Die Amtshaftung der Gemeinden wegen der Überplanung von Altlasten [1 ed.] 9783428489237, 9783428089239

Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Amtshaftung der Gemeinden wegen der Überpl

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Die Amtshaftung der Gemeinden wegen der Überplanung von Altlasten [1 ed.]
 9783428489237, 9783428089239

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WOLFGANG KÜHN

Die Amtshaftung der Gemeinden wegen der Überplanung von Altlasten

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 720

Die Amtshaftung der Gemeinden wegen der Überplanung von Altlasten

Von Dr. Wolfgang Kühn

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Kühn, Wolfgang: Die Amtshaftung der Gemeinden wegen der Überplanung von Altlasten / von Wolfgang Kühn. - Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 720) Zugl.: Mannheim, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-08923-5 brosch.

Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-08923-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Inhaltsverzeichnis Α. Der Gang der Arbeit

15

B. Einführung in die Altlastenproblematik

17

I. Inhaltsbestimmung des Begriffs, Altlasten"

17

II. Die Bedeutung von Altlasten

20

III. Altlasten und Bauleitplanung

22

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes I. Die Altlastenrechtsprechung des Bundesgerichtshofes II. Mitglieder des Gemeinderates als „Beamte" III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten beim Erlaß eines Bebauungsplanes 1. Die Staatshaftung bei normativem Unrecht a) Bejahung der Haftung entgegen der Rechtsprechung b) Die von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen 2. Die verletzte Amtspflicht

24 24 33

37 37 37 44 49

a) Das Wesen der Amtspflicht 49 b) Die Auffassung des BGH von § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB als Amtspflichten begründende Norm 52 c) Die Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB 3. Die Drittbezogenheit der Amtspflicht

53 60

a) Das Erfordernis der Drittbezogenheit 60 b) Das Abstellen des BGH auf den hohen Rang der durch § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB geschützten Rechtsgüter 63 c) Die Drittbezogenheit der Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung

63

d) Der sachliche Schutzbereich der Amtspflicht

65

nsverzeichnis

6

aa) Der Bebauungsplan als „Verläßlichkeitsgrundlage"

65

(1) Das Vertrauen in die Fortdauer rechtlich erlaubter Nutzungen

65

(2) Das Vertrauen, ohne Gesundheitsgefährdung wohnen zu „können"

68

bb) Gleichbehandlung von Altlasten und sonstigen Gefahrursachen

71

cc) Zum Schutzzweck: Vermeidung der Errichtung unbewohnbarer Häuser

73

e) Der persönliche Schutzbereich der Amtspflicht

76

aa) Unbeachtlichkeit des Kriteriums der Bebauung bzw. Bebaubarkeit

77

bb) Keine unterschiedliche Behandlung von Bauträger und Grundstücksspekulant bzw. Kreditgeber

78

(1) Ungeeignetheit des Unterscheidungskriteriums der „Verantwortlichkeit" Dritten gegenüber

79

(2) Ungeeignetheit des Unterscheidungskriteriums der „Sanierungsverantwortlichkeit"

81

cc) Schutz nur für Bewohner des Plangebietes ( 1 ) Der priviligierte Personenkreis (2) Schutz für Erst- und Nacherwerber (3) Auch lediglich obligatorisch Nutzungsberechtigte sind geschützt IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht 1. Das Verschulden

82 82 83 86 88 88

2. Von den Mitgliedern des Gemeinderates zu fordernde Sorgfalt

89

3. Verschulden bei Kollegialorganen

93

a) Verzicht auf individuellen Schuldnachweis

93

b) Festhalten am Verschuldenserfordernis c) Keine Verschuldensvermutung bei fehlerhaftem Satzungserlaß.... d) Kein Erfordernis eines einstimmigen Beschlusses

94 95 97

4. Möglichkeit des Organisationsverschuldens

97

5. Drittbezogene Amtspflichten der an der Vorbereitung des Gemeinderatsbeschlusses beteiligten Amtswalter

98

6. Keine drittbezogene Amtspflicht des verwaltungsleitenden Organes zur Beanstandung rechtswidriger Beschlüsse des Gemeinderates

103

nsverzeichnis 7. Der Planungsfehler der Gemeinde a) Abgrenzung zum unterschiedlichen Ausgangspunkt des BGH

106 106

b) Die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB 106 aa) Die dogmatische Einordnung des Abwägungsgebotes 106 bb) Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Abwägungsgebot 108 cc) Die Typisierung von Abwägungsfehlern c) Die Abwägungsfehler bei der Altlastenüberplanung aa) Abwägungsfehler und der unzulässige Einwand fehlenden Problembewußtseins bb) Ermittlungsdefizit durch Nichtaufklärung einer Bodenkontamination (1) Die Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht (a) Nicht „ins Blaue hinein"

109 111 111 113 113 113

(b) Keine systematische Erforschung wegen der Kennzeichnungspflicht der §§ 5 Abs. 3 Nr. 3 und 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB 114 (c) Erfordernis konkreter Anhaltspunkte fur eine Bodenkontamination 117 (d) Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ersetzt nicht die eigene Aufklärungspflicht 118 (e) Untersuchungsverpflichtung bei Erfassung der überplanten Fläche in einem Altlastenkataster 120 (f) Untersuchungsverpflichtung bei abstrakt gefährlicher Vornutzung 120 (2) Der Umfang der Aufklärungspflicht 127 (a) Aufklärungsmöglichkeiten 127 (b) Abschließende Entscheidung über die Nutzung des Plangebietes (c) Aufklärungsintensität abhängig von Vornutzung und beabsichtigter Nutzung (d) Der abstrakte Maßstab für die Aufklärungspflicht.... cc) Abwägungsfehleinschätzung durch falsche Gewichtung der erkannten Bodenkontamination (1) Die Grenzwerteproblematik (2) Gewichtung der Kontamination im Rahmen einer Prognoseentscheidung

128 129 130 132 132 135

8

nsverzeichnis V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs

136

1. Der Schaden

136

2. Gesundheitsschäden

137

a) Unmittelbare und mittelbare Schäden

137

b) Schmerzensgeld

138

3. Fehlgeschlagene Aufwendungen

139

4. Nutzungsausfall

144

5. Sanierungskosten

145

VI. Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden

148

1. Abstimmungsverhalten und Satzungsbeschluß

148

2. Gemeinderatsbeschluß und Schadenseintritt

150

VII. Anspruchausschluß und Anspruchsminderung

151

1. Mitwirkendes Verschulden, § 254 BGB

151

2. Nichteinlegung eines Rechtsmittels, § 839 Abs. 3 BGB

154

a) Verhältnis des § 839 Abs. 3 zu §254 BGB b) Verschweigen eines Altlastenverdachtes im Rahmen der Bürgerbeteiligung nach § 3 BauGB 3. Anderweite Ersatzmöglichkeit, § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB

154 156 158

a) Die Subsidiaritätsklausel

158

b) Amtshaftung und vertragliche Ansprüche

159

4. §§ 214; 215 BauGB stehen Amtshaftungsanspruch nicht entgegen....

162

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtftnderung/Nichtaufhebung eines Bebauungsplanes

164

I. Amtspflichten nach Erlaß eines Bebauungsplanes?

164

II. Keine fortlaufende Prüfungspflicht in bezug auf erlassene Bebauungspläne III. Sofortmaßnahmen der Gemeinde bei Kontaminationsverdacht 1. Unterrichtung Dritter a) Bauaufsichtsbehörde b) Bewohner des Plangebietes/Bauwillige

164 166 167 167 167

nsverzeichnis 2. Deklaratorischer Beschluß mit Hinweis auf Bedenken gegen die Gültigkeit des Bebauungsplanes 3. Kennzeichnung, § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB

168 169

a) Bei feststehender Altlast

169

b) Bei Altlastenverdacht

170

4. Veränderungssperre, § 14 ff. BauGB

171

5. Zurückstellung von Baugesuchen, § 15 BauGB

173

IV. Der nichtige Bebauungsplan 1. Die Nichtigkeit

174 174

a) Voraussetzungen der Nichtigkeit

174

b) Die Teilnichtigkeit

177

c) Die Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern, § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB

177

d) Keine Heilung von Abwägungsfehlern durch § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB

178

2. Abgrenzung zur Funktionslosigkeit

180

3. Aufhebung des nichtigen/funktionslosen Bebauungsplanes

181

a) Erfordernis derförmlichen Aufhebung b) Keine Drittgerichtetheit der Amtspflicht zurförmlichen Aufhebung V. Der wirksame Bebauungsplan 1. Die Amtspflicht zur Planänderung bei erkannter Altlast a) Keine grundsätzliche Pflicht zur Anpassung von Bebauungsplänen an veränderte Erkenntnisse b) Die „Erforderlichkeit" im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB aa) Die planerische Konzeption der Gemeinde

181 183 186 186 186 187 187

(1) Die Befugnis zur Planung 189 (2) Die Verpflichtung zur Planung 190 c) Die „Erforderlichkeit" der Planänderung bei Altlastenerkenntnis nach Planerlaß 191 aa) Die Änderung bei „grober Unangemessenheit" der früheren Planentscheidung bb) Die Planaufhebung wird der Planänderungspflicht nicht gerecht

191 193

10

nsverzeichnis cc) Die Änderungsverpflichtung im Verhältnis zu bauordnungsund sanierungsrechtlichen Auflagen

194

2. Die Drittgerichtetheit der Amtspflicht zur Planänderung

196

a) Subjektives öffentliches Recht auf Planänderung?

196

aa) Ausschluß eines Anspruchs auf Planänderung durch § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 BauGB?

196

(1) Keine analoge Anwendung der Rechtsprechung zu § 123 Abs. 3 BauGB

197

(2) Kein Anspruch aus den Beteiligungsvorschriften des Planaufstellungsverfahrens

199

(3) Kein Anspruch auf Bebauungsplanerlaß aus Grundrechten

200

b) Der unzulässige Rückschluß vom fehlenden subjektiven öffentlichen Recht auf das NichtVorliegen eines Drittschutzes 3. Der Verstoß gegen die drittgerichtete Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung bei Nichtänderung des Bebauungsplanes trotz „ Erforderlichkeit" einer Änderung

202

202

E. Ergebnisse der Arbeit

204

Literaturverzeichnis

209

Sachwortverzeichnis

223

Abkürzungsverzeichnis AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

AtomG

Atomgesetz

BauGB

Baugesetzbuch

BauR

Zeitschrift für das gesamte öffentliche und private Baurecht

BaWüVBl

Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt

BayVBL

Bayerische Verwaltungsblätter

BayVerfGH

Bayerischer Verfassungsgerichtshof

BayVGH

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

BayOblGZ

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Entscheidungssammlung in Zivilsachen

BB

Der Betriebs-Berater

BBauG

Bundesbaugesetz

BBG

Bundesbeamtengesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Bundesgerichtshof, Entscheidungen in Zivilsachen

BImschG

Bundesimmissionsschutzgesetz

BRRG

Beamtenrechtsrahmengesetz

BRS

Baurechtssammlung, Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, der Oberverwaltungsgerichte der Länder und anderer Gerichte zum Bau-und Bodenrecht

12

Abkürzungsverzeichnis

BT-Drs.

Bundestagsdrucksache

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

DNotZ

Deutsche Notar-Zeitschrift

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DVBl

Deutsches Verwaltungsblatt

DWW

Deutsche Wohnungswirtschaft

DZWiR

Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EG

Europäische Gemeinschaft(en)

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

ESVGH

Entscheidungssammlung des Hessischen und des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EWiR

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

GG

Grundgesetz

GrZS

Großer Senat in Zivilsachen

GuG

Gesellschaft für Umweltgeowissenschaften

GV.NW

Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Nordrhein-Westfalen

Hess.VGH

Hessischer Verwaltungsgerichtshof

JA

Juristische Arbeitsblätter

JURA

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristische Zeitung

LG

Landgericht

Abkürzungsverzeichnis MB1.NW

Ministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NRWGO

Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen

NuR

Natur und Recht

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR

NVwZ-Rechtsprechungs-Report Verwaltungsrecht

OLG

Oberlandesgericht

OVG

Oberverwaltungsgericht

OVGE

Entscheidungssammlung des (jeweils angegebenen) OVG

OVGRP

Oberverwaltungsgericht des Landes Rheinland-Pfalz

RGRZ

Reichsgerichtsrätekommentar

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

StuGemB

Städte- und Gemeindebund

UPR

Umwelt- und Planungsrecht

VBIBW

Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg

VersR

Versicherungsrecht

VerwArch

Verwaltungsarchiv

VGH

Verwaltungsgerichtshof

VR

Verwaltungsrundschau

WDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung deutscher Staatsrechtslehrer

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WiVerw

Wirtschaft und Verwaltung

WM

Zeitschrift für Wirtschafts- und Baurecht

14

Abkürzungs Verzeichnis

WRV

Weimarer Reichsverfassung

ZfBR

Zeitschrift für deutsches und internationales Beamtenrecht

ZfW

Zeitschrift für Wasserrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

Α. Der Gang der Arbeit Die Arbeit beschäftigt sich mit der „Altlastenrechtsprechung" des Bundesgerichtshofes, setzt sich in diesem Zusammenhang jedoch auch sowohl mit grundsätzlichen Fragen einer Amtshaftung der Gemeinden für ihre an einer Beschlußfassung beteiligten Gemeinderatsmitglieder als auch mit dabei relevanten kommunalrechtlichen Problemen auseinander. Erstmals 1989 hat der Bundesgerichtshof eine Gemeinde unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung zum Schadensersatz verurteilt, weil sie bei der Überplanung eines kontaminierten Bodens, einer sog. ,Altlast", durch einen Bebauungsplan die gesundheitlichen Belange der künftig im Plangebiet lebenden und arbeitenden Menschen nicht in erforderlichem Maße berücksichtigt hatte. Teil Β der Arbeit erläutert den Begriff der, Altlast" und zeigt die Bedeutung der Altlastenproblematik nicht nur im Rahmen der Bauleitplanung, sondern darüber hinaus auch im gesellschafts-, umweit- und wirtschaftspolitischen Bereich. Im zentralen Teil C werden zunächst die bisher ergangenen Altlastenurteile des Bundesgerichtshofes ausführlich vorgestellt. Sodann wird diese Rechtsprechung kritisch untersucht. Dies geschieht, nachdem zuvor die grundsätzliche Frage einer Staatshaftung für normatives Unrecht beantwortet wird, insbesondere hinsichtlich der verletzten Amtspflicht und ihrer Drittbezogenheit, also des sachlichen und persönlichen Schutzbereiches der Amtspflicht. Diskutiert wird sodann die von der Rechtsprechung von den Mitgliedern des Gemeinderates geforderte Sorgfalt bei ihren Beschlußfassungen, darüber hinaus, inwieweit sonstigen an der Beschlußfassung oder Beschlußdurchführung beteiligten Amtswaltern drittgerichtete Amtspflichten obliegen. Nach Abhandlung der sich aus der Tatsache eines Kollegialhandelns ergebenden Schuldfragen wird der Abwägungsfehler der Gemeinden bei der Überplanung von Altlasten erarbeitet und die Aufklärungsverpflichtung des Planungsgebers hinsichtlich des Vorhandenseins von Altlasten, auch vor dem Hintergrund nicht vorhandener einheitlicher Grenzwerte, dargelegt. Sodann wird der Umfang des zuzusprechenden Schadensersatzes erläutert. Schließlich werden vom Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit seinen Altlastenurteilen nicht erörterte Probleme der Kausalität

16

Α. Der Gang der Arbeit

zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden behandelt, sowie mögliche Fälle eines Anspruchsausschlusses bzw. einer Anspruchsminderung untersucht. Teil D der Arbeit setzt sich mit der vom Bundesgerichtshof bisher nicht zu entscheidenden Problematik auseinander, inwieweit Amtshaftungsansprüche auch dadurch begründet werden können, daß die Gemeinde erst nach der Überplanung von Altlasten diese erkennt bzw. für möglich hält, den betreffenden Bebauungsplan jedoch nicht abändert bzw. aufhebt. Dabei wird, nachdem zuvor Sofortmaßnahmen nach Kenntniserlangung von einer (möglichen) Kontamination aufgezeigt worden sind, zwischen einem nichtigen und einem wirksamen Bebauungsplan unterschieden. Im Teil E werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefaßt. Die Arbeit ist inhaltlich im März 1996 abgeschlossen worden; bis zu diesem Zeitpunkt wurden auch Rechtsprechung und Literatur berücksichtigt.

Β. Einfuhrung in die Altlastenproblematik I. Inhaltsbestimmung des Begriffs „Altlasten" Erst in den achtziger Jahren hat sich, ausgelöst durch bekanntgewordene Fälle gesundheitsgefährdender Bodenkontaminationen das Bewußtsein gebildet, daß Art und Ausmaß der Belastung von Böden durch bekannte und unbekannte Schadstoffe ihr Regenerationsvermögen übersteigen können. Chronische und langfristige Schädigungen sowie punktuell hohe Kontaminationen des Bodens wurden als Folge eines sorglosen Umganges mit Schadstoffen sowie einer leichtfertigen Entsorgung von „Abfallen" erkannt. Der in diesem Zusammenhang sich nicht als Rechtsbegriff, sondern im allgemeinen Sprachgebrauch entwickelnde Begriff der ,Altlast" wurde zur Bezeichnung von in der Vergangenheit begründeten Schadstoffanreicherungen im Boden verwandt, die durch menschliche Aktivitäten verursacht worden waren und von denen akute oder latente Umweltgefahren ausgingen. Eine nähere Differenzierung, etwa nach Herkunft, ökotoxikologischem Gefährdungspotential oder gefährdetem Schutzgut war mit der Charakterisierung einer Fläche als Altlast nicht verbunden. In der Fachliteratur werden erstmals im Umweltgutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen 1978 ,Altlasten" angeführt; dort wird festgestellt, daß „auf Dauer offenbar eine Anzahl ungesicherter alter Ablagerungsplätze als „untilgbare Altlast" hingenommen werden müsse"1. In der Rechtsordnung findet sich der Begriff zum ersten Mal im Abfallgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21.06.19882. In dessen § 28 wurden Altlasten wie folgt definiert:

1

Umweltgutachten 1978 des Rates von Sachverständigen fur Umweltfragen, BTDrs. 8/1938, S. 215, Ziff. 657. 2

GV.NW. 1988, S. 250.

2 Kühn

Β. Einführung in die Altlastenproblematik

18

,Altlasten sind Altablagerungen und Altstandorte, sofern von diesen nach den Erkenntnissen einer im einzelnen Fall vorausgegangenen Untersuchung und einer darauf beruhenden Beurteilung durch die zuständige Behörde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht." Erläuternd wurden unter Altablagerungen stillgelegte Anlagen zum Ablagern von Abfallen, Grundstücke, auf denen vor dem Inkrafitreten des Abfallbeseitigungsgesetzes des Bundes (11.06.1972) Abfalle abgelagert worden sind, sowie sonstige stillgelegte Aufhaldungen und Verfüllungen verstanden. Als Altstandorte galten im wesentlichen Grundstücke stillgelegter Betriebsanlagen, in denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden war. Zwischenzeitlich hatte sich die Überzeugung durchgesetzt, daß die Erfassung und Sanierung kontaminierter Grundstücke eine neue große umweltpolitische Aufgabe und Herausforderung darstellt. Die praktische Umsetzung dieser Erkenntnis wurde jedoch dadurch erschwert, daß der Altlastenbegriff in der umweltpolitischen Fachdiskussion mittlerweile fachgebietsbezogen und damit unterschiedlich interpretiert wurde.3 In seinem Sondergutachten ,Altlasten" vom Dezember 1989 schlug der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen daher eine einheitliche Definition vor und befürwortete eine bundesgesetzliche Initiative, durch die Bund und Länder an folgende Definition gebunden sein sollten: ,Altlasten sind Altablagerungen und Altstandorte, sofern von ihnen Gefahrdungen für die Umwelt, insbesondere die menschliche Gesundheit, ausgehen oder zu erwarten sind. Altablagerungen sind verlassene und stillgelegte Ablagerungsplätze mit kommunalen und gewerblichen Abfallen, stillgelegte Aufhaldungen und Verfüllungen mit Produktionsrückständen auch in Verbindung mit Bergematerial und Bauschutt sowie illegale („wilde") Ablagerungen aus der Vergangenheit; Altstandorte sind Grundstücke stillgelegter Anlagen mit Nebeneinrichtungen, nicht mehr verwendete Leitungs- und Kanalsysteme sowie sonstige Betriebsflächen oder Grundstücke, in denen oder auf denen mit um-

3

Ein Beispiel für fachspezifische Interpretation findet sich etwa bei Führen, VR 1990, 37 (39), der im Rahmen der Untersuchung von Ermächtigungsgrundlagen für Gefahrerforschungsmaßnahmen zwischen Uralt-Lasten, echten und unechten Altlasten sowie Neu-Lasten unterscheidet.

I. Inhaltsbestimmung des Begriffs,Altlasten"

19

weltgefahrdenden Stoffen umgegangen wurde, aus den Bereichen der gewerblichen Wirtschaft oder öffentlicher Einrichtungen."4 Die meisten Bundesländer haben nunmehr in ihre Abfallgesetze eigene Abschnitte über Altlasten aufgenommen und darin, orientiert an der Definition des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen, auch eine entsprechende Begriffsbestimmung vorgenommen. Eine bundesgesetzliche Definition wurde bisher lediglich im ReferentenEntwurf eines Gesetzes zum Schutz des Bodens vorgenommen.5 Auch dort werden die Elemente der bisherigen Definitionen übernommen; danach muß es sich um zeitlich abgeschlossene durch Ablagerungen oder Betriebsstandorte verursachte Kontaminationen handeln, die Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorrufen oder, dem Schutzzweck des Bodenschutzgesetzes entsprechend, schädliche Bodenveränderungen verursachen. Als „altlastverdächtige Flächen" werden im Gesetzesentwurf Altablagerungen und Altstandorte bezeichnet, wenn lediglich der konkrete Verdacht einer Kontamination im vorgenannten Sinne besteht.6 Die Rechtsprechung hatte im Rahmen der in dieser Arbeit zu untersuchenden Entscheidungen ausschließlich über Fälle zu befinden, bei denen die Kontamination der durch Bebauungsplan überplanten Grundstücke Folge des Betriebes eines mittlerweile stillgelegten Industriebetriebes oderfrüherer legaler oder illegaler Ablagerungen war. 4

Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten, Ziff. 58. An dieser Definition hat der Sachverständigenrat auch in seinem aktuellen Gutachten ,Altlasten II" vom Februar 1995 grundsätzlich festgehalten, vgl. dort Ziff. 12. 5

Der Entwurf vom 07.02.1994 ist auszugsweise abgedruckt in: Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band I, Teil B, 5 ff. (Seit August 1995 liegt ein überarbeiteter Gesetzesentwurf vor, der u.a. deswegen als notwendig erachtet wurde, um die Beschlüsse des Deutschen Juristentages vom September 1994 zu berücksichtigen; hinsichtlich der Altlastendefinition ergab sich jedoch in der Sache keine Änderung.) Zum beabsichtigten Erlaß eines Bundesbodenschutzgesetzes vgl. Lindemann/Eickhoff, NuR 1994, 330; Oer der, NJW 1994,281; Rid/Persen, NVwZ 1994, 844. 6

Immer öfter und mit aktuellem Bezug der Freimachung militärischer Liegenschaften durch Fremdstreitkräfle begegnet der Begriff der „Militärischen Altlasten"; diese sind eine Folge umweltschädigenden Verhaltens der in Deutschland stationierten Streitkräfte im Rahmen der militärischen Nutzung von Flächen, Gebäuden und Anlagen. Sie sind zu unterscheiden von den, Jtüstungsaltlasten", bei denen es sich um Kriegsfolgelasten, insbesondere ehemalige Produktions- oder Lagerstätten von Explosions- und Kampfstoffen handelt. 2*

Β. Einführung in die Altlastenproblematik

20

Dies rechtfertigt es auch, von der ,Altlastenrechtsprechung" des Bundesgerichtshofes zu sprechen, gleichermaßen der materielle Gehalt der Entscheidungen nicht nur auf stillgelegte Industriestandorte und Deponien, sondern auf jedwede gesundheitsgefährdende Bodenkontamination zu beziehen sein wird.7

I I . Die Bedeutung von Altlasten Altlasten stehen für Vorgänge in der Vergangenheit, die aufgrund ihrer Umweltauswirkungen ein Handeln in der Gegenwart und der Zukunft erfordern. Ein sorgloser Umgang mit Schadstoffen und Abfällen „Heute" wird zur Altlast von „Morgen" führen. Dabei darf nicht verkannt werden, daß auch ein sensibilisierter und dem derzeitigen Stand der Wissenschaft entsprechender korrekter Umgang mit Stoffen in der Zukunft zu Belastungen führen kann. Das Schadstoffspektrum ergibt sich sowohl aus industriellem Betrieb, als auch aus industrieller, kommunaler oder privater Entsorgung. Zu Recht wird darauf hingewiesen, daß literaturmäßig nicht nur mindestens sechs Millionen Stoffe, sowie unzählige Formulierungen und Zubereitungen bekannt sind, sondern darüber hinaus eine erhebliche Anzahl von unbekannten Stoffen ungezielt bei der Produktion mit anfallen und, dem jetzigen Kenntnisstand entsprechend, als „unproblematischer" Abfall entsorgt werden.8 Wenn somit auch bis zu einem gewissen Grad heute offen ist, was morgen als Altlast gelten wird, so sind andererseits durch die gegenwärtigen Erfahrungen die möglichen gesellschafts-, umweit- und wirtschaftspolitischen Auswirkungen von Altlasten bekannt. Zunächst sind die gesundheitsschädlichen Folgen von Altlasten zu nennen, wobei Schadstoffe oral (etwa durch Kinder beim Spielen oder über schadstoff7

Vgl. zum Begriff der ,Altlast" ausführlich mit umfangreichen Nachweisen Baumann/Schürmann, DNotZ 1994, 502 (503 ff.); Barkowski/Günther/Hinz/Röchert, Altl sten, S. 13 ff.; Buchner, in: Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band H/1, Teil L, 34 (38 ff.); Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten, Ziff. 53 ff. und Altlasten II, Ziff. 12 ff.; Franzius/Wolf/Brandt, Handbuch der Altlastensanierung, 1.5.1.1.1 Rdnr. 47 ff.; Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 33 ff. 8

Lühr, in: Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band II/l, Teil L9,(9).

II. Die Bedeutung von Altlasten

21

belastete Nahrungsmittel), inhalativ oder über die Haut aufgenommen werden können. Als nächstes ist an das Ökosystem an sich, also Wasser, Luft, Boden und die Biosphäre zu denken, wobei insoweit die Erforschung der, insbesondere langzeitlichen Auswirkungen, erst begonnen hat. Erhebliche Bedeutung kommt dem wirtschaftlichen Faktor zu, was schlagwortartig mit der Aussage , Altlast ist Kostenlast" umschrieben wird. Dazu gehört die zentrale Frage nach dem Sanierungspflichtigen, die ein juristisch weites Diskussionsfeld eröffnet, auf dem etwa Probleme im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers als Zustandsstörer bzw. des Verursachers einer Kontamination als Verhaltensstörer und eines evtl. Ausgleichsverhältnisses zwischen beiden diskutiert werden oder Überlegungen hinsichtlich kollektivrechtlicher Finanzierungsregelungen in bezug auf erforderliche Altlastensanierungen unter Beteiligung von Bund, Ländern bzw. Kommunen und Industrie. Zu nennen sind auch Auswirkungen von Bodenbelastungen auf die Grundstücksbewertung, sowie den Grundstücksverkehr und die Eigenschaft von Grundstücken als Sicherungspfand. Hinzuweisen ist des weiteren auf die wirtschaftliche Situation derjenigen, die auf kontaminiertem Gelände unbewohnbare Häuser errichtet haben. Schließlich muß auf die gesamtwirtschaftlich relevanten Auswirkungen, etwa die Investitionsbereitschaft von Investoren oder Standortentscheidungen von Unternehmen hingewiesen werden. In Anbetracht von rund 140.000 Altlasten und 240.000 Flächen, bei denen ein Altlastenverdacht besteht9, zeigt sich die Dimension des Altlastenproblems

9

Diese Zahlen wurden, verbunden mit einer Aufschlüsselung nach (neuen und alten) Bundesländern vom Bundesumweltamt und dem Statistischen Bundesamt nach Angaben der Länder veröffentlicht in: Umweltdaten Deutschland 1995, S. 39. Die Zahlen basieren auf dem Stand vom 31.12.1993; nach Auskunft des Umweltbundesamtes vom Oktober 1995 liegen dem Bund keine aktuelleren Zahlen vor, es sei jedoch davon auszugehen, daß diese Zahlen sich größenordnungsmäßig nicht grundlegend geändert haben. Eine ausfuhrliche Darstellung des Ausmaßes der Altlasten und der Situation in den einzelnen Bundesländernfindet sich bei Franzius/Wolf/Brandt, Handbuch der Altlastensanierung, 1.4.1 u. 1.4.2 u. in Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten II, Ziff. 22 ff. u. 227 ff.

Β. Einführung in die Altlastenproblematik

22

und auch die Gefahr, mit dieser Problematik, in welcher Weise auch immer, konfrontiert zu werden.

I I I . Altlasten und Bauleitplanung Besondere Bedeutung kommt den Altlasten im Bereich des Städtebaus und der Stadtentwicklung zu. Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 BauGB sind die Gemeinden gehalten mit Grund und Boden sparsam und schonend umzugehen.10 Diese „Bodenschutzklausel" ist die Folge der Erkenntnis, daß Grund und Boden nicht vermehrbar sowie auch nur begrenzt regenerierbar ist und ein großzügiger Umgang damit, durch die Überplanung (und damit i.d.R. die überwiegende Versiegelung) bisheriger Freiflächen dazu führt, daß diese ihrer ökologischen Bedeutung nicht mehr gerecht werden können.11 Die Gemeinden haben daher vor der Ausweisung neuer Baugebiete zum einen zu prüfen, inwieweit durch eine Verdichtung der Bebauung (die ihre Grenze darinfindet, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und gesunde Wohnund Arbeitsverhältnisse zu schaffen, §§ 1 Abs. 5 Satz 1 u. 2 BauGB) bzw. die Wiederverwertung brachliegender, jedoch erschlossener Grundstücke dem privaten und gewerblichen Bedarf Genüge getan werden kann; zum anderen, sofern die Neuausweisung unabdingbar ist, eine gesamtökologische Bestandsaufnahme durchzuführen, also eine über die zu überplanende Fläche hinausgehende, ökologische Zusammenhänge, wie etwa klimatische Auswirkungen durch Verschließen von Luftschleußen, berücksichtigende Prüfung vorzunehmen und das Ergebnis im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen.

10 11

Für den Außenbereich vgl. § 35 Abs. 5 BauGB.

Vgl. zur Bodenschutzklausel Cholewa, in: Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 1, Anm. V 5; Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1 Rdnr. 69; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 85; Mainczyk, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 9; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 155 ff.; Softer, in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, Baugesetzbuch, Rdnr. 17; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 173 ff.; Sendler, UPR 1995, 41 (44); Stich, WiVerw 1991,142 (146 ff.).

III. Altlasten und Bauleitplanung

23

Wollen die Gemeinden dem Auftrag, den Freiraumverbrauch zu begrenzen und die ökologische Funktionfreier, unbebauter Flächen zu erhalten, gerecht werden, müssen sie, und das gilt in besonderem Maße in den industriellen Ballungszentren, auch die Überplanung von ehemaligen Deponien oder industriellen Standorten zu Wohn- und Arbeitszwecken ins Auge fassen. Genau dies haben die Gemeinden in den Fällen, die der Altlastenrechtsprechung des Bundesgerichtshofes zugrunde liegen, auch getan, dabei jedoch den möglichen Auswirkungen von Altlasten auf die Gesundheit der künftigen Plangebietsbewohner nicht ausreichend Beachtung gewidmet und damit dem Gebot des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB, bei der Aufstellung der Bauleitpläne im Rahmen der Abwägung insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnund Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung zu berücksichtigen, nicht Rechnung getragen. Auch wenn die Kommunen diesem Aspekt künftig die ihm gebührende herausgehobene Bedeutung beimessen werden, ist, vor allem wegen der hohen Anforderungen, die von der Rechtsprechung an die Aufklärungsverpflichtung der Gemeinden gestellt werden, nicht auszuschließen, daß es im Rahmen des „Flächenrecyclings" weitere Haftungsfalle geben wird. Die vom BGH dabei vertretene Ansicht der weitgehenden vermögensrechtlichen Haftung der Gemeinden, verbunden mit der weitgehenden Entlastung der Betroffenen hinsichtlich eigener Pflichten, wird die Kommunen nicht nur zu größerer Sorgfalt bei ihrer Planung führen, sondern wohl auch der Politik des „Flächenrecyclings", damit des Boden- und letztendlich Umweltschutzes einen erheblichen Rückschlag versetzen: die Inanspruchnahme noch vorhandener unverdächtiger Freiflächen (also bisher ausschließlich als „Grünflächen" genutzter „naturaktiver" Bereiche) für die bauliche Nutzung ist der konfliktfreie undrisikoloseWeg für die Gemeinden. Unangenehme Begleiterscheinung und dem Stadtbild abträglich ist, daß erschlossene, aktuell jedoch nicht genutzte Flächen in unter Umständen exponierten Lagen, statt revitalisiert zu werden, als Brachflächen liegen bleiben, was im übrigen mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar erscheint.

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes I. Die Altlastenrechtsprechung des Bundesgerichtshofes Erstmals mit Urteil vom 26.01.1989 hat der Bundesgerichtshof einen sog. „Altlastenfall" entschieden.1 Er hat dabei die Urteile der Vorinstanzen2 bestätigt und den Klägern Ansprüche aus Amtshaftung gegen die beklagte Kommune zugestanden, da diese bei der Aufstellung des Bebauungsplanes von einer überplanten Deponie ausgehende Gesundheitsgefahren nicht berücksichtigt hatte. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben 1978 von einer Wohnungsbaugesellschaft ein Grundstück zur Errichtung eines Hauses. Das Bauvorhaben wurde 1979 bauaufsichtlich genehmigt und 1981 fertiggestellt. Das Grundstück der Kläger lag im Geltungsbereich eines 1977 von der beklagten Stadt geänderten Bebauungsplanes, dessen Plangebiet im wesentlichen ein ehemaliges Ziegeleigelände umfaßte und der ein- bis zweigeschoßige Wohnhäuser vorsah. Teile des Geländes hatten bis 1977 als Deponie für Hausmüll und giftige cyanidhaltige Schlämme aus Galvanikbetrieben gedient, was der Beklagten auch bekannt war. Nachdem 1983 Bedenken bezüglich der Bebaubarkeit und der Bewohnbarkeit des Geländes aufgekommen waren, ließ es die Stadt 1984 gutachterlich untersuchen. Dabei wurden Methanausgasungen, schwerflüchtige Kohlenwasserstoffe und Schwermetalle in gesundheitsschädlicher Konzentration festgestellt, die Ursache dafür waren, daß das Haus der Kläger unbewohnbar war. Die Kläger, die wegen einer vertraglichen Haftungsausschlußklausel gegen den Veräußerer des Grundstücks keine Ansprüche geltend machen konnten, forderten daraufhin von der Beklagten Ersatz der durch die Belastung des Bodens verursachten Wertminderung ihres Grundstücks sowie Mietausfall.

1

BGHZ 106, 323 („Bielefeld-Brake").

2

LG Bielefeld, VersR 1987, 625 und OLG Hamm, VersR 1987, 1044.

I. Die Altlastenrechtsprechung des Bundesgerichtshofes

25

Der BGH wies die Revision der Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des OLG Hamm zurück und bejahte damit ebenfalls den Amtshaftungsanspruch der Kläger. Er bestätigte seine bisherige Rechtsprechung3, wonach die Mitglieder des Gemeinderates bei der Beschlußfassung über den Bebauungsplan als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne tätig seien und daß beim Erlaß eines Bebauungsplanes Amtspflichten gegenüber Planbetroffenen bestehen können. Eine solche Amtspflicht folge aus dem Baugesetzbuch, aber auch bereits aus demfrüheren Bundesbaugesetz, wonach sich die Bauleitpläne nach den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung, ihrer Sicherheit und ihrer Gesundheit zu richten haben. Demnach habe die Gemeinde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen Gesundheitsgefahrdungen zu verhindern, die den künftigen Bewohnern des Plangebietes aus dessen Bodenbeschaffenheit drohen. Diese Amtspflicht habe die beklagte Gemeinde schuldhaft verletzt, da sie es trotz Kenntnis von derfrüheren Nutzung des Geländes als Deponie unterlassen hatte aufzuklären, ob von der altlastenverdächtigen Fläche gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgehen könnten. Die Amtspflicht habe auch nicht nur dem Schutz der Allgemeinheit gedient, vielmehr diene sie gerade auch dem Schutz der Personen, die in dem betroffenen Plangebiet wohnen werden. Dabei mache es keinen Unterschied, ob diese Personen im Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan bereits Eigentümer von im Planungsgebiet gelegenen Grundstücken sind, oder Grundstücke als sog. „Ersterwerber" von einem Bauträger erwerben. Die Ersatzpflicht der Beklagten sei nicht nur auf Gesundheitsschäden beschränkt, sondern umfasse auch solche Vermögensverluste, die dadurch entstehen, daß Grundstückseigentümer, Erwerber und Bauherren im Vertrauen auf eine ordnungsgemäße gemeindliche Planungsentscheidung Wohnungen errichten oder kaufen, die nicht bewohnbar sind. Die Beklagte habe daher die fehlgeschlagenen Aufwendungen für den Grundstückserwerb und den Bau des Hauses, abzüglich eines etwa auf dem Grundstücksmarkt noch erzielbaren Preises sowie den Nutzungsausfall, den die Kläger im Zeitraum zwischen der Räumung des Hauses und seiner Veräußerung erlitten hatten (fiktive Mieteinnahmen), zu ersetzen. Der BGH hat diese Grundsatzentscheidung vom Januar 1989 in der Folgezeit weiter differenziert und fortentwickelt.

3

Vgl BGH, DVBl 1976, 173; BGHZ 84, 292 (298 ff.); 92, 34 (51 f.).

26

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Im Juli 1989 machte der BGH unter Aufhebung der das Urteil des Landgerichts4 bestätigenden Entscheidung des Oberlandesgerichts5 nähere Ausführungen zum Kreis der geschützten Dritten bei der Haftung einer Gemeinde für die Überplanung von Altlasten6. Geschützt seien auch Bauträger, die nicht selbst im Plangebiet wohnen, sondern das erworbene Gelände mit Wohnhäusern bebauen und weiterveräußern wollten und ihren Erwerbern gegenüber dafür verantwortlich seien, daß die Gebäude von Gesundheitsgefahren frei seien. Nicht zum Kreis der geschützten Dritten zählten hingegen diejenigen Eigentümer, die überhaupt nicht die Absicht hätten, die Grundstücke zu bebauen. Ebensowenig würden solche Personen geschützt, die zwar an der Verwirklichung einer den Festsetzungen des Bebauungsplanes entsprechenden Bebauung wirtschaftlich beteiligt sind, damit jedoch reine Vermögensinteressen verfolgen, wie z.B. Kreditgeber für Bauträger und -herrn. Ein mitwirkendes Verschulden mit der Folge einer Kürzung des klägerischen Anspruchs (§ 254 BGB) könne vorliegen, wenn die Kläger bei Anspannung der verkehrserforderlichen Sorgfalt hätten erkennen können, daß die Bebaubarkeit des Grundstücks möglicherweise durch etwaige Schadstoffe beeinträchtigt oder gefährdet ist. Im Dezember 1989 hatte der BGH über folgenden Fall zu entscheiden7: Die beklagte Stadt hatte für die in ihrem Eigentum stehende Teilfläche eines ehemaligen Zechengeländes, auf dem bis in die 60er Jahre auch eine Kokerei und Nebenanlagen zur Gewinnung von Benzol, Ammoniak, sowie zur Lagerung von Schwefelsäure und Teer betrieben worden war, 1979 einen Bebauungsplan beschlossen, der ein Allgemeines Wohngebiet" mit bis zu viergeschossigen Wohngebäuden auswies. Im Zuge der Bebauung stellte sich die Kontamination des Plangebietes mit produktionsspezifischen Rückständen heraus, die für die Bewohner des Plangebietes eine gesundheitliche Gefahrdung darstellten. Das bebaute Grundstück der Klägerin lag nicht im kontaminierten Bereich des Plangebietes, sondern grenzte unmittelbar an dieses an. Beprobungen ihres Grundstücks waren nicht durchgeführt worden. Gleichwohl verlangte die Klägerin von der beklagten Stadt Ersatz der für den Erwerb des Grundstücks und die Errichtung des Hauses aufgebrachten Kosten, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Grundstücks. Sie begründete dies u.a. damit, daß ihr Grundstück nicht iso4

LG Osnabrück, Urt. v. 27.10.1986, 10 Ο 229.86, abgedruckt bei Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 332 ff. 5

OLG Oldenburg, Urt. v. 30.10.1987, 6 U 18/87, nicht veröffentlicht.

6

BGHZ 108,224 („Schneppersche Tongruben, Osnabrück").

7

BGHZ 109,380 („Dortmund-Dorstfeld").

I. Die Altlastenrechtsprechung des Bundesgerichtshofes

27

liert betrachtet werden dürfe: für ihr Grundstück lägen schon deswegen keine gesunden Wohnverhältnisse vor, weil das angrenzende Gelände infolge der Kontamination nicht bewohnbar sei. Die Wohnqualität hänge wesentlich davon ab, daß im gesamten Plangebiet gesunde Wohnverhältnisse beständen. Da dies nicht der Fall sei, wäre ihr Wohnhaus unverkäuflich und unvermietbar geworden. Der BGH hat das dem Landgericht8 entsprechende, der Klage stattgebende Berufungsurteil des Oberlandesgerichts9 aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zwar sei der Klägerin zuzugestehen, daß die Wohnqualität infolge der Nachbarschaft schadstoffbelasteter Grundstücke beeinträchtigt werde, und es widerspräche auch einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, in ein- und demselben Plangebiet belastete und unbelastete Flächen in gleicher Weise zur Bebauungfrei zu geben, entscheidend sei jedoch, daß vom klägerischen Grundstück selbst keine die Klägerin oder Dritte, für die sie die Verantwortung trage, treffende Gesundheitsgefahrdung ausgehe. Bei der - unterstellten - Wertminderung dieses Grundstücks handele es sich um einen reinen Vermögensschaden, der mangels unmittelbarem Bezug zu einer Gesundheitsgefahr nicht in den Schutzbereich bei der Bebauungsplanaufstellung zu beachtender Amtspflichten falle und daher nicht erstattungsfahig sei. Am gleichen Tag und mit gleicher Begründung verneinte der BGH einen Aufwendungsersatzanspruch für Erschließungs- und sonstige Vorbereitungskosten einer im Wohnungsbau tätigen Bauträgergesellschaft. 10 Zu den gemeindlichen Aufklärungspflichten hinsichtlich Schadstoffireiheit des zu überplanenden Gebietes wies der BGH daraufhin, daß es Fälle geben könne, in denen die Gemeinde zur Einholung eines Sachverständigengutachtens verpflichtet ist, obwohl sich Fachbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zustimmend zur beabsichtigten Planung geäußert haben. Im Februar 1991 hatte der BGH11 über einen Fall zu entscheiden, bei dem der Kläger einen Amtshaftungsanspruch gegen die beklagte Gemeinde geltend machte mit der Begründung, daß diese einfrüheres Deponiegelände im Bebauungsplan als Wohngebiet ausgewiesen habe, obwohl sie die Existenz der Deponie gekannt habe oder hätte kennen müssen. Zwar war von dem aufgefunde8

LG Dortmund, NVwZ 1987, 835.

9

OLG Hamm, NVwZ 1988, 762.

10

BGHZ110,1.

11

BGHZ 113, 367.

28

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

nen Müll keine Gesundheitsgefahr ausgegangen, deren Beseitigung für den Kläger mit finanziellem Aufwand hätte verbunden sein können, jedoch sah der Kläger seinen Schaden in den Mehrkosten, die durch das tiefere Ausschachten seiner Grundstücke, den Abtransport des Aushubs und die Einschaltung von Rechtsanwälten entstanden seien. Der BGH bekräftigte eingangs seine bisherige Rechtsprechung zu den ,Altlastenfallen", wobei er klarstellend daraufhinwies, daß unmittelbar aus der Planungsleitlinie des Baugesetzbuches, wonach bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung zu berücksichtigen sind, zu folgern ist, daß Flächen, die Quellen einer Gesundheitsgefahr sind, nicht zu Wohnzwecken ausgewiesen werden dürfen. Auf die Frage einer Verletzung des Gebotes, bei der Bebauungsplanaufstellung die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, komme es daher nicht an. Den Anspruch des Klägers wies der BGH entgegen den Vorinstanzen12 mit der Begründung zurück, daß die planerische Ausweisung eines ehemaligen Deponiegeländes zu Wohnzwecken als solche nicht rechtswidrig sei, wenn von dem Deponiegut keine Gesundheitsgefahren ausgingen. Zwar könne es in einem solchen Fall notwendig sein, daß die Gemeinde die Existenz derfrüheren Deponie im Bebauungsplan kennzeichne, jedoch habe eine solche Kennzeichnung nicht den Sinn, den Eigentümern von Grundstücken Baugrundrisiken abzunehmen. Vielmehr diene sie der allgemeinen Zielsetzung der Bauleitplanung, die geordnete städtebauliche Entwicklung sicherzustellen. Seine Funktion, eine Vertrauensgrundlage dahingehend zu schaffen, daß die zu bebauenden Grundstücke von Gesundheitsgefahren frei seien, habe der Bebauungsplan in vollem Umfang erfüllt. Bei den vom Kläger geltend gemachten Mehraufwendungen handele es sich um einen reinen Vermögensschaden, der nicht in den Schutzzweck der auf die Abwehr von Gesundheitsgefahren gerichteten Amtspflicht falle. Damit werde auch der Grundsatz bestätigt, daß das Risiko der wirtschaftlichen Nutzbarkeit seines Grund und Bodens jeder Grundstückseigentümer selbst zu tragen habe.

12

LG Duisburg, Urt. v. 13.1.1989, 1 Ο 46/88 (nicht veröffentlicht); OLG Düsseldorf; NVwZ 1989, 993.

I. Die Altlastenrechtsprechung des Bundesgerichtshofes

29

Ende 1991 hatte der BGH13 einen Fall zu entscheiden, bei dem Ausgangspunkt für die geltend gemachten Amtshaftungsansprüche zwar nicht das Vorhandensein einer Altlast war, der jedoch deutliche Parallelen zu den bisher entschiedenen Altlastenfällen" aufwies. Der Kläger hatte ein Grundstück erworben, das die beklagte Gemeinde durch Abrundungssatzung in den Innenbereich einbezogen hatte. Es stellte sich sodann heraus, daß das an einem Steilhang liegende Grundstück unbebaubar und unbewohnbar war, da von einem darüber liegenden Grundstück Steinschlag und das Herabfallen von Bäumen drohte. Wirksame Sicherheitsvorkehrungen konnten nicht getroffen werden. Der Kläger forderte deswegen unter Berufung auf die Amtshaftung der Beklagten Ersatz seines Schadens in Gestalt des gezahlten Kaufpreises sowie der von ihm aufgewendeten Finanzierungs- und Erschließungskosten. Der BGH wies die Klage ab. Zwar sah er die Amtspflichtverletzung der Gemeinde darin, daß das nicht bebaubare Grundstück durch die Abrundungssatzung dem Innenbereich zugeordnet worden war, jedoch fehle es am Erfordernis der Drittgerichtetheit der verletzten Amtspflicht. Eine sich aus der überragenden Bedeutung der Rechtsgüter Leben und Gesundheit ergebende Ausnahme vom Grundsatz, wonach die Planung der Allgemeinheit und nicht den Individualinteressen der Planbetroffenen zu dienen bestimmt sei, komme nur dann in Betracht, wenn im konkreten Fall der Nutzungskonflikt nicht mit planerischen Mitteln gelöst werden könne und wenn es um Gefahren gehe, die vom betroffenen Eigentümer oder Bauherrn nicht vorhersehbar und beherrschbar seien, deren Abwendung mithin auch nicht in seinen Verantwortungsbereich falle. Das jedoch unterscheide den zu entscheidenden Fall von den »Altlastenfällen", in denen die Schadstoffbelastung des Grund und Bodens für den Eigentümer bzw. Erwerber nicht erkennbar sei, so daß er die drohende Gesundheitsbeeinträchtigung nicht vorhersehen könne. Hier jedoch seien die sich aus den geologischen und topographischen Verhältnissen ergebenden Gefahren für den Kläger ohne weiteres erkennbar gewesen. Das gleiche kontaminierte Gelände, das Gegenstand des ersten Altlastenurteils14 war, beschäftigte den BGH erneut.15 Dieses Mal forderte das Bauträgerunternehmen, welches das Gelände gekauft hatte, um es zu parzellieren und zu 13

BGHZ 116,215.

14

BGHZ 106, 323.

15

BGHZ 117, 363.

30

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Wohnzwecken weiterzuveräußern, Schadensersatz von der Gemeinde. Dem lag zugrunde, daß ein Dritter, der von der Bauträgergesellschaft eine Parzelle gekauft hatte, unter Hinweis auf die Schadstoffbelastung die Zahlung des Kaufpreises verweigert hatte und eine auf Zahlung gerichtete Klage abgewiesen worden war. Diesen Kaufpreis sowie seine im Vorprozeß aufgewendeten Prozeßkosten wollte der Bauträger ersetzt erhalten. Den Einwand der Beklagten, es fehle an der Drittbezogenheit der Amtspflicht, weil die Klägerin selbst das Grundstück nicht bebaut habe, ließ der BGH nicht gelten. Er stellte klar, daß seinefrühere Entscheidung16, wonach diejenigen Eigentümer, die überhaupt nicht die Absicht haben, die Grundstücke zu bebauen, nicht zum Kreis der geschützten Dritten zählen, auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei. Jetzt gehe es darum, daß die Klägerin das Gesamtareal von vorneherein zu dem erklärten Zweck einer Bebauung erworben hatte und diese Bebauung teilweise durch die Klägerin selbst, teilweise durch die Käufer einzelner Parzellen verwirklicht worden war. Die Gesamtbebauung müsse als wirtschaftlich einheitlicher Vorgang („Globalmaßnahme") gesehen werden. Es würde daher eine willkürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes bedeuten, wollte man bei der Verantwortlichkeit der Beklagten gegenüber der Klägerin danach differenzieren, ob die einzelnen betroffenen Grundstücke bebaut oder unbebaut veräußert worden waren. Auch die der Bauträgergesellschaft im Prozeß gegen einen Parzellenkäufer entstandenen Prozeßkosten seien der Gemeinde aufzuerlegen, denn zu dem Rechtsstreit sei es nur gekommen, weil der Bauträger im Vertrauen auf eine ordnungsgemäße gemeindliche Planungsentscheidung ein Grundstück zu Wohnzwecken verkauft habe, das nicht bewohnbar war. Die Prozeßkosten zählten daher zu denjenigen Vermögensverlusten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem enttäuschten Vertrauen und mit der durch den Verkauf begründeten Verantwortlichkeit des Bauträgers gegenüber dem Grundstückskäufer stünden. Der BGH stellte auch fest, daß ein schutzwürdiges Vertrauen hinsichtlich des Bebauungsplanes als „Verläßlichkeitsgrundlage" nicht bestehe, wenn der Planbetroffene positive Kenntnis von der Giftstofibelastung eines Gebäudes erlange und er gleichwohl unter Verschweigen dieses Mangels das Grundstück an Dritte veräußere. Die von der Gemeinde zu beachtende Amtspflicht bei der Aufstellung von Bebauungsplänen habe nicht den Schutzzweck, den Planbetroffenen vor den haftungsrechtlichen Folgen derartiger Grundstücksgeschäfte zu bewahren. Es handele sich dabei um eine Frage der objektiven Reichweite des durch 16

BGHZ 108, 224.

I. Die Altlastenrechtsprechung des Bundesgerichtshofes

31

das Amtshaftungsrecht gewährten Vermögensschutzes, nicht um eine solche des mitwirkenden Verschuldens i.S.d. § 254 BGB. Die Auffassung, wonach ein Gewerbetreibender „Dritter" i.S.d. Amtshaftung nur dann ist, wenn er durch eigene Tätigkeit auf dem Betriebsgelände selbst einer Gesundheitsgefahr ausgesetzt ist17, wurde vom BGH in einem Beschluß vom 09.07.1992 zurückgewiesen18. Ähnlich wie ein Bauträger dem Erwerber gegenüber Verantwortung für die gesundheitliche Unbedenklichkeit des verkauften Grundstücks trage19, treffe den Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern die Pflicht, die Arbeitsräume von Gesundheitsgefahren freizuhalten. Diese sich aus § 618 BGB und der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ergebende Verpflichtung des Arbeitgebers lasse sein Schutzbedürfiiis sogar noch größer erscheinen als dasjenige des Wohnungsbauunternehmers. Keine Amtspflichten oblägen der Gemeinde bei Aufstellung eines Bebauungsplanes hinsichtlich des Schutzes deijenigen, deren Grundstücke schon zuvor bebaut worden waren und die eine weitere Bebauung nicht beabsichtigten. Diese Eigentümer seien von der Bauleitplanung nicht betroffen. Am gleichen Tag präzisierte der BGH in zwei Entscheidungen20 die von einer Gemeinde zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen bei der Erstellung von Bebauungsplänen. Danach treffe die Gemeinde keine uferlose Überprüfung des zu beplanenden Geländes (ehemaliges Bergbaugebiet) gleichsam „ins Blaue hinein". Was die planende Stelle nicht sehe und nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auch nicht zu sehen brauche, könne von ihr nicht berücksichtigt werden und brauche von ihr auch nicht berücksichtigt zu werden. Überzogene Anforderungen an die Prüfungspflicht dürften nicht gestellt werden. In der letzten Altlastenentscheidung" des Jahres 199221 hatten die Kläger von der beklagten Gemeinde unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung für die Überplanung eines ehemaligen Deponiegeländes Schadensersatz wegen der Zahlung eines überhöhten Kaufpreises für ein minderwertiges Grundstück gefordert. Ersatz von Aufwendungen für Schutzmaßnahmen wurden nicht gefor-

17

OLG Köln, NJW 1991,2710.

18

BGH, NJW 1993,384.

19

BGHZ 108, 224.

20

BGH III ZR 78/91 und III ZR 105/91, UPR 1992,438.

21

BGHZ 121,65.

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

32

dert; das auf dem belasteten Grundstück errichtete Gebäude war bewohnbar und nach wie vor auch bewohnt. Der BGH lehnte den Anspruch entgegen den Vorinstanzen22 ab, da der geltend gemachte Schaden nicht dadurch verursacht worden sei, daß die vom Boden ausgehende Gefahr zum völligen Ausschluß der Nutzungsmöglichkeiten des errichteten Gebäudes geführt habe. Es fehle an der unmittelbaren Beziehung zwischen Schaden und Gesundheitsgefährdung. Das bloße Vermögensinteresse, welches darin bestehe, daß ein unbelastetes Grundstück einen höheren Marktwert habe als ein belastetes, werde durch die Pflicht, bei der Bauleitplanung die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen, nicht geschützt. Zu den Fragen des von der planenden Gemeinde einzuhaltenden haftungsrechtlichen Sorgfaltsmaßstabes hinsichtlich der Altlastenüberprüfung und dem Schutzbereich der Amtshaftung nahm der BGH 1993 in drei Entscheidungen Stellung. Zunächst wies der BGH23, die Vorinstanz bestätigend24, darauf hin, daß die Festsetzung eines Geländes zur Wohnbebauung kein allgemeines Vertrauen dahin erzeuge, daß die betroffenen Grundstücke für jede gewünschte gärtnerische Nutzung (hier Nutzgarten) geeignet seien. Die von der Klägerin behauptete Gefährdung dadurch, daß tiefwurzelnde Nutzpflanzen Schwermetalle aufnehmen und beim Verzehr zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen könnten, sei nicht unmittelbar mit der Benutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken verbunden, sondern werde erst durch eine über die eigentlichen Wohnzwecke hinausgehende Nutzung des Gartens hervorgerufen. Da es nicht um den Ausschluß der Nutzung zu Wohnzwecken gehe, habe der Bebauungsplan seine Funktion als Verläßlichkeitsgrundlage erfüllt. Das darüber hinausgehende Risiko der wirtschaftlichen Nutzbarkeit des Grund und Bodens müßte die Klägerin selbst tragen. In zwei Parallelentscheidungen vom Oktober25 bekräftigte der BGH seine bisherige Auffassung, daß keine überzogenen Anforderungen an die Prüfungs22

LG Stade, Urt. v. 10.01.1990, 5 Ο 323/87 u. OLG Celle, Urt. v. 30.04.1991, 16 U 64/90, beide nicht veröffentlicht. 23

BGH, DÖV 1993, 574.

24

OLG Düsseldorf, NVwZ 1992, 1019.

25

BGH, Urt. v. 14.10.1993, III ZR 157, 92 (nicht veröffentlicht); BGH, Urt. v. 14.10.1993, III ZR 156/92, NJW 1994, 253.

II. Mitglieder des Gemeinderates als „Beamte"

33

pflicht der Gemeinde gestellt werden dürften. Der das Amtshaftungsrecht beherrschende objektivierte Sorgfaltsmaßstab erfordere es jedoch, daß die Gemeinde in Kenntnis des Umstandes, daß es sich bei den zu beplanenden Grundstücken um das ehemalige Gelände einer Chemiefabrik handelt, sich im einzelnen über die Art der hergestellten Stoffe und das Risiko, ob mit giftigen Rückständen gerechnet werden muß, vergewissern und gegebenenfalls eingehende Bodenuntersuchungen vornehmen müsse. Die Gemeinde dürfe hier nicht blindlings darauf vertrauen, daß derfrühere Industriebetrieb keinerlei Schadstoffe hinterlassen habe. Auch die bisherige Linie, daß nur solche Schäden ersatzpflichtig seien, die dadurch verursacht würden, daß die vom Boden ausgehende Gefahr zum völligen Ausschluß der Nutzungsmöglichkeit der errichteten oder noch zu errichtenden Wohnungen führt (mithin eine unmittelbare Beziehung zwischen Schaden und Gesundheitsgefahrdung vorliege), behielt der BGH bei. Mehraufwendungen des Eigentümers für ein durch Altlasten kontaminiertes Grundstück seien daher nur insoweit ersatzfähig, als sie unmittelbar der Beseitigung der Gesundheitsgefahren dienten. Erstattungsfähig seien demnach auch Sanierungskosten. Da der Geschädigte sich die durch erfolgreiche Sanierungsmaßnahmen der Gemeinde bewirkten Vorteile auf seinen Schadensersatz anspruchsmindernd anrechnen lassen müsse, sei es folgerichtig, wenn die Gemeinde ihm seine verausgabten Sanierungskosten erstatte, wenn er eine an sich der planungsaufstellenden Gemeinde als Schädigerin obliegende Aufgabe selbst erfülle. Entstehende Kosten für die Tiefergrundung der Fundamente und den Abtransport des belasteten Aushubmaterials seien daher erstattungsfahig, soweit diese unmittelbar der Beseitigung von Gesundheitsgefahren dienten. Nicht jedoch Kosten, die aus statischen Gründen für die Herstellung der erforderlichen Standfestigkeit aufgewendet werden mußten, weil der Boden durch die Altlastenablagerungen nicht hinreichend tragfähig war. Auch wenn die aus statischen Gründen erforderliche Herstellung der Standfestigkeit zugleich den Zweck verfolge und erreiche, das Eindringen von Schadstoffen in das Gebäude abzuwehren, fielen diese Kosten allein dem Eigentümer zur Last.

II. Mitglieder des Gemeinderates als „Beamte44 Der BGH hat in seiner Altlastenrechtsprechung die Frage, ob Mitglieder des Gemeinderates bei der Beschlußfassung über einen Bebauungsplan als „Beamte" handeln, nicht problematisiert. Er hat dies, soweit er überhaupt darauf 3 Kühn

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

34

eingegangen ist, lediglich unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung bejaht.26 Wenn § 839 BGB von der Amtspflichtverletzung eines Beamten spricht, so war in dieser Vorschrift, die gegenüber allen anderen haftungsbegründenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches für unerlaubte Handlungen von Beamten eine lex specialis darstellt27, ursprünglich der Beamte im beamtenrechtlichen Sinne gemeint; danach ist Beamter derjenige, der in das Beamtenverhältnis durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde, in der die Worte „unter Berufung in das Beamtenverhältnis" enthalten sind, berufen wurde.28 Die Form der Übertragung einer hoheitlichen Tätigkeit kann jedoch für die Frage der Staatshaftung nicht entscheidend sein. Aus der Sicht des Geschädigten spielt es keine Rolle, wie sich das Verhältnis des Schädigers zu dessen Anstellungskörperschaft gestaltet, entscheidend ist, daß der Schädiger befugt war, öffentliche Gewalt auszuüben. Die reichsgerichtliche Rechtsprechung29 hat daher bereits Art. 131 WRV, der auch von „Beamten" sprach, dahingehend interpretiert, daß jede mit hoheitsrechtlichen Aufgaben betraute Person, auch wenn ihr beamtenrechtlich die Beamteneigenschaft nicht zukommt, erfaßt war. Diesem haftungsrechtlichen Beamtenbegriff hat das Grundgesetz Rechnung getragen, indem es das Wort „Beamter" in Art. 131 WRV durch die Formulierung Jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes" ersetzte. Die bisherige Interpretation des Reichsgerichts wurde vom Bundesgerichtshof fortgeführt 30 und findet übereinstimmende Zustimmung in der Literatur31. Mit dem Beschluß über den Erlaß eines Bebauungsplanes nehmen die Mitglieder des Gemeinderates eine öffentliche Aufgabe wahr, die der Gemeinde,

26

Vgl. etwa das erste,Altlastenurteil" BGHZ 106, 323 (330).

27

BGHZ 34, 99 (104); Kr eft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 12; Czybulka/Jeand'Heur, JuS 1992, 396 (400). 28

Vgl. §§ 5 Abs. 2 BRRG; 6 Abs. 2 BBG sowie die entsprechenden Regelungen in den Landesbeamtengesetzen. 29

RGZ 105, 334 ff.; 142, 190 (196 f.); 151, 385 (386 f.).

30

BGHZ 3, 94 (98 ff.); 11, 192 (197).

31

Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 90 ff.; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 24 f.; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 391 u. 423; Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 322; Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, § 839 Rdnr. 49 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 12 ff.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 13 f.; Schoch, JURA 1988, 585 (586 f.).

II. Mitglieder des Gemeinderates als „Beamte"

35

für die sie handeln, zur Erledigung zugewiesen ist32. Sie üben daher öffentliche Gewalt im Rahmen eines öffentlichen, ihnen nach den Bestimmungen der Kommunalgesetze aufgrund von Wahlen zuerkannten Amtes aus. Daher sind sie Beamte im haftungsrechtlichen Sinne, für deren Verhalten nach Art. 34 GG die Anstellungskörperschaft 33 einstehen muß34. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Gemeinderatsmitglieder nicht im Sinne eines Arbeitsverhältnisses „im Dienste" der Gemeinde stehen. Entscheidend, auch für die Frage der Passivlegitimation bei fehlerhaften Beschlüssen des Gemeinderates ist, daß die Gemeinderatsmitglieder legitimiert sind, für die Gemeinde hoheitlich zu handeln. Ein solches hoheitliches Handeln liegt immer dann vor, wenn das Handeln auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorschriften erfolgt ist oder zumindest in einem äußeren oder inneren Zusammenhang mit öffentlich-rechtlicher Tätigkeit steht35. Daher kann es vor dem Hintergrund des Grundgedankens der Staatshaftung keine Rolle spielen, wie das Innenverhältnis zwischen Handelnden und öffentlich-rechtlicher Körperschaft ausgestaltet ist36.

32

Vgl. die auf der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, Art. 28 Abs. 2 GG, beruhende kompetenzrechtliche Regelung des § 1 Abs. 1 u. 3 BauGB sowie § 10 BauGB, wonach die Gemeinde den Bebauungsplan als Satzung beschließt. 33

Vgl. zur „Anstellungstheorie" und der im Ausnahmefall greifenden "Funktionstheorie" BGHZ 34, 20 (20 ff.); 39, 358 (360 ff.); 87, 202 (204 f.); 99, 326 (330 f.); Klein, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 6; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 696 ff. Kr eft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, § 839 Rdnr. 51 ff. m.w.N.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 93 ff.; Schock, JURA 1988,648 (652 f.). 34

BGHZ 84, 292 (298 f.); 92, 34 (51); Kreft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 141; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 94; Staudinger/ Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 74; Boujong, WiVerw 1991, 59 (66); lpsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 21; Kröner, ZfBR 1984, 20 (21 f.); a.A. Schröer, NVwZ 1986, 449, dessen Argument, daß dem Beschluß eines Gemeinderates keine Außenwirkung zukommt (folglich nur auf das Handeln des den Gemeinderatsbeschluß vollziehenden Hauptgemeindebeamten abgestellt werden dürfe), im Falle des Bebauungsplanerlasses gerade nicht zutrifft. 35

Damit wird auch das erforderliche Verhalten „in Ausübung des Amtes" abgegrenzt von dem Fall, daß die schädigende Handlung „bei Gelegenheit der Amtsausübung" erfolgte (bzw. der Beamte reinfiskalisch tätig wurde), vgl. BGHZ 11, 181 (185 ff.); Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 429 ff.; Brühl, VR 1992, 362 (364); Cyzbulka/Jeand'Heur, JuS 1992, 396 (397); Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, § 839 Rdnr. 124. 36

Da entscheidendes Kriterium für die „Beamteneigenschafl" im haftungsrechtlichen Sinne das hoheitliche Handeln für die Gemeinde ist, sind damit auch die Mitglie3*

36

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes Folgt man der Auffassung, wonach für die Staatshaftung § 839 BGB die

haftungsbegründende, Art. 34 GG die haftungsverlagernde Norm ist37, so kann allerdings § 839 BGB nicht mehr ausschließlich der staatsrechtliche Beamtenbegriff zugrunde gelegt werden. Wollte man dies trotzdem tun, so wäre dies eine sachlich nicht gerechtfertigte wesentliche Einschränkung der Staatshaftung, die dem Willen des Grundgesetzgebers, wie er in Art. 34 GG zum Ausdruck gekommen ist, gerade nicht entsprechen würde. Da Art. 34 GG eine Haftungsübernahme lediglich für den hoheitlich Handelnden vorsieht, ist es angezeigt, den Beamtenbegriff in § 839 BGB insoweit beamtenrechtlich zu interpretieren, als der Handelndefiskalisch tätig wird 38 .

der der vom Gemeinderat gebildeten Ausschüsse erfaßt und zwar unabhängig davon, ob sie zugleich Mitglieder des Gemeiderates sind und unabhängig davon, ob es sich um einen beschließenden oder lediglich beratenden Ausschuß handelt; vgl. zur Haftung der Gemeinde für amtspflichtwidriges Verhalten der Mitglieder eines Umlegungsausschusses BGH, NJW 1981,2122 (2123). 37

So BVerfG 61, 149 (198). Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß mit der „Verantwortlichkeit" des Staates für schuldhafte im hoheitlichen Tätigkeitsbereich vorgenommene und den Bürger schädigende Handlungen zwar - im Ergebnis - dem geschädigten Bürger gegenüber eine primäre, das heißt an die Stelle der Beamtenhaftung tretende Haftung des Staates festgeschrieben wird, jedoch bedeutet primär nicht unmittelbar: Die Staatshaftung nach Art. 34 GG setzt die Haftung des Beamten nach § 839 BGB voraus, so daß der Staat zwar Haftungs- nicht jedoch Zurechnungssubjekt ist, Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 9; Bartlsperger, NJW 1968, 1697 (1701); Heidenhain, Amtshaftung, S. 37 ff. Richtigerweise ist daher auch von einer - auf verfassungsrechtlich normierter und verbürgter befreiender Schuldübernahme beruhender - mittelbaren und damit „unechten" Staatshaftung auszugehen; so auch Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art 34 Rdnr. 9 m.w.N.; Bartlsperger, NJW 1968,1697 (1701); Bender, DÖV 1968,156 (158); Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 909; Ossenbühl y Staatshaftungsrecht, S. 10; Heidenhain, JZ 1968, 487 (489) u. Amtshaftung, S. 38 f.; vgl. auch Schoch, JURA 1988, 585 (585). 38

Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 66; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 27. Die Doppeldeutigkeit eines Begriffs in der gleichen Rechtsnorm ist allerdings zu Recht eine gesetzestechnische Ausnahme.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

37

Ι Π . Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten beim Erlaß eines Bebauungsplanes 1. Die Staatshaftung bei normativem Unrecht Da der Bebauungsplan als Satzung, mithin untergesetzliche Rechtsnorm erlassen wird (§10 BauGB), stellt sich zunächst die Frage, ob einem Normengeber im Verfahren und beim Erlaß von (formellen oder materiellen) Gesetzen überhaupt Amtspflichten einzelnen Dritten gegenüber obliegen, deren Verletzung Amtshaftungsansprüche auslösen kann.

a) Bejahung der Haftung entgegen der Rechtsprechung

Der BGH verneint diese Frage grundsätzlich. Gesetze und Verordnungen enthielten abstrakte und generelle Regelungen, so daß der Normgeber bei Tätigwerden (und Untätigbleiben) in der Regel ausschließlich Aufgaben der Allgemeinheit wahrnehme, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise mangele39; nichts anderes ergebe sich, wenn mit der Normgebung ein Grundrechtsverstoß einhergehe: nicht von jedem Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG könne auf die Verletzung einer entsprechenden drittbezogenen Amtspflicht geschlossen werden40.

39

BGH, VersR 1960, 520 (521); NJW 1966, 726 (727) u. 1989, 101 (101); DVB1 1993, 718 (718); BGHZ 56, 40 (46); zustimmend, jedoch z.T. danach differenzierend, ob es sich um vom Parlament beschlossene formelle Gesetze oder aber um von der Exekutive erlassene Rechtsverordnungen oder Satzungen handelt: Kreft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 220; Soergel/Glaser, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 97; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 202; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 19; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 652 ff.; Detterheck, VerwArch 1994, 159 (165 f.); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 87. 40

BGH, NJW 1989, 101 (101 f.) mit der Begründung, daß andernfalls der Begriff des „Dritten" i.S.d. § 839 Abs. 1 BGB seine Konturen und damit seine haftungsbegrenzende Funktion verliere. Das sei jedoch um so weniger tragbar, als der Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG sich gerade aus der Verletzung von Vorschriften ergeben könne, die ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen worden seien.

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

38

Diese Überlegung des BGH sowie der Hinweis darauf, daß vor der Geltung des Grundgesetzes Amtshaftungsansprüche wegen normativem Unrecht allgemein abgelehnt wurden, der Verfassungsgeber mit Art. 34 GG den geltenden Rechtszustand jedoch nicht habe ändern wollen, schließlich die Sorge um eine Ausuferung von Schadensersatzansprüchen gegen den Staat, sind die Argumente derjenigen, die dem BGH folgen41. Die überwiegende Meinung in der Literatur folgt dem BGH nicht42. Teilweise wird das Entstehen eines Rechtsschutzbedürfiiisses gegenüber normativen Akten als „natürliche Folge des Rechtsstaates" bezeichnet43. Auszugehen ist davon, daß der Abgeordnete bzw. Mandatsträger, wie auch durch Art. 48 Abs. 2 Satz 1 GG, der ausdrücklich vom „Amt eines Abgeordneten" spricht, bestätigt wird, Amtsträger im Sinne des Art. 34 GG ist44. In dieser Eigenschaft hat er bei der Ausübung staatlicher Gewalt, hier der Normgebung, die subjektiven Rechte des Bürgers, wie sie sich insbesondere aus den Grundrechten ergeben, zu beachten. Diese subjektiven Rechte schützen den Bürger auch vor der Normgebung und können daher vom Normgeber verletzt werden. Vor der Geltung des Grundgesetzes wurden keine vor der Gesetzgebung schützenden Rechte anerkannt. Bejaht wurde vom Reichsgericht allenfalls ein materielles Prüfungsrecht des Richters in bezug auf Gesetze45, nicht jedoch der richterliche Rechtsschutz gegenüber einem Gesetz als einem Akt in Ausübung 41

Mit weiteren Argumenten der Haftungsgegner setzt sich - die Staatshaftung für normatives Unrecht bejahend - ausführlich Schenke, in: DVBl. 1975,121 auseinander. 42

Fetzer, Die Haftung des Staates für legislatives Unrecht, S. 49 ff.; Haverkate, NJW 1973, 441 (442 ff.); Kosmider, Staatshaftung für Satzungsunrecht, S. 80 ff.; Mayer/Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 56 VI, S. 489 f.; Oldiges, Der Staat 1976, 381 (388 ff.); Papier, DVBl 1974, 573 (577); derselbe, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 220 f.; Schenke, DVBl 1975,121 (124 ff.); derselbe, in: WiVerw 1994, 253 (342); Schenke/Guttenberg, DÖV 1991, 945 (949 ff.); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 52, der im übrigen aus rechtspolitischer Sicht eine besondere Regelung durch den Gesetzgeber für erforderlich hält. 43

So Forsthoff,

44

BB 1960, 1135 (1138).

Dagtoglou, Legislatives Unrecht, S. 34 ff.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 13; Schenke, DVBl 1975, 121 (124); für Mitglieder des Gemeinderates vgl. BGHZ 84, 292 (298 f.); 92, 34 (51); Kreft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 141; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 94; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 74. 45

RGZ 111, 320.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

39

der höchsten Staatsgewalt und damit der Souveränität46; der Gesetzgeber sei selbstherrlich und an keine anderen Schranken gebunden als diejenigen, die er sich selbst in der Verfassung oder in anderen Gesetzen gezogen habe47. Das unter der Geltung des Grundgesetzes grundlegend geänderte Verständnis des Verhältnisses vom Staat zum Bürger (der Bürger nicht als gewaltunterworfenes passives „Objekt" staatlichen Handelns, sondern dem Staat als mit Abwehrrechten und Leistungsansprüchen gegenübertretendes aktives „Subjekt"), verlangt jedoch auch eine geänderte Beurteilung der Frage nach der Haftung für normatives Unrecht48. Das geänderte Verhältnis des Staates zum Bürger wird insbesondere auch erkennbar durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach zum einen jedermann mit einer Verfassungsbeschwerde geltend machen kann, daß ein seine Handlungsfreiheit einschränkendes Gesetz formell oder inhaltlich gegen Verfassungsbestimmungen oder Verfassungsgrundsätze verstoße und daher sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletze49 (Art. 2 Abs. 1 GG gibt nach seiner weiten Auslegung als allgemeines Freiheitsrecht somit dem Bürger den Anspruch, nicht mit Nachteilen belegt zu werden, die ihre Rechtfertigung nicht in der verfassungsmäßigen Ordnungfinden); zum anderen jede mit der verfassungsmäßigen Ordnung nicht übereinstimmende, belastende Maßnahme des

46

RGZ 130, 319 (321).

47

RGZ 118, 325 (327).

48

Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 428; Oldiges, Der Staat 1976, 381 (384); Schenke, NJW 1988, 857 (864) hebt zudem hervor, daß eine Sanktionslosigkeit legislativen Unrechtes eine Lücke in der grundgesetzlichen Ausgestaltung des Rechtsstaatsprinzipes zurückließe, die mit der durch Art. 1 Abs. 3 GG statuierten Grundrechtsbindung auch des Gesetzgebers nur schwer auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen wäre. 49

BVerfG 6, 32 (41) u. 9, 83 (88); Schenke, Normatives Unrecht, S. 319 u. JuS 1987, L 65 (67) weist zu Recht daraufhin, daß es kein Spezifikum des Art. 2 Abs. 1 GG darstellt, daß die Tatsache, daß ein unmittelbar nur gegen objektives Recht verstoßender staatlicher Rechtsakt, der in den Schutzbereich eines Freiheitsgrundrechtes eingreift, eine Verletzung dieses subjektiven Freiheitsgrundrechtes impliziert, dies vielmehr in gleicher Weise auch für alle speziellen Freiheitsgrundrechte gilt. Dabei gehen, soweit der Schutzbereich spezieller Freiheitsgrundrechte, etwa des Art. 14 GG tangiert ist, diese als leges specialis dem ,Auffangtatbestand" des Art. 2 Abs. 1 GG vor, BVerfG 6, 32 (37); 10, 56 (58); 19, 206 (225); 79,292 (304).

40

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Staates zugleich das von seinem Schutzbereich her einschlägige Grundrecht verletzt50. Dem Verweis des BGH auf die fehlende Drittbezogenheit von Amtspflichten im Normgebungsverfahren kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Geht man berechtigterweise davon aus, daß bei Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechts des Bürgers durch eine Amtshandlung stets die Verletzung einer Amtspflicht gegeben ist51 (wenn auch, wie etwa in den Fällen rechtswidriger fachaufsichtlicher Weisung und fehlerhafter gemeindlicher Einvernehmensentscheidungen im Baurecht, beides nicht notwendigerweise in der Person des nach außen handelnden Amtswalters zusammenfallen muß), so muß dies, da es, insbesondere durch die Grundrechte auch vor Normen schützende subjektive öffentliche Rechte gibt, auch dann gelten, wenn subjektive öffentliche Rechte durch eine Norm verletzt werden. Die Amtspflicht zur Wahrung der subjektiv rechtlichen Schutzfunktion der Grundrechte besteht, auch wenn durch ein abstrakt generelles grundrechtsverletzendes Gesetz häufig eine Vielzahl von Personen betroffen sein wird, jedem einzelnen Betroffenen gegenüber52. Dieses Argument wird verstärkt, wenn man zustimmt, daß, wie bereits erörtert, grundsätzlich immer dann, wenn dem Bürger gegen eine Amtshandlung Rechtsmittel zustehen, auch Amtspflichten ihm gegenüber bestehen und man parallel hierzu primären Rechtsschutz gegen normative Rechtsverletzungen als durch Art. 19 Abs. 4 GG garantiert ansieht53.

50

BVerfG 13,181 (190).

51

Alternativkommentare-Grundgesetz, Rittstieg, Art. 34 Rz. 18; Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 152; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 166; Brühl, VR 1992, 362 (365); Czybulka/Jeand'Heur, JuS 1992, 396 (398); Fetzer, Legislatives Unrecht, S. 85; Haverkate, NJW 1973, 441 (442); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 19; Schenke, DVBl 1975,121 (125). 52

SchenJce/Guttenberg, DÖV 1991, 945 (950) unter Hinweis darauf, daß, wie (u.a.) BGHZ 39, 358 u. BGH, NJW 1961, 1572 zeigen, die Unüberschaubarkeit des von einer Amtshaftung betroffenen Personenkreises auch von der Rechtsprechung nicht als Hindernis fur die Bejahung drittbezogener Amtspflichten betrachtet wird. Vgl. auch Oidiges, Der Staat 1976, 381 (390). 53

Bejahend, insbesondere unter Hinweis auf den Wortlaut des „formellen Hauptgrundrechtes" Art. 19 Abs. 4 GG sowie darauf, daß mit der systematischen Stellung dieser Vorschrift am Ende des den Grundrechten gewidmeten Abschnittes verdeutlicht wird, daß die Rechtswegegarantie insbesondere dem Schutz der ihr vorgestellten materiellen Grundrechten diene und diese gemäß Art. 1 Abs. 3 GG auch vor der Gesetzgebung schützen Schenke, Normatives Unrecht, S. 28 ff.; derselbe, in: Bonner Kommentar

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

41

Richtig ist, daß von diesen Ansätzen her, wonach Amtshaftungsansprüche bereits dann gegeben sein können, wenn durch ein (formelles oder materielles) Gesetz grundrechtlich geschützte Positionen verletzt werden, es also nicht auf die Rechtsnatur eines Hoheitsaktes, sondern auf die Betroffenheit subjektiver öffentlicher Rechte des Einzelnen ankommt, es grundsätzlich zu einem weiten Anwendungsbereich des Amtshaftungsanspruches kommen kann54. Trotzdem überzeugt der Hinweis auf die Ausuferung von Schadensersatzansprüchen gegen den Staat mit einem unübersehbaren Kreis anspruchsberechtigter Personen und Auswirkungen auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates55 nicht. (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 249 ff. m. w. N. und Verwaltungsprozeßrecht, Rdnr. 1063; (vgl. in diesem Zusammenhang auch Schenke, VerwArch 1991, 307 (313 ff.) zu der durch Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich gewährten Garantie eines Rechtsschutzes gegen ein Unterlassen von Rechtsnormen); Krebs, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 56; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 93 ff.; a.A., insbesondere mit der Begründung, daß die Regelung der Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 und 100 Abs. 1 GG, wonach die Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen Aufgabe der Verfassungsgerichtsbarkeit sei, auch wenn Art. 19 Abs. 4 GG speziell dem Schutz der Rechte des Einzelnen dienen solle, abschließenden Charakter habe BVerfG 24, 33 (49 ff.) u. 45, 297 (334); Klein, in: von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4, Anm. VII 2 d; SchmidtBleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 26. 54

Geht man etwa davon aus, daß eine funktionsfähige Bauleitplanung der Verwirklichung von Grundrechten, insbesondere dem Grundrecht auf Eigentum dient und Planung grundrechtsschützend, grundrechtsverwirklichend und grundrechtsfördernd ist, so Hoppe, DVBL 1996, 12 (18), so wäre bei fehlerhafter Bauleitplanung mit der Folge des Ausschlusses festgesetzter Nutzungen, eine Verletzung des Schutzbereiches des Art. 14 GG möglich. Diese Verletzung eines sübjektiven öffentlichen Rechtes und damit einer Amtspflicht könnte, die übrigen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruches unterstellt, zur Ersatzfähigkeit aller Dispositionen fuhren, die Planbetroffene im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Planes getätigt haben. Vgl. in diesem Zusammenhang Degenhart, NJW 1981, 2666 (2667), der jede rechtsfehlerhafte Bauleitplanung als drittbezogene Amtspflichtverletzung wertet, da es um „Rechtssicherheit in der Nutzung grundrechtlicher Freiheitsräume" gehe und die gemeindliche Bauleitplanung eine „unmittelbare Gestaltung eigentümerischer Befugnisse für jedes einzelne der im Plangebiet liegenden Grundstücke" bedeute; dies gelte auch bei der Verletzung von Verfahrensbestimmungen, deren unmittelbare Grundrechtsrelevanz aus dem Funktionszusammenhang mit dem materiellen Recht folge. 55

Küchenhoff, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 19; Dagtoglou, Legislatives Unrecht, S. 34; bedenklich Schock, MDR 1953, 514 (518) u. ihm zustimmend Stangl, JuS 1993, 280 (281), wenn sie diese Argumentation für die Ablehnung der

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

42

Zum einen ließe es die Formulierung des Art. 34 GG, die von einer „grundsätzlichen" Haftung spricht, zu, daß der Gesetzgeber insoweit einschränkende Regelungen trifft 56, zum anderen ist auf die bereits vorhandene haftungsbegrenzende Vorschrift des § 839 Abs. 3 BGB, die Möglichkeit der (auch rückwirkenden) Ersetzung der fehlerhaften durch eine fehlerfreie Norm sowie darauf zu verweisen, daß bei vollziehbaren fehlerhaften Normen sowieso Amtshaftungsansprüche in bezug auf den Vollzugsakt gegeben sind57. Letztendlich würde es auch der Rechtfertigung entbehren, die Staatshaftung, die unmittelbarer Ausfluß des Rechtsstaatsprinzipes ist58 auf exekutivische Akte zu beschränken und die Normsetzung von ihr auszuschließen, zumal, wenn man staatlichen Haftung entscheidend sein lassen, das Ergebnis jedoch als „ungerecht und nicht rechtsstaatlich" bezeichnen. 56

Vgl. zu den anerkannten Ausnahmefällen der nicht auf den Staat übergeleiteten Haftung des Beamten BVerfG 61,149 (199 f.); BGHZ 9,289 (290 f.); 12, 89 (91 f.); 13, 241 (242); 62, 372 (376 ff.); 99, 62 (64); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 34 ff.; Neufelder, NJW 1974, 979 (979 f.); Schock, JURA 1988, 648 (651). Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 214 ff. weist zudem daraufhin, daß der Grundgesetzgeber an der unstreitigen Rechtslage der Weimarer Reichsverfassung nichts habe ändern wollen: Nach Art. 131 WRV haftete der Staat ebenfalls nur „grundsätzlich", in Art. 131 Abs. 2 wurde der Gesetzgeber ermächtigt, nähere Regelungen zu treffen; Art. 34 GG sei daher unter dem Blickwinkel des „ungeschriebenen Gesetzesvorbehaltes" zu sehen. Strittig ist allerdings, ob die Staatshaftung nur durch formelles Gesetz, so BGHZ 61, 7 (14 f.), oder auch ohne ausdrückliche formalgesetzliche Ermächtigung durch Satzung, Verwaltungsakt oder (öffentlich-rechtlichen) Vertrag eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann, so BayVGH, BayVBl 1985,407 (408); differenzierend für Satzungen danach, ob diese einen Anschluß- und Benutzungszwang vorsehen oder nicht, Reiter, BayVBl 1990, 711 ff.; ausführlich Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 33 ff.; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 682 f.; Czybulka/Jean'Heur, JuS 1992, 396 (400); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 79 f.; Seibert, DÖV 1986, 957 ff. 57

Zum Ganzen Schenke, DVBl 1975,121 (127 f.); Schenke/Guttenberg, 945 (950 f.). 58

DÖV 1991,

BGHZ 11, 197 (198); 22, 383 (388); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 2; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 12. Bettermann, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, III/2, S. 781 spricht von der Staatshaftung als „eine Form repressiven Grundrechtsschutzes gegenüber der Öffentlichen Gewalt"; ebenso Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb), Art. 34 Rdnr. 29, der im übrigen deswegen auch die systemmatische Stellung des Art. 34 im Grundgesetz für verfehlt hält und alsrichtigdie Stellung „zusammen mit Art. 19 Abs. 4 GG" ansieht.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

43

berücksichtigt, daß Legislative und Exekutive vielfach ineinander fließen, indem exekutivische Akte in Gesetzesform gekleidet werden und legislative Akte von der Verwaltung ergehen59. Der Bundesgerichtshof geht auch in seiner Altlastenrechtsprechung vom Grundsatz her davon aus, daß eine Staatshaftung bei normativem Unrecht nicht anzuerkennen ist60. Da diesem Ausgangspunkt des BGH jedoch, wie aufgezeigt, nicht gefolgt werden kann, müßte von vorneherein eine abweichende Beurteilung der Altlastenfälle vorgenommen werden. Auf der Basis der Rechtsprechung ergeben sich jedoch schwierige dogmatische Rechtsfragen, deren Behandlung ein Anliegen dieser Arbeit ist. Es wird daher zu prüfen sein, ob der Bundesgerichtshof von seiner Grundauffassung der Behandlung normativen Unrechts her folgerichtig argumentiert und die sich ergebenden Konsequenzen auch tatsächlich zieht.

59

Forsthoff, BB 1960, 1135 (1138). In die gleiche Richtung zielt Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, Rdnr. 1063 u. NJW 1988, 857 (860), der darauf hinweist, daß es häufig nur von gesetzgeberischen Zufälligkeiten abhänge, ob eine Regelung unmittelbar durch den Gesetzgeber selbst oder durch die von diesem ermächtigte Exekutive erlassen wird; aus der Sicht des Art. 3 GG betrachtet sei es jedoch nicht haltbar diese Zufälligkeiten über einen Entschädigungsanspruch entscheiden zu lassen. Hinzuweisen ist auch darauf, daß bei einer Verneinung des Rechtsschutzes gegen Normen die Gefahr gegeben wäre, daß der Staat, gerade wegen der Austauschbarkeit von Rechtsnorm und Verwaltungsakt, durch die Flucht in die Normgebung den Bürger rechtsschutzlos stellen könnte, Schenke, VerwArch. 1991, 307 (314); vgl. auch Würtenberger, AÖR 1980, 370 (391 ff.) im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit einer Klage auf Erlaß einer untergesetzlichen Rechtsnorm. 60

Die restriktive Grundauffassung des Bundesgerichtshofes zur Behandlung normativen Unrechtes erfährt offensichtlich auch nach dem „Francovich-Urteil" des Europäischen Gerichtshofes (NJW 1992, 165) keine Änderung. Der EuGH hatte entschieden, daß - unter bestimmten Voraussetzungen - die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft zum Ersatz von Schäden verpflichtet sind, die den Bürgern dadurch entstehen, daß der Staat diefristgerechte und ordnungsgemäße Umsetzung verbindlicher Richtlinien der EG gemäß Art. 189 Abs. 3 EGV unterlassen hat. Dieser von den Mitgliedstaaten der EG auszugestaltende Anspruch erfordert, worauf Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 28 Rdnr. 54 zu Recht hinweist, keine neue Anspruchsgrundlage, sondern ließe sich, die Amtshaftung auf rechtswidrige Normen erstreckend, in das vorhandene Haftungssystem ohne weiteres integrieren; ebenso Buschhaus, JA 1992, 142 (148 f.); TriantafyUou, DÖV 1992, 564 (569 f.).

44

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes b) Die von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen

Von seinem, nicht haltbaren, Grundsatz, daß der Normgeber beim Erlaß von Normen nur der Allgemeinheit verpflichtet sei, hält auch der BGH Ausnahmen fur möglich in Fällen, in denen die Normgebung in Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise zielt, so daß deren Belange unmittelbar berührt werden. Dieser Fall „besonderer individueller Betroffenheit" könne bei sogenannten Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen61 in Betracht kommen62. Der BGH hat zudem, lange vor seinem ersten Altlastenurteil, erwogen, ohne jedoch abschließend Stellung zu beziehen, ob eine vergleichbare Situation beim Erlaß von Bebauungsplänen gegeben sei63. 1984 hat er dies dann bejaht64 anläßlich der Entscheidung über einen Fall, bei dem die Gemeinde einen Bebauungsplan erlassen hatte, der immissionsempfindliche Wohnbebauung vorsah und im Vollzug dazu führte, daß ein außerhalb des Plangebietes gelegener geruchsintensiver landwirtschaftlicher Betrieb zu seiner Erhaltung notwendige Modernisierungsmaßnahmen nicht mehr vornehmen konnte. Er ging dabei unter Bezugnahme auf Überlegungen infrüheren Urteilen65 davon aus, daß die durch einen Bebauungsplan betroffenen Grundeigentümer eine durch die räumlichen Grenzen des Planes und ihre rechtlichen Beziehungen zu den vom Plan erfaßten Grundstücken bestimmte Personengruppe darstellten, die alleiniger Adressat dieses Ortsgesetzes sei. Damit liege eine Einengung des Kreises der Betroffenen und eine Individualisierung der Rechtsadressaten vor, die eine besondere Beziehung zwischen dem Rechtssetzungsakt und den geschützten Interessen bestimmter Betroffener schaffe. Die Gemeinde habe sowohl die privaten Interessen dieser Personengruppe mit den öffentlichen Interessen abzuwägen, als auch die privaten Interessen der einzelnen Angehörigen dieser Gruppe untereinander bei der Plangestaltung zu berücksichtigen. Drittbezogene Amtspflichten bestün61

Vgl. hierzu BVerfG 25, 371 (396 ff.); Katz,, Staatsrecht, Rdnr. 659; SchmidtBleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Grundgesetz, Art. 19 Rdnr. 3-5. 62

BGHZ 56, 40 (46); BGH, VersR 1988, 1046 (1046) m.w.N. u. DVBl 1993, 718 (718) ; so auch Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 432; Kr eft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 220; Küchenhoff, in: Erman, BGB, § 839 Rdnr. 19; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 19; Dagtoglou, Legislatives Unrecht, S. 39; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 88. 63

BGH, WM 1975, 630 (633); BGHZ 84,292 (298 ff.).

64

BGHZ 92, 34 (51 ff.).

65

BGHZ 56,40 (46); BGH, VersR 1988, 1046 (1046).

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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den dann insoweit, als das Gebot der Rücksichtnahme zugunsten eines dieser Betroffenen drittschützende Wirkung entfalte und ihm damit ein subjektives Recht verleihe. Das sei der Fall, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen Rücksicht zu nehmen ist. Der BGH hat damit über das Gebot der Rücksichtnahme ein subjektives öffentliches Recht auf gerechte Abwägung bejaht, ohne sich allerdings mit der konträren Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts66 auseinanderzusetzen. Die Begründung des BGH ist unklar. Einerseits hält er offensichtlich daran fest, daß die Beschränkung des Adressatenkreises einer Norm Kriterium für die Drittgerichtetheit von Amtspflichten bei der Normgebung ist, andererseits war jedoch für die Entscheidung zugunsten des klagenden Landwirtes, der ja selbst nicht Normadressat war, ausschlaggebend die Bejahung eines ihm zukommenden subjektiven öffentlichen Rechts67. Auch in einer späteren Entscheidung68 prüft der BGH im Rahmen der Untersuchung drittgerichteter Amtspflichten zusätzlich zur Frage des beschränkten Adressatenkreises, ob der Gesetzgeber subjektive öffentliche Rechte verletzt hat. Er stellt dabei ausdrücklich klar, daß die Beachtung der Grundrechte bei der Gesetzgebung eine Amtspflicht aller am Normgebungsverfahren Beteiligter sei und dieser Amtspflicht auch drittschützender Charakter zukommen könne, sofern die zu erlassende Norm in grundrechtlich geschützte Positionen Dritter eingreift. Allerdings könne nicht in jedem Grundrechtsverstoß die Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht gesehen werden, insbesondere dann nicht, wenn sich der Grundrechtsverstoß aus einer Vorschrift ergebe, die ausschließ66

BVerwG 54, 211 (217 f.) unter Hinweis darauf, daß sich ein Anspruch des Bürgers auf Einbeziehung eines bestimmten Belanges schon deswegen erübrige, weil die Gemeinde von sich aus alle nicht nur unerheblichen Belange in die Abwägung einzubeziehen habe und ein Verstoß gegen diese Pflicht ohne weiteres zur Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplanes führe. Darin liegt auch der Unterschied zu BVerwG 48, 56 (66), bei dem es nicht um einen als Rechtssatz erlassenen Plan, sondern einen straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluß ging, und das Gericht daher ein subjektives öffentliches Recht auf eine gerechte Abwägung (im Hinblick auf die rechtlich geschützten eigenen Belange eines Betroffenen) bejaht hat. 67

Dieses subjektive öffentliche Recht sah der BGH als verletzt an mit der Folge eines Amtshaftungsanspruchs, da die Gemeinde das Abwägungsgebot verletzt habe (mit der Folge der Nichtigkeit des Bebauungsplanes), indem sie abwägungserhebliche private Interessen des Klägers nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht ermittelt und in den Abwägungsvorgang eingebracht habe. 68

BGH, NJW 1989,101 ff.

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

lieh im Allgemeininteresse erlassen worden sei. Zur Begründung dieser Ansicht führt der BGH an, daß es für den Schadensausgleich bei legislativem Unrecht mehrere Regelungsmöglichkeiten gebe, deren Auswahl dem Gesetzgeber vorbehalten sei; des weiteren könne nur so erreicht werden, daß der Begriff des Dritten seine haftungsbegrenzende Funktion erhalte. Im Ergebnis koppelt der BGH bei der Prüfung des Drittbezugs einer Norm damit das Abstellen auf die Adressaten der Norm mit der (einschränkenden) Feststellung des Vorliegens eines subjektiven öffentlichen Rechts. Verfehlt erscheint es zunächst, wenn der BGH für die Beantwortung der Frage, ob ein subjektives öffentliches Recht vorliegt, darauf abhebt, ob das bei der planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu beachtende Rücksichtnahmegebot zugunsten der betroffenen Dritten drittschützende Wirkung entfaltet. Der Bundesgerichtshof hat bezüglich des Rücksichtnahmegebotes ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts69 Bezug genommen, wonach dem objektivrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme drittschützende Wirkung nur im Falle eines Eingriffes in qualifizierte und individualisierte Rechtspositionen zukomme bzw. dann, wenn das Betroffensein eines Dritten wegen der gegebenen Umstände so „handgreiflich" ist, daß gerade dies die notwendige Qualifizierung, Individualisierung und Eingrenzung bewirkt. Abgesehen davon, daß das Rücksichtnahmegebot, dessen Ursprung im baunachbarrechtlichen Abwehranspruch liegt, bereits dort hinsichtlich seiner Existenzberechtigung, zumindest hinsichtlich seiner Reichweite und seiner dogmatischen Begründung strittig ist70, begegnet die Übernahme des Gebotes in den 69 70

BVerwG 52,122 (128 ff.).

Vgl. grds. zum Rücksichtnahmegebot BVerwG 52, 122 (125 ff.), BRS 38 Nr. 186, S. 409 (411 f.) u. JZ 1988,404 (405), wo das BVerwG klarstellt, daß es ein das gesamte Baurecht umfassendes - außergesetzliches - Rücksichtnahmegebot nicht gibt; es sei immer nur innerhalb der einzelnen Norm relevant bei Prüfung der Frage, ob diese auch die individuellen Interessen Dritter schützen wolle. In der Literatur grundlegend Weyreuther, BauR 1975, 1 (1 ff.), der das Rücksichtnahmegebot aus Art. 14 Abs. 1 GG ableitet. Bejahend etwa auch Dürr, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 34 Rdnr. 83 ff.; Geizer, in: Gelzer/Birk, Bauplanungsrecht, Rdnr. 1225 ff.; Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7 Rdnr. 153 ff. Ablehnend zu einem (selbständigen oder an Tatbestandsmerkmalen der §§ 34, 35 BauGB festgemachten) subjektivierten bebauungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme Schenke, NuR 1983, 80 (82 ff.); derselbe, in: Verwaltungsprozeßrecht, Rdnr. 516 mit dem Hinweis, daß die generalklauselartige Weite eines solchen Gebotes zu einer konturenlosen Billigkeitsrechtsprechung führen

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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Bereich der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange im Rahmen des § 1 Abs. 6 BauGB durchgreifenden Bedenken. Im Bebauungsrecht begründet das Rücksichtnahmegebot Abwehransprüche eines Nachbarn gegen die Baugenehmigungsbehörde und wirkt sich somit auf den Genehmigungsanspruch des Bauwilligen aus. Damit nicht vergleichbar ist die Frage, welche Belange mit welcher Bedeutung in den Planungsvorgang der Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes eingehen „müssen" und damit die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde insoweit beschneiden71. Die nicht schlüssige Übernahme des Rücksichtnahmegebotes durch den BGH entspringt offensichtlich der Überlegung, einerseits ein subjektives öffentliches Recht als Voraussetzung für den Drittschutz einer Pflicht zur fehlerfreien Abwägung festzulegen, andererseits sich nicht kraß in Gegensatz zur bereits angeführten Rechtsprechung des BVerwG zu setzen, die ein subjektives öffentliches Recht zur fehlerfreien Abwägung im Rahmen der Bauleitplanung, anders als beim Fachplanungsrecht, wegen des Rechtssatzcharakters des Bebauungsplanes nicht anerkennt; auf diese Weise wird die Rechtsprechung des BVerwG zwar grundsätzlich akzeptiert, jedoch werden für den Ausnahmefall über das vom BVerwG selbst entwickelte Rücksichtnahmegebot gleichzeitig Grenzen festgesetzt72. Solcher Anstrengungen hätte es jedoch gar nicht bedurft, da es darauf, ob ein subjektives öffentliches Recht vorliegt, nicht ankommt. Die Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht ist zwar stets dann möglich, wenn der Dritte auf die Ausübung der Amtspflicht ein subjektives öffentliches Recht hat, jedoch setzt die Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht könne. Von einem „Irrgarten des Richterrechts" spricht Breuer, DVBl 1982, 1065 (1065); kritisch auch Bauer, JuS 1990, 24 (26 f.); Jakob, BauR 1984, 1 (6 f.); Menger, VerwArch 1978, 313 (314 ff.); Müller, NJW 1979, 2378; Parodi , Baurecht 1985, 415 (416 ff.); Wahl, JuS 1984, 577 (584 f.). 71

Gegen die Anwendung des Rücksichtnahmegebotes im Rahmen des § 1 Abs. 6 BauGB auch Bielfeldt, DÖV 1989, 67 (70); Boujong, WiVerw 1991, 59 (68); Dolde, NVwZ 1985, 250 (252); Kosmider, JuS 1986, 274 (279 f.); Papier, JZ 1984, 993 (994); Rehbinder, JuS 1989, 885 (888); Schink, DÖV 1988, 529 (535); Schoch, JURA 1988, 585 (592); Steiner, in: Knemeyer (Hrsg.), Festschrift 75 Jahre Bayerischer Gemeindetag, S. 204; differenzierend Ibler, BauR 1995, 595 (602). 72

Vgl. in diesem Zusammenhang auch Ibler, BauR 1995, 595 (595) zur »Anlehnung" der Zivilgerichte in öffentlich rechtlichen Vorfragen an die Judikatur der Verwaltungsrechtsprechung.

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

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den Bestand und die Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechts nicht voraus73. Zu Recht wird in der Literatur darauf verwiesen, daß zwischen dem Anspruch auf ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung und dem Anspruch auf Ersatz des durch rechtswidriges Verhalten der Verwaltung entstandenen Schadens zu differenzieren ist; während sich der zweite aus dem ersten Anspruch ergibt, ist dies umgekehrt nicht der Fall. Anders ausgedrückt: Die Tatsache, daß jemand keinen Anspruch auf ein ganz bestimmtes Verhalten der Verwaltung hat, führt nicht dazu, daß die Verwaltung, so sie denn doch handelt, keine Pflicht haben kann, auf Belange dieses Dritten in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen mit der Folge einer Schadensersatzpflicht bei schuldhafter Verletzung dieser Belange. Während somit das Wesen eines subjektiven öffentlichen Rechtes gerade in seiner Durchsetzbarkeit liegt, ist es für den Drittbezug einer Amtspflichten begründenden Norm ausreichend, daß sie gerade auch dem Schutz des Betroffenen dienen soll. Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man bedenkt, daß Primärrechtsschutz nach § 42 Abs. 2 VwGO schon dann geltend gemacht werden kann, wenn der Kläger die Verletzung einer Rechtsnorm anführt, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Schutz vor Individualinteressen (natürlicher oder juristischer Personen) zu dienen bestimmt ist74; entsprechend ist dann beim Sekundärrechtsschutz der Amtshaftung die Drittbezogenheit einer Amtspflicht grundsätzlich zu bejahen, wenn diese Amtspflicht sich aus einer solchen Schutznorm ergibt75. Die gegenteilige Auffassung will „die immer wiederkehrende Problematik der Ermittlung einer drittbezogenen Amtspflicht" dadurch vermeiden, daß sie die Verletzung einer Amtspflicht ausschließlich von der Verletzung subjektiver Rechte abhängig macht76. Angesichts der im Einzelfall zum Vorliegen eines 73

So auch BGH, DVB1 1967, 657 (660 f.) und NJW 1978,1802 (1803) mit der ausdrücklichen Feststellung, daß Amtspflichten auch gegenüber Personen bestehen, die keinen Rechtsanspruch auf die Amtsausübung haben. Wie hier Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 152; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 167; derselbe, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 193; Oldiges, Der Staat 1976, 381 (388 f.). 74

Kopp, VwGO, § 42 Rdnr. 48; Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, Rdnr. 496.

75

Die Bestimmung konkret geschützter Dritter ist sodann, wie noch zu zeigen sein wird, abhängig vom sachlichen und persönlichen Schutzbereich der Norm. 76

Kosmider, Staatshaftung für Satzungsunrecht, S. 78 f.; derselbe, JuS 1986, 274 (280); Zuleeg, DVB1 1976, 509 (518); Buschlinger, DÖV 1964,797 (799 f.), der von der

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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subjektiven öffentlichen Rechts ergangenen kasuistischen Rechtsprechung sowie reichhaltig vorhandener strittiger Literatur 77 geht dieses „Praktikabilitätsargument" sicherlich fehl, denn es verkennt, daß im Regelfall die Beantwortung der Frage, ob eine Norm ein subjektives öffentliches Recht gewährt, wiederum nur durch Auslegung dieser Norm nach Sinn und Zweck beantwortet werden kann78.

2. Die verletzte Amtspflicht a) Das Wesen der Amtspflicht Amtspflichten, die durch § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht begründet, vielmehr vorausgesetzt werden 79, sind persönliche Verhaltenspflichten, die dem Amtswalter bei der Führung der Dienstgeschäfte seinem Dienstherrn gegenüber obliegen80. „Parallelität" zwischen subjektivem öffentlichen Recht und drittbezogener Amtspflicht ausgeht. 77

Vgl. zu Rechtsprechung und Literatur ausführlich Kopp, VwGO, § 42 Rdnr. 61 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rdnr. 10, weist etwa daraufhin, daß im Baunachbarrecht kaum noch voraussehbar sei, ob die Gerichte im konkreten Fall ein subjektives öffentliches Recht des Nachbarn anerkennen oder nicht. 78

So auch BVerwG, JZ 1988,404 (404).

79

Bryde, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 34 Rdnr. 20; Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 146; Schenke, DVBl 1975,121 (126). 80

Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 484 u. 488; Dohnold, DÖV 1991, 152 (152); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 110; Fetzer, Legislatives Unrecht, S. 56; Ibler, BauR 1995, 595 (596); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 16; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 38 f.; Soergel/Glaser, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 168. Die Gegenmeinung bestimmt, womit sie sich für eine unmittelbare Staatshaftung ausspricht, die Amtspflichten ausschließlich danach, welche Rechtspflichten der Staat dem Bürger gegenüber hat; das staatliche Innenrechtsverhältnis des Amtswalters zum entsprechenden Hoheitsträger könne keinen Beurteilungsmaßstab abgeben für Fragen des staatlichen Außenrechtsverhältnisses zwischen Hoheitsträger und Bürger. Grund für das Einstehen des Staates für seine Bediensteten sei die Verletzung von Pflichten, die der Staat gegenüber seinen Bürgern habe; daher sei auch die Natur der verletzten Pflichten vom Staat her zu bestimmen, Bettermann, Die Grundrechte, III/2, S. 841; Buschlinger, DÖV 1964, 797 (798); Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr 21 u. 146; derselbe, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 4 Kühn

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes Diese Sicht ist Folge der mittelbaren Staatshaftung, die den Beamten als Zu-

rechnungssubjekt, den Staat als Haftungsobjekt sieht81. Den Bürgern können aus der Verletzung solcher „interner" Pflichten Ansprüche deswegen erwachsen, weil es zur Amtspflicht jeden Amtswalters gehört, solche Rechtspflichten zu beachten, die der Staat gegenüber Dritten zu erfüllen hat 82 . Amtspflichten, die der Beamte zu beachten hat, können sich sowohl aus Rechtsvorschriften als auch aus verwaltungsinternen allgemeinen Regelungen oder Einzelweisungen ergeben83. 166 u. 176; Vogel, DVB1 1978, 657 (661). Schenke, Normatives Unrecht, S. 92 hält die Identifizierung von Amtspflicht und Rechtspflicht für „erwägbar", da Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB von Amtspflichten gegenüber einem Dritten sprechen, Amtspflichten jedoch rechtslogisch nicht gegenüber einem außerhalb der Verwaltung stehenden Bürger bestehen können. 81

Diese Haftung des Staates war für sämtliche öffentlich Bediensteten aller deutschen Dienstkörperschaften erstmals 1919 durch die Weimarer Reichverfassung festgeschrieben worden. Erst damit hatte man sich von der auf die Mandatstheorie zurückgehenden und noch in § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1896 niedergelegten privaten Haftungsverantwortlichkeit des Beamten gelöst. Ausschlaggebend für die Haftungsübernahme war in erster Linie die Überlegung dem Geschädigten einen leistungsfähigen Schuldner zu geben, zudem, wenn auch nicht im Vordergrund stehend, der Schutz des schuldigen Beamten vor privaten Schadensersatzforderungen bzw. die Vorstellung, daß der Beamte durch die Gefahr persönlicher Inanspruchnahme in seiner Entscheidungsfreudigkeit gehemmt werde; vgl. zum ganzen RGZ 96, 143 (148); 163, 87 (89); 168, 143 (148); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 2; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 12; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 381 f.; Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 321; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 2 ff.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 9. 82

BGH, NJW 1979, 642 (643); Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 497; Czybulka! Jeand'Heur, JuS 1992, 396 (397); Dohnold, DÖV 1991, 152 (152); Fetzer, Legislatives Unrecht, S. 56; Ibler, BauR 1995, 595 (596); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 16; Schoch, JURA 1988, 585 (589). 83

BGH, NJW 1977, 1875 (1877); Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 496 ff.; Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 111; Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 147; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 38; Soergel/Glaser, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 169; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 227 ff.; Krohn, VersR 1991, 1085 (1086). A.A. hinsichtlich interner Dienstpflichten Bettermann, Die Grundrechte, III/2, S. 841; Buschlinger, DÖV 1964,797 (798); Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 146 f.; derselbe, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 166 u. 174.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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Danach ist es möglich, daß ein Amtswalter aufgrund einer verwaltungsinternen dienstlichen Weisung (eines Vorgesetzten der eigenen Behörde oder eines zuständigen Mitarbeiters der Fachaufsichtsbehörde) im „Innenrechtsverhältnis" pflichtgemäß handelt, damit jedoch im „Außenrechtsverhältnis" gegenüber dem Bürger gegen eine Norm des objektiven Rechts verstößt84. Der angewiesene Beamte handelt in diesen Fällen, in denen er, ggf. nach erfolgloser Remonstration, weisungsgemäß handelt, nicht amtspflichtwidrig, gleichermaßen er eine gesetzeswidrige Verfügung erläßt85. Dem Bürger entstehen dadurch jedoch keine Nachteile, da Anknüpfungspunkt für eine Amtshaftungsklage die in der rechtswidrigen Weisung des anweisenden Amtswalters liegende Amtspflichtverletzung ist86 (mit der Folge der Verschiebung der Passivlegitimation auf die Fachaufsichtsbehörde als Anstellungskörperschaft, sofern deren Bedienstete die Weisung erteilt haben). Zu unterscheiden ist zwischen allgemeinen und besonderen Amtspflichten: Unter den besonderen Amtspflichten sind dabei solche aus den Beamtengesetzen und Vorschriften, die die spezielle Tätigkeit bestimmter Amtsträger re84

Für die Praxis der Amtshaftung ohne Bedeutung ist der umgekehrte Fall, bei dem der Amtswalter einer internen Weisung zuwiderhandelt, dabei jedoch dem Bürger gegenüber objektiv rechtmäßig handelt, vgl. hierzu BGH, VersR 1961, 512 (512 f.); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 146; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 20; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 494; Ossenbiihl, Staatshaftungsrecht, S. 45 f. 85

BGH, DVBl 1959, 623 (624) u. VersR 1977, 522 (524); BGH, VersR 1986, 372 (379) überträgt dies zu Recht auf den Fall einer objektiv rechtswidrigen Verfügung eines Beamten, zu der er jedoch wegen der erforderlichen und nicht erteilten Zustimmung einer anderen Behörde verpflichtet war (Von großer praktischer Bedeutung ist diese Konstellation in den Fällen des rechtswidrig versagten Einvernehmens der Gemeinde nach § 36 BauGB). A.A., von einer objektiven Amtspflichtwidrigkeit des Angewiesenen ausgehend, Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 145; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 10 ff. und in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 18-21, 145 f. sowie Arndt, DVBl 1959, 624 (624 f.) und Menger, VerwArch 1960, 64 (72 f.), die zudem hervorheben, daß dem Angewiesenen dann kein Schuldvorwurf gemacht werden könne, wenn er erfolglos remonstriert habe. Nach Ossenbiihl, Staatshaftungsrecht, S. 46 ist in diesen Fällen ein und dieselbe Handlung des Amtswalters intern amtspflichtgemäß und extern amtspflichtwidrig. 86

BGH, VersR 1977, 522 (524) u. 1985, 588 (588); im Falle aufsichtsbehördlicher Weisung geht, wie BGH, DVBl 1959, 623 (624) zutreffend ausführt, „ein Stück Zuständigkeit und ein Teil von Amtspflichten" auf die anweisende Behörde und einen ganz bestimmten Beamten dieser Behörde über. 4*

52

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

geln (z.B. für gemeindliche Amtsträger die Gemeindeordnungen) sowie sich aus allgemeinen Verwaltungsvorschriften oder speziellen Dienstanweisungen gerade für diese Beamten ergebenden Pflichten zu verstehen. Alle anderen, i.d.R. ungeschriebenen Amtspflichten, die sich insbesondere aus dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip ableiten und von Rechtsprechung und Literatur entwickelt worden sind und unabhängig vom konkreten Amt für jeden Amtswalter gelten, zählen zu den allgemeinen Amtspflichten. Zu nennen sind dabei etwa so zentrale Pflichten wie die zur rechtmäßigen Dienst- und zur fehlerfreien Ermessensausübung oder zur umfassenden, klaren und wahrheitsgemäßen Auskunft und Aufklärung 87.

b) Die Auffassung des BGH von § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB als Amtspflichten

begründende Norm

Die zentrale Vorschrift in den vom BGH entschiedenen Altlastenfallen zur Begründung einer Amtspflicht bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes ist § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB. Danach sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere zu berücksichtigen „die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung". Der BGH sieht unmittelbar in dieser Vorschrift für die Gemeinden die Amtspflicht begründet, Flächen, von denen gesundheitsgefährdende Emissionen ausgehen, nicht planerisch zu Wohnzwecken auszuweisen88. Ein Verstoß hiergegen erhalte dann den Charakter einer Amtspflichtverletzung, wenn er in den Verantwortungsbereich der Gemeinde falle. Dies sei der Fall, wenn die plangebende Gemeinde Anhaltspunkten für eine Kontamination 87

Vgl. die aufgeführten allgemeinen Amtspflichten bei Blankenagel, DVB11981, 15 (16); Bryde, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 34 Rdnr. 21; Kreft, in: RGRK § 839 Rdnr. 153 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 21; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 39 ff.; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 177 ff.; Soergel/Glaser, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 170 ff.; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 263 ff.; Brühl, VR 1992, 362 (364). 88

Ausdrücklich klarstellend in BGHZ 113, 367 (369); zustimmend Wurm, UPR 1990, 201 (201).

III Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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nicht nachgegangen sei und deswegen Gefahren bei der Beschlußfassung über den Bebauungsplan nicht berücksichtigen konnte, die ihr bei pflichtgemäßem Verhalten bekannt gewesen wären. Werde ein Aufklärungsmangel festgestellt, so begründe dies nahezu zwangsläufig einen Fahrlässigkeitsvorwurf gegen die handelnden Amtsträger89. Dies habe dann zur Folge, daß der Bebauungsplan fehlerhaft sei, ohne daß es darauf ankäme, ob deswegen auch die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB fehlerhaft sei.

c) Die Amtspflicht zur fehlerfreien

Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB

Der BGH beschneidet mit seiner Auffassung die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde und mißt § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB eine Bedeutung zu, die diesen Belang über alle anderen Belange stellt mit der Konsequenz, daß insoweit keine Abwägung stattfindet und damit die Möglichkeit ausscheidet, daß dieser Belang hinter andere zurücktritt90. Richtig ist, daß § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB auf eine zentrale Aufgabe des Städtebaus hinweist91. Danach sollen z.B. Wohn- und Industriegebiete einander so zugeordnet werden, daß schädliche Umwelteinwirkungen auf das Wohngebiet vermieden werden92; die Trennung unverträglicher Nutzungen stellt einen elementaren Grundsatz städtebaulicher Planung dar93. Wenn jedoch der Planungsgeber bei der Zuordnung einzelner Plangebiete zueinander in besonderem 89

So auch Wurm, UPR 1990,201 (201).

90

Vgl. i.d.Z. die instruktiven Ausführungen von Bartlsperger, DVBl 1996, 1 (1 ff.) zu „planungsrechtlichen Optimierungsgeboten", der u.a. zum Ergebnis gelangt, daß mit abstrakten Gewichtungsvorgaben oder Vorrangregelungen oder jeder anderen „regelhaften, normrationalen Steuerung der planungsrechtlichen Abwägung", das Planungsrecht in einen Selbstwiderspruch und eine Selbstauflösung gerate. 91

Deswegen ist diese Planungsleitlinie auch in das Sanierungsrecht eingeflossen. Nach § 136 Abs. 2 BauGB sind Sanierungsmaßnahmen solche Maßnahmen, die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Mißstände verbessern oder umgestalten; städtebauliche Mißstände liegen gemäß § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BauGB vor, wenn Bebauung oder sonstige Beschaffenheit des Gebietes den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der in ihm wohnenden und arbeitenden Menschen nicht entsprechen. § 136 Abs. 3 Nr. 1 enthält sodann beispielhafte Beurteilungsmaßstäbe für die Auslegung dieser Begriffe. 92

Vgl. die verbindliche Planungsdirektive des § 50 BImschG.

93

BVerwG 45, 309 (327).

54

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Maße darauf achten muß, daß der Wohnbevölkerung keine Gesundheitsgefahren drohen, die von der schadstoffträchtigen Nutzung des Nachbargebietes herrühren, so muß er bei der Plangebung erst recht darauf achten, daß von dem zu Wohnzwecken ausgewiesenen Grund und Boden keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen auf die dort wohnenden Menschen ausgehen94. Denn in aller Regel werden sich die vom Plangebiet selbst ausgehenden Beeinträchtigungen der angestrebten Nutzung intensiver auswirken, als von „außen" eindringende Beeinträchtigungen. Nicht richtig ist es jedoch, die Folgerung zu ziehen, daß die Berücksichtigung des Belanges der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse die nach § 1 Abs. 6 BauGB erforderliche Abwägung mit anderen Belangen entfallen ließe. Die in § 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB aufgeführten Planungsleitlinien95, bei denen es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt96, konkretisieren die program94

BGHZ 106, 323 (325 f.); Dörr/Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (935). Wenn Schink, NJW 1990, 351 (354) ausführt, daß sich aus dem „Trennungsprinzip" für die Planung auf Altlasten nichts entnehmen lasse, da dieses nur das Nebeneinander von sich wiedersprechenden schutzbedürftigen und emissionsträchtigen Nutzungen betreffe, so übersieht er, daß es nicht um die Übernahme des Prinzipes an sich, sondern um die Anwendung des Gedankens, der dem Prinzip zugrunde liegt, geht. Auf den „Grundsatz der Konfliktbewältigung" will Middeke, JA 1990, 275 (276) abstellen. Ewer/Schäfer, BB 1991, 709 (711) folgern aus der Tatsache, daß bei der „horizontalen Gebietsunverträglichkeit" die Frage, welche von Nachbargrundstücken einwirkenden Immissionen mit den an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu stellenden Anforderungen noch in Einklang zu bringen sind, je nach Gebietstyp unterschiedlich zu beantworten ist, daß bei der „vertikalen Gebietsunverträglichkeit" die Ausweisung von Gewerbe- und Industrieflächen erst bei wesentlich höheren Immissionswerten ausscheidet als die Ausweisung von Wohn- oder Mischgebieten. Dem kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil die Arbeitsbevölkerung durch § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB in gleicher Weise geschützt wird wie die Wohnbevölkerung und niemand deswegen weniger Schutz vor Gesundheitsgefahrdungen beanspruchen kann, weil er sich bei der Arbeit und nicht zu Hause aufhält. Für die Einhaltung gleicher Sicherheitsstandards, unabhängig von der Ausweisung als Gewerbe- oder Wohngebiet auch Henkel, UPR 1988, 367 (373), der allerdings, im Grundsatz zu Recht, Unterschiede für gerechtfertigt hält, soweit sie sich auf die Nutzung der nicht überbaubaren Flächen beziehen. 95 96

So Hoppe, in: Ernst/Hoppe, Bau-, Boden-, Raumplanungsrecht, Rdnr. 258.

BVerwGE 34, 301 (308) zu den Begriffen in § 1 Abs. 4 Satz 1 u. 3; Abs. 5 BBauG; Gaenizsch, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 44; Mainczyk, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 7; Schlez, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 52; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 110.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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matischen Hauptleitsätze des § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB97. Es handelt sich um eine Zusammenstellung wichtiger öffentlicher und privater Belange, die in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einfließen müssen. Diese Belange sind nicht nach einer ihrer Bedeutung entsprechenden Gewichtung geordnet98 und grundsätzlich gleichgewichtig99, d.h. keinem öffentlichen oder privaten Belang kommt ein automatischer Vorrang zu. Auch handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzählung, vielmehr ist sie lediglich beispielhaft mit dem Zweck, der Gemeinde einen Orientierungsrahmen für das Abwägungsverfahren nach § 1 Abs. 6 BauGB zu geben100. Innerhalb dieses Abwägungsvorganges ist es dann Sache der Gemeinde, im Rahmen ihrer Planungshoheit im situationsbezogenen Einzelfall den Vorrang eines bestimmten Belanges festzulegen. Das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange ist hierbei als elementare planerische Entschließung zu sehen101. Grundsätzlich ist damit jeder Belang überwindbar, denn die Abwägungsüberwindlichkeit ergibt sich gerade daraus, daß das Gesetz von der grds. Gleichrangigkeit aller in § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB aufgeführten Belange ausgeht und ihre Teilnahme am Abwägungsvorgang vorsieht102.

97

Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 58; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 88; zur Bedeutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB und der Frage eines relativen Vorranges des Belanges des Umweltschutzes, vgl. Sendler, UPR 1995,41 (42 f.). 98

BVerwG 92,231 (239f.); Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 45; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 60; Mainczyk, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 7; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 114; Sendler, UPR 1995, 41 (42). 99

Darauf hat auch der Gesetzgeber ausdrücklich hingewiesen, vgl. Regierungsvorlage zur BBauG-Novelle 1976, BT-Drs. 7/2496 S. 36 u. Reg.Vorlage zum BauGB, BTDrs. 10/4630 S. 61. 100

Söfker, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 108; Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 44, spricht von einer,Aufmerksamkeitsschwelle" für die planende Gemeinde. 101 102

BVerwG 34, 301 (309).

Für die prinzipielle Abwägungsüberwindbarkeit eines jeden Belanges Schink, ZfW 1985,1 (14) u. BauR 1987, 397 (398 u.403); Weyreuther, UPR 1981, 33 (38); Erbguth, Bauplanungsrecht, Rdnr. 76, wonach eine vom konkreten Planungsfall abgehobene apriorische Vorrangigkeit nicht besteht; Priorität könne einem bestimmten Belang

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Von entscheidender Bedeutung ist jedoch, daß den einzelnen Belangen nicht nur in der Abwägung miteinander im konkreten Fall unterschiedliche Gewichtung zukommt, vielmehr ein und derselbe Belang unterschiedliche Ziele verfolgen kann, die wiederum von unterschiedlicher Wertigkeit sind. Dies wird gerade an § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB deutlich. Die „allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse"103 umfassen nämlich nicht nur die Gefahrenabwehr und Vorbeugung vor Gefahren, sondern auch die Gestaltung einer lebenswerten Umwelt104. Beispielhafte Beurteilungsmaßstäbe für die Auslegung letztgenannten Erfordernisses gibt § 136 Abs. 3 Nr. 1 BauGB. Die dort genannten Kriterien, wie etwa die der Belichtung, Besonnung und Belüftung der Wohnungen, haben keinen absoluten Charakter und es kann ihnen aufgrund der örtlichen Verhältnisse auch nicht immer entsprochen werden; demzufolge lassen die Landesbauordnungen Ausnahmen zu. Insoweit ist es daher auch nicht auszuschließen, daß der Belang des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB hinter andere Belange zurücktritt105. Richtig ist es jedoch, dieser Vorschrift eine besondere Bedeutung beizumessen, soweit es über die Umweltvorsorge hinaus um die Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr und der Vorbeugung vor Gefahren geht. Dies wird nicht nur deutlich durch die Entschädigungsreduktionsklausel des § 43 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB und den sich hieraus ergebenden Zusammenhängen zwischen den Planungsmöglichkeiten und dem Planungsschadensrecht, sondern wird insbesondere auch daraus ersichtlich, daß die Planungsleitlinie insoweit eine Konkretisierung der aus Art. 2 Abs. 2 GG folgenden Pflicht des Staates zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bürger darstellt106.

nur im Rahmen einer konkreten Abwägung aufgrund der vorliegenden Planungssituation zukommen. 103

Der gleichfalls in der Vorschrift aufgeführten „Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung" kommt keine selbständige Bedeutung zu, da unter gesunden Wohnund Arbeitsverhältnissen auch das sichere Wohnen und Arbeiten zu verstehen ist, vgl. erläuternd Softer, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 121. 104

Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 116; Henkel, UPR 1988, 367 (371 f.); Kleiber, ZfBR 1988, 168 (169 u. 176). 105

So auch Schink, VR 1992, 1 (8); wohl auch Middeke, JA 1990, 276 (276) und Simon, BayVBl 1988, 617 (620). 106

Schink, VR 1992, 1 (9); vgl. auch Dörr/Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (935), die in der unterbliebenen Ermittlung des Gefährdungspotentials einer Altlast einen Verstoß gegen Art. 2 Abs 2 GG sehen.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

57

Dieses Grundrecht schützt als subjektives Abwehrrecht den Bürger nicht nur vor rechtswidrigen staatlichen Eingriffen, sondern hat auch objektiv-rechtlichen Gehalt, indem es dem Staat die Pflicht auferlegt, seine Bürger vor rechtswidrigen Eingriffen Dritter zu schützen107. Insoweit ist zumindest ein Teilgehalt des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB als Ausprägung dieser Schutzpflicht zu verstehen und insoweit handelt es sich auch um einen „besonderen" Belang. Die aufgezeigte Differenzierung in der inhaltlichen Wertigkeit des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB verbietet es jedoch, diese Vorschrift an sich als absolute Grenze planerischer Gestaltungsfreiheit zu bezeichnen; dem aus Art. 2 Abs. 2 GG folgenden Gebot, durch planerische Maßnahmen keine Gesundheitsgefahren zu erzeugen, ist ausschließlich im Rahmen der einzelfallbezogenen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB Rechnung zu tragen durch Ermittlung des objektiven Werteverhältnisse der tangierten Belange. Ein weiteres spricht gegen die aus der Argumentation des BGH abgeleiteten ausnahmslosen Regel, daß auf kontaminierten Böden eine bauliche Nutzung stets unzulässig sei. Wie die Kennzeichnungspflicht nach §§5 Abs. 3 Nr. 3, 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB zeigt, sind auf kontaminierten Flächen bauliche Nutzungen grundsätzlich möglich108; im Rahmen der Abwägung ist die Gefährlichkeit einer Kontamination vor dem Hintergrund beabsichtigter Nutzungen zu bewerten. Dabei kommt nicht nur der Art der Bodenbelastung hinsichtlich Quantität und Qualität Bedeutung zu, sondern gerade auch Art, Dauer und Intensität der vorgesehenen Nutzung. Selbst bei Vorhandensein eines geringfügigen Risikos wird man eine Bebauung nicht als ausnahmslos unzulässig ansehen können109; gerade bei der - an 107

Ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. etwa BVerfG 77, 170 (214) m.w.N. 108

So auch Henkel UPR 1988, 367 (371); Schink, NJW 1990, 351 (355), der zudem, wie auch Henkel, in: Altlasten als Rechtsproblem, S. 155, ausdrücklich daraufhinweist, daß sich ein allgemeiner Grundsatz oder strikt zu beachtender Planungsleitsatz, altlastenverunreinigte Flächen nicht zu beplanen, weder aus dem Baugesetzbuch noch anderen Vorschriften ableiten läßt. Auch die Bodenschutzklausel des § 1 Abs. 5 Satz 3 BauGB mit ihrem Primat eines „Flächenrecyclings", also auch der Revitalisierung ehemaliger, jetzt brachliegender industriell genutzter Standorte, kann in dieser Richtung interpretiert werden. Im Ergebnis auch Paßlick, DVBl 1992, 674 (681) und Simon, BayVBl 1988,617(629). 109

Bielenberg/Söflcer, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 9 Rdnr. 5 c; Rehbinder, JuS 1989, 885 (886); Schink, DÖV 1988, 529 (533).

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

anderer Stelle noch zu erörternden - Unsicherheit hinsichtlich Gesundheitsgefahrdungen ausschließenden Grenzwerten erscheint es nicht sinnvoll, aus den von den Bundesländern ihren Entscheidungen zugrunde gelegten Regelwerken jeweils den niedrigsten Wert als verbindlich und Garant für gesundheitliche Unbedenklichkeit gelten zu lassen. Im übrigen haben die unterschiedlichen Grenzwerte in der Praxis gerade dazu geführt, daß Nutzungen in dem einen Bundesland möglich, weil für gesundheitlich unbedenklich gehalten, sind, in einem anderen Bundesland nicht oder nur mit Sanierungsauflagen zulässig sind (wobei sich hinsichtlich des Umfanges der Sanierung die Grenzwerteproblematik erneut stellt). Schließlich ist es, auch wenn eine mehr als geringfügige Bodenkontamination vorliegt, nichtrichtig,ohne weiteres von einer Verletzung des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB auszugehen und die Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplanes zu unterstellen. Diese Betrachtung würde außer acht lassen, daß die Gemeinde das Planverfahren weiterführen und den Bebauungsplan trotz vorhandener Bodenkontamination beschließen kann, wenn durch Regelungen außerhalb des Bebauungsplanes oder tatsächlich sichergestellt ist, daß die Kontamination vor Aufnahme der plangemäßen Nutzung in erforderlichem Maß beseitigt wurde. Zwar ist eine Festsetzung im Bebauungsplan dahingehend, daß die Nutzung erst nach der Sanierung aufgenommen werden darf, nicht zulässig110, jedoch kann das erstrebte Ziel etwa dadurch erreicht werden, daß Sanierungsverpflichtungen vor Nutzungsaufhahme der Grundstückseigentümer durch Baulast gesichert werden oder aber auch durch Abschluß eines städtebaulichen Vertrages (nach § 124 Abs. 2 BauGB i.V.m. den Regelungen über öffentlich-rechtliche Verträge in den landesgesetzlichen Verwaltungsverfahrensgesetzen), in dem sich z.B. Bauherren verpflichten, auf die Stellung eines Bauantrages vor Abschluß einer Sanierung zu verzichten, ggf. auch dazu, die Sanierung selbst vorzunehmen111. 110

Eine dem Rechtsgedanken desfrüheren § 9 a BBauG entsprechende Regelung, wonach durch Festsetzungen im Bebauungsplan eine zulässige Nutzung solange ausgesetzt werden konnte, bis die Errichtung bestimmter Anlagen oder Einrichtungen der Infrastruktur gesichert war, fehlt im BauGB. 111

A.A. wohl Söfker, in Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 277, der, wenn eine bestimmte Nutzung erst nach Sanierung oder anderen Maßnahmen möglich ist, die vorherige Festsetzung dieser Nutzung zwar im Flächennutzungsplan für zulässig hält, nicht jedoch im Bebauungsplan; da dieser nach § 30 BauGB unmittelbar verwirklicht werden könne, sei die Vereinbarkeit der Altlast mit der festgesetzten Nut-

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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Im Ergebnis ist festzuhalten, daß entgegen der Auffassung des BGH unmittelbar aus § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB keine Amtspflicht der Gemeinde folgt, bestimmte Flächen nicht zu Wohnzwecken auszuweisen; vielmehr besteht die Amtspflicht der Gemeinde, diesen „besonderen" Belang in die Abwägung miteinzubeziehen und ihn unter Berücksichtigung des betroffenen Schutzgutes seiner Bedeutung entsprechend zu würdigen. (Die Fehlerhaftigkeit eines Bebauungsplanes folgt demnach auch nicht unmittelbar aus einem Verstoß gegen § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB, sondern aus einer nicht sachgerechten Abwägung im Rahmen des § 1 Abs. 6 BauGB.) Grundvoraussetzung der sachgerechten Einbeziehung und Würdigung des Belanges des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB und damit vom Umfang der Amtspflicht umfaßt ist, daß die Gemeinde sich nicht lediglich mit der Einbeziehung vorhandener Informationen zum Abwägungsbelang begnügt, sondern dann weitergehende Sachaufklärung betreibt, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, daß eine weitere Sachverhaltsaufklärung Einfluß auf die Gewichtung des Belanges haben könnte. Sachaufklärung und abschließende Würdigung des Belanges werden dem Gebot „planerischer Konfliktbewältigung" entsprechend von der Gemeinde gerade in der Abwägungsphase verlangt: die Gemeinde hat die Pflicht, Konflikte zu erfassen und mit planerischen Mitteln zu bewältigen (so z.B. „kein Konflikttransfer" ins Baugenehmigungsverfahren) 112. Dies wird auch daran deutlich, daß mit der Regelung einer baulichen Nutzung im Bebauungsplan für eine bestimmte Fläche ein evtl. Konflikt mit einer vorhandenen Altlast erst geschaffen wird.

zung regelmäßig zu fordern. Bedenken, einen Bebauungsplan vor der Beseitigung von Schadstoffen in Kraft zu setzen, auch bei W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 81; Zur grundsätzlichen Möglichkeit durch öffentlich-rechtliche Verträge Sanierungsregelungen zu treffen Pape, NJW 1994,409 (411). 112

Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 70; Hoppe, in: Emst/Hoppe, Bau-, Boden-, Raumplanungsrecht, Rdnr. 302 ff.; Pfeifer, DVBl 1989, 337; Rehbinder, JuS 1988, 885 (887); Schink, NJW 1990, 351 (354); Söfker, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 219 ff. u. 274. Ausführlich zum „Gebot der Konfliktbewältigung" Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 115 ff.

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

3. Die Drittbezogenheit der Amtspflicht a) Das Erfordernis

der Drittbezogenheit

Entscheidend für die Drittbezogenheit einer Amtspflicht ist, daß die in Rede stehende Amtspflicht zumindest auch den Zweck verfolgt, das im Einzelfall berührte Interesse des Dritten zu schützen (Schutznormtheorie) U 3 . Damit zeigt sich eine Parallele zur verwaltungsprozessualen Frage der Klagebefugnis, wonach der Betroffene, der nicht selbst Adressat einer behördlichen Entscheidung ist, gegen diese Entscheidung nur klagebefugt ist, wenn die verletzte Rechtsnorm nicht nur ein Interesse der Allgemeinheit, sondern zumindest auch ein Individualinteresse gerade des Betroffenen schützen soll114. Diese Parallele führt zwar dazu, daß die Rechtsprechung zu übereinstimmenden Lösungen bei der Amtshaftung und der verwaltungsprozessualen Klagebefugnis gelangt115, d.h. der Drittbezug einer Amtspflicht mit der Befugnis des Betroffenen zur verwaltungsgerichtlichen Klage gegen die schädigende Amtshandlung in aller Regel zusammenfallt116, jedoch dürfen verwaltungsprozessuale Klagebefugnis und Drittschutz der Amtspflicht nicht generell gleichgesetzt werden. So kann die Verletzung verwaltungsinterner Pflichten zwar durchaus Amtshaftungsansprüche begründen, jedoch ohne, daß der Bürger gegen die Verletzung dieser Pflichten unmittelbar klagebefugt wäre. Dies zeigt sich, außer im Falle der bereits er113

RGZ 140, 424 (427); BGHZ 10, 122 (124); 39, 358 (363); 89, 1 (5 f.); 90, 310 (312) st. Rspr.; Kreft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch § 839 Rdnr. 239; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 165 ff.; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 257; Ibler, BauR 1995, 595 (603); Ipsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 44; Kröner, ZfBR 1984, 20 (22); Krohn, VersR 1991, 1085 (1086 f.); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 47 ff.; Schoch, JURA, 1988, 585 (590). 114

BVerwGE 52,122 (128); vgl. auch BVerfG 27,297 (307).

115

Vgl. BGHZ 86, 356 (361 f.) im Falle einer rechtswidrigen, jedoch nicht auf der Verletzung baurechtlicher Vorschriften mit nachbarschützendem Charakter beruhenden Baugenehmigung. 116

RGZ 107, 118 (120); 135, 110 (114 f.); 155, 218 (223); BayOblGZ 1963, 166 (171); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 156; Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 239; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 176; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 256; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 509; Ibler, BauR 1995, 595 (601); Menger, VerwArch 1959, 193 (204); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 48.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

61

örterten rechtswidrigen fachaufsichtlichen Weisung, etwa darin, daß die rechtswidrige Einvernehmensentscheidung nach § 36 BauGB Drittbezug gegenüber dem Antragsteller in bezug auf den Sekundärrechtsschutz einer Amtshaftungsklage hat, ihm hiergegen jedoch kein Primärrechtsschutz eröflhet ist. Der Bürger kann zwar in diesen Fällen gegen die Gemeinde wegen einer drittgerichteten Amtspflichtverletzung Amtshaftungsansprüche geltend machen, sofern diese ihr Einvernehmen aus anderen als den in § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB genannten Gründen - und damit rechtswidrig - versagt hat 117 , aber er hat keine Klagebefugnis gegen die fehlerhafte Einvernehmensentscheidung der Gemeinde an sich, vielmehr nur gegen die ablehnende Entscheidung der zuständigen Baugenehmigungsbehörde118. Auch im Falle einer dem Bauherrn antragsgemäß erteilten, jedoch rechtswidrigen Baugenehmigung, fallen Drittschutz und Klage-

117

Die drittgerichtete Amtspflichtverletzung ergibt sich dabei aus dem Eingriff in die durch Art. 14 GG garantierte Baufreiheit, da die Erteilung/Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nicht nur die gemeindliche Planungshoheit sichern soll, sondern auch eine Beteiligung am Baugenehmigungsverfahren darstellt und die Gemeinde daher ihre Planungshoheit nur insoweit geltend machen darf, als die »jeweils geltende materiellrechtliche Ausgestaltung des Rechts des Bürgers auf bauliche Nutzung seines Grundstückes ihm nicht einen Rechtsanspruch auf Genehmigung seines Baugesuches einräumt"; so mit eingehender Erörterung der Gesamtproblematik BGH, NJW 1976, 184. Sofern die Baugenehmigungsbehörde die Ablehnung der Erteilung der beantragten Genehmigung nicht nur auf das fehlende Einvernehmen, sondern darüber hinaus auch auf ihre eigene Sachprüfung stützt, ergibt sich die Möglichkeit einer gesamtschuldnerischen Amtshaftung von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde, BGH, NJW 1993, 3065 (3065). 118

Das Bundesverwaltungsgericht wertet die Einvernehmensentscheidung der Gemeinde als Verwaltungsintemum, an die allerdings die Baugenehmigungsbehörde gebunden sei, so daß diese (vom Falle kommunalaufsichtlicher Maßnahmen abgesehen) auch bei rechtswidrig versagtem Einvernehmen die beantragte Baugenehmigung nicht erteilen könne; erst der ablehnende Bescheid der Baugenehmigungsbehörde sei anfechtbar, was im Interesse des Bauantragstellers den Vorteil einer gemeinsamen Prüfung von Bauplanungs- und Bauordnungsrecht in einem Verfahren habe; grundlegend BVerwG 22, 342 (344 ff.), bestätigend BVerwG, NVwZ 1986, 556 (556 f.). Seit BGH, DVBl 1971, 319 hat sich der Bundesgerichtshof der Bewertung des gemeindlichen Einvernehmens als Verwaltungsintemum angeschlossen, vgl. auch BGH, UPR 1992,105 (106) u. NJW 1993, 3065 (3065); übereinstimmend die einhellige Auffassung in der Literatur, vgl. etwa Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 36 Rdnr. 3; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 36 Rdnr. 5; Roeser, in: Berliner Kommentar, § 36 Rdnr. 11; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 36 Rdnr. 15; Geizer, in: Geizer/ Birk, Bauplanungsrecht, Rdnr. 950.

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

befugnis auseinander: Der Bauherr ist mangels Beschwer zwar nicht klagebefugt, jedoch dient die Baugenehmigung auch dazu, dem Bauherrn eine gesicherte Vertrauensgrundlage zu schaffen, so daß die drittgerichtete Amtspflicht besteht, eine den baurechtlichen Vorschriften widersprechende Baugenehmigung nicht zu erteilen und eine gleichwohl erteilte Baugenehmigung bei ihrer späteren Rücknahme geeignet ist, Schadensersatzansprüche wegen einer Amtspflichtverletzung zu begründen119. Die Drittgerichtetheit der Amtspflicht hat eine haftungsbegründende Funktion, soweit sie klarstellt, gegenüber welchem Geschädigten die Verantwortlichkeit des Staates besteht; haftungsbegrenzend wirkt sie, soweit sie anderen Personen, die nicht zum Kreis der „Dritten" zählen, einen Ersatzanspruch auch dann versagt, wenn sich das pflichtwidrige Handeln für sie nachteilig ausgewirkt hat120. In Konsequenz ist zunächst festzustellen, ob die in Rede stehende Amtspflicht grundsätzlich den Schutz bestimmter individueller Personen bezweckt oder nur im Interesse der Allgemeinheit Beachtung beansprucht. Dies bestimmt sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie der Natur des wahrgenommenen Amtsgeschäftes121. Sodann bedarf es der Untersuchung der verletzten Vorschrift hinsichtlich ihres persönlichen und ihres sachlichen Schutzbereiches. Der Geschädigte muß zum geschützten Personenkreis gehören (persönlicher Schutzbereich), was der Fall ist, wenn die verletzte Vorschrift gerade den Schadenseintritt bei ihm und nicht (nur) bei der Allgemeinheit oder sonstigen Dritten verhindern soll. Die Vorschrift muß des weiteren den Zweck verfolgen, gerade den Schaden zu verhindern, der ersetzt verlangt wird (sachlicher Schutzbereich). Die umfassende kasuistische Rechtsprechung hierzu trennt nicht immer zwischen beiden Merkmalen. Vielmehr wird 119

BGHZ 60, 112 (115 ff.); BGH, VersR 1985, 566 (567) u. NJW 1985, 265 (265) für die sofortige Vollziehung einer Baugenehmigung. Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art 34 Rdnr. 177 f. überträgt diese Überlegungen auf „alle Verfahren schlichter behördlicher Erlaubnisse, die einer präventiven Unbedenklichkeitsprüfung in normativer Hinsicht dienen". 120

BGHZ 89, 1 (5); 90, 310 (311 f.); Bender Krohn, ZfBR 1994, 8 (8); Wurm,, JA 1992,1 (1 f.). 121

x

Staatshaftungsrecht, Rdnr. 512;

BGHZ 56, 40 (45); 69, 128 (136); 84, 292 (299); 93, 87 (91 f.); 106, 323 (331); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 19; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 47 f.; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 193 u. 198; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 255.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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oftmals der Schutzzweck der Vorschrift gerade zur Bestimmung des geschützten Dritten herangezogen122. Eine Systematisierung der „Drittbeziehungen" erscheint kaum möglich, ist jedoch auch nicht erforderlich. Die Drittbezogenheit der Amtspflicht ist vielmehr in jedem Schadensfall nach Personen und Rechtsgütern relativiert festzustellen123.

b) Das Abstellen des BGH auf den hohen Rang der durch § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB geschützten Rechtsgüter

Der BGH spricht § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB wegen der überragenden Bedeutung der Rechtsgüter Leben und Gesundheit einen Ausnahmecharakter zu; aus ihm folge die aus dem allgemeinen Schutzzweck der Bauleitplanung, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten, herausgehobene (Amts)Pflicht, Individualinteressen Planbetroffener (das sind die künftigen Bewohner des Plangebietes) zu wahren124. Der Drittschutz wird demnach ausschließlich mit dem hohen Rang der durch § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB geschützten Rechtsgüter begründet (ohne daß der BGH wie infrüheren Entscheidungen darauf eingeht, ob das Gebot der Rücksichtnahme ein subjektives öffentliches Recht begründet)125.

c) Die Drittbezogenheit

der Amtspflicht zur fehlelfreien

Abwägung

Wenn bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes die Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung besteht und § 1 Abs. 6 BauGB als in dieser Abwägung zu berücksichtigende Interessen ausdrücklich die privaten Belange anführt, so ist das einer der Fälle, in denen der Drittbezug einer Amtspflicht damit auch aus122

BGHZ 106, 323 (331); 110,1 (8 f.); hierzu auch Wurm, JA 1992,1 (2).

123

Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 47; derselbe, JZ 1990, 649 (649) weist darauf hin, daß es unmöglich sei, den Drittbezug in eine praktische Formel zu bringen, die hinreichend sicher vorhersehbare und begründbare Ergebnisse ermögliche. 124

Geschützt sind auch, da § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB nicht nur die Wohn- sondern auch die Arbeitsverhältnisse erfaßt, die im Plangebiet arbeitenden Personen, vgl. auch BGH, NJW 1993, 384 ff. 125

Vgl. ausdrücklich BGHZ 109, 380 (389) u. 113, 367 (372 f.); zustimmend Raeschke-Kessler, DVBl 1992, 683 (685).

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

64

drücklich gesetzlich festgelegt ist126. Dies gilt umsomehr, wenn ein bestimmter privater Belang, wie dies bei den zu berücksichtigenden gesunden und sicheren Wohn- und Arbeitsverhältnissen der Fall ist, im Gesetz speziell als abwägungserheblich herausgestellt wird und - insoweit ist dem BGH zuzustimmen - diesem Belang wegen der Bedeutung des betroffenen Schutzgutes besondere Wertigkeit zukommt. Der Bejahung einer drittgerichteten Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung steht auch nicht entgegen, daß das Bundesverwaltungsgericht ein subjektives öffentliches Recht eines Dritten auf Einbeziehung eines ihn betreffenden Belanges in die Abwägung bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes verneint hat127. Bereits an anderer Stelle wurde darauf hingewiesen, daß ein subjektives öffentliches Recht keine Voraussetzung für die Möglichkeit einer drittgerichteten Amtspflichtverletzung ist. Die hier vertretene Auffassung der drittgerichteten Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung im Rahmen des § 1 Abs. 6 BauGB bedarf jedoch ebenso wie die Ansicht des BGH von einer unmittelbar aus § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB folgenden Amtspflicht, keine gesundheitsgefährdenden Altlasten zu überplanen, einer weitergehenden Prüfung hinsichtlich des sachlichen und persönlichen Schutzbereiches. Die Frage, wie weit der Belang des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB sachlich reicht, und wer im einzelnen sich auf seine Berücksichtigung berufen kann, ist nach beiden Auffassungen zu stellen.

126

Vgl. BGHZ 84, 292 (302), wo der BGH, allerdings in einem obiter dictum, die Verletzung des Abwägungsgebotes beispielhaft als mögliche Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht anführte. Für die Drittbezogenheit der Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung auch Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 183 f.; Boujong, WiVerw 1991, 59 (68); Dolde, NVwZ 1985, 250 (252); Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 19 Rdnr. 27; Kosmider, JuS 1986, 274 (279); Kreft, Öffentlichrechtliche Ersatzleistungen, § 839 Rdnr. 236; Papier, JZ 1984, 993 (994); Schink, DÖV 1988, 529 (535); Schock, JURA 1988, 585 (592). Weitergehend Johlen, BauR 1983, 196 (199), der u.a. aus der Abwägungspflicht der Gemeinde die drittbezogene Amtspflicht der Gemeinde den Planbetroffenen gegenüber herleitet, die Aufstellung unwirksamer Bebauungspläne zu unterlassen, mit der Konsequenz, daß in jedem Rechtsverstoß, der zur Nichtigkeit des Bebauungsplanes führt, zugleich eine Verletzung des Abwägungsgebotes zu sehen wäre. 127

BVerwG 54, 211 (217 f.).

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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d) Der sachliche Schutzbereich der Amtspflicht

aa) Der Bebauungsplan als „Verläßlichkeitsgrundlage" Der sachliche Schutzbereich der Amtspflicht gehe, so der BGH, dahin, Gesundheitsgefahren für die Bewohner des Plangebietes zu vermeiden und sie vor finanziellen Aufwendungen durch die Errichtung von Wohnhäusern zu bewahren, die wegen der Gesundheitsgefahren dauerhaft nicht bewohnbar sind. Konkret bestimme sich der sachliche Schutzbereich danach, inwieweit der Bebauungsplan „Verläßlichkeitsgrundlage" für diefinanziellen Dispositionen sei128. Auch müßten die Gesundheitsgefahren zu einem vollständigen Nutzungsausschluß der Grundstücke führen. Ein Bebauungsplan kann nur dann eine „Verläßlichkeitsgrundlage" für die Dispositionen Dritter sein, wenn ihm nach seinem Sinn und Zweck (zumindest auch) die Aufgabe zukommt, einen bestimmten Vertrauenstatbestand zu schaffen. Kommt ihm diese vertrauensschaffende Funktion nicht zu, so kann ein Dritter sich auch nicht darauf berufen, daß er sich auf den Inhalt des Bebauungsplanes verlassen habe.

(1) Das Vertrauen

in die Fortdauer rechtlich erlaubter Nutzungen

Die Auffassung, wonach der Bebauungsplan eine „Verläßlichkeitsgrundlage" bilde, wird teilweise als „grundsätzliche Fehleinschätzung" gewertet; der Bebauungsplan werde damit von seinem Zweck, ein Instrument der städtebaulichen Ordnung zu sein, zu einer „Garantiezusage für Anleger auf dem Grund-

128

Kritisch zur dogmatischen Konstruktion des BGH Czybulka, DZWir 1994, 159 (160), der im übrigen in den Altlastenfällen (auch) § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BauGB als verletzte Amtspflicht sieht und soweit die „Eigentumsbildung" betroffen ist, den Bebauungsplan als Grundlage für jegliche Vermögensinteressen wertet, mit der Folge einer entsprechenden Ausdehnung des Amtshaftungsanspruches. Vgl. auch Ladeur, DÖV 1994, 665 (672.), der den Gesichtspunkt der Risikoübernahme für die Bestimmung des Drittschutzes heranziehen möchte und eine „begrenzte Einstandspflicht" zugunsten der Eigentümer oder Erwerber altlastenüberplanter Grundstücke daraus herleitet, daß die Bebaubarkeit „mindestens auch durch administrativ zugelassene Risiken beeinträchtigt worden ist". 5 Kühn

66

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

stücksmarkt" umfunktioniert 129. Nach dieser Ansicht wird zwar eine bauplanungsrechtliche Amtspflicht, eine Wohnbebauung auf dafür ungeeigneten Flächen zu unterlassen, bejaht, jedoch bestehe diese nicht einzelnen Dritten gegenüber. Die kommunale Planung habe nichts mit Einstehenmüssen (für Altlasten) gegenüber Anlegern zu tun. Die Gemeinden hätten kein Monopol auf Voraussicht und Sanierung; gebe die Gemeinde alle Informationen, über die sie verfügt, weiter, könnten Erwerber und Bauherren dem Altlastenverdacht ebenso nachgehen wie die Gemeinden und ihr Investitionsrisiko abschätzen. Die der Gemeinde Dritten gegenüber obliegenden Amtspflichten bei der Bebauungsplanaufstellung werden hinsichtlich evtl. Altlasten demnach beschränkt auf die Plicht der Weitergabe bei der Gemeinde vorhandener Informationen. Richtig hieran ist, daß es in der Tat nicht die Aufgabe der Bauleitplanung (und damit eines Bebauungsplanes) ist, im Interesse eines bestimmten Eigentümers Festsetzungen über die Nutzung seines konkreten Grundstücks zu treffen. Folgerichtig besteht weder ein Individualanspruch auf Aufstellung (vgl. § 2 Abs. 3 BauGB), Änderung, Ergänzung oder Aufhebung (vgl. § 2 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 BauGB) eines Bebauungsplanes130 und zwar selbst dann nicht, wenn im konkreten Fall nach § 1 Abs. 3 BauGB eine Pflicht für die Gemeinde zur Aufstellung besteht131, noch hat der Einzelne einen Anspruch darauf, daß sein

129

Salzwedel, EWiR § 839 BGB 1/89, S. 1091 (1092); Salzwedel/Reinhardt, 1991, 946 (950) sehen beim Einstehenmüssen der Gemeinde für überplante Altlasten kommunale Planungshoheit und Investorenschutz in unbefriedigender Weise miteinander vermengt. Vgl. auch Fehn, VR 1987, 267 (270), der mit dem Hinweis, daß ein Bebauungsplan lediglich verbindliche Aussagen über eine geplante Bodennutzung im allgemeinen und damit ausschließlich über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit treffe, „individualisierte Amtspflichten" bei der Aufstellung von Bebauungsplänen generell ausschließen möchte.

NVwZ

130

Vgl. zur Gesamtproblematik Batiis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 2 Nr. 10 m.w.N; W.Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 50 f.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 76. 131

BVerwG, DVB1 1977, 529 (530) u. DVB1 1982, 1096 (1096); Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 11; derselbe, in: Berliner Kommentar, § 2 Rdnr. 16; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 52 ff.; Mainczyk, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 4; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 182; Reissig, Gemeindliche Bauleitplanung, S. 203 f.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

67

Grundstück in einen Bebauungsplan mit einbezogen wird 132 bzw. ein sein Grundstück umfassender Bebauungsplan nicht aufgestellt wird133. Der Bauleitplanung kommt vielmehr eine entwickelnde und ordnende Funktion zu, indem sie die städtebauliche Entwicklung in bestimmte Bahnen lenkt (vgl. § 1 Abs. 3 BauGB). Dies geschieht notwendigerweise dadurch, daß im Bebauungsplan bestimmte Nutzungen festgeschrieben werden, die für die davon betroffenen Grundstücke verbindlich sind, jedoch ist das einzelne Grundstück (im grundbuch- oder katasterrechtlichen Sinne, also als räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes unter einer besonderen Nummer gebucht ist) nicht Bezugsobjekt der Planung134. Diese betrifft unabhängig von etwaigen Grundstücksgrenzen eine bestimmte Fläche, und, soweit erforderlich, sind die innerhalb dieser Fläche liegenden Grundstücke nach Rechtskraft des Bebauungsplanes durch Umlegung (§§ 45 ff. BauGB) oder Grenzregelungen (§§ 80 ff. BauGB) so zu gestalten, daß die Umsetzung des Bebauungsplanes möglich ist. Wenn einerseits die planerischen Festsetzungen vom einzelnen Grundstückseigentümer nicht unmittelbar beeinflußt werden können135 und u.U. seinen persönlichen Interessen zuwiderlaufen, so kann er doch, wenn der Bebauungsplan einmal in der Welt ist, darauf vertrauen, daß dieser rechtswirksam ist und festgelegte Nutzungen erlaubt bleiben. Nur in diesem Sinne bildet der Bebauungsplan eine „Verläßlichkeitsgrundlage" und nur insoweit schafft er einen Vertrauenstatbestand. Der Gesetzgeber trägt diesem Vertrauen in den Fortbestand rechtlich erlaubter Nutzung Rechnung, indem er mit dem Planungsschadensrecht der §§ 39 ff. BauGB Anspruchsgrundlagen für den „Planenttäuschten" geschaffen hat136. 132 133

BayVerfGH, DVBl 1966, 798 m. Anm. Schneider. VGH Mannheim, BaWüVbl 1968,159.

134

BVerwG, UPR 1989, 78; Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 6; Gierke , in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 18; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 13. 135 Mittelbar insoweit, als er seine Vorstellungen im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 2. Hbs. BauGB sowie der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanes gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB einbringen kann, so daß die Gemeinde sie in ihre Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einfließen lassen muß. 136

Vgl. zu Zweck, Inhalt und der Entstehungsgeschichte der Vorschriften des Planungsschadensrechts ausführlich Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, Vorb. §§ 39-44 Rdnr. 1 ff. sowie Battis , in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, Vorb. §§ 39-44 Rdnr. 1 ff. 5*

68

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Wenn der BGH vom Bebauungsplan als alleiniger Verläßlichkeitsgrundlage für die finanziellen Dispositionen der Grundstückserwerber bzw. Bauherren spricht, so wird dies auch dem beschränkten Aussagegehalt eines Bebauungsplanes nicht gerecht. Aus ihm sind nämlich solche Nutzungsregelungen und öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht ersichtlich, die erst im Rahmen des Planvollzuges, also insbesondere im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens Bedeutung erlangen. Hierauf weist § 29 Abs. 4 BauGB hin, indem er feststellt, daß die Vorschriften des Bauordnungsrechtes und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften (in Frage kommen etwa solche des Immissions-, Natur- oder Denkmalschutzes) unberührt bleiben137. Dazu kommt, daß alleine im Vertrauen auf einen Bebauungsplan nicht gebaut werden darf, es hierzu vielmehr einer Baugenehmigung bedarf. Die eigentlichen „Bauinvestitionen" werden daher nicht im Vertrauen auf den Bebauungsplan gemacht, sondern allenfalls im Vertrauen in die Rechtmäßigkeit einer erteilten Baugenehmigung138.

(2) Das Vertrauen,

ohne Gesundheitsgefährdung

wohnen zu „ können "

In den ,Altlastenfällen" geht es jedoch nicht darum, daß das Vertrauen des Planbetroffenen in die Fortdauer einer erlaubten Nutzung enttäuscht wird, vielmehr darum, daß sein Vertrauen in die Ungefahrlichkeit einer im Bebauungsplan festgelegten bestimmten Art der Nutzung nicht gerechtfertigt ist139. Anders ausgedrückt: das Vertrauen des Betroffenen bezieht sich nicht darauf, daß man bauen „darf', sondern darauf, daß man ohne Gesundheitsgefahren bauen und wohnen „kann"140. Nichtrichtigist es jedoch, hieraus den Schluß zu ziehen, daß die insoweit bestehende Amtspflicht der Gemeinde nicht in der Vorschrift des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB ihren Ursprung findet, sondern aus der allen Behörden ob-

137

Zu Recht hebt Gierke, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 59, hervor, daß die Bauleitpläne ihrer Funktion nach keine „Baurechtskataster" sind. 138

So auch Gaentzsch, NVwZ 1990, 505 (510).

139

Ossenbühl, DÖV 1992, 761 (768).

140

Rehbinder, JuS 1989, 885 (889).

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

69

liegenden allgemeinen Polizeipflicht, durch ihre Hoheitsmaßnahmen keine für den Bürger gefährlichen Zustände zu schaffen 141. Abgesehen davon, daß eine solche, wohl aus ungeschriebenen Grundsätzen des Verfassungs- und Gesetzesrechts abgeleitete Amtspflicht142 in diesem Zusammenhang nach ihren Voraussetzungen und hinsichtlich ihres Umfangs näher darzulegen wäre, kann ein Verbot durch Planung polizeirechtliche Gefahren zu verursachen, nur die äußere Grenze planerischer Gestaltungsfreiheit bilden. Durch eine rein polizeirechtliche Interpretation des Planungsvorganges wird dem spezifischen Belang des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB jedoch nicht hinreichend Rechnung getragen. Die in den Abwägungsvorgang einzubringende Planungsleitlinie der Berücksichtigung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung findet ihre Toleranzschwelle gerade nicht im polizeirechtlichen Gefahrenbegriff, sondern liegt niedriger bereits dort, wo erhebliche Nachteile oder Belästigungen zu befürchten sind143. Zu bedenken ist auch, daß der Bebauungsplan (i.d.R.) keine unmittelbare Erlaubnis für den Bürger gibt, den festgesetzten Nutzungen entsprechend zu bauen. Folglich kann eine konkrete Gefahrensituation erst dadurch entstehen, daß der Bürger einen Antrag auf Bauerlaubnis stellt und die Baugenehmigungsbehörde, deren Aufgabe gerade die „polizeirechtliche" Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens ist, dem Antrag entspricht. Amtshaftungsansprüche wegen der Verletzung eines Gebotes, durch Hoheitsmaßnahmen keine für den Bürger gefahrlichen Zustände zu schaffen, könnten sich somit allenfalls gegen die Baugenehmigungsbehörde ergeben; deren Amtspflichten hinsichtlich der Verhinderung gefahrlicher Zustände sind jedoch in den Landesbauordnungen, insbesondere den bauordnungsrechtlichen Generalklauseln ausdrücklich geregelt. 141

So aber Ossenbühl, DÖV 1992, 761 (768); vgl. auch derselbe, in: Anm. zu BGH, Urt. v. 21.12.1991, III ZR 245/89, JZ 1991, 922 (922), wo er auf eine absolute, d.h. jedermann gegenüber bestehende, Amtspflicht des Staates hinweist, ohne entsprechende Warnhinweise keine erkennbar schadensstiftenden hoheitlichen Maßnahmen zu erlassen. 142 143

Hierzu Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 GG Rdnr. 154 ff.

Schmidt-Aßmann, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 19; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 93; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 116; Henkel, UPR 1988, 367 (371 f.); Kotthoff, Altlasten im Städtebau, S. 2; Krautzberger, UPR 1988, 14 (16); Paßlick, DVBl 1992, 674 (681); Simon, BayVBl, 1988, 617 (619); vgl. auch § 136 Abs. 2 Nr. 1 u. Abs. 3 BauGB.

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

70

Dem Ausweichen auf eine polizeirechtlich begründete allgemeine Amtspflicht, keine für den Bürger gefahrlichen Zustände zu schaffen, bedarf es auch nicht. Wenn § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB auch nicht als polizeirechtliche Vorschrift gewertet werden darf 444, so besteht doch zwischen Planungs- und Baupolizeirecht eine Art „Gemengelage", indem die Planung u.a. auch vorbeugend der Abwehr von Gefahren zu dienen bestimmt sein kann145. Dieser „präventiven" Aufgabe der Bauleitplanung kommt gerade im Bereich des Umweltschutzes besondere Bedeutung zu146. Unter dem Gesichtpunkt des „vorsorgenden Umweltschutzes durch Planung"147 hat der in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einzustellende Belang des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB gerade die Aufgabe zu verhindern, daß Leben und Gesundheit der Planbetroffenen durch aus der Umweltbeschaffenheit herrührende Risiken gefährdet werden; insoweit folgt auch unmittelbar aus § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB die Amtspflicht des Bauplanungsgebers, keine gefahrenträchtigen Situationen zu schaffen. Festzuhalten ist daher, daß die Terminologie des BGH, wonach der Bebauungsplan die alleinige „Verläßlichkeitsgrundlage" für die Dispositionen der Grundstückserwerber und Bauherren in bezug auf die Wahl des konkreten Wohnortes sei und der sachliche Schutzbereich der Amtspflicht sich danach bestimme, inwieweit die Vertrauensgrundlage gehe, in die falsche Richtung weist. Der sachliche Schutzbereich der Amtspflicht ist vielmehr hinsichtlich Inhalt und Grenzen ausschließlich danach zu bestimmen, inwieweit der objektive Aussagegehalt eines Bebauungsplanes reicht.

144

Die Kompetenz des Bundesgesetzgebers erstreckt sich nicht auf das Baupolizeirecht (Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichtes, BVerfG 3, 407 (434)) und zwar auch nicht kraft Sachzusammenhanges (vgl. hierzu BVerfG 8, 143 (149 f.) zum Bodenrecht i.S.d. Art. 74 Nr. 18 GG). 145

W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 4 f.; ausführlich zu den Wechselwirkungen zwischen Bundesbauplanungsrecht und Landesbauordnungsrecht siehe Weyreuther, Baurecht 1972,1 ff. 146

Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 105 weist darauf hin, daß Umweltbelangen nicht nur im Rahmen anderer städtebaulicher Zielsetzungen Gewicht zukommen kann, sie vielmehr selbst Ziel und Zweck der Planung sein können. 147

Vgl. hierzu BVerwG, DVB1 1989, 369 (369).

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

71

Da § 1 Abs 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB ausdrücklich die Berücksichtigung von Gesundheits- und Sicherheitsbelangen bei der Aufstellung von Bauleitplänen fordert, kann ein Dritter sich darauf verlassen, daß die planende Gemeinde diesen Belang auch tatsächlich bei der Planaufstellung in die Abwägung mit einbezogen sowie seiner Bedeutung entsprechend gewürdigt hat und dabei zu dem Ergebnis gekommen ist, daß gesundheitsgefährdende Altlasten der Festsetzung einer bestimmten Art der Nutzung des zu überplanenden Gebietes nicht entgegenstehen. Eine endgültige und verbindliche Entscheidung über die Zulässigkeit eines konkreten Bauvorhabens ist damit jedoch nicht getroffen.

bb) Gleichbehandlung von Altlasten und sonstigen Gefahrursachen Nicht gerechtfertigt ist es, danach zu differenzieren, ob trotzdem auftretende Gesundheitsgefahren auf (nicht erkannten) Altlasten oder sonstigen Ursachen beruhen. Die vom BGH vorgenommene Unterscheidung nach biochemischen Bodenbelastungen und sonstigen, insbesondere bodengeologischen Gegebenheiten ist nicht schlüssig148. Es gibt keinen Grund dafür, wenn der sachliche Schutzbereich der Amtspflicht in der Verhinderung von Gesundheitsgefahren liegt, danach zu differenzieren, worin diese Gesundheitsgefahren begründet sind. Die besondere Behandlung von Altlasten in diesem Zusammenhang rechtfertigt der BGH damit, daß die mit Altlasten verbundenen Gefahren nicht vorhersehbar und auch nicht beherrschbar seien, demzufolge falle ihre Abwendung auch nicht in den Verantwortungsbereich der Erwerber bzw. Bauherren. Abgesehen davon, daß der BGH dies auch zur bodengeologischen Seite hätte sagen können149, fehlt der Argumentation die innere Logik, läßt sie doch offen, warum die Abwendung der Gefahr dann in den Verantwortungsbereich der Gemeinden fallen soll. 148

Zweifel auch bei Ossenbühl, JZ 1989, 1125 (1126); Bielenberg, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, Vorb. §§ 39-44 Rdnr. 84 lehnt, ohne nähere Begründung, die Unterscheidung des BGH als nicht überzeugend ab. 149

Einen Erfahrungssatz, daß das eine Problem „beherrschbarer" wäre als das andere, gibt es nicht. Der Erwerber/Bauherr könnte im Zweifel sowohl ein geologisches als auch ein biochemisches Bodengutachten erstellen lassen.

72

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Mit dem Abstellen auf die „Vorhersehbarkeit" und „Beherrschbarkeit" einer Gefahrdung stellt der BGH auf subjektive Kriterien zur Bestimmung des sachlichen Schutzbereiches der Amtspflicht ab. Die Frage des Bestehens einer Amtspflicht, ihres sachlichen und persönlichen Schutzbereiches ist jedoch einzig nach objektiven Kriterien zu beurteilen; auf dieser (objektiven) Tatbestandsebene können subjektive Elemente beim Anspruchsteller keine Berücksichtigung finden 150. Vielmehr muß dieser sich ein evtl. Kennen (oder Kennenmüssen) bestimmter Umstände bzw. eine ansonsten begründete „Verantwortung" im Rahmen der Prüfung eines mitwirkenden Verschuldens (entsprechend § 254 BGB) anspruchsmindernd zurechnen lassen; je nach Grad seiner insoweit festgestellten „Verantwortung" kann dies auch zum Ausschluß des Anspruchs fuhren. Mißt man, wie dies der BGH ja tut, dem von § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB verlangten Gesundheitsschutz überragende Bedeutung bei, so besteht die Amtspflicht der Gemeinde, mit der Grundstücksnutzung verbundene Gefahrdungen im Bebauungsplanverfahren zu berücksichtigen, unabhängig davon, worin die möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen ihren Ursprung haben. Die sinnwidrige Differenzierung des BGH wird deutlich beim Vergleich zweier Beispielfalle. Überplant die Gemeinde eine Deponie und stellt sich nach Jahren heraus, daß die Bewohner der Grundstücke durch Ausgasungen oder sonstige Auswirkungen dieser Deponie schwere Gesundheitsschäden erlitten haben, so würde der BGH (die übrigen Anspruchsvoraussetzungen unterstellt) einen Amtshaftungsanspruch bejahen. Überplant sie jedoch ein ehemaliges Zechengelände, und stürzen nach Jahren wegen der Instabilität des Untergrundes (und ohne, daß es ein Altlastenproblem gibt) Häuser ein mit der Folge schwerster Verletzungen bei den Bewohnern, so würde ein Amtshaftungsanspruch ausscheiden. In beiden Fällen hätte die Gemeinde sich durch Gutachten über die Ungefahrlichkeit der beabsichtigten Planung Gewißheit verschaffen können; beide Fälle sind hinsichtlich der Verletzung von Amtspflichten gleich zu behandeln, wobei den Kriterien der „Beherrschbarkeit und Voraussehbarkeit" insoweit keine Bedeu-

150

Ossenbühl, DÖV 1992, 761 (767) u. JZ 1992, 1074 (1074). Eine andere Frage ist es, inwieweit subjektive Elemente zu berücksichtigen sind, wenn es darum geht festzustellen, ob der Gemeinde die Nichtaufklärung von Altlasten als Amtspflichtverletzung vorwerfbar ist; Vorwerfbarkeit i.S.v. schuldhaftem Verhalten ist Voraussetzung eines Planungsfehlers und damit auch Voraussetzung einer Amtspflichtverletzung.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

73

tung zukommt. Gleiches gilt für den vom BGH entschiedenen „Steilhangfall"151. Die Amtspflicht der Gemeinde, durch ihre Bebauungsplanung keine gefährlichen Zustände für die Bewohner des Plangebietes zu schaffen, entfallt nicht dadurch, daß mögliche Gefahren für die künftigen Bewohner selbst ersichtlich waren. Der Schutz von Leben und Gesundheit seiner Bürger obliegt dem Staat auch dann, wenn die Bürger im Einzelfall zur Selbstgefahrdung bereit sind. Dies gilt umso mehr in den Fällen, in denen der Staat durch eigene Handlungen erst die Voraussetzungen für die Selbstgefahrdungen Dritter schafft. Die Tatsache der Selbstgefährdung hat Bedeutung lediglich im Rahmen der Frage, ob ein Schadensersatzanspruch des Bürgers wegen eigenen Verschuldens in bezug auf die Gefahrdung zu mindern oder ausgeschlossen ist. Richtig und der Intension des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB gerecht werdend ist es daher, in den sachlichen Schutzbereich dieser Norm alle Gesundheitsgefährdungen der Bewohner eines Grundstücks mit einzubeziehen, die die Gemeinde beim Erlaß eines Bebauungsplanes gekannt hat oder hätte kennen müssen. Dabei spielt es, wegen der „Plangebietsbezogenheit" des durch den Bebauungsplan gewährten Schutzes auch keine Rolle, ob die Gefahr vom Grundstück selbst oder einem Nachbargrundstück ausgeht152 bzw. von sonstigen auf das Grundstück einwirkenden Umständen.

cc) Zum Schutzzweck: Vermeidung der Errichtung unbewohnbarer Häuser Wie aufgezeigt erzeugt der Bebauungsplan das Vertrauen, daß die danach erlaubte Wohnnutzung ohne gesundheitliche Gefahrdung möglich ist.

151

BGHZ 116,215 verneinte die Verletzung drittgerichteter Amtspflichten durch die Gemeinde, die bei Erlaß einer Abrundungssatzung ein durch Steinschlag vom Nachbargrundstück gefährdetes Grundstück in den Innenbereich einbezogen hatte, mit der Begründung, daß die Ungeeignetheit des Grundstücks zur Wohnbebauung ohne weiteres für den Betroffenen erkennbar gewesen wäre. Abgesehen davon, daß subjektive (Verschuldens-)Elemente zur Bestimmung der (objektiven) Drittgerichtetheit der Amtspflicht ungeeignet sind (der Fall hätterichtigerweise seine Lösung über § 254 BGB erfahren müssen), fehlt von diesem Ausgangspunkt her eine Rechtfertigung dafür, warum die Gemeinde nicht haften soll, obwohl die Ungeeignetheit des Grundstücks zur Bebauung für sie in gleicher Weise wie für den Grundstückseigentümer erkennbar war. 152

Insoweit im Ergebnis auch Ossenbühl, JZ 1990, 649 (650); Raeschke-Kessler, NJW 1993,2275 (2277).

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

74

Der Bundesgerichtshof kommt von seinem Ausgangspunkt her, wonach er die ausnahmsweise Haftung für normatives Unrecht in den Altlastenfallen ausschließlich mit dem Drittbezug des in § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB geschützten Rechtsgutes mit „überragender Bedeutung", nämlich Leben und Gesundheit, begründet, in Schwierigkeiten, die von ihm bejahte Ersatzpflicht für fehlgeschlagene Vermögensdispositionen zu erklären; zumal eine zusätzliche Inkonsequenz darin zu sehen ist, daß der BGH in diesem Zusammenhang nur ganz bestimmte, nicht jedoch alle Vermögensdispositionen geschützt wissen will. So soll einerseits zwar der Dritte davor geschützt werden Vermögensaufwendungen für die Errichtung unbewohnbarer Häuser zu tätigen (wobei jedoch nur ein vollständiger Nutzungsausschluß, nicht aber eine Nutzungsbeschränkung anspruchsbegründend sein soll), andererseits sollen Vermögensaufwendungen nicht ersatzfahig sein, die durch Sanierungsmaßnahmen entstehen, die gemacht werden, um eine altlastenbedingte Standunsicherheit eines Gebäudes zu beseitigen. Weder der Wortlaut der vom BGH herangezogenen Schutznorm, noch die Auslegung dieser Norm ergibt einen Schutzbereich wie er vom BGH unterstellt wird. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB stellt letztlich eine Konkretisierung der in § 1 Abs. 5 Satz 1 enthaltenen obersten inhaltlichen Ziele der Bauleitplanung, eine geordnete städtebauliche Entwicklung und eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, dar. Dem BGH ließe sich daher durchaus entgegenhalten, daß dieses Ziel die Bauleitplanung auf die Umweltvorsorge und damit den Gesundheitsschutz, nicht aber auf die Wahrung von Vermögensinteressen verpflichtet 153. Der normative Schutzzweck des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB ist daher nicht auf einen absoluten Schutz, sondern auf einen sachlich begrenzten Schutz des Dritten ausgerichtet.

153

So auch Schink, DÖV 1988, 592 (536) u. DVB1 1990, 351 (356); vgl. auch Ipsen/ Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 64, wonach „nichts dafür ersichtlich ist, daß § 1 Abs. 7 BBauG außer vor Gesundheitsgefahren auch vor finanziellen Aufwendungen für die Errichtung von Wohnhäusern schützen soll". Auch die von BGHZ 108, 224 aufgehobene Entscheidung des OLG Oldenburg, Urt. v. 30.10.1987, 6 U 18/87 (nicht veröffentlicht) sowie vorgehend LG Ossnabrück, Urt. v. 27.10.1986, 10 Ο 229.86 (abgedruckt bei Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 332 ff.), sahen in der Vermeidung von Gesundheitsgefahren, nicht jedoch in der Verhinderung von Vermögensverlusten, den alleinigen Schutzzweck bei der Planaufstellung zu beachtender Pflichten.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

75

Der BGH hat diese „Relativität" des Schutzzweckes einer Norm in einem früheren Urteil 154 überzeugend herausgearbeitet: Die Amtspflicht der Baugenehmigungsbehörde, die statischen Berechnungen für ein Bauvorhaben sorgfältig zu prüfen, soll die Allgemeinheit, aber auch den einzelnen Bauherrn bzw. Nutzer als Glied der Allgemeinheit vor den Gefahren standunsicherer Gebäude schützen. Nicht jedoch soll dadurch ein Schutz hinsichtlich der vermögensrechtlichen Belange eingeräumt werden, dergestalt, daß der Bauherr vor finanziellen Aufwendungen bewahrt wird, die sich wegen der Standunsicherheit und damit Unbewohnbarkeit des Gebäudes als wirtschaftlicher Fehlschlag erweisen. Hier knüpft der BGH bezüglich des relativ gewährten Schutzes an das hohe Gut von Leben und Gesundheit an; nichts anderes müßte dann jedoch für die Altlastenfalle gelten. Wenn man die Auffassung des BGH teilen würde, so wäre die unterschiedliche Behandlung dieses Falles und der Altlastenfälle nicht gerechtfertigt. In beiden Fällen stehen Gebäude leer, weil ihre Nutzung mit Gefahren verbunden wäre; dabei handelt es sich jeweils um Gefahren, die zu prüfen, wegen der überragenden Bedeutung des Schutzgutes Leben und Gesundheit, eine Amtspflicht des Bebauungsplangebers bzw. der Baugenehmigungsbehörde ist. Der BGH bricht mit der (eingeschränkten) Erstreckung des Schutzzweckes der Amtspflicht zur Verhinderung von Gesundheitsschäden auf die Vermeidung wirtschaftlicher Fehlschläge auch, ohne dies deutlich zu machen, mit seiner bisherigen Rechtsprechung. Beispielhaft sind dreifrühere Urteile des Bundesgerichtshofes aufzuführen. Im ersten Urteil155 hatte der BGH festgestellt, daß die staatliche Aufsicht über technische Betriebe (hier: Personenbeförderung durch Seilbahn) allein Schäden von der Allgemeinheit, dem Unternehmer und sonstigen Dritten als Gliedern der Allgemeinheit abwenden soll, die für Leib, Leben, Gesundheit oder Eigentum drohen, jedoch gebe es keinen Schutzzweck dahin, den Unternehmer vor mit dem Betrieb verbundenen finanziellen Risiken zu bewahren. Im zweiten Urteil 156 erläuterte der BGH, daß die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen zwar allen Straßenbenutzern als Amtspflicht gegenüber obliegt, aber nur mit dem Zweck, sie vor Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum zu schützen, nicht jedoch sei das Vermögen geschützt. 154

BGHZ 39, 358.

155

BGH, NJW 1965, 200.

156

BGH, NJW 1973, 463.

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Im dritten Fall hat der BGH157 der ärztlichen Musterungsuntersuchung (auch) den Zweck zugesprochen, die Wehrpflichtigen vor Gesundheitsschäden zu bewahren, denen sie infolge ihres körperlichen Zustandes bei der Ausübung des Wehrdienstes ausgesetzt wären, nicht jedoch sollen Nichttaugliche vor sonstigen Schäden, insbesondere vermögensrechtlicher Art, bewahrt werden. All diesen Fällen ist gemeinsam, daß der BGH nur besondere grundrechtsmäßig geschützte Positionen in den Schutzbereich einer Amtspflicht einbeziehen will. Zu diesen Positionen rechnete er jedoch nicht das Vermögen. Wenn der BGH in den Altlastenfallen in den Schutzbereich einer auf Vermeidung von Gesundheitsgefahren gerichteten Norm den Schutz fehlgeschlagener Investitionen für die Errichtung unbewohnbarer Häuser mit einbezieht, so erweitert er den Schutzbereich dieser Norm auf den Vermögensschutz und muß sich dem Vorwurf stellen, die wirtschaftlichen Risiken einer ausschließlich privatnützigen Grundstücksnutzung letztendlich auf die Allgemeinheit abzuwäl-

e) Der persönliche Schutzbereich der Amtspflicht

Der persönliche Schutzbereich der Amtspflicht umfaßt nach dem BGH diejenigen, die auf dem belasteten Grundstück wohnen (wollen) bzw. diejenigen,

157 158

BGHZ 65,196.

Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Urteil des OLG Hamm vom 3.10.1980, 11 U 5/80 (nicht veröffentlicht), das dem Argument, daß es unbillig erscheinen mag, daß im Vertrauen auf einen fehlerhaften Bebauungsplan getätigte Aufwendungen nicht ersetzt werden, mit dem Hinweis begegnet, daß auch gegenüber unerlaubten Handlungen Privater das Vermögen nur bei Vorliegen eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 1 u. 2 BGB) geschützt ist. Des weiteren müsse berücksichtigt werden, daß sämtliche durch öffentliches Planungshandeln entstandenen Planungsgewinne und Vorteile alleine den Grundstückseigentümern zufließen; eine Belastung der öffentlichen Hand mit auf der anderen Seite auch einmal eintretenden Nachteilen erscheine daher bei einer Gesamtbetrachtung nicht ohne weiteres als geboten. Eine andere Regelung müsse, wegen der haushaltsrechtlichen Auswirkungen, jedenfalls dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Vor einer Verschiebung des Haftungsrisikos für Baugrundschäden in den Bereich der öffentlichen Hand warnt Stüer, BauR 1995, 604 (610 f.), da die Gefahr bestehe, daß die Chancen und Nutzen des Eigentums „privatisiert", die Risiken und Lasten dagegen „sozialisiert" würden.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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die Dritten gegenüber für die Unbedenklichkeit des Grundstücks Verantwortung tragen. Darüber hinaus verlangt der BGH eine unmittelbare Beziehung zwischen Gesundheitsgefahrdung und Schaden dergestalt, daß die Schadstoffbelastung zur Unbewohnbarkeit errichteter oder noch zu errichtender Wohnungen führen muß.

aa) Unbeachtlichkeit des Kriteriums der Bebauung bzw. Bebaubarkeit Dem Kriterium der Bebauung bzw. Bebaubarkeit kann jedoch keine entscheidende Bedeutung zukommen. Wie aufgezeigt, geht der durch den Bebauungsplan geschaffene Vertrauenstatbestand dahin, daß planerlaubte „Wohn"Nutzungen (und, da von der Planungsleitlinie des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB erfaßt, Nutzungen im Rahmen der Arbeit) ohne Gefahren für den Nutzer möglich sind. Dies bedeutet, daß Anknüpfungspunkt jede sich im Rahmen des Bebauungsplanes haltende „Wohn"Nutzung ist, mag diese mit der Errichtung eines Hauses verbunden sein oder auch nicht. Dies soll anhand zweier praxisnaher Beispiele verdeutlicht werden: Jemand kauft ein unmittelbar an sein vorhandenes Grundstück angrenzendes (kleineres) Grundstück, welches nach dem Bebauungsplan zu Wohnzwecken bebaubar ist. Er möchte dieses jedoch nicht bebauen, sondern als Privatspielplatz für seine Kinder gestalten, da hierfür der Platz auf dem mit dem Wohnhaus bebauten Grundstück nicht ausreicht. Erweist sich, daß das erworbene Grundstück stark schadstoffbelastet ist und liegen die übrigen Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruches vor, so stünden ihm nach dem BGH doch keine Ansprüche zu, da er, weil er nie vorhatte, dort zu bauen, vom persönlichen Schutzbereich der Amtspflicht nicht erfaßt sei. Gleiches gilt, wenn ein Gewerbetreibender zur Arrondierung seines Betriebsgeländes ein größeres Nachbargrundstück erwirbt, um dieses als Hof- und Lagerfläche zu nutzen, eine zulässige Bebauung also nicht realisieren möchte. Auch wenn die Arbeitnehmer des Gewerbetreibenden dieses Grundstück bei der täglichen Arbeit intensiv nutzen und dadurch wegen Altlasten erheblichen Ge-

78

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

sundheitsgefahren ausgesetzt sind, käme ein Amtshaftungsanspruch nicht in Betracht159. Die Lösung beider Fälle gemäß der Rechtsprechung des BGH, würde der Bedeutung des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB nicht gerecht und den Schutzzweckgedanken dieser Vorschrift nicht erfüllen. Wird richtigerweise vom geschützten Vertrauen in die „Wohn"Nutzbarkeit ausgegangen, so ist auch die BGH Entscheidung nicht haltbar in dem Fall, in dem die Kläger Schadensersatz wegen der Nichtnutzbarkeit eines Nutzgartens gefordert hatten160. Die Kläger hatten auf die Ungefahrlichkeit einer nach dem Bebauungsplan zulässigen „Wohn"Nutzung vertraut. Wenn der BGH feststellt, daß es nicht um den Ausschluß der Nutzung zu Wohnzwecken gehe, so verkennt er, daß zum „Wohnen" mehr gehört als der Aufenthalt in einer Wohnung. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB spricht von allgemeinen Anforderungen an gesunde Verhältnisse des Wohnens und erfaßt damit die mit der „Bewohnung" eines Grundstückes typischerweise einhergehenden Begleitumstände. Hierzu gehören aber auch die Anlage eines Nutzgartens, sowie die Nutzung der nichtbebauten Freifläche 161.

bb) Keine unterschiedliche Behandlung von Bauträger und Grundstücksspekulant bzw. Kreditgeber Das Abstellen des BGH auf die Bebauung/Bebaubarkeit des Grundstücks entspringt offensichtlich dem gewünschten Ergebnis, Grundstücksspekulanten, sowie Kreditgebern, die ihre Aufwendungen durch Grundpfandrechte an den als Bauland ausgewiesenen Grundstücken abgesichert haben, keine Ansprüche zuzugestehen. Hier sieht der BGH nur reine Vermögensinteressen, die er nicht schützen möchte. Schwierigkeiten bereitet die Argumentation des BGH dann jedoch im Fall der Bauträger. Die Ausgangssituation ist bei Grundstücksspekulant und Kreditgeber, sowie Bauträger gleich: alle drei vertrauen darauf, daß die „Wohn"Nutzung des Grundstücks gemäß dem Bebauungsplan ohne Gefahren möglich ist. 159

Fall nach Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275 (2277).

160

BGH, DÖV 1993, 574.

161

Ebenso, mit weiteren Begründungsansätzen, Czybulka, DZWir 1994,162 (162 f.).

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

79

Für alle drei ist dies auch (Mit)Motivation zum Grundstückserwerb und sie möchten die erworbenen Grundstücke nicht bewohnen. Schließlich geht es ihnen gleichermaßen um die wirtschaftliche Gewinnerzielung.

(1) Ungeeignetheit des Unterscheidungskriteriums der „ Verantwortlichkeit

" Dritten gegenüber

Um die Genannten dennoch unterschiedlich zu behandeln, stellt der BGH darauf ab, daß der Bauträger den Ersterwerbern dafür „verantwortlich" sei, daß aus der Beschaffenheit von Grund und Boden keine Gefahren für Leben und Gesundheit drohen. Er hafte für Mängel des Grundstücks, die in der Schadstoffbelastung liegen, gemäß § 459 BGB. Das Kriterium der Verantwortlichkeit Dritten gegenüber ist zur Bestimmung des persönlichen Schutzbereiches im Rahmen der Drittbezogenheit der Amtspflicht ungeeignet. Ob einer Person gegenüber eine Amtspflicht besteht, kann nicht davon abhängig sein, wie sich die Rechtsbeziehung dieser Person zu Dritten gestaltet, sondern einzig davon, ob die verletzte Amtspflicht nach ihrem Schutzzweck, der nach objektiven Kriterien zu bestimmen ist, gerade den Schutz dieser Person bezweckt. Daß jemand als - mittelbare - Folge einer Amtspflichtverletzung einem Dritten gegenüber nach Vorschriften des Gewährleistungsrechtes oder vertraglicher Vereinbarung zum Schadensersatz verpflichtet ist, ist kein tragfahiges Kriterium dafür, ihn in den persönlichen Schutzbereich einer verletzten Amtspflicht miteinzubeziehen, vielmehr ausschließlich, sofern nach anderen Erwägungen die Drittgerichtetheit der Amtspflichtverletzung feststeht, für die Beantwortung der Frage entscheidend, ob der vom Drittschutz erfaßten Person ein Schaden entstanden ist. Wollte man anders entscheiden, so würde dies zu dem nicht nachvollziehbaren Ergebnis führen, daß der Bauträger, der wegen Vereinbarung einer Haftungsausschlußklausel mit den Erwerbern keinen Ansprüchen ausgesetzt ist, nicht Dritter, der den Erwerbern gegenüber Haftende jedoch Dritter im Sinne der Amtshaftung ist. Dritter wäre demnach derjenige, dem durch eine Amtspflichtverletzung tatsächlich ein Schaden entstanden ist und nicht bereits derjenige, der, abstrakt, durch die Einhaltung der Amtspflicht geschützt werden soll. Doch selbst, wenn man fälschlicherweise dem Kriterium der „Verantwortlichkeit" Dritten gegenüber zur Bestimmung des persönlichen Schutzbereiches

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

80

einer Amtspflicht Bedeutung zuspräche, würde dies zumindest die unterschiedliche Behandlung von Bauträger und Grundstücksspekulant nicht rechtfertigen. Auch letzterer ist seinen Kunden gegenüber „verantwortlich" nach den zivilrechtlichen Gewährleistungsvorschriften, sofern ihm die Vereinbarung einer Haftungsausschlußklausel nicht gelingt. Nicht überzeugend ist die Differenzierung zwischen Bauträger einerseits und Grundstücksspekulant bzw. Kreditgeber andererseits des weiteren, wenn man zur Kenntnis nimmt, daß der BGH162 den Bauträger als geschützten Dritten auch dann ansieht, wenn die Grundstücke noch gar nicht bebaut und veräußert sind, er lediglich vorhatte, die Grundstücke zu bebauen und zu veräußern163. In größte Schwierigkeiten kam der BGH164 jedoch, als er auch den Bauträger als geschützten Dritten ansah, der nur einen Teil der in seinem Eigentum befindlichen Grundstücke des Plangebietes selbst bebauen wollte, den anderen Teil jedoch an „Eigenbauer" veräußern wollte. Wenn der BGH darauf abstellte, daß der Bauträger die gesamten Grundstükke von vorneherein zum erklärten Zweck einer Bebauung erworben habe und die Gesamtbebauung als wirtschaftlich einheitlicher Vorgang (Globalmaßnahme) betrachtet werden müsse, so ist dem entgegenzuhalten, daß das Interesse eines Bauträgers an der tatsächlichen Bebauung eines Grundstückes, welches er nicht selbst, sondern ein Dritter bebaut, sich in nichts unterscheidet vom Interesse des Grundstücksspekulanten. Ob es tatsächlich zu einer Bebauung kommt, ist beiden, sofern das Grundstück gewinnbringend verkauft wurde, egal. Konsequenterweise hätte der BGH den Bauträger insoweit nicht als geschützten Dritten ansehen dürfen, als er die Grundstücke nicht selbst bebauen wollte. Statt jedoch das Kriterium der Bebauung bzw. Bebauungsabsicht wegen seiner offensichtlichen Ungeeignetheit aufzugeben, hat der BGH daran festgehalten und die unbebauten Grundstücke der „Einheitlichkeit" wegen so behandelt, als wären sie vom Bauträger bebaut worden.

162

BGHZ 108, 224 (229).

163

Da auch der Grundstücksspekulant solch eine Absichtserklärung abgeben kann, liegt die Beweisproblematik auf der Hand. 164

BGHZ 117, 363 (366).

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

81

(2) Ungeeignetheit des Unterscheidungskriteriums der f, Sanierungsverantwortlichkeit"

Der BGH hat die Einbeziehung der Bauträger in den Kreis der geschützten Dritten mit einer weiteren Verantwortlichkeit gerechtfertigt. In der dem Ersterwerb vorgehenden Phase der Verwirklichung des Bauvorhabens wäre der Bauträger alleiniger Adressat ordnungsbehördlicher Maßnahmen zur Bekämpfung und Verhinderung von Gesundheitsgefahren. Dies rechtfertige es, ihn in den Schutzbereich der Amtshaftung einzubeziehen. Wenn der BGH damit auf die Sanierungsverantwortlichkeit abstellt, so ist, unabhängig von der Frage, inwieweit Sanierungskosten vom Schutzzweck der Amtspflicht erfaßt sind, darauf hinzuweisen, daß den Grundstücksspekulanten, solange er Eigentümer der schadstoffbelasteten Grundstücke ist, über die Zustandshaftung die gleiche Verantwortlichkeit trifft. Im Ergebnis ist festzuhalten, daß die Differenzierung zwischen Grundstücksspekulant und Kreditgeber sowie Bauträger rechtlich nicht begründet werden kann und eine unterschiedliche Behandlung tatsächlich auch nicht gerechtfertigt ist. Dafür spricht insbesondere, daß die Feststellung des BGH, wonach es bei den einen um reine Vermögensinteressen gehe, bei dem anderen jedoch nicht, nichtrichtigist165. Trotz andersartigem Erklärungsversuch des BGH ist der dem Bauträger zugesprochene Schadensersatz nichts anderes als der Ausgleich eines Vermögensschadens, der darin liegt, daß das belastete Grundstück weniger wert ist als das unbelastete. Auch beim Bauträger wurde wie beim Grundstücksspekulant lediglich das Vertrauen enttäuscht, durch Vermarktung eines bestimmten Grundstükkes einen Gewinn zu erzielen. Ähnlich ist die Situation beim Kreditgeber, dessen Vertrauen in die Bebaubarkeit des Grundstückes enttäuscht wird und dessen Sicherheiten sich infolge der Kontamination als nicht werthaltig erweisen. Die Schwierigkeiten des BGH sind letztendlich in seinem Ausgangspunkt begründet, Bauträger als geschützte Dritte zu betrachten. Diese Erweiterung des geschützten Personenkreises, ausschließlich durch eine vermeintliche „Verant165

So auch Schink, NJW 1990, 351 (356); auch Ossenbühl, JZ 1991, 922 (922) weist darauf hin, daß Bauträger ausschließlich in ihren Vermögensinteressen betroffen sind. 6 Kühn

82

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

wortlichkeit" der Bauträger ihren Kunden gegenüber begründet, überzeugt jedoch nicht166.

cc) Schutz nur für Bewohner des Plangebietes (1) Der priviligierte

Personenkreis

Wenn § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB von gesunden Wohnverhältnissen spricht und diesem Aspekt wegen der überragenden Bedeutung von Leben und Gesundheit Individualbezogenheit zuspricht, so ist dieser Ausnahmefall vom Grundsatz, daß der Bebauungsplan nur im Interesse der Allgemeinheit zur Regelung der städtebaulichen Ordnung erlassen wird, auch gerade nur auf die Personen zu beziehen, um deren Leben und Gesundheit es konkret geht. Das aber sind ausschließlich diejenigen, die in dem betroffenen Plangebiet wohnen oder vorhaben, dort zu wohnen. Nur bei ihnen kann das durch die Planungsleitlinie geschützte Gut auch tatsächlich gefährdet sein. Nicht erfaßt vom persönlichen Schutzbereich des Schutzzweckes der Amtspflicht sind demnach diejenigen, deren Erwartung (als Voraussetzung einer anderen Zielsetzung) ausschließlich dahin geht, daß Dritte im Plangebiet gefahrlos wohnen können. Bei Bauträgern, Grundstücksspekulanten und auch bei Kreditgebern scheidet eine Gefahrdung des durch § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB geschützten Rechtsgutes von vorneherein aus; sie gehören daher nicht zu dem durch diese Vorschrift privilegierten Personenkreis.

166

Es spricht vieles dafür, daß der BGH eine Bewertung der Tätigkeit von Bauträger und Grundstücksspekulant an den Beginn seiner Überlegungen gestellt hat, sodann die Tätigkeit des ersten als schutzwürdig, die des zweiten als nicht schutzwürdig erachtet hat, um anschließend über die Frage der Drittbezogenheit der Amtspflicht dieses Ergebnis zu rechtfertigen. Diese nicht zu billigende Vorgehensweise findet teilweise ausdrückliche Zustimmung in der Literatur, so etwa, wenn Stangl, JuS 1993, 280 (283) ausführt, daß dem BGH mit dem sachlichen Schutzbereich der Amtspflicht ein Korrektiv zur Verfügung stehe, um „unliebsamen Zaungästen", wie etwa den Grundstücksspekulanten, auf der Wertungsebene begegnen zu können. Ein entsprechendes Vorgehen findet sich wohl auch bei Jochum, NVwZ 1989, 635 (635 f.).

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

83

(2) Schutz für Erst- und Nacherwerber

Ist der persönliche Schutzbereich auf diejenigen Personen beschränkt, die tatsächlich auf den planerfaßten Grundstücken wohnen bzw. wohnen möchten, sofragt es sich, welche Bedeutung dem Zeitpunkt des Erwerbes des belasteten Grundstücks zukommt. Sind über den Kreis der Personen hinaus, die im Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan bereits Eigentümer von im Planungsgebiet gelegenen Grundstücken sind, auch diejenigen geschützt, die erst nach Bebauungsplanerlaß ein planumfaßtes Grundstück erwerben? Der BGH hat dies für den sog. „Ersterwerber", also denjenigen, der vom Eigentümer zum Zeitpunkt der Planaufstellung, erwirbt, bejaht, offengelassen hat er es für weitere „Nacherwerber"167. Soweit die Literatur die Einbeziehung derjenigen, die ein Grundstück erst nach Erlaß des Bebauungsplans erwerben, in den Kreis der geschützten Dritten ablehnt, wird dies insbesondere mit dem Hinweis darauf gerechtfertigt, daß dieser Personenkreis im Zeitpunkt der Verletzung der Amtspflicht nicht individualisierbar und von Planungsfehlern nicht unmittelbar, sondern durch Hinzutreten weiterer Umstände nur mittelbar und zufallig, quasi reflexartig betroffen sei. Die Einbeziehung des nur mittelbar zufallig Betroffenen hätte eine unübersehbare Ausweitung des Kreises der geschützten Dritten zur Folge168. Des weiteren würde die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB, die erst im Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Amtspflichtverletzung zu laufen beginne, leerlaufen, der Rechtsfrieden dadurch beeinträchtigt169. Schließlich diene § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB dem Gesundheitsschutz und nicht Vermögensinteressen; die Erwerber von Grundstücken, die altlastenbedingt unbewohnbar sind, seien dadurch ausschließlich in vermögensrechtlicher Hinsicht betroffen, ent-

167

BGHZ 106, 323 (332 f.).

168

Schmeken/Schwade, StuGemB 1988, 516 (519); Schink, NJW 1990, 351 (356) u. DÖV 1988, 529 (535 f.), der jedoch diejenigen, die im Zeitpunkt der Planungsentscheidung bereits einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums oder eines sonstigen dinglichen Rechts zur Grundstücksnutzung haben, einbeziehen möchte; so auch Ipsen/ Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 50 ff. 169

Brinkmann, StuGemB 1988,511 (512); Schink, NJW 1990, 351 (356) u. DÖV 1988, 529 (536); Schmeken/Schwade, StuGemB 1988, 516 (519). 6*

84

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

weder durch die Wertminderung ihrer Grundstücke oder sonstige nutzlose Investitionen170. Zunächst ist festzustellen, daß einer Behörde auch solchen Personen gegenüber Amtspflichten bestehen können, die zum Zeitpunkt der Amtsausübung noch gar nicht feststehen171. Entscheidend ist, daß der betreffende Personenkreis anhand objektiver Kriterien hinreichend bestimmbar ist. Der BGH172 hat zu Recht darauf abgestellt, daß die Ausweisungen in einem Bebauungsplan „objektbezogen" (im Sinne von grundstücksbezogen) und nicht „personenbezogen" sind, d.h. bereits bei Erlaß des Bebauungsplanes ist für die Gemeinde ersichtlich, daß bestimmte Dritte über den Kreis der derzeitigen Grundstückseigentümer hinaus durch ihre (künftige) Beziehung zu dem beplanten Grundstück individualisiert und aus der Allgemeinheit herausgehoben werden173. Der Schutzzweck des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB liegt gerade darin, den künftigen Bewohnern des Plangebietes gesunde Wohnverhältnisse zu schaffen, so daß es widersinnig wäre, diesen den Schutz mit der Begründung zu versagen, daß sie zum Zeitpunkt des Planerlasses nicht Eigentümer eines planumfaßten Grundstücks waren174. Der Kreis der geschützten Dritten wird auch nicht unübersehbar erweitert, vielmehr bleibt er gerade wegen der „Objektbezogenheit" sowie der räumlichen Begrenzung des Bebauungsplanes hinsichtlich der Anzahl der Betroffenen 170

Schink, NJW 1990, 351 (356) u. DÖV 1988, 529 (536).

171

Schenke, DVBl 1975, 121 (125); Staudinger/Schäfer, § 839 Rdnr. 256. 172

Bürgerliches Gesetzbuch,

BGHZ 106, 323 (332).

173

So auch Leinemann, NVwZ 1992, 146 (148); Boujong, WiVerw 1991, 59 (84 f.). Vgl. jedoch in diesem Zusammenhang auch BGH, NVwZ 1992, 204 (204), wo der BGH klarstellte, daß das Abstellen auf die Objektbezogenheit der Bebauungspläne in den Altlastenfallen nicht bedeute, daß jeder künftige Nutzungsinteressent eines Grundstücks bei planmäßigem Ausschluß einer von diesem angestrebten Nutzung zum Kreis der geschützten Dritten zähle. 174

Vgl. auch Bielfeldt, DÖV 1989, 67 (71), der den Grundgedanken des OVG Saarlouis (NVwZ 1985, 354 (355)), daß die Verneinung der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 VwGO nicht möglich ist, wenn der Antragsteller zwar bei Planerlaß noch nicht Eigentümer war, jedoch für die planende Stelle ersichtlich war, daß die zu bebauenden Grundstücke von derzeit dinglich Berechtigten weiterveräußert werden sollen, auf die Frage der Drittbezogenheit im Rahmen des § 839 BGB übertragen möchte.

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

85

dem Grunde nach gleich175; mit dem Eintritt eines neuen Eigentümers scheidet der bisherige Eigentümer aus dem Kreis der geschützten Dritten aus. Dem Argument der lediglich „reflexartigen" Betroffenheit kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Dient die Amtspflicht nicht nur dem Interesse der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Interesse bestimmter Personen, so sind diese auch dann geschützt, wenn sie durch die Amtsausübung nur mittelbar und durch Hinzutreten weiterer Umstände betroffen sind176. Richtig ist zwar der Hinweis darauf, daß bei Einbeziehung späterer Eigentümer die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB erst zu laufen beginne, wenn der (jeweilige) spätere Eigentümer Kenntnis vom Schaden und dem Ersatzpflichtigen erhält, jedoch ist nicht erkennbar, wieso die Verjährungsfrist dadurch „leerlaufen" soll. Abgesehen davon, daß es bei der ordentlichen dreißigjährigen Verjährungsfrist (vgl. § 195 BGB) beginnend mit dem Zeitpunkt der Begehung der Amtspflichtverletzung bleibt, wird die dreijährige besondere Verjährungsfrist durch einen Eigentümerwechsel gerade deswegen nicht verlängert, weil die Frist auch beim Voreigentümer nur bei dessen Kenntnis von der Schadstoffbelastung zu laufen begonnen hätte177. Hat sie jedoch beim Voreigentümer bereits wegen entsprechender Kenntnis zu laufen begonnen, und hat dieser dem Erwerber die Schadstoffbelastung verschwiegen, so wird der Erwerber infolge des Umstandes, daß die Amtspflichtverletzung bei der Planaufstellung in aller Regel fahrlässig begangen wurde, wegen der Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB sich an dem Veräußerer schadlos halten. Im übrigen zeigt gerade die vom Gesetzgeber festgelegte Obergrenze der Verjährungsfrist, daß ihm bewußt war, daß der für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist maßgebliche Zeitpunkt weit hinaus geschoben sein kann. Die Funktion, dem

175

Dörr/Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (936); Ossenbühl, JZ 1990, 649 (650); derselbe, DÖV 1992, 761 (765). 176

BGHZ 39, 358 (362 f.); BGH, NJW 1966, 157 (157); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 153; Kreft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 239; Küchenhoff, in: Erman, BGB, § 839 Rdnr. 58; Staudinger/Schäfer, § 839 Rdnr. 256; Thomas, in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 47. 177

Wenn Schmeken/Schwade, StuGemB 1988, 516 (519) als Beispiel für den Rechtsfrieden erheblich beeinträchtigend den Fall anführen, daß jemand 20 Jahre nach der Amtspflichtverletzung ein Grundstück erwirbt und dann Amtshafitungsansprüche geltend macht, so ist doch der Fall, daß derjenige, der zum Zeitpunkt der Amtspflichtverletzung Eigentümer war und erst 20 Jahre später von der Amtspflichtverletzung erfährt, hinsichtlich der Verjährung gleich zu behandeln.

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

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Rechtsfrieden zu dienen, kommt demnach ausschließlich der dreißigjährigen Verjährungsfrist zu. Fehl geht schließlich der Hinweis, daß die Erwerber von Grundstücken nach Planerlaß ausschließlich in ihrem (nicht geschützten) Vermögen betroffen sind. Die Erwerber können über nutzlose Aufwendungen für Grundstückserwerb und Hausbau hinaus, wenn sie das Grundstück selbst bewohnen, gesundheitliche Schäden erleiden. Dies rechtfertigt es, sie in den persönlichen Schutzbereich der Amtspflicht miteinzubeziehen. Welche Schäden sie tatsächlich ersetzt erhalten, ist eine Frage des Umfangs des Schadensersatzanspruches. Eine unterschiedliche Behandlung von Erst- und Nacherwerber ist in Ansehung des aufgezeigten Schutzzweckes des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB und gleicher Schutzwürdigkeit nicht angezeigt. Da Anknüpfungspunkt für die Schutzbedürftigkeit die gefahrlose „Wohn"Nutzung eines Grundstücks ist, es andererseits eine Frage des Zufalls ist, wer in dem Zeitpunkt, in dem die Gesundheitsgefahrdung offenkundig wird, gerade Eigentümer dieses Grundstücks ist, kommt den Erwerbsvorgängen zwischen Erlaß des Bebauungsplans und Feststellung der Bodenkontamination insoweit keine Bedeutung zu178.

(3) Auch lediglich obligatorisch Nutzungsberechtigte

sind geschützt

Vom Bundesgerichtshof bisher nicht zu entscheiden war die Frage, ob auch lediglich obligatorisch Nutzungsberechtigte, also typischerweise Mieter, in den persönlichen Schutzbereich der verletzten Amtspflicht fallen 179. 178

Im Ergebnis wie hier Czybulka/Jeand'Heur, JuS 1992, 396 (398 f.); Dörr/ Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (936); Elling, JA 1993, 155 (156); Gerauer, NuR 1990, 45 (45); Michel, VR 1994, 145 (147); Ossenbühl, JZ 1990, 649 (650) u. DÖV 1992, 761 (765); Raeschke-Kessler, DVBl 1992, 683 (685 f.) u. NJW 1993, 2275 (2277); Wurm, UPR 1990, 201 (202), dessen Anmerkung Nacherwerber seien „in den Grenzen eines überschaubaren Zurechnungszusammenhanges" geschützt, allerdings wenig hilfreich ist. Boujong, WiVerw, 1991, 59 (88 f.) weist daraufhin, daß bei einem späteren Erwerber infolge Kennzeichnung im Plan oder Presseberichten über Kontaminationen das schutzwürdige Vertrauen in den Bebauungsplan zerstört sein kann, im übrigen § 254 BGB greifen könne, weil der Erwerber infolge des gewachsenen Problembewußtseins von sich aus der Frage möglicher Bodenkontamination hätte nachgehen müssen. 179

Ausdrücklich offengelassen in BGHZ 106, 323 (333). „Erhebliche Zweifel", Mieter in den Schutzbereich einzubeziehen, hat das Landgericht Dortmund, DWW 1987, 47 (47).

III. Die Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten

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Dies wird in der Literatur teilweise mit der Begründung verneint, daß wegen der Grundstücks- und nicht Personenbezogenheit der Bebauungspläne nur die planbetroffenen Grundstückseigentümer oder sonst an den Grundstücken dinglich Nutzungsberechtigten Adressaten von Bebauungsplänen seien und der Regelungsgehalt von Bebauungsplänen die bauliche und sonstige Nutzung zum Gegenstand habe, obligatorisch Berechtigte daher nur „reflexartig" betroffen sein könnten180. Das Abstellen auf die Grundstücksbezogenheit der Bebauungspläne überzeugt insoweit jedoch nicht, ist vielmehr gerade als Argument für die gegenteilige Ansicht dienlich. Soweit der BGH dem Kriterium der Grundstücksbezogenheit (in Abgrenzung zur Personenbezogenheit) in der Altlastenrechtsprechung Bedeutung beigemessen hat, diente dies gerade dazu, den Kreis der Anspruchsberechtigten zu erweitern auf diejenigen, die erst nach der Beschlußfassung über den Bebauungsplan Eigentum erworben haben181. Die Grundstücksbezogenheit eines Bebauungsplans kann im Zusammenhang mit der Aufstellung des Planes nur bedeuten, daß dabei zu beachtende Amtspflichten auch grundstücksbezogen gesehen werden müssen. Insoweit kann es auch, wenn es um die Beachtung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse für die auf den Grundstücken lebenden Personen geht, keine Rolle spielen, ob diese Personen ihr Nutzungsrecht aufgrund dinglicher oder obligatorischer Ansprüche ausüben. Nicht nur der Wortlaut des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB (die „Wohn- und Arbeitsbevölkerung" eines Plangebietes besteht in aller Regel hinsichtlich der Grundstücke nicht ausschließlich aus Eigentümern oder sonstigen dinglich Berechtigten), sondern auch Sinn und Zweck dieser Vorschrift verbieten eine Differenzierung danach, ob jemand dinglich oder obligatorisch Nutzungsberechtigter ist, vielmehr stellt die Norm einzig auf die „tatsächliche Nutzung" ab. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch einen Blick auf das Sanierungsrecht: da dort anerkannt ist, daß Mieter bei der Wiederherstellung gesunder Wohnverhältnisse zum geschützten Personenkreis gehören, deren Belange in die nach § 136 Abs. 4 Satz 2 BauGB vorzunehmende Abwägung über die Sanierungs-

180

Jochum, NVwZ 1989, 635 (636); gegen die Einbeziehung von Mietern auch Schink, NJW 1990, 351 (356); W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 75. 181

Vgl. BGHZ 108, 224 (228).

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

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planung miteinzubeziehen sind 182 , ist es nur folgerichtig, Mieter auch im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB als geschützte Dritte anzusehen, wo es darum geht, durch die Bauleitplanung städtebauliche Mißstände erst gar nicht entstehen zu lassen183. Schließlich ist daraufhinzuweisen, daß die in § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB zum Ausdruck kommende Schutzpflicht aus Art.2 Abs. 2 GG keine Differenzierung zwischen dinglich und obligatorisch Nutzungsberechtigten zuläßt184.

I V . Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht 1. Das Verschulden Der Beamte muß schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig ihm obliegende Amtspflichten verletzt haben185. Dabei ist es nicht entscheidend, daß Vorsatz 182

Vgl. Bielenberg, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 136 Rdnr. 21 mit der Erläuterung, daß es nicht um eine rein rechtliche Betroffenheit gehe, sondern die Betroffenheit sich aufgrund der gesamten Lebensverhältnisse der im Gebiet wohnenden und arbeitenden Menschen ergebe. Auch § 137 BauGB zählt Mieter ausdrücklich zu den Betroffenen. 183

Bielfeldt,

DÖV 1989, 67 (72 f.); Leinemann, NVwZ 1992, 146 (148).

184

Dörr/Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (936); Leinemann, NVwZ 1992, 146 (148). Für den Schutz lediglich obligatorisch Nutzungsberechtigter auch Elling, JA 1993, 155 (156); Gerauer, NuR 1990, 45 (45); Henkel, in: Brandt, Altlasten, S. 164; Michel, VR 1994, 145 (147); Papier, DVBl 1989, 508 (509); Raeschke-Kessler, DVBl 1992, 683 (686) u. NJW 1993, 2275 (2277); wohl auch Wurm, UPR 1990, 201 (202). 185

In den „neuen" Bundesländern ist zu beachten, daß neben der „Verschulden" erfordernden Amtshaftung eine unmittelbare und verschuldensunabhängige Haftung des Staates besteht, die eine Verantwortlichkeit des handelnden Amtswalters nicht voraussetzt, vielmehr den Staat wegen eigenen rechtswidrigen hoheitlichen Unrechtes in die Pflicht nimmt. Dieser originären Staatshaftung, die in der DDR 1969 durch das „Gesetz zur Regelung der Staatshaftung" eingeführt worden war, und die in ihrer Grundkonzeption mit dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG 61, 149) 1982 für verfassungswidrig und nichtig erklärten Staatshaftungsgesetz der Bundesrepublik übereinstimmt, wurde als rechtspolitisch wünschenswerte Regelung der früheren DDR im Einigungsvertrag, modifiziert durch einige rechtsstaatlich gebotene Änderungen, fortdauernde Geltung für das beigetretene Gebiet zugesprochen. Sie steht damit, soweit es sich nicht um Staatshaftungsfälle wegen rechtswidrigen hoheitlichen Handelns von Behörden des Bundes handelt, in Anspruchskonkurrenz zur Amtshaftung, vgl. BT-Drs. 11/7817, S. 63;

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

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und Fahrlässigkeit sich auch auf die Voraussehbarkeit des Schadens beziehen186. Vorsätzlich handelt der Beamte, der die Tatsachen, die die Pflichtverletzung ergeben, kennt und sich der Pflichtwidrigkeit bewußt ist oder mindestens mit der Möglichkeit eines Verstoßes gegen Amtspflichten rechnet und trotzdem handelt187. Fahrlässig handelt der Beamte, wenn er bei Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen müssen, daß sein Handeln gegen eine Amtspflicht verstößt, wobei sich die geforderte Sorgfalt nach den für die Führung der Amtsgeschäfte erforderlichen Rechts- und Verwaltungskenntnissen richtet, die sich der Beamte verschaffen muß 188 .

2. Von den Mitgliedern des Gemeinderates zu fordernde Sorgfalt Der im Amtshaftungsrecht allgemein geltende „objektivierte Sorgfaltsmaßstab"189, der sich daran orientiert, was von einem „pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten" erwartet werden darf (und somit nicht auf die vom einzelnen Bassenge, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Art. 232 EGBGB § 10 Rdnr. 3; Boujong, WiVerw 1990, 59 (63); Christoph, NVwZ 1991, 536 (538); Krohn, VersR 1991, 1085 (1091); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 405; Wurm, JA 1992, 1 (10); a.A. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 28 Rdnr. 46; Schullan, VersR 1993, 283 (286 f.). 186

BGH, NJW 1965, 962 (963); Kreft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 287; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 239; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 575; Czybulka/Jeand'Heur, JuS 1992, 396 (399); Schoch, JURA 1988, 585 (593). 187

BGH, VersR 73, 443 (445); Kreft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 288; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 52; Brühl, VR 1992, 362 (365). 188

BGH, VersR 89, 184 (184) u. NVwZ-RR 1996, 65 (65); Kreft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 289; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 53; Brühl, VR 1992, 362 (365). Kommt der Beamte nach sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung zu einer bestimmten Rechtsauffassung, so scheidet ein Verschulden selbst dann aus, wenn ein Gericht später zu einer anderen Rechtsansicht gelangt, BGH, NJW 1993, 530 (531) u. 1994, 3158 (3159). Als „Richtlinie" gilt nach der Rechtsprechung zudem die Verneinung des Verschuldens des Beamten, wenn ein Kollegialgericht sein Verhalten als rechtmäßig bewertet hat, da von einem Beamten keine bessere Rechtskenntnis als von einem Kollegialgericht verlangt werden könne, BGHZ 97, 97 (107); BGH, NVwZ 1987, 258 (260); BVerwG, NVwZ 1985,265 (266). 189

St. Rspr., vgl. etwa BGH, NVwZ 1992,298 (299) u. NVwZ-RR 1996, 65 (65).

90

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Beamten seinem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechend zu erwartende Sorgfalt oder gar auf die in der entsprechenden Verwaltung allgemein übliche Sorgfaltspflicht abstellt), gilt nach der Rechtsprechung auch fur die Mitglieder kommunaler Vertretungskörperschaften 190; diese dürfen somit nicht nach „laienhaftem Ermessen" entscheiden, da ansonsten das Schadensrisiko in unzumutbarer Weise auf den Bürger verlagert würde. Der Bundesgerichtshof verlangt daher, daß die Mitglieder von Gemeinderäten sich auf ihre Beschlüsse sorgfaltig vorbereiten und, soweit ihnen die Sachkunde fehlt, den Rat ihrer Verwaltung oder von Fachbehörden einholen, äußerstenfalls außerhalb der Verwaltung stehende Fachleute hinzuziehen191. Dieser Rechtsprechung kann im Ansatz zugestimmt werden, soweit sie die abstrakten Sorgfaltsanforderungen an die Mitglieder des Gemeinderates nicht niedriger ansetzt als die Anforderungen an die Gemeindebediensteten. Da der Gemeinderat nicht über die Geschäfte der laufenden Verwaltung entscheidet, sondern ausschließlich über wichtige, die Interessen der Gemeinde in besonderem Maße berührende Angelegenheiten, die gerade deswegen auch keinem anderen Verwaltungsorgan zugewiesen sind, wäre es nicht nachvollziehbar, für den Entscheid über diese Geschäfte besonderer Bedeutung einen milderen Sorgfaltsmaßstab anzulegen als denjenigen, der bei Entscheidungen zu berücksichtigen ist, die von vorneherein als weniger bedeutsam eingestuft werden. Kritisch zu hinterfragen ist jedoch, ob die übrigen von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Gemeinderatsmitglieder einen praxisgerechten Bezug aufweisen, d.h., ob dabei berücksichtigt wird, daß es sich um ehrenamtlich tätige Bürger handelt, die in aller Regel keine Verwaltungsausbildung haben und im Einzelfall mit Problemen konfrontiert werden können, die ihre 190

BGH, NVwZ 1986, 504 (505 f.); zustimmend Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 112a; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 203; derselbe, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 243; Boujong, WiVerw 1991, 59 (69); Ipsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 54; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 24; Schock, JURA 1988, 585 (593); Steiner, in: Knemeyer, 75 Jahre Bayerischer Gemeindetag, S. 205 weist darauf hin, daß die Pflichtwidrigkeit der Mitglieder des Gemeinderates in ihrem Gewicht nicht hinter der Pflichtwidrigkeit der anderen Amtsträger zurücktrete. 191

BGH, VersR 1984, 849 (850); BGHZ 106, 323 (330); Kreft, in: RGRK, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 290; Papier, in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 203; derselbe, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 243; Boujong, WiVerw 1991, 59 (83); Ipsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 54; Schink, DÖV 1988, 529 (536 f.).

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

91

Fähigkeiten schlichtweg übersteigen. Dies auch deswegen, weil die heterogene Zusammensetzung eines Gemeinderates hinsichtlich schulischer Vorbildung und beruflichen Werdeganges gerade gewünscht ist, um einen repräsentativen Querschnitt der Bürger, deren Interessen die Mitglieder des Gemeinderates ja vertreten sollen, zu erreichen. Bereits von daher erscheint es problematisch, einen einheitlichen Maßstab für die an ein „pflichtgetreues Durchschnittsgemeinderatsmitglied" zu stellenden Sorgfaltsanforderungen festzulegen. Dagegen läßt sich bei den hauptamtlichen Verwaltungskräften zur Bestimmung des „Durchschnittsbeamten" ohne weiteres auf die zur Führung des Amtes durchlaufene Aus- und Fortbildung verweisen und damit auf die Kenntnisse, die der entsprechende Amtswalter haben müßte. Daraus folgt die Überlegung, ob die Gemeinderatsmitglieder ihren Sorgfaltsanforderungen nicht bereits dadurch gerecht werden, daß sie sich auf die Vorlagen der mit der Vorbereitung von Ratsbeschlüssen befaßten Amtsträger verlassen. In der Praxis wird diese Vorbereitung je nach Festlegung in der Gemeindeordnung z.B. in Verantwortung des Bürgermeisters oder Verwaltungsleiters, eines Verwaltungsausschusses oder des Stadtvorstandes vorgenommen. Aufgabe der Beschlußvorbereitung ist es zunächst, alle für die Entscheidungsfindung wichtigen Informationen zu sammeln; da „die Verwaltung" dem Gemeinderat aber einen Entscheidungsvorschlag vorlegt, gehört es auch zu ihrer Aufgabe, Belange ordnungsgemäß zu gewichten und abzuwägen, d.h. die betreffende Angelegenheit so zu bearbeiten, daß das Ergebnis rechtsfehlerfrei ist und von den Gemeinderäten vorbehaltlich deren politischer Beurteilung als sach- und rechtgemäß übernommen werden könnte192. Letztendlich ist die fachliche Kompetenz eindeutig bei der Vorbereitung der Gemeinderatsbeschlüsse gefordert und kann auch nur dort vorausgesetzt werden. Dies führt zwar einerseits nicht dazu, daß die Mitglieder des Gemeinderates keine materiellen Prüfungspflichten (bzw. Prüfungsbefugnisse) mehr haben und ihre Beschlüsse somit lediglich als formale Akte eines Repräsentativorganes zu werten wären. 192

Zu Recht weist Knemeyer, in: Knemeyer, Festschrift 75 Jahre Bayerischer Gemeindetag, S. 247, daraufhin, daß durch diese Vorbereitungsarbeit der Verwaltung und die damit verbundene Komprimierung des Verwaltungsvortrages in den Ausschüssen (und auch im Rat) manche Argumente verkürzt, andere vielleicht gar nicht auf den Tisch gebracht werden.

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

92

Andererseits genügen die Gemeinderäte danach ihrer Sorgfaltspflicht, wenn sie die ihnen vorgelegten Beschlußvorlagen hinsichtlich ihrer Plausibilität prüfen, bei Ungereimtheiten nachfragen und ihren Beschlüssen die in der Verwaltungsvorlage vertretene Sach- und Rechtslage zugrunde legen, sofern sich nicht aus der Vorlage selbst oder aus beim einzelnen Gemeinderatsmitglied vorhandenen Spezialkenntnissen Zweifel an der Sachgemäßheit und Rechtmäßigkeit der Beschlußvorlage ergeben. Ist dies der Fall und nur dann, sind weitergehende Sorgfaltsanforderungen an die Gemeinderatsmitglieder zu stellen und sodann kann sich für diese auch, wenn die Zweifel von der Verwaltung nicht ausgeräumt werden können, die von der Rechtsprechung vertretene Pflicht zur Kundigmachung bei Fachbehörden bzw. außerhalb der Verwaltung stehenden Fachleuten ergeben. Wollte man anders entscheiden, so würde dadurch nicht nur die in der Verwaltungsvorlage liegende Fachkompetenz mißachtet, sondern den Gemeinderäten auch Pflichten auferlegt, die in der Praxis nicht erfüllbar erscheinen, auch nicht erforderlich sind und im übrigen eine reibungslose Ratsarbeit zum Erliegen brächten193. Unbenommen, weil der Funktion und Stellung des Gemeinderates als gewähltem Repräsentativorgan entsprechend, ist es den Gemeinderatsmitgliedern, ihren Beschlüssen abweichend von der Verwaltungsvorlage eine andere Sachoder Rechtslage zugrunde zu legen. Sollte diese sich im nachhinein als unrichtig, die Verwaltungsvorlage jedoch als zutreffend erweisen, so kann dies allerdings Auswirkungen auf die Frage des Verschuldens der Gemeinderäte bei der fehlerhaften Beschlußfassung haben194. 193

Die hier vertretene Sicht entkräftet auch die Bedenken von Steiner, in: Knemeyer, Festschrift 75 Jahre Bayerischer Gemeindetag, S. 237, der angesichts der von der Rechtsprechung an die Gemeinderatsmitglieder gestellten Sorgfaltsanforderungen die Tätigkeit der Gemeinderäte als „gefahrgeneigte Arbeit" bewertet, bei der der Schadensfall zu Lasten des Bürgers automatisch zum Reputationsfall zu Lasten des ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedes werde. 194

Vgl. BGH, NVwZ 1986, 504 (505), der das Verschulden der Gemeinderatsmitglieder beim Fassen eines rechtsfehlerhaften Beschlusses damit begründete, daß ohne eigene Fachkompetenz vom Votum einer Fachbehörde abgewichen worden sei, sowie BGH, NJW 1980, 387 (389) und 1985, 2817 (2818), wo ein Verschulden der Gemeinderäte bejaht wurde, da sie entgegen anderer Rechtsbelehrung durch den Landkreis das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 BBauG rechtsfehlerhaft nicht erteilt hatten. BGH, BauR 1981, 566 (567) stellt klar, daß die Mitglieder des Gemeinderates, soweit sie die Rechtsauffassung eines Fachministeriums verwerfen, ohne über die erforderli-

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

93

3. Verschulden bei Kollegialorganen a) Verzicht auf individuellen

Schuldnachweis

Da der Gemeinderat als Kollegialorgan beim Erlaß eines Bebauungsplanes nur durch seine Mitglieder als Organwalter handeln kann, ist eine (schuldhafte) Amtspflichtverletzung „des Gemeinderates" als Kollegium nicht möglich. Soweit in gerichtlichen Entscheidungen von Amtspflichtverletzungen einer Behörde die Rede ist, ist dies lediglich eine verkürzte und vereinfachte Bezeichnung für die verantwortlichen Amtsträger dieser Behörde 195. Der Vorwurf des pflichtwidrigen Handelns kann immer nur dem einzelnen Amtsträger gemacht werden 196. Dabei besteht für Verwaltungsentscheidungen allgemein Einigkeit, daß es nicht erforderlich ist, daß ein Anspruchsteller einzelne schuldhaft handelnde Amtsträger namentlich benennt oder in sonstiger Weise individualisiert197; entscheidend ist nur, daß feststeht, daß die in Anspruch genommene Behörde für alle Beamten einzustehen hat, die als mögliche Verletzer einer Amtspflicht in Betracht kommen198. chen eigenen Rechtskenntnisse zu verfügen, sich zur Entkräftung des Verschuldensvorwurfes nicht darauf berufen können, daß eine „Bindung" an die Rechtsauffassung des Ministeriums gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG verstoße; kritisch hierzu Prior, BauR 1987, 157 (165), der hier eine „nicht ganz unbedenkliche Abhängigkeit des Rates von der Verwaltung" sieht. 195

So ausdrücklich BGH, VersR 1960,1047 (1048).

196

RGZ 89, 13 (15); BGH, VersR 1960, 1047 (1048); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 383; Bartlsperger, NJW 1968, 1697 (1700); Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 650. 197

RGZ 100, 102 (102 ff.); BGH, VersR 1960, 1047 (1048); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 193 u. 384; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 105 u. 199; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 247; Soergel/ Glaser, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 45; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 71; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 27; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 650; Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, Rdnr. 144; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 24 u. 51; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 46 f.; Schenke, DVB1 1975, 121 (124). 198

Den Einwand der Behörde, daß auch sie bei dieser Fallkonstellation u.U. den schuldigen Beamten nicht feststellen könne, so daß ihre Verteidigungsmöglichkeit erschwert sei und der Rückgriff unmöglich werde, hat RGZ 100, 102 (103) als unbeachtlich gewertet.

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

94

Dieser Verzicht auf den individuellen Schuldnachweis rechtfertigt sich damit, daß es die Komplexität von Verwaltungsvorgängen und die damit verbundene Nichtdurchschaubarkeit für den Bürger nicht zuläßt, diesem das Risiko der Nichtnachweisbarkeit schuldhaften Individualverhaltens aufzuerlegen. Dies gilt auch für den Entscheid über den Erlaß eines Bebauungsplanes durch den Gemeinderat: Hier kommt hinzu, daß es bei geheimer Abstimmung dem Bürger überhaupt nicht möglich ist, einzelne Gemeinderatsmitglieder in die Verantwortung zu nehmen; doch auch bei offenen Abstimmungen ist es in der Regel nicht üblich, das Abstimmungsverhalten einzelner Mandatsträger zu protokollieren, vielmehr wird lediglich die mehrheitliche Zustimmung zu einer Verwaltungsvorlage festgehalten.

b) Festhalten am Verschuldenserfordernis

Die damit bejahte Objektivierung der Amtshaftung auch im Sinne einer Entindividualisierung bedeutet nicht, daß ein subjektiv vorwerfbares Verhalten eines einzelnen Amtsträgers als Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch entbehrlich ist, mithin dem Verschuldenserfordernis keine Bedeutung mehr zukommt199. Die Amtshaftung in ihrer derzeitigen verfassungsrechtlichen Fixierung ist „mittelbare Staatshaftung", indem sie die Verantwortlichkeit für die einem Beamten vorwerfbare und nach § 839 BGB zu ahndende unerlaubte Handlung auf den Staat verlagert. Das schuldhafte Verhalten des Beamten ist nach der eindeutigen Gesetzeslage sowie unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung von der persönlichen Beamtenhaftung zur übergeleiteten „mittelbaren Staatshaftung" Grundvoraussetzung einer Schuldübernahme durch den Staat. Zwar erfordert die institutionelle Garantie der Staatshaftung nach Art. 34 des Grundgesetzes weder die Beibehaltung eines Verschuldensmerkmales, noch gebietet sie eine verschuldensunabhängige Haftung; sie ist vielmehr hinsichtlich der Ver199

So aber Bartlsperger, NJW 1968, 1697 (1699 ff.); Dietzel, JZ 1969, 48 (50 f.), der die Amtshaftung als „Betriebsverantwortung des Staates" sieht; Lerche, JuS 1961, 237 (242), spricht von einer „Gefahrdungs-Garantie für fehlerfreies Funktionieren des Apparates"; ausführlich auch Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 199 ff., der im übrigen in Rdnr. 195 ff. rechtsvergleichend daraufhinweist, daß die Tendenz zur Objektivierung der Staatshaftung nicht auf Deutschland beschränkt ist, vielmehr auch in anderen Rechtsordnungen angetroffen wird.

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

95

schuldensfrage neutral200. Eine möglicherweise aus rechtspolitischen Gründen wünschenswerte verschuldensunabhängige Amtshaftung kann jedoch ausschließlich durch den Gesetzgeber, nicht jedoch durchrichterliche Rechtsfortbildung geschaffen werden201. Soweit sich durch das Erfordernis des Verschuldens Lücken im System des Schutzes des Bürgers vor unrechtmäßigem staatlichen Handeln ergeben, sind diese insbesondere durch das Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs geschlossen202. Die dem Rechtsschutzbedürfnis eines Geschädigten Rechnung tragende Objektivierung der Amtshaftung läßt demzufolge nicht das Tatbestandsmerkmal des Verschuldens entfallen, vielmehr geht es dem Grunde nach um eine Frage der Beweislast, indem der Geschädigte bei feststehender schuldhafter Amtspflichtverletzung nicht den im Einzelfall schwer zu individualisierenden schuldhaft Handelnden identifizieren muß.

c) Keine Verschuldensvermutung

bei fehlerhaftem

Satzungserlaß

Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob beim Beschluß eines fehlerhaften Gesetzes regelmäßig das Verschulden der Mehrheit der Abstimmenden unterstellt werden kann. Dies wird teilweise unter Hinweis auf das gestaffelte und langwierige Gesetzgebungsverfahren, die Vielzahl der Fachleute, die sich mit dem Gesetzesentwurf befassen, die Kritik der Opposition und der Massenmedien bejaht203. Die Vertreter der gegenteiligen Auffassimg verweisen darauf, daß beim Gesetzeserlaß ein Fehlerrisiko darin liege, daß die im Gesetzgebungsverfahren vorzunehmende Interpretation von Verfassungsnormen gerade auch auf die Konkretisierung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung angewiesen sei. 200

Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 194.

201

Bender, DÖV 1968, 156 (158 f.).

202

Schenke, NJW 1988, 857 (862).

203

Dagioglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 433; derselbe, Legislatives Unrecht, S. 44 f.; Haverkate, NJW 1973, 441 (444), wonach prima facie die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes für eine zumindest leichte Fahrlässigkeit bei der parlamentarischen Behandlung spricht.

96

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Wenn die Rechtsprechung204 im Falle eines Verwaltungsbeamten, der eine unklare Vorschrift, die durch höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht eindeutig bestimmt ist, unzutreffend auslegt, ein Verschulden dieses Beamten verneint, so müsse dies erst recht im Falle des komplexen Gesetzgebungsverfahrens gelten205. Nur selten und ausnahmsweise könne von einem Verschulden der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Mandatsträger ausgegangen werden206. Die Diskussion über die Verschuldensvermutung wird vor dem Hintergrund des Erlasses formeller Gesetze gefuhrt, so daß im Falle materieller Gesetze insbesondere den Argumenten der Befürworter einer Verschuldensvermutung keine entscheidende Bedeutung zukommt. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, warum dem Geschädigten die ihm obliegende Beweisführung, die durch die Nichtnennung der konkret handelnden Amtswalter bereits erheblich erleichtert ist, weiter vereinfacht werden soll. Beweiserleichterungen im Sinne eines prima facie Beweises würden zudem einen typischen Geschehensablauf voraussetzen, d.h. Tatbestände, die nach aller Lebenserfahrung auf einen ganz bestimmten Sachverhalt hinweisen207. Liegt etwa objektiv falsches Verwaltungshandeln einer Fachbehörde auf ihrem Fachgebiet vor, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß das Verwaltungshandeln in Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt erfolgt ist208. Folge davon ist zwar keine Beweislastumkehr, jedoch das Erfordernis des Antritts des Gegenbeweises durch den Anspruchsgegner, wenn dieser eine atypische Folge behauptet. Ein typischer Geschehensablauf läßt sich jedoch bei dem Beschluß über untergesetzliche Rechtsnormen durch einen Gemeinderat nicht feststellen, so daß es eine reine Fiktion wäre, Gemeinderäten bei Erlaß fehlerhafter Satzungen Verschulden zu unterstellen. Auch hier ist darauf hinzuweisen, daß, wenn auch für die Gemeinderäte ein nach der Rechtsprechung objektivierter Sorgfaltsmaßstab gilt und sie sich nicht auf laienhaftes Ermessen berufen dürfen, die Anforderungen an die Mitglieder des Gemeinderates sich nicht von dem in der Praxis Machbaren entfernen dürfen. 204

BGHZ 30, 19 (22).

205

Detterbeck, JA 1991, 7 (11); Schuck, MDR 1968, 186 (188 Anm. 17); Schenke, DVB1 1975, 121 (127). 206

Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 51; Schock, DÖV 1971, 446 (447) u. MDR 1968, 186 (188). 207

BGHZ 2, 1 (5); 31, 351 (357); 100, 31 (33 f.).

208

BGH, VersR 1969, 539 (541).

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht d) Kein Erfordernis

97

eines einstimmigen Beschlusses

Bei der Beschlußfassung eines Kollegialorganes kann Einstimmigkeit nicht unterstellt werden209. Es ist jedoch auch nicht erforderlich, daß alle Gemeinderatsmitglieder für den Erlaß des fehlerhaften Bebauungsplanes gestimmt haben; ausreichend ist es, daß jedenfalls die den Beschluß tragende Mehrheit durch ihr Votum schuldhaft Amtspflichten verletzt hat210.

4. Möglichkeit des Organisationsverschuldens Die Gemeinde muß durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, daß die Kenntnis der Verwaltung über bestimmte Umstände, die für den Erlaß eines Bebauungsplanes von Bedeutung sind, an die mit der Aufstellung des Planes befaßten Gemeinderatsmitglieder weitergegeben wird. Geschieht dies nicht und kommt es deswegen zu einer planerischen Fehlentscheidung, so liegt ein entsprechendes Organisationsverschulden der Gemeinde vor 211. Die bereits aufgezeigte Objektivierung und Entindividualisierung des Amtshaftungsrechtes läßt es zu, auch in diesen Fällen Amtshaftungsansprüche zu bejahen212, obwohl unmittelbarer, vorwerfbarer Anknüpfungspunkt nicht das persönliche Verhalten der bei der Beschlußfassung über einen Bebauungsplan abstimmenden Gemeinderatsmitglieder ist, sondern Mängel in der Organisation des Dienstbetriebes ausschlaggebend sind.

209

RGZ 89, 13 (15); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 383; Thomas, in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 84. 210

Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 382; Soergel/Glaser, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 68; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 71. 211

Michel, VR 1994, 145 (147); Raeschke-Kessler, DVBl 1992, 683 (685) u. NJW 1993, 2275 (2279); vgl. zum Organisationsverschulden auch BGH, WM 1978, 37 (37 f.) und BGHZ 113, 367 (371 f.). 212

Vgl. BGH, NJW 1964, 41 (44) u. BGHZ 66, 302 (312) zur Haftung der Post wegen Organisationsverschuldens; Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 192; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 248; Soergel/Glaser, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 195; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 24; Ossenbiihl, Staatshaftungsrecht, S. 62. 7 Kühn

98

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Entgegen in der Literatur vertretener Ansicht213 ist dies jedoch nicht die Negierung des Schuldprinzipes. Das Verschulden ist in diesen Fällen beim Behördenleiter oder dem zuständigen Beamten zu sehen, der - pflichtwidrig - nicht das zum reibungslosen und ordnungsgemäßen Ablauf des Dienstbetriebes Erforderliche getan hat. Damit wird das Verschulden auch nicht „anonymisiert" und dem mangelnden oder schlechten Funktionieren des Verwaltungsapparates selbst zugeordnet214. Die Besonderheit liegt darin, daß das Verhalten des schuldhaft Handelnden den Geschädigten nicht unmittelbar, sondern über das weitere Handeln Dritter, hier der Gemeinderatsmitglieder, trifft.

5. Drittbezogene Amtspflichten der an der Vorbereitung des Gemeinderatsbeschlusses beteiligten Amtswalter Nach hier vertretener Auffassung genügen die Mitglieder des Gemeinderates im Regelfall den an sie gestellten Sorgfaltsanforderungen, wenn sie sich mangels anderer Anhaltspunkte auf die Sachgemäßheit und Rechtmäßigkeit der ihnen zur Beschlußfassung vorgelegten Entwürfe „der Verwaltung" verlassen. Mit dieser Relativierung der Sorgfaltspflichten scheint jedoch die Gefahr einer Verkürzung des Rechtsschutzes für den Bürger zu bestehen, sofern den Gemeinderäten insoweit kein schuldhaftes Verhalten bei der Beschlußfassung vorgeworfen werden kann. Der Gedanke einer Verkürzung des Rechtsschutzes, vom Bundesgerichtshof der Sache nach als Verlagerung des Schadensrisikos auf den Bürger bezeichnet215, war es auch, der die Rechtsprechung dazu bewogen hat, die von den Gemeinderatsmitgliedem geforderten Sorgfaltspflichten auf ein praxisfernes Maß zu erhöhen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob es dieser Konsequenz tatsächlich bedurft hätte, oder ob der Rechtsschutz des Bürgers nicht in zufriedenstellender Weise auch dann garantiert ist, wenn man die Anforderungen an die beschließenden Mitglieder des Gemeinderates auf das hier befürwortete praktikable Maß festsetzt.

213

Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 192.

214

So aber Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 62.

215

BGH, NVwZ 1986, 504 (505 f.).

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

99

Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang, ob nicht bereits den an der Vorbereitung der Beschlußvorlage für den Gemeinderat beteiligten Amtswaltern Amtspflichten gegenüber den von der Beschlußfassung des Gemeinderates betroffenen Bürgern obliegen und bejahendenfalls, welche Bedeutung der Tatsache zukommt, daß diese Bürger nicht unmittelbar durch die Verletzung dieser Amtspflichten, sondern mittelbar durch das (schuldlose) Handeln des Gemeinderates geschädigt werden. Der Bundesgerichtshof knüpft in seiner Rechtsprechung zu den Fällen fehlerhafter Beschlußfassung eines Gemeinderates regelmäßig an das Verhalten der einzelnen Mitglieder des Gemeinderates an216. Nur ausnahmsweise stellt er hinsichtlich der Verschuldensfrage auf „die an der Beschlußfassung beteiligten Ratsmitglieder und die mit der Vorbereitung befaßten Bediensteten" ab217. Teilweise nimmt er keine nähere Bestimmung der Verantwortlichen vor und spricht lediglich von den „zuständigen Amtsträgern"218 oder auch nur „den Amtsträgern der Gemeinde"219 bzw. „den an der Planung beteiligten Amtsträgem"220. Der BGH hält es offensichtlich nicht mehr für erheblich, ob die Bediensteten der Gemeinde oder die Mitglieder des Gemeinderates fehlerhaft gehandelt haben, vielmehr rechnet er, weitergehend, das fehlerhafte Verhalten der hauptamtlichen Verwaltungsmitarbeiter auch den Gemeinderäten zu. Dies kommt in einer der Altlastenentscheidungen221 besonders deutlich zum Ausdruck: der BGH stellte zunächst fest, daß der Mangel der Nichtaufklärung des Maßes einer Gefahrdung durch Altlasten auf eine Pflichtverletzung der Bediensteten der beklagten Gemeinde zurückzuführen ist, da diese es unterlassen hatten, ein fachlich-technisches Gutachten einzuholen, welches aber für die gebotene ordnungsgemäße Gewichtung des öffentlichen Belanges „Immissionsschutz" im Rahmen der planerischen Abwägung der privaten und der öffentlichen Belange erforderlich gewesen wäre. Im weiteren Verlauf des Urteils untersucht der BGH jedoch dann die Frage, ob diese in Rede stehende Amtspflicht 216

BGHZ 92, 34 (51), 108, 224 (226), 109, 380 (386 u. 388); BGH, NJW 1983, 215 (216 f.); BGH, NVwZ 1986, 504 (505); BGH, WM 1988, 200 (202). 217

7*

BGHZ 106, 323 (329).

218

BGH, NJW 1980, 387 (388 f.).

219

BGH, DÖV 1993, 574 (574) u. NJW 1994,253 (254).

220

BGHZ 113, 367 (371 f.).

221

BGHZ 110, 1.

100

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

den Mitgliedern des Rates der Klägerin gegenüber als Dritte obgelegen hätte. Es bleibt damit zum einen offen, ob die Mitglieder des Gemeinderates selbst Amtspflichten verletzt, zum anderen, ob Verwaltungsmitarbeiter bei der Vorbereitung der Beschlußvorlage drittbezogene Amtspflichten haben. Dogmatisch kann der BGH das von ihm vertretene, jedoch nicht begründete Ergebnis nur unter zwei Gesichtspunkten gefunden haben. Entweder geht er davon aus, daß die Bediensteten der Verwaltung bei der Erstellung der Beschlußvorlage drittgerichtete Amtspflichten haben und verletzen können, was den handelnden Gemeinderäten auch bei eigenem fehlerfreien Verhalten „zugerechnet" wird, oder er rechnet umgekehrt die Verletzung nur den Gemeinderäten obliegenden drittgerichteten Amtspflichten diesen auch dann zu, wenn andere Amtswalter der Gemeinden entsprechende Pflichten verletzt haben. Auf die Bedeutung der Vorbereitung der Beschlüsse des Gemeinderates durch die zuständigen Amtswalter wurde bereits hingewiesen. Ausgehend davon, daß sich die Gemeinderatsmitglieder, vorbehaltlich anderer tatsächlicher Anhaltspunkte, auf die auf fachlicher Kompetenz aufbauenden Sachgemäßheit und Rechtmäßigkeit der Verwaltungsvorlagen verlassen dürfen, wird deutlich, daß hierdurch eine besondere Pflichten- und Verantwortungsbeziehung zwischen den die Entscheidung des Gemeinderates vorbereitenden Amtswaltern und den von dieser Entscheidung betroffenen Bürgern besteht. Diese Beziehung unterscheidet sich insoweit im Grunde nicht von der zwischen den Gemeinderatsmitgliedern und den Bürgern bestehenden Pflichten- und Verantwortungsbeziehung mit den daraus resultierenden drittbezogenen Amtspflichten222. 222

Auch das OLG Hamm, NVwZ 1988, 762 (763 f.) bejaht in einem ,Altlastenfall" drittgerichtete Amtspflichten der mit der Vorbereitung eines Gemeinderatsbeschlusses über den Erlaß eines Bebauungsplanes betrauten Amtswalter in gleicher Weise wie sie den Gemeinderatsmitgliedern sodann bei der Beschlußfassung obliegen. Zur Begründung wird unter Verweis auf § 2 Abs. 1 Satz 2 BBauG und § 4 NRWGO angeführt, daß nicht der Gemeinderat, sondern „die Stadt" Satzungsgeber sei. Die Vorbereitung des Bebauungsplanes durch die beteiligten Ämter der beklagten Stadt gehöre in gleicher Weise zum Aufstellungsverfahren wie die Beschlußfassung durch den Rat. (Anders noch OLG Hamm, Urt. v. 03.10.1980, 11 U 5/80 (nicht veröffentlicht), wonach Vorbereitungshandlungen der Verwaltung für die Beschlußvorlage keinen selbständigen Charakter haben und nur inteme Rechtswirkungen entfalten.) Der BGH geht in der hierzu ergangenen Revisionsentscheidung, BGHZ 109, 380 (386), auf die Frage, ob bei der Beschlußvorbereitung Amtspflichten verletzt worden sind, nicht ein, stellt vielmehr nur auf Pflichten der an der Aufstellung des Bebauungsplanes beteiligten Ratsmitglieder ab. Drittgerichtete Amtspflichten der beteiligten Fachämter waren auch im erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts Bielefeld, DWW 1985, 318 (321) ausdrücklich bejaht worden.

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

101

Daß die Verletzung solchermaßen begründeter Amtspflichten durch hauptamtliche Verwaltungsmitarbeiter erst durch das weisungsfreie, an Verwaltungsvorlagen nicht gebundene Handeln Dritter, nämlich der beschlußfassenden Gemeinderäte, negative Auswirkungen auf den Bürger hat, ist jedenfalls dann unbeachtlich, wenn die Tätigkeit der Gemeindebediensteten Grundlage für die Entscheidung des Gemeinderates ist und dieser hierdurch erst in die Lage zur ordnungsgemäßen Entscheidung versetzt wird. Das Handeln der hauptamtlichen Verwaltungsmitarbeiter und das der Gemeinderatsmitglieder muß unter dem Blickwinkel der „Einheit der Verwaltung"223 gewürdigt werden. Danach tritt die Verwaltung dem Bürger einheitlich, d.h. nicht mit mehreren Teilentscheidungen, sondern einer einzigen Entscheidung gegenüber, ohne daß für den Bürger nachvollziehbar ist, wie diese Entscheidung innerhalb der Verwaltung zustandegekommen ist. Für den Bürger ist in aller Regel weder ersichtlich, welche Mitwirkungsakte die Entscheidung beeinflußt, noch welchen Beitrag einzelne Bedienstete geleistet haben. Diese verwaltungsinterne Komplexität darf dem Bürger jedoch nicht zum Nachteil gereichen; denn auch, wenn der letztlich die fehlerhafte und den Bürger schädigende Entscheidung treffende Amtswalter nicht schuldhaft gehandelt hat, so liegt bei fehlerhaften Mitwirkungsakten bzw. fehlerhafter Zuarbeit die Verantwortlichkeit für diese Entscheidung doch in der Risikosphäre der Behörde. Dies ändert zwar nichts daran, daß Anknüpfungspunkt für Amtshaftungsansprüche in diesen Fällen individuelles vorwerfbares Fehlverhalten bleibt, jedoch muß dieses nicht notwendigerweise in der Person des nach außen handelnden Amtswalters begründet sein. Der gleiche Gedanke liegt der bereits zitierten Rechtsprechung zugrunde, wonach der Anspruchsteller den schuldhaft handelnden Amtswalter nicht individualisieren muß224, bzw. die Möglichkeit eines Amtshaftungsansprüche auslösenden Organisationsverschuldens bejaht wird225.

223

Vgl. zum Begriff „Einheit der Verwaltung", seiner Herleitung und Bedeutung sowie seiner praktischen Relevanz die Beiträge im Rahmen des Beratungsgegenstandes „Die Einheit der Verwaltung als Rechtsproblem" auf der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 1987, in WDStRL 46, 181 ff.; des weiteren Oebbecke, DVBl 1987, 866 ff.; Oldiges, NVwZ 1987, 737 ff.; Schuppert, DÖV 1987, 757 ff. 224

RGZ 100, 102 (102 ff.); BGH, VersR 1960, 1047 (1048).

225

BGHZ 66, 302 (312); BGH, NJW 1964, 41 (44).

102

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Der Rechtsschutz des Bürgers wäre entscheidend geschmälert, könnte es die Verwaltung entlasten, daß der letztendlich nach außen Verantwortung zeichnende Amtswalter bzw. ein entsprechendes Verwaltungsorgan (subjektiv) fehlerfrei gehandelt hat 226 . Dem Grundsatz der „Einheit der Verwaltung" kommt demnach in diesem Zusammenhang eine Rechtsschutzfunktion zu, indem er fordert, daß dem Bürger aus der Komplexität einer Verwaltungsorganisation und der damit verbundenen Mitwirkung verschiedener Behörden oder auch verschiedener Amtswalter ein und derselben Behörde an einer Entscheidung kein Nachteil erwachsen darf 227. Richtigerweise ist daher in den Fällen fehlerhafter Gemeinderatsbeschlüsse nicht nur danach zufragen, ob die an der Beschlußfassung beteiligten Gemeinderäte drittbezogene Amtspflichten verletzt haben, sondern immer auch zu prüfen, ob dies den mit der Erarbeitung der Beschlußvorlage betrauten Amtswaltern vorgeworfen werden kann.

226

Vgl. auch Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 145, der im Zusammenhang mit der Entscheidung des BGH, DVB1 1959, 623, bei der ein städtischer Beamter einen rechtswidrigen Verwaltungsakt aufgrund innerdienstlicher Weisung des Regierungspräsidenten erlassen hatte, feststellt, daß Amtspflichtverletzung und Rechtsverletzung nicht ausschließlich in der Person des nach außen handelnden Amtsträgers vorliegen müssen, da es nach dem Grundsatz der „Einheit der Verwaltung" genüge, daß Amtspflichtverletzung und Rechtsverletzung auf Seiten „der Verwaltung", wenn auch durch das Handeln verschiedener Personen, vorliegen. 227

Zur Rechtsschutzfunktion des Grundsatzes der „ E i n h e i t der Verwaltung" Haverkate, WDStRL 46, S. 243 ff. u. 257; Hendler, WDStRL 46, S. 314; Ossenbühl, WDStRL 46, S. 278 f.; Oebbecke, DVB1 1987, 866 (872) sieht in der „organisatorischen Einheit der Verwaltung" eine „Aktions- und Informationseinheit", d.h. Informationen werden umfassend genutzt, aber ihre Kenntnis auch umfassend zugerechnet; vgl. hierzu jedoch BVerwG 70, 356 (364), wonach die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erst zu laufen beginne, sobald der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung oder sonst zur Rücknahme berufene Amtswalter positive Kenntnis von den zur Rücknahme des Verwaltungsaktes rechtfertigenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Oidiges, NVwZ 1987, 737 (738), hebt hervor, daß dem verfassungsrechtlichen Gebot zum schonenden Umgang mit der Rechts- und Freiheitssphäre des Bürgers sowie zu konsistentem und verläßlichem Verhalten nur Genüge getan werden kann, „wenn die Vielzahl administrativer Verwaltungsagenden und Handlungsträger sich bei aller Verschiedenheit letztlich als ein einheitliches Gefuge, eben als „Einheit der Verwaltung" darstellen".

IV. Die schuldhafe Verletzung der Amtspflicht

103

Soweit das der Fall ist, ergibt sich bereits daraus, die übrigen Anspruchsvoraussetzungen unterstellt, die Begründetheit der gegen die Gemeinde gerichteten Amtshaftungsansprüche. Dem vom BGH offensichtlich gewählten Weg einer wie auch immer gearteten „Zurechnung" einer Amtspflichtverletzung an den Gemeinderat bedarf es nicht228.

6. Keine drittbezogene Amtspflicht des verwaltungsleitenden Organes zur Beanstandung rechtswidriger Beschlüsse des Gemeinderates Wenn drittbezogene Amtspflichten der Verwaltungsangehörigen bei der Vorbereitung eines Gemeinderatsbeschlusses sowie solche der Gemeinderatsmitglieder bei der Beschlußfassung bejaht werden, so stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob darüber hinaus nicht auch die in allen Gemeindeordnungen festgelegte Pflicht des verwaltungsleitenden Organes (also je nach Gemeindeverfassung des Bürgermeisters, Gemeindevorstandes, Magistrats oder Gemeindedirektors) rechtswidrige Beschlüsse der Gemeindevertretung zu beanstanden, eine drittbezogene Amtspflicht ist, folglich bei Verletzung dieser Pflicht auch insoweit ein Anknüpfungspunkt für Amtshaftungsansprüche gegeben ist. Das Beanstandungsrecht (das gleichzeitig eine Beanstandungspflicht ist) stellt eine organschaftliche objektivrechtliche Kontrollbefugnis des verwaltungsleitenden Organes dar, die zu einem Aussetzen des Vollzuges des Beschlusses und seiner Überprüfung durch den Gemeinderat, bei Nichtabänderung auch durch die Aufsichtsbehörde, führt 229. 228

Der BGH hätte vielmehr ohne weiteres an zwei ältere Entscheidungen anknüpfen sollen, in denen mit der ausdrücklichen Begründung der „Einheit der Verwaltung", drittbezogene Amtspflichten der nur verwaltungsintern zur Mitwirkung an einer Verwaltungsentscheidung berufenen Amtsträger bejaht wurden, BGHZ 15, 305 (309 ff.); BGH, NJW 1963, 199. Auch in BGH, NJW 1959, 574 (574 f.), anerkennt der BGH, daß die Pflicht bestimmter Beamten die zur Sachentscheidung zuständige Stelle in den Stand zu setzen, ihrer Aufgabe gehörig nachzukommen, grundsätzlich eine drittgerichtete Amtspflicht sein kann. 229

In der Praxis kommt dem Beanstandungsrecht allerdings kaum Bedeutung zu: Zum einen bringt das verwaltungsleitende Organ seine Auffassung von der Rechtswidrigkeit eines beabsichtigten Beschlusses bereits im Vorfeld der Beschlußfassung direkt oder über politisch Gleichgesinnte ein, zum anderen würde bei wiederholter Handhabung des Beanstandungsrechts, zufolge des in der Regel ausgeprägten Souveränitätsge-

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Auf diese verwaltungsinterne Beanstandung eines Beschlusses hat der Bürger kein subjektives öffentliches Recht, vielmehr kann er sich erst gegen den Vollzug des Beschlusses zur Wehr setzen, sofern er durch diesen beschwert ist230. Da - wie bereits ausgeführt - das Vorliegen eines subjektiven öffentlichen Rechts keine Voraussetzung für das Bestehen einer drittbezogenen Amtspflicht ist, kann alleine mit der Verneinung eines Anspruchs des Bürgers auf Ausübung des Beanstandungsrechts der Drittbezug der Beanstandungspflicht nicht verneint werden231. Die Charakterisierung der Beanstandungspflicht als verwaltungsinterne Kontrolle, verbunden mit der Pflicht zur Überprüfung seines gefaßten Beschlusses durch den Gemeinderat zeigt jedoch, daß es bei der Beanstandung nicht darum geht sicherzustellen, daß auf Belange eines einzelnen in besonderem Maße Rücksicht genommen wird, vielmehr darum, daß dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Genüge getan wird232. Dem beschlußfassenden Rat soll selbst die Möglichkeit der Fehlerkorrektur eingeräumt werden; hätte die „Beanstandungsnorm" gerade die Interessen der vom Gemeinderatsbe-

fühls des Rates und der einzelnen Ratsmitglieder, die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Rat und zwischen Rat und Verwaltung nicht unerheblich belastet. 230

OVG Münster, OVGE 31, 51 (53 f.); Bark, Das gemeindeinterne Beanstandungsverfahren, S. 113 f.; Beckedorf, VR 1988, 420 (425); Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rdnr. 509; Kosmider, NVwZ 1986, 1000 (1001); Stober, Kommunalrecht, S. 116. 231 232

So aber wohl Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rdnr. 509.

So auch OLG Hamm, Urt. v. 03.10.1980, 11 U 5/80 (nicht veröffentlicht); OVG Münster, OVGE 31, 51 (53); Beckedorf, VR 1988, 420 (421); Kosmider, NVwZ 1986, 1000 (1001); Scholler/Broß, Grundzüge des Kommunalrechts, S. 124; Waechter, Kommunalrecht, Rdnr. 192; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 365, bezeichnet das zum Widerspruch verpflichtete Organ als „ Hüter der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung"; Dreibus, in: Püttner, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Band 2, S. 250 spricht von einer „mehr oder weniger reinen Rechtskontrolle zur Verhinderung eines aufsichtsbehördlichen Eingriffs in innere gemeindliche Angelegenheiten; ähnlich Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rdnr. 506, der darüber hinaus den Zweck des Rügerechtes in der ,Ausbalancierung der gemeindeintern verteilten Organisationszuständigkeiten" sieht. Für den Drittbezug der Beanstandungspflicht Bark, Das gemeindeinterne Beanstandungsverfahren, S. 114, da dadurch, daß durch die Beanstandung Verwaltungsunrecht den Innenraum der Verwaltung nicht verlassen könne, wegen des engen inneren Zusammenhanges zwischen Beanstandung und Vollzug gerade der Dritte geschützt werde.

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

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schluß Betroffenen im Sinn, so wäre nicht ersichtlich, wieso insoweit der Gemeinderat seinen Beschluß überprüfen muß: vielmehr wäre es dann konsequent, die Angelegenheit direkt der Rechtsaufsichtsbehörde zur Prüfung und Entscheidung vorzulegen. Wollte man anders entscheiden und der „Beanstandungsnorm" drittschützenden Charakter zusprechen, so hätte dies auch die weitreichende Konsequenz, daß die Amtshaftung im kommunalen Bereich in exzessiver Weise erweitert würde: auch wenn der Fehler des Gemeinderates in der Außerachtlassung oder fehlerhaften Anwendung einer Norm läge, die keinen drittschützenden Charakter hat, sondern lediglich dem Allgemeininteresse zu dienen bestimmt ist, könnte jeder Dritte unter Berufung auf die unterlassene Beanstandung des Beschlusses durch das verwaltungsleitende Organ Amtshaftungsansprüche geltend machen, sofern ihm ein Schaden entstanden ist und die weiteren Voraussetzungen der Amtshaftung vorliegen. Die haftungsbegrenzende Funktion des Merkmals der Drittbezogenheit einer Amtspflicht würde damit leerlaufen. Auch eine Interpretation dahingehend, daß der Geschädigte sich nur dann auf einen drittschützenden Charakter der Beanstandungspflicht berufen kann, wenn er gleichzeitig geltend macht, daß die Beanstandung sich gerade auf die Verletzung einer drittschützenden Norm durch den Gemeinderat hätte beziehen müssen, ist abzulehnen. Dies würde zu einer unnatürlichen Aufspaltung des Beanstandungsrechts fuhren, ebenfalls seinem Wesen als der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dienendes internes Kontrollverfahren nicht entsprechen und im übrigen dem Geschädigten, der ja bereits aus der Verletzung der drittschützenden „Grundnorm" Ansprüche herleiten kann, ohne praktische Notwendigkeit und Rechtfertigung einen weiteren Ansatzpunkt für einen Amtshaflungsanspruch geben. Mit der Nichtbeanstandung eines vom Gemeinderat beschlossenen fehlerhaften Bebauungsplanes durch das verwaltungsleitende Organ werden daher keine drittbezogenen Amtspflichten verletzt und lassen sich somit Amtshaftungsansprüche auch nicht begründen.

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

7. Der Planungsfehler der Gemeinde a) Abgrenzung zum unterschiedlichen Ausgangspunkt des BGH

Wie bereits dargelegt ist die drittgerichtete Amtspflicht der Gemeinde in den Altlastenfällen im Erfordernis einer fehlerfreien Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu sehen. Daher ist die Frage zu stellen, welchen grundsätzlichen Anforderungen eine einwandfreie Abwägung im Rahmen eines Planaufstellungsverfahrens gerecht werden muß und worin konkret das Fehlverhalten der Gemeinde zu sehen ist. Im Rahmen der Beantwortung dieser Fragen sind zum Teil die gleichen Untersuchungen erforderlich, die der BGH von seinem Ausgangspunkt der unmittelbar aus § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB folgenden Amtspflicht, keine kontaminierten Grundstücke zu überplanen, vorzunehmen hat. Nach beiden Ansichten liegt der „objektive" Teil der Amtspflichtverletzung darin, daß kontaminiertes Gelände zu Wohnzwecken ausgewiesen wird. Dieser Fehler hat seinen Ursprung darin, daß „subjektiv" entweder gar keine Nachforschungen nach Altlasten vorgenommen worden sind, oder vorhandenen Altlasten keine für das Planverfahren entscheidende Bedeutung beigemessen worden ist. Die Untersuchung, welche Anforderungen an die Gemeinde insoweit zu stellen sind, hat daher Bedeutung unabhängig davon, worin die amtspflichtbegründende Norm gesehen wird.

b) Die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB

aa) Die dogmatische Einordnung des Abwägungsgebotes Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB ist Ausfluß des Rechtsstaatsprinzipes und beansprucht demnach unabhängig von einer gesetzlichen Positivierung unmittelbare und allgemeine Gültigkeit über die Bauleitplanung hinaus für alle öffentlichen Planverfahren 233. 233

BVerwG 48, 56 (63); Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 64; Hoppe, in: Ernst/ Hoppe, Bau-, Boden-, Raumplanungsrecht, Rdnr. 283; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 87; Schlez, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 53; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 161; Söjker, in: Ernst/Zinkahn/

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

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Die Normen des Planungsrechts haben gegenüber anderen Normen des Verwaltungsrechts eine andere Struktur. Das klassische Verwaltungsrecht bedient sich Normen „konditionalen" Charakters; d.h., diese Normen enthalten eine abstrakt-generelle Regelung, die die Verwaltung auf den Einzelfall anwenden muß. Liegen die Voraussetzungen der abstrakt-generellen Regelung vor, so bleibt der Verwaltung im Sinne eines reinen Normenvollzuges nur die Subsumtion des konkreten Falles („Wenn-Dann-Schema"). Sie hat damit, abgesehen von der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe und den Fällen, in denen ihr Ermessen eingeräumt ist, keine eigenen Wertentscheidungen zu treffen, sondern die - vorab - getroffene gesetzliche Interessensbewertung zu vollziehen. Anders im Planungsrecht. Hier werden die Entscheidungen der Verwaltung nicht „konditional", sondern „instrumental" und „final" gesteuert. Der Gesetzgeber setzt hier Ziele und gibt die Mittel zur Erreichung der Ziele („ZweckMittel-Schema"). Dies ist Folge davon, daß die Besonderheit zukunftsorientierter und komplexer planerischer Entscheidungen eine abstrakte gesetzliche „Entscheidungsvorwegnahme" nicht zuläßt. Vielmehr ergeben sich für den Planungsgeber Freiräume und eine Vielzahl eigener, auch politischer, sozialer oder ethischer Wertentscheidungen, was sich unter dem Begriff der „planerischen Gestaltungsfreiheit" zusammenfassen läßt. Dieses „Planungsermessen" wird für die Bauleitplanung durch das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB rechtlich fixiert 234. Dabei hat das Abwägungsgebot für die Gemeinde einerseits „Ermächtigungsfunktion", indem es die planerische Gestaltungsfreiheit bestätigt, anderseits „Verpflichtungsfunktion", da die Ausnutzung der planerischen Gestaltungsfrei-

Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 179; Geizer, in: Gelzer/Birk, Bauplanungsrecht, Rdnr. 39 f. spricht von einer „überragenden Bedeutung" des Abwägungsgebotes und stellt es auf eine Stufe mit dem in jedem Gebiet des Verwaltungsrechts zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Kritisch zur Übertragbarkeit des Abwägungsgebotes des § 1 Abs. 6 BauGB auf das Fachplanungsrecht Beckmann, DÖV 1987, 944 (949). 234

Zur Abgrenzung der Planung von sonstigem Verwaltungshandeln, vgl. Hoppe, in: Ernst/Hoppe, Bau-, Boden-, Raumplanungsrecht, Rdnr. 186; Krautzberger, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 88 f.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 181. Zur Frage einer Begrenzung der planerischen Gestaltungsfreiheit durch sog. „Optimierungsgebote", die eine weitgehende Beachtung bestimmter Belange fordern, vgl. Hoppe, DVBl 1992, 853 u. Bartlsperger, DVBl 1996, 1.

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

heit eine rechtstaatlichen Anforderungen entsprechende Abwägung der davon berührten Belange verlangt235.

bb) Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Abwägungsgebot Das Abwägungsgebot wurde in einer Vielzahl von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes und des Bundesgerichtshofes inhaltlich geformt und präzisiert236, so daß man heute von einem gesicherten Stand der Rechtsentwicklung sprechen kann. Grundlegend war das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.12.1969237. Das BVerwG hat damit die bis heute maßgebliche Formel geprägt: „Das Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Es ist verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muß. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet." In einer späteren Entscheidung238 hat das BVerwG klarstellend ergänzt, daß die damit festgelegten Anforderungen sich sowohl an den Abwägungsvorgang als auch an das Abwägungsergebnisrichten,da zwischen dem Planen als Vorgang und dem Planen als Produkt dieses Vorganges zu unterscheiden ist239. 235

Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1 Rdnr. 75; Softer, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 183. 236

Vgl. den ausführlichen Nachweis über die Rechtsprechung bei Softer, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 185. 237

BVerwG 34, 301.

238

BVerwG 45, 309 (315).

239

Diese Unterscheidung findet sich auch im BauGB: § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erklärt nur bestimmte „Mängel im Abwägungsvorgang" für die Wirksamkeit von Bebauungsplänen als beachtlich; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des früheren

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

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cc) Die Typisierung von Abwägungsfehlern Ausgehend von der Rechtsprechung und zahlreichen Veröffentlichungen in der Literatur läßt sich die nachfolgende Typisierung von Abwägungsfehlern aufstellen. Ein Ermittlungsdefizit liegt vor, wenn der Plangeber das Abwägungsmaterial nicht oder nicht vollständig zusammengestellt hat, da ihm dadurch der eigentliche Abwägungsvorgang von vorneherein unmöglich ist. Zum Abwägungsmaterial gehören alle von der Planung berührten Belange, es sei denn, sie wären geringwertig oder nicht schutzwürdig240. Dabei ist der Begriff der „Belange"241 weit auszulegen, erfaßt damit grundsätzlich alle Interessen in bezug auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung bzw. die bauliche und sonstige Nutzung von Grundstücken, die von der Planung in beachtlicher Weise berührt werden können242 und erfordert häufig Prognosen über künftige Entwicklungen243. Entscheidend ist, daß der Planungsgeber die Betroffenheit des Belanges als abwägungsrelevant erkennt oder hätte erkennen müssen. Ein Abwägungsdefizit ist gegeben, wenn eine Abwägung überhaupt nicht oder nur unvollständig vorgenommen worden ist, d.h. in die Abwägung Belange nicht eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen. Dieser Abwägungsfehler greift insbesondere in den Fällen

- gleichlautenden - § 155 b Abs. 2 Satz 2 BBauG vgl. BVerwG 64, 33. Gegen eine gesonderte Überprüfung von Abwägungsvorgang und -ergebnis wendet sich Koch, DVBL 1983, 1125 ff., insbesondere mit der Begründung, daß bei gleichem Prüfungsmaßstab Fehler im Abwägungsvorgang immer auf das Abwägungsergebnis durchschlagen und umgekehrt bei korrektem Abwägungsvorgang kein rechtlich fehlerhaftes Ergebnis herauskommen könne; gegen ihn Erbguth, DVBl 1986,1230 (1232 f.). 240

BVerwG 59, 87 (102 f.); Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 66; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 116; Ipsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 24. 241

I.S.v. „Interesse", vgl. Hoppe, in: Emst/Hoppe, Bau-, Boden-, Raumplanungsrecht, Rdnr. 295; Schlez, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 57. 242 243

Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 191.

Ausfuhrlich zur Prognose im Planungsrecht Hoppe, in: Ernst/Hoppe, Bau-, Boden-, Raumplanungsrecht, Rdnr. 285 a ff.; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 117.

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

„selbstbindender Vorentscheidungen" der Gemeinde außerhalb der konkreten Planung244. Eine Abwägungsfehleinschätzung liegt vor, wenn die Gemeinde die wirkliche Bedeutung eines Belanges, wie sie sich aus gesetzlicher Bewertung, allgemein anerkannten Erkenntnissen oder Erfahrungssätzen ergibt, nicht erkannt hat. Schließlich kann es zu einem Fehler im eigentlichen Abwägungsvorgang kommen. Diese Abwägungsdisproportionalität besteht, wenn der Ausgleich ermittelter und korrekt in ihrer Bedeutung gewichteter Belange dergestalt vorgenommen wird, daß mindere Belange höherwertigen Belangen vorgezogen werden245. In diesem Bereich des Abwägungsvorganges ist die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde am stärksten ausgeprägt; ihre Grenze findet sie insbesondere im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit246. Während ein Ermittlungsdefizit sich allein auf den Abwägungsvorgang als Abwägungsfehler auswirken kann, können die übrigen Abwägungsfehler sowohl den Abwägungsvorgang, als auch das Abwägungsergebnis fehlerhaft machen247.

244

Grundlegend zur „selbstbindenden Vorentscheidung" BVerwG 45, 309 (316 ff.).

245

Teilweise wird mit der Begründung, daß kein Fall der Abwägungsdisproportionalität denkbar sei, dem nicht auch eine Abwägungsfehleinschätzung zugrunde liege bzw. jede Verkennung der Bedeutung eines Belanges auch zur Disproportionalität der Abwägung führe, dem Fehler der Abwägungsfehleinschätzung keine eigenständige Bedeutung zugestanden, so Schulze-Fielitz, Sozialplanung im Städtebaurecht, S. 324 f.; hingewiesen wird auch darauf, daß die Gewichtung eines Belanges die Abwägung vorwegnehme und es insoweit nur eines Rechenwerkes bedürfe, Weyreuther, BauR 1977, 293 (299 f.). Dagegen Hoppe, in: Ernst/Hoppe, Öffentliches Bau-, Boden-, Raumplanungsrecht, Rdnr. 292, Blumenberg, DVB1 1989, 86 (88) u. Erbguth, DVB1 1986, 1230 (1234 f.), insbesondere mit dem Hinweis darauf, daß im Regelfall der Abwägung, daß sich einzelne Belange gegenüberstehen, die zwar jeder für sich gewichtbar jedoch nicht summierbar sind, ein befriedigendes Ergebnis nur bei Selbständigkeit von Gewichtung und Ausgleich erreicht werden kann. 246 247

Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 205.

BVerwG 45, 309 (315); Hoppe, in: Ernst/Hoppe, Bau-, Boden-, Raumplanungsrecht, Rdnr. 293; derselbe, nunmehr differenzierend, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, Rdnr. 134 f. m.w.N.

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht c) Die Abwägungsfehler

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bei der Altlastenüberplanung

aa) Abwägungsfehler und der unzulässige Einwand fehlenden Problembewußtseins Dem Fehlverhalten der Gemeinde248 bei der Überplanung von Altlastenflächen liegen zwei typische Fallkonstellationen zugrunde: Entweder hat die Gemeinde es unterlassen, die mögliche Kontamination eines Grundstücks näher zu untersuchen, d.h. sie ist ohne weiteres von der Schadstofffreiheit ausgegangen (Ermittlungsdefizit) oder sie hat der erkannten Kontamination keine nachhaltige Bedeutung zugemessen (Abwägungsfehleinschätzung). Im ersten Fall stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinde Aufklärung in bezug auf Bodenkontaminationen betreiben muß, welchen Umfang eine Aufklärungspflicht verlangt und welche Möglichkeiten zu Gebote stehen. Im zweiten Fall kommt es darauf an, bei welcher Intensität einer Bodenbelastung die Gemeinde dieser Kontamination im weiteren Verlauf des Bebauungsplanaufstellungsverfahrens entscheidende Bedeutung beimessen muß. In beiden Fällen ist der Einwand der Gemeinde, daß den mit der Altlastenüberplanung befaßten Amtsträgern das nötige Problembewußtsein gefehlt habe und sie deswegen keine Altlastenaufklärung betrieben hätten bzw. die Bedeutung einer Kontamination nicht erkannt hätten, unbeachtlich. Zwar ist für die Abwägungsbeachtlichkeit eines Belanges in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Bebauungsplan abzustellen, dies bedeutet jedoch nicht, daß damit die subjektiven Wertungen der Planer dafür maßgebend sind, was in die Planung einzustellen ist. So, wie hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine Amtspflicht besteht, nicht die subjektive Vorstellung des Amtsträgers entscheidend ist, vielmehr allein

248

Im folgenden wird der hier vertretenen Auffassung entsprechend, daß drittbezogene Amtspflichten sowohl den Mitgliedern des Gemeinderates bei der Beschlußfassung, als auch den hauptamtlichen Verwaltungsmitarbeitern bei der Vorbereitung dieser Beschlußfassung obliegen, vom Fehlverhalten „der Gemeinde" gesprochen.

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

objektive Kriterien, bestimmt sich auch nur nach, gerichtlich voll überprüfbaren, objektiven Kriterien, was in die Abwägung mit einbezogen werden muß249. Darüber hinaus muß die (subjektive) Auffassung der Amtsträger auch hier auf den Prüfstand eines „objektivierten" Sorgfaltsmaßstabes. Dabei ist dann u.a. zu berücksichtigen, daß die Gemeinden bereits durch die Novelle zum Bundesbaugesetz von 1976 (vgl. dort § 1 Abs. 6 Satz 1 „Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt") dem Umweltschutz besonders verpflichtet wurden. Auch wurden die Gemeinden, wie an anderer Stelle dargelegt wird, Ende der sechziger Anfang der siebziger Jahre vom Bundesgesundheitsamt auf die möglichen Gesundheitsgefahren für die späteren Bewohner bei der Überbauung von Deponien hingewiesen. Spätestens jedoch seit dem ersten Altlastenurteil des BGH im Jahre 1989 wird jedem Amtsträger der Hinweis auf ein persönlich nicht entwickeltes Problembewußtsein hinsichtlich Bodenverunreinigungen bei der Bauleitplanung verwehrt sein. Allen mit der Bauleitplanung Beschäftigten hat daher klarzusein, daß Altlasten eine abwägungserhebliche Relevanz haben, die nur dann nicht zum Tragen kommt, wenn aufgrund einer umfassenden, sämtliche Gefahrdungspfade berücksichtigenden Gefährdungsabschätzung ausgeschlossen werden kann, daß eine geplante Nutzung durch die Altlast beeinträchtigt wird. Wenig praxisrelevant, aber auch rechtlich unproblematisch, erscheint die dritte Möglichkeit eines Planungsfehlers, bei dem die Gemeinde aufgrund ordnungsgemäßer Aufklärung des Sachverhaltes Kenntnis von einer schwerwiegenden Kontamination hat, die Bedeutung des Abwägungsbelanges auch erkennt und das Gelände trotzdem überplant: der Planungsfehler der Abwägungsdisproportionalität liegt hier angesichts der aufgezeigten Bedeutung des Belanges der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse auf der Hand.

249

BVerwG 34, 301 (308); 45, 309 (322 f.); BGHZ 66, 322 (325 ff.); Dörr/ Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (935); Schlichter, in: Schlichter/Stich/Tittel, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 17; Geizer, in: Gelzer/Birk, Bauplanungsrecht, Rdnr. 42; RaeschkeKessler, DVB1 1992, 683 (684); Rehbinder, JuS 1989, 885 (887); Schink, NJW 1990, 351 (354); Simon, BayVBl 1988, 617 (621); Weyreuther, BauR 1977, 293 (301 ff.).

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

113

bb) Ermittlungsdefizit durch Nichtaufklärung einer Bodenkontamination (1) Die Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht

(a) Nicht „ins Blaue hinein" Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat sich in den Altlastenfallen zur Frage, welche Anforderungen an die Aufklärungspflichten der Gemeinde in bezug auf abwägungsrelevante Belange zu stellen sind, der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes angeschlossen. Danach gilt: „Was die planende Stelle nicht „sieht", und was sie nach den gegebenen Umständen auch nicht zu „sehen" braucht, kann von ihr bei der Abwägung nicht berücksichtigt werden und braucht von ihr auch nicht berücksichtigt zu werden"250. Zu beachten ist jedoch der Kontext, in dem die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ergangen ist. Es ging dabei um private Belange bei der Bebauungsplanaufstellung, die u.U. für die Behörden nicht ohne weiteres ersichtlich sind. Da der Bürger seine Belange, insbesondere im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung vortragen kann, kann der Behörde, wenn ein Bürger dies nicht tut und die Behörde seine privaten Belange deswegen auch nicht berücksichtigt, nur dann der Vorwurf fehlerhafter Abwägung gemacht werden, wenn sich ihr die nicht berücksichtigten privaten Belange „aufdrängen" mußten251. Die Abwägungsrelevanz von Altlasten fußt jedoch auf dem öffentlichen Belang der gesunden und sicheren Wohn- und Arbeitsverhältnisse; da im Falle öffentlicher Belange nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, daß Dritte diese vortragen, hat die Gemeinde eine weitergehende Ermittlungsund Aufklärungspflicht, die nicht erst da einsetzt, wo sich ein (öffentlicher) Belang „aufdrängt", vielmehr bereits dann, wenn bestimmte konkrete Anhaltspunkte für die Abwägungsrelevanz des (öffentlichen) Belanges vorliegen252. Im übrigen ist die vom Bundesgerichtshof in den Altlastenfallen übernommene Formel des Bundesverwaltungsgerichtes in ihrer grundsätzlichen Aussage nicht zu beanstanden. Diese liegt darin, daß keine überzogenen Anforderungen an die Aufklärungspflicht gestellt werden dürfen, die Gemeinde mithin nicht 250

So wörtlich BVerwG 59, 87 (103).

251

BVerwG 59, 87 (103 f.).

252

Wie hier Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 147.

8 Kühn

114

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

uferlose Prüfungen „ins Blaue hinein" machen muß; sie stellt zugleich klar, daß die Gemeinde keiner verschuldensunabhängigen Gefahrdungshaftung für Bodenkontaminationen unterliegt 253. Damit kann auch eine allgemeine und umfassende Pflicht einer Gemeinde, alle Grundstücke, bevor sie in eine Bebauungsplanung einbezogen werden, zu untersuchen, nicht anerkannt werden 254.

(b) Keine systematische Erforschung wegen der Kennzeichnungspflicht der §§ 5 Abs. 3 Nr. 3 und 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB Etwas anderes läßt sich auch aus der Kennzeichnungspflicht 255 der §§ 5 Abs. 3 Nr. 3 und 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB nicht herleiten 256. Während die Kennzeichnung von Altlasten im Flächennutzungsplan gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 3 BauGB nur für die „für bauliche Nutzungen vorgesehenen Flächen" vorgeschrieben ist, gilt die Kennzeichnungspflicht beim Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB für alle Flächen, also unabhängig von ihrer 253

BGH, NJW 1994, 253 (255); BGH, UPR 1992, 438 (438); BGH, NJW 1993, 2615 (2616) im Zusammenhang mit der Erteilung einer Baugenehmigung. 254

W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 81; Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten II, Ziff. 222; Boujong, WiVerw 1991, 59 (83); Hoppe, DVB1 1990, 609 (615); Raeschke-Kessler, DVB1 1992, 683 (684); Rehbinder, JuS 1989, 885 (887); Reuter, BB 1989, 874 (874 f.). 255

Zwar handelt es sich nach dem Wortlaut nur um Sollvorschriften, die jedoch in aller Regel im Sinne einer Verpflichtung zur Kennzeichnung zu verstehen sind, Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 5 Rdnr. 35; Baden, ZfBR 1988, 108 (108,110); Führen, VR 1990, 37 (44); Lenz, BauR 1987, 391 (391). Etwas anderes kann etwa dann gelten, wenn die Sanierung einer kontaminierten Fläche in Kürze abgeschlossen sein wird, die Kennzeichnung also alsbald nicht mehr gerechtfertigt wäre. Allgemein zur Bedeutung von „Soll-Vorschriften" BVerwG 49,16 (23) u. DVB1 1961,166 (167). 256

Dieckmann, Der Städtetag 1987, 516 (518); Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 153; Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rdnr. 48; Ipsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 16; Kotthoff, Altlasten im Städtebau, S. 3; Lenz, BauR 1987, 391 (392); Schink, BauR 1987, 397 (400); derselbe, NJW 1990, 351 (353) u. VR 1992, 1 (3); Simon, BayVBl 1988, 617 (619); Söjker, UPR 1987, 201 (204); vgl. in diesem Zusammenhang für § 5 Abs. 4 desfrüheren BBauG Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 5 Rdnr. 45 und Brügelmann/ Grauvogel, Bundesbaugesetz, § 5 Anm. V 5.

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

115

Nutzung. Die unterschiedliche Behandlung der Kennzeichnung in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen ist eine Entscheidung des Gesetzgebers aus Gründen der Praktikabilität, um im Falle des für das ganze Gemeindegebiet geltenden vorbereitenden Bauleitplanes die Anzahl der zu kennzeichnenden Flächen zu verringern. Anderenfalls befürchtete man einen Stillstand der Flächennutzungsplanung, da bei kaum vorhandenen Erkenntnissen über Bodenkontaminationen im Gemeindegebiet ein die sächlichen, personellen und finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde übersteigender Aufwand erforderlich gewesen wäre257. Die sachlich eingeschränkte Kennzeichnungspflicht rechtfertigt sich auch damit, daß der Flächennutzungsplan meist große Bereiche mit landwirtschaftlich genutzten Grundstücken und Wäldern umfaßt, während Bebauungspläne unmittelbar auf die Verwirklichung der Nutzungen, für die Altlasten relevant sind, angelegt sind258. Voraussetzung einer Kennzeichnungspflicht ist zum einen, daß die Belastung der auszuweisenden Fläche tatsächlich feststeht (vgl. „belastet sind" in §§ 5 Abs. 3 Nr. 3 u. 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB); bloße Verdachtsflächen sind nach dieser Norm daher nicht zu kennzeichnen259. Zum anderen, daß es sich um eine „erhebliche" Belastung handelt. Hinsichtlich der Schadstoffkonzentration gilt, da es auch Aufgabe der Bauleitplanung ist, vorbeugenden und vorsorgenden Umweltschutz zu betreiben, daß die Schwelle zur „Erheblichkeit" einer Bodenbelastung unterhalb der polizeirechtlich relevanten Gefahrenschwelle liegt260. Strittig ist, ob nur Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen zu berücksichtigen sind261, oder auch Auswirkungen auf Umweltgüter, wie Boden, Wasser, Luft, Fauna und Flora; in Anbetracht 257

Dieckmann, Der Städtetag 1987, 516 (516); Henkel, UPR 1988, 367 (376). Vgl. auch die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzesentwurf des Baugesetzbuches, BT-Drs. 10/5027, S. 4. 258

Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 278; Ipsen/ Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 15; Schröter, UPR 1991, 176 (176). 259

Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 5 Rdnr. 38; Gierke, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 9 Rdnr. 610; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 5 Rdnr. 46; Henkel, UPR 1988, 367 (375); Reuter, BB 1989, 874 (875); Schink, BauR 1987, 397 (404); Söfker, UPR 1987,201 (205). 260

Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 5 Rdnr. 131; Schröter, Raumforschung und Raumordnung 1991, 218 (219). 261

8*

So Lohr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 5 Rdnr. 41.

116

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

der Tatsache, daß das Baugesetzbuch auf den Umweltschutz besonders verpflichtet (vgl. insbesondere § 1 Abs. 5 Satz 1 u. 2 Nr. 1 u. 7 BauGB), ist der letztgenannten Auffassung der Vorzug zu geben, allerdings, da das Baugesetzbuch kein umweltrechtliches Fachgesetz ist, mit der Maßgabe, daß die betroffenen Umweltmedien Einfluß auf die konkrete städtebauliche Planung haben262. Aufgabe der Kennzeichnung, die deklaratorischen Charakter hat, also keine planerische Entscheidung darstellt, ist es für die nachfolgenden Verfahren darauf hinzuweisen, daß bei der Errichtung baulicher Anlagen, zur Vermeidung gesundheitlicher Gefahrdungen durch Bodenbelastungen mit zusätzlichen Vorkehrungen (und damit auch zusätzlichen Kosten) zu rechnen ist; damit kommt ihr eine Hinweis- und Warnfunktion zu 263 . Somit kann eine Kennzeichnung auch nur dann in Betracht kommen, wenn die Festsetzung einer bestimmten Nutzung trotz der Bodenbelastung gerechtfertigt ist 264 . 262

Wie hier Der Rat von Sachverständigen fur Umweltfragen, Altlasten, Ziff. 881; Henkel Altlasten als Rechtsproblem, S. 152 f.; derselbe in UPR 1988, 367 (374 f.); Sdhink, BauR 1987, 397 (404 f.) u. VR 1992, 1 (11); Söflcer, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 278; Dieckmann, Der Städtetag 1987, 516 (517), der auch daraufhinweist, daß die Frage nicht nur akademischer Natur sei, sondern über die Auswahl der Sachverständigen entscheide. 263

OVG Rheinland-Pfalz, BRS 42, Nr. 4, S. 6 (8); Cholewa, in: Cholewa/David/ Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 5 Anm. 6 b); Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 9 Rdnr. 36; Gierke , in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 9 Rdnr. 590; Lohr, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 5 Rdnr. 36 u. 41; Ipsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 15; Lenz, BauR 1987, 391 (393); Schink, BauR 1987, 397 (404); Schlez, Baugesetzbuch, § 9 Rdnr. 62; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 9 Rdnr. 198; Baden, ZfBR 1988,108 (108). 264

Dies fuhrt beim Flächennutzungsplan wegen der dort vorgeschriebenen Kennzeichnung ausschließlich für die für bauliche Nutzungen vorgesehenen Flächen zum Ergebnis, daß keine Kennzeichnungspflicht besteht, wenn die Kontamination sogar so erheblich ist, daß eine bauliche Nutzung ganz ausscheiden muß, andererseits aber eine noch sensiblere, jedoch nicht bauliche Nutzung, wie ein Kinderspielplatz, beabsichtigt ist. Angezeigt erscheint es, zumal die eingeschränkte Kennzeichnungspflicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, den Gemeinden in diesen Fällen die freiwillige Kennzeichnung zu gestatten; so Cholewa, in: Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 5 Anm. 6; Krautzberger, WiVerw 1990, 180 (182); Lohr, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 5 Rdnr. 41; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 5 Rdnr. 46; Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten II, Ziff. 220; Führen, in: Pfaff-Schley/Schimmelpfeng, Rüstungsaltlasten '92, S. 27; Schröter, UPR 1991, 176 (176); Stich, WiVerw 1991, 142 (150).

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

117

Im Verhältnis der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zur Kennzeichnungspflicht geht die Abwägung der Kennzeichnung voraus, d.h. die Kennzeichnung ist kein Instrument, das die zwingend gebotene Abwägung und damit eine korrekte materiell-rechtliche Planung ersetzen könnte. Bestehen Unklarheiten hinsichtlich einer erheblichen Belastung, so darf die Gemeinde daher diese Frage nicht offenlassen und das betreffende Grundstück lediglich kennzeichnen265. Daraus darf jedoch nicht gefolgert werden, daß die Kennzeichnungspflicht die umfassende Aufklärung bezüglich Altlasten hinsichtlich aller planerfaßten Grundstücke verlangt; vielmehr ist die Kennzeichnung nur ein „Annex", der am Ende eines Aufklärungsvorganges steht, der seinen Rechtsgrund in der gemeindlichen Abwägungspflicht des § 1 Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 BauGB hat266. Auch können bei nachträglicher Feststellung von Altlasten und fehlender Kennzeichnung zwingende Rückschlüsse auf einen fehlerhaften Abwägungsvorgang nicht gezogen werden. Die Kennzeichnungspflicht soll den Grundstückseigentümern keine Baugrundrisiken abnehmen, dient vielmehr der geordneten städtebaulichen Entwicklung, so daß sich aus ihr für die Frage der Sachaufklärung im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB nichts herleiten läßt267.

(c) Erfordernis konkreter Anhaltspunkte für eine Bodenkontamination Von einer Gemeinde sind somit grundsätzlich nur dann Nachforschungen wegen Bodenbelastungen zu verlangen, wenn es konkrete Hinweise oder Anhaltspunkte für mögliche Kontaminationen gibt268.

265

OVG Rheinland-Pfalz, BRS 42, Nr. 4, S. 6 (8); Baden, ZfBR 1988, 108 (108); Cholewa, in: Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 1 Anm. V 4 Nr. 7 g); Dieckmann, Der Städtetag 1987, 516 (519); Henkel, UPR 1988, 367 (373); Kotthoff, Altlasten im Städebau, S. 3 f.; Krautzberger, UPR 1989, 14 (15); Reuter, BB 1989, 874 (875); Stich, WiVerw 1991,142 (151 f.). 266

Ähnlich Stich, WiVerw 1991, 142 (152), der die Kennzeichnung in diesem Zusammenhang als „formale Sache" bezeichnet. 267

BGHZ 113, 367 (372); BGH, WM 1988, 200 (203); Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 147 f.; Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275 (2276). 268

Boujong, WiVerw 1991, 59 (83); Schink, NJW 1990, 351 (353) u. VR 1992, 1 (4); Ibler, BauR 1995, 595 (597).

1 1 8 C . Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Einem nur vagen Verdacht braucht die Gemeinde ebensowenig nachzugehen, wie dem Hinweis auf völlig unerhebliche Bodenverunreinigungen, also solchen, die zwar zu einer minimalen Verschlechterung der Bodenqualität gefuhrt haben, jedoch erkennbar und zweifelsfrei unterhalb eines für Gesundheitsgefahrdungen maßgeblichen Levels liegen.

(d) Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ersetzt nicht die eigene Aufklärungspflicht Liegen bei der Gemeinde konkrete Anhaltspunkte für eine Kontamination vor, so muß die Gemeinde sich selbst gezielt Klarheit verschaffen über Art und Ausmaß der Bodenbelastung. Ihrer Pflicht als Trägerin der Bauleitplanung, die künftige Wohnbevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren durch Umweltbelastungen zu schützen, kann sie sich nicht dadurch entziehen, daß sie sich darauf beruft, daß die Träger öffentlicher Belange im Rahmen ihrer Beteiligung am Planaufstellungsverfahren keine Einwendungen gegen die ihnen übersandten Planentwürfe erhoben haben269. Von der Gemeinde ist vielmehr zu verlangen, daß sie in Frage kommende Fachbehörden unter Darlegung der für eine Kontamination relevanten Gesichtspunkte gezielt nach Erkenntnissen über eine Bodenbelastung und ihre Auswirkungen auf mögliche Bewohner der betroffenen Grundstücke befragt. Nur unter dieser Voraussetzung kann dem OVG Rheinland-Pfalz270 zugestimmt werden, daß es keiner weiteren Aufklärung, insbesondere keines Gutachtens zu Fragen bedarf, zu denen sich Fachbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit geäußert haben. Das Erfordernis gezielter Fragestellung wird auch aus drei BGH Entscheidungen deutlich. Im ersten Altlastenurteil271 hatte sich die Gemeinde u.a. auf 269 W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 86; Franzius/Wolf/Brandt, Handbuch der Altlastensanierung, 1.5.1.1.2, S. 4; nach Michel, VR 1994,145 (147) darf die Gemeinde sich nicht „ohne weiteres" auf die Bewertung von Fachbehörden verlassen; a.A. Rehbinder, JuS 1989, 885 (887), wonach sich die Gemeinde, wenn ein Träger öffentlicher Belange bezüglich der von ihm zu vertretenden Belange keine Einwände erhebt, darauf verlassen darf, daß diese Belange auch nicht abwägungserheblich sind; differenzierend Ipsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 58 ff. 270

BauR 1988,179(180).

271

BGHZ 106, 323.

IV. Die schuldhafe Verletzung der Amtspflicht

119

eine Mitteilung des Staatlichen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschafl verlassen; dieses hatte jedoch das biochemische Gefährdungspotential der ehemaligen Deponie nicht untersucht, vielmehr lediglich wasserwirtschaftliche Gesichtspunkte geprüft. In einem anderen Fall272 hat der BGH festgestellt, daß es die beklagte Gemeinde nicht entlasten könne, daß das überplante Gelände aus der Bergaufsicht entlassen worden war und die beteiligten Fachbehörden keine Bedenken gegen die beabsichtigte Planung erhoben hatten. Es sei nicht ersichtlich gewesen, daß diese Behörden mit der Aufklärung etwaiger Bodenverseuchungen und daraus herrührenden Gesundheitsgefahren befaßt gewesen seien. Das Schweigen der Behörden hierzu könne von der Gemeinde nicht dahingehend interpretiert werden, daß gegen eine Ausweisung des Plangebietes für Wohnzwecke Bedenken wegen möglicher Gesundheitsgefahrdungen nicht bestünden. Im dritten Fall273 hatte das Gewerbeaufsichtsamt zunächst Bedenken gegen die beabsichtigte verdichtete Wohnbebauung im Einwirkungsbereich eines Gewerbegebietes mit zum Teil nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen erhoben, diese Auffassung später teilweise revidiert (sie schließlich im Rahmen eines auf den Bebauungsplan gestützten Baugenehmigungsverfahrens jedoch wieder aufleben lassen). Der BGH hat in diesem Fall, in dem der revidierten Stellungnahme des Gewerbeaufsichtsamtes weder ein fachlich-technisches Gutachten noch eigene Messungen zugrunde lagen, die Gemeinde für verpflichtet gehalten, ein fachlich-technisches Gutachten erstellen zu lassen. Wenn einerseits die Gemeinde verpflichtet ist, Fachbehörden gezielt und unter vollständiger Darlegung des Sachverhaltes, ggf. etwaiger Bedenken, nach möglichen gesundheitsgefährdenden Auswirkungen der Überplanung eines bestimmten Geländes zufragen, so hat sie, wenn sie diesem Erfordernis nachkommt, auch das ihr obliegende getan und ist, sofern die Stellungnahme der Fachbehörde zum eindeutigen Ergebnis der Unschädlichkeit der Überplanung kommt, nicht zu weitergehenden Ermittlungen oder der Beauftragung eines Gutachters verpflichtet. Sollte sich die Fehlerhaftigkeit der Stellungnahme der Fachbehörde herausstellen, so kann der Gemeinde insoweit keine schuldhafte Amtspflichtverletzung vorgeworfen werden.

272

BGHZ 109, 380.

273

BGHZ 110, 1.

120

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

(e) Untersuchungsverpflichtung bei Erfassung der überplanten Fläche in einem Altlastenkataster Mittlerweile gibt es in den Bundesländern sogenannte Altlastenkataster. In diesen werden auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage, überwiegend den Landesabfallgesetzen, basierend solche Flächen erfaßt, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit altlastenverdächtig sind oder bei denen der Nachweis einer Bodenkontamination erbracht ist. Diese Kataster werden in der Regel zwar nicht von den Kommunen geführt, vielmehr von unterschiedlichen staatlichen Behörden, sie stehen jedoch den Gemeinden im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabenerfüllung zumindest zur Einsichtnahme zur Verfügung 274. Auch ohne einen konkreten Altlastenverdacht wird man die Gemeinden für verpflichtet halten dürfen, diese, ohne nennenswerten Aufwand zu nutzende, Informationsquelle vor der Überplanung von Flächen zu Rate zu ziehen275. Ergibt sich hieraus, daß die zu überplanende Fläche zumindest altlastenverdächtig ist, ist weitergehender Aufklärungsbedarf gegeben. Umgekehrt kann sich die Gemeinde, sofern sich aus anderen Gründen ein konkreter Altlastenverdacht ergibt, nicht darauf berufen, daß die entsprechende Fläche im Altlastenkataster nicht erfaßt war; dies schon deswegen nicht, weil die Kataster keine Vermutung der Vollständigkeit hinsichtlich schadstoffbelasteter Grundstücke haben und in aller Regel auch nicht das Ergebnis einer systematischen Untersuchung sämtlicher Flurstücke sind.

(f) Untersuchungsverpflichtung bei abstrakt gefahrlicher Vornutzung Fraglich ist, ob bestimmte Arten der Vornutzung des zu überplanenden Geländes dazu führen, daß die Gemeinde Nachforschungen in bezug auf Altlasten vornehmen muß, ohne daß sie, was an anderer Stelle als grundsätzliche Voraus274

Zu den im Zusammenhang mit der Führung der regelmäßig EDV geschützten Altlastenkataster und der Weitergabe der darin gespeicherten Daten verbundenen datenschutzrechtlichen Fragen vgl. Brandt, Altlastenkataster und Datenschutz, Iven, in: Franzius/Wolf/Brandt, Handbuch der Altlastensanierung, 1.5.1.2.1, S. 1 ff. sowie Miissigmann, Der Städtetag 1990, 13. 27 5

Bielfeldty DÖV 1989, 67 (68); Ibler, BauR 1995, 595 (597); Krautzberger, UPR 1989, 14 (16); Schink, BauR 1987, 397 (401); derselbe NJW 1990, 351 (353) u. VR 1992, 1 (4).

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

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Setzung einer Aufklärungspflicht bezeichnet wurde, konkrete Anhaltspunkte für eine Kontamination hat. Als Vornutzung in diesem Sinne kommt der Betrieb einer Deponie oder eine industriell-gewerbliche Nutzung in Betracht. Der BGH hat zwar in seinem ersten Altlastenurteil276 die Prüfungspflicht der Gemeinde im Falle einer ehemaligen Deponie, die, wie der Gemeinde bekannt war, auch zur Ablagerung von Industrieabfallen benutzt worden war, bejaht, jedoch bestand hier die Besonderheit, daß die Gemeinde aufgrund eines vormals gegen sie geführten Gerichtsverfahrens gewußt hatte, daß die Müllablagerungen zu Verunreinigungen des Grundwassers gefuhrt hatten. Der BGH hat diesem Punkt jedoch keine entscheidende Bedeutung beigemessen; er hat vielmehr als Erwiderung auf den Einwand der beklagten Gemeinde des fehlenden Problembewußtseins ihrer Bediensteten auf einen Runderlaß des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 1969 verwiesen, mit dem ein Merkblatt bekanntgemacht wurde, das im Auftrag von Bund und Ländern vom Bundesgesundheitsamt aufgestellt worden war. Darin wurde u.a. ausgeführt: „Ziffer 6.2 Spätere bauliche Nutzung: Soll ein Deponiegelände bebaut werden, so ist zu beachten, daß noch mehrere Jahre nach Abschluß der Ablagerung sich im Deponiekörper biochemische Prozesse vollziehen und die Ursache für ungleichmäßige Setzungen und Gasaustritte sein können. Auf die Gefahrdung von Mensch und Tier durch schädliche Gase sowie mögliche Korrosion am Baukörper, an Kabeln und Rohrleitungen sei hingewiesen. Deshalb sind eingehende Beobachtungen und Untersuchungen, auch chemischer Art, unbedingt erforderlich." Aus diesem Merkblatt, das von den Landesregierungen aller Flächenländer 1969 bzw. 1970 den Gemeinden zugänglich gemacht wurde277, ist ableitbar, daß die Bebauung von ehemaligem Deponiegelände grundsätzlich gefahrlich ist und eine entsprechende Vermutung nur durch den Beweis des Gegenteils entkräftet werden kann. Diskussionswürdig ist daher nicht das „Ob" der gemeindlichen Prüfungspflicht, vielmehr ausschließlich Art und Umfang der Ermittlungen278. 276

BGHZ 106, 323.

277

Vgl. die Nachweise bei Bielfeldt,

278

DÖV 1989, 67 (69 Fn.29).

So auch Raeschke-Kessler, DVBl 1992, 683 (684); Rehbinder, JuS 1989, 885 (887); Schink, VR 1992, 1 (5); in BGHZ 117, 363 (369) hat der BGH ausgeführt, daß immer in Rechnung gestellt werden müsse, daß auf einer Deponie auch Abfalle gelagert würden, die wegen ihrer chemischen Zusammensetzung eine besondere Gefährdung schaffen. Diese Feststellung erfolgte jedoch im Rahmen der Prüfung und Bejahung der Frage, ob die bloße Eigenschaft eines Areals als ehemalige Mülldeponie einen Offenbarungspflichtigen Mangel der Kaufsache darstellt.

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Richtigerweise sollte hierbei auch nicht zwischen einer Sondermüll- und einer Hausmülldeponie unterschieden werden. Erst in den letzten Jahren ist die Trennung des Hausmülls in Sonder- oder Problemabfalle und „ungefährlichen Restmüll" in den Kommunen zum praktizierten Thema geworden; zumindest bis zu diesem Zeitpunkt wurden daher auf Hausmülldeponien Abfalle abgelagert, die in ihrer heterogenen Zusammensetzung, möglicherweise auch mit Farben, Lacken, Lösungsmitteln und sonstigen chemischen Substanzen, in besonderem Maße unübersichtlich waren und in ihrer zusammenwirkenden biologischchemischen Reaktion gesundheitsgefährdende Auswirkungen haben können. Doch auch bei der ausschließlichen Ablagerung „normalen" Hausmülls sind, etwa durch Ausgasungen von Methan, Gesundheitsrisiken nicht auszuschließen. Zu weitgehend ist es jedoch, wenn teilweise gefordert wird, daß Deponien wegen ihrer abstrakten Gefährlichkeit von jeglicher Bebauung freizuhalten sind279. Wenn auch die Überplanung einer Deponie stets Prüfpflichten auslöst, so kann sich nach Untersuchungen der Deponie doch ergeben, daß von ihr keine Gefährdung ausgeht. Die Tatsache der ehemaligen Deponie steht dann einer grundsätzlichen Überplanung des Geländes nicht entgegen; ob es dabei unbedingt zur Ausweisung von Wohngebieten kommen sollte, ist eine andere Frage, deren Beantwortung jedoch der gemeindlichen Planungshoheit unterliegt. Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob auch diefrühere industrielle Nutzung eines zu überplanenden Geländes die Verpflichtung der Gemeinde auslöst, Untersuchungen auf Altlasten vorzunehmen. Der BGH hat in einem Fall, bei dem in einer ehemaligen chemischen Fabrik (Gaswerk) in erheblichem Umfang hochgiftige Substanzen verarbeitet worden waren, festgestellt, daß es der beklagten Gemeinde infolge des im Amtshaftungsrecht anzuwendenden objektivierten Sorgfaltsmaßstabes zumindest obgelegen hätte, sich im einzelnen über die Art der hergestellten Stoffe und das Risiko, ob mit giftigen Rückständen gerechnet werden mußte, zu vergewissern280. Die Besonderheit dieses Falles lag freilich darin, daß die Gemeinde durch ein Schreiben der Landesanstalt für Umwelt ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, daß Sanierungsmaßnahmen von ehemaligen Gaswerkgrundstücken gezeigt hätten, daß Schadstoffe, insbesondere cyanidhaltige Reinigermasse, eine Verunreinigung des Untergrundes bewirken könnten. 279

So Bielfeldt,

280

BGH, NJW 1994, 253 (255).

DÖV 1989, 67 (68 f.).

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

123

In zwei weiteren Fällen hat der BGH in Nichtannahmebeschlüssen281 die Auffassung vertreten, daß zumindest nach dem Kenntnisstand von 1981, d.h. der gebotenen Betrachtung „ex ante", nicht jedes ehemalige Zechen- oder Kokereigelände im Ruhrgebiet als altlastenverdächtig eingestuft werden könne. Dies hat er in einem Urteil von 1993282 bestätigt und daraufhingewiesen, daß die Kenntnis der vormaligen industriellen Nutzung des zu überplanenden Geländes für sich allein noch keinen Anlaß zu einer Bodenuntersuchung geben mußte, weil der Betrieb schon länger als 50 Jahre stillgelegt war und sich in der Zwischenzeit keine Anhaltspunkte für eine die Nutzung für Wohnzwecke ausschließende Kontaminierung von Grund und Boden ergeben hätten. Der Hinweis auf die lange zurückliegende industrielle Nutzung ist in diesem Zusammenhang jedoch ohne Bedeutung: ob eine Kontamination im Laufe der Jahre ihre Gefährlichkeit verliert, hängt von Art und Ausmaß der Kontamination sowie weiteren Faktoren, etwa der geologischen Bodenbeschaffenheit ab. Im übrigen ergeben sich bei einem brach liegenden Gelände, das nicht Gegenstand bestimmter Planung und Untersuchung ist, Hinweise auf eine Kontamination nicht von selbst. In einer neueren Entscheidung hat der BGH283 zwar dargelegt, daß nicht jedes Industriegelände, dessen Nutzung schon Jahrzehnte zurück liegt, von vorneherein als altlastenverdächtig einzustufen sei; diese Feststellung wurde jedoch im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage getroffen, ob alleine die industrielle Vornutzung einen Offenbarungspflichtigen Mangel der Kaufsache darstellt284. Der in den Urteilen anzutreffende einschränkende Verweis des BGH auf die lange Zeit zurückliegende industrielle Nutzung sowie auch darauf, daß „zumindest nach dem Kenntnisstand von 1981" nicht jede industrielle Nutzung als altlastenverdächtig eingestuft werden könne, zeigt, daß der BGH möglicherweise infolge der Anerkennung eines allgemein veränderten Erkenntnis- und Bewußt281

BGH, UPR 1992, 438.

282

BGH, NJW 1993, 2615.

283

BGH, NJW 1994,253 (254).

284

Auch BGH, NJW 109, 380 beantwortet die gestellte Frage nicht: Der BGH hat dort ausgeführt, daß die Gemeinde angesichts der langen Dauer der industrieellen Nutzung eines Grundstücks damit rechnen müsse, daß das Grundstück stärker als von außen erkennbar belastet sei. Jedoch hatte die Gemeinde in diesem Fall aus ihr vorliegenden Akten bereits Hinweise auf Bodenverunreinigungen gehabt.

124

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

seinstandes hinsichtlich Altlasten in der Gegenwart, alleine aufgrund der Tatsache industrieller Vornutzung durchaus eine Prüfungspflicht bejahen könnte. Soweit in Literatur und Rechtsprechung der Rückschluß von einer industriellen Vornutzung auf eine Bodenkontamination verneint wird, geschieht dies mit dem Hinweis darauf, daß das Gefahrdungspotential von Altstandorten erst in jüngster Zeit in das allgemeine Problembewußtsein gedrungen sei; die bloße Kenntnis eines Altstandortes, an dem mit generell gefahrlichen Stoffen umgegangen worden ist, begründe für sich allein noch keinen erheblichen »Anfangsverdacht" einer gesundheitsgefährdenden Lage285. Auch handele es sich lediglich um ein abstrakt denkbares Schadensrisiko, da, im Gegensatz zur Situation bei Altdeponien, nicht davon ausgegangen werden könne, daß Stoffe entgegen den gesetzlichen oder behördlichen Anforderungen in den Boden gelangt seien286. Dieses abstrakte Risiko könne zwar zur Annahme eines Gefahrverdachtes ausreichen, der die Wasser- oder Ordnungsbehörden berechtige, zwangsweise Untersuchungsmaßnahmen anzuordnen und durchzusetzen, für die Bauleitplanung lasse sich daraus jedoch nichts herleiten287. Letztgenanntem Argument kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil es die Schwelle zur Sachverhaltsaufklärung für die Bauplanungsbehörden höher ansetzt als für die Ordnungsbehörden. Aufgabe der Ordnungsbehörden ist in erster Linie die Gefahrenabwehr. Im Rahmen der Bauleitplanung ist es, wie gerade § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB zeigt, Aufgabe der Gemeinde, dafür Sorge zu tragen, daß bereits unterhalb der Schwelle einer Gefahr und losgelöst von etwaigen Gefahren eine lebenswerte Umwelt, frei von unzumutbaren Nachteilen und Belästigungen, geschaffen wird 288. Unter Berücksichtigung des damit verbundenen Prinzipes des vorbeugenden Umweltschutzes sowie des Vorsorgeprinzips kann die Verpflichtung der Gemeinde zur Sachverhaltsaufklä285

OVG Münster, NuR 1988, 93 (93); Rehbinder, JuS 1989, 885 (887); Schink, DÖV 1988, 529 (531 f.) u. NJW 1990, 351 (353); derselbe, jedoch differenzierend, in: VR 1992,1 (4); Simon, BayVBl 1988, 617 (620). 286

Rehbinder, JuS 1989, 885 (888).

287

Schink, NJW 1990, 351 (353).

288

Schmidt-Aßmann, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 194; H. Schrödter, in: Schrödter, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 10 a; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr 93; Söfker, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 116; Henkel, UPR 1988, 367 (371 f.); Kotthoff, Altlasten im Städtebau, S. 2; Krautzberger, UPR 1988, 14 (16); Paßlick, DVB1 1992, 674 (681); Simon, BayVBl 1988, 617 (619); vgl. auch § 136 Abs. 2 Nr. 1 u. Abs. 3 BauGB.

IV. Die schuldhafe Verletzung der Amtspflicht

125

rung bezüglich möglicher Altlasten im Rahmen der Bauleitplanung nicht später einsetzen als die Ermittlungspflicht der Ordnungsbehörden zur Gefahrenabwehr289. Nicht ersichtlich ist, wieso die Tatsache des (zumindestfrüher) unterentwikkelten Problembewußtseins in bezug auf Altstandorte Einfluß auf die Altlastenermittlungspflichten der Gemeinden haben soll; die aktuellen Pflichten der Gemeinden können nur am aktuellen Problembewußtsein gemessen werden. Fehl geht schließlich der Hinweis, daß bei Altstandorten nicht davon auszugehen sei, daß gefahrliche Stoffe illegal in den Boden gelangt seien. Gerade in bezug auf die Toxikologie bestimmter Stoffe und ihren gesundheitsgefährdenden Auswirkungen auf den Menschen haben Wissenschaft und Forschung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Neue Analyse- und Untersuchungsmöglichkeiten, Langzeituntersuchungen, aber auch kritisches Hinterfragen haben dazu gefuhrt, daß Stoffe, die allgemein als für die Umwelt und den Menschen ungefährlich angesehen wurden, mittlerweile vom Markt verschwunden sind, teilweise ihre Herstellung und Verarbeitung verboten wurde. Aus der Tatsache vormaliger behördlich erlaubter Verarbeitung, Ablagerung oder Entsorgung von Stoffen kann kein Rückschluß auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit dieser Stoffe gezogen werden. Gerade weil die Beurteilung der Gefährlichkeit des Umgangs mit bestimmten Materialien, auch innerhalb der produzierenden und verarbeitenden Industrie, einer Wandlung unterworfen war (und auch weiterhin sein wird), das allgemeine Problembewußtsein sich erst entwickeln mußte, ist esrichtig,bei Altstandorten einen Maßstab anzulegen, der nicht hinter dem bei Deponien zurücksteht290. 289

Den gleichen Gedanken legt Cholewa, in: Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 5 Anm. 6 b), seiner Aussage zugrunde, daß nach dem Vorsorgeprinzip der Bauleitplanung bei der Prüfung der Erheblichkeit einer Bodenbelastung niedrigere Werte anzusetzen sind, als bei der Gefahrenabwehr nach Bauordnungsrecht oder Allgemeinem Ordnungsrecht. Ähnlich Schröter, Raumforschung und Raumordnung 1991, 218 (219), bei Prüfung der Frage, wann eine die Kennzeichungspflicht (§§5 Abs. 3 Nr. 3 u. 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB) auslösende „erhebliche" Belastung vorliegt. Vgl. auch Kleiber, ZfBR 1988, 168 (176) im Zusammenhang mit der Feststellung, daß auch Gefahrentatbestände unterhalb der polizeirechtlichen Gefahrenschwelle in die Abwägung einzubeziehen sind. 290

Im Ergebnis auch Bielfeldt, DÖV 1989, 67 (69); Dörr/Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (935); Raeschke-Kessler, DVBl 1992, 683 (684); Krautzberger, WiVerw 1990, 180 (184) ist der Auffassung, daß man sich angesichts des bekannt gewordenen Ausmaßes der Bodenkontamination die Umplanung einerfrüher industriell-gewerblich genutzten

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Diese Sicht verbietet es auch, einen vermittelnden Weg zu gehen und eine Untersuchungspflicht der Gemeinde immer nur dort anzunehmen, wo „nach aller Lebenserfahrung" mit einer bestimmten Bodennutzung oder einer bestimmten industriellen Produktion eine Bodenkontamination verbunden war 291. Die Begründung für diese Auffassung liegt darin, daß ansonsten die Ermittlungspflicht der Gemeinde ins Uferlose gehe, da in der Bundesrepublik wohl jede bereits früher genutzte Fläche mit umweltgefährdenden Stoffen, die in irgendeiner Weise Fauna und Flora beeinträchtigen, belastet sei292. Zumindest beim Flächenrecycling würde eine weitergehende Verpflichtung der Gemeinde dazu führen, daß insoweit aus praktischen Gründen eine Bauleitplanung kaum noch stattfinden würde. Hier wird übersehen, daß es nicht um jede, also auch völlig unerhebliche Bodenbelastungen geht, sondern nur um solche, bei denen eine schädliche Auswirkung auf Umwelt und Mensch bei erster Wertung möglich erscheint. In diesen Fällen fordert es die Bedeutung des von der Gemeinde im Rahmen der Bauleitplanung zu beachtenden Rechtsgutes der Gesundheit künftiger Grundstücksbewohner, der Gemeinde Aufklärungspflichten aufzuerlegen.

Fläche ohne nähere Prüfung schwer vorstellen könne. Nach Lenz, BauR 1987, 391 (392) u. Wolf in: Pfaff-Schley, Altlasten als Planungshindernis, S. 40, soll eine Faustregel gelten, daß bei allen alten industriellen Nutzungen aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg und insbesondere aus der Zeit um die Jahrhundertwende mit Schadstoffen aus der Produktion gerechnet werden muß. Diese zeitliche Fixierung ist argumentativ jedoch nicht belegbar, es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß sich zu einem bestimmten Zeitpunkt der Erkenntnisstand und daraus resultierend der Umgang mit gefährlichen Stoffen schlagartig geändert hat. Wie aufgezeigt handelt es sich insoweit auch nicht um einen abgeschlossenen Prozeß; vielmehr einen sich ständig fortentwickelnden Erkenntnisgewinn. Stoffe, die heute als unbedenklich gelten, und mit denen deswegen sorglos umgegangen wird, können morgen als umweit- und gesundheitsgefährdend erkannt werden. Unklar Michel, VR 1994,145 (147), wonach das regelmäßige Wissen der Gemeinde um frühere Nutzungen ihr Verschulden indiziere. 291

So nunmehr unter Aufgabe derfrüher vertretenen Ansicht und mit beispielhafter Auflistung Schink, VR 1992, 1 (4). Vgl. auch die bei Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 39, als problematische Altstandorte aufgeführten Betriebsanlagen. Ossenbühl, DÖV 1992, 761 (764) ist zwar der Auffassung, daß es Tatfrage sei, ob aus der industriellen Nutzung eines Gebietes ein „erheblicher Anfangsverdacht" folge, empfiehlt den Gemeinden jedoch „auf der sicheren Seite zu bleiben" und im Zweifelsfalle eine Prüfung zu initiieren. 292

Schink, VR 1992, 1 (4).

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

127

Das „praktische" Argument, daß die Gemeinde dann vom Flächenrecycling Abstand nehmen würde, muß demgegenüber zurücktreten, erweist sich bei näherem Hinsehen jedoch auch nicht als schlüssig. In Anbetracht der regelmäßig dichten Besiedelung in und im Einzugsbereich von Großstädten und der damit verbundenen Flächenknappheit bleibt (unabhängig von der die innerörtliche Entwicklung postulierenden Bodenschutzklausel des § 1 Abs. 5 Satz 3 BBauG) der an einer Weiterentwicklung interessierten Kommune jedenfalls in diesen Fällen oftmals gar kein anderer Weg als derjenige der Wiedernutzung auch von Gewerbe- und Industriegrundstücken.

(2) Der Umfang der Aufklärungspflicht

(a) Aufklärungsmöglichkeiten Für die Feststellung, ob zu überplanende Grundstücke mit Altlasten kontaminiert sind, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, die sich hinsichtlich des zeitlichen und finanziellen Aufwandes, aber auch hinsichtlich ihrer Aussagekraft und Zuverlässigkeit unterscheiden293. Eine absolute Sicherheit der Altlastenfreiheit kann jedoch mit keiner Möglichkeit erreicht werden. Dies gilt selbst fur die intensivste und zuverlässigste Ermittlungsform, die Bodenbeprobung mit anschließender - kostenintensiver laboranalytischer Auswertung und gutachterlicher Stellungnahme: Da eine Bodenbeprobung, gleich, ob sie im Rahmen von Schürfen, Sondierungen oder Bohrungen vorgenommen wird, lediglich für auszuwählende Bereiche der Planfläche praktikabel ist, ist es selbst bei einem engmaschigen Raster nicht auszuschließen, daß - für Altlasten nichts ungewöhnliches - punktuelle Belastungen vorhanden sind, die demzufolge unentdeckt bleiben. Das abgestufte Vorgehen der Gemeinde beginnt zweckmäßigerweise mit der Auswertung bei ihr vorhandener Akten und Karten. Aus den Akten können sich etwa Hinweise ergeben auf Zulassungen abstrakt umweltgefährdender Betriebe oder Anlagen, besondere Vorkommnisse in solchen Betrieben oder Anlagen oder auf frühere, genehmigte oder nicht genehmigte, Deponien. Ein Vergleich von Karten kann etwa Beweis erbringen für bestimmte Nutzungsänderungen 293

Vgl. hierzu ausführlich Franzius/Wolf/Brandt, Handbuch der Altlastensanierung, 2.2 „Erfassungsmethoden" sowie Weber, Altlasten, S. 39 ff.

128

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

oder die Verfüllung von Gräben. Durch gezielte Befragung von Fachbehörden, etwa den Umwelt-, Abfallwirtschafts-, Wasser- oder allgemeinen Ordnungsbehörden, geologischen Landesämtern, Gewerbeaufsichts- und Gesundheitsämtern lassen sich unter Umständen Rückschlüsse ziehen. Gleiches gilt für die im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung und der Anhörung der Träger öffentlicher Belange gewonnenen Erkenntnisse. Auch die gezielte Befragung der Öffentlichkeit mittels vorformulierter Fragebögen ist möglich294. Obgleich gesetzlich hierzu keine Verpflichtung besteht, gehen Großstädte zunehmend dazu über, für ihre Gemarkung systematische flächendeckende Altlastenaufklärung zu betreiben. Motivation dafür ist allerdings nicht die Absicht der Sanierung lokalisierter Altlasten, vielmehr sollen solche Flächen von vorneherein aus der Stadtentwicklung ausgegrenzt werden. Man bedient sich dabei einer Methode, die zwar erste Erkenntnisse für mögliche Kontaminationen bringt, was bereits ausreicht, daß die Kommune von einer Überplanung Abstand nimmt, jedoch keinen Grad eines Gefahrverdachts liefert, der die Kommune zu weitergehenden Ermittlungen verpflichtet: die „Multitemporale Karten· und Luftbildauswertung (MTLA)" ermöglicht es, über historische und aktuelle Luftbilder und Karten verdächtige Flächen koordinaten- und maßstabsgetreu zu lokalisieren295.

(b) Abschließende Entscheidung über die Nutzung des Plangebietes Die Gemeinde hat den Sachverhalt so weit aufzuklären, daß sie eine abschließende Entscheidung über die Nutzung des Plangebietes treffen kann. Hier ist wiederum auf das „Gebot der planerischen Konfliktbewältigung" zu verweisen, das es verbietet, die Frage einer Bodenkontamination ins nachfolgende Baugenehmigungsverfahren zu verlagern. Dies bedingt die Feststellung von Art, Lage und Umfang der Verunreinigung sowie die Feststellung der davon ausgehenden möglichen Gefahrdung 296. 294

Vgl. den Entwurf eines solchen Fragebogens bei Barkowski/Günther/Hinz/Röchert, Altlasten, S. 34. 295 296

Vgl. zur „MTLA" Herzhorner, Altlasten 1993, 6.

Henkel, UPR 1988, 367 (370); Jochum, NVwZ 1989, 635 (637); RaeschkeKessler, DVB1 1992, 683 (684); Rehbinder, JuS 1989, 885 (888); Schink, DÖV 1988, 529 (532); derselbe NJW 1990, 351 (353) u. VR 1992, 1 (5). Zu den grundsätzlichen

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

129

(c) Aufklärungsintensität abhängig von Vornutzung und beabsichtigter Nutzung Die Gemeinde braucht nicht in allen Fällen sämtliche ihr zur Verfugung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten zu nutzen; dies erscheint unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht gerechtfertigt. Hier hat auch der Hinweis derjenigen, die aus der Tatsache eines Altstandortes keine Untersuchungspflicht herleiten wollen, auf eine Blockade der Bauleitplanung seine Berechtigung. Auch würde eine Verpflichtung der Gemeinde, in jedem Verdachtsfall mit einer Bodenbeprobung und analytischen Auswertung das zwar intensivste, jedoch auch teuerste Instrument der Sachaufklärung einzusetzen, deren Finanzkraft bei weitem übersteigen. Die an anderer Stelle vertretene weite Auffassung einer Aufklärungspflicht an sich, erfahrt daher eine sachgerechte Begrenzung bei der Wahl des Aufklärungsmittels. Zu bestimmen sind die Kriterien, die im Einzelfall zur Festlegung der Ermittlungsmethode heranzuziehen sind. So wie eine, zumindest abstrakt umweltgefährdende, frühere Nutzung Anhaltspunkte für einen Altlastenverdacht gibt mit der Folge einer Untersuchungspflicht für die Gemeinde, bestimmt diefrühere Nutzung auch Art und Intensität der Aufklärung. Die Prüfungspflicht geht um so weiter, je mehr die Vomutzung die Möglichkeit einer gefährlichen Bodenverunreinigung nahelegt297. Bei hohem Maß des Gefahrverdachts wird die Gemeinde an einer Beprobung des Geländes unter Zugrundelegung eines feinen Rasters nicht vorbeikommen. Dies gilt auch, wenn eine besonders sensible Nutzung geplant ist; hier ist der Grundsatz aufzustellen, daß je sensibler die Nutzung ist, desto intensiver hat die Prüfung zu erfolgen 298. Während z.B. bei der künftigen Nutzung eines Geländes zum Bau eines Kindergartens mit Spiel- und Freiflächen bei entsprechendem Altlastenanfangsverdacht eine eingehende Beprobung unabdingbar ist, reichen Schwierigkeiten einer „Gefahrdungsabschätzung" von Altlasten vgl. Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten, Ziff. 84 ff. u. Altlasten II, Ziff. 58 ff. 297

BGHZ 106, 323 (328); Boujong, WiVerw 1991, 59 (83); Dörr/Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (935); Elling, JA 1993, 155 (156); Henkel, in: Brandt, Altlasten, S. 160; Raeschke-Kessler, DVBl 1992, 683 (684). 298

LG Darmstadt, Urt. v. 30.01.1991, 9 Ο 611/89 (nicht veröffentlicht); Henkel, UPR 1988, 367 (369); Hoppe, DVBl 1990, 609 (615); Raeschke-Kessler, DVBl 1992, 683 (684); Schink, NJW 1990, 351 (353) u. VR 1992, 1 (5). 9 Kühn

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C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

einfachere Aufklärungsmethoden dann aus, wenn etwa eine industrielle Nutzung mit hoher Bodenversiegelung vorgesehen ist. Sollten sich dabei jedoch weitergehende Gefahrdungserkenntnisse ergeben, so sind auch hier intensivere Untersuchungsmethoden angezeigt. Das Erfordernis abschließender Beurteilung im Planaufstellungsverfahren bleibt demnach unberührt.

(d) Der abstrakte Maßstab für die Aufklärungspflicht Wenn somit Vornutzung und beabsichtigte Nutzung die Intensität der Aufklärung im Einzelfall bestimmen, so ist darüber hinaus die grundsätzliche Frage zu stellen, welcher Maßstab der gemeindlichen Aufklärungspflicht im Rahmen der Bauleitplanung generell und abstrakt zugrunde zu legen ist. Die höchsten Anforderungen im Bereich des öffentlichen Rechts für den Nachweis der Ungefahrlichkeit stellen darauf ab, ob eine mögliche Gefahrdung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erkennbar ist. Es ist dies die höchste Kategorie aus dem Bereich der technischen Sicherheitsstandards, mit dem auf die neuesten realisierbar erscheinenden Ergebnisse wissenschaftlicher und technischer Forschung verwiesen wird299. Eine Anwendung auf den Bereich des Bauplanungsrechts wäre verfehlt 300, wie ein Vergleich mit dem Atomrecht einerseits und dem Immissionsschutzrecht andererseits zeigt. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG darf die nach § 7 Abs. 1 erforderliche Genehmigung für eine Kernenergieanlage nur erteilt werden, wenn die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist. Demgegenüber sind die als zwar genehmigungsbedürftig, jedoch weniger gefahrlich eingestuften Anlagen nach § 4 BImSchG gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG so zu errichten und zu betreiben, daß Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen getroffen wird und zwar insbesondere durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung. Daraus erhellt, daß der Gesetzgeber ein abgestuftes System des Nachweises der Ungefahrlichkeit bzw. der Aufklärung möglicher Risiken kennt und die 299 300

BVerfG 49, 89(136).

So auch Rehbinder, JuS 1989, 885 (887); Ipsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 26 f.; dort, S. 24 ff., auch allgemein zur Normierung von Sicherheitsstandards in Form unbestimmter Rechtsbegriffe.

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

131

höchsten Anforderungen, ausdrücklich gesetzlichfixiert, nur in Fällen verlangt, bei denen im Falle eines Schadenseintritts eine nicht eingrenzbare Gefahr für eine unbestimmte Anzahl von Menschen besteht. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB gibt keine Anhaltspunkte für den im Rahmen der Bauleitplanung anzuwendenden Maßstab; wenn dort die Beachtung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse verlangt wird, so wird damit lediglich ein bestimmtes Ziel vorgegeben. Angezeigt erscheint ein flexibler Maßstab, der einerseits, gerade unter Berücksichtigung beschränkter Möglichkeiten kleiner Gemeinden, die ja gleichwohl Träger der Bauleitplanung sind, nicht zu hoch angesetzt werden sollte, andererseits den Gemeinden jedoch das auferlegt, was ihnen zum Beschlußzeitpunkt faktisch auch möglich ist301. Dazu gehört die Anwendung allen Wissens, das typischerweise den mit der Bauleitplanung befaßten Fachämtern zur Verfügung steht, sei es durch Erlasse vorgesetzter Behörden, Fachbücher oder Fachzeitschriften. Ergeben sich danach Zweifel, kann die Gemeinde Rat bei der Kommunalaufsichtsbehörde einholen, oder außerhalb der Verwaltung stehende Fachleute ggf. durch Gutachtenbeauftragung einbeziehen. Verbleiben danach immer noch Zweifel, sollte überlegt werden, ob durch Änderung der geplanten Nutzung in eine weniger sensible Nutzung das Problem gelöst werden kann; ist dies nicht möglich, sollte die Gemeinde von einer Überplanung des Gebietes Abstand nehmen. Bei Anwendung des hier erläuterten abstrakten Maßstabes kann der Gemeinde auch im Bereich sensibler Nutzung jedenfalls dann der Vorwurf schuldhafter Altlastenüberplanung nicht gemacht werden, wenn sie sich auf ein, die Ungefahrlichkeit des Plangebietes feststellendes Gutachten eines anerkannten Gutachters beruft 302.

301

LG Dortmund, VersR 1987, 265 (266) spricht vom Einsatz „verfügbarer Informationsquellen". Das Schleswig-Holsteinische OLG, BRS 53 Nr. 14, S. 61 (63) verlangt die Einhaltung des allgemein anerkannten Erkenntnisstandes, nicht jedoch den Einsatz aller nur denkbarer Informationsmöglichkeiten. 302

Gleicher Ansicht ist Führen, VR 1990, 37 (45), darauf verweisend, daß der Risikoausschluß auf diesem Wege allerdings nicht gerade preiswert zu haben ist. 9*

132

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

cc) Abwägungsfehleinschätzung durch falsche Gewichtung der erkannten Bodenkontamination (1) Die Grenzwerteproblematik

Die Beurteilung, welche Bedeutung einer erkannten Bodenkontamination im Rahmen der Gewichtung des Abwägungsbelanges der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse zukommt, wird dadurch erschwert, daß es in Deutschland weder einheitliche Bewertungskriterien noch einheitliche Grenzwerte gibt, die zur Beurteilung des Gefahrdungspotentials einer altlastenverdächtigen Fläche herangezogen werden können.303 Vielmehr werden von den Bundesländern, teilweise auch den Kommunen, unterschiedliche Regelungswerke angewandt bzw. eigene Regelungswerke zugrunde gelegt; so z.B. die „Englische Liste", die „Schweizer Bodenschutzverordnung", die „Kloke-Liste", die Klärschlammverordnung, die Trinkwasserverordnung oder die TA-Luft 304. Weit verbreitet ist die sogenannte „Hollandliste", die vom niederländischen Ministerium für Wohnungswesen, Raumordnung und Umwelt 1983 im Rahmen eines „Leitfadens Bodensanierung" erstellt worden ist und die eine Prüfiabelle mit abgestuften Konzentrationsangaben für eine Reihe von Schadstoffen, die als Kriterium für die Beurteilung des Verunreinigungsgrades dienen sollen, enthält305. Bei der Arbeit mit diesen und anderen Regelungswerken werden in der Regel drei verschiedene Maßstäbe verwendet. Ausgegangen wird von Hintergrund- oder Referenzwerten. Diese gelten für ein unbelastetes, besser: durch Zivilisation und natürlichen Schadstoffgehalt „normal" belastetes Grundstück.

303

Die daher herrschende Unsicherheit wird, auch im Rahmen von Sanierungen, plastisch vermittelt durch die in der Praxis immer wieder diskutierte Frage: „How clean is clean?". 304

Teilweise sind diese sowie weitere üblicherweise berücksichtigte Regelungswerke abgedruckt bei Rosenkranz/Einzele/Harreß/Bachmann, Bodenschutz, Dokumentation Ziff. 8000 ff. 305

Die Listefindet sich in: Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten, S. 46/47; dort, Ziff. 159, wird auch daraufhingewiesen, daß die in der Liste aufgeführten Werte keine Risiken oder Wirkungen als solche kennzeichnen, sondern nur als „Warnsignale" dienen sollen.

IV. Die schuldhafe Verletzung der Amtspflicht

133

Prüf- oder Schwellenwerte sind Werte, deren Überschreiten zwingend eine Prüfung nach Altlasten auslöst. Bei Unterschreiten dieser Werte sind Gefahren für die betrachteten Schutzobjekte bzw. Nutzungen nicht zu erwarten, bei Überschreiten erfolgt eine weitergehende Prüfung, die mit einer abschließenden Entscheidung, ob tatsächlich eine Gefahr vorliegt, endet. Maßnahmen- oder Eingreifwerte schließlich sind solche Werte, bei deren Überschreiten man in der Regel von einer Gefahrensituation ausgehen muß306. Die Heranziehung vorstehend beispielhaft aufgeführter Normen und Richtlinien begegnet jedoch zweierlei Bedenken: Zum einen sind die dort angegebenen Werte nur für einen ganz bestimmten Zweck sowie unter bestimmten Annahmen und Voraussetzungen erarbeitet worden und können deswegen, wenn überhaupt, nur sehr bedingt auf die Bewertung von Bodenkontaminationen im Rahmen der Bauleitplanung übertragen werden307. Zum anderen kann alleine aus dem Erreichen der in den Regelwerken festgelegten Werten zwar eine Aussage über die Quantität einer Bodenkontamination, nicht jedoch über deren Qualität gemacht werden308. Nur auf die Qualität der Belastung, d.h. darauf, welche schädlichen Auswirkungen sie im Falle der Überbauung des Grundstücks auf dessen Bewohner hat, kommt es jedoch an. So kann es durchaus sein, daß der Schadstoff überhaupt nichtfreigesetzt werden kann oder infolge bestimmter geologischer oder hydrologischer Verhältnisse nicht zur Schädigung führen wird.

306

Die hier vorgenommene Begriffsbestimmung orientiert sich an der des Bundesumweltministeriums, in: Ökologischer Aufbau: Altlastensanierung, S. 15 f. In der Literatur werden die Wertebegriffe und die Funktionen der Werte teilweise nicht eindeutig definiert, zum Teil werden gleichlautende Begriffe auch mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt verwendet; vgl. Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten, Ziff. 154; Lühr, in: Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band II/l, Teil L, 9 (19 ff.); Viereck-Götte/Ewers, altlasten-spektrum 1994, 217 (218 ff.); Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NRW, Altlasten-ABC, S. 23 ff. 307

Schink, VR 1992, 1 (6); zur Anwendbarkeit bestimmter Werte unterschiedlicher Regelwerke bei der Untersuchung und Beurteilung von Altablagerungen und Altstandorten vgl. auch Einbrodt/Bertges, in: Jessberger, Erkundung und Sanierung von Altlasten, S. 129 ff. Hinzuweisen ist auch darauf, daß sich „Hollandliste" und „Englische Liste" natürlich an den im jeweiligen Land geltenden umweltpolitischen Wertungen und umweltrechtlichen Regelungen orientieren. 308

Schink, VR 1992, 1 (6).

1 3 4 C . Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Insoweit wird auch zu Recht darauf hingewiesen, daß infolge der verschiedenen Spielarten von Kontaminationsmöglichkeiten und von Ausbreitungsarten in jeweils topographisch und geologisch andersartig gestalteten Gebieten sowie den verschiedensten Schadstoffspektren, jede Altlast als ein „Unikat" bezeichnet werden muß309. Teilweise werden Zweifel an der Sinnhafligkeit der Festlegung von Grenzwerten an sich angemeldet. Es könne keineswegs gefolgert werden, daß bei Belastungswerten unterhalb der derzeit herangezogenen Grenzwerte „alles in Ordnung" sei310; auch seien die meisten Zahlen aus Plausibilitätsbetrachtungen oder Vereinbarungen entstanden, ohne daß naturwissenschaftlich belegbare Daten vorgelegen hätten311, und ohne daß langfristige Wirkungsprognosen hätten herangezogen werden können. Im übrigen sollte Kontamination auch unabhängig von existierenden Grenzwerten definiert werden; ein Standort sei dann kontaminiert, wenn kritische Substanzen in Konzentrationen vorlägen, die diejenigen der Umgebung wesentlich übersteigen312. Schon um, als Erfordernis der Rechtssicherheit, zu erreichen, daß unterschiedliche Bearbeiter zu verschiedenen Zeiten zu gleichen Ergebnissen kommen, ist es erforderlich, nicht nur einheitliche Grenzwerte festzusetzen, sondern auch allgemein anerkannte Bewertungskriterien und Bewertungsmaßstäbe mit einem darauf aufbauenden Bewertungskonzept festzulegen313. Dies kann nur durch ein neu zu schaffendes Regelwerk geschehen, dessen Ziel gerade die Bewertung von Bodenkontaminationen (im Rahmen der Bauleitplanung) in bezug auf schädliche Auswirkungen auf Mensch und Natur ist. Dabei müssen all die Faktoren Berücksichtigung finden, die im Einzelfall Be309

Lühr, in: Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band II/l, Teil L,9(14). 310

Barkowski/Günther/Hinz/Röchert, Altlasten, S. 143 ff., die dies beispielhaft anhand der Bodenbelastung mit dem Schwermetall Cadmium erörtern. 311

Riepe, GuG 1993, 27 (30).

312

Barkowski/Günther/Hinz/Röchert,

313

Altlasten, S. 13.

So auch: Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten, Ziff. 428; 440 ff. u. 947 ff.; Hoppe, DVBl 1990, 609 (616). Für die Festlegung bundeseinheitlicher Standards (durch den Bund) Dieckmann, Der Städtetag 1987, 516 (518), da ansonsten sowohl der einzelne Sachverständige als auch die einzelne Kommune mit der Verantwortung, im Rahmen des Bauleitplanungsverfahrens verbindliche Aussagen zur Gefährdungsabschätzung zu machen, überfordert wären. Ausführlich zur Grenzwerteproblematik Schräder, NuR 1989, 288 ff.

IV. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht

13 5

deutung erlangen können, also etwa Art und Ausmaß der Kontamination, Boden· und Untergrundverhältnisse, Verteilungs- und Bindungsformen der Schadstoffe, Freisetzungs- und Ausbreitungsbedingungen mit in Betracht kommenden Belastungspfaden (Boden, Bodenluft, Grundwasser); insbesondere müssen jedoch zur angemessenen Entscheidung eines Einzelfalles Art und Intensität der beabsichtigten Nutzung Berücksichtigimg finden. Grenzwerte müssen daher nutzungs-, schutzgut- und wirkungsbezogen abgeleitet sein. Im Zusammenhang mit dem geplanten Bodenschutzgesetz des Bundes sind im Rahmen untergesetzlicher Ausführungsbestimmungen entsprechende Festlegungen zu erwarten314.

(2) Gewichtung der Kontamination im Rahmen einer Prognoseentscheidung

Bei der (späteren) Überprüfung, ob die Gemeinde eine Kontamination im Rahmen der Abwägimgrichtiggewichtet hat, ist zu bedenken, daß es hierbei um die Überprüfung einer Prognoseentscheidung geht, d.h. die Gemeinde hatte einzuschätzen, wie sich die Bodenkontamination auf die beabsichtigte Nutzung der kontaminierten Fläche auswirken wird 315.

314

Vgl. die entsprechenden Ermächtigungen in §§ 9; 21 des Referentenentwurfes eines Bodenschutzgesetzes des Bundes vom 07.02.1994, abgedruckt in: Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band I, Teil B, 11 ff.; 17 f.; hierzu Buchner, in: Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band II/l, Teil L, 34 (49 ff.) und Sondermann, Teil L, 61 (69 f.), der grundsätzliche Bedenken gegen die Einführung von Maßnahmenwerten erhebt. Der seit August 1995 vorliegende überarbeitete Entwurf eines Bodenschutzgesetzes sieht den Erlaß eines untergesetzlichen Regelungswerkes in Form einer Bodenschutz- und Altlastenverordnung vor. Die dort festgelegten Werte sollen für den Vollzug des Gesetzes durch die Länder verbindlich sein und „einen einheitlichen und zügigen Vollzug des Gesetzes gewährleisten, Wettbewerbsverzerrung vermeiden und für die Betroffenen auch Rechtssicherheit für künftige Investitionen schaffen"; so das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in einer Mitteilung vom 21.08.1995, abgedruckt in altlasten-spektrum 1995, 225 f. 315

Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 117; Schink, NJW 1990, 351 (353) u. VR 1992, 1 (5).

136

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Das ordnungsgemäße Verhalten der Gemeinde kann daher nicht anhand mittlerweile vorliegender weitergehender Erkenntnisse über Kontaminationen (die etwa eine Herabsetzung der Prüf- und Maßnahmenwerte zur Folge hatten) überprüft werden (ex post Betrachtung), vielmehr lediglich anhand des Wissensstandes, den die Gemeinde zum Zeitpunkt des Planerlasses hatte bzw. hätte haben müssen (ex ante Betrachtung). Da es, wie aufgezeigt, derzeit noch keine allgemein verbindlichen Grenzwertregelungen gibt, kann eine Überprüfung des gemeindlichen Verhaltens nur nach den allgemein für die Kontrolle von Prognoseentscheidungen geltenden Grundsätzen erfolgen, d.h. die Entscheidung ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie auf zutreffenden Tatsachen aufbaut, sachgerecht und auch vertretbar ist316.

V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs 1. Der Schaden Der Amtshaftungsanspruch gewährt dem Geschädigten Ersatz des durch die Amtspflichtverletzung verursachten Schadens317. Für die Feststellung des Schadens gelten die allgemeinen Grundsätze der §§ 249 ff. und 842 ff. BGB318. Hinzuweisen ist auf die Besonderheit, daß keine Naturalrestitution im Sinne der Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung verlangt werden kann, vielmehr der vor den Zivilgerichten einzuklagende 316

BVerfG, NVwZ 1993, 666 (670); BVerwG 56, 110 (121 f.); Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1 Rdnr. 18; Hoppe, in: Ernst/Hoppe, Bau- Boden- und Raumplanungsrecht, Rdnr. 285 a ff. m.w.N.; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114 Rdnr. 37 a - 37 c; Schink, NJW 1990, 351 (354); Simon, BayVBl 1988, 617 (620); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 193. 317

BGH, DVBl 1967, 657 (660); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art 34 Rdnr. 215; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 250; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 722; Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, Rdnr. 307. 318

Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 215; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 250; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 337; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 721; Brühl, VR 1992, 362 (367); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 44; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 92; Schoch, JURA 1988, 648 (652).

V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs

137

Ersatzanspruch 319 in diesen Fällen ausschließlich auf Geld beschränkt ist 320 . Anderenfalls müßten die Zivilgerichte u.a. auch zur Aufhebung von Verwaltungsakten verurteilen und damit in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit eingreifen, (freilich dürfen die Zivilrichter als Vorfrage des Amtshafiungsanspruches einschlußweise die Rechtsgültigkeit von Verwaltungsakten prüfen). Auch die „Mittelbarkeit der Staatshaftung" steht einer Naturalrestitution entgegen, soweit diese in der Vornahme einer hoheitlichen Amtshandlung bestehen soll: eine solche könnte vom (zunächst) in Anspruch genommenen Beamten als Privatperson nicht erbracht, eine entsprechende Verpflichtung also auch nicht auf den Staat übergeleitet werden.

2. Gesundheitsschäden a) Unmittelbare

und mittelbare Schäden

Zunächst sind alle unmittelbaren Schäden zu ersetzen, d.h. die am verletzten Rechtsgut selbst eingetretenen Schäden, durch Erstattung des für die Heilung erforderlichen Geldbetrages, § 249 Satz 2 BGB 3 2 1 . 319

Die durch Art. 34 Satz 3 GG erfolgte Zuweisung an die Zivilgerichte läßt sich nur historisch erklären mit derfrüher ausschließlich persönlichen privatrechtlichen Haftung des Beamten. Zu Recht weist Schenke, NJW 1995, 3145 (3152) daraufhin, daß es (ebenso wie im Falle der durch Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG erfolgten Zuweisung) rechtspolitisch nicht befriedigend ist, wenn die Zivilgerichte über öffentlichrechtliche Ansprüche entscheiden und damit materielles Recht und Rechtsweg auseinanderfallen; für die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit auch Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 365 f. Eine Korrektur der Zuweisung läßt sich jedoch ausschließlich durch eine Verfassungsänderung erreichen. 320

Grundlegend BGHZ (GrZS) 34,99 (106); Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 250 ff.; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 339 ff.; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 79; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 395 f.; Czybulka/Jeand'Heur, JuS 1992, 396 (399); Heidenhain, JZ 1968, 487 (490); Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, Rdnr. 313; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 44; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 92; a.A. Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 220 ff. 321

Nach BGHZ 63, 295 (297 ff.) kann dieser Geldbetrag der Höhe nach unter Berücksichtigung des dem § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB zugrundeliegenden Grundsatzes von Treu und Glauben beschränkt werden. Zu den erstattungsfahigen Einzelposten der Heilungskosten vgl. Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 249 Rdnr. 10 f.

138

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Darüber hinaus sind auch mittelbare Schäden („Folgeschäden") ersatzfahig, also die als Folge der Gesundheitsschäden eingetretenen oder künftig eintretenden Vermögensschäden, wie etwa Verdienstausfall und, mit der Möglichkeit der Beweiserleichterung des § 252 Satz 2 BGB, entgangener Gewinn, wenn bestimmte Geschäfte infolge der Gesundheitsbeeinträchtigung nicht zum Abschluß gebracht werden konnten, §§ 249 Satz 1,252, 842 BGB322. Auszugleichen sind auch dem Geschädigten entstehende Nachteile für sein Fortkommen, § 842 BGB, sowie solche Nachteile, die darin liegen, daß seine Erwerbsfahigkeit aufgehoben oder gemindert ist bzw. ihm verletzungsbedingte Mehraufwendungen gegenüber einem gesunden Menschen entstehen, § 843 BGB. Eigene Ansprüche Dritter (als „mittelbar Geschädigte") ergeben sich im Falle des Todes des Verletzten hinsichtlich der Beerdigungskosten sowie der Unterhaltskosten, sofern der Getötete dem Dritten kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder werden konnte, § 844 BGB; des weiteren, wenn der Getötete dem Dritten kraft Gesetzes zur Leistung von Diensten verpflichtet war, § 845 BGB323.

b) Schmerzensgeld

Vom Grundsatz des § 253 BGB, daß bei immateriellen Schäden Geldersatz ausscheidet, macht § 847 BGB eine Ausnahme, indem er bei Verletzung bestimmter Rechtsgüter, so auch der Gesundheit, ein Schmerzensgeld gewährt. Dabei ist das Schmerzensgeld auch dann zuzusprechen, wenn die Gesundheitsbeeinträchtigung ihre Ursache in einer schuldhaften Amtspflichtverletzung hat324. 322

Zum Verdienstausfall vgl. Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 644 ff.

323

§ 845 BGB kommt dabei lediglich noch Bedeutung zu beim Ausfall von Dienstleistungen, die im Haushalt lebende Kinder ihren Eltern gemäß § 1619 BGB schulden; insbesondere ist er nicht anwendbar im Falle des Ehegatten, der die Hausarbeit verrichtet: dieser hat bei seiner Verletzung einen eigenen auf § 843 BGB gestützten Anspruch, BGHZ 38, 55 (56 ff.); BGH, NJW 1969, 2005 (2006 f.). 324

RGZ 113, 104 (106); BGHZ 12, 278 (282); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 217; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 337; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 723; Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 171; Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, Rdnr. 314; Ossenbiihl, Staatshaftungsrecht, S. 92 f.

V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs

139

Dem Schmerzensgeld kommt dabei eine Ausgleichsfunktion zu, indem es dem Verletzten die Mittel zugesteht, die ihn in die Lage versetzen, sich zusätzliche Annehmlichkeiten zu verschaffen, mit denen die verletzungsbedingten, außerhalb der Vermögenssphäre liegenden, Unannehmlichkeiten (wie etwa Schmerz, Angst, beeinträchtigte Lebensfreude und seelische Belastungen) kompensiert werden sollen, zum anderen soll das Schmerzensgeld dem Verletzten aber auch Genugtuung verschaffen 325. Der Gesichtspunkt der Genugtuung fuhrt dazu, daß bei der Bemessung der Höhe der „billigen Entschädigung in Geld" alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, so etwa Art und Maß des Verschuldens sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beim Schädiger, aber auch die wirtschaftliche Situation und persönliche Eigenschaften des Verletzten326.

3. Fehlgeschlagene Aufwendungen Der BGH hat in den von ihm entschiedenen Altlastenfällen den Inhalt der verletzten Amtspflicht, ausgehend von der Charakterisierung des Bebauungsplans als alleinige „Verläßlichkeitsgrundlage" für die finanziellen Dispositionen, bestimmt, des weiteren als Grundvoraussetzung gesehen, daß die Schadstoffbelastung zur Unbewohnbarkeit errichteter oder noch zu errichtender Wohnungen führen muß und sodann den Schadensersatz auf das negative Interesse beschränkt. Die auf den Bebauungsplan Vertrauenden können daher nicht verlangen, so gestellt zu werden, wie sie ohne Kontamination der Grundstücke stehen würden, also durch Ersatz der Differenz zwischen dem vor und nach Bekanntwerden der Belastung ermittelten Grundstückswert so gestellt zu werden, als ob das überplante Gelände nicht mit Altlasten behaftet wäre (positives Interesse, mit der Möglichkeit, auch entgangenen Gewinn geltend zu machen), sondern maßgeb-

325

BGHZ 7,223; BGHZ (GrZS) 18, 149; BGH, NJW 1976, 1147; Brox, Besonderes Schuldrecht, Rdnr. 509; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 847, Rdnr. 4; kritisch zur Genugtuungsfunktion Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 656. 326

BGHZ 120, 1 (5); BGH, NJW 1993, 1531; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 847 Rdnr. 10 f.

140

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

lieh ist, wie sich ihre Vermögenslage gestalten würde, wenn der fehlerhafte Bebauungsplan nicht aufgestellt worden wäre327. Wäre dies der Fall gewesen, so hätten die Betroffenen weder die nicht bebaubaren Grundstücke erworben, noch diese bebaut. Folglich rechnet der BGH sowohl die fehlgeschlagenen Aufwendungen für den Erwerb der Grundstücke als auch die Baukosten für nicht bewohnbare Häuser zu den ersatzfähigen Schadenspositionen. Hiervon in Abzug gebracht werden etwaige für Grundstück und Haus auf dem Grundstücksmarkt noch erzielbare Restwerte328. Der BGH läßt dabei jedoch außer acht, daß, auch wenn man den Bebauungsplan als „Verläßlichkeitsgrundlage" für finanzielle Dispositionen bewertet, dies jedenfalls auf keinen Fall für Aufwendungen hinsichtlich des Baus eines Hauses gelten kann: Da alleine aufgrund eines Bebauungsplanes das Bauen nicht erlaubt ist, es vielmehr einer Baugenehmigung bedarf, könnte Anknüpfungspunkt für einen Vertrauenstatbestand insoweit allenfalls die Baugenehmigung sein, die dann als Ereignis überholender Kausalität zwischen die im Vertrauen auf den Bebauungsplan getätigten Aufwendungen für den Grundstückserwerb und die im Vertrauen auf die Baugenehmigung gemachten Ausgaben für den Hausbau getreten wäre329. Eine weitere Überlegung muß sich anschließen: Der zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und dem eingetretenen Schaden zu fordernde Rechtswidrigkeitszusammenhang (d.h. die Feststellung, ob das anspruchsbegründende 327

Vgl. zum „negativen Interesse" BGHZ 27, 181 (183 f.); 30, 29 (30 f.); 40, 345 (347 f.); BGH, NJW 1982, 36 (37); Grunsky, in: Münchener Kommentar, Vorb. § 249 Rdnr. 47 f.; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch § 839 Rdnr. 351; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 78; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 321; Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, Rdnr. 308; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 668 f.; Ossenbiihl, Staatshaftungsrecht, S. 42. 328 329

BGHZ 106, 323 (335); 113, 363 (367, 371).

Dieser Auffassung neigt auch Gaentzsch, NVwZ 1990, 505 (510) zu. Der BGH hat hierzu in den Altlastenfällen bisher keine Aussage getroffen. In BGHZ 92, 34 (37) hat er allerdings festgestellt, daß die Erteilung von Baugenehmigungen im Bereich eines Bebauungsplanes auch der Gemeinde als Planungsgeber zuzurechnen sei. Ein evtl. Planungsfehler verliere durch eine spätere Baugenehmigung nicht seine Bedeutung als selbständiger Haftungstatbestand. Fallen Planungsgeber und Baugenehmigungsbehörde zusammen, entstünde demnach eine Anspruchskonkurrenz, wenn beide auseinanderfallen, wäre Gesamtschuldnerschaft nach § 840 BGB denkbar; so Boujong, WiVerw 1991, 59 (94); Wurm, UPR 1990, 201 (203).

V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs

141

Verhalten gerade zur Abwendung des eingetretenen Erfolges verboten („als rechtswidrig") worden ist 330 ), durch den die Äquivalenztheorie331 über die Adäquanztheorie332 hinaus weiter eingeschränkt wird, findet anerkanntermaßen seine Bestimmung bei Amtshaftungsansprüchen im Rahmen der Frage, wie weit die Drittbezogenheit der in Rede stehenden Amtspflicht reicht 333. Der Umfang der Ersatzpflicht ist daher nach dem geschützten Vertrauen zu bestimmen, das durch die planerische Ausweisung eines Baugebietes erzeugt wird. Die insoweit vom BGH vorgenommene, von seinem Ausgangspunkt her nicht folgerichtige, Einbeziehung bestimmter und bestimmten Personen entstehenden Vermögensschäden wurde bereits an anderer Stelle kritisiert. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang jedoch auf eine in der Rechtsprechung des BGH festzustellende „Asymmetrie von Drittbezug und Rechtswidrigkeitszusammen-

330

Vgl. hierzu BGHZ 57, 137 (142); Grunsky, in: Münchener Kommentar, Vor § 249 Rdnr. 44 ff.; Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Vorb. v. § 249 Rdnr. 62 ff.; Kuckuk, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Vor § 249 Rdnr. 35 ff.; Staudinger/Medicus, Bürgerliches Gesetzbuch, § 249 Rdnr. 42; Lorenz, Schuldrecht AT, Band 1, S. 446 f.; Medicus, Schuldrecht I, AT, Rdnr. 599. 331

Nach der Äquivalenztheorie ist ursächlich für den Schadenseintritt jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß der konkrete Erfolg entfiele („conditio sine qua non"), Grunsky, in: Münchener Kommentar, vor § 249 Rdnr. 36; Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Vorb. vor § 249 Rdnr. 57; Kuckuk, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Vor § 249 Rdnr. 30; Staudinger/Medicus, Bürgerliches Gesetzbuch § 249 Rdnr. 32; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 327 ff.; Lorenz, Schuldrecht AT, Band 1, S. 431 ff.; Medicus, Schuldrecht I, AT, Rdnr. 596 f. 332

Die Adäquanztheorie schränkt die Äquivalenztheorie ein, indem sie den Schaden nicht zurechnet, der nur auf Grund einer unwahrscheinlichen Entwicklung bzw. Verkettung bestimmter Umstände, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge außer Betracht gelassen werden kann, eingetreten ist, vgl. BGHZ 3, 261 (265 ff.); 7, 198 (204); Grunsky, in: Münchener Kommentar, § 249 Rdnr. 40 ff.; Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Vorb. v. § 249 Rdnr. 58 ff.; Kuckuk, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Vor § 249 Rdnr. 31 ff.; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 233; Staudinger/Medicus, Bürgerliches Gesetzbuch, § 249 Rdnr. 33 ff.; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 330; Lorenz, Schuldrecht AT, Band 1, S. 435 ff.; Medicus, Schuldrecht I, AT, Rdnr. 598. 333

BGHZ 39, 358 (364); Ipsen/Tettinger, S. 63; Middeke, JA 1990, 276 (276).

Altlasten und kommunale Bauleitplanung,

1 4 2 C . Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

hang"334 hinzuweisen: Die verletzte Vorschrift des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB soll verhindern, daß bei der Wohn- und Arbeitsbevölkerung des Plangebietes Gesundheitsschäden eintreten. Der insoweit bestimmte restriktive Drittbezug wird vom BGH jedoch in Ansehung des Rechtswidrigkeitszusammenhanges erweiternd modifiziert im Hinblick auf Vermögensschäden und zwar dergestalt, daß diese Vorschrift zukünftige Bewohner des Plangebietes vor finanziellen Aufwendungen schützen soll, die für die Errichtung von Wohnhäusern getätigt werden, die wegen Gesundheitsgefahrdungen unbewohnbar sind. Die „Unbewohnbarkeit" als durch eine Gesundheitsgefährdung verursachter Schaden, kann jedoch erst nach Errichtung eines Gebäudes eintreten; vor Errichtung eines Gebäudes liegt lediglich eine Wertminderung des betroffenen Grundstückes infolge einer nicht realisierten Gesundheitsgefahr vor 335. Dem Grunde nach müßte dies auch die dogmatische Begründung des BGH dafür sein, daß er Grundstücksspekulanten und denjenigen, die nicht vorhatten das betreffende Grundstück zu bebauen, Ansprüche versagt. Da der BGH dann jedoch kaum nachvollziehbar begründen könnte, warum er Grundstücksspekulanten und Bauherren unterschiedlich behandelt, verweist er lediglich darauf, daß es bei Grundstücksspekulanten und Kreditgebern um nicht geschützte reine Vermögensinteressen gehe und konstruiert im Interesse der Bauherren eine nicht schlüssige Verknüpfung zwischen Gesundheitsgefahrdung und Schaden durch Unbewohnbarkeit. Auch wenn das Interesse der Bauherren sodann mit einer „mittelbaren Gesundheitsbezogenheit" charakterisiert wird, ändert dies jedoch nichts daran, daß der BGH im Grunde für die Bauherren einen für Grundstücksspekulanten und Kreditgeber abgelehnten eigenständigen Vermögensschutz gewährt336. 334

So auch Ossenbiihl, JZ 1989, 1125 (1126) u. DÖV 1992, 761 (769); vgl. des weiteren Salzwedel/Reinhardt, NVwZ 1991, 946 (950). 335 336

Ossenbühl, DÖV 1992, 761 (765).

Gleicher Auffassung sind Rehbinder, JuS 1989, 885 (889) und Ossenbühl, DÖV 1992, 761 (765 f. u. 769), die hervorheben, daß die Gesundheitsgefahren nicht den Grund, sondern den Anlaß für den Schadensersatzanspruch bilden, der sich der Sache nach als ein „eigentumsbezogener Vermögensschutz" erweise; vgl. auch das OLG Hamm, NVwZ 1988, 573 (574), wonach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB unabhängig vom Gesundheitsschutz und über diesen hinaus auch umfassend in vermögensrechtlicher Hinsicht schützen soll. Kritisch zur Gleichstellung von Schäden, die eine unmittelbare Beziehung zu der Gesundheitsgefahrdung haben, mit dem völligen Ausschluß der Nutzungsmöglichkeit errichteter oder noch zu errichtender Wohnungen auch Cyzbulka, DZWir 1994, 159 (160).

V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs

143

Nur konsequent wäre es dann jedoch für den BGH gewesen, alle Vermögensschäden in den Rechtswidrigkeitszusammenhang mit einzubeziehen, wie etwa auch die vom BGH 337 nicht für erstattungsfähig gehaltenen Aufwendungen desjenigen, der infolge von Altlasten besondere Sicherungsmaßnahmen zur Standfestigkeit des Gebäudes treffen muß, die gleichzeitig verhindern sollen, daß durch von den Altlasten ausgehenden Schadstoffen eine Gesundheitsbeschädigung eintritt oder den Anspruch derjenigen, die ihr kontaminiertes Grundstück zwar bewohnen können, jedoch geltend machen, daß ein belastetes Grundstück weniger wert ist als ein unbelastetes338 bzw. sie infolge der Kontamination keinen Nutzgarten anlegen können339. Der stattdessen vom BGH eingeschlagene Weg einer kaum nachvollziehbaren Kasuistik zeigt sich etwa, wenn man vorgenannte Fälle mit demjenigen vergleicht, in dem der BGH eine Altlastengrundstücke überplanende Kommune zur Zahlung der Prozeßkosten verurteilte, die einem Bauträger dadurch entstanden waren, daß er ein planumfaßtes unbebautes Grundstück an einen Dritten verkauft hatte, dieser jedoch die Zahlung des Kaufpreises wegen Kontamination des Grundstückes verweigert und der Bauträger deswegen erfolglos Klage auf Kaufpreiszahlung erhoben hatte340. Die Begründung des BGH, die Prozeßkosten zählten zu denjenigen Vermögensverlusten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem enttäuschten Vertrauen in eine ordnungsgemäße gemeindliche Planungsentscheidung stehen, läßt jede Anbindung an den Gesichtspunkt einer Gesundheitsbeeinträchtigung vermissen und stellt sich im Grunde als ein allgemeiner und weitgehender Anspruch auf Entschädigung für enttäuschtes Vertrauen in die Wirksamkeit eines Bebauungsplanes dar341.

337

BGH, NJW 1994,253 (256).

338

Hierzu BGHZ 121, 65 (68 f.).

339

Vgl. dazu BGH, DÖV 1993, 574.

340

BGHZ 117, 363 (367).

341

Mit der Kasuistik seiner Schadensersatz zusprechenden oder ablehnenden Rechtsprechung setzt sich der BGH auch in Widerspruch zu seiner eigenen Aussage in BGHZ 109, 380 (391), wonach das Planungsschadensrecht des Baugesetzbuches eine klare Entscheidung hinsichtlich der Grenze des geschützten Vertrauens in die Wirksamkeit einer Bebauungsplanung treffe und es nicht Aufgabe des Amtshaftungsrechts sei, diese Entscheidung des Gesetzgebers durch einen Abbau oder eine Preisgabe der Erfordernisse der Drittgerichtetheit und des Schutzzweckes der bei der Bebauungsplanung zu beachtenden Amtspflichten zu unterlaufen.

144

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Gerade im Bereich der fehlgeschlagenen Aufwendungen zeigen sich damit die Schwierigkeiten einer Rechtsprechung, die einerseits den Bebauungsplan als „alleinige Verläßlichkeitsgrundlage für diefinanziellen Dispositionen" Dritter bezeichnet, andererseits vom Ausgangspunkt der Verneinung einer Haftung für normatives Unrecht und der nur ausnahmsweisen Haftung beim Bebauungsplan, festgemacht an der „überragenden Bedeutung der durch § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB geschützten Rechtsgüter" Leben und Gesundheit, im Ergebnis nur zu einer restriktiven Haftung kommen möchte.

4. Nutzungsausfall Der Bundesgerichtshof gewährt Nutzungsausfall in Höhefiktiver Mieteinnahmen ab dem Zeitpunkt der Nichtbewohnbarkeit der errichteten Häuser infolge gesundheitsgefährdender Altlasten, bis zu deren Veräußerung342. Die Rechtsprechung hatte die Erstattung eines Nutzungsausfalles im Rahmen des Schadensersatzrechtes zunächst im Falle vorübergehender Nichtnutzbarkeit eines Kraftfahrzeuges anerkannt. Sie begründete den Anspruch damit, daß die Gebrauchsmöglichkeit einer Sache einen selbständigen Vermögenswert darstelle und erkauft, damit kommerzialisiert sei, machte den Anspruch jedoch davon abhängig, daß der Anspruchsteller den Nutzungswillen und die - hypothetische - Nutzungsmöglichkeit hatte343. Im Falle der Nichtnutzbarkeit eines Wohnhauses bzw. einer Eigentumswohnung wurde durch einen anderen Senat des BGH eine Nutzungsausfallentschädigung jedoch abgelehnt, da die bloße Nutzungsmöglichkeit gerade kein eigenständiger Vermögensbestandteil sei, im übrigen die Zubilligung eines Nutzungsausfalles, die von § 253 BGB vorgegebene Grenze zwischen dem Ausgleich von Vermögensschutz einerseits und Nichtvermögensschutz andererseits verwische und die Haftung des Schädigers ausufere 344. In einem grundlegenden Beschluß, dem ein Fall zugrundelag, in dem die Kläger einen Ausgleich für die entgangenen Gebrauchsmöglichkeiten ihres 342

BGHZ 106, 323 (335).

343

BGHZ 40, 345 (348 ff.); 45, 212 (215 ff.); 56, 214 (215 f.).

344

BGHZ 66, 277 (278 ff.) bzw. 71, 234 (235 f.).

V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs

145

Hauses forderten, hat der Große Senat für Zivilsachen dann entschieden, daß immer dann, wenn es um Wirtschaftsgüter von zentraler Bedeutung für die eigene Lebenshaltung gehe, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung auch typischerweise angewiesen ist, die Entschädigung eines Nutzungsausfalles in Geld möglich ist. Wesen und Bedeutung des Vermögens erschöpften sich nicht im „Haben", sondern seien auch darin zu sehen, die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten zu nutzen345. Diese Rechtsauffassung begegnet keinen Bedenken und führt in den Fällen, in denen der Eigentümer das von ihm selbst bewohnte Haus nicht nutzen kann, zur Bejahung einer Nutzungsausfallentschädigung346. Insoweit ist von der Warte des BGH her zu Recht in der altlastenbegründeten Nichtnutzbarkeit eines errichteten Hauses ein durch Gesundheitsgefahrdung bedingter ersatzpflichtiger Schaden zu sehen.

5. Sanierungskosten Der Bundesgerichtshof hat auch solche Aufwendungen für ersatzfahig erklärt, die der Beseitigung von Gesundheitsgefahrdungen dienen, mithin also die Kosten einer Sanierung des kontaminierten Geländes347. Er kommt zu diesem Ergebnis unter Bezugnahme auf einfrüheres Urteil348, in welchem er der Sanierungsfahigkeit eines Grundstücks Auswirkungen auf den Schadensersatzanspruch zugesprochen hat. So wurden die durch eine zwischenzeitliche Sanierung bewirkten Vorteile dem Geschädigten anspruchsmindernd angerechnet, da bei einer Schadensberechnung vorteilhafte Umstände, die mit dem Schadensereignis in qualifiziertem Zusammenhang stehen, immer dann 345

BGHZ (GrZS) 98, 212 (213 ff.) m.w.N, vgl. auch den Vorlagebeschluß des 5. Senates (BGH, VersR 1986, 189) mit einer Übersicht über die bisherige uneinheitliche Rechtsprechung der verschiedenen Senate des BGH sowie umfangreiche Aufarbeitung von Rechtsprechung und Literatur. 346

So auch BGH, NJW 1987, 771 (772), (allerdings noch mit Zweifel, ob der in Ansehung eines deliktischen Eingriffs ergangene Beschluß des Großen Zivilsenates (BGHZ 98, 212) auch auf einen vertraglichen Schadensersatzanspruch übertragbar sei); BGHZ 117,260 (261 f.). 347

BGH, NJW 1994,253 (255 f.).

348

BGHZ 109, 380.

10 Kühn

146

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

zu berücksichtigen sind, wenn ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder der Geschädigte unzumutbar belastet, noch der Schädiger unbillig entlastet wird 349. Dann aber sei es folgerichtig, Mehraufwendungen, die der Geschädigte selbst erbringe, um die an sich der Gemeinde als Plangeber obliegende Aufgabe zu erfüllen, als erstattungsfahig zu werten. Auch wenn dieses Ergebnis in sich schlüssig scheint, so überrascht es doch. Da der BGH in seinen Altlastenentscheidungen hervorhebt, nur den völligen Ausschluß einer Nutzung zu schützen, ist ein Erstattungsanspruch für denjenigen, der das Grundstück nach erfolgreicher Sanierung dem Bebauungsplan entsprechend nutzen kann, nicht stimmig. Ist das Grundstück nämlich plangemäß nutzbar, wenn auch nur nach erfolgreicher Sanierung, so hat der Bebauungsplan im Grunde seine Funktion erfüllt; die Sanierungsaufwendungen sind dann reine Mehrkosten, also ein „Vermögensschaden", wie sie jeden Grundstückseigentümer durch unvorhergesehene Probleme „beim Bauen" treffen können. Das Ergebnis ist auch schwerlich in Einklang zu bringen mit der Rechtsprechung des BGH, daß der Beseitigung von Gesundheitsgefahren dienende Sanierungskosten dann nicht erstattungsfahig sind, wenn die Kosten verursachenden Maßnahmen gleichzeitig dazu dienen, durch Austausch kontaminierten Bodens die Standfestigkeit eines gerade wegen dieser Altlasten nicht standfesten Gebäudes zu erreichen. Die Verneinung des Schadensanspruchs in diesem Fall wurde vom BGH damit begründet, daß die durch die Sanierung erforderlichen Gründungs- und Bodenaustauschmaßnahmen zu einer Beseitigung der Gesundheitsgefahren geführt hätten, was zeige, daß es hier um eine vom Bauherrn beherrschbare Gefahr gehe, die demnach auch in seinen Verantwortungsbereich falle. Diese Begründung bedeutet jedoch zwangsläufig, daß jeder Eigentümer, dem es möglich ist, eine überplante Altlast dergestalt zu sanieren, daß das Grundstück ohne Gesundheitsgefahrdung bewohnbar ist, gerade damit die „Beherrsch-

349

Zum Grundsatz der „Vorteilsausgleichung" vgl. BGHZ 30, 29 (31 ff.); 49, 56 (61 ff.); Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Vorb. vor § 249 Rdnr. 119 f.; Kuckuk, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, 1. Band, Vor § 249 Rdnr. 90 ff.; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 354; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 743 f.; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 344 ff.; Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, Rdnr. 308; Lorenz, Schuldrecht AT, 1. Band, S. 530 ff.; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 606 f.

V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs

147

barkeit" der Altlast demonstriert und folglich keinen Ersatz seiner Sanierungsaufwendungen verlangen kann350. In der unterschiedlichen Behandlung der aufgeführten Fälle durch den BGH zeigt sich einmal mehr die Widersprüchlichkeit einer Rechtsprechung, die einerseits daran festhalten möchte, daß jeder Grundeigentümer das Risiko der wirtschaftlichen Nutzbarkeit seines Grund und Bodens selbst zu tragen hat, andererseits im Falle von Altlasten durch Qualifizierung des Bebauungsplanes als „alleinige Verläßlichkeitsgrundlage für wirtschaftliche Dispositionen", das Haftungsrisiko auf die Kommunen verlagern möchte. Die Tatsache, daß der BGH zwar grundsätzlich Sanierungskosten zuspricht, jedoch die Frage, inwieweit die Aufwendungen für eine Sanierung im einzelnen in den Schutzbereich der Amtspflicht fallen, ausdrücklich offenläßt 351, öffnet weiter das Tor für auch insoweit einzelfallbezogene Entscheidungen. Ein weiteres kommt hinzu: Zwar dürfte es unstrittig sein, daß der Geschädigte nicht an Stelle der von ihm verausgabten Sanierungskosten von der betroffenen Kommune die Sanierung an sich verlangen kann; insoweit würde es sich, da die Sanierung eines altlastenbehafteten Grundstückes zumindest eine schlichthoheitliche Amtshandlung auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr darstellt352, um eine mit dem Amtshaftungsanspruch nicht erreichbare Naturalrestitution handeln. Jedoch stellt sich, so man die Erstattungsfahigkeit der vom Geschädigten erbrachten Sanierungskosten bejaht, die Frage, ob er sich auf die Sanierung verweisen lassen muß; mit anderen Worten, wie sich das Verhältnis zwischen Schadensersatz durch Ersatz der Aufwendungen für den Erwerb von Grundstück und Haus (abzüglich zu erzielendem Restwert) und Schadensersatz durch Ersatz der Aufwendungen für eine Sanierung des kontaminierten Geländes darstellt. Eine erste Aussage findet sich im bereits zitierten BGH Urteil, wonach Ersatzansprüche des Geschädigten nicht über die Kosten einer umfassenden und angemessenen Sanierung hinausgehen können353. Ob umgekehrt etwaige Sanie350

In diesem Sinne wird die bisherige Rechtsprechung auch von Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275 (2278) verstanden; gegen die Erstattung von Sanierungskosten auch Henkel, in: Brandt, Altlasten, S. 166; Michel VR 1994,145 (147). 351

BGH, NJW 1994, 253 (256).

352

Ipsen/Tettinger,

353

Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 69.

BGH, NJW 1994, 253 (256); soweit der BGH in diesem Zusammenhang feststellt, daß seine Betrachtungsweise im Ergebnis derjenigen des Landgerichts entspreche, 10*

148

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

rungskosten der Höhe nach auf die Erwerbskosten von Grundstück und Haus (abzüglich zu erzielendem Restwert) beschränkt sind, hatte der BGH bisher nicht zu entscheiden.

VI. Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden 1. Abstimmungsverhalten und SatzungsbeschluB Haben mehr als die erforderliche Zahl von Gemeinderatsmitgliedern für den Erlaß des fehlerhaften Bebauungsplanes gestimmt, so besteht die Möglichkeit, daß sich einzelne Gemeinderatsmitglieder darauf berufen, daß ihr Abstimmungsverhalten nicht kausal war für den gefaßten Beschluß, da dieser auch dann zustandegekommen wäre, wenn sie dagegen gestimmt hätten. Wollte man diesen Einwand der mangelnden Kausalität der einzelnen Stimmabgabe für den Erlaß des Bebauungsplanes (und letztlich im weiteren Verlauf für den eingetretenen Schaden) gelten lassen, so hätte dies im Ergebnis die Konsequenz, daß mangels Zurechnungssubjekt der Amtshaftungsanspruch nicht realisierbar wäre. Es würde somit die nicht akzeptierbare Situation entstehen, daß, wenn genau die für die Beschlußfassung erforderliche Anzahl von Gemeinderatsmitgliedern fehlerhaft abgestimmt hat, Amtshaftungsansprüche gegeben wären, dies jedoch nicht der Fall wäre, wenn mehr als die erforderliche Mehrheit oder sogar alle Gemeinderatsmitglieder für den Erlaß des Bebauungsplanes gestimmt hätten. Die im Strafrecht für die Lösung der Fälle zusammentreffender Tatbeiträge entwickelten Grundsätze zur alternativen und kumulativen Kausalität354 helfen ist zu erläutern, daß das Landgericht Darmstadt im erstinstanzlichen Urteil (vom 30.01.1991, 9 Ο 611/89, nicht veröffentlicht) ausgeführt hat, daß der Erwerber eines Grundstückes, der einen Fehlschlag seiner Aufwendungen gerade dadurch vermieden hat, daß er zusätzliche Aufwendungen getätigt hat, um das Grundstück zu sanieren, so zu stellen ist, als hätte er die Sanierung nicht durchgeführt. Es sei also ebenfalls das negative Interesse, ermittelt anhand einer hypothetischen Schadensberechnung, zu ersetzen. Obergrenze dieses hypothetischen Schadens seien jedoch die Kosten einer umfassenden und angemessenen Sanierung, da ansonsten der Grundstückserwerber ungerechtfertigt bereichert wäre. 354

§13.

Vgl. hierzu Lenckner, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Rdnr. 82 f. vor

VI. Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden

149

nicht weiter. Während bei der alternativen Kausalität jeder Beitrag an sich bereits allein den Erfolg herbeigeführt hätte, ist es im Fall der kumulativen Kausalität das - unbeabsichtigte - Zusammentreffen verschiedener Beiträge, die nur wegen ihres Zusammenwirkens erfolgsursächlich werden; im Gegensatz zur Kollegialentscheidung ist hier jedoch der einzelne Beitrag gerade auch erforderlich, um den Erfolg herbeizuführen, dieser entfiele also, würde man den Teilbeitrag hinwegdenken. Richtig erscheint daher eine wertende Betrachtungsweise, die im Sinne einer modifizierten Äquivalenztheorie als kausal für die Beschlußfassung all die Bedingungen ansieht, die zwar für sich allein den Erfolg nicht herbeiführen, dies aber im gemeinsamen Zusammenwirken mit anderen Bedingungen tun, ohne jedoch für die Herbeiführung des Erfolges unabdingbar erforderlich zu sein355. Berücksichtigt man zudem, daß es im Sinne der objektivierten Betrachtungsweise für die Außenhaftung der Behörde einem Dritten gegenüber auf die Frage, welcher individuelle Amtsträger pflichtwidrig gehandelt hat, gar nicht ankommt, so reduziert sich die Problematik auf das Innenverhältnis zwischen der Gemeinde und dem von ihr in Regreß genommenen, den Beschluß über den fehlerhaften Bebauungsplan mittragenden Gemeinderatsmitglied. Da die Willensbildung eines kollegialen Organes nur einheitlich betrachtet werden kann, d.h. jedem Mitglied wird die Entscheidung des Organes als eigene zugerechnet356, obliegt es im Innenverhältnis dem überstimmten Gemeinderatsmitglied, sein von der Mehrheit abweichendes Stimmverhalten zu beweisen; zumindest im Falle einer geheimen Abstimmung wird ihm dieser „ E n t l a s t u n g s b e w e i s " allerdings nicht möglich sein357.

355

So auch Fetzer, Legislatives Unrecht, S. 112.

356

Soergel/Glaser, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 46 u. 68; kritisch Dagtoglou, Kollegialorgane und Kollegialakte, S. 127 ff.; ausfuhrlich zum Verhältnis des Willens der Mitglieder eines Kollegialorganes zum „Organwillen" Als eher, NJW 1972, 800 ff. 357

Grundsätzlich anderer Auffassung ist Schroer, NVwZ 1986, 449 (450 f.), der davon ausgeht, daß Ansprüche gegen einzelne Gemeinderatsmitglieder zwingend voraussetzen, daß ihnen ihre rechtswidrige Stimmabgabe nachgewiesen werden kann; da dieser Nachweis im Falle geheimer, nicht einstimmiger Abstimmung, gar nicht, bei offenen, nicht einstimmigen Abstimmungen in aller Regel im nachhinein nicht mehr geführt werden kann, werde ein Regreßanspruch nicht begründet und man könne den Mitgliedern des Gemeindesrates daher nur empfehlen in „brenzligen" Angelegenheiten für eine geheime Abstimmung Sorge zu tragen.

150

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

2. Gemeinderatsbeschluß und Schadenseintritt Vereinzelt wird die Kausalität eines Gemeinderatsbeschlusses fur einen eingetretenen Schaden ausnahmslos verneint, da den Gemeinderatsbeschlüssen keine unmittelbare Außenwirkung zukomme. Vielmehr könne insoweit ausschließlich die Nichtbeanstandung des rechtswidrigen Gemeinderatsbeschlusses durch den Hauptverwaltungsbeamten, der als vertretungsberechtigtes Organ die Beschlüsse nach außen zu vollziehen habe, als schadensursächlich gesehen werden358. Diese Ansicht kommt somit mangels Kausalität rechtswidriger Entscheidung des Rates in keinem Fall zu einer Amtshaftung von Mitgliedern des Gemeinderates und Amtshaftungsansprüche gegen die Gemeinde ließen sich letztlich nur mit der - hier bereits abgelehnten - Auffassung begründen, daß die Beanstandungspflicht des verwaltungsleitenden Organs eine drittbezogene Amtspflicht sei. Mit dieser Meinung wird jedoch die haftungsrechtliche Kausalität und materielle Verantwortlichkeit, die durch die Fassung des rechtswidrigen Gemeinderatsbeschlusses begründet worden ist, durch eine lediglich kompetenzrechtliche Zuständigkeitsregel der Umsetzung eines Beschlusses, in unzulässiger Weise verdrängt359. Der vom rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluß ausgehende Kausalitätsverlauf könnte allenfalls dadurch unterbrochen werden, daß der Pflichtwidrigkeit der unterlassenen Beanstandung dergestalt Bedeutung zukäme, daß die Pflichtwidrigkeit des Gemeinderates in ihrem Gewicht dahinter entscheidend zurücktritt; davon kann jedoch nicht ausgegangen werden360. Darüber hinaus geht die von der Vollzugskompetenz des Hauptverwaltungsbeamten ausgehende Theorie von vorneherein in den Fällen fehl, in denen die

358

Erlenkämper, NVwZ 1986, 989 (997); Schwer, NVwZ 1986, 449 (450); wohl auch Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 272, mit der Auffassung, daß mit der Verpflichtung, rechtswidrigen Gemeinderatsbeschlüssen zu widersprechen, die Verantwortung fur rechtswidrige Beschlüsse von der Gemeindevertretung auf das zur Beanstandung berufene Organ verlagert werde. 359

So auch Kosmider, NVwZ 1986,1000 (1000).

360

Steiner, in: Knemeyer (Hrsg.), Festschrift 75 Jahre Bayerischer Gemeindetag,

S. 205.

VII. Anspruchausschluß und Anspruchsminderung

151

Beschlüsse des Gemeinderates, wie etwa gerade bei Satzungen, keiner weitergehenden materiellen Umsetzung mehr bedürfen 361.

VII. Anspruchausschluß und Anspruchsminderung 1. Mitwirkendes Verschulden, § 254 BGB § 254 BGB, der grundsätzlich auch auf den Anspruch aus § 839 BGB anwendbar ist362 und keine selbständige Anspruchsgrundlage, sondern eine im Streitfalle vom Schädiger zu beweisende, jedoch von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung gegenüber dem Anspruch des Geschädigten darstellt, ist als Ausdruck des Grundsatzes von Treu und Glauben zu sehen, dem es widersprechen würde, wenn derjenige Geschädigte, der beim Eintritt oder der Vergrößerung des Schadens in vorwerfbarer Weise mitgewirkt hat, Ersatz seines vollen Schadens verlangen könnte363. Das insoweit zu prüfende Verschulden des Geschädigten bezieht sich darauf, daß er diejenige Sorgfalt außer acht läßt, die in der konkreten Situation von einem verständigen Menschen verlangt werden kann, um sich selbst vor Schaden zu bewahren; das Verschulden ist daher als „Verschulden gegen sich selbst", als Obliegenheitsverletzung zu sehen364. 361

Dörr/Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (934); Ipsen/Tettinger, munale Bauleitplanung, S. 62; Schink, DÖV 1988, 529 (533).

Altlasten und kom-

362

RGZ 105,115 (119); 156, 220 (239); BGHZ 68, 142 (151); 108,224 (230); Grunsky, in: Münchener Kommentar, § 254 Rdnr. 6; Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 5; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 32; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 73; Schock, JURA 1988,648 (651). 363

BGHZ 50, 112 (115); 56, 57 (65); 57, 137 (152); BGH, NJW 1982, 168 (168); BGHZ 34, 355 (363 f.) hebt hervor, daß derjenige, der (vollen) Ersatz fordere, sich zu seinemfrüheren Verhalten, nämlich der Tatsache, daß er „Mitschädiger" sei, in Widerspruch setze („venire contra factum proprium"). Alff, in: RGRK, § 254 Rdnr. 1; Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 2; Kuckuk, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 4; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 357; Henke, JuS 1988, 753 (753 f.). 364

BGHZ 3, 46 (49 f.); 9, 316 (318 f.); Alff, in: RGRK, § 254 Rdnr. 15 u. 39; Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 1; Grunsky, in: Münchener Kommentar, § 254 Rdnr. 2 u. 19; Kuckuk, in: Erman, § 254 Rdnr. 3, 20 f. u. 53; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 358; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 675 f.

1 5 2 C . Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

Dieses Verschulden muß für die Schädigung mitursächlich im Sinne der Adäquanztheorie gewesen sein und darüber hinaus muß die verletzte Obliegenheit im Sinne der bereits erläuterten Schutznormtheorie gerade auch den Zweck gehabt haben, einen Schaden der eingetretenen Art zu verhindern365. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs bestimmt sich sodann zum einen und vorrangig gerade nach dem Grad dieser Mitverursachung, zum anderen nach dem abzuwägenden Maß des beiderseitigen Verschuldens366. Dies erlaubt es, im Streitfall alle Umstände des Einzelfalles wertend zu berücksichtigen und gestützt auf § 287 ZPO eine flexible Schadensersatzregelung zu treffen auch dergestalt, daß die Schadensersatzpflicht vollständig entfallt. In den Altlastenfallen kommt grundsätzlich ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten dann in Betracht, wenn er einen Kenntnisstand hatte, der einen verständigen Menschen veranlassen würde, das überplante Gelände nicht zu überbauen bzw. bei diesem Bedenken hinsichtlich einer gefahrlosen Überbauung hervorrufen müßte367. Auch wenn der Bürger sich grundsätzlich auf die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns verlassen darf und ihm auch nicht vorgeworfen werden kann, daß er Rückschlüsse nicht gezogen hat, die auch die mit der Sache befaßten Beamten nicht gezogen haben368, darf er sich doch nicht blind auf das Handeln der Be365

BGHZ 96, 98 (101); Grunsky, in: Münchener Kommentar, § 254 Rdnr. 20; Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 15; Kuckuk, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254, Rdnr. 22; Soergel/Mertens, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 33; Staudinger/Medicus, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 66 f. 366

RGZ 69, 57 (59); 169, 84 (95); BGH, NJW 1963, 1147 (1149); 1969, 789 (790); BGH, VersR 1988, 1238 (1239); Grunsky, in: Münchener Kommentar, § 254 Rdnr. 60 f.; Heinrichs, in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 46 f.; Kuckuk, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254, Rdnr. 86 f.; Soergel/Mertens, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 111 f.; Staudinger/Medicus, Bürgerliches Gesetzbuch, § 254 Rdnr. 91 ff. u. 100 ff.; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 363; Larenz, Schuldrecht, Band 1, S. 549 ff.; Medicus, Schuldrecht I, Rdnr. 683. 367

Vgl. BGHZ 108, 224 (229 f.), wo der verweisende BGH ausdrücklich den Tatrichter darauf hinweist, daß die den Geschädigten bekannte frühere Nutzung des überplanten Grundstückes als Deponie, möglicherweise zur Kürzung ihrer Ansprüche gemäß § 254 BGB fuhren könne; zustimmend Raeschke-Kessler, DVBl 1992, 683 (686). 368

BGHZ 15, 305 (315); 108, 224 (230); Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 321; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 359; Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, Rdnr. 535; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 79.

VII. Anspruchausschluß und Anspruchsminderung

153

hörde verlassen und damit vor etwaigen eigenen, durch Tatsachen begründeten Bedenken die Augen verschließen in der Hoffnung, „es werde schon alles gutgehen". Dabei ist zu bedenken, daß es bei der Überplanung von Altlasten um die überragenden Rechtsgüter Leben und Gesundheit geht, was nicht nur zu weitgehenden Verpflichtungen der Gemeinde führt, sondern in gleicher Weise auch den Maßstab beeinflußt, der bei der Frage zugrundezulegen ist, wann dem Geschädigten ein „Verschulden gegen sich selbst" vorgeworfen werden kann. Bedeutung kommt auch der Tatsache zu, daß das Problembewußtsein bezüglich Altlasten generell in der Bevölkerung gewachsen ist, was zwar nicht dazu führt, daß an den Bürger höhere Anforderungen als an die Gemeinde gestellt werden können, jedoch dazu, daß sich ein Bürger sicherlich nicht mehr darauf berufen kann (und dies unabhängig von einer etwaigen „Altlastenklausel" in seinem Grundstückskaufvertrag), von der Möglichkeit gesundheitsgefährdender Bodenkontamination noch nie etwas gehört zu haben. Typischer Anwendungsfall des § 254 BGB wird daher in der Praxis der Fall sein, daß der Bürger aufgrund bestimmter Tatsachen einen Anfangsverdacht in bezug auf Altlasten hat (haben müßte), jedoch weder eigene Nachforschungen anstellt, noch die Gemeinde informiert, vielmehr die Möglichkeit einer Gesundheitsgefahrdung „verdrängt". Auf jeden Fall wird man es grundsätzlich für die Exkulpation des Bürgers ausreichend sein lassen müssen, wenn er den Planungsträger über seine Bedenken, etwa weil er Kenntnis vom Vorhandensein einer ehemaligen Deponie hat, umfassend informiert, seine Bedenken jedoch von der Gemeinde als nicht durchschlagend gewertet wurden und daher unberücksichtigt bleiben369. Eine Exkulpation kommt dann nicht in Frage, wenn der Bürger positive Kenntnis von einer Gifistofïbelastung des Grundstückes hat und davon, daß möglicherweise Gesundheitsbeeinträchtigungen eintreten können; ein schutz369

Nicht gefolgt werden kann Ossenbühl, DÖV 1992, 761 (769), der bei positiver Kenntnis von einer Deponie ein i.d.R. zum Ausschluß des Anspruchs führendes Mitverschulden sieht. Dabei wird übersehen, daß nicht von jeder Deponie zwingend eine Gesundheitsgefahrdung auszugehen braucht, alleine eine (mögliche) Gesundheitsgefahrdung aber Anknüpfungspunkt für die Frage eines Mitverschuldens sein muß. Henkel, in: Brandt, Altlasten, S. 165 und Schink, NJW 1990, 351 (357), nehmen ein anspruchsminderndes Verschulden nach § 254 BGB dann an, wenn der Geschädigte von der Bodenkontamination Kenntnis hatte.

154

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

würdiges Vertrauen in den Bebauungsplan kann hier von vorneherein nicht begründet werden 370.

2. Nichteinlegung eines Rechtsmittels, § 839 Abs. 3 BGB a) Verhältnis

des § 839 Abs. 3 zu § 254 BGB

§ 839 Abs. 3 BGB ist dem Grunde nach ein Fall mitwirkenden Verschuldens nach § 254 BGB, ermöglicht jedoch im Gegensatz zur flexiblen, eine Abwägung erfordernden, Regelung des § 254 BGB keine differenzierte Betrachtungsweise, schließt vielmehr als Folge des mitwirkenden Verschuldens, welches darin zu sehen ist, daß der Geschädigte es in vorwerfbarer Weise unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels371 abzuwenden, den Amtshaftungsanspruch aus372.

370

Vgl. in diesem Zusammenhang die Entscheidung BGHZ 117, 363 (371 ff.), in der der BGH ausführte, daß das Verhalten eines Bauträgers, der in positiver Kenntnis von der Giftstoffbelastung eines Grundstückes, dieses unter Verschweigen seines Wissensstandes an Dritte veräußerte, sich seinerseits jedoch, wegen der Freistellung von Ansprüchen seiner Käufer, der Gemeinde gegenüber auf sein Vertrauen in den Bebauungsplan berief, nicht etwa unter dem Gesichtpunkt des § 254 BGB zu sehen ist, vielmehr die objektive Reichweite des durch die Amtshaftung gewährten Schutzes betreffe; ein Fall des § 254 BGB läge demgegenüber vor, soweit der Bauträger lediglich um die frühere Deponie, nicht jedoch von der Giftstoffbelastung gewußt habe; zustimmend Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275 (2277). Zu weitgehend Ewer/Schäfer, BB 1991, 709 (712), die den Amtshaftungsanspruch ausschließen oder über § 254 BGB auf Null reduzieren wollen, wenn der Eigentümer, Erwerber oder Bauherr positive Kenntnis davon hat, daß die Gemeinde auf Bodenuntersuchungen verzichtet hat. Hier wird verkannt, daß weder ein schuldhaftes Verhalten der Gemeinde, noch des Anspruchsstellers vorliegt, wenn es keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Kontamination gab. 371

Der Begriff des Rechtsmittels ist weit zu fassen, so daß nicht nur förmliche Rechtsbehelfe, wie Widerspruch und Klage, sondern auch Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen und auch die Dienstaufsichtsbeschwerde, BGHZ 28, 104 (106), darunter fallen, nicht jedoch die Verfassungsbeschwerde, BGHZ 30,19 (28). 372

BGH, NJW 1958, 1532 (1533); Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 9; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 463; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 669; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 490; Schock, JURA 1988, 648 (649).

VII. Anspruchausschluß und Anspruchsminderung

155

Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 839 Abs. 3 BGB vor, so ist fur die Anwendung des § 254 BGB kein Raum mehr, lediglich wenn dies nicht der Fall ist, bleibt § 254 BGB anwendbar373. Sinn und Zweck des § 839 Abs. 3 BGB, der ursprünglich, vor der Haftungsübernahme durch den Staat, im Schutz des leistungsschwachen Beamten zu sehen war, liegt heute zum einen darin, daß, wie bei § 254 BGB derjenige, der seinen eigenen Angelegenheiten nicht in einer zumutbaren Weise nachkommt, unter dem Blickwinkel des § 242 BGB grundsätzlich keinen Schutz verdient. Auch die Nichteinlegung eines Rechtsmittels ist daher als ein Fall des „Verschuldens gegen sich selbst" zu sehen. Zum anderen kommt noch eine objektiv-rechtliche Komponente dazu, die im Vorrang des Primärrechtsschutzes gegen den belastenden staatlichen Akt gegenüber dem auf Schadensersatz gerichteten Sekundärrechtsschutz zu sehen ist; dem Betroffenen steht insoweit kein Wahlrecht zu, der für rechtmäßige hoheitliche Eingriffsakte geltende Satz „Dulde und Liquidiere" kann hier keine Geltung beanspruchen374.

373

Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 536; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, Rdnr. 355 u. 463; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 81; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 669; Medicus, Schuldrecht II, Rdnr. 921; zur Frage der Anwendbarkeit des § 839 Abs. 3 BGB, wenn ein Rechtsmittel nur dazu geeignet ist, den Schaden zu mindern, nicht jedoch ihn vollständig abzuwenden, vgl. einerseits BGH, NJW 1986, 1924, andererseits Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34, Rdnr. 311; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 288; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 77. 374

BGHZ 98, 85 (91 f.); 113, 17 (22); Küchenhoff, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 89; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 285; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 73; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 671; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 32; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 76; Schoch, JURA 1988, 648 (650); Stangl, JuS 1993, 280 (282); vgl. auch BVerfG 58, 300 (324), wonach derjenige, der einen Eingriffsakt unanfechtbar werden läßt, wegen des von ihm selbst herbeigeführten Rechtsverlustes keine Entschädigung verlangen kann.

156

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes b) Verschweigen

eines Altlastenverdachtes

der Bürgerbeteiligung

im Rahmen

nach § 3 BauGB

Zufragen ist, ob demjenigen, der Kenntnis von einer Bodenkontamination, oder aber aufgrund ihm bekannter Tatsachen einen entsprechenden Verdacht hat, jedoch davon absieht, seine Erkenntnisse im Rahmen der Bürgerbeteiligung einzubringen, im Falle seiner Schädigung durch überplante Altlasten § 839 Abs. 3 BGB entgegengehalten werden kann. Da die Bürgerbeteiligung gerade dazu dient, Anregungen und Bedenken aufzunehmen, die möglicherweise die bisher beabsichtigte Planung beeinflussen können, ist es grundsätzlich auch möglich, daß eingebrachte Bedenken zur Änderung oder Aufgabe der Planung fuhren. Daß es sich insoweit nicht um einen förmlichen Rechtsbehelf handelt, ist unbeachtlich. „Rechtsmittel" i.S.d. § 839 Abs. 3 BGB sind „alle Rechtsbehelfe, die sich gegen die eine Amtspflichtverletzung darstellende Handlung oder Unterlassung richten und sowohl deren Beseitigung oder Berichtigung als auch die Abwendung des Schadens zum Ziel haben und herbeizuführen geeignet sind"375. Es sind demnach nicht nur alle förmlichen Rechtsbehelfe (also insbesondere Widerspruch und Klage) erfaßt, sondern auch nichtförmliche „Beschwerden" aller Art einschließlich einer einfachen Gegendarstellung; rein zweckgerichtet betrachtet, letztendlich jeder „Antrag" an ein staatliches Organ, etwas Bestimmtes zu tun oder zu unterlassen376. Entscheidend ist, daß das unterlassene Tun geeignet gewesen wäre, die Behörde zu einem Verhalten zu veranlassen, das nicht zu dem eingetretenen Schaden geführt hätte. Ob davon ausgegangen werden kann, bestimmt sich danach, wie nach der Auffassung des über den Ersatzanspruch zu befindenden Gerichtes richtigerweise von der Behörde hätte entschieden werden müssen377. 375

BGHZ 28,104 (106).

376

Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 529 f.; Kückenkoff, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 90; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 286; Staudinger/Schäfer,bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 468 ff.; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 73 f.; kritisch zur Ausweitung des Rechtsmittelbegriffes Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 306; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 78; Schock, JURA 1988, 648 (650) spricht von einer „uferlosen Ausdehnung" und versteht unter „Rechtsmittel" i.S.d. § 839 Abs. 3 BGB nur die förmlichen Rechtsbehelfe der Prozeßordnungen. 377

BGH, NJW 1986, 1924 (1925); Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34, Rdnr. 306; Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 534; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches

VII. Anspruchausschluß und Anspruchsminderung

157

Nach diesen Ausführungen ist es zwarrichtiganzunehmen, daß der Hinweis des späteren Geschädigten auf eine (vermutete) Kontamination des zu überplanenden Gebietes dazu geführt hätte, daß die Gemeinde weitergehende Aufklärung hinsichtlich einer Schadstoffbelastung betrieben und sodann ggf. von einer Überplanung Abstand genommen hätte. Jedoch ist, angesichts der starren Regelung des § 839 Abs. 3 BGB, des „Alks oder Nichts" Gedankens, eine über die Ausweitung des Rechtsmittelbegriffs hinausgehende auch extensive Auslegung der Frage, wogegen sich das Rechtsmittel zurichtenhat, dergestalt, daß auch Unterlassungen erfaßt werden, bevor es überhaupt zu der Amtspflichten verletzenden Handlung gekommen ist, nicht vertretbar. Grundvoraussetzung der Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB ist es daher, daß eine Amtspflichtverletzung bereits erfolgt ist378. Darüber hinaus erfordert die Beantwortung der Frage, ob dem seine Erkenntnisse nicht einbringenden Bürger dies im Schadensfalle als „Verschulden gegen sich selbst" vorgeworfen werden kann, eine Abwägung sämtlicher Gesichtspunkte des konkreten Falles. Die demzufolge differenzierte Betrachtungsweise muß auch eine flexible, wertende Entscheidung hinsichtlich des Schadensersatzes zur Folge haben; dies ist jedoch das typische Anwendungsfeld des § 254 BGB379.

Gesetzbuch, § 839, Rdnr. 476; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 77; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 676. 378

So auch BGH, VersR 1982, 953 (954); Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 467, wonach die Unterlassung eines Hinweises auf eine erst zu befürchtende Amtspflichtverletzung nur nach § 254 BGB beurteilt werden kann. Nach Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 674 stehen alle diejenigen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten außerhalb des Anwendungsbereiches des § 839 Abs. 3 BGB, die einer gerichtlichen oder behördlichen Überprüfung nicht die amtspflichtwidrige Handlung oder Unterlassung als solche zuführen, sondern die vielmehr in anderer Weise geeignet sind, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. 379

A.A., die grundsätzliche Anwendung des § 839 BGB bejahend, Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 170; Schink, DÖV 1988, 529 (538).

158

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes 3. Anderweite Ersatzmöglichkeit, § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB a) Die Subsidiaritätsklausel

Bei fahrlässigem Handeln ist auf die „Subsidiaritätsklausel" des § 839 Abs. 1 ÌSatz 2 BGB hinzuweisen. Diesem, im Streitfall vom Kläger zu beweisenden negativen Tatbestandsmerkmal380, welches vielfach, da sein ursprünglicher Zweck, dem Schutz des persönlich haftenden Beamten zu dienen, wegen der staatlichen Haftungsübernahme nicht mehr greift, als „antiquiert" bezeichnet wird 381 , werden von der Rechtsprechung zunehmend enge Grenzen gesetzt, indem sie nicht mehr die abstrakte Möglichkeit anderweiten vertraglich oder gesetzlich begründeten Ersatzes genügen läßt, sondern darauf abstellt, ob der Ersatzanspruch des Verletzten gegen den Dritten den Zweck hat, den Schädiger endgültig auf Kosten des Dritten zu entlasten382. Solange eine anderweitige Ersatzmöglichkeit ernsthaft in Betracht kommt, ist eine Amtshaftungsklage unschlüssig, eine entsprechende Klage als „zur Zeit unbegründet" zurückzuwei-

380

BGHZ 37, 376 (377); 121, 65 (71); Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 597; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 63 f.; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 272; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 407 f. 381

So Scheuner, DÖV 1955, 545 (548); auch BGHZ 42, 176 (181) greift diesen Gedanken auf, weist aber daraufhin, daß eine Änderung nicht durch Richterrecht, sondern nur durch das Gesetz herbeigeführt werden könne. Des weiteren Schoch, JURA 1988, 648 (648), der zudem anführt, daß die Vorschrift in den Fällen der Eigenhaftung des Beamten sowie bei spezialgesetzlichem Ausschluß der Amtshaftung Bedeutung habe und auch dem Beamten (mittelbar) beim Innenregreß zugute komme (vgl. Art. 34 Satz 2 GG). Kritisch auch Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 260 ff.; vgl. des weiteren zu Sinn und Zweck der Subsidiaritätsklausel Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 487 ff.; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 255 ff.; Staudinger/ Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 367 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 30; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 64 f. u. 71 ff. 382

BGH, NJW 1974,1767 (1767); 1978, 495 (495); vgl. zu den vom BGH im Wege der teleologischen Reduktion vom Verweisungsprivileg ausgenommenen Fallgruppen BGHZ 79, 26 (33 ff.); 85, 230 (232 ff.); Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 370 ff.; Krohn, VersR 1991, 1085 (1088); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rdnr. 31; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 66 ff.; Schoch, JURA 1988, 648 (648 f.); nach Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 256, 266 ff., ist „diese Methode einer fall- und etappenweisen Aufgabe des Haftungsprivileges mittlerweile untragbar geworden".

VII. Anspruchausschluß und Anspruchsminderung

159

sen383. Dies bedeutet auch, daß die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs erst mit der Kenntnis des Geschädigten beginnt, daß er auf andere Weise keinen Ersatz erlangen kann, oder in dem Zeitpunkt, in dem er im Prozeßwege oder auf andere Weise sich hinreichende Klarheit verschaffen konnte, ob und in welcher Höhe ihm ein Ersatzanspruch zusteht384. (Andererseits kann der Geschädigte sich zur Begründung eines späteren Beginns der Verjährung nicht auf solche Umstände berufen, die ihn an der Erhebung der Amtshaftungsklage tatsächlich in keiner Weise gehindert haben385.) Keine anderweitige Ersatzmöglichkeit bilden Ansprüche, die, gleich aus welchem Rechtsgrund, sich aus demselben Sachverhalt ergeben und gegen eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft geltend gemacht werden, da insoweit das Prinzip der „wirtschaftlichen Einheit der öffentlichen Hand" gilt und verhindert werden soll, daß der Geschädigte von einer Stelle der öffentlichen Hand zur anderen verwiesen wird 386.

b) Amtshaftung und vertragliche

Ansprüche

In den Altlastenfallen kommt die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB vor allem unter dem Gesichtspunkt vertraglicher Ansprüche in Betracht, 383

Daher stellt sich auch kein Rechtskraftproblem, wenn der Geschädigte nach unverschuldetem Wegfall der anderweiten Ersatzmöglichkeit erneut Klage erhebt, BGHZ 37, 375 (377 ff.). 384

BGHZ 102, 246 (249 ff.); 121, 65 (71); hinsichtlich der Unterbrechung der Verjährung ist der BGH von seinerfrüheren Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, BauR 1979, 44 (46 f.), daß eine Unterbrechung durch Rechtshängigkeit nach § 209 BGB nur durch die gerichtliche Geltendmachung des Amtshaftungsanspruchs erreicht werden kann, nicht jedoch durch ein Verwaltungsstreitverfahren über den dem Schaden zugrunde liegenden Verwaltungsakt, mittlerweile abgerückt und läßt Widerspruch und verwaltungsgerichtliche Klage gegen den Verwaltungsakt die Verjährung unterbrechen, vgl. BGHZ 95,238 (242 ff.). Dem liegt der Gedanke des Vorrangs des Primärrechtsschutzes zugrunde, sowie die Tatsache, daß dem Bürger keine zwei Parallelprozesse zugemutet werden sollen. 385 386

BGHZ 121,65 (73).

BGHZ (GrZS) 13, 88 (102, 105); BGH, NJW 1983, 627; Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34, Rdnr. 270 ff.; Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 503; Sta udinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 394 ff.; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 56; Bender, Staatshaftungsrecht, Rdnr. 619; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 69.

160

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

die dem geschädigten Grundstückserwerber gegen den Veräußerer des Grundstückes zustehen387. Diese Gewährleistungsansprüche ergeben sich daraus, daß die Bodenkontamination eines Grundstückes als „Fehler" im Sinne der §§ 459 ff. BGB zu sehen ist, da der tatsächliche Zustand des Grundstückes von demjenigen abweicht, den die Vertragsparteien bei Abschluß des Kaufvertrages übereinstimmend vorausgesetzt haben und diese Abweichung die Eignung zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch beseitigt bzw. erheblich herabsetzt388. Sofern es dem Erwerber jedoch nicht gelingt, den Nachweis zu fuhren, daß der Veräußerer die Kontamination arglistig verschwiegen hat (mit der Folge, daß die allgemeine dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB greift), wobei von einem arglistigen Verschweigen schon dann ausgegangen werden kann, wenn der Verkäufer einen Fehler für möglich hält, damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß der Vertragspartner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte389, greift die kurze, einjährige Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 BGB. Gewährleistungsansprüche werden daher in der Praxis zu einem Ausschluß der Amtshaftung nur dann führen, wenn der Geschädigte die Verjährungsfrist zur Geltendmachung dieser Ansprüche schuldhaft versäumt hat390. Überwiegend werden Grundstückskaufverträge für Baugrundstücke heute mit Haftungsausschlußklauseln in bezug auf Altlasten abgeschlossen391.

387 Zu den (wenig erfolgversprechenden) Schadensersatzansprüchen des durch Altlasten geschädigten Grundstückseigentümers gemäß §§ 823, 249, 842 BGB (wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht) gegen den Verursacher der Kontamination siehe Michel, Grundstückserwerb und Altlasten, S. 60 ff.; Reuter, BB 1988, 497 (500 f.). 388

Allgemein zum Fehlerbegriff der §§ 459 ff. BGB Putzo, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 459 Rdnr. 8 ff. und in bezug auf Altlasten Knoche, NJW 1995, 1985 (1986 ff.). Vgl. auch BGHZ 117, 363 (369), wonach die bloße Eigenschaft eines Areals als ehemalige Mülldeponie für sich allein genommen einen Offenbarungspflichtigen Mangel der Kaufsache darstellt, sowie BGH, NJW 1991, 2900 (2901), wonach die frühere Verwendung als „wilde Müllkippe" bei Baugrundstücken als ein Fehler i.S.d. §§ 459 ff. BGB zu werten ist. Generell zu den Ansprüchen des Erwerbers eines kontaminierten Grundstückes gegen den Voreigentümer Michel, Grundstückserwerb und Altlasten, S. 32 ff.; Reuter, BB 1988, 497 (497 ff.). 389 390

BGHZ 109, 327 (332 f.); 117, 363 (368).

Zur Versäumungfrüherer Ersatzmöglichkeiten durch Verjährenlassen des Ersatzanspruches siehe RGZ 145, 56 (68 ff.); BGH, BB 1992, 950 (951).

VII. Anspruchausschluß und Anspruchsminderung

161

Zwar begibt sich der Erwerber damit der Möglichkeit, Ansprüche gegen den Veräußerer wegen etwaiger Altlasten geltend zu machen, jedoch kann ihm dies, sofern er Amtshaftungsansprüche gegen die Gemeinde wegen der Überplanung von Altlasten geltend macht, nicht im Rahmen des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegengehalten werden. Denn der Gewährleistungsverzicht findet seine Grundlage im Vertrauen auf die ordnungsgemäße Aufstellung und den ordnungsgemäßen Erlaß des Bebauungsplanes, ist also wiederum gerade durch die Amtspflichtverletzung der plangebenden Gemeinde verursacht392. Praktische Bedeutung kommt dem Verweisungsprivileg jedoch für den Amtshaftungsanspruch eines Mieters zu, der eine Wohnung oder ein Haus auf dem altlastenbehafteten Grundstück angemietet hat. Da Altlasten, sofern sie zu einer Gesundheitsgefahrdung fuhren können, eine für den Mieter nachteilige erhebliche Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich geschuldeten Zustand darstellen und die Tauglichkeit der Mietsache zum von den Vertragsparteien vorausgesetzten Zweck ausgeschlossen oder stark gemindert ist, folglich einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB darstellen393, steht dem Mieter in diesen Fällen der verschuldensunabhängige und weitgehende Garantiehaftungsanspruch des § 538 Abs. 1 BGB gegen den Vermieter zu. Hierauf muß sich im Falle nur fahrlässiger Altlastenüberplanung ein geschädigter Mieter verweisen lassen394. Sowohl im Falle verjährter Ansprüche gegen Dritte als auch im Falle der Ansprüche gegen den Vermieter ist jedoch Grundvoraussetzung des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, daß die Ansprüche, auf die verwiesen wird, auch tatsächlich in zumutbarer Weise realisierbar gewesen wären bzw. in zumutbarer Weise und angemessener Zeit realisierbar sind. Das ist u.U. z.B. dann nicht der Fall, wenn 391

Zunehmend finden sich auch dezidierte Altlastenregelungen, um zu einer angemessenen Risikoverteilung zu gelangen, wenn sich wider Erwarten eine Bodenkontamination, insbesondere im Zuge der Bauarbeiten, herausstellen sollte. Dem Käufer werden unterschiedliche Rechte, von einer Sanierungskostenbeteiligung des Veräußerers bis hin zum Rücktritt vom Vertrag eingeräumt. 392

BGHZ 106, 323 (335 f.); Boujong, WiVerw 1991, 59 (90); Dörr/Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (936). 393

Allgemein zum Fehlerbegriff der §§ 537 ff. BGB Putzo, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 537 Rdnr. 12 ff., sowie in bezug auf Altlasten, Leinemann, NVwZ 1992, 146 (147). 394

Bielfeldt, DÖV 1989, 67 (72); Henkel in: Brandt, Altlasten, S. 164; Leinemann, NVwZ 1992, 146 (147 f.). 11 Kühn

C. Die Amtshaftung wegen des Erlasses eines Bebauungsplanes

162

der Anspruchsgegner (derzeit) wirtschaftlich nicht leistungsfähig, tatsächlich nicht erreichbar oder aber die Sach- und Rechtslage unklar ist. Die Grenze dessen, was dem Geschädigten in diesen Fällen zumutbar ist, bzw. gewesen wäre, läßt sich nur im Einzelfall bestimmen395.

4. §§ 214; 215 BauGB stehen Amtshaftungsanspruch nicht entgegen §§ 214 Abs. 3 Satz 2 und 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, auf die an späterer Stelle noch näher einzugehen sein wird, gehen trotz Mängel im Abwägungsvorgang von der Gültigkeit des Bebauungsplanes aus, sofern diese Mängel nicht offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind bzw. Abwägungsmängel aller Art nicht innerhalb von 7 Jahren nach Bekanntmachung des Bebauungsplanes gegenüber der Gemeinde gerügt worden sind. Dieser bauplanungsrechtlichen Unbeachtlichkeit werden von der Rechtsprechung keine Auswirkungen auf durch Fehler im Rahmen der Planaufstellung begründete Amtshaftungsansprüche beigemessen396. Dem wird in der Literatur entgegengehalten, daß die Unbeachtlichkeitserklärung bestimmter Fehler im Gesetz nichts anderes heißen solle, als daß niemand aus diesen Planungsfehlern Rechte herleiten können soll, die der Sache nach eine Unbeachtlichkeit des Bebauungsplanes implizieren. Auch wenn nicht verkannt werde, daß durch die Unbeachtlichkeit bestimmter Planungsfehler fur die Wirksamkeit eines Bebauungsplanes, diese Planungsfehler und dadurch entstandene Amtshaftungsansprüche nicht beseitigt werden, so würde es doch einen Verstoß gegen die Einheit der Rechtsordnung bedeuten, wenn auf der einen Seite im verwaltungsgerichtlichen Verfahren solche Planungsfehler unbeacht-

395

BGH, NJW 1981, 675 (676); 1993, 1647 (1647 f.); Dagtoglou,, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 285 ff.; Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 504 f.; Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 273; Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 401 ff. u. 411; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 70. 396

OLG Hamm, VersR 1987, 1044 und NVwZ 1988, 762 (763); BGHZ 109, 380 (387 f.) stellt klar, daß es generell fur die Zubilligung von Amtshaftungsansprüchen nicht darauf ankomme, ob die den Amtshaftungsanspruch begründende Verletzung von Normen im Planaufstellungsverfahren zur Nichtigkeit des Bebauungsplans geführt hat; zustimmend Boujong, WiVerw 1991, 59 (84).

VII. Anspruchausschluß und Anspruchsminderung

163

lieh wären, diese aber andererseits in Amtshaftungsverfahren vor den Zivilgerichten Bedeutung erlangen sollten397. Diese Auffassung verkennt jedoch, daß der Sinn und Zweck der §§ 214 Abs. 3 Satz 2 und 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB darin liegt, die Bestandskraft von Bebauungsplänen zu erhöhen und damit der Rechtssicherheit zu dienen398. Wenn diese Vorschriften daher im Interesse der Planbetroffenen deren Vertrauen in die Wirksamkeit von Bebauungsplänen schützen sollen, wäre es nicht nachvollziehbar, den Planbetroffenen das Risiko eines Schadens aufzuerlegen, den sie gerade im Vertrauen auf den Bebauungsplan erleiden399. Der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung, will man ihm in diesem Zusammenhang überhaupt Bedeutung beimessen, ist eher geeignet, dieses Ergebnis, denn ein anderes mitzutragen. Im Falle des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist zusätzlich anzuführen, daß der entstandene Amtshaftungsanspruch nicht durch eine außerhalb der Verjährungsvorschrift des § 852 BGB getroffene Regelung entzogen werden kann400.

397

Ipsen/Tettinger,

Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 43.

398

Battis , in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, Vorb. §§ 214 - 216 Rdnr. 1; Cholewa, in: Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 214 Anm. 2 u. § 215 Anm. 4 b; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215 Rdnr. 9; Schmaltz , in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 214 Rdnr. 1. 399

So auch die Begründung des OLG Hamm, NVwZ 1988, 762 (763), das zusätzlich darauf hinweist, daß auch im Falle eines rechtswidrigen, aber bestandkräftigen Verwaltungsaktes Amtshaftungsansprüche nicht ausgeschlossen sind. Im Ergebnis ebenso Bielfeldt, DÖV 1989, 67 (69 f.); Dörr/Schönfelder, NVwZ 1989, 933 (935); Rehbinder, JuS 1989, 885 (889 f.); Stangl, JuS 1993, 280 (281). 400

11*

Darauf weist zu Recht Rehbinder, JuS 1989, 885 (890) hin.

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/ Nichtaufhebung eines Bebauungsplanes I. Amtspflichten nach Erlaß eines Bebauungsplanes? Wurde von der Gemeinde ein kontaminiertes Gelände überplant, so stellt sich die Frage, wie die Gemeinde zu verfahren hat, wenn sie nachträglich vom möglichen Vorhandensein von Altlasten erfahrt, bzw. die Schadstoffbelastung sogar zweifelsfrei feststeht. Hat die Gemeinde bei Aufstellung des Bebauungsplanes keinen Altlastenverdacht gehabt und mußte sie diesen auch nicht haben, so kann ihr insoweit zwar kein für eine Amtshaftung relevanter Vorwurf gemacht werden, doch möglicherweise kann ein solcher damit begründet werden, daß sie nach Aufkommen eines Kontaminationsverdachtes diesem nicht nachgegangen ist und auch nicht geprüft hat, ob die Aufrechterhaltung des Bebauungsplanes (mit unverändertem Inhalt) gerechtfertigt ist. Entscheidend ist, ob der Gemeinde dem Bürger gegenüber entsprechende drittgerichtete Amtspflichten obliegen. Doch auch, wenn der Bebauungsplan von Anfang an wegen der Überplanung gesundheitsgefährdender Bodenkontaminationen fehlerhaft war, ist zu erwägen, ob die Gemeinde einem Amtshaftungsanspruch ausgesetzt sein kann, wenn sie den fehlerhaften und nichtigen Bebauungsplan nicht (formlich) aufhebt.

I I . Keine fortlaufende Prüfungspflicht in bezug auf erlassene Bebauungspläne Die Gemeinden sind nicht verpflichtet, fortlaufend zu prüfen, ob sich die bei der Aufstellung der Bebauungspläne zugrunde gelegten Tatsachen geändert haben oder bereits zum damaligen Zeitpunkt unzutreffend waren. Auch eine gesetzliche Frist, innerhalb der eine entsprechende Prüfung vorzunehmen wäre, gibt es nicht.

II. Keine fortlaufende Prüfungspflicht

165

Daß die Frage nach etwaigen Veränderungen von Tatsachen routinemäßig nicht zu stellen ist, ist die konsequente Folge daraus, daß fur die Abwägung bei der Planaufstellung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Bebauungsplan maßgeblich ist (§214 Abs. 3 Satz 1 BauGB)1, die Planungsentscheidung auch eine Prognoseentscheidung ist und nicht dadurch falsch wird, daß sich bestimmte Umstände anders entwickeln, als dies vorhersehbar war. Auch würde unter Berücksichtigung der Vielzahl von Bebauungsplänen, gerade in größeren Gemeinden und Städten, sowie ihrer inhaltlichen Komplexität eine fortlaufende oder fristgebundene Überprüfung der Bebauungspläne einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand erfordern. Daher gilt auch hinsichtlich Altlasten, daß trotz fortentwickelten! Problembewußtsein und weitergehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, eine Überprüfung des Bebauungsplanes nur bei konkretem Verdacht erfolgen muß, daß entgegen vormaliger Annahme das überplante Gelände in gesundheitsgefährdender Weise kontaminiert ist oder eine bekannte Kontamination falsch gewürdigt wurde. Gleiches gilt auch dann, wenn ein Bebauungsplan aus anderen Gründen geändert wird: eine erneute Prüfpflicht hinsichtlich Altlasten besteht nur dann, wenn die Planänderung im Sachzusammenhang mit der Altlastenproblematik steht2. Unabhängig davon, daß keine Amtspflicht zur Überprüfung vorhandener Bebauungspläne ohne konkreten Altlastenhinweis besteht, ist den Städten und Gemeinden nachhaltig zu empfehlen, bestehende Bebauungspläne dahingehend zu überprüfen, ob bei ihrer Aufstellung im Rahmen der Abwägung die Altlastenproblematik ihrer Bedeutung entsprechend berücksichtigt worden ist, oder insoweit Abwägungsfehler mit der Folge vorliegen, daß die Grundlagen für einen Amtshaftungsanspruch geschaffen worden sind. Der damit und mit der eventuellen Änderung von Bebauungsplänen einhergehende Verwaltungsaufwand ist nicht nur unter dem - gewichtigen - Gesichtspunkt gerechtfertigt, daß damit möglicherweise, zumindest bei noch nicht vollzogenen Bebauungsplänen, gesundheitliche Schäden von den Bewohnern eines Plangebietes ferngehalten werden, sondern auch, weil die Kommunen dadurch einer sich aus Gesundheitsbeeinträchtigungen ergebenden Schadensersatzpflicht vorbeugen können. 1

Dies gilt, wie noch zu erörtern sein wird, im Regelfall jedenfalls für den Abwägungsvorgang. 2

Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 278.

166

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

Kritisches Hinterfragen desfrüheren Planungsverhaltens ist daher vor dem Hintergrund der weitreichenden Auswirkungen von Planungsfehlern in bezug auf Altlasten aus Gründen der Schadensprävention, aber auch der Schadensbegrenzung angezeigt.

I I I . Sofortmaßnahmen der Gemeinde bei Kontaminationsverdacht Ergibt sich, bei bestehendem Bebauungsplan, für die Gemeinde der begründete Verdacht des Vorliegens gesundheitsgefährdender Altlasten und der Ungültigkeit des Bebauungsplanes, so hat sie grundsätzlich die Amtspflicht, künftigen oder aktuellen Bewohnern des Plangebietes bzw. dort (künftig) arbeitenden Menschen gegenüber, bis zur endgültigen, möglicherweise erst durch zeitaufwendige Bodengutachten erreichbaren, Klärung der Frage, ob eine Nutzung bedenkenlos möglich ist, durch geeignete Sofortmaßmahmen den Rechtsschein des Bauen-"könnens" zu beseitigen3. Dies folgt daraus, daß nicht nur ausdrücklich gesetzlich normierte Pflichten Amtspflichten begründen können, diese sich vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt, daß den Behörden allgemein Fürsorgepflichten gegenüber den Bürgern obliegen, die Beamten damit „Helfer des Staatsbürgers" zu sein haben, „bei besonderen tatsächlichen Lagen und Verhältnissen" ergeben können. Aufklärungsund Belehrungspflichten sind (insbesondere unter dem Blickwinkel des Vertrauensschutzes) danach stets dann zu bejahen, wenn jemand aufgrund bestimmten behördlichen Verhaltens bestimmte Maßnahmen beabsichtigt oder bereits verwirklicht hat, aus denen ihm möglicherweise Schaden erwächst, und die Behörde den Schadenseintritt durch einen entsprechenden Hinweis u.U. verhindern kann4. 3

Bielenberg, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, Vorb. §§ 39-44 Rdnr. 87; Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 10 Rdnr. 23 f.; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 81. A.A. Kröner, ZfBR 1984, 20 (21), der eine Unterrichtungspflicht der Grundstückseigentümer durch die Gemeinde auch dann verneint, wenn die Gemeinde die Unwirksamkeit eines Bebauungsplanes kennt. 4

Dagtoglou, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 34 Rdnr. 132; Kreft, in: RGRK, § 839 Rdnr. 193 ff.; Küchenhojf, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 48; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 157; Schäfer, in: Staudinger/Schäfer, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 280; Soergel/Glaser, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rdnr. 111 u. 174; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839

III. Sofortmaßnahmen der Gemeinde bei Kontaminationsverdacht

167

1. Unterrichtung Dritter a) Bauaufsichtsbehörde

Erste Maßnahme sollte sein, die zuständige Bauaufsichtsbehörde von den neuen Erkenntnissen zu unterrichten, damit diese die Gefahr für die künftigen Bewohner des Plangebietes bei anhängigen oder noch einzureichenden Bauanträgen berücksichtigen, ggf. auch bereits erteilte Baugenehmigungen zurücknehmen bzw. angemessene bauordnungsrechtliche Verfügungen in Ansehung bereits vorhandener Bewohner erlassen kann.

b) Bewohner des Plangebietes/Bauwillige

Ob die Gemeinde vorhandene Bewohner bzw. ihr bekannte Bauwillige zum jetzigen Zeitpunkt in geeigneter Weise von ihrem Kontaminationsverdacht unterrichten muß, ist abhängig vom Grad der Erkenntnis hinsichtlich Art und Ausmaß von Altlasten, ihrer (vermuteten) Gefährlichkeit sowie der konkreten Nutzung des Geländes. Soweit die Gemeinde diesen Weg wählt, sind an die Unterrichtung Betroffener die gleichen Anforderungen zu stellen, wie sie ansonsten von der Rechtsprechung an behördliche Auskünfte gestellt werden, d.h. die Behörde muß richtig, klar, unmißverständlich, eindeutig und vollständig informieren 5, wobei die Überprüfung der Einhaltung dieser Kriterien vom Empfangerhorizont aus zu beurteilen ist, d.h., es kommt darauf an, wie der Betroffene die Auskunft auffassen und welche Vorstellungen sie bei ihm erwecken konnte. Angezeigt ist hier eine großzügige Informationspolitik; in Anbetracht der (möglicherweise) betroffenen hochrangigen Rechtsgüter sollte dem einzelnen Bürger die Möglichkeit eröffnet werden, für sich selbst weitergehende SchutzRdnr. 40; vgl. auch BGH, VersR 1965, 613 (614) u. 1966, 184 (184). Nach der Rechtsprechung des BGH verletzen die Mitarbeiter einer Baugenehmigungsbehörde drittgerichtete Amtspflichten, wenn sie einen Bauwilligen nicht auf Bedenken hinweisen, die gegen die Wirksamkeit eines Bebauungsplanes bestehen, BGH, WM 1978, 37 (37 f.); BauR 1987, 62 (65); VersR 1989, 959 (960). 5

BGH, BauR 1978, 473 (474) u. 1981, 61 (63 f.); BGH, NVwZ 1986, 76 (76 f.) u. 1987, 258 (259); BGHZ 121, 65 (69), st. Rspr.

168

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

maßnahmen zu ergreifen bzw. Konsequenzen zu ziehen, als die sachbefaßten Behörden sie derzeit für erforderlich halten.

2. Deklaratorischer Beschluß mit Hinweis auf Bedenken gegen die Gültigkeit des Bebauungsplanes Hat die Gemeinde einen begründeten Verdacht, jedoch (noch) keine Gewißheit dahingehend, daß der Bebauungsplan wegen einer Altlastenüberplanung nichtig ist, so kann sie einen einfachen Beschluß erlassen, der auf ihre Bedenken gegen die Gültigkeit des Bebauungsplanes hinweist6. Ein solcher Beschluß hat zwar keine Auswirkungen auf etwaige bereits entstandene Amtshaftungsansprüche, bewirkt jedoch, daß weitere Amtshaftungsansprüche insoweit nicht entstehen können, als ein Anspruchsteller geltend macht, er habe sich auf die Gültigkeit des Bebauungsplanes verlassen. Der Beschluß hat keinen konstitutiven, sondern deklaratorischen, hinweisenden Charakter, indem er ankündigt, daß der Bebauungsplan (bis auf weiteres) von der Gemeinde nicht mehr angewendet wird, bzw. die Gemeinde ihn etwaigen Stellungnahmen, die sie im Rahmen von Verwaltungsverfahren anderer Verwaltungsträger abzugeben hat, nicht mehr zugrunde legt. Er muß öffentlich bekanntgemacht und auch der Bauaufsichtbehörde, sofern dies nicht die Gemeinde selbst ist, mitgeteilt werden. Die Zulässigkeit eines solchen Beschlusses ergibt sich aus der Unsicherheit über die Gültigkeit des Bebauungsplanes bzw. einem etwaigen Erfordernis einer Änderung einerseits7, andererseits daraus, daß die Satzung zumindest den 6

Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 51; Boujong, WiVerw 1991, 59 (78). Dieser Beschluß ist zu unterscheiden von einem kontrovers diskutierten „Rücknahmebeschluß", mit dem die Gemeinde feststellen will, daß ein bestimmter Bebauungsplan nichtig sei, vgl. hierzu Hess.VGH, ZfBR 1987, 209 f.; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 12 Rdnr. 5 b; Geher, Bauplanungsrecht, Rdnr. 381 f.; Gierke , in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 161; derselbe, ZfBR 1985,14 (22). 7

Diese atypische Unsicherheit über die Behandlung einer Norm ist die Folge davon, daß, wie auch die Ausführungen zur „Grenzwerteproblematik" gezeigt haben, die Frage, wann eine gesundheitsgefährdende Kontamination vorliegt, oftmals erst dann beantwortet werden kann, wenn eine Beprobung des Geländes mit analytischer Laborauswertung

III. Sofortmaßnahmen der Gemeinde bei Kontaminationsverdacht

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Rechtsschein ihrer Gültigkeit entfaltet und Dritte sie ihren Entscheidungen oder auch Anträgen zugrundelegen. Wegen des lediglich deklaratorischen Charakters des gemeindlichen Beschlusses sind andere Behörden an diesen Beschluß nicht gebunden, können also ohne weiteres von der Gültigkeit des Bebauungsplanes ausgehen und ihn zur Grundlage ihrer Entscheidungen machen8. Der damit verbundene Zustand der eingeschränkten Rechtssicherheit9 verlangt, daß ein solcher Beschluß jedoch nur solange Bestand haben kann, bis Klarheit über eine gesundheitsgefährdende Kontamination des Plangebietes besteht. Die Gemeinde muß daher parallel zu diesem „Aussetzungsbeschluß" alles ihr obliegende in die Wege leiten, um unverzüglich eine abschließende Entscheidung über das weitere Schicksal des Bebauungsplanes treffen zu können.

3. Kennzeichnung, § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB a) Bei feststehender Altlast

Steht fest, daß der Boden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet ist, so kommt die Kennzeichnung der Fläche gemäß § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB in Betracht. Dies ist als schnelle Reaktion grundsätzlich möglich, da die Kennzeichnung nicht den normativen Teil des Bebauungsplanes betrifft, sondern lediglich eine Warn- und Hinweisfunktion hat; es bedarf daher keines Planänderungsverfahrens10. Wie an anderer Stelle bereits erläutert, ersetzt die Kennzeichnung nicht die weitere Sachaufklärung hinsichtlich des Vorhandenseins gesundheitsgefährdenstattgefunden hat und sodann eine Einigung der Beteiligten über die zugrundezulegenden Grenzwerte erzielt wurde. 8

Vgl. Bielenberg, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 51.

9

Diese ist allerdings für jedermann erkennbar und daher mit der nicht zulässigen stillschweigenden vorübergehenden ,Ausssetzung einer Norm durch ihre Nichtanwendung" nicht vergleichbar. 10

Anders Lenz, BauR 1987, 391 (392), der bei nachträglicher Kenntniserlangung von Altlasten mit Gefährdungscharakter die Verpflichtung der Gemeinde sieht, „im Wege der Planänderung" die Altlastenkennzeichnung vorzunehmen.

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D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

der Altlasten und, was in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung ist, die im Bebauungsplan ausgewiesene Nutzung muß trotz der Altlast möglich sein. Dies schränkt den Einsatz der Kennzeichnung als Sofortmaßnahme entscheidend ein, denn, da das Gesetz eine Kennzeichnung nur bei erheblicher Belastung vorsieht, bleibt als Anwendungsfall nur derjenige, daß zwar eine erhebliche Belastung feststeht, jedoch auch feststeht, daß diese nicht so erheblich ist, daß eine bebauungsplangerechte Nutzung ausscheidet. Genau das sind jedoch die Fragen, deren Beantwortung der Gemeinde erst nach weiteren Ermittlungen möglich ist.

b) Bei Altlastenverdacht

Nach dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB („belastet sind") ist eine Kennzeichnung nur dann vorzunehmen, wenn die erhebliche Belastung tatsächlich feststeht. Die Kennzeichnung von Altlastenverdachtsflächen ist demnach nach dieser Vorschrift nicht vorgeschrieben. Damit ist die Frage offen, ob die Gemeinde, wenn nicht die Pflicht, so doch das Recht hat, verdächtige Flächen zu kennzeichnen. Dies ist zu bejahen. Der Kennzeichnung kommt eine Warn- und Hinweisfunktion zu. Warnungen staatlicher Stellen vor den Bürger beeinträchtigenden Gefahrenlagen sind, weil sich aus der Verfassung selbst ergebend, auch ohne ausdrückliche einfachgesetzliche Fixierung zulässig. Der Staat braucht dabei nicht abzuwarten, bis eine Gefahr konkret feststeht, vielmehr hat er, insbesondere bei hohem Rang des zu schützenden Rechtsgutes, das Recht zur Warnung bereits beim begründeten Verdacht einer Gefahr 11. Die Gemeinde kann demnach Verdachtsflächen im Bebauungsplan kennzeichnen, soweit sie den begründeten Verdacht hat, daß die Nutzung des Geländes infolge vorhandener Bodenkontamination zur Gesundheitsgefahrdung führen kann.

11

Vgl. zur staatlichen Warnung vor Gefahren BVerwG, DVBL 1989, 997 ff. sowie Ossenbühl, ZHR 1991, 329 ff., der ausgehend von der Entscheidung des OLG Stuttgart, NJW 1990, 2690 (Warnung staatlicher Stellen vor Lebensmitteln) die sich daraus allgemein ergebenden staatshaftungsrechtlichen Probleme behandelt.

III. Sofortmaßnahmen der Gemeinde bei Kontaminationsverdacht

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Zwangsläufig ist mit dieser Kennzeichnung jedoch auch ein Nachteil für die betroffenen Grundstückseigentümer verbunden; deren Grundstücke werden, wenn sie überhaupt noch vermarktbar sind, nur unterhalb des Verkehrswertes für ein unbelastetes Grundstück zu veräußern sein. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es daher, daß die Gemeinde in der Kennzeichnung erläuternd deutlich macht, daß es sich lediglich um einen Verdacht der Kontamination handelt und worin konkret dieser Verdacht begründet ist. Auch muß die Gemeinde sich durch Einsatz der erforderlichen Aufklärungsmöglichkeiten unverzüglich Gewißheit verschaffen, ob tatsächlich eine gesundheitsgefährdende Kontamination vorliegt und bei negativem Ergebnis auch unverzüglich die Kennzeichnung entfernen, bei positivem Ergebnis die für den Bebauungsplan erforderlichen Konsequenzen ziehen12.

4. Veränderungssperre, § 14 ff. BauGB Die Gemeinde kann eine Aussetzung der Nutzung der altlastenverdächtigen Fläche solange, bis die Frage, ob eine gefahrlose Nutzung möglich ist, geklärt ist, auch durch den Erlaß einer Veränderungssperre erreichen13, wobei auf die Höchstgeltungsdauer von Veränderungssperren gemäß § 17 Abs. 1 u. 2 BauGB hinzuweisen ist. Der dazu erforderliche Beschluß, den bestehenden Bebauungsplan ganz oder teilweise (sofern der Kontaminationsverdacht sich nur auf einen bestimmten Teil des Plangebietes bezieht) zu ändern (vgl. § 14 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 4 BauGB), muß u.a. im Interesse eines schnellen Wirksamwerdens einer Veränderungssperre nicht vor dem Beschluß über die Veränderungssperre ortsüblich 12

Wie hier Gaentzsch, NVwZ 1990, 505 (506); Ewer/Schäfer, BB 1991, 709 (713); für die Möglichkeitfreiwilliger Kennzeichnung bei Altlastenverdacht auch Führen, in: Pfaff-Schley/Schimmelpfeng, Rüstungsaltlasten '92, S. 27; Söfker, UPR 1987,201 (205) sowie W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 5 Rdnr. 46, der die freiwillige Kennzeichnung aus der Abwägungsbeachtlichkeit des Altlastenbelanges herleitet. Kritisch Reuter, BB 1989, 874 (875), da die Kennzeichnung von Verdachtsflächen dem Zweck des Bebauungsplanes, langfristige Entwicklungsplanung zu sein, widerspräche, weil sich die Verdachtseinschätzungen laufend verändern könnten und damit ständig zu Änderungen des Bebauungsplanes zwingen würden. 13

Gaentzsch, NVwZ 1990, 505 (506); W. Schrödter, §2 Rdnr. 81.

in: Schrödter, Baugesetzbuch,

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D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

bekanntgemacht werden14. Daher bestehen auch keine Bedenken, daß der Änderungsbeschluß, dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 BauGB entsprechend, zwar vor dem Beschluß über die Veränderungssperre, jedoch in derselben Gemeinderatssitzung gefaßt wird15. Das regelmäßig beim Erlaß einer Veränderungssperre auftretende Problem, welches Mindestmaß an Konkretisierung des künftigen Planinhaltes feststehen muß16, stellt sich in diesem Zusammenhang insoweit nicht, als davon auszugehen ist, daß ein künftiger Planinhalt von den Grundzügen der gemeindlichen Planungsvorstellung, wie sie fur das zu beplanende Gebiet bisher bereits in einem Bebauungsplan festgelegt war, nicht grundsätzlich abweichen wird, die Gemeinde vielmehr, soweit dies nicht wegen Altlasten ausgeschlossen ist, an ihrer bisherigen Planungskonzeption festhalten wird. Die gebotene Konkretisierung, die weder zwingend innerhalb des Planaufstellungs- bzw. Planänderungsbeschlusses erfolgen muß, noch als Begründung der Veränderungssperre offengelegt zu werden braucht, ist damit jedenfalls in solcher Weise fixiert, daß die Gemeinde im Streitfalle einen entsprechenden Nachweis fuhren kann. Das Sicherungsbedürfhis der Gemeinde, eine Veränderungssperre zu erlassen17, liegt in der Notwendigkeit begründet, angesichts des Verdachts einer Bodenkontamination die Tragfähigkeit ihrer im Bebauungsplan festgelegten Pla14

BVerwG, BRS 49 Nr. 21, S. 45 f.; VGH Mannheim, BRS 47 Nr. 86, S. 226 f.; Bielenberg, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 11; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 18; Bargou, JuS 1982, 613 (616); Schenke, WiVerw 1994,253 (262). 15

BVerwG, BRS 49 Nr. 21, S. 45 f.; VGH Mannheim, BRS 47 Nr. 86, S. 226 f.; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 11; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 18; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/ Lohr, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 6; Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 10 Rdnr. 5; Schenke, WiVerw 1994,253 (262). 16

Vgl. hierzu BVerwG, NJW 1977, 400 (400 f.); BGH, ZfBR 1982,131 (132) unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung des BGH, vgl. z.B. BGHZ 58, 124 (128); Bielenberg, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 15 a; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 12 f.; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 12 Rdnr. 8; Schmaltz, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 7; Hauth, BauR 1989, 271 (278 ff.); Schenke, WiVerw 1994,253 (263 ff.). 17

Zum „Sicherungsbedürfhis" siehe BVerwG, NJW 1977, 400 (401 f.); Bielenberg, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 18; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 14 Rdnr. 21 f.; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 14 Rdnr. 9; Schenke, WiVerw 1994, 253 (267 ff.); Stelkens, ZfBR 1980,119 (120 f.).

III. Sofortmaßnahmen der Gemeinde bei Kontaminationsverdacht

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nungsziele festzustellen18. Ergibt sich vor Ablauf der in § 17 Abs. 1 u. 2 BauGB festgesetzten Fristen, daß der Altlastenverdacht nicht begründet war, so tritt die Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 5 BauGB „automatisch" außer Kraft, ohne daß es eines konstitutiven Aktes der Gemeinde bedarf. Dies gilt auch dann, wenn sich herausstellt, daß eine gesundheitsgefährdende, zur Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplanes führende Kontamination vorliegt19. Wird eine Kontamination festgestellt, die zwar einerseits eine planentsprechende Nutzung ohne Einschränkungen nicht zuläßt, andererseits jedoch eine bauliche Nutzung auch nicht ausschließt, so entfallt damit das weitere Sicherungsbedürfhis der Gemeinde und die Veränderungssperre ist gemäß § 17 Abs. 4 BauGB außer Kraft zu setzen20.

5. Zurückstellung von Baugesuchen, § 15 BauGB Sind nur einzelne Grundstücke des Plangebietes vom Altlastenverdacht betroffen, kann die Gemeinde, ggf. auch kurzfristig vor dem beabsichtigten Erlaß einer Veränderungssperre, bei der Baugenehmigungsbehörde den Antrag stellen, die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben auszusetzen21. Da diese Zurückstellung nur für die Dauer einer nicht verlängerbaren Höchstfrist von 12 Monaten gilt, macht dieser Weg für die Gemeinde nur dann Sinn, wenn sie sicher ist, daß längstens innerhalb dieses Zeitraumes eine abschließende Beurteilung, ob eine gesundheitsgefährdende Kontamination vorliegt, erfolgen kann. 18

So auch der gemeinsame Runderlaß der Nordrheinwestfälischen Ministerien für Stadtentwicklung und Verkehr, Bauen und Wohnen sowie Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft v. 15.05.1992, MBL.NW.1992 S. 876. 19

Vgl. auch BVerwG, NVwZ 1990, 656 (657), wonach eine Veränderungssperre mit Bekanntmachung des von ihr zu sichernden Bebauungsplanes auch dann außer Kraft tritt, wenn dieser Bebauungsplan nichtig ist. 20

Strittig ist, ob die »Außerkraftsetzung" der Veränderungssperre bedeutet, daß dies durch eine Aufhebungssatzung als actus contrarius geschehen muß, oder aber von der „automatischen" Nichtigkeit auszugehen ist, vgl. ausfuhrlich zum Meinungsstand Schenke, WiVerw 1994, 253 (307 ff.), der im Ergebnis von der Nichtigkeit der Veränderungssperre ausgeht. 21

Gaentzsch, NVwZ 1990, 505 (506); W. Schrödter, §2 Rdnr. 81.

in: Schrödter, Baugesetzbuch,

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D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

Die Baugenehmigungsbehörde hat dem Antrag der Gemeinde, sofern die sachlichen Voraussetzungen für den Erlaß einer Veränderungssperre vorliegen und darüber hinaus die Gefahr besteht, daß ein konkretes Vorhaben die Durchführung der beabsichtigten Planung unmöglich macht oder wesentlich erschwert, zu entsprechen; die Gemeinde hat also einen Rechtsanspruch, der ihr im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung als Trägerin der Bauleitplanung zusteht22. Ergibt sich vor Ablauf der im Zurückstellungsbescheid festgesetzten Frist Klarheit über den Kontaminationsverdacht, so hat die Gemeinde dies unverzüglich der Baugenehmigungsbehörde mitzuteilen, damit von dieser über ein vorliegendes Baugesuch entschieden werden kann.

IV. Der nichtige Bebauungsplan 1. Die Nichtigkeit a) Voraussetzungen der Nichtigkeit

Hatte die Gemeinde beim Beschluß über den Erlaß des Bebauungsplanes (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) Kenntnis von einer Kontamination des zu überplanenden Geländes oder hätte sie solche Kenntnis haben müssen und hat sie keine weitere Aufklärung betrieben oder diesen Punkt in der Abwägung nicht seiner Bedeutung entsprechend gewichtet, so leidet der Bebauungsplan an einem zur Nichtigkeit führenden Mangel. Da die Einhaltung des Abwägungsgebotes sowohl hinsichtlich der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges als auch des Abwägungsergebnisses zu überprüfen ist, ist der Bebauungsplan auch dann nichtig, wenn das Abwägungsergebnis an einem Abwägungsfehler leidet. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Prüfung ist jedoch nicht der Zeitpunkt der Beschlußfassung, sondern derjenige des

22

VGH Mannheim, BRS 44 Nr. 95, S. 225 (226); Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, Baugesetzbuch, § 15 Rdnr. 8; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, §15 Rdnr. 39; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 15 Rdnr. 10; Schmaltz , in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 15 Rdnr. 16; Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 10 Rdnr. 29; Schenke, WiVerw 1994,253 (335).

IV. Der nichtige Bebauungsplan

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gewollten Inkrafttretens des Bebauungsplanes, also der Bekanntmachung nach § 12 BauGB23. Ändert sich zwischen Beschluß über den Bebauungsplan und Bekanntmachung des Planes die maßgebliche Sach- und Rechtslage, so daß sich für den Abwägungsvorgang neue zu berücksichtigende Punkte ergeben, so ist auch hinsichtlich des Abwägungsvorganges auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung des Planes abzustellen. Beide Fälle rechtfertigen sich damit, daß die Gemeinde bis zur Bekanntmachung Herrin des Verfahrens ist und beim Abstellen auf den Zeitpunkt des Beschlusses des Bebauungsplanes u.U. ein von Anfang an mangelhafter Plan in Kraft gesetzt würde. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist insoweit als ausnahmefahige Grundsatzregelung zu sehen24. Teilweise wird daran gezweifelt, ob bei fehlerhaftem Abwägungsvorgang die Nichtigkeit des Bebauungsplanes die angemessene Folge ist, wenn die Verwirklichung der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzung, wenn auch erst nach Sanierung des kontaminierten Geländes, möglich ist. Entscheidend für die Nichtigkeit solle vielmehr sein, ob die Überplanung der Altlastenfläche im Ergebnis, gemessen an den in § 1 Abs. 3, 5 u. 6 BauGB aufgeteilten materiellen Anforderungen an Bauleitpläne, haltbar sei oder nicht25. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Nicht unmittelbar weiter hilft die Vorschrift des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Wenn dort Mängel im Abwägungsvorgang nur dann für erheblich erklärt werden, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind, so sagt dies direkt nichts darüber aus, welche Rechtsfolgen beachtliche bzw. nichtbeachtliche Fehler für den Bebauungsplan auslösen26; dies bestimmt sich vielmehr nach den allgemeinen 23

BVerwG 56, 283 (288); das OVG Lüneburg, NJW 1988, 1765 (1766) hält eine Regelung, die als maßgeblichen Zeitpunkt für die Überprüfung des Abwägungsergebnisses den Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Bebauungsplan ansieht, für verfassungswidrig, da sie dem verfassungsrechtlich verankerten Abwägungsgebot widerspräche. 24

Battis , in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 214 Rdnr. 14; Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 214 Rdnr. 15; Schmaltz , in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 214 Rdnr. 35; vgl. auch BVerwG, NVwZ 1993, 361 (361). 25 26

Gaentzsch, NVwZ 1990, 505 (507).

Wenn Hoppe, in: Ernst/Hoppe, Bau-, Boden-, Raumplanungsrecht, Rdnr. 331 c, von einer „Heilung" spricht, ist dies zumindest mißverständlich. Gierke , in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 136, weist daraufhin, daß eine Auffassung, die aus der „Unbeachtlichkeit" bestimmter Fehler die Fehlerfreiheit des Bebauungsplanes folgere, mit § 216 BauGB nicht vereinbar sei.

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D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

Regeln, wie sie für die Rechtsfolgen fehlerhafter Normen gelten27. Danach hat die Verletzung zwingender Rechtsvorschriften beim Erlaß untergesetzlicher Rechtsnormen, da höherrangiges Recht dem niederrangigen vorgeht (Derogationsprinzip), deren Nichtigkeit zur Folge28. Dieses auch für Bebauungspläne geltende Dogma wurde jedoch dadurch relativiert, daß der Gesetzgeber erstmals im Bundesbaugesetz 1976 (vgl. dort § 155 a), später auch im Baugesetzbuch (§§ 214 ff.) Regelungen geschaffen hat, aus denen zu erkennen ist, daß die Folgen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht unterschiedlich sein können, folglich nicht jedem Verstoß die gleiche Gewichtung zukommt. Ergibt sich demnach aus den Vorschriften der §§ 214 ff. BauGB, daß ein bestimmter Fehler nicht beachtlich sein soll, so steht damit auch fest, daß die Rechtsfolge der grundsätzlichen Nichtigkeit eines fehlerhaften Bebauungsplanes nicht eintritt. Oder, anders ausgedrückt: ein fehlerhafter Bebauungsplan ist grundsätzlich nichtig, es sei denn, diese Rechtsfolge ist durch die besonderen Regelungen der §§ 214 ff. BauGB ausgeschlossen29. Für Fehler im Abwägungsvorgang bedeutet dies, daß sie nur dann nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplanes führen, wenn sie auf das Ergebnis der Abwägung keinen Einfluß hatten. Hat sich der fehlerhafte Abwägungsvorgang jedoch auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt, so spielt es keine Rolle, ob durch bestimmte Maßnahmen das Abwägungsergebnis „gerettet" werden kann. Wird durch fehlerhafte Behandlung des Belanges der Schaffung gesunder und sicherer Wohn- und Arbeitsverhältnisse in der Abwägung kontaminiertes Gelände überplant, so ist der Bebauungsplan deswegen nichtig, auch wenn letztlich durch Sanierungsmaßnahmen eine plangemäße Bebauung und Nutzung ermöglicht werden kann.

27

Dazu Gierke, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 104.

28

Zu einer vom ,,Nichtigkeitsdogma" ausgehenden Fehlerlehre für untergesetzliche Normen Ossenbühl, NJW 1986, 2805 ff.; hierzu auch Gierke, ZfBR 1985, 62 (64 f.). 29

Gierke, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 130. Zur Behebung von Mängeln eines Bebauungsplanes, die nicht bereits nach §§ 214; 215 BauGB unbeachtlich sind, hat die vom Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Anfang 1995 eingesetzte Kommission zur Novellierung des Baugesetzbuches im November 1995 im Interesse der Erhaltung fehlerhafter Bebauungspläne die Einführung eines ergänzenden Verfahrens und des Institutes der Planergänzung vorgeschlagen, wobei sie vom „Rechtsgrundsatz der Planerhaltung" ausging, hierzu Hoppe, DVB1 1996, 12.

IV. Der nichtige Bebauungsplan

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b) Die Teilnichtigkeit

Ist nur ein Teil des Plangebietes kontaminiert und hat die Gemeinde für das übrige Plangebiet eine rechtsfehlerfreie Abwägung vorgenommen, so kommt grundsätzlich auch die Teilnichtigkeit des Bebauungsplanes in Betracht. Aus der Teilnichtigkeit einer Norm folgt, den Rechtsgedanken der §§ 139 BGB, 44 Abs. 4 und 59 Abs. 3 VwVfG zugrundelegend30, dann keine Gesamtnichtigkeit, wenn der übrige Teil für sich allein sinnvoll bleibt und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß die Norm auch ohne den nichtigen Teil erlassen worden wäre31. Für den Bebauungsplan bedeutet dies, daß der nicht beanstandete Teil eine den Grundsätzen des § 1 BauGB entsprechende Ordnung der Bodennutzung enthalten und dem (mutmaßlichen oder hypothetischen) aus dem Bebauungsplan abzuleitenden planerischen Willen der Gemeinde entsprechen muß32.

c) Die Unbeachtlichkeit von Abwägungsfehlern, § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB

Mängel im Abwägungsvorgang sind gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind. Mit dieser Regelung soll der, insbesondere wegen zahlreicher Verfahrensvorschriften großen Fehleranfalligkeit von Bebauungsplänen entgegengetreten und die Bestandskraft dieser Pläne erhöht werden33. Die Vor-

30

So Gierke , in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 132; vgl. hierzu auch Gems, NVwZ 1987, 851 ff. 31

BVerwG, DVBl 1992, 37 (38) u. NVwZ 1994, 271 (272); Bielenberg, in: Emst/ Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 37; Lohr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 8; Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Bodenrecht, § 7 Rdnr. 175 u. § 16 Rdnr. 24. 32

BVerwG, DVBl 1985, 112 (114) u. ZfBR 1989, 270 (271); Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 10 Rdnr. 15; Gierke , in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 134 f. 33

Battis , in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, Vorb. §§ 214-216 Rdnr. 1; Cholewa, in: Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 214 Anm. 2; Schmaltz , in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 214 Rdnr. 1. 12 Kühn

1 7 8 D . Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

schrift schränkt das Abwägungsgebot nicht ein, sondern regelt nur eine Folge fehlerhafter Abwägung. „Offensichtlich" ist dabei alles, was „zur „äußeren"Seite des Abwägungsvorganges derart gehört, daß es auf objektiv erfaßbaren Sachumständen beruht34". Das sind Fehler und Irrtümer, die sich z.B. aus Akten, Protokollen, der Entwurfs· oder Planbegründung ergeben. Nicht „offensichtlich" ist im Gegensatz dazu alles, was zur „inneren" Seite des Abwägungsvorganges gehört, also insbesondere die Motive und Vorstellungen der einzelnen an der Beschlußfassung beteiligten Ratsmitglieder. Ein „offensichtlicher" Mangel ist auf das Abwägungsergebnis von Einfluß und damit „erheblich", wenn ohne diesen Mangel möglicherweise anders geplant worden wäre. Die Möglichkeit der andersartigen Planung darf nicht abstrakt, sondern muß konkret bestimmt werden. Sie besteht immer dann, „wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, daß der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluß auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann35".

d) Keine Heilung von Abwägungsfehlern durch § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB

Unbeachtlich sind Mängel im Abwägungsvorgang und solche des Abwägungsergebnisses gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB dann, wenn sie nicht innerhalb von 7 Jahren seit Bekanntmachung des Bebauungsplanes schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind. Die Vorschrift, die, wie § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB, das Erfordernis der gerechten Abwägimg bei der Planaufstellung nicht einschränkt, soll der Rechtssi34

So BVerwG 64, 33 (38) im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung des früheren § 155 b Abs. 2 Satz 2 BBauG, der unverändert im Wortlaut als § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB übernommen wurde; für die Verfassungswidrigkeit des § 155 b BBauG Schenke, VB1BW 1982, 313 (326), da der Gesetzgeber, wenn er die Nichtigkeit einer unter Verstoß gegen grundrechtlich geforderte Verfahrensvorschriften zustandegekommenen normativen Rechtsverletzung ausschließt, auf andere Weise sicherzustellen habe, daß dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Beseitigung der Rechtsbeeinträchtigung Genüge getan werde. 35

BVerwG 64, 33 (40); vgl. auch BGH, ZfBR 1982, 264 (265).

IV. Der nichtige Bebauungsplan

179

cherheit dienen, da sich mit zunehmendem Zeitablauf die Bebauung plangemäß verfestigt und demzufolge auch das Vertrauen der Planbetroffenen in den Bebauungsplan um so höher wird, je länger er die Grundlage für durchgeführte Maßnahmen war 36 . Da nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur erhebliche und offensichtliche Abwägungsmängel (des Abwägungsvorganges) relevant sind, kann erwartet werden, daß solche Mängel innerhalb der großzügig bemessenen 7-Jahres-Frist auch vorgetragen werden. Die Abwägungsfehler sind nach Ablauf von 7 Jahren nicht als geheilt anzusehen, materielle Mängel der Abwägung werden folglich nicht beseitigt. Der Sache nach handelt es sich um eine materielle Präklusion37, die sich allerdings ähnlich wie eine Rechtsmittelfiist am Zeitpunkt des Inkrafttretens einer „Regelung" (hier: des Bebauungsplanes) orientiert 38.

36

Cholewa, in: Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 215 Anm. 4 b; Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215 Rdnr. 9. 37

Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215 Rdnr. 8; Schink, BauR 1987, 397 (404); vgl. allgemein zur materiellen Präklusion BVerwG 60, 297 (305 f.) u. den Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes zur dagegen eingelegten Verfassungsbeschwerde BVerfG, DVB1 1982, 940 ff. Zur grundsätzlichen Zulässigkeit der materiellrechtlichen Präklusion unter dem Aspekt des Art. 19 Abs. 4 GG ausführlich Schenke, in: Bonner Kommentar (Zweitb.), Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 433 ff. 38

Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Vorschrift ist umstritten. Während diese teilweise wegen der verfassungsrechtlichen Begründung des Abwägungsgebotes verneint wird, so Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, Vorb. §§214-216 Rdnr. 7 m.w.N., sehen andere, wegen der langen 7 jährigen Einwendungsfrist und dem zunehmenden Vertrauensschutz Planbetroffener, die Regelung als gerechtfertigt an; so Cholewa, in: Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch Anm. 4 a-d, der in der Vorschrift im Kontext mit §§ 214; 216 BauGB ein ausgewogenes System von Kontrollmöglichkeit und Bestandskraft gewährleistet sieht. Schließlich wird § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB auch nur nach verfassungskonformer Auslegung für unbedenklich erachtet: Schmaltz, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 215 Rdnr. 7, bejaht die Unbeachtlichkeit von Mängeln im Abwägungsergebnis nur dann, wenn der Plan während der 7-Jahres-Frist in eine Phase der Realisierung getreten ist; diese Auslegung hält auch Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215 Rdnr. 10 für möglich. Peine, NVwZ 1989, 637 (639) nimmt eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend vor, daß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB Grundrechtsverstöße nicht erfasse, sondern lediglich das einfache Recht verletzende Abwägungsfehler, zustimmend Lemmel, in: Berliner Kommentar, § 215 Rdnr. 10 für Bebauungspläne, die an einem besonders schweren Fehler im Abwägungsergebnis leiden. 1*

180

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

2. Abgrenzung zur Funktionslosigkeit Hat die Gemeinde keinen Abwägungsfehler begangen und ist der Bebauungsplan gültig, so kommt seine Funktionslosigkeit in Betracht, sofern sich herausstellt, daß die Realisierung der im Plan vorgesehenen Nutzung infolge nach Planerlaß eingetretener nicht sanierbarer Kontamination des Plangebietes nicht möglich ist. Von der Funktionslosigkeit eines rechtmäßigen Bebauungsplanes ist immer dann auszugehen, wenn seine Festsetzungen obsolet sind, weil sie wegen später eintretender Umstände nicht mehr realisiert werden können und diese Tatsache dergestalt offenkundig ist, daß sie einem dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt39. Die Undurchführbarkeit des Bebauungsplanes fuhrt zu seiner Fehlerhaftigkeit, so daß er wie jeder, aus anderen Gründen, fehlerhafte Bebauungsplan zu behandeln ist. (Dies schließt dann auch die Möglichkeit der lediglich teilweisen Funktionslosigkeit ein.) Die Annahme der Fehlerhaftigkeit rechtfertigt sich damit, daß Bebauungspläne in besonderem Maße (mehr als dies für den abstraktallgemeinen Rechtssatz im herkömmlichen Sinne zutrifft) wirklichkeitsbezogen sind40, d.h. sie sind weniger auf Geltung, als auf konkrete Erfüllung angelegt41. Dem nachträglichen Eintreten von Umständen, die der Verwirklichung des Bebauungsplans entgegenstehen, steht die nachträgliche Kenntniserlangung von solchen Umständen, die bereits beim Erlaß des Planes vorlagen, nicht gleich; insoweit ist, wenn das Abwägungsergebnis - objektiv betrachtet - beim Planerlaß nicht haltbar war, d.h. schlechterdings so nicht hätte geplant werden dürfen, 39

Vgl. zur Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen BVerwG, E 26, 282 ff., DVBl 1977, 768 ff. UPR 1993, 445 f., NVwZ-RR 1994, 236; BGHZ 84, 292 (295) u. 110, 1 (4); Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 88; Gierke , in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 25 u. 113; Lohr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 8; Schlez, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 26; Gronemeyer, DVBl 1977, 756 ff.; Grooterhorst, Geltungsverlust von Bebauungsplänen, S. 96 ff.; Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rdnr. 53; Kopp, VwGO, § 47 Rdnr. 87. Ausführlich und kritisch mit Rechtsprechung und Literatur zur Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen setzt sich Baumeister, Das Rechtswidrigwerden von Normen, S. 340 ff. auseinander, wobei er im Ergebnis die Funktionslosigkeit dem Bereich des Rechtswidrigwerdens von Normen zuordnet. 40

BVerwG 26, 282 (285).

41

BVerwG, DVBl 1977, 768 (769); Ritter, DÖV 1976, 802 (805).

IV. Der nichtige Bebauungsplan

181

trotz fehlerfreiem Abwägungsvorgang von der anfanglichen Nichtigkeit des Planes auszugehen42.

3. Aufhebung des nichtigen/funktionslosen Bebauungsplanes a) Erfordernis

derßrmlichen Aufhebung

Ist der Bebauungsplan nichtig, so können Dritte wegen seiner Nichtaufhebung nur dann Ansprüche gegen die Gemeinde herleiten, wenn die Aufhebung eines nichtigen Bebauungsplanes rechtslogisch und rechtssystematisch überhaupt möglich und die Gemeinde hierzu verpflichtet ist. Die formliche Aufhebung eines Bebauungsplanes, für die gemäß § 2 Abs. 4 BauGB die Vorschriften des Baugesetzbuches über die Aufstellung von Bauleitplänen (also die §§ 3; 4; 11 u.12) gelten, wird teilweise als Juristisches Unding" bezeichnet43, teilweise wird von einem „Verfahren sui generis ohne unmittelbare planerische Substanz" gesprochen, das „imaginäre Züge" habe44. § 2 Abs. 4 BauGB setze einen gültigen Bebauungsplan voraus, der durch rechtsgestaltende Maßnahmen geändert, ergänzt oder aufgehoben werde. Ein nichtiger Bebauungsplan sei jedoch rechtlich nicht existent, so daß er auch nicht gestaltet werden könne. Auch seien die Vorschriften über das Planaufstellungsverfahren, wie Bürgerbeteiligung, Anhörung der Träger öffentlicher Belange usw. Instrumente zur Sicherung des Abwägungsgebotes. Sei ein Bebauungsplan nichtig, so gebe es jedoch nichts abzuwägen, die Anwendung der vorgenannten Vorschriften wäre daher sinnwidrig45. Dem wird zu Recht entgegengehalten, daß die allgemeinverbindliche Erkenntnis der Nichtigkeit eines Bebauungsplanes nur den Oberverwaltungsgerichten im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens und den Gemeinden als 42

BVerwG, UPR 1993, 445 (446) spricht von der „tatsächlichen Entwicklung" von Verhältnissen, die der Planverwirklichung entgegenstehen; insoweit auch Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 10 Rdnr. 27; derselbe: NVwZ 1990, 505 (507). 43

Gelzer/Birk,

44

Steiner, DVB1 1987, 483 (484 f.).

45

Bauplanungsrecht, Rdnr. 422; so auch Gierke , ZfBR 1985, 14 (21).

Dolde, BauR 1978, 153 (153); Gierke , ZfBR 1985, 14 (21 f.); auf praktische Schwierigkeiten bei derförmlichen Aufhebung nichtiger Bebauungspläne weisen Gerschlauer, DÖV 1984,493 (503) u. Klapdor, BauR 1982,409 ff. hin.

182

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

Normgeber zustehe, so daß die formliche Aufhebung durch die Gemeinde zwingende Folge kompetenzrechtlicher Gegebenheiten sei46. Die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange im förmlichen Aufhebungsverfahren diene auch der Entscheidungsbildung, welche bebauungsrechtlichen Maßstäbe künftig im Plangebiet gelten sollen47. Die Aufhebung eines nichtigen Bebauungsplanes durch die Gemeinde nach den Vorschriften über den Planerlaß wird auch vom Bundesverwaltungsgericht bejaht48. Die Rechtssicherheit gebiete, daß der durch die Normgebung gesetzte Rechtsschein durch einen Gegenakt der Rechtssetzung beseitigt werde (sofern der Fehler nicht geheilt oder heilbar ist)49. Das Bundesverwaltungsgericht hebt darüber hinaus hervor, daß die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange nicht nur im Normaufstellungsverfahren, sondern auch im Normaufhebungsverfahren eine wichtige Funktion habe, da die Gemeinde aufgrund der eingebrachten Bedenken und Anregungen erkenne, ob die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB „erforderlich" sei und welche Belange dabei zu berücksichtigen wären50.

46

Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 10 Rdnr. 17 f. Auch die höhere Verwaltungsbehörde kann einen Bebauungsplan nicht allgemeinverbindlich aufheben, indem sie die nach § 11 Abs. 1 u. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 u. 4 BauGB erteilte Genehmigung zurückzieht und dem Bebauungsplan damit die Grundlage entzieht, BVerwG, DVBl 1987, 481 (483) mit zustimmender Anmerkung von Steiner, ZfBR 1987, 98 (98 f.). Von der (auf der Verwaltungsebene) ausschließlichen Kompetenz der Gemeinde zur allgemeinverbindlichen Nichtigkeitserklärung der von ihr erlassenen untergesetzlichen Rechtsnorm zu unterscheiden ist die Frage, einer einzelfallbezogenen Verwerfungskompetenz der mit der Anwendung dieser Norm befaßten übrigen staatlichen Organen, vgl. hierzu Schenke, WiVerw 1994,253 (319 ff.). 47

Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 10 Rdnr. 18.

48

BVerwG, DVBl 1987,481 ff.

49

Aus Gründen der Rechtssicherheit hatte das Bundesverwaltungsgericht in einer früheren Entscheidung, DVBl 1977, 897 (898), eine förmliche Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für angemessen erachtet, wenn die Gemeinde noch vor Bekanntmachung der Plangenehmigung den Plan als fehlerhaft ansieht. 50

Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 53, führt aus, daß die Gemeinde mit der Aufhebung eines nichtigen Bebauungsplanes eine Entscheidung treffe, die als neue Planungsentscheidung zu qualifizieren ist, da die Gemeinde zu entscheiden habe, ob anstelle des nichtigen Bebauungsplanes § 34 oder § 35 BauGB Anwendungfinden soll oder neu zu planen ist. Auf die „gestalterischen Elemente" der Aufhebung weist auch Jung, NVwZ 1985, 790 (795) hin.

IV. Der nichtige Bebauungsplan

183

Ist die Rechtssicherheit das entscheidende Kriterium für die Möglichkeit der formlichen Aufhebung eines nichtigen Bebauungsplanes, so hat die Gemeinde bei erkannter Nichtigkeit auch die Pflicht zur formlichen Aufhebung des Planes51. Die Gleichbehandlung des funktionslosen mit dem nichtigen Bebauungsplan ist auch hinsichtlich der formlichen Aufhebung angezeigt. Zwar wird in aller Regel die Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes für interessierte Dritte erkennbar sein, zumal die Offenkundigkeit der Nichtrealisierbarkeit planerischer Festsetzungen wesentliches Element der Funktionslosigkeit ist, jedoch kann auch hier Rechtssicherheit letztlich nur durch die allgemeinverbindliche förmliche Aufhebung des Planes erreicht werden52.

b) Keine Drittgerichtetheit

der Amtspflicht zur förmlichen Aufhebung

Auch wenn die Gemeinde die Amtspflicht hat, nichtige oder funktionslose Bebauungspläne formlich aufzuheben, so können sich bei Verletzung dieser Pflicht doch nur dann Amtshaftungsansprüche eines Dritten ergeben, wenn die Drittbezogenheit der entsprechenden Amtspflicht bejaht werden kann. Dies wird in der Literatur verneint mit dem Hinweis darauf, daß der Gemeinde eine solche Obliegenheit nur im Rahmen ihrer objektiven Planungspflicht (§ 1 Abs. 1 u. 3 BauGB) im Sinne einer ihr obliegenden öffentlichen Aufgabe zukomme53. Zweifel am Ergebnis könnten bestehen, wenn man bedenkt, daß es eine unterschiedliche Betroffenheit Dritter gibt, indem das Interesse derjenigen, die im Plangebiet Grundeigentum haben oder vorhaben, solches zu erwerben, an der zweifelsfreien Kenntnis über die Gültigkeit des Bebauungsplanes weitaus größer ist als das der Allgemeinheit. 51

BVerwG, DVB1 1987, 481 (483); Bielenberg, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 53; Gierke , in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 160. 52

Gaentzsch, NVwZ 1990, 505 (507); Steiner, DVB1 1987, 483 (485) verneint die Verpflichtung, einen funktionslosen Bebauungsplan aufzuheben nur dann, wenn nicht einmal mehr „der Schein der Rechtsgeltung" bestehe; zustimmend W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 68. 53

Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 10 Rdnr. 15; derselbe, in: Berliner Kommentar, § 10 Rdnr. 24.

184

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

Da die formliche Aufhebung eines Bebauungsplanes im Ergebnis nichts anderes ist, als der Gegenakt zu seiner förmlichen Inkraftsetzung mit der Bekanntmachung nach § 12 Satz 1 BauGB, ist die Frage der Drittgerichtetheit der Amtspflicht für formliche Aufhebung und Bekanntmachung gleich zu beantworten. Die Drittgerichtetheit letztgenannter Amtspflicht wird teilweise bejaht; es bestehe die Pflicht, eine Enttäuschung auf die Normgültigkeit vertrauender Dritter durch Schaffung fehlerhaften Rechts zu vermeiden. Mit einer gesetzeswidrigen Bekanntmachung werde ein Vertrauenstatbestand geschaffen, der bei aktuell oder potentiell Betroffenen zu entsprechenden Dispositionen führen könne54. Diese Ansicht verkennt jedoch Sinn und Zweck der Bekanntmachung nach § 12 Satz 1 BauGB. Diese ist wesentlicher und daher unverzichtbarer Bestandteil des Normsetzungsverfahrens und entspricht dem rechtsstaatlichen Erfordernis der Verkündung von Rechtsnormen. Es handelt sich insoweit um eine den Besonderheiten des Bebauungsplanes (komplexe textliche und gestalterisch graphische - auch farbige - Festsetzungen für einen parzellenmäßig abgegrenzten Teil des Gemeindegebietes) Rechnung tragende Ersatzverkündung55. Diese wendet sich daher an jeden Bürger, unabhängig davon, ob er von der Norm betroffen ist oder nicht. Demzufolge bestimmt § 12 Satz 2 BauGB auch, daß der Bebauungsplan mit Begründung zu Jedermanns" Einsicht bereitzuhalten ist. Einzelne Dritte mögen zwar an der Kenntnis des Inkrafttretens der Norm ein besonderes Interesse haben, dies führt jedoch nicht dazu, daß ihnen gegenüber besondere Pflichten (im Sinne eines Drittschutzes) bezüglich der Verkündung entstehen56. 54

Papier, in: Münchener Kommentar, § 839 Rdnr. 223.

55

BVerwG 55, 369 (375); Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 12 Rdnr. 1; Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 12 Rdnr. 2; Gierke , in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 12 Rdnr. 16 ff.; Lohr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 12 Rdnr. 2 f.; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 12 Rdnr. 1. Daß die „Ersatzverkündung" des Bebauungsplanes dem rechtsstaatlichen Verkündungserfordernis von Normen entspricht, hat BVerfG 65, 283 (290 ff.) festgestellt: entscheidend sei, daß das Verkündungsverfahren so ausgestaltet ist, daß es der Öffentlichkeit die verläßliche Kenntnisnahme vom geltenden Recht ermöglicht. 56

So auch BGH, VersR 1989, 959 (96o); Müller, BauR 1983, 193 (196).

IV. Der nichtige Bebauungsplan

185

Das wird auch deutlich, wenn man die (Ersatz)Verkündung nach § 12 Satz 1 BauGB vergleicht mit der Bekanntmachung der Auslegung der Entwurfsplanung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Zwar wendet sich diese Bekanntmachung auch an Jedermann", indem es sodann jedem Bürger freisteht, Bedenken und Anregungen vorzutragen, jedoch ist Sinn der Vorschrift eine „ A n s t o ß w i r kung" zu entfalten, indem sie dazu herausfordert, mit Bedenken und Anregungen zur Planung beizutragen57. Solche Bedenken und Anregungen sind zur Wahrung ihrer Rechte im Planverfahren gerade von denjenigen zu erwarten, deren Belange durch die beabsichtigte Planung abwägungserheblich berührt werden. Vergegenwärtigt man sich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach, wenn es ein betroffener Bürger unterlassen hat, seine Betroffenheit im Zuge der Bürgerbeteiligung vorzutragen, diese Betroffenheit abwägungsbeachtlich nur dann ist, wenn sich der planenden Stelle die Tatsache dieser Betroffenheit aufdrängen mußte58, so wird deutlich, daß die Amtspflicht zur Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB im spezifischen Interesse der tatsächlich und konkret Planbetroffenen erfolgt und ihr daher drittschützender Charakter zukommt. Sofern solchermaßen Planbetroffene ihre Belange deswegen nicht geltend gemacht haben, weil die Gemeinde gegen die sich aus § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB ergebende Pflicht verstoßen hat (und die Gemeinde diese Belange auch nicht von sich aus berücksichtigt hat), sind - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - Amtshaftungsansprüche möglich. Demgegenüber wird deutlich, daß die Amtspflicht zur „Ersatzverkündung" nach § 12 Satz 1 BauGB im Interesse der Allgemeinheit an der sicheren Kenntnis des Inkrafitretens des Bebauungsplanes erfolgt; folglich dient auch der Gegenakt, der allgemeinverbindliche Kenntnis über die Nichtgeltung des Bebauungsplanes vermittelt, nicht den spezifischen Interessen Planbetroffener. Aus der nichtformlichen Aufhebung eines von der Gemeinde als nichtig erkannten Bebauungsplanes kann ein Dritter daher mit der Begründung, daß er auf die Gültigkeit des Bebauungsplanes vertraut habe, keine Amtshaftungsansprüche herleiten. 57

BVerwG 55, 369 (375); Battis , in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 3 Rdnr. 14; Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 3 Rdnr. 7; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 3 Rdnr. 75; Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rdnr. 83. 58

BVerwG 59, 87 (103).

186

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung V. Der wirksame Bebauungsplan

Von der Feststellung, daß die Gemeinde keine fortlaufende Prüfungspflicht in bezug auf erlassene Bebauungspläne hat, ist die Frage zu unterscheiden, ob die Gemeinde die (Amts)Pflicht hat, bestehende Bebauungspläne neuen oder neu bekanntwerdenden Tatsachen anzupassen.

1. Die Amtspflicht zur Planänderung bei erkannter Altlast a) Keine grundsätzliche Pflicht zur Anpassung von Bebauungsplänen an veränderte Erkenntnisse

Der Bebauungsplan spiegelt das Abwägungsergebnis wieder, wie es aufgrund der den Gemeinderatsmitgliedern zum Zeitpunkt der Beschlußfassung (im Ausnahmefall zum Zeitpunkt der Bekanntmachung) bekannten Sach- und Rechtslage zustandegekommen ist. Ergeben sich danach neue Erkenntnisse, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um erstmals eintretende oder den Gemeinderäten erst jetzt bekannt werdende Umstände handelt, so kann daher allein daraus keine Pflicht der Gemeinde abgeleitet werden, den Bebauungsplan diesen Erkenntnissen anzupassen. Der Bebauungsplan ist wegen seines ordnenden Charakters und seiner normativen Form auf Verwirklichung und Dauer angelegt; ihm kommt damit eine Stabilität zu, die ihn zur legitimen Grundlage privater und öffentlicher Entscheidungen macht59. Andererseits sind Pläne auch auf Veränderung, Fort- und Weiterentwicklung angelegt; gerade die Flexibilität der Planung ermöglicht es, auf veränderte Umstände zu reagieren und zu verhindern, daß die reale Entwicklung sich von der Planung zu weit entfernt. Insoweit trägt jeder Bebauungsplan die Option der Planänderung in sich60. 59

Zuck, Das Recht des Bebauungsplans, Β Rdnr. 45; Hoppe, in: Blümel/Merten/ Quaritsch (Hrsg.), Festschrift für Ule, S. 87; auf das „Gebot der Kontinuität der einmal gesetzten Ordnung" weist Gronemeyer, DVBl 1977, 756 (758) hin. 60

Vgl. Hoppe, in: Blümel/Merten/Quaritsch (Hrsg.), Festschrift für Ule, S. 76 und Ossenbühl JuS 1975, 545 (546).

V. Der i

e

Bebauungsplan

187

Aus diesem Widerstreit der konservativen und progressiven charakterlichen Elemente des Bebauungsplans ist zwar einerseits herzuleiten, daß für die Gemeinde keine permanente Verpflichtung besteht zu einer Umplanung für den Fall, daß sich die der ursprünglichen Planung zugrundeliegenden Vorstellungen nachträglich geändert haben61, andererseits neue Erkenntnisse, die die Planverwirklichung erschweren oder ihr gar entgegenstehen, auch nicht ohne weiteres vernachlässigt werden dürfen. Da § 2 Abs. 4 BauGB bestimmt, daß die Vorschriften des Baugesetzbuches über die Aufstellung von Bauleitplänen auch für ihre Änderung gelten und nach § 1 Abs. 3 BauGB die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen haben, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, obliegt den Gemeinden unter den gleichen Voraussetzungen wie beim Erlaß des Bebauungsplans die Pflicht zu seiner Änderung: entscheidend ist danach, ob die Änderung des Bebauungsplans „erforderlich" ist62.

b) Die „Erforderlichkeit

" im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB

aa) Die planerische Konzeption der Gemeinde § 1 Abs. 3 BauGB, der eine zeitliche („sobald") und eine quantitative, den sachlichen und räumlichen Umfang betreffende Komponente („soweit") hat, enthält für die Gemeinde die Befugnis, aber auch die Verpflichtung zur Pla-

61

So auch Peine, Öffentliches Baurecht, S. 101; Schmidt-Aßmann, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 27; Rehbinder, JuS 1989, 885 (890); Schink, DÖV 1988, 529 (533). 62

Zwar ist es strittig, ob § 2 Abs. 4 BauGB tatsächlich auch auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des § 1 BauGB, oder nur auf verfahrensrechtliche Vorschriften verweist; doch selbst, wenn man (entgegen dem nicht einschränkenden Wortlaut des § 2 Abs. 4 BauGB) die letztgenannte Auffassung vertritt, läßt sich dem Baugesetzbuch nicht entnehmen, daß für Erlaß und Änderung eines Bebauungsplanes generell unterschiedliche materiell-rechtliche Anforderungen gelten sollen. Die grundsätzliche Anwendung der materiell-rechtlichen Anforderungen des Baugesetzbuches an die Aufstellung eines Bebauungsplanes auf seine Änderung erscheint vielmehr schon deswegen angebracht, weil jede Änderung eines Bebauungsplanes sich der Sache nach als ein teilweiser Neuerlaß darstellt; ausführlich zu den unterschiedlichen Auffassungen Grooterhorst, Geltungsverlust von Bebauungsplänen, S. 185 ff.

188

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

nung. Danach ist der Erlaß erforderlicher Bebauungspläne geboten, der Erlaß nicht erforderlicher Bebauungspläne verboten63. Das Kriterium der „Erforderlichkeit" ist nicht nur auf den Plan als solchen, sondern auch auf die einzelnen Festsetzungen des Plans zu beziehen64. Den Rahmen, innerhalb dessen entsprechende Entscheidungen zu treffen sind, bildet die städtebauliche Entwicklung und Ordnung. Da den Gemeinden durch § 2 Abs. 1 BauGB die eigenverantwortliche Entscheidung über die Aufstellung von Bebauungsplänen als weisungsfreie Selbstverwaltungsaufgabe (und damit unter dem Schutz der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz stehend) übertragen ist65, kann Anknüpfungspunkt für die Frage, wann die Gemeinde Bebauungspläne aufzustellen hat, auch nur der planerische Wille der Gemeinde sein, der das Ergebnis politischer Entscheidungen über die Entwicklung der Gemeinde ist66. Das Bundesverwaltungsgericht sieht demzufolge auch als entscheidendes Kriterium für die Frage, ob ein Bebauungsplan erforderlich ist, die Auffassung der Gemeinde, ob nach „ihrer" planerischen Konzeption ein Bebauungsplan 63

Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rdnr. 62; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 25; Weyreuther, DVBl 1981, 369 (371); Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1 Rdnr. 13 u. Cholewa, in: Cholewa/ David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 1 Anm. III 1 sehen in der „Erforderlichkeit" die Rechtfertigung und die Grenze für die hoheitliche Planung. 64

BVerwG 19, 164 (167) u. 40, 258 (261); Grauvogel, in: Brügelmann, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 36; Mainczyk, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 4; Schink, BauR 1987, 397 (405); derselbe, VR 1992,1 (12); Schmidt-Aßmann, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 37. 65

Wobei BVerfG 56, 298 (312 f.) ausdrücklich offenläßt, ob und ggf. in welchem Umfang die gemeindliche Planungshoheit im unantastbaren Kem der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG liegt. Vgl. zur kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und der gemeindlichen Planungshoheit Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 4; Cholewa, in: Cholewa/David/Dyong/v. d. Heide, Baugesetzbuch, § 2 Anm. 1 a - c u. 4 a, b; Erbguth, Bauplanungsrecht, Rdnr. 10 ff.; Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 2 Rdnr. 2 ff.; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 4 ff.; Reissig, Gemeindliche Bauleitplanung, S. 46 ff.; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 15 ff.; Widera, Zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung gemeindlicher Planungshoheit, S. 76 ff. 66

Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1 Rdnr. 18 bezeichnet die Begriffe der „städtebaulichen Entwicklung und Ordnung" als „Blankett-Begriffe", die erst durch politische Entscheidungen der Gemeinden ausgefüllt würden.

V. Der i

e

Bebauungsplan

189

erforderlich ist67. Das ist der Fall, wenn nach dem gemeindlichen Planungswillen eine Planung durch Bebauungsplan vernünftigerweise geboten ist.

(1) Die Befugnis zur Planung

Das Abstellen auf die planerische Konzeption der Gemeinde bedeutet, daß weder,»zwingende Gründe" noch ein „akutes Bedürfiiis" vorliegen müssen, damit die Gemeinde planen darf 68. Es genügt vielmehr, daß die Gemeinde ein Konzept verwirklichen möchte, dem bodenrechtliche Belange zugrunde liegen und das nach ihrer Auffassung der geordneten städtebaulichen Entwicklung dienen soll. Da die Auffassung der Gemeinde entscheidend ist, kann ihrem Entschluß zur Planung auch nicht entgegengehalten werden, daß - objektiv betrachtet - eine geordnete städtebauliche Entwicklung auch ohne Plan gewährleistet sei69. Eine Schranke für die Planungsbefugnis der Gemeinde bilden nur Fälle, denen keine erkennbare Konzeption zugrundeliegt70, bzw. bei denen „grobe und einigermaßen offensichtliche Mißgriffe" der Gemeinde vorliegen71.

67

BVerwG, BauR 1971, 182 (185); zustimmend Erbguth, Bauplanungsrecht, Rdnr. 154; Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1 Rdnr. 19; Grauvogel, in: Brügelmann, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 36; Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, Rdnr. 62; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 28; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 36; Zuck, Das Recht des Bebauungsplans, Β Rdnr. 15. 68

OVG Lüneburg, BRS 38 Nr. 12, S. 25 (25 f.); OVG RP, BRS 44 Nr. 15 S. 43; VGH Mannheim, ES VGH 19, 220 (222); Finkelnburg/Ortloff, Öffentliches Baurecht, Band I, S. 160; Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1 Rdnr. 13; Grauvogel, in: Brügelmann, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 37; Söfker, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 38. 69

BVerwG, BRS 24 Nr. 15, S. 24 (29).

70

BVerwG, BauR 1971, 182 (185).

71

BVerwG, BRS 24 Nr. 1, S. 1 (4); OVG RP, BRS 44 Nr. 15 S. 43.

190

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

(2) Die Verpflichtung

zur Planung

Die Verpflichtung der Gemeinde zur Planung bedeutet nicht, daß die Gemeinde damit nicht mehr ein eigenes Planungskonzept entwickeln darf und Dritte über den Erlaß von Bebauungsplänen entscheiden. Vielmehr bleibt es auch hier bei der Prämisse, daß die planerische Konzeption der Gemeinde entscheidend ist. Nur in diesem Rahmen ist die Gemeinde „verpflichtet zur Planung" und zwar dann, wenn ihr städtebauliches Konzept gerade eine Verwirklichung durch Bebauungspläne verlangt; der Sache nach handelt es sich daher um eine Pflicht zu konzeptgemäßem Verhalten72 und nicht um die Pflicht zur Planung aufgrund eines objektiv bestimmten Planungserfordernisses. Daraus läßt sich auch die Beantwortung der Frage ableiten, ob die Verpflichtung der Gemeinde zur Planung nicht gegen die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung verstößt. Die zeitlichen und inhaltlichen Restriktionen (vgl. § 1 Abs. 3 BauGB: „sobald und soweit"), sowie die Möglichkeit der Aufsichtsbehörden, die Gemeinden zur Aufstellung von Bebauungsplänen anzuhalten73, beides innerhalb des von der Gemeinde selbst gewählten Konzeptes, lassen die Planungshoheit der Gemeinde an sich unberührt74.

72

Frenz, Die Durchsetzbarkeit der gemeindlichen Planungspflicht, BayVBl 1991, 673 (673); Söfker, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 40. 73

Hierzu VGH Mannheim, ESVGH 14, 197 (199 f.); Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 42; Frenz, Die Durchsetzbarkeit der gemeindlichen Planungspflicht, BayVBl 1991, 673 (673 f.); Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 1 Rdnr. 15; Grauvogel, in: Brügelmann, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 33 f.; Reissig, Gemeindliche Bauleitplanung, S. 201 ff.; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 34 a. 74

Vgl. allgemein zum Verhältnis der Planungspflicht zur Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung Grooterhorst, Geltungsverlust von Bebauungsplänen, S. 193 ff.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 40.

V. Der i

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Bebauungsplan

c) Die „Erforderlichkeit" Altlastenerkenntnis

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der Planänderung bei nach Planerlaß

aa) Die Änderung bei „grober Unangemessenheit" derfrüheren Planentscheidung Ob die Gemeinde bei nachträglicher Kenntnis von Altlasten auf dem überplanten Gebiet den Bebauungsplan ändern muß, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird unmittelbar aus § 1 Abs. 3 BauGB sowie dem „allgemeinen Konfliktvermeidungsgebot" eine ausnahmslose Änderungspflicht hergeleitet75, teilweise wegen der Funktion des Bebauungsplanes als „langfristige Entwicklungslinie" jegliche Pflicht zur Neuplanung verneint76. Eine andere Ansicht sieht in der überwiegenden Zahl der Altlastenfalle, gleich, ob es sich um Verdachtsflächen oder festgestellte Altlasten handelt, keine Pflicht, vorhandene Bebauungspläne zu ändern; eine Änderung könne lediglich in den Fällen erforderlich sein, in denen ein Bebauungsplan noch nicht überwiegend ausgeführt worden ist und Altlasten festgestellt worden sind, die die ausgewiesene Nutzung in Frage stellen77. Eine weitere Ansicht läßt die Kennzeichnung der Altlastenfläche im Bebauungsplan genügen, sofern die Nutzung in der ausgewiesenen Art zulässig bleibt; ansonsten müsse der Plan geändert werden, insbesondere, wenn die Planung noch nicht realisiert sei78. Schließlich wird eine Änderung immer dann für „erforderlich" gehalten, wenn aufgrund neuer Erkenntnisse sich diefrühere Planentscheidung als „grob unangemessen" darstellt79. Letztgenannte Auffassung weist dem Grunde nach in die richtige Richtung.

75

Simon,, BayVBl 1988, 617 (621).

76

Reuter, BB 1989, 874 (875).

77

Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 143.

78

Führen, in: Pfaff-Schley/Schimmelpfeng, Rüstungsaltlasten '92, S. 29.

79

Rehbinder, JuS 1989, 885 (890); Schink, BauR 1987, 397 (405); derselbe, DÖV 1988, 529 (533) u. VR 1992, 1 (12); Franzius/Wolf/Brandt, Handbuch der Altlastensanierung, 1.5.1.1.2, S. 10 ff.; Tettinger, in: Jessberger, Erkundung und Sanierung von Altlasten, S. 147; Ipsen/Tettinger, Altlasten und kommunale Bauleitplanung, S. 14.

192

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

Entscheidend ist zunächst, daß die Gemeinde ihrer planerischen Konzeption entsprechend, einen Bebauungsplan für erforderlich gehalten und aufgestellt hat. Ändert sich nunmehr durch nachträglich bekannt werdende oder eintretende Tatsachen das in die Abwägung einzustellende Abwägungsmaterial, mit der Folge einer der ursprünglichen Abwägung nicht entsprechenden andersartigen Interessensbetroffenheit, so ergibt sich daraus die „Erforderlichkeit" einer Änderung des Bebauungsplanes, wenn sicher ist, daß die Gemeinde einen Bebauungsplan diesen Inhalts, hätte sie den jetzigen Erkenntnisstand gehabt, nicht erlassen hätte. Dies kann jedoch nur in den Fällen unterstellt werden, in denen der jetzige Kenntnisstand solchen Einfluß auf den damaligen AbwägungsVorgang gehabt hätte, daß seine Nichtberücksichtigung zur Fehlerhaftigkeit des Abwägungsergebnisses geführt hätte80. Damit grenzen sich diese Fälle auch zu denjenigen ab, in denen die Gemeinde zwar auch nach Erlaß des Bebauungsplanes neue Erkenntnisse gewinnt, es sich jedoch um solche Erkenntnisse handelt, deren Abwägungsbeachtlichkeit durchaus unterschiedlich beurteilt werden kann und bei denen nicht auszuschließen ist, daß sie keinen Einfluß auf das Abwägungsergebnis gehabt hätten. Je deutlicher sich nach dem neuen Erkenntnisstand infolge von Altlasten eine gesundheitliche Gefahrdung der Wohn- und Arbeitsbevölkerung darstellt, desto nachhaltiger ist davon auszugehen, daß die Berücksichtigung der nunmehrigen Erkenntnisse bei der ursprünglichen Abwägung zur Vermeidung der Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplanes auch erfolgt wäre. Damitrichtetsich die „Erforderlichkeit" einer Planänderung einzig nach dem hypothetischen Willen der Gemeinde, der jedoch ausgehend von der Prämisse abwägungskorrekten Verhaltens der Gemeinde, im Falle eines ansonsten „grob unangemessenen" Planergebnisses gerechtfertigt unterstellt werden kann. Die „Erforderlichkeit" in diesem Fall erfahrt auch keine Einschränkung dadurch, daß der Bebauungsplan bereits vollzogen ist81. Nach dem hier vertretenen Verständnis von der Funktion des Bebauungsplanes können Dritte sich

80

Nur in diesem Sinne ist die nicht näher erläuterte Terminologie der Literatur von der „groben Unangemessenheit" derfrüheren Planentscheidung zu akzeptieren. 81

A.A., wonach die „Erforderlichkeit" einer Änderung abhängig ist davon, ob der Bebauungsplan (überwiegend) vollzogen ist oder nicht Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Altlasten, Ziff. 882; Führen, in: Pfaff-Schley/Schimmelpfeng, Rüstungsaltlasten '92, S. 29; Henkel, Altlasten als Rechtsproblem, S. 143 Fn. 9; Franzius/ Wolf/Brandt, Handbuch der Altlastensanierung, 1.5.1.1.2, S. 10 f.

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darauf verlassen, daß die Gemeinde nach Prüfung und Wertung zum Ergebnis gekommen ist, daß gesundheitsgefährdende Altlasten der Art der festgesetzten Nutzung nicht entgegenstehen. Dies gilt nicht nur für den Ersterwerber, sondern auch für den möglichen Nacherwerber der Grundstücke. Schon deswegen ist die Gemeinde zur Anpassung des Planes verpflichtet. Unabhängig hiervon ist es jedoch die insoweit unstrittige besondere Bedeutung des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB, die die Gemeinde im Falle einer erkannten Fehlgewichtung dieses Belanges zur Korrektur des Ergebnisses verpflichtet. Auch der Kennzeichnung der nachträglich erkannten Altlast kommt in diesem Zusammenhang keine eigenständige Bedeutung zu. Hier gilt das gleiche, wie beim erstmaligen Erlaß des Bebauungsplans; die Kennzeichnung kann die materiell-rechtliche Abwägung nicht ersetzen und erlangt daher erst dann Bedeutung, wenn die Frage einer Änderung des Bebauungsplanes eindeutig beantwortet ist. Sofern danach eine Nutzung der planbefangenen Grundstücke möglich bleibt, hat die Kennzeichnung, wenn ihre übrigen (allgemeinen) Voraussetzungen gegeben sind, zu erfolgen.

bb) Die Planaufhebung wird der Planänderungspflicht nicht gerecht In aller Regel wird die Änderungsverpflichtung von der Gemeinde mehr fordern als die reine Aufhebung des Bebauungsplanes. Denn mit der reinen Aufhebung ist nicht festgelegt, was in städtebaulicher Hinsicht mit der belasteten Fläche geschehen soll82, d.h. welche Ordnung an die Stelle der mit dem früheren Bebauungsplan beabsichtigten Ordnung treten soll83. Auch hat die Gemeinde selbst mit ihrer vormaligen Entscheidung für den Erlaß eines Bebauungsplanes zum Ausdruck gebracht, daß sie, ihrem planerischen Konzept entsprechend, den betreffenden Teil des Gemeindegebietes 82

Gaentzsch, NVwZ 1990, 505 (506); VGH Mannheim, BauR 1975, 42 (42 ff.) schließt eine reine Planaufhebung aus und verlangt, daß einer Planaufhebung ein „Ersatzplan" folgen muß, da die bauliche Nutzung grundsätzlich durch positive Bauleitpläne geregelt werden müsse; Ausnahmen seien nur im Falle der deklaratorischen Aufhebung eines rechtsungültigen Planes möglich, oder dann, wenn feststehe, daß nicht mehr gebaut werden soll; ähnlich Zuck, Das Recht des Bebauungsplans, A Rdnr. 120. 83

13 Kühn

Vgl. insoweit auch BVerwG 75, 142 (144 f.).

194

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

durch Bebauungsplan einer städtebaulichen Ordnung zufuhren will und eine etwa durch die Anwendung der §§ 34 u. 35 BauGB bestimmte Ordnung nicht für ausreichend erachtet. Im übrigen sollte es wohlverstandener und verantwortungsvoller Stadtplanung entsprechen, erkannte Altlastenfälle planungsrechtlich nicht auszuklammern; vielmehr sollte gerade hier die Verpflichtung gesehen werden, für diese Flächen alsbald Planungssicherheit zu schaffen und sie konzeptionell einzubinden.

cc) Die Änderungsverpflichtung im Verhältnis zu bauordnungsund sanierungsrechtlichen Auflagen Fraglich erscheint, ob die sich aus der „Erforderlichkeit" ergebende Änderungsverpflichtung entfallt, wenn eine bauliche Nutzung des Plangebietes prinzipiell möglich bleibt und eine Gesundheitsgefahrdung der dort lebenden und arbeitenden Bevölkerung durch bauordnungs- oder sanierungsrechtliche Auflagen verhindert werden kann. Bauordnungsrechtliche Anordnungen können dabei unabhängig davon erlassen werden, ob die Grundstücke bereits bebaut sind oder nicht und können sich sowohl auf bauliche als auch nutzungsspezifische Maßnahmen erstrecken. Grundsätzlich möglich bei Altlastenerkenntnis sind daher, sofern die allgemeinen Voraussetzungen dieser bauordnungsrechtlichen Maßnahmen vorliegen, einer Baugenehmigung beigefügte Auflagen und Bedingungen, des weiteren Sanierungsverfügungen, nachträgliche Anforderungen an bauliche Anlagen, schließlich auch ein vorübergehendes Nutzungsverbot. Die Bauordnungsbehörden sind allgemein berechtigt, diejenigen Maßnahmen zu verlangen bzw. anzuordnen, die zur Abwehr einer Gefahr für Leben und Gesundheit erforderlich sind. Ein sanierungsrechtliches Vorgehen ist möglich, da städtebauliche Sanierungsmaßnahmen nach § 136 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 BauGB zum Umweltschutz und gesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bevölkerung beitragen sollen und gemäß § 136 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 1 BauGB Voraussetzung für städtebauliche Sanierungsmaßnahmen das Vorliegen eines städtebaulichen Mißstandes ist, der sich wiederum an gesunden und sicheren Wohn- und Arbeitsverhältnissen orientiert und der seinen Ausgangspunkt nicht nur in von

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außen auf Grundstücke einwirkenden „Störungen" haben kann, sondern u.U. auch dann vorliegt,wenn vom Grundstück selbst „Störungen" ausgehen. Da § 140 Nr. 4 BauGB zur Vorbereitung der Sanierung der Gemeinde auch die städtebauliche Planung auferlegt und dazu auch die Bauleitplanung zählt „soweit sie für die Sanierung erforderlich ist", kann eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme grundsätzlich auch ohne Änderung eines bestehenden Bebauungsplanes vorgenommen werden. Die eingangs gestellte Frage wird im übrigen mit der Begründung bejaht, daß es nicht Aufgabe des Bauplanungsrechtes sei, ordnungsrechtliche Festsetzungen zu treffen und sich die Änderungspflicht daher auch nicht an polizeirechtlichen Maßstäben orientiere84. Dieser Ansicht kann zugestimmt werden. Da der Bebauungsplan letztendlich, wenn auch erst nach Durchführung sanierungs- oder bauordnungsrechtlicher Maßnahmen, realisiert werden kann, wird er seinem Auftrag, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten sowie den weiteren in § 1 Abs. 5 BauGB aufgeführten Zielen im Ergebnis gerecht. (In diesem Zusammenhang wird auch die Unterscheidung zwischen dem durch den Bebauungsplan geschaffenen Vertrauen des Bauen und Wohnen „könnens" und der von ihm nicht zu leistenden Garantie des Bauen und Wohnen „dürfens" nochmals deutlich.) Die Gemeinde genügt daher in diesen Fällen den ihr obliegenden Pflichten, wenn sie mit der Kennzeichnung der altlastenbehafteten Flächen gemäß § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB das Mittel einsetzt, dessen Aufgabe gerade die Warn- und Hinweisfunktion in bezug auf wegen Bodenbelastung möglicherweise erforderlich werdende besondere Maßnahmen ist85.

84

Schink, BauR 1987,397 (405); derselbe VR 1992,1 (12); F ranzius/Wolf/Brandt, Handbuch der Altlastensanierung, 1.5.1.1.2, S. 10 ff.; Wolf in: Pfaff-Schley, Altlasten als Planungshindernis, S. 41 f.; im Ergebnis auch Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275 (2278). Zu einem anderen Ergebnis müßte man vom Ausgangspunkt Söfker s, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1 Rdnr. 277 kommen, wonach, da der Bebauungsplan gemäß § 30 BauGB unmittelbar verwirklicht werden könne, die Vereinbarkeit einer Altlast mit der festgesetzten Nutzung regelmäßig zu fordern und die Festsetzung einer erst nach Sanierung möglichen Nutzung nur im Flächennutzungsplan zulässig sei. 85

BGH, UPR 1992, 438 (438) sieht insoweit keine Verpflichtung der Gemeinde, nach erkannter Schadstoffbelastung den Bebauungplan aufzuheben, als Gesundheitsgefahren durch eine Sanierung des Gebietes und durch sachgemäße Auflagen bei den einzelnen Baugenehmigungen abgewendet werden können. 13*

196

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

2. Die Drittgerichtetheit der Amtspflicht zur Planänderung a) Subjektives öffentliches

Recht auf Planänderung?

Es wurde bereits erläutert, daß die Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht jedenfalls immer dann möglich ist, wenn ein subjektives öffentliches Recht auf Wahrnehmung der Amtspflicht besteht. Dies führt zur Frage, ob es ein subjektives öffentliches Recht auf Planänderung gibt in den Fällen, in denen sich eine Amtspflicht der Gemeinde feststellen läßt, einen bestehenden Bebauungsplan zu ändern, da diese Änderung wegen der „groben Unangemessenheit" desfrüheren Planergebnisses „erforderlich" ist.

aa) Ausschluß eines Anspruchs auf Planänderung durch § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 BauGB? Nach § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 BauGB besteht weder ein Anspruch auf die Aufstellung von Bebauungsplänen, noch auf ihre Änderung, Ergänzung oder Aufhebung. Dies ist die Folge davon, daß die Bauleitplanung nicht im individuellen Interesse Einzelner erfolgt, sondern gemäß § 1 Abs. 3 u. 5 Satz 1 BauGB im öffentlichen Interesse der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung dienen und eine am Allgemeinwohl orientierte sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten soll. Die Rechtsprechung läßt hierzu keine Ausnahmen zu und zwar selbst dann nicht, wenn die Aufstellung objektivrechtlich geboten ist, jede andere Entscheidung also fehlerhaft wäre; der Planungspflicht der Gemeinde nach § 1 Abs. 3 BauGB entspricht, wie auch der eindeutige Wortlaut des § 2 Abs. 3 i.V.m. 4 BauGB zeigt, somit kein subjektiv öffentliches Recht des Bürgers auf Planung86.

86

BVerwG, DVBl 1977, 529 (530) u. DVBl 1982, 1096 (1096); zustimmend Gaentzsch, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 11 ; derselbe, in: Berliner Kommentar, § 2 Rdnr. 16; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 52; Mainczyk, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 4; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 182; Reissig, Gemeindliche Bauleitplanung, S. 203 f.; Schlez, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 13.

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Soweit in der Literatur ein Individualanspruch auf den Erlaß eines Bebauungsplanes bejaht wird, wird der Wortlaut des § 2 Abs. 3 anders interpretiert. So solle diese Vorschrift nur ausschließen, daß der „Erforderlichkeit" der Aufstellung eines Bebauungsplanes ein entsprechendes Recht des Bürgers (wesensnotwendig) korrespondiere und daß die Gemeinde sich durch eine verwaltungsrechtliche Zusage zum Erlaß eines Bebauungsplanes verpflichten könne; trotz dieser Norm seien ausnahmsweise Sachverhalte denkbar, bei denen sich das Planungsrecht des § 1 Abs. 3 BauGB zu einer Planungspflicht mit einem entsprechenden Rechtsanspruch des Einzelnen verdichte87. Andere interpretieren § 2 Abs. 3 BauGB dergestalt, daß er lediglich einem Grundstückseigentümer kein Recht auf eine ganz bestimmte Planung zugestehe, insbesondere kein Recht darauf, daß sein Grundstück Bauland werde88. Schließlich wird angeführt, daß die Vorschrift lediglich klarstellen wolle, daß sich nicht bereits aus dem Recht am Grundstück ein Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplanes ergebe, ein solcher Anspruch also nicht als ipso jure bestehend geltend gemacht werden könne89. Steht nach diesen Auffassungen der Wortlaut des § 2 Abs. 3 BauGB der Bejahung eines subjektiven öffentlichen Rechts auf den Erlaß eines Bebauungsplanes nicht entgegen, so wird das Recht selbst aus unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen hergeleitet90.

(1) Keine analoge Anwendung der Rechtsprechung zu § 123 Abs. 3 BauGB

§ 123 Abs. 3 BauGB schließt einen Rechtsanspruch auf Erschließung ausdrücklich aus. Der Sinn dieser Regelung liegt darin begründet, daß die Erschließung einem im Rahmen ordnungsgemäßer Haushaltsführung erstellten Ausbauprogramm

87

Zuck, Das Recht des Bebauungsplanes, Β Rdnr. 41 u. 47 ff.

88

Peine, DÖV 1983, 908 (911).

89

Degenhart, BayVBl 1979, 289 (293).

90

Eine eingehende Darstellung hierzufindet sich bei Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, S. 91-124.

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D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

der Gemeinde (deren (Pflicht)Aufgabe die Erschließung gemäß § 123 Abs. 1 BauGB ist) und nicht Wünschen oder Forderungen einzelner folgen soll91. Die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinde kann sich jedoch zu einer aktuellen Erschließungspflicht, die von Dritten eingefordert werden kann, verdichten; so etwa grundsätzlich und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen konkreten Falles, wenn die Gemeinde einen qualifizierten Bebauungsplan erläßt, ein Umlegungsverfahren durchfuhrt, eine Baugenehmigung erteilt oder Vorausleistungen auf einen Erschließungsbeitrag erhalten hat92. Die dem Wortlaut des § 123 Abs. 3 BauGB entgegenstehende Interpretation erlaubt jedoch keine analoge Anwendung auf die Vorschrift des § 2 Abs. 3 BauGB. Beide Vorschriften haben unterschiedliche Ziele, der für eine Analogie zu fordernde ähnliche Sachverhalt liegt nicht vor: während es bei der Erschließung um den Anspruch auf eine tatsächliche Maßnahme (im Sinne schlichten Verwaltungshandelns geht), die also keinerlei Planungsentscheidung bzw. Abwägung widerstreitender Belange erfordert, vielmehr lediglich Vollzug eines Bebauungsplanes ist (§ 125 Abs. 1 BauGB), ist ein Anspruch auf Erlaß eines Bebauungsplanes auf Normsetzung gerichtet, also einen Vorgang, bei dem es gerade auf die Erfassung, Bewertung und Abwägung verschiedener öffentlicher und privater Belange ankommt und an dessen Ende eine planerische Entscheidung steht93. 91

Lohr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 123 Rdnr. 4.

92

Grundlegend zur Verdichtung zu einer Erschließungspflicht BVerwG, BRS 37 Nr. 5, S. 12 (13). Vgl. im übrigen BVerwG, DÖV 1975, 715 (716) sowie BVerwG 64, 186 (189 f.), das Bedenken, eine Erschließungspflicht verstoße gegen die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, zurückweist; aus der Literatur Ernst, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, Baugesetzbuch, § 123 Rdnr. 26 ff.; Lohr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 123 Rdnr. 5 ff.; W. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 50; H. Schrödter, in: Schrödter, Baugesetzbuch, § 124 Rdnr. 21 f.; Geizer, in: Geizer/ Birk, Bauplanungsrecht, Rdnr. 567 ff. erkennt eine Erschließungspflicht nur aus ordnungsbehördlichen Gründen für die Fälle an, in denen als Folge fehlender Erschließung polizeiwidrige Zustände entstehen, was bereits durchgeführte Baumaßnahmen voraussetze; in den übrigen Fällen sei lediglich eine Entschädigung als rechtliche Folge einer faktischen Bausperre möglich. 93

Gegen eine Analogie ausdrücklich BVerwG, DVB1 1977, 529 (529 f.). Die Analogie ablehnend auch Bielenberg, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 76; Frenz, Die Durchsetzbarkeit der gemeindlichen Planungspflicht, BayVBl 1991, 673 (675); Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 2 Rdnr. 16; Grauvogel, in:

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(2) Kein Anspruch aus den Beteiligungsvorschriften des Planaufstellungsverfahrens

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, daß im Planverfahren zu beachtenden Verfahrensvorschriften grundrechtsschützende Wirkungen zukommen können94, jedoch lassen sich daraus keine subjektiven öffentlichen Rechte auf die Durchführung eines Bebauungsplanverfahrens herleiten. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lag die Verletzung von Auslegungs- und Anhörungsvorschriften des Atomrechts zugrunde, die der Staat gerade in Erfüllung seiner aus Art. 2 Abs. 2 GG folgenden Schutzpflicht erlassen hat. Den Vorschriften über die Bürgerbeteiligung an der Bauleitplanung kommt eine solche Bedeutung jedoch nicht zu. Sie dienen nur dem Hinweis auf berührte Interessen, die sodann im Rahmen der planerischen Abwägung zu gewichten sind, bestehen demnach nur im öffentlichen Interesse. Der verfassungsrechtlich unbedenkliche Ausschluß eines Anspruchs auf Planaufstellung schließt die Möglichkeit aus, daß eine infolgedessen unterbliebene Bürgerbeteiligung eine Grundrechtsverletzung bewirkt95, bzw. die vorgeBrügelmann, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 59; Mainczyk, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 4. A.A. Zuck, Das Recht des Bebauungsplans, Β Rdnr. 48 f.; wohl auch Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 294 u. DÖV 1978, 113 (116 f.); Schlichter, in: Schlichter/Stich/Tittel, Bundesbaugesetz, 2. Auflage, § 2 Rdnr. 10, der diese Ansicht in der 3. Auflage, § 2 Rdnr. 10 unter Hinweis auf BVerwG, DVBl 1977, 529 jedoch aufgibt. 94

BVerfG 53, 30 (65 f.) spricht Verfahrensvorschriften drittschützende Wirkung dergestalt zu, daß die Zulassung eines Vorhabens ohne Einhaltung des rechtlich vorgeschriebenen Verfahrens Bürger in ihren subjektiven Rechten auf Einhaltung dieses Verfahrens verletzen kann. Zu der anhand der Freiheitsgrundrechte zu bestimmenden Bedeutung des VerwaltungsVerfahrens vgl. Schenke, VB1BW 1982, 313 ff. und Häberle, WDStRL 30, 43 (51 f. u. 86 ff.), der den Grundrechten im Verwaltungsverfahren einen den Grundrechten als Abwehrrechten korrespondierenden „status activus processualis" zuspricht. 95

So auch BVerwG, DVBl 1982, 1096 (1096 f.); zustimmend Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, § 2 Rdnr. 16; Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 60; vgl. jedoch auch OVG Hamburg, BRS 38 Nr. 175 S. 387 (387 f.), das aus der seiner Auffassung nach drittschützenden Vorschrift des § 2 a BBauG (jetzt § 3 BauGB) über die Bürgerbeteiligung, ein subjektives öffentliches Recht eines Nachbarn darauf ableitet, ein Vorhaben nicht gemäß §§31 Abs. 2; 34; 35 BBauG zuzulassen, wenn die Auf-

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D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung

sehene Bürgerbeteiligung zu einem Anspruch auf ein Planverfahren führen könnte.

(3) Kein Anspruch auf Bebauungsplanerlaß aus Grundrechten

Diejenigen, die einen Anspruch auf den Erlaß eines Bebauungsplans aus Grundrechten herleiten wollen, gehen davon aus, daß, auch wenn § 2 Abs. 3 BauGB ein subjektives öffentliches Recht auf Planerlaß ausdrücklich ausschließt, sich ein solches doch, wenn auch nicht regelmäßig und nur in Ausnahmefallen aus der Verfassung im Zusammenspiel mit anderen einfachgesetzlichen Normen, hier den entwicklungsplanerisch geprägten Normen des Baurechts ergeben könne96. Solche verfassungsrechtlich legitimierten Ansprüche habe der Gesetzgeber mit § 2 Abs. 3 BauGB nicht ausschließen wollen; die Vorschrift sei insoweit verfassungskonform zu interpretieren97. Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang insbesondere auf den Wandel der Grundrechte von reinen Abwehrrechten zu „Teilhaberechten"98. So könne sich ein subjektives öffentliches Recht auf Planerlaß aus der teilhaberechtlichen, aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG abgeleiteten Determinierung der Bauleitplanung ergeben99. Dem wird im wesentlichen entgegengehalten, daß Art. 14 GG auch vor dem Hintergrund des Wandels der

eines Bebauungsplanes nach § 1 Abs. 3 BBauG „ erforderlich" gewesen wäre; für die Rechtsschutzfunktion bauplanungsrechtlicher Verfahrensvorschriften auch Degenhart, JuS 1984, 187 (190 f.) u. NJW 1981, 2666 f. Stellung

96

Battis, DÖV 1978, 113 (117); Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, öffentliches Baurecht, § 5 Rdnr. 62; Schmidt-Aßmann, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 1 Rdnr. 42. 97

Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, S. 123 f. 98

Vgl. zu dieser Problematik die grundlegende Entscheidung des BVerfG 33, 303 (330 ff.) sowie die Beiträge im Rahmen des Beratungsgegenstandes „Grundrechte im Leistungsstaat" auf der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 1971, in WDStRL 30, 7 ff. 99

Battis, DÖV 1978, 113 (117); Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rdnr. 62.

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Grundrechte die Intention habe, Eingriffe in bestehende Eigentumspositionen abzuwehren, nicht jedoch solche Positionen zu verbessern100. Des weiteren wird auf Art. 3 GG verwiesen, der Betroffenen einen Anspruch auf willkürfreie Ausübung des Planungsermessens und damit u.U. auf Planerlaß gebe101. Dagegen wird insbesondere eingewendet, daß Art. 3 Abs. 1 GG Bedeutung nicht bei der Frage einer Planungspflicht an sich zukomme, sondern erst im Rahmen der Abwägung und des dabei gefundenen Ergebnisses102. Auch aus Art. 2 Abs. 2 GG wird ein Anspruch für denkbar erachtet, sofern durch den Bau einer Anlage Leben und Gesundheit gefährdet werden können103. Allen von den Grundrechten her begründeten Ansprüchen wird erwidert, daß sie der abwägungsbedürftigen Gesamtsituation nicht Rechnung tragen, da solche Ansprüche in der Regel nur verwirklicht werden könnten durch Eingriffe in Rechtspositionen anderer, wiederum Grundrechtsberechtigter. Die Lösung dieser Konfliktsituation und damit der Ausgleich widerstreitender Interessen müsse dem Gesetzesrecht anvertraut werden104. Übergreifend wird argumentiert, daß ein Anspruch auf Erlaß eines Bebauungsplanes in Konflikt geraten würde zu den Vorschriften des Baugesetzbuches über das Verfahren der Bebauungsplanaufstellung und der sachgerechten planerischen Abwägung. Bundesverwaltungsgericht und Bundesgerichtshof haben daher übereinstimmend und zu Recht festgestellt, daß ein der Einleitung des Planverfahrens vorgegebener, mehr oder weniger festgelegter und in dieser Festlegung von einem Begünstigten erzwingbarer Planinhalt sich innerhalb des Planverfahrens nahezu notwendig als eine zu mißbilligende Verkürzung der gebotenen Abwägung darstellen würde105.

100

Frenz, BayVBl 1991, 673 (675); Westbomke, Rechtsverordnungen und Satzungen, S. 113. 101

Peine, DÖV 1983, 909 (914); Würtenberger,

102

Frenz, BayVBl 1981, 673 (676).

103

Peine, DÖV 1983, 909 (914).

Der Anspruch auf Erlaß von

AöR 1980, 370 (378 ff.).

104

Grauvogel, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 60.

105

BVerwG, DVBl 1977, 529 (530); BGH, NJW 1978,1802 (1803).

202

D. Die Amtshaftung wegen der Nichtänderung/Nichtaufhebung b) Der unzulässige Rückschluß vom fehlenden subjektiven öffentlichen Recht auf das NichtVorliegen

eines Drittschutzes

Aus der Tatsache, daß das Baugesetzbuch ein subjektives öffentliches Recht auf Planänderung ausdrücklich ausschließt, wird zum Teil hergeleitet, daß trotz amtspflichtwidriger Nichtänderung Ansprüche eines Dritten gegen die Gemeinde nicht bestehen könnten106. Dem liegt offenbar die Auffassung zugrunde, daß der Drittbezug einer Amtspflicht ein entsprechendes subjektives öffentliches Recht des Dritten auf Erfüllung der Amtspflicht voraussetzt. Bereits an vorgehender Stelle wurde jedoch erarbeitet, daß dieser Ansicht nicht zu folgen ist, vielmehr die Frage, ob eine drittgerichtete Amtspflicht gegeben ist, losgelöst und unabhängig vom Vorliegen eines subjektiven öffentlichen Rechts auf Vornahme einer Amtshandlung zu entscheiden ist.

3. Der Verstoß gegen die drittgerichtete Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung bei Nichtänderung des Bebauungsplanes trotz „Erforderlichkeit 44 einer Änderung Steht fest, daß eine Bebauungsplanänderung „erforderlich" ist, so ergibt sich, wie bei jedem Planaufstellungsverfahren, für die Gemeinde auch die Pflicht nach § 1 Abs. 6 BauGB (der ja gemäß § 2 Abs. 4 BauGB auch für die Planänderung gilt), die öffentlichen und privaten Belange im Planverfahren gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Amtspflicht zur Abänderung des Bebauungsplanes löst also die Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung „automatisch" aus. Die Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung hat jedoch, wie bereits erläutert, drittschützenden Charakter. Unterläßt die Gemeinde diese Abwägung, so liegt damit ein Abwägungsfehler im Sinne eines Abwägungsdefizites vor. Dies hat zur Folge, daß ein Dritter, dessen private Belange weder ermittelt noch berücksichtigt worden sind, Amtshaftungsansprüche geltend machen kann. Dies hat jedenfalls in den Fällen zu 106

Jochum, NVwZ 1989, 635 (637); wohl auch Boujong, WiVerw 1991, 59 (80).

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Bebauungsplan

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gelten, in denen objektiv die Abänderung eines Bebauungsplanes, wegen unzureichender Berücksichtigung des Belanges des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB, die einzig richtige Sachentscheidung ist und bei Nichtänderung des Planes die Gefahr besteht, daß planbetroffene Dritte wegen ihres Vertrauens in den Bebauungsplan Maßnahmen treffen, die zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung fuhren können107. Im praktischen Ergebnis bedeutet dies, daß, wenn jede andere Entscheidung als die Änderung des Bebauungsplans nicht rechtmäßig ist, die Gemeinde den Plan jedoch nicht ändert, Ansprüche eines Dritten „mittelbar" ausgelöst werden. „Mittelbar" deswegen, weil der „unmittelbare" Rechtsgrund dieser Ansprüche nicht in der „erforderlichen", jedoch unterlassenen Planänderung liegt (es also dabei bleibt, daß allein die Nichtbeachtung des § 1 Abs. 3 BauGB Dritte nicht in ihren Rechten verletzt), sondern in der unterlassenen Abwägung, die jedoch direkte Folge des Entscheids der Gemeinde gegen die Planänderung ist. Hinsichtlich des sachlichen und persönlichen Schutzbereiches ergeben sich gegenüber den Ausführungen zur Aufstellung eines fehlerhaften Bebauungsplanes in Ansehung des geschützten Personenkreises und der geschützten Interessen keine Besonderheiten. Dies gilt auch für den Umfang, sowie den Ausschluß bzw. die Minderung des Anspruches.

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Soweit Rechtsprechung, BGHZ 71, 386 (389 f.) u. Literatur, Bielenberg,, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 2 Rdnr. 77; Papier, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 34 Rdnr. 182, drittgerichtete Amtspflichten der Gemeinde zum Erlaß bestimmter Bebauungspläne unter Hinweis auf eine Verkürzung der gebotenen Abwägung zugunsten von „Sonderinteressen eines Einzelnen" ablehnen, trägt diese Begründung nicht, wenn es um die Abänderung eines bestehenden Bebauungsplanes geht, mit dem Ziel, Gesundheitsgefahrdungen für auf den Plan Vertrauende zu vermeiden. Es wäre in diesen Fällen mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, einem Dritten Ansprüche wegen einer Gesundheitsbeeinträchtigung zu versagen, die ihm nur im Vertrauen auf rechtmäßiges Verhalten der Gemeinde widerfahren sind und deren Eintritt der Gemeinde bewußt war und von ihr auch verhinderbar gewesen wäre. Ergänzend ist auf die an anderer Stelle erläuterte allgemeine Fürsorgepflicht der Amtswalter und damit des Staates zu verweisen, die es gebietet, Schaden von Staatsbürgern fernzuhalten.

E. Ergebnisse der Arbeit 1. Bei der Beschlußfassung über den Erlaß eines Bebauungsplanes handeln die Mitglieder des Gemeinderates als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne. 2. Amtshaftungsansprüche können durch normatives Unrecht begründet werden. 3. Dem Belang des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB an sich kommt nicht der Charakter einer absoluten Planungsschranke zu; seine unterschiedliche Wertigkeit ist vielmehr im Rahmen der Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu beurteilen. 4. Die Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB hat drittschützenden Charakter. 5. Der sachliche Schutzbereich der Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung des Belanges des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB wird hinsichtlich Inhalt und Grenzen danach bestimmt, inwieweit der objektive Aussagegehalt eines Bebauungsplanes reicht; danach kann ein Dritter sich darauf verlassen, daß, als Ergebnis gemeindlicher Prüfung, Gesundheitsgefahrdungen gleich welchen Ursprungs, der Festsetzung einer bestimmten Art der Nutzung des Plangebietes nicht entgegengestanden haben. 6. Der persönliche Schutzbereich der Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung des Belanges des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB erfaßt ausschließlich Bewohner des altlastenüberplanten Gebietes. Geschützt sind Erst- und Nacherwerber sowie obligatorisch Nutzungsberechtigte. 7. Für die Mitglieder des Gemeinderates gilt bei ihrer Beschlußfassung zwar ein „objektivierter Sorgfaltsmaßstab", dem sie jedoch gerecht werden, wenn sie sich mangels anderer Anhaltspunkte auf die Rechtmäßigkeit und Sachgemäßheit einer Verwaltungsvorlage verlassen. 8. Wird eine Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Beschluß eines Kollegialorganes begangen, so muß der geschädigte Anspruchsteller keinen individuellen Schuldnachweis fuhren.

E. Ergebnisse der Arbeit

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9. Auch bei Kollegialentscheidungen ist am Verschuldenserfordernis festzuhalten. 10. Bei Kollegialentscheidungen besteht weder eine Verschuldensvermutung, noch kann Einstimmigkeit bei der Beschlußfassung unterstellt werden. 11. Amtshaflungsansprüche können auch ein Organisationsverschulden zur Grundlage haben. 12. Den an der Vorbereitung von Gemeinderatsbeschlüssen beteiligten Amtswaltern obliegen bei dieser Tätigkeit eigene drittbezogene Amtspflichten. 13. Die Pflicht des verwaltungsleitenden Organes zur Beanstandung rechtswidriger Beschlüsse des Gemeinderates ist keine drittbezogene Amtspflicht. 14. Die Aufklärungspflicht der Gemeinde hinsichtlich Altlasten bei der Bauleitplanung erfordert keine Prüfung „ins Blaue hinein". Nachforschungen sind i.d.R. nur dann zu verlangen, wenn es konkrete Hinweise oder Anhaltspunkte für mögliche Kontaminationen gibt. 15. Die Gemeinde unterliegt bei der Bauleitplanung keiner verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung für Bodenkontaminationen. 16. Aus der Kennzeichnungspflicht der §§ 5 Abs. 3 Nr. 3 und 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB folgt keine Pflicht der Gemeinde zur systematischen Erforschung von Altlasten. 17. Die bloße Beteiligung von Fachbehörden am Planaufstellungsverfahren ersetzt nicht die eigene Aufklärungspflicht der Gemeinde. Bei gezielter Nachfrage unter Darlegung sämtlicher vorhandener Erkenntnisse kann die Gemeinde sich jedoch auf die Stellungnahmen von Fachbehörden verlassen. 18. Bei Erfassung der zu überplanenden Fläche in einem Altlastenkataster hat die Gemeinde weitergehende Untersuchungen anzustellen. 19. Bei abstrakt gefährlicher Vornutzung, insbesondere industrieller Art oder durch den Betrieb einer Deponie, trifft die Gemeinde eine Untersuchungspflicht. Diese geht um so weiter, je mehr die Vornutzung die Möglichkeit einer gesundheitsgefährdenden Bodennutzung nahelegt. 20. Das hinsichtlich der Aufklärungsmöglichkeiten abgestufte Vorgehen der Gemeinde muß den Sachverhalt soweit aufklären, daß eine abschließende Entscheidung über die gesundheitsunbedenkliche Nutzung des Plangebietes getroffen werden kann.

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E. Ergebnisse der Arbeit

21. Der abstrakte Maßstab für die Aufklärungsverpflichtung der Gemeinde ist flexibel undrichtetsich danach, was der Gemeinde zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan faktisch möglich ist. 22. Es besteht ein Erfordernis für bundeseinheitliche nutzungs-, schutzgut- und wirkungsbezogene Grenzwerte. 23. Die Überprüfung der Gewichtung einer Kontamination im Abwägungsprozeß hat nach dem Kenntnisstand der Gemeinde zu diesem Zeitpunkt zu erfolgen. Sie hat sich daher an den Kriterien für die Überprüfung einer Prognoseentscheidung zu orientieren. 24. Der vom Bundesgerichtshof angenommene Umfang des Schadensersatzanspruches wegen der Überplanung von Altlasten ist in seiner konkreten Differenzierung dogmatisch nicht begründbar und bedürfte, vom eigenen Ausgangspunkt der Rechtsprechung her argumentiert, einer teilweise erweiternden, teilweise einschränkenden Modifizierung. 25. Bei einem Beschluß des Gemeinderates ist ursächlich für diesen Beschluß jede den Beschluß mittragende Stimmabgabe, auch wenn sie für den Beschluß nicht unabdingbar erforderlich war, dieser vielmehr auch bei anderer Stimmabgabe mit der erforderlichen Mehrheit gefaßt worden wäre. 26. Der rechtswidrige Beschluß des Gemeinderates ist kausal für einen eingetretenen Schaden auch dann, wenn dieser Beschluß der Vollziehung durch ein verwaltungsleitendes Organ bedarf. 27. Ein anspruchsminderndes Mitverschulden nach § 254 BGB des durch Altlastenüberplanung an seiner Gesundheit Geschädigten kommt in Betracht, wenn dieser hinsichtlich möglicher Altlasten und davon ausgehender Gesundheitsgefahren einen Kenntnisstand hatte, der einen verständigen Menschen davon abgehalten hätte, das Grundstück zu bewohnen. 28. Ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten liegt nicht vor, wenn er die Gemeinde auf Bedenken gegen die Überplanung des kontaminierten Geländes hingewiesen hatte, diese jedoch die Bedenken als nicht durchschlagend gewertet hat. 29. Der Geschädigte genießt keinen Schutz, wenn er positive Kenntnis von einer Giftstoffbelastung des Grundstücks und der Gefahr möglicher Gesundheitsgefahrdungen hatte.

E. Ergebnisse der Arbeit

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30. Ansprüche eines durch Altlastenüberplanung Geschädigten werden durch § 839 Abs. 3 BGB nicht deswegen ausgeschlossen, weil er eigene Erkenntnisse über eine (mögliche) Bodenkontamination nicht im Rahmen der Bürgerbeteiligung nach § 3 BauGB vorgebracht hat. 31. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB wird für den durch Altlasten geschädigten Grundstückseigentümer i.d.R. nur dann greifen, wenn er Ansprüche gegen den Veräußerer des Grundstücks schuldhaft hat verjähren lassen. Geschädigte Mieter werden durch § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB i.d.R. auf die Garantiehaftung des Vermieters nach § 538 Abs. 1 BGB verwiesen. 32. Die bauplanungsrechtliche Unbeachtlichkeit bestimmter Fehler im Rahmen der §§ 214; 215 BauGB schließt Amtshaftungsansprüche wegen dieser Fehler nicht aus. 33. Die Gemeinde hat keine fortlaufende Prüfungspflicht hinsichtlich der Überplanung von Altlasten in bezug auf erlassene Bebauungspläne. 34. Ergibt sich bei bestehendem Bebauungsplan für die Gemeinde der Verdacht der Überplanung gesundheitsgefährdender Altlasten, so sollte sie durch geeignete Sofortmaßnahmen den Rechtsschein des Bauen-„könnens" beseitigen. 35. Fehlerhafter Abwägungsvorgang und fehlerhaftes Abwägungsergebnis können zur Nichtigkeit des Bebauungsplanes, ggf. auch nur zur Teilnichtigkeit führen. 36. Bei nachträglichem Eintritt von Umständen, die der Verwirklichung des Bebauungsplanes entgegenstehen, kommt dessen (ggf. teilweise) Funktionslosigkeit in Betracht. Dem nachträglichen Eintritt steht die lediglich nachträgliche Kenntniserlangung von beim Erlaß des Bebauungsplanes bereits vorhandenen Umständen nicht gleich; in diesen Fällen kommt die anfängliche Nichtigkeit des Bebauungsplanes in Betracht. 37. Die Aufhebung eines nichtigen/funktionslosen Bebauungsplanes hat nach den Vorschriften über den Planerlaß zu erfolgen. 38. Die Amtspflicht zur Aufhebung nichtiger/funktionsloser Bebauungspläne hat keinen drittschützenden Charakter. 39. Die Anpassung eines wirksamen Bebauungsplanes an veränderte, der ursprünglichen Planung zugrunde liegenden Umstände,richtetsich nach der „Erforderlichkeit" im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB.

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E. Ergebnisse der Arbeit

40. Die „Erforderlichkeit" im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB zur Anpassung von (auch vollzogenen) Bebauungsplänen an nachträgliche Altlastenerkenntnisse ist gegeben, wenn derfrühere Planentscheid sich als „grob unangemessen" darstellt. Dies ist der Fall, wenn die Gemeinde, hätte sie den jetzigen Kenntnisstand gehabt, den Bebauungsplan nicht erlassen hätte, wovon auszugehen ist, wenn der jetzige Kenntnisstand solchen Einfluß auf den damaligen Abwägungsvorgang gehabt hätte, daß seine Nichtberücksichtigung zur Fehlerhaftigkeit des Abwägungsergebnisses gefuhrt hätte. 41. Die reine Planaufhebung wird der Planänderungspflicht in aller Regel nicht gerecht. 42. Bleibt trotz vorhandener Altlast eine bauliche Nutzung des Plangebietes prinzipiell möglich und kann eine Gesundheitsgefahrdung der dort lebenden und arbeitenden Bevölkerung durch bauordnungs- oder sanierungsrechtliche Auflagen verhindert werden, so genügt die Gemeinde den an sie zu stellenden Anforderungen, wenn sie diese Anordnungen erläßt und die entsprechenden Flächen nach § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB kennzeichnet. 43. § 2 Abs. 3 i.V.m. § 4 BauGB schließt ein subjektives öffentliches Recht auf Planung aus. Ein solches Recht läßt sich auch aus anderen Vorschriften nicht herleiten. 44. Bei Nichtänderung eines wirksamen Bebauungsplanes trotz „Erforderlichkeit" nach § 1 Abs. 3 BauGB liegt ein Amtshaftungsansprüche begründender Verstoß gegen die drittgerichtete Amtspflicht zur fehlerfreien Abwägung vor.

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Amtshaftung - bei normativem Unrecht 37 ff., 43, 44 ff. - bei Altlastenkenntnis des Bürgers 30 f., 153 f.

- Abwägungsdefizit 109,202 - Abwägungsfehleinschätzung 110,111 -Abwägungsdisproportionalität 110,

-und §§214,215 BauGB 162 f.

112 - Ermittlungsdefizit 109,111,113 ff.

Amtspflichten 49 ff. - Änderung des Bebauungsplanes bei erkannter Altlast 186 ff., 202

- Heilung 178 f. - Unbeachtlichkeit 177 f., 192 Abwägungsgebot 28,106 ff. Altlasten - Altablagerung 18,120 ff. - Altlastenrechtsprechung 24 ff. - altlastenverdächtige Flächen 19, 21, 115 - Altstandort 18,120 ff.

- Anzahl 21 - Auswirkungen 20 f. - bauordnungsrechtliche Auflagen 194 -Begriff 17 ff. - Beherrschbarkeit 71 ff., 146 f. - Gleichbehandlung mit sonstigen Gefahrursachen 71 ff. - sanierungsrechtliche Auflagen 194 f. - und Bauleitplanung 22 f. - Verhältnis zu sonstigen Gefahrursachen 71 ff. - Vorhersehbarkeit 29, 71 ff. Altlastenkataster 120

- und vertragliche Ansprüche 159 ff. - Verjährung 85 f., 159,160, 163

- allgemeine 52 - Aufhebung nichtiger/funktionsloser Bebauungspläne 183 - Sofortmaßnahmen bei nachträglichem Kontaminationsverdacht 166 ff. - beim Erlaß eines Bebauungsplanes 25 - besondere 51 f. - Bestimmung nach objektiven Kriterien 72, 79 - der einen Gemeinderatsbeschluß vorbereitenden Amtswalter 91,98 ff. - der Mitglieder kommunaler Vertretungskörperschaften 89 ff. - des verwaltungsleitenden Organes zur Beschlußbeanstandung 103 ff., 150 - Drittbezogenheit 29, 40, 44 f., 60 ff., 98 ff., 103 ff., 141, 164, 183 ff., 196, 202 - fehlerfreie Abwägung 53 ff., 63 f., 202 - gegenüber Arbeitgebern 31

224

arverzeichnis

- gegenüber Erst- und Nacherwerbern 83 ff.

- nach Erlaß eines Bebauungsplanes

- gegenüber obligatorisch Nutzungsberechtigten 86 ff.

- Sachverständigengutachten 27,131

- Herleitung 50 f. - nach Erlaß eines Bebauungsplanes 164 ff.

- und Altlastenkataster 120

- persönlicher Schutzbereich 25, 26, 30, 31,62 f., 64,72, 76 ff., 79 f., 82, 86 ff., 203

Aussetzungsbeschluß 168 f.

- reflexartige Betroffenheit 83, 85

- bauordnungsrechtliche Auflagen 194

sachlicher Schutzbereich 25, 27, 28, 29, 30, 32, 33, 62 f., 64, 65 ff., 71, 72, 73, 203

- sanierungsrechtliche Auflagen 194 f. Bauleitplanung

- Schaffung gefährlicher Zustände 68 f., 73 - schuldhafte Verletzung 88 ff. - Schutznormtheorie 60, 75 ff., 152 - Vermeidung der Errichtung unbewohnbarer Häuser 73 ff. - Weitergabe von Informationen 66 - Wohnbebauung auf ungeeigneten Flächen 66 Amtsträger - Abgeordnete und Mandatsträger 38 - Mitglieder des Gemeinderates 25, 33 ff, 89 ff.

164 ff. - Umfang 127 ff. - Verhältnis zur Kennzeichnungspflicht 114 ff.

Baugenehmigung 68,69,167

- Funktion 67,195 - und Altlasten 22 f. Bauträger 26,27,29 f., 78 ff, 82 Beamte 33 ff. - im beamtenrechtlichen Sinn 34, 36 - im haftungsrechtlichen Sinn 25, 34 - Mitglieder des Gemeinderates 33 ff, 89 ff. Bebaubarkeit eines Grundstückes 77 f. Bebauungsplan - Anpassung an veränderte Erkenntnisse 186 ff. - Abwägung von Belangen bei der Planaufstellung 28,44, 53 ff, 63 f. - Anspruch auf Aufstellung, Aufhebung, Änderung 66, 196 ff,

Aufklärungsmangel 25, 53, 99,111 Aufklärungspflicht 111 f., 113 ff. - abstrakter Maßstab 130 f. - Aufklärungsintensität 31, 32 f., 129 f. - Aufklärungsmöglichkeiten 127 f. - bei abstrakt gefährlicher Vornutzung 120 ff. - bei Anhaltspunkten für eine Bodenkontamination 117 f., 164 f.

- Aufhebung bei Funktionslosigkeit 183 - Befugnis zur Planung 189,197 - Erforderlichkeit der Aufstellung 187 ff. - Erforderlichkeit der Änderung 191 ff, 196, 202,203

- bei Beteiligung der Träger öffentlicher Belange 118 f.

- fortlaufende Prüfungspflicht 164 ff. - Funktionslosigkeit 180 f.

- Aufhebung bei Nichtigkeit 181 ff.

Sachwortverzeichnis - Kennzeichnung von Altlasten 28, 114 ff., 191,195 - Nichtigkeit 174 ff.

225

Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse 22, 23, 27, 28, 32, 52, 56, 64, 69, 78, 87, 113,132,176

- Objektbezogenheit 84 f., 87

Gesundheitsgefahr 24,25,194

- Plangebietsbezogenheit 73

Grenzwerte 58, 132 ff.

- Teilnichtigkeit 177

- Hintergrundwerte (Referenzwerte) 132

- Verläßlichkeitsgrundlage 30, 65 ff., 139,144,147 - Verpflichtung zur Planung 66, 190, 196 ff.

- in Regelungswerken 132 - Maßnahmenwerte (Eingreifwerte) 133 - Prüfwerte (Schwellenwerte) 133 Grundstücksspekulant 78 ff., 82,142

- Vertrauen in den Bebauungsplan 28, 30, 65 ff., 73, 77 f., 141, 143, 153 f.,

Kausalität

163,179,203

- Abstimmungsverhalten bei Satzungs-

Bodenschutzgesetz 19,135

beschluß 148 f.

Bodenschutzklausel 22

- alternative 148 f.

Bürgerbeteiligung

- Gemeinderatsbeschluß und Schadens-

- und Anspruch auf Bebauungsplanaufstellung 199 ff. - Verschweigen eines Altlastenverdachtes 156 f.

eintritt 150 f. - kumulative 148 f. - modifizierte Äquivalenztheoroe 149 - zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden 148 ff.

Einheit der Verwaltung 101 f. Einvernehmensentscheidung nach § 36 BauGB 61

Kennzeichnungspflicht 28, 57, 114 ff.,

Einzelfallgesetz 44

- Kennzeichnung von Altlasten und Abwägung nach § 1 VI BauGB 117,193

Errichtung unbewohnbarer Häuser 73 ff. Erschließung - allgemeine Pflicht 198 - Rechtsanspruch 197 f. Ersterwerber 25, 83,193 Flächennutzungsplan - Kennzeichnung von Altlasten 114 f. Flächenrecycling 23,126 f. Gefährdungsabschätzung 112

15 Kühn

169 ff., 191,195

Konfliktvermeidungsverbot 191 Kontamination 17, 57, 136, 139, 160, 165 Kontaminationsverdacht bei bestehendem Bebauungsplan - Sofortmaßnahmen der Gemeinde 166 ff. Kreditgeber 26, 78 ff., 82,142 Maßnahmegesetz 44 Mittelbare Staatshaftung 50, 94,137 - haftungsbegründende Norm 36

226

arverzeichnis

- Haftungsobjekt 50

Schaden

- haftungsverlagernde Norm 36

- fehlgeschlagene Aufwendungen 25,

- Zurechnungsobjekt 50 Multitemporale Karten- und Luftbildauswertung 128

139 ff. - Gesundheit 25, 27, 28, 33, 74 ff., 138, 142,146, 165,203 - mittelbarer 138

Nacherwerber 83 ff., 193

- negatives Interesse 139 f.

Normatives Unrecht 37 ff., 43, 44 ff.,

- Naturalrestitution 136 f., 147

144 Nutzungsausschluß von Grundstücken 65, 74 Nutzungsbeschränkung von Grundstükken 74 Nutzungsmöglichkeit von Grundstücken zu Wohnzwecken - gärtnerische Nutzung 32, 78,143 - völliger Ausschluß 25, 32, 33, 65, 74, 77 f., 139, 142,146

- Nutzungsausfall 25,144 f. - positives Interesse 139 - Prozeßkosten 30,143 - Rechtswidrigkeitszusammenhang 140 ff. - Sanierungskosten 33,145 ff. - Schmerzensgeld 138 f. - Sicherungsmaßnahmen zur Standfestigkeit von Gebäuden 33,143,146 - unmittelbarer 137 - Vermögen 25, 26, 27, 28, 32, 74 ff.,

Obligatorisch Nutzungsberechtigte 86 ff.

138,141 f., 146 - Wertminderung 27, 32,143

Planung - Planerische Gestaltungsfreiheit 107 - Planerische Konfliktbewältigung 59, 128 - Planerische Konzeption 187 ff., 190, 192,193 f. - Planungsermessen 107 - Planungsleitlinien 54 f. - Planungsschadensrecht 67 Rat von Sachverständigen für Umweltfragen 17 Rücksichtnahmegebot 44 ff., 63

Schadensersatzanspruch 136 ff., 165, 203 Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung 28, 52, 69 Subjektives öffentliches Recht 45 ff., 63, 64,104,196,197,199,200, 202 Subsidiaritätsprinzip 85,158 ff. Trennung unverträglicher 53 f.

Nutzungen

Unmittelbare Beziehung zwischen Gesundheitsgefahrdung und Schaden 32, 77

Sanierungsverantwortlichkeit 81 f. Veränderungssperre 171 ff.

Sachwortverzeichnis Verantwortlichkeit Dritten gegenüber 26, 79 f. Verschulden 88 ff. - bei Kollegialorganen 93 ff. - der Mitglieder kommunaler Vertretungskörperschaften 89 ff. - gegen sich selbst 151, 153,155,157

227

- Nichteinlegung eines Rechtsmittels 154 f., 156 f. - objektivierter Sorgfaltsmaßstab 33, 89, 112 - Organisationsverschulden 97 f., 101 - Verschuldensvermutung 95 f. Vorsorgender Umweltschutz 70,124 f.

- individueller Schuldnachweis 93 f., 101,149 - mitwirkendes 26, 31, 72, 73, 151 ff., 154 f., 157

15*

Zurückstellung von Baugesuchen 173 f.