geben scheint — die vorsichtige Ausdrucksweise ist angebracht47 - , deren neutestamentliche Zitate teilweise der Peschitta nahe stehen, teilweise aber auch in die Richtung der Harklensis gehen, war es sehr bald klar, in welcher Art die Zitatensammlung unserer Edition aufzubauen war. Auswahlkriterium konnte nicht eine wie auch immer geartete und zu beurteilende Verwandtschaft der Zitate mit der Harklensis sein, sondern es mußten alle Zitate sämtlicher monophysitischer Autoren angeführt werden, dazu in Auswahl zum Vergleich die wichtigsten nestorianischen Autoren, die fast durchweg Peschitta zitieren48. Denn nur dann ergibt sich ein zuverlässiges Bild vom Umgang der Syrer mit dem Neuen Testament. Daß auch monophysitische Autoren, wie es meistens der Fall ist, in ihren eigenen Werken, die also nicht Übersetzungen sind, ziemlich einförmig die Peschitta zitieren, ist ja aufschlußreich. Das liegt nicht etwa daran, daß die Harklensis und verwandte Übersetzungsliteratur nur da ihren Platz gehabt hätte, wo es auf die gelehrte und präzise Übertragung aus dem Griechischen ankam. Vielmehr wurde die Harklensis auch in gottesdienstlichen Lesungen benutzt, wie eine Reihe von harklensischen bzw. gemischten Lektionaren beweist, die Leseabschnitte mit Peschitta- und Harklensistext enthalten. Noch heute gibt es ein in der syrisch-orthodoxen Kirche gelegentlich benutztes Lektionar mit Harklensistext. Allerdings existieren keine Lektionare, die die Katholischen Briefe enthalten, so daß diese Quelle für die vorhegende Edition entfällt. Vollständigkeit der monophysitischen Autoren und Übersetzungsliteratur war ebenso wie in der Zeit nach Entstehung der Harklensis für die Zeit zwischen Philoxeniana und Harklensis anzustreben. Die Gründe dafür wurden oben schon im Zusammenhang mit der Rekonstruktion der Philoxeniana genannt (s. S. 11). Hier ist nachzutragen, daß aus dem 6. Jahrhundert sogar die größte Fülle und Vielfalt der Übersetzungsbemühungen um das Neue Testament ins Syrische bezeugt ist. Die Philoxeniana steht am Anfang, die Harklensis schon gegen Ende dieser besonders reichen Entwicklung49. Dazwischen sind zahlreiche verschiedene Ausprägungen zu beobachten, die im ganzen den Weg von dem einen zu dem anderen Übersetzungstypus deutlich markieren. Wegen der Fülle des Materials sind aber hier noch besonders genaue Einzeluntersuchungen notwendig. Denn zwar kann davon ausgegangen werden, daß die Philoxeniana als erste monophysitische neutestamentliche Übersetzung eine beträchtliche Wirkung ausübte, aber andererseits sind die Zitate aus dieser Zeit doch zu vielfältig im Stil (vgl. z.B. Isaias Sketes), als daß sie alle in unmittelbare Beziehung zu dieser Erstübertragung gesetzt werden könnten. Dazu kommt als besondere Schwierigkeit bei den Übersetzungen das Problem der Datierung. Es ist mehrfach nicht mit Sicherheit zu sagen, ob eine Version mit ihren neutestamentlichen Zitaten vor 616 oder danach entstanden ist, so, wie es ebenfalls nicht immer deutlich ist, ob ein syrischer Autor eine Schrift vor 508 oder danach oder gar noch früher vor der endgültigen Ausformung der Peschitta verfaßt hat. Alles fragliche Material wurde daher hier nach Ρ (= Peschitta) und vor Η (= Harklensis) eingeordnet. Zukünftige Stiluntersuchungen können hier möglicherweise größere Klarheit schaffen. Das wäre unbedingt notwendig. Denn teilweise gibt es Zitate in Übersetzungen, die gewöhnlich ins 6. Jh. datiert werden, die der Harklensis schon unmittelbar nahe sind, z.B. in der Version von Severus' Contra impium Grammaticum. Dafür gibt es vorerst drei verschiedene Erklärungsmöglichkeiten: hier kann 47

48

Denn das Material des vorliegenden Bandes im Vergleich zum ganzen Neuen Testament ist noch schmal. Doch werden hier auch schon Erkenntnisse der Sammlungen zu den folgenden Faszikeln eingebracht, die aber hier noch nicht belegt werden können. Ausnahmen von dieser Regel sind z.B. die von A. SCHER in PO 7,1 edierten Schriften des Hnänä von Adiabene und des Isaias sowie die Liturgieerklärung

49

des Cyrus von Edessa (ed. A. MACOMBER in CSCO 355/356). Mit Jakob von Edessa und seinem Kreis nimmt auch die Bemühung um die Übertragung des neutestamentlichen Textes wieder einen Aufschwung, ohne daß sich das allerdings in einer neuen Vollübersetzung niedergeschlagen hätte.

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I. Das Ziel der Edition

die gleiche Übersetzungsschule am Werk sein, oder die Philoxeniana war der Harklensis noch näher, als wir ohnehin schon annehmen, oder die Datierung der Übersetzung ist falsch, und es liegt tatsächlich ein Einfluß der Harklensis vor. Auch eine Kombination verschiedener dieser Möglichkeiten ist denkbar. Doch ist hier für Spekulationen kein Raum. Nur der Reichtum des vielfältigen Materials soll andeutungsweise klar werden. Fazit dieser Überlegungen und Erfahrungen bei der Editionsarbeit war jedenfalls, daß eine gesonderte Ausgabe der Übersetzung des Thomas von Harqel von 616 nicht möglich ist. Damit würde man weder den von Thomas selbst angegebenen „Quellen" seiner Arbeit noch der späteren „Nebenüberlieferung" gerecht. Vielmehr ist diese syrische Version so in die allgemeine und überaus rege Übersetzungstätigkeit der Syrer wie ihre ständigen Revisionsbemühungen um das Neue Testament eingebunden, daß sie von diesen nicht gelöst werden kann. Sie (und ihr kritischer Apparat) ist nur aus und innerhalb dieser Tradition zu verstehen. So entstand als den Fakten einzig angemessene Darstellungsform der Plan der Edition des „Neuen Testaments in syrischer Überlieferung" und wurde in der beschriebenen Weise ausgeführt. Bei dieser Anlage konnte auf eine Wiedergabe der Peschitta keinesfalls verzichtet werden. Denn wenn die syrische neutestamentliche Übersetzung als ganze als ein beständiger Revisionsprozeß zu verstehen ist, dann spielte natürlich diese wichtigste und verbreitetste Version eine hervorragende Rolle dabei. Insbesondere für die Philoxeniana ist sie als Grundlage anzusehen, von der Philoxenus/Polycarp ausgingen. Aber auch für zahlreiche Übersetzer anderer theologischer Texte ist sie bei der Übertragung der neutestamentlichen Zitate die Norm gewesen, die sie dann mehr oder weniger umformten. Eine kritische Ausgabe der Briefe und Apostelgeschichte in der Peschitta-Version gibt es nicht und wird es voraussichtlich auch in absehbarer Zeit nicht geben. Sie konnte im Rahmen der vorliegenden Edition auch nicht mit unternommen werden. Das hätte deren Rahmen gesprengt. Da andererseits die meist benutzte Ausgabe der British and Foreign Bible Society insofern unbefriedigend ist, als nicht mehr geklärt werden kann, auf welchen Handschriften ihr Text beruht, kollationierten wir 9 Peschittahandschriften des 5. bis 10. Jh. in den Großen Katholischen Briefen gegen den BFBS-Text. Das geschah zunächst nur, um diesen Text, den wir in unserer Edition als Peschitta-Zeile abdrucken, zu überprüfen und möglichst zu identifizieren. Es ergab sich aber mehr daraus. Wie oben schon bemerkt, ist der Text in allen voll kollationierten neun Handschriften sehr gleichförmig und stimmt auch mit dem der BFBS-Ausgabe weitgehend überein, ist aber, als kritischer Text50, mit keiner der Handschriften identisch. Die Abweichungen betreffen im wesentlichen Orthographica, Schreibversehen, Homoioteleuta, selten Wortumstellungen und Präpositionen, häufiger Partikeln. So gilt für den Text der Katholischen Briefe, was Gwilliam schon für den der Peschitta der Evangelien feststellte51: Er ist schon sehr bald nach seiner Entstehung zu einer standardisierten Form gelangt, die im Laufe der Jahrhunderte so gut wie keinen Veränderungen mehr unterlag. Das kann deshalb mit Sicherheit als ein Ergebnis festgehalten werden, weil in unsere Ausgabe in Auswahl auch die Zitate nestorianischer Autoren und Übersetzer, die Peschitta zitie50

Daß es sich um einen kritischen Text handelt, geht aus dem kurzen Vorwort der Ausgabe hervor: „The text . . . follows a critical revision of the Peshitta originally undertaken by Mr. Gwilliam for the Clarendon Press as a completion of his edition of the Gospels (1901), and prepared on similar lines" (p. III). Die von J. Pinkerton nach Gwilliams Tod übernommene und fortgeführte Arbeit wurde, nachdem er gefallen war (1916), nicht mehr fortgeführt.

51

In der Einleitung seiner Evangelien-Ausgabe heißt es: „We can demonstrate that the Peshitto Version of the Gospels has not been corrupted in later times; but, on the contrary, that whatsoever variations it exhibits from the Greek, date from a most remote antiquity. Our authorities are products of both the great schools of Syriac Christianity, while our most ancient copies connect our readings with those of the undivided Syriac Church" (p. VI).

3. Entstehung und Absicht der vorliegenden Edition

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ren, aufgenommen wurden. Das geschah um der Vollständigkeit der Dokumentation des „Neuen Testaments in syrischer Überlieferung" willen und zur Überprüfung der textlich abweichenden Zitate. Außerdem benutzen ja, wie erwähnt, auch die meisten monophysitischen Autoren in ihren eigenen Werken die Peschitta, und sie werden vollständig aufgeführt. Unsere Edition liefert also ein reiches Zitatenzeugnis auch für die Peschitta durch alle Jahrhunderte hindurch, und dieses beweist die These von einem früh standardisierten und dann nicht mehr veränderten Peschittatext der Großen Katholischen Briefe. Die herangezogenen neun Handschriften erlauben eine sachliche Überprüfung des Textes von Gwilliam in der British and Foreign Bible Society-Ausgabe52. So wird man sagen können, daß das in dieser Edition dargebotene Material eine kritische Ausgabe der Peschitta zwar nicht ersetzt — eine Überprüfung sämtlicher Handschriften kann als Ziel nicht aufgegeben werden —, aber doch vorerst, eben weil der Text so uniform überliefert wurde, eine hinreichende Information über den Peschittatext der Katholischen Briefe liefert, mit der man wissenschaftlich arbeiten kann. — Da gegenwärtig auch noch andere nichtkritische Ausgaben der Peschitta neben der BFBS-Ausgabe in Gebrauch sind, findet sich unten auf S. 267 eine Zusammenstellung aller ihrer Abweichungen vom BFBS-Text, um eine rasche Kontrolle der am häufigsten benutzten Editionen und einen bequemen Überblick über sie zu ermöglichen53. Was die Frage einer sog. Präpeschitta anlangt, d.h. die These, daß es vor jenem standardisierten Text Formen gegeben habe, die erst zu der Endform hinführten und die dadurch charakterisiert seien, daß sie Elemente einer älteren Übersetzung noch in sich enthielten, so wird dazu unten im Kapitel über den Text der Peschitta Stellung genommen54. Vorweg ist schon hier zu sagen, daß die Katholischen Briefe für eine Untersuchung dieses Problems kein ausreichendes Material bieten. Die erhaltenen Zitate lassen keinen Schluß darüber zu, ob es eine altsyrische Übersetzung aller drei oder einzelner Katholischer Briefe vor der Peschitta gegeben hat. Die Zitate syrischer Autoren vor der Peschitta sind zu spärlich und unsicher, als daß daraus eindeutige Schlüsse gezogen werden könnten. Zitate aus möglicherweise frühen Übersetzungen gibt es ebenfalls nur ganz wenige und nicht ausreichend aussagekräftige. Dazu kommt als entscheidend, daß vorerst die Chronologie der frühen syrischen Übersetzungsliteratur noch keineswegs gesichert ist, weder was die Versionen patristischer Werke noch was die Peschitta selbst anlangt. In der vorliegenden Edition werden daher alle Zitate erst nach der oben jeweils voranstehenden Peschittazeile eingeordnet. Das gilt natürlich nur für die Katholischen Briefe. In den nächsten Bänden der Ausgabe, so schon in den zunächst folgenden Paulinen, werden vor der Peschittazeile die eindeutigen Zitate aus der frühen syrischen Literatur stehen.

52 53

S. dazu ausführlich unten S. 104 ff. Darin sind folgende Peschitta-Ausgaben berücksichtigt: Novum domini nostri Jesu Christi Testamentum Syriacum cum versione latina, J. LEUSDEN et C. SCHAAR Lugduni 1709. rCAi.mo (sie) CD T ^ X J L I O

54

(Die heiligen Schriften, das sind die Schriften des Alten und des Neuen Testamentes), ed. S. LEE, London 1823/26. Le Nouveau Testament d'apres Ia Pschitta. 2 voll. Mossoul 1898-1900. The New Testament in Syriac. London 1955. Vgl. S. 94 ff.

II. Die Anlage der Edition Das folgende Kapitel dient der Erklärung der notwendigerweise komplizierten Anlage der Edition. Es ist so angelegt, daß es die Benutzung der Ausgabe ermöglicht, auch unabhängig von der Lektüre der übrigen Kapitel der Einleitung. 1. Der Aufbau der Edition a) Der Textteil Die syrische Überlieferung der Katholischen Briefe besteht aus zwei Vollübersetzungen, der Peschitta (P) und der Harklensis (H), sowie den Zitaten aus syrischen Originalwerken und Übersetzungen. Dieses Material ist jeweils untereinander in chronologischer Abfolge verzeichnet und einander zugeordnet. Das jeweils früheste Zeugnis zu einem Vers (im vorliegenden Fall stets die Peschitta, da es keine eindeutig zu beurteilenden Zitate vor der Peschitta aus den Katholischen Briefen gibt1) steht an höchster Stelle jedes Zitierblockes — mit diesem Ausdruck bezeichnen wir die Gesamtheit aller Zeugnisse zu einer Textzeile, die blockartig zusammengefaßt sind. Unter dem frühesten Zeugnis, also hier jeweils der Peschittazeile, werden alle andern Zeugen aufgeführt, und zwar so, daß jeweils die Worte bzw. Wortgruppen untereinandergestellt werden, die Wiedergabe desselben griechischen Wortes bzw., soweit vorhanden, seiner griechischen Variante sind. Dabei wird ein genau gleiches Wort durch Wiederholungszeichen (»), eine Auslassung durch Omissionszeichen (x) markiert. Beispiel: In Jak 1,1 ahmt Ρ die griechische Wortstellung nicht genau nach, sondern zieht die Apposition δούλος vor. Η dagegen folgt der griechischen Wortstellung. Daher erscheint unter dem (für δοϋλος) von Ρ ein Omissionszeichen. Die übrigen Worte können durch ein Wiederholungszeichen angegeben werden, denn sie sind gleichlautend mit P, außer der syrischen Entsprechung für και κυρίου. Ρ hängt daran das Possessivpronomen der 1. Person Plural an, und zwar mit Sicherheit ohne eine griechische Vorlage dafür zu haben. Η wählt zwar das gleiche Wort ( ρ ώ χ ϊ β ) , aber — dem Griechischen gegenüber korrekt — ohne Possessivpronomen. Daher kann nicht mit Wiederholungszeichen gearbeitet werden, das ganze Wort wird ausgeschrieben. Nach den Genitiven folgt, dem Griechischen genau folgend, in Η K'xai«.. In der P-Zeile darüber ist dafür ein freier Raum gelassen.

Auf diese Weise ist die Beziehung der einzelnen Zeugen untereinander und zur griechischen Vorlage, deren ständige Mitbenutzung vorausgesetzt wird, mit einem Blick zu übersehen. Wenn Zitate nur einen Teil eines Verses oder Satzteiles umfassen, so wird die restliche Textzeile, deren Text der Autor nicht zitiert, durch ausgefüllt. Das dient der besseren optischen Übersicht, denn so wird jeweils der Beginn und das Ende eines Zitates deutüch sichtbar. Diese gestrichelten Linien stehen nicht in der P- und der H-Zeile. Denn beide haben ja durchgehenden Text, bei ihnen fällt kein Textteil aus. Sie stehen entsprechend auch nicht bei längeren Zitaten, die sich über mehrere Zitierblöcke hinziehen, bei denen nur wegen eines anderen Zitates im selben Block im Schriftbild eine Lücke gelassen werden muß (vgl. Jak 1,1 bei Dionysios bar Salibi Comm. cath. 116,8). Schließlich werden sie auch vor Beginn eines Zitates dann nicht gesetzt, wenn darüber kein Text steht (vgl. Jak 1,23, 1

S. dazu oben S. 17 und unten S. 94 ff.

1. Der Aufbau der Edition

19

Seite K7, Babai Comm. Cent. 294,37). Denn in Lesern Fall schien uns der Beginn des Zitates optisch deutlich genug in die Augen zu fallen. Wichtig ist für den Benutzer der Edition, daß er die gestrichelte Linie, die das Nicht-Vorhandensein eines Textteils anzeigt, von dem Omissionszeichen ( x ) unterscheidet, das die be wußte Auslassung eines Wortes etc. durch den zitierten Autor an der betreffenden Stelle markiert. Beispiel: In Jak 1,1 beginnt das Zitat aus Dionysius bar Salibi, Comm. cath. 116,8 erst bei der syrischen Entsprechung für ταΐς δώδεκα φυλαϊς. In Jak 1,2 endet das Zitat von Jacob von Edessa, Orthogr. 21,1 bei der Entsprechung für άδελφοί μου. Deshalb muß unter dem folgenden von Η darüber ein Omissionszeichen stehen. Denn Jacob bezeugt das Possessivpronomen auch, gibt es aber durch Suffix wieder. Erst dann folgt die gestrichelte Linie. Die Anwendung der Zeichen ( x ) und erfolgt in allen übrigen Fällen sinngemäß.

Entscheidend ist, daß bei der Wiedergabe und Anordnung der syrischen Zeugen immer die Beziehung auf die griechische Vorlage maßgebend ist. Umgestellte Zitate, d.h. Zitate, in denen einzelne Satzteile eines biblischen Verses an andere Stelle gesetzt sind als in der griechischen Vorlage, werden dem Urtext entsprechend aufgelöst. Das wird aber im Apparat immer vermerkt, so daß eine Rekonstruktion des ursprünglichen Wortlautes des Zitates möglich ist. Beispiel: In Jak 1,5/6 fügt Zacharias die Entsprechung für das μηδέν διακρινόμενος aus V. 6 schon in V. 5 hinter θεοϋ ein. Es erscheint in der Edition an der üblichen Stelle in V. 6, um den Vergleich mit den übrigen Zeugen zu ermöglichen. Entsprechend auch Jak 2,23 bei Cyrill u.ö.

Zitate mit teilweise paraphrasenartigen Elementen (vgl. Jak 1,2 Sahdona, Oeuv. spir. 1/94,6) sind in das System schwer aufzunehmen, ebenso wie sehr kurze Zitate, die in einen eigenen Kontext des zitierenden Autors fest eingefügt sind (vgl. Jak 1,22 Philoxenus, Disc. 4,11). Dennoch kann nicht immer auf sie verzichtet werden, zumal bei knappem Zitatenmaterial, weil schon eine einzelne Wortwahl o.a. aufschlußreich sein kann. Paraphrasenartige Elemente oder Kontextelemente, die nicht zum eindeutigen Zitat gehören, werden daher in eckige Klammern [ ] gefaßt. Auf diese Weise kann gewährleistet werden, daß möglichst immer sinnvolle Sätze zitiert werden und etwaige kontextbedingte Änderungen im Zitat als solche erkennbar werden. Beispiel: In Jak 1,2 ist im Zitat des Sahdona, Oeuv. spir. 1/94,6 der Wegfall der Präposition bei cdicüool durch die individuelle Wahl des Verbums bedingt. Das paraphrasenartige Element kann nicht ausgelassen werden, da ohne es das Zitat weder verständlich noch seine Zuordnung zu Jak 1,2, die so gesichert ist (vgl. den Beginn des Verses), eindeutig wäre.

Längere Kontext- oder paraphrasenartige Elemente werden nicht voll ausgeschrieben, sondern durch [ . . . ] angedeutet. Der Benutzer wird damit auf die Edition des betreffenden Autors verwiesen, zu der er greifen muß, um die genaue Einbettung des Zitates in den Kontext zu eruieren. Die Anwendung dieser Klammern ist besonders bei frühen Übersetzern nicht unproblematisch, weil bei ihnen, bedingt durch den „freieren" Übersetzungs- und Zitierstil, teilweise nicht zu unterscheiden ist, ob der Wille zum Zitat oder zur anspielenden Paraphrase vorliegt2. Wir sind daher, besonders in diesen Fällen, sparsam mit den Klammern umgegangen. b) Die Quellenangaben am rechten Rand Am rechten Rand jeder Seite ist die Herkunft aller zitierten Texte angegeben, und zwar für jeden Zitierblock neu. Das ist notwendig, um die Herkunft aller Zitate eindeutig und über2

Vgl. zum gesamten Sachverhalt ausführlich unten S. 97 £f.

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II. Die Anlage der Edition

sichtlich angeben zu können. Allerdings ist es platzaufwendig. Daher müssen die Abkürzungen so knapp wie möglich und gleichzeitig in sich verständlich sein, um dauerndes Nachschlagen in der Auflösungsliste zu vermeiden. Deshalb werden die Namen der Autoren und Übersetzer meist in einer latinisierten Form gegeben, die Werke dagegen in einer Abkürzung der sinntragenden Worte des Titels der maßgeblichen Edition in deren jeweiliger Sprache. Da es eine Clavis für syrische Autoren noch nicht gibt, schien uns dieses das effektivste Verfahren zu sein, um eine rasche Identifizierung zu gewährleisten. Anonym überlieferte Schriften und Schriftengruppen stehen unter dem sinntragenden Wort des jeweiligen Titels. Corpora und Sammeleditionen erscheinen immer unter dem Titel der Gesamtedition. Das war nicht anders möglich, weil diese Editionen zum Teil sehr kurze Stücke (Briefe etc.) enthalten, deren einzelne Verzeichnung die Abkürzungen zu unübersichtlich gemacht hätte. Jeder Text kann aber mit Hilfe der Seitenzahlen, die bei jedem Zitat angegeben sind, identifiziert werden, wenn man in der betreffenden Edition nachschlägt. Ein Gesamtregister zur Edition, in dem sämtliche Einzeltexte verzeichnet sind, wird folgen. Diesem Band ist eine separate Liste beigegeben, in der sämtliche benutzten Zitatabkürzungen aufgelöst werden (s. S. 287). Sie umfaßt alle in der Edition begegnenden Werke in alphabetischer Reihenfolge, die Zitate aus den Großen Katholischen Briefen enthalten. Scheinbare Lücken in der Liste sind also nur dadurch bedingt, daß ein Werk keine Zitate aus diesem neutestamentlichen Schriftencorpus enthält. Unter jedem Titel steht jeweils eine in Klammern gesetzte römische Ziffer. Sie verweist auf eine zweite Liste der Zitatabkürzungen in chronologischer Reihenfolge3, die in 11 Abteilungen (Abt.. . .) gegliedert ist und die chronologische Einordnung sämtlicher Autoren und Übersetzungen wiedergibt, nach der in dieser Edition verfahren wird. Diese chronologische Anordnung bleibt selbstverständlich immer gleich. Man findet also z.B. ein Zitat aus der Übersetzung von Athanasius' Vita Antonii immer an derselben Stelle in einem Zitierblock der Edition. Sucht man diese Stelle, so verweist die Angabe in römischen Ziffern unter dem Titel der Abkürzungsliste auf die Abteilung, in der das gesuchte Werk oder der gesuchte Autor immer erscheint (z.B. La vie primitive de S. Antoine . . . . (Abt. IV)). Durch diese Untergliederung in chronologische Abteilungen ist gewährleistet, daß zukünftig beliebig viele Titel, die Zitate aus den übrigen neutestamentlichen Schriften enthalten, bisher aber noch nicht aufgenommen wurden, an den entsprechenden Ort in der chronologischen Reihenfolge eingeordnet werden können, ohne daß das System verändert werden muß. Alle Zitate werden nach Bandzahl (soweit vorhanden), Seiten- und Zeilenzahl der Editionen zitiert, aus denen sie entnommen sind4. Dabei wird grundsätzlich nur die erste Zeile eines Zitates genannt. Geht dieses über mehrere Verse und damit auch mehrere Zitierblöcke in der Edition, so wird mit dem Zitat immer dieselbe Anfangszeile wiederholt. Auf diese Weise können zusammenhängende Zitate mehrerer Verse als solche erkannt werden. Das ist u.a. deswegen wichtig, weil bei längeren Zitaten in verstärktem Maß die Möglichkeit gegeben ist, daß ein Autor nicht aus dem Gedächtnis zitierte, sondern nach seiner Bibelhandschrift, die er aufschlug. Im übrigen garantiert nur diese Zitierweise eine klare Abgrenzung verschiedener sowie Zuordnung gleicher Zitate über mehrere Zitierblöcke hinweg. Beispiel: In Jak 1,8—10 gibt es zwar zu jedem Vers ein Zitat des Dionysius bar galibi in seinem Kommentar zu den Katholischen Briefen, aber es handelt sich nicht um ein zusammenhängendes, sondern drei voneinander getrennte Zitate: Comm. cath. 117,3, Comm. cath. 117,6 und Comm. cath. 117,10. Bei so reichlich bezeugten Versen wie 1. Petr 2,22 (es handelt sich um einen der wenigen Fälle, in denen ein Zitierblock über eine Seite unserer Edition hinausgezogen werden mußte) leuchtet unmittelbar ein, daß nur durch das beschriebene System die Zuordnung der Zitate zueinander, die sich über mehr als einen Zitierblock hinziehen, möglich ist (vgl. Seite Κ 50f) s . In 1. Joh 2,16f (vgl. Seite Κ 88f) handelt es sich bei den Zitaten aus Severus' Homilie 11/378,2 sowie 39/508,9 um zusammenhängende Zitate, die über mehrere Verse gehen. 3

Zur chronologischen Anordnung der einzelnen Autoren und Übersetzungen und Sammlungen s. unten S. 24 ff.

4 5

S. dazu unten S. 23. Vgl. dazu auch unten S. 23 ff.

1. Der Aufbau der Edition

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c) Die Apparate Die Edition hat drei Apparate: den Variantenapparat, den sog. Überschußapparat und den Paraphrasenapparat. Der Variantenapparat steht jeweils rechts unten. Um Platz zu sparen, wird kein Bezugslemma angegeben, sondern der Bezug zum Apparat wird durch Verweiszahlen im Text hinter dem betreffenden Wort, die im Apparat wiederholt werden, bezeichnet. Sind mehrere Worte gemeint, so werden sie durch dieselbe Ziffer vor dem ersten und nach dem letzten Wort bezeichnet und erscheinen so auch wieder im Apparat (ζ. B. 2 . .2). Der Gebrauch von Verweiszahlen hat zusätzlich den Vorteil, daß bei der nicht einfachen Lektüre des Textteils auf das Vorhandensein von Varianten direkt verwiesen wird. Der Variantenapparat enthält sämtliche Varianten der Peschitta- und Harklensishandschriften gegenüber der P- und der Η-Zeile, und zwar einschließlich jener „Varianten", die nur den Rang von Orthographica haben ( ^-u etc.). Auf diese Weise mag nach Art eines Specimens einmal die Eigenart unserer wichtigsten Handschriften vorgestellt werden. Im nächsten Band werden Orthographica entfallen. Mehrere Varianten zu einem Wort werden durch | voneinander getrennt. Um einen Eindruck von der Qualität bzw. den Fehlern der White'schen Harklensisausgabe zu vermitteln, werden auch deren Varianten zur Η-Zeile verzeichnet. Der Variantenapparat enthält ferner sämtliche Marginalnotizen der Harklensishandschriften sowie bei der Handschrift H3 jene Lesarten, die in H l mit kritischen Zeichen versehen sind, in H3 dagegen, in der grundsätzlich alle kritischen Zeichen getilgt sind, nicht. Dadurch ergeben sich erhebliche Varianten, denn H3 enthält den vollen Text der übrigen Handschriften ohne die Athetierungshinweise, die mit dem Asteriscus gegeben sind (vgl. z.B. Jak 1,18-K6; Jak 2,5-K10 u.s.f.). Schließlich bietet der Apparat die echten Varianten der Zitate. Sie sind den Apparaten der Editionen entnommen, aus denen die Zitate stammen. Statt der Benennung der einzelnen handschriftlichen Zeugen aus diesen Apparaten heißt es bei uns nur ms(s), denn es wäre sinnlos gewesen, die individuellen Sigla aus der Fülle der verschiedenen benutzten Editionen zu übernehmen. Schließlich werden Emendationen, Konjekturen und offensichtliche Irrtümer der Editoren der verschiedenen Ausgaben vermerkt. Der sog. Überschußapparat steht jeweils links unten über dem Paraphrasenapparat (s. Seite Κ 63). Er hat die Funktion, bei sehr reich bezeugten neutestamentlichen Versen den Text der Zitierblöcke zu entlasten. In ihm sind mit bloßer Stellenangabe alle die Zitate genannt, die völlig identisch mit einem im Text schon angegebenen Zitat sind, unter Voranstellung des jeweiligen Bezugszitates aus dem Zitierblock. - In der vorliegenden Edition findet sich ein sog. Überschußapparat nur zu 1. Petr 2,22 und 4,1. Grundsätzlich sind wir davon ausgegangen, daß im Überschußapparat nur Zitate eines im Zitierblock schon genannten oder doch zeitlich und konfessionell nahe verwandten Autors oder Übersetzers untergebracht werden. Denn identische Zitate sehr verschiedener Autoren können zu große Bedeutung haben, als daß sie auf diese Weise an den Rand gerückt werden dürften. Der Paraphrasenapparat am linken unteren Rand der Seite, erkennbar durch vorangestellte Kapitel- und Verszahlen des neutestamentlichen Textes, auf den er sich bezieht, enthält bloße Paraphrasen des Bezugstextes, die in unserem System nicht zitierbar sind. Im allgemeinen haben sie auch nur bedingten Zeugenwert für den vom Autor benutzten neutestamentlichen Text, weil sie so fest in den Kontext des Autors eingefügt sind, daß ihre Aufnahme in die Edition zu unübersichtliche Umstellungen etc. erforderlich machte. Das Material sollte dennoch nicht verlorengehen. Denn bei diesen Paraphrasen ist immer noch der Bezug zu einem bestimmten Schriftvers erkennbar, sie sind daher nicht gänzlich ohne textkritisches Interesse. Es handelt sich bei den Angaben im Paraphrasenapparat nicht um bloße Anspielungen.

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II. Die Anlage der Edition

Eine grundsätzliche definitorische Unterscheidung von Zitat und Paraphrase ist schwierig. Ausschlaggebend für die Einordnung als Zitat war für uns, daß sich daraus der dem Autor gebräuchliche neutestamentliche Text erkennen läßt, sowie daß der Bezug zur griechischen Vorlage deutlich ist. Als Paraphrase dagegen gilt das, in dem beides nicht der Fall ist, sei es, weil der Autor nur einzelne biblische Begriffe und Formulierungen im Blick hat, die er in einen eigenen Kontext hineinstellt, sei es, weil er einen biblischen Vers bewußt umformt, um ihn dem Stil des eigenen Textes anzupassen6. Einleitende Zitationsformeln allein sind auf jeden Fall kein ausreichender Hinweis auf ein echtes Zitat 7 . Die Seitenzahl rechts oben auf jeder Seite hat ein vorgesetztes Κ (für Katholische Briefe). In der Gesamtedition soll auf diese Weise eindeutig zitiert werden können, obwohl die Zählung in jedem Band wieder bei 1 beginnen muß. Links oben wird der Umfang des jeweils auf einer Seite wiedergegebenen Textes vermerkt. 2. Die Darbietung und Herkunft der Übersetzungen und Zitate Zu diesem Abschnitt ist eine grundsätzliche Vorbemerkung notwendig. Die Vorbereitung einer so komplizierten und umfangreichen Edition wie der vorliegenden dauert lange Zeit und schließt damit einen intensiven Lernprozeß der Editoren ein. Das bedeutet, daß wir heute mehr wissen als am Anfang und daher unter Umständen manches anders machen würden. Das betrifft insbesondere die Harklensis-Zeile in der Edition, möglicherweise sogar auch die Peschitta-Zeile. Mir scheint heute, daß man es trotz schmaler handschriftlicher Basis hätte wagen können, einen kritischen Text der Harklensis der Großen Katholischen Briefe herzustellen und ihn als jeweilige Leitzeile wiederzugeben, was jetzt nicht geschieht: Die Gründe dafür kann ich hier nicht wiederholen, sie liegen in der Qualität des Zeugenmaterials, vor allem aber darin, daß es gelungen ist, genaue Abschriften der griechischen Vorlage der Harklensis zu finden. Aufgrund dessen ist es möglich, Thomas' Übersetzungswerk für diesen Teil des Neuen Testaments zu rekonstruieren. Jedoch gelang der Fund dieser Handschriften erst relativ spät, noch länger dauerte es, bis volle Klarheit über die Einordnung der Harklensis und ihrer Vorlage in die Gesamtheit der griechischen Überlieferung gewonnen war. Zu diesem Zeitpunkt war es dann nicht mehr möglich, das schon fertiggestellte und von Andreas Juckel mit großer Mühe geschriebene Typoskript zu ändern (zwei Maschinen waren notwendig, von denen die syrische weder die Omissions- noch die Wiederholungszeichen enthielt, die im syrischen Textteil ständig gebraucht werden). Denn eine Änderung in jeder Zeile eines Zitierblocks bedingt ja entsprechende Umstellungen in allen übrigen. Daher blieb die Harklensiszeile so wie unten unter b) angegeben. Wie ein kritischer Text der Harklensis in den Katholischen Briefen auszusehen hätte, ergibt sich aber aus dem Kapitel über den Text und die Handschriften der Harklensis (unten S. 91) sowie dem ersten Apparat der griechischen Rückübersetzung der Harklensis (unten S. 27Iff.). Möglicherweise hätte sogar ein kritischer Text der Peschitta hergestellt werden können. Da hier nur eine Auswahl von Handschriften herangezogen wurde, ist das jedoch sehr viel unsicherer als im Falle der Harklensis. Vorschläge zur Verbesserung des Textes von Gwilliam finden sich im Kapitel über den Text und die Handschriften der Peschitta (unten S. 107f.).

6

Inwieweit eine solche bei gebildeten griechischen Autoren verbreitete Zitiermethode auch von den Syrern übernommen wird, bedarf näherer Untersuchung.

7

Vgl. zu Jak 3 , 5 SAH Oeuv. spir. 3/136, 29; zu Jak 4, 6 SEV Horn. 30/618,13; zu 1. Petr 1, 12 SEV Horn. 26/544, 9 und zu 1. Petr 2, 6 PHILOX Disc. 422, 8.

3. Die chronologische Anordnung der Übersetzungen und Zitate

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a) Die Peschitta-Zeile (P) Die P-Zeile der vorliegenden Edition gibt den kritischen Text von Gwilliam aus der Ausgabe der British and Foreign Bible Society wieder. Die Interpunktion der Ausgabe wurde übernommen, nicht dagegen die Vokalisation. Diakritische Punkte werden entsprechend den allgemein gebräuchlichen Richtlinien, die auch bei der Harklensis-Zeile angewendet werden, gesetzt, vgl. dort, unter b). Die im Apparat verzeichneten Varianten der neun herangezogenen Peschittahandschriften ermöglichen eine Kontrolle und gegebenenfalls eine Korrektur dieser Edition. b) Die Harklensis-Zeile (H) Die Η-Zeile gibt den Text der Handschrift Oxford, New College 333, heute Bodleian Library (= Hl), wieder. Sie wurde ausgewählt, weil sie als einzige für alle drei Briefe erhalten ist und für alle einen reichen kritischen Apparat besitzt, d. h. Marginalnotizen und Lesarten im Text, die mit kritischen Zeichen versehen sind. Diese Zeichen beschränken sich auf Asteriscus und Metobelus. Der Obelus erscheint in den Katholischen Briefen in allen Handschriften8 nicht mehr, der Asteriscus übernimmt seine Funktion. Die Satzzeichen von H l wurden übernommen, die in der Handschrift gesetzten diakritischen Punkte dagegen nicht vollständig. Sie wurden nur dort beibehalten, wo sie unterscheidende Funktion haben, d.h. beim Suffix der 3. Pers. f. sing., beim Demonstrativum zur Unterscheidung vom Personalpronomen, beim Interrogativum, u.ä. c) Die Zitate Der Text der Zitate ist der der für die einzelnen Autoren und Ubersetzungen benutzten Editionen. Bei der Zitatsammlung wurden bisher nur edierte Texte berücksichtigt, aus denen das vollständige Zitatmaterial zu den Katholischen Briefen erhoben wurde, gegebenenfalls auch über die Bibelstellenapparate hinaus, soweit diese überhaupt vorhanden sind. Der Grundsatz, nur edierte Texte zu benutzen, ist angesichts der Fülle der Literatur der einzig praktikable, hat aber in besonderen Fällen einen empfindlichen Nachteil, auf den hingewiesen werden muß. Z.B. enthalten die Homilien des Severus von Antiochien nicht nur zahlreiche neutestamentliche Zitate, sondern sind auch in zwei voneinander unabhängigen, für unsere Belange gleicherweise hervorragend wichtigen Ubersetzungen erhalten, der des Jacob von Edessa von 700/1 (ediert) und der des Paul von Kallinikos nach 528 (fast ganz unediert)9. In diesem Fall werden wir in Zukunft die handschriftliche Uberlieferung der frühen Übersetzung heranziehen. Denn wie der Vergleich der einzig in beiden Versionen edierten Homilie 77 zeigt, ist darauf kaum zu verzichten10.

3. Die chronologische Anordnung der Übersetzungen und Zitate Die chronologische Anordnung der Vollübersetzungen und der Zitate war das schwierigste Problem, das uns bei der Anlage der Edition beschäftigte. Wir können nicht ausschließen, daß an der vorgenommenen chronologischen Reihenfolge Korrekturen nötig sein werden. 8

9

D. h. faktisch in Η 1 und Η 2, denn Η 3 enthält überhaupt keine kritischen Zeichen. Die Zuweisung an ihn scheint nahezu sicher zu sein.

10

Zwar gibt es in dieser Homilie keine Zitate aus den Kath. Briefen, aber ein Schriftstellenvergleich ist durchgeführt in B. ALAND, Philoxenianisch-harklensische Übersetzungstradition, p. 328 squ.

II. Die Anlage der Edition

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Ja, wir können es eigentlich nur hoffen, daß aufgrund der Edition Untersuchungen unternommen werden, die eine genauere Einordnung insbesondere mancher Übersetzung möglich machen. Die P- und die Η-Zeile (Peschitta und Harklensis), die einzig durchgehenden Texte, bilden das Gerüst für die Einordnung alles übrigen Materials11, das davor, dazwischen oder danach erscheint. Η ist genau datierbar (616), P, in seiner standardisierten Gestalt, nur annäherungsweise (etwa zwischen 410 und 440). Besondere Bedeutung kommt dem Zeitraum zwischen Ρ und Η zu, zum einen, weil sich die Übersetzungstechnik hier rasch und vielfältig fortentwickelt hat, zum andern natürlich, weil in diesen Zeitraum die — verlorene — Philoxeniana gehört (Entstehungsdatum 508), die auch ein Produkt dieses Entwicklungsprozesses ist und in ihrer Besonderheit annäherungsweise durch die ihr zeitlich nahestehenden Zitate erfaßt werden kann12. Die Zitate aus Werken syrischer Autoren besitzen einen anderen Zeugenwert für den biblischen Text als die aus syrischen Übersetzungen aus dem Griechischen. Denn bei diesen besteht die Möglichkeit, daß der Übersetzer den griechischen Zitattext wörtlich und im Stil seiner übrigen Übersetzung, unabhängig von einer ihm bekannten neutestamentlichen Übersetzung, überträgt13. Daher wurden für jeden Zeitraum die Zitate aus original syrischen Werken von denen aus der Übersetzungsliteratur getrennt. Ebenso mußten die Zitate der monophysitischen Autoren wie der Übersetzungsliteratur von denen der Nestorianer abgehoben werden, weil die „philoxenianisch-harklensische Übersetzungstradition" des Neuen Testaments nur in der monophysitischen Literatur ihren Niederschlag gefunden hat 14 . Daraus ergab sich folgende Gliederung für das Zitatenmaterial15: I. Frühe syrische Autoren aus der Zeit vor der Peschitta (chronologisch geordnet). II. Frühe syrische Übersetzungen aus der Zeit vor der Peschitta (alphabetisch geordnet). PESCHITTA • III. Monophysitische Autoren bzw. Übersetzungen, die der Philoxeniana besonders nahestehen (chronologisch geordnet). IV. Monophysitische (und andere) Übersetzungen aus der Zeit zwischen Peschitta und Harklensis (alphabetisch geordnet). V. Monophysitische Autoren aus der Zeit zwischen Peschitta und Harklensis (chronologisch geordnet). VI. Nestorianische Übersetzungen aus der Zeit zwischen Peschitta und Harklensis (chronologisch geordnet). VII. Nestorianische Autoren aus der Zeit zwischen Peschitta und Harklensis (chronologisch geordnet). HARKLENSIS VIII. Monophysitische Übersetzungen aus der Zeit nach der Harklensis (chronologisch geordnet). 11

12 13

Wir hätten beide Textzeilen gerne optisch hervorgehoben. Weil wir mit einer schlichten Schreibmaschine ein Typoskript herstellen mußten, war das leider nicht möglich. S. dazu unten S. 128 ff. Nicht unabhängig von der Ubersetzungsschule, aus der er stammt.

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Vgl. dazu Näheres unten S. 128 ff. Diese Gliederung liegt sämtlichen Zitierblöcken immer zugrunde, um vergleichbares Zitatenmaterial möglichst in optischer Nähe beieinander zu haben. Das wirkt sich natürlich nur dann besonders hilfreich aus, wenn viele Zitate zu einem Vers vorhanden sind.

3. Die chronologische Anordnung der Übersetzungen und Zitate

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IX. Monophysitische Autoren aus der Zeit nach der Harklensis (chronologisch geordnet). X. Nestorianische Autoren aus der Zeit nach der Harklensis (chronologisch geordnet). XI. Sammlungen mit Texten aus verschiedenen Jahrhunderten. Zu I: Ein Kommentar ist nicht notwendig. Zu II: Hier sind wir restriktiv verfahren. Nur die Texte, deren Entstehung durch ihre handschriftliche Bezeugung (in dem berühmten Codex Brit. Libr. Add. 12.150 aus dem Jahr 411) eindeutig in sehr frühe Zeit zu datieren ist, sind aufgenommen. Möglicherweise gehören noch einige der unter IV eingeordneten Übersetzungen hierher. Da sie in ihrem Entstehungsdatum aber umstritten sind bzw. auch das Bezugsdatum der Peschitta nicht genau anzugeben ist, erscheinen sie einheitlich unter II16. Zu III: Hier sind die Schriften als Block unmittelbar nach der P-Zeile vereinigt, von denen am ehesten angenommen werden kann, daß ihre Zitate in enger Beziehung zur verlorenen Philoxeniana stehen, d.h. sie entweder direkt wiedergeben oder in zeitlicher und traditioneller Nähe zu ihr stehen. Aufgenommen wurden die Werke des Philoxenus nach 508 17 und die Übersetzung der Werke des Severus von Antiochien durch Paul von Kallinikos18. Zu IV: Die in dieser Abteilung zusammengefaßten Übersetzungen sind mit einiger Sicherheit allenfalls dem Zeitraum zwischen Ρ und Η zuzuordnen, nicht aber untereinander in eine chronologische Reihenfolge zu bringen — daher die alphabetische Ordnung. Den monophysitischen Ubersetzungen werden einige andere zugeordnet, die möglicherweise schon vor der konfessionellen Spaltung entstanden sind19. Für unsere Belange kam es vor allem darauf an, die nestorianischen Übersetzungen auszugliedern, weil die Nestorianer in ganz überwiegendem Maß die Peschitta benutzen. Die übrige Übersetzungsliteratur bedarf insgesamt und mit Beziehung aufeinander intensiver Untersuchung. Corpora, von denen sich nachweisen läßt, daß sie als Ganzes in unserem Zeitraum übersetzt sind20, gehören selbstverständlich hierher; für andere Sammlungen vgl. zu XI 21 . 16

Früh einzuordnen, d. h. mit Sicherheit wohl vor der Philoxeniana, aber doch wohl nach der Peschitta (d. h. zwischen Ρ und H) sind ζ. B. die Übersetzungen von Eusebs Schriften, die nicht im Codex Brit. Libr. Add. 12.150 enthalten sind, und die der Werke des Athanasius. Die Kirchengeschichte Eusebs wird zwar von ihrem Übersetzer E. Nestle schon ins 4. Jh. datiert, vgl. TU 21, 2, p. VI—VII, was mir aber allzu früh erscheint. Die früheste datierte Handschrift mit der Hist, eccl. stammt aus dem Jahr 462. Für Athanasius nahm H. G. Opitz die Existenz eines syrischen Corpus Athanasianum in der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts an (vgl. Das syrische Corpus Athanasianum, in: ZNW 33, 1934, 18—31), und zwar aufgrund von Berührungspunkten zwischen bestimmten griechischen Athanasius-Corpora und dem in der Handschrift Brit. Libr. Or. 8606 enthaltenen Corpus. Der Editor der Athanasiana syriaca, R. W. Thomson, urteilt dagegen, die Handschrift „does not represent a Greek corpus of Athanasiana but a collection of items previously translated into Syriac" (vgl. CSCO 272, p. I). Da Philoxenus in seinen frühen „Dissertationes" (ca. 482—484) schon die Epistula ad Epictetum zitiert (vgl. PO 41, 1 p. 138), ist die Übersetzung für das 5. Jh. zwar gesichert, jede frühere Ansetzung ist aber

17 18

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21

vorläufig hypothetisch. Auch dieses Ergebnis ist aber von großer Bedeutung. Denn damit gehört die Version der Athanasiana zu der Übersetzungsliteratur vor der Philoxeniana, die studiert werden muß, um die Tradition zu verstehen, aus der diese neutestamentliche Übersetzung entstand. Vgl. HALLEUX, Philoxene de Mabbog, p. 109 squ. Zuordnung zu Paul und Datierung in das Jahr 528 durch die Subscription der Handschrift Vat. syr. 140 (fol. 146), vgl. CSCO 244, p. II). So zumindest teilweise Euagrius, dessen Werke, wie andere Mönchsliteratur auch, in beiden Konfessionen schon früh verbreitet waren. So z.B. die Docum. monoph. und das Floril. edess., die u. a. nach den frühesten Handschriften, in denen sie überliefert sind, sicher zwischen Ρ und Η gehören (6. Jh. bzw. A. D. 562). Auch in seiner Datierung bzw. Zuordnung noch Umstrittenes wurde hier eingeordnet, so die Athanasiana und Euseb (s. dazu oben S. 25, Anm. 16), Cyrill (vgl. dazu unten S. 97) sowie die Severus-Schriften C. imp.gr.; ep. mutuae; Phil, deren Übersetzung durch Paul von Kallinikos, und damit die Datierung, nicht sicher ist. Das gleiche gilt von der Übersetzung seiner Briefe, sofern sie nicht von Athanasius von

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II. Die Anlage der Edition

Wenn mehrere Rezensionen eines Werkes existieren, die zwischen Ρ und Η gehören, so werden sie selbstverständlich hier verzeichnet. Sofern sie in einer Edition vereint sind, können sie nur durch die Seitenangabe der Zitate voneinander unterschieden werden22. Zu V: Die hier zusammengefaßten Autoren können nur nach ihren Lebensdaten, nicht nach der Entstehung der einzelnen genannten Schriften in eine chronologische Reihenfolge gebracht werden. Relativ viele von ihnen stammen aus der Zeit vor der Philoxeniana, was bei der Auswertung dieses Zitatenblocks beachtet werden muß23. Nicht genau zu datierende Autoren oder Anonymi stehen in chronologisch geordneten Abteilungen stets am Schluß24. Zu VI bzw. VII: Ein Kommentar erübrigt sich, zumal die nestorianische Literatur hier nur in Auswahl, zur Kontrolle des übrigen Materials erscheint. Zu VIII: Hier konnten sogar die Übersetzungen in eine chronologische Reihenfolge gebracht werden. — Die Teile aus größeren Textsammlungen (s. unter XI), die mit relativ großer Sicherheit Jacob von Edessa zugeschrieben werden können, erscheinen dementsprechend hier25. Unsicheres steht wieder am Schluß26. Zu IX und X: Chronologische Einordnung nach Lebensdaten wie oben. Zu XI: Die hier zusammengefaßten Sammlungen enthalten Texte, die unser durch Peschitta und Harklensis gegebenes Gliederungssystem sprengen. Sie gehören verschiedenen der durch diese Versionen gebildeten chronologischen Abteilungen an. Soweit das Entstehungsdatum der Einzeltexte bekannt ist, werden die Zitate daraus an dem entsprechenden Ort, aber immer unter dem gleichen Sigel angeführt. Es handelt sich also um den einzigen Fall, bei dem in der Edition ein Abkürzungssigel an verschiedenen Stellen erscheint.

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Nisibis (im Jahr 669 = ep. [6th book]) übertragen sind. So bei ISAIAS Ascet. Die beiden Hauptrezensionen bieten einen unterschiedlichen Text in den gleichen neutestamentlichen Zitaten. Alle hier genannten Werke des Philoxenus sind vor 508 entstanden, s.HALLEUX,Philoxdne de Mabbog, p. l l l s q u . So hier die drei Epiphanias-Homilien eines anonymen monophysitischen Autors (Horn, epiph.). Das betrifft Teile des Clementinischen Oktateuchs in der von Lagarde herausgegebenen Sammlung der Reliquiae iuris ecclesiastici antiquissimae (Ms Paris syr 62) und die Akten der Synode von Karthago vom Jahre 256 in derselben Sammlung. Beide Texte sind ebenfalls im westsyrischen Synodicon enthalten, hier jedoch in anderer Übersetzung, was auch in den Bibelzitaten zum Ausdruck kommt, und in verkürzter Form. Es spricht alles dafür, daß die längere Fassung in Rel. iur. die ist, die für Jacob von Edessa für das Jahr 686/87 bezeugt ist, die kürzere scheint die jüngere zu sein. Daher wird in unserer Edition, wenn neutestamentliche Zitate aus beiden Fassun-

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gen erhalten sind, Rel. iur. (JAC EDESS) vor dem westsyrischen Synodicon eingeordnet, so in 1. Petr 2, 23. Die Zitate aus den Katholischen Briefen in den Akten der Synode von Karthago (1. Petr 1,16; 1. Joh 2, 18.19) sind nur in der längeren Fassung in Rel. iur. bezeugt. Vgl. zum ganzen A. VÖÖBUS, The Synodicon in the West Syrian Tradition, CSCO 368, p. 2squ. und DERS. Nouvelles sources de l'Octateuque Clementin syriaque, in: Le Mus6on 86 (1973), p. 105. So der Brief des Clemens Romanus an die Korinther und der sog. 2. Clemensbrief, die merkwürdigerweise in einer unserer Harklensishandschriften (Cambr. Add. 1700 = H3) stehen und dort zum Corpus der Katholischen Briefe gerechnet werden. Die Übersetzung stammt wohl sicher nicht von Thomas, sondern ist noch später. Baumstark ordnet sie schon, mit gewisser Vorsicht, dem Kreis des Jacob von Edessa zu (Geschichte, p. 261), was vom Übersetzungsstil her durchaus zutreffen könnte. Auf jeden Fall handelt es sich hier um ein kanonsgeschichtlich höchst bemerkenswertes Zeugnis einer späten Hochschätzung der Clemensbriefe.

III. Die Beschreibung der

Texthandschriften

1. Die Handschriften der Peschitta Die Beschreibungen der Peschitta-Handschriften sind kurz gefaßt, zumal in den Fällen, in denen schon ausführliche Beschreibungen vorliegen. Die der Harklensis gehen mehr ins einzelne, da die Handschriften dieser Version vollständig, soweit heute erreichbar, herangezogen werden. Der Schwerpunkt liegt in jedem Fall bei dem Teil der Handschriften, der die Katholischen Briefe enthält.

(1) Brit. Libr. Add. 17.121 (= PI)

Acta, Große Kath. Briefe

6. Jh.

Pergament

108 Bl.

22 x 13,5 cm

Große, regelmäßige Estrangela-Schrift, 1 Kolumne, 21—25 Zeilen. (Am Anfang und Ende der Hs andere Hände. Bl. 1 und 2 Sertö mit Estrangela-Elementen, 1 Kolumne, 22—23 Zeilen, Bl. 3r und 106r—108 elegantes Sertö mit Estrangela-Elementen, 1 Kolumne, 24—27 Zeilen, 7./8. Jh.). 12 Lagen (Lage 1—4 und 11—12 Quaternionen, Lage 5 — 10 Quinionen). Inhalt: Perikopentabellen Acta Jak 1. Petr 1. Joh Perikopentabellen

lv— 3r 3v— 82 r 8 2 r - 89v 89v— 98r 98r—106r 106v—108 r

Schreibversehen in den Kath. Briefen: Jak 4,7; 1. Joh 2,12. Beschreibung: WRIGHT, Catalogue I, p. 80 squ. (Nr. CXXVII); GREGORY, Textkritik II, p. 518 (21).

(2) Sinai 53/5 (= P2)

Paul, Acta, Kath. Briefe 25,5 x 20 cm

6. bis 10. Jh.

Pergament/Papier

178 Bl.

Die Hs ist aus mehreren Teilen zusammengefügt, einzelne Blöcke noch mit alter syrischer Paginierung. Einband (Holzdeckel) erhalten. Die Hs besteht aus folgenden Teilen: a) Bl. 1, 3, 4, 6 - 1 6 , 18-21, 2 3 - 1 0 3 Pergament, 6. Jh., große Estrangela, 2 Kolumnen, 23—24 Zeilen. Die ursprüngliche Hs

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III. Die Beschreibung der Texthandschriften

bestand aus mindestens 16 Quaternionen (Bl. 72 Lagenzählung 13, Bl. 80:14, Bl. 88:15, Bl. 96:16). b) Bl. 2 und 5 Pergament, 7./8. Jh., kleine, kräftige Estrangela, 2 Kolumnen, 20—26 Zeilen. c) Bl. 17 und 22 Pergament, 9./10. Jh., Palimpsest, untere Schrift unkenntlich, die obere eine eckige Estrangela von ungeübter Hand, 2 Kolumnen, 20—22 Zeilen. d) Bl. 104-146 Papier, 10. Jh., melkitisches Sertö, 2 Kolumnen, 21—27 Zeilen, Lagenzählung: Bl. 104:1, Bl. 112:2, Bl. 120:3, Bl. 128:4, Bl. 136:5, Bl. 144:6. e) Bl. 147-153 und 158-178 Papier, 10. Jh., melkitisches Sertö (größere Schrift als in Teil d), 2 Kolumnen, 20—23 Zeilen, ohne Lagenkennzeichnung. f) Bl. 154-157 Papier, wohl noch 10. Jh., elegantes Sertö, 2 Kolumnen, 19—24 Zeilen. Paul (Rm 11,22-Hebr 10,28) Acta Jak 1. Petr 1. Joh 1,1—7a 2. Petr 1. Joh 2. Joh 3. Joh Jud Perikopentabellen Perikopen für die Heiligenfeste Liturgische Texte

l r - •103v 104r— 140 r 140r— 143r 143 r - 146v 146v 147r— 150r 151v— 155r 155r— 155v 155v— 156r 156r— 157v 158r— 161r 161v— 172v 172v— 178r

Schreibversehen in den Kath. Briefen: Jak 2,6.23; 3,9; 4,9.11; 1. Petr 1,22; 2,2; 4,8; 5,5; 1. Joh 3,13; 5,14. Beschreibung: Eine ausführliche Beschreibung der Hs existiert bisher nicht. Kurze Erwähnung bei K. W. CLARK, Checklist of Manuscripts in the St. Catherine's Monastery Mount Sinai, Library of Congress, Photoduplication Service, Washington 1952, p. 17; M. KAMIL, Catalogue of All Manuscripts in the Monastery of St. Catherine on Mount Sinai, Wiesbaden 1970, p. 152.

(3) Vat. syr. 266 (= P3)

Neues Testament

7./8. Jh.

Pergament

216 Bl. 1

Estrangela mit Sertö-Elementen, 2 Kolumnen, 3 6 - 3 9 Zeilen (Bl. 1 - 5 : Sertö von späterer Hand, Pergament, 1 Kolumne, 2 9 - 3 0 Zeilen). 1

Die Maße der Handschrift können hier nicht ange-

geben werden, da der Film der Handschrift, den wir zur Verfügung hatten, keinen Maßstab enthält.

29

1. Die Handschriften der Peschitta

21 Lagen. Quinionen, Lage 12 (Beginn Bl. 115r) ist eine Senione, Lagenkennzeichnung wie üblich am unteren Rand des 1. und letzten Lagenblattes; von Lage 1 sind die ersten 3 Bl. verloren, 5 Bl. wurden davorgesetzt. 2 Bl. sind im Anschluß an Lage 21 zugefügt. Inhalt: Perikopentabellen E w (Mt 4,9-Joh) Acta Jak 1. Petr 1. Joh R m - 2 . Tim 2,23 Hebr 1,2-3,4 Hebr 7,5-8,12

lr— 5v 6 r - 1 1 lv lllv—146v 146v—150r 150r—154r 154r—157v 171r-214v 215rv 216rv

Schreibversehen in den Kath. Briefen: Jak 1,21; 2,5; 3,14; 4,8; 1. Petr 2,18; 4,1; 5,5.9; 1. Joh 2,19. Kurzbeschreibung: A. MAI, Codices chaldaici sive syriaci Vaticani Assemaniani (Scriptorum veterum nova collectio e Vaticanis codicibus edita 5), Romae 1831, p. 4.

(4) Brit. Libr. Add. 14.470 (= P4)

Neues Testament

5./6. Jh.

Pergament

176 Bl.

23,5 x 15 cm

Feine, elegante Estrangela, 2 Kolumnen, 40—48 Zeilen (Bl. 96, 101, 154—163 Estrangela von später Hand, gröber und größer, ca. 9./10. Jh., 2 Kolumnen, 3 3 - 4 2 Zeilen). Lagenkennzeichnungen von späterer Hand zugefügt; es fehlen die Kennzeichnungen 12 (Bl. 114r?) und 17 (Bl. 164r?). 18 Lagen (Quinionen), der Lage 6 fehlt ein Bl., die Lagen 5 und 7 sind Senionen, Lage 17 ist wohl eine Quaternione. Die Hs endet auf dem 5. Bl. der 18. Lage (Bl. 176v). Inhalt: Bl. lv, in späterer Hand des 9. Jh.s beschrieben, enthält die Perikope von der Ehebrecherin in harklensischer Version, die in der Peschitta fehlt, mit kurzer Einleitung. Bl. 2r, in Hand des 10. Jh.s, Notiz, aus der hervorgeht, daß die Hs dem Kloster Maria Deipara gehörte2. Joh 7,50-8,12 (harkl. Vers.) Besitznotiz Ew Paul Acta Jak 1. Petr 1. Joh

lv 2r 2v—88r 88r—143r 143r—168v 168v—171r 171r—174r 174r—176v

Beschreibung: WRIGHT, Catalogue I, p. 40 (Nr. LXIII); GREGORY, Textkritik I, p. 510 (13).

2

Gemeint ist das Mutter-Gottes-Kloster

(Syrer-Kloster) im Wädi n-Natrün.

30

III. Die Beschreibung der Texthandschriften

(5) Brit. Libr. Add. 14.448 (= P5)

Neues Testament

A.D. 699/700

Pergament

209 Bl.

23,5 x 15 cm

Gedrungene Estrangela, 1 Kolumne, 26—32 Zeilen (Bl. 64 Papier, 13. Jh.), Kephalaiazählung. Vormals 25 Lagen (Quinionen); es fehlen Folien nach Bl. 1, 5, 194, 196 und 204. Ebenso fehlen die Lagenkennzeichnungen 7 (Bl. 55), 8 (Bl. 65) und 20 (Bl. 184). Eine spätere Lagenkennzeichnung, teils durch koptische, teils durch arabische Zeichen, in der linken oberen Ecke des Blattes, jedoch nicht immer korrekt auf dem jeweiligen 1. Lagenblatt. Ein Kolophon datiert die Hs auf A. Gr. 1011 (?), A.H. 80 (= A.D. 699/700). Inhalt: Mt 2,14-3,14 Mt 5,24-8,26 Mt 9,19—Joh Acta Jak 1. Petr 1. Joh Rm-Hebr 7,4 Hebr 9,21 bis Schluß Kolophon

lrv 2 r - 5v 6r—116v 116r—153v 153v—157r 157r—160v 160v—164r 164 r - 204v 205r-209v 209v

Schreibversehen in den Kath. Briefen: Häufige Verwechslung des Punktes zur Bezeichnung der volleren und feineren Aussprache beim Suffix der 3. sg. Beschreibung: WRIGHT, Catalogue I, p. 41 (Nr. LXIV); GREGORY, Textkritik II, p. 510 (14).

(6) Brit. Libr. Add. 14.473 (= P6)

Acta, Kath. Briefe

6. Jh.

Pergament

139 Bl.

22 χ 17,5 cm

Große, regelmäßige Estrangela, 2 Kolumnen, 17—19 Zeilen (Bl. 37—40 und 4 3 - 4 6 später zugefügt, Papier, 13. Jh., unbeholfene Estrangela, 1 Kolumne, 13—14 Zeilen). Keine Lagenkennzeichnungen, lediglich Bl. 13 l r ist in der oberen linken Ecke mit ΙΔ markiert. Inhalt: Acta Jak 1. Petr 1. Joh

lv-108v 108v—118r 118v—129r 129r—139v

Schreibversehen in den Kath. Briefen: 1. Petr 4,14. Beschreibung: WRIGHT, Catalogue I p. 7 9 - 8 0 (Nr. CXXV); GREGORY, Textkritik II p. 518 (19).

31

1. Die Handschriften der Peschitta

(7) Brit. Libr. Add. 17.120 (= P7) Acta, Kath. Briefe

6. Jh.

Pergament

51 Bl.

23,5 x 18 cm

Regelmäßige, gute Estrangela, 2 Kolumnen, 27—31 Seiten. 8 Lagen (Tertionen), von späterer Hand mit Lagenzählung 11—18 versehen. Die vorletzte Lage enthält nur 2 Bl., der ersten Lage sind 7 Bl. vorangestellt. Die Hs gehörte, einer kurzen Notiz auf Bl. 1 r von späterer Hand entsprechend, dem Kloster Maria Deipara3. Inhalt: Acta Jak 1. Petr l.Joh

lv40 r 43v— 47v—

40 r 43v 47v 51v

Schreibversehen in den Kath. Briefen: Jak 1,21; 1. Petr 1,15; 5,5; 1. Joh. 2,13-29. Beschreibung: WRIGHT, Catalogue I p. 80 (Nr. CXXVI); GREGORY, Textkritik II p. 518 (20).

(8) Brit. Libr. Add. 14.472 (= P8) Acta, Kath. Briefe

6./7. Jh.

Pergament

73 Bl.

23,5 X 16 cm

Regelmäßige Estrangela, 2 Kolumnen, 21—28 Zeilen (Bl. 7, 8,16 aus dem 8./9. Jh., Estrangela, 2 Kolumnen, 21—25 Zeilen. Bl. 15 aus dem 9./10. Jh., Sertö mit Estrangela-Elementen, 2 Kolumnen, 23—24 Zeilen). Bl. 71 Papier, 13. Jh., Sertö mit Estrangela-Elementen, 1 Kolumne, 21—22 Zeilen. 8 Lagen (Quinionen), die 1., 2. und 8. Lage unvollständig, Lagenkennzeichnung von späterer Hand. Die Hs wurde A. Gr. 935 (= A.D. 624) gekauft und der Kirche Gadalta geschenkt (Notiz Bl. 72v—73 r). Bl. l r findet sich ein Besitzvermerk von späterer Hand des Klosters Maria Deipara4. Inhalt: Acta Jak 1. Petr l.Joh Kaufvermerk Perikopentabellen

lv— 55v— 61 r 67 r— 72v— 7 3 rv

55v 61 r 67r 72v 73 r

Schreibversehen in den Kath. Briefen 1. Petr 4,4. Beschreibung: WRIGHT, Catalogue I p. 81-82 (Nr. CXXVIII); GREGORY, Textkritik II p. 519 (22).

3

Gemeint ist wieder (s. oben S. 29 Anm. 2) das SyrerKloster im Wädi n-Natrün.

4

Gemeint ist auch hier das Syrer-Kloster im Wädi n-Natrün.

32

III. Die Beschreibung der Texthandschriften

(9) Brit. Libr. Add. 18.812 (= P9)

Acta, Kath. Briefe

6./7. Jh.

Pergament

55 Bl.

26 x 21 cm

Große Estrangela, 2 Kolumnen, 26—30 Zeilen (Bl. 1 und 2 aus dem 8./9. Jh., Estrangela, 2 Kolumnen, 24—29 Zeilen; Bl. 7 aus dem 9./10. Jh., Sertö mit Estrangela-Elementen, 2 Kolumnen, 14—25 Zeilen). 7 Lagen (Quaternionen), von späterer Hand mit Lagenzählung 16—22 gekennzeichnet. Die Lagen 16 und 21 haben je 1 Bl. verloren, der Lage 22 ist ein Bl. nachgestellt. Lücken nach Bl. 46, 54 und 55. Inhalt: Acta Jak l.Petr (bis 4,10) 1. Joh (bis 2,16)

l v - 47 r 47 r— 51r 5 1 r - 54v 55rv

Beschreibung: WRIGHT, Catalogue I p. 83 (Nr. CXXIX); GREGORY, Textkritik II p. 519 (23) 5 .

2. Die Handschriften der Harklensis

(1) Oxford, New College 333 (= Hl), jetzt Bodleian Library

Neues Testament

11. Jh.

Papier

274 Bl.

32 x 23 cm

Ursprünglich wohl Vollhandschrift des Neuen Testaments in harklensischer Version (Apk?), bricht durch Beschädigung bei Hebr 11,27 ab (Bl. 272v). 27 Lagen (Quinionen), Lage 5 (Bl. 39—52) enthält 14 Bl., Lage 1 nur noch 8 Bl., der letzten Lage sind 2 Bl. (andere Hand) zugefügt. Die Lagenzählung am unteren Rand des 5

Nicht benutzt wegen ihres zu jungen Alters (12./13. Jahrhundert) wurde eine Peschitta-Handschrift der Brit. Libr. (Add. 14.681), die zunächst für uns interessant zu sein schien. Nach Wrights Katalog weist sie am Rand von späterer Hand „verschiedene Lesarten und Notizen" auf, entweder aus anderen Manuskripten der Peschitta oder aus der Harklensis (vgl. WRIGHT, Catalogue I p. 78-79, Nr. CXXIII). Eine Nachprüfung im Textbereich der Großen Katholischen Briefe ergab folgendes: Die Marginalien sind nicht sehr zahlreich, einige sind nur Korrekturen versehentlich im Text ausgelassener Wörter o. ä. Zum Peschittatext gibt es drei Randnotizen, von denen zwei nur die Vokalisation betreffen. Die dritte ist nur die Korrektur eines Fehlers in der Handschrift: Sie liest in 1. Joh 1, 6 (Bl. 63 r) ^i^icneo nriixs «Ao verursacht durch mehrfaches Vorkommen des Verbums v^co im Kontext. Die spätere Hand verbessert, entsprechend dem üblichen Peschittatext, ^ x i . Aus

der Harklensis sind 5 Varianten vermerkt, 3 übereinstimmend mit dem Text aller Harklensis-Handschriften. Die übrigen beiden sind folgende: In Jak 4,9 (Bl. 55 v) wird zu dem Peschittatext aaasaiyrt (ταλαιπωρήσατε) angemerkt rc*tuoi oosAirc (Die Harklensis-Handschriften haben, sicher ursprünglich, nur aox&rf). Der Semitismus, den die Harklensis sonst vermeidet (außer Jak 5, 17), ist auffällig. In 1. Petr 2, 11 (Bl. 59 r) wird zu osi&Aire (άπέχεσθε) am Rand beides vermerkt, und anjii&rf (= Harkl.), und gemeinsam in eine graphische Markierung eingeschlossen. Ist dabei oafe*»* als Lemma gedacht? Auf jeden Fall zeigen selbst die spärlichen Notizen das Interesse an der Harklensis in später Zeit. Bemerkenswert ist, daß der mit Marginalien versehene Rand der Handschrift oben mit einem großen versehen ist, s. dazu die Beschreibung von Η 2, unten S. 37.

2. Die Handschriften der Harklensis

33

ersten bzw. letzten Lagenblattes erfolgt bei Lagenbeginn mit syrischem und armenischem Zeichen (das syr. oftmals weit nach links versetzt), am Lagenende nur mit syrischem Zeichen. 2 Kolumnen, 29—32 Zeilen je Kolumne. Die Schrift enthält Estrangela-Elemente (z.B. κ", jl., bisweilen λ , aber auch ganze Seiten sind im Estrangela-Duktus geschrieben, z.B. Bl. 27lv, 272r), Sertö-Elemente (z.B. bei i, s, o, cn) und Elemente des melkitischen Sertö (z.B. bei ja). Überschriften und Kephalaia-Zählung erscheinen in Rot, hierbei verstärkter Estrangela-Duktus. Vokalpunkte zur Bezeichnung der volleren und feineren Aussprache, vereinzelt Vokalisierung (jakobitisch und nestorianisch) von späteren Händen. Interpunktion: Punkt, Doppelpunkt (schräg und gerade), Punktkreuz. Längere alttestamentliche Zitate werden durch Zitationszeichen am Rand kenntlich gemacht. Inhalt: Mt Mk Lk Joh Acta Jak 1. Petr 2. Petr 1. Joh 2. Joh 3. Joh Jud Paul

9v— 40 r 40v— 64 r 64v— 104v 104v—135v 136r—178v 178v—182r 182r—186r 186r—188r 188r—191r 191r 191rv 191v—192v 204r—272v (Hebr 11,27)

Vor Mt-Ev. vier Hypotheseis (cdaa»a>) über genealogische Fragen u.ä. (Bl. lv). Es folgen der Brief Eusebs an Karpian (Bl. 3v—4r) und die Kanontafeln des Euseb (Bl. 4r—Bl. 8v). Vor jeder neutestamentlichen Schrift (mit Ausnahme der Katholischen Briefe) steht eine Liste mit Kephalaia-Titloi. Die Kephalaia-Zählung wird im Text jeweils am Rand wiederholt. Bei den Evangelien stimmt die Anzahl der Kephalaia (Mt 68, Mk 48, Lk 83, Joh 18) mit der in der griechischen Überlieferung verbreitetsten überein. Auch ihre Abgrenzung und die Formulierung der Titloi sind weitgehend damit identisch (vgl. v. SODEN, Die Schriften des Neuen Testaments I 1, 405ff.). Dasselbe gilt für die Pls-Briefe. Mit der griechischen Tradition überein stimmt die Anzahl der Kephalaia (Rm 19,1K 9, 2K 10, Gal 12, Eph 10, Phil 7, Kol 10, IThess 7, 2Thess 6, lTim 18, 2Tim 9, Tit 6, Phm 2, Heb 22) sowie die der Hypodihaireseis (vgl. v. SODEN, Die Schriften des Neuen Testaments 11, 46Iff). Geringfügige Abweichungen bestehen in der Abgrenzung der Kephalaia und der Formulierung der Titloi. Die den Acta vorangestellte Kephalaia-Liste hat in den bekanntesten griechischen Überlieferungen keine Entsprechung (vgl. v. SODEN, Die Schriften des Neuen Testaments I 1, 440ff). Sie enthält nur 32 Kephalaia, hat keine Hypodihaireseis, die Titloi sind anders formuliert. Dennoch wird eine griechische Vorlage zugrundeliegen. Darauf lassen griechische und syrische Marginalnotizen sowie kritische Zeichen im Text (so außerdem nur noch in den PlsBriefen außer Rm, 1. Kor und Phm) schließen. Angesichts der bekannten Vielfalt der Einteilung und Titloiformulierung der griechischen Acten sind Abweichungen hier naheliegend. Die Kathol. Briefe haben keine Einteilung in Kephalaia. Es gibt lediglich eine Untergliederung des Textes in kurze Sinnabschnitte, ohne Bezug zu den üblichsten Einteilungen im Griechischen (vgl. v. SODEN, Die Schriften des Neuen Testaments I 1, 456ff). Sie sind durch ein aus vier Punkten gebildetes Kreuz (in Rot) voneinander getrennt.

34

III. Die Beschreibung der Texthandschriften

Mit einem euthalianischen Apparat sind die Pls-Briefe ausgestattet. Er enthält folgende Teile (vgl. v. DOBSCHÜTZ, Euthaliusstudien p. 129squ.): Prologus Mart. Pauli Tabula lect. Progr. brev. Tab. test. brev. Summarium Tab. de locis Tab. de pers. Progr. long. Tab. test. long. Pinax ep. Pauli (Tab. capp. Rm.

192vb—197rb 197 rb 197rb—198va 198va 198va— 199va 199va 199va 199vb—200ra 200ra—200rb 200rb—204ra 204 ra 204ra—204va)

Die Testimonia aus dem AT werden im Text an der jeweiligen Stelle am Rand wiederholt (in Rot). In Acta und den Katholischen Briefen finden sich lediglich gelegentlich Testimonien aus dem AT. In den Kath. Br. Bl. 180r (Jak 2,23; Κ 16), 181 r (Jak 4,6; Κ 25), 182v (1. Petr 1,16; Κ 40), 183r (1. Petr 2,6; Κ 45), 184v (1. Petr 3,10; Κ 57), 185v (1. Petr 4,18; Κ 71; 5,5; Κ 74). Diese Herkunftsbezeichnungen (in Rot) sind die des euthalianischen Apparates (vgl. Zacagni p. 672 squ. bei MPG 85), jedoch nicht vollständig. Sie stammen also wohl von dort und sind nicht Teil der eigenen Randnotizen des Thomas. Die Handschrift besitzt einen umfangreichen kritischen Apparat des Thomas. Er besteht 1. aus den bekannten Notizen am Rand (s. dazu unten S. 111), meist in syrischer, aber auch in griechischer Sprache (Semiunziale von verschiedenen Händen). Sie stammen zum überwiegenden Teil von der Hand des Schreibers der gesamten Hs, sind aber insgesamt dünner und kleiner geschrieben als der Text. Einige Marginalien sind von 2. Hand, so mit Sicherheit das extrem dünn geschriebene (Korrektur einer versehentlichen Omission im Text) Bl. 184ν (1. Petr 3,11; Κ 57) sowie das έγκόπτεσθε (sic) Bl. 185r (1. Petr 3,7; Κ 56). Auch andere Randnotizen sind aber möglicherweise später von anderer Hand hinzugefügt. Die Marginalien werden ihrem Bezugswort im Text durch ein graphisches Zeichen zugeordnet, das bei dem betr. Wort wiederholt wird. Gewöhnlich ist es ein einfaches Kreuz. Auch die anderen graphischen Gebilde dieser Art erwecken den Eindruck, vom Schreiber ad hoc geschaffen worden zu sein. Bei den Marginalien, die außer den atl. Zitaten auch den Beleg nennen, fehlt die Zuordnung durch ein Zeichen. In der Regel sind die syr. Marginalien durch das Zuordnungszeichen und durch einen Punkthaufen eingefaßt. Bei den griech. Marginalien erscheint statt dessen nur ein Doppelpunkt. Bl. 180r (oben links) und 189v (am unteren Rand) findet sich jeweils eine unleserliche syr. Marginalie. Letztere umfaßt vier Zeilen und beginnt wie folgt: ,Men Grigöriös dNussä men memrä dmettul . ..'. Gelegentlich weist der Rand hebräische Beischriften in ungelenker Schrift auf. 2. aus den mit kritischen Zeichen versehenen Worten oder Wortgruppen im Text. Diese Zeichen sind Obelus und Metobelus (jedoch diese nur bis Acta 18,27)6 bzw. Asteriscus und Metobelus (diese in der gesamten Hs). In den Kath. Briefen kommen dementsprechend nur Asteriscus und Metobelus vor, und zwar insgesamt an 33 Stellen und an 2 Stellen, an denen sich nur ein Asteriscus ohne Metobelus findet (Jak 4,5 und 4,12). Zur Bedeutung der kritischen Zeichen vgl. unten S. 11 Iff.

6

S. dazu oben Seite 8 ff.

2. Die Handschriften der Harklensis

35

Die bekannten Subscriptionen des Thomas stehen im Anschluß an die Evangelien (Bl. 135 v) und für Acta/Kath. Briefe nach dem Judasbrief (Bl. 193v). Mit dem Rest von Hebr ist auch die Subscriptio zu den Paulinen weggebrochen. Beschreibungen und Literatur: H. O. COXE, Catalogue codicum mss. qui in collegiis aulisque Oxoniensibus hodie adservantur, Pars I: Codices mss. Collegii Novi, n. CCCXXXIII p. 119, Oxford 1852. G. RIDLEY, De Syriacarum Novi Foederis versionum indole . . . dissertatio 1761; E. VON DOBSCHÜTZ, Euthaliusstudien, ZKG 19 (1899) p. 128 (instruktive Kurzbeschreibung); C. G. GREGORY, Textkritik des Neuen Testamentes, Bd. 2, Leipzig 1902, p. 525 (9); G. ZUNTZ, The Ancestry of the Harklean New Testament, London 1945, vgl. p. 7—33 zu den Subscriptionen; G. ZUNTZ, Die Subscriptionen der Syra Harclensis, ZDMG 101 (1951) p. 174-196.

(2) Brit. Libr. Add. 14.474 (= H2)

Paul, Acta, Kath. Briefe; Homilien des Jacob von Sarug und Severus von Antiochien Pergament 140 Bl. 21,5 x 16 cm (Bl. 1 0 5 - 1 1 2 Papier, 19 x 14 cm.)

9. Jh.

Die Pls-Briefe und Acten werden nach der Peschitta geboten, die Kath. Briefe nach verschiedenen Versionen: Jak, 2. Petr und 1. Joh nach der Harklensis, der 1. Petr nach der Peschitta, 2. und 3. Joh wie Jud nach der von GWYNN, Remnants . . . edierten Fassung, hier Philoxeniana genannt7. Anfang und Schluß der Hs sind weggebrochen, die erhaltenen Folien z.T. stark beschädigt. 16 Lagen sind erkennbar (Quinionen; übliche Lagenkennzeichnung am unteren Blattrand des 1. und letzten Lagenblattes; Zählung 16 auf Bl. 120r), ihre Gesamtzahl dürfte vormals maximal 20 gewesen sein. Die Lagen 1, 9 und 10 fehlen ganz, von Lage 2 ist 1 Bl. erhalten (= Bl. 1). Der Lage 15 sind 8 Papierblätter (Bl. 105-112) angefügt. Wieviele der Blätter nach Bl. 120 zu Lage 16 gehören, ist nicht erkennbar. Eine Kolumne 24—30 Zeilen je Seite, ebenmäßiges Sertö, Vokalpunkte zur Bezeichnung der volleren und feineren Aussprache, gelegentlich westsyrische Vokalzeichen. — Bl. 105 — 112 (einen Teil der Kath. Briefe enthaltend, s. die Zusammenstellung unten) sind in 1 Kolumne, jedoch einem Sertö des 11./12. Jhs., beschriftet, höhere und breitere Schrift als die der übrigen Blätter, 16—24 Zeilen je Seite. Rukkäka und Qussäiä, gelegentlich westsyrische Vokalzeichen, wohl von späterer Hand zugefügt. Die Schriftzüge dieser 8 Bl. lassen auf zwei Schreiber schließen: Bl. 105 r— 108v: Bl. 105 r bemüht sich der Schreiber, Estrangela zu schreiben (bes. deutlich ο und cd), geht dann aber Bl. 105v in Sertö über. Bl. 109r—112v: Sertö, breitere Züge als die von Bl. 105—108. Die Rundungen von -p, qd und sind spitz. Der Schriftspiegel ist schmaler und niedriger als bei den vorhergehenden Blättern. Bl. 112 hat einen sehr großen Schriftspiegel und ist sehr gedrängt beschriftet — wohl weil der Schreiber den Rest des Judasbriefes auf diesem Blatt unterbringen wollte.

7

S. dazu unten S. 128 ff.

36

III. Die Beschreibung der Texthandschriften

Inhalt (soweit NT-Text): Rm (nur 9,9-10,8) 1. Kor (ab 6,11—Hebr 12,2) Acta Jak 2. Petr 1. Petr (nur bis 3,9) 2. Joh 3. Joh Jud 1. Joh

(Pesch.) (Pesch.) (Pesch.) (Harkl.) (Harkl.) (Pesch.) (Philox.) (Philox.) (Philox.) (Harkl.)

lr-

lv

2T— 61V

62r— 98v 98v— 102v 102v— 104v 105v— 108v 109r—llOr llOr-lllr lllr—112v 113r—116v

Bl. 116v beginnt der nichtneutestamentliche Teil der Hs. Es ist zu Vermuten, daß die ursprüngliche Hs des 9. Jhs. alle Kath. Briefe in harklensischer Version enthielt. Die Blätter mit 1. Petr, 2. Joh, 3. Joh und Jud gingen verloren und wurden später in der Normalversion ersetzt, und zwar, nach der unterschiedlichen Schrift und der Textlücke nach 1. Petr 3,9 zu urteilen, in zwei Stufen: zunächst der wichtige 1. Petr. in Peschitta, dann die fehlenden Kleinen Kath. Briefe in der Version, mit der die in der Peschitta nicht enthaltenen neutestamentlichen Schriften ergänzt wurden. Allerdings ist die ungewöhnliche Reihenfolge von Jak, 2. Petr und 1. Joh am Schluß ursprünglich, wie die angegebenen Blattzahlen beweisen. Keine Beigaben zum NT-Text. Im Peschitta-Teil der Hs Zählung nur der großen Abschnitte («imi^), von — grober — 2. Hand später nachgetragen. Im Harklensis-Teil keinerlei Einteilungen, nur eine Abschnittszählung am Anfang von Jak (oa). Die gesamte Abschnittsauszeichnung ist wohl zusammen mit der der Folien 105 — 112 erfolgt (vgl. Bl. 107r), stammt also mindestens aus ihrer Zeit, wenn sie nicht noch jünger ist. Kein euthalianischer Apparat in den Kath. Briefen, lediglich die Herkunftsbezeichnungen aus dem AT, die sich auch in H l finden, sind vorhanden. In den Kath. Briefen, die die harklensische Version bieten, besitzt die Hs den üblichen kritischen Apparat aus Marginalien (griechische Wörter in Unziale) und kritischen Zeichen (Asteriscus und Metobelus, dieser fehlt gelegentlich). Es gibt geringfügige Unterschiede zum Apparat von Hl, so in der Setzung von Asteriscus und Metobelus in: Jak 4,4/K 24 und Jak 4,5/K 24. An beiden Stellen fügt die Hs die kritischen Zeichen hinzu, ohne daß H l sie hat. Davon zumindest in Jak 4,5 falsch, in Jak 4,4 möglicherweise richtig. Auf jeden Fall sind diese Abweichungen ein Anzeichen dafür, daß der kritische Apparat im Laufe der Kopistentradition Veränderungen unterliegen konnte, wovon unten noch die Rede sein wird. Auch in den Marginalien weisen die Hss H l und H2 einige Unterschiede auf. Ihre Zahl scheint relativ hoch zu sein (17 Stellen), jedoch handelt es sich meistens darum, daß Worte der griechischen Vorlage nur in einer der beiden Hss am Rand genannt werden oder die Umschrift eines griechischen Wortes nur von einem Codex in syrischen Buchstaben transkribiert wird o.ä. In solchen Fällen hat H2 häufiger keine Angabe als H l . Echte Varianten liegen nur in 2 bzw. 3 Fällen vor. Am wichtigsten ist Jak 1,19 (K 6): H l vermerkt am Rand oa^i (ϊστε) statt ώστε im Text, H2 hat keine Marginalie. Ebenso notiert H l in Jak 1,24 am Rand i » ^ (γαρ) statt δέ im Text, ohne daß H2 eine Marginalie aufwiese. Die Variation in Jak 2,25: H l Γ^ι-Λχ^λ und H2 ^cu-t= rdx-cix^ ' s t kaum eine Variante zu nennen. Der Bestand des harklensischen kritischen Apparats ist also in H l und H2 im wesentlichen derselbe, einzelne Abweichungen kommen aber in allen Teilen dieses Apparates vor (s. dazu unten S. 111). H l hat einen um weniges umfangreicheren Apparat als Η2.

37

2. Die Handschriften der Harklensis

Die Marginalien stammen in H2 alle von der Hand des Schreibers; anders als bei H l erfolgt hier ihre Zuordnung zu dem Bezugswort im Text durch drei differenzierte Zeichen -·-), die häufig wiederkehren, ohne daß ein geregelter Gebrauch und ein bestimmter Sinn der einzelnen Zeichen zu erkennen wäre (verschiedene Formen des Lemniscus, zur Bezeichnung des zu Tilgenden? vgl. R. DEVREESSE, Introduction ä l'etude des manuscrits Grecs, Paris 1954, p. 144,2 etc.). Da diese Zeichen auch in Handschriften der Syro-Hexapla vorkommen, ist es durchaus möglich, daß schon Thomas sie benutzte. Im 1. Joh kommen in H2 gelegentlich auch andere Bezugszeichen vor. Versehentlich ausgelassene Wörter sind von 1. Hand am Rand, aber, zur Unterscheidung von den Marginalien, in senkrechter Stellung nachgetragen. Subscriptionen des Thomas sind selbstverständlich nicht in der Hs enthalten, da die Textstellen, an denen sie zu stehen pflegen, nicht in harklensischer Version vorkommen. Beschreibung: WRIGHT, Catalogue of Syriac Manuscripts in the British Museum, London 1870, I p. 7 6 - 7 7 (Nr. CXXI).

(3) Cambridge University Library Add. 1700 ( = H3) Neues Testament mit Clemensbriefen 24 X 16,5 cm

A . D . 1169/70

Pergament

216 Bl.

Vollhandschrift des Neuen Testaments (ohne Apk) in harklensischer Version; nach den E w folgt eine Passionsharmonie aus den Berichten der 4 Evangelisten; hinter die Kath. Briefe sind der erste und der sog. 2. Brief des Clemens Romanus eingefügt (Überschrift: „Katholischer Brief des Klemens, des Schülers des Apostels Petrus, an die Gemeinde der Korinther". Die Bezeichnung „katholisch" wird am Ende des Briefes sowie am Anfang und Schluß des 2. Clemensbriefes nicht wiederholt, so wie es in allen kanonischen Katholischen Briefen geschieht). 22 Lagen, von denen die erste nicht gekennzeichnet ist und die letzte nur noch 6 Bl. enthält. Die erste Lagenzählung (Aleph) erscheint Bl. 20v (Ende der 2. Lage), dann regelmäßige Fortführung der Zählung (bis 21) am unteren Rand des ersten bzw. letzten Blattes. 2 Kolumnen (36—41 Zeilen). Flüssiges, sorgfältiges Sertö. Überschriften und Lektionsangaben in Rot. Sparsame Verwendung des Punktes zur volleren und feineren Aussprache. Mt Mk Lk Joh Passionsharmonie Acta Jak 1. Petr 2. Petr 1. Joh 2. Joh 3. Joh Jud 1. Clem 2. Clem Paul

12r— 34v 35r— 50r 50v— 77T 77 τ- 96v 96v—106r 106v—132r 132r—134v 134v—137r 137r—138v 138v—141r 141r—141v 141v 141v—142v 142v—155v 155v—159v 159v—216v

38

III. Die Beschreibung der Texthandschriften

Kephalaialisten vor jeder Schrift (außer den Kath. Briefen und den beiden Klemensbriefen), übereinstimmend mit denen in Hl. Wiederholung dieser Zählung jeweils am Rand der Kolumne. Einteilung in Lektionen in allen Schriften, einschließlich der Klemensbriefe. In den laufenden Text ist in Rot der Anfang der einzelnen Leseabschnitte mit Angabe des Tages, an dem die Perikope verlesen wird ( . . . .1 eingefügt. Die Zählung geschieht für jedes Ev getrennt, für Acta — 2. Clem sowie für Paul durchgehend. Die Passionsharmonie ist zwar in Lesungen unterteilt. Sie werden aber nicht gezählt. Verschiedene Perikopentabellen in geometrisch geordneten Schriftfeldern (lv—7v) sowie Tabellen der Leseabschnitte (8r—llr). Jak ist in 7 Leseabschnitte unterteilt (Nr. 70—76), jeweils beginnend mit 1,1; 1,22; 2,13; 3,1; 4,7; 5,1; 5,7. 1. Petr enthält ebenfalls 7 Abschnitte (Nr. 77-83): 1,1; 1,22; 2,11; 3,7; 3,15; 4,8; 5,1. 1. Joh ist in 6 Leseabschnitte unterteilt (Nr. 87-92): 1,1; 2,7; 3,2; 4,1; 4,11; 5,1. Zusätzlich findet, wie in Hl, eine Unterteilung des Textes in kurze Sinnabschnitte statt, wie dort durch Punkthaufen voneinander getrennt. Die Unterteilung stimmt nicht immer mit der von Hl überein. Die Hs weist keinerlei Spuren des kritischen Apparates des Thomas auf. Sie hat also keinen Randapparat und keine kritischen Zeichen im Text. Die in anderen harklensischen Handschriften mit diesen Zeichen versehenen Worte oder Wortgruppen werden hier ohne die Zeichen wiedergegeben. Der Schreiber oder sein Vorgänger hat also den Sinn der Zeichen nicht mehr verstanden. Dadurch wird der sonst hohe Textwert der Hs gemindert (s. dazu unten S. 93). Die Subscriptionen des Thomas finden sich jeweils an ihrem Ort, d.h. für die E w nach dem Joh Ev Bl. 96rv (mit arab. Ubersetzung am Rand), für Acta/Kath. Briefe nach dem Jud Bl. 142 v, für Paul nach Hebr Bl. 216v (vollständig wiedergegeben bei WRIGHT-COOK, Catalogue p. 7, 10 und 11 squ.). Ein Kolophon Bl. 216v gibt an, daß die Hs im Jahr A. Gr. 1481 (= A.D. 1169/70) im Kloster des Mär Slibä auf dem hl. Berg bei Edessa von dem Mönch Sahdä im Auftrag des Rabban Basilius bar Michael von Edessa geschrieben ist. Beschreibungen: W. WRIGHT, S. A. COOK, A Catalogue of the Syriac Manuscripts preserved in the Library of the University of Cambridge, Cambridge 1901, p. 6—16; GREGORY, Textkritik II, p. 524 (la).

3. Die Handschriften der westsyrischen Massora Ohne die Heranziehung des in der westsyrischen Massora8 enthaltenen HarklensisMaterials wäre die Dokumentation der Harklensis-Überlieferung unvollständig. Seit der Arbeit von P. Martin9 steht fest, daß es sich bei dem als ,msalmänütä qarqpäitä' bezeichneten biblischen Material nicht um eine ,versio karkaphensis' handelt10, sondern um die biblische Lesetradition der Mönche des Qarqaphta-Klosters nahe bei Rescaina. 8

9

Vgl. BAUMSTARK, Geschichte 259f. (Hss); WRIGHT, Short History 2 0 - 24; DUVAL, La litterature syriaque 55—61. P. MARTIN, Tradition karkaphienne ou la Massore chez les Syriens, JA 14 (sixieme serie) 1869

10

p. 245-379. DERS., Histoire de la ponctuation ou la Massore chez les Syriens, JA 5 (septteme serie) 1875, p. 8 1 - 2 0 8 . J. S. ASSEMANI, Bibl. Orientalis II, p. 283 und N. WISEMAN, Horae syriacae I, Rom 1828.

3. Die Handschriften der westsyrischen Massora

39

Das biblische Material (AT und NT) wird nicht als fortlaufender Text geboten, sondern als eine Auswahl von Stellen, die einer genauen Kennzeichnung der Aussprache bedürftig erschienen. Die Auswahl der Stellen geht so weit, daß oft nicht einmal der betreffende Vers vollständig wiedergegeben wird, sondern nur das zu vokalisierende Wort oder die Wortgruppe. Bei dieser Darbietungsweise ist die Textqualität des biblischen Materials zunächst mit Vorsicht zu beurteilen: Sein fragmentarischer Charakter und die Konzentration auf die Aussprache (Vokalisierung) des Textes konnten leicht zu Änderungen des überlieferten Bibeltextes führen. Sie sind auch tatsächlich eingetreten, wie das Harklensis-Material zu Jak, 1. Petr und 1. Joh zeigt11. Jedoch handelt es sich dabei lediglich um einige Verkürzungen der gebotenen Exzerpte, die nicht als Varianten anzusehen sind, und um geringfügige Zufügungen (der Kopula, von Pronomina etc.). Die wenigen übrigen Abweichungen vom Text des Thomas halten sich in Umfang und Charakter etwa im Rahmen der auch in den Texthandschriften begegnenden Varianten bzw. sind Textverderbnisse, die insbesondere in den jüngeren Handschriften der Massora vorkommen. So bestätigt also das Harklensis-Material der westsyrischen Massora den Text der Handschriften, den wir in der Edition geboten haben, in wünschenswerter Weise12. Die Exzerpte der Massora sind daher als ganzes von erheblicher Bedeutung für die Sicherung des Textes des Thomas. Die Handschriften der Massora, die harklensische Exzerpte enthalten, werden hier nicht eigens beschrieben. Angesichts des relativ geringen Umfangs dieser Exzerpte — die MassoraHandschriften enthalten zum weitaus größeren Teil biblisches Beispielmaterial aus der Peschitta — schien der Aufwand nicht angebracht zu sein, zumal in allen Fällen schon relativ ausführliche Beschreibungen vorliegen. Auf sie wird daher im einzelnen jeweils verwiesen. Nur was zum Verständnis der in unserem Zusammenhang interessierenden Texte notwendig ist, wird ausgeführt. Einige Irrtümer der Kataloge konnten berichtigt und die Konsequenzen daraus gezogen werden. So enthalten, entgegen ihren Auskünften, die Massora-Handschriften Vat. syr. 152; Paris Bibl. Nat. 64 und Brit. Libr. Rieh. 7183 harklensisches Material aus den Großen Katholischen Briefen13. Sie wurden daher in der vorliegenden Edition sämtlich mit herangezogen. Insgesamt wurden folgende Handschriften benutzt14: 1. Brit. Libr. Add. 12.178 (9./10. Jh.) Bl. 208v-209r; 210rv. Vgl. WRIGHT, Catalogue I, p. 108. 2. Vat. syr. 152 (A.D. 980) Bl. 158v-159v. Vgl. ASSEMANI, Catalogus 1/3, p. 287ff. 3. Barb, orient. 118 (ca. A.D. 1000) Bl. 141r/141v-142r; vgl. LANTSCHOOT, Inventaire, p. 169ff. 4. Vat. Borg. 117 (A.D. 1014) Bl. 295v-296r/297rv; vgl. Α. SCHER, JA 13 (dixieme serie) 1909, p. 273. 11 12

13

Vgl. den Anhang der Edition Κ 119-K 126. Das zeigt eindrücklich schon ein erster Blick auf die Edition des Textes der verschiedenen MassoraHandschriften, s. Κ 119 ff. Kein Η-Material zu Jak, 1. Petr und 1. Joh enthalten die Handschriften Brit. Libr. Add. 12.138 (ostsyrische Massora, vgl. WRIGHT, Catalogue I, p. 101); Harvard 176 (vgl. GOSHEN-GOTTSTEIN, Catalogue, p. 110) und Brit. Libr. 14.684 (vgl. WRIGHT, Catalogue, p. 113). Diese Handschrift enthält auf

14

Bl. 39 r Material zum Jakobusbrief (Peschitta) und zu 2. Petr und 3. Joh. Nicht vorgelegen haben uns die syrische Handschrift Nr. 1 des Markusklosters in Jerusalem (vgl. A. BAUMSTARK OrChr2 2 (1912) p. 120), die von P. MARTIN, Introduction ä la critique textuelle du Nouveau Testament, p. 291 erwähnte Handschrift der Kathedrale in Mossul (A.D. 1015) sowie die Massora-Handschrift der Universitätsbibliothek in Lund (1204/05 A.D.); vgl. A. MOBERG, Eine syrische Masora-Handschrift, p. 4—5.

40

III. Die Beschreibung der Texthandschriften

5. Paris, Bibl. Nationale 64 (ante 1178/79) Bl. 162r/163r; vgl. ZOTENBERG, Catalogue, p. 30. 6. Brit. Libr. Rich. 7183 (12. Jh.) Bl. ΙΟΟν; vgl. ROSEN/FORSHALL, Catalogus, p. 64.

In allen Handschriften sind die harklensischen Exzerpte in zwei Blöcken dargeboten. Der erste enthält Exzerpte von Jak 1,12 bis 3. Joh 12 (vgl. unten Κ 119-K 123), der zweite umfaßt Exzerpte von Jak 1,19-1. Joh 2,22 (vgl. unten Κ 123-Κ 126). Zwischen beide Blöcke ist ein Block Acta-Material gestellt, was wohl auf eine Störung der ursprünglichen Anordnung zurückzuführen ist. Denn dieser Acta-Block wird in allen Handschriften als „Nachtrag" (r^i\&fiooA\) bezeichnet, und der zweite Block der Exzerpte aus den Katholischen Briefen beginnt mit einer Glosse, die den Bezug zum ersten Block herstellt15. Die Abfolge der einzelnen Exzerpte innerhalb der Blöcke ist in allen herangezogenen Handschriften für den ersten Block einheitlich. Dasselbe gilt, was die Mehrheit der Handschriften betrifft, auch für den 2. Block. Nur der Vat. syr. 152 und der Barb. 118 weisen hier geringfügige Umstellungen auf (Beginn jeweils bei einem verschiedenen Teilstück von Jak 3,6). In der vorliegenden Edition wird der Text vollständig nach der Anordnung der Mehrheit der Handschriften geboten. Auch die Kleinen Katholischen Briefe wurden eingeschlossen. Die Prinzipien der Darbietung des Textes der Massora-Handschriften sind die der übrigen Edition. Leitzeile ist wie dort der Harklensistext der Handschrift H l . Die Handschriften H2 und H3 werden im Apparat geboten, so daß ein vollständiger Vergleich des Textes der Massora-Exzerpte mit dem der Vollhandschriften möglich ist. Marginalien in den Massora-Handschriften, die sich nur auf die Vokalisation beziehen (meistens bei der unterschiedlichen Aussprache von Namen), sind nicht vermerkt. Alle übrigen Randnotizen werden selbstverständlich geboten. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um griechische Notizen, und zwar wieder Namen, deren griechische Wortform im Zusammenhang der Massora von Interesse war. Alles übrige sind keine echten Randnotizen aus dem Apparat des Thomas — verständlicherweise, denn daran, wie auch an den kritischen Zeichen im Text, konnten die Schreiber dieser Handschriften kein Interesse haben. Die Massora-Handschriften sind in chronologischer Reihenfolge untereinander angeordnet. Die Quellenangabe am rechten Rand geschieht, den Zitatangaben in der Edition entsprechend, nach Blatt- und Zeilenzahl der Handschrift. Dabei wird wie dort immer nur die 1. Zeile eines Exzerptes vermerkt.

15

Sie lautet: ;».iso ri\a reürf coasai νγι-ί· fAon po i^crA

IV. Die griechische Vorlage der Harklensis und ihre Stellung in der griechischen Gesamtüberlieferung der Katholischen Ein Specimen zur neutestamentlichen Stemmatik

Briefe.

1. Die Aufgabe Eine Edition der syrischen Überlieferung des Neuen Testaments ist nicht nur eine syrologische, sondern auch eine neutestamentlich-textkritische Aufgabe. Denn da es sich um die Edition von Übersetzungen handelt, muß auch deren jeweilige Vorlage so präzise wie möglich bestimmt werden. Das gilt grundsätzlich für alle Versionen, insbesondere aber für die Harklensis. Denn hier kommen mehrere Gründe zusammen, die es notwendig, aber auch möglich erscheinen lassen, die genaue Vorlage ihres Ubersetzers, Thomas von Harqel, bzw. Abschriften davon zu finden. Notwendig ist es wegen des berühmten kritischen Apparates dieser Übersetzung, dessen Bedeutung bis heute nicht geklärt ist. Wenn wir die Vorlage besäßen, wäre damit eine sichere Ausgangsbasis für die Lösung dieses Problems geschaffen. Insbesondere die Frage, wie Thomas die mit kritischen Zeichen versehenen Lesarten im Text beurteilt wissen wollte, klärte sich damit. Denn dann wäre deutlich, ob sie in irgendeiner Weise zu seiner Vorlage gehören oder nicht. Denn Thomas gibt uns ja in seinen berühmten Kolophonen an, daß er nur zwei oder drei, in den Acta und Kath. Briefen sogar nur eine „genaue und zuverlässige" Hs als Übersetzungs- und Revisionsvorlage ausgewählt und benutzt habe. Hätte man sie oder exakte Abschriften von ihr, so wäre damit ein gut Teil der Spekulationen um die Bedeutung von Thomas' kritischem Apparat beendet. Da Thomas außerdem, wie bekannt, außerordentlich präzise und wörtlich übersetzt, macht es keine Schwierigkeiten, seinen Text ins Griechische zurückzuübertragen. Die Aufgabe bestünde also darin, eine griechische Hs zu finden, die mit einer solchen Rückübersetzung identisch ist. Das ist die eine Seite des Problems: Wir sind in der ungewöhnlich günstigen Lage, daß uns ein Übersetzer exakt angibt, er habe nur eine griechische Hs (für Acta und Kath. Briefe) zugrundegelegt. Die andere Seite des Problems besteht in der Frage, ob diese Hs oder ihre Kopien unter den erhaltenen Codices des Neuen Testaments noch erhalten und zu finden sind. Wiederum günstig dafür ist, daß das NT eine handschriftliche Überlieferung besitzt, die um mehrere 100 Prozent größer ist als die aller anderen antiken Texte, was die Suche nach einer Hs zugleich natürlich auch wieder schwierig macht. Damit berühren wir nun einen grundsätzlichen Aspekt der neutestamentlichen Textkritik. Es geht darum, die Rückübersetzung der Harklensis, d.h. eine rekonstruierte, „potentielle" Hs spätestens des 6. Jhs, in der Fülle der erhaltenen neutestamentlichen Hss zu finden und nicht nur das, sondern auch ihren Ort im Strom der Überlieferung zu bestimmen, d.h. ihren Texttyp zu bestimmen, nähere und weiter entfernte Verwandte der Hs zu benennen u.s.f. Mit einem Wort: die Hs soll so genau bestimmt werden, daß sie ein Fixpunkt innerhalb der auf weite Strecken immer noch undurchschauten neutestamentlichen Überlieferung wird. Wie macht man das? Jeder Textkritiker weiß, daß wir noch weit davon entfernt sind, dafür zuverlässige Methoden zu haben. Grundsätzlich gilt noch heute Paul Maas' lakonische Feststellung: „Gegen die Kontamination ist kein Kraut gewachsen"1 - und keine Überlieferung ist wohl radikaler kontaminiert als die neutestamentliche. 1

Vgl. P. MAAS, Leitfehler und stemmatische Typen (1937) p. 30, erschienen im Anhang zu MAAS'

Textkritik, Leipzig I960 4 . Zu dem zitierten Ausspruch und als Versuch, darüber hinauszukommen

42

IV. Die griechische Vorlage der Harklensis

Es ist daher eine der Aufgaben des Instituts für Neutestamentliche Textforschung in Münster, Wege zur Lösung dieses Problems oder vielmehr Problembündels zu finden. Verschiedene Ansätze dazu werden dabei verfolgt. Man kann von der Gesamtüberlieferung einer neutestamentlichen Schrift ausgehen und sie in einer komplizierten Zusammenarbeit zwischen Textkritik und elektronischer Datenverarbeitung in einen stemmatischen Zusammenhang zu bringen versuchen. Oder aber man kann umgekehrt von einer einzigen Hs ausgehen und an ihrer Einordnung in die Gesamtüberlieferung eines Schriftencorpus paradigmatisch Wege zur Durchdringung dieser Überlieferung aufzeigen. Voraussetzung ist, daß man eine geeignete Hs als Ausgangspunkt auswählt, eine beliebige Koine-Hs ist nicht ergiebig. Es trifft sich nun, daß die Harklensis bzw. ihre Rückübersetzung und damit die potentielle griechische Hs des 6. Jh. im Bereich der Katholischen Briefe nicht nur eine außerordentlich geeignete Hs für ein solches Unternehmen ist, sondern daß ein Erfolg bei einem solchen Bestimmungsversuch auch für die Forschung am syrischen Neuen Testament von großer Bedeutung wäre. Über den kritischen Apparat des Thomas wurde in diesem Zusammenhang schon gesprochen. Hinzuzufügen ist, daß dieser Apparat in Acta, und damit in einer neutestamentlichen Schrift, die immer mit den Katholischen Briefen zusammen überliefert wird und daher den gleichen Textcharakter bietet, Lesarten der bis heute umstrittensten und rätselhaftesten Textform des NT, des sog. „westlichen" Textes, enthält. Eine Klärung der Frage der Marginalien und in den Text mit kritischen Zeichen eingefügten Varianten bei Thomas könnte auch hier, und zwar in vielfältiger Beziehung, weiterhelfen. — Vom textkritischen Standpunkt geeignet ist die Harklensis schließlich deswegen, weil sie in den Katholischen Briefen überraschenderweise einen relativ guten Text bietet. Weit davon entfernt, den in den E w für sie zugrundegelegten Koinetext aufzuweisen, lag ihrem Übersetzer vielmehr hier ein griechischer neutestamentlicher Text der in Münster sog. Kategorie III vor2, d.h. ein Text aus jenem „Sammelbecken" verschiedener neutestamentlicher Textformen, die zu durchdringen und klar zu ordnen noch nicht gelungen ist, was aber geschehen muß. Denn alle Hss dieser Kategorie haben eine relativ hohe Qualität. Daß manche von ihnen näher oder ferner miteinander verwandt sind, ist sehr wahrscheinlich. Durchaus möglich ist es, daß sich in dieser Kategorie größere oder kleinere Reste von früh entstandenen Redaktionen (z.B. dem sog. Cäsareatext) befinden, die zu entdecken wären, wenn uns die Ordnung des „Sammelbeckens" gelänge. Aus diesen Gründen wird im folgenden Kapitel mit ausführlicher Schilderung der Methode versucht, die griechische Harklensisvorlage zu identifizieren und in die Gesamtüberlieferung einzuordnen. Damit soll zugleich paradigmatisch einer der Wege aufgezeigt werden, die uns einer neutestamentlichen Stemmatik näherbringen. Die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen eines solchen Versuchs, die im vorgegebenen Material begründet sind, werden dabei deutlich.

2. Die Identifizierung der Harklensisvorlage mit herkömmlichen Mitteln Die direkte Vorlage, die Thomas von Harqel für die Übertragung der Acta und der Katholischen Briefe benutzte, ist nicht erhalten. Diese Aussage kann mit Sicherheit gemacht werden. Denn Thomas arbeitete im Jahr 616, seine Vorlage muß also mindestens im 6. (allerspätestens zu Beginn des 7.) Jahrhunderts geschrieben sein. Aus dieser frühen Zeit besitzen wir zwar 21 Handschriften der Katholischen Briefe. Davon sind aber 15 nur kleine Fragmente vgl. O. LENDLE, Gregorius Nyssenus. Encomium in Sanctum StephanumProtomartyrem. Griechischer Text, eingeleitet und herausgegeben mit Apparatus criticus und Übersetzung, Leiden 1968, p. 67 squ.

2

Vgl. K. u. B. ALAND, Der Text des Neuen Testaments, Stuttgart 1982, p. 116squ.

2. Die Identifizierung der Harklensisvorlage mit herkömmlichen Mitteln

43

und enthalten so wenig Text, daß ein Vergleich mit Thomas' Vorlage nicht angestellt werden kann. Die übrigen fünf (P72, Ol, 02, 03 und 04) lagen Thomas nicht vor, und zwar weder direkt noch in unmittelbarer Abschrift, wie ein Textvergleich eindeutig ergibt. Am nächsten von ihnen scheint Thomas' Vorlage noch der Handschrift 04 zu stehen. Aber auch hier ergibt eine Vollkollation so viele Unterschiede, daß mit keiner direkten Verwandtschaft der Vorlagehandschrift und 04 gerechnet werden kann. Damit muß jedoch die Hoffnung auf die Identifizierung der Vorlagehandschrift nicht aufgegeben werden, im Gegenteil wird im textkritischen Sinne die Suche jetzt erst eigentlich interessant. Denn es bleibt die Möglichkeit, Abschriften dieser verlorenen Vorlage zu finden. Sie besteht in doppeltem Sinn. Zum einen könnten direkte Abschriften der Vorlage oder Abschriften über wenige Zwischenglieder existieren. Es kommt durchaus vor, daß auch noch in späten Jahrhunderten Kopien von frühen Handschriften angefertigt wurden, meist entgegen der in jener Zeit üblich gewordenen Textform. Wahrscheinlich ist allerdings das andere, daß nämlich eine normale Überlieferung über eine nicht mehr zu rekonstruierende Zahl von Zwischengliedern vorliegt, über die hin sich dennoch aufgrund der Tenazität3 neutestamentlicher Handschriften eine alte Textform mit großer Konstanz erhalten hat. Dem ist hier nachzugehen. Textkritisch interessant ist das insofern, als im beschriebenen Fall die Möglichkeit besteht, daß sich von einem solchen Überlieferungsstrang mehrere späte Zeugen erhalten haben, die dann alle durch die gemeinsame Abkunft von der Harklensisvorlage zu einer Gruppe oder gar Familie zusammenzufassen wären. Allerdings sind die Katholischen Briefe in rund 540 Handschriften überliefert. Festzustellen, ob sich in dieser für textkritische Untersuchungen sehr großen Anzahl Abschriften einer bestimmten Handschrift des 6. Jahrhunderts erhalten haben, ist außerordentlich schwierig, ja es scheint nahezu unmöglich zu sein. Zwar sind alle Koinehandschriften von vornherein zu eliminieren. Denn Thomas' Vorlage gehörte diesem Texttyp in den Katholischen Briefen nicht an. Damit reduziert sich die Gesamtzahl der Handschriften erheblich, es bleiben aber gerade jene übrig, deren Verhältnis zueinander noch unklar ist, d.h. alle Codices mit einem Text von sehr guter Qualität bis hin zu späten Textmischungen, die aber immer noch die Herkunft von frühen, guten Handschriften erkennen lassen. Mit Glück fand ich sehr rasch die erste Spur bei der Suche nach einem zuverlässigen Nachfahren der verlorenen Vorlage des Thomas. Schon eine erste Kollation der ins Griechische zurückübertragenen Harklensis (Hkgr) mit dem Apparat des NA 26 erbrachte sie. In dieser Ausgabe des Neuen Testaments ist als sog. „ständiger Zeuge" die Handschrift 2495 aufgenommen, eine späte Minuskel aus dem 14./15. Jahrhundert mit relativ gutem, altem Text, wenn auch deutlichem Einfluß der Koine. Der Vergleich ergab eine bemerkenswert nahe Verwandtschaft zwischen Hkgr und diesem Codex, und zwar eine Verwandtschaft in charakteristischen Lesarten und Fehlern. Daß sich beide auch unterschieden, beispielsweise durch den viel stärkeren Koineeinfluß in 2495, war angesichts der Tatsache, daß die Entstehungszeit beider um nahezu 1000 Jahre auseinanderliegt, selbstverständlich und konnte übergangen werden. Denn selbst in der diszipliniertesten handschriftlichen Tradition ist in solchen Zeiträumen ein Einfluß der übermächtig werdenden Koine (und anderer Fehlerquellen mit geringeren Auswirkungen) unvermeidlich. Weiter zu kommen, war allerdings weder mit Hilfe des kritischen Apparates des NA 26 noch mit dem anderer Ausgaben möglich. Zwar hätte schon jetzt eine Vollkollation von Hk gr gegen 2495 durchgeführt werden können. Sie hätte jedoch lediglich erlaubt, das Verhältnis beider zueinander genauestens zu bestimmen. Worauf es dagegen ankam, war, Verwandte 3

S. dazu K. ALAND, Glosse, Interpolation, Redaktion und Komposition in der Sicht der neutestamentlichen Textkritik, in: Studien zur Überlieferung des Neuen

Testaments und seines Textes, ANTF 2, Berlin 1967, 35—57 und öfter.

44

IV. Die griechische Vorlage der Harklensis

der Handschrift 2495 zu finden, um dadurch Hinweise auf ihren Platz (und damit auch den Platz von Hk gr ) im Strom der Gesamtüberlieferung zu erhalten. Das war mit den Angaben sämtlicher kritischer Apparate zum Neuen Testament nicht möglich. Wäre ich nur auf ihre Hilfe und die anderer herkömmlicher Hilfsmittel angewiesen gewesen, hätte die glücklich entdeckte Verwandtschaft zwischen Hk gr und 2495 ein Zufallstreffer bleiben müssen. Dankbar konnte ich mich jedoch anderer im Institut für Neutestamentliche Textforschung erstellter Arbeitsinstrumente bedienen und diese damit zugleich einer Art ersten Generalprobe unterziehen, die sie m.E. glänzend bestanden. 3. Das Teststellenprogramm Mit dieser Bezeichnung ist ein seit mehreren Jahren im Institut für Neutestamentliche Textforschung von K. Aland initiiertes und weit gefördertes Projekt gemeint. Es wird an anderer Stelle ausführlich vorgestellt werden, daher beschreibe ich hier nur in möglichster Kürze den uns betreffenden Teil. Sämtliche ca. 540 Handschriften der Katholischen Briefe wurden an 98 Teststellen kollationiert. Die Teststellen sind Textausschnitte, an denen die Überlieferung in charakteristischer Weise auseinandergeht, d.h. es handelt sich um Fehler in der Überlieferung, in die einzelne Schreiber nicht — bewußt oder unbewußt — unabhängig voneinander verfallen konnten, sondern in denen sie von ihrer Vorlage abhängig sind. Zusätzlich zu solchen „Leitfehlern" wurden die Stellen aufgenommen, an denen die Koine in deutlicher Weise vom alten Text abweicht. Grundsätzlich wurden an allen Teststellen sämtliche Variationen aller Handschriften notiert. Auf diese Weise wurde ein relativ breites und umfassendes Ausgangsmaterial für die weitere Untersuchung geschaffen. Das war notwendig, denn die Beurteilung der Überlieferung allein aufgrund von Leitfehlern versagt bei so gründlicher Kontamination, wie sie beim Neuen Testament vorliegt. Die Teststellen umfassen folgenden Text aus sämtlichen Katholischen Briefen. In der nachstehenden Liste ist jeweils nur das Lemma aus NA 26 mit kurzem Kontext angegeben. Die kursiven Worte markieren den Text, der in der Überlieferung Varianten der beschriebenen Art aufweist. Zuweilen sind es im ganzen bis zu 20. Zufügungen in den Handschriften sind durch ein ADD. an der Stelle angegeben, an der sie erscheinen. Eine vollständige Auflistung aller an diesen 98 Teststellen begegnenden Varianten und ihrer Bezeugung war in diesem Rahmen ausgeschlossen. Sie ist auch unnötig. Denn es zeigt sich sehr bald, daß menschliche Aufnahmefähigkeit völlig außerstande ist, die Varianten sämtlicher 540 Handschriften an allen Teststellen in einer sinnvollen Weise zu ordnen und zu durchschauen, um daraus tragfeste Ergebnisse für die Beziehung der Handschriften untereinander zu gewinnen. Zwar findet man immer wieder einzelne auffällige Gemeinsamkeiten von einzelnen Handschriften in massiven Fehlern, die Leitfehlerqualität zu haben scheinen und sie wohl in anderen Überlieferungen auch hätten. Die Gemeinsamkeit solcher Handschriften erweist sich aber nie als eine durchgängig vorhandene, womit mir der Maas'sche Satz über die Kontamination bestätigt zu werden scheint. Hier zunächst die Teststellen: 1 2 3 4 5 6 7

JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK

1,5 1,12 1,17 1,20 1,22 1,25 1,26

τοΰ δίδοντος θεοϋ πάσιν άπλώς και μή όνειόίζοντος στέφανον . . . δν έπηγγείλατο ADD. παρ' φ ουκ ενι παραλλαγή ή τροπής άποσκίασμα δικαιοσύνην θεού ουκ εργάζεται γίνεσθε δέ ποιηται λόγου και μή μόνον άκροαταί ό δέ . . . παραμείνας ADD. ουκ άκροατής εί τις δοκεΐ θρήσκος είναι ADD.

3. Das Teststellenprogramm

8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45

JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK JAK l.PT l.PT l.PT l.PT l.PT l.PT l.PT l.PT l.PT l.PT l.PT l.PT l.PT 2.PT 2.PT 2.PT 2.PT 2.PT 2.PT 2.PT

2,3 2,4 2,5 2,18 2,19 2,20 2,24 3,3 3,8 (1) 3,8 (2) 4,4 4,9 4,11 5,7 5,9 5,11 5,16 5,20 1,22 (1) 1,22 (2) 1,23 2,21 3,8 3,9 3,16 4,1 4,3 4,14 5,2 5,5 5,11 1,4 1,12 1,17 1,18 1,21 2,13 2,17

46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58

2.PT 2.PT 2.PT 2.PT 2.PT 2.PT 2.PT l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH

2,20 2,21 3,10(1) 3,10 (2) 3,11 3,16 3,18 1,7 2,7 (1) 2,7 (2) 2,10 2,14 2,19

45

πτωχφ είπητε συ στήθι έκεϊ ή κάθον ύπό το νποπόόιον ού διεκρίθητε έν έαυτοΐς έξελέξατο τους πτωχούς τω κόσμω δεϊξόν μοι την πίστιν σου χωρίς των έργων πιστεύεις δτι εις έστιν ό θεός πίστις χωρίς των έργων άργή έστιν όράτε ADD. δτι έξ έργων δικαιούται εις τά στόματα βάλλομεν εις το πείθεσθαι την δέ γλώσσαν ουδείς δαμάσαι δύναται ανθρώπων άκατάστατον κακόν, μεστή ιού ADD. μοιχαλίδες ουκ οιδατε ταλαιπωρήσατε και πενθήσατε και κλαύσατε ό καταλαλών άδελφού ή κρίνων τον άδελφόν έως λάβτ] πρόϊμον και οψιμον μή στενάζετε άδελφοί, κατ' αλλήλων πολύσπλαγχός έστιν ό κύριος και οίκτίρμων έξομολογεΐσθε ούν άλλήλοις τάς αμαρτίας σώσει ψνχήν αυτού εκ θανάτου έν τή υπακοή τής άληθείας ADD. εκ [καθαράς] καρδίας αλλήλους άγαπήσατε δια λόγου ζώντος θεού και μένοντος ADD. χριστός επαθεν υπέρ υμών νμϊν ύπολιμπάνων ταπεινόφρονες (9) μή αποδίδοντες κακόν εύλογούντες δτι εις τούτο έκλήθητε ινα έν φ καταλαλεϊσθε καταισχυνθώσιν χριστού οΰν παθόντος σαρκί αρκετός γάρ ADD. ό παρεληλυθώς χρόνος το τής δόξης και το τού θεού πνεύμα ποιμάνατε . . . ποίμνιον τού θεού [έπισκοπούντες] μή άναγκαστώς πάντες δέ άλλήλοις τήν ταπεινοφροσύνην έγκομβώσασθε αύτώ το κράτος εις τους αιώνας δι' ών τά τίμια καί μέγιστα ήμϊν έπαγγέλματα δεδώρηται διό μελλήσω άει υμάς ύπομιμνήσκειν ό υιός μου ό άγαπητός μου ούτός έστιν οντες έν τω άγίφ όρει φερόμενοι έλάλησαν άπό θεού άνθρωποι και φθαρήσονται (13) αδικούμενοι μισθόν άδικίας καί όμίχλαι ύπό λαίλαπος έλαυνόμεναι οίς ό ζόφος τού σκότους τετήρηται έν έπιγνώσει τού κυρίου [ημών] καί σωτήρος ίησού χριστού ή έπιγνούσιν ύποστρέψαι έκ τής παραδοθείσης ήξει δέ ήμερα κυρίου ως κλέπτης ADD. και τά έν αυτή έργα εύρεθήσεται τούτων οϋτως πάντων λυομένων ώς και έν πάσαις έπιστολαϊς λαλών και εις ήμέραν αιώνος. [άμήν\ και τό αίμα Ιησού τού υιού αυτού καθαρίζει αγαπητοί ουκ έντολήν καινήν γράφω ή έντολή ή παλαιά έστιν ό λόγος όν ήκούσατε και σκάνδαλον έν αύτώ ούκ εστίν έγραψα ύμΐν παιδία οτι έγνώκατε τον πατέρα εϊ γάρ έξ ημών ήσαν μεμενήκεισαν

46 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98

IV. Die griechische Vorlage der Harklensis

l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH l.JOH

2,20 2,23 2,28 (1) 2,28 (2) 3,1 3,14 3,23 4,3 (1) 4,3 (2) 4,12 4,20 5,4 5,6 5,7-8

και οΐδατε πάντες ουδέ τον πατέρα έχει ό όμολογών τον ν ιόν και τον πατέρα εχει. μένετε έν αύτφ ίνα εάν φανερωθή σχώμεν παρρησίαν και μή αίσχυνθώμεν ϊνα τέκνα θεού κληθώμεν και έσμέν ό μή άγαπών ADD. μένει έν τω θανάτω ϊνα πιστεύσωμεν τω ονόματι τοΰ υίοΰ δ μή ομολογεί τον Ιησοϋν τον ίησοΰν ADD. εκ τοΰ θεού ουκ έστιν και ή άγάπη αύτοΰ έν ήμϊν τετελειωμένη εστίν τον θεον δν ούχ έώρακεν ου δύναται άγαπάν ή νίκη ή νικήσασα τον κόσμον ή πίστις ημών ούτός έστιν ό έλθών δι' ύδατος και αίματος ότι τρεις εισιν οί μαρτυροΰντες το πνεύμα και τό ϋδωρ και τό αίμα και οί τρεις εις το εν είσιν. l.JOH 5,13(1) ταΰτα έγραψα νμϊν ϊνα είδήτε δτι ζωήν εχετε αΐώνιον τοις πιστεύουσιν εις τό δνομα τοϋ υίοϋ τον θεοϋ. l.JOH 5,13 (2) . . . ADD. (14) και αΰτη έστιν ή παρρησία l.JOH 5,21 φυλάξατε έαυτά άπο των ειδώλων. ADD. 2.JOH 3 και παρά ίησοϋ χριστού τοΰ υιού τοϋ πατρός 2.JOH 5 ούχ ώς έντολήν καινήν γράφων σοι άλλά 2.JOH 8 ίνα μή άπολέσητε α είργασάμεθα άλλά μισθον πλήρη άπολάβητε 2.JOH 9(1) πάς ό προάγων και μή μένων ό μένων έν τη διδαχή ADD. 2.JOH 9(2) άλλά έλπίζω γενέσθαι προς υμάς 2.JOH 12 2.JOH 13 άσπάζεταί σε τά τέκνα τής άδελφής σου τής εκλεκτής. ADD. 3.JOH 5 εις τους άδελφούς και τούτο ξένους 3.JOH 7 μηδέν λαμβάνοντες άπό των εθνικών 3.JOH 8 όφείλομεν ύπολαμβάνειν τους τοιούτους 3.JOH 12 μαρτυροΰμεν και ο'ιδας δτι ή μαρτυρία ημών άληθής έστιν 3.JOH 14 έλπίζω δέ εύθέως σε ίδεϊν JUD 1 άδελφός δέ ίακώβου τοις έν θεώ πατρϊ ήγαπημένοις JUD 3 γράφειν ύμΐν περί τής κοινής ημών σωτηρίας τον μόνον δεσπότην και κύριον ήμών ίησοΰν χριστόν JUD 4 JUD 5 βούλομαι είδότας \ύμάς~\ πάντα δτι [ό] κύριος άπαξ λαόν JUD 15 έλέγξαι πάσαν ψνχήν περί πάντων τών έργων JUD 18 ελεγον ύμΐν [δτι] έπ' εσχάτου [τοϋ] χρόνου έσονται έμπαΐκται JUD 23 και ους μεν έλεάτε διακρινομένους (23) οϋς δέ σώζετε εκ πυρός αρπάζοντες οϋς δέ έλεάτε έν φόβω JUD 24 τω δέ δυναμένω φυλάξαι υμάς άπταιστους και στήσαι. . . άμώμους JUD 25(1) μόνφ θεώ σωτήρι ήμών JUD 25 (2) δια Ιησού χριστού τού κυρίου ήμών JUD 25 (3) δόξα μεγαλοσύνη κράτος και έξουσία προ παντός τού αιώνος

Die Nutzung des Variantenmaterials sämtlicher an diesen Stellen kollationierten Handschriften ist nur mit maschineller Hilfe möglich. Ich betone: mit Hilfe der Datenverarbeitung, keineswegs aufgrund des EDV-Einsatzes allein. Das Prinzip, nach dem im folgenden die Hilfe der EDV in Anspruch genommen wurde, ist grundsätzlich einfach: Auf zwei verschiedene Weisen wurde die unübersichtliche Variantenfülle per Datenverarbeitung lediglich geordnet und dementsprechend in Listen erfaßt. Sie stehen, einander ergänzend, als Arbeitsinstrument textkritischer Phantasie und Findigkeit zur

3. Das Teststellenprogramm

47

Verfügung, die sie auf geeignete Weise benutzen müssen, um relevante Ergebnisse damit zu erlangen. Die Prinzipien, nach denen das Variantenmaterial in diesen Listen geordnet erfaßt wurde, hat K. Aland ersonnen. Die entsprechenden Programme hat Frau Benduhn-Mertz vom Rechenzentrum Münster geschrieben. Das so geschaffene Arbeitsinstrument hat sich, von dem speziellen Fall aus geurteilt, der hier zu verfolgen war, ausgezeichnet bewährt. Das gilt, obwohl ich nur in einem eingeschränkten Sinn davon Gebrauch machen konnte. Denn das Material, das darin aufgenommen wurde, umfaßt nur griechische Handschriften, nicht also die Harklensis bzw. ihre griechische Rückübersetzung. Dennoch basieren alle weiteren Ergebnisse dieser Untersuchung auf der Benutzung dieser Listen. Bei textkritischen Untersuchungen, die nur griechische Handschriften umfassen, werden sie höchstwahrscheinlich von noch größerem Nutzen sein, vorausgesetzt eben, sie werden entsprechend benutzt.

Zur Beschreibung der Listen bzw. Listengruppen: a) Zunächst wurde für sämtliche erfaßten Handschriften der Katholischen Briefe errechnet, mit welchen anderen Handschriften sie die größte, zweitgrößte u.s.f. Übereinstimmung in den Varianten hat. Dabei wurden die Varianten hier nur gezählt, nicht gewogen. Für jede der 540 griechischen Handschriften wurde eine spezielle Liste ausgedruckt, in der in absteigender Reihenfolge sämtliche anderen Handschriften genannt werden, je nach der numerischen Übereinstimmung in der Zahl der Varianten mit der Ausgangshandschrift geordnet. Gleichzeitig wird die Übereinstimmung in Prozent angegeben, damit auch fragmentierte Codices einbezogen werden können (vgl. den Abdruck einer solchen Liste unten S. 57). Beispiel: Für die Handschrift 2495 sehen die ersten Positionen dieser Liste folgendermaßen aus: 1505: 2138: 1611: 2200: 614:

von von von von von

97 89 96 97 88

gemeinsamen gemeinsamen gemeinsamen gemeinsamen gemeinsamen

Teststellen Teststellen Teststellen Teststellen Teststellen

94 87 81 80 70

Übereinstimmungen Übereinstimmungen Übereinstimmungen Übereinstimmungen Übereinstimmungen

= = = = =

96,9% 87,6% 84,4% 82,4 % 79,5%

Hier fällt sofort die hohe Ubereinstimmung mit 1505 auf. Selbst bei einem Verfahren, in dem Varianten nur gezählt, nicht gewichtet werden, ist in diesem Fall deutlich, daß eine Verwandtschaft vorliegen muß. Auch die nächstgenannte Handschrift 2138 bzw. dann auch 1611 und 2200 sind von Interesse. Zumindest gilt für sie, daß sich eine nähere Nachprüfung daraufhin lohnt, in welchem Verhältnis sie exakt zu der Ausgangshandschrift stehen. Schon dies alleine zu wissen, bedeutet angesichts der völlig unüberschaubaren Handschriften- und Variantenfülle sehr viel. Diese Nachprüfung wird im ersten Schritt so aussehen, daß man die entsprechenden Listen für die 1505 2138 1611 etc. als Ausgangshandschriften nachschlägt. Dann folgt weiteres. Allerdings wird man sehr häufig beim Nachschlagen in den Listen beliebiger Ausgangshandschriften finden, daß sie mit 1 bis 3 anderen Handschriften hohe Ubereinstimmungen aufweisen. Es scheint sich also eine große Menge kleinerer Gruppen zu ergeben, deren Beziehungen untereinander aber unklar bleiben. Doch ist dem nicht ganz so. Eine erste Gewichtung der Übereinstimmungsziffern ist auch in der beschriebenen Listengruppe schon möglich, und zwar durch die jeweilige Listen-Kopfleiste. In ihr ist angegeben, wieviel Teststellen die Ausgangshandschrift enthält, d.h. die Gesamtzahl 98 abzüglich der unleserlichen Stellen, der Lücken, bei Fragmenten der nicht erhaltenen Teile etc. Außerdem ist notiert, wie viele dieser Teststellen Mehrheitstextlesarten (d.h. Koine- oder byzantinische Lesarten) sind und wie viele Singulärlesarten. Diese Angaben sind

48

IV. Die griechische Vorlage der Harklensis

außerordentlich wichtig und erlauben eine erste Einordnung der Handschrift wie der Angaben der folgenden Liste. Die Kopfleiste der Handschrift 2495 lautet: 2495 (97 Teststellen, davon 37 Mehrheitstext und 1 Singulärlesart). Die Zahl von 37 Mehrheitstextlesarten qualifiziert die Handschrift als eine nicht zum Koinetext gehörige. Reine Koine-Handschriften haben 80 bis 90 oder noch mehr Mehrheitstextlesarten. Auch eine Gesamtsumme von etwa 55—60 Mehrheitstextlesarten an aufwärts rückt eine Handschrift nahe an diesen Texttyp heran. Alles, was darunter liegt, ist jedoch interessant, wobei mit diesem bewußt allgemein gehaltenen Terminus gesagt sein soll, daß solche Handschriften potentiell alte Elemente enthalten, potentiell frühe Textformen wiedergeben, die sich von den uns bisher bekannten unterscheiden, kurz: eine Überlieferung widerspiegeln, die nicht die der großen Masse aller neutestamentlichen Handschriften ist. Wie wichtig die Zahl der Mehrheitstextlesarten ist, ergibt sich daraus, daß von den 540 erhaltenen Handschriften der Katholischen Briefe nur knapp 90 weniger als 55 dieser Lesarten aufweisen. Die Zahl der Mehrheitstextlesarten ist also ein allererster Indikator für die Güte einer Handschrift, genauer ein Indikator, der eine relative Nähe einer Handschrift zum Urtext anzeigt. Allerdings ist er mit großer Vorsicht zu benutzen4. Dieser Indikator hilft aber zur Beurteilung der Höhe der Übereinstimmungen zwischen den einzelnen Handschriften untereinander. Es leuchtet ein, daß es bei der Masse der zum Koinetyp gehörigen Handschriften hohe Übereinstimmungsziffern in vielen Positionen der beschriebenen Listen geben muß. In der Frühzeit ist es dagegen genau umgekehrt. Eine Handschrift wie 01 aus dem 4. Jahrhundert hat die meisten Übereinstimmungen mit 02, jedoch nur in 64,25% (d.h. in 63 von 98 Teststellen). 02 hat die meisten Übereinstimmungen mit 2344 (11. Jh.), aber nur in 76,81% (d.h. in 73 von 95 Teststellen). 03 hat die meisten Übereinstimmungen mit 1739, aber sogar nur in 62,18% (d.h. in 61 von 98 Teststellen). P 72 hat die meisten Übereinstimmungen mit 03, aber nur in 50,0%! (d.h. in 19 von 38 erhaltenen Teststellen des Papyrus). Dasselbe Bild ergibt sich bei allen frühen Handschriften. Damit zeigt sich eine relative Isoliertheit dieser Codices an, die hauptsächlich darin begründet ist, daß aus der Frühzeit nur wenige Handschriften erhalten sind5. Aber auch spätere Handschriften mit einem ungewöhnlich guten Text weisen das gleiche Phänomen auf: 1739 hat die meisten Übereinstimmungen mit 1881, aber nur in 79,43% (d.h. in 58 von 73 gemeinsamen Teststellen). Der Grund dafür ist dem bei den frühen Codices ganz ähnlich. Zwar gibt es aus dem 10. Jahrhundert, der Entstehungszeit der 1739, bzw. den nächstfolgenden Jahrhunderten sehr viel mehr erhaltene Handschriften. Der Text, den die 1739 bot, war aber schon in ihrer Zeit ungewöhnlich, nur wenige kopierten ihn. Es ergibt sich daher eine ähnliche Isoliertheit wie bei den frühen Manuskripten. Daraus folgt zur grundsätzlichen Beurteilung der in der beschriebenen Liste genannten Übereinstimmungsziffern: Wenn eine späte Handschrift, aus einer Zeit, in der es normal ist, 4

Denn es ist durchaus möglich, daß eine Handschrift zwar eine relativ große Anzahl von ursprünglichen Lesarten enthält, jedoch im Laufe der Überlieferung unter starken Koineeinfluß geraten ist, so daß sie gleichfalls relativ viele Mehrheitstextlesarten enthält. So ζ. B. die wichtige Handschrift 1175, die mit Recht als sog. ständiger Zeuge im Apparat des NA 26 verzeichnet ist. Sie enthält bei 98 Teststellen 48 x Mehrheitstext, aber eben auch nicht mehr. Keine der im NA 26 als ständige Zeugen in den Kath. Briefen aufgenommenen Majuskeln und Minuskeln hat beispielsweise mehr als 50 Mehrheitstextlesarten. Da-

5

mit ist natürlich noch gar nichts über die Beziehung dieser „guten" Handschriften untereinander gesagt. Das extreme Ergebnis von P72 liegt zusätzlich auch an den relativ großen Freiheiten, die sich der Schreiber dieser Handschrift oder seiner Vorlage beim Kopieren nahm. Diese Freiheit der frühen Kopisten muß mit bedacht werden, sie sollte aber keinesfalls überschätzt werden. So frei, wie man zuweilen wohl denkt, waren auch die Schreiber des 2. Jahrhunderts nicht. Wir haben im ganzen wohl eine relativ gute Tradition von Anfang an.

3. Das Teststellenprogramm

49

daß der byzantinische Text abgeschrieben wird, diese Textform nicht aufweist (sondern im Fall der Kath. Briefe weniger als 50 Mehrheitstextlesarten hat) und dennoch sehr hohe Übereinstimmungen mit anderen Handschriften aufweist, dann muß sie mit diesen Handschriften verwandt sein. Auch Übereinstimmungen bis zu 80% sind noch von erhebüchem Interesse und deuten auf eine Beziehung der entsprechenden Codices untereinander hin. Denn es handelt sich ja bei der Ausgangshandschrift um einen „Sonderling", der eine Textform gegen den Trend der Zeit bietet. Die Chance, daß sich bei ihnen hohe Übereinstimmungsziffern mit anderen Handschriften zeigen, ist gering, und zwar Je geringer, desto niedriger die Zahl der Mehrheitstextlesarten ist. Wenn sich dennoch hohe Übereinstimmungsziffern zeigen, dann ist das alarmierend. Als Ergebnis aus der beschriebenen Liste für die Handschrift 2495 kann damit, wenn man alle angegebenen Faktenrichtigin Beziehung setzt, festgehalten werden: Sie gehört nicht zum großen Kreis der Koineabschriften, d.h. der eliminandi. Ihre Zahl von 37 Mehrheitstextlesarten ist — insbesondere in Anbetracht ihres jungen Alters (14./15. Jh.) — relativ gering und damit ungewöhnlich. Um so auffälliger ist die sehr hohe Übereinstimmung mit 1505, mit der sie auf jeden Fall verwandt ist. Aber auch für die in der Liste nächstgenannten Handschriften mit einer Übereinstimmung bis zu ca. 80% (2138 1611 2200 614) besteht die starke Vermutung einer engen Beziehung zur Ausgangshandschrift, eben weil diese in gewissem Maße ein „Sonderling" ist. Weiter kann man mit der beschriebenen Liste nicht kommen. Das Ergebnis scheint doch aber nicht gering zu sein. Auf jeden Fall ist es größer als das mit allen existierenden Apparaten kritischer Ausgaben zu erzielende, und es weist vor allem den Weg, auf dem weitere sinnvolle Nachforschungen betrieben werden können. b) Weiter hilft eine andere mit Hilfe der EDV erstellte Liste bzw. besser: ein Arbeitsinstrument in Form einer gezielt vergleichenden Zusammenstellung. Es berücksichtigt das Grundfaktum, daß sich im Verlauf der neutestamentlichen Überlieferung der byzantinische Text immer stärker durchgesetzt hat, sei es bewußt — so meistens —, sei es auch unbewußt, weil diese gängige Textform der vertraute Text der Kopisten des 2. Jahrtausends war und ihnen daher auch bei anderslautenden Vorlagen hier und da in die Feder fließen konnte. Das bedeutet, daß die Mehrheitstextlesarten einer Handschrift — insbesondere einer Handschrift, die nicht reinen Koinetext bietet — nur bedingt etwas über deren Vorlage besagen. Deshalb wurden in einer Zusammenstellung, die wiederum für alle 540 Handschriften der Kath. Briefe vorliegt, diese Mehrheitstextlesarten übergangen. Von den 98 Teststellen wurden also jeweils nur die Stellen einer Ausgangshandschrift bearbeitet und gewertet, an denen sie nicht Koine liest. Dann wurden auf der Basis der übrigbleibenden Stellen, ganz entsprechend der unter a) beschriebenen Liste, die Übereinstimmungen gezählt, die zwischen der Ausgangshandschrift und allen übrigen Handschriften bestehen. Sie wurden wieder in absteigender Reihenfolge notiert. Beispiel: Die Handschrift 2495 hat 58 „bearbeitete Teststellen", d.h. 58 Stellen, an denen sie nicht Koine, auch keine Subvariante der Koine liest. An diesen Stellen ergeben sich folgende Übereinstimmungen im Vergleich mit sämtlichen anderen Handschriften: 1505: 2138: 1611: 1852: 2200: 614: 6

Übereinstimmung Übereinstimmung Übereinstimmung Übereinstimmung Übereinstimmung Übereinstimmung

in 100% (in 58 von 58 Stellen) in 90,18% (in 46 von 516 Stellen) in 84,18% (in 48 von 57 Stellen) in 80,00% (in 44 von 55 Stellen) in 77,56% (in 45 von 58 Stellen) in 76,00% (in 38 von 50 Stellen)

Die geringere Teststellenzahl kommt hier und in andem Fällen natürlich dadurch zustande, daß die be-

treffende Handschrift an einigen der 58 Stellen Lücken, Unleserlichkeiten etc. hat.

50

IV. Die griechische Vorlage der Harklensis

Schlägt man in der entsprechenden Liste für 1505 nach, so ergibt sich, daß diese 61 „bearbeitete Teststellen" hat. Auf deren Basis ist eine Übereinstimmung mit 2495 in 96,62%, d.h. in 58 von 60 Stellen gegeben. Die Differenz von zwei Stellen muß in diesem Fall darauf zurückzuführen sein, daß 2495 hier Koine liest (sonst könnte sie nicht nur 58 „bearbeitete Teststellen" haben). An einer Stelle muß sie eine Unleserlichkeit o.ä. bieten (sonst könnten im Vergleich mit 1505 nicht nur 60 Stellen begegnen). Damit ist das Verhältnis von 2495 zu 1505 klar zu bestimmen: sie sind voneinander abhängig, und zwar 2495 von 1505. Denn in 2495 sind im Verlauf der Tradition von 1505 zwei weitere Mehrheitstextlesarten eingedrungen. Das ρ aßt zur Entstehungszeit beider Handschriften: 1505 (12. Jh.), 2495 (14./15. Jh.). Der Fall liegt bei diesen Handschriften ziemlich klar. Wichtiger noch ist die Frage, ob es ein Arbeitsinstrument gibt, aufgrund dessen wir auch die nächstfolgenden Handschriften, auf die wir ja meist schon bei der unter a) beschriebenen Liste aufmerksam wurden, in ihrem Verhältnis zur Ausgangshandschrift 2495 genauer bestimmen können, als es bisher der Fall war. Das gibt es in der Tat, und zwar im Zusammenhang mit der unter b) vorgeführten Liste. Denn außer den Übereinstimmungsziffern wird dort noch folgende Übersicht zusätzlich angeboten: Sämtliche „bearbeitete Teststellen" werden hier (rechts neben der eigentlichen Liste) mit ihrer Kennziffer angegeben, und darunter wird für alle übrigen verglichenen Handschriften notiert, was sie an diesen Stellen lesen. Dafür mußte ein kurzes Sigelsystem erdacht werden. Es bedeutet: 1 = Mehrheitstext, 2 = alter Text, 1/2 = Übereinstimmung von altem Text und Mehrheitstext. Alle Ziffern von 3 an aufwärts bedeuten sog. Sonderlesarten, d. h. Lesarten, die nicht Mehrheitstext oder alter Text sind. Offensichtliche Subvarianten zu einer Lesart werden mit Buchstaben: B, C, D . . . hinter deren Ziffer vermerkt. Zusätzlich begegnen die Sigel: U = Homoioteleuton (zusätzlich aufgeführt, weil ein solcher Fehler unabhängig von der Vorlage geschehen kann), X = unleserlich, Y = Filmfehler, Ζ = Lücke. Ein nicht beschriebenes Feld bedeutet Übereinstimmung der jeweiligen Handschrift mit der Ausgangshandschrift. — Ein Beispiel für die gesamte unter b) beschriebene Zusammenstellung findet sich unten S. 59 ff. Beispiel: Vergleicht man in dieser Zusammenstellung die Handschrift 2138 mit der Ausgangshandschrift 2495, so ergeben sich außer der überwiegenden Mehrheit nicht beschriebener Felder in der Reihe für 2138 folgende Notate: 12/ 1/ 1F/ Ζ/ Ζ/ 1/ 3/ Ζ/ Ζ/ Ζ/ Ζ/ Ζ/ . D. h. die Handschrift hat an 7 Teststellen Lücken, daher konnte sie auch nur an 51 der 58 Ausgangsstellen verglichen werden (s. oben: Übereinstimmung in 46 von 51 Stellen). An den verbleibenden 5 Steiler} liest sie dreimal Koine bzw. eine Subvariante der Koine. Diese Stellen können zunächst übergangen werden, da ihre Herkunft vieldeutig ist. Nur an zwei Stellen gibt es ernsthafte Abweichungen zu 2495: in Teststelle 3 liest 2495 die Lesart I I B (mit nur 2 Mitzeugen, wie ebenfalls im Kopf der Zusammenstellung vermerkt wird), 2138 dagegen Lesart 12. In Teststelle 89 liest 2495 die Lesart 3 Β (und zwar singulär), 2138 dagegen Lesart 3. Damit wird das aus der a-Liste gewonnene Ergebnis bestätigt und erheblich präzisiert. Dort konnte lediglich vorsichtig eine „Beziehung" zwischen beiden Handschriften vermutet werden, jetzt kann gesagt werden: Sie stehen einander sehr nahe, sind aber nicht direkt voneinander abhängig. Der Textkritiker muß jetzt die beiden Teststellen 3 und 89 genau im Wortlaut der Varianten untersuchen, um festzustellen, welche der bezeugten Lesarten sich aus der anderen ergibt, so daß auf diese Weise die Richtung der Abhängigkeit erkannt werden kann. Bei Teststelle 89 scheint 2495 mit der singulären Bezeugung der Subvariante von 3 wohl sicher gegenüber 2138 sekundär zu sein. Jetzt würde man weiterhin, wie oben mit der 1505 geschehen, die entsprechende Liste und Teststellen/Lesarten-Zusammenstellung für die Ausgangshandschrift 2138 nachschlagen, um damit das gewonnene Ergebnis zu überprüfen. Die weiteren in den Listen genannten Handschriften folgen entsprechend. Das geschieht hier nicht mehr, weil es hier zunächst nur

3. Das Teststellenprogramm

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um eine Einführung in die neuen, von K. Aland erdachten Hilfsmittel der neutestamentlichen Textkritik ging.

Folgende Regeln sind zusammenfassend zu formulieren: 1. Während die Liste a) nur erste, wenn auch wichtige Anhaltspunkte gibt, stellen Liste und Zusammenstellung b) das eigentliche Arbeitsinstrument für den Textkritiker dar. Es erlaubt, bei entsprechend findigem Einsatz, noch sehr viel mehr an Ergebnissen zu gewinnen, als hier angesprochen werden konnte. Z.B. ist es möglich, bei den Sonderlesarten (Lesarten ab Ziffer 3) einer Ausgangshandschrift, die nur wenige Mitzeugen haben, in der Zusammenstellung zu überprüfen, welche Handschriften das sind. Denn es könnte sich hier um „Leitfehler" handeln (in der gewandelten Bedeutung, die dieser Begriff in einer stark kontaminierten Überlieferung erhalten muß). Die entsprechenden Handschriften könnten voneinander abhängen. 2. Als eine Art Faustregel kann gelten: Wenn die gleichen Handschriften in Liste a) wie in Liste b) einer Ausgangshandschrift weit oben stehen, also hohe Übereinstimmungsziffern mit ihr aufweisen, kann vermutet werden, daß sie verwandt sind. 3. Hohe Übereinstimmungsziffern in nur einer der beiden Listen müssen dagegen gar nichts besagen. Beispiel: In der Liste a) kann mit einer Ausgangshandschrift von 50 Mehrheitstextlesarten eine reine Koinehandschrift, zumal eine mutilierte Koinehandschrift, hohe Übereinstimmungen aufweisen, wenn sie zufällig die 50 Mehrheitstextlesarten der Ausgangshandschrift auch bezeugt, sonst aber fast nichts (so etwa bei 2344). Diese Koinehandschrift wird in Liste b) jedoch nicht in den ersten Positionen auftauchen. Umgekehrt: In Liste und Zusammenstellung b) wird bei jeder „besseren" Handschrift die 03 in relativ hoher Position begegnen, da sie fast an allen Teststellen den alten Text (Ziffer 2) liest. Sie stimmt also an den Stellen, an denen auch die Ausgangshandschrift alten Text bezeugt, mit ihr überein, ohne mit ihr verwandt sein zu müssen. Der Beweis wird im allgemeinen durch die Liste a) derselben Ausgangshandschrift erbracht. Dort steht sie in der Regel keineswegs in einer höheren Position. 4. Grundsätzlich muß immer im Auge behalten werden: Alle mit Hilfe dieser neuen Arbeitsinstrumente erbrachten Ergebnisse basieren nur auf dem Text von 98 Teststellen (so im Fall der Kath. Briefe). Eine Überprüfung sowie letzte Präzisierung dieser Ergebnisse kann nur aufgrund einer Vollkollation der Handschriften geschehen, die sich als in Beziehung stehend herausgestellt haben. Sie wird im folgenden vorgenommen werden. Dabei wird sich zeigen — so, wie es sich bei anderen Arbeitsansätzen im Institut für Neutestamentliche Textforschung in Münster auch schon gezeigt hat —, daß die Teststellen von K. Aland so ausgewählt sind, daß sie schon erstaunlich genaue Aussagen ermöglichen7.

7

Dies ist gelegentlicher Polemik entgegenzuhalten, die gegen unsere Arbeit mit den Teststellen vorgebracht wurde. Wir sind uns der Grenzen dieses Arbeitsinstrumentes durchaus bewußt; die Möglichkeiten, die darin liegen, sind aber doch wohl noch

nicht immer ganz erkannt worden. Sie werden auch noch ausreichender dargestellt werden. Vgl. immerhin schon die aufgrund der Teststellen erreichten Ergebnisse in: K. und B. ALAND, Der Text des Neuen Testaments, S. 116ff. u. ö.

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IV. Die griechische Vorlage der Harklensis

4. Das Teststellenprogramm, angewandt auf die Harklensis a) Die Voraussetzungen Das Teststellenprogramm war, wie erwähnt, direkt nicht auf die Harklensis bzw. die Rückübersetzung von ihr ins Griechische anzuwenden. Denn das Programm und seine EDV-Auswertung umfaßt nur die griechische Überlieferung. Zwar war jene Handschrift genauer zu untersuchen und mit den übrigen griechischen Handschriften zu vergleichen, die sich schon bei einer ersten Kollation der Rückübersetzung (Hkgr) mit dem Apparat des NA 2 6 als der Harklensis wahrscheinlich nahe verwandt herausgestellt hatte, die 2495. Damit wurde auch für Hkgr das Vergleichsmaterial größer und potentielle Verwandte wurden insofern aufgezeigt, als man annehmen kann, daß die der 2495 nahestehenden Handschriften auch in einer näheren Beziehung zu Hkgr stehen. Aber jeder direkte Vergleich, jede direkte Nutzung der so ergiebigen EDV-Hilfe war ausgeschlossen. Deshalb versuchte ich eine Rückübertragung der Harklensis ins Griechische an den 98 Teststellen der Kath. Briefe herzustellen mit dem Ziel, die auf diese Weise rekonstruierte griechische Handschrift in die EDV-Programme einzugeben und dann Hkgr als Ausgangshandschrift zu benutzen, um sie so mit der gesamten griechischen Überlieferung auf beide beschriebenen Weisen vergleichen zu lassen. Von einem Versuch muß ich insofern reden, als dieses Unternehmen nicht nur schwierig war, sondern als es zunächst auch durchaus unsicher war, ob sich überhaupt eine so genaue Rückübersetzung anfertigen ließe, daß sie als Testmaterial zu benutzen wäre. Denn dafür müßte ja auch zwischen den feinsten Variationen der griechischen Lesarten unterschieden werden, und zwar teilweise auch solchen, die schon von der syrischen Grammatik her einen Rückschluß auf die griechische Vorlage nicht erlauben. Beim ersten Versuch der Rückübertragung blieb daher auch eine größere Zahl von Teststellen aus diesen Gründen offen. Nur die Stellen wurden bearbeitet, an denen von der Struktur der Harklensis her eine klare Aussage über ihre Vorlage gemacht werden konnte. Der erste Computerausdruck, den Frau Benduhn-Mertz vom Rechenzentrum Münster freundlicherweise für diese rekonstruierte und „fragmentierte" neue Handschrift erstellte, brachte schon das erwartete Ergebnis: Hkgr hatte in beiden beschriebenen Listen die höchsten bzw. sehr hohe Übereinstimmungen mit den Handschriften 2138 1505 1611 und 2495 aufzuweisen (in dieser Reihenfolge). Es waren nur diese griechischen Handschriften, die sehr hohe Positionen in beiden Listen einnahmen. Das Ergebnis war deutlich. Vollkollationen in einzelnen Teilbereichen bestätigten es: Abgesehen von einem stärkeren Koineeinfluß in den vier griechischen Handschriften gegenüber Hkgr — der aber angesichts des viel späteren Alters dieser Codices (11. —15. Jh.) nur natürlich ist — war ihre Nähe zu Hkgr geradezu verblüffend. Identisch waren sie allerdings nicht. Aufgrund dessen wurde nun ein zweiter Rückübertragungsversuch unternommen, bei dem dieses erste Ergebnis als ein Kontrollmittel benutzt wurde, von dem wir allerdings nur mit äußerster Sparsamkeit Gebrauch machten. D.h.: wenn bei der Rückübertragung einer Teststelle zwei griechische Varianten als Vorlage möglich waren, für die eine aber das Zeugnis sämtlicher vier Handschriften (2138 1505 1611 und 2495) sprach und zusätzlich der Sprachgebrauch der Harklensis, soweit das festzustellen war8, dann wurde diese Variante als Vorlage der Harklensis, d.h. als Lesart von Hkgr angenommen. Außerdem wurden gegenüber dem ersten Versuch, der nur die Großen Kath. Briefe umfaßt hatte, jetzt die Teststellen sämtlicher Kath. Briefe bearbeitet. Denn die sieben Briefe haben häufig, einschließlich Acta, einen einheitlichen Textcharakter, weil sie als eine literarische Einheit aufgefaßt und zusammen von der gleichen Vorlage abgeschrieben wurden9. 8

Da es keine Grammatik und keine vollständigen Konkordanzen zum syrischen Neuen Testament, schon gar nicht zur Harklensis, gibt, kann man hier nicht mit letzter Genauigkeit arbeiten.

9

Vgl. SODEN, Die Schriften des Neuen Testaments, p. 1840 squ.

4. Das Teststellenprogramm, angewandt auf die Harklensis

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Auf diese Weise konnten von den 98 Teststellen der Kath. Briefe immerhin 89 mit zuverlässiger Genauigkeit rückübertragen werden. Die übrigbleibenden 9 Stellen, an denen keine klare Aussage gemacht werden kann, wurden für die EDV-Berechnung als „Lücken" (Sigel: Z) gewertet. Singulärlesarten wurden vorsichtshalber nicht als solche gezählt, sondern auch als „Lücke" behandelt, obwohl Thomas' Vorlage sie höchstwahrscheinlich aufgewiesen hat (vgl. z.B. 1. Petr 2,19) — alles andere wäre bei einer so relativ frühen Handschrift auch ungewöhnlich. Das Ergebnis der Berechnungen würde davon aber auf jeden Fall so gut wie nicht berührt. So erhielten wir 89 Teststellen einer rekonstruierten griechischen Handschrift, die — vorausgesetzt Thomas hat richtig übersetzt — die Vorlage für seine Arbeit in den Acta und den Kath. Briefen gewesen sein muß. Denn für diesen Schriftteil hatte er ja laut eigener Subscriptio nur eine Handschrift vor sich gehabt. Daß er genau und wörtlich übersetzt hat, läßt sich nun aber nicht mehr nur aus dem bekannten Sprachstil seiner Übersetzung erschließen, sondern es wird durch die überaus nahe Verwandtschaft zu den Handschriften 2138 1505 1611 und 2495 erwiesen. Denn die Wahrscheinlichkeit, daß, hätte er Fehler begangen, sie gerade so ausgefallen wären, daß sie mit den Lesarten jener vier viel späteren griechischen Handschriften übereinstimmten, ist so gering, daß sie vernachlässigt werden kann. Diese so rekonstruierte griechische Vorlage des Thomas trägt in dieser Arbeit das Sigel Hkgr. In allem Folgenden wird von der letzten aufgrund mehrfacher Überprüfung und mit den beschriebenen Kontrollmitteln erstellten Rückübertragung ausgegangen. Der Leser kann sich darüber ein Urteil anhand der unten S. 271 abgedruckten vollständigen Rückübersetzung der drei Großen Kath. Briefe verschaffen, der eine Vollkollation der Handschriften 2138 1505 1611 und 2495 beigegeben ist. Auch die im folgenden wiedergegebenen EDV-Listen sind immer auf der Basis dieser 89 Stellen von sämtlichen Kath. Briefen errechnet. Zur nochmaligen Kontrolle wurde zusätzlich zwar ein Ausdruck nur für die Großen Katholischen Briefe (Sigel HKGK) bzw. ein weiterer für alle Briefe ohne den Judas-Brief erstellt (Sigel: HKOJ). Dieses deswegen, weil dieser Brief eine recht eigenwillige, außerordentlich variantenreiche Überlieferung aufweist, so daß eine Gesamtberechnung durch Unterschiede hier u. U. verzerrt werden könnte. Doch wiesen beide Zusatzausdrucke nach beiden beschriebenen Listen so minimale Differenzen auf — grob gesagt, waren es immer wieder die vier uns schon bekannten Handschriften, die an höchsten Positionen die größten Übereinstimmungen mit den Ausgangshahdschriften (HKGK und HKOJ) zeigten - , daß auf eine Wiedergabe dieser Ausdrucke hier verzichtet werden konnte. Ihre wichtigsten Ergebnisse werden lediglich in Kurzform genannt (s. unten S. 57f.). Immerhin haben diese Kontrollausdrucke doch eine wichtige Bedeutung. Denn ein so gleichförmiges Ergebnis bei verschiedener Ausgangsbasis (sämtliche Briefe, die großen Briefe, sämtliche ohne Judas) ist nur möglich, wenn tatsächlich, wie oben angenommen, nicht nur die Katholischen Briefe in der Harklensis einen einheitlichen Textcharakter aufweisen und von einer Vorlage abgeschrieben bzw. übersetzt worden sind, sondern wenn das auch für die vier griechischen Handschriften 2138 1505 1611 und 2495 gilt10. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, die die Anwendung des im vorigen Abschnitt beschriebenen Teststellenprogramms und seiner EDV-Auswertung für die Harklensis möglich machen. Sie mußten so ausführlich beschrieben werden, weil ohne das das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der im folgenden abzudruckenden Listen gefehlt hätte. Bei der Benutzung von Teststellen hängt ja alles an ihrer Vertrauenswürdigkeit bzw. der ihrer Benutzung, und Versionen müssen zunächst einmal den Eindruck erwecken, dafür von ihrer Eigenart her nicht geeignet zu sein. Der Textcharakter der Peschitta beispielsweise läßt sich mit dem bisherigen 10

Es trifft im übrigen auch für die meisten der griechisehen Handschriften zu, die nach den genannten vier in den verschiedenen Listen der Harklensis der Kath.

Briefe, ganz oder teilweise, zu finden sind. Damit wird auch deren Einheitlichkeit bestätigt. Dazu aber unten mehr.

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IV. Die griechische Vorlage der Harklensis

Programm nicht ausreichend bestimmen. Bei der Harklensis dagegen kam uns über ihren Sprachstil hinaus der Glücksfall der großen Nähe zu jenen vier griechischen Handschriften entgegen. Erst dadurch, daß beide ungewöhnliche Faktoren methodisch und systematisch miteinander in Beziehung gesetzt wurden, ließen sich die Voraussetzungen schaffen, aufgrund derer im folgenden Ergebnisse erreicht werden können, die über die Aussage, Hk61 sei mit jenen 4 griechischen Handschriften verwandt, weit hinausgehen. Vielmehr werden eine genaue Einordnung dieser Gruppe sowie Hkgr in die Gesamtüberlieferung der Kath. Briefe und begründete Vermutungen über den zeitlichen sowie geographischen Ort der Entstehung bzw. Hauptverbreitung dieses Texttyps möglich. Allerdings muß abschließend auf eine empfindliche Beeinträchtigung bei der Nutzung der EDV-Hilfsmittel für die Bearbeitung von Hkgr aufmerksam gemacht werden. Zwar ließen sich aufgrund der beschriebenen Voraussetzungen und Vorarbeiten für Hkgr als Ausgangshandschrift die entsprechenden Listen erstellen und so alle 540 griechischen Handschriften der Kath. Briefe in Bezug zu Hkgr setzen. Aber es war nicht mehr möglich, die „neue Handschrift" Hkgr grundsätzlich in das Gesamtprogramm so aufzunehmen, daß auch bei jeder anderen Handschrift als Ausgangshandschrift Hkgr als eine der zu vergleichenden Handschriften an entsprechender Position erschiene. Das hätte nämlich bedeutet, daß wegen dieser einen zusätzlichen Handschrift sämtliche schon ausgedruckten Listen — sie umfassen immerhin 24 stattliche großformatige Computerbogenordner — noch einmal hätten erstellt werden müssen. Damit stieß ich an die Grenzen der Zumutbarkeit auch für das freundlichst aufgeschlossene Rechenzentrum einer Universität. — Für meine Untersuchungen heißt das, daß ich auf ein Hilfsmittel verzichten muß, von dem oben bei der Vorstellung des Teststellenprogramms und seiner Auswertung in Kapitel IV 3 mehrfach die Rede war: Ich kann im folgenden nicht die Hkgr verwandten Handschriften nachschlagen und auf der Basis von ihnen als Ausgangshandschrift die Stellung und Ubereinstimmung mit Hkgr überprüfen. Das bedingt einige Änderungen im Vorgehen gegenüber Untersuchungen, die es nur mit den 540 griechischen Handschriften bzw. Teilen von ihnen zu tun haben. Auf das Endergebnis wirkt es sich nicht aus, weil im folgenden alle EDV-Teststellenergebnisse durch Voll- bzw. Teilkollationen überprüft werden. b) Die Aufgabe Im folgenden werden zunächst die EDV-Listen bzw. -Zusammenstellungen für Hk81 als Ausgangshandschrift vorgestellt und dann nach verschiedenen Gesichtspunkten ausgewertet. Nach allem bisher Gesagten ist es selbstverständlich, daß zuerst jene vier griechischen Handschriften (2138 1505 1611 2495) in den Blick genommen werden, die in beiden Listen die höchsten Übereinstimmungen mit Hkgr aufweisen. Anhand der der 2. Liste angefügten Übersicht kann die Art der Übereinstimmungen sowie auch der Abweichungen der genannten „Gruppe" von Hkgr und ebenfalls auch die der Übereinstimmungen und Abweichungen der einzelnen Mitglieder dieser Gruppe genau studiert werden. Insofern kommt es schon in diesem ersten Arbeitsschritt über das Zählen hinaus zum Gewichten der Varianten. Ein bestimmtes Ergebnis wird festzuhalten sein, das freilich bis hierher nur auf der Basis des Textbereiches erarbeitet wird, den die Teststellen umfassen. Damit sind die Möglichkeiten der EDV-Listen aber noch nicht erschöpft. Denn in einem zweiten Arbeitsschritt können nun auch jene Handschriften betrachtet werden, die zwar weniger hohe Übereinstimmungen mit der Ausgangshandschrift Hkgr aufweisen, aber doch immer noch so viele, daß sie sich von der Gesamtmenge aller griechischen Handschriften der Kath. Briefe abheben. Grundsätzlich wird auch hier wieder die Regel gelten, daß jene Handschriften der besonderen Aufmerksamkeit wert sind, die in beiden Listen gleicherweise höhere Übereinstimmungswerte aufweisen. Entscheidend ist bei diesem zweiten Schritt nun aber die übersichtartige Zusammenstellung, die der Liste 2 beigegeben ist. Denn aufgrund

4. Das Teststellenprogramm, angewandt auf die Harklensis

55

ihrer Angaben kann man mit einem Blick wesentliche Übereinstimmungen von belanglosen unterscheiden. Belanglos nenne ich dabei jene Ubereinstimmungen, die mit einer großen Menge anderer Zeugen gelesen werden, während von wesentlicher, „bindender" Aussagekraft die Übereinstimmungen in „Sonderlesarten"11 sein können, die nur von wenigen Handschriften bezeugt werden. Allerdings wird man gar nicht deutlich genug sagen können, daß die Regeln, die für die Überlieferung klassischer bzw. patristischer Texte gelten, niemals rein, sondern allenfalls annäherungsweise auf das Neue Testament zu übertragen sind. Das wird sich im einzelnen noch zeigen. Dennoch kann man durch die Beachtung solcher „wesentlicher" Übereinstimmungen unter den 10—20 (oder auch mehr) Handschriften, die eine immer noch verhältnismäßig hohe Übereinstimmung mit der Ausg^ngshandschrift aufweisen, jene herausfinden, die tatsächlich in näherer Beziehung zu ihr stehen können. Dabei gibt die EDV-Übersicht in diesem Fall kaum mehr als einen begründeten Hinweis auf die Handschriften, die einer genaueren Untersuchung zu unterziehen sich lohnen könnte. Aber welch enormer Vorteil ist angesichts der unübersichtlichen, kontaminierten Fülle der neutestamentlichen Handschriften schon ein begründeter Hinweis! Mit diesen beiden Arbeitsschritten sind die ertragreichen Möglichkeiten der EDV-Listen dann allerdings erschöpft. Die Betrachtung aller weiteren Handschriften, die ja jeweils bis zu den niedrigsten Übereinstimmungswerten mit dem Ausgangscodex verzeichnet werden, lohnt nicht. Diese Handschriften und ihre Werte werden im folgenden auch nicht abgedruckt. Selbstverständlich ist nach dem unter IV 3 Gesagten dagegen, daß jene griechischen Handschriften, die sich als „verwandt" mit Hkgr herausstellen, auch untereinander verglichen werden, und zwar in Nutzung der vollen Möglichkeiten der EDV-Listen für die griechischen Handschriften, insofern als bei ihnen ja jede einzelne Handschrift als Ausgangshandschrift nachgeschlagen werden kann. Jetzt müssen Arbeitsschritte folgen, in denen die Ergebnisse aus den EDV-Listen überprüft und präzisiert werden sowie den Hinweisen, die sie lieferten, nachgegangen wird. Dazu bedarf es neuen Vergleichsmaterials. Es wird geschaffen durch eine Vollkollation der Handschriften 2138 1611 1505 und 2495 sowie Teilkollationen jener Handschriften, die sich im oben beschriebenen 2. Arbeitsschritt als in zweiter Linie interessant, d.h. in immer noch beachtlicher Beziehung zu Hkgr stehend, herausgestellt hatten. Dieses erweiterte Material wird dann seinen Erfordernissen entsprechend behandelt, d.h. die Untersuchung verläuft im Prinzip parallel zu jener, die nur aufgrund der Teststellen unternommen wurde. Im einzelnen heißt das, daß zunächst das Verhältnis der „Gruppe" 2138 1611 1505 2495 sowohl untereinander als auch vor allem zu Hkgr bestimmt wird, und zwar mit der genauesten Präzision, die eine Vollkollation aller zu vergleichenden Handschriften ermöglicht. Dafür sind sämtliche Sonderfehler, die nur von Hk8r und den vier Handschriften gelesen werden, also bindende Qualität haben, ebenso zu beachten wie jene ausgesprochenen Trennfehler, die allein von den vier Handschriften gegen Hkgr (und die übrige Handschriftenmenge) gelesen werden. Doch sind solche klassischen Sonderfehler in der neutestamentlichen Uberlieferung überaus rar, und — schlimmer noch — sie sind keineswegs so aussagekräftig, wie sie das in einer „normalen" Uberlieferung im allgemeinen sind. Daher kann gar nicht darauf verzichtet werden, auch solche „wesentlichen" Fehler zu beachten, die nicht nur von Hkgr und den vier Handschriften bezeugt werden, sondern darüber hinaus von einer begrenzten Zahl distinktiver Handschriften, die um so distinktiver sind, je öfter sie in solchen Fehlern mit Hkgr und den vier Handschriften oder auch nur mit Hkgr oder nur mit den vier Handschriften lesen. Aufgrund dieser Fehler wird das Umfeld von Hkgr und den vier Handschriften

11

Wie oben erwähnt, werden als „Sonderlesarten" hier alle jene Varianten bezeichnet, die weder die Koine noch den alten Text bezeugen. In den Computeraus-

drucken sind diese Lesarten mit den Ziffern von 3 an aufwärts gekennzeichnet.

56

IV. Die griechische Vorlage der Harklensis

berührt und einer Klärung zugeführt. Das ist unbedingt notwendig. Denn selbstverständlich stehen unsere Zeugen nicht isoliert im Raum der neutestamentlichen handschriftlichen Überlieferung, sondern haben ihrerseits wieder nähere und fernere Verwandte, sind also in ein Netz von Beziehungen eingeflochten, die es ebenfalls zu klären gilt. Das ist nicht einfach. Doch es gibt ein Kontrollmittel: Wenn diese von mir sog. „wesentlichen" Fehler (mit bindender oder trennender Qualität zwischen Hkgr und den vier Handschriften) richtig gefunden und interpretiert werden, dann müssen die jeweiligen wenigen Mitzeugen identisch sein mit jenen Handschriften, die sich im zweiten Arbeitsschritt der Bearbeitung der EDV-Listen ergaben, d.h. also jenen Handschriften, die noch in einer „beachtlichen" Nähe zur Ausgangshandschrift Hkgr standen. Aufgrund dieses zunächst nur in Umrissen beschriebenen Vorgehens wird es möglich sein, Hggr und die vier Handschriften mit einer relativ großen Genauigkeit in die Gesamtüberlieferung der Kath. Briefe einzuzeichnen. Dies ist, sofern es gelingt, grundsätzlich ein erfreuliches Ergebnis, weil damit zumindest ein Teilbereich des noch undurchschauten Überlieferungsstromes erhellt wird. Die besondere Bedeutung liegt in diesem speziellen Fall zusätzlich darin, daß, wenn sich die nahe Beziehung zwischen Hkgr und den vier Handschriften (2138 1611 1505 2495) bestätigt, für den Text einer Gruppe von Handschriften des 2. Jahrtausends ein früher Zeuge — Hkgr, spätestens aus dem 6. Jahrhundert — sich gefunden hätte. Das wäre ein früher terminus ante quem für die Entstehung der Textform einer späten Zeugengruppe und ihres unmittelbaren, ebenfalls in späten Handschriften bezeugten Umfeldes. Da zu diesem Umfeld auph die 614 gehört und die Überlieferung der Kath. Briefe mit der der Apostelgeschichte; φηε Einheit bildet, deuten sich weitere Perspektiven an, die hier nicht ausgeführt zu werden brauchen. Denn die Bedeutung der 614 für den Text der Acta ist bekannt113.

c) Die EDV-Listen Die folgende Liste für die Ausgangshandschrift Hkgr entspricht dem oben unter IV 3 a (s. S. 47) beschriebenen Muster. Sie basiert auf sämtlichen 89 rekonstruierbaren Teststellen von Hkgr, einschließlich derer, an denen sie den Mehrheitstext bezeugt. Die Teststellen entstammen allen sieben Kath. Briefen. An diesen 89 Stellen wurde die Ausgangshandschrift mit allen griechischen Handschriften verglichen, die in absteigender Reihenfolge nach der Menge ihrer Übereinstimmungen verzeichnet sind. Abgedruckt wird hier nur die erste Spalte der Gesamtliste (bis zu einer Übereinstimmung in 45,93%). Alles übrige ist als zu vernachlässigend weggelassen worden.

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Erst nach Fertigstellung des Manuskripts konnte ich die ungedruckte Dissertation von John D. Thomas, The Harclean Margin: Α Study of the Asterisks, Obeli, and Marginalia of the Harclean Syriac Version with Special Reference to the Gospel of Luke, St. Andrews 1973, einsehen. Eine Auseinandersetzung

damit wird an anderer Stelle geschehen. Da Thomas an griechischem handschriftlichen Material nur die Apparate der Editionen des NT benutzen konnte, entfällt bei ihm das in dieser Arbeit entscheidende methodische Moment.

4. Das Teststellenprogramm, angewandt auf die Harklensis

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Κ 46

186

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