Die Germanen in der Völkerwanderung. Auszüge aus den antiken Quellen über die Germanen von der Mitte des 3. Jahrhunderts bis zum Jahre 453 n. Chr. Erster Teil [1] 3534196376, 9783534196371

Herausgegeben und übersetzt von Hans-Werner Goetz, Steffen Patzoldt und Karl-Wilhelm Welwei. Der Band enthält alle wich

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German, Latin, Greek Pages 420 [424] Year 2006

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Die Germanen in der Völkerwanderung. Auszüge aus den antiken Quellen über die Germanen von der Mitte des 3. Jahrhunderts bis zum Jahre 453 n. Chr. Erster Teil [1]
 3534196376, 9783534196371

Table of contents :
Einleitung ix
1. Germanenstürme, Bildung von Großvölkern und 'Völkerwanderung' ix
2. Quellenlage xvi
3. Zu Auswahl, Edition, Übersetzung und Kommentierung der Quellenberichte xviii
Autoren, Editionen und kommentierende Literatur xx
1. Griechische Autoren xx
2. Lateinische Autoren xxvi
Literaturauswahl xxxv
1. Allgemeine und übergreifende Werke xxxv
2. Ethnogenese und Transformationsprozesse, Stammesverbände und Völkerschaften xxxviii
3. Germanenreiche xli
4. Verfassung, Kriegswesen, Recht xlii
5. Wirtschaft, Gesellschaft, Religion, Kultur xliii
6. Germanen in römischen Diensten xliv
7. Römisches Germanien xliv
8. Zu den einzelnen Kapiteln xlv
Abkürzungsverzeichnis xlix
1. Antike und mittelalterliche Autoren und ihre Werke xlix
2. Siglen li
Quellen
Die Frühgeschichte der Goten und die Invasionen der Völker des Donauraumes im 3. Jahrhundert n. Chr. 3
Einleitung 3
Texte und Übersetzungen 8
a) Frühgeschichte der Goten nach Jordanes 8
b) Der Beginn der Invasionen zur Zeit des Kaisers Decius (249-251) 40
c) Kaiser Trebonianus Gallus (251-253) im Kampf gegen die Goten 58
d) Abwehrkämpfe unter den Kaiser Valerian und Gallienus (253-268) 62
e) Goteneinfälle unter Kaiser Claudius (268-270) 80
f) Kämpfe unter Kaiser Aurelian (270-275) 94
g) Tacitus und Florianus (275-276) im Kampf gegen die Goten 102
h) Kaiser Probus (276-282) im Kampf gegen die Goten 102
i) Kaiser Carus (282/83)
k) Kaiser Diocletian und Maximian (284-305) 108
Der Westen des Reiches von der Mitte des 3. Jahrhunderts bis zur Regierung Konstantins 110
Einleitung 110
Texte und Übersetzungen 118
a) Bedrohungen unter Valerian und Gallienus (253-268) 118
b) Kämpfe unter dem Usurpator Postumus (260) 124
c) Kämpfe unter Claudius (269/70), Aurelian (270-275) und Tacitus (275/76) 126
d) Erfolge des Probus (276-282)
e) Kämpfe unter den Kaisern Diocletian (284-305), Maximian (285/86-310), Constantius I. (305/06) und Konstantin (306-337) 146
Der Westen des Reiches von Kaiser Constans bis zur
Reichsteilung 395 186
Einleitung 186
Texte und Übersetzungen 190
a) Die Situation unter Konstantin II. (337-340/361) und Constans (337-350) 190
b) Die Lage am Rhein unter dem Usurpator Magnentius (350-353) 194
c) Die Situation unter Constantius II. (337-361) nach dem Tode des Constans (350) und dem Ende des Magnentius (353) 198
d) Kaiser Julian (355-360) in Gallien 218
e) Unruhen und Kämpfe unter den Kaisern Jovian (363/64) und Valentinian I. (364-375) 316
f) Die Verhältnisse unter den Kaisern Gratian (375-383) und Theodosius (379-395) 352

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DIE G ERM ANEN IN DER VÖLKERW ANDERUNG - E rster Teil

A U SG EW Ä H LTE Q U E L L E N Z U R D E U T S C H E N G E S C H IC H T E D E S M IT T E L A L T E R S F R E IH E R R -V O M -S T E IN -G E D Ä C H T N IS A U SG A B E

Begründet von Rudolf Buchner und fortgeführt von Franz-Josef Schmale und Hans-Wdrner Goetz

Band lb Erster Teil

GERM ANI AETATIS M IGRATIONIS GENTIUM EXCERPTA E FONTIBUS ANTIQUIS QUI SUPERSUNT DE GERMANIS A MEDIO SAECULO TERTIO USQUE AD ANNUM CCCCLIII P.CHR. PARS PRIOR

Editionum optimarum quae exstant textus selectos denuo imprimendos curaverunt H A N S-W E R N E R G O E T Z , S T E F F E N P A T Z O L D et K A R L-W ILH E L M W ELW EI

DIE G ERM A N EN IN D ER VÖ LKERW ANDERUNG AUSZÜGE AUS DEN ANTIKEN QUELLEN ÜBER DIE GERMANEN VON DER MITTE DES 3. JAHRHUNDERTS BIS ZUM JAHRE 453 N. CHR. ERSTER TEIL

Herausgegeben und übersetzt von H A N S-W E R N E R G O E T Z , S T E F F E N P A T Z O L D und K A R L-W ILH E L M W ELW EI

Einbandgestaltung: Neil McBeath, Stuttgart.

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ISBN-10: 3-534-19637-6 ISBN-13: 978-3-534-19637-1

INHALT E in le it u n g .......................................................................................... 1. Germanenstürme, Bildung von Groß Völkern und „Völkerwanderung“ ................................................................ 2. Q u ellen lag e............................................................................... 3. Zu Auswahl, Edition, Übersetzung und Kommentierung der Q u ellen berich te................................................................

IX

XVIII

Autoren, Editionen und kommentierende L ite ratu r................... 1. Griechische A u to ren ................................................................ 2. Lateinische A u to r e n ................................................................

XX XX XX V I

IX XVI

L iteratu rau sw ah l.............................................................................. XXXV 1. Allgemeine und übergreifende W erk e.................................. XXXV 2. Ethnogenese und Transformationsprozesse, Stammes­ verbände und Völkerschaften................................................... X X X V III 3. Germ anenreiche....................................................................... XLI 4. Verfassung, Kriegswesen, Recht ......................................... X L II 5. Wirtschaft, Gesellschaft, Religion, K u lt u r .......................... X LIII 6. Germanen in römischen Diensten ..................................... XLIV 7. Römisches G erm an ien ............................................................ X LIV 8. Zu den einzelnen K a p ite ln .................................................... XLV A bkürzungsverzeichnis................................................................... 1. Antike und mittelalterliche Autoren und ihre Werke . . 2. S ig le n ..........................................................................................

X L IX X L IX LI

Quellen Die Frühgeschichte der Goten und die Invasionen der Völker des Donauraumes im 3. Jahrhundert n. C h r . ......................................... Ein leitun g..................................................................................................... Texte und Ü b e rse tz u n g e n ....................................................................... a) Frühgeschichte der Goten nach Jordanes .................................. b) Der Beginn der Invasionen zur Zeit des Kaisers Decius ( 2 4 9 - 2 5 1 ) ..........................................................................................

3 3 8 8 40

VIII

Inhalt

c) Kaiser Trebonianus Gallus (251-253) im Kampf gegen die G o t e n ................................................................................................. 58 d) Abwehrkämpfe unter den Kaiser Valerian und Gallienus ( 2 5 3 - 2 6 8 ) .......................................................................................... 62 e) Goteneinfälle unter Kaiser Claudius ( 2 6 8 - 2 7 0 ) ....................... 80 f) Kämpfe unter Kaiser Aurelian ( 2 7 0 - 2 7 5 ) .................................. 94 g) Tacitus und Florianus (275-276) im Kampf gegen die Goten . 102 h) Kaiser Probus (276-282) im Kampf gegen die Goten . . . . 102 i) Kaiser Carus (282/83) k) Kaiser Diocletian und Maximian ( 2 8 4 - 3 0 5 ) ................................. 108 Der Westen des Reiches von der Mitte des 3. Jährhunderts bis zur Regierung K o n s t a n t in s .......................................................................... 110 Einleitung........................................................................................................ 110 Texte und Ü b e rse tz u n g e n .......................................................................... 118 a) Bedrohungen unter Valerian und Gallienus (253-268) . . . . 118 b) Kämpfe unter dem Usurpator Postumus ( 2 6 0 ) ............................. 124 c) Kämpfe unter Claudius (269/70), Aurelian (270-275) und Tacitus ( 2 7 5 / 7 6 ) ................................................................................. 126 d) Erfolge des Probus (276-282) e) Kämpfe unter den Kaisern Diocletian (284-305), Maximian (285/86-310), Constantius I. (305/06) und Konstantin ( 3 0 6 - 3 3 7 ) .......................................................................................... 146 Der Westen des Reiches von Kaiser Constans bis zur Reichsteilung 395 ..................................................................................... Einleitung........................................................................................................ Texte und Ü b e rse tz u n g e n .......................................................................... a) Die Situation unter Konstantin II. (337-340/361) und Constans ( 3 3 7 - 3 5 0 ) .......................................................................................... b) Die Lage am Rhein unter dem Usurpator Magnentius (3503 5 3 ) ..................................................................................................... c) Die Situation unter Constantius II. (337-361) nach dem Tode des Constans (350) und dem Ende des Magnentius (353) . . . d) Kaiser Julian (355-360) in Gallien .............................................. e) Unruhen und Kämpfe unter den Kaisern Jovian (363/64) und Valentinian I. (364-375) ....................................................... f) Die Verhältnisse unter den Kaisern Gratian (375-383) und Theodosius ( 3 7 9 - 3 9 5 ) ....................................................................

186 186 190 190 194 198 218 316 352

EINLEITUNG Eine Kette widriger Umstände hat das Erscheinen des zweiten Bandes dieser Quellensammlung zur Geschichte der Germanen, der hier nun end­ lich vorgelegt werden kann, immer wieder verzögert. Der Band schließt un­ mittelbar an den ersten Teil an. Er beginnt folglich mit der Zeit des Kaisers Decius (249-251) und endet nach der Schlacht auf den Katalaunischen Fel­ dern (451) und deren unmittelbaren Auswirkungen, die eine Wende in der Ge­ schichte der Hunnen einleiteten, in dessen Folge sich auch die germanischen Völker und Herrschaftsbildungen neu zu ordnen und zu formieren began­ nen. Von dem ursprünglichen Plan, die Quellensammlung bis zur Formie­ rung der germanischen Reiche fortzuführen, wurde Abstand genommen, da das einen unterschiedlichen Endpunkt in den einzelnen Regionen bedeutet hätte. Gleichwohl fallen mit dem Tolosanischen Westgotenreich in Aquita­ nien und dem Vandalenreich in Afrika die ersten „germanischen“ Reichs­ gründungen noch in den hier behandelten Zeitabschnitt. Wie im ersten Band, infolge der sogenannten Völkerwanderung aber noch weit deutlicher, ist die Quellenauswahl - im Gegensatz zu bereits vorliegenden Veröffentli­ chungen1- nicht auf die Gebiete „Germaniens“ beschränkt, die zumeist nur an den Rändern in das Blickfeld der römischen Quellen gerieten, sondern schließt alle „germanischen“ Völker und somit alle Gebiete des Römischen Reichs und seiner Grenzregionen ein. Wegen der engen Verflochtenheit wurden auch einzelne wichtige Quellenausschnitte über nichtgermanische Völker, wie Alanen, Sarmaten oder Hunnen, aufgenommen.

1. Germanenstürme, Bildung von Großvölkem und „Völkerwanderung “2 Die Problematik des Germanenbegriffs ist bereits im ersten Band disku­ tiert worden3. Gegenüber ideologischen Verklärungen der Vergangenheit, einer allzu sicheren Bestimmung des „Germanischen“ und einer „Germani1 Vgl. Capelle, Das alte Germanien; Herrmann, Quellen. 2 Da das Geschehen in den Einleitungen zu den einzelnen Kapiteln dargestellt und in seinen historischen Zusammenhang eingeordnet ist, beschränkt sich diese Gesamt­ einleitung auf einige übergreifende Probleme. 3 Goetz/Welwei, Altes Germanien I 1 ff.

X

Einleitung

sierung“ des frühen Mittelalters überhaupt in der Historiographie des 19. und früheren 20. Jahrhunderts ist die Forschung seither noch skeptischer ge­ worden, und einer Phase der Relativierung der Bedeutung germanischer Ele­ mente für die frühmittelalterlichen Reiche und die mittelalterliche Verfas­ sung und Gesellschaft ist zuletzt eine Unsicherheit gegenüber allem („typisch“) Germanischen schlechthin gefolgt4. Auch in den griechischen und lateinischen Quellen der Spätantike begegnet der Germanenbegriff selbst eher selten oder aber im geographischen Kontext. Statt dessen werden einzelne Völker benannt, deren „Germanentum“ den antiken Autoren durchaus nicht immer bewußt war; zumal die griechischen Quellen sprechen oft weiterhin von „Skythen“ und „Kelten“ , oder sie differenzieren zwischen Germanen und Goten. Da auch nichtgermanische Völker (wie Karpen, Sarmaten oder Alanen) in engem Zusammenhang und Einvernehmen mit G o­ ten, Markomannen, Quaden und anderen auftraten, geriet eine strikte A b­ grenzung kaum ins Bewußtsein der Römer. Sie war offenbar weder politisch noch ethnogenetisch gegeben, da man sich die bezeugten „Völker“ stets be­ reits als „Völkergemische“ bzw. „multiethnische Konglomerationen“ vor­ zustellen hat. Einziges eindeutiges, mangels Zeugnissen für eine konkrete Zuweisung zumeist aber unsicheres Abgrenzungskriterium (gegenüber R ö­ mern, Griechen, Kelten und Balten) bleibt demnach die Sprache (wobei auch die Volksnamen nicht ausschlaggebend sein können, da es sich hier mögli­ cherweise um Fremdbezeichnungen handelt). Die germanisch sprechenden Völker selbst hingegen haben offenbar weder in ihrem Handeln noch in ih­ rem Bewußtsein einen solchen Zusammenhang empfunden: Ein germani­ sches Gemeinschaftsbewußtsein ist ein Mythos völkischen Denkens der Moderne. Tatsächlich hat sich kaum ein Bereich der Mediävistik in den letzten Jahr­ zehnten so sehr gewandelt wie die Anschauungen über Germanen, Völker­ wanderung und Transformation der römischen Welt. Die „Wanderungen“ selbst werden längst nicht mehr als Bewegungen ganzer Völker verstanden, sondern umfaßten nach heutigem Forschungsstand einerseits nur Teile der Ausgangsbevölkerung oder umherschweifende Heerhaufen, andererseits waren sie aus vielen Teilen verschiedener Völker zusammengesetzt, die sich erst unter der politischen Führung zu neuen Einheiten zusammenschlossen und nach der Landnahme in langen, ethnogenetischen Prozessen zu (neuen) Völkern zusammenwuchsen, wobei ein „Heerkönigtum“ und ein namenge­ bender Kern eine Rolle spielen konnten5. Die römischen Quellen wußten al­ lerdings stets verschiedene Völker zu unterscheiden, auch wenn diese sich zu 4 Vgl. Pohl, Germanen 1: „Ein Volk, das sich Germanen nannte, hat es vielleicht nie gegeben.“ 5 Vgl. Goetz/Welwei, Altes Germanien I lOf.

Einleitung

XI

einem Zug zusammenschlossen; sie gingen dabei - anders als die moderne Ethnogeneseforschung - noch von festen, auf Abstammung beruhenden Völkern aus. Von solchen Vorstellungen ist das Bild der Quellen ebenso ge­ prägt wie von einer römischen Abgrenzung gegenüber den in der Regel ab­ schätzig beurteilten „Barbaren“ . Erst viel später, Generationen nach der „Reichsgründung“ , erwuchs aus den ethnischen Transformationsprozessen und, mehr noch, der politischen Einigung und Dynastiebildung in den Ger­ manenreichen ein in sogenannten Origines gentium manifestiertes Gemein­ schaftsbewußtsein, das bezeichnenderweise wiederum von einer gemeinsa­ men, meist fernen Abstammung und somit von langen Wanderungen ausging. Dabei spielt - nicht weniger bezeichnend - die oft angeblich weit in die Urzeit zurückreichende, herrschende Königsfolge und -dynastie - wie bei den Ostgoten (Amaler), Westgoten (Balthen), Burgundern (Gibichingen), Franken (Merowinger) und später fSei den Langobarden - eine wichti­ ge Rolle, während man sich auch hier nirgends auf ein „Germanentum“ be­ rief. Die bei Fredegar im 7. Jahrhundert überlieferte Herkunftssage der Franken nahm, zweifellos unter römischem Einfluß, sogar eine trojanische Abstammung an, um die Franken, in Kenntnis Vergils, gewissermaßen auf eine Stufe mit den Römern zu stellen, und auch Jordanes nahm Elemente der römisch-griechischen Geschichte für die Frühzeit der Goten in Anspruch. „Wanderungen“ spielten in diesen ethnogenetischen Prozessen der Völ­ kerwanderungszeit durchaus eine Rolle, ohne daß man ihre Bedeutung überschätzen sollte. Sie hatten einerseits eine langé, mit dem Zug der Kim­ bern und Teutonen beginnende Tradition. Die Ostgrenze des Imperium R o­ manum war - in verschiedenen „Schüben“ - im 2. und, nicht weniger gefähr­ lich, seit den 30er Jahren des 3. Jahrhunderts durch Goten-, Quaden- und Sarmateneinfälle erheblich bedroht, auch wenn sie durch römische Siege zu­ meist noch gesichert werden konnte. Andererseits wurden im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts durch den Vorstoß der aus den innerasiatischen Steppen einbrechenden Hunnen, die das Gotenreich Ermanarichs zerschlugen und große Teile der Bevölkerung nach Westen abdrängten, neue Bewegungen ausgelöst, die durchaus eine andere Qualität erlangten und eine Neugliede­ rung der Goten in „West-“ und „Ostgoten“ (Visi- und Ostrogoten) bewirk­ ten. Auf der Suche nach neuem Siedelraum drängten große Scharen in die Donauebenen und dann auch über die Donau auf Reichsgebiet, andere un­ terwarfen sich der Hunnenherrschaft. Seit greutungische Gruppen auf Reichsgebiet vordrangen und gleichzeitig die Spannungen unter den tervingischen Visigoten zum Übergriff großer Verbände auf das Imperium und schließlich zur Aufnahme ins Reichsgebiet führten, wurden germanische Verbände im Innern des Reichs zu einem gewohnten Zustand, aber auch zu einer ständigen Bedrohung. Weiträumige „Wanderungen“ größerer Volksteile oder Heere mit an­

XII

Einleitung

schließender Siedlung (und Herrschaftsergreifung) sind vor allem im frühe­ ren 5. Jahrhundert bezeugt. So erwuchsen die (sogenannten) Westgoten (Visigoten) zu Beginn des 5. Jahrhunderts aus den Heeresverbänden Alarichs und Athaulfs, die aus dem Donauraum über Italien nach Südgallien zogen und hier angesiedelt wurden (400/418), aber auch nach Spanien Übergriffen. Vandalen, Alanen und Sueben stießen zusammen mit anderen Volkssplittern 406 über den Rhein, um quer durch Gallien schließlich nach Spanien weiter­ zuziehen, das sie unter sich aufteilten (413). Die Vandalen zogen 429 unter ihrem König Geiserich von hier aus über die Meerenge von Gibraltar weiter und eroberten die römischen Provinzen Nordafrikas. Hingegen bildeten die später vom Balkan nach Italien einwanderndeh Heere des Ostgoten Theoderich im Kern römische Truppen, die Italien zunächst sogar im Auftrag des Kaisers Zeno der Herrschaft Odoakars entreißen und dem Imperium zu­ rückerobern sollten, dann (489/93) allerdings ein eigenständiges Reich er­ richteten, das erst 497 anerkannt wurde. Zwischenzeitlich begann seit ca. 440, von dortigen, konkurrierenden Fürsten herbeigerufen, die „Landnah­ me“ von Sachsen, Angeln und Jüten in Britannien. Doch bei weitem nicht alle Reiche des frühen Mittelalters sind aus solchen Wanderungen von Völkergemischen erwachsen. Ganz anders verlief die Entwicklung offenbar im Westen an Donau und Rhein. Hier entstanden mit Alemannen und Franken im Verlauf des 3. Jahrhunderts neue Großvölker (oder große Verbände unter neuem Namen, die von den Römern als gentile Einheiten wahrgenommen wurden). Sie waren in der Masse nicht eingewan­ dert, sondern bildeten offenbar einen - in seiner Qualität undeutlichen - Zu­ sammenschluß vieler Kleinstämme, standen aber keineswegs unter einheitli­ cher politischer Führung. Wenngleich Alemannen in rückblickenden Quellen für den Beginn und Franken für die Mitte des 3. Jahrhunderts be­ zeugt sind, stammen die ältesten, zeitgenössischen (panegyrischen) Zeugnis­ se erst vom Ende dieses Jahrhunderts (als terminus ante quem für die Aus­ bildung dieser Volksgruppen). Ähnliches gilt für die in den Quellen aber nur undeutlich und erst im 4. Jahrhundert belegten Sachsen im Norden Germaniens6. Nichts spricht dagegen, schon vorher auch im Osten zunächst die Goten und später die Vandalen und andere Völker ebenfalls als einen sol­ chen Zusammenschluß vieler Volksgruppen zu deuten, auch wenn die N a­ men dieser Völker schon älter sind (Vandilier und Gotonen sind bereits bei Tacitus und Strabon bezeugt); die alten Namen gewährleisten nicht eine Kontinuität dieser Volksgruppen. Spätestens seit der Mitte des 4. Jahrhun­ derts bedrohten alemannische Gruppen dann fortdauernd die Donau-, frän­ kische Scharen die Rheingrenze, bis die Erfolge Kaiser Julians und die Ver­ teidigungspolitik Valentinians I. dem vorübergehend Einhalt geboten. 6 Vgl. dazu jetzt Springer, Sachsen.

Einleitung

XIII

Für Ethnogenese und Reichsbildung sind neben Wanderungen und Ein­ fällen in das Imperium noch zwei weitere Faktoren von eminenter Bedeu­ tung: die Integration von Barbaren in das römische Heer und ihre Ansied­ lung auf römischem Boden. Neben'der Bedrohung der Reichsgrenzen von außen vollzog sich in der Spätantike zunehmend ein Prozeß, der in den vor­ angegangenen Epochen noch keineswegs entscheidend gewesen war, näm­ lich die „Barbarisierung“ des römischen Heeres. Waren Barbaren schon früh als Hilfstruppen in das Heerwesen des Imperiums einbezogen worden, so war die Unterscheidung von Legionen und Auxilien mit der Verleihung des Bürgerrechts an alle Reichsangehörigen durch Caracalla (212) bedeutungslos geworden7. Barbarische Krieger wurden nun in zunehmendem Maße in die Legionen eingereiht; sie waren nach der Umgestaltung des Heeres wohl un­ ter Diocletian und Konstantin auch im Feldheer (comitatenses) und - weiter­ hin - in der kaiserlichen Leibwache tätig und konnten zu Kommandeuren und Heermeistern aufsteigen. Seit der Zeit Constantius’ II. waren viele und schließlich sogar die meisten der bedeutenden Heermeister germanischer Abstammung (wie die Franken Merobaudes, Bauto und Arbogast, der Suebe Richomer oder der Vandale Stilicho)8. Spätestens seit dem frühen 5. Jahr­ hundert standen Germanenführer engstens mit Usurpatoren in Verbindung und schalteten sich maßgeblich in die Auseinandersetzungen um den Kaiser­ thron ein; die Franken Magnentius und Silvanus usurpierten sogar selbst den Kaisertitel. Diese „Barbarisierung“ des römischen Heeres hatte einen N e­ beneffekt, der in geschichtswissenschaftlichen Darstellungen gern übersehen wird, nämlich die „Romanisierung“ der Germanen in römischen Diensten. Viele der auf römischem Boden angesiedelten Föderatenführer waren tat­ sächlich römische Heerführer, und die siedelnden Germanen dürften zu nicht unbeträchtlichen Teilen römische Soldaten gewesen sein. Gerade die Tatsache, daß die neuen Herren romanisierte Barbaren waren, mag den Übergang und die Ausbildung neuer Herrschaften weitgehend erleichtert und stärkeren Widerstand verhindert haben. Die Germanen der Völkerwan­ derungszeit waren demnach Angreifer und Verbündete, Gegner und Teilha­ ber des Imperiums zugleich. Die vielberufene Synthese von „Germanentum, Römertum und Christentum“ , aus der schließlich das Mittelalter hervor­ ging, war tatsächlich bereits weithin in der Spätantike verwirklicht (ohne daß der Prozeß hier abgeschlossen war). Die komplexen Vorgänge der „Transformation der Antike“ können hier jedoch nicht näher dargelegt, son­ dern nur angedeutet werden9. 7 Demandt, Spätantike 256. 8 Ebd. 261 f. 9 Vgl. dazu die 13 Bände der Reihe „The Transformation of the Roman World“ , die aus einem gleichnamigen Forschungsprojekt der „European Science Foundation“

XIV

Einleitung

Trotz der Integration der Barbaren im Inneren wurde die römische Füh­ rung der Bedrohung von außen wie dann auch im Inneren jedoch immer we­ niger Herr. Entscheidende Niederlagen wie in der Schlacht vor Adrianopel im Osten (378) oder die Einnahme Roms durch Alarich im Westen (410) ha­ ben in dieser Entwicklung einen hohen „Symbolwert“ , auch wenn die real­ politischen Auswirkungen nicht überschätzt werden sollten. Doch ist es be­ zeichnend, daß sie eine Diskussion auslösten, die auch die - inzwischen nicht minder patriotisch-römischen - Christen ergriff und die Abneigung gegen die Barbaren förderte (die unter anderem zum Sturz Stilichos führte). Politisch hingegen war eine weitere Integration nicht mehr zu verhindern. Damit ist der zweite wesentliche Aspekt angesprochen: die Ansiedlung von Barbaren als Föderaten auf römischem Boden mit der Pflicht zur Grenzverteidigung. Der Inhalt der Föderatenverträge ist in heftige Diskus­ sionen geraten, seit Walter Goffart nicht die Land-, sondern die Steuerzutei­ lung als wesentliches Charakteristikum feststellen wollte10, doch wird man beide Formen nebeneinander annehmen müssen - auch Germanen waren Grundbesitzer - und überhaupt jeden Föderatenvertrag für sich betrachten müssen11. Bastarner und Karpen wurden bereits gegen Ende des 3. Jahrhun­ derts, die salischen Franken unter Kaiser Julian auf römischem Boden ange­ siedelt. Der erste regelrechte Föderatenvertrag wurde 382, unter den Folgen der Niederlage von Adrianopel (378), mit den westgotischen Verbänden Fritigerns geschlossen. 418 wurden westgotische Verbände unter Wallia um Toulouse angesiedelt, und auch die Ansiedlung der Burgunder in der „Sa­ paudia“ an Rhone und Saône dürfte auf der Grundlage eines Föderatenvertrags erfolgt sein12. Aus den Föderatenverhältnissen entwickelten sich im Westen des Reiches zunehmend eigenständige Herrschaften. Aus regelrechten Eroberungen er­ wuchsen die Reiche der Sueben in Nordwestspanien und der Vandalen in Nordafrika, so daß sich in der letzten Phase der hier behandelten Epoche die ersten Germanenreiche auf römischem Boden ausbildeten. Sie standen unter germanischer Führung, übernahmen aber weitgehend die römischen Ver­ waltungsstrukturen, zumal die neue Herrenschicht eine verschwindende

hervorgegangen sind; zu den politischen und ethnogenetischen Aspekten vor allem: Pohl (Hg.), Kingdoms of the Empire; Pohl/Reimitz (Hgg.), Strategies of Distinction; Chrysos/Wood (Hgg.), East and West; Goetz/Jarnut/Pohl (Hgg.), Regna and Gentes. 10 Goffart, Barbarians. 11 Vgl. P. Heather, Foedera and foederati of the fourth century, in: Pohl (Hg.), Kingdoms of the Empire 57-74; W. Liebeschütz, Cities, taxes and the accomodation of the barbarians: the theories of Durliat and Goffart, ebd. 135-151; H. Wolfram, Dauerhafte Ansiedlung. 12 Vgl. Kaiser, Burgunder 38 ff.; 82 ff.

Einleitung

XV

Minderheit (von schätzungsweise 2 - 5 % der Bevölkerung) bildete. Die jün­ gere archäologische Forschung tut sich für das 5. Jahrhundert schwer mit dem Nachweis „germanischer“ Funde, hat jedoch vielerorts, wenngleich nicht überall, eine Siedlungskontinuität und eine Weiterbenutzung der römi­ schen Bauten nachweisen können. Der Glaubensgegensatz zwischen den zumeist arianischen Germanen und den katholischen Romanen deutet sich hier bereits im afrikanischen Vandalenreich an (Victor von Vita), und konnte zumindest gelegentlich zu Katholikenverfolgungen eskalieren. Mit dem Machtverfall und der Abschaffung des westlichen, längst durch germanische Heermeister kontrollierten Kaisertums (476) erlangten die neuen Reiche schließlich eine weitgehende Eigenständigkeit vom Imperium und von dem in Byzanz regierenden römischen Kaiser. Im Osten formierten sich nach dem Zerfall des Hunnenreiches nach Attilas Tod (453) die bis dahin von den Hunnen abhängigen oder in deren Herrschaft integrierten Volksgruppen (Ostgoten, Gepiden) zu eigenen neuen Herrschaftsbildungen vor den römi­ schen Grenzen um. Erst im 6. Jahrhundert sollte unter Justinian dann eine nennenswerte Rekuperationspolitik im Westen einsetzen. Typologisch zeichnet sich somit eine Entwicklung von Einfällen über An­ siedlungen zu Herrschaftsbildungen germanischer und anderer Volksgrup­ pen ab, wenngleich sich solche Vorgänge im einzelnen vielfach überlagerten. Insgesamt wird man die „Völkerwanderungen“ nicht überschätzen, die Epoche des 3. bis 5. Jahrhunderts (und darüber hinaus) aber als eine gewich­ tige Umbruchszeit ansehen dürfen, bei der sich'auf politischer Ebene im Westen des Imperiums fast überall germanische Herrschaftsbildungen durchsetzten, die im Innern hingegen vielfach von Kontinuität und Akkulturationsprozessen geprägt waren. Das Verhältnis von „Volk“ und „Reich“ ist dabei eine entscheidende, aber schwierige Frage13. Ein namengebendes Volk existierte schon vor der Siedlung und Reichsgründung, gewann aber erst hier eine politische, zugleich jedoch veränderte Gestalt und setzte damit neue Phasen der Ethnogenese in Gang. Das läßt die Epoche der Völkerwan­ derungszeit in neuem Licht erscheinen und erweckt andere Fragen an die (hier abgedruckten) Quellen. An die Stelle des „Untergangs der Antike“ (aus althistorischer Sicht) oder des „Sieges eines (ominösen) Germanentums“ (aus der Perspektive der älteren Mediävistik) sind Fragen des Verhältnisses von Römern und „Barbaren“ bzw. Nicht-Römern getreten - und nur dieses wird auch in den Quellen einigermaßen deutlich.

13 Vgl. Goetz/Jarnut/Pohl (Hgg.), Regna and Gentes.

XVI

Einleitung

2. Quellenlage Wie schon in der vorhergehenden Epoche, so ist das Germanenbild auch in der Völkerwanderungszeit nahezu ausschließlich aus griechischen und rö­ mischen Quellen erschließbar und entsprechend perspektivisch verzerrt. Für die römischen Autoren waren die Germanen in erster Linie Barbaren, Gegner und Angreifer. Die frühere Ansicht, daß Autoren des 5. Jahrhun­ derts (wie Orosius und Salvian) unter christlichem Einfluß eine germanen­ freundlichere Sicht annahmen, ist sehr relativierungsbedürftig. Gerade der „Spanier" Orosius läßt hinter seiner Geschichtstheologie eine patriotisch­ römische Auffassung durchschirrtmern, welche die Vernichtung der Barba­ ren deutlich vor eine Integration stellt14. Doch auch in bezug auf die Ereig­ nisgeschichte sind die oft erheblich später verfaßten Quellen dieser Epoche nicht unproblematisch. Nach dem Ende Cassius Dios (229 n. Chr.) und des Dexippos (274) liegt für das dritte und frühe vierte Jahrhundert, von kurzen Erwähnungen in Reden (etwa bei Libanios) abgesehen, keine umfassende zeitgenössische Quelle mehr vor, bis Ammianus Marcellinus in den erhalte­ nen Teilen wieder ausführliche Berichte über die Zeit von 353 bis 378 bietet. Seine Berichte werden teilweise durch die - zeitgenössischen, doch politisch und panegyrisch verfärbten - Reden und Briefe Kaiser Julians ergänzt. Die für die Folgezeit (bis 410) ausführlichste Quelle, Zosimus, ist erst um 500, allerdings unter Benutzung zeitgenössischer, ansonsten nur fragmentarisch erhaltener Quellen (Eunapios, Olympiodoros) verfaßt und in vielem wenig präzise. Die übrigen Quellen des späten vierten und fünften Jahrhunderts sind unterschiedlich verfärbt: Die sogenannten Breviatoren (Eutrop, Aureli­ us Victor, Epitome de Caesaribus) bieten zumeist nur kurze Nachrichten, die später von der christlichen Chronistik (Eusebius-Hieronymus, Orosius, Prosper Tiro, Chronica Gallica a. C C C C L II, Cassiodor, Marcellinus C o ­ mes) aufgegriffen werden. Die bis Carinus (284) reichende, aber wohl erst um 400 entstandene Historia Augusta ist in ihren ausgeschmückten Berich­ ten und vagen Datierungen wenig zuverlässig, während die strikt zeitgenös­ sische und an sich reichhaltige, griechische (Themistios) und lateinische (Pa­ negyrici latini) Kaiserpanegyrik (von Diocletian bis zu Theodosius) die Berichte über Germanensiege ganz in den Dienst des Kaiserlobs oder politi­ scher Stellungnahmen und Invektiven stellt (Claudian) und entsprechend verfärbt und die im späten 4. Jahrhundert einsetzende christliche Historio­ graphie die Geschichte unter strikt geschichtstheologischem und christlich­ moralischem (Orosius, Salvian) oder kirchengeschichtlichem Blickwinkel betrachtet (Eusebius-Rufinus, Sokrates und Sozomenos, bis 439, Victor von Vita für das Vandalenreich in Afrika) und die erst 551 entstandene Gotenge­ 14 Vgl. (mit der älteren Diskussion) Goetz, Orosius 126 ff.

Einleitung

XVII

schichte des Jordanes, auf der Grundlage Cassiodors, die Ereignisse ganz im Rückblick betrachtet und für die frühere Zeit geradezu sagenhaft verzeich­ net. Briefe, Reden und andere Schriften der Kirchenväter (Ambrosius, Hie­ ronymus, Augustin) nehmen zu einzelnen Ereignissen des frühen 5. Jahr­ hunderts, besonders zum Einfall Alarichs in Rom (410), Stellung. Für die Verhältnisse in Italien, Spanien (Hydatius) und Gallien (Prosper Tiro, Mar­ cellinus Comes) im 5. Jahrhundert liegen zumeist nur kurz gehaltene und zum Teil späte Chroniken vor. Auch die Rückblicke in den umfassenden Kriegsberichten Prokops stammen erst aus der Mitte des 6. Jahrhunderts, das umfassende Werk des Zonaras ist gar erst im 12. Jahrhundert verfaßt. Die griechisch-römischen Quellen bedürfen daher einer sehr vorsichtigen, die Intention und die Gedankenwelt ihrer Autoren einbeziehenden Interpreta­ tion, besonders wenn es darum geht, aus den Texten die Zustände bei den Germanen zu „rekonstruieren“ . Daß das alles hier nicht geleistet werden kann, versteht sich von selbst. Die folgende Übersicht über die Quellen will aber zumindest einen ersten quellenkundlichen Einblick erleichtern, und auf wichtige Interpretationsprobleme und -differenzen wird, wenngleich nur exemplarisch, in den Anmerkungen verwiesen. Eine genauere Analyse der Quellen, ihrer narrativen Strukturen und ihrer gesamten Vorstellungswelten dürfte hier in Zukunft jedenfalls noch bessere Aufschlüsse bieten. Das wichtigste originäre Quellenmaterial bildet die Sprache. Während Orts- und Personennamen erst allmählich auch als historische Quellen er­ faßt und analysiert werden15, ist die gotische Bibelübersetzung Ulfilas, trotz aller Interpretationsschwierigkeiten, nutzbringend zur Kenntnis gotischer Vorstellungswelten ausgewertet worden16. Naturgemäß bleiben beim Schluß von der Terminologie auf die Vorstellungswelt freilich erhebliche Unsicher­ heiten. Für das reichhaltige archäologische Material, das hier selbstverständ­ lich nicht vorgestellt werden kann und dessen „ethnische“ Deutung nach wie vor heftig umstritten ist17, gilt das in Band 1 Gesagte18. Gerade die ar­ chäologischen Forschungen haben unsere Kenntnisse in den letzten Jahr­ zehnten erheblich erweitert, und von ihnen sind auch in Zukunft noch ge­ nauere Informationen vor allem über die Kultur einzelner Populationen und Regionen zu erwarten, während sich eine klare ethnische („germanische“ ) 15 Vgl. Geuenich/Haubrichs/Jarnut, Nomen et gens; Dies., Name und Gesell­ schaft; Goetz/Haubrichs, Personennamen. 16 Vgl. vor allem Wolfram, Gotische Studien. 17 Zur Kritik vgl. zuletzt Brather, Ethnische Interpretationen; G. Halsall, Social identities and social relationships in early Merovingian Gaul, in: Wood (Hg.), Franks and Alamanni 141-175. Für eine ethnische Interpretation tritt zuletzt dezidiert ein: F. Siegmund, Alemannen. 18 Goetz/Welwei, Altes Germanien I 14 f.

XVIII

Einleitung

Zuordnung als zunehmend schwieriger erweist. Ebensowenig konnte in die­ sen Band, von ganz seltenen Ausnahmen abgesehen, das reichhaltige epigra­ phische Material einbezogen werden, dessen intensive Auswertung die alt­ historische Forschung nun schon seit mehreren Jahrzehnten erheblich bereichert hat, das über „Germanen“ aber nur in wenigen Ausnahmefällen informiert.

3. Zu Auswahl, Edition, Übersetzung und Kommentierung der Quellenberichte Auswahl, Edition, Übersetzung und Kommentierung folgen den im er­ sten Band dargelegten Grundsätzen19. Trotz einiger Überschneidungen schien es sinnvoll, die Kapitel nicht nur chronologisch zu gliedern (mit Ein­ schnitten bei Diocletian, dem Ende der Regierungszeit des Theodosius 395 und dem Einfall Alarichs in Rom 410), sondern auch der Entwicklung im Osten und Westen für das 3. und 4. Jahrhundert jeweils eigene Kapitel zu widmen, während sich das Geschehen im 5. Jahrhundert fast ganz in den Westen verlagerte. Untergliederungen „sortieren“ das Geschehen zeitlich, sachlich oder regional. Innerhalb der einzelnen Abschnitte wurden die Quellen in der Regel nach ihrer zeitlichen Nähe zum Geschehen angeordnet (mit jeweils kenntlich gemachten Ausnahmen, wo aus sachlichen Gründen von diesem Prinzip abgewichen wurde). Bei grundsätzlichem Streben nach Vollständigkeit waren doch eine gewisse Auswahl und Kürzungen innerhalb der ausgewählten Passagen, die keine wichtigen Nachrichten über Germa­ nen enthielten, notwendig. Auf inhaltsarme, meist kurze Nachrichten wird daher lediglich in den Anmerkungen verwiesen. Die griechischen und lateinischen Texte folgen, soweit möglich, den je­ weils maßgeblichen oder jüngsten kritischen Editionen, die in den folgenden Erläuterungen zu den Quellen angegeben sind. Auf die Aufnahme von Les­ arten (Hss.; Var.) und Konjekturen (Kj.) mußte weitgehend verzichtet wer­ den; der kritische Apparat beschränkt sich auf einzelne, besonders wichtige oder strittige Stellen. Hinzufügungen der Editoren sind in (spitze Klam­ mern), nicht originale Tilgungen der handschriftlichen Überlieferung seitens des Editors des Urtextes in [eckige Klammern] gesetzt. Auslassungen und Kürzungen durch die Bearbeiter werden durch [...] angezeigt. Dem Ver­ ständnis dienende Hinzufügungen in den Übersetzungen sind in (runde Klammern) gesetzt. Alle sonstigen, in kritischen Editionen üblichen Zeichen wurden getilgt oder durch Anmerkungen ersetzt. Alle Texte wurden, unter Hinzuziehung vorhandener Übersetzungen, 19 Goetz/Welwei, Altes Germanien I, 25 ff.

Einleitung

X IX

grundsätzlich neu übertragen. Dabei wurde, soweit die deutsche Syntax das zuläßt, eine textnahe Wiedergabe angestrebt, doch verlangten die langen griechischen Perioden und komplizierte lateinische Konstruktionen gele­ gentlich freiere Übertragungen. Daß trotz Bemühens um genaue Wiederga­ be vielfach bereits interpretierende Eingriffe unvermeidlich sind, ist ein be­ kanntes Phänomen, und der Vergleich mit dem Urtext muß letztlich den Benutzern anheimgestellt werden. Wenn nicht nur germanische Personenna­ men, sondern auch bekanntere Ortsnamen „eingedeutscht“ wurden, um den Anmerkungsapparat zu entlasten, so versteht es sich dennoch von selbst, daß die entsprechenden antiken Städte nicht mit den mittelalterlichen iden­ tisch sind. Die Anmerkungen können selbstverständlich keinen ausführlichen wis­ senschaftlichen Kommentar bieten, sondern nur Hinweise auf besondere Diskussionen aufnehmen und, wie übli2: Varia deinceps et simul et viritim bella gesserunt, Carpis et Basternis sub­ actis, Sarmatis victis, quarum nationum ingentes captivorum copias in R o­ manis finibus locaverunt377*.

Aurelius Victor; Liber de Caesaribus 39>4337S: Et interea caesi Marcomanni379 Carporumque natio translata omnis in no­ strum solum380, cuius fere pars iam tum ab Aureliano erat.

375 Im Jahre 291 wohl in Trier von dem Rhetor Mamertinus für Maximian gehalten, anläßlich des Jubiläums jenes Tages, an dem sich Maximian den Titel Herculius bei­ legte und Diocletian den Titel Iouius. 376 Die Tervingen sind hier das erste Mal bezeugt. Es ist allerdings nur schwer vor­ stellbar, wie die Alemannen und Burgunder mit den zwischen Dakien und Don an­ sässigen Goten in Kämpfe geraten sein sollen. Möglicherweise ist „Alanen“ und „Urugunder“ zu lesen, so daß die Kämpfe am Don zu lokalisieren wären: Vgl. Wolf­ ram, Goten 67 und 395, Anm. 1. 377 Galerius Maximianus und Diocletian. Eutrop faßt hier nahezu die gesamte Re­ gierungszeit zusammen.

Kaiser Diocletian und Maximian (284-305)

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k) Kaiser Diocletian und Maximian (284-305) Panegyricus Latinus X I (III) 17,l}7i: [...] Die Goten vernichten ganz und gar die Burgunder, und für die Be­ siegten greifen wiederum die Alemannen zu den Waffen; und desgleichen vereinigen sich auch die Tervingen, ein anderer Teil der Goten, mit einer Schar von Taifalen und stürzen sich auf die Vandalen und Gepiden376.

Eutrop, Ab urbe condita 9,25,2: Hierauf führten sie377, teils gemeinsam, teils jeder für sich, verschiedene Kriege, unterwarfen die Karpen und Bastarner und besiegten die Sarmaten; von diesen Völkern siedelten sie große Nfassen von Gefangenen auf römi­ schem Gebiet an.

Aurelius Victor, Liber de Caesaribus 39,43378: Zwischenzeitlich wurden die Markomannen geschlagen379 und das ganze Volk der Karpen auf unseren Boden überführt380; ein Teil davon war damals beinahe bereits seit Aurelian (dort).

378 Zu Diocletian und Maximian. 379 Im Jahre 299 durch Diocletian. 380 Im Jahre 296. Vgl. auch Cons. Const, zu 295: His consulibus Carporum gens uniuersa in romania se tradidit (Unter diesen Konsuln [Tuscus und Anolinus] ergab sich das ganze Volk der Karpen der Romania). Ebd. a. 299: His consulibus uicti Mar­ comanni (Unter diesen Konsuln [7. Konsulat Diocletians und 5. Maximians] wurden die Markomannen besiegt). Hier. 2311: Carporum et Basternorum gentes in Roma­ num solum translatae (Die Völker der Karpen und Bastarner werden auf römischen Boden überführt).

D E R W EST EN D E S R E IC H E S V O N D E R M IT T E D E S 3. JA H R H U N D E R T S BIS Z U R R E G IE R U N G K O N S T A N T IN S

Einleitung Im Westen schlossen sich im 3. Jahrhundert die früheren, teils noch bei Ta­ citus genannten kleineren Einheiten zu neuen Völkern oder Stammesverbän­ den zusammen, die fortan das Geschehen bestimmen sollten: nämlich vorab zu Alemannen und Franken sowie später, weit weniger im Blickfeld römi­ scher Quellen, zu den Sachsen123.Wie auch immer dieser Zusammenschluß er­ folgt ist, was er beinhaltete und worauf er sich erstreckte, diese Völker wur­ den in den römischen Quellen als ethnische Einheiten wahrgenommen und zunehmend mit den neuen Namen bezeichnet, auch wenn sie offenbar nicht unter einer einheitlichen Führung gestanden haben. Aus der Sicht der antiken Quellen bedrohten sie das Römische Reich. Im Zuge der Usurpation des Postumus in Gallien waren Franken über den Niederrhein durch Gallien bis Spanien und Alemannen über den Oberrhein durch Ostgallien bis in die Narbonensis sowie nach Oberitalien vorgedrungen, während Juthungen die Alpen überwinden konnten und in Oberitalien reiche Beute machten. Gallie­ nus schlug die Alemannen bei Mailand, und die bereits aus Oberitalicn abge­ zogenen Juthungen wurden bei Augsburg abgefangen und geschlagen, wie der neue Fund einer Inschrift zeigt, in der die Invasoren als gens Semnonum sive Iouthungorurn bezeichnet werden*. Hieraus ist zu schließen, daß die hier erstmals erwähnten Juthungen nach damaligem römischen Verständnis ur­ sprünglich zu den Semnonen an der mittleren Elbe zählten' und somit wahr­

1 Die Situation am Ende des 3. Jh. gibt (um 320) der sog. Laterculus Veronensis in seiner Auflistung der römischen Provinzen an. ln Kapitel 13 nennt er als gentes bar­ barae an den römischen Reichsgrenzen unter anderem Rugier, Heruler, Sachsen, Chamaven, Amsivarier, Angrivarier, Elever, Bruktcrcr, Chatten, Burgunder, Aleman­ nen, Sueben, Franken, Juthungen, Armilausiner, Markomannen, Quaden, ’läifalen, Hermunduren, Vandalen, Sarmaten, Skiren, Karpen, Skythen und Goten; im Westen führt er demnach alte neben den neuen Stämmen an. 2 L. Bakker, Raetien unter Postumus. Das Siegesdenkmal einer Jutlumgenschlacht im Jahre 260 n. Chr. aus Augsburg, Germania 71 (1993) 374 1. 3 Vgl. H. C.astritius, Semnonen - Juthungen - Alemannen. Neues (und Altes) zur

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scheinlich den Elbgermanen zuzuordnen sind. Vermutlich hat sich ihr einsti­ ger Kern zu einem unbekannten Zeitpunkt aus einer Großgruppe von Semnonen gelöst und nördlich von Rätien festgesetzt. Bezeichnend ist aber auch, daß die Römer damals die Juthupgen zunächst nur vage mit den Sem­ nonen in Verbindung brachten und ihr Ursprungsgebiet nicht exakt anzuge­ ben vermochten. Dexippos aus Athen, ein Zeitgenosse der Kaiser Gallienus und Aurelian, subsumiert die Juthungen unter die „Skythen“ , deren Name in griechischen Quellen der Spätantike noch als Sammelbegriff für „ostgermani­ sche“ Verbände verwendet wird. Zosimos hat diese Zuordnung übernom­ men. Erst Ammianus Marcellinus verstand sie als Teil der Alemannen {Ala­ mannorum pars)4. In einem Panegyricus auf Constantius I. von 297 n. Chr. werden die Juthungen dann mit der Alemannia in Verbindung gebracht5. Dies ist wohl damit zu erklären, daß ihre ersten Vorstöße ins römische Terri­ torium aus einem Raum erfolgten, der an das Gebiet der Ethnogenese der Alemannen angrenzte. Sie gelangten jedenfalls in ein Gebiet, das in unmittel­ barer Nachbarschaft der Alemannen lag, die seit einiger Zeit als neue gefähr­ liche Feinde Roms am obergermanisch-rätischen Limes ins Blickfeld der Rö­ mer geraten waren, ohne daß präzise Angaben über ihre Ethnogenese vorliegen. Voraussetzungen und Verlauf des Juthungeneinfalls 259/60 verdeutlichen exemplarisch den Zusammenhang zwischen den Problemen der römischen Abwehrkämpfe an den verschiedensten Abschnitten der Reichsgrenzen und der Schwächung des römischen Verteidigungspptentials durch innere Machtkämpfe. Der Vorstoß der Juthungen bis Italien wurde nicht nur durch die Bindung römischer Kräfte am Rhein, auf dem Balkan und im Kampf ge­ gen Persien begünstigt. Aus Sicht des Dexippos stand der Juthungeneinfall offenbar in engem Zusammenhang mit den Goteninvasionen um 260. Ob es sich bei den Juthungen der Augsburger Inschrift 259/60 nur um einen weit­ räumig operierenden Kriegerverband handelte, bleibt eine offene Frage. Der Einfall wäre in seiner Dimension wohl ohne die Usurpation des Ingenuus, der Gallienus zur Intervention in Pannonien zwang, kaum möglich gewe­ sen6. Die Diversion der Streitkräfte des Gallienus war wiederum eine we­ sentliche Voraussetzung für die Usurpation des Postumus nach dessen Sieg über Franci. Herkunft und Ethnogenese der Alemannen, in: Geuenich (Hg.), Franken und Ale­ mannen 357. 4 Amm. 17,6,1. 5 Paneg. Lat. VIII (IV) 10,4. 6 Vgl. M. Jehne, Überlegungen zur Chronologie der Jahre 259 bis 261 n. Chr. im Lichte der neuen Postumus-Inschrift aus Augsburg, Bayerische Vorgeschichtsblätter 61 (1996) 191 f.

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Der Alemannenname7 ist erst 289 in einem Panegyricus sicher belegt8, vermutlich aber schon einige Zeit früher in den Wahrnehmungsbereich rö­ mischer Historiker gelangt. In einem Fragment des Dexippos ist der korrup­ te Name Galmionon vermutlich in Alamanon zu emendieren9. Ob die Er­ wähnung des Alemannennamens in byzantinischen Exzerpten aus Berichten des Cassius Dio über Feldzüge des Caracalla 213 auf den Autor selbst zu­ rückgeht und dementsprechend gewissermaßen zeitgleich ist10, muß indes dahingestellt bleiben. Der Name kann hier durchaus eine Einfügung aus spä­ terer Perspektive sein. Auch die Erwähnung des Alemannennamens durch den byzantinischen Dichter und Historiker Agathias (ca. 530/32-582) bleibt problematisch, da nicht sicher ist, ob Agathias die Bezeichnung tat­ sächlich - wie er behauptet - bei einem Historiker des 3. Jahrhunderts (Asi­ nius Quadratus) gefunden hat11. Caracallas Feldzug gegen die Alemannen wird jedenfalls in den Akten der Priesterschaft der fratres Arvales als victo­ ria Germanica gefeiert12. Ende des 3. Jahrhunderts galten aber ohne Zweifel „Barbaren“, die in Gebiete rechts des Oberrheines eingedrungen waren, als „Alemannen“ . Sie bildeten keinen festgefügten Stammesverband, sondern bestanden aus einer Reihe von Kriegerscharen, die offenbar aus verschiede­ nen Ethnien stammten und zunächst als kleine und recht mobile Einheiten durch ihre Vorstöße in römische bzw. später in ehemals römische Gebiete gleichsam eine neue Identität gewannen. Die Entstehung des Alemannenna­ mens bleibt freilich umstritten. Ebenso fraglich ist eine - kürzlich wieder be­ hauptete - Abgrenzung von den Franken auf archäologischer Basis13. 7 Zur Herkunft der Alemannen vgl. H. Keller, Probleme; H. Steuer, Theorien zur Herkunft und Entstehung der Alemannen, in: Geuenich (Hg.), Franken und Aleman­ nen 270-324, der ähnlich wie Keller zu dem Schluß kommt (317), daß ihr Verband in der Auseinandersetzung mit Rom entstanden ist und jene Krieger von überall her aus der Germania kamen. Castritius, in: Geuenich (Hg.), Franken und Alemannen 359 f., vermutet eine Ableitung des Namens von Mannus, dem fiktiven „Stammvater aller Germanen“ . Die römische Interpretation des Namens der Alemannen war freilich abschätzig. Vgl. Agathias, Historiae 1,6,3. 8 Paneg. Lat. X (II) 5,1. 9 Dexippos FGrH ist 100 F 6,11. 10 Cass. Dio 77,13,4-5 (Exc. Val. 373). Vgl. Goetz/Welwei, Altes GermanienII, 334. 11 Agathias, Historiae 1,6,3 (Asinius Quadratus FGrHist 97 F 21). Vgl. Goetz/ Welwei, Altes Germanien II, 338. 12 C IL VI, 2086 (Acta Arvalia a. 213). Vgl. Goetz/Welwei, Altes Germanien II, 338; Geuenich, Geschichte der Alemannen 19. 13 Vgl. Geuenich (Hg.), Franken und Alemannen; F. Siegmund, Zur Frühgeschich­ te der Alemannen, in: ebd., 558-580; Ders., Alemannen und Franken; I. Wood (Hg.), Franks and Alamanni.

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Die Alemannen drangen in den heutigen südwestdeutschen Raum jeden­ falls nicht in Form einer massiven Invasion und raumgreifenden Landnahme unter Vertreibung aller romanisierten Bewohner der agri decumates vor. Ihr Vordringen wurde begünstigt durch /die schon vor 260 einsetzende und schrittweise erfolgende Aufgabe einer linearen Grenzüberwachung, indem römische Militärstützpunkte am Limes geräumt und reguläre Einheiten durch lokale Milizen ersetzt wurden14. Gleichzeitig zogen weitere Scharen aus dem germanischen Raum zu, so daß sich der Bevölkerungswechsel über mindestens zwei Generationen erstreckte. In der Zeit des Probus (276-282) war die romanisierte Bevölkerung rechts des Rheines zweifellos schon er­ heblich zurückgegangen. Die einzelnen Etappen der „Auffüllung“ des süd­ westdeutschen Raumes durch Alemannen sind freilich schwer zu erkennen. Kleinere Gräberfelder deuten darauf hin, daß zunächst Krieger - bzw. Ge­ folgschaftsgruppen mit wechselnden Standorten das von römischen Trup­ pen aufgegebene Gebiet aufsuchten und zum Teil auch weiter in die von romanisierter Bevölkerung bewohnten Gebiete vordrangen, ohne die Verbindung zu ihren Basen im mittleren Elberaum oder in Thüringen aufzu­ geben, so daß sie von dort aus immer wieder Zuzug erhielten15. Nach den römischen Quellen des 4. Jahrhunderts besiedelten die Alemannen den Raum zwischen Donau und Neckar (unter ihrem König Vadomar), das Nekkartal (unter Suomar und Hortar) sowie das Maingebiet (unter Macrian). In dieser Zeit führten regionale reges oder reguli (Kleinkönige) eine Reihe von Kriegerverbänden, die von den Römern unter die j&ezeichnung Alamanni subsumiert wurden. Von einer systematischen Eroberung der genannten neuen Siedlungsgebiete der Alemannen kann daher ebensowenig die Rede sein wie von einem gesamtalemannischen Königtum. Die zweite Großgruppe, die das Römische Reich immer wieder durch Einfälle beunruhigte, waren die „Franken“ , die östlich des Niederrheins aus einer Reihe von älteren Verbänden hervorgegangen sind. In der Überliefe­ rung werden hierzu Brukterer, Chamaven, Amsivarier, Chatten16 und Chattuarier17 gezählt. Vermutlich sind darüber hinaus auch Usipeter, Tenkterer, Tubanten, Hasuarier, Chauken - letzteres ist strittig - und andere „Gemein­ schaften“ in den sogenannten Franken aufgegangen, deren Name erstmals zum Jahr 257/58, allerdings in einer späteren Quelle bezeugt ist18. Der älteste zeitgenössische Beleg stammt aus einem Panegyricus des Kaisers Constan14 Vgl. H. U. Nuber, Zur Entstehung des Stammes der Alamanni aus römischer Sicht, in: Geuenich (Hg.), Franken und Alemannen 370 ff. 15 Vgl. Steuer, Theorien 316 (oben Anm. 7). 16 Bei Greg. Tur. 2,9. 17 Atthuarii bei Amm. 20,10,2. 18 Epit. Caes. 33,3.

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tius Chlorus vom Ende des 3. Jahrhunderts19. Die Bezeichnung Frand diente den Römern damals aber wohl schon seit einiger Zeit als Sammelbegriff anstelle der älteren Namen der germanischen Krieger- und Aktionsgemein­ schaften im Bereich des Niederrheins, wo sich seit dem gallischen Sonder­ reich des Postumus (259-268) in zunehmendem Maße ein Rekrutierungs­ reservoir für Söldner der Römer bildete. Ob „Franken“, im Ursprung vermutlich ein germanisches Wort, eine Neuschöpfung oder der Name eines Klientelstammes war, der von den Römern dann auf die anderen übertragen wurde, ist nicht erkennbar. Für die Römer war Frand jedenfalls die Bezeich­ nung für ein ganzes Volk, das sich von den anderen, wie Alemannen und Sachsen, abhob. Der Frankenname hat sich dann als Bezeichnung für die ge­ samte „barbarische“ Bevölkerung am Niederrhein und in Nordgallien durchgesetzt und konnte auch für die „Gesamtheit“ der „Germanen“ ver­ wendet werden20. Die mannigfachen Prozesse der Auflösung älterer Einheiten kommen im Wechsel der Terminologie zum Ausdruck. Die älteren Stammesgemeinschaf­ ten werden mit Ausnahme der Chamaven im 4. Jahrhundert nicht mehr er­ wähnt21. Diese Entwicklungen sind als langfristige Prozesse einer Ethnogenese der Franken zu verstehen, die sich dann vor allem in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts im wesentlichen auf ehemals römischem Boden vollzo­ gen hat. Insofern ist dieser Prozeß in gewisser Weise vergleichbar mit der Ethnogenese der Alemannen zwischen Oberrhein und oberer Donau, nach­ dem das römische Militär vom obergermanisch-rätischen Limes abgezogen war. Tatsächlich waren die Franken aber so wenig politisch (und wohl auch kulturell) geeint wie die Alemannen. Ammian (16,3) bezeugt immerhin (mehrere) Könige der Franken. Bei den in den römischen Quellen genannten „Franken“ handelt es sich jeweils nur um einzelne Abteilungen unter ver­ schiedenen Führern, denen man gleichwohl eine gemeinsame Abstammung unterstellte. Die Franken erscheinen in den römischen Quellen zunächst als Eindring­ linge und Angreifer, doch dienten Franken im 4. Jahrhundert auch, fernab ihrer Heimat, im römischen Heer oder am Kaiserhof, und mehrere ihrer Führer (Merobaudes, Richomer, Bauto, Arbogast) stiegen zum Rang eines Heermeisters auf. Ammian (31,10,6) nennt Mallobaudes domesticorum co­ mitem regemque Francorum und gesteht ihm somit eine Doppelfunktion zu, die vielleicht als typisch für die germanischen Führungsschichten zu gelten hat. Die Franken Magnentius (350) und Silvanus (355) usurpierten gar den Kaiserthron. Für eine plötzliche Invasion größerer Volksgruppen gibt es 19 Paneg. Lat. VIII (IV) 21,1. 20 Oros. 7,22; Vita S. Hilarionis 22. 21 Vgl. Pohl, Germanen 109 f.

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keinerlei Anzeichen. Entscheidender, in den Schriftquellen jedoch ganz aus­ geblendet, dürfte vielmehr ein allmähliches Einsickern und Siedeln der Fran­ ken in Nordgallien gewesen sein. Insgesamt wird man eine langfristige Ent­ wicklung von einer militärischen Konfrontation (bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts) hin zum Dienst im römischen Heer und zu einer friedlichen Siedlung (seit dem Ende des 3., verstärkt seit der zweiten Hälfte des 4. Jahr­ hunderts) annehmen dürfen, doch verliefen beide Prozesse - mit jeweils un­ terschiedlichen Gruppen von „Franken“ - lange Zeit auch parallel nebenein­ ander. Bereits Constantius hat anscheinend Franken auf römischen Boden angesiedelt22; berühmt ist dann die Ansiedlung (bzw. die nachträgliche Dul­ dung der Siedlung) der sogenannten Salier durch Kaiser Julian in Toxandrien23; 435/36 gestattete man schließlich den Rheinfranken die Siedlung auf dem linken Rheinufer24. Die Hauptsiedelgebiete der Franken lagen zunächst in den nördlichen Provinzen des Imperiums, um Niederrhein, Waal und Maas, dehnten sich dann bis zur Schelde und Somme und schließlich, bis zum Ende des 5. Jahrhunderts, bis zur Seine aus. Archäologisch ist das Sied­ lungsgebiet aber nur schwer abgrenzbar, weil Akkulturationsvorgänge mit der romanischen Bevölkerung alsbald eine „Mischkultur“ hervorgebracht haben. Im 5. Jahrhundert gab es schließlich mehrere Kleinkönige auf römi­ schem Territorium. Der „jüngste“ dieser neuen Stammesverbände waren die Sachsen, die - bei Ptolemaios noch als kleiner Stamm auf der Kimbrischen Halbinsel erwähnt25 - erstmals bei Ammianus Marcellinus und in anderçp Quellen noch zur Zeit des Kaisers Constans vor 350 bezeugt sind, als Sachsen und Franken Gallien heimsuchten26, und die unter Valentinian im Jahre 370 noch einmal römi­ sches Gebiet bedrohten, aber vernichtend geschlagen wurden27. Gegenüber früheren Annahmen einer sächsischen Eroberung Norddeutschlands28 ist auch hier ein Zusammenwachsen vieler kleiner Stämme unter neuem Namen anzunehmen. Die Franken bildeten ebensowenig wie die Alemannen oder die Sachsen einen einheitlich organisierten Stammesverband oder einen Zusammen­ schluß von Stämmen mit zentralen Führungsinstanzen, „öffentlichen“ O r­

22 Paneg. Lat. VIII (IV) 9,4; VIII (IV) 21,1; VI (VII) 6,2. 23 Amm. 17,8,3. 24 Jord. Get. 34,176; 36,191. 25 Ptol. geogr. 2,11,7. Vgl. Goetz/Welwei, Altes Germanien I, 180. Vgl. aber kri­ tisch zu dieser und anderen frühen Nennungen Springer, Sachsen 27 ff., der hier eine Korruptel annimmt. 26 Amm. 27,8,5. 27 Amm. 28,5,1. 28 Vgl. Lammers (Hg.), Entstehung des Sachsenstammes.

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ganen und Kultplätzen. Vielmehr haben sich wahrscheinlich auch hier ältere Einheiten aufgelöst und zu neuen Aktionsgemeinschaften und Gruppierun­ gen formiert, vielleicht auf der Basis von Gefolgschafts- oder Kriegerverbän­ den. Die Römer waren dementsprechend immer wieder mit Teilen der als Franken, Alemannen und Sachsen bezeichneten Großgruppen oder mit Al­ lianzen solcher Untergruppen und somit mit lokalen Gefahrenherden kon­ frontiert. Dies erleichterte ihre Abwehrmaßnahmen, wenn auch die mobilen germanischen Kampfverbände oft schwer zu stellen waren. Kaiser Probus stand am Rhein vor schweren Aufgaben und Kämpfen gegen verschiedene germanische Raubgruppen, die 275/76 Trier und die römischen Stützpunkte Gelduba (Krefeld-Gellep) und Vetera II bei Xanten plünderten und in der Folgezeit die Rheingrenze zwischen Arnheim und der Nordsee bedrohten. Es gelang ihm, den neuen, sogenannten nassen Limes an Rhein, Iller und Donau zu stabilisieren (277 und 278). Im Zuge umfassender Maßnahmen zur Überwindung der Krise des 3. Jahrhunderts durch Diocletian wurde zwar die Absicherung der Grenzen und der Küsten forciert. Gleichwohl ge­ langen germanischen Scharen im Westen bereits 287 tiefe Vorstöße in römi­ sche Gebiete bis Trier. Maximian antwortete mit Gegenangriffen, und D io­ cletian bekämpfte 288 von Rätien aus alemannische und juthungische Verbände29. Constantius I. entkam dann bei Lingonae (Langres) 298 in größ­ ter N ot einem alemannischen Angriff, konnte die Invasoren aber bei Vindo­ nissa schlagen30. Nach fränkischen Vorstößen in den nordgallischen Raum (306) unternahm Konstantin I. (d. Gr.) spektakuläre „Strafaktionen“ gegen die germanischen (wohl fränkischen) „Kleinkönige“ Ascarius und Merogaisus und stieß in die Gebiete der Brukterer vor31. Dennoch gab es an der Rheingrenze unter Konstantin d. Gr. noch weitere Grenzgefechte mit Fran­ ken (310). Konstantin ließ eine steinerne Rheinbrücke bei Köln bauen32 und einen Feldzug gegen einen rechtsrheinisch zu lokalisierenden germanischen Verband - vermutlich Chamaven - durchführen (313)33. Flavius Iulius Cri29 Paneg. Lat. VIII (V) 2,1; X (II) 5,1-4. 9,1-2; XI (III) 7,1-2. 16,1. Zur Datierung vgl. Barnes, New Empire 57 f. 50 Eutr. 9,23,1; vgl. Paneg. Lat. VI (VII) 6,2-4; Oros. 7,25,7; Jord. Rom. 300. Bar­ nes, New Empire 61, datiert die Schlacht bei Lingonae aufgrund von C IL 3343 ins Jahr 302. 31 Paneg. Lat. VI (VII) 10,2. 12,1-4; VII (VI) 4,2; Johannes Antiochenus fr. 169; Müller (FH G IV, p. 603); vgl. die Bauinschrift des Deutzer Kastells C IL XIII 8502. Paneg. Lat. VIII (V) 2,1; X (II) 5,1-4. 9,1-2; XI (III) 7,1-2. 16,1. Zur Datierung vgl. Barnes, New Empire 57 f. 32 Paneg. Lat. VI (VII) 13,1-2; das Deutzer Kastell (C IL XIII 8502) ist erst nach dem Brückenbau errichtet worden. 33 Paneg. Lat. IV (X) 18,1; XII (IX) 22,3-6; vgl. Runde, Franken und Alemannen 663.

Einleitung

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spus, der älteste Sohn Konstantins d. Gr., unternahm 320 und 323 erfolgrei­ che offensive Operationen gegen Franken und Alemannen3435, und Konstan­ tin II. erhielt 331 den in diesem Jahr erstmals epigraphisch belegten Siegerbeinamen AlemannicusiS.

34 Paneg. Lat. IV (X) 17,2. 36,3; vgl. Optatianus Porfyrius carm. 10,24-28 und 18,8; dazu H. A. Pohlsaner, Crispus: Brilliant Career and Tragic End, Historia 33 (1984) 87 f. 35 C IL III 352 = 7000; Kuhoff, Quellen VI, 47, Nr. 61.

a)

Bedrohungen unter Valerian und Gallienus (253-268)

Zosimos, Historia nova 1,30,1-3: 30. (1) Συνιδών δέ ό Ούαλεριανός τον πανταχόθεν επικείμενον τή ‘Ρωμαίων άρχή κίνδυνον, αίρεΐται Γαλλιηνόν ιό ν παΐδα της άρχης κοινωνόν36, ένοχλουμένων δέ τών -πραγμάτων άπανταχόθεν, αυτός μέν επί την έφαν ήλαυνεν Πέρσαις άντιστησόμενος, τφ δέ παιδί τά έν τή Ευρώπη στρατόπεδα παρεδίδου, τοϊς πανταχόθεν έπιοΰσι βαρβάροις μετά τών έκεΐσε δυνάμεων άντιστήναι παρεγγυήσας. (2) Ό ρω ν δέ ό Γαλλιηνός τών άλλων έθνών όντα τά Γερμανικά χαλεπώτερα σφοδρότερόν τε τοϊς περί τόν ‘Ρήνον οίκοϋσιν Κελτικοΐς έθνεσιν ένοχλοΰντα, τοϊς μέν τήδε πολεμίοις αυτός άντετάττετο, τοϊς δέ τά περί την ’Ιταλίαν καί τά έν Ίλλυριοΐς καί την Ε λλά δα προθυμουμένοις λήσασθαι τούς στρατηγούς άμα τοϊς έκεΐσε στρατεύμασιν έταξε διαπολεμεΐν37, αυτός μέν ούν τάς τού ‘Ρήνου διαβάσεις φυλάττων ως οιόν τε ήν, πή μέν έκώλυεν περαιοϋσθαι, πή δέ καί διαβαίνουσιν άντετάττετο363738. (3) Πλήθει δέ παμπόλλω μετά δυνάμεως έλάττονος πολεμών, έν άπόροις τε ών, έδοξεν έν μέρει τόν κίνδυνον έλαττοΰν τώ σπονδάς πρός τινα τών ήγουμένων έθνους Γερμανικού πεποιήσθαι39· τούς τε γάρ άλλους βαρβάρους έκώλυεν ούτος συνεχείς διά τού ‘Ρήνου ποιεΐσθαι τάς διαβάσεις, καί τοϊς έπιοϋσιν άνθίστατο. καί τά μέν παροικοϋντα τόν ‘Ρήνον έν τούτοις ήν.

36 Sept./Okt. 253. 37 Nach einem Aufenthalt auf dem Balkan 254-256. Er ließ freilich seinen Sohn Cornelius Valerianus (seit 255 Caesar) zurück. Vgl. Epit. Caes. 32,2; C IL VIII 10132; XVI 155; AE 1967, 584. 38 Gallienus, der u. a. in Vindonissa (Windisch) neue Befestigungen errichten ließ (CIL XIII 5203), nannte sich spätestens 257 Germanicus maximus und Dacicus maxi­ mus (CIL I I 2200) und stilisierte sich auf Münzen zum restitutor Galliarum, um Siege über Germanen zu betonen (H. Mattingly/E. A. Sydenham, The Roman Imperial Coins 5,1,70 ff., Nr. 27-35, 39-50, 61-63). Offenbar handelte es sich vor allem um Gruppen der sich formierenden Franken und Alemannen. In ihrer Nachbarschaft vollzog sich damals auch die Ethnogenese der Juthungen, die 260 bei Augsburg ge­ schlagen wurden, als sie sich beutebeladen aus Oberitalien zurückzogen. Vgl. H. Castritius, Semnonen - Juthungen - Alemannen. Neues (und Altes) zur Herkunft und

a) Bedrohungen unter Valerian und Gallienus (253-268) Zosimos, Historia nova 1,30,1-3: 30. (1) Als Valerian sah, daß der römischen Herrschaft von allen Seiten Gefahr drohte, ernannte er seinen Sohn Gallienus zum Mitregenten36; da die Situation überall schwierig war, zog er selbst nach Osten, um den Persern entgegenzutreten, und übertrug seinem Sohn den Befehl über die Streitkräf­ te in Europa mit der Weisung, mit den dort stehenden Truppen sich den von allen Seiten andrängenden Barbaren entgegenzustellen. (2) Da aber Gallie­ nus erkannte, daß die germanischen Völkerschaften gefährlicher als alle an­ deren waren und für die am Rhein wohnenden keltischen Stämme eine schwere Plage darstellten, trat er persönlich den Feinden in diesem Raum entgegen und übertrug den Kampf gegen die Barbaren, die Italien, Illyrien und Griechenland plündern wollten, den dortigen Befehlshabern mit ihren Truppen37; er selbst schützte nach Kräften die Rheinübergänge und hinderte an einigen Punkten die Germanen am Übergang und stellte sich an anderen Stellen denen entgegen, die übersetzten38. (3) Da er aber gegen eine gewaltige Masse mit einer kleineren Streitmacht Krieg führtç^und in Schwierigkeiten war, beschloß er, die Gefahr teilweise durch einen Vertrag mit einem der An­ führer eines germanischen Stammes zu verringern39. Dieser suchte nämlich die anderen Barbaren daran zu hindern, fortwährend den Rhein zu überque­ ren, und stellte sich ihnen entgegen. Dies war die Lage in den Regionen am Rhein.

Ethnogenese der Alemannen, in: Geuenich (Hg.), Franken und Alemannen 349-383, der aufgrund der Gleichsetzung der Juthungen und der Semnonen in der neuen Augsburger Inschrift (vgl. Anm. 6) annimmt, daß die Juthungen aus dem Raum der Mittelelbe kamen. 39 Gallienus siedelte eine Schar Markomannen auf römischem Gebiet an (W. Kuhoff, Herrschertum und Reichskrise, Bochum 1979, 18), scheint aber darüber hinaus noch weitere germanische Föderierte zum Grenzschutz eingesetzt zu haben, wie Eutrop 9,7- 8 sowie der Hinweis auf populäres in der genannten Inschrift aus Augsburg vermuten lassen. Vgl. Nuber, Entstehung (wie Anm. 14); I. König, Die Postumus-Inschrift aus Augsburg, Historia 46 (1997) 351.

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Der Westen des Reiches bis zur Regierung Konstantins

Zosimos, Historia nova 1,37-38,l 40: 37. (1) Ό ντω ν δέ τών άμφί την έφαν έν τούτοις41, πάντα μέν ήν άναρχα τε καί άβοήθητα, Σκύθαι δέ όμογνωμονήσαντες καί έκ παντός έθνους τε καί γένους είς εν συνελθόντες την τε Ίλλυρίδα μοίρα τινί σφών έλήζοντο καί τάς έν ταύτη πόλεις έπόρθουν, μοίρςι δέ άλλη την Ιτα λία ν καταλαβόντες καί άχρι τής ‘Ρώμης έπήεσαν42. (2) Γαλλιηνοΰ δέ τοΐς έπέκεινα τών “Αλπεων τόποις έγκαρτεροΰντος καί Γερμανικοΐς ένασχολουμένου πολέμοις43, ή γερουσία την ‘Ρώμην είς έσχατον έληλακυϊαν όρώσα κακοΰ, τούς κατά ταύτην στρατιώτας όπλίσασα, δοΰσα δέ δπλα καί τών άπό τού δήμου τοΐς έρρωμενεστέροις, στράτευμα πλήθε^ τούς βαρβάρους ύπεραϊρον συνήγαγεν δπερ όρρωδήσαντες οί πολέμιοι την μέν ‘Ρώμην άπέλιπον, την δέ ’Ιταλίαν πάσαν ώς είπεΐν επελθόντες έκάκωσαν. (3) Έ ν έσχάτω δέ καί τών έν Ίλλυριοΐς πραγμάτων έκ τής τών Σκυθών έφόδου διακειμένων καί πάσης τής υπό ‘Ρωμαίους άρχής ές τό μηκέτι λοιπόν είναι σαλευομένης, λοιμός έπιβρίσας ταΐς πόλεσιν, οιος ούπω πρότερον έν παντί τφ χρόνφ συνέβη, τάς μέν άπό τών βαρβάρων συμφοράς μετριωτέρας άπέφηνεν, τοΐς δέ τή νόσω κατειλημμένοις εύδαιμονίζειν έαυτούς* έδίδου καί τάς έαλωκυίας ήδη πόλεις άνδρών παντάπασιν γενομένας έρήμους44. 38. (1) Έ π ί πάσι τούτοις ό Γαλλιηνός συνταραχθείς είς την ‘Ρώμην έπανήει, τόν υπό Σκυθών έπαχθέντα τή Ίταλίςι πόλεμον διαθήσων45.

1 Edd. nach der vulgata scriptura, δέ αυτούς Vaticanus Graecus 156. 40 259/60 n. Chr. drangen Franken und Alemannen über den Rhein vor. Franken gelangten bis nach Spanien, Alemannen bis nach Oberitalien, wo sie von Gallienus geschlagen wurden. (Vgl. dazu auch Paneg. Lat. VIII (IV) 10,3, unten S. 162). Zuvor war eine von einem Beutezug nach Oberitalien zurückkehrende Schar von Juthungen bei Augsburg besiegt worden (AE 1993, 1231). 41 Nach der Gefangennahme des Kaisers Valerian durch den Großkönig Schapur I. bei Edessa 260. 42 Es handelt sich um schwer verständliche Angaben, die wohl mit J. Straub, Stu­ dien zur Historia Augusta, Bern 1952, 63 f., dahingehend zu interpretieren sind, daß sie einen Überblick über die allgemeine Entwicklung im Westen des Reiches seit 260 n. Chr. darstellen. Vgl. Paschoud, Zosime 1,35, Anm. 65 (dazu L. Bakker, Raetien unter Postumus, Germania 71, 1993, 369-386); vgl. auch zur umstrittenen Datie-

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Zosimos, Historia nova 1,37-38,1*°: 37. (1) Angesichts dieser Lage im Osten41 herrschten überall Wirren und Hilflosigkeit, während die Skythen, die sich einig geworden waren und aus allen größeren und kleineren Stämmen einen Zusammenschluß gebildet hat­ ten, mit einem Teil (ihrer Krieger) Illyrien verwüsteten und die dortigen Städte plünderten, mit einem anderen Aufgebot aber in, Italien einfielen und bis Rom vordrangen42. (2) Da nun Gallienus in den Gebieten jenseits der Al­ pen standhaft aushielt und durch die Kriege gegen Germanen völlig in An­ spruch genommen war43, ließ der Senat, der erkannte, daß Rom in größte N ot geraten war, alle Soldaten dort ausrüsten, gab auch den kräftigsten Män­ nern aus dem Volk Waffen und sammelte ein Heer, das zahlenmäßig den Barbaren überlegen war; hierdurch gerieten die Barbaren in Furcht und zo­ gen sich von Rom zurück, fielen aber sozusagen über ganz Italien her und verheerten es. (3) Als auch in Illyrien infolge des Einfalls der Skythen die Dinge schlecht standen und das gesamte römische Reich bis in die Grund­ festen erschüttert wurde, da suchte die Pest in einem früher nicht gekannten Ausmaß die Städte heim, so daß sie die Leiden durch die Barbaren nicht mehr so groß erscheinen ließ und dazu führte, daß die von der Krankheit Befallenen sich glücklich priesen44 und die schon eroberten Städte völlig menschenleer geworden waren. 38. (1) Gallienus, der aufgrund all dieser Geschehnisse sehr beunruhigt war, zog nach Rom, um den Krieg zu beenden, den die Skythen nach Italien hineingetragen hatten45.

rungl. König, Historia 46 (1997) 341 ff.; M.Jehne, Bayerische Vorgeschichtsblätter 61 (1996) 185 ff. Gallienus konnte allerdings die Bildung eines gallischen „Sonderrei­ ches“ unter L. Cassianus Latinius Postumus nicht verhindern. Vgl. Drinkwater, Gal­ lic Empire 23 ff. 43 Gallienus war bereits seit 253 Caesar und Augustus und wurde 260 Nachfolger seines Vaters Valerian. 44 Die Vorstellung, daß Krankheiten als große Bewährungsprobe die Betroffenen glücklich werden lassen, ist sonst erst aus dem Islam bekannt. Vgl. M. Dois, The Black Death in the Middle East, Princeton 1977. Möglich ist aber auch eine Verschrei­ bung in den Handschriften, so daß καταλελειμένοις („unangetastet geblieben“ ) statt κατειλημμένοι^ („betroffen“, „befallen“) zu lesen ist (Vorschlag von Mischa Meier). 45 Gemeint sind offensichtlich die Invasionen der Alemannen und der Juthuneen 259/60.

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Der Westen des Reiches bis zur Regierung Konstantins

Eutrop, Ab urbe condita 9,7: [...] Germani Ravennam usque venerunt46.

Eutrop, Ab urbe condita 9,8,2: Alamanni vastatis Galliis in Italiam penetraverunt47. [...] Germani usque ad Hispanias penetraverunt et civitatem nobilem Tarraconem expugnave­ runt48.

Orosius, Historiae adversum paganos 7,22,6-849: (6) non enim de solo constitutore praecepti iusto supplicium iudicio flagi­ tabatur sed etiam exsecutores delatores accusatores spectatores ac iudices, postremo omnes qui iniustissimae crudelitati uel tacita uoluntate adsentabantur - quia Deus secretorum cognitor est - quorum maxima per omnes prouincias pars hominum uersabatur, eadem ultionis plaga corripi iustum erat, soluuntur repente undique permissu Dei ad hoc circumpositae relictaeque gentes laxatisque habenis in omnes Romanorum fines inuehuntur. (7) Germani Alpibus Raetia totaque Italia penetrata Rauennam usque perueniunt; Alamanni Gallias peruagantes etiam in Italiam transeunt; Graecia Mace­ donia Pontus Asia Gothorum inundatione deletur; nam Dacia trans Danuuium in perpetuum aufertur; Quadi et Sarmatae Pannonias depopulantur; Germani ulteriores50 abrasa potiuntur Hispania; Parthi Mesopotamiam au­ ferunt Syriamque conradunt. (8) exstant adhuc per diuersas prouincias in magnarum urbium ruinis paruae et pauperes sedes, signa miseriarum et no­ minum indicia semantes, ex quibus nos quoque in Hispania Tarraconem no­ stram ad consolationem miseriae recentis ostendimus51.

46 Danach Hier. 2278 (Valerianus et Gallienus a. 8): Germani Ravennam usque uenerunt (Die Germanen kamen bis Ravenna); Oros. Hist. 7,22,7 (Text folgt im An­ schluß). Vermutlich handelte es sich bei den „Germanen“ hier um Alemannen. Die Datierung dieser Vorgänge bleibt unsicher. 47 Danach Hier. 2279: Alamanni uastatis Galliis in Italiam transiere (Die Aleman­ nen verwüsteten Gallien und gingen nach Italien hinüber) und Oros. 7,22,7 (Text folgt im Anschluß). Vgl. auch Eutr. 9,9 zur Usurpation des Postumus in Gallien, der bei einem Soldatenaufstand vor Mainz ermordet wurde. Nach ihm wurde auch Victorinus bei Köln erschlagen. Zu Postumus vgl. Kapitel 1, Anm. 254. 48 Vgl. auch Aur. Vict. Caes. 33,3 (oben Kapitel 1, S. 72).

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Eutrop, Ab urbe condita 9,7: Die Germanen kamen bis nach Ravenna46.

Eutrop, Ab urbe condita 9,8,2: Die Alemannen hatten Gallien verwüstet und drangen in Italien ein47. [...] Die Germanen drangen bis nach Spanien vor und eroberten die berühmte Stadt Tarragona48.

Orosius, Historiae adversum paganos 7,22,6- 8 49: (6) Denn nicht allein an dem Urheber des Befehls wurde in einem gerech­ ten Urteil die Strafe gefordert, sondern es war (ebenso) gerecht, daß auch die Vollstrecker, Denunzianten, Ankläger, Zuschauer und Richter und schließ­ lich alle Menschen, die der ungerechtesten Grausamkeit auch nur stillschwei­ gend beipflichteten - weil Gott um die Geheimnisse weiß - und deren größ­ ter Teil in allen Provinzen weilte, von diesem Racheschlag getroffen wurden. Plötzlich lösten sich mit Gottes Billigung überall die dazu ringsumher aufge­ stellten und zurückgelassenen Völker, und nachdem die Zügel gelockert wor­ den waren, fielen sie in alle Gebiete der Römer em .JJ) Germanen durchzo­ gen die Alpen, Rätien und ganz Italien und gelangten bis Ravenna; die Alemannen durchstreiften Gallien und gingen auch nach Italien hinüber; Griechenland, Makedonien, das Schwarze Meer und Asien wurden durch eine Überschwemmung durch Goten zerstört; denn Dakien jenseits der D o­ nau war für immer verloren; die Quaden und Sarmaten verwüsteten die pannonischen (Provinzen); die jenseitigen50 Germanen nahmen Spanien weg und bemächtigten sich seiner; die Parther entrissen Mesopotamien und raubten Syrien. (8) Noch heute gibt es in den verschiedenen Provinzen in den Ruinen der großen Städte kleine und arme Stätten, die die Zeichen der Unglücksfälle und Beweise der Namen bewahren, von denen wir hier zum Trost für das neuliche Unglück auch auf unser Tarragona in Spanien verweisen51. 49 Die Christenverfolgung Valerians wurde - so Orosius - durch Gott, der alle Ge­ heimnisse kennt, gerächt, einmal am Kaiser selbst, der in persische Gefangenschaft fiel, dann auch an allen anderen. In diesen Zusammenhang stellt Orosius auch die Germaneneinfälle. 50 D. h. die jenseits des Rheins lebenden. 51 Oros. 7,22,10 erwähnt die Usurpationen in Gallien (Postumus, Marius, Victorinus).

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Historia Augusta, Gallienus (XXIII) 7,1: contra Postumum igitur Gallienus cum Aureolo et Claudio duce, qui pos­ tea imperium optinuit, principe[m] generis Constanti Caesaris nostri, bel­ lum iniit, et cum multis auxiliis Postumus52 iuvaretur Celticis atque Francicis, in bellum cum Victorino53 processit, cum quo imperium participaverat, victrix Gallieni pars fuit pluribus proeliis eventuum variatione decursis.

b) Käm pfe unter dem U surpator Postumus (260) Zonaras, Epitome 12,24: Ποστοϋμος δέ εις φυλακήν του Τήνου ποταμού έαϋείς, ώστε κωλύειν τοΐς πέραν οίκοΰσιν βαρβάροις τήν εις τήν ‘Ρωμαΐδα χώραν διάβασιν, λαϋοϋσί τισι καί διαβάσι τόν ποταμόν καί λείαν έπαγομένοις πολλήν έν τψ έπανιέναι έπέθετο, καί πολλούς μέν άνεΐλε, τήν δέ λείαν άφείλετο ξύμπασαν, καί αύτίκα ταύτην τοΐς στρατιώταις διένειμεν54*.

Historia Augusta, Gallienus (X X III) 4,5bb: nam per annos septem56 Postumus imperavit et Gallias ab omnibus cir­ cumfluentibus barbaris validissime vindicavit.

Historia Augusta, X X X Tyranni (XXIV ) 3,6: si quidem nimius amor erga Postumum omnium erat in Gallicanorum mente populorum, quod summotis omnibus Germanicis gentibus Roma­ num in pristinam securitatem revocasset imperium.

52 Vgl. die Einleitung zu diesem Kapitel, oben S. 114. 53 Marcus Piavonius Victorinus, tribunus praetoriorum unter Postumus, Kaiser (Usurpator) 268-270. 54 Die Nachricht des Zonaras wirft ein Schlaglicht auf die Situation in „Niederger­ manien“ am Rhein unmittelbar vor der Usurpation des Postumus (Sommer 260), der zur Zeit der hier geschilderten Aktionen noch praeses provinciae Germaniae Inferio­ ris war und germanische Raubgruppen zwar nicht am Einfall in linksrheinische Ge-

Kämpfe unter dem Usurpator Postumus (260)

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Historia Augusta, Gallienus (X X III) 7,1: (1) Gallienus begann daher mit Aureolus und dem Feldherrn Claudius, der später die Kaiserherrschaft erlangte, dem ersten des Geschlechts unseres Caesars Constantius, den Krieg gegen Postumus52, und da Postumus von vielen Hilfstruppen aus Kelten und Franken unterstützt wurde, rückte er zusammen mit Victorinus53, mit dem er sich die Herrschaft geteilt hatte, zum Krieg aus. Nach mehreren Schlachten mit wechselhaftem Ausgang war die Partei des Gallienus siegreich.

b) Kämpfe unter dem Usurpator Postumus (260) Zonar as, Epitome 12,24: (24) Postumus, der die Rheinlinie zu bewachen hatte, um die jenseits des Stromes siedelnden Barbaren am Übergang auf römisches Gebiet zu hin­ dern, griff Gruppen von ihnen an, die unbertierkt den Rhein überquert hat­ ten und große Beute mitführten. Sie befanden sich schon auf dem Rückzug, und er tötete viele von ihnen und nahm ihnen die gesamte Beute wieder ab, die er bald an seine Soldaten verteilte54.

Historia Augusta, Gallienus (X X III) 4,355: Denn sieben Jahre56 lang herrschte Postumus als Kaiser, und er schützte Gallien aufs wirksamste von allen ringsherum herandrängenden Barbaren.

Historia Augusta, X X X Tyranni (XXIV ) 3,6: Groß aber war die Liebe zu Postumus im Herzen aller gallischen Völker­ schaften, weil er alle Germanenvölker vertrieben und dem Römischen Reich die frühere Sicherheit wiedergeben hatte.

biete hindern konnte, ihnen die Beute aber wieder abzujagen vermochte. Die germa­ nischen Invasoren um 260 wollten kein neues Siedlungsland okkupieren, sondern plündern und rauben. 55 Zum älteren Postumus (260-268). 56 Tatsächlich 10 Jahre.

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Der Westen des Reiches bis zur Regierung Konstantins

Historia Augusta, XX X Tyranni (XXIV) 5,4-757: (4) et Lollianus quidem nonnihilum rei p. profuit, nam plerasque Galliae civitates, nonnulla etiam castra, quae Posthumus per septem annos in solo barbarico aedificaverat, quaeque interfecto Posthumo subita inruptione Germanorum et direpta fuerant et incensa, in statum veterem reformavit, deinde a suis militibus, quod in labore nimius esset, occisus est. (5) Ita Gallieno perdente rem p. in Gallia primum Post[h]umus, deinde Lollianus, Victorinus5758 deinceps, postremo Tetricus59 (nam de Mario nihil di­ cimus) adsertores Romani nominis extiterunt60. (6) quos omnes datos divini­ tus credo, ne, cum illa pestis6162inauditae luxuriae impediretur malis, possi­ dendi Romanum solum Germanis daretur facultas..(7) qui si eo genere tunc evasissent, quo Gothi et Persae, consentientibus in Romano solo gentibus venerabile hoc Romani nominis finitum esset imperium.

Historia Augusta, X X X Tyranni (XXIV) 6 ,l- 2 b2: (1) Postumus senior cum videret multis se Gallieni viribus peti atque auxi­ lium non solum militum verum etiam alterius principis necessarium, Victorinum, militaris industriae virum, in participatum vocavit imperii et cum eodem contra Gallienum conflixit. (2) cumque adhibitis ingentibus Germa­ norum auxiliis diu bella traxissent, victi sunt.

c) Käm pfe unter Claudius (269/70), Aurelian (2 7 0 -2 7 5 ) und Tacitus (275/76) Epitome de Caesaribus 34,2: [...] receptis legionibus adversum gentem Alamannorum haud procul a lacu Benaco dimicans tantam multitudinem fudit, ut aegre pars dimidia su­ perfuerit63. 57 Zu „Lollianus“ bzw. Ulpius Cornelius Laelianus (269), nach der HA ein weite­ rer Usurpator im „gallischen Sonderreich“ (gegen Postumus), dessen Zentrum um Mogontiacum/Mainz lag. 58 Vgl. oben Anm. 53. 59 C. Pius Esuvius Tetricus, praeses in Aquitanien, Kaiser (Usurpator) 270-273. 60 Zur Herrschaft dieser Usurpatoren vgl. auch Eutr. 9,9. 61 D. h. Gallienus. 62 Zu Victorinus. Vgl. Anm. 53.

Claudius (269/70), Aurelian (270-275) und Tacitus (275/76)

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Historia Augusta, X X X Tyranni (XXIV ) 5,4 -7 57: (4) Doch auch Lollianus nützte dem Staat in manchen Dingen. Denn die meisten Städte Galliens und auch einige Lager, die Postumus im Verlauf von sieben Jahren auf barbarischem Boden errichtet hatte und die nach seinem Tod durch einen plötzlichen Germaneneinfall zerstört und in Brand gesteckt wor­ den waren, richtete er in ihrem alten Zustand wieder her* Danach wurde auch er von seinen Soldaten umgebracht, weil er ihnen zuviel Arbeit abverlangte. (5) Während Gallienus so den Staat zugrunde richtete, erstanden in Gal­ lien zuerst in Postumus, dann in Lollianus, daraufhin in Victorinus58 und zu­ letzt in Tetricus59 - denn über Marius sage ich nichts - Verteidiger des römi­ schen Namens60. (6) Sie alle wurden uns, wie ich glaube, von den Göttern geschenkt, um den Germanen keine Möglichkeit zu geben, römischen Bo­ den in Besitz zu nehmen, als jene Seuche61, sich im Laster ihrer unerhörten Genußsucht verstrickte. (7) Denn wenn sie damals auf gleiche Weise hervor­ gebrochen wären wie die Goten und Perser und wenn sie auf die Zustim­ mung der Völker auf römischen Boden gestoßen wären, so hätte das ein Ende dieses ehrwürdigen Reiches mit römischem Namen bedeutet.

Historia Augusta, X X X Tyranni (XXIV ) 6,1- 2 bl: (1) Als Postumus der Ältere sah, daß er von großen Streitkräften des Gal­ lienus angegriffen wurde und der Hilfe nicht nur der Soldaten, sondern auch eines anderen Kaisers bedurfte, berief er Victorinus, einen Mann voller krie­ gerischer Energie, zu seinem Teilhaber an der Herrschaft und kämpfte mit ihm zusammen gegen Gallienus. (2) Und nachdem sie den Krieg durch Hin­ zuziehung gewaltiger Hilfstruppen der Germanen lange hingezogen hatten, wurden sie (schließlich) besiegt.

c) Kämpfe unter Claudius (269/70), Aurelian (270-275) und Tacitus (275/76) Epitome de Caesaribus 34,2: [...] Nachdem er (Claudius) die Legionen empfangen hatte, kämpfte er gegen das Volk der Alemannen nicht weit vom Gardasee entfernt und streckte eine solche Menge nieder, daß kaum die Hälfte überlebte63. 63 Im Jahre 268. Das nur hier erwähnte Ereignis wird durch eine Mainzer Inschrift bestätigt (C IL XII 1228).

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Der Westen des Reiches bis zur Regierung Konstantins

Historia Augusta, X X X Tyranni (XXIV) 8,1 i 64: ,enitaria denique, ut omnis Alamannia omnisque Germania cum ceteris, quae adiacent, gentibus Romanum populum ferratam putent gentem, ut spe­ cialiter in nobis ferrum timeant/

Aurelius Victor, Liber de Caesaribus 35,2-3: (2) Quis deletis6465 Italiam repetivit, cuius urbes Alamannorum vexationi­ bus affligebantur66. (3) Simul Germanis Gallia dipaotis Tetrici, de quo supra memoravimus, caesae legiones proditore ipso duce6768.

Dexippos, FGrHist 100 F 7,4bi: (4) Βασιλεύς δέ ‘Ρωμαίων την πλείστην δυνάμεως τής πεζικής καί ιππικής έκπέμπει έπ’ Ιταλίας, καί διαλιπόντων ού μάλα συχνών ήμερων την τε άμφ’ αυτόν τάξιν έταιρικήν καί δση δορυφορία τού άρχοντος τών τε συμμάχων δσοι ήσαν Βανδήλων καί τούς όμηρεύειν αύτω δο-θέντας παΐδας έπαγόμενος καί αυτός επ’ Ιταλίας έξήλαυνε σπουδή διά την τών Ίουθούγγων αύϋχς παρουσίαν69.

Zosimos, Historia nova 1,49,1: Πυθόμενος δέ ό βασιλεύς ως Ά λαμαννοί καί τά πρόσοικα τούτοις έύνη γνώμην ποιούνται την ’Ιταλίαν έπιδραμεΐν, έπί τή ‘Ρώμη καί τοΐς περί ταύτην τόποις εικότως πλέον πεφροντικώς, Ικανήν τή Παιονία καταλιπών έπικουρίαν έπί τήν ’Ιταλίαν έτράπη, καί καταστάς ές μάχην έν ταϊς περί τόν Τστρον έσχατιαΐς πολλάς τών βαρβάρων άπώλεσεν μυριάδας70.

64 In einer fingierten Rede des gallischen Usurpators Marius. 65 Er wurde von Soldaten in Sirmium nach dem Tod des Kaisers Claudius II. zum Kaiser erhoben (etwa September 270) und nach dem Tod des Quintilius, des Bruders des Claudius, vom Senat bestätigt. 66 In Wirklichkeit erfolgte der Zug gegen die Alemannen (270 oder 271) schon vor den Perserkriegen (273). 67 Tetricus ergab sich kampflos und erhielt hohe Ämter. 68 Zu Aurelian. Zum Beginn dieses Textes (Dexippos, FGrH ist 100 F 7, 1-3), vgl. Kapitel 1, oben S. 94 ff.

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Historia Augusta, X X X Tyranni (XXIV ) 8,1164: „Ich will mich außerdem bemühen, daß ganz Alemannien und ganz Ger­ manien mit den übrigen, angrenzende!} Völkerschaften glaubt, das römische Volk sei aus Stahl (Eisen), und daß sie an uns ganz besonders das Eisen fürchten.“

Aurelius Victor, Liber de Caesaribus 35,2-3: (2) Nachdem (Aurelian65 die Perser) vernichtet hatte, kehrte er nach Ita­ lien zurück, dessen Städte durch die Plagen der Alemannen heimgesucht wurden66. (3) Zur selben Zeit wurden die Germanen aus Gallien vertrieben, und die Legionen des Tetricus, den wir oben erwähnt haben, fielen durch den Verrat ihres eigenen Führers67.

Dexippos, FGrHist 100 F 7,4bZ: (4) Der römische Kaiser schickte den größten Teil seiner Fußtruppen und seiner Reiterei nach Italien. Einige Tage später brach er mit seiner Garde und seinen Leibwächtern, den vandalischen Hilfstruppen und den ihm als Gei­ seln übergebenen jungen Vandalen auf und zog in Eilmärschen nach Italien, weil die Juthungen erneut eingefallen waren69.

Zosimos, Historia nova 1,49,1: 49. (1) Als der Kaiser erfuhr, daß die Alemannen und deren Nachbarstäm­ me einen Einfall nach Italien planten, war seine Sorge um Rom und die in der Nähe der Stadt liegenden Gebiete noch größer; er ließ ausreichende Hilfstruppen in Pannonien zurück und wandte sich nach Italien und lieferte den Barbaren im Grenzgebiet an der Donau eine Schlacht, in der viele Zehn­ tausende von ihnen den Tod fanden70.

69 Dieser sog. zweite Juthungenkrieg ist etwa in die Zeit von März bis Mai 271 zu datieren (Saunders, Iuthungian Wars 325). 70 Zosimos faßt hier summarisch die beiden Kriege gegen die Juthungen 270 und 271 (vor und nach dem Kampf gegen die Vandalen) zusammen. Vgl. Saunders, Iu­ thungian Wars 326.

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Dexippos, FGrHist 100, F 6 (mit Auslassungen): (1) Αύρηλιανός κατά κράτος νικήσας τούς Ίουθούγγους Σκύλας καί κατά την τοΰ Ίστρου περαίωσιν ές τήν άποφυγήν πολλούς τούτων άνελών71, οί, λειπόμενοι ές σπονδάς ήκον καί πρεσβείαν έστείλαντο. τήν δέ αΐτησιν τής ειρήνης έδόκει μή σύν τψ άγαν περιδεεΐ καί καταπεπληγότι έκ τής ήτης ποιεΐσθαι, ώς αν ύπαρχοι σφίσιν καί των πρόσθεν φοιτώντων χρημάτων παρά ‘Ρωμαίων ή άποδοχή, μή ές τό άδεές πάντη των έναντίων καθιστάμενων7273. (2) ό δέ ‘Ρωμαίων βασιλεύς Αύρηλιανός, ώς έπύθετο άφιγμένην τήν Ίουθούγγων πρεσβείαν, ές τήν ύστεραίαν φήσας χρηματιεΐν περί ών ήκουσι διέταττεν τούς στρατιώτες ώς ές μάχην έκπλήξεως εινεκα τών έναντίων. έπεί δέ καλώς είχεν αύτψ ή διακόσμησις, έπί υψ η­ λού βήματος μετέωρος βέβηκε καί άλουργίδα άμπέχων τήν πάσαν τάξιν έποίει άμφ’ άύτόν μηνοειδή, παρεστήσατο δέ καί τών έν τέλει, δσοι άρχάς τινας έπιτετραμμένοι, σύμπαντας έφ’ ίππων, κατόπιν δέ βασιλέως τά σημεία ήν τής έπιλέκτου στρατιάς - τά δέ είσιν άετοί χρυσοί καί εικόνες βασίλειοι καί στρατοπέδων κατάλογοι γράμμασι χρυσοις δηλούμενοι - ά δή σύμπαντα άνατεταμένα προυφαίνετο έπί ξυστών ήργυρωμένων. (3) έπί δέ τούτοις ώδε διακοσμηθεΐσιν Ίουύούγγους ήξίου (παρελθεΐν). τούς δέ συνέβη θαμβήσασθαι ίδόντας καί έπί πολύ σιγή εχειν. έπεί δέ σφισιν έκ τού βασιλέως άπεδόθη λέγειν, διά τίνος έρμηνέως ελεξαν τοιάδε73(4) ‘ούτε τή έπί καιρού συμβάσή κακοπραγία ήμών παρά τό είκός καταπεπληγότες74 ούτε δυνάμεως ένδεώς έχοντες ή καί πολέμων άπειροι καθεστηκότες άσθενείας εύπρεπεία κατά τό ήμΐν αύτοΐς μόνοις συμφέρον ές τήν ειρήνην σπεύδομεν. άλλά περίεστι μέν ήμΐν τοσοΰτον τής έν τοΐς πολέμοις περιουσίας πλήθους εινεκα καί ισχύος, ώστε μέρει έλαχίστω τάς πρός Ίστρψ πόλεις έπελθόντες Ιταλίαν μικρού πάσαν κατειλήφαμεν75, ίππικφ μέν στρατεύσαντες ές μυριάδας δ, καί τούτων ού μιγάδων ούδέ

71 Dexippos subsumiert die Juthungen unter den Oberbegriff „Skythen“ und ord­ net sie insofern in gewisser Weise den Goten zu. Ihr hier erwähnter Einfall fand etwa von August bis September 270 statt. Es war ihr erster Einfall während der Herrschaft Aurelians. Auf diesen Krieg bezieht sich H A Aur. 18,2, wo von Suebi die Rede ist. Dies ist wohl damit zu erklären, daß Alemannen und Juthungen als suebische Völker­ schaften galten. Vgl. Saunders, Iuthungian Wars 313 (gegen Alföldi, Weltkrise 426 ff.). 72 Offenbar diente den Juthungen eine Einstellung der Zahlung von Subsidien, die ihnen eine Zeitlang gewährt worden waren, als Vorwand zur Rechtfertigung ihrer In­ vasion. 73 Die folgenden Ausführungen der Juthungen und des Kaisers entsprechen dem Typus stilisierter Reden in antiken Geschichtswerken. Sie sind nicht authentisch, in diesem Fall aber aufschlußreich für das Selbstverständnis gewisser Kreise gebildeter Reichsbewohner und für ihre Einschätzung der „Barbaren“ und enthalten neben To-

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Dexippos, FGrHist 100, F 6 (mit Auslassungen): (1) Als Aurelian die skythischen Juthungen entscheidend geschlagen und viele von ihnen auf der Flucht beim ÿbergang über die Donau vernichtet hatte71, schickten die Überlebenden eine Gesandtschaft, um einen Vertrags­ abschluß zu erreichen. Sie hielten es aber für richtig, ihre Bitte um Frieden nicht mit allzu großer Furcht und Niedergeschlagenheit wegen ihrer N ie­ derlage vorzutragen, um auch in Zukunft die ihnen bislang von den Römern gezahlten Gelder zu erhalten; ihre Feinde sollten nicht völlig die Furcht vor ihnen verlieren72. (2) Als aber der römische Kaiser Aurelian die Ankunft der Gesandtschaft erfahren und ihnen für den folgenden Tag eine Audienz für ihr Anliegen angekündigt hatte, ließ er seine Soldaten in Schlachtordnung Aufstellung nehmen, um die Feinde einzuschüchtern. Als bereits vorzügli­ che Ordnung herrschte, nahm er selbst ΐηι Purpurgewand hoch auf einer Bühne Platz und ließ die gesamte Streitmacht im Halbkreis um ihn Aufstel­ lung nehmen. Er ließ auch sämtliche hohe Beamte und Militärbefehlshaber in seiner Nähe Stellung nehmen, alle zu Pferde. Hinter dem Kaiser befanden sich die Feldzeichen der ausgewählten Truppeneinheiten - goldene Adler, Kaiserbilder und Verzeichnisse der Legionen in Goldschrift -, alles weithin sichtbar hochgehalten auf silberbeschlagenen Stangen. (3) Als die Truppen so in hervorragender Ordnung standen, forderte er die Juthungen auf zu kommen. Sie staunten zunächst bei diesem Anblick und verharrten lange Zeit in Schweigen. Als ihnen dann vom Kaiser das \j£ort erteilt wurde, gaben sie mit Hilfe eines Dolmetschers folgende Erklärung ab73: (4) „Wir sind weder entmutigt durch unsere unerwartete Niederlage vor kurzer Zeit74 noch kommen wir infolge ,fehlender Kriegsmacht oder etwa aus Unerfahrenheit in Kriegen eilig zum Abschluß eines Friedens, um durch Verbrämung von Schwäche nur unseren eigenen Vorteil zu wahren. Viel­ mehr steht uns wegen unserer Menge und Kraft ein Übermaß an (militäri­ scher) Macht zur Verfügung, so daß wir mit einem sehr kleinen Heer die Städte an der Donau überrannt und beinahe ganz Italien besetzt haben75; un­ sere Reiterei war hierbei 40 000 Mann stark, und zwar keine (mit Truppen anderer Völker) gemischte und (kämpferisch) schwache Truppe, sondern

poi der Barbarentypologie auch Reflexe kaiserlicher Propaganda, bieten aber zudem einige wichtige historische Nachrichten. 74 Nach Überschreiten der Donau. 75 Dexippos unterstellt hier gewaltige Übertreibungen der Gesandten der Juthun­ gen. Einige Raubgruppen scheinen allerdings 270 nach Oberitalien durchgebrochen zu sein. Hierauf ist wohl H A Aur. 18,3 zu beziehen, wo indes fälschlich davon die Rede ist, daß Aurelian zunächst bei Mediolanum eine Niederlage erlitten habe.

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άσθενών άλλά Ίουθούγγων καθαρώς, ών πολύς έφ’ ιππομαχία λόγος, άσπίδα δέ άγομεν διπλάσιάν δυνάμεως τής Ιππικής76, ουδέ έν τούτοις ταΐς έτέρων έπιμιξίαις έπισκιάζοντες τού αφετέρου στρατού τό άν(αν)ταγώνιστον. [...] (7) συν δή τοιαύτη έλπίδι καί ημείς, διχή τή δύναμιν διελόντες τό πρώτον καί έν τω ποταμφ τά πολλά τύχη μάλλον ή άρετή ύμετέρα σφαλέντες, ούκ άπροσδόκητοί έσμεν άλλά νΰν άμα τψ τού μέλλοντος προμηθεΐ ούχ υποστατοί ύμΐν γενέσθαι. κράτιστον δή τούτων εινεκα δι’ ειρήνης αίρεΐσθαι ύμάς τάς έκ τής όμονοίας ώφελείας, καί τά τού πολέμου πράγματα σύν ήμϊν τίθεσθαι, τή τε παρ’ ήμιν συμμαχία ρωσθέντας πλέον έχειν πρός τούς έπιόντας. εί δε ταϋτα ποιεΐν ώδε κρίνοιτε, ύπάρχειν ήμϊν δίκαιον καί οσα έν χρυσού ά.σήμου τε καί έπισήμου δόσεσιν καί άργύρου παρ’ ύμών έφοίτα έπί φιλίας βεβαιότητι. άπειπαμένων γάρ, οσα έχθρούς άμυνόμενοι καθότι δυνατόν πολεμήσομεν’. (8) πρός ταύτα ό ‘Ρωμαίων βασιλεύς ελεξεν ώδε· ‘[...] (11) τούς τε πλείονας σύν τω άλογίστω διά μάχης ίόντας κάκιον άμύνεσθαι έργου πείρα μάλλον ή λόγου κομπωδεστέρα προσποιήσει διδάσκεσθε βλέψαντες ές τά Σκυθών πάθη· μετά σαφεστάτων γάρ τεκμηρίων καί ούκ άμάρτυρα λέξομεν. ούτοι δή λ μυριάσι στρατού έφ’ έκατέρας τάς ’Ηπείρους σκεδασθέντες πάση τε τή δυνάμει ήττήθησαν πρός ήμών καί λαμπρά τοΐς νενικηκόσιν ύπελείποντο τής οικείας άρετής υπομνήματα77, ών τήν εύκλειαν ές τό παντελές έξομεν νΰν τε καί έπειτα τώ χρόνω συνπαραθέουσαν. τάς τε Γαλμιόνων8 συμφοράς άγειν f h σφάς τού προχείρου τώ άναρριφθέντι τής έπιχειρήσεως ταχυτέραν καί δι’ ολίγου έθεντο τήν μετάγνωσιν78. [...] (14) τό γάρ δή πλήθος ύμών σώμασί τε ήκιστα ισχύει καί φρονήμασιν. άπείληπται γάρ f ‘Ροδανού1’ 79 μέν εί'σω καί τών ήμετέρων ορίων, σπανίω δέ άγορρ συνεχόμενον καί τή άλλη ταλαιπωρήσει τοΐς άλγεινοΐς τοΐς μέν ήδη σύνεστι, τοΐς δέ μέλλει, καί προκαμόν έν τώ άεί μοχθεΐν άτολμότερον έσται καί χρήσθαι αύτφ παρέξει άμαχεί δ τι άν βουλώμεθα, ώς αν πρός τήν χρόνιον διατριβήν άπειρηκότι. δθεν ύμΐν τε τό παν περιφανώς κινδυνεύεται, καί ή τής ειρήνης ύμών αϊτησις έπ’ εύπρεπείρ τού φόβου σύγκειται, δπως άν τό σφέτερον δέος έπηλυγάζησθε. 8 ’Αλαμανών Kj. h Textverderbnis. 1 ‘Ρεγανοϋ Groag. 76 Die Zahlenangaben sind ebenfalls vom Autor im Sinne der Intentionen der Ge­ sandten weit übertrieben worden. 77 Dexippos bezieht sich hier auf den großen Einfall der Goten und anderer Raub­ gruppen 269 in der Zeit des Claudius II.; vgl. oben S. 80 ff.

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lauter Juthungen, deren Ruhm im Reiterkampf groß ist. Unser Fußvolk ist doppelt so stark wie die Reiterei76 und ebenfalls nicht zur Vertuschung eige­ ner Schwäche durch Fremde verstärkt. [...] (7) Mit dieser Hoffnung erfüllt, sind auch wir, die wir zunächst mit geteilter Macht (die Reichsgrenze) überschritten und in dem Fluß die schwersten Verluste eher durch das Schicksal als durch eure Tapferkeit erlit­ ten haben, nicht völlig ahnungslos, sondern wir sind für euch jetzt mit unse­ rer Vorsicht im Blick auf die Zukunft unüberwindbar. Deswegen ist es für euch das Beste, durch Friedensschluß den aus Eintracht erwachsenden N ut­ zen zu wählen und den Krieg mit uns beizulegen sowie durch ein Bündnis mit uns stärker gegen Angreifer zu werden. Wenn ihr dies so zu tun be­ schließt, ist es gerecht, daß wir auch von euch - wie bisher - Geschenke an geprägtem und ungeprägtem Gold und Silber zur Festigung der Freund­ schaft erhalten. Wenn nämlich dies verweigert wird, werden wir nach Kräf­ ten Krieg führen, indem wir uns wie gegen Feinde wehren.“ (8) Der Kaiser gab hierauf folgende Antwort: „[...] (11) Eine Übermacht, die ohne jede Überlegung in den Kampf eilt, zieht den Kürzeren. Dies zeigt die Erfahrung eher als Prahlerei mit Worten, wenn ihr auf das Schicksal der Skythen blickt. Wir werden dies mit überzeugenden Beweisen vortragen: Sie hatten sich mit 300 000 Mann über das ganze Festland verteilt und wurden doch mit ihrer gesamten Streitmacht von uns besiegt und haben den Siegern glanzvolle Denkmäler ihrer Tapferkeit hinterlassen, deren Ruhm wir jetzt und für alle Zeit haben werden77. Und die Niederlage der Galmionen ließ sie recht schnell ihren entschlossenen und kühnen Angriff bereuen78. [...] (14) Eure Menge aber ist keineswegs noch in einer guten körperlichen Verfassung und in ihrem Selbstvertrauen bereits sehr geschwächt. Sie ist nämlich diesseits des Flusses Regen79 und innerhalb unserer Grenzen abge­ schnitten. Bedrängt von Proviantmangel und von anderer N ot, leidet sie schon und wird noch weiterhin Ungemach erdulden, und durch die dauern­ den Strapazen bereits erschöpft, wird sie mutlos sein und uns ohne Kampf ermöglichen, mit ihr zu machen, was wir wollen, da sie bei der langen An­ spannung versagt. Daher geht es für euch offensichtlich ums Ganze, und eure Bitte um Frieden dient zur Verschleierung eurer Furcht, damit ihr eure Angst verbergen könnt. Wozu brauchen wir das Friedensangebot anzuneh-

78 Wahrscheinlich ist der Einfall alemannischer Scharen 268 gemeint. Vgl. Epit. de Caes. 34,2. Dementsprechend wäre in Dexippos F 6,11 Galmionon in Alamanon („der Alemannen“) zu emendieren; vgl. F. Jacoby, FGrHist IIA, 459 im textkritischen Apparat ad locum. 79 Der Flußname ist nicht korrekt überliefert. Nach dem Kontext muß es ein Ge­ wässer in der Nähe des Schlachtortes sein.

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ήν τί δει προσίεσθαι, καλώς ύπαρχον πανταχόθεν άποκλεισθεΐσιν ύμΐν τής οικαδε πορείας καί οίον εισω πυλών άπειλημμένοις χρήσθαι εύ τε καί μή, δπως αν εχωμεν πρός υμάς διανοίας;’ (15) έπί τούτοις λεχθείσιν έκ του βασιλέως κατεπλάγησάν τε οί Ίουύοΰγγοι, καί ώς ούδέν αύτοΐς τών ές ελπίδας έπράττετο, παντελεΐ τών σπονδών άπογνώσει έχόμενοι παρά τούς σφετέρους άπεχώρησαν.

Historia Augusta, Aurelian (XXV I) 7,1- 280: (1) idem apud Mogontiacum tribunus legionis sextae Gallicanae81 Fran­ cos82 inruentes, cum vagarentur per totam Galliam, sic adflixit, ut trecentos ex his captos septingentis interemptis sub corona vendiderit. (2) unde iterum de eo facta est cantilena:,mille Sarmatas, mille Francos semel et semel occidi­ mus mille Persas quaerimus/

Historia Augusta, Aurelian (XXVI) 18,2-4: (2) Idem Aurelianus contra Suebos et Sarmatas isdem temporibus vehe­ mentissime dimicavit ac florentissimam victoriam rettulit83. (3) accepta est sane clades sub Aureliano a Marcomannis per errorem84, nam dum is a fronte non curat occurrere subito erumpentibus, dumque illos a dorso persequi pa­ rat, omnia circa Mediolanum graviter evastata sunt, postea tamen ipsi quo­ que Marcomanni superati sunt. (4) In illo autem timore, quo Marcomanni cuncta vastabant, ingentes R o­ mae seditiones motae sunt paventibus cunctis, ne eadem, quae sub Gallieno fuerant, provenirent.

Historia Augusta, Aurelian (XXVI) 19,4s5: meministis enim, p(atres) c(onscripti), me in hoc ordine saepe dixisse, iam tum cum primum nuntiatum est Marcomannos erupisse, consulenda Sibyl80 Über die Vorgänge im Westen zur Zeit Aurelians sind wir über die zitierten grie­ chischen Autoren hinaus fast ausschließlich durch die wenig kohärenten Nachrichten der Historia Augusta informiert, die hier geschlossen wiedergegeben seien. Der Zeit­ punkt der Kämpfe mit den Franken ist nicht genauer festlegbar. 81 Die Legion ist sonst nicht bezeugt. 82 Diese früheste, aber erst im Rückblick niedergeschriebene Erwähnung des Fran­ kennamens ist ereignisgeschichtlich weder verbürgt, noch läßt sie sich zeitlich genau­ er eingrenzen.

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men, da wir doch in der glücklichen Lage sind, euch überall den Rückzug abzuschneiden und euch je nach unserer Absicht gut oder schlecht zu be­ handeln, als ob ihr gleichsam in einem Engpaß eingeschlossen wäret?“ (15) Bei dieser Rede erschraken die Juthungen, und da sich keine ihrer Erwartun­ gen erfüllte, gaben sie jede Hoffnung auf einen Vertragsschluß auf und kehr­ ten zu ihren Leuten zurück.

Historia Augusta, Aurelian (XXVI) 7,1-2S0: (1) Als Tribun der 6. Legion „Gallicana“ 81 schlug er (Aurelian) bei Mainz die Franken82, als sie einen Einfall machten und ganz Gallien durchstreiften, derart, daß er 700 Gefangene tötete und 300 in die Sklaverei verkaufte. (2) Darüber machte man wiederum folgendes Lied: „1000 Sarmaten und 1000 Franken haben wir einmal und ein weiteres Mal erschlagen und sind nun auf der Suche nach 1000 Persern.“

Historia Augusta, Aurelian (XX V I) 18,2-4: (2) Aurelian kämpfte in jener Zeit aufs heftigste gegen Sueben und Sarma­ ten und errang einen höchst glanzvollen Sieg83. (3) Durch einen Irrtum erlitt man jedoch unter Aurelian eine Niederlage von Seiten der Markomannen84. Während jener nämlich nicht dafür Sorge trug, den plötzlich hereinbrechen­ den (Feinden) frontal entgegenzutreten, und sich anschickte, sie hinterrücks zu verfolgen, wurde die ganze Gegend um Mailand schwer verwüstet. Doch später wurden auch diese Markomannen besiegt. (4) In jener Angst jedoch, als die Markomannen alles verwüsteten, bra­ chen in Rom gewaltige Aufstände aus, weil alle fürchteten, daß alles wieder so würde wie unter Gallienus.

Historia Augusta, Aurelian (XXVI) 19,485: Ihr erinnert euch nämlich, verehrte Senatoren, daß ich an dieser Stelle oft gesagt habe, als zum ersten Mal die Nachricht aufkam, die Markomannen

83 Vermutlich zum Zug gegen die Juthungen im Jahre 270/71. 84 Vermutlich zum Feldzug gegen die Alemannen im Jahre 270. 85 Zum Senatsbeschluß an den Iden des Januar (das Jahr ist nicht überliefert), aus einer Rede des Ulpius Silanus, dem das erste Wort zustand.

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lae decreta, utendum Apollinis beneficiis, inserviendum deorum immortalium praeceptis [...J. •

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Historia Augusta, Aurelian (XXV I) .21,1-4: (1) Cum autem Aurelianus vellet omnibus simul facta exercitus sui consti­ patione concurrere, tanta apud Placentiam clades accepta est, ut Romanum paene solveretur imperium8687. (2) et causa quidem huius periculi perfidia et calliditas barbarici fuit motus. (3) nam cum congredi aperto Marte non pos­ sent, in silvas se densissimas contulerunt atque ita nostros vespera incum­ bente turbarunt. (4) denique nisi divina ope post*inspectionem librorum sa­ crificiorumque curas monstris quibusdam speciebusque divinis inpliciti essent barbari, Romana victoria non fuisset88.

Historia Augusta, Aurelian (XXV I) 35,4: His gestis89 ad Gallias profectus Vindelicos9091obsidione barbarica liberavit.

Historia Augusta, Aurelian (XXV I) 41,8n: ille nobis Gallias dedit, ille Italiam liberavit, ille Vindelicis iugum barbari­ cae servitutis amovit, illo vincente Illyricum restitutum est, redditae Roma­ nis legibus Thraciae.

Historia Augusta, Tacitus (X X V II) 3,492: nam limitem Transrenanum Germani rupisse dicuntur, occupasse urbes validas, nobiles, divites et potentes.

86 Einige aber hätten das mit Hinweis auf die Tapferkeit Aurelians für überflüssig gehalten. 87 Wohl zu Beginn des Jahres 271. Die Epit. Caes. 35,2 berichten hingegen von ei­ nem Sieg. 88 Aurelian zog anschließend nach Rom. 89 Anfang 275. 90 Bewohner im Nordosten der Provinz Rätien mit dem Hauptort Augusta Vinde­ licorum (Augsburg). 91 Rede des Kaisers Tacitus im Senat nach der Ermordung Aurelians im Jahre 275.

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seien eingefallen, man solle die Bescheide der Sibylle einholen, sich der Wohltaten Apollos bedienen und den Geboten der unsterblichen Götter zu Diensten sein86 [...]·

Historia Augusta, Aurelian (XXVI) 21,1-4: (1) Während Aurelian aber allen (Gefahren) gleichzeitig begegnen wollte und seine Truppen auf einen Punkt konzentrierte, erlitt man bei Placentia eine solche Niederlage, daß sich das Römische Reich beinahe auflöste87. (2) Die Ursache für diese Gefahr lag in der Wortbrüchigkeit und Verschlagen­ heit der barbarischen (Truppen-)Bewegungen. (3) Da sie nämlich in offener Feldschlacht nicht zu kämpfen vermochten, verzogen sie sich in die dichte­ sten Wälder und brachten so nach Einbruch der Dunkelheit unsere Leute in Verwirrung. (4) Und wenn nicht zuletzt dank göttlicher Hilfe nach Einsicht der Bücher und nach Opfergeschäften die Barbaren durch gewisse Wahrzei­ chen und göttliche Erscheinungen verwirrt worden wären, hätte es keinen römischen Sieg gegeben88.

Historia Augusta, Aurelian (XXV I) 35,4: Danach89 brach er nach Gallien auf und befreite die Vindeliker90 von der Belagerung durch die Barbaren.

Historia Augusta, Aurelian (XXV I) 41,£91: Er gab uns Gallien (zurück), er befreite Italien, er nahm den Vindelikern das Joch der barbarischen Knechtschaft. Durch seine Siege ist Illyrien wie­ derhergestellt und Thrakien wieder den römischen Gesetzen unterstellt worden.

Historia Augusta, Tacitus (X X V II) 3,492: Denn die Germanen sollen den Grenzwall jenseits des Rheins durchbro­ chen und starke, berühmte, reiche und mächtige Städte besetzt haben. 92 Rede des Konsuls Velius Cornificius Gordianus, um die Erhebung des Tacitus zum Kaiser im Jahre 275 zu begründen. Das Heer, so argumentierte er, dürfe in dieser Notlage nicht länger ohne Princeps sein. Der Einfall wird durch Eutr. 9,17,1 bestätigt.

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d) Erfolge des Probus (276-282) Zosimos, Historia nova 1,67,1-69,1: 67. (1) [...] κατά βαρβάρων μεγίστας άνεδήσατο νίκας, δύο πολέμους άγωνισάμενος καί τφ μέν αυτός παραγεγονώς, τφ δέ έτέρω στρατηγόν προστησάμενος· έπεί δέ ταϊς έν Γερμανία πόλεσιν ένοχλουμέναις έκ των περί τόν Τήνον βαρβάρων93 ήναγκάζετο βοηθεΐν, αυτός μέν ώς έπί τόν Τήνον ήλαυνεν94, ένισταμένου δέ τοΰ πολέμου καί λιμού πάσι τοΐς αυτόθι τόποις ένσκήψαντος άπλετος όμβρος καταρραγείς συγκατήγαγε ταϊς ψακάσι καί σίτον, ώστε καί σωρούς αυτομάτως έν τόποις τισί συντεθήναι95. (2) Πάντων δέ τφ παραδόξω καταπλαγέντων, την μέν άρχήν άψασθαι καί τούτψ θεραπεϋσαι τόν λιμόν ούκ έθάρρουν, έπεί δέ παντός δέους ή άνάγκη καρτερωτέρα, πέψαντες άρτους καί μεταλαβόντες άμα καί τόν λιμόν άπεσείσαντο καί τού πολέμου ράστα τή τού βασιλέως περιγεγόνασι τύχη. (3) Κατώρθωσεν δέ καί άλλους πολέμους ού σύν πόνω πολλφ, μάχας δέ καρτεράς ήγωνίσατο πρότερον μέν πρός Λογγίωνας, έθ­ νος Γερμανικόν96, ούς καταγωνισάμενος καί Σέμνωνα ζωγρήσας άμα τφ παιδί, τόν τούτων ήγούμενον, ίκέτας έδέξατο, καί τούς αιχμαλώτους καί την λείαν πάσαν, ήν ειχον, άναλαβών έπί ρητάϊς όμολογίαις ήφίει, καί αυτόν Σέμνωνα μετά τοΰ παιδός άπέδωκε. 68. (1) Καί δευτέρα γέγονεν αύτφ μάχη πρός Φράγκους, ούς διά τών στρατηγών κατά κράτος νενικηκώς αύτός Βουργούνδοις καί Βανδίλοις έμάχετο97· πλήθεσι δέ την οίκείαν δύναμιν έλαττουμένην όρων, μερίδα τινά παρασπάσασθαι τών πολεμίων διενοεΐτο καί ταύτη διαμάχεσθαι. (2) Καί πως συνέδραμεν τή γνώμη τοΰ βασιλέως ή τύχη· τών γάρ στρα­ τοπέδων οντων παρ’ έκάτερα ποταμού98 Λίγυος', εις μάχην τούς πέραν ’ Mit Paschoud, αιγυος (ohne Akzent und Spiritus) Vaticanus Graecus 156. 93 Ein vager Hinweis auf die Situation in den Provinzen Germania Inferior und Su­ perior unter Probus. Germanische Raubgruppen hatten 275/76 Trier sowie die R ö­ merlager Gelduba (Krefeld-Gellep) und Vetera II (bei Xanten) geplündert, und in der Folgezeit scheint vor allem die Rheingrenze zwischen Arnheim und der Nordsee ge­ fährdet gewesen zu sein. Vgl. Runde, Franken und Alemannen 659 f. 94 Zu den Germanenkriegen des Probus 277 und 278 (Kienast, Kaisertabelle 253) vgl. Eutr. 9,17,1; Euseb. Chron. 223,19f.; H A Prob. 11,9; 12,3; 13,5-15,7. Mit dem Hinweis auf die „beiden Kriege“ bezieht sich Zosimos vermutlich auf Kämpfe an der Rheingrenze (277) und an der Donaugrenze (278). Vgl. Nuber, Entstehung (wie Anm. 14) 376. 95 Eine phantastische Geschichte, die wohl Reminiszenzen an das sog. Regenwun­ der im Markomannenkrieg des Mark Aurel enthält. Vgl. dazu Goetz/Welwei, Altes Germanien II, 300 ff.

Erfolge des Probus (276-282)

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d) Erfolge des Probus (276-282) Zosimos, Historia nova 1,67,1-69,1: 67. (1) [...] Er (Kaiser Probus) errang auch über die Barbaren gewaltige Siege im Verlauf von zwei Kriegen; an dem einen nahm er persönlich teil, während er den anderen durch einen seiner Feldherrn führen ließ; da er aber gezwungen war, den Städten in Germanien, die durch die Barbaren in der Rheingegend bedrängt wurden93, Hilfe zu leisten, zog er selbst an den Rhein94; als aber nach Beginn des Krieges eine Hungersnot das gesamte Ge­ biet heimsuchte, fiel (plötzlich) ein gewaltiger Regen nieder, der mit den Was­ sertropfen auch Getreide herabprasseln ließ, so daß sich an gewissen Stellen von selbst Anhäufungen bildeten95. (2) Da aber alle durch dieses ungewöhnli­ che Phänomen bestürzt waren, wagten sie zunächst nicht, (das Korn) anzu­ rühren und hiermit ihren Hunger zu stillen; da aber die N ot stärker war als die Furcht, backten sie Brot davon, aßen es, stillten so ihren Hunger und ge­ wannen in diesem Krieg leicht durch das Glück des Kaisers den Sieg. (3) Auch andere Kriege führte er ohne große Mühe glücklich zu Ende, kämpfte in schweren Schlachten zuerst gegen die Longionen, ein germanisches Volk96; nachdem er sie besiegt und ihren Anführer Semnon und dessen Sohn gefan­ gengenommen hatte, empfing er ihre Bittgesandtschaften, erhielt die Kriegs­ gefangenen und die gesamte Beute, die sie in ihrem Besitz hatten, zurück und entließ dann (die Gesandten) aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen; auch Semnon selbst und dessen Sohn übergab er ihnen wieder. 68. (1) Ein zweiter Krieg fand unter ihm gegen die Franken statt, denen er durch seine Feldherren eine schwere Niederlage zufügte, während er selbst gegen die Burgunder und Vandalen kämpfte97; da er aber bemerkte, daß sei­ ne eigene Streitmacht zahlenmäßig unterlegen war, beabsichtigte er, einen Teil der Feinde wegzulocken und diesen dann zu bekämpfen. (2) Und ir­ gendwie kam diesem Plan des Kaisers das Glück zu Hilfe; als nämlich die Heere auf beiden Seiten des Lech standen98, forderten die Römer die Barba96 Wenn die Longiones - wie vielfach angenommen wird - mit den Lugn zu identi­ fizieren sind (vgl. K. Dietz, Der Neue Pauly 7,1999,489 f.), bekämpfte Probus zwei­ fellos nicht den gesamten Großverband, der eine Art Kultgemeinschaft darstellte, sondern kleinere, auf Beute ausgehende Gefolgschaftsgruppen. 97 Die Nachricht bleibt vage. Wenn der Kontext zutreffend ist, hat Probus 278 den Schutz der Grenzen am Niederrhein Truppenführern übertragen, während er selbst in Rätien kämpfte. Tausend, Lugier 232, vermutet, daß es sich „um denselben Geg­ ner“ wie Zos. 1,67,3 handelt, der a) unter dem Namen des Stammesbundes der Lugier, b) unter den Bezeichnungen der Einzelstämme erscheint. 98 Der griechische Flußname ist nicht korrekt überliefert. Gemeint ist aber wohl der Lech. Ob Zos. 1,68,2 eine Dublette zu Zos. 1,67,3 ist, muß dahingestellt bleiben.

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βαρβάρους ol ‘Ρωμαίοι προεκαλοϋντο· οΐ δέ έπί τούτω παροξυνθέντες, δσοι περ οιοί τε ήσαν, έπεραιοϋντο* και συμπεσόντων σφίσι των στρα­ τοπέδων οΐ μέν άπεσφάττοντο των βαρβάρων, οι δέ καί ζώντες υπό τούς ‘Ρωμαίους γεγόνασιν. (3) Των δέ λειπομένων σπονδάς αίτησάντων έφ’ ωτε καί την λείαν καί τούς αιχμαλώτους, οΰς ετυχον έχοντες, άποδοΰναι, τυχόντες τής αίτήσεως ου πάντα άπέδοσαν· πρός ο βασιλεύς άγανακτήσας άναχωροΰσιν αύτοΐς έπιθέμενος αξίαν έπέθηκεν δίκην, αυτούς τε άποσφάξας καί τόν ήγούμενον Ίγίλλο ν" ζωγρίαν*1 ελών· δσους δέ ζώντας οιός τε γέγονεν έλεΐν, εις Βρεττανίαν παρέπεμψεν οι τήν νήσον οίκήσαντες έπαναστάντος μετά ταϋτά τίνος γεγόνασι βασιλεΐ χρήσιμοι. 69. (1) Τούτων ούτω περί τόν ‘Ρήνον αύτφ διαπολεμηθέντων100 [...].

Eutrop, Ab urbe condita 9,17,1: [...] Gallias a barbaris occupatas ingenti proeliorum felicitate restituit101.

Zostmos, Historia nova 1,71,2: Καί Φράγκων τψ βασιλεΐ προσελθόντων καί τυχόντων οίκήσεως μόϊρά τις άποστασα, πλοίων εύπορήσασα, τήν Ε λλά δα συνετάραξεν άπασαν, καί Σικελία προσσχοΰσα καί τή Συρακοσίων προσμίξασα πολύν κατά ταύτην είργάσατο φόνον· ήδη δέ καί Λιβύη προσορμισθεΐσα, καί άποκρουσθεΐσα δυνάμεως έκ Καρχηδόνος έπενεχθείσης, οΐα τε γέγονεν άπαθής έπανελθεΐν οϊκαδε102.

k ζώγρι άνελών, ζωγρίρ έλών Hss. 99 Ein Vandale oder Burgunder? 100 Eine euphemistische Situationsbeschreibung. Die agri decumates waren von der romanisierten Bevölkerung bereits weitgehend verlassen. Probus hat zwar den sog. nassen Limes (Donau, Iller, Rhein) stabilisiert. In das Vorfeld dieser Anlagen rückten aber Germanen nach. Vgl. etwa Geuenich, Geschichte der Alemannen 23. 101 277/78. Danach nahezu wörtlich auch Hier. 2294: Probus Gallias a barbaris oc­ cupatas ingenti uirtute restituit (Probus stellte das von den Barbaren besetzte Gallien mit gewaltiger Tatkraft wieder her).

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ren auf der gegenüberliegenden Seite zum Kampf heraus; diese wurden hier­ durch angestachelt, den Fluß zu überschreiten, soweit sie hierzu imstande waren; als nun die Legionen sie attackierten, wurde ein Teil der Barbaren niedergemacht, die anderen gerieten in römische Gefangenschaft. (3) Die übrigen (Feinde) baten daraufhin um ein Übereinkommen, und zwar mit der Verpflichtung, daß sie die in ihrem Besitz befindliche Beute und die (römi­ schen) Gefangenen zu übergeben hätten; als ihnen diese, Bitte gewährt wur­ de, gaben sie aber nicht alles zurück. Flierüber erzürnt, griff der Kaiser sie während ihres Rückzuges an und bestrafte sie, wie sie es verdienten; er ließ sie niederhauen und nahm ihren Führer Igillus" gefangen; alle (Barbaren), die er gefangennehmen konnte, ließ er nach Britannien deportieren; diese waren nach ihrer Ansiedlung auf der Insel für den Kaiser von großem N ut­ zen, als sich dort später jemand gegen ihn erhob. 69. (1) So wurden diese Kriege am Rhein von ihm (Probus) glücklich zu Ende geführt100 [...].

Eutrop, Ab urbe condita 9,17,1: [...] Das von den Barbaren besetzte Gallien stellte er in gewaltigem Schlachtenglück wieder her101.

Zosimos, Historia nova 1,71,2: Von den Franken, die sich an den Kaiser gewandt und von ihm Wohnsitze erhalten hatten, wurde ein Teil wieder abtrünnig. Nachdem sie sich zahlrei­ che Schiffe beschafft hatten, versetzten sie ganz Griechenland in Schrecken, und sie segelten dann nach Sizilien, überfielen Syrakus und richteten dort ein schweres Blutbad an; als sie bereits auch in Libyen gelandet waren, wurden sie von einer aus Karthago herangeführten Streitmacht vertrieben, konnten aber ohne Verluste in ihr Heimatgebiet zurückkehren102.

102 Es handelte sich wohl kaum um „seetüchtige Bewohner“ der Nordseeküsten (Zöllner, Geschichte der Franken 11), sondern eher um fränkische Kriegsgefangene, die am Schwarzen Meer angesiedelt worden waren, wie die Beschreibung der Route bei Zosimos vermuten läßt. Offenbar konnten sie 280 unter Ausnutzung der Erhe­ bung des Proculus gegen Probus diesen verwegenen Zug durchführen. Vgl. Runde, Franken und Alemannen 660.

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Panegyricus Latinus VIII (IV) 18,3m: Recursabat quippe in animos illa sub diuo Probo paucorum ex Francis captiuorum incredibilis audacia et indigna felicitas, qui a Ponto usque cor­ reptis nauibus Graeciam Asiamque populati nec impune plerisque Libyae litoribus appulsi ipsas postremo naualibus quondam uictoriis nobiles ceperant Syracusas et immenso itinere peruecti Oceanum qua terras inrumpit intrauerant, atque ita euentu temeritatis ostenderant nihil esse clausum piraticae de­ sperationi, quo nauigiis pateret accessus.

Historia Augusta, Probus (X X V III) l3,5-14,7m: 13. (5) His gestis105 cum ingenti exercitu Gallias petit106, quae omnes occi­ so Postumo turbatae fuerant, interfecto Aureliano a Germanis possessae. (6) tanta autem illic proelia et tam feliciter gessit, ut a barbaris sexaginta per Gal­ lias nobilissimas reciperet civitates, praedam deinde omnem, qua illi praeter* divitias etiam* efferebantur ad gloriam. (7) et cum iam in nostra ripa, immo per omnes Gallias securi vagarentur, caesis prope quadringentis milibus, qui Romanum occupaverant solum, reliquos ultra Nigrum fluvium et Albam re­ movit107. (8) tantum his praedae barbaricae tulit, quantum ipsi Romanis ab­ stulerant. contra urbes Romanas castra in solo barbarico posuit atque illic milites collocavit. 14. (1) agros et horrea et domos et annonam Transrhenanis omnibus fecit, his videlicet quos in excubiis conlocavit. (2) nec cessatum est umquam pug­ nari, cum cotidie ad eum barbarorum capita deferrentur, iam ad singulos au­ reos singula, quamdiu reguli novem ex diversis gentibus venirent atque ad pedes Probi iacerent. (3) quibus ille primum obsides imperavit, qui statim dati sunt, deinde frumentum, postremo etiam vaccas atque oves. (4) dicitur iussisse his acrius, ut gladiis non uterentur, Romanam expectaturi defensio­ nem, si essent ab aliquibus vindicandi. (5) sed visum est id non posse fieri,

11 divinas tamen Hss. 103 Am 1. März 297 vor Constantius I. in Trier gehaltene Rede, nachdem der Kaiser von der Rückeroberung Britanniens zurückgekehrt war. Mit der Rückblende in die Zeit des Probus wollte der Panegyriker verdeutlichen, welche Gefahren von seetüch­ tigen Barbaren ausgehen können. 104 Vgl. auch HA XVIII, 12,3 (oben Kapitel 1, S. 104), zu Siegen über Alemannen und Franken. 105 Strafaktion gegen die Mörder des Aurelian und Tacitus. 106 Im Frühjahr 277.

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Panegyricus Latinus V III (IV) 18,3 m : Hier kehrte freilich jene unglaubliche Kühnheit und jenes unwürdige Glück einiger weniger von den unter dem göttlichen Probus gefangenen Franken in die Erinnerung zurück, die auf zusammengerafften Schiffen vom Schwarzen Meer bis nach Griechenland und Asien geplündert und nicht ohne Gefahr viele Strände Libyens angegriffen und schließlich sogar Syrakus - einst edel durch seine Siege zur See - eingenommen hatten; und nachdem sie auf unermeßlichem Weg den Ozean durchfahren hatten, waren sie dort eingedrungen, wo er ins Festland hineinbricht, und hatten so durch den Ausgang ihres wagemutigen Unterfangens gezeigt, daß nichts, zu dem für Schiffe ein Zugang offensteht, sicher ist vor piratischer Tollkühnheit.

Historia Augusta, Probus (X X V III) 13,5-14,7m: 13. (5) Nach diesen Taten105 zog er mit einem gewaltigen Heer nach Gal­ lien106, das sich nach der Ermordung des Postumus gänzlich im Aufruhr be­ fand und nach dem Tod Aurelians von den Germanen besetzt worden war. (6) Dort aber lieferte er (ihnen) so große und erfolgreiche Schlachten, daß er von den Barbaren 60 hochberühmte „Städte“ in Gallien zurückgewann und dazu die gesamte Beute, durch die jene sich neben dem Reichtum auch noch mit Ruhm brüsteten. (7) Und als sie bereits auf unse,pem Ufer waren und so­ gar ungehindert durch ganz Gallien streiften, hieb er fast 400 000, die römi­ schen Boden besetzt hatten, nieder und vertrieb die übrigen über Neckar und Alb107. (8) Er nahm ihnen nur soviel an barbarischer Beute ab, wie sie selbst den Römern weggenommen hatten. Gegenüber den römischen Städ­ ten errichtete er Lager auf barbarischem Boden und postierte dort Soldaten. 14. (1) Er schuf Acker, Scheunen, Häuser und Getreidevorräte für alle Leute jenseits des Rheins, das heißt für diejenigen, die er als Wachtposten ansiedelte. (2) Und die Kämpfe hörten niemals auf, zumal man ihm täglich die Häupter der Barbaren brachte - jeweils bereits für eine Goldmünze -, bis neun Kleinkönige von verschiedenen Stämmen kamen und sich Probus zu Füßen warfen. (3) Zuerst befahl er ihnen, Geiseln (zu stellen), die man auch sofort gab, danach Getreide und schließlich auch Kühe und Schafe. (4) Er soll ihnen recht scharf verboten haben, ihre Schwerter zu gebrauchen; sie sollten auf römischen Schutz warten, wenn sie sich vor jemandes Rache schützen mußten. (5) Doch ließ sich das anscheinend nicht durchführen, ohne die römische Grenze vorzuverlegen und ganz Germanien zu einer Pro-

107 Nach anderen die Elbe.

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nisi si limes Romanus extenderetur et fieret Germania tota provincia. (6) ma­ xime tamen ipsis regibus consentientibus in eos vindicatum est, qui praedam fideliter non reddiderunt. (7) accepit praeterea sedecim milia tyronum, quos omnes per diversas provincias sparsit, ita ut numeris vel limitaneis militibus quinquagenos et sexagenos intersereret dicens sentiendum esse non viden­ dum, cum auxiliaribus barbaris Romanus iuvatur.

Historia Augusta, Probus (X X V III) 15,2-7m: (2) , subacta est omnis qua tenditur late Germania, novem reges gentium diversarum ad meos pedes, immo ad vestros, supplices stratique iacuerunt. omnes iam barbari vobis arant, vobis iam serviunt108109 et contra interiores gen­ tes militant. (3) supplicationes igitur vestro more decernite, nam et quadrin­ genta milia hostium caesa sunt, et sedecim milia armatorum nobis oblata, et septuaginta urbes nobilissimae110 captivitate hostium vindicatae et omnes pe­ nitus Galliae liberatae. [...] (5) praeda omnis recepta est, capta etiam alia, et quidem maior, quam fuerant ante direpta. (6) arantur Gallicana rura barbaris bubus et iuga Ger­ manica captiva praebent nostris colla cultoribus, pascuntur ad nostrorum alimoniam gentium pecora diversarum, equinum pecus nostro iam fecunda­ tur equitatui, frumento barbarico plena sunt horrea, quid plura? illis sola re­ linquimus sola, nos eorum omnia possidemus. (7) volueramus, p(atres) c(onscripti), Germaniae novum praesidem facere, sed hoc ad pleniora vota distulimus, quod quidem credimus conferre, cum divina providentia nostros uberius secundarit exercitus/

Historia Augusta, Probus (X X V III) 18,7: unum sane sciendum est, quod Germani omnes cum ad auxilium essent rogati a Proculo, Probo servire maluerunt quam cum Bonoso et Proculo im­ perare111.

108 Brief des Probus an den Senat nach Klärung der Lage in Gallien, wohl im Jahre 279. 109 Konjektur: säen. 110 HA Prob. 13,6 (oben S. 142) nennt dagegen 60 Städte.

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vinz zu machen. (6) Vor allem aber bestrafte man mit Zustimmung dieser Könige diejenigen, die die Beute nicht getreulich Zurückgaben. (7) Er emp­ fing außerdem 16 000 Rekruten, die er sämtlich derart auf die verschiedenen Provinzen verteilte, daß er je 50 oder 6,0 in die Truppenabteilung oder unter die Grenzsoldaten einreihte, indem er sagte, man dürfe es nicht sehen, son­ dern müsse es merken, wenn barbarische Hilfstruppen dem Römer halfen.

Historia Augusta, Probus (X X V III) 15,2- 7 m: (2) „Unterworfen ist das gesamte Germanien, so weit es sich auch er­ streckt; neun Könige verschiedener Völker liegen demütig bittend hinge­ streckt zu meinen oder vielmehr zu euren Füßen. Schon pflügen alle Barba­ ren für euch, schon dienen109 sie euch und kämpfen gegen die Stämme im Inneren. (3) Ordnet nach eurer Gewohnheit Dankfeste an. Denn 400 000 Feinde sind gefallen und 16 000 Krieger haben sich uns erboten, 70 hochbe­ rühmte Städte110 sind aus der Knechtschaft der Feinde erlöst, und ganz Gal­ lien ist befreit worden. [...] (5) Die gesamte Beute wurde wiedergewonnen, weitere und noch größere, als man uns zuvor geraubt hatte, ist hinzugekommen. (6) Die galli­ schen Ländereien werden mit den Rindern der Barbaren gepflügt, und die erbeuteten, germanischen Gespanne bieten unseren Bauern ihren Nacken dar; das Vieh dieser verschiedenen Stämme w eidet^ur Ernährung unserer Leute, die Hengste befruchten bereits unsere Reiterei, und unsere Speicher sind voll von barbarischem Getreide. Was noch? Wir lassen ihnen einzig den Boden, alle ihre (Habe) aber besitzen wir.. (7) Wir hatten, ehrwürdige Väter, Germanien einen neuen Statthalter geben wollen, haben das aber bis zur vol­ leren (Erfüllung) unserer Gelübde aufgeschoben. Das, so glauben wir, wer­ den wir erreichen, wenn die göttliche Vorsehung unsere Heere noch reichli­ cher begünstigt.“

Historia Augusta, Probus (X X V III) 18,7: Eines aber sollte man noch wissen, daß nämlich alle Germanen, als sie von Proculus zu Hilfe gerufen wurden, lieber Probus dienen als mit Bonosus und Proculus (herrschen) wollten111.

111 Proculus und Bonosus hatten sich im Jahre 280 die Herrschaft um Köln ange­ eignet, wurden aber von Probus geschlagen. Vgl. HA Firm. 13,3-4.

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Historia Augusta, Probus (XXVIII) 19,2: triumphavit de Germanis et Blemmyis11213, omnium gentium drungos us­ que ad quinquagenos homines ante triumphum duxit.

Historia Augusta, Firmus, Saturninus, Proculus, Bonosus (X X IX ) 1 3 ,3 -4 m: (3) non nihilum tamen Gallis profuit, nam Alamannos, qui tunc adhuc Germani dicebantur, non sine gloriae splendore contrivit, numquam aliter quam latrocinandi114 pugnans modo, (4) hunc tamen Probus fugatum usque ad ultimas terras et cupientem in Francorum auxilium venire, a quibus origi­ nem se trahere ipse dicebat, ipsis prodentibus Francis, quibus familiare est ridendo fidem frangere, vicit et interemit115.

e) Kämpfe unter den Kaisern Diocletian (284-305), Maximian (285/86-310), Constantius I. (305/06) und Konstantin (306-337) Eutrop, Ab urbe condita 9,21: Per haec tempora116 etiam Carausius117, qui vilissime natus strenuae mili­ tiae ordine famam egregiam fuerat consecutus, cum apud Bononiam per tractum Belgicae et Armorici118 pacandum mare accepisset, quod Franci et Saxones infestabant, multis barbaris saepe captis nec praeda integra aut pro­ vincialibus reddita aut imperatoribus missa, cum suspicio esse coepisset con­ sulto ab eo admitti barbaros, ut transeuntes cum praeda exciperet atque hac se occasione ditaret119.

112 Im Jahre 281. Zu den Blemmyern vgl. oben Kapitel 1, Anm. 370. 113 Zur Erhebung des Proculus. 114 Das heißt wohl: als Guerillakrieg. 115 Zu Bonosus vgl. ferner HA Firm. 15,1-2, oben Kapitel 1, S. 106. 116 285/86, nach der Unterwerfung der Bagauden.

Kämpfe unter Diocletian, Maximian, Constantius I. und Konstantin

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Historia Augusta, Probus (XXVIII) 19,2: Er triumphierte über die Germanen und Blemmyer112 und ließ von den Kriegern aller Stämme jeweils 50 Menschen vor seinem Triumphzug herzie­ hen.

Historia Augusta, Firmus, Saturninus, Proculus, Bonosus (X X IX ) 13,3- 4 ni: (3) Dennoch war er (Proculus) den Galliern nicht gänzlich unnütz. Denn er rieb die Alemannen, die man damals noch Germanen nannte, nicht ohne glanzvollen Ruhm auf, wobei er niemals anders als auf Räuberart114 kämpfte. (4) Doch als er bis zu den äußersten Ländern in die Flucht getrieben wurde und sich wünschte, daß die Franken, von.denen er nach eigenen Angaben seine Abstammung herleitete, ihm zu Hilfe kommen würden, besiegte und tötete ihn Probus, weil die Franken selbst ihn verrieten, bei denen es üblich ist, lachend die Treue zu brechen115.

e) Kämpfe unter den Kaisern Diocletian (284-305), Maximian (285/86-310), Constantius I. (305/06) und Konstantin (306-337) Eutrop, Ab urbe condita 9,21: In dieser Zeit116 hatte auch Carausius117, von niedrigster Herkunft, dank seiner tüchtigen militärischen Laufbahn einen ausgezeichneten Ruf erlangt, als er es übernommen hatte, bei Boulogne die belgische und armorische118 Küstengegend zu befrieden, die Franken und Sachsen heimsuchten; nach­ dem er oft zahlreiche Barbaren gefangengenommen, die Beute aber weder unversehrt den Provinzbewohnern zurückgegeben noch den Kaisern zuge­ schickt hatte, geriet er in den Verdacht, die Barbaren absichtlich hereinzulas­ sen, um sie dann abzufangen, wenn sie mit ihrer Beute zurückkehrten, und sich bei dieser Gelegenheit zu bereichern119.

117 M. Aurelius Mausaeus Valerius Carausius war seit 285 Befehlshaber der britan­ nischen Flotte. 118 Zwischen Seine- und Loiremündung. 119 Als er umgebracht werden sollte, machte er sich im Jahre 286 zum Kaiser und besetzte Britannien, das er bis 293 beherrschte.

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Aurelius Victor, Liber de Caesaribus 39,20- 21.43i20: (20) Quo bello Carausius, Menapiae120121 civis, factis promptioribus enituit; eoque eum, simul quia gubernandi (quo officio adolescendam mercede122 exercuerat) gnarus habebatur, parandae classi ac propulsandis Germanis ma­ ria infestantibus praefecere. (21) Hoc elatior, cum barbarum multos oppri­ meret neque praedae omnia in aerarium referret, Herculii123 metu, a quo se caedi iussum compererat, Britanniam hausto imperio capessivit. [...] (43) Et interea caesi Marcomanni Carporumque natio translata omnis in nostrum solum, cuius fere pars iam tum ab Aureliano erat.

Orosius, Historiae adversum paganos 7,23,3124125: deinde Carausius quidam, genere quidem infimus sed consilio et manu promptus, cum ad obseruanda Oceani litora, quae tunc Franci et Saxones in­ festabant, positus plus in perniciem quam in prouectum reipublicae ageret, ereptam praedonibus praedam nulla ex parte restituendo dominis sed sibi soli uindicando accendit suspicionem, quia ipsos quoque hostes ad incursan­ dos fines artifici neglegentia permitteret.

Panegyricus Latinus X (II) 5 ~10m: 5. (1) Quid uero? Statim, uixdum misero illo furore sopito126, cum omnes barbarae nationes excidium uniuersae Galliae minarentur, neque solum Burgundiones et Alamanni127 sed etiam Chaibones Erulique128, uiribus primi barbarorum, locis ultimi, praecipiti impetu in has prouincias inruissent129,

120 Zu Diocletian und Maximian. 121 Ein Volk in der Belgica an der Nordseeküste. 122 Oder: gegen Lohn. 123 Maximian (Maximianus Herculius). 124 Zu Diocletian. Nach Eutr. 9,21. 125 Zu den Kämpfen Maximians und Diocletians in den Jahren 286-288. Die Rede für Maximian wurde am 21. April 289 durch den Rhetor Mamertinus in Trier anläß­ lich des Jahrestags der Gründung Roms gehalten. 126 In den Jahren 285/86 hatte Maximian den Aufstand der sogenannten Bagauden (rebellierende Landbewohner vor allem der Unterschichten besonders in Gallien und Spanien) niedergeschlagen. 127 Erster sicherer und zeitgenössischer Beleg für den Alemannennamen, vgl. oben S. 112.

Kämpfe unter Diocletian, Maximian, Constantius I. und Konstantin

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Aurelius Victor, Liber de Caesoribus 39,20-21.43120: (20) In diesem Krieg glänzte Carausius, ein Bürger Menapiens (= ein Menapier)121, durch sein tapferes Verhalten; deshalb übergaben ihm (die Kaiser), auch weil man ihn für fähig hielt, (ein Schiff) zu lenken - in solchem Amt hatte er seine Jugend mit Verdienst122 verbracht - das Kommando, um eine Flotte auszurüsten und die Germanen zurückzuschlagçn, welche die Meere unsicher machten. (21) Dadurch noch überheblicher geworden, griff er, als er viele Barbaren überwältigte, doch nicht die ganze Beute an den Staats­ schatz ablieferte, aus Angst vor Herculius123, der, wie er erfahren hatte, den Befehl erhalten hatte, ihn umzubringen, nach dem Kaisertitel und ging nach Britannien. [...] (43) Inzwischen wurden die Markomannen gänzlich ge­ schlagen und das ganze Volk der Karpen auf unseren Boden überführt, von denen ein Teil bereits seit Aurelian dort war.

Orosius, Historiae adversum paganos 7,2ß,3124: Als danach ein gewisser Carausius, der zwar der Abstammung nach der niedrigste, doch stets zu Rat und Tat bereit war, zur Bewachung der Ozean­ küste, die damals Franken und Sachsen unsicher machten, eingesetzt wurde, agierte er mehr zum Schaden als zum Gedeihen des Staates, und weil er die den nämlichen Räubern entrissene Beute zu keiner^ Teil den Besitzern zu­ rückerstattete, sondern nur sich selbst aneignete, entfachte er dadurch den Verdacht, daß er diesen Feinden in meisterhafter Unachtsamkeit auch den Angriff auf die Grenzen zugestand.

Panegyricus Latinus X (II) 5 -1 0 m: 5. (1) Aber was nun? Als unmittelbar nach der Beruhigung jenes erbärmli­ chen Aufstands126 alle barbarischen Völker den Untergang ganz Galliens herbeizuführen drohten und nicht allein die Burgunder und Alemannen127, sondern auch die Chaibonen und Heruler128 (ihren Kräften nach die ersten, ihren Herkunftsorten nach die entferntesten unter den Barbaren) mit blind-

128 Das germanische Volk der Chaibones ist, von dieser Nennung abgesehen, kaum bekannt. Mit den Heruli ist hier eine westliche Gruppe dieses Volks gemeint, die auch in der Folgezeit noch mehrfach von der holländisch-friesischen Küste aus in römi­ sches Gebiet einfiel.

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quis deus tam insperatam salutem nobis attulisset, nisi tu129130 adfuisses? (2) Tu enim diuinae prouidentiae, imperator, consilio prius quam ui bellum geren­ dum ratus ceteros quidem perduelles, quibus ipsa multitudo pestifera, ire passus es in profundam famem et ex fame pestilentiam, mox adm triumphi ornamenta capienda militum manibus usurus; Chaibonas tamen Erulosque non dignatus pari astu perdere atque ut interim diuina uirtus tua exercitatio­ ne solita non careret aperto Marte atque uno impetu perculisti, non uniuerso ad id proelium usus exercitu sed paucis cohortibus. (3) Quid enim opus erat multitudine cum ipse pugnares, ipse omnibus locis totaque acie dimicares, ipse hosti undique et qua resisteret et qua cederet et qua fugeret occurreres, erroremque aduersariis pariter ac tujs faceres, cum neque te barbari unum putarent neque milites, non dico stipatione atque* comitatu sed saltem oculis sequi possent? Toto quippe proelio ferebare, non aliter quam magnus amnis solet hibernis imbribus auctus et niuibus passim fluere qua campus est. (4) Ita cuncti Chaibones Erulique cuncti tanta internecione caesi interfectique sunt ut exstinctos eos relictis domi coniugibus ac matribus non profugus ali­ quis e proelio sed uictoriae tuae gloria adnuntiaret. 6. (1) Transeo innumerabiles tuas tota Gallia"131 pugnas atque uictorias. Quae enim tot tantisque rebus sufficiat oratio? (2) Illum tamen primum con­ sulatus tui auspicalem diem132 tacitus praeterire nullo modo possum, quo tu solus omnium consecutus es ut, quod tempus antea incipiendis tantummodo rebus aptum uidebatur, tunc primum potuerit sufficere peragendis, unoque sol curriculo suo eoque breuissimo et officia te consulis inchoantem uideret et opera imperatoris implentem. (3) Vidimus te, Caesar, eodem die pro re publica et uota suscipere133 et conuicta debere. Quod enim optaueras in futu­ rum, fecisti continuo transactum, ut mihi ipsa deorum auxilia quae precatus

m Zusatz des Korrektors des Vaticanus lat. 1775, fehlt in den Hss. " gloria Hss. 129 Die Invasion nach Gallien begann wohl im Frühjahr 286 und wurde durch Ma­ ximian bereits im Frühsommer desselben Jahres zurückgeschlagen. Vgl. auch Paneg. Lat. XI (III) 7,2: Itidemque hic gens Chaibonum Erulorumque deleta et transrhenana uictoria et domitis oppressa Francis bella piratica Diocletianum uotorum compotem reddiderunt (Und genauso ließen hier die Vernichtung des Volks der Chaibonen und der Heruler und der Sieg jenseits des Rheins und die Beendigung der Piratenkriege durch die Bändigung der Franken Diocletian seiner Gelübde ganz teilhaftig werden). 130 Angesprochen ist Maximian. 131 Möglicherweise eine Anspielung auf weitere Kämpfe gegen Sachsen und Fran­ ken an der Nordküste Galliens. 132 1. Januar 287.

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wütigem Angriff in diese Provinzen einfielen129 - welcher Gott hätte uns so unerhofftes Heil gebracht, wärest nicht D u130 vor Ort gewesen? (2) Du näm­ lich, Imperator, hast es für richtig gehalten, daß der Krieg eher mit einem Plan göttlicher Vorhersehung als mit Çewalt zu führen sei, und Du hast es geduldet, daß die übrigen Feinde, denen ihre eigene große Zahl eine Seuche einbrachte, tiefem Hunger und vom Hunger der Seuche anheimfiel -, weil Du die Absicht hattest, anschließend rasch die Scharen Deiner Soldaten ein­ zusetzen, um die Zierden des Triumphes zu erlangen; die Chaibonen und die Heruler mit gleicher List zu vernichten, hast Du Dich nicht herabgelassen, und damit nicht unterdessen Deine göttliche Tüchtigkeit ihrer gewohnten Übung entbehre, hast Du die Gegner in offener Feldschlacht und mit einem einzigen Angriff ganz und gar geschlagen, ohne zu dieser Schlacht Dein gan­ zes Heer einzusetzen, sondern mit wenigen Kohorten. (3) Wozu war denn auch eine Menge nötig, da Du selbst kämpftest, Du selbst an allen Orten und in der gesamten Schlacht fochtest, Du selbst dem Feind überall - sowohl da, wo er Widerstand leistete, als auch da, wo er wich und floh - entgegentratest und gleichermaßen Deine Gegner wie Deine eigenen Leute täuschtest; weil nämlich die Barbaren Dich nicht für einen einzigen Menschen hielten und auch Deine Soldaten Dir nicht folgen konnten - ich meine nicht nur mit dem Gefolge und der Eskorte, sondern nicht einmal mit den Augen! Denn über die gesamte Schlacht wurdest Du getragen, nicht anders, als ein großer Fluß, der durch winterlichen Regen und Schneefälle angeschwollen ist, überall dorthin fließt, wo es flach ist. (4) So wurden alle Chaibonen und alle Heruler in derart gewaltigem Morden niedergemacht und getötet, daß nicht irgendei­ ner, der aus der Schlacht entkommen wäre, sondern allein der Ruhm Deines Sieges ihren daheim zurückgelassenen Ehefrauen und Müttern meldete, daß sie ausgelöscht worden waren. 6. (1) Ich übergehe Deine unzähligen Schlachten und Siege in ganz Gal­ lien131. Welche Lobrede nämlich könnte so vielen und so großen Dingen Ge­ nüge leisten? (2) Jenen ersten, zukunftsdeutenden Tag Deines Konsulats132 aber kann ich keineswegs schweigend übergehen, jenen Tag, an dem Du es als einziger von allen erreicht hast, daß der Zeitpunkt, der zuvor nur geeig­ net schien, Dinge in Angriff zu nehmen, damals zum ersten Mal genügen konnte, sie auch zu Ende zu führen, und daß die Sonne bei einem einzigen Umlauf - und einem sehr kurzen - Dich Deine Aufgaben eines Konsuls in Angriff nehmen und die Leistungen eines Kaisers vollbringen sah. (3) Wir haben Dich, Caesar, an ein und demselben Tag sowohl die Gelübde ablegen133 als auch zugleich erfüllen sehen. Was Du nämlich für die Zukunft er­ wünscht hattest, das hast Du unmittelbar im Anschluß zur Vollendung ge133 Gemeint sind die Gelübde, die ein Konsul bei seinem Amtsantritt dem Gott Ju ­ piter ablegte.

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eras praeuenisse uidearis et, quidquid illi promiserant, ante fecisse. Vidimus te, Caesar, eodem die et in clarissimo pacis habitu et in pulcherrimo uirtutis ornatu. (4) Bona uenia deum dixerim, ne Iuppiter quidem ipse tanta celerita­ te faciem caeli sui uariat quam facile tu, imperator, togam praetextam sumpto thorace mutasti, hastam posito scipione rapuisti, a tribunali temet in cam­ pum, a curuli in equum transtulisti134 et rursus ex acie cum triumpho redisti, totamque hanc urbem135 repentina tua in hostes eruptione sollicitam laetitia et exsultatione et auris flagrantibus et sacrificis odoribus accensis numini tuo implesti. (5) Ita utroque illius diei supremo tempore bis diuina res pari reli­ gione celebrata est: Ioui dum pro futuris uouetur136, tibi dum pro uictoria soluitur. 7. (1) Tale igitur auspicium illius anni quid sequebatur, nisi nouum aliquid et ingens miraculum? (2) Quod autem maius euenire potuit illa tua in Ger­ maniam transgressione137, qua tu primus omnium, imperator, probasti R o­ mani imperii nullum esse terminum nisi qui tuorum esset armorum? (3) A t­ qui Rhenum antea uidebatur ipsa sic Natura duxisse, ut eo limite Romanae prouinciae ab immanitate barbariae uindicarentur. (4) Ecquis umquam ante uos principes non gratulatus est Gallias illo amne muniri? Quando non cum summo metu nostro Rheni alueum minuit diu serena tempestas? Quando non cum securitate nostra illius diluuia creuerunt? (5) Credo, itidem opi­ mam0 illam fertilemque Syriam uelut amplexu suo tegebat Eufrates, ante­ quam Diocletiano sponte se dederent regna Persarum. Verum hoc Iouis sui more nutu illo patrio, quo omnia contremescunt, et maiestate uestri nominis consecutus est; (6) tu autem, imperator inuicte, feras illas indomitasque gen­ tes uastatione, proeliis, caedibus, ferro ignique domuisti. Herculei generis hoc fatum est, uirtuti tuae debere quod uindicas138. Exinde igitur soluto ani­ mo ac libero sumus. (7) Licet Rhenus arescat tenuique lapsu uix leues calcu-

0 optimam Hss. 134 Die im Text genannte Toga, der Stab und die sella curulis sind Insignien des Konsuls, die u. a. beim Ritual seines Amtsantritts Verwendung fanden. 135 Trier. 136 Bei seinem Amtsantritt pflegte ein Konsul dem Jupiter Opfer darzubringen. 137 Von 287 bis zum Sommer 288 unternahm Maximian einen Feldzug in ostrheini­ sches Gebiet. 138 Der Herrschaftsideologie der Tetrarchie zufolge war Diocletian als Iovius in be-

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bracht, so daß Du mir selbst den Hilfeleistungen der Götter, um die Du gebeten hattest, zuvorgekommen zu sein und schon vorher alles vollbracht zu haben schienst, was sie versprochen hatten. Wir haben Dich, Caesar, an ein und demselben Tag sowohl im strahlendsten Kleid des Friedens als auch im schönsten Schmuck der Kampfkraft gesehen. (4) Um wohlwollende Ver­ zeihung bitte ich den Gott dafür, daß nicht einmal Jupiter selbst mit solcher Schnelligkeit das Aussehen seines Himmels verändert, mit welcher Leichtig­ keit Du, Imperator, die purpurverbrämte Toga gewechselt und den Panzer ergriffen, den Elfenbeinstab abgelegt und den Speer an Dich gerissen, Dich vom Tribunal zum Feld begeben, vom Amtssessel auf das Pferd geschwun­ gen hast134 und aus der Schlacht im Triumph wieder zurückgekehrt bist und diese gesamte Stadt135, die durch Deinen plötzlichen Ausfall gegen die Fein­ de in Sorge war, erfüllt hast mit Jubel und duftenden Altären und mit Wohl­ gerüchen, die bei Opfern für Dein göttliches Walten entzündet worden wa­ ren. (5) So wurde die göttliche Sache * zweimal - an jedem der beiden äußersten Zeitpunkte jenes Tages - mit gleicher frommer Verehrung gefeiert: Jupiter zu Ehren, während für die Zukunft die Gelübde abgelegt wurden136; Dir zu Ehren, während für den Sieg gedankt wurde. 7. (1) Was folgte also einem solchen Vorzeichen für jenes Jahr, wenn nicht ein neues und ungeheures Wunder? (2) Was aber konnte größeres geschehen als Dein Übergang nach Germanien137, durch den Du, Imperator, als erster von allen bewiesen hast, daß es keine Grenze des Römischen Reiches gibt au­ ßer derjenigen Deiner Waffen? (3) Zuvor freilich schien die Natur selbst den Rhein so geführt zu haben, daß durch diese Grenze die römischen Provinzen vor der Wildheit der Barbaren bewahrt wurden. (4) Und wer hätte sich je­ mals vor Eurem Prinzipat nicht dazu beglückwünscht, daß Gallien durch diesen Fluß geschützt wird? Wann schmälerte langanhaltendes heiteres Wet­ ter nicht zu unserer höchsten Angst das Flußbett des Rheins? Wann wuchsen nicht mit unserer Sicherheit seine Überschwemmungen? (5) Ich glaube, ge­ nauso schützte - wie durch seine Umarmung - der Euphrat das reiche und fruchtbare Syrien, bevor sich die Reiche der Perser aus eigenem Antrieb Dio­ cletian ergaben. Das aber hat er nach Art seines Jupiter durch jenes väterliche göttliche Walten, durch das alle Dinge erzittern, und durch die Erhabenheit Eures Namens erreicht; (6) Du aber, unbesiegter Imperator, hast jene wilden und ungezähmten Völker durch Verwüstung, Schlachten, Blutbäder, mit Feuer und Schwert bezähmt. Das Schicksal des Herkulischen Geschlechts ist es, allein Deinem kriegerischen Mut das zu schulden, was Du forderst138. Seitdem also sind wir im Geiste befreit und gelöst. (7) Selbst wenn der Rhein austrocknet und durch seine schwache Strömung auf seinem durchscheinensonderer Weise Jupiter verbunden, und Maximian stand als Herculius in besonderer Nähe zu Herkules.

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los perspicuo uado pellat, nullus inde metus est: quidquid ultra Rhenum prospicio, Romanum est139. 8. (1) Sic illa quondam Romanae potentiae diu aemula et inimica Carthago a R Scipione140 deuicta est, cum is traiecto in Africam exercitu Hannibalem ab Italiae uastatione reuocauit141. (2) Audieras hoc, imperator, an ipse per te diuina tua mente perspexeras ita demum hostes funditus posse subuerti, si in propriis sedibus uincerentur nec praedam modo quam cepissent amitterent, sed ipsi coniuges et liberos [suos]p et parentes suos et carrissima omnia capta maererent? (3) Hoc tu siue cognitum secutus es seu te auctore fecisti, utrum­ que pulcherrimum est. (4) neque enim minorem laudem magnarum rerum aemuli quam ipsi merentur auctores. (5) Quin immo, quamuis optimum, in­ temptatae rei consilium Fortunae committitur; iteratum uero idem atque re­ petitum ad certam iudicii gloriam pertinet. (6) Ideoque hoc nunc ambo, sa­ cratissime imperator, ipso estis Scipione potiores, quod et tu Africanum et te Diocletianus imitatus est. 9. (1) Ingressus est nuper illam quae Raetiae est obiecta Germaniam simili­ que uirtute Romanum limitem uictoria protulit142: adeo numini illius simpli­ citer amanterque, quidquid pro qhisce terrisq feceras, rettulisti, cum ex diuersa orbis parte coeuntes inuictas dexteras contulistis, adeo fidum illud fuit fraternumque conloquium143. (2) In quo uobis mutua praebuistis omnium exempla uirtutum atque inuicem uos, quod fieri iam posse non uidebatur, auxistis, ille tibi ostendendo dona Persica, tu illi spolia Germanica. [...] 10. [...] (2) Et tamen uides, imperator, non inuenire me ex omni antiquita­ te quod comparem uobis, nisi Herculeae gentis exemplum. (3) Nam ille qui­ dem magnus Alexander iam mihi humilis uidetur Indo regi sua regna red­ dendo144, cum tam multi reges, imperator, uestri clientes sint, cum per te

p Fehlt in einer der beiden Handschriftenklassen. q_q hits ceteris Hss. 139 Zwar dürfte Maximian den römischen Einfluß auch auf einzelne ostrheinische Gebiete ausgeweitet haben, aber die Formulierung des Panegyrikers ist zweifellos übertrieben. 140 Scipio Africanus landete im Zuge des Zweiten Punischen Kriegs 204 v. Chr. in Utica auf afrikanischem Boden und besiegte 202 in der Entscheidungsschlacht von Zama die karthagischen Truppen unter der Führung des Hannibal. 141 Hannibal war im Oktober 218 v. Chr. nach Überquerung der Alpen in Oberita­ lien einmarschiert. 142 Germanensieg Diocletians in Rätien im Jahre 288; vgl. dazu Paneg. Lat. XI (III) 5,3: [...] taceo trophaea Germanica in media defixa barbaria, transeo limitem Raetiae repentina hostium clade promotum ([...] Ich verschweige die germanischen Trophä­ en, die mitten im Barbarenland errichtet worden sind; ich übergehe die Grenze Rä-

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den Bett kaum die leichten Kiesel fortstößt, haben wir deshalb keine Furcht mehr: Was auch immer ich jenseits des Rheines erblicke, ist römisch139. 8. (1) In dieser Art wurde jenes Karthago, das einst lange der römischen Macht ein Rivale und Feind gewesen war, von R Scipio140 ganz und gar be­ siegt, als er sein Heer nach Afrika hinübergeführt hatte und dadurch Hannibal von der Verwüstung Italiens zurückrief141. (2) Hattest Du das gehört, Impera­ tor? Oder hattest Du selbst, von Dir aus, mit Deinem göttlichen Geist er­ kannt, daß die Feinde erst auf diese Weise ganz und gar unterworfen werden könnten, wenn sie in ihrer eigenen Heimat geschlagen würden und nicht nur die Beute, deren sie sich bemächtigt hatten, verlören, sondern auch die Gefan­ genschaft ihrer Ehefrauen und Kinder und ihrer Angehörigen und den Verlust ihres wertvollsten Besitzes selbst betrauerten? (3) Dies hast Du vollbracht, sei es, daß Du Bekanntem gefolgt bist, sei es, daß Du es von Dir aus unternom­ men hast - beides ist überaus schön. (4) Denn es verdienen diejenigen, die gro­ ße Dinge nachahmen, nicht weniger Lob als deren Urheber selbst. (5) Mehr noch: Der Beschluß einer noch unversuchten Sache, so gut er auch sei, wird doch immer dem Zufall anheimgegeben; wird derselbe Beschluß aber wieder­ holt und von neuem gefaßt, dann gereicht er der Urteilskraft zu sicherem Ruhme. (6) Und deshalb seid Ihr nun beide, heiligster Imperator, Scipio selbst überlegen, da ja Du den Africanus und Diocletian Dich nachgeahmt hat. 9. (1) Er hat neulich jenes Germanien betreten, das Rätien gegenüberliegt, und mit gleichem kriegerischen Mut durch seinen Sieg die römische Grenze vorwärtsverlegt142; so überaus offenherzig und freundlich Du seinem göttli­ chen Walten berichtet hast, was Du für diese Gegenden vollbracht hattest, so überaus treu und brüderlich war das Gespräch, als Ihr einander - aus ver­ schiedenen Teilen der Welt zusammentreffend - Eure unbesiegte Rechte reichtet143. (2) Dabei habt Ihr Euch wechselseitig Beispiele aller Tugenden geboten und Euch, was doch kaum geschehen zu können schien, gegenseitig noch weiter verherrlicht: jener, indem er Dir persische Geschenke darbot, Du, indem Du ihm germanische Beutestücke vorführtest. [...] 10. [...] (2) Und dennoch siehst Du, Imperator, daß ich aus der gesamten alten Zeit kein Beispiel finde, das ich mit Euch vergleichen könnte, außer das des Herkulischen Geschlechts. (3) Denn jener - doch große - Alexander scheint mir schon dadurch niedrig, daß er dem indischen König seine Reiche zurückgab144, während derart viele Könige, Imperator, Eure Klienten sind, tiens, die durch eine unerwartete Niederlage der Feinde vorwärtsverlegt worden ist); sowie Paneg. Lat. VII (VI) 8,5, unten S. 158. 143 Diocletian und Maximian trafen Ende 288 an einem unbekannten Ort zusam­ men. 144 Alexander der Große soll dem Inder-König Porus ob seiner Tugenden sein Reich unversehrt zurückerstattet haben.

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regnum receperit Gennoboudes, a te uero munus acceperit145146.(4) Quid enim ille aliud expetiuit ad conspectum tuumr cum omni sua gente ueniendo, nisi ut tunc demum integra auctoritate regnaret, cum te, Maximiane, placasset? (5) Ostendit ille te identidem, ut audio, popularibus suis et intueri diu iussit et obsequia discere, cum tibi ipse seruiret.

Panegyricus Latinus X I (III) 16,1H(>: Illud uero, non suggeratur licet, quoquo modo dicam ante quam desinam: tantam esse imperii uestri felicitatem qts undique se barbarae nationes uicissim lacerent et excidant, alternis dimicationibus et insidiis clades suas dupli­ cent et instaurent, Sarmaticas uestras et Raeticas et Transrhenanas expeditio­ nes furore percitae in semet imitentur.

Panegyricus Latinus VII (VI) 8H7: (1) Nunc enim sequitur ut, quoniam uirtutes tuas, Constantine Auguste, socero praedicaui, tu quoque (licet optime scias) tamen audias quanti te prin­ cipis ornet adfinitas. (2) Hic est qui nomen acceptum a deo principe generis sui dedit uobis, qui se progeniem esse Herculis non adulationibus fabulosis sed aequatis uirtutibus comprobauit148. (3) Hic est qui in ipso ortu numinis sui Gallias priorum temporum iniuriis efferatas rei publicae ad obsequium reddidit, sibi ipsas ad salutem. (4) Hic, quod iam falso traditum de antiquis imperatoribus putabatur, Romana trans Rhenum signa primus barbaris gen-

r Zusatz des Korrektors des Vaticanus lat. 1775, fehlt in den Hss. s Zusatz des Korrektors des Vaticanus lat. 1775, fehlt in den Hss. 145 Der fränkische König Gennobaudes hatte sich auf dem Feldzug von 288 Maxi­ mian unterworfen und um Frieden gebeten. Vgl. auch Paneg. Lat. XI (III) 5,4: [...] etiam illa quae armorum uestrorum terrore facta sunt uelut armis gesta praetereo, Francos ad petendam pacem cum rege uenientes Parthumque uobis munerum mira­ culis blandientem ([...] ich übergehe sogar diejenigen Dinge, die durch den Schrecken vor Euren Waffen so vollbracht worden sind, als wären sie durch Waffen selbst ge­ schehen: die Franken, die mit ihrem König erschienen, um Frieden zu erbitten, und den Parther, der Euch mit Wundern von Geschenken schmeichelte). - Diese Textpas­ sage vom Juli 291 bietet im übrigen die früheste überlieferte Erwähnung des Franken­ namens: Vgl. oben S. 113. 146 Am 21. Juli 291 von Mamertinus vor Maximian vorgetragen, bezieht sich die

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und während Gennobaudes durch Dich sein Reich zurückerhielt, es von Dir als Geschenk empfing145. (4) Was nämlich hat jener, indem er mit seinem ganzen Volk vor Dein Angesicht kam, anderes erbeten, als daß er fortan des­ halb mit ganzer Autorität herrsche, weil er sich Dich, Maximian, geneigt ge­ macht hatte? (5) Immer wieder zeigte jener Dich, wie ich höre, den Leuten seines Volks und befahl, Dich lange zu betrachten und - als er selbst Dir diente - Gehorsam zu lernen.

Panegyricus LatinusX I (III) 16,1146: Wenngleich man es mir nicht nahegelegt hat, will ich auf jeden Fall das sa­ gen, bevor ich ende: daß das Glück Eurer Herrschaft so groß ist, daß sich überall die barbarischen Völker untereinander zerreißen und vernichten, in gegenseitigen Kämpfen und Intrigen ihre Verluste verdoppeln und wieder­ holen, durch Wahnsinn aufgebracht Eure sarmatischen und rätischen und ostrheinischen Kriegszüge gegen sich selbst nachahmen.

Panegyricus Latinus VII (VI) 8147: (1) Weil ich Deine Tugenden, Augustus Konstantin, Deinem Schwieger­ vater gepriesen habe, folgt nun, daß auch Du - obwohl Du es ja ganz genau weißt - dennoch hörst, wie Dich die Verwandtschaft mit dem Kaiser ziert. (2) Dieser ist es, der den Namen, den er vom Gott - dem ersten seines Ge­ schlechts - erhalten hat, Euch gab, der nicht durch unglaubliche Schmeiche­ leien, sondern durch die gleichen Tugenden bewiesen hat, daß er der Nach­ komme des Herkules sei148. (3) Dieser ist es, der schon ganz zu Beginn seines Waltens Gallien, das von den Ungerechtigkeiten der früheren Zeiten verwil­ dert war, zu seinem eigenen Heil zum Gehorsam gegenüber dem Staat zu­ rückgebracht hat. (4) Dieser hat als erster die römischen Feldzeichen über den Rhein gegen die barbarischen Völker zum Angriff geführt (was schon,

folgende Passage auf die Siege gegen Franken, Alemannen und Juthungen, die Maxi­ mian und Diocletian 287/88 errangen. 147 Die folgende Rede wurde möglicherweise in Trier, jedenfalls aber am 31. März 307 vor Maximian und Konstantin I. gehalten aus Anlaß von dessen Hochzeit mit Fausta, der Tochter Maximians. 148 In der Herrschaftsideologie der Tetrarchie war der Caesar Constantius - ebenso wie der Augustus Maximian - Herkules verbunden. Vgl. oben Anm. 138.

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tibus intulit. (5) Huius cum fratre rursus ac saepius expeditionibus domita Germania aut boni consulit ut quiescat aut laetatur quasi amica si pareat149.

Panegyricus Latinus V III (IV) 2,1; 3,2- 3 150: 2. (1) Quamquam multa mihi ex illis quoque hoc in tempore necessario transeunda sunt ac potissimum ea quibus officio delati mihi a diuinitate uestra151 honoris interfui, captus scilicet rex ferocissimae nationis inter ipsas quas moliebatur insidias et a ponte Rheni usque ad Danubii transitum Guntiensem'152 deusta atque exhausta peqitus Alamannia. [...] 3. (2) [...] Cuius licet esset omni hoste perdomito certa securitas153, nimios tamen in diuersa discursus uel reuisenda poscebat. (3) Partho quippe ultra Tigrim redacto, Dacia restituta, porrectis usque ad Danubii caput Germaniae Raetiaeque limitibus, destinata Batauiae Britanniaeque uindicta, gubernacula maiora quaerebat aucta atque augenda res publica et, qui Romanae potentiae terminos uirtute protulerant, imperium filio pietate debebant154. [...]

Panegyricus Latinus V III (IV) 8-10; 13,1-4; 17,1-4; 21,l m : 8156. (1) Quamquam illa regio157 diuinis expeditionibus tuis, Caesar158, uindicata atque purgata, quam obliquis meatibus Scaldis interfluit quamque diuortio sui Rhenus amplectitur, paene (ut cum uerbi periculo loquar) terra non est. (2) Ita penitus aquis imbuta permaduit ut non solum qua manifeste palustris est cedat ad nisum et hauriat pressa uestigium, sed etiam ubi paulo ' Contiensem Hss. 149 Anspielungen auf die Feldzüge Maximians gegen die Bagauden (285) und gegen die ostrheinische Germanen (286/87). 150 Zum Kampf Constantius’ I. gegen Chamaven, Friesen, Franken und Aleman­ nen in den Jahren 293-298. Die Rede wurde wohl am 1. März 297 in Trier gehalten, unmittelbar nachdem Constantius I. von der Rückeroberung Britanniens zurückge­ kehrt war. 151 Angesprochen ist Constantius I. 152 Guntzburg. 153 Die Sicherheit der ganzen Welt. 154 Verweis auf die Erhebung Constantius’ I. zum Caesar im Jahre 293. 155 Vgl. oben Anm. 150. 156 Der folgende Bericht ist dem Feldzug Constantius’ I. gegen Chamaven und Friesen im Sommer 293 in Batavia gewidmet, die mit dem Usurpator Carausius ver­ bündet waren. Vgl. dazu auch Paneg. Lat. XII (IX) 25,2: Purgauit ille Batauiam adue-

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fälschlich überliefert, in bezug auf die alten Kaiser geglaubt wird.) (5) Ger­ manien, das durch seine gemeinsam mit seinem Bruder ein zweites Mal und noch häufiger unternommenen Feldzüge gezähmt worden ist, hält es entwe­ der für gut, stillzuhalten, oder freut sich (gewissermaßen als Freundin), wenn es gehorcht149.

Panegyricus Latinus V III (IV) 2,1; 3 ,2 - 3 150: 2. (1) Auch diesmal muß ich notwendigerweise viele Dinge übergehen, und vor allem diejenigen, bei denen ich aufgrund des Amtes der Würde, die mir von Eurer Göttlichkeit151 verliehen worden ist, selbst zugegen war: den König eines überaus wilden Volkes beispielsweise, der inmitten seiner Nach­ stellungen, die er gegen Dich betrieb, gefangengenommen wurde; und Alemannien, das von der Rheinbrücke bis zum Donauübergang bei Guntia152 ganz und gar niedergebrannt und ausgeplündert wurde. [...] 3. (2) [...] Obwohl deren Sicherheit gewiß ist155, nachdem jeder Feind ganz und gar gebändigt worden ist, würde sie doch allzu viele Reisen hierhin und dorthin erfordern und allzu viele erneute Besichtigungen. (3) Da der Parther über den Tigris zurückgeworfen, da Dakien wiederhergestellt, da die Grenzen Germaniens und Rätiens bis zur Quelle der Donau ausgedehnt worden sind, da die Bestrafung der Batavia und Britanniens feststeht, ver­ langte der erweiterte (und noch zu erweiternde) Staat eine größere Regie­ rung, und diejenigen, die die Grenzen römischer hiacht durch ihre Tüchtig­ keit vorangetrieben hatten, waren aus Vaterlandsliebe einem Sohn die Herrschaft schuldig154. [...]

Panegyricus Latinus V III (IV) 8-10; 13,1-4; 17,1-4; 21,l i55: 8.156 (1) Diese Region freilich157, die die Schelde mit seitwärtsgerichteter Strömung umfließt und die der Rhein durch seine Wasserscheide umfaßt und die durch Deine göttlichen Kriegszüge, Caesar158, bewahrt und befreit wurde, ist - wenn ich so sagen darf - fast kein Festland. (2) So ganz und gar ist diese feuchte Gegend mit Gewässern durchtränkt, daß sie nicht allein na hoste depulso, tibi se ex ultima barbaria indigenae populi dedidere (Jener [Con­ stantius] hat Batavia gesäubert, nachdem er den fremden Feind geschlagen hatte, Dir [Konstantin] haben sich aus dem äußersten Barbarenland die dort heimischen Völker unterworfen). 157 Batavia. 158 Angesprochen ist Constantius I.

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uidetur firmior pedum pulsu temptata quatiatur et sentire se procul pondus mota testetur. (3) Ita, ut res est, subjacentibus innatat et suspensa late uacillat, ut merito quis dixerit exercendum fuisse tali solo militem ad nauale cer­ tamen. (4) Sed neque illae fraudes locorum nec quae plura inerant perfugia siluarum barbaros tegere potuerunt quominus dicioni tuae diuinitatis omnes sese dedere cogerentur, et cum coniugibus ac liberis ceteroque examine ne­ cessitudinum ac rerum suarum ad loca olim deserta transirent ut, quae for­ tasse ipsi quondam depraedando uastauerant, culta redderent seruiendo. 9. (1) Quis hoc umquam futurum, etiamsi coram uoluisset adfari, deus ante uos principes persuadere potuisset quod nunc uidimus et uidemus: totis porticibus ciuitatum sedere captiua agmina barbarorum, uiros attonita feri­ tate trepidantes, respicientes anus ignaùiam filiorum nuptas maritorum, uinculis copulatos pueros ac puellas familiari murmure blandientes, atque hos omnes prouincialibus uestris ad obsequium distributos, donec ad destinatos sibi cultus solitudinum ducerentur. (2) Insultare hercule159 communi Galliarum nomine libet etu, quod pace uestra loquar, ipsis triumphum adsignare prouinciis. (3) Arat ergo nunc mihi Chamauus et Frisius et ille uagus, ille praedator exercitio squalidi ruris operatur et frequentat nundinas meas pe­ core uenali et cultor barbarus laxat annonam. (4) Quin etiam si ad dilectum uocetur accurrit et obsequiis teritur et tergo coercetur et seruire se militiae nomine gratulatur. (5) Quid faciam, Caesar? Ignosce si moror, ignosce si propero; multa enim illius temporis, quo transitus in Britanniam paraba­ tur160, admirabilia uirtutum tuarum facta praetereo, dum festino cupidus ad singularem illam uictoriam, qua uniuersa res publica tandem est uindicata. (6) Cuius magnitudo, Caesar inuicte, hactenus explicabitur, ut prius dicam quam necessarium illud et difficile bellum fuerit quamv quo magisterio con­ fectum sit. 10. (1) Minus indignum fuerat sub principe Gallieno161 quamuis triste ha-

u Kj., fehlt in den Hss. v Kj., fehlt in den Hss. 159 Vgl. oben Anm. 138. 160 Vorbereitungen für den Feldzug gegen Carausius in Britannien. 161 Also in den Jahren 260-268.

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dort, wo sie offensichtlich sumpfig ist, dem Tritt nachgibt und der Fußstap­ fen durch seinen Druck aus ihr Wasser schöpft, sondern daß auch dort, wo sie ein wenig fester erscheint, der Fuß erbebt, wenn man sie durch Stampfen prüft, und die Bewegung der Erde belegt, daß sie das Gewicht nur von ferne fühlt. (3) So wie die Sache steht, schwimmt sie auf dem, was darunterliegt, und schwebend schwankt sie so weit und breit, daß man mit Recht sagen könnte, auf solchem Boden hätte man Soldaten für die Seeschlacht ausbilden sollen. (4) Aber weder diese Tücke der Gegend, noch die dort zahlreichen Zufluchtsorte in den Wäldern konnten die Barbaren davor schützen, ge­ zwungen zu werden, sich allesamt der Gewalt Deiner Göttlichkeit zu unter­ werfen und mitsamt ihren Frauen und Kindern und der übrigen Menge ihrer Familienangehörigen und Besitztümer an einst aufgegebene Orte überzusie­ deln, um das, was sie vielleicht selbst dereinst durch Plündern verwüstet hat­ ten, nun durch ihren Dienst wieder in Kulturland zu verwandeln. 9. (1) Welcher Gott, selbst wenn er uns offen hätte anreden wollen, hätte uns vor Eurem Prinzipat überzeugen können, daß jemals das geschehen werde, was wir nun gesehen haben und sehen: daß solange, bis sie zu den für sie bestimmten Anbaugebieten in den Einöden geführt werden, gefangene Scharen von Barbaren unter allen Säulengängen der Städte sitzen - Männer, die nun, nach Erschütterung ihrer Wildheit, zittern, alte Frauen, die die Schlaffheit ihrer Söhne, Ehefrauen, die die ihrer Gatten überdenken, durch Ketten aneinandergefesselte Knaben und Mädchen, die in vertrautem Ge­ murmel einander gut Zureden, und diese alle Eurer^Provinzbewohnern zum Gehorsam zugeteilt. (2) Im gemeinsamen Namen Galliens, Herkules159, ist es mir erlaubt zu frohlocken und - mit Eurer Erlaubnis - den Triumph den­ selben Provinzen zuzuschreiben. (3) Es pflügt also nun für mich der Chamaver und der Friese, und jener Nomade, jener Plünderer müht sich mit der schmutzigen Landarbeit und besucht meinen Wochenmarkt mit käuflichem Vieh, und der barbarische Landmann läßt den Getreidepreis sinken. (4) Selbst wenn er zur Aushebung gerufen wird, eilt er herbei und wird durch Militärgehorsam geschliffen und auf dem Rücken bestraft und beglück­ wünscht sich noch dazu, daß er unter dem Namen des römischen Kriegs­ dienstes dient. (5) Was soll ich machen, Caesar? Beachte es nicht, wenn ich hier verharre; beachte es nicht, wenn ich eile: Ich übergehe nämlich viele wunderbare Taten Deiner Tugenden aus jener Zeit, da die Überfahrt nach Britannien vorbereitet wurde160, während ich begierig zu jenem beispiello­ sen Sieg eile, durch den der gesamte Staat schließlich befreit worden ist. (6) Dessen Größe, unbesiegter Caesar, wird insofern erklärt werden, als ich zu­ erst darlege, wie notwendig und schwierig dieser Krieg war, bevor ich dann erläutere, mit welcher Meisterschaft er zu Ende geführt worden ist. 10. (1) Unter dem Prinzipat des Gallienus161 war der Abfall dieser Provin­ zen vom römischen Licht wenngleich traurig, so doch weniger unwürdig ge-

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rum prouinciarum a Romana luce discidium. (2) Tunc enim siue incuria re­ rum siue quadam inclinatione fatorum omnibus fere membris erat truncata res publica; tunc se nimium et Parthus extulerat162 et Palmyrenus aequauerat163; tota Aegyptus Syriaeque defecerant164; amissa Raetia165, Noricum Pannoniaeque uastatae166; (3) Italia ipsa gentium domina plurimarum urbium suarum excidia maerebat167; non erat tantum doloris in singulis, cum paene omnibus careretur. (4) Nunc uero toto orbe terrarum non modo qua Roma­ nus fuerat uirtute uestra recepto sed etiam qua hostilis edomito, cum totiens proculcata esset Alamannia, totiens obstricta Sarmatia, Iuthungi Quadi Car­ pi totiens profligati, summittente se Gotho pace poscenda, supplicante per munera rege Persarum, urebat animos, (quod nunc denique confitemur) una illa tanti imperii contumelia168, eoque nobis intolerabilior uidebatur quod gloriae sola restabat. [...] 13. (1) Hoc igitur bellum tam necessarium, tam difficile aditu, tam inueteratum, tam instructum ita, Caesar, aggressus es169 ut, statim atque illo infes­ tum maiestatis tuae fulmen intenderas, confectum omnibus uideretur. (2) Nam primo omnium, in quo praecipue consulendum fuit, ne quid barbarae nationes conuerso illuc numine tuo nouare temptarent, inuocata patris tui170 maiestate prouisum est. (3) Tu enim ipse, tu domine Maximiane, imperator aeterne, nouo itineris compendio aduentum diuinitatis tuae accelerare digna­ tus repente Rheno institisti, omnemque illum limitem non equestribus ne­ que pedestribus copiis sed praesentiae tuae terrore tutatus es: quantoslibet ualebat exercitus Maximianus in ripa. (4) Tu uero, inuicte Caesar, instructis armatisque diuersis classibus ita hostem incertum consiliique inopem reddi­ disti, ut tunc denique senserit quod non munitus esset Oceano sed inclusus. [···] 17. (1) Enimuero, Caesar inuicte, tanto deorum immortalium tibi est ad­ dicta consensu omnium quidem quos adortus fueris hostium sed praecipue internecio Francorum, ut illi quoque milites uestri qui per errorem nebulosi,

162 Gefangennahme des Kaisers Valerian durch den Großkönig Schapurl. bei Edessa im Jahre 260. 163 Unter Odainathos und seiner Witwe Zenobia; vgl. oben Kapitel 1, Anm. 248. 164 In den Jahren 261/62. 165 Im Jahre 267. 166 Im Jahre 258. 167 Anspielung auf den Einfall der Alemannen nach Oberitalien im Jahre 261. Sie kamen bis nach Ravenna, wurden aber schließlich durch Gallienus bei Mailand be­ siegt. 168 Die Usurpation des Carausius in Britannien. 169 Die Operationen gegen Britannien begannen nach mehrjähriger Vorbereitung im Frühjahr 296.

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wesen. (2) Damals nämlich war der Staat ohnehin an fast allen seinen Glie­ dern verstümmelt, sei es durch Vernachlässigung der Dinge, sei es durch irgendeine Neigung des Schicksals: Damals war der Parther allzu hochmütig geworden162 und der Palmyrener hatte sich auf eine Stufe mit uns gestellt163, Syrien und die gesamte Provinz Ägypten waren abgefallen164, verloren war Rätien165, verwüstet Noricum und Pannonien166; (3) selbst Italia, die Herrin der Völker, betrauerte den Untergang der meisten ihrer Städte167; der Schmerz um die einzelnen (Provinzen) war nicht so groß, da man doch fast aller verlustig gegangen war. (4) Nachdem der gesamte Erdkreis nicht nur soweit er zuvor römisch gewesen war - durch Eure Tüchtigkeit wiederge­ wonnen, sondern sogar - soweit er uns zuvor feindlich gewesen war - ganz und gar bezwungen daniederlag, weil ja Alemannien so oft erniedrigt, Sarmatien so oft per Eid verpflichtet, die Juthungen, Quaden, Karpen so oft niedergeworfen worden waren, während der Gote sich unterwarf, um Frie­ den zu fordern, der König der Perser demütig mittels Geschenken bettelte, da setzte nun aber jene einzige Schmähung eines so großen Reichs168 unsere Herzen in Flammen (was wir nun endlich bekennen) und schien uns um so unerträglicher, als sie allein es war, die dem Ruhm noch entgegenstand. [...] 13. (1) Du, Caesar, hast also diesen so notwendigen, so schwer zu begin­ nenden, so lange hinausgezögerten, so wohl vorbereiteten Krieg in der Art in Angriff genommen169, daß er schon allen beendet erschien, kaum daß Du die kampfbereite, unwiderstehliche Kraft Deiner Erhabenheit auf ihn ge­ lenkt hattest. (2) Denn zuallererst rief man die Erhabenheit Deines Vaters170 an und sorgte dadurch für das, worüber besonders zu beraten war: daß die barbarischen Völker nicht irgendeinen Umsturz versuchten, nachdem Dein göttliches Walten sich dorthin gewandt hatte. (3) Du selbst nämlich, Du Herr Maximian, ewiger Imperator, hast Dich dazu herabgelassen, durch eine neue Abkürzung die Ankunft Deiner Göttlichkeit zu beschleunigen, und bist dadurch plötzlich am Rhein erschienen und hast jene gesamte Grenze geschützt, nicht durch Mengen von Reiter- oder Fußsoldaten, sondern durch den Schrecken Deiner Gegenwart: Maximian allein war am Ufer be­ liebig viele Heere wert. (4) Du aber, unbesiegter Caesar, hast verschiedene Flotten gerüstet und bewaffnet und dadurch den Feind so unsicher und so ratlos gemacht, daß er erst in diesem Moment endlich merkte, daß er vom Ozean nicht geschützt, sondern eingeschlossen war. [...] 17. (1) In der Tat, unbesiegter Caesar: Der Tod aller Gegner, die Du ange­ griffen hast, besonders aber der Franken, ist Dir mit einer derart großen Zu­ stimmung der unsterblichen Götter zugesprochen worden, daß auch dieje­ nigen von Euren Soldaten, die durch die Täuschung des nebligen Meeres 170 Nicht der leibliche Vater, sondern der Adoptivvater des Constantius, also Maxi­ mian.

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ut paulo ante dixi, maris abiuncti ad oppidum Londiniense peruenerant171, quidquid ex mercennaria illa multitudine barbarorum proelio superfuerat, cum direpta ciuitate fugam capessere cogitarent, passim tota urbe confece­ rint et non solum prouincialibus uestris in caede hostium dederint salutem sed etiam in spectaculo172 uoluptatem. (2) O uictoria multiiuga et innumera­ bilium triumphorum, qua Britanniae restitutae, qua Francorum uireswpeni­ tus excisae, qua multis praeterea gentibus in coniuratione illius sceleris de­ prehensis imposita est necessitas obsequendi, qua* denique ad perpetuam quietem maria purgata sunt! (3) Gloriare tu uero, Caesar inuicte, alium te or­ bem terrarum repperisse, qui Romanae potentiae gloriam restituendo naualem173 addidisti imperio terris omnibus maius elementum. (4) Confecisti, in­ quam, bellum, Caesar inuicte, quod cunctis impendere prouinciis uidebatur, tamque late uagari et flagrare poterat quam late omnis Oceanus et mediterra­ nei sinus adluunt. [...] 21. (1) Itaque sicuti pridem tuo, Diocletiane Auguste, iussuy deserta Thra­ ciae translatis incolis Asia compleuit, sicut postea tuo, Maximiane Auguste, nutu Anxiorum et Treuirorum arua iacentia Laetus postliminio restitutus et receptus in leges Francus excoluit, ita nunc per uictorias tuas, Constanti Caesar inuicte, quidquid infrequens Ambiano et Bellouaco et Tricassino solo Lingonicoque restabat, barbaro cultore reuirescit174.

Panegyricus Latinus VI (VII) 5,3; 6 ,l- 4 175: 5. [...] (3) Qui eodem exercitu uirtute capto176, clementia conseruato, dum aedificandis classibus Britanniae reciperatio comparatur, terram Batauiam sub ipso quondam alumno suo a diuersis Francorum gentibus occu­ patam omni hoste purgauit177, nec contentus uicisse ipsas in Romanas

w Zusatz des Korrektors des Vaticanus lat. 1775, fehlt in den Hss. x Kj., fehlt in den Hss. y So der Korrektor des Vaticanus lat. 1775; ius suppléait Hss. 171 Im Zuge der Invasion Britanniens durch Constantius I. im Jahre 296. 172 Die Gefangenen dürften bei Circus-Spielen hingerichtet worden sein. 173 Nach der Niederlage des Maximian und der Vernichtung seiner Flotte im Kampf gegen Carausius. 174 Nach den Feldzügen der Jahre 286-288 ließen Diocletian in Thrakien, Maximi­ an im Hainaut und bei Trier Kriegsgefangene als Kolonen ansiedeln; ähnlich ver­ brachte Constantius nach seiner Eroberung der Batavia Gefangene in die im Text ge­ nannten Gegenden.

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getrennt worden und zur Stadt London gekommen waren171, allerorten das, was von jener besoldeten Barbarenmenge die Schlacht überlebt hatte, in der ganzen Stadt niedermachten, als sie nach Verheerung der Stadt die Flucht zu ergreifen gedachten, und so Euren Prqvinzialen nicht allein - durch die N ie­ derlage der Feinde - Heil, sondern auch - durch das Schauspiel172 - Vergnü­ gen bereiteten. (2) Oh fruchtbarer Sieg, Sieg unzähliger Triumphe, durch den Britannien wiederhergestellt, durch den die Kräfte der Franken ganz und gar vernichtet, durch den zudem zahlreichen Völkern, die bei der Ver­ schwörung zu diesem Verbrechen ergriffen woxden waren, die Notwendig­ keit zu gehorchen auferlegt wurde, durch den schließlich die Meere zu ewi­ ger Ruhe gesäubert wurden! (3) Du aber rühme Dich, unbesiegter Caesar, daß Du einen anderen Erdkreis entdeckt hast, der Du - indem Du den Schiffsruhm der römischen Macht wiederhergestellt hast173 - dem Reich ein Element hinzugefügt hast, das größer ist als alle Kontinente. (4) Du, unbe­ siegter Caesar, hast, sage ich, einen Krieg beendet, der allen Provinzen zu drohen schien und so weit hätte ausgreifen und lodern können, wie der ge­ samte Ozean und die Buchten des Mittelmeeres sie bespülen. [...] 21. (1) Wie deshalb unlängst auf Deinen Befehl, Augustus Diocletian, die Asia durch Übersiedlung von Einwohnern die Wüsteneien Thrakiens bevöl­ kert hat, wie später auf Deinen Wink hin, Augustus Maximian, der durch das Heimkehrrecht wieder zurückgeführte Laete und der auf die Gesetze ver­ pflichtete Franke das Brachland der Nervier und Treverer bebaut hat, so er­ grünt durch deine Siege, unbesiegter Caesar Constantius, was auch immer unbewohnt auf dem Boden von Amiens, Beauvais, Troyes und Langres ge­ blieben ist, durch den barbarischen Pflanzer174.

Panegyricus Latinus VI (VII) 5,3; 6,1-4m: 5. [···] (3) Nachdem dasselbe Heer durch seine Tüchtigkeit gefangen175176, durch seine Milde bewahrt worden war, hat er177 - während die Rückerobe-

175 Die Rede wurde in Trier für Konstantin I. im Juli 310 gehalten, anläßlich des Jahrestags der Gründung der Stadt. Der folgende Ausschnitt ist eine Rückblende in die Zeit Constantius’ I. 176 Durch die Belagerung von Boulogne, unmittelbar vor der Eroberung Britan­ niens. 177 Constantius I.

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transtulit nationes178, ut non solum arma sed etiam feritatem ponere coge­ rentur. 6. (1) Quid de misericordia dicam qua uictis temperauit? Quid de iustitia qua spoliatis amissa restituit? Quid de prouidentia qua sociis sibi iunctis se eiusmodi iudicem dedit ut seruitutem passos iuuaret recepta libertas, culpae conscios ad paenitentiam reuocaret impunitas? (2) Quid loquar rursus inti­ mas Franciae nationes iam non ab his locis quae olim Romani inuaserant sed a propriis ex origine sui sedibus atque ab ultimis barbariae litoribus auulsas, ut in desertis Galliae regionibus conlocatae et pacem Romani imperii cultu iuuarent et arma dilectu? Quid commemorem Lingonicam uictoriam etiam imperatoris ipsius uulnere gloriosam1.79? (3) Quid Vindonissae campos hosti­ um strage completos et adhuc ossibus opertos180? (4) Quid immanem ex diuersis Germanorum populis multitudinem, quam duratus gelu Rhenus inlexerat ut inz insulam, quam diuortio sui idem amnis amplectitur, pedestri agmi­ ne ausa transmittere repente laxato flumine clauderetur et dimissis statim obsessa nauigiis ita se dedere cogeretur ut, quod difficilius est, sorte commu­ ni eligeret ex se quos captiuitati traderet, relatura cum reliquiis suis infamiam proditionis suorum181.

Panegyricus Latinus VII (VI) 41*2: 4. [...] (2) Fortitudinem autem illius183 iam tum in principiis consecutus esa184. Multa ille Francorum milia, qui Batauiam aliasque cis Rhenum terras inuaserant, interfecit depulit cepit abduxit; tu iam ab ipsis eorum regibus auspicatus es, simulque et praeterita eorum scelera punisti et totius gentis

2 Kj., fehlt in den Hss. a Kj., est Hss. 178 Im Jahre 293. 179 Im Jahre 298 wurde Constantius I. bei Langres von Alemannen derart über­ rascht, daß er sich per Seil in die Stadt hieven lassen mußte, deren Tore bereits ver­ schlossen waren: Vgl. Eutr. 9,23,1, unten S. 168. 180 Constantius I. hatte die Alemannen im Jahre 298 bei Windisch vernichtend ge­ schlagen. 181 Dieses andernorts nicht überlieferte Ereignis ist wohl in den Winter 298/99 zu datieren. 182 Zum Kontext des Panegyricus vgl. oben Anm. 147. 183 Constantius I.

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rung Britanniens durch den Bau einer Flotte vorbereitet wurde - die batavische Erde, die einst unter seinem eigenen Zögling von verschiedenen Völ­ kern der Franken besetzt worden war, von jedem Feind gereinigt; und nicht zufrieden damit, gesiegt zu haben, deportierte er diese Völker auf römischen Boden178, so daß sie gezwungen wurden, nicht allein ihre Waffen, sondern auch ihre Wildheit abzulegen. 6. (1) Was soll ich über die Barmherzigkeit sagen, mit der er die Besiegten schonte? Was über die Gerechtigkeit, mit der er den Ausgeplünderten ihr verlorenes Gut zurückerstattete? Was über die Voraussicht, mit der er sich selbst denjenigen, die ihm als Genossen verbunden waren, als einen derarti­ gen Richter gab, daß die zurückgewonnene Freiheit denen beistand, die Knechtschaft erlitten hatten, und daß die sorglose Sicherheit diejenigen, die sich einer Schuld bewußt waren, zur Buße zurückrief? (2) Was soll ich wie­ derum über die innersten Völker der Francia sagen, die nicht nur von jenen Orten, die einst die Römer erobert hatten, sondern von ihren eigenen Sitzen, aus ihrem Ursprung, und von den äußersten Küsten der barbarischen G e­ gend gewaltsam entfernt worden sind, so daß sie, nachdem sie in verlassenen Regionen Galliens angesiedelt worden waren, sowohl dem Frieden des Rö­ mischen Reiches durch Ackerbau dienten als auch den römischen Waffen durch Rekrutierung? Was soll ich an den Sieg von Langres erinnern, der so­ gar durch die Verwundung dieses Kaisers selbst ruhmvoll ist179? (3) Was an die Felder von Windisch, die von Leichen angefüllt waren und bis heute von Knochen bedeckt sind180? (4) Was an die ungeheure Menge verschiedener Völker der Germanen, die der vom Eis gehärtete Rhein so verlockt hatte, daß sie - nachdem sie es gewagt hatte, mit einer Schar Fußvolk zu einer Insel hinüberzusetzen, dann aber der Fluß plötzlich getaut war - eingeschlossen und mittels einer Belagerung durch eine sofort entsandte Flotte gezwungen wurde, sich derart zu ergeben, daß sie durch ein gemeinsames Los - was schwieriger ist - entschied, welche von den Ihren sie der Gefangenschaft übereignete, um dann selbst mit ihren übrigen Genossen über die Schmach des Verderbens ihrer Leute Bericht zu erstatten181.

Panegyricus Latinus VII (VI) 4m: 4. [...] (2) Der Tapferkeit aber jenes Mannes183 bist D u184 schon damals in den Anfängen gefolgt. Jener hat die vielen Tausend Franken, die in die Bata­ via und andere Gebiete jenseits des Rheines eingefallen waren, getötet, ver­ trieben, gefangengenommen, abgeführt; Du hast schon mit ihren Königen selbst begonnen und hast zugleich deren vergangene Verbrechen bestraft 184 Angesprochen ist Konstantin I.

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lubricam fidem timore uinxisti185. (3) Liberauit ille Britannias seruitute186187;tu etiam nobiles illic oriundo fecisti. (4) Plurimas ille barbaras nationes uictoria domuit, uenia mitigauit; tibi cunctis hostibus alacritatis tuae terrore com­ pressis interim deest materia uincendi.

Panegyricus Latinus I X (V) 1 8 ,l-3 m : 18. (1) Quis enim nunc sit animo tam humili, tam abiecto, tam ab omni appetitione laudis alieno ut non et quantulamcumque memoriam suorum excitare et sibi aliquid secundae opinionis cupiat adquirere, cum uideat om­ nia quae priorum labe conciderant hac felicitate saeculi resurgentia, tot urbes diu siluis obsitas atque habitatas feris instaurari moenibus, incolis frequenta­ ri; (2) quod in Aegaeo mari semel contigit ut, quae operta fluctibus uagabatur, repente insula Delos exsisteret, eius nunc simile tot orientibus undique ciuitatibus, tot insulis ad humanos cultus quasi renascentibus euenire? (3) Nisi forte non grauior Britanniam ruina depresserat quam si superfuso tege ­ retur Oceano, quae profundissimo poenarum gurgite liberata ad conspec­ tum Romanae lucis emersit, aut haec ipsa188189quae modo desinit esse barbaria non magis feritate Francorum uelut hausta desiderat quam si eam circumfusa flumina et mare adluens operuisset.

Eutrop, Ab urbe condita 9,23m: Per idem tempus a Constantio Caesare in Gallia bene pugnatum est. circa Lingonas die una adversam et secundam fortunam expertus est. nam cum re­ pente barbaris ingruentibus intra civitatem esset coactus tam praecipiti ne­ cessitate, ut clausis portis in murum funibus tolleretur, vix quinque horis mediis adventante exercitu, sexaginta fere milia Alamannorum cecidit190.

185 Anspielung auf die Gefangennahme und Hinrichtung der fränkischen Könige Ascarius und Merogaisus durch Konstantin 306/7; vgl. unten Anm. 193. 186 Sieg Constantius’ I. über Carausius im Jahr 296. 187 Aus einer Dankesrede für die Wiederherstellung der Schulen von Autun, die Eumenius in dieser Stadt im Frühjahr 298 vor Constantius I. hielt. 188 Gemeint ist Batavia. 189 Unter Diocletian, zum Jahr 298 oder bald darauf. Danach auch Oros. 7,27,7. 190 Vgl. Hier. 2316 (hier zum Jahr 300): luxta Lingonas a Constantio Caesare LX milia Alamannorum caesa (Bei Langres wurden vom Caesar Constantius 60 000 Ale­ mannen niedergehauen); Jord. Rom. 300: Constantius iuxta Lingonas una die L X mi-

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und die unzuverlässige Treue des gesamten Volkes durch Furcht gebun­ den185. (3) Jener hat Britannien von der Knechtschaft befreit186; Du hast es, indem Du von dort Deinen Ausgang genommen hast, geadelt. (4) Jener hat viele barbarische Völker durch seinen Sieg gezähmt, durch Verzeihung be­ sänftigt; Dir fehlt mittlerweile, da alle Feinde durch den Schrecken vor Dei­ nem freudigen Eifer unterdrückt sind, die Gelegenheit zu siegen.

Panegyricus Latinus IX (V) 1 8 ,l-3 lS7: 18. (1) Wer nämlich wäre jetzt von so niedrigem, so verworfenem Gemüt, so fern von aller Begierde nach Lob, daß er nicht wünschte, sowohl das G e­ dächtnis an die Seinen (wie gering es auch sei) wachzurufen, als auch etwas guten Ruf zu erwerben, wenn er sieht, daß nun alles, was durch das Verder­ ben der Altvorderen zusammengestürzt war, durch das Glück des Zeitalters wiederaufersteht; daß so viele Städte, die lange von Wäldern bewachsen und von wilden Tieren bewohnt waren, in ihren Mauern wiederhergestellt und durch Einwohner verstärkt werden; (2) daß. das, was sich in dem Ägäischen Meer einmal ereignet hat - daß Delos, das von Wellen bedeckt hin- und herzog, plötzlich als Insel existierte - nun ähnlich in so vielen überall aufblü­ henden Städten vor sich geht, in so vielen Inseln, die für die menschliche Be­ bauung gewissermaßen neugeboren werden? (3) Es sei denn, es hätte Britannien, das von der allertiefsten reißenden Flut der Mißhandlungen be­ freit wurde und zum Anblick des römischen Lichts sich erhob, gar nicht ein schwererer Umsturz erdrückt, als wenn es von dem darüber hingeströmten Ozean bedeckt worden wäre; oder es hätte nicht dieses Barbarenland selbst (welches soeben aufgehört hat, eines zu sein)188 mehr dadurch erduldet, daß es durch die Wildheit der Franken wie ertrunken war, als wenn die umge­ benden Flüsse und das Meer, das es bespült, es bedeckt hätten.

Eutrop, Ab urbe condita 9,23m: Um dieselbe Zeit kämpfte der Caesar Constantius erfolgreich in Gallien. Bei Langres widerfuhr ihm an einem Tag Mißerfolg und Erfolg. Als nämlich die Barbaren plötzlich einfielen, wurde er durch die drohende Gefahr so überstürzt in die Stadt zurückgezwungen, daß er, da die Tore schon geschlos­ sen waren, an Stricken an der Mauer hinaufgezogen werden mußte; kaum fünf Stunden später schlug er, als sein Heer nahte, fast 60 000 Alemannen190. lia Alamannorum cecidit (Constantius tötete bei Langres an einem einzigen Tag 60 000 Alemannen).

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Panegyricus Latinus VI (VII) 10-13; 21,2191: 10. (1) Imperatoris igitur filius192 et tanti imperatoris, et ipse tam feliciter adeptus imperium, quomodo rem publicam uindicare coepisti? Ignobilem, credo, aliquam barbarorum manum, quae repentino impetu et improuiso la­ trocinio ortus tui auspicia temptasset, adfecisti poena temeritatis193? (2) Re­ ges ipsos Franciae, qui per absentiam patris tui pacem uiolauerant, non dubi­ tasti ultimis punire cruciatibus, nihil ueritus gentis illius odia perpetua et inexpiabiles iras. (3) Cur enim ullam reputet iustae seueritatis offensam im­ perator qui quod fecit tueri potest? (4) Tutab clementia est quae parcit inimi­ cis et sibi magis prospicit quam ignoscit; te uero, Constantine, quantumlibet oderint hostes, dum perhorrescant. Haec est enim uera uirtus, ut non ament et quiescant. Cautior licet sit qui deuinctos habet uenia perduelles, fortior ta­ men est qui calcat iratos. (5) Renouasti, imperator, ueterem illam Romani imperii fiduciam, quae de captis hostium ducibus uindictam morte sumebat. (6) Tunc enim captiui reges cum a portis usque ad forum triumphantium currus honestassem, simul atque in Capitolium currum flectere coeperat im­ perator, abrepti in carcerem necabantur194. [...] 11. (1) Inde igitur est, imperator, pax ista195 qua fruimur. Neque enim iam Rheni gurgitibus, sed nominis tui terrore munimur. Quamlibet ille aut ares­ cat aestu aut resistat gelu, neutro hostis audebit uti uado. (2) Nihil enim tam insuperabili uallo Natura praecludit quod non penetret audacia, cui aliqua conandi spes relinquatur; ille est inexpugnabilis murus, quem exstruit fama uirtutis. (3) Sciunt posse Franci transire Rhenum, quos ad necem suam li-

b Kj., tua Hss. 191 Zu den Siegen Konstantins I. gegen Franken und andere Gentes (306-313). Zum Kontext des Panegyricus vgl. oben Anm. 175. Nach Epit. Caes. 41,3 soll Kon­ stantin die Herrschaft auf Drängen eines Alemannenkönigs Crocus übernommen ha­ ben, der Constantius nach Britannien begleitet hatte. Von einem Sieg Maximians über Franken und Alemannen und der Gefangennahme ihrer Könige berichtet Eutr. 10,3,2. 192 Konstantin war der leibliche Sohn Constantius’ I. 193 Während Konstantin nach seiner Thronerhebung sich noch in Britannien auf­ hielt (Herbst 306 oder Frühjahr 307), unternahmen Franken einen Beutezug in links­ rheinische Gebiete. Die folgende „Strafaktion“ Konstantins führte zur Gefangennah­ me und Hinrichtung der Frankenkönige Ascarius und Merogaisus. Vgl. Barcelö, Roms auswärtige Beziehungen 13 f. Auf einem weiteren Feldzug ließ Konstantin großflächig das Gebiet der Brukterer verheeren: Vgl. Th. Grünewald, Ein epigraphi­ sches Zeugnis zur Germanienpolitik Konstantins d. Gr.: Die Bauinschrift des Deutzer Kastells (C IL XIII 8502), in: Labor omnibus unus. Gerold Walser zum 70. Ge-

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Panegyricus Latinus VI (VII) 10-13; 21,2m: 10. (1) Wie hast Du also, Sohn eines Kaisers192 (und eines so bedeutenden Kaisers) und selbst so glücklich zum Kaisertum gelangt, begonnen, den Staat zu retten? Irgendeiner unedlen (glaube ich) Schar von Barbaren, die durch einen plötzlichen Angriff und einen unvorhergesehenen Raubzug die glück­ lichen Vorzeichen Deines Anfangs herausgefordert hatte, hast Du die Strafe für ihre Kühnheit angedeihen lassen193. (2) Du hast nicht gezögert, die Köni­ ge der Francia selbst, die wegen der Abwesenheit Deines Vaters den Frieden verletzt hatten, durch äußerste Martern zu bestrafen, weil Du den ewigen Haß jenes Volkes und seinen unversöhnlichen Zorn nicht fürchtetest. (3) Warum sollte denn ein Kaiser, der das, was er getan hat, aufrechterhalten kann, irgendeine ungnädige Stimmung gegenüber seiner gerechten Strenge fürchten? (4) Gefahrlos ist die Milde, die die Feinde schont und eher für sich selbst Vorsorge trägt als verzeiht; Dich aber, Konstantin, mögen die Feinde so sehr hassen, wie sie wollen - solange sie Dich abgrundtief fürchten. Dies nämlich ist wahre Kraft: daß sie nicht lieben und dennoch ruhig sind. Vor­ sichtiger ist derjenige, der seine Gegner kontrolliert, indem er sie sich durch seine Verzeihung verpflichtet; tapferer aber ist gleichwohl der, der seine zornerfüllten Gegner mit Füßen tritt. (5) Du, Kaiser, hast jenes alte Selbst­ vertrauen des Römischen Reiches erneuert, das an den gefangenen Führern der Feinde durch den Tod Rache nahm. (6) Damals nämlich wurden die ge­ fangenen Könige, nachdem sie von den Toren bis zum Forum die Wagen der Triumphierenden geehrt hatten, eilig in den Kerker gebracht und getötet, kaum daß der Kaiser seinen Wagen zum Kapitol zu wenden begonnen hat­ te194. [...] 11. (1) Daher also, Imperator, stammt dieser Frieden hier195, den wir ge­ nießen. Wir werden nämlich nicht mehr durch die Strudel des Rheines, son­ dern durch den Schrecken Deines Namens geschützt. Jener möge, ganz wie er wolle, durch Hitze austrocknen oder durch Eis fest werden, der Feind wird keine der beiden Überquerungsmöglichkeiten zu nutzen wagen. (2) Denn die Natur schließt nichts mit einer so unüberwindbaren Verschanzung ab, daß die Kühnheit sie nicht überwände, der irgendeine Hoffnung bleibt, das zu versuchen; unüberwindlich ist jene Mauer, die der Ruf der Stärke er­ richtet hat. (3) Die Franken wissen, daß diejenigen den Rhein überqueren

burtstag dargebracht von Freunden, Kollegen und Schülern, hg. v. H. E. Herzig u. R. Frei-Stolba, Stuttgart 1989, 179 f. 194 Dieses Verfahren entsprach dem römischen Brauch bei Triumphzügen. 195 In Trier.

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benter admittas, sed nec uictoriam possunt sperare nec ueniam. Quid ipsos maneat, ex regum suorum cruciatibus metiuntur, ideoque tantum abest ut amnis illius transitum moliantur, magis ut coepto ponte desperent. (4) Vbi nunc est illa ferocia, ubi semper infida mobilitas? Iam ne procul quidem Rhenum audetis accolere, et uix securi flumina interiora potatis. (5) Contra hinc per interualla disposita magis ornant limitem castella quam protegunt. Arat illam terribilem aliquando ripam inermis agricola, et toto nostri greges bicorne196 mersantur. Haec est tua, Constantine, cde Ascarici Merogaisiquec supplicio cotidiana atque aeterna uictoria omnibus quondam secundis proe­ liis anteponenda: (6) semel acie uincitur, sine fine documento. Cladem suam, quamuis multi pereant, uulgus ignorat; compendium est deuincendorum hostium duces sustulisse. 12. (1) Vt tamen omnibus modis barbarorum immanitas frangeretur, nec sola hostes regum suorum supplicia maererent, etiam immissa Bructeris uastatione fecisti, imperator inuicte197. (2) In quo prima consilii tui fuit ratio quod exercitu repente traiecto inopinantes adortus es, non quo aperto Marte diffideres ut qui palam congredi maluisses, sed ut illa natio perfugiis silua­ rum et paludum bellum solita frustrari fugae tempus amitteret. (3) Caesi igi­ tur innumerabiles, capti plurimi; quidquid fuit pecoris, raptumd aut trucida­ tum est; uici omnes igne consumpti; puberes qui in manus uenerunt, quorum nec perfidia erat apta militiae nec ferocia seruituti, ad poenas spectaculo dati saeuientes bestias multitudine sua fatigarunt. (4) Hoc est, imperator, fretum esse uirtute sua atque fortuna, hoc est non pacem emere parcendo sed uicto­ riam quaerere prouocando. 13. (1) Insuper etiam Agrippinensi ponte faciundo198 reliquiis adflictae gentis insultas, ne umquam metus ponat, semper horreat semper supplices manus tendat, cum tamen hoc tu magis ad gloriam imperii tui et ornatum li­ mitis facias quam ad facultatem, quotiens uelis, in hosticum transeundi, quippe cum totus armatis nauibus Rhenus instructus sit et ripis omnibus us­ que ad Oceanum dispositus miles immineat. (2) Sed pulchrum tibi uidetur (et re uera pulcherrimum est) ut Rhenus ille non solum superioribus locis,

c_c Kj., dea sacari cimero gaisique Hss. d Kj., captum Hss. 196 Im Rhein. 197 Diese Strafexpedition schloß sich an den Feldzug von 306/7 und die Gefangen­ nahme der beiden fränkischen Könige 308 an; die Brukterer siedelten in der Gegend nördlich der Ruhr und der Lippe. 198 Im Jahre 307 oder 308.

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können, denen Du es gern zu ihrem Verderben erlaubst; aber sie können we­ der den Sieg noch Verzeihung erhoffen. Was ihnen selbst bleibt, das ermes­ sen sie aus den Martern ihrer Könige, und deshalb nur versuchen sie nicht, jenen Fluß zu überqueren - oder besser (da der Brückenbau begonnen wur­ de): nicht zu verzweifeln. (4) Wo ist nun jene Wildheit? wo die stets untreue Wankelmütigkeit? Schon wagt Ihr es nicht einmal mehr, auch nur fernab vom Rhein zu siedeln, und kaum trinkt Ihr sicher aus jien Flüssen des Landesinnern! (5) Kastelle, die in regelmäßigen Abständen angeordnet sind, schmücken dagegen die Grenze eher, als daß sie sie schützen. Ein unbewaff­ neter Bauer pflügt dieses einst schreckliche Ufer, und unsere Herden baden sich im gesamten zweiarmigen Fluß196. Dies, Konstantin, ist Dein täglicher und ewiger Sieg, errungen durch die Todesqual des Ascarius und des Merogaisus, allen dereinst folgenden Schlachten vorzuziehen: (6) In der Schlacht siegt man ein einziges Mal, durch das Zeugnis davon ohne Ende. Selbst wenn viele zugrunde gehen, kennt das Volk seine eigene Niederlage nicht; der kür­ zere Weg ist es, die Führer der zu besiegenden Feinde zu vernichten. 12. (1) Indem Du die Verwüstung gegen die Brukterer bewirkt hast, hast Du es, unbesiegter Imperator, fertiggebracht* daß dennoch auf jede Weise die ungeheure Wildheit der Barbaren gebrochen wurde und die Feinde nicht al­ lein die Todesqualen ihrer Könige betrauerten197. (2) Dabei war der erste Ge­ danke Deines Ratschlusses, die Gegner, nachdem Du plötzlich ein Heer hin­ übergesetzt hattest, nichtsahnend anzugreifen - nicht weil Du, der Du Dich lieber offen auf den Kampf eingelassen hättest, einem offenen Krieg miß­ trautest, sondern damit jenes Volk, das durch FÎucht in die Wälder und Sümpfe den Krieg zu vereiteln gewohnt war, keine Zeit für die Flucht finde. (3) Unzählige wurden erschlagen, viele gefangen; was auch immer es an Vieh gab, wurde geraubt oder geschlachtet; alle Dörfer wurden durch Feuer ver­ nichtet; die jungen Männer, die in Deine Hände fielen und deren Untreue für den Militärdienst, deren Wildheit für die Sklaverei ungeeignet war, wurden zur Strafe dem Circus-Spiel überantwortet und ermüdeten durch ihre große Zahl die reißenden Bestien. (4) Das, Kaiser, heißt fest auf seine Tüchtigkeit und sein Glück vertrauen; das heißt nicht durch Schonung den Frieden er­ kaufen, sondern durch Provokation den Sieg suchen. 13. (1) Im übrigen verhöhnst Du durch den Bau einer Brücke bei Köln198 die Reste des übel zugerichteten Volkes, damit es nicht irgendwann einmal seine Angst ablege, immer in Schrecken lebe, immer die demütig flehenden Hände Dir entgegenstrecke, während doch Du dies mehr zum Ruhm Deines Imperiums und zum Schmuck der Grenze machst als um der Möglichkeit willen, sooft Du möchtest, in Feindesland hinüberzuziehen, da ja ohnehin der ganze Rhein mit bewaffneten Schiffen gerüstet ist und das an allen Ufern bis zum Ozean aufgestellte Heer loszubrechen droht. (2) Aber Dir schien es schön (und es ist in der Tat wunderschön), daß der Rhein nicht allein an den

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ubi aut latitudine uadosus aut uicinia fontis exiguus, sed etiam ibi nouo pon­ te calcetur ubi totus est, ubi iam plurimos hausit amnes quos hic noster in­ gens fluuius199 et barbarus Nicer et Moenus inuexit, ubi iam immani meatu ferox et aluei unius impatiens in sua cornua gestit excedere200. (3) Seruit pro­ fecto, Constantine, ipsa rerum natura numini tuo, cum in illa gurgitum alti­ tudine tantarum molium fundamenta iaciuntur fidam et stabilem firmitatem habitura. (4) Iunxerit licet quondam Hellesponti angustias classe conexa Per­ sarum rex potentissimus201: temporarius ille transitus fuit. Simili nauium continuatione Baianum sinum strauerit ab Augusto tertius Caesar: delicata fuit illa uectatio principis otiosi202. H oc opus et difficile factu et usu futurum est sempiternum. (5) Certe quidem iam tibi in exordio sui hostium mouit obsequia, qui pacem supplices petiuerunt, nobilissimos obsides obtulerunt. Ex quo nemo dubitat quid perfecto ponte facturi sint qui iam seruiunt in­ choato. [...] 21203. (2) Ecce enim, dum a limite paulisper abscesseras, quibus se terrori­ bus barbarorum perfidia iactauerat, scilicet dum sibi illa proponunt: quando perueniet? quando uincet? quando fessum reducet exercitum? cum repente audito reditu tuo uelut attoniti conciderunt, ne tuum pro re publica uotum amplius quam unius noctis cura tetigisset.

Eutropy Ab urbe condita 10,3,2: [...] qui in Galliis et militum et provincialium ingenti iam favore regnabat, caesis Francis atque Alamannis, captis eorum regibus204, quos etiam bestiis, cum magnificum spectaculum205 muneris parasset, obiecit. 199 Die Mosel. 200 In der Antike war der Rhein schon in seinem Oberlauf mehrarmig. 201 Xerxes im Jahre 480 v. Chr. 202 Nach Suet. Cal. 19, hatte Gaius Caligula (37-41 n. Chr.) den Zwischenraum zwischen Baiae (ein Seebad westl. von Neapel) und den Hafendämmen von Puteoli (bei Neapel) durch eine Brücke von Lastschiffen überbrücken lassen. 203 Im folgenden berichtet der Panegyricus über einen Aufstandsversuch von 309 oder Anfang 310: Die Revolte brach aus, als Konstantin nach Marseille zog, um Maxi­ mian zu schlagen; auf die Nachricht von Konstantins Sieg über seinen Konkurrenten hin brach der Angriff der Germanen in sich zusammen. In diesem Zusammenhang steht wohl auch die Nachricht bei Lact. mort. pers. 29,3-4, die Francorum gens habe unter Waffen gestanden. 204 Das bezieht sich auf die Könige Ascarius und Merogaisus zum Jahr 308; vgl. oben Paneg. Lat. VI (VII) 11,5. Auf diesen Sieg nimmt wohl auch C IL 8502 Be­ zug: VIRTVTE D O M IN I CO N ST A N TIN I MAXIMI PII FELICISSIM I INVICTI AVGVSTI SVPPRESSIS DOM ITISQVE FR A N CIS IN EORVM TERRIS CAS-

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höhergelegenen Orten, wo er in der Breite voller seichter Stellen oder durch die Nähe zur Quelle schmal ist, sondern auch dort durch eine neue Brücke gangbar wird, wo er sein volles Maß erreicht, wo er schon viele Zuflüsse aus­ geschöpft hat, die ihm dieser unser ungeheure Fluß199 und der barbarische Neckar und der Main zugetragen haben, wo er schon durch seine ungeheure Strömung schreckenerregend ist und sich - unzufrieden mit einem einzigen Bett - anschickt, in seine Arme auszulaufen200. (3) Wahrhaftig, Konstantin, die Natur der Dinge selbst dient Deinem göttlichen Walten, wenn in jene Tiefe der Strudel die Fundamente so gewaltiger Riesenbauten gelegt werden, die dort eine zuverlässige und stabile Festigkeit haben sollen. (4) Wohl hat einst der allermächtigste König der Perser durch eine aneinandergebundene Flotte die Meerenge des Hellespont verbunden201 - zeitlich begrenzt war je­ ner Übergang. Durch eine gleiche Aufeinanderfolge von Schiffen hat der von Augustus an dritte - Caesar die Bucht von Baiae überdeckt - luxuriös war jenes Getragenwerden eines müßiggehenden Princeps202. Dieses Werk hier ist sowohl schwer herzustellen als auch dauerhaft in seinem Nutzen. (5) Mit Sicherheit hat es Dir schon von Anbeginn an den Gehorsam der Feinde eingetragen, die demütig flehend um Frieden gebeten, edelste Geiseln ge­ stellt haben. Angesichts dessen zweifelt niemand daran, was diejenigen, die schon bei Beginn des Brückenbaus Dienst leisten, erst bei dessen Vollendung tun werden. [...] 21203. (2) Siehe nämlich, als Du ein wenig von der Grenze fernbliebst, mit welchen Schrecken brüstete sich da die Untreue dgr Barbaren, während sie sich freilich folgendes vor Augen hielten: „Wann wird er herkommen? Wann wird er siegen? Wann wird er sein erschöpftes Heer zurückführen?“ Als sie plötzlich Deine Rückkehr erfuhren, da sanken sie wie besinnungslos zusam­ men, damit nicht die Sorge länger als eine Nacht Dein Gelübde für den Staat berühre.

Eutrop, Ab urbe condita 10,3,2: [...] (Konstantin) herrschte in Gallien bereits mit der ungeheuren Gunst der Soldaten wie der Provinzbewohner, nachdem er Franken und Aleman­ nen geschlagen und ihre Könige gefangengenommen hatte204, die er sogar wilden Tieren vorwarf, als er großartige öffentliche Spiele205 veranstaltete. TRVM DIVITENSIVM SVB PRAESENTIA PRINCIPIS SVI DEVOTI NVM INI MAIESTATIQVE D U O D EV IG IN TI H A EC VOTA FECERVNT (Als dank der Tapferkeit des größten, frommen, glücklichsten und unbesiegten Herrn Kaisers, Konstantin, die Franken unterworfen und bezwungen waren, errichteten die Zweiundzwanziger [Soldaten der 22. Legion; so nach dem Kommentar entgegen dem

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Johannes Antiochenos fr. 169 Müller (FHG IV, p. 603): [...] Πολλή δέ τις κατεΐχεν εΰνοια τούς στρατιώτας εις τόν Κωνσταντί­ νον, διά τε τά άλλα κα'ι την εν πολέμοις ευτυχίαν. Φραγκούς γάρ τε και Άλαμανούς, οΐ Κελτών είσ'ι δυνατώτεροι, πανστρατιά διαφθείρας, καί τούς ήγεμόνας τούτων έλών, έν τή τών επινικίων πανηγύρει διαγωνίσασθαι πρός θηρία παρεσκεύασεν206.

Panegyricus Latinus X I I (IX) 2,6-3,1; 21,3-24,4207: 2. (6) Rhenum tu quidem toto limite dispositis exercitibus tutum relique­ ras, sed hoc maiores pro te suscepimus metus quod nobis potius quam tibi consulebas, nostramque pacem magis quam bellum quod aggrediebare fir_____ „ J 0 8 maueras 3. (1) N e tu, imperator, nimio nostri amore nescisti ad securitatem nobis uere prouidere, qui non omnia tecum arma mouisti, cum tua conseruatio sa­ lus nostra sit. (2) Et quid opus erat ipsi Rheno instructis et militibus et classi­ bus, quem iam pridem barbaris nationibus uirtutis tuae terror obstruxerat? [···] 21. (3) Iam obliti deliciarum Circi maximi et Pompeiani theatri et nobili­ um lauacrorum Rheno [et] Danubioque praetendunt209, excubias agunt, latrocinia compescunt, certant denique cum uictoribus ut ciuili bello uicti hostibus comparentur. (4) Nec tamen id mirum uideri potest, cum qualemcumque militem fortissimum facias tuo, imperator, exemplo. (5) N on enim fessus proeliis et expletus uictoriis, ut Natura fert, otio te et quieti dedisti, sed eodem impetu quo redieras in Gallias tuas perrexisti ad inferiorem Ger­ maniae limitem, magna scilicet intercapedine temporis ac breui locorum dis­ tantia post annuam expeditionem statim bellum auspicatus a Tiberi ad Rhe­ num, immo (ut omen et similitudo nominis, sic et tua, imperator, magnitudo

Wortlaut „Achtzehner“] in ihrem Gebiet das Lager Deutz [und] machten in Anwe­ senheit ihres gottergebenen Princeps der Gottheit und der Erhabenheit dieses Gelüb­ de.) CIL III 7000 (nach 331) verleiht Konstantin die Triumphatornamen Guth(icus) und Alaman(nicus). 205 Gladiatorenspiele. 206 Zum Kontext vgl. oben Anm. 193. 207 Die Rede, aus der die folgenden Abschnitte entnommen sind, wurde als gratu­ latio für Konstantin I. im Jahre 313 in Trier gehalten, nach Konstantins Siegen über Maxentius (312) und die Franken (Frühjahr/Frühsommer 313). 208 Gegen Maxentius in Italien 312.

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Johannes Antiochenos fr. 169 Müller (FHG IV, p. 603): [...] Starke Zuneigung verband die Soldaten mit Konstantin, und zwar vor allem wegen seines Kriegsglücks. E r hatte nämlich die Franken und Ale­ mannen, recht mächtige (Völker) der Kelten (Germanen), mitsamt ihrem ganzen Heer aufgerieben und ihre Anführer gefangengenommen und bei den Siegesfeiern gegen wilde Tiere kämpfen lassen206. .

Panegyricus Latinus X I I (IX) 2,6-3,1; 21,3-24,4207: 2. (6) Den Rhein hattest Du zwar durch Aufstellung von Heeren an der gesamten Grenze geschützt zurückgelassen, aber dies haben wir mit größe­ ren Ängsten um Dich zur Kenntnis genopimen: daß Du eher für uns als für Dich Sorge getragen und eher unseren Frieden abgesichert hast als den Krieg, den Du in Angriff nahmst208. 3. (1) Aus allzu großer Liebe zu uns, Kaiser, hast Du nicht wirklich für unsere Sicherheit zu sorgen gewußt, der Du nicht alle Militärmacht mit Dir fortbewegt hast, obwohl Deine Erhaltung unser Heil ist! (2) Und was be­ durfte es denn am Rhein selbst, den schon vordem der Schrecken vor Deiner Kraft den Barbarenvölkern versperrt hatte, sowohl gerüsteter Truppen als auch einer Flotte? [...] 21. (3) Schon haben sie209 die Köstlichkeiten des^üircus Maximus und des Pompeianischen Theaters und der edlen Thermen vergessen und kampieren an Rhein und Donau, schieben Wachdienst, gebieten der Räuberei Einhalt; sie kämpfen schließlich gemeinsam mit ihren siegreichen Gegnern, damit sie, die im Bürgerkrieg besiegt worden waren, an den Feinden gemessen werden. (4) Aber dennoch kann dies nicht wundersam erscheinen, weil Du, Impera­ tor, durch Dein Beispiel jeden beliebigen Soldaten zum allerstärksten machst. (5) Du nämlich warst nicht müde von den Schlachten, nicht satt an Siegen, Du gabst Dich nicht, wie die Natur es mit sich bringt, dem Müßig­ gang und der Ruhe hin, sondern mit demselben Ungestüm, mit dem Du in Dein Gallien zurückgekehrt warst, hast Du Dich zur unteren Grenze Germaniens begeben; mit einer großen zeitlichen Unterbrechung und in kurzer räumlicher Distanz hast Du nach dem Kriegszug des Jahres sofort einen Krieg begonnen, um vom Tiber zum Rhein, oder vielmehr (wie das Vorzei­ chen und die Ähnlichkeit des Namens und, Imperator, Deine Seelengröße

209 Die Soldaten des Maxentius nach dessen Niederlage in der Schlacht an der Milvischen Brücke bei Rom im Jahre 312.

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animi pollicetur) a Tusco Albula210 ad Germanicum Albam211 prolaturus im­ perium212. 22. (1) Quisnam iste est tam continuus ardor? Quae diuinitas perpetuo uigens motu? (2) Omnium rerum interualla sunt: cessat terra noualibus, dicun­ tur interdum flumina resistere, sole ipse noctibus adquiescit. Tu, Constanti­ ne, solus infatigabilis bellis bella continuas, uictorias uictoriis cumulas. Quasi praeterita sunt obliterata si desinas, non putas te uicisse nisi uincas. (3) Ruperat fidem gens leuis et lubrica barbarorum et, robore atque audacia lec­ tis eruptionis auctoribus, institisse Rheno nuntiabantur. Ilico obuius adfuisti et praesentia tua, ne auderent transitum, terruisti. (4) Et iam uidebaris rem uotis tuis fecisse contrariam, quod inhibita eruptione non foret materia uictoriae; (5) sed inopinato consilio usus abeundi, enim simulato nuntio maioris in superiore limite tumultus, occasionem stolidis ac feris mentibus obtulisti in nostra ueniendi, relictis in occulto ducibus qui securos adorerentur. (6) Quo cum uenissent, consilium tuum sequitur fortuna. Toto Rheni alueo oppleto nauibus deuectus terras eorum ac domos maestas lugentesque popu­ latus es, tantamque cladem uastitatemque periurae genti intulisti ut post uix ullum nomen habitura sit. 23. (1) Ite nunc omnes, si placet, barbarae nationes et exitiales uobis mouete conatus: habetis exemplum. (2) Quamuis enim imperator noster amicorum regum admittat obsequia idque ipsum ualeat ad laudem uictoriae quod a nobilissimis regibus timetur et colitur, augeri tamen gloriam uirtutis suae gaudet quotiens prouocatur. (3) Nam quid hoc triumpho pulchrius, quo caedibus hostium utitur etiam ad nostrum omnium uoluptatem1, et pompam munerum de reliquiis barbaricae cladis exaggerat? Tantam captiuorum mul­ titudinem bestiis obicit, ut ingrati et perfidi non minus doloris ex ludibrio sui quam ex ipsa morte patiantur. (4) Inde est quod, cum exitum differre lice­ at, perire festinant seseque letalibus uulneribus et mortibus offerunt. Ex quo ipso apparet quam magnum sit uicisse tam prodigos sui.

e Kj., sed Hss. 210 Der „weißlich Schimmernde“ , ein älterer Name für den Tiber. 211 Die Elbe. 212 Gemeint ist der Feldzug gegen die Franken und andere gentes im Frühjahr und Sommer 313. Vgl. Paneg. Lat. IV (X) 18,1, unten S. 182.

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verspricht) von der toskanischen Albula210 zur germanischen Alba211 das Reich auszudehnen212. 22. (1) Was also ist das für ein beständiger Eifer? Was für eine Göttlich­ keit, die durch ununterbrochene Bewegung in Blüte steht? (2) Es gibt bei al­ len Dingen Pausen. Die Erde erholt sich auf den Brachen. Die Flüsse, so sagt man, stehen bisweilen still, die Sonne selbst ruht in den Nächten. Du allein, Konstantin, setzt die Kriege mit unermüdlichen Kriegen fort, häufst Siege über Siege. Als ob Vergangenes vergessen wäre, sobald Du davon abläßt, glaubst Du nicht, daß Du gesiegt hast, wenn Du nicht siegst. (3) Es hatte das leichtfertige und unzuverlässige Volk der Barbaren die Treue gebrochen, und nachdem mit Kraft und Kühnheit die Urheber des Ausbruchs zusammenge­ sammelt waren, wurde gemeldet, daß sie am Rhein Aufstellung genommen hätten. Dort bist Du ihnen entgegengetreten, und durch Deine Gegenwart hast Du sie in Schrecken versetzt, damit sie den Übergang (über den Fluß) nicht wagten. (4) Und schon schienst Du etwas getan zu haben, was Deinen Gelübden entgegenlief, weil nach Verhinderung des Ausbruchs kein Anlaß für einen Sieg mehr bestand; (5) aber nachdem Du den unerwarteten Plan, Dich zu entfernen, umgesetzt hattest (indem die Meldung eines größeren Aufstands an der weiter oben verlaufenden Grenze vorgetäuscht wurde), hast Du den dummen und wilden Gemütern die Gelegenheit geboten, in un­ ser Gebiet zu kommen, nachdem im Geheimen Führer zurückgelassen wor­ den waren, die die Sorglosen angriffen. (6) Als diese dorthin gekommen wa­ ren, folgte das Schicksal Deinem Plan. Nachdem dae ganze Bett des Rheines mit Deinen Schiffen angefüllt war, bist Du hinabgesegelt und hast dann ihre traurigen und trauernden Ländereien und Häuser geplündert und dem meineidigen Volk eine so große Niederlage und Verwüstung beigebracht, daß ihm anschließend kaum noch ein Name als Besitz blieb. 23. (1) Geht nun alle, Ihr barbarischen Völker, wenn es Euch gefällt, und betreibt die für Euch zum Untergang führenden Versuche: Ihr habt ein Bei­ spiel. (2) Obgleich nämlich unser Kaiser den Gehorsam befreundeter Könige zuläßt und dies selbst ein Siegeslob wert ist, daß er von den edelsten Königen gefürchtet und verehrt wird, freut er sich - sooft er provoziert wird - doch darüber, daß der Ruhm seiner Tüchtigkeit vermehrt wird. (3) Denn was ist schöner als dieser Triumph, bei dem er das Gemetzel an seinen Feinden sogar zu unser aller Lust nutzte und die Pracht der Geschenke vermehrte durch die Überlebenden der barbarischen Niederlage? Eine so große Menge von Ge­ fangenen warf er den Bestien vor, daß die Undankbaren und Untreuen nicht weniger Schmerz aus ihrer eigenen Entehrung erlitten als aus ihrem Tode selbst. (4) Daher kommt es, daß sie - obwohl sie den Tod hätten hinauszö­ gern können - sich beeilten, zugrunde zu gehen und sich den tödlichen Ver­ wundungen und Toden anheimzugeben. Schon daraus geht hervor, wie groß es ist, gegen Leute gesiegt zu haben, die ihr Leben so geringschätzen.

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24. (1) Facile est uincere timidos et imbelles, quales amoena Graeciae et deliciae Orientis educunt, uix leue pallium et sericos sinus uitando sole tole­ rantes et, si quando in periculum uenerint, libertatis immemores, ut seruire liceat orantes. (2) Romanum uero militem, quem qualemque ordinat disci­ plina et sacramenti religio confirmat, aut trucem Francum ferina sola carne distentum, qui uitam pro uictus sui uilitate contemnat, quantae molis sit su­ perare uel capere! Quod tu, imperator, et nuper in Italia213 et in ipso con­ spectu barbariae paulo ante fecisti. (3) Ita sine ullo discrimine omnia genera bellorum armorum hostium uni tibi cedunt, cedunt ex omni etiam memoria condita litteris monimenta uirtutum. (4) Nec uero tantummodo uetera illa dictatorum et consulum ac deinceps magnorum p^incipum, sed etiam recentissima8 et pulcherrima diui patris tui facta superasti (sordet enim alios ex proximo tempore comparare); ipsum, inquam, diuum Constantium iam pri­ mis imperii tui lustris214 rerum gestarum laude cumulasti.

Panegyricus Latinus IV (X) 16,4-18,6215: 16. (4) Tu, imperator optime216, inito principatu, adhuc aeui immaturus sed iam maturus imperio, ostendisti cursum aetatis non exspectandum in fes­ tinatione uirtutis. (5) Tu exinde domi militiaeque iuxta bonus nusquam gra­ dum extulisti, quin ubique te gloria quasi umbra comitata sit. Tu ferocissimis regibus Ascarico et comite suo217 captis tanta laude res bellicas auspicatus es, ut eam inauditae magnitudinis obsidem teneremus. (6) Vt Herculem ferunt adhuc tenerum atque lactantem duos angues manu elisisse218, ut iam infantu­ lo indoles futuri roboris emicaret*1, sic tu, imperator, in ipsis imperii tui cuna­ bulis, quasi geminos dracones necares, per saeuissimorum regum famosa supplicia ludebas. f So der Korrektor des Vaticanus lat. 1775; uoluntatem Hss. 8 Kj., rectissima Hss. h So der Korrektor des Vaticanus lat. 1775; immicaret Hss. 213 Beim Sieg über Maxentius 312. 2,4 Ursprünglich „Jahrfünft“, abgeleitet vom Sühneopfer, das alle fünf Jahre von den Censoren geleistet worden war. In der Kaiserzeit verliert der Begriff seine exakte Zeitbedeutung. 215 Gehalten am 1. März 321 in Rom durch den Rhetor Nazarius von der Schule von Bordeaux in Rom. Anlaß für den Panegyricus gaben die Quinquennalia der Söh­ ne Konstantins I. (Crispus und Konstantin II.), die am 1. März 317 zu Caesaren erho­ ben worden waren. 216 Angesprochen wird hier Konstantin I. 217 Den König Merogaisus, vgl. oben Anm. 193 und 204.

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24. (1) Leicht ist es, ängstliche und unkriegerische Leute zu besiegen, wie sie das angenehme Griechenland oder der genußreiche Orient hervorbrin­ gen, die schon kaum einen leichten Mantel und seidene Schleier zum Schutz gegen die Sonne ertragen und, wenn sie irgendwann in eine Gefahr geraten sind, ohne ihrer Freiheit zu gedenken, um die Erlaubnis flehen zu dienen. (2) Den römischen Soldaten aber, den - welcher auch immer er sei - die Diszi­ plin in Reih und Glied aufstellt und das heilige Versprechen des Eides stärkt, oder den grimmigen Franken, der - allein vom Fleisch wilder Tiere strot­ zend - sein Leben geringschätzt für den Nutzen seines Lebensunterhaltes: welch großer Mühe bedarf es, diese Leute zu überwinden oder gefangenzu­ nehmen! Das hast Du, Imperator, sowohl neulich in Italien213 als auch kurz zuvor im Angesicht des Barbarenlands selbst vollbracht. (3) So weichen vor Dir allein ohne jeden Unterschied alle Sorten von Kriegen, von Feinden, weichen sogar aus jedem Gedächtnis (lie Zeugnisse der Tugenden, die schriftlich festgehalten worden sind. (4) Doch nicht nur jene alten Taten der Diktatoren und Konsuln und dann der großen Fürsten, sondern sogar die allerneuesten und schönsten Deines göttlichen Vaters hast Du übertroffen (denn andere aus der jüngsten Vergangenheit zum Vergleich heranzuziehen hat keinen Reiz); den göttlichen Constantius selbst, sage ich, hast Du schon in den ersten Lustren214 Deiner Herrschaft mit dem Lob Deiner Taten er­ höht.

Panegyricus Latinus IV (X) 16,4-18,62i5: 16. (4) Du, bester Imperator216, hast zu Beginn Deines Prinzipats - dem Alter nach noch unreif, aber schon reif für die Herrschaft - gezeigt, daß man beim Streben nach kriegerischem Mut nicht den Lauf des Alters abwarten muß. (5) Du hast fortan - daheim und im Felde gleichermaßen gut - niemals einen Schritt getan, ohne daß Dich der Ruhm quasi als Schatten überallhin begleitet hätte. Du hast, indem Du die allerschrecklichsten Könige, Ascarius und seinen Verbündeten217, gefangen hast, mit so großem Lobe die kriegeri­ schen Dinge in Angriff genommen, daß wir es für die Bürgschaft einer ungehörten Größe hielten. (6) So wie man sagt, daß Herkules schon in zartem Al­ ter und als Säugling zwei Schlangen mit seiner Hand erdrosselt habe218, so daß schon in dem Kinde die Begabung zukünftiger Kraft hervorblitzte, so hast Du, Imperator, schon in den Anfängen Deiner Herrschaft selbst, als ob Du einen doppelköpfigen Drachen tötetest, Dir durch die berühmten To­ desqualen der allerwildesten Könige spielend die Zeit vertrieben. 218 Zur Bedeutung des Herkules in der Herrschaftsideologie vgl. oben Anm. 138 und Anm. 148.

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Der Westen des Reiches bis zur Regierung Konstantins

17. (1) Franci ipsi praeter ceteros truces, quorum uis cum ad bellum efferuesceret ultra ipsum Oceanum aestu furoris euecta, Hispaniarum etiam oras armis infestas habebant. Hi igitur sub armis tuis ita conciderunt ut deleri funditus possent, nisi diuino instinctu, quo regis omnia, quos ipse adfeceras conficiendos filio reseruasses. (2) Quamquam ad gloriam uestram fecunda malis suis natio ita raptim adoleuit robusteque recreata est, ut fortissimo Caesari primitias ingentis uictoriae daret, cum memoria acceptae cladis non infracta sed asperata pugnaret219. [...] 18. (1) Quid memorem Bructeros, quid Chamauos, quid Cheruscos Lancionas Halamannos Tubantes? Bellicum strepunt nomina, et immanitas bar­ bariae in ipsis uocabulis adhibet horrorem. Hi oçines singillatim, dein pari­ ter armati conspiratione foederatae societatis exarserant220. (2) Tu tamen, imperator, cum tantam belli molem uideres, nil magis timuisti quam ne time­ reris. Adis barbaros, et dissimulato principis habitu quam proxime poteras, cum duobus accedis. (3) Numquam est excelsior principatus quam cum se publico submittit officio. Facis uerba, spem illorum agitas et uersas creduli­ tatem1, negas te esse praesentem. (4) O uere caeca barbaria, quae in illo uultu signa principis non uideris, quem ne sic quidem senseris, cum intra iactum teli securus sui staret, Constantinum esse! Qui hoc poteras non timere, dubi­ tare quisquam potest te per omnia subnixum deo uadere? Inuictos ducis et solus timeris. (5) Tot regna, tot populi et tantarum nationum congregatio in­ dignam se uiribus tuis putat, quem credit absentem. Tibi tamen incremen­ tum laudis ex multiplicatione terroris est. Magnificentius congregata obteris quae scrupulosius dispersa sequereris. (6) Innumerae simul gentes ad bellum coactae, sed uno impetu tuo fusae, dum conlatiuam uim comparant, com­ pendiosam uictoriam praestiterunt.

1 Kj., crudelitatem Hss. 219 Anspielung auf einen Feldzug des Crispus gegen die Franken im Winter 320/21. 220 Anders als der Paneg. Lat. XII (IX) von 313 (vgl. oben S. 176 ff.) nennt Nazarius die Namen einzelner gentes, die von Konstantin I. im Frühjahr und Sommer 313 ge­ schlagen wurden, und macht so die Dimensionen jenes Krieges deutlich.

Kämpfe unter Diocletian, Maximian, Constantius I. und Konstantin

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17. (1) Die Franken selbst - die wilder als die übrigen sind, deren Gewalt, als sie sich zum Krieg entfachte, selbst über den Ozean mit dem Feuer der Wut übergesetzt war - hielten sogar die Küsten der Hispanier mit Waffen in Unruhe. Diese also fielen unter Deinen Waffen so, daß sie ganz und gar hät­ ten vernichtet werden können, wenn Du nicht durch die göttliche Einge­ bung, mit der Du alles lenkst, diejenigen, die Du selbst geschwächt hattest, Deinem Sohne zur endgültigen Unterwerfung übriggelassen hättest. (2) Gleichwohl vermehrte sich jenes Volk, das zu Eurem Ruhme reich ist an ei­ genen Übeln, so rasch und war in solcher Stärke wiederhergestellt, daß es dem tapfersten Caesar die ersten Waffentaten eines ungeheuren Sieges dar­ bot, als es durch die Erinnerung an die empfangene Niederlage nicht gebro­ chen war, sondern verbittert kämpfte219. [...] 18. (1) Was soll ich an die Brukterer erinnern? Was an die Chamaven? Was an die Cherusker, Lancionen, Alemannen, Tubanten? Die Namen verkün­ den lärmend einen kriegerischen Schrecken, und die Entsetzlichkeit der bar­ barischen Welt zeigt ihn in diesen Bezeichnungen selbst. Sie alle entbrannten erst einzeln, dann durch eine Verschwörung gleichermaßen bewaffnet zu ei­ nem vereinten Bündnis220. (2) Als Du, Imperator, eine so große Kriegsmacht sahst, hast Du dennoch nichts mehr gefürchtet als den Umstand, daß Du nicht gefürchtet wirst. Du begibst Dich zu den Barbaren, und indem Du das Kaisergewand verbirgst, näherst Du Dich mit zwei Leuten, so dicht Du nur kannst. (3) Niemals ist der Prinzipat herausragender, als dann, wenn er sich einer alltäglichen Aufgabe unterwirft. Du m achst Worte, Du stachelst die Hoffnung jener Leute auf und treibst Dein Spiel mit ihrer Leichtgläubigkeit, Du leugnest, daß Du anwesend seiest. (4) Oh, wahrhaft blinde Barbaren­ welt, die Du in jenem Gesicht die Zeichen des Princeps nicht sahst, von dem Du nicht einmal da, als er - seiner sicher - nicht einen Geschoßwurf weit entfernt stand, bemerktest, daß er Konstantin war! Und Du, der Du das nicht hattest fürchten können - wer kann bezweifeln, daß Du durch alles mit der Unterstützung eines Gottes gehst? Du führst Unbesiegte, und Du allein wirst gefürchtet. (5) So viele Reiche, so viele Völker und eine Vereinigung so gewaltiger Völker hielt sich selbst für unwürdig angesichts Deiner Kräfte, da sie dich abwesend wähnte. Du aber gewinnst aus der Vervielfachung des Schreckens wachsendes Lob. Großartiger vernichtest Du das Vereinte, was Du, wenn es einzeln verstreut gewesen wäre, gewissenhaft verfolgt hättest. (6) Unzählige Völker, die gleichzeitig zum Kriege vereint, aber durch einen einzigen Angriff Deinerseits niedergestreckt waren, haben Dir, während sie eine vereinte Macht aufboten, einen vorteilhaft kurzen Sieg bereitet.

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Der Westen des Reiches bis zur Regierung Konstantins

Zosimos, Historia nova 2,34: (1) Έ πραξεν δέ τι Κωνσταντίνος καί έτερον, ο τοϊς βαρβάροις άκώλυτον έποίησε την επί την ‘Ρωμαίοις ύποκειμένην χώραν διάβασιν221, της γάρ ‘Ρωμαίων έπικρατείας άπανταχοϋ των έσχατιών τη Διοκλητιανού προνοία κατά τόν είρημένον ήδη μοι τρόπον221222 πόλεσι καί φρουρίοις καί πύργοις διειλημμένης, καί παντός τού στρατιωτικού κατά ταΰτα την οϊκησιν έχοντος, άπορος τοϊς βαρβάροις ήν ή διάβασις, πανταχοΰ δυνάμεως άπαντώσης τούς έπιόντας άπώσασθαι δυναμένης. (2) Καί ταύτην δη την άσφάλειαν διαφθείρων ό Κωνσταντίνος των στρατιωτών τό πολύ μέρος των έσχατιών άποστήσας ταΐς ού δεομέγαις βοήθειας πόλεσιν έγκατέστησε223, καί τούς ένοχλουμένους ύπό βαρβάροων έγύμνωσε βο­ ήθειας, καί ταΐς άνειμέναις τών πόλεων την άπό τών στρατιωτών έπέθηκε λύμην. [...]

Sozomenos, Historia ecclesiastica 2,6,l 22*: Πληθυνούσης δέ τής έκκλησίας τούτον τόν τρόπον άνά πάσαν τήν ‘Ρωμαίων οικουμένην, καί δι’ αυτών τών βαρβάρων ή θρησκεία έχώρει. Ή δη γάρ τά τε άμφί τόν ‘Ρήνον φύλα έχριστιάνιζον, Κελτοί τε καί οι Γαλατών ένδον τελευταίοι τόν ωκεανόν προσοικούσι, καί Γότθοι, καί δσοι τούτοις δμοροι τό πριν ήσαν άμφί τάς δχθας ’Ίστρου ποταμού, πάλαι μετασχόντες τής εις Χριστόν πίστεως έπί τό ήμερώτερον καί λογικόν μεθηρμόσαντο.

221 Zosimos urteilt in seiner Kritik an Konstantin hier aus seiner Sicht als Christen­ gegner. 222 Die betreffenden Abschnitte sind nicht erhalten. 223 Ein Hinweis auf die von Diocletian vorbereitete und von Konstantin endgültig vollzogene Trennung zwischen mobilen Verbänden des Feldheeres (comitatenses) und Grenztruppen am Limes {ripenses).

Kämpfe unter Diocletian, Maximian, Constantius I. und Konstantin

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Zosimos, Historia nova 2,34: (1) Konstantin traf aber auch noch eine andere Maßnahme, die den Barba­ ren ein ungehindertes Eindringen in das von den Römern beherrschte Land erlaubte221; da nämlich das Römische Reich überall an den Randgebieten durch die Voraussicht des Diocletian auf die von mir schon erwähnte Wei­ se222 durch Städte, Befestigungen und Wachttürme genau abgegrenzt war und das gesamte (römische) Heer sich ständig in diesen befand, war es den Barbaren unmöglich einzufallen, denn überall trat ihnen eine Streitmacht entgegen, die in der Lage war, die Angreifer zurückzuschlagen. (2) Diese Si­ cherung beseitigte Konstantin, indem er das Heer größtenteils von den Grenzen abzog und in Städte legte223, die keiner Hilfe bedurften, während er die von Barbaren bedrohten Menschen ohne Schutz ließ und die friedlichen Städte mit jener Unordnung belastete, die von Soldaten ausgeht. [...]

Sozomenos, Historia ecclesiastica 2,6,1224: Während die Kirche im gesamten Römischen Reich auf diese Weise an Be­ deutung gewann, verbreitete sich auch die Religion (der Christen) bei den Germanen. Die Stämme am Rhein waren bereits christlich, die Kelten (Ger­ manen), und von den Galliern die als äußerste am Ozean wohnen, und die Goten und alle, die früher Anrainer an den Ufern der Donau waren; sie hat­ ten sich schon lange dem Glauben an Christus zugewandt und sich an eine mildere und vernünftigere Lebensart angepaßt.

224 Der Kirchenhistoriker, der hier über die Anfänge des Christentums bei germa­ nischen Stämmen berichtet, bezieht sich dabei auf die Zeit Konstantins d. Gr. Ein Christentum bei Alemannen und Goten behauptet auch der zwischen 403 und 410 schreibende christliche Apologet Arnobius, Adv. nat. 1,16.

D E R W E ST E N D E S R E IC H E S V O N K A ISE R C O N S T A N S BIS Z U R R E IC H S T E IL U N G 395

Einleitung Eine neue Phase der Grenzkriege begann im^Westen 341 im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Konstantins d. Gr. Söhnen Constans und Constantius II1. Ein Jahr später konzedierte Constans fränkischen Neusied­ lern Wohnsitze zwischen Rhein und Waal2. Weitreichende Auswirkungen auf die Grenzverteidigung hatte dann vor allem die Usurpation des Magnen­ tius (in Autun am 18.1.350), der im Kampf gegen Constantius II. Truppen von der Rheinlinie abzog und hierdurch Invasionen der Alemannen in links­ rheinische Gebiete provozierte3. Weiträumige Zerstörungshorizonte doku­ mentieren das Ausmaß der Katastrophen. An einer Reihe von Stellen wurde offenbar der römische Grenzschutz am Rhein von Sachsen, Franken und Alemannen regelrecht überrollt. Vermutlich Ende 352 erlitt Decentius, der Caesar des Magnentius, eine vernichtende Niederlage durch alemannische Scharen unter Chnodomar4. Für die Jahre 353-378 sind wir mit Ammianus Marcellinus dann durch eine gute, relativ zeitgenössische Quelle über die Auseinandersetzungen un­ ter den Kaisern Constantius IL, Julian - für Ammian eine Art Idealherr­ scher-, Valentinian und Valens unterrichtet. Constantius II. konnte zwar im Frühjahr 354 überraschend den Rhein überqueren und bei Augst einen Frie­ densvertrag mit den alemannischen „Königen“ Gundomad und Vadomar schließen5 sowie im Sommer 355 alemannische Lentienser nördlich des B o­ densees erfolgreich bekämpfen6, doch eroberten fränkische Kriegerscharen im Herbst dieses Jahres Köln, und in den folgenden Monaten gewannen

1 Sokr. 2,10,21. 2 Sokr. 2,13,4. 3 Aur. Vict. Caes. 41,23; Lib. or. 18,33; Julian, or. 1,34. Anders Sokr. 3,1,25-26 und Zos. 2,53,3, wonach Constantius II. Germanen gegen Magnentius zu Hilfe gerufen habe. 4 Amm. 16,12,5. 5 C IL III 3705; Kuhoff, Quellen VI, 49, Nr. 64; Amm. 14,10,1-16. Zur Interpreta­ tion des Partizips transgressus bei Amm. 14,10,7 vgl. Lorenz, Imperii fines 26 f. 6 Amm. 15,4.

Einleitung

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Alemannen eine Reihe von linksrheinischen Städten7. Nach ersten Erfolgen gegen die Invasoren 356 konnte Julian 357 ein großes alemannisches Aufge­ bot unter Chnodomar und sechs weiteren „Königen“ in der Schlacht bei Straßburg8 besiegen und über den Rhein vorstoßen9, während der magister militum Barbatio Juthungen zurückschlug, die nach Rätien eingedrungen waren10. In der Folgezeit unterwarf Julian salische Franken, die den Raum zwischen Maas und Schelde okkupiert hatten, und Ghamaven11, gestattete ihnen anschließend aber dennoch die Siedlung in den besetzten Gebieten. Noch im Herbst 358 bekämpfte er Alemannen im Neckarraum12 und zwang 359 Vadomar und andere alemannische Anführer zum Abschluß von Verträ­ gen13. Nach seiner Erhebung zum Augustus schaltete Julian in einem weite­ ren Feldzug Vadomar endgültig aus (361)14. Einen Wechsel in der Germanenpolitik im Westen des Römischen Reiches beabsichtigte Valentinian I. herbeizufühcen, als er sich 364 weigerte, einer alemannischen Delegation die üblichen „Geschenke“ zu überreichen (d. h. Subsidien zu zahlen)15 und die unter Julian geschlossenen Verträge anzuer­ kennen. Er bemühte sich aber vermutlich um gute Beziehungen zu den Franken, um in Erwartung neuer Kämpfe mit den Alemannen die Grenzsi­ cherung am Niederrhein zu entlasten16. Die Franken schienen damals aus römischer Sicht eine geringere Gefahr als die Alemannen zu sein17. Ein neuer Alemanneneinfall bis weit ins gallische Hinterland stellte 366 eine ernste Be­ drohung dar, die aber im Mai dieses Jahres durch einen römischen Sieg bei Catalauni (Châlons-sur-Marne) beseitigt werden^konnte18, wenn auch in verschiedenen Regionen Galliens noch weitere Gefechte stattfanden19. We­ 7 Amm. 15,8,19; Z os. 3,3,1; Julian, ep. ad Athen. 278 D - 279 B. 8 Julian, ep. ad Athen. 279 B-C; Lib. or. 18,54-62; Amm. 16,12; Eutr. 10,14; Paneg. Lat. Ill (XI) 4; Zos. 3,3-4. 9 Amm. 17,1,1-14. 10 Amm. 17,6,1-2. 11 Lib. or. 18,75; Eunapios fr. 18,6 Blockley; Zos. 3,6,1-4. 12 Lib. or. 18,76-78. 13 Amm. 18,2,1-19. Eunapios fr. 19 Blockley. 14 Amm. 21,3,1-4,6; Lib. or. 18,107-108; vgl. die Siegerbeinamen Julians: Alamannicus Maximus, Francicus Maximus (Kuhoff, Quellen VI, 50, Nr. 65). 15 Amm. 26,5,7. 16 Stallknecht, Außenpolitik 60 f. 17 Vgl. Gutmann, Außenpolitik 11 f. 18 Amm. 27,2,7. Zu den schwierigen Problemen der Chronologie vgl. Lorenz, Im­ perii fines 84 ff. 19 Ob der Hinweis Amm. 27,2,11 auf versprengte Alemannenscharen oder auf ei­ nen Feldzug gegen Franken zu beziehen ist, bleibt unklar; vgl. Lorenz, Imperii fines 91.

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Der Westen des Reiches bis zur Reichsteilung 395

nig später kämpfte Valentiniani, gegen alemannische Kriegerscharen, die 368 unter dem brisigavischen „König“ Vithicab, dem Sohn Vadomars, in linksrheinische Gebiete vorgestoßen waren. Nachdem der bucinobantische Kleinkönig Rando Mainz angegriffen hatte20, entschloß sich Valentinian I., Operationen rechts des Rheines durchzuführen, die anscheinend bis in die Nähe der Donauquellen reichten21. Er konnte aber keine durchschlagenden Erfolge erzielen. Vermutlich in dieser Zeit der Kämpfe Valentinians gegen Alemannen drangen fränkische und sächsische Scharen ins nordöstliche Gallien vor22. Als Reaktion auf diese Unruhen ist wohl die Anlage von römi­ schen Kastellen an der Rheingrenze zu werten23. Valentinians Truppen erlit­ ten freilich bei Schanzarbeiten am mons Piri 369 größere Verluste durch ei­ nen alemannischen Angriff24. Dieser römische Mißerfolg erklärt wohl auch Valentinians Verhandlungen mit einer bewaffneten Abordnung der Burgun­ der, die nach Absprache mit dem Kaiser durch alemannisches Siedlungsge­ biet gezogen und am Rhein erschienen war (Winter 369/70)25. Valentinian si­ cherte ihr aber keine Unterstützung für ihren Rückmarsch zu. Ein Vorstoß des magister militum Theodosius von Rätien aus in alemannische Gebiete sowie weitere römische Operationen im Vorfeld von Mainz (371) und im Raum von Alzey und Andernach führten zunächst zu einer gewissen Beru­ higung der Lage26. Nach dem Tod Valentinians I. nutzten indes lentiensische Alemannen Konflikte zwischen Goten und der oströmischen Regierung zu einem großen Einfall ins Elsaß und in den heutigen Thurgau. Sie wurden von den Truppen des Kaisers Gratian bei Argentaria (wohl in der Nähe von Colmar) geschlagen27. Entscheidenden Anteil an dem römischen Erfolg hat­ te der zum comes domesticorum aufgestiegene Franke Mallobaudes. Gratian, der Ende Mai/Anfang Juni selbst den Rhein überschritt, nahm die deditio (Kapitulation) der geschlagenen Germanen unter der Bedingung an, daß sie 20 Wohl Ostern oder Pfingsten 368; vgl. Amm. 27,10,2; dazu Lorenz, Imperii fines 98. 21 Amm. 27,10,8 nennt Solicinium, wo eine für die Römer verlustreiche Schlacht stattfand. Vgl. Lorenz, Imperii fines 100, zur Datierung und 108 ff. zur Lokalisierung. Auf den Feldzug nimmt Auson. Mos. 424, Biss. 4 und Epigr. 28 und 31 Bezug. 22 Amm. 27,8,5; vgl. Paneg. Lat. II (XII) 5,2. Gutmann, Außenpolitik 47, und - ihm folgend - Runde, Franken und Alemannen 671, datieren diese „Invasion“ ins Früh­ jahr 369. 23 Vgl. die Bauinschriften CIL XIII 11573, 11538 und 11543; Kuhoff, Quellen VI, 54, Nr. 71-73. 24 Amm. 28,2,1-9; Symm. or. 2,10-17. 20. 22-24. 25 Amm. 28,5,8-13; vgl. Lorenz, Imperii fines 146 f. 26 Vgl. dazu ausführlich Lorenz, Imperii fines 150 ff. 22 Amm. 31,10,2-18; vgl. Oros. 7,33,8; Epit. Caes. 47,2; Sokr. 5,6,2; Soz. 7,2,1; 7,4,1-2; Jord. Rom. 312.

Einleitung

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ihm Rekruten zur Verfügung stellten. Zwar kam es 379 zu erneuten Kämp­ fen mit Alemannen28, doch war die von ihnen zwischen 350 und 378 ausge­ hende große Gefahr für die Römer letztlich gebannt. Der Druck auf die Reichsgrenzen hatte sich inzwischen in den Donauraum verlagert, während 379 Vorstöße fränkischer und alemannischer Scharen nach Gallien und 383 ein Einfall der Juthungen nach Rätien nach der Ermordung Gratians von Kaiser Valentinian II. abgewehrt werden konnten29. Der Sieg der Heerführer Gratians bei Argentaria war freilich teuer er­ kauft, denn der Einfall der Lentienser 378 hatte verhindert, daß Gratian dem „Ostkaiser“ Valens bei Adrianopel rechtzeitig Verstärkungen im Kampf ge­ gen Goten zuführen konnte30. Das Verteidigungspotential der Römer reich­ te in dieser Situation nicht aus, um gleichzeitig verschiedene Gefahrenherde zu beseitigen, wenn auch Stilicho im Westen nach wechselvollen Kämpfen vor allem mit fränkischen Kriegerscharen.(388,389 und 392) die Reichsgren­ ze noch einmal für einige Zeit zu sichern vermochte.

28 Zos. 4,24,4. 29 Ambr. ep. 18,21; 24,4,6-8; Soz. 7,13,1; Johannes Antiochenos fr. 186,1 Müller (FH G IV, p. 108). 30 Vgl. unten Kapitel 4.

a) Die Situation unter Konstantin II. (337-340/361) und Constans (337-350) Sokrates, Historia ecclesiastica 2,10,21: Έ ν δέ τφδε τφ χρόνω καί τά δημόσια πράγματα συνέβη ταράσσεσθαι· έθνος, οι Φράγκοι καλούνται, τοΐς περί Γ αλλίαν^κατέτρεχον ‘Ρωμαίοις31.

Sokrates, Historia ecclesiastica 2,13,4: [...] καθ’ ον χρόνον Κώνστας ύποσπόνδους ‘Ρωμαίοις έποίησε32*.

μέν

Φράγκων

έθνος

νικήσας

Zosimos, Historia nova 2,42,l3i: Τούτφ δέ τφ τρόπφ τόν άδελφόν ό Κώνστας εκποδών ποιησάμενος34 διά πάσης ώμότητος έχώρει κατά τών υπηκόων πάσαν άφόρητον υπερ­ βαλλόμενος τυραννίδα· βαρβάρους γάρ ευπροσώπους ώνούμενος καί έχων έν όμηρων τάξει παρ’ έαυτφ πάντα τε πράττειν έφιείς κατά τών υπηκόων οια την ώραν έπιδιδοΰσιν αύτφ πρός διαφθοράν, είς έσχατον ήγαγε πάντα τά ύπ’ αυτόν έθνη κακοΰ35.

31 Nach der Eskalation des Konflikts zwischen Constans und Konstantin II., im Jahre 341, d. h. vier Jahre nach dem Tod Konstantins d. Gr., ihres Vaters. Vgl. auch Hier. 2357: Uario euentu aduersum Francos a Constante pugnatur (Constans kämpf­ te mit wechselhaftem Ausgang gegen die Franken); Cons. Const, (a. 341): His conss. pugna facta est cum gente Francorum a Constante Aug. in Gallis (Unter diesen Kon­ suln [Marcellinus und Probinus] schlug Kaiser Constans in Gallien eine Schlacht ge­ gen das Volk der Franken). 32 Nach dem Sieg über seinen Bruder Konstantin II. schloß Constans 342 einen für ihn günstigen Frieden mit den Franken, erlaubte ihnen aber die Besiedlung von Ge­ bieten zwischen Rhein und Waal. Vgl. Zöllner, Geschichte der Franken 17. Vgl. auch Hier. 2358: Franci a Constante perdomiti et pax cum eis facta (Die Franken wurden von Constans bezwungen, und man schloß Frieden mit ihnen); Cons. Const, (a. 342): His conss. uicti Franci a Constante Aug. seu pacati (Unter diesen Konsuln [im 3. Konsulat des Constantius, 2. des Constans] wurden die Franken vom Kaiser Con-

a) Die Situation unter Konstantin II. (337-340/361) und Constans (337-350) Sokrates, Historia ecclesiastica 2,10,21: In dieser Zeit wurde auch das Staatswesen erschüttert; ein Volk, das Fran­ ken genannt wird, fiel über die in Gallien lebenden Römer her31.

Sokrates, Historia ecclesiastica 2,13,4: [...] In dieser Zeit siegte Constans im Kampf über das Volk der Franken und machte sie zu Bundesgenossen der Römer32.

Zosimos, Historia nova 2,42,133: Nachdem Constans auf diese Weise seinen Bruder beseitigt hatte34, verüb­ te er gegen seine Untertanen jede Art von Grausamkeit und übertraf die un­ erträglichste Tyrannis; er kaufte nämlich schöne Barbaren, hielt sie wie Gei­ seln in seiner Nähe und erlaubte sich alle Übergriffe gegen seine Untertanen, sofern sie ihm nur Gelegenheit zu schändlichem Tun boten, und brachte so die ihm unterstellten Völker ins größte Unglück35.

stans besiegt und unterworfen). C IL III 8709 von 342 spricht von (Victor)iae Fran­ cique). 33 Zur germanischen Leibwache des Constans. 34 Konstantin II. wurde vor dem 29.4.340 auf dem Rückzug von der Vorhut des Constans bei Aquileia getötet. Vgl. Epit. Caes. 41,21; Zon. 13,5; Prosper Tiro 1056. 35 Die Schlußbemerkung ist eine offenbar diffamierende Anspielung auf (angeb­ liche?) Homosexualität des Kaisers, der von Zosimos negativ beurteilt wird, weil er Gesetze gegen Heiden erließ (C ThXV I 10,2-3). Die Barbaren, die sich ständig in seiner Nähe befanden, bildeten seine Leibwache.

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Libanios, Oratio 59,124; 127-128; 135-136 (mit einigen Auslassungenf6: (124) [...] ούτος τά περί την εσπέραν έθνη βάρβαρα πανταχόθεν περικεχυμένα την ήσυχίαν άγειν κατηνάγκασε. (127) [...] έστι γένος Κελτικόν υπέρ ‘Ρήνον ποταμόν επ’ αυτόν Ω κ ε ­ ανόν καθήκον, ούτως ευ πεφραγμένον πρός τά των πολέμων έργα, ώστε την προσηγορίαν άπ’ αυτών εύράμενοι των πράξεων ονομάζονται Φρακτοί3637, δ δε υπό των πολλών κέκληνται Φράγκοι, τοΰτ’ έστι προσηγορία τη τών πολλών άμαθία διεφθαρμένη. (128) ούτοι πλήθει μέν πάντα άριθμόν ΰπερβαίνουσιν, ίσχύι δέ τοϋ σφών αυτών πλήθους την υπερβολήν παρέρχονται, τούτοις ζάλη μέν θαλάττης οΰδ£ν ηπείρου φοβερωτέρα, κρυμός δέ άρκτώος ευκρασίας άέρων ήδίων, συμφορά δέ μεγίστη βίος άπράγμων καί πέρας ευδαιμονίας οί τών πολέμων καιροί, καν ει τις άκρωτηριάσειε, τώ λειπομένω μάχονται, καί ούτε κρατουντών ή δίωξις δέχεται πέρας είτε κρατηθήναι συμβαίη, τής φυγής τό τέλος αρχήν εφόδου ποιούνται, γέρα δέ άπονοίας καί τιμάς θρασύτητος νομοθετήσαντες έχουσιν. άρρώστημα δέ δλως τήν ήσυχίαν κρίνουσι. (135) Φρακτοί μέν ουν τοιοΰτον ύπήλθον ζυγόν δουλείας, τό γάρ μή έχειν ετέρους ληίζεσθαι, τοϋτο έκείνοις δουλεία· έστι δέ καί άλλα βαρβά­ ρων πάμπολλα γένη πανταχόθεν προσπεφυκότα καθάπερ θηρία καί κυκλούμενα τήν άρχήν, τά μέν μείζω, τά δέ έλάττω, πάντα δέ ομοίως δύσμαχα. περί ών τί αν τις πλέον φθέγξαιτο ή δτι τον ‘Ομήρου κατάλο­ γον38 τώ τών εθνών άριθμώ παρέρχονται; (136) ούτοι τά μέν έμπροσθεν κατέθεον καί διήρπαζον καί κακών Ίλιάδα τοΐς προσοικοΰσι ‘Ρωμαίων περίίστασαν καί καθ’ αυτούς θρασυνόμενοι καί μετ’ άλλήλων συνιστάμενοι, έπεί δέ είδον τό κεφάλαιον ύποκύψαν καί τούς ταράττειν είθισμένους έκπλαγέντας, ήκολούθησαν τή παρά τοϋ φόβου κρίσει καί πρός τό παρά­ δειγμα σωφρονισθέντες τάς έπιδρομάς κατέλυσαν. [...]

36 Diese überschwengliche Glorifizierung des Constans in einer Ende 348 oder 349 in Nikomedia gehaltenen Rede ist wohl auf den Sieg über die Franken im Frühjahr oder Frühsommer 342 zu beziehen. 37 Die Ableitung des Namens der Franken vonpephragménon („gewappnet“ ) bzw. von phrdtto (aus phrakjo) ist ein Autoschediasmos, also durch keinen anderen Sach­ verhalt gestützt.

Konstantin II. (337-340/361) und Constans (337-350)

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Libanios, Oratio 59,124; 127-128; 135-136 (mit Auslassungen)36: (124) [...] Dieser (Constans) hat im Westen die Völker der Barbaren, die von allen Seiten herbeigeströmt waren, gezwungen, sich wieder ruhig zu verhalten. (127) [...] Es gibt ein keltisches (hier: germanisches) Volk jenseits des Rheines; sein Gebiet erstreckt sich bis zum Ozean; es ist derart gut für das Kriegshandwerk gewappnet, daß die Leute von den Kriegstaten ihren N a­ men gewonnen haben und Phraktoi genannt werden37; daß sie von der Men­ ge als Frankoi bezeichnet werden, ist eine durch die Unwissenheit der Masse verfälschte Benennung. (128) Sie übertreffen durch ihre Zahl alles, aber durch die Streitkraft ihrer Menge gewinnen sie auch ihre Überlegenheit. Der Wogenschwall des Meeres bedeutet für sie keine größere Gefahr als das Fest­ land, die Kälte des Nordens ist ihnen liebe* als wohltemperierte Lüfte, größ­ tes Unglück ist für sie ein untätiges Leben, und die Zeiten des Krieges sind ihnen ein höchster Grad an Glückseligkeit, und wenn jemand sie verstüm­ melt hat, kämpfen sie mit dem, was ihnen verblieben ist. Sind sie überlegen, hören sie nicht auf mit der Verfolgung (der Besiegten); werden sie aber ein­ mal selbst besiegt, ist das Ende ihrer Flucht für sie (schon) der Beginn eines (neuen) Angriffs. Sie haben für sich selbst Ehrengaben für Tollkühnheit und Ehrungen für Verwegenheit verordnet. Als Schwäche stufen sie vollends die Ruhe ein. (135) Die Phraktoi (Franken) sind also nun unter das Joch der Sklaverei gekommen, denn andere nicht ausplündern zu können bedeutet für sie Skla­ verei; es gibt aber noch sehr viele andere Barbarenvölker, größere und klei­ nere, die von überall her hervorgekommen sind wie wilde Tiere und den Herrschaftsraum (der Römer) umfassen, größere und kleinere, und alle sind in gleicher Weise schwer zu bekämpfen. Was könnte man mehr über sie sa­ gen, als daß sie durch die Zahl der Völker den Katalog bei Homer38 übertref­ fen? (136) Sie durchstreiften und plünderten das Land im Grenzbereich und fügten den dort wohnenden Römern eine ganze Ilias von Untaten zu und waren bei sich selbst kühn und schlossen sich zusammen; als sie aber sahen, daß die Anstifter sich gebeugt hatten und diejenigen, die gewöhnlich Unru­ he stiften, zutiefst erschrocken waren, folgten sie der Entscheidung, die ih­ nen die Furcht gebot, kamen nach ihrem Beispiel zur Vernunft und hörten auf mit den Invasionen. [...]

38 Homer, Ilias 2,484 ff.

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b) Die Lage am Rhein unter dem U surpator Magnentius (350-353) Julianus, Oratio 1,34 D-35 B39: 34 (D) [...] Ήκολούθουν δέ αύτφ κατά τό ξυγγενές ξύμμαχοι προ­ θυμότατοι Φράγγοι καί Σάξονες40, των περί τόν ‘Ρήνον καί την εσπερίαν θάλατταν εθνών τά μαχιμώτατα. 35 (Α) Καί πόλις πάσα καί φρούριον πρόσοικον ‘Ρήνω των ένοικούντων’ φυλάκων έξερημωθέντα προδέδοτο μέν άφύλακτα πάντα τοΐς βαρβάροις, έφ’ ήμάς δέ έξεπέμπετο παρεσκευασμένον λαμπρώς τό στράτευμα· πάσα δέ έφκει πόλις Γαλατική στρατοπέδφ παρασκευαζομένω πρός πόλεμον· καί πάντα ήν όπλων καί πα­ ρασκευής ιππέων καί πεζών καί τοξοτών καί άκοντιστών πλήρη. Συρρεόντων δέ ές τήν ’Ιταλίαν άπανταχόθεν (Β) τών εκείνου ξυμμάχων καί τοΐς ενταύθα πάλαι κατειλεγμένοις στρατιώταις ές ταύτόν έλθόντων, ούδείς ούτως έφάνη τολμηρός, ός ούκ έδεισεν ουδέ έξεπλάγη τόν έπιόντα χειμώνα. Σκηπτός έδόκει πάσιν ό φερόμενος άπό τών νΑλπεων, σκηπτός άφόρητος εργψ καί άρρητος λόγψ41.

Julianus, Oratio 2,36 A -C : 56 (A) [...] εϊπετο δέ αύτφ πολύς μέν οπλίτης πεζός, ιππείς δέ ούχ ήττους, (Β) άλλ’ οϊπερ άλκιμοι Κελτοί καί “Ιβηρες Γερμανών τε οί πρόσοικοι ‘Ρήνω καί τή θαλάττη τή πρός εσπέραν, ή είτε ’Ωκεανόν χρή καλεΐν είτε ’Ατλαντικήν θάλατταν, είτε άλλη τινί χρήσθαι προσωνυμίρ προσήκον, ούκ ισχυρίζομαι· πλήν ότι δή αύτή προσοικεΐ δύσμαχα καί ρώμη διαφέροντα τών άλλων εθνών γένη βαρβάρων, ούκ άκοή μόνη, ήπερ δή τυγχάνει πίστις ούκ άσφαλής, άλλ’ αύτή πείρρ, φασίν, έκμαθών οιδα. (C ) Τούτων δή τών έθνών έξαναστήσας ούκ ελαττον πλήθος τής οΐκοθεν αύτφ ξυνεφεπομένης στρατιάς, μάλλον δέ τό μέν ως οίκεΐον εϊπετο πολύ καί αύτφ ξύμφυλον, τό δέ ήμέτερον (ούτω γάρ καλεΐν άξιον όπόσον ‘Ρωμαίων βίρ καί ού γνώμη ξυνηκολούθησεν) [...]42. 1 οίκούντων Hss. 39 Als der Usurpator Flavius Magnus Magnentius im Jahre 350 Constans aus Gal­ lien vertrieb und sich zum Kaiser erheben ließ, nutzten fränkische und alemannische Verbände die Situation zu erneuten Einfällen über den Limes. Der Bericht bezeugt, daß Germanen in seinem Heer kämpften. 40 Flavius Magnus Magnentius, der von dem im Osten herrschenden Constanti­ us II. nicht anerkannt wurde (Urban, Gallia rebellis 101 ff.), war fränkischer Her-

Die Lage am Rhein

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b) Die Lage am Rhein unter dem Usurpator Magnentius (350-353) Julianus, Oratio 1,34 D - 35 Bi9: 34 (D) [...] Als eifrigste Bundesgenossen folgten ihm (Magnentius) schon aufgrund ihrer Stammesverwandtschaft Franken und. Sachsen40, die streit­ barsten Völker jenseits des Rheines und am westlichen Meer. 35 (A) Und da jede Stadt und jeder befestigte Ort am Rhein von Garnisonstruppen ent­ blößt war, besaß die ganze Region keinen Schutz vor den Barbaren, während sein glänzend ausgerüstetes Heer gegen uns geschickt wurde; jede Stadt in Gallien glich einem Heerlager, das sich für den Krieg rüstete; alles war voll von Waffen und der Ausrüstung für Reiter, Fußtruppen, Bogenschützen und Speerwerfer. Als nun aber von allen Seiten (B) seine Bundesgenossen nach Italien strömten und sich mit den dort bereits seit langem ausgehobenen Sol­ daten vereinten, da schien niemand mehr so mutig zu sein, daß er nicht in Schrecken geriet vor dem heraufziehenden Sturm. Ein Unwetter schien von den Alpen her sich zu nähern, gegen das es keinen Widerstand gab und das mit Worten nicht zu beschreiben ist41.

Julianus, Oratio 2,56 A-C: 56 (A) [...] Es folgte ihm viel schweres Fußvolk, nicht weniger Reiterei, (B) es waren dies tüchtige Krieger, Gallier und Iberer und Germanen, die am Rhein und am Westmeer wohnen; ob man dieses nun als Ozean oder Atlan­ tisches Meer oder sonstwie bezeichnen soll, kann ich nicht sicher sagen; ich weiß nur, daß dort Stämme wohnen, die schwer zu bekämpfen sind und sich durch ihre Kraft vor allen anderen Barbarenvölkern auszeichnen; dies weiß ich nicht nur vom Hörensagen, das keine sichere Gewähr bietet, sondern vielmehr aus eigener Erfahrung. (C) Aus diesen Völkern stellte er eine Streit­ macht auf, die zahlenmäßig nicht geringer war als die, die ihm von Hause aus folgte, eigentlich wie eine zahlreiche, ihm stammverwandte Macht (die aber unsere Untertanen waren, denn so müßte man sie nennen, da sie nicht frei­ willig, sondern gezwungenermaßen mitzogen) [...]42. kunft. Nach der Darstellung Julians hatte er für seinen Italienfeldzug Grenztruppen abgezogen und dadurch den Germanen ermöglicht, römisches Gebiet in großem Stil zu plündern. Eine ganz andere Version bietet der Kirchenhistoriker Sokrates 3,1,25 ff., unten S. 218. 41 Magnentius unterlag indes bei Mursa 351 und beging 353 in Gallien Selbstmord. 42 Julian bezieht sich hier noch einmal auf das Heer des Magnentius.

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Libanios, Oratio 18,33-3i 43: (33) [...] καί άνοίγει δή τοΐς βαρβάροις διά γραμμάτων τούς ‘Ρωμαίων ορούς44 έξεΐναι φήσας αύτοϊς όπόσην δύναιντο κτάσθαι. (34) δοθείσης δέ έκείνοις τής άδειας καί των συνθηκών λελυμένων ταΐς έπιστολαΐς είσχυθέντες έπί πολλής τού κωλύσοντος έρημίας, ό γάρ δή Μαγνέντιος èv ’Ιταλία τάς δυνάμεις είχε, Μυσών λείαν εργάζονται τάς εύδαίμονας πόλεις45, καί κατεσύροντο μέν κώμαι, κατεσείετο δέ τείχη, χρήματα δέ ήγετο καί γυναίκες καί παϊδες, καί οί δουλεύοντες1^ ήκολούθουν τόν αυτών πλούτον οί δυστυχείς έπί τών ώμων φέροντες, ό δέ ου δυνάμενος δουλεύειν καί γυναίκα καί θυγατέρα όράν έν ύβρει κλάων άπεσφάττετο, μετενηνεγμένων δέ έκεϊσε τών παρ’ ήμΐν άγαθών έγεώργουν οί κεκρατηκότες τήν ήμετέραν μέν ταΐς αυτών χερσί, τήν δέ αυτών ταΐς τών ειλημμένων. (35) αί δ’ αύ διαφυγοϋσαι τήν άλωσιν ίσχύι τειχών γήν μέν ούκ ειχον πλήν όλίγην κομιδή, λιμφ δέ άνηλίσκοντο παντός άπτόμενοι τού δυναμένου τρέφειν, εως εις τοσοΰτον σωμάτων κατέστησαν αριθμόν ώστε τάς πόλεις αύτάς άγροΰς τε είναι καί πόλεις καί τό εϊσω τών πε­ ριβόλων άοίκητον άρκοΰσαν γεωργίαν, καί γάρ βούς έζεύγνυτο καί άροτρον εϊλκετο καί σπέρμα κατεβάλλετο καί άνηει στάχυς, καί θεριστής καί άλως, καί πάντα ταΰτα εϊσω πυλών ώστ’ ούκ άν τις έφησεν άθλιωτέρους είναι τούς άλόντας τών οϊκοι μενόντων46.

k δουλεύσοντες Var. 43 Zu den Folgen des Machtkampfes zwischen Magnentius und Constantius II. 44 Kaiser Constantius II. im Kampf gegen Magnentius 350/51. 45 Es galt als leicht, bei den kleinasiatischen Mysern Beute zu machen. Vgl. Demo­ sthenes 18,72; Aristot. Rhet. 1372 b 33; Eunapios fr. 42 Blockley.

Die Lage am Rhein

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Libanios, Oratio 18,33 - 3 543: (33) [...] und er öffnete den Barbaren die Grenzen44, indem er ihnen durch briefliche Mitteilung die Möglichkeit bot, Land in Besitz zu nehmen, soviel sie wollten. (34) Da ihnen durch die Briefe die Genehmigung gegeben war und die Verträge (somit) gelöst waren, strömten sie herein, denn es fehlte jegliches Hindernis, da ja Magnentius die Streitkräfte in Italien festhielt: So machten sie zur Myserbeute die wohlhabenden Städte45, plünderten die Dörfer, legten Mauern nieder, trieben Geld ein und holten Frauen und Kin­ der weg, die ihnen folgen mußten, um als Sklaven zu dienen und in ihrem Unglück ihren eigenen Besitz auf den Schultern fortzutragen. Wer es nicht ansehen konnte, daß Frau und Tochter als Sklavinnen dienten und der H y­ bris (der Germanen) preisgegeben waren, und darüber jammerte, der wurde brutal getötet. Unser Besitz wurde weggetragen, und die Sieger bestellten unseren Grund und Boden mit ihren Händen, ihren eigenen (Boden) dage­ gen mit denen der Gefangenen. (35) Die Städte aber, die der Eroberung dank der Stärke ihrer Mauern entgangen waren, besaßen nur noch sehr wenig Ackerland, so daß die Einwohner vom Hunger verzehrt wurden und nach allem griffen, was ihnen zur Ernährung dienen konnte, bis sie auf eine so ge­ ringe Menschenzahl reduziert waren, daß die Städte selbst zum Acker wur­ den und der unbewohnte Raum innerhalb der Umfassung als Ackerland ausreichte. Das Rind wurde angespannt, der Pflug wurde gezogen, es wurde gesät, es kamen Ähren, die Ernte und das Dreschep, und all dies innerhalb der Tore, so daß man nicht sagen konnte, daß es den Gefangenen elender ging als den Gebliebenen46.

46 Insgesamt eine generalisierende und rhetorisch stilisierte Darstellung der Aus­ wirkungen des Machtkampfes zwischen Magnentius und Constantius. Libanios übertreibt, wenn er behauptet, daß Constantius die Germanen (Alemannen) geradezu aufgefordert habe, römisches Territorium in Besitz zu nehmen. Möglicherweise hat er föderierten Germanen lediglich ein bestimmtes Territorium zugesichert, als er ihre Hilfe im Kampf gegen Magnentius benötigte, um dessen Truppen zu binden. Vgl. K. F. Stroheker, Die Alemannen und das spätrömische Reich, in: W. Hübener (Hg.), Die Alemannen in der Frühzeit, Bühl 1974, 17. Allerdings ist es auch zu schweren Übergriffen und Plünderungen gekommen, wie Zerstörungshorizonte aus dieser Zeit (z. B. im Lager von Neuss und Vetera II) zeigen. Vgl. D. Wigg, Münzumlauf in Nord­ gallien um die Mitte des 4.Jh. n. Chr., Berlin 1991, 157ff., für die Jahre 350-353; Runde, Franken und Alemannen 665.

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c) Die Situation unter Constantius II. (337-361) nach dem Tode des Constans (350) und dem Ende des Magnentius (353) Ammianus Marcellinus 14,10*7: (1) Haec dum oriens diu perferret, caeli reserato tepore4748 Constantius consulatu suo septies et Caesaris49 iterum50 egressus Arelate Valentiam51 pe­ tit in Gundomadum et Vadomarium fratres Alamannorum reges52 arma mo­ turus, quorum crebris excursibus uastabantur confines limitibus terrae Gal­ lorum. (2) dumque ibi diu moratur commeatus opperiens, quorum translationem ex Aquitania uerni imbres solito crebriores prohibebant auctique torrentes, Herculanus aduenit protector domesticus, Hermogenis ex magistro equitum filius apud Constantinopolim, ut supra rettulimus53, po­ pularium quondam turbela discerpti54. [...] (3) miles tamen interea omnis apud Cabyllona collectus morarum impatiens saeuiebat hoc irritatior, quod nec subsidia uiuendi suppeterent alimentis nondum ex usu translatis55. [...] (6) emensis itaque difficultatibus multis et niue obrutis callibus plurimis ubi prope Rauracum uentum est ad supercilia fluminis Rheni, resistente multitudine Alamanna pontem suspendere nauium compage56 Romani ui nimia uetabantur ritu grandinis undique conuolantibus telis; et cum id im­ possibile uideretur, imperator cogitationibus magnis attonitus, quid capes­ seret, ambigebat. (7) ecce autem ex improuiso index quidam regionum gna­ rus aduenit, et mercede accepta uadosum locum nocte monstrauit, unde superari potuit flumen, et potuisset aliorsum intentis hostibus exercitus inde transgressus nullo id opinante cuncta uastare, ni pauci ex eadem gente, quibus erat honoratioris militis cura commissa, populares suos haec per nuntios docuissent occultos, ut quidam existimabant. (8) infamabat autem haec suspicio Latinum domesticorum comitem57 et Agilonem tribunum sta47 Hier setzt der (erhaltene) Bericht des Ammianus Marcellinus ein, der unter Ursicinus selbst in Gallien stationiert war. Ammianus hat zuvor über die Grausamkeiten des Caesars Gallus berichtet. 48 Wörtlich: als sich die Wärme des Himmels öffnete. 49 Gallus. 50 354 n. Chr. Tatsächlich handelte es sich um den dritten Konsulat des Gallus. 51 An der Rhone in der Gallia Narbonensis. 52 Sie herrschten - nacheinander - im Breisgau. 53 Der entsprechende Abschnitt des Werkes ist verloren. 54 342 n. Chr. bei dem Versuch der Absetzung des Bischofs Paulus. Im folgenden berichtet Ammianus über die Untaten des Gallus. 55 Ein von verschiedenen Kreisen unterstützter Aufstand der Soldaten wurde ver­ hindert und der Abmarsch befohlen. 56 Wörtlich: eine Brücke aus dem Verband der Schiffe.

Die Situation unter Constantius II. (337-361)

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c) Die Situation unter Constantius II. (337—361) nach dem Tode des Constans (350) und dem Ende des Magnentius (353) Ammianus Marcellinus 14,101,7: (1) Während der Osten das lange ertrug, verließ Constantius mit Beginn der warmen Jahreszeit48 in seinem siebten und des Caesars49 zweitem Kon­ sulat50 Arles und begab sich nach Valence51, um Krieg gegen zwei Aleman­ nenkönige, die Brüder Gundomad und Vadomar52, zu führen, durch deren fortdauernde Streifzüge die Grenzgebiete der Gallier verwüstet wurden. (2) Während er sich dort lange aufhielt und auf den Nachschub wartete, dessen Zufuhr aus Aquitanien die ungewöhnlich starken Frühjahrsregen und die angeschwollenen Regenbäche behinderten, kam Herculanus (zu ihm), ein Angehöriger der Leibwache, ein Sohn des. ehemaligen Reitergenerals Her­ mogenes, der, wie oben berichtet53, einst bei Konstantinopel bei einem Volksaufstand in Stücke gerissen worden war54. [...] (3) Inzwischen hatte sich dennoch das gesamte Heer in Chalon-sur-Saône versammelt und wüte­ te, (schon) des Aufenthalts überdrüssig, um so aufgebrachter, weil der (not­ wendige) Lebensunterhalt nicht ausreichte, zumal die Nahrungsmittel noch immer nicht, wie gewohnt, eingetroffen waren55. [...] (6) Nachdem auf diese Weise zahlreiche Schwierigkeiten überstanden und die meisten Gebirgspfade mit Schnee überschüttet waren, gelangte man in der Nähe von Kaiseraugst an die Ufer des Rjjcins; da hier eine große Zahl Alemannen Widerstand leistete, wurden die Römer durch die Ü ber­ macht daran gehindert, eine Schiffsbrücke56 zu errichten, da die Geschosse von allen Seiten wie Hagelschlag heranflogen; und da das (Unternehmen) unmöglich schien, stürzte der Kaiser in tiefes Nachdenken und war un­ schlüssig, was er tun sollte. (7) Doch da kam unversehens ein Spion, der die Gegend kannte, und zeigte gegen Lohn bei Nacht eine Furt, wo man den Fluß überschreiten konnte. Da die Feinde ihre Aufmerksamkeit auf einen ganz anderen Punkt richteten, hätte das Heer daher übersetzen und, ohne daß jemand darauf gefaßt war, alles verwüsten können, wenn nicht, wie manche vermuteten, einige wenige aus jenem Stamm, denen höhere militä­ rische Stellen übertragen waren, ihre Stammesgenossen davon durch ge­ heime Boten unterrichtet hätten. (8) Dieser Verdacht aber fiel auf den Kommandanten der (kaiserlichen) Leibwache57, Latinus, den Tribunen des

57 Der comes domesticorum, der nach der Notitia dignitatum später unmittelbar unter den Hofministern rangiert, gehörte seit Konstantin zu den höchsten Offizieren. Die beiden comites für Reiterei und Fußtruppen führten Regimenter der kaiserlichen Leibgarde, die protectores und domestici.

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bulr" atque Scudiloncm Scutatiorum rectorem59, qui tunc ut dextris suis ge­ stantes rent publicam colebantur'’0. (9) at barbari suscepto pro instantium rerum ratiottc consilio dirimentibus forte auspicibus uel congredi prohiben­ te auctoritate sacrorum mollito rigore, quo fidentius resistebant, optimates misere delictorum neniam petituros et pacem. (10) tentis igitur regis utriusque legatis et negotio tectius diu pensato cum pacem oportere tribui, quae iustis condicionibus petebatur, camque ex re fore sententiarum uia conci­ nens approbasset, aduocato in contionem exercitu imperator pro tempore pauca dicturus tribunali'’1 assistens circumdatus potestatum coetu celsarum ad hutte disseruit modum: (II) »Nemo, quaeso, miretur, si post exsudatas labores itinerum longos congestosque affatim commeatus fiducia uestri ductante barbaricos pagos aduentans uclut mutato repente consilio ad placidiora deuerti. (12) pro suo enim loco et animo quisque uestrum reputans id inueniet uerum, quod miles ubique licet membris uigentibus firmior se solum uitamque propriam cir­ cumspicit et defendit* imperator uero officiorum dum aequis omnibus alie­ nae custos salutis nihil non ad sui spectare tutelam ra tio ...162 et remedia cuncta, quae status negotiorum admittit, arripere debet alacriter secunda nu­ minis uoluniatc delata. (13) ut in breue igitur conferam et ostendam, qua ex causa omnes uos simul adesse uolui, commilitones mei fidissimi, accipite ae­ quis auribus, quae succinctius explicabo, ueritatis enim absoluta semper ra­ tio est simplex6'. ( 14) arduos uestrae gloriae gradus, quos fama per plagarum quoque accolas extimarum diffundit excellenter accrescens, Alamannorum reges et populi formidantes per oratores, quos uidetis, summissis ceruicibus concessionem praeteritorum poscunt et pacem, quam ut cunctator et cautus ut iliumque monitor, si uestra uoluntas adest, tribui debere censeo multa con­ templans, primo ut Martis ambigua declinentur, dein ut auxiliatores pro aduersariis asciscamus, quod pollicentur, tum autem ut incruenti mitigemus fe­ rociae flatus perniciosos saepe prouinciis, postremo id reputantes, quod non ille hostis uincitur solus, qui cadit iti acie pondere armorum oppressus et ui1 t.ückc von ca. 20 Buchstaben in einigen Hss. rationes populorum cognoscit Var. (der Feldherr |...| erkennt die Regeln der Völker). '* Der tribunus stabuli, ursprünglich der für dic Stallungen der Reiterei zuständige Stabsoffizier, war einer der Befehlshaber der kaiserlichen Leibwachen (scholaepalatinae). "* Die scutarii bilden bei Ammian einen Teil der scholae palatinae als berittene Leibgarde des Kaisers. w> Alle drei waren Alemannen. M l >er erhöhte Amtssitz, und der freie Platz., vor allem auch des Feldherm im Lager vor dem Stabsgebäude, dem praetorium, für Verkündigungen an die Heeresversammlung. Wegei» der Lücke ist die Übersetzung fraglich. D. h.: es gibt nur eine Wahrheit.

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(kaiserlichen) Stalls58, Agilo, und den Befehlshaber der Schildwache59, Scudilo60, die damals so geachtet waren, als trügen sie den Staat in ihren Hän­ den. (9) Die Barbaren aber faßten angesichts der bedrohlichen Lage einen Entschluß, und - vielleicht, weil'die „Vorzeichen es verhinderten oder die Ansicht der Priester einen Kampf untersagte - bändigten sie ihren Starr­ sinn, mit dem sie so zuversichtlich Widerstand leisteten, und schickten an­ gesehene Leute, um Gnade für ihre Vergehen und Frieden zu erbitten. (10) Nachdem man die Gesandten beider Könige hingehalten und die Angele­ genheit lange bedächtig erwogen und auf dem Wege der Meinungsbildung einmütig zugestimmt hatte, daß man einen Frieden gewähren müsse, der zu gerechten Bedingungen erbeten worden sei und in ihrem eigenen Interesse liege, rief der Kaiser das Heer zu einer Versammlung zusammen, um ein paar den Umständen angemessene Worte zu sagen; umgeben von der Men­ ge der höchsten Würdenträger, betrat er das Tribunal61 und hielt folgende Ansprache: (11) „Niemand soll sich bitte wundern, wenn ich, nach so langer, schweiß­ treibender Marschleistung und reichlich vorhandenem Nachschub, durch euer Vertrauen geleitet, in den Gauen der Barbaren angekommen, mich nun, als ob ich meinen Entschluß plötzlich änderte, friedvolleren Dingen zuge­ wandt habe. (12) Denn jeder von euch wird, wenn er nachdenkt, je nach Stel­ lung und Einstellung, es richtig finden, daß der Soldat überall und selbst dann, wenn er sich dank seiner kräftigen Glieder stärker (fühlt), allein auf sich selbst und sein eigenes Leben achtet und es verteidigt, der Feldherr aber, der an seine Pflichten denkt, muß, als Wächter über das Wohl aller anderen gleichermaßen Zusehen, daß es nichts gibt, das nicht auch seinem Schutz dient ...62, und alle Mittel, die der Stand der Verhandlungen zuläßt, eifrig auf­ greifen, wenn der Wunsch der Gottheit sie glücklich anbietet. (13) Um mich also kurz zu fassen und darzulegen, aus welchem Grund ich euch alle gleich­ zeitig hier haben wollte, meine treuesten Kameraden, vernehmt mit gleich ge­ neigten Ohren, was ich ganz kurz erläutern werde. Denn das vollkommene Prinzip der Wahrheit ist immer einfach63. (14) Aus Angst vor den steilen Schritten eures Ruhms, die euer Ruf auch zu den Bewohnern der fernsten Gegenden verbreitet, indem er vorzüglich anwächst, fordern die Könige und Völker der Alemannen durch Gesandte, die ihr (hier) seht, mit gebeugtem Nacken Verzeihung für das Geschehene und Frieden. Das glaube ich als ein (bedächtiger) Zauderer und vorsichtiger Mahner zum Nützlichen, wenn euer Wunsch dem zustimmt, zugestehen zu müssen, indem ich manches berück­ sichtige: erstens, um den Unsicherheiten des Kriegsglücks auszuweichen, dann, um Helfer statt Widersacher zu haben, was sie versprechen; ferner aber, um den unseren Provinzen oft verderblichen Hauch ihrer Wildheit ohne Blutvergießen abzumildern; schließlich, weil wir bedenken, daß nicht allein derjenige Feind besiegt wird, der, von der Last der Waffen und Streitkräfte

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rium, sed multo tutius etiam tuba tacente sub iugum mittitur uoluntarius, qui sentit expertus nec fortitudinem in rebelles nec lenitatem in supplices animos abesse ...m(15) in summa tamquam arbitros uos, quid suadetis, op­ perior ut princeps tranquillus temperanter adhibere modum allapsa felicitate decernens, non enim inertiae, sed modestiae humanitatique, mihi credite, hoc, quod recte consultum est, assignabitur.“ (16) Mox dicta finierat, multitudo omnis ad quae imperator uoluit promp­ tior laudato consilio consensit in pacem ea ratione maxime percita, quod norat expeditionibus crebris fortunam eius in malis tantum ciuilibus uigilasse64; cum autem bella mouerentur externa, accidisse plerumque luctuosa, icto post haec foedere gentium ritu656perfectaque sollemnitate imperator Medio­ lanum ad hiberna discessit.

Ammianus Marcellinus 15,4M: (1) Re hoc modo finita67 ...n et Lentiensibus68, Alamannicis pagis, indic­ tum est bellum collimitia saepe Romana latius irrumpentibus, ad quem pro­ cinctum imperator egressus69 in Raetias camposque uenit Caninos70 et dige­ stis diu consiliis id uisum est honestum et utile, ut eo cum militis parte071 Arbitio72 magister equitum cum ualidiore exercitus manu relegens margines lacus Brigantiae pergeret protinus barbaris congressurus, cuius loci figuram breuiter, quantum ratio patitur, designabo.

m Lücke von 8 Buchstaben in einigen Hss. " Lücke von 12 Buchstaben, paulo post Var. 0 Möglicherweise Lücke, ibidem opperiente Kj. (er wartete dort). 64 Das behauptet Amm. noch mehrfach; vgl. etwa 14,11,8. 65 Gentium ritu ist hier wohl als „Völkerrecht“ und nicht als „die Sitte“ oder „das Recht jener Völker“ zu verstehen, da der Kaiser kaum Verträge nach fremden Stam­ messitten geschlossen hätte. 66 Zum Jahre 355. Der Text ist durch zahlreiche Lücken in den Handschriften ent­ stellt. Zu diesem Feldzug Rollinger, Alamannenfeldzug, der für das Geschehen die Monate Mai oder Juni wahrscheinlich macht. Die genannten Örtlichkeiten stehen zu­ einander ebenso in einem gewissen Widerspruch wie die als Schlacht charakterisierten scharmützelartigen Gefechte. 67 Amm. hat zuvor von Prozessen gegen Freunde und Diener des Caesars Gallus berichtet.

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erdrückt, in der Schlacht fällt, sondern ohne den Klang der Kriegstrompete weit sicherer auch derjenige sich freiwillig unterwirft, der aus Erfahrung weiß, daß (uns) weder die Tapferkeit gegenüber Rebellen noch die Milde ge­ genüber demütig flehenden GemüternJehlt. ... (15) Kurz, ich warte ab, was ihr als meine Schiedsrichter raten werdet, da ich als friedlich gesinnter Kaiser dafür stimme, maßvoll zu sein, wenn das Glück günstig ist. Denn glaubt mir, nicht der Untüchtigkeit, sondern der Bescheidenheit und Menschlichkeit schreibt man einen solchen richtigen Entschluß zu.“ (16) Sobald er geendet hatte, stand die gesamte Menge dem Willen des Kaisers bereitwilliger gegenüber, billigte seinen Plan und stimmte für den Frieden; vor allem hatte sich die Überlegung durchgesetzt, daß, wie man aus zahlreichen Feldzügen wußte, sein Glück nur in den Bürgerkriegen (über ihn) gewacht hatte64; sobald aber äußere Kriege geführt wurden, sei meistens etwas Jammervolles geschehen. Danach wjjrde ein Bündnis nach dem Völ­ kerrecht65 und mit vollkommener Feierlichkeit geschlossen, und der Kaiser begab sich ins Winterlager nach Mailand.

Ammianus Marcellinus 15,4**: (1) Nachdem diese Angelegenheit erledigt war67, erklärte man den ... und den Lentiensern68, alemannischen „Gauen“ (Stammesteilen), die häufig tie­ fer in römische Grenzgebiete einfielen, den Krieg. £ u diesem Kampf brach der Kaiser auf69 und gelangte nach Rätien und in die Caninischen Ebenen70, und nachdem man lange hin und her beraten hatte, schien es ehrenhaft und zweckmäßig, daß er selbst mit einem Teil des Heeres (wartete)71, während der Führer der Reiterei, Arbitio72, mit der stärkeren Heeresmacht am Ufer des Bodensees entlang marschieren sollte, um sofort den Kampf mit den Barbaren aufzunehmen. Den Charakter dieser Landschaft werde ich kurz, soweit es mein Plan erlaubt, beschreiben. 68 Um Lentia, im heutigen Linzgau, dessen Name sich davon ableitet. Die Lentienser werden nur bei Ammian erwähnt. Der andere Völkername ist ausgefallen, viel­ leicht weil der Schreiber ihn nicht verstand. 69 Von Mailand aus, über die zunehmend wichtiger werdenden Bündnerpässe zwi­ schen Bregenz und Bodensee. 70 Eine Identifikation mit der bekannten Örtlichkeit in der Nähe des heutigen Bel­ linzona bereitet Probleme. Die folgenden Ereignisse werden sich nahe des Bodensees abgespielt haben. 71 Übersetzung nach der Konjektur. 72 Flavius Arbitio, der unter Constantius vom Soldaten zum magister equitum auf­ gestiegen war, war gemeinsam mit Lollianus Konsul des Jahres 355. Später (361) zog er gegen die Perser.

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(2)73 Inter montium celsorum amfractus immani pulsu Rhenus ... S co p u ­ los extenditur ...q amnes adoptans74, ut per cataractas inclinatione praecipitir funditur Nilus, et nauigari ab ortu poterat primigenio copiis exuberans pro­ priis, ni ruenti curreret similis potius quam fluenti. (3) ...s iamque ad1 solu­ tus75 altaque diuortia riparum adradens lacum inuadit rotundum et uastum, quem Brigantiam76 accola Raetus appellat, perque quadringenta et sexaginta stadia77 longum parique paene spatio late diffusum78 horrore siluarum squa­ lentium inaccessum, nisi qua uetus illa Romana uirtus et sobria iter compo­ suit latum barbaris et natura locorum et caeli inclementia refragante79. (4) hanc ergo paludem spumosis strependo uerticibus amnis irrumpens et unda­ rum quietem permeans pigram mediam uelut finali intersecat libramento et tamquam elementum80 perenni discordia separatum nec aucto nec imminuto agmine, quod intulit, uocabulo et uiribus absoluitur integris nec contagia deinde ulla perpetiens oceani gurgitibus intimatur. (5) quodque est impendio mirum, nec stagnum aquarum rapido transcursu mouetur nec limosa subluuie tardatur properans flumen et confusum misceri non potest corpus; quod ni ita agi ipse doceret aspectus, nulla ui credebatur posse discerni. [...] ( 7 ) .. .ubarbaros dum adessent, licet sciretv orta bellorum, in occultas dela­ tus insidias stetit immobilis malo repentino perculsus ...w. (8) uisi e latebris hostes exsiliunt et sine parsimonia, quidquid offendi poterat, telorum genere multiplici configebant; nec enim resistere nostrorum quisquam potuit nec ali­ ud uitae subsidium nisi discessu sperare ueloci. quocirca uulneribus declinan­ dis intenti incomposito agmine milites huc et illuc dispalantes terga ferienda dederunt, plerique tamen per angustas semitas sparsi periculoque praesidio tenebrosae noctis extracti reuoluta iam luce redintegratis uiribus agmini quis­ que proprio sese consociauit. in quo casu ita tristi et inopino abundans numep Lücke von 11 Buchstaben, exoriens, per praeruptos Kj. q Lücke von 10 Buchstaben. Nullos advenas amnes adoptans Kj. r praeteriti Hss. s Lücke von 6 Buchstaben ‘ Lücke von 7 Buchstaben. Iamque absolutus Kj. u Lücke von 2 Zeilen, in denen vom Zug des Arbitio gegen die Alemannen die Rede sein muß v Lücke von 7 Buchstaben w Lücke von 7 Buchstaben 73 Vgl. zu diesem geographischen „Exkurs“ R. Rollinger, in: Chiron 31 (2001) 129-152. '4 Oder aber (nach der Konjektur): „ohne Nebenflüsse aufzunehmen“ . 75 Übersetzung nach der Konjektur. 76 Bodensee. 77 88 km.

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(2)73 Zwischen den Windungen des Hochgebirges (fließt) der Rhein mit gewaltiger Kraft ... über Klippen dahin, nimmt Flüsse auf74 und fließt in steilem Gefälle über Stromschnellen wie der Nil. Da er genügend eigenes (Wasser) führt, wäre er bereits von de;· Quelle an schiffbar, wenn sein Lauf nicht eher einem Sturzbach als einem Fluß gliche. (3) (Davon befreit)75, be­ rührt er hohe Uferscheiden und mündet in einen runden, weiten See, den der rätische Einwohner Brigantia76 nennt und der 460 Stadien77 lang und fast ebenso breit sich hinstreckt78 und wegen des Grauens der strotzenden Wäl­ der keinen Zugang bietet, außer dort, wo jene altbewährte und besonnene römische Tüchtigkeit einen breiten Weg angelegt hat, obwohl die Barbaren, die natürliche Beschaffenheit der Landschaft und das strenge Klima sich dem widersetzten79. (4) In diesen sumpfigen (See) dringt mit dem Getöse schäumender Strudel der Strom ein und zerteilt ihn, die träge Ruhe der Wel­ len durcheilend, in der Mitte wie in einer geraden, zielgerichteten Linie, als ob das Element80 in ewiger Zwietracht getrennt wäre, wobei die Wassermas­ se, die er zuführt, sich weder vermehrt noch vermindert; unangetastet in sei­ nem Namen und seiner Gewalt, befreit er sich (von dem See), duldet fortan keine Berührungen mehr und wird den Tiefen des Ozeans einverleibt. (5) Und besonders merkwürdig ist es, daß weder der See durch den schnellen Durchfluß der Gewässer bewegt noch der eilende Fluß durch den schlammi­ gen Untergrund gebremst wird und die zusammengeströmte Wassermasse sich nicht vermischen kann; wenn der Anblick selbst nicht lehrte, daß es sich so verhält, so würde man glauben, sie seien durclj keine Macht zu tren­ nen. [...] (7) [...] Als sie bei den Barbaren waren, geriet (Arbitio), obwohl er um die (Tücken) der Kriege wußte, in einen Hinterhalt und blieb, erschüttert über das plötzliche Unglück, unbeweglich stehen. (8) Als die Feinde das sahen, sprangen sie aus ihrem Versteck hervor und durchbohrten schonungslos mit Wurfgeschossen aller Art, was immer man verletzen konnte; keiner unserer Leute konnte Widerstand leisten oder anders sein Leben zu retten hoffen als durch schleunigen Rückzug. Bemüht, den Verwundungen auszuweichen, zerstreuten sich die Soldaten daher in ungeordnetem Marsch hierhin und dorthin und boten (dem Feind) durch die Flucht ihren Rücken zum Hieb dar. Dennoch entzogen sich die meisten, die sich über die engen Pfade zer­ streut hatten, der Gefahr im Schutz der dunklen Nacht, und als es wieder Tag wurde, fanden sie sich alle mit frischen Kräften bei ihrer eigenen Einheit ein. In diesem so traurigen und unvorhergesehenen Ereignis verlor man eine

78 Tatsächlich ist der Bodensee 64 km lang und 14 km breit. 79 Wald und Straße sind auch auf der Tabula Peutingeriana verzeichnet. 80 Das Wasser.

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rus armatorum et tribuni desiderati sunt decem. (9) ob quae Alamanni subla­ tis animis ferocius incedentes xsecuto diex prope munimenta Romana adimente matutina nebula lucem strictis mucronibus discurrebant frendendo minas tumidas intentantes, egressique repente Scutarii81, cum obiectu turma­ rum hostilium repercussi stetissent, omnes suos conspiratis mentibus ciebant ad pugnam. (10) uerum cum plerosque recentis aerumnae documenta terre­ rent, intuta fore residua82 credens haereret Arbitio, tres simul exsiluere tribu­ ni, Arintheus83 agens uicem armaturarum84 rectoris et Seniauchus, qui eque­ strem turmam Comitum85 tuebatur, et Bappo ducens Promotos86*. (11) ...y missis sibiz causa communis uelut propri ...a87 ueterum exemplo usuentereb fulminis hostibus superfusi non iustoproelio, sed discursionibus ...c uniuersos in fugam coegere foedissimam, qui dispersi laxatis ordinibus dumque ela­ bi properant impediti, corpora nudantes intecta gladiorum hastarumque den­ sis ictibus truncabantur. (12) multique cum equis interfecti iacentes etiamtum eorum dorsis uidebantur innexi, quo uiso omnes e castris effusi, qui prodire in proelium cum sociis ambigebant, cauendi immemores proterebant barba­ ram plebem, nisi quos fuga exemerat morte, calcantes cadauerum strues et perfusi sanie peremptorum. (13) hocque exitu proelio terminato imperator Mediolanum ad hiberna ouans reuertit et laetus88.

Ammianus Marcellinus 15,5s9: (1) Exoritur iam hinc rebus afflictis haud dispari prouinciarum malo cala­ mitatum turbo nouarum exstincturus omnia simul, ni Fortuna moderatrix x_x se cotidie Hss. y Lücke von 30 Buchstaben z Lücke von 11 Buchstaben 1 Lücke von 18 Buchstaben b So Hss. instarque fluminis Kj. c Lücke von 9 Buchstaben 81 Zu den scutarii vgl. oben Anm. 59. 82 Oder: „der Ausgang sei unsicher“ . 83 Vielleicht ein Gote, dem später noch eine große militärische Karriere bevorstand und der in den Perserkriegen als magister equitum fungierte. 84 Die schwerbewaffneten armaturae waren ebenfalls ein Teil der scholae palatinae, der kaiserlichen Leibwache aus barbarischen Reitern. 85 Eine ausgewählte Truppe von Gardereitern als „Begleiter“ des Feldherrn oder des Kaisers, vor allem aus vornehmen Barbaren. 86 Eigentlich Soldaten, die wegen ihrer Verdienste einen höheren Rang erhalten hatten; hier als Teil des comitatus, der berittenen Garden.

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große Zahl an Soldaten und zehn Tribunen. (9) Daher rückten die Aleman­ nen hohen Mutes um so wilder an; als am folgenden Tag der Morgennebel die Sicht nahm, liefen sie in der Nähe der römischen Befestigungen mit ge­ zogenen Schwertern umher und stießen zähneknirschend hochtrabende Drohungen aus. Plötzlich rückten die „Schildträger“ 81 vor, und als sie, von den sich ihnen entgegenstellenden feindlichen Haufen zurückgeworfen, zum Stehen gekommen waren, riefen sie alle ihre Leute in harmonischer Einmütigkeit zum Kampf. (10) Da die meisten jedoch die Lehren der jüng­ sten Niederlage schreckten und Arbitio im Glauben, die Übriggebliebenen seien unzuverlässig82, zauderte, sprangen gleichzeitig drei Tribunen hervor, Arintheus83, der den Befehlshaber der schwerbewaffneten Leibgarde84 ver­ trat, Seniauchus, der die Reiterabteilung der Comites85 beaufsichtigte, und Bappo, der die „Beförderten“ 86 anführte. (11) ... Nach dem Beispiel der Al­ ten nutzte man die gemeinsame Sache, als-sei sie die eigene87, sie ergossen sich blitzartig über die Feinde und zwangen nicht in einer regelrechten Schlacht, sondern in Scharmützeln alle zur schändlichsten Flucht. Während jene zerstreut und in aufgelöster Ordnung eilig zu entkommen suchten und (ihre Rüstung) abwarfen, wurden ihre ungeschützten Körper von den dich­ ten Hieben der Schwerter und Lanzen niedergemacht. (12) Viele sah man tot bei ihren Pferden liegen, immer noch fest auf deren Rücken gepreßt. Bei die­ sem Anblick strömten alle aus dem Lager, die noch zauderten, mit ihren Ka­ meraden in die Schlacht zu ziehen; sie vergaßen alle Vorsicht und streckten das Barbarenvolk nieder, bis auf diejenigen, die siclvdurch Flucht dem Tod entzogen; sie stiegen dabei über Haufen von Leichen und wurden von dem eitrigen Blut der Toten bespritzt. (13) Nachdem die Schlacht mit solchem Ausgang beendet war, kehrte der Kaiser triumphierend und froh nach Mai­ land ins Winterlager zurück8889.

Ammianus Marcellinus 15,5^: (1) Als die Lage ohnehin schon kritisch war, entstand nicht weniger zum Nachteil für die Provinzen ein Wirbelsturm neuer Unglücksschläge, der al­ les mit einem Mal vernichtet hätte, wenn Fortuna, die Lenkerin menschli87 Wegen der Lücken höchst unsichere Übersetzung. 88 Vielleicht ist der Titel Germanicus Alamannicus maximus in einer Inschrift (Fiebiger-Schmidt 166; Dessau 732) auf diesen Sieg zurückzuführen. Tatsächlich war der Erfolg mäßig und Constantius II. anscheinend nicht auf eine Eroberungspolitik bedacht. 89 Der in der Gegend von Köln kommandierende Heermeister Silvanus, ein Fran­ ke, ließ sich am 11. August 355 zum Kaiser erheben, wurde aber schon bald darauf ge­ stürzt.

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humanorum casuum motum euentu celeri consummauit impendio formida­ tum. (2) cum diuturna incuria Galliae caedes acerbas rapinasque et incendia barbaris licenter grassantibus nullo iuuante perferrent, Siluanus pedestris militiae rector utd efficax ad haec corrigenda eprincipis iussu perrexit® Arbitione9091id maturari modis, quibus poterat, adigente, ut absenti aemulo, quem superesse adhuc gra .. .f 91 (3) 6Dynamius quidam8 actuarius sarcinalium prin­ cipis iumentorum commendaticias, ab eo92 petierat litteras ad amicos, ut qua­ si familiaris eiusdem esset notissimus, hoc impetrato, cum ille nihil suspicans simpliciter praestitisset, seruabat epistulas, ut perniciosum aliquid in tempo­ re moliretur. (4) memorato itaque duce Gallias ex re publica discursante bar­ barosque propellente iam sibi diffidentes et trepidantes idem Dynamius in­ quietius agens ut uersutus et in fallendo exercitatus fraudem comminiscitur impiam subornatore et conscio, ut iactauere rumores incerti, Lampadio praefecto praetorio93 et Eusebio ex comite rei priuatae94, cui cognomentum erat inditum Mattyocopi, atque Aedesio ex magistro memoriae95, quos ad consulatum ut amicos iunctissimos idem curarat rogari praefectus; et penicu­ lo serie litterarum abstersa96 solaque incolumi relicta subscriptione alter multum a uero illo dissonans superscribitur textus: uelut Siluano rogante uerbis obliquis hortanteque amicos agentes intra palatium uel priuatos97, in­ ter quos et Tuscus erat Albinus aliique plures, ut se altiora coeptantem et prope diem loci principalis aditurum. (5) hunc fascem ad arbitrium figmenti compositum uitam pulsaturum insontis a Dynamio susceptum praefectus imperatori auide scrutari haec et similia consueto secrete obtulit soli ingres­ sus intimum caperem tempore deinde sperans, ut peruigilem salutis eius cu­ stodem98 ...h lectaque consistorio99 astu callido consarcinata materia tribuni

d id Hss. *"* primum ipsius superrexit Hss. f Lücke von fast drei Zeilen 6_s Kj. h Lücke von 9 Buchstaben Hss. 90 Vgl. Anm. 72. 91 Übersetzung nach der Variante. 92 Silvanus. 93 Der ehemalige Befehlshaber der kaiserlichen Leibgarde bekleidete seit Konstan­ tin das höchste Zivilamt nach dem Kaiser und stand als Vorsteher einer der vier Prä­ fekturen an der Spitze aller Würdenträger. 94 Der comes rerum pnvatarum verwaltete das kaiserliche Privatvermögen. Eusebi­ us bekleidete das Amt im Jahre 342. 95 Der magister memoriae leitete das scrinium memoriae, die Kanzlei, die für Peti­ tionen zuständig war.

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cher Schicksale die Bewegung, deren Schaden sehr zu fürchten war, nicht zu einem schnellen Ende gewendet hätte. (2) Als die gallischen Provinzen infolge langer Vernachlässigung bittere Mordanschläge, Raubüberfälle und Brandschatzungen zu ertragen hatten* weil die Barbaren ungehindert um­ herschweiften und niemand zu Hilfe kam, brach Silvanus, der Befehlshaber der Fußtruppen, der als fähig (galt), auf Befehl des Kaisers auf, um das in Ordnung zu bringen, während Arbitio90 mit allen Mitteln drängte, das zu beschleunigen, um dem abwesenden Rivalen, dessen Überleben (ihm unge­ legen war, eine Last von gefährlicher Größe aufzubürden)91. (3) ... Ein ge­ wisser Dynamius, der Aufseher über die Transporttiere des Kaisers, hatte von ihm92 ein Empfehlungsschreiben an die Freunde erbeten, als ob er ge­ wissermaßen sein wohlbekannter Vertrauter wäre. Das erreichte er, da jener in seiner einfachen Art keinerlei Verdacht schöpfte und es gewährte; er be­ wahrte den Brief in der Absicht auf, zu gegebener Zeit etwas Verderbenbrin­ gendes anzuzetteln. (4) Als der erwähnte Feldherr daher von Staats wegen Gallien nach allen Richtungen hin durchquerte und die Barbaren, die bereits in Zweifel und Angst gerieten, vertrieb, gebärdete sich derselbe Dynamius um so rastloser und ersann als ein verschlagener und im Täuschen erfahrener Mann einen frevelhaften Betrug; Mitanstifter und Mitwisser waren, wie un­ sichere Gerüchte verlauten ließen, der Prätorianerpräfekt93 Lampadius, der ehemalige Schatzmeister94 Eusebius, dem man den Beinamen Mattyocopus (Vielfraß) gegeben hatte, und der ehemalige Kanzleivorsteher95 Aedesius; je­ ner Präfekt hatte dafür gesorgt, daß diese als engste^Freunde zum Konsulat berufen wurden; mit einem Schwamm wurden die Zeilen des Briefes ausge­ wischt96, so daß nur noch die Unterschrift erhalten blieb, und ein anderer, von dem wahren erheblich abweichender Text darübergeschrieben: als ob Silvanus mit zweideutigen Worten bat und seine am H of tätigen oder priva­ ten Freunde97, unter denen sich auch Tuscus Albinus und mehrere andere befanden, mahnte, ihn, der zu Höherem ansetzte und in Kürze den Platz des Kaisers übernähme, (zu unterstützen). (5) Dieses Bündel aus willkürlichen Erfindungen, das zusammengestellt war, um sich am Leben eines Unschul­ digen zu vergreifen, empfing der Präfekt von Dynamius und brachte es heimlich dem Kaiser, der solche und ähnliche Dinge gierig zu untersuchen pflegte, als er allein war ...98 in der Hoffnung, in ihm einen wachsamen H ü­ ter seines Wohles (zu finden); das in schlauer List zusammengeflickte Mate­ rial wurde im Consistorium99 verlesen; daraufhin ließ man die Tribunen ver96 Ein oft angewandtes Verfahren zur Wiederbenutzung der Papyri. 97 D. h. die kein Amt bekleideten. 98 Die Übersetzung ist wegen der Korruptel unsicher. 99 Der Kronrat der spätantiken Kaiser (Sacrum Consistorium) war die Versamm­ lung der höchsten Reichsbeamten zur Beratung der wichtigsten Fragen.

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iussi sunt custodiri et de prouinciis duci priuati, quorum epistulae nomina designabant. (6) confestimque iniquitate rei percitus Malarichus Gentili­ um100 rector collegis adhibitis strepebat immaniter circumueniri homines di­ catos imperio per factiones et dolos minime debere proclamans petebatque, ut ipse relictis obsidum loco necessitudinibus suis Mallobaude armatur­ arum101 tribuno spondente, quod remeabit, uelocius iuberetur ire ducturus Siluanum aggredi nihil tale conatum, quale insidiatores acerrimi concitarunt, uel contra se paria promittente Mallobaudem orabat properare permitti haec, quae ipse pollicitus est, impleturum. (7) testabatur enim id se procul dubio scire, quod, si qui mitteretur externus, suopte ingenio Siluanus etiam nulla re perterrente timidior composita forte tuçbabit. (8) Et quamquam utilia moneret et necessaria, uentis tamen loquebatur in­ cassum. namque Arbitione auctore Apodemius ad eum102 uocandum cum litteris mittitur, inimicus bonorum omnium diuturnus et grauis. qui inciden­ tis ...‘ cum uenisset in Gallias, dissidens a mandatis, quae proficiscenti sunt data, nec uiso Siluano nec oblatis scriptis, ut ueniret, admonito ... remansit ascitoque rationali103 quasi proscripti iamque necandi magistri peditum clientes et seruos hostili tumore uexabat. (9) inter haec tamen dum praesentia Siluani speratur et Apodemius quieta perturbat, Dynamius, ut argumento ualidiore impie structorum assereret fidem, compositas litteras his concinen­ tes, quas obtulerat principi per praefectum, ad tribunum miserat fabricae Cremonensis104 nomine Siluani et Malarichi, a quibus ut arcanorum conscius monebatur parare propere cuncta. [...]105 (11) haec Malarichus subito nanctus, etiamtum squalens et maestus suamque et popularis Siluani uicem grauiter ingemescens adhibitis Francis, quorum ea tempestate in palatio mul­ titudo florebat, erectius iam loquebatur: tumultuando patefactis insidiis reserataque iam fallacia, per quam ex confesso salus eorum appetebatur. (12)

1 Lücke von 27 Buchstaben 100 Die gentiles waren Teil der scholae palatinae (vgl. Anm. 84). 101 Ein anderer Teil der scholae palatinae. Vgl. oben Anm. 84. Der Franke Mallobaudes war comes domesticorum und rex Francorum (vgl. Amm. 30,3,7 und 31,10,6) und später an der Schlacht von Argentaria beteiligt. 102 Silvanus. 103 Der rationalis oder procurator, ursprünglich Leiter der zentralen Finanzverwal­ tung des römischen Kaisers, verwaltete in der Spätantike den Fiskus in den Diözesen (vor allem in Ägypten) und war unter anderem für die Einziehung des Vermögens von Verurteilten zuständig. 104 Die Waffenfabrik wird auch in der Notitia dignitatum occ. 9,27 erwähnt.

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haften und die Privatleute, deren Namen in dem Brief genannt wurden, aus den Provinzen herbeiholen. (6) Über eine solche Niedertracht empörte sich sogleich über die Maßen Malarichiis, der Befehlshaber der Gentilen100; er rief seine Kollegen zusammen und tobte' maßlos, indem er laut verkündete, Menschen, die sich dem Reich widmeten, dürften keinesfalls durch Machen­ schaften und Betrügereien überlistet werden, und er bat, ihm selbst zu be­ fehlen, seine Angehörigen als Geiseln zurückzulassen und, während Mallobaudes, der Tribun der schwerbewaffneten Leibgarde101, sich für seine Rückkehr verbürgte, ihn schleunigst abreisen zu lassen, um Silvanus herbei­ zuholen, der niemals so etwas versucht habe, was die hitzigsten Verräter provozierten, oder, so bat er, man möge umgekehrt, während er das Gleiche versprach, dem Mallobaudes gestatten, (dorthin) zu eilen, um auszuführen, was er selbst gelobt habe. (7) Er wisse, wie er versicherte, nämlich ganz si­ cher, daß Silvanus, der schon von Natur atu· furchtsam sei, selbst wenn es gar nichts zu fürchten gebe, eventuell die Ordnung stören werde, wenn man ei­ nen Fremden schicke. (8) Und obgleich er etwas Zweckmäßiges und Notwendiges anmahnte, waren seine Worte fruchtlos in den Wind gesprochen. Denn auf Veranlas­ sung Arbitios wurde Apodemius, der langjährige und gewichtige Feind aller Guten, mit einem Schreiben losgeschickt, um ihn102 zu holen. ... In Gallien angekommen, wich er von seinen Aufträgen ab, die man ihm bei seinem Aufbruch gegeben hatte, und traf weder Silvanus noch übergab er das Schriftstück mit der Mahnung, daß er kommen solle; ... er blieb dort, zog den Rechnungsbeamten103 hinzu und plagte die Klienten (Schutzbefohlenen) und Sklaven des Befehlshabers der Fußtruppen mit feindlichem Zorn, als ob jener bereits geächtet und zum Töten (freigegeben) wäre. (9) Während man inzwischen jedoch die Anwesenheit des Silvanus erwartete und Apodemius den Frieden störte, hatte Dynamius, um die Glaubwürdigkeit des ruchlos Erfundenen mit einem stärkeren Beweisstück abzusichern, einen Brief auf­ gesetzt, der mit dem übereinstimmte, den er dem Kaiser durch den Präfekten hatte bringen lassen, und ihn im Namen des Silvanus und Malarichus an den Vorsteher der Waffenfabrik in Cremona104 geschickt; von jenen wurde er wie ein Mitwisser der Geheimnisse ermahnt, alles schleunig vorzuberei­ ten. [...]105 (11) So bekam plötzlich Malarich, der immer noch mürrisch und traurig war und heftig sein eigenes Schicksal und das seines Volksgenossen Silvanus beklagte, (den Brief); er rief die Franken zusammen, von denen zu dieser Zeit eine große Zahl Einfluß am Hofe hatte und sprach bereits deutli­ cher: Unter großem Lärm wurde der Verrat aufgedeckt und der Betrug ent­ hüllt, durch den ihr Wohlergehen zweifellos bedroht wurde. (12) Als der 105 Der Tribun konnte mit dem Brief nichts anfangen und schickte ihn an Malarich (den angeblichen Verfasser) zurück mit der Bitte um Erläuterung.

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hisque cognitis statuit imperator dispicientibus consistorianis et militaribus uniuersis in negotium praeterinquiri, cumque iudices resedissent’, Florentius Nigriniani filius agens tunc pro magistro officiorum106 contemplans diligen­ tius scripta apicumque pristinorum quasi quandam umbram repperiens animaduertit, ut factum est, priore textu interpolato longe alia, quam dictarat Siluanus, ex libidine consarcinatae falsitatis ascripta. [...]107 (15) Agens inter haec apud Agrippinam Siluanus assiduisque suorum comperiens nuntiis, quae Apodemius in labem suarum ageret fortunarum, et sciens animum te­ nerum uersabilis principis timensque, ne trucidaretur absens et indemnatus, in difficultate positus maxima barbaricae se fidei committere cogitabat. (16) sed Laniogaiso108 uetante tunc tribuno, querq, dum militaret candidatus110, solum affuisse morituro Constanti supra rettulimus109, docenteque Francos, unde oriebatur, interfecturos eum aut accepto praemio prodituros nihil tu­ tum ex praesentibus ratus in consilia cogitabatur extrema et sensim cum principiorum uerticibus erectius collocutus isdemque magnitudine pro­ missae mercedis accensis cultu purpureo a draconum et uexillorum insigni­ bus111 ad tempus abstracto ad culmen imperiale surrexit. (17) Dumque haec aguntur in Galliis, ad occasum inclinato iam die perfer­ tur Mediolanum insperabilis nuntius aperte Siluanum demonstrans, dum ex magisterio peditum altius nititur, sollicitato exercitu ad augustum culmen euectum. (18) hac mole casus inopini Constantio icto quasi fulmine fati pri­ mates consilio secunda uigilia112 conuocato properarunt omnes in regiam, cumque nulli ad eligendum, quid agi deberet, mens suppetere posset aut lin­ gua, summissis uerbis perstringebatur Vrsicini113 mentio ut consiliis rei belli­ cae praestantissimi frustraque graui iniuria lacessiti114 et per admissionum magistrum115 - qui mos est honoratior - accito eodem ingresso consistorium ’ festidissent, fastidissent Hss. 106 Der magister officiorum war Chef der gesamten Zentralverwaltung (der Kanz­ leien), der scholae palatinae und der agentes in rebus. 107 Der Kaiser erfuhr die Wahrheit und setzte den Präfekten ab, der aber straflos ausging; die Denunzierten wurden freigelassen, Dynamius aber als corrector (Gou­ verneur) nach Tuszien geschickt. 108 Ebenfalls ein Franke, der nur hier erwähnt ist. 109 Der entsprechende Teil des Werkes ist verloren. 110 Die candidati bildeten eine von den scholae palatinae getrennte Abteilung wahrscheinlich weißgekleideter, kaiserlicher Leibwächter unter dem Befehl des ma­ gister officiorum und bestanden oft aus Barbaren. Sie sind hier (zum Jahr 350) erst­ mals erwähnt. 111 Die Standarten der Kohorten: Drachen der Fußtruppen, Fahnen der Reiterei. 1,2 Etwa zwischen 21 und 24 Uhr. Die Nacht war in vier vigiliae à drei Stunden eingeteilt, die mit dem Sonnenuntergang begannen.

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Kaiser davon erfuhr, beschloß er, die Mitglieder des geheimen Rates und alle Militärs sollten das genau untersuchen und der Sache solle weiter nachge­ gangen werden. Als die Richter Platz genommen hatten, betrachtete Floren­ tius, der Sohn des Nigrinianus, denzu der Zeit den Kanzleivorsteher106 ver­ trat, aufmerksam das Schriftstück; er entdeckte gleichsam schattenhafte Spuren der früheren Schriftzüge und erkannte, daß der frühere Text, wie es tatsächlich geschehen ist, verfälscht und ein ganz anderer, als Silvanus dik­ tiert hatte, aus willkürlich zusammengeflickter Fälschung darübergeschrie­ ben worden war. [...]107 (15) Silvanus, der sich währenddessen in Köln auf­ hielt und durch ständige Botschaften seiner Leute erfuhr, was Apodemius zu seinem Verderben bewerkstelligte, und der den schwachen Charakter des wankelmütigen Kaisers kannte und fürchtete, in Abwesenheit und ohne U r­ teil erschlagen zu werden, sah sich in einer äußerst schwierigen Lage und ge­ dachte sich dem Schutz der Barbaren apzuvertrauen. (16) Doch das verhin­ derte der damalige Tribun, Laniogaisus108, von dem wir oben berichtet haben109, daß er während seines Dienstes als Leibwächter110 als einziger beim Tod des Constans zugegen war; er wies darauf hin, daß die Franken, von de­ nen er abstammte, ihn (Silvanus) entwedér umbringen oder gegen eine Be­ lohnung ausliefern würden; daher glaubte dieser sich in der augenblicklichen Lage nicht sicher und sah sich zum Äußersten getrieben, und nach und nach sprach er offener mit den höchsten Offizieren, machte sie durch das Ver­ sprechen einer großen Belohnung Feuer und Flamme, entfernte einstweilen den Purpurschmuck von den Drachen- und Fahjaenzeichen111 und schwang sich zur Höhe des Kaisertums auf. (17) Während das in Gallien geschah, kam, als der Tag sich bereits dem Ende zuneigte, die unerwartete Nachricht nach Mailand, die offen an den Tag legte, daß Silvanus vom Amt des Befehlshabers der Fußtruppen nach noch Höherem strebte, das Heer aufgewiegelt habe und zur hohen Stellung eines Augustus erhoben worden sei. (18) Infolge der Last dieses unerwarte­ ten Vorfalls rief Constantius wie vom Schicksalsblitz getroffen um die zwei­ te Nachtwache112 den Rat zusammen, und die Würdenträger eilten allesamt an den Hof. Da bei niemandem Denk- oder Sprachvermögen zu einer Ent­ scheidung ausreichen konnte, was zu tun sei, erwähnte man mit gedämpften Worten beiläufig, daß sich Ursicinus113 mit seinem Rat in militärischen Din­ gen hoch ausgezeichnet habe, obwohl man ihn grundlos durch ein schweres Unrecht gereizt hatte114, und ließ ihn durch den Oberhofmarschall115 - eine 113 Ursicinus, ein militärisches Vorbild Ammians, war zu dieser Zeit, als er den Be­ fehl zur Beseitigung des Silvanus erhielt, einer der engsten Heerführer des Constan­ tius. 114 Oder: dem selbst eine schwere Beleidigung nichts hatte anhaben können. 115 Ein Untergebener des magister officiorum, der für die Formalitäten beim Betre-

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offertur purpura116 multo quam antea placidius. kDiocletianus enim Augus­ tus11omnium primus externo et regio more instituit adorari, cum semper an­ tea ad similitudinem iudicum117 salutatos principes legerimus. [...]118 (21) [...] probabili argumento firmandam fidem119 reperto monetur honorificis scriptis, ut accepto Vrsicino successore cum potestate rediret intacta. [...]120 (24) [...] uerum cursim nos properantes aeria uia quadam anteuolans prodi­ derat fama et Agrippinam ingressi inuenimus cuncta nostris conatibus altiora. (25) namque conuena undique multitudine trepide coepta fundante coac­ tisque copiis multis pro statu rei praesentis id aptius uidebatur, ut ad imperatoris nouelli121 per ludibriosa auspicia uirium accessu firmandi sen­ sum ac uoluntatem dux flexibilis uerteretur, quo uariis assentandi figmentis in mollius uergente securitate nihil metuens hostile deciperetur. (26) cuius rei finis arduus uidebatur; erat enim cautius obseruandum, ut appetitus oppor­ tunitati obtemperarent nec praecurrentes eam nec deserentes, qui si eluxis­ sent intempestiue, constabat nos omnes sub elogio uno morte multandos. [- ]122

(28) aegre ferebat Siluanus ad consulatum potestatesque sublimes elatis in­ dignis se et Vrsicinum solos post exsudatos magnos pro re publica labores et crebros ita fuisse despectos, ut ipse quidem per quaestiones familiarium sub diceptatione ignobili crudeliter agitatus commisisse in maiestatem arcessere­ tur, alter uero ab oriente raptus odiis inimicorum addiceretur; et haec assidue clam querebatur et palam. [...]123 (31) firmato itaque negotio124 per seque­ stres quosdam gregarios obscuritate ipsa ad id patrandum idoneos praemio­ rum exspectatione accensos solis ortu iam rutilo subitus armatorum globus erupit atque, ut solet in dubiis rebus, audentior caesis custodibus regia pene-

k k Kj. zur Lücke von 9 Buchstaben. ten des Audienzraums verantwortlich war und den admissionales, den Kammerher­ ren, Vorstand. 116 D. h. die kaiserliche Kleidung. 117 Iudex bezeichnet allgemein einen Amtsträger. 118 Der Kaiser tat gegenüber Silvanus so, als wisse er von den Vorgängen noch nichts. 119 Des Silvanus. 120 Ursicinus brach mit Tribunen und zehn Leibwächtern, darunter auch Ammian, im Eiltempo auf. 121 Novellus hat einen negativen Sinn. 122 Ursicinus gewann das Vertrauen des Silvanus und wurde sogar zu geheimen Be­ ratungen herangezogen. 123 Da die Soldaten gegen Italien stürmen wollten, gewann man schnell bestimmte gallische Einheiten für das Vorhaben.

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Geste, die ihn noch mehr ehrte - herbeirufen, und als er den geheimen Rat betrat, bot man ihm weit huldvoller als zuvor den Purpur116 (zum Kuß) dar. Kaiser Diocletian führte als erster diese fremde, königliche Sitte der Vereh­ rung ein, während die Kaiser früher, wie ich gelesen habe, stets ähnlich wie die Richter117 begrüßt wurden. [...]118 (21) [...] Man fand ein glaubwürdiges Argument, um sein119 Vertrauen zu bestärken und forderte ihn in einem eh­ renvollen Schreiben auf, Ursicinus als Nachfolger >zu empfangen und mit unangetasteter Macht zurückzukehren. [...]120 (24) [...] So sehr wir uns auch beeilten, hatte uns doch ein gleichsam durch die Lüfte vorauseilendes Ge­ rücht verraten, und als wir in Köln einzogen, fanden wir alles weiter gedie­ hen, als es unseren Absichten (entsprach). (25) Denn eine von allen Seiten zusammengelaufene Menge bot dem zaghaft Begonnenen eine feste Grund­ lage, und da man viele Truppen zusammengezogen hatte, schien es ange­ sichts der augenblicklichen Lage angebrachter, daß sich der Feldherr ge­ schmeidig nach der Gesinnung und dem Willen dieses neuen121 Kaisers richtete, der durch den Zuwachs an Kräften unter trügerischen Vorzeichen sicher gemacht werden sollte; dadurch sollte der Feind durch verschiedent­ lich vorgetäuschte Zustimmung in eine empfänglichere Sicherheit gewiegt und, nichts (Böses) fürchtend, hintergangen werden. (26) Das Ziel dieser Angelegenheit schien schwierig; er war nämlich nur zu vorsichtig, darauf zu achten, daß das Begehren sich nach dem rechten Zeitpunkt richtete und die­ sem weder voraneilte noch ihn verpaßte. Wenn es zur falschen Zeit ans Ta­ geslicht gekommen wäre, so wären wir zweifellos sämtlich mit einem einzi­ gen (Urteils-)Spruch mit dem Tode bestraft worden. [...]122 (28) Silvanus ärgerte es, daß Unwürdige zum Konsulat und zu höchsten Ämtern aufstiegen, während er selbst und Ursicinus als einzige trotz ihrer vielen, bedeutenden Leistungen für den Staat so verachtet würden, daß er sogar durch die Vernehmungen seiner Vertrauten in unwürdiger Verhand­ lung grausam beschuldigt worden sei, Hochverrat begangen zu haben, wäh­ rend der andere eilig aus dem Osten geholt und den Gehässigkeiten der Feinde preisgegeben worden sei; das beklagte er unablässig insgeheim und in der Öffentlichkeit. [...]123 (31) Nachdem die Angelegenheit also durch einige einfache Soldaten als Mittelsmänner abgemacht worden war124125, die für die Durchführung dank ihrer Unauffälligkeit, durch die Aussicht auf Beloh­ nung angeheizt, geeignet waren, brach bereits beim ersten Morgenrot plötz­ lich eine Schar Bewaffneter hervor und machte tollkühn, wie man in einer zweifelhaften Lage zu handeln pflegt, die Wachen nieder, drang in den Palast 124 Ursicinus bestach Soldaten des Silvanus. 125 Zum Untergang des Silvanus vgl. auch Hier. 2370: Silvanus in Gallia res molitus novas XXVIII die extinctus est (Silvanus, der in Gallien einen Umsturz plante, wurde bereits 28 Tage später getötet).

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trata Siluanum extractum aedicula, quo exanimatus confugerat, ad conuenticulum ritus Christiani tendentem densis gladiorum ictibus trucidarant125. (32) Ita dux haud exsilium meritorum hoc genere oppetit mortis metu ca­ lumniarum, quibus factione iniquorum irretitus est absens, ut tueri possit sa­ lutem ad praesidia progressus extrema. (33) licet enim ob tempestiuam illam cum armaturis proditionem ante Mursense proelium126 obligatum gratia reti­ neret Constantium, ut dubium tamen mutabilem uerebatur, licet patris quo­ que Boniti praetenderet fortia facta127, Franci quidem, sed pro Constantini partibus in bello ciuili acriter contra Licinianos saepe uersati. (34) euenerat autem, ut, antequam huiusmodi aliquid agitaretur in Galliis, Romae in Circo Maximo populus - incertum, relatione quadam percitus an praesagio - „Siluanus deuictus est“ magnis uocibus exclamaret1?8129.

Zosimos, Historia nova 3,1,l m: Ταϋτα έπί Γάλλψ τφ Καίσαρι πεπραχώς ό Κωνστάντιος130 αυτός μέν κατά την ’Ιταλίαν έκ Παιονίας διέβη, θεώμενος δέ τά πανταχοΰ ‘Ρωμαίοις ύπήκοα βαρβαρικαΐς έφόδοις άπειλημμένα, καί Φράγκους μέν καί Ά λαμαννούς καί Σάξονας ήδη τεσσαράκοντα πόλεις έπικειμένας τφ ‘Ρήνιρ κατειληφόντας131, καί αύτάς μέν άναστάτους πεποιηκότας, τούς δέ τούτων οίκήτορας άπειρον όντας πλήθος λησαμένους μετά πλούτου λαφύρων άναριθμήτου, Κουάδους δέ καί Σαυρομάτας έπί πολλής άδειας Παιονίαν κατατρέχοντας καί την άνωτέρω Μυσίαν, Πέρσας δέ τού τήν έφαν παρενοχλεΐν ούκ άφισταμένους, εί καί πρότερον ήσύχαζον δέει τού μη τόν Καίσαρα Γάλλον αύτοΐς έπελθεΐν [...].

126 Beim Sieg Constantius’ II. über Magnentius in Pannonien im Jahre 351. 127 Vor allem im Krieg gegen Licinius 324. 128 Constantius ließ die Freunde und Mitwisser des Silvanus hinrichten. 129 Zur Lage am Rhein 354/55 n. Chr. 130 Constantius II. hatte Ende 354 Claudius Gallus, der 351 zum Caesar für den Osten erhoben worden war, hinrichten lassen. Vgl. B. Bleckmann, Constantina, Vetranio und Gallus Caesar, Chiron 24 (1994) 29 ff. Die Chronologie des Zosimos ist hier nicht korrekt. Constantius war schon im Frühjahr 354 zum Kampf gegen die Alemannen aufgebrochen, denen er nach seinem Erfolg Frieden gewährte (Amm. 14,10, oben S. 198 ff.).

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ein, zerrte Silvanus aus einer kleinen Nische hervor, wohin er sich erschöpft geflüchtet hatte, und sie ermordeten ihn mit vielen Schwerthieben, als er sich zum Versammlungsraum für den christlichen Kult wandte125. (32) So ging ein Feldherr von nicht geringen Verdiensten in einen solchen Tod; aus Furcht vor den Ränken, in die er in seiner Abwesenheit durch die Machenschaften seiner Feinde verstrickt wurde, war er zu den äußersten Schutzmaßnahmen übergegangen, um sein Leben zu retten. (33) Obgleich er sich wegen seines zur rechten Zeit erfolgten Parteiwechsels mit den Schwerbewaffneten vor der Schlacht bei Mursa126 Constantius zu Dank verpflichtet hatte, fürchtete er ihn doch als unschlüssig und launenhaft; obgleich er auch auf die tapferen Taten seines Vaters Bonitus verweisen konnte127, der zwar Franke war, sich im Bürgerkrieg aber oft heftig für die Partei Konstantins und gegen die Anhänger des Licinius eingesetzt hatte. (34) Noch bevor et­ was Derartiges sich in Gallien ereignete^war es aber geschehen, daß in Rom das Volk im Circus Maximus - man weiß nicht, ob durch einen Bericht oder durch eine Vorahnung bewegt - mit lauter Stimme ausrief: „Silvanus ist be­ siegt128!“

Zosimos, Historia nova 3,1,1λ29: Nachdem Constantius auf diese Weise gegen den Caesar Gallus vorgegan­ gen war130, begab er sich von Pannonien nach Italien und mußte feststellen, daß die römischen Provinzen überall von Einfällen der Barbaren bedroht waren und die Franken, Alemannen und Sachsen schon vierzig Städte am Rhein genommen131 und völlig zerstört sowie ihre Einwohner in großer Zahl mit unermeßlicher Beute weggeführt hatten, die Quaden und Sarmaten (Sauromaten) ohne große Gefahr Pannonien und Moesia Superior verheer­ ten, während die Perser pausenlos den Osten heimsuchten, nachdem sie vor­ her aus Furcht vor einem Angriff des Caesars Gallus ruhig gewesen wa­ ren [...].

131 Nach dem Feldzug gegen Alemannen am Hochrhein 354 und einem Sieg über die alemannischen Lentienser in der Nähe des Bodensees 355 (Amm. 15,4, oben S. 202 ff.) dauerten die germanischen Angriffe an; vgl. oben Anm. 66. Unter anderem wurde Köln im Herbst 355 von fränkischen Verbänden eingenommen. Vgl. Julian. Ep. ad Athen. 279 B; or. 2,74 B, wo Julian bemerkt, daß Constantius jenseits des Rheins Krieg führen mußte.

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d) Kaiser Julian (355-360) in Gallien Sokrates, Historia ecclesiastica 3,1,25-28: (25) [...] έπί τάς Γαλλίας κατά τών βαρβάρων άπέστειλεν132. (26) ΟΙ γάρ δή βάρβαροι, οΰς ό βασιλεύς Κωνστάντιος εις συμμαχίαν κατά Μαγνεντίου μικρόν έμπροσθεν1 έμισθώσατο, εις ούδέν χρήσιμον κατά τού τυράννου γενόμενοι, τάς ‘Ρωμαίων εφθειρον πόλεις133. (27) Καί έπειδή νέος ήν την ηλικίαν, έκέλευσε μηδέν αυτόν πράττειν δίχα γνώμης των ηγουμένων του στρατού134, ώς δέ εκείνοι τής έξουσίας ταύτης λαβόμενοι ραθυμότερον τών πραγμάτων έφρόντιζον, καί διά τούτο τά βαρβάρων έπικρατέστερα ήν, ό Ίουλιανός τούς στρατηγούς εΐα τρυφαϊς καί πότοις σχολάζειν, τούς δέ στρατιώτας προθυμοτέρους έποίησε, μισθόν ώρισμένον τω άνελόντι βάρβαρον υποσχόμενος. (28) Τούτο παρέσχεν άρχήν τού καί τά βαρβάρων έλαττούσθαι, καί αυτόν έράσμιον παρά τοϊς στρατιώταις γενέσθαι. [...]

Ammianus Marcellinus 15,8,18-20li5: (18) [...] itineribus rectis Taurinos peruenit, ubi nuntio percellitur graui, qui nuper in comitatum Augusti perlatus de industria silebatur, ne parata diffluerent. (19) indicabat autem Coloniam Agrippinam, ampli nominis ur­ bem in secunda Germania136, pertinaci barbarorum obsidione reseratam magnis uiribus et deletam. (20) quo maerore perculsus uelut primo aduentantium malorum auspicio murmurans querulis uocibus saepe audiebatur ni­ hil se plus assecutum quam, ut occupatior interiret137.

1 πρόσθεν Var. 132 Julian wurde am 6. November 355 von seinem Vetter Constantius II. zum Cae­ sar erhoben und reiste bereits Anfang Dezember nach Gallien. 133 Die Version, daß Constantius II. föderierte Germanen im Kampf gegen Mag­ nentius einsetzte, ist glaubwürdiger als die Ausführungen bei Julian (or. 1,34 D 35 B, oben S. 194) und bei Libanios (or. 18,33-35, oben S. 196), wonach Constantius das römische Grenzsystem praktisch selbst gleichsam von innen her entscheidend ge­ schwächt hat.

Kaiser Julian (355-360) in Gallien

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d) Kaiser Julian (355-360) in Gallien Sokrates, Historia ecclesiastica 3,1,25-28: /

(25) [...] er (Constantius II.) schickte ihn (Julian) nach Gallien gegen die Barbaren132. (26) Denn die Barbaren, die der Kaiser Constantius kurze Zeit vorher für ein Bündnis gegen Magnentius angeworben hatte, waren über­ haupt nicht zu gebrauchen gegen den Tyrannen, zerstörten aber die Städte der Römer133. (27) Da er (Julian) noch jung war, befahl er ihm, nichts ohne Einwilligung der Militärbefehlshaber zu unternehmen134135. Da diese aber mit ihrer Vollmacht sich ziemlich lässig um ihre Aufgaben kümmerten und das Barbarenvolk deswegen noch mächtiger wurde, duldete Julian, daß die Be­ fehlshaber sich ihren Schwelgereien und Gelagen hingaben, machte jedoch die Soldaten kampfbereiter, indem er ihnen eine bestimmte Belohnung für jeden erschlagenen Barbaren versprach. (28) Dies war der Anfang der N ie­ derlage der Barbaren und seiner eigenen Beliebtheit bei den Soldaten. [...]

Ammianus Marcellinus 15,8,18- 2 0 ni: (18) [...] Auf direktem Wege gelangte er (Julian) bis nach Turin, wo er durch eine schwerwiegende Nachricht erschüttert wurde, die kürzlich be­ reits den H of des Kaisers erreicht hatte, doch absichtlich verschwiegen wor­ den war, damit die Vorbereitungen nicht im Sande verliefen. (19) Sie lautete nämlich, daß Köln, eine Stadt mit bedeutendem Namen in der Germa­ nia II136, nach einer hartnäckigen Belagerung durch die Barbaren mit starken Streitkräften erobert und zerstört worden sei. (20) Darüber tief betrübt, als sei das das erste Vorzeichen kommenden Unheils, hörte man ihn oft mit kla­ gender Stimme murren, er habe nichts weiter erreicht, als daß er unter der noch größer gewordenen Belastung zugrunde gehe137.

134 Julian wurde nicht sofort Oberbefehlshaber; vgl. Lorenz, Imperii fines 34. 135 Zum Jahr 355. 136 Untergermanien. 137 In Gallien wurde Julian aber gut empfangen.

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Ammianus Marcellinus 15,11,4-10138; (4) Horum omnium apud ueteres Belgae dicebantur esse fortissimi139 ea propter, quod ab humaniore cultu longe discreti nec aduenticiis effeminati deliciis diu cum transrhenanis certauere Germanis. [...] (6) regebantur autem Galliae omnes, iam inde uti crebritate bellorum urgenti cessere Iulio dictato­ ri140, potestate in partes diuisa quattuor, quarum Narbonensis una Viennen­ sem intra se continebat et Lugdunensem, altera Aquitanis praeerat uniuersis; superiorem et inferiorem Germaniam Belgasque duae iurisdictiones isdem rexere temporibus. (7) at nunc numerantur prouinciae per omnem ambitum Galliarum: secunda Germania141,- prima ab qccidentali exoriens cardine, Agrippina et Tungris munita, ciuitatibus amplis et copiosis142. (8) dein prima Germania143, ubi praeter alia municipia Mogontiacus est et Vangiones et Nemetae et Argentoratus144, barbaricis cladibus nota145. (9) post has Belgica pri­ ma Mediomatricos praetendit et Treueros, domicilium principum clarum146. (10) huic annexa secunda est Belgica, qua Ambiani sunt, urbs inter alias emi­ nens, et Catelauni et Remi. [...]147

Ammianus Marcellinus 16,2-4: 2. (1) Agens itaque negotiosam hiemem apud oppidum ante dictum148 in­ ter rumores, qui uolitabant assidui, comperit Augustuduni ciuitatis antiquae muros spatiosi quidem ambitus, sed carie uetustatis inualidos barbarorum impetu repentino insessos torpente praesentium militum manu ueteranos concursatione peruigili defendisse, ut solet abrupta saepe discrimina salutis ultima desperatio propulsare. (2) nihil itaque remittentibus curis ancillari adulatione posthabita, qua cum proximi ad amoenitatem flectebant et lu­ xum, satis omnibus comparatis octauum kalendas Iulias149 Augustudunum

138 Aus der Beschreibung der gallischen Länder, die Ammian der Entsendung Juli­ ans folgen läßt, sind hier nur die Passagen über die germanischen Provinzen wieder­ gegeben. Vgl. auch Amm. 15,9,4 (Goetz/Welwei, Altes Germanien I, 314). 139 Vgl. Caesar Gail. 1,1.3 ff. 140 Das bezieht sich auf Caesars gallischen Krieg (58-51 v. Chr.). Caesar war zu dieser Zeit freilich noch nicht dictator, sondern proconsul. 141 Untergermanien. 142 Oder: volkreiche. 143 Obergermanien. 144 Hier sind jeweils nicht die Orte, sondern die Stämme (civitates), also die Stadt­ bezirke mit ihrem Umland gemeint. 145 Vgl. Amm. 16,12, unten S. 232 ff.

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Ammianus Marcellinus 1 5 ,ll,4 -1 0 m: (4) Von allen diesen (Völkern) sollen nach den Alten die Beiger am tap­ fersten gewesen sein139, weil sie von einer menschlicheren Zivilisation weit entfernt wohnten, nicht durch fremden Luxus verweichlicht wurden und lange mit den rechtsrheinischen Germanen kämpften. [...] (6) Die gesamten gallischen Provinzen wurden, seit sie sich in ununterbrochenen Kriegen dem drängenden Diktator Julius ergeben hatten140, in vier Machtbereiche aufge­ teilt und verwaltet, von denen einer die Narbonensis, die Viennensis und die Lugdunensis in sich einschloß; der zweite umfaßte ganz Aquitanien; Ober­ und Untergermanien sowie Belgien bildeten zu jener Zeit zwei Verwal­ tungsbezirke. (7) Jetzt aber zählt man im ganzen Umkreis Galliens folgende Provinzen: Zuerst die Germania II141, die in der westlichen Gegend beginnt, durch Köln und Tongern, große und wohlhabende142 Städte, geschützt. (8) Dann die Germania I143, wo neben anderen Provinzstädten Mainz, Worms, Speyer und Straßburg liegen144, das durch die Niederlage der Barbaren be­ kannt ist145. (9) Dahinter erstreckt sich die Belgica I vor Metz und Trier, der berühmten Kaiserresidenz146. (10) Ihr schließt sich die Belgica II an, in der Amiens, eine Stadt, die über andere hinausragt, Châlons-sur-Marne und Reims liegen. [...]147

Ammianus Marcellinus 16,2-4: 2. (1) Während er (Julian) den Winter beschäftigt in der oben erwähnten Stadt148 verbrachte, erfuhr er aus den Gerüchten, die ständig in der Luft la­ gen, daß die zwar weiträumigen, jedoch durch Altersschwäche baufällig ge­ wordenen Mauern der alten Stadt Autun in einem plötzlichen Angriff der Barbaren besetzt worden seien, und während die Truppe der anwesenden Soldaten nichts tat, Veteranen dank ihrer Wachsamkeit herbeigeeilt seien und sie verteidigt hätten, wie ja häufig die äußerste Verzweiflung am (eige­ nen) Leben drohende Gefahren abzuwehren pflegt. (2) Während so die Sor­ gen nicht aufhörten, beachtete er die niedrige Schmeichelei, mit der ihn seine nächste (Umgebung) zu Vergnügen und Schwelgerei zu verführen suchte, nicht, (sondern) bereitete alles hinreichend vor und gelangte am 24. Juni149

146 Trier war seit 285 Sitz eines Augustus. 147 Im Abschnitt über die Rhone erwähnt Amm. noch, daß die Saône (Arar) zwi­ schen Obergermanien und den Sequanern entlangfließt und hier Gallien beginnt. 148 Vienne. 149 356.

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peruenit uelut dux diuturnus uiribus eminens et consiliis per diuersa palan­ tes barbaros, ubi dedisset fors copiam, aggressurus. (3) habita itaque delibe­ ratione assistentibus locorum peritis, quodnam iter eligeretur ut tutum, multa ultro citroque dicebantur aliis per Arbor150 ...m quibusdam per Sedelaucum et Coram151 iri debere firmantibus. (4) sed cum subsererent qui­ dam Siluanum paulo ante magistrum peditum per compendiosas uias, uerum suspectas, quia tenebris multis umbrantur152, cum octo auxiliarium milibus aegre transisse, fidentius Caesar audaciam uiri fortis imitari magnopere nite­ batur. (5) et ne qua interueniat mora, adhibitis catafractariis153 solis et ballis­ tariis154 parum ad tuendum rectorem idoneis percurso eodem itinere Autosudorum peruenit. (6) Vbi breui, sicut solebat, otio cum milite recreatus ad Tricasinos tende­ bat et barbaros in se cateruatim ruentes, partim cum timeret ut ampliores, confertis lateribus obseruabat, alios occupatis habilibus locis decursu facili proterens nonnullos pauore traditos cepit, residuos in curam celeritatis omne, quod poterant, conferentes, quia sequi non ualebat grauitate praepe­ ditus armorum, innocuos abire perpessus est. (7) proinde certiore iam spe ad resistendum ingruentibus confirmatus per multa discrimina uenit Tricasas adeo insperatus, ut eo portas paene pulsante diffusae multitudinis barbarae metu aditus urbis non sine anxia panderetur ambage. (8) et paulisper mora­ tus, dum fatigato consulit militi, ciuitatem Remos nihil prolatandum existi­ mans petit, ubi in unum congregatum exercitum uehentem ...n iusserat op­ periri praesentiam suam; cui praesidebat Vrsicini successor Marcellus155 et ipse Vrsicinus ad usque expeditionis finem agere praeceptus isdem in locis. (9) post uariatas itaque sententias plures cum placuisset per Decem pagos Alamannicam aggredi plebem, densatis agminibus tendebat illuc solito ala­ crior miles. (10) et quia dies umectus et decolor uel contiguum eripiebat aspectum, iuuante locorum gnaritate hostes tramite obliquo discurso post Caesaris terga legiones duas arma cogentes adorti paene delessent, ni subito concitus clamor sociorum auxilia coegisset. (11) hinc et deinde nec itinera

m Lücke von 13 Buchstaben. " Lücke von 18 Buchstaben. 150 Nicht sicher identifizierbar. 151 Saulieu zwischen Autun und Reims; Cora bei Autun, heute St. Moré. 152 D. h. durch dunkle Wälder führende Wege. 153 Catafractarii werden von Amm. 16,10,8 ausführlich erklärt als mit Helmvisier, Wehrgehenk und einem aus dünnen, eng am Körper anliegenden Metallplatten beste­ henden Harnisch gepanzerte Reiter. 154 Ballistarii bedienen die schweren Schleuderwaffen (ballistae).

Kaiser Julian (355-360) in Gallien

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nach Autun und wollte wie ein langerprobter Feldherr, der sich durch Kraft und Umsicht auszeichnete, die in verschiedene Richtungen schweifenden Barbaren angreifen, sobald sich eine Gelegenheit bot. (3) Als er so unter Hinzuziehung der Ortskundigen reiflich überlegte, welchen Weg man als si­ chersten) wählen sollte, wurde viel hin und her geredet, und die einen be­ haupteten, man müsse über Arbor ...150, die anderen, man solle über Saulieu und Cora151 marschieren. (4) Als aber einige andeuteten, Silvanus, der kurz zuvor Oberbefehlshaber der Fußtruppen (gewesen war), sei auf kur­ zen, doch nicht ganz geheuren, von Dunkelheit überschatteten152 Wegen mit 8000 Mann Hilfstruppen mit Mühe hindurchgelangt, trachtete der Caesar allzu entschlossen danach, die Kühnheit dieses tapferen Mannes nachzuah­ men. (5) Um keine Zeit zu verlieren, nahm er nur die Panzerreiter153 und Schleuderschützen154 mit, obwohl sie kaum geeignet waren, den Feldherrn zu schützen, und gelangte auf demselben Wege nach Auxerre. (6) Sobald er sich mit seinem Heer gewohnheitsgemäß in einer kurzen Rast erholt hatte, marschierte er nach Troyes; manchmal, wenn die Barbaren sich in Scharen auf ihn stürzten und er ihre Überzahl fürchtete, beobachtete er sie nur mit geschlossenen Flanken, andere vernichtete er in mühelosem Überfall, indem er geeignete Orte besetzte, einige, die sich aus Furcht erga­ ben, nahm er gefangen, die restlichen, die ihre gesamte Sorge auf ihre Schnel­ ligkeit setzten, mußte er unversehrt abziehen lassen, weil er sie, durch die schweren Waffen behindert, nicht verfolgen konnte. (7) Dadurch wurde er in seiner Hoffnung bestärkt, den Angreifern widerstehen zu können, und gelangte unter vielen Gefahren derart unerwartet nach Troyes, daß man ihm, als er fast schon an die Tore pochte, aus Furcht vor der umherschweifenden Menge der Barbaren den Zutritt in die Stadt nicht ohne ängstliche Verlegen­ heit gewährte. (8) Er hielt sich (hier) nur eine kurze Zeit auf, um auf die er­ müdeten Soldaten Rücksicht zu nehmen, und eilte in der Überzeugung, nichts aufschieben zu dürfen, in die Stadt Reims, wo sich das fahrende Heer seinem Befehl gemäß sammeln ... und seine Gegenwart abwarten sollte; den Befehl hatte Marcellus als Nachfolger des Ursicinus inne155; Ursicinus selbst hatte die Anweisung, bis zum Ende des Feldzugs in dieser Gegend zu bleiben. (9) Als er nach vielen unterschiedlichen Meinungen beschlossen hatte, das Alemannenvolk über Dieuze anzugreifen, eilte das Heer in dicht geschlossenen Kolonnen munterer als gewöhnlich dorthin. (10) Doch weil die feuchte und trübe Witterung selbst von nahem die Sicht nahm, hätten die Feinde, die dank ihrer Ortskenntnis einen Seitenweg einschlugen und zwei Legionen im Rücken des Caesars angriffen, welche die Nachhut bildeten, diese beinahe vernichtet, wenn nicht aufgeregtes Geschrei die Hilfstruppen der Bundesgenossen herbeigerufen hätte. (11) Von jetzt an glaubte er, weder iss Vgl. oben Anm. 113.

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nec flumina transire posse sine insidiis putans erat prouidus et cunctator, quod praecipuum bonum in magnis ductoribus opem ferre solet exercitibus et salutem. (12) audiens itaque Argentoratum, Brotomagum, Tabernas, Salisonem, Nemetas et Vangionas et Mogontiacum ciuitates barbaros possiden­ tes territoria earum habitare - nam ipsa oppida ut circumdata retiis busta de­ clinant - primam omnium Brotomagum occupauit eique iam aduentanti acies0 Germanorum pugnam intentans occurrit. (13) cumque in bicornem fi­ guram acie diuisa collato pede res agi coepisset exitioque hostes urgerentur ancipiti, captis nonnullis, aliis in ipso proelii femore truncatis residui disces­ sere celeritatis praesidio tecti. 3. (1) Nullo itaque post haec "repugnante .ad recuperandam ire placuit Agrippinam ante Caesaris in Gallias aduentum excisam156, per quos tractus nec ciuitas ulla uisitur nec castellum, nisi quod apud Confluentes, locum ita cognominatum, ubi amnis Mosella confunditur Rheno157, Rigomagum oppi­ dum158 est et una prope ipsam Coloniam turris159. (2) igitur Agrippinam in­ gressus non ante motus est exinde, quam Francorum regibus furore mitiscente perterritis pacem firmaret rei publicae interim profuturam et urbem reciperet munitissimam. (3) quibus uincendi primitiis laetus per Treueros hiematurus apud Senonas160 oppidum tunc opportunum abscessit, ubi bello­ rum inundantium molem umeris suis, quod dicitur, uehens scindebatur in multiplices curas, ut milites, qui a solitis desciuere praesidiis, reducerentur ad loca suspecta et conspiratas gentes in noxam Romani nominis disiectaret ac prouideret, ne alimenta deessent exercitui per uaria discursuro. 4. (1) Haec sollicite perpensantem hostilis aggreditur multitudo oppidi capiundi spe in maius accensa ideo confidenter, quod ei nec Scutarios161 adesse prodentibus perfugis didicerant nec Gentiles162 per municipia distributos, ut commodius uescerentur. cum autem ...p (2) ... clausa ergo urbe murorumque intuta parte firmata ipse cum arma­ tis die noctuque inter propugnacula uisebatur et pinnas ira exundante sub­ stridens, cum erumpere saepe conatus paucitate praesentis manus impedire-

° acies add. Kj. p Lücke von 42 Buchstaben. 156 Vgl. Amm. 15,8,19. 157 Confluentes, „die Zusammenfließenden“ . 158 Remagen ist tatsächlich fast 50 km von Koblenz entfernt. 159 Turris bedeutet im Spätlatein auch Burg. 160 Eher Senon im Departement Meuse nördlich von Verdun als, wie früher ange­ nommen, Sens. 161 Vgl. oben Anm. 59. 162 Vgl. oben Anm. 100.

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Wege noch Flüsse überqueren zu können, ohne daß ein Hinterhalt (drohte); er ging vorsichtig und behutsam vor, ein besonderer Vorzug bei großen Feldherren, der den Heeren gewöhnlich Kraft und Rettung bringt. (12) Als er daher hörte, die Barbaren hätten'die Städte Straßburg, Brumath, (Rhein-) Zabern, Selz, Speyer, Worms und Mainz eingenommen und wohnten auf de­ ren Gebiet - denn die Städte selbst meiden sie wie von Netzen umspannte Gräber -, (wollte) er zuallererst Brumath besetzen, als ihm bereits auf dem Anmarsch eine Schlachtreihe der Germanen entgegenrückte, die den Kampf suchte. (13) Als er sein Heer in zwei Flügel eingeteilt und ein Kampf Mann gegen Mann begonnen hatte und die Feinde von beiden Seiten ins Verderben getrieben wurden, nahm man einige gefangen, andere wurden in der Hitze der Schlacht niedergemetzelt, der Rest kam, durch Schnelligkeit geschützt, davon. 3. (1) Da sich ihm also danach niemand mehr widersetzte, wollte er gern losmarschieren, um Köln zurückzugewinnen, das vor der Ankunft des Cae­ sars in Gallien zerstört worden war156; in diesen Gegenden findet man weder eine Stadt noch ein Kastell, außer daß bei Koblenz, einem Ort, der so heißt, weil hier die Mosel in den Rhein mündet157, die Stadt Remagen liegt158 und ein einziger (Wehr-)Turm159 bei Köln selbst steht. (2) Also marschierte er in Köln ein und zog von dort nicht eher wieder ab, bis er (mit) den einge­ schüchterten Frankenkönigen, deren Kampfeifer nachließ, einen Frieden schloß, der dem Staat einstweilen förderlich sein würde, und die schwerbe­ festigte Stadt zurückgewann. (3) Froh über diese^rsten Siege marschierte er über Trier ab, um in Senon160 zu überwintern, einer für ihn damals günstig gelegenen Stadt. Hier trug er die Last der überschäumenden Kriege, wie man so sagt, auf seinen Schultern und wurde von vielfachen Sorgen hin- und her­ gerissen: wie die Soldaten, die die gewohnten Posten verlassen hatten, in die verdächtigen Gebiete zurückzuführen, die Stämme, die sich zum Schaden des römischen Namens verschworen hatten, auseinanderzutreiben seien und Vorsorge zu treffen sei, damit es dem Heer auf dem künftigen Zug durch verschiedene Gegenden nicht an Verpflegung fehlte. 4. (1) Als er das sorgsam durchdachte, griff ihn eine große Menge von Feinden zuversichtlich an, deren Hoffnung, die Stadt einzunehmen, um so mehr entflammt war, weil sie von verräterischen Überläufern erfahren hat­ ten, daß er weder Scutarier (Schildträger)161 noch Gentilen162 bei sich hatte, die über die Provinzstädte verteilt waren, um sie bequemer versorgen zu können. ... (2) Nachdem man die (Tore der) Stadt verschlossen und die schwachen Teile der Mauer befestigt hatte, sah man ihn selbst Tag und Nacht mit den Bewaffneten an den Bollwerken und Zinnen vor überschäumendem Zorn zischen, wenn die häufigen Ausfallversuche an der geringen Zahl der anwe­ senden Truppen scheiterten. Nach 30 Tagen schließlich zogen die Barbaren

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tur. post tricensimum denique diem abiere barbari tristes inaniter stulteque cogitasse ciuitatis obsidium mussitantes. (3) sed, quod indignitati rerum est assignandum, periclitanti Caesari distulit suppetias ferre Marcellus magister equitum agens in stationibus proximis, cum etiam, si ciuitas absque principe uexaretur, opposita multitudine malis obsidionalibus expediri deberet. (4) hoc metu solutus efficacissimus Caesar prouidebat constanti sollicitudine, ut militum diuturno labori quies succederet aliqua licet breuis, ad recreandas tamen sufficiens uires, quamquam ultima squalentes inopia terrae saepe uastitatae exigua quaedam uictui congrua suggerebant. (5) uerum hoc quoque diligentia curato peruigili affusa laetiore spe prosperorum sublato animo ad exsequenda plurima consurgebat163.

Ammianus Marcellinus 16,5,16-17: (16) [...] Inter has tamen regendi moderandique uias bonis principibus ae­ mulandas164 barbarica rabies exarserat maius. (17) utque bestiae custodum neglegentia raptu uiuere solitae ne his quidem remotis appositisque fortiori­ bus abscesserunt, sed tumescentes inedia sine respectu salutis armenta uel greges incursant, ita etiam illi cunctis, quae diripuere, consumptis fame ur­ gente agebant aliquotiens praedas, interdum, antequam contingerent aliquid, oppetebant.

Ammianus Marcellinus 16,10,20: Cupiens itaque augustissima omnium sede166 morari diutius imperator165, ut otio puriore frueretur et uoluptate, assiduis nuntiis terrebatur et certis in­ dicantibus Suebos Raetias incursare Quadosque Valeriam et Sarmatas, latro­ cinandi peritissimum genus, superiorem Moesiam et secundam populari Pannoniam167.

163 164 165 166

Es folgen Bemerkungen über die Lebensgewohnheiten Julians. Ammian hat zuvor Julians Steuerpolitik in Gallien gelobt. Constantius II. Rom.

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verdrossen ab und murrten, weil sie unnützer- und törichterweise eine Bela­ gerung der Stadt erwogen hatten. (3) Marcellus aber, der Oberbefehlshaber der Reiterei, der sich an den nächstgelegenen Standorten aufhielt, schob es, was man dem weniger würdigen Téil der Verhältnisse zurechnen muß, auf, dem in Gefahr schwebenden Caesar Hilfe zu bringen, obwohl er die Stadt von den üblen Belagerern durch den Einsatz einer größeren Zahl hätte be­ freien müssen, selbst wenn sie ohne (die Anwesenheit eines) Caesars heim­ gesucht worden wäre. (4) Von dieser Furcht befreit, sorgte der so erfolgrei­ che Caesar in seiner unerschütterlichen Sorgfalt dafür, daß der täglichen Anstrengung der Soldaten (nun) eine, wenn auch nur kurze Ruhe(pause) folgte, die immerhin zur Auffrischung der Kräfte reichte, obwohl die oft verwüsteten Ländereien infolge äußersten Mangels verödeten und nur wenig zum Lebensunterhalt Geeignetes beitrugen. (5) Auch dafür sorgte er jedoch in seiner wachsamen Umsicht, und mit einer freudigeren Hoffnung auf günstige (Entwicklungen) machte er sich erhobenen Mutes auf, um noch viel mehr zu vollbringen163.

Ammianus Marcellinus 16,5,16-17: (16) [...] Dennoch war unter solchen Methoden der Regierung und Ver­ waltung, denen gute Fürsten nacheifern sollten164, die Wildheit der Barbaren nur noch heftiger entbrannt. (17) Wie wilde Tierefdie sich dank der Unacht­ samkeit der Wächter daran gewöhnt haben, vom Raub zu leben, davon nicht einmal dann mehr ablassen, wenn diese entfernt und durch Tüchtigere er­ setzt sind, sondern vom Hunger getrieben ohne Rücksicht auf ihr Leben Vieh und Herden anfallen, so machten auch sie, wenn alles, was sie an sich gerissen hatten, verzehrt war und der Hunger sie trieb, mehrfach Beute, manchmal kamen sie sogar um, bevor sie etwas anrührten.

Ammianus Marcellinus 16,10,20: Während der Kaiser165 also (eigentlich) in dem erhabensten aller Sitze166 länger verweilen wollte, um ungestörtere Ruhe und Vergnügen zu genießen, wurde er durch ständige, zuverlässige Meldungen davon abgeschreckt, die besagten, daß die Sueben in Rätien und die Quaden in Valeria eindrangen, die Sarmaten aber, ein in Raubzügen äußerst kundiger Stamm, Obermösien und Pannonien verwüsteten167.

167 Daher verließ Constantius am 29. Mai Rom wieder und zog nach Illyrien.

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Ammianus Marcellinus 1 6 ,ll-1 2 m: 11. (1) At Caesar169 exacta apud Senonas170 hieme turbulenta Augusto nouies171 seque iterum consule172 Germanicis undique circumfrementibus minis secundis ominibus motus Remos properauit alacrior magisque laetus, quod exercitum regebat Seuerus nec discors nec arrogans, sed longa militiae frugalitate compertus et eum recta praeeuntem secuturus ut ductorem mori­ gerus miles. (2) parte alia Barbatio post Siluani interitum promotus ad pedi­ tum magisterium ex Italia iussu principis cum uiginti quinque milibus arma­ torum Rauracos uenit. (3) Cogitatum est enim sollicitdque praestructum, ut saeuientes ultra soli­ tum Alamanni uagantesque fusius multitudine geminata nostrorum forcipis specie trusi in angustias caederentur. (4) dum haec tamen rite disposita cele­ rantur, Laeti barbari173 ad tempestiua furta sollertes inter utriusque exerci­ tus castra occulte transgressi inuasere Lugdunum incautam eamque popula­ tam ui subita concremassent, ni clausis aditibus repercussi, quidquid extra oppidum potuit inueniri, uastassent. (5) qua clade cognita agili studio174 Caesar missis cuneis tribus equitum expeditorum et fortium tria obseruauit itinera sciens per ea erupturos procul dubio grassatores; qnec co ... inantiq irritus fuit. (6) cunctis enim, qui per eos tramites exiere, truncatis recepta­ que praeda omni intacta hi soli innoxii absoluti sunt, qui per uallum Barbationis175 transiere securi ideo labi permissi, quod Bainobaudes tribunus et Valentinianus postea imperator cum equestribus turmis, quas regebant, ad exsequendum id ordinati a Cella tribuno Scutariorum176, qui Barbationi so­ ciatus uenerat ad procinctum, iter obseruare sunt uetiti, unde redituros di­ dicere Germanos. (7) quo non contentus magister peditum ignauus et glo­ riarum Iuliani peruicax obtrectator sciens se id contra utilitatem Romaniae iussisse - hoc enim, cum argueretur, Cella confessus est - relatione fefellit Constantium finxitque hos eosdem tribunos ad sollicitandos milites, quos

q_q neco ... inanti; nec ea opinanti Hss. (einen solchen Versuch zu erwarten). 168 Zum Feldzug des Jahres 357 und zur Schlacht bei Straßburg. 169 Julian. 170 Vgl. oben Anm. 160. 171 Constantius II. 172 357 n. Chr. 173 Ob es sich hier bereits um barbarische Wehrkrieger an den Grenzen (wohl im Elsaß) handelt, ist unsicher. 174 Wörtlich: in geschäftigem Eifer. 175 Vgl. unten Anm. 180.

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Ammianus Marcellinus 1 6 ,ll-1 2 l(,s: 11. (1) Der Caesar aber169 verbrachte einen unruhigen Winter bei Senon170; als in dem neunten Konsulat des Augustus171, seinem eigenen zweiten172, die Germanen überall Drohungen ausstießen, eilte er, durch günstige Vorzei­ chen getrieben, in gehobener und fröhlicherer Stimmung nach Reims, weil Severus das Heer befehligte, der (mit ihm) einig und nicht überheblich, son­ dern in langem, entbehrenden Kriegsdienst erfahren war und ihm wie ein ge­ horsamer Soldat seinem Feldherrn folgen würde, wenn er nur geradewegs voranging. (2) Von der anderen Seite kam Barbatio, der nach dem Tod des Silvanus zum Oberbefehlshaber der Fußtruppen aufgestiegen war, auf Be­ fehl des Kaisers mit 25 000 Bewaffneten aus Italien nach Kaiseraugst. (3) Man hatte nämlich die Absicht und hatte (alles) sorgfältig vorbereitet, die Alemannen, die noch schlimmer als gewöhnlich wüteten und noch weit­ räumiger umherschweiften, mit der doppelten Anzahl unserer Leute gleich­ sam in die Zange zu nehmen und in die Enge zu treiben und niederzuma­ chen. (4) Während man diesen rechten Plan eilig ausführen wollte, marschierten barbarische Laeten173, mit ihrem Geschick für Raubzüge zur rechten Zeit, heimlich zwischen den Lagern beider Heere hindurch und grif­ fen das ahnungslose Lyon an, und sie hätten es in einem plötzlichen Gewalt­ angriff verwüstet und niedergebrannt, wenn sie nicht an den geschlossenen Zugängen zurückgeprallt wären, und sie verheerten alles, was sich außerhalb der Stadt fand. (5) Als der Caesar von diesem Unglück erfuhr, schickte er in seinem Unternehmungsgeist174 drei Angriffstrupps aus kräftigen, leichtbe­ waffneten Reitern aus und ließ sie die drei Wege beobachten, auf denen sei­ nes Wissens die Banditen zweifellos ausbrechen würden; und ... das war nicht vergeblich. (6) Denn alle, die auf diesen Wegen entkommen (wollten), wurden niedergemetzelt, die gesamte Beute wurde unversehrt zurückge­ wonnen; nur diejenigen kamen ungeschoren davon, die gefahrlos durch den Wall Barbados175 hindurchzogen; sie ließ man deshalb entwischen, weil der Tribun Bainobaudes und der spätere Kaiser Valentinian mit den Reiterabtei­ lungen, die sie befehligten, (zwar) den Auftrag erhalten hatten, das auszu­ führen, doch Cella, der Tribun der Scutarier176, der gemeinsam mit Barbatio zu diesem Unternehmen gekommen war, sie daran hinderte, den Weg zu be­ wachen, auf dem, wie man erfahren hatte, die Germanen zurückkehren wür­ den. (7) Damit nicht zufrieden, hinterging der unfähige Befehlshaber der Fußtruppen und beharrliche Widersacher des Ruhmes Julians in dem Be­ wußtsein, das gegen die Interessen des römischen Landes befohlen zu haben - das nämlich gestand Cella, als er angeklagt wurde -, Constantius in seinem Bericht; er stellte den Sachverhalt fälschlich so dar, als seien eben diese Tri176 Vgl. oben Anm. 59.

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duxerat, per speciem uenisse negotii publici, qua causa abrogata potestate ad lares rediere priuati. (8) Isdem diebus exercituum aduentu perterriti barbari, qui domicilia fixe­ re cis Rhenum, partim difficiles uias et suapte natura cliuosas concaedibus clausere sollerter arboribus immensi roboris caesis, alii occupatis insulis sparsis crebro per flumen ferum ululantes et lugubre conuiciis Romanos in­ cessebant et Caesarem, qui grauiore motu animi percitus ad corripiendos ali­ quos septem a Barbatione petierat naues ex his, quas uelut transiturus am­ nem ad compaginandos parauerat pontes; qui, ne quid per eum impetraretur, omnes incendit. (9) doctus denique exploratorum delatione recens captorum aestate iam torrida fluuium uado posse transiri hortatus auxiliares uelites cum Bainobaude Cornutorum177 tribuno misit facinus memorabile, si iuuisset fors, patraturos, qui nunc incedendo per breuia, aliquotiens scutis in mo­ dum alueorum suppositis nando ad insulam uenere propinquam egressique promisce uirile et muliebre secus sine aetatis ullo discrimine trucidabant ut pecudes nanctique uacuas lintres per eas licet uacillantes euecti huiusmodi loca plurima perruperunt et, ubi caedendi satias cepit, optimitate praedarum onusti, cuius partem ui fluminis amiserunt, rediere omnes incolumes. (10) hocque comperto residui Germani ut infido praesidio insularum relicto ad ulteriora necessitudines et fruges opesque barbaricas contulerunt178. (11) Conuersus hinc Iulianus ad reparandas Tres tabernas179, munimen­ tum ita cognominatum, haud ita dudum obstinatione subuersum hostili, quo aedificato constabat ad intima Galliarum, ut consueuerant, adire Germanos arceri, et opus spe celerius consummauit et uictum defensoribus ibi locandis ex barbaricis messibus non sine discriminis metu collectum militis manu condidit ad usus anni totius. (12) nec sane hoc solo contentus sibi quoque uiginti dierum alimenta parata collegit, libentius enim bellatores quaesito dex­ teris propriis utebantur admodum indignati, quoniam ex commeatu, qui eis recens aduectus est, ideo nihil sumere potuerunt, quod partem eius Barbatio,

177 Vgl. unten Anm. 199. 178 Oder: nach jenseits (= auf das jenseitige Ufer). 179 Wörtlich: Drei Tavernen.

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bunen scheinbar in Staatsgeschäften gekommen, um die Soldaten, die er an­ führte, aufzuhetzen. Aus diesem Grund wurden sie ihres Amtes enthoben, und sie kehrten als Privatleute nach Hause zurück. (8) In diesen Tagen versperrten die Barbaren, die ihre Wohnsitze diesseits des Rheins aufgeschlagen hatten, durch die Ankunft der Heere erschreckt, die teilweise beschwerlichen und von Natur aus abschüssigen Wege ge­ schickt durch Verhaue, indem sie Bäume von gewaltiger Stärke fällten. An­ dere besetzten die Inseln, die sich in dichter Folge über den Fluß verteilten, heulten wild und kläglich und griffen die Römer und den Caesar mit Schimpfworten an. Darüber in tiefstem Herzen erregt, hatte dieser, um eini­ ge zu ergreifen, von Barbatio sieben der Schiffe erbeten, die er zum Bau einer Schiffsbrücke bereitgestellt hatte, um den Strom zu überschreiten; damit je­ ner jedoch nicht gerade durch ihn etwas erreichte, steckte er alle in Brand. (9) Als (Julian) schließlich durch die Mitteilung der Kundschafter, die man kürzlich gefangengenommen hatte, erfuhr, daß man bei dem trockenen Sommer den Fluß an einer seichten Stelle überqueren könne, ermunterte er Leichtbewaffnete der Hilfstruppen und schickte sie mit Bainobaudes, dem Tribunen der Cornuten177, aus, eine denkwürdige Tat zu vollbringen, falls der Zufall ihnen zu Hilfe kam. Sie wateten nun durch die seichten Stellen, in­ dem sie mehrmals ihre Schilde als eine Art Kahn unterlegten, und erreichten schwimmend eine nahegelegene Insel und schlachteten Männer und Frauen ohne Unterschied und ohne jede Rücksicht auf ihr Alter ab wie Vieh; dann fanden sie leere Kähne und fuhren damit ab, obgleich sie schwankten, und drangen auf diese Weise zu zahlreichen Orten vor; sobald sie des Mordens überdrüssig zu werden begannen, kehrten sie, mit reicher Beute beladen, von der sie (allerdings) einen Teil durch die Strömung des Flusses verloren, sämtlich wohlbehalten zurück. (10) Als das die übrigen Germanen erfuhren, verließen sie die Inseln, die nur einen unsicheren Schutz (boten), und schaff­ ten ihre Verwandten, die Feldfrüchte und ihre barbarischen Habseligkeiten in entfernte Gegenden178. (11) Von dort wandte Julian sich der Instandsetzung von Zabern179 zu, wie eine Festung genannt wurde, die erst kürzlich aufgrund der Hartnäckigkeit der Feinde zerstört worden war; seine Gründung sollte die Germanen davon abhalten, nach ihrer Gewohnheit in das Innere Galliens vorzudringen; und er vollendete das Werk schneller als erwartet, ließ für die dort zu stationie­ renden Verteidiger für ein ganzes Jahr Verpflegung einlagern, die eine Hee­ resabteilung nicht ohne Angst vor der Gefahr aus der Ernte der Barbaren zusammentrug. (12) Damit durchaus noch nicht zufrieden, häufte er auch für sich einen Vorrat an Lebensmitteln für 20 Tage an. Zu gern nämlich ver­ brauchten die Krieger, was sie mit eigener Hand aufgetrieben hatten, zumal es sie in hohem Maße ärgerte, daß sie von dem Proviant, der kürzlich für sie herbeigeschafft worden war, bisher nichts abbekommen konnten, weil sich

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cum transiret iuxta, superbe praesumpsit residuumque, quod superfuit, con­ gestum in aceruum exussit; quae utrum ut uanus gerebat et demens, an man­ datu principis confidenter nefanda multa temptabat, usque in id temporis la­ tuit. (13) illud tamen rumore tenus ubique iactabatur, quod Iulianus non leuaturus incommoda Galliarum electus est, sed ut possit per bella deleri saeuissima, rudis etiamtum ut existimabatur et ne sonitum quidem duraturus armorum. (14) dum castrorum opera mature consurgit militisque pars statio­ nes praetendit agrarias, alia frumenta insidiarum metu colligit caute, multitu­ do barbarica rumorem nimia uelocitate praeuersa Barbationem cum exerci­ tu, quem regebat, ut praedictum est180, Gallico uallo181 discretum impetu repentino aggressa sequensque fugientes ad qsque Rauracos et ultra, quoad potuit, rapta sarcinarum et iumentorum cum calonibus parte maxima redit ad suos. (15) et ille tamquam expeditione euentu prospero terminata milite disperso per stationes hibernas ad comitatum imperatoris reuertit crimen compositurus in Caesarem, ut solebat. 12. (1) Quo dispalato foedo terrore Alamannorum reges Chnodomarius et Vestralpus, Vrius quin etiam et Vrsicinus cum Serapione et Suomario et Hortario in unum robore182 uirium suarum omni collecto bellicumque183 ... uenere prope urbem Argentoratum extrema metuentem Caesarem arbitrati retrocessisse, cum ille tum etiam perficiendi munimenti studio stringeretur. (2) erexit autem confidentiam caput altius attollentium Scutarius184 perfuga, qui commissi criminis metuens poenam transgressus ad eos post ducis fugati discessum armatorum tredecim milia tantum remansisse cum Iuliano doce­ bat - is enim numerus eum sequebatur - barbara feritate certaminum rabiem undique concitante. (3) cuius asseueratione eadem subinde replicantis ad maiora stimulati fiducia missis legatis satis pro imperio Caesari mandauerunt, ut terris abscederet uirtute sibi quaesitis et ferro, qui ignarus pauendi nec ira nec dolore perculsus, sed fastus barbaricos ridens tentis legatis ad us­ que perfectum opus castrorum in eodem gradu constantiae stetit immobilis. (4) Agitabat autem miscebatque omnia sine modo ubique sese diffundi-

,s0 Aram. 16,11,2 f. I!!1 hin System von Gräben und Wällen zwischen Vogesen und 111 als Grenze zwi­ schen der Germania Superior und Gallia, nach anderen ein gallisches Lager. IS* Oder: an einem einzigen Punkt. I!° Übersetzung infolge der Lücke unsicher. 184 Vgl. oben Anm. 59.

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Barbatio in seiner hochmütigen Art einen Teil davon vorher weggenommen hatte, als er in der Nähe vorbeizog, und das, was übrig blieb, auf einen Hau­ fen werfen und verbrennen ließ; ob er soviel Schändliches dreist aus Eitelkeit und Verblendung oder im Auftrag des Princeps (Kaisers) versuchte, ist bis jetzt noch unklar. (13) Überallhin aber verbreitete sich das Gerücht, daß Ju ­ lian nicht erwählt sei, die Mißstände der gallischen (Provinzen) zu lindern, sondern damit er möglicherweise in den schrecklichen Kriegen umkomme, zumal er, wie man glaubte, damals noch unerfahren war und nicht einmal den Klang der Waffen ertragen werde. (14) Während er zeitig mit den Lager­ befestigungen begann und ein Teil des Heeres Feldposten bezog, ein anderer aus Furcht vor Hinterhalten vorsichtig Getreide beschaffte, kam eine große Zahl Barbaren mit großer Schnelligkeit dem Gerücht zuvor und griff Barba­ tio mit dem Heer, das er befehligte, und das davon, wie erwähnt180, durch den Gallischen Wall181 getrennt war, in meinem plötzlichen Ansturm an; sie verfolgten die Fliehenden bis nach Kaiseraugst und darüber hinaus, soweit es möglich war, raubten den größten Teil des Marschgepäcks und des Viehs samt den Troßknechten und kehrten nach Hause zurück. (15) Jener aber postierte, als habe der Feldzug ein glückliches Ende genommen, die Soldaten in die Winterquartiere und kehrte an den H of des Kaisers zurück, um ge­ wohnheitsgemäß eine Anklage gegen den Caesar zu ersinnen. 12. (1) Als (die Kunde) von dem jämmerlichen Schrecken sich verbreitet hatte, vereinigten die Alemannenkönige Chnodomar und Vestralp und sogar Urius und Ursicinus ihre gesamten Streitkräfte mit Serapio, Suomar und Hortar zu einem einzigen (Heer)182, und sie kamen in kriegerischer Ab­ sicht183 in die Nähe der Stadt Straßburg in dem Glauben, der Caesar sei aus Furcht vor dem Schlimmsten zurückgewichen, während er damals (tatsäch­ lich) noch von dem Eifer beherrscht wurde, die Befestigung zu vollenden. (2) Die Zuversicht derer, die ihr Haupt (bereits) allzu hoch erhoben, richtete ein Scutarier184 auf, ein Überläufer, der aus Furcht vor der Strafe für ein be­ gangenes Verbrechen nach dem Abmarsch des in die Flucht geschlagenen Feldherrn zu ihnen übertrat und sie davon unterrichtete, daß bei Julian nur 13 000 Bewaffnete zurückgeblieben seien - so viele nämlich waren ihm (tat­ sächlich) gefolgt -, wobei die Wildheit der Barbaren ihre Kampfeswut auf al­ len Seiten anstachelte. (3) Durch dessen mehrfach wiederholte Behauptung zu noch größerem Selbstvertrauen angespornt, schickten sie Gesandte und trugen dem Caesar im Befehlston auf, die Länder zu verlassen, die sie mit Kraft und Schwert begehrten. Der aber kannte keine Furcht und ließ sich weder durch Zorn noch durch Schmerz einschüchtern, sondern lachte über das anmaßende Benehmen der Barbaren, hielt die Gesandten bis zur Vollen­ dung der Lagerbefestigung fest und verharrte unerschütterlich in derselben standhaften Haltung. (4) König Chnodomar aber stiftete überall Unruhe und Verwirrung, in-

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tans et princeps audendi periculosa rex Chnodomarius, ardua subrigens su­ percilia185 ut saepe secundis rebus elatus. (5) nam et Decentium186 Caesarem superauit aequo Marte congressus et ciuitates erutas multas uastauit et opu­ lentas licentiusque diu nullo refragante Gallias persultauit. ad cuius roboran­ dam fiduciam recens quoque fuga ducis187 accessit numero praestantis et uiribus. (6) alamanni enim scutorum insignia contuentes norant eos milites permisisse paucis suorum latronibus terram, quorum metu aliquotiens, ante­ quam gradum conferrent, amissis pluribus abiere dispersi, quae anxie ferebat sollicitus Caesar, quod trudente ipsa necessitate digresso periculi socio cum paucis licet fortibus populosis gentibus occurrere cogebatur. (7) Iamque solis radiis rutilantibus tubarumque concinente clangore pedes­ tres copiae lentis incessibus educuntur earumque lateri equestres iunctae sunt turmae, inter quas catafractarii erant et sagittarii, formidabile genus ar­ morum. (8) et quoniam a loco, unde Romana promota sunt signa, ad usque uallum barbaricum quarta leuga188 signabatur et decima, id est unum et uiginti milia passum, utilitati securitatique recte consulens Caesar reuocatis procursatoribus iam ante egressis indictaque solitis uocibus quiete cuneatim circumsistentes alloquitur genuina placiditate sermonis: (9) „Vrget ratio sa­ lutis tuendae communis, ut parcissime dicam, non iacentis animi Caesarem hortari uos et orare, commilitones mei, ut adulta robustaque uirtute confisi cautiorem uiam potius eligamus ad toleranda uel ad depellenda, quae speran­ tur, non praeproperam et ancipitem. (10) ut enim in periculis iuuentutem im­ pigram esse conuenit et audacem, ita, cum res postulat, regibilem et consul­ tam. quid igitur censeo, si arbitrium affuerit uestrum iustaque sustinet indignatio, paucis absoluam. (11) iam dies in meridiem uergit; lassitudine nos itineris fatigatos scrupulosi tramites excipient et obscuri, nox senescente luna nullis sideribus adiuuanda, terrae protinus aestu flagrantes, nullis aquarum subsidiis fultae, quae si dederit quisquam commode posse transiri ruentibus hostium examinibus post otium cibique refectionem et potus, quid nos agi­ mus? quo uigore inedia siti laboreque membris marcentibus occuramus?

185 Wörtlich: seine Augenbrauen. 186 Magnus Decentius, ein Verwandter des Magnentius, war von diesem Ende 350 zum Caesar ernannt, 352 aber von Chnodomar besiegt worden. 187 Barbatio. 188 Gallische Meile à 1500 Schritt (ca. 2,2 km).

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dem er sich überall maßlos ausbreitete; er war er erste, der (etwas) Gefährli­ ches wagte und trug seine N ase185 sehr hoch, da ihn, wie es häufig geschieht, die Erfolge überheblich gemacht hatten: (5) Denn auch den Caesar Decenti­ us186 besiegte er in einem Treffen unter gleichen Bedingungen, und er zer­ störte zahlreiche ausgesuchte und wohlhabende Städte und durchstreifte lange Zeit allzu ungehindert Gallien, ohne daß jemand Widerstand leistete. Zur Stärkung seines Selbstvertrauens trug auch die* kürzliche Flucht des Feldherrn bei187, der ihm an Zahl und Streitkräften überlegen war. (6) Als die Alemannen nämlich die Abzeichen auf den Schilden erblickten, wußten sie, daß diese Soldaten, vor denen sie sich oftmals, bevor es zum Handgemenge gekommen war, aus Furcht davongemacht und zerstreut und dabei viele Leute verloren hatten, einigen wenigen ihrer Räuber das Land überlassen hatten. Das versetzte den Caesar in angstvolle Sorge, weil ihm nach dem Weggang seines Gefährten in der Gefahr die N ot zusetzte und ihn zwang, mit wenigen, wenn auch tapferen (Männern) gegen volkreiche Stämme vor­ zurücken. (7) Schon schimmerten die ersten Sonnenstrahlen, als unter dem harmoni­ schen Klang der Kriegstrompeten die Fußtruppen in langsamem Vormarsch ausrückten; an ihrer Flanke waren die Reitertruppen angeschlossen, darun­ ter Panzerreiter und Bogenschützen, eine furchteinflößende Waffengattung. (8) Da man von der Stelle aus, von der die Römer aufgebrochen waren, bis zum Barbarenwall (nur eine Entfernung von) 14 Leugen188, d. h. 21 (römi­ schen) Meilen anzeigte, war der Caesar im Hinblick auf Vorteil und Sicher­ heit mit Recht bedächtig, rief die schon vorausmarschierte Vorhut zurück, gebot mit gewohnter Stimme Ruhe und hielt an die ihn keilförmig umgeben­ den (Truppen) mit dem ihm eigenen ruhigen Ton folgende Rede: (9) „Es drängt die Rücksicht auf das zu schützende, gemeinsame Wohl, daß ich als Caesar wortkarg und ohne gesunkenen Mut euch, meine Kameraden, er­ mahne und bitte, trotz des Vertrauens auf unsere stark und kräftig geworde­ ne Tüchtigkeit lieber den vorsichtigeren und nicht den voreiligen oder un­ überlegten Weg zu wählen, um das zu Erwartende auf uns zu nehmen oder abzuwenden. (10) Wie es sich nämlich fügt, daß die Jugend in Gefahren rast­ los und mutig ist, so (soll) sie, wenn die Umstände es fordern, sich lenken und beraten lassen. Deshalb will ich euch kurz meine Ansicht eröffnen, falls ihr dem zustimmt und euer begründeter Unmut es erträgt. (11) Der Tag geht schon auf Mittag zu; uns, die wir durch den anstrengenden Marsch ermattet sind, werden steinige, dunkle Pfade erwarten, der Mond nimmt ab, und die Nacht wird uns durch keinerlei Sterne(nlicht) unterstützen, die Erde da vorn glüht vor Hitze und wird durch keinerlei Wasserzufuhr gestärkt. Wenn ir­ gendeiner dafür sorgte, daß man bequem hinübergehen könnte, was sollen wir machen, wenn Schwärme von Feinden über uns herfallen, ausgeruht und durch Speise und Trank gestärkt? Mit welcher Kraft sollen wir ihnen mit un-

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(12) ergo quoniam negotiis difficillimis quoque saepe dispositio tempestiua prospexit et statum nutantium rerum recto consilio in bonam partem accep­ to aliquotiens diuina remedia repararunt, hic, quaeso, uallo fossaque circum­ dati diuisis uigiliis quiescamus somnoque et uictu congruis potiti pro tempo­ re, pace dei sit dictum, triumphaturas aquilas et uexilla uictricia primo lucis moueamus exordio.“ (13) Nec finiri perpessi, quae dicebantur, stridore dentium infrendentes ardoremque pugnandi hastis illidendo scuta monstrantes in hostem se duci iam conspicuum exorabant caelitis dei fauore fiduciaque sui et fortunati rec­ toris expertis uirtutibus freti atque, ut exitus docuit, salutaris quidam genius praesens ad dimicandum eos, dum adesse posuit, incitabat. (14) accessit huic alacritati plenus celsarum potestatum assensus maximeque Florenti praefecti praetorio periculose quidem, sed ratione secunda pugnandum esse censentis, dum starent barbari conglobati; qui si diffluxissent, motum militis in seditio­ nes natiuo calore propensioris ferri non posse aiebat, extortam sibi uictoriam, ut putabit, non sine ultimorum conatu grauiter toleraturi. (15) Addiderat autem fiduciam nostris consideratio gemina recordantibus, quod anno nuper emenso Romanis per transrhenana spatia fusius uolitantibus189 nec uisus est quisquam laris sui defensor nec obuius stetit, sed concae­ de arborum densa undique semitis clausis sidere urente brumali aegre uixere barbari longius amendati quodque imperatore terras eorum ingresso nec re­ sistere ausi nec apparere pacem impetrauerunt suppliciter obsecrantes. (16) sed nullus mutatam rationem temporis aduertebat, quod tunc190 tripertito exitio premebantur imperatore urgente per Raetias, Caesare proximo nus­ quam elabi permittente, finitimis, quos hostes fecere discordiae191, modo non occipitia conculcantibus hinc indeque cinctorum, postea uero pace data dis­ cesserat imperator et sedata iurgiorum materia uicinae gentes iam concorda­ bant et turpissimus ducis Romani digressus ferociam natura conceptam auxit

189 Gegen die Sueben; vgl. Amm. 16,10,20 (oben S. 226) und 17,6,1 (unten S. 268 ff.). 190 Im Jahre 356. 191 Vielleicht die Burgunder.

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seren durch Hunger, Durst und Anstrengung ermatteten Gliedern entgegen­ ziehen? (12) War doch auch bei den schwierigsten Unternehmungen oft eine den Umständen angemessene Taktik förderlich, und den Zustand schwan­ kender Verhältnisse hat oft göttliche Hilfe wiederhergestellt, wenn man ei­ nen richtigen Rat zum Guten annahm; laßt uns, so bitte ich euch, hier, wo Wall und Graben uns umgeben und Wachen eingeteilt sind, uns ausruhen und, gemessen an der Situation, hinreichend Schlaf und Nahrung empfan­ gen, und - Gott verzeihe mir meine Worte - beim ersten Morgengrauen die Adler zum Triumph und die Fahnen zum Sieg führen.“ (13) Sie aber ließen ihn nicht ausreden, knirschten mit den Zähnen und zeigten ihren Kampfeseifer, indem sie mit den Lanzen gegen ihre Schilde schlugen, und sie forderten dringend, sie gegen den Feind zu führen, der be­ reits in Sichtweite sei; sie vertrauten auf die Gunst des himmlischen Gottes, ihr eigenes Selbstvertrauen und die erprobten Tugenden ihres vom Glück begünstigten Feldherrn, und wie der Ausgang zeigte, war ein heilbringender Schutzgeist anwesend und feuerte sie, solange er helfen konnte, zum Kampf an. (14) Zu dieser Stimmung kam noch die volle Zustimmung der hohen Würdenträger, besonders des Prätorianerpräfekten Florentius, der der Mei­ nung war, ein Kampf sei zwar gefährlich, müsse aber aus einer günstigen Be­ rechnung heraus geführt werden, solange die Barbaren sich so gedrängt auf­ gestellt hätten; hätten sie sich erst ausgebreitet, so behauptete er, könne man die Erregung des Heeres, das aus angeborenem Eifer eher zu Aufständen neigte, nicht mehr ertragen; sei ein Sieg, wie es glauben werde, ihren Händen entwunden, so werde es das nur schwer und nicht, ohne das Äußerste zu versuchen, ertragen. (15) Eine doppelte Überlegung hatte unseren (Leuten) aber Zuversicht eingeflößt, indem sie sich erinnerten, daß im kürzlich zu Ende gegangenen Jahr, als die Römer weiträumig die rechtsrheinischen Gebiete durchstreift hatten189, niemand zu sehen war, der sein Haus verteidigte oder sich ihnen entgegenstellte, sondern sie hatten die Wege überall durch dichte Baumver­ haue gesperrt, und während das Winterwetter ihnen zusetzte, lebten die Bar­ baren kümmerlich in weit entlegenen Landstrichen, und als der Kaiser ihre Länder betrat, wagten sie weder, Widerstand zu leisten, noch sich zu zeigen, (sondern) baten demütig um Frieden. (16) Aber niemand achtete auf die ge­ wandelten Zeitumstände, weil sie damals190 ein dreifaches Verderben be­ drohte, als der Kaiser durch Rätien vorstieß, der Caesar sie in der Nähe nir­ gendwohin entkommen ließ und ihre Nachbarn, die die Streitigkeiten zu Feinden gemacht hatten191, beinahe den Hinterkopf der auf beiden Seiten Eingeschlossenen zertraten. Später aber war der Kaiser abgezogen, nachdem er Frieden gewährt hatte, und als (nun) der Grund für die Streitereien besei­ tigt war, waren sich die benachbarten Stämme schon (wieder) einig und der schändlichste Abzug eines römischen Feldherrn verstärkte ihre (ohnehin

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in maius. (17) alio itidem modo res est aggrauata Romana ex negotio tali: re­ gii duo fratres uinculo pacis astricti, quam anno praeterito impetrauerant a Constantio, nec tumultuare nec commoueri sunt ausi; sed paulo postea uno ex his Gundomado, qui potior erat fideique firmioris, per insidias interemp­ to omnis eius populus cum nostris hostibus conspirauit et confestim Vadomarii plebs ipso inuito, ut asserebat, agminibus bella cientium barbarorum sese coniunxit. (18) Cunctis igitur summis infimisque approbantibus tunc opportune congrediendum nec de rigore animorum quidquam remittentibus exclamauit subito signifer: „perge, felicissime omnium Caesar, quo te fortuna prosperi­ or ducit, tandem per te uirtutem et consilia militare sentimus, praei nos ut faustus antesignanus et fortis! experieris, quid miles sub conspectu bellicosi ductoris testisque indiuidui gerendorum, modo adsit superum numen, uiribus efficiet excitatis.“ (19) his auditis cum nullae laxarentur indutiae, promo­ tus exercitus prope collem aduenit molliter editum, opertum segetibus iam maturis, a superciliis Rheni haud longo interuallo distantem, ex cuius sum­ mitate speculatores hostium tres equites exciti subito nuntiaturi Romanum exercitum aduentare festinarunt ad suos, unus uero pedes, qui sequi non po­ tuit, captus agilitate nostrorum indicauit per triduum et trinoctium flumen transisse Germanos. (20) quos cum iam prope densantes semet in cuneos no­ strorum conspexere ductores, steterunt uestigiis fixis antepilanis192 hastatis­ que et ordinum primis uelut insolubili muro fundatis et pari cautela hostes stetere cunctati. (21) cumque ita, ut ante dictus docuerat perfuga, equitatum omnem a dextro latere sibi uidissent oppositum, quidquid apud eos per equestres copias praepollebat, in laeuo cornu locauere confertum, isdemque sparsim pedites miscuere discursatores et leues profecto ratione tuta poscen­ te. (22) norant enim licet prudentem ex equo bellatorem cum clibanario no­ stro congressum frena retinentem et scutum hastam una manu uibrante teg­ minibus ferreis abscondito bellatori nocere non posse, peditem uero inter ipsos discriminum uertices, cum nihil caueri solet praeter id, quod occurrit,

192 Antipilani waren ursprünglich die Soldaten der vorderen Reihe vor den triarii; der Begriff wurde zur Zeit Ammians aber nicht mehr gebraucht und ist hier nur noch Reminiszenz an Livius.

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schon) angeborene Wildheit um so mehr. (17) Ebenso wurde die Lage der Römer noch anderweitig aus folgendem Umstand verschlimmert: Zwei kö­ nigliche Brüder, die durch das Band des Friedens einander verpflichtet wa­ ren, den sie im vergangenen Jahr vorf Constantius erlangt hatten, wagten we­ der, einen Aufstand zu machen, noch sich (überhaupt) zu rühren; als aber wenig später einer von ihnen, Gundomad, der mächtiger und in seiner Treue zuverlässiger war, hinterlistig ermordet wurde, verschwor sich sein ganzes Volk mit unseren Feinden, und das Volk des Vadomar verband sich, wie er behauptete, gegen seinen Willen, sogleich mit den Scharen der zum Krieg aufrufenden Barbaren. (18) Als daher alle, vom Höchsten bis zum Niedrigsten, zustimmten, daß jetzt (die Zeit) günstig sei zum Kampf, und von ihrer unbeugsamen Haltung nicht abließen, rief plötzlich ein Bannerträger: „Vorwärts, glücklichster Cae­ sar von allen, wohin dich ein noch günstigeres Schicksal führt. Endlich spü­ ren wir, daß durch dich Tapferkeit und Einsicht den Kampf führen. Geh’ uns voran, als glücksverheißender, tapferer Vorkämpfer! Du wirst erleben, was der Soldat unter den Augen eines kriegerischen Feldherrn und eines unzer­ trennlichen Zeugen seiner (künftigen) Taten dank seiner starken Kräfte be­ wirken wird, wenn (ihm) nur die überirdische Gottheit beisteht.“ (19) Da es nach solchen Worten keinen Aufschub mehr geben konnte, rückte das Heer vor und gelangte an einen sanft ansteigenden Hügel, der bereits mit reifem Getreide bedeckt und nicht weit vom Rheinufer entfernt war. Von seinem Gipfel wurden drei berittene Kundschafter der Frfnde aufgeschreckt, die zu ihren Leuten eilten, um die plötzliche Ankunft des römischen Heeres zu melden; nur ein Fußsoldat, der nicht mithalten konnte, wurde dank der Schnelligkeit unserer Leute gefangen und verriet, daß die Germanen den Fluß drei Tage und drei Nächte lang überschritten hätten. (20) Als unsere Führer bemerkten, wie diese sich schon ganz in der Nähe in dichten An­ griffskeilen formierten, blieben sie auf der Stelle stehen, und nachdem die vorderen Reihen192, die Lanzenträger und die obersten Ränge (Offiziere) sich wie eine undurchdringliche Mauer festgesetzt hatten, blieben auch die Feinde mit gleicher Vorsicht zögernd stehen. (21) Als sie sahen, wie sich, wie der erwähnte Überläufer mitgeteilt hatte, die gesamte Reiterei gegenüber auf dem rechten Flügel aufgestellt hatte, postierten sie alle ihre besonders ausge­ zeichneten Reitertruppen dicht gedrängt auf dem linken Flügel. Ihnen gaben sie hier und da leichtbewaffnete Fußsoldaten bei, wie es in der Tat eine auf Sicherheit bedachte Taktik verlangte. (22) Denn sie wußten, daß auch ein noch so erfahrener Krieger zu Pferde bei einem (direkten) Zusammenstoß mit einem unserer Panzerreiter dem durch einen Eisenpanzer geschützten Krieger keinen Schaden zufügen konnte, da er, Zügel und Schild festhaltend, die Lanze nur mit einer Hand schwang, ein Fußsoldat aber, der sich auf dem Höhepunkt des Entscheidungskampfes, wenn man auf nichts zu achten

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humiliter occulte reptantem latere forato iumenti incautum rectorem praeci­ pitem agere leui negotio trucidandum. (23) Hoc itaque disposito dextrum sui latus struxere clandestinis insidiis et obscuris, ductabant autem populos omnes pugnaces et saeuos Chnodomarius et Serapio, potestate excelsiores ante alios reges. (24) et Chnodomarius quidem nefarius belli totius incentor, cuius uertici flammeus torulus aptaba­ tur193, anteibat cornu sinistrum, audax et fidus ingenti robore lacertorum, ubi ardor proelii sperabatur, immanis equo spumante sublimior erectus in iaculum formidandae uastitatis armorumque nitore conspicuus ante alios et strenuus miles et utilis praeter ceteros ductor. (25) latus uero dextrum Sera­ pio agebat, etiamtum adultae lanuginis iuuenis, efficacia praecurrens aeta­ tem, Mederichi fratris Chnodomarii filius, hominis, quoad uixerat, perfidis­ simi, ideo sic appellatus, quod pater eius diu obsidatus pignore tentus in Galliis doctusque Graeca quaedam arcana hunc filium suum, Agenarichum genitali uocabulo dictitatum ad Serapionis194 transtulit nomen. (26) hos se­ quebantur potestate proximi reges numero quinque regalesque195 decem et optimatum series magna armatorumque milia triginta et quinque ex uariis nationibus partim mercede, partim pacto uicissitudinis reddendae quaesita. (27) Iamque toruum concrepantibus tubis Seuerus dux Romanorum aciem dirigens laeuam, cum prope fossas armatorum refertas uenisset, unde dispositum erat, ut abditi repente exorti cuncta turbarent, stetit impauidus suspectiorque de obscuris nec referre gradum nec ulterius ire temptauit. (28) quo uiso animosus contra labores maximos Caesar ducentis equitibus saep­ tus, ut ardor negotii flagitabat, agmina peditum impetu ueloci discurrerent, uerbis hortabatur. (29) et quoniam alloqui pariter omnes nec longitudo spa­ tiorum extenta nec in unum coactae multitudinis permitteret crebritas, et alioqui uitabat grauioris inuidiae pondus, ne uideretur id affectasse, quod soli sibi deberi Augustus196 existimabat, cautior sui hostium tela praeteruolans his et similibus notos pariter et ignotos ad faciendum fortiter accendebat. (30) „aduenit, o socii, iustum pugnandi iam tempus olim exoptatum mihi

193 Vielleicht ein Hinweis auf den bei Tacitus beschriebenen Suebenknoten (Tac. Germ. 38,2; Goetz/Welwei, Altes Germanien 1 ,158). Das Rotfärben von Haaren war möglicherweise verbreitet; nach Plinius galt es als Standesmerkmal. 194 Der von Ptolemaios I. geförderte Serapiskult (als eine Verbindung von Osiris und Apis) breitete sich in der Mittelmeerwelt schnell aus und wurde vor allem von den Severern als ein Garant für Wohlergehen gefördert. 195 Oder: Häuptlinge. 196 Constantius II.

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pflegt als auf das Entgegenkommende, heimlich auf dem Boden kriechend anschlich, dem Tier in die Seite stechen und den unvorsichtigen Reiter zu Fall bringen konnte, um ihn mit Leichtigkeit zu töten. (23) Nach diesen Anordnungen stellten sie ihren rechten Flügel in verbor­ genen, dunklen Hinterhalten auf. Alle ihre kampfbegierigen, wilden Völker aber führten Chnodomar und Serapio an, die alle übrigen Könige an Macht überragten. (24) Chnodomar freilich, der ruchlose Anstifter des ganzen Krieges, dessen Scheitel eigens zu einer feuerroten Haarwulst gestaltet wur­ de193, ritt vor dem linken Flügel voran, kühn und im Vertrauen auf die unge­ heure Kraft seiner Arme, wo die Glut der Schlacht zu erwarten war, riesig (und) noch erhabener auf einem „schäumenden“ Pferd, aufgerichtet an ei­ nem Wurfspieß von furchterregender Größe, vor den anderen deutlich sicht­ bar durch den Glanz seiner Waffen, war er mehr als die übrigen ein wackerer Soldat und ein tüchtiger Feldherr. (25) Den rechten Flügel aber führte Sera­ pio, ein noch junger Mann, dem gerade der Bart wuchs, (doch) an Tatkraft seinem Alter voraus, der Sohn Mederichs, des Bruders des Chnodomar, ei­ nes in seinem ganzen Leben treulosen Menschen; er (Serapio) wurde deshalb so genannt, weil sein Vater lange Zeit als Geisel in Gallien festgehalten wor­ den war und (hier) gewisse griechische Geheimkulte kennenlernte, und so änderte er den Namen seines Sohnes, der mit einheimischem Begriff Agenarich hieß, in Serapio um194. (26) Ihnen folgten die fünf an Macht nächsten Könige, zehn Prinzen195 und die große Reihe der Adligen sowie 35 000 Be­ waffnete verschiedener Völkerschaften, die teils dürch Sold, teils durch die Verpflichtung zu gegenseitiger Hilfe angeworben worden waren. (27) Schon tönten wild die Kriegsposaunen, als Severus, der Feldherr der Römer, der den linken Flügel führte, in die Nähe der mit Bewaffneten ange­ füllten Gräben kam, von wo aus, wie es beschlossen war, diejenigen, die sich hier versteckt hielten, plötzlich ausbrechen und alles durcheinander bringen sollten; dort blieb er furchtlos stehen; weil er mißtrauischer gegenüber dem Unsichtbaren war, versuchte er weder zurückzuweichen noch weiterzuge­ hen. (28) Als der Caesar das sah, der selbst in den größten Anstrengungen beherzt blieb und von 200 Reitern umgeben war, wie es die Hitze des Unter­ nehmens erforderte, ermahnte er die Reihen der Fußtruppen mit Worten, sich in einem Blitzangriff zu verteilen. (29) Da jedoch weder die weite Aus­ dehnung des Raumes noch das dichte Gedränge der an einem Punkt zusam­ mengezogenen Menge es zuließen, alle gleichzeitig anzureden, und er auch sonst die Last eines schwerwiegenderen Neides vermied, um nicht den An­ schein zu erwecken, daß er sich etwas anmaße, von dem der Kaiser196 glaub­ te, daß es ihm allein zustehe, eilte er um so vorsichtiger auf seine Person be­ dacht an den Geschossen der Feinde vorbei und spornte Bekannte gleichermaßen wie Unbekannte so oder ähnlich an, tapfer zu handeln: (30) „Kameraden, die günstige Zeit zum Kampf ist nun gekommen, die ihr und

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uobiscum, quod antehac arcessentes arma inquietis motibus poscebatis.“ (31) item cum ad alios postsignanos in acie locatos extrema uenisset, „en“, inquit, „commilitones, diu speratus praesto est dies compellens nos omnes elutis pristinis maculis Romanae maiestati reddere proprium decus, hi sunt barbari, quos rabies et immodicus furor ad perniciem rerum suarum coegit occurrere nostris uiribus opprimendos.“ (32) alios itidem bellandi usu diuti­ no callentes aptius ordinans his exhortationibus adiuuabat: „exsurgamus, uiri fortes, propellemus fortitudine congrua illisa nostris partibus probra, quae contemplans Caesaris nomen cunctando suscepi.“ (33) quoscumque autem pugnae signum inconsulte poscentes rupturosque imperium irrequie­ tis motibus peruideret, „quaeso“ , inquit, „ne hostes uertendos in fugam se­ quentes auidius futurae uictoriae gloriam uioletis neu quis ante necessitatem ultimam cedat, nam fugituros procul dubio deseram, hostium terga caesuris adero indiscretus, si hoc pensatione moderata fiat et cauta.“ (34) Haec aliaque in eundem modum saepius replicando maiorem exerci­ tus partem primae barbarorum opposuit fronti et subito Alamannorum pe­ ditum fremitus indignationi mixtus auditus est unanimi conspiratione uociferantium relictis equis secum oportere uersari regales, ne, si quid contigisset aduersum, deserta miserabili plebe facilem discedendi copiam repperirent. (35) hocque comperto Chnodomarius iumento statim desiluit et secuti eum residui idem fecere nihil morati, nec enim eorum quisquam ambigebat par­ tem suam fore uictricem. (36) Dato igitur aeneatorum accentu sollemniter signo ad pugnandum utrimque magnis concursum est uiribus. paulisperr praepilabantur missilia et properantes concito quam considerato cursu Germani telaque dexteris expli­ cantes inuolauere nostrorum equitum turmas frendentes immania eorumque ultra solitum saeuientium comae fluentes horrebant et elucebat quidam ex oculis furor, quos contra pertinax miles scutorum obicibus uertices tegens eiectansque gladios uel tela concrispans mortem minitantia perterrebat. (37) cumque in ipso proeliorum articulo eques se fortiter conturmaret et muniret

r populi(s) Hss.

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ich lange herbeigesehnt haben und die ihr noch vorhin mit ungeduldigen Be­ wegungen gefordert habt, als ihr eure Waffen holtet.“ (31) Ebenso sagte er, als er zu den anderen Soldaten gekommen war, die hinter den Feldzeichen in der letzten Schlachtreihe aufgestellt waren: „Wohlan, meine Waffenbrüder, der langersehnte Tag ist nun da, der uns alle drängt, frühere Schandflecken abzuwaschen und der Hoheit Roms die ihr eigenen Ehre zurückzugeben. Das sind die Barbaren, die Wildheit und maßlose Wut gezwungen haben, (uns) zu ihrem eigenen Verderben entgegenzutreten, und die wir mit unse­ ren Kräften überwältigen müssen.“ (32) Andere, ebenfalls durch lange Kriegsübung erfahrene (Soldaten) setzte er angemessener ein und ermutigte sie mit folgenden Ermahnungen: „Erheben wir uns, tapfere Männer, stoßen wir mit einmütiger Tapferkeit die gegen uns geschmetterten Vorwürfe weg, bei deren Erwägung ich den Caesartitel nur zögernd angenommen habe.“ (33) Allen aber, die, wie er erkannte, däs Zeichen zum Kampf unüberlegt fordern und seinen Befehl durch ungeduldige Bewegungen zunichte machen würden, sagte er: „Ich bitte euch, den Ruhm des künftigen Sieges nicht da­ durch zu entehren, daß ihr die Feinde, die sich zur Flucht wenden, allzu gie­ rig verfolgt, noch soll jemand zurückweichen, ehe äußerste N ot (ihn) dazu (zwingt). Wer flieht, den werde ich zweifellos im Stich lassen, wer auf die Rücken der Feinde einhaut, dem werde ich ohne Unterschied beistehen, so­ fern das mit maßvoller Überlegung und Vorsicht geschieht.“ (34) Indem er das und anderes in derselben Weise öfter wiederholte, stellte er den größeren Teil des Heeres der Front der Barbaren entgegen, als man plötzlich ein mit Unmut vermischtes Murren seitens der Fußtruppen der Barbaren hörte, die einstimmig riefen, die Königssöhne müßten ihre Pferde zurücklassen und bei ihnen bleiben, damit sie, falls etwas Widriges geschehe, keine leichte Möglichkeit fänden, das elende Volk im Stich zu lassen und sich davonzumachen. (35) Als Chnodomar das erfuhr, sprang er sogleich von sei­ nem Tier, und die übrigen folgten ihm und zögerten nicht und machten das­ selbe. Denn keiner von ihnen zweifelte daran, daß seine Partei siegreich sein werde. (36) Nachdem daher mit dem Klang der Bläser feierlich das Zeichen zum Kampf gegeben worden war, griff man auf beiden Seiten mit starken Kräften an. N ur kurzzeitig schleuderte man Wurfgeschosse, dann eilten die Germa­ nen in eher erregtem als besonnenem Sturmlauf an und fielen, den Speer in der Rechten tragend, in entsetzlicher Wut über unsere Reiterabteilungen her, wobei die flatternden Haare der noch mehr als üblich Wütenden sich sträub­ ten und aus ihren Augen so etwas wie Kampfeswut leuchtete; gegen sie schützte der standfeste Soldat seinen Kopf mit vorgehaltenem Schild, zog das Schwert oder schleuderte die todverheißenden Lanzen und schüchterte so (die Feinde) ein. (37) Als im entscheidenden Augenblick der Schlacht die Reiterei sich tapfer schwadronsweise aufstellte und das Fußheer seine Flan-

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latera sua firmius pedes, frontem artissimis conserens parmis, erigebantur crassi pulueris nubes uariique fuere discursus nunc resistentibus, nunc ce­ dentibus nostris et obnixi genibus quidam barbari peritissimi bellatores hos­ tem propellere laborabant, sed destinatione nimia dexterae dexteris misce­ bantur et umbo trudebat umbonem caelumque exsultantium cadentiumque resonabat uocibus magnis et, cum cornu sinistrum altius gradiens urgentium tot agmina Germanorum ui nimia pepulisset iretque in barbaros fremens, equites nostri cornu tenentes dextrum praeter spem incondite discesserunt, dumque primi fugientium postremos impediunt, gremio legionum protecti fixerunt integrato proelio gradum. (38) hoc autem exinde acciderat, quod, dum ordinum restituitur series^ -catafracti equites uiso rectore suo leuiter uulnerato et consorte quodam per ceruicem equi labente pondere armorum oppressi dilapsi, qua quisque poterat, peditesque calcando cuncta turbassent, ni conferti illi sibique uicissim innexi stetissent immobiles, igitur cum equi­ tes nihil praeter fugae circumspectantes praesidia uidisset longius Caesar, concito equo eos uelut repagulum quoddam cohibuit. (39) quo agnito per purpureum signum draconis summitati hastae longioris aptatum197198,uelut se­ nectutis pandentis exuuias stetit unius turmae tribunus et pallore timoreque perculsus ad aciem integrandam recurrit. (40) utque in rebus amat fieri dubi­ is, eosdem lenius increpans Caesar „quo“, inquit, „cedimus, uiri fortissimi? an ignoratis fugam, quae salutem numquam repperit, irriti conatus stultitiam indicare? redeamus ad nostros saltim gloriae futuri participes, si eos pro re publica dimicantes relinquimus inconsulte.“ (41) haec reuerenter dicendo re­ duxit omnes ad munia subeunda bellandi imitatus salua differentia ueterem Sullam, qui, cum contra Archelaum, Mithridatis ducem, educta acie proelio fatigabatur ardenti, relictus a militibus cunctis cucurrit in ordinem primum raptoque et coniecto uexillo in partem hostilem „ite“ , dixerat, „socii pericu­ lorum electi et scitantibus, ubi relictus sim imperator, respondete nihil fal­ lentes: solus in Boeotia pro omnibus nobis cum dispendio sanguinis sui decernens .

197 Das indische Drachenbanner haben die Römer von den Dakern übernommen. 198 Archelaos war der Feldherr des Mithridates im Ersten Mithridatischen Krieg. Amm. spielt hier wohl auf die Vertreibung des Archelaos aus Böotien durch Sulla im Jahre 86 v. Chr. an. Die Episode steht bei Plut. Sulla 21.

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ken stärker schützte, indem es mit dicht zusammengehaltenen Schilden eine Front bildete, stiegen dichte Staubwolken empor, und es kam zu einem Hinund Herlaufen in verschiedene Richtungen, da unsere Leute bald Wider­ stand leisteten, bald zurückwichen, lind einige Barbaren bemühten sich als erfahrene Kämpfer, den Feind zu verdrängen, indem sie sich mit den Knien gegen ihn stemmten; mit übergroßer Hartnäckigkeit lieferten sie sich ein Handgemenge, stieß Schild gegen Schild, und der Himmel hallte wider von den lauten Schreien der Auf jauchzenden und der Fallenden; während der linke Flügel tiefer vorrückte und mit übermäßiger Kraft so viele Scharen der andrängenden Germanen vertrieben hatte und nun wutschnaubend auf die Barbaren losging, wichen unsere Reiter, die den rechten Flügel hielten, uner­ wartet und ungeordnet zurück; und während die ersten Fliehenden die Hin­ tersten behinderten, fanden sie im Schoß der Legionen Schutz, faßten wieder Fuß und nahmen die Schlacht von neuenrauf. (38) Das aber war deshalb ein­ getreten, weil die Panzerreiter, während die Ordnung wiederhergestellt wurde, sahen, daß ihr Führer leicht verwundet war und einer ihrer Kamera­ den über den Hals seines vom Gewicht der Waffen erdrückten Pferdes zu Boden glitt, und nach allen möglichen Richtungen auseinanderstoben; dabei hätten sie die Fußtruppen niedergeritten und alles durcheinandergebracht, wenn diese sich nicht zusammengedrängt und gegenseitig gestützt hätten und auf diese Weise unbeweglich stehengeblieben wären. Als daher der Cae­ sar von weitem beobachtete, wie die Reiter nichts als ihre Rettung durch Flucht im Auge hatten, spornte er sein Pferd an u«d hielt sie wie ein Schlag­ baum zurück. (39) Als sie ihn an seinem purpurfarbenen Drachenbanner er­ kannten, das an der Spitze einer längeren Lanze angebracht war und wie die abgezogene Haut einer alten Schlange wehte197, blieb der Tribun einer einzi­ gen Abteilung stehen und eilte, von Angst und Schrecken ergriffen, zurück, um die Schlacht wiederaufzunehmen. (40) Und wie es in kritischen Situatio­ nen gern geschieht, schalt der Caesar sie allzu nachsichtig und sagte: „Wohin entweichen wir, ihr tapferen Männer? Wißt ihr denn nicht, daß die Flucht, die niemals Rettung gebracht hat, nur die Torheit eines erfolglosen Begin­ nens verrät? Kehren wir zu unseren Leuten zurück, um wenigstens an ihrem künftigen Ruhm teilzuhaben, wenn wir sie, die für den Staat kämpfen, schon unbedacht im Stich lassen.“ (41) Indem er das voller Rücksicht sagte, führte er alle zu ihren Pflichten, den Krieg wiederaufzunehmen, zurück und ahmte unbeschadet der Verschiedenheit den alten Sulla nach; als dieser sein Heer gegen Archelaos, den Feldherrn des Mithridates, führte und dieses durch die hitzige Schlacht ermüdete, eilte er, von allen Soldaten verlassen, zur vorder­ sten Linie, ergriff ein Banner, schleuderte es gegen den Feind und rief: „Geht, auserwählte Teilhaber meiner Gefahren und antwortet, wenn man euch fragt, wo ich, euer Feldherr, geblieben bin, ohne zu lügen: allein in Böotien, um, für uns alle bis zur Entscheidung kämpfend, sein Blut zu vergießen198.“

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(42) Proinde Alamanni pulsis disiectisque equitibus nostris primam aciem peditum incesserunt eam abiecta resistendi animositate pulsuri. (43) sed postquam comminus uentum est, pugnabatur paribus diu momentis. Cornu­ ti enim et Bracchiati199 usu proeliorum diuturno firmati eos iam gestu terren­ tes barritum ciere uel maximum, qui clamor ipso feruore certaminum a tenui susurro exoriens paulatimque adolescens ritu extollitur fluctuum cautibus il­ lisorum200. iaculorum deinde stridentium crebritate hinc indeque conuolante puluis aequali motu assurgens et prospectum eripiens arma armis corpora­ que corporibus obtrudebat. (44) sed uiolentia iraque incompositi barbari in modum exarsere flammarum nexamque scutorum compagem, quae nostros in modum testudinis tuebatur, -scindebant ictibus gladiorum assiduis. (45) quo cognito opitulatum conturmalibus suis celeri cursu Bataui uenere cum regibus201, formidabilis manus extremae necessitatis articulo circumuentos, si iuuisset fors, eruptura, toruumque canentibus classicis adultis uiribus cer­ tabatur. (46) uerum Alamanni bella alacriter ineuntes altius anhelabant uelut quodam furoris affectu opposita omnia deleturi, spicula tamen uerutaque missilia non cessabant ferrataeque arundines fundebantur, quamquam etiam comminus mucro feriebat contra mucronem, et loricae gladiis findebantur et uulnerati nondum effuso cruore ad audendum exsertius consurgebant. (47) pares enim quodam modo coiere cum paribus, Alamanni robusti et celsiores, milites usu nimio dociles; illi feri et turbidi, hi quieti et cauti; animis isti fi­ dentes, grandissimis illi corporibus freti. (48) resurgebat tamen aliquotiens armorum pondere pulsus loco Romanus lassatisque impressus genibus laeuum reflectens poplitem barbarus subsidebat hostem ultro lacessens, quod indicium est obstinationis extremae. (49) Exsiliuit itaque subito ardens optimatium globus, inter quos decerne­ bant et reges, et sequente uulgo ante alios agmina nostrorum irrupit et iter sibi aperiendo ad usque Primanorum legionem202 peruenit locatam in medio, quae conformatio castra praetoria dictitatur, ubi densior et ordinibus fre­ quens miles instar turrium fixa firmitate consistens proelium maiore spiritu

199 Cornuten und Bracchiaten sind militärische Einheiten, deren genaue Funktion schwer zu bestimmen ist, da sie außer bei Ammian kaum bezeugt sind. 200 Der Barritus. Vgl. Tac. Germ. 3,1; Goetz/Welwei, Altes Germanien I, 128. 201 Die Bataver hatten damals keine Könige. Doch schon Tac. Hist. 4,13 bezeichnet Civilis, zu dessen Aufstand Amm. hier wohl eine Parallele zieht, als Abkömmling einer stirps regia. 202 Entweder die 1. Legion (wohl Legio I Italica oder Legio I Germanica) oder ein Teil der ältesten und zentralsten Truppen des comitatas, des freien Verfügungsheeres.

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(42) Als die Alemannen infolgedessen unsere Reiter vertrieben und ver­ sprengt hatten, griffen sie die erste Reihe der Fußtruppen an, um auch sie, die schon den Mut zum Widerstand aufgegeben hatten, zu vertreiben. (43) Nachdem es aber zum Handgemenge gekommen war, kämpfte man lange mit ausgewogenen Kräften. Denn die Cornuten und die Bracchiaten199, die durch langjährige Kriegserfahrung gestärkt waren, flößten jenen schon durch ihre Haltung Schrecken ein und stimmten einen lauten Kriegsgesang an. Dieser Lärm, der in der Hitze des Kampfes mit einem schwachen Sum­ men beginnt und allmählich anschwillt, erhebt sich nach Art der um die Klippen brandenden Wellen200. Dann flog ein dichter Hagel schwirrender Wurfspieße hin und her; ein in gleichmäßiger Bewegung aufsteigender Staub nahm die Sicht und ließ Waffen und Körper gegeneinanderprallen. (44) Die durch Ungestüm und Zorn aus der Ordnung geratenen Barbaren aber ent­ brannten wie Flammen und wollten den dichten Verband der Schilde, der unsere Leute einer Schildkröte gleich schützte, durch ständige Schwerthiebe spalten. (45) Als die Bataver das erkannten, kamen sie mit ihren „Köni­ gen“201 im Eilschritt herbei, um ihren Waffenbrüdern beizustehen, eine furchterregende Truppe, entschlossen, die im Augenblick der äußersten N ot in Gefahr Geratenen herauszureißen, sofern das Schicksal ihnen half; bei schrillem Klang der Kriegstrompeten kämpfte man mit erstarkten Kräften. (46) Die Alemannen aber, die wohlgemut in den Krieg gingen, holten tiefer Atem, als wollten sie in einem Anfall von Wut alles vernichten, was sich (ih­ nen) entgegenstellte. Doch Pfeile und spitze Wurfgeschosse hörten nicht auf zu fliegen, und Pfeile mit Eisenschäften flogen durch die Luft, obgleich auch im Nahkampf Schwert gegen Schwert stieß, und die Panzer wurden mit den Schwertern gespalten und Verwundete, die noch nicht gänzlich verblutet waren, richteten sich auf, um noch Mutigeres zu wagen. (47) Denn Gleiche trafen hier gewissermaßen auf Gleiche, die Alemannen waren kräftig und höher gewachsen, (unsere) Soldaten durch die Übung überaus geschickt, jene wild und ungestüm, diese ruhig und vorsichtig; sie vertrauten auf ihren Mut, während jene sich auf ihre riesigen Körper verließen. (48) Mehrfach er­ hob sich ein unter dem Gewicht der Waffen von seinem Platz vertriebener Römer wieder, und (mancher) Barbar, der, auf seine müden Knie gestützt, das linke Knie beugte und zu Boden sank, forderte auch dann noch den Feind heraus, ein Beweis seiner äußersten Hartnäckigkeit. (49) Da sprang plötzlich eine feurige Schar von Adligen hervor, unter de­ nen auch Könige um die Entscheidung stritten, und während das (gemeine) Volk folgte, fiel sie vor den anderen über unsere Reihen her, bahnte sich ei­ nen Weg und gelangte bis zur Legion der Primani202, die im Zentrum aufge­ stellt war, eine Formation, die man gern „Feldherrnlager“ nennt, wo die Sol­ daten enger geschlossen in dichten Reihen, Türmen gleich, in fester Standhaftigkeit aufgestellt waren und die Schlacht mit größerer Begeisterung

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repetiuit et uulneribus declinandis intentus seque in modum myrmillonis203 operiens hostium latera, quae nudabat ira flagrantior, destrictis gladiis perfo­ rabat. (50) at illi prodigere uitam pro uictoria contendentes temptabant ag­ minis nostri laxare compagem, sed continuata serie peremptorum, quos R o­ manus iam fidentior strauit, succedebant barbari superstites interfectis auditoque occumbentium gemitu crebro pauore perfusi torpebant. (51) fessi denique tot aerumnis et ad solam deinceps strenui fugam per diuersos trami­ tes tota celeritate digredi festinabant ut e mediis saeuientis pelagi fluctibus, quocumque auexerit uentus, eici nautici properant et uectores; quod uoti magis quam spei fuisse fatebitur quilibet tunc praesens. (52) Aderatque propitiati numinis arbitram clemens et secans terga ce­ dentium miles, cum interdum flexis ensibus feriendi non suppeterent instru­ menta, erepta ipsis barbaris tela eorum uitalibus immergebat nec quisquam uulnerantium sanguine iram expleuit nec satiauit caede multiplici dexteram uel miseratus supplicantem abscessit. (53) iacebant itaque plurimi transfixi letaliter remedia mortis compendio postulantes, alii semineces labente iam spiritu lucis usuram oculis morientibus inquirebant, quorundam capita dis­ cissa trabalibus telis et pendentia iugulis cohaerebant, pars per limosum et lubricum solum in sociorum cruore lapsi intactis ferro corporibus acernis superruentium obruti necabantur. (54) quae ubi satis euenere prosperrime, ualidius instante uictore acumina densis ictibus hebescebant splendentesque galeae sub pedibus uoluebantur et scuta, ultimo denique trudente discrimine barbari, cum elati cadauerum aggeres exitus impedirent, ad subsidia flumi­ nis204 petiuere, quae sola restabant, eorum terga iam perstringentis. (55) et quia cursu sub armis concito fugientes miles indefessus urgebat, quidam nandi peritia eximi se posse discriminibus arbitrati animas fluctibus commi­ serunt. qua causa celeri corde futura praeuidens Caesar cum tribunis et duci­ bus clamore obiurgatorio prohibebat, ne hostem auidius sequens nostrorum quisquam se gurgitibus committeret uerticosis. (56) unde id obseruatum est, ut marginibus insistentes confoderent telorum uarietate Germanos, quorum

203 Murmillones sind bestimmte, wohl ungepanzerte, auf den Kampf mit Schwerbewaffneten spezialisierte Gladiatoren mit gallischem Helm mit fischförmigem Schmuck, großem Schild und gallischen Waffen. 204 Rhein.

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Wiederaufnahmen, sich in der Absicht, Verwundungen auszuweichen, nach Gladiatorenart abschirmten203 und mit gezogenen Schwertern die Leiber der Feinde, denen allzu leidenschaftlicher Zorn eine Blöße gab, durchbohrten. (50) Jene aber wetteiferten darum, ihr Leben für den Sieg herzugeben, und versuchten, unseren Heeresverband aufzulösen. Doch trotz der ununterbro­ chenen Reihe der Toten, die der Römer bereits mit größerer Zuversicht nie­ derstreckte, rückten überlebende Barbaren anstelle der Toten nach, vernah­ men das fortgesetzte Stöhnen der Sterbenden und waren, von Furcht erfüllt, gelähmt. (51) Durch so viele Mühen schließlich (ganz) erschöpft und dann nur noch zur Flucht entschlossen, eilten sie auf verschiedenen Wegen in vol­ ler Geschwindigkeit davon, wie Seeleute und Passagiere eilen, wohin der Wind sie treibt, um mitten aus den Fluten eines wütenden Meeres zu ent­ kommen; daß das (freilich) eher ihr Wunsch als eine (begründete) Hoffnung war, wird jeder zugeben, der damals zugegen war. (52) Uns stand der gnädige Wille einer versöhnten Gottheit zur Seite, während die Soldaten auf die Rücken der Fliehenden einschlugen, wobei die Schwerter sich bisweilen so bogen, daß sie nicht mehr zu Stechwerkzeugen taugten; sie entrissen den Barbaren selbst die Waffen und stießen sie tief in ihre Eingeweide; keiner, der Wunden hieb, konnte seinen Zorn am Blut stil­ len, keiner seine Rechte an dem vielfachen Morden sättigen oder mitleidig vorübergehen, wenn einer um Gnade flehte. (53) So lagen die meisten töd­ lich getroffen da und forderten Erlösung durch einen schnellen Tod; andere, halbtot, weil ihnen schon der Atem ausging, suchten mit brechenden Augen noch die Wohltat des Lichts; manchen waren die Köpfe durch balkenstarke Geschosse abgerissen und hingen, mit dem Hals (nur noch leicht) verbun­ den, herab; ein Teil glitt auf dem schlammigen und schlüpfrigen Boden im Blut der Gefährten aus und starb, durch die Haufen der über ihn Hinweg­ stürzenden begraben, ohne daß ein Schwert den Körper berührte. (54) Als diese recht günstige Wendung eintrat, stürmten die Sieger noch überlegener vor, so daß die Schwerter durch die dichten Hiebe stumpf wurden und die glänzenden Helme und Schilde unter den Füßen hin und her rollten. Als die Barbaren zuletzt in größte Gefahr gerieten, suchten sie, die die hohen Lei­ chenberge am Entweichen hinderten, als letzte Möglichkeit in den Schutz des Flusses204 zu gelangen, der hart hinter ihrem Rücken vorbeifloß. (55) Weil aber unsere Soldaten sich trotz ihrer Waffen rasch in Bewegung setzten und den Fliehenden unermüdlich nachsetzten, glaubten einige, sich der G e­ fahr durch ihre Schwimmkünste entziehen zu können, und vertrauten ihr Leben den Fluten an. Aus diesem Grunde verbot der Caesar, der das Kom­ mende mit schnellem Verstand voraussah, zusammen mit den Tribunen und Heerführern laut schimpfend, daß irgendeiner unserer Leute, der den Feind zu hitzig verfolgte, sich den strudelreichen Tiefen anvertraute. (56) Deshalb achtete man streng darauf, daß sie an den Ufern stehenblieben und die Ger-

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si quem morti uelocitas subtraxisset, iacti corporis pondere ad ima fluminis subsidebat. (57) et uelut in quodam theatrali spectaculo aulaeis miranda monstrantibus multa licebat iam sine metu uidere nandi strenuis quosdam nescios adhaerentes, fluitantes alios, cum expeditioribus linquerentur ut stipites et uelut luctante amnis uiolentia uorari quosdam fluctibus inuolutos, nonnullos clipeis uectos praeruptas undarum occursantium moles obliquatis meatibus declinantes ad ripas ulteriores post multa discrimina peruenire. spumans denique cruore barbarico decolor alueus insueta stupebat aug­ menta. (58) Dum haec aguntur, rex Chnodomarius reperta copia discedendi lap­ sus per funerum strues cum satellitibus paupis celeritate rapida properabat ad castra, quae prope Tribuncos et Concordiam205 munimenta Romana fixit intrepidus, ut escensis nauigiis dudum paratis ad casus ancipites in secretis se seccessibus amendaret. (59) et quia non nisi Rheno transito ad territoria sua poterat peruenire, uultum, ne agnosceretur, operiens sensim rettulit pedem, cumque propinquaret iam ripis, lacunam palustribus aquis interfusam circumgrediens, ut transiret, calcata mollitie glutinosa equo est euolutus et confestim licet obeso corpore grauior ad subsidium uicini collis euasit. quem ag­ nitum - nec enim potuit celare, qui fuerit, fortunae prioris magnitudine proditus - statim anhelo cursu cohors cum tribuno secuta armis circumda­ tum aggerem nemorosum cautius obsidebat perrumpere uerita, ne fraude la­ tenti inter ramorum tenebras exciperetur occultas. (60) quibus uisis compul­ sus ad ultimos metus ultro se dedit solus egressus comitesque eius ducenti numero et tres amici iunctissimi flagitium arbitrati post regem uiuere uel pro rege non mori, si ita tulerit casus, tradidere se uinciendos. (61) utque natiuo more sunt barbari humiles in aduersis disparesque in secundis, seruus alienae uoluntatis trahebatur pallore confusus claudente noxarum conscientia lingu­ am, immensum quantum ab eo differens, qui post feros lugubresque terrores cineribus Galliarum insultans multa minabatur et saeua. (62) Quibus ita fauore superni numinis terminatis post exactum iam diem

205 Die Orte sind trotz vieler Versuche nicht schlüssig identifizierbar, aber wohl auf dem linken Rheinufer, vielleicht in der heutigen Pfalz, zu suchen.

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manen mit Geschossen verschiedenster Art durchbohrten; wenn seine Schnelligkeit einen von ihnen vor dem Tod bewahrt hatte, sank er doch durch das Gewicht des getroffenen Körpers auf den Grund des Flusses hin­ ab. (57) Und wie es bei einem Theaterspiel beim Aufziehen der Vorhänge viel zu bewundern gibt, so war es (auch hier) vergönnt, ganz ohne Furcht zuzusehen, wie einige, die nicht schwimmen konnten, sich an die Kräftigen klammerten und andere wie Baumstämme dahintrieben, wenn sie von den Unbelasteten losgelassen wurden; manche wurden von den Fluten fortge­ wälzt und verschlungen, als ob die Gewalt des Flusses mit ihnen rang; einige ließen sich auf ihren Schilden treiben und mieden die anströmenden Wellen­ berge durch schräge Bahnen, um nach vielen Gefahren an das jenseitige Ufer zu gelangen. Schäumend vom Blut der Barbaren, erstarrte der verfärbte Fluß schließlich vor der ungewohnten Anreicherung. (58) Während dieser Vorgänge fand König Chnodomar eine Gelegenheit zu entkommen; er schlüpfte mit wenigen Begleitern über die Haufen von Leichen und rannte in rasender Eile zu dem Lager, das er in der Nähe der rö­ mischen Festungen Tribunci und Concordia205 unverzagt hatte errichten las­ sen, um (dort) Schiffe zu besteigen, die er schon vorher für ungewisse Fälle bereitgestellt hatte, und sich heimlich zu einem Versteck zu begeben. (59) Da er aber nicht in sein (Stammes-)Gebiet gelangen konnte, ohne den Rhein zu überqueren, verhüllte er, um nicht erkannt zu werden, sein Gesicht und zog sich allmählich zurück. Als er dem Ufer schon nahe war und (gerade) einen mit Sumpfwasser gefüllten Tümpel umging, um hifiüberzukommen, stürzte er vom Pferd, das in dem weichen, klebrigen (Boden) steckenblieb, und ent­ wich, ungeachtet der Schwere seines Körpers, sofort in den Schutz eines na­ hegelegenen Hügels. Als man ihn erkannte - denn er konnte nicht verheimli­ chen, wer er war, weil ihn die Größe seines früheren Glücks verriet -, folgte ihm sogleich eine Kohorte mit ihrem Tribunen in atemlosen Lauf, umstellte den bewaldeten Wall mit Waffen(trägem) und belagerte ihn vorsichtig, da man sich scheute, mit Gewalt einzudringen, um nicht durch einen verborge­ nen Hinterhalt im heimlichen Dunkel der Feinde geschnappt zu werden. (60) Durch diesen Anblick in äußerste Furcht getrieben, ergab er sich frei­ willig, trat allein heraus, und seine 200 Begleiter sowie drei seiner engsten Freunde, die es für eine Schande hielten, den König zu überleben oder nicht für ihn zu sterben, wenn der Zufall es so fügte, ergaben sich und ließen sich fesseln. (61) Da die Barbaren von Natur aus im Unglück feige, im Glück aber ganz anders sind, wurde er nun, bleich vor Angst, als Sklave eines frem­ den Willens abgeführt; das Bewußtsein seiner Verbrechen machte ihn stumm, und er unterschied sich ganz gewaltig von dem (Mann), der nach wilden, unheilvollen Schreckenstaten die eingeäscherten Trümmer Galliens verhöhnt hatte und viele wilde Drohungen ausstieß. (62) Nachdem diese Angelegenheit so dank der Gunst der himmlischen

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occinente liticine206 reuocatus inuitissimus miles prope supercilia Rheni ten­ debat scutorumque ordine multiplicato uallatus uictu fruebatur et somno. (63) ceciderunt autem in hac pugna Romani quidem ducenti quadraginta et tres, rectores uero quattuor: Bainobaudes Cornutorum tribunus adaeque Laipso et Innocentius catafractarios ducens, et uacans quidam tribunus207, cuius non suppetit nomen, ex Alamannis uero sex milia corporum numerata sunt in campo constrata et alii inaestimabiles mortuorum acerui per undas fluminis ferebantur. (64) tunc Iulianus, ut erat fortuna sui spectatior meritis­ que magis quam imperio potens, Augustus acclamatione concordi totius exercitus appellatus ut agentes petulantius milites increpabat id se nec spera­ re nec adipisci uelle iurando confirmans. (6^) et ut augeret euentus secundi laetitiam, concilio ...s eum spectare208 Chnodomarium sibi iussit offerri, qui primo curuatus, deinde humi suppliciter fusus gentilique prece1ueniam pos­ cens bono animo esse est iussus. (66) et diebus postea paucis ductus ad co­ mitatum imperatoris missusque exinde Romam in castris peregrinis, quae in monte sunt Caelio209, morbo ueterni consumptus est. [...]210

Epitome de Caesaribus 42,13-14lu: (13) Iste in campis Argentoratensibus apud Gallias cum paucis militibus infinitas hostium copias delevit. (14) Stabant acervi montium similes, fluebat eruor fluminum modo; captus rex nobilis Nodomarius; fusi omnes optima­ tes; redditus limes Romanae possessionis; ac postmodum cum Alamannis di­ micans potentissimum eorum regem Badomarium cepit.

s Lücke von 9 Buchstaben, concilio concesso eum Kj. (man gewährte ihm eine Ver­ sammlung) ' pace Hss. 206 Der liticen ist vermutlich ein militärischer Signalbläser. 207 D. h. einen Tribunen, der den Titel ehrenhalber führte, ohne das Amt zu beklei­ den, der also im Augenblick keine Einheit hatte, vielleicht mit einem Offizier zur be­ sonderen Verwendung vergleichbar. 208 Wegen der Lücke nicht sicher zu übersetzen. 209 Einer der sieben Hügel Roms. 210 Julian wurde am H of beschuldigt, seine Germanensiege wurden lächerlich ge­ macht; der Kaiser selbst nahm die Siege für sich in Anspruch. In der Schlacht bei Straßburg, an der er gar nicht teilgenommen habe, will er doch nach seiner eigenen Schilderung die Reihen geordnet, unter den Feldzeichenträgern gestanden und die Barbaren in die Flucht geschlagen haben (Amm. 16,12,67 ff.).

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Mächte beendet worden war, wurden, als der Tag schon zu Ende gegangen war, die Zinkenhörner206 geblasen und die höchst unwilligen Soldaten zu­ rückgerufen; man lagerte nahe de™ Rheinufer, wobei man sich mit einer vielfachen Reihe von Schilden schützte, und genoß Speise und Schlaf. (63) In dieser Schlacht aber fielen 243 Römer, (jedoch nur) vier Befehlshaber: Bainobaudes, der Tribun der Cornuten, ebenso Laipso und Innocentius, der die Panzerreiter anführte, sowie ein frei verfügbarer Tribun207, dessen Name mir nicht bekannt ist; bei den Alemannen aber zählte man 6000 Leichen, die auf dem Schlachtfeld lagen, und weitere, unzählige Mengen von Toten wurden von den Wellen des Stroms fortgetragen. (64) Damals wurde Julian, der durch sein Kriegsglück noch angesehener und mehr durch seine Verdienste als durch seine Amtsgewalt mächtig war, in einstimmigem Zuruf des ganzen Heeres zum Augustus ausgerufen, doch er schalt die Soldaten, sie handelten zu leichtfertig, und versicherte eidlich, daß er das weder erhoffe noch anneh­ men wolle. (65) Um die Freude über den glücklichen Ausgang noch zu ver­ größern, ließ er in einer Versammlung, wo man ... auf ihn wartete208, den Chnodomar vorführen, der sich zuerst niederbeugte, dann demütig zu Bo­ den warf und mit nach volkstümlicher Weise vorgetragener Bitte Vergebung erheischte; ihm wurde geheißen, guten Mutes zu sein. (66) Wenige Tage spä­ ter wurde er an den H of des Kaisers geführt und von dort nach Rom ge­ schickt, wo er in dem Fremdenlager auf dem Mons Caelius209 an der Schlaf­ sucht verstarb. [...]210

Epitome de Caesoribus 42,13-14m : (13) Auf den Feldern von Straßburg in Gallien vernichtete er mit wenigen Soldaten eine ungeheure Zahl an Feinden. (14) Die Haufen (der Leichen) er­ hoben sich wie Berge, und Blut floß in Strömen; der edle König (Ch)Nodomar wurde gefangengenommen, alle Adligen wurden niedergestreckt; die Grenze des römischen Besitzes wurde wiederhergestellt; als man später mit den Alemannen kämpfte, ergriff man ihren mächtigsten König Badomar.21

211 Vgl. auch Hier. 2373 (356): Magnae Alamannorum copiae aput Argentoratum oppidum Galliarum a Caesare Iuliano oppressae (Große Mengen der Alemannen wurden bei der Stadt Straßburg in Gallien vom Caesar Julian unterdrückt). Kurz zu Julians Erfolgen in Gallien: Oros. 7,25,12 (nach Eutr. 9,25).

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Ammianus Marcellinus 17,1: 1.(1) Hac rerum uarietate, quam iam digessimus, ita conclusa Martius iuuenis Rheno post Argentoratensem pugnam otiose fluente securus sollicitusque, ne dirae uolucres consumerent corpora peremptorum, sine discretio­ ne cunctos humari mandauit absolutisque legatis, quos ante certamen super­ ba quaedam portasse praediximus212, ad Tres tabernas reuertit. (2) unde cum captiuis omnibus praedam Mediomatricos seruandam ad reditum usque suum duci praecepit et petiturus ipse Mogontiacum, ut ponte compacto transgressus in suis requireret barbaros, cum nullum reliquisset in nostris, refragante uetabatur exercitu; uerum facundia iucunditateque sermonum al­ lectum in uoluntatem traduxerat suam, amor enim post documenta flagrantior sequi libenter hortatus est omnis operae conturmalem auctoritate magni­ ficum ducem plus laboris indicere sibi quam militi, sicut perspicue contigit, assuetum, moxque ad locum praedictum est uentum, flumine pontibus con­ stratis transmisso occupauere terras hostiles. (3) at barbari perstricti negotii magnitudine, qui se in tranquillo positos otio tunc parum inquietari posse sperabant, aliorum exitio, quid fortunis suis immineret, anxie cogitantes si­ mulata pacis petitione, ut primae uertiginis impetum declinarent, misere le­ gatos cum uerbis compositis, quae denuntiarent concordem foederum fir­ mitatem; incertumque quo consilio, “s ta t... institutos“ mutata uoluntate per alios cursu celeri uenire compulsos acerrimum nostris minati sunt bellum, ni eorum regionibus excessissent. (4) Quibus clara fide compertis Caesar noctis prima quiete nauigiis modi­ cis et uelocibus octingentos imposuit milites, veorum uigintiv sursum uersum decurso egressi213, quidquid inuenire potuerint, ferro uiolarent et flammis. (5) quo ita disposito solis primo exortu uisis per montium uertices barbaris ad celsiora ducebatur alacrior miles nulloque inuento - hoc si quidem opina­ ti discessere confestim - eminus ingentia fumi uolumina uisebantur indican­ tia nostros perruptas populari terras hostiles. (6) quae res Germanorum per-

“ u Lücke Kj. So nicht übersetzbar. v‘v Korruptel, quorum sescenti, dierum viginti u. a. Kj. 2,2 Amm. 16,12,3 (oben S.232). 213 Wahrscheinlich ist hier der Main gemeint; vgl. Amm. 17,1,6.

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Ammianus Marcellinus 17,1: 1. (1) Nachdem diese wechselyollen Ereignisse, über die ich bereits (der Reihe nach) berichtet habe, auf solche Weise beendet worden waren und der Rhein nach der Schlacht von Straßburg wieder friedlich dahinfloß, ordnete der junge Kriegsheld, (nun) seiner Sorge ledig und doch besorgt, an, alle un­ terschiedslos zu beerdigen, damit nicht gräßliche Vögel die Leichen der Ge­ fallenen fräßen; dann entließ er die Gesandten die vor der Schlacht, wie er­ wähnt212, hochmütige (Forderungen) überbracht hatten, und kehrte nach Zabern zurück. (2) Von da ließ er die Beute zusammen mit allen Gefangenen nach Metz schaffen, um sie dort bis zu seiner Rückkehr aufzubewahren; er selbst wollte sich nach Mainz begeben, um auf einer zusammengebauten Brücke überzusetzen und die Barbaren in ihrem eigenen (Land) heimzusu­ chen, da er in unserem (Gebiet) keinen mehr übriggelassen hatte, doch hin­ derte ihn das Heer daran; durch seine Redegewandtheit aber und die Lie­ benswürdigkeit im Gespräch hatte er es für sich gewonnen und zu seinem Willen überredet. Die Liebe (zu ihm) war nämlich nach den Bewährungs­ proben leidenschaftlicher (geworden) und ermunterte dazu, dem Waffen­ bruder in jeder Mühe und dem durch sein Ansehen glänzenden Feldherrn gern zu folgen, der gewohnt war, sich selbst mehr Mühen aufzuerlegen als dem Soldaten, wie es sich deutlich gezeigt hatte. Sobald man an den erwähn­ ten Ort gelangte, überquerte man den Fluß auf darüber errichteten Brücken und besetzte das feindliche Terrain. (3) Die Barbaren aber waren von der Größe des Unternehmens betäubt, da sie, die sich friedlich zur Ruhe gesetzt hatten, damals hofften, daß sie kaum behelligt werden konnten; ängstlich be­ dachten sie bei dem Untergang der anderen, welches Schicksal ihnen selbst drohte, baten zum Schein um Frieden, um den ersten Wirbelsturm abzu­ wenden, und schickten Gesandte mit wohlersonnenen Worten, die ihr ein­ trächtiges Festhalten an den Verträgen verkünden sollten; unklar in welcher A bsicht..., änderten sie ihren Willen und drohten unseren Leuten durch an­ dere (Gesandte), die sie antrieben, im Laufschritt (zu uns) zu kommen, mit einem höchst bitteren Krieg, falls sie ihr Gebiet nicht räumten. (4) Als der Caesar davon klar und zuverlässig erfahren hatte, schiffte er in der ersten Ruhe der Nacht 800 Soldaten auf mittelgroßen, schnellen Booten ein; 20 davon sollten flußaufwärts213 fahren, an Land gehen und mit Feuer und Schwert verwüsten, was immer sie finden konnten. (5) Auf diese An­ ordnungen hin wurde unser allzu munteres Heer gleich beim ersten Mor­ gengrauen, als auf den Berggipfeln Barbaren zu sehen waren, auf die Höhen geführt, doch fand man niemanden vor - jene hatten das wohl vermutet und sich schleunigst zurückgezogen; in der Ferne sah man gewaltige Rauchwol­ ken, die anzeigten, daß unsere Truppen in das feindliche Gebiet eingedrun­ gen waren und es verwüsteten. (6) Das erschütterte den Mut der Germanen;

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culit animos atque desertis insidiis, quas per arta loca et latebrosa struxerant nostris, trans Menum nomine fluuium ad opitulandum suis necessitudinibus auolarunt. (7) ut enim in rebus amat fieri dubiis et turbatis, hinc equitum no­ strorum accursu, inde nauigiis uectorum militum impetu repentino perterre­ facti euadendi subsidium uelox locorum inuenere prudentes, quorum di­ gressu miles libere gradiens opulentas pecore uillas et frugibus rapiebat nulli parcendo extractisque captiuis. domicilia cuncta curatius ritu Romano con­ structa flammis subditis exurebat. (8) emensaque aestimatione decimi lapidis cum prope siluam uenisset squalore tenebrarum horrendam, stetit diu cunctando indicio perfugae doctus per subterranea quaedam occulta fossas­ que multifidas latere plurimos, ubi habile uisum fuerit, erupturos. (9) ausi ta­ men omnes accedere fidentissime ilicibus incisis et fraxinis roboreque abie­ tum"' magno semitas inuenere constratas, ideoque gradientes cautius retro non nisi per anfractus longos et asperos ultra progredi posse uix indignatio­ nem capientibus animis aduertebant. (10) et quoniam aeris urente saeuitia cum discriminibus ultimis laboratur in cassum - aequinoctio quippe autum­ nali exacto per eos tractus superfusae niues oppleuere montes simul et cam­ pos -, opus arreptum est memorabile. (11) Et dum nullus obsisteret, munimentum quod in Alamannorum solo conditum Traianus suo nomine uoluit appellari, dudum uiolentius oppugna­ tum214 tumultuario studio reparatum est; locatisque ibi pro tempore defen­ soribus ex barbarorum uisceribus alimenta congesta sunt. (12) quae illi ma­ turata ad suam perniciem contemplantes metuque rei peractae uolucriter congregati precibus et humilitate suprema petiere missis oratoribus pacem quam Caesar omni consiliorum uia firmatam causatus ueri similia plurima per decem mensuum tribuit interuallum id nimirum sollerti colligens mente, quod castra supra, quam optari potuit, occupata sine obstaculo tormentis muralibus et apparatu deberent ualido communiri. (13) hac fiducia tres im­ manissimi reges uenerunt tandem aliquando iam trepidi ex his, qui misere uictis apud Argentoratum auxilia, iurantes conceptis ritu patrio uerbis nihil

w abiectum Hss. 214 Die Lage dieses Kastells ist nicht bekannt.

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sie verließen ihren Hinterhalt, den sie unseren Leuten an engen, versteckten Stellen gelegt hatten, und enteilten über den Main, um ihren Angehörigen beizustehen. (7) Wie es nämlich in zweifelhaften und stürmischen Situatio­ nen gern geschieht, wurden sie auf def einen Seite durch das Anrücken unse­ rer Reiter, auf der anderen durch den plötzlichen Angriff der auf Schiffen be­ förderten Soldaten gewaltig in Schrecken versetzt, fanden als Ortskundige (jedoch) schnell einen Zufluchtsort, um zu entkommen; nach ihrem Abzug schweifte das Heer ungehindert umher und plünderte die vieh- und früchte­ reichen Dörfer, wobei man niemanden verschonte; Gefangene wurden weg­ geschleppt, und man gab alle Wohnungen, die sorgfältiger (als sonst) nach römischer Weise erbaut waren, den Flammen preis und brannte sie nieder. (8) Als man schätzungsweise zehn Meilen zurückgelegt hatte und in die Nähe eines Waldes gelangt war, der durch seine finstere Unwirtlichkeit un­ geheuer war, blieb er (Julian) lange zögernd stehen, da er durch den Hinweis eines Überläufers erfahren hatte, daß sich viele in unterirdischen Verstecken und verzweigten Gräben verborgen hielten, um hervorzubrechen, sobald es passend schien. (9) Dennoch wagten alle, sich voller Selbstvertrauen zu nä­ hern, fanden (aber) die Wege bedeckt mit gefällten Eichen und Eschen und großen Tannenstämmen vor. Daher schritten sie vorsichtiger zurück und er­ kannten, kaum daß Unmut ihre Gemüter ergriff, daß sie nur über lange, hol­ perige Umwege weiter vorrücken könnten. (10) Da man wegen der strengen Kälte unter äußersten Gefahren erfolglos arbeitete - denn die herbstliche Tag- und Nachtgleiche war vorüber und der in diesen Gegenden gefallene Schnee bedeckte gleichermaßen Berge und Ebenen -, wurde ein denkwürdi­ ges Werk in Angriff genommen. (11) Solange niemand sich widersetzte, wurde die Festung, die Trajan auf dem Boden der Alemannen gründen ließ und nach seinem Namen benennen wollte und die einst gewaltsam bestürmt worden war214, in eiligem Eifer wie­ der instand gesetzt; man quartierte dort für den Augenblick eine Besatzung ein und schaffte Lebensmittel aus dem Innern des Barbaren(landes) herbei. (12) Als jene (Barbaren) erkannten, wie das zu ihrem Untergang beschleu­ nigt wurde, versammelten sie sich schnell aus Angst vor der Vollendung, schickten Gesandte aus und baten flehentlich und mit größter Erniedrigung um Frieden, den der Caesar nach auf jede Weise erfolgtem Ratschlag bestä­ tigte, indem er viele wahrheitsgemäße Gründe vorbrachte, und er gewährte ihn für einen Zeitraum von zehn Monaten, wobei er allerdings mit seinem schlauen Verstand bedachte, daß sie das Kastell, das über alle Hoffnungen hinaus ohne jedes Hindernis besetzt werden konnte, mit Mauergeschützen und starken Verteidigungseinrichtungen verschanzen mußten. (13) Im Ver­ trauen darauf kamen drei gräßliche Könige herbei, die endlich einmal Angst bekommen hatten, von den (Stämmen), die den bei Straßburg Besiegten Hilfstruppen gesandt hatten; sie schworen in feierlichen Formeln nach hei-

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inquietum acturos, sed foedera ad praestitutum usque diem, quia id nostris placuerat, cum munimento seruaturos intacto frugesque portaturos umeris, si defuisse sibi docuerint defensores, quod utrumque metu perfidiam frenan­ te fecerunt. (14) Hoc memorabili bello comparando quidem Punicis et Teutonicis, sed dispendiis rei Romanae peracto leuissimis215 ut faustus Caesar exsultabat et felix credique obtrectatoribus potuit ideo fortiter eum ubique fecisse fingen­ tibus, quod oppetere dimicando gloriose magis optabat quam damnatorum sorte, sicut sperabat, ut frater Gallus occidi, ni pari proposito post excessum quoque Constanti actibus mirandis inclaruisset.

Libanios, Oratio 18,50-532ib: (50) [...] γεφυροϋντι δέ αύτψ πλοίοις τόν ποταμόν217 τεμόντεςτήςΰλης άφιάσιν άνω οί βάρβαροι κατά ροΰν πάχη ξύλων ά προσπίπτοντα ταϊς ναυσί τάς μέν διέσπασε, τάς δ’ άνέρρηξε, τάς δέ κα'ι κατέδυσε. (51) διαλελυμένης δέ τής πρώτης πείρας ό μέν ωχετο φεύγων καί αί τρεις μυριά­ δες218, τοΐς βαρβάροις δέ ούκ ήρκει τό μη παθεΐν, άλλ’ αυτών ήδη νομίσαντες είναι τό καί δράσαί τι διαβάντες έδίωκον καί καταλαβόντες έκτεινον καί παιανίζοντες άνεχώρουν καί συνήπτον εργον εργφ, μάλλον δέ άπό λόγων ήρχοντο των δευτέρων. (52) ώς γάρ ήσαν οίκοι πάλιν, ό βα­ σιλεύς δέ ένεπίμπλη πυρών καί φρούρια καί πόλεις άπό τών έκείνοις είργασμένων ληίων219 ταΐς τών στρατιωτών χερσίν, δπως οιόν τε ήν, έπί τούτω χρώμενος καί τά κείιμενα άνίστηΧ, καί πόρρω τού ‘Ρήνου χειμάζοντι βασιλέϊ τάς τών έχθρών επιχειρήσεις όξέως μηνύσειν εμελλεν άλλων παρ’ άλλων δεχομένων τόν λόγον - πρότερον δέ τό μήκος τής έρημίας Χ άνέστη Var. 215 Entgegen den großen Worten Ammians wird man die Bedeutung der Schlacht bei Straßburg nicht überschätzen dürfen, auch wenn sie für den Augenblick eine Be­ ruhigung brachte. 216 Zur Niederlage des Barbatio und zur Strategie Julians. Die Darstellung des Li­ banios basiert auf dem Bericht Julians. 217 Julian hatte 357 einen Zangenangriff von Süden und Westen her geplant. Barba­ tio, der zum magister peditum ernannt worden war, sollte mit etwa 23 000 Mann von Süden in die Gegend von Basel vorrücken. Er konnte aber die Burgundische Pforte nicht hinreichend sichern und vermochte einen Vorstoß alemannischer laeti bis nach Lyon nicht zu verhindern. Erst als die Gefahr bei Lyon bereinigt war, begann Barba­ tio mit dem Rheinübergang. 218 Nach Zerstörung seiner Schiffe konnte Barbatio die geplante Operation nicht mehr durchführen. Die Darstellung bei Libanios ist ebenso wie die bei Amm.

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mischem Brauch, keine Unruhe zu stiften, sondern die Verträge bis zum festgesetzten Tag, weil wir das so gewollt hatten, zu halten, ohne die Festung zu behelligen, und Lebensmittel auf ihren Schultern herbeizuschaffen, falls die Verteidiger ihnen mitteilten, daß es ihnen daran mangele. Beides aber führten sie nur aus, weil die Furcht ihre Treulosigkeit zügelte. (14) Diesen denkwürdigen Krieg muß man durchaus mit dem Punischen und Teutonischen vergleichen, doch wurde er mit sehr leichten Verlusten für den römischen Staat geführt215; so jubelte der glückliche und selige Caesar, und man hätte seinen Widersachern glauben können, die heuchelten, er hätte deshalb überall so tapfer gehandelt, weil er lieber glorreich im Kampf als, wie er erwartete, wie sein Bruder Gallus nach dem Los der Verurteilten ster­ ben wollte, wäre er nicht mit gleichem Vorsatz auch nach dem Tod des Constantius durch bewundernswerte Taten hervorgetreten.

Libanios, Oratio 1 8 ,50-53nb: (50) [...] Während er (Barbatio) den Ström mit Schiffen überbrückte217, fällten die Barbaren im Wald Bäume und ließen auf ihn (Barbatio) stromab­ wärts die Stämme herabtreiben, die auf die Schiffe stießen und sie teils losris­ sen, teils zerstörten, teils versenkten. (51) Als auf diese Weise der erste Ver­ such (des Barbatio) gescheitert war, wich er zurück und floh mit seinen dreißigtausend Leuten218, während die Barbaren sieh nicht damit begnügten, keine Verluste erlitten zu haben, sondern meinten, jetzt sei es Zeit zu han­ deln; sie setzten über den Fluß, holten die Gegner ein, machten sie nieder, zogen mit Siegesgesängen weiter und vollbrachten eine Tat nach der ande­ ren, vor allem aber redeten sie von weiteren Unternehmungen. (52) Als sie (die römischen Truppen) wieder zu Hause (in ihren Garnisonen) waren, füllte der Caesar (Julian) die Kastelle und Städte mit Weizen von den Saatfel­ dern219, die von den Feinden bestellt worden waren, und er ließ dies so weit wie möglich von den Händen seiner Soldaten ausführen, und die übel zuge­ richteten Gegenden erholten sich wieder; und er wollte dem in weiter Ent­ fernung vom Rhein überwinternden Augustus (Constantius II.) die Invasio­ nen der Feinde genau berichten, indem die Nachrichten durch Stafetten von Boten weitergegeben wurden, während früher die Weite der Einöden ver16,11,3 ff. (oben S. 228) verzerrt und dient dazu, die Leistung Julians einseitig hervor­ zuheben. Allerdings wurde eine römische Abteilung damals auf dem Rückmarsch bei Kaiseraugst aus einer Verschanzung vertrieben. 219 Julian ließ Ernteerträge germanischer Siedler im Elsaß zur Truppenversorgung requirieren und in Zabern einen größeren Vorrat anlegen (Amm. 16,11,11, oben S. 231).

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άφηρεΐτο την των έπιβουλών αισθησιν - ταΰτα δή πυνθανόμενοι ‘Ρωμαίους εν γη ‘Ρωμαίων τάκείνων άμώντας άγανακτήσαντες ώσπερ των πατρφων αύτοϊς κειρομένων, πέμψαντες κήρυκα καί δι’ εκείνου δεικνύντες τάς έπιστολάς αϊ την γην αυτών έποίουν22021, πολεμεΐν αυτόν έφασκον τοΐς τώ πρεσβυτέρα) δόξασι καί δεΐν τοΰτο όμολογεΐν ή τοΐς γεγραμμένοις έμμένειν ή μηδέτερον βουλόμενον έλπίζειν μάχην. (53) ό δέ τόν μέν έπί κατασκοπήν ήκειν είπών, μη γάρ αν ούτω θρασύν γενέσθαι τόν εκείνων άρχοντα, κατεϊχεν [...].

Sokrates, Historia ecclesiastica 3;l,3Q-34m : (30) Φασί δέ τινες, ως Κωνστάντιος αυτόν διά τοΰτο έπί τούς βαρβά­ ρους άπέστειλεν, ϊνα έκεΐ διαφθαρή συμπλεκόμενος αύτοϊς. (31) Ούκ οιδα δέ, εί οί τό τοιοΰτο λεγόντες άληθεύουσιν ό γάρ την άδελφήν την Ιδίαν αύτψ συνοικίσαςΥ έπιβουλεύων ούδέν άλλο ή καθ’ έαυτοΰ την έπιβουλήν έτρεπε. (32) Τοΰτο μέν ούν, ώς έκάστψ δοκεΐ, κρινέτω. Τουλιανοΰ δέ μεμψαμένου παρά βασιλεΐτήν ραθυμίαν των στρατηγούντων, έτερος έπέμφϋη στρατηγός ήρμοσμένος τή προθυμία Τουλιανοΰ222· ον υπουργόν θαρρών τοΐς βαρβάροις συνέβαλλεν223. (33) Οί δέ διεπρεσβεύοντο πρός αυτόν, δεικνύντες ώς τά βασιλέως γραμμάτα εις την ‘Ρωμαίων χώραν παρεΐναι κε­ λεύει αύτούς, καί τάς έπιστολάς έπεδείκνυον. (34) Ό δέ τόν μέν πρεσ­ βευτήν δεσμώτην έποίησε· συμβάλλει δέ τώ πλήθει, καί κατά κράτος νικφ· καί τόν βασιλέα τών βαρβάρων αιχμάλωτον λαβών224 Κωνσταντίω επεμψε.

Julianus, Epistula ad senatum populumque Atheniensium 278 D -280 D 225: (278 D) [...] Έ ξ ών ό Κωνστάντιος νομίσας ολίγον* μέν έπιδώσειν, ούκ εις τοσοΰτον δέ μεταβολής ήξειν τά τών Κελτών πράγματα, δίδωσί μοι y συνοικήσας Var. ζ όλίγω Hss. 220 Vgl. Soz. 5,2; Sokr. 3,1. Es handelte sich um Zusagen des Constantius II. aus dem Jahre 350, als er Hilfe gegen den Usurpator Magnentius benötigte. Offenbar sollte durch die Gesandtschaft ein Rückzug Julians erreicht werden. Vgl. Lorenz, Im­ perii fines 44. 221 Zum Beginn der Operationen unter Julian. 222 Sokrates bezieht sich auf die Entlassung des magister equitum Marcellus, der Julian bei den Kämpfen um Senonae (Senon bei Verdun) aus unbekanntem Grund nicht unterstützt hatte (Amm. 16,4,2-3, oben S. 224 ff.). Sein Nachfolger wurde Se­ verus (Amm. 16,11,1, oben S. 228).

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hindert hatte, daß die Angriffe der Feinde (früh genug) bemerkt wurden. Die Barbaren aber bemerkten, daß die Römer auf ihrem Territorium die Ernte von dem, was die Barbaren gesät hatten, einbrachten, und waren dar­ über erregt, als ob man ihnen das Erbe ihrer Väter genommen hätte. So schickten sie einen Herold und ließen durch ihn Briefe vorzeigen, durch die ihnen Land übereignet wurde220; sie behaupteten, er (Julian) bekämpfe die Verfügungen des Älteren (des Augustus Constantius II.) und er müsse darin zustimmen, daß er sich entweder an die schriftlichen Zusicherungen zu hal­ ten oder aber mit Krieg zu rechnen habe, was keiner von beiden wolle. (53) (Julian) aber sagte, der Herold komme, um zu spionieren; er hielt ihn gefan­ gen, damit der Anführer jener Feinde nicht allzu hochmütig sei [...].

Sokrates, Historia ecclesiastica 3,1,30-34r221 (30) Manche sagen, Constantius habe ihn deshalb gegen die Barbaren ge­ schickt, damit er dort im Kampf den Tod finde. (31) Ich weiß aber nicht, ob diejenigen, die dies behaupten, die Wahrheit sagen; denn da er ihm seine ei­ gene Schwester Helena vermählte, hätte er mit derartigen Intrigen gegen sich selbst Intrigen gesponnen. (32) Dies aber mag jeder beurteilen, wie er es für richtig hält. Nachdem Julian aber sich beim Kaiser über die Fahrlässigkeit der Befehlshaber beschwert hatte, wurde ein anderer Kommandeur ge­ schickt, der zu der Entschlossenheit Julians paßte222; mit diesem Helfer nahm Julian mutig den Kampf gegen die Barbaren auf223. (33) Die aber schickten Gesandte zu ihm, die zeigen sollten, daß Briefe des Kaisers ihnen die Anwesenheit im römischen Gebiet befahlen. (34) Er aber ließ den Abge­ sandten festnehmen, griff die (feindliche) Menge an, errang einen bedeuten­ den Sieg und nahm den König der Barbaren224 gefangen und schickte ihn zu Constantius.

Julianus, Epistula ad senatum populumque Atheniensium 278 D - 280 D 225: (278 D) [...] Als Constantius danach glaubte, daß die Lage in Gallien sich etwas bessere, aber nicht in dem Maße, daß ein völliger Umschwung eintre223 Sokrates beschreibt hier in einem sehr gerafften Überblick die Ereignisse des Jahres 357, in dem Julian, inzwischen Oberbefehlshaber, den großen römischen Sieg bei Straßburg erringen konnte. 224 Den Alemannen Chnodomar. 225 Julian bietet in diesem Brief von 361 an den Rat und das Volk der Athener einen Lage- und Tatenbericht, nachdem ihn Soldaten im August 360 in Paris zum Augustus

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των στρατοπέδων την ήγεμονίαν ήρος αρχή226. καί στρατεύω μέν άκμάζοντος τοΰ σίτου, (279) πολλών πάνυ Γερμανών περί τάς πεπορθημένας έν Κελτοΐς πόλεις άδεώς κατοικούντων. τό μέν ούν πλήθος τών πόλεων πέντε που καί τεσσαράκοντα έστι, τείχη τά διηρπασμένα δίχα τών πύργων καί πών έλασσόνων φρουρίων, ής δ’ ένέμοντο γης έπί τάδε τοΰ Τήνου πάσης οί βάρβαροι τό μέγεθος όπόσον άπό τών πηγών αυτών άρχόμενος άχρι τοΰ ’Ωκεανού περιλαμβάνει- τριακόσια δέ άπεΐχον τής ήόνος τοΰ ‘Ρήνου στάδια οί πρός ημάς οίκοΰντες έσχατοι, τριπλάσιον δέ ήν ετι τούτου πλάτος (Β) τό καταλειφθέν έρημον υπό τής λεηλασίας, ένθα ουδέ νέμειν έξήν τοϊς Κελτοΐς τά βοσκήματα, καί πόλεις τινές έρημοι τών ένοικούντων, αις ούπω παρωκουν οί βάρβαροι, έν τούτοις ούσαν κατα­ λαβουν έγώ τήν Γαλατίαν πόλιν τε άνέλαβον την Ά γριππίναν227 έπί τώ ‘Ρήνω, πρό μηνών έαλωκυΐάν πού δέκα, καί τείχος Ά ργέντορα πλησίον πρός ταΐς ύπωρείαις αυτού τού Βοσέγου, καί έμαχεσάμην ούκ άκλεώς. (C ) ίσως καί εις υμάς άφίκετο ή τοιαύτη μάχη228, ένθα τών θεών δόντων μοι τόν βασιλέα τών πολεμίων αιχμάλωτον229, ούκ έφθόνησα τοΰ κατορ­ θώματος Κωνσταντίω. καίτοι εί μή θριαμβεύειν εξήν, άποσφάττειν τόν πολέμιον κύριος ήν, καί μέντοι διά πάσης αυτόν άγων τής Κελτίδος ταΐς πόλεσιν έπιδεικνύειν καί ώσπερ έντρυφάν τού Χνοδομαρίου ταΐς συμφοραΐς. (D) τούτων ούδέν φήθην δεΐν πράττειν, άλλά πρός τόν Κωνστάντιον αυτόν ευθέως άπέπεμψα, τότε άπό τών Κουάδων καί Σαυροματών έπανιόντα230. συνέβη τοίνυν, έμού μέν άγωνισαμένου, έκείνου δέ όδεύσαντος μόνον καί φιλίως έντυχόντος τοΐς παροικούσι τόν ’Ίστρον εθνεσιν, ούχ ήμάς, άλλ’ έκεΐνον θριαμβεύσαι. Τό δη μετά τούτο δεύτερος ενιαυτός καί τρίτος231, καί πάντες μέν άπελήλαντο τής Γαλατίας οί βάρβαροι, πλεΐσται δέ άνελήφθησαν τών πόλεων, παμπληθείς δέ άπό τής Βρεττανίδος ναύς άνήχθησαν. (280) έξακοσίων νηών άνήγαγον στόλον232, ών τάς τετρακοσίας έν ούδέ δλοις μησί δέκα ναυπηγησάμενος πάσας είσήγαγον εις τόν ‘Ρήνον, έργον ου μικρόν διά τούς έπικειμένους καί παροικούντας πλησίον βαρβάρους, ό γούν Φλωρέντιος233 ούτως ωετο τούτο άδύνατον, ώστε άργύρου δισχιλίας

erhoben hatten. Vgl. Szidat, Usurpation 63 ff. Die neue Situation erklärt Julians ver­ änderte Stellungnahme zu Constantius. 226 Das Oberkommando erhielt Julian wohl erst im April 357. 222 Bereits Mitte September 356. 228 Im Sommer 357 bei Ober-Hausbergen in der Nähe von Straßburg. 229 Den Alemannen Chnodomar. 230 Constantius II. kämpfte 358 an der mittleren Donau gegen Quaden und Sarmaten (Sauromaten), die nach Pannonien vorgestoßen waren (Amm. 17,12,1 ff.). 231 358 und 359.

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te, gab er mir zu Beginn des Frühlings den Oberbefehl über die Streitkräf­ te226. Und ich zog zu Felde, als das Korn reif war, (279) denn sehr viele Ger­ manen siedelten ohne Furcht in der Nähe der von ihnen geplünderten galli­ schen Städte. Die Zahl der Städte, deren Mauern niedergelegt waren, beträgt etwa 45, abgesehen von den Türmen (Burgen) und kleineren Befestigungs­ anlagen. Das gesamte Land diesseits des Rheines, das die Barbaren be­ herrschten, erstreckte sich von den Quellen (des Stromes) bis zum Ozean; 300 Stadien (ca. 58 km) vom Rhein entfernt siedelten diejenigen, die uns am nächsten waren; dreimal so breit aber war der Raum, der infolge der Plünde­ rungszüge (der Germanen) völlig verlassen war, (B) da es den Galliern dort nicht einmal mehr möglich war, ihre Herden zu weiden, und auch einige Städte waren von den Bewohnern aufgegeben, doch siedelten in deren Nähe keine Barbaren. Nachdem ich in dieser Situation Gallien übernommen hatte, eroberte ich die am Rhein gelegene Stadt Köln zurück227, die zehn Monate vorher (von den Barbaren) eingenommen worden war, und zudem das Fort Straßburg, das in der Nähe der Ausläufer der Vogesen liegt, und ich bekämpfte den Feind nicht ohne Ruhm. (C) Vielleicht ist die Nachricht von dieser Schlacht228 auch zu euch gelangt. Obwohl dort die Götter mir den König der Feinde in die Hand gaben229, habe ich dieses Glück dem Constantius nicht mißgönnt. Und obwohl ich den Triumph hierfür nicht feiern durfte, hätte ich doch die Macht gehabt, den Feind zu töten, ja durch ganz Gallien zu füh­ ren, den dortigen Städten zu zeigen und meine ^Freude am Unglück des Chnodomar zu haben. (D) Ich glaubte aber, nichts dergleichen tun zu sollen, sondern schickte ihn sofort zu Constantius, der aus dem Land der Quaden und Sauromaten zurückkehrte230. So kam es, daß ich eine Schlacht geschla­ gen habe, er aber nur einen Marsch gemacht und mit den Völkern an der Donau freundschaftlich verkehrt hatte und dennoch nicht ich, sondern er triumphieren konnte. Im folgenden zweiten und dritten Jahr231 hiernach waren alle Barbaren aus Gallien vertrieben, die meisten Städte zurückerobert und zahlreiche Schiffe aus Britannien gelandet. (280) Ich ließ nämlich eine Flotte von 600 Schiffen kommen232; von diesen hatte ich 400 in nicht ganz zehn Mona­ ten erstellen lassen, und ich ließ sie alle in den Rhein einlaufen, was keine leichte Aufgabe war angesichts der Bedrohung durch die in der Nähe sie­ delnden Barbaren. Schließlich hielt Florentius233 dies für unmöglich, so daß

232 Es handelte sich wohl nicht um leichte Flußkriegsschiffe, sondern eher um Ge­ treideschiffe. 233 Er war praefectus praetorio Galliarum 357-360 und veranlaßte Constantius, Truppen aus Gallien abzuziehen. Dies trug entscheidend zur Erhebung Julians bei.

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λίτρας ύπέσχετο μισθόν άποτίσειν τοΐς βαρβάροις υπέρ τής παρόδου234, καί ό Κωνστάντιος υπέρ τούτου μαθών έκοινώσατο γάρ αύτώ περί τής δόσεως· (Β) *έπέστειλε πρός με τό αυτό πράττειν* κελεύσας, εί μή παντάπασιν αισχρόν μοι φανείη. πώς δέ ούκ ήν αισχρόν, οπού Κωνσταντίω τοιοΰτον έφάνη, λίαν είωθότι θεραπεύειν τούς βαρβάρους; έδόθη μην αύτοΐς ούδέν· άλλ’ έπ’ αύτούς στρατεύσας, άμυνόντων μοι καί παρεστώτων των θεών, ύπεδεξάμην μέν μοίραν τού Σαλίων έθνους235, Χαμάβους δέ έξήλασα236, πολλάς βοΰς καί γύναια μετά παιδαρίων συλλαβών, ούτω δέ πάντας έφόβησα καί παρεσκεύασα καταπτήξαι την έμήν έφοδον, (C ) ώστε παραχρήμα λαβείν όμηρους καίτή σιτοπομπία παρασχείν άσφαλή κομιδήν. Μακρόν έστι πάντα άπαριθμεΐσθαι καί j à καθ’ έκαστον γράφειν, δσα έν ένιαυτοΐς έπραξα τέτταρσί' τά κεφάλαια δέ* τρίτον έπεραιώθην καϊσαρ έτι τόν ‘Ρήνον237· δισμυρίους άπήτησα παρά τών βαρβάρων υπέρ τόν ‘Ρήνον όντας αιχμαλώτους· εκ δυοϊν άγώνοιν καί μιας πολιορκίας χιλίους έξελών έζώγρησα, ου την άχρηστον ηλικίαν, άνδρας δέ ήβώντας· (D) έπεμψα τώ Κωνσταντίω τέτταρας αριθμούς τών κρατίστων πεζών, τρεις άλλους τών έλαττόνων, ιππέων τάγματα δύο τά έντιμότατα· πόλεις άνέλαβον νϋν μέν δη τών θεών εθελοντών238 πάσας, τότε δέ άνειλήφειν έλάττους όλίγω τών τεσσαράκοντα.

Libanios, Oratio 18,54-62 (mit Auslassungen), 68-69: (54) Καί έδόκει δεϊν κέρας μέν έκάτερον τούς ιππέας έχειν, τό μέσον δέ είναι τών οπλιτών, τούς δέ άμείνους έκατέρων τούτων έν τφ δεξιφ περί τόν βασιλέα239, καί τούτο έδει μέν τούς πολεμίους λανθάνειν, λαθείν δέ ούκ ειασεν αύτομόλων τινών κακία, γιγνομένης δέ τής έκείνων διαβάσεως κωλΰσαι μέν έξόν ό βασιλεύς ούκ έβουλήθη άλλ’ ουδέ μέρει μικρφ προσπεσών μαχέσασθαι, ήδη δέ όντων τρισμυρίων240 κατέβαινε πριν έπι-

* 1 έπέστειλεν auto πρός με, πράττειν Hss. 234 Flußabwärts. 235 Erstmalige Erwähnung fränkischer Verbände unter dieser Sammelbezeichnung. Vgl. Springer, Gab es ein Volk der Salier 60 ff. Die Salier waren in den Raum zwischen Maas und Schelde vorgedrungen und konnten nach der Unterwerfung durch Julian ihr Siedlungsgebiet behalten. 236 Germanisches Volk am Niederrhein, das in der Zeit Julians auf römische Gebie­ te (vermutlich bis zur Maas) vorgestoßen war. Julian zwang sie zum Rückzug. 237 Wohl zwischen Worms und Speyer 359. Vgl. Lorenz, Imperii fines 59. 238 D. h. im Jahre 361. 239 Libanios beschreibt hier die Schlacht bei Straßburg von 357.

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er für freie Durchfahrt234 den Barbaren 2000 Pfund Silber versprach. Und Constantius hörte hiervon, denn Florentius hatte ihn über die (beabsichtig­ te) Zahlung unterrichtet; (B) er gab mir also schriftlich den Befehl, dies zu tun, wenn es mir nicht ganz schimpflich zu sein schien. Wie aber wäre dies nicht schimpflich gewesen, wo es doch sogar Constantius eine Schande zu sein schien, der allzu sehr gewohnt war, den Barbaren einen Dienst zu erwei­ sen? Es wurde ihnen also nichts gegeben; vielmehr zog ich gegen sie zu Fel­ de, und da mir die Götter halfen und zur Seite standen, nahm ich die Unter­ werfung eines Teiles der Salier an235, vertrieb die Chamaven236 und nahm viele Rinder sowie Frauen mit ihren Kindern als Beute. So sehr versetzte ich sie alle in Furcht und Schrecken, daß sie bei meinem Anmarsch erzitterten (C) und ich sofort Geiseln erhielt und sichere Fahrt für die Getreidezufuhr erreichte. Es würde zu weit führen, alles aufzuzählen und im einzelnen zu schrei­ ben, was ich in vier Jahren durchgeführt habe; aber das Wichtigste (sei ge­ nannt): Noch als Caesar überschritt ich zum dritten Mal den Rhein237; 20 000 Menschen, die als Gefangene gehalten wurden, forderte ich von den Barba­ ren zurück und erhielt sie auch; von den Gefangenen, die sich in zwei Schlachten und bei einer Belagerung gemacht hatte, sonderte ich 1000 aus, keineswegs Menschen, die wegen ihres Alters nicht mehr zu gebrauchen wa­ ren, sondern Männer in der Blüte ihrer Kraft. (D) Ich schickte Constantius vier Abteilungen der besten Fußtruppen, drei andere (Abteilungen) der we­ niger starken (Fußtruppen) und zwei der besteivReiterschwadronen; die Städte habe ich mit Willen der Götter jetzt238 alle zurückgewonnen, damals aber hatte ich bereits nicht weniger als 40 (genommen).

Libanios, Oratio 18,54-62 (mit Auslassungen), 6 8 - 69: (54) Er (Julian) beschloß, daß die Reiter auf beiden Flügeln Aufstellung nehmen und die Schwerbewaffneten das Zentrum bilden sollten; die Besten beider Waffengattungen aber sollten auf dem rechten Flügel um den Caesar stehen239. Dies sollte den Feinden verborgen bleiben, was aber die Schlech­ tigkeit gewisser Überläufer nicht erlaubte. Den Übergang (über den Rhein) wollte der Caesar nicht verhindern, obgleich ihm dies möglich gewesen wäre. Er wollte ja nicht einen kleinen Teil der Feinde offensiv bekämpfen; als aber schon dreißigtausend übergesetzt waren240, griff er an, damit nicht noch

240 Nach Amm. 16,12,26 (oben S. 240) waren es 35 000 Mann. In der modernen Forschung werden die Zahlen stark reduziert (6000 bis 10 000). Einen Überblick über die Forschungsdiskussion bietet Lorenz, Imperii fines 45, Anm. 147.

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γενέσθαι πολλάκις τοσούτους· έγνώκεσαν γάρ, ώς ήν άκούειν ύστερον, μηδένα των μαχίμων οϊκοι μένειν. [...] (56) τοΐς βαρβάροις δέ πάντα πεπυσμένοις τό μέν άνδρειότερον τής στρατιάς πρός τό κρεϊττον άντετέτακτο, τω δεξιφ δέ κέρα σύμμαχον εδωκαν λόχον ον έκρυψαν υπό όχετψ μετεώρω241 καλάμων πυκνών, καί γάρ ήν ύδρηλόν τό χωρίον, τούς καθημένους άφανιζόντων. ου μην τούς γε οφθαλμούς των έπ’ άκρφ τώ εύωνύμψ ‘Ρωμαίων έλάνθανον, άλλ’ ώς ειδον, άμα βοή δραμόντες τούς μέν άναστήσαντες έδίωκον, τής στρατιάς δέ είς ήμισυ δι’ εκείνων διετάραξαν φυγής φυγήν τεκούσης τής των πρώτων την τών δευτέρων242. (57) γίγνεται δέ τι παραπλήσιον έν τή μάχη τω περί την τών Κορινθίων πρός Κερκυρμίους ναυμαχίαν243, καί γάρ έν ταύτη νικάσθαί τε καί νικάν έκατέροις συνέβη, τό γάρ εύώνυμον έκατέρων έκράτει ώστ’ έπιέζετο τό περί τόν βασιλέα ‘Ρωμαίων δεξιόν, λογάδες υπό λογάδων244. (58) καί ούδέ τοΐς τά σημεία φέρουσιν οι φυλάττειν δη μάλιστα μεμελετήκασι τάξιν ό νόμος έσώζετο. ώς δέ ένέκλιναν, μέγα βοήσας ό βασιλεύς καί τούς τοϋ Τελαμωνίου μιμησάμενος λόγους, ό μέν γάρ ειπεν ούκ είναι τοΐς Έ λλησι διαφθαρεισών τών νεών έπάνοδον245, ό δέ ήττηθεΐσι τούτοις κεκλείσεσθαι τάς πόλεις καί τροφήν δώσειν ούδένα, καί έπέθηκε δή τελευτών ώς εί δέδοκται φεύγειν, αύτόν δεήσει κτείναντας τότ’ ήδη δραπετεύειν, ώς ζώντά γε ούκ έπιτρέψειν, καί δείκνυσι δή τών βαρβάρων τούς έλαυνομένους υπό τών τρεψαμένων246. (59) ώς δέ τά μέν ήκουσαν, τά δέ είδον, καί τά μέν ήσχύνθησαν, τοΐς δέ ήσθησαν, άνέστρεφόν τε καί αύθις συνέμισγον, καί τό αισχρόν έλέλυτο, καί πας ήν έν τω διώ κειν ώστε καί οί τών σκευοφόρων τών έν τή κορυφή φύλακες ήράσθησαν τών γιγνομένων μετασχεΐν. ώς δέ ήπείγοντο καί ό δρόμος δήλος ήν, δόξαν πλείονος δυνάμεως παρέσχον τοΐς βαρβάροις, καί ούκ ήν ό μένειν έτι βουλόμενος. (60) ώστε έκεκάλυπτο μέν τό πεδίον όκτακισχιλίοις νεκροΐς247, έκρύπτετο δέ ό ‘Ρήνος τοΐς άπειρίρ τού νεΐν άποπνιγεΐσι, μεσταί δέ ήσαν τών κειμένων αΐ νήσοι τοϋ ποταμού τών νε-

241 Offenbar ein Aquädukt zur Versorgung von Argentaria (Straßburg); darunter war vermutlich sumpfiges Gelände. 242 Vermutlich wurde zu Beginn der Schlacht nur eine kleine alemannische Abtei­ lung in die Flucht geschlagen. 243 Libanios bezieht sich auf die Schlacht bei den Sybota-Inseln 433 v. Chr. Vgl. Thukydides 1,48-51. 244 Es handelte sich um Germanen im Dienst der Römer. 245 Aias, Sohn des Telamon von Salamis, verhindert in der Ilias 15,415-421, daß ein Trojaner im Gefolge Hektors die Schiffe der Achaier („Helenen“ ) in Brand setzt. 246 Libanios glorifiziert hier Julian in kaum glaubhafter Weise. Vgl. Zos. 3,3,4, wo­ nach die geschlagene römische Kavallerie den Kampf nicht wieder aufnahm.

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eine vielfache Zahl (von Feinden) hinzukam. Sie hatten nämlich - wie man später erfuhr - beschlossen, daß kein einziger Waffenfähiger zuhause bleiben sollte. [...] (56) Die Barbaren aber hatten alles erfahren und stellten den tapfersten Teil ihrer Streitmacht dem stärksten Teil der Feinde (d. h. der Römer) gegen­ über; ihren rechten Flügel stärkten sie durch eine Abteilung Bundesgenos­ sen, die sie unterhalb eines hochgelegenen Kanals241 im dichten Schilf ver­ steckten; der Boden war nämlich feucht, so konnten die am Boden sitzenden Feinde nicht gesehen werden. Sie blieben aber den Augen der auf dem äu­ ßersten linken Flügel postierten Römer nicht verborgen. Diese griffen sie mit Geschrei an, sobald sie die Feinde sahen, jagten sie hoch und verfolgten sie und brachten hierdurch das halbe Heer in Verwirrung, weil die Flucht der einen die Flucht der anderen zur Folge hatte242. (57) Es geschah etwas Ähnliches in der Seeschlacht zwischem'Korinthern und Kerkyraiern243. Auch in diesem Kampf geschah es, daß beide Seiten siegten und besiegt wur­ den. Jetzt aber war auf beiden Seiten der linke Flügel stärker, so daß der rechte Flügel der Römer um den Caesar in Bedrängnis geriet, ausgewählte Truppen von anderen Eliteeinheiten244. (58) Und nicht einmal bei den Feld­ zeichenträgern, die am meisten darauf achten, die Aufstellung zu wahren, wurde die Ordnung aufrechterhalten. Als sie ins Wanken gerieten, schrie der Caesar laut, indem er die Worte des Telamoniers (d. h. Ajax) nachahmte, denn dieser hatte (vor Troja) gesagt, daß den Hellenen nach Zerstörung der Schiffe kein Rückzug bleibe245; er (der Caesar) sagte, wenn sie geschlagen seien, würden ihnen die Städte versperrt bleiben und ihnen niemand Verpfle­ gung geben, und er fügte schließlich noch hinzu, wenn sie sich entschlossen hätten zu fliehen, müßten sie erst ihn töten und dann fliehen, weil er lebend die Flucht nicht zulassen werde, und er zeigte ihnen, daß die Barbaren schon von ihren Verfolgern vertrieben werden246. (59) Als die Soldaten das eine hörten und das andere sahen, schämten sie sich wegen des ersteren und freu­ ten sich über das letztere und machten eine Kehrtwendung und nahmen den Kampf wieder auf; und so wurde die Schmach getilgt; jeder war bei der Ver­ folgung dabei, so daß sogar die Wachen beim Troß auf dem Hügel danach trachteten mitzumachen. Als sie drängten und ihr Lauf zu sehen war, weck­ ten sie bei den Barbaren den Eindruck, daß die Streitmacht (der Römer) noch größer war, und da wollte keiner (der Feinde) mehr bleiben. (60) So war die Ebene bedeckt mit achttausend Toten247, der Rhein blieb verborgen durch die unendliche Zahl derer, die nicht schwimmen konnten und ertrun­ ken waren, die Inseln des Stromes waren voll von hingestreckten Feinden, 247 Nach Amm. 16,12,63 (oben S. 252) verloren die Alemannen 6000 Mann, wäh­ rend bei Zos. 3,3,3 die unmögliche Zahl von 60 000 Toten erscheint. Alle Zahlen sind zweifelhaft.

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νικηκότων επί τούς èv ταίς νλαις έπτηχότας ιόντων. τοΐς δέ πορρωτάτω βαρβάροις νεκροί καί όπλα την μάχην εμήνυον ύπό τού φύματος ψερόμενοι. (Μ ) τά δέ μέγιστο ν, σαγηνεύοντες γάρ τούς èv Texte νήσοις èv ταντη τή Οήρρ καί τον άρχοντα μετά των αρχομανών είχον*’4'''· δν ήγον έχιχμενοι των χηρών, ού γνμνώσαντες των δπλων, άνδρα μέγιστόν τε καί κάλλιστον καί τούς άπάντων όιρΟαλμούς έπιστρέςκ>ντιχ καί σώματι καί σκευή. (62) καί 6 μέν ήλιος τοιούτον έργον έπιδών έδν. τόν άνδρα δέ τούτον ό βασιλεύς εις εύΟύνας ών έτόλμησε καταστήσας μέχρι μέν έχρήτο λόγοις η'ρόνημα έχονσιν έΟαύμαζε, ταπεινά δέ τα τελενταΐα γενναίοις τοΐς πρώτοις έπιΟέντα καί δείσαντα περί τή ·ψνχή καί μvηoOèvτ(X οιοτηρίας ώσπερ έμίσησεν. ού’ μήν έδρασίί γε δεινόν ούδέν ουδέ εδησεν αίδεοΟείς την άρτι τύχην καί. λογιζόμενος δσον ΐσχνσεν ήμερα μία’4'*. (68) (...) άλλ’ έπειδή τή γή τούς πεπτωκότας παρέδωκεν, ούκ έπέτρεψε τοΐς στρατιώταις καί μάλα βουλομένοις καταΟέσΟαι τά όπλα άλλ’ ήγον μένος τό μèv πεπραγμένον είναι τη αψών αύτών βοηΟούντων άνΟρώπων, δεϊν δέ τούς άγαϋούς καί τιμωρίαν ών πεπόνΟασι λαμβάνειν, ήγεν έπί την πολεμίων2"*0 διδάσκων κιχί λέγων ώς βρ